Zeitschrift für Psychologie: Band 185, Heft 3/4 1977 [Reprint 2021 ed.]
 9783112579848, 9783112579831

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Band 185 (1977)

Heft 3/4

Zeitschrift für Psychologie mit Zeitschrift für angewandte Psychologie

ijchriftleitung Friedliart Klix, Berlin • H a n s - D i e l e r S c h m i d t , Berlin • H u b e r t S y d o w , Berlin Redaktion:

Jürgen Mehl, Berliu • Fricdricli Kukla, Berlin

Unter Mitwirkung

von

G. Clauß, Leipzig H . Düker, Marburg H . - J . Eysenck, London P . Fraisse, Paris J . J . Gibson, Ithaca, N. Y. W. Hacker, Dresden H. Hiebach, J e n a A. Kossakowski, Berlin D . Koväc, Bratislava

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Z. Ptyohol.

EVP

A. N. Leontjew, Moskau B. F . Lomow, Moskau A. R . Luria, Moskau D. A. Oschanin, Moskau J . Piaget, Genf II. D. Rösler, Rostock \V. P. Sintschcnko, Moskau \V. Straub, Dresden D. Wendt, H a m b u r g

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2 5 M je H e f t

JOHANN

AMBROSIUS

BARTH

LEIPZIG

INHALT HOFFMANN, J . , und F. K u x , (Berlin). Zur Prozeßcharakteristik der Bedeutungserkennung von sprachlichen Reizen. Mit 42 Abbildungen 315 HUYBBECHTS, R. (Berlin). Sequentielles Lernen und gedächtnismäßige Strukturbildungen. Teil II. Mit 6 Abbildungen 375 G I L L E , H . - G . , E . OTTO, u n d

P . UIXSPEHGER, (Berlin). A k t i v i e r u n g s a b h ä n g i g k e i t ,

Anfor-

derungsspezifität und Zeitverhalten physiologischer Variablen bei gestuften Leistungsanforderungen im Rahmen des Konzentrations-Leistungs-Tests. Mit 4 Abbildungen

397

SCHULE, W. (Würzburg). Zum Problem der Ähnlichkeit von Gesichtern. Mit 2 Abbildungen

414

HOMMEBS, W. (Kiel). Zur Skalierung des subjektiven Werts von Zensuren bei Schulkindern

423

SEIDEL, R. (Berlin [West]). Objektive Beschreibung von Problemlösungsprozessen an Hand exakter Bewertungen der Problemzustände — dargestellt am Schachspiel Buchbesprechungen

434 456

Bandtitelei und Namenregister zu Band 183/1977 folgen in lieft 1/1978

Manuskripte fürOriginalabhandlungen undReferate werden an Dr. J. Mehl. Sektion Psychologie der Humboldt-Universität, DDR —102 Berlin, Oranienburger Straße 18, erbeten. Für diese Zeitschrift werden grundsätzlich nur Arbeiten angenommen, die vorher weder im Inland noch im Ausland veröffentlicht worden sind. Das Manuskript ist satzfertig einzusenden, damit das Lesen der Korrektur bei Zeitmangel von der Redaktion veranlaßt werden kann. Jede Abhandlung ist mit einer kurzen Zusammenfassung in 3facher Anfertigung für die Übersetzung in russischer und englischer Sprache abzuschließen. Mit der Annahme des Manuskriptes und seiner Veröffentlichung geht das alleinige Recht der Vervielfältigung, Verbreitung und Übersetzung auf den Verlag über. Von Originalarbeiten liefert der Verlag an Stelle eines Honorars 50 Sonderdrucke. Buchbesprechungen werden nicht vergütet, dafür wird das Besprechungsexemplar Eigentum des Referenten. Der Bezugspreis beträgt für den Band mit 4 Heften 50, — M zuzüglich Postgebühren. Bestellungen nehmen entgegen: Der gesamte Buch- und Zeitschriftenliandel. Die Lieferung erfolgt bis zur Abbestellung, die nur für das Ende eines Bandes ausgesprochen werden kann. Adressedes Verlages: Johann Ambrosius Barth, DDR —701 Leipzig, Salomonstr. 18b, Postfach 109 Ruf 29 52 45. Anzeigen werden erbeten an DEWAG L E I P Z I G (Inland), DDIl — 705 Leipzig, Oststr. 105, Ruf 7 97 43 03; Interwerbung GmbH (Ausland), DDR - 1 0 4 Berlin, Tucholskystr. 40, Ruf 282 5196. Für die Anzeigenpreise gelten die Festlegungen gemäß Preiskatalog Nr. 286/1 vom 1. 7. 1975.

Z E I T S C H R I F T FÜR P S Y C H O L O G I E Band 185, 1977

Heft 3/4

Zeitschrift für angewandte Psychologie

Band 92

Aus der Humboldt-Universität zu Berlin Sektion Psychologie

Zur Prozeßcharakteristik der Bedeutungserkennung von sprachlichen Reizen V o n J . HOFFMANN u n d F . K L I X Mit 42 Abbildungen

1. Informationsgehalt sprachlicher Beize Die L a u t f o r m e n einer natürlichen Sprache stellen im psychophysikalischen Sinne Reize dar, die in ihrer physikalischen S t r u k t u r Träger v o n Informationen sind. Die Lautsequenz wird als Modulation der A t e m l u f t von einem Sprecher gebildet. Die Schwingungen der Stimmlippen, die Resonanzräume der oberen L u f t r ö h r e u n d des Kehlkopfes wirken als Modulatoren der Atemluft, die das Sprachsignal formen. Die der Lautbildung zugrunde liegenden Muskelkoordinationen werden v o m kompliziertesten Steuerinstrument erzeugt, das Evolution u n d soziale Geschichte ausgebildet haben, dem menschlichen Zentralvervensystem. E s erwirbt die Fähigkeit zur normierten Lautbildung in mehreren J a h r e n intensiven sensomotorischen Trainings. Dabei entspricht der Lautbildungsvorgang einem Umkodierungsprozeß. W e n n m a n p r ü f t , was dabei umkodiert wird, s t ö ß t m a n auf unterschiedliche Quellen der H e r k u n f t der kodierten I n f o r m a t i o n : Die eine Quelle ist die konkrete W a h r n e h m u n g s s i t u a t i o n des Sprechers. E r k a n n m o m e n t a n e Sinneseindrücke wie: „Da b r e n n t ein H a u s " in eben diesen Satz überf ü h r e n u n d dabei die sensorischen Impressionen in dem normierten Schallmuster dieses Satzes ausdrücken oder übersetzen. Eine andere Quelle ist das Gedächtnis des Sprechers. „Gestern b r a n n t e d o r t ein H a u s " ist kein Sinneseindruck, sondern eine Erinnerung, ist Gedächtnisinhalt. In dieser F u n k t i o n ist der Satz aber immer noch einer perzeptiven Situation verb u n d e n . Der gestrige Vorgang k a n n noch in vielen anschaulichen Einzelheiten vorgestellt werden. Die Anschaulichkeit des Erlebnisses m u ß dabei in irgendeiner F o r m bei der Informationsspeicherung erhalten bleiben. D a n a c h scheint eine Spurenbildung im Gedächtnis zu bestehen, die der Dekodierungsspezifik der Rezeptorsysteme treu bleibt. Aber das ist nicht der einzige Weg, über den Gedächtnisinhalte in sprachliche L a u t f o r m e n umgesetzt werden. Es gibt in G e d ä c h t n i s s t r u k t u r e n begriffliche Repräsentationen abstrakter, nicht anschaulicher Art, die als Resultat der Ver21

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arbeitung sensorischer Eindrücke entstanden sind, und die in Lautmustern eine gleichermaßen materialisierte Form gewinnen können. Ein Satz wie: „Die Menge der natürlichen Zahlen ist unendlich groß" hat keine anschauliche Repräsentation im Gedächtnis; eine unendliche Größe kann niemals wahrgenommen werden, und was die natürlichen Zahlen anlangt, so sind es kaum mehr als 100 Dinge, die von der Wahrnehmung her unterscheidbar sind. Die Unanschaulichkeit zahlreicher Begriffe braucht aber gar nicht in abstrakten mathematischen Konstruktionen gesucht zu werden. Aussagen wie: Herr X ist kein Lehrer oder Begriffe wie ein Werkzeug, ein Möbel, eine Hoffnung usw. haben keine unmittelbar anschauliche Repräsentation. Die Aussage, daß jemand kein Lehrer ist, schließt bestimmte Merkmale aus, läßt aber, außer daß Herr X eine Person männlichen Geschlechts ist, keine Veranschaulichung an Hand spezifischer Merkmale zu. Ähnlich ist es mit Oberbegriffen. Ein Werkzeug, ein Möbel usw. haben keine invarianten Merkmale wie die anschaulichen Beispielfälle Tisch, Stuhl, Sofa usw. Für die Beschreibung innerer Zustände gilt größtenteils das gleiche. Offensichtlich gibt es Begriffsbildungen, die aus den perzeptiv gegebenen Elementarmerkmalen anschaulicher Begriffe abgeleitet sind. Im ersten Fall sprechen wir von Primär- im zweiten Fall von Sekundärbegriffen. E s ist klar, daß beide Klassen von Begriffen gleichermaßen eine informationelle Basis für die Formung sprachlicher Ausdrücke bilden. Im weiteren wird sich jedoch die Annahme begründen lassen, daß es sich um zwei verschiedene Repräsentationsformen von Gedächtnisinhalten handelt. Wir werden dies aus der unterschiedlichen Funktion dieser Formen bei der Bedeutungserkennung ableiten. Natürlich existieren die Begriffe im Gedächtnis nicht isoliert voneinander. Die phänomenologisch zwischen ihnen bestehenden Zusammenhänge müssen auch eine gedächtnispsychologische R e a l i t ä t haben. Teils mag es sich dabei um feste Eintragungen, teils auch um operativ herstellbare Zusammenhänge handeln. So ist es beispielsweise kaum vorstellbar, daß zu jedem Primärbegriff alle möglichen Oberbegriffe explizit im Gedächtnis gespeichert sind; es kann kaum angenommen werden, daß alle Ergebnisse des Vergleichens begrifflicher Eigenschaften wie z. B . GrößerKleiner-, oder Mehr-Weniger-Verhältnisse im Gedächtnis fixiert sind. Die viel rationellere Variante wäre die, daß solche Beziehungen zwischen Begriffen erschließbar sind oder auf analoge Weise ermittelt bzw. abgeleitet werden. Gleichwohl scheint auch der Fall fester Eintragungen von Beziehungen zwischen Begriffen im Gedächtnis zu bestehen. Durch welche Eigenschaften Rechenbrett und Rechnen zusammengehören, kann nicht abgeleitet, es muß erfahren, gesehen und erlernt, also als Zusammenhang im Gedächtnis gespeichert werden. So scheinen die Begriffe und ihre Zusammenhänge im menschlichen Langzeitgedächtnis in verschiedenen Ebenen organisiert und durch verschiedene Funktionsprinzipien untereinander vernetzt zu sein. Ob dies verifiziert werden kann, ist allemal eine experimentelle und keine Frage der Spekulation. Als eine spezielle Klasse langzeiiger Gedächtniseintragungen können die mit der Sprachbeherrschung verbundenen lexemischen Eintragungen und die zugehörigen operativen oder grammatischen Strukturen angesehen werden. Auch hier

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scheinen stationäre Strukturbildungen auf der einen und operative Strukturerzeugungen auf der anderen Seite zwei Arten der organismischen — und dabei spezifisch menschlichen — Informationsspeicherung zu verkörpern. Das ist eine vorläufige und hypothetische Klassifizierung gewisser struktureller und funktioneller Eigenschaften des menschlichen Langzeitgedächtnisses; eine grobe Unterteilung, der gewiß noch wenig Aussagekraft zukommt. Die Frage ist nur, ob sie beim Verstehen bestimmter psychischer Phänomene bzw. — was wenigstens ebenso wichtig ist — beim Begreifen experimenteller Ergebnisse einen heuristischen Wert hat. Dies eben soll in gewisser Hinsicht durch die weiteren Darlegungen belegt werden. Wir gingen von bestimmten Aspekten der Sprachproduktion aus; von der Aussage, daß die sensomotorische Ausformung sprechmotorischer Schallmuster als ein Umkodierungsvorgang aufgefaßt werden kann. Die Kodierungsschritte sind danach hypothetisch einigermaßen bestimmbar. Wir setzen eine Sprechintention, eine Art Motiv für die Akzentuierung eines semantischen Kerns des Mitzuteilenden voraus. Dies dürfte im Gedächtnis der Anregung einer bestimmten begrifflichen Konfiguration entsprechen. Die weitere Ausarbeitung zu einer Feingliederung begrifflicher Strukturen und Relationen geschieht durch Prozesse und nach Regeln, die weitgehend unbekannt sind. Jedoch, einmal ausdifferenziert als begriffliche Netzstruktur im Langzeitgedächtnis, müssen den so präsenten Merkmalssätzen Lexeme, sprachlich lexikalische Eintragungen zugeordnet werden können. Soweit dies der Fall ist, sind begrifflich-operative und sprachliche Aspekte des Denkens untrennbar. Eine solche begrifflich-lexikalische Konfiguration bildet die informationelle Basis der Sprachproduktion. Ihre Umsetzung in eine lineare Sequenz von Worten erfolgt nach Regeln der Grammatik, deren Eingreifen in die begrifflich-lexikalische Konfiguration im wesentlichen unbekannt ist. Auf alle Fälle erzeugen die hierarchischen grammatischen Strukturbildungen Bindungen zwischen Teilgliedern einer Sequenz, die sich teils überlappen oder einschließen können. Durch diese ganz verschiedenartig bedingten Klammerungen einer Wortsequenz werden mehrdimensionale Informationsmuster in einer eindimensionalen Sequenz bewahrt. Raum — zeitliche Abhängigkeiten, motivational zusammenhängende Teilstrukturen, Zwecke, modal abhängige Aussagen u. v. a. finden in grammatischen Klammerungen ihren Niederschlag. Bei der Aufnahme sprachlich vermittelter Information muß nun, von der eindimensionalen Sequenz sprachlicher Reize ausgehend, der Zugang zur informationellen Basis zurückgewonnen werden. Dies setzt voraus, daß der sprachverstehende Hörer über Gedächtniseigenschaften verfügt, die eine Rekonstruktion der in der Lautsequenz enthaltenen Information ermöglicht. Letzteres ist nur denkbar, wenn der Zuhörer über interne Informationen zur Dekodierung von Lautsequenzen, d. h. über spezifische Prozeduren der Bedeutungserkennung verfügt. Man kann aus heuristischen Gründen davon ausgehen, daß der Prozeß des Sprachverstehens symmetrisch .zu dem der Sprachproduktion verläuft. Damit ist gemeint, daß die Stationen des Sprachverstehens die Stadien der Sprachformierung in um21'

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gekehrter Richtung und Funktion durchlaufen. Natürlich ist das zunächst nicht mehr als eine Hilfsvorstellung, durch die eine gewisse Aufgliederung der Gesamtproblematik erreicht werden kann. Uber ihren Wert müssen die daraus ableitbaren Arbeitshypothesen und die Fruchtbarkeit der damit zusammenhängenden Erklärungsansätze entscheiden. Die folgenden Abschnitte verfolgen das Ziel, erste in dieser Richtung gegangene Schritte zu dokumentieren. Zuvor scheint es notwendig, den mit der Sprachkommunikation verbundenen Sachverhalt der semantischen Information und ihrer Übertragung zu präzisieren. 2. Zum Begriff der semantischen Information, ihrer Übertragung und zu einigen Aspekten des Yerstehens von Bedeutung Wir gehen davon aus, daß die primären begrifflichen Strukturen in der Wechselwirkung zwischen Organismus und Umgebung gebildet werden. Aus dem durch die sensomotorische Verhaltenssteuerung zugänglichen Informationsfluß werden die invarianten, für Verhaltensentscheidungen wesentlichen und gleichwertigen Umgebungseigenschaften ausgefiltert und im Gedächtnis fixiert. Diese Umgebungswirkungen, durch Rezeptoren in W^hrnehmungstatbestände umgesetzt, heißen Merkmale. Die Verknüpfung relevanter und für Verhaltensentscheidungen äquivalenter Merkmale heißt Begriffsstruktur. Begriffsstrukturen lassen sich als Entscheidungsbäume darstellen (vgl. KLIX [28], HOFFMANN [22]). In der Tat gibt es Gründe anzunehmen, daß die Zuordnung von Objekten zu Klassen durch solche Entscheidungsstrukturen im Gedächtnis realisiert wird. Zu jeder Begriffsstruktur gehört also eine Menge von Objekten, die den jeweiligen Begriffsinhalt ausmacht. Die Erkennung eines Objekts als einem Begriff zugehörig („Das ist eine Lerche," . . . ein Mensch, . . . ein Löwe usw.) ist also eine Gedächtnisleistung. Begriffliches Erkennen aber existiert nicht isoliert, sondern ist durch Strukturbildungen im Gedächtnis mit anderen Begriffen, insonderheit aber mit begriffsadäquaten Verhaltensantworten und -einstellungen verbunden. Die durch Wahrnehmung vermittelte Anregung einer Begriffsstruktur samt der durch diese wieder vermittelten weiteren Gedächtnisinhalte (zu denen auch mögliche Verhaltensantworten gehören können) — dieses Gedächtnispendant eines Begriffs nennen wir dessen Bedeutung. Auf einer bestimmten Stufe gesellschaftlicher Entwicklung, verbunden mit der Ausbildung der natürlichen Sprache, werden Begriffsstrukturen benannt; akustische oder visuelle Symbole sind ihnen zugeordnet. Es sind aufwendige Lernprozesse erforderlich, durch die den Begriffsstrukturen und damit auch den Begriffsinhalten Symbole oder Zeichen gemäß einer sozialen und gesellschaftlichen Konvention zugeordnet werden. Sobald man erkennt, daß die Repräsentation jedes Zeichens auf zweifache Weise erfolgt, wird unmittelbar einleuchtend, daß auch die Zuordnung eine doppelte ist: Gewissen objektiv-realen Eigenschaften in der Umgebung (die in der Regel den Inhalt eines Begriffs konstituieren), werden ebenso objektiv-reale, physikalisch bestimmte Strukturen zugeordnet: Dem Klangmuster eines gesprochenen Lautes oder einer Lautfolge bzw.

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dem K o n t u r v e r l a u f eines Schriftbildes. In diesem Sinne bezeichnen W o r t e Begriffsinhalte (Dingmengen,' zu denen im Grenzfall ein eindeutiges Objekt, ja, auch gar keines gehören kann). Diese Zuordnung ist im R a h m e n einer Sprachgemeinschaft einigermaßen k o n s t a n t . Nun werden die Zeichen als physikalische Objekte Dingeigenschaften selbst. Das heißt, sie werden v o n als Wahrnehmungsgegebenheiten wirksam. S o f e r n ein begrifflich kodiertes Gedächtnisbild entspricht

ebenso w a h r g e n o m m e n wie die Rezeptoren aufgenommen und dem aufgenommenen Zeichen und sofern diese Gedächtnis-, interne

externe

semantische Belegungen

{
1

Komponenten der s e m a n t i s c h e n

( i ^ l

Information

Abb. 1. Allgemeines Schema zur Kennzeichnung von Zustands- und Prozeßkomponenten der semantischen Informationsübertragung. Q: Informationsquelle. E: Emission informationstragender Zustände. (z,): Mengen perzipierbarer Objekteigenschaften, in die Zustände der Informationsquelle eingehen. R : Rezeptoren, auf die die informationstragenden Quelleneigenschaften als Reize treffen. D: Dekodierung der rezipierten Information. (z ; ): subjektive Repräsentation von Objektmerkmalen: allgemeiner Fall ist die begriffliche Merkmalsstruktur. B ist eine Belegungsfunktion, durch die perzipierbaren Quelleneigenschaften Zeichen er,- aus einem Repertoire zugeordnet werden. D3 ist die perzeptive Dekodierungsfunktion der Zeichen, die als Merkmalsstruktur ai gespeichert sind. D2 nimmt (hypothetisch) eine Umsetzung des Wahrnehmungsinhalts in eine ganzheitlich-anschauliche Gedächtnisrepräsentation an. Sie wird durch (y,-*) verkörpert. Die Identifizierungsfunktionen I bezeichnen interne Zusammenhänge (Abbildbarkeiten) der Zeichen auf die Bildrepräsentation wie der Begriffsstrukturen in die Bildrepräsentation. Die Erkennungsfunktion EK bezeichnet das nämliche zwischen Zeichen- und Begriffsstruktur. Die Rolle von EK und I in kognitiven Prozessen wird im weiteren durch Experimente zum Bedeutungsverstehen aufgezeichnet

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repräsentation des Zeichens mit jener Begriffsstruktur assoziiert ist, der das Zeichen vereinbarungsgemäß zugehört, kann das Zeichen die gleiche Begriffsstruktur im Gedächtnis anregen wie ein Element des Begriffsinhalts selbst. Eben dadurch gewinnt das Zeichen eine Bedeutung; es wird durch diese Konnexion zum Semem, zu einer sprachlichen Bedeutungseinheit. Genau genommen ist dies die denotative, einen Begriffsinhalt wie eine Begriffsstruktur benennende Zeichenfunktion. Über die Anregung einer Begriffsstruktur gewinnt die lexikalische Gedächtniseintragung jedoch auch Zugang zu jenen Gedächtniseintragungen, die weitläufiger mit den Begriffsmerkmalen verbunden sind, also auch zu den Verhaltenseinstellungen. Diese Repräsentation eines Zeichens in einer Gedächtnisstruktur ist seine Bedeutung für den Rezipienten, mit allen individuellen Spezifika, die der Bedeutungsbegriff auch umfaßt. Insonderheit ist damit natürlich die Bedeutung von Worten einer natürlichen Sprache in einem individuellen Gedächtnis gemeint. Abbildung 1 gibt das so Umrissene im Schema wieder. Die Symbolik ist in der Legende erläutert. Ein Problem stellt die Frage der anschaulichen Repräsentation von Gedächtnisinhalten dar. Gibt es eine spezifische, ganzheitlich-bildliche Form der Informationsspeicherung, etwa nach dem Holographie-Prinzip, die neben der logisch-begrifflichen Merkmalsrepräsentation und unabhängig von ihr besteht? Oder gibt es eine graduelle Stufung des Anschaulichkeitsgrades von Merkmalen so, daß die konkrete Wahrnehmungssituation dem begrifflichen Einzelfall entspricht und die zunehmende Unanschaulichkeit klassifizierter Objekte durch die Abnahme konkret-anschaulicher Merkmale bestimmt ist? Wie dem auch sei: Wir gehen im weiteren davon aus, daß es neben der merkmalsspezifisch-logischen Repräsentation von Begriffen eine ganzheitlich-anschauliche Informationsspeicherung im Gedächtnis gibt. Wir nehmen darüber hinaus an, und werden das im weiteren begründen, daß zwischen diesen beiden Repräsentationsformen Wechselwirkungen stattfinden, denen im Prozeß des Bedeutungsverstehens eine fundamentale Rolle zukommt. In Abbildung 1 ist die bildliche Repräsentation von Gedächtnisinhalten als eine dritte Dekodierungsfunktion der Rezeptorsysteme eingezeichnet (neben der sprachlichen und der logisch-begrifflichen). In den nachfolgenden Experimenten wird nicht der Versuch unternommen, die relativ selbständige Existenz dieser beiden Modi von Informationsrepräsentationen im Gedächtnis zu erweisen. Vielmehr soll die für alles Weitere grundlegende Annahme geprüft werden,.daß die interne Verifikation sprachlicher Aussagen auf (wenigstens) zweierlei Weise geschehen kann: einmal dadurch, daß die Verbale Aussage in ihrem Wahrheitswert (der wahr oder falsch sein kann) durch einen Mustervergleichsprozeß erkannt wird. Dies ist der Fall, wenn die Lexeme einer Wortfolge durch eine bildliche Merkmalscharakteristik der zugehörigen Begriffsinhalte eindeutig beschrieben sind und geprüft werden können. Aussagen des Typs: „Das Blatt ist grün", der Buchstabe W ist weiß" usw. entsprechen dieser Bedingung. Zum anderen wird gezeigt, daß die Prüfung des Wahrheitsgehalts eines Satzes auch über eine interne Kodierung des logischen Gehalts der fraglichen Aussage erfolgen kann. Dies ist im besonderen bei Satzkonstruktionen der Fall, die negierte Aussagen ent-

J. HOIPM^NN und F. KLIX, Prozeßcharakteristik von sprachlichen Reizen

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halten. Sätze vom Typ „Nicht der große Ball ist b l a u " oder „keine Figur ist groß und rund" gehören zu diesem Aussagetyp. Bevor die zugehörigen methodischen Bedingungen erörtert werden, seien einige einschlägige Untersuchungen erläutert, deren Ergebnisse einen gewissen Einblick in die funktionelle Seite dieser Gedächtnistätigkeit gestatten. Auf der Grundlage der von P. P. B L O N S K Ü (1935) eingeführten Unterscheidung einer motorischen, emotionalen, bildlichen und verbalen Phase in der ontogenetischen Entwicklung des Gedächtnisses ist schon relativ früh in der sowjetischen Psychologie zum Problem der unterschiedlichen Kodierung sprachlicher Beize experimentiert worden ( N O V O M E I S K Ü 1958, G O L U B E V 1955, Z A L T S M A N 1956, F A R A P A N O W A [14] u. a.; zit. nach S M I R N O W [49]). So verwendete F A R A P A N O W A [14] in ihren Gedächtnisexperimenten gut verbalisierbare Bilder, gut zu veranschaulichende Worte, schwer verbalisierbare Bilder und unanschauliche verbale Begriffe. Sie variierte damit die Zugänglichkeit der verwendeten Reize zu einer bildlichanschaulichen oder sprachlich-verbalen Repräsentation. Im Resultat zeigt sich, daß die Behaltensleistungen dort am höchsten liegen, wo die Reize den Zugang zu beiden Repräsentationsformen erlauben, bei den gut verbalisierbaren Bildern und den gut zu veranschaulichenden Worten. Offensichtlich wird bei der Verarbeitung und Speicherung von bedeutungshaltigen Reizen, immer dort wo dies möglich ist, die Repräsentation in beiden Formen realisiert, was die Verbesserung der Behaltensleistung zu erklären gestattet. Die Annahme einer dualen Repräsentation von sprachlichen und bildlichen Reizen ist in den letzten Jahren erneut durch zahlreiche Untersuchungen unterstützt worden. So zeigten beispielsweise Ergebnisse von P A I V I O [36] und B O W E R [2], daß bei der Bildung von Paarassoziationen zwischen Worten die Aufforderung an die Vpn, in der Lernphase die zu verbindenden Wortpaare in einer anschaulichen Vorstellung zu integrieren, zu einer deutlichen Leistungsverbesserung in der Testphase führt (siehe auch H O F F M A N N [21]). Bietet man Vpn in einem Wiedererkennungsexperiment in der Lernmenge Bilder einfacher Objekte und verbale Bezeichnungen anderer oder gleicher Objekte in zufälliger Folge, dann zeigen sich bei geeigneter Wahl der Testreize häufige Verwechslungen von Worten und Bildern der gleichen Begriffe. So wird beispielsweise das Wort „ B a u m " fälschlicherweise wiedererkannt, obwohl in der Lernmenge allein das Bild eines Baumes enthalten war und umgekehrt [51, 52]. Wie in die Repräsentation sprachlicher Reize anschauliche Charakteristiken der bezeichneten Objekte eingehen, zeigen auch Reaktionszeitdaten von PATVTO [38]. Die Vpn bekommen paarweise Objektbezeichnungen mit der Aufforderung geboten, so schnell wie möglich zu entscheiden, welches der beiden bezeichneten Objekte das größere ist. Die zur Entscheidung benötigte Zeit nimmt mit dem anschaulichen Größenunterschied der beiden Objekte ab. So wird beispielsweise schneller entschieden, daß ein Elefant größer als eine Maus ist als festgestellt werden kann, daß eine Taube größer als ein Spatz ist. Die geforderte Entscheidung bezieht sich auf Eigenschaften der durch die gebotenen Worte bezeichneten Begriffe. Daß deren anschauliche Größenverhältnisse die Entscheidungszeit monoton beeinflußt, unter-

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stützt die Annahme einer Entscheidungsprozedur über einer bildlich-anschaulichen Bedeutungsrepräsentation der sprachlichen Reize. Diese Annahme wird noch dadurch unterstützt, daß sich bei der Verwendung von bildlichen Darstellungen der verwendeten Objekte, die gleiche Abhängigkeit der Reaktionszeit vom nun anschaulich gegebenen Größenverhältnis zeigt. Andere Beispiele zeigen, daß umgekehrt bei Urteilen über anschauliche Sachverhalte aus dem Gedächtnis auch begrifflich-logische Informationen herangezogen werden können, oder daß bildlich-anschauliche Gedächtnisinhalte durch begriffliche Zuordnungen modifiziert werden. Bekannt sind die frühen Untersuchungen von C A B M I C H A E L , H O G A N und W A X T E R [8] zu diesem Problem. Ihre Ergebnisse zeigten, daß die Reproduktion bildlicher Vorlagen in systematischer Weise durch deren begriffliche Zuordnung verändert wird. Unklar bleibt, ob die beschriebenen Effekte auf Wirkungen im Wahrnehmungsprozeß oder auf Veränderungen der Gedächtnisrepräsentation der wahrgenommenen Bilder zurückzuführen sind. Dem gleichen Effekt ist auch in neueren Untersuchungen nachgegangen worden. So hängt beispielsweise die Reproduktionsleistung von Verteilungsmustern weißer und schwarzer Steine auf einem Schachbrett von der Zuordnung dieser Muster zu unterschiedichen Spielen ab (NORMAN 1975). Oder, um ein letztes Beispiel für die Wirkung begrifflich-logischer Informationen bei Verarbeitungsprozessen über bildlichanschaulichen Sachverhalten zu nennen: Nordamerikanische Vpn geben die Richtung des Panamakanals vom Atlantik zum Pazifik aus dem Gedächtnis als „von Ost nach West" an. Ein Blick auf die Landkarte ^eigt, daß die korrekte Richtung „von Nord nach S ü d " liegt [32], Die Kenntnis der östlichen L a g e des Atlantiks zum Pazifik scheint hier zur „Ableitung" der falschen Antwort zu führen. Dies und die anderen Beispiele belegen die Wirkung begrifflich-logischer Informationen auf die Kodierung und Verarbeitung anschaulicher Sachverhalte dort, wo bildlich-anschauliche Repräsentationen keine ausreichenden Informationen enthalten. Sie sprechen nicht, obwohl dies manchmal behauptet wird [32], gegen die Existenz bildlichanschaulicher Repräsentationen im menschlichen Gedächtnis. Mit Bezug auf die im folgenden zu schildernden Experimente gehen wir nun auf einige Arbeiten ein, die die Beteiligung einer bildlich-anschaulichen Gedächtnisrepräsentation bei der Erkennung von Satzbedeutungen erhellen. In einer ersten Gruppe von Untersuchungen ist die Verständlichkeit und die Behaltensleistung über Sätzen oder Texten in Abhängigkeit vom Grad der Anschaulichkeit der sprachlichen Aussagen untersucht worden ( R A Z M Y S L O V [43], H O L M E S und M U R R A Y [23], Die Resultate sind einheitlich: J e anschaulicher die Aussagen sind, desto verständlicher erscheinen die Texte und desto besser werden sie behalten. In die gleiche Richtung deuten Untersuchungen, in denen die Verständlichkeit und die Behaltensleistung von Texten durch die simultane oder vorherige Darbietung eines Bezugsbildes bzw. durch den einfachen Verweis auf eine anschauliche Referenzsituation entscheidend verbessert werden [ 4 , 5 , 2 4 ] , Die methodisch induzierte Erleichterung der Zuordnung zu anschaulichen Vorstellungen erhöht offensichtlich die Verständlichkeit der Sätze und verbessert ihre Speiche-

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und

F. KLIX,

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rung. In der Verständlichkeit eines Textes drückt sich aber gerade die Leichtigkeit der Erkennung seiner Bedeutung aus, so daß wir zunächst als hinweisende Erklärung für die zitierten Untersuchungsergebnisse formulieren können: In der Zuordnung von Sätzen zu entsprechenden anschaulichen Repräsentationen realisiert sich ihre Bedeutung; mit der Erleichterung dieser Zuordnung erhöht sich der Grad der Bedeutungserkennung. Noch von anderer Seite wird unsere Auffassung von der wesentlichen Rolle anschaulicher Vorstellungen für die Bedeutungserkennung von Sätzen gestützt. Bei der Analyse von Wiedererkennungsdaten über Satzmengen läßt sich feststellen, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit jene Testsätze fälschlicherweise „wiedererkannt" werden, die die gleiche anschauliche Situation beschreiben, wie ein in der Lernmenge enthaltener Zielsatz. Die Rate der sogenannten „falschen Alarme" 1 liegt für diese Testsätze wesentlich höher als für Testsätze,, die vergleichsweise eine gleiche oder höhere syntaktische Ähnlichkeit zu den Zielsätzen aufweisen [1, 3, 58]. Bietet man in Form kurzer Texte eine Reihe von Sätzen, die eine komplexe anschauliche Situation ausschnittweise beschreiben, dann sind wiederum im Wiedererkennungsexperiment neue Testsätze, die sich ebenfalls auf die anschauliche Situation beziehen, kaum von denen zu unterscheiden, die tatsächlich in der Lernphase geboten worden sind. In der Testphase verursachen sie eine hohe Rate „falscher Alarme" ([5, 41, 50], siehe auch GRIGGS 1974). Insgesamt lassen die Ergebnisse wieder die Annahme zu, daß die in der Lernphase aufzunehmenden Sätze anschaulichen Repräsentationen zugeordnet und als solche gespeichert werden. Der Vergleich neuer Sätze in der Testphase mit den in der Lernphase aufgenommenen Informationen erfolgt dann auf dieser anschaulichen Repräsentationsebene, was die beschriebenen Resultate zu erklären gestattet. 3. Satz-Bild-Vergleich als Methode zur Analyse von psychischen Prozessen der Realisierung von Satzbedeutungen In der Realisierung der in der Literatur als Satz-Bild-Vergleich bezeichneten Methode werden den Vpn ein Satz und ein Bild geboten. Die Aufgabe besteht darin, so schnell wie möglich zu entscheiden, ob der Satz das dargebotene Bild korrekt beschreibt, d. h., ob die Bedeutung des Satzes dem Inhalt des Bildes entspricht. Diese Methode, die zur systematischen Untersuchung von Satz Verarbeitungsprozessen wohl zum ersten Mal von MCGOUGH [19] verwendet wurde, ist seitdem wiederholt in ähnlicher Problemstellung zur Anwendung gekommen ([9, 11, 35, 48, 57] u. a.). Ob dabei Satz und Bild simultan oder sukzessiv dargeboten werden, welche syntaktischen Transformationen die Variabilität der Sätze bestimmen und wie die Nichtübereinstimmung zwischen Satz und Bild variiert wird; all dies bleibt im Vergleich zu der mit der Methode aufgeworfenen Grundfrage zweitrangig: Soll die Zuordenbarkeit eines Satzes zu einem gegebenen Bild entschieden werden, 1 In Analogie zur Signalerkennung liegt in diesen Untersuchungen ein „falscher A l a r m " vor, wenn ein in der Zielmenge nicht enthaltener Satz fälschlicherweise als solcher wiedererkannt wird.

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kann dies nicht im unmittelbaren Vergleich der anschaulichen Charakteristiken beider Reizformen geschehen, sondern allein im Resultat der Transformation der angebotenen Reizcharakteristiken auf eine gemeinsame Repräsentationsebene. Mit Bezug auf die von uns vorgeschlagene Unterscheidung von Repräsentationsebenen sprachlicher Informationen sind folgende Möglichkeiten denkbar: 1. Von der Identifikation der sprachlichen Zeichenfolge ausgehend, wird eine bildlich-anschauliche Charakteristik des ihrer Bedeutung entsprechenden Ausschnitts der objektiven Realität erzeugt und mit dem gegebenen Bild verglichen. 2. Von der Identifikation der sprachlichen Zeichenfolge ausgehend, wird eine . begrifflich-logische Merkmalscharakteristik des ihr zuordenbaren Ausschnitts der objektiven Realität erzeugt und im Sinne einer begrifflichen Zuordnung mit den Merkmalen des gegebenen Bildes verglichen. 3. Von der Identifikation der Bildcharakteristiken ausgehend, wird die Reizcharakteristik der ihr zuordenbaren sprachlichen Zeichenfolge erzeugt und mit dem gegebenen Satz verglichen. Die beiden erstgenannten Wege präzisieren, nun mit methodischem Bezug, unsere Annahme von den Möglichkeiten der Bedeutungsrealisierung sprachlicher Zeichen in ihrer Zuordnung zu bildlich-anschaulichen oder begrifflich-logischen Gedächtnisstrukturen. Die Methode des Satz-Bild-Vergleichs scheint damit geeignet, bei entsprechender Wahl der experimentellen Bedingungen eben diese Annahme zu prüfen. 4. Zur zweifachen Repräsentation von Satzbedeutungen Die folgenden Experimente dienen der Überprüfung der Annahme zweier Formen der Bedeutungserkennung einfacher Sätze im Satz-Bild-Vergleich. Die Realisierung der Bedeutung eines Satzes durch seine Zuordnung zur bildlich-anschaulichen Repräsentation des bezeichneten Ausschnitts der objektiven Realität ist zu vermuten, wenn der Satz eindeutig und direkt eine im Rahmen des Experiments klar definierte anschauliche Bildcharakteristik beschreibt, so daß vom Satz ausgehend die seiner Aussage entsprechende, zu erwartende anschauliche Charakteristik aktiviert und mit den Eigenschaften des realen Bildes verglichen werden kann. Aus der Analyse von Wiedererkennungsleistungen über einfachen anschaulichen Reizen ist bekannt, daß solche Vergleiche einen Zeitaufwand unter 100 msec benötigen [55, 56]. Entsprechend können wir unter der Annahme einer anschaulichen Repräsentation des Satzes sehr schnell ablaufende Vergleichsprozesse zwischen Satz- und Bildkomponenten erwarten. Dieser Weg zum Bedeutungsverständnis eines Satzes dürfte dort nicht möglich sein, wo mit dem Satz abstrakte, unanschauliche Sachverhalte ausgedrückt werden. So läßt sich beispielsweise die Bedeutung des Satzes „Die Beschlüsse der Regierung dienen der Sicherung des Friedens" kaum über die Zuordnung zu einer bildlichanschaulichen Situation verstehen. Sie muß über die begrifflich-logische Repräsentation realisiert werden. Aber auch die sprachliche Beschreibung anschaulicher

J . IIOFFMANN

und F.

KLIX,

Prozeßcharakteristik von sprachlichen Reizen

325

Situationen läßt sich oftmals nicht direkt der beschriebenen Situation zuordnen. Dies ist dann der Fall, wenn der S a t z die Situation „transformativ" beschreibt, wie dies bei der Verwendung von Negationen der Fall ist. Sätze wie „Der Tisch ist nicht rund", „ D a s Kind schläft nicht" oder „Die Tür ist nicht z u " sind einfache Beispiele des genannten Typs sprachlicher Aussagen. Die im S a t z ausgedrückte Negation muß erst auf die Aussage des Satzes übertragen werden, bevor die Zuordnung zur entsprechenden anschaulichen Repräsentation gelingen kann. Durch welche Operationen dies geschieht, ist zunächst unbekannt. Sicher kann man jedoch sein, daß diese Operationen nicht an der anschaulichen Repräsentation der Satzaussage angreifen, denn für die Negation gibt es keine unmittelbare anschauliche Vorstellung. Ist also eine negierte sprachliche Aussage mit einem Bild zu vergleichen, dann ist in Bezug zur Verarbeitung affirmativer Aussagen ein höherer Zeitaufwand für den Vergleichsprozeß zu erwarten, da der direkte Zugang zu einem anschaulichen Vergleich durch die Negation als blockiert angenommen werden kann. In der beschriebenen Variation der sprachlichen Aussagen liegt damit ein methodisches Mittel zur Analyse unterschiedlicher Formen der Bedeutungserkennung. Die ersten beiden Experimente dienen der Analyse der Verarbeitung einfacher affirmativer beschreibender Sätze im Satz-Bild-Vergleich. Im dritten Experiment werden negierte sprachliche Aussagen verwendet. Die Experimente 4 und 5 untersuchen die Wirkung unterschiedlicher anschaulicher Bildstrukturen und verschiedener Oberflächenstrukturen der verwendeten S ä t z e auf die Prozesse der Bedeutungserkennung im Satz-Bild-Vergleich und gestatten damit differenzierende Aussagen zur Wirkung bildlich-anschaulicher Repräsentationsstrukturen.

4.1. Experiment I Im folgenden Experiment gingen wir von der Annahme aus, daß die Erfassung der Bedeutung eines Satzes im Satz-Bild-Vergleich in seiner unmittelbaren Zuordnung zu bildlich-anschaulichen Repräsentationen realisiert werden kann. Wir wählten daher für den Vergleichsprozeß Sätze und entsprechende Bilder, die eine anschauliche, klar darstellbare einfache Situation beschreiben: Ein Aktor vollführt an einem Rezipienten eine Handlung. Sätze wie: „Der Mann trägt die Tasche", „Die Frau schält Kartoffeln", „Der J u n g e wirft den B a l l " usw. sind Beispiele für dieses Grundmuster einfacher Situationscharakteristik. Im E x periment wird nun eine solche Situationscharakteristik auf verschiedene Weise realisiert, so daß Satz-Bild-Kombinationen möglich werden, in denen der S a t z das Bild korrekt bzw. unkorrekt beschreibt, d. h. daß seine Bedeutung dem Bild entspricht bzw. nicht entspricht. Dies so schnell wie möglich festzustellen, ist die Aufgabe der Vpn. Dabei werden sie in wechselnder Folge mit wenigen Alternativen ein und derselben Grundsituation konfrontiert. Dies führt dazu, daß die mit der Aufnahme und Verarbeitung der Sätze und Bilder verbundenen Prozesse auf einfache Identifizierungsprozesse reduziert werden. Der Kern der Anforderung besteht in der'

326

Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 3/4

Zuordnung eines in seiner Struktur -bekannten und erkannten Satzes zu einem in seiner Struktur ebenfalls bekanntem Bild. Abbildung 2 stellt die 8 im Experiment verwendeten Grundsituationen zusammen. Ein Mädchen oder ein Junge konnten einen Ball oder einen Ring fangen oder werfen.

Abb. 2. Bildmaterial zum Experiment I : Mädchen oder Jungen fangen oder werfen einen Ball oder einen Ring

Jedes dieser Bilder kann nun durch einen entsprechenden Satz korrekt oder unkorrekt beschrieben werden. Ziel des vorliegenden Experiments ist es, den Einfluß unterschiedlicher Nichtübereinstimmungen zwischen Satz und Bild auf die benötigten Prozeßzeiten zu untersuchen. Methode: Jedem der 8 Bilder werden zunächst 6 Sätze zugeordnet: 3 Sätze, die mit dem Bild übereinstimmen (T) und jeweils 1 Satz, der allein den Aktor (Subjekt, Fs), die Handlung ( F H ) oder den Rezipienten (Objekt, F0) der dargestellten Situation unkorrekt beschreibt. Um einen möglichen Einfluß der Oberflächenstruktur des Satzes auf den Vergleichsprozeß zu kontrollieren, wurden die Sätze in der Ordnung „Subjekt-Verb-Objekt" und „Objekt-Verb-Subjekt" verwendet (z. B . „Der Junge fängt den Ball" und „Den Ball fängt der Junge"). Insgesamt ergeben sich damit 8 x 6 x 2 = 96 paarweise Kombinationen von Satz und Bild, die unser Versuchsmaterial bilden. Die Darbietung von Satz und Bild erfolgt getrennt. Nach der Darbietung des Satzes für 2000 msec und einer Pause von 500 msec wurde das Bild dargeboten. Die Vpn hatten die Aufgabe, durch den Druck einer rechten oder linken Taste die Ubereinstimmung bzw. Nichtübereinstimmung zwischen Satz und Bild so schnell wie möglich zu quittieren. Gemessen wurde die Zeit von der Dar^ bietung des Bildes bis zur Reaktion der Vpn. Die Zuordnung der Tasten zu den Reaktionen wurde balanciert. Die Sequenz der dargebotenen Satz-Bild-Paare wurde nach einem eingeschränkten Zufallsprinzip bestimmt: In je 6 aufeinanderfolgenden Darbietungen wurde bei zufälliger Auswahl und Zuordnung dreimal ,die

J . HOFFMANN und F. KLIX, Prozeßcharakteristik von sprachlichen Reizen

327

B e d i n g u n g T u n d j e einmal die Bedingungen F s , FH u n d F0 realisiert. S t u d e n t e n der Psychologie aller S t u d i e n j a h r e nahmen als Vpn a m E x p e r i m e n t teil. N a c h einer , ausgedehnten Ü b u n g s p h a s e (Darbietung von 24 P a a r e n ) wurden alle 96 S a t z - B i l d K o m b i n a t i o n e n sukzessiv geboten. In die Auswertung wurden'allein die gemessenen Reaktionszeiten für korrekte Antworten einbezogen. E i n e gesonderte Auswertung der Fehler wurde auf G r u n d ihrer geringen H ä u f i g k e i t (3 bis 4 % ) nicht vorgenommen.

Ergebnisse: Abbildung 3 zeigt die mittleren Reaktionszeiten in A b h ä n g i g k e i t v o n den S a t z - B i l d - K o m b i n a t i o n e n . Rt msec. 900

-

800

700 1

1

1

1

T

Fs

Fo

Fy

A b b . 3. Mittlere Reaktionszeit in Abhängigkeit v o m Verhältnis zwischen S a t z und Bild

E i n e zweifache V a r i a n z a n a l y s e über den B e d i n g u n g e n und den Vpn als Variablen ergab signifikante H a u p t w i r k u n g e n ( F ß = 35,0, p < 0 , 0 1 , FVpn = 58,0, p < 0 , 0 1 ) , jedoch keine signifikanten Wechselwirkungen (Fw= 1,57, p > 0 , 0 5 ) . Wir werten dies als Beleg für die einheitliche Wirkung der gesetzten Versuchsbedingungen auf die individuellen Verarbeitungsprozesse. E i n e weitere Auswertung mit d e m Differenzen7 - T e s t b e s t ä t i g t e die Signifikanz der Differenz aller b e n a c h b a r t e n Zeitwerte {tr.FS=2,03, TFS_0=2,i6, tF0.Fji=2,65, pimnpoBaHHoro Teera Kom^eHTpaqiiH H ycneBaeMOCTH SLIJIO HCCJiejjOBaHo BOTHHHeTOTBipeXpaHrOBO IlIKajIHpOBaHHHX aSmSLHHtt Ha CnOHTaHHyK) aKTHBHOCTb 9 3 I \ HaCTOTy nyjibca, lacTOTy nuTamiH, cTeneHb BwpajKeHHOCTH COCTOHHHH SonpcTBOBamiH H BpeMemioft OQEHOIHOIT napaiaeTpa B paMKax ßanaHCHpoBamioro nepHonireecKoro orrtiTa nocpescTBOM «HcnepCOHHOrO aHajIHSa no MHOHteCTBeHHOÜ KaaCCH$HKaHHH, MHOHteCTBeHHHX cpaBHeHHti CpeffHHX 3HaHeHHit H upoBepKH TpeHfla (16 HcnHTyeMux). IIo BCBM 5 nepeMeHHUM YCTAHOBJIEHA 3aBHCHM0CTb OT aKTMBHpOBaUHH. BblHBJieHbl CnGIiH$HHGCKH6 RJIH OTRejIbHblX nOR3aftaHHfi OCOÖ6HHOCTH B nOBeREHHH OTfleJItHLIX I13MGpHMfcIX BejIHTOH H SaBHCHIIfHe OT Bp6M6HM H3M6H6HHH (KaK B TGHEHHE Bcero onbiTa, TaK H B oTReJibHux no paa;nejiaM). Ha6juo,naeMtie Meatfly HccjieaoBaHHtiMH $H3HonorHHecKHMH nepeMeHHMMH KonnqecTBeHHue OTHOUIBHUH 6HHH H3o6pameHH Ha 0CH0Be rniOCKOCTHMX TpaHC$OpMaiiHÜ.

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Anschrift der Verfasser: D r . m e d . H . - G . G I L L E , D r . m e d . e t r e r . n a t . E . OTTO u n d D r . m e d . P . ULLSPERGER

Arbeitsgruppe Psychophysiologic des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin der DDR DDR-1134 Berlin, Nöldnerstr. 40-42

27*

Aus dem Institut für Psychologie der Universität Frankfurt/M.

Zum Problem der Ähnlichkeit von Gesichtern V o n W . SCHULE Mit 2 Abbildungen

1. Einführung in den Problembereich 1.1. Phänomenologie der Prädikation Man nennt eine Satzform, die nur aus Subjekt und Prädikat besteht, eine Prädikation. So stellt beispielsweise der Satz „Peter lacht" eine Prädikation dar, die bei grammatisch-logischer Betrachtungsweise nicht weiter differenzierbar ist. Wie RAUSCH [2] zeigte, kann ein solcher Satz unter phänomenologischem Gesichtspunkt eine weitere Aufspaltung erfahren, er kann unterschiedlich erlebt werden. Unser Beispiel „Peter lacht" könnte zum einen so aufgefaßt werden, daß die Ausdruckshandlung des Peter das Lachen ist und nicht — was eventuell auch in Betracht gekommen wäre — das Grinsen, Weinen oder ähnliches. In diesem Fall, der durch die Form „Peter lacht" charakterisiert sei, läßt sich das Prädikat als Variablenwert beschreiben, der aus einer Vielzahl von variablen Werten im Satz erst bestimmt wird. Daß es sich beim Handlungsträger um Peter handelt, steht bei dieser Erlebnisfassung nicht im Zweifel. Das Subjekt wird daher als Konstante aufgefaßt. Stellen wir uns jetzt zum anderen die konkrete Situation vor, daß ein Lehrer hinter seinem Rücken ein Lachen vernimmt und auf die Frage „Wer lacht?" erfährt: „Peter lacht." Also nicht Heinz und nicht Otto, was evtl. auch in Frage gekommen wäre, sondern Peter lacht. Bei dieser Verwirklichung hat das Subjekt Variablencharakter. Es wird im Satz aus einer Mehrzahl von Möglichkeiten bestimmt. Die Handlung, das Lachen, wird konstant erlebt. Nur um dieses Lachen ging es, zu dem allerdings noch der Handlungsträger zu finden war. Eine psychologische Sichtweise, die möglichst getreu das Erleben wiedergeben will, wird in den beiden Prädikationen „Peter lacht" und „Peter lacht" keine Identität sehen können. 1.2. Zur Ähnlichkeit von erlebten Prädikationen Welche beiden der drei folgenden Sätze sind sich inhaltlich ähnlicher? Peter lacht Hans lacht Peter weint

W. SCHULE, Zum Problem der Ähnlichkeit von Gesichtern

415

Das Urteil fällt unterschiedlich aus, je nachdem, ob es auf die Identität des Handlungsträgers (das Subjekt) oder auf die Identität der Handlung (das Prädikat) bezogen wird. Zwei der Prädikationen haben das gleiche Subjekt, zwei das gleiche Prädikat. Die Ähnlichkeitsfrage läßt offen, welcher Satzteil für das Ähnlichkeitsurteil bestimmend sein soll. E s sei am Rande erwähnt, daß es in der Psycholinguistik kontroverse Auffassungen darüber gibt, welchem Glied im S a t z — ceteris paribus — eine dominierende Stellung z u k o m m t . B e i CHOMSKY ist es d a s S u b j e k t . HÖRMANN (1976) postuliert

eine hierarchische Struktur, deren dominierendes Glied das Prädikat ist. ENGELKAMP (1973) hat dem Prädikat die Funktion zugeschrieben, bestimmte Stellen seiner verbalen Umgebung rahmenhaft vorzuspezifizieren. 1.3. Zur Ähnlichkeit von Gesichtsporträts E s sollen einer Vp drei Porträtfotografien nach Art der Abbildung 1 vorgelegt werden: Ein Ausgangsporträt und zwei Vergleichsporträts. Eines der beiden Vergleichsporträts stellt objektiv dieselbe Person dar wie das Ausgangsporträt. Auf dem Ausgangsporträt ist sie mit deutlicher Mimik gezeigt, auf dem Vergleichsporträt mit einer Gesichtsvariante, bei der die mimische Intensität im Schwellenbereich von Null liegt, d. h. minimal ist. Diese zuletzt genannte Gesichtsvariante sei als das Ruhegesicht der Person bezeichnet. Das 2. Vergleichsporträt zeigt eine andere Person, die allerdings in der Mimik mit dem Ausgangsporträt weitgehende Übereinstimmung aufweist.

Abb. 1.1 Ausgangsporträt und 2 Vergleichsporträts

Welches der beiden Vergleichsporträts hat mit dem Ausgangsporträt die größere Ähnlichkeit? Diese Frage läßt offen, ob das Ähnlichkeitsurteil auf den Ausdrucksträger oder auf die Ausdruckshandlung bezogen wird. Das Problem unterschiedlicher Wahrnehmungs- und Auffassungszentrierung bei einfachen HandlungsträgerHandlungs-Einheiten wird hier in der Weise angesprochen, daß mit einer unter-

416

Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 3/4

bestimmten Versuchsinstruktion 1 versucht wird, spontane Gliederungstendenzen der Gesichtswahrnehmung aufzudecken. Welches der beiden Relationsglieder in der vorgegebenen Situation (Ausdrucksträger/Ausdruckshandlung) besitzt die größere Ähnlichkeitsbestimmungskraft? Die wahrgenommenen Ausdrucksträgereigenschaften seien als Physiognomie, die wahrgenommenen Ausdruckshandlungseigenschaften als Mimik bezeichnet. Wir gehen zunächst davon aus, daß üblicherweise, wenn ohne besondere Zusätze von der Ähnlichkeit zweier Gesichter gesprochen wird, Übereinstimmungen in den anschaulich beständigen Eigenschaften der Gesichter gemeint sind, was heißt, daß die Identität der Person auch dann meist das Ähnlichkeitsurteil bestimmen müßte, wenn die Gesichter der identischen Person eine differente Mimik aufweisen. Für diese Überlegungen spielen bereits Alltagserfahrungen eine Rolle. E s bestehen nur sehr selten größere Schwierigkeiten, Gesichter trotz variierender Mienen wiederzuerkennen. Man kann hier von einer Prägnanztendenz im Bereich der Gesichts- und Ausdruckswahrnehmung sprechen. Es läßt sich annehmen, daß die unterschiedlichen Mienen eines Ausdrucksträgers als Derivate voh einer Norm (dem Ruhegesicht) gesehen werden, wobei diese Norm — obwohl als „Netzhautbild" beim Betrachter evtl. nie vorhanden — „mitgesehen" wird. Identitäts- und Ähnlichkeitsaussagen würden sich dann auf diese Norm beziehen. Wir stellen die Hypothese auf, daß die Physiognomie nicht generell die größere Ähnlichkeitsbestimmungskraft besitzt, sondern daß diese Bevorzugung durch die Mimik in Frage gestellt werden kann. Unter bestimmten mimischen Bedingungen ist zu erwarten, daß die Physiognomie den Charakter der für die Ähnlichkeit maßgebenden Instanz verliert. Ähnlichkeitsaussagen würden dann durch die Mimik bestimmt werden. Dabei kann auch das Problem der anschaulichen Identität einer Person tangiert werden. 2. Methode In der oben beschriebenen Weise wurden den Vpn 3 Porträtfotografien zum Vergleich vorgelegt, und zwar sukzessive, um die Möglichkeit einer betont analytischen Betrachtungsweise zu erschweren. 5 Sekunden lang zunächst das Ausgangsporträt, dann 10 Sekunden lang gemeinsam beide Vergleichsporträts. Die beiden, jeweils in ein Bildertripel eingehenden Gesichter sind so ausgewählt worden, daß sie sich nicht in auffälligen Einzelmerkmalen unterschieden. Es "sollte beispielsweise nicht so sein, daß eine kurzhaarige Dame mit einer langhaarigen Dame verglichen wurde oder eine mit einem sehr vollen Gesicht mit einer mit einem schmalen Gesicht. Folgende Modelle und mimischen Varianten sind im Versuch eingesetzt worden (Abb. 2). 1 Nach SADER [3] handelt es sich bei unterbestimmten Versuchsinstruktionen um solche Instruktionen, die nicht völlig eindeutig alle wesentlichen Gegebenheiten des Versuchs festlegen. Beabsichtigte und planmäßig hergestellte Unterbestimmtheiten werden häufig dazu verwendet, festzustellen, ob (a) die Unterbestimmtheit den Vpn überhaupt auffällt und (b) in welcher Weise sie gegebenenfalls weiterbestimmt wird.

417

W. SCHULE, Zum Problem der Ähnlichkeit von Gesichtern

1A

11 A

12 A

1B

H C

12 C

IC

IF

IG

1H

11H

12 H

Abb. 2. Die im Versuch eingesetzten Modelle und ihre mimischen Varianten

Wie oben bereits beschrieben, wurde gefragt, welches der beiden Vergleichsporträts mit dem Ausgangsporträt die größere Ähnlichkeit habe. Das Ähnlichkeitsurteil konnte also auf die Person oder auf den mimischen Ausdruck bezogen werden. Durch systematische Variation der mimischen Varianten des vorgelegten Tripels war zu untersuchen, unter welchen Bedingungen die Identität der Person, unter welchen Bedingungen mimische Parallelen ähnlichkeitsbestimmend sind. Die gesamte Versuchsreihe wurde in drei Versuchsgruppen (Versuchsgruppe 1 bis 3) aufgeteilt, wobei innerhalb jeder Versuchsgruppe einzelne Versuchsteile unterschieden werden. Die Versuchsgruppe 1 bestand aus den Versuchsteilen Nr. 1 bis 4, die Versuchsgruppe 2 aus den Versuchsteilen Nr. 5 bis 12 und die Versuchsgruppe 3 aus den Versuchsteilen Nr. 13 bis 16. An jedem Versuchsteil nahmen 9 Vpn teil. Jede Vp wurde dabei nur einmal eingesetzt.

418

Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 3/4

Versuchsgruppe 1 (Versuchsteile Nr. 1 bis 4): E s war zunächst sicherzustellen, daß sich die ausgewählten Porträtpaare nicht so sehr ähnelten, daß die generell nur schwer zu unterscheiden sind. Dabei wurde als Ausgangsporträt stets das Ruhegesicht eines Modells vorgelegt, die beiden Vergleichsporträts stellten den gleichen intensiven mimischen Inhalt dar. Die 4 Versuchsteile sahen folgendermaßen a u s : Versuchsteil:

Ausgangsporträt:

Vergleichsporträts:

Nr. Nr. Nr. Nr.

12 11 1 5

12 11 1 5

1 2 3 4

A A A A

(Ruhegesicht) (Ruhegesicht) (Ruhegesicht) (Ruhegesicht)

C und 11 C (Wut) H und 12 H (Belustigung) B und 5 B (Ekel) H und 1 H (Belustigung).

Die mimischen Varianten C (Wut), B (Ekel) und H (Belustigung) waren als intensiv dargestellte mimische Inhalte mit unterschiedlicher Ausdrucksrichtung ausgewählt worden. Die Befunde entsprechender Voruntersuchungen hatten dies nahegelegt. Versuchsgruppe 2 (Versuchsteile Nr. 5 bis 12): Mit denselben Porträts wie in Versuchsgruppe 1 wurden nun spezielle Versuchsanordnungen gewählt, bei denen wir die Vermutung hatten, daß sie dazu führen, daß nicht mehr die Personidentität, sondern die Übereinstimmung in der Ausdruckshandlung das Ahnlichkeitsurteil bestimme. Die 8 Versuchsteile der Versuchsgruppe 2: Versuchsteil:

Ausgangsporträt:

Vergleichsporträts

Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

12 11 12 11 1 5 1 5

11 12 11 12 5 1 5 1

5 6 7 8 9 10 11 12

C C H H B B H H

C C H H B B H H

und und und und und und und und

12 11 12 11 1 5 1 5

A A A A A A A A

^ Hier war eines der beiden Modelle auf den Vergleichsbildern stets mit dem Modell des Ausgangsbildes identisch, wurde aber mit dem Ruhegesicht gezeigt, während das Ausgangsporträt eine deutliche Mimik aufwies. Das zweite Vergleichsporträt stellte ein anderes Modell dar, jedoch in der gleichen mimischen Variante wie das Ausgangsporträt. Hier vermuteten wir, daß häufig die Übereinstimmung in der intensiven Mimik der nicht identischen Modelle das Urteil bestimmen werde und nicht die Identität der Person. E s erschien zudem möglich, daß es oft gar nicht auffällt, daß in Anfangs- und Vergleichsdarbietung dieselbe Person gezeigt wurde. Versuchsgruppe 3 (Versuchsteile Nr. 13 bis 16): Die Versuchsteile dieser Versuchsgruppe waren in ihrem Grundaufbau denen der Versuchsgruppe 2 analog. E s wurden

419

W. SCHULE, Zum Problem der Ähnlichkeit von Gesichtern

jedoch mimische Varianten mit nur schwach ausgeprägter Mimik ausgewählt. Wir hatten die Vermutung, daß schwach ausgeprägte Mienen flieht ausreichen werden, um der Physiognomie die Rolle der für die Ähnlichkeit maßgebenden Instanz abzunehmen. Die 4 Versuchsteile der Versuchsgruppe 3 : Versuchsteil:

Aüsgangsporträt:

Vergleichsporträts:

Nr. Nr. Nr. Nr.

IG 5 G 1 F 5 F

5 G IG 5 F 1 F

13 14 15 16

und und und und

1 5 1 5

A A A A

3. Ergebnisse E s ergaben sich bei jedem Versuch zwei Kategorien von Häufigkeitsdaten. Die eine Kategorie enthielt Urteile, bei denen die Identität der Person ähnlichkeitsbestimmend war, die andere Ähnlichkeitsurteile auf Grund der mimischen Variante 2 . Die Versuchsergebnisse sind in der folgenden Tabelle I zusammengestellt. Tabelle I Versuchsteile

Nr. 1 Nr. 2 Nr. 3 Nr. 4

Ausgangsporträt 12 11 1 5

A A A A

Vergleichspörträts 12 C / l l C 11 H/12 H 1 B/5B 5 H/ 1 H

Summe Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

5 6 7 8 9 10 11 12

12 11 12 11 1 5 1 5

C C H H B B H H

11 C/12 A 12 C / l l A 11 H/12 A 12 H / l l A 5 B/ 1 A 1B/5A 5 H/ 1 A 1H/5A

Summe

13 14 15 16

IG 5 G IF 5 F

5G/1A IG/ 5 A 5F/1A 1F/5A

Mimik entschied

'

Signifikanzentscheidung

)

l i s . Fuß1 | note 2

(p

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CO

CO

CO

CO

Q

442

Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 3/4

Zugklassen und Spalte (9) einen Namen an. Aus den letzteren kann man auch ersehen, daß die Klassenbildungen relativ zwanglos erfolgen können und in etwa den sieh in der Umgangssprache ausdrückenden elementaren subjektiven Repräsentationen von Zugklassen entsprechen. Aus Tabelle II läßt sich leicht eine Tabelle I I ' konstruieren, die die schwarzen Züge in den Zugklassen 3 ¡ , ¿ = 1, 2, . . . , 7 enthält. Die Menge der weißen Züge ergibt sich zu 3 = U B Í ;

I=i

entsprechend dann

U3'¿;

i=1

schließlich

3 = SUS'

als Menge aller im Schachspiel m öglichen Züge. Ausführung

sbedingung

für die Züge

Ob in einer vorliegenden Stellung, bzw. einer Anordnung i , ein bestimmter Zug J ausgeführt werden darf, hängt von gewissen Bedingungen ab, die in I erfüllt sein müssen. Mit diesen Bedingungen wird der Definitions- oder Anwendungsbereich jedes Zuges festgelegt. Wir definieren ein stets auf Anordnungen bezogenes zweistelliges Prädikat BES, dessen erstes Argument ein Feld, und dessen zweites Argument eine Besetzungsgröße ist. In Anlehnung an sprachlich naheliegende Formulierung schreiben wir fBESM +, zu lesen „/"besetzt mit M + (in §)", mit der Definition + (für alle Paare ( f , M ) und beliebige §): Z:fBESM +o{f,M +)£ä

.

Eine erste Ausführungsbedingung ergibt sich daraus, daß in der Vorgängerzeile eines Zuges gewisse Besetzungen gefordert sind, und zwar (siehe Tab. II bzw. II') stets iaBESMa

Der zweite Teil schrittigen Steine Begriff des Weges die Bedingung der

f.BESM..

und

der Ausführungsbedingung ergibt sich daraus, daß die langkeine besetzten Felder überspringen dürfen, wozu vorher der gebildet wurde. Sind w die Elemente eines Weges W, so lautet „Wegfreiheit" allgemein /\

wBES0

.

Zusammenfassend lautet die Bedingung^ für die Ausführung eines Zuges J in einer Anordnung § : iaBESMaAizBESMzA{ talW tz—

0

w

\//\wBES0),

in Worten: die Ausführung eines bestimmten Zuges in einer vorliegenden Anordnung erfordert, daß die in dem Zugschema bezeichneten Felder in der Anordnung die entsprechende Besetzung aufweisen und daß der Weg zwischen diesen Feldern entweder leer ist (keine Felder enthält) oder unbesetzt (frei) ist. Ist diese Bedingung

R. SEIDEL, Objektive Beschreibung von Problemlösungsprozessen

gegeben, so sagen wir: „3 in I ausführbar" oder § £ oder Anwendungsbereich von g ist.

wobei

443

der Definitions-

2.2. Die Steuerungsregeln 1. E s wird eine Anfangsanordnung definiert. § a ist die bekannte Grundaufstellung der Steine. Man wähle einen Zug J £ so daß § a € © z und führe j aus! 2. In jeder in meiner Partie entstehenden Anordnung ist ein Zug auszuführen, der nach folgender Vorschrift auszuwählen ist. Es seien I , Anordnungen, 3 Züge, so daß 1 = * j ( * I ) und l € @ • Soll j in I ausgeführt werden, so wird gefordert § € 8 ' , wenn

und

j € 8 > wenn Ist nach dieser Vorschrift für I gefordert so gilt für I die Aussage Weiß am Zug, im andern Fall Schwarz am Zug. 3. Eine Partie ist beendet (d. h. Vorschrift (2) wird nicht mehr angewendet), wenn eine Endanordnung erreicht ist, d. h. eine Anordnung, die eines der Beendigungskriterien (s. u.) erfüllt. Beendigungskriterien 1. Eine Partie wird beendet, wenn eine der beiden Parteien „ m a t t " gesetzt ist. Die Definition einer Mattstellung lautet (vgl. [2], S . 2 2 ) : a) Der König einer Partei ist angegriffen; b) er kann sich dem Angriff nicht entziehen. Bei Erreichen einer Mattstellung wird die Partie nach den herkömmlichen Regeln abgebrochen. Wie aus den Ausführungen des 1. Abschnitts zur Bewertung © 0 ersichtlich ist, besteht die eigentliche Idee des Schachs darin, daß der gegnerische König geschlagen wird. Erst eine Stellung, in der der König geschlagen ist, ist also stringent als Endstellung anzusehen. Ist der König geschlagen, so gibt es kein Feld in der betreffenden Anordnung, das mit dem König besetzt ist. In diesem Sinne definieren wir die Klassen von Anordnungen (1)

R

f

V

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(2)

SS ^ = ßf\/fBESK} . r 2. E s gibt in den herkömmlichen Regeln mehrere Kriterien für den Abbruch einer Partie als Unentschieden. Ohne hierauf näher einzugehen sei gesagt, daß sich diese Kriterien — abgesehen vom „ P a t t " , welches eine Abwandlung des nachher zu besprechenden Matts darstellt — auf das einfache Kriterium reduzieren lassen: i tritt in der Partie mit der gleichen Zugverpflichtung (Weiß oder Schwarz am Zug) zum zweiten Mal auf, kurz „ I ist wiederholt".. Die Klasse der End-Anordnungen ergibt sich so zu (3) 29

= {1116 ©ö V § € S - i V I Z. Psychologie 185-3/4

ist wiederholt}

.

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Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 3/4

Erst jetzt läßt sich die Menge aller Schachstellungen, angeben, und zwar durch folgende rekursive Definition: 1. ist eine Stellung; 2. ist § eine Stellung mit und ist J ein Zug mit J ^ Q °der J d Q ' entsprechend Vorschrift (2), so ist auch j(§) eine Stellung. Offenbar ist so daß wir die früheren für Anordnungen getroffenen Definitionen ohne weiteres für die Stellungen übernehmen können; dabei ist jeweils anstelle der mit ~ gekennzeichneten Buchstaben derselbe Buchstabe ohne ~ einzusetzen. In der Literatur w rd gelegentlich vorgeschlagen,