Zentralbanken und Inflation: Ein institutionenökonomischer Ansatz [1 ed.] 9783428477838, 9783428077830

141 49 18MB

German Pages 218 Year 1993

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Zentralbanken und Inflation: Ein institutionenökonomischer Ansatz [1 ed.]
 9783428477838, 9783428077830

Citation preview

CAROLINE WILLEKE

Zentralbanken und Inflation

Finanzwissenschaftliche Forschungsarbeiten Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an der Universität zu Köln Begründet von Günter Schmölders Herausgegeben von Karl-Ueinrieb Hansmeyer und Klaus Mackscheidt

Neue Folge Band 60

Zentralbanken und Inflation Ein institutionenökonomischer Ansatz

Von

Caroline Willeke

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Willeke, Carotine: Zentralbanken und Inflation : ein institutionenökonomischer Ansatz I von Caroline Willeke. - Berlin : Duncker und Humblot, 1993 (Finanzwissenschaftliche Forschungsarbeiten ; N. F., Bd. 60) Zug!.: Köln, Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07783-0 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1993 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0430-4977 ISBN 3-428-07783-0

Vorwort

Seit längerer Zeit hat sich die Einsicht durchgesetzt, daß die Inflationsrate eines Landes im zeitlichen Durchschnitt um so niedriger liegt, je höher der Grad der Unabhängigkeit seiner Notenbank ist. Bisher fehlte jedoch eine eingehende theoretische Analyse der bei unterschiedlichen institutionellen Zentralbankregelungen bestehenden Anreize zur Inflationierung bzw. Inflationsvermeidung. Die hiermit vorgelegte Arbeit von Carotine Willeke will diese Forschungslücke schließen; auf der Basis eines institutionenökonomischen Ansatzes werden alternative Ausgestaltungsmöglichkeiten von Zentralbanken mit Blick auf Anreize und Zwänge, das Ziel der "Geldwertstabilität" zu realisieren, analysiert. Gesucht ist eine institutionelle Regelung des Zentralbankwesens, die ein möglichst hohes Maß an Preisniveaustabilität garantiert, wobei idealtypische institutionelle Regelungen von Zentralbanken zugrunde gelegt sind. Auf diese Weise gelingt es der Verfasserin, Schlußfolgerungen abzuleiten, die sich auf die wesentlichen Konstruktionsmerkmale von Zentralbanken schlechthin beziehen. Zwei Extremfälle verdeutlichen das Problem: Auf der einen Seite steht eine vollständig an die Weisungen der Regierung gebundene Zentralbank, ihr steht eine weisungsungebundene Zentralbank gegenüber. Mit Hilfe eines im Hinblick auf die institutionenökonomische Sichtweise modifizierten Zeitinkonsistenzmodells wird gezeigt, daß eine weisungsungebundene Zentralbank zwar prinzipiell überlegen ist, daß aber auch sie nicht zwangsläufig für Preisniveaustabilität garantiert. Der Typus "weisungsungebundene Zentralbank" wird sodann zum Ausgangspunkt der Suche nach einer Zentralbankverfassung, deren Anreizstruktur Inflationsvermeidung zur nutzenmaximierenden Handlungsalternative der Zentralbankleitung machen soll. Dies führt im Anschluß an eine eingehende Analyse unterschiedlicher Regelbindungskonzepte zu dem Versuch, auf der Basis der im Verlauf der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse über die Vorzüge und Schwächen einzelner institutioneller Ausgestaltungen eine möglichst zielgerechte Zentralbankverfassung zu entwickeln. Die wesentlichen Elemente die-

VI

Vorwort

ses Vorschlags sind die Festlegung und Absicherung der Weisungsungebundenheit, die Vorgabe von Preisniveaustabilität als einziger Zielsetzung, die Vorgabe einer bestimmten Art von Regelbindung, von der nur in Ausnahmesituationen abgewichen werden darf, die institutionalisierte Beurteilung des Zentralbankhandelns durch ein Gremium unabhängiger Experten sowie explizite Gratifikationen oder Sanktionen für die geldpolitischen Ergebnisse der Zentralbankleitung. Die hier vorgelegte Arbeit bringt einen beachtlichen wissenschaftlichen Fortschritt in die theoretische Beleuchtung des Zentralbankenverhaltens. Darüber hinaus bieten die im Rahmen der abstrakten Analyse abgeleiteten Resultate nachdenkenswerte Ideen für die praktische Ausgestaltung von Zentralbankverfassungen. Es ist daher nicht nur zu wünschen, daß die von Frau Willeke gegebenen Anregungen in weiteren Forschungsarbeiten weiterentwickelt werden, sondern auch daß die wissenschaftliche und politische Diskussion um künftige Notenbankreformen belebt und versachlicht wird. Dies gilt insbesondere für die Diskussion um eine Europäische Zentralbank.

Köln, im Juli 1993

Karl-Heinrich Hansmeyer

Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung......................................................................................................................... B. Die Notwendigkeit der Inflationsvermeidung und die Rolle der Zentralbank................. I.

7

Die Wirkungen von Inflation und lnflationsunsicherheit.......................................... 7 1. Begriffserläuterungen und Kategorisierung.......... .............................................. 7 2. Die Wirkungen einer vollständig antizipierten Inflation.................................... 8 3. Die Wirkungen einer nicht vollständig antizipierten Inflation........................... 12 4 Die Unsicherheitskosten der Inflation................................................................ 18 5 Zusammenfassende Bewertung .............................................................. ........... 19

II. Geldmengenwachstum, Inflation und Zentralbank.................................................... 20 C. Neue Institutionenökonomik und die Anreizwirkung von Institutionen..........................

25

Grundidee der Neuen lnstitutionenökonomik...........................................................

25

II. Verhaltenstheoretische Annahmen............................................................................

29

111. Das Property-Rights-Konzept................................................................................... 1. Der Begriff der Property Rights......................................................................... 2. Der Begriff der Transaktionskosten................................................................... 3. Die ökonomische Bedeutung von Property Rights............................................

33 33 35 39

I.

IV. Die Agimcy-Theorie.................................................................................................. 43 1. Grundgedanken................................................................................................... 43 2. Die positive Agency-Theorie............................................................................. 47 3. Die Prinzipal-Agent-Theorie.............................................................................. 48 D. Die Zentralbankverfassung als inflationsrelevantes institutionenökonomisches Problem 50 I.

Property Rights, Zentralbankverfassung und Handlungsspielraum der Notenbank... 50

VIII

Inhaltsverzeichnis

II. Zielsetzungen der geldpolitisch Verantwortlichen.................................................... 1. Regierungsvemalten........................................................................................... 2. Zentralbankvemalten....... ...................................................................................

60 60 68

111. Die anderen Akteure..................................................................................................

82

IV. Die Zentralbankvelfassung als Mittelpunkt der Analyse..........................................

89

E. Inflationsrelevante Aspekte der Ausgestaltung des formalen geldpolitischen Handlungsspielraums I: Analyse zwei er polarer Zentralbankvenassungen...................... ................ 91

I.

Auswahl der zu untersuchenden Zentralbankvenassungen.......................................

91

Il. Herleitung inflationärer Tendenzen bei Zentralbanken mit einem durch die Regierung vollständig eingeschränkten geldpolitischen Handlungsspielraum................... l. Ein einfaches Zeitinkonsistenzmodell als Ausgangspunkt................................. 2. Ein modifiziertes Zeitinkonsistenzmodell.............. .................................... ........

93 93 98

III. Herleitung inflationärer Tendenzen bei Zentralbanken mit vollständig uneingeschränktem geldpolitischen Handlungsspielraum..................................................... 115 IV. Zusammenfassende Bewertung................................................................................. 128 F.

Inflationsrelevante Aspekte der Ausgestaltung des formalen geldpolitischen Handlungsspielraums II: Möglichkeiten einer modifizierten Ausgestaltung der institutionellen Regelungen einer nicht an die Weisungen der Regierung gebundenen Zentralbank ...... 137

I.

Strikte gesetzliche Einschränkung des Rechts zur geldpolitischen Entscheidung.... l.

137

Grundgedanken zu einer gesetzlich verankerten Regelbindung und Ableitung von Kriterien zur Beurteilung unterschiedlicher Regelvarianten....................... 137

2.

Analyse unterschiedlicher Regelvarianten......................................................... a)

143

Preisindexregeln.......................................................................................... 143

b) Die Friedmansche x-Prozent-Regel............................................................. 146 c) FlexibleGeldmengen-und Geldbasisregeln............................................... 149 II. Vorschläge für eine partielle Einschränkung des Rechts zur geldpolitischen Entscheidung.............................................................................................................

158

1. Das "Dreiwellen-Entscheidungsvelfahren" ........................................................ 158 2. 3.

Die "Two-Part Rule".......................................................................................... 161 Die "Modified Activist Policy".......................................................................... 163

III. Ausgestaltung einer anreizkompatiblen Zentralbankvenassung bei partieller gesetzlicher Einschränkung des Rechts zur geldpolitischen Entscheidung......................... 166

Inhaltsverzeichnis

G. Schlußbemeric:ungen......................................................................................................... 176 Literatur................................................................................................................................... 182

IX

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:

Inflation und Realkassenhaltung............................... ...... ......................

Abbildung 2:

lnflationseffekte.................................................. ... ......... ... ......... ........... 13

Abbildung 3:

Ökonomische Theorien der lnflationsverursachung............................. 21

Abbildung 4:

Mit dem Gut Zentralbank verbundene Handlungs rechte...................... 53

Abbildung 5:

Situationsspezifisch relevante Elemente der Nutzenfunktion der Regierung.............................................................................................

Abbildung 6:

9

67

Ansätze zur Erklärung des Zentralbankverhaltens unter Zugrundelegung der Eigennutzhypothese........... ....................................... ... ....... 70

Abbildung 7: Abbildung 8:

hn Schrifttum unterstellte Nutzenfunktionen von Zentralbanken........

74

Situationsspezifisch relevante Elemente der Nutzenfunktion der· Zentralbank...... ... ............... .................. ....................................... ..........

80

Abkürzungsverzeichnis

BBkG

Gesetz über die Deutsche Bundesbank vom 26. Juli 1957

BIP

Bruttoinlandsprodukt

BSP

Bruttosozialprodukt

Bsp.

Beispiel

CEPR

Centre for Economic Policy Research, London

Ed., Eds.

Editor(s)

et al.

et alii

EWS

Europäisches Währungssystem

EWU

Europäische Währungsunion

EZB

Europäische Zentralbank

Fn.

Fußnote

FOMC

Federal Open Marltet Committee

Ml,M2

Geldmengenaggregate MI und M2

NBER

National Bureau of Economic Research, Cambridge/Mass.

N.F.

Neue Folge

o. Verf.

ohne Verfasserangabe

REMM

Resourceful, Evaluative, Maximizing Man

SFB

Sonderforschungsbereich

SVR

Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung

Vol.

Volume

z.

Ziffer

Symbolverzeichnis

a

Gewicht, das den positiven Effekten einer Überraschungsinflation beigemessen wird

b/2

Gewicht, das den Kosten, die aus der Differenz zwischen tatsächlicher und angestrebter Inflationsrate entstehen, beigemessen wird

d

Anteil der Geldbasis an der gesamten Geldmenge Elastizität der realen Geldnachfrage pro Kopf in bezog auf das reale Pro-Kopf-Einkommen

E

monetäres Einkommen

F

nicht-monetäres Einkorrunen Wachstumsrate der nominalen Geldmenge Wachstumsrate der Bevölkerung Wachstumsrate des realen Pro-Kopf-Einkommens Nominalzins

M

nominale Geldmenge

p

tatsächliche Inflationsrate erwartete Inflationsrate

...

p

angestrebte Inflationsrate

p

Preisniveau Realzins

s

Seignioragegewinn Zeit

u

Nutzen

z

Diskontierungsrate

A. Einleitung

Die Frage nach der zweckgerechten institutionellen Ausgestaltung von Zentralhanken hat in den letzten Jahren fortgesetzt an Interesse gewonnen. Das gilt nicht nur für Politik und Öffentlichkeit, sondern auch für die wissenschaftliche Behandlung. Aktuelle Anlässe bieten insbesondere die für die zweite Hälfte der neunziger Jahre geplante Gründung einer Europäischen Zentralbank:, aber auch die Änderungen der Notenbankgesetze in Chile und Neuseeland und schließlich und nicht zuletzt die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Neuordnung des Zentralbankwesens in zahlreichen osteuropäischen Ländern. Aber selbst um eine etablierte und besonders angesehene Notenbank: wie die Deutsche Bundesbank: kommt es gelegentlich zu erregten Auseinandersetzungen über ihre Stellung im politischen und ökonomischen System.1 In den nach wie vor anhaltenden Diskussionen hat sich die Eignung bestimmter Regelungen der Rechte und Pflichten der Zentralbank im Hinblick auf die Sicherung des Ziels "Preisniveaustabilität" als die wesentliche und noch nicht befriedigend beantwortete Frage herauskristallisiert. Die Behandlung dieses Problems zeigt auch noch wirtschaftswissenschaftliche Analyse- und Erkenntnisdefizite. Empirische Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, daß die Inflationsraten im zeitlichen Durchschnitt um so niedriger liegen, je höher der Grad der Unabhängigkeit der Notenbank ist. 2 Im Rahmen der traditionellen Debatte um das Für und Wider der Notenbankautonomie wird dieser Sachverhalt vor allem mit tagespolitischen Erwägungen und fiskalischen Interessen begründet, welche die Regierungen im Gegensatz zu unabhängigen Zentralbanken immer

1 Die Kritik an der Deutschen Bundesbank im Anschluß an die Erhöhung des Diskontsatzes vom 16.7.1992 gipfelte in dem Ruf des IG·Metall·Vorsitzenden Steinkühler nach einer "Demokratisierung der Geldpolitik"; Steinkühler (1992). Siehe hierzu auch die Konunentare von Jeske (1992) und Benkhoff(1992). 2 Caesar (1981) S. 504 ff., Summers (1991) S. 629 ff., Grilli, Masciandaro, Tabellini (1991)

s. 366 ff.

A. Einleitung

2

wieder dazu veranlaßten, das Ziel "Preisniveaustabilität" zugunsten anderer Zielsetzungen zu verletzen. 3 Diese Argumentation basiert überwiegend auf historischen Erfahrungen. 4 Tatsächlich bietet die Geldgeschichte zahllose Beispiele für Mißbräuche der Währungshoheit mit zum Teil gravierenden inflatorischen Folgen. Im Altertum und im Mittelalter gab es Währungsmanipulationen, die auf dem Wege der Münzverschlechterung durchgeführt wurden und der Einnahmenbeschaffung des Souveräns oder auch der illegalen Bereicherung der mit dem Münzprägerecht Betrauten5 dienten. Eine zeitweilige Lösung fand dieses Problem im Zeitalter des internationalen Goldstandards, da der Goldautomatismus den Freiraum für Entscheidungen der Zentralbankleitung und damit auch für Währungsmanipulationen stark einengte. Die allmähliche Abkehr von der Edelmetallwährung nach dem ersten Weltkrieg und der Übergang zur ungedeckten Papiergeldwährung eröffnete dagegen neuerlich Möglichkeiten zur mißbräuchlichen Nutzung der Währungshoheit- jetzt in Form einer übermäßigen Notenemission. Die Anreize für "eine mehr oder weniger planmäßige Inflationierung"6 ergeben sich wiederum aus fiskalischen Gründen, in jüngerer Zeit aber auch - angeregt durch die Phillipskurvendiskussion - aus konjunktur- und beschäftigungspolitischen Erwägungen. Trotz der breiten historischen Erfahrungsbasis fehlt jedoch eine eingehende theoretische Analyse der bei unterschiedlichen institutionellen Zentralbankregelungen bestehenden Anreize zur Inflationierung, die Schlußfolgerungen allgemeinerer Gültigkeit zuließe. Auch die traditionelle Diskussion um "rules versus authorities in monetary policy", deren Ausgangspunkt der gleichnamige Artikel von Simons aus dem Jahr 1936 bildet?, liefert hier keine zufriedenstellende Antwort. Die Anhänger einer regelgebundenen Geldpolitik begründen die inflatorischen Begleiterscheinungen diskretionärer Politik vor allem mit den Informationsdefiziten der Zentralbank im Hinblick auf den genauen Ablauf der Transmission geldpolitischer Impulse. Diese Argumentation berücksichtigt damit aber nur einen, wenn auch wichtigen Aspekt. Die mit Diskretionarität oder auch mit bestimmten Arten von Regelbindungen verbundenen Anreize zu inflationär wirkenden Maßnahmen blieben dagegen lange Zeit unbeachtet. 3 Caesar (1980) S. 351 ff.

4 Dickertmann, Hansmeyer (1973) S. 579. 5 Ausführlich zur :leit der Kipper und Wipper: Sprenger (1991) S. 111 ff. 6 Schmölders (1968) S. 327.

A. Einleitung

3

Die weitgehende analytische Vernachlässigung der Zusammenhänge zwischen der Ausgestaltung der institutionellen Regelungen einer Zentralbank und den aus einem mehr oder weniger planmäßigen Handeln der Zentralbankleitung resultierenden inflatorischen Tendenzen läßt eine Forschungslücke erkennen. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die aktuelle EWU-Diskussion, sondern insbesondere auch, weil Erkenntnisse über den angesprochenen Zusammenhang eine wertvolle Ergänzung der Ansätze zur Inflationserklärung und, darauf aufbauend, Ansatzpunkte für institutionelle Änderungen mit dem Ziel einer Verringerung von Inflationstendenzen liefern können. Wie die Realität zeigt, sind weisungsungebundene Zentralbanken bei Inflationsvermeidung und Inflationsbekämpfung zwar erfolgreicher als weisungsgebundene Zentralbanken; sie garantieren jedoch durchaus nicht immer Preisniveaustabilität Die Beziehung zwischen den Rahmenbedingungen für den Geldanbieter "Zentralbank" und den aus diesen Bedingungen resultierenden Anreizen zur Inflationierung ist trotz des weitgehenden Konsenses darüber, daß ein übermäßiges Geldmengenwachstum notwendige Voraussetzung einer anhaltenden Inflation ist, nicht hinreichend untersucht worden. Eine wesentliche Ursache hierfür dürfte in dem lange Zeit vorherrschenden gemeinwohlorientierten Ansatz bei der wissenschaftlichen Beschreibung des Verhaltens von Politikern, also auch von "Geldpolitikern", zu suchen sein. So sehr diese Sichtweise für normative Fragestellungen oder auch für die Untersuchung technisch-instrumenteller Probleme der Geldpolitik geeignet ist, so wenig vermag sie im Rahmen eines positiven Erklärungsansatzes zufriedenzustellen. Sie verstellt vielmehr den Blick für die genannten und für mögliche weitere inflationsfördernde Anreize, denen die Entscheidungsträger der Zentralbank ausgesetzt sind. Werden die geldpolitisch Verantwortlichen dagegen - ebenso wie traditionellerweise Konsumenten und neuerdings in der ökonomischen Theorie der Politik z.B. Bürokraten - als EigennutzmaximiereT betrachtet, sind auch geldpolitische Entscheidungen als Handlungen aufzufassen, die den erwarteten Nutzen der Zentralbankleiter maximieren sollen. Welche Entscheidungen dies sind und welches Ausmaß an Inflationierung sich hieraus ergibt, hängt neben den Präferenzen der geldpolitischen Autoritäten entscheidend von ihrem faktischen Handlungsspielraum ab, der aus den formalen institutionellen Regelungen und dem Zusammenspiel mit den anderen relevanten Akteuren des politökonomischen Systems resultiert. Diese Idee, die der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt ist, basiert auf den Erkenntnissen der in den sechziger und siebziger Jahren entstandenen Neuen Institutionenökonomik, welche die Entstehung, den Wandel und die Wirkungen institutioneller Strukturen der neo7 Simons (1936); zu weiteren Literaturhinweisen zur Debatte "rules versus authorities" siehe unten Kap. F.l.

4

A. Einleitung

klassisch orientierten ökonomischen Analyse zugänglich gemacht hat. Diese Forschungsrichtung bietet sich somit auch für eine Analyse des Zusammenhangs zwischen unterschiedlichen Regelungen des Zentralbankwesens und dem aus dem Handeln der Zentralbankleiter resultierenden Inflationsergebnis an. Einzelne für diese Problemstellung relevante Aspekte haben seit Mitte der siebziger Jahre Eingang in das Schrifttum gefunden. In diesem Zusammenhang sind vor allem die Theorien des politischen Konjunkturzyklus, eigennutzorientierte Erklärungsansätze des Verhaltens weisungsungebundener Zentralbanken, die Arbeiten zum Zeitinkonsistenzproblem in der Geldpolitik sowie eine Berücksichtigung institutionenökonomischer Gesichtspunkte in der Debatte "rules versus discretion" von Bedeutung.S Analysen von möglichen Zentralbankordnungen, welche mit einem in sich geschlossenen institutionenökonomischen Konzept alternative Ausgestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf das Bestehen von Anreizen und Zwängen untersuchen, die Zielsetzung "Geldwertstabilität" zu realisieren, gibt es dagegen trotz der dargelegten Bedeutung noch nicht. Genau diese Zielsetzung verfolgt die vorliegende Arbeit; sie sucht dabei nach einer institutionellen Regelung des Zentralbankwesens, die ein möglichst hohes Maß an Preisniveaustabilität garantiert. Um sich der dargelegten Problemstellung analytisch zu nähern, wird in dieser Arbeit der Weg der abstrakten Typisierung gewählt und von der Untersuchung konkreter Einzelfälle abgesehen. Den Gegenstand der Analyse bilden somit idealtypische und keine existierenden institutionellen Regelungen von Zentralbanken. Auf diese Weise können Schlußfolgerungen abgeleitet werden, die sich auf die wesentlichen Konstruktionsmerkmale von Zentralbanken zurückführen lassen. Eine Untersuchung, die sich mit dem Verhalten von Zentralhanken und seinen inflatorischen Auswirkungen beschäftigt, berührt zwangsläufig Segmente der Makroökonomik. Soweit es die Erklärungskraft im Hinblick auf die Zielsetzung der Arbeit nicht einschränkt, werden diese Sachverhalte in einer möglichst einfachen theoretischen Weise behandelt, um nicht unnötig von der hier gewählten institutionenökonomischen Argumentation abzulenken. Die Ausführungen konzentrieren sich auf die binnenwirtschaftlichen Aspekte der Inflationsvermeidung. Sie gehen damit von der Existenz eines idealtypischen Systems vollständig flexibler Wechselkurse und eines im 8 Als Überblick über die Theorien des politischen Konjunkturzyklus: Alesina (1988a). Zu den Erklärungsansätzen des Zentralbankverhaltens siehe unten Kap. 0.11.2; zu den Arbeiten zum Zeitinkonsistenzproblem in der Geldpolitik siehe unten Kap. E.II. Institutionenökonomische Ge· sichtspunkte der Debatte "rules versus discretion" berücksichtigt z.B. Mayer (1987a).

A. Einleitung

5

Ausgangszeitpunkt bestehenden monetären Gleichgewichts aus. Da das Interesse speziell dem Handeln der geldpolitisch Verantwortlichen innerhalb eines Papierwährungsstandards gilt, werden die Möglichkeiten, mit Hilfe institutioneller Regelungen das Verhalten anderer Akteure im Interesse der Inflationsvermeidung zu beeinflussen, ebensowenig in die Analyse einbezogen wie Alternativen zu einer ungedeckten Papiergeldwährung. Die Suche nach einer Zentralbankform, die ein möglichst hohes Maß an Preisniveaustabilität garantiert, ist nur dann sinnvoll, wenn selbst moderate Inflationsraten als ernstzunehmendes Problem angesehen werden. In Kapitel B.I erfolgt daher eine kurze Analyse der Wirkungen inflatorischer Prozesse, die im Ergebnis negative Nettoeffekte zeigt. In Abschnitt B.II wird die Verantwortung der Zentralbank für die Verwirklichung der wirtschaftspolitischen Zielsetzung "Geldwertstabilität" begründet. Sie resultiert daraus, daß ein über den Bedarf der Volkswirtschaft hinausgehendes Geldmengenwachstum notwendige Voraussetzung für eine anhaltende Inflation ist, sowie aus den empirisch untermauerten Thesen einer hinreichenden Kontrollierbarkeit der Geldmenge durch die Zentralbank und einer hinreichenden Stabilität der Geldnachfrage. Die Frage, in welchem Ausmaß die Zentralbank unter verschiedenen institutionellen Rahmenbedingungen ihrer Verantwortung für stabiles Geld nachkommt, ist bisher nicht eingehend erörtert worden. Der methodische Rahmen für eine solche Untersuchung muß daher erst erarbeitet werden. Als theoretische Grundlage bietet sich die Neue Institutionenökonomik an, weil sich insbesondere die Teilgebiete Property-Rights-Ansatz und Agency-Theorie mit der Analyse der Wirkungen von Institutionen auf die Anreizstruktur von Wirtschaftssubjekten, den hieraus resultierenden Folgen für ihr Verhalten und den damit verbundenen wirtschaftlichen Ergebnissen beschäftigen. Kapitel C beinhaltet die für die Behandlung der Fragestellung dieser Untersuchung relevanten Aspekte der genannten theoretischen Konzepte. Darauf aufbauend erfolgt in Kapitel D zunächst eine detaillierte, institutionenökonomisch fundierte Ausarbeitung des Zusammenhangs zwischen der Ausgestaltung und Durchsetzbarkeil der institutionellen Regelungen einer Zentralbank, die als Zentralbankverfassung aufgefaßt werden, dem formalen und faktischen Handlungsspielraum der Zentralbank sowie dem Inflationsergebnis. Darüber hinaus werden die Zielsetzungen der möglichen faktischen Träger der Geldpolitik - Regierung oder eigenständige Zentralbank - spezifiziert sowie die Verhaltensweisen der anderen, für das Handeln der geldpolitisch Verantwortlichen relevanten Akteure des polit-ökonomischen Systems dargelegt. 2 Willeke

6

A. Einleitung

Im Anschluß an die Ausarbeitung der einzelnen, für die Analyse notwendigen Bausteine und die Darlegung der generellen Zusammenhänge können für unterschiedliche Zentralbankverfassungen qualitative Aussagen über die Neigung der geldpolitisch Verantwortlichen zur Inflationierung abgeleitet werden. Kapitel E untersucht die beiden Grenzfälle einer weisungsgebundenen Zentralbank ohne jeden eigenen Handlungsspielraum und einer Zentralbank mit einem formal vollständig uneingeschränkten Handlungsspielraum. Die Analyse im Rahmen eines modifizierten Zeitinkonsistenzmodells erlaubt die Unterscheidung zwischen Anreizen zur permanenten und Anreizen zur überraschenden Inflationierung. Keine der beiden Zentralbankverfassungen vermag "Preisniveaustabilität" in dem geforderten Maße zu garantieren. In Kapitel F wird daher, ausgehend von dem im Vergleich erfolgreicheren Typ einer nicht an die Weisungen der Regierung gebundenen Zentralbank, nach modifizierten Formen in der Ausgestaltung des geldpolitischen Handlungsspielraums gesucht, die eine bessere Zielerfüllung versprechen. Dabei werden zunächst unterschiedliche Vorschläge für eine strikte gesetzliche Regelbindung der Geldpolitik betrachtet. Die traditionelle Debatte um "rules versus discretion" erfährt hierbei eine Erweiterung um institutionenökonomische Gesichtspunkte. Aufgrund einiger Nachteile eines vollständigen Verzichts auf geldpolitische Gestaltungs- und Anpassungsmöglichkeiten erfolgt anschließend eine Analyse von drei Vorschlägen, die eine Mischung aus regelgebundenen und diskretionären Elementen vorsehen. Da auch diese zum Teil erhebliche Mängel aufweisen, wird in Abschnitt F.III der Versuch unternommen, Elemente einer Zentralbankverfassung zu entwerfen, die eine sehr weitgehende Zielerfüllung versprechen.

8. Die Notwendigkeit der Inflationsvermeidung und die Rolle der Zentralbank I. Die Wirkungen von Inflation und Inflationsunsicherheit 1. Begriffserläuterungen und Kategorisierung

Unter Inflation werden hier gemäß der heute weitgehend üblichen I symptomorientierten Definition "anhaltende, über eine bestimmte Marge hinausgehende Preisniveausteigerungen"2 verstanden.3 Irrelevant sind somit Einzelpreiserhöhungen, einmalige Preisniveausteigerungen sowie Inflationsraten, die eine statistisch ableitbare Marge der Meßungenauigkeit nicht überschreiten. 4 Während in der breiten Öffentlichkeit Inflation gemeinhin als Übel betrachtet wird, ist diese negative Bewertung für manche Ökonomen keine so evidente Tatsache.5 Dies wirft die Frage auf, ob Inflation überhaupt als wirtschaftspolitisches Problem anzusehen ist und somit geeignete Maßnahmen zu ihrer Vermeidung erforderlich sind. Die Beantwortung hängt entscheidend von den aus einer Inflation resultierenden Effekten ab. "Die" Wirkungen "der" Inflation gibt es nicht.6 Statt dessen spielen die Rahmenbedingungen, unter denen Inflation auftritt, eine entscheidende Rolle für ihre Effekte. Als gängige Kategorisierung hat sich die Unterscheidung zwi-

IJssing (1979) S. 5, Poh/ (1981) S. 5, Heubes (1989) S. 1, Casse/ (1992) S. 267. 2 Casse/ (1992) S. 267, ähnlich: Bronfenbrenner, HolzmLln (1963) S. 597, Laidler, Parkin (1975)

s. 741.

3 Ein Überblick über unterschiedliche Inflationsbegriffe findet sich bei /ssing (1979) S. 5 ff. Zur Kritik an dem symptomorientierten lnflatioosbegriff: Casse/ (1992) S. 268 f. 4 Cassel (1992) S. 267. Der zuletzt genannte Punkt wird im folgenden vernachlässigt. 5 JackmLln, Mulvey, Trevithick (1981) S. 171, Baltensperger, Böhm (1984) S. 32.

6 Cassel (1992) S. 311.

8

B. Notwendigkeit der Inflationsvermeidung und Rolle der Zentralbank

sehen den Wirkungen einer vollständig antizipierten Inflation, einer nicht vollständig antizipierten Inflation und der Inflationsunsicherheit herausgebildet. 7 Der Begriff der vollständigen Antizipation wird in der Literatur uneinheitlich verwendet. Um eine eindeutige Abgrenzung zu ermöglichen, wird hier der engen Definition von Jackman, Mulvey, Trevithick gefolgt: "By a fully anticipated inflation, we mean a situation in which all movements in the generat price index are (and have been) correctly foreseen by economic agents, and in which prices adjust perfectly". 8 Vollständige Antizipation erfordert somit nicht nur die korrekte Erwartungsbildung seitens der Wirtschaftssubjekte, sondern darüber hinaus die Möglichkeit zur vollkommenen Anpassung aller relevanten inflationsabhängigen ökonomischen Größen in einer Volkswirtschaft.

2. Die Wirkungen einer vollständig antizipierten Inflation

Die gelegentlich festzustellende Verharmlosung des Inflationsphänomens resultiert aus der häufig vertretenen Auffassung, eine vollständig antizipierte Inflation verursache nur geringfügige Kosten. Zu diesem Ergebnis gelangt die konventionelle neoklassische Analyse, die die allokativen Effekte einer vollständig antizipierten Inflation allein in den Wirkungen auf die reale Kassenhaltung sieht.9

7 Siehe z.B. Garjinkel (1989) S. 4 ff., Drifjill,Mizon, U/ph (1990) S. 1014 ff. 8 Jackman, Mulvey, Trevithick (1981) S. 171. Ähnlich Ströbele (1984) S. 10. Weiter gefaßte Abgren:rungen wählen z.B. Garjinkel (1989) S. 4 und Fender (1990) S. 53. 9 Die nachfolgende Analyse geht zurück auf Bailey (1956) und Friedrnan (1969). Zusammenfassungen finden sich etwa in Jackman, Mulvey, Trevithick (1981) S. 179 ff., McCallum (1989) S. 127 ff., Heubes (1989) S. 129 ff., Fender (1990) S. 32 ff.

I. Wirkungen von Inflation und lnßati.

Abbildung 7 (Fortsetzung)

X

Stabilität

PreisniveauMacht

X

Ausgaben

Di skretionäre

X

X

spielraum

Handlungs-

Toma, Toma (1986)

X

Sicherheit

X

Prestige

Toma (1986)

Skaggs (1984)

Tollison (1983)

Shughart II,

Schneider (1979)

Autoren

Nutzenflet

Elemente der

I

_j

I

"...

.....

VI

g

~

~

i


0.

In dem ersten Summanden der Gleichung kommt der Nutzen einer Überraschungsinflation zum Ausdruck. Dieser wird in den meisten Ansätzen, die Gemeinwohlorientierung unterstellen, damit begründet, daß Politiker (und Gesellschaft) die natürliche Arbeitslosenrate infolge von Verzerrungen am Arbeitsmarkt, z.B. durch Einkommensteuern, Arbeitslosenunterstützung 11 oder den Einfluß der Macht großer Gewerkschaften auf den Beschäftigungsstand12, als zu hoch ansehen und daher ein Anreiz zur Erzeugung temporärer Beschäftigungseffekte besteht. Darüber hinaus kann eine nicht antizipierte Inflation die soziale Wohlfahrt erhöhen, weil sie als unerwartete Steuer auf die Kassenhaltung und den Bestand an nicht-indexierten Staatsschuldtiteln geringfügigere allokativ verzerrende Wirkungen aufweist als andere Steuern.l3 Je größer a ist, desto höher wird der Wert der Überraschungsinflation eingeschätzt. Der zweite Summand besagt, daß eine Abweichung der tatsächlichen von der angestrebten Inflationsrate, die in der Regel gleich Null gesetzt wird 14, auf-

9 Neumann Ü990a) S. 3. Im Modell von Barro und Gordon wird statt dessen von einer zu mini· mierenden Kostenfunktion ausgegangen. Beide Ansätze führen daher zu denselben Ergebnissen. 10 Da in diesem Modell keine intertemporalen Interdependenzen berücksichtigt werden, entspricht das Ergebnis der auf eine Periode bezogenen Maximierung demjenigen eines mehrperiodigen Ansatzes. Siehe hierzu Barro, Gordon (1983b) S. 105 f., Blackburn, Christensen (1989) S. 14. 11 Barro, Gordon (1983a) S. 593, Barro, Gordon (1983b) S. 103. 12 Cukierman (1991) S. 150 ff. 13 Barro, Gordon (1983a) S. 603, Barro (1983) S. 2. Als Zeitinkonsistenzmodelle, die diesen Einnahmeaspekt in den Vordergrund stellen, siehe etwa Calvo (1978), Barro (1983), Cukierman

(1991) s. 159 ff.

14 Dies folgt aus der Frage nach der optimalen Inflationsrate, siehe oben Kap. 8.1.2.

96

E. Ausgestaltwtg des formalen Handlungsspielraums I

grund der aus der Inflation resultierenden Wirkungen 15 negativ zu beurteilen ist. Die Grenzkosten dieser Abweichung sind steigend. In b/2 kommt zum Ausdruck, welches Gewicht den Kosten der Inflation beigemessen wird. Nachfolgend werden zunächst die Besteuerungseffekte der nicht antizipierten Inflation vernachlässigt und p* = 0 unterstellt Die geldpolitischen Autoritäten kündigen diese Zielrate an, behalten jedoch während der gesamten Periode ihren diskretionären Spielraum.16 Die privaten Wirtschaftssubjekte dagegen müssen im Anschluß an die Ankündigung der Zentralbank ihre nicht-indexierten Lohnkontrakte und als Grundlage hierfür ihre Inflationserwartungen fixieren. I? Unterstellen wir zunächst, die Wirtschaftssubjekte glauben der Zentralbankankündigung wtd erwarten

pe= p* =0.

(2)

Hält sich die Zentralbank an ihre Ankündigung und setzt

p= p* = 0,

(3)

ergibt sich der Zielfunktionswert [Einsetzen von (2) und (3) in (1)]

(4)

U=O.

15 Siehe oben Kap. 8 .1.

16 Die

Ankündigung der angestrebten Inflationsrate entspricht einer Selbstverpflichtung der

Zentralbank, wie sie in der Realität z.B. in Form der Ankündigung von Geldmengenzielen vorkommt. Von entscheidender Bedeutung für die folgenden Ausführungen ist jedoch, daß die Selbstverpflichtung keinen bindenden Oiarakter hat wtd daher den Entscheidungsspielraum der Zentralbank nicht einengt. Eine derartig ausgestaltete Geldpolitik wird deshalb trotz der Ankündigung einer "Zielinflationsrate" als diskretionär bezeichnet.

17 Diese Argumentation folgt den Ansätzen von Neumann (1990a) S. 3 ff. und Cukierman

(1991) s. 150 ff.

II. Vollständig eingeschränkter Handlungsspielraum

97

Eine derartige Politik ist für die Zentralbank jedoch nur ex ante, d.h. bevor die privaten Wirtschaftssubjekte ihre Inflationserwartungen gebildet und auf dieser Basis ihre Lohnkontrakte abgeschlossen haben, optimal. Mit der Festsetzung der Nominallöhne, die vor Ablauf der Periode nicht revidiert werden können, ändern sich jedoch die Rahmenbedingungen der Zentralbankentscheidung. Jetzt besteht ein Anreiz, von der ex ante optimalen Inflationsrate nach oben abzuweichen, um die Arbeitslosenrate zu verringern. Aus der Ableitung der Zielfunktion nach p und der Gleichsetzung mit Null ergibt sich die wohlfahrtsmaximierende Inflationsrate von:

(5)

p=a/b

und ein Zielfunktionswert von {Einsetzen von (2) und (5) in (1)]:

(6)

U = 0,5 a2/b,

der über dem Wert von (4) liegt.

Aufgrund ihrer rationalen Erwartungsbildung durchschauen die Wirtschaftssubjekte jedoch den dargestellten Anreizmechanismus, schenken der Zentralbankankündigung folglich keinen Glauben und erwarten statt dessen die die Zielfunktion der Geldpolitiker maximierende Inflationsrate, so daß

(7)

wird.

Der resultierende Zielfunktionswert beträgt nun [Einsetzen von (5), (7) und

(p* = 0) in (1)]:

(8)

U =-0,5 a2fb

und liegt damit unterhalb von (4).

98

E. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums I

Diskretionäre Geldpolitik führt also aufgrund des von den Wirtschaftssubjekten antizipierten Anreizes zur Verringerung der Arbeitslosigkeit zu einer suboptimal hohen Inflationsrate, ohne daß die Beschäftigung über ihre natürliche Rate gesteigert werden kann. Die von der Zentralbank angekündigte Politik ist zeitlich inkonsistent und daher für rationale Wirtschaftssubjekte nicht glaubwürdig. Die sich bei diskretionärer Politik ergebende Inflationsrate stellt das einzige aufrechtzuerhaltende Gleichgewicht dar; die erwartete und die tatsächliche Inflationsrate entsprechen sich, und der Grenznutzen der Überraschungsinflation ist gleich den Grenzkosten der Inflation. Bei niedrigeren Raten für p• führt der Versuch, die Volkswirtschaft von dem zweitbesten Zustand in den erstbesten Zustand zu überführen, zwangsläufig in einen drittbesten Zustand18, weil es für die Geldpolitiker im Falle eines diskretionären Handlungsspielraums unter den getroffenen Annahmen nicht rational erscheint, sich an die zunächst angekündigte Politik zu halten. Das Ergebnis lautet somit, daß selbst Geldpolitiker, für die die Maximierung einer sozialen Wohlfahrtsfunktion unterstellt wird19, suboptimal hohe Inflationsraten erzeugen.20

2. Ein modifiziertes Zeitinkonsistenzmodell

Aus Gründen, die weiter oben dargelegt wurden, folgt diese Arbeit der Verhaltensannahme der Gemeinwohlorientierung nicht. Für die weitere Analyse werden daher einige Modifikationen im Vergleich zu dem einfachen Zeitinkonsistenzmodell eingeführt:

18 Persson (1988) S. 520. 19 Zur Kritik an der Deutung der Zielfunktion (l) als soziale Wohlfahrtsfunktion siehe allerdings Cukierman (1986) S. 9 und 8/ackburn, Christensen (1989) S. 16. 20 Bei einer mehrperiodigen Betrachtung wird dieses negative Ergebnis u.U. dadurch gemildert, daß die Geldpolitiker aus Reputationsgründen, um eine negative Beeinflussung künftiger Inflationserwartungen infolge von Täuschungsversuchen zu verhindern, einen Anreiz haben, ihre Ankündigung zu befolgen. Voraussetzung hierfür ist allerdings im Falle obiger Zielfunktion ein unendlicher Zeithorizont. Selbst wenn dies unterstellt wird, ist eine Inflationsrate von Null nicht stets erreichbar. Probleme ergeben sich darüber hinaus aus der mangelnden Eindeutigkeit von Reputationsgleichgewichten. Ausführlich hierzu Rogoff(l981).

Il. Vollständig eingeschränkter Handlungsspielraum

99

1.

Die verwendete Zielfunktion [Gleichung (l)] ist nicht länger als soziale Wohlfahrtsfunktion, sondern vielmehr als Zielfunktion einer vollständig weisungsgebundenen2I, eigennützig handelnden Zentralbank in bezug auf Inflation und die im Hinblick auf die Elemente ihrer Nutzenfunktion relevanten Inflationswirkungen aufzufassen. Sie dient unter Zugrundelegung der in Kapitel D getroffenen Annahmen im Hinblick auf die Präferenzen der Regierung und das Verhalten der anderen Akteure zur Herleitung der aus dem polit-ökonomischen System resultierenden Inflationierung durch eine an die Weisungen der Regierung gebundenen Zentralbank. Es geht also um eine qualitative Erklärung der Werte, die a, b, p, p* und pe im Verlauf eines Wahlzyklus annehmen.22 Trotz der engen Verwandtschaft zu diesen Arbeiten wird hiermit keine Theorie des politischen Konjunkturzyklus23 mit dem Ziel einer möglichst realitätsnahen Ableitung der Inflationsratenentwicklung angestrebt. Das Ziel besteht vielmehr darin, mögliche aus dem politischen Prozeß resultierende bzw. durch den politischen Prozeß nicht einschränkbare Anreize einer Zentralbank, die dem Regierungswillen folgt, zur Inflationserzeugung aufzuzeigen.

2.

Nicht nur die mit einer Überraschungsinflation verbundenen Beschäftigungseffekte, sondern alle für die Regierung relevanten Wirkungen sowohl einer von den Wirtschaftssubjekten antizipierten als auch einer von den Wirtschaftssubjekten nicht antizipierten Inflation werden berücksichtigt. Der Grund für das Auftreten oben genannter Inflationseffekte24 im Falle mangelhafter Antizipation besteht darin, daß die Nominallohnkontrakte, die gewünschte Realkassenhaltung sowie der Nominalzinssatz der gehaltenen Staatsschuld auf der Basis der erwarteten Inflationsrate für einen bestimmten Zeitraum festgelegt werden. Anpassungen an erkannte Erwartungsirrtümer können somit nicht ohne Zeitverzögerung erfolgen. Aus Gründen der Vereinfachung wird unterstellt, daß die Laufzeiten der 21 Zur sprachlichen Vereinfachung wird im folgenden als Kennzeichnung einer Zentralbank mit

vollständig eingeschränktem Handlungsspielraum auch der Begriff "weisungsgebunden" verwendet. Da in Kap. E.l genau festgelegt wurde, welche An der Handlungsrechteverteilung gemeint ist, trifft die oben an den Begriffen "nicht-autonom" und "abhängig" geübte Kritik hier nicht zu. 22 Anders als im gemeinwohlorientierten Ansatz gilt nun a ~ 0. 23 Die Diskussion über die Theorie des politischen Konjunkturzyklus wurde durch den Beitrag von Nordhaus (1975) ausgelöst. Sein Ansatz, der auf der Stimmenmaximierungshypothese, der Annalune "kurzsichtiger" Wähler und dem Konzept der um die Inflationserwartungen erweiterten Phillipskurve beruht, ist seitdem in unterschiedliche Richtungen weiterentwickelt worden. Als Überblick hierzu siehe Alesina (1988a) S. 14 ff. 24 Siehe oben S. 94.

100

E. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums I

Lohnkontrakte, der Staatsschuldtitel und der Festsetzung der Realkassenhaltung übereinstimmen und daß die Wirtschaftssubjekte die Entscheidungen im Hinblick auf alle drei Tatbestände gleichzeitig treffen. 3.

Die Lohnkontrakte werden von einer als Angebotsmonopolist wirksamen Gewerkschaft ausgehandelt.

4.

Nach wie vor wird von einer rationalen Bildung der Inflationserwartungen ausgegangen. Hierbei unterstellen wir jetzt allerdings, daß der eigentliche Prozeß der Erwartungsbildung mit seinen umfangreichen Informationserfordernissen nur von wenigen Experten und unmittelbar Beteiligten, z.B. den Verhandlungsparteien bei Lohnverhandlungen, vollzogen wird. Die übrigen Wirtschaftssubjekte übernehmen diese Erwartungen.25

5.

Die einzelnen Akteure unterscheiden sich im Hinblick auf ihren Informationsstand. Die Regierung - und mit ihr die abhängige Zentralbank besitzt, z.T. durch Mitwirkung von Interessengruppen, vollständige Informationen über das ökonomische und das polit-ökonomische System sowie über die Präferenzen von Stamm- und Wechselwählern. Die Experten, die die Inflationserwartungen bilden, besitzen im wesentlichen dieselben Informationen wie die Regierung. Ihre einzige Unsicherheit besteht im Hinblick auf die kritische Popularitätsgrenze, bei der genau die Regierung ihre Wiederwahl als gefährdet ansieht und entsprechende Maßnahmen trifft. Schätzt sie die Situation, in der sich die Regierung befindet, allerdings richtig ein, wird vollkommene Kenntnis über deren Zielfunktion vorausgesetzt. Für die Repräsentanten der anderen Interessengruppen wird derselbe Informationsstand unterstellt. Die privaten Wirtschaftssubjekte können die für sie entsprechend unserem Modell relevanten Informationen von Experten übernehmen und besitzen daher keinen Anreiz, Kosten aufzuwenden, um sich über die Funktionsweise des ökonomischen und des polit-ökonomischen Modells zu informieren. Ihre diesbezüglichen Kenntnisse werden daher als rudimentär angenommen.

25 Aus Sicht dieser Wirtschaftssubjekte ist die "Delegierung" der Aufgabe der Prognose künftiger Inflationsraten ein Mittel zur Senkung der Kosten der Informationsbeschaffung und -Verarbeitung und daher als rationale Verhaltensweise einzustufen. Älmlich argumentiert Downs (1968)

S. 202 ff. im Hinblick auf den "Prozeß des Sich-Informierens" der Wähler.

II. Vollständig eingeschränkter Handlungsspielraum

101

Unter Zugrundelegung dieser modifizierten Annahmen können nun die einzelnen Bestandteile der Gleichung (l) einer erneuten Analyse unterzogen werden. Zunächst sei eine Situation oberhalb des kritischen Popularitätsgrades unterstellt. Mit der Entscheidung über p"', also die von der Regierung angestrebte Inflationsrate, erfolgt gleichzeitig die Festsetzung der dauerhaft gewünschten Inflationssteuer. In einer stationären Wirtschaft entsprechen die Einnahmen aus der Inflationssteuer dem sogenannten Seignioragegewinn, der aus der Differenz zwischen Nominalwert und Herstellungskosten des Geldes resultiert. Diese Einnahmen fließen dem Staat entweder auf dem Wege der Gewinnausschüttung oder aber direkt durch eine Kreditaufnahme bei der Notenbank zu. 26 Unter den Annahmen eines einzigen Geldanbieters27, Herstellungskosten des Geldes von Null sowie einer Nichtverzinsung der Geldhaltung ergibt sich ein Seignioragegewinn von:28,29 26 Streng genommen sind diese beiden Einnahmequellen zu trennen, weil die Einnahmen aus Krediten im Gegensatz zu den "echten" Geldschöpfungseirmahmen in der Zukunft Ausgaben für den Schuldendienst und folglich zusätzliche Einnahmen erfordern; Pahlke (1981) S. 119. In der makroökonomischen Analyse wird dieser Unterschied im allgemeinen jedoch vernachlässigt und somit implizit ein zinsloser Kredit mit unendlicher Laufzeit unterstellt. 27 Die Armahme eines einzigen Geldanbieters bedeutet keine Einschränkung der Allgemeinheit der Analyse. In einem mehrstufigen Bankensystem entsprechen die staatlichen Einnahmen dS, mit d - Anteil der Geldbasis an der gesamten Geldmenge und S- Seignioragegewirm; siehe hierzu C/aassen (1980b) S. 340. 28 Friedman (1971) S. 849. Dieser Ansatz wird gewählt, weil er den fiskalischen Aspekt der Inflationssteuer in den Vordergrund stellt. Wohlfahrtstheoretische Analysen, wie sie z.B. Bailey (1956), Phelps (1972), (1973) und Kimbrough (1986) durchführen, unterstellen gemeinwohlorientierte Politiker und interessieren an dieser Stelle nicht. 29 Klein und Neumann haben kürzlich abgeleitet, daß in der Regel nicht die gesamte entstandene Seigniorage dem Staat zufließen wird. Während die Seigniorageentstehung unabhängig von der Art und Weise der Geldschöpfung analysiert werden kann, sind die operationellenund institutionellen Details für die Seigniorageverteilung von entscheidender Bedeutung. Teile der Seigniorage fließen z.B. an die Zentralbank zur Deckung ihrer Verwaltungskosten, an inländische und ausländische Notenbankschuldner in Form von Zinssubventionen - falls die Zentralbank Zinsen unterhalb des Marktniveaus erhebt -,dienen dem Ausgleich von Wertverlusten von Währungsreserven oder der Nettoinvestition der Zentralbank in zinstragende Aktiva. Siehe hierzu Klein, Neumann (1990). Im folgenden wird jedoch davon ausgegangen, daß der Geldmonopolist die institutionellen und operationeilen Details der Geldschöpfung so organisiert, daß ihm ein möglichst großer Teil der entstandenen Seigniorage zufließt. Geht man weiterhin von minimalen Verwaltungskosten aus, kann die Entwicklung von entstandener und dem Staat zufließender Seigniorage als proportional angesehen werden. 8 Willeke

102

(9)

mit:

E. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums I

S =(1/P)(dM/dt) =(M/P) gM

s -

Seigniomgegewinn nominale Geldmenge Preisniveau Zeit t gM - Wachstumsrate der nominalen Geldmenge.

Mp -

Für eine stationäre Wirtschaft gilt gM =p, so daß: (10)

s = (M/P) p.

Da die Wirtschaftssubjekte eine bestimmte Realkasse anstreben, sich diese jedoch mit der Rate p reduziert und daher durch eine Ausweitung der nominalen Geldmenge wieder aufgefüllt werden kann, fließen dem monopolistischen Geldanbieter Einnahmen zu. Für diese hat sich der Name Inflationssteuer eingebürgert, weil Inflation als Besteuerung der Realkassenhaltung angesehen werden kann30; p ist der Steuersatz, M/P die Bemessungsgrundlage. Mit zunehmenden Inflationserwartungen geht aber die gewünschte Realkassenhaltung zurück. Die einnahmenmaximierende Inflationsrote liegt - unter den Annahmen einer konstanten Inflationsrate, vollkommener Voraussicht und eines inflationsunabhängigen Realzinses - genau dort, wo sich der Einnahmezugewinn durch eine Erhöhung des "Steuersatzes" und der Einnahmerückgang aufgrund einer niedrigeren "Steuerbemessungsgrundlage" genau ausgleichen. In diesem Punkt beträgt die Elastizität der realen Geldnachfrage in bezug auf die erwartete Inflationsrate minus eins. 31,32 30 Keyfll!s (1924) S. 42 ff., Cagan (1956) S. 78, Friedmon (1971) S. 846. 31 Cagan (1956) S. 81, Friedman (1971) S. 849. Dergenaue Wert der einnahmenmaximierenden Inflationsrate hängt ab von dem Verlauf der realen Geldnachfrage in Abhängigkeit von der erwarteten Inflationsrate. Für unterschiedliche Verläufe der Realkassennachfrage errechnete Friedman einnahmenmaximierende Inflationsraten zwischen 5% und 50% pro Jahr. Friedman

(1971) s. 852. 32 Dieser einfache Ansatz der Seignioragebetrachtung, der für den vorliegenden Untersuchungs-

zweck jedoch völlig ausreicht, ist in der Literatur in unterschiedliche Richtungen modifiziert wor-

II. Vollständig eingeschränkter Handlungsspielraum

103

Es stellt sich nun die Frage, welche Inflationsrate zwischen Null und der einnahmenmaximierenden Rate die Regierungspartei rationalerweise anstreben wird. Der Vorteil der Inflationssteuer im Vergleich zu anderen Steuerarten besteht vor allem in ihrer einfachen Erhebung und fehlenden Ausweich- und Hinterziehungsmöglichkeiten.33 Für die "progressive" Partei34, die annahme-

den mit dem Resultat abweichender Optimierungsbedingungen. In einer wachsenden Wirtschaft ergibt sich die zusätzliche Möglichkeit einer (inflationsfreien) Geldmengenausdehnung aus einem Anstieg der realen Geldnachfrage infolge eines Bevölkerungswachstums und/oder eines Anstiegs des realen Pro-Kopf-Einkommens. Unter der Annahme einer inflationsunabhängigen Einkommenselastizität der realen Geldnachfrage gilt dann

=

S (M/P) p + (M/P) (gN + ~y gy) mit: gN - Wachstumsrate der Bevölkerung gy - Wachstumsrate des realen Pro-Kopf-Einkommens emy· Elastizität der realen Geldnachfrage pro Kopf in bezug auf das reale Pro-Kopf-Einkommen. Die einnahmenmaximierende Inflationsrate liegt nun unterhalb derjenigen in einer stationären Wirtschaft, denn im Steady-state-Gleichgewicht bei annahmegemäß konstanten gN und ~y gy ninunt der Summand M/P (gN + ~y gy) mit steigender Inflation ab. Siehe hierzu Friednum (1971) S. 848 ff. Die Friedmansche Analyse vernachlässigt den Anpassungsprozeß infolge einer Inflationsratenänderung und unterstellt eine Realkassenanpassung durch einen sofortigen Preisniveauanstieg. Auernheimer (1974) modifiziert dies dahingehend, daß er von einer Realkassenanpassung durch

eine einmalige Änderung der nominellen Geldmenge ausgeht. Hierdurch vermindern sich die Seigniorageeinnahmen im Falle einer Erhöhung der Inflationsrate, und die einnahmenmaximierende Inflationsrate liegt unterhalb der von Friedman berechneten. 33 Keynes (1924) S. 42. Diese Eigenschaften der Inflationssteuer gewinnen mit steigenden Ineffizienzen des eigentlichen Steuersystems an Bedeutung. Der Anteil des Seignioragegewinns an den gesamten Staatseinnahmen variiert daher von Volkswirtschaft zu Volkswirtschaft. Für die EWSMitgliedsländer siehe hierzu Gubitz (1989) S. 293 ff. Cukierman, Edwards, Tabellini (1990) zeigen, daß die Inflationssteuer vor allem für Volkswirtschaften, die durch einen niedrigen Entwicklungs· stand und einen geringen Urhanisierungsgrad- oft zusammen mit politischer Instabilität und Polarisierung - gekennzeichnet sind, ein attraktives einnahmepolitisches Instrument darstellt. Starke Anreize zur Finanzierung über Geldschöpfung ergeben sich auch in Sondersituationen, wie in Kriegszeiten oder nach lang anhaltenden Kriegen, wenn unergiebige Steuerquellen, eine ineffiziente Steuerverwaltung und ein hoher Ausgabenbedarf zusammentreffen. Beispielsweise wurden die beiden großen Inflationen in Deutschland durch eine Kriegsfinanzierung auf dem Wege der Geldschöpfung ausgelöst; siehe hierzu etwa Schmölders (1968) S. 337 ff. Länderspezifische Merkmale und Sondersituationen werden im folgenden nicht weiter behandelt.

34 Zu

den in dieser Arbeit unterstellten Annahmen im Hinblick auf die Ideologie der beiden

Modellparteien "progressiv" und "konservativ" siehe oben S. 65 f.

104

E. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums I

gemäß eine Ausdehnung der Staatsquote anstrebt und dem Preisniveaustabilitätsziel keine große Bedeutung beimißt, wird deshalb ein Rückgriff auf die Inflationssteuer besonders dann attraktiv sein, wenn eine zusätzliche Ausschöpfung anderer Steuerquellen, z.B. aufgrund zu befürchtender Steuerwiderstände, oder eine zusätzliche Kapitalmarktverschuldung, aufgrund ihrer Zinswirkungen, als nachteilig angesehen wird. Die ökonomische Begrenzung der dauerhaft angestrebten Realkassenbesteuerung bildet die einnahmenmaximale Inflationsrate. Diese wird jedoch u.U. durch die polit-ökonomische Grenze unterschritten, die sich bei derjenigen Inflationsrate befindet, bei der in den Augen der Stammwähler ceteris paribus der Nutzen einer zusätzlichen Einheit Staatsausgaben gleich dem entgangenen Nutzen aufgrund der damit verbundenen zusätzlichen negativen Inflationswirkungen wird. Die "konservative" Partei dagegen, die annahmegemäß eine Konstanthaltung oder eine Reduktion der Staatsquote anstrebt, Budgetdefizite zu vermeiden versucht und zudem inflationsavers ist, wird in aller RegePS ihre Ausgaben mit Hilfe der übrigen Einnahmequellen decken und daher p* =0 setzen. Festzuhalten bleibt, daß die "progressive" Partei zumeist einem Anreiz zur Erhebung einer Inflationssteuer ausgesetzt ist (p"progressiv > 0), die "konservative" Partei dagegen nicht (p"konservativ = 0).36 Die jeweils amtierende Regierungspartei kündigt die von ihr aus ideologischen Gründen angestrebte Inflationsrate p* an. Wie beim gemeinwohlorientierten Ansatz stellt sich jedoch wieder die Frage nach der Zeitkonsistenz, d.h. ob die angekündigte Inflationsrate für die Regierungspartei auch noch optimal ist, nachdem die privaten Wirtschaftssubjekte ihre für eine Periode bindenden Entscheidungen über die Nominallöhne, den Nominalzinssatz der gehaltenen Staatsschuld und die gewünschte Kassenhaltung getroffen haben. Um zu einer Antwort zu gelangen, ist zunächst zu untersuchen, ob die "progressive" bzw. die "konservative" Partei aus ideologischen Gründen einen Nutzen aus einer Überraschungsinflation ziehen, d.h. ob für sie a > 0 oder a =0 gilt. Im Hinblick auf die Möglichkeit, temporäre Beschäftigungswirkungen zu erzielen, kann der Schluß gezogen werden, daß die "progressive" Partei auf

35 Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß in den auf S. 103, Fn. 33 erwähnten Sondersituationen auch einer "konservativen" Panei zur Finanzierung unbedingt notwendiger Ausgaben nur noch der Ausweg "über die Notenpresse" bleibt. Dieser Fall wird im folgenden jedoch vernachlässigt. 36 Ebenso AlesiTUl (1988a) S. 21 .

II. Vollständig eingeschränkter Handlungsspielraum

105

grundihres Bestrebens, die Beschäftigungsrate über ihren natürlichen Wert zu drücken, einen Nutzen aus einer Überraschungsinflation zieht, während dies annahmegemäß für die "konservative" Partei nicht gilt. Gemäß der Gläubiger-Schuldner-Hypothese führt eine nicht antizipierte Inflation zu einer Entwertung der gehaltenen Staatsschuld und somit zu einer Minderung der Realansprüche gegenüber der Regierung. 37 In diesem Sinne gewinnt der Staat, falls er Nettoschuldner ist, durch eine Überraschungsinflation neue Finanzierungsspielräume38; hierdurch eröffnen sich Möglichkeiten zu zusätzlichen Staatsausgaben. Wiederum stiftet dies der "progressiven" Partei einen Nutzen, der "konservativen" dagegen nicht. Inflationssteuereinnahmen können durch eine nicht antizipierte Inflation über ihr Steady-state-Maximum hinaus erhöht werden, wenn sich - wie hier unterstellt - die Realkassenhaltung nicht unendlich schnell anpaßt. 39 Wie oben dargelegt, besteht für die "konservative" Partei kein Anreiz zum Rückgriff auf diese Einnahmequelle. Für die "progressive" Partei stellen zusätzliche Inflationssteuereinnahmen dann einen Nutzen dar, wenn p* gleich der im steady state einnahmenmaximierenden Rate40 gesetzt wurde. Andernfalls wären höhere Seigniorageeinnahmen durch ein höheres p* erreichbar gewesen, ohne auf das Mittel einer Überraschungsinflation zurückgreifen zu müssen. Über die bisher genannten Motive hinaus kann auch die monetäre Alimentierung der Maßnahmen anderer Politikbereiche einen Beweggrund für eine Überraschungsinflation darstellen. Entsprechende Impulse können sowohl von der Lohn- als auch von der Fiskalpolitik ausgehen. Setzen die Gewerkschaften eine Wachstumsrate des Reallohns durch, die oberhalb der Wachstumsrate der Produktivität liegt, kommt es zu einer Erhöhung der natürlichen Arbeitslosenrate.41 Daraus resultiert eine Vergrößerung des Abstandes zwischen der von der 37 Schon Keyfll!s (1924) S. 64 ff. weist auf diese Möglichkeit als Alternative zu einer Kapitalsteuer hin. 38 Um zu einem generellen Uneil darüber zu gelangen, ob der Staat Inflationsgewinner oder -Verlierer ist, müßte zusätzlich der Einfluß der Inflation auf die staatlichen Einnahmen und Ausgaben berücksichtigt werden. Eine allgemeingültige Aussage hierüber ist jedoch ohne Zugrundelegung spezifischer institutioneller Regelungen nicht möglich. Wichtige Faktoren in diesem Zusammenhang sind die Aufkommenselastizität des Steuersystems, die An der Inflation hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Einkommensveneilung sowie die spezifische Ausgabenstruktur des Staats. In dieser Arbeit wird ein Nettoeffekt von Null unterstellt. Zu der Frage, ob der Staat an einer Inflation gewinnt oder verlien, siehe z.B. Feldsieper (1975), (1976), Fricke (1976) S. 277 ff. 39 Cagan (1956) S. 79, Friedman (1971) S. 893. 40 Siehe oben S. 102. 41 Einen deranigen Fall behandelt Cukierman (1991) S. 150 ff.

106

E. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums I

"progressiven" Partei angestreblen und der tatsächlichen Beschäftigung und somit auch eine Erhöhung des Anreizes zu einer Überraschungsinflation; aProgressiv wird also steigen. Die Fiskalpolitik kann den Anreiz der Geldpolitik zur Inflationierung durch eine hohe Staatsverschuldung sleigern. Unterstellen wir die Möglichkeit einer intertemporalen Lastverschiebung durch Budgetdefizire42 und eine hinreichend große Gegenwartsvorliebe seilens der Wirtschaftssubjekte43, dann besteht für die Regierung ein Anreiz, zusätzliche Ausgaben nicht über Steuern, sondern auf dem Wege der Staatsverschuldung zu finanzieren.44 Für die "progressive" Partei, die eine Ausdehnung des Staatsanteils anstrebt, kann eine derartige Motivation unterstellt werden. Zunehmende Schuldfinanzierung führt jedoch zu einem Ansteigen des Realzinses45 mit der Gefahr negativer Folgen für Investition, Output und Beschäftigung. Die Geldpolitik gerät hierdurch in die Versuchung, den Realzins senken zu wollen; dies ist jedoch nur durch eine Überraschungsinflation möglich. 46 Die "konservative" Partei ist diesem Anreiz nicht ausgesetzt, weil sie kein Motiv für eine dauernde Staatsverschuldung hat. Das Ergebnis dieses Überblicks über die Anreize zu einer Überraschungsinflation und ihrer Zuordnung auf die beiden Modell-Parteien lautet somit, daß die "konservative" Partei - bei ausschließlicher Betrachtung ideologischer Aspekte - a = 0 setzen wird und die angestreble Inflationsrate unter diesem Gesichtspunkt zeitkonsistent ist. Für die "progressive" Partei dagegen konnten zahlreiche Anreize für die Auslösung einer Überraschungsinflation hergeleilet werden, so daß a > 0 ist. Welchen genauen Wert a annehmen wird, hängt von dem Gesamtnutzen ab, den die "progressive" Partei entsprechend ihrer ideologischen Ziele aus den aufgeführten Wirkungen einer nicht antizipierten Inflation zieht.

42 Zur Lastverschiebungsdiskussion siehe z.B. Gandenberger (1972), Gandenberger (1981) S. 28 ff., Hansmeyer (1984) S. 125 ff. 43 Diegenaue Bedingung für eine Bevorzugung der Kreditfinanzierung gegenüber der Steuerfinanzierung durch rationale und gut infonnierte Wirtschaftssubjekte lautet, daß die marginale Zeitpräferenzrate, d.h. die Grenzrate der Substitution von Zukunftskonsum durch Gegenwartskonsum, über dem Zinssatz für Staatspapiere liegt. Siehe hierzu Gandenberger (1972) S. 208 f., Gandenberger (1981) S. 36 f. 44 Siehe auch Buchanan, Wagner (1977) S. 140 ff. 45 Für eine genaue Analyse des Zusammenhangs zwischen Budgetdefizit und Realzinssatz siehe Brunner (1986). 46Neumann(l98l)S.123ff.

ll. Vollständig eingeschränkter Handlungsspielraum

107

Unterstellt man nun zunächst einen begrenzten Zeithorizont für das Kalkül der Politiker - z.B. bis zur nächsten Wahlperiode - ergibt sich ein ähnliches Optimierungsproblem wie im einfachen ZeitinkonsistenzmodeU, mit dem Unterschied, daß nun gilt p* > 0.

(11)

U = a(p- pe)- b/2 (p- p*)2 = max.

Aus der Ableitung der Zielfunktion nach p und der Gleichsetzung mit Null ergibt sich die die Zielfunktion maximierende Inflationsrate von

(12)

p =a/b + p*,

die somit wiederum oberhalb der angekündigten Rate liegt. Da die die Inflationserwartungen bildenden Experten diesen Anreiz zur Überraschungsinflation durchschauen und deshalb

setzen, und die Wirtschaftssubjekte dem unterstellten Informationsmechanismus entsprechend47 diese Inflationsratenprognose ihren Entscheidungen zugrunde legen, ergeben sich keinerlei realen Effekte. Der Zielfunktionswert beträgt [Einsetzen von ( 12) und (13) in (11)]:

(14)

U =- 0,5 a2fb

und unterschreitet damit den Wert für den Fall der Realisierung der angekündigten Politik (p = p*), der Null wäre.

47 Siehe oben S. 100.

108

E. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums I

Ob dieses Ergebnis tatsächlich eintritt, hängt entscheidend davon ab, ob der Zeithorizont tatsächlich als begrenzt gelten kann. Berücksichtigt man, daß mit der Ausrichtung der Politik auf die Stammwählerpräferenzen das Ziel einer langfristigen Stimmenmaximierung unabhängig von konkreten Wahlterminen verfolgt wird, erscheint die Unterstellung eines Wlbegrenzten Zeithorizontes sinnvoller. In diesem Fall aber besteht - wie bereits erwähnt48 - die Möglichkeit der Vermeidung oder Abmilderung des Wlgünstigen Zeitinkonsistenzergebnisses diskretionärer Politik.49 Die Interaktion zwischen der Regierung und den anderen Akteuren kann jetzt nämlich als sich in jeder Periode wiederholendes Spiel aufgefaßt werden. In diesem Fall aber ist es für die RegiefWlg rational, die Folgen ihrer gegenwärtigen Handlungen, hier also der Festsetzung der Inflationsrate, auf die HandlungsbedingWlgen in zukünftigen Perioden in ihre Entscheidungen einzubeziehen. Weicht sie in einer Periode von der angekündigten Politik ab, indem sie p > p* setzt, verliert sie an Reputation in der Öffentlichkeit, und ihre Ankündigungen im Hinblick auf das Inflationsziel werden unglaubwürdig. Dieser Reputationsverlust wirkt sich in höheren Inflationserwartungen in der nächsten Periode (oder den nächsten Perioden) und damit in dann ungünstigeren Rahmenbedingungen für die Festsetzung der Inflationsrate aus.50 Im Falle des von Barro und Gordon unterstellten Erwartungsmechanismus51

,sofern Pt= Pte (15)

Pt+Ie = pdiskretionär

wird eine Verletzung der Ankündigung eine Periode lang durch höhere Inflationserwartungen "bestraft". Entspricht die in Periode t von der Regierung realisierte Inflationsrate der erwarteten Inflationsrate, wird auch der Ankündigung der für die Periode t+l angestrebten Inflationsrate geglaubt. Weicht dage-

48 Siehe oben S. 98, Fn. 20. 49 Zur BedeutWlg der Unbegrenztheil des Zeithorizonts siehe etwa 8/ackburn, Christensen (1989) s. 18. 50 Hierzu Wld zum Folgenden Barro, Gordon (1983b) S. 107 ff. 51 Barro, Gordon (1983b) S. 108. Unter pdiskretionär wird die Inflationsrate verstanden, die sich aus der Maximierung der Zielfunktion unter der Annahme gegebener Inflationserwartungen ergibt, im Falle der hier Wllerstellten ZielfWlktion also a/b + p*.

Il. Vollständig eingeschränkter Handlungsspielraum

109

gen in Periode t die tatsächliche von der erwarteten Inflationsrate ab, schenken die Wirtschaftssubjekte der Ankündigung der Inflationsrate für die Periode t+ 1 keinen Glauben. Sie erwarten statt dessen, daß die Politiker die Zielfunktion unter den Annahmen gegebener Inflationserwartungen maximieren und somit die Inflationsrate entsprechend Gleichung (12) setzen werden. Im zuletzt genannten Fall beträgt der Nutzenverlust infolge des Glaubwürdigkeitsverlustes aus Sicht der Periode t:

(16)

l/(l+zJ (Ut+l * _ ut+ldiskretionä') = 1/(l+zt) 0,5 a2fb

mit: z- Diskontierungsrate.52

Für den Politiker verliert ein Abweichen von p* dann an Attraktivität, wenn diese "Bestrafung" größer oder gleich ist dem Anreiz zur Überraschungsinflation in Höhe von (gegeben pe p*)53

=

(17)

utüberraschung- ut

= 0,5 a2fb.

Ein Vergleich beider Werte zeigt, daß die von der "progressiven" Partei angestrebte und angekündigte Inflationsrate nur dann glaubwürdig ist, wenn rt = 0 ist, d.h. wenn zukünftige Perioden genauso hoch eingeschätzt werden wie die Gegenwart. Aufgrund der Gegenwartsvorliebe der Wirtschaftssubjekte kann hiervon allerdings nicht ausgegangen werden. Würde die Revision der Inflationserwartungen - wie im Falle der gemeinwohlorientierten Zeitinkonsi-

52 Um in der Zukunft anfallende Nutzenströme bewerten m können, müssen diese auf den gegenwärtigen Zeitpunkt abgezinst werden. Je höher die der Abzinsung mgrunde gelegte Diskontierungsrate ist, um so höher wird die gegenwärtige im Vergleich zu zukünftigen Perioden gewichtet und um so niedriger werden künftige Nutzenverluste eingeschätzt. 53 utÜberraschung = 0,5 a2fb ergibt sich, wenn pe = p* und p =a/b + p* in Gleichung (11) eingesetzt werden.

110

E. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums I

Stenzmodelle - den einzigen Bestrafungsmechanismus darstellen, wäre demnach die angekündigte Inflationsrate p• nicht glaubwürdig. 54 Ein ideologische Ziele verfolgender Politiker muß jedoch zusätzlich den möglichen Verlust an Stammwählern infolge einer dauerhaften Verletzung ihrer Präferenzen (suboptimal hohe Inflationsrate ohne Änderung der realen Bedingungen der Volkswirtschaft) in sein Kalkül einbeziehen. Zusammen mit dem Glaubwürdigkeitsverlust ist also der Stammwählerverlust zu berücksichtigen. Unter diesen Umständen hängt die Zeitkonsistenz der angestrebten Inflationsrate von der Diskontierungsrate des Politikers, das Ausmaß der Starnmwählerreaktion sowie der Bedeutung, die der Politiker einem Stammwählerverlust beimißt, ab. Je höher die Bedeutung zukünftiger Perioden und des Verlustes an Stammwählern eingeschätzt wird und je schneller unzufriedene Stammwähler ihrer Partei die Unterstützung versagen, desto wahrscheinlicher ist es, daß eine Überraschungsinflation auch für die "progressive" Regierungspartei unattraktiv wird und sich somit angestrebte und tatsächliche Inflationsrate entsprechen. Hiervon wird im folgenden dieses Unterabschnitts ausgegangen. Unter der Annahme, daß sich die angestrebte Inflationsrate bei beiden Parteien unter Ideologieaspekten als zeitkonsistent erweist, wird nun der Wiederwahlaspekt in die Analyse einbezogen. Unterschreitet die Popularität der jeweiligen RegierungsparteiSS eine in den Augen der Politiker kritische Grenze, wird die Maximierung der ideologischen Ziele durch die Maximierung des Stimmenanteils bei der nächsten Wahl ersetzt. 56 Die Motivation zur Erzeugung einer Überraschungsinflation resultiert in diesem Fall aus der positiven Wertschätzung der Folgen der nicht antizipierten Inflation in den Augen der Wechselwähler, die den temporären Charakter dieser Effekte- falls sie überhaupt auftreten - infolge der "rationalen Ignoranz" 57 nicht erkennen.

54 Es existierenjedoch Reputationsgleichgewichte, die unterhalb der sich im einperiodigen Spiel ergebenden Inflationsrate liegen. Siehe hierzu Barro, Gordon (l983b) S. I 10 ff. Ist die Diskontierungsrate der Politiker nicht zu groß, ließe sich die Glaubwürdigkeit von p* eventuell durch eine

Verlängerung des Bestrafungsintervalls oder eine "strengere Bestrafung" in Form höherer zukünftiger Preisniveauerwanungen erzwingen; siehe hierzu Rogoff(I987) S. 150 ff.

55 ln Situationen unterhalb des kritischen Popularitätsgrades unterscheiden sich die Anreizstrukturen der "konservativen" und der "progressiven" Panei nicht, so daß im folgenden keine Differenzierung der Argumentation nach der jeweiligen Regierungspanei notwendig ist. 56 Siehe oben Abbildung 5, S. 67. 57 Siehe oben S. 83.

II. Vollständig eingeschränkter Handlungsspielraum

111

Aus der weiter vorne erläuterten ModeUierung des Wechselwählerverhaltens58 folgt ceteris paribus unmittelbar ein positiver Zusammenhang zwischen Beschäftigung und Wechselwählerstimmen. Zusätzlich gewonnene Ausgabenspielräume durch eine reale Entwertung der Staatsschuld bzw. durch Inflationssteuereinnahmen kann die Regierung für "Wahlgeschenke" nutzen, die entweder bestimmten Wechselwählergruppen direkt und damit für diese fühlbar zufließen oder organisierten Interessen mit der Folge einer regierungsfreundlichen Beeinflussung der Interessengruppenmitglieder durch ihre Repräsentanten zugute kommen.59 Ein durch eine Realzinssenkung ausgelöster Aufschwung bewirkt einen Beschäftigungsanstieg mit entsprechend positiven Popularitätsfolgen. Darüber hinaus resultieren aus niedrigen Zinsen Vorteile für den Unternehmensbereich - vor allem für die Baubranche -, so daß auch hier von einer "Belohnung" der Regierungspartei durch die entsprechenden Interessengruppen ausgegangen werden kann. Aufgrund der aufgezeigten Möglichkeiten, durch eine erfolgreiche Überraschungsinflation die Wiederwahlchancen zu steigern, ist eine Regierung, die sich unterhalb des kritischen Popularitätsgrades befindet, einem entsprechenden Anreiz ausgesetzt. Dennoch wird sie nicht unbedingt schon sofort nach Erkennen eines Popularitätsdefizits von dem unter Ideologieaspekten optimalen Verhalten abweichen. Eine erfolgreiche Täuschung ist unter den getroffenen Annahmen im Hinblick auf die Erwartungsbildung - wenn überhaupt - nur in einer Periode möglich, dann nämlich, wenn die Experten die kritische Popularitätsgrenze zu niedrig ansetzen und daher den Anreiz zu einer Überraschungsinflation nicht erkennen.60 Rationalerweise warten die Politiker bis zum Beginn

58 Siehe oben S. 83 f. 59 Friedman (1971) S. 853 f. sieht den Wahlaspekt als Grund dafür an, daß vor allem in Ent· wicklungsländem die Inflationsraten oberhalb der langfristig einnahmenmaximierenden Werte liegen. Von Hayek (1977) betont mit Nachdruck den Anreiz einer Regierung, ausgabenwirksame Gruppeninteressen auf dem Weg der Geldfinanzierung -also der Inflationssteuer- zufriedenzustellen: " Ist Regierungen einmal die Macht zur Begünstigung bestimmter Gruppen oder Teile der Bevölkerung gegeben, so zwingt sie der Mechanismus der Mehrheitsregierung, zwecks Erhaltung der Mehrheit diese Macht dazu einzusetzen, die Unterstützung einer ausreichenden Anzahl von Gruppen zu gewinnen. Die ständige Versuchung, lokalen oder sektoralen Unzufriedenheilen durch Manipulation der Geldmenge zu begegnen, um jenen, die nach Unterstützung rufen, zusätzliche

Leistungen zu bieten, wird häufig unwiderstehlich sein." EbendaS. 95.

60 Der Grund für diese Möglichkeit besteht in der Subjektivität der Einschätzung, ab welchem Umfrageergebnis von einem Popularitätsdefizit ausgegangen werden kann, d.h. ob beispielsweise

bereits bei einem Abfallen unter 52% ein Anreiz zu einer Überraschungsinflation besteht oder erst bei 51,5% etc.

112

E. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums I

der Wahlperiode, bevor sie potentiell wählerwirksame, inflatorische Maßnahmen ergreifen. Die unter Wiederwahlaspekten optimale Inflationsrate nimmt dann den Wert an, für den gilt:

Grenzstimmengewinn durch positive Effekte einer Überraschungsinflation = Grenzstimmenverlust durch eine übermäßig hohe6I Inflation.

Die Abweichung vom ideologisch ausgerichteten Verhalten zeigt sich in einer Veränderung der Werte der Zielfunktion. Die angekündigte Inflationsrate p* wird nicht geändert, um eine sofortige Offenbarung der strategischen Absichten zu vermeiden. Für die "konservative" Partei wird a, also der Anreiz zur Überraschungsinflation, der vorher Null war, ansteigen. In welche Richtung sich b - die Kosten eines Abweichens von der angestrebten Inflationsrate - entwickelt, hängt von den Präferenzen der Wechselwähler im Vergleich zu denen der Stammwähler ab. Sind erstere weniger inflationsavers, sinkt b, und vice versa. Die Veränderung der Werte von a und b in der Zielfunktion der "progressiven" Partei wird ebenfalls durch das Verhältnis der Präferenzen beider Wählergruppen zueinander bestimmt. Im Falle einer höheren Inflationsabneigung und einer niedrigeren Gewichtung der Effekte einer nicht antizipierten Inflation bei den Wechselwählern liegt (gegeben: p =p* in der Periode vor der Wahl) die unter Wahlgesichtspunkten optimale Inflationsrate unterhalb derjenigen, die sich im Ideologiefall im einperiodigen Spiel ergibt. Sie überschreitet jedoch auf jeden Fall p"', also diejenige Rate, die sich bei Annahme wirkungsvoller Reputationsmechanismen in den wahlfreien Perioden einstellt. Der Zustand der Volkswirtschaft in der Wahlperiode wird in diesem Modell durch das Verhalten der Politiker und Interessengruppen sowie die Inflationserwartungen der Experten und somit der Wirtschaftssubjekte bestimmt. Schätzt die Regierungspartei ihre Wiederwahlchancen kritisch ein, während die die Inflationserwartungen bildenden Experten von einer Situation oberhalb des kritischen Popularitätsgrades ausgehen, gelingt das Täuschungsmanöver mit den Folgen einer Inflationsrate von oberhalb p* und der Realisierung der angestrebten realen Effekte. Werden die Anreize zu einer Überraschungsinflation dagegen richtig erkannt, z.B. weil ein unzweifelhaftes Popularitätsdefizit besteht, und die Inflationserwartungen entsprechend ange-

61 "Übermäßig hoch" bezieht sich auf das Urteil der Wechselwähler.

Il. Vollständig eingeschränkter Handlungsspielraum

113

paßt62, ergibt sich dieselbe Inflationsrate wie im ersten Fall, jedoch ohne die gewünschten realen Effekte. Denkbar ist auch, daß die Regierungspartei prinzipiell keine Notwendigkeit zu einem Abweichen von ihrer ideologischen Linie sieht, während die Experten ein wahlstrategisches Verhalten vermuten und dementsprechende Inflationserwartungen bilden. Schätzt die Regierung die Stimmenverluste infolge rezessiver Tendenzen, die aus der Situation p < pe folgen, als wiederwahlgefährdender ein als einen Inflationsanstieg, wird sie die Inflationsrate auf pe heraufsetzen. Ein von außen erzwungener Inflationsanstieg kann jedoch nicht nur die Folge eines Irrtums in der Inflationserwartungsbildung sein, sondern auch die Konsequenz eines inflationären Drucks organisierter Interessen. Selbst eine sich ceteris paribusihrer Wiederwahl sicher fühlende Partei gibt ausgabenwirksamen Ansprüchen, die zusätzliche Einnahmen etwa auf dem Wege der Inflationssteuererhebung notwendig machen, nach, wenn sie andernfalls zu hohe Stimmenverluste infolge einer negativen Propaganda seitens der betroffenen Interessengruppen befürchtet. Auch für die Gewerkschaft besteht gerade in der Wahlperiode ein besonders großer Anreiz, Reallohnwachstumsraten durchzusetzen, die oberhalb des Produktivitätswachstums liegen. Da ein Anstieg der Arbeitslosenrate Stimmenverluste nach sich zieht, können die Chancen einer monetären Alimentierung hoch eingeschätzt werden. Ob sich die gewünschten realen Effekte einstellen und die von den Interessengruppen geforderten Maßnahmen überhaupt durchgeführt werden können, hängt wiederum von den Inflationserwartungen ab. Ein regelmäßiges Nachgeben gegenüber exogenen Ansprüchen erscheint allerdings aus Sicht der Regierungspartei nicht rational, weil die Inflationserwartungen ansonsten in jeder Wahlperiode ansteigen würden mit der Konsequenz, daß dann die Erzielung wiederwahlfördernder realer Effekte überhaupt unmöglich wäre. Die angekündigte Inflationsrate bleibt also nur in den Fällen auch in der Wahlperiode zeitkonsistent, in denen die Regierungspartei sich einer hinreichend hohen Popularität erfreut. Nach der Wahl stellt sich die von der dann regierenden Partei entsprechend ihrer ideologischen Ziele angestrebte Inflationsrate ein. Da annahmegemäß die Bildung der Inflationserwartungen im Anschluß an das Bekanntwerden des Wahlergebnisses erfolgt und keine Unsicherheit über die Parteipräferenzen besteht, ergeben sich keine realen Effekte.63 62 Da die

Experten dieselben Informationen über die AuswirkWlgen einer Überraschungsinfla-

tion und über die Präferenzen der Wechselwähler besitzen, können sie die unter Wiederwahlaspekten für die RegierWlg optimale Inflationsrate ableiten. Zu den Annahmen über den lnformationsstand der einzelnen Akteure siehe oben S. I 00 f.

63 In

Alesinas Zwei-Parteien-Ansatz eines politischen Konjunkturzyklus wird davon ausgegan-

gen, daß die Lohnkontrakte vor der Wahl fixiert werden müssen. Die Unsicherheit über den Wahl-

114

E. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums I

Aus der Berücksichtigung des Wiederwahlaspekts folgt für den oben dargestellten Reputationsmechanismus "Inflationserwartungen in der kommenden Periode", daß die Bestrnfung eines Täuschungsversuchs in der Wahlperiode nicht plausibel erscheint, denn eine Inflationierung unter Wiederwahlaspekten ließe sich aufgrunddes dann einperiodigen Zeithorizonts nicht verhindern.

ausgang spiegelt sich in den Inflationserwartungen wider, die ein mit den Wiederwahlwahrscheinlichkeilen der Parteien gewichtetes Mittel aus den jeweiligen ideologischen Inflationsraten darstellen. Hieraus ergeben sich je nachdem, welche Partei gewinnt, expansive oder rezessive Effekte in der Periode nach der Wahl; AlesÜUl (1988a) S. 20 ff. In dem Zeitinkonsistenzmodell von Backus, Driffi/1 (1985) resultieren reale Effekte aus der Tatsache, daß Unsicherheit im Hinblick auf

die Inflationspräferenzen der verantwortlichen Geldpolitiker besteht.

III. Vollständig uneingeschränkter Handlungsspielraum

115

ID. Herleitung innationärer Tendenzen bei Zentralbanken mit vollständig uneingeschränktem geldpolitischen Handlungsspielraum

Im Vergleich zu der in Kapitel E.II.2 vorgenommenen Analyse werden folgende Modifikationen vorgenommen: 1.

Die verwendete Zielfunktion [Gleichung (1)]1 ist jetzt als Zielfunktion einer weisungsungebundenen2 Zentralbank in bezug auf Inflation und die im Hinblick auf die Elemente ihrer Nutzenfunktion relevanten Inflationswirkungen aufzufassen.3 Sie soll mit den in Kapitel D getroffenen Annahmen hinsichtlich der Präferenzen einer weisungsungebundenen Zentralbank4 und des Verhaltens der anderen Akteure in Verbindung gebracht werden, um qualitative Aussagen über die Inflationsneigung einer Zentralbank mit vollständig uneingeschränktem Handlungsspielraum abzuleiten.

2.

Die Zentralbank ist über die grundsätzliche Funktionsweise des ökonomischen und des polit-ökonomischen Systems vollständig informiert. Ihre eigene Einschätzung im Hinblick auf das Ausmaß der Bedrohung ihres Status durch Regierung und Parlament kann von den anderen Akteuren nicht zweifelsfrei erkannt werden. In manchen Situationen besteht deshalb Unklarheit darüber, ob sich die Zentralbank oberhalb oder unterhalb des kritischen Sicherheitsgrades befindet. Hieraus resultiert ein weiterer Unsicherheitsfaktor für die die Inflationserwartungen bildenden Experten, der zu Erwartungsirrtümern führen kann. In dem Fall, in dem sie die Situation der Zentralbank richtig einschätzen, wird vollkommene Kenntnis über deren Zielfunktion vorausgesetzt.

1 Siehe oben S. 95. 2 Zur sprachlichen Vereinfachung wird im folgenden als Kennzeichnung einer Zentralbank mit vollständig uneingeschränktem Handlungsspielraum auch der Begriff "weisungsungebunden" verwendet. Da in Abschnitt E.l genau festgelegt wurde, welche Art der Handlungsrechteverteilung gemeint ist, trifft die oben an den Begriffen "autonom" und "unabhängig" geübte Kritik hier nicht zu. 3 Zu einer leicht differierenden formalen Übertragung des einfachen Zeitinkonsistenzmodells auf den Fall einer weisungsungebundenen Zentralbank vgl. N ewruJnn (1992) S. 65 ff. 4 Siehe S. 78 ff.

116

E. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums I

Ansonsten gelten die Annahmen des modiftzierten Zeitinkonsistenzmodells. In Analogie zum Fall einer vollständig weisungsgebundenen Zentralbank5 werden nun die einzelnen Bestandteile der Gleichung (1) analysiert. Als erstes stellt sich wiederum die Frage nach der von der Zentralbank angestrebten Inflationsrate p• und den zugrundeliegenden Determinanten. Ihrer Nutzenfunktion entsprechend, läßt sich die Notenbank hierbei, solange sie sich oberhalb des kritischen Sicherheitsgrades befindet, u.a. davon leiten, welche Größe von p• ihrem Prestige am förderlichsten ist. Allgemein kann davon ausgegangen werden, daß folgende Verhaltensweisen das Ansehen der Zentralbank in den Augen der Öffentlichkeit positiv beeinflussen: 6 - Verfolgung von Zielsetzungen, die der Zentralbank generell zugeordnet sind, entweder aufgrund eines gesetzlichen Auftrages7 oder aufgrund der Ansichten, die die Öffentlichkeit über die Notenbankaufgaben hat - Verfolgung von Zielsetzungen, die die Bevölkerung jeweils als besonders wichtig erachtet - Verfolgung von Zielsetzungen, für deren Realisierung der Zentralbank ein hohes Ausmaß an Verantwortlichkeit beigemessen wird - Zielerreichung gemäß den Erwartungen der Öffentlichkeit.

Bei Anwendung dieser Kriterien erscheint eine möglichst geringe Inflationierung mit Sicherheit dem Prestige förderlich; demnach wäre p • gleich Null zu setzen. In der Literatur wird allerdings zum Teil die Meinung vertreten, daß für die Zentralbank kein dauerhafter Anreiz für die Erhaltung von Preisniveaustabilität bestehe, weil sie in diesem Fall fürchte, ihre Daseinsberechtigung zu verlieren. 8 Aus Prestigegründen sei es günstiger, hin und wieder eine moderate Inflation zu erzeugen, die Verantwortung hierfür den Markt5 Siehe oben S. 101 ff. 6 Chan/, Acheson (1972) S. 14, Acheson, Chan/ (1973) S. 639. 7 Basler (1978) S. 86, Schneider, F. (1979) S. 475. Zur institutionenökonomischen Erklärung der Beeinflussung der Erwartungen der Öffentlichkeit im Hinblick auf die Zielsetzungen der Zentralbank durch einen gesetzlichen Auftrag vgl. die Erläuterung des Begriffs Institution in Kap. C.l, S. 25 f. sowie die Ausführungen über Property Rights, Kap. C.III.l und Kap. C.III.3. 8 Puchta (1981) S. 277, Hartwig (1983/84) S. 316.

I! I. Vollständig uneingeschränkter Handlungsspielraum

117

teilnehmern oder dem Staat anzulasten und in den nachfolgenden Perioden diese Inflation erfolgreich zu bekämpfen. Für p• würde dies im Zeitablauf wechselnde Werte bedeuten.9 Dieser Argumentation scheint implizit die Idee zugrunde zu liegen, eine fortwährende Zielverwirklichung werde nach einiger Zeit als selbstverständlich angesehen und daher das Verdienst für Preisniveaustabilität nicht mehr der Zentralbank zugesprochen. Eine derartige Gedankenkette vernachlässigt jedoch die Bedeutung, die zum einen währungsgeschichtlichen Erfahrungen und zum anderen den Inflationsergebnissen anderer Länder als Vergleichsmaßstab für die Leistung einer Notenbank beizumessen ist. Solange sich die Öffentlichkeit an positive Inflationsraten im eigenen Land erinnert oder in anderen Ländern das Ziel der Preisniveaustabilität verletzt wird, erscheint die Idee, dauerhafte Geldwertstabilität könne dem Prestige schaden, nicht plausibel. Sie wird daher nicht weiterverfolgt Einen wirksamen Anreiz, in einer Situation oberhalb des kritischen Sicherheitsgrades eine positive Inflationsrate anzustreben, könnte dagegen der diesbezügliche Wunsch des Bankensektors darstellen. Geschäftsbanken sind zwar an der Stabilität des Finanzsektors und folglich an einem gewissen Ausmaß an Kaufkraftstabilität interessiert, eine moderat inflationierende Politik wird jedoch aufgrund ihrer positiven Auswirkung auf den Gewinn strikter Preisniveaustabilität vorgezogen.lO,ll Das Geschäftsbankensystem hat aufgrund regelmäßiger institutionalisierter und informeller Zusammenkünfte von allen Wirtschaftsbereichen den engsten Kontakt zur Zentralbaßkl2 und besitzt somit eine Vielzahl von Möglichkeiten, seinen Wünschen Gehör zu verschaffen. Bei der Notenbank ist vor allem aus zwei Gründen ein Anreiz zu vermuten, die Interessen des Bankensektors bei ihren Handlungen zu berücksichtigen. Zum einen besitzen die Geschäftsbanken aufgrund ihrer Kompetenz in Fragen des Geldwesens besonders gute Möglichkeiten, durch entsprechende Stellungnahmen das Prestige der Notenbank in der Öffentlichkeit zu beeinflussen, so daß sich eine Mißachtung von Bankeninteressen negativ in Form von Prestigeverlusten auf den Nutzen der Zentralbank auswirken kann. Zum anderen stellt

9 Aus dem "Daseinsberechtigungsargument" könnte auch die Strategie abgeleitet werden, p zwar gleich Null zu setzen, aber dennoch zu inflationieren. Ein Auseinanderfallen von tatsächlicher und angekündigter Inflationsrate würde jedoch in den Augen der Öffentlichkeit einen größeren Kornpelenzmangel bedeuten als das frühzeitige Erkennen der "Nichterreichbarkeit" vollständiger Preisniveaustabilität in Verbindung mit der entsprechenden Ankündigung. 10 Puchta (1981) S. 259, Skaggs, Wasserkrug (1986) S. 173, Paldam (1988) S. 16. 11 Auch die Geschäftsbanken erzielen einen Inflationssteuergewinn; C/aassen (1980b) S. 340. 12 Puchta (1981) S. 255 ff., Beck (1988) S. 384. 9 Willeke

118

E. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums I

der Bankensektor aufgrund seines politischen Einflusses im Falle eines Konflikts zwischen Notenbank und Regierung eine wichtige potentielle Lobby für die Zentralbank dar. Für beide Akteure ist somit ein Quid-pro-quo-Verhältnis mit Vorteilen verbunden. Allerdings besitzt die Notenbank neben einer moderaten Inflationierung noch andere Möglichkeiten, um die Interessen der Geschäftsbanken zu unterstützen. Das Schrifttum nennt hier in erster Linie eine lnformationspolitik, die der Bankensektor rentabilitätssteigernd nutzen kann.l3 Eine dem Ziel der Preisniveaustabilität zuwiderlaufende Politik ist somit nicht unbedingt erforderlich, um das "Wohlwollen" der Banken zu erlangen oder zu erhalten. Sollte dennoch ein entsprechender Druck ausgeübt werden, hängt das nutzenmaximierende Ausmaß des Entgegenkommens seitens der Zentralbank von mehreren Faktoren ab, auf die weiter unten zurückzukommen sein wird. Zuvor jedoch ist zu fragen, welche Anreize von der Zielsetzung "diskretionäre Ausgaben"l4 auf die Höhe der angestrebten Inflationsrate ausgehen. Die meisten Zentralbanken finanzieren ihre Personal- und Sachausgaben aus ihren Erträgen und nicht aus einem im Rahmen des normalen Haushaltsverfahrens zugewiesenen Budget. 15 Der Residualgewinn wird ganz oder teilweise an den Staat überwiesen. Aus einem derartig konstruierten Budgetrecht leiten einige Autoren einen Anreiz der Zentralbank zur Inflationierung ab, weil mit einem Teil der zusätzlichen Seigniorageeinnahmen weitere bürokratische Annehmlichkeiten, z.B. in Form von Mitarbeitern, Dienstreisen, Büroeinrichtungen oder Repräsentationsbauten finanziert werden können.16 Tatsächlich ist davon auszugehen, daß Zentralbanken diskretionäre Ausgaben tätigen, weil diese die einzige Möglichkeit für die Zentralbankleiter darstellen, sich Anteile des erwirtschafteten Gewinns zu sichern. Der dafür bestehende Spielraum wird jedoch nicht zuletzt durch Wirtschaftlichkeitskontrollen, denen die meisten Zentralbanken als öffentlich-rechtliche Institutionen unterliegen, beschränkt. Der Vorwurf der Verschwendungssucht dürfte dem Prestige einer Notenbank eklatant schaden. Auf diese Weise können die Minimalkostenkombination übersteigende Ausgaben zwar nicht vollständig verhindert werden, aber eine Beschränkung auf ein Ausmaß, das sich in einer wachsenden Wirtschaft nicht-

12 Puchta (1981) S. 255 ff., Beck (1988) S. 384. 13 Puchta (1981) S. 258. Zur Möglichkeit der Infonnierung der Geschäftsbanken durch die geeignete Wahl offenmarktpolitischer Strategien - speziell auf die Verhältnisse in den USA bezogen -siehe Skaggs (1984). 14 Zur Erläuterung des Begriffs "diskretionäre Ausgaben" siehe oben S. 77. 15 Eine Ausnahme stellt die Notenbank von Japan dar. 16 Shughart II, Tollison (1983), Toma (1986), Mounts, Sowe/1 (1986), White (1988) S. 309 ff.

111. Vollständig uneingeschränkter Handlungsspielraum

119

inflationär finanzieren läßt, erscheint wahrscheinlich.l7 Ein Anreiz zur Inflationierung kann lediglich in den Situationen unterstellt werden, in denen der Notenbankgewinn ansonsten äußerst gering ausfiele. Insgesamt aber ist der Anreiz für eine übermäßig expansive Geldpolitik aufgrund des Motivs diskretionäre Ausgaben gering einzustufen. Aus der bisherigen Analyse folgt, daß es, wenn auch eher ausnahmsweise, Situationen geben kann, in denen aufgrund des Drängens der Geschäftsbanken und des Wunsches nach zusätzlichen diskretionären Ausgaben Anreize für die Zentralbank bestehen, eine positive Inflationsrate anzustreben. Die ökonomische Grenze liegt wieder im Punkt maximaler Inflationssteuer. Die obigen Ausführungen legen jedoch den Schluß nahe, daß die nutzenmaximierende unterhalb der einnahmenmaximierenden Rate liegt. Denn zum einen können, wie dargestellt, die Anreize in der Regel als relativ schwach eingeschätzt werden, und zum anderen muß die Zentralbank den Nutzengewinn aus der Inflationierung gegen den potentiellen Prestigeverlust abwägen.18 Ob bereits moderate oder erst relativ hohe Geldentwertungsraten zu einer Verringerung des Ansehens der Notenbank in den Augen der Öffentlichkeit führen, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden. Dies hängt entscheidend von der Inflationssensibilität der Bevölkerung ab1 9, die wiederum in großem Maße von den währungsgeschichtlichen Erfahrungen geprägt wird.20 Je höher der Stellenwert, den die Öffentlichkeit der Geldwertstabilität beimißt, um so mehr Prestige kann die Zentralbank durch eine stabilitätsorientierte Geldpolitik erlangen und um so stärker werden gegenläufige Anreize beschränkt. Im vorliegenden Fall spielt darüber hinaus, wie bereits erwähnt, die Beeinflußbarkeit der öffentlichen Meinung durch Stellungnahmen des Bankensektors eine Rolle. 17 Die Ansicht, daß diskretionäre Ausgaben nicht-inflationär finanziert werden, vertreten ebenfalls Willett, McArthur (1985) S. 25 f., Beck (1988) S. 382 f., Neumann (1990b) S. 184. Auch die von Toma bzw. Shughart II, Tollison vorgelegten empirischen Ergebnisse überzeugen nicht bezüglich der These eines Zusammenhangs zwischen diskretionären Ausgaben und Inflation. Zur Kritik an der empirischen Vorgehensweise von Shughart II, Tollison siehe Boyd (1984) und Strong (1984). Auf die Untersuchung von Toma trifft die allgemeine Beurteilung von Beck (1988) S. 382 zu: "There is evidence that the Fed spends more when its 'wealth' increases, but there is no empirical evidence that it makes policy to increase its wealth." 18 Auch White sieht eine Beschränkung des Wunsches, diskretionäre Ausgaben zu erzielen "by a fear of being generally perceived as an engine of inflation "; White (1988) S. 310. 19 Beck (1988) S. 371, Kösters (1990) S. 130 f., Kösters (1991) S. 164 f. 20 Kösters (1990) S. 130, Kösters (1991) S. 164. Beispielsweise werden die zwei großen Inflationen in DeutscWand in diesem Jahrhw1dert für den hohen Stellenwert des Ziels Preisniveaustabilität verantwortlich gemacht. Speziell zum Zusammenhang Deutsche Bundesbank-Geldwertstabilität-Prestige siehe darüber hinaus lssing (1982) S. 58.

120

E. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums I

Folgende Faktoren wirken somit dahin, daß eine Zentralbank, die sich oberhalb des kritischen Sicherheitsgrades befindet, p" 0 anstrebt:

=

- eine ausgeprägte Inflationsaversion der Bevölkerung - Möglichkeiten zur nicht-inflationären Finanzierung der gewünschten diskretionären Ausgaben - Möglichkeiten, die Geschäftsbanken mit Gegenleistungen zufriedenzustellen, die keine inflationäre Politik beinhalten - ein geringer Einfluß der Stellungnahmen des Bankensektors auf das Ansehen der Notenbank in den Augen der Öffentlichkeit.

Sind nicht alle Kriterien in ausreichendem Maße erfüllt, ist aufgrund der dargelegten Zusammenhänge damit zu rechnen, daß p" zwar positiv, aber nicht hoch sein wird. Im Rahmen der Spezifizierung der einzelnen mit der Zentralbank verbundenen Handlungsrechte2I wurde unterstellt, daß der Notenbankgewinn auch im Falle einer weisungsungebundenen Zentralbank ganz oder zum größten Teil dem Staat zufließt. Aus diesem Grund besteht für eine "progressive" Regierungspartei nach wie vor ein Interesse an der Erzielung von Inflationssteuereinnahmen.22 Die unter ideologischen Aspekten wünschenswerte Höhe der Seigniorageeinnahmen und damit auch der Inflationsrate liegt im Vergleich zu dem Fall einer weisungsgebundenen Zentralbank nun wahrscheinlich sogar höher, weil die Regierung die strategische Option besitzt, den Nutzen, den die Stammwähler aus den zusätzlichen Staatsausgaben ziehen, sich selbst zuzurechnen und die Verantwortung für die zusätzliche Inflation der Zentralbank anzulasten.23 Die Möglichkeit, die Notenbank zur inflationären Finanzierung des Staates mittels Geldschöpfung zu zwingen, besteht jedoch nur dann, wenn sich die Zentralbank unterhalb des kritischen Sicherheitsgrades befindet und somit von

21 Siehe oben Kap. E.l. 22 Siehe oben S. 103 f. 23 Zur "Sündenbock-Funktion" des Federal Reserve System siehe Kane (1986), insbesondere S. l95ff.

111. Vollständig uneingeschränkter Handlungsspielraum

121

einer ernsthaften Bedrohung ihres Handlungsspielraums überzeugt ist.24 Ab welcher Konfliktstärke und -dauer dies zutrifft, hängt von der erforderlichen parlamentarischen Mehrheit für eine Änderung der Zentralbankverfassung und von der Reaktion der Öffentlichkeit in Form von Wählerstimmen ab.25 Je größer die notwendige parlamentarische Mehrheit und das Ausmaß der zu erwartenden Wählerreaktion sind, desto größer ist auch der Spielraum, in dem sich die Zentralbank gefahrlos bewegen kann. Inflationsmentalität und historische Erfahrungen spielen im Konfliktfall zwischen Regierung und Zentralbank eine wichtige Rolle für die Machtposition der jeweiligen Akteure. 26 Eine offensichtliche Beschränkung des Handlungsspielraums durch eine formale Änderung des Rechts zur geldpolitischen Entscheidung ist demnach aus der Sicht der Regierung und - im Falle der Notwendigkeit einer qualifizierten Mehrheit - der im Parlament vertretenen Parteien nur dann rational, wenn die Position der Notenbank von der Öffentlichkeit nur noch in begrenztem Maße unterstützt wird. 27 Allerdings stehen der Regierung und dem Parlament auch weniger auffällige Möglichkeiten der faktischen Einschränkung des Notenbankspielraums offen, die eine nicht so große Aufmerksamkeit in der Bevölkerung hervorrufen und somit für die Parteien risikoloser sind. Hierzu zählen beispielsweise Einschränkungen der personellen Unabhängigkeit oder die Schaffung bzw. Verstärkung parlamentarischer Kontrollen. 28 In den Fällen, in denen die Zentralbank ihre Position gegenüber der "progressiven" Regierungspartei als zu schwach empfindet, und deshalb eine Einschränkung ihrer Handlungsrechte befürchtet, ist es für sie rational, nachzugeben und p" gleich der von der "progressiven" Partei gewünschten Rate p"progressiv zu setzen.29 24 Diese Bedingung gilt allgemein für ein Nachgeben der Zentralbank gegenüber der Regierung;

Schmidt (1983) S. 295.

25 Zum zuletzt genannten Punkt siehe Puchta (1981) S. 241. 26 Zur Bedeutung des stabilitätspolitischen Grundkonsenses für die Aufrechterhaltung des Handlungsspielraums siehe Hedtkamp (1968) S. 344 f., Schmidt (1983) S. 290, Caesar (1990) S.I24,Francke(l990)S.141, Wol/(199l)S. l69. 27 Schmidt (1983) S. 279 f., ähnlich: Hedtkamp (1968) S. 344. 28 Schmidt (1983) S. 282. 29 Regiert die "konservative" Partei, dürfte es um p* nicht zu wesentlichen Konflikten kommen, weil p*konservativ =0 ist und, wie dargelegt, auch eine weisungsungebundene Zentralbank keinen starken Anreizen zu einer dauerhaften lnflationierung unterliegt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, daß die Zentralbank mit einer "konservativen" Partei stärkere Konflikte als mit einer "progressiven" Partei überstehen kann, ohne unterhalb den kritischen Sicherheitsgrad zu sinken, weil eine "konservative" Partei in der Regel der Notenbankautonomie gegenüber positiver eingestellt ist als eine "progressive" Partei. Siehe hierzu Puchta (1981) S. 247 f. und 282 ff.

122

E. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums I

Die sich aus den dargelegten Überlegungen ergebende, aus Nutzenmaximierungsgründen anzustrebende Inflationsrate p* wird von der Zentralbank in t 0 beabsichtigt und gegebenenfalls auch angekündigt. Wiederum stellt sich die Frage nach der Zeitkonsistenz und damit zunächst nach den Anreizen einer Zentralbank zur Erzeugung einer Überraschungsinflation. Hierbei soll zuerst von einer Situation oberhalb des kritischen Sicherheitsgrades und den dann wirksamen Zielsetzungen - Prestige und diskretionäre Ausgaben - ausgegangen werden. Existenz und Stärke eines Anreizes zur Erzielung temporärer Beschäftigungseffekte hängen davon ab, ob und - falls ja - mit welcher Gewichtung das Beschäftigungsziel von der Öffentlichkeit zum Aufgabenbereich der Zentralbank gerechnet und wie hoch ihre Verantwortung für Zielerreichung oder Zielverfehlung eingeschätzt wird. Je stärker ausgeprägt diese beiden Faktoren sind, um so höhere Prestigegewinne lassen sich durch ein Senken der Arbeitslosenzahlen erzielen und um so positiver wird eine Überraschungsinflation von der Zentralbankleitung eingestuft. Der mit einer nicht antizipierten Inflation verbundene Effekt der Entwertung der von den Privaten gehaltenen Staatsschuld führt weder zu einer Steigerung des Ansehens der Zentralbank in der Öffentlichkeit noch zu einer Erhöhung der für diskretionäre Ausgaben zur Verfügung stehenden Einnahmen. Er stellt daher in Situationen oberhalb des kritischen Sicherheitsgmdes keinen wirksamen Anreiz für eine Überraschungsinflation dar. Dasselbe gilt, wenn auch in leicht abgeschwächter Form, für die Steigerung der Seigniorageeinnahmen. Diese Zielsetzung wäre nur dann rational, wenn die Zentralbankleitung p* gleich der langfristig einnahmenmaximierenden Rate gesetzt hätte. Weiter oben wurde eine derartige Handlungsweise jedoch als wenig wahrscheinlich eingestuft. Eine monetäre Alimentierung der Maßnahmen anderer Politikbereiche kann auch für eine weisungsungebundene Zentralbank einen Beweggrund für eine Überraschungsinflation darstellen. Falls die Notenbank aus Prestigegründen ein Beschäftigungsziel verfolgt, wird durch Lohnabschlüsse der Gewerkschaften, die einen Reallohnanstieg oberhalb des Produktivitätswachstums durchsetzen und somit eine Erhöhung der natürlichen Arbeitslosenrate bewirken, die Diskrepanz zwischen angestrebter und tatsächlicher Beschäftigung vergrößert. Hieraus resultiert eine Erhöhung des Anreizes zu einer plötzlichen Geldmengenexpansion. Die Stärke des Anreizes zur monetären Alimentierung der Finanzpolitik mit dem Ziel von Zinssenkungen ist wiederum davon abhängig, inwieweit die Bevölkerung temporäre Output- und Beschäftigungsgewinne, die auf diese

III. Vollständig uneingeschränkter Handlungsspielraum

123

Weise eventuell erreicht werden, als Verdienst der Zentralbank wertet. Darüber hinaus gehen jedoch von der Stärke der Position der Notenbank gegenüber der Regierung Wirkungen auf die Neigung zur Kreditaufnahme und damit indirekt auf Zinsniveau und Zinssenkungsanreiz aus.30 Über die Budgetbeschränkung des Staats sind Geld- und Finanzpolitik untrennbar miteinander verbunden; Budgetdefizite können nur entweder über die Ausgabe zusätzlicher Staatsschuldpapiere oder auf dem Wege der Verschuldung bei der Notenbank gedeckt werden. Unterstellt man eine Begrenzung der Möglichkeit zur Schuldfinanzierung, ergibt sich für die Finanzpolitiker die Notwendigkeit, das staatliche Ausgaben- und Kreditaufnahmeverhalten auf diese Grenze auszurichten, sofern nicht von einer automatischen Bereitschaft der Zentralbank zur Deckung von Budgetlücken durch zusätzliche Geldfinanzierung ausgegangen werden kann. Eine starke weisungsungebundene Zentralbank kann somit eine disziplinierende Wirkung auf die Finanzpolitik ausüben. Im Vergleich zu einer den Wünschen der Regierung folgenden Geldpolitik müßte in diesem Fall das Budgetdefizit und somit der Anreiz zur Zinssenkung niedriger sein. 31 Die Übersicht über die Anreize einer Zentralbank mit uneingeschränktem Handlungsspielraum zur Erzeugung einer Überraschungsinflation hat deutlich gemacht, daß auch in diesem Punkt die Ansicht der Öffentlichkeit über die von der Zentralbank zu verfolgenden Ziele von entscheidender Bedeutung ist. Im Vergleich zur "progressiven" Partei müßte das Gewicht, das die weisungsungebundene Notenbank der Differenz (p - pe), d.h. der Überraschungsinflation, beimißt, niedriger liegen. Einige Anreize entfallen vollständig, und diejenigen, die mit dem Beschäftigungsziel zusammenhängen, sind schwächer, weil die bei der "progressiven" Partei unterstellte, sehr ausgeprägte Präferenz für einen hohen Beschäftigungsstand bei der Zentralbank kaum gegeben sein dürfte. Der Fall, daß die Notenbank gar keinen Nutzen aus einer nicht antizipierten Inflation zieht, a also den Wert Null annimmt, tritt nur dann auf, wenn die Geldpolitik in den Augen der Öffentlichkeit keinerlei Verantwortung für das Beschäf30 Für den Extremfall eines exogen vorgegebenen Zeitpfades der Staatsdefizite, eines exogen vorgegebenen Maximums der realen Pro-Kopf-Verschuldung, einer sehr schwachen Zentralbank und rationaler Erwartungen weisen Sargent und Wallace nach, daß Inflation kein monetäres, sondern ein finanzpolitisches Phänomen ist. Unter Zugrundelegung einer von den Inflationserwartungen abhängigen Geldnachfrage kann eine restriktive Geldpolitik hohe Inflationsraten bereits in der Gegenwart nicht verhindern. Siehe Sargent, Wallace (1984). Die Autoren weisen jedoch darauf hin, daß eine von der Geldpolitik dominierte Finanzpolitik genauso denkbar ist; ebenda

s. 16.

31 Mehrere empirische Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, daß Länder mit einer weisungsungebundenen Zentralbank niedrigere Budgetdefizite zu verzeichnen haben als Länder mit einer weisungsgebundenen Notenbank. Siehe hierzu z.B. Parkin (1987), Burdekin, Laney (1988).

124

E. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums I

tigungsziel trägt, sondern sich ausschließlich der Inflationsvermeidung zuwenden kann. Hieraus folgt gleichzeitig die Zeitkonsistenz der beabsichtigten Inflationsrate p". Gilt dagegen a > 0 und wird zunächst ein begrenzter Zeithorizont unterstellt, lautet das Optimierungsproblem wiederum

(18)

U = a (p- pe) - b/2 (p- p*)2 = max.

Aus der Ableitung der Zielfunktion nach p und der Gleichsetzung mit Null ergibt sich die die Zielfunktion maximierende Inflationsrate von

(19)

p =a/b + p".

Wie stark p von p" abweicht, hängt von der Relation a/b und somit von der Bedeutung ab, die einem hohen Beschäftigungsstand bzw. einem stabilen Preisniveau als Zielsetzungen der Zentralbank beigemessen wird. Allerdings besitzt auch die Zentralbank selber Möglichkeiten, diese Werte durch Stellungnahmen in der Öffentlichkeit zu beeinflussen. Die Literatur betont vor allem die folgenden unterschiedlichen Strategien, mit denen sich die Zentralbank gegen Kritik zu immunisieren vermag, falls der Zielerreichungsgrad nicht den Erwartungen der Bevölkerung entspricht:32

- Vermeidung eindeutiger Vorgaben für End- und Zwischenziele; im vorliegenden Modell bedeutet dies den Verzicht auf eine Ankündigung von p" - Durchführung von Geldpolitik im Verborgenen- z.B. durch die Anwendung eher verdeckter Instrumente - und Mythologisierung der Geldpolitik33 - Mitverantwortlichmachen anderer Akteure wie z.B. Regierung und Tarifparteien 32 Puchta (1981) S. 293 ff., S. 318 f. und S. 321, Hartwig (1983/84) S. 317 f., Engel (1984)

s. 544.

33 Hierzu siehe insbesondere Chant, Acheson (1973).

III. Vollständig uneingeschränkter Handlungsspielraum

125

- Betonung der begrenzten instnunentellen Effizienz der Geldpolitik.

Falls diese Vorgehensweise erfolgreich ist und die Bevölkerung auf Verfehlungen des Ziels der Preisniveaustabilität mit einem geringeren Prestigeentzug reagiert, sinkt b mit der Folge einer höheren Inflationsrate bei diskretionärer Politik. 34 Die die Inflationserwartungen bildenden Experten durchschauen den Anreiz der Zentralbank zur Überraschungsinflation und setzen

Die Wirtschaftssubjekte fällen ihre Entscheidungen auf der Basis dieser Inflationsratenprognose; folglich ergeben sich keine realen Effekte. Der Zielfunktionswert beträgt [Einsetzen von (19) und (20) in (18)]:

(21)

U =- 0,5 a2fb

und unterschreitet damit den Wert für den Fall der Realisierung der angekündigten Politik (p =p•), der Null wäre. An dieser Stelle muß jedoch wiederum nach dem sinnvollerweise anzunehmenden Zeithorizont gefragt werden. Im Falle überlappender Amtsperioden der einzelnen Mitglieder der Zentralbankleitung kann für die Interaktion zwischen der Zentralbank und den Wirtschaftssubjekten keine "Endperiode" fixiert werden, in der es für die Zentralbank rational ist, die Auswirkungen gegenwärtiger Handlungen auf künftige Handlungsbedingungen in ihrem Kalkül nicht mehr zu berücksichtigen. Dann ist es plausibel, von einem unbegrenzten Zeithorizont auszugehen und Reputationsgesichtspunkte in die Analyse einzubeziehen. Für 34 Hierbei ist allerdings zu beachten, daß aufgrund der oben auf S. 116 aufgeführten Kriterien ein zu starkes Ablehnen von Verantwortlichkeit auch zu Prestigeverlusten führen kann. Dies muß von einer Zentralbank, die eine Strategie der Kritikimmunisierung betreibt, in ihr Kalkül einbezogen werden.

126

E. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums I

den Sanktionsmechanismus "Revision der Inflationserwartungen" gelten die weiter oben gemachten Ausführungen.35 Wie dort dargelegt wurde, reicht der auf veränderte künftige Inflationserwartungen zurückzuführende Nutzenentgang in der Regel nicht aus, um vollständige Zeitkonsistenz sicherzustellen. In Analogie zu dem Stammwählerverlust politischer Parteien muß die Zentralbank allerdings zusätzlich im Zeitablauf zunehmende Prestigeverluste in ihr Kalkül einbeziehen. Ein dauerhaftes Zeitinkonsistenzergebnis - Verletzung des Preisniveaustabilitätsziels ohne Erzielung realer Effekte - führt zu einem überproportional abnehmenden Ansehen in der Öffentlichkeit, wenn man davon ausgeht, daß einmalige Zielverfehlungen eher entschuldigt werden als regelmäßige. Unter diesen Umständen hängt die Zeitkonsistenz der angestrebten Inflationsrate von der Diskontierungsrate36 der Zentralbankleitung, dem Ausmaß der Reaktion der Öffentlichkeit sowie der Bedeutung, die die Zentralbankleitung einem Prestigeverlust beimißt, ab. Je größer die Bedeutung zukünftiger Perioden und der Ansehensverlust von der Zentralbankleitung eingeschätzt werden und je schneller und stärker die Unzufriedenheit der Öffentlichkeit mit der Zentralbank anwächst, desto wahrscheinlicher ist es, daß eine Überraschungsinflation für die Zentralbank unattraktiv ist und sich angestrebte und tatsächliche Inflationsrate in Situationen oberhalb des kritischen Sicherheitsgrades entsprechen. Befindet sich die Zentralbank unterhalb des kritischen Sicherheitsgrades, können die Anreize der "progressiven" Regierungspartei zur Erzeugung einer Überraschungsinflation geldpolitisch relevant werden. Der bei Zugrundelegung eines unbegrenzten Zeithorizonts im Falle einer weisungsgebundenen Zentralbank als wirksam erachtete Reputationsmechanismus in Form von Starnmwählerverlusten büßt an Schärfe ein, falls es der Regierung gelingt, die Verantwortung für ein Abweichen der tatsächlichen von der angestrebten Inflationsrate der Zentralbank anzulasten. In diesem Fall verringert sich das Ausmaß der Stammwählerreaktion. Von einer vollständigen Beschränkung der Anreize zu einer unerwarteten Geldmengenexpansion auf seiten der "progressiven" Partei kann daher nicht mehr ausgegangen werden. In diesem Fall paßt sich die Zentralbank aus Sicherheitsüberlegungen der Zielgewichtung der Regierung an, wenn sie von einer ernsthaften Bedrohung ihres Status überzeugt ist. Die tatsächliche übersteigt die angestrebte Inflationsrate. Weiter oben wurden die Anreize der Regierung zur Erzeugung einer Überraschungsinflation mit dem Ziel der Steigerung der Wiederwahlchancen durch von einer Zentralbank, die eine Strategie der Kritikimmunisierung betreibt, in ihr Kalkül einbezogen werden.

35 Siehe oben S. l 08 ff. 36 Siehe oben S. 109, Fn. 52.

I! I. Vollständig uneingeschränkter Handlungsspielraum

127

eine Beeinflussung des Wechselwählerverhaltens dargelegt.37 Im Falle einer weisungsgebundenen Zentralbank resultiert hieraus immer dann, wenn sich die Regierung unterhalb der kritischen Popularitätsgrenze befindet, in der Wahlperiode eine auf die Maximierung des Stimmenanteils ausgerichtete Geldpolitik mit den oben beschriebenen Folgen für Inflation, Beschäftigung und Ausgabenspielräume. Besitzt die Notenbank dagegen einen uneingeschränkten Handlungsspielraum, dann spielen Parlamentswahlen - unabhängig von der Popularität der Regierung - für die Geldpolitik keine Rolle, solange die Zentralbank infolge ihres wahlneutralen Verhaltens nicht ernsthaft ihren Status in Gefahr sieht. Falls sich die Notenbank jedoch in einer Situation unterhalb des kritischen Sicherheitsgrades befindet, gibt sie rationalerweise den Präferenzen der jeweiligen Regierungspartei - sei sie "progressiv" oder "konservativ" - nach. Untestellt man wiederum, daß es der Regierung in einem gewissen Umfang gelingt, die Zentralbank für die Diskrepanz zwischen beabsichtigter und tatsächlicher Inflationsrate verantwortlich zu machen, liegt die gemäß der Bedingung Grenzstimmengewinn durch positive Effekte einer Überraschungsinflation Grenzstimmenverlust durch eine übermäßig hohe Inflation

=

optimale Inflationsrate oberhalb derjenigen im Fall einer weisungsgebundenen Zentralbank, weil die inflationsbedingten Stimmenverluste niedriger ausfallen. Für den Zustand der Volkswirtschaft in der Wahlperiode gelten im wesentlichen die in Kapitel E.II.2 gemachten Ausführungen. Die Weisungsungebundenheit der Zentralbank bedeutet für die die Inflationserwartungen bildenden Experten einen weiteren Unsicherheitsfaktor; sie müssen nicht nur die Popularität der Regierung, sondern darüber hinaus die Machtposition der Notenbank beurteilen. Dies spricht auf den ersten Blick für eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Erwartungsirrtümern und damit von geldpolitisch bedingten realen Effekten in der Wahlperiode. Andererseits aber verspricht eine formal vom Regierungswillen unabhängige Zentralbank, sofern sie sich nicht zu häufig in einer schwachen und daher statusgefährdeten Situation befindet, größere geldpolitische Kontinuität und damit eine Vereinfachung der Bildung von Inflationserwartungen. Überraschungsinflationen infolge von Wiederwahlaspekten werden unwahrscheinlicher, denn sie setzen das gleichzeitige Auftreten eines Popularitätsdefizites der Regierung und eines Sicherheitsdefizites der Zentralbank voraus.

37 Siehe oben S. 110 ff.

128

E. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums I

IV. Zusammenfassende Bewertung

Mit einem Rückgriff auf die in Kapitel D hergeleiteten Präferenzen der jeweiligen Träger der Geldpolitik und Verhaltensweisen der übrigen Akteure wurden für die Fälle einer Zentralbank ohne geldpolitischen Handlungsspielraum und einer Zentralbank mit einem formal vollständig uneingeschränkten Handlungsspielraum bestehende Anreize zur Inflationierung und potentiell wirksame Beschränkungsmechanismen analysiert. In beiden Fällen resultieren Anreize zu einer übermäßigen Geldmengenausdehnung aus den fiskalischen und/oder den vorübergehend beschäftigungsfördernden Wirkungen der Inflation und der Möglichkeit der geldpolitisch Verantwortlichen, durch ein Ausnutzen dieser Effekte ihren Nutzen zu steigern. Die grundsätzliche Motivation einer weisungsgebundenen Zentralbank zur Inflationierung besteht in der lang- und kurzfristigen Stimmenmaximierung. Geld wird als politisches Instrument eingesetzt. I Die vorstehende Analyse zeigt allerdings, daß auch eine den Regierungswillen ausführende Zentralbank diese Gelegenheit nicht zwangsläufig wahrnimmt, daß ihre Inflationsneigung vielmehr von der jeweiligen Situation (Wahlperiode oder nicht), der Ideologie der Regierungspartei und der Wirksamkeit von Reputationsmechanismen abhängt. Außerhalb von Wahlperioden läßt sich der Inflationierungsanreiz ideologisch erklären, d.h. auf der Basis der relativen Bedeutung, die die Stammwähler den Zielen Beschäftigung, Inflationsvermeidung und Ausdehnung bzw. Rückführung des Staatsanteils beimessen. Um die Spannbreite möglicher Positionen deutlich zu machen, basiert die Analyse auf einer extrem polarisierten Modeliierung der Parteien. In der Realität überwiegen Zwischenformen. Vor allem die als "konservativ" bezeichnete Partei, die annahmegemäß keinerlei konjunkturpolitische Beschäftigungsziele verfolgt2, keine Ausdehnung der Staatsquote und keinerlei Staatsverschuldung anstrebt, wird in dieser Kraßheit kaum existieren. In den meisten Fällen unterliegen Regierungsparteien demnach Anreizen, die angestrebte Inflationsrate p* größer als Null zu setzen und überraschende Geldmengenaus-

1 Willgerodt (1990) bezeichnet den staatlichen Mißbrauch des Geldes als "Problem des politischen Geldes". 2 Maßnahmen, die eine Reduzierung der natürlichen Arbeitslosenrate bewirken sollen, wie z.B. eine Deregulierung des Arbeitsmarktes oder geeignete steuerliche Maßnahmen, werden hierdurch nicht ausgeschlossen.

IV. Zusammenfassende Bewertung

129

dehnungen vorzunehmen. Die Stärke dieser Anreize variiert jedoch in Abhängigkeit von den politischen Präferenzen. Immer dann, wenn in den Augen der Wähler3 ein Weniger an Preisniveaustabilität durch ein Mehr an Beschäftigung bzw. Staatsausgaben aufgewogen werden kann, läßt sich Preisniveaustabilität im politischen Prozeß u.U. selbst dann nicht durchsetzen, wenn jeder eine niedrigere Inflationsrate einer höheren vorzieht.4 Da das Individuum im Rahmen von Wahlen die Zielerreichungsgrade der Regierung in mehreren politischen Bereichen beurteilt, kann in bezug auf ein einzelnes Gebiet der Wählerwunsch in bestimmten Grenzen ungestraft, d.h. ohne Stimmenverluste, mißachtet werden.5 Ob es tatsächlich zu Versuchen einer überraschenden Inflationierung kommt, hängt allerdings nicht nur von den positiven Anreizen, sondern unter dem Blickwinkel der langfristigen Stimmenmaximierung auch von der Wirksamkeit der Reputationsmechanismen ab. Die entsprechenden Kriterien wurden weiter oben genannt. Auf diesem Weg mag ein dauerhaftes, ungünstiges Zeitinkonsistenzergebnis zwar in der Regel verhindert werden. Eine Garantie für die Abwehr dieser von einer weisungsgebundenen Zentralbank ausgehenden Inflationsgefahr gibt es jedoch nicht. Skepsis ist in diesem Zusammenhang beispielsweise für Situationen angebracht, in denen die Regierungspartei durch Politiker vertreten wird, die in absehbarer Zeit ausscheiden und daher eine hohe Gegenwartsvorliebe besitzen. In Wahlperioden, in denen die Regierungspartei unter einem Popularitätsdefizit leidet, resultiert die Inflationsneigung aus dem kurzen Zeithorizont der Politiker, der rationalen Ignoranz der Wähler sowie aus der bereits beschriebenen Mehrdimensionalität der Wahlentscheidung. Da für den Fall des Gelingens der Überraschungsinflation die Wähler die Kurzfristigkeil der positiven Effekte nicht erkennen, ist ihre Einschätzung der Kosten-Nutzen-Relation der Inflation verzerrt. Diese verzerrte Bewertung bestimmt jedoch auch das Verhalten der Politiker, die durch den Wahlmechanismus förmlich in einer "Zeitfalle" gefan-

3 Das nachfolgende Argument gilt für Stamm- und Wechselwähler in gleichem Maße. 4 Es sei betont, daß das Problem an dieser Stelle nicht in einem ökonomischen Zielkonflikt besteht. Die Tatsache, daß eine Erhöhung der Beschäftigung bzw. der Staatsausgaben auch mit anderen Instnunenten als einer überraschenden lnflationierung erreicht werden könnte, geht allerdings nicht in die Wahlentscheidung ein.

5 Zu den Unzulänglichkeiten der Transfom1ationsmechanismen, mit denen in der Demokratie eine Bindung der Repräsentanten an den Bürgerwillen erfolgen soll, und den daraus folgenden Konsequenzen für die Zentralbankverfassung siehe v. Arnim (1988) S. 54 ff.

130

E. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums I

gen sind und nur die nächste Wahl im Blick haben.6 Der aus der Mehrdimensionalität der Wahlentscheidung resultierende Tatbestand, daß Zielverfehlungen in Einzelbereichen durch den Wahlmechanismus nicht zwangsläufig geahndet werden, führt auch zu Freiräumen für die Regierung, spezifischen Gruppeninteressen nachzugeben.7 In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings die Frage, warum es nicht als Gegengewicht zu den Interessenverbänden, die die Regierung zu einer expansiven Politik drängen, zur Organisation des Interesses "Preisniveaustabilität" kommt. Wie Olson gezeigt hat8, muß die Behauptung der "pluralistischen Harmonielehre", daß sich jedes berechtigte Anliegen - falls erforderlich - organisiere und sich die notwendige Geltung in der Politik verschaffe, abgelehnt werden.9 Der alle Mitglieder einer Währungsgemeinschaft betreffende Charakter von Preisniveaustabilität als öffentliches Gut führt dazu, daß zwar eine große latente Gruppe mit Interesse an diesem Gut besteht, es aufgrund des Free-rider-Problems jedoch ohne Schaffung selektiver Anreize nicht zur Organisation eines entsprechenden Verbandes kommt. Dies ist ein weiterer Grund dafür, daß Geldwertstabilität im pluralistischen Kräftespiel häufig zu kurz kommt.lO Ein wirksamer Einsatz "politischen Geldes" ist mit ähnlich hohen Informationserfordernissen an die Politik verbunden wie ein erfolgreiches antizyklisches fine-tuning.ll Aufgrund nur ungenauer Kenntnisse über die Wirkungsmechanismen wird die Möglichkeit zur wirtschaftspolitischen Feinsteuerung heute mehrheitlich gering eingestuft. 12 Hieraus folgt jedoch die Frage, ob dann - trotzder bisher aufgezeigten Vorteile- der Versuch, in der Wahlperiode eine Überraschungsinflation zu erzeugen, aus Sicht der Politiker überhaupt sinnvoll ist. Hinzu kommt die aus der Erwartungsbildung der Wirtschaftssubjekte folgende Unsicherheit im Hinblick auf das Eintreten der erwünschten realen Effekte. Da jedoch eine Partei, die ein Popularitätsdefizit konstatiert, jede Gelegenheit zur Erhöhung der Wiederwahlchancen wahrnehmen wird, kann auch die Erfolgsunsicherheit den Anreiz nicht schmälern. Allein die Möglichkeit,

6 Zu dem Problem, daß die Entscheidungsträger in der Demokratie aufgrund des Wahlmechanismus in eine Zeitfalle gezwängt werden, siehe Paldnm (1988) S. II. 7 Willett, Banaian (1988b) S. 110. 8 0/son (1968). 9 Zur pluralistischen Harmonielehre, der Kritik an ihr und der Anwendung auf das Problem der Geldwertstabilität siehe v. Arnim (1988) S. 55 ff. 10 Ausführlich zum Zusammenhang zwischen Verbändesystem und Inflation siehe Zolrlnhöfer (1975) s. 546 ff. ll Wlrite (1988) S. 314. 12 Zu den Griinden hierfür siehe etwa Brunner (1983b) S. 120 ff.

IV. Zusanunenfassende Bewertung

131

daß die verfolgte Geldpolitik von der Tendenz her stimmensteigernd wirken könnte, reicht als Motivation für eine Überraschungsinflation aus.l3 Als Fazit kann somit festgehalten werden, daß der Wahlrhythmus keinen hinreichenden Kontrollmechanismus darstellt, der eine weisungsgebundene Zentralbank zu einer nicht-inflationären Geldpolitik zwingt. Aus diesem Grund muß auch das Argument, daß wegen ihrer direkteren Verantwortlichkeit eine weisungsgebundene Zentralbank einen stabileren Geldwert als eine weisungsungebundene Zentralbank garantierel4, zurückgewiesen werden. Ein Teil der Inflationsanreize resultiert vielmehr erst aus der beschriebenen Funktionsweise des polit-ökonomischen Systems. Die bisherigen Ausführungen zeigen, daß im Falle einer Zentralbankverfassung, bei der das Recht zur geldpolitischen Entscheidung quasi der Regierung zugeordnet ist, ein typisches Agency-Problem vorliegt. Als Teil der Regierung besteht für den Agenten Zentralbank ein Anreiz, Geldpolitik auch für solche Zwecke zu instrumentalisieren, die prinzipiell in die Zuständigkeit anderer Politikbereiche fallen, dem Ziel der Geldwertstabilität zuwiderlaufen und u.U. nicht dem entsprechen, was der Prinzipal Währungsgemeinschaft von der Zentralbank erwartet. Hieraus resultiert die Gefahr von Interessenkonflikten. Wie gezeigt wurde, entschärft der Wahlmechanismus diesen Konflikt nicht hinreichend, da die Regierungspolitik als Ganzes beurteilt wird.l5 Der Kontrollmechanismus "voice"l6 schränkt den Spielraum des Agenten, gegen das Interesse des Prinzipals zu handeln, also nur unzulänglich ein. Darüber hinaus funktionieren auch marktähnliche Mechanismen, die im Unternehmensbereich zu einer Abmilderung des Agency-Problems beitragen, bei Zentralbanken nicht.1 7 Eine Disziplinierung über den Absatzmarkt erfolgt in der Regel nicht oder nur schwach, da zwischen den Währungen und somit auch zwischen den Zentralbanken wohl nur in Ausnahmefällen eine marktähnliche Konkurrenz besteht.l8 Der "Exit"-Möglichkeit des privaten Aktionärs durch Verkauf seiner Aktien entspricht das Verlassen des Währungsgebiets durch den unzufriedenen Geldbenutzer. Während diese Art des Widerspruchs im Unternehmenshereich mit nur geringen Transaktionskosten verbunden ist, führt sie 13 Ähnlich White (1988) S. 314. 14 Friedman (1986) S. 31. 15 Mullineaux (1985) S. 19. 16 Hirschman unterscheidet in seinem Buch Exit, Voice, and Loyality (1970) (Markt-) Eintrittsund Austrittsentscheidungen einerseits sowie Arten der mündlichen oder schriftlichen Kommunikation andererseits als Möglichkeiten der Präferenzoffenbarung bzw. des Widerspruchs. 17 Ausführlich hierzu Puchta (1981) S. 205 ff., Mullineaux (1985) S. 17 ff. 18 Ein Ausnahmefall ist derzeit in den Staaten des EWS zu beobachten, die über gute Leistungen ihre Ausgangsposition für die künftige Europäische Zentralbank stärken wollen.

132

E. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums I

im Bereich der Währung zu unverhältnismäßig hohen Austrittskosten und stellt daher keinen wirksamen Kontrollmechanismus dar. Außerdem sind Mitglieder der Zentralbankleitung im Gegensatz zu Managern in der Regel frei von Konkurrenz durch interne oder externe Arbeitsmärkte, werden unabhängig von ihrer Leistung entlohnt und nicht durch ein eigens dafür bestimmtes externes Gremium überprüft. Weder durch den Wahlmechanismus noch durch marktähnliche Kontrollmechanismen wird demnach die Anreizstruktur der Zentralbank so ausgestaltet, daß der Agent aus Eigeninteresse zwangsläufig das Interesse des Prinzipals verfolgt. Aus einer Erklärung der Inflationstendenzen einer weisungsgebundenen Zentralbank mit politischen Gründen könnte der Schluß gezogen werden, das Inflationsproblem lasse sich durch die Entpolitisierung des Geldes in Form einer eigenständigen Institution Zentralbank mit uneingeschränktem geldpolitischen Handlungsspielraum lösen. Solange sich die weisungsungebundene Zentralbank nicht in einem ihren Status gefährdenden Konflikt mit der Regierungspartei befindet, spielen tatsächlich weder kurz- noch langfristige Stimmenmaximierungsüberlegungen eine Rolle in ihrem EntscheidungskalküL Wie die vorstehende Analyse gezeigt hat, resultiert hieraus jedoch nicht zwangsläufig der Wegfall aller Anreize zu einer übermäßigen Geldmengenausdehnung. Die Motivation, die langfristig anzustrebende Inflationsrate deutlich über Null festzusetzen, ist prinzipiell gering einzuschätzen, da sowohl die Finanzierung diskretionärer Ausgaben als auch die Zufriedenstellung des Geschäftsbankensektors in der Regel ohne Rückgriff auf dieses Instrument erreicht werden können. Zudem gehen mit einem Anstieg von p* Prestigeverluste einher, deren Ausmaß allerdings von der Inflationssensibilität der Öffentlichkeit abhängt. Aus den beschriebenen Zusammenhängen resultieren keine kontinuierlich wirksamen, ernsthaften Inflationsgefahren. Dies schließt jedoch nicht aus, daß hier in bestimmten Situationen doch die Quelle geldpolitischer Instabilität liegen kann, vor allen Dingen in Währungsgemeinschaften, die geringfügige Geldentwertungsraten ohne großen Unmut und damit ohne einen wirkungsvollen Ansehensverlust für die Zentralbank hinnehmen. Auch die Wahrscheinlichkeit, daß die Zentralbank aus Prestigegründen überraschende Geldmengenerhöhungen vornimmt, und es infolgedessen zu dem ungünstigen Zeitinkonsistenzergebnis kommt, hängt entscheidend von der öffentlichen Meinung ab. Je mehr diese der Geldpolitik beschäftigungspolitische Verantwortung zuordnet und je weniger ausgeprägt die Aversion gegen Abweichungen der tatsächlichen von der angestrebten Inflationsrate ist, desto

IV. Zusammenfassende Bewertung

133

größer ist der Anreiz zur Überraschungsinflation. Wie schon im Zusammenhang mit den "Kritikimmunisierungsstrategien" gezeigt wurde, besitzt die Zentralbank selber u.U. ein gewisses Interesse daran, die Einstellung und Werthaltung der Bevölkerung zu beeinflussen. Die Ausdehnung des Aufgabenbereichs auf mehr als ein Ziel kann die Bedeutung der Institution in den Augen der Öffentlichkeit steigern und bietet ferner die Möglichkeit, Zielverfehlungen auf einem Gebiet mit Zwängen zu entschuldigen, die sich aus der Verfolgung anderer Ziele ergeben.19 Setzen sich eine solche Einstellung und Vorgehensweise durch, so steigt der Inflationierungsanreiz. Ob ein solcher Anreiz tatsächlich zu einer inflationären Geldpolitik führt, hängt vor allem von der Wirksamkeit der Reputationsmechanismen ab. Für das inflationseinschränkende Gegengewicht, das die Gefahr langfristiger Prestigeverluste darstellt, spielt wiederum die Inflationssensibilität der Bevölkerung eine wesentliche Rolle. Die Ansicht, daß eine Zentralbank mit uneingeschränktem geldpolitischen Handlungsspielraum schon aus Prestigegründen notwendigerweise Geldwertstabilität anstrebt20, muß somit zumindest relativiert werden. Langfristig ist allerdings im Vergleich zu einer weisungsgebundenen Zentralbank eine geringere Inflationsneigung zu erwarten, weil Inflationierungsanreize aus Gründen der Erhöhung der Wiederwahlchancen oder der Erweiterung staatlicher Finanzierungsspielräume entfallen.21 Diese institutionenökonomisch fundierte Beurteilung unterstützt die im Rahmen der vornehmlich auf historischen Erfahrungen basierenden22 traditionellen Diskussion um das Für und Wider einer weisungsungebundenen Zentralbank vorgebrachten Argumente, die als Beurteilungskriterium den Aspekt 19 Eine Analyse der Politik der Deutschen Bundesbank zu diesem Punkt findet sich bei Puchta (1981) s. 275 ff. 20 Schmidt (1983) S. 301, Neumann (1990a) S. 17. Auch Neumann (1992) kommt zu dem Ergebnis, daß eine geeignet abgesicherte Weisungsungebundenheit der Zentralbank eine weitreichende Garantie für die Verwirklichung des Ziels Preisniveaustabilität darstelle. lm Rahmen seiner Analyse erwähnt er zwar die Möglichkeit der Existenz persönlicher Interessen der Zentralbankleitung, die dieser Zielsetzung zuwiderlaufen köruJten, verzichtet jedoch auf eine Spezifizierung und Untersuchung einzelner lnflationierungsanreize. Statt dessen geht NeumaruJ ad hoc davon aus, daß die Zentralbankleitung vor allem nach Macht strebe und diese erlangen könne, indem sie den anderen Wirtschaftssubjekten einen "Stabilitätskurs" vorgebe. Außerdem soll durch eine leistungsabhängige Ausgestaltung der Einkommensbezüge eine Bindung der Zentralbank an das Ziel der Preisniveaustabilität erreicht werden. Siehe Neumann (1992), insbesondere S. 70 ff. Zu dem zuletzt genaMten Punkt siehe auch unten S. 173 f. 21 In der kurzen Frist gilt dies nicht unbedingt, da die Regierungspartei zeitweise durchaus geringeren Inflationsanreizen unterliegen kann als die weisungsungebundene Zentralbank. 22 Dickertmann, Hansmeyer (1973) S. 579. 10 Willeke

134

E. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums I

der Inflationsneigung in den Vordergrund stellen.23 Das "ökonomische Argument"24 betont die größere Wahrscheinlichkeit einer Fiskalinflation im Falle einer von der Regierung festgelegten Geldpolitik. "Those responsible for paying the Government's bills should not also be responsible for printing the countries money."25 Dieses auf die Verschuldung des Staates bei der Notenbank abzielende Argument wurde in unserer Analyse noch um die aus einer Überraschungsinflation resultierenden fiskalischen Anreize ergänzt. Das "politische Argument"26 sieht den Vorteil einer weisungsungebundenen Zentralbank in ihrer Unabhängigkeit von tagespolitischen Erwägungen. Sie ist nicht in der Zeitfalle des Wahlmechanismus gefangen, sondern kann ihren Entscheidungen einen langfristigen Zeithorizont zugrunde legen. Von einer vergleichsweise weniger inflationsträchtigen Geldpolitik kann allerdings nur solange ausgegangen werden, wie die formal weisungsungebundene Zentralbank dies auch faktisch ist. Befindet sie sich dagegen in einem ernsthaften Konflikt mit der Regierung, wird sie aus Eigeninteresse deren geldpolitischen Wünschen nachgeben.27 Dann ergibt sich, außer bei einer "konservativen" Regierungspartei im oben definierten extremen Sinn, sogar ein ungünstigeres Ergebnis als bei der weisungsgebundenen Zentralbank, da ein Teil der Verantwortung für die übermäßige Inflation der vermeintlich eigenständig handelnden Institution zugewiesen werden kann und somit die Kosten der Abweichung der tatsächlichen von der angestrebten Inflationsrate in Form von Stimmenverlusten niedriger ausfallen. Immer dann, wenn es der Regierungspartei gelingt, den faktischen Handlungsspielraum der Zentralbank einzuengen, kann auch eine Zentralbankverfassung, die sowohl das Recht zur geldpolitischen Entscheidung als auch das Recht zur Entscheidung über die Notenbankfinanzierung einer regierungsexternen Institution zuweist, eine Politisierung des Geldes nicht verhindern. Die Wahrscheinlichkeit, daß formaler und faktischer Handlungsspielraum voneinander abweichen, wird außer durch die gesetzliche Regelung hinsichtlich der Möglichkeiten zur Abänderung des Zentralbankstatuts entscheidend von der Unterstützung der Zentralbank in 23 Zu der gesamten Diskussion, deren Darstellung den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde, siehe Caesar (1980). 24 Dickertmann, Hansmeyer (1973) S. 580. 25 Banaian, Laney, Willeil (1986) S. 200. 26 Dickertmann, Hansmeyer (1973) S. 580. 27 Unterstellt man statt der von uns angenommenen Nutzenfunktion, daß die Zentralbank in Situationen knapp oberhalb des kritischen Sicherheitsgrades sowohl Prestige- als auch Sicherheitsziele verfolgt, sind differenziertere Strategien denkbar wie z.B., daß die Zentralbank den Regierungswünschen hin und wieder nachgibt, um erst gar nicht in Situationen ernsthafter Bedrohung zu kommen. Die grundsätzlichen Schlüsse unserer Analyse ändern sich jedoch in diesem Fall nicht.

IV. Zusammenfassende Bewertung

135

der Bevölkerung bestimmt.28 Ist diese nur gering ausgeprägt, reichen schon geringfügige Drohungen, um die Zentralbank auf Regierungskurs zu zwingen. Die überragende Bedeutung, die die öffentliche Meinung für die Stabilitätserfolge einer weisungsungebundenen Zentralbank hat, verdeutlicht, daß auch diese Zentralbankverfassung keine immer und überall wirksame Lösung des institutionell bedingten Inflationsproblems darstellt. 29 Je weniger inflationsavers eine Währungsgemeinschaft ist, desto geringfügiger sind die Vorteile im Hinblick auf das Ziel Geldwertstabilität, die von einer weisungsungebundenen Zentralbank zu erwarten sind. Zum einen wird sie dann selber höheren Inflationsanreizen unterliegen und zum anderen wird sie im Konfliktfall mit der Regierung keine starke Unterstützung in der Bevölkerung genießen. Interessenkonflikte können demnach auch in der Beziehung zwischen der Währungsgemeinschaft und dem Agenten weisungsungebundene Zentralbank auftauchen. Für die Fälle, in denen dem Regierungsdruck nachgegeben wird, gilt obige Argumentation.30 Für die Situationen oberhalb des kritischen Sicherheitsgrades könnte dagegen vermutet werden, über die Maximierung des Nutzenelements Prestige werde Interessenharmonie hergestellt, zumindest solange diskretionäre Ausgaben nicht mit Inflationsfolgen zu Lasten der Allgemeinheit finanziert werden. Abstriche beim Ziel der Geldwertstabilität zugunsten einer höheren Beschäftigung können, sofern von einer Mehrheit der Bevölkerung gewünscht, nicht der Zentralbank angelastet werden. Wenn überhaupt besteht diese Trade-off-Beziehung jedoch nur kurzfristig, so daß die Notenbank, die mittels einer Überraschungsinflation versucht, Beschäftigungseffekte zu erzielen, lediglich ein für alle Seiten ungünstiges Zeitinkonsistenzergebnis hervorruft. Hieraus resultieren doch wieder Interessenkonflikte, auch wenn diese letztlich aus nicht realisierbaren Ansprüchen an die Zentralbank 28 Eine weitere Möglichkeit für die Regierung, den faktischen Handlungsspielraum einer weisungsungebundenen Zentralbank einzuengen, ergibt sich, wenn die personelle Unabhängigkeit nicht, wie hier unterstellt, hinreichend gesichert ist. Im Falle einer Bestellung der Mitglieder der Zentralbankleitung durch die Regierung, relativ kurzer Amtsperioden und der Option der Wiederwahl ist z.B. davon auszugehen, daß sich die Zentralbank den geldpolitischen Wünschen der Regierung kaum widersetzen wird. Ein Anstieg der Inflationsneigung wird in aller Regel die Folge sein. Dasselbe gilt, falls die Möglichkeit zur Abberufung aus fachlichen oder politischen Gründen gegeben ist. Siehe zu diesen hinsichtlich ihrer Bedeutung für den faktischen Handlungsspielraum heute im wesentlichen unumstrittenen Punkten z.B. Caesar (1981) S. 126 ff., Woll (1988) S. 193 ff., Neumann (1990a) S. 10 ff. 29 Aus diesem Grund ist auch eine Übertragung des "Modells Deutsche Bundesbank" auf die Europäische Währungsunion kein Garant für ähnlich gute Erfolge auf dem Gebiet der Geldwertstabilität. Siehe hierzu Caesar (1990) S. 123 ff., Kösters (1990) S. 132, Kösters (1991) S. 123 ff. 30 Siehe oben S. 131 f.

136

E. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums I

herrühren. Voll verläßliche marktähnliche Kontrollmechanismen, die Interessenkonflikte entschärfen könnten, existieren ebensowenig wie im Falle einer weisungsgebundenen Zentralbank. Keine der beiden Zentralbankverfassungen, in denen die wichtigen Rechte zur geldpolitischen Entscheidung und zur Entscheidung über die Finanzierung des Staates durch Notenbankkredit einmal vollständig der Regierung und einmal vollständig dem eigenständigen Akteur Zentralbank zugeordnet wurden, kann Preisniveaustabilität in dem gewünschten Ausmaß garantieren. Die vorstehende Analyse hat jedoch einen prinzipiellen und in der Regel auch zu erwartenden Vorsprung einer weisungsungebundenen Zentralbank ergeben. Somit erübrigt sich eine Untersuchung von Zwischenformen, wie z.B. eine Aufsplitterung der einzelnen Rechte auf beide Akteure; zunehmender Regierungseinfluß bedeutet tendenziell zunehmende Inflationsgefahren. Deshalb bildet die weisungsungebundene Zentralbank, so wie in Kapitel E.I modelliert, den Ausgangspunkt der weiteren Analyse. Es wird im folgenden untersucht, inwieweit über eine veränderte Ausgestaltung der Einzelrechte Verbesserungen für die Realisierung des Ziels Preisniveaustabilität erreicht werden können. Das zu lösende Problem lautet dann, die Anreize so zu setzen, daß ein p• = 0 und darüber hinaus Zeitkonsistenz garantiert wird. Um dies zu erreichen, muß zum einen die eigenständige Institution Zentralbank vor inflationärem Druck von seiten der Regierung bzw. der Interessengruppen geschützt werden, und zum anderen müssen die Rechte so ausgestaltet werden, daß die Verfolgung von Geldwertstabilität für die Zentralbank nutzenmaximierend ist.

F. Inflationsrelevante Aspekte der Ausgestaltung des formalen geldpolitischen Handlungsspielraums II: Möglichkeiten einer modifizierten Ausgestaltung der institutionellen Regelungen einer nicht an die Weisungen der Regierung gebundenen Zentralbank I. Strikte gesetzliche Einschränkung des Rechts zur geldpolitischen Entscheidung 1. Grundgedanken zu einer gesetzlich verankerten Regelbindung und Ableitung von Kriterien zur Beurteilung unterschiedlicher Regelvarianten

Eine Inflationierung aufgrund der im vorhergehenden Kapitel betrachteten Gründe - aktives Eigeninteresse oder Nachgeben auf Druck von außen - ist der weisungsungebundenen Zentralbank möglich, weil sie über den hierfür notwendigen Entscheidungsspielraum verfügt, d.h. weil ihr die Zentralbankverfassung das Recht zur geldpolitischen Entscheidung vollständig zuordnet. I Aufgrund dieses Sachverhalts liegt es nahe, zu überprüfen, ob auf dem Wege einer gesetzlichen Einschränkung des geldpolitischen Handlungsspielraums durch die Zentralbankverfassung eine dauerhaft angestrebte Inflationsrate von Null erreichbar ist und Überraschungsinflationen vermieden werden können. Die Frage nach dem Grad geldpolitischer Gestaltungsfreiheit, der einer Zentralbank überlassen werden soll. ist keineswegs neu, sondern wird unter dem Titel "rules versus authorities" bzw. "rules versus discretion" seit langem im Schrifttum diskutiert.2 Vollständige Diskretionarität und strikte Regelbindung sollten dabei nicht als Dichotomie, sondern als polare Fälle eines Kontinuums von Möglichkeiten zur Ausgestaltung des Rechts zur geldpolitischen Ent-

1 Vgl. Kap. E.l. 2 Den Ausgangspunkt der Diskussion um "rules versus authorities in monetary policy" bildet der gleichnamige Artikel von Simons (1936).

138

F. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums II

scheidung betrachtet werden. 3 Im Falle vollständiger Diskretionarität genießt die Zentralbank Ennessensfreiheit in bezugauf die konkrete Bestimmung ihrer ökonomischen Endziele, die Zwischenzielauswahl und den Instrumenteneinsatz; lediglich das vage Ziel der Sorge für die ökonomische Wohlfahrt wird ihr aufgetragen.4 Auch in Zentralbankverfassungen, die die geldpolitischen Endziele, nicht jedoch die geldpolitische Strategie vorgeben, überwiegt der diskretionäre Charakter, weil die Zentralbank von Fall zu Fall neu über ihr Vorgehen entscheidet und zumeist auch keine genauen Zielgewichtungen festgesetzt sind. Als regelgebunden wird dagegen eine Art der Geldpolitik bezeichnet, deren Durchführung über eine Fonnel im voraus festgelegt ist. 5 Zu unterscheiden sind selbst auferlegte und gesetzlich verankerte "Regeln". 6 Im zuerst genannten Fall gibt die Zentralbank den von ihr in der nächsten Periode oder in den nächsten Perioden angestrebten Zielwert der jeweiligen geldpolitischen Steuerungsvariablen und den zugrundeliegenden Berechnungsmodus bekannt. Eine einoder mehrjährige Vorankündigung von Geldmengenzielen stellt eine solche Möglichkeit dar. Trotz derartiger Vorabfestlegungen auf einen bestimmten geldpolitischen Kurs verbleiben der Zentralbank prinzipiell die Freiheiten, sich nicht an die Ankündigung zu halten, nach Ablauf eines Planungszeitraumes keine neuen Ankündigungen zu machen oder diese nach neuen Kriterien vorzunehmen. Ein Vorgehen dieser Art wird hier als Selbstverpflichtung bezeichnet; als Regel und Regelbindung sollen nur gesetzlich verankerte Fonnelvorgaben gelten?. Regeln im so definierten Sinne können mit oder ohne expliziten Sanktionsmechanismus ausgestattet werden. In Kapitel E wurde gezeigt, daß Selbstverpflichtungen, dort in Fonn der Ankündigung der angestrebten Inflationsrate p•, das Inflationsproblem in Abhängigkeit von der Wirksamkeit der Reputationsmechanismen mehr oder 3 Ähnlich Fischer (1988) S. 1. 4 Fischer (1988) S. I.

5 Ähnlich McCallum (1987) S. 416. 6 Alesino (1988b) S. 181 f. 7 Auch eine gesetzliche Verankerung bedeutet nicht automatisch, daß sich die Zentralbank an die Regel hält. Die vorangegangenen Ausführungen lassen vielmehr vermuten, daß für Regeleinhaltung oder Regelbruch wiederum die Anreizstruktur und die Präferenzen der Zentralbank entscheidend sind. Insofern ist es für die nachfolgenden Untersuchungen von Bedeutung, daß von einer eigenständigen und nicht von einer an die Weisungen der Regierung gebundenen Zentralbank ausgegangen wird. Die Möglichkeit, daß eine gesetzlich verankerte Regel durch die Legislative geändert oder abgeschafft werden kann, wird nicht als Einschränkung der Weisungsungebundenheit betrachtet, weil die Möglichkeit zur Abänderung der Zentralbankverfassung in einer Demokratie stets gegeben ist; vgl. zum zuletzt genannten Punkt oben S. 59.

I. Strikte gesetzliche Einschränkung

139

weniger weitreichend abmildern, nicht jedoch endgültig lösen können. Die nachfolgenden Ausführungen beschäftigen sich daher mit der Frage, ob die gesetzliche Einschränkung des Rechts zur geldpolitischen Entscheidung in Form einer Regelbindung zu besseren Ergebnissen führt. Im Schrifttum gibt es eine Reihe von Vorschlägen zur Regelbindung. 8 Diese Regelvarianten lassen sich je nach der Ausgestaltung der Formel, die die Zentralbank ihren Handlungen zugrunde zu legen hat, grob im Hinblick auf zwei wichtige Unterscheidungsmerkmale klassifizieren:9 - Nach der Art der von der Zentralbank anzustrebenden Größe ist zwischen ergebnisorientierten und instrumentenorientierten 10 Regeln zu differenzieren. In die erste Kategorie fallen beispielsweise Preisindexregeln, in die zweite Geldmengenregeln. - Nach dem Grad der Veränderbarkeit des Wertes der von der Zentralbank anzustrebenden Größe können starre und flexible Regeln unterschieden werden. Im ersten Fall ändert sich die der Zentralbank vorgegebene Größe nicht in Abhängigkeit von der Entwicklung anderer ökonomischer Variablen; ein bekanntes Beispiel ist die von Friedman vorgeschlagene Regel konstanten Geldmengenwachsturns. Eine Regel kann jedoch auch flexibel sein, indem der genaue Wert der zu steuernden Größe in Abhängigkeit von der Entwicklung anderer Variablen festgelegt wird. In diese Kategorie fallen beispielsweise Geldmengenwachstumsregeln, die Änderungen der Umlaufgeschwindigkeit berücksichtigen.

Die BefürworteT regelgebundener Geldpolitik leiten ihre Position zumeist aus den Schwächen der Diskretionarität ab.11 In dieser Arbeit wurde als schwerwiegender Mangel diskretionärer Politik die aus dem Eigeninteresse der geldpolitisch Verantwortlichen und aus der Funktionsweise des polit-ökonomischen Systems resultierende lnflationierungstendenz betont. Dieser Punkt wird 8 Als Überblick siehe Wagner (1992) S. 133 ff. 9 Blinder (1987) S. 401 f. 10 Unter "Instrumenten" ist hier nicht das geldpolitische Instrumentarium im Sinne von Offen· marlctgeschäften, Refinanzierungspolitik etc. zu verstehen, sondern Steuerungsgrößen, die die Zen· tralbank direkt oder indirekt kontrollieren kann, wie z.B. monetäre Aggregate.

11 Die Tatsache, daß es ein Kontinuum von Möglichkeiten zwischen vollständiger Diskretiona-

rität und strikter Regelbindung gibt, weist auf andere Möglichkeiten der Bekämpfung der Schwächen rein diskretionärer Politik hin. Hierauf ist weiter unten einzugehen.

140

F. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums ll

auch im Schrifttum zur Frage "rules versus discretion" vermehrt in den Vordergrund gestellt.12 In den meisten Fällen aber sahen die Gegner der Diskretionarität den Nachteil dieser Politik in einem die gemeinwohl- und eigennutzorientierten Ansätze gleichermaßen betreffenden Punkt, nämlich in der Destabilisierungsgefahr infolge von Informationsdefiziten über den genauen Ablauf der Transmission geldpolitischer Impulse.l3 Wenn die geldpolitischen Autoritäten nicht in der Lage sind, die zeitliche Verzögerung zwischen ihren Aktionen und den daraus resultierenden Wirkungen auf die Wirtschaft relativ genau abzuschätzen, besteht die Gefahr, daß die Geldpolitik selbst zu einer Quelle ökonomischer Störungen wirdl4 und die Planungen der Wirtschaftssubjekte mit großen Unsicherheiten belastet. Regeln dienen in diesem Fall vor allem der Verhinderung destabilisierender geldpolitischer Maßnahmen und fördern damit die Stabilisierung der Erwartungen. Im bisherigen Verlauf der Analyse konnte ohne Einschränkung der Aussagekraft von diesem Problem abstrahiert und statt dessen unterstellt werden, daß der Geldpolitiker tatsächlich in der Lage ist, die Inflationsrate festzusetzen. Da geldpolitische Steuerungsproblerne - wie noch dargelegt werden wird - auch im Hinblick auf die Beurteilung spezifischer Regeln von Bedeutung sind, muß diese Annahme aber für die nachfolgende Untersuchung aufgegeben werden. Regeln können auf Eigeninteresse zurückzuführende Mißbräuche diskretionärer Spielräume nur dann verhindern, wenn die Währungsbehörde Zielverfehlungen nicht mit Informationsdefiziten entschuldigen kann. Um entscheiden zu können, inwieweit bestimmte Vorschläge zur Regelbindung geeignet sind, das Inflationsproblem zu lösen oder abzuschwächen, müssen sie anhand eines problemadäquaten Kriterienkatalogs dahingehend überprüft werden.l5 Vor dem Hintergrund der institutionenökonomischen Begründung von Inflationstendenzen einerseits sowie der traditionellen Anforderungen

12 Siehe etwa Brunrwr (1984b) S. 197 ff. und Mayer (1987a). Bereits Chan/, Acheson (1972) S. 31 f. sehen die Regelbindung als ein Mittel zur Einschränkung eigennutzorientierten Verhaltens der monetären Instanzen. 13 Weitere Begründungen für eine geldpolitische Selbstverpflichtung oder Regelbindung bei Annalune gemeinwohlorientierter Politiker sind die Politikineffektivitätsthese, die in streng neuklassischen Modellen vertreten wird (siehe etwa Sorgen/, Wallace (1976)), und das in Kap. E.ll.l dargestellte Zeitinkonsistenzproblem (siehe hierzu Kydland, Presco/1 (1977), Barro, Gordon (1983a), (1983b)). 14 Friedman (1968) S. 16. 15 Bei der Beuneilung werden neben der Regel als solcher an einigen Stellen auch flankierende Regelungen berücksichtigt, die unmittelbar der Durchsetzbarkeil der Regel dienen.

I. Strikte gesetzliche Einschränkung

141

an geldpolitische Steuerungsgrößen andererseitsl6 lassen sich die folgenden Kriterien ableiten: (1) Endzielkriterium

(2) Anreizkriterium (3) Kontrollkriterium (4) Bestandskriterium.

Ad (1) In Anlehnung an die Theorie der optimalen Zwischenziele wird hier unter dem Endzielkriterium die Forderung verstanden, daß bei Einhaltung der Regel das Ziel Preisniveaustabilität in hohem Maße erfüllt sein soll.l7 Preisniveaustabilität bedeutet in diesem Zusammenhang wiederum eine erwartete permanente Inflationsrate von N ull.l 8 Ad (2) Aufgrund der unterstellten Eigennutzorientierung kann nicht a pnon von einem Interesse der Zentralbankleitung an einer strikten Regeleinhaltung ausgegangen werden. Deshalb ist das Regelwerk so auszugestalten, daß die Zentralbank sowohl in Situationen oberhalb als auch in Situationen unterhalb des kritischen Sicherheitsgrads einen hinreichend großen Anreiz besitzt, die Regel einzuhalten. Im ersten Fall muß ein Brechen der Regel entweder einen als Gegengewicht ausreichenden Prestigeverlust oder aber irgendeine Form der expliziten Sanktionierung, z.B. eine Kündigung oder einen Einkommensverlust, auslösen. Damit Mechanismen dieser Art funktionieren können, muß die Leistung der Zentralbank allerdings eindeutig beurteilbar sein. Hieraus folgt die Forderung nach einer möglichen Nachvollziehbarkeil der Regel und somit nach einer zweifelsfreien Definition und gegebenenfalls Rechenvorschrift für die einzelnen Größen.I9 Um Bedrohungen von außen abwehren zu können oder, besser noch, um erst gar keinen Bedrohungen ausge-

16 Zur Anforderung an ein optimales Zwischenziel siehe z.B. Förster (1982) S. 160 ff.

17rn der Theorie der optimalen Zwischenziele wird mit dem "Endzielkriterium" (Förster (1982) S. 164) die Forderung an eine geeignete Zwischenzielgröße bezeichnet, eine enge und stabile Beziehung zu den Endzielen der Geldpolitik aufzuweisen; siehe hierzu z.B. Förster (1982) S. 161 und Duwendag (1988) S. 22.

18 Siehe oben S. 23 f . 19 Bojinger (1991) S. 213.

142

F. Ausgestaltung des formalen

Handlungsspielraums II

setzt zu werden, sollte die Regel so eindeutig sein, daß sie keine Freiräume bietet, anderen Akteuren entgegenzukommen. In der Theorie der optimalen Zwischenziele wird die KontrollierAd (3) barkeit der von der Zentralbank verfolgten Zwischenzielgröße gefordert. 20 Dieses "Kontrollkriterium"2l kann auf die Frage nach einer geeigneten Regelbindung übertragen werden und gewinnt dann wesentliche Bedeutung, weil seine Erfüllung eine notwendige Voraussetzung für die Erfüllbarkeil des Anreizkriteriums darstellt. Eine "gerechte" Leistungsbeurteilung der Zentralbank ist nur im Falle einer operationalen und damit einhaltbaren Regel möglich, d.h. die von der Zentralbank zu steuernde Größe muß auch steuerbar sein. "Die Verantwortung der Notenbank muß an etwas gebunden werden, was sie auch verantworten kann."22 Um eine derartige Übereinstimmung von Entscheidungs- und Verantwortungsbereich zu gewährleisten23, muß die in der Regelbindung enthaltene Zielgröße entweder dem alleinigen Einfluß der Zentralbank unterliegen, oder die Einflüsse anderer Akteure müssen durch Maßnahmen der Zentralbank neutralisierbar sein. Die Erfüllung des Kontrollkriteriums ist auch für Situationen unterhalb des kritischen Sicherheitsgrads von Bedeutung. Je weitgehender dem Kontrollkriterium entsprochen wird, desto eindeutiger kann eine Regel formuliert werden und desto besser können Forderungen von außen nach einer von der Regel abweichenden Politik abgewehrt werden. Ebenso wie für den Unabhängigkeitsstatus der Zentralbank Ad (4) besteht auch für eine einmal eingeführte Regel24 die Gefahr, abgeschafft zu werden. Für die Regierung wird der diesbezügliche Anreiz immer dann groß sein, wenn ihr der "politische Gebrauch" des Geldes besonders vorteilhaft erscheint.25 Die Zentralbank wird sich nur dann in der Öffentlichkeit für die Erhaltung der Regel einsetzen, wenn sie der Meinung ist, durch eine Regeleinhaltung Prestige erlangen oder erhalten zu können. Einer Regel, die vorwiegend durch die Androhung expliziter Sanktionierung gesichert werden soll, wird sie wohl eher negativ gegenüberstehen. Letztlich hängt es von den Auswirkungen auf das Wählerverhalten und der für die Abschaffung notwendigen 20 Förster (1982) S. 161. 21 Förster (1982) S. 164. 22 SVR (1978) Z. 407. 23 Zur Bedeutung dieser Anforderung im Rahmen einer Regelbindung siehe auch Dittus (1987) S. 192. 24 Auf eine Analyse der Einführungschancen einer Regel wird hier verzichtet. Zwn Problem der Implementierung von Währungsverfassungen, die der Sicherung des Ziels "Preisniveaustabilität" dienen sollen und als ein Element eine Regelbindung vorsehen können, siehe Bernholz (1986) s. 490 ff. 25 Hierzu Kap. E.Il.2.

I. Strikte gesetzliche Einschränkung

143

Parlamentsmehrheit ab, ob eine Regelbindung Aussicht auf längerfristigen Bestand hat. Nur dann aber kann sie ihrer Zielsetzung gerecht werden. Das Bestandskriterium ist für die Gesamtbeurteilung einer Regel allerdings lediglich in den Fällen von Bedeutung, in denen die anderen Kriterien in zufriedenstellender Weise erfüllt sind.

2. Analyse unterschiedlicher Regelvarianten a) Preisindexregeln

Preisindexregeln fallen in die Klasse der ergebnisorientierten Regeln. Sie schreiben der Zentralbank die Stabilisierung eines bestimmten allgemeinen Preisindex, z.B. des BSP-Deflators26, vor. Dem Endzielkriterium werden solche Regeln in idealer Weise gerecht, denn mit der Konstanthaltung eines allgemeinen Preisindexes ist, bezogen auf diesen Index, automatisch eine erwartete permanente Inflationsrate von Null verbunden. Im Hinblick auf das Anreizkriterium ist für Situationen oberhalb des kritischen Sicherheitsgrades von Anreizkompatibilität auszugehen. Wird der Zentralbank eine Preisindexregel vorgegeben und diese gesetzlich verankert, kann aufgrund der Verständlichkeit dieser Zielsetzung und des Interesses der Bevölkerung an diesem Endziel27 davon ausgegangen werden, daß der Zentralbank einzig und allein diese Zielsetzung zugeschrieben und ihr für die Realisierung ein hohes Maß an Verantwortlichkeit beigemessen wird. 28 Je strikter die Regel eingehalten wird, um so höher liegt das Prestige der Zentralbankleitung. Dieser implizite Mechanismus dürfte auch den - wie dargelegt meist sehr schwachen - Anreiz zur infla-

26 Barro (1985) S. 34;

Simons

(1936) nennt zwar wünschenswerte Eigenschaften des auszu-

wählenden Preisindexes, legt sich aber auf keinen speziellen fest.

27 Die Tatsache, daß sich die Bevölkerung letztlich für Ergebnisse wie z.B. Preisniveaustabilität

und nicht für Geldmengenaggregate interessiert, wird häufig als Vorteil ergebnisorientierter Regeln

gesehen. Siehe z.B. Barro (1985) S. 33, Blinder (1987) S. 402.

28 Siehe oben S. 116.

144

F. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums II

tionären Finanzierung diskretionärer Ausgaben neutralisieren, so daß die Androhung einer expliziten Sanktionierung überflüssig erscheint.29 Die große Schwäche einer Preisindexregel liegt jedoch darin, daß sie das Kontrollkriterium nicht erfüllt und die Zentralbank daher die Regel höchstwahrscheinlichtrotzdes Eigeninteresses nicht einhalten kann. Simons stellt an einen geeigneten Preisindex u.a. die Anforderung einer hohen Reagibilität auf die Geldangebotspolitik, damit die Zentralbank nicht zu spät eingreife oder aber gezwungen sei, künftige Preisänderungen antizipieren zu müssen.30 Wie Friedman und viele andere nachgewiesen haben, ist ein Preisindex jedoch nicht in diesem Maße kontrollierbar. Aufgrund variabler time lags und Wirkungsstärken geldpolitischer Maßnahmen "we cannot predict at all accurately just what effect a particular monetary action will have on the price Ievel and, equally important, just when it will have that effect. Attempting to control directly the price Ievel is therefore likely to make monetary policy itself a source of economic disturbance because of false stops and starts."31 Da das mit dieser Argumentation angesprochene Problem von Informationsdefiziten im Hinblick auf die konkrete Reaktionsstruktur der Volkswirtschaft auch heute noch nicht als geklärt angesehen werden kann32, ist eine Preisindexregel als inoperational einzustufen. Barro argumentiert allerdings, daß eine Regel, die die Stabilisierung des BSP-Deflators über Offenmarktoperationen vorsehe, trotz der time lags über Reaktionen der Geldnachfrage automatisch stabilisierend wirke. 33 Er vertritt die Ansicht, daß die Wirtschaftssubjekte bei Abweichungen vom angestrebten Indexwert regelgerechte geldpolitische Maßnahmen antizipieren und ihre Kassenhaltung bereits vorausschauend anpassen würden - mit der Folge einer Veränderung des Preisindexes in die gewünschte Richtung. Die Wirksamkeit dieses Mechanismus ist jedoch aus mehreren Gründen anzuzweifeln. Zum einen stellt sich aufgrund häufig vorkommender längerfristiger Vertragsbindungen die Frage, ob die Wirtschaftssubjekte ihre Anpassungshandlungen tatsächlich so schnell vornehmen können, daß die Zentralbank keinen Anlaß 29 An diesem Punkt wird deutlich, daß es einen Unterschied macht, ob man eine weisungsgebundene oder eine weisungsungebundene Zentralbank einer Regelbindung unterwirft. Aufgrund der Argumentation in Kapitel E ist nicht davon auszugehen, daß eine weisungsgebundene Zentralbank aus Eigeninteresse versucht, die Preisindexregel einzuhalten. 30 Simons (1936) S. 13, Fn. 11. Zu einer kritischen Analyse der Vorschläge Simons siehe auch Dittus ( 1987) S. 192 ff. 31 Friedman (1968) S. 15; siehe hierzu auch Friedman (1959) S. 87 f. 32 Brunner (1984b) S. 192 ff. 33 Barro (1985) S. 34.

I. Strikte gesetzliche Einschränkung

145

zum - eventuell destabilisierenden - Eingreifen sieht. 34 Zum anderen setzt der Barra-Mechanismus eine hohe Glaubwürdigkeit der Regel voraus35, von der, wenn sich die Zentralbank unterhalb des kritischen Sicherheitsgrads befmdet und eher Regierungswünsche als Prestigegründe in ihren Entscheidungen berücksichtigt, nicht von vomherein ausgegangen werden kann. Im Falle einer Überschreitung des Index ist nicht klar, ob der Grund im nicht-regelkonformen Verhalten einer durch die Regierung in ihrem Status bedrohten Zentralbank oder in anderen kurzfristig auf das Preisniveau wirkenden Einflußfaktoren liegt. Somit besteht auch über das künftige Verhalten der Zentralbank Unsicherheit, und die Geldnachfrage wird sich nicht zwangsläufig in der gewünschten Richtung anpassen. Die dauerhafte Stabilisierung eines Preisindex stellt somit zu hohe Anforderungen an die Zentralbank. Nach Salin ist dies typisch für alle ergebnisorientierten Verpflichtungen, denen aufgrundihrer mangelnden Operationalität eher der Charakter von Versprechungen als von Regeln zukomme.36 Aufgrund der dargelegten Zusammenhänge wird die Zentralbank mit dem Versuch, das "Versprechen" aus Eigeninteresse einzuhalten, wahrscheinlich häufig scheitern. Hinzu kommt, daß wegen fehlender Beurteilbarkeil der Leistung der Zentralbank Freiräume entstehen, die die Regierung veranlassen können, Druck auszuüben, mit dem sie in Situationen, in denen sich die Zentralbank unterhalb des kritischen Sicherheitsgrads befindet, auch Erfolg haben wird. 37 Aufgrund der aufgeführten Mängel erscheint eine Preisindexregel nicht geeignet, zur Lösung des Inflationsproblems wesentlich beizutragen.

34 Wagner (1992) S. 165. 35 Barro unterstellt diese ohne Begründung. 36 Satin (1988) S. 78. 37 Ähnlich Dittus (1987) S. 196.

146

F. Ausgestaltung des fonnalen

Handlungsspielraums II

b) Die Friedmansche x-Prozent-Regel

Die Friedmansche x-Prozent-Regel stellt den bekanntesten Vorschlag einer instrumentenorientierten Regel dar.38 Sie gibt den geldpolitischen Autoritäten eine feste Geldmengenwachstumsrate vor, die Monat für Monat einzuhalten ist.39 Als spezifisches Geldmengenaggregat schlägt Friedman zunächst M240, später dann- wegen der besseren Kontrollierbarll:eit- die Geldbasis41 vor. Prinzipiell mißt er dieser Auswahlfrage aber nur sekundäre Bedeutung zu; wichtig sei die Festlegung auf ein bestimmtes Aggregat.42 Die Wachstumsrate des monetären Aggregates ist dann so zu wählen, daß im zeitlichen Durchschnitt Preisniveaustabilität erwartet werden kann.43 Gemäß der Quantitätsgleichung muß die Wachstumsrate des monetären Aggregats also gleich sein der langfristigen Wachstumsrate des normalen realen Outputs abzüglich der trendmäßigen Wachstumsrate der Umlaufgeschwindigkeit Voraussetzung für die Erfüllung des Endzielkriteriums ist demnach, daß sich die beiden der Berechnung der Geldmengenwachstumsrate zugrundeliegenden Größen nicht wesentlich ändern und somit ein langfristig stabiler Zusammenhang zwischen dem zu steuernden monetären Aggregat und der Preisentwicklung besteht. Andernfalls führt eine auf x Prozent fixierte Geldpolitik zu inflationären oder deflationären Prozessen. Vor allem die Gefahr von unerwarteten Änderungen des Trends der Umlaufgeschwindigkeit wird in letzter Zeit verstärkt44 nicht nur von keynesianisch, sondern auch von monetaristisch ausgerichteten Ökonomen als ernsthaftes Argument gegen die x-Prozent-Regel angesehen.45 Empirisch gestützt werden diese Bedenken durch den in den USA zu beobachtenden drastischen Rückgang der Umlaufgeschwindigkeit von Ml in den achtziger Jahren. Eine stetigere Geldpolitik in der Vergangenheit hätte

38 Friedman entwickelte diesen Vorschlag erstmals 1959 in "A Program for Monetary Stability"

s. 90ff.

39 Friedman (1959) S. 92. 40 Friedman (1959) S. 90. 41 Friedman (1987) S. 368. 42 Friedman (1968) S. 15. 43 Friedman (1959) S. 91. 44 Bereits Simons (1936) S. 5 sah die Gefahr "of sharp changes on the velocity side" als so groß an, daß er eine fixe Geldmengenregel trotz einiger von ihm herausgestellten Vorzüge ablehnte. 45 Mayer (1987b) S. 34 ff., Fischer (1988) S. 16, McCal/um (1989) S. 339, Laidler (1990) s. 122 ff.

I. Strikte gesetzliche Einschränkung

147

diese Entwicklung zwar stark abmildem46, nicht jedoch völlig verhindem können.47 Wichtige Ursachen waren nämlich der technische Fortschritt und die Deregulierungsmaßnahmen im Finanzsektor48, Entwicklungen, die aufgrund ihrer Unvorhersehbarkeit bei der Konstruktion einer starren Geldmengenregel nicht hätten berücksichtigt werden können. Ähnliche Instabilitäten konnten in Großbritannien beobachtet werden49, während für die Bundesrepublik Deutschland auch neuere ökonometrische Schätzungen überwiegend eine stabile Geldnachfrage ausweisen. SO Wie gravierend die Anpassungskosten in den USA und in Großbritannien im Falle der Anwendung einer Regel konstanten Geldmengenwachstums gewesen wären, läßt sich allerdings nicht abschätzen. Es gibt keine zuverlässigen Vorstellungen darüber, welche Entwicklungen sich dann im finanziellen Sektor vollzogen hätten. Das eigentliche Problem besteht jedoch darin, daß es a priori keinen Grund gibt, von einer stabilen Änderungsrate der Umlaufgeschwindigkeit auszugehen, denn "money demand is the demand for a capital good, and therefore is subject to change as relative prices, incomes, tastes and technology vary."Sl Eine starre Geldmengenregel ohne diskretionäre Spielräume scheint deshalb mit relativ großen Risiken für die Erfüllung des Endzielkriteriums verbunden zu sein. Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn zusätzlich die Möglichkeit von Änderungen der Wachstumsrate des Normaloutputs und, im Falle einer Geldbasissteuerung, des Geldangebotsmultiplikators berücksichtigt wird. 52 46 Wäre die Geldmenge in den sechziger und siebziger Jahren mit einer stabilen und moderaten Rate gewachsen, hätten die Inflationsraten niedriger gelegen. In diesem Fall wären auch die Zinsen weniger stark angestiegen und hätten daher in den achtziger Jahren nicht so drastisch fallen können. Ein Großteil des rapiden Rückgangs der Umlaufgeschwindigkeit läßt sich mit dem Zinsrückgang erklären. Siehe hierzu Mayer (1987b) S. 34. 47 Mayer (1987b) S. 34, Fischer (1988) S. 16. 48 Fischer (1988) S. 16, Laidler (1990) S. 118 f. 49 Langfeldt, Scheide, Trapp (1988) S. 6. SO Neumann, v. Hagen (1987), Herz. Röger (1989) [unveröffentlichtes Manuskript; zitiert nach Bojinger (1991) S. 217]. Zu einem anderen Ergebnis dagegen gelangen Buscher, Sehröder (1983). SI Mayer (l987b) S. 35.

52 Dies schließt keineswegs aus, daß die Anwendung einer derartigen Regel in der Vergangenheit auch über lange Zeiträume zu guten Ergebnissen hätte führen können und auch in der Zukunft führen könnte. So gelangt Scheide zu dem Ergebnis, daß die strikte Anwendung einer x-ProzentReget, bezogen auf die Zentralbankgeldmenge in der Abgrenzung der Deutschen Bundesbank, in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1972 und 1987 zu einem durchschnittlichen Anstieg des Preisniveaus von lediglich 0,5% geführt hätte; Scheide (1988) S. l I. Im Rahmen grundsätzlicher Überlegungen dürfen Risiken jedoch nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil sie während einer bestimmten Zeitspanne in einem bestimmten Land nicht eingetreten sind.

148

F. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums II

Im Hinblick auf das Anreizkriterium liegt der große Vorteil der x-ProzentReget allerdings in ihrer Einfachheit. Mag die Öffentlichkeit auch nicht an Geldmengenaggregaten per se interessiert sein, so dürfte die hinter der Regel eines konstanten Geldmengen- bzw. Geldbasiswachstums stehende Grundidee doch hinreichend verständlich sein, um einen Zusammenhang zwischen Regeleinhaltung und Ansehen der Zentralbank in der Öffentlichkeit zu gewährleisten.53 Die Stärke dieses impliziten Sanktionsmechanismus hängt aber wiederum von der Inflationsaversion der Bevölkerung, von dem Ansehensverlust, der mit dem Bruch einer gesetzlich verankerten Regel verbunden ist, und von der Bedeutung, die die Zentralbankleitung gegenwärtigen und zukünftigen Prestigeverlusten beimißt, ab. Nicht in jedem Fall dürfte daher die Einhaltung hinreichend gesichert erscheinen. Das Regelwerk sollte aus diesem Grund als zusätzliche Sicherung auch eine explizite Sanktionierung für den Regelbruch54 z.B. in Form von Einkommensverlusten oder einer Kündigung - vorsehen. Eine derartige Ausgestaltung der Regelbindung erfordert, daß das Kontrollkriterium erfüllt und somit die Regel einhaltbar ist. Bejaht werden kann die Frage nach der Kontrollierbarkeit für eine Zentralbankgeldmenge, sofern ein System flexibler Wechselkurse gegeben ist und die Zentralbank über ein geeignetes Instrumentarium verfügt. 55 Auch für die üblichen Geldmengendefinitionen bestätigen empirische Untersuchungen die Einhaltbarkeit eines Zielkorridors von 1% um die mittlere Zielrate in jedem Monat. 56 Eine derartige Bandbreite ließe sich in der Regelformulierung berücksichtigen. Allerdings schafft allein schon die Tatsache, daß die Entwicklung der Geldmengenaggregate auch von dem Verhalten der Geschäftsbanken und der privaten Wirtschaftssubjekte abhängt, ein gewisses Maß an Unsicherheit in bezug auf die Leistung der Notenbank. Dies ermöglicht der Zentralbank, die Verantwortung für eventuelle Zielverfehlungen abzuwiegeln und läßt strenge Sanktionierungen kritisch erscheinen. Darüber hinaus geben selbst kleine Freiräume der Regierung Möglichkeiten, bei schwerwiegenden Konflikten die Zentralbank zu

53 Die positiven Anreize zur inflationären Geldmengenexpansion und damit zum Regelbruch, denen die Leitung einer weisungsungebundenen Zentralbank ausgesetzt sein kann, sowie die restringierenden Faktoren entsprechen denjenigen, die Gegenstand der Untersuchung in Kapitel E.III waren. Auf diese wird daher hier und im folgenden nicht mehr im einzelnen eingegangen. 54 Auf diese Notwendigkeit weist auch Brunner (1984b) S. 204 hin. 55 Zur Kontrollierbarkeit der Zentralbankgeldmenge bzw. der Geldbasis siehe Siebke (1982) S. 153 ff. und v. Hagen (1986) S. 77 ff. Unterschiedliche Konstrukte der Zentralbankgeldmenge analysiert Neumann (1975). 56 Für die USA siehe Rasche, Johannes (1987), für die Bundesrepublik Deutschland siehe Neumann, v. Hagm (1987).

I. Strikte gesetzliche Einschränkung

149

einem politischen Mißbrauch der Geldpolitik zu veranlassen. In dem Moment, in dem das Inflationsproblem als Problem der Anreizstruktur der Zentralbankleitung betrachtet und zur Lösung nach einem "forcing contract" 57 gesucht wird, ist die Genauigkeit der Leistungsbeurteilung von so großer Bedeutung, daß Geldbasisregeln Geldmengenregeln vorzuziehen sind. Dies gilt selbst dann, wenn die Beurteilung in bezug auf das Endzielkriterium - wegen der größeren Nähe der Geldmengenaggregate zum Endziel - umgekehrt ausfällt. 58 Im Hinblick auf das Bestandskriterium erscheint eine nur mit qualifizierter Mehrheit veränderbare gesetzliche Verankerung wünschenswert. Dies gilt besonders dann, wenn die Inflationsaversion der Bevölkerung nicht so ausgeprägt ist, daß eine Regelabschaffung eine scharfe negative Wählerreaktion auslöst. Von der Zentralbank ist keine Verteidigung einer starren Regelbindung in der Öffentlichkeit zu erwarten, weil ihr ein diskretionärer Spielraum im Vergleich zum bloßen Einhalten einer von außen vorgegebenen Formel mehr Möglichkeiten für Prestigeerhalt und Prestigegewinne bietet. 59 Insgesamt betrachtet, liegen die Vorzüge einer gesetzlich verankerten, mit Sanktionierungsmaßnahmen ausgestatteten fixen Geldbasisregel in der Erfüllung des Kontroll- und des Anreizkriteriums; Risiken bestehen dagegen im Hinblick auf das Endzielkriterium.

c) FlexibleGeldmengen-und Geldbasisregeln

Die Mängel der x-Prozent-Regel stellen allerdings keinen Grund dar, Geldmengenregeln grundsätzlich zu verwerfen. Vielmehr wurden als Antwort auf die Kritik arn Friedmanschen Vorschlag flexible Geldmengenregeln entworfen, welche durch geeignete Modifikationen versuchen, die aus einer langfristigen Fixierung der Wachstumsrate der Geldbasis bzw. Geldmenge resultierenden Schwächen abzumildern oder zu beseitigen. Dies geschieht, indem die Wachs-

57 Siehe oben S. 49. 58 Siehe auch Friedman (1987) S. 368. 59 Dies würde nur dann nicht gelten, wenn ein Großteil der Bevölkerung aus überzeugten Anhängern einer strikten Regelbindung bestünde. II Willeke

150

F. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraur11s I!

turnsrate des monetären Aggregats60 in regelmäßigen Abständen an Änderungen der Trendrate der Umlaufgeschwindigkeit und z.T. auch an Änderungen der Wachsturnsrate des realen Normaloutputs angepaßt wird. 61,62,63 Der ein-

60 Meltzer schlägt als zu steuernde Größe die Geldbasis vor, Mayer dagegen MI; siehe hierzu Meltzer (1984) S. 218 und Mayer (1987b) S. 37 f.

61 Brunner (1984b) S. 204 schlägt zu diesem Zweck vor, die fixe Geldmengenwachstumsregel um sogenannte Meta-Regeln zu ergänzen, die periodische Anpassungen der Geldmengenwachstumsrate an Änderungen im Trend des realen nonnalen Outputs und der Umlaufgeschwindigkeit regeln. Genaue Vorstellungen über ihre Ausgestaltung fonnuliert er jedoch nicht. Da der für eine, wie oben definierte, Regel notwendige fonnelhafte Automatismus fehlt, wird dieser Vorschlag hier nicht weiterverfolgt Mayer (1987b) S. 36 ff. bezieht in seine Fonnel zur Bestimmung der Geldmengenwachstumsrate Änderungen im Trend der Umlaufgeschwindigkeit ein, Meltzer (1984) S. 218 f. darüber hinaus Änderungen des realen Outputs. 62 Die nominellen BSP- bzw. BIP-Regeln, die der Zentralbank eine entsprechende Zielgröße vorgeben wollen, entsprechen den modifizierten Geldmengenregeln in fonnaler Hinsicht, da beide Regelarten lediglich die Steuerung der unterschiedlichen Seiten der Quantitätsgleichung vorsehen. Hierzu siehe z.B. Mayer (1987a) S. 284 f., Wagner (1992) S. 144. Für diejenigen der BSP- (BIP-) Regeln, die genau spezifizierte Anpassungen der Geldbasiswachstumsrate an Abweichungen vom BSP- (BIP-)Zielpfad vorsehen, gelten im Grundsatz die nachfolgenden Ausführungen zu den flexiblen Geldmengen- bzw. Geldbasisregeln. Als Beispiel für eine solche Regel siehe McCallum (1987) S. 420 ff. Wird der Zentralbank dagegen lediglich eine bestimmte Wachstumsrate als Zielsetzung vorgegeben - siehe z.B. v. Weizsäcker (1987) -,ergeben sich die bei der Preisindexregel dargelegten Probleme im Hinblick auf das Kontroll- und das Anreizkriterium. Zur diesbezüglichen Kritik an der BSP- (BIP-)Regel siehe SVR (1987) Z. 332, Holzhru (1987) S. 386, Mayer (1987a)

s. 287.

63 Die der Deutschen Bundesbank erstmalig 1974 vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) vorgeschlagene Konzeption einer mittelfristig angelegten, potentialorientierten Geldpolitik entspricht in ihren Grundzügen der Konzeption flexibler Geldmengen- bzw. Geldbasisregeln, auch wenn sie keine gesetzlich verankerte Regelbindung, sondern eine Selbstverpflichtung der Zentralbank vorsieht. Die grundsätzliche Idee des Ansatzes des SVR besteht in der Steuerung der bereinigten Zentralbankgeldmenge. deren Ausweitung am mittelfristigen Wachstum des Produktionspotentials (als Orientierungsgröße für die Wachstumsrate des realen Nonnaloutputs) anknüpfen soll. In Jahren. in denen das Ziel der Preisniveaustabilität annähernd verwirklicht war und somit keine sogenannte "unvenneidliche Inflationsrate" in die Berechnung des Geldmengenziels einfloß, schlug der SVR die konsequente Einhaltung eines mehrjährigen Geldmengenziels vor, das nur im Falle der Veränderung des trendmäßigen Wachstums der Umlaufgeschwindigkeit oder des Produktionspotentials geändert werden sollte. Durch die Vorankündigung einer derartigen, dem Konzept der flexiblen Geldbasisregeln im wesentlichen entsprechenden Politik, soll der Wirtschaft eine klare Orientierung gegeben und auf diese Weise eine Erwartungsstabilisierung erreicht werden.

I. Strikte gesetzliche Einschränkung

151

zige Vorschlag jedoch, der zumindest langfristig auf jeden Fall64 eine erwartete pennanente Inflationsrate von Null und damit die Erfüllung des Endzielkriteriums garantiert65, ist derjenige von Meltzer.66 Diese Regel sieht vor, daß die Wachstumsrate der Geldbasis dem gleitenden Dreijahresdurchschnitt der Wachstumsrate des realen Outputs minus dem gleitenden Dreijahresdurchschnitt der Wachstumsrate der Basisumlaufgeschwindigkeit gleichgesetzt wird.67 Die Anpassungen der anzustrebenden Geldbasisgröße sollen halbjährlich oder jährlich erfolgen. Der große Vorteil dieses Regelwerks im Hinblick auf das Ziel Preisniveaustabilität besteht inder-wenn auch erst nach drei Jahren vollständigen - Anpassung an pennanente Änderungen der Größen, die der Berechnung zugrunde liegen. Mettzer spricht sich für langjährige gleitende Durchschnitte - den vorgeschlagenen Dreijahreswert bezeichnet er selber als willkürlich - und eine mindestens sechsmonatige Fixierung der Basiswachstumsrate aus, um übertreibende Reaktionen auf vorübergehende Änderungen zu venneiden.68 Diese Ausgestaltung hat im Vergleich zu häufigeren Anpas-

Die von der Deutschen Bundesbank seit l974n5 tatsächlich realisierte Konzeption entspricht einer von ihr selbst als pragmatisch bezeichneten Umsetzung der Grundidee einer mittelfristig angelegten. potentialorientierten Geldmengenpolitik. Die Deutsche Bundesbank verfolgt eine auf längere Sicht erkennbare Verstetigungsabsicht. behält sich jedoch gleichzeitig einen diskretionären Spielraum vor. um auf Zahlungsbilanz- und Wechselkursänderungen sowie Konjunktur- und Inflationsentwicklungen reagieren zu können. Dieser diskretionäre Vorbehalt äußert sich darin, daß seit 1979 (mit der Ausnahme des Jahres 1989) Zielkorridore mit Bandbreiten von bis zu 3% angekündigt werden, diese Ankündigungen sich stets nur auf ein Jahr beziehen und Zielüberschreitwtgen zugelassen werden. Auf die Details der geldpolitischen Konzeptionen des Sachverständigenrats und der Deutschen Bundesbank und ihre Unterschiede soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Zur Konzeption des Sachverständigenrats siehe insbesondere SVR (1974) Z. 312-322 und Z. 374-396, SVR (1984) Z. 357-366, SVR (1987) Z. 315-330, SVR (1990) Z. 384-401. Zum Konzept der Deutschen Bundesbank siehe etwa Duwent:fßg (1982), Dudler (1984), insbesondere S. 88 ff., Schlesinger (1988), Deutsche Bundesbank (1993 ), insbesondere S. 90 ff. 64 Auch die Vorschläge von Mayer (l987b) S. 36 ff. und von McCallum (1987) S. 419 ff. nehmen eine gute Erfüllung des Endzielkriteriums für sich in Anspruch. Sie unterstellen dann aber implizit eine konstante langfristige Wachstumsrate des realen Outputs. Sowohl für Japan und Deutschland als auch für die USA hätte eine derartige Annahme bei der Regelkonstruktion jedoch inflationäre Folgen gehabt. Siehe Meltzer (1984) S. 217. 65 Neumann (l990b) S. 182. 66 Meltzer (1984) S. 218 ff., Meltzer (1987) S. 12 f. 67 Die gleitenden Dreijahresdurchschnitte dienen als Approximation der Änderung der Trendraten. 68 Meltzer (1984) S. 218 f., Meltzer (1987) S. 12.

152

F. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums II

sungen und kürzeren Durchschnittsperioden noch zwei weitere Vorteile. 69 Zum einen kann auf später erhobene und damit genauere Daten zurückgegriffen werden. Zum anderen verringert sich die bei derartigen Feedback-Regeln gegebene Gefahr dynamischer Instabilität, die aus Änderungen der Umlaufgeschwindigkeit resultiert, die durch die regelgebundene Politik selber ausgelöst werdenJO Beides führt zu einer zielgerechteren Modifizierung der Geldbasis. Dem steht allerdings zwangsläufig der Nachteil schwerfälliger Reaktionen auf permanente Änderungen gegenüber, der sich durch eine genau entgegengesetzte Ausgestaltung vermeiden ließe. Da dieser "Zielkonflikt" nicht vollständig auflösbar ist71, hängt die Ausformulierung der Regel von der Bedeutung ab, die man der Gefahr einer zu aktivistischen Politik im Vergleich zur Gefahr einer zu passiven Politik beimißt 72 In der Realität könnte die im Hinblick auf das Endzielkriterium auch in der kurzen und mittleren Frist beste Lösung wohl nur durch ein "Trial-and-error"-Verfahren gefunden werden. Eine weitere Frage, die sich - auch im Zuge von Verbesserungen ökonometrischer Schätzmethoden -stellt, ist, ob Prognosen im Hinblick auf die trendmäßige Entwicklung von Umlaufgeschwindigkeit und Normaloutput wirklich zu schlechteren Ergebnissen führen als die vorgeschlagenen gleitenden Jahresdurchschnitte. 73 Grundsätzlich erfüllen im Sinne von Mettzer formulierte Regeln zumindest langfristig das Endzielkriterium; welche genaue Spezifizierung in der kurzen und mittleren Frist die günstigsten Ergebnisse erbringt, läßt sich jedoch nicht mit Gewißheit sagen. Im Hinblick auf das Anreizkriterium besitzen flexible Vorgaben ähnliche Eigenschaften wie fixe Geldbasis- und Geldmengenregeln. Sofern die Formel genau spezifiziert ist und die einzelnen Größen genau definiert sind, kann die von der Zentralbank anzustrebende Wachstumsrate nachvollzogen und die

69 Mayer (l987b) S. 38 f. 70 Sinkt die Umlaufgeschwindigkeit in Periode I, wird die Geldmenge in Periode 2 erhöht. Aufgrund von time lags führt diese Maßnahme zunächst zu einer weiteren Reduzierung der Umlaufgeschwindigkeit. Bei Nichtberücksichtigung dieses Effekts würde die Zentralbank in Periode 3 wiederum die Geldmengenwachstumsrate erhöhen etc. Zu diesem Problem siehe Mayer (l987b) S. 40. 71 Zur Vermeidung dynamischer lnstabilitäten schlägt Mayer (l987b) S. 40 ein Herausreclmen derjenigen Änderungen der Umlaufgeschwindigkeit, die sich auf die Regelpolitik selber zurückführen lassen, vor. 72 Meltzer z.B. betont die Gefahr einer zu aktivistischen Politik, Mayer dagegen mißt der Gefahr. einer zu passiven Reaktionsweise größere Bedeutung zu. Siehe Mettzer (1987) S. 218 f., Mayer (l987b) s. 39.

73 Zu den Untersuchungen Meltzers über die seiner Ansicht nach unzureichenden Qualitäten von Prognoseverfahren siehe Mettzer (1987) S. I ff.

I. Strikte gesetzliche Einschränkung

153

Realisierung zwnindest bei Geldbasisregeln aufgrund der Erfüllung des Kontrollkriteriums genau beurteilt werden. Allerdings erfordert die Kontrolle der Leistung der Zentralbank im Falle der Feedback-Regeln ein größeres ökonomisches Verständnis und einen höheren Infonnationsaufwand als bei einer fixen Geldmengenwachstumsrate, so daß hier nicht ohne weiteres von einer Kontrolle durch die Öffentlichkeit ausgegangen werden kann. Für eine hinreichende Wirksamkeit des Anreizfaktors "Prestige" wäre zusätzlich die Verkündung des Geldbasiswachstumsziels zu fordern und darüber hinaus der Bezug zum Ziel Preisniveaustabilität in der Öffentlichkeit herauszustellen. Aus Eigeninteresse müßte der Zentralbank selbst an solchen Maßnahmen gelegen sein. Um - vor allem bei einer weniger inflationssensiblen Bevölkerung - die Gefahr des Regelbruchs klein zu halten und um außerdem inflationäre Pressionen von außen abzuwehren, sollte auch in diesem Fall eine explizite Sanktionierung verankert werden. Mit Hilfe eines Computers, dem in überprüfbarer Weise die richtigen Daten eingegeben werden, könnte die Einhaltung der Regel kontrolliert werden.74 Regelbrüche entweder in Fonn einer falschen Festlegung des Geldbasisziels oder in Fonn einer Verfehlung des Geldbasisziels müßten automatisch die Sanktionierung auslösen. Wird diese streng genug ausgestaltet, so liegt ein "forcing contract" vor, den die Zentralbank aus eigenem Interesse einhält. Für das Bestandskriterium gelten prinzipiell die bei der Friedman-Regel getroffenen Aussagen. Allerdings müssen hier die Bedenken für den Fall einer mit einfacher Mehrheit abänderbaren Verankerung noch größer sein, weil aufgrundder schlechteren Verständlichkeit mit einem schwächeren Wählerprotest gegen eine Regelabschaffung zu rechnen ist. Wird der weiter oben begründete Kriterienkatalog zugrunde gelegt, dann ist offensichtlich eine flexible Geldbasisregel, die automatische Anpassungsmechanismen an Änderungen im Trend der Umlaufgeschwindigkeit und des realen Nonnaloutputs enthält und darüber hinaus eine öffentliche Ankündigung des Geldbasisziels sowie eine hinreichende explizite Sanktionierung von Regelbrüchen vorsieht, den Altemativen75 vorzuziehen. Eine solche Ausge74 Die Forderung nach einer automatischen Überprüfbarkeil mit Hilfe eines Computers spricht gegen die von Mayer (l987b) vorgeschlagene Version einer Regel mit kurzer Feedback-Periode und häufigen Anpassungen, die der Gefahr dynamischer Instabilität durch ein Herausrechnen regelendogener Änderungen der Umlaufgeschwindigkeit begegnen will. Die Angemessenheil des hierfür notwendigen Verfahrens müßte nämlich von einer außensiehenden Instanz beurteilt werden. 75 Neben den hier besprochenen Regeln existieren noch weitere Vorschläge, die jedoch entweder sowohl das Endziel Preisniveaustabilität als auch das Kontrollkriterium stark verletzen (Outputstabilisierungsregel, Zinsstabilisierungsregel) oder aufgrund ihrer primär außenwirtschaftliehen Orientierung nicht in den Rahmen dieser Arbeit passen (Rohstoffpreisindexregel, Regeln zur

154

F. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums II

staltung garantiert die Regeleinhaltung und damit im langfristigen Durchschnitt prinzipiell eine erwartete pennanente Inflationsrate von Null. Die von einer diskretionär handelnden Zentralbank ausgehenden Inflationsgefahren können auf diese Weise abgewehrt werden. Eine derartig ausgestaltete Regelpolitik birgt allerdings einige Risiken in sich, die in der Beurteilung berücksichtigt werden müssen. Die positive Einschätzung der Wirkungen einer flexiblen Geldbasisregel für "nonnale" Zeiten bedeutet nicht, daß keine Ausnahmesituationen denkbar sind, die ein Abweichen von der regelgemäßen Zielgröße erfordern, weil es andernfalls zu äußerst negativen gesamtwirtschaftlichen Folgen kommen könnte. Hierzu gehören beispielsweise vorübergehende Überschreitungen des Zielpfades, um unnötige oder gar krisenhafte Liquiditätsanspannungen bei den Geschäftsbanken zu verhindern, d.h. zur Wahrnehmung der Lender-of-lastresort-Funktion.76 Eingriffe zu diesem Zweck können in der Regel nach relativ kurzer Zeit wieder rückgängig gemacht werden, so daß sie meistens nur Verfehlungen monatlicher, nicht aber jährlicher Zielsetzungen zur Folge haben. 77 Darüber hinaus können auch schwerwiegende realwirtschaftliche Störungen ein Abweichen von der durch die Regel vorgegebenen Politik rechtfertigen_78,79 Ein aktives Verhalten der Zentralbank erscheint bei solchen gravierenden Schocks angemessen, bei denen zum einen Klarheit darüber besteht, ob zur Abwehr oder Dämpfung ein kontraktiver oder ein expansiver Eingriff der Wechsel.kursstabilisierung). Zur Outputstabilisierungsregel siehe Wagner

(1992) S. 158 ff. Zur

Zinssteuerung siehe Duwendag (1986) S. 597 f., Deutsche Bundesbank (1993) S. 92, Wagner (1992) S. 167 ff. Zur Stabilisierung eines Rohstoffpreisindex siehe kritisch SVR (I 987) z. 334 ff. Einen Überblick über die Vorschläge zur Wechselkursstabilisierung gibt Wagner (I 992) S. 175 ff. 761n bezug auf Geldmengenziele SVR (1978) Z. 403, in bezug auf eine Geldmengenregel

(1980) S. 231. Zur Lender-of-last-resort-Funktion siehe auch Niehans (1980) S. 334 f., 81 ff. 77 SVR (1978) Z. 403. 78 SVR (1978) Z. 403, SVR (1987) Z. 317, Fischer (1980) S. 229 ff., Casse/, Thieme (1992) S. 363 f. Sogar Friedman spricht sich dafür aus, Geldpolitik zum Ausgleich schwerwiegender Störungen einzusetzen, "when they offer a >>elear and present danger«"; Friedman (1968) S. 14.

Fischer

Dittus (1987) S.

Dieses Argument bezieht sich ausschließlich auf Störungen gravierender Art. Der Versuch, mit Hilfe geldpolitischer Maßnahmen kleine und mäßig große Störungen kompensieren zu wollen, verbietet sich dagegen, da aufgrund der unvollkommenen Kenntnisse über die Reaktionsstruktur der Volkswirtschaft destabilisierende Wirkungen zu befürchten sind. 79 Der Sachverständigenrat nennt darüber hinaus noch starke und abrupte Veränderungen der realen Wechselkurse. SVR

(1978) Z. 403 und Z. 406, SVR (1987) Z. 317. Da unsere Arbeit von

außenwirtschaftliehen Aspekten abstrahiert, wird dieses Argument im folgenden vernachlässigt.

I. Strikte gesetzliche Einschränkung

155

Geldpolitik gefordert ist80 und bei denen zum anderen mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, daß ein Stabilisierungsversuch die volkswirtschaftlichen Kosten der Schockabsorption vermindert. 81 Zu denken ist hierbei etwa an die Drohung einer scharfen Rezession mit der Folge eines klar absehbaren kumulativen Rückgangs der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. 82 In einer solchen Notsituation kann die Zentralbank versuchen, durch ein energisches Eingreifen panikartige Reaktionen der Wirtschaftssubjekte abzuwenden83 und die temporären realen Effekte eines expansiven Eingriffs zur Unterstützung der Marktkräfte einzusetzen. Auch so motivierte Abweichungen sind rückgängig zu machen, um den durch die Regel vorgegebenen Zielpfad wieder zu erreichen. Dies muß allerdings nicht notwendig im gleichen Jahr sein.S4 Für die genannten Ausnahmefälle würde das vollständige Fehlen diskretionärer Spielräume große Eventualrisiken bieten, denn "economic instability might be seriously worsened if the legislative process made it impossible for the Fed to react to a financial panic or to react in a Situation such as a deep recession, when action was clearly called for."85 Eine Vermeidung dieser Nachteile bei gleichzeitiger Beibehaltung eines genau spezifizierten Regelwerks wäre möglich, wenn ein umfassender und eindeutig formulierter Ausnahmenkatalog aufgestellt werden könnte. Die Möglichkeit hierzu besteht jedoch kaum, weil sich die bei der Regelbildung z.T. noch unbekannten Eventualitäten, die eine Abweichung rechtfertigen, nicht detailliert gesetzlich verankern lassen.86 Somit stellt sich die Frage, ob eine Lösung gefunden werden kann, die der Zentralbank die für eine adäquate Reaktion auf "Notfälle" notwendige Flexibilität gewährt, gleichwohl aber die Vorzüge der strikten Regelbindung bietet. Ein weiterer Grund, der für eine gewisse Flexibilisierung des Regelbindungskonzeptes spricht, besteht in der Gefahr, daß sich die gesetzlich fixierte 80 Fischer (1980) S. 229, Dornbusch, Fischer (1992) S. 477.

81 Diese Rechtfertigung muß zwangsläufig einen gewissen Interpretationsspielraum offenlassen,

weil es keine allgemein anerkannte, präzise Indikation für derartige Situationen gibt. Sie sollte jedoch mit größter Zurückhaltung angewendet werden, damit die Geldpolitik nicht selber zur Quelle von lnstabilitäten wird. 82 SVR (1987) Z. 317. 83 So hat beispielsweise das koordinierte expansive Eingreifen der Notenbanken als Reaktion auf die Börsenkrise vom Oktober 1987 dazu beigetragen, eine allgemeine Vertrauenskrise zu verhindern; siehe hierzu SVR (1988) Z. 299. 84 SVR (1978) Z. 407. 85 Fischer (1980) S. 231. 86 Fischer (1980) S. 231, Holzheu (1987) S. 382, SVR (1988) Z. 298.

156

F. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums II

Regel als suboptimal erweist. Bei der Untersuchung der Eigenschaften flexibler Geldbasisregeln ist deutlich geworden, daß Unklarheit darüber herrscht, wie die genaue Ausgestaltung der Regel im Hinblick auf die bestmögliche Erfüllung des Endzielkriteriums auch in kurzer und mittlerer Frist aussieht. Dies betrifft zum einen - wie bereits erwähnt - die Häufigkeit der Anpassungen, die Länge der Periode, die der Durchschnittsbildung zugrunde gelegt wird sowie die Frage, ob statt gleitender Jahresdurchschnitte doch vorausblickende Schätzungen benutzt werden sollten. Zum anderen muß entschieden werden, welche Abgrenzung der Geldbasis für die Regel gewähJt87 und durch welche Größe der reale Normaloutput gemessen werden soll. Aufgrund der Vielzahl dieser Einzelfragen erscheint es nicht unwahrscheinlich, daß sich eine einmal gesetzlich verankerte Regel nach kurzer Zeit als verbesserungsfähig erweist. Als sinnvoll erachtete Regeländerungen müßten, sofern, wie bisher unterstellt, die der "Geldbasispolitik" zugrundegelegte Formel in allen Einzelheiten gesetzlich fixiert ist, auf dem Wege einer Gesetzesrevision erfolgen. Ein Nachteil einer solchen Vorgehensweise besteht in der Langwierigkeil und den daraus resultierenden negativen Folgen für die geldpolitische Effizienz. Darüber hinaus können in der Einführungsphase eventuell häufig notwendige Gesetzesänderungen nach erstmaliger Einführung eines Regelbindungskonzepts einerseits der Reputation88 der Zentralbank und damit der Erwartungsstabilisierung schaden89 und andererseits die Verständlichkeit des Konzepts für die Öffentlichkeit erheblich mindern. Aus dem zuletzt genannten Punkt erwachsen negative Folgen für die Funktionsweise des "Prestige-Mechanismus"; die geeignete Ausgestaltung eines expliziten Sanktionsmechanismus gewinnt somit für die Erfüllung des Anreizkriteriums an Wichtigkeit. Außerdem wird die Bedeutung, die die Wähler einer Regelbeibehaltung oder Regelabschaffung beimessen, abnehmen. Hieraus resultiert die Gefahr, daß notwendige Regeländerungen der Regierung eine willkommene Gelegenheit bieten, sich einer unbeliebten Regel zu entledigen, indem der Mangel einer bestimmten Re-

87 Um einen möglichst stabilen Zusammenhang zwischen Geldbasisgröße und Gesamtgeldmenge und damit - bei hinreichender Stabilität der Umlaufgeschwindigkeit des Geldmengenaggregats - auch zwischen Geldbasisgröße und monetärer Gesamtnachfrage zu gewährleisten, sollte die Geldbasis so abgegrenzt werden, daß sie die Mengeneffekte sämtlicher geldpolitisch relevanter Maßnahmen der monetären Instanzen widerspiegelt. Die einfache Geldbasis ist daher um die einmaligen Mengeneffekte aufgrundvon Änderungen der Mindestreservesätze

211

erweitern. Zur neue-

ren Diskussion um das geeignete Erweiterungs- (bzw. Bereinigungs-)verfahren siehe Neumann (1986), SVR (1986) Anhang IV, Abschnitt C, Jarchow (1988a), (1988b), Neumann (1988) und v. Suntum (1988).

88 Kösters (1991) S. 163. 89 Werden zu hohe Inflationsraten erwartet, resultieren hieraus rezessive Erscheinungen.

I. Strikte gesetzliche Einschränkung

157

gelausgestaltung als Mangel des Gesamtkonzeptes gedeutet wird. Das Bestandskriterium ist somit nur noch unzureichend erfüllt. Aufgrund der genannten Gründe könnte es von Vorteil sein, eine Regel nicht sofort gesetzlich zu verankern, sondern zunächst nur in Form einer Selbstverpflichtung einzuführen. Dann aber ergeben sich die in Kapitel E dargelegten Anreizprobleme. Die "Startschwierigkeiten" einer Feedback-Geldbasisregel legen ebenfalls die Suche nach einem Konzept nahe, das diese durch ein größeres Ausmaß an Flexibilität, so gut es geht, vermeidet, ohne die wesentlichen Vorzüge einer strikten Einschränkung des geldpolitischen Gestaltungsrechts aufzugeben.

158

F. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums li

II. Vorschläge für eine partielle Einschränkung des Rechts zur geldpolitischen Entscheidung

Vorschläge, die eine partielle Einschränkung des Rechts der weisungsungebundenen Zentralbank zur geldpolitischen Entscheidung und somit eine Mischung aus regelgebundenen und diskretionären Elementen vorsehen, stammen u.a. von Niehans, Willett und Fischer.l Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen stellt sich die Frage, ob diese Konzepte die Vorteile der extremen Lösungen, strikte Regelbindung und vollständige Diskretionarität, vereinen und die jeweiligen Nachteile so weit wie möglich vermeiden können.

1. Das "Dreiwellen-Entscheidungsveifahren"

Niehans konzipierte ein "Dreiwellen-Entscheidungsverfahren"2, das eine Zuordnung der Ziele Bewahrung eines stabilen Preistrends, Milderung der Schwankungen von Produktion und Beschäftigung sowie Verhinderung krisenhafter Schwankungen der Liquidität der Geschäftsbanken auf drei unterschiedliche Abteilungen der Zentralbank vorsieht.3 Die Preisabteilung soll ihr Handeln "im großen Ganzen gemäß der Friedman-Regel"4 ausrichten. Die Produktionsabteilung darf unbegrenzt Offenmarktgeschäfte tätigen, muß jedoch ihr Konto spätestens fünf Jahre nach dem ersten Eingriff wieder auf Null reduziert haben (Nullinienrestriktion). Für die Liquiditätsabteilung gelten dieselben

1 Niehans (1980) S. 323 ff., Fischer (1980) S. 229 ff., Willett, McArthur (1985) S. 50 ff., Willen (1987) S. 155 ff., Mayer, Willen (1988) S. 415. 2 Niehans (1980) S. 324. 3 Niehans (1980) S. 326 ff.; zu seinem Konzept siehe auch Dittus (1987) S. 200 ff. Ein ähnlicher Vorschlag stammt von Leijonhufvud (1983). 4 Niehans (1980) S. 328. Niehans schlägt allerdings Anpassungen der Wachstumsrate der Geldbasis an relevante Faktoren wie z.B. Änderungen der Trendrate der Umlaufgeschwindigkeit vor. Zu der genauen Ausgestaltung des Anpassungsmodus äußert er sich nicht, seine Grundidee ähnelt jedoch den flexiblen Geldbasisregeln.

II. Partielle Einschränkung

159

Regelungen wie für die Produktionsabteilung mit dem Unterschied, daß die Nullinienrestriktion sich auf einen Zeitraum von nur einem halben Jahr bezieht. Prinzipiell handelt es sich also um eine regelgebundene Geldpolitik, von der aus Gründen der Outputstabilisierung bzw. zur Wahrnehmung der Lender-oflast-resort-Funktion, vorübergehend und mit der Verpflichtung zur Umkehr der Transaktionen abgewichen werden kann. Das Ziel dieses Vorschlags besteht darin, ohne Beeinträchtigung eines langfristig stabilen Preisniveaus auch den beiden anderen, der Geldpolitik von Niehans zugewiesenen Aufgaben gerecht werden zu können. Niehans Optimismus im Hinblick auf das Stabilisierungspotential der Geldpolitik geht weiter, als es in dieser Arbeit als berechtigt angesehen wird.5 Die Beurteilung seines Vorschlags erfolgt daher unter der Annahme, daß die Eingriffe der Produktionsabteilung auf schwerwiegende Fälle begrenzt sein sollen. Darüber hinaus erscheint es aufgrund der in Kapitel F.l herausgearbeiteten Ergebnisse sinnvoll, der Preisabteilung eine flexible Geldbasisregel vorzugeben. Die Grundidee wird hierdurch nicht geändert. Falls die einzelnen Abteilungen die ihnen gestellten Aufgaben erfüllen, wird das Endziel Preisniveaustabilität im längerfristigen Durchschnitt erreicht, und die bei schwerwiegenden Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts bzw. bei Liquiditätsanspannungen notwendigen Eingriffe können trotzdem durchgeführt werden. Kurz- und mittelfristig hängt die Entwicklung der Inflationsrate zum einen - wie in Kapitel F.l beschrieben - von der Ausgestaltung der Regel im Hinblick auf die Anpassung an Änderungen der Umlaufgeschwindigkeit und des realen Normaloutput und zum anderen von den Transaktionen der Produktions- und der Liquiditätsabteilung ab. Die Anreizstruktur der Preisabteilung der Dreiwellen-Konzeption ähnelt derjenigen einer Zentralbank, die auf eine flexible Geldbasisregel verpflichtet ist. Aufgrund der eindeutigen Aufgabenverteilung dürfte die Preisabteilung allerdings keinen Anreizen ausgesetzt sein, aus Prestigegründen von der ihr vorgegebenen Regel abzuweichen. Das Anreizkriterium ist daher so gut erfüllt, daß auf einen expliziten Sanktionierungsmechanismus verzichtet werden kann. Für das Kontroll- und das Endzielkriterium gelten die im Zusammenhang mit den Feedback-Regeln gemachten Ausführungen. Die Produktionsabteilung wird in ihrem diskretionären Freiraum durch die Nullinienrestriktion beschränkt. Diese Maßnahme verhindert ein dauerhaftes

5 Nach Niehans Ansicht "wird die Unterstützung der kurzfristigen Produktionsstabilisierung weitherum nicht als eine Versuchung betrachtet, der zu widerstehen ist, sondern als eine Aufgabe, die gelernt und bewältigt werden muß." Niehans (1980) S. 325.

160

F. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums II

Zeitinkonsistenzergebnis6, das ansonsten nicht auszuschließen wäre. Für eine Abteilung, der explizit die Aufgabe der Produktions- und Beschäftigungsstabilisierung zugewiesen ist, besteht nämlich ein Anreiz, nicht nur in zwangsläufig seltenen "Notsituationen" einzugreifen, sondern auch in Fällen, in denen ein Eingreifen weder notwendig noch sinnvoll ist. Allein die vage Möglichkeit, daß eine Maßnahme stabilisierend und damit prestigefördernd wirkt, dürfte hin und wieder einen unnötigen Aktionismus auslösen. Hinzu kommt in Situationen ernsthafter Konflikte mit der Regierung die Gefahr wirksamer politischer Pressionen mit inflationären Folgen. Diese Anreize für die Produktionsabteilung, von der gestellten Aufgabe vorübergehend abzuweichen, lassen sich weder durch den impliziten Sanktionsmechanismus Prestigeverlust noch durch einen automatisch wirksam werdenden expliziten Sanktionsmechanismus eindämmen. Aufgrund der Komplexität der Zusammenhänge dürfte die Öffentlichkeit kaum in der Lage sein, sich über die Angemessenheil der Stabilisierungsversuche der Zentralbank ein Urteil zu bilden. Eine automatische Sanktionierung müßte an einen eindeutig festgelegten Eingriffskatalog anknüpfen, der jedoch - wie oben dargelegt - nicht aufgestellt werden kann. Somit existiert kein Mechanismus, der ein Handeln der Produktionsabteilung zu einem falschen Zeitpunkt verhindert. Die Konsequenz hieraus besteht in funktionslosen oder funktionsunsicheren inflationären Impulsen und in tendenziell destabilisierend wirkenden Einflüssen auf den realwirtschaftlichen Bereich der Volkswirtschaft. Hinzu kommt die Gefahr, daß die Nullinienrestriktion eine expansive Politik gerade dann verhindem kann, wenn eine eindeutige Notwendigkeit dazu besteht. Der Ansicht von Niehans, daß die Produktionsabteilung dieses Risiko bei ihren Handlungen berücksichtige und daher nur bei tiefgreifenden Störungen eingreifen werde 7, kann - bei eigennutzorientierten Akteuren - nicht uneingeschränkt zugestimmt werden. Solange der Zentralbank nicht eindeutig ein Fehlverhalten bei der Durchführung der expansiven Maßnahmen, die wieder rückgängig gemacht werden müssen, nachzuweisen ist, führen die volkswirtschaftlichen Kosten der Inflexibilität in Notsituationen nicht zu einem großen Prestigeverlust Statt dessen kann es zu einer Kritik an der Verpflichtung zur Durchführung von Umkehrtransaktionen kommen, die von Regierung und Zentralbank u.U. zu einer Rückkehr zu einem System vollständiger Diskretionarität genutzt wird. Bei der Liquiditätsabteilung sind im Gegensatz zur Produktionsabteilung keine Anreize erkennbar, die sie von einer zielgerechten Aufgabenerfüllung abhalten könnten.

6 Niehans (1980) S. 332. 7 Niehans (1980) S. 332.

II. Partielle Einschränkung

161

Der einzige Vorteil des Niehans-Konzepts im Vergleich zu einer flexiblen Geldbasisregel besteht somit in der Möglichkeit einer adäquaten Reaktion bei Liquiditätsanspannungen im Bankensektor. Die Einführung der Produktionsabteilung ist dagegen negativ zu beurteilen, falls nicht durch eine andere Ausgestaltung der Rechte Anreizkompatibilität hergestellt werden kann.

2. Die "Two-Part Rule"

Willett entwickelte den Vorschlag einer sogenannten "two-part rule". 8 Die Zentralbank besitzt einen unbeschränkten diskretionären Spielraum, solange sie den mehrjährigen Durchschnitt einer bestimmten Zielvariablen - z.B. die Inflationsrate oder die Wachstumsrate des nominalen BSP - innerhalb einer Bandbreite hält. Wird die obere Grenze überschritten oder die untere Grenze unterschritten, muß die Wachstumsrate der Geldbasis stark nach unten bzw. oben korrigiert und auf diesem Pfad gehalten werden. Lediglich ein mit einer Zweidrittel-Mehrheit im Kongreß beschlossenes Veto kann diesen Automatismus aussetzen. Erst bei erneutem Erreichen der Bandbreite wird die Regelbindung wieder aufgehoben. Die Androhung zivil- oder strafrechtlicher Sanktionen sichert die Regeleinhaltung ab. Kontroll- und Anreizkriterium sind somit im Fall der Regelbindung erfüllt. In welchem Maße der Willett-Vorschlag zur Sicherung der Geldwertstabilität beiträgt und darüber hinaus die in Ausnahmesituationen notwendige Flexibilität gewährleistet, hängt von der genauen Ausgestaltung ab, zu der der Autor keine Angaben macht. Wird die Inflationsrate als Zielvariable gewählt, kann diese allenfalls kurzfristig und nie sehr stark über die obere Grenze der Bandbreite steigen, falls sich die Durchschnittsbildung nicht auf einen zu langen Zeitraum bezieht. Innerhalb der Bandbreite können aber alle in Kapitel E.III dargestellten inflationären Anreize wirlcsam werden. In Situationen oberhalb des kritischen Sicherheitsgrads wird die Zentralbank bestrebt sein, die obere Grenze nicht zu erreichen, da der Verlust an Diskretionarität auch einen Prestigeverlust zur Folge hat. Ihr genaues Verhalten hängt wiederum von den weiter oben analysierten Faktoren, wie z.B. der Inflationsaversion der Be8 Hierzu arn ausführlichsten Willeil (1987) S. 155 ff.; siehe außerdem Willett, McArthur (1985)

S. 50 ff. und Mayer, Willeil (1988) S. 415.

162

F. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums II

völkerung und den der Zentralbank zugeordneten Zielsetzungen, ab. In Situationen unterhalb des kritischen Sicherheitsgrads kann es für die Regierung unter Wiederwahlaspekten rational sein, eine kurzfristig sehr expansive Politik zu erzwingen, die, falls die "Überraschung" der Wirtschaftssubjekte gelingt, auch dann den gewünschten Erfolg haben kann, wenn nach der Wahl aufgrund der Regelbindung eine restriktive Geldpolitik durchgeführt werden muß. Die aus dem diskretionären Freiraum resultierenden Inflationsgefahren können durch die Wahl einer sehr engen Bandbreite gemildert werden. In diesem Fall besteht allerdings die Gefahr des Auftretens der mit einer Preisindexregel verbundenen Kontrollprobleme. Wenn die Inflationsrate aufgrund der fehlenden vollkommenen Steuerbarkeil durch die Zentralbank häufig die Bandbreite verläßt, geht die "two-part rule" mehr oder weniger in eine strenge Geldbasisregel über, mit allen weiter oben dargestellten Vor- und Nachteilen. Im Hinblick auf die in Ausnahmesituationen erforderliche Flexibilität funktioniert das Regelwerk nur dann in der gewünschten Art und Weise, wenn die Bandbreite nicht zu eng gewählt wird und sich die Zentralbank oberhalb des kritischen Sicherheitsgrads befindet. In einer derartigen Situation ist es für die Zentralbank aus Prestigegründen rational, sich nicht dem Risiko des "NichtEingreifen-Könnens" auszusetzen und aus diesem Grund zu versuchen, in normalen Zeiten die Inflationsrate in ausreichendem Maße unterhalb der Obergrenze der Bandbreite zu halten.9 Im Falle sehr enger Bandbreiten oder des Inkrafttretens der Regelbindung fehlt die notwendige Flexibilität auch dann, wenn sie sinnvoll wäre. Allerdings könnte im zuletzt genannten Fall das Vetorecht des Kongresses die Einschränkung des Handlungsspielraums aufheben. Es ist jedoch zu bezweifeln, daß die Kongreßmitglieder immer ausreichende ökonomische Kenntnisse besitzen, um die Notwendigkeit einer vorübergehenden Regelabweichung beurteilen zu können. Darüber hinaus resultieren aus der Zuordnung einer derartigen Kompetenz an den Kongreß Mißbrauchsgefahren. Befindet sich die Zentralbank unterhalb des kritischen Sicherheitsgrads und ist die Regelbindung wirksam, wird diese wahrscheinlich immer dann aufgehoben, wenn ein Interesse an einem politischen Gebrauch des Geldes besteht. Willett selber setzt die Ansprüche an seine "two-part rule" relativ niedrig an.lo Ihm geht es um eine Verminderung der Inflationsraten im Vergleich zum gegenwärtigen diskretionären System. Zudem sucht er nach einem Vorschlag, 9 Der Unterschied zu der Anreizstruktur der Produktionsabteilung im Niehans-Vorschlag besteht darin, daß die Zentralbank nicht nur mit Stabilisierungserfolgen Prestigegewilme erreichen kann und daß außerdem bei weiter gefaßten Bandbreiten Stabilisierungsversuche möglich sind, die nicht automatisch eine Restriktion für künftige Zeitpunkte bedeuten. 10 Siehe hierzu vor allem Willett, McArthur (1985).

Il. Partielle Einschränkung

163

der für Wissenschaftler unterschiedlicher Schulen kompromißfahig ist.11 Diesen Anforderungen wird das Konzept durchaus gerecht. Im Hinblick auf die Zielsetzung dieser Arbeit stellt der Willett-Vorschlag jedoch keine geeignete Lösung dar. Im Falle enger Bandbreiten treten im wesentlichen dieselben Probleme auf wie bei einer Geldbasisregel; im Falle weiter Bandbreiten werden die mit diskretionären Spielräumen verbundenen Inflationsanreize wirksam.

3. Die "Modified Activist Policy"

Ein weiterer- allerdings nur unpräzise ausgearbeiteter- Vorschlag für eine Zentralbankverfassung, der eine Mixtur aus Elementen diskretionärer und regelgebundener Geldpolitik beinhaltet, wurde von Fischer vor dem Hintergrund seiner Kritik an den Inflexibilitäten der Friedrnanschen Geldmengenregel entwickelt.12 Sein Konzept einer "modified activist policy"13 sieht vor, daß die Geldpolitik grundsätzlich einer x-Prozent-Regel folgen soll. Der Zentralbank steht jedoch die Möglichkeit offen, in den Fällen, in denen sie es als notwendig erachtet, von diesem Pfad abzuweichen. Jede derartige Regelverletzung ist ex post vor einem Kontrollausschuß eines staatlichen Organs, in den USA etwa vor dem Kongreß, zu begründen. Über eventuell notwendige Regeländerungen soll auf Vorschlag der Zentralbank oder einer staatlichen Stelle die Legislative entscheiden. Der Fischer-Vorschlag einer modifizierten aktivistischen Politik stammt aus dem Jahr 1980, als das Problem der Veränderung des Trends der Umlaufgeschwindigkeit auch in den USA noch nicht als virulent empfunden wurde. Aus den weiter oben aufgeführten Gründen erscheint es jedoch als zweckmäßig, der Geldpolitik eine flexible statt einer fixen Geldmengen- bzw. Geldbasisregel vorzugeben. Die grundsätzliche Idee wird durch diese Modifikation nicht berührt.

11 Willett, McArthur (1985) S. 9 ff. 12 Fischer ( 1980) S. 229 ff. 13 Fischer (1980) S. 229.

164

F. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums II

Hält sich die Zentralbank an das Regelwerk entsprechend der Intention Fischers, der Abweichungen nur in "Notsituationen" gutheißtl4, werden die Nachteile sowohl diskretionärer als auch regelgebundener Geldpolitik aufgehoben. Zur Sicherung langfristiger Preisniveaustabilität könnte die Zentralbank zusätzlich noch zu einer mittelfristigen Umkehr von regelabweichenden Transaktionen verpflichtet werden. Fischer scheint allerdings selber Zweifel daran zu hegen, daß die modifizierte aktivistische Politik wirksame Anreize zur Beschränkung der mißbräuchlichen Nutzung diskretionärer Freiräume setzt.15 Da sein Konzept im Hinblick auf die Kontrollfunktion eines Kongreßausschusses der gegenwärtigen Situation in den USA ähnelt, werden diese Bedenken durch die Realität erhärtet.l6 Ob eine Verwirklichung der Vorschläge, die Kongreßaufsicht zu intensivieren und die Zentralbank zu häufigeren öffentlichen Stellungnahmen zu verpflichtenl7, Abhilfe schaffen könnte, ist fraglich. Die Idee einer Ex-post-Kontrolle von Regelabweichungen entspricht einer Zuordnung des Entscheidungsrechts und des Rechts zur Entscheidungskontrolle auf unterschiedliche Akteure. Diese Aufteilung der Handlungsrechte ist typisch für Aktiengesellschaften und wird in der Unternehmenstheorie als prinzipiell erfolgversprechende Regelung zur Eindämmung von Agency-Problemen betrachtet.l8 Der Nachteil des Fischer-Vorschlags liegt allerdings in der Zusammensetzung des Kontrollausschusses. Daß eine mit Politikern besetzte Kommission sich in ihrem Urteil nicht zwangsläufig von der Zielsetzung "grundsätzlich Preisniveaustabilität - expansive Eingriffe nur in Notsituationen" leiten läßt, folgt unmittelbar aus den Ergebnissen dieser Arbeit. Da kritische Stellungnahmen des Kontrollausschusses dem Ansehen der Zentralbank in der Öffentlichkeit schaden, wird die Notenbank empfanglieheT für politische Pressionen. Ein Konfliktminimierungsverhalten ist dann nicht länger nur in Situationen unterhalb des kritischen Sicherheitsgrads rational. Die mit der Weisungsungebundenheit angestrebte Isolierung der Geldpolitik vom politischen Tagesgeschäft wird zum Teil aufgehoben. 14 Fischer (1980) S . 229. 15 Fischer (1980) S. 233. I61n den USA betrug der Deflator des privaten Verbrauchs: 1980: 10,8%, 1981 : 9,2%, 1982: 5,7%, 1983: 4,1%, 1984: 3,8%, 1985: 3,3%, 1986: 2,4%, 1987: 4,6%, 1988: 3,9%, 1989: 4,5%, 1990: 5,0%; siehe SVR (1991) S. 29. 17 Fischer (1980) S. 233. 18 In Aktiengesellschaften erfolgt eine Kontrolle der Managerentscheidungen durch den Aufsichtsrat; zur Bedeutung für die Verringerung von Agency-Problemen in Aktiengesellschaften siehe Fama, Jensen (1983b) S. 311 u. S. 313 ff.

Il. Partielle Einschränkung

165

Die modifizierte aktivistische Politik venneidet somit zwar weitgehend die Inflexibilitäten einer Regelbindung.19 Die inflationären Gefahren diskretionärer Politik schränkt sie jedoch keineswegs ein; statt dessen ist sogar eine Politisierung der weisungsungebundenen Zentralbank mit den entsprechenden negativen inflationären Folgen zu befürchten. Der Nachteil des Fischer-Vorschlags liegt im Detail, nicht jedoch in der grundsätzlichen Idee der Trennung von Entscheidung und Entscheidungskontrolle. Dieser Grundgedanke20 wird daher im folgenden aufgegriffen und weiterentwickelt.

19 Aus den oben aufS. 156 genannten Gründen sind Regeländerungen auf dem Wege einer Gesetzesrevision allerdings unbefriedigend.

20 Einen solchen Vorschlag macht auch Puchta (1981) S. 330, ohne ihn jedoch weiter auszuar-

beiten. Bofinger (1991) S. 246 ff. führt die Idee der Kontrolle geldpolitischer Entscheidungen durch

ein dafür bestimmtes Gremium etwas genauer aus. Da er sich mit einer anderen Fragestellung als diese AJbeit - nämlich mit der Koordination nationaler Geldpolitiken in Festkurssystemen beschäftigt, wird sein Ansatz an dieser Stelle nicht dargestellt. Seine für uns relevanten Ausführungen werden stau dessen an entsprechender Stelle weiter unten berücksichtigt. 12 Willeke

166

F. Ausgestaltung des formalen Handlungsspielraums I!

m. Ausgestaltung einer anreizkompatiblen Zentralbankverfassung bei partieller gesetzlicher Einschränkung des Rechts zur geldpolitischen Entscheidung

Im bisherigen Verlauf der Arbeit wurden unterschiedliche Möglichkeiten der Ausgestaltung einer Zentralbankverfassung untersucht. Weder die "extremen" Lösungen - weisungsgebundene Zentralbank mit diskretionärem Spielraum, weisungsungebundene Zentralbank mit diskretionärem Spielraum, Regelbindung einer weisungsungebundenen Zentralbank - noch die Konzepte, welche eine Mischung diskretionärer und regelgebundener Elemente vorsehen, erwiesen sich als zufriedensteUend. Keine dieser Konzeptionen erfüllt nämlich die Gesamtheit der Anforderungen,

(1)

im längerfristigen Durchschnitt die Verwirklichung von Preisniveaustabilität zu ennöglichen,

(2)

die Voraussetzung für das Erreichen eines möglichst guten Ergebnisses im Hinblick auf das Ziel Preisniveaustabilität in kurzer und mittlerer Frist zu schaffen,

(3)

der Zentralbank ausreichende Flexibilität für eine adäquate Reaktion in Notsituationen zu garantieren,

(4)

die Anreize für die Zentralbank so zu setzen, daß sie ihren Handlungsspielraum aus Eigeninteresse den Punkten (1) bis (3) gemäß nutzt,

(5)

die Zentralbank vor Pressionen, die aus dem polit-ökonomischen System resultieren, zu schützen,

(6)

eine Zentralbankverfassung zu schaffen, die auch langfristig Aussicht auf Bestand hat.

Nur wenn dieser Forderungskatalog erfüllt ist, kann aber eine dauerhafte Venneidung von Inflation und ein situationsgerechtes Verhalten der Zentralbank in Ausnahmesituationen erwartet werden.

III. Anreizkompatible Zentralbankverfassung

167

Aus den mit Hilfe des institutionenökonomischen Instrumentariums abgeleiteten Reaktionen der monetären Instanzen auf bestimmte institutionelle Ausgestaltungen und den sich hieraus ergebenden Vorzügen und Schwächen spezifischer Property-Rights-Konfigurationen im Hinblick auf diesen Anforderungskatalog können im folgenden jedoch einige Lehren für die mögliche Ausgestaltung einer anreizkompatibleren und Zielkonformeren Zentralbankverfassung und damit für eine Abschwächung des Agency-Problems gezogen werden.l Die bisherige Analyse hat ergeben, daß die prinzipielle Vorgabe einer Geldbasisregel, die Änderungen im Trend der Umlaufgeschwindigkeit bzw. des realen Normaloutputs in geeigneter Form berücksichtigt, in Kombination mit der Gewährung ausreichender Flexibilität für Ausnahmesituationen und für Fälle, in denen Regeländerungen notwendig sind, den Punkten (1) bis (3) gerecht wird. Diese, an den Fischer-Vorschlag einer modifizierten aktivistischen Politik2 angelehnte Grundidee bildet daher den Ausgangspunkt der nachfolgenden Überlegungen. Zu suchen ist nach einer Verankerung dieser Konzeption in der Zentralbankverfassung, die die Erfüllung der Punkte (4) bis (6) so weit wie möglich sicherstellt. Im Hinblick auf das Recht zur geldpolitischen Entscheidung ergibt sich als erste wichtige Schlußfolgerung, die Unabhängigkeit der Zentralbank von Weisungen der Regierung eindeutig festzulegen. Andernfalls werden Anreize für den politischen Mißbrauch der diskretionären Freiräume wirksam. Eine explizite Verpflichtung der Zentralbank, keine Weisungen entgegenzunehmen, und der Regierung, keine Weisungen zu geben, bietet der Zentralbank im Konfliktfall die Möglichkeit, vor die Öffentlichkeit zu treten und den Politikern ungesetzliches Verhalten vorzuwerfen. Auf diese Weise kann die Haltung der Wähler gegen eine beabsichtigte Einschränkung des Autonomiestatus gestärkt werden. Hieraus folgt unmittelbar eine - in ihrem Ausmaß allerdings von der Inflationsmentalität und der Einstellung der Bevölkerung zur weisungsungebundenen Zentralbank abhängige- Verringerung der Gefahr des Auftretens von Situationen unterhalb des kritischen Sicherheitsgrads und damit verbunden des erfolgreichen Ausübens politischer Pressionen. Die Wahrscheinlichkeit einer mißbräuchlichen Nutzung der diskretionären Freiräume mit der Folge inflationärer Tendenzen hängt von der Kosten-NutzenRelation derartiger Handlungsweisen für die Zentralbank ab. Wie in Kapitel E gezeigt wurde, beeinflussen die Ansichten der Öffentlichkeit im Hinblick auf die geldpolitischen Zielsetzungen diese Relation sehr stark. Die öffentliche 1 Vgl. oben S. 49. 2 Siehe oben S. 163 ff.

168

F. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums II

Meinung dazu resultiert zum einen aus der wirtschaftspolitischen Tradition und den währungsgeschichtlichen Erfahrungen einer Währungsgemeinschaft, zum anderen besitzt aber auch eine gesetzliche Zielvorgabe aufgrund ihrer Signalwirkung meinungsbildenden Charakter. Aus diesem Grund sollte das Ziel Preisniveaustabilität explizit im Notenbankgesetz aufgeführt werden. Im Vergleich zu einem Gesetz ohne präzise Zielfonnulierung kann dann von einem stärkeren Prestigeverlust im Falle einer dauerhaften Inflationierung oder eines Abweichens der tatsächlichen von der erwarteten Inflationsrate sowie von einem geringeren Prestigegewinn bei vorübergehenden Beschäftigungseffekten ausgegangen werden. Folglich ergibt sich eine Stärkung des Eigeninteresses der Zentralbankleitung an einer Sicherung der Geldwertstabilität Dies bedeutet zum einen einen Anreiz, diskretionäre Freiräume nicht zur Inflationierung zu nutzen, und zum anderen auch einen Anstoß, im Hinblick auf das Endzielkriterium notwendige Regeländerungen vorzunehmen. Darüber hinaus trägt die Eindeutigkeit der Zielfonnulierung zu einem Schutz der Zentralbank vor inflationärem Druck von außen bei. Aufgrund der Verpflichtung auf Preisniveaustabilität können Forderungen nach monetärer Alimentierung von expansiven Politikmaßnahmen in der Öffentlichkeit als nicht mit dem Gesetz vereinbar abgelehnt werden. Im Falle eines Konflikts mit der Regierung besteht auf diese Weise die Möglichkeit, die Stellung der Zentralbank im Bewußtsein der Bevölkerung zu stärken und somit die Wahrscheinlichkeit des Eintretens statusbedrohender Situationen zu verringern. Preisniveaustabilität besitzt den Charakter eines Endziels, an dem die Bevölkerung direkt interessiert und das darüber hinaus leicht verständlich ist. 3 Durch die explizite Betonung des Zusammenhangs zwischen dieser Zielsetzung und der Ausgestaltung der anderen Regelungen der Zentralbankverfassung könnte daher das Interesse der Öffentlichkeit an einer Beibehaltung des Notenbankgesetzes und damit das Bestandskriterium gestärkt werden. Die Verpflichtung auf das Ziel Geldwertstabilität läßt der Zentralbank genügend Freiraum, um in Ausnahmesituationen vorübergehend expansiv einzugreifen4. Ein zu passives Verhalten in solchen Fällen würde wegen der damit verbundenen hohen volkswirtschaftlichen Kosten zu einem Prestigeverlust führen, so daß die Zentralbank ein Eigeninteresse an einem situationsgerechten Handeln besitzt. Deshalb besteht keine Notwendigkeit, die Verpflichtung zur Reaktion in Notsituationen gesetzlich zu verankern. Eine derartige Klausel ist 3 Barro (1985) S. 33, Blinder (1987) S. 402.

4 Wird davon ausgegangen, daß Regelabweichungen Ausnahmecharakter besitzen, lohnt sich eine Aufteilung der Zentralbank in unterschiedliche Abteilungen im SiiUle von Niehans !rotz des Vorteils einer genaueren Abgrenzung der Verantwortungsbereiche nicht.

III. Anreizkompatible Zentralbankverfassung

169

sogar negativ zu beurteilen, weil sie einen Ansatzpunkt für politische Pressionen bietet. 5 Bei nicht ganz eindeutigen Situationen könnte die Regierung aus Eigeninteresse das Vorliegen einer Ausnahmesituation reklamieren. Die klare und ausschließliche Vorgabe von Preisniveaustabilität als Endziel des Zentralbankhandelns setzt im Hinblick auf die Erfüllung des Anforderungskatalogs tendenziell die richtigen Anreize. Die Stärke dieses Mechanismus hängt allerdings entscheidend von der Empfindlichkeit der Bevölkerung gegenüber Inflationierungstendenzen ab. Eine wenig inflationssensible Öffentlichkeit wird trotz der eindeutigen Verankerung des Ziels Geldwertstabilität weder im Falle moderater Kaufkraftverluste der Zentralbank in bedeutendem Umfang das Prestige entziehen noch zwangsläufig die Ankündigung der Regierung, die Zentralbankverfassung zu ändern, mit einem starken Verlust an Popularität sanktionieren. Zusätzliche Absieherungen in Form einer geeigneten Ausgestaltung der Handlungsrechte können daher nötig sein. Insbesondere um eine weitgehende Erfüllung des Punktes (4) des Anforderungskatalogs zu sichern, sollte zusätzlich das Konzept der Regelbindung für normale Zeiten gesetzlich verankert werden. Aufgrund der Möglichkeit, daß zum Einführungszeitpunkt eine Formel gewählt wird, deren Ausgestaltung sich im Hinblick auf die kurz- und mittelfristige Verwirklichung des Ziels Preisniveaustabilität als suboptimal und somit verbesserungsfähig erweist6, wäre es allerdings von Nachteil, der Zentralbank eine spezifische Regel gesetzlich vorzugeben. Festzulegen ist vielmehr der Feedback-Charakter der Regel im Hinblick auf Änderungen des Trends der Umlaufgeschwindigkeit bzw. des realen Normaloutputs. Die genaue Ausformulierung bleibt der Zentralbank überlassen. Zur Gewährleistung der Überprüfbarkeil des Zentralbankhandelns ist die öffentliche Bekanntgabe der Regel, jeder Änderung der Regel sowie des aus der Regel abgeleiteten Geldbasisziels gesetzlich zu fordern. Die Möglichkeit, in Ausnahmesituationen von einer regelgerechten Geldpolitik abzuweichen, sollte ausdrücklich auf die Fälle schwerwiegender gesamtwirtschaftlicher Störungen bzw. krisenhafter Liquiditätsanspannungen im Bankensektor beschränkt7, entsprechende Umkehrtransaktionen sollten gefordert und Regeländerungen nur als Maßnahme zur besseren Erfüllung des Endzielkriteriums gestattet werden. 5 Zu einer ähnlichen Argumentation im Hinblick auf die Forderung des § 12 BBkG nach einer Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik und ähnlicher Vorschläge für die EZB siehe Neumann (1992) S. 68, Berthold (1992) S. 27.

6 Vgl. oben S. 155 f. 7 Hierdurch wird der Zentralbank die Möglichkeit der Regelabweichung in Notsituationen gewährt, nicht jedoch eine diesbezügliche Verpflichtung verankert, die politische Pressionen auslösen könnte.

170

F. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums II

Eine derartige formale Einschränkung des geldpolitischen Handlungsspielraums motiviert die Zentralbank um so stärker zu einem der Grundidee des Regelwerks entsprechenden Verhalten, je wahrscheinlicher und spürbarer andernfalls eine Sanktionierung ist. 8 Von einer hinreichenden Wirksamkeit des impliziten Sanktionsmechanismus Prestigeverlust kann jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Die Beurteilung der Angemessenheil des Zentralbankhandelns, insbesondere im Hinblick auf Regeländerungen und Regelabweichungen, überfordert das ökonomische Verständnis der Mehrheit der Bevölkerung.9 Lediglich im Fall nicht überzeugend begründeter Abweichungen vom öffentlich angekündigten Geldbasisziel ist mit einer Einbuße an Prestige zu rechnen, und das auch nur, wenn die Beziehung zwischen Geldbasisziel und Preisniveaustabilität in der Öffentlichkeit hinlänglich bekannt ist. In bezug auf die anderen Aspekte der geldpolitischen Konzeption eröffnen sich der Zentralbank Möglichkeiten der mißbräuchlichen Nutzung diskretionärer Freiräume, deren Auswirkung auf ihr Ansehen als gering eingestuft werden muß. Um diesen Mangel abzuschwächen, bietet es sich an, einem geeigneten, zentralbankexternen Expertengremium ein Recht zur direkten KontroUe geldpolitischer Entscheidungen zuzusprechen. Wird einem derartigen Kontrollorgan die Kompetenz zugewiesen, seine Beurteilungen des Zentralbankhandelns öffentlich darzulegen10, kann es die negativen Folgen der Informations- und Wissensasymmetrie zwischen Zentralbank und Publikum aufheben und der Bevölkerung eine bessere Beurteilung der geldpolitischen Entscheidungen ermöglichen. Das Expertengremium stellt dann ein Informationssystem dar, welches das mit einer Gewährung diskretionärer Spielräume und der Existenz von Informationsunterschieden verbundene Agency-Problem lindern kann.11 Durch die Weitergabe relevanter Informationen und spezifischen Wissens wird dem Anreizmechanismus Prestige zu mehr Wirksamkeit verholfen. Das Kontrollorgan kann dem Ansehen der Zentralbank in der Öffentlichkeit Schaden zufügen, und eine Zentralbankleitung, die durch ihre Vertragsunterzeichnung in eine

8 Siehe oben S. 40. 9 Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Mehrheit den Nutzen der notwendigen Informationssuche und -Verarbeitung höher als die damit verbundenen Kosten in Fonn von Zeit und Mühe einschätzt.

10 Zur Idee der Kontrolle geldpolitischer Entscheidungen durch ein Gremium, das sich mit sei-

ner Beurteilung an die Öffentlichkeit wendet, um der Zentralbank gegebenenfalls Reputationsverluste zuzufügen vgl. Bofinger

(1991 ), insbesondere S. 246 ff., der sich allerdings mit dem Problem

der internationalen geldpolitischen Koordination beschäftigt

11 Zur Bedeutung von lnfonnationssystemen siehe Eisenhardt (1989) S. 60.

Ill. Anreizkompatible Zentralbankverfassung

171

derartige Kontrolle einwilligt, verpfändet ihre Reputation.12 Wahrscheinlichkeit und Höhe der Sanktionierung einer Politik, die der Grundidee der modifizierten aktivistischen Geldpolitik zuwiderläuft, steigen, und der Anreiz für ein regelgerechtes Verhalten wird somit größer. Die konkrete Umsetzung dieser Idee der Trennung des Rechts zur geldpolitischen Entscheidung von dem Recht zur Kontrolle geldpolitischer Entscheidungen könnte beispielsweise so aussehen, daß sowohl die Zentralbank als auch das Expertengremium zu regelmäßigen - mindestens einmal jährlich stattfindenden - Stellungnahmen zur Geldpolitik verpflichtet werden. Die Zentralbank muß das jährliche Geldbasisziel bekanntgeben sowie gegebenenfalls Regelabweichungen und Regeländerungen begründen; das Gremium hat seine Bewertung dieser Maßnahmen darzulegen. Um die Verständlichkeit für das Publikum zu erhöhen, sollten beide Akteure verpflichtet werden, stets den Bezug zwischen einzelnen geldpolitischen Maßnahmen und dem Endziel Geldwertslabilität aufzuzeigen. Den bisherigen Ausführungen liegt die Idee einer Kontrolle durch Informierung der Öffentlichkeit zugrunde. Darüber hinaus besteht prinzipiell die Möglichkeit, dem Gremium weiterreichende Kompetenzen, wie z.B. die Verhängung expliziter Sanktionen oder ein eigenes Vorschlagsrecht für Regeländerungen und Regelabweichungen, zuzuweisen. Auch ein Expertenurteil über die Angemessenheil geldpolitischer Maßnahmen besitzt jedoch zwangsläufig Elemente subjektiver Einschätzung. Aus diesem Grund fehlt es eindeutig an einer Legitimierung für die Zuordnung so weitgehender Rechte, wie das Aussprechen von Kündigungen oder Einkommenskürzungen. Solche Regelungen kommen schon deshalb nicht in Betracht. Darüber hinaus gewinnt mit zunehmender Kompetenz die Anreizproblematik, die mit jedem neu hinzukommenden Akteur verbunden ist, an Bedeutung. Explizite Sanktionen sollten daher automatisch ausgelöst werden. Dieser Punkt wird weiter unten nochmals aufgegriffen. Ein Vorschlagsrecht der Experten im Hinblick auf die genaue Ausgestaltung der Regel und auf Regelabweichungen birgt die Gefahr des Entstehens einer "Konkurrenz-Zentralbank". "Wettbewerb" hinsichtlich derartig komplexer Fragestellungen sollte nicht im Rahmen der institutionalisierten Entscheidungskontrolle stattfinden, weil dies der Verständlichkeit des gesamten Vorgangs für die Öffentlichkeit und somit der Stärkung des impliziten Sanktionsmechanismus schadet. Daß dennoch von einem hinreichend großen Anreiz 12 Zur Verpfändung von Reputation in Prinzipal-Agent-Beziehungen siehe Spremann (1988) S. 619. Die Funktion eines Pfandes besteht hier darin, gegebenenfalls vernichtet zu werden, um den Agenten schlechter zu stellen.

172

F. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums II

für die Zentralbank, in Ausnahmesituationen adäquate Maßnahmen zu ergreifen, ausgegangen werden kann, wurde bereits dargelegt. Auf die Möglichkeit, ein zu passives Verhalten der geldpolitischen Autoritäten im Hinblick auf Regeländerungen zu vermeiden, wird noch eingegangen. Zuvor jedoch ist kurz zu erläutern, wie die Art und Zusammensetzung des Gremiums beschaffen sein muß, damit es der Aufgabe "Kontrolle durch Information" gerecht wird. Notwendige Voraussetzungen einer fundierten Urteilsfmdung bilden eine der Zentralbankleitung ähnliche Sachkenntnis und Informationsbasis.l3 Darüber hinaus muß das Gremium einen ausreichenden Bekanntheitsgrad besitzen, um die öffentliche Meinung beeinflussen zu können. Unter diesen Bedingungen ist sichergestellt, daß das Kontrollorgan die ihm gestellte Aufgabe erfüllen kann, nicht jedoch, daß es dies auch im Sinne des Agenten Öffentlichkeit tut. Zur Vermeidung eines zusätzlichen AgencyProblems müssen die Gremiumsmitglieder ein Eigeninteresse an einer gewissenhaften Wahrnehmung ihrer Funktion besitzen. Sie sollten Nutzen aus der öffentlichen Anerkennung als Experten ziehen und formell und faktisch völlig unabhängig von politischen Einflüssen sein. Zufriedenstellend erfüllt werden diese Bedingungen beispielsweise von einem ehrenamtlich tätigen wirtschaftswissenschaftlichen Expertengremium 14,15, das zur Sicherung seiner personellen Unabhängigkeit ein nicht an tastbares Kooptationsrecht besitzt. Die Trennung von Entscheidungsrecht und Entscheidungskontrolle stärkt den Anreiz der Zentralbank, dem Regelwerk entsprechend zu handeln. Ob der Schutz vor eigennutzorientierten Regelabweichungen damit als hinreichend zu beurteilen ist, hängt wiederum von der Inflationssensibilität der jeweiligen Währungsgemeinschaft ab. Somit stellt sich gegebenenfalls die Frage nach weiteren Absicherungsmöglichkeiten in Form einer automatisch greifenden, expliziten Gmtiflkation oder Sanktion. Lassen sich diese mehr oder weniger 13 Eine Trennung des Rechts zur Entscheidung und mr Entscheidungskontrolle ist lediglich dann sinnvoll,. wenn nicht nur diejenigen Akteure, die die Entscheidungen treffen, über die erforderlichen Spezialkenntnisse verfügen. Siehe hier211 Fama, Jmsen (1983b) S. 305 und S. 307. 14 In der Bundesrepublik Deutschland entspricht der Grundidee eines idealtypischen Expertengremiums z.B. der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft. Seine Mitglieder sind ehrenamtlich tätig, politisch unabhängig und hinsichtlich der Wahl der Gutachtenthemen autonom. ln Großbritannien existieren seit dem 12. Jahrhundert mit den Royal Commissions ebenfalls Institutionen, die die an das Expertengremium gestellten Anforderungen erfüllen. Diese Kommissionen werden ad hoc zur Untersuchung spezieller, als politisch wichtig angesehener Fragestellungen eingesetzt. Zur Einrichtung der Royal Commissions siehe Butler, Sloman (1980) S. 267 ff., Keith-Lucas (1991). 15 Die Zuordnung der Kontrollaufgabe auf ein bereits bestebendes Gremium hat den Vorteil, daß die durch diese Maßnahme verursachten Kosten gering gehalten werden.

Ill. Anreizkompatible Zentralbankverfassung

173

kostenlos implementieren, gibt es keinen Grund, auf eine zusätzliche Sicherung durch die im folgenden dargestellten Mechanismen zu verzichten. Problemlos ist die automatische Bestrafung in den Fällen einer gegenüber der bekanntgegebenen Fonnel fehlerhaften Ableitung des Geldbasisziels oder einer von der Zentralbank unbegründeten Verfehlung dieses Ziels. Beide Tatbestände liegen eindeutig im Verantwortungsbereich der Zentralbank und können durch die Androhung einer drastischen Sanktionierung in Fonn eines "forcing contract" verhindert werden. Die Unterlassung notwendiger oder die Durchführung falscher Regeländerungen sowie unnötige Regelabweichungen lassen sich dagegen nicht eindeutig erkennen; aus den oben genannten Gründen soll in diesen Fällen das Urteil des Expertengremiums keine sanktionsauslösende Wirkung besitzen. Alle drei Mißbräuche des Regelwerks schlagen sich jedoch in der Inflationsrate nieder. Werden nicht zu strenge Maßstäbe angelegt, könnte diese einen geeigneten Anknüpfungspunkt für Sanktionen oder Gratifikationen auch dann darstellen, wenn man berücksichtigt, daß die Zentralbank die Inflationsrate nicht direkt kontrollieren kann 16. Eine Möglichkeit der Sanktionierung besteht darin, die Amtsdauer der Mitglieder der Zentralbankleitung an ihren Erfolg im Hinblick auf die Zielsetzung Preisniveaustabilität zu koppeln. Eine aus Gründen der personellen Unabhängigkeit prinzipiell wünschenswerte lange Amisperiode könnte durch eine Klausel eingeschränkt werden, die besagt, daß die Verträge der Mitglieder der Zentralbankleitung alle fünf Jahre automatisch verlängert werden, außer wenn die Inflationsrate im Durchschnitt dieser fünf Jahre eine bestimmte Obergrenze überschreitet.l7 Um die Zentralbank nicht für Einflüsse verantwortlich zu machen, die sie nicht zu verantworten hat (z.B. Rohstoffpreisschocks größeren Ausmaßes), könnte die Möglichkeit eines Sanktionsverzichts für die Fälle vorgesehen werden, in denen sich das Gremium dafür ausspricht. Eine Gratifikation, die der Zentralbank einen positiven Anreiz bietet, stellt eine Alternative zu einer expliziten Strafandrohung dar. Die Motivationswir16 Vgl. hierzu die oben aufS. 144 gemachten Ausführungen zu den bei Preisindexregeln auftauchenden Kontrollproblemen. 17 Ein ähnlicher Vorschlag von Vaubel lautet: "wenn die jährliche Inflationsrate im gleitenden Durchschnitt der letzten vier Jahre die Marke von (zum Beispiel) 3 Prozent übersteigt, wird der gesamte Zentralbankrat ohne Pensionsansprüche entlassen". Siehe Vaubel (1989) S. 278. Eine hinsichtlich der Grundidee ähnliche Regelung existiert in Neuseeland. Der dortigen Zentralbank ist das Ziel vorgegeben, bis Ende 1993 eine Inflationsrate zwischen 0% und 2% zu erreichen. Im Fall der Zielverfehlung wird dem Notenbankpräsident gekündigt. Das Parlament kann allerdings die anzustrebende Inflationsbandbreite verändern. Siehe hierzu o. Ver[ (1991).

174

F. Ausgestaltung des fonnalen Handlungsspielraums II

kung eines leistungsabhängigen, flexiblen Einkommens 18 kann beispielsweise genutzt werden, indem der Zentralbankleitung einmalige Leistungsprämien für das Unterschreiten einer bestimmten, niedrig anzusetzenden Inflationsrate im Durchschnitt der letzten fünf Jahre in Aussicht gestellt werden.19 Derartige Gratifikationen und/oder Sanktionen stellen weitere Elemente einer Anreizstruktur dar, die das Verhalten der Zentralbank in die gewünschte Richtung leiten sollen. Patentlösungen sind zwar nicht möglich in einem Aufgabenbereich, der sich in bestimmten Situationen einer objektiven Leistungsbeurteilung entzieht, und bei Akteuren, deren Präferenzen nur qualitativ, nicht jedoch quantitativ bekannt sind.20 Im Vergleich zu den anderen, in dieser Arbeit analysierten institutionellen Ausgestaltungen besitzt der hier gemachte Vorschlag einer Zentralbankverfassung jedoch wesentlich bessere Eigenschaften im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit, daß die Zentralbank aus Eigeninteresse eine der Grundidee des Regelwerks entsprechende Geldpolitik verfolgt. Die vorgetragenen Überlegungen orientieren sich im wesentlichen an einer Zentralbank, die sich oberhalb des kritischen Sicherheitsgrades befindet. In einem gewissen Umfang verhindert die vorgeschlagene Zentralbankverfassung jedoch auch die Gefahr ernsthafter Bedrohungen des Zentralbankstatus durch die Regierung. Neben der gesetzlichen Festlegung des Endziels Preisniveaustabilität bietet auch die prinzipielle Gebundenheit an eine Geldbasisregel die Möglichkeit, Forderungen nach einer monetären Alimentierung expansiver Politikmaßnahmen abzulehnen. Zudem kann das Expertengremium im Falle eines Konflikts zwischen Regierung und Zentralbank die Position der Notenbank in der Öffentlichkeit stärken. Der beste Schutz nicht nur für die Sicherung der Weisungsungebundenheit, sondern für den Bestand des gesamten Regelwerks besteht allerdings darin, für Änderungen der Zentralbankverfassung eine qualifizierte Mehrheit vorzuschreiben.21 Da sich sowohl die Regierung als auch die Opposition an Wählerwünschen orientiert, die auch durch Stellungnahmen der Zentralbank und des Expertengremiums beeinflußt werden, wäre eine gesetzliche Änderung der institutionellen Ausgestaltung des Notenbankwesens nur im Falle einer breiten Unterstützung durch die Öffentlichkeit möglich. Unter der Voraussetzung, daß die bisher behandelten Normen und Regelungen rechtlich verankert werden, sind die übrigen Rechte von untergeordneter 18 Siehe oben S. 78. 19 Ähnlich Neumann (1992) S. 71, Fn. 14. 20 Die Ableitung eines konkreten optimalen Vertrages im Sinne der Prinzipal-Agent-Theorie erfordert die genaue Kenntnis der Nutzenfunktion des Agenten. 21 Dies fordert z.B. auch Neumann (1990a) S. 14.

Ill. Anreizkompatible Zentralbankverfassung

175

Bedeutung für die Erfüllung des Anforderungskatalogs. Auf jeden Fall muß allerdings das Recht zur Festlegung der Zusammensetzung der Zentralbankleitung den Anforderungen an die personelle Unabhängigkeit gerecht werden22, um die formelle Weisungsungebundenheit nicht faktisch zu untergmben. Die Geldbasisregel legt prinzipiell den maximal möglichen Umfang der Verschuldung des Staates bei der Notenbank fest. Ein generelles Verbot einer direkten und indirekten Finanzierung des Staates durch Notenbankkredit besitzt dennoch den Vorteil, politischen Pressionen in Richtung einer Regelabweichung aus fiskalischen Gründen von vomherein einen Riegel vorzuschieben. Diese Restriktion betrifft auch Offenmarktgeschäfte, nicht jedoch Lombardkredite und Wertpapierpensionsgeschäfte, weil in den zuletzt genannten Fällen die Wertpapiere lediglich der Sicherung von Krediten an Geschäftsbanken dienen.23 Eine Zentralbankverfassung in der vorgeschlagenen Form mindert auch den Anreiz zu politischen Pressionen, mit denen das Ziel verfolgt wird, über den Weg der lnflationierung einen höheren Notenbankgewinn anzustreben, und läßt andere Einnahmealternativen attraktiver erscheinen. Aus diesem Grunde dürften von einem der Tradition entsprechenden Anspruch des Staates auf den Notenbankgewinn keine ernst zu nehmenden inflationären Gefahren ausgehen. Die entscheidenden Elemente einer Zentralbankverfassung, die ein hohes Maß an Anreizkompatibilität verspricht, wurden erörtert. Die abgeleiteten Anreizwirkungen lassen vermuten, daß dieses Konzept der Zielsetzung, die Vorteile regelgebundener und diskretionärer Geldpolitik zu vereinen und die jeweiligen Nachteile zu vermeiden, zumindest nahe kommt.

22 Siehe oben S. 135, Fn. 28. 23 Neumann (1992) S. 68.

G. Schlußbemerkungen

Mit Hilfe des institutionenökonomischen Instrumentariums ist in einem ersten Arbeitsschritt die Bedeutung der Ausgestaltung der Zentralbankvetfassung für die Inflationstendenzen einer Volkswirtschaft zunächst grundsätzlich hergeleitet worden. Die Zentralbankvetfassung regelt die Aufteilung der mit einer Zentralbank verbundenen Handlungsrechte auf die einzelnen Akteure sowie gegebenenfalls die gesetzliche Einschränkung bestimmter Rechte und legt auf diese Weise den formalen Handlungsspielraum der Notenbank fest. Eine Analyse der Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Einzelrechten zeigt darüber hinaus, daß die formale institutionelle Ausgestaltung auch die Grundlage für die faktische Durchsetzbarkeil des im Mittelpunkt des Interesses stehenden Rechts zur geldpolitischen Entscheidung bildet. Dieser faktische geldpolitische Handlungsspielraum ist zusammen mit den Präferenzen der Zentralbankleiter entscheidend für den Nutzen, den diese aus bestimmten Handlungen ziehen, und somit auch für ihre Neigung, eine Inflation in bestimmter Höhe zuzulassen oder planmäßig herbeizuführen. Die Untersuchung verschiedener Möglichkeiten der institutionellen Ausgestaltung elfordert eine Spezifizierung der Zielsetzungen der möglichen Träger der Geldpolitik. Auf der Grundlage polit-ökonomischer Ansätze zur Erklärung des Regierungs- bzw. Zentralbankverhaltens werden die folgenden Hypothesen formuliert: - Das Ziel einer Regierung besteht in der weitestgehenden Annäherung an ihre ideologischen Zielsetzungen oder - im Falle eines Popularitätsdefizites - in der Maximierung des Stimmenanteils der ihr angehörenden Parteien bei der nächsten Wahl. - Das Ziel einer eigenständigen Zentralbank besteht in der Maximierung einer Nutzenfunktion mit den Elementen Prestige und diskretionäre Ausgaben bzw. - bei Gefährdung ihres Unabhängigkeitsstatus - in der Maximierung ihrer Sicherheit.

G. Schlußbemerlcungen

177

Im Anschluß an diese Grundlegung lassen sich unterschiedliche, idealtypische Zentralbankverfassungen im Hinblick auf ihre Eignung zur Sicherung des Ziels "Preisniveaustabilität" analysieren. Zunächst erfolgt die Untersuchung der beiden polaren Fälle einer Zentralbank mit einem aufgrund der Bindung an die Weisungen der Regierung formal vollständig eingeschränkten Handlungsspielraum einerseits und einer Zentralbank mit einem vollständig uneingeschränkten Handlungsspielraum andererseits. Da die weisungsgebundene Zentralbank gezwungen ist, ihr geldpolitisches Verhalten an den Zielsetzungen der Regierung zu orientieren, erlaubt diese Vorgehensweise die Gegenüberstellung der Anreize und Verhaltensweisen der beiden möglichen Träger der Geldpolitik, der Regierung oder der weisungsungebundenen Zentralbank. Die mit Hilfe eines im Hinblick auf den hier gewählten eigennutzorientierten Ansatz modifizierten Zeitinkonsistenzmodells durchgeführte Analyse gelangt für die genannten Akteure zu den folgenden Ergebnissen:

(1) Regierung

- Die Regierung nutzt durch die weisungsgebundene Zentralbank eine Inflation in bestimmten Situationen wegen ihrer fiskalischen und vorübergehend beschäftigungsfördernden Wirkung als Mittel zur kurz- und langfristigen Stimmenmaximierung. - Außerhalb von Wahlperioden und in Wahlperioden, in denen die Regierung ihrer Wiederwahl sicher ist, ist der Anreiz zur planmäßigen lnflationierung um so stärker, je höher die Stammwähler der Regierungspartei die Bedeutung des Beschäftigungsziels im Vergleich zum Ziel der Inflationsvermeidung gewichten und je positiver sie die Ausdehnung des Staatsanteils bewerten. Allerdings berücksichtigen die geldpolitisch Verantwortlichen wegen des im Hinblick auf ideologische Zielsetzungen anzunehmenden unbegrenzten Zeithorizonts die aus ihrem Verhalten resultierenden künftigen Veränderungen der Inflationserwartungen und potentiellen Stammwählerverluste in ihrem Kalkül. In Abhängigkeit von der Wirksamkeit dieser Restriktionsmechanismen wird die Neigung zur überraschenden Inflationierung abgemildert. - In Wahlperioden, in denen die Regierungspartei unter einem Popularitätsdefizit leidet, versuchen die Politiker mit Hilfe einer Überraschungsinflation

178

G. Schlußbemerkungen

sich temporär positive reale Effekte, die von den Wechselwählern aufgrund mangelnder Voraussicht honoriert werden.

(2) Weisungsungebundene Zentralbank - Auch eine Zentralbank mit einem formal vollständig uneingeschränkten Handlungsspielraum stellt nicht zwangsläufig einen Garanten für Preisniveaustabilität dar. Vielmehr ist die Inflationsaversion der jeweiligen Währungsgemeinschaft von entscheidender Bedeutung für die Inflationsneigung der Notenbank. - Solange der Unabhängigkeitsstatus der Zentralbank nicht gefahrdet ist und der formale und faktische Handlungsspielraum übereinstimmen, kann von einer weisungsungebundenen Zentralbank im längerfristigen Durchschnitt eine geringere Inflationsneigung erwartet werden als von der Regierung, weil Inflationsanreize aus Gründen einer Erhöhung der Wiederwahlchancen oder der Erweiterung staatlicher Finanzierungsspielräume entfallen. Von geringer Bedeutung dürften auch die Fälle sein, in denen die Zentralbankleiter aus Gründen der Finanzierung diskretionärer Ausgaben eine inflationierende Geldpolitik durchführen. Die Stärke des Anreizes, aus Prestigegründen zu versuchen, durch eine überraschende Inflationierung temporäre Beschäftigungseffekte zu erreichen, hängt von der Bedeutung ab, die die Öffentlichkeit der Vermeidung von Inflation bzw. der Vermeidung von Arbeitslosigkeit als geldpolitische Ziele beimißt Die Gefahr eines suboptimalen Zeitinkonsistenzergebnisses wird allerdings durch die Reputationsmechanismen "Revision der Inflationserwartungen" und "künftige Prestigeverluste" gemindert. - In Situationen, in denen sich die Zentralbank in einem ernsthaften Konflikt mit der Regierung befindet und eine Einschränkung ihres Handlungsspielraums befürchtet, wird sie aus Eigeninteresse den geldpolitischen Wünschen der Regierung nachgeben. Die Machtposition der Zentralbank gegenüber der Regierung und damit die Wahrscheinlichkeit, daß für den Status der Zentralbank bedrohliche Konfliktfalle auftreten, hängt neben der für eine Änderung der Zentralbankverfassung notwendigen Parlamentsmehrheit von der Einstellung der Öffentlichkeit zu einer weisungsungebundenen Zentralbank und somit von Inflationsmentalität und währungsgeschichtlichen Erfahrungen ab.

G. Schlußbemerkungen

179

Die für beide möglichen Träger der Geldpolitik aufgezeigten Tendenzen zum Mißbrauch der Währungshoheit resultieren aus einer mangelnden Kontrollierbarkeit des Agenten Zentralbank durch den Prinzipal Währungsgemeinschaft Es existieren weder wirksame "Voice"- noch wirksame "Exit"Mechanismen. Keine der beiden Zentralbankverfassungen ist somit geeignet, planmäßige Inflationierungen generell zu verhindern. Das Ausmaß der Gefahr derartiger Währungsverschlechterungen läßt sich allerdings nicht allgemeingültig abschätzen, sondern hängt entscheidend von den spezifischen Eigenschaften der Währungsgemeinschaft ab. Die im Hinblick auf das Ziel "Preisniveaustabilität" prinzipiell überlegene Form einer weisungsungebundenen Zentralbank bildet den Ausgangspunkt der Suche nach einer modifizierten Zentralbankverfassung, deren Anreizstruktur Inflationsvermeidung zur nutzenmaximierenden Handlungsalternative der Zentralbankleitung machen soll. Angeregt durch die "Rules versus discretion"Debatte wird zunächst der Möglichkeit einer Einschränkung des geldpolitischen Handlungsspielraums durch eine strikte, gesetzlich verankerte Regelbindung nachgegangen. Mit Hilfe eines Kriterienkatalogs, der sowohl institutionenökonomische Aspekte als auch die traditionellen Anforderungen an geldpolitische Steuerungsgrößen berücksichtigt, werden unterschiedliche, im Schrifttum dargestellte Vorschläge überprüft. Hierbei zeigt sich, daß eine Geldbasisregel, die automatische Anpassungsmechanismen an Änderungen im Trend der Umlaufgeschwindigkeit und des realen Normaloutputs enthält und darüber hinaus die öffentliche Ankündigung der angestrebten Geldbasiswachstumsrate sowie eine explizite Sanktionierung eines Regelbruchs vorsieht, sowohl einer Preisindexregel als auch einer Friedmanschen x-Prozent-Reget überlegen ist. Eine derartig ausgestaltete, vollständige Begrenzung des geldpolitischen Handlungsspielraums erlaubt die Abwehr der von einer diskretionär handelnden Zentralbank ausgehenden Inflationierungsgefahren. Aus dem Mangel an geldpolitischer Flexibilität resultieren jedoch auch - zum Teil gravierende- Nachteile. Die fehlenden Möglichkeiten zur Walirnehmung der Lenderof-last-resort-Funktion und zum Eingreifen im Falle schwerwiegender Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts können negative gesamtwirtschaftliche Folgen mit sich bringen. Für ein gewisses Ausmaß an Flexibilität spricht darüber hinaus, daß - gerade in der Einführungsphase der Regelpolitik Änderungen der Regel notwendig werden können. Da ex ante eine präzise Regelung solcher Sachverhalte nicht möglich ist, stellt sich die Frage nach einer Lösung, die der Zentralbank den in den genannten Fällen notwendigen Freiraum gewährt, ohne die Vorteile der Regelbindung im Hinblick auf die Sicherung von Preisniveaustabilität aufzugeben. Niehans, Willett und Fischer haben Vorschläge für Zentralbankverfassungen entworfen, die eine partielle Einschränkung des Rechts zur geldpolitischen Ent-

180

G. Schlußbemerkungen

scheidung und somit eine Mischung aus regelgebundenen und diskretionären Elementen vorsehen. Es zeigt sich aber, daß allen drei Konzepten ein gravierender Nachteil gemeinsam ist: Aus der Gewährung von Freiräumen für die Zentralbank resultiert stets auch die Gefahr einer mißbräuchlichen und damit inflationsfördernden Nutzung. Von der Grundidee her erfolgversprechend ist jedoch der Vorschlag Fischers, der Zentralbank Regelabweichungen zu gestatten, die mit der Verpflichtung zu einer nachträglichen Begründung vor einem Kontrollgremium verbunden sind. Eine derartige Trennung von Entscheidungsrecht und Entscheidungskontrolle hat sich im Unternehmensbereich als geeignetes Instrument zur Reduzierung von Agency-Problemen erwiesen. Allerdings sollte sich das Gremium nicht - wie von Fischer vorgesehen - aus Politikern zusammensetzen, da diesen kein hinreichendes Interesse an einer möglichst weitgehenden Inflationsvermeidung unterstellt werden kann. Keiner der analysierten Vorschläge kann voll zufriedenstellen. Daher wird der Versuch unternommen, auf der Basis der im Verlauf der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse über die Vorzüge und Schwächen einzelner institutioneller Ausgestaltungen eine möglichst zielgerechte Zentralbankverfassung zu entwickeln. Dabei lautet die Grundidee: Vorgabe einer anpassungsfähigen Geldbasisregel zusammen mit der Gewährung ausreichender Flexibilität für notwendige Regelabweichungen und auch für Regeländerungen. Das Ziel besteht darin, die Zentralbankverfassung so auszugestalten, daß ein dieser Konzeption zuwiderlaufendes Handeln den Nutzen der Zentralbankleitung mindert und daher unwahrscheinlich wird. Diesem Zweck dienen vor allem die folgenden, gesetzlich zu verankernden, nur mit qualifizierter Mehrheit abänderbaren Regelungen:

- Festlegung der Weisungsungebundenheit der Zentralbank - Absicherung der personellen Unabhängigkeit der Mitglieder der Zentmibankleitung - Verbot aller Formen der Finanzierung des Staates durch Notenbankkredit - Vorgabe von Preisniveaustabilität als einziger Zielsetzung - Verpflichtung der Zentralbank, ihre Geldpolitik an einer anpassungsfähigen Geldbasisregel auszurichten, über deren genaue Ausformulierung sie allerdings selber entscheiden kann

G. Schlußbemerkungen

181

- Verpflichtung zur öffentlichen Bekanntgabe der Regel, jeder Änderung der Regel sowie des aus der Regel abgeleiteten Geldbasisziels - Beschränkung von Regelabweichungen auf die Fälle schwerwiegender gesamtwirtschaftlicher Störungen und krisenhafter Liquiditätsanspannungen im Bankensektor - Erlaubnis von dauerhaften Regeländerungen nur als Maßnahme zur besseren Erfüllung des Ziels der Inflationsvermeidung - Zuordnung des Rechts zur Kontrolle geldpolitischer Entscheidungen auf ein Gremium unabhängiger Experten, die öffentliche Beurteilungen des Zentralbankhandeins vornehmen sollen - Explizite Gratifikationen oder Sanktionen, die an der erreichten Inflationsrate anknüpfen. Die Einschränkung des formalen geldpolitischen Handlungsspielraums durch präzise gesetzliche Regelungen und die Einsetzung eines Expertengremiums zur öffentlichen Beurteilung des Zentralbankhandelns soll dazu führen, daß Entscheidungen der geldpolitisch Verantwortlichen, die der Grundidee des Regelwerks zuwiderlaufen, Prestigeverluste nach sich ziehen. Direkte Gratifikations- oder Sanktionsmechanismen dienen der zusätzlichen Absicherung. Darüber hinaus stärkt diese Form der Zentralbankverfassung so gut es geht die Stellung der Zentralbank gegenüber der Regierung, so daß Konfliktsituationen, in denen die Notenbank den geldpolitischen Wünschen der Politiker nachgeben muß, unwahrscheinlich werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit basieren auf relativ strikten Verhaltensannahmen und zwangsläufig vereinfachenden Modellzusammenhängen. Der Facettenreichtum der Realität konnte und sollte nicht dargestellt werden. Trotzdem liefert die Untersuchung wichtige Anhaltspunkte für die Erklärung von Veränderungen der Inflationierungstendenzen in einer Volkswirtschaft sowie von Unterschieden in der Inflationsneigung verschiedener Volkswirtschaften. Damit bietet sie - insbesondere im Hinblick auf die Verwirklichung des Ziels "Preisniveaustabilität" - Anregungen sowohl für Fälle, in denen eine neue Zentralbankverfassung eingeführt werden soll, als auch für Fälle, in denen eine Änderung der bestehenden Zentralbankverfassung angestrebt wird.

13 Willeke

Literatur

Acheson, K./Chont, J.F. (1973): Bureaucratic Theory and the Choice of Central Bank Goals, in: Journal of Money, Credit and Banking, Vol. 5, S. 637-655. Addison, J.T./Burton, J. (1984): The Sociopolitical Analysis of Inflation, in: Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 120, S. 90-120. Alchian, A.A. (1950): Uncertainty, Evolution, and Economic Theory, in: Journal of Political Economy, Vol. 58, S. 211-221. Alchian, A.A. (1977): Some Economics of Property Rights, in: Alchian, A.A. (Ed.): Economic Forces at Worlc, Indianapolis, S. 127-149; Wiederabdruck aus: ß Politico, Vol. 30, 1965, s. 816-829. Alchian, A .A./AIIen, W.R. (1974): University Economics, 3. Aufl., London und Belmont. Alchian, A.A./Demselz, H. (1972): Production, Information, Costs and Economic Organization, in: American Econornic Review, Vol. 62, S. 777-795. Alchian, A.A./Demsetz, H. (1973): The Property Right Paradigm, in: Journal of Econornic History, Vol. 33, S. 16-27. Alesina, A. (1987): Macroeconomic Policy in a Two-Party System as a Repeated Game, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 102, S. 651-678. Alesina, A. (1988a): Macroeconomics and Politics, in: NBER, Macroeconomic Annual 1988, Cambridge/Mass., S. 13-52. Alesina, A. (1988b): Alternative Monetary Regimes - A Review Essay, in: Journal of Monetary Economics, Vol.21,S.175-183. Alesina, A. (1989): Po1itics and Business Cycles in Industrial Democracies, in: Economic Policy, Vol. 8, S. 57-98. Arnim, H.-H. von (1988): Die Deutsche Bundesbank - Pfeiler der Demokratie - Zur Rolle der Bundesbank im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, in: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 37. Jg., S. 51-63. Arrow, K.J. (1963): Social Choice and Individual Values, 2. Auf!., New Yorlc.

Literatur

183

Arrow, K.J. (1985): The Economics of Agency, in: Pran, J.W./Zeckhauser, R.J. (Eds.): Principals and Agents - The Structure of Business, Boston, S. 37-51 .

Auernheimer, L. (1974): The Honest Govemment's Guide to the Revenue from the Creation of Money, in: Journal of Political Economy, Vol. 82, S. 598~. Backman, J. (1964): The Case Against Creeping Inflation, in: Samuelson, P.A./Coleman, J.R./Bishop, R.L./ Saunders, P. (Eds.): Readings in Econornics, 4. Aufl., New York etc., S. 9093.

Backus, D./Drijfi/1, J. (1985): lnflation and Reputation, in: American Econornic Review, Vol. 75, s. 530-538. Bailey, M.J. (1956): The Welfare Cost of lnflationary Finance, in: Journal of Political Economy, Vol. 64, S. 93-110. Baiman, S. (1984): Agency Research in Managerial Accounting- A Survey, in: Mattesich, R. (Ed.): Modem Accounting Theory- History, Survey and Guide, Vancouver, S. 251-292. Baltensperger, E./Böhm, P. (1984): Geldmengenpolitik und Inflationskontrolle - Möglichkeiten, Kosten, flankierende Massnahrnen, Diessenhofen.

Banaian, K./Laney, L.O./Willen, T.D. (1986): Central Bank lndependence- An International Comparison, in: Toma, E.F.{I'oma, M. (Eds.): Centrat Bankers, Bureaucratic Incentives, and Monetary Policy, Dordrecht, S. 199-217.

Barnea, A./Haugen, R .A./Senbet, L.W. (1985): Agency Problems and Financial Contracting, Englewood Cliffs.

Barro, R.J. (1983): lnflationary Finance under Discretion and Rules, in: Canadian Journal of Economics, Vol. 16, S. 1-16. Barro, R.J. (1985): Recent Developments in the Theory of Rules versus Discretion, in: Supplement to the Econornic Journal, Vol. 96, S. 23-37. Barro, R.J./Fischer, S. (1976): Recent Developments in Monetary Theory, in: Journal of Monetary Economics, Vol. 2, S. 133-167. Barro, R.J./Gordon, D. (1983a): A Positive Theory of Monetary Policy in a Natural Rate Model, in: Journal of Political Economy, Vol. 91, S. 589-610. Barro, R.J./Gordon, D. (1983b): Rules, Discretion and Reputation in a Model of Monetary Policy, in: Journal of Monetary Economics, Vol. 12, S. 101-121.

Basler, H.-P. (1978): Die wirtschaftspolitischen Zielpräferenzen der Deutschen Bundesbank -Eine empirische Analyse des Zentralbankverhaltens für die Zeit von 1958 - 1974, in: Kredit und Kapital, 11. Jg., S. 84-108.

Basler, H.-P. (1979): Wirtschaftspolitische Zielpräferenzen und theoretische Orientierung in der Geldpolitik der Bundesrepublik Deutschland, Tübingen.

184

Literatur

Bec/c, N. (1988): Politics and Monetary Policy, in: Willen, T. (Ed.): Political Business Cycles- The Political Economy of Money, Inflation and Unemployment, Durharn and London, S. 366-395. Beclcer, G. (1957): The Economics of Discrimination, Chicago. Ben/choff, W. (1992): Kein Selbstzweck, in: Handelsblatt, Nr. 153 vom 11.8.1992, S. 2. Benning, B. ( 1970): Die Währungsbanken und die Geschäftsbanken - I. Partnerschaft, in: Zeitschrift fürdas gesamte Kreditwesen, 23. Jg., S. 12-14. Bernauer, E. (1960): Staat und Notenbank - Autonomie und Koordination-, Freiburg. Bernholz, P. (1969): Einige Bemerkungen zur Theorie des Einflusses der Verbände auf die politische Willensbildung in der Demokratie, in: Kyklos, Vol. 22, S. 276-287. Bernholz, P. (1986): The Implementation and Maintenance of a Monetary Constitution, in: Cato Journal, Vol. 6, S. 477-511. Bernholz, P./Breyer, F. (1984): Grundlagen der Politischen Ökonomie, 2. Aufl., Tübingen. Berthold, N. (1992): Europa nach Maastricht - sind die währungspolitischen Fragen gelöst?, in: Wirtschaftsdienst, 72. Jg., S. 23-27. 8/ackburn, K./Christensen, M. (1989): Monetary Policy and Policy Credibility: Theories and Evidence, in: Journal of Economic üterature, Vol. 27, S. 1-45. Blinder, A.S. (1987): The Rules-versus-Discretion Debate in the Light of Recent Experience, in: Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 123, S. 399-413. Böhm-Bawerk, E. von (1924): Rechte und Verhältnisse vom Standpunkt der volkswirtschaftlichen Güterlehre, in: Weiss, F.X. (Hrsg.): Gesammelte Schriften von Eugen von Böhm-Bawerk, Wien und Leipzig, S. 1-126. Bössmann, E. (1967): Die ökonomische Analyse von Kommunikationsbeziehungen in Organisationen, Berlin etc. Bössmann, E. (1981): Weshalb gibt es Unternehmungen? -Der Erklärungsansatz von Ronald H. Coase, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 137. Bd., S. 667-674. Bössmann, E. (1982): Volkswirtschaftliche Probleme der Transaktionskosten, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 138. Bd., S. 664-679. Bössmann, E. (1983): Unternehmungen, Märkte, Transaktionskosten: Die Koordination ökonomischer Aktivitäten, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 12. Jg., S. 105-111. Bofinger, P. (1991 ): Festkurssysteme und geldpolitische Koordination, Schriften zur monetären Ökonomie 29, Baden-Baden. Borins, S.F. (1972): The Political Economy of "The FED", in: Public Policy, Vol. 20, S. 175-198. Borooah, V.K., Ploeg, F. van der (1983): Political Aspects ofthe Economy, Cambridge.

Literatur

185

Boulding, K.E. (1967): Der lnstitutionalismus in neuer Sicht, in: Montaner, A. (Hrsg.): Geschichte der Volkswirtschaftslehre, Köln und Berlin, S. 62-74.

Boyd, J.H. (1984): The Use of Inputs by the Federal Reserve System - Comment, in: Arnerican Economic Review, Vol. 74, S. ll14-1ll7. Bronfenbrenner, M./Holzman, F.D. (1963): Survey of Inflation Theory, in: Arnerican Economic Review, Vol. 53, S. 593-661.

Brunner, K. (l983a): The Perception of Man and Justice and the Conception of Political lnstitutions, in: Machlup, F./Fels, G./Müller-Groeling, H. (Eds.): Reflections on a Troubled World Economy- Essays in Honour of Herbert Giersch, London, S. 327-355.

Brunner, K. (l983b): The Pragrnatic and Intellectual Tradition of Monetary Policymaking and the International Monetary Order, in: Ehrlicher, W./Richter, R. (Hrsg.): Geld- und Währungsordnung, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N.F. Bd. 138, Berlin, S. 97-141.

Brunner, K. (1984a): Hat der Monetarismus versagt?, in: Kredit und Kapital, 17. Jg., S. 18-63. Brunner, K. (1984b): Monetary Policy and Monetary Order, in: Außenwirtschaft, 39. Jg., S. 187206.

Brunner, K. (1986): Deficits, Ioterest Rates, and Monetary Policy, in: Cato Journal, Vol. 5, S. 709-

726. Buchanan, J.M.{fullock, G. (1967): The Calculus of Consent - Logical Foundations of Constitutional Dernocracy, 2. Aufl., Ann Arbor. Buchanan, J.M./Wagner, R.E. (1977): Democracy in Deficit. The Political Legacy of Lord Keynes, New York etc.

Burckkin, R.C.K./Laney, LO. (1988): Fiscal Policymaking and the Central Bank lnstitutional Constraint, in: Kyklos, Vol. 41, S. 647-662. Buscher, H.S./Schröder, W. (1983): Instabilität der Geldhaltung stellt Geldmengenregel in Frage, in: Wirtschaftsdienst, 63. Jg., S. 309-312.

Butler, D./Sloman, A. (1980): British Political Facts 1900-1979,5. Aufl., London und Basingstoke. Caesar, R. (1980): Die Unabhängigkeit der Notenbank im Demokratischen Staat - Argumente und Gegenargumente, in: Zeitschrift für Politik, N.F. Bd. 27 , S. 347-377. Caesar, R. (1981): Der Handlungsspielraum von Notenbanken. Theoretische Analyse und internationaler Vergleich, Baden-Baden.

Caesar, R. (1990): Die "Autonomie" der Deutschen Bundesbank - Ein Modell für Europa?, in: Hasse, R.H./Schäfer, W. (Hrsg.): Europäische Zentralbank - Europas Währungspolitik im Wandel, Göttingen, S. 111-127.

186

Literatur

Cagan, P. (1956): The Monetary Dynamics of Hyperinflation, in: Friedman, M. (Ed.): Studies in the Quantity Theory of Money, Cbicago, S. 25-117.

Calvo, G.A. (1978): On the Time Inconsistency of Optimal Policy in a Monetary Economy, in: Econometrica, Vol. 46, S. 1411-1428.

Cassel, D. (1992): Inflation, in: Bender, D. et al. (Hrsg.): Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Bd. 1, 5. Aufl., München, S. 265-321. Cassel, D.{fllieme, H.J. (1992): Stabilitätspolitik, in: Remter, D. et al. (Hrsg.): Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Bd. 2, 5. Aufl., München, S. 301-369. Cllant, J.F./Acheson, K. (1972): The Choice of Monetary Instruments and the Theory of Bureaucracy, in: Public Cboice, Vol. 12, S. 13-33.

Chant, J.F./Acheson, K. (1973): Mythology and Central Banking, in: Kyklos, Vol. 26, S. 362-379. Cheung, N.S. (1970): The Structure of a Contract and a Theory of a Non-Exclusive Resource, in: Journal of Law and Economics, Vol. 13, S. 49-70.

Claassen, E.-M. (1980a): Grundlagen der makroökonomischen Theorie, München. C/aassen, E.-M. (1980b): Grundlagen derGeldtheorie, 2. Aufl., Berlin etc. Coase, R.H. (1937): The Nature of the Firm, in: Economica, Vol. 4, S. 386-405. Coase, R.H. (1960): The Problem of Social Cost, in: The Journal of Law and Economics, Vol. 3,

s. 1-44.

Commons, J.R. (1931): lnstitutional Economics, in: American Economic Review, Vol. 21, S. 648657.

Cukierman, A. (1984): Inflation, Stagflation, Relative Prices, and Imperfect Information, Cambridge etc.

Cukierman, A. (1986): Centrat Bank Behaviour and Credibility - Some Recent Theoretical Developments, in: Federal Reserve Bank ofSt. Louis Review, Vol. 68, S. 5-17.

Cukierman, A. (1991 ): Discretion, Precommitments and the Prospects for a European Centrat Bank - Fixed Parilies versus a Comrnonly Managed Currency, in: Eckstein, Z. (Ed.): Aspects of Central Bank Policy Making, Berlin etc., S. 147-203.

Cukierman, A./Edwards, E.{fabellini, G. (1990): Seigniorage and Political lnstability, CEPR Discussion Paper No. 381 , London.

Debreu, G. (1976): Werttheorie - Eine axiomatische Analyse des ökonomischen Gleichgewichts, Berlin etc.

Demsetz, H. (1967): Toward a Theory of Property Rights, in: American Economic Review, Vol. 57,

s. 347-359.

Literatur

187

Demsetz, H. (1975): The Exchange and Enforcement of Property Rights, in: Manne, H.G. (Ed.): The Economics of Legal Relationships - Readings in the Theory of Property Rights, New York, S. 362-377.

Deutsche Bundesbank (1993): Die Deutsche Bundesbank - Geldpolitische Aufgaben und Instrumente, 6. Aufl., Frankfurt/M. Deutsches Industrieinstitut (1956): Staat und Notenbank im Ausland, Material rum Zeitgeschehen, Nr. 25 vom 5.11.1956, o.O.

Dickertmann, D./Hansmeyer, K.-H. (1973): Die Bundesbank im Streit der politischen Interessen, in: Wirtschaftsdienst, 53. Jg., S. 579-584. Dittus, P. (1987): Die Wahl der Geldverfassung, Köln etc. Dörge, F.-W. (1959): Menschenbild und Institution in der Idee des Wirtschaftsliberalismus bei A. Smith, L. v. Mises, W. Eucken und F.A. v. Hayek, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschaftsund Gesellschaftspolitik, 4. Jg., S. 82-99.

Dornbusch, R./Fischer, S. (1992): Makroökonomik, 5. Aufl., München und Wien. Downs, A. (1967): Inside Bureaucracy, Boston. Downs, A. (1968): Ökonomische Theorie der Demokratie, Tübingen (Deutsche Übersetzung von: An Economic Theory of Democracy, New York 1957).

Drijfi/1, 1./Mizon, G.E./Vlph, A. (1990): Costs of Inflation, in: Friedman, B.M./Hahn, F.H. (Eds.): Handbook of Monetary Economics, Vol. II, Amsterdam, S. 1013-1066. Dudler, H.-J. (1984): Geldpolitik und ihre theoretischen Grundlagen, Frankfurt/M. Duwendag, D. (1982): Anmerkungen zur geldpolitischen Strategie der Deutschen Bundesbank, in: Ehrlicher, W./Simmert, D.B. (Hrsg.): Geld- und Währungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland, Beihefte zu Kredit und Kapital, Heft 7, S. 111-129.

Duwendag, D. (1986): Es gibt keine Alternative, in: Wirtschaftsdienst, 66. Jg., S. 596-598. Duwendag, D. (1988): Das Konzept der Deutschen Bundesbank: Zwischen Geldmengenzielen und zinspolitischer Ae~ibilität, in: Ehrlicher, W./Simmert, D.B. (Hrsg.): Wandlungen des geldpolitischen Instrumentariums der Deutschen Bundesbank, Beihefte zu Kredit und Kapital, Heft 10,

s. 21-36.

Duwendag, D. et al. (1985): Geldtheorie und Geldpolitik, 3. Aufl., Köln. Eisenhardt, K.M. (1989): Agency Theory: An Assessment and Review, in: Academy of Management Review, Vol. 14, No. I, S. 57-74.

Elschen, R. (1988): Agency-Theorie, in: Die Betriebswirtschaft, 48. Jg., S. 248-250.

188

Literatur

W. (1986): Ökonomische Institutionenanalyse - Paradigmatische Entwicklung der ökono-

Elsn~r.

mischen Theorie und der Sinn eines Rückgriffs auf die ökonomische Klassik am Beispiel der Institutionenanalyse ("Property Rights"), Berlin. W. (1987): Institutionen und ökonomische Institutionentheorie - Begriffe, Fragestellung,

Elsn~r.

theoriegeschichtliche Ansätze, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 16.Jg., S. 5-14. Eng~l.

G. (1984): Verstetigung des Geldmengenwachstums und politische Unabhängigkeit der

Zentralbank, in: Kredit und Kapital, 17.Jg., S. 540-555. Esch~nburg,

R. (1978): Mikroökonomische Aspekte von Property Rights, in: Schenk, K.-E.

(Hrsg.): Ökonomische Verfügungsrechte und Allokationsmechanismen in Wirtschaftssystemen, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N.F. Bd. 97, Berlin, S. 9-27. Euck~n.

W. (1952): Grundsätze der Wirtschaftspolitik, hrsg. von E. Eucken und K.P. Hensel, Bern

und Tübingen.

Eucken, W. (1965): Die Grundlagen der Nationalökonomie, 8. Aufl., Berlin etc. EyMrn, G. von (1957): Die Unabhängigkeit der Notenbank, Berlin. Fama, E.F. (1980): Agency Problemsand the Theory ofthe Firm, in: Journal of Political Economy, Vol. 88, S. 288-307. Fama, E.F./J~nsen, M.C. (1983a): Agency Problems and Residual Claims, in: Journal of Law and Economics, Vol. 26, S. 327-349. Fama, E.F./Jensen, M.C. (1983b): Separation of Ownership and Control, in: Journal of Law and Economics, Vol. 26, S. 301-325.

Feldsieper, M. (1975): Staatshaushalt und Inflation (I), in: Das Wirtschaftsstudium, 4. Jg., S. 593597. Feldsieper, M. (1976): Staatshaushalt und Inflation (II), in: Das Wirtschaftsstudium, 5. Jg., S. 2327. Feldstein, M.S. (1982): Inflation, Tax Rules, and Investment - Some Econometric Evidence, in: Econometrica, Vol. 50, S. 825-862. Fels, G./Giersch, H./Müller-Gro~ling, H./Schmidt, K.D. (1971): Neue Rollenverteilung in der Konjunkturpolitik, in: Die Weltwirtschaft, Heft I, S. 5-8. Fender,J. (1990): Inflation - A Contemporary Perspective, New York etc. Fischer, S. (1977): Long-Term Contracts, Rational Expectations, and the Optimal Monetary Supply Rule, in: Journal of Political Economy, Vol. 85, S. 191-205. Fischer, S. (1980): On Activist Monetary Policy with Rational Expectations, in: Fischer, S. (Ed.): Rational Expectations and Economic Policy, Chicago und London, S. 211-235.

Literatur

189

Fischer, S. (1981): Towards an Understanding of the Costs of Inflation: II, in: Camegie-Rochester Conference Series on Public Policy, Vol. 15, S. 5-41.

Fischer, S. (1984): The Benefits of Price Stability, in: Price Stability and Public Policy, A Symposium Sponsored by the Federal Reserve Bank of Kansas City, Jackson Hole, Wyoming, August

2-3, 1984, s. 33-49.

Fischer, S. (1988): Rules versus Discretion in Monetary Policy, NBER Warking Paper Series, Warking Paper No. 2518, Cambridge/Mass.

Förster, G. (1982): Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik, in: Ehrlicher, W./Simrnen, D.B. (Hrsg.): Geld- und Währungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland, Beihefte zu Kredit und Kapital, Heft 7, S. 159-179.

Francke, H.-H. (1990): Zu einigen ablauf- und ordnungspolitischen Problemen einer Europäischen Zentralbank aus polit-ökonomischer Sicht, in: Hasse, R.H./Schäfer, W. (Hrsg.): Europäische Zentralbank-Europas Währungspolitik im Wandel, Göttingen, S. 134-151.

Frey, B.S. (1981 ): Theorie demokratischer Winschaftspolitik, München. Frey, B.S. (1984): A New View of Economics: Camparalive Analysis of lnstitutions, in: Economia delle Scelte Pubbliche, Anno II, S. 3-16.

Frey, B.S. (1990): Ökonomie ist Sozialwissenschaft - Die Anwendung der Ökonomie auf neue Gebiete, München.

Frey, B.S./Lau, L.J. (1968): Towards a Mathematical Model of Govemment Behaviour, in: Zeitschrift für Nationalökonomie, Bd. 28, S. 355-380.

Frey, B.S./Schneider, F. (1975): On the ModeHing of Politico-Economic lnterdependence, in: European Journal of Political Research, Vol. 3, S. 339-360.

Frey, B.S./Schneider, F. (1978): An Empirical Study of Politico-Economic Interaction in the United States, in: The Review of Economics and Statistics, Vol. 60, S. 174-183.

Frey, B.S./Schneider, F. (1979): An Econometric Model with an Endogenous Govemment Sector, in: Public Choice, Vol. 34, S. 29-43.

Frey, B.S./Schneider, F. (1981): Centrat Bank Behavior- A Positive Empirical Analysis, in: Journal of Monetary Economics, Vol. 7, S. 291-315.

Pricke, D. (1976): Veneilungswirkungen der Inflation, Köln. Friedman, M. (1959): A Program for Monetary Stability, New York. Friedman, M. (1962): Should there be an Independent Monetary Authority?, in: Yeager, L.B. (Ed.): In Search of a Monetary Constitution, Cambridge/Mass., S. 219-243.

Friedman, M. (1963): Inflation- Causes and Consequences, Bombay.

190

Literatur

Friedman, M. (1968): The Role of Monetal)' Policy, in: Arnerican Economic Review, Vol. 58, S. 1-

17. Friedman, M. (1969): The Optimum Quantity of Money, in: Friedman, M.: The Optimum Quantity of Money and Other Essays, London, S. 1-50. Friedman, M. (1971): Government Revenue from Inflation, in: Journal of Political Economy, Vol.

79, S. 846-856. Friedman, M. (1986): Monetary Policy - Theory and Practice, in: Toma, E.F.!foma, M. (Eds.): Central Bankers, Bureaucratic Incentives, and Monetary Policy, Dordrecht, S. 11-35. Friedman, M. (1987): Monetary Policy - Tactics versus Strategy, in: Dom, J.A./Schwartz, A.J.

(Eds.): The Search forStable Money- Essays on Monetal)' Reform, Chicago, S. 361-382. Friedman, M./Schwartz, A.J. (1982): Monetary Trends in the United States and the United

Kingdom - Their Relation to lncome, Prices, and Ioterest Rates, 1867-1975, Chicago und London. Frohman, D.A./Laney, LO./Willett, T.D. (1981): Uncertainty Costs of High Inflation, in: Voice of

the Federal Reserve Bank of Dallas, Juli, S. 1-9. Furubotn, E.G./Pejovich, S. (1972): Property Rights and Economic Theory: A Survey of Recent

Literature, in: Journal of Economic Literature, Vol. 10, S. 1137-1162. Furubotn, E.G./Pejovich, S. (l974a): Preface, in: Furubotn, E.G./Pejovich, S. (Eds.): The Econo-

mics of Property Rights, Cambridge/Mass., S. XV-XVI. Furubotn, E.G./Pejovich, S. (l974b): Introduction- The New Property Rights Literature, in: Furu-

botn, E.G./Pejovich, S. (Eds.): The Economics of Property Rights, Cambridge/Mass., S. 1-9. Furubotn, E.G./Pejovich, S. (1974c): Some General Observations, in: Furubotn, E.G./Pejovich, S.

(Eds.): The Economics of Property Rights, Cambridge/Mass., S. 299-302. Furubotn, E.G./Pejovich, S. (1975): Property Rights and Economic Theory - A Survey of Recent

Literature, in: Manne, H.G. (Ed.): The Economics of Legal Relationships - Readings in the Theory of Property Rights, New Yolk, S. 53-65. Furubotn, E.G./Richter, R. (1984): The New lnstitutional Economics, Symposium, JIUle 6-10, 1983, Mettlach/Saar, Editorial Preface, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 140. Bd., S. 1-6. Gäfgen, G. (1984): Entwicklung und Stand der Theorie der Property Rights - Eine kritische

Bestandsaufnahme, in: Neumann, M. (Hrsg.): Ansprüche, Eigentums- und Velfiigungsrechte, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N.F. Bd. 140, Berlin, S. 43-62. Gäfgen, G. (1990): Steuerungswilkungen von Institutionen - Theoretische Grundlagen Wld wirtschaftspolitische Konsequenzen, in: Schulenburg, J.M. Graf von der/Sinn, H.-W. (Hrsg.):

191

Literatur

Theorie der Wirtschaftspolitik, Festschrift zum 75. Geburtstag von Hans Möller, Tübingen,

s. 162-178.

Gandenberger, 0. (1972): Intertemporale VerteilungswirkiBlgen der Staatsverschuldung, in: Dreissig, W. et al. (Hrsg.): Probleme der Staatsverschuldung, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N.F. Bd. 61, Berlin, S. 189-213. Gandenberger, 0. (1981): Theorie der öffentlichen VerschuldiBlg, in: Neumark, F. (Hrsg.): Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. 111, 3. Aufl., Tübingen, S. 3-49. Garfinkel, M.R. (1989): What is an "Acceptable" Rate of Inflation? - A Review of the lssues, in: Federal Reserve Bank of St. Louis- Review, Vol. 71, Juli/August, S. 3-15. Gordon, RJ. (1975): The Demand for and the Supply of Inflation, in: Journal of Law and Economics, Vol. 18, S. 807-836. Grilli, V./Masciandoro, D.(fabellini, G. (1991): Political and Monetary Institutions and Public Financial Palieies in the lndustrial Countries, in: Economic Policy, Vol. 6, S. 342-392.

Gubitz, A. (1989): Seigniorage- Hindernis auf dem Wege zur Europäischen

Währ~B~gsunion?,

in:

Konjunkturpolitik, 35. Jg., S. 288-296.

Haefele, E. T. (1971 ): A Utility Theory of Representative Govemrnent, in: American Economic Review, Vol. 61, S. 350-367.

Hagen, J. von (1986): Strategien kurzfristiger Geldmengensteuerung, Harnburg. Hahn, 0. (1968a): Die WähriBlgsbanken der Welt, Bd. I: Institutionen und Organe, Stuttgart. Hahn, 0. (1968b): Die Währungsbanken der Welt, Bd. 11: Die Abhängigkeiten der Zentralbankleitung, Stuttgart.

Hansmeyer, K.-H. (1968): Wandlungen im Handlungsspielraum der Notenbank?, in: Andreae, C.A./Hansmeyer, K.-H./Scherhom, G. (Hrsg.): Geldtheorie und Geldpolitik, G. Schmölders zum 65. Geburtstag, Berlin, S. 155-166.

Hansmeyer, K.-H. (1984): Der öffentliche Kredit I -Der Staat als Schuldner, 3. Aufl., Frankfurt/M. Hansmeyer, K.-H. (1989): Bemerkungen zur gegenwärtigen Diskussion um die Unabhängigkeit der Deutschen BIBldesbank, in: Deutscher Sparkassen- und Giroverband (Hrsg.): Die Zukunft gestalten, Stuttgart, S. 256-264. Harding, F.O. (1959): Politisches Modell zur Wirtschaftstheorie - Theorie der Bestimmungsfaktoren finanzwirtschaftlicher Tätigkeit, Freiburg. Hartwig, K.-H. (1983/84): Bundesbankautonomie und Inflationsbekämpfung-PolitischeÖkonomie des Notenbankverhaltens, in: List-Forum, Bd. 12, S. 307-322.

Hasse, R.H. (1989): Die Europäische Zentralbank: Perspektiven für eine Weiterentwicklung des Europäischen WähriBlgssystems, Güterslob.

192

Literatur

Hayek, F.A. von {1977): Entnationalisierung des Geldes, Tübingen. Hayek, F.A. von (1983): Evolution und spontane Ordnung, Privatdruck Bank Hofmann, Zürich. Hedtkamp, G. (1968): Geldverfassung und Wirtschaftssysteme, in: Andreae, C.A./1-Iansmeyer, K.H./Scherhom, G. (Hrsg.): Geldtheorie und Geldpolitik, G. Schmölders zum 65. Geburtstag, Berlin, S. 335-350. Herder-Dorneich, P./Groser, M. (1977): Ökonomische Theorie des politischen Wettbewerbs, Göttingen.

Herz, B./Röger, W. (1989): Evaluating Conflicting Stability Results in German Money Demand Regressions, unveröffentlichtes Manuskript. Hesse, G. (1982): Die Änderung von Rechten im Property-Rights-Ansatz, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 11. Jg., S. 249-257. Hesse, G. (1983): Zur Erldärung der Änderung von Handlungsrechten mit Hilfe ökonomischer Theorie, in: Schüller, A. (Hrsg.): Property Rights und ökonomische Theorie, München, S. 79109. Heubes, J. (1989): lnflationstheorie, München. Hibbs, D.A. Jr. (1977): Political Partiesand Macroeconomic Policy, in: American Political Science Review, Vol. 71, S. 1467-1487. Hibbs, D.A. Jr. (1982): The Dynamics of Political Support for American Presidents among Occupational and Partisan Groups, in: American Journal of Political Science, Vol. 26, S. 312-332. Hirschman, A. 0 . (1970): Exil, Voice, and Loyality, Cambridge/Mass. Holmström, B. (1979): Moral Hazard and Observability, in: The Bell Journal of Economics, Vol. 10, No. 1, S. 74-91. Holzheu, F. (1987): Am Ende der Haushaltskonsolidierung und der potentialorientierten Geldmengensteuerung?, in: Finanzarchiv, N.F. Bd. 45, S. 361-392. lssing, 0. (1979): Inflationsbegriff und lnflationsmessung, in: Woll, A. (Hrsg.): Inflation - Definitionen, Unachen, Wirkungen und Bekämpfungsmöglichkeiten, München, S. 4-12.

/ssing, 0 . (1982): Die Unabhängigkeit der Bundesbank - Theoretisch umstritten - praktisch bewährt, in: Ehrlicher, W./Simmert, D.B. (Hrsg.): Geld- und Währungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland, Beihefte zu Kredit und Kapital, Heft 7, S. 49-60. lssing, 0. (1985): Disinflation - Kosten und Nutzen der lnflationsbekämpfung, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 14. Jg., S. 9-14.

Jackman, R./Mulvey, C.{frevithick, J. (1981): The Economics of Inflation, 2. Aufl., Oxford. Jacoby, N.H. (1957): Thinking Ahead: The Threat of Inflation, in: Harvard Business Review, Vol. 35, No. 3, S. 15-32 und S. 160-162.

Literatur

193

Jacoby, N.H. (1958): Letter, in: Harvard Business Review, Vol. 36, No. 1, S. 25 und S. 153-156. Jarchow, H.-J. (1988a): Anmerkungen zur Bereclmung der erweiterten Geldbasis, in: Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 124, S. 178-181. Jarchow, H.-J. (1988b): Mindestreserveeffekte, Multiplikator und Geldbasis, in: Weltwirtschaftliebes Archiv, Bd. 124, S. 576-578. Jarchow, H.-1. (1990): Theorie und Politik des Geldes -I. Geldtheorie, 8. Aufl., Göttingen. Jarchow, H.-J. (1992): Theorie und Politik des Geldes- II. Geldmarkt und geldpolitische Instrumente, 6. Aufl., Göttingen. Jensen, M.C. (1983): Organization Themy and Methodology, in: Accounting Review, Vol. 58, s. 319-339. Jensen, M.C./Meckling, W. (1976): Theory of the Firm: Managerial Behavior, Agency Costs, and Ownership Structure, in: Journal of Financial Economics, Vol. 3, S. 305-360. Jeske, J. (1992): Gefahren für die Bundesbank, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 186 vom 12.8.1992, S. II. Kalmbach, P. (Hrsg.) (1973): Derneue Monetarismus, München. Kane, E.J. (1986): Politics and Fed Policymaking: The More Things Change the More they Rernain the Same, in: Toma, E.F./Toma, M. (Eds.): Central Bankers, Bureaucratic lncentives, and Monetary Policy, Dordrecht, S. 185-198.

Kau/mann, T. (1987): Property Rights und Unternehmenstheorie -Stand und Weiterentwicklung der empirischen Forschung, München.

Keith-Lucas, B. (1991): Royal Commission, in: The Blackwell Encyclopedia of Political Science, Oxford, S. 546-547.

Keynes,J.M. (1924): Ein Traktat über Währungsreform, München und Leipzig (Deutsche Übersetzung von: A Tract on Monetary Reform, London 1923). Kiener, S. (1989): Die Principal-Agent-Theorie aus informationsökonomischer Sicht, Heidelberg. Kimbrough, K.P. (1986): Inflation, Ernployment, and Welfare in the Presence of Transaction Costs, in: Journal of Money, Credit and Banking, Vol. 18, S. 127-140. Kirchgäßner, G. (1984): Optimale Wirtschaftspolitik und die Erzeugung politisch-ökonomischer Konjunkturzyklen, Königstein/Ts.

Kirchgäßner, G. (1991): Homo oeconomicus- Das ökonomische Modell individuellen Verhaltens und seine Anwendung in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Tübingen.

Kirschen, E.S. et al. (1967): International vergleichende Wirtschaftspolitik- Versuch einer empirischen Grundlegung, Berlin (Deutsche Übersetzung von: Economic Policy in Our Time, Vol. 1: General Theory, Amsterdarn 1964). 14 Willeke

194

Literatur

Klein, M./Neumonn, M.J.M. (1990): Seigniorage: What is it and Who gets it?, in: Wehwirtschaftliches Archiv, Bd. 126, S. 205-217. Kock, M.H. de (1954): Central Banking, 3. Aufl., London. Köhler, C. (1973): Minderheitsvotum zur Frage der wirtschaftspolitischen Strategie: Verstetigung durch koordinierte Wirtschaftspolitik, in: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Mut zur Stabilisierung, Jahresgutachten 1973n4, Stuttgart und Mainz, Z. 373-381.

Köhler, C. (1985): Potentialorientierte Wirtschaftspolitik, in: Cansier, D./Kath, D. (Hrsg.): Öffentliche Finanzen, Kredit und Kapital, Festschrift für Wemer Ehrlicher zur Vollendung des 65. Lebensjahres, Berlin, S. 459-474.

Kösters, W. (1990): Die "Autonomie" der Deutschen Bundesbank - Ein Modell für Europa?, Korreferat zu Rolf Caesar, in: Hasse, R.H./Schäfer, W. (Hrsg.): Europäische Zentralbank - Europas Währungspolitik im Wandel, Göttingen, S. 128-133.

Kösters, W. (1991): Europäische Zentralbank und Preisniveaustabilität, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, 36.Jg., S. 155-167.

Kromphardt,J. (1987): Arbeitslosigkeit und Inflation, Göttingen. Kydland, F./Prescott, E. (1977): Rules Rather than Discretion- The lnconsistency of Optimal Plans, in: Journal of Political Economy, Vol. 85, S. 473-491. IAidler, D./Parkin, M. (1975): Inflation: A Survey, in: The EconomicJoumal, Vol. 85, S. 741-809. IAidler, D. (1990): Taking Money Seriously, New York etc. IAngfeldt, E./Scheide, J.(frapp. P. (1988): Is Money Supply Targeting Obsolete?, Kiel Warking Paper No. 338.

IAux, H. (1990): Risiko, Anreiz und Kontrolle, Heidelberg. Leijonhufvud, A. (1983 ): Constitutional Constraints on the Monetary Powers of Govemment, in: Economia delle Scelte Pubbliche, Anno I, S. 87 -I 00. Lipp, E.-M. (1986): Theoretische Grundlagen der Beschäftigungspolitik - zu den Vorstellungen des Sachverständigenrates, in: Prior, P./Tomann, H. (Hrsg.): Theoretische Grundlagen der Beschäftigungspolitik, Berlin, S. 1-12. Loef, H.-E. (1988): Diskretionäre Geldpolitik, rationale Erwartungen und Politikglaubwürdigkeit, in: Jahrbuch für Sozialwissenschaft, 39.Jg., S. 361-375.

Loef, H.-E.{Ziemes, G. (1989): Zeitinkonsistenz, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 18. Jg., s. 446-451.

Literatur

195

Lombra, R.E. (1988): Monetary Policy- The Rhetoric versus the Record, in: Willett, T.D. (Ed.): Politica1 Business Cycles - The Po1itical Economy of Money, Inflation and Unemployment, Durharn und London, S. 337-365.

Lombra, R./Moran, M. (1980): Policy Advice and Policymaking at the Federal Reserve, in: Camegie-Rochester Conference Series on Public Po1icy, Vol. 13, S. 9-68. Lucas, R.E. (1972): Expectations and the Neutrality of Money, in: Journal of Economic Theory, Vol. 4, S. 103-124.

Mayer, T. (1978): Die Struktur des Monetarismus, in: Ehrlicher, W./Simmert, D.B. (Hrsg.): Die Monetarismus-Kontroverse, Beihefte zu Kredit Wld Kapital, Heft 4, S. 9-55.

Mayer, T. (1982): Federal Reserve Policy in the 1973 - 1975 Recession - A Case Study of Fed Behaviour in a Quandary, in: Wachtel, P. (Ed.): Crisis in the Economic and Financial Structure, Lexington/Mass. und Toronto, S. 41-83.

Mayt-r, T. (1987a): The Debate about Monetarist Policy Recornrnendations, in: Kredit und Kapital, 20. Jg.,S. 281-302.

Mayer, T. (1987b): Replacing the FOMC by a PC, in: Contemporary Policy Issues, Vol. 5, S. 3143.

Mayer, T./Willt'tt, T.D. (1988): Evaluating Proposals for FWldamental Monetary Refonn, in: Willen, T.D. (Ed.): Political Business Cycles - The Political Economy of Money, Inflation and Unemployment, Durharn und London, S. 399-423.

McCal/um, B.T. (1987): The Case for Rules in the Conduct of Monetary Policy - A Concrete Example, in: Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 123, S. 415-428. McCallum, B.T. (1989): Monetary Economics- Theory and Policy, New York. McCal/um, B.T. (1990): Inflation - Theory and Evidence, in: Friedman, B.M./Hahn, F.H. (Eds.): Handbook of Monetary Economics, Vol.ll, Amsterdam, S. 963-1012. McKean, R. (1970): Products Liability - lmplications of Some Changing Property Rights, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 84, S. 611-626. Meckling, W.H. (1976): Values and the Choice of the Model of the Individual in the Social Sciences, in: Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, 112. Jg., S. 545-560.

Meltur, A.H. (1984): Overview, in: Price Stability and Public Policy, A Symposium Sponsored by the Federal Reserve Bank of Kansas City, Jackson Hole, Wyoming, August 2-3, 1984, S. 209222.

Mt-ltur, A.H. (1987): Limits of Short-Run Stabilization Policy, Presidential Address to the Western Economic Association, July 3, 1986, in: Economic lnquiry, Vol. 25, S. 1-14.

196

Literatur

Menger, C. (1883): Untersuchungen über die Methode der Socialwissenschaften, und der Politischen Ökonomie insbesondere, Leipzig, in: Menger, C.: Gesammelte Werke, Bd. II, Tübingen 1969.

Meyer, W. (1983): Entwicklung und Bedeutung des Property Rights-Ansatzes in der Nationalökonomie, in: Schüller, A. (Hrsg.): Property Rights und ökonomische Theorie, München, S. 144.

Michaelis, E. (1985): Organisation untemehmerischer Aufgaben- Transaktionskosten als Beurteilungskriterium, Frankfurt/M. etc.

Migue, 1.-L./Be/anger, G. (1974): Toward a General Theory of Managerial Discretion, in: Public Choice, Vol. 17, S. 27-43. Mirrless, J. (1974): Notes on Welfare Economics, Information, and Uncertainty, in: Balch, M.S., McFadden, D.L., Wu, S.Y. (Eds.): Contributions to Economic Analysis, Amsterdam.

Mirrless, J. (1976): The Optimal Structure of Incentives and Authority within an Organization, in: Bell Journal of Economics, Vol. 7, No. I, S. 105-131. Mitchell, W.C. (1984): Schumpeter and Public Choice, Part 1: Precursor to Public Choice?, Part II: Democracy and the Demise of Capitalism: The Missing Chapter in Schumpeter, in: Public Choice, Vol. 42, S. 73-88 und S. 161-174.

Mock, M. (1991): Verbände und Wirtschaftspolitik - Zur Funktion der Verbände in der Wirtschaftspolitik, Göttingen.

Mounts, W.S. Jr./Sowell, C. (1986): The Structure and Use of Inputs by the Federal Reserve Reconsidered: The Monetary Constitution, Human Capital, and Property Rights, in: Toma, E.F./Toma, M. (Eds.): Central Bankers, Bureaucratic Incentives, and Monetary Policy, Dordrecht, S. 91-104.

Mueller, D.C. (1989): Public Choice Il, Cambridge. Mullineaux, D.J. (1985): Monetary Rules and Contracts: Why Theory loses to Practice, in: Federal Reserve Bank of Philadelphia Business Review, Mär7/April, S. 13-19.

Musgrave, R.A. (1959): The Theory of Public Finance- A Study in Public Economics, New York etc. Neumann, M. (1988): Neoklassik, in: lssing, 0. (Hrsg.): Geschichte der Nationalökonomie, München, S. 209-224. Newnann, M.J.M. (1975): Konstrukte der Zentralbankgeldmenge, in: Kredit und Kapital, 8. Jg.,

s. 317-345.

Newnann, M.J.M. (1981): Inflation und Staatsverschuldung, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 101. Jg., S. l 13-126.

Literatur

197

Neumann, M.J.M. (1986): Die Grundgeldmenge-Ein neuer Indikator der Geldpolitik, in: Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 122, S. 520-532.

Neumann, M.J.M. (1988): Mindestreserveeffekte und die Grundgeldmenge des Sachverständigenrats, in: Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 124, S. 570-575. Neumann, M.J.M. (1990a): Precommitment to Stability by Central Bank Independence, SFB 303 Discussion Paper B-152, Bonn.

Neumann, M.J.M. (1990b): Precommitment to Rules in Monetary Policy - Commentary, in: Belongia, M.T. (Ed.): Monetary Policy on the Fed's 75th Anniversary, Kluwer Academic Publishers, S. 179-185. Neumann, M.J.M. (1992): Bindung durch Zentralbankunabhängigkeit, in: Albeck, H. (Hrsg.): Wirtschaftsordnung und Geldverfassung, Symposion zum 65. Geburtstag für Norbert Kloten, Göttingen, S. 62-73.

Neumann, M.J.M./Hagen, J. von (1987): Theoretische und empirische Grundlagen von Geldmengenzielen und ihrer Realisierung, in: Gutowski, A. (Hrsg.): Geldpolitische Regelbindung Theoretische Entwicklungen und empirische Befunde, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N.F. Bd. 161, Berlin, S. 63-lll.

Neumark, F. (1922): Begriff und Wesen der Inflation, Jena. Neumark, F. (1976): Inflationsprobleme- Alt und Neu, Göttingen. Neus, W. (1989): Ökonomische Agency-Theorie und Kapitalmarktgleichgewicht, Wiesbaden. Niehans, J. (1980): Theorie des Geldes - Synthese der monetären Mikro- und Makroökonomik, Bem und Stuttgart (Deutsche Übersetzung von: Theory of Money, Saltimore 1978). Niskanen, W.A. (1971 ): Bureaucracy and Representative Govemment, Chicago. Niskanen, W.A. (1975): Bureauerats and Politicians, in: Journal of Law and Economics, Vol. 18, s. 617-643. Nordhaus, W. (1975): The Political Business Cycle, in: Review of Economic Studies, Vol. 42,

s. 169-190.

North, D.C. (1973 ): The Rise of the Western World - A New Economic History, Cambridge/Mass. 0/~on,

M.O. Jr. (1968): Die Logik des kollektiven Handeins- Kollektivgüter und die Theorie der

Gruppen, Tübingen (Deutsche Übersetzung von: The Logic of Collective Action - Public Goods and the Theory of Groups, Cambridge 1965).

0. Veif. (1991): Wise Men from the South, in: The Economist vom 2. Februar 1991, S. 79. Pahlke, J. (1981): Staatliche Geldschöpfung als Einnahmequelle, in: Newnark, F. (Hrsg.): Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. 111, 3. Aufl., Tübingen, S. 117-131.

198

Literatur

Paldßm, M. (1988): An Essay on the Power of Central Banks, in: Geld und Währung, September, 4. Jg., s. 5-30.

Parkin, M. (1987): Domestic Monetary Institutions and Deficits, in: Buchanan. J.M./Rowley, C.K.{follison, R.D. (Eds.): Deficits, Oxford und New York, S. 310-337. Pejovich, S. (1973): Comment on Paper, by Alchian and Demsetz, in: The Journal of Economic History, Vol. 33, S. 41-42. Persson, T. (1988): Credibility of Macroeconomic Policy - An lntroduction and a Broad Survey, in: European Economic Review, Vol. 32, S. 519-532. Pfister, J. (1981 ): Grundzüge einer "Soziotheorie" der Inflation, Berlin. Phelps, E.S. (1967): Phillips Curves, Expectations of Inflation, and Optimal Ernployment over Time, in: Economica, Vol. 34, S. 254-281. Phelps, E.S. (1972): Inflation Policy and Unemployment Theory, New York. Phelps, E.S. (1973): Inflation in a Theory of Public Finance, in: Swedish Journal of Economics, Vol. 75, S. 67-82.

Picot, A. (1981): Der Beitrag der Theorie der Verfügungsrechte zur ökonomischen Analyse von Untemehmensverfassungen, in: Bohr, K. et al. (Hrsg.): Unternehmensverfassung als Problem der Betriebswirtschaftslehre, Regensburg, S. 153-197. Picot, A. (1982): Transaktionskostenansatz in der Organisationstheorie, in: Die Betriebswirtschaft, 42. Jg.• s. 267-284.

Pigou, A.C. (1920): The Economics ofWelfare, London. Poh/, R. (1981): Theorie der Inflation, München. Pratt, J.W.{Zeckhauser, R.J. (1985): Principals and Agents - An Overview, in: Pratt, J.W./Zeckhauser, R.J. (Eds.): Principals and Agents- The Structure of Business, Boston, S. l35. Preiser, E. (1970): Der Begriff des Preisniveaus und das Problem der Kaufkraftstabilisierung, in: Preiser, E.: Bildung und Verteilung des Volkseinkommens - Gesammelte Aufsätze zur Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, 4. Aufl., Göttingen, S. 389-410; Wiederabdruck aus: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 158 (1943), S. 186 ff.

Puchta, D.G. (1981): Inflation und Deutsche Bundesbank- Elemente einer politisch-ökonomischen Theorie der schleichenden Inflation mit endogenisiertem Zentralbankverhalten, Freiburg. Rasche, R.H./Johannes, J.M. (1987): Controlling the Growth of Monetary Aggregates, Boston. Rasmusen, E. (1990): Gamesand Information- An lntroduction to Game Theory, Cambridge. Rees, R. (l985a): The Theory of Principal and Agent- Part I, in: Bulletin of Economic Research, Vol. 37, S. 3-26.

Literatur

199

Rees, R. (1985b): The Theory of Principal and Agent- Part II, in: Bulletin of Economic Research, Vo1.37, S. 75-95. Renaud, P.S.A. (1989): Applied Political Economic Modelling, Berlin etc. Richter, R. (1988): The New lnstitutional Economics Applied to Monetary Economics, in: Journal of lnstitutional and Theoretical Economics, Vol. 144, S. 208-224. Richter, R. (1989): Bankenregulierung aus der Sicht der Neuen lnstitutionenökonomik, Center for the Study of the New lnstitutional Economics, Department of Economics, Universität des Saarlands, Working Paper Series, Januar. Richter, R. (1990): Geldtheorie • Vorlesung auf der Grundlage der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie und der lnstitutionenökonomik, 2. Aufl., Berlin etc. Riekhof, H.-C. (1984): Unternehmensverfassungen und Theorie der Verfügungsrechte· Methodische Probleme, theoretische Perspektiven und empirische Fallstudien, Wiesbaden. Rittershausen, H. (1 962): Die Zentralnotenbank · Ein Handbuch ihrer Instrumente, ihrer Politik und ihrer Theorie, Frankfurt/M. Röpke, W. (1958): Jenseits von Angebot und Nachfrage, Erlenbach-Zürich und Stuttgart. Röpke, W. (1963) Der Kampf gegen die Inflation unserer Zeit, in: Hunold, A. (Hrsg.): Inflation und Weltwährungsordnung, Erlenbach-Zürich und Stullgart, S. 21 -46. Rogoff, K. (1987): Reputational Constraints on Monetary Policy, in: Camegie-Rochester Conference Series on Public Policy, Vol. 26, S. 141-182. Ross, S. (1973): The Economic Theory of Agency - The Principal's Problem, in: American Economic Review, Vol. 63, S. 134-139. Rühl, F. (1974): Politische Ökonomie und schweizerische Notenbankgesetzgebung, in: Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, 110. Jg., S. 493-518. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1973): Mut zur Stabilisierung, Jahresgutachten 1973n4, Stuttgart und Mainz. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1974): Vollbeschäftigung für Morgen, Jahresgutachten 1974n5, Stuttgart und Mainz. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1978): Wachstum und Währung, Jahresgutachten 1978n9, Stuttgart und Mainz. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1984): Chancen für einen langen Aufschwung, Jahresgutachten 1984/85, Stuttgart und Mainz. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1986): Weiter auf Wachstumskurs, Jahresgutachten 1986/87, Stuttgart und Mainz.

200

Literatur

Sachverständigenrat zur Begutachtung tkr gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1987): Vorrang für die Wachstumspoliti.k, Jahresgutachten 1987/88, Stuttgart Wld Mainz.

Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Arbeitsplätze im Wettbewerb, Jahresgutachten 1988/89, Stuttgart und Mainz.

(1988):

Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1990): Auf dem Wege zur wirtschaftlichen Einheit Deutschlands, Jahresgutachten 1990/91, Stuttgart und Mainz.

Sachverständigenrat zur Begutachtung tkr gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1991 ): Die wirtschaftliche Integration in Deutschland- Perspektiven-Wege-Risiken, Jahresgutachten 1991/92, Stuttgart und Mainz. Satin, P. (1988): Comments on Bennett T. McCallum, "The Case for Rules in the Conduct of Monetary Policy: A Concrete Example" and on Alan S. Blinder, "The Rules-versus-Discretion Debate in the Light of Recent Experience", in: Giersch, H. (Ed.): Macro and Micro Policies for more Growth and Employment, Symposium 1987, Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel, Tübingen, S. 71-84.

Sargent, T.J./Wallace, N. (1976): Rational Expectations and the Theory of Economic Policy, in: Journal of Monetary Economics, Vol. 2, S. 169-183. Sargent, T.J./Wallace, N. (1984): Some Unpleasant Monetarist Arithmetic, in: Griffiths, B./Wood, E. (Eds.): Monetarism in the U.K., London, S. 15-41. Sauermann, H./Selten, R. (1962): Anspruchsanpassungstheorie der Unternehmung, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 118. Bd., S. 577-597. Schanz, G. (1983): Unternehmensverfassungen in verfügungsrechtlicher Perspektive, in: Die Betriebswirtschaft, 43. Jg., S. 259-270. Schanze, E. (1987): Contract, Agency, and the Delegation of Decision Making, in: Bamberg, G./Spremann, K. (Eds.): Agency Theory,lnformation, and lncentives, Berlin etc., S. 461-471. Scheide, J. (1988): A K-Percent Rule for Monetary Policy in West Germany, Kiel Working Paper No. 337.

Schlesinger, H. (1988): Das Konzept der Deutschen Bundesbank, in: Ehrlicher, W./Simmert, D.B. (Hrsg.): Wandlungen des geldpolitischen Instrumentariums der Deutschen Bundesbank, Beihefte zu Kredit und Kapital, Heft 10, S. 3-20.

Schmidt, P.-G. (1983): Die Zentralbank in der Demokratie, in: Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie, Bd. 2, S. 271-305. Schmöltkrs, G. (1968): Geldpolitik, 2. Aufl., Tübingen. Schmöltkrs, G. (1988): Historische Schule, in: lssing, 0 . (Hrsg.): Geschichte der Nationalökonomie, 2. Aufl., München, S. 109-121.

Literatur

201

Schlll!ider, D. (1987a): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., München und Wien. Schlll!ider, D. (1987b): Agency Costs and Transaction Costs: Aops in the Principal-Agent-Theory of Financial Markets, in: Bamberg, G./Spremann, K. (Eds.): Agency Theory, Information, and Incentives, Berlin etc., S. 481-494. Schlll!ider, F. (1979): Ein politisch-ökonomisches Modell des Zentralbankverhaltens bei endogenem Staat, in: Weizsäcker, C.C. von (Hrsg.): Staat und Wirtschaft, Schriften des Vereins für Socialpo1itik, N.F. Bd. 102, Berlin, S. 473-497. Schlll!ider, F./Frey, B.S. (1988): Politico-Economic Models of Macroeconomic Po1icy- A Review of the Empirical Evidence, in: Willett, T.D. (Ed.): Po1itical Business Cycles - The Po1itical Economy of Money, Inflation and Unemp1oyrnent, Durharn und London, S. 239-275. Schüller, A. (1985): Zur Ökonomik der Property Rights, in: Das Winschaftsstudium, 14. Jg.,

s. 259-265.

Schumonn, J. (1987a): Grundzüge dermikroökonomischen Theorie, 5. Auf!., Ber1in etc. Schumonn, J. (1987b): Die Unternehmung als ökonomische Institution, in: Das Wirtschaftsstudium, 16. Jg., s. 212-218.

Schumpeter, J.A. (1908): Das Wesen und der Hauptinhalt der theoretischen Nationalökonomie, Leipzig. Schumpeter, J.A. (1950): Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 2. Auf!., München. Schupp/er, E. (1962): Die Unabhängigkeit der Notenbank, Wien. Shughart II, W.F.{fol/ison, R.D. (1983): Pre1iminary Evidence on the Use of Inputs by the Federal Reserve System, in: American Economic Review, Vol. 73, S. 291-304. Siebke, J. (1982): Steuerung der Geldmengenaggregate: zwischen Können und Wollen, in: Ehrlicher, W./Simrnen, D.B. (Hrsg.): Geld- und Währungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland, Beihefte zu Kredit und Kapital, Heft 7, S. 147-157. Simon, H.A. (1955): A Behavioral Model of Rational Choice, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 69, S. 99-118. Simon, H.A. (1959): Theories of Decision-Making in Economics and Behaviora1 Science, in: American Economic Review, Vol. 49, S. 253-283. Simon, H.A. (1978): Rationality as Process and as Product of Thought, in: American Economic Review, Papersand Proceedings, Vol. 68, No. 2, S. 1-16. Simon, H.A. (1987a): Bounded Rationality, in: Eatwell, J./Milgate, M./Newman, P. (Eds.): The New Palgrave- A Dictionary of Economics, Bd. I, London etc., S. 266-268. Simon, H.A. (1987b): Satisficing, in: Eatwell, J./Milgate, M./Newman, P. (Eds.): The New Palgrave - A Dictionary of Economics, Bd. 4, London etc., S. 243-245.

Literatur

202

Simons, H.C. (1936): Rules versus Authorities in Monetary Policy, in: Journal of Political Econorny, Vol. 44, S. 1-30.

Skaggs, N.T. (1984 ): A Theory of the Bureaucratic Value of Federal Reserve Operating Procedures, in: Public Choice, Vol. 43, S. 65-76.

Skaggs, N.T./WasserkiUg, C.L (1986}: Banking Sector lnfluence on the Relationship of Congress to the Federal Reserve System, in: Toma, E.F.(foma, M. (Eds.): Central Bankers, Bureaucratic lncentives, and Monetary Policy, Dordrecht, S. 169-182.

Smith, C.W . Jr. (1987): Agency Costs, in: Eatwell, J./Milgate, M./Newrnan, P. (Eds.): The New Palgrave- A Dictionary of Economics, Bd. l, London etc., S. 39-40.

Spence, A.M./'h!ckhauser, R. (1971): lnsurance, lnfonnation, and Individual Action, in: Arnerican Econornic Review, Vol. 61, S. 380-387.

Spremann, K. (1987): Agent and Principal, in: Bamberg, G./Spremann, K. (Eds,): Agency Theory, lnfonnation, and lncentives, Berlin etc., S. 3-37.

Spremann, K. (1988): Reputation, Garantie, lnfonnation, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 58. Jg., s. 613-629.

Sprenger, 8. (1991 }: Das Geld der Deutschen- Geldgeschichte Deutschlands von den Anfängen bis zur Gegenwart, Paderbom etc.

Stad/er, M. (1983}: lnstitutionalismus heute, Frankfurt/M. und New York. Starke, 0.-E. (1957}: Die Stellung der Notenbank im Staatsgefüge (unter Berücksichtigung des Bundesbankgesetzentwurfs)- Ein Beitrag zum Begriff der Unabhängigkeit der Notenbank-, in: Wertpapier-Mitteilungen, Teil IV B, Nr. 3 vom 19.l.l957, S. 75-94.

Stavenhagen, G. (1969): Geschichte der Wirtschaftstheorie, 4. Aufl., Göttingen. Steinkühler, F. (1992}: Der Inflationsbekämpfung wurde das Beschäftigungsziel zum Opfer gebracht, in: Handelsblatt, Nr. 152 vom 10.8.1992, S. 4.

Stiglitz, J.E. (1974): lncentives and Risk Sharing in Sharecropping, in: Review of Economic Studies, VoL 41, S. 219-255.

Stiglitz, J.E. (1975): lncentives, Risk, and Infonnation - Notes Towards a Theory of Hierarchy, in: Bell Journal of Economics, Vol. 6, No. 2, S. 552-579.

Stiglitz, J.E. (1987): Principal and Agent (ll), in: Eatwell, J./Milgate, M./Newrnan, P. (Eds.): The New Palgrave - A Dictionary of Economics, Bd. 3, London etc., S. 966-972.

Stiglitz,J.E./Schönfelder, B. (1989): Finanzwissenschaft, München und Wien. Stolz, P. (1983): Das wiedererwachte Interesse der Ökonomie an rechtlichen und politischen Institutionen, in: Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, ll9. Jg., S. 49-67.

Ströbele, W. (1984): Inflation - Einführung in Theorie und Politik, München und Wien.

Literatur

203

Strong, J.S. (1984): The Use of Inputs by the Federal Reserve System- Comment, in: American Economic Review, Vol. 74, S. 1118-1120. Summers, L (1991): How Should Long-Term Monetary Policy be Determined?, in: Journal of Money, Credit and Banking, Vol. 23, S. 625-631. Suntum, V. van (1988): Zur Bereinigung der Geldbasis, in: Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 124, s. 734-744. Tietzel, M. (198la): Die Rationalitiitsannahme in den Wirtschaftswissenschaften oder Derhomo oeconomicus und seine Verwandten, in: Jahrbuch für Sozialwissenschaft, Bd. 32, S. 115-138. Tietzel, M. (l981b): Die Ökonomie der Property Rights - Ein Überblick, in: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 30. Jg., S. 207-243.

Tinbergen, J. (1968): Wirtschaftspolitik, Freiburg (Deutsche Übersetzung von: Economic PolicyPrinciples and Design, 4. Aufl., Amsterdam 1967).

Toma , M. (1986): Inflationary Bias of the Federal Reserve System - A Bureaucratic Perspective, in: Toma, E.F.{roma, M. (Eds.): Central Bankers, Bureaucratic lncentives, and Monetary Policy, Dordrecht, S. 37-66. Toma, E.F./Toma, M. (1986): Research Activities and Budget Allocations Among Federal Reserve Banks, in: Toma, E.F.ffoma, M. (Eds.): Central Bankers, Bureaucratic lncentives, and Monetary Policy, Dordrecht, S. 151-168. Vanberg, V. (1975): Die zwei Soziologien - Individualismus und Kollektivismus in der Sozialtheorie, Tübingen.

Vanberg, V. (1983 ): Der individualistische Ansatz zu einer Theorie der Entstehung l,llld EntwickJung von Institutionen, in: Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie, Bd. 2, S. 50-69.

Vaubel, R. (1989): Überholte Glaubenssätze, in: Wirtschaftsdienst, 69. Jg., S. 276-279. Veit, 0. (1969): Grundriss der Währungsordnung, 3. Aufl., Frankfurt/M. Velthoven, B.CJ. van (1988): The Endogenization of Govemment Behaviour in Macroeconomic Models, Alblasserdam. Viti de Marco, A. de (1932): Grundlehre der Finanzwirtschaft, Tübingen. Wagner, A. (1909): Sozialökonomische Theorie des Geldes und Geldwesens, Leipzig. Wagner, H. (1992), Stabilitiitspolitik - Theoretische Grundlagen und institutionelle Alternativen, 2. Aufl., München und Wien. Walras, L. (1926): Elements d'economie politique pure ou tbeorie de Ia riebesse social, edition definitive, Paris. Watkins, J.W.N. (1953): Ideal Typesand Historical Explanation, in: Feige, H./Brodbeck, M. (Eds.): Readings in the Philosophy of Science, New Yorlc, S. 723-743.

Literatur

204

Watkins, J.W.N. (1958): The Alleged lnadequacy of Methodologicallndividualism, in: Journal of Philosophy, Vol. 55, S. 390..395. Wegehenke/, L. (1980): Coase-Theorem und Marktsystem, Tübingen. Webster's Third New International Dictionary (1981), edited by P.B. Gove and the MerrianWebster Editorial Staff, Springfield/Mass. Weizsäcker, C.C. von (1987): BIP statt Geldmenge, in: Wirtschaftswoche Nr. 27 vom 26.6.1987, 41. Jg., s. 76-78. Wenger, E.{ferberger, E. (1988): Die Beziehung zwischen Agent und Prinzipal als Baustein einer ökonomischen Theorie der Organisation, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 17. Jg., s. 506-514. Wenlaufer, D. (1987): Der Gewinn der Notenbank in volkswirtschaftlicher Sicht, ldstein. White, L.H. (1988): Problems lnherent in Political Money Supply Regimes - Some Historical and Theoretical Lessons, in: Willett, T.D. (Ed.): Political Business Cycles - The Political Economy of Money, Inflation and Unemployment, Dwbam und London, S. 301-317. Willett, T.D. (1987): A New Monetary Constitution, in: Dom, J.A./Schwartz, A.J. (Eds.): The Search for Stable Money - Essays on Monetary Reform, Oticago, S. 145-160. Willett, T.D./Banaian, K. (1988a): Explaining the Great Stagflation - Toward a Political Economy Framework, in: Willett, T.D. (Ed.): Political Business Cycles - The Political Economy of Money, Inflation and Unemployment, Durharn und London, S. 35-62. Willen, T.D./Banaian, K. (1988b): Models of the Political Process and Their lmplications for Stagflation - A Public Otoice Perspective, in: Willett, T.D. (Ed.): Political Business Cycles The Political Economy of Money, Inflation and Unemployment, Durharn und London, S. 100128. Willett, T.D./McArthur, J. (1985): Theories of Central Bank Behavior and lmplications for Monetary Reform - A Constitutional Perspective, Presented at the Western Economic Association Meetings lnvited Session, 2.7.1985. Willgerodt, H. (1990): Das Problem des politischen Geldes, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, 35. Jg., S. 129-147. Williamson, O.E. (1963): Managerial Discretion and Business Behavior, in: American Economic Review, Vol. 53, S. 1032-1057. Wil/iamson, O.E. (1967): The Economics of Discretionary Behavior- Managerial Objectives in a Theory of the Firm, Oticago.

Williamson, O.E. (1979): Transaction-Cast Economics: The Govemance of Contrnctual Relations, in: Journal of Law and Economics, Vol. 22, S. 233-261.

Literatur

205

Williamson, O.E. (1981): The Modern Corporation: Origins, Evolution, Attributes, in: Journal of Economic Literature, Vol. 19, S. 1537-1568.

Williamson, O.E. (1990): Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, Tübingen (Deutsche Übersetzung von: The Economic Institutions of Capitalism, New York 1985). Willms, M. (1979): Inflationsursachen, in: Woll, A. (Hrsg.): Inflation - Defmitionen, Ursachen, Wirkungen und Bekämpfungsmöglichkeiten, München, S. 19-37. Willms, M. (1987): Geldangebotstheorie, in: Thieme, H.J. (Hrsg.) : Geldtheorie - Entwicklung, Stand und systemvergleichende Anwendung, 2. Aufl., Baden-Baden, S. 11-40. Wilson, J.Q. (1973): Political Organizations, New York. Winden, F. van (1983): On the Interaction between State and Private Sector, Amsterdam etc. Woodford, M. (1990): The Optimum Quantity of Money, in: Friedman, B.M./Hahn, F.H. (Eds.): Handbook of Monetary Economics, Vol. II, Amsterdam, S. 1067-1152. Woll, A. (1988): Zur Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank - Unzeitgemäße Betrachtung zu einem akuten Problem, in: Nienhaus, V./Suntum, U. van (Hrsg.): Grundlagen und Erneuerung der Marktwirtschaft, Festschrift für H. Besters, Baden-Baden, S. 185-197. Woll, A. (1991 ): Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank-Dogma oder Notwendigkeit?, in: Weber, M. (Hrsg.): Europa auf dem Weg zur Währungsunion, Darmstadt, S. 157-170. Zohlnhöfer, W. (1965): Parteiidentifizierung in der Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten, in: Scheuch, E.K./Wildenmann, R. (Hrsg.): Zur Soziologie der Wahl, Sonderheft Nr. 9 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, S. 126-168. Zohlnhöfer, W. (1975): Eine politische Theorie der schleichenden Inflation, in: Schneider, H.K./Wittmann, W./Würgler, H. (Hrsg.): Stabilisierungspolitik in der Marktwirtschaft, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N.F. Bd. 85/1, Berlin, S. 533-553.