Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht: Zur Funktion und Wirkweise von Aufsichtsratsvorbehalten im Einheitsunternehmen und im Konzern. Konzern, Konzernrecht und Konzernfinanzierung, Teil XVI. Hrsg. von Mathias Habersack / Peter O. Mülbert / Uwe H. Schneider [1 ed.] 9783428527724, 9783428127726

Die Diskussion über das Kompetenzverhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat dauert trotz einer Vielzahl von Gesetzesr

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Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht: Zur Funktion und Wirkweise von Aufsichtsratsvorbehalten im Einheitsunternehmen und im Konzern. Konzern, Konzernrecht und Konzernfinanzierung, Teil XVI. Hrsg. von Mathias Habersack / Peter O. Mülbert / Uwe H. Schneider [1 ed.]
 9783428527724, 9783428127726

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Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Mathias Habersack, Peter O. Mülbert und Uwe H. Schneider

Band 178

Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktienund GmbH-Recht Zur Funktion und Wirkweise von Aufsichtsratsvorbehalten im Einheitsunternehmen und im Konzern

Von

Tobias Brouwer

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

TOBIAS BROUWER

Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht

Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Mathias Habersack, Prof. Dr. Peter O. Mülbert und Prof. Dr. Uwe H. Schneider

Band 178

Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktienund GmbH-Recht Zur Funktion und Wirkweise von Aufsichtsratsvorbehalten im Einheitsunternehmen und im Konzern

Von

Tobias Brouwer

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechts-und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt hat diese Arbeit im Wintersemester 2007/2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 17 Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Werksatz, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-12772-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für Catherine

Geleitwort Die Diskussion über das Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat dauert trotz einer Vielzahl von Gesetzesreformen bis heute an. Exemplarisch für das Hin und Her, das Auf und Ab, ist das Bemühen um die Zuständigkeitskompetenzen dieser Organe und die viel diskutierte Norm des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, nämlich der Regelung über die Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats. Die Fragen sind Legion: Ist der Aufsichtsrat lediglich ein Überwachungsorgan oder vielmehr ein Organ, das an unternehmerischen Entscheidungen beteiligt ist und aus diesem Grund unternehmerische Mitverantwortung trägt? Welche Befugnisse hat der Aufsichtsrat, wenn er eine Vorstandsmaßnahme für wenig überzeugend hält? Muss der Aufsichtsrat das Leitungsermessen des Vorstands respektieren oder darf er sich darüber hinwegsetzen und bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen allein aus unternehmerischen Gründen blockieren? Und welche Anforderungen sind an die unternehmerische Entscheidung über die Zustimmung zu einer bedeutenden Geschäftsführungsmaßnahme geknüpft? Welche Rolle spielen Zustimmungsvorbehalte, wenn zwischen der Unternehmensleitung und dem Aufsichtsrat unüberwindbare Meinungsverschiedenheiten bestehen? Schließlich: Welche Bedeutung haben Konzernvorbehalte des Aufsichtsrats des herrschenden und des abhängigen Unternehmens? Wie lassen sich insbesondere konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte der Obergesellschaft in Tochter-, Enkel- und Urenkelgesellschaften durchsetzen? Mit der vorgelegten Dissertation gelingt es Tobias Brouwer, das Instrument der Zustimmungsvorbehalte sowohl für die AG als auch für die GmbH zu durchleuchten und in die Entscheidungsorganisation der jeweiligen Gesellschaftsformen einzuordnen. Untersucht werden zunächst die Funktion und das Wesen der Zustimmungsvorbehalte. Mit Blick u. a. auf den historischen Ausgangspunkt der Norm sowie der Intention des TransPuG-Gesetzgebers, die Rolle des Aufsichtsrats zu stärken, qualifiziert der Verfasser Aufsichtsratsvorbehalte als Überwachungsinstrument mit unternehmerischer Mitbeteiligung: Der Aufsichtsrat sei – entgegen einer verstärkten Tendenz im Schrifttum – bei bedeutenden Geschäftsführungsmaßnahmen nicht nur auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt, sondern dürfe seine unternehmenspolitischen Überzeugungen gegenüber denjenigen der Geschäftsleitung durchsetzen. Das aktiengesetzliche Trennungsprinzip werde durch § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gelockert, wenn auch nicht durchbrochen. Die danach bestehende unternehmerische Mitwirkungszuständigkeit des Aufsichtsrats führt insbesondere in der GmbH zu einem bislang nicht gelösten Zuständigkeitskonflikt, wenn der zustimmungspflichtigen Maßnahme eine Weisung der Gesellschafter

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Geleitwort

zugrunde liegt. Der Verfasser zeigt die strukturellen Unterschiede beider Gesellschaftsformen auf und erarbeitet Lösungen, wie sich das aktiengesetzliche Mitwirkungsrecht in das monistisch geprägte Zuständigkeitsgerüst einer mitbestimmungsfreien wie mitbestimmten GmbH einfügen lässt. Noch wenig erforscht waren zudem die Funktion und Wirkweise von Zustimmungsvorbehalten im Konzern. Obgleich über die konzernweiten Einsatzmöglichkeiten von Zustimmungsvorbehalten Einigkeit besteht, fehlte es bislang an einer klaren Bestimmung der Reichweite von Konzernvorbehalten. Der Verfasser greift das auf, indem er den Begriff des Konzernvorbehalts im Wege der Fallgruppenbildung konkretisiert und Möglichkeiten aufzeigt, wie sich das konzernweite Mitwirkungsrecht des Mutteraufsichtsrats in Untergesellschaften verschiedener Rechtsformen und Konzernebenen durchsetzen lässt. Schließlich liefert die Arbeit einen vertieften Überblick über die Sorgfaltspflichten, die der konzernfreie wie konzerngebundene Aufsichtsrat vor, bei und nach seiner Entscheidung über die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten und der späteren Vetoentscheidung im Rahmen seiner Möglichkeiten zu erfüllen hat. Die Arbeit von Tobias Brouwer hat eine besondere wissenschaftliche Anerkennung durch das Deutsche Aktieninstitut erfahren – mit Recht! Ich wünsche der Arbeit die verdiente Aufmerksamkeit, die Berücksichtigung in der weiteren Diskussion und Einfluss auf die künftige Rechtsanwendung und Rechtsfortbildung. Darmstadt / Mainz, im Februar 2008

Uwe H. Schneider

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2007/08 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur sind bis Mitte Februar 2008 berücksichtigt. Ganz besonderer Dank gilt an erster Stelle meinem akademischen Lehrer und Doktorvater Herrn Professor Dr. Uwe H. Schneider. Er hat nicht nur das Thema angeregt und die Arbeit mit wertvollen Diskussionen vorangetrieben. Vor allem hat er mich während meiner Assistentenzeit an seinem Lehrstuhl in jeder Hinsicht fürsorglich unterstützt. Die schönen wie lehrreichen Jahre an der Technischen Universität Darmstadt werde ich in bester Erinnerung behalten. Herrn Professor Dr. Ronald Schmid danke ich herzlich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Professor Dr. Mathias Habersack und Herrn Professor Dr. Peter O. Mülbert danke ich ebenfalls an dieser Stelle für die Aufnahme meiner Arbeit in die Schriftenreihe des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Von meinen Freunden möchte ich vor allem Notarassessor Dr. André Görner (Hamburg) und Rechtsanwalt Dr. Julian Redeke (Frankfurt a. M.) danken, die mir treue Wegbegleiter während und nach der juristischen Ausbildung waren und sind, sowie Michael und Sylvia Jedermann, die mich auf vielfältige Weise unterstützt haben. Juniorprofessor Dr. Heribert Anzinger und Dr. Wolfram Huwer danke ich für die vielen interessanten und gewinnbringenden Diskussionen, die wir gemeinsam in Darmstadt geführt haben. Schließlich gilt mein besonderer Dank meinen Eltern Gerd und Ruth Brouwer sowie meinen Geschwistern Miriam Stamm und Christian Brouwer, die jeweils auf unterschiedliche Weise zum Gelingen dieser Arbeit wesentlich beigetragen haben. Meiner Frau Catherine danke ich herzlich für ihre Geduld und dafür, dass sie mich immer wieder so großartig unterstützt hat. Ihr ist die Arbeit gewidmet. Darmstadt, im Februar 2008

Tobias Brouwer

Inhaltsübersicht §1

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 A. Einführung und Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1. Kapitel Zustimmungsvorbehalte als Instrument präventiver Aufsichtsratsüberwachung

§2

§3

Zustimmungsvorbehalte als Überwachungsinstrument mit unternehmerischer Mitbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Zur Stellung des Aufsichtsrats in der Verfassung der AG und der GmbH . . B. Die Funktion der Zustimmungsvorbehalte als Einwirkungsmittel im Grenzbereich zwischen Überwachung und Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

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Der mittels Zustimmungsvorbehalten zu erfüllende Überwachungsauftrag gemäß § 111 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 A. Die Geschäftsführung des Vorstands als Gegenstand der Überwachung . . . 65 B. Umfang der Überwachungsaufgabe und Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . 76 2. Kapitel Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

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§4

Inhalt und Reichweite des Zustimmungsvorbehaltsrechts nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 A. Die Tatbestandsmerkmale des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . 92 B. Rechtslage in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 C. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 D. Die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 E. Wirkung von Zustimmungsvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 F. Beseitigung unzulässiger Zustimmungsvorbehalte durch den Vorstand . . 182

§5

Inhalt und Reichweite des Zustimmungsrechts nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG A. Zustimmungsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Zustimmungsermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Geltungsumfang der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsübersicht D. Wirkung der Zustimmungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 E. Die Überwindung verweigerter Aufsichtsratszustimmungen . . . . . . . . . . . 213

§6

Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats im Umgang mit Zustimmungsvorbehalten A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sorgfaltspflichten bei der Festlegung von Zustimmungsvorbehalten . . . . . C. Sorgfaltspflichten bei der Ausübung des Zustimmungsrechts . . . . . . . . . . D. Sorgfaltspflichten bei unüberwindbaren Meinungsdifferenzen mit der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

220 220 224 254 274

3. Kapitel Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte des herrschenden Unternehmens und ihre Durchsetzbarkeit in abhängigen Unternehmen

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§7

Zulässigkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 A. Die Erweiterung der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 B. Schlussfolgerung für die Zulässigkeit und Bestimmung konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

§8

Durchsetzbarkeit konzernweiter Zustimmungsvorbehalte in abhängigen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in der abhängigen Personenhandelsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in weisungsabhängigen Konzerngesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in der weisungsunabhängigen Aktienkonzerngesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§9

Sorgfaltspflichten und Haftung des Aufsichtsrats im Umgang mit konzernweiten Zustimmungsvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Pflicht zur Festlegung konzernweiter Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . B. Sicherstellung einer konzernweiten Informationsversorgung . . . . . . . . . . . C. Das Interesse des herrschenden Unternehmens als Maßstab der Zustimmungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Bildung eines Konzernausschusses? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die konzernweite Haftung des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 10 Konzernvorbehalte des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft . . . . . . . . . A. Die Funktion des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft in der Rechtswirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Konzernvorbehalte als Abwehrmittel gegen Einflussnahmen der Konzernspitze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsübersicht

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4. Kapitel Schluss § 11 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . A. Wesen und Funktion der Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Inhalt und Reichweite des Vorbehaltsinstituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Konzernweite Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats im Umgang mit Zustimmungsvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis

350 350 350 350 356 358

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386

Inhaltsverzeichnis §1

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 A. Einführung und Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1. Kapitel Zustimmungsvorbehalte als Instrument präventiver Aufsichtsratsüberwachung

§2

Zustimmungsvorbehalte als Überwachungsinstrument mit unternehmerischer Mitbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Zur Stellung des Aufsichtsrats in der Verfassung der AG und der GmbH . . I. Der AG-Aufsichtsrat als kooperatives Überwachungsorgan . . . . . . . . . . II. Die Aufgabenstellung des GmbH-Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die gesetzliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Überwachung der Geschäftsführung als konstitutives Merkmal des GmbH-Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Berücksichtigung der GmbH-spezifischen Zuständigkeitsordnung c) Von Gesetzes wegen beschränkte Einflussnahmemöglichkeiten . 2. Übertragbarkeit von Geschäftsführungsfunktionen auf den GmbHAufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fakultativer Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Obligatorischer Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Funktion der Zustimmungsvorbehalte als Einwirkungsmittel im Grenzbereich zwischen Überwachung und Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Zustimmungsrecht als Akt der (Mit-)Geschäftsführung . . . . . . . . . 1. Die unternehmerische Mitwirkungszuständigkeit des Aufsichtsrats bei Ausübung seines Zustimmungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Verhältnis von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zu § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Teilhabe des Aufsichtsrats an unternehmerischen Entscheidungen als gesetzgeberisches Anliegen . . . . . . . . . . . . cc) Keine Durchbrechung des Gewaltenteilungsprinzips . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Ersetzungsrecht der Hauptversammlung als unternehmerischer Stichentscheid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die ARAG-Entscheidung des II. Zivilsenats des BGH . . . . . . . . d) Die Zustimmungsverweigerung als milderes Mittel bei der Durchsetzung eigener unternehmenspolitischer Überzeugungen e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Zustimmungsvorbehaltsrecht als notwendiges Korrektiv der Leitungs(über)macht des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die unternehmerische Überwachungsfunktion des Zustimmungsvorbehaltsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Zustimmungsvorbehaltsrecht als Informationssicherungsinstrument? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtslage in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§3

Der mittels Zustimmungsvorbehalten zu erfüllende Überwachungsauftrag gemäß § 111 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Geschäftsführung des Vorstands als Gegenstand der Überwachung . . . I. Der Begriff „Geschäftsführung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leitungsmaßnahmen des Vorstands (§ 76 Abs. 1 AktG) . . . . . . . . . 2. Geschäftsführungsmaßnahmen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Maßnahmen unterhalb der Leitungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der zu überwachende Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dem Vorstand nachgeordnete leitende Angestellte . . . . . . . . . . . . . 3. Keine Überwachung der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtslage in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überwachung der Geschäftsführertätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine unmittelbare Überwachung der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Indirekte Kontrolle von Weisungsbeschlüssen der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Umfang der Überwachungsaufgabe und Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . I. Inhalt und Kontrolldichte der Überwachungstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhaltliche Konkretisierung der Überwachungsaufgabe durch die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 2. Die Lehre von der „abgestuften Überwachungsintensität“ . . . . . . . 3. Überwachungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Überwachungsintensität bei der GmbH – Das Problem der fehlenden Verweisung auf § 90 Abs. 1 und 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ordnungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Kapitel Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen §4

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Inhalt und Reichweite des Zustimmungsvorbehaltsrechts nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 A. Die Tatbestandsmerkmale des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . 92 I. Der Geschäftsbegriff des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . 92 1. „Maßnahmen der Geschäftsführung“ im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Der Vorstand als Zustimmungsvorbehaltsadressat . . . . . . . . . . . . . 93 3. Unterschiedliche Geschäftskategorien mit unterschiedlichen Ermessensspielräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 a) Geschäfte von grundlegender bzw. „existentieller“ Bedeutung . . 94 aa) Weites Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Enges Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (1) Gefahr schwerer Schäden bei Verwirklichung des Geschäftsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (a) Bewertungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (b) Risikoaddition und -kumulation . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (c) Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung bestandsgefährdender Entwicklungen als grundlegendes Geschäft (§ 91 Abs. 2 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (2) Grundlegende Strategiemaßnahmen unabhängig vom Risikopotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 dd) Zustimmungsvorbehaltspflicht hinsichtlich aller grundlegenden Geschäfte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Geschäfte unterhalb der zustimmungsvorbehaltspflichtigen Bedeutungsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

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Inhaltsverzeichnis aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (1) Gefährdung des Bestandsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . 103 (2) Vorstandspflichtige Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . 103 (3) Geschäfte von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (4) Geschäfte außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (1) Die Außergewöhnlichkeit des Geschäfts als Bedeutungsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (2) Außergewöhnlich im Sinne von „erheblich“ gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (3) § 116 Abs. 2 HGB als Auslegungshilfe . . . . . . . . . . . . . 107 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 c) Rechtswidrige Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 aa) Konkretisierung der Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 110 bb) Keine Gewichtigkeitsgrenzen für Zustimmungsvorbehalte zur Vermeidung gesetzes- oder satzungswidriger Geschäfte 111 4. Zustimmungsvorbehaltsresistente Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 a) Zustimmungsvorbehaltsresistenz unternehmenspolitischer Grundsatzentscheidungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 b) Zustimmungsvorbehaltsresistenz von Pflichtmaßnahmen ohne Handlungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 c) Kein Zustimmungsvorbehalt bei Eingriff in ausschließliche Zuständigkeiten von Vorstand und Hauptversammlung . . . . . . . . 116 aa) Maßnahmen der innergesellschaftlichen Willensbildung . . 116 bb) Entscheidungen der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . 117 (1) Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit hauptversammlungspflichtiger Vorstandsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . 118 (a) Die „materielle“ Vorstandsentscheidung . . . . . . . . 118 (b) Die „formelle“ Vorstandsentscheidung . . . . . . . . . 119 (2) Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit von Ausführungsentscheidungen gemäß § 83 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . 120 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 II. „Bestimmte Arten“ von Geschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1. Sinn und Zweck der Einschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Anforderungen an die Bestimmtheit eines Zustimmungsvorbehalts 123 a) Bestimmung der Art nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 b) Bestimmung dem Umfang nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit von Einzelmaßnahmen . . . . . . . 125

Inhaltsverzeichnis

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a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtslage in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gestaltungsfreiheit im GmbH-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gestaltungsfreiheit in der mitbestimmungsfreien GmbH . . . . . . . a) Vollständige Entziehbarkeit des Zustimmungsvorbehaltsrechts nur bei Kompensation durch gleichwertige Einwirkungsmittel b) Inhaltliche Ausgestaltung des Zustimmungsvorbehaltsrechts . . aa) Inhaltliche Beschränkung des Zustimmungsvorbehaltsrechts bb) Inhaltliche Erweiterung des Zustimmungsvorbehaltsrechts c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eingeschränkter Gestaltungsspielraum in der mitbestimmten GmbH a) Unzulässigkeit das Zustimmungsvorbehaltsrecht einschränkender Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässige Erweiterbarkeit des Zustimmungsvorbehaltsrechts . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zustimmungsvorbehaltsresistenz von angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ansichten aus dem Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Ansicht von Duden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Ansicht der „mitbestimmungsrechtlichen“ Literatur . . . . . c) Die wohl überwiegende Literaturmeinung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Uneingeschränkte Legalitätskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wahrung eines selbständigen Unternehmensinteresses . . . . . . . c) Keine Ausklammerung von Zweckmäßigkeitserwägungen . . . . d) Die Ausführungsentscheidung des Geschäftsführers als Gegenstand der Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Wiedervorlage bei verweigerter Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . f) Kein unnötiger Formalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Gleichbehandlung von fakultativem und obligatorischem Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Festlegungsermessen des GmbH-Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliche Anwendbarkeit der Regeln über das Festlegungsermessen des AG-Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzliche Ermessensreduktion auch bei angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahmen von grundlegender Bedeutung? . . . . . . . . . . 3. Abdingbarkeit der gesetzlichen Zustimmungsvorbehaltspflicht? .

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Inhaltsverzeichnis a) Rechtslage in der mitbestimmten GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtslage in der mitbestimmungsfreien GmbH . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zustimmungsvorbehalte auf „unternehmerisches Nichthandeln“ . . . . II. Zustimmungsvorbehalte auf Anerkennungsentscheidungen des Vorstands in Bezug auf Verhaltensempfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Meinungsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zustimmungsvorbehalte auf Planungsentscheidungen des Vorstands . IV. Zustimmungsvorbehalte auf den Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen, Unternehmensteilen und Unternehmensbeteiligungen . . V. Zustimmungsvorbehalte auf hauptversammlungspflichtige Unternehmensverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unternehmensverträge auf Initiative des Vorstands . . . . . . . . . . . . 2. Unternehmensverträge auf Initiative der Hauptversammlung . . . . 3. Formulierungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zustimmungsvorbehalte auf interne Organisationsentscheidungen . . . 1. Zustimmungsvorbehalte auf die Geschäftsleitungsorganisation . . 2. Zustimmungsvorbehalte auf Personalentscheidungen . . . . . . . . . . a) Einstellung von Mitarbeitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erteilung von Handlungsvollmachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Festlegung durch den Satzungsgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Festlegung durch Satzungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Festlegung auch durch einfachen Beschluss? . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unschädlichkeit einfacher Beschlüsse mit deklaratorischem Zustimmungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Festlegung konstitutiver Zustimmungsvorbehalte nur im Wege der Satzungsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen bei unzulässiger einfacher Beschlussfassung . . . . d) Rechtslage in der GmbH – kein Überwachungsprivileg des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Festlegung durch den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Festlegung in einer Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geschäftsordnung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geschäftsordnung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtslage in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Geschäftsordnung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Geschäftsordnung der Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Festlegung durch gesonderten Aufsichtsratsbeschluss . . . . . . . . . . a) Arten und Anforderungen an gesonderte Zustimmungsvorbehaltsbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirksamkeit gesondert beschlossener Zustimmungsvorbehalte III. Das Verhältnis von Anteilseignerversammlung und Aufsichtsrat . . . . 1. Das Verhältnis von Anteilseignerversammlung und Aufsichtsrat in der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verhältnis von Anteilseignerversammlung und Aufsichtsrat in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtslage in der mitbestimmten GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtslage in der nicht mitbestimmten GmbH . . . . . . . . . . . . . c) Doppelte Zustimmungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Inhalt und Zulässigkeit doppelter Zustimmungsregelungen bb) Pflicht zur Festlegung von Gesellschaftervorbehalten? . . . cc) Das Verhältnis von Gesellschaftervorbehalten zu Aufsichtsratsvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Festlegung durch und / oder für Dritte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zwingender Charakter des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG im Aktienrecht 2. Rechtslage in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Wirkung von Zustimmungsvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Organisatorische Folgepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Außenwirkung von Zustimmungsvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Außenwirkung bei kollusivem Zusammenwirken . . . . . . . . . . . . . 2. Außenwirkung auch bei Überschreitung der Vertretungsmacht ohne Schädigungsabsicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen beim „Handeln ohne Vertretungsmacht“ . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zustimmungsvorbehaltswirkung gegenüber Unternehmensangehörigen außerhalb des Leitungsorgans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rechtslage in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Beseitigung unzulässiger Zustimmungsvorbehalte durch den Vorstand . . I. Die richtige Klageart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unterlassungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zur Partei- und Prozessführungsbefugnis von Gesellschaftsorganen . . III. Der Prüfungsumfang des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Urteilswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

167 167 168 169 169 170 170 171 172 172 172 173 174 174 174 175 175 177 177 178 179 179 180 181 181 182 182 183 183 184 184 184 185 186 189

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Inhaltsverzeichnis V. Rechtslage in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

§5

Inhalt und Reichweite des Zustimmungsrechts nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG A. Zustimmungsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesamtaufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übertragbarkeit des Zustimmungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unzulässigkeit qualifizierter Mehrheitserfordernisse . . . . . . . . . . II. Ausschüsse des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aufsichtsratsvorsitzender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Zustimmungsermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Zustimmungsermessen des AG-Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Recht zur autonomen Zustimmungsentscheidung . . . . . . . . . 2. Keine Pflicht zur Durchsetzung eigener unternehmerischer Vorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kein Ermessensspielraum bei rechtswidrigen Geschäften . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Zustimmungsermessen des GmbH-Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . 1. Eingeschränkte unternehmerische Mitwirkung an angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unternehmerische Mitwirkungszuständigkeit bei Geschäften, die in die Zuständigkeit der Geschäftsführung fallen . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Geltungsumfang der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einzelzustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Generalzustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Berechtigung zur Erteilung von Generalzustimmungen . . . . . . . . 2. Zulässiger Umfang einer Generalzustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begrenzung durch die Bedeutung des Geschäfts . . . . . . . . . . . . b) Zeitliche Begrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bedingte Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufschiebende Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auflösende Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Wirkung der Zustimmungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Positive Zustimmungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zustimmungswirkung gegenüber der Geschäftsleitung . . . . . . . . . a) Geschäftsführungsbefugnis und Einwilligungswiderruf . . . . . . b) Ausführungsermessen der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Aufsichtsratszustimmung als Vertrauenstatbestand mit Folgepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Geschäftsverantwortlichkeit der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . .

191 191 191 191 192 193 195 195 195 195 196 198 199 199 199 200 201 202 202 203 204 204 205 205 206 206 207 207 207 207 207 208 208 209

§6

Inhaltsverzeichnis

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2. Zustimmungswirkung gegenüber dem Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . a) Mitverantwortlichkeit für das Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Selbstbindung des Aufsichtsrats in Bezug auf Folgeentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zustimmungswirkung gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Negative Zustimmungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vetowirkung gegenüber der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vetowirkung gegenüber dem Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vetowirkung gegenüber Dritten und Unternehmensangehörigen . E. Die Überwindung verweigerter Aufsichtsratszustimmungen . . . . . . . . . . . I. Ersetzung verweigerter Zustimmungen durch die Hauptversammlung (§ 111 Abs. 4 Sätze 3 – 5 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtslage in der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtslage in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Abdingbarkeit des § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG zu Lasten des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eingeschränkte Disponibilität des § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG . . aa) Rechtslage in der GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat . . . bb) Rechtslage in der GmbH mit paritätisch besetztem Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtslage in der GmbH mit drittelparitätisch besetztem Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zustimmungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats im Umgang mit Zustimmungsvorbehalten 220 A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 I. Der Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Überwachers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 II. Allgemeine Anforderungen an die Qualifikation von Aufsichtsratsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 B. Sorgfaltspflichten bei der Festlegung von Zustimmungsvorbehalten . . . . . 224 I. Sorgfaltspflichten im Vorfeld der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung 224 1. Pflicht zur Risikoanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 2. Pflicht zur angemessenen Informationsbeschaffung . . . . . . . . . . . 225 a) Die gesetzliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 b) Informationsbeschaffungspflicht über die Lage des Unternehmens am Vorstand vorbei? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 aa) Vorstandsunabhängige Ermittlungspflicht bei Vorliegen schwerwiegender, die Unredlichkeit des Vorstands indizierender Verdachtsmomente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 bb) Vorstandsunabhängige Ermittlungspflicht auch ohne Vorliegen konkreter Verdachtsmomente? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

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Inhaltsverzeichnis (1) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Kein Informationsvermittlungsmonopol des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vorstandsunabhängige Informationsbeschaffung als Ermessensentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Das Vertrauendürfen des Aufsichtsrats auf eine zutreffende Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Voraussetzungen für eine vorstandsunabhängige Ermittlungspflicht des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . (e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Organisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bildung vorbereitender Ausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinbarung einer Informationsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sorgfaltspflichten bei der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung . . . . . 1. Gesetzgebungskonforme Auslegung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG 2. Beachtung der gesetzlichen Kompetenzverteilung . . . . . . . . . . . . 3. Gesteigerte Festlegungspflicht in der Unternehmenskrise? . . . . . . 4. Dokumentationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die ordnungsgemäße Dokumentation als Obliegenheit nach §§ 93 Abs. 1 Satz 2, 116 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die ordnungsgemäße Dokumentation als Obliegenheit nach § 120 AktG i. V. m. 171 Abs. 2 Satz 2, 1. HS AktG . . . . . . . . . III. Sorgfaltspflichten im Nachfeld der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbehaltsaktualisierungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflicht des überstimmten Aufsichtsratsmitglieds zur Geltendmachung fehlerhafter Zustimmungsvorbehaltsentscheidungen . . . . . . a) Geltendmachung gegenüber dem Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . b) Geltendmachung gegenüber dem Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflicht zur gerichtlichen Durchsetzung von Zustimmungsvorbehalten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Durchsetzung durch den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchsetzung durch das einzelne Aufsichtsratsmitglied . . . . . . C. Sorgfaltspflichten bei der Ausübung des Zustimmungsrechts . . . . . . . . . . I. Sorgfaltspflichten im Vorfeld der Zustimmungsentscheidung . . . . . . . 1. Organisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflicht zur angemessenen Aufbereitung der Entscheidungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sorgfaltspflichten bei der Zustimmungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . 1. Pflicht zur Risikoabwägung im Unternehmensinteresse . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis a) Das Unternehmensinteresse als Maßstab der Zustimmungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zu berücksichtigende Sonderinteressen in der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtslage in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Pflicht zum Interessenausgleich nach dem Gebot der praktischen Konkordanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zustimmungsentscheidung bei „nützlichen“ Pflichtverletzungen aa) Vorrangige Pflicht zur Legalitätswahrung . . . . . . . . . . . . . bb) „Ausnahmen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vorteilsausgleichung bei pflichtwidrig erteilter Zustimmung 2. Dokumentationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sorgfaltspflichten im Nachfeld der Zustimmungsentscheidung . . . . . . 1. Pflicht zur Vermeidung zustimmungswidriger Geschäftsführungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflicht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds zur Geltendmachung fehlerhafter Zustimmungsentscheidungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Sorgfaltspflichten bei unüberwindbaren Meinungsdifferenzen mit der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Kapitel Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte des herrschenden Unternehmens und ihre Durchsetzbarkeit in abhängigen Unternehmen §7

Zulässigkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Erweiterung der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Konzernleitung des Vorstands der Konzernobergesellschaft als „Geschäftsführung“ i. S. d. § 111 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umfang der konzernweiten Überwachungspflicht des Aufsichtsrats . . 1. Vom Muttervorstand veranlasste Konzernmaßnahmen . . . . . . . . . 2. Vom Muttervorstand nicht veranlasste Konzernmaßnahmen . . . . 3. Konzernweite Überwachungsintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Informationsabhängige Überwachungsintensität . . . . . . . . . . . . b) Die Lehre von der „vernetzten Aufsichtsratsüberwachung“ . . . c) Risikoorientierte Überwachungsintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Schlussfolgerung für die Zulässigkeit und Bestimmung konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Konzernmaßnahmen als „Geschäfte“ i. S. d. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG

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Inhaltsverzeichnis 1. Vom Muttervorstand veranlasste Konzernmaßnahmen als Konzerngeschäft im weiteren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die „Veranlassung“ von Konzernmaßnahmen als Konzerngeschäft im weiteren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vom Muttervorstand nicht veranlasste Konzerngeschäfte . . . . . . . 4. Geschäftsführungs- und Aufsichtsmaßnahmen von Doppelmandatsträgern in Untergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konzernweite Geltung „neutraler“ Zustimmungsvorbehalte? . . . . . . . 1. Die herrschende Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit einfacher Konzernvorbehaltsklauseln . . . . . . . . . . III. Bindungswirkung konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte . . . . . . . . . . 1. Die Geschäftsleitung der Obergesellschaft als Adressat konzernweiter Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Pflicht der Konzernleitung zur Sicherstellung der konzernweiten Mitentscheidungsbefugnis des Mutteraufsichtsrats . . . . . . . . . . . .

§8

Durchsetzbarkeit konzernweiter Zustimmungsvorbehalte in abhängigen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in der abhängigen Personenhandelsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtslage im einstufigen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Konzernobergesellschaft als alleingeschäftsführende Gesellschafterin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Konzernobergesellschaft als nicht alleingeschäftsführende Gesellschafterin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Personenhandelsgesellschaft mit „dienendem Verbandszweck“ . . II. Rechtslage im mehrstufigen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Personenhandelsgesellschaft als Enkelgesellschaft . . . . . . . . . . . . 2. AG oder GmbH als Enkelgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in weisungsabhängigen Konzerngesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertraglich beherrschte Konzerngesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kettenzustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Übertragung“ des Weisungsrechts auf den Mutteraufsichtsrat . . 3. Nachteilige Zustimmungsentscheidungen des Mutteraufsichtsrats II. Rechtslage in der eingegliederten Konzerngesellschaft . . . . . . . . . . . . III. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in der abhängigen GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die 100-prozentige Tochter-GmbH als Ausgangslage . . . . . . . . . .

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2. Schranken der Durchsetzbarkeit von Konzernvorbehalten . . . . . . a) Schranken in der mehrgliedrigen GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überwindung opponierender Mitgesellschafter . . . . . . . . . bb) Beachtung gesellschaftlicher Treupflichten . . . . . . . . . . . . b) Schranken in der Einpersonen-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte im mehrstufigen Konzern mit durchlaufender Weisungskette . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertraglich beherrschte oder eingegliederte Enkelgesellschaft . . . a) Gestaffelte Kettenzustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verkürzte Kettenzustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Übertragbarkeit des Weisungsrechts der Tochter auf die Mutter d) Ermächtigung der Mutter zur Ausübung des Weisungsrechts der Tochter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konkretisierung des Begriffs „Ermächtigung“ . . . . . . . . . . bb) Unmittelbare Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in der Enkelgesellschaft kraft Weisungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Weisungsanspruch der Mutter auf Weisungsermächtigung? 2. Enkelgesellschaft in der Rechtsform der GmbH . . . . . . . . . . . . . . a) Kettenzustimmung und Weisungsermächtigung . . . . . . . . . . . . b) Einräumung von Sonderrechten zugunsten der außenstehenden Mutter in der mehrgliedrigen Enkel-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . C. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in der weisungsunabhängigen Aktienkonzerngesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Parallele Zustimmungsvorbehalte des Mutteraufsichtsrats in der Satzung der Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verpflichtung von Doppelfunktionären zur Beachtung von Konzernvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Problem der Interessenkollision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. „Von außen“ veranlasste Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtslage im mehrstufigen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte der Muttergesellschaft unter Einschaltung der Tochtergesellschaft . . . . . . . . . a) „Entsendung“ von Doppelfunktionären in die Enkelgesellschaft b) Gestaffelte Kettenzustimmung im faktischen Konzern . . . . . . . c) Nachteilsausgleichspflicht gegenüber der Tochter-AG . . . . . . . 2. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte durch unmittelbare Veranlassung der Enkel-AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§9

Sorgfaltspflichten und Haftung des Aufsichtsrats im Umgang mit konzernweiten Zustimmungsvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Pflicht zur Festlegung konzernweiter Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . B. Sicherstellung einer konzernweiten Informationsversorgung . . . . . . . . . . . C. Das Interesse des herrschenden Unternehmens als Maßstab der Zustimmungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Bildung eines Konzernausschusses? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die konzernweite Haftung des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Konzerninnenhaftung gegenüber der „eigenen“ Gesellschaft . . . . . . . II. Konzerninnenhaftung gegenüber der beherrschten Gesellschaft . . . . . 1. Spezialgesetzliche Konzerninnenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Konzerninnenhaftung gemäß §§ 93, 116 AktG? . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 10 Konzernvorbehalte des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft . . . . . . . . . A. Die Funktion des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft in der Rechtswirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Konzernvorbehalte als Abwehrmittel gegen Einflussnahmen der Konzernspitze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorbehalts- und Vetopflicht bei unzulässiger Einflussnahme der Konzernobergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ermessensspielraum bei zulässiger Einflussnahme der Konzernobergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Geschwächtes Aufsichtsratsveto in der weisungsabhängigen Konzerngesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Kapitel Schluss § 11 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . A. Wesen und Funktion der Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Inhalt und Reichweite des Vorbehaltsinstituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Konzernweite Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats im Umgang mit Zustimmungsvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis

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Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386

§ 1 Einleitung A. Einführung und Ziel der Arbeit Seit einer Reihe von Insolvenzen 1 in den letzten Jahrzehnten hat die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats gegenüber der Unternehmensleitung einen festen Platz in der öffentlichen und wissenschaftlichen Diskussion über gute Corporate Governance in deutschen Unternehmen. Im Fokus steht die Effizienz des Überwachungsorgans bei der Wahrnehmung der ihm nach § 111 Abs. 1 AktG auferlegten Überwachungsaufgabe 2. Die immer wiederkehrende Frage lautet, ob der Aufsichtsrat im konkreten Fall bei Einsatz der ihm zur Verfügung stehenden Überwachungsinstrumentarien unternehmerischen Fehlentwicklungen hätte entgegensteuern können 3. Als besonders wirksames Instrument der vorbeugenden Überwachung erweist sich dabei das Recht des Aufsichtsrats, nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG bestimmte Arten von Geschäften an seine Zustimmung zu binden. Denn gerade dieses Recht ermöglicht es dem ansonsten von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Aufsichtsrat (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG), rechtsverbindlich (vgl. § 82 Abs. 2 AktG) auf Maßnahmen der Unternehmensleitung Einfluss zu nehmen und so bereits im Vorfeld Schadensvermeidung zu betreiben. Umso mehr verwundert es, dass von dem Zustimmungsvorbehaltsrecht bislang nur zurückhaltend Gebrauch gemacht wurde und wird. Insbesondere fanden sich in den Zustimmungskatalogen der Satzungen und Geschäftsordnungen lange Zeit nur mehr oder weniger (un)bedeutende Geschäfte wie die Erteilung von Prokuren und Generalvollmachten oder der Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken, während Entscheidungen von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung der Gesellschaft, etwa die Bestimmung der Geschäftspolitik, die Unternehmensplanung, die Wahl der „richtigen“ Risikostrategie oder der Abschluss von Unternehmensverträgen (§§ 291, 292 AktG) keine große Rolle in den Vorbehaltslisten 1

Metallgesellschaft, Herstatt-Bank, Balsam-AG usw., siehe nur die Nachweise bei Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 25. 2 Siehe anstelle vieler: Lutter, ZHR 159 (1995), 287; ders., AG 1995, 1133; HoffmannBecking in: FS Havermann, S. 229; Roth / Wörle, ZGR 2004, 565; Schwalbach, AG 2004, 186; Baums, ZIP 1995, 11. 3 Als „bemerkenswert“ und „überraschend“ wird dabei zu Recht vermerkt, dass sich der Vorwurf des Versagens nicht in erster Linie an den Vorstand, sondern an den Aufsichtsrat richtet; so Götz, AG 1995, 337, 344; Wirth, ZGR 2005, 327; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 19.

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spielten 4. Als Grund (oder besser: als „Entschuldigung“) hierfür wird vor allem die Einführung der paritätischen Mitbestimmung im Jahr 1976 genannt 5. Um den Einfluss der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einzugrenzen, wurden die Listen zustimmungspflichtiger Geschäfte in den Satzungen klein gehalten oder es wurde auf das Zustimmungsvorbehaltsrecht ganz verzichtet 6. Die Folge war, dass in vielen Gesellschaften der Aufsichtsrat selbst bei existentiell bedeutsamen Geschäftsführungsmaßnahmen „nicht hinreichend und nicht rechtzeitig miteingebunden . . . [war und] mitunter sogar erst im Nachhinein – nach Verlautbarungen in der Presse – informiert“ wurde 7. Diesen unbefriedigenden Zustand nahm der Gesetzgeber im Jahr 2002 zum Anlass, die „Kann“-Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG neu zu formulieren und den Satzungsgeber und Aufsichtsrat nunmehr zu verpflichten, bestimmte Arten von Geschäften für aufsichtsratspflichtig zu erklären 8. Offengeblieben ist, welche Geschäfte zwingend unter den Vorbehalt der Aufsichtsratszustimmung zu stellen sind und in welchen Fällen dem Aufsichtsrat nach wie vor ein Ermessensspielraum bei seiner Entscheidung über den Einsatz des Vorbehaltsrechts zukommt. Hier gilt es im Folgenden, praxistaugliche Auslegungskriterien zu entwickeln. Trotz des im Übrigen klaren Gesetzestexts wird § 111 Abs. 4 Satz 2 den „eher rätselhaften Bestimmungen des Aktienrechts“ 9 zugerechnet. Der Grund hierfür liegt in der umstrittenen Einordnung des Vorbehaltsinstruments in das Zuständigkeitsgerüst der Aktiengesellschaft. Fraglich ist, ob es sich bei dem Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats um ein reines Kontrollinstrument oder um ein solches handelt, das auch zur (Mit-)Geschäftsführung desselben berechtigt. Die Frage wird bis heute offen diskutiert 10. Für den Aufsichtsrat hängt davon ab, ob er im Einzelfall seine 4 Vgl. Fonk, ZGR 2006, 841, 842 f. („Die Kataloge erweckten oft den Eindruck, direkt aus der Buchhaltung zu kommen.“); das gilt freilich nicht für die gesamte Ausfsichtsratspraxis; so spricht etwa Hoffmann-Becking in einem Beitrag aus dem Jahr 1995 (FS Havermann, S. 229, 243) von einer „Renaissance der Zustimmungsvorbehalte“ und stellt dazu fest, dass „Neuerdings . . . in den Katalogen mehr Wert . . . auf die Mitwirkung des Aufsichtsrats bei den umfassenden und stärker in die Zukunft gerichteten Festlegungen [gelegt wird], also z. B. bei der Verabschiedung der Jahresplanung und bei der Entscheidung über die Aufnahme oder Aufgabe von Produkten und Geschäftsgebieten.“; siehe insoweit auch Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 580 (Zustimmungskataloge wurden in jüngerer Zeit vermehrt neu geschaffen und ausgeweitet). 5 Vgl. Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 580. 6 Vgl. Semler in: FS Doralt, S. 609, 610; Schiessl, AG 2002, 593, 597; Lange, DStR 2003, 376, 380; Hoffmann-Becking in: FS Havermann, S. 229, 242 f.; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 580; dies allerdings bestreitend Ulmer, ZHR 141 (1977), 490, 515 mit Fn. 131. 7 RegBegr. zum Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (TransPuG) v. 19. 7. 2002 (BGBl. I, S. 2681), BT-Drucks 14/8769, S. 17 (linke Spalte). 8 Art. 1 Nr. 9 TransPuG. 9 v. Venrooy, GmbHR 2005, 1243; vgl. auch Götz, ZGR 1990, 633.

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unternehmerischen Vorstellungen von der künftigen Entwicklung der Gesellschaft gegenüber denjenigen des Vorstands durchsetzen kann (und gegebenenfalls muss), und zwar auch dann, wenn das vorgelegte Geschäftsvorhaben vom unternehmerischen Ermessensspielraum des Leitungsorgans gedeckt ist. Die Antwort hat mit Blick auf die Entwicklungsgeschichte der Norm einerseits und den (Reform-) Bestrebungen, die Position des Aufsichtsrats in der Unternehmensverfassung zu stärken, andererseits zu erfolgen. Ebenso, wenn nicht sogar noch rätselhafter muten Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Aufsichtsrats einer GmbH an. Kraft Verweisung findet § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG auch in der GmbH mit fakultativem (§ 52 Abs. 1 GmbHG) und obligatorischem Aufsichtsrat (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG; § 1 Nr. 3 DrittelbG) Anwendung. Das aktienrechtliche Vorbehaltsinstitut fügt sich jedoch nicht ohne weiteres in die Unternehmensstruktur einer GmbH ein 11. Anders als in der Aktiengesellschaft (vgl. § 119 Abs. 2 AktG) ist in der GmbH die Gesellschafterversammlung oberstes Entscheidungsorgan. Die Geschäftsführer sind an Weisungen der Gesellschafter gebunden. Gerade bei den vorbehaltsrelevanten Geschäftsführungsmaßnahmen von besonderer Bedeutung für die Gesellschaft kommt es daher zu einem gesetzlich nicht gelösten Konflikt 12 zwischen Weisungen der Gesellschafter und Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats. Fraglich ist, ob Aufsichtsratsvorbehalte auch solche Geschäftsführungsmaßnahmen zum Gegenstand haben können, die zuvor von der Gesellschafterversammlung angewiesen wurden. Das damit angesprochene Kompetenzverhältnis zwischen Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung ist zwar schon seit der Einführung der Mitbestimmung Gegenstand einer regen wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Vor dem Hintergrund der nunmehr gesetzlich verankerten Zustimmungsvorbehaltspflicht hat es aber an neuer Aktualität gewonnen, die es rechtfertigt, sich den Fragen nach der Funktion und Wirkweise von Aufsichtsratsvorbehalten in der GmbH erneut zu stellen. Fraglich ist etwa, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen das Mitwirkungsrecht des Aufsichtsrats insgesamt von den Gesellschaftern ausgeschlossen oder jedenfalls eingeschränkt werden kann. Umgekehrt ist fraglich, ob das Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats über die geschriebenen und ungeschriebenen Grenzen des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG hinaus erweitert werden kann. Fraglich ist weiter, welcher Zustimmungsvorbehalt den Vorrang genießt, wenn neben dem Aufsichtsrat auch die Gesellschafter Zustimmungsvorbehalte zu ihren Gunsten 10 Aus der Presse siehe etwa Heraues, BZ v. 27. 10. 2004, S. 8: „Die strikte Gewaltentrennung nach Aktiengesetz ist passé“, und Lutter, BZ. v. 17. 11. 2004, S. 2: „Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat?“; aus der wissenschaftlichen Literatur siehe die Nachweise unter § 2 B. I. 1. und § 5 B. I. 1. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ist damit zum derzeitigen Austragungsort für das Kräftemessen zwischen Aufsichtsrat und Vorstand geworden. 11 Siehe Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 89. 12 Vgl. Raiser, BB 1976, 145, 150; ders., MitbestG, § 25 Rn. 89; Wank, GmbHR 1980, 121, 124.

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festlegen. Und fraglich ist, wie das Ersetzungsverfahren der Sätze 3 bis 5 des § 111 Abs. 4 AktG an die GmbH-spezifische Zuständigkeitordnung angeglichen werden kann. Dass es sich hierbei nicht nur um akademische Fragen handelt, verdeutlicht ein erst kürzlich ergangenes Urteil des II. Zivilsenats des BGH, das die Haftung eines fakultativen (!) Aufsichtsrats wegen sorgfaltswidrigen Umgangs mit dem Vorbehaltsinstrument zum Gegenstand hatte 13. Die folgende Untersuchung will daher auch die einzelnen, je nach Art des Aufsichtsrats 14 zum Teil unterschiedlich gelagerten Problemfelder aufzeigen und schlüssige Lösungen für einen sachgerechten Umgang mit dem Institut der Aufsichtsratsvorbehalte in der GmbH herausarbeiten. Obwohl die Mehrzahl aller Aktiengesellschaften und aufsichtsratspflichtigen GmbHs in einem Konzern eingebunden ist 15, handelt die Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ihrem Wortlaut nach nur von der konzernfreien Gesellschaft. Besonders bemerkbar macht sich diese Regelungslücke bei Holding-Modellen, bei denen die Führungsholding 16 nur konzernstrategische und konzernorganisatorische Aufgaben wahrnimmt, während die Ausübung des operativen Geschäfts den konzernangehörigen Tochter- und Enkelgesellschaften überlassen ist. Aufsichtsratsvorbehalte der Konzernobergesellschaft würden leerlaufen, wenn sie nicht auch solche Vorgänge erfassten, die sich in nachgeordneten Konzerngesellschaften verwirklichen 17. Und wie die Geschichte zeigt, sind es nicht selten kleine Konzerngesellschaften auf tiefen Ebenen, von denen erhebliche Risiken für die Konzernmutter ausgehen. Als weiteren Untersuchungsgegenstand behandelt die Arbeit daher die Wirkung von Aufsichtsratsvorbehalten des herrschenden Unternehmens auf nachgeordnete Gesellschaften. Anerkannt ist insoweit, dass Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats der Obergesellschaft keine unmittelbare Bindungswirkung gegenüber den Konzernuntergesellschaften entfalten 18. Ein Schwerpunkt des konzernrechtlichen Teils der Arbeit ist daher die Frage, wie Konzernvorbehalte des Mutteraufsichtsrats in Kapital- und Personenhandelsgesellschaften im ein- und mehrstufigen Konzern sichergestellt und entsprechende Zustimmungsentscheidungen „unten“ durchgesetzt werden können. Angeknüpft wird dabei an die Hinweise in der Literatur, „insoweit ist die Rechtslage noch wenig geklärt“ 19 und „eine Aufbereitung des Themas steht . . . noch aus“ 20. Ziel ist es, die

13 14 15

BGH, ZIP 2007, 224. Fakultativ; paritätisch oder drittelparitätisch besetzt. Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325; Emmerich / Habersack, Konzernrecht,

S. 1. 16 Zum Begriff der „Führungsholding“ siehe Lutter in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 1 Rn. 16. 17 Vgl. Götz, ZGR 1990, 633, 647. 18 Siehe dazu unter § 7 B. III. 19 Hüffer, AktG, § 111 Rn. 22.

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„Binnenordnung im Konzern“ für diesen Bereich der Aufsichtsratsüberwachung fortzuentwickeln. Alle drei angesprochenen Themenbereiche – Zustimmungsvorbehalte in der AG, in der GmbH und im Konzern – haben schließlich eines gemein: Die Frage nach dem Umfang der Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats im Umgang mit dem Vorbehaltsinstrument. Dieser Aspekt der Zustimmungsvorbehalte wurde in der wissenschaftlichen Literatur bislang nur wenig konkretisiert 21. Die weitere Aufgabe lautet daher, die Sorgfaltspflichten zu bestimmen, die den Aufsichtsrat und seine Mitglieder vor, bei und nach der Entscheidung über die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten einerseits und der späteren Zustimmungsentscheidung andererseits treffen. Auszuloten sind im Einzelnen Organisationspflichten, Informationsbeschaffungspflichten, Risikobeobachtungspflichten, Dokumentationspflichten, Ermessensspielräume und Ermessensgrenzen bei der jeweiligen Entscheidungsfindung, Verhaltensweisen bei „nützlichen“ Pflichtverletzungen der Geschäftsleitung in der Krise des Unternehmens, Klagepflichten des Aufsichtsrats und einzelner seiner Mitglieder gegen zustimmungswidriges Geschäftsleiterhandeln usw. Dabei gilt es, den jeweiligen Pflichtenumfang an die Ausgestaltung des Aufsichtsratsmandats als Nebenamt anzupassen. Zusammenfassend will die Arbeit somit das Recht der Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats aus Sicht der Aktiengesellschaft und aus Sicht der mitbestimmungsfreien wie mitbestimmten 22 GmbH durchleuchten und damit – zunächst für das Einheitsunternehmen und darauf aufbauend für den Konzern – einen Beitrag zur Entwicklung guter Corporate Governance in Deutschland leisten.

B. Gang der Untersuchung Die Arbeit ist in vier Kapitel gegliedert. In dem ersten Kapitel wird belegt, dass Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats ein Instrument zur unternehmerischen Mitbeteiligung sind, das neben kontrollierenden auch (mit-)geschäftsführende Komponenten aufweist (§ 2). Hierfür wird zunächst die Rolle des Aufsichtsrats in der Unternehmensverfassung der AG und der GmbH als kooperatives Kontrollorgan dargestellt, das nicht bloß „von außen“ überwacht, sondern als Teil 20 Fonk, ZGR 2006, 841, 857; siehe auch Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 92: „Noch größere Unsicherheit besteht hinsichtlich der Rechtsfolgen eines konzernbezogenen Zustimmungsvorbehalts“. 21 Intensivere Auseinandersetzungen mit den „Erwartungen, die von Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats zu Maßnahmen der Geschäftsführung des Vorstands realistischerweise erfüllt werden können“, liegen insbesondere vor von Fonk, ZGR 2006, 841 (von ihm stammt das Zitat), Semler in: FS Doralt, S. 609, 614 ff., sowie monografisch von Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, 2006. 22 Nach MitbestG und DrittelbG. Auf das Montan-MitbestG und das Montan-MitbestErgG wird wegen der geringeren praktischen Bedeutung nur vereinzelt Bezug genommen.

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§ 1 Einleitung

der Verwaltung auch unternehmerische Aufgaben wahrnimmt. Daran anknüpfend wird das Verhältnis von § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG (Geschäftsführungsverbot) zu § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG systematisch, historisch und teleologisch, insbesondere mit Blick auf die verfolgten Ziele des TransPuG-Gesetzgebers untersucht. Zum Ende des Kapitels wird die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 1 AktG nochmals abgerufen, ohne die eine – im folgenden Kapitel anstehende – Analyse der geschriebenen und ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht möglich ist (§ 3). Das zweite Kapitel setzt sich aus drei Teilen zusammen: In den ersten beiden Teilen werden der Inhalt und die Reichweite des Zustimmungsvorbehaltsrechts 23 (§ 4) und des späteren Zustimmungsrechts 24 (§ 5) analysiert. Untersucht wird, welche Geschäfte nach den Vorstellungen des TransPuG-Gesetzgebers zwingend zustimmungsvorbehaltspflichtig sind, welche Entscheidungsspielräume dem Aufsichtsrat bei seiner Festlegungsentscheidung zukommen und welche Geschäfte zustimmungsvorbehaltsresistent sind. Untersucht wird, ob es sich bei dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG („bestimmte Arten von Geschäften“) um eine (weitere) materielle Schranke handelt, die insbesondere die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten auf Einzelgeschäfte verbietet oder sie jedenfalls erschwert. Ferner werden Möglichkeiten der Geschäftsleitung erörtert, rechtswidrige Aufsichtsratsvorbehalte zu beseitigen. Das Gesetz sieht insoweit keinen Konfliktlösungsmechanismus vor. Aufgezeigt werden zudem die Ermessensspielräume des AG- und GmbH-Aufsichtsrats bei der Erteilung und der Versagung der Zustimmung zu einem vorgelegten Geschäft. Daran schließen sich Fragen der Aufsichtsratshaftung für Überwachungsfehler an. Der dritte Teil beschäftigt sich daher mit den Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats im Umgang mit dem Vorbehaltsinstrument (§ 6). Die Ausführungen beginnen jeweils mit dem AG-Aufsichtsrat, so dass im Anschluss daran die Besonderheiten in der mitbestimmungsfreien und mitbestimmten GmbH hervorgehoben werden können. Das dritte Kapitel behandelt die Funktion und Wirkweise von Zustimmungsvorbehalten im Konzern. Ausgehend vom herrschenden Unternehmen wird zunächst die Zulässigkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte erörtert (§ 7). Davon erfasst sind Fragen des möglichen Umfangs von Konzernvorbehalten, der konzernweiten Geltung neutral formulierter Aufsichtsratsvorbehalte des herrschenden Unternehmens sowie ihrer (Bindungs-)Wirkung gegenüber der eigenen Geschäftsleitung einerseits und gegenüber nahestehenden Tochter- und Enkelgesellschaften andererseits. Den Schwerpunkt der Überlegungen bilden Fragen der Sicherstellung konzernweit eingeführter Zustimmungsvorbehalte in nachgeordneten Gesellschaften sowie der Durchsetzung der Zustimmungsentscheidung des Mutteraufsichtsrats in denselben (§ 8). Untersuchungsgegenstand ist der ein- und mehrstufige 23 24

Das Recht zur Anordnung von Zustimmungsvorbehalten. Die Ausübung des Vetorechts.

§ 1 Einleitung

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Unterordnungskonzern, an dem in unterschiedlichen Konstellationen Kapital- und Personenhandelsgesellschaften beteiligt sind. Als Konzernspitze dient jeweils eine AG oder GmbH. Auf der Grundlage der bis dahin gewonnenen Erkenntnisse wird schließlich der Frage nach den konzernspezifischen Sorgfaltspflichten im Umgang mit dem Vorbehaltsinstrument nachgegangen. Die Untersuchung erstreckt sich sowohl auf den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens (§ 9) als auch auf Aufsichtsräte abhängiger Unternehmen (§ 10). Das vierte Kapitel schließt die Arbeit mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse.

1. Kapitel

Zustimmungsvorbehalte als Instrument präventiver Aufsichtsratsüberwachung § 2 Zustimmungsvorbehalte als Überwachungsinstrument mit unternehmerischer Mitbeteiligung Das Recht des Aufsichtsrats, neben der Satzung nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG „bestimmte Arten von Geschäften“ seiner Zustimmung zu unterwerfen, eröffnet ihm die Möglichkeit, auf unternehmerische Entscheidungsprozesse unmittelbar Einfluss zu nehmen und so an der dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung obliegenden Geschäftsführungsaufgabe teilzunehmen: Verweigert der Aufsichtsrat seine erforderliche Zustimmung, so ist die Unternehmensleitung gesellschaftsintern an diese Entscheidung gebunden, § 82 Abs. 2 AktG. Die Durchführung der zustimmungsbedürftigen Maßnahme hat zu unterbleiben. Zustimmungsvorbehalte sind demnach das rechtliche Mittel, „um das Verhalten des Vorstands bei bestimmten Maßnahmen und in besonderen Einzelfällen vom Willen des Aufsichtsrats abhängig zu machen“ 1. Nicht selten werden deshalb Vorstand und Aufsichtsrat funktional als Einheit gesehen und als „Verwaltung der Aktiengesellschaft“ bezeichnet 2 (vgl. auch § 120 Abs. 2 Satz 1 AktG). Anknüpfend an dieses Verständnis der funktionalen Einheit von Geschäftsleitung und Aufsichtsrat gilt es zunächst der Frage nach der Funktion der Zustimmungsvorbehalte nachzugehen: Handelt es sich bei dem Institut der Zustimmungsvorbehalte ausschließlich um ein Instrument der Kontrolle des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 1 AktG oder stellt das Recht der Zustimmungsvorbehalte vielmehr (auch) ein Instrument der Geschäftsführung dar, das den Aufsichtsrat sogar zum gleichberechtigten Geschäftsherrn neben dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung werden lässt? 1

Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 394. Vgl. etwa Immenga, ZGR 1977, 249, 251; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 212 Fn. 329: „Der Aufsichtsrat deutschen Rechts ist . . . kein Oberrevisor, sondern Teil der Verwaltung der Aktiengesellschaft“; Goette in: FS 50 Jahre BGH, S. 123, 128; siehe auch die Bemerkungen zum Deutschen Coporate Governance Kodex (DCGK) von Claussen in: FS Priester, S. 41, 49. 2

§ 2 ZV als Überwachungsinstrument mit unternehmerischer Mitbeteiligung

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Auswirkungen hat die Zuordnung der Zustimmungsvorbehalte als Überwachungs- oder (Mit-)Geschäftsführungsinstrument etwa auf die Frage, wie umfangreich die Liste zustimmungspflichtiger Geschäftsvorgänge ausgestaltet sein darf, ohne dabei gegen das aktienrechtliche Prinzip der Gewaltentrennung oder gegen die Entscheidungszuständigkeiten im GmbH-Recht zu verstoßen. Auch die Durchsetzbarkeit eigener unternehmerischer Vorstellungen des Aufsichtsrats mittels Zustimmungsvorbehalten ist vom Verständnis des Vorbehaltsinstruments abhängig. Fraglich ist nämlich, ob der Aufsichtsrat bei Ausübung seines Zustimmungsrechts seine eigene Überzeugung von der unternehmenspolitischen Ausrichtung der Gesellschaft gegenüber derjenigen der Unternehmensleitung durchsetzen darf. Die Einordnung des Instituts der Zustimmungsvorbehalte in die Kategorien „Geschäftsleiterkontrolle“ und / oder „(Mit-)Geschäftsführung“ erfordert zunächst eine kurze Standortbestimmung, die die Stellung des Aufsichtsrats in der Verfassung der Aktiengesellschaft und in der GmbH umreißt (A.). Daran anknüpfend gilt es, Sinn und Zweck des Instituts der Zustimmungsvorbehalte mit Blick auf dessen systematische Stellung in Satz 2 des vierten Absatzes von § 111 AktG zu bestimmen. Dabei ist – wie noch darzustellen sein wird – zwischen dem Recht zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten einerseits (Zustimmungsvorbehaltsrecht) und der späteren Entscheidung über das konkrete Geschäft andererseits (Zustimmungsrecht) zu unterscheiden (B.).

A. Zur Stellung des Aufsichtsrats in der Verfassung der AG und der GmbH I. Der AG-Aufsichtsrat als kooperatives Überwachungsorgan Die aktienrechtliche Unternehmensverfassung weist dem Vorstand nach § 76 Abs. 1 AktG die Geschäftsführung zu, die der Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 1 AktG zu überwachen hat. Der Vorstand leitet die Gesellschaft in eigener Verantwortung und ist in seiner Handlungsfreiheit nur wenig begrenzt. Der Aufsichtsrat ist – von der Ausnahme des § 32 MitbestG abgesehen 3 – weder befugt, dem Vorstand gegenüber Weisungen zu erteilen, noch steht ihm ein auf die Geschäftsführung bezogenes rechtsverbindliches Initiativrecht zu. Die Zuständigkeit des 3 § 32 MitbestG will einer Kumulation der Mitbestimmungsrechte im Konzern entgegenwirken (vgl. dazu Raiser, MitbestG, § 32 Rn. 1). Hierzu wird der gesetzliche Vertreter bei der Ausübung bestimmter Beteiligungsrechte an die Weisungs-Beschlüsse des Aufsichtsrats gebunden, die nur der Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner bedürfen. Im Unterschied zum Zustimmungsvorbehaltsrecht nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG handelt es sich daher bei § 32 MitbestG um ein aktives Geschäftsführungsinstrument der Anteilseignervertreter des mitbestimmten Aufsichtsrats der Obergesellschaft. § 32 MitbestG geht § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG daher auch dann vor, wenn die Ausübung des entsprechenden Beteiligungsrechts durch den gesetzlichen Vertreter unter Zustimmungsvorbehalt stehen sollte, vgl. Hüffer, AktG, § 111 Rn. 16; Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 80.

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1. Kap.: ZV als Instrument präventiver Aufsichtsratsüberwachung

Aufsichtsrats ist somit auf die Überwachung der Unternehmensführung begrenzt. Diese Trennung von Geschäftsleitung und Überwachung wird in der Verbotsnorm des § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG nochmals klargestellt, wonach Maßnahmen der Geschäftsführung dem Aufsichtsrat weder durch die Satzung (§ 23 Abs. 5 AktG) noch durch Beschluss eines anderen Organs übertragen werden können 4. Aus dieser unternehmensverfassungsrechtlichen Gewaltenteilung darf jedoch nicht geschlossen werden, der Aufsichtsrat habe seine Überwachungsaufgabe lediglich reaktiv nach Art eines „Rechnungshofes“ 5 und ohne eigene Meinung in Bezug auf die vom Vorstand vorgegebene unternehmenspolitische Zielkonzeption wahrzunehmen 6. Vielmehr ergibt eine Gesamtbetrachtung der den Aufsichtsrat betreffenden Normen die Pflicht des Aufsichtsrats zur unternehmerischen Mitbeteiligung und Mitverantwortung 7. So umfasst etwa der Überwachungsauftrag nach § 111 Abs. 1 AktG anerkanntermaßen nicht nur die vergangenheitsbezogene, sondern gerade auch die in die Zukunft gerichtete Überwachung. Und zum Prüfungsgegenstand gehört auch das Geschäftsführungsermessen des Vorstands, da neben der Rechtmäßigkeit auch Erwägungen der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit im Rahmen der Aufsichtsratsüberwachung Berücksichtigung finden 8. Weiter gehört es zur Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats, dem Vorstand in Bezug auf die künftige Geschäftspolitik beratend zur Seite zu stehen. Dieser Pflicht kann er aber sinnvollerweise nur nachkommen, wenn er sich eine eigene Meinung über die Geschäftspolitik und die unternehmerische Tätigkeit bildet. Die eigenständige Beurteilung unternehmerischer Maßnahmen ist auch Voraussetzung etwa für die Erfüllung der Pflicht, der Hauptversammlung zu allen Tagesordnungspunkten Vorschläge zur Beschlussfassung zu unterbreiten (§ 124 Abs. 3 AktG) 9. Zur aktiven Mitwirkung an der Unternehmenspolitik wird der Aufsichtsrat zudem dadurch aufgefordert, dass er über die Bestellung und Abberufung des Vorstands zu entscheiden hat (§ 84 AktG) und ihm die Kompetenz zugewiesen wird, die Ressourcezuständigkeiten einzelner Vorstandsmitglieder durch Geschäftsordnungsregeln zu erweitern oder zu verengen (§ 77 Abs. 2 Satz 1 AktG) 10. Und schließlich hat er es in der Hand, durch den Einsatz von Zustimmungsvorbehalten die Durchführung bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen seinem Willen zu unterwerfen und so gestaltend auf die Unternehmenspolitik einzuwirken (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG). 4

Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 371. Mertens in: KölnKomm.AktG, Vorb. § 95 Rn. 1. 6 Vgl. Mertens in: KölnKomm.AktG, Vorb. § 95 Rn. 1 und § 111 Rn. 26. 7 Siehe auch Immenga, ZGR 1977, 249, 250 f.; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 290 f. 8 Vgl. dazu später unter § 3 B. II. 9 Dabei handelt es sich allerdings nicht um ein Überwachungsinstrument gegenüber den Aktionären, wie dies insbesondere von Duden in: FS Fischer, S. 95, 97, vertreten wird. 10 Vgl. Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 27. 5

§ 2 ZV als Überwachungsinstrument mit unternehmerischer Mitbeteiligung

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Aus diesen nicht abschließend aufgezählten Einflussnahmemöglichkeiten des Aufsichtsrats auf die Unternehmensführung lässt sich die Funktion des Aufsichtsrats als „Überwachungsorgan mit unternehmerischer Mitverantwortung“ entnehmen 11. Für die Aufgabenstellung des Aufsichtsrats bedeutet das einerseits, dass er aufgefordert ist, durch eine entsprechende Ausübung der ihm hierfür 12 zur Verfügung gestellten Mittel seine Auffassung über die unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft durchzusetzen 13. Andererseits ist es ihm nicht gestattet, seine Einwirkungsmöglichkeiten zweckzuentfremden, d. h. seine Überwachungsinstrumente eben nicht zur Kontrolle, sondern zur faktischen Geschäftsführung zu missbrauchen. Der Aufsichtsrat hat also seine Mitwirkungsrechte an der Unternehmensführung überwachend einzusetzen. Nicht vereinbar mit der aktienrechtlichen Unternehmensverfassung ist es daher, wenn der Aufsichtsrat seine Einflussmöglichkeiten dazu nutzt, seine Ansichten nach Manier eines Geschäftsherrn über den Vorstand hinweg durchzusetzen. Denn „Überwachung“ im Sinne von § 111 Abs. 1 AktG „setzt immer ein geschäftsführendes Verhalten (oder pflichtwidriges Unterlassen) des anderen Verwaltungsorgans, des Vorstands, voraus“ 14. Dementsprechend steht auch allein dem Leitungsorgan das unternehmerische Initiativrecht zu 15. Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats knüpft an die Initiativen des Vorstands an. Deshalb wird der Aufsichtsrat auch als „nachgeschaltetes“ Organ bezeichnet 16. Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass der Aufsichtsrat ein Überwachungsorgan mit unternehmerischer Mitverantwortung ist. Dies berechtigt und verpflichtet ihn einerseits, im Rahmen seines Überwachungsauftrags (§ 111 Abs. 1 AktG) auch seine Ansichten über die unternehmerische Zielkonzeption der Gesellschaft miteinzubringen. Andererseits ist es ihm als „nachgeschaltetes“ Kontrollorgan verwehrt, seine Einwirkungsmöglichkeiten so auszunutzen, dass er faktisch zum Geschäftsherrn neben oder gar über dem Vorstand wird. Dieses Verständnis von der Rolle des Aufsichtsrats soll Grundlage der weiteren Überlegungen sein.

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Vgl. Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 26; Götz, ZGR 1990, 633, 656. Gemeint sind nur solche Rechtsinstrumentarien, die dem Aufsichtsrat die Möglichkeit geben, auf die unternehmerische Tätigkeit auch gestaltend einzuwirken, so dass etwa der gesamte Bereich der vergangenheitsbezogenen Überwachung hiervon ausgeschlossen ist. 13 Vgl. Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 26; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 290 ff. 14 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 178. 15 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 178. 16 So der treffende Begriff von Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 178. 12

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1. Kap.: ZV als Instrument präventiver Aufsichtsratsüberwachung

II. Die Aufgabenstellung des GmbH-Aufsichtsrats Die Stellung und die Aufgaben des Aufsichtsrats einer GmbH unterscheiden sich danach, ob es sich um einen obligatorischen oder fakultativen Aufsichtsrat handelt. Sie lassen sich daher grundsätzlich nicht einheitlich beschreiben. Bezogen auf die Ausgangsfrage sei dennoch folgendes vereinfacht dargestelltes Bild von der Stellung des Aufsichtsrats in der GmbH-Verfassung skizziert: 1. Die gesetzliche Ausgangslage a) Die Überwachung der Geschäftsführung als konstitutives Merkmal des GmbH-Aufsichtsrats Ebenso wie bei der AG gehört auch bei der GmbH die Überwachung der Geschäftsführung nach § 111 Abs. 1 AktG zu den zentralen Aufgaben sowohl des fakultativen 17 (vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG) als auch des obligatorischen Aufsichtsrats (vgl. die Verweisungen in § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG und § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG). Als eigentliches Wesensmerkmal des Aufsichtsrats ist die Überwachungsaufgabe dem Kontrollorgan weder gesellschaftsvertraglich entziehbar noch kann sie ihrem Umfang nach weitgehend eingeschränkt werden. Für den obligatorischen GmbH-Aufsichtsrat ergibt sich dies aus den jeweiligen die Satzungsfreiheit einschränkenden Verweisungsnormen, die gerade die Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat aufrechterhalten sollen 18. Der fakultative Aufsichtsrat einer GmbH ist demgegenüber zwar als Produkt der GmbH-rechtlichen Gestaltungsfreiheit in Bezug auf seinen Überwachungsauftrag weiterhin per Satzung einschränkbar 19. Fehlt dem Gremium allerdings das konstitutive Merkmal der Überwachungsfunktion, weil es etwa nur beratende Aufgaben erfüllt, so handelt es sich nicht (mehr) um einen Aufsichtsrat im Sinne von § 52 GmbHG, mag das Gremium auch als „Aufsichtsrat“ bezeichnet sein („ohne Überwachung kein Aufsichtsrat“) 20. Bei einer GmbH mit Aufsichtsrat geht schließlich auch der Rechtsverkehr davon aus, dass diese GmbH durch den 17 Gemeint ist der Aufsichtsrat im Sinne von § 52 AktG (die Bezeichnung „Aufsichtsrat“ ist indes nicht zwingend). Zu dessen Mindestaufgaben zählt die Überwachung der Geschäftsführer; vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 52; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 10; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 21. Zur Abgrenzung zu anderen Gremien siehe bei Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 1 ff. 18 Zur eingeschränkten Satzungsautonomie vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 71. 19 Vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 68. 20 Lutter/Hommelhoff in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 10; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 52; Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 9 f.

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Aufsichtsrat einer stärkeren Überwachung als üblich (vgl. ansonsten § 46 Nr. 6 GmbHG) unterworfen ist, und bringt ihr deswegen regelmäßig mehr Vertrauen entgegen 21. Entsprechend verlangt § 52 Abs. 2 GmbHG, dass die Bestellung sowie jeder Wechsel von Aufsichtsratsmitgliedern bekanntzumachen ist. Und nach §§ 35a Abs. 1 Satz 1, 71 Abs. 5 GmbHG ist der Aufsichtsratsvorsitzende auf den Geschäftsbriefen der GmbH anzugeben. Diese jeweils nicht abdingbaren Publizitätspflichten tragen der Erwartungshaltung des Rechtsverkehrs Rechnung, der darüber informiert sein will, ob eine Geschäftsführerüberwachung durch einen „echten“ Aufsichtsrat stattfindet oder nicht. Für ein lediglich beratendes Organ ohne eigenständige Einflussnahmemöglichkeiten auf die Geschäftsführertätigkeit besteht indessen kein Informationsbedürfnis. Ein Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG, der dem Rechtsverkehr bekanntzumachen ist, kann daher nur ein überwachender sein 22. b) Berücksichtigung der GmbH-spezifischen Zuständigkeitsordnung Unterschiede zur Stellung des Aufsichtsrats in einer Aktiengesellschaft ergeben sich für den GmbH-Aufsichtsrat neben der grundsätzlich bestehenden Vertragsfreiheit (dazu sogleich) vor allem aus der GmbH-spezifischen Zuständigkeitsordnung. Im Gegensatz zum Aktienrecht weist das GmbH-Recht von seinem organisationsrechtlichen Ausgangspunkt her eine monistische Zuständigkeitsverteilung auf: Die Gesellschafterversammlung ist allkompetent 23. Sie ist nicht nur Überwachungsorgan (vgl. § 46 Nr. 6 GmbHG) – bei der GmbH mit Aufsichtsrat treten beide Kontrollinstanzen konkurrierend nebeneinander 24 –, sondern zugleich (Letzt-) Entscheidungsorgan. So bestimmt die Anteilseignerversammlung nicht nur über Finanz- und Personalangelegenheiten (vgl. den Katalog des § 46 GmbHG), sie setzt vielmehr auch die Grundsätze der Unternehmenspolitik fest 25 und ist gegenüber den Geschäftsführern weisungsbefugt (vgl. §§ 45, 37 Abs. 1 GmbHG). Sowohl der fakultative als auch der mitbestimmte Aufsichtsrat haben diese Entscheidungsherrschaft zu respektieren. Weder § 52 Abs. 1 GmbHG noch die entsprechenden Verweisungen der jeweiligen Mitbestimmungsgesetze ordnen eine Übernahme der aktienrechtlichen Kompetenzverteilung an. Die fehlende Verweisung auf § 119 Abs. 2 AktG ist Beleg dafür, dass der Gesellschafterversammlung die uneingeschränkte Kompetenz zusteht, jederzeit über Angelegenheiten der Geschäftsführung zu entscheiden. Überwachungsgegenstand des Aufsichtsrats 21 Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 8, 17; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 27; K. Müller / Wolff, NZG 2003, 751, 752 ff.; Grossfeld / Brondics, AG 1987, 293, 295. 22 K. Müller / Wolff, NZG 2003, 751, 753. 23 Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG, § 45 Rn. 5. 24 Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG, § 46 Rn. 111. 25 So die h. M., anstelle aller: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 10.

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ist daher auch nur die Geschäftsführung, soweit sie durch die Geschäftsführer erfolgt 26. Gesellschafterentscheidungen als solche unterliegen gar nicht, in Form von angewiesenen Geschäftsführermaßnahmen nur der eingeschränkten und aufschiebenden Kontrolle durch den Aufsichtsrat 27. Die Überwachungs- und Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung beinhaltet zugleich die Möglichkeit, Überwachungsmaßnahmen des Aufsichtsrats durch anderweitige Anweisungen aufzuheben. Die Entscheidungsherrschaft der Gesellschafterversammlung darf allerdings nicht zu dem Schluss verleiten, der Aufsichtsrat sei eine Art verlängerte Kontrollinstanz der Anteilseignerversammlung und die Überwachung erfolge allein in deren Interesse. Die Mitglieder des GmbH-Aufsichtsrats – bei der mitbestimmten GmbH ist das ohne weiteres nachvollziehbar – verwalten vielmehr ein fremdnütziges Amt 28. Das bedeutet insbesondere, dass die Aufsichtsratsmitglieder ihre Aufgaben wie im Aktienrecht auch ausschließlich im Interesse der GmbH auszuüben haben. Und das wiederum hat einschränkende Folgen für die Vertragsfreiheit im GmbH-Recht. Soll etwa ein fakultativer „Aufsichtsrat“ mit der satzungsmäßigen Intention eingesetzt werden, nur die Interessen der Gesellschafter oder die einer bestimmten Gesellschaftergruppe (z. B. eines Familienstamms) durchzusetzen, ist dies zwar möglich, nur handelt es sich dann nicht mehr um einen Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG 29. Wegen der autonomen Stellung des Aufsichtsrats in der GmbH-Verfassung sind mithin der Möglichkeit Schranken gesetzt, den Aufsichtsrat in seinen Kontroll- und Mitentscheidungsrechten einzugrenzen. Darauf wird an den jeweiligen Stellen zurückzukommen sein. c) Von Gesetzes wegen beschränkte Einflussnahmemöglichkeiten Ein weiterer Unterschied zum AG-Aufsichtsrat besteht in der von Gesetzes wegen beschränkten Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft. Denn nach den jeweiligen Verweisungsnormen der §§ 52 Abs. 1 GmbHG, 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG und 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG finden nicht alle den AG-Aufsichtsrat betreffenden aktienrechtlichen Vorschriften auch auf den GmbHAufsichtsrat Anwendung. So sind insbesondere folgende Rechte des Aufsichtsrats von den Verweisungen ausgenommen 30: Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand (§ 77 AktG), Bestellung und Abberufung des Vorstands, sofern es sich um einen fakultativen oder einen nach dem DrittelbG mitbestimmten Aufsichtsrat 26

Statt aller: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 88. Dazu ausführlich unten § 4 B. II. sowie § 5 B. II. 28 Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 43; Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 8. 29 Vgl. Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 8. 30 Vgl. Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 87. 27

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handelt (anders beim Aufsichtsrat nach MitbestG, vgl. § 31 MitbestG), Festlegung der Grundsätze für die Bezüge für Vorstandsmitglieder (§ 87 AktG), Befreiung vom Wettbewerbsverbot (§ 88 AktG), Beschlüsse über die Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder (§ 89 AktG) sowie das Recht, der Hauptversammlung zu jedem Beschlusspunkt der Tagesordnung Vorschläge zur Beschlussfassung zu machen (§ 124 Abs. 3 AktG). Aus dieser im Vergleich zur Aktiengesellschaft eingeschränkten Rechtsstellung folgt jedoch nicht, dass den GmbH-Aufsichtsrat keinerlei unternehmerische Mitverantwortung trifft. Denn auch der GmbH-Aufsichtsrat ist neben der nachträglichen ebenso zur begleitenden und vorausschauenden Überwachung der Geschäftsführung angehalten und hat dabei neben Legalitätsfragen auch Zweckmäßigkeitsund Wirtschaftlichkeitserwägungen in seine Kontrolltätigkeit mit einzubeziehen. Somit kommt auch ihm grundsätzlich die Funktion eines Kontrollorgans mit unternehmerischer Mitverantwortung zu, die er unter Zuhilfenahme entsprechender Instrumentarien wie der Zustimmungsvorbehalte oder durch Ausübung seiner begleitenden Beratungstätigkeit wahrzunehmen hat 31. 2. Übertragbarkeit von Geschäftsführungsfunktionen auf den GmbH-Aufsichtsrat Ist somit auch der Aufsichtsrat einer GmbH schon von Gesetzes wegen zur unternehmerischen Mitbeteiligung im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit aufgefordert, stellt sich mit Blick auf die GmbH-rechtliche Gestaltungsfreiheit die weitere Frage, ob dem GmbH-Aufsichtsrat auch unternehmensleitende Aufgaben per Satzung oder Gesellschafterbeschluss übertragen werden können. a) Fakultativer Aufsichtsrat Für den fakultativen Aufsichtsrat wird dies zweifelsfrei bejaht. Insoweit besteht nämlich nicht nur hinsichtlich der Bildung eines Aufsichtsrats, sondern auch in Bezug auf seine Ausgestaltung Satzungsfreiheit (§ 52 Abs. 1 a. E. GmbHG: „ . . . , soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist.“). § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG findet daher auf die nicht mitbestimmte GmbH keine Anwendung. Auf den Aufsichtsrat übertragbar sind damit zum einen unmittelbare (echte) Geschäftsführungsmaßnahmen wie beispielsweise die Einberufung der Gesellschafterversammlung nach § 49 Abs. 1 GmbHG. Zum anderen können ihm auch mittelbare Geschäftsführungsmaßnahmen zugewiesen werden. Dazu zählen Teile der in § 46 GmbHG aufgeführten Entscheidungskompetenzen (vgl. § 45 Abs. 2 GmbHG) 32, die Festlegung der Grundsätze der Unternehmenspolitik, die Ausübung von Weisungsrechten gegenüber den Geschäftsführern – auch vorrangig 31

Vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 84 f.

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1. Kap.: ZV als Instrument präventiver Aufsichtsratsüberwachung

gegenüber der Gesellschafterversammlung 33 – oder die Lösung von Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Geschäftsführern 34. Die Übertragbarkeit von Geschäftsführungsfunktionen auf den Aufsichtsrat erfährt allerdings von zwei Seiten eine Begrenzung: So ist es einerseits nicht möglich, den Geschäftsführern als Funktionsträger mit ausschließlicher Zuständigkeit 35 ihre Kompetenzen im Wege der Privatautonomie vollständig zu entziehen 36 (Numerus clausus des Gesellschaftsrechts). Zu dem unabdingbaren Kern eigenverantwortlicher Geschäftsführertätigkeit gehören etwa die Vertretung der Gesellschaft (vgl. § 37 Abs. 2 GmbHG) sowie Amtspflichten, die den Geschäftsführern im überwiegend öffentlichen Interesse auferlegt sind (z. B. §§ 30, 31, 33 i.V. m. 43 Abs. 3, 40, 41, 64 GmbHG) 37. Demgegenüber gibt es jedoch keinen Grundsatz, wonach den Geschäftsführern ein Mindestbereich autonomen Geschäftsführungsermessens zustehen muss. Der Anteilseignerversammlung steht es daher frei, jede unternehmerische Initiative in der Hand zu behalten und die Geschäftsführer (faktisch) zum lediglich ausführenden Organ herabzustufen 38. Der uneinschränkbare Kernbereich ist hingegen weisungsfrei und kann daher auch nicht auf den Aufsichtsrat übertragen werden. Eine Übertragung von Geschäftsführungsaufgaben auf den fakultativen Aufsichtsrat ist somit nur insoweit möglich, als dies auch zugunsten der Gesellschafterversammlung zulässig wäre 39. Zum anderen verbietet sich die Übertragung weitreichender Geschäftsführungskompetenzen auf den Aufsichtsrat dann, wenn er nur noch sich selbst kontrollieren würde, also nicht mehr das konstitutive Element der „Überwachung der Geschäftsführung“ erfüllen könnte und damit seine eigene Qualifizierung in Frage gestellt würde 40. Dadurch würde nicht zuletzt das einer GmbH mit „Aufsichtsrat“ entgegengebrachte Vertrauen des Rechtsverkehrs verletzt, der davon ausgeht, dass die 32

Römermann in: Michalski, GmbHG, § 46 Rn. 8 ff.; zu den Grenzen der Disponibilität, ders., wie vor, Rn. 11; vgl. auch Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 5. 33 Geßler, GmbHR 1974, 202, 204. 34 Vgl. BGHZ 43, 261, 264; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 161. 35 Zur Definition „Organ“ vgl. H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, S. 448. 36 Vgl. Reuter in: FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, S. 631, 633. Dies gilt auch im Verhältnis zur Gesellschafterversammlung, so dass etwa die Satzungsänderungsbefugnis nicht auf den Aufsichtsrat übertragen werden kann; vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 39d. 37 Vgl. Paefgen in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 37 Rn. 12; Großfeld / Brondics, AG 1987, 293, 296. 38 Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 88. 39 Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 117. 40 Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 10; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 161; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 10.

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GmbH durch den Aufsichtsrat einer stärkeren Überwachung als üblich unterworfen ist (siehe oben) 41. Wann ein Gremium seine Qualität als Aufsichtsrat verliert, ist freilich einzelfallabhängig und mitunter schwer zu beurteilen. Doch wird man den Spielraum übertragbarer Geschäftsführungsmaßnahmen – auch mit Blick auf die gewollte Gestaltungsfreiheit im GmbH-Recht – nicht zu weit fassen dürfen. Soll die GmbH über einen Aufsichtsrat verfügen, ist er von seinem Aufgabenfeld her dem eines AG-Aufsichtsrats anzugleichen. Im Übrigen bleibt die Möglichkeit, einen Beirat oder ein sonstiges Gremium einzurichten. b) Obligatorischer Aufsichtsrat Handelt es sich demgegenüber um eine aufsichtsratspflichtige GmbH, erachtet die herrschende Meinung eine Übertragung unternehmensleitender Aufgaben auf den Aufsichtsrat als unzulässig. Insoweit folge aus den jeweiligen Mitbestimmungsgesetzen die zwingende Anwendbarkeit des § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG 42. Eine damit einhergehende unterschiedliche Behandlung von fakultativem und mitbestimmtem Aufsichtsrat vermag indessen nicht zu überzeugen. Vielmehr können auch einem obligatorischen Aufsichtsrat in den vorgenannten Grenzen zusätzlich zu seinem Überwachungsauftrag Funktionen der Unternehmensleitung übertragen werden 43. Zwar bestimmen die jeweiligen Verweisungsnormen ausdrücklich die Anwendbarkeit des gesamten § 111 AktG und nehmen damit zugleich Bezug auf den entscheidenden § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG. Daraus aber den Schluss zu ziehen, die darin beschriebene Trennung von Leitung und Überwachung sei gleichermaßen für das Verhältnis Geschäftsführung und Aufsichtsrat einer GmbH verbindlich, wird weder der GmbH-rechtlichen Organisationsstruktur gerecht noch erscheint dies aus mitbestimmungsrechtlichen Erwägungen notwendig. Das in § 111 Abs. 4 Satz 1 enthaltene Verbot der Übertragung von Geschäftsführungsmaßnahmen auf den Aufsichtsrat ist Ausdruck der eigenverantwortlichen Stellung des Vorstands und bildet damit das Gegenstück zu § 76 Abs. 1 AktG 44. Bei der GmbH ist die Stellung des Leitungsorgans dagegen eine ganz andere: Hier können die Kompetenzen der Geschäftsführung im weiten Umfang durch die Gesellschafterversammlung eingeschränkt werden (vgl. oben) – eine dem 41

Ähnlich Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 17. So etwa Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 230 (DrittelbG) und Rn. 272 (MitbestG); Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 162; ders., BB 1973, 1464, 1467; Hueck, BB 1953, 325, 327; Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 49; Koppensteiner in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 52 Rn. 47; Vollmer, ZGR 1979, 135, 141; Deilmann, BB 2004, 2253, 3354; unklar: Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 29; Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 232. 43 Ebenso Bergmann, NJW 1953, 81, 82; Kreifels, GmbHR 1955, 176, 178. 44 Vgl. Kreifels, GmbHR 1955, 176, 178. 42

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§ 76 AktG vergleichbare Vorschrift ist im GmbH-Gesetz gerade nicht vorzufinden. Diese grundsätzliche organisationsrechtliche Struktur im GmbH-Recht wird durch die jeweiligen Mitbestimmungsgesetze auch nicht in Frage gestellt 45. Vielmehr bauen die Mitbestimmungsgesetze „auf der Grundlage des geltenden Gesellschaftsrechts“ auf 46. Damit bedarf es also auch in Bezug auf die mitbestimmte GmbH einer entsprechenden Anpassung der aktienrechtlichen Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG an die GmbH-Verfassung. Und das Ergebnis kann nur sein, dass § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG ebenso wenig im Bereich der aufsichtsratspflichtigen GmbH zur Anwendung gelangt – jedenfalls soweit dadurch nicht die Stellung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat beeinträchtigt wird. Die Möglichkeit der Übertragung von Geschäftsführungsaufgaben wirkt sich aber keineswegs negativ auf die Funktion der Mitbestimmung aus. Im Gegenteil, sie führt gerade zu einer Stärkung der unternehmerischen Mitbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat, können sie doch nun direkten Einfluss auf die Unternehmenspolitik ausüben. Hiergegen wird zwar eingewandt, Arbeitnehmervertreter sollten nicht mit Geschäftsführungsaufgaben und einer damit verbundenen Haftungserweiterung belastet werden 47. Ein solcher Schutz der Arbeitnehmervertreter vor erhöhter Verantwortung bei Ausübung ihrer Aufsichtsratstätigkeit lässt sich jedoch weder aus den Mitbestimmungsgesetzen selbst noch aus den jeweiligen Verweisungen auf § 111 AktG herleiten. Vielmehr liegt es in der Hand jedes einzelnen Arbeitnehmervertreters, sich durch Nichtannahme der Wahl oder Mandatsniederlegung dieser Verantwortung zu entziehen 48. Der Zulässigkeit der (teilweisen) Übertragung von Geschäftsführungsaufgaben auch auf den mitbestimmten Aufsichtsrat stehen daher keine Bedenken gegenüber. Entgegen der herrschenden Meinung findet § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG im gesamten GmbH-Recht keine Anwendung. 3. Zwischenergebnis Mit Blick auf die Ausgangsfrage lässt sich damit für das Zwischenergebnis festhalten, dass auch der Aufsichtsrat einer GmbH im Rahmen seiner Kontrolltätigkeit grundsätzlich zur unternehmerischen Mitbeteiligung aufgefordert ist. Die im Vergleich zum AG-Aufsichtsrat geringere gesetzliche Mittelausstattung des GmbH-Aufsichtsrats zur Einflussnahme auf die Unternehmensentwicklung wird durch die Möglichkeit aufgewertet, ihm im begrenzten Umfang geschäftsführende Zuständigkeiten einzuräumen. 45 BGHZ 135, 48, 55; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 40 und 42; Mertens, ZGR 1977, 270, 282. 46 Vgl. die Nachweise bei Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 42. 47 Hueck, BB 1953, 325, 327; Uwe H. Schneider, BB 1973, 1464, 1467. 48 So zu Recht Kreifels, GmbHR 1955, 176, 178.

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B. Die Funktion der Zustimmungsvorbehalte als Einwirkungsmittel im Grenzbereich zwischen Überwachung und Geschäftsführung Bei der Bestimmung von Wesen und Funktion des Instituts der Zustimmungsvorbehalte kann an die oben dargestellte Rolle des Aufsichtsrats als Kontrollorgan mit unternehmerischer Mitverantwortung angeknüpft werden. Ausgangspunkt der folgenden Untersuchung ist das Verständnis des Instituts der Zustimmungsvorbehalte als zweifunktionales Instrument, das sowohl überwachende als auch unternehmerische Komponenten enthält 49: Während das Recht zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten (Zustimmungsvorbehaltsrecht) dem Aufsichtsrat in erster Linie bei der Wahrnehmung seiner Pflicht zur Überwachung der Unternehmensleitung dient und damit überwiegend Kontrollinstrument ist, entspringt die spätere Befugnis, über das vorbehaltene Geschäft zu entscheiden (Zustimmungsrecht), seiner unternehmerischen Mitwirkungszuständigkeit und ist damit vor allem dem Bereich der Geschäftsführung (Verwaltung) zuzuordnen 50. Beide Rechtsinstrumente bewegen sich damit im Grenzbereich zwischen Überwachung und unternehmerischer Mitentscheidung 51. Beim Zustimmungsvorbehaltsrecht überwiegt die überwachende Funktion, während hingegen dem späteren Zustimmungsrecht überwiegend unternehmerischer Charakter zukommt. Diese Funktion der Zustimmungsvorbehalte als „Überwachungsinstrument mit unternehmerischer Mitbeteiligung“ gilt es im Weiteren näher darzulegen. I. Das Zustimmungsrecht als Akt der (Mit-)Geschäftsführung Die unternehmerische Tätigkeit des Aufsichtsrats ließe sich bereits damit begründen, dass der Aufsichtsrat vergleichbar einer kommunalen Fachaufsicht im Rahmen seiner Zustimmungsentscheidung auch zur Überprüfung der Zweckmäßigkeit der geplanten Maßnahmen berechtigt und verpflichtet ist 52. Nicht geklärt ist damit allerdings die hier entscheidende Frage, von welchem unternehmerischen 49

So insbesondere Mertens, ZGR 1977, 270, 280 f. So die h. M.: Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 212; Skibbe, GmbHR 1972, 180 f.; Hölters, BB 1978, 640, 643; Götz, ZGR 1990, 631, 640 f.; ders., NZG 2002, 599, 602; Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 69; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 92; Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 39; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 85; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 444; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 16; Schreyögg, AG 1983, 278, 279; v. Rechenberg, Die Hauptversammlung als oberstes Organ der Aktiengesellschaft, S. 93 ff.; ders., BB 1990, 1356, 1362; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 64 ff.; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 583; Schiedermair / Kolb in: Beck AG-HB, § 7 Rn. 80. 51 Vgl. Mertens, ZGR 1977, 270, 280 f.; Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 38; Goette in: FS 50 Jahre BGH, S. 123, 128 f. 50

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Standpunkt aus die vom Aufsichtsrat vorzunehmende Zweckmäßigkeitsprüfung zu erfolgen hat. Nur dann, wenn es sich bei dem Zustimmungsrecht um ein Instrument der (Mit-)Geschäftsführung handelt, ist der Aufsichtsrat befugt, seine unternehmenspolitischen Vorstellungen an die Stelle des Vorstands zu setzen. 1. Die unternehmerische Mitwirkungszuständigkeit des Aufsichtsrats bei Ausübung seines Zustimmungsrechts a) Das Verhältnis von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zu § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG Gegen die Qualifizierung des (späteren) Zustimmungsrechts als autonomes Mitentscheidungsrecht wird insbesondere dessen Unvereinbarkeit mit dem aktienrechtlichen Gewaltenteilungsprinzip vorgebracht. Der Aufsichtsrat würde bei Anerkennung einer autonomen Mitentscheidungsbefugnis „von dem die Geschäftsführung überwachenden zu einem im Rahmen der Geschäftsführung tätigen Organ werden“ 53. Entscheidend für die aktiengesetzliche Zulässigkeit des Zustimmungsrechts als Akt der (Mit-)Geschäftsführung ist daher das Verhältnis von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zu § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG. Neben dem Wortlaut der Normen sind bei der Auflösung der Beziehung beider Vorschriften zueinander insbesondere die historische Entwicklung und der mit dem Rechtsinstrument verfolgte gesetzgeberische Wille, aber auch die Wirkdimension des Zustimmungsrechts auf die Geschäftsführungshoheit des Leitungsorgans zu berücksichtigen. aa) Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG Bereits der wie eine Ausnahme klingende „Jedoch“-Wortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG belegt, dass es sich bei der Überwachung mittels Zustimmungsvorbehalten um eine Lockerung des aktienrechtlichen Gewaltenteilungsprinzips handelt. Während nämlich Satz 1 des § 111 Abs. 4 AktG noch die Übertragung von 52

In diese Richtung gehen Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 583. Höhn, GmbHR 1994, 604, 605; im Ergebnis ebenso: Theisen, Die Überwachung der Unternehmensführung, S. 351 ff., 371 f.; ders., Der Konzern, S. 275: „Eine (Mit-)Entscheidung ist jedoch bereits systembedingt ausgeschlossen und gesetzlich unzulässig.“; ders., AG 1995, 193, 199: „Ein Funktionswechsel des Aufsichtsrats vom Überwachungsträger zum (Mit-)Geschäftsführenden muß . . . – auch unter Berücksichtigung der Aufgaben nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG – sowohl personell wie funktionell als auch ergebnisbezogen strikt ausgeschlossen sein und bleiben.“; Henze, NJW 1998, 3309, 3312; Waclawic, ZIP 2006, 397, 401; Fonk, ZGR 2006, 841, 866 f.; Uwe H. Schneider in: Krieger / Uwe H. Schneider (Hrsg.), Hdb. Managerhaftung, § 9 Rn. 26; ders. in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 144 („Zustimmungsvorbehalte sind kein Instrument zur unternehmerischen Mitentscheidung . . . “); Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 66 („Gleichwohl begründen Zustimmungsvorbehalte nicht etwa eine Mitentscheidungskompetenz . . . “). 53

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Geschäftsführungsmaßnahmen auf den Aufsichtsrat verbietet, relativiert Satz 2 desselben Absatzes das statuierte Geschäftsführungsverbot des Aufsichtsrats, indem er anordnet, dass die Satzung oder der Aufsichtsrat „jedoch“ zu bestimmen haben, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen 54. Diese im Widerspruch zum Trennungsprinzip zu stehen scheinende Regelung ist mit Blick auf ihren historischen Ausgangspunkt, die Reformdiskussion zum Gesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. Juli 1884, zu verstehen 55. Wie Hommelhoff herausgearbeitet hat, gehörte es zu den damaligen großen Anliegen im Bereich der Organisationsverfassung, die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats zu präzisieren, um damit die Rollenverteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat stärker zu betonen 56. Dies erschien notwendig, da unter dem Aktiengesetz 1870 57 „viele Aufsichtsräte ihre Aufgabe weniger in der Funktion gesehen [hatten], den Vorstand in seiner Tätigkeit zu überwachen, als vielmehr darin, zusammen mit dem Vorstand die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen zu fällen“ 58. Diese enge Einbindung des Aufsichtsrats in die Geschäftsführung führte dazu, dass viele Aufsichtsräte ihre eigentliche Überwachungsaufgabe (vgl. Art. 225a Abs. 1 ADHGB i. d. F. vom 11. Juni 1870) vernachlässigten 59. Diesem unerwünschten Zustand zwar entgegensteuernd lehnten es die Entwurfsverfasser des Aktiengesetzes 1884 dennoch ab, den Aufsichtsrat von jeder Beteiligung an der Verwaltungstätigkeit des Vorstands auszuschließen. Anderenfalls – so die Begründung – würde sich die Aufsicht meist auf die formale Geschäftsführung, namentlich die Buchführung beschränken. Ein Organ aber, welches der Verwaltung und dem Geschäftsbetrieb völlig fernstehe und Einblicke in dieselben nur schwer gewinnen könne, sei nicht in der Lage, Missgriffen oder betrüglichen Handlungen des Vorstands rechtzeitig vorzubeugen 60. Im Sinne einer Mindestkompetenz des Aufsichtsrats, an der Verwaltung selbst mitzuwirken, sah es daher der Entwurfsverfasser „je54 Vgl. Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 39; Vetter, Beiträge zur inneren Ordnung des Aufsichtsrats der mitbestimmten Aktiengesellschaft, S. 70; Skibbe, GmbHR 1972, 180 f. 55 Der Gesetzestext ist abgedruckt bei Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 560 ff. 56 Hommelhoff in: Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 91 f.; siehe auch Köstler, WiB 1994, 714, 715. 57 Art. 173 –249a des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs in der Fassung vom 11. Juni 1870, abgedruckt bei Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 107 ff. 58 Hommelhoff in: Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 91; vgl. auch Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 89 (zum ADHGB i. d. F. vom 12. März 1861) und S. 118 ff. (zum ADHGB i. d. F. vom 11. Juni 1870). 59 Hommelhoff in: Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 91; ebenso Lieder in: Bayer / Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, Bd. I, S. 360 Rn. 76 („ . . . bildete weniger die Kontrolle der Geschäftsführung den Schwerpunkt der Aufsichtsratstätigkeit, sondern vielmehr die Leitung der Aktiengesellschaft selbst.“). 60 Vgl. § 12, 2. b) Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die KGaA und AG (1884), abgedruckt bei Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 460.

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denfalls“ als „geboten“, „dass die Vornahme gewisser Handlungen des Vorstands von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht wird, so dass dieser den ersteren zwar zur Vornahme derselben nicht zwingen, an deren Vornahme aber hindern kann“ 61. Bereits die Entwurfsbegründung zum AktG 1884 belegt also, dass es sich bei den später in § 95 Abs. 5 AktG 1937 62 und im heutigen § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG 1965 vorgesehenen Zustimmungsvorbehalten um ein Überwachungsinstrument handelt, das den Aufsichtsrat zur unternehmerischen Teilnahme an bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen berechtigt. Trotz der als notwendig erachteten Funktionstrennung von Aufsichtsrat und Vorstand sollte dem Aufsichtsrat die Möglichkeit verbleiben, sich „jedenfalls“ durch seine Zustimmungsentscheidung aktiv an Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands zu beteiligen 63. Zu Recht wird daher auch die Zustimmungsbefugnis zu bestimmten Geschäften als einzig übrig gebliebene rudimentäre Geschäftsführungskompetenz des Aufsichtsrats bezeichnet 64. Die Einordnung des Zustimmungsrechts als Akt der (Mit-)Geschäftsführung hält somit nicht nur dem Wortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG stand, sondern lässt sich auch mit der Entstehungsgeschichte der Norm begründen. bb) Die Teilhabe des Aufsichtsrats an unternehmerischen Entscheidungen als gesetzgeberisches Anliegen Über die Wortlautkonformität hinaus trägt die zustimmungsrechtliche Mitentscheidungsbefugnis des Aufsichtsrats auch und insbesondere der Intention des neueren Gesetzgebers Rechnung, den Aufsichtsrat an grundlegenden Unternehmensentscheidungen teilhaben zu lassen. So lässt sich gerade bezogen auf das Institut der Zustimmungsvorbehalte eine Gesetzesentwicklung beobachten, die 61 § 12, 2. b) Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die KGaA und AG (1884), abgedruckt bei Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 460; siehe zum Gesetzgebungsverfahren auch Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 174 ff. 62 Siehe dazu die nachgezeichnete Entwicklungsgeschichte von Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 392 ff. 63 Die oben angeführten Überlegungen des Entwurfsverfassers, insbesondere den Aufsichtsrat nicht die Teilhabe an der Unternehmensleitung zu verwehren, führten schließlich zu Art. 225 Abs. 3 ADHGB i. d. F. des Gesetzes, betreffend die KGaA und AG v. 18. Juli 1884. Dieser ließ es zu, dem Aufsichtsrat neben seiner hauptsächlichen Überwachungsaufgabe „weitere Obliegenheiten“ durch Gesellschaftsvertrag zukommen zu lassen. 64 So Hölters, BB 1978, 640, 643, mit Verweis u. a. auf W. Schmidt in: Großkomm.AktG 1937, § 95 Anm. 19. (Die Zustimmung geht über die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats hinaus. Sie lässt den Aufsichtsrat in gewissem Umfang an der Geschäftsführung teilnehmen); vgl. auch W. Schmidt / Meyer-Landrut in: Großkomm.AktG 1937, 2. Aufl., § 95 Anm. 19; in diesem Kontext auch Hommelhoff in: Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 93 („Dabei geht es kaum um Kontrolle, als vielmehr und vor allem um Mitentscheidung.“).

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dem Aufsichtsrat immer stärkeres Gewicht bei der Beaufsichtigung von Geschäftsführungsmaßnahmen einräumt: Während § 95 Abs. 5 Satz 2 AktG 1937, in dem das Zustimmungsrecht erstmalig Erwähnung fand 65, noch als Soll-Vorschrift formuliert war („Die Satzung oder der Aufsichtsrat kann jedoch bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden sollen“), zielt die Formulierung des § 111 Abs. 4 Satz 2 des heutigen AktG 1965 auf eine Pflicht des Vorstands zur Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats ab. Mit der Ersetzung des Wortes „sollen“ durch das Wort „dürfen“ sollte das Missverständnis ausgeräumt werden, die Einholung der erforderlichen Zustimmung liege mehr oder weniger im Ermessen des Vorstands 66. Diese Pflicht des Vorstands zur Einholung der erforderlichen Zustimmung für das beabsichtigte Geschäft unterstreicht zugleich die damit gewünschte Einbindung des Aufsichtsrats in unternehmerische Entscheidungen des Leitungsorgans 67. Einen weiteren Zuwachs seiner Beteiligungsrolle bei Maßnahmen der Geschäftsführung im Rahmen der Ex-ante-Kontrolle erhielt der Aufsichtsrat durch das im Jahr 1998 erlassene Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) 68, mit dem die Unternehmensplanung in den Berichtskatalog des Vorstands mit aufgenommen und damit ausdrücklich der Überwachung des Aufsichtsrats unterworfen wurde (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG) 69. Und schließlich erhält die Stellung des Aufsichtsrats in der Unternehmensverfassung durch Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität vom 19. 7. 2002 (Transparenz- und Publizitätsgesetz, TransPuG) 70 mehr Gewicht 71. Aufgrund der Ersetzung der Wörter „kann jedoch“ durch die Wörter „hat jedoch zu“ sind der Aufsichtsrat und der Satzungsgeber nunmehr verpflichtet, bestimmte Arten von Geschäften der Zustimmung des Aufsichtsrats zu unterwerfen 72. In der Begründung zum Ge65

Zur Rechtslage vor dem AktG 1937 vgl. Hölters, BB 1978, 640, 642 f. RegBegr. bei Kropff, AktG 1965, S. 155. 67 Nach v. Mettenheim, DB 1977, 447, 448, soll es sich dagegen bei dieser Wortlautänderung um keine Stärkung der bisherigen Rechte des Aufsichtsrats gehandelt haben. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass auch die gesetzliche Ausräumung von Missverständnissen jedenfalls tatsächlich zu einer Rechtsstärkung führen kann. Und das war schließlich gewolltes Anliegen des damaligen Gesetzgebers. 68 BGBl. I, S. 786. 69 Vgl. auch Dietrich, DStR 2003, 1577, 1587. 70 BGBl. I, S. 2681. 71 In diesem Sinne auch Säcker / Boesche, BB 2006, 897. 72 A. A. insbesondere Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 622: „Die vom Gesetzgeber statuierte Pflicht zum Erlass eines Zustimmungsvorbehalts ohne inhaltliche Vorgabe führt so nicht weiter als das frühere pflichtgebundene Ermessen.“ 66

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setzesentwurf heißt es dazu: „Entscheidungen oder Maßnahmen, die nach den Planungen und Erwartungen die Ertragsaussichten der Gesellschaft oder ihre Risikoexposition grundlegend verändern und damit von existenzieller Bedeutung für das künftige Schicksal der Gesellschaft sind, müssen vom Votum beider Organe, des Vorstands und des Aufsichtsrats, getragen sein, . . . “ 73. Und weiter: „Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats erfordert nicht nur, dass er rechtzeitig über die vom Vorstand geplanten oder getroffenen Maßnahmen informiert wird, sondern er muss in grundlegenden Entscheidungen auch eingebunden werden [Hervorhebungen jeweils vom Verfasser]“ 74. Mit dieser Gesetzesänderung sollte nicht zuletzt dem Umstand entgegengetreten werden, dass infolge der Einführung der paritätischen Mitbestimmung im Jahre 1976 das Instrument der Zustimmungsvorbehalte deutlich an Bedeutung verloren hat. Um den Einfluss der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einzugrenzen, wurden die Listen zustimmungspflichtiger Geschäfte in den Satzungen klein gehalten oder man hatte auf das Zustimmungvorbehaltsrecht ganz verzichtet 75. Die Folge war, dass nur noch etwa zwei Drittel aller Aktiengesellschaften über einen Zustimmungskatalog in der Satzung verfügten 76. Die gesetzliche Forderung nach einer aktiveren Rolle des Aufsichtsrats bei der Unternehmensentwicklung findet sich auch im Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) wieder. So hat insbesondere der Vorstand nach Ziffer 3.2 („Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat“) die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit dem Aufsichtsrat abzustimmen und mit ihm in regelmäßigen Abständen den Stand der Strategieumsetzung zu erörtern 77. Und wenn der Kodex sodann in der unmittelbar anschließenden Ziffer 3.3 die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten ins Feld führt, untermauert dies nur die Intention, Zustimmungsvorbehalten die Funktion eines aktiven Einwirkungsmittels des Aufsichtsrats auf den unternehmerischen Entscheidungsprozess zukommen zu lassen 78. Die anhand der Gesetzesentwicklung erkennbare Stärkung der Rechtsposition des Aufsichtsrats in Sachen Geschäftsführungsentscheidungen spricht daher ebenfalls für die Qualifikation der Zustimmungsbefugnis als Akt der (Mit-)Geschäftsführung. 73

Davon unbeeindruckt Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 622. RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17. 75 Vgl. Semler in: FS Doralt, S. 609, 610; Schiessl, AG 2002, 593, 597; Lange, DStR 2003, 376, 380; Hoffmann-Becking in: FS Havermann, S. 229, 242 f.; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 580; dies allerdings bestreitend Ulmer, ZHR 141 (1977), 490, 515 mit Fn. 131. 76 Siehe Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 580, mit Verweis u. a. auf Vogel, Aktienwirklichkeit, S. 212. 77 Vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 393. 78 In diese Richtung gehend auch Lieder, DB 2004, 2251, 2252. 74

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cc) Keine Durchbrechung des Gewaltenteilungsprinzips § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zielt indessen nicht auf eine Durchbrechung des in § 111 Abs. 4 Satz 1 zum Ausdruck kommenden Gewaltenteilungsprinzips ab. Die Geschäftsführung wird dem Aufsichtsrat nicht als solche übertragen. Das ergibt sich schon aus der systematischen Stellung der Zustimmungsvorbehalte in § 111 AktG, der an erster Stelle (Abs. 1) die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats nennt. Aber auch die zweistufige Struktur des Überwachungsinstruments sowie die eingeschränkte Wirkweise des Zustimmungsrechts gewährleisten, dass die aktienrechtliche Kompetenzverteilung zwar gelockert, das Trennungsprinzip in seinen Grundfesten aber weiterhin gewahrt bleibt. So hält die Ausgangsnorm des § 111 Abs. 1 AktG den Aufsichtsrat dazu an, sich beim Einsatz seines Zustimmungsvorbehaltsrechts von seiner Überwachungsfunktion leiten zu lassen 79. Anders als die Befugnis zur (späteren) Zustimmung entspringt das Recht, bestimmte Arten von seiner Zustimmung abhängig zu machen, nicht der Mitwirkungszuständigkeit des Aufsichtsrats bei Entscheidungen der Geschäftsführung. Das entspricht der Teleologie des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, wonach Zustimmungsvorbehalte dem Aufsichtsrat „lediglich“ die Überwachung der Geschäftsführung erleichtern sollen 80. Deshalb ist es ihm auch verwehrt, die dem Vorstand zugewiesene Geschäftsführungsaufgabe mittels Zustimmungsvorbehalten faktisch, etwa durch ein dicht gespanntes, sämtliche Geschäftsführungsmaßnahmen einfangendes Netz von Zustimmungsvorbehalten an sich zu ziehen 81. Aus der Geschäftsführungsautonomie des Vorstands folgt vielmehr, dass grundsätzlich nur Geschäfte von besonderer Bedeutung für die Gesellschaft mit einem Zustimmungsvorbehalt versehen werden dürfen 82. Diese durch § 111 Abs. 1 AktG vorbestimmte überwachungsbezogene Regelungssystematik spiegelt sich in der zweistufigen Struktur der Zustimmungsvorbehalte wider: Die unternehmerische Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung setzt erst auf zweiter Ebene an. Davorgeschaltet ist das Zustimmungsvorbehaltsrecht als Instrument (überwiegend) überwachender Art. Die Mitentscheidung ist damit nur ein Annex zur Kontrolle 83. Durch diese Koppelung der unternehmerischen Mitbeteiligung des Aufsichtsrats an seine Überwachungsfunktion wird sichergestellt, dass der Aufsichtsrat nicht nach Manier eines zweiten Geschäfts-

79 OLG Hamburg, WM 1995, 2188, 2190 („Die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten stellt . . . kein aliud zur Überwachungstätigkeit, sondern deren Intensivierung dar.“); Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 62; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 66; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 64 ff. 80 Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 395. 81 Vgl. auch Kübler / Assmann, Gesellschaftsrecht, S. 216; Henze, BB 2005, 165, 167. 82 Dazu ausführlich unten § 4 A. I. 3. b). 83 Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 152.

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führungsorgans die Tätigkeit des Vorstands nach seinem Willen hemmen oder laufen lassen kann. Darüber hinaus bleibt die aktienrechtliche Kompetenzverteilung auch dadurch gewahrt, dass dem Zustimmungsrecht als aufsichtsratsrechtliches Verweigerungsrecht lediglich die Wirkung eines Vetorechts zukommt 84. Das Zustimmungsrecht räumt dem Aufsichtsrat weder ein Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsleitung ein noch beinhaltet es ein Initiativrecht in Sachen Geschäftsführung 85. Der Vorstand bleibt nach wie vor selbständiges Leitungsorgan 86. Eine Zustimmung des Aufsichtsrats verpflichtet ihn weder zur Durchführung der Maßnahme 87 noch wird er dadurch von seiner Verantwortlichkeit für das Geschäft befreit (vgl. § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG). Und genauso wenig ist er an Vorschläge des Aufsichtsrats gebunden, deren Beachtung mit einer Zustimmung des beabsichtigten Geschäfts belohnt würde. Die besondere Bedeutung des aufsichtsratsrechtlichen Vetorechts ist vielmehr in seiner Funktion als Druckmittel gegenüber dem Vorstand zu sehen, sich besonders sorgfältig mit dem zustimmungspflichtigen Geschäft auseinanderzusetzen und bereits im Vorfeld die Meinung des Aufsichtsrats einzuholen 88. Die Besorgnis vor einer Zustimmungsverweigerung führt somit einmal zu einer verstärkten Eigenkontrolle des Vorstands und zum anderen dazu, den Aufsichtsrat frühzeitig in den unternehmerischen Entscheidungsprozess miteinzubinden 89. Freilich darf in diesem Zusammenhang nicht der Hinweis unbeachtet bleiben, dass „bei Lichte gesehen“ der Vorstand im Falle einer Zustimmungsverweigerung „seine Schlüsse ziehen und damit letzten Endes trotzdem vom Aufsichtsrat positiv gesteuert“ wird 90. Hierbei handelt es sich allerdings um eine tatsächliche Erwägung, die darauf zurückzuführen ist, dass die Praxis wegen der unerwünschten Publizität von der Inanspruchnahme des Ersetzungsrechts nach § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG regelmäßig absieht 91. Maßstab für die rechtliche Vereinbarkeit des autonomen Zu84 Statt vieler: Vetter in: Marsch-Barner / Schäfer (Hrsg.), Hdb. börsennotierte AG, § 26 Rn. 26; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 395. 85 Vgl. ebenso Henze, BB 2005, 165, 166: „ . . . die Einzelheiten der Gestaltung der Leitungsmaßnahme [werden] nicht in die Hände des Aufsichtsrats gelegt . . . “. 86 Vgl. auch Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 39. 87 Semler, ZGR 1983, 1, 24: „Dadurch [gemeint ist: Durch die Festlegung von Zustimmungserfordernissen] kann er [der Aufsichtsrat] zwar ein unerwünschtes Handeln verhindern, nicht aber die erwünschte Unternehmenspolitik erzwingen.“ 88 Martens, BB 1973, 1118, 1121, 1125 (Einigungszwang). 89 Vgl. auch Semler in: FS Doralt, S. 609, 616; Martens, BB 1973, 1118, 1121; Schreyögg, AG 1983, 278; Lieder, DB 2004, 2251. 90 Hommelhoff in: Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 92, sowie § 12, 2. b) Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die KGaA und AG (1884), abgedruckt bei Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 460; vgl. ebenso Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 62 (Die „Krücke“ des Abs. 4 Satz 2 ermöglicht dem Aufsichtsrat, Einfluss auf die Geschäfte der Gesellschaft zu nehmen); siehe auch Schreyögg, AG 1983, 278 unter „II. Der Aufsichtsrat als (Mit-)Leitungsorgan“.

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stimmungsrechts mit dem Trennungsprinzip muss aber das Gesetz bleiben. Und das hält mit der Ersetzungsmöglichkeit nach § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG einen die Weisungsunabhängigkeit des Vorstands wahrenden Konfliktlösungsmechanismus bereit. Als Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass die Zweistufigkeit des Instruments des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG selbst sowie die gesetzlich angelegte reaktive Vetowirkung des Zustimmungsrechts dafür sorgen, dass die aktienrechtliche Kompetenzverteilung zwar gelockert, nicht aber durchbrochen wird. dd) Zwischenergebnis Nach alledem lässt sich die Qualifizierung des Zustimmungsrechts als unternehmerisches Mitentscheidungsrecht mit dem Wortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG und der Regelungssystematik des § 111 AktG vereinbaren, ohne dabei gegen das aktiengesetzliche Prinzip der Gewaltenteilung zu verstoßen. b) Das Ersetzungsrecht der Hauptversammlung als unternehmerischer Stichentscheid Als weiterer Beleg für die Einordnung des Zustimmungsrechts als unternehmerisches Mitgestaltungsrecht lässt sich das Ersetzungsrecht der Hauptversammlung nach § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG anführen, mag ihm in der Praxis auch nur geringe Bedeutung zukommen 92. So hat bereits Steinbeck 93 überzeugend herausgearbeitet, dass das Recht der Hauptversammlung zur Annullierung der Zustimmungsverweigerung nur dann sinnvoll ist, wenn dem Aufsichtsrat bei Ausübung seines Zustimmungsrechts ein autonomer Entscheidungsspielraum zusteht. Wäre nämlich die Zustimmungsentscheidung fehlerhaft, weil der Aufsichtsrat unbefugt eine vertretbare Vorstandshandlung aus eigenen unternehmerischen Überlegungen verweigert, bedürfte es der Ersetzung durch die Hauptversammlung nicht. Die Zustimmungsentscheidung wäre in diesem Fall nicht „im Rahmen der Vorschriften über die Aktiengesellschaft getroffen“ (vgl. § 82 Abs. 2 AktG) mit der Folge, dass der Vorstand an diese Entscheidung mithin nicht gebunden wäre – und zwar ohne dass es eines zusätzlichen Votums durch die Anteilseigner bedürfte. Ist dagegen die Vorstandshandlung (objektiv) unvertretbar und damit rechtswidrig, dürfte die angerufene 91 Vgl. Vogel, Aktienwirklichkeit, S. 222; vgl. auch Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 719, 618; Vetter in: Marsch-Barner / Schäfer (Hrsg.), Hdb. börsennotierte AG, § 23 Rn. 22, § 26 Rn. 40. 92 So schon Vetter, Beiträge zur inneren Ordnung des Aufsichtsrats der mitbestimmten Aktiengesellschaft, S. 72. 93 Überwachungspflicht, S. 154 f.

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Hauptversammlung ihre Zustimmung nicht erteilen. Das Ersetzungsrecht wäre damit bloß eine zweite Rechtmäßigkeitskontrolle. Mit Blick auf das Verhältnis von § 111 Abs. 1 und Abs. 4 AktG ist das jedoch nicht überzeugend. Sinnvoll ist die Anrufungsmöglichkeit der Hauptversammlung nur dann, wenn man sie als Stichentscheid zwischen zwei vertretbaren, gleichwertigen Standpunkten – des Vorstands und des Aufsichtsrats – versteht 94. Voraussetzung dafür ist aber die Anerkennung einer autonomen Mitentscheidungsbefugnis des Aufsichtsrats bei Ausübung seines Zustimmungsrechts. c) Die ARAG-Entscheidung des II. Zivilsenats des BGH Schließlich wird das Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats auch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Mitgeschäftsführungsinstrument verstanden. Das belegt vor allem die „ARAG-Entscheidung“ des II. Zivilsenats aus dem Jahr 1997. Dort heißt es: „Die unternehmerische Handlungsfreiheit ist Teil und notwendiges Gegenstück der dem Vorstand und nicht dem Aufsichtsrat obliegenden Führungsaufgabe. An ihr hat der Aufsichtsrat nur insoweit Anteil, wie das Gesetz auch ihm unternehmerische Aufgaben überträgt, wie z. B. [ . . . ] im Rahmen des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, d. h. überhaupt überall dort, wo er die unternehmerische Tätigkeit des Vorstands im Sinne einer präventiven Kontrolle begleitend mitgestaltet“ 95.

d) Die Zustimmungsverweigerung als milderes Mittel bei der Durchsetzung eigener unternehmenspolitischer Überzeugungen Über die aktiengesetzliche Zulässigkeit des Zustimmungsrechts als mitgeschäftsführendes Instrument hinaus sei noch auf folgenden Gedanken aufmerksam gemacht, der Vorstehendes zu untermauern vermag: In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass sich Vorstand und Aufsichtsrat in Bezug auf grundsätzliche Fragen im Bereich der langfristigen Geschäftspolitik von Rechts wegen übereinstimmen müssen 96. Ein solches gesetzliches Gebot der unternehmerischen Verständigung zwischen Leitungs- und Überwachungsorgan wird mittelbar aus der Personalkompetenz des Aufsichtsrats geschlossen 97. Auch der Deutsche Corporate Governance Kodex verlangt in den Ziffern 3.2 und 5.2, dass sich Vorstand und Aufsichtsrat über die strategische Ausrichtung des Unternehmens abstimmen. Wenn sich die notwendige Übereinstimmung allerdings langfristig nicht herstellen 94

Vgl. Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 155. BGHZ 135, 244, 254 f.; kritisch Henze, NJW 1998, 3309, 3312 („Ein eigenes Ermessen kann ihm [dem Aufsichtsrat] nicht zugebilligt werden.“). 96 Siehe bei Semler, ZGR 1983, 1, 23 ff.; vgl. auch Ziffer 3.2 DCGK. 97 Vgl. Semler, ZGR 1983, 1, 26. 95

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lässt, wird man den Aufsichtsrat als berechtigt ansehen dürfen, sich vom Vorstand aus wichtigem Grund 98 zu trennen (§ 84 Abs. 3 AktG) 99. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass er aufgrund der bestehenden Meinungsverschiedenheiten in Sachen Unternehmensentwicklung seiner Überwachungsaufgabe nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen kann 100. Folgt man dieser Sicht, dann muss es dem Aufsichtsrat erst recht gestattet sein, seinen Überzeugungen von der unternehmenspolitischen Ausrichtung zunächst durch eine entsprechende Zustimmungsverweigerung als dem milderen Mittel Ausdruck zu verleihen, bevor er die Abberufung des Vorstands als ultima ratio erwägt 101. In beiden Fällen ist jedenfalls – und das ist hier

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In der Praxis wird man regelmäßig von einem „Vertrauensbruch“ sprechen. Dafür: Semler, ZGR 1983, 1, 29, der darauf hinweist, dass es in diesem Zusammenhang keinen Unterschied machen kann, ob die unstreitig zur Abberufung berechtigende permanente Erfolglosigkeit bereits feststeht oder ob sich die befürchtete Erfolglosigkeit erst in der Planung befindet; ebenso für Abberufungsrecht bei Konflikt über die Ausrichtung der Unternehmenspolitik: Mertens in: KölnKomm.AktG, § 84 Rn. 109; Kropff, NZG 1998, 613, 617 (Grundsätzliche Auffassungsunterschiede über die Unternehmensplanung können ein wichtiger Grund zur Abberufung sein); ders. in: Semler / v. Schenk (Hrsg.), ARHdb. § 8 Rn. 34 und Rn. 62 (Unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten in Grundsatzfragen der Unternehmenspolitik); dagegen: Goette in: FS 50 Jahre BGH, S. 123, 129 (Ein Dissens zwischen Vorstand und Aufsichtsrat über die Unternehmenszielbestimmung und ihre Durchführung ist kein wichtiger Grund i. S. v. § 84 Abs. 3 AktG, solange der Vorstand die Grenze seines unternehmerischen Ermessens nicht überschreitet); v. Rechenberg, BB 1990, 1356, 1362 (Denkbar wäre allenfalls, dass die Abberufung mit einer extremen Vertrauenskrise zwischen Vorstand und Aufsichtsrat begründet wird); Hüffer, AktG, § 84 Rn. 28; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 618 (Streiten Vorstand und Aufsichtsrat lediglich über den richtigen unternehmerischen Kurs, wird regelmäßig keiner der gesetzlich genannten Fälle eines wichtigen Grundes vorliegen); vermittelnd: Fleischer, AG 2006, 429, 440 (Nur bei einer die Interessen der Gesellschaft ernsthaft gefährdenden Vorstandsauffassung über Strategie- oder Personalfragen). In der nicht mitbestimmten und der drittelmitbestimmten GmbH obliegt die Abberufung von Geschäftsführern der Gesellschafterversammlung; das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist hier nur dann Widerrufsvoraussetzung, wenn dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich erwähnt ist, § 38 Abs. 2 GmbHG. Bei der paritätisch mitbestimmten GmbH ist der Widerruf der Geschäftsführer dem Aufsichtsrat zugewiesen (vgl. § 31 Abs. 2 MitbestG), so dass auch im Übrigen das aktienrechtliche System Geltung beansprucht; vgl. Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 933. Die faktische Möglichkeit, sich von einzelnen Vorstandsmitgliedern zu trennen, besteht indessen auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes; denn ein Widerruf ist nach § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG bis zur rechtskräftigen Feststellung seiner Unwirksamkeit wirksam. Mit Blick auf die zu berücksichtigende Verfahrensdauer wird die Amtszeit in der Regel vor einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung abgelaufen sein; vgl. Arnold in: FAZ v. 1. 3. 2006, S. 23. 100 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 216; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 365. 101 Zum Verhältnis von Zustimmungsvorbehalten nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zur Personalkompetenz des Aufsichtsrats bei der Vorstandsüberwachung vgl. Berg, WiB 1994, 382, 383 ff., der Zustimmungsvorbehalten grundsätzlich keinen Vorrang gegenüber anderen Überwachungsinstrumentarien bei der Vorstandsüberwachung einräumt, sowie Köstler, WiB 1994, 714, 715 f., der Zustimmungsvorbehalte als milderes Mittel einer Abberufung 99

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von Bedeutung – Entscheidungsmaßstab die Auffassung des Aufsichtsrats von der zu verfolgenden Unternehmenspolitik. Die Möglichkeit des Aufsichtsrats, seine unternehmerischen Vorstellungen durch entsprechende Zustimmungsvorbehalte durchzusetzen, ist daher auch rechtspolitisch wünschenswert, weil sie als milderes Mittel dem Unternehmensfrieden zugutekommt. e) Zwischenergebnis Für die hier vertretene Funktionsbestimmung des Zustimmungsrechts als autonomes Mitgeschäftsführungsinstrument streiten somit neben der festgestellten Aktienrechtskonformität auch der Stichentscheid der Hauptversammlung gemäß § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG, die gleichlautende Ansicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie das Anwendungsverhältnis von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern. 2. Ergebnis Die nähere Betrachtung der Regelungssystematik des § 111 AktG hat gezeigt, dass die von der Gegenansicht vorgebrachten Bedenken 102 nicht durchgreifen. Die Einräumung einer autonomen Zustimmungsbefugnis des Aufsichtsrats bei der späteren Entscheidung über das vorbehaltene Geschäft stellt sich als aktienrechtskonform heraus. Das Prinzip der Trennung von Geschäftsführung (§ 76 Abs. 1 AktG) und Überwachung (§ 111 Abs. 1 AktG) wird zwar gelockert, nicht aber durchbrochen. Die damit verbundene unternehmerische Mitwirkungszuständigkeit wird der Rolle des Aufsichtsrats in der Unternehmensverfassung der AG am gerechtesten, dessen Überwachungstätigkeit nicht bloß auf eine passiv-reaktive Kontrolle ausgerichtet ist, sondern dem Aufsichtsrat auch eine aktive Teilnahme an der Unternehmensentwicklung abverlangt. Sie entspricht weiter und insbesondere dem gesetzgeberischen Willen und der im Rahmen der Corporate-GovernanceDiskussion zum Ausdruck gebrachten Forderung, dass grundlegende Unternehmensentscheidungen von Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam getragen werden sollen. Und nicht zuletzt ist die Einräumung einer unternehmerischen Entscheidungskompetenz bei Ausübung des Zustimmungsrechts auch wegen ihrer im Vergleich zu einer Abberufung von Vorstandsmitgliedern milderen Wirkweise bei der Durchsetzung unternehmenspolitischer Überzeugungen des Aufsichtsrats zu fordern.

des Vorstands vorzieht. Ebenso für milderes Mittel: LG Bielefeld, AG 2000, 136, 138 (Balsam). 102 Siehe oben 1. a).

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II. Das Zustimmungsvorbehaltsrecht als notwendiges Korrektiv der Leitungs(über)macht des Vorstands 1. Die unternehmerische Überwachungsfunktion des Zustimmungsvorbehaltsrechts Die mit der Einführung des Vorbehaltsinstruments verfolgte Intention des damaligen Gesetzgebers war, ein Gegengewicht zur Leitungs(über)macht des Vorstands in der Aktiengesellschaft zu schaffen 103. Der Aufsichtsrat sollte in der Lage sein, unternehmerische Fehlentscheidungen von besonderem Gewicht im Interesse der Gesellschaft zu verhindern 104. Wie oben gezeigt ist im Laufe der Reformen ein weiteres Anliegen hinzugekommen: Entscheidungen von grundlegender Bedeutung für die Unternehmensentwicklung sollen künftig nicht mehr allein vom Vorstand getragen werden, sondern sie sollen in Übereinstimmung mit dem Aufsichtsrat erfolgen 105. Der damit bezweckte Einigungszwang zwischen den Verwaltungsorganen ist allerdings nur sinnvoll, wenn der Aufsichtsrat seine eigenen Ansichten vom „richtigen“ unternehmerischen Kurs ins Feld führen kann. Das verlangt bereits auf der Ebene der Festlegung von Zustimmungsvorbehalten das Recht des Aufsichtsrats, eine autonome Anordnungsentscheidung treffen zu können 106. Weichen daher die Vorstellungen des Aufsichtsrats über die unternehmensstrategische Ausrichtung von denjenigen des Vorstands ab und fallen deswegen die Ansichten darüber auseinander, ob das streitige Geschäft wegen seiner besonderen Bedeutung für die Entwicklung der Gesellschaft der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf, ist der Aufsichtsrat nicht an die Beurteilung des Vorstands gebunden, sondern hat seine eigene unternehmerische Zielkonzeption als Maßstab für die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten zugrunde zu legen. Das Zustimmungsvorbehaltsrecht berechtigt und verpflichtet damit den Aufsichtsrat, sich ein eigenes Bild von der unternehmensstrategischen Ausrichtung zu machen und dieses auch gegenüber dem Vorstand zu verteidigen. Der teilweise vertretenen Ansicht, Zustimmungsvorbehalte seien nicht dazu gedacht, dem Aufsichtsrat die Möglichkeit zur Mitwirkung an der Geschäftsführung einzuräumen 107, kann daher mit Blick auf die aktuelle, durch den TransPuG-Gesetzgeber ausgeformte Gesetzeslage nicht zugestimmt werden. Wenn auch das Zustimmungsvorbehaltsrecht in erster Linie der Überwachung des Vorstands dient, so enthält es doch zugleich (mit-)geschäftsführende Elemente zugunsten des Aufsichtsrats. 103

Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 394 und S. 840 ff. Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 394; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 65. 105 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17 (linke Spalte). 106 Ebenso für unternehmerischen Ermessensspielraum bei der Festlegungsentscheidung: Mertens, ZGR 1977, 270, 281, sowie Goette in: FS 50 Jahre BGH, S. 123, 129. 107 So Semler in: FS Doralt, S. 609, 616. 104

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2. Das Zustimmungsvorbehaltsrecht als Informationssicherungsinstrument? Mit der Anordnung von Zustimmungsvorbehalten ist „denknotwendigerweise“ 108 die Pflicht des Vorstands verbunden, den Aufsichtsrat über das geplante Geschäft rechtzeitig zur Herbeiführung seiner Zustimmungsentscheidung zu informieren 109. Die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten ermöglicht es dem Aufsichtsrat daher einerseits, stärker in die Information des Managements mit eingebunden zu werden, andererseits aber auch, sich eine ausreichende Zeit zur Erörterung der Maßnahme zu verschaffen 110. Aufgrund dieser Wirkung wird dem Zustimmungsvorbehaltsrecht nach teilweise vertretener Ansicht die (weitere) Funktion der Informationssicherstellung zugunsten des Aufsichtsrats zugesprochen 111. Eine solche Betrachtung ist jedoch verfehlt. Das Zustimmungsvorbehaltsrecht ist seinem Zweck nach nicht als Informationsregelungsinstrument gedacht. Die durch einen Zustimmungsvorbehalt ausgelöste gesteigerte Informationsversorgung des Aufsichtsrats ist lediglich eine notwendige Begleiterscheinung, die der ordnungsgemäßen Ausübung seines (späteren) unternehmerischen Zustimmungsrechts dient. Sie ist indessen nicht Selbstzweck. Will der Aufsichtsrat eine über die gesetzliche Berichterstattung hinausgehende Informationsversorgung sicherstellen, ist er auf die hierfür vorgesehenen Mittel beschränkt 112. Neben dem Auskunftsrecht nach § 90 Abs. 3 AktG steht dem Aufsichtsrat hierfür insbesondere die Schaffung einer Informationsordnung in der Geschäftsordnung des Vorstands zur Verfügung. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Vorstand dem Aufsichtsrat bewusst Informationen vorenthält. In diesem Fall ist es dem Aufsichtsrat gestattet, sich über sein Zustimmungsvorbehaltsrecht Kenntnis über die Lage des Unternehmens zu verschaffen. Dabei steht allerdings weniger die Informationssicherstellung als vielmehr die Überwachungsfunktion des Vorbehaltsinstruments im Vordergrund, die den Vorstand dazu anhalten soll, seinen gesetzlichen Berichterstattungspflichten wieder nachzukommen. Das Zustimmungsvorbehaltsrecht ist damit auf seine Funktion als Überwachungsinstrument beschränkt. Die mit ihm verbundene erhöhte Informationsversorgung ist dagegen nur notwendiger Nebeneffekt, um eine ermessensfehlerfreie 108

Deilmann in: FS Sandrock, S. 165, 168. Anstelle anderer: Semler in: FS Doralt, S. 609, 616; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 586. 110 Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 149; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 586. 111 Vgl. bei Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 586. 112 Ebenso Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 587 („sachnäher“). 109

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Zustimmungsentscheidung zu gewährleisten. Die bloße Informationsbeschaffung oder zeitliche Verzögerung von Geschäftsführungsmaßnahmen mittels Zustimmungsvorbehalten stellt ohne unternehmerische Mitwirkungsabsicht eine Zweckentfremdung des Zustimmungsvorbehaltsinstruments dar und verbietet sich deshalb. 3. Ergebnis Auch das Überwachungsinstrument des Zustimmungsvorbehaltsrechts weist unternehmerische Komponenten auf, indem es dem Aufsichtsrat bereits auf der Vorstufe zum mitgeschäftsführenden Zustimmungsrecht eine Einschätzungsprärogative einräumt, welche Geschäfte seiner Auffassung nach so bedeutsam sind, dass sie seiner Zustimmung bedürfen. Dagegen stellt die Informationssicherstellung keinen eigenständigen Zweck des Zustimmungsvorbehaltsrechts dar, sondern ist lediglich notwendiger Nebeneffekt, um eine ermessensfehlerfreie Zustimmungsentscheidung treffen zu können. III. Rechtslage in der GmbH Der Funktionsbestimmung von Zustimmungsvorbehalten in der GmbH bedarf es nur dann, wenn dem GmbH-Aufsichtsrat das Vorbehaltsinstrument zur Erfüllung seiner Aufgaben auch zur Seite steht. Anders als im Aktienrecht (vgl. § 23 Abs. 5 AktG) ist die Rückgriffsmöglichkeit des GmbH-Aufsichtsrats auf das Institut der Zustimmungsvorbehalte wegen der jedenfalls für die GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat geltenden Gestaltungsfreiheit nicht zwingend (vgl. § 52 Abs. 1 a. E. GmbHG). Eine andere Frage ist daher, inwieweit dem fakultativen, aber auch dem mitbestimmten Aufsichtsrat das Recht der Zustimmungsvorbehalte durch gesellschaftsvertragliche Regelung oder Gesellschafterbeschluss entzogen, eingeschränkt oder inhaltlich verändert werden kann 113. Schreibt dagegen der Gesellschaftsvertrag selbst Zustimmungsvorbehalte für den Aufsichtrat vor oder überlässt er die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten dem Aufsichtsrat, so gelten die zur Aktiengesellschaft gemachten Ausführungen grundsätzlich gleichermaßen für den Aufsichtsrat einer mitbestimmten wie für den einer nicht mitbestimmten GmbH. Auch hier kommen den Zustimmungsvorbehalten nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG – im Verhältnis Aufsichtsrat – Geschäftsführung – die Funktion eines Überwachungsinstruments mit unternehmerischer Mitbeteiligung zu. Und dementsprechend hat auch der GmbH-Aufsichtsrat bei der Überwachung der Geschäftsführung mittels Zustimmungsvorbehalten sowohl überwachende als auch mitentscheidende Aufgaben wahrzunehmen 114. 113

Dazu unter § 4 B. I.

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1. Kap.: ZV als Instrument präventiver Aufsichtsratsüberwachung

Dagegen stellen die Zustimmungsvorbehalte kein Mitwirkungsrecht auf Gesellschafterebene dar. Dies ergibt sich nicht erst aus der ausschließlichen Entscheidungsgewalt der Gesellschafter, sondern bereits daraus, dass das Zustimmungsrecht als Annex des Zustimmungsvorbehaltsrechts an die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats anknüpft. Überwachungsobjekt bei der GmbH ist aber ausschließlich die Geschäftsführung, soweit sie durch die Geschäftsführer erfolgt. Entscheidungen der Gesellschafterversammlung können daher unmittelbar nicht einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden. Zu einem gesetzlich nicht gelösten Konkurrenzproblem zwischen Gesellschafterversammlung und Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats kommt es allerdings dann, wenn es sich bei dem zustimmungsvorbehaltenen Geschäft um eine angewiesene Geschäftsführungsmaßnahme handelt und deshalb ein mittelbarer Eingriff in die Allkompetenz der Gesellschafter droht 115. Auf die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit des GmbH-Aufsichtsrats an Geschäftsführungsmaßnahmen mittels Zustimmungsvorbehalten hat dieses Konkurrenzproblem jedoch keine Auswirkungen. Als Beleg für die Mitwirkungszuständigkeit des GmbH-Aufsichtsrats bei Geschäftsführungsfragen lässt sich die Geltung der mit der Neufassung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG eingeführten Pflicht des Aufsichtsrats zur Mitwirkung an Unternehmensentscheidungen von „grundlegender“ Bedeutung auch im GmbHRecht anführen 116. Zwar wurde die Anwendung der Vorschrift auf den Aufsichtsrat einer mitbestimmten GmbH – bei der GmbH mit freiwilligem Aufsichtsrat ist § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG grundsätzlich 117 abdingbar – im Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat als nicht sinnvoll kritisiert 118. Dahinter steht die Überlegung, dass grundlegende Unternehmensentscheidungen üblicherweise von der Gesellschafterversammlung getroffen werden, die der Aufsichtsrat wegen der GmbHspezifischen Entscheidungshierarchie zu respektieren hat. Die Forderung einer unternehmerischen Mitwirkung des Aufsichtsrats scheint daher bereits aus rechtstatsächlichen Gründen ins Leere zu gehen. Dennoch hat ein Änderungsantrag zu Recht keine Mehrheit im Bundesrat gefunden 119, denn jedenfalls dort, wo die Gesellschafterversammlung nicht selbst über grundlegende Fragen entscheidet, sondern dies den Geschäftsführern überlässt, hat die mit § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG 114

Vgl. Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 89 ff.; Säcker, DB 1977, 1845, 1848 f.; Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 150 ff.; a. A. Höhn, GmbHR 1994, 604 (nur Kontrollinstrument). 115 Zu diesem Problem siehe später unter § 4 B. II. 116 Zur Geltung der Vorbehaltspflicht auch in der GmbH: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 129 und 141; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 10a; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 23. 117 Zu den Grenzen siehe aber unten § 4 B. I. 1. 118 Vgl. BT-Plenarprotokoll 14/231 S. 23055 (Funke); siehe auch die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins, BB 2003, Beilage 4, 1, 2 f. 119 Vgl. Seibert, NZG 2002, 608, 610; Gaul / Otto, GmbHR 2003, 6, 11.

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bezweckte Teilnahmepflicht des Aufsichtsrats ihre Daseinsberechtigung. Weder ist im Gesetz angelegt, dass die Grundsätze der Geschäftspolitik ausschließlich durch die Gesellschafter festzulegen sind 120, noch gibt es eine gesetzliche Pflicht der Geschäftsführer, alle ungewöhnlichen Geschäfte den Gesellschaftern zur Entscheidung vorzulegen 121. Auch die Literatur geht von einer weisungsveranlassenden Abstimmungspflicht der Geschäftsführer mit den Gesellschaftern nur in den Fällen aus, in denen die beabsichtigte Maßnahme den von den Gesellschaftern festgelegten Grundsätzen der Geschäftspolitik widersprechen und damit weisungswidrig wären 122. Das Gleiche gilt, soweit ernsthaft mit einem Widerspruch der Gesellschafter zu rechnen ist (Zweifel genügen nicht) 123 oder die Einberufung der Gesellschafterversammlung gemäß § 49 Abs. 2 GmbHG im Interesse der Gesellschaft erforderlich ist, weil das Geschäft substantiell in die Rechte der Gesellschafter eingreift (gedacht ist insbesondere an Holzmüller-Fälle 124) 125. Im Übrigen sind bei fehlender gesellschaftsvertraglicher Regelung oder entsprechendem Gesellschafterbeschluss die Geschäftsführer primär für die Unternehmensleitung zuständig. Und Entscheidungen der Geschäftsführer sind ohne weiteres zustimmungsvorbehaltsfähig. Ebenso wenig steht der Geltung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG n. F. im GmbHRecht der Umstand entgegen, dass die Gesellschafterversammlung eine Verweigerung der Zustimmung des Aufsichtsrats jederzeit mit Hilfe ihres Weisungsbzw. Ersetzungsrechts entkräften kann (streitig sind die Mehrheitserfordernisse 126). Entscheidend ist nämlich, dass sich die Gesellschafter mit den der 120 In diese Richtung aber Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 4 ff. und Rn. 10, sowie Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 37 Rn. 8, allerdings jeweils mit Hinweis auf die Möglichkeit, diese Zuständigkeit auf die Geschäftsführer zu übertragen, bzw. darauf, dass bei Untätigbleiben der Gesellschafter die Geschäftsführer aktiv werden müssen; wie hier: Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 13: „Das Gegenteil ist richtig“; ebenso Koppensteiner in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 37 Rn. 8: Das Regelstatut der GmbH kennt keine Grundsatzkompetenz der Gesellschafter. 121 Vgl. Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 7; anders wiederum Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 12, und Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 37 Rn. 10, wonach ungewöhnliche Maßnahmen in den Zuständigkeitsbereich der Gesellschafter fallen. 122 Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 14; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 37 Rn. 11; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 9. 123 Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 10 m. w. N. 124 BGHZ 83, 122 (Holzmüller); BGH, NJW 2004, 1860, und BGH, NZG 2004, 575 (Gelatine); siehe dazu den Überblick von Fleischer, NJW 2004, 2335. 125 Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 11 (Nicht schon bei vom Volumen oder Gegenstand her ungewöhnlichen Geschäften); weitergehend dagegen Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 15 (Ausnahmecharakter). 126 Dazu unten § 5 E. I. 2. b).

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Zustimmungsverweigerung zugrunde liegenden Gründen des Aufsichtsrats auseinandersetzen müssen. Lässt man das als legitimen Zweck der neu eingeführten Zustimmungsvorbehaltspflicht ausreichen, so erhält die Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ihren eigenen, GmbH-spezifischen Sinn. 127 Für das hier entscheidende Zwischenergebnis lässt sich damit festhalten: Aus der Gestaltungsfreiheit sowie der rechtsformspezifischen Entscheidungsherrschaft der Gesellschafter ergeben sich zwar vielerlei Besonderheiten sowohl in Bezug auf die inhaltliche Reichweite des Vorbehaltsinstruments als auch hinsichtlich des Entscheidungsspielraums des Aufsichtsrats bei Ausübung seines Zustimmungsrechts (dazu an den jeweils relevanten Stellen). Auf die grundsätzliche Funktionsbestimmung des Vorbehaltsinstruments als Überwachungsinstrument mit unternehmerischem Einschlag haben sie jedoch keinen Einfluss.

C. Zwischenergebnis Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats sind als Kontrollinstrument mit unternehmerischer Mitbeteiligung dem Grenzbereich zwischen Überwachung und Geschäftsführung zuzuordnen. Als Gegengewicht zur Leitungs(über)macht des Vorstands (§ 76 Abs. 1 AktG) sollen sie den Aufsichtsrat in die Lage versetzen, unternehmerische Fehlentscheidungen rechtzeitig vor ihrer Ausführung zu verhindern. In der Beurteilung, ob eine Vorstandsentscheidung „richtig“ oder „falsch“ ist, ist der Aufsichtsrat frei. Das Zustimmungsrecht berechtigt ihn daher, seine unternehmenspolitischen Vorstellungen gegenüber denjenigen des Vorstands durchzusetzen. Aus historischer Sicht handelt es sich bei der Zustimmungsbefugnis um die letzte rudimentäre Geschäftsführungsbefugnis des Aufsichtsrats. Das aktiengesetzliche Gewaltenteilungsprinzip bleibt dennoch gewahrt. Hierfür sorgt zum einen die überwachende Funktion des der Zustimmungsentscheidung vorgelagerten Vorbehaltsrechts. Dieses verbietet es dem Aufsichtsrat, sich an sämtlichen, auch unbedeutenden Geschäftsführungsmaßnahmen ein Mitwirkungsrecht einzuräumen. Einer unternehmerischen Kontrolle durch den Aufsichtsrat sind vielmehr nur solche Vorstandsentscheidungen zugänglich, die für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind. Zum anderen berechtigt das Zustimmungsrecht den Aufsichtsrat lediglich dazu, die Durchführung einer bestimmten Maßnahme zu verhindern. Weder kommt dem Aufsichtsrat ein geschäftsbezogenes Initiativrecht zu noch wird der Vorstand durch eine positive Zustimmungsentscheidung verpflichtet, die vorgelegte Maßnahme durchzuführen. Das Vorbehaltsrecht erhebt den Aufsichtsrat daher nicht etwa zu einem gleichberechtigten Geschäftsführungsorgan neben dem Vorstand 128. 127 Ebenso für Geltung im GmbH-Recht: Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 926; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 10a und 29; Gaul / Otto, GmbHR 2003, 6, 11 f.

§ 3 Der zu erfüllende Überwachungsauftrag gemäß § 111 Abs. 1 AktG

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§ 3 Der mittels Zustimmungsvorbehalten zu erfüllende Überwachungsauftrag gemäß § 111 Abs. 1 AktG Sowohl das Zustimmungsvorbehaltsrecht als auch das spätere Zustimmungsrecht als Annex zum Vorbehaltsrecht knüpfen nach dem Vorangestellten an die Vorschrift des § 111 Abs. 1 AktG an. Umfang und Reichweite des Vorbehaltsinstruments lassen sich daher nur mit Blick auf die allgemeine Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats bestimmen. So hängt etwa die Bestimmung des richtigen Zustimmungsvorbehaltsadressaten davon ab, welche und wessen Geschäfte der Aufsichtsrat in seine Kontrolle mit einzubeziehen hat. Auch für die Frage nach den anzuwendenden Prüfungskriterien und Maßstäben bei der späteren Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats ist die allgemeine Kontrollaufgabe von Bedeutung. Zur weiteren Konkretisierung des Vorbehaltsinstruments sollen daher im Folgenden die wesentlichen Inhalte der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats gemäß § 111 Abs. 1 AktG nochmals vor Augen geführt werden.

A. Die Geschäftsführung des Vorstands als Gegenstand der Überwachung I. Der Begriff „Geschäftsführung“ Nach dem Wortlaut des Gesetzes hat der Aufsichtsrat die „Geschäftsführung“ zu überwachen. Was unter dem Begriff der Geschäftsführung zu verstehen ist, wird in § 111 Abs. 1 AktG indessen nicht näher ausgeführt 129. 1. Leitungsmaßnahmen des Vorstands (§ 76 Abs. 1 AktG) Einigkeit besteht in der Lehre darüber, dass unter dem in § 111 Abs. 1 AktG verwendeten Geschäftsführungsbegriff jedenfalls die originären, nicht delegierbaren Leitungsaufgaben des Vorstands im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG zu verstehen sind 130. Dem entspricht es, dass der Vorstand angehalten ist, dem Aufsichtsrat regelmäßig über Vorgänge zu berichten, die er in Ausübung seiner Führungsfunk128

Hoffmann-Becking, Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 39; ebenso: Lieder, DB 2005, 2254; ders., Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 845 f. 129 Vgl. Semler, ZGR 1983, 1, 16. 130 Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3; Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 22 (§ 111 Abs. 1 AktG und § 76 Abs. 1 AktG stimmen inhaltlich überein); Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 6; ders. in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 95; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 63; Henze, BB 2000, 209, 213 ff.; a. A. Henn, Hdb. des Aktienrechts, Rn. 610 (Geschäftsführung gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AktG); Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 96 f.

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tion vornimmt (§ 90 AktG) 131. Die gesetzlichen Berichterstattungspflichten des Vorstands sollen dem Aufsichtsrat bei der Wahrnehmung seiner Überwachungsfunktion dienlich sein. Sie indizieren daher zugleich, was Gegenstand seiner Kontrolle ist 132. Mit Blick auf § 90 Abs. 1 AktG unterliegen damit insbesondere folgende Aufgaben der laufenden Kontrolle durch den Aufsichtsrat 133: die Unternehmensplanung (Zielsetzung sowie mittel- und langfristige Festlegung der Unternehmenspolitik), die Unternehmensstruktur (Organisation und Koordinierung der mit Führungsaufgaben ausgestatteten Teilbereiche des Unternehmens; Festlegung der Grundzüge der Markt-, Produkt-, Finanz- und Investitionspolitik), die Unternehmenskontrolle (laufende und nachträgliche Kontrolle von Durchführung und Erfolg delegierter Geschäftsführungsaufgaben) und die Besetzung der oberen Führungspositionen. 2. Geschäftsführungsmaßnahmen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 AktG Keine klare Linie besteht dagegen in der Frage, ob der Geschäftsführungsbegriff des § 111 Abs. 1 AktG über die Leitungsentscheidungen hinaus auch die von § 77 Abs. 1 Satz 1 AktG erfasste Geschäftsführung mit einschließt 134. Unter den Begriff der Geschäftsführung im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 AktG werden üblicherweise die tatsächlichen und rechtlichen Einzelmaßnahmen 135 bzw. der auf die faktische Abwicklung gerichtete Teil der Leitungsfunktion gefasst 136. Die in § 76 Abs. 1 AktG verankerte „Leitung“ wird danach als ein herausragender Teilbereich der Geschäftsführung verstanden, bei dem es um die oben erwähnte Führungsaufgabe des Vorstands geht 137. Gegen die Einbeziehung auch der Geschäftsführung gemäß § 77 Abs. 1 AktG in das Überwachungsfeld des Aufsichtsrats wird angeführt, dass das Gesetz nicht 131

Semler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 73. Semler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 73, § 111 Rn. 97; ders., Leitung und Überwachung, Rn. 103. 133 Siehe die Ausführungen von Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 11; ders., ZGR 1983, 1, 12, die hier wiedergegeben werden; vgl. auch Hüffer, AktG, § 76 Rn. 8; Henze, BB 2000, 209, 210. 134 Dafür die wohl h. M.: vgl. Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 12; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 11; Henn, Hdb. des Aktienrechts, Rn. 573; dagegen: Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 63; vermittelnd: Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 160 f., die zwischen einer Kontrollpflicht (§ 76 Abs. 1 AktG) und einem Kontrollrecht (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AktG) unterscheiden. 135 Henze, BB 2000, 209; vgl. auch Hüffer, AktG § 76 Rn. 7; Hefermehl / Spindler in: MünchKomm.AktG, § 76 Rn. 17; Wiesner in: Münch. Hdb. GeslR IV, § 19 Rn. 13. 136 Henn, Hdb. des Aktienrechts, Rn. 573. 137 Henze, BB 2000, 209 m. w. N. in Fn. 2. 132

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mehr eine Überwachung der Geschäftsführung „in allen Zweigen der Verwaltung“ fordere, wie es noch bis 1937 in § 246 HGB a. F. vorgesehen war. Der Überwachungsauftrag beschränke sich daher vielmehr auf die originären Leitungsmaßnahmen der Gesellschaft 138. Dies überzeugt nicht. Eine Beschränkung des Überwachungsradius auf nicht delegierbare Führungsentscheidungen (§ 76 Abs. 1 AktG) ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die Wortlautgleichheit beider Normen spricht im Gegenteil für eine Einbeziehung auch der aus der Leitung resultierenden Vollzugsakte in die Überwachungspflicht des Aufsichtsrats 139. Das zeigen auch die Berichterstattungspflichten des Vorstands nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG und § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG sowie das Berichtsanforderungsrecht des Aufsichtsrats nach § 90 Abs. 3 AktG. Danach ist dem Aufsichtsrat zwecks Erfüllung seiner Überwachungspflicht auch über einzelne außerhalb der Leitungsfunktion liegende Geschäftsführungsmaßnahmen zu berichten 140. Kontrolle „der Geschäftsführung des Vorstands“ 141 schließt danach jede Art der Geschäftsführung ein. Miterfasst sind damit sowohl Maßnahmen auf Vorstandsebene als auch solche auf Ebenen unterhalb des Leitungsorgans. Damit werden nicht nur überwachungsfreie Räume vermieden 142, es bleiben auch zum Teil unlösbare Abgrenzungsschwierigkeiten bei der sonst notwendigen Unterscheidung zwischen Leitungsmaßnahmen im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG und sonstigen Geschäftsführungsmaßnahmen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 AktG aus. Schließlich anerkennt auch die Gegenansicht 143, dass außerhalb der originären Führungsfunktion liegende Einzelmaßnahmen von der Aufsichtsratsüberwachung erfasst werden, sofern sie für die Gesellschaft von außergewöhnlicher Bedeutung oder mit ungewöhnlichen Risiken verbunden sind 144. Begründet wird dies teilweise 145 mit einer Zusammenschau der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats mit der in § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG festgelegten Verantwortungsgrundlage des Vorstands. Soweit danach Vorstandsmitglieder verpflichtet 138 Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 63; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 40 f. 139 Anders Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 95 (Eine Analyse der unterschiedlichen Begriffsverwendung im Gesetz [Leitung, Geschäftsführung] ist nicht weiterführend). 140 Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 99. 141 Semler in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 1 Rn. 75. 142 Ebenso Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 95. 143 Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 65; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 40 f. 144 So BGHZ 135, 244, 252; Henze, BB 2000, 209, 213 und 214; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 95 und Fn. 195; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 65; Henn, Hdb. des Aktienrechts, Rn. 612. 145 Henze, BB 2000, 209.

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sind, bei Ausübung ihrer Geschäftsführertätigkeit die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden, gelte dies gleichermaßen für Leitungs- und Einzelmaßnahmen 146. Bewertet man die betreffende Einzelmaßnahme indessen nicht schon selbst als nicht delegierbare Führungsentscheidung (wann aber ist sie delegierbar?), so lässt sich die Überwachung bedeutender Einzelmaßnahmen auch und mit geringerem Begründungsaufwand mit einer an § 77 Abs. 1 AktG orientierten Auslegung des Geschäftsführungsbegriffs in § 111 Abs. 1 AktG erklären. Der Überwachungsauftrag des § 111 Abs. 1 AktG bezieht sich daher nicht nur auf Leitungsmaßnahmen im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG, sondern erfasst auch Geschäftsführungsmaßnahmen im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG. Eine vom Geschäftsführungsbegriff zu trennende Frage ist freilich die der erforderlichen Überwachungsintensität. Während Leitungsentscheidungen laufend zu überwachen sind, beschränkt sich mit Blick auf § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 3 und Abs. 3 Satz 1 AktG die Kontrolle einzelner Maßnahmen auf Vorgänge, die von erheblicher Bedeutung für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft bzw. von erheblichem Einfluss auf die Lage der Gesellschaft sein können 147. Dies lässt sich verallgemeinern, so dass Geschäftsführungsmaßnahmen im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG nicht andauernd, sondern nur dann der Aufsichtsratsüberwachung unterliegen, wenn sie wegen ihrer Bedeutung für die Gesellschaft berichtspflichtig sind 148. 3. Maßnahmen unterhalb der Leitungsebene Die Beschränkung des Überwachungsgegenstands auf Geschäftsführungsmaßnahmen im Sinne der §§ 76 Abs. 1, 77 Abs. 1 AktG darf nicht dahin missverstanden werden, Maßnahmen, die nicht auf einer entsprechenden Führungsentscheidung des Vorstands beruhen oder eine solche erfordern, hätten keine Bedeutung für die Aufsichtsratsüberwachung. So muss sich der Aufsichtsrat etwa von der Ordnungsmäßigkeit des laufenden Tagesgeschäfts überzeugen, um beurteilen zu können, ob der Vorstand seinen Organisations- und Kontrollpflichten nachkommt. Dies gilt erst recht, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die auf Nachlässigkeiten der Unternehmensführung schließen lassen 149. Dementsprechend ist auch der Vorstand nach § 90 Abs. 3 AktG verpflichtet, dem Aufsichtsrat auf dessen Verlangen über Angelegenheiten der 146 Henze, BB 2000, 209, 214, mit Hinweis auf die ARAG-Entscheidung (BGHZ 135, 244, 252). 147 Vgl. Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 65. 148 Vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 111; ebenso Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 161.

§ 3 Der zu erfüllende Überwachungsauftrag gemäß § 111 Abs. 1 AktG

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Gesellschaft zu berichten. Hierzu zählt auch die gewöhnliche Wahrnehmung des laufenden Tagesgeschäfts 150. Maßnahmen, die keine Geschäftsführungsentscheidung gemäß §§ 76 Abs. 1, 77 Abs. 1 AktG darstellen, sind daher ebenso in die Kontrolle des Aufsichtsrats mit einzubeziehen. Sie bilden nur für sich keinen selbständigen Überwachungsgegenstand 151. 4. Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass Gegenstand der gemäß § 111 Abs. 1 AktG zu überwachenden Geschäftsführung die originären Führungsentscheidungen des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG sowie ihm „zurechenbare“ (nach innen und außen gerichtete) Geschäftsführungsmaßnahmen im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG sind. Außerhalb dieser Führungsfunktion liegende Vorgänge sind zwar nicht selbst Überwachungsgegenstand, wohl aber vom Aufsichtsrat im Rahmen seiner Kontrolltätigkeit zu berücksichtigen. II. Der zu überwachende Personenkreis Die Vorschrift des § 111 Abs. 1 AktG lässt nicht erkennen, dass die zu überwachende Geschäftsführungsmaßnahme gerade und nur vom Vorstand ergriffen werden muss. Das Gesetz spricht ausschließlich vom Inhalt des Tuns, der „Geschäftsführung“, nicht aber von der Person (Organ), die es tut 152. Weder kann aber die Funktion (Geschäftsführung) ohne ihren Träger (Funktionskontrolle 153) noch das Organ ohne seine Tätigkeit (Handelndenüberwachung 154) kontrolliert werden 155. Zu fragen ist daher nach dem vom Aufsichtsrat zu überwachenden Personenkreis, also danach, welche Organe oder Personen geschäftsführend im Sinne des § 111 Abs. 1 AktG tätig werden.

149 Dies wird auch vom Gesetz berücksichtigt, indem es dem Aufsichtsrat mit § 90 Abs. 3 Satz 1 AktG ein Berichtsanforderungsrecht zur Seite stellt, dass über Führungsentscheidungen des Vorstands hinausgeht; vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 240. 150 Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 99. 151 Vgl. auch Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 68. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 235 ff. (erweiterte Überwachungspflicht). 152 Timm, DB 1980, 1201, 1202. 153 Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 88. 154 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 112. 155 Vgl. Hüffer, AktG, § 111 Rn. 2; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 63 m. w. N. in Fn. 1; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 89.

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1. Kap.: ZV als Instrument präventiver Aufsichtsratsüberwachung

1. Der Vorstand Die Überwachung der Geschäftsführung im Sinne von § 111 Abs. 1 AktG ist in jedem Fall auf die Geschäftsführung des Vorstands gerichtet, da die Zuständigkeit für die Geschäftsführung kraft Gesetzes 156 beim Vorstand liegt 157. Zu überwachen ist das Gesamtorgan Vorstand, d. h. die Gesamtheit seiner Mitglieder 158. Einzelne Vorstandsmitglieder sind nur dann Gegenstand der Überwachung, wenn ein Vorgehen gegen das Gesamtorgan fruchtlos bleibt. In diesem Fall ist der Aufsichtsrat angehalten, seine Überwachungstätigkeit auf das jeweils zuständige Vorstandsmitglied zu konzentrieren. Das gilt sowohl für die Ermittlung des relevanten Sachverhalts als auch für die Ausübung entsprechender Einwirkungskompetenzen 159. Anderenfalls müsste der Aufsichtsrat sehenden Auges die Fehlentwicklung abwarten. Ihm bliebe nur noch, einen durch die verletzte Überwachungspflicht des Vorstands entstandenen Schaden gerichtlich geltend zu machen. Dass ein so verstandener Überwachungsauftrag nicht gewollt sein kann, wird man kaum bestreiten können. 2. Dem Vorstand nachgeordnete leitende Angestellte Nicht zum unmittelbaren Adressatenkreis der Aufsichtsratsüberwachung zu zählen sind dagegen dem Vorstand nachgeordnete Mitarbeiter, und zwar auch dann nicht, wenn ihnen vom Vorstand ganze Unternehmenssparten mit weitgehend selbständiger Entscheidungsbefugnis überlassen werden 160. In Fällen der (zulässigen wie auch unzulässigen 161) Delegation der Geschäftsführung nach „un-

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§ 76 Abs. 1 AktG und § 77 Abs. 1 AktG; vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 112. 157 Vgl. Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 68 und 67; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 112; ders. in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 105; Hoffmann-Becking in: Münch.Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 24; Henn, Hdb. des Aktienrechts, Rn. 610. 158 Vgl. Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 67; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 112. 159 Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 67; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 114; Potthoff / Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 344. 160 So die überwiegende Ansicht: OLG Köln, AG 1978, 17, 21(Herstatt); Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 68 f.; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 290; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 115 ff.; Henn, Hdb. des Aktienrechts, Rn. 610; Hoffmann-Becking in: Münch.Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 24; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 42; Hoffmann / Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 102.1 und 103; Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 50; Potthoff / Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 342; a. A.: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 90; ders. in: FS Hadding, S. 621, 623; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3; Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 15; Roth, AG 2004, 1, 5 f.

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ten“ ist vielmehr zwischen dem Adressaten der Überwachung einerseits und dem Überwachungsumfang andererseits zu unterscheiden. Adressat der Überwachung ist allein der Vorstand. Dies ergibt sich bereits aus der Auslegung des Begriffs der „Geschäftsführung“ im Sinne des § 111 Abs. 1 AktG (siehe oben). Überwachung der Geschäftsführung bedeutet danach Überwachung der Geschäftsführung durch den Vorstand. In Bezug auf die originären Führungsentscheidungen des Vorstands wird dies durch § 76 Abs. 1 AktG deutlich, wonach die Leitung der Geschäfte dem Vorstand als Gesamtorgan obliegt. Können danach die von § 76 Abs. 1 AktG erfassten Entscheidungszuständigkeiten weder mit pflichterfüllender Wirkung auf ein einzelnes Vorstandsmitglied übertragen noch „nach unten“ delegiert werden 162, verbleibt als Überwachungsobjekt nur der Gesamtvorstand. Für die Überwachungspflicht des Aufsichtsrats sind daher originäre Leitungsmaßnahmen von Delegataren dem Vorstand als eigene „zuzurechnen“ 163. Anders verhält es sich mit der Überwachung delegierbarer Aufgaben außerhalb der originären Leitungsfunktion 164, wozu insbesondere die Vorbereitung und Ausführung von Leitungsmaßnahmen 165 sowie der Bereich der laufenden Verwaltung 166 zählen. Diese Aufgaben können regelmäßig auf Mitarbeiter oder externe Dritte übertragen werden. Verantwortlich für eine ordnungsgemäße Aufgabendelegation ist der Vorstand. Neben der richtigen Mitarbeiterauswahl und Aufgabeneinweisung umfasst diese auch eine angemessene laufende Überwachung 167. Kommt der Vorstand seinen Lenkungs- und Kontrollpflichten nicht nach, ist der Aufsichtsrat daher angehalten, gegen den Vorstand vorzugehen. Die an der Vorbereitung oder Durchführung von Geschäftsführungsmaßnahmen Beteiligten unterhalb der Vorstandsebene sind demgegenüber nicht Überwachungsobjekte des Aufsichtsrats. Diese Gruppe von Delegataren gehört ausschließlich zum Adressatenkreis der vom Vorstand auszuübenden Unternehmenskontrolle, die er als Teil seiner 161

Zur Delegierbarkeit von Geschäftsführungsmaßnahmen siehe Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 21 ff. 162 H. M., anstelle aller: Hefermehl in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 77 Rn. 22; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 76 Rn. 43; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 22 ff. 163 In diese Richtung auch Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 43. 164 Dazu Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 116; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 69. 165 Aber: Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 25 Fn. 49: Eine Entscheidungsbefugnis nachgeordneter Stellen ist nicht mehr gegeben, wenn die anstehende Entscheidung die Auswirkung einer Führungsentscheidung hat; die Entscheidungszuständigkeit fällt damit an den Gesamtvorstand zurück. 166 Vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 24; Hefermehl, in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 77 Rn. 22. 167 Eingehend Uwe H. Schneider / Brouwer in: FS Priester, S. 713, 716 ff. mit zahlreichen Nachweisen.

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Leitungs- bzw. Geschäftsführungsaufgabe wahrzunehmen hat 168. Eine Ausdehnung der Aufsichtsratsüberwachung auch auf leitende Angestellte und sonstige Delegatare würde daher einen Eingriff in die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung (§§ 76 Abs. 1, 111 Abs. 4 Satz 1 AktG) bedeuten. Von der Frage des Kontrolladressaten zu trennen ist freilich die Frage nach dem Umfang der Aufsichtsratsüberwachung. Letztere erfasst auch die Tätigkeit von Mitarbeitern und externen Dritten, die maßgeblich an der Vorbereitung und Durchführung bedeutender unternehmerischer Entscheidungen beteiligt sind. Will der Aufsichtsrat seiner Pflicht zur Kontrolle, ob der Vorstand seinerseits seiner Pflicht zur sachgerechten Auswahl und sorgfältigen Überwachung von Angestellten nachkommt, erfüllen, kommt er nicht umher, sich auch mit dem Verhalten nachgeordneter Mitarbeiter selbst zu befassen 169. Das bedeutet jedoch keine umfassende und dauernde Kontrolle Unternehmensangehöriger oder Dritter durch den Aufsichtsrat. Zu überwachen ist vielmehr, ob der Vorstand für eine zweckmäßige Organisation gesorgt und die laufende Überwachung der mit den Geschäftsführungsaufgaben Betrauten sichergestellt hat. Ist das nicht der Fall oder erlangt der Aufsichtsrat Kenntnis über Fehlverhalten auf unteren Führungsebenen, hat er sich wiederum ausschließlich an den Vorstand zu wenden. Ein unmittelbares Vorgehen gegen leitende Angestellte ist dem Aufsichtsrat dagegen grundsätzlich verwehrt 170. Es gilt damit festzuhalten, dass dem Vorstand nachgeordnete Mitarbeiter nicht zum Adressatenkreis der Aufsichtsratsüberwachung zählen. Die Überwachung solcher Personen ist Aufgabe des Vorstands. Nur im Rahmen der Überwachung dieser Vorstandsaufgabe hat der Aufsichtsrat auch die Tätigkeit nachgeordneter Mitarbeiter mit einzubeziehen. 3. Keine Überwachung der Hauptversammlung Nach ganz herrschender Meinung zählt die Hauptversammlung nicht zu den Überwachungsobjekten im Sinne des § 111 Abs. 1 AktG, mag sie auch in begrenztem Maße geschäftsführend tätig sein (so etwa bei Entscheidungen auf Verlangen des Vorstands nach § 119 Abs. 2 AktG oder nach § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG) 171. Der Ausschluss der Hauptversammlung aus dem Kreis der Überwachungsobjekte wird in erster Linie mit den fehlenden Einwirkungsmöglichkeiten des Auf168

Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 290. Vgl. BGHZ 75, 120, 133; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 21; Henze, BB 2000, 209, 214. 170 Zum Recht und zur Pflicht des Aufsichtsrats zur Informationsbeschaffung am Vorstand vorbei siehe unten § 6 B. I. 2. b). 171 Vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 128 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 36 ff.; Timm, DB 1980, 1201 f.; Uwe H. Schneider, BB 1981, 249, 252 Fn. 25; a. A. Duden in: FS Fischer, S. 95 ff. 169

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sichtsrats gegenüber der Hauptversammlung begründet. So stellen weder die nur unverbindliche Vorschlagspflicht des Aufsichtsrats nach § 124 Abs. 3 AktG 172 noch die Anfechtungsbefugnis nach § 245 Nr. 5 AktG 173 hinreichende Einwirkungsrechte dar 174. Letzteres schon deshalb nicht, weil das Anfechtungsrecht nur dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied, nicht aber dem zur Überwachung zuständigen Gesamtorgan „Aufsichtsrat“ zusteht 175. Auch eine nur mittelbare Einflussnahme auf den Entscheidungsprozess der Hauptversammlung wird man dem Aufsichtsrat nicht zusprechen können. Als denkbares Instrument zur mittelbaren Einwirkung auf Geschäftsführungsmaßnahmen der Hauptversammlung wird zwar auf die Möglichkeit des Aufsichtsrats hingewiesen, Anträge des Vorstands nach § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG (Überwindung der verweigerten Aufsichtsratszustimmung) oder solche nach § 119 Abs. 2 AktG an seine Zustimmung zu binden (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) 176. Dadurch könne der Aufsichtsrat nämlich immerhin über das „Ob“ einer entsprechenden Entscheidung der Hauptversammlung bestimmen 177. Solche Zustimmungsvorbehalte werden jedoch zu Recht als unzulässig erachtet 178. Denn das Recht zur Anrufung der Hauptversammlung ist gerade geschaffen, um dem Vorstand eine vom Aufsichtsrat unabhängige und ihn entlastende (vgl. § 93 Abs. 4 AktG) Einschaltung des Anteilseignerorgans zu ermöglichen 179. Die Möglichkeit des Aufsichtsrats, die Anrufung der Hauptversammlung durch den Vorstand von seiner Zustimmung abhängig zu machen, wäre mit dieser gesetzlichen Intention nicht zu vereinbaren. Darüber hinaus spricht aber vor allem die einer Überwachung systemfremde Abhängigkeit des Kontrolleurs vom zu überwachenden Objekt gegen die Einbeziehung der Hauptversammlung in den Kontrolltatbestand des § 111 Abs. 1 AktG. Der Aufsichtsrat würde nämlich mit der Hauptversammlung ein Organ überwachen, das sowohl über seine Bestellung (§ 101 Abs. 1 AktG) und Abberufung (§ 103 Abs. 1 AktG) als auch über seine Entlastung (§ 119 Abs. 1 Nr. 3 AktG) zu entscheiden hat. Gerade diese Abhängigkeit des Aufsichtsrats von der Haupt-

172 Gleiches gilt für das Teilnahmerecht / -pflicht nach § 118 Abs. 2 AktG, siehe Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 129. 173 Das Anfechtungsrecht nach § 245 Nr. 5 AktG dient der Vermeidung strafbarer Handlungen sowie von Ordnungswidrigkeiten und Schadensersatzpflichten der die Hauptversammlungsbeschlüsse umsetzenden Organwalter. 174 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 132; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 38. 175 Umkehrschluss aus § 245 Nr. 4 AktG. 176 Vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 130 und 131; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 37 f. 177 Vgl. auch Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 37 f. 178 Vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 131; ders. in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 114, sowie später ausführlich unter § 4 A. I. 4. c). 179 Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 114.

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versammlung steht einer auf Entscheidungen des Anteilseignerorgans gerichteten Überwachung entgegen 180. Eine Aufsichtsratsüberwachung, die auch die Kontrolle der Hauptversammlung erfasst, ist daher abzulehnen. 4. Rechtslage in der GmbH a) Überwachung der Geschäftsführertätigkeit Auch bei der GmbH gehört die Überwachung der Geschäftsführung nach § 111 Abs. 1 AktG zu den zentralen Aufgaben sowohl des fakultativen (vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG) als auch des obligatorischen Aufsichtsrats (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG). Obwohl der Gedanke nicht fernliegt, die Gesellschafterversammlung aufgrund ihrer Weisungsbefugnisse in Geschäftsführungsfragen in den Kreis der Überwachungsobjekte mit einzubeziehen, bedeutet Überwachung der Geschäftsführung bei der GmbH „Überwachung der Geschäftsführung, soweit sie durch die Geschäftsführer erfolgt“ 181. b) Keine unmittelbare Überwachung der Gesellschafterversammlung Für den fakultativen Aufsichtsrat ergibt sich der Ausschluss der Gesellschafter aus dem unmittelbaren Überwachungskreis bereits aus der Abhängigkeit des Kontrollorgans von der Gesellschafterversammlung, die nicht nur über seinen Fortbestand, sondern auch über die ihm zukommenden Aufgaben entscheidet 182. Darüber hinaus und unabhängig vom Vorliegen eines fakultativen oder obligatorischen Aufsichtsrats steht aber vor allem die besondere Stellung der Gesellschafterversammlung in der Zuständigkeitsordnung der GmbH einer unmittelbaren Einbeziehung des Anteilseignerorgans in die Aufsichtsratsüberwachung entgegen 183: So steht es der Gesellschafterversammlung nicht nur zu, über die Grundsätze der Unternehmenspolitik zu bestimmen 184, sie entscheidet auch über ungewöhnliche Maßnahmen der Geschäftsführung 185 und ist berechtigt, Einzelweisungen an

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Vgl. auch Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 39 und 43; Timm, DB 1980, 1201,

1202. 181 Vgl. oben unter § 2 A. II. 1. b) sowie § 2 B. III.; a. A. Duden in: FS Fischer, S. 95, 99; Kastner in: FS Strasser, S. 843, 859 (für das österreichische Recht). 182 Vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 2 ff., sowie oben 3. (Hauptversammlung der AG). 183 Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 222. 184 Siehe bei Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 5 ff. 185 Vgl. § 49 Abs. 2 GmbHG und Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 12.

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die Geschäftsführer zu erteilen (§ 37 Abs. 1 GmbHG). Die Geschäftsführer sind an diese Entscheidungen grundsätzlich gebunden und haben sie auszuführen 186. Der Aufsichtsrat hat seinerseits die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschafterversammlung zu respektieren 187. Eine unmittelbare Überwachung der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung wäre mit dieser gesetzlich verankerten Zuständigkeitsordnung nicht zu vereinbaren. c) Indirekte Kontrolle von Weisungsbeschlüssen der Gesellschafterversammlung Die Allkompetenz der Gesellschafterversammlung bedeutet allerdings nicht, dass Geschäftsführungsmaßnahmen, die auf Entscheidungen der Anteilseignerversammlung beruhen, der Aufsichtsratskontrolle gänzlich verschlossen sind. Dies gilt insbesondere für Fragen der Rechtmäßigkeit. Geschäftsführungsmaßnahmen hat der Aufsichtsrat stets auf ihre Legalität hin zu überprüfen, und zwar auch dann, wenn sie auf einer Weisung der Gesellschafterversammlung beruhen. „Denn die Weisung zu rechtswidrigem Tun bindet die Geschäftsführung naturgemäß nicht“ 188. Aber auch Zweckmäßigkeitserwägungen des Aufsichtsrats bleiben trotz Gesellschafterweisung nicht unberücksichtigt. Hierauf wird bei der Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit angewiesener Geschäftsführungsmaßnahmen zurückzukommen sein 189. d) Ergebnis Die Aufsichtsratsüberwachung bei der GmbH erstreckt sich somit nur auf die durch die Geschäftsführer ausgeübte Geschäftsführung. Gesellschafterentscheidungen unterfallen dagegen nicht der unmittelbaren Kontrolle durch den Aufsichtsrat. Sie sind vielmehr auch vom Aufsichtsrat zu respektieren. Zur Legalitätskontrolle ist der Aufsichtsrat dagegen stets und unabhängig vom Entscheidungsträger berechtigt und verpflichtet. Ebenso wenig wie bei der AG erfasst die Aufsichtsratsüberwachung an der Geschäftsführung maßgeblich beteiligte Mitarbeiter. Die Überwachung nachgeordneter Mitarbeiter ist den Geschäftsführern als Teil ihrer Geschäftsführungsaufgabe vorbehalten 190.

186 Grundsatz der Folgepflicht, vgl. BGHZ 31, 258, 278; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 30; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 37 Rn. 1. 187 Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 921. 188 Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 921. 189 Siehe unten § 4 B. II. 190 Vgl. oben zur Rechtslage in der AG unter 2.

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B. Umfang der Überwachungsaufgabe und Prüfungsmaßstab I. Inhalt und Kontrolldichte der Überwachungstätigkeit Die Einbeziehung sowohl der Leitungsentscheidungen nach § 76 Abs. 1 AktG als auch der Geschäftsführungsmaßnahmen im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG in den Überwachungsgegenstand des § 111 Abs. 1 AktG bedeutet nicht, dass der Aufsichtsrat die gesamte geschäftsführende Tätigkeit des Vorstands, mithin alles, was im Unternehmen geschieht oder nicht geschieht, zu überwachen hat 191. Eine Pflicht zur Überprüfung der Geschäftsführung bis in alle Details wäre weder tatsächlich erfüllbar noch würde sie dem Verständnis vom Aufsichtsratsmandat als zeitlich beschränkte Nebentätigkeit gerecht (vgl. § 110 Abs. 3 AktG) 192. Eine umfassende Überwachungspflicht würde zudem die Leitungsautonomie des Vorstands beeinträchtigen, würde doch der Aufsichtsrat als „ständiger Schatten“ des Vorstands die Entscheidungsfreudigkeit der Geschäftsführung erheblich herabsetzen 193. Dementsprechend findet sich auch im AktG 1937 nicht mehr die Pflicht, die Geschäftsführung „in allen Zweigen der Verwaltung“ zu überwachen (vgl. noch bis 1937: § 246 HGB) 194. Der Überwachungsaufwand hat sich vielmehr der jeweiligen Lage des Unternehmens anzupassen. Die Berichterstattungspflichten des Vorstands an den Aufsichtsrat nach § 90 AktG liefern hierfür die für den Aufsichtsrat erforderlichen Anhaltspunkte und dienen zugleich als Maßstab für die vom Aufsichtsrat auszuübende Überwachungsintensität. Was nämlich dem Aufsichtsrat zu berichten ist, ist zugleich Gegenstand seiner Überprüfung 195. Die in § 90 AktG vorgenommene Unterteilung nach unterschiedlichen Berichtsgegenständen (§ 90 Abs. 1 AktG) zu unterschiedlichen Berichtsintervallen (§ 90 Abs. 2 AktG) hat daher auch Auswirkungen auf die Intensität der Aufsichtsratsüberwachung 196.

191 Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 102; ders. in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 96; Henn, Hdb. des Aktienrechts, Rn. 612; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 12; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 66 (Keine Überwachung des laufenden Tagesgeschäfts im Einzelnen); Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 83 f. 192 Semler, ZGR 1983, 1, 16 f., der allerdings auf die „oft viel bedeutsameren und zeitaufwendigeren Ausschusstätigkeiten“ hinweist. 193 Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 65; vgl. auch Henn, Hdb. des Aktienrechts, Rn. 612; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 81 f. 194 Vgl. bei Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 87; ders., Leitung und Überwachung, Rn. 102; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 81 f. 195 Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 64; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 103 m. w. N. in Fn. 139. 196 Vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 103 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 84.

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1. Inhaltliche Konkretisierung der Überwachungsaufgabe durch die Rechtsprechung Inhaltlich wurde die Überwachungsaufgabe bereits mehrfach von der höchstrichterlichen Rechtsprechung konkretisiert 197. Nach ihr besteht die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats nicht nur in der Kontrolle bereits abgeschlossener Sachverhalte (vergangenheitsbezogene Kontrolle), sondern beinhaltet auch die vorbeugende Überwachung der Geschäftsleitung 198. So hat der Aufsichtsrat im Rahmen der nachwirkenden Kontrolle sicherzustellen, „dass unzweckmäßige Maßnahmen in der Vergangenheit und problematische Entwicklungen aufgedeckt werden und korrigierend eingegriffen werden kann“ 199. Gleichzeitig muss er über eine entsprechende Anspruchsverfolgung entscheiden, wenn sich die Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig gemacht haben 200. Die präventiv angelegte Überwachung beinhaltet eine laufende Kontrolle der Geschäftsleitung des Vorstands einschließlich seiner künftigen Geschäftspolitik 201. Eine so verstandene Kontrolle kann nach dem II. Zivilsenat des BGH „nur durch ständige Diskussion mit dem Vorstand und insofern durch dessen laufende Beratung ausgeübt werden“ 202. Das Verhältnis von Vergangenheitskontrolle und zukunftsgerichteter Überwachung hängt in erster Linie von der jeweiligen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens ab (siehe dazu unten 2.). Insgesamt betrachtet wird man jedoch mit Blick auf die unternehmerische Mitverantwortung des Aufsichtsrats für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung den Schwerpunkt seiner Überwachungstätigkeit in der präventiven Kontrolle sehen 203. Die Rechtswirklichkeit sieht indessen anders aus. In der Praxis wird einer jüngeren empirischen Untersuchung zufolge immer noch die Ergebniskontrolle als wichtigste Kontrollart gesehen 204. 197

Vgl. BGHZ 114, 127, 129 f.; 126, 340, 344. Siehe die Nachweise aus der Rspr. oben; aus der Lehre vgl. anstelle aller: Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 204. 199 Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 92. 200 Nach BGHZ 135, 244, 254 ff. (ARAG), steht es im eingeschränkten pflichtgemäßen Ermessen des Aufsichtsrats, ob bestehende Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder geltend gemacht werden sollen oder nicht. Bei seiner Entscheidung hat er sich ausschließlich am Unternehmenswohl zu orientieren. Billigkeitsgründe zu Gunsten eines Vorstandsmitglieds können hierbei nur ganz ausnahmsweise eine Rolle spielen. 201 BGHZ 114, 127, 129 f.; 124, 111, 127 f.; zusammenfassend Henze, BB 2001, 53, 59. 202 BGHZ 114, 127, 130. 203 Siehe auch Kleinmann, BZ v. 16. 8. 2005, S. 13, der ein Verhältnis von 25 Prozent Vergangenheitsbetrachtung und 75 Prozent Beschäftigung mit der künftigen Entwicklung für angemessen hält. 198

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2. Die Lehre von der „abgestuften Überwachungsintensität“ Die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze haben in der Lehre weitgehend Zustimmung erfahren 205. Ohne Widerspruch zur Rechtsprechung 206 anerkennt sie darüber hinaus im Bereich der präventiven Aufsichtsratsüberwachung überwiegend eine abgestufte Überwachungsintensität je nach Lage der Gesellschaft 207: Ist die Situation in der Gesellschaft zufriedenstellend, beschränkt sich die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats auf eine begleitende Überwachung. Diese beinhaltet im Wesentlichen eine allgemeine, laufende Kontrolle der Führungsfunktionen des Vorstands auf der Grundlage der von ihm zu erstattenden Berichte 208 sowie dessen Beratung in grundsätzlichen Fragen der Unternehmensführung (insbesondere der Geschäftspolitik sowie der Finanz-, Investitions- und Personalplanung), vgl. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AktG 209. Kommt das Leitungsorgan seinen Aufgaben nicht in angemessener Weise nach und droht sich die Lage des Unternehmens zu verschlechtern, geht die begleitende Überwachung in eine unterstützende Überwachung über. Zur Umsetzung dieser verstärkten Form der Aufsichtsratsüberwachung bietet sich insbesondere die Anordnung angemessener Zustimmungsvorbehalte an 210. Damit wird erreicht, dass der Vorstand bereits im Vorstadium der beabsichtigten Maßnahme den Auf204 Siehe Grothe, Unternehmensüberwachung, S. 151 ff.; Ruhwedel / Epstein, BB 2003, 161, 162, konnten allerdings in einer empirischen Analyse der Strukturen und Prozesse in Aufsichtsräten deutscher Aktiengesellschaften „ . . . ein[en] Rollenwechsel von einer reinen Kontrolltätigkeit hin zu einer aktiven Beteiligung des Aufsichtsrats in Managementprozessen und strategischen Entscheidungen“ feststellen. 205 Siehe etwa Lutter / Kremer, ZGR 1992, 87, 95 f.; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 71 ff.; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 4 ff.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 184 ff.; ders. in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 122; Semler / Spindler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 92 ff.; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 204; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 91 ff.; ders. in: FS Hadding, S. 621, 623. 206 So Boujong, AG 1995, 203, 205. 207 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 231 ff.; ders., AG 1983, 141; ders., AG 1984, 21 f.; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 71 ff.; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 7; Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 23; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 91 ff.; Henze, BB 2000, 209, 214; Boujong, AG 1995, 203, 205; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 92 ff.; Potthoff / Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1290 ff.; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 45 f.; siehe auch LG München, AG 2007, 827, 828; demgegenüber kritisch: Claussen, AG 1984, 20; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 20. 208 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 232; Henze, BB 2000, 209, 214. 209 Henze, BB 2000, 209, 214. 210 Vgl. etwa LG Bielefeld, AG 2000, 136, 138 (Balsam) mit Anm. Thümmel; Henze, BB 2001, 209, 214; ders., BB 2001, 53, 59; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 94; streitig ist allerdings, ob eine sich abzeichnende Unternehmenskrise den Aufsichtsrat in

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sichtsrat in den Entscheidungsprozess integrieren muss, um einer Zustimmung entgegenstehende Streitpunkte vorweg auszuräumen. Die verstärkte Festlegung von Zustimmungsvorbehalten steigert somit die Wirksamkeit von Aufsicht und Beratung durch das Kontrollorgan und bewirkt zugleich eine verstärkte Eigenkontrolle durch den Vorstand 211. Befindet sich das Unternehmen in einer Krise oder droht es in eine solche hineinzusteuern, ist der Aufsichtsrat gehalten, gestaltend auf die Unternehmensführung einzuwirken. Ziel dieser gestaltenden Überwachung ist es, die Geschäftsführung durch Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel in eine Lage zu versetzen, die es ihr ermöglicht, die Krisensituation zu entschärfen 212. Neben einer Intensivierung der Gespräche mit dem Vorstand kommt auch hier vor allem eine Verschärfung der Zustimmungspflichten in Betracht 213. Gegebenenfalls hat der Aufsichtsrat auch von seiner Personalhoheit Gebrauch zu machen 214. Jedoch darf der Aufsichtsrat auch in einer solchen Krisensituation seine Einwirkungsmöglichkeiten nur dazu verwenden, Fehlentwicklungen bei der Unternehmensplanung präventiv entgegenzuwirken. Es ist ihm indessen nicht gestattet, die Geschäftsführung etwa durch die Anordnung unzulässiger Zustimmungsvorbehalte faktisch selbst zu übernehmen 215. 3. Überwachungsverfahren Zur Erfüllung der an die Unternehmenslage angepassten Überwachungsaufgabe bietet sich ein dreistufiges Verfahren an. Am Anfang steht die Ermittlung des Sachverhalts. Hierbei ist der Aufsichtsrat weder an die vom Vorstand getroffenen Feststellungen noch an dessen Ermittlungsmethoden gebunden. Er kann vielmehr (und muss gegebenenfalls) eigene Untersuchungen anstellen 216. In einem weiteren Schritt erfolgt die Entscheidungsfindung des Aufsichtsrats. Hat sich der Aufsichtsrat ein entsprechendes Urteil über die Unternehmenslage gebildet, muss er schließlich in einem dritten Schritt jedem Fall verpflichtet, vermehrt Zustimmungsvorbehalte einzuführen; dazu unter § 6 B. II. 3. 211 Vgl. Semler in: FS Doralt, S. 609, 616; Martens, BB 1973, 1118, 1121; Schreyögg, AG 1983, 278; Köstler, WiB 1994, 714, 715 f.; Lieder, DB 2004, 2251. 212 Henze, BB 2001, 209, 214; ders., BB 2001, 53, 59; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 234; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 5; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 94. 213 Vgl. Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 584; Henze, BB 2000, 209, 215; dazu ausführlich unten § 6 B. II. 3. 214 Henze, BB 2001, 209, 214; ders., BB 2001, 53, 59; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 5 m. w. N. 215 Vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 63. 216 Dazu ausführlich unten § 6 B. I. 2.

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1. Kap.: ZV als Instrument präventiver Aufsichtsratsüberwachung

in geeigneter Form auf den Vorstand einwirken und / oder eine Anteilseignerversammlung einberufen 217. 4. Überwachungsintensität bei der GmbH – Das Problem der fehlenden Verweisung auf § 90 Abs. 1 und 2 AktG Will man die angeführten Überlegungen zum Überwachungsumfang auf den Aufsichtsrat einer GmbH übertragen, stößt man auf das Problem, dass sowohl die Vorschrift des § 52 GmbHG als auch diejenigen der §§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG und 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG nur auf § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2 AktG verweisen, also nur auf die Berichtspflicht auf Verlangen des Aufsichtsrats, nicht aber auf die für den Kontrollumfang des AG-Aufsichtsrats maßgeblichen periodischen Berichterstattungspflichten 218. Aus der fehlenden Inbezugnahme der laufenden Berichterstattung bei den jeweiligen Verweisungsnormen kann aber nicht etwa darauf geschlossen werden, dass sich auch die Überwachungsintensität des Aufsichtsrats entsprechend verringert 219. Um der Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats in der GmbH-Verfassung gerecht zu werden, bedarf es daher einer an § 90 Abs. 1, 2 AktG orientierten regelmäßigen Berichterstattung durch die Geschäftsführer. Streitig ist lediglich, ob der GmbH-Aufsichtsrat seinerseits dazu verpflichtet ist, dafür zu sorgen, dass ihm regelmäßig von der Geschäftsführung Bericht erstattet wird 220, oder ob die Geschäftsführer aufgrund ihrer allgemeinen Sorgfaltspflicht (§ 43 Abs. 1 GmbH) dazu angehalten sind, den Aufsichtsrat trotz fehlender Verweisung auf § 90 Abs. 1, 2 AktG laufend zu informieren 221. Gegen die Annahme einer ungeschriebenen Pflicht der Geschäftsführer zur kontinuierlichen Berichterstattung sprechen sowohl der klare Wortlaut der jeweiligen Verweisungsnormen als auch Sinn und Zweck der fehlenden Bezugnahme auf § 90 Abs. 1 und 2 AktG, wonach zugunsten erhöhter Flexibilität im GmbH217

Vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 104; Semler, AG 1983, 141,

143. 218 Lediglich § 3 Abs. 2 Montan-MitbestG und § 3 MitbestErgG verweisen uneingeschränkt auf die den Aufsichtsrat betreffenden aktienrechtlichen Vorschriften und damit auch auf den gesamten § 90 AktG. 219 Vgl. Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, 294. 220 So die wohl h. M.: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 105; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 757; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 923; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 16; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 295 f.; v. Hoyningen-Huene / Powietzka, BB 2001, 529, 530 ff. 221 So Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 115; Koppensteiner in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 52 Rn. 11; Duden, ZHR 141 (1977), 145, 177; ebenso Schulze-Osterloh, ZIP 1998, 2129, 2130, der allerdings daneben auch den Aufsichtsrat zur Informationsbeschaffung verpflichtet sieht.

§ 3 Der zu erfüllende Überwachungsauftrag gemäß § 111 Abs. 1 AktG

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Recht bewusst auf ein formalisiertes Berichtssystem nach dem Vorbild des Aktiengesetzes verzichtet wurde 222. Überzeugender ist es daher, dem Aufsichtsrat entsprechende Informationsbeschaffungspflichten aufzuerlegen. Der Aufsichtsrat kann sich somit nicht auf die fehlende Pflicht der Geschäftsführer zur laufenden Berichterstattung berufen. Er ist vielmehr aufgrund seines allgemeinen Überwachungsauftrags nach § 111 Abs. 1 AktG angehalten, sein Berichtsverlangen nach § 90 Abs. 3 AktG unter Berücksichtigung der Regelungen des § 90 Abs. 1 und 2 AktG entsprechend den Besonderheiten der jeweiligen Gesellschaft auszuüben 223. Hierzu bietet sich der Erlass einer zwischen der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat abgestimmten Informationsordnung an, in der die Geschäftsführung zur Berichterstattung an den Aufsichtsrat entsprechend der Regelung des § 90 Abs. 1 und 2 AktG verpflichtet wird 224. Für die den GmbH-Aufsichtsrat treffende Überwachungsaufgabe bedeutet das, dass die von ihm geforderte Kontrollintensität nicht hinter derjenigen zurücksteht, die von einem AG-Aufsichtsrat erwartet wird. Die für die AG angeführten Überlegungen zur abgestuften Überwachungspflicht gelten daher grundsätzlich auch für den Aufsichtsrat einer GmbH, erweitert um die Pflicht des GmbH-Aufsichtsrats, sich selbst um Berichte der Geschäftsführer zu bemühen, die ihm sonst gesetzlich zustehen würden. 5. Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass der Umfang der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit der Leitungsautonomie des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG und der Berichtspflicht des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat nach § 90 AktG zu sehen ist. Daraus ergibt sich, dass die Aufsichtsratskontrolle auf unternehmerische Führungsentscheidungen und für die Gesellschaft wesentliche Einzelmaßnahmen ausgerichtet ist. Vorgänge des laufenden Tagesgeschäfts sind hiervon zwar nicht ausgeschlossen. In den Überwachungsfokus geraten sie jedoch nur bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte, die zur Besorgnis für das Wohl der Gesellschaft Anlass geben. Die Berichtspflicht nach § 90 AktG konkretisiert die Überwachungsaufgabe und gibt zugleich Auskunft über die vom Aufsichtsrat abverlangte Überwachungsintensität. So obliegt dem Aufsichtsrat eine laufende Überwachungspflicht hinsichtlich der originären unternehmerischen Führungsfunktionen, wie die beabsichtigte Geschäftspolitik (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG), die Rentabilität der Gesellschaft 222 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 756 ff.; ebenso Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 294 m. w. N. in Fn. 112. 223 Vgl. Schulze-Osterloh, ZIP 1998, 2129, 2130. 224 Vgl. Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 296; v. Hoyningen-Huene / Powietzka, BB 2001, 529, 530 ff.; dazu auch unten § 6 B. I. 3. b).

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1. Kap.: ZV als Instrument präventiver Aufsichtsratsüberwachung

(§ 90 Abs. 1Satz 1 Nr. 2 AktG) und der Gang der Geschäfte sowie die Lage der Gesellschaft im Allgemeinen (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AktG) 225. Die übrigen, in § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2, Abs. 3 AktG aufgeführten Ereignisse fallen dagegen nur unregelmäßig an. Hinsichtlich solcher Maßnahmen trifft den Aufsichtsrat daher auch nur fallweise eine Überwachungspflicht, „wenn sie ihm bekannt werden oder bei Anlegung erforderlicher Sorgfalt bekannt werden müssen“ 226. Je nach Lage, in der sich die Gesellschaft befindet, hat der Aufsichtsrat seine Überwachungstätigkeit begleitend, unterstützend oder gestaltend auszuüben. Im Rahmen seiner unterstützenden und gestaltenden Überwachungstätigkeit ist der Aufsichtsrat insbesondere angehalten, von seinem Zustimmungsvorbehaltsrecht Gebrauch zu machen, um frühzeitig in die Entscheidungsprozesse wesentlicher Geschäftsführungsmaßnahmen eingebunden zu sein. Trotz der fehlenden Anwendbarkeit der Vorschriften über die periodischen Berichtspflichten im GmbH-Recht gelten die angeführten Überlegungen zur Überwachungsintensität auch für den Aufsichtsrat einer GmbH. Insofern ist es Sache des GmbH-Aufsichtsrats, sein Berichtsverlangen nach § 90 Abs. 3 AktG i.V. m. den jeweiligen Verweisungsnormen entsprechend den Regelungen des § 90 Abs. 1 und 2 AktG auszuüben. II. Prüfungsmaßstab Bei der Frage, an welchen Maßstäben sich der Aufsichtsrat bei Ausübung seiner Überwachungstätigkeit zu orientieren hat, ist zwischen den Prüfungskriterien einerseits und der Interessenbindung andererseits zu differenzieren. Die Interessenbindung des Aufsichtsrats ist vor allem für die Ausübung seines späteren Zustimmungsrechts von Bedeutung. Auf sie soll daher an entsprechender Stelle gesondert eingegangen werden 227. Die folgenden Ausführungen beschränken sich damit zunächst auf die Darstellung der für die Überwachung gemäß § 111 Abs. 1 AktG maßgebenden Überwachungskriterien. So ist sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Lehre anerkannt, dass sich die Überwachung der Geschäftsführung auf die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu beziehen hat 228. 225 226

Siehe auch Schulze-Osterloh, ZIP 1998, 2129, 2130. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 111; ebenso Steinbeck, Überwachungspflicht,

S. 84. 227

Siehe dazu § 6 C. II. 1. Vgl. BGHZ 114, 127, 129 ff.; 75, 120, 133; OLG Düsseldorf, ZIP 1995, 1183 ff.; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 6; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 71 ff.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 183 ff.; ders. in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 122; HoffmannBecking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 26; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 95 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 84 ff.; Theisen, AG 1995, 193, 200 f. 228

§ 3 Der zu erfüllende Überwachungsauftrag gemäß § 111 Abs. 1 AktG

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1. Rechtmäßigkeit Im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung des Geschäftsleiterhandelns hat der Aufsichtsrat in erster Linie darauf zu achten, dass sich die Unternehmensleitung den Regeln des Aktiengesetzes bzw. des GmbH-Gesetzes und der Satzung entsprechend verhält. Darüber hinaus ist das Verhalten der Unternehmensleitung auch auf solche Normen hin zu prüfen, mit denen das Unternehmen in besonderem Maße in Berührung kommt. Je nach Branche, in der das Unternehmen tätig ist, können dies etwa steuerrechtliche, bankrechtliche, umweltrechtliche und kartellrechtliche Normen sowie solche des Vergabe- und Datenschutzrechts sein 229. Eine umfassende Überprüfung auch solcher Gesetze, die nicht bestimmungsgemäß mit dem Tätigkeitsfeld des Unternehmens in Berührung kommen, ist indessen nicht Bestandteil der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats 230. Insoweit ist der Aufsichtsrat nur dann zum Einschreiten verpflichtet, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die auf einen besonders schweren Rechtsverstoß oder einen für das Unternehmen mit hohen wirtschaftlichen Risiken verbundenen Rechtsverstoß hindeuten 231. Stellt der Aufsichtsrat ein gesetzwidriges Geschäftsleiterhandeln fest, muss er hiergegen vorgehen. Ein Entscheidungsspielraum steht ihm nur hinsichtlich der Wahl des Eingriffsmittels zu. Lässt sich eine rechtswidrige Maßnahme nur noch mit einem bestimmten Überwachungsinstrument, etwa nur noch mittels eines Zustimmungsvorbehalts vermeiden, reduziert sich sein Auswahlermessen auf null 232. Geht es nach Vollzug gesetzeswidrigen Vorstandshandelns um die Frage der Geltendmachung entsprechender Schadensersatzansprüche gegenüber dem Vorstand, steht dem Aufsichtsrat nach dem II. Zivilsenat des BGH 233 nur bei der Entscheidung, ob solche Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden sollen, ein Ermessen zu, nicht jedoch hinsichtlich des Bestehens solcher Ansprüche und der Frage ihrer Durchsetzbarkeit. Bei der Entscheidung über die Geltendmachung solcher Ansprüche hat sich der Aufsichtsrat am Unternehmenswohl zu 229 Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 96; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 72; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 187. 230 Vgl. Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 86 („ . . . der Aufsichtsrat ist ein Organ der Gesellschaft und nicht ein objektives Kontrollorgan zur Sicherung von Recht und Gesetz.“); Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 115 („Es geht um die Legalität der Geschäftsführung, nicht um die Legalität von allem und jedem, was im Unternehmen überhaupt geschieht.“). 231 So Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 187; a. A. Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 73. 232 BGHZ 124, 111, 127 (Vereinte Krankenversicherung); LG Bielefeld, AG 2000, 136, 138 (Balsam); Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 79; Boujong, AG 1995, 203, 206; Brandes, WM 1994, 2177, 2183; Götz, ZGR 1990, 633, 639; Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 634 f. („ . . . vorstellbar, jedoch äußerst selten.“). 233 BGHZ 135, 244, 254 ff. (ARAG).

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orientieren. Ein Absehen von der Rechtsverfolgung kommt daher nur dann in Betracht, „wenn die Gesellschaftsinteressen und -belange, die es geraten erscheinen lassen, keinen Ersatz des . . . Schadens zu verlangen, die Gesichtspunkte, die für eine Rechtsverfolgung sprechen, überwiegen oder ihnen zumindest annähernd gleichwertig sind“ 234. 2. Ordnungsmäßigkeit Die Geschäftsführung ist auch im Hinblick auf ihre Ordnungsmäßigkeit zu überwachen 235. Eine Geschäftsführung ist – allgemein gesprochen – dann ordnungsgemäß, wenn die Gesellschaft über eine ihren Besonderheiten entsprechende Organisation verfügt, die es der Unternehmensführung ermöglicht, die Gesellschaft unter Einhaltung insbesondere der ihr obliegenden gesellschaftsrechtlichen Vorgaben tatsächlich zu leiten und zu steuern 236. Im Einzelnen hat der Aufsichtsrat daher die Geschäftsleitung daraufhin zu überwachen, ob der Vorstand richtig besetzt ist und die maßgebende Geschäftsordnung vom Vorstand eingehalten wird, ob eine sachgerechte Organisation seiner Arbeitsweise und eine zweckmäßige Abgrenzung der einzelnen Arbeitsbereiche gegeben ist, ob die Vorschriften über die Berichterstattung an den Aufsichtsrat beachtet werden und ob Verfahren vorhanden sind, die eine Willensbildung und Entscheidungsfindung aufgrund zutreffender Tatsachen ermöglichen 237. Die Kontrolltätigkeit des Aufsichtsrats umfasst auch die Überwachung des vom Vorstand nach § 91 Abs. 2 AktG zu errichtenden Überwachungssystems 238. Zu prüfen ist, ob die vom Vorstand durchgeführten Maßnahmen im Sinne des § 91 Abs. 2 AktG geeignet sind, um den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen frühzeitig zu erkennen 239.

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BGHZ 135, 244, 255 (ARAG); dazu: Semler in: FS Ulmer, S. 627, 636 f.; Henze, NJW 1998, 3309, 3311; a. A. Sven H. Schneider, DB 2005, 707, 711 (kein Ermessensspielraum, da keine unternehmerische Entscheidung). 235 Teilweise wird die Ordnungsmäßigkeit als eigenständiger Prüfungsmaßstab unter Hinweis darauf abgelehnt, dass es sich hierbei nur um Teilaspekte der Recht- bzw. Zweckmäßigkeit handelt; so etwa Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 91. Hierauf braucht indes nicht näher eingegangen zu werden, da es im Ergebnis unerheblich ist, welchem Begriff die im Rahmen der Ordnungsmäßigkeit diskutierten Gesichtspunkte zuzuordnen sind. 236 Vgl. bei Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 183; Semler / Spindler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 93; Semler, ZGR 1983, 1, 16 ff.; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 74; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 98. 237 Vgl. Henze, BB 2000, 209, 214 f.; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 98; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 75 ff. 238 Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 80 ff.; für den Aufsichtsrat einer GmbH: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 98. 239 Zum Umfang der dem Vorstand im Rahmen von § 91 Abs. 2 AktG obliegenden Maßnahmen: Hüffer, AktG, § 91 Rn. 6 ff.; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 82.

§ 3 Der zu erfüllende Überwachungsauftrag gemäß § 111 Abs. 1 AktG

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3. Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit Der Aufsichtsrat hat sich auch von der Zweckmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung zu überzeugen 240. Da es meistens nicht nur einen Weg zur Erreichung eines bestimmten Ziels gibt, hat der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Zweckmäßigkeitskontrolle zu prüfen, ob die konkrete Maßnahme den Vorrang gegenüber anderen Möglichkeiten, einschließlich eines Verzichts auf die Durchführung des Geschäfts, verdient 241. Bei der Beurteilung hat sich der Aufsichtsrat neben der Vereinbarkeit des geplanten Vorhabens mit dem Gegenstand des Unternehmens 242 insbesondere über die Erträge und Aufwendungen der unternehmerischen Entscheidung zu informieren sowie darauf hinzuwirken, dass die Geschäftsleitung keine unangemessenen Risikogeschäfte eingeht (Wirtschaftlichkeitskontrolle) 243. Maßstab hierfür ist das „übliche kaufmännische Risiko“ 244. Stehen danach den eingegangen Risiken keine entsprechenden Chancen gegenüber, verletzt die Geschäftsführung den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und der Aufsichtsrat ist zum Einschreiten verpflichtet. In allen Prüfungsfällen hat sich der Aufsichtsrat eine eigene Meinung über das Vorhaben und dessen Umsetzung zu bilden 245. Denn nur so ist es ihm möglich, die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme vollends zu beurteilen und seinem Überwachungsauftrag entsprechend seiner dargestellten Rolle als Aufsichtsorgan mit unternehmerischer Mitverantwortung zu genügen. Hält eine Maßnahme der dargestellten Wirtschaftlichkeitsprüfung stand und ist sie auch sonst vom unternehmerischen Ermessen der Geschäftsleitung gedeckt, 240 Teilweise wird die Wirtschaftlichkeit als unselbständiges Kriterium der Zweckmäßigkeitskontrolle angesehen, weil wirtschaftliche Aspekte bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Maßnahme nicht außer acht gelassen werden können; so etwa Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 90; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 6. Mag dies für die Mehrzahl der Fälle auch zutreffend sein, so überzeugt es dennoch, beiden Prüfungskriterien einen eigenen Gehalt zuzusprechen; vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 191 („Ein Vorhaben kann wirtschaftlich, aber unzweckmäßig oder auch zweckmäßig, aber unwirtschaftlich sein.“). 241 Vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 192; Semler / Spindler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 128. 242 Siehe Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 99. 243 BGH ZIP 2007, 224, 225 (M-GmbH), mit Anm. Weiss, BB 2007, 396 ff., und Komm. Huber, GmbHR 2007, 309; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 83 (Sicherung der Lebens- und Überlebensfähigkeit der Gesellschaft); Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 191 und 192; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 88 ff.; Henze, BB 2000, 209, 215; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 99. 244 Semler / Spindler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 127; Semler in: FS Ulmer, S. 627, 641; Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckard / Kropff, AktG, § 111 Rn. 25; Henze, NJW 1998, 3309, 3310 f. 245 Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 88.

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1. Kap.: ZV als Instrument präventiver Aufsichtsratsüberwachung

soll es dem Aufsichtsrat nach der überwiegenden Ansicht im Schrifttum grundsätzlich verwehrt sein, seine Beurteilung an die Stelle des Vorstands zu setzen 246. Das überzeugt indessen nur für den Bereich der nachträglichen Kontrolle. Im Rahmen der präventiv ausgerichteten Aufsichtsratsüberwachung ist seine Kontrollkompetenz dagegen nicht bloß auf die Überprüfung von Ermessensfehlern des Leitungsorgans beschränkt. Seine unternehmerische Mitverantwortung fordert ihn vielmehr dazu auf, seine (abweichenden) Vorstellungen in Bezug auf die geplante Maßnahme im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten – also etwa im Rahmen der Beratung des Vorstands oder bei grundlegenden Unternehmensentscheidungen durch Inanspruchnahme seiner Zustimmungsbefugnis – in den Entscheidungsprozess mit einfließen zu lassen 247. Das bedeutet freilich nicht, dass der Aufsichtsrat zum unternehmerischen Aktivismus angehalten ist. Das ist nicht seine Aufgabe. Auch sind Aufsichtsrat und Vorstand keine Gegenspieler. Im Gegenteil, ein erfolgreiches Zusammenspiel zwischen Leitung und Kontrolle basiert auf ein vetrauenvolles Miteinander 248. Verfolgt jedoch der Vorstand mit der Maßnahme eine Unternehmenspolitik, die der Aufsichtsrat nicht vertreten kann, wird er im Einzellfall von seinen Eingriffsmitteln Gebrauch machen müssen (z. B. Zustimmungsverweigerung oder Ausübung seiner Personalkompetenz 249), wenn anderenfalls eine gemeinsame Verwaltung der Gesellschaft in der Zukunft nicht mehr gewährleistet ist 250. 4. Zwischenergebnis Inhalt der Aufsichtsratsüberwachung ist die Kontrolle der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit sowie der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Handelns der Geschäftsleitung. Die Zweckmäßigkeits- und Wirtschaftlichkeitskontrolle verlangt vom Aufsichtsrat, sich selbst ein Bild über das Vorhaben und dessen 246 Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckard / Kropff, AktG, § 111 Rn. 25; Semler / Spindler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 126, 127 und 129; Semler in: FS Ulmer, S. 627, 629 ff. („Er [der Aufsichtsrat] ist nicht befugt, die Beurteilung des Vorstands durch sein eigenes Urteil zu ersetzen, wenn sie ordnungsgemäß und rechtmäßig zustande gekommen ist und der Vorstand sein Ermessen mit der erforderlichen Sorgfalt ausgeübt hat.“); Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 88 f. („Gleichwohl darf der Aufsichtsrat seine Vorstellungen gegenüber dem Vorstand nicht durchsetzen, soweit dessen Entscheidung keine Ermessensfehler aufweist.“). 247 Vgl. auch Krieger, Personalentscheidungen, S. 40. 248 Siehe Ziffer 3.1 DCGK: „Vorstand und Aufsichtsrat arbeiten zum Wohle des Unternehmens eng zusammen.“ 249 Zum Verhältnis von Zustimmungsvorbehalten nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zur Personalkompetenz des Aufsichtsrats siehe oben § 2 B. I. 1. d) sowie später unter § 6 D. 250 Wie hier: Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 93; Semler in: FS Ulmer, S. 627, 628; Krieger, Personalentscheidungen, S. 40 f.; weitergehender Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckard / Kropff, AktG, § 111 Rn. 69 („Würde er [der Aufsichtsrat] es [das Geschäft] unter alleiniger Verantwortung nicht vornehmen, muß er die Zustimmung verweigern.“).

§ 3 Der zu erfüllende Überwachungsauftrag gemäß § 111 Abs. 1 AktG

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Umsetzung zu machen. Im Rahmen der Präventivkontrolle ist der Aufsichtsrat berechtigt und im Einzelfall verpflichtet, seine unternehmenspolitischen Überzeugungen denjenigen der Geschäftsleitung gegenüberzustellen. Anders ist es bei der Ex-post-Kontrolle. Hier hat die Prüfung pflichtgemäßen Geschäftsleiterhandelns aufgrund der Beurteilung des Vorstands bzw. der Geschäftsführung zu erfolgen. Der Aufsichtsrat ist nicht berechtigt, seine unternehmerischen Vorstellungen an die Stelle der Geschäftsleitung zu setzen.

2. Kapitel

Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen § 4 Inhalt und Reichweite des Zustimmungsvorbehaltsrechts nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG Im Gegensatz zu spezialgesetzlichen Zustimmungsvorbehalten 1 sieht die allgemeine Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG weder ausdrücklich zustimmungsbedürftige Geschäfte vor noch führt sie sich selbst konkretisierende Regelbeispiele oder zumindest Leitlinien auf, an denen sich der Aufsichtsrat bei der Festlegung von Zustimmungsvorbehalten orientieren könnte. Gegenstand und Reichweite zustimmungsbedürftiger Geschäfte bleiben damit offen. Demgegenüber sehen beispielsweise das ebenfalls dualistisch ausgestaltete österreichische Aktiengesetz (vgl. § 95 Abs. 5 Satz 2 öAktG) sowie das österreichische GmbH-Gesetz (vgl. 30j Abs. 5 öGmbHG) jeweils ausformulierte Kataloge zustimmungspflichtiger Maßnahmen vor 2. Auch der europäische Gesetzgeber räumt den Mitgliedstaaten in Art. 48 Abs. 2 SE-VO 3 die Möglichkeit ein, für die in ihrem Hoheitsgebiet eingetragenen Europäischen Aktiengesellschaften (SE) festzulegen, welche Arten zustimmungspflichtiger Geschäfte auf jeden Fall in die Satzung aufzunehmen sind 4. Der deutsche Gesetzgeber hat sich von dieser Rechtsentwicklung bislang nicht anstiften lassen. Versuche etwa der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) 5 1 Vgl. etwa §§ 59; 89; 114 Abs. 1 Satz 2; 115; 202; 204 Abs. 1; 205; 308; 68 (als Möglichkeit ausformuliert); 88; 284 AktG („Einwilligungsvorbehalt“); §§ 16, 33 Abs. 2 Satz 4 WpÜG; § 4 Abs. 2 LuftNaSiG; § 50 DMBG; § 4 Abs. 2 VW-Gesetz und §§ 11a Abs. 2a; 41; 56 VAG; siehe auch Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 598 f. 2 Vgl. dazu Semler in: FS Doralt, S. 609, 611 f.; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 300 f. 3 VO (EG) 2157/2001 des Rates über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) v. 8. 10. 2001. 4 Vgl. dazu Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 12 Rn. 27; Hirte, NZG 2002, 1, 5 f. 5 DAG, Regierungsentwurf, S. 8 f.

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oder des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) 6, einen gesetzlichen Mindestkatalog zustimmungspflichtiger Geschäfte zu etablieren, hatten keinen Erfolg. Die Bedenken überwogen, dass ein entsprechender Vorbehaltskatalog die Unterschiede der jeweiligen Unternehmensbranchen nicht einfangen könnte und als reine Formalie die Geschäftsführung hemmen würde 7. So hat auch der TransPuG-Gesetzgeber von der gesetzlichen Verankerung eines (Mindest-)Katalogs zustimmungspflichtiger Maßnahmen bewusst abgesehen, weil „ein sachgerechter Katalog nicht für jede Gesellschaft ungeachtet ihrer Größe, Branche und sonstigen Verhältnisse passt, und ein allgemein gehaltener Katalog schwierig zu formulieren wäre und auch zu Missverständnissen Anlass geben könnte“ 8. Darüber hinaus bestünde die Gefahr, dass etwa Satzungsbestimmungen, die hinter dieser gesetzlichen Vorgabe zurückblieben, von der Rechtsprechung als nichtig angesehen werden müssten, woraus sich ein erhebliches Streitpotential ergeben könnte 9. Um einen Gleichlauf mit dem allgemeinen deutschen Aktienrecht herzustellen, verblieb es auch im Rahmen der Ausführung der SE-VO bei der allgemeinen Bestimmung: „Das Aufsichtsorgan kann selbst bestimmte Arten von Geschäften von seiner Zustimmung abhängig machen“, § 19 SEAG 10. Indessen hätte es der Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Unternehmens bei der Festlegung von Zustimmungsvorbehalten nicht entgegengestanden, wenn der Gesetzgeber dem Aufsichtsrat Auslegungshilfen zur Erfüllung seiner gesetzlichen Zustimmungsvorbehaltspflicht an die Hand gegeben hätte. Zu denken ist zunächst an den (hier an den Deutschen Corporate Governance Kodex angepassten) Vorschlag der Regierungskommission Corporate Governance, dem § 111 Abs. 4 AktG einen neuen Satz 3 des Inhalts beizufügen: „Hierzu zählen in der Gesellschaft oder in abhängigen Unternehmen getroffene Entscheidungen oder Maßnahmen, die die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der Gesellschaft oder ihre Risikoexposition grundlegend verändern“ 11. Zur weiteren Konkretisierung 6 § 6 Abs. 2 des Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Großunternehmen und Großkonzernen (Mitbestimmungsgesetz), beschlossen vom DGBBundesvorstand am 5. 10. 1982, abgedruckt in RdA 1983, 41, 42; dazu Langenberg, DB 1984, 1475 ff.; Schwark, AG 1983, 303 ff. 7 Siehe die Nachweise bei Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 468, 846 ff. 8 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17. 9 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17. 10 Art. 1 (= SE-Ausführungsgesetz – SEAG) des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft v. 22. 12. 2004, BGBl. I, S. 3675; zur Begründung vgl. BT-Drucks 15/3405, S. 36; zur (bejahenden) Frage, ob die in Art. 48 Abs. 1 SE-VO getroffenen Vorgaben betreffend die Zustimmungsvorbehalte einer dualistischen SE durch die inhaltsgleiche Übernahme des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG hinreichend umgesetzt worden sind, siehe Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 364 ff. 11 Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, BT-Drucks 14/7515, Rn. 34; zustimmend: Götz, NZG 2002, 599, 603; van Venrooy, GmbHR 2005, 1243.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

ließen sich sodann in einem weiteren Satz 4 bestimmte, in der Lehre schon seit längerem als zwingend zustimmungspflichtig qualifizierte Geschäfte anführen, die „in der Regel“ die grundlegende Bedeutung für die Gesellschaft indizieren. In Betracht kommen vor allem branchenunabhängige Strategie- und Strukturmaßnahmen, die für die Gesellschaftsentwicklung von allgemeiner Bedeutung sind. Als Regelbeispiele eignen sich daher insbesondere die Bestimmung der Geschäftspolitik, die Unternehmensplanung (Strategie-, Investitions-, Produktions-, Finanzund Personalplanung), der Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen, Unternehmensteilen und Unternehmensbeteiligungen sowie der Abschluss oder die Beendigung von Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291, 292 AktG 12. Nach Auffassung des Gesetzgebers soll der richtige Standort für die inhaltliche Konkretisierung zustimmungspflichtiger Geschäfte stattdessen der Deutsche Corporate Governance Kodex sein. Ob dies den Vorzug vor einer gesetzlichen Verortung verdient, erscheint allerdings schon deshalb zweifelhaft, weil der Kodex nur börsennotierte Aktiengesellschaften erfasst 13 und selbst für diese nicht bin12 Vgl. Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 482; Kropff, NZG 1998, 613, 618 f.; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 850; siehe dazu auch die Überlegungen von Berrar, DB 2001, 2181, 2184, 2185 f. Als Diskussionsgrundlage für die Aufnahme weiterer „Regelgeschäfte“ dienen die in der Literatur entwickelten und von der Praxis zum Teil übernommenen Katalogvorschläge etwa von A. Meyer-Landrut / Wendel, Satzungen und Hauptversammlungsbeschlüsse der AG, Rn. 431; Peltzer, Deutsche Corporate Governance, S. 170 f.; Heckschen in: Hirte (Hrsg.), Das Transparenz- und Publizitätsgesetz, Rn. 49; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 109; Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., Anlage § 8 –1; Lutter in: Ringleb / Kremer / Lutter / v. Werder (Hrsg.), Deutscher Corporate Governance Kodex, Rn. 372; Steinmann / Gerum, AG 1980, 1, 10; Werth, Vorstand und AufsichtsratinderAktiengesellschaft,S. 72 ff.ZudenamhäufigstenvorgeschlagenenZustimmungsvorbehalten zählen danach: 1. Die Festlegung und Änderung allgemeiner Grundsätze der Geschäftspolitik. 2. Die Jahresplanung (Budget) und die Investitionsplanung sowie deren Änderung und Überschreitung. 3. Geschäfte und Maßnahmen, die die Unternehmensstruktur oder die Grundsätze der Unternehmensstrategie betreffen oder die zu einer wesentlichen Änderung der Unternehmensentwicklung führen, insbesondere die Aufnahme, Einstellung oder wesentliche Einschränkung neuer Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftszweige. 4. Die Gründung von Tochtergesellschaften sowie die Eröffnung und Schließung von Filialen oder Zweigniederlassungen im In- und Ausland. 5. Der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen sowie der Erwerb, die Veräußerung und die Stilllegung von Unternehmen und Betrieben. 6. Der Abschluss oder die Beendigung von Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291,292AktG.7.DerAbschlussoderdieBeendigunglangfristigerDauerschuldverhältnisse. 8. Die Aufnahme und Gewährung von Krediten, die Ausgabe von Schuldverschreibungen, die Übernahme von Bürgschaften oder ähnliche Geschäfte, soweit sie für sich oder insgesamt vom Umfang her x Prozent der Aktiva der Gesellschaft überschreiten. 9. Der Erwerb, die Veräußerung und die Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten. 10. Pensionszusagen für leitende Mitarbeiter. 11. Geschäfte mit Gesellschaftern, Aufsichtsratsmitgliedern und Geschäftsführern, deren Angehörigen oder Unternehmen, an denen diese Personen maßgeblich beteiligt sind. 12. Spenden, soweit sie für sich oder insgesamt einen Betrag, bei Sachspenden einen Geldwert, von x Euro überschreiten (dazu Kind, NZG 2000, 567, 570, die die Bedeutungsgrenze wegen der Publizitätsfolgen an der betragsabhängigen Dokumentationspflicht der Spende im Rechenschaftsbericht der Partei festmacht).

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dend ist 14. Davon unabhängig reichen die vom Deutschen Corporate Governance Kodex erhofften Erkenntnisse ohnehin nicht weiter, als sie bereits aus der Begründung zum TransPuG zu erlangen sind 15. Mehr Anhaltspunkte liefern da schon der „Frankfurter Kodex“ 16 und der „Berliner Kodex“ 17. Letzterer etwa schlägt vor, dass (u. a.) bedeutsame Veränderungen der Unternehmensziele, strategische Neuausrichtungen des Geschäftsfeldportfolios, Mergers & Acquisitions-Transaktionen, Veräußerungen maßgeblicher Beteiligungen, Grundsatzentscheidungen zu Übernahmeangeboten für das Unternehmen, weitreichende Neuordnungen der Rechts- und Organisationsstrukturen, massive Aufstockungen oder Reduzierungen der Belegschaft sowie Investitionen ab einer konkret festgelegten Größenordnung zustimmungspflichtig sein sollten 18. Ungeachtet der hier angestoßenen Frage nach der „richtigen“ Gesetzestechnik muss sich der Aufsichtsrat über den Inhalt und Umfang seines Zustimmungsvorbehaltsrechts bewusst sein, will er sich nicht dem Vorwurf einer Verletzung seiner Überwachungspflichten aussetzen. Zu konkretisieren sind daher die Tatbestandsmerkmale „bestimmte Arten von Geschäften“. Zu klären ist, welche „Geschäfte“ im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG überhaupt zustimmungsvorbehaltsfähig 13 Der damals federführende Rechts- und Wirtschaftsausschuss forderte, die zwingende Schaffung von Mitwirkungsrechten des Aufsichtsrats auf börsennotierte Gesellschaften zu beschränken. Nach Ansicht des Ausschusses wäre es ausreichend gewesen, für börsennotierte Gesellschaften über die Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG auf entsprechende Gestaltungen hinzuwirken; vgl. BR-Drucks 109/1 / 02, S. 6. Den Bedenken ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren indessen nicht gefolgt worden; siehe bei Heckschen in: Hirte (Hrsg.), Das Transparenz- und Publizitätsgesetz, Rn. 47. Nach Ziffer 1 vorletzter Absatz DCGK wird allerdings die Beachtung des Kodex auch für nicht börsennotierte Gesellschaften empfohlen. 14 Ebenso Pfitzer / Oser / Orth, DB 2002, 157, 162; zur Rechtsnatur des Deutschen Corporate Governance Kodex Hüffer, AktG, § 161 Rn. 3. 15 Ebenso Lange, DStR 2003, 376; siehe auch die Bemerkung von Grage, RNotZ 2002, 326, 328 („Auch die . . . ‚Kodex-Kommission‘ gibt Aufsichtsrat und Hauptversammlung keine konkreten Leitlinien . . . .“); a. A. wohl Seibert, NZG 2002, 608, 610 („Die neue Regelung sagt nicht, was in dem Katalog zu stehen hat. Das ist dem Corporate Governance Kodex überlassen worden, der sich dazu auch eingehender äußert.“). Die einschlägige Regelung in Ziffer 3.3 DCGK lautet: „Für Geschäfte von grundlegender Bedeutung legen die Satzung oder der Aufsichtsrat Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Aufsichtsrats fest. Hierzu gehören Entscheidungen oder Maßnahmen, die die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens grundlegend verändern.“. 16 Corporate Governance Grundsätze („Code of Best Practice“) für börsennotierte Gesellschaften der Grundsatzkommission Corporate Governance, abgedruckt in AG 2000, 109 ff.; dazu Uwe H. Schneider / Strenger, AG 2000, 106 ff. 17 „German Code of Corporate Governance“ des Berliner Initiativkreises, abgedruckt in DB 2000, 1573 ff., und in AG 2001, 6 ff.; dazu Peltzer / v. Werder, AG 2001, 1 ff. 18 Ziffer II. 3.4. des „Berliner Kodex“; nach Ziffer III. 2. b) des „Frankfurter Kodex“ sollen insbesondere Investitionsvorhaben, Kredite, die Gründung von Tochtergesellschaften sowie der Erwerb bzw. die Veräußerung von Beteiligungen ab einer bestimmten Größenordnung der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

sind und welche davon zwingend einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden müssen.

A. Die Tatbestandsmerkmale des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG Nach der Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG können nur „bestimmte Arten“ von „Geschäften“ der Zustimmung des Aufsichtsrats unterworfen werden. Was unter „bestimmte Arten von Geschäften“ zu verstehen ist, wird durch die Regelung nicht näher ausgeführt. Zu unterscheiden sind der Begriff des „Geschäfts“ und das weitere Tatbestandsmerkmal „bestimmte Arten“ von Geschäften. I. Der Geschäftsbegriff des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG 1. „Maßnahmen der Geschäftsführung“ im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG Aus dem Zusammenwirken von § 111 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 AktG lässt sich entnehmen, dass unter das Tatbestandsmerkmal „Geschäft“ in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG die im Vorsatz erwähnten „Maßnahmen der Geschäftsführung“ zu subsumieren sind, die dem Aufsichtsrat zwar nicht übertragen, wohl aber einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden können 19. Der Begriff „Maßnahmen der Geschäftsführung“ in § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG ist im weitesten Sinne zu verstehen und erfasst alle internen und nach außen wirkenden tatsächlichen und rechtlichen Entscheidungen oder Maßnahmen. Ohne Bedeutung ist, ob sie von oberster Vorstandsebene oder darunter liegenden Mitarbeiterebenen veranlasst werden. Die im Schrifttum anzutreffenden Definitionen des Begriffs „Geschäft“ im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG erwecken indessen den Eindruck eines engeren Verständnisses. Unter „Geschäfte“ werden danach sämtliche Maßnahmen verstanden, die der Vorstand in Wahrnehmung seiner Leitungsbefugnis aus § 76 Abs. 1 AktG bzw. nach § 77 AktG trifft 20. Nur vereinzelt liest man den Zusatz, dass auch die zur Umsetzung der Vorstandsentscheidungen veranlassten 21 oder vom Vorstand delegierte 22 Maßnahmen miterfasst sind. 19 Ausdrücklich: v. Rechenberg, BB 1990, 1356, 1358; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 96 f. Wegen dieser engen Beziehung beider Normen zueinander erübrigen sich weitere etwa an den Geschäftsbegriff des § 662 BGB oder § 115 Abs. 2 HGB orientierte Subsumtionsversuche. 20 Dietrich, DStR 2003, 1577; Lutter, AG 1991, 249, 254; Lange, DStR 2003, 376; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 61; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 397; ders., Leitung und Überwachung, Rn. 210; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 95 ff. 21 Lange, DStR 2003, 376.

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Die angesprochenen Definitionen verleiten dazu, nur solche Geschäftsführungsmaßnahmen einem Zustimmungsvorbehalt zugänglich zu machen, die der Vorstand selbst getroffen hat bzw. der zumindest eine entsprechende Vorstandsentscheidung zugrunde liegt. Ein solches Verständnis würde jedoch zu kurz greifen. Der Begriff der Geschäftsführung in § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG ist nicht gleichbedeutend mit dem überwachungsspezifischen Geschäftsführungsbegriff des § 111 Abs. 1 AktG, der nur die Geschäftsführung durch den Vorstand erfasst. Überhaupt spricht § 111 Abs. 4 AktG nicht wie §§ 111 Abs. 1 und 77 Abs. 1 AktG von „Geschäftsführung“, sondern von „Maßnahmen“ der Geschäftsführung. Maßnahmen der Geschäftsführung sind bzw. können aber alle Vorgänge innerhalb und außerhalb der Gesellschaft sein. Eine Beschränkung auf Geschäftsführungsmaßnahmen, die der Vorstand selbst getroffen oder veranlasst hat, ist dem § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG nicht zu entnehmen. Der Begriff „Maßnahmen der Geschäftsführung“ und damit auch der Begriff des „Geschäfts“ in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG erfasst daher seinem Wortlaut nach nicht nur Führungsentscheidungen des Vorstands im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG oder gemäß § 77 Abs. 1 AktG (delegierbare Entscheidungen), sondern bezieht ebenso Vorbereitungs- und Umsetzungsmaßnahmen auf unteren Führungsebenen wie das gesamte Tagesgeschäft, eben alles mit ein, was Geschäftsführungsmaßnahme sein kann. 2. Der Vorstand als Zustimmungsvorbehaltsadressat Mit dieser zunächst am Wortlaut orientierten Auslegung des Geschäftsbegriffs in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ist noch nicht entschieden, wer Zustimmungsvorbehaltsadressat ist. Mit der Qualifizierung des Zustimmungsvorbehaltsrechts als Kontrollinstrument steht mithin fest, dass sich der Kreis der Zustimmungsvorbehaltsadressaten mit dem durch § 111 Abs. 1 AktG festgelegten Überwachungskreis decken muss, jedenfalls nicht darüber hinausgehen kann. Als Überwachungsinstrument kann das Zustimmungsvorbehaltsrecht nicht weiter reichen als die Überwachungsaufgabe selbst. Und als Instrument zur Teilnahme an der Geschäftsführung des Vorstands berechtigt es nur zur Mitgeschäftsführung durch, nicht aber anstelle des Vorstands. Zustimmungsvorbehaltsadressat ist damit der Vorstand als Gesamtorgan. Nicht Zustimmungsvorbehaltsadressat, weil nicht zum Überwachungskreis des Aufsichtsrats gehörend, sind daher insbesondere dem Vorstand nachgeordnete Mitarbeiter. Betrifft demnach der Zustimmungsvorbehalt eine nach unten delegierte Maßnahme zur Umsetzung eines vorausgegangenen Vorstandsbeschlusses, bei22

Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 642.

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spielsweise den Abschluss eines konkreten Rechtsgeschäfts, so richtet sich der Zustimmungsvorbehalt nicht etwa an den mit der Durchführung betrauten Angestellten. Zustimmungsvorbehaltsadressat ist in jedem Fall der Vorstand. Dieser hat dafür zu sorgen, dass die vorbehaltene Maßnahme nicht ohne die Zustimmung des Aufsichtsrats vollzogen wird. Zu unterscheiden ist daher zwischen zustimmungsvorbehaltsfähigem Geschäft einerseits und dem Vorstand als Zustimmungsvorbehaltsadressaten andererseits. 3. Unterschiedliche Geschäftskategorien mit unterschiedlichen Ermessensspielräumen Die Einführung einer gesetzlichen Pflicht zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten sowie die Einordnung des Zustimmungsvorbehaltsrechts als Überwachungsinstrument bieten es an, den Geschäftsbegriff des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG in unterschiedliche Geschäftskategorien zu untergliedern. Danach bilden eine erste Gruppe Geschäfte, die wegen ihrer Bedeutung für die Gesellschaft qua Gesetz mit einem Zustimmungsvorbehalt belegt werden müssen (a). Geschäfte, die unterhalb dieser Gewichtigkeitsschwelle liegen, sind in einer weiteren, zweiten Gruppe zusammenzufassen (b). Und einer dritten Gruppe sind schließlich solche Geschäfte zuzuordnen, die wegen ihrer Gesetzes- oder Satzungswidrigkeit einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden sollen (c). a) Geschäfte von grundlegender bzw. „existentieller“ Bedeutung Nach der Gesetzesbegründung zum TransPuG soll sich die in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG aufgenommene Zustimmungsvorbehaltspflicht auf solche Geschäfte beziehen, die „nach den Planungen oder Erwartungen die Ertragsaussichten der Gesellschaft oder ihre Risikoexposition grundlegend verändern und damit von existenzieller Bedeutung für das künftige Geschick der Gesellschaft sind“ 23. Ist eine von der Unternehmensleitung beabsichtigte Maßnahme von solcher Bedeutung für die Gesellschaft, steht die Festlegungsentscheidung des Aufsichtsrats nicht mehr in seinem Ermessen 24. Nur hinsichtlich der Einschätzung der die Zustimmungsvorbehaltspflicht auslösenden Bedeutung des Geschäfts kommt ihm ein eigener Beurteilungsspielraum zu. Fraglich ist daher, unter welchen Voraussetzungen eine Geschäftsführungsmaßnahme die Gewichtigkeitsschwelle hin zur „existentiellen“ Bedeutung für 23

RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17. Damit hat der Gesetzgeber den nach alter Gesetzeslage in der Lehre ausgetragenen Streit entscheiden, ob der Aufsichtsrat auf Zustimmungsvorbehalte vollständig verzichten kann; zum Streitstand vor der Neufassung ausführlich Hopt / Roth in: Großkomm. AktG, § 111 Rn. 602 ff. mit jeweils w. N. 24

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die Gesellschaft überschreitet und damit zwingend einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden muss. Einigkeit besteht in der Lehre lediglich insofern, als bloß risikoreiche Maßnahmen noch nicht von „existentieller Bedeutung“ sind 25 und umgekehrt eine Zustimmungsvorbehaltspflicht nicht erst bei der Gefahr der vollständigen Existenzvernichtung ausgelöst wird 26. Darüber hinaus ist jedoch unklar, ob der in der Gesetzesbegründung verwandte Begriff „existentiell“ eher weit oder eng auszulegen ist. aa) Weites Begriffsverständnis Zugunsten einer weiten Auslegung wird argumentiert, dass eine am Wortsinn („existentiell“) orientierte, nur wenige Geschäfte erfassende Begriffsinterpretation der mit der Gesetzesänderung erwünschten verstärkten Präventivkontrolle durch den Aufsichtsrat nicht gerecht werden würde 27. So gebe es nämlich viele Geschäfte, die zwar einen herausragenden Einfluss auf die Ertragslage der Gesellschaft oder ihre Risikoexposition haben könnten, aber bei ihrem eventuellen Fehlschlagen noch nicht die Existenz derselben bedrohen müssten. Der in der Gesetzesbegründung verwandte Begriff „existentiell“ sei daher im Sinne einer für das künftige Schicksal der Gesellschaft „herausragenden“ Bedeutung 28 zu interpretieren bzw. erfasse solche Geschäfte, die die Erhaltung der Kapital- und Ertragskraft des Unternehmens gefährden könnten 29, ohne dass mit dem geschäftlichen Vorgang eine Existenzgefährdung des Unternehmens verbunden zu sein bräuchte.

25 26

Lieder, DB 2004, 2251, 2252. Lieder, DB 2004, 2251, 2252; Götz, NZG 2002, 599, 602 f.; Lange, DStR 2003, 376,

377. 27 Götz, NZG 2002, 599, 602 f.; ebenso für weite Auslegung: Bornmüller, BuW 2003, 242, 244; Bosse, DB 2002, 1592, 1594; Lieder, DB 2004, 2251, 2252 f.; Bürgers / Israel in: Bürgers / Körber, AktG, § 111 Rn. 23; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 413 (Abwendung schwerer Schäden für die Gesellschaft); Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 117 f. (zwischen existenzbedrohend und erheblich im Sinne von § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG). 28 Götz, NZG 2002, 599, 603; Fonk, ZGR 2006, 841, 846 f. („Ein Vorstand, der dem Aufsichtsrat ein Geschäft vorlegt, das die Existenz der Gesellschaft gefährdet, stellt im Normalfall seine Eignung infrage. Eine Zustimmung kommt in diesem Fall erst Recht nicht in Betracht.“). 29 Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 120.

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bb) Enges Begriffsverständnis Nach einer engen Begriffsauslegung 30 soll dagegen der gesetzgeberische Hinweis auf den existentiellen Charakter zustimmungsvorbehaltspflichtiger Maßnahmen den „entscheidenden Fingerzeig“ 31 zur Abgrenzung „grundlegend riskanter“ von bloß „einfach riskanten“ Geschäften geben. Nur Erstere seien von der Anordnungspflicht erfasst. Danach ist ein Geschäft als grundlegend riskant einzustufen, wenn es ein Risiko mit sich bringt, dessen Verwirklichung die Vermögens-, Finanzoder Ertragslage der Gesellschaft so verschlechtern würde, dass das Unternehmen in seiner bisherigen Gestalt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr fortgeführt werden könnte 32. Als Beispiele hierfür werden Massenentlastungen oder der Verkauf von Beteiligungen angeführt, die bei Verwirklichung des Geschäftsrisikos notwendig werden würden. cc) Stellungnahme Eine Begrenzung der Zustimmungsvorbehaltspflicht nur auf bestandsgefährdende Maßnahmen ist zu restriktiv. Mit der Neuformulierung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG wird die Wichtigkeit der rechtzeitigen Einbindung des Aufsichtsrats in den Entscheidungsprozess bedeutender Gesellschaftsmaßnahmen deutlich. Eine verstärkte Aufsichtsratskontrolle erst dann zu fordern, wenn sich die Gefahr einer existenzgefährdenden bzw. existenzverändernden Verschlechterung der Unternehmensstruktur zu verwirklichen droht, wäre daher zu kurz gegriffen 33. Sie erweckt zudem den Eindruck, die Zustimmungsvorbehaltspflicht greife regelmäßig nur in sogenannten Holzmüller-Fällen 34. (1) Gefahr schwerer Schäden bei Verwirklichung des Geschäftsrisikos Die Pflicht zur präventiven Überwachung muss vielmehr früher ansetzen, will man bestandsgefährdenden Unternehmensentwicklungen rechtzeitig gegensteuern. Auch die Gesetzesbegründung spricht in diesem Sinne nicht von „existentiellen“ Entscheidungen, sondern von Entscheidungen, die die Ertragsaussichten der Gesellschaft und ihre Risikoexposition grundlegend verändern und damit 30

Lange, DStR 2003, 376, 377; Dietrich, DStR 2003, 1577. Lange, DStR 2003, 376, 377. 32 Lange, DStR 2003, 376, 377; zustimmend Dietrich, DStR 2003, 1577, mit Hinweis auf die grundlegende Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, die eine restriktive Auslegung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG erfordere. 33 Götz, NZG 2002, 599, 602. 34 Eine Gleichsetzung der Begriffe „Grundlagenentscheidung“ im Sinne der „Holzmüller“-Rechtsprechung (BGHZ 83, 122 [Holzmüller]; BGH, NJW 2004, 1860, und BGH, NZG 2004, 575 [Gelatine]; dazu Fleischer, NJW 2004, 2335) mit Geschäften von „grundlegender Bedeutung“ im Sinne der Gesetzesbegründung zu § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG n. F. ebenso ablehnend: Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 111 f. 31

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von existentieller Bedeutung sind. Im Deutschen Corporate Governance Kodex liest man in Ziffer 3.3 nur „grundlegend“ 35. Und ebenso wenig taucht in dem maßgeblichen Gesetzesvorschlag der Regierungskommission der qualifizierende Zusatz „existentiell“ auf 36. Nicht vorausgesetzt ist daher, dass die jeweiligen mit einem Zustimmungsvorbehalt zu versehenen Maßnahmen schon für sich gesehen existenzgefährdend sein müssen. Eine Pflicht des Aufsichtsrats zur Anordnung von Zustimmungsvorbehalten wird man zwecks Eröffnung einer Veto-Position vielmehr schon dann annehmen müssen, wenn es sich um eine Angelegenheit von herausragender Bedeutung für die Gesellschaft handelt. Davon ist auszugehen, wenn sich die Maßnahme naturgemäß so gravierend auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der Gesellschaft oder ihre Risikoexposition auswirkt, dass dem Unternehmen im Misslingensfall schwere Schäden drohen 37. Die weite Auslegung des Begriffs „Geschäfte von existentieller Bedeutung“ verdient daher den Vorzug vor einer zu restriktiven Lösung. (a) Bewertungsfaktoren Wann eine Maßnahme für die Gesellschaft in diesem Sinne von grundlegender Bedeutung ist, ist freilich einzelfallabhängig. Anzuknüpfen ist an die in der Gesetzesbegründung und im Deutschen Corporate Governance Kodex herangezogene Vermögens-, Finanz- und Ertragslage einer Gesellschaft. Die Begriffe entstammen dem Bilanzrecht (vgl. § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB) 38. Kurz umschrieben versteht man unter der Vermögenslage das Saldo zwischen den Vermögensgegenständen und den Schulden des Unternehmens. Die Finanzlage gibt Auskunft über die Liquidität, insbesondere die Herkunft, Verwendung und Fristigkeit der im Unternehmen eingesetzten Mittel sowie die Schuldnerqualität des Unternehmens, also die Fähigkeit zur Erfüllung finanzieller Verpflichtungen. Mit Ertragslage ist der Erfolg gemeint, das heißt die Differenz zwischen den erwirtschafteten Erträgen und den Aufwendungen des Unternehmens 39. 35 Kritisch zur „Richtigkeit der Gesetzeswiedergabe“ durch den Kodex Seidl, ZIP 2004, 285, 292: „Der Kodex legt das gesetzliche Tatbestandsmerkmal ‚bestimmte Arten von Geschäften‘ als ‚Geschäfte von grundlegender Bedeutung aus‘ und bezeichnet diese Auslegung als Zusammenfassung des geltenden Gesetzesrechts, obwohl das Gesetz selbst keine inhaltliche Vorgabe für den Zustimmungskatalog formuliert.“ 36 Vgl. Götz, NZG 2002, 599, 602 f. („In dem Vorschlag der Regierungskommission findet sich der qualifizierende Zusatz, dass Geschäfte von grundlegender Bedeutung solche sind, die von existentieller Bedeutung für das künftige Schicksal der Gesellschaft sind, nicht.“). 37 Vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 413. 38 Vgl. Lutter in: Ringleb / Kremer / Lutter / v. Werder (Hrsg.), Deutscher Corporate Governance Kodex, Rn. 371.

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Neben Umfang oder Wert des Geschäfts gemessen am Aktivvermögen der Gesellschaft und der Kapitalbindungsdauer 40 sind insbesondere folgende mit der Maßnahme verbundene Risiken in den Blick zu nehmen 41: finanzwirtschaftliche Risiken (z. B. bei Ausgabe von Krediten oder bei Anleihegeschäften die Schuldnerbonität), leistungswirtschaftliche Risiken (z. B. Risiken bei Einführung neuer Produkte, die von den Beschaffungs- oder Absatzmärkten oder der Technik bzw. der Informationstechnologie herrühren), rechtliche Risiken (z. B. bei Vereinbarungen, die wegen ihrer Nähe zu Kartellrechtsverletzungen mit dem Risiko hoher Geldbußen behaftet sind), unternehmensorganisatorische Risiken (z. B. bei der Geschäftsverteilung des Vorstands oder bei der Besetzung besonders wichtiger Positionen unterhalb der Vorstandsebene) oder auch externe Risiken (z. B. bei Geschäften in politischen Krisengebieten). (b) Risikoaddition und -kumulation Die Einstufung des einzelnen Geschäftsrisikos hat unter Berücksichtigung der Eigenheiten, aber auch des (vertretbaren) Risikoverständnisses des konkreten Unternehmens zu erfolgen, so dass das gleiche Geschäftsrisiko für ein risikofreudiges Unternehmen anders zu bewerten ist als für ein eher vorsichtig agierendes, risikoscheues Unternehmen 42. Dabei gilt es zu beachten, dass sich die grundlegende Bedeutung für das Unternehmen erst durch Addition oder Kumulation mit weiteren Maßnahmen zeigen kann 43. Sollen beispielsweise in der Gesellschaft mehrere Projekte zeitgleich oder in Abhängigkeit voneinander umgesetzt werden, unterliegt jedes einzelne Geschäft auch dann der gesetzlichen Zustimmungsvorbehaltspflicht, wenn sie zwar nicht für sich, aber in ihrer Gesamtheit in der Lage sind, die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der Gesellschaft gravierend zu verändern 44. In diesem Fall kommt daher jedem einzelnen Projekt eine „herausragende“ Bedeutung im Sinne des hier vertretenen Begriffsverständnisses zu. (c) Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung bestandsgefährdender Entwicklungen als grundlegendes Geschäft (§ 91 Abs. 2 AktG) Um seiner Mitverantwortung aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zur Vermeidung schwerer (Risiko-)Schäden der Gesellschaft nachkommen zu können, muss sich der Aufsichtsrat ein eigenes Bild über die Risikolandschaft „seines“ Unternehmens 39

Vgl. jeweils Beater in: MünchKomm.HGB, § 264 Rn. 24, 26 und 27. Siehe dazu ausführlich Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 120 ff. 41 Zu den folgenden Beispielen siehe die Ausführungen zum Lagebericht nach § 289 HGB von K. W. Lange in: Münch.Komm.HGB, § 289 Rn. 57. 42 Vgl. Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 122 ff.; Spindler, AG 2006, 677, 679. 43 K. W. Lange in: MünchKomm.HGB, § 289 Rn. 58; Götz, NZG 2003, 599, 602. 44 Götz, NZG 2003, 599, 602. 40

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machen. Hierzu wird er sich in erster Linie der vom Vorstand übermittelten Informationen bedienen. Der Vorstand seinerseits ist nach § 91 Abs. 2 AktG verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden. Das nach § 91 Abs. 2 AktG zu etablierende Risikoerkennungssystem hat somit mittelbar über die Vorstandsberichte auch Auswirkungen auf die vom Aufsichtsrat im Rahmen seiner Vorbehalts- und Zustimmungsentscheidung vorzunehmende Risikoabschätzung. Ein effektives Frühwarnsystem ist damit von herausragender Bedeutung für die Effizienz der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats 45. Der Aufsichtsrat wird sich daher unabhängig von den Besonderheiten der jeweiligen Unternehmensbranche von Gesetzes wegen eine Vetoposition hinsichtlich der Auswahl des „richtigen“ Risikoerfassungssystems zur Kontrolle der Eignung der systemrelevanten Chancen- und Risikoermittlungsmethoden sowie zur Effizienzprüfung entsprechender Informationssysteme usw. sichern müssen 46. (2) Grundlegende Strategiemaßnahmen unabhängig vom Risikopotential Mit Hinweis auf die Gesetzesbegründung wird die Zustimmungsvorbehaltspflicht ganz überwiegend auf solche grundlegenden Geschäfte beschränkt, die sich auf die Lage der Gesellschaft gefährdend, also mithin negativ auswirken 47. Das ist zu eng. Nach Sinn und Zweck der Neufassung soll der Aufsichtsrat bei der Gestaltung der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens stärker als bisher mit eingebunden werden 48. Soweit in der Regierungsbegründung bemängelt wird, dass der Aufsichtsrat „selbst“ bei Maßnahmen nicht hinreichend beteiligt wird, die die Ertragsaussichten der Gesellschaft oder ihre Risikoexposition grundlegend verändern, wird damit nur auf den unhaltbaren Status quo hingewiesen. Eine Beschränkung der gesetzlichen Zustimmungsvorbehaltspflicht auf risikoreiche Geschäfte wird man dieser Passage daher nicht entnehmen können. Grundlegend bedeutsam bzw. existentiell sind daher auch solche Entscheidungen, die unabhängig von der Risikobewertung allein ihrer strategischen Ausrichtung wegen geeignet sind, die künftige Entwicklung des Unternehmens nachhaltig zu prägen. Schon aus Gründen der effektiven Zusammenarbeit zwischen dem Leitungs- und dem Aufsichtsorgan ist in diesen Fällen von einem ungeschriebenen Einigungszwang auszugehen. Als Geschäfte von grundlegender Bedeutung 45

Siehe etwa Gleißner, Der Aufsichtsrat 12/2007, 173 ff., mit Ansatzpunkten „für eine schnelle und effiziente Prüfung des Risikomanagements“ durch den Aufsichtsrat. 46 Wie hier Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 482; vgl. insoweit auch Ziffer 5.3.2 DCGK, wonach sich der Prüfungsausschuss mit dem Risikomanagementsystem und der Compliance befassen soll. 47 Anstelle anderer: Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 120. 48 Vgl. auch Ihrig / Wagner, BB 2002, 798, 794 (Der Vorbehaltskatalog muss eine angemessene Mitwirkung des Aufsichtsrats sicherstellen).

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kommen danach vor allem in Betracht die Bestimmung der Geschäftspolitik, die lang-, mittel- und kurzfristige Unternehmensplanung (Investitions-, Produktions-, Finanz- und Personalplanung), der Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen, Unternehmensteilen und Unternehmensbeteiligungen sowie der Abschluss oder die Beendigung von Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291, 292 AktG 49. Hierauf wird im Einzelnen noch zurückzukommen sein. (3) Zwischenergebnis Zustimmungsvorbehaltspflichtig sind solche Geschäfte, die für die Gesellschaft von grundlegender (herausragender) Bedeutung sind. Eine Geschäftsführungsmaßnahme ist dann von grundlegender Bedeutung, wenn das Vorhaben für sich oder in Verbindung mit weiteren Maßnahmen geeignet ist, die Vermögens-, Finanzoder Ertragslage der Gesellschaft oder ihre Risikoexposition gravierend zu verändern. Eine existenzverändernde Gefährlichkeit des Geschäfts ist nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass dem Unternehmen im Misslingensfall schwere Schäden drohen. Wegen der Informationsabhängigkeit der Erfüllung der Zustimmungsvorbehaltspflicht ist der Aufsichtsrat unabhängig von den Besonderheiten der jeweiligen Unternehmensbranche von Gesetzes wegen verpflichtet, sich zur angemessenen Informationsversorgung eine Vetoposition hinsichtlich der Auswahl des „richtigen“ Risikofrüherkennungssystems (§ 91 Abs. 2 AktG) zu sichern. Darüber hinaus sind nach Sinn und Zweck der Neufassung auch strategische Entscheidungen als grundlegend bedeutsam einzustufen, die unabhängig von der Risikobewertung die künftige Entwicklung des Unternehmens nachhaltig prägen. Als Geschäfte von grundlegender Bedeutung kommen danach insbesondere in Betracht die Bestimmung der Geschäftspolitik, die lang-, mittel- und kurzfristige Unternehmensplanung (Investitions-, Produktions-, Finanz- und Personalplanung), der Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen, Unternehmensteilen und Unternehmensbeteiligungen sowie der Abschluss oder die Beendigung von Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291, 292 AktG. dd) Zustimmungsvorbehaltspflicht hinsichtlich aller grundlegenden Geschäfte? Im Schrifttum ist streitig, ob sich die neu eingeführte Festlegungspflicht auf sämtliche Geschäfte bezieht, die für das Unternehmen von grundlegender Bedeutung sind.

49 So insbesondere Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 482 f.; vgl. auch Kropff, NZG 1998, 613, 618 f.; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 850; teilweise enger Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 160, 175.

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Die überwiegende Literaturansicht legt § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG weit aus und erachtet unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung jedes Geschäft von grundlegender Bedeutung für zustimmungsvorbehaltspflichtig 50. Gegenstimmen belassen es indessen bei dem bisherigen pflichtgemäßen Ermessen des Aufsichtsrats. Da das Gesetz – so die Begründung – nicht sage, welche Geschäfte der Zustimmung des Aufsichtsrats unterworfen werden sollen, habe es in der Sache nicht wirklich etwas verändert 51. Zudem werden praktische Bedenken eingewendet, ein alle Geschäfte von grundlegender Bedeutung umfassender Mindestkatalog sei unmöglich zu formulieren 52. Weiter fehle es an einem adäquaten Konfliktlösungsmechanismus, der Voraussetzung für eine gesetzliche Pflicht zur Übereinstimmung von Aufsichtsrat und Vorstand sei 53. Der in der Gesetzesbegründung enthaltene Hinweis, Geschäfte von grundlegender Bedeutung müssten vom Votum beider Organe getragen sein, wird schließlich dahin gedeutet, der Aufsichtsrat müsse (lediglich) vor Durchführung der bedeutungsvollen Maßnahme rechtzeitig hiervon zwecks Erörterungsmöglichkeit in Kenntnis gesetzt werden 54. Die von der Gegenmeinung angeführte Argumentation überzeugt nicht. Insbesondere verkennt sie den klaren Willen des TransPuG-Gesetzgebers. Zunächst vorgebrachte Bedenken, ein alle grundlegenden Geschäfte erfassender Zustimmungskatalog sei nicht zu formulieren, greifen nur dann, wenn man die Neufassung ihrem Sinn und Zweck nach als Katalogpflicht versteht. Ein solches Verständnis ist indessen zu eng. Der Aufsichtsrat wird durch die Gesetzesänderung angehalten, sich aktiver als zuvor an bedeutenden Geschäftsführungsmaßnahmen zu beteiligen. Gemeint ist damit nicht nur die einmalige Pflicht, einen umfassenden Zustimmungskatalog zu erstellen. Verlangt ist vielmehr eine fortlaufende Beteiligung des Aufsichtsrats an Maßnahmen von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft. Die Neufassung verlangt daher neben der Erstellung und laufenden Anpassung eines Zustimmungskatalogs ebenso den flexiblen Einsatz von Ad-hoc-Zustimmungsvorbehalten. Nur ein solches Verständnis der Zustimmungsvorbehaltspflicht führt zu dem gewünschten Erfolg und trägt der Vielfalt unternehmerischen Handelns Rechnung. 50 Lange DStR 2003, 376, 380; Vetter in: Marsch-Barner / Schäfer (Hrsg.), Hdb. börsennotierte AG, § 26 Rn. 29; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 585 f.; ders., DB 2004, 2251, 2252 f.; Bosse DB 2002, 1592, 1594; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 188; wohl auch Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 412; a. A. insbesondere Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 608 ff.; Schiessl, AG 2002, 593, 597 („Der Gesetzgeber verlangt damit allerdings nur, dass es überhaupt einen Zustimmungskatalog gibt . . . “). 51 Hüffer, AktG, § 111 Rn. 17; Wirth, ZGR 2005, 327, 337; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 622; vgl. auch van Venrooy, GmbHR 2005, 1243. 52 Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 608. 53 Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 618. 54 Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 622.

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Ebenso wenig greift das Argument eines fehlenden Konfliktlösungsmechanismus. Ein solches sieht das Gesetz in § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG für den Fall unlösbarer Meinungsverschiedenheiten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat gerade vor. Dass davon in der Praxis nur zurückhaltend Gebrauch gemacht wird, kann für die rechtliche Auslegung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG n. F. nicht von Ausschlag sein. Im Übrigen besteht dieses „Problem“ auch bei der Festlegung von Zustimmungsvorbehalten mit Ermessensspielraum. Schließlich überzeugt die Gesetzesinterpretation nicht, die Neufassung beabsichtige keine Übereinstimmungspflicht in wichtigen Geschäftsführungsfragen, sondern solle lediglich sicherstellen, dass der Aufsichtsrat von allen grundlegenden Geschäften Kenntnis erhalte, um diese vor Umsetzung der Maßnahme erörtern zu können. Wäre dies tatsächlich der Wille des Gesetzgebers, so hätte er mit den Zustimmungsvorbehalten das falsche Instrument gewählt. Eine so zu verstehende Forderung hätte ihren richtigen Platz bei den Berichtspflichten des Vorstands. Nach zutreffender Auslegung der Gesetzesbegründung zum TransPuG gilt die gesetzliche Zustimmungsvorbehaltspflicht daher für alle Geschäfte, die für die Gesellschaft nach den dargestellten Kriterien von grundlegender Bedeutung sind. b) Geschäfte unterhalb der zustimmungsvorbehaltspflichtigen Bedeutungsgrenze Die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten auf sonstige Geschäfte, die nicht von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft sind, steht nach wie vor im pflichtgemäßen Ermessen des Aufsichtsrats. Der Ermessensspielraum erfährt jedoch durch die aktiengesetzlich garantierte Leitungsautonomie des Vorstands (§ 76 Abs. 1 AktG) eine Grenze. Das weite Begriffsverständnis des Tatbestandsmerkmals „Geschäft“ in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG einerseits, das sämtliche Geschäftsführungsmaßnahmen erfasst, und die Einordnung des Zustimmungsvorbehaltsrechts als Überwachungsinstrument (freilich mit unternehmerischem Einschlag) andererseits verlangen mit Blick auf das Leitungsmonopol des Vorstands eine auf das Geschäft bezogene qualitative Mindestgrenze, bei deren Unterschreiten eine unternehmerische Mitwirkung des Aufsichtsrats nicht mehr gestattet ist. Anderenfalls wäre der Aufsichtsrat in der Lage, durch ein weit gespanntes Netz von Zustimmungsvorbehalten bis hinein ins Tagesgeschäft das Initiativrecht der Unternehmensführung auf breiter Front auszuhöhlen und sich dadurch faktisch zum „Obergeschäftsführer“ aufzuschwingen. Die Frage nach der Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit von Geschäften im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ist daher gerade mit Blick auf das spätere autonome Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats von besonderer Bedeutung für die Grenzziehung zwischen unternehmerischer Freiheit des Vorstands und aufsichtsratsrechtlichem Mitspracherecht.

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Dies vor Augen sind sich Rechtsprechung und Lehre darüber einig, dass nur solche Geschäfte mit einem Zustimmungsvorbehalt beschwert werden können, die für die Gesellschaft von einigem Gewicht sind 55. Unklar ist jedoch, wie diese „Gewichtigkeit“ zu bestimmen ist. aa) Meinungsstand Das hierzu entwickelte Meinungsspektrum lässt sich in vier Ansichten unterteilen: (1) Gefährdung des Bestandsinteresses Vereinzelt wird vertreten, der Aufsichtsrat könne einen Zustimmungsvorbehalt nur für solche Geschäfte statuieren, die „nach Größenordnung, Risiko oder präjudiziellen Wirkungen für die weitere Unternehmensentwicklung das Bestandsinteresse tangieren“ 56. (2) Vorstandspflichtige Entscheidungen Ein weiterer Ansatz sieht nur solche Geschäfte als zustimmungsvorbehaltsfähig, „die nach Umfang, Gegenstand, Bedeutung oder Risiko für das Unternehmen der betreffenden Art und Größe aus dem routinemäßigen Geschäftsbetrieb signifikant herausragen oder von spezifischer unternehmensstrategischer Bedeutung sind“. Zustimmungsvorbehalte sollen danach durchweg nur für solche Geschäfte in Betracht kommen, „die bei sorgfältiger Unternehmensleitung vom Vorstand selbst entschieden werden müssen und nicht einer nachgeordneten Führungsebene überlassen werden können“ 57. (3) Geschäfte von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG Nach anderer Auffassung 58 ist zwischen Außen- und Innengeschäft zu trennen. Außengeschäfte sollen nur dann zum Gegenstand eines Zustimmungsvorbehalts gemacht werden können, wenn ihre Bedeutung für die Gesellschaft erheblich im Sinne des § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG ist 59. Unabhängig davon soll der 55 Statt anderer: Lutter in: FS Fischer, S, 419, 425 (Die Geschäftsführungshandlung muss von einigem Gewicht für die Aktiengesellschaft sein); Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 399; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 101; Drygala in: Karsten Schmidt / Lutter, AktG, § 111 Rn. 46 (nur bedeutsame Maßnahmen). 56 Mertens, ZGR 1977, 270, 280 f. 57 Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 66. 58 Götz, ZGR 1990, 633, 641; ders., NZG 2002, 599, 602. 59 In diesem Punkt folgend Lenz, AG 1997, 448, 450.

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Aufsichtsrat berechtigt sein, „wichtige“ Innengeschäfte, z. B. eine grundlegende Änderung der Führungsorganisation, seiner Zustimmung zu unterwerfen. Weiteren Grenzen sollen Zustimmungsvorbehalte indessen nicht unterliegen. (4) Geschäfte außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs Die wohl herrschende Lehre stellt darauf ab, ob es sich bei dem betreffenden Geschäft um eine gewöhnliche oder um eine außergewöhnliche Maßnahme handelt. Nur solche Geschäfte, die nach Umfang, Gegenstand, Bedeutung oder Risiko für das Unternehmen aus dem Rahmen der routinemäßigen Geschäftstätigkeit herausfallen, gelten als außergewöhnlich in diesem Sinne und können einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden. Daraus ergebe sich insbesondere die Unzulässigkeit einer mittels Zustimmungsvorbehalten erwirkten Beteiligung des Aufsichtsrats am Tagesgeschäft 60. bb) Stellungnahme Die Grenze zulässiger Zustimmungsvorbehalte erst dort anzusiedeln, wo das Bestandsinteresse des Unternehmens durch das Geschäft tangiert wird, ist zu hoch angesetzt. Selbst wenn man sich der zu § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG n. F. vertretenen engen Begriffsauslegung anschließt und für die von Gesetzes wegen zustimmungsvorbehaltspflichtigen Geschäfte eine existenzverändernde Bedeutung verlangt, wird man dieselben oder ähnlich hohe Maßstäbe jedenfalls nicht auch für Zustimmungsvorbehalte mit Ermessensspielraum verlangen können. Dies würde nicht nur der in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zum Ausdruck gebrachten Mitwirkungsmöglichkeit des Aufsichtsrats an der Unternehmensführung entgegenstehen, sondern auch seine Kontrollfunktion erheblich einschränken. Dieselben Gründe sprechen dagegen, nur solche Gegenstände einem Zustimmungsvorbehalt zugänglich zu machen, die wegen ihrer Bedeutung vom Vorstand selbst entschieden werden müssen. Dies würde praktisch darauf hinauslaufen, dass grundsätzlich nur die originären, nicht delegierbaren Leitungsentscheidungen im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden könnten. Von Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen delegierbaren (§ 77 Abs. 1 AktG) und nicht delegierbaren (§ 76 60 Vgl. statt vieler: Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 399 („Im Bereich des Tagesgeschäfts hat der Aufsichtsrat nichts zu suchen.“); Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 112 (keine Routinegeschäfte); Immenga, ZGR 1977, 249, 265 („Immer ist es ausgeschlossen, über § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG die Beteiligung an gewöhnlichen Geschäften zu erzwingen.“); v. Mettenheim, DB 1977, 447, 448; Girgensohn, DB 1980, 337, 340; Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 44 („ . . . nicht für Maßnahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs . . . “); Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 36 („ . . . insbesondere nicht das Tagesgeschäft . . . “); Lenz, AG 1997, 448, 450 („ . . . mit Ausnahme der Tagesgeschäfte . . . “); Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 641; Lieder, DB 2004, 2251, 2254 („Routinegeschäfte oder andere gewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen scheiden aus“); Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 106.

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Abs. 1 AktG) Geschäftsführungsmaßnahmen abgesehen überzeugt dieser Ansatz auch deshalb nicht, weil gerade auch die jeweiligen, dieser Ansicht nach nicht erfassbaren Umsetzungsmaßnahmen von unternehmenserheblicher Relevanz sein können. So kann beispielsweise der Abschluss eines großvolumigen Sukzessivlieferungsvertrags gerade mit dem konkreten Vertragspartner erhebliche Risiken für das Unternehmen in sich tragen. Mit einem Zustimmungsvorbehalt nur auf die „Grundsatzentscheidung“, sich überhaupt dauerhaft von einer Person beliefern zu lassen, wären daher Risiken, die erst bei der späteren Durchführung auftreten, von einer effektiven Präventivkontrolle ausgeschlossen. Das gilt umso mehr, wenn die Leitungsentscheidung nur sehr vage formuliert ist und den unteren Führungsebenen bei der Umsetzung weitreichende Ermessensspielräume zugebilligt werden. Die zuerst genannten Ansätze (1) und (2) sind daher als zu eng abzulehnen. (1) Die Außergewöhnlichkeit des Geschäfts als Bedeutungsgrenze Der herrschenden Literatur (4) ist danach insoweit zuzustimmen, als die untere Grenze zulässiger Zustimmungsvorbehalte dort anzusiedeln ist, wo das Geschäft wegen seiner Gewöhnlichkeit keine Mitwirkung des Aufsichtsrats mehr rechtfertigt. Richtiger Ansatzpunkt ist daher, mit Blick auf das eigenverantwortliche Leitungsrecht des Vorstands Zustimmungsvorbehalte nur für außergewöhnliche Geschäfte zuzulassen. Die Außergewöhnlichkeit des Geschäfts ist allerdings ausschließlich an seiner Bedeutung für die Gesellschaft und nicht etwa (auch) an der Art des Geschäfts festzumachen. Es ist daher verfehlt, von vornherein den Bereich des Tagesgeschäfts dem Zustimmungsvorbehaltsrecht zu verschließen. Denn auch Routinemaßnahmen können unter Umständen von besonderer Bedeutung für die Gesellschaft sein 61. Insoweit verdient die namentlich von Götz vorgeschlagene Lösung den Vorzug, neben der „Erheblichkeit“ (Außengeschäfte) bzw. „Wichtigkeit“ (gesellschaftsinterne Maßnahmen) des Geschäfts keine weiteren Grenzen zu fordern. Als erstes Zwischenergebnis lässt sich damit festhalten, dass nur solche Maßnahmen einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden dürfen, die für die Gesellschaft ein außergewöhnliches Geschäft darstellen, ohne dass es auf die Art des Geschäfts (Leitungsmaßnahme, Umsetzungsmaßnahme oder Routinegeschäft) ankommt. (2) Außergewöhnlich im Sinne von „erheblich“ gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG Entscheidend wird damit die weitere und weitaus schwierigere Frage, wann ein Geschäft in diesem Sinne außergewöhnlich und damit zustimmungsvorbehaltsfähig ist. Diese Frage lässt sich nicht formelhaft beantworten 62. Wegen der 61

Ebenso Götz, ZGR 1990, 633, 641.

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Vielfältigkeit möglicher Fallgestaltungen lassen sich keine einheitlichen Kriterien entwickeln, bei deren Vorliegen das Merkmal der „Außergewöhnlichkeit“ erfüllt ist. Ebenso wenig kann hier mangels bestehender Judikatur auf eine weiterführende Kasuistik zurückgegriffen werden. Entsprechende Meinungsverschiedenheiten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat werden zugunsten des Arbeitsklimas regelmäßig nicht vor Gericht ausgetragen. Es kann daher nur bei dem – freilich weniger befriedigenden – Versuch bleiben, nach möglichen Ansatzpunkten zu suchen, die bei der Begriffsausfüllung Hilfestellung leisten können. Götz orientiert sich bei der Bestimmung zustimmungsvorbehaltsfähiger Geschäfte an § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG und knüpft damit an die eine Berichterstattungspflicht auslösende Geschäftserheblichkeit an 63. Danach hat der Vorstand über Geschäfte zu berichten, die von erheblicher Bedeutung für die Rentabilität und Liquidität der Gesellschaft sind bzw. sein können. Die Erfüllung des Elements „erhebliche Bedeutung“ ist dabei stets in Bezug auf die betroffene Gesellschaft zu sehen und hängt daher nicht nur von der Größe, des Umfangs und des Risikos des geplanten Geschäfts selbst, sondern auch von dessen Verhältnis zu den entsprechenden Daten der Gesellschaft ab 64. In Beispielen ausgedrückt liegt ein Geschäft von erheblicher Bedeutung in diesem Sinne etwa vor: beim Erwerb oder der Veräußerung eines Betriebs oder einer Beteiligung, bei der Gründung von Zweigniederlassungen oder der Übernahme eines größeren Auftrags, beim Erwerb der Lizenz für ein neues Produkt oder beim Abschluss langfristiger Liefergeschäfte 65. Es ist nicht erforderlich, dass sich das Geschäft negativ auf die Rentabilität oder Liquidität auswirkt, so dass etwa eine Betriebs- oder Beteiligungsveräußerung auch dann erheblich sein kann, wenn dadurch die Rentabilität der Gesellschaft gestärkt wird 66. Dies wiederum entspricht dem Gedanken des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, dem Aufsichtsrat nicht bloß ein Kontrollinstrument zur Vermeidung negativer Unternehmensentwicklungen an die Hand zu geben, sondern ihm generell die Möglichkeit zu geben, an erheblichen bzw. außergewöhnlichen Unternehmensentscheidungen teilzuhaben. Es spricht daher vieles dafür, bei der Beurteilung der Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit von Geschäftsführungsmaßnahmen an § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG anzuknüpfen 67.

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So aber der Versuch von Girgensohn, DB 1980, 337, 340 f. Götz, ZGR 1990, 633, 641; ders., NZG 2002, 599, 602. 64 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 61; Hefermehl / Spindler in: MünchKomm.AktG § 90 Rn. 26; Hüffer, AktG, § 90 Rn. 7; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 90 Rn. 38. 65 Vgl. RegBegr. bei Kropff, S. 117; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 61; Hefermehl / Spindler in: MünchKomm.AktG, § 90 Rn. 26; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 90 Rn. 38. 66 Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 61; Mertens in: KölnKomm. AktG, § 90 Rn. 38. 63

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(3) § 116 Abs. 2 HGB als Auslegungshilfe Als hinderlich erscheint jedoch zum einen, dass sich § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG nur auf die Rentabilität und Liquidität der Gesellschaft bezieht und auch sonst eher auf Außengeschäfte ausgerichtet ist 68. Unzweifelhaft sind aber auch Geschäfte denkbar, die sich nicht (unmittelbar) auf die Rentabilität oder Liquidität auswirken und dennoch von erheblicher Bedeutung für das Unternehmen sein können, so etwa, wenn mit der Maßnahme „lediglich“ das Image der Gesellschaft angetastet wird (z. B. beim Geschäftsabschluss mit einem „politisch brisanten“ Vertragspartner). Und ebenso unzweifelhaft erfasst § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG auch rein innerorganisatorische Maßnahmen. Zum anderen fehlt es auch im Rahmen des § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG an brauchbarer Judikatur, auf die zurückgegriffen werden kann. Und schließlich wird mit Blick auf den GmbH-Aufsichtsrat die Vorschrift zum Dritten nicht von den jeweiligen GmbH-relevanten Verweisungsnormen erfasst. Es bietet sich daher an, § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG durch einen weiteren gesetzlichen Anknüpfungspunkt zu ergänzen, der seinem Regelungsgehalt nach ebenso auf eine Abgrenzung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen (und damit in der Regel erheblichen) Geschäften abzielt, jedoch über einen gewissen Fundus an aufgreifbarer Rechtsprechung verfügt. Als zusätzliche Abgrenzungshilfe kommt danach die Vorschrift des § 116 Abs. 2 HGB in Betracht. Während nach § 116 Abs. 1 HGB (i. V. m. §§ 114 Abs. 1, 115 Abs. 1, 1. HS HGB) vom Grundsatz her jeder Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft zu allen Handlungen geschäftsführungsbefugt ist, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt, bedarf es nach § 116 Abs. 2 HGB für Handlungen, die darüber hinausgehen, der Zustimmung (§ 119 HGB) sämtlicher 69 Gesellschafter. Abzugrenzen sind damit gewöhnliche von außergewöhnlichen Geschäften 70. Außergewöhnliche Geschäfte im Sinne von § 116 Abs. 2 HGB sind nach gängiger Definition solche, die bei Beachtung der 67 Der Rückgriff auf § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG dient allein der Bestimmung der unteren Bedeutungsgrenze zustimmungsvorbehaltsfähiger Geschäfte, sagt aber nichts darüber aus, dass solche vorlagepflichtigen Geschäfte zugleich zustimmungs(vorbehalts)pflichtig sind. Dies verkennt Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 113 („widersinnig“). 68 So unterscheidet auch Götz, ZGR 1990, 633, 641, zwischen Außengeschäften (hier gilt § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG) und Innengeschäften. 69 Beschlüsse nach § 116 Abs. 2 HGB bedürfen mit der herrschenden Meinung entgegen § 164 HGB (nur Vetorecht) auch der (poistiven) Zustimmung der Kommanditisten; vgl. RGZ 158, 305; Hopt in: Baumbach / Hopt, HGB, § 116 Rn. 5 sowie § 164 Rn. 2. 70 Eine weitere Gruppe bilden die sogenannten Grundlagengeschäfte, die auf eine Änderung des Gesellschaftszwecks und des Unternehmensgegenstands abzielen und damit, weil außerhalb des Gesellschaftszwecks liegend, nicht von § 116 HGB erfasst werden; zur Abgrenzung vgl. Jickeli in: MünchKomm.HGB, § 116 Rn. 6 f.; eingehend zu Grundlagengeschäften mit Fallgruppenbildung Schulze-Osterloh in: FS Hadding, S. 637, 645 ff.

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besonderen Verhältnisse der Gesellschaft nach Art und Inhalt oder Zweck oder Umfang und Risiko Ausnahmecharakter haben 71. Entscheidend für die Abgrenzung ist damit eine einzelfallbezogene Betrachtungsweise, die auf den Betrieb des konkreten Handelsgewerbes abstellt. Dabei ist die jeweilige Handlung insgesamt zu würdigen. Die Außergewöhnlichkeit kann daher durch einen einzelnen Aspekt des Geschäfts, z. B. seinen finanziellen Umfang, aber auch durch seinen Gesamtzuschnitt begründet werden 72. Dabei ist von einer dynamischen Betrachtungsweise auszugehen, so dass insbesondere Anpassungsmaßnahmen nicht schon deshalb ungewöhnlich sein müssen, weil sie aus dem Rahmen fallen. Die zu § 116 HGB entwickelten geschäftsbezogenen Merkmale wie auch der Bezug zur Geschäftsführungsbefugnis erinnern an die vorliegende Abgrenzungsproblematik. Das spricht dafür, sich die Abgrenzungskriterien ebenso nutzbar zu machen, wie die dazu entwickelte Judikatur. So werden als außergewöhnliche Geschäfte im Sinne des § 116 Abs. 2 HGB etwa angesehen: An- und Verkauf von Vermögensgegenständen, soweit sie einen im Vergleich zum Restvermögen oder der sonstigen Tätigkeit ungewöhnlich hohen Wert aufweisen; Erwerb, Verkauf und Belastung von Grundstücken (Letztere wegen ihrer hohen wirtschaftlichen Bedeutung und ihrer Auswirkungen auf die Haftungssubstanz der Gesellschaft) 73; Verkauf von als Kapitalrücklage bestimmten Wertpapieren 74; bedeutende Erweiterungsinvestitionen, die über den bisherigen Geschäftsbetrieb hinausgehen (z. B. Ankauf einer Fabrik, insbesondere bei schon angespannter Finanzlage; großzügige Fabrikmodernisierung) 75; Einzelauftrag oder Gesamtheit von Aufträgen mit einem Geschäftspartner, wenn aufgrund des Auftragsvolumens eine erhebliche Risikosteigerung zu erwarten ist und der Partner keine ausreichenden Sicherheiten bietet 76; Abschluss oder Auflösung von langlaufenden, mit intensiver Bindung ausgestalteten oder dem Umfang nach bedeutenden Verträgen 77 (z. B. Wechsel eines Hauptgeschäftspartners 78); Beteiligung an einem Kartell 79; Veränderungen der Unternehmensorganisation, insbesondere wenn sie dem Geschäftsbetrieb ein neues Gesicht geben (z. B. Einrichtung neuer Betriebe, Zusammenlegung, Funktionsänderung oder Schließung bestehender Betriebe) 80; Geschäfte mit schwerer Interessenskollisionsgefahr (z. B. Zusammenlegung des 71 Hopt in: Baumbach / Hopt, HGB, § 116 Rn. 2; Jickeli in: MünchKomm.HGB, § 116 Rn. 31. 72 Jickeli in: MünchKomm.HGB, § 116 Rn. 8 und 9. 73 Jickeli in: MünchKomm.HGB, § 116 Rn. 23 und 31. 74 RG JW 1930, 705, 706; Hopt in: Baumbach / Hopt, HGB, § 116 Rn. 2. 75 Jickeli in: MünchKomm.HGB, § 116 Rn. 31 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 76 Jickeli in: MünchKomm HGB, § 116 Rn. 24. 77 Jickeli in: MünchKomm.HGB, § 116 Rn. 31 m. w. N. in Fn. 59. 78 BGH, BB 1973, 714, 715. 79 Jickeli in: MünchKomm.HGB, § 116 Rn. 32. 80 Jickeli in: MünchKomm.HGB, § 116 Rn. 33 m. w. N.

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Einkaufs der Gesellschaft mit dem privaten Unternehmen des geschäftsführenden Gesellschafters) 81. Sowohl die zu § 116 HGB entwickelten Kriterien als auch die angeführten Beispiele zeigen, dass ein Rückgriff auf die handelsrechtliche Vorschrift durchaus geeignet ist, Hilfestellung bei der Ausfüllung des Begriffs „Geschäfte von erheblicher (und damit in der Regel außergewöhnlicher) Bedeutung“ im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zu leisten. Hier wie dort steht der Ausnahmecharakter des Geschäfts im Vordergrund. Für die Beurteilung der Bedeutung des Geschäfts für die Gesellschaft ist jeweils die unternehmerische Sicht maßgeblich, so dass der Kreis der außergewöhnlichen Geschäfte grundsätzlich eng zu bemessen ist. Wegen der unterschiedlichen Regelungsmaterien versteht es sich von selbst, dass sich eine ausschließlich an § 116 HGB orientierte Begriffsauslegung verbietet. Weder ist der Aufsichtsrat mit einem „gleichberechtigten“ Mitgesellschafter noch mit einem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Kommanditisten vergleichbar. Und selbstverständlich können im Rahmen von § 116 HGB überdurchschnittlich bedeutsame Geschäfte noch im Bereich des Gewöhnlichen liegen, während sie im Sinne des Zustimmungsvorbehaltsrechts als „erheblich“ anzusehen sind, weil sie nach Sinn und Zweck des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG der Mitwirkung des Aufsichtsrats bedürfen. Dies gilt es sich vor allem mit Blick auf die Vorschrift des § 115 Abs. 1, 2. HS HGB vor Augen zu halten, die es aufgrund des Widerspruchsrechts jedes geschäftsführenden Mitgesellschafters zulässt, die Grenze hin zum außergewöhnlichen Geschäft zu Lasten der Zustimmungsbefugnis nach§ 116 Abs. 2 HGB verhältnismäßig höher anzusiedeln. Dennoch spricht vieles dafür, sich vor allem die bereits entwickelte Kasuistik zu § 116 HGB – mit der gebotenen Vorsicht – zunutze zu machen. (4) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis lässt sich damit festhalten, dass nur solche Geschäfte einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden dürfen, die für die Gesellschaft von erheblicher Bedeutung und damit in aller Regel auch außergewöhnlich sind. Auf die Art des Geschäfts (Leitungsmaßnahme, Umsetzungsmaßnahme oder Routinegeschäft) kommt es dabei nicht an. Die Ausfüllung des Begriffs „erheblich“ hat mit Blick auf die Berichterstattungspflicht des Vorstands gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG zu erfolgen. Ergänzend bietet es sich an, auf die zu § 116 HGB entwickelten Kriterien und die dazu entfaltete Kasuistik zurückzugreifen – dies freilich unter Berücksichtigung der jeweils unterschiedlichen Regelungsmaterien. Bezugspunkte für die Beurteilung der Bedeutung des Geschäfts für die Gesellschaft sind 81

Hopt in: Baumbach / Hopt, HGB, § 116 Rn. 2 m. w. N.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

der konkrete Unternehmenszuschnitt und die verfolgte Unternehmensstrategie 82. Keinen Einschränkungen bei der Ausübung seines Vorbehaltsrechts unterliegt der Aufsichtsrat dagegen bei der Anzahl festzulegender Zustimmungsvorbehalte. Auch ein besonders umfangreicher Vorbehaltskatalog ist von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gedeckt, wenn nur die vorausgesetzten Gewichtigkeitsschwellen eingehalten sind 83. Dem im Schrifttum häufig anzutreffenden Hinweis, ein Übermaß an Zustimmungsvorbehalten sei unzulässig 84, kann nicht gefolgt werden. Ob der Aufsichtsrat das ihm zustehende Ermessen in Bezug auf die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten fehlerfrei ausübt, ist eine Frage der Qualität und nicht der Quantität 85. c) Rechtswidrige Geschäfte aa) Konkretisierung der Rechtswidrigkeit Eine weitere, eigenständige Kategorie zustimmungsvorbehaltsfähiger Geschäfte bilden schließlich die rechtswidrigen Geschäfte. Seit der Entscheidung des II. Zivilsenats vom 15. 11. 1993 ist für gesetzwidrige Geschäfte anerkannt, dass der Aufsichtsrat von seinem Zustimmungsvorbehaltsrecht Gebrauch machen muss, wenn sich ein gesetzwidriges Vorstandshandeln nur noch mittels eines Zustimmungsvorbehalts effektiv verhindern lässt 86. Das ihm sonst grundsätzlich zustehende Ermessen bei der Wahl seiner Überwachungsmittel verdichtet sich in diesen Fällen zu einer Pflicht zur Inanspruchnahme des Zustimmungsvorbehaltsinstruments. Im Vordergrund dieser Gruppe von Geschäftsführungsmaßnahmen steht also nicht die unternehmerische Mitentscheidung, sondern vielmehr die Pflicht des Aufsichtsrats, für rechtmäßiges Verhalten im Unternehmen zu sorgen. 82

Statt vieler: v. Rechenberg, BB 1990, 1356, 1359; a. A. v. Mettenheim, DB 1977, 447, 448 f., der abstellend auf § 54 Abs. 1 HGB einen generalisierten Ansatzpunkt wählt und nur dann Geschäfte als außergewöhnlich anerkennt, wenn sie es für Unternehmungen gleicher Branche und Größe sind. 83 Vgl. Götz, ZGR 1990, 633, 640 f. 84 Statt vieler: Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 395; Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 69. 85 So zu Recht Götz, ZGR 1990, 633, 641 (für die Ausübung des Zustimmungsrechts; das gleiche gilt aber auch auf Ebene der Festlegungsentscheidung). 86 BGHZ 124, 111, 127 (Vereinte Krankenversicherung); LG Bielefeld, AG 2000, 136, 138 (Balsam); zustimmend etwa Hüffer, AktG, § 111 Rn. 17; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 79; Boujong, AG 1995, 203, 206; Brandes, WM 1994, 2177, 2183; Götz, ZGR 1990, 633, 639; Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 634 f. („ . . . vorstellbar, jedoch äußerst selten.“); Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 106; Schön, JZ 1994, 684, 685; Kropff, ZGR, 1994, 628, 643; Köstler, WiB 1994, 714; Vetter in: Marsch-Barner / Schäfer (Hrsg.), Hdb. börsennotierte AG, § 26 Rn. 34; Brandes, WM 1994, 2177, 2183; Kau / Kukat, BB 2000, 1045, 1048 f.; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 143; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 10a.

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Den gesetzwidrigen Geschäften werden überwiegend satzungswidrige 87 und solche Geschäfte gleichgestellt, die den Grundsätzen der Ordnungsmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit oder Zweckmäßigkeit widersprechen 88. Die Einbeziehung auch satzungswidriger Geschäfte in den Kreis der vorbehaltspflichtigen Geschäfte im Sinne der BGH-Entscheidung ist ohne weiteres wegen der Vergleichbarkeit zu gesetzwidrigen Geschäften gerechtfertigt. In beiden Fällen lässt sich ein Verstoß in der Regel objektiv beurteilen. Schwieriger ist dagegen die Begründung einer Ermessensreduktion in Fällen zweckwidriger Vorstandsentscheidungen. Denn anders als bei Fragen der Gesetz- oder Satzungsmäßigkeit entscheidet der Vorstand nach freiem Ermessen, was wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Allerdings handelt es sich dabei nicht um einen individuellen Handlungsfreiraum des jeweiligen Leitungsorgans. Die Reichweite unternehmerischen Ermessens bestimmt sich vielmehr aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Eine Festlegungspflicht des Aufsichtsrats kommt daher auch dann, aber auch nur dann in Betracht, wenn die Maßnahme objektiv unvertretbar (zweckwidrig) ist, weil ein verantwortungsbewusst denkender und handelnder Kaufmann sie zu keiner Zeit vornehmen würde 89. Solche Geschäftsführungsmaßnahmen sind mit Blick auf das Handlungsgebot der §§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG und 43 Abs. 1 GmbHG als rechtswidrige Maßnahmen den gesetzund satzungswidrigen Geschäften gleichzustellen. bb) Keine Gewichtigkeitsgrenzen für Zustimmungsvorbehalte zur Vermeidung gesetzes- oder satzungswidriger Geschäfte Soweit ersichtlich, genießen rechtswidrige Geschäfte in der Lehre keinen Sonderstatus. In der Folge wären auch gesetzes- und satzungswidrige Geschäfte nur dann zustimmungsvorbehaltsfähig, wenn sie für die Gesellschaft von grundlegender oder mindestens doch von erheblicher Bedeutung sind. Das überzeugt nicht. Geht es um die Vermeidung gesetzes- oder satzungswidriger Maßnahmen, muss der Aufsichtsrat in der Lage sein, auch dann mittels Zustimmungsvorbehalten einzugreifen, wenn die entsprechende Maßnahme nicht 87 LG Bielefeld, AG 2000, 136, 138 (Balsam); Schön, JZ 1994, 684, 685; Henze, NJW 1998, 3309, 3312; ders., BB 2000, 209, 215; Hoffmann / Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 304; Vetter in: Marsch-Barner / Schäfer (Hrsg.), Hdb. börsennotierte AG, § 26 Rn. 34. 88 Vgl. Schön, JZ 1994, 684, 685; Henze, NJW 1998, 3309, 3312; Boujong, AG 1995, 203, 206; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 106; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 408; Schiessl, AG 2002, 593, 597; Lieder, DB 2004, 2251, 2253; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 198. 89 Vgl. BGH, ZIP 2007, 224, 225 f. (Investitionen in ein völlig unrentables Unternehmen); LG Stuttgart, DB 1999, 1462, 1463 (Grundstücksverkauf zu einem erheblich unter dem Marktwert liegenden Kaufpreis); BGHZ 69, 207, 213 ff. (Beteiligung an einer verlustreichen KG); vgl. ferner BGHZ 119, 305, 331 (Klöckner); Schön, JZ 1994, 684, 685 f.; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 596.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

die sonst erforderliche Bedeutung für die Gesellschaft aufweist. Denn es gehört zur Mindestkompetenz des Aufsichtsrats, den Vorstand jedenfalls auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Und hierfür muss ihm das besonders effektive Instrument der Zustimmungsvorbehalte zur Verfügung stehen. Da sich die Geschäftsleitung bei gesetzes- und satzungswidrigen Vorhaben nicht auf ihr unternehmerisches Ermessen berufen kann, wird dadurch auch nicht etwa in das aktienrechtliche Kompetenzgefüge eingegriffen. Hinzu kommt, dass der Aufsichtsrat seinerseits bei der Vermeidung rechtswidriger Geschäftsführungsmaßnahmen lediglich kontrollierend tätig ist, er selbst also keine unternehmerische Entscheidung trifft: Ist die Maßnahme gesetzes- oder satzungswidrig, hat der Aufsichtsrat seine Zustimmung zu verweigern. Ist die Maßnahme rechtmäßig, muss er ihr zustimmen. Erfährt daher der Aufsichtsrat etwa von umweltrechtswidrigem Verhalten, ist er zur Festlegung entsprechender Zustimmungsvorbehalte auch dann berechtigt, wenn es sich dabei lediglich um ein Routinegeschäft oder um einen geringen Rechtsverstoß handelt. Ausgeschlossen ist es freilich, bereits im Vorfeld „zur Sicherung rechtmäßigen Verhaltens“ beliebig viele Geschäftsführungsmaßnahmen der Aufsichtsratszustimmung zu unterwerfen. Eine solche Klausel würde bereits an der erforderlichen Bestimmtheit eines Zustimmungsvorbehalts scheitern 90. Eine Lähmung der Unternehmensführung durch einen „übervorsichtigen“ Aufsichtsrat ist daher nicht zu befürchten. Die Möglichkeit, gesetzes- und rechtswidrige Geschäfte unabhängig von der Bedeutung der Maßnahme für die Gesellschaft unter Zustimmungsvorbehalt zu stellen, begründet indessen keine Pflicht des Aufsichtsrats, von dieser Möglichkeit bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte auch Gebrauch zu machen. Eine Eingriffspflicht auch bei unbedeutenden Rechtsverstößen würde einen Eingriff in die Leitungsautonomie des Vorstands darstellen, der seinerseits die Sorge für rechtmäßiges Verhalten in „seinem“ Unternehmen trägt. Anders ist es freilich, wenn der Vorstand wissentlich Regelverstöße fortsetzen lässt. Anzahl und Dauer geringer Rechtsverstöße kann in der Gesamtbetrachtung zur Überschreitung der eine Festlegungspflicht auslösenden Gewichtigkeitsschwelle führen. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die sonst entscheidende Gewichtigkeitsschwelle (erhebliche oder außergewöhnliche Bedeutung für die Gesellschaft) nicht für solche Geschäfte gilt, die wegen ihrer Gesetzes- oder Satzungswidrigkeit von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden sollen. Gesetzes- und satzungswidrige Geschäfte bilden daher als Unterfall der rechtswidrigen Geschäfte eine eigene Geschäftskategorie im Rahmen des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG.

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Siehe dazu unter II.

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4. Zustimmungsvorbehaltsresistente Geschäfte Während die vorangegangenen Ausführungen darauf abzielten, die für die jeweilige Geschäftskategorie maßgebliche „untere“ Gewichtigkeitsschwelle herauszuarbeiten, gilt es nun, Grenzen bzw. Bereiche zu erfragen, bei deren Überschreiten Geschäftsführungsmaßnahmen nicht (mehr) mit einem Zustimmungsvorbehalt beschwert werden dürfen. Davon zu trennen sind solche Geschäfte, die schon deswegen nicht von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden können, weil das Gesetz ein gegenüber § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG spezielleres „Aufsichtsrats-Beteiligungsverfahren“ vorsieht (z. B. die Feststellung des Jahresabschlusses, vgl. § 172 Satz 1 AktG [Billigung durch den Aufsichtsrat], oder die Erstellung des Abhängigkeitsberichts, vgl. § 314 AktG). § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG wird hier durch die besonderen Verfahrensvorschriften verdrängt. a) Zustimmungsvorbehaltsresistenz unternehmenspolitischer Grundsatzentscheidungen? Von einem beachtlichen Teil des Schrifttums wurde und wird vertreten, dass unternehmenspolitische Grundsatzentscheidungen, insbesondere die Formulierung der beabsichtigten Geschäftspolitik in Gestalt der Unternehmensplanung, in die unantastbare Entscheidungsprärogative des Vorstands fallen 91. Eine Teilhabe hieran sei daher dem (ohnehin viel schlechter informierten und, sofern mitbestimmt, interessengeprägten 92) Aufsichtsrat verwehrt. Zustimmungsvorbehalte kämen nur hinsichtlich einzelner Umsetzungsmaßnahmen in Betracht 93, wobei aber auch dort die Berücksichtigung der durch den Vorstand vordefinierten Geschäftspolitik durch ein entsprechend eingeschränktes Zustimmungsentscheidungsermessen des Aufsichtsrats ihren Niederschlag finden müsse. Spätestens seit der Neufassung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG durch das TransPuG ist diese Ansicht nicht mehr haltbar. Ziel des Gesetzes ist es gerade, den Aufsichtsrat in grundlegende Unternehmensentscheidungen mit einzubinden 94. Neben einer effektiven Kontrolle 95 soll damit auch der für eine erfolgreiche Unternehmensverwaltung notwendige Einklang zwischen Vorstand und Aufsichtsrat in Bezug auf die zu verfolgende Geschäftspolitik herbeigeführt werden. Bereits 91 Hüffer, AktG, § 111 Rn. 18; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 68; Martens, BB 1973, 1118, 1122; v. Rechenberg, BB 1990, 1356, 1361; Vetter in: Marsch-Barner / Schäfer (Hrsg.), Hdb. börsennotierte AG, § 26 Rn. 30; Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 70. 92 So Martens, BB 1973, 1118, 1122. 93 Martens, BB 1973, 1118, 1122, 1123; wohl auch Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 82 Fn. 763. Einen Überblick über die früher vertretene Lehre gibt Girgensohn, DB 1980, 337, 340 f. 94 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17.

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mit Blick auf die Vermeidung hoher Frustrationskosten müssen sich Vorstand und Aufsichtsrat im Klaren darüber sein, ob sie an einem gemeinsamen unternehmerischen Strang ziehen oder, wenn kein Konsens herbeizuführen ist, personelle Änderungen notwendig sind 96. Die Zulässigkeit von Zustimmungsvorbehalten erst auf der jeweiligen Umsetzungsebene anzusiedeln, ist daher verfehlt 97. Eine erteilte Zustimmung schon zum unternehmerischen Kurs schafft dagegen mit den Worten Kropffs eine Basis, die dem Vorstand nicht nur Klarheit, sondern auch Sicherheit für seine Geschäftsführung bringt 98. Der Aufsichtsrat seinerseits darf seine Kontrolltätigkeit im Vertrauen darauf ausüben, dass der Vorstand von dem gemeinsamen Kurs nicht ohne vorherige Rücksprache mit ihm abweicht 99. Sieht man einen der Kerne der Zustimmungsvorbehalte in der gemeinsamen Zielbildung, greifen auch Bedenken nicht Platz, das Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats erhalte eine „bedenkliche Breitflächigkeit“ 100, die mit der Leitungsautonomie des Vorstands nicht zu vereinbaren sei. Eine solche Gefahr des Eingriffs in das aktienrechtliche Kompetenzgefüge besteht schon deshalb nicht, weil – wie Kropff 101 ebenfalls herausgearbeitet hat – nicht die mit der beabsichtigten Geschäftspolitik oder der Unternehmensplanung verbundenen Einzelmaßnahmen, sondern die Geschäftspolitik bzw. das Planvorhaben als solches Zustimmungsgegenstand ist. Widerspricht der Aufsichtsrat den Planungsansätzen, ist der Vorstand daher nicht gehindert, einzelne Maßnahmen dennoch zur Ausführung zu bringen. Auf der Umsetzungsebene wirkt sich ein Aufsichtsratsveto zur Unternehmensplanung nur mittelbar insoweit aus, als der Aufsichtsrat eine erforderliche Einzelzustimmung mit Hinweis auf die Ablehnung der Geschäftspolitik bzw. der Planung versagen kann bzw. der Vorstand sich überlegen muss, ob er in Bezug auf solche Geschäftsvorhaben, die keinem Zustimmungsvorbehalt unterliegen, auf Kollisionskurs mit dem Aufsichtsrat gehen will 102. Die Richtlinien- und Planungskompetenz des Vorstands wird daher nicht mehr eingeschränkt, als sie

95 Erst durch die (frühzeitige) Einbeziehung in die Unternehmensplanung erhält der Aufsichtsrat die für seine Überwachungsaufgabe notwendige Zielorientierung als Voraussetzung für eine effektive Unternehmenskontrolle, vgl. für den Vorstand Götz, AG 1995, 337, 339. 96 Kropff, NZG 1998, 613, 617; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 653; ebenso schon Albach, ZGR 1997, 32, 37 („Es sollte offenkundig sein, dass Unternehmensgrundsätze . . . [‚corporate philosophy‘] . . . nicht ohne Zustimmung des Aufsichtsrats erlassen werden können.“); vgl. auch Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, S. 47 und 63. 97 Ebenso Semler, ZGR 1983, 1, 23. 98 Kropff, NZG 1998, 613, 618. 99 Kropff, NZG 1998, 613, 617. 100 So Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 68. 101 NZG 1998, 613. 102 Vgl. Kropff, NZG 1998, 613, 616; Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 379 f.

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ohnehin durch die (gegebenenfalls ad hoc zu beschließende) Festlegung einzelner geschäftsspezifischer Zustimmungsvorbehalte einschränkbar ist. Im Ergebnis lässt sich damit festhalten: Bedenken, die Bindung von unternehmerischen Grundsatzentscheidungen an die Zustimmung des Aufsichtsrats führe zu nicht hinnehmbaren Eingriffen in die Leitungskompetenzen des Vorstands, sind unbegründet. Wegen der existentiellen Bedeutung 103 frühzeitiger Harmonisierung der geschäftspolitischen Vorstellungen beider Organe für die gute Entwicklung der Gesellschaft ist es dem Aufsichtsrat nicht nur gestattet, Zustimmungsvorbehalte auf geschäftspolitische Entscheidungen, insbesondere die Unternehmensplanung festzulegen, er ist hierzu nach der Neufassung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG vielmehr auch verpflichtet 104,105. b) Zustimmungsvorbehaltsresistenz von Pflichtmaßnahmen ohne Handlungsalternativen Demgegenüber besteht Einigkeit darüber, dass solche Maßnahmen, zu denen der Vorstand ohne Alternative gesetzlich verpflichtet ist, nicht von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden dürfen 106. Zu denken ist etwa an die Bekanntmachung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach § 97 Abs. 1 AktG und den Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach § 98 AktG, die Anzeige des Verlusts der Hälfte des Grundkapitals nach § 92 Abs. 1 AktG, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft nach § 92 Abs. 2 AktG, die Einberufung der Hauptversammlung nach § 92 Abs. 1 AktG, die Aufstellung des Jahresabschlusses gemäß §§ 242, 264 HGB, § 250 AktG sowie erforderliche Handelsregisteranmeldungen (z. B. §§ 181 Abs. 1, 184 Abs. 1 AktG usw.) 107. Gesetzliche Handlungspflichten können sich aber auch von außen her ergeben, so etwa, wenn die Gesellschaft durch behördlichen Bescheid oder Gerichtsurteil zu 103 So bereits Kropff, NZG 1998, 613, 618, der ebenso wie die spätere Begründung zum TransPuG von „existenziell wichtig für die Gesellschaft“ spricht. 104 In diese Richtung auch Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 482; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 301; ders., AG 1991, 249, 254; Kropff, NZG 1998, 613, 618 f., der de lege ferenda eine gesetzliche Pflicht zur gemeinsamen Feststellung der Unternehmensplanung im Blick hat wie sie schon für den Jahresabschluss besteht; ebenso der Reformvorschlag von Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 849 f.; siehe auch Bürgers / Israel in: Bürgers / Körber, AktG, § 111 Rn. 24 (zweckmäßig); a. A. Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 160. 105 Zur Rechtslage in der GmbH siehe unten B. II. und III. sowie § 5 B. II. 106 Vgl. Götz, ZGR 1990, 633, 641 f.; Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 36; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 100. 107 Vgl. Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 70; Semler, ZGR 1983, 1, 21.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

einer bestimmten Leistung verpflichtet wird (z. B. Steuernachzahlung, Beseitigung einer Bodenkontamination usw.) 108. In Fällen gesetzlicher Handlungspflicht ergibt sich die Zustimmungsvorbehaltsresistenz aus den pflichtbegründenden Normen selbst. In den Fällen gerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Anordnung daraus, dass eine entsprechende Zustimmungsentscheidung von vornherein feststünde, so dass die Einräumung eines Zustimmungsrechts keinen Nutzen hätte. Eine Mitentscheidung des Aufsichtsrats würde in diesen Fällen entgegen Sinn und Zweck des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zu einer bloßen Verschleppung der Pflichterfüllung führen. Bereits bestehende Zustimmungsvorbehalte für Maßnahmen, zu deren Vornahme die Gesellschaft durch behördliche Verfügung oder Gerichtsurteil verpflichtet wird, sind allerdings nicht nichtig, sondern lediglich in der Weise restriktiv auszulegen, dass für die angeordnete Maßnahme ausnahmsweise eine sonst erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats entbehrlich ist. Keine Auswirkungen hat die Handlungspflicht des Vorstands freilich auf seine nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG bestehende Berichterstattungspflicht. Diese hat der Vorstand unabhängig von der Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit des konkreten Geschäfts zu erfüllen 109. c) Kein Zustimmungsvorbehalt bei Eingriff in ausschließliche Zuständigkeiten von Vorstand und Hauptversammlung Unabhängig vom Vorliegen einer Pflicht- oder Ermessensentscheidung verbieten sich dann Zustimmungsvorbehalte, wenn dadurch die gesetzliche Rollenverteilung zwischen den Organen verzerrt wird 110. aa) Maßnahmen der innergesellschaftlichen Willensbildung Das gilt insbesondere für Vorstandsentscheidungen, die der innergesellschaftlichen Willensbildung dienen, wie beispielsweise die Entscheidung über die Einberufung der Hauptversammlung zum Wohl der Gesellschaft gemäß § 121 Abs. 1 letzte Alt. AktG, die Aufstellung der Tagesordnung der Hauptversammlung oder die Formulierung von Beschlussvorschlägen zu den einzelnen Tagesordnungspunkten (§ 124 Abs. 3 Satz 1 AktG) 111. Dass im Bereich der Meinungsbildung Parität zwischen den Verwaltungsorganen herrscht, bringt schließlich das Gesetz selbst zum Ausdruck, indem es den Aufsichtsrat hinsichtlich des Einberufungsrechts und des Beschlussvorschlagsrechts gemäß § 111 Abs. 3 AktG und § 124 Abs. 3 Satz 1 108

Vgl. Götz, ZGR 1990, 633, 641 f. Zum Ganzen siehe auch Götz, ZGR 1990, 633, 641 f. 110 Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 71; Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 37. 111 Vgl. Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 71. 109

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AktG in gleicher Weise ausstattet wie den Vorstand. Davon unabhängig steht dem Vorstand gemäß § 76 Abs. 1 AktG ein ausschließliches Initiativrecht sowohl gegenüber dem Aufsichtsrat als auch gegenüber der Hauptversammlung zu 112. Miterfasst vom unantastbaren Initiativrecht ist das Recht des Vorstands zur ungestörten Zielbildung, so dass das unternehmerische Denken als Geschäftsführungsmaßnahme erst dann zustimmungsvorbehaltsfähig ist, wenn die Willensbildung des Vorstands in Form eines konkreten (Plan-)Vorhabens abgeschlossen ist 113. Das aktiengesetzliche Kompetenzgefüge verbietet es daher, Zustimmungsvorbehalte auf Vorstandsmaßnahmen zur innergesellschaftlichen Willensbildung anzuordnen. bb) Entscheidungen der Hauptversammlung Geschäfte, die der Vorstand auf Verlangen der Hauptversammlung (§ 83 Abs. 1 Satz 1 AktG) 114 oder in Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen (§ 83 Abs. 2 AktG) 115 vorzunehmen hat, gelten allgemein als zustimmungsvorbehaltsresistent 116. Die Ausführung solcher Beschlüsse mit einem Zustimmungsvorbehalt zu beschweren, würde einen Eingriff in die Zuständigkeiten der Hauptversammlung bedeuten. Das gilt auch dann, wenn der Vorstand die Hauptversammlung erst gemäß § 119 Abs. 2 AktG zuständig macht 117. Für die Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung macht es keinen Unterschied, ob sie durch Gesetz (§ 119 Abs. 1 AktG) oder durch den Vorstand begründet wird 118. In beiden Fällen darf sich der Aufsichtsrat nicht über die Entscheidung der Anteilseignerversammlung hinwegsetzen. Von den ausführungspflichtigen Hauptversammlungsbeschlüssen zu unterscheiden sind die sogenannten Ermächtigungsbeschlüsse, z. B. nach § 221 Abs. 2 AktG 112

Vgl. Martens, ZHR 147 (1983), 377, 386. So zu Recht Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 100, 103, die jedoch noch weiter geht und verlangt, dass die Vorstandsentscheidung unmittelbar vor ihrer Durchführung stehen muss („Umsetzungsreife“). 114 Z. B. in Bezug auf den Abschluss von Unternehmensverträgen, §§ 293 Abs. 1 oder Abs. 2 i. V. m. § 83 Abs. 1 Satz 2 AktG; dazu ausführlich unter C. V. 115 Z. B. Anmeldungen zum Handelsregister bei Satzungsänderungen (§ 181 AktG) oder beschlossener Kapitalerhöhung (§ 184 AktG). 116 Vgl. Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 37; Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 145. Zu teilweise abweichenden Auffassungen siehe den dargestellten Meinungsstand bei Timm, DB 1980, 1201, 1202 f. 117 Vgl. Hüffer, AktG, § 83 Rn. 5 und § 119 Rn. 15 (keine Bindungswirkung und damit auch kein Zustimmungsvorbehaltsverbot liegt vor, wenn die Hauptversammlung in Bezug auf die Geschäftsführungsmaßnahme eine bloße Empfehlung ausspricht); Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 145; Martens, ZHR 147 (1983), 377, 384 f.; Bsp. aus der Praxis: BGH, NJW 2001, 1277. 118 Entscheidungsvorlagen nach § 119 Abs. 2 AktG sind für den Vorstand gemäß § 83 Abs. 2 AktG bindend, vgl. Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2.C. Rn. 100. 113

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

oder nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, die die Durchführung des Geschäfts in das Ermessen des Vorstands stellen. Die Ermächtigung mit Ermessensspielraum ist im Ergebnis eine Neuverteilung der Zuständigkeiten zugunsten des Vorstands – und schafft Raum für die Anwendbarkeit des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Dementsprechend sind hauptversammlungspflichtige Geschäftsführungsmaßnahmen, zu denen der Vorstand ermächtigt wird, ohne weiteres zustimmungsvorbehaltsfähig 119. Dies vorangestellt stellt sich zum einen die Frage nach der Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit der die Hauptversammlungszuständigkeit begründenden Vorstandsentscheidung (1). Zum anderen ist zu untersuchen, ob es Ausnahmen von der grundsätzlichen Zustimmungsvorbehaltsresistenz ausführungspflichtiger Hauptversammlungsentscheidungen gibt, insbesondere dann, wenn die Gefahr besteht, dass die Gesellschaft durch die Beschlussumsetzung geschädigt wird (2). (1) Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit hauptversammlungspflichtiger Vorstandsentscheidungen Bei der Frage nach der Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit der die Hauptversammlungszuständigkeit begründenden Vorstandsentscheidung gilt es, zwischen der materiellen und der formellen Vorstandsentscheidung zu trennen: (a) Die „materielle“ Vorstandsentscheidung Unter „materieller“ Vorstandsentscheidung ist diejenige Entscheidung zu fassen, die Beschlussgegenstand der Hauptversammlungsentscheidung sein soll, also die vom Vorstand geplante unternehmerische Geschäftsführungsmaßnahme. Dabei kann es sich um „gewöhnliche“ Geschäftsführungsmaßnahmen handeln, aber auch um solche, die von Rechts wegen in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallen. Zu denken ist etwa an Geschäfte, die das Gesetz ausdrücklich vom Votum der Hauptversammlung abhängig macht, wie beispielsweise der Abschluss von Unternehmensverträgen nach §§ 291 f., 293 AktG 120. Mit einzubeziehen sind auch die sogenannten Holzmüller-Fälle 121, die entweder kraft ungeschriebener originärer Zuständigkeit oder aber aufgrund einer entsprechenden Vorlagepflicht des Vorstands nach § 119 Abs. 2 AktG in den Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung fallen. Die materielle Vorstandsentscheidung ist als unternehmerische Geschäftsführungsmaßnahme ohne weiteres zustimmungsvorbehaltsfähig. Die Hauptversamm-

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Für § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG vgl. etwa Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 f. Dazu unter C. V. 121 BGHZ 83, 122 (Holzmüller); BGH, NJW 2004, 1860, und BGH, NZG 2004, 575 (Gelatine); siehe dazu den Überblick von Fleischer, NJW 2004, 2335. 120

§ 4 Inhalt und Reichweite des Zustimmungsvorbehaltsrechts

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lungszuständigkeit wird erst durch die Vorlageentscheidung des Vorstands begründet, so dass mit der Festlegung eines Zustimmungsvorbehalts auf die gegenstandsbezogene Entscheidung auch nicht in die Kompetenzen der Hauptversammlung eingegriffen wird. So erwähnt auch die Gesetzesbegründung zum TransPuG ausdrücklich, dass z. B. in Holzmüller-Fällen neben der Aufsichtsratszustimmung zusätzlich eine Entscheidung der Hauptversammlung erforderlich sein kann 122. Die Zustimmungsentscheidungen von Aufsichtsrat und Hauptversammlung stehen daher nebeneinander. Das bedeutet auch, dass geschäftsbezogene Vorstandsentscheidungen zustimmungspflichtig bleiben, wenn der Vorstand die Einholung einer erforderlichen Zustimmung des Aufsichtsrats bzw. eine von ihm bereits verweigerte Zustimmung dadurch zu umgehen oder zu überwinden versucht, dass er die Durchführung der geplanten Maßnahme über den Weg des § 119 Abs. 2 AktG durch einfachen Mehrheitsbeschluss in die vermeintliche Zustimmungsvorbehaltsresistenz führt 123. § 111 Abs. 4 Sätze 3 – 5 AktG ist in Fällen zustimmungspflichtiger Geschäftsführungsmaßnahmen lex specialis gegenüber § 119 Abs. 2 AktG 124. Die von Seiten des Aufsichtsrats geäußerten Bedenken sollen nur mit einer qualifizierten Stimmenmehrheit ausgeräumt werden können, § 111 Abs. 4 Satz 5 AktG. Von einer fortbestehenden Zustimmungsbedürftigkeit wird man nur dann absehen können, wenn der verfahrenswidrig herbeigeführte Hauptversammlungsbeschluss nach § 119 Abs. 2 AktG (mindestens) mit der nach § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG erforderlichen Dreiviertelmehrheit zustande gekommen ist 125 und der Aufsichtsrat im Rahmen seines Vorschlagsrechts gemäß § 124 Abs. 3 AktG zuvor die Möglichkeit zur Stellungnahme hatte. Ein Festhalten an der Zustimmungspflichtigkeit würde in diesen Fällen Formalismus bedeuten. Erfährt der Aufsichtsrat über eine zustimmungsvorbehaltsfähige Maßnahme erst im Rahmen der Vorbereitung der Hauptversammlung, steht es ihm frei, einen Zustimmungsvorbehalt ad hoc festzulegen und, sofern der Vorstand nicht reagiert, einen seiner Zustimmungsentscheidung entsprechenden Beschluss der Hauptversammlung vorzuschlagen. (b) Die „formelle“ Vorstandsentscheidung Von der geschäftsbezogenen, materiellen Entscheidung zu trennen ist die zweite, „formelle“ Entscheidung, nämlich der Entschluss des Vorstands, die Hauptversammlung mit der beabsichtigten Geschäftsführungsmaßnahme zu befassen, sei es, weil er die Hauptversammlung kraft ihrer gesetzlichen Zuständigkeit ein122

RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17. Ebenso Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 145; Martens, ZHR 147 (1983), 377, 384 f. 124 „Aus mitbestimmungsrechtlichen Gründen“: Martens, ZHR 138 (1974), 179, 210 Fn. 70. 125 Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 145; Martens, ZHR 147 (1983), 377, 384 f.; Hölters, BB 1975, 797, 798 mit Fn. 17. 123

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

beziehen muss, sei es, weil der Vorstand etwa seiner Entlastung wegen einen Hauptversammlungsbeschluss begehrt (vgl. § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG). Im Gegensatz zur materiellen Entscheidung ist der formelle Vorstandsentschluss zustimmungsvorbehaltsresistent: Entweder ist der Vorstand zur Einbeziehung der Hauptversammlung gesetzlich verpflichtet (vgl. z. B. § 293 Abs. 1 oder Abs. 2 i. V. m. § 83 Abs. 1 Satz 2 AktG) oder der Entschluss dient der innergesellschaftlichen Willensbildung oder dem Haftungsschutz des Vorstands. Fällt das Geschäft in die gesetzliche Zuständigkeit der Hauptversammlung, darf es nicht in der Hand des Aufsichtsrats liegen, ob bzw. wann die Hauptversammlung zu ihrem Recht kommt, hierüber zu entscheiden. Ebenso wenig darf der Aufsichtsrat Einfluss auf die Möglichkeit des Vorstands haben, sich über § 119 Abs. 2 AktG in Bezug auf eine bestimmte Maßnahme entlasten zu lassen oder sich etwa gemäß § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG seine unbeschränkte Geschäftsführungsbefugnis „zurückzuholen“. Das Verlangen des Vorstands nach § 119 Abs. 2 AktG kann demnach auch dann nicht von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden, wenn er damit bewusst einen bestehenden Zustimmungsvorbehalt zu umgehen versucht. Die Entscheidung, die Hauptversammlung auch ohne die erforderliche Rücksprache mit dem Aufsichtsrat mit der Angelegenheit zu befassen, ist alleinige Sache des Vorstands. Der Hauptversammlungsbeschluss ist dann allerdings unter der oben genannten Einschränkung nach den Vorgaben des § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG zu fassen. (2) Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit von Ausführungsentscheidungen gemäß § 83 Abs. 2 AktG Eingangs wurde bereits dargelegt, dass der Aufsichtsrat die Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen gemäß § 83 Abs. 2 AktG nicht seiner Zustimmung unterwerfen darf (oben unter bb)). Der Aufsichtsrat ist ebenso wie der Vorstand an die Entscheidung der Anteilseigner gebunden. Die unternehmerische Mitwirkungsmöglichkeit des Aufsichtsrats beschränkt sich in diesen Fällen darauf, der Hauptversammlung Vorschläge zur Beschlussfassung gemäß § 124 Abs. 3 AktG zu unterbreiten. Die Zustimmungsvorbehaltsresistenz von Ausführungsentscheidungen nach § 83 Abs. 2 AktG folgt aus der Ausführungspflicht des Vorstands. Die Ausführungspflicht wiederum ist im Lichte des § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG zu sehen. Beide Normen bedingen einander 126. Eine Pflicht zur Ausführung besteht für den Vorstand danach nur bei gesetzmäßigen Hauptversammlungsbeschlüssen. Auf gesetzwidrige Beschlüsse können sich die Vorstandsmitglieder nicht berufen. Sie müssen daher einen Beschluss vor seiner Ausführung auf seine Gesetzmäßig126

Eingehend Hefermehl / Spindler in: MünchKomm.AktG, § 93 Rn. 111 f.

§ 4 Inhalt und Reichweite des Zustimmungsvorbehaltsrechts

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keit überprüfen. Ein Beschluss ist gesetzmäßig, wenn er weder nichtig (§ 241 AktG) noch anfechtbar (§ 243 AktG) ist 127. Bindungswirkung entfalten danach auch Beschlüsse, die, ohne gegen das Gesetz oder die Satzung zu verstoßen, gesellschaftsschädigend sind 128. Der Aufsichtsrat seinerseits hat die Ausführungsentscheidung des Vorstands zu überwachen. Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich nach der Bindungswirkung des Vorstands gemäß §§ 83 Abs. 2 i. V. m. 93 Abs. 4 Satz 1 AktG. Vorstandsmaßnahmen, die auf den Vollzug gesetzeswidriger Hauptversammlungsbeschlüsse gerichtet sind, sind demnach zustimmungsvorbehaltsfähig. Das Gleiche gilt, wenn der Hauptversammlungsbeschluss zwar gesetzmäßig ist, infolge veränderter Umstände seine Ausführung aber der Gesellschaft Schaden zufügen würde 129. Anknüpfungspunkt des Zustimmungsvorbehalts ist das pflichtgemäße Handeln des Vorstands im Unternehmensinteresse. Die Rechtmäßigkeitskontrolle des Hauptversammlungsbeschlusses ist hierfür nur notwendiger Zwischenschritt. Verfolgtes Ziel des Zustimmungsvorbehaltinstruments ist die Abwehr von Gesellschaftsschäden. Hierzu sind die Mitglieder des Aufsichtsrats auch über reine Gesetzmäßigkeitserwägungen verpflichtet 130. Eine verweigerte Zustimmung führt zur Wiedervorlage an die Hauptversammlung gemäß § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG. Wegen der sachlichen (Primär-)Zuständigkeit der Hauptversammlung verdichtet sich das Vorstandsermessen zu einer Pflicht zur Vorlage an die Anteilseignerversammlung. Der Ersetzungsbeschluss der Hauptversammlung kann zugleich Bestätigungsbeschluss im Sinne des § 244 AktG sein. Entfaltet dieser Heilungswirkung, gilt der Hauptversammlungsbeschluss als gesetzmäßig und löst eine entsprechende Ausführungspflicht des Vorstands aus. Hierauf kann sich der Vorstand nach § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG und der Aufsichtsrat nach §§ 93 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. 116 Satz 1 AktG 131 berufen. d) Ergebnis Wie das Zustimmungsvorbehaltsrecht nach „unten“ hin beschränkt ist, so gibt es auch Schranken nach „oben“, bei deren Überschreiten Maßnahmen der Geschäfts127

Hüffer, AktG, § 93 Rn. 25. Hefermehl / Spindler in: MünchKomm.AktG, § 93 Rn. 112; a. A. Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 41 ff., 326 ff. (Anfechtbarkeit bei jeder pflichtwidrigen Schädlichkeit). 129 Dann ebenfalls keine Ausführungspflicht des Vorstands, Habersack in: Großkomm.AktG, § 83 Rn. 13. 130 Vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 556 („Die Aufsichtsratsmitglieder unterliegen auch bei gesetzmäßigen Beschlüssen der Hauptversammlung ihren umfassenden Überwachungspflichten.“). 131 Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 555. 128

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

leitung nicht (mehr) von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden dürfen. Hierzu zählen sowohl Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands, die der innergesellschaftlichen Willensbildung dienen, als auch solche Geschäfte, die entweder in die ausschließliche Zuständigkeit der Hauptversammlung oder des Vorstands fallen oder ohne Handlungsalternativen von Rechts wegen erfüllt werden müssen. Die Definition der Geschäftspolitik ist nicht Teil dieser ausschließlichen Zuständigkeit des Vorstands. Sich an ihr mit Hilfe von Zustimmungsvorbehalten zu beteiligen, ist nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht des Aufsichtsrats. Zustimmungsvorbehaltsbeschlüsse, die die jeweiligen Bedeutungsgrenzen überoder unterschreiten, sind nichtig 132. II. „Bestimmte Arten“ von Geschäften Nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG dürfen Zustimmungsvorbehalte nur für „bestimmte Arten“ von Geschäften festgelegt werden. Fraglich ist, ob es sich bei diesem gesetzlichen Erfordernis um eine weitere materielle Einschränkung des Zustimmungsvorbehaltsrechts handelt. 1. Sinn und Zweck der Einschränkung Die Begrenzung, Zustimmungsvorbehalte nur für bestimmte Arten von Geschäften vorsehen zu können, ist ihrem Sinn und Zweck nach ein gesetzliches Bestimmtheitserfordernis. Der Vorstand als Zustimmungsvorbehaltsadressat soll ohne weiteres diejenigen Geschäfte identifizieren können, die er dem Aufsichtsrat zwecks Zustimmungserteilung vorzulegen hat 133. Dadurch wird der Vorstand in seiner Leitungsautonomie geschützt. Er muss Klarheit darüber haben, ob und inwieweit seine Geschäftsführungsbefugnis in Bezug auf eine Geschäftsführungsmaßnahme durch ein Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats eingeschränkt ist. Die einem Zustimmungsvorbehalt unterworfenen Geschäfte müssen daher ihrer Art nach und gegebenenfalls von ihrem Umfang her hinreichend bestimmt sein.

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Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 697. Götz, ZGR 1990, 633, 640 (Vermeidung von „Grauzonen“); vgl. auch Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 398; Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 69. 133

§ 4 Inhalt und Reichweite des Zustimmungsvorbehaltsrechts

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2. Anforderungen an die Bestimmtheit eines Zustimmungsvorbehalts a) Bestimmung der Art nach Der Art nach erfolgt die Konkretisierung anhand genereller Kriterien 134, also insbesondere durch die Bestimmung des Geschäftstypus (z. B. Kauf und Verkauf von Beteiligungen, Immobilien, Lizenzen usw., der Abschluss und die Beendigung von Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291, 292 AktG, die Aufnahme und Gewährung von Krediten) sowie weiterer geschäftsbezogener Merkmale (z. B. Gründung und Schließung ausländischer Niederlassungen). Ihrer Art nach unbestimmt sind mit der herrschenden Lehre Generalklauseln, die „alle bedeutenden Geschäfte“ oder „alle außergewöhnlichen Geschäfte“ der Zustimmung des Aufsichtsrats unterwerfen 135. Entgegen teilweise vertretener Ansicht gilt das Gleiche für sogenannte Auffangklauseln, die im Anschluss an einem konkreten Zustimmungskatalog in Entsprechung des Deutschen Corporate Governance Kodex „sonstige Maßnahmen der Geschäftsführung, die die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens grundlegend verändern“, an die Zustimmung des Aufsichtsrats knüpfen 136. Schwieriger zu beurteilen sind dagegen solche Klauseln, die zwar ebenfalls die Zustimmungsbedürftigkeit von einer bestimmten Wirkung des zunächst nicht näher bestimmten Geschäfts abhängig machen (z. B. „Geschäfte, die zu einer wesentlichen Änderung der Unternehmensentwicklung führen“), anschließend aber durch eine beispielhafte Aufzählung konkreter Geschäftsmaßnahmen eine Vorstellung darüber vermitteln, welche Geschäfte die vorausgesetzte Wirkung entfalten können (z. B. „ . . . , insbesondere die Aufnahme neuer Geschäftszweige und die Einstellung oder wesentliche Einschränkung bisheriger Geschäftszweige“ 137). Im Gegensatz zur „Auffangklausel“ erhält der Vorstand hier auf einen bestimmten Fall zustimmungspflichtiger Maßnahmen bezogene Beispiele, anhand deren er grundsätzlich in der Lage sein wird, auch nicht aufgezählte Geschäfte wegen ihrer Vergleichbarkeit richtig einzustufen. Dies wird man mit Blick auf die Vielfältigkeit möglicher Fallgestaltungen als ausreichend ansehen müssen. Der Bestimmtheitsgrundsatz geht nicht so weit, dass der Vorstand von jeglicher Auslegungsarbeit verschont bleiben muss. Gewisse Auslegungsspielräume lassen sich ohnehin nicht vermeiden. Dennoch gilt: Unbestimmte Zustimmungsvorbehalte sind – unabhän134

Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 643. Anstelle anderer: Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 399 m. w. N. in Fn. 306. 136 So Feddersen in: Hommelhoff / Hopt / v.Werder (Hrsg.), Hdb. Corporate Governance, S. 441, 445; Peltzer, Deutsche Corporate Governance, S. 171; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 644. 137 Das Beispiel stammt aus dem Katalogvorschlag von Peltzer, Deutsche Corporate Governance, S. 170 (Ziffer 2.). 135

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

gig von ihrem Verfasser (Satzungsgeber oder Aufsichtsrat) – unwirksam; es bleibt dann bei der alleinigen Geschäftsführungszuständigkeit des Vorstands 138. Und Interpretationsprobleme gehen im Zweifel zu Lasten der Mitentscheidungsbefugnis des Aufsichtsrats. b) Bestimmung dem Umfang nach Wegen der materiellen Zustimmungsvorbehaltsgrenze (Geschäfte von erheblicher Bedeutung) ist es erforderlich, das zustimmungspflichtige Geschäft auch seinem Umfang nach zu bestimmen. Denn nicht jede Kredit- oder Spendengewährung stellt ein zustimmungsvorbehaltsfähiges Geschäft dar; Geschäfte ohne erhebliche Bedeutung für die Gesellschaft scheiden aus. Als Instrumente hierfür bieten sich entsprechende Betragsgrenzen (z. B. die Veräußerung eigener Grundstücke, soweit dabei im Einzelfall oder insgesamt im Laufe eines Geschäftsjahres ein Betrag von x Euro überschritten wird) oder Prozentsätze (z. B. Investitionsvorhaben, deren Umfang mehr als 10 Prozent des Grundkapitals beträgt) 139 an, deren Über- oder Unterschreiten erst das Geschäft zustimmungspflichtig macht. Dass das Geschäft nicht nur bei Über- oder Unterschreiten der festgelegten Grenze im Einzelfall zustimmungspflichtig sein soll, sondern auch dann, wenn es erst mit anderen gleichartigen Geschäften zusammen den relevanten Schwellenwert erreicht, schadet dann nicht, wenn feststeht, welche Geschäfte bei der Addition bzw. Gesamtschau zu berücksichtigen sind. Hinreichend konkret ist etwa die Bezugnahme auf das jeweils laufende Geschäftsjahr (vgl. das Beispiel oben). Ist die Grenze über- bzw. unterschritten, sind alle weiteren Geschäfte auch dann zustimmungspflichtig, wenn sie es isoliert betrachtet nicht wären. Die bis dahin bereits umgesetzten Maßnahmen bleiben freilich zustimmungsfrei. Nach dem eben Ausgeführten steht mithin fest, dass die in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG enthaltenen Wörter „bestimmte Arten“ der Identifizierung zustimmungspflichtiger Geschäfte dienen. Die einem Zustimmungsvorbehalt unterworfenen Geschäfte müssen ihrer Art und (gegebenenfalls) ihrem Umfang nach so konkret beschrieben sein, dass der Vorstand ohne große Interpretationsprobleme weiß, wann er die Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen hat. Unbestimmte Zustimmungsvorbehalte sind unwirksam. Bei der Konkretisierungspflicht handelt es sich damit um eine formelle Einschränkung des Zustimmungsvorbehaltsrechts. Auf die materielle Reichweite von Zustimmungsvorbehalten haben die Begriffe „bestimmte Arten“ indessen keinen Einfluss; diese ergibt sich allein aus dem aktienrechtlichen Kompetenzgefüge 140. 138

Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 398. Zu den Beispielen vgl. den Zustimmungskatalog bei Peltzer, Deutsche Corporate Governance, S. 170 f. 140 Ebenso Götz, ZGR 1990, 633, 640. 139

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3. Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit von Einzelmaßnahmen Im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal „bestimmte Arten von Geschäften“ ist umstritten, ob bzw. in welchem Umfang auch einzelne Geschäfte von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden können. a) Meinungsstand Teilweise wurde 141 und wird 142 gegen die Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit von Einzelgeschäften eingewandt, ein einzelnes Geschäft sei keine bestimmte Art von Geschäften, weshalb nach dem Gesetzeswortlaut die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten nur generell erfolgen dürfe 143. Durch den Zwang des Aufsichtsrats, sich von Anfang an auf „bestimmte Arten“ zustimmungsbedürftiger Geschäfte festzulegen, werde der Vorstand in seiner eigenverantwortlichen Geschäftsführungsbefugnis gestärkt, indem ihm ein kalkulierbarer Freiraum erhalten bleibe. Zustimmungsvorbehalte auch für Einzelgeschäfte zu akzeptieren hieße demgegenüber, den Vorstand ständig unvorhergesehenen Eingriffen des Aufsichtsrats auszusetzen 144. Vereinzelt wird die Vorbehaltsunfähigkeit von Einzelgeschäften auch damit begründet, dass der Aufsichtsrat durch die Neufassung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nunmehr zur Aufstellung eines Zustimmungskatalogs verpflichtet sei mit der Folge, weitere Einzelgeschäfte, die nicht diesem Katalog unterfielen, nicht von seiner Zustimmung abhängig machen zu dürfen 145. Nach herrschender Meinung sollen dagegen auch Einzelgeschäfte der Zustimmung des Aufsichtsrats unterworfen werden können, allerdings nur in besonderen Ausnahmefällen 146, wenn dies zur Abwendung „schwerer Schäden“ 147 von der Gesellschaft oder „drohender Rechtsverletzungen“ 148 notwendig ist oder es sich um ein Geschäft von „herausragender Bedeutung“ 149 für die Gesellschaft handelt. 141 Vgl. etwa Semler, Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats, S. 82; Hoffmann, Der Aufsichtsrat, 3. Aufl. 1994, Rn. 304. 142 Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 152; Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 8 (mit dem Wortlaut und Sinn des Gesetzes schwerlich vereinbar). 143 So noch Semler, Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats, S. 82 (anders aber in der aktuellen Auflage, Leitung und Überwachung, Rn. 218). 144 Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 151 f. 145 Kort in: Großkomm.AktG, Vor § 76 Rn. 12. 146 Drygala in: Karsten Schmidt / Lutter, AktG, § 111 Rn. 45. 147 Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 413; ders. in: FS Doralt, S. 609, 612 (Existenz bedrohende Gefährdung). 148 Dies wird häufig aus der Entscheidung BGHZ 124, 111 (Vereinte Krankenversicherung) geschlossen. Das Urteil sagt allerdings nur, dass Zustimmungsvorbehalte auch ad hoc beschlossen werden können und sich diese Möglichkeit zu einer Pflicht verdichtet, wenn dies erforderlich ist, um eine gesetzeswidrige Geschäftsführungsmaßnahme zu unterbinden.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

b) Stellungnahme Weder die ablehnende Ansicht noch die herrschende, ein besonders bedeutsames Geschäft fordernde Sicht vermag indessen zu überzeugen. Einzelgeschäfte können vielmehr ohne weitere Voraussetzungen mit einem Zustimmungsvorbehalt versehen werden. Zunächst schließt der Wortlaut („bestimmte Arten“) die Einbeziehung von Einzelgeschäften in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht aus 150. Ein einzelnes Geschäft lässt sich immer auch einer bestimmten Geschäftsart zuordnen. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man im Wege eines „Erst-recht-Schlusses“ Einzelgeschäfte als Minus in den Begriffen „bestimmte Arten von Geschäften“ enthalten sieht 151. Sieht man darüber hinaus den Sinngehalt der „Beschränkung“ des Anordnungsrechts auf „bestimmte Arten“ von Geschäften in der Identifizierbarkeit zustimmungspflichtiger Geschäfte (siehe oben), kann es keinen Unterschied machen, ob sich ein bestimmtes Geschäft erst durch dessen Zuordnung mit Hilfe des – gegebenenfalls noch zu erweiternden – abstrakten Katalogs als zustimmungspflichtig erweist oder ob es sogleich durch den Aufsichtsrat ad hoc für zustimmungspflichtig erklärt wird. Entscheidend, aber auch ausreichend ist, dass das zustimmungsvorbehaltene Geschäft klar definiert ist 152. Die Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit von Einzelgeschäften führt auch nicht etwa zu einer weiteren Einschränkung der Leitungsautonomie des Vorstands. Denn auch bei ad hoc angeordneten Zustimmungsvorbehalten für einzelne Geschäfte gelten die jeweiligen Bedeutungsgrenzen. Dagegen wäre es mit dem Zweck des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, dem Aufsichtsrat ein besonders effektives Instrument zur Vermeidung unternehmerischer Fehlentwicklungen an die Hand zu geben, nicht vereinbar, den Aufsichtsrat zunächst darauf zu verweisen, seinen Zustimmungskatalog um die betreffende Geschäftsart zu erweitern – rechtlich ist er hierzu durchaus imstande –, bevor er die konkrete Maßnahme von seiner Zustimmung abhängig machen darf. Ein solches Katalogverständnis des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG führt insbesondere dort nicht weiter, wo es um die Vermeidung rechtswidriger Maßnahmen geht. Die Vielfältigkeit möglicher Rechtsverstöße ist schier grenzenlos, und generalklauselartige Zustimmungsvorbehalte (etwa „alle rechtswidrigen bzw. rechtlich bedenkliDass Einzelvorhaben nur in solchen und keinen anderen Situationen zustimmungsvorbehaltsfähig sind, geht aus dem Urteil indessen nicht hervor. 149 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 218 (außerordentliches Einzelvorhaben); Hoffmann / Preu, Der Aufsaichtsrat, Rn. 304 (besonders wichtig); Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 43 (besonders bedeutsam); Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 110 (herausragende Bedeutung); Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 23; Schiedermair / Kolb in: Beck AG-HB, § 7 Rn. 81. 150 Ebenso v. Mettenheim, DB 1977, 447, 448: § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG trifft keine Unterscheidung zwischen einem generellen und einem individuellen Zustimmungsvorbehalt. 151 So, im Ergebnis jedoch ablehnend, Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 151. 152 Ebenso Götz, ZGR 1990, 633, 643.

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chen Geschäfte“) verbieten sich. Schon deswegen überzeugt auch der Standpunkt nicht, die Neufassung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG durch den TransPuG-Gesetzgeber schließe es aus, im Vorbehaltskatalog nicht berücksichtigte Einzelgeschäfte für zustimmungspflichtig erklären zu können 153. Aus der Neufassung folgt nur, dass Geschäfte von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft einem Aufsichtsratsvorbehalt unterworfen werden müssen. Damit ist aber weder gesagt, in welcher Weise dies zu erfolgen hat, noch dass ein Vorbehaltskatalog in der Weise abschließend ist, dass bislang nicht erfasste Geschäfte ad hoc unberücksichtigt bleiben müssen. Die in der Neufassung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zum Ausdruck gebrachte Pflicht zur verstärkten Präventivkontrolle setzt vielmehr voraus, dass es dem Aufsichtsrat stets möglich ist, im Einzelfall flexibel zu reagieren. Nimmt man dies in den Blick, so ist entgegen der herrschenden Meinung auch nicht einzusehen, warum individuelle Geschäftsvorhaben nur dann einem Vorbehalt zugänglich sein sollen, wenn sie eine besonders herausragende Bedeutung für die Gesellschaft aufweisen, also die sonst für bestimmte Arten von Geschäften erforderliche Gewichtigkeitsgrenze deutlich überschreiten 154 (von praktischen Abgrenzungsschwierigkeiten einmal abgesehen). Weder der Wortlaut noch der Gesetzeszweck erzwingen dies. Individualgeschäfte sind daher in gleicher Weise wie generelle Geschäfte zustimmungsvorbehaltsfähig, sofern sie nur die für die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten erforderliche Bedeutung für die Gesellschaft aufweisen und dem Bestimmtheitsgrundsatz genügen. 4. Ergebnis Die Gesetzesbegriffe „bestimmte Arten von Geschäften“ dienen der Identifikation zustimmungspflichtiger Geschäfte durch den Vorstand. Sie bilden damit ein formelles Bestimmtheitserfordernis, stellen aber keine weitere materielle Einschränkung dar. Die Zustimmungspflichtigkeit setzt voraus, dass das Geschäft seiner Art und seinem Umfang nach hinreichend bestimmt ist. Nicht ausgeschlossen sind zum Teil unvermeidbare Auslegungsspielräume. Im Zweifel gehen jedoch Interpretationsprobleme zu Lasten des Aufsichtsrats. Die Begriffe „bestimmte Arten von Geschäften“ hindern den Aufsichtsrat nicht, einzelne Geschäfte von seiner Zustimmung abhängig zu machen. Sie unterliegen bei der Festlegung von Zustimmungsvorbehalten den gleichen materiellen und formellen Anforderungen wie bestimmte Arten von Geschäften auch.

153 154

Vgl. ebenso Lieder, DB 2004, 2251, 2253; zustimmend Fonk, ZGR 2006, 841, 851 f. So zu Recht Götz, ZGR 1990, 633, 643.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

B. Rechtslage in der GmbH I. Gestaltungsfreiheit im GmbH-Recht Für die AG ergibt sich aus § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG, dass das Recht des Aufsichtsrats bzw. des Satzungsgebers, gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG bestimmte Arten von Geschäften von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig zu machen, durch die Satzung weder entzogen noch begrenzt werden kann 155. Eine entsprechende Vorschrift existiert im GmbH-Gesetz nicht. Im GmbH-Recht dominiert vielmehr der Grundsatz der Satzungsfreiheit (vgl. §§ 45 und 52 Abs. 1 a. E. GmbHG). Fraglich ist daher, inwieweit die Gesellschafter im Wege ihrer Privatautonomie das Zustimmungsvorbehaltsrecht des Aufsichtsrats einschränken oder ausdehnen können. Dabei gilt es, zwischen nicht mitbestimmter (I.) und mitbestimmter GmbH (II.) zu unterscheiden. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine besonderen Bestimmungen über das Zustimmungsvorbehaltsrecht des Aufsichtsrats, bleibt es also bei der Anwendung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG kraft gesetzlicher Verweisung, gelten die zur Aktiengesellschaft gemachten Ausführungen entsprechend sowohl für den fakultativen als auch für den obligatorischen GmbH-Aufsichtsrat. Das gilt nicht nur für die Pflicht zur Festlegung „grundlegend bedeutender“ Geschäfte, sondern auch für die „untere“, ein Geschäft von erheblicher Bedeutung fordernde Mindestgrenze. Zwar fehlt im GmbH-Gesetz eine dem § 76 Abs. 1 AktG vergleichbare Norm, die den Geschäftsführern eine eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft garantiert. Ebenso wenig existiert ein allgemeiner Grundsatz, wonach den Geschäftsführern ein Mindestbereich autonomen Geschäftsführungsermessens zustehen muss. Dennoch wird man ohne abweichende Satzungsregelung die angeführten Bedeutungsgrenzen analog zum Aktienrecht auch im Verhältnis Aufsichtsrat – Geschäftsführung fordern müssen. Denn von seiner Ausgangslage geht auch das GmbHGesetz davon aus, dass die Leitung der Gesellschaft von den Geschäftsführern wahrgenommen wird (vgl. Dritter Abschnitt GmbHG, der von „Vertretung und Geschäftsführung“ spricht). Bleibt es bei dieser Kompetenzverteilung, ist diese auch für die GmbH-rechtliche Bestimmung des Zustimmungsvorbehaltsrechts relevant und eine Teilnahme des Aufsichtsrats an der Geschäftsführung ist auf Geschäfte von „erheblicher“ Bedeutung zu beschränken. 1. Gestaltungsfreiheit in der mitbestimmungsfreien GmbH Für den fakultativen Aufsichtsrat regelt § 51 Abs. 1 a. E. GmbHG ausdrücklich, dass die Anwendbarkeit des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG einer Bestimmung durch den Gesellschaftsvertrag zugänglich ist. Das Gesetz stellt damit nicht nur das „Ob“, 155

Vgl. Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 590.

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sondern auch Inhalt und Umfang des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zur Disposition der Gesellschafter. Bei näherer Betrachtung der gesetzlichen Mittelausstattung des fakultativen Aufsichtsrats zeigt sich jedoch, dass der Gestaltungsfreiheit jedenfalls „nach unten“ hin Grenzen gesetzt sind: a) Vollständige Entziehbarkeit des Zustimmungsvorbehaltsrechts nur bei Kompensation durch gleichwertige Einwirkungsmittel Nach ganz herrschender Meinung liegt es im Ermessen der Gesellschafter, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG durch gesellschaftsvertragliche Regelung ganz auszuschließen 156. Das erscheint auf den ersten Blick auch einleuchtend, weil schon auf den fakultativen Aufsichtsrat insgesamt verzichtet werden kann. Entscheiden sich die Gesellschafter aber für die Einführung eines Aufsichtsrats und richtet man das Augenmerk auf das konstitutive Überwachungsmoment des Kontrollorgans (vgl. dazu oben § 2 A. II. 1. a)), so ist jedoch zweifelhaft, ob die von der herrschenden Meinung vertretene Ansicht in dieser Allgemeinheit zutrifft. Zu bedenken ist nämlich, dass eine effektive Kontrolle ohne entsprechende Einwirkungsinstrumentarien nicht möglich ist. Entzieht man aber dem Aufsichtsrat sein Zustimmungsvorbehaltsrecht, so sieht sich der Aufsichtsrat ohne Druckmittel gegenüber der Geschäftsführung. Da dem fakultativen GmbH-Aufsichtsrat weder gesetzliche Kompetenzen in Personal- noch in Finanzangelegenheiten zukommen und auch sonst seine Stellung in der Gesellschaft wegen der nur beschränkten Bezugnahme auf das Aktiengesetz in § 52 Abs. 1 GmbHG weit hinter derjenigen des AG-Aufsichtsrats zurücksteht (von der Verweisung nicht erfasst sind etwa §§ 77, 87, 88, 89, 124 Abs. 3, 172 AktG), würde sein Überwachungsauftrag inhaltlich nicht weiter gehen als der eines Beraters der Geschäftsführung. Einem „Aufsichtsrat“ aber, der nur beratende Funktionen erfüllt, fehlt das konstitutive Überwachungsmoment. Er ist folglich kein Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG 157. Der Rechtsverkehr würde somit in seiner Annahme enttäuscht, neben der Gesellschafterversammlung (vgl. § 46 Nr. 6 und § 62 GmbHG) ein zusätzliches Kotrollgremium vorhanden zu wissen. Die Möglichkeit des Aufsichtsrats, die Gesellschafterversammlung gemäß § 111 Abs. 3 AktG i. V. m. § 52 Abs. 1 GmbHG einzuberufen, wenn es das Wohl der Gesellschaft erfordert, hilft hierüber nicht hinweg 158. Ein Zustimmungsvorbehalt zwingt nämlich die Geschäftsführung, den Aufsichtsrat in bedeutende Geschäftsvorhaben rechtzeitig miteinzubinden, um 156 Anstelle aller: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 130; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 10a; Altmeppen in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 52 Rn. 20; Deilmann, BB 2004, 2253, 2254. 157 Eingehend: Müller / Wolff, NZG 2003, 751 ff.; vgl. auch Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 52; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 10; Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 9 f.; vgl. auch oben § 2 A. II. 1. a). 158 Siehe aber Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 130.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

eine gemeinsame Entscheidung fällen zu können. Das Recht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung löst diesen Druck auf die Geschäftsführer nicht aus. In der Folge ist der Aufsichtsrat weniger gut informiert und seine Reaktionszeit stark eingeschränkt. Hinzu kommt, dass auch das Einberufungsrecht des § 111 Abs. 3 AktG zur Disposition der Gesellschafter steht und damit ebenso ausgeschlossen werden kann 159. Mit Blick hierauf ist der vollständige Ausschluss des Zustimmungsvorbehaltsrechts nur dann zulässig, wenn er durch die gesellschaftsvertragliche Zuerkennung anderer, gleichwertiger Einwirkungsmittel kompensiert wird (z. B. Übertragung der Personalhoheit [Entscheidung über die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer und / oder über die Entlastung derselben, vgl. § 46 Nr. 5 GmbHG], unentziehbares Recht auf Einberufung der Gesellschafterversammlung mit eigenem Antragsrecht über die Voraussetzungen des § 111 Abs. 3 AktG hinaus, die [teilweise] Einräumung von Weisungsrechten gegenüber den Geschäftsführern). Entscheidend für die Entziehbarkeit des Zustimmungsvorbehaltsrechts ist daher stets, ob der Aufsichtsrat nach Wegfall des Vorbehaltsinstruments noch effektiv überwachen kann oder nur noch die Rolle eines Beraters wahrnimmt (dann kein Aufsichtsrat im eigentlichen Sinne). b) Inhaltliche Ausgestaltung des Zustimmungsvorbehaltsrechts aa) Inhaltliche Beschränkung des Zustimmungsvorbehaltsrechts Weniger Bedenken bestehen hinsichtlich der inhaltlichen Beschränkung des Zustimmungsvorbehaltsrechts. So wird man einem fakultativen Aufsichtsrat nicht schon deshalb seine Überwachungsqualität absprechen können, weil sich sein Vorbehaltsinstrument nur auf „grundlegend bedeutende“ oder „existenzverändernde“ Geschäfte oder nur auf bestimmte Geschäftsarten (nur Kreditgewährungen, ausgewählte Investitionsentscheidungen, Beteiligungsgeschäfte usw.) beschränkt. Dasselbe gilt für eine einschränkende Regelung, wonach das Zustimmungsvorbehaltsrecht nur zur Rechtmäßigkeitskontrolle eingesetzt werden darf, eine unternehmerische Mitwirkung des Aufsichtsrats an Geschäftsführungsentscheidungen also ausgeschlossen sein soll. Möglich ist es auch, den Aufsichtsrat von der neu eingeführten Pflicht zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten zu „befreien“ und es insoweit beim „alten“ Ermessen des Aufsichtsrats zu belassen. Die Grenze inhaltlicher Einschränkbarkeit des Zustimmungsvorbehaltsrechts setzt auch hier entsprechend dem Vorangestellten die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats. Dabei sind die Besonderheiten des jeweiligen Unternehmens zu berücksichtigen. Ohne entsprechende Mittelkompensation kann sich daher auch die Ausklammerung nur weniger, aber wesentlicher Überwachungsfelder aus dem Einsatzradius des Zustimmungsvorbehaltsrechts negativ auf die Aufsichtsratsqualität auswirken. 159

Was noch bleibt, ist freilich die Möglichkeit, die Gesellschafter zu informieren.

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bb) Inhaltliche Erweiterung des Zustimmungsvorbehaltsrechts Können dem fakultativen Aufsichtsrat demgegenüber in umgekehrter Richtung Geschäftsführungsaufgaben übertragen werden, insbesondere Weisungsrechte gegenüber den Geschäftsführern eingeräumt werden 160, so spricht dies für die Zulässigkeit einer inhaltlichen Erweiterung des Zustimmungsvorbehaltsrechts. Im Gesellschaftsvertrag kann daher bestimmt werden, dass vom Zustimmungsvorbehaltsrecht auch weniger bedeutende Routinegeschäfte erfasst werden können oder gar Gesellschafterbeschlüsse von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden können. So kann dem Aufsichtsrat beispielsweise ein entsprechendes Vetorecht hinsichtlich der Bestimmung der Geschäftspolitik oder strukturändernder Entscheidungen der Gesellschafter eingeräumt werden. Gesellschaftsvertraglich vereinbaren ließe sich auch, dass die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats Vorrang gegenüber anderslautenden Gesellschafterweisungen haben soll 161. Mit Blick auf die Satzungshoheit der Gesellschafterversammlung erscheint dies unproblematisch, mag im letzten Fall für das „Zurückholen“ der sachlichen Letztentscheidungsbefugnis der Gesellschafter auch eine entsprechende Satzungsänderung erforderlich sein. c) Ergebnis Der Wortlaut des § 52 Abs. 1 a. E. GmbHG lässt es zu, durch gesellschaftsvertragliche Regelung Geltung und Inhalt des Zustimmungsvorbehaltsrechts abweichend von der aktiengesetzlichen Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zu bestimmen. Ohne weiteres gilt dies für die inhaltliche Ausweitung des Zustimmungsvorbehaltsrechts. Demgegenüber ist die Dispositionsfreiheit begrenzt, wenn es um die Einschränkbarkeit des Vorbehaltsinstruments geht. Das Zustimmungsvorbehaltsrecht lässt sich nur insoweit eingrenzen, als der fakultative Aufsichtsrat dadurch nicht seine Qualität als Kontrolleur verliert. Entscheidend ist daher, ob die Beschränkung des Zustimmungsvorbehaltsrechts durch die vertragliche Zuerkennung anderer, gleichwertiger Überwachungsmittel kompensiert wird. 2. Eingeschränkter Gestaltungsspielraum in der mitbestimmten GmbH In der mitbestimmten GmbH stellt sich die Rechtslage anders dar. Dort fehlt den jeweiligen Verweisungsnormen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG) ein entsprechender (vgl. § 52 Abs. 1 a. E. GmbHG) Hinweis auf die Satzungsfreiheit. Zwar steht damit noch nicht gleich fest, dass § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ebenso zwingend für die GmbH ist, wie dies bei der AG der Fall ist. Denn trotz der Verweisungen ins Aktienrecht beanspruchen GmbH-rechtliche 160 161

Vgl. oben § 2 A. II. 2. a). Vgl. Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 22.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

Besonderheiten weiterhin ihre Geltung und sind bei der Anwendung aktiengesetzlicher Normen zu berücksichtigen 162. Insbesondere für den Aufsichtsrat nach MitbestG ließe sich anführen, dass ihm nach Entzug des Zustimmungsvorbehaltsrechts immer noch seine Personalkompetenz als effektives Druckmittel bei der Geschäftsführerüberwachung bliebe (vgl. § 31 Abs. 1 MitbestG i. V. m. § 84 Abs. 1 AktG). a) Unzulässigkeit das Zustimmungsvorbehaltsrecht einschränkender Regelungen Die gesetzlich vorgeschriebene Anwendbarkeit des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG in der mitbestimmten GmbH bringt jedoch den gesetzgeberischen Willen zum Ausdruck, dem mit Arbeitnehmern (mit-)besetzten Aufsichtsrat eine „Mindestzuständigkeit in sachlichen Angelegenheiten des Unternehmens“ sichern zu wollen 163. Mit der herrschenden Meinung 164 ist es daher unzulässig, das Zustimmungsvorbehaltsrecht durch die Satzung einzuschränken oder zu beseitigen. b) Zulässige Erweiterbarkeit des Zustimmungsvorbehaltsrechts Demgegenüber ist es erlaubt, das Zustimmungsvorbehaltsrecht in gleicher Weise wie auch bei der GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat gesellschaftsvertraglich zu erweitern und damit die Kompetenzen des mitbestimmten Aufsichtsrats auszubauen – vorausgesetzt freilich, man folgt dem hier vertretenen Standpunkt, dass auch dem Pflichtaufsichtsrat Aufgaben der Geschäftsführung übertragen werden können (siehe oben § 2 A. II. 2. b)) 165.

162 Vgl. Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 145; Hölters, BB 1978, 640, 643. 163 So Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 92 („Vorrang des MitbestG“); ebenso schon Fitting / Wlotzke / Wissmann, MitbestG, § 25 Rn. 68 („Mindestzuständigkeit in wichtigen Angelegenheiten der Geschäftsführung“). 164 Vgl. Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 92; Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 64; Koppensteiner in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 52 Rn. 43; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 231; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 131; Säcker, DB 1977, 1845, 1848 f.; Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 152; Immenga, ZGR 1977, 249, 261 f.; Wank, GmbHR 1980, 124; Deilmann, BB 2004, 2253, 2254; a. A. Hoffmann / Neumann, GmbHR 1976, 149, 152; Hölters, GmbHR 1978, 640, 643. 165 Ebenso für erweiterbar Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 29.

§ 4 Inhalt und Reichweite des Zustimmungsvorbehaltsrechts

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c) Ergebnis Als Ergebnis steht damit fest, dass das Zustimmungsvorbehaltsrecht des Aufsichtsrats einer mitbestimmten GmbH weder entzogen noch eingeschränkt, wohl aber seinem Inhalt und Umfang nach gesellschaftsvertraglich erweitert werden kann. II. Zustimmungsvorbehaltsresistenz von angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahmen? Anders als bei der Aktiengesellschaft (vgl. § 119 Abs. 2 AktG) nimmt die Anteilseignerversammlung in der GmbH auch in Geschäftsführungsfragen eine entscheidungserhebliche Rolle ein. Sowohl bei der GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat als auch bei der mitbestimmten GmbH ist die Gesellschafterversammlung wegen ihrer Finanz- und Personalhoheit 166 sowie ihrer weitreichenden Weisungsbefugnisse oberstes Gesellschaftsorgan. Die Folge ist ein gesetzlich nicht gelöstes Konkurrenzproblem 167 zwischen Weisungen der Gesellschafter und Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats. Fraglich ist, ob von der Gesellschafterversammlung angewiesene Geschäftsführermaßnahmen zustimmungsvorbehaltsresistent sind mit der Folge, dass im Umfang der Weisung das Zustimmungsvorbehaltsrecht des Aufsichtsrats erlischt und bereits bestehende Zustimmungsvorbehalte per se entfallen (teleologische Reduktion des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG im GmbHRecht). Wäre dies das Ergebnis, so hätten es die Gesellschafter in der Hand, das Mitwirkungsrecht des Aufsichtsrats durch entsprechende Weisungen auszuhebeln. So könnten die Gesellschafter etwa anordnen, dass vom Aufsichtsrat für zustimmungspflichtig erklärte Geschäfte zuerst der Gesellschafterversammlung zwecks Entscheidung darüber vorzulegen sind. Eine als Weisung ausgeformte Zustimmungsentscheidung der Gesellschafter hätte danach das „Aus“ der nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG vorgesehenen Mitentscheidung des Aufsichtsrats zur Folge. 1. Ansichten aus dem Schrifttum Der dargestellte Konflikt zwischen Weisungen der Gesellschafterversammlung und Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats wird in der Lehre unterschiedlich gelöst. Es stehen sich im Wesentlichen drei Ansichten gegenüber:

166 In der GmbH im Anwendungsbereich des MitbestG ist allerdings der Aufsichtsrat nach § 31 Abs. 1 MitbestG für die Bestellung und den Widerruf der Geschäftsführer zuständig. 167 Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 89; ders., BB 1976, 145, 150; Wank, GmbHR 1980, 121, 124.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

a) Die Ansicht von Duden Nach der namentlich von Duden vertretenen Auffassung soll sich die Aufsichtsratsüberwachung auch auf Entscheidungen des Anteilseignerorgans erstrecken. Soweit nämlich Überwachungsgegenstand „die Geschäftsführung“ sei, sei es gleich, wer diese Entscheidung treffe, die Geschäftsführer oder die Gesellschafter 168. Folgt man dem, macht es für das Zustimmungsvorbehaltsrecht keinen Unterschied, wer Initiator der Geschäftsführungsmaßnahme ist. Den anweisenden Gesellschaftern bleibt bei verweigerter Zustimmung dann nur noch die Möglichkeit, entsprechend dem Verfahren des § 111 Abs. 4 Sätze 3 und 4 AktG das Aufsichtsratsveto im Nachhinein mit Dreiviertelmehrheit zu ersetzen. b) Die Ansicht der „mitbestimmungsrechtlichen“ Literatur Die vornehmlich mitbestimmungsrechtliche Literatur geht für die mitbestimmte GmbH ebenfalls davon aus, dass das Zustimmungsvorbehaltsrecht auch angewiesene Geschäftsführermaßnahmen erfasst. Der Grund hierfür liegt aber anders als bei Duden in dem zwingenden Charakter der jeweils auf § 111 Abs. 4 AktG Bezug nehmenden Verweisungsnormen, die dem mit Arbeitnehmern besetzten Aufsichtsrat auch in der GmbH die Mitwirkung an bedeutenden Geschäftsführungsfragen ermöglichen sollen 169. Die Anteilseignerversammlung habe es daher auch nicht in der Hand, den Aufsichtsrat dadurch auszuschalten, dass sie von vornherein mit Dreiviertelmehrheit über die Angelegenheit beschließt. Umstritten ist lediglich, wie bei verweigerter Zustimmung zu verfahren ist, ob sich nämlich die Gesellschafterversammlung auch ohne entsprechende Vorlage durch die Geschäftsführer und damit entgegen § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG über die negative Aufsichtsratsentscheidung hinwegsetzen darf 170 oder aber die Geschäftsführer in solchen Fällen jedenfalls eine entsprechende Vorlagepflicht trifft 171.

168

Duden in: FS Fischer, S. 95, 96 ff., 99. Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 89 und 92, (vgl. bereits oben I. 2. a)); Fitting / Wlotzke / Wißmann, § 25 Rn. 68; vgl. auch Ballerstedt, GmbHR 1952, 177, 179; ders., ZGR 1977, 133, 153; Martens, ZHR 138 (1974), 179, 219 und 221; Baumann, ZHR 142 (1978), 557, 569; Säcker, DB 1977, 1845, 1848; Lutter, Mitbestimmung im Konzern, S. 58; wohl auch Mertens, ZGR 1977, 270, 282; im Ergebnis ebenso, aber mit anderer Begründung (konkrete Einzelweisungen der Gesellschafterversammlung entfalten gegenüber Geschäftsführern in der mitbestimmten GmbH schon keine Bindungswirkung) Vollmer, ZGR 1979, 135, 149 und 147. 170 So bspw. Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 67. 171 So etwa Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 90 (Vorlagepflicht auf Verlangen der Anteilseignerversammlung). 169

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c) Die wohl überwiegende Literaturmeinung Die wohl überwiegende Meinung schließt demgegenüber aus der Entscheidungsgewalt der Gesellschafter in allen Angelegenheiten der Geschäftsführung, dass eine durch Gesellschafterbeschluss 172 ergangene Weisung (vgl. § 37 GmbHG) an die Geschäftsführer einen entsprechenden Zustimmungsvorbehalt außer Kraft setzt 173. Weder komme das Verfahren nach § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG noch das Erfordernis einer Dreiviertelmehrheit nach § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG in Betracht 174. Ausreichend sei vielmehr eine mit einfacher Stimmenmehrheit herbeigeführte Anweisung (vgl. § 47 Abs. 1 GmbHG), die im Zweifel auch ohne vorherige Befassung des Aufsichtsrats mit der Angelegenheit für die Geschäftsführer verbindlich sei 175. Und dies gelte schließlich auch für die mitbestimmte GmbH, weil die Mitbestimmungesetze zu keiner Änderung der GmbH-spezifischen Entscheidungshierarchie führten 176. Nur soweit der Geschäftsführung bei Durchführung der Anweisung ein eigener Ermessensspielraum verbleibe, wirkten sich Zustimmungsvorbehalte aus 177. Folgt man dem, erweisen sich Geschäftsführermaßnahmen im Umfang der ihr zugrunde liegenden Gesellschafterweisung als zustimmungsvorbehaltsresistent.

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Ohne einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss können die Gesellschafter keine Weisungen erteilen, sondern nur unverbindliche Hinweise aussprechen; Lenz in: Michalski, GmbHG, § 37 Rn. 16. Dies gilt auch für einen Mehrheitsgesellschafter, der einen entsprechenden Beschluss herbeiführen könnte; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 31. Etwas anderes gilt nur für den Alleingesellschafter, vgl. dazu BGHZ 31, 258, 278. 173 Zöllner, ZGR 1977, 319, 327 f.; Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 143 f.; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 10a; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 927; Altmeppen in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 52 Rn. 21 und Rn. 43; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 754 (die Gesellschafter sollten aber vor Erteilung der Weisung den Aufsichtsrat hören; anders aber noch in Mitbestimmung im Konzern, S. 58); Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 233; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 23, § 52 Rn. 232 und Rn. 272; Meyer-Landrut in: Meyer-Landrut / Miller / Niehaus, GmbHG, § 52 Rn. 24; Koppensteiner in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 52 Rn. 13; Gaul / Otto, GmbHR 2003, 6, 11 f.; Müller in: Beck GmbH-HB, § 6 Rn. 51; Deilmann, BB 2004, 2253, 2256; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 234; offengelassen: BGHZ 135, 48, 55. 174 Für den fakultativen Aufsichtsrat Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 112. 175 Altmeppen in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 52 Rn. 43 (für den Aufsichtsrat nach MitbestG); Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 112 (für den fakultativen Aufsichtsrat). 176 Vgl. nur Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 272 mit Rn. 232; Altmeppen in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 52 Rn. 43; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 146 f. 177 Vgl. Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 65.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

2. Stellungnahme Die von der überwiegenden Meinung postulierte Zustimmungsvorbehaltsresistenz angewiesener Geschäftsführungsmaßnahmen überzeugt weder aus rechtsformspezifischen Überlegungen noch wird sie dem Sinn und Zweck des Vorbehaltsinstruments in der GmbH gerecht. a) Uneingeschränkte Legalitätskontrolle So verlangt zunächst die Überwachungsfunktion des § 111 Abs. 1 AktG auch die Überprüfung von Geschäftsführungsmaßnahmen, die auf Veranlassung der Gesellschafterversammlung durchgeführt werden sollen. Denn als Minimum umfasst die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats die Legalitätskontrolle – und hierzu muss es dem Kontrollorgan möglich sein, auf das ihm zur Verfügung stehende probate Mittel der Zustimmungsvorbehalte zurückzugreifen. Insoweit ist daher der von Duden vertretenen Ansicht beizutreten. Denn das Weisungsrecht der Gesellschafter (§ 37 Abs. 1 GmbHG) ist nicht stark genug, sich über Legalitätsfragen hinwegzusetzen 178. Und soweit der angewiesene Geschäftsführer dies im Rahmen seiner Ausführungsentscheidung zu berücksichtigen hat, kommen auch Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats eigenständige Bedeutung zu. Die Situation stellt sich daher nicht anders dar als im Aktienrecht. Auch dort sind Geschäftsführungsmaßnahmen, die lediglich dem Vollzug von Entscheidungen der Hauptversammlung dienen, nicht per se einem Aufsichtsratsveto entzogen 179. Im Einzelnen: Die Geschäftsführer sind an rechtswidrige Weisungen nicht gebunden 180. Das gilt uneingeschränkt für nichtige Gesellschafterbeschlüsse, die gegen die guten Sitten verstoßen oder im Widerspruch zum Gesetz oder der Satzung stehen 181. Der Geschäftsführer darf keine Weisungen befolgen, die zwingenden öffentlich-rechtlichen Pflichten wie beispielsweise solchen des Umwelt-, Kartelloder Steuerrechts zuwiderlaufen 182. Das Gleiche gilt für zwingende Bestimmungen des Gesellschaftsrechts. Zu denken ist etwa an Weisungen, gebundenes Vermögen entgegen § 30 GmbHG an die Gesellschafter auszuschütten oder entgegen § 64 178 Vgl. Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 151 (Klagebefugnis der Aufsichtsratsmitglieder einer mitbestimmten GmbH gegen rechtswidrige Gesellschafterweisungen); Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG, § 45 Rn. 134; ders. in: FS Semler, S. 329, 341 (Gesetzliche Anfechtungsbefugnis des obligatorischen Aufsichtsrats). 179 Vgl. oben A. I. 4. c) bb) (2). 180 BGHZ 125, 366, 372; OLG Frankfurt, GmbHR 1997, 346, 348; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 921; Uwe H. Schneider in: FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, S. 473, 477; ders. in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 50 ff.; Konzen, NJW 1989, 2977, 2981. 181 Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 127; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 20; Lenz in: Michalski, GmbHG, § 37 Rn. 19. 182 Statt vieler: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 51.

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GmbHG von der Stellung eines Insolvenzantrags abzusehen 183. Auch gegen die Satzung verstoßende Weisungen begründen jedenfalls dann keine Folgepflicht für die Geschäftsführer, wenn mit der Ausführung ein von der Satzung („abstrakt“ 184) abweichender rechtlicher Zustand begründet werden soll, es sich also nicht bloß um eine „punktuelle“ 185 Satzungsdurchbrechung handelt 186. b) Wahrung eines selbständigen Unternehmensinteresses Betont man darüber hinaus die autonome Kompetenz des Aufsichtsrats zur Wahrung eines selbständigen Unternehmensinteresses, wird man auch dort eine Eingriffsmöglichkeit des Aufsichtsrats bejahen müssen, wo mit der angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahme gesellschaftsfremde Interessen verfolgt bzw. einzelne Interessengruppen eindeutig beeinträchtigt werden 187. Zu denken ist dabei etwa an Weisungen, die wesentlichen Arbeitnehmerbelangen zuwiderlaufen 188 oder zur Gefährdung der Existenz der Gesellschaft führen (z. B. beim vollständigen Entzug der Liquidität auch unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 30 ff. GmbHG) 189. 183

Statt vieler: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 52. Vgl. Zöllner in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 53 Rn. 45. 185 Vgl. Zimmermann in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 53 Rn. 34. 186 Vgl. BGHZ 123, 15, 19; Zimmermann in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 53 Rn. 34. 187 So für den nach MitbestG mitbestimmten Aufsichtsrat Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 65 („Betrifft die Weisung ein bisher nicht vom Zustimmungsvorbehalt erfasstes, ungewöhnliches Geschäft, dessen Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse oder demjenigen der Arbeitnehmer als Teil hiervon zweifelhaft erscheint, so sind die Geschäftsführer doch grundsätzlich angehalten, den Aufsichtsrat zu informieren und ihm Gelegenheit zu geben, den Zustimmungsvorbehalt ggf. im Wege des ad hoc-Beschlusses hierauf zu erstrecken.“). 188 Nach teilweise vertretener Ansicht sind solche Weisungen (in der mitbestimmten GmbH) unzulässig und lösen schon keine Folgepflicht der Geschäftsführer aus, vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 42; Koppensteiner in: Rowedder / Schmidtleithoff, GmbHG, § 37 Rn. 29; a. A. Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 18. 189 In diesen Fällen keine Folgepflicht der Geschäftsführer, vgl. Konzen, NJW 1989, 2977, 2982; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 52; vgl. dazu auch Mertens, ZGR 1977, 270, 282 f.; Priester, ZIP 1989, 1301, 1303; Fleck, ZGR 1990, 31, 36 ff.; Ulmer in: FS Pfeiffer, S. 853, 870; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, Anh § 13 Rn. 27. Siehe auch § 64 Satz 3 in der Fassung des MoMiG v. 25. 5. 2007, wonach der Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter haftet, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs soll die Neuregelung § 30 Abs. 1 GmbHG ergänzen, „indem er auch Zahlungen erfasst, die zwar das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen nicht antastet, die aber die Zahlungsunfähigkeit herbeiführen müssen und tatsächlich auch herbeiführen“. An entsprechende Gesellschafterweisungen ist der Geschäftsführer nach der 184

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c) Keine Ausklammerung von Zweckmäßigkeitserwägungen Der Aufsichtsrat muss darüber hinaus aber auch befugt sein, angewiesene Geschäftsführungsmaßnahmen auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass anzunehmen ist, dass die Gesellschafter wesentliche Gesichtspunkte, die gegen die Durchführung der angewiesenen Maßnahme sprechen, übersehen haben. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Zustimmungsvorbehaltsrecht nicht nur Mittel zur Durchsetzung eigener unternehmerischer Vorstellungen des Aufsichtsrats ist, sondern vor allem der Vermeidung unternehmerischer Fehlentwicklungen dient. Und dabei ist nicht zu unterschätzen, dass der Aufsichtsrat schon wegen seiner Haftung für Überwachungsfehler die Risiken eines Geschäftsvorhabens im Einzelfall kritischer, insbesondere vorsichtiger beurteilen wird, als es die Gesellschafter möglicherweise getan haben 190. Dem einzelnen Gesellschafter trifft keine organschaftliche Pflicht, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu handeln 191. Und ebenso wenig ist er für die sorgsame Überwachung der Geschäftsführertätigkeit verantwortlich 192. Haftungsverantwortlich sind vielmehr nur der Aufsichtsrat und die Geschäftsführer, und zwar auch dafür, ob zweckwidrige bzw. unternehmensschädigende Gesellschafterbeschlüsse vollzogen werden sollen. Zwar entfalten auch sinnlose oder vermögensschädigende Weisungen sowohl für die Geschäftsführer als auch für Aufsichtsratsmitglieder grundsätzlich haftungsbefreiende Wirkung. Für Geschäftsführer folgt dies e contrario aus § 43 Abs. 3 GmbHG 193. Für den Aufsichtsrat ist die Freistellungswirkung aus allgemeinen Prinzipien zu entnehmen 194. Der fehlende Verweis auf § 93 Abs. 4 AktG in § 52 Abs. 1 GmbHG und den entsprechenden Mitbestimmungsgesetzen steht dem nicht entgegen 195. Bei schweren Bedenken hinsichtlich der Zweckmäßigkeit ist der Geschäftsführer jedoch verpflichtet, diese den Gesellschaftern vorzutragen, damit sie die Weisung aufheben oder abändern können 196. Das gleiche gilt dann aber erst recht für den Aufsichtsrat, Entwurfsbegründung ausdrücklich nicht gebunden, vgl. zum Ganzen BR-Drucks 354/07, S. 105 ff. 190 So die Überlegung von Ballerstedt, ZGR 1977, 133, 154. 191 Vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 23. 192 Vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 23 und 24. 193 Vgl. BGH, NJW 2000, 1571; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 33; Altmeppen in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 43 Rn. 85. 194 Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 74. 195 H. M., anstelle anderer: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 528; Altmeppen in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 52 Rn. 29 („ . . . der fehlende Verweis auf § 93 IV AktG besagt nichts anderes.“); Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 74 („Durch Nichtverweisung auf § 93 IV AktG darf nicht Missverständnis entstehen, der AR werde durch gesetzmäßigen Beschluss der Gesellschafter nicht freigestellt.“); Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 19. 196 Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 119.

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den eine gegenüber den Gesellschaftern unabhängige Verantwortung für das Wohl des Unternehmens trifft 197. Mit Blick darauf muss es dem Aufsichtsrat auch bei angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahmen möglich sein, Zweckmäßigkeitsbedenken mit Hilfe seines Vetorechts zum Ausdruck zu bringen. Im Vordergrund steht nicht, sich eine Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschafter zu sichern, sondern vielmehr auf mit der Anweisung verbundene Gefahren für das Unternehmen hinzuweisen 198. d) Die Ausführungsentscheidung des Geschäftsführers als Gegenstand der Überwachung Die Einbeziehung angewiesener Geschäftsführungsmaßnahmen in den Anwendungsbereich des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG bedeutet indessen keine Erweiterung der Überwachungsaufgabe um die Kontrolle auch der Gesellschafterentscheidungen. Diese ist nur Nebeneffekt. Es geht vielmehr darum, ob der angewiesene Geschäftsführer eine pflichtgemäße Ausführungsentscheidung trifft. Entscheidend ist nicht die formelle oder materielle Rechtmäßigkeit des Gesellschafterbeschlusses, sondern die materielle Recht- und Zweckmäßigkeit der Geschäftsführermaßnahme. Für die Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit spielt es daher keine Rolle, ob der die Geschäftsführungsmaßnahme veranlassende rechtswidrige Weisungsbeschluss lediglich anfechtbar ist. Und ebenso wenig ist von Bedeutung, ob der fehlerhafte Gesellschafterbeschluss etwa durch Ablauf der Anfechtungsfrist unanfechtbar geworden ist. Auf die Recht- bzw. Zweckmäßigkeit der Maßnahme hat dies keinen Einfluss. Ein rechts- bzw. zweckwidriges Geschäft wird durch die Heilung oder Unanfechtbarkeit des ihm zugrunde liegenden Weisungsbeschlusses nicht etwa recht- bzw. zweckmäßig. Im Konflikt zwischen der Ausführungspflicht des Geschäftsführers und der vorherigen Zustimmungsbedürftigkeit der angewiesenen Maßnahme setzt sich daher der Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats gegenüber dem Weisungsrecht der Anteilseignerversammlung durch.

197 Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 556 („Die Aufsichtsratsmitglieder unterliegen auch bei gesetzmäßigen Beschlüssen der Hauptversammlung ihren umfassenden Überwachungspflichten.“) 198 Weitergehender wohl Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 92, der in diesem Zusammenhang von einer Mindestzuständigkeit des Aufsichtsrats in sachlichen Angelegenheiten des Unternehmens spricht.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

e) Wiedervorlage bei verweigerter Zustimmung Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, ist der angewiesene Geschäftsführer entgegen § 111 Abs. 4 Satz 3 („kann“) verpflichtet, die Maßnahme der Gesellschafterversammlung nochmals zur Entscheidung vorzulegen 199. Weil die Gesellschafter schon für den Anweisungsbeschluss primär zuständig waren, sind sie es auch für die Entscheidung über die Ersetzung des Aufsichtsratsvetos. Das in § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG vorgesehene Ermessen verdichtet sich daher zu einer Vorlagepflicht des Geschäftsführers 200. Bleibt danach die Letztentscheidungsbefugnis aber in der Hand der Gesellschafterversammlung (umstritten ist lediglich, ob die negative Aufsichtsratsentscheidung mit der nach § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG erforderlichen Dreiviertelmehrheit ersetzt werden muss 201), lassen sich Zustimmungsvorbehalte auf angewiesene Geschäftsführungsmaßnahmen ohne weiteres mit der GmbH-spezifischen Zuständigkeitsordnung vereinbaren 202. f) Kein unnötiger Formalismus Der eigenständigen Bedeutung von Zustimmungsvorbehalten bei angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahmen steht auch nicht der Einwand entgegen, dass es ein unnötiger Formalismus wäre, „wenn eine endgültige Weisung durch die Gesellschafter nach einer abweichenden Entscheidung des Aufsichtsrats vom Geschäftsführer nochmals den Gesellschaftern zur Abstimmung vorgelegt werden müsste“ 203. Das wäre nur dann zutreffend, wenn man als Maßstab bewusst und gewollt rechts- oder zweckwidrig handelnde Gesellschafter vor Augen hat. In diesem Fall würden aber regelmäßig sämtliche Überwachungsinstrumente versagen. Bei ausreichend vorhandener Willenskraft kann jedem noch so effizienten Überwachungssystem Formalismus vorgeworfen werden. Geht man indessen davon aus, dass nicht an jeder beanstandeten Anweisung festgehalten wird, erfüllen Zustim199 A. A. Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 67 (§ 111 Abs. 4 Satz 3 AktG ist unanwendbar, Gesellschafter können ohne Anrufung durch die Geschäftsführer Aufsichtsratsveto ersetzen); wie hier Duden, ZHR 141 (1977), 145, 178. Für den Fall, dass das Geschäftsvorhaben zugleich einem Zustimmungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung (als Minus gegenüber ihrem Weisungsrecht) unterliegt, bietet es sich an, zunächst die Aufsichtsratszustimmung einzuholen. Zur Pflicht der Gesellschafterversammlung, unabhängig vom Aufsichtsrat eigene Zustimmungsvorbehalte einzuführen, siehe unten D. III. 3. cc). 200 A. A. Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 90 (erst auf Verlangen der Anteilseignerversammlung). 201 Siehe dazu unten § 5 E. I. 2. b). 202 Ebenso Mertens, ZGR 1977, 270, 282 f., der allerdings die Überprüfungskompetenz des Aufsichtsrats in diesen Fällen auf Verletzungen des Bestandsinteresses beschränkt. 203 So insbesondere Lenz in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 233; Deilmann, BB 2004, 2253, 2256.

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mungsvorbehalte ihren eigenen GmbH-spezifischen Zweck: Die Gesellschafter werden mithin angehalten, sich mit den dem Aufsichtsratsveto zugrunde liegenden Argumenten mit der Möglichkeit auseinanderzusetzen, ihre vom Aufsichtsrat als rechts- oder zweckwidrig beanstandete Weisung zu korrigieren 204. Gleichzeitig wird der Geschäftsführer in die Lage versetzt, auch seine Bedenken – nun mit Unterstützung durch den (weisungsunabhängigen) Aufsichtsrat – gegenüber den Gesellschaftern zu äußern. Dass in solchen Fällen vorangegangener Gesellschafterentscheidung § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG entgegen seiner aktienrechtlichen Bestimmung zum Fall der Wiedervorlage wird, schadet nicht. Insoweit erzwingt der in dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung bestehende strukturelle Unterschied zur Aktiengesellschaft eine GmbH-rechtskonforme Auslegung des § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG. Bei angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahmen erhält § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG dadurch eine zusätzliche eigenständige Warnfunktion, ohne dass dadurch das Zuständigkeitsgerüst der GmbH ins Wanken gerät 205. g) Gleichbehandlung von fakultativem und obligatorischem Aufsichtsrat Die vorangestellten Überlegungen gelten nicht nur für die GmbH mit gesetzlich vorgeschriebenem Kontrollorgan, sondern gleichermaßen für die GmbH mit vertraglichem Aufsichtsrat. Soweit im Rahmen der Mitbestimmungsgesetze das Zustimmungsvorbehaltsrecht dem Aufsichtsrat zwingend zusteht, erfährt das Weisungsrecht der Gesellschafter eine Einschränkung, mag diese bei Festhalten ihrer Weisungsentscheidung auch nur vorübergehender Natur sein (zeitverzögertes Weisungsrecht). Und soweit die Gesellschafter Zustimmungsvorbehalte zugunsten des freien Aufsichtsrats im Gesellschaftsvertrag festlegen oder deren Anordnung dem Aufsichtsrat überlassen, beschränken sie sich selbst in ihrer eigenen Weisungsbefugnis, bezwecken sie damit doch gerade die – auch ihnen gegenüber (hinweisend) wirkende – Kontrollmöglichkeit via Aufsichtsratsvorbehalte. Insofern steht es den Gesellschaftern in der GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat grundsätzlich frei, das Zustimmungsvorbehaltsrecht des Aufsichtsrats einzuschränken bzw. – unter bestimmten Voraussetzungen – ganz auszuschließen 206. Eine solche Rechtsbeschränkung setzt allerdings nach § 52 Abs. 1 a. E. GmbHG eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag voraus. Ohne eine entsprechende Satzungs204 Ebenso Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 90 und 92; Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 67 („Dagegen erübrigt sich die Mitwirkung des AR nicht dadurch, dass die Gesellschafter von vornherein – und sei es mit Dreiviertelmehrheit – die Vornahme einer zustimmungsbedürftigen Maßnahme beschließen.“) 205 A. A. Wank, GmbHR 1980, 121, 125, der in diesen Fällen von der Unanwendbarkeit des § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG ausgeht. 206 Siehe dazu oben I. 1.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

änderung führt deshalb auch nicht etwa der Versuch zum gegenteiligen Ziel, der jeweiligen Anweisung den zusätzlichen Inhalt beizumessen, dass im Umfang der angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahme dem Aufsichtsrat zugleich sein Zustimmungsvorbehaltsrecht entzogen werde. An Wert verliert das Überwachungsinstrument der Aufsichtsratsvorbehalte freilich dort, wo das fakultative Kontrollgremium ausschließlich mit Gesellschaftern der GmbH besetzt ist 207. Denn jedenfalls im Umfang der Weisungen der Gesellschafterversammlung wird die Überwachung über die Umsetzung der Maßnahme durch den Geschäftsführer nicht hinausgehen. 3. Ergebnis Nach alledem lässt sich Folgendes festhalten: Wegen der uneingeschränkten Pflicht zur Legalitätskontrolle macht es für die Überwachungspflicht des Aufsichtsrats keinen Unterschied, ob das zu beurteilende Geschäft eine freie oder angewiesene Geschäftsführungsmaßnahme ist. Aufsichtsratsvorbehalte haben in Fällen angewiesener Geschäftsführungsmaßnahmen ihre eigenständige Bedeutung. Das gilt auch für Fragen der Zweckmäßigkeit, wenn es darum geht, auf unternehmerische Fehlentwicklungen hinzuweisen. Gegenstand des Aufsichtsratsvorbehalts ist nicht die Gesellschafterentscheidung als solche, diese ist nur mittelbar betroffen, sondern die Ausführungshandlung des Geschäftsführers. Mit Blick auf diese GmbH-spezifische Warn- und Hinweisfunktion genießen Aufsichtsratsvorbehalte den Vorrang vor Gesellschafterweisungen. III. Das Festlegungsermessen des GmbH-Aufsichtsrats 1. Grundsätzliche Anwendbarkeit der Regeln über das Festlegungsermessen des AG-Aufsichtsrats Fällt die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten in die Zuständigkeit des GmbH-Aufsichtsrats, steht auch ihm bei seiner Entscheidung, ob und welche Geschäftsführungsmaßnahmen mit einem Zustimmungsvorbehalt beschwert werden sollen, grundsätzlich ein eigener autonomer Ermessensspielraum zu 208. Und ebenso wie beim AG-Aufsichtsrat ist sein Ermessensspielraum hinsichtlich des „Ob“ dann gesetzlich reduziert, wenn bestimmte Geschäftsarten bzw. einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen von „grundlegender“ Bedeutung für die GmbH

207 Zur Zusammensetzung des fakultativen Aufsichtsrats siehe etwa Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 33; Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 29. 208 Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 143; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 10a; Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 228.

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sind. Denn die neu eingeführte Festlegungspflicht des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gilt kraft Verweisung auch für den GmbH-Aufsichtsrat 209. 2. Gesetzliche Ermessensreduktion auch bei angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahmen von grundlegender Bedeutung? Mit Blick auf die Allkompetenz der Gesellschafterversammlung ist es allerdings fraglich, ob die gesetzliche Teilnahmepflicht des Aufsichtsrats via Zustimmungsvorbehalte auch hinsichtlich solcher grundlegenden Geschäftsführungsmaßnahmen gerechtfertigt ist, die in die erklärte Zuständigkeit der Gesellschafter fallen. Ein automatischer Wegfall der gesetzlichen Festlegungspflicht ließe sich nur dann begründen, wenn die gesetzliche Anordnungspflicht des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ausschließlich auf eine unternehmerische Mitwirkung des Aufsichtsrats an grundlegenden Geschäftsführungsmaßnahmen abzielt, ohne zugleich eine Legalitäts- oder Zweckmäßigkeits- bzw. Risikokontrolle dergleichen erzwingen zu wollen. Dann nämlich ginge die Pflicht zur Festlegung von „grundlegenden Zustimmungsvorbehalten“ ins Leere, weil sowohl dem fakultativen als auch dem obligatorischen Aufsichtsrat nach der GmbH-rechtlichen Kompetenzordnung ein unternehmerisches Mitwirkungsrecht in Bezug auf Gesellschafterentscheidungen nicht zusteht 210. Ein solch enges Verständnis von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ist jedoch weder der Gesetzesbegründung zu entnehmen noch wird sie der mit dem Zustimmungsvorbehaltsrecht bezweckten Präventivkontrolle gerecht. Soweit die Festlegungspflicht darauf abzielt, dass grundlegende Geschäftsführungsmaßnahmen vom Votum beider Organe – der Geschäftsleitung und des Aufsichtsrats – getragen sein sollen, schließt dies neben einer unternehmerischen Übereinstimmung auch und insbesondere eine verstärkte Legalitäts- und Risikokontrolle durch den Aufsichtsrat mit ein. Folgt man der hier vertretenen Auffassung, dass es hierfür keine Rolle spielt, ob die Geschäftsführungsmaßnahme auf einer Entscheidung der Geschäftsführer oder auf einer Weisung der Gesellschafterversammlung beruht, dann kommt der Festlegungspflicht auch dann eigenständige Bedeutung zu, wenn das grundlegende Geschäft von der Gesellschafterversammlung beschlossen wurde. Die Anordnungspflicht des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entfällt daher bei grundlegenden, in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung fallenden Geschäftsführermaßnahmen nicht schon ipso iure.

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Dazu eingehend oben § 2 B. III. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Neufassung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG hieran etwas ändern wollte. 210

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

3. Abdingbarkeit der gesetzlichen Zustimmungsvorbehaltspflicht? a) Rechtslage in der mitbestimmten GmbH Aus den oben genannten Gründen kann in der mitbestimmten GmbH die gesetzliche Festlegungspflicht auch nicht gesellschaftsvertraglich abbedungen werden. Insoweit folgt aus den (unveränderten) Verweisungsnormen der jeweiligen Mitbestimmungsgesetze, dass sich der Aufsichtsrat als gesetzlich vorgeschriebenes Kontrollorgan jedenfalls in Bezug auf Geschäfte von grundlegender Bedeutung eine Mitwirkungs- und – bei angewiesenen Geschäften jedenfalls eine – Mitprüfungszuständigkeit zu sichern hat 211. b) Rechtslage in der mitbestimmungsfreien GmbH Für die mitbestimmungsfreie GmbH lässt sich dagegen eine pflichtausschließende Satzungsregelung mit dem dispositiven Charakter des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG begründen 212. Die Folge ist, dass die Vorbehaltsentscheidung dann wieder in das „ursprüngliche“ Aufsichtsratsermessen zurückfällt und sich gegebenenfalls zu einer Festlegungspflicht – jetzt aus Gründen gebotener Sorgfalt – verdichten kann. 4. Ergebnis Als Ergebnis steht damit fest: Die Entscheidungsherrschaft der Gesellschafterversammlung hat auf den Entscheidungsspielraum des Aufsichtsrats bei Ausübung seines Zustimmungsvorbehaltsrechts keinen einschränkenden Einfluss. Auf den GmbH-Aufsichtsrat sind daher die gleichen Grundsätze anzuwenden wie bei einem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft. Bei der nicht mitbestimmten GmbH kann jedoch die gesetzliche Zustimmungsvorbehaltspflicht hinsichtlich grundlegend bedeutender Maßnahmen im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen und die Festlegungsentscheidung in das (pflichtgemäße) Ermessen des Aufsichtsrats gestellt werden.

211 Bezogen auf die Pflicht zur Schaffung eines Zustimmungskatalogs: Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 29; Gaul / Otto, GmbHR 2003, 6, 12; ebenso Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 92 (Vorrang des MitbestG). 212 Siehe auch Gaul / Otto, GmbHR 2003, 6, 12.

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C. Einzelfragen I. Zustimmungsvorbehalte auf „unternehmerisches Nichthandeln“ Da „Maßnahmen der Geschäftsführung“ (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG) nicht nur als aktive Handlung denkbar sind, sondern auch als Negativentscheidung vorkommen und gerade auch ein Nichthandeln des Vorstands der Überwachung des Aufsichtsrats unterliegt, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung der Leitungsaufgabe ein Handeln erfordert 213, stellt sich die Frage, ob der Begriff des „Geschäfts“ im Sinne von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG auch Entscheidungen des Vorstands erfasst, eine bestimmte Handlung nicht vorzunehmen. Insbesondere Lange 214 vertritt die Auffassung, dass es nicht nur seitens der Begriffsdefinition zulässig, sondern auch vom Gesetzgeber gewollt sei, unternehmerisches Unterlassen von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig zu machen. Im Hinblick darauf, dass viele Unternehmenskrisen auf unternehmerisches Unterlassen, insbesondere das Versäumen rechtzeitiger Anpassung an veränderte Markt- und Wettbewerbsbedingungen zurückzuführen sind, sei es mit dem durch die Änderung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG verfolgten Zweck unvereinbar, Entscheidungsprozesse über grundsätzliche Fragen, die mit der Vorstandsentscheidung enden, dass eine bestimmte Maßnahme nicht vorgenommen wird, von einem Votum des Aufsichtsrats auszuschließen 215. Diese Überlegungen verdienen zwar grundsätzlich Zuspruch. Auch lassen sich Negativentscheidungen unter den Geschäftsbegriff in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG subsumieren 216. Dennoch fehlt unternehmerischen Unterlassungen die Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit. Denn Nichthandlungen werden von der Rechtsfolge des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht erfasst. Zustimmungsvorbehalte räumen dem Aufsichtsrat das spätere Recht zur Entscheidung über das vorbehaltene Geschäft ein. Die Wirkdimension des Zustimmungsrechts erschöpft sich jedoch in einem Vetorecht des Aufsichtsrats. Der Vorstand ist weder an eine erteilte Zustimmung in der Weise gebunden, dass er die zur Zustimmung vorgelegte Maßnahme durchzuführen hat, noch steht dem Aufsichtsrat ein Initiativrecht zu, das den Vorstand bei verweigerter Zustimmung verpflichtet, Vorschlägen des Aufsichtsrats Folge zu leisten 217. Die Zustimmungsverweigerung zu einer Unterlassung bedeutet da213

Vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 94. Lange, DStR 2003, 376 f. 215 Lange, DStR 2003, 376, 377. Von der Zulässigkeit von Zustimmungsvorbehalten auf Unterlassungen geht auch der Bericht der Regierungskommission Corporate Governance aus (in Bezug auf Abweichungen von der Befolgung von Kodex-Empfehlungen), vgl. BTDrucks 14/7515, Rn. 11. 216 A. A. Hüffer, AktG, § 111 Rn. 17 (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG setzt Maßnahmen voraus, Unterlassung ist aber das Gegenteil); Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 103 (zweifelhaft). 214

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

gegen de facto ein Weisungsrecht des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand 218. Der Aufsichtsrat hätte es entgegen der auf einen Durchführungsstopp abzielenden Wirkweise des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG in der Hand, die Geschäftsleitung zu einer ganz bestimmten Handlung anzuhalten. Unternehmerisches Nichthandeln ist somit mangels entsprechender Deckung auf der Rechtsfolgenseite des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht zustimmungsvorbehaltsfähig. II. Zustimmungsvorbehalte auf Anerkennungsentscheidungen des Vorstands in Bezug auf Verhaltensempfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex Nach § 161 Satz 1 AktG haben der Vorstand und der Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft jährlich zu erklären, dass den Verhaltensempfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden. Inwieweit der Aufsichtsrat Entscheidungen des Vorstands in Bezug auf die Anerkennung von an ihn gerichteten Kodex-Empfehlungen an seine Zustimmung binden kann, ist bislang unklar. 1. Das Meinungsspektrum Die hierzu geäußerten Stellungnahmen im Schrifttum lassen sich in drei Felder aufteilen: Vereinzelt wird angenommen, die Befolgung der Kodex-Verhaltensempfehlungen könne insgesamt der Zustimmung des Aufsichtsrats unterworfen werden 219. Andere sehen nicht die Entsprechenserklärung als solche, wohl aber die einzelne Beschlussfassung des Vorstands über die Anerkennung des Kodex als zustimmungsvorbehaltsfähig 220. Nach einer dritten Ansicht sind dagegen weder die Entsprechenserklärung noch der Vorstandsbeschluss über die Anerkennung einzelner Empfehlungen zustimmungsvorbehaltsfähig. Lediglich für Geschäftsführungsmaßnahmen, welche die Umsetzung von Verhaltensempfehlungen betreffen, könnten Zustimmungsvorbehalte errichtet werden 221. 217

Vgl. dazu oben § 2 B. I. 1. a) cc). Ebenso Dietrich, DStR 2003, 1577, 1578; Lieder, DB 2004, 2251, 2254; ablehnend auch Drygala in: Karsten Schmidt / Lutter, AktG, § 111 Rn. 47; allgemein Larenz, Methodenlehre, S. 253, 257. 219 Seibt, AG 2002, 249, 253, der zudem davon ausgeht, dass die Anerkennungsentscheidung des Vorstands regelmäßig von besonderer Bedeutung für die Gesellschaft ist; ebenso für zulässig: Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, BT-Drucks 14/7515, Rn. 11. 220 Semler / Wagner, NZG 2003, 553, 555; Semler in: MünchKomm.AktG, § 161 Rn. 91; in diesem Sinne wohl auch Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 649. 218

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2. Stellungnahme Bei der Anerkennung von Kodex-Empfehlungen ist zwischen der nach außen gerichteten Entsprechenserklärung im Sinne des § 161 AktG und der ihr vorangehenden internen Willensbildung zu trennen. Während für die Verlautbarung der Erklärung als Umsetzungsmaßnahme rein tatsächlicher Art 222 der Vorstand zuständig ist, ist Letzteres Sache jedes einzelnen Organs. Über die Befolgung der sie jeweils betreffenden Empfehlungen beschließen Aufsichtsrat und Vorstand unabhängig voneinander 223. Daran ändert auch der eine gemeinsame Erklärung von „Aufsichtsrat und Vorstand“ fordernde Gesetzestext des § 161 Satz 1 AktG nichts. Denn eine gemeinsame Beschlussfassung beider Organe ist dem Aktienrecht fremd, und es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber mit seiner Wortwahl hieran etwas ändern wollte 224. Die Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit der gegenüber der Öffentlichkeit abzugebenden Entsprechenserklärung hängt zunächst davon ab, ob der Vorstand berechtigt ist, seine divergierende Position durch eine separate Einzelerklärung kundzutun. Daran könnte man allerdings zweifeln, wenn man in der Vorschrift des § 161 Satz 1 AktG einen Einigungszwang beider Organe in Bezug auf die Entsprechenserklärung enthalten sieht 225. Folgt man dem, so könnte der Aufsichtsrat seinen Standpunkt bereits mit Hilfe des gegenüber § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG spezielleren § 161 AktG durchsetzen, indem er seinen Teil der erforderlichen Erklärung verweigert. Die Folge wäre allerdings, dass in Fällen gänzlich fehlender Einigung gar keine Entsprechenserklärung abgegeben werden könnte. Das aber wäre mit § 161 AktG unvereinbar, der im Interesse einer möglichst genauen Informationsversorgung des Kapitalmarkts nicht nur die Kundgabe gemeinsamer Anerkennungsentscheidungen, sondern auch die Offenlegung von Meinungsunterschieden zwischen den Organen verlangt 226. Mit Blick auf Sinn und Zweck des 221 Krieger in: FS Ulmer, S. 365, 375; zustimmend Lieder, DB 2004, 2251, 2255; ebenso für unzulässig Lutter in: Ringleb / Kremer / Lutter / v. Werder (Hrsg.), Deutscher Corporate Governance Kodex, Rn. 1533; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 12; zweifelnd, aber offengelassen, Ulmer, ZHR 166 (2002), 150, 174. 222 Bei der vergangenheitsbezogenen Erklärung handelt es sich um eine Wissenserklärung, bei der zukunftsbezogenen um eine Absichtserklärung, Semler / Wagner, NZG 2003, 553, 554. 223 Semler in: MünchKomm.AktG, § 161 Rn. 87 (Jedes Organ beschließt über die Empfehlung, die in seinem eigenen Kompetenzbereich fallen; wenn die Zuständigkeit für die Anerkennung einer Empfehlung bei beiden Organen liegt, setzt die Anerkennung dieser Empfehlung zustimmende Beschlüsse beider Organe voraus); Semler / Wagner, NZG 2003, 553, 554 f.; Ulmer, ZHR 166 (2002), 150, 173. 224 Allg. Ansicht; statt vieler: Semler in: MünchKomm.AktG, § 161 Rn. 83; Krieger in: FS Ulmer, S. 365, 369; Seibt, AG 2002, 249, 253; Schüppen, ZIP 2002, 1269, 1271; Pfitzer / Oser / Wader, DB 2002, 1120, 1121. 225 So insbesondere Seibt, AG 2002, 249, 253 (Einzelerklärungen beider Organe mit unterschiedlichen Inhalten sind unzulässig).

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§ 161 Satz 1 AktG steht es dem Vorstand daher grundsätzlich zu, seine divergierende Anerkennungsentscheidung den Aktionären zugänglich zu machen 227. Als Geschäftsführungsmaßnahme fällt die abweichende Entsprechenserklärung des Vorstands zwar in den Anwendungsbereich des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Doch handelt es sich bei der Abgabe der Entsprechenserklärung um eine gesetzliche Pflicht ohne Handlungsalternative. Der Vorstand hat als ausführendes Organ über die Befolgung der Kodex-Empfehlungen zu unterrichten, ohne dass das Gesetz dies in das Ermessen des Vorstands stellt. Davon miterfasst ist der Fall, dass der Vorstand und der Aufsichtsrat keine einheitliche Linie verfolgen. Eine Zustimmungsverweigerung des Aufsichtsrats würde deshalb dazu führen, dass der Vorstand seine ihm auferlegte gesetzliche Pflicht nicht erfüllen könnte. Das aber widerspricht dem Sinn und Zweck des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Die vom Vorstand nach § 161 AktG abzugebende Entsprechenserklärung ist daher zustimmungsvorbehaltsresistent 228. Anders verhält es sich mit dem davorgelagerten Vorstandsbeschluss über die (noch zu erklärende) Anerkennung einzelner Kodex-Empfehlungen. Die interne Anerkennungsentscheidung des Vorstands ist als Geschäftsführungsmaßnahme ohne weiteres zustimmungsvorbehaltsfähig. Insbesondere ist sie nicht Teil des unantastbaren Geschäftsführungsprimats des Vorstands 229. Der im Interesse des Kapitalmarkts zu fassende Anerkennungsbeschluss dient weder der innergesellschaftlichen Willensbildung noch sind ihm Inhalt und Umfang durch das Gesetz vorgegeben, so dass dem Vorstand keinerlei Handlungsalternativen zustehen. Die Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit bestimmt sich daher nach den allgemeinen zu § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entwickelten Kriterien. Neben der zu beachtenden Bedeutungsgrenze, die gegebenenfalls für jede einzelne Empfehlung gesondert zu ermitteln ist 230, bedeutet dies auch, dass insbesondere eine Nichtbefolgung einzelner Kodex-Empfehlungen mangels Deckung auf der Rechtsfolgenseite des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden kann 231. Der Einsatzradius von Zustimmungsvorbehalten auf kodexbezogene Vorstandsbeschlüsse wird sich daher auf solche Fälle beschränken, in denen der Aufsichtsrat (z. B. aus Kostengründen) Einwände gegen die Befolgung bestimmter Kodex-Empfehlungen erhebt oder einer geplanten Praktizierung abweichender Regelungen ablehnend gegenübersteht 232. 226

Krieger in: FS Ulmer, S. 365, 370. Schüppen, ZIP 2002, 1269, 1272. 228 Ebenso Krieger in: FS Ulmer, S. 365, 375; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 649. Dies gilt freilich nicht für rechtswidrige Kodex-Erklärungen, die von § 161 AktG nicht erfasst sind. 229 So aber Lieder, DB 2004, 2251, 2255. 230 Vgl. Semler / Wagner, NZG 2003, 553, 555. 231 A. A. Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, BT-Drucks 14/ 7415, Rn. 11. 227

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Im Ergebnis steht damit fest: Die dem Vorstand obliegende Entsprechenserklärung nach § 161 AktG ist aufgrund des gesetzlichen Erklärungszwangs zustimmungsvorbehaltsresistent. An der internen Entscheidung des Vorstands über die Befolgung von Kodex-Empfehlungen kann der Aufsichtsrat dagegen mit Hilfe von Zustimmungsvorbehalten im Rahmen des rechtlich Zulässigen mitwirken. Entgegen teilweise vertretener Ansicht berechtigt § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG den Aufsichtsrat nicht, die Nichtbefolgung einzelner oder sämtlicher Kodex-Empfehlungen an seine Zustimmung zu binden. III. Zustimmungsvorbehalte auf Planungsentscheidungen des Vorstands § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG ordnet an, dass der Vorstand dem Aufsichtsrat über „die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung (insbesondere die Finanz-, Investitions- und Personalplanung)“ zu berichten hat. Das Gesetz selbst misst damit der Unternehmensplanung eine besondere Bedeutung im Rahmen der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats zu und geht indirekt von einer – den Besonderheiten des jeweiligen Unternehmens Rechnung tragenden – Pflicht des Vorstands zur Unternehmensplanung aus. Dass Zustimmungsvorbehalte im Bereich der Unternehmensplanung nicht schon deshalb unzulässig sind, weil sie die mit der Planentscheidung zum Ausdruck gebrachte Geschäftspolitik des Vorstands an die Zustimmung des Aufsichtsrats binden, wurde bereits dargelegt 233. Mit Blick auf die Bedeutung der Unternehmensplanung für die Entwicklung der Gesellschaft wird zu Recht vereinzelt gefordert, die Berichtsgegenstände des § 90 Abs. 1 Nr. 1 AktG qua Gesetz für zustimmungspflichtig zu erklären 234. Die hier vorzunehmende Untersuchung beschränkt sich damit auf die in der Lehre vorgebrachten Bedenken, die Unternehmensplanung, insbesondere die Mehrjahresplanung, könne mangels hinreichender Präzision nicht zum Gegenstand eines 232 Darüber hinaus enthält § 161 AktG wenig Konfliktpotential. Denn zum einen wird der Aufsichtsrat ein Interesse daran haben, dass der Vorstand möglichst viele Kodex-Empfehlungen befolgt. Zum anderen ist der Aufsichtsrat ohnehin für die Umsetzung der Mehrzahl der an den Vorstand gerichteten Kodex-Empfehlungen selbst zuständig (vgl. z. B. die Zusammensetzung der Vorstandsvergütung, die Regelung einer Geschäftsverteilung in einer Geschäftsordnung des Vorstands, vgl. § 77 Abs. 2 AktG, sowie die Möglichkeit, die Befolgung bestimmter Kodex-Empfehlungen durch entsprechende dienstvertragliche Regelungen sicherzustellen); siehe dazu Ulmer, ZHR 166 (2002), 150, 173; Semler / Wagner, NZG 2003, 553, 557 f. 233 Vgl. oben A. I. 4. a). Eine etwa im Wege des Soll / Ist-Vergleichs vorzunehmende Kontrolle der Ist-Zahlen mit der Planung, ist schließlich auch nur dann fruchtbar, wenn der Aufsichtsrat mit der Planung wirklich vertraut ist, Peltzer, NZG 2002, 10, 15. 234 So etwa Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 849 f.; vgl. auch Kropff, NZG 1998, 613, 618 f.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

Zustimmungsvorbehalts gemacht werden 235. Eingewandt wird, dass es sich bei der Unternehmensplanung – anders als in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gefordert – nicht um ein „bestimmtes Geschäft“ handelt, sondern lediglich um einen umfassenden Aufgaben- und Handlungskomplex im Bereich des Vorstands ohne unmittelbare wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung für die Geschäfte der Gesellschaft 236. Zulässig seien daher nur Zustimmungsvorbehalte für konkret bezeichnete, vom Vorstand mit Verbindlichkeit zu verabschiedende unternehmensinterne Planungen, wie beispielsweise das jährliche Budget 237. Die angeführten Bedenken gehen indessen ins Leere, wenn man – wie hier vertreten – den (Gesamt-)Plan bzw. die Planentscheidung als solche und nicht die in ihm bzw. in ihr enthaltenen Einzelentscheidungen als Gegenstand des Zustimmungsvorbehalts sieht 238. Bei der gemeinsamen, mittels Zustimmungsvorbehalten erzwungenen Planabstimmung geht es nicht, jedenfalls nicht vornehmlich, um Details, sondern um den unternehmerischen Kurs. Die durch die Unternehmensplanung festgelegte Geschäftspolitik ist unzweifelhaft eine „Maßnahme der Geschäftsführung“ im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG und damit „Geschäft“ im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG 239. Und ebenso sind Planungsentscheidungen des Vorstands regelmäßig von herausragender Bedeutung für die Gesellschaft, da eine Gesellschaft nur dann erfolgreich verwaltet werden kann, wenn sich Leiter und Kontrolleur in der strategischen Ausrichtung des Unternehmens einig sind 240. Folgt man dem, so macht es keinen Unterschied, ob es sich in concreto um die Beteiligung an der Jahresplanung (Haupt- oder Budgetplanung für das nächste Geschäftsjahr mit der Produktions-, Absatz-, Personal-, Finanz- und Investitionsplanung) 241, der Mehrjahresplanung (mittelfristige, einen Zeithorizont von drei bis fünf Jahren erfassende Planung) 242 oder der langfristigen Planung (Planungszeitraum von zehn bis fünfzehn Jahren) 243 handelt 244. Der Einbeziehung gerade auch der Langfristplanung in den Kreis zustimmungsvorbehaltspflichtiger Geschäfte steht der Einwand nicht entgegen, das Planungs235 v. Rechenberg, BB 1990, 1356, 1359; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 68; Fonk, ZGR 2006, 841, 850; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 113; wohl auch Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 482 Fn. 763. 236 v. Rechenberg, BB 1990, 1356, 1359; ebenso Hüffer, AktG, § 111 Rn. 18. 237 Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 68; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 18; Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 70. 238 Siehe oben A. I. 4. a). 239 Ähnlich, aber mit Verweis auf den Geschäftsführungsbegriff in § 77 AktG, Lutter, AG 1991, 249, 254. 240 Semler, ZGR 1983, 1, 24. 241 Semler, ZGR 1983, 1, 4; Lutter, AG 1991, 249, 254; ders., ZHR 159 (1995), 287, 301; vgl. auch die Begründung zum KonTraG, BR-Drucks 872/97, S. 35. 242 Semler, ZGR 1983, 1, 4; Lutter, AG 1991, 249, 254. 243 Semler, ZGR 1983, 1, 3.

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geschehen lasse sich wegen zukunftsbezogener Unsicherheiten nicht zuverlässig bestimmen und habe wegen der dadurch bedingten Abstraktheit keine Folgen für das Unternehmen 245. Vielmehr ist auch eine langfristige Planung hinreichend bestimmbar. Hierauf haben der Vorstand und der Aufsichtsrat hinzuwirken. So ist der Vorstand nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG verpflichtet, dem Aufsichtsrat seine Vorstellungen zur langfristigen Unternehmensentwicklung in geeigneter Form plausibel zu machen. Auf rechnerische Darstellungen ist der Vorstand dabei nicht beschränkt 246. Der Aufsichtsrat hat gegebenenfalls durch besondere Bestimmungen in der Geschäftsordnung des Vorstands in puncto zeitlicher Horizont, Inhalt und Form der Planaufstellung die Prüfbarkeit der Planentscheidung sicherzustellen. Damit wird zugleich dem in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG enthaltenen Bestimmtheitsgrundsatz Rechnung getragen 247. Die Planungsentscheidung als solche ist daher zulässiger Vorbehaltsgegenstand. Soweit Mehrjahresplanungen der näheren Konkretisierung bedürfen, obliegt es dem Aufsichtsrat, die relevanten Identifikationsmerkmale in einer Geschäftsordnung zu bestimmen. Wegen der grundlegenden Bedeutung abgestimmter Unternehmensplanung für die erfolgreiche Verwaltung der Gesellschaft durch den Vorstand und Aufsichtsrat ist Letzterer mit Blick auf Sinn und Zweck des aktuellen § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG bereits de lege lata verpflichtet, Zustimmungsvorbehalte auf die kurz-, mittel- und langfristige Unternehmensplanung festzulegen und sich ein Vetorecht an wesentlichen Planabweichungen einzuräumen 248.

244 Für die Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit von Mehrjahresplanungen statt vieler: Semler, ZGR 1983, 1, 23 ff.; ders. in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 397; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 113; Breuer / Fraune, AnwKomm.AktienR, § 111 Rn. 27; Lieder, DB 2004, 2251, 2255; ders., Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, 849 ff. 245 So aber v. Rechenberg, BB 1990, 1356, 1359; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 159. 246 Lutter, AG 1991, 249, 254; Kallmeyer, ZGR 1993, 104, 112. 247 Vgl. Kropff, NZG 1998, 613, 618, mit Verweis auf die Begründung zum KonTraG, wonach es geboten sein könne, dass der Aufsichtsrat eine Informationsordnung erlässt, in der er im Einzelnen regelt, was ihm der Vorstand im Rahmen des § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG vorzulegen hat; dem folgend Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 653. 248 Ebenso Kropff, NZG 1998, 613, 618 („existenziell wichtig“); ders. in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 30 („in der Regel geboten“); Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 482 (siehe dort aber Fn. 763); Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 849 f.; a. A. Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 653; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 160; für Formulierungsbeispiele siehe bei Peltzer, Deutsche Corporate Governance, S. 170.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

IV. Zustimmungsvorbehalte auf den Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen, Unternehmensteilen und Unternehmensbeteiligungen Zu den praktisch bedeutsamsten Zustimmungsvorbehalten wird man jene zählen können, die sich auf den Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen, Unternehmensteilen und Unternehmensbeteiligungen beziehen. Mit der Kaufbzw. Verkaufsentscheidung können nicht nur notwendige Veränderungen der strategischen Ausrichtung des Unternehmens verbunden und daher bereits aus planerischen Gründen zustimmungsvorbehaltspflichtig sein. Vielmehr haften gerade der Erwerbsentscheidung eine Vielzahl von Risiken an, die sich bei ihrer Verwirklichung gerade deshalb gravierend auf die Finanz-, Vermögens- oder Ertragslage auswirken können, weil sich ein fehlerhafter Unternehmens- bzw. Beteiligungserwerb nur selten korrigieren lässt 249. Geschäfte dieser Art sind daher regelmäßig von grundlegender Bedeutung für die Finanzlage und die Risikoexposition einer Gesellschaft und damit nach Sinn und Zweck des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zustimmungsvorbehaltspflichtig 250. Um dem individuellen Unternehmenszuschnitt einer Gesellschaft gerecht zu werden, wird vereinzelt vorgeschlagen, die Zustimmungsbedürftigkeit von Erwerbs- und Veräußerungsgeschäften von der Überschreitung bestimmter Wertgrenzen (Mindestbetrag oder Prozentsatz gemessen am Eigenkapital) abhängig zu machen 251. Das ist bedenklich. Gerade beim Erwerb von Unternehmen vermag der Kaufpreis nur wenig über die Bedeutung des Geschäfts für die Gesellschaft auszusagen. So kann auch der Erwerb eines Unternehmens zu einem lediglich symbolischen (geringfügigen) Kaufpreis existenzgefährdende Risiken in sich bergen 252. Als typische Erwerbsrisiken entpuppen sich etwa notwendige Rationalisierungsmaßnahmen (z. B. Sozialpläne), langfristige Verbindlichkeiten, die mit übernommen werden (z. B. Pensionsverbindlichkeiten oder Gewährleistungen), Lizenzabhängigkeiten, Währungskursrisiken (bei exportabhängigen Unternehmen), Umweltrisiken (z. B. Bodenkontamination) und behördliche Verpflichtungen (Auflagen, steuerliche Risiken usw.) 253. Erst durch die Gegenüberstellung der Risiken mit den mit dem Erwerb verbundenen Chancen lässt sich die Bedeu249 Vgl. Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 64 („Ein verfehlter Beteiligungserwerb ist in der Regel nicht korrigierbar“). 250 Ebenso Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 481 f.; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 163 f. 251 So etwa Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 164 („ . . . wenn der Wert im Einzelfall x% des Eigenkapitals der Gesellschaft übersteigt.“); Lutter / Krieger; Rechte und Pflichten, Rn. 109 („Erwerb und Veräußerung von Unternehmen und Unternehmensteilen über x Euro hinaus“); Hüffer, AktG, § 111 Rn. 18 („die einen bestimmten Rahmen überschreiten“). 252 Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 64. 253 Siehe dazu und zu weiteren Beispielen Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 70.

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tung des Geschäfts für die Gesellschaft beurteilen. Die verbindliche Beteiligung des Aufsichtsrats an Entscheidungen über den Erwerb oder die Veräußerung von Unternehmen oder Unternehmensteilen erst ab einer gewissen Wertgrenze vorzusehen ist daher verfehlt 254. Anders liegt es bei Beteiligungsgeschäften, die als reine Vermögensanlage nicht zum Ziel haben, das unternehmerische Betätigungsfeld zu erweitern. In diesen Fällen sind die hauptsächlich finanz- und vermögenstechnischen Risiken überschaubar. Das rechtfertigt und erfordert es, die Zustimmungsbedürftigkeit erst ab einer bestimmten Betragsgrenze anzusetzen, um somit der Geschäftsleitung die notwendige unternehmerische Flexibilität zu lassen. V. Zustimmungsvorbehalte auf hauptversammlungspflichtige Unternehmensverträge Als Geschäfte mit strukturverändernder Wirkung sind auch Unternehmensverträge im Sinne der §§ 291 ff. AktG dem Kreis der zustimmungspflichtigen Geschäfte zuzuordnen. Entsprechende Zustimmungsvorbehalte sind daher auch in fast allen Katalogvorschlägen enthalten 255. Dabei ist jedoch mit Blick auf § 293 AktG und § 83 Abs. 1 Satz 2 AktG fraglich, ob Vorstandsmaßnahmen, die auf den Abschluss von Unternehmensverträgen abzielen, überhaupt zustimmungsvorbehaltsfähig sind. Nach § 293 Abs. 1 AktG hängt die Wirksamkeit eines Unternehmensvertrags von der Zustimmung der Hauptversammlung der abhängigen bzw. verpflichteten Gesellschaft ab, nach § 293 Abs. 2 AktG (hier nur für Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge) von der Zustimmung der Hauptversammlung der berechtigten Gesellschaft. Aus § 83 Abs. 1 Satz 2 AktG folgt das Recht der Hauptversammlung, den Vorstand mit qualifizierter Kapitalmehrheit (vgl. § 83 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 293 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 AktG) zur Vorbereitung und zum Abschluss von Unternehmensverträgen anzuweisen. Dies gilt nach dem klaren Wortlaut des § 83 Abs. 1 Satz 2 AktG auch für die herrschende Gesellschaft 256. Ob der Hauptversammlung auch ein Initiativrecht in Bezug auf die inhaltliche Ausgestaltung des Unternehmensvertrags zusteht, ist der Vorschrift indessen nicht zu entnehmen. Mit Blick auf ihre gesetzliche Zuständigkeit wird man jedoch – wie sonst auch – der Hauptversammlung das Recht einräumen, ihre Anweisung bzw. ihren Zustimmungsbeschluss inhaltlich zu spezifizieren 257. Für das 254 Wie hier die Formulierungsvorschläge von Peltzer, Deutsche Corporate Governance, S. 170; Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., Anlage § 8 – 1; A. Meyer-Landrut / Wendel, Satzungen und Hauptversammlungsbeschlüsse der AG, Rn. 431. 255 Vgl. nur Peltzer, Deutsche Corporate Governance, S. 170. 256 Ebenso Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 293 Rn. 16 m. w. N. zur Gegenansicht (Fn. 22).

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

aufsichtsratsrechtliche Zustimmungsvorbehaltsrecht lässt sich daraus Folgendes schließen: 1. Unternehmensverträge auf Initiative des Vorstands Geht die Initiative vom Vorstand aus, so können sowohl sein Entschluss zum Abschluss eines Unternehmensvertrags (gemeint ist das Planvorhaben) als auch das Vertragswerk als Geschäftsführungsmaßnahme von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden. Die Entscheidung, die Hauptversammlung zwecks Zustimmung nach § 293 AktG mit der Angelegenheit zu befassen, ist als gesetzliche Handlungspflicht des Vorstands dagegen zustimmungsvorbehaltsresistent 258. Der eigentliche Vertragsabschluss ist nur so lange zustimmungsvorbehaltsfähig, wie die Hauptversammlung ihre Zustimmung noch nicht erteilt hat. Dies folgt nicht etwa daraus, dass der Vertragsabschluss mit der Vorlage zur ausschließlichen Sache der Hauptversammlung wird. Denn die Zustimmung nach § 293 AktG ist nur für die Vertretungsmacht des Vorstands von Bedeutung, während sich die erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats auf die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands bezieht 259. Nach erteilter Zustimmung ist der Vorstand aber insoweit an den Hauptversammlungsbeschluss gebunden, als er gegenüber der Gesellschaft gemäß § 83 Abs. 2 AktG i. V. m. § 294 Abs. 1 Satz 2 AktG verpflichtet ist, den Hauptversammlungsbeschluss zu vollziehen, also etwa den Vertrag abzuschließen und die Niederschrift über die Zustimmung der Hauptversammlung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden 260. Vollzugsmaßnahmen des Vorstands gemäß § 83 Abs. 2 AktG sind als Pflichthandlungen ohne Entscheidungsermessen zustimmungsvorbehaltsresistent 261. Die Bindungswirkung des § 83 Abs. 2 AktG gewinnt danach vor allem in Fällen an Bedeutung, in denen die Hauptversammlung ihre Zustimmung zu einem Vertragsentwurf bereits erteilt hat (vgl. § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG), der Vertrag aber erst anschließend abgeschlossen werden soll 262. In diesem Fall käme ein erst nachträglich beschlossener Zustimmungsvorbehalt auf den Abschluss des Vertrags zu spät und wäre mithin folgenlos. 257 Für Unternehmensverträge vgl. Hefermehl / Spindler in: MünchKomm.AktG, § 83 Rn. 8; allgemein vgl. die Ausführungen von Bergau, AG 2006, 769, 772 f. mit Einzelnachweisen. 258 Vgl. dazu oben unter A. I. 4. b). 259 Diesen Unterschied zwischen Zustimmungserteilung zwecks Vertretungsmacht des Vorstands (vgl. §§ 293, 295 –297 AktG) und „Geschäftsführungszuständigkeit“ der Hauptversammlung bei Verlangen eines Abschlusses eines Unternehmensvertrags (§ 83 Abs. 1 Satz 2 AktG) übersieht Timm, DB 1980, 1201, 1203 ff. 260 Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 294 Rn. 7. 261 Vgl. oben A. I. 4. c) bb) (2). 262 Zur Abschlusspflicht bei vorheriger Zustimmung vgl. Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 294 Rn. 27.

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Verweigert der Aufsichtsrat seine erforderliche Zustimmung zum Vertragsabschluss, so ist umstritten, welche Mehrheit in diesem Fall für den Zustimmungsbeschluss nach § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG erforderlich ist. Während nach der einen Meinung von den §§ 83 Abs. 1 Satz 3 und 293 Abs. 1 Satz 2 AktG auszugehen ist und dementsprechend eine qualifizierte Kapitalmehrheit bei einfacher Stimmenmehrheit genügen soll 263, verweist die Gegenansicht auf § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG und verlangt zusätzlich zur qualifizierten Kapitalmehrheit eine qualifizierte Stimmenmehrheit 264. Letzterer Ansicht ist zu folgen, weil der Zustimmungsbeschluss nach § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands und nicht dessen Vertretungsmacht betrifft. Der auf die Vertretungsmacht abzielende § 293 AktG ist für die Ersetzung der negativen Aufsichtsratsentscheidung daher ohne Bedeutung, mag die Beschlussfassung nach § 293 AktG und § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG auch gemeinsam erfolgen 265. 2. Unternehmensverträge auf Initiative der Hauptversammlung Geht die Initiative zum Abschluss eines Unternehmensvertrags von der Hauptversammlung aus (vgl. § 83 Abs. 1 Satz 2 AktG), so ist die Rechtslage eine andere: Hier wird die Hauptversammlung über die Frage des „Ob“ eines Unternehmensvertrags selbst „geschäftsführend“ tätig. Der Vorstand ist nach § 83 Abs. 1 AktG verpflichtet, diesen Entschluss umzusetzen, und zwar auch dann, wenn dies nicht in seinem Sinne ist (vgl. auch § 83 Abs. 2 AktG). Aufgrund dieser Kompetenzzuordnung ist sowohl der angewiesene Vorstandsentschluss, einen Unternehmensvertrag abzuschließen, als auch der Vertragsabschluss selbst zustimmungsvorbehaltsresistent. Zustimmungsvorbehaltsfähig bleibt dagegen die Entscheidung über die inhaltliche Ausgestaltung des Unternehmensvertrags, sofern freilich die Hauptversammlung nicht selbst in zulässiger Weise den Vertragsinhalt spezifiziert hat 266. Überlässt die Hauptversammlung die Detailarbeit jedoch dem Vorstand und verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung zum Vertragswerk, so genügt – anders als bei einem initiativen Tätigwerden des Vorstands – eine qualifizierte Kapitalmehrheit zur Überwindung des Negativentscheids. Dies lässt sich mit § 83 Abs. 1 Satz 3 AktG begründen, der für Abschlüsse von Unternehmensverträgen auf Ver263 Koppensteiner in: KölnKomm.AktG, § 293 Rn. 8; Altmeppen in: MünchKomm. AktG, § 293 Rn. 12. 264 Hüffer, AktG, § 293 Rn. 25; Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 293 Rn. 34 – jeweils ohne nähere Begründung. 265 Praktische Bedeutung hat der Streit in den Fällen, in denen das Stimmgewicht einer Aktie nicht ihrem Nennbetrag oder bei Stückaktien ihrer Zahl entspricht; vgl. dazu mit Beispielen Hüffer, AktG, § 179 Rn. 14 a. E. 266 In der Literatur wird dies nicht erörtert. Danach sollen Zustimmungsvorbehalte generell unzulässig sein, wenn die Initiative zum Abschluss eines Unternehmensvertrags von der Hauptversammlung ausgeht; vgl. etwa Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., Anlage § 8 – 1 (S. 895) Fn. 4; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 169.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

langen der (unternehmerisch agierenden) Hauptversammlung gegenüber § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG die speziellere Norm ist. Bestand im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den abzuschließenden Vertrag 267 kein Zustimmungsvorbehalt, ist ein nachträglich (ad hoc) beschlossener Zustimmungsvorbehalt folgenlos, weil die primär zuständige Hauptversammlung bereits ihr Votum abgegeben hat und der Vorstand zur Ausführung des Beschlusses verpflichtet ist (vgl. § 83 Abs. 2 AktG). 3. Formulierungsvorschlag Will man der Differenzierung zwischen Unternehmensabschlüssen auf Initiative des Vorstands und solchen auf Verlangen der Hauptversammlung bei der Formulierung eines entsprechenden Zustimmungsvorbehalts gerecht werden, so bietet sich folgende Regelung an: „Der Abschluss sowie die Änderung und Aufhebung von Unternehmensverträgen i. S. d. §§ 291, 292 AktG bedürfen der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats. Soweit die Hauptversammlung den Abschluss eines Unternehmensvertrags verlangt (§ 83 Abs. 1 Satz 2 AktG), bedarf nur der Inhalt des Unternehmensvertrags der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats, soweit dieser nicht ebenfalls von der Hauptversammlung vorgegeben wird. Zur Ersetzung einer verweigerten Zustimmung genügt die für die Zustimmung zu dem Vertrag erforderliche Mehrheit (§ 83 Abs. 1 Satz 3 AktG), wenn die Initiative zum Vertragsschluss von der Hauptversammlung ausgegangen ist“. VI. Zustimmungsvorbehalte auf interne Organisationsentscheidungen Dass auch interne Leitungsmaßnahmen grundsätzlich zustimmungsvorbehaltsfähig sind, wurde bereits dargelegt und entspricht heute ganz herrschender Meinung 268. 1. Zustimmungsvorbehalte auf die Geschäftsleitungsorganisation So kann etwa die Geschäftsverteilung und Organisation des Vorstands von der Zustimmung des Aufsichtsrats als Minus zu seiner Kompetenz zum Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand (§ 77 Abs. 2 Satz 1 AktG) abhängig gemacht werden 269. Dadurch kann der Aufsichtsrat Einfluss auf einzelne Organi267 Zu trennen sind der Beschluss über die Vorbereitung eines Vertrags und derjenige über den Abschluss des vom Vorstand vorbereiteten Vertrags, vgl. Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 293 Rn. 8. 268 Vgl. oben A. I. 1. sowie statt vieler: Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 397. 269 Hefermehl / Spindler in: MünchKomm.AktG, § 77 Rn. 45; durch die Erlasskompetenz kann der Aufsichtsrat auch mittelbar die Ressortermächtigung (§ 78 Abs. 4 AktG)

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sationsmodelle wie etwa die Bildung einzelner Ressorts für Herstellung, Vertrieb, Forschung, Technik, Buchführung usw. nehmen. Er kann weiter darüber mitbestimmen, welchem Vorstandsmitglied nach regionalen, organisatorischen, fachlichen und personellen Gesichtspunkten welches Ressort / Sparte zugeteilt wird 270. Wegen der besonderen Bedeutung einer den Eigenarten des Unternehmens angepassten Geschäftsorganisation wird man der Geschäftsverteilung des Vorstands in der Regel auch außergewöhnlichen, wenn auch nicht grundlegenden Charakter beimessen können. Trotz mangelnder Bezugnahme auf § 77 AktG in den §§ 52 Abs. 1 GmbHG, 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG und 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG wird man Gleiches für den Aufsichtsrat einer GmbH annehmen können – soweit freilich die Geschäftsführer und nicht die Gesellschafter für den Erlass der Geschäftsordnung zuständig sind 271. Die fehlende Bezugnahme auf § 77 AktG bedeutet nicht, dass die Geschäftsführer über die Organisation ihrer Arbeit autonom entscheiden, sich die Geschäftsordnung der GmbH-Geschäftsführer mithin als zustimmungsvorbehaltsfrei erweist. Auch im Aktienrecht folgt das Zustimmungsvorbehaltsrecht in Bezug auf Geschäftsverteilungsregeln nicht erst aus der Erlasskompetenz des Aufsichtsrats nach § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG und § 77 Abs. 2 AktG stehen vielmehr nebeneinander – und dies gilt es auch im GmbHRecht zu berücksichtigen. 2. Zustimmungsvorbehalte auf Personalentscheidungen Als interne Geschäftsführungsmaßnahme können grundsätzlich auch Personalentscheidungen vom Aufsichtsrat für zustimmungspflichtig erklärt werden. Hierzu zählen sowohl Fragen der Einstellung von Mitarbeitern 272 und deren Vergütung wie bspw. Ruhegehaltszusagen oder die Einführung von anreizbasierten Vergütungssystemen bei interessenkonfliktträchtigen Arbeitnehmergruppen (z. B. im Bereich des Wertpapierhandels) als auch Fragen der Erteilung von Vertretungsvollmachten 273. Entscheidend für die Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit ist die Außergewöhnlichkeit der entsprechenden Personalentscheidung, die jedoch nicht immer einfach zu beurteilen ist. einzelner Vorstandsmitglieder bestimmen oder aber sie an seine Zustimmung binden, vgl. Schwarz, ZGR 2001, 744, 778; zur Erlasskompetenz des Aufsichtsrats ausführlich Kort in: Fleischer (Hrsg.), Hdb. Vorstandsrecht, § 3 Rn. 29 ff. 270 Allgemein Hefermehl / Spindler in: MünchKomm.AktG, § 77 Rn. 24 und Rn. 32 ff. 271 Zur Zuständigkeit für den Erlass einer Geschäftsordnung im GmbH-Recht siehe ausführlich Uwe H. Schneider in: FS Mühl, S. 633, 642 ff. 272 A. A. für den nach dem MitbestG mitbestimmten Aufsichtsrat Martens, ZfA 1980, 611, 630: „ . . . personalpolitische Entscheidungen [stehen] dem Aufsichtsrat lediglich unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 31 MitbestG [zu].“. 273 Statt vieler: Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 655.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

a) Einstellung von Mitarbeitern Geht es um die Einstellung von Mitarbeitern, so wird vorgeschlagen, Zustimmungsvorbehalte nur für den Bereich unmittelbar unter dem Vorstand vorzusehen 274. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Personalhoheit wesentlicher Bestandteil der eigenverantwortlichen Leitungsmacht des Vorstands ist 275. Dem ist zwar insoweit zuzustimmen, als sich mit Blick auf das Übermaßverbot generelle Zustimmungsvorbehalte auf die Einstellung von (leitenden) Mitarbeitern verbieten. Dies würde Aufsichtsräte gerade von Großunternehmen auch faktisch überfordern. Die Zustimmung würde zu einem reinen „Ratifikationsakt vom Vorstand geplanter Personalentscheidungen“ verblassen 276. Das entscheidende Bedeutungskriterium aber allein am Stufenrang festzumachen, vermag gleichwohl nicht ganz zu überzeugen. Denn einerseits begründet die Nähe zum Vorstand noch nicht automatisch die erforderliche Außergewöhnlichkeit des Geschäfts und andererseits sind Fälle denkbar, in denen auch Einstellungen nachrangiger Mitarbeiter von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft sein können. Es liegt daher näher, die Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit von Mitarbeitereinstellungen zunächst an der strategischen Bedeutung der zu besetzenden Stelle für die Gesellschaft festzumachen. Zustimmungsvorbehaltsfähig sind danach etwa die Bestellung von Vorstandsmitgliedern oder leitenden Angestellten zu Geschäftsführern bedeutender Tochtergesellschaften 277. Und Zustimmungsvorbehaltspflichtig ist wegen der besonderen Bedeutung der Unabhängigkeit der internen Revision die Bestellung und Abberufung des Leiters der internen Revision 278. Darüber hinaus eignet sich der mit der Anstellung verbundene finanzielle Aufwand als weiterer Anknüpfungspunkt, so dass dem Aufsichtsrat ohne Rücksicht auf die Stellenbedeutung ein Mitentscheidungsrecht nur bei außergewöhnlichen personellen Investitionen zukommt 279. b) Erteilung von Handlungsvollmachten Die Erteilung von Prokuren und Generalvollmachten hat in der Praxis einen festen Platz in Zustimmungskatalogen. Das ist nicht unproblematisch, weil es sich bei 274

Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 74; ihm folgend Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 173 f. 275 Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 173. 276 Martens, ZfA 1980, 611, 628. 277 Vgl. Martens, ZHR 159 (1995), 567, 577 ff.; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 655; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 109 Beispiel (9). 278 Siehe dazu Huwer, Der Prüfungsausschuss, § 9 C. 5. 279 So der Vorschlag von Peltzer, Deutsche Corporate Governance, S. 170 (§ 8 (1), 5.): „ . . . der Abschluss von Anstellungsverträgen, soweit diese einen Aufwand von EUR ____ p. a. überschreiten.“

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der Erteilung von Vollmachten in der Regel um gewöhnliche Geschäfte handelt 280. Die Außergewöhnlichkeit der Erteilung von Prokuren und Generalvollmachten 281 lässt sich im Streitfall zwar immer mit der umfassenden Vertretungsmacht begründen. Darüber hinaus wird die Bestellung von Generalbevollmächtigten häufig als eine Art Anwartschaft zur späteren Berufung in den Vorstand verstanden 282, so dass die Außergewöhnlichkeit zusätzlich auf die entsprechende Unternehmenspraxis gestützt werden kann. Andererseits gehört insbesondere die Erteilung von Prokuren gerade bei Großunternehmen zum normalen Geschäftsbetrieb. Zur notwendigen Eingrenzung bietet es sich daher an, nur solche Vollmachten mit einem Zustimmungsvorbehalt zu belegen, die für den gesamten Geschäftsbetrieb Geltung beanspruchen, so dass etwa (gewöhnliche) auf den Betrieb von Zweigniederlassungen begrenzte Vollmachten (vgl. § 50 Abs. 3 HGB) nicht erfasst sind. In Betracht kommt auch, an die Anzahl bereits erteilter Bevollmächtigungen anzuknüpfen und die Mitwirkungszuständigkeit des Aufsichtsrats nur für den Fall eines ungewöhnlich hohen Anstiegs vertretungsberechtigter Personen vorzusehen 283. Die letzten Beispiele zeigen, dass gerade bei internen Organisationsmaßnahmen die Gefahr eines nicht gerechtfertigten Eingriffs in die eigenverantwortliche Leitungsmacht des Vorstands besonders groß ist. Der Aufsichtsrat muss daher bei seiner Vorbehaltsentscheidung stets den individuellen Unternehmenszuschnitt berücksichtigen. Der Hinweis in der Gesetzesbegründung zum TransPuG, die Anordnung mehr oder weniger willkürlich zusammengestellter oder mehr oder weniger bedeutsamer Maßnahmen wie die Erteilung einer Prokura und einzelne Grundstücksgeschäfte erfüllten nicht den Anforderungen des neuen § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG 284, darf hier wörtlich genommen werden 285.

D. Die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten Gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG haben der Satzungsgeber oder der Aufsichtsrat über die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten zu bestimmen. Das gilt aufgrund der jeweiligen Verweisungen auch für die GmbH. Das Gesetz sieht demnach verschiedene Möglichkeiten vor, Zustimmungsvorbehalte festzulegen.

280

Vgl. auch RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17. Zum Umfang vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, § 167 Rn. 7. 282 Vgl. Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 77. 283 Vgl. Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 76 („Er [der Aufsichtsrat] sollte kritisch fragen, wenn die Zahl der Prokuristen ansteigt.“). 284 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17 (rechte Spalte). 285 Ebenso Fonk, ZGR 2006, 841, 851: „Die Zeit, in denen Zeichnungsvollmachten – insbesondere Prokuren – Anlass für Zustimmungsvorbehalte waren, sollten endgültig der Vergangenheit angehören.“ 281

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

I. Festlegung durch den Satzungsgeber 1. Festlegung durch Satzungsbeschluss Der Satzungsgeber wird durch § 111 Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 AktG ermächtigt, sowohl in der Ursprungssatzung als auch im Wege späterer Satzungsänderungen Zustimmungsvorbehalte festzuschreiben. Letzteres geschieht gemäß §§ 118 Abs. 1, 133 Abs. 1, 179 Abs. 2 Satz 1 AktG durch Hauptversammlungsbeschluss mit einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst. Die Satzung kann gemäß § 179 Abs. 2 Satz 2 AktG eine andere Kapitalmehrheit vorsehen. Als Satzungsänderung wird der Zustimmungsvorbehalt erst mit der Eintragung des entsprechenden Hauptversammlungsbeschlusses in das Handelsregister wirksam, § 181 Abs. 3 AktG. Damit verbunden sind Kosten, etwa solche für die notarielle Bescheinigung gemäß § 181 Abs. 1 AktG. Soweit § 179 Abs. 2 Satz 3 AktG die Möglichkeit vorsieht, den Hauptversammlungsbeschluss darüber hinaus von weiteren Erfordernissen abhängig zu machen, können damit nur auf die Hauptversammlung selbst bezogene Erfordernisse gemeint sein 286. Die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG scheidet daher als denkbares „weiteres Erfordernis“ aus 287. 2. Festlegung auch durch einfachen Beschluss? In der Praxis ist es keine Seltenheit, dass die Hauptversammlung die Ermächtigung des Vorstands zur Vornahme hauptversammlungspflichtiger Geschäftsführungsmaßnahmen an die Zustimmung des Aufsichtsrats knüpft 288. Zu denken ist etwa an Ermächtigungsbeschlüsse nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG (Erwerb eigener Aktien), § 221 Abs. 2 Satz 1 AktG (Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen) oder solche auf Verlangen des Vorstands nach § 119 Abs. 2 AktG. Wird der Zustimmungsvorbehalt nicht zugleich mit dem qualifizierten Ermächtigungsbeschluss in die Satzung mit aufgenommen (vgl. z. B. den Ermächtigungsbeschluss zur Bildung genehmigten Kapitals, der nach § 202 Abs. 1 AktG einer Satzungsänderung bedarf), ist fraglich, ob die Hauptversammlung befugt ist, Aufsichtsratsvorbehalte auch durch Beschlüsse festzulegen, die keine Satzungsbeschlüsse im Sinne der §§ 179 ff. AktG sind („einfacher“ Beschluss).

286

Timm, DB 1980, 1201, 1203 m. N. zur Gegenansicht (1202 f.). Timm, DB 1980, 1201, 1203 ff.; Hüffer, AktG, § 179 Rn. 23. 288 Vgl. die Nachweise zu einzelnen Tagesordnungspunkten verschiedener Hauptversammlungen bei Bergau, AG 2006, 769 Fn. 1 und 2. 287

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a) Unschädlichkeit einfacher Beschlüsse mit deklaratorischem Zustimmungsvorbehalt Ohne weiteres wird man dies in den Fällen bejahen können, in denen das Gesetz selbst die Durchführung der hauptversammlungspflichtigen Geschäftsführungsmaßnahme an die Zustimmung des Aufsichtsrats bindet, also etwa in den Fällen des § 202 Abs. 3 Satz 2 AktG (Ausgabe neuer Aktien) oder des § 204 Abs. 1 Satz 2 AktG (Entscheidung über den Inhalt der Aktienrechte oder über die Bedingungen der Aktienausgabe). Wegen des bereits gesetzlich angeordneten Zustimmungsvorbehalts kommt einem entsprechend gefassten Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung nur deklaratorische Wirkung zu 289. Das Gleiche gilt für den Fall, dass ein entsprechnder Zustimmungsvorbehalt bereits in der Satzung festgeschrieben ist. Deklaratorische Vorbehaltsbeschlüsse sind unbedenklich. b) Festlegung konstitutiver Zustimmungsvorbehalte nur im Wege der Satzungsänderung Umstritten ist das „einfache“ Zustimmungsvorbehaltsrecht der Hauptversammlung hingegen dort, wo das Gesetz oder die Satzung die Zustimmung des Aufsichtsrats nicht bereits selbst anordnen. Für die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen (§ 221 AktG) wird vereinzelt mit Blick auf §§ 202 Abs. 3 Satz 2, 204 Abs. 1 Satz 2 AktG eine entsprechende Befugnis der Hauptversammlung zur Einführung von Aufsichtsratsvorbehalten durch einfachen Beschluss bejaht 290. Würde man dies verallgemeinern, so wäre ein „einfacher“ Zustimmungsvorbehalt immer dort zulässig, wo über die Durchführung einer Geschäftsführungsmaßnahme abgestimmt wird, die in Bezug auf ihre Bedeutung für die Gesellschaft mit solchen Maßnahmen vergleichbar ist, die zwingend der Aufsichtsratszustimmung bedürfen. Dagegen wird jedoch von anderer Seite zu Recht vorgebracht, dass die Herleitung einer allgemeinen Zulässigkeit der Einführung von Aufsichtsratsvorbehalten durch einfachen Beschluss nur im Wege einer Analogie zu den einen gesetzlichen Aufsichtsratsvorbehalt vorschreibenden Regelungen möglich ist, es dafür aber an einer erforderlichen Regelungslücke fehlt 291. Insoweit stellt nämlich § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG der Hauptversammlung auch für den Fall ein Zustimmungsvorbehaltsrecht zur Verfügung, dass sie den Vorstand nur „mit Zustimmung des Aufsichtsrats“ zu einer hauptversammlungs289

Bergau, AG 2006, 769, 771. Für § 221 AktG Habersack in: MünchKomm.AktG, § 221 Rn. 152 („ . . . sollte . . . Befugnis der Hauptversammlung . . . nicht bezweifelt werden.“); siehe auch die weiteren Nachweise aus dem Schrifttum und der Rechtsprechung bei Bergau, AG 2006, 769, 771 f. Fn. 20, 21 und 22. 291 Bergau, AG 2006, 769, 773. 290

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pflichtigen Geschäftsführungsmaßnahme ermächtigen will. Dass der Weg über die Satzungsänderung im Einzelfall lästig oder unpraktikabel ist, stellt für sich noch keine Regelungslücke dar, die eine Analogie rechtfertigen könnte. Es bleibt daher bei der zwingenden Anwendbarkeit des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Aufsichtsratsvorbehalte kann die Hauptversammlung nur mit satzungsänderndem, nicht aber mit „einfachem“ Beschluss festlegen. Freilich bleibt es möglich, in dem Beschluss anregend darauf hinzuweisen, dass die genehmigte Vorstandsmaßnahme nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden soll 292. c) Rechtsfolgen bei unzulässiger einfacher Beschlussfassung Welche Rechtsfolgen an einen dennoch einfach beschlossenen Zustimmungsvorbehalt geknüpft sind, ist unklar. Soweit ersichtlich fehlt eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung. Lediglich Bergau 293 hat sich hiermit näher beschäftigt. Er schlägt vor, die Rechtsfolgen parallel zur Satzungsdurchbrechung zu bestimmen, und setzt sich für eine bloße Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses ein. Die Folge ist, dass der Zustimmungsvorbehalt wirksam ist, solange der Beschluss nicht angefochten wird bzw. unanfechtbar geworden ist. Das überzeugt nicht. Vielmehr ist zwischen dem Zustimmungsvorbehalt und dem ihm zugrunde liegenden Hauptversammlungsbeschluss zu unterscheiden. Das qualifizierte Beschlussfassungserfordernis ist ein bewusstes Element der Gewaltentrennung. Die Hauptversammlung soll die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nur im Wege des starren Verfahrens der Satzungsänderung einschränken und sich nur auf diese Weise an der dem Aufsichtsrat vorbehaltenen Überwachungsaufgabe beteiligen dürfen 294. Zustimmungsvorbehalte der Hauptversammlung an der Satzung vorbei sind daher unwirksam, § 181 Abs. 3 AktG. Der Vorstand darf sie folglich ignorieren. Damit stellt sich die Frage nach dem Schicksal des übrigen Teils des Hauptversammlungsbeschlusses, also etwa des Ermächtigungsbeschlusses. In der Anordnung des Aufsichtsratsvorbehalts wird der Versammlungswille deutlich, dass der Vorstand nicht allein zur Vornahme der beschlussgegenständlichen Geschäftsführungsmaßnahme befugt sein soll, sondern dass der Aufsichtsrat daran mitwirken soll. Es ist daher davon auszugehen, dass die Hauptversammlung in Kenntnis der Unwirksamkeit des Aufsichtsratsvorbehalts den Beschluss, so wie er rechtlichen Bestand hat, im Zweifel nicht gefasst hätte. Für diese Fälle enttäuschter Erwartungen an die Gültigkeit vorgenommener Rechtsgeschäfte hält § 139 BGB die passende Rechtsfolge 292

So der Vorschlag von Bergau, AG 2006, 769, 776. AG 2006, 769, 775. 294 Siehe dazu ausführlich Bergau, AG 2006, 769, 770 f., 773; zum Verhältnis zwischen dem Grundsatz der Satzungsstrenge und dem Wesen der Aktiengesellschaft vgl. außerdem Hüffer in: MünchKomm.AktG, § 241 Rn. 51; siehe ferner Hüffer, AktG, § 241 Rn. 20. 293

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bereit. § 139 BGB ist auch auf Versammlungsbeschlüsse anwendbar 295. Danach ist ein teilnichtiges Rechtsgeschäft insgesamt nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. So liegt es hier, denn wie dargelegt ist gerade nicht anzunehmen, dass die Hauptversammlung den Beschluss auch ohne den unwirksamen 296 Teil „Aufsichtsratsvorbehalt“ gefasst hätte. Der Hauptversammlungsbeschluss ist daher gemäß § 139 BGB im Ganzen nichtig. Wegen der Sondernorm des § 241 AktG tritt die Wirkungslosigkeit des Beschlusses allerdings nicht ohne weiteres ein. Vielmehr bedarf es hierzu der Anfechtung des Beschlusses nach den §§ 243 ff. AktG (vgl. § 241 Nr. 5 AktG). d) Rechtslage in der GmbH – kein Überwachungsprivileg des Aufsichtsrats In der GmbH ist die Rechtslage eine andere. Zwar gilt auch im GmbH-Recht kraft Verweisung § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entsprechend. Vorgesehen ist daher auch hier, dass die Einführung von Aufsichtsratsvorbehalten durch die Gesellschafter im Wege der Satzungsänderung zu erfolgen hat. Im Unterschied zur Aktiengesellschaft ist jedoch die Gesellschafterversammlung neben dem Aufsichtsrat für die Überwachung der Geschäftsführung zuständig. Nach § 46 Nr. 6 GmbHG unterliegt der Bestimmung der Gesellschafter auch die Kontrolle der Geschäftsführung. Mit Blick auf dieses Nebeneinander von Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat in puncto Geschäftsführungskontrolle ist es nicht einzusehen, weshalb die Gesellschafter Aufsichtsratsvorbehalte nur im Wege der Statutsänderung festlegen können sollen 297. Ein Überwachungsprivileg des Aufsichtsrats, das ein beschränktes Anordnungsrecht der Gesellschafter rechtfertigen könnte, besteht in der GmbH gerade nicht. Und das gilt gleichermaßen für eine mitbestimmte GmbH, denn an dem Überwachungsverhältnis zwischen Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung haben die Mitbestimmungsgesetze mithin nichts geändert. Die Gesellschafterversammlung ist daher berechtigt, ihrer Überwachungsfunktion dadurch gerecht zu werden, dass sie im Wege der einfachen Beschlussfassung nach § 47 Abs. 1 GmbHG bestimmte Geschäfte bzw. Geschäftsarten der qualifizierten Aufsichtsratsüberwachung unterstellt. Mit Blick auf §52 Abs.1 a.E. GmbHG ist 295 Vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, § 139 Rn. 3. Die einschränkende Rechtsprechung des II. Zivilsenats (BGHZ 47, 172, 178 ff.), wonach § 139 BGB auf Satzungsregelungen keine Anwendung findet, da es nicht möglich sei, die Fortgeltung der Satzung nach dem Willen der Gründer zu beurteilen, nachdem die juristische Person entstanden ist, greift hier nicht; denn vorliegend handelt es sich nicht um die Frage der Gültigkeit einer Satzungsregelung, sondern um die Auslegung des durch den Hauptversammlungsbeschluss artikulierten Aktionärswillens. 296 Die Unwirksamkeit wird im Rahmen des § 139 BGB der Nichtigkeit gleichgestellt; siehe Heinrichs in: Palandt, BGB, § 139 Rn. 2. 297 A. A. Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 110: „Für eine entsprechende Satzungsregelung und für die Festlegung eigenständig formulierter Zustimmungsvorbehalte reichen einfache Gesellschafterbeschlüsse nicht aus.“

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

freilich Voraussetzung für ein einfaches Beschlussfassungsrecht der Gesellschafter, dass die Abweichung von §111 Abs.4 Satz2 AktG in dem Gesellschaftervertrag festgelegt wird. Das gilt ebenso und erst recht für die mitbestimmte GmbH. II. Festlegung durch den Aufsichtsrat Der Wortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nimmt hinsichtlich der Gesetz gewordenen Pflicht zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten keine Differenzierung zwischen den Festlegungsberechtigten vor. Ein Verstoß gegen die Zustimmungsvorbehaltspflicht ist für die Anteilseignerversammlung jedoch schon deswegen folgenlos, weil sie zur Überwachung der Geschäftsleitung nicht verpflichtet ist. Die Pflichterfüllung wird daher in erster Linie an dem haftungsverantwortlichen Aufsichtsrat hängen bleiben. Insbesondere drohen Schadensersatzpflichten, wenn sich der Aufsichtsrat auf einem lückenhaften Zustimmungskatalog des Satzungsgebers „ausruht“. Die Festlegung zustimmungsbedürftiger Geschäfte durch den Aufsichtsrat erfolgt ebenfalls im Wege der Beschlussfassung. Die Beschlüsse werden im Plenum nach den allgemeinen Mehrheitserfordernissen gefasst 298. Die Satzung kann für die Beschlussfassung keine weiteren Erfordernisse, insbesondere keine qualifizierte Mehrheit im Aufsichtsrat vorschreiben, da anderenfalls die gesetzliche Aufgabenerfüllung des Aufsichtsrats erschwert würde 299. Auch insoweit ist das Zustimmungsvorbehaltsrecht des Aufsichtsrats unantastbar. Einem Ausschuss kann die Beschlussfassung nicht übertragen werden, § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG. Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit, einen Ausschuss mit der Vorbereitung der Beschlussfassung über die Festlegung zustimmungspflichtiger Geschäfte zu betrauen 300. Ebenso wenig ist eine Übertragung der Festlegungskompetenz auf den Aufsichtsratsvorsitzenden zulässig, auch nicht für Eilfälle. Die Satzung, nicht aber die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats kann jedoch dem Vorsitzenden bei Stimmengleichheit einen Stichentscheid einräumen 301. Für den Aufsichtsrat im Geltungsbereich des MitbestG ist dies bei zweimaliger Stimmengleichheit hin298

Siehe dazu Hüffer, AktG, § 108 Rn. 7 f. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 403; zustimmend die h. M., vgl. Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 590; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 17a; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 105; Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 40; Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 19 m. w. N. in Fn. 6; Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 74; a. A., aber nicht überzeugend, Jürgenmeyer, ZGR 2007, 112, 141: „Die Bestimmung qualifizierter Beschlussmehrheiten hierfür [Anordnung von Zustimmungsvorbehalten] würde keine unzulässige Beschränkung entsprechender Befugnisse des Aufsichtsrats darstellen.“ 300 Seibel in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 6 Rn. 22. 301 Semler in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 4 Rn. 85 („Die Einräumung eines verstärkten Stimmrechts ist mehr als eine Verfahrensregelung.“). 299

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sichtlich desselben Beschlussgegenstandes gesetzlich vorgeschrieben, § 29 Abs. 2 Satz 1 MitbestG. Für die Festschreibung von Zustimmungsvorbehalten stehen dem Aufsichtsrat zwei Wege zur Verfügung: 1. Festlegung in einer Geschäftsordnung Zum einen kann die Festlegung zustimmungspflichtiger Geschäfte durch eine Regelung in einer Geschäftsordnung erfolgen. a) Geschäftsordnung des Aufsichtsrats Möglich ist die Unterbringung zustimmungsbedürftiger Geschäfte in einer Geschäftsordnung des Aufsichtsrats. Der Vorteil gegenüber der Festlegung von Zustimmungsvorbehalten in der Satzung liegt neben einem geringeren Kostenaufwand in der flexibleren Handhabung, die es dem Aufsichtsrat ermöglicht, den Zustimmungskatalog mit wenig formalem Aufwand an veränderte Umstände anzupassen. Als organinterne Regelung entfalten Zustimmungsvorbehalte in einer Geschäftsordnung des Aufsichtsrats erst dann ihre geschäftsführungsbeschränkende Wirkung, wenn die Geschäftsordnung dem Vorstand zugegangen ist oder dieser die Möglichkeit zur Einsichtnahme hat. Im letzteren Fall ist der Vorstand verpflichtet, sich die notwendige Kenntnis zu verschaffen (vgl. § 82 Abs. 2 AktG). b) Geschäftsordnung des Vorstands Weil sich die Zustimmungspflichtigkeit bestimmter Geschäfte einschränkend auf die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands auswirkt, der Einwilligungsvorbehalt mithin an den Vorstand gerichtet ist, ist es zweckmäßig, die vorbehaltenen Geschäfte in die Geschäftsordnung des Vorstands mit aufzunehmen 302. Dies kann dadurch erfolgen, dass ein vom Aufsichtsrat beschlossener Zustimmungskatalog der Geschäftsordnung als Anlage angefügt wird. Hierfür stehen dem Aufsichtsrat entsprechende Durchsetzungsmittel zur Verfügung. Er kann zum einen den Erlass einer Geschäftsordnung als Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands von seiner Zustimmung abhängig machen. Zum anderen kann er aber auch selbst eine Geschäftsordnung für den Vorstand erlassen, § 77 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AktG. Die Erlasskompetenz umfasst allerdings nicht die Befugnis, eine vom Vorstand gefasste Geschäftsordnung zu ändern 303. Will sich der Aufsichtsrat darauf beschränken, eine vom Vorstand geschaffene Geschäftsordnung um die Aufnahme 302 303

Ebenso Fonk, ZGR 2006, 841, 845 (aus Gründen der Logik zu empfehlen). Hüffer, AktG, § 77 Rn. 22.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

zustimmungspflichtiger Geschäfte zu ergänzen, muss er daher im Konfliktfall die Geschäftsordnung durch eine neue, erweiterte Geschäftsordnung unter Weiterverwendung alter Elemente ersetzen 304. c) Rechtslage in der GmbH Auch in der GmbH erfolgt die Festelgung von Zustimmungsvorbehalten durch den Aufsichtsrat im Wege der einfachen Beschlussfassung. Anders als in der Aktiengesellschaft kann allerdings die Satzung für den fakultativen Aufsichtsrat den Vorbehaltsbeschluss an eine höhere Stimmenmehrheit knüpfen. In der mitbestimmten GmbH sind solche Mehrheitsregelungen indessen unzulässig, da sie die gesetzliche Aufgabenerfüllung des obligatorischen Aufsichtsrats erschweren 305. aa) Geschäftsordnung des Aufsichtsrats Die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats setzt die Kompetenz des GmbH-Aufsichtsrats voraus, sich selbst eine Geschäftsordnung zu geben. Eine gesetzliche Bestimmung hierzu fehlt im GmbHG. Die Erlasskompetenz des Aufsichtsrats ist daher mit der herrschenden Meinung seinem Recht zur Selbstorganisation zu entnehmen 306. Neben die Zuständigkeit des Aufsichtsrats tritt allerdings diejenige der Gesellschafterversammlung 307. Die Regelungskompetenz der Gesellschafter reicht jedoch nur so weit, wie ihre Satzungskompetenz reicht 308. Die Kompetenz des GmbH-Aufsichtsrats, autonom Zustimmungsvorbehalte in der eigenen Geschäftsordnung festzulegen, hängt damit von der noch zu erörtenden Frage nach der Entscheidungsprärogative des Satzungsgebers bei der Anordnung von Aufsichtsratsvorbehalten ab. Fraglich ist, ob die Anteilseigner durch selbst formulierte Zustimmungsvorbehalte die Festlegungskompetenz (und insoweit dann auch die Geschäftsordnungskompetenz) des Aufsichtsrats für weitere Vorbehalte sperren können (siehe dazu unter III.). 304

Vgl. Hüffer, AktG, § 77 Rn. 22. Widersprüchlich Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 231 einerseits und Rn. 209 andererseits. 306 Anstelle vieler: Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 320. 307 Die wohl h. M. geht auch bei der mitbestimmten GmbH von einem Vorrang der Geschäftsordnungsautonomie der Gesellschafter aus, vgl. die Nachweise bei Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 79 Fn. 4; a. A. (ausschließliche Regelungszuständigkeit des mitbestimmten Aufsichtsrats) Martens, DB 1980, 1381 ff.; für beschränkten Regelungsvorrang der Gesellschafter auf zentrale Fragen wie z. B. der Beschlussfähigkeit: MarschBarner / Diekmann in: Münch. Hdb. GesR III, § 48 Rn. 128 (zentrale Fragen) und Rn. 162 (entscheidende Fragen); Hommelhoff / Lutter in: Hommelhoff / Lutter, GmbHG, § 52 Rn. 36 (zentrale Einzelaspekte). 308 Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 76: „Was sie [die Gesellschafter] aber in der Satzung regeln können, können sie auch als Geschäftsordnung erlassen und bestimmen.“ 305

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bb) Geschäftsordnung der Geschäftsführer Anders als im Aktienrecht fehlt es für die Festschreibung von Zustimmungsvorbehalten in einer Geschäftsordnung der Geschäftsführer an einer gesetzlichen Grundlage. § 52 GmbHG verweist nicht auf § 77 Abs. 2 AktG. Für den Erlass einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführer ist damit die Gesellschafterversammlung kraft ihrer Allkompetenz zuständig. Die Festschreibung von Zustimmungsvorbehalten in der Geschäftsordnung der Geschäftsführer durch den Aufsichtsrat setzt daher stets eine Ermächtigung durch die Gesellschafter voraus, sei es in Form einer gesellschaftsvertraglichen Regelung, sei es durch die Übertragung entsprechender Weisungsrechte gegenüber den Geschäftsführern 309. Das gilt sowohl für den fakultativen als auch für den obligatorischen Aufsichtsrat. Die vereinzelt für den obligatorischen Aufsichtsrat vertretene Ansicht, aus der Kompetenz des Aufsichtsrats in personellen Angelegenheiten (vgl. § 31 MitbestG i. V. m. § 84 Abs. 2 AktG) folge auch seine ausschließliche 310 oder jedenfalls subsidiäre Erlasskompetenz 311, ist abzulehnen. Sie widerspricht § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG und § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG sowie dem rechtlichen Ausgangspunkt der Mitbestimmungsgesetze, wonach sich die Zuständigkeiten eines Organs in einer mitbestimmten Gesellschaft nach den für die Rechtsform des Unternehmens geltenden Vorschriften richten, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist 312. Will der Aufsichtsrat daher Zustimmungsvorbehalte in einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführer festschreiben, ist er auf eine entsprechende Ermächtigung durch die Gesellschafterversammlung angewiesen. 2. Festlegung durch gesonderten Aufsichtsratsbeschluss a) Arten und Anforderungen an gesonderte Zustimmungsvorbehaltsbeschlüsse Zustimmungsvorbehalte können auch durch gesonderten Aufsichtsratsbeschluss festgelegt werden 313. Die Wirksamkeit des Zustimmungsvorbehaltsbeschlusses 309

Vgl. Uwe H. Schneider in: FS Mühl, S. 633, 643. Föhr in: MitbestG ’76, § 30 Rn. 45. 311 Ulmer in: Hanau / Ulmer, MitbestG, § 30 Rn. 21 (anders aber Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 30 MitbestG Rn. 21); Fitting / Wlotzke / Wissmann, MitbestG, § 30 Rn. 40. 312 Uwe H. Schneider in: FS Mühl, S. 633, 643 f.; im Ergebnis ebenso: Raiser, MitbestG, § 30 Rn. 23; Koppensteiner in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 37 Rn. 43; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 24; Altmeppen in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 37 Rn. 34 ff.; Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 30 MitbestG Rn. 21. 310

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Erforderlich ist, dass die Beschlusslage eindeutig feststeht. Auch ohne Schriftformerfordernis (vgl. § 126 BGB, § 108 AktG) ist hierfür zu verlangen, dass die Beschlussfeststellung schriftlich im Sitzungsprotokoll niedergelegt ist 314. Darüber hinaus ist ein gemeinsames Dokument anzulegen, in dem sämtliche Zustimmungsvorbehaltsbeschlüsse erfasst sind. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass sie in Vergessenheit geraten oder, etwa bei personellem Wechsel, gar nicht erst zur Kenntnis genommen werden 315. Zu den gesonderten Aufsichtsratsbeschlüssen zählt auch der sogenannte Adhoc-Beschluss. Teilweise wird darunter ein Festlegungsbeschluss verbunden mit einer sofortigen Zustimmungsverweigerung gefasst. Das ist indes nicht zwingend. So kann bereits die mit der Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts veränderte Verhandlungsposition des Aufsichtsrats zu einem Einlenken der Geschäftsleitung führen, so dass es der Ausübung des Vetorechts gar nicht mehr bedarf. Im Unterschied zum „normalen“ Aufsichtsratsbeschluss ist für einen Ad-hoc-Beschluss daher lediglich seine spontane Einsatzfähigkeit charakteristisch, die dem Aufsichtsrat eine flexible Mitwirkung an kurzfristigen Einzelgeschäftsvorhaben der Geschäftsleitung erlaubt. Weder für den „normalen“ noch für den Ad-hoc-Zustimmungsvorbehaltsbeschluss gelten Besonderheiten im Vergleich zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten in einer Geschäftsordnung. Insbesondere gelten für den auf konkrete Geschäftsvorhaben abzielenden ad hoc beschlossenen Zustimmungsvorbehalt dieselben Bedeutungsgrenzen wie für die übrigen Zustimmungsvorbehalte 316. b) Wirksamkeit gesondert beschlossener Zustimmungsvorbehalte Da auch gesonderte Zustimmungsvorbehaltsbeschlüsse zunächst nur eine organinterne Willensentscheidung darstellen, bedarf es für die Wirksamkeit des Zustimmungsvorbehalts der Mitteilung gegenüber dem Vorstand. Die Zustimmungsvorbehaltserklärung ist auf die Erzielung der Rechtsfolge „Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands“ gerichtet. Sie ist damit eine Willenserklärung 317. Und da der Vorstand in der Lage sein muss, sich auf die mit dem Zustimmungsvorbehalt neu geschaffene Rechtslage einzustellen, handelt es sich 313

Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 407. Vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 108 Rn. 112. 315 Vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 407. 316 Vgl. dazu oben A. II. 3. 317 Zur Definition einer Willenserklärung vgl. Brox / Walker, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 82 ff. Gegen die Einordnung der Zustimmungsvorbehaltserklärung als geschäftsähnliche Handlung spricht, dass es dem Aufsichtsrat gerade um die Herbeiführung des gesetzlich vorgesehenen Erfolges geht: Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands zu seinen Gunsten. 314

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um eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Entsprechend findet auch § 130 BGB Anwendung. III. Das Verhältnis von Anteilseignerversammlung und Aufsichtsrat Hat die Anteilseignerversammlung von ihrem Zustimmungsvorbehaltsrecht Gebrauch gemacht, stellt sich die Frage nach dem (Rang-)Verhältnis von Satzungsgeber und Aufsichtsrat. Fraglich ist, ob der Anteilseignerversammlung bei der Einführung von Zustimmungsvorbehalten eine Entscheidungsprärogative zukommt. 1. Das Verhältnis von Anteilseignerversammlung und Aufsichtsrat in der AG Für die Aktiengesellschaft wird eine Entscheidungsprärogative der Hauptversammlung nach ganz herrschender Meinung verneint. Anerkannt ist, dass Satzung und Aufsichtsrat unabhängig voneinander zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten befugt sind 318. Die früher vereinzelt vertretene Gegenansicht, wonach die Hauptversammlung mit Ausübung ihres Zustimmungsvorbehaltsrechts die Zustimmungskompetenz des Aufsichtsrats abschließend regeln konnte, so dass der Aufsichtsrat seinerseits keine weiteren Geschäfte seiner Zustimmung unterwerfen konnte 319, darf als überholt gelten 320. Diese stark am Wortlaut orientierte Auffassung – das Wort „oder“ in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG wurde als ausschließendes „Entweder-oder“ verstanden – vermochte schon deswegen nicht zu überzeugen, weil eine präventive Vorstandskontrolle Flexibilität voraussetzt, die nur dann gewährleistet ist, wenn dem regelmäßig besser informierten Aufsichtsrat ein eigenes Zustimmungsvorbehaltsrecht zusteht 321. Die Satzung kann daher auch nicht vorschreiben, dass bestimmte Geschäfte der Mitwirkung des Aufsichtsrats nicht bedürfen. Die Bindungskraft der Satzung geht nur so weit, als der Aufsichtsrat in der Satzung festgelegte Zustimmungsvorbehalte weder aufheben 322 noch durch die Erteilung von „Generalzustimmungen“ aushebeln kann 323, sondern gezwungen ist, sich mit jedem Geschäft einzeln auseinanderzusetzen 324. 318 Statt aller: Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 403; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 105. 319 Vgl. Hölters, BB 1978, 640, 642; Rowedder in: FS Duden, S. 501, 512; Wiedemann in: FS Barz, S. 561, 571; ders., ZGR 1975, 385, 426 f.; eine ausführliche Darstellung der Gegenansicht findet sich bei Götz, ZGR 1990, 633, 634 ff. 320 So ausdrücklich Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 19 Fn. 30. 321 Vgl. Götz, ZGR 1990, 633, 637; Lenz, AG 1997, 448, 450. 322 Semler in: FS Doralt, S. 609, 618. 323 Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 105.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

2. Das Verhältnis von Anteilseignerversammlung und Aufsichtsrat in der GmbH Inwieweit die Gesellschafterversammlung durch die Erstellung eines abschließenden Zustimmungskatalogs die Zustimmungsvorbehaltskompetenz des Aufsichtsrats einer GmbH einengen kann, ist umstritten. Zu unterscheiden ist die Rechtslage in der mitbestimmten GmbH von derjenigen in der nicht mitbestimmten GmbH. a) Rechtslage in der mitbestimmten GmbH Für die mitbestimmte GmbH schließt die überwiegende Lehre aus dem „Vorrang der Mitbestimmungsgesetze“, dass das Festlegungsrecht des Aufsichtsrats nicht durch einen abschließenden Zustimmungskatalog des Satzungsgebers beseitigt werden kann 325. Gegenstimmen verweisen demgegenüber auf die umfassende Kompetenz der Gesellschafterversammlung in Geschäftsführungsfragen, die auch die Befugnis umfasse, dem Aufsichtsrat das Recht zur Anordnung weiterer Zustimmungsvorbehalte zu nehmen 326. Einen vollständigen Verzicht auf Zustimmungsvorbehalte könne der Satzungsgeber dagegen mit Blick auf die Neufassung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht vorsehen 327. Letztere Ansicht lässt sich nicht aufrechterhalten. Mit der erklärten Anwendbarkeit des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG soll dem mit Arbeitnehmern besetzten Aufsichtsrat einer GmbH eine unternehmerische Mitwirkungszuständigkeit an der Entwicklung der Gesellschaft zugesprochen werden 328. Voraussetzung hierfür ist die Möglichkeit des Aufsichtsrats, einen eigenen unternehmerischen Standpunkt zu entwickeln und diesen an die Entscheidungsträger mit gewissem Nachdruck 324

Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 18. Für das MitbestG: Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 92; Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 64; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 140; Deilmann, BB 2004, 2253, 2254; Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 228. 326 Hoffmann / Neumann, GmbHR 1976, 149, 152; Hoffmann / Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 305; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 926; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 29; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 754 Fn. 3; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 231; Martens, ZHR 138 (1974), 179, 221 f. 327 Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 926; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 29; so auch schon Martens, ZHR 138 (1974), 179, 222; ders., AG 1976, 113, 122; a. A. (zur alten Gesetzeslage) Hölters, BB 1975, 797, 799: Vollständige Reduktion der Zustimmungsbefugnisse des mitbestimmten GmbH-Aufsichtsrats. 328 Vgl. Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 92. 325

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heranzutragen. Die gesetzlich zugestandene Mitentscheidung über bedeutsame Geschäftsführungsmaßnahmen beginnt aber bereits auf der Ebene des Zustimmungsvorbehaltsrechts, nämlich bei der Beurteilung, ob ein Geschäft wegen seiner besonderen Bedeutung für das Unternehmen der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf. Mit Sinn und Zweck der Mitbestimmungsgesetze ist es daher unvereinbar, die Entscheidung darüber, welche Geschäfte einem Aufsichtsratsveto zugänglich sind, allein in die Hände der Gesellschafter zu legen. Mit der herrschenden Meinung steht somit das Zustimmungsvorbehaltsrecht des mit Arbeitnehmern teilbesetzten Aufsichtsrats neben dem des Satzungsgebers. Letzterer ist nicht befugt, den Umfang zustimmungsbedürftiger Geschäfte in der Satzung oder einer Geschäftsordnung des Aufsichtsrats abschließend zu regeln. b) Rechtslage in der nicht mitbestimmten GmbH In der mitbestimmungsfreien GmbH kann die Satzung nach einhelliger Auffassung den Umfang aufsichtsratspflichtiger Geschäfte abschließend regeln 329. Begründet wird dies mit der gesetzlichen Regelung des § 52 Abs. 1 a. E. GmbHG, die den Geltungsumfang des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zur Disposition der Gesellschafter stellt 330. Diese Ansicht ist jedoch zu undifferenziert. Die Qualifikation des Kontrollgremiums als Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG und der hierauf vertrauende Rechtsverkehr verlangen eine entsprechende Mittelausstattung des Kontrolleurs, die es ihm ermöglicht, seine Überwachungsaufgabe zu erfüllen. Eine effektive Leitungskontrolle, die gerade auch die zukunftsbezogene Überwachung mit einschließt, ist ohne entsprechende Kontrollinstrumente nicht denkbar. Bereits an anderer Stelle wurde ausgeführt, dass eine Beschränkung des Zustimmungsvorbehaltsrechts ohne Kompensation durch die Bereitstellung anderer Einwirkungsmittel auf die Geschäftsführung nur zulässig ist, soweit das Kontrollorgan dadurch nicht seine Qualität als Aufsichtsrat verliert 331. Das gilt hier ebenso. Eine abschließende Regelung in der Satzung oder der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats 332, die den Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte klein hält und so den Aufsichtsrat an einer effektiven Kontrolle zukunftsweisender Geschäftsführungsvorhaben hindert, ist nur dann zulässig und für den fakultativen Aufsichtsrat bindend, wenn die Satzung den Mittelverlust durch die Einräumung anderer, gleichwertiger Kontrollinstrumentarien ausgleicht. Das ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden.

329 Anstelle aller: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 140; siehe auch schon ders. in: Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 52 Rn. 78. 330 Vgl. Deilmann, BB 2004, 2253, 2254. 331 Siehe oben § 4 B. I. 1. 332 Vgl. oben II. 1. c) aa).

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

c) Doppelte Zustimmungsregelung aa) Inhalt und Zulässigkeit doppelter Zustimmungsregelungen Neben Zustimmungsvorbehalten zugunsten des Aufsichtsrats können solche zugunsten der Gesellschafterversammlung treten. Aufgrund ihrer Kontrollbefugnis nach § 46 Nr. 6 GmbHG ist es den Gesellschaftern erlaubt, durch entsprechende Satzungsregelung (vgl. § 45 Abs. 1 GmbHG) oder aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses als Minus zu ihrem Weisungsrecht (vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG) bestimmte Arten von Geschäften an ihr vorheriges Votum zu binden 333. Zulässig ist daher eine Regelung, wonach sämtliche Geschäfte, die der Zustimmung des Aufsichtsrats unterliegen, zusätzlich der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen. Eine solche „doppelte Zustimmungsregelung“ 334 hat den Vorteil, dass die Gesellschafter stets und unabhängig von dem Verfahren des § 111 Abs. 4 Sätze 3 und 4 AktG über aufsichtsratspflichtige Geschäftsführungsmaßnahmen informiert sind. Ermöglicht wird so eine schnelle Entscheidung der Gesellschafter, ob ein vom Aufsichtsrat verweigertes Geschäft (nachträglich) angewiesen bzw. ein genehmigtes Geschäft missbilligt wird 335. bb) Pflicht zur Festlegung von Gesellschaftervorbehalten? Nach der namentlich von van Venrooy vertretenen Ansicht sollen die Gesellschafter sogar verpflichtet sein, unabhängig von Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats einen eigenen Zustimmungskatalog zur Vermeidung gesetzeswidriger Geschäftsführungsmaßnahmen zu erstellen 336. Geschlossen wird dies aus der Regelung des § 62 Abs. 1 GmbHG, wonach die zuständige Verwaltungsbehörde die Auflösung der Gesellschaft anordnen bzw. erstreiten kann 337, wenn die Gesellschafter gesetzwidrige Beschlüsse fassen oder gesetzwidrige Handlungen der Geschäftsführer wissentlich geschehen lassen. Eine gesetzliche Pflicht der Gesellschafterversammlung zur Einführung von Zustimmungsvorbehalten zur Verhinderung gesetzwidrigen Geschäftsführerhandelns ist indessen abzulehnen. Eine solche Forderung geht über den Inhalt der Vorschrift des § 62 Abs. 1 GmbHG weit hinaus. Auflösungsgrund der zweiten 333 Eine empirische Untersuchung über den Gebrauch solcher Gesellschaftervorbehalte und das Verhältnis dieser Vorbehalte zu Aufsichtsratsvorbehalten liegt aus dem Jahr 1980 vor: Theisen, Die Aufgabenverteilung in der mitbestimmten GmbH, S. 103 ff. und S. 148. 334 Der Begriff stammt von Deilmann, BB 2004, 2253, 2255. 335 Deilmann, BB 2004, 2253, 2255. 336 van Venrooy, GmbHR 2005, 1243. 337 Die Einzelheiten sind streitig; für Auflösungsanordnung durch Verwaltungsakt die herrschende Meinung, zum Meinungsstand vgl. statt aller: Schulze-Osterloh / Fastrich in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 62 Rn. 11; für gerichtliche Auflösungsentscheidung neuerdings van Venrooy, GmbHR 2005, 2243, 2246 f.

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Alternative ist nicht die fahrlässige Unkenntnis von gesetzwidrigen Handlungen, sondern ihr wissentliches Geschehenlassen. Vorausgesetzt ist also die Kenntnis bzw. das bewusste Verschließen vor der Erkenntnis gesetzwidrigen Geschäftsführerhandelns. Das ist beabsichtigt, denn die Gesellschafter sind zur Überwachung der Geschäfte der GmbH nicht verpflichtet 338. Die Pflicht, Zustimmungsvorbehalte einzuführen, um sich die zur Vermeidung gemeinwohlschädigender Gesetzesverstöße erforderliche Kenntnis zu verschaffen, ist aber Teil einer gesetzlich nicht verlangten Überwachungstätigkeit der Gesellschafter. Die Einführung von Zustimmungsvorbehalten außerhalb des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG steht daher im uneingeschränkten Ermessen der Anteilseignerversammlung. cc) Das Verhältnis von Gesellschaftervorbehalten zu Aufsichtsratsvorbehalten Treten neben Zustimmungsvorbehalten nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG solche zugunsten der Gesellschafterversammlung, ist nach dem Rangverhältnis beider Vorbehalte zu fragen. Die Antwort liegt in dem Verhältnis von Gesellschafterweisungen zu Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats. Hierzu wurde bereits ausgeführt, dass Aufsichtsratsvorbehalte auch angewiesene Geschäftsführungsmaßnahmen erfassen, diese also nicht etwa von einer Gesellschafterweisung verdrängt werden. Nichts anderes gilt für das Zusammentreffen von Aufsichtsratsvorbehalten und Gesellschaftervorbehalten. Eine aufgrund eines Gesellschaftervorbehalts getroffene Zustimmungsentscheidung macht die ebenfalls erforderliche Aufsichtsratsentscheidung nicht entbehrlich. Bei divergierenden Ansichten muss sich die Gesellschafterversammlung daher gegebenenfalls nochmals mit der Angelegenheit befassen. Halten die Gesellschafter an ihrem Standpunkt fest, müssen sie ihre bereits getroffene Zustimmungsentscheidung im Wege des Ersetzungsverfahrens nach § 111 Abs. 4 Sätze 3 und 4 AktG bestätigen 339. Aus Sicht der Gesellschafter bietet es sich daher in Fällen doppelter Zustimmungsregelung an, zunächst abzuwarten, wie sich der Aufsichtsrat in der Sache entscheiden wird 340. Eine Vorrangregelung, wonach der Gesellschafterversammlung eine verdrängende Zustimmungskompetenz zukommt, ist nur in der mitbestimmungsfreien GmbH und auch dort nur insoweit denkbar, als dadurch die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats nicht in einer Weise beeinträchtigt wird, die die Qualifikation des fakultativen Aufsichtsrats als Kontrollorgan in Frage stellt 341. 338

Einhellige Auffassung, anstelle aller: Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG, § 46 Rn. 113. 339 Siehe dazu auch unten § 5 E. I. 2. 340 In der Praxis finden sich dagegen nur selten Bestimmungen in Gesellschaftsverträgen oder Geschäftsführer-Geschäftsordnungen, wonach bei statuarischer Doppelzuständigkeit zunächst die Vorlage im Aufsichtsrat vorgeschrieben wird, vgl. Theisen, Die Aufgabenverteilung in der mitbestimmten GmbH, S. 110. 341 Dazu im Einzelnen oben unter B. I. 1.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

IV. Festlegung durch und / oder für Dritte? 1. Zwingender Charakter des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG im Aktienrecht Nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG haben die Satzung oder der Aufsichtsrat zu bestimmen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Diese Vorschrift ist als abschließende Regelung für das Aktienrecht gemäß § 23 Abs. 5 AktG zwingend. Daraus folgt, dass Dritten keine Zustimmungskompetenz im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG eingeräumt werden kann. Insbesondere ist weder der Satzungsgeber noch der Aufsichtsrat in der Lage, sein Zustimmungsrecht an Dritte abzutreten. Weder das Vorbehaltsrecht noch das spätere Zustimmungsrecht sind selbständige (übertragbare) subjektive Rechte im Sinne der §§ 398 und 413 BGB. Aus dem zwingenden Charakter des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG folgt weiter, dass Zustimmungsvorbehalte nur zugunsten des Aufsichtsrats der Gesellschaft, der er angehört, begründet werden können. Nicht möglich ist es daher, dass der Aufsichtsrat einer Tochter-AG verbindliche Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Aufsichtsrats der Konzernobergesellschaft festlegt. Der zwingende Charakter der Vorschrift hat freilich keinen ausschließenden Einfluss auf die Vereinbarung von Zustimmungsvorbehalten außerhalb der Regelung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Zulässig sind daher beispielsweise schuldvertragliche Zustimmungsvorbehalte, wie sie etwa in der Kreditwirtschaft zur Einflussnahme auf die Geschäftsleitung üblich sind. Auch können Zustimmungsvorbehalte im Wege der Weisung, etwa im Vertragskonzern nach § 308 AktG zugunsten des herrschenden Unternehmens, eingeführt werden, um so den Tochtervorstand zur vorherigen Abstimmung mit der Konzernleitung und dessen Aufsichtsrat zu zwingen. Dabei handelt es sich aber jeweils nicht um Zustimmungsvorbehalte im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, denn im Gegensatz zu jenen beschränken Aufsichtsratsvorbehalte unmittelbar und von Rechts wegen (§ 82 Abs. 2 AktG) die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands. 2. Rechtslage in der GmbH Anders stellt sich die Rechtslage in der GmbH dar. Hier ermöglicht es die gesellschaftliche Vertragsfreiheit, zusätzlich zu den Aufsichtsratsvorbehalten weitere Zustimmungsbefugnisse zugunsten anderer Organe, etwa einem Beirat, Verwaltungsrat oder Familienstamm, zu begründen (vgl. § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG, der von Mitgliedern „eines Aufsichtsrats oder ähnlichen Organs“ spricht) 342. Voraussetzung dafür ist freilich, dass es sich um ein statuarisch begründetes Gremium handelt. Die Ausstattung des Zustimmungsberechtigten mit organschaftlichen Be342

Dazu auch Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 53 ff.

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fugnissen – und darum handelt es sich bei den Zustimmungsvorbehalten im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG – verlangt nämlich seine Einbindung in die Organisationsverfassung der Gesellschaft – und eine damit verbundene Verpflichtung auf das Gesellschaftsinteresse. Gesellschaftsfremden Dritten können dagegen nur schuldrechtliche (verpflichtende) Vorbehaltsrechte eingeräumt werden 343. Unzulässig ist es dagegen, dem Zustimmungsvorbehaltsrecht oder der Zustimmungsentscheidung des anderen Gremiums gesellschaftsvertraglich den Vorrang gegenüber Aufsichtsratsvorbehalten einzuräumen. Für den obligatorischen Aufsichtsrat folgt dies aus dem zwingenden Teilnahmerecht des Aufsichtsrats an wesentlichen Geschäftsführungsmaßnahmen und der damit verbundenen Unzulässigkeit die Mitbestimmungsgesetze aushöhlender Satzungsregelungen 344. Für den fakultativen Aufsichtsrat ist eine Vorrangregelung nur insoweit zulässig, als dem Kontrollorgan dadurch nicht seine Qualität als Aufsichtsrat genommen wird. Insoweit kann auf die Problematik der Entziehbarkeit des Zustimmungsrechts des Aufsichtsrats verwiesen werden 345.

E. Wirkung von Zustimmungsvorbehalten I. Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis Ein Zustimmungsvorbehalt bewirkt zuallererst, dass ein zustimmungspflichtiges Geschäft nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden darf. Die Wörter „nur“ und „dürfen“ drücken die Pflicht der Geschäftsleitung zur Einholung der erforderlichen Zustimmung aus 346. Ein Zustimmungsvorbehalt beschränkt daher den Vorstand in seiner Geschäftsführungsbefugnis (vgl. § 82 Abs. 2 AktG), der nicht mehr alleiniger Herr über die Durchführung der vorbehaltenen Geschäftsführungsmaßnahme ist. Dies wird umso deutlicher, wenn man den Begriff der Zustimmung in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG als Einwilligung, als „vorherige Zustimmung“ (vgl. § 183 Satz 1 BGB) begreift. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut, denn Zustimmung kann nach der allgemeinen Definition in §§ 184 Abs. 1, 182 BGB auch Genehmigung, also nachträgliche Zustimmung bedeuten. Aus Sinn und Zweck des Vorbehaltsinstruments als präventives Überwachungsmittel würde die Mitwirkung des Kontrolleurs an zukunftsweisenden Geschäftsvorhaben indessen leerlaufen, würde man eine Genehmigung für ausreichend erachten und den Aufsichtsrat vor vollendete Tatsachen stellen 347. Der 343

Vgl. allgemein Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 49. Siehe auch Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 74. 345 Oben B. I. 346 Vgl. RegBegr. bei Kropff, AktG 1965, S. 155, sowie oben § 2 B. I. 1. a) bb). 347 In diesem Sinne: Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 436; Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 46; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 19; Lutter / Krieger, Rechte 344

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Bedeutungsgehalt des Zustimmungserfordernisses steht daher entgegen teilweise vertretener Ansicht 348 auch nicht zur Disposition des Satzungsgebers oder des Aufsichtsrats. Eine weit verbreitete Meinung will allerdings in Fällen besonderer Eilbedürftigkeit die nachträgliche Einholung der Aufsichtsratszustimmung genügen lassen. Teilweise wird hierfür einschränkend verlangt, dass die Abwehr erheblicher Nachteile für die Gesellschaft ein Absehen von der vorherigen Einholung der Aufsichtsratszustimmung erforderlich macht 349. Andere fordern, der Vorstand müsse bei Vornahme des Geschäfts nach pflichtgemäßem Ermessen annehmen dürfen, dass sich die Mehrheit des Aufsichtsrats mit dem Geschäft einverstanden erklären werde 350. Wiederum andere setzen voraus, dass das Geschäft so beschaffen sein muss, dass der Aufsichtsrat auch bei Ausnutzung des ihm zustehenden Ermessensspielraums pflichtwidrig handeln würde, falls er die Zustimmung verweigern sollte 351. Mit Blick auf die Möglichkeit, für besondere Eilfälle einen hierfür eingerichteten Ausschuss im Aufsichtsrat bereitzustellen (§ 107 Abs. 3 AktG erfasst nicht die Entscheidung über die Zustimmung), und mit Blick darauf, Zustimmungsbeschlüsse auch fernmündlich oder in vergleichbarer Form zu fassen (§ 108 Abs. 3 AktG), sind nach Sinn und Zweck des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG auch auf Eilfälle begrenzte Genehmigungsvorbehalte bedenklich 352. Der Vorstand ist vielmehr ausnahmslos verpflichtet, sich zunächst um die Einwilligung des Aufsichtsrats bzw. des zuständigen Ausschusses zu bemühen. Ist der darauf gerichtete ernsthafte Versuch gescheitert und sind mit einem Zuwarten erhebliche Nachteile für die Gesellschaft verbunden, wird man dem dennoch handelnden Vorstand kein pflichtwidriges Verhalten vorwerfen können. Zustimmungsvorbehalte sind nicht Selbstzweck, die um ihrer selbst willen beachtet werden müssen, sondern bestehen im Interesse des Unternehmens. War es dem Vorstand möglich, jedenfalls ein positives Votum des Aufsichtsratvorsitzenden einzuholen, kommt diesem mit Kropff lediglich Indizwirkung dafür zu, dass ein unaufschiebbarer Eilfall vorlag und nicht mit einem Widerspruch des Aufsichtsrats zu rechnen war 353. Eine nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) ist hingegen ohne Einfluss auf die Pflichtmäßigkeit und Pflichten, Rn. 115; Götz, ZGR 1990, 633, 643; Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 47; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 156 ff. 348 Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 80; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 682. 349 Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 438. 350 Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 46. 351 Götz, ZGR 1990, 633, 644. 352 Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 115 (erhebliche Bedenken); Hüffer, AktG, § 111 Rn. 19 (zweifelhaft); ebenso Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 80. 353 Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 49.

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des Vorstandshandelns 354, sie kann aber als Anerkenntnis der Eilbedürftigkeit gewertet werden 355. Damit steht die erste Wirkung von Zustimmungsvorbehalten fest: Die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands für die Durchführung zustimmungsbedürftiger Geschäfte ist abhängig von der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats. II. Organisatorische Folgepflichten Darüber hinaus löst der Zustimmungsvorbehalt Organisationspflichten aus. Je nach Größe und Unternehmensorganisation muss der Vorstand durch ein geeignetes Informations- und Meldesystem sicherstellen, dass zustimmungspflichtige Geschäfte vor ihrer Durchführung zu ihm gelangen. Als Adressat von Zustimmungsvorbehalten trägt er die Verantwortung für die Umsetzung zustimmungsbedürftiger Geschäfte. Der Vorstand kann sich insbesondere nicht mit dem Hinweis auf die Eigenheiten des Unternehmensaufbaus, etwa der dezentralen Unternehmensstruktur, entlasten. In welcher Weise der Vorstand seinen Organisationspflichten nachkommt, liegt in seinem Leitungsermessen. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ermächtigt den Aufsichtsrat nicht, dem Vorstand Vorgaben darüber zu machen, wie er die vorherige Einholung erforderlicher Aufsichtsratszustimmungen sicherzustellen hat. Als interne Geschäftsführungsmaßnahme sind die einzelnen Organisationsentscheidungen des Vorstands freilich zustimmungsvorbehaltsfähig. III. Informationspflichten Zustimmungsvorbehalte lösen schließlich Informationspflichten des Vorstands aus. Unabhängig von den Berichterstattungspflichten nach § 90 AktG ist der Vorstand aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG verpflichtet, den Aufsichtsrat so rechtzeitig und ausführlich 356 über das zustimmungspflichtige Geschäftsvorhaben zu informieren, dass er „auf der Grundlage angemessener Information“ eine Zustimmungsent354 A. A. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 438 (nachträgliche Zustimmung beseitigt Pflichtverletzung). 355 Vgl. Fonk, ZGR 2006, 841, 871. 356 Verlangt wird zum Teil, dass der Vorstand dem Aufsichtsrat im Rahmen des Genhemigungsverfahrens auch Alternativen aufzeigen muss, so Heraeus, BZ v. 27. 20. 2004, S. 8. Dem ist zuzustimmen, da der Aufsichtsrat dadurch seine Zustimmungsentscheidung auf einer breiteren Informationsgrundlage treffen kann. Die Anforderungen, die an die vom Vorstand zu entwicklenden Alternativpläne zu stellen sind, wird man von dem jeweiligen Risikopotential des Geschäfts abhängig machen. Ein besonders riskantes Geschäftsvorhaben kann vom Vorstand nur durch eine ausführliche Darlegung mangelnder Alternativen, einschließlich der Unterlassung des Geschäfts, gerechtfertigt werden. Umgekehrt brauchen die vom Vorstand zu entwickelnden Alternativpläne dann nicht ins Detail gehen, wenn die

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

scheidung „zum Wohl der Gesellschaft“ treffen kann, §§ 93 Abs. 1 Satz 2, 116 AktG 357. Zwar folgt aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht das Recht des Aufsichtsrats, dem Vorstand vorzuschreiben, in welchem Stadium der geplanten Geschäftsführungsmaßnahme er ihn zwecks Zustimmung einbinden muss 358. Vielmehr ist der Aufsichtsrat seinerseits verpflichtet, sich fehlende Informationen rechtzeitig zu beschaffen. Der Vorstand hat es aber in der Hand, zu bestimmen, zu welchem Zeitpunkt der Aufsichtsrat mit der Angelegenheit befasst wird. Verzögerungsschäden, die auf eine schuldhaft verspätete Hinzuziehung des Aufsichtsrats zurückzuführen sind, gehen daher zu Lasten des Vorstands. Zur Vermeidung von Kosten kommt daher gerade bei mehrstufigen Planungsvorhaben, aber auch in Eilfällen, eine gestaffelte Zustimmung in Betracht. Hierbei erzielt der Vorstand zunächst eine Übereinkunft über das Ob des Gesamtvorhabens. Das noch vorbehaltene Wie wird dann stufenweise durch die Einholung von Einzelzustimmungen geklärt 359. IV. Außenwirkung von Zustimmungsvorbehalten Zustimmungsvorbehalte beschränken lediglich die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands, also das rechtliche Dürfen (§ 82 Abs. 2 AktG), und wirken daher nur im Innenverhältnis. Die Vertretungsbefugnis, das rechtliche Können, bleibt hiervon grundsätzlich unberührt (§ 82 Abs. 1 AktG). Davon unberührt bleibt freilich die Möglichkeit, die Wirkung eines zwischen der Gesellschaft und dem Dritten abgeschlossenen Rechtsgeschäfts (z. B. Darlehensoder Unternehmensvertrag) von der erforderlichen Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig zu machen (vgl. § 158 Abs. 1 BGB). In diesem Fall wirkt der Zustimmungsvorbehalt (mittelbar) auch im Außenverhältnis: Das Rechtsgeschäft wird erst mit Erteilung der Zustimmung gegenüber dem Vorstand (ipso jure 360) wirksam. Ebenfalls zulässig ist eine Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem Dritten, wonach die Gesellschaft nur bei Zustimmung des Aufsichtsrats wirksam vertreten ist 361. Von solchen Fällen der Vertragsvereinbarung abgesehen, kann eine fehlende Zustimmung aber auch dann Außenwirkung entfalten, wenn sich der Dritte auf die unbeschränkte Vertretungsmacht des Vorstands nicht berufen kann. Zu trennen sind zwei Fallgruppen: dadurch verursachten Kosten in keinem Verhältnis zu den mit dem Vorhaben verbundenen Risiken stehen. 357 Vgl. auch Henze, BB 2005, 165, 166. 358 Vgl. Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 684. 359 Vgl. Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 82; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 684. 360 Vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, § 158 Rn. 2. 361 Vgl. Habersack in: Großkomm.AktG, § 82 Rn. 16.

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1. Außenwirkung bei kollusivem Zusammenwirken Einigkeit besteht zunächst darin, dass die fehlende Aufsichtsratszustimmung in Kollusionsfällen nach außen durchschlägt, wenn also die Vertretungsmacht bewusst und gewollt missbraucht wird und sowohl der Vorstand als auch der Dritte mit Schädigungsabsicht zu Lasten der Gesellschaft handeln 362. Das Rechtsgeschäft ist dann gemäß § 138 BGB nichtig. Die Gesellschaft wird durch das Handeln des Vorstands nicht verpflichtet 363. 2. Außenwirkung auch bei Überschreitung der Vertretungsmacht ohne Schädigungsabsicht? Denkbar ist auch, dass sich der Vorstand unbewusst über einen bestehenden Zustimmungsvorbehalt hinwegsetzt, etwa weil er die eine Zustimmungspflicht auslösende Bedeutung eines Geschäfts verkennt. Fraglich ist daher, ob und bei Vorliegen welcher Voraussetzungen zustimmungsvorbehaltswidrigem Vorstandshandeln auch außerhalb von Kollusionsfällen Außenwirkung zukommt. Ausgehend davon, dass die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht zum Schutz außenstehender Dritter besteht, die keinen gesetzlichen Informationsanspruch über innergesellschaftliche Kompetenzabsprachen haben, wird man die Voraussetzungen für einen Durchschlag von Zustimmungsvorbehalten nach außen auf Seiten des Dritten suchen müssen. Die maßgebliche Frage muss lauten, bei Vorliegen welcher Voraussetzungen sich der Dritte nicht mehr auf die Unbeschränktheit der Vertretungsmacht berufen kann. Auf Vertreterseite genügt es indessen, dass er objektiv zustimmungsvorbehaltswidrig gehandelt hat 364. Die herrschende Meinung stellt für die Außenwirkung von Zustimmungsvorbehalten auf die Kenntnis bzw. die Erkennbarkeit der Innenbeschränkung ab. Eine bewusste Benachteiligung der Gesellschaft durch den Dritten wird nicht gefordert. Im Einzelnen ist jedoch streitig, ob bereits fahrlässige 365 bzw. grob fahrlässige 366 Unkenntnis von der Überschreitung der Innenbefugnis ausreicht oder ob es vielmehr erforderlich ist, dass das pflichtwidrige Verhalten objektiv evident 362 Allgemein für die AG: Hüffer, AktG, § 82 Rn. 6; Habersack in: Großkomm.AktG, § 82 Rn. 11; für die GmbH: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 35 Rn. 24; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 38. 363 Anstelle aller: Hüffer, AktG, § 82 Rn. 6 m. w. N. 364 Siehe die Nachweise bei Habersack in: Großkomm.AktG, § 82 Rn. 11 Fn. 24; ebenso Schramm in: MünchKomm.BGB, § 164 Rn. 113; a. A. Hüffer, AktG, § 82 Rn. 7 (bewusstes Handeln zum Nachteil der AG). 365 BGHZ 50, 112, 114 (zu § 50 HGB). 366 Vgl. Schramm in: MünchKomm.BGB, § 164 Rn. 114 f.; Lüderitz, JuS 1976, 765, 768; Prölss, JuS 1985, 577, 579.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

war 367. Hierauf braucht indessen nicht näher eingegangen zu werden, denn die herrschende Lehre überzeugt bereits in ihrem Ansatz nicht: Für die Frage, ob sich der Dritte auf die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht des Vorstands berufen kann, kann nicht allein entscheidend sein, ob er von der Überschreitung der internen Beschränkung Kenntnis hatte oder ob sich ihm diese objektiv aufdrängen musste. Anders als bei der zivilrechtlichen Vollmacht kennt das organschaftliche Vertretungsrecht kein Handeln ohne Vertretungsmacht. Mit der Unbeschränkbarkeit der gesetzlichen Vertretungsmacht hat das gesellschaftsrechtliche Vertretungsrecht die Interessen an der Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs gerade über das Interesse der Gesellschaft an einer Koppelung von interner und externer Befugnis gestellt 368. Auf diese gesetzliche Wertung darf sich auch der informierte Dritte verlassen. Eine Ausnahme hiervon ist nur dann gerechtfertigt und geboten, wenn er diesen gesetzlichen Grundsatz missbraucht. Ein solcher, den Vertrauensschutz zerstörender Missbrauch liegt aber nur dann vor, wenn der Dritte weiß oder es objektiv evident ist, dass das Geschäft zum Nachteil der Gesellschaft gereicht oder es ein besonders hohes Risiko in sich trägt und deshalb zu befürchten war, dass der Aufsichtsrat seine Zustimmung nicht erteilt hätte 369. 3. Rechtsfolgen beim „Handeln ohne Vertretungsmacht“ Unklar ist auch die Rechtsfolge, die durch einen Missbrauch der Vertretungsmacht ausgelöst wird. Nach teilweiser Ansicht sind die Vorschriften über das Handeln ohne Vertretungsmacht gemäß §§ 177 ff. BGB direkt 370 oder analog 371 anwendbar. Nach anderer Ansicht soll die Gesellschaft dem Dritten exceptio doli (§ 242 BGB) entgegensetzen können, da es an der Vertretungsmacht nicht fehle, sondern diese „lediglich“ missbraucht werde 372. Mit dem Hinweis auf die Unbeschränktheit der Vertretungsmacht im Kapitalgesellschaftsrecht verdient eine analoge Anwendung der §§ 177 ff. BGB den Vorzug, da sie die passendere Rechtsfolge bereithält. Danach hängt gemäß § 177 Abs. 1 BGB analog die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von der Genehmigung der Ge367

Kellermann, LG Mainz EWiR § 37 GmbHG 1/90, 697, 698; Habersack in: Großkomm.AktG, § 82 Rn. 13. 368 Habersack in: Großkomm.AktG, § 82 Rn. 9; für eine einheitliche Betrachtung von organschaftlicher und rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht indessen Vedder, Missbrauch der Vertretungsmacht, S. 117. 369 Ähnlich BGH, NJW 1984, 1461, 1462. 370 So etwa Habersack in: Großkomm.AktG, § 82 Rn. 14 m. w. N. in Fn. 30; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 35 Rn. 12. 371 So etwa Karsten Schmidt, Handelsrecht, S. 473 f. m. w. N. in Fn. 69. 372 BGH, WM 1980, 953, 954; Hüffer, AktG, § 82 Rn. 7.

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sellschaft ab. Dies ermöglicht es, den Aufsichtsrat über die Genehmigung (intern) entscheiden zu lassen und so die innergesellschaftliche Kompetenzordnung im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG wiederherzustellen 373. Demgegenüber wirkt die Alternative, nämlich die Geltendmachung der Exceptio-doli-Einrede der Gesellschaft zunächst vom Votum des Aufsichtsrats abhängig zu machen, konstruiert, ohne dass ihr ein Mehrwert zukommt. 4. Ergebnis Nach alledem steht fest, dass die Gesellschaft dem Dritten nur dann das zustimmungsvorbehaltswidrige Handeln des Vorstands entgegenhalten kann, wenn entweder ein Kollusionsfall vorliegt oder sich der Dritte auf die Unbeschränktheit der Vertretungsmacht nicht berufen kann, weil ihm bewusst war bzw. es evident war, dass das Geschäft für die Gesellschaft nachteilig ist und der Aufsichtsrat deswegen seine erforderliche Zustimmung nicht erteilt hätte. Im ersten Fall der Kollusion ist das Rechtsgeschäft gemäß § 138 BGB nichtig, im zweiten Fall hängt die Wirksamkeit des Geschäfts gemäß § 177 BGB analog von der Genehmigung des intern zuständigen Aufsichtsrats ab. V. Zustimmungsvorbehaltswirkung gegenüber Unternehmensangehörigen außerhalb des Leitungsorgans Welche Wirkungen Zustimmungsvorbehalte gegenüber Unternehmensangehörigen entfalten, die nicht dem Leitungsorgan angehören, wird in der Lehre nicht erörtert. Da sie selbst nicht Zustimmungsvorbehaltsadressat sind, stellt sich das Problem vor allem bei zustimmungsvorbehaltswidrigen Weisungen. Unternehmensangehörige stehen der Gesellschaft zwar nicht wie beliebige Dritte gegenüber, dennoch ist die Situationslage eine ähnliche: Der Angestellte darf sich auf das unbeschränkte Weisungsrecht des Vorstands als Teil seiner Leitungsautonomie verlassen. Die Überlegungen zur Zustimmungsvorbehaltswirkung gegenüber Dritten lassen sich daher auch für das Verhältnis Gesellschaft – Arbeitnehmer nutzbar machen. Bei kollusivem Zusammenwirken zwischen Vorstand und Angestellten sind dementsprechend zustimmungswidrige Weisungen des Vorstands nach § 138 BGB nichtig. Für den Arbeitnehmer bedeutet das, dass er sich im Falle einer Inanspruchnahme durch die Gesellschaft nicht auf seine arbeitsvertragliche Weisungsabhängigkeit berufen kann. Dies gilt auch für den Fall, dass der Vorstand undolos handelt, der Angestellte jedoch die Zustimmungsvorbehaltswidrigkeit der Weisung erkennt bzw. ohne weiteres erkennen musste und sie dennoch zum (evidenten) Schaden der Gesellschaft ausführt. 373

Ebenso Habersack in: Großkomm.AktG, § 82 Rn. 14.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

VI. Rechtslage in der GmbH Die Rechtslage in der nicht mitbestimmten wie auch in der mitbestimmten GmbH unterscheidet sich nicht von derjenigen in der AG. Auch dort bewirken Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Aufsichtsrats eine Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer und lösen sowohl entsprechende Organisations- als auch Informationspflichten aus. Und von den erörterten Ausnahmen des Missbrauchs der Vertretungsmacht abgesehen, entfalten Zustimmungsvorbehalte auch im GmbH-Recht grundsätzlich keine Außenwirkung. Entsprechend sieht § 37 Abs. 2 Satz 2 letzte Alt. GmbHG vor, dass die Vertretungsmacht nicht von der „Zustimmung . . . eines Organs der Gesellschaft für einzelne Geschäfte“ abhängig gemacht werden kann. Nicht anders beurteilt sich die Rechtslage, wenn das zustimmungsvorbehaltswidrige Geschäft auf eine Gesellschafterweisung zurückzuführen ist, denn nach der hier vertretenen Ansicht sind Zustimmungsvorbehalte (vorübergehend) vorrangig gegenüber Weisungsbeschlüssen der Gesellschafter. Die zur AG gemachten Ausführungen gelten daher in gleicher Weise für die GmbH.

F. Beseitigung unzulässiger Zustimmungsvorbehalte durch den Vorstand Über- oder unterschreitet der Aufsichtsrat bei der Anordnung von Zustimmungsvorbehalten die hierfür maßgeblichen materiell-rechtlichen Bedeutungsgrenzen bzw. geht der Vorstand von einer Missachtung dieser Bedeutungsgrenzen aus, ist nach Möglichkeiten des Vorstands zu fragen, vom Aufsichtsrat unzulässig eingeführte Zustimmungsvorbehalte zu beseitigen. Das Aktiengesetz hält hierfür keinen Konfliktlösungsmechanismus bereit. In Frage steht damit die Möglichkeit einer Organklage des Vorstands gegen den Aufsichtsrat mit dem Ziel, seine unbegrenzte Geschäftsführungsbefugnis in Bezug auf das vorbehaltene Geschäft zurückzuerlangen bzw. bestätigt zu wissen. Dabei handelt es sich freilich um eine eher theoretische Frage 374, denn die negative Publizitätswirkung einer gerichtlichen Auseinandersetzung interner Meinungsunterschiede wird den Vorstand zurückhalten, von einer Klagemöglichkeit Gebrauch zu machen, zumal ein solcher Weg als Vertrauensbruch zwischen Vorstand und Aufsichtsrat gewertet werden kann, der zur Abberufung des Vorstands nach § 84 Abs. 3 AktG berechtigen kann.

374

„Vom Nutzen theoretischer Überlegungen“ in der Rechtswissenschaft siehe Karsten Schmidt in: FS Semler, S. 329 f.

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I. Die richtige Klageart Als Klagearten kommen eine Feststellungsklage sowie eine Leistungsklage in Form einer Beseitigungs- oder Unterlassungsklage in Betracht. 1. Feststellungsklage Zunächst ist an eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO zu denken, mit der die Nichtigkeit des Zustimmungsvorbehaltsbeschlusses bzw. die Unwirksamkeit des Zustimmungsvorbehalts festgestellt werden soll. In beiden Fällen wird ein Verstoß gegen die gesetzliche Vorschrift des § 76 Abs. 1 AktG geltend gemacht. Ein Zustimmungsvorbehalt, der die (ungeschriebenen) Bedeutungsgrenzen des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG missachtet, greift in das aktienrechtliche Kompetenzgefüge ein und verstößt gegen die gesetzlich garantierte Leitungsbefugnis des Vorstands. Der Zustimmungsvorbehalt kann keinen Bestand haben 375. Die Differenzierung zwischen der Feststellung der Nichtigkeit des dem Zustimmungsvorbehalt zugrunde liegenden Aufsichtsratsbeschlusses und der Feststellung der Unwirksamkeit des Zustimmungsvorbehalts trägt dem Umstand Rechnung, dass ein zu Beginn zulässiger Zustimmungsvorbehalt erst infolge veränderter Umstände unzulässig werden kann. Zu denken ist daran, dass das Unternehmen expandiert mit der Folge, dass das Umlaufvermögen viel höher ist als zu dem Zeitpunkt der Festlegung des streitigen Zustimmungsvorbehalts etwa für Investitionsvorhaben ab einer bestimmten Betragsgrenze. Ein Zustimmungsvorbehaltsbeschluss, der die Bedeutungsgrenzen im Zeitpunkt der Beschlussfassung beachtet hat, wird durch später eintretende, die Unzulässigkeit des Vorbehalts begründende Umstände nicht etwa nichtig, wohl aber hat dies die Unwirksamkeit des Zustimmungsvorbehalts zur Folge. Dass in beiden Fällen der Zustimmungsvorbehalt keine rechtliche Wirkung entfaltet, steht dem Rechtsschutzbedürfnis einer Klageerhebung nicht entgegen, wenn sich Aufsichtsrat und Vorstand über die Zulässigkeit des streitigen Zustimmungsvorbehalts uneinig sind. Ein Ignorieren der gegenteiligen Auffassung des Aufsichtsrats kann dem Vorstand nicht zugemutet werden 376.

375

Anstelle anderer: Semler in: MünchKomm.AktG, § 108 Rn. 215 (für die AG); Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 437 (für die GmbH). Zur Rechtsfolgenbehandlung von Verfahrensverstößen siehe die Übersicht zum Meinungsstand bei Baums, ZGR 1983, 300, 302 ff., sowie bei Mertens in: KölnKomm.AktG, § 108 Rn. 82 ff. 376 Siehe Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 309, der auf die theoretische Möglichkeit (ablehnend) hinweist, der zustimmungsvorbehaltswidrig handelnde Vorstand könne die Zulässigkeit des Zustimmungsvorbehalts inzident in einem Rechtsstreit über die Verweigerung seiner Entlastung oder seine Abberufung durch den Aufsichtsrat prüfen lassen.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

2. Leistungsklage Ohne sich mit der Möglichkeit der Erhebung einer Feststellungsklage auseinanderzusetzen, wird demgegenüber vertreten, der Vorstand müsse gegen den Aufsichtsrat mit einer Leistungsklage auf Beseitigung bzw. Unterlassung der Beeinträchtigung seiner Leitungsmacht vorgehen 377. Das ist abzulehnen: Mit einer Beseitigungsklage würde über das Ziel hinausgeschossen, soll damit doch in erster Linie die Vernichtung eines zwar wirksamen, aber rechtswidrigen Rechtsaktes erreicht werden. Folgt man aber der hier vertretenen Auffassung, dass Zustimmungsvorbehalte, die in unzulässiger Weise in die Leitungsautonomie des Vorstands eingreifen, nichtig bzw. unwirksam sind, liegt gerade kein wirksamer Vorbehalt vor, der vernichtet werden könnte. Die Beseitigungsklage würde ins Leere laufen 378. Zu denken ist allenfalls daran, den Aufsichtsrat zu verpflichten, den streitigen Zustimmungsvorbehalt etwa aus der Geschäftsordnung des Vorstands zu streichen, sollte er dort niedergeschrieben sein. Auf die Wirksamkeit des Zustimmungsvorbehalts hat jedoch weder die Art noch der Ort seiner Niederschrift Einfluss; ein solches Begehren wäre daher nur Schönheitskosmetik. 3. Unterlassungsklage Eine Unterlassungsklage, mit der der Aufsichtsrat verpflichtet werden soll, auch für die Zukunft Zustimmungsvorbehalte der streitgegenständlichen Art zu unterlassen, ist schon deswegen problematisch, weil im Zeitpunkt der Klageerhebung zukünftige Veränderungen des Unternehmens oder des Unternehmensumfelds nicht hinreichend berücksichtigt werden können. Ein zuvor unzulässiger Zustimmungsvorbehalt, der etwa die Aufsichtsratszustimmung für eine Kreditaufnahme bereits ab einer Höhe von 100.000 Euro vorsieht, mag aufgrund einer Unternehmenskrise in Zukunft zulässig sein. Ob ein Unterlassungstenor dem Rechnung tragen kann, darf bezweifelt werden. 4. Ergebnis Richtige Klageart ist daher die Feststellungsklage 379. Mit ihr wird festgestellt, dass der Zustimmungsvorbehalt ohne Wirkung ist und der Vorstand für diesen 377 So Bauer, Organklagen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, S. 109; ihm folgend Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 356 ff. 378 A. A. für die Nichtigkeitsklage nach § 249 AktG (auch Gestaltungscharakter) etwa Karsten Schmidt in: FS Stimpel, S. 217, 224; ders., JZ 1988, 729; ders. in: FS Semler, S. 329, 331 f.; wie hier (für Nichtigkeitsklage nach § 249 AktG) die h. M., vgl. anstelle aller Hüffer in: MünchKomm.AktG, § 249 Rn. 4. 379 Wie hier im Ergebnis, aber ohne Begründung, Götz, ZGR 1990, 633, 642; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 309.

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Bereich unbeschränkt geschäftsführungsbefugt ist. Die Feststellung der Nichtigkeit des Zustimmungsvorbehaltsbeschlusses bzw. der Unwirksamkeit des Zustimmungsvorbehalts führt zu einer endgültigen Streitbeilegung. Der Vorstand wird daher sein für die Klageerhebung erforderliches Feststellungsinteresse vortragen können 380. II. Zur Partei- und Prozessführungsbefugnis von Gesellschaftsorganen Im Gesetz ist die Geltendmachung nichtiger bzw. unwirksamer Aufsichtsratsakte nicht geregelt. Zu klären ist daher, ob der Vorstand selbst klagebefugt ist und gegen wen die Klage zu richten ist: gegen das Organ Aufsichtsrat oder gegen die Gesellschaft. Die Frage mündet in die nicht mehr überschaubare Diskussion, ob Organe selbst Träger von Rechten und Pflichten sein können und entsprechend selbst als Partei klagen und verklagt werden können 381. Die Einzelheiten mögen hier dahinstehen 382. Für den hier interessierenden Fall wird jedenfalls zu Recht vertreten, dass der Vorstand die Verletzung seiner Leitungsmacht durch den Aufsichtsrat gerichtlich geltend machen kann 383. Das Aktiengesetz hat den Vorstand und den Aufsichtsrat mit jeweils eigenen Kompetenzen und damit auch mit jeweils eigenen Rechten und Pflichten ausgestattet. Zur Durchsetzung der ihnen zugewiesenen Pflichtenrechte im Interesse einer funktionsfähigen Gesellschaft sind sie daher auch als (teil-)rechtsfähig anzusehen. Ihre (Teil-)Parteifähigkeit folgt entsprechend aus § 50 Abs. 1 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass die Gesellschaftsorgane ihre Kompetenzen lediglich fremdnützig im Interesse der Gesellschaft wahrnehmen 384. 380

Zum Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO siehe Greger in: Zöller, ZPO, § 256 Rn. 7a und 8. 381 Dafür etwa: Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 303 ff.; Bork, ZGR 1989, 1, 13 f.; Bauer, Organklagen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, S. 67 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 173 ff.; Vollkommer in: Zöller, ZPO, § 50 Rn. 25a; dagegen: Harry Westermann in: FS Bötticher, S. 369 ff.; Mertens, ZHR 154 (1990), 24 ff.; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 18 ff.; Altmeppen in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 52 Rn. 45 f.; aus praktischen Erwägungen wohl auch Zöllner in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 45 Rn. 25 („solche Klage grenzt . . . an Jux und Tollerei.“); differenzierend (Organe können als Prozessstandschafter für die Gesellschaft prozessführungsbefugt sein): Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 ff.; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 562; offengelassen: BGHZ 106, 54, 62 (Opel); OLG Celle, ZIP 1989, 1552 ff. (Pelikan). 382 Für einen Überblick zum Meinungsstand siehe BGHZ 106, 54, 59 ff. (Opel). 383 Vgl. Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 308 ff.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 283 Fn. 111; Bauer, Organklagen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, S. 108 f.; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 13; Götz, ZGR 1990, 633, 642; a. A. (aus rein praktischen Erwägungen) Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 31 f. 384 So aber grundsätzlich Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 268 ff.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

Dass freilich auch abgeleitete Rechte subjektive Rechte des „Fremdverwalters“ begründen können, zeigt die Parallele zum Kommunalrecht. Dort ist anerkannt, dass die Organe und Organmitglieder durch ihre Wahl oder Bestellung eigene Mitwirkungsrechte erworben haben, die sie bei einem Eingriff verteidigen können 385. Gleiches gilt für das Gesellschaftsrecht. Auch bei aktienrechtlichen Kompetenzfragen streiten die Organe nicht für fremdes Recht, sondern verteidigen eigene Rechtspositionen 386. Entgegen teilweise vertretener Ansicht 387 ist die Feststellungsklage des Vorstands daher auch nicht etwa gegen die Gesellschaft zu richten. Insbesondere ist § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG (Klage gegen die Gesellschaft) nicht entsprechend anzuwenden 388. Zustimmungsvorbehaltsbeschlüsse des Aufsichtsrats sind nicht mit denen der Hauptversammlung gleichzusetzen. Der Aufsichtsrat legt eigene Zustimmungsvorbehalte weder für noch anstelle des Satzungsgebers fest. Das Zustimmungsvorbehaltsrecht nach § 111 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AktG besteht vielmehr neben dem der Anteilseigner und ist Teil seiner gesetzlich garantierten Mitwirkungsmöglichkeit an bedeutenden unternehmerischen Maßnahmen. Richtiger Beklagter ist daher nicht die Gesellschaft, sondern der in die Leitungsmacht des Vorstands eingreifende Aufsichtsrat 389 (vgl. wiederum die Rechtslage im Kommunalverfassungsstreit; auch dort wird vom sonst geltenden Rechtsträgerprinzip abgewichen 390). Mag auch die praktische Relevanz einer Feststellungsklage des Vorstands gegen den Aufsichtsrat bezweifelt werden 391 (jedenfalls für Familien-AGs muss das nicht zwingend sein), so heißt das Zwischenergebnis dennoch: Theoretisch hat der Vorstand die Möglichkeit. Geht er diesen Weg, ist der Vorstand sowohl parteifähig als auch prozessführungsbefugt, und „richtiger Beklagter“ ist der Aufsichtsrat. III. Der Prüfungsumfang des Gerichts Ist danach eine Feststellungsklage des Vorstands gegen den Aufsichtsrat zulässig, stellt sich die weitere Frage nach dem Prüfungsumfang des mit der Sache befassten Gerichts. Fraglich ist, inwieweit der angegriffene Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats gerichtlich überprüfbar ist. 385

Anstelle anderer: Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 21 Rn. 17 ff., Rn. 20 m. w. N. Vgl. auch die Formulierung des II. Zivilsenats des BGH, BGHZ 106, 54, 63 (Opel), für den Aufsichtsrat: „Da der Gesamtaufsichtsrat mithin Träger des Überwachungsrechts ist, kann auch nur er sich auf ein Abwehrrecht gegen Maßnahmen des Vorstandes berufen, die geeignet erscheinen, seine insoweit gesetzlich geschützte Kompetenz zu beschneiden.“ 387 Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 13; Baums, ZGR 1983, 300, 343. 388 So aber Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 13. 389 Wie hier etwa Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 309; Bork, ZGR 1989, 1, 36 f. 390 Vgl. Rausch, JZ 1994, 696, 701; Bauer / Krause, JuS 1996, 411, 512, 516, mit jeweils weiteren Nachweisen; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 21 Rn. 10. 391 Siehe vor allem Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 31 ff. 386

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Die Feststellungsklage ist begründet, wenn der Zustimmungsvorbehaltsbeschluss nichtig bzw. der Zustimmungsvorbehalt unwirksam ist, weil in unzulässiger Weise in die Leitungskompetenz des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG eingegriffen wird. Das ist der Fall, wenn die für zustimmungspflichtig erklärte Geschäftsart – in Ad-hoc-Situationen das konkrete Geschäft – die gemäß § 111 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AktG zu beachtende Gewichtigkeitsschwelle nicht erreicht hat, wenn also insbesondere die von dem Vorbehalt eingefangenen Geschäfte nicht von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft sind. Nicht zur Debatte steht, ob im konkreten Fall die Inanspruchnahme eines anderen Überwachungsbzw. Mitwirkungsmittels anstelle des Zustimmungsvorbehalts durch den Aufsichtsrat zweckmäßiger wäre. Denn die Mittelauswahl steht im pflichtgemäßen Ermessen des Aufsichtsrats und entzieht sich der Kontrolle der Gerichte, soweit sich dieses Ermessen nicht zu einer Pflicht verdichtet hat 392. Ob eine Geschäftsart bzw. ein konkretes Geschäft für die Gesellschaft von erheblicher Bedeutung ist, mithin außergewöhnlichen Charakter hat, und damit den Aufsichtsrat zur Teilnahme an entsprechenden Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands berechtigt, ist eine Wertungsfrage. Dem Aufsichtsrat steht hierfür ein breites Beurteilungsermessen zur Verfügung. Er entscheidet autonom. Das bedeutet insbesondere, dass er weder an das Werturteil des Vorstands über die Geschäftsbedeutung noch an dessen Vorstellungen über die künftige Entwicklung des Unternehmens gebunden ist. Diese gesetzlich garantierte Einschätzungsprärogative des Aufsichtsrats setzt sich auch gegenüber dem Richter durch. Das Gericht darf seine Beurteilung nicht an die Stelle des Aufsichtsrats setzen 393. Die Nachprüfung des Gerichts beschränkt sich allein auf eine Vertretbarkeitskontrolle. Der gerichtlichen Prüfung zugänglich ist daher nur, ob der Aufsichtsrat bei seiner Einschätzung hinsichtlich der Bedeutung des für zustimmungspflichtig erklärten Geschäfts 1. von einem richtigen Verständnis des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ausgegangen ist, ob er also die Bedeutungsgrenze im Lichte des aktienrechtlichen Kompetenzgefüges nach den hier maßgeblichen Kriterien bestimmt hat; 2. ob der Aufsichtsrat von einem vollständigen und zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, ob er insbesondere bei der Beurteilung des Unternehmenszuschnitts sowie des wirtschaftlich relevanten Umfelds allgemeingültige Bewertungsgrundsätze beachtet hat. Und schließlich hat das Gericht zu prüfen, ob sich der Aufsichtsrat 392 Vgl. etwa BGH, NJW 1994, 520, 523, sowie Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 634 ff.; Thümmel, DB 1997, 1117, 1118 („Unternehmerischer Gestaltungsspielraum erfordert . . . die Schaffung eines gerichtlich nicht überprüfbaren Freiraums.“). 393 Zur Justitiabilität von Aufsichtsratsakten siehe eingehend Dreher, ZHR 158 (1994), 614 ff.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

3. bei seiner Zustimmungsvorbehaltsentscheidung nicht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Geht es um die Nichtigkeit des Zustimmungsvorbehaltsbeschlusses, hat die gerichtliche Kontrolle aus der Ex-ante-Sicht zu erfolgen. Bei der Entscheidung nicht vorhersehbare, die Zulässigkeit des Zustimmungsvorbehalts beeinträchtigende Ereignisse (vgl. oben das Beispiel der Unternehmensexpansion) hat das Gericht daher bei seiner Entscheidung auszublenden. Anders ist es, wenn die Unwirksamkeit des Zustimmungsvorbehalts festgestellt werden soll 394. Hier ist auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen. Nachträgliche Ereignisse, die sich auf die Bedeutung des zustimmungsvorbehaltenen Geschäfts für die Gesellschaft auswirken, können und müssen vom Richter berücksichtigt werden. Ein Eingriff in die Einschätzungsprärogative des Aufsichtsrats ist nicht gegeben. Den Aufsichtsrat trifft nämlich die Pflicht, die von ihm angeordneten Zustimmungsvorbehalte den gegebenen Umständen anzupassen. Hält er an dem umstrittenen Zustimmungsvorbehalt fest, aktualisiert er damit seine Bewertungsentscheidung zum Zeitpunkt der Klageerhebung. Die dargestellte eingeschränkte Justitiabilität von Beurteilungsentscheidungen entstammt dem Verwaltungsrecht (sog. Lehre vom Beurteilungsspielraum) 395. Sie ist insbesondere dort anerkannt, wo – wie hier – Entscheidungen auf einer Vielzahl von tatsächlichen Umständen, Risikobewertungen und Zukunftserwartungen (sog. Prognoseentscheidungen) beruhen 396. Diese für das öffentliche Recht entwickelten Grundsätze sind daher auch auf Bewertungsentscheidungen des Aufsichtsrats anwendbar 397. Entscheidend ist, dass es nicht die Funktion der Judikative sein kann, ihre Einschätzung gegenüber derjenigen des hierfür eigentlich zuständigen Aufsichtsrats durchzusetzen. Nicht die „Richtigkeit“ der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung, sondern die „Vertretbarkeit“ der Aufsichtsratsentscheidung ist Prüfungsmaßstab des Gerichts.

394 Die Auslegung ergibt, ob tatsächlich nur die Nichtigkeit des Vorbehaltsbeschlusses oder die Unwirksamkeit des Zustimmungsvorbehalts als solchem festgestellt werden soll. Im Zweifel ist Letzteres anzunehmen, da damit dem Klägerbegehren am besten gedient ist. 395 Siehe dazu Bachof, JZ 1955, 97 ff. (Beurteilungsspielraum); Ule in: GS Jellinek, S. 309 ff. (Vertretbarkeitslehre); aus der Rechtsprechung: BVerfGE 39, 334, 354; BVerwGE 71, 166; 79, 208, 213; 72, 300, 316; für einen Überblick über die Entwicklung siehe Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 31 ff.; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 25 Rn. 45 ff. 396 Vgl. die Nachweise bei Wahl, NVwZ 1991, 409, 413 f.; kritisch: Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 25 Rn. 55. 397 Vgl. Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 633.

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IV. Urteilswirkung Nach alledem bleibt die Frage nach der Urteilswirkung, der Rechtskrafterstreckung. Da richtige Klageart die allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO ist, käme einem stattgebenden Urteil nur eine Wirkung inter partes zu. Man könnte meinen, dies sei ausreichend, weil die am Prozess beteiligten Organe unabhängig von ihrem wechselnden Mitgliederstamm an den Urteilsspruch gebunden sind und zustimmungsvorbehaltswidriges Verhalten für das Außenverhältnis sowieso ohne bzw. nur von ganz eingeschränkter Relevanz ist. Dennoch erscheint es richtig, die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands für jedermann verbindlich zu klären 398. Am Verfahren nicht beteiligte Dritte, wie etwa die Hauptversammlung oder der Geschäftspartner der Gesellschaft, erlangen so Rechtssicherheit. Dies entspricht im Ergebnis der herrschenden Meinung, die auch für die gewöhnliche Feststellungsklage teils in Anlehnung an die Überlegungen zu § 249 Abs. 1 AktG (Rechtskraftswirkung gegenüber jedermann, auch über den Personenkreis des § 248 Abs. 1 AktG hinaus) 399, teils unter Berufung auf § 99 Abs. 5 AktG (gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats) 400 von einer Urteilswirkung inter omnes ausgeht. V. Rechtslage in der GmbH Für die GmbH gilt grundsätzlich nichts anderes als für die Aktiengesellschaft. Hinzuweisen ist aber auf drei Besonderheiten. Zum einen fehlt es ganz grundsätzlich noch mehr als im Aktienrecht an einem praktischen Bedürfnis zur klageweisen Geltendmachung unzulässiger Zustimmungsvorbehalte durch die Geschäftsführer. Denn die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer kann mit vergleichsweise wenig Aufwand und ohne großen Zeitverlust auch gegen eine (unwirksame) Zustimmungsverweigerung des Aufsichtsrats im Wege einer Anweisung der Gesellschafterversammlung gemäß § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG „wieder hergestellt“ werden. Der unzulässige Zustimmungsvorbehalt wird dadurch freilich nicht beseitigt. Zum anderen ist zu beachten, dass die Geschäftsführung anders als der Vorstand einer Aktiengesellschaft nicht autonom ist. Durch eine entsprechende Gesellschafterweisung oder eine Regelung im Anstellungsvertrag kann daher die Möglichkeit 398

Ebenso Baums, ZGR 1983, 300, 343 („praktisch unabweisbar geboten“). So etwa Baums, ZGR 1983, 300, 343. Zur absoluten Rechtskraftwirkung eines Nichtigkeitsurteils nach § 249 AktG siehe eingehend Hüffer in: MünchKomm.AktG, § 249 Rn. 23. 400 Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 108 Rn. 72 („ . . . die Gültigkeit kann aber nur einheitlich, nicht gegenüber einem so, gegenüber einem anderen entgegengesetzt, festgestellt werden.“). 399

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der Geschäftsführung, gerichtlich gegen den Aufsichtsrat vorzugehen, beschränkt oder ganz ausgeschlossen werden. Eine solche Regelung wirkt allerdings nur im Innenverhältnis. Sie hindert das Geschäftsführungsorgan daher nicht, gleichwohl wirksam eine Feststellungsklage zu erheben. Es wird hiervon jedoch in aller Regel absehen, um keinen Grund für seine Abberufung herbeizuführen. Den Geschäftsführern einer nicht mitbestimmten GmbH wird allerdings dann das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn und soweit die Gesellschafter in zulässiger Weise den streitigen Zustimmungsvorbehalt selbst durch Satzungsregelung oder Ergänzung der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats beseitigen können (vgl. dazu oben B. I. 1. und D. III. 2. b)). Die Anrufung der Gesellschafterversammlung ist in diesem Fall der leichtere Weg zur Zielerreichung. Und zum Dritten ist schließlich zu berücksichtigen, dass im Gegensatz zum Aktienrecht das Zustimmungsvorbehaltsrecht des GmbH-Aufsichtsrats erweitert werden kann, so dass auch solche Geschäfte für zustimmungspflichtig erklärt werden können, die nach dem Aktienrecht nicht mehr von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gedeckt wären. Das folgt aus der Möglichkeit, dem Aufsichtsrat einer GmbH in gewissem Umfang auch Geschäftsführungsaufgaben zu übertragen. Nach der hier vertretenen Auffassung gilt dies sowohl für den vertraglichen als auch für den obligatorischen Aufsichtsrat. Hierauf hat das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung zu achten. VI. Ergebnis Greift ein Zustimmungsvorbehalt in unzulässiger Weise in die Leitungskompetenz des Vorstands ein, ist der Vorstand befugt, mittels Feststellungsklage gegen den Aufsichtsrat vorzugehen. Hierfür sind er und der Aufsichtsrat parteifähig. Richtiger Beklagter ist der Aufsichtsrat, nicht die Gesellschaft. Wird der Zustimmungsvorbehaltsbeschluss des Aufsichtsrats angegriffen, ist die Klage auf Feststellung der Beschlussnichtigkeit zu richten. Ist der Zustimmungsvorbehalt erst durch veränderte Umstände unzulässig geworden, ist die Unwirksamkeit des Zustimmungsvorbehalts festzustellen. Die Auslegung ergibt, ob das eine oder das andere gewollt ist. Im Zweifel wird die Feststellung der Unwirksamkeit des Zustimmungsvorbehalts gewollt sein, da in diesem Fall das mit dem Feststellungsbegehren verfolgte Ziel (unbeschränkte Geschäftsführungsbefugnis) am ehesten erreicht wird. Das Gericht hat die Einschätzungsprärogative des Aufsichtsrats zu respektieren. Der gerichtliche Prüfungsumfang ist daher auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt.

§ 5 Inhalt und Reichweite des Zustimmungsrechts

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§ 5 Inhalt und Reichweite des Zustimmungsrechts nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG Der auszulegende Begriff „Zustimmung“ im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG wurde bereits oben (§ 4 E. I.) mit Hinweis auf die präventive Überwachungsfunktion der Zustimmungsvorbehalte als Einwilligung (vorherige Zustimmung, vgl. § 183 Satz 1 BGB) definiert. Die Entscheidung des Aufsichtsrats hinsichtlich des zustimmungsvorbehaltenen Geschäfts ist danach stets vor seiner Durchführung einzuholen. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich damit auf Fragen des Zustimmungsberechtigten (A.) und des Zustimmungsermessens (B.), des möglichen Geltungsumfangs einer Zustimmung (C.), der Wirkung der (positiven wie negativen) Zustimmungsentscheidung (D.) und der Überwindung einer verweigerten Zustimmung (E.).

A. Zustimmungsberechtigte I. Gesamtaufsichtsrat § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG weist das Zustimmungsrecht dem Aufsichtsrat zu, der über die Zustimmung durch ausdrücklichen Beschluss entscheidet. Als innerorganschaftliche Willensentscheidung bedarf die Zustimmungsentscheidung zu ihrer Wirksamkeit der Erklärung gegenüber der Geschäftsleitung 401. Die Zustimmung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, denn sie ist eine private Willensäußerung des Aufsichtsrats, die auf die Erzielung einer Rechtsfolge (Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands) gerichtet ist 402. Sie muss dem Vorstand zugehen, damit sich dieser auf die neu geschaffene Rechtslage einstellen kann. Entsprechend findet auch § 130 BGB Anwendung. Da das Zustimmungserfordernis nur die Geschäftsführungskompetenz der Geschäftsleitung im Verhältnis zur Gesellschaft (§ 82 Abs. 2 AktG) betrifft, kann die Zustimmung nicht wirksam Dritten erteilt werden. § 182 BGB ist nicht anwendbar 403. 1. Übertragbarkeit des Zustimmungsrechts Für den AG-Aufsichtsrat sind gemäß § 23 Abs. 5 AktG Regelungen unzulässig, die das Zustimmungsrecht über die vorbehaltene Geschäftsführungsmaßnahme einer anderen Stelle zuweisen oder durch die der Aufsichtsrat gegenüber Dritten 401 Vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 440; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 662. 402 Zur Definition vgl. Brox / Walker, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 82. 403 Mattheißen, Stimmrecht und Interessenkollision im Aufsichtsrat, S. 304 f.; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 86.

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verpflichtet wird, eine bestimmte Zustimmungsentscheidung zu treffen 404. Das Zustimmungsrecht wie auch das Vorbehaltsrecht sind untrennbar mit dem Organ Aufsichtsrat verbunden. Es kann daher auch nicht auf Dritte übertragen werden 405. Dasselbe gilt für den obligatorischen GmbH-Aufsichtsrat wegen des Vorrangs der Mitbestimmungsgesetze. In der mitbestimmungsfreien GmbH ist die „Übertragung“ 406 des Zustimmungsrechts auf andere Gesellschaftsorgane von der Satzungsautonomie (vgl. § 52 Abs. 1 a. E. GmbHG) gedeckt, soweit dadurch der fakultative Aufsichtsrat nicht seine Qualität als Überwachungsorgan im Sinne des § 52 GmbHG verliert 407. 2. Unzulässigkeit qualifizierter Mehrheitserfordernisse Der Aufsichtsrat trifft seine Zustimmungsentscheidung mit einfacher Mehrheit 408. Sofern es sich nicht um eine paritätisch mitbestimmte Gesellschaft handelt, soll jedoch nach teilweise vertretener Ansicht die Satzung für Zustimmungsvorbehalte des Satzungsgebers eine besondere Zustimmungsmehrheit vorsehen können 409. Das ist abzulehnen. Das Zustimmungsvorbehaltsrecht des Satzungsgebers bezieht sich nur auf die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten. Nicht verbunden ist damit die Befugnis, erschwerende Regelungen für die spätere Zustimmungsentscheidung zu treffen. Das Zustimmungsrecht ist als unternehmerisches Mitwirkungsmittel dem Aufsichtsrat vorbehalten und als solches satzungsfest 410. Auch der Aufsichtsrat selbst kann die Zustimmungsentscheidung nicht an höhere Mehrheitserfordernisse binden, weder durch eine entsprechende Regelung in der Geschäftsforderung noch durch gesonderten Beschluss. Hängt nämlich die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands für die Durchführung des vorbehaltenen Geschäfts von der Zustimmung des Aufsichtsrats ab, kann es nicht im Ermessen des Aufsichtsrats liegen, mit welcher Stimmenmehrheit oder bei Vorliegen welcher sonstigen Voraussetzungen das Handeln des Vorstands erlaubt ist. Dies würde den Eingriff in die Leitungsautonomie des Vorstands vertiefen und bedürfte daher 404

Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 592 und 660. Siehe bereits oben § 4 D. IV. 406 Entziehung des Zustimmungsrechts des Aufsichtsrats und Neubegründung einer Zustimmungsbefugnis zugunsten eines anderen Organs. 407 Siehe oben § 4 D. IV. 408 Allgemein: Hüffer, AktG, § 108 Rn. 7. 409 Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 108 Rn. 23; Hüffer, AktG, § 108 Rn. 8; Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 31 Rn. 65; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 661 (Zweidrittelmehrheit); weitergehender Jürgenmeyer, ZGR 2007, 112, 141. 410 Im Ergebnis ebenso: Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 63 und § 108 Rn. 46; Semler in: MünchKomm.AktG, § 108 Rn. 132. 405

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einer gesetzlichen Grundlage. Da aber das Gesetz in diesem Punkt schweigt, bleibt es bei dem einfachen Mehrheitserfordernis für die Zustimmungsentscheidung. Wegen des zwingenden Charakters der jeweiligen Verweisungsnormen gilt das Gleiche für die mitbestimmte GmbH 411. Für die GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat kann der Satzungsgeber hingegen in der Satzung höhere Anforderungen an die Zustimmung stellen, insbesondere Einstimmigkeit vorsehen, bzw. den Aufsichtsrat ermächtigen, entsprechende Regelungen in seiner Geschäftsordnung vorzusehen. Das folgt aus dem umfassenden Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber der Geschäftsführung und daraus, dass den Geschäftsführern kein Mindestbereich eigenverantwortlicher Leitungsmacht zusteht, in das eingegriffen werden könnte. II. Ausschüsse des Aufsichtsrats Die Zustimmungsentscheidung kann neben dem Plenum auch in Ausschüssen des Aufsichtsrats getroffen werden. Letztere Möglichkeit ergibt sich im Umkehrschluss aus § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG, der nur das Zustimmungsvorbehaltsrecht, nicht aber das Zustimmungsrecht von der Delegierbarkeit ausschließt 412. Mit Blick auf die unterschiedlich ausgeprägten fachlichen Kompetenzen der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder und der größeren Flexibilität kleinerer Arbeitskreise erscheint die Übertragung der Zustimmungskompetenz auf Ausschüsse gerade für häufig wiederkehrende Geschäfte zweckmäßig. So ist es sinnvoll, dass beispielsweise dem Kreditausschuss die Zustimmungsentscheidung über Kredite und ihre Konditionen, dem Finanzausschuss Anlageentscheidungen, dem Personalausschuss die Zustimmungsentscheidung über die Besetzung strategisch wichtiger Unternehmensposten und dem Präsidium die Zustimmungsentscheidungen für Eilfälle übertragen werden 413. Der Überweisung der Zustimmungsentscheidung auf einen Ausschuss sind allerdings Grenzen gesetzt. So ist anerkannt, dass die Pflicht zur Überwachung der Geschäftsführung im Sinne des § 111 Abs. 1 AktG dem Aufsichtsrat als Organ obliegt 414. Eine vollständige Delegation der Überwachungsaufgabe an einen Ausschuss oder einzelne Mitglieder ist daher nach herrschender Meinung unzuläs411 Vgl. Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 209; a. A. Müller in: Beck GmbH-HB, § 6 Rn. 88 (ohne Begründung). 412 Vgl. auch BGH, ZIP 1991, 869; OLG Hamburg, WM 1995, 2188, 2190. 413 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 364 ff.; Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 47 (für „Eilausschuss“). 414 RGZ 93, 338, 340; BGH, WM 1989, 98, 101; OLG Hamburg, WM 1995, 2188, 2191; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 51; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 10; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 9; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 26 ff.; Semler, AG 1988, 60, 61 f.

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sig 415. Das ist auch für die Übertragbarkeit des Zustimmungsrechts von Bedeutung. Die Einzelheiten sind jedoch unklar. In der Lehre verbleibt es hauptsächlich bei dem Hinweis, die Zustimmungsentscheidung könne einem Ausschuss übertragen werden 416. Nur vereinzelt wird für Planungsentscheidungen des Vorstands auf die allgemeine Überwachungspflicht verwiesen, deren sich der Gesamtaufsichtsrat nicht entledigen dürfe 417. Ohne Blick auf die vorliegende Fragestellung sprechen sich andere für einen Plenarvorbehalt in wichtigen Angelegenheiten aus, zu denen insbesondere Geschäfte zählen, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein können (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG) 418. Würde man dem folgen, so könnten nur wenige Zustimmungsentscheidungen zur abschließenden Erledigung an einen Ausschuss übertragen werden, da nach überwiegender Auffassung nur solche Maßnahmen für zustimmungspflichtig erklärt werden dürfen, die mindestens die Erheblichkeitsschwelle des § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG überschreiten. Das würde freilich dem praktischen Bedürfnis nach einer Aufgabenteilung im Aufsichtsrat widersprechen. Eine schnelle Zustimmungsentscheidung von fachlich kompetenter Seite ist für das Wohl des Unternehmens von besonderer Bedeutung. Das gilt insbesondere für große Aufsichtsräte mit fünfzehn und mehr Kontrollmitgliedern (vgl. § 95 AktG und §§ 6 ff. MitbestG). Vorzugswürdig ist daher diejenige Ansicht, die für die Unternehmensplanung eine Entscheidung des Gesamtgremiums verlangt 419. Fragen, die den unternehmerischen Kurs der Gesellschaft betreffen, wirken sich auf die Überwachungsaufgabe aller Aufsichtsratsmitglieder aus. Sowohl die Bestimmung der Geschäftspolitik als auch die Unternehmensplanung können daher einem Ausschuss (Strategieausschuss) nur zur vorbereitenden Beschlussfassung, 415 Mertens in: KölnKomm.AktG, § 107 Rn. 129 ff.; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 9; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 51; Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 32. Dass § 111 Abs. 1 AktG nicht explizit im Delegationskatalog des § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG erwähnt wird, steht dem Plenarvorbehalt in Bezug auf die Überwachung der Geschäftsführung nicht entgegen. Insofern hat nämlich der Gesetzgeber bewusst von einer entsprechenden Aufnahme der „Überwachungsaufgabe“ in § 107 Abs. 3 AktG Satz 2 abgesehen, weil sich das Delegationsverbot ausschließlich auf solche Angelegenheiten bezieht, die in eine Beschlussfassung des Aufsichtsrats münden, während hingegen die mit der Überwachungsaufgabe gemäß § 111 Abs. 1 AktG verbundenen Befugnisse mehr auf tatsächlichem Gebiet liegen, vgl. RegBegr. bei Kropff, S. 149 f.; Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 32. 416 Vgl. Hüffer, AktG, § 111 Rn. 19; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 439 und § 107 Rn. 353; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 117; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 204 f. 417 Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 45; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 660. 418 Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 36 f.; Hommelhoff in: FS Werner, S. 315, 330. 419 Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 45; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 660.

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nicht aber zur abschließenden Erledigung übertragen werden. Für alle übrigen Geschäfte verbleibt es bei der Delegierbarkeit der Zustimmungsentscheidung 420. III. Aufsichtsratsvorsitzender Dem Aufsichtsratsvorsitzenden kann die Zustimmungsentscheidung nicht übertragen werden. Das Gesetz anerkennt in § 107 AktG nur die Möglichkeit der Entscheidungsdelegation auf einen Ausschuss. Für einen beschließenden Ausschuss wird aber zu Recht ein Mindestquorum von drei Mitgliedern gefordert, da anderenfalls die Regelung des § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG unterlaufen werden könnte 421. Das gilt auch für Eilfälle. In Eilfällen hat das Votum des Vorsitzenden nach dem zuvor Gesagten lediglich Indizwirkung dafür, dass eine reguläre Zustimmungsentscheidung nicht zeitgerecht eingeholt werden konnte und nicht mit einem Widerspruch des Aufsichtsrats bzw. des zuständigen Ausschusses zu rechnen war 422. Bedeutung hat dies für die Pflichtgemäßheit des zustimmungslos handelnden Vorstands. Ebenso wie für die Entscheidung über die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten ist es jedoch zulässig, dem Aufsichtsratsvorsitzenden in der Satzung einen Stichentscheid einzuräumen 423. Für den Aufsichtsrat im Geltungsbereich des MitbestG ist dies bei zweimaliger Stimmengleichheit hinsichtlich desselben Beschlussgegenstandes gesetzlich vorgeschrieben, § 29 Abs. 2 Satz 1 MitbestG.

B. Das Zustimmungsermessen I. Das Zustimmungsermessen des AG-Aufsichtsrats 1. Das Recht zur autonomen Zustimmungsentscheidung Das Zustimmungsrecht ist nicht nur Kontrollinstrument, sondern es berechtigt den Aufsichtsrat auch zur materiellen Mitwirkung an der Geschäftsführung 424. Bei der späteren Entscheidung über das zustimmungsbedürftige Geschäft wird der Aufsichtsrat daher nicht nur überwachend, sondern auch (mit-)geschäftsführend tätig 425. Dementsprechend autonom ist auch sein Ermessensspielraum: Der Aufsichtsrat hat sich nicht nur auf die Überprüfung zu beschränken, ob sich der Vorstand mit der geplanten Maßnahme im Rahmen seines ihm zustehenden 420 421 422 423 424 425

Siehe auch OLG Hamburg, WM 1995, 2188. Vgl. Hüffer, AktG, § 107 Rn. 17. Vgl. Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 49, sowie oben § 4 E. I. Vgl. oben, § 4 D. II. Siehe oben § 2 B. I. Ebenso ausdrücklich Hoffmann-Becking in: FS Havermann, S. 229, 242.

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unternehmerischen Ermessens hält 426. Vielmehr ist er aufgrund seiner unternehmerischen Mitverantwortung befugt, das betreffende Geschäft auch dann zu blockieren, wenn die Vorstandsmaßnahme zwar objektiv vertretbar ist, er aber aufgrund seiner eigenen unternehmenspolitischen Überzeugung einen anderen Weg für richtig hält 427. Die Zustimmungsverweigerung ist daher mit abweichenden, aber rechtlich gleichwertigen „rein unternehmerischen Vorstellungen“ bzw. „reinen Zweckmäßigkeits- oder Wirtschaftlichkeitsüberlegungen“ des Aufsichtsrats begründbar 428. Demgegenüber will eine im Vordringen befindliche Ansicht die Zustimmungskompetenz des Aufsichtsrats auf eine bloße Vertretbarkeitskontrolle beschränken 429. Das ist abzulehnen. Sie widerspricht dem in der Gesetzesbegründung zum TransPuG nochmals bestätigten Zweck des Vorbehaltsinstituts, bedeutende Geschäftsführungsmaßnahmen einem Aufsichtsorgan zu unterziehen, das auch die unternehmerische Entscheidung als solche in Frage stellen kann. 2. Keine Pflicht zur Durchsetzung eigener unternehmerischer Vorstellungen Eine andere Frage ist, ob der Aufsichtsrat auch verpflichtet ist, seine Zustimmung zu einer vertretbaren Vorstandsmaßnahme zu verweigern, wenn er selbst das betreffende Geschäft unter alleiniger Verantwortung nicht oder nicht auf die geplante Art und Weise vornehmen würde. Eine solche Pflicht des Aufsichtsrats zum unternehmerischen Aktivismus ist dagegen abzulehnen 430. Selbst bei Geschäfts426

Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 583. Ebenso Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 29 („Bei zustimmungspflichtigen Geschäften ist das Ermessen des Aufsichtsrats sogar stärker als das des Vorstands.“) und Rn. 69; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 92 und Rn. 116; Lutter in: FS Vieregge, S. 603, 613; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 85; ders., ZGR 1977, 270, 281; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 139 und Rn. 444; ders., Leitung und Überwachung, Rn. 212; ders. in: FS Ulmer, S. 627, 628; Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 72; Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 15 Rn. 8; Thümmel, AG 2004, 83, 89 („ . . . Zustimmung . . . ist eine unternehmerische Entscheidung, bei der der Aufsichtsrat in gleicher Weise wie der Vorstand das unternehmerische Ermessen in Anspruch nehmen kann.“); ders., DB 1999, 885, 886; ders., Persönliche Haftung, Rn. 242; Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 76; Bürgers / Israel in: Bürgers / Körber, AktG, § 111 Rn. 26; Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 622; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 213 f.; Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 128; Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 132. 428 Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 128. 429 So Höhn, GmbHR 1994, 604, 605; Fonk, ZGR 2006, 841, 867; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 144; ders. in: Krieger / Uwe H. Schneider (Hrsg.), Hdb. Managerhaftung, § 9 Rn. 26; Theisen, Die Überwachung der Unternehmensführung, S. 371 f.; ders., Der Konzern, S. 275; ders., AG 1995, 193, 199; Waclawic, ZIP 2006, 397, 401; wohl auch Henze, NJW 1998, 3309, 3312 (ein eigenes Ermessen kann ihm [Aufsichtsrat] nicht zugebilligt werden). 427

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führungsmaßnahmen von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft wird der Aufsichtsrat nicht zu einem im Vergleich zum Vorstand gleichberechtigten und gleichverpflichteten Geschäftsführungsorgan 431. Insbesondere findet nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG keine Verlagerung der Leitungsmacht für außergewöhnliche Geschäfte auf den Aufsichtsrat statt. Bleibt aber der Vorstand auch in Bezug auf aufsichtsratspflichtige Geschäftsführungsmaßnahmen der alleinige Initiativberechtigte, so ist der Aufsichtsrat auch nicht verpflichtet, „anstelle des Vorstands“ zu entscheiden. Hierzu ist er in der Mehrzahl der Fälle auch gar nicht in der Lage, denn weder wird er sich ein vorstandsgleiches Informationsniveau verschaffen können noch hat er die Kapazitäten, einen unternehmerischen Anforderungen gerecht werdenden Entscheidungsprozess zu durchlaufen 432. Will man danach den Aufsichtsrat nicht in Entscheidungsnot bringen und ihn einem erhöhten Haftungsrisiko aussetzen, kann aus dem Zustimmungsrecht nur die Pflicht hergeleitet werden, das vorgelegte Geschäft auf seine Vertretbarkeit hin zu überprüfen (Plausibilitätskontrolle) 433. Dabei hat er freilich auch Zweck- und Wirtschaftlichkeitserwägungen anzustellen. Eine unternehmerische Entscheidung hat er also gleichwohl zu treffen, aber – und das folgt aus der grundsätzlichen Aufgabenverteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat – in seiner Funktion als Überwacher. Was bleibt, ist freilich das in dem Zustimmungsrecht enthaltene Druckpotential, sich im Konfliktfall auch gegen eine vertretbare Handlung des Vorstands stellen zu können. Das Vorbehaltsrecht ist damit ein besonders effektives Instrument zur Herstellung des unternehmerischen Gleichklangs zwischen den Verwaltungsorganen. In besonderen Ausnahmefällen wird man daher auch einen eher zurückhaltenden Aufsichtsrat als verpflichtet ansehen, eine vertretbare Vorstandsmaßnahme zu unterbinden, wenn damit erreicht werden kann, den notwendigen Einklang zwischen Vorstand und Aufsichtsrat in Sachen gemeinsame Geschäftspolitik (wieder) herzustellen 434. 430 H. M., anstelle anderer: Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 443; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 85; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 674; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 155 f.; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 92 und Rn. 116; Fonk, ZGR 2006, 841, 863 ff.; Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 9; Witte / Hrubesch, BB 2004, 725, 726 f.; a. A. Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 69. 431 Hoffmann-Becking, Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 39; Witte / Hrubesch, BB 2004, 725, 726 f.; Lieder, DB 2005, 2254; ders., Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 845 f.; ähnlich Steinbeck, Überwachungspflichten, S. 155 f. 432 Siehe dazu ausführlich Fonk, ZGR 2006, 841, 859 ff. 433 Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 9; zustimmend Witte / Hrubesch, BB 2004, 725, 727; Fonk, ZGR 2006, 841, 865; vgl. (allgemein) auch Roth, BB 2004, 1066, 1069 m. w. N. in Fn. 55 (Vertretbarkeit als Überprüfungsmaßstab des Aufsichtsrats).

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3. Kein Ermessensspielraum bei rechtswidrigen Geschäften Auf sein autonomes Entscheidungsrecht kann sich der Aufsichtsrat allerdings dann nicht berufen, wenn es um die bloße Vermeidung gesetzes- oder satzungswidrigen Vorstandshandelns geht. In diesen Fällen wird der Aufsichtsrat auch bei Ausübung seines Zustimmungsrechts nur überwachend tätig, so dass es von vornherein an einem ihm sonst zustehenden unternehmerischen Ermessen fehlt 435. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn sich der Gesetzesverstoß aus Sicht des Unternehmens günstig auswirkt 436. Gesetzes- oder satzungswidrige Geschäftsvorhaben sind vom Aufsichtsrat zu unterbinden. Demgegenüber kommt eine Pflicht zur Zustimmungsverweigerung nach den Regeln der Ermessensreduktion auf null in Betracht, wenn sich ein Geschäft als zweckwidrig oder unwirtschaftlich herausstellt, weil es mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters nicht zu vereinbaren ist 437. Das ist vor allem der Fall, wenn das zu beurteilende Geschäft nicht zu rechtfertigende Risiken in sich birgt 438. Dabei gilt es freilich, die (vertretbare) Risikobereitschaft des jeweiligen Unternehmens zu berücksichtigen. Eine Investmentgesellschaft fährt eine andere Risikostrategie als ein traditionelles Bankhaus. In keinem Fall ist Auslöser der Ermessensreduktion die Feststellung, dass es neben dem vorgelegten noch weitere, „bessere“ Geschäfte gibt. Entscheidend ist vielmehr, dass die mit dem Geschäft verbundenen Nachteile derart überwiegen, dass dem Unternehmen bei Durchführung des Geschäfts mit hoher Wahrscheinlichkeit ein erheblicher Schaden entstünde. Nur ein solches, restriktives Verständnis der Eingriffspflicht des Aufsichtsrats trägt der allgemeinen Erkenntnis Rechnung, dass eine erfolgreiche Unternehmensführung auch das bewusste Eingehen von Risiken erfordert 439.

434 In diese Richtung Semler, ZGR 1983, 1, 24; ebenso Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 93; Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 69. 435 Die unternehmerische Entscheidung steht im Gegensatz zur rechtlich gebundenen Entscheidung. Für illegales Verhalten gibt es daher keinen „sicheren Hafen“; so die Gesetzesbegründung zu § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG i. d. F. des UMAG, BT-Drucks 15/5092, S. 11 (linke Spalte). 436 Zur besonderen Problematik „nützlicher“ Pflichtverletzungen siehe unten § 6 C. II. 1. b). 437 Vgl. BGH, ZIP 2007, 224, 225 f. (Zustimmung zu Investitionen in ein völlig unrentables Unternehmen); LG Stuttgart, DB 1999, 1462, 1463 (Billigung eines Grundstücksverkaufs zu einem erheblich unter dem Marktwert liegenden Kaufpreis); BGHZ 69, 207, 213 ff. (mit Verlusten verbundene Beteiligung an einer KG). 438 Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 94 (wenn das Geschäft zu Nachteilen der Gesellschaft führen würde). 439 Vgl. nur Hefermehl / Spindler in: MünchKomm.AktG, § 93 Rn. 24.

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4. Ergebnis Bei Ausübung des späteren Zustimmungsrechts nimmt der Aufsichtsrat regelmäßig eine mitverwaltende Tätigkeit wahr. Dementsprechend autonom ist sein Entscheidungsspielraum. Er ist nicht darauf beschränkt, das zustimmungsbedürftige Geschäft auf seine Vertretbarkeit hin zu überprüfen, sondern kann seinen eigenen unternehmenspolitischen Überzeugungen Ausdruck verleihen. Begrenzt wird seine Entscheidungsfreiheit nur durch die Satzung, geltendes Recht und das Unternehmensinteresse. Eine Pflicht zur Zustimmungsverweigerung besteht nur in Fällen objektiv unvertretbarer Vorstandsmaßnahmen und ganz ausnahmsweise dann, wenn dies zur Herbeiführung des notwendigen Einklangs zwischen Vorstand und Aufsichtsrat in geschäftspolitischen Fragen erforderlich ist. Steht das vorgelegte Geschäft im Widerspruch zur Rechtsordnung oder zur Satzung, fehlt es von vornherein an einem unternehmerischen Ermessen des Aufsichtsrats; solchen Geschäften ist die Zustimmung zu versagen. II. Das Zustimmungsermessen des GmbH-Aufsichtsrats Der bereits auf der Ebene des Zustimmungsvorbehaltsrechts auftretende Kompetenzkonflikt zwischen Gesellschafterentscheidungen und Reichweite der Aufsichtsratskontrolle setzt sich bei der späteren Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats fort. Die zur AG gemachten Ausführungen gelten daher zunächst nur insoweit, als die vorgelegte Geschäftsführungsmaßnahme frei von Einflüssen der Gesellschafter ist. Im Übrigen aber folgt aus der GmbH-spezifischen Entscheidungshierarchie, dass sowohl dem vertraglichen als auch dem mitbestimmten Aufsichtsrat grundsätzlich kein unternehmerisches Teilhaberecht an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung zusteht. Der Aufsichtsrat ist daher bei Ausübung seines Zustimmungsrechts grundsätzlich an unternehmenspolitische und -strategische Anteilseignerentscheidungen 440 gebunden. Für den Ermessensspielraum des Aufsichtsrats auf Ebene seines Zustimmungsrechts ergibt sich damit folgendes Bild: 1. Eingeschränkte unternehmerische Mitwirkung an angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahmen Entspricht die beabsichtigte Maßnahme der von den Gesellschaftern beschlossenen Unternehmenspolitik oder handelt es sich hierbei um eine konkrete Gesellschafteranweisung, darf der Aufsichtsrat seine Zustimmung nicht deshalb verweigern, weil das unternehmerisch vertretbare Geschäft mit seiner eigenen 440

Z. B. durch ein Programm vorformulierter Unternehmensziele, vgl. dazu Wiedemann in: FS Barz, S. 561 ff.

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geschäftspolitischen Zielkonzeption nicht im Einklang steht. Das gilt auch für den Pflichtaufsichtsrat einer mitbestimmten GmbH, da die jeweiligen Mitbestimmungsgesetze weder das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung einschränken 441 noch dem Pflichtaufsichtsrat im Verhältnis zum Aufsichtsrat einer Normal-GmbH weitergehende Mitwirkungskompetenzen einräumen 442. Der Prüfungsumfang reduziert sich hier auf die Frage, ob die geplante Maßnahme dem Unternehmensinteresse dient und weder gegen die Satzung noch gegen sonstiges geltendes Recht verstößt 443. Das Unternehmensinteresse ist dabei nicht zwingend gleichbedeutend mit dem Gesellschafterinteresse. Sollen etwa Betriebsstätten geschlossen oder im großen Umfang ins Ausland verlagert werden, kann ein Aufsichtsratsveto zum Schutze von Arbeitnehmerinteressen durch § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG auch dann gedeckt sein, wenn die entsprechende Weisung durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss gefasst worden ist. Mit reinen Zweckmäßigkeitserwägungen darf der Aufsichtsrat seine Zustimmung hingegen nur ausnahmsweise dann verweigern, wenn anzunehmen ist, dass die Gesellschafter Geschäftschancen oder mit der angewiesenen Maßnahme verbundene Unternehmensrisiken übersehen haben. Das folgt aus dem hier vertretenen GmbH-spezifischen Zweck des Vorbehaltsinstruments, die Gesellschafter auf Gefahren der von ihnen angewiesenen Maßnahme für die Entwicklung der Gesellschaft hinzuweisen (die Geschäftsführer sind in Weisungsfällen verpflichtet, die verweigerte Geschäftsführungsmaßnahme der Gesellschafterversammlung zur [nochmaligen] Entscheidung vorzulegen) 444. Diese Hinweisfunktion und damit das Recht zur Zustimmungsverweigerung entfallen nicht schon deswegen, weil der Geschäftsführer versichert, seine Bedenken hinsichtlich des Geschäfts bereits gegenüber den Gesellschaftern erfolglos geäußert zu haben, denn anders als der Geschäftsführer ist der Aufsichtsrat weisungsunabhängig und verfügt daher über ein viel besseres Durchsetzungsvermögen. 2. Unternehmerische Mitwirkungszuständigkeit bei Geschäften, die in die Zuständigkeit der Geschäftsführung fallen Ein echtes unternehmerisches Mitentscheidungsrecht steht dem Aufsichtsrat nur dort zu, wo die Maßnahme von den Geschäftsführern allein beschlossen wird oder ihnen bei der Ausführung einer angewiesenen Maßnahme ein eigener 441

Zum Meinungsstand siehe Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 41 und

42. 442 Vgl. auch Martens, ZHR 138 (1974), 179, 222, sowie ders., AG 1976, 113, 121 (Die Mitbestimmungsgesetze bauen „auf der Grundlage des geltenden Gesellschaftsrechts“ auf). 443 Anders Mertens, ZGR 1977, 270, 282 f. (Verletzung des Bestandsinteresses). 444 Siehe dazu ausführlich oben § 4 B. II. 2. e).

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Gestaltungsspielraum verbleibt 445. In diesem Fall ist der Aufsichtsrat – gegebenenfalls beschränkt auf die Ausführungsmodalitäten – auch berechtigt, seinen unternehmensstrategischen Überzeugungen durch eine Zustimmungsverweigerung Ausdruck zu verleihen. Beschließen danach die Gesellschafter beispielsweise, ihre Produkte oder Dienstleistungen auch im Ausland anzubieten, steht den Geschäftsführern eine ganze Reihe an Umsetzungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zu denken ist an den Vertrieb vom Inland aus durch eigene Mitarbeiter oder durch Handelsvertreter. In Betracht kommt auch die Gründung neuer Niederlassungen im Ausland mit eigener Produktion oder beschränkt auf den Verkauf. Möglich ist aber auch die Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen. Der Aufsichtsrat ist daher berechtigt, mit Hilfe seines Vetorechts an den Umsetzungsentscheidungen der Geschäftsführer, also dem „Wie“ mitzuwirken. Nicht gestattet ist es ihm hingegen, die Umsetzungspläne mit der Begründung zu blockieren, er halte die grundsätzliche Expansionsentscheidung der Gesellschafter für eine unternehmerische Fehlentscheidung 446. Je nach Intensität der ausgeübten Einflussnahme der Gesellschafter modifiziert sich daher das Zustimmungsrecht vom (ursprünglichen) Mitgeschäftsführungsinstrument 447 zum eingeschränkten Mitgeschäftsführungsinstrument 448 bis hin zum reinen Überwachungsinstrument (bei Gesellschafteranweisung ohne Ausführungsermessen), das nur zur Legalitäts- und Risikoprüfung berechtigt. 3. Ergebnis Als Ergebnis lässt sich danach verallgemeinernd festhalten, dass im Rahmen der Zustimmungsentscheidung der unternehmerische Ermessensspielraum des Aufsichtsrats in dem Maße beschränkt ist, wie die Gesellschafter von ihren Einflussnahmemöglichkeiten auf die Geschäftsführung Gebrauch machen. Eine entsprechend detaillierte Gesellschafteranweisung kann daher dazu führen, dass das ursprüngliche unternehmerische Mitentscheidungsrecht zu einem reinen Überwachungsinstrument „verblasst“. 445

Ebenso Zöllner, ZGR 1977, 319, 328; Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 150; Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 65; siehe außerdem die Nachweise bei § 4 B. II. 1. c). 446 Vgl. Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 150, mit weiterem Beispiel (Produktaufgabe). 447 So, wenn die Geschäftsführer selbst dazu berufen sind, über die künftige Geschäftspolitik zu entscheiden, weil sie hierzu generell per Satzung oder Geschäftsordnung oder punktuell durch entsprechenden Gesellschafterbeschluss ermächtigt sind. 448 So, wenn die zustimmungspflichtige Maßnahme zwar von den Gesellschaftern angewiesen wurde, den Geschäftsführern bei der Ausführung des Geschäfts aber ein gewisser Gestaltungsspielraum verbleibt.

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C. Geltungsumfang der Zustimmung Der Geltungsumfang einer Zustimmung richtet sich danach, ob eine Einzelzustimmung oder eine Generalzustimmung erteilt wird und ob die Zustimmung befristet oder an sonstige Bedingungen geknüpft ist. I. Einzelzustimmung Die Einzelzustimmung kann sich auf ein konkretes Geschäft oder auf ein umfangreiches Planvorhaben beziehen. In beiden Fällen stellt sich die Frage, ob die Zustimmung neben der Leitungsmaßnahme als solche auch die jeweiligen sie umsetzenden Folgemaßnahmen miterfasst. Sinn und Zweck des Vorbehaltsinstituts ist es, den Aufsichtsrat in bedeutende Geschäftsvorhaben zu involvieren, um einerseits eine Rechtmäßigkeits- und Risikokontrolle zu gewährleisten und andererseits eine Übereinstimmung von Leitungs- und Kontrollorgan in unternehmerischen Fragen herbeizuführen. Hierfür genügt es in aller Regel, dass sich der Aufsichtsrat ein Bild von dem Geschäftsvorhaben als solches macht. Soweit der Aufsichtsrat aufgrund der ihm unterbreiteten Beurteilungskriterien Aufwand und Risikoausmaß des Geschäftsvorhabens sicher abschätzen kann, sind daher die der Durchführung dienenden Rechtsgeschäfte, also etwa die einzelnen Darlehens-, Kauf-, Werk-, Dienstverträge usw., von der Zustimmung miterfasst 449. Ein Zustimmungserfordernis auch für alle Durchführungsmaßnahmen zu verlangen würde dagegen nicht nur den Eingriff in die Leitungsautonomie des Vorstands vertiefen, sondern auch den Aufsichtsrat gerade bei vertraglich aufwendigen Geschäftsmaßnahmen zu sehr und ohne großen Nutzen belasten. Ist im Einzelfall auch die Art der Abwicklung von besonderer Bedeutung für die Gesellschaft, steht es dem Aufsichtsrat freilich zu, sich ein Mitentscheidungsrecht auch auf spätere Geschäftsabschlüsse vorzubehalten, etwa um die Konditionen eines erforderlichen Darlehens- oder langfristigen Liefervertrags abzuwarten. Differenzierter als bei einem konkreten Einzelvorhaben beurteilt sich die Rechtslage bei der Zustimmung zur (kurz-, mittel- und langfristigen) Unternehmensplanung. Hier erstreckt sich die Zustimmung zunächst allein auf das Planvorhaben als solches. Die genehmigte Planung ersetzt regelmäßig nicht die Zustimmung für die sie umsetzenden, ebenfalls zustimmungspflichtigen Einzelmaßnahmen 450. Entscheidend ist die Entscheidungsreife der Einzelmaßnahmen bei Vorlage der Planung 451. Dem Vorstand bleibt freilich die Möglichkeit, dem Aufsichtsrat be449 450 451

Vgl. für das österreichische Aktienrecht Reischauer in: FS Strasser, S. 287, 289 f. A. A. für das österreichische Aktienrecht Reischauer in: FS Strasser, S. 287, 290. Kropff, NZG 1998, 613, 617; ders. in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), § 8 Rn. 60.

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reits mit dem Planvorhaben konkrete Einzelgeschäfte, etwa den erforderlichen Darlehensvertrag oder den notwendigen Vertrag über den Kauf und Erwerb einer Beteiligung, zur Billigung vorzulegen. Über das Planvorhaben und die jeweiligen Einzelmaßnahmen wird dann getrennt voneinander entschieden. Denkbar ist aber auch, dass der Aufsichtsrat von sich aus die Zustimmung zu erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen erteilt, wenn er der Ansicht ist, die notwendigen Beurteilungskriterien hierfür vorliegen zu haben. Das kann durch eine ausdrückliche Bestimmung der jeweiligen Einzelmaßnahmen geschehen. Es ist aber auch möglich, in begrenztem Umfang eine Rahmenzustimmung zu erteilen, die die Geschäftsleitung im Voraus befugt, alle erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen durchzuführen (dazu sogleich unter II.). Die Zustimmung zum Planungsvorhaben umfasst dann auch die notwendigen Durchführungsmaßnahmen. Schweigt das Beschlussprotokoll des Aufsichtsrats über den Umfang der Zustimmung zur Unternehmensplanung, so ist im Zweifel nur die Planung als solche, nicht aber die sie umsetzenden Einzelgeschäfte von der Zustimmung erfasst. II. Generalzustimmung Im Unterschied zur Einzelzustimmung wird die Generalzustimmung 452 für eine ungewisse Zahl im Einzelnen noch nicht konkretisierter Geschäfte im Voraus erteilt. Der Vorteil hierbei ist, dass der Geschäftsbetrieb gerade in Bezug auf häufig wiederkehrende Geschäfte nicht dadurch gehemmt wird, dass der Aufsichtsrat den Weg erst durch eine Vielzahl von Einzelbeschlüssen gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG frei machen muss. Das gilt insbesondere mit Blick auf Planungsentscheidungen der Geschäftsleitung, die bereits eine Billigung durch den Aufsichtsrat erfahren haben. Dem Vorteil steht der Nachteil gegenüber, dass durch eine im Voraus erteilte Einwilligung das Zustimmungserfordernis relativiert wird, Sinn und Zweck des Zustimmungsrechts mithin nicht voll erreicht werden. Eine Auseinandersetzung mit dem zustimmungspflichtigen Einzelgeschäft findet durch den Aufsichtsrat nicht statt. Insbesondere ist die Rechtzeitigkeit der Information des Aufsichtsrats (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG) nicht voll gewährleistet, geht und darf die Geschäftsleitung doch von dem Einverständnis des Kontrolleurs ausgehen.

452 Vgl. Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 51; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 117; weitere Begriffsverwendungen sind bspw. „Pauschalgenehmigung“ (vgl. Reischauer in: FS Strasser, S. 287, 290); „Rahmenzustimmung“ (vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 441); „Globalbeschluss“ (vgl. Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckard / Kropff, AktG, § 111 Rn. 73), „Vorwegeinwilligung“ (vgl. Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 83).

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Dies im Blick, stellt sich die Frage nach der Berechtigung zur Erteilung von Generalzustimmungen einerseits und dem zulässigen Umfang von Vorwegeinwilligungen andererseits. 1. Berechtigung zur Erteilung von Generalzustimmungen Um nicht das Zustimmungsvorbehaltsrecht des Satzungsgebers zu unterlaufen, sind mit der herrschenden Meinung Generalzustimmungen für Geschäfte, die nach der Satzung der Zustimmung durch den Aufsichtsrat bedürfen, nur mit ausdrücklicher Ermächtigung durch den Satzungsgeber zulässig 453. Das Gleiche gilt für das Verhältnis Gesamtaufsichtsrat – Aufsichtsratsausschuss. Denn das Zustimmungsvorbehaltsrecht des Aufsichtsrats steht ausschließlich dem Gesamtgremium zu (vgl. § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG). Will der Ausschuss einen vom Gesamtaufsichtsrat angeordneten Zustimmungsvorbehalt mit der Erteilung einer Pauschalzustimmung durchbrechen, bedarf er hierfür entsprechend dem Vorangestellten ebenfalls einer ausdrücklichen Ermächtigung – jetzt durch das Plenum 454. 2. Zulässiger Umfang einer Generalzustimmung Die Erteilung einer Generalzustimmung verbietet sich freilich dort, wo das Gesetz sie ausschließt. So sieht etwa § 15 Abs. 4 Satz 6 KWG Vorauszustimmungen nur für bestimmte Kredite vor – und verbietet sie im Umkehrschluss für andere nach dem KWG zustimmungspflichtige Darlehen. Darüber hinaus wirkt sich insbesondere die neu eingeführte Pflicht zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten auf Geschäftsführungsfragen von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft auf den zulässigen Umfang von Generalzustimmungen aus. Der Aufsichtsrat soll sich mit Geschäften grundlegender Art vertieft auseinandersetzen, sie einer verstärkten Risikokontrolle unterziehen und sich in den Prozess unternehmerischer Entscheidungsfindung mit einklinken 455. Eine Generalzustimmung, die auch Geschäfte von grundlegender Bedeutung miterfasst, kann das nicht erzielen. Eine verantwortungsbewusste Entscheidung des Aufsichtsrats hinsichtlich der vorbehaltenen Geschäftsführungsmaßnahme findet nicht statt. Nicht selten bliebe es bei der in der Regierungsbegründung zum TransPuG bemängelten Situation, dass der Aufsichtsrat erst im Nachhinein über grundlegende Geschäfte informiert würde. Mit Blick hierauf sind Generalzustimmungen nur in beschränktem Umfang zulässig: 453

Vgl. Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 51. H. M., anstelle anderer: Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 158; a. A. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 441. 455 Vgl. RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17. 454

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a) Begrenzung durch die Bedeutung des Geschäfts Eine erste Grenze stellt die Bedeutung des Geschäfts für die Gesellschaft dar. Grundlegende Geschäfte sind von einer Generalzustimmung ausgenommen. Ist die Bedeutung des Geschäfts bezifferbar, kann der Aufsichtsrat dem durch die Festlegung von Betragsgrenzen (z. B. die Aufnahme oder Gewährung von Krediten bis zu x Euro oder Investitionen im Bereich der x-Forschung, soweit sie nicht x Euro für das laufende Jahr übersteigen) Rechnung tragen. Möglich ist es auch, von der Generalzustimmung Geschäfte mit strategischer Bedeutung auszunehmen, so dass beispielsweise Beteiligungserwerbe von der Generalzustimmung nur so weit erfasst sind, als es sich dabei um reine Vermögensanlagen handelt. Schließlich ist es denkbar, die Generalzustimmung von der Beachtung bestimmter Grundsätze abhängig zu machen, um bestimmte Geschäftsrisiken von vornherein herauszufiltern. Zu denken ist beispielsweise an die Begrenzung der Vorweggenehmigung für währungsanfällige Geschäfte auf bestimmte Länder, oder bei Kreditgeschäften die Ausklammerung von Krediten an Unternehmen bestimmter Branchen 456. Ein weiteres Beispiel sind Spenden, die nur zur Erreichung bestimmter Zwecke von der Generalzustimmung erfasst sein sollen. Im Einzelnen wird hier das sprachliche Geschick der Aufsichtsratsmitglieder gefragt sein. b) Zeitliche Begrenzung Eine zweite Grenze bildet der zeitliche Geltungsumfang einer Generalzustimmung. Gerade bei häufig wiederkehrenden Geschäften besteht die Gefahr, den Überblick zu verlieren. Insbesondere kann sich die grundlegende Bedeutung eines Geschäfts erst in der Zusammenschau mit bereits getätigten Geschäften zeigen. Mit einer effektiven Präventivkontrolle nicht vereinbar ist es daher, wenn sich der Aufsichtsrat durch zeitlich unbegrenzte Vorwegeinwilligungen seine Reaktionszeit unzulässig verkürzt. Eine zeitliche Begrenzung kann individuell erfolgen, indem die Vorwegeinwilligung etwa nur zustimmungspflichtige Einzelgeschäfte im Zusammenhang mit einem gebilligten Investitionsplan erfasst, vorausgesetzt freilich, die einzelnen Umsetzungsmaßnahmen sind bereits entscheidungsreif. Die zeitliche Grenze kann aber auch generell bestimmt werden, so dass von der Generalzustimmung nur diejenigen Geschäfte erfasst sind, die in einen zuvor festgelegten Zeitrahmen fallen (§ 163 BGB analog). Welche Zeitgrenze die „richtige“ ist, kann hier nicht abschließend beurteilt werden. Während das Aktiengesetz etwa für Kredite an Vorstandsmitglieder einen Vorratsbeschluss lediglich für einen Zeitraum von drei Monaten zulässt 456

Siehe dazu Hommelhoff in: FS Werner, S. 315, 328 f.

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(§ 89 Abs. 1 Satz 2 AktG), sieht § 15 Abs. 4 Satz 6 KWG Vorratsbeschlüsse für Kredite an Leitungsmitglieder sogar für ein Jahr im Voraus vor. Die erforderliche Zeitbegrenzung für die zulässige Vorwegeinwilligung bestimmt sich daher je nach Geschäftsart und Unternehmensbranche unterschiedlich. III. Bedingte Zustimmung Wie eben gesehen (II. 2. b)), kann die Zustimmung befristet erteilt werden. Fraglich ist, ob die Zustimmung auch inhaltlich an aufschiebende (§ 158 Abs. 1 BGB analog) oder auflösende Bedingungen (§ 158 Abs. 2 BGB analog) geknüpft werden kann. Kann der Aufsichtsrat eines Chemieunternehmens etwa der geplanten Aufnahme von Forschungstätigkeiten im Bereich der Arthrosebekämpfung mit einem geplanten Budget von 20 Mio. Euro unter der Bedingung zustimmen, dass das Engagement in der Herstellung von Kristallen für Flachbildschirme von 30 auf 20 Mio. Euro gesenkt wird? Könnte derselbe Aufsichtsrat die Zustimmung auch davon abhängig machen, dass die Finanzabteilung mit der Abteilung für Forschung und Entwicklung zusammengelegt wird? Und kann eine Zustimmung nur für die Zeit bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses erteilt werden? 1. Aufschiebende Bedingung Gegen die Erteilung einer Zustimmung unter aufschiebender Bedingung bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Eine aufschiebend bedingt erteilte Zustimmung ist de facto eine Teilabsage zum vorgelegten Geschäft. Sie ist als Minus zu einer Zustimmungsverweigerung von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gedeckt. Der Aufsichtsrat erhält hierdurch die Möglichkeit, an der Geschäftsführung des Vorstands gestaltend mitzuwirken. Die Alternative wäre, dass der Aufsichtsrat dem Geschäft in toto die Absage erklärt, gleichzeitig aber dem Vorstand Vorschläge unterbreitet, zu welchen veränderten Konditionen er bereit ist, bei Wiedervorlage des zustimmungspflichtigen Geschäfts positiv zu entscheiden. Ein solcher Weg wirkt jedoch zum einen konstruiert, zum anderen verursacht er einen größeren Zeitaufwand, bedenkt man, dass Vorstand und Aufsichtsrat nur wenige Male im Jahr zusammentreffen. Mit Blick auf die Leitungsautonomie des Vorstands sind allerdings nur solche Bedingungen zulässig, die einen engen Bezug zum vorgelegten Geschäft haben und vom Aufsichtsrat nachvollziehbar begründet werden. Bezugnehmend auf das eingangs formulierte Beispiel ist die Budgetplanung als Anknüpfungspunkt für die Zustimmungsbedingung zulässig. Die Ausgaben in dem einen Bereich können Einsparungen in anderen Bereichen erfordern. Das Zusammenlegen verschiedener Abteilungen ist dagegen für die Budgetplanung – jedenfalls in diesem Beispielfall – ohne Bedeutung. Eine so formulierte Bedingung wäre daher unzulässig. Das Initiativrecht des Vorstands bleibt in jedem Fall unberührt. Er kann auf die

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Bedingungen des Aufsichtsrats eingehen, er kann aber auch das Planvorhaben insgesamt zurückziehen und dem Aufsichtsrat ein neues Geschäft zur Zustimmung vorlegen. 2. Auflösende Bedingung Auch die Erteilung einer Zustimmung unter auflösender Bedingung ist von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gedeckt. Sie darf allerdings nicht dazu führen, dass dem Vorstand nachträglich die Geschäftsführungsbefugnis für ein bereits getätigtes Geschäft entzogen wird – und zwar auch nicht für den Fall, dass der Eintritt der auflösenden Bedingung allein von seinem Verhalten abhängt. Dem Vorstand kann keine Ungewissheit und kein Schwebezustand über seine Berechtigung zur Vornahme des zustimmungspflichtigen Geschäfts zugemutet werden. Will der Aufsichtsrat verhindern, dass es zum Eintritt bestimmter Ereignisse kommt, dass etwa bestimmte Geschäfte abgeschlossen werden oder das Unternehmen in eine bestimmte Lage gerät, muss er hierfür sein Zustimmungsvorbehaltsrecht in Anspruch nehmen und gegebenenfalls mit Ad-hoc-Beschlüssen situationsgerecht reagieren. Eine Zustimmung unter auflösender Bedingung kommt daher praktisch nur für Generalzustimmungen in Betracht, mit der eine Vielzahl von Geschäften im Voraus genehmigt wird. Bei Eintritt der auflösenden Bedingung, etwa dem Erreichen bestimmter Kennzahlen (z. B. Verschuldensquote, Anzahl bereits erteilter Prokuren und Generalvollmachten usw.), erlöscht die Generalzustimmung und der Zustimmungsvorbehalt lebt wieder auf: Der Vorstand bedarf für zukünftige Geschäfte dieser Art der Einzelzustimmung des Aufsichtsrats.

D. Wirkung der Zustimmungsentscheidung Die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats kann eine positive oder negative sein. Danach unterschieden gilt es, die Wirkung der jeweiligen Zustimmungsentscheidung gegenüber dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und Dritten zu untersuchen. I. Positive Zustimmungsentscheidung 1. Zustimmungswirkung gegenüber der Geschäftsleitung a) Geschäftsführungsbefugnis und Einwilligungswiderruf Eine positive Zustimmungsentscheidung berechtigt die Geschäftsleitung gegenüber der Gesellschaft zur Vornahme des Geschäfts im Umfang der erteilten Zustimmung. Ist die Zustimmung des Aufsichtsrats mit Auflagen verbunden oder befristet, ist der Vorstand zur Vornahme des Geschäfts intern nur bei Beachtung dieser Beschränkungen befugt.

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Nach der entsprechend anzuwendenden Regelung des § 183 BGB ist die Aufsichtsratszustimmung bis zur Vornahme des zustimmungsbedürftigen Geschäfts widerruflich. Da Zustimmungsvorbehaltsadressat ausschließlich die Geschäftsleitung ist, ist die Widerrufserklärung nur wirksam, wenn sie auch ihr gegenüber abgegeben wird. Der Widerruf der Zustimmung ist zwar nicht gleichbedeutend mit einer Zustimmungsverweigerung; bis zur endgültigen Entscheidung über die Zustimmung fehlt der Geschäftsleitung jedoch die zur Vornahme des vorbehaltenen Geschäfts erforderliche Geschäftsführungsbefugnis: Der Zustimmungsvorbehalt für das konkrete Geschäftsvorhaben lebt wieder auf. Für vor dem Einwilligungswiderruf bereits getätigte Aufwendungen kann sich der Aufsichtsrat freilich gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig machen. Neben Verzögerungsschäden kommen daher insbesondere bei einer nachträglichen Zustimmungsverweigerung Schäden wegen nutzloser Aufwendungen in Betracht. b) Ausführungsermessen der Geschäftsleitung Eine erteilte Zustimmung berechtigt, verpflichtet aber nicht zur Durchführung des vorbehaltenen Geschäfts. Ein Zwang zur Vornahme des Geschäfts ist daher mit der Zustimmung nicht verbunden 457. Der AG-Vorstand ist aufgrund seiner Leitungsautonomie alleiniger Herr über die Durchführung des Geschäfts. Für die GmbH-Geschäftsführung kann dagegen im Gesellschaftsvertrag geregelt werden, dass der Aufsichtsrat darüber bestimmen kann, ob mit einer positiven Zustimmungsentscheidung zugleich die Pflicht der Geschäftsführer verbunden ist, das Geschäft durchzuführen. Die Aufsichtsratszustimmung wirkt in diesem Fall wie eine Weisung gegenüber der Geschäftsführung. Das ist entgegen der aktienrechtlichen, nur ein Vetorecht enthaltenden Bestimmung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zulässig, weil einerseits der Geschäftsführung kein garantierter Mindestbereich eigenverantwortlicher Leitungsmacht zusteht und andererseits dem Aufsichtsrat auch Weisungsrechte eingeräumt werden können. Und da nach der hier vertretenen Ansicht § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG für das gesamte GmbH-Recht disponibel ist, kann der Zustimmung unabhängig davon Weisungswirkung gesellschaftsvertraglich zugesprochen werden, ob es sich um eine mitbestimmte oder mitbestimmungsfreie GmbH handelt. c) Die Aufsichtsratszustimmung als Vertrauenstatbestand mit Folgepflichten Unabhängig von der Rechtsform der Gesellschaft kann die positive Aufsichtsratszustimmung ein Vertrauensverhältnis eigener Art zwischen der Geschäftslei457

Anstelle aller: Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 432, und Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 88.

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tung und dem Aufsichtsrat begründen. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Aufsichtsratszustimmung die Grundlage für die Verfolgung einer gemeinsamen Geschäftspolitik beider Verwaltungsorgane schafft. Beispielhaft hierfür ist die Zustimmung zur Unternehmensplanung. Stimmt der Aufsichtsrat dem von der Geschäftsleitung entwickelten Aktionsprogramm zu, darf er bei seiner Überwachung davon ausgehen, dass sich die Geschäftsleitung an das „Vereinbarte“ hält. Die Folge ist, dass die Geschäftsleitung verpflichtet ist, bei nicht unwesentlichen Abweichungen zuvor den Aufsichtsrat zu informieren 458. Diese Informationspflicht besteht unabhängig davon, ob die Abweichung selbst unter Zustimmungsvorbehalt steht oder nicht. Der Aufsichtsrat hat dann die Möglichkeit, die Abweichung gegebenenfalls ad hoc an sein Votum zu binden. d) Geschäftsverantwortlichkeit der Geschäftsleitung Ist mit der Zustimmung nicht zugleich eine Weisung verbunden – dies ist nur bei der GmbH möglich –, so bleibt auch die Geschäftsleitung dafür verantwortlich, ob das Geschäft ausgeführt werden soll oder nicht. Die Zustimmung wirkt gegenüber dem Vorstand nicht haftungsausschließend, § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG. Das Gleiche gilt entsprechend für die Geschäftsführer einer GmbH. Eine Zustimmung ist daher weder Rechtmäßigkeitsgarantie noch modifiziert sie die Sorgfaltspflichten der Geschäftsleitung in Bezug auf die Geschäftsvornahme. Sie ist auch nicht „Beweiszeichen“ für die Pflichtgemäßheit des Geschäftsleiterhandelns 459. Die Zustimmung kann allenfalls als Indiz neben anderen für die Folgeneinschätzung des Vorstands bzw. der Geschäftsführer bei Vornahme des Geschäfts herangezogen werden 460. Die Geschäftsleitung kann sich schließlich auch nicht auf ein Mitverschulden der Gesellschaft berufen (§ 254 BGB), die sich die Zustimmung des Aufsichtsrats als kausalen Verschuldensbeitrag zur schadensbringenden Geschäftsführungsmaßnahme gemäß § 31 BGB zurechnen lassen muss 461. Die Organmitglieder stehen der Gesellschaft nämlich nicht als beliebige Dritte gegenüber. Im Interesse des Gläubigerschutzes findet daher § 254 BGB im Verhältnis Organmitglied – Gesellschaft keine Anwendung.

458 Eingehend Kropff, NZG 1998, 613, 617; vgl. auch § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 AktG sowie Ziffer 3.4 Abs. 2 Satz 2 DCGK. 459 So aber Schilling in: Großkomm.AktG, 3. Aufl., § 93 Rn. 30. 460 Vgl. Hopt in: Großkomm.AktG, § 93 Rn. 348; ähnlich Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 717 (Zustimmung kann für Verschuldensfrage von Bedeutung sein). 461 Vgl. Hopt in: Großkomm.AktG, § 93 Rn. 349 und Rn. 263; für die GmbH: OLG Oldenburg, BB 2007, 66, 70, mit Anm. Liese / Theusinger, BB 2007, 71; Hommelhoff / Kleindiek in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 43 Rn. 26.

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Die faktische Wirkung einer positiven Zustimmung ist hingegen eine andere, denn der Aufsichtsrat wird der Geschäftsleitung eine pflichtwidrige, aber von ihm bewilligte Geschäftsführungsmaßnahme in der Regel nicht zum Vorwurf machen 462. Das mag auch mit ein Grund dafür sein, dass sich deutsche Gerichte nur selten mit vom Aufsichtsrat veranlasste Schadensersatzklagen der Gesellschaft gegen ihre Leitungsmitglieder befassen müssen. 2. Zustimmungswirkung gegenüber dem Aufsichtsrat a) Mitverantwortlichkeit für das Geschäft Neben die Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung tritt die Verantwortlichkeit des Aufsichtsrats für das zustimmungsvorbehaltene Geschäft. Der Aufsichtsrat wird bei der Entscheidung über die Zustimmung nicht nur überwachend, sondern auch geschäftsführend tätig. Die Folge ist, dass der Aufsichtsrat neben dem Vorstand für die Folgen des Geschäfts einzustehen hat, soweit er dessen Durchführung durch sein „Ja“ ermöglicht hat. Der Aufsichtsrat trägt für sein Verhalten die „volle unternehmerische Verantwortung“ 463, §§ 93 Abs. 2, 116 Satz 1 AktG. Das bedeutet einerseits, dass er sich nicht auf die fortbestehende Verantwortung des Vorstands (vgl. § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG) mit dem Hinweis darauf berufen kann, dass der entscheidende Schadensakt auf eine Handlung der Unternehmensleitung zurückzuführen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich der Vorstand an eine Zustimmungsverweigerung des Aufsichtsrats halten wird, so dass die Zustimmung des Aufsichtsrats auch kausal für die schadensbringende Geschäftsführungshandlung ist. Mit Blick darauf können sich die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats gemeinsam gesamtschuldnerisch gegenüber der Gesellschaft haftbar machen 464. Andererseits bedeutet der Verweis auf die Haftungsnorm des § 93 AktG aber auch, dass ihm die für das unternehmerische Handeln des Vorstands entwickelten Grundsätze zugutekommen: Für unternehmerischen Erfolg wird nicht gehaftet 465 (zur Anwendung der Business Judgment Rule im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG auf die Vorbehalts- und Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats siehe unten § 6). b) Selbstbindung des Aufsichtsrats in Bezug auf Folgeentscheidungen Ebnet der Aufsichtsrat mit seiner Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme den Weg für Folgemaßnahmen, schafft die Zustimmung auch für ihn 462 463 464 465

Vgl. Kropff, NZG 1998, 613, 617. Semler in: FS Doralt, 609, 621. Vgl. auch Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 552. Semler in: FS Doralt, 609, 622.

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Bindungen. Hier gilt das Gleiche wie für die Geschäftsleitung. Hat der Aufsichtsrat der Geschäftsleitung sein Einverständnis zum vorgeschlagenen unternehmerischen Kurs signalisiert, hat er insbesondere der Unternehmensplanung zugestimmt, so darf die Unternehmensleitung darauf vertrauen, dass der Aufsichtsrat bei zukünftigen, die Planung konkretisierenden Einzelmaßnahmen in gleicher Weise entscheiden wird. Diese Selbstbindung des Aufsichtsrats hindert ihn zwar nicht, zustimmungspflichtigen Folgegeschäften nach späterer Einzelprüfung ein Veto zu erteilen. Lagen allerdings die Gründe für das spätere Veto bereits im Zeitpunkt der Ausgangszustimmung vor, haftet er für Frustrationsschäden und sonstige Nachteile, die der Gesellschaft aufgrund des Meinungsumschwungs entstanden sind 466. 3. Zustimmungswirkung gegenüber Dritten Die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats betrifft die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands (vgl. § 82 Abs. 2 AktG) und wirkt daher nur im Innenverhältnis. Dritte können sich nicht auf eine positive Zustimmungsentscheidung berufen, sie können insbesondere nicht mit Hinweis auf die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats verlangen, dass die Gesellschaft ein bestimmtes Geschäft vorzunehmen habe. Möglich ist es jedoch, die Wirkung eines zwischen der Gesellschaft und dem Dritten abgeschlossenen Rechtsgeschäfts (z. B. Darlehens- oder Unternehmensvertrag) von der erforderlichen Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig zu machen (vgl. § 158 Abs. 1 BGB). In diesem Fall wirkt die positive Aufsichtsratsentscheidung (mittelbar) auch im Außenverhältnis: Das Rechtsgeschäft wird mit Erteilung der Zustimmung gegenüber dem Vorstand ipso jure 467 wirksam. II. Negative Zustimmungsentscheidung 1. Vetowirkung gegenüber der Geschäftsleitung Die Zustimmungsverweigerung beschränkt die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsleitung (§ 82 Abs. 2 AktG). Sie betrifft damit allein das rechtliche „Dürfen“, lässt aber das rechtliche „Können“ (Vertretungsmacht) der Leitungsorgane unberührt. Dies gilt entgegen teilweise vertretener Ansicht auch in Fällen gesetzlich vorgesehener Aufsichtsratsvorbehalte, beispielsweise in den Fällen des § 204 Abs. 1 Satz 2 AktG (Bestimmungen über den Inhalt der Aktienrechte und über Bedingungen der Aktienausgabe) oder der §§ 204 Abs. 1 Satz 2, 203 Abs. 2 AktG (Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts) 468. 466 467

Vgl. Kropff, NZG 1998, 613, 617. Vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, § 158 Rn. 2.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

Der Umfang des Aufsichtsratsvetos hängt von der Art des vorgelegten Geschäfts ab. Bezieht sich die Zustimmungsverweigerung nicht auf ein konkretes Einzelgeschäft, sondern auf ein umfangreiches Planvorhaben, so ist nur die Leitungsmaßnahme als solche von dem Aufsichtsratsveto betroffen, nicht aber auch die mit ihm verbundenen notwendigen Einzelmaßnahmen. Der Unternehmensleitung steht es daher frei, in dem abgelehnten Planvorhaben enthaltene Einzelgeschäfte dem Aufsichtsrat nochmals zur Detailprüfung vorzulegen 469. Das Veto des Aufsichtsrats wirkt schließlich nicht, wenn damit ein gesetzeswidriges Unterlassen der Geschäftsleitung verbunden ist. Das gilt insbesondere für Maßnahmen, zu deren Vornahme die Geschäftsleitung gesetzlich verpflichtet ist (sog. zustimmungsvorbehaltsresistente Geschäfte; siehe oben § 4 I. 4. b)) 470. Außerhalb dieses eng umgrenzten Pflichtenkreises rechtfertigt indessen die „bloße“ Rechts- oder Pflichtwidrigkeit der Zustimmungsverweigerung die Leitungsmitglieder nicht, über das negative Aufsichtsratsvotum hinwegzusehen. Vielmehr ist die Geschäftsleitung an das vorgegebene Verfahren des § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG gebunden (siehe dazu sogleich unter E.). 2. Vetowirkung gegenüber dem Aufsichtsrat Gegenüber dem Aufsichtsrat bewirkt das eigene Veto eine unternehmerische Mithaftung für die Nichtdurchführung des Geschäfts. Insofern gilt das Gleiche wie bei einer Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme (vgl. oben I. 2. a)). 3. Vetowirkung gegenüber Dritten und Unternehmensangehörigen Die Wirkung des Aufsichtsratsvetos gegenüber Dritten und sonstigen Unternehmensangehörigen, die nicht dem Leitungsorgan angehören, entspricht im Wesentlichen derjenigen eines Zustimmungsvorbehalts. Danach wirkt sich die Zustimmungsverweigerung gegenüber Dritten nur in Fällen des Missbrauchs der Vertretungsmacht aus. In Kollusionsfällen ist das getätigte Rechtsgeschäft gemäß § 138 BGB nichtig. In den Fällen, in denen zwar kein kollusives Zusammenwirken vorliegt, sich der bösgläubige Dritte aber nicht auf die Unbeschränkbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Vertretungsmacht 468 Wie hier die wohl h. M., vgl. Hüffer, AktG, § 204 Rn. 8; Lutter in: KölnKomm.AktG, § 204 Rn. 24; Krieger in: Münch. Hdb. GesR IV, § 58 Rn. 58; a. A. Hirte in: Großkomm.AktG, § 204 Rn. 20. Demgegenüber ist der ohne Aufsichtsratszustimmung gefasste Vorstandsbeschluss unwirksam, vgl. zu § 204 AktG Hüffer, AktG, § 204 Rn. 8. Zur Pflicht des Registerrichters zur Eintragung bei fehlender Zustimmung vgl. den Streitstand zu § 204 AktG bei Hüffer, AktG, § 204 Rn. 9. 469 Vgl. oben § 4 A. I. 4. a) sowie Kropff, NZG 1998, 613, 616. 470 Vgl. auch Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 85.

§ 5 Inhalt und Reichweite des Zustimmungsrechts

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berufen kann, hängt die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von der Genehmigung des Aufsichtsrats gemäß § 177 BGB analog ab. Zustimmungswidrig angewiesene Mitarbeiter, die sich an der Durchführung einer gesellschaftsschädigenden Geschäftsführungsmaßnahme in Kenntnis der negativen Aufsichtsratsentscheidung beteiligen, können sich im Falle einer Inanspruchnahme der Gesellschaft auf Schadensersatz regelmäßig nicht auf ihre arbeits- oder dienstvertragliche Weisungsabhängigkeit berufen 471.

E. Die Überwindung verweigerter Aufsichtsratszustimmungen Die Wirkung einer negativen Zustimmungsentscheidung wird durch die Möglichkeit des Vorstands relativiert, die Hauptversammlung gemäß § 111 Abs. 4 Sätze 3 –5 AktG zwecks Ersetzung des Aufsichtsratsvetos anzurufen (I.). Fraglich ist, ob der Vorstand darüber hinaus berechtigt ist, mittels Organklage eine positive Zustimmungsentscheidung zu erstreiten (II.). I. Ersetzung verweigerter Zustimmungen durch die Hauptversammlung (§ 111 Abs. 4 Sätze 3 – 5 AktG) Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der Vorstand verlangen, dass die Hauptversammlung über die Zustimmung mit Dreiviertelmehrheit beschließt, § 111 Abs. 4 Sätze 3 und 4 AktG. Kraft Verweisungen gilt die Vorschrift auch für GmbHs mit fakultativem und obligatorischem Aufsichtsrat. Ein zustimmender Beschluss der Anteilseignerversammlung ersetzt die nicht erteilte Aufsichtsratszustimmung. Er ist in seiner Wirkung daher so zu behandeln wie eine Aufsichtsratszustimmung. Das bedeutet zum einen, dass der Ersetzungsbeschluss keinerlei Bindungswirkungen gegenüber dem Vorstand entfaltet; § 83 Abs. 2 AktG kommt nicht zur Anwendung. Zum anderen führt der Ersetzungsbeschluss zu keiner Haftungsentlastung des Vorstands; nicht § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG, sondern § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG analog findet Anwendung 472. 1. Rechtslage in der AG Für die AG ist das Ersetzungsverfahren nach den Sätzen 3 und 4 zwingend. Dies gilt gemäß § 111 Abs. 4 Satz 5 zum einen für das Mehrheitserfordernis von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen in der Hauptversammlung. Eine andere Stimmenmehrheit kann weder nach „oben“ noch nach „unten“ in der Satzung

471 472

Vgl. oben § 4 E. V. Vgl. ebenso Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 722.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

festgelegt werden noch können weitere Erfordernisse bestimmt werden. Ohne Bedeutung ist, wer den Zustimmungsvorbehalt angeordnet hat 473. Zum anderen erstreckt sich der zwingende Charakter auf den Entscheidungsspielraum des Vorstands („kann . . . verlangen“), der es dem Ermessen des Vorstands überlässt, ob er die Hauptversammlung mit der Ersetzung des Aufsichtsratsvetos befassen oder das Geschäftsvorhaben bleiben lassen will. Im Einzelfall kann sich jedoch sein Ermessen zu einer Pflicht zur Vorlage an die Hauptversammlung verdichten. Das ist einmal der Fall, wenn ein Nachgeben gegenüber dem seine Zustimmung pflichtwidrig verweigernden Aufsichtsrat schwere Nachteile für die Gesellschaft nach ziehen würde 474. Zum anderen hat der Vorstand die Hauptversammlung mit dem Aufsichtsratsveto dann zu befassen, wenn sie für das betreffende Geschäft schon primär zuständig war. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Aufsichtsrat seine Zustimmung zur Ausführung eines Hauptversammlungsbeschlusses im Sinne des § 83 Abs. 2 AktG wegen veränderter Umstände verweigert hat (vgl. dazu oben § 4 A. I. 4. c) bb) (2)). Sieht man von diesen seltenen Ausnahmefällen ab, kommt dem Ersetzungsrecht des § 111 Abs. 4 Satz 3 praktisch keine Bedeutung zu 475. Aufsichtsrat und Vorstand sind gut beraten, ihre Meinungsverschiedenheiten intern zu regeln. Die Hauptversammlung damit zu befassen wird in der Praxis als „völlige Zerrüttung des Verhältnisses zwischen den Verwaltungsorganen“ 476 aufgefasst. Der Aufsichtsrat wird die Einberufung der Hauptversammlung durch den Vorstand als Vertrauensbruch deuten, der zur Abberufung desselben gemäß § 84 Abs. 3 AktG berechtigen kann. Zudem stellt sich die Frage, ob sich die Hauptversammlung überhaupt von einem Geschäft überzeugen lässt, von dem der Aufsichtsrat abrät 477. Wird die verweigerte Zustimmung des Aufsichtsrats dennoch ersetzt, so ist fraglich, ob die Anteilseigner den Kontrolleuren gegenüber noch das nötige Vertrauen aufbringen 478. So oder so werden mit einem Ersetzungsbeschluss der Hauptversammlung regelmäßig personelle Veränderungen verbunden sein. 2. Rechtslage in der GmbH Schon wegen des regelmäßig überschaubaren Gesellschafterkreises und des im Vergleich zu Publikumsaktiengesellschaften geringeren Aufwands der Entscheidungsherbeiführung durch die Gesellschafterversammlung – Beschlussfas473 474 475 476 477 478

Hüffer, AktG, § 111 Rn. 20. Vgl. Götz, ZGR 1990, 633, 645. Siehe dazu Vogel, Aktienwirklichkeit, S. 222. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 446. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 446. Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 446.

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sungen können gemäß § 48 Abs. 2 GmbHG im schriftlichen Umlaufweg erfolgen 479 – stellt das Ersetzungsrecht der Gesellschafter ein geeignetes Instrument zur Konfliktlösung zwischen Aufsichtsrat und Geschäftsführung dar. Zudem lässt das GmbH-spezifische Kompetenzgefüge das Ersetzungsrecht der Gesellschafterversammlung in einem anderen Licht als im Aktienrecht erscheinen: Meinungsunterschiede zwischen der weisungsabhängigen Geschäftsführung und dem autonom handelnden Aufsichtsrat vor die Gesellschafter zu bringen ist dann nicht vertrauensschädigend, wenn die Geschäftsführer an Entscheidungen der Gesellschafter gebunden sind. Allenfalls dort, wo die Geschäftsführer frei von Vorgaben der Gesellschafter agieren, ist zu erwarten, dass sich das Leitungsorgan und der Kontrolleur intern ohne die Anteilseigner als Schiedsrichter verständigen, und kann aus einer Vorlage nach § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG auf eine Zerrüttung des Verhältnisses zwischen dem Leitungs- und Kontrollorgan geschlossen werden. a) Keine Abdingbarkeit des § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG zu Lasten des Aufsichtsrats Stimmen in der Lehre treten dennoch dafür ein, dass sich die Gesellschafter auch ohne Anrufung durch die Geschäftsführung über eine verweigerte Zustimmung hinwegsetzen können 480. Zutreffend ist, dass die Gesellschafter Geschäftsführungsentscheidungen jederzeit und ohne Zutun der Geschäftsführer an sich ziehen können. § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG ist im GmbH-Recht daher nicht im Zusammenhang mit § 119 Abs. 2 AktG zu lesen. Das umfassende Entscheidungsrecht der Anteilseigner darf aber nicht dazu führen, dass dem Aufsichtsrat die Möglichkeit genommen wird, seine Bedenken in Bezug auf die Durchführung des Geschäfts zu äußern. Insoweit kommt dem Verfahren des § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG eine eigenständige Bedeutung zu. Wegen des hier vertretenen Vorrangs der Zustimmungsvorbehalte gegenüber Gesellschafterweisungen steht § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG daher nicht in der Weise zur Disposition der Gesellschafter, dass eine Weisung, mag sie auch mit einer Dreiviertelmehrheit ergangen sein, die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats entbehrlich macht 481. Das gilt wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkung an wesentlichen Geschäften ohne weiteres für den Aufsichtsrat einer mitbestimmten GmbH 482. Das Gleiche gilt aber auch für die GmbH mit fakulta479

Siehe auch Fitting / Wlotzke / Wißmann, MitbestG, § 25 Rn. 69; zu den Voraussetzungen für die Abstimmung im Umlaufverfahren siehe jüngst OLG Thüringen, GmbHR 2006, 985, sowie OLG Jena, ZIP 2006, 1636. 480 Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 234; Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 112 (für den fakultativen Aufsichtsrat); für den Fall, dass die Maßnahme auf Initiative der Gesellschafter vorgenommen werden soll: Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 67; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 146 f.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

tivem Aufsichtsrat, wenn sich die Gesellschafter entschlossen haben, bestimmte Arten von Geschäften der besonderen Vorbehaltskontrolle des Aufsichtsrats zu unterstellen. Möglich ist es demgegenüber, die Kann-Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG in eine Muss-Vorschrift gesellschaftsvertraglich oder durch einfachen Gesellschafterbeschluss abzubedingen. Die Folge ist, dass die Geschäftsführung stets verpflichtet ist, ein vom Aufsichtsrat verweigertes Geschäft zwecks Überwindungsmöglichkeit vor die Gesellschafterversammlung zu bringen. Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft steht der Geschäftsführung kein garantierter Mindestbereich autonomer Leitungsmacht zu. Eine § 76 Abs. 1 AktG vergleichbare Vorschrift fehlt im GmbHG. Daher liegt es bei der GmbH auch nicht im unbeschränkbaren Ermessen des Vertretungsorgans, sich mit dem negativen Aufsichtsratsbescheid zu begnügen. Diese Abweichung ist auch in der mitbestimmten GmbH zulässig, denn die Pflicht zur Vorlage vom Aufsichtsrat verweigerter Geschäfte betrifft allein das Verhältnis Gesellschafterversammlung – Geschäftsführung, an dem die Mitbestimmungsgesetze mithin nichts geändert haben 483. Das gesetzlich verankerte Mitwirkungsrecht des Aufsichtsrats bleibt hiervon unberührt. Sieht die Satzung keine abweichende Regelung vor und existiert auch keine verpflichtende Gesellschafterweisung, steht es im Ermessen der Geschäftsführung, ob sie die Gesellschafterversammlung mit dem Aufsichtsratsveto befassen oder von dem Geschäft Abstand nehmen will 484. Das Geschäftsführerermessen verdichtet sich nach der hier vertretenen Ansicht jedoch bei angewiesenen Geschäftsführungsmaßnahmen zu einer Vorlagepflicht: Weil die Gesellschafter schon für den Anweisungsbeschluss primär zuständig waren, sind sie es auch für die Entscheidung über die Ersetzung des Aufsichtsratsvetos. b) Eingeschränkte Disponibilität des § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG An das oben gefundene Ergebnis, dass § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG lediglich als Vorlagepflicht formuliert werden kann, das Ersetzungsverfahren aber nicht insgesamt zur Disposition der Gesellschafter steht, schließt sich die weitere Frage an, ob jedenfalls Erleichterungen von dem gesetzlichen Erfordernis der Dreiviertelmehrheit für den Ersetzungsbeschluss zulässig sind. Hier ist zwischen dem 481

A. A. Altmeppen in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 52 Rn. 43; Lenz in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 233; Deilmann, BB 2004, 2253, 2256; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 232. 482 Ebenso Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 67; Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 90. 483 Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 90; Martens, ZHR 138 (1974), 179, 217 f.; Fitting / Wlotzke / Wißmann, MitbestG, § 25 Rn. 69. 484 Ebenso Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 112.

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fakultativen Aufsichtsrat, dem Aufsichtsrat nach MitbestG und demjenigen nach DrittelbG zu unterscheiden. aa) Rechtslage in der GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat Für die mitbestimmungsfreie GmbH ist § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG dispositiv. § 111 Abs. 4 Satz 5 AktG findet keine Anwendung. Das heißt, die für einen Ersetzungsbeschluss erforderliche Mehrheit kann sowohl nach „oben“ als auch nach „unten“ abbedungen werden. Ein Abweichen von der gesetzlich vorgesehenen Mehrheit nach „unten“ schwächt zwar das Mitwirkungsrecht des Aufsichtsrats an bedeutenden Geschäftsführungsmaßnahmen, da über die Bedenken des Aufsichtsrats leichter hinweggegangen werden kann. Das Ziel des Vorbehaltsinstruments, die Gesellschafter mit den der Zustimmungsverweigerung zugrunde liegenden Ablehnungsgründen zu konfrontieren, wird dennoch erreicht. Für ein Abweichen vom gesetzlichen Grundsatz der Dreiviertelmehrheit ist nach § 52 Abs. 1 a. E. GmbHG eine Regelung im Gesellschaftsvertrag erforderlich 485. Jede weitere Änderung der Mehrheitserfordernisse bedarf daher einer Satzungsänderung. bb) Rechtslage in der GmbH mit paritätisch besetztem Aufsichtsrat Fällt die GmbH in den Anwendungsbereich des MitbestG, soll es nach teilweise vertretener Ansicht zwingend bei der gesetzlichen Dreiviertelmehrheit bleiben 486. Die Gegenmeinung 487 lässt demgegenüber eine einfache Mehrheit genügen und führt dazu aus, dass die Gesellschafter die Maßnahme zuvor mit einfachem Mehrheitsentscheid hätten anweisen können; mit der Allzuständigkeit der Gesellschafterversammlung sei es daher nicht zu erklären, weshalb bei vorheriger Weisung eine einfache, bei nachträglicher Weisung aber eine qualifizierte Mehrheit erforderlich sei 488.

485

A. A. Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 234. Raiser, MitbestG, § 25 Rn. 89; Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 298; Fitting / Wlotzke / Wißmann, MitbestG, § 25 Rn. 69; Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 66 und 67; Koppensteiner in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 37 Rn. 34; Säcker, DB 1977, 1845, 1848 f. mit Fn. 34; Baumann, ZHR 142 (1978), 557, 569; Ballerstedt, ZGR 1977, 133, 153; Wank, GmbHR 1980, 121, 127; Teubner, ZGR 1986, 565, 578 f. 487 Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 147; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 232; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 29; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 928; Gaul / Otto, GmbHR 2003, 6, 12; Deilmann, GmbHR 2004, 2253, 2256. 488 Vgl. etwa Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 234; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 232. 486

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

Letztere Ansicht ist bereits mit dem hier vertretenen Ansatz abzulehnen, dass vorherige Weisungen auch für den Fall die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats nicht entbehrlich machen, dass sie mit Dreiviertelmehrheit erfolgt sind. Zudem geht die Gegenmeinung zu Unrecht von der Annahme aus, dass der Ersetzungsbeschluss nichts anderes darstellt als eine Weisung gegenüber der Geschäftsführung. Eine Weisung nach § 37 Abs. 1 GmbHG und die Ersetzungsentscheidung nach § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG mögen zwar formal das Gleiche sein, inhaltlich sind sie jedoch von unterschiedlicher Bedeutung. Das Zustimmungsrecht soll eine Mitwirkung des Aufsichtsrats an bedeutsamen Geschäftsführungsmaßnahmen ermöglichen – soweit die Initiative von den Gesellschaftern ergriffen wurde, freilich beschränkt auf eine Rechtmäßigkeits- und Risikokontrolle (siehe dazu oben B. II. 1.). Unabhängig davon, wer Urheber der in Frage stehenden Maßnahme ist, soll sich die Gesellschafterversammlung mit den Ablehnungsgründen des Aufsichtsrats auseinandersetzen. Die Ersatzzustimmung der Gesellschafter als „normale“ Weisung zu qualifizieren wird dieser Funktion der Zustimmungsvorbehalte nicht gerecht. Im Anwendungsbereich des MitbestG, welches das Vorbehaltsinstrument gerade nicht zur Disposition der Gesellschafter stellt, können vom Aufsichtsrat geäußerte Bedenken daher nur mit der gesetzlich geforderten Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen überwunden werden. Erreicht der Ersetzungsbeschluss nicht die erforderliche Stimmenmehrheit, hat daher das Geschäft auch dann zu unterbleiben, wenn ein „normaler“ Weisungsbeschluss nur der einfachen Mehrheit bedurft hätte. cc) Rechtslage in der GmbH mit drittelparitätisch besetztem Aufsichtsrat Die Rechtslage einer nach DrittelbG mitbestimmten GmbH stellt sich indessen anders dar. Im Gegensatz zur GmbH nach MitbestG (vgl. § 31 Abs. 1 MitbestG) steht hier den Gesellschaftern nach wie vor das Recht zu, Geschäftsführer mit einfachem Mehrheitsbeschluss abzuberufen. Mit Blick darauf weisen namentlich Raiser / Heermann zu Recht auf die im Bereich des DrittelbG bestehende „unerträgliche Inkonsequenz“ hin, „für Weisungen eine qualifizierte Mehrheit zu verlangen, wenn statt dessen unter einfacheren Voraussetzungen die Abberufung erfolgen kann“ 489. Um hier den notwendigen Gleichlauf zwischen dem 489 Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 243. Vgl. insoweit auch den Hinweis des II. Zivilsenats in BGHZ 135, 48, 56, die Gesellschafter einer nach MitbestG mitbestimmten GmbH könnten immer noch die Geschäftsführer zur Beachtung der Entschließung der Gesellschafterversammlung mit der Drohung anhalten, ihre Entlastung zu verweigern oder Schadensersatzansprüche gegen sie geltend zu machen. Allerdings sind diese Drohinstrumente allein, ohne die Möglichkeit zur Abberufung der Geschäftsführer mit einfacher Mehrheit nicht stark genug, das Vetorecht des GmbHAufsichtsrats in den Hintergrund zu stellen: Die Verweigerung der Entlastung löst für sich keine Rechtsfolgen aus, und für eine Schadensersatzpflicht der an die Aufsichtsratsentscheidung (vorübergehend) gebundenen Geschäftsführer fehlt es an der erforderlichen Pflichtverletzung.

§ 5 Inhalt und Reichweite des Zustimmungsrechts

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gesellschafterlichen Durchsetzungsmittel der Abberufung einerseits und der zustimmungsersetzenden Weisung andererseits herzustellen, wird man daher die in § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG vorgeschriebene Dreiviertelmehrheit nur dann fordern können, „wenn die Geschäftsführer nach der Satzung nur mit qualifizierter Mehrheit oder aus wichtigem Grund abberufen werden können (vgl. § 38 Abs. 2 GmbHG)“ 490. Dagegen setzt die Anwendbarkeit des § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG nicht zusätzlich voraus, dass das aufsichtsratspflichtige Geschäft „nach der Satzung in die eigene Zuständigkeit der Geschäftsführer fällt und sie nicht lediglich von den Gesellschaftern beschlossene Maßnahmen ausführen“ 491, denn der Ersetzungsbeschluss des § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG ist, wie oben dargelegt, nicht gleichbedeutend mit einer „normalen“ Gesellschafterweisung im Sinne des § 37 Abs. 1 GmbHG. II. Zustimmungsklage Fraglich ist, ob der Vorstand, anstelle das Verfahren nach § 111 Abs. 4 Sätze 3-4 AktG zu beschreiten, gegen den Aufsichtsrat mit einer Leistungsklage bzw. mit einer einstweiligen Verfügung auf Erteilung der gewünschten Zustimmung vorgehen kann. Hierfür könnte sprechen, dass § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG die Anrufung der Hauptversammlung in das Ermessen des Vorstands stellt. Daraus ließe sich ableiten, dass der Vorstand bei der Wahl der Konfliktlösungsmittel frei ist. Der Vorstand wäre nach der hier vertretenen Auffassung auch klageberechtigt, da die (rechtswidrige) Verweigerung der Zustimmung einen Eingriff in seine Leitungskompetenz darstellen würde (vgl. oben § 4 F. I. und II.) 492. Dennoch wird zu Recht eine Klagemöglichkeit des Vorstands nach einhelliger Auffassung abgelehnt. Denn dort, wo das Gesetz einen Konfliktlösungsmechanismus bereithält, besteht für Organklagen kein Bedürfnis 493. Mit § 111 Abs. 4 Sätze 3-4 AktG stellt das Aktiengesetz aber gerade ein solches Schlichtungsverfahren zur Beilegung von Meinungsunterschieden zwischen Vorstand und Aufsichtsrat zur Verfügung. Und da das Ersetzungsverfahren nicht zwischen einer pflichtwidrigen und einer vertretbaren, aber von der Ansicht des Vorstands abweichenden Aufsichtsratsentscheidung unterscheidet, ist die Hauptversammlung auch für den Fall einzuberufen, dass der Vorstand der Meinung ist, die Zustimmungsverweigerung sei rechtswidrig 494. 490

Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 243. So aber Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 243. 492 A. A. Bork, ZGR 1989, 1, 20 (Eine rechtswidrige Verweigerung der Zustimmung ist nicht als Kompetenzstörung gegenüber dem Vorstand anzusehen). 493 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 312; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 13 f.; Götz, ZGR 1990, 633, 645; vgl. auch Lewerenz, Leistungsklagen zwischen Organen und Organmitgliedern in der Aktiengesellschaft, S. 69 und 97. 494 Im Ergebnis wohl auch Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 85. 491

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

Für eine Klage gegen den Aufsichtsrat auf Erteilung der Zustimmung wird es dem Vorstand daher regelmäßig am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlen 495.

§ 6 Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats im Umgang mit Zustimmungsvorbehalten A. Grundlagen Der pflichtwidrige (Nicht-)Gebrauch von Zustimmungsvorbehalten kann unterschiedliche Sanktionen auslösen. So kann den Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 120 AktG die Entlastung verweigert werden, sie können aus ihrem Amt abberufen werden (vgl. § 103 AktG) oder sie können sich gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 116 Satz 1 AktG gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig machen 496. Letzteres setzt einen Schaden der Gesellschaft voraus, der immer dann gegeben sein wird, wenn der Aufsichtsrat mit Hilfe seines Zustimmungsrechts ein für die Gesellschaft vorteilhaftes Geschäft verhindert bzw. einen Schaden der Gesellschaft nicht abwendet, obwohl ihm dies aufgrund seines Vorbehaltsinstruments möglich war. I. Der Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Überwachers Anknüpfungspunkt der unterschiedlichen Sanktionen ist regelmäßig eine schuldhafte Pflichtverletzung der Aufsichtsratsmitglieder. § 116 Satz 1 AktG verweist für die Sorgfaltspflichten der Kontrolleure auf § 93 Abs. 1 AktG. Die aktienrechtliche Vorschrift findet kraft Verweisung auch auf den GmbH-Aufsichtsrat Anwendung 497. § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG sieht für Vorstandsmitglieder vor, dass sie „bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden“ haben. Da sich jedoch die Aufsichtsratstätigkeit sowohl von ihrer Funktion als auch von ihrem Umfang her von derjenigen des Leitungsorgans unterscheidet – der Aufsichtsrat überwacht und ist als Nebenamt ausgestaltet –, ist die für den Vorstand bestimmte Vorschrift an das Aufsichtsratsamt anzupassen. Nach ganz herrschender und richtiger Ansicht trifft die Aufsichtsratsmitglieder 495

So für den Verein BGHZ 49, 396, 398 f.; siehe auch Stodolkowitz, ZHR 154 (1990),

1, 14. 496

Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 821. Für den vertraglichen Aufsichtsrat: § 52 Abs. 1 GmbHG i. V. m. § 93 Abs. 1 und 2 AktG; für den obligatorischen Aufsichtsrat: § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG i. V. m. § 116 AktG; § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG i. V. m. § 116 AktG. 497

§ 6 Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats im Umgang mit ZV

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daher entsprechend ihrer Aufgabenzuweisung die Sorgfalt und Verantwortlichkeit eines ordentlichen und gewissenhaften Überwachers 498. Der so formulierte Sorgfaltsmaßstab ist nicht nur bei der Ausübung der Überwachungstätigkeit, sondern auch dort anzuwenden, wo der Aufsichtsrat unternehmerisch tätig wird 499. Nicht der Sorgfaltsmaßstab eines Geschäftsleiters, sondern derjenige eines Überwachers ist daher auch in den Fällen anzulegen, in denen der Aufsichtsrat mittels Zustimmungsvorbehalten an der Leitungstätigkeit des Vorstands teilnimmt. Dies gilt sowohl für die Entscheidung darüber, welche Geschäftsführungsmaßnahmen wegen ihres unternehmerischen Risikos zustimmungspflichtig sein sollen, als auch für die Ausübung seines Vetorechts, ob ein zustimmungsbedürftiges Geschäft zur Ausführung gelangen soll oder nicht. Die Zugrundelegung eines einheitlichen Sorgfaltsmaßstabs bedeutet freilich nicht, dass der Pflichtenumfang stets derselbe ist, gleich ob überwacht oder unternehmerisch mitgewirkt wird. Gemeint ist vielmehr, dass die Sorgfaltspflichten mit Rücksicht auf die Stellung des Aufsichtsrats in der Gesellschaft, insbesondere mit Blick auf den nebenberuflichen Charakter des Aufsichtsratsamtes zu bestimmen sind 500. II. Allgemeine Anforderungen an die Qualifikation von Aufsichtsratsmitgliedern Das Gesetz führt weder auf, welche Geschäfte der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen noch welches die relevanten Beurteilungsmaßstäbe für die Zustimmungsvorbehaltsentscheidung des Aufsichtsrats sind. Das bedeutet, „dass jedes Aufsichtsratsmitglied in der Lage sein muss zu erkennen, welche Geschäfte und Maßnahmen für die Entwicklung eines Unternehmens so bedeutsam sind, dass sie nicht ohne Zustimmung des Aufsichtsorgans getroffen werden dürfen“ 501. Erste und ganz allgemeine Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Überwachungspflicht mittels Zustimmungsvorbehalten ist daher, dass das jeweilige Aufsichtsratsmitglied hinreichend qualifiziert ist, sich ein Bild über die Lage und die Entwicklung des Unternehmens zu machen. Dies gilt in mitbestimmten Unternehmen sowohl für die Kontrollmitglieder der Anteilseignerbank als auch für diejenigen der Arbeitnehmerbank 502. Dem Kontrollmitglied muss es ohne fremde Hilfe möglich sein, die anfallenden Geschäftsvorgänge zu verste498

Vgl. LG Frankfurt a. M., AG 2005, 51, 52; Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 6 (für die AG); Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 70 (für die GmbH). 499 Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 9. 500 Vgl. Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 9. 501 Semler in: FS Doralt, S. 609, 614. 502 Anstelle aller: Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 846.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

hen und sachgerecht zu beurteilen 503. Entsprechend formuliert auch der Deutsche Corporate Governance Kodex in Ziffer 5.4.1: „Bei Vorschlägen zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern soll darauf geachtet werden, dass dem Aufsichtsrat jederzeit Mitglieder angehören, die über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen. Dabei sollen die internationale Tätigkeit des Unternehmens, potenzielle Interessenkonflikte und eine festzulegende Altersgrenze für Aufsichtsratsmitglieder berücksichtigt werden“.

Unerlässlich sind danach gewisse betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundkenntnisse. Hierzu gehört ein allgemeines Verständnis über wirtschaftliche 504 und bilanzrechtliche 505 Zusammenhänge; die Aufsichtsratsmitglieder müssen in der Lage sein, die Berichte des Vorstands und des Abschlussprüfers zu lesen und sich mit Hilfe der erlangten Informationen ein eigenes Bild über den Stand und die Zukunft der Gesellschaft zu machen. Geht es um Fragen der Befugnisse und Pflichten von Gesellschaftsorganen, sind aktien- bzw. GmbH-rechtliche Grundkenntnisse erforderlich 506. Die Überwachung mittels Zustimmungsvorbehalten setzt Kenntnisse über das gesetzliche Verfahren, die kompetenzrechtlichen Zuständigkeiten, aber auch über gerichtliche Durchsetzungsmöglichkeiten voraus. Die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten, die ein Aufsichtsratsmitglied mitbringen muss, richten sich dabei nach den Besonderheiten des zu überwachenden Unternehmens 507. Entsprechend variiert auch der jeweils festzulegende Sorgfaltsmaßstab bei der Wahrnehmung der Überwachungspflicht. Unterschiedliche Geschäftszweige, Unternehmensgrößen und -organisationen verlangen unterschiedliche Sach- und Fachkenntnisse 508. „Der Aufsichtsrat einer Großbank muss anderen Anforderungen genügen als derjenige einer Regionalbrauerei“ 509. Das bedeutet freilich nicht, dass jedes Aufsichtsratsmitglied über unternehmensspezifisches Spezialwissen 503

BGHZ 85, 293, 295 f. (Hertie). Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 83, fordert bspw. allgemeine Kenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Kosten und Ertrag, Dividende und Kapitalmarkt, Arbeitsmarktverhältnisse und Deckung des Beschäftigungsbedarfs, Produktentwicklung und Zukunftsaussichten, Produktqualität und Serviceleistung, Marktnachfrage und Preisstellung. 505 Ob und inwieweit Aufsichtsratsmitglieder bilanzrechtlichen Sachverstand aufweisen müssen, ist umstritten (dafür etwa Prühs, AG 1970, 352 f.; dagegen etwa Mertens in: KölnKomm.AktG, § 116 Rn. 7). Mit Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 19 Fn. 55, wird man bilanzrechtliche Kenntnisse jedenfalls insoweit verlangen müssen, als sie „ . . . zum Verständnis des Berichtswesens erforderlich . . . “ sind. Bilanzrechtliche Kenntnisse sind schließlich auch für die Beurteilung der Vermögenslage der Gesellschaft unerlässlich, ohne die eine pflichtgemäße Entscheidung des Aufsichtsrats bei der Ausübung seines Zustimmungsvorbehaltsrechts und seines Zustimmungsrechts nicht möglich ist. 506 Vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 84; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 116 Rn. 7. 507 Anstelle anderer: Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 20. 508 Vgl. Mutter / Gayk, ZIP 2003, 1773, 1775. 504

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verfügen muss 510. Nicht das einzelne Aufsichtsratmitglied, sondern das Gesamtgremium muss in der Lage sein, seiner Überwachungsaufgabe unter Beachtung der Verhältnisse der Gesellschaft nachzukommen 511. Fehlen allen Aufsichtsratsmitgliedern notwendige Spezialkenntnisse, haben sie sich beraten zu lassen 512. Verfügt allerdings ein Kontrollmitglied über besondere Kenntnisse und Fähigkeiten, die über die Mindestqualifikation hinausgehen, so ist es verpflichtet, diese einzubringen, wenn es derentwegen in den Aufsichtsrat gewählt wurde. Entgegen teilweise vertretener Ansicht 513 wirken Sonderkenntnisse eines Kontrollmitglieds haftungsverschärfend. Ein Spezialist muss sich an seinen Fähigkeiten messen lassen und kann sich nicht auf die Kenntnisse und Fähigkeiten eines durchschnittlichen Aufsichtsratsmitglieds berufen 514. Das gilt auch für das Aufsichtsratsmitglied, das wegen seiner besonderen beruflichen Fähigkeiten bestellt wurde: Nicht die in §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 1 AktG vorausgesetzte Mindestqualifikation, sondern die zu erwartende berufstypische Fachkunde ist Verschuldensgrundlage (typisierende Betrachtung) 515. Aufsichtsratsratsmitglieder, die nicht über die für die Überwachung des konkreten Unternehmens erforderliche Mindestqualifikation verfügen und dennoch das Kontrollmandat übernehmen, haften bereits aus Übernahmeverschulden, wenn der Kenntnismangel der Grund dafür ist, dass der Gesellschaft wegen fehlerhaften Umgangs mit dem Vorbehaltsinstrument ein Schaden entstanden ist 516. Dies vorangestellt gilt es im Folgenden herauszuarbeiten, welche Sorgfaltspflichten den Aufsichtsrat und damit die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder im Zusammenhang mit der Anwendung des Vorbehaltsinstruments des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG treffen. Dabei ist wiederum zwischen dem Zustimmungsvorbehaltsrecht einerseits (B.) und dem späteren Zustimmungsrecht andererseits (C.) zu unterscheiden. 509

Hüffer, AktG, § 116 Rn. 3; vgl. auch Ulmer / Habersack in: Ulmer / Habersack / Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 118 (multinationaler Konzern – regional tätiges Einproduktunternehmen). 510 BGHZ 85, 293, 296 (Hertie). 511 Erfüllt daher nur ein Kontrollmitglied die geforderte Überwachungspflicht, hat dies haftungsbefreiende Wirkung auch gegenüber denjenigen Mitgliedern, die ihren Pflichten nicht nachkommen, weil ihnen etwa die erforderlichen Mindestfähigkeiten fehlen; vgl. Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 24. 512 Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 517. 513 Hüffer, AktG, § 116 Rn. 3; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 829; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 329 f. 514 LG Hamburg, ZIP 1981, 194, 197; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 849; Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 26 Fn. 65; Dreher in: FS Boujong, S. 71, 77 ff.; Mutter / Gayk, ZIP 2003, 1773, 1775 m. w. N.; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 517; Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 70. 515 Ebenso Schwark in: FS Werner, S. 841, 851 ff. 516 Vgl. allgemein Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 75.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

B. Sorgfaltspflichten bei der Festlegung von Zustimmungsvorbehalten Die Entscheidung über den Einsatz von Zustimmungsvorbehalten bei der Überwachung der Geschäftsleitung erfolgt nicht etwa im Wege einer Momentaufnahme. Weder ist mit der Festlegung eines Zustimmungsvorbehalts die Überwachungstätigkeit abgeschlossen noch ist der Aufsichtsrat dadurch entlastet, dass die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag bereits über einen Zustimmungskatalog verfügt 517. Die Entscheidung über die Festlegung eines bestimmten Zustimmungsvorbehalts durchläuft vielmehr mehrere Stufen mit jeweils unterschiedlichen Sorgfaltspflichten. Zu unterscheiden ist zwischen der Phase vor der Festlegungsentscheidung, der Festlegungsentscheidung selbst sowie dem Zeitraum nach der Festlegungsentscheidung. I. Sorgfaltspflichten im Vorfeld der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung 1. Pflicht zur Risikoanalyse Im Vorfeld der Festlegungsentscheidung ist der Aufsichtsrat zunächst verpflichtet, sich ein zutreffendes Bild über die Lage und die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft zu machen. Hierzu gehört, dass sich der Aufsichtsrat den Unternehmensgegenstand verinnerlicht, dass er sich über die Tätigkeitsgebiete des Unternehmens informiert, dass er sich einen Überblick über die Unternehmensstruktur, insbesondere über vorhandene Konzernstrukturen verschafft. Das mag auf den ersten Blick banal erscheinen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass selbst auf Leitungsebene nicht selten große Kenntnislücken in puncto Unternehmensaufbau entlarvt werden. So ist es keine Seltenheit, dass erst im Insolvenzverfahren der Konzernunterbau in mühsamer Fleißarbeit aufgeschlüsselt wird 518. Das mag im Einzelfall nicht verwundern, bedenkt man, dass beispielsweise über die Deutsche Bank berichtet wird, dass ihr über 4.000 Konzerngesellschaften, der Citibank sogar rund 10.000 Untergesellschaften angehören 519. Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse muss der Aufsichtsrat die für das Unternehmen relevanten Risikofelder ausfindig machen (Risikoanalyse). Dazu gehört zunächst allgemein, die Vermögenslage, die Finanzlage sowie die Ertragslage und Beschäftigungssituation der Gesellschaft zu betrachten 520. Je nach 517 Enger Raiser / Heermann in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 111: „Bei bestehenden satzungsmäßigen Zustimmungsvorbehalten ist der Aufsichtsrat jedoch grundsätzlich nicht zur Anordnung weiterer Zustimmungsvorbehalte verpflichtet.“ 518 Vgl. Uwe H. Schneider, WM 1986, 181, 184, mit zahlreichen Beispielen aus der Presse. 519 Vgl. Uwe H. Schneider in: FS Nobel, S. 337, 339.

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Tätigkeitsbereich der Gesellschaft sind weiter die unternehmensspezifischen Risiken zu analysieren. Solche können für Banken finanzwirtschaftliche Risiken sein (z. B. Währungsrisiken, Bewertungsrisiken von Kreditsicherheiten usw.), bei produzierenden Unternehmen sind es beispielsweise Risiken, die von Beschaffungsoder Absatzmärkten herrühren, bei Exportunternehmen können es politische Risiken sein und bei Energieunternehmen kommen insbesondere rechtliche Risiken wegen der Gefahr von Kartellrechtsverletzungen in Betracht 521. Die Risikoanalyse ermöglicht es dem Aufsichtsrat einerseits, die für die Gesellschaft bedeutsamen von denjenigen Geschäften herauszufiltern, die nicht in den Anwendungsbereich des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG fallen 522. Zum anderen wird er auf branchenspezifische Maßnahmen und Geschäfte stoßen, die wegen ihrer grundlegenden Bedeutung für gerade diese Gesellschaft zwingend seiner Zustimmung bedürfen. Und zum Dritten schärft die Risikoanalyse den Blick dafür, welche Unternehmensbereiche einer besonderen Beobachtung bedürfen. Die Möglichkeit, jederzeit mit Ad-hoc-Zustimmungsvorbehalten auf risikobehaftete Geschäftsführungsaktionen zu reagieren, verpflichtet den Aufsichtsrat, die einschlägige Risikolandschaft ständig zu beobachten. Der Aufsichtsrat hat daher nicht nur die beabsichtigten geschäftspolitischen Vorhaben des Vorstands stets mitzuverfolgen und nachzuvollziehen 523, auch das Unternehmensumfeld ist im Blick zu behalten (z. B. über Marktanalysen, Konjunkturberichte usw. 524). Hierzu ist es erforderlich, dass sich die Aufsichtsratsmitglieder auch unabhängig von den Vorstandsberichten über allgemeine (Tageszeitung, Unternehmensregister 525 usw.) oder branchenspezifische Quellen (z. B. Fachliteratur) regelmäßig informieren, um so auf veränderte wirtschaftliche Umstände zeitgerecht reagieren zu können. 2. Pflicht zur angemessenen Informationsbeschaffung Bei der Entscheidung, welches Mittel zur Erfüllung der Überwachungsaufgabe eingesetzt werden soll, steht dem Aufsichtsrat grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zu 526. Das gilt auch für die Entscheidung des Aufsichtsrats, der Geschäftsleitung möglichst viel Freiraum zu belassen oder sich durch den (zulässigen) Einsatz von Zustimmungsvorbehalten in verstärktem Maße an 520

Vgl. Semler in: FS Doralt, S. 609, 617; Thümmel, AG 2004, 83, 89. Vgl. auch oben § 4 A. I. 3. a) cc) (1) (a). 522 Siehe auch Lange, DStR 2003, 376, 378 f. (Risikobewertung). 523 Allgemein: Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 102. 524 Vgl. Kleinmann in: Börsen-Zeitung v. 16. 8. 2005, S. 13: „Externe Informationen sind von großer Bedeutung, da nur durch den Abgleich der Unternehmensentwicklung mit externen Daten eine qualitative Aussage über die Unternehmensentwicklung möglich ist.“ 525 § 8b HGB. 526 Vgl. Roth, Unternehmerisches Ermessen, S. 116 f. 521

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

der Geschäftsführung zu beteiligen. Als unternehmerische Entscheidung 527 fällt die Mittelauswahl-Entscheidung des Aufsichtsrats unter die Business Judgment Rule im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, auf die sich über § 116 Satz 1 AktG auch die Kontrollmitglieder berufen können 528. Nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG haftet nicht, wer vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Dabei gilt, dass der Ermessensspielraum für die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten umso kleiner ist, je bedeutender das Geschäft für die Gesellschaft ist. Für Geschäfte von grundlegender Bedeutung ist das Festlegungsermessen von Gesetzes wegen auf null reduziert. Die Vorschrift des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kommt vor allem dann zum Tragen, wenn der Aufsichtsrat die Lage der Gesellschaft falsch, insbesondere zu positiv beurteilt und deshalb bestimmte Geschäftsarten nicht der erforderlichen Zustimmungskontrolle unterstellt bzw. die Wertgrenzen, ab deren eine Zustimmungspflicht bestehen soll, zu niedrig ansetzt. Damit ist zugleich der Beurteilungsspielraum des Aufsichtsrats bei der Einschätzung der Bedeutung des Geschäfts für die Gesellschaft, insbesondere als grundlegend bedeutend, angesprochen. Voraussetzung für eine Haftungsbefreiung ist stets, dass die Fehlentscheidung bzw. Fehlbeurteilung auf der Grundlage „angemessener Information“ getroffen wurde. Maßgeblicher Zeitpunkt hierfür ist derjenige der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung (Ex-ante-Sicht). Soll die Risikoanalyse als Grundlage für seine spätere Zustimmungsvorbehaltsentscheidung auch vor Gericht standhalten, ist der Aufsichtsrat daher gehalten, sich aktiv diejenigen Informationen zu beschaffen, die für eine sachgerechte Beurteilung der Lage der Gesellschaft „vernünftigerweise“ erforderlich sind 529. a) Die gesetzliche Ausgangslage Das Gesetz hält für den Aufsichtsrat verschiedene Informationsquellen bereit. Eine erste Informationsquelle stellen die Berichte des Vorstands an den Aufsichtsrat nach § 90 AktG dar 530. Hält der Aufsichtsrat bzw. das einzelne Aufsichtsratsmitglied die Informationen nicht für ausreichend, kann und muss es weitere Auskünfte gemäß § 90 Abs. 3 AktG verlangen. Daneben kann sich der Aufsichtsrat auch über an die Öffentlichkeit oder die Hauptversammlung adressierte Vorstandsberichte informieren. Zu nennen sind etwa der Lagebericht nach § 289 527 Zum Begriff der „unternehmerischen Entscheidung“ siehe Sven H. Schneider, DB 2005, 707, 711; zu Prognosen im Gesellschaftsrecht siehe Spindler, AG 2006, 677, 680 ff. 528 Vgl. OLG Frankfurt a. M., AG 2005, 51, 52; Habersack, ZSR 124 (2005) II, 533, 542. 529 Zur Sachverhaltsfeststellung durch den Aufsichtsrat siehe eingehend Semler in: FS Ulmer, S. 627, 632 f. 530 Zur Rechtslage in der GmbH siehe oben § 3 B. I. 4.

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HGB, die Halbfinanzberichte nach § 37w WpHG, die Zwischenmitteilung der Geschäftsführung nach § 37x WpHG sowie die Quartalsberichte etwa nach § 63 oder § 78 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, und zu nennen sind die Berichte vor Umstrukturierungsmaßnahmen an die Hauptversammlung, z. B. nach § 293a AktG 531. Weitere Hinweise über die Lage des Unternehmens erlangt der Aufsichtsrat etwa durch den Bericht des Abschlussprüfers. Gemäß § 170 Abs. 3 Satz 1 AktG hat jedes Kontrollmitglied einen individuellen Anspruch auf Kenntnisnahme der Prüfungsberichte 532. Zur aktiven Informationsbeschaffung lädt zudem § 111 Abs. 2 Satz 1 AktG ein, wonach dem Aufsichtsrat ein Einsichts- und Prüfungsrecht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft zusteht. Das Gesetz ermöglicht es ihm damit, sich ein Bild über die Vermögensstände, „namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren“, zu machen. Gemäß § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG kann er hierzu auch besondere Sachverständige zur weiteren Meinungsbildung beauftragen. Und nach § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG kann der Aufsichtsrat schließlich Sachverständige und Auskunftspersonen zur Beratung über einzelne Gegenstände hinzuzuziehen 533. b) Informationsbeschaffungspflicht über die Lage des Unternehmens am Vorstand vorbei? Gemäß § 90 AktG erfolgt die Informationsversorgung des Aufsichtsrats in erster Linie über die Berichte des Vorstands. Nach § 90 Abs. 4 Satz 1 AktG haben die Berichte „den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen“. Anders als im Verhältnis zur Hauptversammlung 534 kann der Vorstand dem Aufsichtsrat gegenüber nicht etwa Tatsachen unter Berufung auf höherwertige sonstige Interessen vorenthalten. Vielmehr ist jedes Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft dem Aufsichtsrat gegenüber zur unbedingten Offenheit verpflichtet 535. Erfahrungen aus der Praxis wie etwa im Fall „Balsam AG“ 536 zeigen jedoch, dass Vorstände zur Vertuschung von Unregelmäßigkeiten bei der Geschäftsführung nicht selten versuchen, den Sachverhalt so gut es geht zu verschleiern. Eine Befragung des Vorstands durch den Aufsichtsrat zur weiteren Sachverhalts- und 531

Vgl. Kropff in: FS Raiser, S. 225, 237 f. Für Einzelheiten siehe bei Hüffer, AktG, § 171 Rn. 12. 533 Für den GmbH-Aufsichtsrat fehlt eine entsprechende Verweisung auf § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG. Das Bedürfnis auch des GmbH-Aufsichtsrats nach umfassender Information rechtfertigt jedoch dessen analoge Anwendung. Ein Eingriff in das gesellschaftsinterne Entscheidungsgefüge ist dadurch nicht zu befürchten; vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 123 und Rn. 70. 534 Vgl. § 131 Abs. 3 AktG. 535 BGHZ 20, 239, 246; für die GmbH: OLG Oldenburg, BB 2007, 66, 68 f. 536 LG Bielefeld, AG 2000, 136. 532

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

Tatsachenermittlung auf der Grundlage des § 90 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 AktG 537 führt in diesen Fällen meist nicht weiter. Fraglich ist daher, ob und inwieweit der Aufsichtsrat zur Erfüllung seiner Zustimmungsvorbehaltspflicht berechtigt und verpflichtet ist, sich mit Hilfe der oben angeführten sonstigen Informationsrechte ein Bild über die Lage des Unternehmens „am Vorstand vorbei“ zu verschaffen. aa) Vorstandsunabhängige Ermittlungspflicht bei Vorliegen schwerwiegender, die Unredlichkeit des Vorstands indizierender Verdachtsmomente Bei Vorliegen jedenfalls schwerwiegender Verdachtsmomente, die auf die Unredlichkeit des berichterstattenden Vorstands schließen lassen, wird zu Recht überwiegend angenommen, dass der Aufsichtsrat berechtigt und auch verpflichtet ist, eigene Nachforschungen „an der (unkooperativen) Geschäftsleitung vorbei“ anzustellen 538. Neben dem Einsichts- und Prüfungsrecht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft nach § 111 Abs. 2 Satz 1 AktG und der Sonderprüfung gemäß § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG besteht für den Aufsichtsrat die Möglichkeit, sich Informationen von Angestellten des Unternehmens als Auskunftspersonen 539 oder von Dritten als Sachverständige 540 (z. B. von Geschäftspartnern, der Hausbank oder von Organmitgliedern und Angestellten von Tochtergesellschaften) gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG zu beschaffen. Soweit das Prüfungsziel dadurch nicht gefährdet wird, ist der Aufsichtsrat allerdings gehalten, die Informationsquellen über den Vorstand in Anspruch zu nehmen. Das gebietet die Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand. Benötigte Unterlagen sind daher über den Vorstand einzuholen, erforderliche Fabrikbesichtigungen sind von 537

Dazu Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 163. Vgl. etwa Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 170 ff., sowie Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 134 ff. m. w. N. in Fn. 201; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 90 Rn. 44; Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 24; Hüffer, AktG, § 90 Rn. 11; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 123; nach Lippert, Überwachungspflicht, S. 83, sollen bereits Zweifel an der Aufrichtigkeit des Vorstands ausreichen; nach Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 22, kann der Aufsichtsrat Angestellte auch dann befragen, wenn er sich über bestimmte interne Geschäftsvorgänge anders keine Klarheit beschaffen kann; von diesem Recht dürfe der Aufsichtsrat aber „nur in ganz besonders gelagerten Fällen Gebrauch machen“. 539 Auskunftspersonen sind Personen, die über bestimmte Vorgänge oder Einzelheiten aus ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft berichten sollen oder durch die sich der Aufsichtsrat in sonstiger Weise eine Information zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt verspricht; Semler in: MünchKomm.AktG, § 109 Rn. 52. 540 Sachverständige im Sinne des § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG sind Personen, die auf dem Gebiet, das Gegenstand der Tagesordnung ist, über eine besondere Sachkunde verfügen; Semler in: MünchKomm.AktG, § 109 Rn. 48. 538

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diesem zu organisieren und Mitarbeiter sind über ihn zu „laden“ 541. Verweigert der Vorstand die Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat, ist Letzterer berechtigt, seine Informationsrechte unmittelbar auszuüben. Dem Aufsichtsrat steht dann das Recht zu, sich direkt an Mitarbeiter und Dritte zu wenden 542. Die für die Ausübung seiner Informationsrechte erforderlichen Maßnahmen kann der Aufsichtsrat selbst vornehmen. Die Vorschrift des § 111 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AktG, die den Aufsichtsrat selbst zur Beauftragung von Sachverständigen ermächtigt 543, ist insoweit auch für die Ausübung der übrigen vorstandsunabhängigen Informationsrechte heranzuziehen 544. Die Pflicht von Unternehmensangestellten, vor dem Aufsichtsrat zu erscheinen und Auskunft zu erteilen, folgt aus dem mit der Gesellschaft geschlossenen Arbeitsvertrag 545. bb) Vorstandsunabhängige Ermittlungspflicht auch ohne Vorliegen konkreter Verdachtsmomente? Unklar ist demgegenüber die Reichweite der vorstandsunabhängigen Informationsbeschaffungspflicht des Aufsichtsrats für den Fall, dass keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen, die Anlass zum Misstrauen gegenüber dem berichterstattenden Vorstand geben. (1) Meinungsstand Soweit ersichtlich hat die Rechtsprechung zu dieser Problematik noch nicht Stellung nehmen müssen. In der Lehre wird die Diskussion weniger allgemein als vielmehr einzelrechtsbezogen, insbesondere im Hinblick auf Direktkontakte des Aufsichtsrats zu Unternehmensangestellten geführt. Verallgemeinernd lässt danach folgendes Meinungsbild skizzieren: Auf der einen Seite stehen diejenigen, die die vorstandsunabhängigen Informationsrechte des Aufsichtsrats im Verhältnis zu den Vorstandsberichten als Hilfsrechte qualifizieren. Hierzu gehören insbesondere diejenigen Autoren, die 541 Vgl. anstelle anderer: Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 172 und Rn. 174; Dreher in: FS Ulmer, S. 87, 98; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 310 ff.; anders allerdings Habersack, ZSR 124 (2005) II, 533, 546: „Eine im Vordringen befindliche und vorzugswürdige Ansicht steht einer unmittelbaren, nicht durch den Vorstand vermittelten Befragung von Angestellten durch den Aufsichtsrat im Interesse einer unbefangenen Informationserteilung aufgeschlossen gegenüber.“ 542 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 316.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 136. 543 Zur Vertretungsmacht des Aufsichtsrats siehe Hüffer, AktG, § 111 Rn. 12 (Aufsichtsrat kann Auftrag namens der AG selbst erteilen). 544 Für die Hinzuziehung von Auskunftspersonen nach § 109 Abs. 2 Satz 2 AktG: Dreher in: FS Ulmer, S. 87, 98. 545 Dreher in: FS Ulmer, S. 87, 98.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

aus § 90 AktG ein Informationsvermittlungsmonopol des Vorstands herleiten 546. Daraus und aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird geschlossen, dass der Aufsichtsrat auf der Grundlage seiner berichtsunabhängigen Informationsrechte „keine zweite selbständige und dauerhafte Informationsschiene am Vorstand vorbei anlegen darf“ 547. Umstritten sind indes die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen vom Grundsatz der Informationsherrschaft des Vorstands abgewichen werden darf bzw. abgewichen werden soll 548. So ist nach teilweise vertretener Ansicht der Aufsichtsrat bereits dann zur Ergreifung berichtsunabhängiger Maßnahmen berechtigt, wenn er sich anders keine Klarheit über interne Geschäftsvorgänge verschaffen kann 549. Andere verlangen Zweifel an der Aufrichtigkeit des Vorstands 550. Mehrheitlich sollen es jedoch konkrete Anhaltspunkte 551 bzw. die oben erwähnten schwerwiegenden, die Unredlichkeit des Vorstands indizierenden Verdachtsmomente 552 sein, die den Aufsichtsrat berechtigen und verpflichten, am Vorstand vorbei zu ermitteln. Der anderen Seite gehören diejenigen Autoren an, die ein Informationsvermittlungsmonopol des Vorstands ablehnen und folglich zu einem gleichberechtigten Nebeneinander von Vorstandsberichten und sonstigen Informationsrechten des Aufsichtsrats gelangen 553. Namentlich Kropff 554 leitet aus der Gesetz gewordenen Business Judgment Rule (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) ab, dass der Aufsichtsrat zur Vermeidung eigener Haftungsrisiken verpflichtet sei, sämtliche ihm durch das Gesetz zur Verfügung gestellten Informationsrechte in Anspruch zu nehmen. Wenn nämlich – so die Begründung Kropffs – eine unternehmerische Entscheidung des Aufsichtsrats wegen fehlender angemessener Information pflichtwidrig sei, müsse dem Aufsichtsrat das Recht zustehen, sich die ihm erforderlich erscheinende Information auch von anderen Stellen als dem Vorstand einzuholen 555. 546 So etwa Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 70; Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 309 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 135; Lippert, Überwachungspflicht, S. 85; Dreher in: FS Ulmer, S. 87, 89, 102 f. 547 So für die Ausübung der Rechte aus § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG Dreher in: FS Ulmer, S. 87, 89, 102 f. 548 Zum nachfolgenden Meinungsstand siehe Dreher in: FS Ulmer, S. 87, 89 (für Direktkontakte zu Mitarbeitern). 549 Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 111 Rn. 21 f.; Hoffmann / Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 258 (Mitarbeiterbefragung ist zulässig, wenn der Vorstand oder die Geschäftsführung pflichtwidrig keine Auskunft erteilen). 550 Lippert, Überwachungspflicht, S. 83. 551 Brandi, ZIP 2000, 173, 175. 552 Siehe oben aa). 553 Habersack, ZSR 124 (2005) II, 533, 546; Kropff in: FS Raiser, S. 225, 237 ff.; ders., NZG 2003, 346, 348; Roth, AG 2004, 1, 7 ff.; im Ergebnis auch Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, S. 145 f. 554 FS Raiser, S. 225; siehe auch ders., NZG 2003, 346, 348. 555 Kropff in: FS Raiser, S. 225, 238.

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Begrenzt werde das Recht zur vorstandsunabhängigen Information nur durch das Wohl der Gesellschaft, das den Aufsichtsrat zur Vermeidung eines Autoritätsverlusts des Vorstands verpflichte, von seinen sonstigen Informationsrechten in einer möglichst schonenden Form Gebrauch zu machen 556. Nach teilweise vertretener Ansicht berührt allerdings die Unangemessenheit von Prüfungen des Aufsichtsrats sein rechtliches Dürfen nur in Extremfällen 557; zu berücksichtigen sei die jeweils gelebte Unternehmenskultur 558. Nicht ausgeblendet werden dürften dabei bestehende Regelungen in anderen Ländern, wonach etwa das Audit Committee befugt sei, von allen Angestellten der Gesellschaft jede benötigte Information zu erfragen 559, und zum Teil darüber hinaus verpflichtet sei, Vorkehrungen für den Empfang von Informationen von Angestellten über fragwürdige Buchführungsund Bilanzierungspraktiken zu treffen 560. Auch der deutsche Gesetzgeber habe sich schließlich mit dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich sowie dem Transparenz- und Publizitätsgesetz um mehr Transparenz bei der Unternehmenskontrolle bemüht 561. (2) Stellungnahme Sachgerecht erscheint ein Mittelweg, der zwischen dem Recht des Aufsichtsrats zur Ausübung seiner vorstandsunabhängigen Informationsrechte und einer entsprechenden Ausübungspflicht unterscheidet. (a) Kein Informationsvermittlungsmonopol des Vorstands Zunächst ist übereinstimmend mit der zuletzt genannten Ansicht ein Informationsvermittlungsmonopol des Vorstands abzulehnen. Hierfür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Der Aufsichtsrat ist bei der Beurteilung der Lage des Unternehmens nicht an das Urteil des Vorstands gebunden. Das gilt sowohl für die Sachverhaltsfeststellungen des Vorstands als auch für die von ihm angewandten Beurteilungsmethoden 562. Die sonstigen Informationsrechte des Aufsichtsrats, 556

Kropff in: FS Raiser, S. 225, 239; ders., NZG 2003, 346, 348. Roth, AG 2004, 1, 7; im Ergebnis auch Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, S. 145 f. 558 Roth, AG 2004, 1, 9. 559 So etwa in England nach dem Cadbury Report, Audit Committee, Specimen Terms of Reference for an audit committee, Punkt 7. Näher dazu und zum Combined Code on Corporate Governance: Roth, AG 2004, 1, 3. 560 So etwa in den USA nach Section 301 des Sarbanes-Oxley Act; Section 10A (m) (4) Securities Exchange Act 1934. Die jeweiligen Gesetztexte können unter http://www.sec.gov/ , dort unter „Laws and Regulations“ unter „About the SEC“, abgerufen werden. 561 Roth, AG 2004, 1, 2, 7. 562 Vgl. nur Semler in: FS Ulmer, S. 627, 632. 557

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

insbesondere die Rechte aus § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG und § 111 Abs. 2 AktG, dienen nicht allein dem besseren Verständnis der Vorstandsberichte, sondern stellen zusätzliche, vorstandsunabhängige Kontrollinstrumente dar. Das folgt nicht zuletzt aus der gesetzlichen Überwachungsaufgabe gemäß § 111 Abs. 1 AktG. Es leuchtet sofort ein, dass die Funktionsfähigkeit des aktienrechtlichen Überwachungssystems in Frage stünde, „wenn das überwachte Organ Vorstand über den Umfang der Informationen des Überwachungsorgans Aufsichtsrat entschiede“ 563. Dem Aufsichtsrat ist es daher jederzeit und ohne Vorliegen etwaiger, die Unredlichkeit des Vorstands indizierender Verdachtsmomente möglich, sich etwa über die Hinzuziehung von Angestellten oder unternehmensnahen Dritten gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG sowie über die Einsicht in die Bücher der Gesellschaft nach § 111 Abs. 2 Satz 1 AktG ein eigenes Bild über die Lage des Unternehmens zu machen. (b) Vorstandsunabhängige Informationsbeschaffung als Ermessensentscheidung Die Frage, ob und in welcher Weise der Aufsichtsrat bei der Ausübung seiner berichtsunabhängigen Rechte den Weg über den Vorstand wählt, ist Teil seiner Überwachungsaufgabe und liegt in seinem Ermessen 564. Abzuwägen ist das Interesse an einer effektiven Unternehmenskontrolle mit dem Interesse an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen dem Kontrolleur und der Geschäftsleitung 565. Entscheidungsmaßstab ist das Unternehmensinteresse. Das Interesse des Leitungsorgans an einer autoritätswahrenden Rechtsausübung ist Teil dieses Unternehmensinteresses, stellt für sich aber kein eigenständiges, von dem Gesellschaftsinteresse losgelöstes Sonderinteresse dar 566. Im Regelfall wird sich ein durch die vorstandsunabhängigen Ermittlungen des Aufsichtsrats verursachter – gerechtfertigter oder ungerechtfertigter – Autoritätsverlust des Vorstands bzw. ein gespanntes Vertrauensverhältnis 567 zwischen den Verwaltungsorganen nicht gravierend auf die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft auswirken. Im Gegenteil: Bestätigt die Prüfung die Unternehmenssituation, wie sie vom Vorstand geschildert wird, schweißt das Ergebnis Aufsichtsrat und Vorstand zusammen: Der 563

Kropff, NZG 2003, 346, 348. Vgl. dazu ausführlich Leyens, Infomation des Aufsichtsrats, S. 165 ff. 565 Kropff in: FS Raiser, S. 225, 239; ders., NZG 2003, 346, 348. 566 Vgl. Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, S. 145 f. und Fn. 745 (für § 111 Abs. 2 AktG): „Nicht das Unternehmen, sondern allenfalls der Vorstand hat also etwas zu verlieren.“ 567 Ob eine berichtsunabhängige Informationsversorgung tatsächlich einen Vertrauensbruch zwischen Aufsichtsrat und Vorstand provoziert ist fraglich und wird in erster Linie von den Persönlichkeiten der Organmitglieder abhängen; vgl. Roth, AG 2004, 1, 9. Dreher in: FS Ulmer, S. 87, 93, sieht jedenfalls bei einer sensibel gehandhabten Informationsbeschaffung durch direkte Mitarbeiterkontakte das Vertrauensverhältnis der Beteiligten nicht übermäßig belastet. 564

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Vorstand darf sich entlastet fühlen, und der Aufsichtsrat darf von einem redlich handelnden Vorstand ausgehen 568. Weicht das Prüfungsergebnis dagegen von den Aussagen der Unternehmensleitung ab und bringt es Verfehlungen des Vorstands oder unbesehene Geschäftsrisiken ans Licht, so ist das ebenfalls nur von Vorteil für die Gesellschaft 569; die Unternehmenskontrolle, wie sie das Gesetz und der Markt erwarten, hat funktioniert. (c) Das Vertrauendürfen des Aufsichtsrats auf eine zutreffende Berichterstattung Die Absage an ein Informationsvermittlungsmonopol des Vorstands bedeutet jedoch nicht, dass der Aufsichtsrat zur Vermeidung eigener Haftungsrisiken gezwungen ist, sämtliche ihm von Gesetzes wegen zur Verfügung gestellten Informationsrechte zur Ermittlung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens auszuüben 570. Insoweit kommt der Berichterstattungspflicht des Vorstands nach § 90 AktG mit der zuerst genannten Ansicht eine besondere Bedeutung innerhalb des Informationssystems des Aktienrechts zu: Der Vorstand ist zwar nicht die alleinige, wohl aber die primäre Informationsquelle des Aufsichtsrats 571. Und daraus wiederum lassen sich Rückschlüsse auf den Umfang und die Intensität der Informationsbeschaffungspflicht des Aufsichtsrats ziehen: Der Aufsichtsrat darf sich auf die Korrektheit und Vollständigkeit der Berichterstattung des Vorstands verlassen. Ohne besonderen Anlass ist er nicht gehalten, den Wahrheitsgehalt der übermittelten Informationen über die Lage der Gesellschaft zu hinterfragen – auch nicht stichprobenartig 572. Reichen die Informationen aus, um sich ein eigenes Bild von der Unternehmenssituation zu machen (allein die Ergebnisse genügen nicht, es müssen auch die angewandten Beurteilungsmethoden schlüssig dargestellt sein), müssen keine weiteren Nachforschungen „am Vorstand vorbei“ unternommen werden 573. Anders als der Vorstand (vgl. § 91 Abs. 2 AktG) ist der Aufsichtsrat gerade nicht dazu verpflichtet, ein Überwachungssystem zu installieren, durch das Fehlentwicklungen bzw. Unredlichkeiten oder gar betrügerische Handlungen des Leitungsorgans aufgedeckt werden können 574. Die gesetzlich vorgesehenen 568

So Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, S. 145 (für § 111 Abs. 2 AktG). Vgl. wieder Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, S. 145 (für § 111 Abs. 2 AktG). 570 Ebenso Roth, AG 2004, 1, 6 f. 571 Ähnlich Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 42: „Grundsätzlich übt der Aufsichtsrat nach der Konzeption des Gesetzes seine Kontrolle auf der Basis der ihm vom Vorstand vermittelten Informationen aus.“ 572 A. A. Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 42 (für das Recht aus § 111 Abs. 2 AktG); wie hier: Brandi, ZIP 2000, 173, 174; Roth, AG 2004, 1, 13. 573 Ähnlich Kropff in: FS Raiser, S. 225, 235, für die spätere Zustimmungsentscheidung: Gestützt auf frühere Erfahrungen von einer intensiven Prüfung durch den Vorstand, wird sich der Aufsichtsrat in der Regel als angemessen informiert ansehen können. 574 Brandi, ZIP 2000, 173, 174. 569

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

Informations- und Kontrollrechte des Aufsichtsrats würden hierfür auch nicht ausreichen. Ein Kompetenzkonflikt zwischen Aufsichtsrat und Vorstand wäre vorprogrammiert 575. Eine Ermittlungspflicht des Aufsichtsrats am Vorstand vorbei ohne entsprechenden Anlass würde schließlich auch zu einer faktischen Verschiebung der Verantwortungsbereiche führen, bliebe doch die Gewähr für die Richtigkeit der Vorstandsberichte letztlich beim nachforschungspflichtigen Aufsichtsrat hängen. (d) Voraussetzungen für eine vorstandsunabhängige Ermittlungspflicht des Aufsichtsrats Eine Pflicht des Aufsichtsrats, seine Informationsrechte unmittelbar, also ohne Einschaltung des Vorstands auszuüben, ist danach nur in solchen Fällen angezeigt, in denen sich der Vorstand pflichtwidrig weigert, Informationen zu erteilen, die „vernünftigerweise“ (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) erforderlich sind, um sich ein hinreichendes Bild über die Lage des Unternehmens zu machen, bzw. anzunehmen ist, dass der Vorstand relevante Informationen verschleiert oder unterschlägt 576. Hinsichtlich letzterer Fallgruppe stellt sich abschließend die Frage, von welcher Qualität die Verdachtsmomente sein müssen, um eine vorstandsunabhängige Ermittlungspflicht des Aufsichtsrats auszulösen. Namentlich Brandi 577 schlägt vor, auf strafprozessrechtliche Grundsätze zurückzugreifen, und fordert einen sogenannten Anfangsverdacht. Danach hat der Aufsichtsrat eigene Nachforschungen über die Vorstandsberichte hinaus anzustellen, wenn hinreichende Verdachtsgründe vorliegen, „die es nach allgemeinen Erfahrungen als möglich erscheinen lassen, dass . . . der Vorstand die Unwahrheit sagt“ 578. Dieser Lösungsansatz verdient Zustimmung. Gewährt man wie hier dem berichterstattenden Vorstand einen überwachungsrelevanten Vertrauensvorsprung, sind nur konkrete Tatsachen 579 imstande, diesen zu beseitigen und den Aufsichtsrat zu weitergehenden Ermittlungen zu verpflichten. Neben konkreten Vorkommnissen sind auch allgemeine Erfahrungen zu berücksichtigen, so dass etwa eine Unternehmenskrise wegen der Gefahr der Manipulation von Geschäfts575 Ohne Zustimmung der Geschäftsleitung ist bereits fraglich, ob die Schaffung von Vorkehrungen zur Entgegennahme von Informationen von Angesetellten nach dem Vorbild des Sarbanes Oxley-Act (Section 301, für das Audit Committee) einen Eingriff in die Leitungsautonomie des Vorstands darstellt; nach Roth, AG 2004, 1, 8, soll dies nach § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG gedeckt sein; demgegenüber zurückhaltend Habersack, ZSR 124 (2005) II, 533, 546 (Aufsichtsorgan sollte auf Einrichtung einer Beschwerdestelle hinwirken). 576 Ebenso Hoffmann / Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 258. 577 ZIP 2000, 173 ff. 578 Brandi, ZIP 2000, 173, 175. 579 Vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 152 Rn. 4.

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zahlen eine vorstandsunabhängige Informationspflicht des Aufsichtsrats auslösen kann. In Anlehnung an die „Balsam AG“-Entscheidung hat der Aufsichtsrat bei seiner Kontrollentscheidung zudem zu berücksichtigen, dass sich ein Anfangsverdacht auch erst im Wege einer Zusammenschau vieler einzelner, für sich allein vielleicht nicht durchschlagender Punkte ergeben kann 580. Durch Tatsachen nicht belegte Vermutungen genügen indessen nicht. Ihnen nachgehen zu müssen würde praktisch zu einer oben bereits abgelehnten Pflicht hinauslaufen, ein geeignetes Kontrollsystem zur Aufdeckung von Fehlentwicklungen bei der Geschäftsführung einzuführen. Die Prüfung, ob die vorhandenen Informationen für die Zustimmungsvorbehaltsentscheidung des Aufsichtsrats eine verlässliche Entscheidungsgrundlage bieten, ist dem – gerichtlich nachprüfbaren – Erkenntnisbereich zuzuordnen 581. Bei der Frage, ob zureichende, die Unredlichkeit des Vorstands indizierende Anhaltspunkte vorliegen, steht dem Aufsichtsrat daher kein Ermessens-, wohl aber ein gewisser Beurteilungsspielraum zu 582. (e) Ergebnis Als Ergebnis steht damit fest: Es liegt grundsätzlich im zweckgemäßen Ermessen des Aufsichtsrats, ob er zur Ermittlung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens neben den Vorstandsberichten auf seine sonstigen gesetzlichen Informationsbeschaffungsinstrumente zurückgreift. Entscheidungsmaßstab hierfür ist das Gesellschaftsinteresse. Aus § 90 AktG kann entgegen weit verbreiteter Ansicht kein Informationsvermittlungsmonopol des Vorstands abgeleitet werden. Gleichwohl lässt sich der Vorschrift eine besondere Rollenzuweisung des Vorstands im Informationsversorgungssystem des Aktienrechts entnehmen, die es erlaubt, dem Vorstand in puncto wahrheitsgemäßer Berichterstattung einen Vertrauensvorsprung zu gewähren. Der Aufsichtsrat darf sich daher regelmäßig auf die Richtigkeit der vom Vorstand übermittelten Informationen verlassen. Eine Pflicht zur vorstandsunabhängigen Ermittlung ist ausnahmsweise dann geboten, wenn sich der Vorstand pflichtwidrig weigert, Informationen zu erteilen, die „vernünftigerweise“ (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) erforderlich sind, um sich ein hinreichendes Bild über die Lage des Unternehmens zu machen, oder wenn anzunehmen ist, dass der Vorstand relevante Informationen verschleiert oder unterschlägt. Anhaltspunkte, die eine berichtsunabhängige Informationsbe580 Vgl. die Anmerkung zur Balsam AG-Entscheidung von H. P. Westermann, ZIP 2000, 25, 26 („Mosaik-Theorie“). 581 Vgl. BGHZ 135, 244, 254 (ARAG). 582 Vgl. BGHZ 135, 244, 254 (ARAG); für das Strafprozessrecht vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 152 Rn. 4.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

schaffungspflicht auslösen, sind konkrete Tatsachen, die einen Anfangsverdacht im strafprozessrechtlichen Sinne begründen. Bei der Entscheidung über das Vorliegen solcher Anhaltspunkte steht dem Aufsichtsrat nur ein – gerichtlich nachprüfbarer – Beurteilungsspielraum zu. 3. Organisationspflichten Eine pflichtgemäße Leitungsüberwachung mittels Zustimmungsvorbehalten verlangt schließlich eine ebenso pflichtgemäße Organisation. Je nach Besonderheit des Unternehmens sowie Größe und Zusammensetzung des Kontrollorgans ist es erforderlich, dass sich der Aufsichtsrat zur Vorbereitung seiner Zustimmungsvorbehaltsentscheidung(en) eines oder mehrerer Ausschüsse bedient (a). Darüber hinaus bietet es sich an, zur Vermeidung von Spannungen zwischen den Verwaltungsorganen die Informationsrechte des Aufsichtsrats in einer besonderen Informationsvereinbarung mit dem Vorstand festzuschreiben (b). a) Bildung vorbereitender Ausschüsse Die Entscheidung über die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten ist eine dem Plenum vorbehaltene Aufgabe. Sie kann gemäß § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG nicht einem Ausschuss zur abschließenden Erledigung übertragen werden. Unberührt bleibt aber die Möglichkeit, Ausschüsse mit der Vorbereitung der Zustimmungsvorbehaltsentscheidungen zu betrauen. Gerade für mitbestimmte Aufsichtsräte, die über 12, 16 oder 20 Mitglieder verfügen (vgl. die Größenklassen in § 7 MitbestG), empfiehlt es sich aus Gründen der Effektivität, mit der Risikoanalyse und -beobachtung eine kleinere Gruppe von Aufsichtsratsmitgliedern zu beauftragen 583. Die Vorbereitungsarbeit kann dabei an einen Ausschuss delegiert werden, der für die Beobachtung der gesamten Risikolandschaft zuständig ist 584. Sinnvoller erscheint es jedoch, das Risikofeld zu unterteilen und mit der Überwachung und Risikoanalyse einzelne Fachausschüsse zu betrauen, die auch für die spätere Zustimmungsentscheidung im Einzelfall zuständig sind. So kann etwa der Prüfungsausschuss mit der vertieften Überwachung des Risikomanagements und der Compliance betraut werden 585, der Kreditausschuss kann mit der vertieften Risikoüberwachung und -analyse von Währungs- oder Laufzeitrisiken sowie mit der Einhaltung der einschlägigen Fachgesetze (z. B. des KWG) beauftragt werden; dem Finanzausschuss kann die vertiefte Überwachung der Finanzplanung, 583 Vgl. Schmidt-Husson in: Hauschka (Hrsg.), Corporate Compliance, § 7 Rn. 35 f.; zur Zulässigkeit vorbereitender Aufsichtsratsausschüsse siehe eingehend Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 44 ff. 584 So Lange, DStR 2003, 376, 380. 585 Vgl. Ziffer 5.3.2 DCGK.

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insbesondere der Zweckmäßigkeit der Bilanzierung 586 und der Risikoabsicherung zugewiesen werden, dem Investitions- oder Warenausschuss die vertiefte Überwachung der Produktplanung und Absatzorganisation, dem Sozialausschuss die besondere Kontrolle der Arbeitsbedingungen und dem Personalausschuss etwa die Identifikation und Überwachung strategisch relevanter Personalposten 587. Teil der jeweiligen Ausschusstätigkeit ist es dann auch, dem Gesamtaufsichtsrat entsprechend seinem Aufgabenbereich sowohl generell-abstrakte als auch ad hoc auf den Einzelfall bezogene Vorschläge für die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten zu unterbreiten. So kann das jeweilige Fachwissen der einzelnen Ausschüsse bereits bei der Vorbehaltsentscheidung genutzt werden. Zudem wird einer Arbeitsbelastung innerhalb des Gremiums entgegengewirkt. Die geleistete Vorarbeit der jeweiligen Ausschüsse entbindet die übrigen Gremiummitglieder freilich nicht von ihrer Verantwortung bei der Festlegung von Zustimmungsvorbehalten. Die Entscheidung über den Einsatz von Zustimmungsvorbehalten gehört zur nicht delegierbaren Überwachungsaufgabe des Gesamtaufsichtsrats 588. Die ausschussfremden Mitglieder sind daher ebenso verpflichtet, sich ein eigenes Urteil über die Zustimmungsvorbehaltspflichtigkeit bestimmter Geschäftsarten bzw. konkreter Einzelmaßnahmen zu bilden. Verlangt ist eine eingehende Plausibilitätskontrolle des vom Ausschuss vorgelegten Entscheidungsvorschlags 589. Hierzu dürfen sie sich aber sowohl der gesammelten Informationen als auch des in der Regel vorhandenen besonderen Sachverstands der Ausschussmitglieder bedienen 590. Mit Blick auf § 93 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 116 Satz 1 AktG hat der Einsatz von vorbereitenden Ausschüssen bei der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung daher haftungsmodifizierende Wirkung: Während den Ausschussmitgliedern die volle Verantwortung 591 für die Erfassung der entschei586

Hüffer, AktG, § 171 Rn. 7 f. Zu einzelnen Ausschusstypen und ihren Aufgaben und Befugnissen siehe etwa Siebel in: Semler / v. Schenck, ARHdb., § 6 Rn. 135 ff.; Potthoff / Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 1098 ff. 588 Ebenso Semler, AG 1988, 60, 62. Zur Unzulässigkeit einer vollständigen Übertragung der allgemeinen Überwachungsaufgabe auf einen Ausschuss vgl. Mertens in: KölnKomm.AktG, § 107 Rn. 129 ff.; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 9; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 51. 589 „Eine zu intensive Vorbereitung ist undenkbar; denkbar ist lediglich eine zu oberflächliche Behandlung durch das Plenum und seiner Mitglieder“, Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 49. 590 Weitergehend Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 63: Mitglieder des Plenums dürfen sich auch den Bewertungen des Ausschusses (haftungsbefreiend) anschließen. 591 Überwiegend wird sogar von einer gesteigerten Verantwortlichkeit der Ausschussmitglieder gesprochen, vgl. etwa BGH, ZIP 1993, 1079, 1085 (allerdings beschränkt auf Kreditausschuss); Semler, AG 1988, 60, 62; Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 32; kritisch, aber im Ergebnis wohl ebenso, Mutter / Gayk, ZIP 2003, 1773, 1774 f. Dem ist jedoch nur eingeschränkt zuzustimmen. Eine über das übliche Maß hinausgehende 587

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

dungserheblichen Daten zukommt, dürfen sich die übrigen Kontrollmitglieder regelmäßig auf die Vollständigkeit der Sachaufklärung durch den Ausschuss verlassen und sich als „angemessen informiert“ ansehen. b) Vereinbarung einer Informationsordnung Die oben unter 2. b) dargelegten Streitfragen im Zusammenhang mit der Ausübung der Informationsbeschaffungsrechte des Aufsichtsrats verpflichten diesen geradezu, auf eine Informationsvereinbarung mit dem Vorstand hinzuwirken. Das ist auch das Anliegen des Deutschen Corporate Governance Kodex, der in Ziffer 3. 4 Abs. 1 „die ausreichende Informationsversorgung des Aufsichtsrats . . . [als eine] gemeinsame Aufgabe von Vorstand und Aufsichtsrat“ ansieht und in Abs. 3 Satz 1 fordert, dass „der Aufsichtsrat . . . die Informations- und Berichtspflichten des Vorstands näher festlegen [soll]“. In der Informationsordnung, die ihre Rechtsgrundlage sowohl in der AG als auch in der GmbH in § 90 Abs. 3 AktG hat 592, ist daher zum einen die Berichterstattung des Vorstands in zeitlicher wie inhaltlicher Hinsicht zu konkretisieren. Hierauf wurde bereits im Rahmen der Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit von Planungsentscheidungen des Vorstands hingewiesen 593. Geplante Geschäftsführungsmaßnahmen, die für die Entwicklung der Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind, sind dem Aufsichtsrat nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 4 AktG so rechtzeitig mitzuteilen, dass der Aufsichtsrat genügend Zeit hat, eine pflichtgemäße Zustimmungsvorbehaltsentscheidung zu treffen. Regelmäßige Zwischenberichte über den Planungsstand ermöglichen dem Aufsichtsrat einen „Soll / Ist-Vergleich“, der gerade für die Risikoüberwachung und -analyse unerlässlich ist 594. Sie sind daher von besonderer Relevanz. Je nach Eigenart des Vorhabens kann es erforderlich sein, kürzere Berichtsintervalle als in § 90 Abs. 2 AktG vorgesehen in der Informationsordnung festzuschreiben. Unbedingt festzuhalten ist die Pflicht des Vorstands, Planänderungen und Planabweichungen dem Aufsichtsrat unverzüglich mitzuteilen. Verantwortlichkeit kann nur an besondere Fähigkeiten des einzelnen Kontrollmitglieds geknüpft werden (siehe oben A. II.), nicht aber allein an seine Mitgliedschaft in einem Ausschuss. Von einer gesteigerten Verantwortlichkeit eines Ausschussmitglieds ist daher nur dann auszugehen, wenn das Mitglied – was der Regelfall sein sollte – gerade wegen seiner besonderen Fähigkeiten und Fachkenntnisse in den Ausschuss gewählt wurde. Besser ist es daher, von einer vollen Verantwortlichkeit der Ausschussmitglieder und einer modifizierten Verantwortlichkeit der übrigen Mitglieder zu sprechen. 592 Für die AG: Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 275; für die GmbH: Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 759. 593 Siehe oben § 4 C. III. 594 Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 63; ders. in: FS Raiser, S. 225, 245.

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Zum anderen sollte die Informationsordnung Vereinbarungen über die Ausübung vorstandsunabhängiger Informationsbeschaffungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats enthalten. Die nähere Ausgestaltung wird dabei jeweils von der gelebten Unternehmenskultur und den Persönlichkeiten der beteiligten Organmitglieder abhängen. Im Einzelnen kann etwa geregelt werden, dass der Aufsichtsrat in regelmäßigen Zeitabständen Einsicht in die Schriften der Gesellschaft, insbesondere in die Berichte der internen Revision nimmt 595. Das Gleiche kann für die Besichtigung einzelner Betriebe oder bestimmter Vermögensgegenstände der Gesellschaft vereinbart werden. Ebenso kann die streitige Handhabung mit Mitarbeiterkontakten geregelt werden. Die Informationsordnung kann die jederzeitige und verdachtsunabhängige Mitarbeiterbefragung sowie die Errichtung von Vorkehrungen für die Entgegennahme von Informationen durch Unternehmensangestellte (Whistleblowing) vorsehen. Bestimmt werden kann auch, dass Unternehmensangestellte in bestimmten Positionen stets an den Sitzungen des Aufsichtsrats oder eines Ausschusses teilnehmen sollen 596. Soweit sich die Informationsbefugnisse des Aufsichtsrats nicht schon aus dem Aktiengesetz ergeben, wird der Vorstand durch die Rahmenvereinbarung verpflichtet, mit Hilfe seines Weisungsrechts für die Durchsetzung der Informationsrechte zu sorgen 597. Neben der Streitvermeidung zulässiger oder unzulässiger Informationsquellen wird die Informationsordnung bei entsprechender Bekanntmachung zusätzlich zu einer entspannten Arbeitsatmosphäre zwischen den Verwaltungsorganen beitragen. Sind beispielsweise Kontakte des Aufsichtsrats zu Mitarbeitern gewollt und üblich, so ist die Gefahr eines Autoritätsverlusts des Vorstands unbegründet. Und schließlich kann sie zur eigenen Entlastung vorgezeigt werden, wenn es etwa darum geht, in welcher Weise der Aufsichtsrat seiner Überwachungspflicht nachgekommen ist (z. B. im Rahmen seiner Berichterstattungspflicht gegenüber der Hauptversammlung gemäß § 171 Abs. 2 AktG 598) oder ob er sich gemäß §§ 93 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. 116 Satz 1 AktG „angemessen informiert“ hat.

595 Nach Roth, AG 2004, 1, 12, sollte der Prüfungsausschuss (Audit Committee) nicht nur Empfänger aller schriftlichen Berichte der internen Revision sein, sondern auch Einfluss auf die Aufgaben und die konkreten Prüfungsinhalte der internen Revision haben. Die Einzelheiten sind in einer Rahmenvereinbarung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat zu regeln. 596 So für die Teilnahme des Leiters der internen Revision und des Abschlussprüfers an Sitzungen des Prüfungsausschusses (Audit Committee) Scheffler, ZGR 2003, 236, 255; ders. in: FS Havermann, S. 651, 674; Roth, AG 2004, 1, 12; Kropff, NZG 2003, 346, 350. 597 Vgl. Roth, AG 2004, 1, 10 (für Auskünfte von Mitarbeitern). 598 Zu inhaltlichen Anforderungen an den Aufsichtsratsbericht nach § 171 Abs. 2 AktG siehe LG München, BB 2005, 878; OLG Stuttgart, AG 2006, 378, mit Anm. Sünner, AG 2006, 450, sowie unten II. 4. b).

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

II. Sorgfaltspflichten bei der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung Nachdem sich der Aufsichtsrat entsprechend dem Vorangestellten über die Lage des Unternehmens hinreichend informiert hat und die zustimmungsrelevanten Tätigkeitsfelder anhand der Risikoanalyse herausgearbeitet hat, folgt die konkrete Festlegungsentscheidung. In der Lehre ist umstritten, ob der neu gefasste § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG einen festen Zustimmungskatalog fordert und wenn ja, welchen Umfang dieser aufweisen muss 599. Diese Diskussion ist nicht weiterführend. Es ist bereits fraglich, was unter einem „festen Katalog“ zu verstehen ist – ist damit bloß die Erstellung irgendeiner Vorbehaltsliste gemeint oder die Festschreibung gerade durch den Aufsichtsrat in einer ganz bestimmten Art und Weise, etwa in der Geschäftsordnung des Vorstands? Oder ist damit die Abgrenzung zu ad hoc beschlossenen Vorbehalten gemeint, so dass eine lediglich auf den Einzelfall bezogene Mitwirkung des Aufsichtsrats den Anforderungen des TransPuG-Gesetzgebers nicht gerecht wird 600? Genügt dann aber mit Blick auf die Gesetzesformulierung (bestimmte Arten von Geschäften) bereits die Aufnahme von lediglich zwei Geschäftsarten in den Katalog 601? Gesetzlich verlangt ist nur, dass jedenfalls Geschäfte von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft für zustimmungspflichtig erklärt werden müssen. Und da es in jeder Gesellschaft regelmäßig mehr als nur ein grundlegendes Geschäft geben wird, ist auch von mehreren zu beschließenden Zustimmungsvorbehalten auszugehen. Keine Rolle spielt dagegen, wer die grundlegenden Geschäfte für zustimmungspflichtig erklärt, die Anteilseignerversammlung oder der Aufsichtsrat selbst. Und genauso wenig ist von Bedeutung, auf welche Weise der Aufsichtsrat seiner Zustimmungsvorbehaltspflicht nachkommt. Die Art der Anordnung liegt in seinem Ermessen. Es ist daher möglich, dass nur ein Zustimmungsvorbehalt in die Geschäftsordnung des Vorstands aufgenommen wird und die übrigen als nicht weiter festgeschriebene Aufsichtsratsbeschlüsse dem Vorstand bloß mitgeteilt werden. Und möglich ist es auch, Zustimmungsvorbehalte ad hoc zu beschließen. In allen Fällen liegen wirksame Zustimmungsvorbehalte vor und mag die Pflicht aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG erfüllt sein. Ad-hocVorbehalte nehmen freilich eine Sonderrolle ein, da sie ein Reaktionsinstrument für kurzfristige Veränderungen im Unternehmen darstellen. Für den Regelfall ist daher die vorausblickende Aufstellung von Zustimmungsvorbehalten für immer wiederkehrende Geschäftsarten (Katalogvorbehalte) zweckmäßig, zumal auch der Vorstand dadurch mehr Planungssicherheit erhält.

599

Vgl. dazu Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 627 f. So Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 202; ebenso Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 23. 601 Für die Festlegung von mindestens zwei Katalogvorbehalten Hopt / Roth in: GroßkommAktG, § 111 Rn. 628. 600

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Für die konkrete Vorbehaltsentscheidung gilt – und darauf soll im Folgenden nochmals hingewiesen werden –, dass im Rahmen der Beschlussfassung über die Anordnung oder Aufhebung einzelner Zustimmungsvorbehalte jedes Aufsichtsratsmitglied seine Entscheidung gesetzgebungskonform (1.) und innerhalb der Grenzen des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zu treffen hat (2.). Dabei stellt sich die Frage, ob – wie vereinzelt vertreten wird – eine sich abzeichnende Ergebnisverschlechterung im Unternehmen zu einer gesteigerten Festlegungspflicht führt (3.). 1. Gesetzgebungskonforme Auslegung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG Das einzelne Aufsichtsratsmitglied hat seine Zustimmungsvorbehaltsentscheidung gesetzgebungskonform, insbesondere mit Blick auf den Willen des TransPuGGesetzgebers zu treffen. Das bedeutet zum einen, dass das Kontrollmitglied seine Entscheidung ganz bewusst mit Rücksicht auf die Besonderheiten der angehörigen Gesellschaft treffen muss. „Mehr oder weniger willkürlich zusammengestellte und mehr oder weniger bedeutsame Maßnahmen wie Erteilung einer Prokura oder einzelne Grundstücksgeschäfte minderer Bedeutung“ 602 tragen dem neu gefassten § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG keine Rechnung. Solche Zustimmungsvorbehalte sind ohne Wert und bergen die Gefahr in sich, dass sich der haftungsverantwortliche Aufsichtsrat in pflichterfüllter Sicherheit wiegt. Zu Recht wird daher vor der unbesonnenen Übernahme von Zustimmungsvorbehalten aus Formularbüchern oder den Satzungen bzw. Geschäftsordnungen anderer Gesellschaften gewarnt 603. Zum anderen fordert eine gesetzgebungskonforme Festlegungsentscheidung das Bewusstsein jedes Aufsichtsratsmitglieds über die Schranken seines Entscheidungsermessens. Geschäfte, die nach den oben dargestellten Kriterien (siehe bei § 4 A. I. 3. a) cc)) von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft sind, sind nach dem klaren Willen des TransPuG-Gesetzgebers für zustimmungspflichtig zu erklären. Für Geschäfte dieser Kategorie besteht kein Anordnungsermessen. Kommt das einzelne Aufsichtsratsmitglied daher nach entsprechender Diskussion im Gesamtgremium zu dem Ergebnis, dass das Geschäft für die Gesellschaft von grundlegender Bedeutung ist, muss es für die Vorbehaltsanordnung stimmen. 2. Beachtung der gesetzlichen Kompetenzverteilung Das Aufsichtsratsmitglied muss weiter seine Vorbehaltsentscheidung unter Beachtung der gesetzlichen Kompetenzverteilung (§§ 76 Abs. 1, 111 Abs. 4 Satz 1 AktG) treffen. Das heißt, es darf sein Stimmrecht nur zugunsten solcher Vorbehalte ausüben, die Geschäfte zum Gegenstand haben, die für die Gesellschaft

602 603

RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17. Semler in: FS Doralt, S. 609, 617; Lange, DStR 2003, 376, 378.

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von erheblicher bzw. außergewöhnlicher Bedeutung sind (siehe dazu oben § 4 A. I. 3. b)). Das Gleiche gilt in umgekehrter Richtung für solche Geschäftsarten, die nicht zustimmungsvorbehaltsfähig sind, weil sie etwa in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallen 604. Zwar sind die Rechtsfolgen, die an die Verletzung der aktiengesetzlichen Kompetenzverteilung anknüpfen, weitaus milder als diejenigen, die mit einer Verletzung der mittels Zustimmungsvorbehalten zu erfüllenden Überwachungspflicht verbunden sind. Während nämlich eine Kompetenzverletzung allenfalls zu einem Organstreit führen kann 605, droht im Fall der Verletzung der Zustimmungsvorbehaltspflicht die Schadensersatzhaftung nach §§ 93, 116 Satz 1 AktG. Dennoch wäre es verkehrt, einem Aufsichtsrat zu raten, lieber einen Zustimmungsvorbehalt zu viel als zu wenig festzulegen 606. Ein Aufsichtsrat, der nach sorgfältiger Abwägung unter Beachtung der relevanten Beurteilungskriterien 607 die Zustimmungsbedürftigkeit eines Geschäfts verneint, wird sich nämlich nicht dem Vorwurf einer Pflichtverletzung ausgesetzt sehen. Und schließlich ist zu bedenken, dass eine ausgedehnte Vorbehaltsliste auch den Verantwortungsradius des Aufsichtsrats vergrößert, übernimmt er doch durch seine später erforderliche Zustimmungsentscheidung die unternehmerische Mitverantwortung für das vorgelegte Geschäft 608. 3. Gesteigerte Festlegungspflicht in der Unternehmenskrise? Fraglich ist, ob – wie vereinzelt vertreten wird 609 – die Abzeichnung einer Ergebnisverschlechterung im Unternehmen die Pflicht auslöst, in vermehrtem Umfang Zustimmungsvorbehalte festzulegen. Das ist in dieser Allgemeinheit abzulehnen 610. Eine Ergebnisverschlechterung gibt lediglich Anlass dazu, sich erneut und vertieft ein Bild über die Lage des Unternehmens samt relevantem Umfeld zu machen 611. Der Aufsichtsrat ist daher aufgefordert, sich hierzu die erforderlichen Informationen zu beschaffen. Dabei kann die Ergebnisverschlechterung Anstoß dazu geben, die Vollständigkeit oder gar den Wahrheitsgehalt der Vorstandsberichte zu hinterfragen. Gegebenenfalls muss der Aufsichtsrat auf vorstandsunabhängige Informationsbeschaffungsinstrumente zurückgreifen (dazu oben I. 2. b)). Zu die604

Für Einzelheiten siehe oben § 4 A. I. 4. c) bb). Vgl. dazu oben § 4 F. 606 Vgl. Lange, DStR 2003, 376, 378. 607 Vgl. dazu oben § 4 A. I. 3. 608 So zu Recht der Hinweis von Lange, DStR 2003, 376, 378 f., siehe dazu auch oben § 5 D. I. 2. a). 609 Semler, AG 1983, 141, 142. 610 Ebenfalls ablehnend Götz, ZGR 1990, 633, 639. 611 Zur Pflicht des Aufsichtsratsvorsitzenden zur Vorbereitung von Maßnahmen zur Liquiditätssicherung in der Unternehmenskrise siehe Werner, GmbHR 2007, R214, mit Verweis auf LG München I v. 31. 5. 2007 – 5 HK O 11977/06. 605

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sen Informationsbeschaffungsmitteln gehören die Zustimmungsvorbehalte nach der hier vertretenen Auffassung aber gerade nicht, mögen sie auch den Effekt haben, dass die Geschäftsleitung den Aufsichtsrat mit qualifizierteren Informationen versorgen muss 612. Auch in Fällen einer Ergebnisverschlechterung oder einer Unternehmenskrise ist der Einsatz von Zustimmungsvorbehalten zur Informationssicherung nur im Zusammenhang mit der Durchsetzung der gesetzlichen Berichterstattungspflichten des Vorstands zulässig, also nur in Situationen, in denen der Vorstand dem Aufsichtsrat bewusst Informationen vorenthält 613. Ist das nicht der Fall, wirkt sich eine Ergebnisverschlechterung des Unternehmens auf die Zustimmungsvorbehaltspflicht nur in der Weise aus, dass bereits bestehende Zustimmungsvorbehalte auf ihre Aktualität hin überprüft werden müssen. Je nach Lage der Gesellschaft müssen etwa bestimmte Betragsgrenzen herabgesetzt und gegebenenfalls zusätzliche Zustimmungsvorbehalte formuliert werden, sofern dadurch neue Risiken eingefangen werden können. 4. Dokumentationspflicht Schließlich gehört es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Zustimmungsvorbehaltspflicht, dass der Festlegungsbeschluss samt Entscheidungsgrundlage hinreichend dokumentiert wird. Das ergibt sich bereits aus § 107 Abs. 2 Satz 2 AktG, wonach in einer Niederschrift über die Aufsichtsratssitzung neben den Beschlüssen auch der wesentliche Inhalt der Verhandlungen anzugeben ist. a) Die ordnungsgemäße Dokumentation als Obliegenheit nach §§ 93 Abs. 1 Satz 2, 116 Satz 1 AktG Die schriftliche Fixierung der Zustimmungsentscheidung und der sie tragenden Gründe stellt aber auch mit Blick auf §§ 93 Abs. 1 Satz 2, 116 Satz 1 AktG eine Obliegenheit des Aufsichtsrats dar, denn für ex post fehlerhafte Zustimmungsvorbehaltsentscheidungen haften Aufsichtsratsmitglieder nur dann nicht, wenn sie auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft gehandelt haben. Sieht sich der Aufsichtsrat daher Schadensersatzansprüchen ausgesetzt, liegt es an ihm, seine angemessene Informiertheit nachzuweisen (vgl. § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG, der auch auf die Pflichtverletzung anzuwenden ist) 614. Vor diesem Hintergrund bietet sich die Festschreibung folgender prüfungserheblicher Angaben an:

612 613 614

Ähnlich Thümmel, BB 1999, 2633, 2634 (Anm. zur Entscheidung Balsam-AG). Vgl. zum Ganzen oben § 2 B. II. 2. H. M., anstelle anderer: Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4c a. E. mit Rn. 16.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

− das Ergebnis der Risikoanalyse, insbesondere das mit dem für zustimmungspflichtig erklärten Geschäft verbundene Risiko und seine Auswirkungen auf die Lage und Entwicklung der Gesellschaft im Falle der Risikoverwirklichung (die grundlegende oder außergewöhnliche Bedeutung des Geschäfts für die Gesellschaft), − die der Risikoanalyse zugrunde liegende(n) Beurteilungsmethode(n), − der genaue Wortlaut des beschlossenen Zustimmungsvorbehalts unter Beachtung des Bestimmtsheitsgrundsatzes (vgl. dazu oben § 4 A. II.), − das Abstimmungsergebnis einschließlich erhobener Widersprüche einzelner Aufsichtsratsmitglieder, − der Ort der Festschreibung des Zustimmungsvorbehalts (Geschäftsordnung des Vorstands oder des Aufsichtsrats usw.). Wurde der Anordnungsbeschluss wie hier empfohlen von einem fachkundigen Ausschuss vorbereitet und vorgetragen, so ist auch dies zu dokumentieren, denn ausschussfremde Mitglieder dürfen sich im Allgemeinen auf die Vollständigkeit der herangetragenen Informationen verlassen, was wiederum Auswirkungen auf ihren Haftungsumfang hat (vgl. oben I. 3. a)). Für die Erfüllung der dem Gesamtaufsichtsrat obliegenden Dokumentationspflicht hat regelmäßig der Aufsichtsratsvorsitzende Sorge zu tragen 615. b) Die ordnungsgemäße Dokumentation als Obliegenheit nach § 120 AktG i. V. m. 171 Abs. 2 Satz 2, 1. HS AktG Darüber hinaus gewinnt eine ordnungsgemäße Dokumentation der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung auch bei der alljährlichen Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats nach § 120 AktG an Relevanz. So hat das OLG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 15. 3. 2006 ausdrücklich klargestellt, dass die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses nach § 243 Abs. 1 AktG auch „auf eine Verletzung von Rechnungslegungs-, Rechenschafts- und Auskunftspflichten gestützt werden [kann], soweit sich diese auf Vorgänge von einigem Gewicht beziehen“ 616. Zu den Auskunftspflichten gehört auch die gegenüber der Hauptversammlung zu erfolgende Mitteilung, in welcher Art und in welchem Umfang der Aufsichtsrat die Geschäftsführung der Gesellschaft während des Geschäftsjahres geprüft hat (vgl. § 171 Abs. 2 Satz 2, 1. HS AktG; die Vorschrift gilt kraft Verweisung auch für den GmbH-Aufsichtsrat) 617. Dabei soll es für die Beurteilung der Berichtsintensität neben der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens auch darauf 615

Allgemein: Semler in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 4 Rn. 103. OLG Stuttgart, BB 2006, 1019, 1020 und 1021, mit Anm. Uhlendorf (1024 f.); zustimmend: Henze, Der Aufsichtsrat 5/2006, 10; kritisch: Sünner, AG 2006, 450; siehe außerdem OLG München, AG 2006, 592, sowie LG München, AG 2007, 417; für einen Überblick über die Rechtsprechung siehe Liese / Theusinger, BB 2007, 2528, 2529. 616

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ankommen, ob „risikoträchtige, wegweisende Entscheidungen“ zu treffen waren. Angesprochen sind damit Maßnahmen, die wegen ihrer Bedeutung für die Gesellschaft regelmäßig zustimmungsvorbehaltsfähig bzw. zustimmungspflichtig sind. In diesen Fällen muss die Hauptversammlung durch den schriftlichen Bericht des Aufsichtsrats „eine konkrete, am tatsächlichen Überwachungsaufwand gemessene Vorstellung von der Überwachungstätigkeit erlangen, um auf dieser Grundlage über die Entlastung . . . des Aufsichtsrats entscheiden zu können“ 618. Ein mehr oder weniger formelhafter Hinweis, der Aufsichtsrat habe sich in x Sitzungen sowie „regelmäßig anhand schriftlicher und mündlicher Berichte des Vorstands eingehend über die Lage des Unternehmens sowie über wesentliche Programm-Investitionen informiert“, soll hierfür nicht ausreichen. Verlangt ist vielmehr eine individuelle Darlegung der erfolgten Überwachungstätigkeit. Der Bericht soll daher insbesondere Informationen über die Durchführung (oder die bewusste Nichtdurchführung) außergewöhnlicher Prüfungsmaßnahmen enthalten. Und hierzu zählt insbesondere auch der Einsatz von Zustimmungsvorbehalten 619. Das damit anerkannte Recht der Hauptversammlung auf umfassende Berichterstattung wird allerdings durch das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft beschränkt. Der Informationspflicht nach § 171 Abs. 2 AktG steht die Geheimhaltungspflicht des Aufsichtsrats nach § 116 Satz 2 AktG gegenüber 620. Beide Pflichten sind gegeneinander abzuwägen 621. Abwägungsmaßstab ist das Unternehmensinteresse. Das Auskunftsverlangen der Hauptversammlung darf nicht zum Schaden der Gesellschaft gereichen. Dabei gilt es insbesondere, das Vertrauensverhältnis zwischen Kontrolleur und Unternehmensleitung in den Blick zu nehmen. Ein Vorstand, der zu befürchten hat, dass u. U. auch über konkrete Planvorhaben berichtet wird, wird sich mit seiner Informationsbereitschaft gegenüber dem Aufsichtsrat zurückhalten 622. Das kann nicht gewollt sein 623. Soweit nach § 171 Abs. 2 AktG auch über den Einsatz von Zustimmungsvorbehalten zu berichten ist, kann dies daher nur in abstrakter Weise geschehen 624, es sei denn, die we617 Eine Analyse der Berichtsinhalte der DAX-30- und SDAX-Unternehmen findet sich bei Schichold / Grimberg, Der Aufsichtsrat 7/8 / 2007, 101 ff. 618 OLG Stuttgart, BB 2006, 1019, 1020 und 1021 m. w. N. 619 OLG Stuttgart, BB 2006, 1019, 1020 und 1021. 620 Drygala, AG 2007, 381, 387; zustimmend Liese / Theusinger, BB 2007, 2528, 2530; zur Geheimhaltungspflicht des Aufsichtsrats hinsichtlich zustimmungspflichtiger Geschäfte siehe auch Lutter, Information und Vertraulichkeit, Rn. 431; in der GmbH wird dagegen zu Recht eine Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats gegenüber der Gesellschafterversammlung abgelehnt; vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 495 m. w. N.; a. A. Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 65. 621 Drygala, AG 2007, 381, 387 (Abwägung nach den Regeln der praktischen Konkordanz); Liese / Theusinger, BB 2007, 2528, 2530 m. w. N. in Fn. 27; Vetter, ZIP 2006, 257, 261 m. w. N. in Fn. 29. 622 Vgl. Drygala, AG 2007, 381, 384. 623 Zu diesem Problem ausführlich Drygala, AG 2007, 381.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

sentlichen Entscheidungsinhalte sind der Öffentlichkeit ohnehin bekannt 625. Zu nennen sind die unter Zustimmungsvorbehalt gestellten Geschäftsarten, wie sie sich regelmäßig aus der Geschäftsordnung oder der Satzung ergeben. Zu berichten ist, ob Wertgrenzen bestimmter Vorbehalte aufgrund veränderter wirtschaftlicher Umstände nach oben oder nach unten korrigiert wurden. Mitzuteilen ist die Anzahl der vom Vorstand zwecks Zustimmung vorgelegten Geschäfte. Und offenzulegen ist, ob sich der Aufsichtsrat per Ad-hoc-Beschluss an Geschäftsführungsmaßnahmen beteiligt hat. Dagegen ist es mit dem Vertraulichkeitsgrundsatz regelmäßig nicht zu vereinbaren, das zustimmungspflichtige Geschäft im Einzelnen zu nennen und Details der für die Vorbehaltsentscheidung maßgeblichen Risikoabwägung preiszugeben. Auch ohne die Offenlegung vertraulicher Geschäftsinterna ist der Aktionär imstande, sich anhand der vorerwähnten Angaben ein ausreichendes Bild über den Aufwand der Kontrolltätigkeit zu machen, um auf dieser Grundlage über die Entlastung des Aufsichtsrats entscheiden zu können. III. Sorgfaltspflichten im Nachfeld der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung Die laufende Beobachtungs- und Überwachungspflicht in Bezug auf die Risikolandschaft des Unternehmens prägt auch die Phase nach der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung. Verändert sich die Lage des Unternehmens, müssen gegebenenfalls bestehende Zustimmungsvorbehalte der neuen Situation angepasst werden (1.). Für das einzelne Kontrollmitglied stellt sich zudem die Frage, welche Rechte und Pflichten es hat, wenn es mit seiner Ansicht unterlegen ist, dass eine bestimmte Geschäftsart oder eine konkrete Maßnahme unter den Vorbehalt der Aufsichtsratszustimmung zu stellen ist (2.) Ebenso ist nach den Möglichkeiten und entsprechenden Handlungspflichten sowohl des Gesamtaufsichtsrat als auch des einzelnen Kontrollmitglieds zu fragen, wenn der Vorstand beabsichtigt, eine zustimmungspflichtige Maßnahme am Aufsichtsrat vorbei auszuführen (3.). 1. Vorbehaltsaktualisierungspflicht Die Pflicht zur Einführung von Zustimmungsvorbehalten ist mit der Festlegung eines bestimmten Vorbehaltskatalogs nicht erfüllt. Vielmehr erfordert eine effektive Unternehmenskontrolle, dass die Risikolandschaft der Gesellschaft laufend überwacht wird. Das bedingt eine regelmäßige Aktualisierung der Liste zustimmungspflichtiger Geschäfte 626. Veränderte wirtschaftliche Umstände führen nicht selten dazu, dass sich die Bedeutungsgrenzen verschieben. Zustimmungsvorbehal624

So zutreffend (allgemein) Drygala, AG 2007, 381, 387 ff. Vgl. Liese / Theusinger, BB 2007, 2528, 2530, mit Hinweis etwa auf die Verpflichtung zur Ad-Hoc-Berichterstattung. 625

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te, die nicht mehr von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gedeckt sind, sind aufzuheben oder es sind die Betragsgrenzen an den Status quo anzupassen 627. Umgekehrt können zunächst als wenig riskant eingestufte Geschäfte nunmehr von besonderer Bedeutung für die Gesellschaft sein, weil sich das wirtschaftliche Umfeld verändert hat oder das Unternehmen in Krise geraten ist. Hier müssen gegebenenfalls weitere Geschäfte unter den Vorbehalt der Aufsichtsratszustimmung gestellt werden. Die Aktualisierungspflicht obliegt dem Gesamtaufsichtsrat. In Eilfällen ist es die Aufgabe des Aufsichtsratsvorsitzenden, den Aufsichtsrat über wichtige Ereignisse, die für die Beurteilung der Lage und Entwicklung sowie für die Leitung des Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sind, zu unterrichten und erforderlichenfalls eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung zwecks Vorbehaltsanordnung einzuberufen (vgl. Ziffer 5.2 Abs. 3 DCGK). Im Übrigen sind die jeweiligen Fachausschüsse dafür verantwortlich, die in ihr Überwachungsressort fallenden Zustimmungsvorbehalte aktuell zu halten. Ausschussfremden Mitgliedern obliegt freilich weiterhin eine allgemeine Überwachungspflicht. Und die im Rahmen der Aktualisierung zu treffenden Vorbehaltsbeschlüsse sind freilich im Plenum zu fassen. Auch in Gesellschaften, die gegenüber äußeren wirtschaftlichen Veränderungen weniger anfällig sind, ist der Aufsichtsrat gut beraten, eine Anpassung der Vorbehaltsliste einmal jährlich vorzusehen 628. Das Vorbehaltsinstrument gerät so nicht in Vergessenheit, und der Vorwurf, sich auf mehr oder weniger willkürlich zusammengestellten Maßnahmen „ausgeruht“ zu haben, darf als unbegründet angesehen werden. 2. Pflicht des überstimmten Aufsichtsratsmitglieds zur Geltendmachung fehlerhafter Zustimmungsvorbehaltsentscheidungen Für das einzelne Kontrollmitglied mag sich im Nachfeld der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung die Frage nach ihn treffenden Pflichten stellen, wenn es in der Beschlussfassung über die Anordnung eines bestimmten Zustimmungsvorbehalts überstimmt wurde und es die Zustimmungsvorbehaltsentscheidung für fehlerhaft erachtet. Zu denken ist vor allem an den Fall, dass eine nach Auffassung des überstimmten Aufsichtsratsmitglieds (grundlegend) bedeutende Geschäftsart 626

Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 36; Götz, ZGR 1990, 633, 655 f.; ders., NZG 2002, 599, 602; Lange, DStR 2003, 376, 379 f.; Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 68 (laufende Prüfung des Aufsichtsrats). 627 Vgl. Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 36, der als Beispiel die Entwicklung von Lohn- und Preisverhältnissen nennt. 628 Wie hier Lange, DStR 2003, 376, 379; ebenso Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 189 und S. 321; abweichend Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., Anlage § 8 –1 Fn. 2 (Anpassung in mehrjährigen Abständen); Fonk, ZGR 2006, 841, 857 (alle zwei oder drei Jahre); ungenau Götz, NZG 2002, 599, 602 (von Zeit zu Zeit).

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

oder eine gesetzwidrige Geschäftsführungsmaßnahme vom Gesamtaufsichtsrat nicht für zustimmungspflichtig erklärt wird 629. In diesen Fällen kommt sowohl ein Vorgehen gegen den Aufsichtsrat (a) als auch ein Vorgehen gegen den Vorstand (b) in Betracht. a) Geltendmachung gegenüber dem Aufsichtsrat Geschäftsführungsmaßnahmen, die von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft sind, sind vom Aufsichtsrat für zustimmungspflichtig zu erklären, ohne dass ihm hierfür ein Ermessen zusteht. Gleiches gilt für rechtswidrige Geschäftsvorhaben, wenn der Vorbehalt das einzige Instrument ist, um die Gesellschaft vor großem Schaden zu bewahren 630. Vorbehaltsbeschlüsse, die gleichwohl von der Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts absehen, sind wegen Verstoßes gegen § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nichtig 631. Ablehnende Festlegungsbeschlüsse, die bedeutende Geschäfte unterhalb der zustimmungspflichtigen Gewichtigkeitsschwelle zum Gegenstand haben, können im Einzelfall zweckwidrig sein. Sie sind ebenso fehlerhaft, mag der Inhaltsmangel mit Rücksicht auf die Bedeutung des Geschäfts für die Gesellschaft auch nicht sogleich zur Nichtigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses führen 632. In beiden Fällen ist das überstimmte Aufsichtsratsmitglied aufgefordert, auf die Fehlerhaftigkeit der Vorbehaltsentscheidung ausdrücklich hinzuweisen und den Beschluss zu beanstanden. Anderenfalls handelt es pflichtwidrig und setzt sich der Gefahr einer späteren Haftung aus 633. Die Beanstandung des Beschlusses hat gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden zu

629 Vgl. etwa OLG Stuttgart, ZIP 2007, 1210 f. und 1217 (Züblin): Klage des überstimmten Aufsichtsratsmitglieds einer beherrschten Aktiengesellschaft auf Feststellung der Nichtigkeit des Zustimmungsbeschlusses des Aufsichtsrats sowie auf Unterlassung der zugestimmten Umstrukturierungsmaßnahmen mit der Begründung, die Maßnahmen stellten eine unzulässige qualifizierte faktische Konzernierung dar. 630 Siehe oben unter § 4 A. I. 3. c). 631 Vgl. BGH, NJW 1994, 520, 524; Boujong, AG 1995, 203, 206; Lange, DStR 2003, 376, 380. 632 Die Rechtsprechung geht von einer generellen Nichtigkeit fehlerhafter Aufsichtsratsbeschlüsse aus. Dem Bedürfnis, die Nichtigkeitsfolge bei weniger schwerwiegenden Beschlussmängeln einzugrenzen, versucht sie über das Institut des Rechtsschutzinteresses und der Verwirkung Rechnung zu tragen; vgl. vor allem BGHZ 122, 342, 351 f.; zustimmend etwa Hüffer, AktG, § 108 Rn. 18 ff. (für das Aktiengesetz); Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 437 (für die GmbH) mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung in Rn. 310 Fn. 580; einen Überblick über den Stand der Diskussion bieten Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 611, die im Ergebnis zu Recht zwischen uneingeschränkter und eingeschränkter Nichtigkeit differenzieren. 633 Vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 53; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 836.

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erfolgen. Der Widerspruch selbst bedarf keiner Form 634, er ist aber in dem Sitzungsprotokoll zu vermerken. Hierauf hat das Kontrollmitglied hinzuwirken 635. Bleibt die Beanstandung ohne Erfolg, verbleibt dem Organmitglied nur noch die Möglichkeit, die Fehlerhaftigkeit des Vorbehaltsbeschlusses im Wege der allgemeinen Feststellungsklage geltend zu machen 636. Die klageweise Geltendmachung eines „lediglich“ zweckwidrigen Beschlusses wird allerdings nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn der Gesamtaufsichtsrat bei Ausübung seines Ermessens die Grenzen des Vertretbaren überschritten hat, denn das Gericht ist nicht befugt, die Entscheidung des Aufsichtsrats durch eine andere, ebenso vertretbare Entscheidung zu ersetzen 637. Das Feststellungsinteresse des klagenden Kontrollmitglieds folgt aus seiner Mitgliedschaft im Aufsichtsrat und der damit verbundenen Mitverantwortung für die Gesetz- und Rechtmäßigkeit der Beschlüsse des Organs 638. Da es sich vorliegend nicht um einen Streit über die Kompetenzen einzelner Organe bzw. einzelner Organmitglieder handelt, sondern um die Frage der Wirksamkeit eines der Gesellschaft zuzurechnenden Rechtsaktes, wäre es verfehlt, die Grundsätze über den Organstreit anzuwenden 639. Richtiger Beklagter ist daher nicht der Aufsichtsrat oder der Aufsichtsratsvorsitzende. Passivlegitimiert ist vielmehr die Gesellschaft 640. Dabei wird die Gesellschaft anders als im Schrifttum überwiegend vertreten nicht in analoger Anwendung des § 112 AktG vom Aufsichtsrat 641, sondern nach § 78 AktG bzw. § 35 GmbHG von der Geschäftsleitung gerichtlich vertreten 642. Eine vergleichbare Interessenkollision, wie sie der Vorschrift des

634

Vgl. Semler in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 1 Rn. 206. Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 53; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 836. 636 Vgl. BGHZ 122, 342, 347 ff.; 124, 111, 115; Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 55; ders. in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 1 Rn. 209; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 707 und 837; Lange, DStR 2003, 376, 380. Die früher vertretene analoge Anwendung der Vorschriften über die Mängel von Hauptversammlungsbeschlüssen (vgl. noch OLG Hamburg, AG 1992, 197; Baums, ZGR 1983, 300, 308, 337 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 212 f.; auf die Prinzipien des § 245 AktG abstellend Karsten Schmidt in: FS Semler, S. 329, 345) darf als überholt geltend; vgl. Semler in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 1 Rn. 199. 637 Siehe oben unter § 4 F. III. 638 BGHZ 135, 244, 248 (ARAG); Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 707. 639 A. A. Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 314; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 213. 640 BGHZ 83, 144, 146; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 707 (mit Nachweisen zu Gegenstimmen in Fn. 5); Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 440. 641 So aber Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 707; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1 ff., 16 f., 18; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 440; nach Stdolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 18, sollen die Aufsichtsratsmitglieder ihren Beschluss „wie im Fall des § 90 Abs. 5 AktG“ selbst verteidigen. 642 Wie hier: BGHZ 122, 342, 345 f. 635

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§ 112 AktG zugrunde liegt, ist hier nicht zu befürchten. Vielmehr darf erwartet werden, dass sich der Vorstand im Interesse der Gesellschaft für eine umfassende Rechtsaufklärung einsetzen wird. Aus dem Recht zur gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Aufsichtsratsbeschlusses folgt indessen nicht die Pflicht des überstimmten Kontrollmitglieds, von dieser Möglichkeit auch Gebrauch zu machen 643. Anders als bei Hauptversammlungsbeschlüssen sieht das Aktiengesetz für die Kontrolle von Aufsichtsratsbeschlüssen keine gerichtlichen Verfahrensregelungen vor. Das spricht dafür, dass das einzelne Aufsichtsratsmitglied seiner Pflicht, für gesetz- und rechtmäßiges (Abstimmungs-)Verhalten seiner Amtskollegen zu sorgen, bereits dadurch nachkommt, dass es seine Bedenken innerhalb des Gremiums mit Nachdruck äußert 644. Entgegen vielfach vertretener Ansicht ist daher ein Klagezwang des überstimmten Kontrollmitglieds auch nicht in Extremfällen zu fordern, wenn etwa der Vollzug des Aufsichtsratsbeschlusses für die Gesellschaft mit besonders schwerwiegenden Folgen verbunden sein kann 645. Für das haftungsbedrohte Organmitglied hat das zugleich den Vorteil, von schwierigen und unsicheren Abgrenzungsfragen verschont zu bleiben. b) Geltendmachung gegenüber dem Vorstand Schließlich ist zu überlegen, ob das überstimmte Aufsichtsratsmitglied eine seiner Ansicht nach erforderliche Mitwirkungsposition zugunsten des Gesamtgremiums dadurch zu sichern berechtigt ist, dass es am Kontrollorgan vorbei auf den Vorstand einwirkt und ihn gegebenenfalls mit einer Unterlassungsklage bzw. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes am Vollzug einer bestimmten Maßnahme hindert – jedenfalls so lange, bis ein nach Auffassung des Kontrollmitglieds ordnungsgemäß gefasster Vorbehaltsbeschluss zustande gekommen ist. Ein Einwirken des überstimmten Kontrollmitglieds auf den Vorstand mit dem Ziel, ein bestimmtes Geschäft nicht bzw. nicht ohne die Zustimmung des Aufsichtsrats vorzunehmen, stellt eine Überwachungsmaßnahme nach §§ 111 Abs. 1, 111 Abs. 4 Satz 2 AktG dar. Die Überwachung der Geschäftsleitung obliegt aber dem Gesamtaufsichtsrat. Das einzelne Kontrollmitglied ist daher weder zur Vornahme eigener innergesellschaftlicher Kontrollmaßnahmen gegenüber dem Vorstand be643 H. M., anstelle anderer: OLG Düsseldorf, BB 1996, 230, 231, unter Bezugnahme auf Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 17 f.; Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 55; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 116 Rn. 58; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 837; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 322. 644 Ebenso Stodolowitz, ZHR 154 (1990), 1, 17 f.; Thümmel, AG 2004, 83, 86; grundsätzlich auch Raiser, ZGR 1989, 44, 68. 645 So aber Mertens in: KölnKomm.AktG, § 116 Rn. 58; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 837.

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rechtigt (z. B. Zurechtweisungen, „Mobilisierung des Vorstands“ 646) noch kann es aus eigenem Recht eine entsprechende Klagebefugnis gegen den Vorstand herleiten 647. Es kann auch nicht das Zustimmungsvorbehaltsrecht nach den Regeln der actio pro socio gegenüber dem Vorstand geltend machen. Die Rechtsfigur der actio pro socio wird nämlich zu Recht als unzulässiges Durchsetzungsmittel einzelner Positionen abgelehnt, wenn das Gesetz – wie hier – ein gesetzliches Verfahren zur Meinungsbildung innerhalb eines Gesamtgremiums bereithält. Entsprechend heißt es in der „Opel“-Entscheidung des II. Zivilsenats 648, der Rückgriff auf die Grundsätze der actio pro socio dürfe nicht dazu dienen, „Konflikte, die zwischen Mehrheit und Minderheit im Aufsichtsrat auftreten, über den Umweg einer gerichtlichen Inanspruchnahme des Vorstands“ auszutragen 649. Das überstimmte Aufsichtsratsmitglied ist daher darauf verwiesen, alle seine mitgliedschaftsrechtlichen Hilfsmittel in Anspruch zu nehmen (vgl. oben a)), um innerhalb des Gremiums auf ein rechtmäßiges Überwachungsverhalten hinzuwirken. Tut er dies, ist er seinen Amtspflichten nachgekommen und damit haftungsbefreit. Mit Blick darauf besteht daher entgegen teilweise vertretener Ansicht 650 auch kein Bedürfnis für eine Pflicht des Aufsichtsratsmitglieds, seine abweichende Position jedenfalls dem Vorstand mitzuteilen.

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Mertens in: KölnKomm.AktG, § 116 Rn. 58. H. M., aus der Rspr.: BGHZ 106, 54, 63 (Opel); OLG Celle, ZIP 1989, 1552 (Pelikan); OLG Stuttgart, ZIP 2007, 1217 (Züblin); aus dem Schrifttum: Bork, ZGR 1989, 1, 35; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 18 (jeweils für die AG); Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 77 (für die GmbH). 648 BGHZ 106, 54, 66 (mit Bezugnahme auf Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 314). 649 Zustimmend: Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 33 Rn. 77; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 710 (zulässig nur in Ausnahmefällen); Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 218 ff., 222; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 18 f.; Bork, ZGR 1989, 1, 35; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 439; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 367. Für Notzuständigkeit des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds in bestimmten Fällen aber Hommelhoff / Timm, AG 1976, 329, 330 ff. Ein Bedürfnis für eine actio pro socio erkennt der II. Zivilsenat in seiner „Opel“Entscheidung „allenfalls“ für den Fall an, dass das klagewillige Kontrollmitglied zuvor den Aufsichtsratsbeschluss erfolgreich angegriffen hat; BGHZ 106, 54, 67. Das OLG Celle, ZIP 1989, 1552, 1554 (Pelikan), greift das auf und führt weiter aus, dass vorläufiger Rechtsschutz zugunsten einzelner Aufsichtsratsmitglieder „nur zu dem Zweck gewährt werden [kann], dass ein Obsiegen der bei der Beschlussfassung unterlegenen Aufsichtsratsmitglieder in dem Rechtsstreit mit dem Aufsichtsrat nicht durch zwischenzeitlich vom Vorstand geschaffene Fakten letztlich praktisch mehr oder weniger bedeutungslos ist, die Erhebung der actio pro socio durch die unterlegenen Aufsichtsratsmitglieder also zu spät käme.“ 650 Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 54; zustimmend Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 322. 647

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

3. Pflicht zur gerichtlichen Durchsetzung von Zustimmungsvorbehalten? Für den Fall, dass der Vorstand beabsichtigt, ein zustimmungspflichtiges Geschäft ohne vorherige Einschaltung des Aufsichtsrats durchzuführen, gilt es schließlich zu untersuchen, welche Rechte und vor allem welche Pflichten den Gesamtaufsichtsrat (a) und das einzelne Kontrollmitglied (b) treffen, um das Mitentscheidungsrecht aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG in Bezug auf die einzelne Maßnahme zu sichern. a) Durchsetzung durch den Aufsichtsrat Im Verhältnis zum Gesamtaufsichtsrat stellt ein vorbehaltswidriges Verhalten des Vorstands eine Verletzung seiner Mitwirkungskompetenz aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG dar. Der Aufsichtsrat kann daher zur Durchsetzung von Zustimmungsvorbehalten auf das Mittel des Organstreits zurückgreifen 651. In einer mitbestimmungsfreien GmbH kann jedoch das Klagerecht des fakultativen Aufsichtsrats insoweit durch die Gesellschafter ausgeschlossen werden, wie sie auch die Zustimmungskompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats ausschließen können (dazu oben § 4 B. I. 1.). Entsprechend den Ausführungen zur Klagemöglichkeit des Vorstands gegen unzulässig eingeführte Aufsichtsratsvorbehalte sind für den vorliegenden Rechtsstreit beide Verwaltungsorgane als parteifähig anzusehen, und richtiger Beklagter ist – da ein Kompetenzstreit vorliegt – der Vorstand, nicht die Gesellschaft 652. Als geeignete Rechtsmittel kommen die Klage auf Unterlassung der beabsichtigten Maßnahme bzw. ein entsprechender Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 653 in Betracht. Letzteres wird der Regelfall sein, da nur eilbedürftige Geschäfte den Vorstand veranlassen werden, über Meinungsverschiedenheiten mit dem Aufsichtsrat über die Zustimmungsbedürftigkeit eines bestimmten Geschäftsvorhabens hinwegzugehen 654. Das Recht des Aufsichtsrats zur gerichtlichen Durchsetzung seiner Zustimmungskompetenz verdichtet sich nur ausnahmsweise zu einer entsprechenden Pflicht, wenn der Aufsichtsrat der Vornahme des Geschäfts bei Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens nicht zustimmen würde und zu befürchten ist, dass der Gesellschaft durch das Geschäft ein erheblicher Schaden entsteht 655. Bei der Scha651 Statt vieler: Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GeslR IV, § 33 Rn. 76; Semler / Spindler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 131; Bauer, Organklagen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, S. 98 f.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 192 f. 652 Vgl. oben § 4 F. II. 653 Zur Zulässigkeit der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes im Organstreit siehe Bork, ZGR 1989, 1, 30. 654 Siehe dazu auch Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 31. 655 A. A. Raiser, ZGR 1989, 44, 61 (auch in Ausnahmefällen keine Klagepflicht).

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densprognose sind auch sogenannte Frustrationskosten zu berücksichtigen, die etwa dann entstehen, wenn mit der Geschäftsführungsmaßnahme ein Weg eingeschlagen wird, der im Widerspruch zu den unternehmerischen Vorstellungen des Aufsichtsrats steht und deshalb entsprechende Folgemaßnahmen wenig bzw. keine Aussicht auf Erfolg haben. Den Aufsichtsrat zur gerichtlichen Durchsetzung seiner Mitwirkungskompetenz auch ohne Gefahr eines Gesellschaftsschadens zu zwingen wäre dagegen verfehlt, denn die Zustimmungskompetenz des Aufsichtsrats ist nicht Selbstzweck, sondern besteht im Interesse der Gesellschaft. In allen anderen Fällen hat sich der Aufsichtsrat daher seiner sonstigen Überwachungsinstrumentarien zu bedienen. Insbesondere steht ihm das Druckmittel „Personalkompetenz“ zur Verfügung. Ob die bewusste Missachtung der Zustimmungskompetenz des Aufsichtsrats eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG darstellt, wird man allerdings von den Folgen des verbotenen Geschäftsleiterhandelns für die Gesellschaft abhängig machen müssen 656. Wehrt sich der Aufsichtsrat nicht gegen das vorbehaltswidrige Vorstandsverhalten, ist dies entgegen Raiser 657 nicht als „stillschweigendes Einverständnis“ zu werten. Das widerspräche sowohl dem Grundsatz, dass aus einem Schweigen nicht auf eine Willenserklärung zu schließen ist 658, als auch der Regel, dass nur ausdrücklich gefasste Aufsichtsratsbeschlüsse Rechtswirkungen entfalten 659. Vielmehr ist gegenteilig davon auszugehen, dass der Aufsichtsrat ohne ausdrückliche Zustimmung keine Mitverantwortung für das eigenwillige Vorgehen des Vorstands übernehmen will. b) Durchsetzung durch das einzelne Aufsichtsratsmitglied Beschließt der Aufsichtsrat, gegen ein vorbehaltswidriges Vorstandsverhalten nicht gerichtlich vorzugehen, oder bleibt er schlicht untätig, ist fraglich, ob auch das einzelne (überstimmte) Aufsichtsratsmitglied zur Klage gegen den Vorstand berechtigt ist. Aus eigenem Recht ist das einzelne Aufsichtsratsmitglied nicht klagebefugt, denn die Mitwirkungskompetenz aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG steht nur dem Aufsichtsrat als Kollegialorgan zu. Nur der Gesamtaufsichtsrat ist daher berechtigt, sich auf sein Zustimmungsrecht zu berufen und dieses vor Gericht durchzusetzen 660. Das Gleiche gilt für eine Klage nach den Grundsätzen der actio pro socio, 656 Vgl. auch Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 31; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 364 (auf die Eilbedürftigkeit des Geschäfts abstellend). 657 ZGR 1989, 44, 61. 658 Brox / Walker, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 91 und Rn. 195. 659 Hüffer, AktG, § 108 Rn. 4. 660 H. M.: BGHZ 106, 54, 62 f. (Opel); Bork, ZGR 1989, 1, 34 ; Raiser, AG 1989, 185, 189; Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 33 Rn. 77.

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die nach dem oben Gesagten dann ausscheidet, wenn dies dazu führt, dass ein Mehrheitsbeschluss des Aufsichtsrats ausgehebelt wird 661. Dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied bleibt daher nur, den ablehnenden Durchsetzungsbeschluss auf seine Wirksamkeit hin überprüfen zu lassen 662 bzw. gegen den untätigen Aufsichtsrat bzw. Aufsichtsratsvorsitzenden etwa mit Hilfe seines Einberufungsrechts nach § 110 Abs. 2 AktG 663 vorzugehen.

C. Sorgfaltspflichten bei der Ausübung des Zustimmungsrechts Während die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten zunächst „nur“ die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands einschränkt, bewirkt das spätere Zustimmungsrecht die Teilnahme des Aufsichtsrats an von der Geschäftsleitung vorgelegten Geschäftsführungsmaßnahmen. Die unternehmerische Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats löst für jedes Kontrollmitglied erhöhte Sorgfaltspflichten aus 664: Modifiziert durch die ihnen gesetzlich zugeteilte Stellung als „Kontrolleure des Unternehmens“ tragen die Aufsichtsratsmitglieder bei ihrer Zustimmungsentscheidung die unternehmerische (Mit-)Verantwortung für die konkreten Geschäftsvorhaben. Dies im Blick, gilt es im Folgenden, die wesentlichen Pflichten des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder vor, bei und nach der Entscheidung über die Zustimmung zu einer aufsichtsratspflichtigen Maßnahme darzustellen. I. Sorgfaltspflichten im Vorfeld der Zustimmungsentscheidung 1. Organisationspflichten Zu den organisatorischen Obliegenheiten des Aufsichtsrats gehört es, sich des Einsatzes von Ausschüssen zu bedienen. Hier gilt zunächst nichts anderes als für 661

Siehe oben 2. b). Vgl. dazu oben 2. a). 663 Das Selbsthilferecht des § 110 Abs. 2 AktG ermöglicht es dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied, den Aufsichtsrat zu zwingen, sich mit der Frage der klageweisen Durchsetzung eines Zustimmungsvorbehalts zu befassen und einen entsprechenden Beschluss herbeizuführen; vgl. Raiser, ZGR 1989, 44, 67. Das Recht zur zwangsweisen Einberufung verdichtet sich zu einer Einberufungspflicht, wenn dies zur Abwendung von Schäden für die Gesellschaft erforderlich ist; vgl. Semler in: MünchKomm.AktG, § 110 Rn. 105. Der zumindest früher vertretenen Auffassung, wonach ein unbeachteter Antrag als förmlicher Ablehnungsbeschluss gelten soll, wenn über ihn nicht spätestens bis zur zweiten, auf die Antragsstellung folgenden Sitzung entschieden wird (so Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, 2. Aufl. 1989, S. 48; zustimmend Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 220), ist abzulehnen. Sie steht im Widerspruch zu § 108 Abs. 1 AktG, wonach Aufsichtsratsbeschlüsse ausdrücklich gefasst werden müssen, stillschweigende oder konkludente „Beschlüsse“ also ohne Wirkung sind (vgl. Hüffer, AktG, § 108 Rn. 4). 664 Vgl. Semler in: FS Doralt, S. 609, 620 ff. 662

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den Einsatz „vorbereitender Ausschüsse“ bei der Erfüllung der Zustimmungsvorbehaltspflicht 665. Anders als bei der Anordnungsentscheidung kann jedoch die Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Zustimmung zu einem konkreten Geschäft zur abschließenden Behandlung an einen Aufsichtsrat übertragen werden (Umkehrschluss aus § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG). Eine Ausnahme von der Delegierbarkeit der Zustimmungsentscheidung ist jedoch für solche Geschäftsführungsmaßnahmen zu machen, die wesentliche Fragen der Geschäftspolitik wie etwa die Unternehmensplanung betreffen. Geschäfte dieser Art bedürfen mit Blick auf die nicht delegierbare allgemeine Überwachungsaufgabe einer Entscheidung des Gesamtaufsichtsrats 666. Die damit verbundene Beurteilung der Plenarpflichtigkeit einzelner Geschäfte gehört zur Aufgabe des zuständigen Ausschusses. Das schließt freilich das Recht ausschussfremder Aufsichtsratsmitglieder nicht aus, das Beurteilungsergebnis des Ausschusses im Gesamtaufsichtsrat zu hinterfragen. Für den hier interessierenden Haftungsumfang der jeweiligen Kontrollmitglieder für Schäden, die durch eine fehlerhafte Zustimmungsentscheidung (mit-)verursacht wurden, gelten die allgemeinen Verantwortungsgrundsätze beim Einsatz beschließender Ausschüsse. Ähnlich wie beim Vorliegen einer ordnungsgemäßen Geschäftsverteilung des Vorstands tragen die beschließenden Ausschussmitglieder die volle (unternehmerische) Verantwortung für die Zustimmungsentscheidung – freilich unter besonderer Berücksichtigung ihrer Funktion als Mitglieder des Aufsichtsrats. Die übrigen, ausschussfremden Kontrollmitglieder trifft dagegen eine abgeschwächte Verantwortung. Für Schäden im Zusammenhang mit fehlerhaften Zustimmungsentscheidungen haften sie nur für eine sorgfältige Auswahl der Ausschussmitglieder sowie allgemein dafür, dass der Ausschuss seine Aufgaben sach- und ordnungsgemäß erfüllt 667. Letzteres umfasst insbesondere die Pflicht, sich regelmäßig davon zu überzeugen, dass der Ausschuss seinen gegenüber dem Plenum bestehenden Informationspflichten nachkommt (vgl. § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG) 668. Der Vorsitzende des jeweiligen Ausschusses hat im Rahmen der ordentlichen Aufsichtsratssitzungen das Plenum sowohl von einer anstehenden Zustimmungsentscheidung als auch von der endlichen Zustimmungserteilung gegenüber dem Vorstand zu informieren. Ausreichend ist ein Ergebnisbericht 669. Nur wenn Anhaltspunkte vorliegen, die Anlass zu Zweifeln an der Gesetz- und Rechtmäßigkeit der Zustimmungsentscheidung geben, sind die übrigen Kontrollmitglieder ver665

Siehe oben B. I. 3. a). Vgl. oben § 5 A. II. 667 Statt aller: Siebel in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 6 Rn. 121; Gummert / Howe, Der Aufsichtsrat 9/2006, 4, 5. 668 Vgl. Siebel in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 6 Rn. 121 f.; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 628 und Rn. 841. 669 Siehe allgemein Hüffer, AktG, § 108 Rn. 22a. 666

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pflichtet, diesen nachzugehen, und müssen gegebenenfalls darauf hinwirken, dass über den Vollzug des aufsichtsratspflichtigen Geschäfts durch Beschluss im Plenum entschieden wird 670. Demgegenüber sind sie nicht befugt, eine im Rahmen der Zulässigkeitsgrenzen getroffene Ermessensentscheidung des Ausschusses mit eigenen, anderen Ermessensüberlegungen in Frage zu stellen 671. Mit Erfüllung der allgemeinen Überwachungspflichten sind die ausschussfremden Kontrollmitglieder ihrer Pflicht aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nachgekommen; für fehlerhafte Zustimmungsentscheidungen eines Ausschusses können sie daher nicht haftbar gemacht werden. 2. Pflicht zur angemessenen Aufbereitung der Entscheidungsgrundlage Bei der Entscheidung über die Zustimmung zur Durchführung eines aufsichtsratspflichtigen Geschäfts wird es sich – sieht man von den Fällen rechtswidriger Geschäfte ab – regelmäßig um eine unternehmerische Prognoseentscheidung des Aufsichtsrats bzw. des zuständigen Ausschusses handeln. Entscheidend für die Befreiung von der Verantwortung der an dem Vorbehaltsgeschäft mitwirkenden Aufsichtsratsmitglieder für Gesellschaftsschäden ist daher, dass sie die Zustimmungsentscheidung auf der „Grundlage angemessener Information“ getroffen haben (§§ 93 Abs. 1 Satz 2, 116 Satz 1 AktG). Maßgeblich hierfür ist, ob der in den Grenzen seiner Sorgfaltspflichten handelnde Aufsichtsrat bzw. zuständige Ausschuss die Informationsgrundlage als angemessen ansehen durfte 672. Damit stellt sich die Frage, von welcher Breite und Tiefe die Informationsgrundlage einer Zustimmungsentscheidung sein muss, damit das Haftungsprivileg des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG zum Zuge kommt. Aus dem anerkannten Bedürfnis, dem (mit-)geschäftsführend tätigen Aufsichtsrat bei seiner Zustimmungsentscheidung dieselben unternehmerischen Freiräume einzuräumen, wie sie dem Vorstand zustehen, wird teilweise gefolgert, der Aufsichtsrat müsse auch in Bezug auf die unternehmerischen Informationspflichten mit dem Vorstand gleichgestellt werden 673. Verlangt wird, dass der Aufsichtsrat über diejenigen Unterlagen verfügen muss, „die ein pflichtbewusster und sorgfältig arbeitender Vorstand benötigt, wenn er über die anstehende Maßnahme oder das Geschäft entscheiden muss“ 674. 670 Vgl. allgemein: Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 841; Thümmel, AG 2004, 83, 90. 671 Ebenso: Gummert / Howe, Der Aufsichtsrat 9/2006, 4, 5. 672 Vgl. Kock / Dinkel, NZG 2004, 441, 444; Spindler, AG 2006, 677, 681 (jeweils für den Vorstand). 673 So OLG Zweibrücken, DB 1990, 1401, mit zustimmender Anm. von Henze (im Anschluss); ebenso ders., BB 2005, 165, 167; Schlitt, DB 2005, 2007. 674 Semler in: MünchKomm.AktG, § 116 Rn. 252.

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Eine solche informationsbezogene Gleichstellung von Vorstand und Aufsichtsrat ist indessen abzulehnen. Auch in Fällen, in denen der Aufsichtsrat wie hier selbst unternehmerisch tätig wird, ist Verantwortungsmaßstab derjenige eines Überwachers 675. Die Bestimmung der „Angemessenheit“ der entscheidungserheblichen Information hat daher mit Rücksicht auf den nebenberuflichen Charakter des Kontrollmandats zu erfolgen. Das Gesetz sieht in § 110 Abs. 3 Satz 1 AktG für börsennotierte Gesellschaften zwei Aufsichtsratssitzungen im Kalenderhalbjahr vor. In nichtbörsennotierten Gesellschaften kann der Aufsichtsrat sogar beschließen, dass nur eine Sitzung im Kalenderhalbjahr abzuhalten ist (§ 110 Abs. 3 Satz 2 AktG). Zudem darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Diskussion und Entscheidung über ein zustimmungspflichtiges Geschäft in der Regel nur einen Tagesordnungspunkt unter vielen darstellt 676. Weder der Gesamtaufsichtsrat noch die einzelnen Ausschüsse haben die Kapazitäten, einen auf Vorstandsebene vergleichbaren Entscheidungsprozess zu durchlaufen 677. Zu Recht wird daher im Zusammenhang mit Vorstandsvorlagen an den Aufsichtsrat vor „zu großer Detaillierung und Zahlenfriedhöfen“ gewarnt 678. Die Informationsgrundlage des Aufsichtsrats ist vielmehr dann angemessen, wenn sie es dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied ermöglicht, sich in zumutbarer Zeit ein eigenes Bild über die Chancen und Risiken des betreffenden Geschäfts zu machen 679. Die danach vom Aufsichtsrat für den Einzelfall zu treffende Entscheidung über den erforderlichen Informationsumfang, über die Auswahl der Informationsquellen sowie über die Art und Weise der Informationsbeschaffung fällt wegen ihrer Alternativvielfalt selbst in den Anwendungsbereich des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG 680. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich daher darauf, ob der Aufsichtsrat bei seiner Informationsauswahl ermessensfehlerfrei gehandelt hat. Wie viel Information für die jeweilige Zustimmungsentscheidung benötigt wird, hängt von dem Risiko des Geschäfts für die Gesellschaft und der Eilbedürftigkeit der Zustimmung ab. 675 Vgl. oben A. I. sowie Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 9; zustimmend etwa Witte / Hrubesch, BB 2004, 725, 726 f. 676 Fonk, ZGR 2006, 841, 864. Die Literatur geht unter normalen Umständen bei guter Vorbereitung der Sitzungsteilnehmer und straffer Leitung von einer Sitzungsdauer von drei bis vier Stunden aus (Semler in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 1 Rn. 79). Aus der Rechtspraxis kommt der Hinweis, dass für die Behandlung zustimmungspflichtiger Geschäfte in der Regel nicht mehr als eine Stunde zur Verfügung steht (Fonk, ZGR 2006, 841, 864 Fn. 129). 677 Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 9; zustimmend: Witte / Hrubesch, BB 2004, 725, 727; Fonk, ZGR 2006, 841, 864 f. 678 Fonk, ZGR 2006, 841, 862; vgl. auch Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 58 (nicht nur Zahlenwerk). 679 Ebenso Reischauer in: FS Strasser, S. 287, 290; für Beispiele zum Infomationsumfang hinsichtlich einzelner Zustimmungsgeschäfte vgl. Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 55 ff. 680 Siehe Spindler, AG 2006, 677, 681, 683.

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Zeit- und Kostenaufwand der Informationsbeschaffung müssen im Verhältnis zum Nutzen der gewünschten Information stehen 681. Dabei gilt wie sonst auch, dass der Aufsichtsrat grundsätzlich von der Wahrheitsgemäßheit und Vollständigkeit der vom Vorstand vorgelegten Informationen ausgehen darf 682. Vorstandsunabhängige Informationsbeschaffungspflichten bestehen umso weniger, als sich Prognosen der Geschäftsleitung in der Vergangenheit als verlässlich erwiesen haben und der Aufsichtsrat erfahrungsgemäß von einer intensiven Risikoprüfung des Vorstands ausgehen darf 683. Zu eigenen Nachforschungen, also etwa zur Einholung separater Marktanalysen bei der Aufnahme neuer Produkte, zur Einholung sachverständigen Rates zu steuerlichen Auswirkungen geplanter Strukturmaßnahmen oder zu technischen Fragestellungen ist der Aufsichtsrat nur dann verpflichtet, wenn die Vorstandsvorlage insoweit lückenhaft ist oder Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die vorgelegten Informationen fehlerhaft sind bzw. nicht die notwendige Neutralität aufweisen 684. II. Sorgfaltspflichten bei der Zustimmungsentscheidung 1. Pflicht zur Risikoabwägung im Unternehmensinteresse Der oben näher dargelegten Aufbereitung der Entscheidungsgrundlage folgt die eigentliche Zustimmungsentscheidung. Entsprechend seinem Ermessensspielraum lässt sich die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats in zwei Prüfungsschritte unterteilen: In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob die geplante Vorstandsmaßnahme im Einklang mit dem Gesetz und der Satzung steht. Ist das nicht der Fall, so ist die Zustimmung zu verweigern, ohne dass dem Aufsichtsrat diesbezüglich ein Ermessen zusteht 685. Fraglich kann nur sein, ob in Fällen sogenannter „nützlicher“ Pflichtverletzungen 686 Besonderheiten gelten, insbesondere ob dem Aufsichtsrat die (verbotenen) Früchte aus der bewilligten Pflichtverletzung zugutekommen 687.

681

Spindler, AG 2006, 677, 681, 683. Vgl. dazu oben B. I. 2. b) bb) (2) (c). 683 Vgl. Kropff in: FS Raiser, S. 225, 235; Spindler, AG 2006, 677, 683 f. 684 Strenger: Lutter / Drygala in: FS Ulmer, S. 381, 387 (zur eigenen Urteilsbildung ist der Aufsichtsrat bei komplexen Fragestellungen geradezu verpflichtet, sachverständigen Rat einzuholen); zu Nachforschungspflichten des Aufsichtsrats bei erkannter fehlender Neutralität der Berichterstattung des Geschäftsführers siehe BGH, ZIP 2007, 224, 225 (MGmbH), mit Anm. Weiss, BB 2007, 396 ff., und Komm. Huber, GmbHR 2007, 309. 685 Siehe dazu oben § 5 B. I. 3. 686 Zum Begriff siehe Haas in: Michalski, GmbHG, § 43 Rn. 50 f., sowie Fleischer, ZIP 2005, 141. 687 Dazu unter b). 682

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Ist das vorbehaltene Geschäft gesetzes- und satzungskonform, folgt in einem zweiten Schritt die unternehmerische Entscheidung des Aufsichtsrats. Zu prüfen ist, ob das geplante Geschäft dem Wohl der Gesellschaft dient (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) 688. Dazu hat der Aufsichtsrat zunächst zu hinterfragen, ob er die mit der Maßnahme verfolgte Geschäftspolitik mitverantworten kann. Entscheidend und ausreichend ist eine Vertretbarkeitskontrolle. Hält er die Maßnahme für vertretbar, verpflichtet ihn die dennoch gegebene Möglichkeit zur Zustimmungsverweigerung nicht, seine abweichenden unternehmerischen Vorstellungen gegenüber denjenigen des Vorstands durchzusetzen 689. Nach Überprüfung der Übereinstimmung der Maßnahme mit dem „richtigen“ unternehmerischen Kurs erfolgt die Chancen- und Risikoabschätzung 690. Der Aufsichtsrat hat zu prüfen, ob die erwarteten Vorteile die möglichen Risiken des Geschäfts rechtfertigen. Dazu gehört etwa die Überprüfung, ob vorgesehene Sicherheiten zur Absicherung bestimmter Risiken (z. B. Ausfallrisiken des Kreditnehmers 691) ausreichen, ob die Gesellschaft über die für die Durchführung des Geschäfts erforderlichen Kapazitäten (Lagerhallen, Maschinen, Know-how usw.) verfügt 692. Erforderlich hierfür ist die Feststellung, dass der Vorstand bei seiner Risikobewertung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und ein Prognoseverfahren gewählt hat, das anerkannten betriebswirtschaftlichen Maßstäben (der jeweiligen Branche) entspricht 693. Bei Zweifeln an der Vollständigkeit oder der erforderlichen Neutralität der Vorstandsberichte ist der Aufsichtsrat ver688 Das gilt entsprechend für die GmbH; auch dort ist Maßstab das Unternehmensinteresse und nicht das Gesellschafterinteresse, vgl. etwa Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 914; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rn. 43; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 516; Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 178; offengelassen: Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 58; ausführlicher dazu unter II. 1. a) bb). 689 Siehe dazu oben § 5 B. I. 2. 690 In dem Leitsatz zur Entscheidung des II. Zivilsenats des BGH vom 11. 12. 2006, ZIP 2007, 224 (M-GmbH), liest man hierzu: „Der fakultative Aufsichtsrat einer GmbH, dem die Zustimmung zu bestimmten Geschäften der Geschäftsführung nach § 52 Abs. 1 GmbHG, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG vorbehalten ist (hier: Rechtsgeschäfte mit einer Verpflichtung von mehr als 100.000,00 DM), verletzt seine zur Haftung führenden organschaftlichen Pflichten nicht erst dann, wenn er die Geschäftsführung an von seiner Zustimmung nicht gedeckten Zahlungen nicht verhindert, sondern bereits dann, wenn er ohne gebotene Information und darauf aufbauender Chancen- und Risikoabschätzung seine Zustimmung zu nachteiligen Geschäften erteilt [Hervorhebungen vom Verfasser].“ 691 Siehe dazu OLG Jena, ZIP 2007, 1314; zu den besonderen Sorgfaltspflichten eines Kreditausschusses siehe Schwark in: FS Canaris, S. 389. 692 Siehe Semler in: FS Dorlat, S. 609, 617, sowie allgemein Thümmel, Persönliche Haftung, Rn. 239. 693 Vgl. Spindler, AG 2006, 677, 681, 683; Kiethe, WM 2005, 2122, 2125; Doralt in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 13 Rn. 9; zustimmend Witte / Hrubesch, BB 2004, 725, 727; Fonk, ZGR 2006, 841, 865.

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pflichtet, eigene Nachforschungen über das wirtschaftliche Risiko des Vorhabens anzustellen. Soll beispielsweise in ein anderes Unternehmen investiert werden, hat der Aufsichtsrat im Zweifel selbst Erkundigungen „über den konkreten Unternehmensgegenstand des geförderten Unternehmens, seine wirtschaftliche Situation, die von ihm verfolgten Geschäftsziele und das für deren Verwirklichung benötigte Kapital“ anzustellen 694. Die danach vorzunehmende Zustimmungsentscheidung verlangt eine eigene unternehmerische Entscheidung des Aufsichtsrats, die er auf Grundlage der oben umschriebenen Informationsbasis zu treffen hat. a) Das Unternehmensinteresse als Maßstab der Zustimmungsentscheidung Die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats hat nicht nur allein unter Wirtschaftlichkeitsaspekten zu erfolgen. Beurteilungsmaßstab ist vielmehr das Unternehmensinteresse. Die danach vorzunehmende Beurteilung, ob ein vom Vorstand vorgelegtes Geschäft dem Unternehmensinteresse dient, kann mitunter schwierig sein. So kann etwa der Verkauf einer Unternehmenssparte oder die geplante Verlagerung der bislang in Deutschland stattfindenden Vertriebsaktivitäten ins Ausland zwar wirtschaftlich und zweckmäßig sein. Ausgehend von den Interessen der Arbeitnehmer mag die Vertretbarkeit der geplanten Maßnahme angesichts drohender Entlassungen jedoch fraglich sein 695. Umgekehrt können unwirtschaftliche Geschäftsführungsmaßnahmen deswegen zustimmungswürdig sein, weil sie dem Unternehmensinteresse letztlich zugutekommen. Zu denken ist etwa an den Bau eines Betriebskindergartens, an Spenden, Wohltätigkeitsveranstaltungen usw. In der GmbH kommt erschwerend hinzu, dass streitig ist, ob und in welchem berücksichtigungsfähigen Umfang neben die Interessen der Gesellschafter weitere Interessen, insbesondere Eigeninteressen der GmbH treten. aa) Zu berücksichtigende Sonderinteressen in der Aktiengesellschaft Trotz einer Vielzahl von Versuchen, den Begriff des Unternehmensinteresses mit „fassbaren Elementen auszufüllen“ 696, fehlt es bislang an einer klaren inhaltlichen Konkretisierung dieser Verhaltensmaxime 697. Abstrakt formuliert lässt sich das Unternehmensinteresse als Zusammenschluss verschiedener Sonderinteressen der am Unternehmen Beteiligten, insbesondere der Anteilseigner- und Arbeitneh694

BGH, ZIP 2007, 224, 225 f. (M-GmbH), mit Anm. Weiss, BB 2007, 396 ff., und Komm. Huber, GmbHR 2007, 309. 695 Siehe etwa die „Kampfabstimmung“ bei IWKA, Handelsblatt v. 27. 3. 2007, S. 11. 696 Semler / Spindler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 84 mit entsprechenden Nachweisen in Fn. 123. 697 Das „Unternehmensinteresse“ als Verhaltensmaxime deshalb ablehnend: SchmidtLeithoff, Die Verantwortung der Unternehmensleitung, S. 154; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 45 ff.

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merinteressen, definieren, die es mit Blick auf den Unternehmensgegenstand und das Unternehmensziel in Ausgleich zu bringen gilt, wobei der Sicherung des Bestands und der dauerhaften Rentabilität des Unternehmens besondere Bedeutung zukommt 698. Bei der Konkretisierung des Unternehmensinteresses steht dem Aufsichtsrat ein eigener, autonomer Beurteilungsspielraum zu, wenn er – wie hier – präventiv kontrollierend tätig wird 699. Das verdeutlicht nicht zuletzt § 111 Abs. 3 Satz 1 AktG 700. Danach ist der Aufsichtsrat verpflichtet, eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert 701. Mit Blick auf eine bereits bestehende Pflicht des Vorstands (§ 121 Abs. 1 AktG) ist diese Vorschrift nur sinnvoll, wenn der Vorstand und der Aufsichtsrat das „Wohl der Gesellschaft“ unterschiedlich beurteilen 702. Dem Aufsichtsrat steht daher ein eigenes Definitionsrecht zu. Er ist nicht an die Beurteilung des Vorstands gebunden. Im Einzelnen sind es das Rentabilitätsinteresse, die Interessen der Anteilseigner und der Arbeitnehmer 703 sowie die Gläubigerinteressen und die Interessen der Öffentlichkeit, die der Aufsichtsrat in seine Zustimmungsentscheidung mit einzubeziehen hat. Auf die unterschiedlichen Interessen soll hier nicht im Detail

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Vgl. auch die Definitionsversuche von Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 47, und Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 46. Zur Rentabilität als vorrangigste Handlungsmaxime: Mertens in: KölnKomm.AktG, § 76 Rn. 22; ablehnend: Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 49. 699 So auch Semler in: FS Doralt, S. 609, 621: „Auch die Beurteilung unbestimmter Rechtsbegriffe darf und muss der Aufsichtsrat von sich aus selbständig und eigenverantwortlich vornehmen.“ 700 Vgl. Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 624. 701 Streitig ist, ob sich der mit der Einberufung verbundene Tagesordnungspunkt auf Gegenstände beschränkt, die eine Entscheidung der Aktionäre erfordern, so dass insbesondere eine Einberufung zur Klärung von „Fragen der Geschäftsführung“ unzulässig ist. Für enge Auslegung: Hüffer, AktG, § 111 Rn. 14; für weite Auslegung („Erörterung der Lage der Gesellschaft“ genügt) die wohl h. M., anstelle anderer: Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 355 f. m. w. N. in Fn. 241. 702 Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 353. 703 Ausfürlich dazu das Mitbestimmungsurteil des BVerfG v. 1. 3. 1979, BevrfGE 50, 290, 374 (Sozialbindung des Anteilseigentums); vgl. auch Semler / Spindler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 86; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 50; Hüffer, AktG, § 76 Rn. 12; Windbichler, AG 2004, 190 f. (Lohn- und Bestandsinteressen einerseits, Partizipations- und Informationsinteressen andererseits); kritsich: Mülbert, ZGR 1997, 129, 151 ff., 153; Adams, ZIP 2006, 1561 (mit Reformvorschlägen). Praktisch wirkt sich die Bindung des Vorstands an Arbeitnehmerinteressen bei sogenannten arbeitnehmerorientierten Maßnahmen aus, die nicht schon deswegen als sorgfaltswidrig gelten, weil sie dem Unternehmen mangels entsprechender Marktorientiertheit nicht unmittelbar zugute kommen (z. B. Bau eines Betriebskindergartens, Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung), vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 70.

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eingegangen werden. Die folgenden Ausführungen wollen vielmehr nur einen Eindruck über den Stand der Diskussion vermitteln. So hat der Aufsichtsrat seine Zustimmungsentscheidung in erster Linie mit Blick auf die dauerhafte Rentabilität der Aktiengesellschaft zu treffen (Rentabilitätsinteresse), denn dadurch ist regelmäßig sämtlichen Einzelinteressen gedient 704. Von der dauerhaften Rentabilität zu unterscheiden ist die kurzfristige Gewinnmaximierung. Nur die langfristige Rentabilitätssicherung bindet die Unternehmensverwaltung bei ihren Entscheidungen, so dass die Berücksichtigung anderer am Unternehmen beteiligter Interessengruppen zu Lasten erzielbarer Gewinne nicht per se pflichtwidrig ist 705. Das hat Bedeutung vor allem für die Berücksichtigungsfähigkeit öffentlicher Interessen im Rahmen der Zustimmungsentscheidung 706. Aus der Pflicht zur dauerhaften Rentabilitätssicherung folgt das weitere Ziel, den Fortbestand der Gesellschaft zu gewährleisten (Bestandsinteresse) 707. Letzteres ist jedoch vor dem Hintergrund der Rentabilität als oberste Handlungsmaxime zu sehen. Bestandsschutz genießt daher nur ein rentables Unternehmen. Weder die Geschäftsleitung noch den Aufsichtsrat trifft daher die Pflicht, eine andauernd unrentable Gesellschaft aufrechtzuerhalten 708. Ein in letzter Zeit verstärkt wahrgenommenes „Problem“ ist die zum Teil lautstarke Interessenverfolgung der sogenannten reinen Kapitalanleger. Ihr Ziel ist die (kurzfristige) Maximierung des Marktwerts des Unternehmens, insbesondere in Form der Steigerung des Aktienkurses (sog. Marktwertmaximierungsinteresse) 709. Das Marktwertmaximierungsinteresse tritt dabei nicht selten in einen Widerspruch zum Gesellschaftsinteresse (Vermögenszuwachs) oder zu den Interessen der Arbeitnehmer. Zu denken ist etwa an einen forcierten Personalabbau 710. Und zu denken ist an die Aufspaltung eines in mehreren Geschäftszweigen tätigen Unternehmens, um damit Investorenforderungen nach klar geregelten Geschäftsbe704 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 13; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 76 Rn. 22; Mülbert, ZGR 1997, 129, 141 (Gewinnmaximierung als überindividuelles Formalziel). 705 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 14. 706 Siehe dazu die Beispiele bei Hüffer, AktG, § 76 Rn. 14 (freiwillige Mehraufwendungen für Umweltschutz, Sponsoring kultureller Veranstaltungen, Spenden usw.). 707 Kort in: Großkomm.AktG, § 76 Rn. 52. 708 Kort in: Großkomm.AktG, § 76 Rn. 52: „Die Aufrechterhaltung einer andauernd unrentablen Gesellschaft liegt nicht im Unternehmensinteresse.“; ders., ZGR 1993, 534, 538. 709 Eingehend Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt; ders., ZGR 1997, 129 ff.; ders., BZ v. 18. 2. 2004, S. 2; ders. in: FS Röhricht, S. 421; ebenso Fleischer, ZIP 2006, 451, 454; ders. in: Hommelhoff / Hopt / v. Werder (Hrsg.), Hdb. Corporate Governance, S. 129, 134 ff., siehe auch FAZ v. 19. 5. 2006, S. 21. 710 Siehe dazu Goette in: Hommelhoff / Hopt / v. Werder (Hrsg.), Hdb. Corporate Governance, S. 749, 757: „Dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung im Interesse der Aktionäre z. B. muss der Vorstand – etwa mit Hilfe eines forcierten Personalabbaus – keinen Vorrang einräumen.“

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reichen in der Hoffnung nachzukommen, „dass die neuen Unternehmenseinheiten in der Summe einen höheren Kapitalmarktwert erzielen als das alte Einheitsunternehmen“ 711. Im letzteren Fall, der „Zerlegung“ des Unternehmens, kommt es in der Regel allein zu einer Mehrung des Aktionärsvermögens. Die Gesellschaft selbst erfährt hingegen keinen Vermögenszuwachs (so insbesondere dann, wenn positive unternehmensinterne Synergieeffekte der Aufspaltung zum Opfer fallen). Wie die Interessenabwägung in diesen Fällen zu erfolgen hat, soll hier nicht vertieft werden. Zu bedenken ist allerdings, dass es nicht zum vornehmlichen Ziel einer Aktiengesellschaft gehört, die Vermögensverhältnisse jedes einzelnen Aktionärs zu verbessern 712. Trotz des immer stärker werdenden Drucks institutioneller Anleger wird der Aufsichtsrat daher die (berechtigten) Interessen der reinen Kapitalanleger an einer individuellen Vermögenssteigerung nur insoweit berücksichtigen dürfen, als sie nicht zu Lasten des Gesellschaftsvermögens gehen 713. Die Förderung der Gläubigerinteressen (Kunden, Lieferanten, Banken usw.) sowie diejenigen der Öffentlichkeit 714 gehören jeweils nicht zur unternehmerischen Tätigkeit eines auf Gewinn abzielenden Unternehmens 715. Sie fließen daher nur insoweit in die Entscheidungsfindung des Aufsichtsrats mit ein, als die Geschäftsleitung aufgrund ihrer Verpflichtung zu rechtmäßigem Handeln auch gläubigerschützende (geschriebene und ungeschriebene) Grundsätze zu beachten hat 716 und nicht gegen Recht und Ordnung verstoßen darf 717. Die Ablehnung einer Pflicht zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses bedeutet freilich nicht, dass der Aufsichtsrat solche Interessen per se nicht berücksichtigen darf. Vielmehr ergibt sich aus dem Verständnis des Unternehmens als „soziale Veranstaltung mit gesellschaftlichen Verpflichtungen“ 718, dass auch gemeinnützige Ziele ver711 Mülbert, ZGR 1997, 129, 160 mit Beispiel aus der Praxis in Fn. 111; siehe ferner FAZ v. 9. 2. 2005, S. 17 („Wall Street honoriert Abspaltungen“); FAZ v. 15. 8. 2006, S. 13 (Royal Ahold NV); kritisch: Lutter / Zöllner, FAZ v. 10. 2. 2004, S. 12; Binz / Sorg, BB 6/2006, „Die Erste Seite“. 712 Vgl. Habersack, AG 2005, 137, 139 f.: „Auch der Aktionär einer börsennotierten Gesellschaft . . . ist nach der lex lata Gesellschafter, nicht ‚Anleger‘.“; vgl. auch BGH, NJW 1977, 1283, wonach der Aktienkurs bei der Schadensberechnung im Rahmen von § 93 AktG keine Rolle spielt; ebenso Hefermehl / Spindler in: MünchKomm.AktG, § 93 Rn. 79. 713 Wie hier (im Kontext des „Mannesmann“-Falls) etwa Lutter / Zöllner, FAZ v. 10. 2. 2004, S. 12; a. A. Baums, BZ v. 17. 2. 2004, S. 6; Mülbert, BZ v. 18. 2. 2004, S. 2. 714 Siehe dazu Raisch in: FS Hefermehl, S. 347, 351 ff. 715 Für Gläubigerinteressen: Semler / Spindler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 87. 716 Vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 55; Semler / Spindler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 89; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 56 f.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 47; Junge in: FS v. Caemmerer, S. 547, 550. 717 Semler / Spindler in: MünchKomm.AktG, Vor § 76 Rn. 89; Kort in: Großkomm.AktG, § 76 Rn. 60. 718 Vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 71.

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folgt werden dürfen – und zwar grundsätzlich auch dann, wenn die Aktivitäten nicht unmittelbar der Gewinnerwirtschaftung zugutekommen. Praktisch bedeutsam wird die Frage etwa bei der Zustimmung zu Spenden des Unternehmens an wissenschaftliche, soziale oder kulturelle Einrichtungen 719. Voraussetzung für die Zulässigkeit solcher gemeinnütziger Aktivitäten ist, dass ein gewisser örtlicher oder gegenständlicher Bezug zum Unternehmen besteht 720, die erforderlichen Aufwendungen in einem angemessenen Verhältnis zum finanziellen Unternehmenszuschnitt stehen 721 und sie schließlich nicht zu Lasten der unmittelbar am Unternehmen beteiligten Interessengruppen gehen 722. bb) Rechtslage in der GmbH Für die GmbH ist indessen umstritten, ob es neben den Interessen der Gesellschafter ein der Aktiengesellschaft vergleichbares Unternehmensinteresse geben kann, das insbesondere zur Rücksichtnahme auf „Eigeninteressen“ der Gesellschaft, aber auch von Arbeitnehmerinteressen und Interessen der Öffentlichkeit berechtigt und gegebenenfalls verpflichtet. Die Frage wird vornehmlich unter dem Vorzeichen der Schadensersatzhaftung der Gesellschafter und der Geschäftsführer im Zusammenhang mit der Anweisung und Durchführung gesellschaftsschädigender Maßnahmen diskutiert. Sie wird indessen weniger vom Standpunkt des Aufsichtsrats aus erörtert. In der Lehre und in der Rechtsprechung überwiegt danach die Ansicht, dass den Interessen der Gesellschaft am eigenen Fortbestand und an einer Gewinnerzielung durch die Treupflicht der Gesellschafter, schädigende Maßnahmen zu unterlassen, ausreichend Rechnung getragen wird. Bei Einmann-Gesellschaften oder bei Zustimmung aller Gesellschafter erschöpfe sich das „Eigeninteresse“ der Gesellschaft gar in den Regeln über verbotene Auszahlungen gemäß den Vorschriften der §§ 31, 43 Abs. 3 GmbHG. Nur in Extremfällen soll die Lebensfähigkeit (Existenz) der Gesellschaft auch außerhalb der Grenzen des § 30 GmbHG Schutz genießen, wenn etwa durch den vollständigen Entzug der Liquidität die Zahlungsunfähigkeit oder die Insolvenz der Gesellschaft droht 723. Im Übrigen sei aber ein über die

719 Hierzu eingehend Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 71 ff. mit jeweils weiteren Nachweisen, sowie Kind, NZG 2000, 567. 720 Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 71. 721 Nach Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 72, sind 2 Prozent des Bilanzgewinns in der Regel unbedenklich. 722 Vgl. Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 54; für Einzelheiten siehe bei Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 71 f. 723 Vgl. dazu BGH, GmbHR 2007, 927 (Trihotel); dazu: Weller, ZIP 2007, 1681; Paefgen, DB 2007, 1907; Vetter, BB 2007, 1965; Wagner in: FS Canaris, Band II, 2007, S. 473; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rz. 25a; siehe auch schon Lutter / Hommelhoff in:

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Gesamtheit der Gesellschafterinteressen hinausgehendes Gesellschaftsinteresse nicht anzuerkennen 724. Für den Überwachungsmaßstab des GmbH-Aufsichtsrats überzeugen diese für die Gesellschafter- und Geschäftsführerhaftung entwickelten Grundsätze indessen nicht. Anders als die Geschäftsführer üben Aufsichtsratsmitglieder ihr Kontrollamt unabhängig von Weisungen der Gesellschafter aus. Sie nehmen ihr Amt auch nicht als Vertreter der Gesellschafter wahr, sondern sie dienen allein dem Interesse der Gesellschaft 725. Dies entspricht den Erwartungen des Rechtsverkehrs, der bei Vorliegen eines Aufsichtsrats von einer „neutralen“ Überwachung ausgeht. Der Aufsichtsrat darf daher bei seiner Kontrolltätigkeit seinen Blick nicht auf die Gesellschafterinteressen beschränken. Zu berücksichtigen sind auch die Interessen der Arbeitnehmer, der Gesellschaftsgläubiger und der Allgemeinheit 726. Dazu gehört etwa die Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Gläubigerschutzbestimmungen durch die Geschäftsführung. Neben dem Ausschüttungsverbot des § 30 GmbHG zählt hierzu vor allem das Liquidationsrecht: Die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats ist danach auch dem Bestandsschutz der GmbH geschuldet, wenn die Geschäftsführer Anweisungen zur Existenzvernichtung jenseits der geregelten Abwicklung erhalten bzw. existenzgefährdende Maßnahmen mit vergleichbarem Resultat durchzuführen beabsichtigen 727. In diesen Fällen hat der Aufsichtsrat sein Veto mit Hilfe seines Vorbehaltsrechts auszusprechen mit der Folge, dass sich die Gesellschafterversammlung mit den Ablehnungsgründen der Kontrolleure befassen muss. Gleiches gilt, wenn es um die Einhaltung des Unternehmensgegenstands geht. Die Gesellschafter sind zwar in der Lage, den Gesellschaftszweck jederzeit zu ändern. Aber auch dies darf nur in dem hierfür vorgesehenen Verfahren erfolgen. Unternehmensangehörige und außenstehende Dritte haben vor allem wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Publizität der Zieländerung (vgl. §§ 53 ff. GmbHG) ein Interesse an der Verfahrenseinhaltung 728. Die Einbeziehung von Arbeitnehmerinteressen in die Aufsichtsratskontrolle wird man schließlich auch Lutter / Hommelhoff, GmbHG, Anh § 13 Rn. 27: GmbH mit 25000 Euro Kapital und 50 Mio. Euro Rücklagen, die auf einen Schlag hin abgezogen werden und so die Gesellschaft illiquide machen; für einen Überblick zum Meinungsstand siehe Winter, ZGR 1994, 570, 577 ff. 724 Anstelle anderer: BGHZ 119, 257, 262; 122, 333, 336; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, Anh § 13 Rn. 28; Zöllner in: Baumbach / Hueck, GmbHG, SchlAnhKonzernR, Rn. 112; a. A. (für Eigeninteresse): Ulmer, ZHR 148 (1984), 391, 418 ff.; ders., ZGR 1985, 598, 607; Winter, ZGR 1994, 570, 587; Priester, ZGR 1993, 512, 521. 725 Wie hier etwa Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 178. 726 Ebenso Heyder in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 178; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 256; für Interessenbindung auch der Geschäftsführer: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 42; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 58. 727 Vgl. Priester, ZGR 1993, 512, 521; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 256. 728 Vgl. Priester, ZGR 1993, 512, 520.

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jenseits dieser gesetzlichen Schutzbestimmungen mit Blick auf das Mitbestimmungsurteil 729 nicht leugnen können. Und versteht man mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Arbeitnehmerinteressen als Ausfluss der Sozialbindung des Anteilseigentums, so spielt es für die Berücksichtigungsfähigkeit der Belange der Arbeitnehmer keine Rolle, ob die GmbH in den Anwendungsbereich der Mitbestimmungsgesetze fällt oder nicht. Die Anzahl der am Unternehmen beteiligten Arbeitnehmer kann danach allenfalls für den Grad der Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen von Bedeutung sein. Als Ergebnis ist damit festzuhalten, dass der Aufsichtsrat seine Zustimmungsentscheidung nicht allein an den Gesellschafterinteressen auszurichten hat, sondern in gleicher Weise wie ein AG-Aufsichtsrat auf das Unternehmensinteresse verpflichtet ist. Im Verhältnis zum Aufsichtsrat wirkt sich daher die Allkompetenz der Gesellschafter nur insoweit aus, als vertretbare Gesellschafterentscheidungen im Rahmen der Entscheidung über die Zustimmung angewiesener Geschäftsführungsmaßnahmen nicht durch gleichwertige Unternehmensentscheidungen des Aufsichtsrats ersetzt werden dürfen (siehe oben § 5 B. II.). Davon unberührt bleibt die Pflicht des GmbH-Aufsichtsrats, auf berücksichtigungsfähige Interessenverletzungen per Veto hinzuweisen. cc) Pflicht zum Interessenausgleich nach dem Gebot der praktischen Konkordanz Nicht selten wird eine Entscheidung nicht allen Interessen gerecht. Für den Aufsichtsrat stellt sich dann die Frage, welchen Interessen der Vorrang zu gewähren ist. Insoweit liegt es nahe, den unternehmensinternen Interessen (Rentabilitäts-, Anteilseigner- und Arbeitnehmerinteressen) regelmäßig größeres Gewicht beizumessen als den externen Unternehmensinteressen (z. B. Allgemeinwohlinteressen). Und gerade in der GmbH mag die oben eingangs dargestellte Ansicht vom Gleichlauf von Gesellschafter- und Gesellschaftsinteresse dazu verleiten, den Gesellschafterinteressen besonderes Gewicht beizumessen. Dennoch gibt es mit der herrschenden Meinung keine Bindung der Verwaltung an eine vorbestimmte Interessenhierarchie 730. Es gehört vielmehr zur Aufgabe des Aufsichtsrats, die divergierenden Interessen nach dem Gebot der praktischen Konkordanz in Ausgleich zu bringen 731. Und das gilt nach dem eben Gesagten auch für die GmbH. 729

BVerfGE 50, 290, 374. Vgl. etwa Hüffer, AktG, § 76 Rn. 12; Hefermehl in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, AktG, § 76 Rn. 19 f.; Rittner in: FS Geßler, S. 139, 142; ders., AG 1973, 113 ff.; Dreher, ZIP 1995, 628, 629: „Bei einer verallgemeinernden Betrachtung kann es . . . eine Bevorzugung bestimmter Interessen als Regel nicht geben. Entscheidend sind immer die Umstände des Einzelfalls.“ 731 Vgl. Hopt, ZGR 1993, 534, 536; ders., ZGR 2002, 333, 360; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 76 Rn. 19; kritisch zur „praktischen Konkordanz“ als Instrument der Unternehmensführung: Kuhner, ZGR 2004, 244, 255 ff. 730

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Bei diesem aus dem Verfassungsrecht stammenden Grundsatz geht es darum, die jeweiligen Interessen nach dem Gedanken des nach allen Seiten hin schonendsten Ausgleichs zu optimaler Wirksamkeit gelangen zu lassen 732. Dabei steht dem Aufsichtsrat wie dem Vorstand ein breiter Handlungsspielraum zu, der nicht schon dann überschritten wird, wenn einzelnen Interessen der Vorrang vor anderen eingeräumt wird 733. Aus der Ablehnung einer bestimmten Rangfolge der zu berücksichtigenden Einzelinteressen folgt zugleich, dass die Bindung des Aufsichtsrats an das Unternehmensinteresse nicht geeignet ist, seine Zustimmungsentscheidung als „richtig“ oder „falsch“ zu bewerten 734. Sie gibt nur darüber Auskunft, ob der Aufsichtsrat bei Ausübung seiner Überwachungsaufgabe die ihm eingeräumten Ermessensspielräume eingehalten hat 735. b) Zustimmungsentscheidung bei „nützlichen“ Pflichtverletzungen Zu dem oben dargestellten Problemkreis der Pflichtenbindung des Aufsichtsrats bei Ausübung seiner Überwachungstätigkeit gehört auch die Frage nach dem Umgang mit sogenannten „nützlichen“ Pflichtverletzungen. Die wirtschaftliche Realität stellt die Geschäftsleitung nicht selten vor die Entscheidung, ein für die Gesellschaft vorteilhaftes und möglicherweise überlebensnotwendiges, aber rechtswidriges Geschäft vorzunehmen. Die denkbaren Sachverhalte reichen von verbotenen Schmiergeldzahlungen an Angehörige anderer Unternehmen (vgl. § 299 Abs. 2 StGB) oder an ausländische Amtsträger, etwa an Zollbeamte (vgl. § 334 StGB i. V. m. Art 2 § 1 Nr. 2 IntBestG) 736, über Umweltverstöße 737, das Abkaufen von Widersprüchen räuberischer Aktionäre 738 bis hin zu rechtswidrigen Kartellabsprachen 739. Gerade in Krisenzeiten wird der Vorstand verführt sein zu versuchen, den Aufsichtsrat von der Vorteilhaftigkeit und Notwendigkeit des rechtswidrigen Geschäfts zu überzeugen. Für den Aufsichtsrat stellt sich dann die Frage nach seinem Handlungsspielraum – und möglichen Haftungsfolgen im Fall einer Billigung rechtswidriger Geschäftsführungsmaßnahmen. 732 Vgl. BVerfGE 93, 1, 21; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rn. 72 und Rn. 318; Jarass in: Jarass / Pieroth, GG-Komm., Vorb. vor Art. 1 Rn. 49. 733 Vgl. eingehend v. Werder, ZGR 1998, 69, 77 ff. 734 So (allgemein) Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 59. 735 Vgl. wieder Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 59. 736 Vgl. die „paradigmatischen“ Fälle bei Fleischer, ZIP 2005, 141 f. 737 Siehe etwa das Rechenbeispiel von Ihrig, WM 2004, 2098, 2104 (Austausch von Rußpartikelfiltern). 738 Vgl. dazu etwa Jahn, FAZ v. 18. 6. 2007, S. 18; Riegger / Götze in: Krieger / Uwe H. Schneider (Hrsg.), Hdb. Managerhaftung, § 24 Rn. 62 ff. 739 Vgl. Sven H. Schneider, DB 2005, 707, 710 mit Rechenbeispiel in Fn. 32.

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aa) Vorrangige Pflicht zur Legalitätswahrung Nach der Entscheidung BGHZ 124, 111, 127 (Vereinte Krankenversicherung) ist der Aufsichtsrat verpflichtet, einen Zustimmungsvorbehalt einzuführen, wenn sich nur so eine gesetzwidrige Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands verhindern lässt. Diese Ermessensreduktion gilt in Fortführung der Entscheidung in gleicher Weise für die Zustimmungsentscheidung – und zwar auch dann, wenn der Gesetzesverstoß etwa mit Blick auf das geringe Entdeckungs- und Verfolgungsrisiko für die Gesellschaft letztlich von Vorteil ist 740. Dies entspricht dem herrschenden Grundsatz vom Vorrang der organschaftlichen Legalitätspflicht, der neben externen auch interne Pflichtenbindungen, also etwa die Bindung an Satzungsbestimmungen oder Regelungen in einer Geschäftsordnung, erfasst 741. Der Legalitätsgrundsatz seinerseits hat seinen Niederschlag in den Vorschriften über die Auflösung der Gesellschaft nach § 396 Abs. 1 AktG und § 62 Abs. 1 GmbHG 742. Nach § 396 Abs. 1 AktG kann die Gesellschaft aufgelöst werden, wenn sie durch gesetzwidriges Verhalten ihrer Verwaltungsträger das Gemeinwohl gefährdet und weder der Aufsichtsrat noch die Hauptversammlung für eine Abberufung der Verwaltungsträger sorgen. Nach § 62 Abs. 1 GmbHG gilt Gleiches für die GmbH, wenn die Gesellschafter gesetzwidrige Beschlüsse fassen oder gesetzwidrige Handlungen der Geschäftsführer geschehen lassen. Die Pflicht zu gesetzmäßigem Handeln steht damit über dem Wohl der Gesellschaft. Mangels echter Handlungsalternative fällt gesetzwidriges Organverhalten daher auch nicht unter die Business Judgment Rule im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG 743. Vorteilhafte Gesetzesverstöße stellen somit selbst dann keinen Rechtfertigungsgrund für Pflichtverletzungen dar, wenn sie zur Existenzerhaltung der Gesellschaft notwendig sind. Diese Maßstäbe gelten über § 116 Satz 1 AktG gleichermaßen für den Aufsichtsrat, so dass auch sein Handlungsspielraum entsprechend eingeschränkt ist: Mag das beabsichtigte Geschäft für die Gesellschaft noch so vorteilhaft sein, ist es gesetzwidrig, muss der Aufsichtsrat seine Zustimmung verweigern. bb) „Ausnahmen“ Im Einklang mit dem Grundsatz des Vorrangs rechtmäßigen Verhaltens werden zu Recht zwei Fälle gesondert behandelt, die es dem Vorstand – und damit auch dem Aufsichtsrat – erlauben, sich im Einzelfall unter Berücksichtigung von Chancen und Risiken für die Gesellschaft bewusst über bindende Verhaltens740 Für das Geschäftsleiterermessen Mertens in: KölnKomm.AktG, § 93 Rn. 34; Hopt in: Großkomm.AktG, § 93 Rn. 99; Haas in: Michalski, GmbHG, § 43 Rn. 50 f.; Fleischer, ZIP 2005, 141, 148 ff.; Spindler in: FS Canaris, S. 403, 425; kritisch Ihrig, WM 2004, 2098, 2105. 741 Vgl. Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 474 m. w. N. in Fn. 239. 742 Fleischer, ZIP 2005, 141, 148. 743 RegBegr. UMAG, BT-Drucks 15/5092, S. 11 (linke Spalte).

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vorgaben hinwegzusetzen, ohne dass damit zugleich eine haftungsbegründende Pflichtverletzung gegeben ist: So ist zum einen anerkannt, dass der Geschäftsleitung in Bezug auf die Erfüllung privatautonom begründeter Vertragspflichten ein Handlungsspielraum zukommt 744. Das lässt sich wiederum mit § 396 Abs. 1 Satz 1 AktG und § 62 Abs. 1 GmbHG begründen, wonach die Gesellschaftsauflösung an ein gesetzwidriges Verhalten geknüpft ist, bloße Vertragsverletzungen also nicht ausreichen 745. Gerade in schwierigen Zeiten steht es damit im Ermessen der Geschäftsleitung, welche Verbindlichkeiten sie erfüllt und in welchen Fällen sie es auf eine Verurteilung zum Schadensersatz ankommen lassen will. So kann etwa eine spätere Erfüllung oder eine zu erbringende Sekundärleistung anstelle der Primärleistung für die Gesellschaft besser sein. Gleiches wird man aber auch hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Bindungen annehmen können, soweit diese lediglich in Form von Zahlungsverbindlichkeiten bestehen. In diesem Fall ist die öffentliche Hand lediglich Teil der Gesamtheit aller Gesellschaftsgläubiger, deren Interessen die Geschäftsleitung nach pflichtgemäßem Ermessen in Ausgleich zu bringen hat 746. Die Leitungsorgane handeln daher nicht schon deswegen pflichtwidrig, weil sie in der Unternehmenskrise Liquidität vorrangig zur Existenzsicherung einsetzen, anstelle sie für die Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge an die Sozialkassen oder zur Begleichung von Steuerschulden aufzubewahren 747. Eine zweite „Ausnahme“ vom Vorrang der Legalitätspflicht wird zudem in Fällen unklarer oder umstrittener Rechtslage gemacht 748. Ist die Rechtslage noch offen oder nicht endgültig geklärt, so soll der Vorstand nach teilweise vertretener Ansicht die für das Unternehmen günstigste Rechtsposition einnehmen dürfen, sofern diese nur vertretbar ist 749. Er darf seiner Rechtsauffassung durch entsprechendes Handeln Ausdruck verleihen und kann sich darauf beschränken, ein staatliches Eingreifen, z. B. das einer Verwaltungsbehörde, abzuwarten. Die danach entscheidende Vertretbarkeitsschwelle wird allerdings richtigerweise schon 744 Anstelle anderer: Ihrig, WM 2004, 2098, 2104 f.; Fleischer, ZIP 2005, 141, 150, jeweils m. w. N. 745 Für § 396 Abs. 1 Satz 1 AktG: Fleischer, ZIP 2005, 141, 150; Hüffer, AktG, § 396 Rn. 3; für § 62 Abs. 1 GmbHG: Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 62 Rn. 2 f. 746 Im Ergebnis ebenso: Paefgen in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 43 Rn. 247. 747 Ausführlich dazu Uwe H. Schneider / Brouwer, ZIP 2007, 1033, 1036 ff.; a. A. freilich die Vorrang-Rechtsprechung des 5. Strafsenats (siehe nur BGH, NZG 2002, 721, 723; NJW 2003, 3787, 3788; NJW 2005, 3650, 3651 ff.) und diejenige des II. Zivilsenats (vgl. zuletzt BGH, VersR 2007, 213) sowie die Rechtsprechung des BFH, die eine anteilmäßige Befriedigung des Fiskus verlangt (siehe nur BFH, BStBl. II 2001, 271). 748 Hopt in: Großkomm.AktG, § 93 Rn. 99; Dreher in: FS Konzen, S. 85, 92 f.; Fleischer, ZIP 2005, 141, 149 f. 749 In diesem Sinne etwa Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14 Rn. 66; Fleischer, ZIP 2005, 141, 150.

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

dort überschritten sein, wo eine ständige verwaltungsbehördliche Praxis oder eine „herrschende Meinung“ besteht, sich der Vorstand also „lediglich“ auf einzelne Ansichten aus der Lehre stützt 750. Für den Aufsichtsrat gilt, dass er sich in solchen Fällen unterschiedlicher Rechtsansichten über die Rechtslage eingehend zu informieren hat. In der Regel wird er hierzu sachkundigen Rechtsrat in Anspruch nehmen müssen 751. Die im Rahmen seiner Zustimmungsentscheidung vorzunehmende Abwägung zwischen den Vorteilen des Geschäfts und den Folgen des Vorstandshandelns für den Fall der Rechtswidrigkeit 752 hat dann unter besonderer Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Beanstandung des Geschäfts zu erfolgen. Dabei gilt, dass dem mit dem Geschäft erhofften Vorteil für die Gesellschaft umso weniger Gewicht zukommt, „je gefestigter die [gegen die Durchführung des Geschäfts sprechende] Rechtslage ist und je mehr höhere Gerichte hierzu beigetragen haben“ 753. cc) Vorteilsausgleichung bei pflichtwidrig erteilter Zustimmung Stimmt der Aufsichtsrat entgegen seiner Legalitätspflicht einer gesetzwidrigen Vorstandsmaßnahme zu, so handelt er pflichtwidrig. Entsteht der Gesellschaft durch das verbotene Geschäft ein Schaden, etwa weil es nach seiner Entdeckung mit einer Geldbuße geahndet wird oder der Gesellschaft gar die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb entzogen wird (vgl. z. B. § 35 Abs. 2 Nr. 6 KWG), so macht er sich nach §§ 93 Abs. 2 i. V. m. 116 Satz 1 AktG gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig. Das Gleiche gilt kraft Verweisung (vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG, § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG) für den Aufsichtsrat einer GmbH. Hat die Gesellschaft durch das von ihm pflichtwidrig bewilligte Geschäft neben Nachteilen auch Vorteile erlangt, stellt sich für den Aufsichtsrat die Frage, ob er sich hierauf berufen kann, ob sich also die Gesellschaft bei der Schadensberechnung durch die Pflichtverletzung erlangte Vorteile anrechnen lassen muss. Eine prinzipielle Ablehnung der Anwendbarkeit der Regeln über die Vorteilsausgleichung im Recht der Organhaftung wird, soweit ersichtlich, nicht vertreten. Es entspricht auch vielmehr der zivilrechtlichen Dogmatik, für die Ermittlung des Schadens nach § 93 Abs. 2 AktG auf die allgemeinen Grundsätze der §§ 249 ff. BGB zurückzugreifen 754. Voraussetzung für die gesetzlich nicht geregelte Vorteilsausgleichung ist neben dem Kausalitätserfordernis, dass zwischen dem Vorund Nachteil ein innerer Zusammenhang besteht. Vor- und Nachteil müssen bei 750

So zu Recht Dreher in: FS Konzen, S. 85, 93. Für den Vorstand: Dreher in: FS Konzen, S. 85, 93; auf die Bedeutung der Rechtsfrage abstellend: Fleischer, ZIP 2005, 141, 150 m. w. N. in Fn. 138. 752 Vgl. für den Vorstand Hopt in: Großkomm.AktG, § 93 Rn. 99. 753 So für den Vorstand: Dreher in: FS Konzen, S. 85, 93; a. A. Fleischer, ZIP 2005, 141, 150; Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, S. 201 –204. 751

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wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein 755. Dabei muss der Vorteil dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entsprechen. Die Anrechnung darf den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht unbillig begünstigen 756. Letzteres lässt Spielraum für normative Einschränkungen der Berücksichtigungsfähigkeit pflichtwidrig erlangter Vorteile. Ausgangspunkt muss aber Sinn und Zweck der Ersatzpflicht sein. Als Schadenskompensationsnorm soll § 93 Abs. 2 AktG einen Ausgleich gegenüber der Gesellschaft für Nachteile herbeiführen, die diese durch das Handeln ihrer Organmitglieder erlitten hat 757. Einen darüber hinausgehenden Sanktionscharakter etwa im Interesse der Öffentlichkeit kommt ihr dagegen nicht zu. Gerade bei der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die die Gesellschaft schuldet, wäre es daher inkonsequent, durch eine Beschränkung des Rückgriffs auf die Rechtsfigur der Vorteilsausgleichung die Organwalter wirtschaftlich schlechter zu stellen als die eigentlich pflichtbetroffene Gesellschaft 758. Unabhängig davon fehlt es hierfür auch an einem Bedürfnis. So hält nämlich die Rechtsordnung manigfaltige Instrumentarien zur Abschöpfung rechtswidrig erlangter Vorteile bereit. Als Beispiele dienen etwa die Anordnung des Verfalls nach § 73 StGB, die Einziehung nach § 74 StGB, die Regelung des § 17 Abs. 4 OwiG, wonach die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen soll (vgl. auch § 81 Abs. 5 GWB) 759. Endlich ist noch daran zu denken, die Vorteilsausgleichung durch eine subjektivierte Bestimmung des Vorteils zu entschärfen. In Ahnlehnung an das Rechtsinstitut der aufgedrängten Bereicherung würden danach solche „Vorteile“ ausscheiden, die für die Gesellschaft ohne Interesse sind. Zu denken ist etwa an die Erlangung von Vorteilen aus Geschäften, die nicht vom Unternehmensgegenstand gedeckt sind 760. Das soll hier nicht vertieft werden. Festzuhalten bleibt, dass bereits ausreichende Instrumentarien 754

Anstelle anderer: Hopt in: Großkomm.AktG, § 93 Rn. 261 und Rn. 264; vgl. auch Torggler, ZfRV 2002, 133, 135 f. („verhältnismäßige Ausgleichung“ von Schaden und Nutzen). 755 BGH, NJW 1997, 2378; Heinrichs in: Palandt, BGB, Vorb v § 249 Rn. 122. 756 BGH, NJW 1997, 2378 m. w. N.; Heinrichs in: Palandt, BGB, Vorb v § 249 Rn. 120. 757 Hopt in: Großkomm.AktG, § 93 Rn. 11; Fleischer, ZIP 2005, 141, 151 f.; vgl. auch Uwe H. Schneider in: FS Werner, S. 795, 807. 758 Vgl. für das Bußgeldrecht Wilsing in: Krieger / Uwe H. Schneider (Hrsg.), Hdb. Managerhaftung, § 25 Rn. 37; siehe auch Krause, BB 2007, Beilage 7, 2, 13; anders wohl Spindler in: FS Canaris, Band II, S. 403, 425 f. 759 Zu den Voraussetzungen des Verfalls und dessen Verhältnis zur Verbandsgelbuße siehe Spatscheck, AG 2007, 777. 760 Vgl. BGH, ZIP 1988, 843, 845: „ . . . vor dem Vermögensvergleich [hat] eine wertende Betrachtung darüber stattzufinden . . . , welche Posten in die Vergleichsrechnung eingestellt werden dürfen. . . . der Schädiger [muss] den Nachweis erbringen, daß die Gesellschaft die Gegenleistung bzw. Teile von ihr ohnehin beansprucht hätte, oder daß sie aus der verbotenen Maßnahme andere vermögenswerte Vorteile erlangt hat, die ihr sonst vorenthalten geblieben wären.“; dazu auch Fleischer, ZIP 2005, 141, 151.

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bereitstehen, um einer unbilligenden Begünstigung pflichtwidrig handelnder Organmitglieder entgegenzutreten, und es daher keiner weiteren Zurückdrängung der Vorteilsanrechnung bedarf. Nach alledem steht fest, dass sich die Gesellschaft bei der Schadensermittlung Vorteile anrechnen lassen muss, die sie durch das schadensersatzpflichtige Organverhalten erlangt hat. Der mit seiner pflichtwidrig erteilten Zustimmung an der „nützlichen“ Pflichtverletzung beteiligte Aufsichtsrat kann sich daher auf die Grundsätze der Vorteilsausgleichung berufen. Für die Vorteilserlangung der Gesellschaft sind freilich nach allgemeinen Grundsätzen die Kontrollmitglieder beweispflichtig 761. 2. Dokumentationspflichten Ebenso wie im Fall der Zustimmungsvorbehaltsentscheidung hat der Aufsichtsratsvorsitzende auch für eine ordnungsgemäße Dokumentation der Zustimmungsentscheidung zu sorgen. Anzuwenden sind die gleichen Dokumentationsgrundsätze wie bei der Anordnungsentscheidung auch. Danach sind im Einzelnen folgende Angaben in einem internen Zustimmungsbericht festzuhalten: − Datum und genaue Beschreibung der von der Geschäftsleitung zur Zustimmung vorgelegten Geschäftsführungsmaßnahme, − die Kennzeichnung des der Maßnahme zuzuordnenden Zustimmungsvorbehalts, − die grundlegende bzw. herausragende Bedeutung des Geschäfts für die Gesellschaft, − das Ergebnis der Risikoabwägung unter Darlegung der hierfür angewandten Risikobewertungsmethode(n), − der genaue Wortlaut der Zustimmungsentscheidung (gegebenenfalls verbunden mit Befristungen, Bedingungen oder Auflagen), − das Abstimmungsergebnis einschließlich erhobener Widersprüche einzelner Aufsichtsratsmitglieder, − Art und Weise sowie Datum des Zugangs der Mitteilung der Zustimmungsentscheidung gegenüber dem Vorstand (die Zustimmung ist eine Willenserklärung, so dass § 130 BGB Anwendung findet 762).

761 Vgl. BGH, NJW-RR 2004, 19, 81; Heinrichs in: Palandt, BGB, Vorb v § 249 Rn. 123b. 762 Siehe oben § 5 A. I.

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III. Sorgfaltspflichten im Nachfeld der Zustimmungsentscheidung 1. Pflicht zur Vermeidung zustimmungswidriger Geschäftsführungsmaßnahmen Beabsichtigt der Vorstand, eine vom Aufsichtsrat verweigerte Geschäftsführungsmaßnahme am Verfahren nach § 111 Abs. 4 Sätze 3 und 4 AktG vorbei durchzuführen, ist der Aufsichtsrat berechtigt und gegebenenfalls verpflichtet, ihn daran im Wege der Unterlassungsklage bzw. des einstweiligen Rechtsschutzes zu hindern, um so seinen unternehmerischen Standpunkt zu sichern bzw. Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied steht diese Möglichkeit nicht zu. Zum Ganzen vgl. oben B. III. 3. 2. Pflicht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds zur Geltendmachung fehlerhafter Zustimmungsentscheidungen? Das überstimmte Aufsichtsratsmitglied trifft die Obliegenheitspflicht, seine abweichende Zustimmungsentscheidung im Rahmen einer Beschlussbeanstandung als Widerspruch zu Protokoll zu geben. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses gerichtlich überprüfen zu lassen 763. Eine dahingehende Pflicht besteht aber nicht (dazu ausführlich oben B. III. 2.). Hat ein ausschussfremdes Aufsichtsratsmitglied Bedenken hinsichtlich der Gesetz- und Rechtmäßigkeit der vom zuständigen Ausschuss beabsichtigten Zustimmungsentscheidung, hat es zunächst darauf hinzuwirken, dass die Angelegenheit in das Plenum zurückgeholt wird 764. Ist ein entsprechender Beschluss bereits gefasst und dem Vorstand mitgeteilt worden, ist fraglich, ob dritte Aufsichtsratsmitglieder berechtigt sind, den Ausschussbeschluss gerichtlich auf seine Wirksamkeit hin überprüfen zu lassen. Das ist zu verneinen. Ausschussfremde Aufsichtsratsmitglieder trifft nur eine allgemeine Ausschusskontrolle. Kommen sie dieser nach, sind sie für die vom Ausschuss gefassten Beschlüsse nicht verantwortlich. Sind sie aber weder Mitglied des Ausschusses noch mitverantwortlich für die von ihm gefasste Zustimmungsentscheidung, fehlt es ihnen am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Ein Klagerecht (aber keine Klagepflicht) steht daher allein den Ausschussmitgliedern zu. Ebenso wenig besteht die Pflicht des einzelnen Aufsichtsrats- bzw. Ausschussmitglieds, seine Bedenken hinsichtlich der Zustimmungsentscheidung (jedenfalls) gegenüber dem Vorstand anzuzeigen 765. 763 Vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2007, 1210 f. und 1217 (Züblin): Klage des überstimmten Aufsichtsratsmitglieds einer beherrschten Aktiengesellschaft auf Feststellung der Nichtigkeit des Zustimmungsbeschlusses mit der Begründung, die bewilligten Maßnahmen stellten eine unzulässige qualifizierte faktische Konzernierung dar. 764 Vgl. allgemein Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 841. 765 Siehe oben B. III. 2. b).

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

D. Sorgfaltspflichten bei unüberwindbaren Meinungsdifferenzen mit der Geschäftsleitung Lässt sich einerseits die aktienrechtliche Zulässigkeit des Vorbehaltsinstituts als Instrument der Mitgeschäftsführung nicht bestreiten, so darf andererseits nicht übersehen werden, dass es der Aufsichtsrat trotz aller Einschränkungen in der Hand hat, über den Einsatz von Zustimmungsvorbehalten die Geschäftsführung gerade in Bereichen wichtiger strategischer Unternehmensentscheidungen an sich zu ziehen. Der Aufsichtsrat wird so lange und so häufig seine Zustimmung verweigern, bis „der Vorstand seine Schlüsse ziehen und damit letzten Endes trotzdem vom Aufsichtsrat positiv gesteuert [wird]“ 766. Dies wird umso deutlicher, wenn der Aufsichtsrat seine Zustimmung an genau definierte Bedingungen knüpft. Der Schritt zum (faktischen) Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand ist dann nicht mehr groß. Damit aber sind deutliche Board-Elemente des angloamerikanischen Rechts erkennbar 767 und das dualistische System des deutschen Aktienrechts droht aufzuweichen 768. Das Gesetz steht dem zwar gelassen gegenüber, weil es die Unabhängigkeit des Vorstands durch die Möglichkeit wahrt, das Aufsichtsratsveto durch die Anteilseignerversammlung gemäß § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG ersetzen zu lassen. Das gleiche gilt für die Geschäftsführer einer GmbH. Die Praxis macht jedoch – jedenfalls in der Aktiengesellschaft – von dem Ersetzungsrecht regelmäßig keinen Gebrauch, weil es entweder unpraktikabel ist (man denke nur an unaufschiebbare Geschäfte oder große Publikumsgesellschaften) oder man nicht will, dass die Meinungsverschiedenheit in der Öffentlichkeit ausgetragen wird 769. Bleibt man bei der hier vertretenen Anerkennung einer unternehmerischen Mitwirkungszuständigkeit des Aufsichtsrats im Rahmen seiner präventiven Überwachungstätigkeit 770, lässt sich das (faktische) Problem der weisungsähnlichen Verwendung von Zustimmungsvorbehalten nur durch die Annahme einer Pflicht von Vorstand oder Aufsichtsrat begegnen, bei langfristig nicht lösbaren (jeweils 766

Hommelhoff in: Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 92, sowie § 12, 2. b) Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die KGaA und AG (1884), abgedruckt bei Schubert / Hommelhoff, ZGR Sonderheft 4, 460; vgl. ebenso Geßler in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, § 111 Rn. 62 (Die „Krücke“ des Abs. 4 Satz 2 ermöglicht es dem Aufsichtsrat, Einfluss auf die Geschäfte der Gesellschaft auszuüben, und überträgt ihm eine Mitverantwortung für die Geschäftsführung neben dem Vorstand); vgl. auch Schreyögg, AG 1983, 278, 279 m. w. N.: „Wer sich die Letztentscheidung über zentrale Geschäfte vorbehält . . . , greift aktiv in die Geschäftsführung ein und übernimmt zwangsläufig die (Mit-)Verantwortung für die Unternehmenspolitik.“ 767 Ebenso Vetter, Beiträge zur inneren Ordnung des Aufsichtsrats der mitbestimmten Aktiengesellschaft, S. 69. 768 Dagegen ist nach Leyens, Information des Aufsichtsrat, S. 132 f., „ . . . die Annäherung des Aufsichtsrats an das Board-Modell keineswegs ein Bruch mit den aktienrechtlichen Strukturen, sondern vielmehr eine Rückbesinnung auf historische Traditionslinien . . . “ 769 Vgl. bereits oben § 5 E. I. 1. 770 Siehe oben § 2 B. I.; § 5 B. I. 1.

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vertretbaren) Meinungsverschiedenheiten das Amt niederzulegen 771. Die pflichtauslösenden Voraussetzungen sind freilich schwer zu bestimmen. Man wird hier daher vor allem an das nötige Feingefühl der jeweiligen Organmitglieder im Einzelfall appellieren müssen. Teilweise wird allerdings die Niederlegung der Ämter der Aufsichtsratsmitglieder als mit dem Überwachungsauftrag des Aufsichtsrats nicht vereinbar gehalten 772 oder gar als „schlechter Stil“ bezeichnet 773. Ob dem in dieser Allgemeinheit zuzustimmen ist, ist zweifelhaft. Handlungsmaßstab muss jedenfalls immer das Unternehmensinteresse sein. Ein Rücktritt kommt danach jedenfalls für einzelne Aufsichtsratsmitglieder in Betracht, wenn fest umrissene Auffassungen nicht durchgesetzt werden können 774. Gibt keines der Organe nach, hat es schließlich der Aufsichtsrat in der Hand, den Vorstand bzw. – bei entsprechender Zuständigkeit des GmbH-Aufsichtsrats – die Geschäftsführung wegen „unüberbrückbarer Differenzen in grundsätzlichen Fragen der Unternehmenspolitik“ gemäß § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG abzuberufen 775. Diese Widerrufsmöglichkeit verdichtet sich zu einer entsprechenden Pflicht, wenn nur durch eine personelle Änderung die unternehmensnotwendige Funktionsfähigkeit des Zusammenwirkens von Aufsichtsrat und Unternehmensleitung wiederhergestellt werden kann. Denn aus einer „kontroversen Grundhaltung“ heraus ist eine Überwachung der Geschäftsleitung schon wegen der unterschiedlichen Beurteilung der geschäftspolitischen Maßnahmen nicht möglich 776. Das gegenüber dem Zustimmungsweigerungsrecht grundsätzlich subsidiäre Widerrufsrecht des § 84 Abs. 3 AktG 777 erhält in diesen Fällen daher den Vorrang. Es wäre verfehlt, dem Aufsichtsrat die Durchsetzung seiner geschäftspolitischen Vorstellungen durch eine Blockadestrategie mit Hilfe seines Vetorechts in einer Situation zu erlauben, in der eine Übereinkunft beider Verwaltungsorgane hinsichtlich der grundsätzlichen Ausrichtung der Unternehmenspolitik auf langfristige Sicht bereits gescheitert ist. Denn Zustimmungsvorbehalte sollen ihrer Funktion nach gerade der hier nicht mehr möglichen gemeinsamen Entscheidungsfindung dienen. Sie stellen dagegen kein Instrument der Geschäftsführung anstelle der Geschäftsleitung dar. Sieht der Aufsichtsrat in Fällen jeweils vertretbarer Auffassungen in Bezug auf die beabsichtigte Geschäftspolitik vom eigenen Rücktritt ab und entscheidet sich 771 Ebenso Schilling, AG 1981, 341, 343; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 618. 772 Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 618. 773 Peltzer, WM 1981, 447, 448; dagegen Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 216 mit Fn. 335. 774 Peltzer, WM 1981, 447, 448. 775 Vgl. Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 365; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 216. 776 Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 216; ders., ZGR 1983, 1, 24. 777 Siehe dazu oben § 2 B. I. 1. d).

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2. Kap.: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Einheitsunternehmen

stattdessen für die Abberufung des Vorstands, trifft er allerdings eine unternehmerische Entscheidung und übernimmt somit für die nicht mehr zu befolgende Politik des Alt-Vorstands auch die Verantwortung – freilich in den Grenzen der Business Judgment Rule. Als Ergebnis lässt sich damit Folgendes festhalten: Die Gefahr einer weisungsähnlichen Verwendung von Zustimmungsvorbehalten ist besonders groß bei konsensunfähigen Meinungsdivergenzen zwischen der Unternehmensleitung und dem Aufsichtsrat in Sachen Geschäftspolitik. Zustimmungsvorbehalte dienen ihrer Funktion nach der gemeinsamen Entscheidungsfindung und scheiden daher in Fällen unüberbrückbarer Grundhaltungen als geeignetes Einwirkungsmittel aus. Der Aufsichtsrat ist in solchen Situationen verpflichtet, die Funktionsfähigkeit des Zusammenwirkens beider Organe durch personelle Veränderungen wiederherzustellen, sei es, dass er bzw. einzelne seiner Mitglieder zurücktreten, sei es, dass er den Vorstand bzw. – bei entsprechender Zuständigkeit – die GmbHGeschäftsführung gemäß § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG abberuft.

3. Kapitel

Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte des herrschenden Unternehmens und ihre Durchsetzbarkeit in abhängigen Unternehmen Im Gegensatz etwa zu den Vorschriften über die Berichterstattungspflichten des Vorstands (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 AktG) enthält § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG keine den Unternehmensverbund betreffende Regelung 1. Obwohl die Mehrzahl aller Aktiengesellschaften und aufsichtsratspflichtigen GmbHs in einem Konzern eingebunden ist 2, handelt die Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ihrem Wortlaut nach nur von der konzernfreien Gesellschaft. Besonders bemerkbar macht sich diese Regelungslücke bei Holding-Modellen, bei denen die Führungsholding 3 nur konzernstrategische und konzernorganisatorische Aufgaben wahrnimmt, während die Ausübung des operativen Geschäfts den konzernangehörigen Tochter- und Enkelgesellschaften überlassen ist. Aufsichtsratsvorbehalte der Konzernobergesellschaft würden leerlaufen, wenn sie nicht auch solche Vorgänge erfassten, die sich im Bereich nachgeordneter Konzerngesellschaften verwirklichen 4. Geschäfte in Konzernuntergesellschaften, die zumindest mittelbar auch die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der Konzernobergesellschaft beeinflussen, wären damit der wichtigen Präventivkontrolle durch den Aufsichtsrat der herrschenden Gesellschaft entzogen. Die folgende Untersuchung beschäftigt sich daher mit der praktisch bedeutsamen Frage der Wirkung von Aufsichtsratsvorbehalten des herrschenden Unternehmens auf nachgeordnete Gesellschaften. Dazu gilt es zunächst, die Zulässigkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte zu klären (§ 7). Davon erfasst sind Fragen des möglichen Umfangs von Konzernvorbehalten, der konzernweiten Geltung neutral formulierter Aufsichtsratsvorbehalte des herrschenden Unternehmens sowie ihrer (Bindungs-)Wirkung gegenüber der eigenen Geschäftsleitung einerseits und gegenüber nahestehenden Tochter- und Enkelgesellschaften andererseits. 1 Siehe Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 304: „Eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Verbundsituation fehlt . . . in § 111 Abs. 4 AktG.“ 2 Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325; Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 1. 3 Zum Begriff der „Führungsholding“ siehe Lutter in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 1 Rn. 16. 4 Vgl. Götz, ZGR 1990, 633, 647; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 341.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

Letzteres betrifft Fragen der Sicherstellung konzernweit eingeführter Zustimmungsvorbehalte in nachgeordneten Gesellschaften sowie der Durchsetzung der Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens in denselben (§ 8). Hier soll an die Hinweise in der Literatur, die Rechtslage sei insoweit noch wenig geklärt 5, eine Aufbereitung des Themas stehe noch aus 6, angeknüpft und ein weiterer Beitrag zur „Binnenordnung im Konzern“ geleistet werden. Auf der Grundlage der bis dahin gewonnenen Erkenntnisse ist schließlich der Frage nachzugehen, welche konzernspezifischen Sorgfaltspflichten sowohl den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens als auch die Aufsichtsräte abhängiger Unternehmen im Umgang mit dem Vorbehaltsinstrument treffen (§ 9 und § 10). Damit verbunden sind Haftungsfragen. Fraglich ist etwa, ob der Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens auch gegenüber abhängigen Unternehmen haftet, wenn durch die pflichtwidrige Ausübung des Vorbehaltsinstruments abhängige Unternehmen Schaden erleiden. Ausgangspunkt der nachfolgenden Untersuchung ist der ein- und mehrstufige Unterordnungskonzern (§ 18 Abs. 1 AktG). Als Konzerngesellschaften dienen die Aktiengesellschaft und die GmbH, jeweils als herrschendes und / oder abhängiges Unternehmen. Die Personenhandelsgesellschaft erhält dagegen nur die Rolle der Konzernuntergesellschaft.

§ 7 Zulässigkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte „Der Konzern ist nicht Rechtsperson, sondern die unternehmerische Verbindung mehrerer Personen“ 7. Es gibt daher auch nicht den „Konzernaufsichtsrat“ als Organ, sondern es gibt nur den Aufsichtsrat der Konzernobergesellschaft und den bzw. die Aufsichtsräte der Konzernuntergesellschaften 8. Die Zulässigkeit konzernweiter Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens folgt daher nicht schon aus der Verbundsituation selbst. Die Rechtfertigung konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte ist vielmehr in der Überwachungsaufgabe des der Konzernspitze zugehörigen Aufsichtsrats bzw. – in anderer Richtung – in der um die Konzerndimension erweiterten Funktion der Aufsichtsräte abhängiger Unternehmen zu suchen (zu Letzterem siehe unten § 10).

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Hüffer, AktG, § 111 Rn. 22. Fonk, ZGR 2006, 841, 857. 7 Lutter, AG 2006, 517; ders. schon in: FS Stimpel, S. 825, 829. 8 Anstelle aller: Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325; Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621, 624. 6

§ 7 Zulässigkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte

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A. Die Erweiterung der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens im Konzern I. Die Konzernleitung des Vorstands der Konzernobergesellschaft als „Geschäftsführung“ i. S. d. § 111 Abs. 1 AktG Ausgangspunkt für die Anerkennung konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte ist der allgemeine Überwachungsauftrag nach § 111 Abs. 1 AktG. Soweit danach ein Gleichlauf zwischen „Überwachung“ und „Geschäftsführung“ besteht, erfasst der Überwachungsauftrag konzernangehöriger Aufsichtsräte auch die Überwachung von Konzernmaßnahmen – und dementsprechend konzernweit könnte auch die Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zu verstehen sein. Für den Aufsichtsrat der Konzernobergesellschaft ist die Erweiterung seiner Überwachungsaufgabe um die Konzerndimension heute allgemein anerkannt 9. Soweit das Gesetz in § 18 Abs. 1 AktG den Konzern gerade durch die „einheitliche Leitung“ 10 mehrerer Unternehmen aus einer Obergesellschaft heraus definiert, ist diese „einheitliche Leitung“ als Teil der Geschäftsführung auch vom Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens zu überwachen. Im Konzern erweitert sich daher die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats um die Konzernleitung durch den Vorstand der herrschenden Konzerngesellschaft 11. Befindet sich das abhängige Unternehmen im Allein- oder Mehrheitsbesitz der Konzernobergesellschaft (vgl. § 16 Abs. 1 AktG), so gehören Konzernmaßnahmen der herrschenden Gesellschaft auch deswegen zum Überwachungsgegenstand des Aufsichtsrats, weil die nachgeordneten Konzerngesellschaften zum (Beteiligungs-)Vermögen der herrschenden Gesellschaft gehören, welches es gewinnbringend zu verwalten gilt 12. Diese konzernweit angelegte Kontrollaufgabe des Aufsichtsrats der Konzernobergesellschaft wird durch eine Reihe gesetzlicher Überwachungsmittel mit Konzernbezug bestätigt. An erster Stelle ist die konzernweite Berichterstattungspflicht des Vorstands nach § 90 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 AktG sowie das Auskunftsrecht des Aufsichtsrats nach § 90 Abs. 3 AktG zu nennen. Ist die Gesellschaft Mutterunternehmen, so hat der Bericht „auch auf Tochterunternehmen und auf 9

Vgl. nur Lutter, AG 2006, 517, 518: „Das ist heute nichts Neues mehr . . . “; für den GmbH-Aufsichtsrat siehe etwa Paefgen in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 52 Rn. 93; für den Aufsichtsrat einer abhängigen Gesellschaft siehe unten § 10. 10 Zum Beriff der „einheitlichen Leitung“ siehe Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 18 Rn. 9 ff. 11 H. M., anstelle vieler: Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 132; Scheffler, DB 1994, 793, 795; Lenz, AG 1997, 448, 451; Martens, ZHR 159 (1995), 567, 577; Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621, 624 f.; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 369 ff. 12 Vgl. Martens, ZHR 159 (1995), 567, 577; Lenz, AG 1997, 448, 451.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

Gemeinschaftsunternehmen einzugehen“. Danach ist dem Aufsichtsrat insbesondere von konzernweiten Geschäften zu berichten, „die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein können“ (§ 90 Abs. 1 Satz 2 i.V. m. Satz 1 Nr. 4 AktG). Nimmt man die Bezugnahme in § 90 Abs. 1 Satz 2 AktG auf die Berichtsinhalte in Satz 1 wörtlich, so müsste die Berichterstattung über Geschäfte in Tochterunternehmen mit erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft nach § 90 Abs. 2 Nr. 4 AktG möglichst so rechtzeitig erfolgen, „daß der Aufsichtsrat vor Vornahme der Geschäfte Gelegenheit hat, zu ihnen Stellung zu nehmen“. Angelegt ist damit eine konzernweite Präventivkontrolle des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens. Die regelmäßige konzernweite Berichterstattungspflicht des § 90 Abs. 1 Satz 2 AktG wird durch die anlassbezogene Informationspflicht des Vorstands nach § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG ergänzt. Dem Vorstand bekanntgewordene geschäftliche Vorgänge bei einem verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG), die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluss sein können, stellen einen wichtigen Anlass dar (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 3, 2. HS AktG), über die der Aufsichtsratsvorsitzende in Kenntnis zu setzen ist. Flankiert wird die verbundweite Informationspflicht des Vorstands durch das Recht des Aufsichtsrats, vom Vorstand jederzeit einen Bericht über die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zu verbundenen Beziehungen sowie über geschäftliche Vorgänge bei diesen Unternehmen verlangen zu können, „die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluss sein können“ (§ 90 Abs. 3 Satz 1 AktG). Im engen Zusammenhang mit den konzernweiten Berichtspflichten des Vorstands steht schließlich auch seine Pflicht zur Einrichtung und zum Betrieb eines Risikofrüherkennungssystems, das sich ausweislich der Regierungsbegründung zum KonTraG 13 auch auf Konzernsachverhalte erstreckt, „sofern von Tochtergesellschaften den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen ausgehen können“ 14. Durch das Risikofrüherkennungssystem wird regelmäßig ein konzernweiter Informationsaustausch erzielt, was nicht zuletzt der Verbesserung der verbundweiten Informationsversorgung des Aufsichtsrats dient 15. In börsennotierten Aktiengesellschaften kommt hinzu, dass die Systemprüfung gemäß § 317 Abs. 4 HGB zusätzlich dem Abschlussprüfer unterliegt. Dem Aufsichtsrat steht damit eine wichtige vorstandsunabhängige konzernweite Informationsquelle zur Verfügung (siehe insoweit die Ergebnis-Mitteilungspflicht des Abschlussprüfers gemäß § 321 Abs. 4 HGB) 16.

13 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (BGBl. 1998 I., S. 786). 14 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks 13/9712, S. 15; ebenso Ziffer 4.1.4 DCGK. 15 Vgl. dazu für das Einheitsunternehmen oben § 4 A. I. 3. a) cc) (1) (c). 16 Vgl. Sven H. Schneider, Informationspflichten, S. 265.

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Sowohl die konzernweiten Berichterstattungspflichten des Vorstands als auch die Pflicht zur Einrichtung eines verbundweiten Risikofrüherkennungssystems weisen auf die Erweiterung der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats der Konzernobergesellschaft um relevante Vorgänge bei Konzernuntergesellschaften hin 17. Unterstrichen wird dieses Ergebnis durch die Pflicht des Aufsichtsrats zur Prüfung des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts, § 171 Abs. 1 Satz 1 AktG. Die konzernweite Ausdehnung der Prüfungspflicht ist nur bei einer entsprechenden Erweiterung des allgemeinen Überwachungsauftrags sinnvoll. Mit der Prüfungspflicht verbunden ist die seit 1998 durch das KonTraG neu geregelte Zuständigkeit für die Erteilung des Prüfungsauftrags, die nach § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG nunmehr dem Aufsichtsrat zukommt. Im Konzern erstreckt sich die Abschlusskompetenz auch auf den Vertragsschluss mit dem Konzern-Abschlussprüfer (vgl. § 318 Abs. 1 Satz 4 HGB i.V. m. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG). Dem Aufsichtsrat steht damit ein weiterer Informant zur Seite, den er über die gesetzliche Teilnahmepflicht nach § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG hinaus bei Fragen über die Lage des Konzerns zu Rate ziehen kann 18. Die oben dargestellten konzernweit angelegten Informations- und Prüfungsrechte und -pflichten sind mithin Beleg dafür, dass sich im Konzern der Pflichtenradius des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens auf die Leitung des Konzerns durch den Vorstand bzw. die Geschäftsführung der Obergesellschaft erstreckt. II. Umfang der konzernweiten Überwachungspflicht des Aufsichtsrats Mit dem oben gefundenen Ergebnis stellt sich die Folgefrage nach dem Umfang der konzernweiten Überwachungspflicht des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens. Denn der Umfang der Konzernüberwachungspflicht entscheidet letztlich darüber, was Gegenstand eines Konzernvorbehalts sein kann. Im Zentrum der Frage steht, ob sich die Aufsichtsratsüberwachung (nur) auf die vom Muttervorstand tatsächlich ausgeübte Konzernleitung bezieht oder ob sie sich auch auf solche Geschäftsführungsmaßnahmen in Konzernuntergesellschaften erstreckt, die nicht von der Konzernspitze veranlasst wurden. Der in § 111 Abs. 1 AktG angelegte Gleichlauf von Aufsichtsratsüberwachung und Geschäftsführung legt es nahe, die Antwort in erster Linie in der Frage nach der Reichweite der Konzernleitungspflicht der Geschäftsleitung zu suchen 19. 17 Ebenso: Lenz, AG 1997, 448, 451; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 334; Scheffler, BB 1994, 793, 797; Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621, 625; Lutter, AG 2006, 517, 519. 18 Vgl. Sven H. Schneider, Informationspflichten, S. 108 und S. 160 f.; Lutter, AG 2006, 517, 519 f. 19 Siehe ebenso Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 371.

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Dabei ist der Fokus auf die Konzernkontrolle als Teilaspekt der konzernweiten Leitungsaufgabe des Muttervorstands zu richten. Entscheidend ist nämlich, ob der Konzernvorstand jedenfalls verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass in den Untergesellschaften keine für die Obergesellschaft nachteiligen Geschäfte realisiert werden. Besteht eine solche konzernweite Überwachungspflicht des Muttervorstands, so ist diese und nicht die tatsächlich ausgeübte Konzernkontrolle Überwachungsmaßstab des Aufsichtsrats der Obergesellschaft. Das Geschehen auf den verschiedenen Konzernebenen wäre somit unabhängig von einem Tätigwerden der Konzernspitze zu überwachen 20. In der Literatur findet sich allerdings auch der Ansatz, Umfang und Intensität der vom Muttervorstand zu leistenden Konzernkontrolle mit Blick auf seine (gegenüber der eigenen Gesellschaft bestehenden) Konzernleitungspflicht zu bestimmen 21. So unterschiedlich weit die Literaturansichten zum Handlungsspielraum des Muttervorstands bei der Wahrnehmung seiner Konzernleitungsaufgabe reichen 22, so unterschiedlich weit würde danach auch der Überwachungsrahmen des Aufsichtsrats zu stecken sein. Ginge man etwa mit einem Teil des Schrifttums davon aus, dass der Umfang der Leitungspflicht des Vorstands je nach Konzernierungsform variiert 23, so wäre die Überwachungsintensität des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens danach zu bestimmen, ob ein faktischer, ein Vertragsoder ein Eingliederungskonzern vorliegt. Nur im Vertrags- und Eingliederungskonzern bestünde für den Aufsichtsrat der Obergesellschaft eine umfassende, auch Vorgänge in Tochter- und Enkelgesellschaften erfassende Überwachungspflicht, denn insoweit trifft den Muttervorstand mit der erwähnten Literaturansicht wegen der dort vorgesehenen weitreichenden Weisungsbefugnisse des herrschenden Unternehmens (vgl. § 308 Abs. 1 AktG und § 323 Abs. 1 AktG) eine im Vergleich zum faktischen Konzern intensivere Leitungspflicht mit Auswirkungen auch auf die Kontrollpflichten des Aufsichtsrats. Würde man demgegenüber mit der überwiegenden Meinung auch im Vertrags- und Eingliederungskonzern die Ausübung der Konzernleitungsmacht der unternehmerischen Ermessensentscheidung des Muttervorstands überlassen 24, würde der konzernweite Überwachungsauftrag des Aufsichtsrats nur so weit reichen, wie der Muttervorstand von seiner Konzernlei20

In diesem Sinne Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 240 f. So etwa Semler in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 5 Rn. 7; Reuter, DB 1999, 2250, 2251; siehe dazu Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 89. 22 Zum Meinungsstand hinsichtlich der Leitungsintensität des Vorstands der Konzernobergesellschaft siehe die Übersicht bei Fleischer, DB 2005, 759, 760. 23 So etwa Bayer in: MünchKomm.AktG, § 18 Rn. 18 ff.; Götz, ZGR 1998, 524, 526; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 83. 24 So etwa Hüffer, AktG, § 76 Rn. 17; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 76 Rn. 54 f.; Fleischer, DB 2005, 759, 761; Krieger in: Münch. Hdb. GesR IV, § 69 Rn. 24, der jedoch auf eine unverzichtbare laufende Konzernüberwachung des Vorstands der herrschenden Aktiengesellschaft hinweist; für die GmbH vgl. etwa Zöllner in: Baumbach / Hueck, GmbHG, SchlAnhKonzernR Rn. 159. 21

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tungsmacht auch tatsächlich Gebrauch machen würde 25. Die Entscheidung des Muttervorstands, abhängige Unternehmen in weitgehender Selbständigkeit arbeiten zu lassen (dezentrale Führungsstruktur), hätte danach zur Folge, dass das Geschehen in abhängigen Unternehmen aus dem Überwachungsfeld des Aufsichtsrats der Obergesellschaft ebenso weitgehend ausgeklammert wäre 26. Eine solche Koppelung der konzernweiten Überwachungspflicht an die (umstrittene) Leitungsintensität des Muttervorstands überzeugt indessen als richtiger Ansatzpunkt weder für die Bestimmung des konzernweiten Überwachungsauftrags des Mutteraufsichtsrats noch für diejenige des Muttervorstands selbst. Unabhängig von dem Bestehen einer Pflicht zur Konzernsteuerung ist der Vorstand einer Konzernobergesellschaft schon wegen seiner allgemeinen Verantwortung, Schäden, insbesondere Vermögensschäden, von der eigenen Gesellschaft abzuwehren, jedenfalls verpflichtet, mit allen ihm rechtlich und faktisch zur Verfügung stehenden Mitteln kontrollierenden Einfluss auf die unternehmerische Tätigkeit in abhängigen Gesellschaften zu nehmen 27. Genauso wenig wie sich der Vorstand im Einzelunternehmen durch eine dezentrale Geschäftsorganisation seiner Verantwortung für das Wohlergehen der Gesellschaft entziehen kann, ist es ihm überlassen, den Umfang seines Kontrollauftrags im Konzern dadurch selbst zu bestimmen, dass er die abhängigen Gesellschaften in weitestgehender Eigenständigkeit arbeiten lässt 28. Ein unternehmerischer Ermessensspielraum steht dem Muttervorstand daher nur hinsichtlich der Frage zu, wie er seiner konzernweiten Kontrollpflicht im Einzelnen nachkommt. Kommt es damit aber für die Bestimmung des Überwachungsumfangs des Muttervorstands nicht auf die gewählte Leitungsintensität an, ist auch für den Umfang des konzernweiten Überwachungsauftrags des Aufsichtsrats der Obergesellschaft nicht die tatsächlich ausgeübte, sondern die verlangte Kontrolltätigkeit des Muttervorstands maßgebend 29. 25

Davon ausgehend wohl Hüffer, AktG, § 111 Rn. 10; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 132; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 382; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 23; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 371; Götz, ZGR 1990, 633, 646; Scheffler, DB 1994, 793, 796 f.; weitere Nachweise siehe bei Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 236 Fn. 3. 26 Vgl. für die Kontrollpflicht der Konzernleitung Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 89. 27 Ebenso Martens, ZHR 159 (1995), 567, 569, sowie Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 89 f. (für die Konzernleitung) und S. 242 (für den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens) – jeweils mit Hinweis auf die Pflicht des Muttervorstands zur unternehmerischen Nutzung der Beteiligung. 28 So zu Recht Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 89 f. und S. 43; eine an der gewählten Leitungsintensität abgestufte Kontrollintensität gleichfalls ablehnend: Martens, ZHR 159 (1995), 567, 569 f.; Fleischer, DB 2005, 759, 763; wohl auch Zöllner in: Baumbach / Hueck, GmbHG, SchlAnhKonzernR Rn. 160. 29 Wie hier: Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 150; Uwe H. Schneider in: FS Kropff, S. 271, 279; Martens, ZHR 159 (1995), 567, 577; Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 5; Götz, ZGR 1990, 633, 647; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 240 ff.

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Mit diesem Ergebnis lässt sich für den Umfang der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens folgendes Bild skizzieren: 1. Vom Muttervorstand veranlasste Konzernmaßnahmen Vom Muttervorstand veranlasste Konzernmaßnahmen gehören ohne weiteres zum erweiterten Überwachungsfeld des Aufsichtsrats, denn die ausgeübte Leitungsmacht ist, wie oben unter I. dargelegt, Teil der vom Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 1 AktG zu überwachenden Geschäftsführung des Muttervorstands. Keine Rolle spielt daher auch, ob die Konzernleitungsmaßnahme in der Obergesellschaft oder in abhängigen Unternehmen realisiert werden soll. Neben der Ausübung von Beteiligungsrechten wie etwa der Stimmrechtsausübung in Anteilseignerversammlungen abhängiger Unternehmen oder der Ausübung von Weisungsrechten im Vertrags- und Eingliederungskonzern sind es vor allem die Festlegung der konzernweiten Unternehmensstrategie und die Konzernorganisation, die vom Mutteraufsichtsrat zu überwachen sind. Letzteres schließt die Kontrolle mit ein, ob die in der Konzernholding beschlossenen Konzernmaßnahmen in den Untergesellschaften auch tatsächlich umgesetzt werden. 2. Vom Muttervorstand nicht veranlasste Konzernmaßnahmen Das Überwachungsfeld des Aufsichtsrats richtet sich nach dem konzernweiten Verantwortungs- und Pflichtenbereich des Vorstands und ist, wie oben ausgeführt, nicht auf die tatsächlich ausgeübte Leitungsmacht beschränkt. Zu überwachen sind daher auch vom Muttervorstand nicht veranlasste Vorgänge bei Tochter- und Enkelgesellschaften 30. An dem Überwachungsadressaten, dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung der Obergesellschaft, ändert sich dadurch freilich nichts. Erkennt der Aufsichtsrat von den Untergesellschaften ausgehende Risiken für die Mutter, hat er sich an seine Geschäftsleitung zu wenden. Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer abhängiger Unternehmen sind dagegen auch als Doppelmandatsträger nicht (unmittelbarer) Überwachungsadressat, mag ihre Tätigkeit auch eine bedeutende Rolle im Rahmen der konzernweiten Überwachung einnehmen 31.

30 Ausdrücklich Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621, 626; ders., BB 1981, 249, 252 (Kontrolle ist nicht nur „Organkontrolle“, sondern sie ist „Funktionskontrolle“); ebenso bspw. Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 240 ff. 31 In diesem Sinne auch Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 187; ders., BB 1981, 249, 252.

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3. Konzernweite Überwachungsintensität Damit stellt sich abschließend die Frage, wie intensiv die Überwachung von Vorgängen in abhängigen Gesellschaften durch den Mutteraufsichtsrat zu erfolgen hat. Bei der Bestimmung der Überwachungsintensität darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Gesetz das Aufsichtsratsmandat als ein Nebenamt versteht 32. Führt man sich nur das Beispiel eines breit aufgestellten, mehrere Geschäftsfelder abdeckenden Unternehmens mit weit verästelter Konzernstruktur vor Augen, das zudem in unterschiedlichen Ländern agiert, so wird deutlich, dass der aufsichtsratsrechtliche Überwachungsrahmen der Eingrenzung bedarf. Zur notwendigen Einschränkung der Reichweite der konzernweiten Überwachungspflicht lassen sich im Wesentlichen drei Überlegungen ins Feld führen: a) Informationsabhängige Überwachungsintensität Eine erste Einschränkung lässt sich auf die konzernweiten Informationsmöglichkeiten des Aufsichtsrats stützen 33. Dem oft zitierten Satz, „zu überwachen ist, worüber zu berichten ist“ 34, darf im Konzern eine besondere Bedeutung bescheinigt werden. Anders als im Einheitsunternehmen verfügt der Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens nicht über die Möglichkeit, etwa nach § 111 Abs. 2 Satz 1 AktG die Bücher und Schriften sowie die Vermögensgegenstände abhängiger Gesellschaften einzusehen und diese zu prüfen 35. Die Informationsversorgung des Aufsichtsrats erfolgt vielmehr in erster Linie über den Muttervorstand und den Abschlussprüfer. Das aber bedeutet, dass er seine Überwachungsaufgabe auch vornehmlich an der ihm gegenüber erfolgten Berichterstattung ausrichten darf. Für schadensbringende Vorgänge in Tochter- und Enkelgesellschaften, für die sich keinerlei Anhaltspunkte in den Berichten des Muttervorstands oder des Abschlussprüfers finden lassen, wird man den Aufsichtsrat daher nicht verantwortlich machen können. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Aufsichtsrat auf andere Weise von Missständen in abhängigen Gesellschaften erfährt oder Anlass zu Zweifeln an der Sorgfältigkeit der ausgeübten Konzernkontrolle durch den 32

Vgl. Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 34. Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 242 f.: „Einschränkungen der Überwachungspflichten im Unternehmensverbund könnten sich . . . allenfalls aus den [eingeschränkten] Informationsmöglichkeiten des Aufsichtsrats im Bezug auf die abhängigen Unternehmen ergeben.“ 34 Anstelle vieler: Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 133. 35 Allgemeine Meinung, vgl. Hüffer, AktG, § 111 Rn. 11. Möglich ist nur, auf die bei der Muttergesellschaft vorhandenen Unterlagen über Tochtergesellschaften zuzugreifen, denn Unterlagen der Muttergesellschaft über Konzernunternehmen, sind Unterlagen der Muttergesellschaft, so dass § 111 Abs. 2 AktG greift, vgl. Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 27. 33

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

Muttervorstand besteht. In diesen Fällen hat der Aufsichtsrat auf den Muttervorstand einzuwirken und insbesondere von seinem Auskunftsrecht nach § 90 Abs. 3 AktG Gebrauch zu machen 36. Im Übrigen gilt aber wie im Einheitsunternehmen auch, dass sich der Aufsichtsrat auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Berichterstattung des Vorstands (und des Abschlussprüfers) verlassen darf 37. Die Überwachungsintensität wird daher im Konzern vor allem durch die Informationsversorgung des Aufsichtsrats bestimmt. Die gesetzlichen Berichterstattungspflichten haben damit zugleich einschränkende Wirkung auf die zu erwartende Konzernkontrolle des Aufsichtsrats der Obergesellschaft. b) Die Lehre von der „vernetzten Aufsichtsratsüberwachung“ Ein weiterer Ansatz zur Einschränkung der Überwachungsintensität wird unter dem von Hommelhoff hervorgebrachten Stichwort der „vernetzten Aufsichtsratsüberwachung“ 38 diskutiert. Danach ist von einer gelockerten Konzernüberwachung des Mutteraufsichtsrats auszugehen, wenn die betreffende Konzernuntergesellschaft selbst über einen Aufsichtsrat verfügt 39. Ausgangspunkt hierfür ist die Überlegung, dass es im Konzern zu einer Verdoppelung der Überwachungspflichten kommt. Deutlich werde dies vor allem im faktischen Konzern, in dem sowohl der Aufsichtsrat der Konzernspitze als auch die jeweiligen Töchter- und Enkelaufsichtsräte gleichermaßen verpflichtet seien, darauf hinzuwirken, dass die Schwelle zur unzulässigen 40 qualifizierten faktischen Konzernierung nicht überschritten werde 41. Wegen dieser auch in anderen Konzernformen bestehenden Doppelüberwachung dürfe sich der Aufsichtsrat der Konzernspitze bei der Erfüllung seiner Überwachungsaufgabe regelmäßig auf die Tätigkeit des ohnehin sach- und problemnäher agierenden Tochteraufsichtsrats verlassen 42. Der Kontrollauftrag des Mutteraufsichtsrats erstrecke sich daher nur auf die Überwachung des Muttervorstands in Bezug auf die Etablierung eines funktionsfähigen Systems von Leitung und Überwachung und eine aufgabenadäquate Besetzung der Organpositionen 43. Eine Verpflichtung des Aufsichtsrats, die Entwicklung in der Tochtergesellschaft selbst zu verfolgen, bestehe demgegenüber auch dann nicht, wenn es sich um für die Konzernspitze wesentliche wirtschaftliche Aktivitäten 36

Vgl. Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 36. Siehe dazu oben § 6 B. I. 2. b) bb) (2) (c). 38 Hommelhoff, ZGR 1996, 144. 39 Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 149 ff.; zustimmend u. a.: Martens, ZHR 159 (1995), 567, 568; Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 9; Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621, 626; ablehnend: Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 244 ff. 40 Siehe dazu BGHZ 122, 123, 130 (TBB). 41 Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 154. 42 Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 155. 43 Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 156. 37

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oder Vermögensverbindungen handele 44. Nur in aufsichtsratslosen Tochtergesellschaften müsse der Konzernaufsichtsrat das Tochtergeschehen allein und selbst überwachen 45. Namentlich Löbbe lehnt dieses Modell der vernetzten Aufsichtsratsüberwachung im Konzern ab, da die unterschiedlichen Interessenlagen der verschiedenen Konzernebenen einer arbeitsteiligen Aufsichtsratsüberwachung entgegenstünden 46. Zur Verdeutlichung der unterschiedlichen Zielrichtungen bei der Wahrnehmung der Kontrollaufgabe weist er u. a. auf die Situation bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach § 317 AktG hin: Während der Aufsichtsrat der Untergesellschaft auf die Durchsetzung bestehender Ansprüche gegenüber der Obergesellschaft drängen müsse, sei es Aufgabe des Aufsichtsrats der Obergesellschaft, den Muttervorstand mit dem Ziel zu überwachen, ungerechtfertigte Forderungen gegen die Obergesellschaft abzuwehren 47. Dieser Interessengegensatz zwischen Konzerninteresse und Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft werde in Fällen zweifelhafter Rechtslage noch deutlicher, wenn es nämlich den jeweiligen Aufsichtsräten gestattet sei, bei Ausübung ihrer Überwachungstätigkeit den für ihre Gesellschaft günstigsten Rechtsstandpunkt einzunehmen und entsprechend durchzusetzen 48. Die von Löbbe vorgetragenen Bedenken überzeugen indessen nicht. Ihnen fehlt es an einer tragbaren Grundlage, da sie sich in erster Linie auf einen Ausnahmefall stützen. Im Regelfall wird es nämlich einen Gleichlauf von Konzerninteresse und den Interessen der abhängigen Unternehmen geben 49. Das betrifft nicht nur das Interesse am wirtschaftlichen Erfolg. So wird der wirtschaftliche Erfolg der Mutter durch die Vermögensbindung bzw. die in einem Konzern genutzten Synergien in besonderer Weise durch die wirtschaftliche Lage ihrer Töchter und Enkel beeinflusst. Einen Interessengleichlauf wird es in der Regel aber auch beim Ausgleich nachteiliger Konzernmaßnahmen geben (§ 311 AktG), denn mit Blick auf die Schadensersatzpflicht der Konzernobergesellschaft (vgl. § 317 AktG) wird die Konzernleitung versuchen, mit der ausgleichsberechtigten Untergesellschaft eine beide Seiten zufriedenstellende Einigung zu erzielen. In anderen Fällen wird zudem durch die Rechtsprechung entschieden, aus welchem Blickwinkel ein möglicher Interessenwiderstreit zu lösen ist. Dies gilt insbesondere für die 44

Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 156. Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 159. 46 Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 244 ff. 47 Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 245. 48 Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 245, mit Verweis auf Mertens in: KölnKomm.AktG, § 93 Rn. 38. 49 Besonders deutlich wird das im Holdingkonzern. Dort kann sich das Eigeninteresse der Holdinggesellschaft nur danach bestimmen, was für die Gesamtheit der Töchter am besten ist, Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 30. 45

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

Frage nach dem Vorliegen eines qualifiziert faktischen Konzerns. Hier hat der II. Zivilsenat in seinem Urteil vom 29. März 1992 50 zu erkennen gegeben, dass die Beurteilung, ob sich das herrschende Unternehmen objektiv missbräuchlich verhält, aus dem Blickwinkel der abhängigen Gesellschaft zu erfolgen hat 51. Danach hat sich auch der Aufsichtsrat der Konzernobergesellschaft bei Ausübung seiner Überwachungstätigkeit zu richten. Im Konfliktfall haben freilich die Organe einer Konzernuntergesellschaft ihre Interessen gegenüber der herrschenden Gesellschaft durchzusetzen 52. Soweit sich jedoch die Interessen von Ober- und Untergesellschaft überschneiden – und das dürfte der Regelfall sein –, verdoppeln sich im Konzern auch die Überwachungsaufgaben. Dann aber steht der Annahme nichts entgegen, den Aufsichtsrat der Konzernspitze hinsichtlich seiner Konzernüberwachungspflicht zu entlasten und in Bezug auf nachgeordnete Gesellschaften mit eigenem Aufsichtsrat eine weniger intensive Überwachung als in anderen Bereichen zu fordern 53. Entgegen Hommelhoff entbindet das aber den Aufsichtsrat nicht von seiner grundsätzlichen Pflicht, die Entwicklung in Tochter- und Enkelgesellschaften selbst mitzuverfolgen 54. Insbesondere wird er sich ein eigenes Bild über die Lage des Konzerns machen müssen, und zwar erst recht, wenn es sich um für die Konzernspitze wesentliche Konzerngesellschaften handelt. Eine „vernetzte Aufsichtsratsüberwachung“ darf daher nicht dahin missverstanden werden, die Überwachungsaufgabe des Mutteraufsichtsrats werde bei Untergesellschaften mit eigenen Aufsichtsräten (nur) durch diese wahrgenommen. Nicht die Überwachung selbst, sondern nur das Maß der Überwachung wird durch die Arbeitsteilung im Konzern beeinflusst. Dabei spielt auch eine Rolle, in welchem Umfang die Anteilseignerseite von Töchter- und Enkelaufsichtsräten mit Mitarbeitern bzw. Geschäftsleitungsmitgliedern des herrschenden Unternehmens besetzt ist. Wegen der Gefahr der Interessenkollision darf sich der Mutteraufsichtsrat daher umso weniger auf die Überwachungstätigkeit der Aufsichtsräte abhängiger Unternehmen verlassen, je mehr „Entsandte“ des herrschenden Unternehmens dort Aufsichtsratsmandate übernommen haben. c) Risikoorientierte Überwachungsintensität Eine dritte Differenzierung in Bezug auf die Bestimmung der Überwachungsintensität wird man schließlich mit Blick auf die Risikoträchtigkeit abhängiger Unternehmen für die Obergesellschaft vornehmen können. Die Intensität der Konzernüberwachungspflicht ist danach abhängig von dem möglichen Einfluss der 50 51 52 53 54

BGHZ 122, 123, 130 (TBB). So Hommelhoff, ZGR 1996, 144, 155. Vgl. Uwe H. Schneider in: FS Raiser, S. 341, 349. So Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 9. Ebenso Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 9.

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Tochter- und Enkelgesellschaften auf die Vermögens-, Ertrags- oder Finanzlage sowie die Risikoexposition der Obergesellschaft. Der Aufsichtsrat hat konzernweit zu entscheiden, welche Konzernunternehmen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die Obergesellschaft vernachlässigbar sind und welche einer besonderen Kontrolle bedürfen 55. Dabei wird man in Vertrags- und Eingliederungskonzernen wegen der dort gegebenen besonderen Haftungsgefahren (vgl. §§ 302 Abs. 1; 322 AktG) regelmäßig eine intensivere Konzernüberwachung verlangen müssen als bei einer „bloß“ faktischen Konzernierung. Und im faktischen Konzern sind wiederum diejenigen Unternehmen stärker zu kontrollieren, die wegen der Höhe des dort gebundenen Beteiligungsvermögens oder aufgrund ihres Risikopotentials für die Obergesellschaft von erheblicher Bedeutung sind. Für den Aufsichtsrat der Obergesellschaft bedeutet das, dass er sich in Zusammenarbeit mit der Konzernleitung eine „Rote Liste“ solcher Konzerngesellschaften erarbeiten muss, die aufgrund ihres Risikopotentials für die Obergesellschaft einer fortlaufenden intensiven Überwachung bedürfen. Hinsichtlich der übrigen Konzerngesellschaften kann sich der Mutteraufsichtsrat dagegen auf eine turnusgemäße Überwachung beschränken 56, sofern freilich keine anlassbezogene Überwachung erforderlich ist. Der konzernweite Überwachungsumfang des Aufsichtsrats erhält dadurch die notwendige Überschaubarkeit. 4. Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis steht somit fest, dass sich die konzernweite Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens auch auf vom Muttervorstand nicht veranlasste Konzernmaßnahmen in den Untergesellschaften erstreckt. Die Überwachungsintensität wird jedoch zum einen durch die eingeschränkten Informationsmöglichkeiten in Bezug auf Vorgänge in abhängigen Unternehmen beeinflusst. Zum anderen verringert sich die Überwachungsdichte, wenn die Untergesellschaften selbst über funktionierende Aufsichtsorgane verfügen. Und zum Dritten wird der Überwachungsumfang dadurch eingegrenzt, dass der Mutteraufsichtsrat eine nach Wirtschaftlichkeits- und Risikogesichtspunkten zu treffende Auswahl relevanter Konzernunternehmen vorzunehmen hat.

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Vgl. Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 332; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 242, der in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hinweist, dass der Aufsichtsrat der Obergesellschaft das Geschehen in den abhängigen Gesellschaften nicht so zu überwachen hat, als wäre er deren Aufsichtsrorgan, sondern als wären die wirtschaftlichen Aktivitäten der Unternehmensgruppe in einem Einheitunternehmen zusammengefasst; vgl. auch Theisen, Der Konzern, S. 276; für die Überwachungsintensität der Konzernleitung vgl. Fleischer, DB 2005, 759, 763. 56 In der Aufsichtsratspraxis findet sich bspw. das Modell, dass für jedes Geschäftsjahr eine andere Konzerngesellschaft neben der regelmäßigen Konzerüberwachung einer vertieften Überwachung unterzogen wird.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

B. Schlussfolgerung für die Zulässigkeit und Bestimmung konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte I. Konzernmaßnahmen als „Geschäfte“ i. S. d. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG Die Erweiterung der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens um Konzernsachverhalte rechtfertigt es, den Einsatzradius des Vorbehaltsinstruments des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG in gleicher Weise konzerndimensional zu vergrößern 57. Soweit nämlich die in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG erwähnten „Geschäfte“ „Maßnahmen der Geschäftsführung“ im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG sind, werden hiervon auch von der Obergesellschaft veranlasste „Konzernmaßnahmen“ in Untergesellschaften miterfasst 58. Eine effektive Konzernüberwachung, die vor allem auch eine vorausschauende Risikokontrolle verlangt, ist ohne den Einsatz konzernweiter Zustimmungsvorbehalte nicht vorstellbar. Die konzernweite Geltung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG wird denn auch vom TransPuG-Gesetzgeber anerkannt, wenn er in seiner Gesetzesbegründung die neu eingeführte Vorbehaltspflicht ausdrücklich auf „Maßnahmen im Konzern [erstreckt], die die beschriebene Auswirkung auf die Gesellschaft haben“ 59. Und soweit der Deutsche Corporate Governance Kodex in seiner einschlägigen Ziffer 3.3 von „Unternehmen“ spricht (gemeint ist damit ein Konzernunternehmen, vgl. Abs. 7 der Präambel), geht auch er – wenn auch wenig erhellend 60 – von einer konzernweiten Anwendung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG aus 61. 57 H. M., vgl. Lutter in: FS Fischer, S. 419, 423 ff.; ders. in: Liber amicorum Happ, S. 143; ders., AG 2006, 517, 520; Götz, ZGR 1990, 633, 646 ff.; Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621, 630; ders. in: Krieger / Uwe H. Schneider (Hrsg.), Hdb. Managerhaftung, § 9 Rn. 23; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 339 ff.; ders. in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 45; Martens, ZHR 159 (1995), 567, 577 ff.; Lenz, AG 1997, 448, 451; Fonk, ZGR 2006, 841, 852 ff.; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 148; Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 414 ff.; ders., Leitung und Überwachung, Rn. 431 ff.; Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 80; Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 43; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 73; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 16; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 685; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 304; Kohlenbach, Das Verhältnis der Aufsichtsräte im Aktiengesellschaftskonzern, S. 127; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 281; Theiesen, Information und Berichterstattung des Aufsichtsrats, S. 180; kritisch dagegen: Michael Schmidt in: FS Imhoff, S. 67, 72 ff. 58 Vgl. auch Lutter in: FS Fischer, S. 419, 422. 59 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17. 60 Siehe auch die berechtigte Kritik von Uwe H. Schneider in: FS Nobel, S. 337, 342 f. 61 Der Vorschlag der Regierungskommission, folgenden Satz 3 in die Vorschrift des § 111 Abs. 4 AktG einzufügen: „Hierzu sollten in der Gesellschaft oder in abhängigen Unternehmen getroffene Entscheidungen oder Maßnahmen rechnen, die die Ertragsaussichten der Gesellschaft oder ihre Risikoexposition grundlegend verändern [Hervorhebungen vom Verfasser]“, wurde vom Gesetzgeber nicht übernommen, vgl. Bericht der Regierungskommission Corprate Governance, BT-Drucks 14/7515, Rn. 34.

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Obgleich dieses Konsenses in Bezug auf die konzernweite Geltung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG fehlt es an einer klaren Aussage darüber, welches die entscheidenden Merkmale eines konzernweiten Aufsichtsratsvorbehalts sind. Das soll mit folgender Fallgruppenbildung nachgeholt werden. 1. Vom Muttervorstand veranlasste Konzernmaßnahmen als Konzerngeschäft im weiteren Sinne Einen ersten Fall konzernweiter Zustimmungsvorbehalte bilden vom Muttervorstand veranlasste Konzerngeschäfte. Mit „Konzerngeschäft“ sind in einem abhängigen Unternehmen zu realisierende Geschäftsführungsmaßnahmen gemeint, sei es, dass es sich dabei um ein zu tätigendes Rechtsgeschäft handelt (z. B. Abschluss eines langfristigen Liefervertrags), sei es, dass eine rein organisatorische Maßnahme durchzuführen ist (z. B. Bildung neuer Unternehmenssparten oder Besetzung von Führungspositionen). Lediglich vorbereitende Maßnahmen wie die Konzernplanung, die Entwicklung der Konzernstrategie usw. sind danach keine „Konzerngeschäfte“ in diesem Sinne. Sie sind vielmehr „Geschäftsführungsmaßnahmen mit Konzernbezug“, für die der „einfache“ Zustimmungsvorbehalt das richtige Überwachungsmittel ist. Wegen der Veranlassung durch die Konzernleitung sind in Untergesellschaften realisierte Konzerngeschäfte der Obergesellschaft als eigene Geschäftsführungsmaßnahmen „zuzurechnen“, so dass § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG durch eine entsprechende konzernweite Auslegung unmittelbar zur Anwendung gelangt. Vom Muttervorstand veranlasste Konzerngeschäfte sind daher Konzerngeschäfte im weiteren Sinne. Der „Zurechnung“ steht es dabei nicht entgegen, wenn dem Leitungsorgan der betroffenen Untergesellschaft hinsichtlich der Ausführung des Konzerngeschäfts ein gewisser Spielraum eingeräumt wird bzw. wegen der rechtlichen Selbständigkeit der Konzerngesellschaft zwingend erhalten bleibt. Wie im Einheitsunternehmen ist auch für die Vorbehaltsfähigkeit von Konzerngeschäften Voraussetzung, dass die Konzernmaßnahme von grundlegender bzw. erheblicher Bedeutung für die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der Gesellschaft oder ihre Risikoexposition ist. Entscheidend hierfür ist allein die Perspektive der Obergesellschaft (vgl. auch § 90 Abs. 1 Satz 2, 2. HS AktG) 62. Entgegen vereinzelt vertretener Ansicht spielt es keine Rolle, ob das Geschäft zugleich auch für die Untergesellschaft 63 oder für den „Konzern“ selbst 64 von herausragender Bedeutung ist, denn es geht nicht um Zustimmungsvorbehalte für die Untergesellschaft oder für den Konzern als Gesamtheit aller Konzerngesellschaf62 Ebenso in diesem Sinne etwa Hoffman-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 340; ders. in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 45; Lenz, AG 1997, 448, 452. 63 Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 301, 305, 306. 64 Kohlenbach, Das Verhältnis der Aufsichtsräte im Aktiengesellschaftskonzern, S. 129.

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ten, sondern es geht um solche für die Obergesellschaft. Und weil Überwachungsadressat der Muttervorstand ist, sind die Grenzen zulässiger Einschränkung der (Konzern-)Leitungsautonomie (§ 76 AktG) auch nur ihm gegenüber einzuhalten. 2. Die „Veranlassung“ von Konzernmaßnahmen als Konzerngeschäft im weiteren Sinne Die „Veranlassung“ eines Konzerngeschäfts selbst ist ebenfalls (lediglich) ein Konzerngeschäft im weiteren Sinne, denn auch die Einwirkung der Geschäftsleitung der Obergesellschaft auf die Untergesellschaft durch − die Wahrnehmung der Geschäftsführungstätigkeit der Obergesellschaft in einer abhängigen Personengesellschaft (vgl. z. B. § 114 Abs. 1 HGB), − die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte der (Aktionärs-)Obergesellschaft in der Hauptversammlung einer AG-Untergesellschaft, − die Mitwirkung an der Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung einer GmbH-Untergesellschaft, − die Ausübung von Weisungsrechten der Obergesellschaft gegenüber einem abhängigen Unternehmen im Vertrags- oder Eingliederungskonzern (vgl. § 308 AktG und § 323 AktG) oder − die rein faktische Einflussnahme der Konzernleitung auf nachgeordnete Gesellschaften ist als Geschäftsführungsmaßnahme der Obergesellschaft 65 mit einem „einfachen“ Zustimmungsvorbehalt einzufangen. Einer besonderen konzernweiten Auslegung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG bedarf es hierfür nicht. Dennoch wird man auch die Einwirkung der Konzernleitung auf Untergesellschaften als Konzerngeschäfte im weiteren Sinne einordnen können, da die Konzerngeschäftsführung in unteren Verbundebenen gerade über die Ausübung dieser Mitgliedschafts- und Einwirkungsrechte stattfindet. Sie bilden daher eine eigene Fallgruppe konzernweiter Zustimmungsvorbehalte. 3. Vom Muttervorstand nicht veranlasste Konzerngeschäfte Den eigentlichen Anwendungsfall konzernweiter Zustimmungsvorbehalte stellen solche Konzerngeschäfte dar, die nicht von der Geschäftsleitung der Obergesellschaft veranlasst wurden. Hier fehlt es nämlich an einem Anknüpfungspunkt in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, denn weder ist die ausgeübte Geschäftsführung durch die zuständigen Leitungsorgane der Untergesellschaft zugleich Geschäftsführung der Obergesellschaft 66 – eine Ausnahme ist möglicherweise beim Einsatz von Doppelmandatsträgern zu machen (dazu sogleich unter 4.) – noch findet mangels 65

Siehe dazu die Pionierarbeit von Lutter in: FS Fischer, S. 419, 423 ff.

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Veranlassung eine „Zurechnung“ der Konzernmaßnahme gegenüber der Unternehmensleitung der Obergesellschaft statt. Die Zustimmungsvorbehaltsfähigkeit nicht veranlasster Konzernmaßnahmen folgt hier vielmehr allein aus der konzernweiten Kontrollverantwortung des Muttervorstands und dem im gleichen Umfang erweiterten Überwachungsauftrag des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens. Und wie oben dargestellt richtet sich die verbundweite Überwachungsaufgabe des Mutteraufsichtsrats nicht an die tatsächlich ausgeübte Konzernleitung, sondern an die von der Unternehmensführung verlangte Konzernkontrolle 67. Entsprechend folgerichtig ist es, auch die Reichweite des Vorbehaltsinstruments nicht davon abhängig zu machen, ob und inwieweit der Vorstand der Muttergesellschaft erst durch sein konzernweites Handeln einen Anknüpfungspunkt für die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten liefert. Um dem Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens ein effektives verbundweites Überwachungsinstrument an die Hand zu geben, ist § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG daher über seinen Wortbezug zu Abs. 1 („Maßnahmen der Geschäftsführung“) hinaus auch auf solche Konzerngeschäfte zu erstrecken, die nicht von der Konzernspitze veranlasst wurden 68. Auch für diese Konzerngeschäfte im engeren Sinne gilt freilich, dass sie für die Obergesellschaft von erheblicher Bedeutung sein müssen. 4. Geschäftsführungs- und Aufsichtsmaßnahmen von Doppelmandatsträgern in Untergesellschaften Eine letzte Gruppe zustimmungsvorbehaltsfähiger Konzerngeschäfte stellen Entscheidungen und Handlungen von Doppelmandatsträgern 69 dar, also von Vorstandsmitgliedern oder Geschäftsführern der Obergesellschaft, die zugleich Mitglieder des Leitungsorgans oder des Aufsichtsrats einer Untergesellschaft sind. Für diesen Fall geht die überwiegende Ansicht zu Recht davon aus, dass die Ausübung des Leitungs- bzw. Aufsichtsmandats in den Untergesellschaften durch Leitungsmitglieder des herrschenden Unternehmens zugleich Geschäftsführung für die Obergesellschaft ist 70, denn die Leitungsmitglieder der Obergesellschaft sind – um 66 Weiter allerdings Uwe H. Schneider, DB 1981, 249, 253 (Das geschäftsführende Organ der Konzernspitze ist auch für solche unternehmensleitenden Maßnahmen zuständig, die bei Konzernunternehmen ausgeführt werden). 67 Vgl. oben A. II. 68 Ebenso Götz, ZGR 1990, 633, 647; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 341 f.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 433; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 295; grundsätzlich ablehnend dagegen Michael Schmidt in: FS Imhoff, S. 67, 86. 69 Zur Zulässigkeit von Doppelmandatsträgern siehe zuletzt Vetter, ZHR 171 (2007), 342, 346. 70 Vgl. Lutter in: FS Fischer, S. 419, 427 ff.; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 341; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 76; Götz, ZGR 1990, 633, 651; Lenz, AG 1997, 448, 454; kritisch, aber im Ergebnis ebenso, Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 308 ff.

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es mit Lutter 71 auszudrücken – nicht in erster Linie wegen ihrer besonderen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnisse Mitglieder im Vorstand oder Aufsichtsrat der Untergesellschaft, sondern vor allem deshalb, weil sie als Vertrauenspersonen die Interessen der Obergesellschaft in der Untergesellschaft wahrnehmen. Das ist zugleich der erforderliche „Zurechnungsgrund“, der es rechtfertigt, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG auf Geschäftsführungs- und Aufsichtsmaßnahmen von Doppelmandatsträgern unmittelbar anzuwenden. Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer sind daher grundsätzlich unabhängig davon an die Beschränkungen des Mutteraufsichtsrats gemäß § 82 Abs. 2 AktG gebunden, wo und in welcher Weise sie ihre Leitungstätigkeit ausüben. Eine ganz andere, noch zu untersuchende Frage ist freilich, inwieweit die Bindung von Doppelmandatsträgern an die Zustimmung des Aufsichtsrats der Muttergesellschaft tatsächlich zur Sicherstellung der konzernweiten Mitentscheidungsbefugnis des Mutteraufsichtsrats geeignet ist 72. So ist nämlich zum einen fraglich, ob und in welchem Umfang Doppelmandatsträger mit Blick auf ihre im Verhältnis zur Untergesellschaft bestehende Verschwiegenheitspflicht (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG und § 116 Satz 2 AktG) den Aufsichtsrat der Obergesellschaft über zustimmungspflichtige Maßnahmen überhaupt informieren dürfen. Und fraglich ist zum anderen, wie der Interessenausgleich zu erfolgen hat, wenn der Mutteraufsichtsrat einer für die Untergesellschaft positiven oder gar für sie notwendigen Konzernmaßnahme widerspricht. Damit verbunden ist die Frage nach der Haftung von Doppelmandatsträgern gegenüber der Obergesellschaft einerseits und gegenüber der Untergesellschaft andererseits, wenn sie sich für oder gegen das eine oder andere Unternehmensinteresse entscheiden. An der grundsätzlichen Konzernvorbehaltsfähigkeit von Geschäftsführungs- oder Aufsichtsratshandlungen von Doppelmandatsträgern in Untergesellschaften ändern diese Fragen allerdings nichts. Sie bilden daher eine weitere Gruppe konzernvorbehaltsfähiger Geschäftsführungsmaßnahmen. 5. Zwischenergebnis Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte beziehen sich nach dem Vorangestellten auf Konzerngeschäfte, und zwar auf solche im engeren und solche im weiteren Sinne. Zu den Konzerngeschäften im engeren Sinne zählen die eigentlichen Konzerngeschäfte, die ohne Einflussnahme der Obergesellschaft in einer Untergesellschaft realisiert werden sollen und von grundlegender bzw. erheblicher Bedeutung für die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der Obergesellschaft oder ihre Risikoexposition sind (vgl. auch § 90 Abs. 1 Satz 2, 2. HS AktG). Erfasst sind danach etwa die einzelne in der Untergesellschaft vorgenommene Kreditgewährung, die Auf71 72

FS Fischer, S. 419, 427 f. Dazu unten § 8 C. II.

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nahme neuer Produkte, der Kauf oder Verkauf von Unternehmensbeteiligungen, die Schließung von Betriebsstätten usw. Unter Konzerngeschäfte im weiteren Sinne fallen nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zum einen von der Obergesellschaft veranlasste Konzerngeschäfte sowie die „Veranlassung“ von Konzerngeschäften durch den Muttervorstand selbst. Erfasst ist damit die rechtliche und faktische Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft durch die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten des herrschenden Unternehmens als Gesellschafterin der Untergesellschaft, die Ausübung von Weisungsrechten der Obergesellschaft gegenüber einer abhängigen Gesellschaft im Vertrags- oder Eingliederungskonzern sowie die faktische Einwirkung auf den Vorstand der Untergesellschaft an der Hauptversammlung vorbei. Zu den Konzerngeschäften im weiteren Sinne zählen zum anderen Maßnahmen von Doppelmandatsträgern, die zur Durchsetzung der Interessen der Obergesellschaft Aufsichtsrats- oder Geschäftsleitermandate in den jeweiligen Tochter- und Enkelgesellschaften übernommen haben. Erfasst werden damit etwa für die Obergesellschaft wesentliche Zustimmungsentscheidungen von Vorstandsmitgliedern in ihrer Funktion als Aufsichtsratsmitglied in der Untergesellschaft (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG), und erfasst wird bspw. die einzelne Investitions- oder Desinvestitionsentscheidung eines „Doppelvorstandsmitglieds“. Sowohl die Einwirkung der Geschäftsleitung der Obergesellschaft auf Untergesellschaften als auch die Ausübung der Leitungs- oder Aufsichtsratstätigkeit von Doppelmandatsträgern in Untergesellschaften ist Geschäftsführung der bzw. für die Obergesellschaft. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG kann in diesen Fällen daher unmittelbar herangezogen werden. Um auch Konzerngeschäfte im engeren Sinne für den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens erreichbar zu machen, bedarf es indessen einer (konzern-)weiten Auslegung des seinem Wortlaut nach nur Geschäftsführungsmaßnahmen der Obergesellschaft erfassenden § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. II. Konzernweite Geltung „neutraler“ Zustimmungsvorbehalte? Vor dem Hintergrund der dargestellten konzernweiten Überwachungspflicht des Aufsichtsrats und der soeben vorgenommenen Bestimmung konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte stellt sich die Frage, wie mit Zustimmungsvorbehalten in der Satzung oder in einer Geschäftsordnung umzugehen ist, die weder konzernweit formuliert sind noch eine Konzernklausel etwa des Inhalts enthalten, „die aufgeführten Geschäfte bedürfen auch dann der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats, wenn sie von Tochter- oder Enkelgesellschaften vorgenommen werden“ 73. 73

Vgl. die ähnliche Formulierung von Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., Anlage § 8 – 1 (S. 895).

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

1. Die herrschende Meinung Die herrschende Lehre löst das Problem „neutraler“ Zustimmungsvorbehalte, indem sie im Wege der Auslegung im Zweifel von einer konzernweiten Geltung ausgeht 74. Teile der Lehre beschränken die Zweifelsregelung allerdings auf Zustimmungsvorbehalte in der Satzung. Bei Zustimmungsvorbehalten, die vom Aufsichtsrat festgelegt werden, bestehe dagegen wegen der Möglichkeit der Kontrolleure, Vorbehalte jederzeit neu zu formulieren, kein Anlass für eine entsprechend weite Interpretation der zustimmungspflichtigen Geschäftsvorhaben 75. Die konzernweite Auslegung neutral formulierter Vorbehalte wird damit begründet, dass es das objektive Ziel – und darauf komme es bei der Auslegung korporationsrechtlicher Akte in erster Linie an – eines Zustimmungsvorbehalts sei, „alle Maßnahmen zu erfassen, die nach Größenordnung, Risiko oder präjudiziellen Wirkungen den Bestand und die weitere Entwicklung des Unternehmens beeinflussen können“ 76. Hierfür stützt sich die herrschende Meinung auf eine Entscheidung des II. Zivilsenats aus dem Jahre 1972 77, wonach es die wirtschaftliche Einheit eines Konzerns gebiete, dass „die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages der Obergesellschaft, wonach bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen ohne Zustimmung der Kommanditisten nicht zulässig sind, im Zweifel auch [gelten], soweit der geschäftsführende Gesellschafter der Obergesellschaft deren Rechte in der Untergesellschaft wahrnimmt“ 78. Entscheidend sei danach, „ob das von dem nachgeordneten Konzernunternehmen beabsichtigte Geschäft von solcher Bedeutung für die Konzernobergesellschaft ist, dass es der im Katalog bezeichneten Geschäftsart gleichkommt“ 79. Dies vor Augen, sprächen unternehmerische Vorgänge wie Investitionen, Unternehmensverträge usw. eher für eine konzerndimensionale 74 Vgl. Lutter in: FS Fischer, S. 419, 433; Uwe H. Schneider (für Gesellschaftervorbehalte in der GmbH) in: Der GmbH-Konzern, S. 78, 100 f.; ders. in: FS Hadding, S. 621, 631; ders. in: Krieger / Uwe H. Schneider (Hrsg.), Hdb. Managerhaftung, § 9 Rn. 23 („ . . . wenn Sinn und Zweck des Vorbehalts dies erfordern.“); Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 340; ders. in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 45; Götz, ZGR 1990, 633, 654 f.; Lenz, AG 1997, 448, 451 f.; Drygala in: Karsten Schmidt / Lutter, AktG, § 111 Rn. 53; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 77 (für satzungsmäßige Zustimmungsvorbehalte); Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 419; Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 81; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 687; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 321 ff.; Köstler / Zachert / Müller, Aufsichtsratspraxis, Rn. 714; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 284 ff.; a. A. Michael Schmidt in: FS Imhoff, S. 67, 72 ff. 75 Vgl. Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 78; Lutter in: FS Fischer, S. 419, 432; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 21; Schiedermair / Kolb in: Beck AG-HB, § 7 Rn. 82; Bürgers / Israel in: Bürgers / Körber, AktG, § 111 Rn. 28; Spindler in: Spindler / Stilz, AktG, § 111 Rn. 90. 76 Lutter in: FS Fischer, S. 419, 433; ihm folgend die h. M., siehe oben. 77 BGH, BB 1973, 212. 78 BGH, BB 1973, 212 (erster Leitsatz); vgl. auch OLG Koblenz, GmbHR 1991, 264, 267.

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Anwendung eines Zustimmungsvorbehalts, während hingegen Personalentscheidungen, insbesondere die Erteilung von Prokuren und Generalvollmachten, wegen ihrer vergleichsweise geringeren Bedeutung für die Obergesellschaft eher selten einem konzernweiten Zustimmungsvorbehalt unterstellt sein dürften 80. 2. Stellungnahme a) Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Die von der herrschenden Meinung entwickelte Zweifelsregelung ist bedenklich, denn sie argumentiert nur vom gewünschten Ergebnis her, verstößt dabei aber gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Die Begrenzung, Zustimmungsvorbehalte nur für bestimmte Arten von Geschäften vorsehen zu können, dient ihrem Sinn und Zweck nach dem Schutz der Leitungsautonomie des Vorstands 81. Der Vorstand als Zustimmungsvorbehaltsadressat soll ohne weiteres diejenigen Geschäfte identifizieren können, die er dem Aufsichtsrat zwecks Zustimmungserteilung vorzulegen hat 82. Hierzu muss er Klarheit darüber haben, ob und inwieweit seine Geschäftsführungsbefugnis in Bezug auf eine Geschäftsführungsmaßnahme durch ein Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats eingeschränkt ist. Die einem Zustimmungsvorbehalt unterworfenen Geschäfte müssen daher ihrer Art nach und von ihrem Umfang her hinreichend bestimmt sein 83. Das gilt ohne Einschränkungen auch für die Frage, ob ein vorbehaltenes Geschäft auch dann zustimmungspflichtig ist, wenn es nicht in der Obergesellschaft, sondern in einer Konzernuntergesellschaft durchgeführt werden soll 84. Dem Vorstand die Beurteilung zu überlassen, ob ein neutraler Zustimmungsvorbehalt einen „eher mehr“ oder „eher weniger“ starken Konzernbezug aufweist (siehe aber die herrschende Meinung oben), ist daher mit dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Zwar ist die Geschäftsleitung nicht von jeglicher Auslegungsarbeit befreit, und der in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG enthaltene Übereinstimmungsgrundsatz zwischen Aufsichtsrat und Unternehmensleitung verpflichtet die Geschäftsleitung auch ohne ausdrücklichen Konzernvorbehalt, wesentliche Geschäftsführungsmaßnahmen in 79 Hoffmann-Becking in: Münch. Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 45; ähnlich bereits ders., ZHR 159 (1995), 325, 340. 80 Lutter in: FS Fischer, S. 419, 434; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 340; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 77; Lenz, AG 1997, 448, 452; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 287; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 688. 81 Entsprechendes gilt in der GmbH für das Verhältnis Aufsichtsrat – Geschäftsführung. 82 Götz, ZGR 1990, 633, 640 (Vermeidung von „Grauzonen“); vgl. auch Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 398. 83 Für Einzelheiten siehe oben § 4 A. II. 84 Siehe auch die Kritik von Fonk, ZGR 2006, 841, 853 Fn. 67; ablehnend für vom Aufsichtsrat festgelegte Zustimmungsvorbehalte auch Hüffer, AktG, § 111 Rn. 21, und Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 78.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

Konzernuntergesellschaften nicht ohne Rücksprache mit dem Aufsichtsrat vorzunehmen. Ist aber für den Vorstand nicht ersichtlich, ob ein Zustimmungsvorbehalt konzerndimensional gelten soll, so geht dies zu Lasten einer Mitentscheidung des Aufsichtsrats. Und das gilt gleichermaßen für satzungsmäßige wie für solche Zustimmungsvorbehalte, die der Aufsichtsrat festlegt. Insbesondere ist der Vorstand nicht verpflichtet, Vorbehaltsberichte 85 oder sonstige Sitzungsprotokolle des Aufsichtsrats zur Auslegung der Reichweite des Zustimmungskatalogs heranzuziehen. Im Gegenteil darf der Vorstand gerade mit Blick auf die konzernweit angelegte Überwachungspflicht des Aufsichtsrats und seiner jederzeitigen Möglichkeit zur Ergänzung und Anpassung des Zustimmungskatalogs grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Vorbehaltskatalog in der vorliegenden Fassung abschließend ist 86. Entgegen der herrschenden Auffassung ist daher umgekehrt im Zweifel davon auszugehen, dass Zustimmungsvorbehalte des herrschenden Unternehmens ohne ausdrücklichen Konzernbezug ihrem Umfang nach auf Geschäfte in der Obergesellschaft beschränkt sind. Etwas anderes gilt nur, wenn Sinn und Zweck des Zustimmungsvorbehalts es geradezu aufdrängen, es für den Vorstand also ohne weiteres erkennbar ist, dass der Vorbehalt konzerndimensional anzuwenden ist. Das ist zum einen bei einer reinen Führungsholding anzunehmen, die kein eigenes operatives Geschäft hat. Dort ist offensichtlich, dass Zustimmungsvorbehalte der Konzernspitze nur sinnvoll sind, wenn sie verbundweit gelten. Gleiches gilt zum anderen für den Fall, dass für zustimmungspflichtig erklärte Geschäfte im Nachhinein durch eine Ausgliederung des entsprechenden Geschäftsbereichs auf untere Konzernebenen verlagert wurden 87. Zumindest im letzten Fall ist der Aufsichtsrat allerdings gehalten, seine Vorbehaltsliste an die veränderten Umstände anzupassen, will er vermeiden, dass seine Untätigkeit nach gewissem Zeitablauf dahingehend gedeutet wird, dass eine Konzernerstreckung nicht gewollt ist. b) Zulässigkeit einfacher Konzernvorbehaltsklauseln Für den Aufsichtsrat der Obergesellschaft bedeutet dieses Ergebnis – und das ist zugleich ein vom TransPuG-Gesetzgeber erwünschter Nebeneffekt 88 –, dass er sich spätestens bei der Formulierung seiner Zustimmungsvorbehalte mit der Frage auseinandersetzen muss, ob eine konzernweite Erstreckung der Vorbehalte erforderlich ist. Dabei wird er sich zwingend mit der Konzernstruktur seines Unternehmens auseinandersetzen müssen und die risikoträchtigen von weniger bedeutsamen Geschäftsfeldern unterer Konzerngesellschaften herausarbeiten. Vor diesem 85

Siehe dazu oben § 6 B. II. 4. So auch der Einwand von Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 78. 87 Vgl. Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 339 f. 88 Die Pflicht zur Anordnung von Zustimmungsvorbehalten für Geschäfte von grundlegender Bedeutung für die Gesellschaft ist konzernweit angelegt, vgl. RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17 (linke Spalte). 86

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Hintergrund ist auch fraglich, ob der Aufsichtsrat seiner konzernweiten Vorbehaltspflicht bereits dadurch genügt, dass er in seinen Vorbehaltskatalog eine einfache Konzernklausel („Die Zustimmungsvorbehalte gelten konzernweit“ oder „Der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen die Geschäfte nach Nrn. x – y auch, wenn sie von Beteiligungsgesellschaften vorgenommen werden“ 89) aufnimmt, zumal damit unterstellt wird, dass die entsprechenden Geschäfte in unteren Konzernebenen regelmäßig auch erhebliche Bedeutung für die Konzernobergesellschaft haben 90. Trotz dieser Bedenken wird man wohl eine einfache Konzernvorbehaltsklausel für ausreichend erachten können, denn mit Blick auf die eingeschränkten konzernweiten Informationsmöglichkeiten des Aufsichtsrats stellt sie ein geeignetes Mittel dar, um den Muttervorstand anzuhalten, den Aufsichtsrat in das Geschehen unterer Konzernebenen miteinzubinden. Sollte ein für zustimmungspflichtig erklärtes Geschäft, das in einer Konzernuntergesellschaft vorgenommen werden soll, im Einzelfall nicht die erforderliche Bedeutung für die Obergesellschaft haben, ist der Konzernvorbehalt für diesen Fall nach allgemeinen Grundsätzen unwirksam mit der Folge, dass der Muttervorstand uneingeschränkt konzernleitungsbefugt ist. Entgegen teilweise vertretener Ansicht sind dagegen Generalklauseln, die alle Maßnahmen in Tochter- und Enkelgesellschaften für zustimmungspflichtig erklären, sofern sie „für den Konzern von grundsätzlicher oder präjudizieller Bedeutung sind“, wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unzulässig 91. III. Bindungswirkung konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte 1. Die Geschäftsleitung der Obergesellschaft als Adressat konzernweiter Zustimmungsvorbehalte Konzernvorbehalte sind Zustimmungsvorbehalte, die der Mutteraufsichtsrat zur präventiven Überwachung des Vorstands bzw. der Geschäftsführung bei der Wahrnehmung seiner Konzernleitungs – und Konzernkontrollpflichten einsetzt. Überwachungsadressat und damit auch Adressat konzernweiter Zustimmungsvorbehalte ist daher nur die Geschäftsleitung der Obergesellschaft. Auf Tochter-, Enkel- und Urenkelgesellschaften haben konzernweite Zustimmungsvorbehalte 89 So der Vorschlag von Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., Anlage § 8 –1 (S. 895); A. Meyer-Landrut / Wendel, Satzungen und Haupteversammlungsbeschlüsse der AG, Rn. 431, schlagen vor, für zustimmungspflichtig zu erklären: „Erteilung von Weisungen, Zustimmungen, die Vornahme von Stimmabgabe oder die Mitwirkung auf andere Weise bei Maßnahmen in verbundenen Unternehmen, bei Veränderungen der Produktions- und Absatzstruktur jedoch nur, wenn die Maßnahme auch zustimmungspflichtig wäre, falls das verbundene Unternehmen ein rechtlich unselbständiger Teil des Unternehmens der Gesellschaft wäre.“ 90 So zu Recht die Kritik von Fonk, ZGR 2006, 841, 853. 91 Für zulässig aber Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., Anlage § 8 –1 (S. 896).

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mithin keine unmittelbare rechtliche Wirkung 92. Das gilt auch in DoppelvorstandsFällen, wenn also Vorstandsmitglieder der Obergesellschaft zugleich Leitungsmitglieder in Untergesellschaften sind, denn gemäß § 82 Abs. 2 AktG sind nur die Vorstandsmitglieder der Obergesellschaft in der Untergesellschaft an die Zustimmungsvorbehalte ihrer (Konzernober-)Gesellschaft gebunden, nicht jedoch der Vorstand der Untergesellschaft in Gesamtheit seiner Mitglieder. 2. Die Pflicht der Konzernleitung zur Sicherstellung der konzernweiten Mitentscheidungsbefugnis des Mutteraufsichtsrats Die mit dem Konzernvorbehalt bezweckte Mitwirkung des Aufsichtsrats an konzernweiten Geschäftsführungsmaßnahmen erfolgt durch die rechtzeitige Einbindung des Kontrolleurs in das zustimmungspflichtige Geschäftsführungsvorhaben durch die Geschäftsleitung der Obergesellschaft. Je nach Eigeninitiative der Konzernleitung in Bezug auf das Konzerngeschäft wirken konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte in unterschiedlicher Weise: Handelt es sich um Konzerngeschäfte im weiteren Sinne, geht also das vorbehaltene Konzerngeschäft auf eine „Veranlassung“ der Konzernleitung oder eines Doppelmandatsträgers in der Untergesellschaft zurück, so darf die Konzernleitung das geplante Konzerngeschäft nur durchsetzen, der Doppelmandatsträger an der Umsetzung des Geschäfts nur mitwirken, wenn zuvor die Zustimmung des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens eingeholt worden ist 93. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Aufsichtsrat ausdrücklich die „Veranlassung“, also etwa die Ausübung des Weisungsrechts der Obergesellschaft im Vertrags- oder Eingliederungskonzern, oder – was der Regelfall ist – das konkrete Geschäft selbst, also etwa die Kreditgewährung, die Abgabe einer Patronatserklärung usw., für zustimmungspflichtig erklärt hat. In beiden Fällen darf die Konzernleitung das Geschäft nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats veranlassen. Bezieht sich der Konzernvorbehalt demgegenüber auf ein Konzerngeschäft im engeren Sinne, handelt es sich also um ein Geschäft von erheblicher Bedeutung für die Obergesellschaft, das in einer Untergesellschaft realisiert werden soll, ohne dass dies auf eine Veranlassung der Konzernspitze zurückzuführen ist (insbesondere bei dezentraler Konzernführung), ist die Vorbehaltswirkung eine weitergehende: Der Konzernvorbehalt löst hier die Pflicht der Geschäftsleitung aus, mit allen ihr zur Verfügung stehenden konzernrechtlichen Mitteln sicherzustellen, dass das betreffende Geschäft nicht ohne vorherige Mitwirkung des Aufsichtsrats der Obergesellschaft durchgeführt wird 94. Der Konzernvorbehalt enthält damit für 92 H. M.; anstelle vieler: Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 87; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 691. 93 Zu den Grenzen der Verpflichtung von Doppelmandatsträgern zur Beachtung der Zustimmungsentscheidung des Mutteraufsichtsrats siehe aber unten § 8 C. II.

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diesen Fall eine Handlungsanweisung an die Geschäftsleitung, einerseits die Teilhabe des Mutteraufsichtsrats an bedeutsamen Geschäften unterer Konzernebenen zu gewährleisten (konzernweites Zustimmungsvorbehaltsrecht) und andererseits seine (anschließende) Zustimmungsentscheidung in den betreffenden Untergesellschaften durchzusetzen (konzernweites Zustimmungsrecht) 95. Die damit verbundene Pflicht der Konzernleitung zur unternehmerischen Initiative ist rechtlich unbedenklich und darf nicht mit der Diskussion über die (Un-)Zulässigkeit von Zustimmungsvorbehalten auf unternehmerisches Nichthandeln verwechselt werden 96. Die Einwirkungspflicht des Vorstands auf die Untergesellschaft folgt hier nämlich aus seiner allgemeinen Konzernleitungspflicht, die ihn mit Blick auf den in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG enthaltenen Übereinstimmungsgrundsatz in Bezug auf bedeutende Unternehmensentscheidungen verpflichtet, den Aufsichtsrat auch an konzernweiten Geschäftsführungsmaßnahmen grundlegender Art mitwirken zu lassen. Durch den Konzernvorbehalt wird diese Pflicht lediglich konkretisiert 97. Die Leitungsautonomie der Geschäftsleitung der Obergesellschaft bleibt hierbei insoweit gewahrt, als es grundsätzlich in ihrem Handlungsermessen liegt, wie sie den Aufsichtsratsvorbehalten konzernweit Geltung verschafft und auf welche Weise sie die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats in den Tochter- und Enkelgesellschaften durchsetzt. Je nach Konzernart und Beteiligung außenstehender Gesellschafter kann sich freilich im Einzelfall der Handlungsspielraum der Geschäftsleitung zu einer bestimmten Durchsetzungsmaßnahme verdichten. Das aber steht der Zulässigkeit von „aktiven Konzernvorbehalten“ nicht entgegen.

§ 8 Durchsetzbarkeit konzernweiter Zustimmungsvorbehalte in abhängigen Unternehmen Ist nach dem Vorangestellten die Geschäftsleitung einer Konzernobergesellschaft verpflichtet, das unternehmerische Mitwirkungsrecht des Mutteraufsichtsrats konzernweit sicherzustellen, ist weiter zu fragen, welche rechtlichen und

94 H. M., anstelle vieler: Götz, ZGR 1990, 633, 647; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 341 f.; Lenz, AG 1997, 448, 453; Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 87; Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 43; Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 149; Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 74; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 691. 95 Ebenso Semler in: MünchKomm.AktG, § 111 Rn. 415. 96 So aber Fonk, ZGR 2006, 841, 856. 97 Ebenso Götz, ZGR 1990, 633, 647: „Durch die Aufstellung von Zustimmungskatalogen wird die ohnehin bestehende Konzernleitungspflicht für Teilbereiche präzisiert.“; dies lässt sich auch der RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S. 17 (linke Spalte), entnehmen.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

welche faktischen Einflussmöglichkeiten dem herrschenden Unternehmen hierfür gegenüber den einzelnen Konzerngesellschaften zur Verfügung stehen. Die Vielfalt denkbarer Konzernkonstellationen erzwingt eine Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls. Entscheidend sind einerseits die rechtlichen Beziehungen zwischen Mutter-, Tochter- und Enkelgesellschaft und andererseits die Rechtsform der jeweiligen Konzerngesellschaft 98. Für den folgenden Überblick wird daher zunächst die Rechtslage in einer Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG) als Untergesellschaft wegen des dort herrschenden Prinzips der Selbstorganschaft betrachtet (A.). Im Übrigen wird zwischen weisungsabhängigen Konzernuntergesellschaften im Vertrags- und Eingliederungskonzern sowie im GmbH-Konzern (B.) und weisungsfreien Konzernuntergesellschaften im faktischen Aktienkonzern (C.) differenziert. Als Konzernspitze dient jeweils eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH.

A. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in der abhängigen Personenhandelsgesellschaft Personengesellschaften können ebenso wie andere Unternehmen in Unterordnungskonzerne einbezogen sein 99. Der in den Vorschriften der §§ 15 –18 AktG verwendete Unternehmensbegriff ist rechtsformneutral und findet daher auch auf Personengesellschaften Anwendung 100. Und ebenso wie im Aktiengesetz (vgl. §§ 311 ff. und §§ 308 ff. AktG) wird auch im Personengesellschaftsrecht zwischen faktischen Konzernen und Vertragskonzernen unterschieden 101. Die Zulässigkeit und die Rechtsfolgen der Konzernierung richten sich dagegen in (teilweiser) Abweichung vom aktiengesetzlichen Leitbild danach, ob das herrschende Unternehmen (hier also eine AG oder GmbH) ihren Einfluss zur Durchsetzung ihrer (Sonder-)Interessen mit oder ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter ausübt 102. Hier ist vieles streitig 103. Auf die Einzelheiten braucht an dieser Stelle indessen nicht eingegangen zu werden. Die folgende Aufgabe lautet vielmehr, ausgehend von den gesetzlichen Bestimmungen des Gesellschaftsrechts der Personenhandelsgesellschaften nach geeigneten Instrumenten der an einer Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG) mehrheitlich beteiligten Konzernobergesellschaft zu suchen, die es ihr ermöglicht, den Zustimmungsvorbehalten ihres Aufsichtsrats 98

Lutter in: Liber amicorum Happ, S. 143, 149. Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 457. 100 Vgl. Hüffer, AktG, § 15 Rn. 6. 101 Vgl. Mülbert in: MünchKomm.HGB, KonzernR Rn. 124 ff. 102 Vgl. Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 460; Mülbert in: MünchKomm.HGB, KonzernR Rn. 131 ff. 103 Für einen Überblick siehe die Kommentierung von Mülbert in: MünchKomm.HGB, KonzernR Rn. 114 ff. 99

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verbundweite Geltung zu verschaffen. Dabei hat man sich stets vor Augen zu führen, dass ein Aufsichtsratsveto von seiner Wirkung her auf die Verhinderung bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen abzielt. Vordergründig ist daher nach entsprechenden Blockadeinstrumenten der an der Personenhandelsgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Obergesellschaft zu suchen. Weisungsrechte oder weisungsähnliche Rechte sind dagegen nur insoweit von Belang, als es darum geht, die mitunternehmerische Entscheidung des Mutteraufsichtsrats vor Durchführung des zustimmungspflichtigen Geschäfts sicherzustellen. Dies vorausgeschickt wird im Folgenden danach unterschieden, ob die an der Personenhandelsgesellschaft (= Beteiligungsgesellschaft) unmittelbar mehrheitlich beteiligte Obergesellschaft (= beteiligte Gesellschaft) alleingeschäftsführungsbefugt ist oder nicht 104. I. Rechtslage im einstufigen Konzern 1. Die Konzernobergesellschaft als alleingeschäftsführende Gesellschafterin Ist die Konzernobergesellschaft alleingeschäftsführende Komplementärin einer Personenhandelsgesellschaft, übt die Geschäftsleitung der Obergesellschaft die Geschäftsführung für diese in der Personenhandelsgesellschaft aus (§ 114 HGB). Die Wahrnehmung der Geschäftsführungstätigkeit durch das Vertretungsorgan der Obergesellschaft ist als Geschäftsführung für die Obergesellschaft konzernvorbehaltsfähig 105. Die Stellung der Obergesellschaft als alleingeschäftsführende Gesellschafterin der Personengesellschaft ermöglicht es den nach § 82 Abs. 2 AktG gebundenen Leitungsmitgliedern, den Aufsichtsrat ohne Informationsverluste rechtzeitig vor Durchführung einer zustimmungspflichtigen Konzernmaßnahme in den Entscheidungsprozess mit einzubinden 106. 104

Umstritten ist, ob ein herrschender Einfluss des mehrheitlich beteiligten Unternehmens abweichend von der Vermutungsregelung des § 17 Abs. 2 AktG voraussetzt, dass der Gesellschaftsvertrag über die Bestimmungen der §§ 114 Abs. 1, 115, 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 2. HS HGB hinaus eine Mitwirkung des herrschenden Unternehmens an allen wichtigen Fragen der Geschäftsführung vorsieht oder ihm gar die Alleingeschäftsführung überträgt (so Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 456; ebenso Schmitt, Schutz der außenstehenden Gesellschafter einer abhängigen Personengesellschaft im mehrstufigen Unternehmensverbund, S. 34; dagegen: Burbach, Das Recht der konzernabhängigen Personenhandelsgesellschaft, S. 104 [negative Einflussnahmemöglichkeit nach dem gesetzlichen Umfang reicht aus]). Für die hier vorzunehmende Suche nach geeigneten Instrumentarien der Obergesellschaft zur Durchsetzung der Mitentscheidungsbefugnis des Mutteraufsichtsrats ist diese Frage indessen nicht von entscheidender Bedeutung; siehe dazu die Ausführungen unter 2. 105 Siehe oben § 7 B. I. 2. (Konzernmaßnahmen im weiteren Sinne); siehe auch Lutter in: FS Fischer, S. 419, 423 f.; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 432; Götz, ZGR 1990, 633, 654; Lenz, AG 1997, 448, 453.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

Das Gleiche gilt für den Fall, dass der Gesellschaftsvertrag der Obergesellschaft als Kommanditistin eine beherrschende Stellung einräumt, indem der Komplementär verpflichtet wird, für jedes einzelne Geschäft oder für bestimmte Arten von Geschäften die vorherige Zustimmung der Obergesellschaft einzuholen oder generell nur auf Weisungen der Obergesellschaft zu handeln 107. Auch hier sind die Leitungsmitglieder der Obergesellschaft im Verhältnis zur eigenen Gesellschaft nur dann befugt, die entsprechenden Zustimmungs- oder Weisungsrechte für die Obergesellschaft auszuüben, wenn sie zuvor das erforderliche Einverständnis des Mutteraufsichtsrats erhalten haben. 2. Die Konzernobergesellschaft als nicht alleingeschäftsführende Gesellschafterin Ist die Obergesellschaft nicht alleingeschäftsführende Gesellschafterin, so kann sie das Vorbehaltsrecht des Aufsichtsrats – vorbehaltlich weitergehender vertraglicher Rechte – durch Ausübung ihrer gesetzlichen Mitverwaltungsrechte aus § 115 HGB und §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 2. HS 108 HGB sowie mit Hilfe ihres Zustimmungsrechts bei Grundlagengeschäften sicherstellen: Besteht entsprechend dem gesetzlichen Regelfall Einzelgeschäftsführung (§ 114 Abs. 1 HGB), so steht der mitgeschäftsführenden Obergesellschaft für den Bereich des Tagesgeschäfts ein Widerspruchsrecht gegenüber den handelnden Mitgesellschaftern gemäß §§ 115 Abs. 1, 2. HS, 161 Abs. 2 HGB zu. Dabei ist anerkannt, dass den Handelnden mit Blick auf den Charakter des Widerspruchsrechts als Pflichtenrecht jedenfalls hinsichtlich solcher Maßnahmen eine Informationspflicht trifft, bei denen objektiv anzunehmen ist, dass die Mitgesellschafter auf eine vorherige Unterrichtung Wert legen 109. Die Leitungsmitglieder der Obergesellschaft können diese Informationspflicht mit Hilfe des Zustimmungskatalogs des Mutteraufsichtsrats konkretisieren. Dadurch können sie sich eine sichere Vetoposition hinsichtlich zustimmungspflichtiger Geschäftsführungsmaßnahmen zugunsten „ihres“ Aufsichtsrats verschaffen. In den Grenzen der gesellschafterlichen Treupflicht der Obergesellschaft gegenüber der Personenhandelsgesellschaft und ihren Mitgesellschaftern (dazu sogleich) können die Leitungsmitglieder sodann durch Ausübung des Widerspruchsrechts einer negativen Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats Rechnung tragen. 106 Zu Schranken der Bindungswirkung aus Gründen der gesellschafterlichen Treupflicht siehe sogleich unter 2. 107 Vgl. dazu Binz / Sorg, Die GmbH & Co. KG, § 5 Rn. 3. 108 Entgegen dem Wortlaut des § 164 Satz 1, 2. HS (nur Widerspruchsrecht) bedarf es bei außergewöhnlichen Geschäften der positiven Zustimmung der Kommanditisten; vgl. anstelle aller Hopt in: Baumbach / Hopt, HGB, § 164 Rn. 2. 109 Rawert in: MünchKomm.HGB, § 115 Rn. 20 m. w. N.

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Ähnliches gilt, wenn Gesamtgeschäftsführung vereinbart ist. Hier können die Leitungsmitglieder der Obergesellschaft das Aufsichtsratsveto durch Verweigerung der Zustimmung zu der vom Mutteraufsichtsrat für zustimmungspflichtig erklärten Geschäftsführungsmaßnahme in der Personenhandelsgesellschaft gemäß §§ 115 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB durchsetzen. Dass sich das Widerspruchs- und Zustimmungsrecht aus § 115 HGB auf den Bereich des Tagesgeschäfts (vgl. § 116 Abs. 1 HGB) bezieht, schadet nicht, soweit das vorzunehmende Geschäft aus Sicht der Obergesellschaft von erheblicher Bedeutung ist 110. Handelt es sich demgegenüber bei der aufsichtsratspflichtigen Maßnahme um ein außergewöhnliches Geschäft für die Personenhandelsgesellschaft, ist das Zustimmungsrecht nach §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 2. HS HGB das richtige Eingriffsmittel. Die Durchsetzung des Vorbehalts- und Vetorechts des Aufsichtsrats erfolgt hier durch eine entsprechende Blockadehaltung der Leitungsmitglieder im Rahmen der erforderlichen Beschlussfassung. Um Streitigkeiten bei der Bestimmung des außergewöhnlichen Geschäftscharakters zwischen den Gesellschaftern zu vermeiden, bietet es sich an, die außergewöhnlichen Geschäfte analog zum Zustimmungskatalog des Aufsichtsrats zu definieren und im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft festzuschreiben 111. Das Zustimmungserfordernis nach §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 2. HS HGB besteht anders als das Widerspruchsrecht nach § 115 HGB losgelöst von der Geschäftsführungsbefugnis, so dass es selbst für den Fall greift, dass die Obergesellschaft etwa als Kommanditistin von der Geschäftsführung ausgeschlossen sein sollte (§ 164 Satz 1, 1. HS HGB). Handelt es sich bei dem Geschäft in der Personenhandelsgesellschaft schließlich um ein sogenanntes Grundlagengeschäft mit vertragsänderndem Charakter, will die abhängige Personengesellschaft bspw. neue Geschäftsfelder erschließen oder ihren Geschäftsbetrieb ganz oder zu einem wesentlichen Teil auf eine Enkelgesellschaft übertragen, so erfolgt die Durchsetzung der Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats durch eine entsprechende Mitwirkung der Leitungsmitglieder an der Änderung des Gesellschaftsvertrags. Auch hier ist gewährleistet, dass der Aufsichtsrat vor und nicht etwa nach Umsetzung des Geschäfts in das Vorhaben mit eingebunden wird. Wie oben in Fußnote 104 angemerkt ist im Einzelnen streitig, ob die gesetzlichen Vetorechte zur Begründung einer gesellschafterlichen Herrschaftsstellung in der Personenhandelsgesellschaft ausreichen 112. Man mag daher bezweifeln, ob die gesetzlichen Mitwirkungsrechte das Potential in sich tragen, die Personenge110

Siehe oben § 7 B. I. 1. Zur Zulässigkeit der Vorabbestimmung außergewöhnlicher Geschäfte Jickeli in: MünchKomm.HGB, § 116 Rn. 61. 112 Dafür wohl Burbach, Das Recht der konzernabhängigen Personenhandelsgesellschaft, S. 104; dagegen Schmitt, Schutz der außenstehenden Gesellschafter einer abhängigen Personengesellschaft im mehrstufigen Unternehmensverbund, S. 34. 111

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sellschaft unter einheitlicher Leitung führen zu können. Zur Durchsetzung von Konzernvorbehalten der Obergesellschaft sind sie – wie gesehen – dennoch zweckdienlich. Um ein Aufsichtsratsveto allerdings sicher „durchbringen“ zu können, ist es erforderlich, dass die von den Leitungsmitgliedern der Obergesellschaft eingenommene Blockadehaltung nicht durch die Mitgesellschafter überwunden werden kann, weil etwa der Gesellschaftsvertrag generell oder für das betreffende Geschäft einen nach Köpfen zu bestimmenden 113 Mehrheitsentscheid vorsieht 114. Auch wenn die Obergesellschaft über eine ausreichend gesicherte Vetoposition verfügt, ist die Durchsetzbarkeit des konzernweiten Vorbehalts- und Vetorechts des Mutteraufsichtsrats durch die gesellschafterliche Treupflicht begrenzt 115. Bedeutung kommt der Treupflicht allerdings nur für den Fall zu, dass sich die Gesellschafter nicht auf die Verfolgung der Interessen des herrschenden Unternehmens verständigt haben 116 (Personengesellschaft mit „dienendem Verbandszweck“, dazu unter 3.). Nur dann sind Interessengegensätze unvermeidlich und ist die Obergesellschaft zur gesellschafterlichen Treue verpflichtet. Hier darf die Obergesellschaft ihren herrschenden Einfluss nicht dazu missbrauchen, ihre Interessen gegenüber denjenigen der Personengesellschaft durchzusetzen. Entsprechend dürfen die Leitungsmitglieder der Obergesellschaft ein Veto des Aufsichtsrats dann nicht befolgen, wenn der Personenhandelsgesellschaft bei Nichtausführung des zustimmungsvorbehaltenen Geschäfts Nachteile entstünden. Auf die Bereitschaft der Obergesellschaft, den Nachteil auszugleichen, kommt es nicht an, denn nach herrschender Ansicht ist der Rechtsgedanke des § 311 AktG im Personengesellschaftsrecht nicht anwendbar 117. Vielmehr gilt ein absolutes Schädigungsverbot 118. Erfasst daher der Zustimmungskatalog des Aufsichtsrats bspw. Geschäfte mit Bezug zu bestimmten, politisch brisanten Ländern, dürfen die Leitungsmitglieder der Obergesellschaft den Abschluss eines lukrativen Geschäfts der Personenhandelsgesellschaft in / mit gerade solch einem Land nicht deswegen blockieren, weil der Aufsichtsrat seine Zustimmung mit der Begründung verweigert hat, der geplante Vertragsabschluss gefährde die Geschäftsbeziehungen zu einem bedeutenden, aber politisch sensiblen Geschäftspartner der Obergesellschaft. Setzen die Leitungsmitglieder dennoch das Aufsichtsratsveto durch und erleidet die Personenhandelsgesellschaft dadurch einen Schaden (z. B. entgangener Gewinn aus 113

Vgl. § 119 Abs. 2 HGB. Zu den formellen (Bestimmtheitsgrundsatz) und materiellen Voraussetzungen von Mehrheitsklauseln im Personengesellschaftsrecht vgl. allgemein BGH, NJW 2007, 1685 ff. (OTTO). 115 Siehe nur Lenz, AG 1997, 448, 453; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 298; vgl. dazu auch neuerdings Haar, Die Personengesellschaft im Konzern, S. 95 ff. 116 Siehe auch Götz, ZGR 1990, 633, 654. 117 Allg. M., anstelle anderer: Mülbert in: MünchKomm.HGB, KonzernR Rn. 199 m.w.N. Ob das überzeugt, soll hier nicht vertieft werden. 118 Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 458. 114

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dem vereitelten Geschäft), so macht sich die Obergesellschaft gegenüber der Personengesellschaft schadensersatzpflichtig (§§ 249, 280, 705 BGB) 119 – und die an der Treupflichtverletzung beteiligten Organmitglieder der Obergesellschaft sähen sich entsprechenden Regressansprüchen ihrer Gesellschaft ausgesetzt, § 93 Abs. 2 AktG und § 43 Abs. 2 GmbHG sowie § 116 Satz 1 AktG. 3. Personenhandelsgesellschaft mit „dienendem Verbandszweck“ Die durch die Mitgesellschafter verursachten „Probleme“ bleiben von vornherein aus, wenn es sich bei der konzernverbundenen Personengesellschaft um eine solche mit „dienendem Verbandszweck“ 120 handelt. Nicht nur, dass maßgebendes Unternehmensinteresse nunmehr allein dasjenige der Konzernobergesellschaft ist, sich insoweit also keine Beschränkungen aus der Treupflicht ergeben. Infolge der einverständlichen 121 Konzernierung werden dem herrschenden Gesellschafter zudem regelmäßig umfassende Weisungsbefugnisse oder ausschließliche Geschäftsführungsbefugnisse gesellschaftsvertraglich eingeräumt 122 (für diesen Fall vgl. wiederum oben 1.). Entsprechend ist auch die nichtgeschäftsführende Obergesellschaft mit Hilfe des erlangten Weisungsrechts gegenüber den Komplementären in der Lage, das Aufsichtsratsvotum in der Personenhandelsgesellschaft durchzusetzen: Als Minus zum Weisungsrecht lässt sich zugunsten der herrschenden Obergesellschaft ein den Vorgaben des Aufsichtsrats entsprechender Zustimmungskatalog auch in der Personenhandelsgesellschaft etablieren; hierauf hinzuwirken sind die Leitungsmitglieder der Obergesellschaft mit Blick auf §§ 111 Abs. 4 Satz 2, 82 Abs. 2 AktG verpflichtet.

119 Vgl. Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 462; Mülbert in: MünchKomm.HGB, KonzernR Rn. 299 ff. (Folgebeseitigung, Unterlassung, Schadensersatz und Verlustausgleich). 120 Zum Begriff: Mülbert in: MünchKomm.HGB, KonzernR Rn. 131 ff.; allgemein zur Interessenlage bei Personengesellschaften mit „dienendem Verbandszweck“: Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 457 f. 121 „Die ‚Eingliederung‘ der abhängigen Personengesellschaft in den Konzern des herrschenden Unternehmens ohne Zustimmung der Gesellschafter ist rechtswidrig und stellt einen so genannten Unrechtstatbestand dar“, Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 462; siehe auch Mülbert in: MünchKomm.HGB, KonzernR Rn. 127 ff. 122 Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 461 ([eingeschränktes] Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens [entsprechend § 308 AktG]); Mülbert in: MünchKomm.HGB, KonzernR Rn. 233 ff. Zu der hieran anschließenden Frage, ob das herrschende Unternehmen seine Einflussmöglichkeiten mit einer Verlustausgleichspflicht analog § 302 AktG „bezahlt“, siehe den Überblick bei Mülbert in: MünchKomm.HGB, KonzernR Rn. 173 ff.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

II. Rechtslage im mehrstufigen Konzern Ist die Personenhandelsgesellschaft ihrerseits an einer Enkelgesellschaft beteiligt, so erfolgt die Durchsetzung von Aufsichtsratsvorbehalten der Konzernobergesellschaft in gleicher Weise: 1. Personenhandelsgesellschaft als Enkelgesellschaft Ist die Obergesellschaft alleingeschäftsführende Gesellschafterin der TochterPersonenhandelsgesellschaft, so umfasst die dort verankerte Geschäftsführungsaufgabe auch die (der Tochtergesellschaft zukommende) Geschäftsführung in der Enkel-Personenhandelsgesellschaft (Wahrnehmung der Mitverwaltungs- und Vermögensrechte). Die in dieser Weise von den Leitungsorganen der Obergesellschaft ausgeübte Geschäftsführungstätigkeit in der Enkelgesellschaft ist wiederum Geschäftsführung für die Obergesellschaft und als solche konzernvorbehaltsfähig. Für die Schranken der Durchsetzbarkeit des Aufsichtsratsvetos ist, wie oben dargelegt, entscheidend, ob die Enkel-Personengesellschaft eine solche mit „dienendem Verbandszweck“ ist oder nicht. Dient sie unmittelbar oder mittelbar über die Tochtergesellschaft dem herrschenden Unternehmen, so ist das Unternehmensinteresse der Konzernobergesellschaft der entscheidende Handlungsmaßstab. Ist die Obergesellschaft nicht alleingeschäftsführende Gesellschafterin der Tochter-Personenhandelsgesellschaft, so erfolgt die Durchsetzbarkeit des Konzernvorbehalts hinsichtlich solcher Geschäfte in der Enkelgesellschaft, an denen sie selbst nicht unmittelbar beteiligt ist, (vorbehaltlich weiterreichender Einwirkungsrechte) durch die Ausübung ihrer Vetorechte insbesondere aus § 115 Abs. 1, 2. HS, Abs. 2 HGB und §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 2. HS HGB. Insoweit hat man sich vor Augen zu führen, dass Maßnahmen in der Enkelgesellschaft, die von der Tochtergesellschaft in ihrer Funktion als Gesellschafterin dieser Enkelgesellschaft vorgenommen oder veranlasst werden, der Sache nach zugleich Maßnahmen der beteiligten Tochtergesellschaft sind. Und als solche unterfallen sie in der Tochtergesellschaft sowohl den Vorschriften der §§ 115, 116, 164 HGB als auch den Regeln über die Änderung von Gesellschaftsverträgen 123. Geschäftsführungsmaßnahmen in der Beteiligungsgesellschaft (Enkel-OHG / KG) sind daher aus Sicht der beteiligten Gesellschaft (Tochter-OHG / KG) erneut zu qualifizieren 124. Die Gesellschafter der beteiligten Gesellschaft sind dann an dem Geschäftsvorhaben in der Enkelgesellschaft entsprechend der Einordnung des Geschäfts als gewöhnliche oder außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme oder als Grundlagengeschäft zu beteiligen. 123 Vgl. BGH, BB 1973, 213; Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 465; Wertenbruch, ZIP 2007, 798, 802; Westermann, ZIP 2007, 2289, 2291 f. 124 Ausführlich dazu Uwe H. Schneider in: FS Bärmann, S. 873, 881 ff.; ders., ZHR 143 (1979), 485, 496 ff.

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Produziert danach bspw. die Obergesellschaft Autozubehör und ist die von ihr abhängige Tochter-OHG gesellschaftsvertraglich für die gesamte Vertriebsorganisation und die Enkel-OHG für den Teilbereich „Vertrieb in Osteuropa“ zuständig, so bedarf es der Zustimmung aller Gesellschafter der Tochter-OHG, wenn der Unternehmensgegenstand der Enkel-OHG um den Vertrieb etwa von Lebensmitteln erweitert werden soll, denn dadurch wird mittelbar auch der Gesellschaftszweck der Tochtergesellschaft betroffen. Geschäftsführungsmaßnahmen in der Enkel-Beteiligungsgesellschaft, die eine faktische Änderung des Gesellschaftsvertrags der beteiligten Tochtergesellschaft zur Folge haben, müssen von allen Gesellschaftern der Tochtergesellschaft unabhängig von der jeweils geregelten Geschäftsführungsbefugnis getragen werden, will man die interne Entscheidungszuständigkeit nicht infolge der Unternehmensverbindung aushöhlen und in das Belieben des die Mitverwaltungsrechte in der Beteiligungsgesellschaft wahrnehmenden Gesellschafters stellen 125. Sieht demnach in dem Beispielsfall der Zustimmungskatalog in der Obergesellschaft einen Konzernvorbehalt für die Aufnahme neuer Produkte in die Vertriebsstruktur vor und hält der Aufsichtsrat die Erweiterungsmaßnahme in der Enkelgesellschaft für unwirtschaftlich oder unzweckmäßig, so haben die Leitungsmitglieder der Obergesellschaft dem Aufsichtsratsveto, auch soweit sie als Vertreter der Obergesellschaft an der Geschäftsführung in der Enkelgesellschaft nicht unmittelbar beteiligt sind, dadurch Rechnung zu tragen, dass sie ihre erforderliche Zustimmung zu der vertragsändernden Maßnahme auf der Ebene der Tochter-OHG verweigern. Nichts anderes gilt für die Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen in der Enkelgesellschaft, die für die an ihr beteiligte Tochtergesellschaft außergewöhnliche Geschäfte im Sinne des §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 2. HS HGB darstellen. Gedacht ist etwa an die willkürliche Bildung von Reserven in der Untergesellschaft 126, den Erwerb eines Unternehmens oder eine Beteiligung an einer anderen Gesellschaft, die Aufnahme und Gewährung großvolumiger Kredite, den Erwerb und die Veräußerung von bedeutenden Grundstücken usw. 127. Geschäfte dieser Art oder dieses Umfangs haben in der Regel außergewöhnlichen Charakter und können auch, soweit sie in einer Enkelgesellschaft durchgeführt werden, erheblichen Einfluss sowohl auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der Tochter- als auch der Muttergesellschaft haben. Zählt daher das außergewöhnliche Geschäft zu den im Zustimmungskatalog der Obergesellschaft aufgenommenen Geschäftsarten oder ordnet der Mutteraufsichtsrat einen entsprechenden Zustimmungsvorbehalt ad hoc an, so dürfen die an der Beschlussfassung nach §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 125 Vgl. Uwe H. Schneider in: FS Bärmann, S. 873, 883; zum obigen und zu weiteren Beispielen siehe ders., S. 882. 126 Vgl. Mülbert in: MünchKomm.HGB, KonzernR Rn. 97; Uwe H. Schneider in: FS Bärmann, S. 873, 888; offengelassen BGH, NJW 2007, 1685, 1689 (Ziffer 26) (OTTO). 127 Vgl. Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 466, sowie die Beispiele in den jeweiligen Kommentierungen zu § 116 HGB, etwa bei Jickeli in: MünchKomm.HGB, § 116 Rn. 31 ff.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

2. HS HGB mitwirkenden Leitungsmitglieder der Obergesellschaft dem Geschäftsvorhaben in der Enkelgesellschaft nur zustimmen, wenn sie zuvor das Okay vom Aufsichtsrat erhalten haben. Keine Probleme bereitet die hierfür erforderliche Informationsversorgung der Beteiligten. Handelt es sich um ein Grundlagengeschäft, so hat die Obergesellschaft als Gesellschafterin der an der Enkelgesellschaft beteiligten Tochter-Personenhandelsgesellschaft ein Recht auf diejenigen Informationen, die sie benötigt, um eine verantwortungsbewusste Zustimmungsentscheidung treffen zu können. Das Zustimmungserfordernis dient zugleich als Druckmittel gegenüber den geschäftsführenden Mitgesellschaftern zur Informationsbeschaffung. Und ebenso folgt aus dem Zustimmungserfordernis nach §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 2. HS HGB, dass sich jeder Gesellschafter im Vorfeld nach seinen Möglichkeiten über das zustimmungspflichtige Geschäft zu informieren und den anderen mit dem erlangten Wissen zu versorgen hat 128. Dabei ist anerkannt, dass sich im Konzern die Auskunfts- und Einsichtsrechte der Gesellschafter der Tochter-Personengesellschaft auch auf die Angelegenheiten sowie die Bücher und Schriften der EnkelBeteiligungsgesellschaft erstrecken, ohne dass diese Rechte durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden könnten (vgl. §§ 118 Abs. 2, 166 Abs. 3 HGB) 129. Und weil der Aufsichtsrat Organ der insoweit auskunftsberechtigten Gesellschafterin (Muttergesellschaft) und nicht etwa außenstehender Dritter ist, besteht auch nicht die Gefahr, dass sich die Leitungsmitglieder der Obergesellschaft durch die Informationsweitergabe an den Kontrolleur dem Vorwurf einer Verletzung ihrer Verschwiegenheitspflicht aussetzen. 2. AG oder GmbH als Enkelgesellschaft Besteht die Enkelgesellschaft in der Rechtsform der AG oder der GmbH, so gilt nichts anderes. Auch dort ist die Wahrnehmung der Mitgliedschafts- und Gesellschafterrechte in der jeweiligen Enkelgesellschaft aus Sicht der TochterPersonenhandelsgesellschaft neu zu qualifizieren und die Obergesellschaft an den Geschäftsführungsmaßnahmen entsprechend zu beteiligen. Das gilt etwa für die Ausübung des Weisungsrechts der Tochter-OHG / KG in der 100-prozentigen Enkel-GmbH oder die Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung einer EnkelAG. Über die Mitwirkung der Leitungsmitglieder der Obergesellschaft an der Ausübung der Mitgliedschaftsrechte der Tochter-Personenhandelsgesellschaft in der Enkelgesellschaft (§ 115 HGB – §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 2. HS HGB – Grundlagengeschäfte) erlangen Aufsichtsratsvorbehalte der Konzernspitze auch auf zwei128

Jickeli in: MünchKomm.HGB, § 116 Rn. 38. Vgl. BGHZ 25, 115, 117 ff.; BGH, NJW 1984, 2470; Mülbert in: MünchKomm.HGB, KonzernR Rn. 100 ff.; Uwe H. Schneider, BB 1975, 1353, 1357 ff.; Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 467. 129

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ter Konzernebene an Bedeutung: Der Vorstand oder die Geschäftsführung der Konzernobergesellschaft darf einer ihr zugänglichen Konzernmaßnahme in der Enkel-GmbH oder Enkel-AG nur zustimmen, wenn der Aufsichtsrat zuvor seine Zustimmung hierzu erteilt hat. III. Ergebnis Das Prinzip der Selbstorganschaft ermöglicht es, die Leitungsmitglieder der Obergesellschaft bei der Wahrnehmung der Geschäftsführertätigkeit in der abhängigen Personenhandelsgesellschaft unmittelbar an die Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats zu binden. Selbst wenn die Obergesellschaft nicht (allein-)geschäftsführende Gesellschafterin sein sollte, erweisen sich die Blockadeinstrumente der § 115 HGB und §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 2. HS HGB sowie das Zustimmungserfordernis bei Grundlagengeschäften als ausreichende Mittel, um das konzernweite Mitwirkungsrecht des Mutteraufsichtsrats sicherzustellen. Ist die Personengesellschaft selbst an einer Enkelgesellschaft beteiligt, so ist auch die dort von den Leitungsmitgliedern für die Obergesellschaft als Gesellschafterin der Personengesellschaft erster Ebene wahrzunehmende Geschäftsführungstätigkeit bzw. die Ausübung sonstiger Mitverwaltungsrechte als Geschäftsführung für die Konzernobergesellschaft konzernvorbehaltsfähig. Ist die Konzernobergesellschaft nicht (allein-)geschäftsführende Gesellschafterin der Tochter-OHG / KG, so erfolgt die Durchsetzung von Aufsichtsratsvorbehalten in der Enkelgesellschaft mit Hilfe des gesellschafterlichen Zustimmungsrechts bei Geschäften mit vertragsänderndem Charakter sowie durch die konzernweite Ausübung der Rechte aus § 115, §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 2. HS HGB. Welches das richtige Eingriffsmittel ist, hängt von der jeweiligen Qualifikation der konkreten Konzernmaßnahme aus Sicht der beteiligten Personenhandelsgesellschaft ab. Die Durchsetzbarkeit der verbundweiten Mitwirkung des Aufsichtsrats der Obergesellschaft wird durch die gesellschafterliche Treupflicht begrenzt. Ein Interessenkonflikt zwischen der herrschenden Obergesellschaft und den Mitgesellschaftern ist jedoch ausgeschlossen, wenn es sich bei der abhängigen Personenhandelsgesellschaft um eine solche mit „dienendem Verbandszweck“ handelt.

B. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in weisungsabhängigen Konzerngesellschaften I. Vertraglich beherrschte Konzerngesellschaft Besteht zwischen der Konzernobergesellschaft und dem abhängigen Unternehmen ein Beherrschungsvertrag (§§ 291, 293 ff. AktG), so ist die Obergesellschaft gegenüber dem Vorstand der beherrschten Gesellschaft weisungsbefugt, § 308 Abs. 1 Satz 1 AktG. Ein solcher Unternehmensvertrag kann sowohl mit einer AG

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

als auch mit einer GmbH als abhängiger Gesellschaft geschlossen werden 130. Ob auch eine Personengesellschaft weisungsabhängige Vertragspartnerin eines Beherrschungsvertrags sein kann, ist demgegenüber wegen der persönlichen Haftung der Gesellschafter (§ 128 HGB) umstritten 131. Sind allerdings sämtliche Gesellschafter juristische Personen, so bestehen gegen die Zulässigkeit von Beherrschungsverträgen mit Personengesellschaften keine durchgreifenden Bedenken 132. 1. Kettenzustimmung Mit Hilfe des Weisungsrechts kann die Geschäftsleitung der Obergesellschaft den Leitungsmitgliedern in der abhängigen Gesellschaft aufgeben, keine der vom Mutteraufsichtsrat festgelegten Geschäfte ohne ihre Zustimmung vorzunehmen 133. Auf diese Weise kann sie sicherstellen, dass der Aufsichtsrat der Obergesellschaft vor Durchführung des zustimmungspflichtigen Konzerngeschäfts in den Entscheidungsprozess mit einbezogen wird. Die Konzernleitung darf dem vorbehaltenen Geschäft dann ihrerseits nur zustimmen, wenn der Aufsichtsrat sein Einverständnis erteilt hat (Kettenzustimmung). 2. „Übertragung“ des Weisungsrechts auf den Mutteraufsichtsrat Möglich ist es aber auch, die Untergesellschaft unmittelbar an die Zustimmung des Aufsichtsrats der Obergesellschaft zu binden. Dazu hat die Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens das bestimmte Geschäftsarten erfassende Zustimmungsrecht als Minus zum Weisungsrecht auf den Aufsichtsrat zu „übertragen“ (weisungsrechtliches Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats) 134. Dem steht die Einordnung der Ausübung des Weisungsrechts als Akt der Vertretung (vgl. § 309 Abs. 1 AktG) 135 nicht entgegen, wenn man auf die mit der vertraglichen Konzernierung entstandene wirtschaftliche Einheit 136 zwischen der weisungsberech130 Zur Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG auf eine GmbH als weisungsabhängige Vertragspartnerin siehe Liebscher, GmbH-Konzernrecht, S. 212 ff. 131 Zum Meinungsstand siehe anstelle anderer Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 462 f. 132 Vgl. Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 463. 133 Vgl. auch Lutter in: Liber amicorum Happ, S. 143, 145 f. 134 Erforderlich hierfür ist die Bevollmächtigung des Aufsichtsrats zur Ausübung des Weisungsrechts; vgl. allgemein Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbHKonzernrecht, § 308 Rn. 13; Altmeppen in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 35. 135 Siehe dazu Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 11. 136 Das herrschende Unternehmen übernimmt nach § 302 AktG das Geschäftsrisiko der abhängigen Gesellschaft; und das abhängige Unternehmen hat, wenn – wie üblich – mit dem Beherrschungsvertrag zugleich ein Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen wird,

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tigten Obergesellschaft und der weisungsabhängigen Untergesellschaft abstellt und die Ausübung des Weisungsrechts folglich als konzerninterne Maßnahme qualifiziert. Ist aber der Mutteraufsichtsrat konzernintern nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG für die Ausübung des verbundweiten Zustimmungsrechts zuständig, liegt in der „Übertragung“ entsprechender Weisungsrechte auf denselben zum Zwecke der Wahrnehmung seiner Überwachungspflichten auch kein Verstoß gegen die aktien- oder GmbH-rechtliche Kompetenzverteilung des herrschenden Unternehmens. Anders ist es nur, wenn dem Aufsichtsrat über sein geschäftsbezogenes Zustimmungsrecht hinaus ein aktives Weisungsrecht „übertragen“ werden soll. Jedenfalls wäre dies mit der aktiengesetzlichen Zuständigkeitsordnung (vgl. § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG) nicht zu vereinbaren, denn hierfür fehlt dem Aufsichtsrat die notwendige interne Zuständigkeit, die eine unmittelbare Ausübung des aktiven Weisungsrechts gegenüber der Untergesellschaft rechtfertigen könnte. Folgt man der hier vertretenen Auffassung, so ist der Begriff des „gesetzlichen Vertreters“ in § 309 Abs. 1 AktG entsprechend weit auszulegen: „Gesetzlicher Vertreter“ ist nicht nur das gesetzliche Vertretungsorgan des herrschenden Unternehmens (vgl. § 78 AktG, § 35 GmbHG einerseits und die Ausnahmevorschrift des § 112 AktG andererseits), sondern auch derjenige, der kraft seiner internen Zuständigkeit zur Ausübung des Weisungsrechts gegenüber der abhängigen Gesellschaft ermächtigt ist (zur Haftung des so ausgestatteten Aufsichtsrats nach § 309 Abs. 2 AktG siehe unten § 9 E. II. 1). Mit Hilfe des auf ihn „übertragenen“ passiven Weisungsrechts ist der Mutteraufsichtsrat nunmehr in der Lage, unmittelbar und nicht erst über die Konzernleitung an Entscheidungen über die Durchführung zustimmungspflichtiger Konzernmaßnahmen mitzuwirken. Sein Veto zu einer Konzernmaßnahme darf er gegenüber der abhängigen Gesellschaft freilich nur aussprechen, wenn er zuvor seiner Geschäftsleitung Gelegenheit zur Entscheidung darüber gegeben hat, ob sie das Ersetzungsverfahren nach § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG anstrengen will. Das erklärt sich wieder aus der internen, durch § 111 Abs. 4 Sätze 3-5 AktG konkretisierten Zuständigkeitsordnung, die nicht nur als Rechtfertigungsgrund, sondern zugleich als Grenze für die „Übertragbarkeit“ des Weisungsrechts auf den Mutteraufsichtsrat fungiert. Die Entscheidung über die „Übertragung“ des passiven Weisungsrechts auf den Aufsichtsrat liegt im Ermessen der für die Ausübung des Weisungsrechts primär zuständigen Geschäftsleitung. Sieht sie von einer „Übertragung“ ab, trifft sie die Aufgabe, das Mitwirkungs- und Mitentscheidungsrecht des Aufsichtsrats in der Konzerngesellschaft durchzusetzen (vgl. oben 1.).

seine Gewinne an das herrschende Unternehmen abzuführen (§ 301 AktG), vgl. Altmeppen in: FS Lutter, S. 975, 981.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

3. Nachteilige Zustimmungsentscheidungen des Mutteraufsichtsrats Sofern der Beherrschungsvertrag nichts anderes bestimmt, dürfen die Weisungen für die Tochtergesellschaft auch nachteilig sein, § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG. Die Leitungsmitglieder der Untergesellschaft sind daher auch dann an ein Veto des Aufsichtsrats der Obergesellschaft gebunden, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft, der sich ausschließlich an dem Interesse seiner Gesellschaft orientiert 137, die untersagte Maßnahme vorgenommen hätte. Beschränkt ist das konzernweite Vetorecht des Aufsichtsrats nur insoweit, als es um die Erhaltung der Lebens- und Überlebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft geht 138 und es die Gesetze und die guten Sitten zu beachten gilt. So ist etwa die Weisung, ein Aufsichtsratsveto des Mutteraufsichtsrats zu beachten, dann gemäß § 134 BGB nichtig, wenn der abhängigen Gesellschaft damit direkt oder indirekt aufgegeben wird, gegen Bestimmungen des Kartell-, Wettbewerbs- oder Umweltrechts zu verstoßen. Unzulässig sind aber auch gesetzmäßige Weisungen, wenn sie die abhängige Gesellschaft derart schädigen, dass dadurch ihre Existenz bedroht würde. Solche „zerstörenden“ Weisungen sind regelmäßig mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 309 Abs. 1 AktG nicht zu vereinbaren 139. Unbeachtlich ist daher etwa eine Weisung, die es der abhängigen Gesellschaft mit Hinweis auf das Veto des Aufsichtsrats verbietet, Erneuerungsinvestitionen vorzunehmen, die für den Fortbestand der abhängigen Gesellschaft am Markt notwendig sind 140. Jenseits dieser Extrem-Grenzen hat jedoch das weisungsabhängige Unternehmen die im Interesse der Obergesellschaft getroffenen konzernweiten Zustimmungsentscheidungen des Mutteraufsichtsrats zu respektieren und ist zur Befolgung entsprechender Weisungen der Obergesellschaft verpflichtet.

137 So der Begriff der Nachteiligkeit, vgl. Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktienund GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 45. 138 So die überwiegende Ansicht, vgl. Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktienund GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 60 ff. m. w. N.; a. A. (existenzgefährdende Weisungen i. d. R. zulässig) Koppensteiner in: KölnKomm.AktG, § 308 Rn. 50 ff.; ders. in: FS Ostheim, S. 403, 432; Wellkamp, WM 1993, 2155, 2156; dagegen zu Recht Altmeppen, ZHR 171 (2007), 320, 327: „ . . . während der Dauer des Beherrschungsvertrags [kann und darf] es überhaupt keine Existenzgefährdung geben . . . , wenn und weil das herrschende Unternehmen jeden Insolvenzgrund bei der Tochtergesellschaft beseitigen muss.“ 139 Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 61. 140 Vgl. Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 63.

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II. Rechtslage in der eingegliederten Konzerngesellschaft Ist die Untergesellschaft in die Obergesellschaft (Hauptgesellschaft) eingegliedert – Voraussetzung dafür ist, dass die beteiligten Gesellschaften jeweils die Rechtsform der AG haben 141 –, so ist die Ausgangslage dieselbe. Auch hier können sich die Vorstandsmitglieder der Obergesellschaft oder der entsprechend ausgestatte Mutteraufsichtsrat selbst mit Hilfe des Weisungsrechts der Hauptgesellschaft (§ 323 Abs. 1 AktG) eine geeignete Vetoposition an bedeutenden Geschäftsführungsmaßnahmen in der abhängigen Gesellschaft sichern. Dabei berechtigt die Eingliederung – anders als im Falle eines Beherrschungsvertrags – auch zu existenzgefährdenden oder die eingegliederte Gesellschaft gar vernichtenden Weisungen 142. Der Grund hierfür liegt in der Aktionärsstellung der Hauptgesellschaft, die alle Aktien in ihren Händen hält (vgl. §§ 319, 320, 320a Satz 1 AktG). Minderheitsgesellschafter, die zur Rücksichtnahme verpflichten könnten, sind nicht vorhanden. Durch die Eingliederung erhält die eingegliederte Gesellschaft vielmehr den Charakter einer „rechtlich selbständigen Betriebsabteilung“ der Hauptgesellschaft 143. Dies rechtfertigt es, die eingegliederte Gesellschaft dem ausschließlichen Willen der Hauptgesellschaft zu unterstellen. Die Interessen der Gläubiger der eingegliederten Gesellschaft genießen ausreichenden Schutz über die Vorschriften der §§ 321, 322 und 324 Abs. 3 AktG. Das konzernweite Aufsichtsratsveto kann daher ohne weiteres in der eingegliederten Aktiengesellschaft durchgesetzt werden und ist nur insoweit beschränkt, als die Weisungen – wie im Vertragskonzern auch – nicht gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstoßen dürfen. III. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in der abhängigen GmbH 1. Die 100-prozentige Tochter-GmbH als Ausgangslage Ist das abhängige Unternehmen eine 100-prozentige Tochter-GmbH, so steht der Obergesellschaft (als einziges Mitglied der Gesellschafterversammlung) gegenüber der Geschäftsführung ein Weisungsrecht zu, § 37 Abs. 1 GmbHG. Das Weisungsrecht eröffnet den Konzernleitungsmitgliedern die Möglichkeit, die Geschäftsführung der abhängigen GmbH in gleicher Weise wie im Vertrags- und Eingliederungskonzern mittelbar an die Zustimmungsvorbehalte des Mutteraufsichtsrats zu binden (Kettenzustimmung, siehe oben unter I. 1.). 141 Vgl. anstelle anderer: Habersack in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbHKonzernrecht, § 319 Rn. 5 f. (AG oder SE). 142 H. M., siehe nur Habersack in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 323 Rn. 2 m. w. N. 143 RegBegr. bei Kropff, S. 429 und 431.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

Die Geschäftsführung der abhängigen GmbH kann aber auch unmittelbar an die Zustimmungsvorbehalte des Mutteraufsichtsrats gebunden werden. Gedacht ist dabei nicht an die Bindung eines Geschäftsführers, der zugleich Leitungsmitglied des herrschenden Unternehmen ist und bereits deswegen im Verhältnis zur Obergesellschaft zur Beachtung der Aufsichtsratsvorbehalte verpflichtet ist (vgl. § 82 Abs. 2 AktG). Gedacht ist vielmehr an eine unmittelbare Beteiligung des Mutteraufsichtsrats an bedeutenden Geschäftsführungsmaßnahmen in der abhängigen GmbH. Auch das ist möglich. Hierzu hat – wiederum ähnlich wie im Vertrags- oder Eingliederungskonzern – die Konzernleitung das GmbH-rechtliche Weisungsrecht auf den Aufsichtsrat zu „übertragen“. Auf den Aufsichtsrat „übertragbar“ ist auch hier nur ein passives Weisungsrecht, das nur zur Verhinderung bestimmter, aber vom Kontrolleur selbst ausgewählter Geschäfte berechtigt. Zulässig ist die Ausstattung des Aufsichtsrats mit einem beschränkten Weisungsrecht freilich nur, wenn man dies wie hier mit der internen, im Verhältnis zur Obergesellschaft bestehenden Zuständigkeit des Aufsichtsrats für die Ausübung des konzernweiten Vetorechts gegenüber der abhängigen GmbH rechtfertigt 144. Zur (teilweisen) „Übertragung“ des Weisungsrechts auf den Aufsichtsrat genügt ein Gesellschafterbeschluss der GmbH 145. Das gilt selbst dann, wenn neben der Obergesellschaft noch weitere Gesellschafter an der GmbH beteiligt sind. Eine entsprechende Satzungsregelung wäre nur dann erforderlich, wenn dem Aufsichtsrat über „seine“ Gesellschaft als außenstehende Dritte organschaftliche Befugnisse eingeräumt würden 146. Das ist hier jedoch nicht der Fall, denn der Aufsichtsrat ist als Organ der Obergesellschaft dem Gesellschafterkreis der GmbH zuzurechnen. In der Folge hat er auch sämtliche mitgliedschaftsrechtlichen Pflichten der Obergesellschaft zu beachten 147. Der Sache nach geht es daher lediglich um eine Regelung der Art und Weise, wie die Gesellschafter ihre Mitgliedschaftsrechte in der Gesellschafterversammlung ausüben. Dafür aber reicht ein einfacher Gesellschafterbeschluss aus 148. 2. Schranken der Durchsetzbarkeit von Konzernvorbehalten Da das Weisungsrecht anders als bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags nicht der Obergesellschaft als herrschendem Unternehmen zusteht, es stattdessen als gemeinsames Recht aller Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung 144

Vgl. dazu die Ausführungen oben unter I.; ebenso für Zulässigkeit Lutter in: FS Fischer, S. 419, 431. 145 Lutter in: FS Fischer, S. 419, 431. 146 Erst Einräumung von Vetorechten zugunsten der (außenstehenden) Muttergesellschaft, anschließend „Weiterübertragung“ des Vetorechts auf den Mutteraufsichtsrat; siehe dazu unten IV. 2. b). 147 Ebenso Lutter in: FS Fischer, S. 419, 431. 148 Vgl. auch Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 37 Rn. 21; Paefgen in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 37 Rn. 21.

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der abhängigen GmbH wahrgenommen wird, kann das konzernweite Mitentscheidungsrecht des Aufsichtsrats zum einen durch die Mitwirkung von Mitgesellschaftern an dem entsprechenden „Durchsetzungsbeschluss“ beeinträchtigt sein. Zum anderen sind die Leitungsmitglieder – und im Falle der „Übertragung“ des (passiven) Weisungsrechts auf den Aufsichtsrat auch die Kontrollmitglieder – an gesellschaftliche Treupflichten gebunden. a) Schranken in der mehrgliedrigen GmbH aa) Überwindung opponierender Mitgesellschafter Steht das Weisungsrecht nicht als Sonderrecht der Obergesellschaft zu 149, so wirken die übrigen Gesellschafter am Weisungsbeschluss in der Gesellschafterversammlung mit. Dadurch können sie gegen den die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats umsetzenden Entschluss der Obergesellschaft opponieren. Dieses Problem lässt sich indessen in den Griff kriegen, denn über weisungsfähige Geschäftsführungsmaßnahmen wird regelmäßig, d. h. sofern der Gesellschaftsvertrag keine strengeren Anforderungen stellt, mit einfacher Mehrheit abgestimmt (§ 47 Abs. 1 GmbHG). Die mehrheitlich an der GmbH beteiligte Obergesellschaft kann daher im Konfliktfall die Mitgesellschafter überstimmen (vgl. § 47 Abs. 2 GmbHG). Stellt demgegenüber das zustimmungspflichtige Geschäft in der GmbH eine Satzungsänderung dar (z. B. die Erschließung neuer Geschäftsfelder, die Gründung einer Tochtergesellschaft usw.), so kann die Obergesellschaft dem Aufsichtsratsveto durch eine negative Stimmabgabe bei der erforderlichen Beschlussfassung über die Vertragsänderung gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG Rechnung tragen. 149 Die Reichweite der „Übertragung“ des Weisungsrechts auf einen Gesellschafter bzw. die „Ermächtigung“ desselben zur alleinigen Weisungserteilung (die Begrifflichkeiten sind uneinheitlich) sowie die formellen Voraussetzungen hierfür sind unklar. Überwiegend wird vertreten, dass das Weisungsrecht nur in begrenztem Umfang, etwa für eng begrenzte Geschäftsarten, auf einen Gesellschafter „übertragen“ werden kann. Ferner soll die „Weisungsermächtigung“ eines Gesellschafters dann unzulässig sein, „wenn dadurch dass Gesellschaftsgeschehen dem Einfluss der übrigen Gesellschafter auf Dauer entzogen wird“ (so Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 37 Rn. 19 und Rn. 21). Formell ist die „Übertragung“ des Weisungsrechts bzw. die entsprechende „Ermächtigung“ der Satzung vorbehalten (vgl. Zöllner / Noack in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 22; Paefgen in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 37 Rn. 21). Etwas anderes (einfacher Beschluss der Gesellschafterversammlung) soll dagegen dann gelten, wenn der einzelne Gesellschafter mit der „Ausübung des Weisungsrechts für konkret abgrenzbare Einzelfälle betraut werden“ soll (so Paefgen in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 37 Rn. 21; ebenso Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 37 Rn. 21). Möglich ist freilich auch, der Muttergesellschaft mit Zustimmung aller Gesellschafter Zustimmungsvorbehalte als Sonderrecht einzuräumen (siehe etwa Lohr, GmbH-StB 2007, 387, 388). Im Vergleich zum Weisungsrecht stellen Gesellschaftervorbehalte freilich das unflexiblere Durchsetzungsmittel dar. Zur „Übertragung“ des Weisungsrechts auf die Obergesellschaft als außenstehende Dritte siehe unten IV. 2. b).

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

bb) Beachtung gesellschaftlicher Treupflichten Weniger einfach lässt sich dagegen die gesellschaftliche Treupflicht der Obergesellschaft gegenüber der GmbH und ihren Mitgesellschaftern bei der Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte überwinden. § 311 AktG findet nach herrschender Meinung auf die GmbH keine entsprechende Anwendung 150. Folgt man dem – die Richtigkeit dieser Ansicht soll hier nicht vertieft werden 151 –, so spielt es für die Durchsetzbarkeit eines für die GmbH nachteilig wirkenden Aufsichtsratsvetos keine Rolle, ob die Obergesellschaft bereit und imstande ist, den Nachteil auszugleichen. Die Treupflicht verbietet dem Gesellschafter vielmehr jede schädliche Einflussnahme auf die Gesellschaft 152, so dass bereits die Einholung der Zustimmungsentscheidung verboten sein kann, wenn die Dringlichkeit der Maßnahme eine Verzögerung der Entscheidungsfindung in der Gesellschafterversammlung nicht zulässt 153. Eine treuwidrige Stimmabgabe der Obergesellschaft im Rahmen der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung ist nichtig 154 und scheidet daher als geeignetes Mittel zur Durchsetzung von Zustimmungsentscheidungen des Aufsichtsrats aus. Was bleibt, ist freilich die Möglichkeit, sich um das Einvernehmen der Minderheitsgesellschafter zu bemühen, das vetobehaftete Vorhaben bleiben zu lassen. In der Regel bedarf es dazu eines Angebots der Obergesellschaft, als Gegenleistung die Nachteile aus dem unterlassenen Geschäft auszugleichen. Die im GmbH-Recht vorherrschende Privatautonomie lässt dies trotz Nichtanwendbarkeit des § 311 AktG zu 155. b) Schranken in der Einpersonen-GmbH Ist die Obergesellschaft einzige Gesellschafterin der abhängigen GmbH, so bildet sie zugleich die Gesellschafterversammlung. Sie kann daher vertreten durch ihre Leitungsmitglieder ohne besondere Formalien die Vorbehalts- und Zustimmungsentscheidungen des Mutteraufsichtsrats per Weisung an die Geschäftsführer weitergeben 156. Hindernisse bei der Beschlussfassung in Gestalt von Mitgesellschaftern gibt es keine. 150 Dies insbesondere deswegen, weil es mit Blick auf die Weisungsgebundenheit der GmbH-Geschäftsführer und das Fehlen eines obligatorischen Aufsichtsrats an geeigneten, vor allem unabhängigen Organen fehlt, die die Rechte der abhängigen Gesellschaft etwa durch Aufstellung und Prüfung eines Abhängigkeitsberichts (§§ 312, 313 AktG) wahrnehmen, so Habersack in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Anh. § 318 Rn. 6; siehe auch Liebscher, GmbH-Konzernrecht, Rn. 311 ff. m. w. N. 151 Siehe aber die Kritik von Kropff in: MünchKomm.AktG, Vor § 311 Rn. 96 ff. 152 Liebscher, GmbH-Konzernrecht, Rn. 312. 153 Vgl. auch Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 317 f. 154 Vgl. Zöllner in: Baumbach / Hueck, GmbHG, Anh § 47 Rn. 105. 155 Götz, ZGR 1990, 633, 650; Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 426. 156 Siehe oben 1. sowie Lutter in: Liber amicorum Happ, S. 143, 147.

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Auch die sich aus der Treupflicht ergebenden Schranken sind größtenteils aufgelöst. Lediglich die Pflicht zur Treue gegenüber der Gesellschaft gilt es noch zu berücksichtigen. Zu wahren ist das Bestandsschutzinteresse der GmbH 157. Damit ist nicht etwa ein von den Interessen des Alleingesellschafters unabhängiges Eigeninteresse der GmbH gemeint, das es bspw. verböte, für die GmbH nachteilige Maßnahmen zu veranlassen oder die Gesellschaft gar aufzulösen. Das Eigeninteresse der GmbH erschöpft sich vielmehr in der Einhaltung der gläubigerschützenden Vorschriften, insbesondere der Regeln über die Erhaltung des Stammkapitals nach §§ 30 ff. GmbHG und der Auflösung der Gesellschaft in den hierfür vorgesehenen Verfahren (Verbot der „Liquidation auf kaltem Wege“) 158. Denkbare Fälle, in denen ein Aufsichtsratsveto „oben“ in der abhängigen GmbH zu einer Verletzung des so verstandenen Eigeninteresses der Gesellschaft führt, sind freilich rar. Immerhin führt Götz 159 das Beispiel an, dass der GmbH aufgrund einer untersagten Maßnahme Risiken entstehen, die zur Bildung von Rückstellungen Anlass geben. In dem Ausmaß, wie die zu Lasten der GmbH vorgenommene Rücklagenbildung zum Vorteil der Obergesellschaft gereiche, sei von einer Auszahlung an die Obergesellschaft auszugehen, die nach § 30 Abs. 1 GmbHG verboten ist, soweit dadurch das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen unterschritten wird. Fraglich ist dann, ob die nachteilige Weisung, das aus Sicht der GmbH gebotene Geschäft zu unterlassen, per se unzulässig ist oder ob es mit Blick auf § 31 Abs. 1 GmbHG darauf ankommt, ob die Obergesellschaft ihre Rückzahlungspflicht erfüllt hat. Letzteres ist mit Götz anzunehmen. Tritt die Obergesellschaft in Vorleistung, kommt sie ihrer (späteren) Zahlungspflicht also vor der Rücklagenbildung nach, so ist das Bestandsschutzinteresse der GmbH gewahrt. In diesem Fall sind die Geschäftsführer auch an eine „nachteilige“ Weisung gebunden, ohne dass sie Gefahr laufen, sich nach § 43 Abs. 3 GmbHG schadensersatzpflichtig zu machen. Der Aufsichtsrat hat die Zahlungspflicht der Obergesellschaft freilich bei seiner Zustimmungsentscheidung zu berücksichtigen. Er wird seine Zustimmung nur verweigern, wenn der Nutzen der unterlassenen Konzernmaßnahme für die Obergesellschaft die mit ihr verbundenen Kosten rechtfertigt 160.

157 Grundlegend Ulmer, ZHR 148 (1984), 391, 416 ff.; für weitere Nachweise siehe bei Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 427 Fn. 6. 158 Vgl. Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 427 f.; Lakner, Der mehrstufige Konzern, S. 153 f. Geht man hiervon aus, so besteht auch kein Gegensatz zu denjenigen Vertretern in der Literatur, die ein Eigeninteresse der GmbH ablehnen und den Alleingesellschafter lediglich auf die Einhaltung der Schutzmechanismen der §§ 30 ff., 43 Abs. 3 GmbHG verweisen, so etwa Götz, ZGR 1990, 633, 648. 159 ZGR 1990, 633, 648 f. 160 Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 300.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

IV. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte im mehrstufigen Konzern mit durchlaufender Weisungskette Auch einzelne Enkel- und Urenkelgesellschaften können für die Obergesellschaft von besonderer Bedeutung sein, etwa weil sie andere Konzernglieder mit Rohstoffen versorgen oder für den Vertrieb der hergestellten Produkte zuständig sind. Die Aufsicht der Unternehmensführung den jeweiligen Kontrollgremien der Enkel- und Urenkelgesellschaften zu überlassen („vernetzte Aufsichtsratsüberwachung“ 161) mag dann aus Sicht des Mutteraufsichtsrats nicht ausreichend sein. Fraglich ist daher, welche Einflussnahmemöglichkeiten sich für die Obergesellschaft bieten, das unternehmerische Mitentscheidungsrecht des Mutteraufsichtsrats auch auf solche Geschäfte zu erstrecken, die in weisungsabhängigen Enkelund Urenkelgesellschaften vorgenommen werden. Anknüpfend an die oben für den einstufigen Konzern dargestellten Einflussnahmemöglichkeiten lässt sich für das Verhältnis Mutter – Enkelin folgendes Bild skizzieren: 1. Vertraglich beherrschte oder eingegliederte Enkelgesellschaft a) Gestaffelte Kettenzustimmung Besteht sowohl zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft als auch zwischen Tochter- und Enkelgesellschaft ein Beherrschungsvertrag oder ist die Enkelgesellschaft in die vertraglich beherrschte Tochtergesellschaft eingegliedert, so kann die Obergesellschaft die Tochter anweisen, bei der Enkelgesellschaft einen entsprechenden Zustimmungskatalog zu ihren, der Tochter Gunsten festzulegen. Die zustimmungsberechtigte Tochtergesellschaft darf dann – eine entsprechende weitere Weisung der Obergesellschaft vorausgesetzt – einem zustimmungspflichtigen Geschäft in der Enkelgesellschaft nur zustimmen, wenn sie ihrerseits das über die Obergesellschaft vermittelte Einverständnis des Mutteraufsichtsrats erhalten hat (gestaffelte Kettenzustimmung) 162. b) Verkürzte Kettenzustimmung Denkbar ist auch, dass die Mutter die Tochter anweist, ihrerseits im Wege der Weisung bestimmte Geschäftsarten in der Enkelgesellschaft an die Zustimmung der Obergesellschaft zu binden 163. Die an die Zustimmung ihres Aufsichtsrats gebundenen Leitungsmitglieder der Muttergesellschaft können so ohne den Umweg 161 162 163

Siehe oben § 7 A. II. 3. b). Vgl. auch Lutter in: Liber amicorum Happ, S. 143, 148. Vgl. Lutter in: Liber amicorum Happ, S. 143, 148.

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einer weiteren Weisung direkt über die Durchführung zustimmungspflichtiger Maßnahmen in der Enkelgesellschaft bestimmen. c) Übertragbarkeit des Weisungsrechts der Tochter auf die Mutter Demgegenüber ist es nicht möglich, das gegenüber der Enkelgesellschaft bestehende Weisungsrecht der Tochter auf die Muttergesellschaft zu übertragen und ihr dadurch einen unmittelbaren und autonomen Einfluss auf die Enkelgesellschaft einzuräumen. Das Weisungsrecht nach § 308 AktG ist nämlich untrennbar mit der vertraglichen Stellung des Weisungsberechtigten verbunden 164. Bei der Übertragung des Weisungsrechts auf einen Dritten handelt es sich daher der Sache nach um eine Auswechslung des herrschenden Vertragspartners 165. Eine solche Auswechslung des herrschenden Unternehmens ist zwar grundsätzlich zulässig, als Vertragsänderung kann sie aber nur unter den Voraussetzungen des § 295 AktG erfolgen. d) Ermächtigung der Mutter zur Ausübung des Weisungsrechts der Tochter Mit der ganz herrschenden Meinung ist es aber möglich, dass sich die Muttergesellschaft von der Tochtergesellschaft ermächtigen lässt, das Weisungsrecht der Tochtergesellschaft gegenüber der Enkelgesellschaft auszuüben 166. Unklar ist allerdings, was unter dem Begriff der „Ermächtigung“ zu verstehen ist. So wird in der Lehre der Begriff der Ermächtigung häufig im Zusammenhang mit der Delegation des Weisungsrechts auf nachgeordnetes Personal oder Dritte verwandt. Auch die Begriffe der Übertragung, Bevollmächtigung und Vertretung finden sich in diesem Kontext 167. Klare Definitionen oder Begriffsabgrenzungen sucht man in der einschlägigen Literatur indessen vergeblich.

164 Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 16 („ . . . das ‚Weisungsrecht‘ [ist] kein selbständiges (übertragbares) subjektives Recht iSd. §§ 398 und 413 BGB . . . .“); Hüffer, AktG, § 308 Rn. 6; Koppensteiner in: KölnKomm.AktG, § 308 Rn. 15. 165 Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 16. 166 Vgl. Kropff in: MünchKomm.AktG, § 311 Anh. Rn. 20; Habersack in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 311 Rn. 18; weitergehend Altmeppen in: FS Lutter, S. 975, 979 ff.; ders. in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 29; ders., ZHR 171 (2007), 320, 325 Fn. 22 („Bei genauer Betrachtung erwirbt die Konzernmutter das Weisungsrecht bereits auf Grund der wirtschaftlichen Fusion mit der Tochtergesellschaft.“). 167 Siehe nur Altmeppen in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 35; Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 13 ff.; Hüffer, AktG, § 308 Rn. 4; Koppensteiner in: KölnKomm.AktG, § 308 Rn. 10.

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aa) Konkretisierung des Begriffs „Ermächtigung“ Zu trennen ist zwischen der Delegation des Weisungsrechts einerseits und der Ausübungsermächtigung andererseits. Unter dem Begriff der Delegation ist die Bevollmächtigung eines weisungsabhängigen Dritten zu verstehen, das vertragliche Weisungsrecht für und im Interesse des herrschenden Unternehmens auszuüben. Die Delegation des Weisungsrechts auf einen Dritten dient somit lediglich der Entlastung der Leitungsmitglieder des herrschenden Unternehmens bei der Erfüllung ihrer Konzernleitungsaufgabe 168. Demgegenüber ist mit Ermächtigung in dem hier gedachten Sinne die Verleihung der Rechtsmacht gemeint, das (fremde) Weisungsrecht im eigenen Namen und unabhängig vom Rechtsinhaber geltend zu machen 169. Anders als der Delegatar handelt der Ermächtigte bei Ausübung des ihm so „übertragenen“ Weisungsrechts autonom, d. h., er ist weder an konkrete Weisungen noch an allgemeine Vorgaben noch an die Interessen des Ermächtigenden gebunden. bb) Unmittelbare Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in der Enkelgesellschaft kraft Weisungsermächtigung Die so ermächtigten Leitungsmitglieder der Obergesellschaft wären demnach befugt, die Entscheidungen „ihres“ Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG im Interesse der Muttergesellschaft ohne Umweg über die Tochter unmittelbar in der Enkelgesellschaft durchzusetzen. Auch der Aufsichtsrat selbst wäre nach der hier vertretenen Ansicht kraft seiner internen Zuständigkeit in der Lage, sich nach entsprechender „Übertragung“ der Weisungsbefugnis unmittelbar an bedeutenden Geschäftsführungsmaßnahmen in der Enkelgesellschaft zu beteiligen 170. Die Geschäftsleitung der Enkelgesellschaft wäre auch verpflichtet, den Weisungen der Mutter zu folgen, und zwar selbst dann, wenn sie für die Enkelgesellschaft nachteilig sein sollten. Denn mit der herrschenden Ansicht finden im durchlaufenden Beherrschungsvertrag die §§ 311 ff. AktG keine Anwendung 171. Anwendbar sind dagegen die §§ 308, 309 AktG, so dass im Gegenzug die Obergesellschaft und ihre gesetzlichen Vertreter – bei „Übertragung“ des Weisungsrechts auf den Aufsichtsrat die Kontrollmitglieder – für die Ausübung des konzernweiten Vorbehaltsund Zustimmungsrechts haftbar sind 172. 168 Zur Delegierbarkeit des Weisungsrechts siehe Altmeppen in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 38 ff. (an nachgeordnetes Personal) und Rn. 51 ff. (an Dritte), danach muss der Delegatar die Weisungsbefugnis als „Repräsentant“ im Interesse des herrschenden Unternehmens ausüben (Rn. 55 und 57); siehe aber auch Rn. 58: „ . . . die dogmatische Grundlage für die Delegation des Weisungsrechts an die Muttergesellschaft im durchlaufenden Beherrschungsvertrag ist noch ungeklärt.“ 169 Vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, § 185 Rn. 7 und Rn. 13. 170 Siehe oben I. 2. 171 Siehe bei Altmeppen in: FS Lutter, S. 975, 982 mit zahlreichen Nachweisen in Fn. 29.

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cc) Weisungsanspruch der Mutter auf Weisungsermächtigung? Dies vorausgeschickt stellt sich die Frage, ob die Muttergesellschaft die Tochter rechtsverbindlich anweisen kann, sie, die Mutter, zur Ausübung des Weisungsrechts im Verhältnis zur Enkelin zu ermächtigen. Die Frage ist noch ungeklärt. Gegen einen Anspruch der Mutter könnte zunächst sprechen, dass das konzernrechtliche Geschäftsführungsinstrument des § 308 AktG nur auf eine interne Wirkweise abzielt 173, die hier in Rede stehende Ermächtigung aber nach außen gerichtet ist. Denn die Konzernspitze soll schließlich berechtigt werden, eine sonst nur mit Hilfe einer Anweisung durchsetzbare Geschäftsführungsmaßnahme nunmehr selbst, also ohne Einschaltung der beherrschten Vertragspartnerin vorzunehmen. Stellt man allerdings im Konzern die wirtschaftliche Einheit und weniger die rechtliche Selbständigkeit der konzernverbundenen Unternehmen in den Vordergrund, so lässt sich auch die Weisung der (ermächtigten) Mutter gegenüber der Enkelin an der Tochter vorbei als interne Konzernleitungsmaßnahme qualifizieren. Das rechtfertigt es, das Weisungsrecht der Mutter im durchlaufenden Beherrschungsvertrag weit zu fassen und die Tochter zu verpflichten, ihr Weisungsrecht gegenüber der Enkelin zum Zwecke einheitlicher Konzernleitung an die Mutter zu „übertragen“. Hiergegen wird indessen ganz grundsätzlich eingewandt, dass die Leitungsmitglieder der Tochtergesellschaft in diesem Falle ihren Kontrollrechten und -pflichten aus § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht mehr nachkommen könnten, weil sie auf die Geschäftsleitung der Mutter keinerlei Einflussmöglichkeiten hätten 174. Die mangelnde Kontrollmöglichkeit werde auch nicht etwa durch die Verlustübernahmeverpflichtung der Mutter kompensiert, da sie die Tochter wegen möglicher Illiquidität der Konzernspitze nicht zureichend gegen die Risiken absichere, die mit den eigenen Verpflichtungen gegenüber der Enkelgesellschaft verbunden seien 175. Die damit ins Feld geführten Bedenken einer unkontrollierbaren Haftungsverantwortlichkeit der Verwaltungsmitglieder der Tochter gegenüber der Enkelin für Weisungen der Mutter (§ 309 AktG) greifen jedoch dann nicht Platz, wenn man die Verantwortlichkeit der Organwalter der Tochter darauf beschränkt, sich über den Gebrauch der Weisungsermächtigung unterrichtet zu halten und in Fällen offensichtlicher Interessenwidrigkeit die Ermächtigung zu widerrufen (vgl. § 183 BGB) 176. Haftungslücken werden dadurch nicht gerissen, denn wie bereits erwähnt „erkaufen“ sich die Leitungsmitglieder 172 H. M., anstelle anderer Habersack in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbHKonzernrecht, § 311 Rn. 18. 173 Vgl. dazu Altmeppen in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 22 (kein Anspruch des herrschenden Unternehmens auf Bevollmächtigung aufgrund des Beherrschungsvertrags). 174 Koppensteiner in: KölnKomm.AktG, § 308 Rn. 14 (für Delegation) und Rn. 24 (für Bevollmächtigung). 175 Koppensteiner in: KölnKomm.AktG, § 308 Rn. 14 (für Delegation). 176 So Altmeppen in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 27 (für Vollmachterteilung).

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

bzw. die Aufsichtsratsmitglieder der Mutter die Weisungsbefugnis mit der eigenen Haftung gegenüber der Enkelin, § 309 AktG (analog). Die Widerrufsmöglichkeit der Tochter vorausgesetzt, spricht letztlich die Verkürzung unnötiger Weisungswege im Konzern mit durchlaufendem Beherrschungsvertrag für einen Anspruch der Mutter auf Weisungsermächtigung 177, denn im Ergebnis ist es gleich, ob die Konzernspitze zunächst die Tochter oder sogleich die Enkelin zu einer bestimmten Handlung anweist. Die Muttergesellschaft kann sich daher von der Tochter zum Zwecke der Durchsetzung konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in der Enkelin Weisungsmacht erteilen lassen. 2. Enkelgesellschaft in der Rechtsform der GmbH a) Kettenzustimmung und Weisungsermächtigung Hat die Enkelgesellschaft die Rechtsform der GmbH und ist die Tochter ebenfalls eine GmbH oder ist sie beherrschte Vertragspartnerin der Muttergesellschaft, so kann das Mitentscheidungsrecht des Mutteraufsichtsrats in gleicher Weise wie im mehrstufigen Vertragskonzern mit Hilfe der jeweiligen vertraglichen und / oder GmbH-rechtlichen Weisungsrechte sichergestellt werden (siehe oben 1. a) und b)). Besonders kurz erweist sich die Weisungskette dort, wo die Weisungsempfänger beider Konzernebenen identisch sind, also etwa der Geschäftsführer der TochterGmbH zugleich Geschäftsführer der Enkel-GmbH ist. Ist das nicht der Fall, wird man auch hier das Leitungsorgan der (an der Enkel-GmbH allein beteiligten) Tochtergesellschaft als berechtigt und auf Verlangen der Mutter als verpflichtet ansehen, die Muttergesellschaft zur Ausübung des GmbH-rechtlichen Weisungsrechts zu ermächtigen, so dass sie unmittelbar auf die Geschicke der Enkel-GmbH Einfluss nehmen kann. b) Einräumung von Sonderrechten zugunsten der außenstehenden Mutter in der mehrgliedrigen Enkel-GmbH Hindernisse bei der Durchsetzung des konzernweiten Vetorechts des Mutteraufsichtsrats in der Enkel-GmbH bestehen freilich wieder insoweit, als an den entscheidenden Weisungsbeschlüssen (auf Tochter- und / oder Enkel-Ebene) Minderheitsgesellschafter mitwirken und es zudem die gesellschaftliche Treupflicht zu beachten gilt 178. Ist die Enkel-GmbH nicht im Alleinbesitz der Tochtergesell177 Ebenso Würdinger in: Großkomm.AktG, § 291 Anm. 30; weitergehend Altmeppen in: FS Lutter, S. 975, 979 ff.; ders. in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 29; ders., ZHR 171 (2007), 320, 325 Fn. 22 (Die Konzernmutter erwirbt das Weisungsrecht bereits auf Grund der wirtschaftlichen Fusion mit der Tochtergesellschaft). 178 Siehe dazu oben III. 2.

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schaft, ist daher zu überlegen, ob die Muttergesellschaft die Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft nach § 308 Abs. 1 AktG oder nach §§ 37 Abs. 1, 45 Abs. 1 GmbHG erfolgreich anweisen kann, in der Gesellschafterversammlung der EnkelGmbH darauf hinzuwirken, dass sie, die Muttergesellschaft, ein (unmittelbares) Zustimmungsrecht zu bestimmten, nämlich vom Mutteraufsichtsrat festgelegten Geschäften als Sonderrecht eingeräumt erhält. Der Sache nach handelt es sich dabei um die teilweise Übertragung des der Gesellschafterversammlung der Enkel-GmbH zustehenden Weisungsrechts auf einen außenstehenden Dritten. Nach herrschender Ansicht setzt die Einräumung organschaftlicher Befugnisse auf einen Externen voraus, dass der Begünstigte statuarisch in die Organisation der Gesellschaft einbezogen wird, er also den Status als (fakultatives) Gesellschaftsorgan erwirbt 179. Damit verbunden ist die Verpflichtung des Dritten zur strikten Wahrung der Interessen der nunmehr zugehörigen (Enkel-)Gesellschaft 180. Eine vom Interesse der betreffenden GmbH losgelöste Übertragung des Weisungsrechts auf Dritte wird dagegen mit der GmbH-rechtlichen Verbandssouveränität für nicht vereinbar gehalten 181. Das aber ist hier der Fall, soll das weisungsrechtliche Vetorecht (Sonderrecht) doch gerade im Interesse der Obergesellschaft, nämlich zur Durchsetzung ihr dienender Zustimmungsvorbehalte des Mutteraufsichtsrats übertragen werden. Zwar wird man in der Regel von einem Gleichlauf der Interessen der Mutter- und Enkelgesellschaft ausgehen können. Darauf kann es aber nicht ankommen. Entscheidend ist vielmehr allein die Interessenverpflichtung des Vetobegünstigten. Ebenso wenig ist von Gewicht, dass das Vetorecht der Mutter nur außergewöhnliche Geschäfte betrifft, also im Übrigen den großen Bereich des Tagesgeschäfts unberührt lässt. Es sind nämlich gerade die für die Enkelin bedeutenden Geschäfte wie die Unternehmensplanung, der Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen usw., an denen die Muttergesellschaft mitwirken soll. Für eine Übertragung von organschaftlichen Vetorechten auf die Obergesellschaft zum Zwecke der Durchsetzung konzernweiter Zustimmungsvorbehalte des Mutteraufsichtsrats wird man daher mit Blick auf das Selbstbestimmungsrecht der Gesellschafter den Abschluss eines Beherrschungsvertrags verlangen müssen 182.

179

Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 37 Rn. 15; Paefgen in: Ulmer / Habersack / Winter, GmbHG, § 37 Rn. 21; a. A. Lenz in: Michalski, GmbHG, § 37 Rn. 17, der für die Übertragung auf Organe eines beherrschenden Unternehmens eine Ausnahme macht. 180 Siehe Fleck, ZGR 1988, 104, 132 f. 181 Vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 33 f.; Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 37 Rn. 15. 182 Vgl. Lutter / Hommelhoff in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 37 Rn. 20.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

C. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte in der weisungsunabhängigen Aktienkonzerngesellschaft Im weisungsunabhängigen Konzern ist die Durchsetzung konzernweiter Zustimmungsvorbehalte schwieriger. Ist die Konzernobergesellschaft mehrheitlich an einer Aktiengesellschaft beteiligt, ohne dass zwischen den Unternehmen ein Beherrschungsvertrag besteht, stehen ihr als unmittelbare Einflussrechte nur die Rechte in der Hauptversammlung der Tochter-AG zu (siehe dazu unter I.). Anders als bei der GmbH kann die Anteilseignerversammlung der Beteiligungs-Aktiengesellschaft jedoch nicht von sich aus über Fragen der Geschäftsführung entscheiden, § 119 Abs. 2 AktG (dazu unter III.). Um den Konzernvorbehalten „ihres“ Aufsichtsrats Geltung zu verschaffen, ist die Geschäftsleitung der Obergesellschaft daher darauf angewiesen, auch faktischen Einfluss auf die Unternehmensleitung der abhängigen AG auszuüben. Das erfolgt in erster Linie mit Hilfe personeller Verflechtungen. Von besonderer Bedeutung ist daher die Frage, unter welchen Voraussetzungen Leitungsmitglieder oder Mitarbeiter der Obergesellschaft, die zugleich Aufsichtsrats- oder Vorstandsmandate in der abhängigen AG übernommen haben, zur Durchsetzung von Konzernvorbehalten und Zustimmungsentscheidungen des Mutteraufsichtsrats verpflichtet werden können (siehe dazu unter II.). I. Parallele Zustimmungsvorbehalte des Mutteraufsichtsrats in der Satzung der Tochtergesellschaft Nicht möglich ist es, per Hauptversammlungsbeschluss gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 AktG Zustimmungsvorbehalte in der abhängigen AG zugunsten des Aufsichtsrats der Obergesellschaft festzulegen, denn Zustimmungsvorbehalte können nur zugunsten des eigenen Aufsichtsrats begründet werden 183. Die Obergesellschaft ist daher darauf verwiesen, per Hauptversammlungsbeschluss einen dem Zustimmungskatalog des Mutteraufsichtsrats entsprechenden Geschäftskatalog zugunsten des Tochteraufsichtsrats zu implementieren. Dabei ist zum einen zu bedenken, dass sich die Bedeutungsgrenze zulässiger Vorbehalte an den Unternehmenszuschnitt der Untergesellschaft richtet. Die zustimmungspflichtigen Geschäftsarten müssen daher von erheblicher Bedeutung für die Vermögens-, Ertrags- oder Finanzlage sowie die Risikoexposition der abhängigen Aktiengesellschaft sein. Das kann im Einzelfall dazu führen, dass bestimmte Geschäftsarten, die für die Obergesellschaft von erheblicher Bedeutung sind, in der abhängigen Gesellschaft nicht für zustimmungspflichtig erklärt werden können (z. B. Geschäfte mit politisch brisanten Geschäftspartnern, vgl. dazu oben unter A. I. 2.). Zum anderen sind die zur Entscheidung über das zustimmungspflichti183

Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 20 und Rn. 87; ders. in: MünchKomm.AktG, § 311 Rn. 287.

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ge Geschäft berufenen Aufsichtsratsmitglieder der Tochter-AG auf das Interesse ihrer Gesellschaft verpflichtet 184. Das konzernweite Mitentscheidungsrecht des Mutteraufsichtsrats lässt sich daher nur dann und nur insoweit durchsetzen, als die Aufsichtsratsmitglieder der Tochter-AG zugleich Leitungsmitglieder oder Mitarbeiter der Obergesellschaft sind, die als solche (im konkreten Fall) zur Beachtung des Vetos des Mutteraufsichtsrats berechtigt und verpflichtet sind (dazu sogleich unter II.). Ist das nicht der Fall, so wird das Ziel des Konzernvorbehalts nicht voll erreicht und der Mutteraufsichtsrat ist auf das Funktionieren der „vernetzten Aufsichtsratsüberwachung“ angewiesen. Ein hierfür erforderlicher oder jedenfalls zweckdienlicher unmittelbarer Informationsfluss zwischen den Konzernaufsichtsräten ist von „unten nach oben“ unter den Voraussetzungen des § 311 AktG und von „oben nach unten“ unter den Voraussetzungen des § 116 Satz 2 AktG zulässig. Für die Informationsweitergabe des Tochteraufsichtsrats an den Mutteraufsichtsrat bedarf es freilich der Zustimmung des Tochtervorstands, denn dieser hat darüber zu entscheiden, welche Informationen die Obergesellschaft gegebenenfalls gegen Nachteilsausgleich erreichen sollen 185. So ist es durchaus denkbar, dass der Tochtervorstand durch die Weitergabe von Informationen über ein zustimmungspflichtiges Planvorhaben nicht ausgleichsfähige Nachteile für die abhängige Gesellschaft befürchtet (Muttergesellschaft ist z. B. Wettbewerberin) und er deswegen an die Verschwiegenheitspflicht der mit dem zustimmungspflichtigen Vorhaben betrauten Kontrollmitglieder appelliert. In der Regel wird der Tochtervorstand jedoch mit der Informationsweitergabe seines Aufsichtsrats einverstanden sein, da „ein Informationsaustausch im Interesse des Konzernerfolgs sinnvoll ist und damit letztlich auch im Interesse seiner Gesellschaft liegt“ 186. Für den Umfang der Verschwiegenheitspflicht des Mutteraufsichtsrats nach § 116 Satz 2 AktG ist das Unternehmensinteresse der entscheidende Maßstab 187. Einen absoluten Geheimnisschutz gibt es nicht 188. Mit Blick auf die konzernweite Überwachungspflicht des Mutteraufsichtsrats wird es dabei regelmäßig im Interesse des herrschenden Unternehmens liegen, dass der Mutteraufsichtsrat im

184 Vgl. anstelle anderer: Lutter in: FS Fischer, S. 419, 428; Uwe H. Schneider in: FS Raiser, S. 341, 353. 185 Kropff in: MünchKomm.AktG, § 311 Rn. 301 f. 186 Kropff in: MünchKomm.AktG, § 311 Rn. 303; ebenso Sven H. Schneider, Informationspflichten, S. 183, der im Einzelfall von einer widerleglichen Vermutung ausgeht, dass die konzerninterne Weitergabe eines bestimmten Geheimnisses bzw. einer bestimmten vertraulichen Angabe im Sinne von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG zulässig ist. 187 Hopt in: Großkomm.AktG, § 93 Rn. 209; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 110. 188 Vgl. Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 110; Uwe H. Schneider in: FS Konzen, S. 881, 888.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

Meinungsaustausch mit dem Tochteraufsichtsrat Gesellschaftsinterna zur Begründung seiner Ansicht über das zustimmungspflichtige Konzerngeschäft preisgibt 189. II. Verpflichtung von Doppelfunktionären zur Beachtung von Konzernvorbehalten In der Praxis ist es üblich, zur Konzernkontrolle Leitungsmitglieder oder Angestellte des herrschenden Unternehmens entweder zu Aufsichtsratsmitgliedern oder zu Vorstandsmitgliedern der abhängigen AG zu bestellen 190. Durch den Einsatz solcher Doppelfunktionäre können auch Konzernvorbehalte des Mutteraufsichtsrats sichergestellt werden. So ließe sich im Anstellungs- bzw. Arbeitsvertrag mit dem herrschenden Unternehmen die Verpflichtung von Doppelfunktionären verankern, in der abhängigen Aktiengesellschaft für einen den Vorgaben des Mutteraufsichtsrats entsprechenden Zustimmungskatalog zu sorgen und den Mutteraufsichtsrat rechtzeitig vor Durchführung der zustimmungspflichtigen Maßnahme zwecks Zustimmungsentscheidung zu informieren 191. Zur Implementierung eines solchen Zustimmungskatalogs stünden dem Doppelfunktionär je nach übernommener Organfunktion das in § 76 AktG enthaltene Weisungsrecht des Vorstands oder das Vorbehaltsrecht des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zur Seite. Da es sich bei diesen Leitungs- und Überwachungsrechten jeweils um Organ- und nicht um Einzelrechte des Organwalters handelt, ist die erfolgreiche Einführung solcher Konzernvorbehalte freilich vom Vorliegen entsprechender Mehrheitsverhältnisse abhängig. Den Erfolg der Implementierung entsprechender Vorbehalte unterstellt, hätte eine negative Zustimmungsentscheidung des Mutteraufsichtsrats zur Folge, dass das Leitungsmitglied oder der Angestellte in seiner Funktion als Mitglied des Aufsichtsrats oder des Vorstands der abhängigen AG gegen die Durchführung der Konzernmaßnahme votieren müsste. Für Leitungsmitglieder der Obergesellschaft könnte sich eine solche Pflicht bereits unmittelbar aus § 82 Abs. 2 AktG ergeben, denn wie bereits erwähnt erstreckt sich die Bindungswirkung der Vorbehalts-

189 Mit Blick auf die grundsätzliche Zulässigkeit des Informationsaustauschs zwischen verschiedenen Konzernaufsichtsräten ist erst kürzlich über gemeinsame Aufsichtsratssitzungen im Konzern auf der Grundlage des § 109 Abs. 1 AktG nachgedacht worden; siehe dazu Uwe H. Schneider in: FS Konzen, S. 881. 190 Decher, ZHR 158 (1994), 473, 476 f. (ständige Konzernpraxis); Kropff in: MünchKomm.AktG, § 311 Rn. 89 (verbreitetes Instrument der Konzernsteuerung); zur Zulässigkeit von Doppelmandaten siehe Vetter, ZHR 171 (2007), 342, 346 m. w. N. in Fn. 11; Passarge, NZG 2007, 441; monografisch: Anders, Vorstandsdoppelmandate, S. 110. 191 Zum Recht des Tochteraufsichtsrats zur Vorabinformation des Mutteraufsichtsrats siehe bereits oben unter I. Das Gleiche gilt für den Informationsfluss zwischen Tochteraufsichtsrat – Muttervorstand und Tochtervorstand – Muttervorstand, vgl. etwa Kropff in: MünchKomm.AktG, § 311 Rn. 288.

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und Zustimmungsentscheidung des Mutteraufsichtsrats auch auf ihre Tätigkeit als Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied in einer abhängigen Gesellschaft, und zwar unabhängig davon, auf welcher Konzernebene das jeweilige Amt ausgeübt wird 192. 1. Das Problem der Interessenkollision Aufgrund der autonomen Amtsführungsbefugnis, wie sie das Gesetz sowohl für den Vorstand als auch für den Aufsichtsrat einer faktisch beherrschten AG vorsieht, ist eine derartige vertragliche oder organschaftliche Verpflichtung allerdings dann problematisch, wenn das durch die Zustimmungsverweigerung konkretisierte Interesse der Obergesellschaft mit den Interessen der abhängigen AG kollidiert. Fraglich ist dann, welchem Interesse der Repräsentant der Obergesellschaft in der abhängigen AG den Vorrang einräumen darf bzw. muss. a) Meinungsstand Der überwiegende Teil des Schrifttums sieht Doppelfunktionäre im Einsatzfeld der abhängigen AG ausschließlich auf deren Interessen verpflichtet 193. Das gelte auch, soweit es sich um die Beurteilung von Maßnahmen handele, die einem Konzernvorbehalt unterliegen. Ihre Aufgabe sei es nicht, „Gruppeninteressen, also etwa das Interesse des Mehrheitsgesellschafters, des herrschenden Unternehmens oder des ‚Konzerns‘ zu fördern“ 194. Entsprechend seien Doppelfunktionäre nicht an die Zustimmungsentscheidungen des Aufsichtsrats der Obergesellschaft gebunden, wenn dadurch das Wohl der abhängigen Gesellschaft beeinträchtigt würde 195. Namentlich Götz hält dem entgegen, dass nach der Bestimmung des § 311 AktG nur das Eigeninteresse, nicht aber der Eigenwille der abhängigen Gesellschaft geschützt sei 196. Dem Eigeninteresse der abhängigen AG sei aber Genüge geleistet, wenn die mit der Einflussnahme verbundenen Nachteile voll ausgeglichen wür192

Vgl. oben § 7 B. I. 4. Vgl. etwa Lutter in: FS Fischer, S. 419, 428 (Aufsichtsratsmitglied), 430 (Vorstandsmitglied); Mertens in: KölnKomm.AktG, § 111 Rn. 75; Lenz, AG 1997, 448, 454; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 436 f.; Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 579 (Vorstandsmitglied); Michael Schmidt in: FS Imhoff, S. 67, 86; Uwe H. Schneider in: FS Raiser, S. 341, 353 (Aufsichtsratsmitglied); Fonk, ZGR 2006, 841, 856; Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 292; siehe auch BGHZ 36, 296, 306. 194 Uwe H. Schneider in: FS Raiser, S. 341, 353 (für den Aufsichtsrat); vgl. außerdem OLG Hamm, ZIP 1986, 1554, 1556; Hommelhoff in: Druey (Hrsg.), Das St. Galler Konzernrechtsgespräch, S. 107, 122. 195 Lutter in: FS Fischer, S. 419, 428 f.; allgemein zur Weisungsunabhängigkeit von Organmitgliedern ders., ZIP 2007, 1991 mit zahlreichen Nachweisen in Fn. 4. 196 Götz, ZGR 1990, 633, 650. 193

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den 197. Dies rechtfertige es, die Handlungsautonomie von Doppelfunktionären in dem Maße einzuschränken, in dem der Vorstand und der Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft gemäß den Bestimmungen der §§ 311 ff. AktG einer Einflussnahme des herrschenden Unternehmens folgen dürften 198. b) Stellungnahme Letztere Ansicht verdient den Vorzug, da sie unter Beachtung des Ausgleichssystems der §§ 311 ff. AktG der Zulässigkeit des Einsatzes von Doppelfunktionären zur Ausübung der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens gerechter wird. Was das Überwachungsverhalten von Vorstandsmitgliedern oder Mitarbeitern der Obergesellschaft betrifft, die gleichzeitig Aufsichtsratsmitglieder des abhängigen Tochterunternehmens sind, kann dem Ansatz des „ausgleichsfähigen Unternehmensinteresses“ der abhängigen Gesellschaft allerdings nur gefolgt werden, wenn man dem Aufsichtsrat – wie hier vertreten – gestattet, eine eigene unternehmerische Zustimmungsentscheidung zu treffen. Nur dann sind sie nämlich berechtigt, ein für die abhängige Gesellschaft vorteilhaftes Geschäft allein mit der (unternehmerischen) Begründung abzulehnen, man möge besser den Nachteilsausgleich der Obergesellschaft in Anspruch nehmen und dafür auf die Durchführung des Geschäfts verzichten 199. Haltbar ist eine solche Zustimmungsentscheidung freilich nur, wenn die Nachteile aus dem unterbliebenen Geschäft voll ausgeglichen werden, dem Unternehmensinteresse dadurch also in gleicher Weise wie im Fall der Durchführung der geplanten Maßnahme gedient ist 200. Wann ein nachteilig wirkendes Aufsichtsratsveto ausgleichsfähig ist, ist freilich einzelfallabhängig und soll hier nicht vertieft werden 201. Stellt sich das Unterbleiben der vetobehafteten 197 Götz, ZGR 1990, 633, 650 f.; siehe insoweit auch Michael Schmidt in: FS Imhoff, S. 67, 81: „Gleichzeitig ist damit auch festgestellt, daß er als Aufsichtsratsmitglied der Tochter deren Interessen zu wahren hat, zumindest dadurch, daß er ihr ein Nachteilsausgleich verschafft.“ (Zu praktischen Bedenken siehe aber ders., S. 83 f.). 198 Götz, ZGR 1990, 633, 650 f.; ders., ZGR 1998, 524, 543; zustimmend: Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 313; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 693; ähnlich, wenn auch nicht ganz so weitgehend, Decher, Personelle Verflechtungen im Aktienkonzern, S. 164: „Es ist seinem [des Aufsichtsratsmitglieds] pflichtgemäßen Ermessen überlassen, ob es im Einzelfall eine an den Konzerninteressen oder an der Eigenständigkeit der abhängigen Gesellschaft orientierte Überwachungstätigkeit entfaltet.“; in diese Richtung möglicherweise auch Kropff in: MünchKomm.AktG, § 311 Rn. 293. 199 Zur Unanwendbarkeit der Business Judgment Rule in diesem Fall (Verfolgung von Sonderinteressen) siehe unter § 10 A. 200 Ebenso Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 90 (Ist der Nachteil nicht ausgleichsfähig, muss das Vorstandsmitglied im Aufsichtsrat der Untergesellschaft trotz fehlender Zustimmung des Mutteraufsichtsrats zustimmen); vgl. insofern auch VG Arnsberg, ZIP 2007, 1988, 1990 (Pflicht kommunaler Aufsichtsratsmitglieder zur Befolgung von Weisungen des Stadtrats, sofern dies dem Wohl der Gesellschaft nicht zuwiderläuft), mit ablehnender Anm. von Lutter, ZIP 2007, 1991 f.

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Konzernmaßnahme als ausgleichsfähig heraus, so bedeutet die rechtliche Möglichkeit des Doppelfunktionärs, gegen die Durchführung der Maßnahme votieren zu können, zugleich dessen Pflicht, die Zustimmungsentscheidung des Mutteraufsichtsrats durchzusetzen 202. Diese Pflicht wird auch nicht etwa dadurch relativiert, dass Doppelmandatsmitglieder analog § 34 BGB einem Stimmverbot im Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft unterliegen, wenn und weil sie sich in einem Konflikt zwischen den Interessen der Ober- und der Untergesellschaft befinden. Soweit ersichtlich werden Stimmverbote für Doppelmandate nur für Beschlussfassungen im herrschenden Unternehmen erwogen, wenn über Konzernleitungsmaßnahmen entschieden wird, die die Interessen des abhängigen Unternehmens beeinträchtigen 203. Für die Ausübung der Mitwirkungs- und Stimmrechte in der Untergesellschaft wird dagegen erwartet, „dass solche Personen sich ihrer besonderen Verantwortung gegenüber dem abhängigen Unternehmen bewusst sind“ 204. Dem ist zuzustimmen. Das Aktiengesetz sieht in § 136 Abs. 1 AktG Stimmverbote nur für die Fälle der Entscheidung über die eigene Entlastung, die Befreiung eigener Verbindlichkeiten und über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Stimmberechtigten vor. Der darin enthaltene allgemeine Rechtsgedanke betrifft danach nur die persönliche Betroffenheit des Stimmberechtigten. In allen übrigen Fällen bleibt es daher bei der Stimmberechtigung, und mögliche Interessenkollisionen sind auf andere Weise zu lösen. Im faktischen Konzern, der gerade erst durch personelle Verflechtungen lebendig wird, erfolgt dieser Interessenausgleich über die besonderen konzernrechtlichen Schutzvorschriften der §§ 311 ff. AktG und die daraus resultierende persönliche Verantwortlichkeit des Doppelfunktionärs gegenüber der abhängigen Gesellschaft 205. Ein Bedürfnis, zum weiteren Schutz der abhängigen Gesellschaft auf das vereinsrechtliche Stimmverbot des § 34 BGB zurückzugreifen, ist danach nicht anzuerkennen. Der in der 201

„Die Kasuistik ist kompliziert“ (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 961); siehe dazu allgemein Habersack in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 311 Rn. 9, 43, 46 ff., sowie (mit Beispielsfällen) Vetter, ZHR 171 (2007), 342, 351 ff. Bei der Ermittlung des Nachteils gilt es den Ermessensspielraum des Vorstands der Tochtergesellschaft zu berücksichtigen, der es etwa erlaubt, die eigene Strategie an das (veränderte) Konzernumfeld anzupassen (Vetter, ebenda, 355 f.). Das mag vor allem bei der Mitwirkung von Doppelmandatsträgern an der langfristigen Unternehmensplanung und der Bestimmung der Unternehmenspolitik der abhängigen Gesellschaft von Bedeutung sein. 202 Wie hier ausdrücklich Götz, ZGR 1990, 633, 651, und Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 313. 203 Vgl. Uwe H. Schneider in: FS Raiser, S. 341, 354 f.; Semler in: FS Stiefel, S. 719, 757 f.; Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 108 Rn. 60; fragend allerdings: HoffmannBecking, ZHR 150 (1986), 570, 583. 204 Uwe H. Schneider in: FS Raiser, S. 341, 354; vgl. auch Semler in: FS Stiefel, S. 719, 757. 205 Zu Letzterem vgl. BGH, NJW 1980, 1629, 1630 (Schaffgotsch), danach kann die Pflichterfüllung eines Doppelmandatens gegenüber der einen (Ober-)Gesellschaft niemals eine Pflichtverletzung gegenüber der anderen (Unter-)Gesellschaft rechtfertigen.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

abhängigen Gesellschaft angesiedelte Zustimmungsvorbehalt nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG stellt somit bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen ein geeignetes Instrument des selbst zustimmungsgebundenen Repräsentanten der Obergesellschaft dar, um den Vorstand der abhängigen Gesellschaft zu einer bestimmten Maßnahme (Unterlassung) im Interesse der Obergesellschaft zu veranlassen. Übt der Doppelfunktionär das Amt des Vorstandsmitglieds in der abhängigen Gesellschaft aus, gilt nichts anderes. Soweit §§ 311 i.V. m. 76 Abs. 1 AktG die Entscheidung darüber in das Ermessen des Vorstands der abhängigen Gesellschaft stellen, ob eine Maßnahme durchgeführt werden oder gegen Nachteilsausgleich unterbleiben soll, kann und muss sich das Doppelvorstandsmitglied auf die Seite des herrschenden Unternehmens stellen, deretwegen es in die Konzerngesellschaft gesandt wurde 206. Das organschaftliche Vorstandsermessen einer selbständigen, weisungsunabhängigen Gesellschaft lässt sich zwar ebenso wenig wie das Aufsichtsratsermessen durch außenstehende Dritte einschränken, und zwar auch dann nicht, wenn der Dritte das herrschende Unternehmen ist. Im Verhältnis zur abhängigen Gesellschaft ist der Doppelvorstand daher weiterhin in seinem Handeln autonom. Im Verhältnis zur Obergesellschaft kann sich der einzelne Organwalter dagegen nicht auf seine Leitungsmacht im Tochterunternehmen berufen. In diesem Verhältnis gilt vielmehr § 82 Abs. 2 AktG bzw. die Verpflichtung aus dem Arbeits- oder Dienstvertrag, so dass er im Verhältnis zur Obergesellschaft pflichtwidrig handelt, wenn er sein Vorstandsermessen „unten“ nicht in zulässiger Weise (§ 311 AktG) zugunsten der Durchsetzung der Zustimmungsentscheidung des Mutteraufsichtsrats ausübt 207. Der Mutteraufsichtsrat seinerseits hat seine Zustimmungsentscheidung unter besonderer Beachtung der Nachteilsausgleichspflicht und der Haftungsrisiken der Obergesellschaft für nicht legalisierte Eingriffe in die Untergesellschaft gemäß § 317 Abs. 1 AktG analog 208 und §§ 302 f. AktG analog (Verlustübernahmepflicht) 209 zu treffen. Für die Geschäftsleitung der Obergesellschaft folgt daraus die Pflicht, den Mutteraufsichtsrat über die Auswirkungen des Konzerngeschäfts für die Ober- und die Untergesellschaft sowie über die Ausgleichsfähigkeit von Nachteilen und die mit einem Nachteilsausgleich verbundenen Kosten zu informieren, die durch eine Zustimmungsverweigerung verursacht würden 210.

206

Vgl. Götz, ZGR 1990, 633, 652; a. A. Lutter in: FS Fischer, S. 419, 430. Siehe ebenso Götz, ZGR 1990, 633, 654; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 313 f. 208 Vgl. den Überblick zum Haftungssystem im faktischen Aktienkonzern bei Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 963. 209 Siehe dazu Habersack in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Anh. § 317 Rn. 16 ff.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 964 ff. 210 Vgl. Kropff in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 90. 207

§ 8 Durchsetzbarkeit in abhängigen Unternehmen

333

2. Ergebnis Nach alledem kann festgehalten werden, dass bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen das konzernweite Zustimmungsrecht des Mutteraufsichtsrats mit Hilfe personeller Verflechtungen in einer faktisch beherrschten AG unter den Voraussetzungen des § 311 AktG durchgesetzt werden kann. Im Fall der Ausübung des Aufsichtsratsamts in der abhängigen Gesellschaft erfolgt dies durch die Ausübung des Vorbehalts- und Zustimmungsrechts nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, und in Doppelvorstandsfällen dadurch, dass der Doppelfunktionär das ihm zustehende Leitungsermessen im Rahmen des Zulässigen zugunsten der Zustimmungsentscheidung des Mutteraufsichtsrats ausübt. III. „Von außen“ veranlasste Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Obergesellschaft Verfügt die Obergesellschaft nicht oder nicht in ausreichender Zahl über entsprechende Repräsentanten im Vorstand oder im Aufsichtsrat der abhängigen AG, so bleibt zur Sicherstellung von Konzernvorbehalten nur die Einflussnahme auf den Tochtervorstand „von außen“. Die Durchsetzung des konzernweiten Mitentscheidungsrechts des Mutteraufsichtsrats „von außen“ erfolgt in der Weise, dass die Geschäftsleitung der Obergesellschaft den Vorstand der Tochter-AG veranlasst, die vom Mutteraufsichtsrat festgelegten Geschäfte nur nach vorheriger Rücksprache mit ihr vorzunehmen. Der damit einverstandene Tochtervorstand müsste dann seinerseits für einen entsprechenden Zustimmungskatalog in der abhängigen AG sorgen. Die Geschäftsleitung der Obergesellschaft wäre bei ihrer Zustimmungsentscheidung wiederum an die Entscheidung ihres (Mutter-)Aufsichtsrats gebunden (Kettenzustimmung im faktischen Konzern). Die hierfür erforderliche Weitergabe derjenigen Informationen an die Obergesellschaft, die die Geschäftsleitung und der Mutteraufsichtsrat für die Entscheidung über das zustimmungspflichtige Geschäftsvorhaben benötigen, ist nach § 311 AktG privilegiert 211, ohne dass eine Pflicht der abhängigen Gesellschaft zur Nachauskunft nach § 131 Abs. 4 AktG besteht 212. Eine Ermächtigung des Mutteraufsichtsrat durch die Obergesellschaft, den Tochtervorstand selbst und unmittelbar veranlassen zu können, bestimmte Konzernmaßnahmen nur nach vorheriger Abstimmung mit ihm vorzunehmen, ist hier nicht möglich. Denn anders als im weisungsabhängigen Konzern ist die bloß faktische Konzernverbindung nicht stark genug, um die hier in Rede stehende

211

Anstelle anderer: Sven H. Schneider, Informationspflichten, S. 148 m. w. N. in Fn. 90. H. M., vgl. Hüffer, AktG, § 131 Rn. 38; ausführlich dazu Habersack / Verse, AG 2003, 300, 305 ff., sowie Pentz in: FS Priester, S. 593, 600 ff.; ders., ZIP 2007, 2298 ff. 212

334

3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

„Veranlassung von außen“ als konzerninterne Maßnahme qualifizieren zu können. Damit fehlt es aber an der notwendigen Rechtsgrundlage für eine interne „Ausstattung“ des Mutteraufsichtsrats mit konzernweiten Einflussmitteln der Obergesellschaft. Der Mutteraufsichtsrat ist daher auf die Mithilfe „seines“ Vorstands angewiesen. Die Veranlassung der Obergesellschaft, eine bestimmte Maßnahme zu unterlassen, ist für den Vorstand der abhängigen AG freilich nicht verpflichtend 213. Um mehr Verbindlichkeit bei der Umsetzung der Zustimmungsentscheidung des Mutteraufsichtsrats in der abhängigen AG zu erreichen, ließe sich daher überlegen, den Vorstand der Untergesellschaft gegen Nachteilsausgleich zu veranlassen (anzuregen), vom Mutteraufsichtsrat für zustimmungspflichtig erklärte Geschäfte nach § 119 Abs. 2 AktG der Hauptversammlung zur Entscheidung vorzulegen 214. Denn ein Hauptversammlungsbeschluss ist für den Vorstand grundsätzlich bindend. Das gilt auch, wenn die Hauptversammlung beschließt, dass eine Maßnahme nicht durchgeführt werden soll (Veto) 215. Mit Blick auf die umfangreichen Regeln über die Einberufung der Hauptversammlung (vgl. §§ 121 ff. AktG) ist dieser Weg freilich nur sinnvoll, wenn die Obergesellschaft die einzige Aktionärin der TochterAG ist oder jedenfalls nur wenige und der abhängigen Gesellschaft namentlich bekannte Minderheitsaktionäre existieren. Der Weg über die Hauptversammlung der Tochter führt allerdings nicht zum Ausschluss der §§ 311 ff. AktG, denn auch die Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte der Obergesellschaft in der Hauptversammlung der abhängigen AG kann unstreitig eine Form der „Veranlassung“ im Sinne des § 311 Abs. 1 AktG sein 216. Und davon ist auszugehen, wenn es wie hier darum geht, die Zustimmungsentscheidungen des Mutteraufsichtsrats im Interesse des herrschenden Unternehmens durchzusetzen. Die Sicherstellung des konzernweiten Mitentscheidungsrechts des Mutteraufsichtsrats über die Hauptversammlung der abhängigen AG ist daher ebenfalls durch das Schutzsystem der §§ 311 ff. AktG beschränkt. Ein echter Gewinn gegenüber einer direkten Veranlassung des Tochtervorstands lässt sich mit dieser Art der Einflussnahme daher nicht erzielen.

213 Zum Interessenkonflikt des Tochtervorstands im faktischen Konzern ausführlich Vetter, ZHR 171 (2007), 342, 352 ff. 214 In bestimmten Fällen ist der Vorstand hierzu gesetzlich verpflichtet, so bspw. im Fall der Vermögensübetragung (vgl. § 179a AktG, §§ 174 ff. UmwG) oder des Abschlusses eines Vertrags nach § 292 AktG, aber auch in den sogenannten „Holzmüller-Fällen“. 215 Zur Beschlusswirkung siehe Hüffer, AktG, § 119 Rn. 15. 216 Vgl. Kropff in: MünchKomm.AktG, § 311 Rn. 111 f.

§ 8 Durchsetzbarkeit in abhängigen Unternehmen

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IV. Rechtslage im mehrstufigen Konzern Ist die faktisch abhängige Tochter-AG ihrerseits herrschendes Unternehmen einer Enkel-AG, so erfolgt die Durchsetzbarkeit von Zustimmungsvorbehalten des Mutteraufsichtsrats in der Enkel- oder Urenkel-AG in gleicher Weise wie im einstufigen Konzern. 1. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte der Muttergesellschaft unter Einschaltung der Tochtergesellschaft a) „Entsendung“ von Doppelfunktionären in die Enkelgesellschaft Um die Zustimmungsbefugnis des Mutteraufsichtsrats über personelle Verflechtungen auch in unteren Konzernebenen sicherzustellen, kann die Obergesellschaft den – in der Regel mit „eigenen Leuten“ besetzten – Tochtervorstand veranlassen, von ihr ausgewählte Doppelfunktionäre in die Enkel-Gesellschaft als Repräsentanten der Obergesellschaft zu wählen. Gleiches gilt in Bezug auf Doppelfunktionäre im Aufsichtsrat der abhängigen AG, die über ihr Vetorecht darauf hinwirken können, dass der Tochtervorstand die aus Sicht der Obergesellschaft „richtigen“ Aufsichtsratsmitglieder und damit mittelbar auch die „richtigen“ Vorstandsmitglieder in die Enkelgesellschaft wählt. Die organschaftliche oder vertragliche Bindung von Leitungsmitgliedern oder Angestellten der Obergesellschaft an die Zustimmung des Mutteraufsichtsrats gilt, wie oben ausgeführt, unabhängig davon, in welche Konzerngesellschaft sie „gesandt“ werden. b) Gestaffelte Kettenzustimmung im faktischen Konzern Es ist auch möglich, den Vorstand der abhängigen Tochter-AG zu veranlassen, seinerseits den Vorstand der Enkel-AG zu veranlassen, vom Mutteraufsichtsrat für zustimmungspflichtig erklärte Geschäfte nur mit seiner, der Tochtervorstands Zustimmung vorzunehmen. Der Tochtervorstand wäre dann zur Zustimmungserteilung gegenüber der Enkel-AG nur berechtigt, wenn er zuvor die Zustimmung der an das Einverständnis seines (Mutter-)Aufsichtsrats gebundenen Geschäftsleitung der Obergesellschaft erhalten hat (gestaffelte Kettenzustimmung im faktischen Konzern). c) Nachteilsausgleichspflicht gegenüber der Tochter-AG Als „Veranlasser“ ist die Obergesellschaft freilich gegenüber der Tochter-AG zum Nachteilsausgleich gemäß § 311 AktG verpflichtet. Die Ausgleichspflicht erfasst im mehrstufigen Konzern auch diejenigen Nachteile, die die Tochter-

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

AG dadurch erleidet, dass sie infolge der Veranlassung der Obergesellschaft ihrerseits gegenüber der Enkel-AG und diese wiederum gegenüber einer UrenkelAG usw. zum Nachteilsausgleich verpflichtet ist. 2. Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte durch unmittelbare Veranlassung der Enkel-AG Nach § 17 Abs. 1 AktG ist beherrschendes Unternehmen auch, wer „lediglich“ mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Unstreitig finden daher die §§ 311 ff. AktG auch im direkten Verhältnis zwischen der Mutter und der Enkel-AG sowie einer Urenkel-AG usw. Anwendung 217. Der Enkelvorstand ist daher berechtigt, nicht aber verpflichtet, die Zustimmungsvorbehalte des Mutteraufsichtsrats zu beachten und nach entsprechenden Zustimmungsentscheidungen desselben zu handeln, wenn damit verbundene Nachteile ausgleichsfähig sind und tatsächlich ausgeglichen werden. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage im mehrstufigen faktischen Konzern nicht wesentlich von der im einstufigen faktischen Konzern. Für die Frage der Durchsetzbarkeit konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte des Mutteraufsichtsrats in einer mittelbar beherrschten KonzernAG kann daher nach oben verwiesen werden (siehe III.).

§ 9 Sorgfaltspflichten und Haftung des Aufsichtsrats im Umgang mit konzernweiten Zustimmungsvorbehalten Das Instrumentarium der Konzernvorbehalte nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ermöglicht es dem Aufsichtsrat der Obergesellschaft, seiner konzernweiten Überwachungsaufgabe mit größerer Effektivität nachzukommen. Mit der Zulässigkeit von Konzernvorbehalten sind aber zugleich Haftungsgefahren des Aufsichtsrats für Überwachungsfehler verbunden, wenn er von dem Instrument nicht in gebotener Weise Gebrauch macht. Anknüpfend an die „allgemeinen“, für die konzernfreie Gesellschaft herausgearbeiteten Sorgfaltspflichten soll daher im Folgenden auf konzernspezifische Sorgfaltspflichten im Umgang mit dem Vorbehaltsinstrument eingegangen werden.

217

Anstelle anderer: Kropff in: MünchKomm.AktG, § 311 Rn. 60 f., § 311 Anh. Rn. 5; Habersack in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 311 Rn. 17.

§ 9 Sorgfaltspflichten und Haftung des Aufsichtsrats

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A. Pflicht zur Festlegung konzernweiter Zustimmungsvorbehalte Der Aufsichtsrat hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, welche Geschäftsarten oder gegebenenfalls welche Einzelgeschäfte verbundweit zustimmungspflichtig sein sollen. Im Einzelfall kann sich dieses Ermessen zu einer Festlegungspflicht verdichten, wenn nur mit einem Konzernvorbehalt verhindert werden kann, dass (dem Mutteraufsichtsrat erkennbare) gesetz- oder satzungswidrige oder wirtschaftlich unvertretbare Konzernmaßnahmen durchgeführt werden. Keine Rolle spielt dabei, ob das rechtswidrige Konzerngeschäft von der Konzernleitung veranlasst wurde, denn wie oben dargelegt, ist Maßstab für die Überwachungspflicht des Mutteraufsichtsrats nicht die tatsächlich ausgeübte Konzernleitung, sondern die Pflicht des Konzernvorstands, auf allen Konzernebenen für rechtmäßiges und vor allem für gewinnbringendes Verhalten zu sorgen 218. Ist das Konzerngeschäft von grundlegender Bedeutung für die Vermögens-, Ertrags- oder Finanzlage sowie die Risikoexposition der Konzernobergesellschaft, so ist das aufsichtsratsrechtliche Festlegungsermessen gesetzlich auf null reduziert. Das folgt aus der Gesetzesbegründung zum TransPuG, wonach sich die Zustimmungsvorbehaltspflicht des Aufsichtsrats auch auf grundlegende „Maßnahmen im Konzern“ erstreckt, „die die beschriebene Auswirkung auf die Gesellschaft haben“ 219. Lediglich für die Beurteilung, ob das Geschäft von grundlegender Bedeutung für die Konzernspitze ist, verbleibt dem Aufsichtsrat ein beschränkt überprüfbarer Entscheidungsspielraum. Mit der gesetzlichen Beteiligungspflicht des Aufsichtsrats an grundlegenden Konzernmaßnahmen verbunden ist die Aufgabe, sich mit Hilfe des Vorstands ein Bild über die wirtschaftliche Lage der wesentlichen Tochter-, Enkel- und Urenkelgesellschaften zu machen. Der Konzernunterbau ist entsprechend dem Risikopotential der einzelnen Konzerngesellschaften für die Obergesellschaft aufzuschlüsseln 220. Diejenigen Zustimmungsvorbehalte, die zugleich Konzernvorbehalte sein sollen, hat der Aufsichtsrat für den Vorstand kenntlich zu machen. Anderenfalls läuft er Gefahr, dass die dem Vorstand überlassene Auslegung des Zustimmungskatalogs eine unbeschränkte Konzernleitungsbefugnis zulässt, was dem Aufsichtsrat in einem möglichen späteren Haftungsfall zum Vorwurf gemacht werden kann. Schließlich gehört es zur Pflicht des „Konzernaufsichtsrats“, sich von der Durchsetzung der Konzernvorbehalte in den (wesentlichen) Konzerngesellschaf-

218

Vgl. oben § 7 A. II. sowie Fleischer, DB 2005, 759, 763 m. w. N. in Fn. 80. RegBegr. TransPuG, BT-Drucks 14/9769, S. 17 (linke Spalte); wie hier Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 282 ff.; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 867. 220 Siehe oben § 7 A. II. 3. c). 219

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

ten durch die Geschäftsleitung zu vergewissern und gegebenenfalls darauf hinzuwirken. Hierzu hat sich der Kontrolleur über die jeweiligen, oben näher erläuterten rechtlichen und faktischen Möglichkeiten zu informieren, die dem herrschenden Unternehmen zur Sicherstellung des konzernweiten Mitentscheidungsrechts des Mutteraufsichtsrats in abhängigen Gesellschaften zustehen.

B. Sicherstellung einer konzernweiten Informationsversorgung Eine haftungsresistente Vorbehalts- und Zustimmungsentscheidung kann nur auf der Grundlage angemessener Information getroffen werden. Dem Aufsichtsrat der Obergesellschaft kommen jedoch gegenüber abhängigen Gesellschaften keine unmittelbaren Informations- und Einsichtsrechte zu. Seine konzernweiten Vorbehalts- und Zustimmungsentscheidungen trifft er in erster Linie auf der Grundlage der vom Vorstand übermittelten Informationen (§ 90 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 3 AktG) 221. Der konzernweiten Informationsbeschaffung der Geschäftsleitung der Obergesellschaft kommt daher für die pflichtgemäße Ausübung des Vorbehaltsinstruments des Mutteraufsichtsrats eine ganz besondere Bedeutung zu. Gedacht ist dabei zum einen an die Pflicht des Aufsichtsrats, die Geschäftsleitung zur Geltendmachung gesetzlicher Informationsrechte des herrschenden Unternehmens gegenüber abhängigen Gesellschaften anzuhalten. So sieht etwa § 294 Abs. 3 Satz 1 HGB vor: „Die Tochterunternehmen haben dem Mutterunternehmen ihre Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse nach § 325 Abs. 2a, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte und, wenn eine Abschlussprüfung stattgefunden hat, die Prüfungsberichte sowie, wenn ein Zwischenabschluß aufzustellen ist, einen auf den Stichtag des Konzernabschlusses aufgestellten Abschluß unverzüglich einzureichen“. Diese Informations- und Vorlagepflichten der Tochterunternehmen werden durch das Recht des Mutterunternehmens ergänzt, nach § 294 Abs. 3 Satz 2 HGB „von jedem Tochterunternehmen alle Aufklärungen und Nachweise verlangen [zu können], welche die Aufstellung des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts erfordert“. Die damit gewinnbaren Informationen lassen sich auch für die Vorbehalts- und Zustimmungsentscheidungen des Mutteraufsichtsrats nutzbar machen. Zum anderen trifft den Mutteraufsichtsrat die Pflicht, darauf hinzuwirken und fortlaufend zu kontrollieren, dass der Muttervorstand ein verbundweites Informationssystem einrichtet und pflegt, das geeignet ist, von Tochtergesellschaften ausgehende, den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh zu erkennen. Angesprochen ist damit die Aufgabe des Vorstands zur Einrichtung und zum Betrieb eines konzernweiten Risikofrüherkennungssystems nach § 91 221

Zum unmittelbaren Informationsaustausch zwischen einzelnen Konzernaufsichtsräten siehe oben § 8 C. I.

§ 9 Sorgfaltspflichten und Haftung des Aufsichtsrats

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Abs. 2 AktG 222. Konzernweite Maßnahmen zur Risikofrüherkennung können in weisungsabhängigen Konzerngesellschaften mit Hilfe des Weisungsrechts der Obergesellschaft durchgesetzt werden. Im faktischen Aktienkonzern ist die Geschäftsleitung der Obergesellschaft dagegen auf die Kooperation der abhängigen Gesellschaft angewiesen. Kooperiert der Untervorstand nicht, hat die Geschäftsleitung in der eigenen Gesellschaft geeignete Systeme zur Identifizierung von „Tochter- und Enkelrisiken“ zu entwickeln 223. Der mit dem verbundweiten Risikofrüherkennungssystem verbundene Informationsaustausch zwischen den einzelnen Konzerngesellschaften dient wiederum der Informationsversorgung des Aufsichtsrats.

C. Das Interesse des herrschenden Unternehmens als Maßstab der Zustimmungsentscheidung Nicht anders als im Einheitsunternehmen hat sich der Aufsichtsrat der Konzernobergesellschaft bei seiner Zustimmungsentscheidung an den Überwachungskriterien der Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit sowie der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der zu beurteilenden Konzernmaßnahme zu orientieren 224. Weniger klar ist dagegen der Blickwinkel, von dem aus die Konzernkontrolle durch den Aufsichtsrat zu erfolgen hat. Fraglich ist, ob Prüfungsmaßstab das Interesse des herrschenden Unternehmens, das Interesse des einzelnen Konzernunternehmens oder etwa ein übergeordnetes Verbundinteresse ist. Als Organ des herrschenden Unternehmens ist der Mutteraufsichtsrat auf das Interesse seiner Gesellschaft verpflichtet 225. Der Aufsichtsrat der Muttergesellschaft ist kein auf das Verbundinteresse verpflichteter „Konzernaufsichtsrat“. Die Interessen der abhängigen Unternehmen hat der Aufsichtsrat der Obergesellschaft nur insoweit zu berücksichtigen, als dies zur Vermeidung von Unternehmensrisi222 Vgl. RegBegr. KonTraG, BT-Drucks 13/9712, S. 15; ebenso Ziffer 4.1.4 DCGK. In börsennotierten Aktiengesellschaften unterliegt die Systemprüfung gemäß § 317 Abs. 4 HGB zusätzlich dem Abschlussprüfer. Dem Aufsichtsrat steht damit eine wichtige vorstandsunabhängige konzernweite Informationsquelle zur Verfügung (siehe insoweit die Ergebnis-Mitteilungspflicht des Abschlussprüfers gemäß § 321 Abs. 4 HGB), siehe dazu Sven H. Schneider, Informationspflichten, S. 265. 223 Vgl. Fleischer, DB 2005, 759, 764; Wirtz, WuW 2001, 342, 356. 224 Allg. M., anstelle anderer: Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 370; Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 30. 225 Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621, 627; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 329 ff.; Krieger in: Lutter (Hrsg.), Holding Handbuch, § 6 Rn. 30; Kohlenbach, Das Verhältnis der Aufsichtsräte im Aktiengesellschaftskonzern, S. 27; a. A. (Pflicht zur Förderung des Unternehmensverbundes als Ganzem) Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 137; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 367; Scheffler, DB 1994, 793, 797; Ramm, Die Position des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens im mehrstufigen Konzern, S. 36 ff.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

ken für die Obergesellschaft erforderlich ist. Exemplarisch hierfür ist die Pflicht des Mutteraufsichtsrats zur Erteilung der Zustimmung zu einer aus Sicht der abhängigen Gesellschaft gebotenen, aber für die Obergesellschaft nachteilhaften Konzernmaßnahme, wenn dies zur Abwehr von Haftungsrisiken der Obergesellschaft nach § 317 AktG erforderlich ist, weil ein etwaiger Nachteilsausgleich nicht möglich oder nicht gesichert ist 226. Die Rücksichtnahme auf die Interessen der faktisch abhängigen Aktiengesellschaft erfolgt hier letztlich im Unternehmensinteresse der Obergesellschaft. Entsprechend hat auch die Rechtmäßigkeitskontrolle auf unteren Konzernebenen mit Blick darauf zu erfolgen, dass der Obergesellschaft durch ein rechtswidriges Verhalten anderer Konzernunternehmen kein Schaden entsteht, also sich etwa infolge eines Imageverlusts die Auftragslage (der Obergesellschaft, des gesamten Konzerns oder einzelner wichtiger Konzernunternehmen) verschlechtert oder sich Unternehmensgewinne durch Bußgeldzahlungen usw. vermindern. Das bedeutet freilich nicht, dass der Mutteraufsichtsrat wirtschaftlich irrelevante Rechtsverstöße ignorieren darf. Das verbietet die Legalitätspflicht des Aufsichtsrats, die im Konzern verbundweit angelegt ist. Der Aufsichtsrat ist daher zum Einschreiten verpflichtet, wenn die Geschäftsleitung der Obergesellschaft beabsichtigt, „nützliche“ Pflichtverletzungen in Konzernuntergesellschaften zu realisieren. Mit Blick auf die im Konzern zulässige Arbeitsteilung entsprechend dem oben dargestellten Modell der „vernetzten Aufsichtsratsüberwachung“ (diese ist um die Überwachungspflicht der Leitungsmitglieder der abhängigen Gesellschaften zu erweitern) darf sich der Mutteraufsichtsrat bei Ausübung seiner konzernweiten Kontrolltätigkeit im Übrigen aber auf solche Rechtsverstöße konzentrieren, die sich vermögensschädigend auf die Obergesellschaft auswirken.

D. Bildung eines Konzernausschusses? Oben 227 wurde die Bildung von Fachausschüssen zur Vorbereitung der Entscheidung über die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten sowie zur abschließenden Entscheidung über zustimmungspflichtige Geschäfte nahegelegt. Vereinzelt wird in diesem Sinne die Bildung eines Konzernausschusses gefordert 228. Der mit der Einsetzung eines Konzernausschusses erhoffte Effektivitätszuwachs bei der Konzernüberwachung darf jedoch bezweifelt werden 229. Die Rechtfertigung der Einsetzung von Aufsichtsratsausschüssen liegt in der Zusammenfügung fachlicher Kompetenz zur vertieften Überwachung der Leitungsaktivität auf unterschiedlichen Geschäftsfeldern. Der Konzernausschuss müsste sich indessen mit allen 226 Vgl. dazu Kropff in: MünchKomm.AktG, § 311 Rn. 294, 298; ders. in: Semler / v. Schenck (Hrsg.), ARHdb., § 8 Rn. 90. 227 § 6 B. I. 3. a) und § 6 C. I. 1. 228 So etwa Lutter / Krieger, Rechte und Pflichten, Rn. 133; Scheffler, DB 1994, 794, 797; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 333. 229 Ebenso Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 342.

§ 9 Sorgfaltspflichten und Haftung des Aufsichtsrats

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den Konzern betreffenden Angelegenheit befassen. Die Folge wäre eine Überforderung der Ausschussmitglieder, sollten sie doch besondere Fachkenntnisse in allen Konzern-Geschäftsfeldern vorweisen können. Die Einsetzung eines Konzernausschusses wird daher in aller Regel zum gegenteiligen Ziel, nämlich zu einer weniger intensiven Überwachung von Konzernvorgängen führen. Sinnvoller ist es daher, die einzelnen Geschäftsfelder konzernweit aufzugliedern und sie den jeweiligen Fachausschüssen zur gesamten Überwachung zu überantworten.

E. Die konzernweite Haftung des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens Die im Konzern erweiterte Pflichtenstellung des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens hat Auswirkungen auch auf seine Haftung. Zu unterscheiden ist die Konzerninnenhaftung von der Konzernaußenhaftung. Letzteres betrifft das Haftungsverhältnis zu Dritten, das im Wesentlichen durch die Vorschriften der §§ 823, 826 BGB und § 117 Abs. 1 Satz 2 AktG bestimmt wird. Auf sie braucht indessen nicht weiter eingegangen zu werden. Denn eine Haftung des Mutteraufsichtsrats gegenüber Gesellschaftsgläubigern wird regelmäßig an der fehlenden Außenwirkung der Vorbehalts- und Zustimmungsentscheidung scheitern. Insbesondere stellen weder § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG noch §§ 93, 116 Satz 1 AktG Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Gesellschaftsgläubiger oder der Gesellschafter dar 230. Und dem einzelnen Aktionär steht in der Regel deswegen kein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Mutteraufsichtsrat nach § 117 Abs. 1 Satz 2 AktG zu, weil die geltend gemachte Wertminderung seiner Aktie bereits durch die vom Aufsichtsrat (mit-)verursachte Schädigung des Gesellschaftsvermögens vermittelt wurde, er durch eine pflichtwidrige Zustimmungsentscheidung also nicht unmittelbar geschädigt wird. Im Folgenden soll es daher nur um die Konzerninnenhaftung gehen. Dabei ist zwischen der Konzerninnenhaftung gegenüber der „eigenen“ und derjenigen gegenüber der abhängigen Gesellschaft zu trennen. I. Konzerninnenhaftung gegenüber der „eigenen“ Gesellschaft Ohne weiteres können sich die Aufsichtsratsmitglieder des herrschenden Unternehmens durch einen sorgfaltswidrigen Umgang mit dem Instrument des Konzernvorbehalts gegenüber „ihrer“ Gesellschaft nach §§ 93 Abs. 2 Satz 1, 116 AktG schadensersatzpflichtig machen. Das gilt sowohl für den pflichtwidrigen Nichtgebrauch des Vorbehaltsrechts als auch für die pflichtwidrige Ausübung des konzernweiten Zustimmungsrechts. Erfährt der Aufsichtsrat des herrschenden Unterneh230

Für § 93 AktG: BGH, NJW 1979, 1829; wie hier für § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG: Schönberger, Zustimmungsvorbehalt, S. 339.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

mens etwa von spekulativen Derivategeschäften in der abhängigen Gesellschaft, von der Vergabe ungesicherter Kredite, von Patronatserklärungen zugunsten einer Enkelgesellschaft oder von rechtswidrigem Verhalten wie dem Verstoß gegen das Kartellrecht, dem Export von Waffen in gesperrte Länder usw., so haftet er für diejenigen Schäden der Konzernobergesellschaft, die ihr dadurch entstehen, dass auf die Unterbindung solcher Geschäfte nicht mit Hilfe des konzernweiten Vorbehaltsinstruments hingewirkt wurde. Und ebenso kommt eine Schadensersatzpflicht des Mutteraufsichtsrats für Haftungsschäden der Konzernobergesellschaft in Betracht, wenn er dem Konzernvorstand etwa die Zustimmung zu einer nach § 311 AktG nicht legalisierten Nachteilszufügung erteilt (z. B. Veranlassung der Tochter-AG zur Aufgabe oder Verlagerung wesentlicher Geschäftsbereiche auf andere Konzerngesellschaften, Übertragung riskanter Entwicklungsprojekte auf die Tochtergesellschaft usw. 231); eine Haftung des Mutteraufsichtsrat ist auch hier freilich insoweit begrenzt, als sich die Obergesellschaft aus „nützlichen“ Konzernpflichtverletzungen gezogene Vorteile anrechnen lassen muss 232. II. Konzerninnenhaftung gegenüber der beherrschten Gesellschaft 1. Spezialgesetzliche Konzerninnenhaftung Im Verhältnis zur beherrschten Gesellschaft sieht das Aktiengesetz nur für die gesetzlichen Vertreter der Konzernobergesellschaft eine unmittelbare Haftung vor. Dies betrifft zum einen die Erteilung sorgfaltswidriger Weisungen im Vertragsoder Eingliederungskonzern, § 309 AktG und § 323 Abs. 1 Satz 2 AktG. Gleiches gilt im Fall einer vertraglich beherrschten GmbH, auf die § 309 AktG entsprechend anwendbar ist 233. Zum anderen haften die gesetzlichen Vertreter im faktischen Konzern nach § 317 Abs. 3 AktG für Schäden, die der beherrschten Gesellschaft dadurch entstehen, dass die mit einer Veranlassung verbundenen Nachteile nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen werden. Für die Mitglieder des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens sieht das Gesetz hingegen keine konzernspezifische Haftung vor. Folgt man allerdings der hier vertretenen Ansicht, dass das vertragliche bzw. das mit der Eingliederung entstehende Weisungsrecht zum Teil auf den Mutteraufsichtsrat „übertragen“ werden kann und dieser sein „weisungsrechtliches“ Vorbehalts- und Zustimmungsrecht als „gesetzlicher Vertreter“ des herrschenden Unternehmens ausübt, so treffen ihn auch unmittelbare Sorgfaltspflichten gegenüber der abhängigen Gesellschaft. In 231 Für weitere Beispiele siehe Habersack in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Anh. § 317 Rn. 15; Krieger in: Münch. Hdb. GesR IV, § 69 Rn. 138. 232 Vgl. oben § 6 C. II. 1. b) cc). 233 H. M., vgl. Altmeppen in: Roth / Altmeppen, GmbHG, Anhang § 13 Rn. 79; Emmerich in: Scholz, GmbHG, Anhang § 13 Rn. 184.

§ 9 Sorgfaltspflichten und Haftung des Aufsichtsrats

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der Folge sind die Kontrollmitglieder auch der Haftung nach § 309 AktG (analog) ausgesetzt. Anderenfalls würde eine gesetzwidrige Haftungslücke entstehen, die ihren Grund vor allem darin hat, dass die unmittelbare Ausübung des Vetorechts durch den Mutteraufsichtsrat den Leitungsmitgliedern des herrschenden Unternehmens nicht als eigenes Handeln zugerechnet werden kann 234. 2. Allgemeine Konzerninnenhaftung gemäß §§ 93, 116 AktG? Namentlich Uwe H. Schneider vertritt die Auffassung, den Aufsichtsratsmitgliedern des herrschenden Unternehmens obliege gegenüber der abhängigen Gesellschaft eine allgemeine Konzernüberwachungspflicht, deren Verletzung über die gesetzlichen Haftungstatbestände hinaus unmittelbare Schadensersatzpflichten gegenüber den Konzernunternehmen (nach §§ 116, 93 AktG) auslösen könnte 235. Die herrschende Meinung lehnt ein solches haftungsrelevantes allgemeines Konzernüberwachungsverhältnis zwischen herrschendem und beherrschtem Unternehmen ab 236. Hierfür spricht, dass die konzernweite Überwachung durch den Mutteraufsichtsrat ausschließlich im Interesse der Obergesellschaft erfolgt. Die Interessen der Konzernunternehmen werden demgegenüber nur mittelbar insoweit berücksichtigt, als deren Verletzung zugleich den Interessen des herrschenden Unternehmens zuwiderlaufen würde 237. Ist aber der Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens nur den Interessen „seiner“ Gesellschaft verpflichtet, spricht das dafür, ihn für Überwachungsfehler nur gegenüber der eigenen, nicht aber auch gegenüber der abhängigen Gesellschaft haften zu lassen. 3. Zwischenergebnis Für den pflichtwidrigen Umgang mit Konzernvorbehalten haftet der Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens grundsätzlich nur gegenüber „seiner“ Gesellschaft. Eine unmittelbare Haftung gegenüber abhängigen Konzernunternehmen erfolgt nur nach §§ 309, 323 Abs. 1 Satz 2 AktG (analog), wenn der Mutteraufsichtsrat sein konzernweites Vorbehalts- und Zustimmungsrecht mit Hilfe des ihm hierzu teilübertragenen Weisungsrechts des herrschenden Unternehmens ausübt.

234 Vgl. dazu (allgemein) die Haftung von Delegataren nach § 309 AktG bei Altmeppen in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 48 f. 235 Uwe H. Schneider, BB 1981, 249, 256 f.; ders. in: FS Hadding, S. 621, 630; ders. in: Krieger / Uwe H. Schneider (Hrsg.), Hdb. Managerhaftung, § 9 Rn. 48 ff. 236 Anstelle anderer (für die Geschäftsleitung): Habersack in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 311 Rn. 10; Sven H. Schneider in: Krieger / Uwe H. Schneider (Hrsg.), Hdb. Managerhaftung, § 8 Rn. 44; Altmeppen in: MünchKomm.AktG, § 309 Rn. 52 und 55; Kropff in: MünchKomm.AktG, § 311 Rn. 280. 237 Vgl. dazu oben C.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

Im Übrigen verbleibt es bei einer Haftung nach allgemeinen Regeln, insbesondere nach den Vorschriften der §§ 823, 826 BGB und § 117 Abs. 1 Satz 2 AktG.

F. Ergebnis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Konzernvorbehalt ein geeignetes Instrument zur präventiven Überwachung solcher Geschäftsführungsmaßnahmen in Konzernuntergesellschaften ist, die für die Obergesellschaft von erheblicher Bedeutung sind. Der Entscheidungsspielraum des Aufsichtsrats bei der Festlegung von Konzernvorbehalten entspricht im Wesentlichen dem im konzernfreien Unternehmen. Zu einer Ermessensreduktion kommt es daher vor allem dann, wenn sich rechtswidrige oder wirtschaftlich unvertretbare Konzernmaßnahmen nur noch mit Hilfe des Vorbehaltsinstruments verhindern lassen. Handelt es sich bei der Konzernmaßnahme um ein Geschäft von grundlegender Bedeutung für die Obergesellschaft, ist der Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens gesetzlich verpflichtet, sich diesbezüglich eine Vetoposition einzuräumen. Aufgrund der fehlenden unmittelbaren Wirkung von Konzernvorbehalten erweitern sich die Sorgfaltspflichten des Mutteraufsichtsrats im Konzern um die Pflicht zur Einwirkung auf das Leitungsorgan, von seinen Durchsetzungsmöglichkeiten zur Sicherstellung des verbundweiten Mitwirkungsrechts nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG Gebrauch zu machen. Maßstab sowohl bei der Festlegung von Konzernvorbehalten als auch bei seiner späteren Zustimmungsentscheidung ist das Interesse des herrschenden Unternehmens. Die Interessen der abhängigen Konzernunternehmen werden nur mittelbar berücksichtigt, wenn es um die Wahrung rechtmäßigen Konzernleiterhandelns geht oder wenn es aus wirtschaftlichen Gründen, insbesondere zur Vermeidung von Haftungsrisiken, aus Sicht der Obergesellschaft geboten ist. Der pflichtwidrige Umgang mit Konzernvorbehalten löst regelmäßig nur Schadensersatzpflichten gegenüber der „eigenen“ Gesellschaft aus. Eine Ausnahme ist nur für den Fall zu machen, dass der Aufsichtsrat das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens zur Ausübung seines passiven Vorbehalts- und Zustimmungsrechts wahrnimmt, §§ 309, 323 Abs. 1 Satz 2 AktG (analog).

§ 10 Konzernvorbehalte des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft Kapitelabschließend soll die konzerndimensionale Funktion der Zustimmungsvorbehalte als Mittel zur Wahrung der Interessen der abhängigen Gesellschaft im Vordergrund stehen. Dabei handelt es sich freilich nicht um die einzige Funktion

§ 10 Konzernvorbehalte des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft

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des Vorbehaltsinstruments des Aufsichtsrats einer Konzernuntergesellschaft. Das hat bereits die Diskussion über die Interessenbindung von Repräsentanten der Obergesellschaft im Aufsichtsrat einer abhängigen AG gezeigt. Bevor man sich den Konzernvorbehalten des Aufsichtsrats einer abhängigen Gesellschaft zuwendet, ist es daher zweckmäßig, sich zunächst die Rolle des Aufsichtsrats eines abhängigen Unternehmens in der Rechtswirklichkeit vor Augen zu führen.

A. Die Funktion des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft in der Rechtswirklichkeit In der Konzernpraxis lassen sich unterschiedliche Aufsichtsratsgruppen feststellen, die je nach Typ das Vorbehaltsinstrument mehr zur Konzernkontrolle oder Konzernsteuerung zugunsten der Konzernspitze einsetzen, anstatt es entsprechend dem gesetzlichen Leitbild des § 111 Abs. 4 Satz 2 i.V. m. Abs. 1 AktG zur Überwachung der Geschäftsleitung der Untergesellschaft bei „seiner“ Geschäftsführung zu verwenden. Anzutreffen sind im Wesentlichen drei Erscheinungsformen von Aufsichtsräten abhängiger Gesellschaften, die sich wie folgt beschreiben lassen 238: Bei einer ersten Gruppe beschränkt sich die Überwachung auf die Umsetzung der von der Konzernspitze vorgegebenen Konzernstrategie. Der auf der Anteilseignerseite in der Regel mit Vorstandsmitgliedern oder Angestellten des herrschenden Unternehmens besetzte Tochteraufsichtsrat konzentriert sich darauf, dass die Vorgaben der Konzernspitze „unten“ beachtet und entsprechend umgesetzt werden. Überwachungsmaßnahmen im eigentlichen Sinne finden bei dieser vornehmlich im Vertragskonzern anzutreffenden Gruppe von Aufsichtsräten kaum statt. Eine zweite Gruppe von Aufsichtsräten fungiert als dezentrales Konzernleitungsorgan. Gedacht ist an einen ebenfalls mit Angehörigen der Konzernspitze teilbesetzten Tochteraufsichtsrat, der vor allem im faktischen Konzern mit Hilfe der aufsichtsratsrechtlichen Einwirkungsmittel den Tochtervorstand zur Vornahme bestimmter, „oben“ beschlossener Konzernmaßnahmen zu veranlassen versucht. Das Instrument der Zustimmungsvorbehalte erweist sich für diese Gruppen von Aufsichtsräten als geeignetes Mittel zur Konzernsteuerung und -kontrolle. Der unternehmerische Entscheidungsspielraum des Aufsichtsrats ermöglicht es den Doppelfunktionären, die Interessen der Obergesellschaft im Rahmen des konzernrechtlich Zulässigen im Kontrollgremium der Untergesellschaft durchzusetzen 239. Allerdings gilt es dabei zu bedenken, dass sich die Repräsentanten der Obergesellschaft regelmäßig nicht auf die Business Judgment Rule des §§ 93 Abs. 1 238 Siehe dazu die Ausführungen von Uwe H. Schneider in: FS Raiser, S. 341, 343, und Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 868 f., die hier zusammenfassend wiedergegeben werden. 239 Siehe oben unter § 8 C. II. 1. b).

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

Satz 2 AktG, 116 Satz 1 AktG berufen werden können, denn soweit sie sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft von Sonderinteressen (der Obergesellschaft) beeinflussen lassen, handeln sie nicht mehr zum Wohle der (Konzernunter-)Gesellschaft und verwirken damit das Privileg der unwiderleglichen Vermutung pflichtgemäßen Handelns 240. Vorzufinden ist schließlich eine dritte Gruppe von Aufsichtsräten abhängiger Gesellschaften, die wie ein Aufsichtsrat einer konzernfreien Gesellschaft agiert. Die große Mehrzahl der Mitglieder dieses Aufsichtsratstyps ist an Vorgaben der Konzernspitze nicht gebunden. Ihre Aufgabe besteht entsprechend darin, den Tochtervorstand losgelöst von etwaigen Konzernzielen mit Blick auf die strategische Ausrichtung des abhängigen Unternehmens zu kontrollieren.

B. Konzernvorbehalte als Abwehrmittel gegen Einflussnahmen der Konzernspitze Als Abwehrmittel gegen Einflüsse der Konzernspitze erfassen Konzernvorbehalte des Aufsichtsrats einer abhängigen Gesellschaft in erster Linie Maßnahmen, zu denen der Tochtervorstand von der Konzernobergesellschaft angewiesen oder veranlasst wird. Nach einhelliger Auffassung sind solche von der Obergesellschaft initiierten Geschäftsführungsmaßnahmen „unten“ zustimmungsvorbehaltsfähig 241. Zur Begründung hierfür bedarf es nicht einmal einer konzernweiten Auslegung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, denn Konzernmaßnahmen, die vom Leitungsgremium der Untergesellschaft durchgeführt werden sollen, fallen als Geschäftsführungsmaßnahmen desselben ohne weiteres in den Anwendungsbereich des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. I. Vorbehalts- und Vetopflicht bei unzulässiger Einflussnahme der Konzernobergesellschaft Durch ihre Vetowirkung eignen sich Konzernvorbehalte in besonderer Weise, Bedenken gegen konzernleitende Maßnahmen gegenüber der sie umsetzenden Geschäftsleitung der Untergesellschaft vorzubringen. Der auf die Interessen seiner Gesellschaft verpflichtete Aufsichtsrat des abhängigen Unternehmens ist daher unabhängig von seiner realtypischen Motivationslage aufgefordert, durch die Festlegung entsprechender Zustimmungsvorbehalte sicherzustellen, dass keine gesetzwidrigen oder dem Konzerninteresse offensichtlich widersprechenden Wei240 Vgl. RegBegr. UMAG, BT-Drucks 15/5092, S. 11; wie hier Lutter, ZIP 2007, 841, 847; ders. in: FS Canaris, S. 245, 248. 241 Hopt / Roth in: Großkomm.AktG, § 111 Rn. 696; Lenz, AG 1997, 448, 454; Uwe H. Schneider in: FS Raiser, S. 341, 351; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 870 f.

§ 10 Konzernvorbehalte des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft

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sungen der vertraglich herrschenden Obergesellschaft durchgeführt werden 242. Dasselbe gilt im faktischen Konzern, wenn es darum geht, vom herrschenden Unternehmen veranlasste Konzernmaßnahmen zu verhindern, soweit diese nicht ausgleichsfähig sind, oder wenn die Obergesellschaft die Grenzen zum qualifiziert faktischen Konzern überschreitet. Da es sich in diesen Fällen regelmäßig um rechtswidrige Konzernmaßnahmen handelt, steht dem Aufsichtsrat des abhängigen Unternehmens bei der Ausübung seines Vorbehalts- und Zustimmungsrechts kein Ermessensspielraum zur Verfügung 243. Übt der Aufsichtsrat sein „Ermessen“ nicht in dieser Weise aus, macht er sich wegen Verletzung seiner Vorbehaltspflicht gegenüber seiner Gesellschaft schadensersatzpflichtig, wenn der Schaden nur noch durch den Einsatz von Konzernvorbehalten hätte verhindert werden können (§ 310 Abs. 1 AktG – Vertragskonzern; § 323 Abs. 1 Satz 2 AktG – Eingliederungskonzern; §§ 116, 93 AktG – faktischer Konzern 244). II. Ermessensspielraum bei zulässiger Einflussnahme der Konzernobergesellschaft Ist dagegen die Einflussnahme der Obergesellschaft zulässig, so liegt es grundsätzlich im Ermessen des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft, ob er sich an der Konzernmaßnahme eine Vetoposition einräumen will oder nicht. Dabei gilt es wie im konzernfreien Unternehmen auch, die Gesellschaft vor Schaden zu bewahren. Als konzerntypische Haftungsfalle für Aufsichtsratsräte abhängiger Gesellschaften lässt sich vor allem das Beispiel der Ausreichung unzureichend gesicherter Darlehen der abhängigen Gesellschaft an das herrschende Unternehmen anführen. So hatte erst kürzlich das OLG Jena die Haftung des Aufsichtsrats einer faktisch beherrschten Konzerngesellschaft bejaht, weil es die Aufsichtsratsmitglieder unterlassen haben, (notfalls) unter Einsatz von Zustimmungsvorbehalten auf eine entsprechende Absicherung der ausgegebenen Kredite zu drängen 245. In dem dritten Leitsatz der Entscheidung heißt es dazu: „Dabei dürfen sie [die Aufsichtsratsmitglieder] sich nicht auf die . . . Bonität der Darlehensnehmerin verlassen, müssen vielmehr die langsfristigen Risiken, die mit der Darlehensvergabe verbunden sind, beachten“. 242

Vgl. Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 310 Rn. 21. 243 Wie hier Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 871. 244 Die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder nach § 318 Abs. 2 AktG betrifft nur die Verletzung der Prüfungs- und Berichtspflichten des § 314 AktG, lässt daher die Schadensersatzpflicht nach §§ 116, 93 AktG wegen Verletzung sonstiger Pflichten unberührt; vgl. Habersack in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 318 Rn. 14 und Rn. 10. 245 OLG Jena, ZIP 2007, 1314, 1318; die Revision ist anhängig beim BGH unter dem Az. II 102/07.

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3. Kap.: Konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte

Zu einer gesetzlichen Ermessensreduktion kommt es zudem wiederum dann, wenn es sich bei der Konzernmaßnahme aus Sicht der abhängigen Gesellschaft um ein grundlegendes Geschäft im Sinne der Gesetzesbegründung zum TransPuG handelt. Hier gilt, dass sich die Geschäftsleitung und der Aufsichtsrat über den von der Konzernspitze vorgegebenen unternehmerischen Kurs der abhängigen Gesellschaft einig sein müssen. Anders als die Geschäftsleitung der abhängigen Gesellschaft ist der Aufsichtsrat dabei nicht an Weisungen der Obergesellschaft gebunden, weder im faktischen noch im vertraglichen Konzernverbund. Das mag vor allem für die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat einer abhängigen Gesellschaft von Bedeutung sein. Gelingt es ihnen, den einen oder anderen Vertreter der Kapitalseite auf ihre Seite zu ziehen, sind sie jedenfalls im faktischen Aktienkonzern mit Hilfe des Vorbehaltsinstruments in der Lage, konzernleitende Vorgaben allein mit gegenläufigen unternehmerischen Erwägungen zu kippen. Im weisungsabhängigen Konzern ist das Durchsetzungsvermögen des Aufsichtsrats dagegen stark eingeschränkt (siehe dazu sogleich unter III.). III. Geschwächtes Aufsichtsratsveto in der weisungsabhängigen Konzerngesellschaft In der weisungsabhängigen Konzerngesellschaft ist die Durchschlagskraft des Vorbehaltsinstruments allerdings stark eingeschränkt: Besteht zwischen der Ober- und Untergesellschaft ein Beherrschungsvertrag oder ist die Untergesellschaft in die Obergesellschaft eingegliedert, so kann das herrschende Unternehmen durch eine wiederholte Weisung das Veto des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft überwinden, § 308 Abs. 3 AktG und § 323 Abs. 1 Satz 2 AktG. Verfügt die Obergesellschaft über einen Aufsichtsrat, so bedarf die Wiederholung der Weisung allerdings dessen Zustimmung, § 308 Abs. 3 Satz 2, 2. HS AktG. Der Grund hierfür liegt in der Arbeitnehmer-Mitbestimmung: Wenn schon nicht der Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft seine Bedenken gegen das Geschäft durchsetzen kann, so sollen wenigstens die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens die Veto-Gründe des „unteren“ Aufsichtsrats im Rahmen ihrer Zustimmungsentscheidung zur Geltung bringen können 246. Allerdings kommt die Vorschrift auch dann zum Zuge, wenn das herrschende Unternehmen mitbestimmungsfrei ist 247. Eine verweigerte Zustimmung des Aufsichtsrats der Obergesellschaft macht die wiederholte Weisung jedoch nicht unzulässig. Die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats wirkt auch hier nur gesellschaftsintern 248. Auf die intern fehlende Weisungsbefugnis des Leitungsorgans des herrschenden Unternehmens kann sich die abhängige Gesellschaft daher nur in Fällen des Missbrauchs der Vertretungsmacht berufen 249. 246 Altmeppen in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 160; Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 72. 247 Altmeppen in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 160.

§ 10 Konzernvorbehalte des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft

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Ist die abhängige Gesellschaft eine faktisch beherrschte GmbH 250, kann die verweigerte Zustimmung des fakultativen oder obligatorischen Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG mit wenig Aufwand durch einen Ersetzungsbeschluss der Gesellschafterversammlung überwunden werden 251. Das Kräfteverhältnis zwischen Aufsichtsrat und herrschendem Unternehmen hängt damit vor allem von der Zusammensetzung des Gesellschafterkreises der abhängigen GmbH ab. In der mehrgliedrigen GmbH kann es daher im Einzelfall dazu kommen, dass sich die Zustimmungsentscheidung wegen möglicher aufgrund des Vetos entwickelter Gegenkräfte opponierender Mitgesellschafter gegen eine von der Obergesellschaft veranlasste Geschäftsführerweisung durchsetzt. Ist das herrschende Unternehmen dagegen Alleingesellschafterin, lässt sich das Aufsichtsratsveto wie im Vertragskonzern durch eine wiederholte Weisung außer Kraft setzen. Nicht möglich ist es dagegen, das Mitwirkungsrecht des abhängigen Aufsichtsrats mittels einfacher Weisung von vornherein auszuhebeln, denn nach der hier vertretenen Auffassung genießen Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats gegenüber Gesellschafterweisungen den Vorrang 252.

C. Ergebnis Konzernvorbehalte des Aufsichtsrats des abhängigen Unternehmens stellen je nach Aufsichtsratstyp ein Instrument zur Konzernsteuerung oder Konzernkontrolle dar oder werden nicht anders als in der konzernfreien Gesellschaft zur Überwachung der Geschäftsleitung des abhängigen Unternehmens eingesetzt. Unabhängig von der realtypischen Motivationslage ist der Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft verpflichtet, Konzernvorbehalte zur Abwehr unzulässiger Einflussnahmen der Konzernobergesellschaft einzusetzen. In der weisungsabhängigen Konzerngesellschaft ist die Wirkung des Aufsichtsratsvetos beschränkt. Die weisungsberechtigte Obergesellschaft hat es dort gemäß § 308 Abs. 3 AktG bzw. – im Fall einer 100-prozentigen Tochter-GmbH – gem. § 37 Abs. 1 GmbHG i.V. m. 111 Abs. 4 Satz 4 AktG in der Hand, durch eine Wiederholung der Weisung eine verweigerte Zustimmung des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft zu überwinden.

248 Wie hier: Altmeppen in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 162; Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 72. 249 Altmeppen in: MünchKomm.AktG, § 308 Rn. 162. 250 Für die vertraglich beherrschte GmbH gilt § 308 Abs. 3 AktG entsprechend; h. M., vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 199; Emmerich in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 70 (nur bei mitbestimmter GmbH). 251 Siehe dazu und zu den Mehrheitserfordernissen § 5 E. I. 2. 252 Siehe oben § 4 B. II. 2.

4. Kapitel

Schluss § 11 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen A. Wesen und Funktion der Zustimmungsvorbehalte Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats sind als Kontrollinstrument mit unternehmerischer Mitbeteiligung dem Grenzbereich zwischen Überwachung und Geschäftsführung zuzuordnen. Als Gegengewicht zur Leitungs(über)macht des Vorstands (§ 76 Abs. 1 AktG) sollen sie den Aufsichtsrat in die Lage versetzen, unternehmerische Fehlentscheidungen rechtzeitig vor ihrer Ausführung zu verhindern. In der Beurteilung, ob eine Vorstandsentscheidung „richtig“ oder „falsch“ ist, ist der Aufsichtsrat frei. Das Zustimmungsrecht berechtigt ihn daher, seine unternehmenspolitischen Vorstellungen gegenüber denjenigen des Vorstands durchzusetzen. Aus historischer Sicht handelt es sich bei der Zustimmungsbefugnis um die letzte rudimentäre Geschäftsführungsbefugnis des Aufsichtsrats. Das aktiengesetzliche Gewaltenteilungsprinzip bleibt dennoch undurchbrochen. Hierfür sorgt zum einen die überwachende Funktion des der Zustimmungsentscheidung vorgelagerten Vorbehaltsrechts. Dieses verbietet es dem Aufsichtsrat, sich an sämtlichen, auch unbedeutenden Geschäftsführungsmaßnahmen ein Mitwirkungsrecht einzuräumen. Einer unternehmerischen Kontrolle durch den Aufsichtsrat sind vielmehr nur solche Vorstandsentscheidungen zugänglich, die für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind. Zum anderen berechtigt das Zustimmungsrecht den Aufsichtsrat lediglich dazu, die Durchführung einer bestimmten Maßnahme zu verhindern. Weder kommt dem Aufsichtsrat ein geschäftsbezogenes Initiativrecht zu noch wird der Vorstand durch eine positive Zustimmungsentscheidung verpflichtet, die vorgelegte Maßnahme durchzuführen. Durch das Vorbehaltsrecht wird der Aufsichtsrat daher nicht zu einem gleichberechtigten Geschäftsführungsorgan neben dem Vorstand.

B. Inhalt und Reichweite des Vorbehaltsinstituts I. Unter dem Begriff des „Geschäfts“ in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG sind die in § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG erwähnten „Maßnahmen der Geschäftsführung“ zu

§ 11 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen

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subsumieren. Anders als die „Geschäftsführung“ in § 111 Abs. 1 AktG erfassen „Maßnahmen der Geschäftsführung“ nicht nur die Geschäftsführung durch den Vorstand (§§ 76 Abs. 1, 77 Abs. 1 Satz 1 AktG), sondern schließen ebenso Vorbereitungs- und Umsetzungsmaßnahmen auf unteren Führungsebenen wie das gesamte Tagesgeschäft, eben alles mit ein, was Geschäftsführungsmaßnahme sein kann. Zustimmungsvorbehaltsadressat ist dagegen nur der Vorstand bzw. die GmbH-Geschäftsführer, die verpflichtet sind, auf allen Unternehmensebenen dafür zu sorgen, dass die vorbehaltene Maßnahme nicht ohne vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats vollzogen wird. Unternehmerisches Nichthandeln wird dagegen von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht erfasst. II. Im Einzelnen lassen sich drei Geschäftskategorien unterscheiden: 1. Eine erste Kategorie bilden Geschäfte, die von erheblicher bzw. außergewöhnlicher Bedeutung für die Gesellschaft sind. Sie bilden die qualitative Untergrenze zustimmungsvorbehaltsfähiger Geschäfte. Die Einräumung einer Veto-Position an weniger bedeutsamen Geschäften stellt einen Eingriff in die gesetzlich garantierte Leitungsautonomie des Vorstands bzw. in die Leitungsfunktion der Geschäftsführung (vgl. Dritter Abschnitt des GmbHG) dar. Zustimmungsvorbehalte auf Geschäfte unterhalb dieser Bedeutungsgrenze sind unwirksam. Die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten auf Geschäfte dieser Kategorie liegt grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Aufsichtsrats. Bei der Ausfüllung des Begriffs „erheblich“ („außergewöhnlich“) ist an die eine Berichterstattungspflicht des Vorstands auslösende Geschäftserheblichkeit gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG anzuknüpfen. Ergänzend kann auf die zu § 116 Abs. 2 HGB entwickelten Kriterien und die dazu entfaltete Kasuistik zurückgegriffen werden. Bezugspunkte für die Beurteilung der Bedeutung des Geschäfts für die Gesellschaft sind der konkrete Unternehmenszuschnitt und die verfolgte Unternehmensstrategie. 2. In einer zweiten Kategorie sind diejenigen Geschäfte zusammenzufassen, die im Sinne der Gesetzesbegründung zu Art. 1 Nr. 9 des TransPuG von „grundlegender Bedeutung“ für die Gesellschaft sind. Eine Geschäftsführungsmaßnahme ist dann von grundlegender Bedeutung, wenn das Vorhaben für sich oder in Verbindung mit weiteren Maßnahmen geeignet ist, die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der Gesellschaft oder ihre Risikoexposition gravierend zu verändern. Eine existenzverändernde Gefährlichkeit des Geschäfts ist nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass dem Unternehmen im Misslingensfall schwere Schäden drohen. Darüber hinaus sind auch solche Entscheidungen als grundlegend bedeutsam einzustufen, die unabhängig von der Risikobewertung allein ihrer strategischen Ausrichtung wegen geeignet sind, die künftige Entwicklung des Unternehmens nachhaltig zu prägen. Geschäftsführungsmaßnahmen dieser Kategorie sind vom Aufsichtsrat für zustimmungspflichtig zu erklären, ohne dass ihm hierfür ein Ermessensspielraum zusteht (gesetzliche Ermessensreduktion auf null). Lediglich hinsichtlich der Beurteilung der grundlegenden Bedeutung des Geschäfts für die Gesellschaft steht dem Aufsichtsrat ein beschränkt nachprüfbarer Entscheidungs-

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4. Kap.: Schluss

spielraum zu. Als Geschäfte von grundlegender Bedeutung sind insbesondere zu qualifizieren die Bestimmung der Geschäftspolitik, die lang-, mittel- und kurzfristige Unternehmensplanung (Investitions-, Produktions-, Finanz- und Personalplanung), die Wahl des „richtigen“ Früherkennungssystems im Sinne des § 91 Abs. 2 AktG, der Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen, Unternehmensteilen und Unternehmensbeteiligungen sowie der Abschluss oder die Beendigung von Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291, 292 AktG. 3. Eine dritte Kategorie bilden schließlich rechtswidrige Geschäfte. Zu unterscheiden sind die gesetz- und satzungswidrigen von den zweckwidrigen Geschäften. Geht es um die Vermeidung von gesetz- und satzungswidrigen Geschäften, reduziert sich das Festlegungsermessen des Aufsichtsrats auf null, wenn sich der Regelverstoß nur noch mit Hilfe eines Zustimmungsvorbehalts verhindern lässt. Hinsichtlich zweckwidriger Geschäftsvorhaben trifft den Aufsichtsrat die gleiche Pflicht (nur) dann, wenn die Maßnahme objektiv unvertretbar ist, weil ein verantwortungsbewusst denkender und handelnder Kaufmann sie zu keiner Zeit vornehmen würde. III. In der mitbestimmten wie auch in der mitbestimmungsfreien GmbH erfasst der Geschäftsbegriff des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG auch von der Gesellschafterversammlung angewiesene Geschäftsführungsmaßnahmen. Das Konkurrenzproblem zwischen Gesellschafterweisung und Aufsichtsratsvorbehalt ist zugunsten einer ungeteilten Mitwirkungszuständigkeit des Aufsichtsrats bei bedeutenden Geschäftsführungsmaßnahmen aufzulösen. Das folgt aus der GmbH-spezifischen Hinweisfunktion des Zustimmungsrechts, die auch die Gesellschafter vor unternehmerischen Fehlentwicklungen warnen soll. Die Letztentscheidungsbefugnis der Gesellschafter wird hierdurch nicht berührt. IV. Die Tatbestandsmerkmale „bestimmte Arten von Geschäften“ dienen der Identifikation zustimmungspflichtiger Geschäfte durch die Geschäftsleitung. Es handelt sich dabei um ein formelles Bestimmtheitserfordernis und nicht um eine materielle Einschränkung. Zustimmungsvorbehaltsfähig sind daher auch konkrete Einzelmaßnahmen, ohne dass für sie strengere Anforderungen als für generell bestimmte Geschäftsarten gelten. Unbestimmt und daher unwirksam sind Generalklauseln, die „alle bedeutenden“ oder „alle außergewöhnlichen“ Geschäfte der Zustimmung des Aufsichtsrats unterwerfen. Auslegungsschwierigkeiten gehen im Zweifel zu Lasten des Aufsichtsrats und zugunsten einer unbeschränkten Geschäftsführungsbefugnis der Unternehmensleitung. V. Zuständig für die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten sind nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG der Satzungsgeber und der Aufsichtsrat. Das Anordnungsrecht beider Organe besteht unabhängig und gleichberechtigt nebeneinander. Eine abschließende Satzungsregelung ist nur in der GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat zulässig, soweit der Aufsichtsrat dadurch nicht sein konstitutives Überwachungsmoment verliert.

§ 11 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen

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VI. Im Aktienrecht ist § 111 Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 AktG zwingend. Zustimmungsvorbehalte können daher von der Hauptversammlung nur durch einen Satzungsbeschluss festgelegt werden. Einfach beschlossene Zustimmungsvorbehalte, die nicht lediglich deklaratorisch sind, sind gemäß § 181 Abs. 3 AktG unwirksam. In der GmbH kann die Gesellschafterversammlung dagegen Aufsichtsratsvorbehalte auch durch einfachen Beschluss festlegen. Voraussetzung hierfür ist eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag. VII. Der Aufsichtsrat kann Zustimmungsvorbehalte auch ad hoc beschließen. Charakteristisch für einen Ad-hoc-Vorbehalt ist seine flexible Einsatzfähigkeit, die dem Aufsichtsrat unabhängig vom Vorbehaltskatalog eine starke Mitwirkungsposition insbesondere an außerplanmäßigen Geschäftsführungsmaßnahmen sichert. Für ihn gelten keine strengeren Anforderungen als für die Festlegung „normaler“ Zustimmungsvorbehalte. VIII. Das Vorbehaltsrecht des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ist kein selbständiges Recht im Sinne der §§ 398, 413 BGB. Es kann daher Dritten nicht übertragen werden. In der GmbH können zwar anderen Organen neben dem Aufsichtsrat Zustimmungsrechte gesellschaftsvertraglich zugesprochen werden. In der GmbH mit obligatorischem Aufsichtsrat dürfen diese jedoch nicht vorrangig gegenüber den Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats ausgestaltet sein. Für den fakultativen Aufsichtsrat ist eine Vorrangregelung nur insoweit zulässig, als dem Kontrollorgan dadurch nicht seine Qualität als Aufsichtsrat genommen wird. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, schuldrechtliche Zustimmungsvorbehalte zu vereinbaren. Sie sind unbedenklich, denn sie begründen lediglich Pflichten im Außenverhältnis, ohne die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsleitung zu beschränken. IX. Der Begriff „Zustimmung“ in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ist als Einwilligung (vorherige Zustimmung, vgl. § 183 Satz 1 BGB) zu verstehen. Ein Zustimmungsvorbehalt beschränkt daher die Geschäftsleitung in ihrer Geschäftsführungsbefugnis (§ 82 Abs. 2 AktG), die nicht mehr alleinige Herrin über die Durchführung der vorbehaltenen Geschäftsführungsmaßnahme ist. In Eilfällen handelt die Geschäftsleitung trotz fehlender Zustimmung nicht pflichtwidrig, wenn sie trotz des ernsthaften, aber erfolglosen Bemühens um eine Aufsichtsratsentscheidung im Interesse des Unternehmens ein zustimmungspflichtiges Geschäft zur Ausführung bringt. X. Auf die Vertretungsmacht der Geschäftsleitung wirken sich Zustimmungsvorbehalte als reines Inneninstrument grundsätzlich nicht aus (§ 82 Abs. 1 AktG). Außenwirkung entfalten Zustimmungsvorbehalte nur in Kollusionsfällen oder wenn sich der Dritte auf die Unbeschränktheit der Vertretungsmacht nicht berufen kann. Für Letzteres ist es erforderlich, dass es dem Dritten bekannt war oder es objektiv evident war, dass das zustimmungspflichtige Geschäft zum Nachteil der Gesellschaft gereicht oder es ein besonders hohes Risiko in sich trägt und deshalb mit einer Zustimmung des Aufsichtsrats nicht zu rechnen war. In der ersten Fallva-

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4. Kap.: Schluss

riante der Kollusion ist das vorbehaltswidrige oder vetobehaftete Rechtsgeschäft gemäß § 138 BGB nichtig, in der zweiten Konstellation hängt die Wirksamkeit des Geschäfts gemäß § 177 BGB analog von der Genehmigung des intern zuständigen Aufsichtsrats ab. XI. Eine nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) macht ein vorbehaltswidriges Geschäftsleiterhandeln nicht per se rechtmäßig. In Eilfällen kann es aber als Anerkenntnis der Eilbedürftigkeit gewertet werden. XII. Greift ein Zustimmungsvorbehalt in unzulässiger Weise in die Leitungskompetenz des Vorstands ein, weil die erforderlichen Bedeutungsgrenzen missachtet wurden, ist der Vorstand befugt, mittels Feststellungsklage gegen den Aufsichtsrat vorzugehen. Hierfür sind er und der Aufsichtsrat parteifähig. Richtiger Beklagter ist der Aufsichtsrat, nicht die Gesellschaft. XIII. Zuständig für die Zustimmungsentscheidung ist der Gesamtaufsichtsrat. Das Zustimmungsrecht kann dem Aufsichtsratsvorsitzenden nicht übertragen werden, auch nicht für Eilfälle. Möglich und für eine effektive Unternehmensüberwachung unerlässlich ist dagegen die Delegation der Zustimmungsentscheidung auf Aufsichtsratsausschüsse. Wegen der besonderen Bedeutung für die allgemeine Überwachungstätigkeit können allerdings Fragen der Geschäftspolitik und die Zustimmung zur Unternehmensplanung einem Ausschuss nicht zur abschließenden Erledigung übertragen werden. XIV. Bei Ausübung des späteren Zustimmungsrechts nimmt der Aufsichtsrat regelmäßig eine mitverwaltende Tätigkeit wahr. Dementsprechend autonom ist sein Entscheidungsspielraum. Er ist nicht darauf beschränkt, das zustimmungsbedürftige Geschäft auf seine Vertretbarkeit hin zu überprüfen, sondern kann seinen eigenen unternehmenspolitischen Überzeugungen Ausdruck verleihen. Begrenzt wird seine Entscheidungsfreiheit nur durch die Satzung, geltendes Recht und das Unternehmensinteresse. Eine Pflicht zur Zustimmungsverweigerung besteht nur in Fällen rechtswidriger und objektiv unvertretbarer Vorstandsmaßnahmen und ganz ausnahmsweise dann, wenn dies zur Herbeiführung des notwendigen Einklangs zwischen Vorstand und Aufsichtsrat in geschäftspolitischen Fragen erforderlich ist. XV. In der GmbH modifiziert sich das Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats je nach Intensität der ausgeübten Einflussnahme der Gesellschafter vom ursprünglichen Mitgeschäftsführungsinstrument (Geschäftsführer entscheiden autonom) zum eingeschränkten Mitgeschäftsführungsinstrument (Gesellschafterweisung mit Ausführungsermessen) bis hin zum reinen Überwachungsinstrument, das nur zur Legalitäts- und Risikokontrolle berechtigt (Gesellschafterweisung ohne Ausführungsermessen). XVI. Eine positive Zustimmungsentscheidung berechtigt, verpflichtet die Geschäftsleitung aber nicht zur Vornahme des Geschäfts. Im Einzelfall begründet

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die Zustimmung jedoch ein Vertrauensverhältnis eigener Art zwischen der Geschäftsleitung und dem Aufsichtsrat. Das gilt insbesondere für die gemeinsame Unternehmensplanung. Hier dürfen beide Organe bei Erfüllung ihrer Aufgaben davon ausgehen, dass sich der andere an das „Vereinbarte“ hält. In der Folge hat die Geschäftsleitung den Aufsichtsrat über nicht unwesentliche Abweichungen rechtzeitig zu informieren. Der Aufsichtsrat selbst haftet der Gesellschaft gegenüber für Frustrationsschäden, die ihr dadurch entstehen, dass er aufgrund eines Meinungsumschwungs seine Zustimmung zu Einzelmaßnahmen mit Gründen verweigert, die ihm bereits bei Erteilung der Ausgangszustimmung bekannt waren bzw. hätten bekannt sein müssen. XVII. Ein Aufsichtsratsveto kann nur durch die Anteilseignerversammlung in dem Verfahren nach § 111 Abs. 4 Sätze 3 –5 AktG ersetzt werden. Das gilt auch für den Fall, dass der Aufsichtsrat seine Zustimmung pflichtwidrig verweigert hat. Für eine Zustimmungsklage fehlt der Geschäftsleitung daher regelmäßig das notwendige Rechtsschutzbedürfnis. Ein Ersetzungsbeschluss der Anteilseignerversammlung berechtigt, verpflichtet aber die Geschäftsleitung nicht zur Vornahme des Geschäfts; § 83 Abs. 2 AktG ist nicht anwendbar. Entsprechend entfaltet ein Ersetzungsbeschluss auch keine haftungsentlastende Wirkung; nicht § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG, sondern § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG analog ist anwendbar. XVIII. Wegen des Vorrangs der Aufsichtsratsvorbehalte gegenüber Gesellschafterweisungen kann das Kontrollinstrument des Aufsichtsrats in der GmbH nicht dadurch ausgehebelt werden, dass die Gesellschafter entgegen § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG die Geschäftsführer im Vorhinein mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit zur Geschäftsvornahme anweisen. Es ist jedoch möglich, die Kann-Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG in eine Muss-Vorschrift abzuändern und die Geschäftsführer zu verpflichten, in jedem Falle das Ersetzungsverfahren einzuleiten. XIX. Während das MitbestG keine Abweichungen von § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG zulässt, kann der Gesellschaftsvertrag einer mitbestimmungsfreien GmbH für den Ersetzungsbeschluss der Gesellschafterversammlung eine einfache Stimmenmehrheit vorsehen. Im Anwendungsbereich des DrittelbG sind das Ersetzungsrecht und das Recht der Gesellschafterversammlung zur Abberufung der Geschäftsführer (§§ 46 Nr. 5, 47 GmbHG) aufeinander abzustimmen. Ein qualifizierter Ersetzungsbeschluss nach § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG ist nur dann zwingend, wenn der Gesellschaftsvertrag für die Abberufung der Geschäftsführer ebenfalls eine qualifizierte Mehrheit oder einen wichtigen Grund verlangt. XX. Für die Aktiengesellschaft folgt aus § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG, dass das Recht des Aufsichtsrats, gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG bestimmte Arten von Geschäften von seiner vorherigen Zustimmung abhängig zu machen, durch die Satzung weder entzogen noch eingeschränkt, umgekehrt aber auch nicht erweitert werden kann (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG).

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Ebenso wenig ist das Mitwirkungsrecht des Aufsichtsrats einer mitbestimmten GmbH einschränkbar, denn nach der gesetzgeberischen Intention sollen die jeweiligen Mitbestimmungsgesetze dem mit Arbeitnehmern teilbesetzten Aufsichtsrat eine Mindestkompetenz in sachlichen Angelegenheiten des Unternehmens sichern. Umgekehrt ermöglicht es aber die GmbH-rechtliche Gestaltungsfreiheit, das Mitwirkungsrecht gesellschaftsvertraglich auszudehnen und dem GmbH-Aufsichtsrat auch Weisungsbefugnisse gegenüber der Geschäftsführung einzuräumen. Für die GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat stellt § 51 Abs. 1 a. E. GmbHG die Anwendbarkeit des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zur Disposition der Gesellschafter. Die Dispositionsfreiheit wird jedoch durch das konstitutive Überwachungsmoment des GmbH-Aufsichtsrats begrenzt. Das Vorbehaltsrecht lässt sich daher nur insoweit einschränken, als der fakultative Aufsichtsrat dadurch nicht seine Qualität als Überwachungsorgan verliert.

C. Konzernweite Zustimmungsvorbehalte I. Im Konzern erweitert sich die Überwachungsaufgabe des Mutteraufsichtsrats um die Kontrolle der Geschäftsleitung bei der Wahrnehmung ihrer Konzernleitungsund Konzernüberwachungspflichten. Das berechtigt und verpflichtet den Mutteraufsichtsrat, von seinem Zustimmungsvorbehaltsrecht verbundweit Gebrauch zu machen. II. Der Geschäftsbegriff des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG erfasst sowohl Konzernmaßnahmen im engeren Sinne als auch solche im weiteren Sinne. 1. Zu den Konzerngeschäften im engeren Sinne zählen diejenigen Konzerngeschäfte, die ohne Einflussnahme der Obergesellschaft in einer Konzerngesellschaft realisiert werden sollen (dezentrale Konzernführung). 2. Zu den Konzernmaßnahmen im weiteren Sinne zählen zum einen die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten des herrschenden Unternehmens als Gesellschafterin der Untergesellschaft, die Ausübung von Weisungsrechten gegenüber einer abhängigen Gesellschaft im Vertrags-, Eingliederungs- oder GmbH-Konzern sowie die faktische Einwirkung auf den Vorstand der Untergesellschaft an der Hauptversammlung vorbei. Zum anderen fallen hierunter Maßnahmen von Doppelmandatsträgern, die zur Durchsetzung der Interessen der Obergesellschaft Aufsichtsrats- oder Vorstandsmandate in den jeweiligen Tochter- und Enkelgesellschaften übernommen haben. 3. Voraussetzung für die Konzernvorbehaltsfähigkeit ist stets, dass die Konzernmaßnahme von grundlegender bzw. erheblicher Bedeutung für die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der Obergesellschaft oder ihre Risikoexposition ist. Ob das Geschäft die gleiche Bedeutung auch für die Untergesellschaft hat, ist unerheblich. Entscheidend ist die Sicht der Konzernspitze.

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III. Neutral formulierte Aufsichtsratsvorbehalte gelten im Zweifel nicht konzernweit. Das Bestimmtheitserfordernis des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG verpflichtet den Mutteraufsichtsrat vielmehr, die konzernweite Geltung von Zustimmungsvorbehalten ausdrücklich klarzustellen. Ausreichend hierfür ist eine einfache Konzernklausel (z. B. „Die Geschäfte a, b, c usw. bedürfen auch dann der Aufsichtsratszustimmung, wenn sie in einer Konzerngesellschaft vorgenommen werden“). IV. Adressat konzernweiter Zustimmungsvorbehalte des Mutteraufsichtsrats ist die Geschäftsleitung der Obergesellschaft, die verpflichtet ist, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln sicherzustellen, dass das betreffende Konzerngeschäft nicht ohne vorherige Mitwirkung des Aufsichtsrats der Obergesellschaft durchgeführt wird. V. Die Möglichkeiten der Sicherstellung und Durchsetzung des konzernweiten Mitentscheidungsrechts des Mutteraufsichtsrats richten sich zum einen nach der rechtlichen Beziehung zwischen Mutter-, Tochter- und Enkelgesellschaft und zum anderen nach der Rechtsform der jeweiligen Konzernuntergesellschaft. 1. In der abhängigen Personenhandelsgesellschaft ermöglicht es das Prinzip der Selbstorganschaft, die Konzernleitungsmitglieder bei der Wahrnehmung der Geschäftsführung in der Tochter- oder Enkel-OHG / KG unmittelbar an die Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats zu binden. Ist die Obergesellschaft nicht (allein-)geschäftsführende Gesellschafterin, so erweisen sich die Widerspruchsund Zustimmungsrechte der § 115 HGB und §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1, 2. HS HGB sowie das Zustimmungserfordernis bei Grundlagengeschäften als ausreichende Blockadeinstrumente, um das unternehmerische Mitentscheidungsrecht des Mutteraufsichtsrats in unmittelbar oder mittelbar abhängigen Personenhandelsgesellschaften durchzusetzen. Handelt es sich bei der abhängigen Personengesellschaft nicht um eine solche mit dienendem Verbandszweck, sind der Durchsetzbarkeit von Zustimmungsentscheidungen des Mutteraufsichtsrats durch die gesellschaftliche Treupflicht der Obergesellschaft Grenzen gezogen. 2. Gegenüber einer weisungsabhängigen Konzerngesellschaft erfolgt die Durchsetzung konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte mit Hilfe des vertraglichen (§ 308, § 323 Abs. 1 AktG) oder GmbH-rechtlichen (§ 37 Abs. 1 GmbHG) Weisungsrechts der Obergesellschaft (Kettenzustimmungen). Möglich ist auch, das Weisungsrecht zum Zwecke der konzernweiten Ausübung des unternehmerischen Mitentscheidungsrechts auf den Mutteraufsichtsrat zu „übertragen“ und ihm so ein unmittelbares Teilnahmerecht an bedeutenden Konzernmaßnahmen zu verschaffen. Im Fall einer mehrgliedrigen Tochter-GmbH sind die Durchsetzungsmöglichkeiten wiederum durch die gesellschaftliche Treupflicht beschränkt, die es der Obergesellschaft grundsätzlich verbietet, zum Nachteil der GmbH zu handeln. 3. Im mehrstufigen Konzern mit durchlaufender Weisungskette erfolgt die Implementierung konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte sowie die Durchsetzung entsprechender Vetoentscheidungen des Mutteraufsichtsrats über gestaffelte Ket-

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tenzustimmungen. Darüber hinaus kann sich die Muttergesellschaft im mehrstufigen Vertragskonzern von der Tochter zur Ausübung des ihr (der Tochter) gegenüber der Enkelin zustehenden Weisungsrechts ermächtigen lassen. Durch eine weitere „Übertragung“ des so „erworbenen“ Weisungsrechts auf den Mutteraufsichtsrat ist es den „Konzernkontrolleuren“ möglich, ihr Vetorecht unmittelbar gegenüber der Geschäftsleitung der Enkelin auszuüben. Im Fall einer mehrgliedrigen Enkel-GmbH ist die Einräumung von Vetorechten als Minus zum GmbH-rechtlichen Weisungsrecht zugunsten der außenstehenden Muttergesellschaft nur in Verbindung mit einem Beherrschungsvertrag mit der Mutter möglich. 4. Im ein- und mehrstufigen faktischen Aktienkonzern erfolgt die Durchsetzung des konzernweiten Mitentscheidungsrechts des Mutteraufsichtsrats in erster Linie mit Hilfe von Repräsentanten der Obergesellschaft in den einzelnen Konzerngesellschaften. Diesen trifft die organschaftliche (§ 82 Abs. 2 AktG) oder (arbeits-) vertragliche Pflicht, ihr Handlungsermessen in den Leitungs- und Aufsichtsgremien der Konzerngesellschaften in den Grenzen der §§ 311 ff. AktG zugunsten der Zustimmungsentscheidung des Mutteraufsichtsrats auszuüben. Verfügt die Obergesellschaft nicht oder nicht in ausreichender Zahl über entsprechende Doppelfunktionäre in den abhängigen Konzerngesellschaften, verbleibt ihr zur Sicherstellung von Konzernvorbehalten nur die Einflussnahme auf den Tochtervorstand von außen (Veranlassung von Kettenzustimmungen). VI. Konzernvorbehalte des Aufsichtsrats des abhängigen Unternehmens stellen je nach Aufsichtsratstyp ein Instrument zur Konzernsteuerung oder Konzernkontrolle dar oder werden nicht anders als in der konzernfreien Gesellschaft zur Überwachung der Geschäftsleitung der Untergesellschaft eingesetzt. Unabhängig von der realtypischen Motivationslage ist der Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft verpflichtet, Konzernvorbehalte zur Abwehr unzulässiger Einflussnahmen der Konzernobergesellschaft einzusetzen. In der weisungsabhängigen Konzerngesellschaft ist die Wirkung des Aufsichtsratsvetos beschränkt. Die weisungsberechtigte Obergesellschaft hat es dort gemäß § 308 Abs. 3 AktG bzw. gem. § 37 Abs. 1 GmbHG i.V. m. § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG in der Hand, durch eine Wiederholung der Weisung eine verweigerte Zustimmung des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft zu überwinden.

D. Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats im Umgang mit Zustimmungsvorbehalten I. Der pflichtwidrige Gebrauch bzw. Nichtgebrauch von Zustimmungsvorbehalten kann für die Aufsichtsratsmitglieder unterschiedliche Sanktionen auslösen. Vor allem droht die Schadensersatzpflicht der Kontrolleure nach §§ 93 Abs. 2 Satz 1 i.V. m. 116 Satz 1 AktG gegenüber der eigenen Gesellschaft, wenn mit Hilfe

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des Zustimmungsrechts ein für die Gesellschaft vorteilhaftes Geschäft pflichtwidrig verhindert bzw. ein Schaden der Gesellschaft pflichtwidrig nicht abgewendet wurde, obwohl dies aufgrund des Vorbehaltsinstruments möglich gewesen wäre. Im Konzern tritt eine unmittelbare Haftung der Mitglieder des Mutteraufsichtsrats gegenüber weisungsabhängigen Konzerngesellschaften nach §§ 309, 323 Abs. 1 AktG (analog) hinzu, wenn der Mutteraufsichtsrat sein konzernweites Vorbehalts- und Zustimmungsrecht mit Hilfe des ihm hierfür übertragenen Weisungsrechts des herrschenden Unternehmens ausübt. II. Um seiner Zustimmungsvorbehaltspflicht gerecht zu werden, hat der Aufsichtsrat eine Risikoanalyse vorzunehmen, die es ihm ermöglicht, die risikoreichen (vorbehaltsrelevanten) von weniger riskanten Geschäftsfeldern zu trennen. Hierzu hat er sich über die Unternehmensstruktur, insbesondere die Konzernstruktur, die Vermögenslage, die Finanz- und Ertragslage sowie die Beschäftigungssituation der Gesellschaft zu informieren. III. Die Risikolandschaft des Unternehmens ist laufend zu überwachen. Die Liste der Zustimmungsvorbehalte ist an veränderte wirtschaftliche Umstände anzupassen. Das gilt insbesondere in Krisenzeiten der Gesellschaft. Unabhängig davon ist der Vorbehaltskatalog einmal jährlich auf seine Aktualität hin zu überprüfen. IV. Die Entscheidung über die Zustimmung zu einer aufsichtsratspflichtigen Geschäftsführungsmaßnahme erfordert eine Risikoabwägung im Unternehmensinteresse. Der Aufsichtsrat hat sich ein eigenes Bild darüber zu bilden, ob die mit dem Geschäft erwarteten Vorteile die möglichen Risiken für die Gesellschaft rechtfertigen. Der Aufsichtsrat kann sich bei seiner Entscheidung auf die Prognosen der Geschäftsleitung stützen. Voraussetzung hierfür ist die Feststellung, dass die Unternehmensleitung bei ihrer Risikobewertung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und ein Prognoseverfahren gewählt hat, das anerkannten betriebswirtschaftlichen Maßstäben (der jeweiligen Branche) entspricht. Bei Zweifeln an der Vollständigkeit oder der erforderlichen Neutralität der Vorstandsberichte ist der Aufsichtsrat verpflichtet, eigene Nachforschungen über das wirtschaftliche Risiko des Vorhabens anzustellen. Im Übrigen entscheiden die Größe des Risikos und die Komplexität der Fragen darüber, ob der Aufsichtsrat verpflichtet ist, externen Sachverständigenrat einzuholen. V. Die allgemeine Pflicht zur Legalität verpflichtet den Aufsichtsrat, die Zustimmung zu einer rechtswidrigen Geschäftsführungsmaßnahme auch dann zu verweigern, wenn der Pflichtenverstoß im Interesse der Gesellschaft liegt. Stimmt der Aufsichtsrat dennoch einer „nützlichen“ Pflichtverletzung zu und hat die Gesellschaft dadurch neben Nachteilen auch Vorteile erlangt, so sind diese bei einer Inanspruchnahme des Aufsichtsrats nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. VI. Sowohl bei der Entscheidung über den Einsatz von Zustimmungsvorbehalten (Mittelauswahl-Entscheidung) als auch bei seiner späteren Zustimmungsent-

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scheidung steht dem Aufsichtsrat grundsätzlich (zu den Ausnahmen siehe oben B. II. 2. und 3. sowie B. XIV.) ein unternehmerischer Ermessensspielraum zu. Der Aufsichtsrat haftet daher nicht, wenn er bei seinen Entscheidungen annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. VII. Zur Konkretisierung des Wohls der Gesellschaft (Unternehmensinteresse) steht dem Aufsichtsrat ein eigener Beurteilungsspielraum zu, wenn er wie hier im Rahmen des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG präventiv überwachend tätig wird. VIII. In der GmbH ist das Unternehmensinteresse nicht gleichbedeutend mit dem Gesellschafterinteresse. Im Verhältnis zum Aufsichtsrat wirkt sich die Allkompetenz der Gesellschafter nur insoweit aus, als vertretbare Gesellschafterentscheidungen auf Geschäftsführerebene nicht durch gleichwertige Unternehmensentscheidungen des Aufsichtsrats ersetzt werden dürfen. Davon unberührt bleibt die Pflicht des GmbH-Aufsichtsrats, auf berücksichtigungsfähige Interessenverletzungen per Veto hinzuweisen. IX. Es liegt grundsätzlich im zweckgemäßen Ermessen des Aufsichtsrats, ob er zur eigenen Informationsversorgung neben den Vorstandsberichten auf seine sonstigen gesetzlichen Informationsbeschaffungsinstrumente (z. B. § 111 Abs. 2, § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG) zurückgreift. Aus § 90 AktG kann entgegen einer weit verbreiteten Ansicht kein Informationsvermittlungsmonopol des Vorstands abgeleitet werden. X. Der Aufsichtsrat darf sich jedoch regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Vorstand übermittelten Informationen verlassen. Eine Pflicht zur vorstandsunabhängigen Ermittlung ist nur ausnahmsweise geboten, wenn sich der Vorstand pflichtwidrig weigert, Informationen zu erteilen, die „vernünftigerweise“ erforderlich sind, um sich ein hinreichendes Bild über die Lage des Unternehmens zu machen, oder wenn anzunehmen ist, dass der Vorstand relevante Informationen verschleiert oder unterschlägt. Anhaltspunkte, die eine berichtsunabhängige Informationsbeschaffungspflicht auslösen, sind konkrete Tatsachen, die einen Anfangsverdacht im strafprozessrechtlichen Sinne begründen. Bei der Entscheidung über das Vorliegen solcher Anhaltspunkte steht dem Aufsichtsrat lediglich ein – gerichtlich nachprüfbarer – Beurteilungsspielraum zu. XI. Zur Vermeidung von Vertrauensverlusten innerhalb des Unternehmens hat der Aufsichtsrat auf eine Informationsvereinbarung mit dem Vorstand hinzuwirken, in der insbesondere die Ausübung seiner vorstandsunabhängigen Informationsrechte zu regeln ist. XII. Je nach Größe und Branche des Unternehmens ist der Aufsichtsrat verpflichtet, zur Erfüllung seiner Pflichten aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG Ausschüsse einzusetzen. Die Ausschüsse haben die in ihr Risikofeld fallenden Zustimmungs-

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vorbehalte zur Beschlussfassung im Gremium vorzubereiten und über entsprechende zustimmungspflichtige Geschäftsvorhaben abschließend zu entscheiden. Die Aufgabenwahrnehmung der einzelnen Fachausschüsse ist konzernweit ausgelegt. XIII. Rechtswidrige Vorbehalts- und Zustimmungsentscheidungen hat das überstimmte Kontrollmitglied zu beanstanden und seinen Widerspruch zu Protokoll zu geben. Bleibt seine Beanstandung erfolglos, kann er die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses gerichtlich feststellen lassen. Eine entsprechende Klagepflicht besteht nicht, und zwar auch dann nicht, wenn der Vollzug des Beschlusses des Aufsichtsrats oder des Ausschusses mit schwerwiegenden Folgen für die Gesellschaft verbunden sein sollte. XIV. Der Aufsichtsrat, nicht aber das einzelne Kontrollmitglied, ist berechtigt, im Wege des Organstreits einen Zustimmungsvorbehalt oder eine negative Zustimmungsentscheidung gegenüber der Geschäftsleitung gerichtlich durchzusetzen. Das Durchsetzungsrecht verdichtet sich ausnahmsweise zu einer gerichtlichen Durchsetzungspflicht, wenn der Gesellschaft mit der Durchführung der „untersagten“ Maßnahme ein erheblicher Schaden zu entstehen droht. XV. In Fällen unüberbrückbarer Meinungsdivergenzen scheiden Zustimmungsvorbehalte als geeignetes Einwirkungsmittel aus. Der Aufsichtsrat ist in solchen Situationen verpflichtet, die Funktionsfähigkeit des Zusammenwirkens beider Organe durch personelle Veränderungen wiederherzustellen, sei es, dass er bzw. einzelne seiner Mitglieder zurücktreten, sei es, dass er den Vorstand bzw. – bei entsprechender Zuständigkeit – die GmbH-Geschäftsführung gemäß § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG abberuft.

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Sachverzeichnis Abberufung des Vorstands 56 f., 214, 253, 274 ff. Ad-hoc-Zustimmungsvorbehalte 168 – Anforderungen 167 – Bestimmtheitsgrundsatz 125 f. – Wirksamkeitsvoraussetzungen 168 Adressat von Zustimmungsvorbehalten 93, 299 – GmbH-Gesellschafter 62 – bei Konzernvorbehalten 299 – nachgeordnete Mitarbeiter 93 – Vorstand 93 aktive Konzernvorbehalte 301 Anordnung von Zustimmungsvorbehalten 159 – Ad-hoc-Zustimmungsvorbehalte siehe dort – Aktualisierungspflicht siehe bei Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats – Anordnungsberechtigte 159 ff. – Aufsichtsrat 164 – Aufsichtsratsvorsitzender 164 – Bestimmtheitsgrundsatz siehe dort – Beurteilungsspielraum 94, 187 – Dritte, durch / für 174 – einfacher Gesellschafterbeschluss 163 – einfacher Hauptversammlungsbeschluss 160 ff. – Ermessensreduktion 100, 110 – Festlegungsermessen (siehe auch bei Ermessen) 59, 94, 100, 102, 110, 142 ff., 337, 346 ff. – Geschäftsordnung der Geschäftsführer 167 – Geschäftsordnung des Aufsichtsrats 165, 166 – Geschäftsordnung des Vorstands 165

– Gesellschaftervorbehalte 172 – grundlegender Bedeutung, Geschäfte von siehe dort – Katalogzwang 101, 240 – Konzernvorbehalte siehe dort – Mehrheitserfordernisse 160, 164, 166 – Mindestkatalog 89, 101 – Rechtsfolgen bei unzulässigem einfachen Hauptversammlungsbeschluss 162 – Satzungsbeschluss 160 – Übertragung auf einen Aufsichtsratsausschuss 164 – Verhältnis Satzungsgeber – Aufsichtsrat 169, 170 ARAG-Entscheidung 56, 77, 83, 235 Aufsichtsrat – abhängiges Unternehmen 345 – Aufgaben siehe Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats – Einwirkung auf die Geschäftsleitung 38 – Geschäftsordnung 165 ff. – GmbH-Aufsichtsrat siehe dort – herrschendes Unternehmen 279 – Klagebefugnis 252 – als kooperatives Überwachungsorgan 38, 43, 46 – Mitglieder siehe Aufsichtsratsmitglieder – als mitunternehmerisches Organ 38, 43, 47, 58, 59, 86, 170, 196 – Protokolle 243 – Zustimmungsvorbehalte siehe dort Aufsichtsratsausschüsse – Festlegungsbefugnis 164, 236 – Konzernausschuss 340 – Pflicht zur Einrichtung 236 – Übertragung von Aufgaben 193

Sachverzeichnis – Vorbereitung von Zustimmungsvorbehaltsentscheidungen 164, 236 – Zustimmungsentscheidung 176, 193 Aufsichtsratsmitglieder – actio pro socio 250, 253 – allgemeine Anforderungen an 221 – Amtsniederlegung 274 – Arbeitnehmervertreter 221 – Außenhaftung 341 – Gleichheit 221 – Haftung im Konzern 341, 347 – Innenhaftung 210, 220 ff., 341, 347 – Interessenkonflikte 329, 345 f. – Klagebefugnis 248, 250, 253 – persönliche Anforderungen 223 – Sorgfaltspflichten siehe bei Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats – überstimmtes 247, 273 Berichterstattung an die Hauptversammlung 244 Bestimmtheitsgrundsatz 122, 149, 297 – allgemeine Konzernklausel 298 – Anforderungen 123 – Auffangklauseln 123 – Einzelmaßnahmen 125 – als materielle Einschränkung 122, 124 – neutrale Zustimmungsvorbehalte im Konzern 295 – Planungsentscheidungen des Vorstands 149 – Sinn und Zweck 122 ff. Beurteilungsspielraum 94 – Bedeutung der Geschäftsführungsmaßnahme 59, 94, 226 – gerichtliche Überprüfbarkeit 187, 235 – Unternehmensinteresse 261 – Zustimmungsentscheidung 261 – Zustimmungsvorbehaltsentscheidung 59, 235 Bindungswirkung von Zustimmungsvorbehalten siehe bei Wirkung von Zustimmungsvorbehalten / -entscheidungen

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Business Judgment Rule 210, 225 f., 268, 275 f., 345 Deutscher Corporate Governance Kodex – Auslegung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG 90, 290 – Entsprechenserklärung 146 – Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat 52, 56 Doppelfunktionäre siehe bei Doppelmandatsglieder Doppelmandatsmitglieder 293, 328, 335, 345 – Bindung an Zustimmungsentscheidungen des Mutteraufsichtsrats 329 – Business Judgment Rule 345 – Ermessensspielraum 329 – Interessenkollision 329 – Konzernvorbehaltsfähigkeit 293 – Stimmverbote 331 Durchsetzbarkeit von Zustimmungsvorbehalten / -entscheidungen 252, 273, 301 ff. – 100-prozentige Tochter-GmbH 315 – abhängige Personenhandelsgesellschaft 302 ff. – Einheitsunternehmen 252 ff. – mehrgliedrige GmbH 317 – mehrstufiger Konzern mit durchlaufender Weisungskette 320 – Personenhandelsgesellschaft mit dienendem Verbandszweck 307 – weisungsabhängige Konzerngesellschaft 311 ff. – weisungsunabhängiger Aktienkonzern 326 ff. eilbedürftige Geschäfte 176, 195 Einigungszwang der Verwaltungsorgane 50, 59, 99 f., 197 Einwilligung 175 Einwilligungsvorbehalt 175 Einzelgeschäfte 125 Entsprechenserklärung 146 Entstehungsgeschichte der Norm 48

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Sachverzeichnis

erheblicher Bedeutung, Geschäfte von 103, 105, 128 Ermessen, unternehmerisches – Einholung der Zustimmung 51 – Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen 77 – Geschäfte unterhalb der grundlegenden Bedeutungsgrenze 102, 110 – Gesellschaftervorbehalte 172 – grundlegende Geschäfte 94, 248 – Informationsbeschaffung 235 – Konzernvorbehalte 337 – Mittelauswahl 187 – präventive Kontrolle 56, 85 – rechtswidrige Geschäfte 110, 198, 258, 337 – Zustimmungsentscheidung 195, 198, 258 – Zustimmungsentscheidung des GmbHAufsichtsrats 199, 265 – Zustimmungsvorbehaltsentscheidung 51, 59, 100 f., 110, 130, 240, 248, 337 – zweckwidrige Geschäfte 111, 198, 337 Ersetzung der Vetoentscheidung 213 – Gesellschafterversammlung 214 – Gestaltungsfreiheit in der GmbH 215 – Hauptversammlungsbeschluss 213 – Mehrheitserfordernisse 213, 216 ff. – Pflicht zur Vorlage an die Anteilseignerversammlung 214, 216 – unternehmerischer Stichentscheid 55 – Zustimmungsklage 219 Erwerb und Veräußerung von Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen 152 Europäische Aktiengesellschaft 88, 89 existentieller Bedeutung, Geschäfte von siehe grundlegender Bedeutung Festlegung von Zustimmungsvorbehalten siehe Anordnung von Zustimmungsvorbehalten Genehmigung 175 Genehmigungsvorbehalt 175

Generalzustimmung 203 Geschäfte im Sinne des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG – außergewöhnliche Geschäfte 104, 105 – erheblicher Bedeutung, Geschäfte von 103, 105, 128 – existentielle Geschäfte (siehe auch bei grundlegender) 94 – Geschäftskategorien 94 ff. – gewöhnliche Geschäfte 104, 111 – grundlegende Geschäfte (siehe auch bei grundlegender) 94 – Konzernmaßnahmen 290 – Nichthandeln, unternehmerisches 145 – rechtswidrige Geschäfte 110 – Tagesgeschäft 104, 105, 111 – TransPuG 88 – vorstandspflichtige Maßnahmen 103 – zustimmungsvorbehaltsresistente Geschäfte siehe dort – zweckwidrige Geschäfte 111 Geschäftsführung im Sinne von § 111 Abs. 1 AktG 65 Geschäftsführungsverbot (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG) – aktiengesetzliches Trennungsprinzip 38, 48, 313 – Durchbrechung des Trennungsprinzips 53 – Geltung in der GmbH 43, 45 – Lockerung des Trennungsprinzips 48, 53 Gesellschaftervorbehalte 172 ff. – doppelte Zustimmungsregelung 172 – Pflicht zur Einführung 172 – Verhältnis zu Aufsichtsratsvorbehalten 173 Gesellschafterweisungen – als Durchsetzungsmittel im Konzern 304, 311 ff. – Folgepflicht der Geschäftsführer 136 – Verhältnis zu Aufsichtsratsvorbehalten 133 ff. – zeitverzögertes Weisungsrecht 141

Sachverzeichnis Gewaltenteilung siehe Geschäftsführungsverbot GmbH-Aufsichtsrat – Adressat der Überwachung 37, 62, 74 – Entziehbarkeit des Zustimmungsvorbehaltsrechts 129 f., 132 – Erweiterbarkeit des Zustimmungsvorbehaltsrechts 131, 132 – fakultativer 40, 43, 141, 217 – Geschäftsordnung 166 – Gesellschaftervorbehalte siehe dort – Informationsbeschaffungspflichten 80 – Mindestkompetenzen 40, 129 – als mitunternehmerisches Organ 43, 47, 86, 196, 200 – obligatorischer 40, 45 – Übertragung von Geschäftsführungsaufgaben 43 ff. – Überwachung von Gesellschafterweisungen 74, 136 ff. – Verhältnis zur Gesellschafterversammlung 62, 74, 133 ff. – Vertragsfreiheit 40, 128 – Zuständigkeiten 40 – Zuständigkeitsgerüst der GmbH 41, 74, 133 – Zustimmungsvorbehaltsresistenz von angewiesenen Geschäftsführermaßnahmen 133 ff. grundlegender Bedeutung, Geschäfte von – Begriff 94 ff., 100 – Bestimmung der Geschäftspolitik 115, 149 – Beteiligungsgeschäfte 152 – Beurteilungsspielraum des Aufsichtsrats 59 – Bewertungsfaktoren 97 – Deutscher Corporate Governance Kodex 89, 90, 97 – Einigungszwang der Organe 50, 59, 99 – Einzelmaßnahmen 127, 240 – Festlegungsermessen 94, 100, 226, 337, 344 – Festlegungspflicht 94, 100

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– Frühwarnsystem im Sinne des § 91 Abs. 2 AktG 98 – GmbH, in der 62, 142 ff. – Katalogzwang 101, 127, 240 – Organisationsentscheidungen, interne 156 – Personalentscheidungen 157 – Prokuraerteilung 158 – Risikoaddition 98 – Risikokumulation 98 – Strategiemaßnahmen unabhängig vom Risikopotential 99 – Überprüfbarkeit, gerichtliche 186 – Unternehmensplanung 113, 149 – Unternehmensverträge 153 – Vermögens-, Finanz- und Ertragslage 97 – Zustimmung zu 195 ff., 204 Haftung des Aufsichtsrats – abhängige Konzerngesellschaft 346 f. – Außenhaftung 341 – Business Judgment Rule siehe dort – Dokumentationspflicht 243 – Mitverantwortlichkeit bei Zustimmung 210 – „nützliche“ Pflichtverletzungen siehe dort – Konzerninnenhaftung 341 ff. – bei pflichtwidrigem (Nicht-)Gebrauch des Vorbehaltsinstruments 220 ff. – Übernahmeverschulden 223 – bei Weisungen der Gesellschafter 138 – bei Widerruf der Zustimmung 208 Handeln ohne Vertretungsmacht 178 – kollusives Zusammenwirken 179 – Rechtsfolgen 180 – Überschreitung der Vertretungsmacht ohne Schädigungsabsicht 179 Informationsbeschaffungspflichten – des GmbH-Aufsichtsrats 80 – Informationsvermittlungsmonopol des Vorstands 229, 231

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Sachverzeichnis

– Vertrauendürfen auf die Vorstandsberichte 233 – Voraussetzung für vorstandsunabhängige Informationsbeschaffung 234 – bei der Vorbehaltsentscheidung 225 – am Vorstand vorbei 227 – bei der Zustimmungsentscheidung 256 Informationsordnung – konzernweite Informationsversorgung 338 – Pflicht zur Vereinbarung einer Informationsordnung 238, 338 Katalogzwang 101, 127, 240 Kettenzustimmung – einstufiger Konzern 312, 315, 333 – gestaffelte 320, 324, 335 – verkürzte 320, 324 Konzerninteresse 339 Konzernvorbehalte – des abhängigen Unternehmens 344 ff. – Adressat 299 – aktive Konzernvorbehalte 301 – Ausgleichspflicht des herrschenden Unternehmens 332, 335 – Bindungswirkung 299 – Doppelfunktionäre 293, 328 – Durchsetzbarkeit in Konzernuntergesellschaften siehe bei Durchsetzbarkeit von Zustimmungsvorbehalten / -entscheidungen – Fallgruppen 290 ff. – Gegenstand konzernweiter Aufsichtsratsvorbehalte 279, 290 ff. – des herrschenden Unternehmens 277 ff. – Informationsaustausch zwischen Oberund Untergesellschaft 327, 333 – als Instrument der Konzernsteuerung 345 – Konzernklausel 298 – Konzernmaßnahmen im engeren Sinne 292 – Konzernmaßnahmen im weiteren Sinne 291 f.

– Maßstab der Zustimmungsentscheidung 329, 339, 346 – nachteilige Zustimmungsentscheidung 306, 314, 315, 318, 332, 335 – neutrale Zustimmungsvorbehalte 295 – Pflicht zur Einführung 337, 346 – Überwachungsintensität, konzernweite 285 – Überwachungspflicht, konzernweite 279 – „vernetzte Aufsichtsratsüberwachung“ 286 – Weisungsermächtigung des Mutteraufsichtsrats 312, 316, 321 konzernweite Aufsichtsratsvorbehalte siehe Konzernvorbehalte Legalitätspflicht 258, 268, 340 Marktwertmaximierungsinteresse 262 Maßnahmen der Geschäftsführung (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG) 92, 145, 290 mehrgliedrige GmbH 317 mehrstufiger Konzern mit durchlaufender Weisungskette 320 mitbestimmungsrechtliche Besonderheiten 37 neutrale Zustimmungsvorbehalte im Konzern 295 – konzernweite Auslegung 296 – Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz 297 – Zulässigkeit einfacher Konzernklauseln 298 Nichthandeln, unternehmerisches 145 nützliche Pflichtverletzungen 267 ff., 340 – Legalitätspflicht 258, 268, 340 – Vorteilsausgleich 270 – Zustimmungsentscheidung zu 267 Personalentscheidungen 157 Pflichtverletzung siehe bei Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats

Sachverzeichnis rechtswidrige Geschäfte 110, 198, 258, 268, 337 Risikoexposition 52, 94, 98, 291 Selbstbindung des Aufsichtsrats 210 Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats (im Umgang mit dem Vorbehaltsinstrument) 220 ff., 337 f., 346 – Aktualisierung der Zustimmungsvorbehalte 246 – Aufbereitung der Entscheidungsgrundlage 256 – Beachtung der gesetzlichen Kompetenzverteilung 241 – Bildung vorbereitender Ausschüsse 236, 340 – Dokumentationspflichten 243, 272 – Durchsetzungspflichten 247, 252, 338 – gesetzgebungskonforme Auslegung des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG 241 – gesteigerte Sorgfaltspflichten in der Unternehmenskrise 79, 242 – Informationsbeschaffungspflichten siehe dort – Kataloganpassungspflicht 246 – Legalitätspflicht 267, 340 – Organisationspflichten 236, 254 – Risikoabwägung im Unternehmensinteresse 258, 340 – Risikoanalyse 224 – bei unüberwindbaren Meinungsdifferenzen mit der Geschäftsleitung 274 Stichentscheid des Aufsichtsratsvorsitzenden 164, 195

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– nachgeordnete Mitarbeiter 70 – nachträgliche Kontrolle 77 – Ordnungsmäßigkeit 84 – präventive Überwachung 77 – Prüfungsmaßstab 82, 260 – Rechtmäßigkeitskontrolle 83 – Überwachungsverfahren 79 – Unternehmenskrise 78, 242 – vernetzte Aufsichtsratsüberwachung 286 – Wirtschaftlichkeitskontrolle 85 – Zweckmäßigkeitskontrolle 85 Umgehung der Zustimmungsentscheidung 119 Unternehmensinteresse 260 – Doppelfunktionäre 329, 345 – GmbH-Aufsichtsrat 264 – des herrschenden Unternehmens 339 – Interessenausgleich 266 – Konzerninteresse 339 – Maßstab der Zustimmungsentscheidung 260 Unternehmenskrise 79, 242 Unternehmensplanung 113, 149 unzulässige Zustimmungsvorbehalte 182 ff. – Feststellungsklage 183 – Nichtigkeit des Vorbehaltsbeschlusses 183 – Überprüfbarkeit, gerichtliche 186 – Unwirksamkeit des Vorbehalts 183

TransPuG 51, 62, 88, 94, 101, 127, 290

vertretbare Leitungsmaßnahmen 195, 199 ff. Vetowirkung 211 Vorteilsausgleich 270

Übermaßverbot 110, 158 überstimmtes Aufsichtsratsmitglied 247, 273 Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats – Adressat der Überwachung 69 – Gegenstand der Überwachung 65 – Intensität der Überwachung 78, 285 – konzernweite Überwachung 279

Weisungen der Gesellschafterversammlung siehe bei Gesellschafterweisungen Weisungsermächtigung des Mutteraufsichtsrats 312, 316, 321 Widerruf der Zustimmung 208 Wirkung von Zustimmungsvorbehalten / entscheidungen 175, 207, 299 – Außenwirkung 178, 212, 341

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Sachverzeichnis

– Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis 175, 211 – Geschäftsverantwortlichkeit der Geschäftsleitung 209 – Geschäftsverantwortlichkeit des Aufsichtsrats 210, 254 – Informationspflichten 177 – Konzerngesellschaften, gegenüber 299 ff. – negative Zustimmung 211 – organisatorische Folgepflichten 177 – positive Zustimmung 207 – Selbstbindung des Aufsichtsrats 210 – Unternehmensangehörige 181, 212 – Zustimmung als Vertrauenstatbestand 208, 210 Zustimmung – als Akt der Mitgeschäftsführung 47 ff., 56, 195, 199 – Aufsichtsratsausschuss 193 – Aufsichtsratsvorsitzender 195 – Eilfälle 176, 195 – Einzelzustimmung 202 – Ermessen siehe dort – Generalzustimmung 203 – Kettenzustimmung siehe dort – Maßstab der Zustimmungsentscheidung 260 – Mehrheitserfordernisse 192 – negative 211 ff. – zu „nützlichen“ Pflichtverletzungen 267, 340 – positive 207 ff. – Selbstbindung des Aufsichtsrats 210 – Stichentscheid des Aufsichtsratsvorsitzenden 195 – Übertragbarkeit des Zustimmungsrechts 191 – Widerruf 208 – Willenserklärung, empfangsbedürftige 191 – Wirksamkeitsvoraussetzungen 191 – Zustimmungsberechtigte 191 ff.

Zustimmungsklage 219 Zustimmungsvorbehalte – Adressat von siehe dort – Anordnung von siehe dort – Beispielskataloge 90 – Bestimmtheitsgrundsatz siehe dort – Durchsetzbarkeit von siehe dort – Einzelmaßnahmen 125 – Entstehungsgeschichte 48 – erheblicher Bedeutung, Geschäfte von 103, 105, 128 – Funktion 36, 63 f., 47 ff., 141 – Geschäfte, zustimmungsvorbehaltsfähige 88, 94 ff. – als Informationssicherungsinstrument 60 – Katalogzwang 101, 240 – konzernweite siehe Konzernvorbehalte – als Korrektiv der Leitungs(über)macht des Vorstands 59 – mitbestimmungsrechtliche Besonderheiten 37 – Nichthandeln, unternehmerisches 145 – quantitative Grenze 110 – spezialgesetzliche 88 – Stichentscheid des Aufsichtsratsvorsitzenden 164 – auf Strategie- und Strukturmaßnahmen 90, 149, 152 – Tagesgeschäft 104, 105, 111 – TransPuG 51, 62, 88, 94, 101, 127, 290 – Übermaßverbot 110, 158 – als Überwachungsinstrument mit unternehmerischer Mitbeteiligung 47 ff. – unzulässige siehe dort – Unternehmensplanung siehe dort – Verhältnis zu Gesellschafterweisungen 133 ff. – Verhältnis zur Abberufung der Geschäftsleitung 56 ff., 274 – Zustimmungsrecht als Akt der (Mit-)Geschäftsführung 47 – zustimmungsvorbehaltsresistente Geschäfte siehe dort

Sachverzeichnis – zweistufige Struktur 53 zustimmungsvorbehaltsresistente Geschäfte 113 ff., 133 ff. – Ausführungsmaßnahmen gemäß § 83 Abs. 2 AktG 120 – Geschäftsführermaßnahmen, angewiesene 133 ff.

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– Geschäftspolitik 113, 149 – Gesellschafterweisungen 133 – Hauptversammlung, Entscheidungen der 117 – Pflichtmaßnahmen 115 – Willensbildung, innergesellschaftliche 116 zweckwidrige Geschäfte 111, 198, 337