Wörter und Wortformen Orientalischen Ursprungs im Suaheli [Reprint 2020 ed.] 9783111687629, 9783111300290

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Wörter und Wortformen Orientalischen Ursprungs im Suaheli [Reprint 2020 ed.]
 9783111687629, 9783111300290

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UND

WÖRTER WORTFORMEN

ORIENTALISCHEN URSPRUNGS

IM

SUAHELI VON

D R . B.

K R U M M

HAMBURG F R I E D E R I C H S E N , D E G R U Y T E R & CO. M.B.H. 1932

DRUCK

VON

AUGUST

PRIES

IN

LEIPZIG

SR. E X Z E L L E N Z DEM EHEMALIGEN STAATSSEKRETÄR DES REICHSKOLONIALAMTS UND A U S W Ä R T I G E N AMTS H E R R N B O T S C H A F T E R a. D.

D. DR. S O L F DEM FÖRDERER ALLER AUSLANDSUND KOLONIALWISSENSCHAFT Z U M 70. G E B U R T S T A G IN V E R E H R U N G G E W I D M E T VOM VERFASSER

INHALT Seite



Vorwort Tabelle zur Umschrift der Laute I.

§

7 10

i—10 Zur Geschichte der Ostküste A f r i k a s . . . .

n

II. § ii—15 A n f ä n g e und Ausbreitung des Suaheli und der Einfluß fremder Sprachen

19

III. § 16—21 Bisherige Arbeiten und A n g a b e n über die Fremdwörter im Suaheli

23

Zur Lautlehre

IV. S 22—32

Die für die Suaheli ungewohnten Laute . . . .

§ 33—39

Die ungewohnten Lautverbindungen

37

§ 40—42

Konsonantischer Auslaut

40

§ 43—45

Die Vokale in den Fremdwörtern

42

§ 46—49

Neben- und Doppelformen der Fremdwörter . .

§ So—54

Verschiedenheit

in der Behandlung

44

arabischer . . .

47

Formantien des Arabischen als Suaheli-Präfixe .

49

Laute im Zanzibar- und Mombasa-Suaheli

Zur Wortlehre

V. 55- -57 58- -59

Stammhafte Silben der Fremdwörter als Suaheli-

§ 60

Präfixe

52

Substantiva

54 57 58

§ 61

Pronomina

§ 62

Adjektiva und Adverbia

§ 63—70

Verba

§ 71

Numeralia

§ 72—74

Partikeln: A Präpositionen

unter den Fremd-

B Konjunktionen

VI.

28

Zur

§75

Etymologie

und

. . . .

wörtern

. . . .

Bedeutung

67 68 70

einiger

Fremdwörter

72

Fremdwörter, deren Herkunft ungeklärt er-

V I I . § 76

scheint V I I I . § 77

60

Ergebnis und Schluß

Benutzte Literatur

84 85 87

VORWORT U m den üblichen U m f a n g einer Dissertation nicht ungebührlich zu überschreiten, konnte ich in vorliegender Arbeit nur die g e b r ä u c h l i c h e n und die aus sprachlichen Gründen b e s o n d e r e s I n t e r e s s e beanspruchenden Lehn- und Fremdwörter 1 des Suaheli behandeln. Die Feststellung des Fremdgutes im Suaheli erscheint auf den ersten Blick sehr einfach, zumal einige Wörterbücher des Suaheli die Fremdwörter bereits irgendwie kenntlich gemacht haben, auch in manchen Suaheli-Texten (z. B. bei V e l t e n : Safari za Wasuaheli) für die Wörter arabischen Ursprungs eine Umschrift gewählt ist, aus der ohne weiteres das arabische Wort zu ersehen ist. Schwieriger gestaltet sich die Feststellung, von welcher a r a b i s c h e n G r u n d f o r m das Suaheli-Wort abgeleitet ist (z. B. stahi ehren, s. § Ö7d, buriani Lebewohl, s. § 75), namentlich dann, wenn das Wort im Suaheli umgeformt wurde (z. B. fedhaluka rote Koralle, s. § 48c). A u c h bereiten d i e Fremdworte des Suaheli einige Schwierigkeiten, die zwar orientalischen, jedoch nicht arabischen Ursprungs sind. Solche wurden bisher in der einschlägigen Literatur 2 als indischer, persischer oder türkischer Herkunft bezeichnet. Ich stieß jedoch auf eine Reihe von Suaheli-Fremdwörtern, die weder genannten Sprachen entstammen, noch im Arabischen auf Grund der Wörterbücher von W a h r m u n d , D o z y , E l i a s , L a n e , S t a c e nachzuweisen sind (s. § 76). Da zwischen Südostarabien und Ostafrika seit ältesten Zeiten rege Beziehungen bestanden, lag es nahe, alle südarabischen Dialekte, über die schriftliches Material vorliegt (s. Literaturnachweis), in den Kreis meiner Untersuchungen zu ziehen. Die in Betracht kommenden Dialekte sind: Der Dialekt von Oman (Maskat) 3 , das Shauri (Dofar-Berge am Persischen Golf), das Mehri (gesprochen in dem Landstrich zwischen Hadramaut und Oman), Datina (Bergland in Südostarabien) und So1 Ich gebrauche in dieser Arbeit die Ausdrücke Lehn- und Fremdwort als gleichwertig, also ohne damit zwischen beiden unterscheiden oder sie scharf, auseinander halten zu wollen. 2 z. B. bei A . C. M a d a n , Swahili-English Dictionary. Oxford 1903. 3 Im Deutschen bekannte arab. Namen gebe ich in der geläufigen Umschrift, unbekannte Namen in genauer Transkription.

8

Vorwort

qotri (Insel Soqotra). Möglicherweise ist in diesen Dialekten eine erhebliche Zahl von Wörtern des Suaheli, deren Ursprung mir unbekannt geblieben ist, nachzuweisen. Ich hätte also wohl als Quelle für solche Wörter das Südarabische bzw. den Oman-Dialekt angeben können. Bei einigen habe ich das auch getan und genau angegeben, wo ich das betr. Wort im Südarabischen belegt fand. Aber bald drängte sich die Frage auf: Wie kommen diese Wörter ins Südarabische ? Sind diese Dialekte besondere semitische Sprachen? Das behauptet z. B. Graf L a n d b e r g , wenn er im Vorwort seines „Glossaire Datînois" p. V I I sagt: „Cependant le mehri avec le qarawi et soqotri contient assez de mots non arabes et une morphologie sui generis pour en faire une langue sémitique à part." Dagegen spricht E. G l a s e r 1 von der „merkwürdigen Korruption der Sprache von Mahra", die er auf Volksmischung mit persischen und indischen Elementen zurückführt. — Doch scheinen noch andere Elemente zur Mischung beigetragen zu haben. J a h n s 2 Hauptgewährsmann für seine M e h r i ( = Mahra)Studie ist ein in Südarabien geborener Suaheli! 3 G l a s e r nennt alte Ortsnamen aus Südarabien, die er nicht erklären kann, wie Apate S. 98 und Barasasa S. 127. Ist es reiner Zufall, daß diese Namen aus dem Suaheli ohne weiteres zu erklären sind ? Im Soqotri findet sich qaqa „ B r u d e r " oder „Schwester"; im Suaheli haben wir kaka „älterer Bruder", also anscheinend das gleiche Wort. Ist nun kaka vom Soqotri ins Suaheli eingedrungen oder ist der V o r g a n g umgekehrt ? Oder ist kaka ein Lallwort und darum in mehreren Sprachen nachzuweisen 4 ? Somit ist die Frage nicht unberechtigt, ob nicht etwa Hamiten- oder Bantu-Sprachgut in die südarabischen Sprachen eingedrungen ist. Ich glaube, zuerst muß eine vergleichende etymologische Studie über südarabische Dialekte vorliegen, ehe man wagen kann, sie als Quellen für Sprachgut im Suaheli anzugeben. Vielleicht ist es auch an der Zeit, daß die südarabischen Dialekte von einem Afrikanisten beleuchtet werden. Eine wenig befriedigende A u f g a b e war es, eine geeignete U m schrift für die Fremdwörter des Suaheli zu finden. Die vereinfachte phonetische Schreibung, die M e i n h o f für das Suaheli aufgestellt hat, ist leider von dem Committee for the Standardisation of Swahili, 1 Ed uard G l a s e r , Skizze der Geschichte und Geographie Arabiens von den ältesten Zeiten bis zum Propheten Muhammad, Berlin 1890, S. 96, s. auch S. 188. 2 A l f r e d J a h n , „Die Mehri-Sprache in Süd-Arabien". Südarabische Expedition, Wien 1902. 3 Jahn bringt eine Biographie des Suaheli-Gewährsmannes auf S. 130. 4 z. B. im Malaiischen. Im Hausa bedeutet käka „Großvater".

Vorwort

9

Oktober 1925, nicht berücksichtigt worden. Wohl oder übel muß ich mich an die jetzt übliche Schreibung des Suaheli halten, die infolge der bekannten Daressalamer Beschlüsse dem Suaheli-Sprachgebiet aufgedrängt wurde 1 . Zu dieser Anlehnung an die konventionelle Orthographie des Suaheli veranlaßt mich auch der Wunsch, meine Arbeit möge für den praktischen Gebrauch verwendbar sein. Eine von der offiziellen Schreibung abweichende Umschrift beispielsweise der arabischen Wörter würde den Gebrauch erschweren. Allerdings habe ich für die lautlichen Untersuchungen die phonetische Schreibung M e i n h o f s anwenden müssen, von dieser aber nur wenn unbedingt erforderlich Gebrauch gemacht. Die bei Belegstellen aufgeführten Wörter und Namen mußte ich, um die Nachprüfung nicht zu erschweren, in der Schreibung geben, in der ich sie in den zitierten Werken bzw. Wörterbüchern gefunden habe. Im Text gebe ich die deutsche Übersetzung von Suaheli-Wörtern nur dann, wenn es sich um wenig bekannte Wörter handelt. Ich bin an die Arbeit herangetreten, ohne zu übersehen, welche Schwierigkeiten sie für mich enthielt. Ich mußte meine Nachforschungen auf Sprachen ausdehnen, von denen ich nur eine oberflächliche Kenntnis hatte. — Je weiter die Arbeit fortschritt, um so deutlicher wurde mir, daß sie Probleme in sich barg, die ich nicht zu lösen vermochte. Das eine Problem habe ich bereits angedeutet: das Verhältnis des Suaheli bzw. Bantu zum Südarabischen. Ein zweites Problem scheint mir die Frage etwaigen direkten Einflusses des Persischen auf das Suaheli zu sein. Zwecks Klarstellung solcher Beziehungen dürfte sich die Untersuchung nicht auf das Neupersische beschränken, sondern müßte auch die älteren Stufen des Persischen berücksichtigen. Ich konnte meine Arbeit nicht mit diesen Problemen belasten, wollte ich mich nicht ins Uferlose verlieren. So habe ich mich darauf beschränkt, zu untersuchen, welche Wörter der Suaheli-Umgangssprache orientalischen Ursprungs sind und in welcher Weise ihre Einbürgerung erfolgte. Da das Suaheli als lingua franca fast ausschließlich im ZanzibarDialekt wurzelt, war dieser Dialekt für die nachstehenden Ausführungen maßgebend 2 . Hamburg, Juli 1932.

B e r n h

_

Kr

umm.

1 Über die Umschrift des Suaheli gemäß dieser Beschlüsse s. S. 11. 2 Über den Mombasa-Dialekt s. S. 48.

T a b e l l e zur U m s c h r i f t der Laute. N a c h der Daressalamer Denkschrift von 1926 1 bezeichnet (abweichend vom Deutschen): ch einen L a u t ähnlich wie in Englisch „ c h i l d " gh einen L a u t ähnlich wie in Deutsch „ T a g e " (nordwestdeutsche Aussprache) h a) deutsches //, b) den L a u t ch wie in Deutsch „ a c h " j englisches j (vgl. § 31). s stimmloses s, z stimmhaftes s, sh deutsches sch, th interdentales stimmloses s, dh interdentales stimmhaftes s, v dentilabiales w, w englisches w. In nachfolgender Studie wurden phonetisch umschrieben: ch mit tj, ts, tz1; gh mit y; h (wenn stimmlose Velaris) mit ^; sh mit th mit

dh mit z.

Die im Deutschen nicht vorkommenden arab. L a u t e 3 sind wie folgt transkribiert: \ durch t

"

i

»

¿ durch x cf

s z f

JP C E

d k

dz

(Persisch und Hindi) durch tz. 3

1 s. S. 9. 2 cfr. § 51. 3 Die sog. emphatischen Laute sind durch ~ über dem Buchstaben und nicht, wie in der Orientalistik üblich, durch Punkt unter dem Buchstaben gekennzeichnet, da der P u n k t in der Afrikanistik zerebrale Aussprache andeutet. 4 Nur wo es sich um den Namen Zeng handelt, habe ich aus etymologischen Gründen j- durch g umschrieben; vgl. hierzu § 75 Zanzibar. Die Schreibung Zanzibar statt Sansibar wurde aus linguistischen Gründen befolgt.

I. Zur Geschichte der Ostküste Afrikas. § I . Über dem Bantu-Erbgut, das zweifelsfrei den Grundstock des Suaheli-Sprachschatzes bildet und den Charakter der Sprache eindeutig bestimmt, lagert eine starke Schicht von Lehngut aus den Sprachen derjenigen Völker, die infolge politischer oder wirtschaftlicher Beziehungen mit der Küstenbevölkerung Ostafrikas in Berührung gekommen sind. — Orientalische Völker konnten leicht Beziehungen zu Ostafrika aufnehmen, da dieses Gebiet überaus günstige Vorbedingungen für Segelschiffsverkehr nicht nur über lange Küstenstrecken, sondern auch nach Südarabien und Indien hin aufweist. „ L a périodicité des moussons de l'Océan indien, constatée par le navigateur grec Hippale (47), n'avait pu échapper à l'observation des marins expérimentés qu'étaient dès l'antiquité les Arabes et les Indiens. Les vents . . . offrent aux voiliers plus de temps qu'il n'en faut pour l'aller et le retour le long de la côte d'Afrique, en moins d'une a n n é e 1 . " „Die Küste ist den im Jahre zweimal wechselnden Monsunen . . . — den unschätzbaren Wohltätern des Indischen Ozeans — dauernd unterworfen. A n der ganzen Seefront des weltwirtschaftlichen Ostafrikas streichen diese Winde ständig entlang, und ihre Anwesenheit bedeutet . . . auch bei primitiver Seefahrtstechnik eine dem Verkehr zuverlässig dienende Triebkraft. Es ist unzweifelhaft, daß, wo die Monsune derart günstige Vorbedingungen für Überseeverbindung schufen, schon sehr früh hier Hochseeschiffahrt entstand, die gerade dem Verkehr der andern weltwirtschaftlichen Räume des Indischen Ozeans mit Ostafrika dienten. — Die Richtung der Winde erleichtert den Verkehr mit dem Persischen Golf mehr als den mit Indien 2 ." § 2 . Bei solch günstigen Vorbedingungen für Überseeverkehr wäre es merkwürdig, wenn die großen machtvollen Reiche des Orients, die schon in ältesten Zeiten bestanden, und die nicht nur jahrzehnte-, sondern jahrhundertelang sich behauptet haben, nicht irgendwelche Beziehungen zu Ostafrika gehabt haben sollten; besonders die Reiche, die diesen Erdteil sozusagen vor ihrer Schwelle liegen hatten : Das sind die Reiche der Semiten und Sumerer (um diese Einteilung E d . M e y e r s 1 S a c l e u x , Grammaire des Dialectes swahili, Introduction p. XI. 2 L. K o c h , Ostafrika in der Geschichte der Weltwirtschaft, S. 26/27.

12

I. Zur Geschichte der Ostküste Afrikas

festzuhalten 1 ). Das Elfenbein Ostafrikas und das Gold Südafrikas waren wahrscheinlich für diese Reiche schon begehrte Handelsartikel. Bevor wir uns geschichtlich belegten Tatsachen zuwenden, sei gestattet, zwei Thesen zur Vorgeschichte zu erwähnen, die für Ostafrika von Bedeutung sind. Die eine These stellt M. H i l z h e i m e r 2 auf, indem er sagt: „Das Nildelta muß nach geologischen Untersuchungen zur Zeit der ägyptischen Vorgeschichte ein vollständig versumpftes Gebiet gewesen sein. . . . Der sogenannten ersten ägyptischen Kultur in Afrika muß eine andere voraufgegangen sein, von der wir zunächst keine Nachricht haben, . . . und die wir in der Gegend der Straße von Bab el Mandeb zu suchen haben." Die andere These ist von S t u h l m a n n 3 , der „die Küstenländer des Persischen Golfes . . . das Zentrum ältester Kultur" nennt und von einem „Erythräischen Kulturkreis" spricht. Nehmen wir beide Thesen als richtig an, so kann Ostafrika, das diesen „ältesten Kulturzentren" so nahe lag, nicht gerade „dunkles A f r i k a " gewesen sein. § 3. Einen möglichen Beleg 4 , daß in ältesten Zeiten die Küste Ostafrikas bekannt gewesen sein mag, bildet das ägyptische Wort Pwnt. Bekanntlich bezeichneten die Ägypter mit Pwnt ein Gebiet, das etwa dem heutigen Erythräa und dem Gebiet weiter südlich bis zum Osthorn Afrikas entspricht. Für die alten Ägypter waren diese Länder Handels- und Kolonialgebiete. P w ^ n y t mit demotischer Vokalandeutung (nach S p i e g e l b er g) kann mit dem so bekannten Suaheli-Wort pwani „Strand" identisch sein, da die demotische Vokalandeutung eine Form *puane o. ä. wahrscheinlich macht. Dann wäre also schon in altägyptischer Zeit das Bantu-Wort pwani gebraucht worden, nicht nur für die ostafrikanische Küste, sondern auch —vielleicht nur in der Handelssprache — für den afrikanischen Küstenstreifen am Roten Meer. E d . M e y e r 5 schreibt allerdings 1913 noch: „ E s ist höchstwahrscheinlich, daß das . . . Land weder Punt noch Pewenet noch Puanit geheißen hat", doch soll die Form *puane neuerdings wieder an Wahrscheinlichkeit gewonnen haben 6 . 1 „Geschichte des Altertums" Bd. 1/2, S. 42ÇS. 2 „Alteste Beziehungen zwischen Asien und Afrika". Africa 1930, Heft 4, S. 477 u. 481. 3 „Handwerk und Industrie" S. 71 u. 82. 4 Vgl. C. M e i n h o f , Afrikanische Worte in orientalischer Literatur. Z. E. S. Bd. 12, S. 305. 5 a. a. O. Vorwort S. XVII. 6 Nach mündlicher Mitteilung von Herrn Dr. Z y h l a r z , Hamburg.

I. Zur Geschichte der Ostküste Afrikas

13

§ 4. Für die erste Zeit, aus der wir geschichtliche K u n d e 1 haben, können wir als höchstwahrscheinlich annehmen, daß die südarabischen Reiche Beziehungen zur Ostküste pflegten. V o n diesen Reichen ist bekannt, daß sie ihre Macht über Nordostafrika, wahrscheinlich auch über Abessinien ausdehnten. Keine Nachricht haben wir darüber, ob und wie weit südwärts an der Ostküste Afrikas ihr Einfluß reichte. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß die Sabäer die Goldfelder Südafrikas kannten, ausbeuteten und dort Niederlassungen hatten 2 . Auf die spätere Entwicklung in Südarabien, auf die Verwicklungen (die möglicherweise nach Ostafrika ausgestrahlt sind) zwischen Saba, den Himyaren, Abessinien und Persien, kann ich hier nur verweisen. H e r o d o t erzählt 3 , daß der Ägypterkönig Necho (609—593 v. Chr.) phönizische Männer aussandte, denen er gebot, Afrika zu umfahren. Die Phönizier begannen ihre Fahrt im Roten Meere und kehrten im dritten Jahre nach Antritt der Reise durch die Säulen des Herkules nach Ägypten zurück. Plinius behauptet, daß sie die Umschiffung Afrikas noch einmal von Osten nach Westen vorgenommen hätten 4 . Die Sabäer sowohl wie die Phönizier müssen an vielen Stellen der Ostküste schon der Verpflegung und des Trinkwassers wegen an L a n d gegangen und mit der Küstenbevölkerung in Beziehung getreten sein. Höchstwahrscheinlich bestand mit ihren Tausch-, vielleicht auch schon Handelsverkehr. Die ersten sicheren Nachrichten über Ostafrika bringt um etwa 100 n. Chr. der wahrscheinlich von einem Kaufmann aus Alexandrien geschriebene Periplus der Erythräischen See. Der Verfasser bringt eine Anzahl Ortsnamen aus Ostafrika bis zur Insel Menuthesias 1 Nachfolgender Überblick über die Geschichte der Ostküste soll keine historische Studie sein, sondern nur auf das Auftreten von Fremdvölkern in Ostafrika im Lauf der Geschichte hinweisen. Deshalb genügt es hier, aus dem in der Ostafrikaliteratur reichlich zusammengetragenen geschichtlichen Material (u. a. von S t r a n d e s , S t u h l m a n n , v. d. B ü r g t , S a c l e u x , B u r t o n , S t i g a n d , s. Literaturnachweis) die Hauptmomente hervorzuheben. Wertvolle Anregung verdanke ich zwei Aufsätzen im Journ. Afr. Soc. 1925/26; der eine ist von J . G. E l l i o t : (p. 11 ff.) ,,A Visit to the Bajun Islands" und der andere (p. 264fr.) von J . de H a r t : „Notes on the Exploration of Africa among the Ancients". Letztere Arbeit bringt die genauen Quellenangaben aus P l i n i u s , S t r a b o , Herodot. 2 Diese in der Ostafrikaliteratur verbreitete Ansicht läßt sich allerdings bis jetzt nicht geschichtlich belegen. Vgl. Artikel S a b a ' in der E. I. 3 „Reisen" S. 20—22. 4 Des Karthagers H a n n o Reise kommt hier nicht in Betracht, da er durch die Säulen des Herkules nur bis zum Golf von Guinea gelangt sein soll.

H

I. Z u r Geschichte der Ostküste Afrikas

(Zanzibar ?) und der Stadt Rhapta (wahrscheinlich an der Grenze des Rufiji-Deltas). Aus dem Periplus geht hervor, daß im i. Jahrh. n. Chr. ein lebhafter Handel von Südarabien nicht nur nach Ägypten und Vorderindien, sondern auch nach Ostafrika stattgefunden hat. Die Angabe im Periplus, daß Rhapta abhängig von den Himyaren in Muza (Mocha) war, kann als Beweis für lebhafte Handelsbeziehungen mit Ostafrika angesehen werden. Die für Ostafrika in Betracht kommende nächstfolgende geschichtliche Quelle bietet Ptolemaios. „Les Grecs donnaient le nom d'Azania à toute la côte orientale. Le même nom a été plus tard restreint à la côte d'Ajan" 1 (d. i. der Küstenstrich von Ras Asir bis Zanzibar). Zu weitgehendsten geschichtlichen Vermutungen kann Anlaß geben, daß 1907 in dem Dorfe Msasani nahe bei Daressalam bei Erdarbeiten eine Ptolemäische Silbermünze gefunden wurde. Weiter hören wir von Ostafrika im 6. Jahrh. durch einen Mönch Kosmas, der nach Indien gereist ist. In seinem Reisebericht erwähnt er den Ozean von „Zingion". Er kopierte eine alte Inschrift (3. Jahrh.), die Eroberungen des Axumitenkönigs von Adulis (Abessinien) aufzählt, darunter auch solche in Ostafrika 2 . Vom 8. Jahrh. an finden wir zahlreiche Hinweise auf Ostafrika bei den großen arabischen Geographen. Übereinstimmend nennen sie das Gebiet, das uns hier interessiert, das Land der Zeng und gebrauchen diese Bezeichnung Zeng in dem verallgemeinernden Sinn, wie wir jetzt Neger sagen 3 (vgl. § 75). § 5. Während des langen Zeitabschnittes vom Niedergang der südarabischen Reiche bis zum Erscheinen der Portugiesen 1498 müssen hauptsächlich Araber sich in Ostafrika festgesetzt haben. Diese Periode ist als die ältere Araberzeit der Ostküste zu bezeichnen zur Unterscheidung von der Araberzeit nach Vertreibung der Portugiesen. Die geschichtlichen Vorgänge innerhalb der älteren Araberzeit sind nicht geklärt. "It should be remembered that Azania had been for an undetermined period politically and commercially dependent on the parent state in Arabia. This was the case at the beginning of the christian era. The writer of the Periplus tells us: The Mapharitic chief governs it (viz. the east coast) under some ancient right that subjects it to the sovereignty of the state that is become first in Arabia. And the people of Musa (Mocha) now hold it under his authority and send thither many large ships: using Arab captains and agents, who are familiar with the natives and intermarry with them and who 1 S a c l e u x a. a. O. p. X I I Anrn. 2 cfr. E . G l a s e r „ D i e Abessinier in Arabien und A f r i k a " . 3 s. E . D a m m a n n

„Arabische Beiträge . . . . " S. 7.

I. Zur Geschichte der Ostküste Afrikas

15

know the coast and understand the language" (Major Pearce) 1 . Demnach sind die Segelschiffe der südarabischen Reiche nach wie vor nach Ostafrika gefahren, um Gold und Elfenbein einzuhandeln. Auf der langen Küstenfahrt hatten sie wahrscheinlich bestimmte Landungsstellen, um Verpflegung und Trinkwasser einzunehmen. Mancher Araber wird an solchen Stationen als Händler, Agent oder Jäger sich niedergelassen haben, mancher dorthin vor der Blutrache seiner Landsleute geflüchtet sein. „Quelques auteurs croient que pendant la durée de l'empire romain, les Arabes auraient renoncé à leur courses le long de la côte orientale. Elles n'ont jamais cessé" (v. d. B ü r g t ) 2 . Schon in den ersten christlichen Jahrhunderten muß eine Mischlingsbevölkerung entstanden sein, da, wie oben berichtet, die Araber sich mit den Eingeborenen verheirateten; und wir gehen wohl nicht fehl in der Annahme, daß diese Mischlingsbevölkerung am Küstenstreifen stark fluktuierend war. Die geschichtlichen Ereignisse in Arabien, die Kämpfe um die Vorherrschaft, Muhammeds Auftreten, der starke Einfluß der Perser in Arabien, sogar der Mongoleneinfall, alles das hat seine Rückwirkung auch auf Ostafrika gehabt. Durch das Auftreten Muhammeds bekam die arabische Auswanderung einen neuen Impuls. Ob dieser starke Impuls ein rein religiöser oder politischer war, soll hier nicht untersucht werden. C. H. B e c k e r verbreitet sich in seinen „Islamstudien" 3 hierüber ausführlich. „Noch ehe der Islam die Grenzen Arabiens überschritt, ist aus einer religiösen Bewegung im wesentlichen eine politische geworden. . . . Das nationalarabische Moment überwog das religiös-universelle. . . . Das einigende Schlagwort war wohl der Islam, aber im Sinne einer Weltherrschaft." Ostafrika scheint eine Bestätigung von C. H . B e c k e r s Ansicht zu sein; denn an Stelle zeitweiligen Aufenthaltes weniger Araber an der Ostküste tritt dauernde Siedlung, man kann fast sagen militärische Besetzung. Aus den Verpflegungsstationen werden feste Plätze, aus Händlerkolonien machtvolle Sultanate. § 6. In die ältere Araberzeit fällt die schirasische (persische) Blüteperiode der Ostküste; möglicherweise ist der Araberzeit sogar eine persische Invasion an der Ostküste voraufgegangen. Vor Muhammed waren die Perser zeitweilig die Herren Arabiens (sogar Ägypten hatten sie erobert) und — was für diese Arbeit wichtig ist — insbesondere Herren der Gebiete am Persischen Golf und des südostarabischen Küstenstreifens. Nach Muhammed waren die Araber zeitweilig die Herren Persiens. Geschichte und Kultur beider Länder sind fortan 1 Ich zitiere nach E l l i o t s Aufsatz (cfr. S. 13 Anm. 1) p. 12. 2 ,,Dictionnaire . . . " Préface p. 41. 3 S. 6 ff.

l6

I. Zur Geschichte der Ostküste Afrikas

miteinander verflochten. In Bagdad und Basra war die Sprache der Gebildeten Persisch 1 , am Persischen Golf, in Oman und Hadramaut, von wo hauptsächlich der Verkehr mit der afrikanischen Ostküste erfolgte (auf Grund der günstigen Winde für Segelschiffe, wie oben dargelegt wurde), ist die Bevölkerung stark mit persischen Elementen durchsetzt, war doch die erste omanische Stadt, in der sich 'Amr, der Bote Muhammeds, niederließ, von den Persern erbaut 2 . U m 980 soll nach der bekannten Chronik von Kilwa einer der sieben Söhne eines Sultans von Schiras mit Frauen, Kindern und Anhängern nach Ostafrika ausgewandert sein und sich in Kilwa festgesetzt haben 3 . Der persische Sultanssohn wurde der Ahnherr der schirasischen Könige über die ostafrikanischen Sultanate und damit der Begründer der schirasischen Blütezeit und Kultur. — C. H . B e c k e r steht der Gleichsetzung von Schirasisch und Persisch zweifelnd gegenüber 4 , doch fehlt bis jetzt eine andere Erklärung. § 7* Von den mancherlei Zeugnissen, die dafür sprechen, daß es an der ostafrikanischen Küste eine Zeit gegeben hat, in der persischer Einfluß vorherrschte, erwähne ich nur folgende: Wir finden Ruinen (nicht nur auf Kilwa-Kisiwani), die persische Architektur verraten, — vergessene, verlassene, zerfallene Städte, deren für Ostafrika ungewöhnliche Namen wie Darakas, Bagdad, Biniga, Österun sicherlich oder höchstwahrscheinlich persisch sind; wir finden in den Ruinenstädten persische Münzen, Scherben von persischem (d. i. von nachgeahmtem 6 chinesischem) Porzellan; wir treffen Bezirke, in denen jetzt noch Dorfhäuptlinge diwani6 heißen; wir begegnen an der Küste einem Volksstamm, der sich nicht ohne Stolz Wa-Shirazi nennt; wir finden Steinhügelgräber, die der Volksmund als schirasisch bezeichnet, ferner Grabmonumente mit Inschriften, die die Araber nicht entziffern können, also vielleicht in einer älteren persischen Schriftart gehalten sind; wir finden Geräte, die nach S t u h l m a n n zweifellos persischen Ursprungs sind. Die mitepe (d. s. Segelfahrzeuge, ganz ohne Eisenteile) führen von altersher drei Wimpel, davon einen zu Ehren des persischen Sultans Ali, der vor langen Zeiten in Shanganya (jetzt Port Durnford) gelebt haben soll. Eine andere 1 Nöldeke „Beiträge" S. 10. 2 S a c h a u , Über eine arabische Chronik aus Zanzibar. M. S. O. S. Bd. 1, Abt. 2, S. 4. 3 Journ. Afr. Soc. 1912 S. 356. 4 „Materialien . . ." S. 19. 5 Auch echt chinesisches Porzellan wurde in Ostafrika gefunden, vgl. § 10. 6 diwani tritt auch in Eigennamen auf; cfr. Velten: Suaheli-Märchen S. 1, 18, 168 und B ü t t n e r : Suaheli-Schriftstücke S. 86.

I. Zur Geschichte der Ostküste Afrikas

17

charakteristische Sitte erwähnt v. d. B ü r g t 1 : „Les Perses adorateurs du feu ont laissé des traces de leur culte sur la côte orientale. Plusieurs auteurs ont mentionné des ordalies au moyen du feu dans les Zanguebars." Beachtlich erscheint mir in diesem Zusammenhang auch, was A. W e r n e r in der Chronik von P a t e 2 berichtet, daß nämlich ein Metallhorn, Siwa genannt, welches jetzt in L a m u 3 ist, aus Persien stammt, und daß dieses Horn wegen seines Ursprungs bei den PateLeuten noch eine bedeutende Rolle spielt. Bei ihrem Besuch in Kipini und Lamu traf A . W e r n e r in der Unterhaltung mit Eingeborenen noch auf ganz lebendige persische Überlieferungen, und es wurde ihr versichert, daß der Held einer alten Suaheli-Dichtung (LiongoLied) persischer Abkunft sei 4 . § 8. Die ältere Araber- einschließlich der schirasischen Blütezeit Ostafrikas fand ihr Ende durch das Auftreten der Portugiesen in den Küstengebieten am Indischen Ozean. S t r a n d e s schreibt 5 , daß, als die Portugiesen nach Ostafrika kamen, dort „Zustände waren, welche die Ankommenden mit Staunen erfüllten. Himmelweit waren sie von denen verschieden, die sie unter denselben Breiten auf der anderen Seite des Erdteils kannten. Es gab Städte, deren Anlagen und Aussehen denen Portugals nicht nachstanden, und innerhalb dieser Städte eine Einwohnerschaft, deren Bildung sich gleichfalls mit der der Portugiesen wohl messen konnte." Die Vorherrschaft der Portugiesen in Ostafrika (in dem Gebiet nördlich von Mozambique) dauerte von 1500 bis 1700. In die Portugiesenzeit fällt das Erscheinen türkischer Korsaren in dem fraglichen Gebiet 1585 und 1588; ihr Auftreten hat keine bleibenden Spuren dort hinterlassen. U m 1650 waren die Portugiesen vom Persischen Golf und Maskat vertrieben worden. Jetzt konnte das omanische Imamat festen Fuß am Indischen Ozean fassen, und es wurde die Seemacht, die die Portugiesen in Ostafrika in der Vorherrschaft ablöste. Die zweite Araberzeit (vielleicht könnte man sagen omanische Zeit) dauerte von 1700 bis zu der Zeit, als Engländer und Deutsche ihre ostafrikanischen Kolonien gründeten und die Macht des Arabertums durch Bekämpfung der arabischen Sklavenhändler brachen. § 9. Der vorstehende Überblick über das, was Historiker und Geographen über Ostafrika berichten, zeigt wohl zur Genüge, daß die ostafrikanische Küste seit ältesten Zeiten von den Wechselfällen 1 „Dictionnaire Kirundi" Introduction p. X C I I . 2 Journ. Afr. Soc. 1914 P- 289. 3 Im Journ. Afr. Soc. steht Lanur,

was wohl ein Druckfehler sein

dürfte. 4 s. Festschrift Meinhof S. 46. 5 „Portugiesenzeit" S. 91. 2

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I. Zur Geschichte der Ostküste Afrikas

des geschichtlichen Geschehens berührt worden ist. Aber nicht über alle Vorgänge an der Küste haben wir geschichtliche Nachrichten, mancherlei Geschehnisse dort haben sich zugetragen, ohne daß sie aufgezeichnet worden wären. So fehlen vor allem Nachrichten über das erste Auftreten der Inder in Afrika, also über das Volk, das jetzt den Hauptteil der fremdstämmigen Bevölkerung Ostafrika Afrikas ausmacht. Die Monsune ermöglichten es nicht nur arabischen, sondern auch indischen Seeleuten, Ostafrika zu erreichen und einen leidlich regelmäßigen Verkehr zwischen ihrer Heimat und dem fernen Inselund Küstengebiet zu unterhalten. Bei den periodischen Hungersnöten in Indien, der dortigen zeitweiligen Übervölkerung, dem ausgesprochenen Erwerbssinn gewisser indischer Kasten war es naturgemäß, daß schon in alter Zeit diese Verbindung dem Handel und der Auswanderung dienstbar wurde. „The Hindu Banyan established from time immemorial upon the Zanzibar coast had diffused throughout India some information touching the wealthy land 1 ." Zwischen arabischer und indischer Einwanderung in Ostafrika, war ein fundamentaler Unterschied. Die Araber waren ein Herrenvolk, die Inder Krämer und Handwerker, die nicht erobern und herrschen, sondern erwerben wollten, nicht ihre Religion bringen, sondern ihre Waren absetzen, nicht kulturell wirken, sondern den Neger geschäftlich ausnutzen. Dieser Unterschied zwischen arabischem und indischem Einfluß in Ostafrika hat sich auch sprachlich ausgewirkt, wovon später die Rede sein wird. § 10. Genaue geschichtliche Nachrichten fehlen ferner über die Beziehungen zwischen Madagaskar und dem afrikanischen Festland. Die Einwirkungen der Bewohner Madagaskars auf die Afrikaner können nur ganz gering gewesen sein, was bei der verhältnismäßigen Nähe der Insel erstaunlich ist. Es sind aber Bantu und Araber nach Madagaskar gekommen und haben das Inselvolk beeinflußt. Wahrscheinlich haben Bantu vor der indonesischen Invasion die Insel bewohnt. Jedenfalls werden auf den Comoren und an der Küste Nordwest-Madagaskars in heutiger Zeit neben der Landessprache SuaheliDialekte gesprochen 2 . Keinerlei geschichtliche Nachricht haben wir ferner darüber, ob in alter Zeit chinesische Schiffe nicht nur zufällig, sondern regelmäßig 1 B u r t o n „ Z a n z i b a r " S. 39. 2 Die sprachlichen Verhältnisse auf den Komoreninseln sind ausführlich dargelegt in der Arbeit von M. H e e p e : Die Komorendialekte N g a zidja, Nzwani und Mwali. Abhandlungen des Hamburgischen Kolonialinstituts, Bd. X X I I I 1920.

II. A n f ä n g e und Ausbreitung des Suaheli usw.

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die Ostküste besucht haben. B e k a n n t war den Chinesen die Ostküste! Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß die chinesischen Teller (in Moscheen und Häusern als Verzierung eingemauert), sowie die chinesischen Münzen, die zuweilen gefunden werden, durch arabisch-persische Händler eingeführt worden sind.

II. Anfänge und Ausbreitung des Suaheli und der Einfluß fremder Sprachen. § 1 1 . Auf Grund der vorstehend skizzierten geographischen und geschichtlichen Nachrichten über Ostafrika ergibt sich für die Entwicklung und Ausbreitung des Suaheli folgendes Bild: Die Küstenstämme konnten von jeher leicht miteinander in Verbindung treten, und die Notwendigkeit für eine Verkehrssprache hat sich schon früh (vor dem Erscheinen von Fremdvölkem) herausgebildet. Die Anfänge einer solchen Verkehrssprache entwickelten sich wohl zunächst innerhalb eines ziemlich begrenzten Gebietes, als welches Gebiet der Lamu-Archipel anzusehen ist. Da die dortige Bevölkerung vornehmlich aus Fischern und Schiffern besteht, ergab sich die Verbreitung ihrer Sprache nach nahe gelegenen Küstenorten und Inseln von selbst, zumal sich bald die praktische Überlegenheit der Verkehrssprache gegenüber den Stammes-Dialekten, die zuweilen schon von Dorf zu Dorf wechseln, herausstellte. Im Lamu-Archipel fanden die Seeleute, die als Händler, Abenteurer, Flüchtlinge oder Eroberer vom Persischen Golf und Südarabien an die ostafrikanische Küste kamen, die ersten guten Ankerund Hafenplätze. Es entstand hier eine Niederlassung von Fremden. Die Zuwanderer entstammten verschiedenen Sprachgebieten. Infolge Vermischung mit den Eingeborenen eignen sich die Fremden die Landessprache an, bereichern diese aber durch eine erhebliche Anzahl von Ausdrücken des Handels und der Schiffahrt, durch Namen von Geräten und Kleidungsstücken. Polygamie und Sklavenwirtschaft bewirken, daß bald eine zahlreiche Mischlingsbevölkerung entsteht, die kein Gefühl mehr dafür hat, was sprachliches Erb- und was Fremdgut ist, zumal manche der Fremdworte so bantuisiert werden, daß sich ein fortwährender Übergang von Fremdgut in Erbgut vollzieht. § 12. Die weitere Ausbreitung des Suaheli ist nicht so erfolgt, daß die Verkehrssprache im Laufe der Zeit lückenlos den Küstenstreifen von Norden nach Süden erobert hätte. Vielmehr entstehen zunächst an günstig gelegenen Stellen der Küste und auf den Inseln Niederlassungen der Fremden mit ihrem Suaheli-Troß. Sie siedeln so weit südlich, wie die Küstenwinde ihnen regelmäßige Verbindungen gewährleisten bzw. leichte Rückkehr nach Norden verbürgen. Zwischen den räum2*

II. A n f ä n g e und Ausbreitung des Suaheli usw.

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die Ostküste besucht haben. B e k a n n t war den Chinesen die Ostküste! Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß die chinesischen Teller (in Moscheen und Häusern als Verzierung eingemauert), sowie die chinesischen Münzen, die zuweilen gefunden werden, durch arabisch-persische Händler eingeführt worden sind.

II. Anfänge und Ausbreitung des Suaheli und der Einfluß fremder Sprachen. § 1 1 . Auf Grund der vorstehend skizzierten geographischen und geschichtlichen Nachrichten über Ostafrika ergibt sich für die Entwicklung und Ausbreitung des Suaheli folgendes Bild: Die Küstenstämme konnten von jeher leicht miteinander in Verbindung treten, und die Notwendigkeit für eine Verkehrssprache hat sich schon früh (vor dem Erscheinen von Fremdvölkem) herausgebildet. Die Anfänge einer solchen Verkehrssprache entwickelten sich wohl zunächst innerhalb eines ziemlich begrenzten Gebietes, als welches Gebiet der Lamu-Archipel anzusehen ist. Da die dortige Bevölkerung vornehmlich aus Fischern und Schiffern besteht, ergab sich die Verbreitung ihrer Sprache nach nahe gelegenen Küstenorten und Inseln von selbst, zumal sich bald die praktische Überlegenheit der Verkehrssprache gegenüber den Stammes-Dialekten, die zuweilen schon von Dorf zu Dorf wechseln, herausstellte. Im Lamu-Archipel fanden die Seeleute, die als Händler, Abenteurer, Flüchtlinge oder Eroberer vom Persischen Golf und Südarabien an die ostafrikanische Küste kamen, die ersten guten Ankerund Hafenplätze. Es entstand hier eine Niederlassung von Fremden. Die Zuwanderer entstammten verschiedenen Sprachgebieten. Infolge Vermischung mit den Eingeborenen eignen sich die Fremden die Landessprache an, bereichern diese aber durch eine erhebliche Anzahl von Ausdrücken des Handels und der Schiffahrt, durch Namen von Geräten und Kleidungsstücken. Polygamie und Sklavenwirtschaft bewirken, daß bald eine zahlreiche Mischlingsbevölkerung entsteht, die kein Gefühl mehr dafür hat, was sprachliches Erb- und was Fremdgut ist, zumal manche der Fremdworte so bantuisiert werden, daß sich ein fortwährender Übergang von Fremdgut in Erbgut vollzieht. § 12. Die weitere Ausbreitung des Suaheli ist nicht so erfolgt, daß die Verkehrssprache im Laufe der Zeit lückenlos den Küstenstreifen von Norden nach Süden erobert hätte. Vielmehr entstehen zunächst an günstig gelegenen Stellen der Küste und auf den Inseln Niederlassungen der Fremden mit ihrem Suaheli-Troß. Sie siedeln so weit südlich, wie die Küstenwinde ihnen regelmäßige Verbindungen gewährleisten bzw. leichte Rückkehr nach Norden verbürgen. Zwischen den räum2*

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II. Anfänge und Ausbreitung des Suaheli usw.

lieh oft weit auseinander liegenden Niederlassungen werden Stammessprachen gesprochen, bis allmählich von den Handelsplätzen das jeweilige Hinterland wirtschaftlich und sprachlich durchdrungen wird. Dabei erfolgt eine Beeinflussung der Aussprache des Suaheli durch die Hinterlandstämme mit der Wirkung, daß die einzelnen Gebiete eigene Dialekte entwickeln. Die Mischlingsbevölkerung der Küste, schon durch die gemeinsame Sprache stark vereinheitlicht, wird durch die ihnen aufgedrängte Religion, den Islam, vollends zusammengeschweißt. Ihre Sprache, nun noch bereichert durch Ausdrücke für religiöse Begriffe, für Lebensführung, für Sitte und Rechtsprechung, hebt sich fortan noch schärfer von anderen Bantusprachen ab. Der Niedergang der islamischen Bewegung, selbst das Auftreten europäischer Völker vermag die sprachliche und religiöse Einheit der Küstenbevölkerung nicht mehr zu erschüttern. Die Vorherrschaft der Europäer in Ostafrika schafft die Vorbedingungen (Befriedung des Kontinents), auf Grund deren das Suaheli seinen Siegeszug von der Küste bis tief hinein in den Kongostaat antreten kann. § 13. Der Überblick über die Geschichte Ostafrikas beantwortet die Frage nach der Herkunft des Fremdgutes im Suaheli. — W e n n auch die Anfänge des Suaheli bereits vor dem Erscheinen fremder Völker bestanden, so war jedoch zweifellos deren Auftreten Voraussetzung für Entwicklung und Ausbreitung des Suaheli. Daß unter dem Fremdgut Wörter arabischer Herkunft bei weitem überwiegen, erscheint erklärlich, weil einmal mit Südarabien die lebhaftesten Überseeverbindungen bestanden und ferner durch den Islam Sprache und Kultur der Suaheli am entscheidendsten beeinflußt wurden. Für die zweite Araberzeit läßt sich nachweisen, daß hauptsächlich Araber aus Oman und Hadramaut nach Ostafrika kamen und dort die herrschende Schicht bildeten. In der bedeutend längeren ersten Araberperiode müssen Araber aus verschiedensten Gebieten Arabiens an die Ostküste gekommen sein. Unter den Suaheli ist eine Überlieferung lebendig, daß die mashami (Syrer) vor den Oman-Arabern Ostafrika beherrscht hätten. Nun sind allerdings um 700 n. Chr. mit Malik bin Muriani und zu Beginn der zweiten Araberzeit auch Araber aus Mesopotamien und Syrien nach Ostafrika gekommen, haben aber neben den Maskat-Arabern eine nachgeordnete Rolle gespielt. Für die Geschichte des Suaheli ist der Umstand, daß Araber aus den verschiedensten Gegenden arabischer Zunge in Ostafrika waren, insofern wesentlich, als er beweist, daß es nicht angängig erscheint, das Arabisch-Suaheli der Ostküste allein auf den Oman-Dialekt zurückzu-

II. Anfänge und Ausbreitung des Suaheli usw.

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führen. So haben z. B. die vielen Schihiri-Araber, die in Ostafrika leben, manchen Wörtern ihrer Mundart Eingang ins Suaheli verschafft, und zwei recht gebräuchliche Lehnwörter frasila „ein Gewicht" und foromali „hinterer Mast" werden bei J a h n S. 178 als Aden-Arabisch bezeichnet. § 14. Wie erklärt sich nun das Eindringen einer erheblichen Zahl von persischen Worten ins Suaheli? In § 7 wurde erwähnt, daß mit großer Sicherheit angenommen werden kann, daß Perser sich an der Ostküste angesiedelt haben. Ich möchte aber annehmen, daß diese Einwanderer kein reines Persisch gesprochen haben. Araber und Perser haben von jeher viele Beziehungen zueinander gehabt. „Durch die unmittelbare Nachbarschaft, den politischen Einfluß und die nahen Handelsbeziehungen 1 trat schon in vorislamischer Zeit ein Übergang von Wörtern der einen Sprache in die andere ein. Allerdings sind in dem vorislamischen Persisch keine Fremdlinge zu finden, während im Arabischen derselben Zeit eine erhebliche Zahl persischer Fremdworte vorhanden ist 2 ." So können wir als gegeben ansehen, daß die Araber, die nach Ostafrika kamen, eine ganze Reihe persischer Wörter in ihrer Umgangssprache hatten, die sie gar nicht mehr als Lehnwörter empfanden. Persische Worte können also durch die Araber eingeführt sein, vor allem durch die Südaraber, denn, wie schon S. 17 gesagt, am Persischen Golf, in Oman und Hadramaut, ist die Bevölkerung stark mit persischen Elementen durchsetzt. Damit soll unmittelbare persische Einwanderung nicht bestritten werden; aber wäre die Sprache der persischen Einwanderer noch rein Persisch gewesen, dann müßte das Persische tiefere Spuren im Suaheli hinterlassen haben. Auch die Belutschen, die (ursprünglich als Leibwache der Sultane von Zanzibar) nach Ostafrika kamen, hatten bereits eine stark arabisierte Sprache. Die Gründe, warum die Sprache der zahlreichen indischen Einwanderer das Suaheli nicht maßgebend beeinflußte, wurden auf S. 9 dargelegt. Zwar sind einige indische Worte, wie bibi, debe, dobi, gart, mashua, kerani, embe, ganz ins Suaheli eingedrungen, aber es sind bei der unendlich langen Berührungszeit beider Sprachen doch recht wenige. Viele indische Worte gehören der Handelssprache an, oder 1 Von den „besonders intensiven Beziehungen der Araber mit Persien in früherer Zeit" spricht Friedr. Stüve in „Die Handelszüge der Araber". Berlin 1836, S. 326. 2 A. Siddiqi „Studien über die persischen Fremdwörter im klassischen Arabisch" S. I. — Siddiqi bringt in seiner Arbeit S. 75 in dem Kapitel „Auf welchen Wegen wanderten persische Wörter zu den Arabern vor dem Islam ?" eine m. E. ausgezeichnete Behandlung dieser Frage.

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II.

A n f ä n g e und Ausbreitung des Suaheli usw.

es sind Namen für Gewänder und Gefäße, die den Eingeborenen fremd sind und bleiben. Es gibt einige Wörter türkischen Ursprungs im Suaheli. Soweit es militärische Chargenbezeichnungen sind, sind sie auf die SudanesenAskari zurückzuführen, die den Grundstock der ostafrikanischen Schutztruppe bildeten. Die türkischen Lehnwörter sind also recht jungen Datums. Madagassische (malaiische) Wörter sind im Suaheli kaum nachweisbar (vgl. § 10), während umgekehrt die Zahl der Bantuworte (ganz abgesehen von den Wörtern arabischen Ursprungs, die an der Küste und auf Madagaskar gebraucht werden) im Madagassischen erheblich ist 1 . Die Wörter chinesischen Ursprungs (z. B. chayi, riksha) sind über andere Sprachen ins Suaheli eingedrungen. § 15. Bisher sind nur die a u ß e r afrikanischen Quellen für fremdes Sprachgut erwähnt. Es ist selbstverständlich, daß auch i n n e r afrikanische Vorgänge, Kriege, Wanderungen, Sklavenhandel, die Küstensprache beeinflußt haben. Auffallend ist, daß Wörter aus den Hamitensprachen Galla und Somali nicht ins Suaheli eingedrungen sind. Diese Stämme strebten nach Süden bzw. an die Küste, und es wäre nur natürlich, wenn aus beiden Sprachen sich Lehnwörter im Suaheli fänden 2 . Doch ist mir bisher im Suaheli kein Wort solcher Abstammung aufgefallen, ngerenuk „Giraffengazelle", was man zuweilen erwähnt, ist nicht Allgemeingut im Suaheli geworden. In einem Aufsatz von G . W . B r o o m f i e l d 3 „ T h e Development of the Swahili Language" heißt es: „There are points of similarity between . . . Swahili and Hebrew, which are more radical than mere questions of vocabulary." Da die größte Zahl der Fremdwörter aus dem Arabischen stammt, von diesen aber manche im Arabischen selbst Lehnwörter aus dem Hebräischen bzw. Aramäischen sind, ergeben sich natürlich auch Beziehungen zwischen dem Suaheli und Hebräischen. Würde es sich um mehr handeln als um Vokabelfragen, so würden engere Beziehungen von den Afrikanisten, unter denen gründliche Kenner des Hebräischen sind, längst hervorgehoben sein. Die Behandlung der Fremdwörter aus dem Portugiesischen und Englischen im Suaheli liegt außerhalb des Rahmens dieser Arbeit. 1) V g l . hierzu F e r r a n d s Artikel über Madagaskar in der E. I. und im Journal asiatique, 10. Serie, II, 1903 p. 451 ff. 2 S t i g a n d behauptet (a. a. O. p. 1) „ T h e r e is a good sprinkling of . . . Somali or Gala words", bringt aber keinerlei Beweis für seine Behauptung. 3 Africa 1930 p. 520.

III. Bisherige Arbeiten und Angaben über die Fremdwörter im Suaheli

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III. Bisherige Arbeiten und Angaben über die Fremdwörter im Suaheli. § 16. Es muß auffallen, daß in der verhältnismäßig reichen Suaheli-Bibliographie nicht eine einzige Arbeit zu finden ist, die sich speziell mit den Fremdwörtern beschäftigt, obwohl zweifellos das sprachliche Fremdgut nicht nur zeit- und kulturgeschichtlich eine Fülle von Anregungen, sondern auch zuweilen Überraschungen bietet. D a ß tawala „herrschen", wali „(farbiger) Bezirksvorsteher" und Ulaya „ E u r o p a " nahe verwandte Worte sind, wird manchem in Ostafrika neu sein. A u c h wird kaum ein Europäer, der dort seinem Boy zuruft: „ N y a maza kimyaV „ S c h w e i g still!", daran denken, daß kimya und unser Wort Chemie gleiche Wurzel haben. U n d wenige werden glauben, daß von den sieben Wörtern des Satzes: ,,Namna hii si desturi, hupati bahshish, basi" „ D a s ist nicht Sitte, du bekommst kein Trinkgeld", vier persischen Ursprungs sind. Die mir bekannt gewordenen Arbeiten, die sich speziell mit den Fremdwörtern im Suaheli beschäftigen, sind: 1. A . S e i d e l 1 „ D a s arabische Element im Suaheli". 2. W . P l a n e r t 2 „ D i e syntaktischen Verhältnisse des Suaheli". 3. G i a c o m o d e G r e g o r i o 3 „II Suaheli nella Somalia italiana e i suoi elementi arabici". S e i d e l s Arbeit ist nicht abgeschlossen 4 . P l a n e r t bringt nur in der Einleitung etwas über die suahelisierte Form der arabischen Wörter, und G r e g o r i o s A r b e i t 5 kann beim besten Willen nicht ernst genommen werden. Wenige Proben daraus werden dies zur Genüge beweisen. Der Verfasser gibt an: p. 24: kubwa „ g r o ß " , arab. kebir, pl. kubar, p. 24: pata „bekommen", arab.gbad, p. 26: nguvu „ K r a f t " , arab. kawi, p. 29: mbali „ O r t " , arab. mhal. 1 s. Literaturübersicht. 2 s. Literaturübersicht. 3 s. Literaturübersicht. 4 Jedenfalls steht am Schluß der Arbeit S. 104: „Fortsetzung folgt". Diese Fortsetzung habe ich nirgends finden können. 5 V g l . die Besprechung dieser Arbeit durch M. v. T i l i n g in Z. E. S. 1926/27 S. 153.

III. Bisherige Arbeiten und Angaben über die Fremdwörter im Suaheli

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III. Bisherige Arbeiten und Angaben über die Fremdwörter im Suaheli. § 16. Es muß auffallen, daß in der verhältnismäßig reichen Suaheli-Bibliographie nicht eine einzige Arbeit zu finden ist, die sich speziell mit den Fremdwörtern beschäftigt, obwohl zweifellos das sprachliche Fremdgut nicht nur zeit- und kulturgeschichtlich eine Fülle von Anregungen, sondern auch zuweilen Überraschungen bietet. D a ß tawala „herrschen", wali „(farbiger) Bezirksvorsteher" und Ulaya „ E u r o p a " nahe verwandte Worte sind, wird manchem in Ostafrika neu sein. A u c h wird kaum ein Europäer, der dort seinem Boy zuruft: „ N y a maza kimyaV „ S c h w e i g still!", daran denken, daß kimya und unser Wort Chemie gleiche Wurzel haben. U n d wenige werden glauben, daß von den sieben Wörtern des Satzes: ,,Namna hii si desturi, hupati bahshish, basi" „ D a s ist nicht Sitte, du bekommst kein Trinkgeld", vier persischen Ursprungs sind. Die mir bekannt gewordenen Arbeiten, die sich speziell mit den Fremdwörtern im Suaheli beschäftigen, sind: 1. A . S e i d e l 1 „ D a s arabische Element im Suaheli". 2. W . P l a n e r t 2 „ D i e syntaktischen Verhältnisse des Suaheli". 3. G i a c o m o d e G r e g o r i o 3 „II Suaheli nella Somalia italiana e i suoi elementi arabici". S e i d e l s Arbeit ist nicht abgeschlossen 4 . P l a n e r t bringt nur in der Einleitung etwas über die suahelisierte Form der arabischen Wörter, und G r e g o r i o s A r b e i t 5 kann beim besten Willen nicht ernst genommen werden. Wenige Proben daraus werden dies zur Genüge beweisen. Der Verfasser gibt an: p. 24: kubwa „ g r o ß " , arab. kebir, pl. kubar, p. 24: pata „bekommen", arab.gbad, p. 26: nguvu „ K r a f t " , arab. kawi, p. 29: mbali „ O r t " , arab. mhal. 1 s. Literaturübersicht. 2 s. Literaturübersicht. 3 s. Literaturübersicht. 4 Jedenfalls steht am Schluß der Arbeit S. 104: „Fortsetzung folgt". Diese Fortsetzung habe ich nirgends finden können. 5 V g l . die Besprechung dieser Arbeit durch M. v. T i l i n g in Z. E. S. 1926/27 S. 153.

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III. Bisherige Arbeiten und Angaben über die Fremdwörter im Suaheli

P l a n e r t behauptet S. 5: „Das arab. hatta, kama und wala gebraucht der Suaheli nur, um sich den Anschein von Gelehrsamkeit zu geben". Dem vermag ich nicht zuzustimmen. Diese drei Wörter sind in die Umgangssprache eingedrungen; die Denkschrift der Daressalam-Kommission 1 rechnet kama zu den unentbehrlich gewordenen Fremd Worten. Auch sagt P l a nert S. 1: „Die Verba werden meistens in einer dem arab. Imperf. bzw. Imperativ entsprechenden Gestalt entlehnt". Er bringt dann unter den Beispielen: thani „denken" = sann (lazunn). Dazu wäre zu bemerken: thani, oder wie jetzt die Schreibung ist: dhani heißt nicht „denken" (dafür hat das Suaheli die Worte fikiri oder waza), sondern „fälschlich oder irrtümlich glauben oder denken". Nach P l a n e r t müßte die Suaheliform (da das Imperf. von ^Ji iadhunnu ist) doch dhunu oder (als Imperativ) dhuna lauten. Sie heißt aber dhani und ist also aus der von P l a n e r t gegebenen Regel nicht zu erklären, wie auch manche anderen von P l a n e r t gegebenen Beispiele. § 17. Die Fremdwörter sind, wie im Vorwort bemerkt, in den Suaheli-Wörterbüchern und -Grammatiken meist als solche kenntlich gemacht. In M a d a n s Wörterbuch 2 und in der Grammatik von R e i c h a r t - K ü s t e r s 3 finden sich auch etymologische Hinweise. Von letzterer Grammatik sagt S t u m m e 4 : „Die Verfasser setzen allenthalben reichlich etymologisierend ein und dürften auf diesem schwierigen Gebiete auch meist das Richtige treffen, doch z. B. bei -ezi von M w i n y e z i S. 37 kann ich nur an arabisch izz, nicht an Suaheli -weza denken". Ich muß noch auf einige weitere Irrtümer in der Grammatik von R e i c h a r t - K ü s t e r s hinweisen. Die Verfasser geben an, sirkar (Suah. sirkali) sei das Hindustani-Wort für Regierung. Sirkar kommt zwar im Hindustani vor, aber der Ursprung ist zweifellos Persisch. Kodi wollen R.-K. S. 47 vom Portug. quota ableiten; ich kann nachweisen, daß es auf ein persisches Wort zurückgeht. S. 135 bringen sie ,,kiboriti, pl. viboriti „matches" und sagen in der Anmerkung: Kiboriti, 1 s. Literaturübersicht. 2 s. Literaturübersicht. übersicht. 4 O L Z 1927 S. 207.

3 s. Literatur-

I I I . Bisherige Arbeiten und Angaben über die Fremdwörter im Suaheli

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Ar. Kibrit, a word of Arab. origin . . . They (die Suaheli) also form from it a word boriti . . . " Das Wort kiboriti für Streichholz ist mir gänzlich unbekannt; an der Küste und auch im Innern, soweit meine Erfahrung reicht, sagt man allgemein kibiriti. Das ist die etymologisch richtige Form, entstanden aus dem arab. (ursprünglich aramäischen) Wort für Schwefel. kibrit für Streichholz findet sich in vielen Sprachen, z. B. auf dem Balkan. — Nichts zu tun mit kibirit hat das Wort boriti „Balken", und sein Deminutiv kiboriti. Es ist möglich, daß letzteres in einigen Landschaften des Innern für Streichholz gebraucht wird; dann kann nur eine volksetymologische Umbildung von kibiriti vorliegen. Basi (S. 2) und bustan (S. 95) sind nicht arabisch, sondern persisch. A. u. M. W e r n e r 1 verweisen nur bei wenigen Worten auf den arabischen Ursprung. Dadurch kann die irrige Vorstellung entstehen, als ob alle andern angeführten Vokabeln SuaheliWorte seien. Für das Lehnwort budi geben sie eine falsche Anwendung an. Auf S. 57 führen sie nämlich als Lehrbeispiel an: „Past Tense: nilikuwa na budi. Future: nitakuwa na budi'1. Das sind im Suaheli unmögliche Konstruktionen; budi kann nur mit negiertem Hilfsverb verbunden werden 2 . § 18. Die Angaben der Wörterbücher sind oft unbestimmt, lückenhaft oder irrig. Daß z. B. embe, boma, kimya, pori, chendarua Fremdwörter sind, ist bisher allen Verfassern entgangen. Andererseits wird azima „leihen, borgen" bei M a d a n als vielleicht indisch, bei V e l t e n als arabisch bezeichnet, obwohl das Wort zweifellos rein Suaheli ist (ausUrbantu -yalima). M a d a n und V e l t e n werfen azima „borgen" anscheinend zusammen mit dem auch im Suaheli vorkommenden arabischen Infinitiv der aber „fest entschlossen sein" bedeutet. — M a d a n sagt von dalasini „Zimt", es sei arabisch, und von desturi „Sitte", es sei indisch; beide sind persisch. Cherehani „kleinere Maschine (Nähmaschine)" wirft M a d a n zusammen 1 „ F i r s t Swahili Book'". 2 Allerdings beginnt das Liongo-Lied ( S t e e r e : Swahili Tales p. 454)

mit

nabudi . . .

A b e r hier ist m. E .

Versmaßes wegen unterdrückt wurde.

st- (sinabudi)

zu ergänzen, das des

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III. Bisherige Arbeiten und Angaben über die Fremdwörter im Suaheli

mit kar-hana „Arbeitshaus, Betrieb, Fabrik". Beide Worte sind verschiedenen Ursprungs, kina „ S i p p e " bringt er zusammen mit arabisch gan pl. agina (?) jedoch ist kina eine charakteristische Bantubildung und hat mit einem agina nichts zu tun. Dirisha bezeichnet er als hindustani und diwani als arabisch; beide sind persisch. V o n laki sagt er, daß es arabisch sei, obwohl es ein bekanntes indisches Wort ist. V e l t e n hat mara „ m a l " , figili „Radieschen", bali „viel mehr", cherhani (s. o.) nicht als Lehnworte bezeichnet, B ü t t n e r unter vielen anderen nicht mizani „ W a g e " , obwohl jeder des Arabischen Kundige mizani als nomen instrumenti von „ w ä g e n " erkennen wird. Noch in neueren Arbeiten wird bata als arabisch angegeben. Das ist nicht gerade falsch, aber es ist ins Arabische aus dem Persischen eingedrungen. Bei aller Hochachtung vor dem Wissen F e r r a n d s vermag ich ihm nicht beizupflichten, wenn er 1 Suah. kamba „Seil, Strick" von arab. kinbär, kanbär ableiten will. Wäre J^^ die Wurzel, so hätte das Suaheli sicherlich das ki- beibehalten, es als Nominalpräfix angesehen und einen Plural vi(nbari) gebildet; es hätte auch nicht das r unterdrückt, sondern ein i angehängt, wie in vielen ähnlichen Fällen. Es wäre also entstanden *kinbari (kimbari). § 19. Ich muß mit einigen Worten noch auf K r a p f s Suahili-English Dictionary eingehen. Denn der Altmeister der Suaheli-Lexikographie ist der einzige, der bei den Lehnwörtern die arabische Form in arabischer Schrift mit angibt. A b e r auch K r a p f ist nicht immer zuverlässig. Er bringt beispielsweise: „la, kula — essen, cfr. A r a b . J.i* (the first and second letter having fallen off in Kisuahili)"! !! Dabei ist la (aus Urbantu lya) reines Suaheli. Hodari

„tüchtig" hält er dagegen irrtümlich für Suaheli.

,,Huruma

(vid.

horuma)

pity,

mercy,

compassion

cfr.

„steinigen" ( X J L j gibt es m. W . nicht im Arabischen) kann doch nicht gut die Ausgangsform für huruma „Mitleid" sein. Sieht man dann bei horuma nach, so erkennt man allerdings, daß es sich nur um einen Druckfehler gehandelt 1 E. I. Artikel Madagaskar.

I I I . Bisherige A r b e i t e n u n d A n g a b e n über die F r e m d w ö r t e r i m S u a h e l i

hat, denn bei horuma gibt er

27

und ¿¿J-) ohne Hinweis auf

die Metathesis, die das Suaheli hat eintreten lassen, und worauf M a d a n aufmerksam macht. Doch glaube ich im Gegensatz zu K r a p f und M a d a n , daß das Suaheli-Wort für Mitleid nicht auf --"-«T = gute Sitte und Strafe (s. 27 a). Bei der Briefstelle, auf die sich B ü t t n e r bezieht, handelt es sich allein um das Wort Strafe (hutapata adabu). 2 u. a. in „Suaheli-Lieder", Z. E. S. Bd. 17 S. 295. 3 u. a. in „Inkishafi-Poem", Z. E. S. Bd. 17 S. 291. 4 u. a. in „Liongo-Lied", Z.E. S. Bd. 15 S.241 und „Chuo cha Herkai".

28

IV.

Zur Lautlehre

Leider war die dafür aufgewandte Zeit verloren, es gibt kein § 21. Gelegentliche etymologische Bemerkungen finden sich auch in Taylors African Aphorisms. In dieser für die Kenntnis des älteren Suaheli unschätzbaren Arbeit sind viele Angaben über die Herkunft der Fremdwörter. Allerdings ist mit einem Hinweis wie S. 67 „shida from Arabic shidda" nicht viel anzufangen, da es zwei Worte shida im Suah. gibt, die auf ganz verschiedene Wurzeln zurückgehen. Und wenn er kisima auf ein Arab. kathima (?) zurückführen will, so ist unsere Kenntnis des Bantu jetzt so weit fortgeschritten, daß wir mit Sicherheit für kisima einen Urbantu-Stamm annehmen können. T a y l o r übernimmt auch (S. 31) von B u r t o n die m. E. irrigen Etymologien: „bwana < Arabic abüna, mwana from Ummanä". Für den Suaheli-Briefstil besitzen wir die treffliche Arbeit von Dr. C. B ü t t n e r : Suaheli-Schriftstücke in Arabischer Schrift. B ü t t n e r gibt in den Anmerkungen zu den Briefen wertvolle etymologische Hinweise 1 . Einwandfreie Hinweise auf die arabischen Grundformen von Suaheli-Lehnwörtern finden sich ferner bei S. D o r n e t : Die Suaheli-Sprache und in den von M. v. T i l i n g 2 , A . W e r n e r 3 und M e i n h o f 4 veröffentlichten Suaheli-Dichtungen, bei A . W e r n e r auch in der Chronik von P a t e .

IV. Zur Lautlehre. D i e f ü r die S u a h e l i u n g e w o h n t e n L a u t e in den Fremdwörtern. § 22. Für die folgenden Ausführungen wäre es erforderlich, den Lautbestand der Sprachen, denen Fremdwörter entnommen 1 Allerdings unterlaufen ihm auch Irrtümer. So sagt er S. 30: „adabu wörtl. gute Sitten; hier ist eine Strafe gemeint, die zur Annahme guter Sitten in späteren Fällen veranlaßt". B ü t t n e r übersieht also, daß Suah. adabu zurückgehen kann auf i_j>T = gute Sitte und Strafe (s. 27 a). Bei der Briefstelle, auf die sich B ü t t n e r bezieht, handelt es sich allein um das Wort Strafe (hutapata adabu). 2 u. a. in „Suaheli-Lieder", Z. E. S. Bd. 17 S. 295. 3 u. a. in „Inkishafi-Poem", Z. E. S. Bd. 17 S. 291. 4 u. a. in „Liongo-Lied", Z.E. S. Bd. 15 S.241 und „Chuo cha Herkai".

IV. Zur Lautlehre

29

wurden, mit dem Lautbestand des Suaheli zu vergleichen und zu prüfen, wie die Suaheli sich gegenüber Lauten, die ihrer Sprache fehlten und ihnen somit fremd waren, verhielten. Da die vorliegende Arbeit in erster Linie eine etymologische Studie sein möchte, glaube ich bezüglich der phonetischen Darlegungen mich hier auf das Notwendigste beschränken zu sollen 1 . Doch verlangt die große Zahl der arabischen Fremdworte einige besondere Ausführungen. Denn es ist selbstverständlich, daß im Suaheli Wörter, die einer dem Bantu so wesensfremden Sprache, wie es das Arabische ist, entstammen, erhebliche Veränderungen erleiden. Daß diese Veränderungen graduell verschieden sind je nach dem Maße der Arabisierung (Islamisierung) des Einzelindividuums oder einzelner Orte, ist selbstverständlich. Als Ausgangspunkt für die folgenden Ausführungen gilt das Suaheli der allgemein gebräuchlichen Umgangssprache des ZanzibarDialektes. Die Beantwortung folgender Fragen ist in erster Linie erforderlich : 1. Welche lautlichen Schwierigkeiten enthalten die arab. Wörter für den Suaheli ? 2. Wie überwindet der Suaheli diese Schwierigkeiten ? 3. Welche Sonderheiten der arab. Wörter erleichtern die Einbürgerung solcher Fremdworte im Suaheli ? I Ich glaube um so mehr, mich auf das unbedingt Erforderliche beschränken zu können, als die eigentlichen lautlichen Feststellungen durch M e i n h o f bereits zur Genüge erfolgt sind. Wichtig sind für diese Arbeit in erster Linie M e i n h o f s Aufsätze: Linguistische Studien in Ostafrika, M.S.O.S., Bd. 7 S. 209—216; ferner: Was sind emphatische Laute und wie sind sie entstanden? Z. E . S. 1920/21 S. 81—106 und die Abschnitte im „Grundriß einer Lautlehre der Bantusprachen" 2. Aufl. (S. 104ff.). Wichtig ist der Aufsatz von P a n c o n c e l l i - C a l z i a : Experimentalphonetische Untersuchungen Z. E . S. 1920/21, S. 184. Die Benutzung von G a i r d n e r s Buch: „ T h e Phonetics of Arabic" ist wegen der von M e i n h o f und C a l z i a häufig abweichenden phonetischen Terminologie etwas erschwert. An einigen wenigen Stellen habe ich, weil es mir erforderlich erschien, auf ihn verwiesen. — Bedeutsam sind auch die älteren Arbeiten von W a l l i n : Über die Laute des Arabischen und ihre Bezeichnung, Z. D . M . G . 1855 S. 46—53 und S. 64 sowie von L e p s i u s „Standard Alphabet" S. i84ff.

I V . Zur Lautlehre



Bei B e a n t w o r t u n g der ersten F r a g e ergeben sich dreierlei A r t e n von Schwierigkeiten. D i e W ö r t e r arab. U r s p r u n g s enthalten: A . dem Suaheli u n g e w o h n t e und h a b e n :

Laute,

B. u n g e w o h n t e L a u t v e r b i n d u n g e n ; C . konsonantischen A u s l a u t . A. Die ungewohnten

Laute.

§ 23. Die d e m Suaheli u n g e w o h n t e n L a u t e des A r a b i s c h e n sind vor allem die „ e m p h a t i s c h e n " L a u t e und einige F a u k a l Laute. Die ersteren führen ihre B e z e i c h n u n g deshalb, weil m a n sie sich als mit besonderem N a c h d r u c k ( E m p h a s e ) hervorg e b r a c h t vorstellte. Phonetische U n t e r s u c h u n g e n haben ergeben, d a ß die A r a b e r bei H e r v o r b r i n g u n g dieser L a u t e starke K o n traktion der M u s k u l a t u r a m Z u n g e n b e i n bewirken, wobei die H i n t e r z u n g e etwas gehoben und der K e h l d e c k e l „ h e r u n t e r g e k l a p p t " wird. M a n nennt diesen V o r g a n g K e h l p r e s s u n g . D a s G e m e i n s a m e der emphatischen L a u t e ist diese K e h l p r e s s u n g , also die A r t i k u l a t i o n s a r t , nicht die A r t i k u l a t i o n s s t e l l e . D i e emphatischen L a u t e sind, phonetisch definiert: stimmlose alveolare F r i k a t i v a mit

Kehlpressung,

J» stimmlose alveolare E x p l o s i v a mit K e h l p r e s s u n g , Jp stimmhafte interdentale F r i k a t i v a mit K e h l p r e s s u n g , Ii stimmhafte interdentale Explosiva mit K e h l p r e s s u n g , J, stimmlose postvelare ( G a i r d n e r „ u v u l a r e " ) E x p l o s i v a mit K e h l p r e s s u n g . ( Z u yj> u. J> s. unten und §§ 43 und 44b.) Die Artikulationsstelle des J» s c h w a n k t etwas je n a c h den Dialekten. —• In vorstehender U b e r s i c h t ist die A u s s p r a c h e des Dialektes von O m a n z u g r u n d e gelegt. In andern D i a l e k t e n findet sich statt interdentaler addentale und s o g a r alveolare A u s s p r a c h e von Jp und A u c h wird in einigen D i a l e k t e n wie z. B . in O m a n 1 zur Explosiva und k zur F r i k a t i v a 2 . D a h e r im S u a h . neben zaifu auch daifu. 1 R e i n h a r d t , a. a. O. S. 5. 2 G a i r d n e r führt Ii nur als Frikativa auf S. 15.

IV.

Zur Lautlehre

31

Die Kehlpressung findet sich auch bei ^ und ¿ 1 , d. s. gehauchter Einsatz 2 und gepreßter Ein- und Absatz, und bei ¿, der stimmhaften velaren Frikativa. Die stimmlose velare Frikativa £ sowie die stimmlose und stimmhafte interdentale Frikativa und i sind dem Suah. nicht so wesensfremd wie die emphatischen Laute. § 24. Die arabischen Fremdworte sind natürlich nicht immer in ihrer klassischen Form bzw. Aussprache in das Suaheli eingedrungen, sondern mitunter im dialektischen Gewände. Die Dialekte haben aber oft eine stark abweichende Aussprache. So spricht man z. B. im Syrisch-Ägyptischen i wie d oder z, nicht wie s, sondern häufig wie t, seltener wie s. Ebenso sprechen Perser und Inder O in Wörtern arabischen Ursprungs wie s. > und J » sprechen die Perser stets wie z aus. r wird im Oman-Dialekt nicht wie dz, sondern wie g gesprochen. In südarabischen Dialekten werden Jp und ¡0 meist zu Interdentalen, wobei die Zunge nicht nur die Zähne, sondern sogar die Oberlippe berührt. Es darf nicht wundernehmen, daß das Suah. statt der klassischen zuweilen die dialektischen Formen übernommen hat. — Wenn also > im Suah. mitunter zu d geworden ist (z. B. in shida „selten" oder ladu „Pfefferkuchen"), so hat wahrscheinlich nicht das Suah. > zu d werden lassen, sondern die Formen sind dialektisch begründet. Das gilt nicht nur für die Veränderung von Lauten, sondern auch für die Umbildung von Wörtern. Aus wird das Suah. Wort jozi. Die Metathesis ist aber nicht durch das Suah. bewirkt; vielmehr findet sich bereits in arab. Dialekten „Metathesis . . . in Fernstellung . . zwischen Zischlauten und Palatalen 3 ". § 25. a) Betrachten wir zunächst die Umbildung der emphatischen Laute im Suah. Der islamisierte bzw. gebildete Suaheli behält die Kehlpressung gerne bei und spricht sadiki, vielleicht sogar sahihi, 'ashara, haki, tamaa. Die Volkssprache hat die Kehlpressung nicht angenommen; dagegen ist die 1 Vgl. P a n c o n c e l l i - C a l z i a :

Experimentelle Untersuchungen des £

im Arabischen. V o x 1 9 1 6 S. 4Öff. 2 G a i r d n e r nennt ^ und £ pharyngale Frikativa S. 1 5 . 3 Brockelmann,

Grundriß I S. 2 7 1 .

I V . Zur Lautlehre

32

eigentümliche interdentale bzw. labiale Artikulation von J> und k (wie im Südarabischen) im Suah. recht verbreitet. Jp wird also statt z meist nur z und k statt d nur d gesprochen. D a £ aber mitunter Frikativa werden kann, findet sich auch hierfür die Aussprache z. So hört man farazi, fezaha, zoruba, awizi, azima, baazi. — Bei viel gebrauchten Worten werden und J» einfach zur stimmhaften Frikativa z, und man spricht feza, ramazan (s. o. zaifu und daifu). b) Wird bei die Kehlpressung beibehalten, so ergeben sich dadurch zuweilen eigenartige Bildungen. „ D i e Muskelkontraktion am Zungenbein (bei der Kehlpressung) beeinflußt die Hinterzunge und damit den V o k a l k l a n g " ( M e i n h o f ) . Das verleitet dazu, den auf die Kehlpressung folgenden V o k a l als Hinterzungenvokal zu hören, auch wenn es sich um i oder a handelt, oder anzunehmen, es würde ein Hinterzungenvokal vor i (oder a) gesprochen. Darum enthalten die Wörterbücher solch irrige Formen wie binsuiri < arab. j ^ - ? = binsir „ R i n g finger" (wegen subiri s. § 69a) und haswa < arab. ^y^-1. § 26. a) „ B e i der Aussprache des £ wird im Suah. in der Regel nur fester Ansatz gesprochen" ( M e i n h o f 2 ) , z. B. in 'askari, 'abiria, 'abudu, 'umri, ' idi, 'ilmu. In wenigen Fällen wurde der harte Einsatz zum gehauchten Einsatz, z. B. harusi (statt 'arusi), harufu (statt 'arufu), hatiya (statt 'atiya). Wahrscheinlich sind dies Analogiebildungen, da z. B. neben harufu „ G e r u c h " ein herufu „ B u c h s t a b e " vorkommt, in welch letzterem Wort das h berechtigt ist, weil es stammhaft ist. Bemerkenswert ist aisha, Abendgebet. Das Wort geht zurück auf Aixs. Der gepreßte harte Einsatz ist von Europäern verhört worden als a. Diese etymologisch falsche Form, die in die Suah.-Wörterbücher eingedrungen ist, konnte nur entstehen, weil es neben ^UL» noch ein aesha (esha, ishi) „leben, dauern" von gibt. 1 In den dem Suah. verwandten Komoren-Dialekten scheint tatsächlich nach yj> und -k (s. § 52) ein Hinterzungenvokal gebildet zu werden. Jedenfalls sagt M. H e e p e : „ Z u r Aussprache ist zu bemerken, daß ¡J> sehr oft und k bisweilen mit nachfolgendem u bzw. w gesprochen werden; wie z. B.

in swadiki, waswili, swaburi, suluiwani" (a. a. O. S. 47). 2 Grundriß S. 104.

IV. Zur Lautlehre

33

b) A u c h im I n l a u t fällt bei £ die Kehlpressung weg, doch tritt für £ ein V o k a l ein, und zwar der gleiche, der dem festen A n s a t z v o r a u f g e g a n g e n ist. In vielen Fällen wird der für £ eingefügte V o k a l gedehnt, nämlich dann, wenn er in der vorletzten Silbe steht, da der Starkton (den im Suaheli die vorletzte Silbe trägt) die Tonsilbe dehnt. D a s Auftreten eines neuen V o k a l s findet wohl seine Erklärung darin, d a ß das £ im Inlaut als Konsonant empfunden wird. Ohne E i n f ü g u n g des neuen V o k a l s würden — für die A u f f a s s u n g der Suaheli — zwei Konsonanten unmittelbar aufeinander folgen. Solche Lautverbindungen löst aber der Suaheli fast stets durch Sproßvokale auf (vgl. § 36—39). So wird also:

.' -

j -

^^aju = ma na zu iiijsuc = marifa

maana,

zu

maarifa,

= ycCrii zu yaani iXsu = bäda zu baada, •! = ne'ma zu neema. Weitere Beispiele: Shaaban, maarufu, maalum, saari, saada. N a t u r g e m ä ß werden die beiden unmittelbar aufeinander folgenden V o k a l e beim schnellen Sprechen und in viel gebrauchten Wörtern häufig kontrahiert, so z. B. in dem stereotypen bado „ n o c h nicht" aus: JM = ba du\ desgleichen hört man yani statt yaani. c) In vorstehenden Fällen handelt es sich um vokalloses (ruhendes) £. Ist das £ mit V o k a l versehen, so bleibt natürlich der V o k a l unter Auslassung des Kehldrucks, und es wird: = sa a zu saa, ^.»i = na am zu

naam,

= ta abu zu taabu, ¿JJ-J = raia Bei

zu raya.

schwankt die Aussprache zwischen mu alim,

mualimu

und mwalim. (vgl. § 33). d) Im A u s l a u t wird £ fast stets unterdrückt, und so wird ^ J i = shibai > shiba. Auslautendes £ war in robo, arba, 3

34

I V . Zur Lautlehre

saba u. a. Seltener tritt für £ im Auslaut ein V o k a l ein, so daß man auch sabaa, arbaa, tamaa (neben saba, arba und tama) hört. § 27. a) D a im Suah. £ die Kehlpressung verliert und dafür nur fester Einsatz gehört wird, ist £ identisch geworden mit * = Hamz, welches Zeichen (aus £ entstanden) ja festen Stimmansatz bezeichnet. Infolgedessen kann man aus den Lehnwörtern des Suah. nicht mehr erkennen, ob die arabische Grundform £ oder •» enthält. Darum werden im Suah. Wörter lautlich identisch, die im A r a b . deutlich auseinander gehalten werden, so z. B. ila „ a u ß e r " (aus und ila „ M a n g e l , D e f e k t " (aus ferner amrisha „befehlen" (aus y»\) und amrisha „prosperieren" (aus (s. a. adabu S. 29 A n m . 1). Der islamische und gebildete Suaheli hält natürlich die Worte auseinander, wie er auch deutlich zwischen ku-saliti (aus k l u ) „unnachgiebig sein" und kusaliti (aus Ci-J-w) „verraten" unterscheidet. b) Der feste Stimmeinsatz wird im Suah. nicht bezeichnet. * war im A n l a u t folgender Wörter: abadan, amri, afadhali, ila, ujira u. a. In einigen Fällen ist der feste Einsatz durch weichen Einsatz ersetzt, der dann von Europäern in gehauchten Einsatz verhört wurde, so z. B. wohl in hanisi statt ^^uil = 'anisa, oder es sind Analogiebildungen (s. § 26a). c) Im I n l a u t wird * gleichfalls durch weichen Einsatz ersetzt, bleibt also unbezeichnet, und so wird = ftPida zu faida. So erklären sich auch die Formen daiman, tarehe, kana, rast. d) * im A u s l a u t wird nicht gesprochen. So wird > = dawa einfach > dawa, iUa- = haya > haya. Andere Beispiele sind hewa, dua, halwa, sawa. § 28. £ wird im Suaheli unter A u f g a b e der Kehlpressung (s. § 26 a) zu y, also yali, yafla, yorfa. Desgleichen wird h zu k, also £ > wakati, kabla. Weiter wird s zu s, also sahani.

>

, so in bunduki,

wie in sauti, sanduku,

kadri, safi,

Ferner wird t zu /, also ^ > Cj, z. B. in tamaa, tayari, taraza. (Betreffs taa s. § 52.) Das gepreßte h wird zum gehauchten Einsatz, also £ >

IV. Zur Lautlehre

35

und so ist die übliche Aussprache: hata, asubuhi, haba, hali, haraki u. v. a. § 29. Nicht einheitlich ist die Aussprache der Velaris % bei den Suaheli. Die richtige Aussprache dieses Lautes fällt vielen Nichtarabern, z. B. uns Deutschen, nicht schwer, und auch der Suaheli kann % unschwer aussprechen. Darum hört man im Suah. den strittigen Laut in manchen Fremdwörtern wie im Arab. ausgesprochen, und zwar oft, wenn er im Inlaut steht: rayisi, oder wenn ein anderer Konsonant unmittelbar folgt: ru%sa\ hauptsächlich aber dann, wenn es Koranworte sind: a%era, ayiri. A u c h im A n l a u t kann man % hören, wie in yabari, yitilafi, %atari, yamsa und %amsin. Bestehen von einem Lehnwort, das % enthält, zwei Formen nebeneinander, nämlich die arabische und eine stark suahelisierte, so wird die arabische Form mit die suahelisierte Form mit h gesprochen, so z. B. yutba und hotuba. Im allgemeinen geht die Tendenz des Suaheli dahin, das % durch h zu ersetzen, und man hört meist nur hema, hasa, hasara, haribu, halafu aussprechen. § 30. Nicht schwer fällt dem Suaheli auch die Aussprache der stimmlosen und stimmhaften interdentalen Frikative £ und z, obwohl auch hier die Tendenz dahin geht, sie durch j und z zu ersetzen. Z. B. werden die viel gebrauchten Wörter „ A c h t e l " und „ G o l d " fast ausschließlich sumni und zahabu ausgesprochen. Jedoch wird dadurch, daß beinahe das ganze Suaheli-Sprachgebiet jetzt unter englischer Oberhoheit steht, s und z dem Engländer durchaus vertraute, ja unentbehrliche Laute sind und die junge Generation der Suaheli in den Schulen Englisch lernen, also interdentale Laute sprechen muß, die arabische Aussprache der Lehnwörter, die s oder z enthalten, wieder üblich und darum th und dh in der Umschrift unentbehrlich. § 31. Dem Suaheli nicht fremd, aber doch auch nicht identisch mit einem seiner Laute ist das in vielen Lehnworten vorkommende ¿r. £ ist stimmhafte alveolare Explosiv-Frikativa und wäre mit dz zu umschreiben, ist also nicht identisch, aber doch sehr ähnlich dem Suaheli-Laut dj. Nun ist wohl ¡r der arabische Laut, dessen Aussprache 3*

I V . Zur Lautlehre

36

innerhalb des arabischen Sprachgebietes am meisten schwankt, was Veranlassung gegeben hat zu zahlreichen Untersuchungen bzw. Aufsätzen über diesen Laut. Für vorliegende Arbeit ist hauptsächlich von Wichtigkeit die Aussprache des £ in den Gebieten, von denen anzunehmen ist, daß von hier Beziehungen zur Ostküste Afrikas bestanden. Im Oman-Dialekt wird (nach R e i n h a r d t S . 4 ) 1 £ „trocken und vorne im Munde gesprochen", also einfach wie g. Bei einigen Stämmen Omans soll es mit einer kaum bemerkbaren Hinneigung zu dj gesprochen werden. Im Persischen wird es meist z gesprochen, also fast wie j in französisch journal. Im Süd-Arabischen wird (nach L a n d b e r g , Glossaire, p. 258—259) „¡r prononcé i, y. En Hadramaut £ = j y est assez commun; on trouve dans les lettres publiées par v. d. B e r g < Selon M e i s s n e r on prononce dans le Negd le £ comme y". Vorstehendes erklärt wohl zur Genüge, daß auch im Suaheli die Aussprache des £ Schwankungen unterliegt und wir Übergänge finden von dz zu dj, j (letzteres hier wie deutsches j). Vielleicht kann man sagen: £ wird im Suah. meist wie dj gesprochen, da im Suah. selbst dieser Laut vorkommt. Es wird fast ausschließlich wie dj gesprochen, wenn es im Inlaut steht; anlautendes £ wird oft zu j. V g l . hierzu die Wörter: haja, hija und jahazi, jumla. Wenn sich vereinzelt ein Wort findet, in dem £ wie g gesprochen wird, wie z. B. ginsi < (das übrigens griechischen Ursprungs ist; vgl. lat. genus) oder figili, shemegi, so erklärt sich dies daraus, daß das Wort aus einem arab. Dialekt entlehnt ist, in dem, wie im Oman, £ zu g geworden oder ursprüngliches g erhalten ist. U n d wenn wir im Suah. redjea und regea, jambia und gambia hören, so beweist das Nebeneinander beider Aussprachen, daß das Wort in klassischer und dialektischer Aussprache eingedrungen ist. § 32. Im Persischen und Hindi findet sich die stimmlose alveolare Explosiv-Frikativa £. A u s beiden Sprachen sind Wörter, die diesen Laut enthalten, ins Suah. eingedrungen. Ihre Einbürgerung bot keine Schwierigkeit, da die stimmlose alveo1 s. Literaturübersicht.

I V . Zur Lautlehre

37

lare Explosiv-Frikativa ja auch im Suah. vorkommt. (Zur Pluralbildung solcher aus dem Persischen und Hindi stammenden Wörter vgl. § 59b.) Die

ungewohnten

Lautverbindungen lösung.

und

ihre

Auf-

§ 33. A u ß e r den vorstehend charakterisierten lautlichen Schwierigkeiten, die die aus dem Arabischen entlehnten Worte für den Suaheli enthalten, bieten sie weitere Schwierigkeiten durch ungewohnte Lautverbindungen, nämlich: 1. Konsonantenverdoppelung (d. h. L ä n g u n g des Konsonanten). 2. Konsonantenhäufung (Zusammentreffen von zwei oder mehr verschiedenen Konsonanten). Die Konsonantenlängung ist im Arabischen ein wesentliches Mittel zur Modifizierung der Bedeutung eines Verbums, während dies im Suah. (bei Bildung der abgeleiteten Verba) nur durch Endungen geschieht. So heißt arab.: katala ,,er tötete", dagegen kattala ,,er ließ töten", 'alima „er wußte", dagegen 'allama ,,er machte wissen", d. h. er lehrte. Dieser arabische Verbalstamm mit L ä n g u n g des mittleren Konsonanten und kausativ-intensiver Bedeutung (als Stamm 2 bezeichnet) ist vom Suah. oft entlehnt worden, aber unter Vereinfachung der Doppelkonsonanz, d. h. der Suaheli längt die Konsonanten nicht. Darum wird das auf oben angeführtes 'allama zurückgehende part. act. mu'allimun „ L e h r e r " im Suah. zu mu alimu > mualimu (mwalimü), vgl. § 26c. A u c h viele arab. Nomina mit Tesdid (Konsonantenverdoppelung) werden im Suah. mit einfachem Konsonanten gesprochen wie bara, feza, haki, homa. Nur in Wörtern, die noch als Fremdworte empfunden werden, wird Tesdid gesprochen und darum auch besser Doppelkonsonant geschrieben (Allah, Umma), während in allen anderen Fällen im Suaheli nur ein Konsonant zu schreiben ist. § 34. N i c h t a l s K o n s o n a n t e n h ä u f u n g e n g e l t e n d i e V e r b i n d u n g e n von N a s a l e n mit K o n s o n a n t e n , da die N a s a l e n i c h t als e i g e n t l i c h e , s o n d e r n als s o n o r e K o n s o n a n t e n ( K l ä n g e ! ) a n z u s e h e n sind.



IV. Zur Lautlehre

Während der Suaheli Konsonantenverbindungen in den Fremdworten fast stets durch Sproßvokal unwillkürlich und unbewußt auflöst, behält er die Nasalverbindungen bei, da ihm solche aus seiner Sprache durchaus vertraut sind. Es findet sich n + Kons, in: bunduki, chendarua, hundi, m + Kons, in: amri, ambari, dhambi, pamba, embe, jambia. Allerdings ist das m in diesen Wörtern (mit A u s n a h m e von amri) aus ursprünglichem n entstanden. § 35. Im A r a b . kann der Artikel al zuweilen so vollständig mit dem N o m e n verwachsen, daß er als Bestandteil desselben empfunden wird. Solche mit Artikel verwachsenen arab. Nomina sind auch ins Suah. eingedrungen. D i e V e r b i n d u n g a u s / d e s A r t i k e l s und k o n s o n a n t i s c h e m A n l a u t des N o m e n s gilt g l e i c h f a l l s n i c h t a l s K o n s o n a n t e n h ä u f u n g , die durch Sproßvokal aufzulösen ist. D a r u m findet sich elhamdii1, al%amisi. D a s / des Artikels kann sich im A r a b . einigen Konsonanten assimilieren. Es entsteht dann Doppelkonsonanz. D a Doppelkonsonanz im Suah. vereinfacht wird, ist der Artikel nur noch aus dem vokalischen A n l a u t zu erschließen: asubuhi, adhuhuru. — Die Fälle, d a ß Nomina mit Artikel vom Suah. übernommen wurden, sind nicht häufig. Meist bleibt der Artikel w e g , selbst bei Wörtern, die im A r a b . stets mit Artikel gebraucht werden, wie dhahabu und korani. N u r die N a m e n der Tageszeiten haben stets den A r t i k e l : alfajiri, alasiri. S. auch vorstehendes asubuhi und adhuhuru1. A u f l ö s u n g der

Konsonantenhäufungen.

§ 36. W i e bereits erwähnt, löst der Suaheli Konsonantenhäufungen durch Sproßvokale auf. Damit ist nicht gesagt, daß Konsonantenhäufungen nicht zuweilen — bei arabisierter A u s sprache — beibehalten werden, wie z. B. in ru%sa, sherti, stuka, askari, fordha. A b e r die von diesen Wörtern bestehenden Nebenformen ruhusa, shuruti, situka, asikari, forodha beweisen 1 Im älteren Briefstil werden die Anrede-Floskeln gleichfalls mit dem Artikel gebraucht, ohne daß die Suaheli sich des Artikels bewußt sind: elmuheb, elaziz. Weitere Beispiele bringt B ü t t n e r , Suaheli-Schriftstücke S. 3, 4, 6, 7 ff. elmuheb und elariz sowie das oben angeführte elhamdu beweisen, daß das a des Artikels häufig wie e gesprochen wird.

I V . Zur Lautlehre

39

die vorhandene Neigung zur A u f l ö s u n g von Konsonantenverbindungen, da im Suah. die Lautfolge Konsonant, Vokal, Konsonant, V o k a l usf. sein muß 1 . Durch welche Vokale werden die Konsonantenverbindungen aufgelöst ? In der Regel erfolgt die Wahl des Sproßvokals nach dem Gesetz der vollständigen Vokalassimilation: d u r c h d e n g l e i chen V o k a l , der der K o n s o n a n t e n v e r b i n d u n g v o r a u f geht oder n a c h f o l g t , wird die V e r b i n d u n g gesprengt. — Im ersteren Fall haben wir fortschreitende, im andern rückschreitende Assimilation. — Die Fälle f o r t s c h r e i t e n d e r A s s i m i l a t i o n überwiegen. Es wird aus: bahr(un) ba%t ahd barf fcah/wa kufl suds u. v. a.

> > > > > > >

bahari bahati ahadi barafu kahawa kufuli sudusi

nafs bikra yutba fitna sihr wakt suyl

> > > > > > >

nafasi bikira hotuba fitina shihiri wakati shughuli

§ 37. R ü c k s c h r e i t e n d e V o k a l a s s i m i l a t i o n kann vorliegen, wenn aus kadr kadiri wird. Wahrscheinlich wurde kadr zuerst zu kadri (wie häufig gesprochen wird). Das auslautende i, obwohl sekundär, bewirkte, daß in rückschreitender Assimilation i zwischen d und r erschien. Allerdings wäre auch möglich, daß das inlautende i durch den vorhergehenden lingualen Konsonanten hervorgerufen wurde. Ähnliche Fälle yurdz > horidji, akl > akili; ujira bildet die Nebenform ijira. — Nur wenige Nomina gehören hierher, dagegen viele Verba (s. § 66b). § 38. Zuweilen wird der Sproßvokal in Anlehnung an die Artikulationsstelle des vorhergehenden Konsonanten gewählt; namentlich Denti- und Bilabiale bewirken, daß als Sproßvokal u eintritt: habr > kaburi kibla ~> kibula kibr > kiburi 1 Die Neigung zur A u f l ö s u n g der Konsonantenhäufung ist auch im Vulgärarabischen vorhanden; vgl. S e i d e l , a. a. O. S. 12.



IV. Zur Lautlehre

labda nafs safr yafla

> labuda > nafusi (neben > safura > ghafula.

nafasi)

§ 39. Mitunter wird der Sproßvokal durch Transposition gewonnen, und zwar dann, wenn die entlehnten Nomina auf arabische Infinitive, die mit i anlauten, zurückgehen. Das anlautende i tritt im Suah. h i n t e r den ersten Konsonanten: iytilafu i%tari istaki

> > >

hitilaju hitari shitaki.

Bei diesen Wörtern handelt es sich um Infinitive, S t a m m V I I I ( s - § 79)- Die Infinitive von S t a m m I V werden in der Regel ohne Transposition des i (also mit Beibehaltung der Konsonantenverbindung) ü b e r n o m m e n : iftahi, ihsani, ikrari, islamu. — Die Beispiele zeigen, d a ß es sich u m wenig eingebürgerte Fremdwörter handelt. Transposition des i liegt auch vor bei den auf Nomina zurückgehenden W ö r t e r n : limu(ka) bilisi

<
i findet" ( B r o c k e l m a n n ) 2 . Dieser Satz gilt natürlich nicht etwa allein für aus1 im Arab.

2 Grundriß S. 145.

42

I V . Zur Lautlehre

lautendes i, aber er kann mit eine Erklärung sein für dessen Häufigkeit. — In gilgilani

ist i beispielsweise im Inlaut an Stelle

des u der klassischen Form ^Mii-lal eingetreten; ebenso heißt es jibni,

obwohl die arab. Grundform

ist-

§ 42. Auch der Endlaut u der Nomina ist nicht immer auf vorhergehende Labiale zurückzuführen, u kann infolge Abfalls des n der Maskulin-Endung u oder der Feminin-Endung -atun Auslaut geworden sein, zumal im Arabischen determinierte Nomina im Nominativ das n verlieren. Bei Suah.-Verben, die vom arab. Imperf. abgeleitet sind, ist auslautendes u durch das Tempus bedingt, da das arab. Imperfekt stets auf u enden muß. Darum haben so viele Verba des Suah., die auf das Arab. zurückgehen, als Schlußlaut u (das Genauere s. § 66b), wie: jibu, fahamu, shukuru, haribu, jaribu u. v. a. Bei manchen Lehnwörtern finden wir als Auslaut a. — Solche gehen meist auf arab. Feminina zurück, deren Endung, wie erwähnt, -atun ist. Die Silbe tun wird bereits im Arab. (d.h. in der Sprechsprache) unterdrückt, und so haben schon im Arab. die Feminina vokalischen Auslaut: sifa, suria, shaba, shuka, safura, für aha. D i e V o k a l e in d e n

Fremdwörtern.

§ 43. Im Anschluß an die Erörterung über die Sproß- und die an Nomina angehängten Vokale mögen noch einige Bemerkungen über die Vokale in den Fremdwörtern folgen. Während die arab. Schrift für die Vokale nur 3 Zeichen kennt, hat das gesprochene Arabisch die Vokalreihe a, o, o, ö, 4, e, i, ü, u. Diese Vokalreihe wird im Suah. reduziert auf a, o, u, e, i. Nun ergibt sich ein wesentliches Moment. Diese fünf Vokale werden im Schriftbild des Suah., wenn es mit lateinischen Buchstaben geschrieben wird, wie es in jetziger Zeit allgemein üblich ist, f e s t g e h a l t e n , während im Arab. die Modifizierung der Vokale nur in der gesprochenen Sprache erfolgt; im S c h r i f t b i l d erscheinen immer nur die Vokale i, u, a (wenn überhaupt vermerkt). W a s im A r a b . N u a n c e i s t , e r s t a r r t im S u a h . z u f e s t e r Form. kann gelesen werden: hikäya, oder bei Berücksichtigung der Modifizierung des i durch die benachbarten

I V . Zur Lautlehre

43

Konsonanten: hekäya. — So erklärt sich das Nebeneinander von tarihi und tarehe, von Suahili und Suaheli, von Muhammad und Mohammed u. v. a. Die Beispiele zeigen, daß ein b e n a c h b a r t e r g e p r e ß t e r L a u t den U b e r g a n g von i zu e, von u zu o b e w i r k t . § 44. Will man die Modifizierungen der arab. Vokale im Suah. in Regeln kleiden, so kann man etwa formulieren: 1. L a n g e s u in offener Silbe wird s t e t s zu o. )y> > lozi;

> soko.

Weitere Beispiele: boma, bora, boriti, roho, mola, kofia, hodari, pori, joho u. a. 2. K u r z e s u wird o f t zu o, namentlich dann, wenn Preßlaute benachbart sind. ¿Liji > forodha\ > robo\ > homa. § 45. Die Diphthonge au und ai sind vielfach schon im Arab. zu o bzw. e geworden und wurden in dieser Form vom Suaheli beibehalten. ai wurde e in hema, heri, hezi, deni; au wurde o in hofu, jozi. Wenn Vokalhäufungen (Diphthonge) in Fremdwörtern erhalten sind, so haben sie im Suah. doch nie den Charakter eigentlicher Diphthonge. Vielmehr hat das Suah. die Neigung, jeden Vokal gesondert zu sprechen, da die Bantu zwischen unmittelbar aufeinanderfolgenden Vokalen ausgefallene Konsonanten vermuten. In viel gebrauchten Wörtern wie shauri, bilauri, sauti, faida ist die Verschleifung allerdings so stark geworden, daß man Diphthonge zu hören glaubt. Für das Suah. gilt ein Gesetz, daß nach der Silbe, die den Starkton trägt, / meist ausfällt. Dieses Gesetz erstreckt sich auch auf Fremdwörter, darum tambuu statt tambulu „Betel" und karafuu statt (des ursprünglich Griechischen) karanfulu „Nelken", kamaa statt kamala < — Solche Auslassung des l in Fremdwörtern ist besonders häufig in der Suaheli-Poesie, in der sich sogar rasua für rasuli, rijaa für rijali und taa für taala findet1. 1 Beispiele aus Chuo cha Herkai.

Z. E. S. II S. 4, 8, 16, I I 3.

44

I V . Zur Lautlehre

N e b e n - und D o p p e l f o r m e n der

Fremdwörter.

§ 46. Eine erhebliche Zahl von Fremdwörtern weicht in den hier in Frage kommenden Lauten (Sproßvokal oder vokalischer Auslaut) von vorstehend skizzierten Regeln ab. Das kann verschiedene Gründe haben. Sind auch im Arabischen die Vokale meist genau festgesetzt, sei es lexikographisch oder weil sie formativen Charakter für die Flexion haben, so sind doch Fälle willkürlicher Anwendung nicht selten. Beispielsweise kann in jeder der Konsonanten mit a, i oder u vokalisiert werden, wonach sich berechnen läßt, wie groß unter Umständen die Zahl der Nebenformen sein kann. Das Suah. kann die Hauptform entlehnt haben oder eine Nebenform, ohne die feinen Bedeutungsunterschiede, die im A r a b . zuweilen zwischen verschieden vokalisierten Formen bestehen, erkannt zu haben. A n Doppelformen finden sich im Suah. u. a. jibali und jabali, mizmari und zumari, jaluba und jelba, nasha und nisha, kasarani und kisirani, ishirini und esharini, ujira, ijira und ujuru, sherti und sharti u. v. a.; s. § 61 1 . Die Nomina unter den Fremdwörtern können von arab. Infinitiven und Partizipien abgeleitet sein (vgl. hierzu § 68—70). Es können part. act. und part. pass. zugleich eingedrungen sein; dann ergibt sich neben einer mu- noch eine rna-Form. Oder es sind Sing, und Plur. entlehnt: sherti und shuruti. § 47. Bei Feststellung des Ursprungs der aus dem A r a b . entlehnten Worte gehen die §§ 4 — 1 0 erwähnten Arbeiten auf das klassische Arab. zurück. Nicht mit Unrecht, denn eine erhebliche Zahl von Lehnwörtern ist aus der Sprache des Korans eingedrungen. A b e r es gibt auch Formen, die nur zu erklären sind aus dem Vulgär- oder Dialekt-Arabisch. Wie konnte z. B. arab. nisfun im Suah. nusu werden ? Schon im Vulgär-Arab. ist aus dem klassischen nisfun (über nusfun) nusf geworden. 1 Wenn bei Verben Doppelformen vorkommen, dann handelt es sich um verschiedene Stämme eines Verbs, die gleiche oder ähnliche Bedeutung haben, wie taajabu Stamm V und staajabu Stamm X . (Die näheren Erläuterungen s. beim Verb § 65.)

IV. Zur Lautlehre

45

Da es unbequem ist, im Auslaut die Konsonantenverbindung sf sprechen zu müssen, wurde / wie im Vulgär-Arab. auch im Suah. unterdrückt, zumal das Suah. sehr häufig nusf in reduplizierter Form anwendet: nusnus „halb und halb". § 48. a) Wie in allen Sprachen, so finden sich auch im Suah. Fälle, in denen die Umformung von Fremdwörtern auf Volksetymologie beruht, marhaban läßt der Suaheli zu marahaba werden, nicht nur um die ungewohnte Lautverbindung zu vermeiden, sondern auch um die fremdartige Form auf zwei ihm sehr geläufige Worte zurückführen zu können (natürlich unbewußt): mara = Mal, haba = wenig. — Aus pers. särkar „ R e gierung" (aus sär = Kopf und kar = Arbeit, wörtlich also Kopf bzw. Haupt der Arbeit) wird im Suah. serkali. Daß kar zu kal wird, erscheint nicht auffallend, da in den Bantu-Sprachen r und l häufig w e c h s e l n W a h r s c h e i n l i c h hat man aber kar umgedeutet in kali,,scharf, streng", — Begriffe, die die Suaheli ja leicht mit Obrigkeit, Regierung gleichsetzen. Wenn Dolmetscher im Suah. mkalimani heißt, obwohl die Ableitung von „beredt" mkalamani erwarten läßt, so ist möglicherweise auch hierbei eine Angleichung an kali erfolgt, obwohl ein logischer Zusammenhang nicht besteht. b) Das Suah. hat ein Verb kubali — einwilligen. Das entsprechende arab. Verb heißt im Perfekt kabila, im Imperfekt ia-kbalu. Demnach (s. § 66 b) müßte das Wort im Suah. kabalu lauten oder bei Ableitung von einem Infinitiv kabulu. Ich vermag die Suah.-Form kubali nur aus volksetymologischer Umbildung zu verstehen, kabila war schon als viel gebrauchtes Nomen für „Volksstamm" im Suah. vertreten. Das Verb kabila formte man so um, daß ka durch ku (als dem Suah.-Präfix der Infinitive) ersetzt wurde. Zugleich machte man durch Vertauschung der Vokale aus bila bali; letzteres war ein bekanntes, viel gebrauchtes Wort und die Form kubali nunmehr verständlich und mundgerecht. c) Ähnlich dürfte fedhaluka „rote Koralle" entstanden sein. Im Arab. heißt rote Koralle o ^ t ^ w a s sich i m Suah. als 1 Durch diesen Wechsel von r und l erklären sich eine ganze Reihe von scheinbaren Nebenformen: suruali u. suluali „ H o s e " ; harusi u. halusi „Hochzeit"; hariri u. halili „Seide"; barawai und balawai „Schwalbe" (aus Pers.

46

I V . Zur Lautlehre

marijani findet. Ein Wort gleich fedhaluka findet sich im A r a b . nicht. — A b e r es gibt ein arab. Lehnwort Ji^"-» „süße Speise", das zurückgeht auf pers. » ^ k 1 „the purest and choicest part of anything" ( S t e i n g a s s ) . Das A r a b . ersetzt / durch / . Das Suah. läßt nun aber auch noch Metathesis eintreten, um das fremdklingende Wort an ein bekanntes Wort anlehnen zu können ( f e d h a = Silber). Dem Wort fedhaluka wurde in den Suah.-Wörterbüchern der enge Begriff „rote Koralle" gegeben; es hat die allgemeine Bedeutung: „etwas ganz besonders Schönes". § 49. a) Nicht auf Volksetymologie, sondern auf Anpassung an den eigenen Wortbau beruht es, wenn arab. kattän zu Suah. kitani wird, also für das stammhafte ka des Fremdwortes das Suah.-Präfix ki eintritt. Desgleichen, wenn pers. balingu zu suah. balungi wird, weil Fremdwörter meist auf i enden (vgl. §40). A u f Anpassung an den eigenen Wortbau beruht es wohl auch, wenn in mbaraka, mbangi, mbwana ein etymologisch nicht begründetes m erscheint. Verschiedene Gründe mögen das Auftreten des m bewirkt haben. Das Bantu ist so daran gewöhnt, b in Nasalverbindung zu sprechen, daß das Suah. auch bei Fremdwörtern, die mit b beginnen, den Anlaut unwillkürlich in eine Nasalverbindung bringt. Es könnte aber auch sein, daß die Stimmhaftigkeit des b etwas früher einsetzt als der Verschluß, und dieser V o r g a n g von Europäern verhört wurde als zwei getrennte Konsonanten. Oder es könnte (wie bei mbwana mkubwa sicherlich) sich um Analogiebildungen handeln. b) huruma „ M i t l e i d " soll nach M a d a n durch Metathesis aus ruhum „ E r b a r m e n " entstanden sein. — Ich vermag M a d a n nicht beizupflichten. Die Konsonanten-Folge rhm ist muhammedanischen Negern durch die häufige Wendung rahmani{r) rahim „barmherziger Erbarmer" (Sure 1 und Eröffnungsworte aller Suren) durchaus vertraut. W a r u m sollte der Suaheli deshalb nicht ruhum{a) sprechen wollen oder können, sondern Metathesis eintreten lassen ? — Ich möchte annehmen, daß hurum die arab. Grundform ist. hurum ist verwandt mit dem gleichfalls im Suah. vorkommenden haram „verboten". 1 B r ü n o w - F i s c h e r , Chrestomathie S. 95.

IV.

Zur Lautlehre

47

hururn d. i. plur. von bezeichnet den Zustand, in den die Mekka-Pilger eintreten, wenn sie das Pilgergewand angelegt haben, den Zustand des „Geheiligtseins", wörtlich Zustand des „Verbotenseins", d. h. den Pilgern ist allerlei verboten, u. a. zu töten. Sure 5, 1 heißt es: „ 0 ihr Gläubigen, tötet nicht das Wild, während ihr hurum seid". — Aus dieser Koran-Vorschrift, im Zustand des hurum nicht zu töten, entwickelte sich möglicherweise die Gleichsetzung: hurum sein und Mitleid haben 1 . V e r s c h i e d e n h e i t in d e r B e h a n d l u n g a r a b i s c h e r L a u t e im Z a n z i b a r - u n d M o m b a s a - S u a h e l i . § 50. Bei einer Sprache, die sich seit Jahrhunderten über einen 3000 km langen Küstenstreifen erstreckt, ist es selbstverständlich, daß sich eine Reihe von Dialekten herausbilden mußte 2 (vgl. hierzu § 12). Die übliche Einteilung ist in Nord- und Süd-Dialekte. Als Repräsentant der Nord-Dialekte gilt das Mombasa-, als Repräsentant der Süd-Dialekte das Zanzibar-Suaheli. Dem Mombasa- (genauer: dem Lamu-)Suaheli verdanken wir die alte Literatur, dem Zanzibar-Suah. die moderne Umgangssprache. Phonetische Unterschiede zwischen beiden Dialekten, die sich auf die Fremdwörter auswirken, müssen in vorliegender Arbeit besprochen werden. § 5 1 . Das Zanzibar-Suah. kennt nur alveolares t (aspiriert und nicht aspiriert). Der Mombasa-Dialekt hat zerebrales und dentales t, beide aspiriert und nicht aspiriert. Letzterem entspricht im Zanzibar-Suah. tz, während im ganz nördlichen Suaheli (der Bajun-Inseln) zerebralem t des Mombasa-Suah. tz entspricht. In der Lautentsprechung: Z.-Suah. tz M.-Suah. I liegt eine Möglichkeit, festzustellen, ob ein Wort ursprüngliches 1 Ich verweise auf den Aufsatz von J . G o l d z i h e r : Beiträge zur Volksetymologie, Ztschr. f. Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft 1888 S. 69—82, wo der Verfasser betont, daß die Völker morgenländischen Sprachgebietes überaus leicht fremde Worte und fremde Redeweise für die eigenen Idiome sich aneignen und sich zurechtlegen. 2 S a c l e u x ( a . a . O . Introduction p. I X ) zählt 9, S t i g a n d ( a . a . O . p. 3) 13 und die Daressalam-Denkschrift von 1926 sogar 18 Dialekte auf.

48

IV. Zur Lautlehre

Suaheli oder fremden Ursprungs ist. Hat ein Zanzibar-Wort, das tz enthält, auch im Mombasa-Dialekt tz, so handelt es sich meist um ein Wort fremden Ursprungs. Die Feststellung, ob es sich bei einem solchen Wort um den Laut tz handelt, wird allerdings durch die konventionelle Schreibung ch sehr erschwert. Denn ch wird zur Umschrift der Laute tj, tz und ts des Zanzibar-Dialektes gebraucht 1 . A u s der Schreibung läßt sich also nicht folgern, ob es sich um den hier in Betracht kommenden Laut tz handelt; es bedarf darum genauer phonetischer Feststellungen, um schließen zu können, daß chache, chendarua, chapa Fremdwörter sein müssen. § 52. Im Zanzibar-Suah. finden sich die arabischen Zeichen 1», O und 2 durch alveolares t wiedergegeben; im MombasaSuah. wird dagegen O durch dentales t umschrieben. In der Mombasa-Literatur (das ist u. a. in den Veröffentlichungen der Church-Missionary-Society, in der Grammatik des MombasaDialektes von Mrs. Burt und im Wörterbuch von B i n n s ) wird dentales t durch t, aspiriertes dentales t durch t' bezeichnet. Wir finden also in diesen Drucken wakati, tarihi. A u c h i» wird meist durch dentales t wiedergegeben (so bei B i n n s : tamaa u. v. a.). Nun wird aber in Wörtern arab. Ursprungs im MombasaDialekt vielfach noch mit Kehlpressung gesprochen. Dadurch, daß hierbei die Hinterzunge etwas gehoben wird, kann der Eindruck entstehen, auf folge unsilbisches u, oder ein auf i» folgendes a würde 0. Darum glauben anscheinend einige Autoren, die Umschrift t für ^ genüge nicht. S t i g a n d 2 schreibt hierfür T (auch im Inlaut). Mrs. Burt gibt manchmal durch dentales aspiriertes t wieder (s. u.). Während im ZanzibarDialekt die drei verschiedenen Bedeutungen von taa bei der Schreibung nicht auseinandergehalten werden 3 , heißt im Mombasa-Dialekt: taa, Fisch (Nagel-Roche), taa, Lampe, f a a 4 , Gehorsam (für ¿Wi> vgl. § 26). 1 Und dem tj des Momb. entspricht Zanz. tj ich). 2 a. a. O. S. 4. 3 Bei sorgfältiger Aussprache wird hier allerdings auch aspiriertes und nicht-aspiriertes t unterschieden. 4 So bei Mrs. Burt, a. a. O. p. 229.

V. Zur Wortlehre

49

§ 53. Der Mombasa-Dialekt unterscheidet ferner zerebrales und dentales d, während im Zanzibar-Suah. ausschließlich alveolares d gesprochen wird. Im Mombasa-Dialekt wird arab. > zu dentalem ¿/und darum damu, deni, kadiri geschrieben. Auch das aus dem Hindi stammende dhobi „Wäscher" wird im Mombasa-Dialekt dobi geschrieben (so bei B u r t ; Binns schreibt dobi)\ im Zanzibar-Suah. wird einfach dobi geschrieben und gesprochen. § 54. Das r in Wörtern arab. Ursprungs wird im Z.-Suah. zu j oder dj (s. § 31). Dem j (phon. d f ) des Zanzibar-Dialektes in ursprünglichen Suah.-Worten entspricht im Mombasa-Dialekt y\ dagegen bleibt das aus ^ entstandene j (dj) der Fremdworte auch im Mombasa-Dialekt j.

V. Zur Wortlehre. Formantien

des A r a b i s c h e n

als

Suaheli-Präfixe.

§ 55. a) Die Einbürgerung arab. Worte im Suah. wurde begünstigt durch Formantien des Arab., die lautlich zusammenfallen mit Präfixen des Suah., darum von den Suaheli irrtümlich für Präfixe gehalten und als solche behandelt wurden. Das Suah. hat unter seinen Nominal-Klassen-Präfixen m(u), mi, ma. Diese Formantien finden sich auch im Arab., aber mit ganz anderen Funktionen als im Suah. B r o c k e l m a n n 1 nennt mu, mi, ma des Arab. „Präfixe". Ich vermeide absichtlich in dieser Studie die Bezeichnung Präfix für arab. um bei Nichtkennern des Arab. nicht die irrige Vorstellung aufkommen zu lassen, als ob diese Formantien gleichbedeutend seien mit den Nominal-Klassen-Präfixen des Suaheli. b) Im Arab. dient ma zur Bildung von Infinitiven (Verbalsubstantiven), von nomina loci et temporis, von Abstrakta und zur Bildung des part. pass. von Stamm I (vgl. § 75 a )- Da Infinitive und Partizipien im Arab. als nomina deverbalia gelten, war natürlich, daß man das ma in diesen Bildungen als Präfix im Sinne der Bantu-Sprachen auffaßte und dazu entsprechende Singulare bzw. Plurale schuf. V e l t e n 2 sagt: die aus 1 Grundriß, Bd. I S. 375. 2 Praktische Suaheli-Grammatik S. 17. 4

V. Zur Wortlehre

49

§ 53. Der Mombasa-Dialekt unterscheidet ferner zerebrales und dentales d, während im Zanzibar-Suah. ausschließlich alveolares d gesprochen wird. Im Mombasa-Dialekt wird arab. > zu dentalem ¿/und darum damu, deni, kadiri geschrieben. Auch das aus dem Hindi stammende dhobi „Wäscher" wird im Mombasa-Dialekt dobi geschrieben (so bei B u r t ; Binns schreibt dobi)\ im Zanzibar-Suah. wird einfach dobi geschrieben und gesprochen. § 54. Das r in Wörtern arab. Ursprungs wird im Z.-Suah. zu j oder dj (s. § 31). Dem j (phon. d f ) des Zanzibar-Dialektes in ursprünglichen Suah.-Worten entspricht im Mombasa-Dialekt y\ dagegen bleibt das aus ^ entstandene j (dj) der Fremdworte auch im Mombasa-Dialekt j.

V. Zur Wortlehre. Formantien

des A r a b i s c h e n

als

Suaheli-Präfixe.

§ 55. a) Die Einbürgerung arab. Worte im Suah. wurde begünstigt durch Formantien des Arab., die lautlich zusammenfallen mit Präfixen des Suah., darum von den Suaheli irrtümlich für Präfixe gehalten und als solche behandelt wurden. Das Suah. hat unter seinen Nominal-Klassen-Präfixen m(u), mi, ma. Diese Formantien finden sich auch im Arab., aber mit ganz anderen Funktionen als im Suah. B r o c k e l m a n n 1 nennt mu, mi, ma des Arab. „Präfixe". Ich vermeide absichtlich in dieser Studie die Bezeichnung Präfix für arab. um bei Nichtkennern des Arab. nicht die irrige Vorstellung aufkommen zu lassen, als ob diese Formantien gleichbedeutend seien mit den Nominal-Klassen-Präfixen des Suaheli. b) Im Arab. dient ma zur Bildung von Infinitiven (Verbalsubstantiven), von nomina loci et temporis, von Abstrakta und zur Bildung des part. pass. von Stamm I (vgl. § 75 a )- Da Infinitive und Partizipien im Arab. als nomina deverbalia gelten, war natürlich, daß man das ma in diesen Bildungen als Präfix im Sinne der Bantu-Sprachen auffaßte und dazu entsprechende Singulare bzw. Plurale schuf. V e l t e n 2 sagt: die aus 1 Grundriß, Bd. I S. 375. 2 Praktische Suaheli-Grammatik S. 17. 4

V. Zur Wortlehre

dem Arab. in i h r e m S t a m m m i t ma beginnenden Wörter". Diese Formulierung ist unrichtig. Nur in ganz wenigen Fällen ist ma stammhaft (maiti, mahari). In den meisten Fällen (beispielsweise bei allen Wörtern, die V e l t e n S. 17 anführt) ist ma Formans. „Diese Nomina (die ma präfigieren) . . . sind . . . eigentlich aus Nebensätzen hervorgegangen . . . So wird aus: mä Ii, mä laka usw. ,,was mir usw. gehört" ein Nomen mäl, Besitz, abstrahiert" 1 (Suah. malü). So entstanden sind auch mabakia, Überreste, aus „was übrig ist", und madama, „während", aus fbto „was dauert". c) Von den ins Suah. eingedrungenen mit ma beginnenden arab. Worten gehen zurück auf I n f i n i t i v e : maarifa, madhebi Sekte, marhamu Salbe, marijani, masaibu Bestimmung, masarifu Proviant, mathali Beispiel, u. a. P a r t i z i p i e n : maalum, maarufu, Mabruki, madhubutu, majuni Opium- oder Hanfkuchen, maakuli u. a. N o m i n a l o c i sind magharibi, mashriki, manzili, makaburi, mahali, meskiti u. a. N o m i n a t e m p o r i s : maisha, maulid Geburtstag. Das Suah. hat arab. ma verstümmelt zu m, d. h. in ein anderes Nominal-Klassen-Präfix umgebildet in mnara und mzaha, da sie inhaltlich (nach Auffassung der Suaheli) in diese Klasse gehören (vgl. hierzu § 60). Uber das Suah.-Präfix ma vor arabischen Stämmen vgl. § 6od. § 56. a) Das Formans mi, „eine Ablautvariante von ma" ( B r o c k e l m a n n ) , bildet im Arab. vornehmlich nomina instrumenti, nomina temporis und Verbalsubstantive. Von den mit mi gebildeten Verbalsubstantiven ist im Suah. nur vertreten: mirathi2 Erbe. Von den nomina temporis findet sich (wenig gebraucht, meist nur in Verbindung mit den Namen Jesus oder Muhammed) miladi2

Geburtsjahr.

1 B r o c k e l m a n n , Grundriß I S. 375. 2 B r o c k e l m a n n , Grundriß I S. 379.

V.

Zur Wortlehre

51

V o n nomina instrumenti sind vertreten: misumari mizani mithkali mijeledi mideki miwani misuaki

Nagel von » mit Nägeln befestigen, Wage ,, ¿¿¿5 wägen, Gewicht ,, J-ÄJ schwer sein, wiegen, Peitsche ,, schlagen, Ladestock ,, ¿O laden, Brille ,, o^6, A u g e , (¿¿1® ?, jemd. ins A u g e fassen) Zahnbürste ,, ¿fL* reiben.

Hierher gehört auch mikasi Schere, das aber im Suah. das mi zugunsten des ma als Dual-Präfix aufgeben mußte. b) Das Formans mi erschien den Suaheli als Plur.-Präfix, und sie bildeten von den nomina instrumenti (von den Verbalsubstantiven und den nomina temporis war es nicht gut möglich) einen dem Suah. entsprechenden Singular, so daß sich ergibt von den als Plural empfundenen Worten: misumari mideki mijeledi misuaki

der Singular ,, ,, ,, ,, ,, ,,

msumari, mdeki, mjeledi, msuaki.

mdeki hat die ursprüngliche Form mideki fast ganz verdrängt. — Statt mdeki kann man auch ndeke hören, da der Nasal sich der Artikulationsstelle des Konsonanten assimiliert und die Nasalverbindung nd im Suah. sehr häufig ist. In die mu-mi-Klasse wird auch mtihani eingruppiert, obwohl m hier kein Formans, sondern stammhaft ist. § 57. Mit dem Formans mu werden im Arab. Partizipien gebildet. Da die Partizipien im Arab. als nomina agentis bzw. patientis gelten, konnte bei den Suaheli leicht die A u f f a s s u n g entstehen, es handele sich um Substantive, und zwar um solche mit dem Präfix mu. •— Das Suah.-Präfix m(u) verliert in der Regel sein u. Dementsprechend verliert auch das mu arabischer Partizipien das u, und es wird im Suah. 1 musa ada > msaada murabba > mraba

Hilfe, Viereck,

1 Für die hierbei entstehenden Konsonantenhäufungen gilt das § 34 Gesagte.

52

V . Zur Wortlehre

musiba > msiba muräd > mradi

Unglück, Absicht, Wille.

Sogar das nom. propr. Musa „Moses" kann zu Msa werden, obwohl mu stammhaft ist; ebenso findet sich für Muhindi Mhindi. Persischen Worten, in denen mu stammhaft ist, ergeht es nicht besser: muhuri > mhuri Siegel, mumiya > mmiani Mumie, namuna > namna Art und Weise. Das u aus mu wird vor vokalisch anlautenden Stämmen unsilbisch. Auch das Partizipial-Formans mu muß es sich gefallen lassen, daß sein u zu u wird. Statt mu wird dann mw geschrieben: mwalimu, mwadhini Rufer zum Gebet, mwujiza Wunder. Neben den suahelisierten Formen arabischer Partizipien kann man auch die — in diesem Falle etymologisch allein berechtigten — Formen mit erhaltenem mu hören. S t a m m h a f t e S i l b e n der F r e m d w ö r t e r als S u a h . Präfixe. § 58. In den in § 55 bis § 57 dargestellten Fällen waren es immer F o r m a n t i e n der arab. Wörter, die als Suah.-Präfixe dienen mußten. Das Suah. hat sich nicht gescheut, auch s t a m m h a f t e S i l b e n der arab. Wörter, wenn sie irgendwie an Suah.-Präfixe erinnerten, als solche anzusehen und in sein Nominal-Klassen-System einzureihen. Mitunter hat es die erste Silbe der arab. Wörter sogar umgebildet, um sie in Übereinstimmung mit den Suah.-Präfixen zu bringen. a) Durch eine bemerkenswerte Umbildung ist ubani „Weihrauch" entstanden. Zugrunde liegt arab. lubbän. Die erste (stammhafte) Silbe lu fällt lautlich zusammen mit einem BantuPräfix lu, das manchen Bantu-Sprachen verloren ging oder — wie im Suah. — zu u verkümmerte. Das Suah. sah in lubbän ein Nomen mit /«-Präfix und stieß das l aus, so daß ubani entstand.

V.

Zur Wortlehre

53

b) Ebenso wie mit dem lu von lubbän verfährt das Suah. mit arab. Lehnworten, deren erste Silbe wu ist. Es hält dieses wu für das Bantu-Präfix z>«, mit dem Abstrakta gebildet werden. vu ist im Suah. zu u geworden. Demgemäß bildet das Suah. auch das arab. wu in u um und so wird wuzu wudzüd wulaid

> udhu > ujudi > Uledi

Kult-Waschung, Wesen, nom. propr.

c) Ferner vermutet das Suah. das vu-Präfix

in 1 ^ und

im Anlaut arab. Wörter, weil das «-Präfix vor Vokalen unsilbisch wird. In diesen Verbindungen ua und ui erscheint ihm dann u wichtiger als der Vokal. Es ließ « silbisch werden unter Elidierung des Vokals und so wurde zu Ulaya ¿uo^ zu usaha

Europa, Eiter.

Diese bemerkenswerte Umbildung war bei beiden Wörtern möglich, ja notwendig, weil sie begrifflich für den Suah. in die «-Nominalklasse gehören (als Ländername bzw. singulare tantum). Zuweilen lassen die P l u r a l e der aus dem A r a b . entlehnten Wörter erkennen, daß man Anlaut w als «-Präfix empfunden hat. Dem Sing.-Präfix u entspricht Plur.-Präfix ni (ny); also muß der Plural ny-akati Zeiten ny-araka Papiere

von uakati von uaraka

(wakati), (waraka)

gebildet sein. In die «-Klasse rechnet das Suah. auch alle arab. Wörter, die mit u beginnen, z. B. ushuru, ujira, umri {umurt), umma. Ob es diese Wörter nun als aus der lu- oder »«-Klasse hervorgegangen annimmt, läßt sich nicht immer mit Bestimmtheit sagen, da beide Klassen ja im Suah. zusammenfallen. § 59. a) A u c h Lehnwörter mit ki als erster Silbe wurden bedenkenlos in die mit ki- präfigierte Nominal-Klasse eingereiht, und von ihnen wurde dann der entsprechende Plural mit viPräfix gebildet. So finden sich

V.

54

Zur Wortlehre

ki-tabu Plur. vi-tabu Buch ki-biriti t > vi-biriti Streichholz ki-asi Preis (Wert) 1 j vi-asi vi-mo Maß ki-mo >y ki-riba 1 ) vi-riba Wasserschlauch ki-sua Anzug j > vi-sua vi-sasi ki-sasi Sühnegeld 1> vi-sa ki-sa Erzählung >> ki-tani (aus katani s. § 49 a) j > vi-tani ki-damu j » vi-damu B u g ki-buri Stolz j> vi-buri b) Folgt auf ki oder vi unmittelbar ein Vokal, so wird k palatalisiert, i aus vi aber unsilbisch, in der Umschrift wiedergegeben mit ch bzw. vy. Nun beginnen einige wenige Fremdwörter pers. und ind. Ursprungs mit diesem Palatal-Laut. Darum gehören sie nach A u f f a s s u n g der Suaheli in die ki-viKlasse, zumal sie auch begrifflich hier einzugruppieren sind. Sie bilden also zu: chendarua eherehe cherhani cheti

den Plur. vy-endarua, Moskitonetz ,, ,, vy-erehe, Schleifstein ,, ,, vy-erhani, Nähmaschine ,, ,, vy-eti. Zettel

Die W o r t a r t e n unter den

Fremdwörtern.

Substantiva. § 60. a) Neben den in 58—59 behandelten Fällen, in denen die erste Silbe der Fremdwörter als Präfix angesehen wurde, stehen die vielen Beispiele dafür, daß den Substantiven unter den Fremdwörtern ein Suah.-Präfix beigefügt wurde. Die Frage, in welche Nominalklasse die Fremdwörter einzugliedern seien, also welche Silbe zu präfigieren, war nicht schwer zu lösen. Das Suah. gruppiert die Dinge nach logischen Begriffen, die ohne weiteres auch auf fremde Dinge bzw. deren Namen anwendbar sind. Dabei hat das Suah. sozusagen eine „Sammelklasse", in der alles, was sonst nicht gut einzugruppieren ist, untergebracht werden kann (s. § 60 f). Uber die Zugehörigkeit der Fremdwörter zu den einzelnen Nominalklassen geben die Suah.-Grammatiken Auskunft. Nach-

55

V. Zur Wortlehre

stehende Übersicht soll nur zeigen, nach welchen punkten die Eingruppierung erfolgte. b) K l a s s e i Sing.: m(u) j 2 PI.: wa J

^

Gesichts-

Menschen_

a) u (aus mu) ist erhalten vor Faukalen: muhadim, muhasi „Kastrat". ß) u (aus mu) wird unsilbisch vor Vokalen: mwasi,, Aufrührer" mwarabu. y) u (aus mu) ist ausgefallen: mkalimani, mnadi „Auktionator". Im Plural tritt an Stelle von mu, mw, m stets wa. wahadim, waarabu, wakalimani. In diese mu-wa-Klasse gehören alle arab. Partizipien, die mit mu beginnen und Menschen bezeichnen. c) K l a s s e 3 Sing.: m(u) 1 Belebtes, aber nicht Persönliches, ,, 4 PI.: mi j vornehmlich Pflanzen. d) u (aus « « ) erhalten: muhindi „ M a i s " . ß) u (aus mu) unsilbisch geworden: mwaridi „Rosenstock". y) u (aus mu) ausgefallen: mlozi „ M a n d e l b a u m " , mtini „ F e i genbaum". Der Plural wird regelmäßig mit mi gebildet: milozi, mitini. In diese Klasse werden alle arab. Partizipien, die mit mu beginnen, eingeordnet, wenn sie Pflanzen bezeichnen, ferner alle mit mi beginnenden nomina instrumenti, von denen dann ein entsprechender Sing, mit m gebildet wird (s. § 56 b). Duale bzw. Dinge, die sich in 2 gleiche Teile zerlegen lassen (Früchte), Kollekd) K l a s s e 5 Sing.: Ii tiva, Abstrakta, Personen, deren Macht 6 PI.: ma (Größe), A m t (Ehren) betont, oder deren Auftreten in Mengen hervorgehoben werden soll. Das Singular-Präfix Ii fällt im Suah. meist fort; daher haben die Singulare der Fremdwörter, die hierhin gerechnet werden, kein Präfix. Duale: ma-arusi, Früchte: ma-embe, Kollektiva: ma-baki,

56

V . Zur Wortlehre

Abstrakta: Personen:

makadari, mashujaa, ma-amiri, ma-akide, ma-askari, ma-baharia, ma-abiria, ma-adui. In diese Klasse werden alle mit ma beginnenden Fremdwörter eingeordnet: maarifa, mahari (s. § 55b). e) K l a s s e 7 Sing.: ¿«ISitte, Art, Sprache, Werkzeuge, ,, 8 PI.: vif minutive.

De-

Sitte, Art:

ki-ulaya, ki-islamu, ki-masihiya, „christlich" (oft zur Umschreibung eines Adjektivs gebraucht, s. § 62), Sprache: kiarabu, kihindi u. v. a., Werkzeuge: nicht belegt, Deminutive: kinara, kisahani, kisanduku, kibata u. v. a. (Wörter mit stammhaftem ki s. § 59.) f) K l a s s e 9 ni 1 umfaßt Wortgruppen verschiedenster Be,, 10 *(zi)-ni J deutung, vornehmlich Tiernamen. Da si von *(zi-)ni ausfällt, sind Sing.- und Plural-Präfix gleich geworden, ni geht mit den konsonantischen Anlauten der Wörter, denen es präfigiert wird, mannigfaltige Lautverbindungen ein; vor sh, s , f , m, n fällt es ganz aus. Infolgedessen haben die Wörter, die zu dieser Klasse gehören, in ihrer ersten Silbe nicht die gleichmäßige Form wie z. B. in den mit mu, mi, ma, wa, ki, vi, u präfigierten Klassen, sondern variieren in ihren ersten Silben stark. Darum erschien es naheliegend, Fremdwörter, die weder durch Formans oder stammhafte erste Silbe noch begrifflich bestimmten Klassen einzureihen waren, in die TMKlasse einzuordnen, die so zur „Sammelklasse" wurde, der die meisten Fremdwörter angehören. Die Aufführung der zahlreichen Beispiele erübrigt sich. Man kann Wörter, die zur Sammelklasse gerechnet werden, genauer determinieren, also etwa Kleinheit durch ki, Menge oder Größe durch ma hervorheben usw. Dann gehören sie natürlich in die entsprechenden Klassen. Aber ohne Präfix gehören sie in die «/-Klasse, wie der PronominalStamm deutlich erkennen läßt; also auch bunduki, pori, die in einigen Grammatiken bei der li-ma-Klasse aufgeführt werden. g) Von den weiteren Klassen des Suaheli (Bantu) sind unter den Fremdwörtern nur vertreten:

V.

K l a s s e 11 u (< ubani (s. § 58a).

Zur Wortlehre

57

lu)

K l a s s e 14 u Abstrakta. In diese Klasse gehören viele Fremdwörter, die durch Präfigierung von u Abstrakta geworden sind: u-maskini,

u-hodari,

u-rafiki

u. v. a.

K l a s s e 15 ku Infinitive. Theoretisch kann jedes Verb fremden Ursprungs durch Präfigierung von ku Verbal-Substantiv werden. Allgemein gebräuchlich sind: ku-safiri,

ku-rudi,

ku-jibu,

ku-shitaki

u. a.

K l a s s e 16 pa Lokative. Hierhin gehört das häufige Wort pahali (aus arab. mahall). Das arab. Formans ma ist verdrängt worden durch das Suah.Präfix pa, weil mahali, das an und für sich lokative Bedeutung hat, nach Auffassung der Suaheli ein lokatives Präfix (statt des für ein Präfix gehaltenen ma) haben muß. Im übrigen erhalten Fremdwörter lokative Determinierung durch die (Lokativ-)Endung ni, also: hewani, baharini, sokoni, barazani, bomani u. v. a. Pronomina. § 61. Unter den Pronomina des Suaheli finden sich keine, die fremden Sprachen entlehnt sind. Die arab. pronomina personalia suffixa der 3. pers.: hu (hi) ha, hum u. a. kommen in einigen auch von den Suaheli gebrauchten arab. Wendungen vor, ohne daß die Suaheli sich des Pronomens bewußt sind: barakatu-hu, bi-yedi-hi u. a. B ü t t n e r gibt in den Suah.-Schriftstücken 1 auch Beispiele für die 2. pers.: ahsanak, salamak, aber diese Formen sind der Umgangssprache völlig fremd. A u c h salam alaikum lautet in der U m g a n g s sprache fast stets nur: salam, wird also ohne Partikel und Pronomen gebraucht. Erwähnt werden muß, daß P l a n e r t 2 sagt: „Sätze, die mit na + folg. Personalelement angefangen werden , 1 S. 6, 50, 63. 2 a. a. O. S. 4.

58

V . Zur Wortlehre

haben, wie S t u m m e mit Recht bemerkt, als Nachahmungen eines kopulierten yt,^ bzw. zu gelten ". Ich vermag dem nicht beizustimmen. Es handelt sich bei nawe usw. doch wohl um dem Suaheli eigentümliche Bildungen, die häufig vorkommen und im A r a b . eine zufällige Parallele haben 1 . Schon daraus, daß das Suah. für alle Personen solche Formen bildet (nami, nawe, naye, nasi, nanyi, nao „und ich", „und d u " usw.) muß geschlossen werden, daß es sich nicht um nachgeahmte arab. Formen handeln kann. A u c h ihre Häufigkeit in der Umgangssprache spricht dagegen. In dem Satze: amekuja naye „er ist mit ihm gekommen", oder in: nami nataka vilevile „und ich will gleichfalls ", ist alles ursprüngliches Suaheli. Nach passiven Verben werden in der Regel nur obige Formen gebraucht, die dann bedeuten: „ v o n mir, von dir u s w " ; z. B. utashitakiwa nao „ d u wirst von ihnen verklagt werden"; nawe vilevile „und du gleichfalls". Die wenigen Sätze lassen wohl zur Genüge erkennen, daß es sich nicht um nachgeahmte arabische Konstruktionen handelt. Adjektiva und Adverbia. § 62. Die Bantu-Sprachen haben bekanntlich nur wenige Adjektive. — Das Suah. hat diesem Mangel durch Entlehnung einer beträchtlichen Zahl von arab. Adjektiven abgeholfen. Den Angehörigen der Fremdvölker, die sich des Suah. als Verkehrssprache bedienten, war die Art, wie das Suah. fehlende Adjektive umschreibt, zu umständlich und auch wohl unverständlich. Viel einfacher war es für sie, arab. Eigenschaftswörter zu gebrauchen, zumal auf diese das Bantu-Gesetz, daß die Adjektive stets das gleiche Präfix wie das Nomen, worauf sie sich beziehen, annehmen müssen (wobei Lautverbindungen entstehen können), nicht angewendet wird. a) Für die Bildung der Adjektive gibt es im A r a b . bestimmte Normen. 1 Dagegen liegt unstreitig eine Nachahmung arab. Ausdrucksweise vor, wenn der Suah. das pron. demonstr. „selbst" durch nafsi + pron. poss. bezeichnet.

V . Zur Wortlehre

59

Die arab. Adjektive des Suah. gehen meist nach Norm fdilun und fä'ilun. A n Stelle des -un tritt, wie im Suah. allgemein üblich, vokalischer Auslaut gemäß den in § 40 und 41 erörterten Regeln. Nach Norm fa'ilun sind gebildet: rahisi, harimu, dhaifu u. v. a. Nach Norm fä'ilun: g ü l t i g " ; kamili u . a .

yäbisi

sahihi,

„trocken, hart"; bätili

hafifu, „un-

Die Norm, nach der letztere gebildet sind, verrät sich bei den Suah.-Adjektiven also dadurch, daß diese den Starkton auf der drittletzten Silbe tragen, entgegen der Suah.-Regel, daß die vorletzte Silbe betont wird. D a ß lazimu auf der ersten Silbe betont wird, ist in dem langen a, das es im Arab. in der ersten Silbe hat, begründet: Nach Norm falänu sind gebildet: haramu, halali. — Das part. pass., das schon im A r a b . als Adjektiv dient, steckt in maarufu, maskini. b) Im Suah. können Adjektive gebildet werden durch eine Endung -u (Urbantu-^), die vorangehende stimmlose Laute in / , stimmhafte in v verwandelt. •—• In Fremdwörtern wird dieses u plus vorhergehendem/ als erstarrte Bildungssilbe gebraucht und kann (theoretisch) an jedes Fremdwort treten, von dem sinngemäß ein Adjektiv gebildet werden kann: badiliju „veränderlich"; aminifu „zuverlässig"; batilifu, bainifu „offenkundig". Mit vorgesetztem u werden von diesen Adjektiven u. a. A b strakta gebildet: u-fahami-fu „Gelehrigkeit, Auffassungsgabe". c) Die meisten Adjektive dienen auch als Adverbien. Zwei sehr viel gebrauchte Adverbien: taratibu (tartibu) und haba gehen allerdings nicht auf Adjektive zurück, taratibu ist ein Infinitiv II (s. § 64a) und haba ursprünglich ein Substantiv. d) Das Suah. hat, wie erwähnt, die Möglichkeit, fehlende Adverbien durch Wortbildungen mit ki-, z/z'-Präfixen zu ersetzen, da durch Wörter, denen ki oder vi präfigiert wurde, die „ A r t und Weise" ausgedrückt wird. Dieser Gebrauch wird auch auf die Fremdwörter ausgedehnt: kibinadamu „menschlich", kikariri „ z u wiederholten Malen". e) Starken Anteil haben die Lehnwörter an der Umschreibung des Adjektivs durch:

6o

V . Z u r Wortlehre

oi) Genitiv-Partikel mit Substantiv: mtu wa akili= Mann des Verstandes, d. h. ein kluger M., sikuyabahati — T a g des Glücks, d . h . e i n glücklicher T. u . v . a. (s. auch § 6oe). ß) -enyi = besitzend und Substantiv: mtu mwenyi mali = Mann (des) Besitzers (von) Vermögen, d. h. ein vermögender Mann u. v. a. Nomina der wß-Klasse mit abstrakter Bedeutung werden zuweilen wie Adjektive gebraucht: mtu mashujaa = Mann (der) Tapferkeit, hadithi mathabiti = Erzählung (der) Zuverlässigkeit. Verba. § 63. a) Die Verben fremden Ursprungs sind im Suah. leicht zu erkennen. Der Stamm der Suah.-Verben endet auf a\ dagegen haben die Verben arab. Ursprungs als Endvokal u oder i (s. § 66, b, 4) mit Ausnahme der wenigen Verben, die vom arab. Perfekt abgeleitet sind (s. § 68). Auch nehmen die Verben fremden Ursprungs nicht die Verbal-Suffixe -a, -e und -i (durch die das Suah. modale Beziehungen ausdrückt) an, bleiben vielmehr in ihrem Endvokal unverändert. Enden Verben fremden U r sprungs auf i, dann ergibt sich zufällige Übereinstimmung mit negierten Suah.-Verben, z. B. sirudi „ich kehre nicht zurück". Bei samehe und starehe ist der Endvokal in Angleichung an das Final-Suffix -e entstanden, doch ist dieses -e nicht für einen andern Vokal eingetreten, etwa für u oder i, sondern durch Abschleifung eines ursprünglichen -a hervorgerufen. b) Während oben genannte Suffixe nicht an Verben fremden Ursprungs treten können, fügt das Suah. andere VerbalSuffixe bedenkenlos an Fremdworte an. Dazu gehört vor allem das -ni1 des Imperativs der 2. pers. plur. — Es findet sich: salimu-ni*, tafadhali-ni, takabadhi-ni*, hadhara-ni*, sameheni*2. Zuweilen wird -eni angehängt, da in Suah.-Verben der Vokal a vor -ni zu e wird. Solche Ableitungen von Verben 1 -ni ist pers. pron. 2. pers. plur. 2 Die mit * versehenen Beispiele sind alle e i n e r N u m m e r von M a m b o leo (August 1 9 3 1 ) entnommen, w a s die Häufigkeit solcher und ähnlicher Formen beweist.

V . Zur Wortlehre

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fremden Ursprungs sind als Analogiebildungen zu werten: rudi-eni (neben rudini) hadithi-eni*. c) A u c h andere Wortarten fremden Ursprungs nehmen die Imperativ-Endung -ni an: kwa heri-ni, smille-ni, hay-eni (< haya) und sind gleichfalls Analogiebildungen. d) Eigenartige Analogiebildungen zeigen sich bei den Passiv-Formen der Verben arab. Ursprungs. Die Passiv-Endung des Suah. ist -wa (s. u.). Die fremden Verben werfen im Passiv den Endvokal ab und nehmen die Endung -iwa an: haribu > haribiwa, arifu > arifiwa, shitaki > shitakiwa, salimu > salimiwa. Einige fremde Verben bilden ein Passiv von der kausativen Form: rudi „zurückkehren", rudisha „zurückgeben", rudishwa „zurückgegeben werden". — lazim „nötig sein", lazimisha „bestrafen", lazimishwa „bestraft werden". e) Die Endung -iwa, die vorstehend als Passiv-Endung bei fremden Verben auftritt, erscheint auch bei echten Suah.-Verben. -iwa (-ewa) wird d a n n als Passiv-Endung angehängt, wenn das Suah.-Verb im Inlaut ursprünglich ein l hatte. Das / fällt in den Formen des Aktivs fast stets aus, nicht aber im Passiv: jaa < *jala ~> jaliwa. Es finden sich nun 2 Verben arab. Ursprungs, die auf au enden: sahau und dharau; ihre Passiv-Formen lauten auffallenderweise: sahauliwa bzw. dkarauliwa. Daraus geht einmal hervor, daß das Suah. Diphthonge als untrennbare Laute empfindet (andernfalls würde das / zwischen a und u treten); zum andern lassen sie erkennen, daß das Suah. einen Stamm *sahaula bzw. *dharaula voraussetzt und hiervon oben erwähnte Passiv-Formen bildet. In der seltenen Form ruhusiwa ist -iwa nicht eigentliche Passiv-Endung. Die Form erklärt sich so, daß von dem Nomen ru%sa über ruhusa ein verb. denom. gebildet wurde, und zwar in applikativer Form: ruhusia (das Simplex ist ganz ungebräuchlich) und davon ein Passiv: ruhusiwa. f) Außer der Kausativ- und Passiv-Endung können auch manche anderen Suffixe zur Bildung von Verbalspezies an die Verben fremden Ursprungs treten. Die Zahl der auf diese Weise entstandenen bzw. die Möglichkeit zur Bildung solcher abgeleiteten Verben ist im Suah. unbegrenzt. Eine A u f f ü h r u n g aller

62

V. Zur Wortlehre

möglichen Fälle erübrigt sich hier, da die Wörterbücher genügend Beispiele bringen. Erwähnt sei hier nur, daß einige Verben wie: kasirika, saidia nur noch mit Suah.-Ableitungs-Suffix vorkommen; die ursprüngliche arab. Form ist im Suah. nicht erhalten. § 64. a) Die Umformung der Verben fremden Ursprungs erstreckt sich nicht nur auf Anfügung von Ableitungssuffixen, sondern es findet auch eine „innere Umbildung" statt, die sich namentlich auf die Vokale erstreckt. Zum Verständnis der „Bantuisierung" der Verben, namentlich auch zum Verständnis der hinter manchen Verben befindlichen Vermerke: in II, in I I I oder Imperfekt ist es erforderlich, einiges über das arab. Verb zu sagen. Es hat mit dem Suah.-Verb gemeinsam, daß von einer Form, die man zweckmäßig als Grundform bezeichnet, eine Reihe abgeleiteter Formen gebildet werden können, durch welche die Bedeutung der Grundform verändert (modifiziert) wird. — Während die Ableitung im Suah. durch Suffixe geschieht, erfolgt sie im Arab. durch Umbildung der Grundform nach bestimmten Normen, die für fast alle Verben gelten. Es können (theoretisch) von jedem Verb fünfzehn verschiedene Formen gebildet werden. Jede Form wird als „ S t a m m " bezeichnet und entweder nach der Norm oder mit Zahlen benannt. b) Die arab. Verben sind meist in ihrer Imperfekt-Form ins Suah. eingedrungen. Zur Bildung des Imperf. treten im Arab. Präfixe und Affixe an den Perfektstamm; auch treten andere Vokale ein, nur die Konsonanten kehren stets wieder. Von oben erwähntem 1 badala heißt das Imperf. in Stamm I iabdulu, in Stamm I V iubdilu. Die Präfixe, die pronominale Bedeutung haben, läßt das Suah. weg; es bleibt also von genanntem Verb -bdulu oder -bdilu. Die Konsonantenverbindung bd wird durch Sproßvokal aufgelöst, und zwar in diesem Fall durch a; statt bd heißt es also bad. In Stamm II muß der zweite Vokal i sein, so ergibt sich badil. Für den letzten Vokal sind 1 Auf fa'ala „tun" oder katala „töten", an denen in den arabischen Grammatiken die Bildung der arab. Verbalformen erläutert wird, konnte ich nicht zurückgreifen, da diese Verba im Suah. nicht vorkommen.

V . Zur Wortlehre

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die Regeln § 66b gegeben; hier tritt i ein, und wir haben das Suah.-Verb badili. Stamm II verdoppelt den zweiten Konsonanten; demnach: Perf. baddala, Imperf. iubaddilu. In Stamm III wird der erste V o k a l lang; demnach: Perf. bädala, Imperf. iubädilu. Stamm I V präfigiert a, das im Imperf. jedoch abfällt, und verliert das a der ersten Silbe; demnach: Perf. 'abdala und Imperf. iubdilu. (Betreifs der anderen Stämme s. § 65.) § 65. Im Suah. wird die Doppelkonsonanz von Stamm II vereinfacht; in Stamm III verliert die erste Silbe die Länge, da das Suah. den Starkton auf die vorletzte Silbe legt und damit den V o k a l dieser Silbe längt. Bei Stamm I V löst es die Konsonantenverbindung durch Sproß vokale auf, u n d s o w e r d e n im S u a h . S t a m m I I — I V g l e i c h l a u t e n d . Stamm V und V I (im Suah. gleichfalls gleichlautend geworden) sind durch das ta der ersten Silbe kenntlich (falls es sich nicht um Infinitive von Stamm II handelt, die gleichfalls ta präfigieren). Die beiden bekannten Worte tawala und tafadhali gehen auf die 5. Form zurück. — Stamm V I I ist im Suah. nicht zu belegen. — A u f Stamm V I I I gehen viele Wörter zurück, deren zweiter Konsonant t ist: shitaki, hitilafu, da im Arab. in diesem Stamm immer ein t{a) nach dem ersten Konsonanten eingefügt werden muß. Stamm X steckt in den Wörtern, die mit ista, isti oder auch nur mit st beginnen: starehe, stahi, stuka. — Stamm I X und X I bis X V , die schon im Arab. selten sind, kommen im Suah. nicht vor. § 66. D i e m e i s t e n d e r a u s d e m A r a b . e n t l e h n t e n V e r b e n des Suah. g e h e n auf die I m p e r f e k t - F o r m zur ü c k , die ü b r i g e n v e r t e i l e n sich auf P e r f e k t , I m p e r a tiv und I n f i n i t i v . a) Das Schema für die Bildung des Imperf. in Stamm I ist nach arabischer Regel (für die 3. Pers. masc. sg., die als Norm gilt): J^ju. Demnach wären die möglichen Formen von badala bdalu, bdulu, bdilu.

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V . Zur Wortlehre

b) Wie § 64 b erwähnt, erleidet das Schema im Suah. Veränderungen. Nachstehend sind diese Veränderungen noch einmal übersichtlich zusammengestellt. 1. ia fällt fort. 2. Z u m ersten Konsonanten läßt das Suah. einen V o k a l treten, um die Doppelkonsonanz aufzulösen. 3. Der zum zweiten Konsonanten tretende V o k a l wird in Übereinstimmung mit der arab. Form gewählt. 4. u beim dritten Konsonanten wird nur dann beibehalten, wenn der Konsonant ein labialer oder der zweite V o k a l u ist, sonst tritt stets i ein. Demnach ist d e r z w e i t e V o k a l d u r c h d i e a r a b . F o r m , d e r d r i t t e d u r c h S u a h . - L a u t r e g e l b e s t i m m t . Z u beantworten bliebe die Frage nach dem ersten Vokal. c) Dieser wird gewählt: e r s t e n s nach der Regel vollständiger, rückschreitender Vokalassimilation; anders gesagt: der g l e i c h e V o k a l , wie beim zweiten K o n s o n a n t e n , t r i t t a l s S p r o ß v o k a l in d i e e r s t e S i l b e e i n : fahamu, shukuru, rujumu, dhukuru, futuru. — (amuru bildet nur eine scheinbare Ausnahme, a ist hier für die im A r a b . enthaltene Kehlpressung eingetreten, vgl. § 26), oder z w e i t e n s : D a s « d e s P r ä f i x e s ia t r i t t h i n t e r d e n e r s t e n K o n s o n a n t e n (Transposition), und z w a r m e i s t b e i V e r b e n , d e r e n z w e i t e r V o k a l i i s t : haribu, jaribu, halifu, ghalibu „konkurrieren", sabiki „vorangehen", sakini „wohnen". d) Eine Reihe arab. Verben hat (scheinbar) nur zwei Konsonanten. Deren Imperf. erfährt im Suah. keine Umbildung, abgesehen vom Auslaut: tubu „bereuen", dhuru, mudu „sich recken", kiri, zini. Verba, die im A r a b . mit wa beginnen, verlieren im Imperf.Stamm I dieses wa. Das Imperf. hat dann auch nur zwei Konsonanten und wird vom Suah. unverändert übernommen: sifu, rithi. § 6 7 . a) Das Schema für Imperf.-Stamm II ist ,_jJ«ju,auf badala angewandt iu-baddilu. Das Suah. verdoppelt den zweiten Konsonanten n i c h t und wählt (wie in I) den Auslaut nach eigener Lautregel. A u f Stamm II gehen zurück u. a.: arifu, adhimu, hadithi, wasili, badili, sadiki u. v. a.

V. Zur Lautlehre

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b) Stamm I I I hat in der ersten Silbe langen Vokal. Das Imperf. I I I von badala müßte also lauten: iu-bädilu. Dieses a hat im Suah. seine Länge nicht behalten, aber es unterliegt nicht (eben wegen dieser ursprünglichen Länge, mit der im Arab. der Akzent verbunden ist) der Vokalassimilation. D a s a b l e i b t stets in d e r e r s t e n S i l b e bei V e r b e n , d i e a u f S t a m m I I I z u r ü c k g e h e n : bariki, kabili, safiri. Betreffs Stamm IV s. § 69, zu Stamm V I I , I X und X I bis X V s. §65. Suah.-Verba, die auf Stamm V und V I zurückgehen, weisen in ihrer Form nichts Bemerkenswertes auf. c) Stamm V I I I präfigiert i, und die Silbe ta tritt hinter den ersten Konsonanten. Im Imperf. tritt ia an Stelle des präfigierten i. Im Suah. tritt dieses präfigierte i auf; also kann das Suah.-Verb nicht vom Imperf. V I I I abgeleitet sein, sondern muß auf eine Form zurückgehen, in der i erhalten ist: Infinitiv oder Imperativ. Die hierher gehörenden Suah.-Worte gehen auf arab. Verba zurück, die nur zwei Konsonanten aufweisen, wie z. B. = shaka ,,sich beklagen", Imperat. V I I I ishtakä. Das Suah. hat das präfigierte i zuweilen unterdrückt und sagt shtaki, oder es läßt das i hinter den ersten Konsonanten treten: shitaki. Ebenso erklären sich: hitaji, hitari, sitawi. d) In Stamm X wird ista präfigiert; im Imperf. fällt i ab. — Von dem arab. Verb hamala wäre Stamm X : istahmala, Imperf.: {ia-) stahmilu. Daraus wird im Suah. (mittels Sproßvokal) stahamili. — Bei stakabadhi und staajabu ist nicht mit Sicherheit zu sagen, ob sie vom Imperf., Perf. oder part. pass. entlehnt sind, stahi und starehe gehen auf zwei-konsonantige Verben zurück, starehe erinnert in seiner Form an samehe. Vgl. hierzu § 63 a. § 68. a) Die Beispiele zum V I I I . und X . Stamm beweisen, daß die Suah.-Verba n i c h t i m m e r v o m a r a b . I m p e r f . , s o n d e r n auch vom P e r f e k t oder I m p e r a t i v abgeleitet wurden; v o m P e r f . n a m e n t l i c h d a n n , w e n n der z w e i t e V o k a l i ist. — Die arab. Verba 'abira, yahida, 'amila, 'ashika hat das Suah. nur soweit verändert, daß es den gepreßten harten Einsatz durch weichen Einsatz ersetzte und den dritten Vokal dem ashiki. zweiten anglich, also ahidi, amili, 5

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V. Zur Wortlehre

b) Es sind aber auch Perf. u n v e r ä n d e r t vom Suah. übernommen worden: hadaa, saka, tawala. Von letzterem wird das Kausativ: tawaza gebildet nach der Regel, daß die Kausativendung *ya mit vorhergehendem / zu za verschmilzt. — saka ist ein zweikonsonantiges Verb; andere zweikonsonantige Verba haben i als Auslaut: dhani, ghashi „täuschen". Auf Infinitive gehen zurück: tumaini und ghusubu „betrügen". § 69. a) Bei einigen Verben ist nicht mehr zweifelsfrei festzustellen, welche arab. Form zugrunde liegt. Z. B. findet sich subiri „geduldig sein, ertragen", abgeleitet von arab. ^ ° , Imperf. I ia-sbiru\ daraus müßte im Suah. werden: sabiri. Man glaubte, wegen der eigentümlichen Artikulation des würde a als u gehört (vgl. § 25 b). Träfe dies zu, dann müßte sich dasselbe bei anderen Verba ergeben. Nun findet sich noch sabiki, arab. das den gleichen ersten und zweiten Konsonanten wie subiri hat und demnach subiki lauten müßte; es behält aber sein a. Dagegen findet sich hubiri „mitteilen, benachrichtigen", von dem mit Sicherheit angenommen werden kann, daß es auf Stamm IV zurückgeht. Imperf. I V von habara ist iu-hbiru. So wie bei Imperf. I das a des Präfixes in den Stamm eintritt (vgl. § 66a), so ist wahrscheinlich u aus iu in den Stamm eingedrungen und daher hubir. Von bedeutet Stamm I V „Geduld geben (von Gott), zum Ertragen willig sein". Ob subiri im Suah. ursprünglich diesen Sinn hatte und später die allgemeinere Bedeutung „erdulden, sich gedulden" erhielt, vermag ich nicht festzustellen. Sollte es zutreffen, so wäre das u in subiri auf ¿«-Präfix zurückzuführen. Nicht ausgeschlossen erscheint aber auch, daß hubiri und sttbiri auf passive Formen zurückgehen (Vokalfolge: u, i, a), wie es zweifellos erscheint bei kimu von dem zwei-konsonantigen Verb kama. b) Nicht zweifelsfrei zu klären ist ferner die Bildung von yu hai „er ist am Leben, er lebt noch". — Das präfigierte Formans iu von Stamm I I — I V fällt lautlich zusammen mit dem so häufigen Suah.-Präfix yu. Damit ergeben sich f ü r die Deutung von yu hai zwei Möglichkeiten. Entweder ist yu hai Imperf. Stamm II von leben, oder es ist eine analoge Bildung zu Suah. yu-pi, yu-wapi u. v. a.

V . Zur Wortlehre

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c) Zweifelsfrei kein Suah.-Präfix ist jedoch das ku in kunradhi „entschuldige, verzeihe", ku ist hier nicht etwa das Infinitiv-^« des Suah., sondern das Wort ist aus kun und radhi zusammengesetzt und kun ist der Imperativ des arab. Hilfsverbs käna „sein". — kunradhi heißt wörtlich „sei zufrieden" und wird häufiger gebraucht als die Suah.-Form: uwe radhi! § 70. a) In § 63, f wurde erwähnt, daß Suah.-Verbal-Suffixe an arab. Verba angehängt werden können. Sie können auch zwecks Bildung neuer Verba an arab. Nomina und Adjektiva angehängt werden, namentlich die Kausativ-Endung. So findet sich: jumlisha, amrisha, safisha, tajirika, kasirika u. v. a. b) Nicht nur Suffixe können vortreten, sondern auch das Reflexiv-Präfix ji\ ji-sifu „sich brüsten", ji-ajirisha „sich verdingen", ji-adilisha „(sich) Beruf, Handwerk lernen". Das i aus ji kann vor anlautendem a der arab. Worte ausfallen: jadibika „sich Anstand, gute Sitten beibringen". V o r das erwähnte jisifu kann noch ein Suah.-Nominal-Präfix treten: majisifu „ E i g e n l o b " , ein charakteristisches Beispiel für die fast unbegrenzte Fähigkeit des Suah. zur Wortbildung. Die Numeralia. Die aus dem A r a b . ins Suah. eingedrungenen Zahlwörter bieten für eine sprachliche Studie kaum etwas Besonderes. § 71. Das A r a b . unterscheidet eine maskuline und eine feminine Form der Zahlwörter. Die feminine Form hat die Endung -atun. — Dadurch, daß tun in der Umgangssprache abfällt, wird -a Auslaut. Im Suah. finden sich n u r d i e f e m i n i n e n F o r m e n d e r N u m e r a l i a : arba, hamsa, sita u. a. (Über Vereinfachung der Doppelkonsonanz und Abfall des gepreßten harten Absatzes vgl. § 33 und § 26c.) sita, saba haben die ursprünglichen Suaheli-Worte gänzlich verdrängt und auch tisa wird jetzt bereits häufiger gebraucht als das echte Suaheli-Wort kenda. Die Formen von I I — 1 9 sind stark kontrahiert. Das ist jedoch nicht erst im Suah. geschehen; vielmehr finden sich diese Kurzformen der Zahlwörter bereits in der arab. Umgangssprache 1 . 1 B r o c k e l m a n n , Grundriß I S. 267. 5*

68

V . Zur Wortlehre

Das Suah. bildet die Zehnerzahlen durch Reduplikation von 10; höhere Zahleinheiten sind ihm ursprünglich fremd. Bei der Entwicklung des Suah. zur Verkehrs- und Handelssprache konnte dieses Zahlensystem nicht genügen. Die arab. Zehnerzahlen kamen allgemein in Gebrauch. Allerdings wurde nicht der Nominativ übernommen, sondern die Form, die als Genitiv und zugleich als Akkusativ dient; wie im Vulgär-Arab. heißt es also im Suah. nicht ishruna, sondern ishrina (esherin). Auch für 100 und 200 wurden die arab. Zahlwörter entlehnt: mia und elfu, während für 10000 das indische Wort laki eingedrungen ist. Allerdings verbindet der einfache Suah. mit laki keine bestimmte Zahlvorstellung, sondern bezeichnet mit laki eine sehr große (unzählbare) Menge. — miten und elfen sind Dualformen von mia bzw. elfu, woraus sich erklärt, daß in miten und elfen, entgegen den Suah.-Betonungsregeln, die letzte Silbe betont wird. Die Bruchzahlen nusu, thuluthi, robo, thumni sind vereinfachte Formen der arab. Bruchzahlwörter. Die Vereinfachung entspricht den in § 22—42 dargelegten Regeln. In dem häufig gehörten unusu ist nusu scheinbar ein u präfigiert; u ist aber nichts anderes als die arab. Konj. ^ „ u n d " . unusu bedeutet also „und (ein) halb". V o n den arab. Ordinalzahlen ist nur auwali im Suah. vertreten, und zwar im Sinne von „ i m A n f a n g , anfangs". Die Partikeln. § 72. Die Partikeln sind im Bantu wenig ausgebildet und darum im ursprünglichen Suaheli spärlich vertreten. — Es war natürlich, daß die Fremdvölker, die sich des Suah. als lingua franca bedienten und aus ihren Sprachen an den Gebrauch von Partikeln gewöhnt waren, im Satzbau Konstruktionen anwandten, die weniger dem Suah. als ihren eigenen Idiomen entsprachen. D a sie hierfür Partikeln benötigten, verhalfen sie nicht allein den wenigen Bantu-Partikeln zu häufigerer Anwendung, sondern schufen für die lingua franca die Notwendigkeit, den eigenen geringen Vorrat an Partikeln durch Entlehnungen aus Fremdsprachen zu ergänzen. —• Wenn im modernen Suah. Partikeln in ausgedehntem Maße Verwendung finden, vielfach nur pleonastisch, so ist dies wohl wesentlich mit darauf zurück-

69

V. Zur Wortlehre

zuführen, daß neben Arabern und Indern seit 50 Jahren Europäer, also Leute indogermanischer Sprachdenkweise Einfluß an der Ostküste gewannen und analog ihrer Ausdrucksweise Suaheli-Sätze konstruierten, die Suaheli aber leider zu bereitwillig diese Ausdrucksweise nachahmten. Daß in der Suaheli-Literatur, namentlich in der älteren Dichtung, arabische Wörter und Wendungen bzw. Floskeln eingeflochten sind, vielfach als Tautologien, ist von einem andern Gesichtspunkt aus zu werten, wie denn überhaupt das Fremdwort in der Suah.-Dichtung eine Sonderdarstellung verlangt. Eine Umbildung erfahren die aus dem Arab. entlehnten Partikeln mit wenigen Ausnahmen (wie ili und kana s. u.) im Suah. nicht oder doch nur solche Veränderungen, wofür die Erklärungen bereits in vorstehenden Paragraphen gegeben sind. Über den Gebrauch der aus dem Arab. stammenden Partikeln und die Beeinflussung des Suah.-Satzbaues hat sich PI an er t in seiner Studie „Die syntaktischen Verhältnisse im Suaheli" ausführlich verbreitet. A. P r ä p o s i t i o n e n .

§ 73. Da das Bantu keine Kasus bildet, kann es im Suah. keine eigentlichen Präpositionen geben; vielmehr werden diese von Verben abgeleitet oder aber durch Substantive mit folgendem Genitiv umschrieben. Aus dem Arab. sind ins Suah. eingedrungen (sog.) untrennbare und alleinstehende Präpositionen. Die untrennbare Präposition ^ = wa steckt in der häufig gebrauchten BeteurungsFormel wallahi\ = bi ist im Suah. mit folgendem Nomen so eng verschmolzen, daß die Präposition gar nicht mehr empfunden wird; um so weniger als das i folgenden Vokalen assimiliert wird: bismillahi, biyedihi, bahasha, besera „Betthimmel", und (wahrscheinlich) behewa „innerer H o f " . Von alleinstehenden arab. Präpositionen finden sich ila ((Jl) und hata ( l _ J ia-), die in der Umgangssprache allgemein üblich sind, während fi ( ¿ ) und min nur in der Literatur bzw. in Briefen sich finden: fi sene1 = im Jahre, fi aslaha1 min gheiri, min tarafx. 1 Beispiele aus B ü t t n e r „Suaheli-Schriftstücke".

= in Waffen, S. 5.

7o

V . Zur Wortlehre

V o n den uneigentlichen Präpositionen (ursprünglich Nomina im Akkus.) werden viel gebraucht kabla und baada, weniger häufig baina, da für „zwischen" das Suah. eine eigene Präposition hat: katikati. Sehr häufig ist die Verwendung arab. Substantive zur U m schreibung präpositioneller Ausdrücke 1 , wozu vornehmlich Substantiva temporaler und lokaler Bedeutung genommen werden: wakati wa = während; mkabala wa — gegenüber. B. K o n j u n k t i o n e n .

§ 74. Konjunktionen waren im ursprünglichen Suaheli nur wenige vorhanden, da das Bantu durch Konjugations-Formen die Beziehungen auszudrücken vermag, für die in anderen Sprachen Konjunktionen erforderlich sind. — Die aus dem A r a b . entlehnten Konjunktionen sind demnach im Suah. eigentlich überflüssig und stehen darum vielfach pleonastisch. Die (sog.) untrennbaren arab. Konjunktionen ^ = wa und i-ä = fa finden sich in engster Verbindung mit anderen Wortarten und werden nicht mehr als Konjunktionen empfunden: walakini, falmeradi2. Dagegen ist Ii „damit, um z u " im Suah. alleinstehende (unverbundene) Konjunktion geworden, nachdem es eine auffällige Umbildung erfahren hat. ili geht zweifellos zurück auf A r a b . J . Es ist also ein V o k a l präfigiert (rückschreitende Vokalassimilation). Die Form ili ist wohl Analogiebildung, da das Suah. auch ila ( < im Pers. ^ = mez\ ins Suah. wohl erst im 17. Jahrhundert über das Portug. mesa eingedrungen. riksha\ Gefährt. Japanische Form des chinesischen Wortes für „Menschenkraftwagen". sermala\ Zimmermann. Pers. j^T^o „Meister eines Berufes oder Handwerks". shaitan; Satan. „Das Wort Satan ist natürlich hebräischen Ursprungs und ist im Arab. und Äthiop. Fremdwort. Wahrscheinlich ist es über Abessynien nach Arabien gewandert." E . L i t t m a n n , D. L . Ztg. 1927 Spalte 1444. sim\ Draht. Pers. ^ ^ Silber, Silberdraht. Aus dem Griechischen. N ö l d e k e , Pers. Studien II 45. sol; Feldwebel. Türk. Jy*> wörtlich: „der auf dem linken Flügel Stehende". 1 J a h n S. 213, L a n d b e r g S. 776.

8o

V I . Zur Etymologie und Bedeutung einiger Fremdworte des Suaheli

tari, taari\ I. Art Tamburin, 2. Tanz unter Begleitung von Tamburinen u. Leitung eines Vorsängers, der meist Koranworte rezitiert. Pers.jli' Saite des Instruments. tayari\ fertig, bereit. Vom Arab. jLJ> (Stace S. 136). Im Pers. u. Hindi: tumbaku; Tabak. Von den Portugiesen aus einer alten Sprache Haitis nach Europa und Asien gebracht. Z u r B e d e u t u n g des N a m e n s

Zanzibar.

In § 4 wurde gesagt, daß Ostafrika einschließlich der vorgelagerten Inseln bei den arabischen Geographen das Land der Zeng heißt. — In dem mehrfach zitierten Aufsatz von E l l i o t 1 gebraucht der Verfasser S. 13 die Wendung: ,,. . . the Zengi or the Blacks comprising the older negroid tribes . . . " und bemerkt dazu in einer Fußnote: „Zengel, Arab. bush, Zengi, Arab. people of the bush, — bushmen" 2 . Dem fügt die Herausgeberin des Journ. A f r . Soc., Prof. A . W e r n e r , hinzu: „Zengel ist difficult to identify as an arabian word. The more usual derivation is from „ Z a n g " , the Persian name for Ethiopia, which became in Arabic Zeng, Zing or Zinj." — Wenn E l l i o t „Zengel" schreibt und als Übersetzung „bush" angibt, so kann er nur an deutsch „Dschungel", gedacht haben. Das Wort ist nicht arabisch, sondern indischpersisch und entspricht Sanskrit jängala. Ob nun zäng und jängala nahe verwandte Worte sind, zängi einen Bushbewohner, alias „Unkultivierten" bezeichnet, muß ein Iranist entscheiden. Aus den arabischen und persischen Lexika ist die ursprüngliche Bedeutung von Zeng nicht mehr zu erschließen. Für das Arabische wollte ich (da H e s s 3 bereits die Übersetzung aus al-Gauhar und Lisän-al- Arab gibt) das klassische Wörterbuch des Flrüzäbädl nachschlagen. Da dieses Buch mir nicht zur Verfügung stand, mußte ich mich mit der türkischen Ubersetzung 4 begnügen. Dort heißt es Bd. I S . 4 0 8 : „zäng 1 A visit to the Bajun Islands. Journ. Afr. Soc. 1925. 2 Nur der Vollständigkeit halber erwähne ish, daß R e i n h a r d t (Oman und Zanzibar) S. 54 zengel „Einöde" bringt. 3 Z. E. S., Bd. 10, S. 148. 4 AV-Kämüs al-muhit von al-Flrüzäbädi (1414).

VI.

Zur Etymologie und Bedeutung einiger Fremdworte des Suaheli

8l

und zing und maznäga und zunug ist ein Stamm der schwarzen Menschen, und die Einzahl dafür ist zängi und in der persischen Sprache zängi, und ihr Land wird Zangbar geheißen, und ihr Land ist hinter Said und jenseits des Äquators. Höchstwahrscheinlich ist das Wort arabisiert" 1 . Der Kommentar zum Kämüs des Flrüzäbädl { Täg-al- arüs) gibt keinen weiteren Aufschluß. Der arabische Lexikograph hat anscheinend schon um 1400 nicht mehr mit Bestimmtheit den Ursprung von zäng feststellen und die Bedeutung erklären können. Die zahlreichen Verweise bei M a s ' ü d i 2 geben auch keine Worterklärung, desgl. nicht die oben erwähnten Ausführungen von J . J . H e s s . In D a p p e r s „Beschreibung von Africa" (Übersetzung aus dem Portugiesischen) vom Jahre 1670 steht S. 639: „Dieses Land heisset bey den Persern und Arabern Zangebar, weil zange oder zangue in ihrer Sprache schwartz bedeutet und dieses Land meist von Schwarzen bewohnt wird". Diese von D a p p e r angegebene Bedeutung von zang „schwarz" habe ich nirgends belegt finden können, und ich halte diese Erklärung für abwegig. Vielleicht ist die Bedeutung eine ganz andere, worauf mich eine Angabe in B e a u s s i e r s „Dictionnaire Arab-Frangais" hinlenkt, wonach auch „jouer de castagnette" bedeuten kann. Im persischen Lexikon von S t e i n g a s s findet sich: „ ¿ y of the country of the Zang und ^äi) zangi: Egyptian, Ethiop., moor, negro, a savage, a fool". In der Hamburger Staatsbibliothek bot sich mir Gelegenheit, das ausführliche persische Wörterbuch „Haft Kulzum" einzusehen. Es heißt dort u. a.: „Zang ist der Name der Provinz von Zanzibar und für die große Glocke, die die Gaukler und Wander-Derwische umbinden . . . und Händeklatschen, Kastagnetten . . . und in Gedichten so verstanden, daß Zang klares Wasser ist, und der Wein wird mit diesem Wasser verglichen . . . und das arabisierte Wort ist Zeng. Zang ist das Auftreten des Spaßmachers (Komikers) und der Name für eine Person, welche 1 Ich verdanke diese Übersetzung aus dem Türkischen der Freundlichkeit des hiesigen Lektors, Herrn N e d j a t i H ü s s n i . 2 Bibliotheca Geographorum Arabicorum ed. de Goeje, Leyden, Bd. 8. 6

82

V I . Zur Etymologie und Bedeutung einiger Fremdworte des Suaheli

immer lustig und heiter ist und weil Lustigkeit und Heiterkeit des Negers N a t u r sind." Könnte darin eine Worterklärung für Zeng liegen ? W u r d e n die Neger ihres heiteren Wesens wegen so genannt, vielleicht auch wegen ihrer Tanzleidenschaft, zumal einige S t ä m m e bei den Tänzen Fußglocken tragen, um beim Stampfen den T a k t lauter und deutlicher markieren zu können? Schon in alter Zeit sind Neger als „Tanz-Artisten", wie wir jetzt sagen würden, nicht nur nach Arabien und Persien, sondern auch nach China gekommen 1 . Die ursprüngliche Bedeutung von Zeng ist wohl f r ü h verlorengegangen 2 , und war nur noch als Benennung f ü r Neger im Sinne, wie wir jetzt Schwarzer oder Nigger sagen, gebräuchlich. Das Nebeneinander von und beruht auf der Verschiedenheit der arabischen und persischen F o r m . Allerdings kommt die arabische F o r m auch im Persischen vor, jedoch als Lehnwort. Ist Zeng nun ursprünglich arabisch oder persisch ? Doch wohl persisch (iranisch) und nicht arabisch (semitisch). — Es ist aus dem Persischen ins Arabische eingedrungen; da das Arabische kein kennt, sondern ^ im Arabischen in der Regel durch ^ wiedergegeben wird, entstand die arabische F o r m zang. W ä r e das Wort aus dem Arabischen ins Persische eingedrungen, dann wäre die U m b i l d u n g des r zu^f nicht erfolgt, da dem Persischen das ein durchaus geläufiger L a u t ist. Die Schwankungen der arabischen Form zwischen zang, zing, zeng erklären sich dadurch, d a ß das Arabische die Vokale oft modifiziert. Die Bildung des Namens Zanzibar m u ß als rein persisch angesehen werden. Denn bar ist nicht — wie m a n in der Ostafrika-Literatur immer noch lesen kann — auf arabisch Suaheli bara zurückzuführen. Bara bezeichnet L a n d im Sinne von Festland, was für die Benennung einer Insel von der geringen Größe wie Zanzibar doch unsinnig wäre. Vielmehr ist bar eine persische Bildungssilbe, gebraucht zur Bildung von 1 Vgl. hierzu die Arbeit E. D a m m a n n s S. 19. 2 H o r n in seiner „Neupersischen Etymologie" führt ein Zang „ F u ß " (von Awestisch Zanga „Knöchel") S. 302 in der Gruppe „Verlorenes Sprachgut" auf.

V I . Z u r E t y m o l o g i e und B e d e u t u n g einiger F r e m d w o r t e des Suaheli

83

nomina loci (und temporis), „ w o sich etwas in Menge vorfindet" ( B e c k ) 1 oder ,,die mit dem Meere oder Wasser in Berührung stehen" ( H e s s ) 2 ' 3 . Das i in Zangi und in Zangibar ist sicherlich das i der „Beziehung", das Substantive bildet, die eine Zugehörigkeit und Abstammung bezeichnen. Die Umwandlung von Zangi in Zanzi ist eine bemerkenswerte Erscheinung, da sie beweist, daß Lautgesetze des Suah. auf Fremdwörter eingewirken können. Das i (der „Beziehung") wurde von den Suaheli als sog. schweres i empfunden. Durch schweres i wird aber die Nasalverbindung B : ngi zu nzi ( M e i n h o f , Lautlehre S. 96). Übrigens bleiben meine Suah.-Gewährsleute, die ich nach der Bedeutung des Namens Zanzibar fragte, hartnäckig dabei, daß Zanzibar auf zenjebil, d. i. der Suaheli-Name 4 für Ingwer, zurückgehe, da auf Zanzibar Ingwer wachse und es dort üblich sei, den Kaffee in Krankheitsfällen mit einem Zusatz von Ingwer zu trinken. Volksetymologie? 1 B e c k , Neupersische K o n v e r s a t i o n s - G r a m m a t i k S. 191. 2 Z . E . S., B d . 10 S. 148. 3 Ferrand

schreibt in der E . I.,

Artikel

Madagaskar,

Spalte

68:

„ M a d e i g a s c a r ist ohne Z w e i f e l eine fehlerhafte F o r m v o m T y p u s Z a n g b a r , die richtig M a d e i g a s - b ä r lauten m u ß " . — einen

überlieferten

Namen

I c h halte es f ü r sehr bedenklich,

als fehlerhafte F o r m

anzusprechen.

Warum

hätte — a n g e n o m m e n , d a ß F e r r a n d s T h e s e richtig ist — M a d a g a s b a r sich nicht ebenso g u t b e h a u p t e n sollen wie Z a n z i b a r ? K ö n n t e m a n nicht eher vermuten, d a ß ein e t w a i g e r N a m e M a d a g a s b a r (wegen der Ä h n l i c h k e i t mit Z a n z i b a r ) sich leichter unverändert

erhalten hätte als der N a m e

g a s k a r ? H i e r ist nicht der R a u m f ü r eine U n t e r s u c h u n g des Namens.

MadaAber

ich möchte doch darauf hinweisen, d a ß im Pers. (analog zu -bar) auch eine Bildungssilbe -kör v o r k o m m t .

F e r r a n d s A u s f ü h r u n g e n können mich nicht

hindern, d a der N a m e Z a n g b a r zweifellos persischen U r s p r u n g s ist, nicht a u c h in M a d a g a s k a r eine pers.-arab. B i l d u n g zu vermuten. 4 A r a b . J - j ^ s ? ) (geht auf S a n s k . z u r ü c k ) .

6*

84

V I I . Wörter, deren Herkunft zweifelhaft erscheint

VII. Wörter, deren Herkunft ungeklärt erscheint. § 76,-amari*, Ankertau; balasi, großes Wassergefäß; baura, Anker europäischer A r t ; buni, Nachrichten erfinden; daraba*, Einfassungsbretter des Hinterdecks; darabi, Rosenapfel; darumeti*, Deckquerbalken; dodoki, Luffa\ faja1, Stall\ feuli, Lastraum des Segelschiffs; fumbani, Minze; furungu, Fußspange; gadi, Schore für Boot; giami*, Pfosten am Hinterdeck; gubeti*, B u g ; gudulia, Wasserkrug aus Ton; jaa, Sternschnuppe; jasi, Bimsstein; jivari, Flaschenzug; kanda, Mattensack; kanderinya, Teekessel; kaniki, dunkelblauer Baumwollstoff; kasiki, großer Wasserkrug; kasimele, Öl der Kokosnuß; kaskazi, NordostMonsun; kikoi, Lendentuch; kisibiti, Kümmel; korodanii, Scheibe des Flaschenzuges; kusini, Süden; makasia, Ruder; patazi, Meißel, Stemmeisen; pazia, Vorhang, Gardine, Zwerchfell; shafra, Ohrenklingen; siagi, Butter europäischer A r t ; taruma3, Schiffsrippen, Spanten; tele, reichlich viel; tezi, Stern des Schiffes; tishali, Leichter; vinjari, kreuzen (von Schiffen). A n m . Die Arbeit war schon abgeschlossen und in D r u c k gegeben, als ich aufmerksam wurde auf den Aufsatz von H . R i t t e r : Arabische Flußfahrzeuge auf Euphrat und T i g r i s (Der Islam, Bd. 9 S. 121). V o n den in obiger Liste aufgeführten Wörtern des Suah. finden sich die mit * bezeichneten unter den in R i t t e r s A u f s a t z zusammengestellten N a m e n und Ausdrücken aus der Schiffersprache von B a g d a d wieder. Lexikographisch scheinen die von R i t t e r genannten Bezeichnungen noch nicht festgelegt zu sein. R i t t e r bringt u. a. folgende Wörter: 'amäri „ S t r i c k oder Kette zum Befestigen der W a n t e n " (wohl von Pers. j ^ T ) darräb (Suah. darabi) „ W a s c h - B o r d " durmet (Suah. darumeti) „ B r e t t auf der Innenseite der Bootsrippen" farmal (Suah. foromali) „ R a h e " gubbet (Suah. gubeti) „verzierter K o p f des Vordersteven" gäim „Pfeiler a m A c h t e r a u f b a u " (Suah. giami). D a s letzte W o r t ist in den Suah.-Wörterbüchern nur bei V e l t e n aufgeführt. Zweifellos handelt es sich um vorstehendes gaim, und ich glaube für die von V e l t e n gegebene Form einen Druckfehler annehmen zu sollen. Mit der K l ä r u n g der H e r k u n f t einiger in obiger Liste aufgeführten Worte sind diese allerdings etymologisch noch nicht bestimmt, da in Mesopotamien j a nicht nur arabisches, persisches und türkisches Sprachgut zusammentrifft. — Jedenfalls ist bemerkenswert, daß das Suaheli einige Worte aus der sicherlich uralten Schiffersprache von Euphrat und Tigris aufweist. 1 Soll nach J a y a k a r „ T h e O m a n Dialect" (Royal Asiatic Society Bd. X X I p. 869) von Äa-Ii < Pers. »l^b kommen. 2 korodani scheint auf das Portugiesische zurückzuführen zu sein, roda „ R a d , Kreis, Scheibe". 3 Wahrscheinlich von ¿LO^UD < Pers.

„Wölbung,

Kuppel".

V I I I . Ergebnis und Schluß

85

VIII. Ergebnis und Schluß. § 77. Schon seit ältesten Zeiten ist die Küste Ostafrikas, soweit sie im Bereich der Monsune und der äquatorialen Meeresströmung liegt, von Angehörigen der Völker Südostarabiens, der Völker am Persischen Golf und Vorder-Indiens aufgesucht worden. A u s den Sprachen dieser Völker sind zahlreiche Wörter in die ostafrikanische Küstensprache eingedrungen. Demnach ist das orientalische Fremdgut im Suaheli arabischer, persischer und indischer Herkunft; dazu kommen noch einige türkische Worte. Doch müssen noch andere Quellen vorliegen, da eine Reihe von orientalischen Worten im Suaheli sich nicht auf genannte Sprachen zurückführen lassen (s. § 76). Die ständigen Beziehungen der Ostküste zu Fremdvölkern haben die Küstensprache entscheidend beeinflußt. Einmal haben sie dem Suaheli, was den Wortschatz anbelangt, den Charakter einer Mischsprache gegeben; eine Reihe von Fremdwörtern ist für das Suah. geradezu unentbehrlich geworden; einige haben sogar ursprüngliche Suaheli-Worte gänzlich verdrängt (sita, saba, samaki). Sie haben ferner bewirkt, daß dem Suah. die sinngebenden Tonhöhen des Bantu völlig verloren gingen und im Satzbau die für das ursprüngliche Suaheli anzusetzende Asyndesie durch eingedrungene Konjunktionen aufgehoben wurde. Doch ist der Bantu-Charakter des Suaheli durch das fremde Sprachgut nicht verwischt worden. Denn die Suaheli haben die fremden Worte nicht sklavisch übernommen und dabei sinnlos korrumpiert, sondern die Fremdworte, die vollkommen eingebürgert und allgemein gebraucht wurden, sinnvoll dem eigenen Wortbau angepaßt und nach eigenen Lautgesetzen umgestaltet. Nur Worte, deren Bau ihnen nicht fremdartig erschien, wurden unverändert übernommen. Dazu gehören vornehmlich persische und indische Worte. In den arabischen Worten, die bei weitem überwiegen, haben die Suaheli die ihnen fremdartigen Laute umgeformt; wesensfremde Lautverbindungen aufgelöst, konsonantischen Auslaut umgestaltet. Fremde Substantive haben sie dem eigenen Nominal-Klassen-System eingeordnet, nicht willkürlich, sondern nach Gesichtspunkten, die ihrer Vorstellungswelt und ihrem Denken entsprachen; sie

86

VIII. Ergebnis und Schluß

haben den fremden Substantiven Suaheli-Präfixe angefügt oder Silben der Fremdwörter wie Präfixe behandelt oder zu Präfixen umgestaltet. Abgesehen vom Pronomen wurden Vertreter aller Wortarten in die Umgangssprache übernommen. Die Verben fremden Ursprungs'wurden und werden souverän nach eigener Konjugationsart abgewandelt. Aus der Art, wie das Suah. fremdes Sprachgut aufnimmt, umformt, assimiliert, spricht unleugbar große sprachgestaltende Kraft. Türken, Perser, Hindi und Malaien, deren Sprachen gleichfalls stark mit fremdem Sprachgut (Arabisch) durchsetzt sind, haben das Fremdgut nicht so einzubürgern vermocht wie die Ostafrikaner. Und mag auch eine Art Unbekümmertheit des Negers und daraus entspringende Nichtachtung fremden Sprachbaues dazu beigetragen haben: eine gewisse geistige Selbständigkeit und sprachliche Regsamkeit wird dem Suaheli zuerkannt werden müssen. elhamdulillahi „das Lob gebührt Gott" schließt der Muslim seine Rede. Selbst diese islam-klassische Wendung legt sich der Suah. zurecht und formt aus Artikel und Sproßvokal Pronomen und Tempuszeichen und aus den Nomen ein neues Verb: a-li-hamdulilahi1 i Mambo leo. Jan. 1931 p. 8.

„er lobte Gott".

Ubersicht über die benutzte Literatur. (Aus der umfangreichen Suaheli-Literatur führe ich nur die Arbeiten an, die für die nachfolgende Studie in Betracht kommen bzw. Erwähnung gefunden haben.) B e c k e r , C. H., Materialien zur Kenntnis des Islam in Deutsch-Ost-Afrika. Sonderdruck aus „Der Islam" 1 9 1 1 . B i t t n e r , M., Studien zur ähauri-Sprache. Wien 1915. — Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache in Südarabien. Wien 1909. — Soqotri, Vorstudien zur Grammatik und zum Wörterhuche der SoqotriSprache I. Wien 1913, II 1918. B o u r q u i n , W., Neue Ur-Bantu-Wortstämme. Fünftes Beiheft der Zeitschrift für Eingeborenen-Sprachen. Hamburg 1923. B r o c k e l m a n n , C., Grundriß der vergleichenden Grammatik der semitischen Sprachen, Bd. I. Berlin 1908. B r ü n o w - F i s c h e r , Arabische Chrestomathie (Glossar). Berlin 1924. B u r t , Mrs. F., Swahili Grammar and Vocabulary (mit einer phonetischen Einleitung von W. E. Taylor). London 1910. B u r t o n , R. F., Zanzibar; city, island and coast. London 1872. B ü t t n e r , C. G., Suaheli-Schriftstücke in Arabischer Schrift. Lehrbücher des Seminars für Orientalische Sprachen. Bd. 10. Berlin 1892. D a m m a n n , E., Beiträge aus arab. Quellen zur Kenntnis des negerischen Afrika. Diss. Kiel 1929. D o r n e t , S., Die Suaheli-Sprache. Jerusalem 1898. F r a n k e l , S., Die aramäischen Fremdwörter im Arabischen. Leyden 1886. G a i r d n e r , W. H. T., The Phonetics of Arabie. Oxford University Press 1925. G r e g o r i o , G i a c o m o de, II Suahili nella Somalia italiana e i suoi elementi arabici. Palermo 1926. H e e p e , M., Die Komoren-DialekteNgazidja, Nzwani und Mwali. Hamburg 1920. H o b s o n - J o b s o n , Glossary of anglo-indian colloquial words and phrases. London 1903. H o r n , P., Grundriß der Neupersischen Etymologie. Straßburg 1893. H o r o v i t z , J., Koranische Untersuchungen. Berlin 1926. I s s a , A h m e d B e y , Dictionnaire des noms des plantes. Kairo 1930. J a h n , A., Die Mehri Sprache in Südarabien. Texte und Wörterbuch. Südarabische Expedition Bd. I I I , Kaiserliche Akademie der Wissenschaften. Wien 1902. L a n d b e r g , C a r l o , Graf, Etudes sur les Dialectes de l'Arabie Méridionale. Leiden 1901.

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Übersicht über die benutzte Literatur

L a n d b e r g , C a r l o , Graf, Die Mehri-Sprache von Dr. A. Jahn und die Mehri- und Soqotri-Sprache von Dav. Heinr. Müller, Heft I. Leipzig 1902. — Glossaire Datinois. Leiden 1920. L a n g e n m a i e r , Dr. Th., Lexikon zur alten Geographie des südöstlichen Äquatorialafrika. Abhandl. des Hamburgischen Kolonialinstituts. Hamburg 1918. L e p s i u s , C. R., Standard Alphabet. Berlin 1863. L o k o t s c h , K., Etymologisches Wörterbuch der europäischen Wörter orientalischen Ursprungs. Heidelberg 1927; unter Berücksichtigung der Besprechung, Kritik und Ergänzung des Buches durch 1. Littmann, D. L.-Ztg. 1927, 30 Sp. 1443—1453. 2. Jensen, O. L. Z. 1928, 3. Sp. 176—183. 3. Printz, Z. D. M. G. Bd. 81 S. 3 1 1 — 3 1 2 . M e i n h o f , C., Grundriß einer Lautlehre der Bantu-Sprachen, 2. Aufl. Berlin 1910. — Grundzüge einer vergleichenden Grammatik der Bantu-Sprachen. Berlin 1906. — Die moderne Sprachforschung in Afrika. Berlin 1910. — Die Sprache der Suaheli. Berlin 1910. •— Festschrift Meinhof. Hamburg 1927. M e n g e s , J., Die Zeichensprache des Handels in Arabien und Ostafrika. Globus 1885. M o r i t z , B., Sammlung arabischer Schriftstücke aus Zanzibar und 'Oman. Lehrbücher des Seminars für Orientalische Sprachen zu Berlin 1892. M ü l l e r , D . H . , Die Mehri- und Soqotri-Sprache (südarab. Expedition). Kaiserl. Akademie der Wissenschaften I 1902, II 1905, I I I 1907. N ö l d e k e , T h e o d . , Beiträge zur semitischen Sprachwissenschaft. Straßburg 1904. P a n c o n c e l l i - C a l z i a , G., Die experimentelle Phonetik in ihrer Anwendung" auf die Sprachwissenschaft, 2. Aufl. Berlin 1924. P a u l i t s c h k e , Ph., Uber die Etymologie und Schreibweise einiger geographischer Namen Ostafrikas. Sonderdruck. P l a n e r t , W., Die syntaktischen Verhältnisse des Suaheli. Berlin 1907. P r a e t o r i u s , F., Über den arabischen Dialekt von Zanzibar. Z. D. M. G. Bd. 34. R e i c h a r t , A. u. K ü s t e r s , Heidelberg 1926.

Dr. M.,

Elementary

Kiswaheli

Grammar.

R e i n h a r d t , C., Ein arabischer Dialekt, gesprochen in 'Oman und Zanzibar, Bd. X I I I der Lehrbücher des Seminars für Orientalische Sprachen. Berlin 1894. v . S a i n t P a u l I l l a i r e , W., Suaheli-Handbuch, Bd. II. S c h w e i n f u r t h , G., Arabische Pflanzennamen aus Ägypten, Algerien und Jemen. Berlin 1912. S e i d e l , A., Das arabische Element im Suaheli. Z. f. afrikanische u. ozeanische Sprachen. 1. Jahrg.

Übersicht über die benutzte Literatur

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S i d d i q i , A., Studien über die Persischen Fremdwörter im klassischen Arabisch. Göttingen 1919. S t i g a n d , C. H., A Grammar of Dialectic Changes in the Kiswahili Language. Cambridge 1915. S t u h l m a n n , F., Beiträge zur Kulturgeschichte von Ostafrika. Berlin 1909. T a y l o r , W. E., African Aphorisms. London 1891. V e l t e n , C., Safari za Wasuaheli. Göttingen 1901. — Prosa und Poesie der Suaheli. Berlin 1907. — Praktische Suaheli-Grammatik, 4. Aufl. Berlin 1913. W e r n e r , A. u. M., A first Swahili Book. London. Zeitschriften. Africa

Journal of the International Institute of African Languages and Cultures, London. D. L.-Ztg. = Deutsche Literatur-Zeitung. E. I. = Enzyklopädie des Islam. Journ. Afr. Soc. = Journal of the African Society, London. M. S. O. S. = Mitteilungen des Seminars für Orientalische Sprachen an der Universität Berlin. O. L. Z. = Orientalische Literaturzeitung. Vox Internationales Zentralblatt für Experimentelle Phonetik, Hamburg. Z. D. M. G. = Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Z. E. S. = Zeitschrift für Eingeborenen-Sprachen, Hamburg. M a m b o l e o , Eingeborenen-Zeitschrift in Suaheli für das TanganyikaGebiet. (Die benutzten Bände bzw. Hefte sind in den Anmerkungen angegeben.) Suaheli-Wörterbücher. B i n n s , C. Rev., Swahili-English Dictionary. London 1925. B ü t t n e r , C., Wörterbuch der Suaheli-Sprache. Lehrbücher des Seminars für Orientalische Sprachen der Universität Berlin. Bd. III 1890. K r a p f , J . L., A dictionnary of the Suahili language. London 1882. M a d a n , A. C., Swahili-English Dictionary. Oxford 1903. S a c l e u x , Ch., Dictionaire Français-Swahili. Paris 1891. V e l t e n , C., Suaheli-Wörterbuch, I. Teil, 1910. Sonstige Wörterbücher. a) A r a b i s c h D o z y , R., Supplement aux dictionnaires arabes. Leyde 1881. E l i a s ' Modern Dictionary Arabic-English by Elias A.Elias, Cairo. H a r d e r , E r n s t , Deutsch-arabisches Handwörterbuch. Heidelberg 1903. L a n e , E. W., An arabic-english Lexicon. London 1863—1874. S t a c e , E . V . , An English-Arabic Vocabulary. London 1893.

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Übersicht über die benutzte Literatur

W a h r m u n d , A., Handwörterbuch Sprache. Gießen 1898.

der neu-arabischen

und

deutschen

b) H i n d u s t a n i R a n k i n g , G., An English-Hindustani Dictionary.

Calcutta 1905.

c) P e r s i s c h S t e i n g a s s , F., Persian-English Dictionary. London.

2. Aufl. 1930.

d) S a n s k r i t M o n i e r - W i l l i a m s , A Sanscrit-English Dictionary.

London 1899.