Wigamur: Kritische Edition – Übersetzung – Kommentar 9783110227659, 9783110194364

With this publication, a critical edition of 'Wigamur', a 13th -century Arthurian romance is made available to

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Wigamur: Kritische Edition – Übersetzung – Kommentar
 9783110227659, 9783110194364

Table of contents :
Frontmatter
Inhalt
Einleitung
Text
Illustrationen der Hs. W
Autopsie-Berichte
Exkurse
Backmatter

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Wigamur



Wigamur Kritische Edition ⫺ Übersetzung ⫺ Kommentar

Herausgegeben von

Nathanael Busch

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Gedruckt mit Hilfe der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein. Als Dissertation vom Fachbereich 09 der Philipps-Universität Marburg angenommen. Disputation: 17. März 2009.

앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, 앪 das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 978-3-11-019436-4 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

” Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Laufen Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH und Co. KG, Göttingen

Dank Der ›Wigamur‹ ist einer der wenigen deutschsprachigen Romane des Mittelalters, den das fleißige 19. Jahrhundert nicht in einer nach ihren Vorstellungen kritischen Ausgabe vorlegte. Eine Neuedition bedarf keiner Rechtfertigung. Es ist zu hoffen, dass das vorliegende Buch zu einer vermehrten Lektüre der Geschichte des Adlerritters führt. Dieses Buch hätte nicht seine endgültige Gestalt gefunden, wenn mir in den vergangenen Jahren nicht zahlreiche Menschen beigestanden hätten. An erster und wichtigster Stelle gilt mein Dank Joachim Heinzle, der die Arbeit von der ersten Seite an mit einer kaum zu beschreibenden Sorgfalt und Ausdauer zu seiner Aufgabe machte und ohne den ich mich kaum zu manchen Kühnheiten der Philologie getraut hätte. Christa Bertelsmeier-Kierst verfasste freundlicherweise das Zweitgutachten im Promotionsverfahren. Christine Putzo hat die entbehrungsreiche Arbeit eines genauen Lektüredurchgangs auf sich genommen und zahlreiche wichtige Vorschläge gemacht. Manuel Bauer und Daniel Könitz, die mir in vielen Lebenslagen ein offenes Ohr boten, lieferten wichtige Korrekturvorschläge. Patrick Lange übernahm die Schlusskorrektur. Wolfgang Achnitz gab Hinweise zum besseren Verständnis der Suchenwirt-Verse und stellte mir sein Material zur Verfügung. Eckart Conrad Lutz und Jürgen Wolf erstellten hilfreiche Gutachten. Klaus Klein brachte mir die Überlieferungsforschung nahe. Die Teilnehmer der Oberseminare von Joachim Heinzle und Hartmut Bleumer lieferten beachtliche Anregungen für das Editionskonzept. Tobias Müllerleile passte ein Indizierungsprogramm meinen Bedürfnissen an – und war in der kurzen Phase, in der sich noch keine Regenströme in unser Büro ergossen, ein ebenso erfreulicher Zimmergenosse, wie es zuvor Barbara Stiewe und Stefanie Henkel gewesen waren. Daniela Parente und Harald Müller sowie Christian Opitz und Michaela Zöschg ermöglichten mir Aufenthalte in München und Wien. Die Mitarbeiter der Marburger Repertorien, die Mitglieder des Instituts für deutsche Philologie des Mittelalters und die Jungen Marburger Mediävisten waren fachlich und menschlich eine Bereicherung während der Promotionsphase. Und Jan Müller gab mir stets zu denken. Meine Eltern und meine Geschwister unterstützten mich in jeder Hinsicht während meiner Promotionszeit. Dank gilt auch den Mitarbeitern der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, der Staatsbibliothek München, der Österreichischen Nationalbibliothek Wien und des Staatsarchivs Augsburg. Heiko Hartmann, Susanne Rade und Andreas Vollmer sorgten für eine reibungslose Aufnahme in das Verlagsprogramm von de Gruyter. Die Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften unterstützte den Druck mit einem namhaften Betrag.

Aber niemand bekam Freud und Leid dieser Edition mehr zu spüren als Stefania Centofanti. Sie wusste stets, in welchen Momenten sie mich von der Arbeit und wann sie alle andere Arbeit von meinem Schreibtisch fernhalten musste. All diesen Menschen sei in den Ruhmeshallen der Wigamur-Forschung ein kleines Denkmal errichtet. Göttingen, am 30. April 2009, zweihundert Jahre nach Goethes berühmtem Tagebucheintrag: Früh im Bette geblieben. Gedicht von Weigamur.

Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Der ›Wigamur‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Autor und Datierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Vorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Literarhistorischer Stellenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Literatur zum ›Wigamur‹. Ein Forschungsüberblick . . . . . . . . . . . . 2 Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Zur Ausgabe des ›Wigamur‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Kommentar und Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Beobachtungen zum Reim und zu den Schreibsprachen . . . . . . . . . . . . .

1 1 1 2 3 5 8 14 17 27 20 20

Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Illustrationen der Hs. W . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Autopsie-Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Exkurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A Das Meerweib Lespia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B Das Meerwunder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C Aptor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D Erbe und Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E Liebe und Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F Der locus amoenus aus Gottfrieds ›Tristan‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G Der ›Wunderer‹ und das Motiv des selbstvergessenen Blicks . . . . . . . . . H Suchenwirts Schönheitsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

289 289 291 292 293 295 297 299 300

Namenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

305 319 335 337

Einleitung 1 Der ›Wigamur‹ 1.1 Autor und Datierung In dem uns überlieferten Text des ›Wigamur‹ nennt sich der Autor nicht. Ob das in einem Prolog oder Epilog geschehen ist, wissen wir nicht. Es ist gut vorstellbar und entspräche der Gattungskonvention, dass er dort genannt war, aber ein solcher Text ist nicht erhalten. Bereits dem Literaturliebhaber Jakob Püterich von Reichertshausen lag 1462 lediglich ein anonymer Roman vor.1 Man wird kaum noch der älteren Forschung zustimmen können, die aufgrund des Stils pauschal konstatierte, dass der Autor »ein Fahrender von niederem Stande und geringer Bildung gewesen sei«2. Vielmehr müssen wir angesichts neuerer Lektüreeinsichten davon ausgehen, dass er einem Kreis nahe stand, der ein konservatives, dynastisch-feudales Ideal hochhielt.3 Die Datierung des ›Wigamur‹ kann nur unzureichend vorgenommen werden, da der Text selbst wiederum keinen eindeutigen Hinweis bietet. Als einzig sicherer terminus ante quem fungiert Hs. M aus dem 4. Viertel des 13. Jhd.s, sodass wir mit Gewissheit nur sagen können, dass der Roman im 13. Jhd. entstanden ist. Folgende drei Überlegungen können den Entstehungszeitraum eingrenzen: 1. Der Text stellt sich in die Nachfolge der klassischen höfischen Romane. Eventuell deutet der Name des Titelhelden auf eine Entstehung nach Wirnts ›Wigalois‹ hin (ca. 1215).4 Ähnlichkeiten in der Wortwahl sowie im Stil der Beschreibungen etwa von Kleidern und Festen zu den drei Romanen des Pleiers (insb. des ›Meleranz‹) lassen eine zeitliche und örtliche Nähe zu diesen möglich erscheinen. Doch auch sie können nur ungenau in den Zeitraum 1240–1270 datiert werden.5 2. In Tannhäusers IV. Leich, Str. 14 wird der Held Wigamur genannt.6 Der Leich selbst lässt sich nur ungenau datieren. Wenn man die Mitte des 13. Jhd.s als 1 2 3

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Siehe unten 1.4. SARRAZIN 25. Siehe unten 1.5 [EBENBAUER], vgl. auch THOMAS 109. Dafür sprechen auch die intertextuellen Verweise im Text, die eine genaue Kenntnis der höfischen Literaturproduktion voraussetzen (siehe unten 1.4). Anhaltspunkte zur zeitlichen Einordnung des ›Wigalois‹ sind: Die Datierung der ältesten Handschriften auf 1220–1230 (BERTELSMEIER-KIERST, Wigalois 287), die Erwähnung des Todes von Herzog Berthold IV. von Andechs-Meran 1204 sowie die Anspielungen auf ›Pz.‹ Buch 1–6. Daher ist eine Abfassung 1210–1220 anzunehmen (vgl. VL X,1256). Vgl. KERN 22–27. Siehe unten 1.4.1.

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Einleitung

Schaffensperiode des Tannhäusers annimmt,7 muss der ›Wigamur‹ vorher entstanden sein. KHULL, Rez. Sarrazin 361 wandte gegen dieses Argument ein, dass sich im ›Wigamur‹ überhaupt keine Episode vor Kamvoleis finde, auf die der Tannhäuser anspielt, weshalb sich diese Verse möglicherweise auf einen anderen Text bezögen. BLAMIRES 30 wies allerdings mit Recht darauf hin, dass, auch wenn natürlich Gahmuret der Held des Turniers vor Kanvoleis war, doch gerade die Pointe des Leichs darin bestehe, bekannte literarische Versatzstücke falsch zusammenzusetzen (vgl. z.B. Verse 59–61 Tristan erwarp die künegin / von Marroch, als wir hoeren sagen. / ein moerin was diu heidenin.). Sicher sei dagegen, »that the latter was a famous hero in the mid-thirteenth century« und dass es unwahrscheinlich sei, von einem weiteren Wigamur-Roman auszugehen, der uns nicht überliefert sei.

3. In den Versen 6098f. findet sich eine deutliche Parallele zu einer Formulierung des ›JT‹. Sollte es sich tatsächlich um eine Übernahme aus Albrechts Text handeln, wäre eine späte Abfassungszeit im letzten Drittel des 13. Jhd.s anzusetzen.8 Andererseits wird Wigamur im ›JT‹ als Figur mehrfach erwähnt (siehe unten 1.4.2). Vorlage oder Rezeptionszeugnis? Die Lokalisierung erweist sich als schwierig, da Text und Überlieferung keine sicheren Hinweise geben. Wie LINDEN 36 bemerkt, ist es allerdings erstaunlich, dass die drei Textzeugen aus dem Gebiet, »wo Franken, Schwaben und Baiern zusammenstoßen«, stammen. Eine genauere Verortung der »Heimat des Gedichts«, wie sie LINDEN 61 schließlich vornimmt (»der südliche Zipfel Ostfrankens, an der Grenze nach Baiern wie nach Schwaben hin«), halte ich für zu gewagt.

1.2 Vorlage Eine französische Vorlage des Textes kennen wir nicht. Zwar referiert der Text an zahlreichen Stellen auf eine Quelle (z.B. Vers 1 wir lesen an den buochen), doch die häufigen Verweise auf bekannte Motive anderer mhd. Texte lassen eher vermuten, dass es sich um einen genuin deutschen Roman handelt, dessen Quellenverweise gattungstypisch sind.9 Möglicherweise hat der ›Wigamur‹-Autor zumindest den Namen seines Titelhelden aus der französischen Literatur übernommen. Es gibt dort in mehreren Texten eine Figur, die zwar nicht die Geschichte, aber sehr wahrscheinlich den Namen mit Wigamur teilt. Sie heißt, je nach Text, Guigemar, Guingamor oder Guingamuer.10 Der Lai ›Guigemar‹ der Marie de France ist die Geschichte der unerlaubten Liebe zwischen dem Titelhelden und einer Königin, die von ihrem Mann aus Angst vor Nebenbuhlern eingesperrt wird. Im anonymen ›Lai de Guingamor‹ dagegen 7 8 9 10

Tatsächlich anhand genannter historischer Personen datierbar sind nur Tannhäusers Leich I (1245) und VI (1256–1266), vgl. VL IX,601. Der entsprechende Teil des ›JT‹ wird auf 1260–1272/73 datiert, vgl. VL I,161. BLAMIRES 36, BUSCHINGER X, KERN 44ff. Anders dagegen VAN DER LEE, siehe unten 1.5. Zu Herkunft und Varianten des Namens vgl. BRUGGER und ZIMMER 1–16.

Einleitung

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verbringt der Held drei Tage auf der Burg einer Fee – und stellt bei seiner Rückkehr fest, dass inzwischen 300 Jahre vergangen sind. Es ist wohl diese zweite Figur, von der es in einigen Artusromanen heißt, er sei Herr von Avalon und Geliebter der Fee Morgane: So u.a. ›Bel Inconnu‹ 5521, ›Rigomer‹ 7090, ›Livre d’Artus‹ 134f., ›Erec et Enide‹ 1904 – im ›Erec‹ des ›Ambraser Heldenbuches‹ wird in Vers 1930 (Bl. 34rb) die Figur dieser letzten Stelle, ein Gast bei Erecs Hochzeit, mit Gimoers übersetzt.

1.3 Inhalt Wigamur, der Sohn des Königs Paltriot von Lendrie, wird als Kind von der Meerfrau Lespia entführt, als seine Eltern an einem Fest am Hof König Artus’ teilnehmen. Von ihr wird er in einer Höhle im Meer aufgezogen. (V. 167) Eines Tages fängt Lespia ein Meerungeheuer und will ihre Brüder um Rat fragen, wie sie mit diesem umgehen soll. Auf dem Weg zu ihnen wird sie von Paltriots Jägern aufgegriffen. Der König verlangt von ihr die Rückgabe Wigamurs. Währenddessen befreit sich das Meerungeheuer, tötet Lespias Töchter und nimmt Wigamur mit sich auf den Meeresboden. Als die Meerfrau davon erfährt, bringt sie sich vor Kummer um. (336) In den kommenden Jahren bringt das Meerungeheuer Wigamur höfische Fertigkeiten bei und führt ihn schließlich als Volljährigen an Land. Dort klärt es ihn über die Entführung durch Lespia auf, rüstet ihn aus und lässt ihn alleine. (419) Wigamur begibt sich fortan auf die Suche nach seiner Herkunft, die ihn durch verschiedene Episoden führen wird. Seine bisherige Ausbildung erweist sich als unzureichend: Er gerät immer wieder in Situationen, die er nicht versteht. Zunächst beobachtet er einen Angriff auf eine Burg, vermag aber dessen Sinn nicht zu erfassen. In der ausgebrannten Burg findet er Waffen, eine Rüstung und ein Pferd, mit dem er aber nicht umzugehen weiß. (554) Der Ritter Glakotelesfloir bemerkt ihn und greift ihn als vermeintlich leichte Beute an. Er wird von Wigamur besiegt und bietet ihm seine Vasallentreue an; Wigamur lehnt diese ab, nachdem ihm erklärt worden ist, worum es sich beim Lehnswesen überhaupt handelt. (794) Das Pferd führt Wigamur zurück zur ausgebrannten Burg. Dort trifft er auf Königin Pioles, die das Feuer überlebte; sie war von ihrem Verlobten auf der Burg zurückgelassen worden, weil er zu einem Turnier reiten wollte. Wigamur bleibt bei ihr (989) und reitet am nächsten Morgen auf die Jagd. (1078) Nach einer weiteren Nacht reitet Wigamur zu einer Burg auf einem Berg, in der sich ein Zwerg befindet. (1099) Hs. W weist an dieser Stelle eine größere Textlücke auf, die M teilweise schließen kann. Der Zwerg erzählt Wigamur, dass der Burgherr Lespurant in der Gegend sein Unwesen treibt. Wigamur will gegen ihn kämpfen, kehrt aber zunächst zu Pioles zurück. Das Fragment bricht an dieser Stelle ab. Durch spätere Nacherzählungen lässt sich rekonstruieren, dass Wigamur den Kampf gewinnt, Pioles bei dem Zwerg zurücklässt und sich danach zu Artus’ Onkel Ittra begibt. (1100) Der Text setzt unvermittelt mit der Beschreibung des Tugendsteins und Jungbrunnens ›Aptor‹ wieder ein. (1222) Wigamur wird darin gebadet. Anschließend bildet ihn sein Gastgeber auf seinen Wunsch hin zum Ritter aus. Wigamur verlässt den Hof wie-

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Einleitung

der, um berühmt zu werden. (1448) In einem Wald hilft er einem Adler im Kampf gegen einen Geier. Der Adler begleitet ihn fortan aus Dankbarkeit und verschafft ihm seinen Namen, unter dem er bekannt wird: Der Ritter mit dem Adler. In den folgenden drei Episoden trifft Wigamur auf Artus, der in diesem Roman als König in vierfacher Funktion auftritt: als Richter, als oberster Lehnsherr, als Festausrichter und als Beschützer. Der Artushof fungiert also nicht als gesellschaftlicher Mittelpunkt, von dem ein Ritter zu einer Aventüresuche auszieht. Vielmehr nimmt Artus als vorbildlicher König – wie andere Könige auch – bestimmte gesellschaftliche Verpflichtungen wahr. (1526) Die erste Episode handelt von Fürstin Eudis, die von ihrer Mutter ein Land mit einer Linde und einem Wunderbrunnen erbte, auf die nun ihre Tante Affrosidones Anspruch erhebt. Der Rechtsstreit soll in einem gerichtlichen Zweikampf durch stellvertretende Kämpfer vor Artus als Richter entschieden werden. Der für Eudis kämpfende Wigamur gewinnt und bekommt als Lohn dafür das umstrittene Land angeboten; er lehnt die Herrschaft jedoch mit Verweis auf seine ungeklärte Herkunft und seinen geringen Ruf ab. (1974) In der zweiten Episode erfährt Artus, dass das Land Deleprosat neu belehnt werden muss. Als König veranstaltet er zur Vergabe ein Turnier, das Wigamur neuerlich gewinnt. Das Land lehnt er aber aus denselben Gründen ab. (2377) Nach dem Turnier veranstaltet Artus ein großes Fest. (2546) Während des Festes erreicht ihn ein Hilferuf der Königin Isopi – die dritte Episode. Sie wird von dem Heiden Marroch bedroht, nachdem sie einen Heiratsantrag von ihm ausgeschlug. Artus eilt ihr mit seinen Rittern zu Hilfe. (2854) Wigamur, Gawan und Unarc werden als Boten vorgeschickt. Auf ihrem Weg stoßen sie auf drei heidnische Späher, die sie im Kampf besiegen und als Gefangene zu Isopi schicken. (3105) Nach Artus’ Ankunft kommt es zu einer Schlacht, in der die Heidenritter vernichtend geschlagen werden. (3329) Isopis Leute möchten ihre Königin mit Wigamur, der besonders herausragend kämpfte, verheiraten. Sie weiß aber, dass der Adlerritter bereits zweimal auf eine Landesherrschaft verzichtete. Artus lädt ihn auf seine Burg Karidol ein, Wigamur aber zieht es vor, um seinen Ruf zu mehren, weiterhin denen beizustehen, die ihn brauchen. (3453) Nach dem Abschied gerät er in einen Erbstreit zwischen den Königen Atroglas und Paltriot, die gleichermaßen Anspruch auf das Land Deleferant erheben. Weil Wigamur seinen Vater nicht erkennt, schlägt er sich auf die Seite von Atroglas. (3581) Es kommt zu einer blutigen Schlacht, die am Abend abgebrochen werden muss, ohne dass ein Sieger feststeht. (3847) Angesichts der großen Verluste in ihren Heeren handeln die Fürsten beider Könige aus, dass ein Zweikampf den Streit entscheiden soll. Atroglas lässt Wigamur als seinen Stellvertreter kämpfen, Paltriot hingegen will selbst antreten und fordert einen ständisch ebenbürtigen Kontrahenten. (4037) Wigamur erzählt infolgedessen seine Lebensgeschichte. Sein Vater erkennt ihn wieder, der Kampf wird abgebrochen. Einvernehmlich wird Wigamur mit Atroglas’ Tochter Dulciflur verlobt. Mit seiner Einsetzung als neuer Landesherr endet der Rechtsstreit. (4238) Wigamur reitet mit seinem Vater nach Hause; ihm wird das rechte Benehmen eines Fürsten beigebracht. (4323) Er reist weiter zu Dulciflur, um sie in einem ausgiebigen Fest zu heiraten. (4656) Wigamurs Suche nach seiner Herkunft ist damit beendet. Es folgt eine abschließende Episode, in der die Ehe mit Dulciflur auf die Probe gestellt wird.

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Eine gewisse Königin Dinifrogar lobt sich selbst und ihr Land als Preis eines Turniers aus, weil sie von einem Heiden bedroht wird. (4977) Am Ende des Turniers stehen drei Gewinner fest: Wigamur, Gamuret und Lipondrigun. Die ersten beiden kommen für die Heirat nicht in Frage, doch Dinifrogar kann auch den dritten nicht akzeptieren, weil er einstmals ihren Vater ermordete. Es kommt zum Kampf zwischen ihm und Wigamur; Lipondrigun unterliegt schmachvoll. (5311) Er reitet am nächsten Morgen ungesehen davon. Im Wald stößt er auf Dulciflur und entführt sie aus Rache. (5410) Wigamur und Atroglas nehmen die Verfolgung auf. (5580) Dabei treffen sie auf König Harzir, den Verlobten jener Pioles, die Wigamur vor Jahren beim Zwerg zurückließ. Die drei Könige schließen ein Bündnis und Wigamur arrangiert ein freudiges Wiedersehen mit Pioles. (5829) Sie reisen zusammen weiter und finden Lipondrigun bei einem Turnier. Wigamur besiegt ihn und befreit Dulciflur. Alle reiten gemeinsam nach Hause. (6095) Nach einer weiteren Textlücke berichten die letzten Verse davon, dass Wigamur und Dulciflur einen Sohn haben, in dessen Namen sie selbst und der Adler vereint sind: Dulciwigar.

1.4 Literarhistorischer Stellenwert Der ›Wigamur‹ imitiert die Sprache Hartmanns, Wolframs und Wirnts, er verwendet bekannte Personen, Schauplätze und populäre Versatzstücke der zeitgenössischen Erzählwerke: Man denke an das Motiv des Tierbegleiters, an den Erbschaftsstreit (›Iwein‹), an die Beschreibung des jungen Toren (›Pz‹), das Motiv des Vater-SohnKampfes11, die Entführung als Kind (›Tristan‹/›Lanzelet‹), die Familienthematik (›Lanzelet‹) und nicht zuletzt die Namensähnlichkeit zum ›Wigalois‹.12 Für die zeitgenössischen Rezipienten muss ein gewisser Reiz auch im Wiedererkennungseffekt dieses intertextuellen Geflechts gelegen haben. Auch wenn nur drei Textzeugen des ›Wigamur‹ überliefert sind, belegen Nennungen in späteren Texten eine gewisse Bekanntheit des Stoffes. Es handelt sich bei diesen Nennungen zumeist um Namenlisten herausragender (Artus-)Ritter.13 Sie zeugen nicht notwendigerweise von der Kenntnis des Textes, aber immerhin davon, dass die Figur Wigamur in die Reihe der bekannten Ritter aufgestiegen ist und in einem Atemzug mit Gawan oder Meleranz genannt wird. Vor allem zeugen sie davon, dass sich die spätmittelalterliche Leserschaft primär für einen RitterLiebes-Roman interessierte. Die unterschiedlichen Ausrichtungen der genannten Texte werden damit nivelliert; Wigamurs Kennzeichen, sein Adler, ist der Erwähnung nicht mehr wert.

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HARMS, Kampf 140–142. Eine ausführliche Auflistung von Ähnlichkeiten bieten KHULL, Rez. Sarrazin 359–363 und BLAMIRES 37–39. Zur Poetik siehe unten 1.5 [KERN]. Allgem. MÜLLER, Namen. Zu der folgenden Nr. 3 siehe ebd. 355–366, zu Nr. 4–7 449–465.

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Einleitung

1. Tannhäuser, Leich IV, um 1250?14 Preis einer Frau, deren Schönheit alle Frauen der Literatur übertrifft. Zugleich parodistische Verdrehung der Figuren und ihrer Taten: Str. 14 (55–58) Her Wigamur vor Kamvoleis wol tet erz, als wirz han vernomen; gen dem so hielt her Wigoleis, der was den froun ze dienste komen. 2. Albrechts ›Jüngerer Titurel‹, 1260–1272/7315 Tschinotulander tjostiert am Artushof gegen mehrere Ritter: Str. 1389 Her Wigamur zu male wol zweinzic het gevellet mit tjoste sunder twale. zer tavelrunde niender was gesellet bezzer ritter, der dar uber sæze. den bat der uz Graswalde, daz er satelrumens niht vergæze. Wigamur nimmt als einer von zahlreichen Rittern am Turnier auf Floritschanze teil: Str. 2074 Laibart, der grave kFne, und Wigamur, der niht lazze, der zageheit unversFne warens ie zem tode vint mit hazze und in genahte nie durch cheine vreisen. do wůchs ir pris di h=he also daz si des nieman zalt di weisen. Wigamur eröffnet die Schlacht von Artus gegen Kaiser Lucius mit einem Zweikampf gegen einen Wartmann: Str. 4673 Wigamurs, der snelle, den vorsprunk het ergahet. mit einer tjoste helle kom er einem degen wert genahet, der von dem riche lehen nam mit zepter, uf einem berg durch warte gen Wigamurs nu lenger niht enhepter. Str. 4677 Der eren die behabten beide an dirre tjoste hie gahens wider drabten, durkel wit der schilde. solcher koste wart hie Wigamurs vil hoch gepriset. »her Key, ir habtz verslafen«, jahens all, »ir sit uz rům gewiset!«– Str. 4682 »Des keisers schar, diu ander,« Wigamurs was jehende, »ob der alsam ein zander siht man einen liehten vanen brehende, uz einem samit rot ein gelwes kunder, tier und vogel beide, gehalbet vogel uf und tier hin under. 3. ›Friedrich von Schwaben‹, 14. Jhd., nach 131416 Friedrich vergleicht sich mit anderen Helden, die sich nicht mit ihm als Minneritter messen können: V. 4818 Lanntzelet, WeigamFr, Tristrant und Iwein 4. Der ›Ehrenbrief‹ des Jakob Püterich von Reichertshausen17, 1462 Str. 104 den Wälischen Gast geziert hat Tomasin von Clär. sam hat Ruedolf grimsiret von Montfart schon Wilhalbms mär unnd Ameley, der schönen, stolzen, werden. 14 15 16 17

VL IX,601. VL I,161. VL II,959. Nach BISCHOFF 709. Faksimile: Ehrenbrief.

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so findt ich Wigamuren seins tichters nit auf all diser erden. 5. ‚Bollstatters Spruchsammlung’18, 1468 Autoritäten-Sammlung, deren Verse bekannten Persönlichkeiten (u.a. biblischen Propheten, Kirchenvätern, Figuren der Literatur, Artusrittern) in den Mund gelegt werden: Bl. 167v Wigamur spricht also Vil lieb sind weyb vnd kyndt Gewinne michels lieber sind [=Freidank 56,1f.] 6. Namenverzeichnis Wien, Nationalbibl., Cod. 3406, Bl. 12v,19 1469–147220 45-zeiliges Namenverzeichnis, das in eine Hs. des ›Pantheon‹ Gottfrieds von Viterbo eingetragen wurde: Z. 13 lanczilott wigamur Melleranns 7. Ulrich Füetrers ›Lannzilet‹, 1484–148721 Namenkatalog am Schluss des Werks: Str. 5965 Herr Tsyonachtolannder, Gramoflans, Kay, Lytschois, Orylus de Lalannder, Tschentenflurs, Eregk und herr Wigeloys, Wygamur, Daniel und auch Trystrannde, Garel, Góswein und Kanforel, Partzinopier und Morhold von Irlannde! 8. ›Spruch von den Tafelrundern‹22, Ende 15. Jhd.23 256 Verse langes Gedicht, das verschiedene Helden aufzählt; möglicherweise im Umkreis Püterichs oder Füetrers entstanden; Quelle und Dichter sind allerdings nicht sicher auszumachen:24 V. 113 Zidegast mert auch wol ir schar, Sein amey Orgelus die klar, Daniel von dem pluemental Vnd herr Wigamur, der manig qual Laid durch die sch=nen Dulceflor, Darzue der stoltz Flordemor, Ereck fil roy de Lack, Eneyt sein amey, die ye phlag Weiplich[er] eren zu aller zeit.

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London, British Library, Ms. Add 16581, dazu HEISER 37–39 und 88. SINGER 205f. MENHARDT, Spruch 149. VL II,1002. Wien, Nationalbibl., Cod. 7692, Bl. 130v–132vb. Ausgabe: MENHARDT, Spruch, hier 138. In der Hs. fehlerhaft wigramur, ebd. 143. VL IX,188. VL IX,188.

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9. ›Darfelder Liederhs.‹, Lied 50, 1546–1565 Tagelied, dessen sieben Strophen dem Schema der Planeten folgen und mit Liebespaaren aus der Literatur verbunden werden: Str. IV Do Deiller floir Als Dulciflur mit wie Amoir mit Wigamur in levede sich hait voreinet, sich in Liebe verband, do was ehr hertz war ihr Herz inn hoyer schertz, sehr vergnügt, desgelichen bin ich gemeinet genauso sehr und noch vyll mher und noch viel mehr vor all zu dir, liebe ich dich, mach mir nith levers werden. nichts kann mir lieber werden. der Sonnen gelytz Der Sonnenschein mit hießer hitz mit seiner gleißenden Hitze berenndt mich nith so heis uff erden. verbrennt mich nicht so heiß auf Erden.

1.5 Literatur zum ›Wigamur‹. Ein Forschungsüberblick (Namen in Kapitälchen verweisen auf das Literaturverzeichnis) I Textausgaben Es gehört zu den Merkwürdigkeiten des ›Wigamur‹, dass er in der Philologie ein Schattendasein fristet, obwohl die junge Germanistik früh auf ihn aufmerksam wurde. Bereits 1779 veröffentlichte JOHANN JOACHIM ESCHENBURG einige Auszüge aus der Wolfenbüttler Hs., auf die ihn zuvor Gotthold Ephraim Lessing aufmerksam gemacht hatte. Knapp drei Jahrzehnte später legte JOHANN GUSTAV BÜSCHING im Rahmen der von ihm und Friedrich Heinrich von der Hagen herausgegebenen ›Deutschen Gedichte des Mittelalters‹ einen vollständigen und sauberen Abdruck der Hs. vor. Wie für diese, Lachmann konträr gegenüber stehende Schule üblich blieb der Text dabei im Wesentlichen unverändert, lediglich Abkürzungen wurden ausgeschrieben und eine moderne Interpunktion eingefügt; an nur wenigen Stellen wurden Fehler verbessert oder korrekte Reimbindungen hergestellt. Bald darauf erschien eine ausführliche Rezension von BERNHARD DOCEN, die in grundsätzliche Überlegungen zur Editionsphilologie mündete. Am ›Wigamur‹ stört ihn, dass die Ausgabe »barbarische Formen, die Auge und Ohr ärgern, treulich beibehalten« hat (340). Er bemängelt, dass der Herausgeber nicht für einen lesbaren, d.h. hergestellten Text sorgte. Er resümiert daher: »Die nähere Prüfung […] hat uns belehrt, wie die Herausgeber für die vervielfältigte, treue Mittheilung durch den Druck sehr viel, für die Lieferung eines richtigen lesbaren Textes aber überaus wenig gethan haben.« (356) Daneben liefert DOCEN zahlreiche Verbesserungsvorschläge. Aussagen über das Alter und die literarische Qualität des Textes, welche sich in W nur mangelhaft zeigt, konnten erst durch die Auffindung und Publikation der deutlich älteren Fragmente S und M durch RICHARD MARIA WERNER und FRIEDRICH KEINZ 1879 bzw. 1882 einer grundlegenden Revision unterzogen werden. Eine zuverlässige Transkription all jener Stellen, bei denen mehr als ein Textzeuge vor-

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liegt, bot ohne weitere textkritische Kommentare CARL VON KRAUS 1912 (2. Aufl. 1926) in seinem ›Mittelhochdeutschen Übungsbuch‹. Erst 1987 veröffentlichte DANIELLE BUSCHINGER einen vollständigen Paralleldruck von W, M und S in den ›Göppinger Arbeiten zur Germanistik‹. Auch sie gibt nur wenige Hinweise zur Textverbesserung. GERHARD WOLF wies in seiner Rezension der Ausgabe darauf hin, dass der Abdruck nicht immer zuverlässig und konsequent betrieben wurde, und fordert für eine weitere Ausgabe ein grundlegend anderes Vorgehen: »Bei einem so hochgradig verderbten Text wie der WigamurHandschrift W ist mit einem diplomatischen Abdruck nicht weiterzukommen, der einzige Weg führt über den gewiß mühsamen Versuch, den vielen unverständlichen Stellen einen Sinn zu geben, um so einen lesbaren Text zu rekonstruieren.« (152) Hingewiesen sei auch auf den 1968 von RITA WEBER verfassten Stellenkommentar zu den Versen 4883–5159. II Zur Sprache des Textes und der Hss. Drei Studien beschäftigten sich zu Beginn des 20. Jhd.s mit der Sprache des ›Wigamur‹ und seiner Hss. Die erste, umfangreiche Arbeit legte 1907 OTTO MAUSSER mit seiner Dissertation zum Reimgebrauch vor. Aus Misstrauen gegenüber W bezieht er sich in der Regel auf Stellen aus MS. ERICH JENISCHs Absicht liegt darin, die »Vorarbeiten zu einer kritischen Ausgabe« zu liefern (9). Dabei geht er zunächst auf die Handschriftenverhältnisse ein und legt ein Stemma vor, widmet sich dem Versbau und insbesondere dem Auftakt, schließlich stellt er die Änderungen von M gegenüber W dar. Die Arbeit zielt darauf, die Eigenheiten des ursprünglichen ›Wigamur‹ hinsichtlich des Wortgebrauchs, des Versbaus usw. aufzuzeigen, um anhand dieser Regelmäßigkeiten aus dem vollständigen W-Text das Original bzw. den Archetyp zu rekonstruieren. Nach heutigen Editionsmaßstäben ist diese Arbeit überholt. Brauchbarer sind nach wie vor die Untersuchungen von WALTHER LINDEN, der sich zunächst ausführlich der Schreibsprachen der Hss. annimmt und bei der Beschreibung der Dichtersprache den Reimuntersuchungen MAUSSERs wesentliche Ergänzungen und Korrekturen zufügen kann. III Literarische Quellen und Vorlagen Auf die literarischen Quellen und Vorlagen wie auch den Stil haben GREGOR SARRAZIN, FERDINAND KHULL (Rez. Sarrazin und Wigamur) sowie in neuerer Zeit DAVID BLAMIRES und NEIL THOMAS hingewiesen. Letzterer macht in einem wichtigen Aufsatz darauf aufmerksam, dass die Jugendgeschichte Wigamurs zunächst dem ›Lanzelet‹ folgt, aber im weiteren Werdegang mehr und mehr den ›Wigalois‹ nachahmt. Die Ursache sieht er in einer wesentlichen Abkehr des ›Wigalois‹ von der Fair Unknown/ Bel Inconnu-Tradition, bei der es darum gehe, etwas Unbekanntes in die Rittergesellschaft zu integrieren. Im Gegensatz zu Lanzelet beziehe Wirnts Held weder seine Legitimation primär aus seiner Leistung noch müsse er seinen Vater übersteigern, denn dieser stehe ihm, wenn auch für ihn (nicht aber für den Leser!) unbekannterweise, ständig als Vorbild vor Augen. Dadurch sei die Offenheit der Tradition durch eine einseitige Stellungnahme für die Zusammengehörigkeit von Geburt und Wert verloren gegangen. Der ›Wigamur‹ mit seiner starken Ausrichtung auf das genealogische Prinzip könnte von dieser Neuausrichtung beeinflusst worden sein, THOMAS

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spricht sogar davon, der Roman »was probably regarded as a competitor to Wigalois in the course of the German adaptation of the Fair Unknown tradition.« (101) ANTHONY VAN DER LEE 155–168 verneint im Rahmen seiner Studie zum Motiv der Vatersuche die Abhängigkeit des ›Wigamur‹ vom ›Lanzelet‹ oder dem ›Wigalois‹. Die Motiv- und Formulierungsparallelen (z.B. Raub und Erziehung eines Kindes durch eine Fee) seien dazu nicht hinreichend aussagekräftig, da sie zu dieser Zeit erzählerisches Gemeingut gewesen seien. Vielmehr geht er von einer französischen Vorlage aus und verweist auf einige Texte, in denen Entführung, Feenerziehung, Vatersuche und der Vater-Sohn-Kampf ebenfalls miteinander verbunden werden. IV Deutende Ansätze Erst seit den 1980er Jahren wurden Interpretationen vorgelegt, die sich ganz oder teilweise auf den ›Wigamur‹ konzentrieren. Maßgeblich ist nach wie vor die Arbeit von ALFRED EBENBAUER, dem der Lebenslauf des Helden wie eine Korrektur des wîpsæligen Lanzelets vorkommt. Allerdings gebe es einen entscheidenden Unterschied: »Was Wigamur nicht kennt, ist seine Abstammung. Er muß nicht seinen Namen und damit seine individuelle Identität suchen, sondern seine gesellschaftliche, seine Familie, seine Sippe, nicht sein Ich, sondern seine Stellung in der Gesellschaft.« (34) Wigamur wolle zwar durch Rittertaten bekannt werden, schlage aber Besitz und Gut aus, denn es stelle sich heraus, »daß Ruhm die Unbekanntheit nicht aufheben kann, daß Leistung kein Ersatz für Geburt sein kann. Wigamurs ruheloses Ruhmstreben erweist sich als aussichtlose aventiure-Hektik, aussichtlos angesichts der geringen Chance, die der Held hat, sein familiäres Defizit zu beseitigen.« (36) Nur indem er seinem Lebensprogramm, also mit geringer Geburt nicht nach Höherem zu streben, treu bleibe, eröffne sich ihm in der Erzähllogik des Romans die Möglichkeit, seinen Vater wiederzufinden. Damit stelle der Text sich gegen das Leistungsprinzip des ›Lanzelet‹: »Der ›Wigamur‹ votiert ganz für das legitimistische Prinzip des Geblüts und der Herkunft, für dynastisches Denken; persönliche Eignung ist nicht eigentlich gefragt.« (42)25 EBENBAUERs Aufsatz ist von anderen aufgegriffen worden. SABINE OBERMAIER untersucht in ihrem Aufsatz das Tierrittermotiv. Dieses habe sein Vorbild im ›Iwein‹, werde allerdings im ›Wigamur‹ konsequent einer neuen Aussageintention angepasst. Wenn der Löwe und Iwein als gemeinsames Symbol für den neuen Weg des Ritters zu verstehen seien, so stehe der Adler für die unbekannte Herkunft und das Bekenntnis zum genealogischen Prinzip: Der Adler habe seine zwei Jungen verloren, was für ihn genauso den Tod seiner Sippe bedeute wie der zweifache Raub Wigamurs für Paltriot. Um »Namensspiele« geht es in einem Kapitel aus JAN-DIRK MÜLLERs Studie ›Höfische Kompromisse‹. Darin bemerkt er, dass die Geschichten um das Finden, Verlieren etc. von Namen generell für die höfischen Epik attraktiv seien, weil im Namen die individuelle Geschichte (Eigenname) wie auch die Herkunft (generischer Name) verbunden seien. Der Verlust des Namens, wie er sich vor allem in den Lanzelet-Geschichten zeige, sei für den Helden ein schwerer Defekt. Im

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Siehe auch unten zu 1954–1971.

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›Wigamur‹ beruhe dieser Defekt aber nicht auf einem Feudalkonflikt, sondern auf einer Verkettung unglücklicher Zufälle; aus diesem Grund lese sich der Roman »über weite Strecken wie ein entproblematisierender Neuaufguß der Geschichte Lanzelets« (192). Im Vergleich zu Ulrichs Roman sterbe der Vater der Titelfigur nicht bei einem Konflikt mit seinen Vasallen, sondern am Anfang stehe eine Entführung. Deshalb werde – anders als bei Lanzelet – Wigamurs Name nicht bis zur Erfüllung einer Aufgabe verheimlicht, sondern dieser sei schlicht unbekannt: »Noch entschiedener als Ulrichs ›Lanzelet‹ zeigt der ›Wigamur‹, daß der Einzelne nichts ist, solange er nicht über seinen Namen seinen Platz in der ständischen Ordnung kennt.« (194). Im Mittelpunkt von HORST BRUNNER (Frau) stehen die Frauenfiguren in den nachklassischen Artusromanen ›Wigalois‹, ›Wigamur‹ und ›Daniel‹. Er bemerkt, dass bei allen drei Romanen die Rolle der Frau des Helden – Larie, Dulciflur und Danise – »ausgesprochen bescheiden« sei (99), obwohl die Texte sich an den Klassikern orientierten, bei denen gerade diese Figuren eine ausgeprägte Besonderheit besäßen. Dulciflurs Geschichte sei kurz, sie diene bloß politischen Zwecken. Wigamur habe nicht einmal eine Chance, sie im Kampf zu erringen. BRUNNER sieht zwei Gründe für das Desinteresse an den Frauenfiguren: Zum einen sollte der strahlende Held nicht mit problematischen Liebesbeziehungen belastet werden, zum anderen vermutet er eine Wandlung des Zielpublikums. Dieses bestünde nicht mehr vorrangig aus adligen Frauen, die sich zunehmend der religiösen Literatur zuwenden, sondern aus der männlichen Hofjugend. BRUNNER (Krieg) widmet sich den unterschiedlichen Typen von Kriegs- und Schlachtendarstellungen der selben drei Romane. Sie böten ein annähernd vollständiges Inventar der kriegerischen Auseinandersetzungen, die im Mittelalter tatsächlich geführt worden seien. Besonders sei gegenüber den klassischen Artusromanen ein realistisches Moment der Darstellung greifbar, das von Wirnt in die Gattung eingeführt worden sei. Dadurch verhinderten die Autoren, »daß ihre Helden sich allzusehr im grenzenlosen Raum fiktionaler Unverbindlichkeit verlieren, sie holen sie dadurch gewissermaßen auf den Boden der Realität zurück.« (92) Im ›Wigamur‹ seien vor allem drei unterschiedliche Typen akzentuiert: Die Aushebung des Raubritternestes von Pontrafort führe vor Augen, dass man mit solchem Gesindel gnadenlos umzugehen habe. Der Krieg zwischen Artus und Marroch verweise auf das weit verbreitete Thema des ritterlichen Eintretens für eine bedrängte Landesherrin. Und der Erbfolgekrieg zwischen Atroglas und Paltriot entscheide eine unklare Rechtslage. MATTHIAS MEYER (Feenjugend) untersucht das Motiv der Feenjugend, das im Gegensatz zum ›Lanzelet‹ im ›Wigamur‹ mit einer negativ konnotierten Bezugsperson gestaltet sei. Wigamur durchlaufe zwar alle Stationen des Motivs, aber ohne die individualisierenden Möglichkeiten, die in diesem angelegt seien, wahrzunehmen. Wigamur und Dulciflur seien schließlich Objekte im politischen Handeln der Väter. Das individualistische Experiment ›Artusroman‹ werde abgelehnt, der Hof selbst in seiner Erfolglosigkeit dargestellt. Von der Atmosphäre der arthurischen Fee im ›Lanzelet‹ oder ›Lancelot‹ sei nichts übrig geblieben: Die Entführung von Wigamur erfolge, um eine Tochter zu verheiraten, d.h. aus einer konkret dynastischen Position heraus.

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In ihrer Untersuchung der verwendeten Rechtskonzepte stellt ANN MARTIN fest, »administration of justice« sei geradezu das Hauptthema des Romans. Sie unterscheidet die juristischen Situationen je nachdem, ob in ihnen auf reht oder auf site verwiesen wird. Sie stellt dabei fest, dass der site Handlungen etwa im Zusammenhang mit Verlobung, dem Ritterstatus oder der Lehnsherrschaft zugeordnet werden, reht dagegen wird vor allem bei der Konfliktbeilegung als einer standardisierten Form der Richteranrufung verwendet. Der König sorge dafür, dass das Recht für alle erreichbar sei: »He does not create or define reht, he observes it, makes it available.« (11) Bei offensichtlichen Verbrechen (z.B. der Entführung Wigamurs) würde dagegen keiner der beiden Begriffe verwendet. ALBRECHT CLASSEN (Komik) stellt die (manchmal unfreiwillige) Komik des Romans heraus, die er z.B. an der Darstellung der Jugend Wigamurs oder seiner mehrfachen Ablehnung von Ehe und Herrschaft festmacht. Diese komischen Elemente dienten dazu, »angesichts der zerfallenden Welt zumindest der Literatur noch eine unterhaltende Funktion zuzugestehen« (223). Manche dieser Aspekte ließen sich als Parodie auf klassische mhd. Epen verstehen. INGEBORG HENDERSON beschäftigt sich mit dem Illustrationsprogramm der Hs. W. Deren Szenenauswahl sei nicht überraschend, auch würden die Bilder nicht zu Zwecken der Textgliederung eingesetzt. Im Gegenteil hätten die Illustrationen primär die Funktion einer verdeutlichenden Ergänzung. Dem Illustrator gehe es darum, das Textverständnis zu erleichtern. Allerdings weist HENDERSON auch auf vereinzelt auftretende Ambiguitäten und Schwierigkeiten in der jeweiligen Zuweisung hin, die zu Lasten des Illustrators gingen, der sich entweder seiner Inkonsequenzen nicht bewusst war oder sie tolerierte (z.B. Personen, die in einem Bild mit Bart und in einem anderen ohne Bart porträtiert werden). V Überblicksdarstellungen Im Rahmen von Überblicksdarstellungen zum Artusroman gehen u.a. BROGSITTER 120, GOTTZMANN, HARMS (Kampf), MEYER (Intertextuality) und MERTENS (Artusroman) z.T. ausführlich auf den ›Wigamur‹ ein. Letzterer betont, dass der Text über weite Strecken eine Parzival-Kontrafaktur im Sinne der Idealität und der ›arthurischen Korrektheit‹ des Helden, aber auch in seinem genealogischen Denken sei. Der Text wird u.a. auch von CLASSEN (Krieg) 29–32, GÜRTTLER 262–270 und KARNEIN berührt. VI Forschung zu spätem Artusroman – Ausblicke Weitet man den Blick aus von den schmalen Bahnen der spezifisch zum ›Wigamur‹ verfassten Forschungsliteratur auf sämtliche nachklassischen Artusromane des 13. Jhd.s, stößt man auf eine deutlich größere Anzahl von Texten, die in den vergangenen drei Jahrzehnten über sie verfasst wurden. Aus diesen können in einem knappen Ausblick einige Einsichten auf den ›Wigamur‹ übertragen bzw. ausgeweitet werden. Besonders bedeutsam in dieser Hinsicht sind die 1980 von PETER KERN vorgelegten Studien zum Pleier. Es gelingt ihm zu zeigen, wie die Romane des Pleiers den Anschluss an die klassischen Artusromane primär durch drei Strategien erreichen: 1. Quellenfiktion und Wahrheitsbeteuerung: Der Erzähler beruft sich auf

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eine (fingierte) französische Quelle. 2. Integration: Wiederverwendung literarisch belegter Personen und Schauplätze, literarische Anspielungen, Verknüpfungen mit bekannten Ereignissen aus früheren Romanen usw. »reaktivieren das literarische Wissen des Publikums und lassen das in Pleiers Romanen Erzählte als Ausschnitt derselben umfassenderen Erzählwelt erscheinen, von der schon die vorangegangene Artusdichtung Kunde gab« (312). 3. Imitation von Sprache und Darstellungsformen vor allem Hartmanns, Wolframs und Wirnts; Übernahme vorgefundener Motive, Konstellationen, Beschreibungsmuster usw. In einem Ausblick (316–321) weist KERN darauf hin, dass mit denselben Mitteln auch der ›Wigamur‹ und weitere nachklassische Artusromane in eine werkübergreifende Erzählwelt integriert werden und damit ihren Anschluss an die Klassiker suchen. WALTER HAUG, der für die klassischen Texte ein Strukturmodell chrétienscher Prägung stark macht, äußert sich mehrfach zu den Wandlungen des Artusromans und des Strukturmodells in nachklassischer Zeit.26 Die Klassiker hätten sich nach dem Erec immer mehr jener kritischen Grenze von Eros und Tod, von der das Konzept lebt, angenähert und es schließlich dadurch zerstört. Der nachklassische Roman dagegen löse die schwer erträgliche Spannung des Modells, indem er einen krisenlosen Helden auftreten lasse. Der Sinn der Einzelepisoden sei nicht mehr über ihre Position in der Gesamtstruktur erfahrbar, sondern diese würden vieldeutig. Der Roman verstehe sich nicht mehr als fiktionaler Prozess, der eine Sinnerfahrung eigener Art möglich mache, sondern demonstriere unmittelbar für die Lebenswelt geltende Verhaltensnormen. Dabei unterscheidet HAUG zwei Typen: Zunächst den von Wigalois und von Gawein in der ›Crône‹ realisierten glückhaften Helden in einer bald mehr dämonisierten und bald mehr unheimlich-fantastischen Welt und zum Zweiten den listig-klugen Superhelden in einer fabulös-grotesken Welt, den er im Daniel und im Garel sieht. Zum ›Wigamur‹ äußert sich HAUG nicht. Der krisenlose Adlerritter und seine vergleichsweise realistisch geschilderte Welt mag denn auch nicht so recht in dieses Schema passen. Krude Phantastereien im Stile der ›Crône‹ finden sich in diesem Roman nicht, lieber möchte man ihn zum ›Garel‹ stellen, den HAUG als Lehrbuch des arthurischen Zeremoniells versteht.27 Doch umreißt HAUG selbst diesen zweiten Typus nicht sonderlich scharf. Für den ›Wigamur‹ wird man kaum eine »untermenschlich bizarr-böse« Phantasie28 ausmachen können. Selbst die Lespia-Episode oder die Schilderung des Angriffes auf die Burg lassen auch an bösen Figuren noch ein gutes Haar. Jedes Wesen hat im ›Wigamur‹ seine Berechtigung, solange es sich nichts anmaßt, was ihm nicht zusteht. HEIKO FIEDLER-RAUER versucht ausgehend von Überlegungen Gerd Althoffs die Romane des Pleiers als Poetisierung juridischer Verfahren zu lesen. Er verweist dabei auf ungeschriebene Gesetze zur Reglementierung von Gewalt, die die Koexistenz innerhalb der Personenverbände garantierten. Diese Gesetze entsprächen zwar nicht unbedingt der historischen Realität, hätten aber die zeitgenössische

26 27 28

HAUG, Poesie, Das Fantastische, Literaturtheorie 259–287, Schwierigkeiten. HAUG, Literaturtheorie 273 und 286. HAUG, Poesie 220.

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Wahrnehmung von Gewalt strukturiert. Insbesondere FIEDLER-RAUERs Ausführungen zum Garel geben wichtige Hinweise z.B. zum Verständnis der Schlachten im ›Wigamur‹.

2 Überlieferung Eine weitere Beschreibung und aktuelle Literaturhinweise finden sich im ›Handschriftencensus‹ (online unter: http://www.handschriftencensus.de). Zu den Schreibsprachen siehe unten 4.D. W Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 51.2. Aug. 4° Beschreibstoff: Papier Blätter: noch 159 Bl. + 1 nachgebundenes Doppelbl. (= altes Schmutzbl. und Rückspiegel vor der Restaurierung 1912); es fehlen mit Textverlust mehrere Blätter: in der 1. Lage das äußerste Doppelbl. (vor Bl. 1 und zw. Bl. 8/9); in der letzten Lage zwischen Bl. 157/158 wohl 1 Bl., zwischen Bl. 158/159 wohl 2 Doppelbl.; k e i n Bl. fehlt wohl zwischen Bl. 29/30 (nach Vers 1099); der Textverlust scheint durch den Schreiber verursacht Lagenzählung: 3 Quinternionen, dann alternierend insges. 7 Quaternionen und 6 Sexternionen, schließlich vermutl. 1 Quinternione: (V–2)8 + V18 + V28 + IV36 + VI48 + IV56 + VI68 + IV76 + VI88 + IV96 + VI108 + IV116 + VI128 + IV136 + VI148 + IV156 + (V–7)159 Datierung: um 1475 Wasserzeichen: Drei Papiersorten: A (Lagen 1-12) Piccard-Online Nr. 68289 (Augsburg, 1476) [Variante nicht nachweisbar]; B (Lagen 5, 12, 13) Piccard-Online Nr. 70543 und Nr. 70544 (Brescia, 1471); C (Lagen 13-17) Piccard-Online Nr. 70664 (Augsburg, 1471) [Variante nicht nachweisbar]29 Blattzählung: neue Blattzählung 1–159 Blattgröße: 190 × 145 mm (oberer Seitenrand leicht beschnitten) Schriftraum: ca. 135–145 × 90–95 mm Spaltenzahl: 1 Zeilenzahl: 18–28 Versgestaltung: Verse abgesetzt; Versbeginn jeweils Majuskel und meist rot angestrichen (Ausnahme: Bl. 62v–67v) Schrift: Bastarda Verzierungen: jede Seite beginnt mit großer (Schmuck-)Initiale; einige rote Überschriften, z.T. evtl. als Prosabildüberschriften; vereinzelt sind Buchstaben, Wörter oder ganze Verse evtl. als Korrekturen oder Ergänzungen in roter Farbe geschrieben, ab und zu sind ohne erkennbaren Grund die Anfangsbuchstaben einzelner Wörter im Versinneren rot angestrichene Majuskeln (siehe Autopsiebericht); rote Initialen in verschiedenen Größen; 67 kolorierte Federzeichnungen, ca. 100 × 100 mm (davon 10 nachträglich eingeklebt: 6v [Nr. 4], 7v [Nr. 5], 60v [Nr. 30], 63v [Nr. 31], 65r [Nr. 32], 66r [Nr. 33], 68r [Nr. 34], 70r [Nr. 35], 74r [Nr. 37], 75r [Nr. 38]), auf Bl. 9 Farbabklatsch des ursprünglich gegenüberliegenden, nun aber fehlenden Bl. 29

Für die Bestimmung der Wasserzeichen danke ich Monika Strziga (Wolfenbüttel)

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Einband:

alter Einband (17. Jh.?) mit abgerissenen, aber beiliegenden Lederriemen, heller Lederüberzug; gemäß einer Notiz im Vorderdeckel 1912 restauriert; Aufschrift (17. Jhd.?): Wigamur // Aug.51.2. Herkunft: im Vorderdeckel und auf dem hinteren Doppelbl. findet sich in einer Schrift des 16./17. Jhd.s ein alter Besitzervermerk (?): Jerg Wallaßer sowie die Jahreszahl 1604;30 die Hs. wurde 1634 von Herzog August in Hitzacker gekauft31 Schreibsprache: Ostschwäb. (LINDEN 21: »im Gebiet des Ostschwäbischen oder BairischSchwäbischen, das zwischen Iller und Lech und nördlich davon gesprochen wird«) Ergänzungen: Wahrscheinlich bair.-alem. Vorlage (907 verliest der Schreiber sant peter statt sîne bet, in der Vorlage wohl bereits pet), die Verse in ihr nicht abgesetzt (vgl. 2179f., 4002, evtl. auch 4659f).32 Die Hs. tendiert zum Wechsel von b und w. Es steht z.B. eindeutig für /b/ (z.T. durch Reim gesichert): 1501 herwerg (= herberg); 1511, 1819, 2101 ewen (= eben); 2379 wayde (= beide); 3483 erwen (= erben). Umgekehrt z.B. für /w/ in: 3495, 4648, 4828 beygamur (= Wîgamûr); 5333 pfaben hüt (= pfâwenhuot). Siehe auch zu 1691, 1776, 2101, 2763 und 5180. LINDEN vermutet, dass diese Vermischungen nicht auf den Schreiber selbst zurückgehen, sondern »Rückschlüsse auf die Vorlage gestatten«.33 Entweder entstammte die Vorlage dem bair. Sprachraum34 oder, wenn auch unwahrscheinlicher, ist die Buchstabenverwechslung paläographisch zu erklären: Mit der jüngeren gotischen Kursive kommt im letzten Viertel des 14. Jhd.s die Schreibung von anlautendem und mit einer bzw. zwei Schleifen auf, die sich im dt. Sprachraum bis ins 2. Viertel des 15. Jhd.s hielt, im md. sogar länger. »Von Schreibern des späteren 15. Jahrhunderts wurden sie aus älteren Vorlagen gelegentlich zu b und lb verlesen.«35 Literatur: ESCHENBURG; BÜSCHING VI–VIII; VON HEINEMANN 55 (Nr. 3541); LINDEN 13–22; BUSCHINGER XVIII–XX und Abb. im Anhang; HENDERSON M München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249/28 Beschreibstoff: Pergament Blätter: 16 Bl., darunter 6 Doppelbl., heute wieder zu Lagen zusammengebunden; ursprünglich ca. 79 Bl.36 Lagenzählung:37 Reste von 3 Quaternionen (2., 4. und 8. Lage): Bl. 1–6: (IV–2), 2. und 5. Bl. bis auf Reste herausgeschnitten; Bl. 7–10: (IV–4), die mittleren 2 Doppelbl. fehlen, Bl. 8 und 10 längs zerschnitten; Bl. 11–16: (IV–2), mittleres Doppelbl. fehlt, von Bl. 13–14 nur 2 Querstreifen erhalten; Bl. 7– 16 mit kleineren Textlücken durch Ausschnitte

30 31 32 33 34 35 36 37

Vgl. dazu LINDEN 13. Eintragung im Bücherrad-Katalog S. 2528, dazu die Datierung bei DE 133. LINDEN 35; zu anderer Auffassung kommt KHULL, Rez. Sarrazin 359. LINDEN 22. 25 PAUL §§L85, Anm. 3, L98, E26.2. SCHNEIDER, Paläographie 62–64. SCHIEWER 249. Ausführlich dazu KEINZ 291f.

VON

KATTE 180 und MIL-

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4. Viertel 13. Jh.38 ca. 170 × 120 mm 130–150 × 80–90 mm 1 28–30 Verse nicht abgesetzt Textualis von 2 Händen (2. und 4./8. Lage) Versanfänge rot gestrichen; zweizeilige, z.T. einfach ornamentierte Lombarden; Bl. II,2 Reste von Fleuronné erkennbar (wohl von Palimpsest) Herkunft: in der zweiten Hälfte des 19. Jhd.s abgelöst von einem Urkundenregister des Reichsstifts Kaisheim; dieses befindet sich heute im Staatsarchiv Augsburg unter der Signatur ›Reichsstift Kaisheim MÜB 158‹39 Schreibsprache: Nordalem. mit md. Anteilen Ergänzungen: Palimpsest einer lat. Beschriftung (13. Jh.) KARIN SCHNEIDER (briefl., 14. 9. 2009) sieht Parallelen zu den Schriften des alem. ›Ludicarius‹ (Berlin, Staatsbibl., mgo 26) oder einer Hs. des ›Barlaam‹ Rudolfs von Ems (Karlsruhe, Landesbibl., Cod. Donaueschingen 73) Textstrecke: 585-668, 751-109993, 1567-1758, 2161-2361, 4854-4904, 4953-5189, 5397-5684 Literatur: KEINZ; LINDEN 5–10; BUSCHINGER S. XVf. und Abb. im Anhang; SCHIEWER 248f.; SCHNEIDER, Fragmente 64f.; Digitalisat im Internet verfügbar (Link im Handschriftencensus) Datierung: Blattgröße: Schriftraum: Spaltenzahl: Zeilenzahl: Versgestaltung: Schrift: Verzierungen:

S Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. Ser. Nov. 4433 Beschreibstoff: Pergament Blätter: 2 Doppelbl. + 2 Längsstreifen eines Bl., alle Bl. an der Oberseite mit Textverlust beschnitten; ursprünglich ca. 49 Bl.40 Lagenzählung: Reste aus 2 aufeinander folgenden Ternionen, zwischen ihnen fehlt 1 Doppelbl.41 Datierung: Mitte 14. Jh.42 Blattgröße: 187 × 150 mm (oberer Seitenrand beschnitten) Schriftraum: ca. 155 × 110 mm Spaltenzahl: 2 Zeilenzahl: 32, meist nur 31 erhalten Versgestaltung: Verse abgesetzt Schrift: Textualis Verzierungen: Versanfänge rot gestrichen; rote Initialen Herkunft: der Trägerband (Wiguleus Hund: Metropolis Salisburgenis, München 1620), stammt laut Eintragung auf der Innenseite des Deckels aus dem Münchner Franziskanerkloster (ad P.P. Franciscanos Monachij ad Archivum. Dupl.), befand sich zunächst im Besitz des Salzburger Historikers Spatzenegger, aus dessen Nachlass das Exemplar von Studienbibliothekar Hammerle (Salzburg) 1877 gekauft wurde; bald darauf löste WERNER das

38 39 40 41 42

SCHNEIDER, Fragmente 64. KALESSE 90 (Nr. 290), KEINZ 289. SCHIEWER 249. WERNER 100. SCHIEWER 248.

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Fragment aus dem Band, 1913 wurde es ohne den Trägerband von der ÖNB aus dem Nachlass WERNERs übernommen43 Schreibsprache: Bair. Ergänzungen: von WERNER 1878 mit Schwefelammoniak und konzentrierter Tanninlösung behandelt Textstrecke: 4745-4904, 4953-5159, 5409-5658 Literatur: WERNER; LINDEN 10–13; MAZAL 197f.; BUSCHINGER XVII und Abb. im Anhang; SCHIEWER, 248f., 274 (Abb.)

Verhältnis der Handschriften LINDEN 22-36 legt überzeugend dar, dass S und W durch zahlreiche Übereinstimmungen und Abweichungen von M eine gemeinsame Überlieferungsgruppe bilden (z.B. 5033 M bejaget / WS erworben, 5538 M breite mos, smale stege / WS beide mos und stege, 5428 M michel der schal / WS ein michel schal). Da er S nicht als Vorlage von W ansieht, nimmt er eine Vorstufe y an, von der S nur wenig abweiche (z.B. 5624 MW daz müeze got geklaget sîn / S des muoz ich immer trûric sîn). Er vermutet ferner, dass W nicht direkt von y abgeschrieben wurde. Als Begründung x für diese Vermutung dient ihm »kamer 5515 für jâmer (weinen MS), das auf mißverstandenes gamer einer Zwischenvorlage zurückweist« (34); interessanter wäre es, die Interpolationen (siehe M y Exkurse) auf die sprachliche Stimmigkeit des neu Eingefügten hin zu überprüfen – und damit der Frage auf die Spur zu kommen, ob die Vorlage y1 S von W (mit LINDEN: Sigle y1) bereits diese Zusätze enthielt oder ob der Schreiber sie einfügte. Nach LINDENs Ergebnissen muss also eine MinW destanzahl von sechs ›Wigamur‹-Hss. postuliert (nach LINDEN 36) werden. (Ergänzend dazu: JENISCH 10-17).

3 Zur Ausgabe des ›Wigamur‹ 3.1 Richtlinien Die vorliegende Edition bietet einen von evidenten Fehlern gereinigten, normalisierten und mit moderner Interpunktion versehenen Text: zum einen nach Handschrift W, die als Leithandschrift fungiert, zum anderen nach M, dem älteren Textzeugen, der nicht lange nach der Entstehung des ›Wigamur‹ geschrieben sein dürfte. Für die Textgestaltung gelten folgende Richtlinien:44

43 44

WERNER 100, MAZAL 197. Zu Zweck und Idee dieser Ausgabe ausführlich BUSCH.

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a) Hinsichtlich der sprachlichen Gestaltung wird ein standardisiertes Laut- und Orthographiesystem (»Normalmittelhochdeutsch«) verwendet, das freilich Kunstcharakter hat und keineswegs den Anspruch erhebt, ein nicht vorhandenes Original zu rekonstruieren. Für die Umsetzung der Formen der Handschriften werden in der Regel die Ansetzungen nach LEXER verwendet, ohne sich sklavisch an diese zu halten. Diese Normalisierung, die größtenteils stillschweigend durchgeführt wird, beinhaltet im Wesentlichen folgende Aspekte: Sprachgeschichtliche Entwicklungen, die den überlieferten Text vom Sprachstand des 13. Jhd.s entfernen, werden ebenso wie dialektale Schreibervarianten rückgängig gemacht (Ausnahme: Flexion des Possessivpronomens ir); Vokallängen werden mit Zirkumflex bezeichnet; stets steht pf für die labiale Affrikata; i/j und u/v werden je nach vokalischem bzw. konsonantischem Lautwert verwendet; der durch die sprachhistorische Entwicklung begründete Wegfall des verallgemeinernden Präfixes s(swer, swaz etc.) und der Zusammenfall des lokalen bzw. temporalen Adverbs dâ und dô sowie der Adverbien sâ und sô werden nach dem Vorbild von M stillschweigend rückgängig gemacht, auch wenn nicht immer zweifelsfrei eine sichere Form bestimmt werden kann; ebenso wird der frühneuhochdeutsche Zusammenfall von war und wâ wieder aufgelöst; grundsätzlich wird nicht zwischen s und ſ unterschieden (Ausnahme: Autopsiebericht).

b) Die handschriftlichen Formen sämtlicher Eigennamen werden im Namenverzeichnis, nicht aber im Lesartenapparat vermerkt; im Text findet sich ausschließlich eine vereinheitlichte Form. Namen werden unabhängig von der handschriftlichen Form stets groß geschrieben. c) Abkürzungen in den Handschriften werden stillschweigend aufgelöst, das gilt auch für die Zahl zweihundert (W: iic) in Vers W1944. d) Initialen in der Handschrift werden, gleich welcher Form, Farbe und Größe, mit Großbuchstaben und Einzug des Verses gekennzeichnet. Eine Differenzierung verschiedener Initialen findet nicht statt. Andere Majuskeln, z.B. am Versanfang, werden in der Regel nirgendwo, auch nicht im Lesartenapparat, berücksichtigt (Ausnahme: Autopsiebericht). e) Korrupte oder unreine Reime werden nur dann verändert, wenn eine offensichtliche Reimbindung herstellbar ist und zwar stillschweigend, wenn zwei austauschbare, äquivalente Formen desselben Wortes vorliegen, die etwa dialektal oder zeitlich verschieden verwendet werden, z.B. ros/ors, harnasch/harnas, hôch/ hô oder stân/stên. Auslautende Mediae apokopierter Formen werden zu Tenues, wenn der Reim es erfordert (z.B. disem walt : alt). Diese Änderungen bleiben auf die einzelne Stelle beschränkt und haben keine Auswirkungen auf die Herstellung des restlichen Textes. f) Zwar werden keine Besserungen aus metrischen Gründen vorgenommen, eine Ausnahme bilden aber apokopierte und synkopierte e in Nebensilben, die kursiv in den Text aufgenommen werden, um sichtbar zu machen, dass der ›Wigamur‹ in der Tradition hochmittelalterlicher Verstexte steht. Mit dieser Ergänzung soll ein Vorschlag gemacht werden, wie der Text gelesen werden könnte. Zusätzliche Konsonanten der Normalform werden stillschweigend ergänzt bzw. der Form angeglichen (z.B. sin > sinne, vrou > vrouwe, helt > helde). Hyperkorrekte bzw. epithetische e dagegen werden stillschweigend getilgt.

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g) Mit offensichtlich korrupten Passagen wird in dreierlei Weise umgegangen, und zwar: i) Evidente (»absolute«) Fehler, durch die der Text in sich sinnlos geworden ist und die lediglich einfache Korrekturen erfordern (z.B. Konjektur eines einzelnen Wortes), werden verbessert; die verbesserten Formen werden im Text kursiv gesetzt und die handschriftlichen Formen im Variantenverzeichnis nachgewiesen. Zugefügte Wörter werden durch spitze Klammern 〈 〉 markiert und im Apparat nur dann erwähnt, wenn der Vorschlag nicht von mir stammt. Ebenfalls in spitzen Klammern, aber nicht kursiv, sondern recte werden Textteile bei materialbedingter Unlesbarkeit (etwa bei den Fragmenten) ergänzt, sofern die Erschließung mit Hilfe anderer Textzeugen oder der vorhandenen Buchstabenreste – unter Annahme der Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit, niemals aber der Sicherheit – unproblematisch erscheint. Andernfalls erscheint eine Ellipse […]. Ausgelassene Wörter werden im Apparat abgedruckt, auf sie verweisen im Text leere eckige Klammern []. Eindeutige und unproblematische Korrekturen des Schreibers werden stillschweigend eingearbeitet und nicht weiter vermerkt. ii) Passagen, die größere Korrekturen erfordern (z.B. Neudichtung ganzer Verse) oder die völlig unverständlich sind, werden nicht verändert, sondern mit Cruces (†) markiert und in der handschriftlichen Form belassen. Die Übersetzung entfällt. iii) Sofern eine Passage in sich verständlich, aber dubios erscheint (z.B. wegen einer unwahrscheinlichen Reimbindung oder einer auffälligen Konstruktion), wird lediglich die normalisierte Form hergestellt, nicht aber weitergehend in den Text eingegriffen. Zur Markierung für den Leser werden solche Stellen im Text unterstrichen.

Sofern erforderlich ist der sprachliche Befund im Stellenkommentar skizziert, damit der Leser darüber informiert wird, wie der Herausgeber die Stelle versteht und inwiefern er sie für problematisch hält. h) Weil mit dem Textzeugen M eine deutlich ältere, vor allem aber auch sprachlich bessere Fassung als W vorliegt, soll der gesamte Text des Fragments mit eigenem Apparat im Satz direkt unter dem Haupttext dokumentiert werden, um so auch mittels der lautlichen Normalisierung eine bessere Vergleichbarkeit der beiden Fassungen zu erzielen. i) Anders wird mit S verfahren. Um nicht unnötig redundante Textpassagen abzudrucken, werden lediglich die Abweichungen gegen den Editionstext von M verzeichnet und im Druck rechts neben diesen gesetzt. Sind M und S identisch erscheint das Zeichen ►, eine Abweichung von M wird mit dem vorangestellten Zeichen ◄ markiert; wird der vollständige Vers von S abgedruckt, so ist dieser nicht ausdrücklich gekennzeichnet. Verschiedene Formen desselben Wortes (z.B. synkopierte Silben oder kontrahierte Formen) werden dagegen nicht genannt. j) Am linken Rand des Textes wird vermerkt, welcher handschriftlichen Grundlage er folgt. Am Ende der von einem Textzeugen überlieferten Passage steht die durchgestrichene Sigle. k) Zur Entlastung des Lesartenapparats wird der ausführliche Autopsie-Befund in einem gesonderten Anhang abgedruckt. l) Die Verszählung wird von BÜSCHING und BUSCHINGER übernommen.

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3.2 Kommentar und Übersetzung Der Stellenkommentar widmet sich drei Bereichen: 1. linguistische Bemerkungen zur Textgestalt, grammatikalische Besonderheiten usw. 2. realienkundliche Erklärungen. 3. literarhistorische Bezüge. Der Text böte für diesen dritten Bereich problemlos genügend Material für eine eigenständige Arbeit. Es können hier nur punktuell Hinweise gegeben werden; eine vollständige Aufarbeitung der intertextuellen Verweise bleibt ein Desiderat. In der Regel werden Phänomene, die mehrfach auftreten, nur bei der ersten Stelle kommentiert und im Sachregister verzeichnet. Längere Kommentare finden sich als Exkurs im Anhang. Die Übersetzung soll als weiteres Hilfsmittel für die Lektüre des Originals verstanden werden.

4 Beobachtungen zum Reim und zu den Schreibsprachen Die folgenden Bemerkungen begründen Entscheidungen der Textherstellung bzw. Normalisierung und dienen der Entlastung des Kommentars. Die Reime deuten auf das Grenzgebiet zwischen den Dialekträumen des Bair., Alem. und Ostfränk. hin. Es kann nicht endgültig entschieden werden, welche Besonderheiten im Reimgebrauch der Sprache des Dichters entspringen oder auf Eingriffe der Schreibers zurückzuführen sind. Eine ausführliche Reimstudie liegt vor von MAUSSER mit wichtigen Ergänzungen von LINDEN 37–59. A. Dialektreime Folgende Reime werden weder im Editionstext noch im Stellenkommentar eigens erwähnt (Beispiele in der Regel unvollständig): 1. Vokalquantität 1.1 a:â (vgl. MAUSSER 70–82, LINDEN 39) a) vor Nasal, vor nt und vor m:n. 6× (davon 2× mit Namen). vram : getân 3109 b) vor ch und ht. 4×. nâch : geschach 814 c) vor r(n). 17× (davon 2× mit Namen). klâr : dar 868, varn : klârn 6038 d) vor t. 14× (davon 9× mit Namen). hât : bat 2653 e) vor z. 3× (davon 1× mit Namen). gelâz : saz 560 1.2 e-Laute (s.u. C.2.f) 1.3 i:î (MAUSSER 122–133, LINDEN 39f.) a) vor Nasal. 30× (davon 7× mit Namen). bin : sîn 402 b) vor ch. 9×. mich : rîch 3413 1.4 o:ô (MAUSSER 157–160, LINDEN 40) a) vor rt. 3×. worte : gehôrte 5513M b) vor s. 1×. ros : verlôs 3787 c) vor t. 9× (davon 3× mit Namen). brôt : got 109919 1.5 u:û (MAUSSER 160–162). 4×, nur mit Namen. sun : Britûn 4777, Artûs : alsus 1930 2. Vokalqualität 2.1 i:ie kommt nicht vor; Fälle wie niht : lieht 89 werden hier mit der Form nieht ausgeglichen (MAUSSER 154–167, LINDEN 44)

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2.2 u:uo. 3×. stuont : ze stunt 820M (MAUSSER 151–154, LINDEN 44, vgl. auch Pz. 405,16); Reime auf sun (7×) werden mit der Nebenform suon ausgeglichen 2.3 i:e. 3. willen : gesellen 2128. Vgl. auch bürge : erbe 1592M mit Entrundung: »Nicht selten, besonders md., reimen /ε/ oder /e/ und /i/ miteinander, besonders vor r und l« 25 Paul §L31. (Vgl. auch LINDEN 44, MAUSSER 21). 2.4 ô:uo. 5× (davon 2× mit Namen). bôt : guot 2839 (LINDEN 44, MAUSSER 152 hält die Bindung für unwahrscheinlich); Reime auf dô (3×) und zwô (2×) werden mit den Nebenformen duo und zwuo ausgeglichen 2.5 œ:üe. 3×. schœne : grüene 1600 (LINDEN 44, MAUSSER 147–151) 2.6 û:uo (LINDEN 45). 26×, nur mit Namen. Die häufigen Reime auf nû werden mit der Nebenform nuo ausgeglichen, vgl. auch sun : Britûn 4777 2.7 û:ü. 16×, nur mit Namen. Wîgamûr : vür 5509 2.8 e-Laute s.u. 3. Konsonantismus 3.1 Verschiedene Medien und Tenues a) b:g. 9×. geslagen : ergraben 1538; Fälle wie bejageten : behabeten 4973M (ebenso 1492 und 2459) würden sich durch Kontraktion ausgleichen lassen (MAUSSER 182, LINDEN 51) b) c:p. 1×. pflac : gap 340 (LINDEN 51) c) c:t. 1×. sluoc : bluot 3261 (LINDEN 51) d) d:g. 3×. getragen : schaden 3719 (LINDEN 51) 3.2 Verschiedene Nasale. 26× (davon 1× mit Namen). bran : alsam 4453, künic : vrümic 5125 (MAUSSER 186–189, LINDEN 51f.) 3.3 nn:ng. 3×. dingen : gewinnen 4309 (LINDEN 52, WEINHOLD 214) 3.4 s:z. 19× (davon 6× mit Namen). was : gesaz 2182, begôz : sinnelôs 2629, hûs : ûz 1390 (MAUSSER 182f., LINDEN 52) 3.5 Differenz eines auslautenden t. 9×. ungemach : naht 5521, sich : niht 1596; W624 (ersach : vaht) beruht wohl auf einer Schreiberänderung (MAUSSER 184f., LINDEN 52); vgl. auch zu 2356 3.6 Differenz eines auslautenden n. 29× (davon 2× mit Namen). minne : gewinnen 5187, gevangen : lange 109925, W tendiert dazu, diese Reime auszugleichen, vgl. z.B. 2264–2267 (MAUSSER 158f., LINDEN 52); vgl. auch zu 3628, 4416 3.7 ausgefallenes h kommt praktisch nicht vor; Fälle wie 5633 schiet : nieht werden hier mit der Form niet ausgeglichen; s.a. Kommentar zu 2112f. (LINDEN 53) 3.8 t:tt. 2×. dritten : gesniten 3017, bette : heten 4569, (25PAUL §L71 Anm. 2). B. Unreine Reime 1. Im Editionstext werden zahlreiche unreine oder ausgefallene Reime markiert, die in ihrer Verwendung auffällig sind. Ob es sich im einzelnen Fall tatsächlich um Fehler oder um dialektalen Reimgebrauch handelt, lässt sich nicht immer mit Sicherheit sagen: (a:æ) wær : gar 2026W; (a:e) balden : helden 4729W; (a:ô) kam : schôn 159W; (a:o) machen : wochen 2479W; (a:œ) schœn : dan 6058W; (â:ô) rôt : durchnât 1554W; (ære: êre) mære : sêre 5587W; (aft:ast) vast : ritterschaft 3673W; (aht:eht) aht : reht 5073W; (an:aren) an : varen 3011W; (an:oum) zoum : dan 3293W; (art:at) wart : Rêrat 5425W; (ât:ot) stât : spot 2224W; (eben:oben) eben : loben 2100W; (efte:etze) behefte : hetze 5987W; (eht:ert) kneht : swert 3641W; (ei:î) künigîn : heim 2815W; (enget:inget) gemenget : dringet 4913W; (eut:iut) gestreut : giut 4947W; (er:îe) Lendrîe : mer 5927W; (erden:eren) begeren : werden 5811W; (iht:it) sit : iht 1566W; (innen:unnen) innen : verbrunnen 910W; (is:uoz) buoz : kumbernis 1694W; (omen:unnen) gewunnen : komen

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5435W; (ône:œne) krône : schœne 4709W; (orht:ort) bort : geworht 2112W; (ost:ôz) kost : grôz 4717W; (ôzen:uzzen) vluzzen : grôzen 1162W; (üete:umbe) tumbe : gemüete 934W; (umber:ünne) kumber : entrünne 2270W; (uo:üe) muote : güete 5569W 2. Reime mit Cruces: 83W, 282W, 284W, 398W, 1124W, 1452W, 1534W, 2080W, 2082W, 2146W, 2459W, 2697W, 2749W, 3173W, 3175W, 3177W, 3201W, 3207W, 3219W, 3551W, 3553W, 3573W, 3575W, 3813W, 3815W, 3817W, 4451W, 4645W, 4765W, 4805S, 4807WS, 5291W, 5293W, 5813W, 6046W 3. Sonstige auffällige Reime, in der Regel mit Kommentar: 995M (Lenisierung), 1130W (lasiure : tiure), 1182W (meienbluomîn : bluomenschîn), 1595WM (hæten : ræten), 2859W (Form stritîn), 3333W (Form welde), 3927W (vrum : kunn), 4785W (ritterschaft : tugenthaft), 5855 (Gundilar : schal), 5972W (Form stîn) C. Weitere Bemerkungen: 1. Feststellungen zu Apokope/Synkope (MAUSSER 95–122, LINDEN 46–51), Umlaut (MAUSSER 133–151, LINDEN 53f.), Kontraktion (MAUSSER 33–62, LINDEN 45f.) und allgem. zur Formenlehre (MAUSSER 162–182, LINDEN 54–59) einzelner Reimpaare haben in der Regel keine Auswirkung auf die Normalisierung des Textes oder anderer Reime. 2. e-Laute. LINDEN 41–44 stellt Scheidung von ę und ë vor Muta und Zusammenfall vor Liquiden fest. Damit widerspricht er in beiden Punkten MAUSSER 1–25. Ihre Argumentation fußt im Wesentlichen auf der Frage, ob Reimbindungen aus W berücksichtigt werden dürfen (z.B. 5361 künic wërt : adlar vęrt), und auf der unterschiedlichen Beurteilung der Reime bürge : ęrbe 1592 und lëbete : pflęgete 808 (vgl. Kommentare zu den Stellen). Weil eine abschließende Klärung nicht möglich und ohnehin von begrenztem Nutzen wäre, erlaube ich mir mit den e-Lauten einen etwas freien Umgang. 3. Aber beide, MAUSSER 11–19 und LINDEN 43f., gehen davon aus, dass langes ê mit beiden kurzen e-Lauten reimen (16×, davon 4× mit Namen, z.B. hêr : ër 5439, kêrten : gevęrten 5451, vgl. auch Kommentar zu hërre : sêre 4303 und 5773). Ebenso sind sie einer Meinung, dass Reime auf -êre und -ære streng geschieden sind. Da tatsächlich in W nur Reime mêr : swær auf das Gegenteil deuten würden und die MS-Parallele 5587 zeigt, dass es sich um Änderungen des W-Schreibers handelt, folge ich ihnen an diesem Punkt, vgl. die z.T. geänderten Reime 512, 2751, 3201, 3833, 5587, 5900. 4. LINDEN 54 und auch MAUSSER 139–142 gehen ebenfalls einhellig davon aus, dass der Umlaut von uo stets durchgeführt wird, mehrfach aber – wegen »Scheinumlautsunterlassungen« (MAUSSER 139) in W – wieder hergestellt werden muss. Eine Ausnahme bilden 934f. (vgl. zur Stelle) und muo (= müeje) mit uo statt üe im Auslaut (1580 und 5589). Besonders sind geschieden güete (stF) : gemüete von guote (Adj./stN) : muote. Vgl. auch zu 1846f., 2300f. und 5570. 5. Die tendenziell eher freie Handhabung der Apokope im Reim (vgl. z.B. 5869f. über den walt : vil balt [= balde]) wird belassen und nicht wie MAUSSER 111 als Fehler angenommen. 6. An mehreren Stellen finden sich Drei- oder Vierreime. ACHNITZ (Mehrreim) hat darauf hingewiesen, dass Mehrreime bes. im 13. Jhd. eine ausgedehnte Verbreitung erfuhren. Maßstäbe habe Hartmann gesetzt, Wirnt und Heinrich von dem Türlin seien ihm in der Verwendung nachgefolgt. Allerdings seien diese Mehrreime in der Überlieferung oftmals als unmodisch angesehen und daher getilgt worden. Dreireime: M1692–94, W2142–45, W4747–50, S4903–52, W5341–44, WS5635–38, W5873–76, W5961–63. Möglicherweise auch: 2333, 2815, 4167. Vierreime: W1692–95, W2859–62, W5337–40, möglicherweise auch 1492–95.

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Identische Reime: zuo 768W, sâ 792M, solten 2859W, gienc 4579W, hin 4863M. Möglicherweise auch: 1125, 2957, 5927. 7. Die Wörter sâ und dâ scheinen des Öfteren eingeflickt worden zu sein, um einen Reim herzustellen bzw. eine missliebige Bindung zu verändern. Siehe auch zu 1174f. 8. Unorganische e wurden zugefügt 754W, 1097W, 1614W. D. Schreiberdialekte Die folgende Bestimmung stützt sich auf die Untersuchungen von LINDEN. Beispiele für die angegebenen Merkmale finden sich bei ihm. 1. Fragment M (LINDEN 6-9) Schreiber 1 zeigt ein unspezifisches Obd. mit wenigen, z.T. nicht eindeutigen dialektalen Merkmalen. Für alem. Herkunft spricht die Endung 2. Pers. Pl. Präs. beitent 999. Auch ist der Diphthong ou fast durchgängig stehen geblieben (allerdings: avch 603, 796, 1011), was das Alem. in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundertes vom Bair./Ostfränk. mit der dort üblichen Form au abtrennt (25PAUL §E31.9, §L46). Für den westalem. Raum spricht die Graphie e für ä bzw. æ (z.B. 758 kemerlin, 760 wehters) und Diphthong ei statt ai. Dagegen weisen ins Md.: Prät. quam (ebd. §M79, Anm. 4), ir wolt für welt (ebd. §M102), o für u in begonde und konde (ebd. §L35) sowie der Reim 628f. heubt : bereubt (ebd. §L46). SCHNEIDER, Fragmente 64 nennt die Sprache beider Schreiber »nordwestalemanisch«, LINDEN 9 setzt die Hs. »ins südliche Ostfranken«. Aufgrund der wenigen Merkmale und der Unsicherheit, welche Graphien der Schreiber von seiner Vorlage übernahm, ziehe ich die allgemeinere Bestimmung »nordalemannisch« vor. Deutlicher ins Md. weisen die Formen des zweiten Schreibers (SCHNEIDER, Fragmente 64: »südrheinfränkisch beeinflußt«): sal für sol (25PAUL §M98). Vertauschung i und e (ebd. §L32), a für o (ebd. §L27), u für iu (ebd. §E34), Vertauschung u und uo (ebd.), Vertauschung î und ie (ebd. §L48). Daneben finden sich bei ihm auch die bair.-ostfränk. Formen kom für kam, weln und woln nebeneinander; für Diphthong ou in der Regel au, selten aber auch die alem. Form (houbete 4964, virhouwen 5018). Paläographisch interessant ist die alem. Abkürzung dʿ, die allerdings ausschließlich der zweite Schreiber verwendet. 2. Fragment S (LINDEN 10-12) Folgende Merkmale weisen S dem bair.-österr. Sprachraum zu: stets steht p im Anlaut für b (25PAUL §L98); sehr oft steht ch für k (ebd. §L102f); für Mhd. ou steht in 5 Fällen ou, in 7 Fällen au; für Mhd. ei steht ai. 3. Handschrift W (LINDEN 14-21) Für die ostschwäb. Herkunft der Hs. sprechen: schwäb. Diphthongierung in zahlreichen Fällen (Frühnhd.Gramm. §L28), stets au für Mhd. ou (ebd.), Wechsel zwischen p und b im Anlaut (ebd. §L44), durchgehendes k (ebd. §L46), Wechselseitige Vertretung von d und t (ebd. §L 46f.), o für uo bzw. ö für üe (MOSER I.1 §81 Anm. 6) sowie Vollvokal a in der Nebensilbe (wappanrock 4769, MOSER/STOPP I,2 §38; jamarlich 5589, ebd. §48). Bemerkenswert ist allerdings Vollvokal i in der Nebensilbe (9 Fälle, z.B. 1561 hindin, 2573 perlin, 4914 röttin), da laut MOSER/STOPP §39 dieser Typ vor allem im Hochalem. und Md., aber kaum im Schwäb./Bair./Ostfränk. zu finden ist. Diese letzte Feststellung würde immerhin für den unteren Rand des ostschwäb. Dialektraumes sprechen.

Wigamur

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Hie vâht sich an daz buoch Wîgamûrs, Hier beginnt das schöne Buch über Wigamur, des ritters mit dem adlar, der bî künic den Ritter mit dem Adler, der bei König Artûs was und an der tavelrunde Artus war und an der Tafelrunde saß. saz, gar ein schœnez. Wir lesen in den buochen, der ez kan dar in suochen, manic seltsâm mære, wie daz ein künic wære, der was Paltriôt genant. der berihte Lendrîe daz lant nâch êren manic stunde, wan im diu sæld des gunde; des er bejagte mangen prîs. er was hübsch und ouch wîs, milte sînes guotes und senfte sînes muotes. zuo ritterschaft was er balt, er betwanc mit gewalt, swaz im der lande was gelegen bî. sînes muotes was er vrî, gar volkomen was sîn lîp. er het im gelîch ein wîp, diu schœnest in dem lande. sie lebt ân alle schande vrœlîchen manigen tac in den siten, als man pflac. einen sun sie gewunnen, als in got wolt gunnen.

Man liest in den Büchern, wenn man sich darauf versteht, in ihnen zu suchen, viele wundersame Geschichten darüber, dass es einen König gegeben habe, der Paltriot genannt wurde. Der beherrschte das Land Lendrie lange Zeit zugunsten seines guten Rufes, weil Fortuna ihm das gewährte; dadurch erwarb er sich großen Ruhm. Er war höfisch und auch klug, freigebig mit seinem Besitz und von freundlichem Charakter. Als Ritter war er tapfer, mit Gewalt eroberte er die angrenzenden Gebiete. Seiner Gesinnung nach war er adlig, sein Körper war vollkommen. Er hatte eine ihm ebenbürtige Frau, die war die schönste im Land. Sie lebte ohne jede Schande viele Tage glücklich in der gewohnten Sitte. Sie bekamen einen Sohn, weil Gott es ihnen gönnen wollte.

vor 1 ein Bl. fehlt W, vgl. Einleitung Kap. 2

Vor 1 Wahrscheinlich war dem Wigamur, wie allen anderen erhaltenen Artusromanen, ein Prolog vorangestellt (mit Ausnahme des Erec im Ambraser Heldenbuch und Pleiers Garel, in beiden Fällen wegen Textverlusts). 1f. Zu einer möglichen Vorlage des Wigamur Einleitung 1.2. Evtl. verweist buochen nicht auf eine Quelle, sondern betont den spezifisch schriftlichen Charakter der folgenden Erzählung. Das Publikum muss die Fähigkeit besitzen, aufgeschriebene Geschichten – im Gegensatz zu mündlichen Vorträgen – finden und lesen zu können (Vers 2 wörtl. »der in der Lage ist, es darin zu suchen«). Vgl. auch Armer Heinrich 6–11 er nam im manige schouwe / an mislîchen buochen; / dar an begunde er suochen / ob er iht des vunde, / dâ mite er swære stunde / möhte senfter machen. 12 senfte sînes muotes. Eher ungebräuchliche Charakterbeschreibung (z.B. Iwein 2008 ze senfterem gemüete, 2954 er gît gelücke unde senften muot; Flore 3470 dâ von wart er senftes muotes), deren Übersetzung nicht eindeutig ist. Die Glossare legen die lat. Entsprechung blandus (»freundlich«) oder mitis (»ruhig«) im Sinne der temperantia nahe (DIEFENBACH 76, 364; Vocabularius Ex quo VI,590). 18 wîp. Trotz der Namensfülle im Text wird die Mutter Wigamurs nicht benannt, ähnlich wie die Frau von Artus im Iwein (vgl. MERTENS zu Iwein 59) oder die Mutter Lavinias im Eneasroman.

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des wurden sie vil vrô. Wîgamûr nanten sie in dô, des kindes wâren sie gemeit. leider dô geschach in leit in vil kurzen zîten. der künic solte rîten, wan nâch im het gesant sîne boten in daz lant der rîche künic Artûs het 〈in〉 geladen in sîn hûs und ouch sîn schœne vrouwen, daz sie daz solten schouwen: turnieren unde vederspil und ouch ander kurzwîl vil, der man ze Karidol mit zühten pflac beide naht unde tac. dar reit der künic Paltriôt und diu künigîn mit im genôt und ouch manic juncvrou gemeit; die wâren alle wol bekleit, küniclîch was ir geverte gar. mit vreuden kâmen sie dar vor pfingsten vil nâhen. sît in begunde empfâhen Artûs, der künic vil rîch, und manic ritter lobelîch, dâ sie sîn nâmen war, vil vrô wart daz gesinde gar. niht als grôz als umb ein hâr was kein valsche under in dâr. ouch was diu schœne küniginne mit wol bedâhtem sinne vür daz burctor gegân und manic vrouwe wol getân von vürsten geslehte. ouch wâren dâ wol ehte die küniginne hiezen, die doch niht enliezen,

Darüber wurden sie sehr glücklich. Sie nannten ihn Wigamur, über das Kind waren sie froh. Unglücklicherweise stieß ihnen bald darauf ein Leid zu. Der König musste fortreiten, denn nach ihm hatte seine Boten in das Land geschickt der mächtige König Artus; der hatte ihn auf seine Burg geladen und auch seine schöne Frau, damit sie Folgendes sehen könnten: Das Turnieren und die Jagdvögel und auch viele andere Unterhaltungen, denen man in Karidol nach höfischer Sitte Tag und Nacht nachging. Dorthin ritt König Paltriot und eifrig mit ihm die Königin und auch viele prächtige, junge Damen; alle waren aufwendig gekleidet, königlich war ihre ganze Erscheinung. Beschwingt kamen sie kurz vor Pfingsten an. Weil ihn der mächtige König Artus empfing und 〈mit ihm〉 viele lobenswerte Ritter, die ihn bedienten, wurde die Gesellschaft frohgestimmt. Nicht auch nur ein kleines bisschen gab es dort unter ihnen etwas Falsches. Auch war die schöne Königin, wie es sich gehörte, vor das Burgtor gegangen und mit ihr viele wundervolle Damen von fürstlicher Abstammung. Auch waren dort acht Frauen, die zwar ›Königin‹ tituliert wurden, die aber trotzdem nichts unterließen,

26 Im Gegensatz zu Pz. und Lanzelet wird hier der Name des Helden sofort genannt. 31–34 Konstruktion apo koinou. Artûs ist Subj. von het gesant und het geladen (PWG §493). 33 Artûs. Mit der Nennung des Namens schließt der Text an die Gattungstradition an. 36 Zweites daz: Fehler für dâ? 54 valsche. Form nicht belegt. Entweder gleich stF velsche »Falschheit, Treulosigkeit« oder stM valsch mit epithetischem e (Frühnhd.Gramm §L41), vgl. aber Pz. G 249,1 (= München, Staatsbibl., Cgm 19, Bl. 20va) sich h?p der valsche wider satz.

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swaz in diu hûsvrou gebôt. alsô wart der künic Paltriôt lieplîche empfangen wol, als man solch gest empfâhen sol, und sîn vrouwe, diu künigîn, und ouch diu gesinde mit in. Diu hôchzît wart gesprochen ein mânôt und ein wochen; die wâren sie dâ alle mit vrœlîchem schalle, wan in dâ nihtes gebrast; er wære vriunt oder gast, den wart allen vür getragen (als ir daz mêr hœret sagen), daz ieman kund erdenken. ouch trâten die schenken vor dem tische manigen wanc. wîn unde lûtertranc, siropel und ouch môraz, des wâren dâ diu goltvaz vol zuo allen stunden †das die tafelrunden† ouch mohte man dâ schouwen vil manic schœne vrouwen mit rôsenrôtem munde, mit vlîze schôn gebunden, mit lachenden ougen lieht. anders was in nieht dan mit zühten hübscheit. ouch ist ofte geseit, waz tugent die ritter habent und wie oft sie prîs bejagent.

was ihnen die Hausherrin anwies. Ebenso wurde König Paltriot außerordentlich zuvorkommend empfangen, wie man eben solche Gäste empfangen soll, und 〈mit ihm〉 seine Frau, die Königin, sowie auch ihre Begleitung. Das Fest war anberaumt worden auf einen Monat und eine Woche; in der Zeit waren dort alle mit ausgelassenem Jubel, weil ihnen an diesem Ort nichts fehlte; egal ob Einheimischer oder Fremder, allen wurde aufgetischt (wie ihr noch hören werdet), was man sich nur vorstellen konnte. Auch liefen die Mundschenken andauernd vor dem Tisch hin und her. Mit allen möglichen Weinsorten waren die Goldbecher stets gefüllt … auch konnte man dort viele schöne Damen mit rosenrotem Mund, mit sorgfältigem Kopfputz, mit lachenden und leuchtenden Augen sehen. Sie kannten nichts als wohlerzogenes höfisches Verhalten. Auch wird oft erzählt, wie tüchtig diese Ritter sind und wie oft sie Lob erringen.

63 hûsvrou (BÜSCHING)] haufraw

75–77 Verweis auf die Vorstellungskraft zur Beschreibung der Vielfältigkeit und Menge des Essens (ähnlich »Unsagbarkeitstopos«, CURTIUS 168–171). Vgl. Eneasroman 896f. des iemen mohte erdenchen, / des heten si alle genNch. Unklar ist, worauf sich 76 bezieht. 80f. wîn […] môraz. Weinsorten: Mit wîn ist wohl allgem. südländischer Wein gemeint; einheimische Weine wurden wegen ihres sauren Geschmacks oft gesüßt und gewürzt: lûtertranc und siropel bezeichnen je den angemachten roten Gewürzwein. môraz nannte man den Maulbeerwein. (SCHULTZ I,412f., DWb VI,388). 84 Vers unverständlich. Möglicherweise dâ zer tavelrunden. BÜSCHING konjiziert dâ bî der tavelrunden, SARRAZIN daz (=dâ ze) der. 93f. DOCEN 348 konjiziert haiten : bejaiten. Doch evtl. zeigt das Präs. hier eine generalisierende, gattungspoetische Aussage des Erzählers an. ofte geseit 92 verweist dann auf weitere Artusromane.

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daz wellen wir nû lâzen hie. dô diu hôchzît ergie, dô schiet dâ von dan künic Paltriôt und sîne man hin heim zuo Lendrîe. den künic von Karthasîe bat er mit im kêren, der vil oft nâch êren zuo rehter âventiure reit. wol hundert ritter gemeit het er zuo gesellen. die vuorten manic schellen, geslagen von golde rôt. die vuorten den künic Paltriôt durch hübscheit in sîn lant, dâ er ein leidigez mære vant. in dem lande wonet dâ ein wildez wîp hiez Lespiâ. diu tet dem künige grôz leit. dô er zuo der hôchzît reit und mit im diu künigîn, des tages kam diu vâlentîn, des küniges sun sie dâ vienc, dô er mit andern künigen gienc. vil balde sie von dannen lief. daz gesinde alles nâch rief. sie truoc in in daz mer. dô was verlorn gar diu wer, dar von wart ein unmuot. der künic vant daz gesinde guot trûren hart und sêre, diu künigîn michels mêre. sie suochten allenthalben rât. dô kund in sô getâner tât 100 den (BÜSCHING)] der

Das wollen wir jetzt hier bleiben lassen. Als das Fest zu Ende war, brachen König Paltriot und seine Vasallen heim nach Lendrie auf. Den König von Karthasie bat er, mit ihm zu kommen, der für seinen Ruf sehr oft auf echte Aventüre ritt. Gut hundert stattliche Ritter hatte er als Begleiter. Die trugen viele Schellen, die aus rotem Gold geschmiedet waren. Sie führten den König Paltriot aus Courtoisie in sein Land, wo eine schreckliche Neuigkeit auf ihn wartete. In dem Land dort hauste eine wilde Frau namens Lespia. Die brachte dem König großen Kummer. Als er zum Fest ritt und mit ihm die Königin, kam die Teufelin noch am selben Tage und fing dort den Prinzen, während er mit anderen Königen zusammentraf. Schleunigst rannte sie davon. Das Gesinde rief unentwegt hinter ihr her. Sie trug ihn in das Meer. Der Widerstand war ganz und gar vergeblich, deshalb herrschte große Verzweiflung. Der König fand seine vorzüglichen Leute in großer Trauer vor, die Königin um vieles mehr. Sie suchten überall nach Hilfe. Doch nach einer solchen Tat

108 den künic (BUSCHINGER)] die kunigin

124 guot (BÜSCHING)] gott

106 schellen. Akustisch wirksame Kleidungsaccessoires an Rocksäumen, Ärmeln, Schuhen oder auch an Riemen- und Zaumzeug der Pferde. Anzahl und Material unterliegen der Reglementierung durch Kleiderordnungen (KÜHNEL 223). Vgl. NL 400,1–3 Ir sätel wol gesteinet, ir fürbüege smal […] dar an hiengen schellen von liehtem golde rôt. 112 Zu Lespia siehe Exkurs A. 120 alles. Entweder alles »unentwegt« oder allez »die ganze Gefolgschaft«. 126 Sinn ist unklar: Findet die Königin, die ebenfalls an der Reise teilnahm, die Gefolgschaft heftiger trauernd vor? Vielleicht lose Konstruktion mit Wechsel des Subj. (»Die Königin trauerte umso heftiger«) oder Textausfall.

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nieman kein vrumen gesîn, wan verloren was daz kindelîn. ditz was alsô ergangen. Wîgamûr was gevangen in dem mere mangen tac, daz sîn diu mervrouwe pflac. mit vlîze sie in bewarte und pflac sîn wol und zarte mit iren tohteren, zwei schœne kint. sie gedâht, sô sie gewahsen sint, sô sol diser küneges barn mit einer zuo hove varn. diser wân hât sie betrogen. iedoch wart daz kint gezogen mit iren tohteren zwein. sie hete einen holen stein in dem mer besezzen. ir spîs und ouch ir ezzen was vische und wilde tier und hete ouch vil schier an den bergen vil gejaget. ez was ir ouch vil lieb betaget, sô sie diu kint sô wol beriet. als sie aber von in schiet, sô truoc sie einen vil grôzen stein vür die hüle, daz ir kein mohte komen ûz und în. Wîgamûr und diu kleinen töhterlîn lâgen ouch dâ alein in dem velsen und holen stein, biz daz daz wîp wider kam. durch diu kint alsô schôn 129 niemans

konnte niemand von Nutzen sein, denn das Kindchen war verloren. Das war so geschehen. Wigamur war lange Zeit im Meer gefangen, wobei die Meerfrau ihn erzog. Mit Sorgfalt hütete sie ihn und kümmerte sich gut und liebevoll um ihn [dern. zusammen mit ihren Töchtern, zwei untadligen KinSie dachte sich, sobald sie herangewachsen wären, solle dieser Königssohn mit einer an den Hof ziehen. Diese Hoffnung betrog sie. Dennoch wurde das Kind mit ihren zwei Töchtern aufgezogen. Sie bewohnte eine Höhle im Meer. Sie ernährten sich von Fischen und wilden Tieren und sie hatte auch bald darauf in den Bergen viel gejagt. Es gefiel ihr, sich liebevoll um die Kinder zu kümmern. Jedesmal, wenn sie von ihnen fortging, trug sie einen gewaltigen Stein vor die Höhle, sodass keines von ihnen heraus oder herein gehen konnte. Wigamur und die kleinen Töchterchen lagen dort ganz allein in dem Felsen und der Höhle, bis die Frau zurückkam. Fürsorglich wegen der Kinder

139 küneges barn (DOCEN 348)] kindes parē

140 faren

129 nieman. »im 15. jh. wird häufig ein s angehängt, so z. b. fast ohne ausnahme durch alle casus bei S. Brant iemans, wofür gleichzeitige hss. und drucke sogar iemantz setzen« (BMZ II/1,40b). 137 zwei schœne kint. Satzzusammenhang erfordert Flexion. Fehler oder Konstruktionsbruch? 148 schier. Entweder ›nach kurzer Zeit eintretend‹ oder ›fast, beinahe schon‹ (DWb IX,24). Die naheliegende Übersetzung ›behände‹ in Bezug auf Lespias Jagdfähigkeiten findet sich in den Wb. nicht. 150 betaget. SARRAZIN konjiziert gejeit : bereit. Hier betagen ausgehend von der Bedeutung »in Erscheinung treten, vor Augen geführt werden« (MWb I,698), möglicherweise bereits Frühnhd. »jm. zuteil werden […] jm. widerfahren« (Frühnhd.Wb. III,2032). Handelt es sich um eine Schreiberänderung? Vgl. auch 5770 und 6101. 159f. kam : schôn. Wahrscheinlich vom Schreiber hergestellter Dialektreim (a : o, 25PAUL §E27.7), SARRAZIN 19 schlägt vor allezan, möglich wäre auch allentsam.

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sô tet sie aber ûf die hol, sô mohten dan diu kinder wol gehaben vrîen ganc. daz stuont alse lanc, unz daz diu kint wâren komen zuo iren jâren. Eines tages sich daz ergienc, daz daz merwîp vienc einer slahte kunder. daz was ein merwunder, dem was daz houbet getân menschlîchen als ein man, wan daz sîn hâr solte sîn, daz wâren herte borste hürnîn gelîche einem merswîn. ouch sô was der bart sîn lanc, grüenvar und ungeschaffen, tiefe ougen und munt glîch einem afsîn arme wâren rûhe gar, [fen; von den brüsten was er gevar geschüepelt, als die vische sint. ez het zwei bein als ein rint, an sînen glidern allen grôz. dô er in dem mere vlôz, dô het sie ez gevangen; an einen riemen langen bant sie im an diu bein und vuort ez mit ir in den stein, wan ez vor mangen tagen ir irn man het erslagen. in einen winkel sie ez bant. den kinden verbôt sie zuo hant, daz sie niht kæmen in daz hol,

öffnete sie dann die Höhle wieder, dann konnten die Kleinen unbeschränkten Ausgang haben. Das ging solange weiter, bis die Kinder mündig wurden. Eines Tages ergab es sich, dass die Meerfrau eine Art Untier fing. Das war ein Meerwunder, dessen Kopf so menschlich wie bei einem Mann war, außer dass seine Haare harte hörnerne Borsten waren wie bei einem Meerschwein. Auch war sein Bart lang, grün und struppig, die Augen saßen tief und der Mund war wie der eiseine Arme waren behaart, [nes Affen; von der Brust abwärts war er geschuppt wie ein Fisch. Seine beiden Beine waren wie bei einem Rind, all seine Glieder waren stämmig. Als er im Meer schwamm, hatte sie es gefangen; an einen langen Riemen band sie ihm die Beine an und schaffte es mit sich in die Höhle, denn es hatte ihr vor einiger Zeit ihren Mann erschlagen. Sie fesselte es in eine Ecke. Den Kindern verbot sie sofort, in die Höhle zu kommen,

178 münck

161 hol. Im Mhd. ist das stF hüle noch selten gegenüber dem stN hol und wechselt mit diesem (z.B. Virginal 505,3–5 die [Riesen] lâgen in der hüle / und wâren alle zornes vol / und îlten balde vür daz hol). Auch wenn die Belege eine Anpassung des Umlautes an das Grundwort »hohl« erst im Nhd. erwarten lassen (KLUGE 380, DWb IV/2,1716), bleibt die handschriftliche Form hier unverändert. 169 kunder. Bis ins 16. Jhd. oft gebrauchter Sammelbegriff für Ungeheuer, Monster usw. (DWb V, 2741–44). 170 Zum merwunder, seinem Aussehen und seiner Funktion im Text siehe Exkurs B. 181 geschüepelt. Die Wb. verzeichnen lediglich diesen Beleg (LEXER, Nachtrag 362), das Wort entspricht aber gängiger Wortbildung (Derivat zu schuope mit Suffix -eln, vgl. HENZEN 223; siehe auch 4403 gestickelt). 184 er. Zum Geschlecht des Meerwunders Exkurs B.

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wan sie weste daz vil wol, swelchez im sô nâhen kæm, daz ez im daz leben næm. sie wolte loufen drâte nâch ir brüeder râte dem merwunder nemen den lîp. alsô lief daz wilde wîp von den kinden balde zuo einem vil grôzen walde. dâ wâren ir brüeder, zwên wilde man; sie wolte in gesaget hân diu mære, wie ez ir ergienc, dô sie daz merwunder vienc. Nun was der künic nâch sînen siten in den selben walt geriten, dem sie daz kint het entragen, als ir dan vor habt hœren sagen. der jaget in dem walde; nû sach er loufen balde daz wilde wîp vor den hunden. dô blies er an den stunden, der künic, daz horn krefticlîch. er mant die hund gar vreislîch vil vaste ûf die vart. diu ros wurden niht gespart. die jeger riten ûf ir spar; die hunde triben sie an ein stat dar, dâ sie niht moht empfliehen. sie tâten sie umbeziehen. ir wart geschozzen ein zein mit einem bogen durch ein bein. dô muoste sie belîben dâ, gern wær sie gewesen anderswâ. dô Lespiâ, daz wilde wîp, gevangen wart umb iren lîp und alsô wart versêret,

denn sie wusste ganz genau, dass es jeden in seiner Nähe töten würde. Sie wollte schnell laufen, wie es ihre Brüder geraten hatten, um das Meerwunder zu töten. Daher lief die wilde Frau schnell von den Kindern weg zu einem sehr großen Wald. Dort waren ihre Brüder, zwei wilde Männer; sie wollte ihnen erzählen, wie es ihr ergangen war, als sie das Meerwunder fing. Nun war der König nach seiner Gewohnheit in denselben Wald geritten; ihm hatte sie das Kind entführt, wie ihr vorher gehört habt. Er jagte im Wald; dabei sah er die wilde Frau vor den Hunden hastig entfliehen. Sofort blies der König kräftig in das Horn. Grimmig setzte er die Hunde geschwind auf die Fährte. Die Pferde wurden nicht geschont. Die Jäger ritten auf ihrer Spur; die Hunde trieben sie an eine Stelle, von der sie nicht entkommen konnte. Sie umzingelten sie. Ein Pfeil wurde ihr mit einem Bogen durch ein Bein geschossen. Sie musste nun dort bleiben, [wäre. auch wenn sie gern an einem anderen Ort gewesen Als Lespia, die wilde Frau, gefangen war und ihr Leben auf dem Spiel stand und sie auf diese Weise verwundet worden war,

198 ires prueders

195 Eliptische Formulierung, wörtl. »welches ihm so nähe käme [dass es dieses töten könnte], dass es diesem das Leben nähme.« Vgl. auch die Fortsetzung des Satzes bei Wigamurs Nacherzählung 4075. 203 wilde man. Siehe Exkurs A. 210 dan vor. Wörtl. »damals vorher«, zu überlegen wäre Verbesserung daz oder dar. 228 gevangen […] umb iren lîp. Feste Wendung, entspricht ûf den lîp »auf verlust des lebens hin« (DWb VI,581). Vgl. Engelhard 3614f. ich wolte gerne in sîner hant / um den lîp gevangen ligen und Peter Unverdorben 2,1 Er lag gefangen um sinen lib.

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dô wart ir verkêret ir übermuot zuo leide. ir hende wurden beide vil vast und wol gebunden. ouch was sie von den hunden vil sêre und hart gebizzen. ir müget wol wizzen, wie vrœlîch der künic heim reit. des gevelles was er gemeit. er sprach zuo der vâlentîn: »nû solt dû den sun mîn erarnen gar vil tiure, den dû, vil ungehiure, mir entruogest in daz mer. und het ich allez mîn her zuo den zîten verlorn, daz het ich sider wol verkorn. nun muost dû, vâlentinne, hangen an mîner zinnen an dem tage morgen.« dô lebte sie mit sorgen umb irn lîp und ire kint, diu dort in dem mere sint. sie wart gevüeret balde dem künig heim vom walde mit mangen slegen grôzen. in einen karkær wart sie gestôzen, der was tief und âne lieht. kein ezzen gap man ir nieht. dar in lac sie mit grôzen sorgen die naht biz an den morgen. Dô diu helle sun erschein, dô hiez der künic ûf einem stein einen galgen zuo bereiten. er wolt niht lenger beiten: sînen sun wolt er rechen, den kerkær hiez er brechen. daz wîp vuorte man her vür und gap ir die kür. er sprach: »wilt dû dingen, 246 verkorn (SARRAZIN)] erkor]

da wandelte sich ihre Vermessenheit zu Kummer. Ihre Hände wurden fest und sicher gebunden. Auch war sie von den Hunden schmerzhaft und heftig gebissen worden. Ihr könnt euch vorstellen, wie fröhlich der König nach Hause ritt. Über die Beute war er erfreut. Er sagte zu der Teufelin: »Nun sollst du meinen Sohn wirklich teuer bezahlen, den du, Monster, mir in das Meer entführt hast. Selbst wenn ich damals mein ganzes Heer verloren hätte, so etwas hätte ich leicht verschmerzt. Nun musst du, Teufelin, morgen an meiner Zinne hängen.« Da sorgte sie sich um sich selbst und um ihre Kinder, die sich dort im Meer befinden. Eilends wurde sie unter zahlreichen heftigen Schlägen vom Wald zum König gebracht. In einen Kerker wurde sie gestoßen, der tief und finster war. Man gab ihr kein Essen. Dort lag sie mit großen Sorgen die ganze Nacht bis zum Morgen. Als die helle Sonne aufging, befahl der König auf einem Felsen einen Galgen zu errichten. Er wollte nicht länger warten: Seinen Sohn wollte er rächen, den Kerker ließ er öffnen. Man führte die Frau heraus und stellte sie vor die Wahl. Er sagte: »Willst du verhandeln,

247 falentinÿn

269 dingen. Rechtsterminus, »zu Gericht sitzen« oder »Frieden schließen, verhandeln«. In mhd. Zeit fällt dieses ehemalige -on-Verb mit einem -jan-Verb zusammen, dessen Bedeutung »hoffen, bitten um« lautet (2DWb VI,1091–95). Es ist nicht eindeutig, welche Bedeutung hier zum Tragen kommt.

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sô îl mir wider bringen mînen sun, den dû genomen hâst mir. vür wâr geheiz ich dir, ledic wil ich dich lâzen und wider heim dîn strâzen. hâst dû in aber gesterbet, getœt oder sunst verderbet, sô muost dû, vil armez wîp, mit jâmer enden dînen lîp.« Daz wilde wîp mit sorgen sprach, dô sie den galgen ane sach … der künic hie sie strîchen oder sie gæbe widere daz kint †nu so wir alle komen sind mit grossem arbaitte] das sie wol wolten laitt]† »dâ müget ir wol vinden bî mînen lieben kinden von Lendrîe des künigs suon. ir sult sîn guot warten tuon, gar wol und albesunder, daz ir daz merwunder in dem winkel iht verbert, oder ir sît des tôdes gewert. den jungen herren nemet in iuwer und varet wider iuwern wec, [pflec als ich iuch her gewîset hân, und lâzet mich mîn strâze gân. heilet mîne wunden, die sint noch ungebunden.« ir sult vernemen dise mære: vor 281 ein Bl. fehlt W, vgl. Einleitung Kap. 2

so beeile dich, mir meinen Sohn zurückzubringen, den du mir genommen hast. Ich verspreche dir hoch und heilig, ich will dich auf freien Fuß setzen und dich nach Hause gehen lassen. Hast du ihn aber ermordet, getötet oder anders zu Schaden kommen lassen, dann musst du, armselige Frau, qualvoll sterben.« Die wilde Frau sagte besorgt, als sie den Galgen erblickte … der König ließ sie auspeitschen oder sie gebe das Kind zurück … … … »dort könnt ihr sicher bei meinen lieben Kindern den Sohn des Königs von Lendrie finden. Gebt gut Acht, insbesondere darauf, dass ihr das Meerwunder in der Ecke meidet oder ihr seid des Todes. Den jungen Prinzen nehmt in eure Obhut und geht euren Weg zurück, auf dem ich euch hergewiesen habe, und lasst mich meinen Weg gehen. Heilt meine Wunden, die sind noch unverbunden.« Hört, was ich zu sagen habe: 292 verbert (LINDEN 43)] verkert

281 hie. Seltene, apokopierte Form zu hiez (WEINHOLD §360). 283–5 Wegen der vorangehenden Textlücke ist der Satzzusammenhang unklar (»da wir alle nun gekommen sind« [283], »unter großen Mühen« [284], »dass sie anführen wollten« [285]), vielleicht liegt auch hier Textverlust vor. BUSCHINGER kennzeichnet den Beginn der direkten Rede Lespias bereits ab Vers 283, doch dagegen spricht zum einen der fehlende Hinweis 281f. auf eine direkte Rede (z.B. einleitende verba dicendi), zum anderen die beiden sich ausschließenden Subj. der Verse 283 und 285. 289 guot als Adj.attribut und sîn als Gen.-Obj. zum substantivierten Inf. warten, das seinerseits das Obj. zu tuon bildet (BEHAGHEL II,361–3), wörtl. »Ihr sollt das gut-auf-ihn-Aufpassen tun«. 294f. Die unorganische Form pflec (eigentlich pflege) erklärt sich wahrscheinlich durch frühnhd. Apokope (Frühnhd.Gramm. §L40). In der Vorlage könnte pflege : iuwere wege gestanden haben. 300f. Wörtl. »Ihr sollt die Neuigkeit hören: Denn die Höhle war leer«. 301 ist unvollständig; ein mit wan[de] eingeleiteter Nebensatz setzt eine Proposition voraus, die erklärt werden soll (25PAUL §S176.3).

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wan der stein was lære, dar in der junge künic solte sîn. des wilden wîbes töhterlîn vunden sie dâ ligen tôt und daz bluot alsô rôt was von in gerunnen. der gevangen was entrunnen. daz merwunder was sô starc und mit listen sô karc, daz ez die riemen zerbrach und ez des künigs sun ervaht. er merkte an sînem lîbe, daz er von dem wîbe niht wære geborn. ez uobete den sînen zorn an den megtlîn vast genuoc, dô ez sie zuo tôt ersluoc. des künigs sun vuort er gesunt mit im ûf des meres grunt. sie suochten vil und vunden niht. dô daz wîp sach die geschiht und tôt ligen ire kint, sie begunde lüen als ein rint. vil tobelîche sie rief. gên einer steinwant sie dô lief, einen stein sie dar ab brach. an ir selber sie dô rach irn schaden und irer kinder tôt. und dô der künic Paltriôt sînen sun anderweit het verlorn. durch diu leit und den zorn, gap sie ir selber einen slac, daz sie tôt nider lac. die boten kêrten wider dô, dem künig sagten sie diu mære sô. Nû merket alle besunder, wie daz merwunder mit des küniges sun nû warp, dô daz merwîp erstarp. vil schône er sîn pflac, guote spîse er im gap.

Die Höhle war leer, in der der junge König sein sollte. Die Töchter der wilden Frau fanden sie dort tot und mit rotem Blut überströmt. Der Gefangene war entkommen. Das Meerwunder war so stark und so gewitzt, dass es die Fesseln gesprengt und den Königssohn entführt hatte. Er hatte an seinem Aussehen erkannt, dass er nicht von der Frau geboren worden war. Es ließ seinen Zorn heftig an den Mädchen aus, als es sie totschlug. Den Prinzen führte er wohlbehalten mit sich auf den Meeresboden. 〈In der Höhle〉 suchten sie eifrig und fanden nichts. Als die Meerfrau bemerkte, was geschehen war, und ihre Kinder tot sah, brüllte sie auf wie ein Rind. Sie schrie rasend und lief zu einer Felswand, von der sie einen Stein abbrach. Sie rächte an sich selber ihren Schaden und den Tod ihrer Kinder. Nun hatte König Paltriot seinen Sohn zum zweiten Mal verloren. Aus Kummer und Wut versetzte sie sich selbst einen Schlag, sodass sie tot zusammenbrach. Die Boten kehrten zurück und berichteten dem König den Vorfall. Nun hört genau zu, wie das Meerwunder mit dem Königssohn umging, als die Meerfrau gestorben war. Er kümmerte sich tadellos um ihn und gab ihm gutes Essen.

306 innen

306 innen. »Im Dat. Pl. kommt inen für in im 13. Jh. im Alem. auf« (25PAUL §M41, Anm. 6).

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er lernt in sîner kintheit tugent und gevuoclîcheit, singen unde seitenspil und ouch ander hübscheit vil: schirmen unde springen, loufen und ouch ringen, unz er kam zuo sînen tagen, daz er solte haben getragen swert und mannes were. dô wîset in daz wunder ûf dem mere in ein lant, daz heizet Deloir. daz merwunder sprach: »nû sage mir, dû vil schœnez kint ellende, von welchem [] ende bistû nû komen her? weist dû iht, wie oder wer dich zuo der welt hât getragen? kanst dû mir daz sagen, wem dich nam diu merinne?

Wigamur lernte während seiner Kindheit Tüchtigkeit und gutes Benehmen, Singen und Saitenspiel und auch andere höfische Fertigkeiten: Parieren und Springen, Laufen und Ringen, bis er volljährig geworden war, sodass er tragen sollte Schwert und die Bewaffnung eines Mannes. Dann zeigte ihm das Meerwunder an der Meeresoberein Land, das Deloir heißt. [fläche Das Meerwunder sagte: »Jetzt berichte mir, du schönes, fremdes Kind, aus welcher Gegend bist du hergekommen? Weißt du, unter welchen Umständen und vom wem du auf die Welt gebracht worden bist? Kannst du mir sagen, wem dich die Meerfrau raubte?

355 welhem landt ende

342–350 Das Meerwunder holt die von Lespia vernachlässigte Ausbildung in typisch höfischen Aktivitäten nach (ähnliche Aufzählung z.B. Garel 20110–17, erstaunlich die Parallele zu Lanzelets Waffenausbildung bei der merfeine 278f.: Siu besant merwunder / und hiez in lêren schirmen), bis er volljährig wird und ein Schwert tragen dürfte; das Meerwunder wird ihm allerdings den für den Ritterkampf ungeeigneten Bogen überreichen (413f.). Pferd, Schwert und Rüstung nimmt sich Wigamur von einem toten Rittern (527–537), den Umgang damit lernt er autodidaktisch und die Ritterweihe vollzieht König Ittra (1340). Die abschließende ethische Fürstenerziehung erfolgt durch seinen Vater 4285–4323. 343 gevuoclîcheit. Die Wb. verzeichnen im Mhd. lediglich das Substantiv gevuocheit bzw. Adj./Adv. gevuoclîch(en), das Wort entspricht aber mhd. Wortbildungsregeln: »Ganz falsch und eigentlich unmöglich ist -keit an adjectiven auf -lich, die nur -heit zulassen sollten; dennoch sind auch diese keitformen regel geworden und finden sich schon im 14. jh.: behegelichkeit […] und doch ist gewiss nie ein adj. behegelichic, persônlichic gesagt worden.« (DWb V,502); vgl. mit gleicher Wortbildung auch 2666 vrœlîcheit. 346 schirmen. Fechtübung, bei der es darauf ankommt, Schwertschläge mit dem schirmschilt, einem runden Faustschild, zu parieren, d.h. abzufangen (SCHWIETERING 107, BODE 22). 350 mannes were. Als Terminus anderweitig nicht belegt. wer bezeichnet allgem. die Verteidigung oder auch speziell eine (Verteidigungs-)Waffe. DWb XIV/1/1,173 führt aus, dass das Wort zuweilen mit einer gewissen Unbestimmtheit gebraucht wird, »wo man die art der bewaffnung im einzelnen nicht näher angeben kann oder will« und führt unter anderem auch diese Textstelle an mit dem Hinweis: »diese unbestimmtheit kann besonders würdig, getragen, edel klingen«, nennt aber ferner lediglich Belegstellen aus der Neuzeit. 351 wunder. Für merwunder durchaus gebräuchlich (DWb XIV/2,1803). 355 [] ende. Ein Kompositum lantende belegen die Wb. nicht. Wahrscheinlich ist landt (= lande) versehentlich geschrieben und nicht getilgt worden. 360 merinne. SARRAZIN korrigiert merminne, denkbar ist aber auch eine in den Wb. nicht verzeichnete Form, wie etwa Lanzelet W193 ein wisiv merinne oder P6150 Daz ir in der merin schare vart (KRAGL zu Lanzelet 193 bietet weitere Stellen).

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395

hetestû sô vil sinne, daz dû dich erkantest und mir dîn lant nantest, dînen vater oder dîn lant, ich wîste dich dar zuo hant.« Wîgamûr antwurt im sâ: »daz merwîp Lespiâ, der dû ir kint ersluogest und mich von ir truogest, diu was mîn muoter, als sie jach.« daz merwunder aber sprach: »ich weiz wol, daz daz wilde wîp, diu mir wolt haben genomen den lîp, dîn rehte muoter niht enwas. dû solt vür wâr wizzen daz, daz sie dich dînem vater stal und dir dar umbe daz verhal, daz dû niht entrünnest ir. sie wolte haben geben dir ir tohter zuo einem wîbe, sô dû an dînem lîbe wærest worden vuoclîch dar zuo. sô wærestû imer âne ruo und âne vriden gewesen. dar umbe liez ich dich genesen, dô ich ûz den riemen entran und irn tohteren daz leben nam. dô weste ich daz vil wol, dô ich dich vant in irem hol, daz sie dich hete geroubet. nû sî dir erloubet und var, wâ dich hin dunket guot nâch dînes sinnes muot. in manger leie ahte hân ich dich gelêret, als ich mahte, hübscher dinc underwîset. dâ von wirdestû geprîset über al in den landen, 368 ersluogest (BÜSCHING)] erschůgst

Wärst Du so verständig, dass du dich selbst kennen und mir dein Land nennen könntest, entweder deinen Vater oder dein Land, ich würde dich sofort dorthin bringen.« Wigamur antwortete ihm sofort: »Die Meerfrau Lespia, der du ihre Kinder erschlugst und von der du mich fortgebracht hast, die war meine Mutter, wie sie behauptete.« Das Meerwunder antwortete: »Ich weiß ganz genau, dass die wilde Frau, die mich töten wollte, nicht deine richtige Mutter war. Du sollst die Wahrheit erfahren, dass sie dich deinem Vater entführte und dir das vorenthielt, damit du ihr nicht wegläufst. Sie wollte dir ihre Tochter zur Frau geben, sobald du dazu in der Lage gewesen wärst. So wärst du immer ohne Ruhe und ohne Frieden gewesen. Darum habe ich dich verschont, als ich aus den Fesseln entkam und ihren Töchtern das Leben nahm. Ich bemerkte sofort, als ich dich in ihrer Höhle fand, dass sie dich entführt hatte. Nun darfst du dich fortbegeben und gehe dorthin, wo es dir deiner Meinung nach gut scheint. In vielerlei Hinsicht habe ich dich gelehrt, wie ich es vermochte, in höfischen Dingen unterrichtet. Dafür wirst du gepriesen werden in allen Ländern,

380 einem (BÜSCHING)] ainen

363f. Zweifache Frage nach lant: Ausdrückliche Betonung oder Schreibfehler? 392 guot. Bezieht sich auf ein zu ergänzendes unpersönliches ez.

39 W 400

405

410

415

420

wiltû ez rehte nemen †furhandēn†. Wîgamûr wart vil vrô. dem merwunder antwurt er dô: »sît ich niht geboren bin von dem wîbe, als ich wæne sîn, sô hâstû vil wol an mir getân. wiltû nû dar an wol bestân, sô wîse mich nû balde ûz disem grôzen walde, daz ich zuo den liuten kêre, sô bit ich dich niht mêre.« daz merwunder daz tete nâch des junglinges gebete und wîst in ûz an daz lant. einen bogen nam er in die hant und einen kocher mit geschütze. daz wart im sît vil nütze. und dô schieden sie sich an der stunt. wider an des meres grunt daz merwunder dô vuor. hin lief dô Wîgamûr, dâ er eine burc sach stân. dâ hin kêrt der ellend man, wan er enwest niht anders war. nû was er an dem lîbe gar 410 dat

wenn du es richtig in Angriff nimmst (?). Wigamur wurde sehr froh. Er antwortete dem Meerwunder: »Weil ich nicht von der Frau geboren wurde, wie ich es meine zu sein, bist du sehr richtig mit mir verfahren. Willst du dabei bleiben, so bring mich schnell aus diesem großen Wald, damit ich zu den Menschen gehe, dann bitte ich dich nicht um mehr.« Das Meerwunder handelte nach dem Wunsch des jungen Mannes und führte ihn 〈aus dem Wald〉 ins offene Land. Einen Bogen nahm er an sich und einen Köcher mit Pfeilen. Später wurde ihm das sehr hilfreich. Und darauf trennten sie sich sogleich. Zurück zum Meeresboden kehrte das Meerwunder. Wigamur lief zu einer Burg. Der landfremde Mann wandte sich dorthin, denn er wusste nicht, wohin sonst. Er war durchaus

411 jungling

399 Weder LEXER noch BMZ verzeichnen eine Verbindung vürhanden, DWb XII/2,1153ff. äußert sich nur ungenau zur Wortgeschichte des heutigen ›vorhanden‹. KLUGE 867 nennt als Erstbezeugung das 15. Jhd.: »Zusammengerückt aus vor Handen, eigentlich ›vor den Händen‹ […]. Vor Handen ist eigentlich ›zum Zugreifen‹ und wird dann verallgemeinert auf ›Anwesenheit, Existenz‹ u.ä.«. Wahrscheinlich liegt hier größere Verderbnis vor. 410 daz. Die Konjektur dat > daz ist zwar der geringste Eingriff, doch im Sinne der mhd. Idiomatik wäre dô vorzuziehen. 412 Zur Bedeutung ûzwîsen »jmdn. (hin)führen, schicken, lenken, belehren« 2DWb III,1591 und Kaiserchronik 12393f. Der hêrre ract ir sîne hant, / unt wîste si ûz an daz lant. 413f. Trotz der von Wigamur genossenen höfischen Erziehung wird durch die Übergabe von Pfeil und Bogen deutlich, dass das Meerwunder ihn nicht zum Ritter ausbilden kann. Der Kampf mit dem Bogen hatte in der westeuropäischen Adelskultur keinen Platz, auch wenn das Schießen als Training für Körper und Auge zur Ausbildung junger Adliger gehörte und bei der Jagd zum Einsatz kam. Zu Pferd konnte allerdings nur ein relativ kleines Modell verwendet werden, für dessen effiziente Anwendung die Rüstung störte und die Pferde nicht abgerichtet waren. Zwar erlangten Langbogenschützen als Armeeeinheiten seit dem 13. Jhd. eine enorme militärische Bedeutung, doch der Ritterkampf zu Pferd war auf das stoßende Anreiten mit der Lanze ausgerichtet. Zugleich galten Schusswaffen im Hochmittelalter als derart verpönt, dass sie vom Zweiten Laterankonzil geächtet wurden (Technikgeschichte 190, 269–275 und BUMKE 234f.).

40 W 425

430

435

440

445

450

wîz, schœn und hêrlîch. wilt und dar zuo tôrlîch wâren die gebærde sîn. ein guot hemde sîdîn, rehte wîz als ein swan, und einen roc truoc er an. der was ouch von sîden guot, rôt gar als ein bluot. vischîn was sîn beingewant. den bogen truoc er in sîner hant. gên der burc er kêrte, als in diu strâze lêrte, ûz einem gevilde. nû was daz wazzer wilde, daz dâ selbes vlôz, und ouch ûzer mâzen grôz. ân aller slahte witze gar nû sach er rîten eine schar gewâpent von dem walde. zuo der bürge îlten sie balde wol gerüst, als sie dan solten, wan sie stürmen wolten an die selben burc zuo gwinne. Wîgamûr âne sinne kêrte zuo dem here sâ. ez was nieman dâ, der des mohte jehen, daz er ie het gesehen

klug, schön und vornehm. Wild und töricht war sein Benehmen. Ein feines Seidenhemd, weiß wie ein Schwan, und einen Rock trug er. Der war ebenfalls aus guter Seide und rot wie Blut. Seine Hose sah aus wie Fischhaut. Den Bogen trug er in seiner Hand. Er ging zur Burg, wie ihn der Weg führte, aus einem Feld. Der Fluß, der dort floss, war reißend und außerordentlich breit. Ohne jede Erfahrung sah er nun eine bewaffnete Truppe vom Wald her reiten. Sie galoppierten zu der Burg und waren gut gerüstet, wie es für sie nötig war, weil sie zu dieser Burg eilen wollten, um sie einzunehmen. Wigamur stieß ahnungslos zum Heer. Es gab dort niemanden, der von sich behaupten konnte, jemals

446 gwinnē

424 wîz (W: weise). Wigamurs Äußeres wird als adlig, vollkommen beschrieben, vgl. Wigalois 5441 sîn lîp wîz alsam ein snê. Der W-Schreiber verstand möglicherweise wîse (»verständig«), doch diese Bedeutung ist im Handlungszusammenhang unwahrscheinlich (wîse an = »in Bezug auf«, vgl. Pz. 175,6 an strîte wîs); auch wäre die Konstruktion mangelhaft, weil lîp hier nicht als Ersatz des Personalpron. dient (z.B. Pz. 697,23 sô wîse erkenne ich mînen lîp). 427–9 hemde und roc. Die wesentlichen Bestandteile der höfischen Kleidung sind das hemde (»Untergewand«), der roc (»Obergewand«) und der mantel (vgl. zu 1543), BRÜGGEN 71–83, 223–5, 241–4. 432 vischîn. Die Verwendung von Fischhaut (evtl. Fischotter, Robbe, Haifisch?) als Kleidungsstoff vermerkt BRÜGGEN nicht. Laut WIS wird damit jedoch in einigen mhd. Texten eine Fremdartigkeit der Mode gekennzeichnet. 432 beingewant. In W getrennt geschrieben als Subst. + Part. (»fischartig war sein Bein bekleidet«). 437–440 Plötzlicher Wechsel vom wazzer zur schar erzeugt Bruch im Handlungsverlauf. SARRAZIN 3 vermutet Textausfall nach 439. 445f. stürmen mit Inf.-Konstruktion und Präp.-Obj. ist nicht belegt. Hier zuo gewinne als adverbielle Ergänzung verstanden (wörtl. »gegen jene Burg zum Sieg anrennen«). Eleganter, aber mit größerem Aufwand verbunden, wäre wan sie mit sturme wolten / die selbe burc gewinnen.

41 W

455

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485

keinen solchen schœnen man. sîn gewant sâhen sie vaste an, den roc und ouch daz hemde, daz dûhte sie allez vremde. zuo der burc was in gâch; Wîgamûr lief in nâch, biz sie kâmen an den graben. sie wolten dô niht lenger haben. sie stigen von den rossen al. in der burc huop sich ein schal und îlten vaste an die wer. mit grimmen empfiengen sie daz her. Der wirt, der dâ der bürge wart, mit sînem gesinde hielt er hart innerhalp vor der burc tor. sie gâben dar under und dar vor vil mangen slac herten; mit kreften sie sich werten, mit slegen und mit stichen. die geste oft entwichen wider von der brucken, wan ez viel ûf iren rucken manec herter stein. sie begunden dô vil grôzen mein. sie schuzzen oben ab der were und wunden under dem here vil mangen ritter lobelîch. manlîch und ungehiurlîch schuzzen und sluogen ouch die geste wider in die veste. die burgær in die burc wider drungen. diu swert vil sêr erklungen den rittern in den handen, dô die wîganden ir burc mit grimmen werten. mangen wurf herten tâten sie von den zinnen.

einen so schönen Mann gesehen zu haben. Sie musterten seine Kleidung, Rock und Hemd kamen ihnen reichlich fremd vor. Sie drängten zur Burg; Wigamur lief ihnen nach, bis sie zum Burggraben kamen. Sie wollten nicht länger stehen bleiben. Sie stiegen alle von den Pferden ab. In der Burg wurde Lärm gemacht und sie eilten schnell zur Verteidigung. Voller Wut empfingen sie das Heer. Der Burgherr, der die Burg in seiner Obhut hatte, behauptete sich mit seinem Heer wacker auf der Innenseite des Burgtores. Sie teilten unter und vor diesem viele harte Schläge aus; mit Kräften wehrten sie sich, mit Schlägen und mit Stichen. Die Angreifer wichen oftmals von der Brücke zurück, denn auf ihre Rücken fielen viele schwere Gesteinsbrocken. Sie richteten große Untaten an. Sie schossen oben vom Wehrgang herab und verwundeten im Heer viele lobenswerte Ritter. Mannhaft und schrecklich schossen und schlugen auch die Angreifer in die Festung. Die Burgbewohner drängten sich in die Burg zurück. Die Schwerter erklangen laut in den Händen der Ritter, da verteidigten die Helden ihre Burg voll Kampfeswut. Viele schwere Geschosse warfen sie von den Zinnen.

456 in (BÜSCHING)] im

462 Subjektwechsel mit ausgefallenem Pron. sie (25PAUL §S110). 467 dar under und dar vor. Gemeint ist das Burgtor, vgl. 725. 485 wîganden. LEXER III,879 bemerkt zu dem eigentlich stM wîgant, dass es md. auch sw. belegt sei (Elisabethleben 153, Herzog Ernst D 3537), gesellt dazu aber auch diese Stelle und versehentlich den Dat.Pl. 1831. Vgl. auch unten 5224 und Eilhart H 7500f. deß wurden die wyganden (Trystranden : ) / baid mit ain ander frow.

42 W 490

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520

daz bluot sach man rinnen über die halsberge wîz; diu swert verluren iren glîz, sie wurden alle bluotvar. sie drungen vast mit irer schar, biz sie diu tor gewunnen. sie wæren gern entrunnen, die der burc hüeten solten. vil grôze nôt sie dolten, sie wurden gevangen und wunt. die burc verbranten sie an der stunt. den wirt viengen sie an, dâ mit kêrten sie von dan. Nû Wîgamûr gesehen hât disen strît und die tât, nû wart er zwîvelhaft, wan er keine ritterschaft dâ vor niemer gesach. wider sich selp er dô sprach: »sint daz liut, sô ich wænen wil, sô künnen sie ein schœnez spil. doch wæn ich, ez vil wê tuot.« ditz kam im sêre in den muot und markte ir gebære; und gedûht in doch vil swære und ouch gar gemelîch. er meinte, daz sie al tag tegelîch dise dinc triben dâ. ûf einen stein saz er sâ. er wartet, biz sie kâmen von dan. dô gienc der witzelôse man zuo der burc schouwen. dâ vant er verhouwen mangen stolzen ritter dâ ligen

Das Blut sah man über die silberglänzenden Harnische rinnen; die Schwerter verloren ihren Glanz, sie wurden alle blutfarben. Sie drängten mit ihrem Heer gewaltig heran, bis sie die Tore einnahmen. Gerne wären die entkommen, die die Burg beschützen sollten. Großes Leid ertrugen sie, sie wurden gefangen genommen und verwundet. Sogleich steckten die Angreifer die Burg in Brand. Sie ergriffen den Burgherrn und gingen davon. Als Wigamur dem Kampf und der Schlacht zusah, verwirrte ihn das, weil er noch nie zuvor ritterliches Leben gesehen hatte. Zu sich selbst sagte er: »Sind das Menschen, wie ich glauben will, dann beherrschen sie ein feines Spiel. Aber ich vermute, dass es ziemlich weh tut.« Das blieb ihm genau im Gedächtnis und er merkte sich ihr Benehmen; es kam ihm sehr beschwerlich und auch ganz lustig vor. Er meinte, dass sie immerzu dort solche Dinge anstellten. Sofort setzte er sich auf einen Felsen. Er wartete, bis sie fortgegangen waren. Dann ging der unverständige Mann zu der Burg, um sich umzusehen. Dort fand er auf dem Boden viele herrliche Ritter verwundet

516 dâ] ta danach Ansatz zu einem weiteren Buchstaben?

517 ainem

500 DOCEN 348 konjiziert an > san. Allerdings ist auch ane vahen durchaus in vergleichbaren Kontexten belegt: »vom anfangsverfahren […] gebrauch machen; jmdn. belangen, festnehmen […], überwiegend in jur. gebrauch« (2DWb II,869). 515 al tag tegelîch. Wörtl. »täglich den ganzen Tag«, alle tage ist idiomatische Wendung »ständig, jederzeit, immer« (BMZ III,4a), vgl. auch 2397. Die Steigerungsform »tagtäglich« wird erst seit dem 18. Jhd. verwendet (KLUGE 813). 517 einen. Wenn sâ eine neu einsetzende Handlung markiert, muss saz als Bewegungsverb verstanden werden, das nunmehr einen Akk. erfordert. Der Schreiber verstand saz offenbar als Positionsverb (»saß auf einem Stein«), WIESSNER 423–439.

43 W 525

530

535

540

und des bluotes ersigen. die burc sach er brinnen vil sêre ûzen und innen. er sach alle geschiht, lebendigez und enwiht. er vant ouch ein ros gesatelt wol und verdecket, als ez wesen sol; mit dem zoume ez gebunden was. von dem viur dô ez genas. Des rosses was er vrô. einen tôten ritter schut er dô ûz sînem harnasch guot. ein swert und ein îsenhuot, zwuo hosen lieht îsenîn, die legt er an den lîp sîn. ûf daz ros er dô saz, sînes bogens er dô niht vergaz. ûf den huofslac er dô kêrte. daz ros er dô niender lêrte. er vuor, swie ez im geviel. daz er dâ von niht enviel, daz was wunderlîch,

und verblutet. Die Burg sah er außen und innen lichterloh brennen. Er sah, was geschehen war, Lebendiges und Totes (?). Er entdeckte auch ein Pferd, das ordentlich gesattelt und bedeckt war, wie es sein soll; mit dem Zaumzeug war es festgebunden. Es war dem Feuer entkommen. Er freute sich über das Pferd. Einen toten Ritter zog er aus seiner Rüstung. Ein Schwert und einen Eisenhut, eine glänzende Eisenhose zog er sich an. Er stieg auf das Pferd, seinen Bogen vergaß er dabei nicht. Er folgte dem Pferdeweg, lenkte das Pferd aber in keiner Weise. Er ritt, wie es sich für ihn ergab. Dass er nicht von ihm herunterfiel, war erstaunlich,

528 gesatelt (BÜSCHING)] gesatel

527 enwiht. Steht normalerweise für »etwas b e d e u t u n g s l o s e s , u n t a u g l i c h e s , u n n ü t z e s , v e r g e b l i c h e s « (BMZ III,651b) und wird in der Regel prädikativ oder adverbiell verwendet, vgl. 3290 und DWb III,676. Die hier vorliegende Substantivierung ist singulär, BMZ übersetzt abweichend »lebendiges und lebloses«. Wahrscheinlich liegt größere Verderbnis vor. 529 verdecket. Fachterminus, der ein speziell gerüstetes Pferd bezeichnet (LEXER III,91f.). Seit dem 12. Jhd. wurden Pferde mittels eiserner Decken und später auch Bugdecken und Kopfpanzern geschützt (BUMKE 238). 533–8 Offenbar der Szene nachgebildet, in der Parzival den toten Ither beraubt. Für Wigamur folgen daraus keine negativen Konsequenzen, denn die »unterschiedlichen Auffassungen über die Strafbarkeit des ›rêroup‹ in der Rechtsliteratur […] scheinen in den jeweiligen Umständen, Krieg oder Frieden, begründet zu sein« (EICHHOLZ zu Pz. 156,21f.). 533 schut, zu schüten. Fachterminus für An- und Ablegen der Rüstung (LEXER II,834). 535 îsenhuot. Der Eisenhut gewinnt erst nach dem 2. Kreuzzug in Mitteleuropa an Bedeutung; zunächst »noch einfach und hutförmig, bekam er um 1250 eine große Krempe und einen leichtgespitzten, oft gestückelten Kopfteil«. Er »wurde vom Fußvolk meist frei, wie ein Hut, getragen, während ihn die Ritter, bei denen er im 13. Jh. schon sehr beliebt war, über die Ringelkapuze setzten.« (LexMA III,1755f.) 536 zwuo hosen lieht îsenîn. Die Eisenhose ist ein Kettenpanzer für die Beine, der auch die Füße umfassen kann. Mit den zwuo hosen sind hier nicht die zum Schutz darunter angezogene zweite Hose gemeint (SCHULTZ II, 34–36), sondern die beiden Hosen b e i n e des einen Rüstungsstücks. 540 Wörtl. »Er wandte sich daraufhin auf die Hufspur.« Da Wigamur aber das Pferd nicht lenken kann, führt das Tier ihn auf den Weg. huofslac als eine von Hufabdrücken gekennzeichnete Straße, vgl. ACKERMANN-ARLT 225: »Die Hufspur ist ein im eigentlichen Sinn des Wortes bezeichneter Weg, von dem der Suchende sich leiten läßt. Das Verfolgen dieser Spur führt mit dem nahegelegenen Ziel auch zu dem nächsten Abenteuer.«

44 545

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W

wan er mit den henden sich habte an den satelbogen. und wær ein vogel an in gevlogen, er wær dâ von gevallen nider, wan er west niht zuo ziehen wider mit dem zoume noch ze vüeren und diu bein gerüeren. alsô saz und reit der kindisch man, sô daz ros selber wolte gân. in dem land zuo Deloir ein ritter hiez Glakotelesfloir. der sach in rîten alsô. gên im sprancte er dô, Wîgamûr, der tumbe, und vorhte sich niht dar umbe und markte sîn gelâz und sach vil eben, wie er saz, ouch wie er den zoum vuorte, wie er diu bein ruorte und merkt ouch sîn behendikeit, wie er vuor unde reit, und nam ez in sîn ahte, als er beste mahte. nû reit er ein wênic baz, biz er in den satel gesaz, ungehabt zuo guoter wîse. nû reit er her nâch prîse, Glakotelesfloir, der ritter junc. diu ros tâten mangen sprunc, unz nû der ritter hât bestân 557 sprancte (DOCEN 348)] sprach

denn er klammerte sich mit den Händen an den Sattelbogen. Selbst wenn nur ein Vogel an ihn geflogen wäre, wäre er heruntergefallen, denn er wusste nicht, wie er den Zügel zurückziehen sollte oder wie er überhaupt damit umzugehen hatte, und ebenso wenig wusste er die Sporen einzusetzen. Also saß und ritt der junge Mann gerade so, wie das Pferd von alleine gehen wollte. Im Land Deloir gab es einen Ritter namens Glakotelesfloir. Der sah ihn auf diese Weise reiten. Auf ihn galoppierte Wigamur, der törichte, zu und hatte keine Angst davor und merkte sich sein Benehmen und sah sich genau an, wie er saß, auch wie er die Zügel hielt, wie er die Sporen einsetzte und merkte sich auch seine Geschicklichkeit, mit der er voran kam und ritt, und versuchte es zu beachten, so gut er konnte. Nun ritt er ein wenig besser, bis er sich in den Sattel setzte; er verhielt sich dabei völlig falsch. Nun ritt in vorbildlicher Haltung Glakotelesfloir, der junge Ritter, heran. Die Pferde taten viele Sprünge, bis der Ritter

574 gesta]

546 satelbogen. Der Sattel des Streitrosses wurde für den Lanzenstoß vorne und hinten mit hohen Wülsten versehen, die dem Ritter einen festen Sitz gaben (BUMKE 238). 549–551 Reitterminologie: (wider) ziehen und vüeren beziehen sich allgem. auf den Umgang mit den Zügeln (SEGELCKE 193f., 196f.), gerüeren dagegen auf den rechten Gebrauch der Sporen (das ors [mit den sporn] rüeren, SEGELCKE 212f., BODE 25). 569 Auch die Bilder Nr. 8 und 9 in W zeigen, wie Wigamur sich h i n t e r den Sattel setzt. 570 Wörtl. »ungehalten zu guter Weise«, ungehabt ist wohl reitterminologisch zu verstehen und bezieht sich auf die rechte Körperhaltung (Gregorius 1609 mit guoter gehabe ich reit), also »eine aufgerichtete Haltung des Oberkörpers, ein freies Tragen der Arme und Schultern sowie ein freier, geradeaus gerichteter Blick« (SEGELCKE 186f.). Das Wort ist lediglich belegt bei Heinrich der Teichner 580,40–45: ez w(r ains ze miden wol, / ob ain ungehafter mut [NIEWÖHNER: »ein ungestümer Tatendrang«] / der kain ritterschaft nit tut / besser glFk hett gen frowen / denn der sich in den dienst lat schouwen / mit dem lib und mit der hab. Unklar bleibt die genaue Konstruktion des Verses, evtl. bezieht sich zuo guoter wîse auf die vorbildliche Reithaltung Glakotelesfloirs oder ist eine Gradbezeichnung (»ziemlich«).

45 575

W

580

585

590

595

mit nît den kindischen man. Wîgamûr, dem was niht kunt der ritter an der selben stunt mit sô vreissamen siten ûf in zuo was geriten. im was sô vil ungewizzen und was sô gar ungevlizzen. an sô getâner ahte er enweste, wie er mahte den ritter empfâhen, wan er begunde gâhen und sich zuo were bereiten. 〈diu ros vil kûme erbeiten,〉 daz sie die ungelîchen man ûf dem walde alsô vram zuo einander rîten, die beidesamen gîten, des sie prîslîch lop gewinnen, und doch mit ungelîchen sinnen: der eine ritterlîchen streit, der ander kintlîchen reit.

den jungen Mann angriff. Wigamur kannte den Ritter nicht, der im selben Augenblick mit furchterregendem Gebaren auf ihn zugeritten kam. Er hatte keine Ahnung und bemühte sich auch nicht darum. In dieser Verfassung wusste er nicht, wie er den Ritter empfangen konnte, denn dieser stürmte los und bereitete sich zum Kampf vor. Die Pferde konnten es kaum abwarten, dass die ungleichen Männer sie im Wald sofort im Galopp zusammenbrachen, die 〈Männer, die〉 beide nach dem begierig sind, von dem sie irgend Ruhm und Preis gewinnen, und doch mit unterschiedlichem Ansinnen: Der eine kämpfte wie ein Ritter, der andere ritt wie ein Kind.

579 so 585

590

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M

wan er begunde gâhen und sich ze were bereiten. diu ros vil kûme erbeiten, daz sie die ungelîchen man vor deme walde alse vram zuo einander brâhten. die beidsamt gâhten êre und prîs gewinnen und doch mit ungelîchen sinnen: der eine ritterlîchen streit, der ander kintlîchen reit.

576–9 Konstruktion apo koinou: ritter ist Subj. zu was kunt und was geriten. 581 ungevlizzen. Zu vlîzen (»sich bemühen«), selten belegtes Wort, z.B. Flore 136f. wan ze niuwen listen ist laz / ein ungevlizzen sin oder 1152f. sît ich ie was ungevlizzen / ze beschuldene dînen zorn. Eine in diesem Kontext naheliegende Bedeutung »ungeübt« führen die Wb. nicht auf. 587–592 Der Text in M ist unproblematisch (»Die Pferde konnten es kaum abwarten, dass die ungleichen Männer vor dem Wald sie sofort zusammenbrachten. Sie waren beide begierig darauf, Ruhm und Ansehen zu gewinnen.«). In W dagegen deuten mehrere Probleme auf massive Änderungen nach dem Textausfall 587 hin: 1. 590f. unmotivierter Tempuswechsel, 2. Verwendung des nur spärlich belegten Wortes gîten (Crône 24529f. Wie reht gerne er strîtet, / Und wie er dar nâch gîtet! s.a. zu 609), 3. der Konj. Präs. gewinnen (vgl. 25PAUL §S188.2 [Konj. im verallgemeinernden Relativsatz]). 589 ûf dem walde. Präp. auch andernorts belegt, z.B. unten 5952 oder Tristan 2699 jagen uf disem walde. JENISCH 84 ändert nach dem Vorbild von 663 vor dem walde.

46 W

600

605

610

der ritter ritterlîchen stach sîn sper mit kreften, daz ez zebrach ûf dem schœnen jungelinge. wan die herten ringe, des halsberc gar wênic widerwant. dô er grimmlîch ûf in rant, er wære dâ gelegen tôt. dô was im daz ein michel nôt. dô sie zuosamen liezen, diu ros einander stiezen, daz sie beidenthalben vielen nider. gâhens sprungen sie wider ûf von der erden, zuosamen was ir gerden. diu swert sie geviengen. 597 er

M

600

605 607 610

Der Ritter stach ritterlich seine Lanze so stark, dass sie zerbrach auf dem schönen Jüngling. Wären nicht die harten Ringe gewesen, hätte sein Harnisch wenig abgewendet. Als er zornig auf ihn zu sprengte, wäre er dabei umgekommen. Er befand sich in Lebensgefahr. Sie stürmten aufeinander los, die Pferde stießen aufeinander, sodass sie auf beiden Seiten hinunterfielen. Sofort sprangen sie wieder vom Boden auf, sie waren begierig darauf, sich anzugreifen. Sie ergriffen die Schwerter.

604 das; zuosamen (BÜSCHING)] zu samemen, z korrigiert aus s

der 〈ritter〉 ritterlîchen stach sîn sper mit kreften, daz ez zerbrach ûf deme jungelinge. wan die herten ringe des halsberges, den er vuorte, dô er ûf in ruorte, er wære dâ gelegen tôt. ouch was daz ein michel nôt. dô sie zesamne liezen, diu ros einander stiezen, daz sie beide vielen nider. gâhens sprungen sie wider. diu swert sie geviengen. 608f. fehlt ohne Lücke

597 ez. Im Mhd. ist sper Neutr., als Mask. ab dem 15. Jhd. belegt und erst Ende des 17. Jhd.s regelmäßig (DWb X/1,2053f.). 599–602 In beiden Hss. 599 Konstruktion mit exzipierendem Partikel wan (PWG §492.E), das in W die Ausnahme des Verbs widerwenden beschreibt, in M dagegen sich auf tôt ligen bezieht. In M also nur ein vollständiger Satz (»er wäre gestorben, wären nicht die harten Ringe gewesen«). Ob die Variante vom W-Schreiber stammt, ist nicht zu beurteilen. 608f. In W Verb ûf springen. In M ist wahrscheinlich Text ausgefallen, vgl. die ähnliche Konstruktion unten 3248f. Ein Verb widerspringen ist schlecht belegt (DWb XIV/1/2,1254 mit Verweis auf NL 458,2 vil balde spranc er widere [»zurück«]). 609 gerden zum stF girde. Weitere Belege Findebuch 145. Erstaunlich ist, dass die offenbar vom WSchreiber eingefügten, selten belegten Wörter girden und gîten (591) auch in der Crône nur 8 Verse voneinander getrennt stehen (FELDER zu 24530: »Das Phänomen, auffällige Wörter innerhalb einer Episode verstärkt zu gebrauchen, die im restlichen Roman selten oder gar nicht vorkommen, findet sich häufiger […].«). KEINZ 295 konjiziert zesamene sie gerden. MAUSSER 10 verweist auf ähnliche Konstruktionen (z.B. Wigalois 6629 in beiden was zesamne ger).

47 W

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625

630

zuo einander sie dô giengen. die zwên ungelîchen man, die vâhten 〈sich〉 strîticlîchen an einen vil langen tac. der ritter mangen grôzen slac sluoc dô ûf den jungen. mit vil snellen sprungen Wîgamûr im oft entran und lief in aber wider an. mit slegen er in umbe treip, daz im des schiltes niht beleip, wan dâ der buckel was dar an. nâch prîse wurben die zwên man. als der ritter daz ersach, daz der jungelinc sô sêre vaht, dô enbran êrst sîn gemüete von des zornes glüete. er sluoc im ûf sîn houbet, dâ mit er in nâch beroubet des lîbes an der wîle. mit zorniger île

Sie gingen aufeinander los. Die beiden ungleichen Männer griffen sich einen ganzen Tag lang an. Der Ritter schlug viele heftige Hiebe auf den Jungen. Mit flinken Sprüngen entkam Wigamur ihm immer wieder und griff ihn neuerlich an. Er trieb ihn mit Hieben herum, dass ihm vom Schild nichts übrig blieb, außer das, woran der Schildbuckel befestigt war. Die beiden Männer bemühten sich um Ruhm. Als der Ritter bemerkte, dass der Jüngling so gewaltig kämpfte, da entzündete sich erst recht seine Entschlossenheit von der Hitze seiner Kampfwut. Er versetzte ihm einen Hieb auf den Kopf, womit er ihm in diesem Moment beinahe das Leben genommen hätte. Mit grimmigem Eifer

621 des (BÜSCHING)] das M

615

620

625

630

zuo einander sie giengen. die zwêne ungelîchen vâhten strîteclîchen allen einen langen tac. der ritter mangen grôzen slac sluoc ûf den jungen. mit snellîchen sprungen Wîgamûr ime ofte entran und lief in ofte wider an. mit slegen er in umbe treip, daz ime des schiltes niht beleip, wan dâ diu buckel was dar an. nâch prîse striten die zwêne man. Alse der ritter dô gesach, daz sich der jungelinc alsô rach, dô enbran sîn gemüete von des zornes glüete. er sluoc in ûf daz houbet, er wolt in hân beroubet des lîbes an der wîle. mit zornlîcher île

613 sich ane vehten. Die Wb. belegen ane vehten nicht abs., daher Ergänzung des Reflexivpron. 622 Gemeint ist der Griff des Schildes. buckel (zu mlat. buccula, afranz. boucle) ist ein Metallbeschlag in der Mitte des Schildes (BRÜGGEN 210, VORDERSTEMANN 68f.).

48 W

der junge sich erholte. er tet, als er wolte mit dem swerte in gestochen hân 〈den stich erlouc er ime an〉 und sluoc im durch den helmhuot, daz im dô daz rôte bluot zuo der erden nider ran und daz er niht moht gestân. daz swert im ûz der hant vuor, dar nâch lief dô Wîgamûr. er wolt im daz leben hân genomen. dô er in aber an was komen, dô sprach der ritter an der zît: »nein, helt, nû bît! lâze mich, her, nûn leben. in dîne gnâde wil ich mich ergeben und wil werden dîn man und wil ouch sîn dîn undertân

M

der junge sich erholte. er tet, alse er wolte in mit deme swerte gestochen hân. den stich erlouc er ime an und sluoc in durch den helm guot, daz ime begunde daz bluot gegen der erden nider gân und daz er niht langer mohte gestân. daz swert ime ûz der 〈hant〉 vuor, dar nâch lief Wîgamûr. er wolt ime den lîp hân benomen. dô er über in was komen, dô sprach der ritter an der zît: »neinâ, helt guot, nû bît! lâ mich, herre, leben. in dîne gnâde wil ich mich geben und wil werden dîn man und wil dir nimmer abe gegân

635

640

645

635

640

645

635 stach

kam der Junge wieder zu sich. Er tat so, als ob er ihn mit dem Schwert stechen wollte. Den Stich täuschte er nur an und schlug ihm stattdessen durch den Helm, sodass das rote Blut von ihm zu Boden rann und dass er nicht mehr stehen konnte. Das Schwert fiel ihm aus der Hand, Wigamur ging hinterher. Er wollte ihn töten. Als er ihn wieder angriff, rief der Ritter sofort: »Nein, Held, halte ein! Nur lass mich, Herr, leben. Ich will mich ganz in deine Gunst ergeben und dein man werden und will auch dein Untertan sein

646 mihc

635 stach M. Nach Ausweis der Wb. andernorts nicht belegt. 636 helmhuot W. Die »unter dem Helm getragene Eisenhaube« (FOLTIN 200). 643 an komen W. Hier in der Bedeutung »jmdn. angreifen« (MWb I,251). 646 nûn W. Zu niuwan (»nichts als«), genauso möglich auch zum Temporaladv. nû. Vgl. auch 673 und Wigalois 7185 […] nu lât mich leben! und Gauriel 2925f. […] nu lât mich leben. / in iuwer genâde wil ich mich geben. 648 man. Der untergebene ›Lehensmann, Vasall‹, Wigamur missversteht das Wort 680ff. als Geschlechtsbezeichnung. Das anschließende Wortspiel lässt sich kaum übersetzen.

49 650

W

655

660

665

6491 M 6492 650

655

660

665

und dir dienen, swie dû wilt.« die red bôt er im unbevilt, unz im der kindische man alsô antwürten began: »ritter balt, nû sage mir, waz schulde hetest dû zuo mir? dô ich dir hiute wider reit dort ûf der heiden breit, dô bestuondst dû mich mit zorn, des bist dû hie verlorn. dû hâst mir vil wê getân.« des antwurt im der küene man: »dô ich dich hiut vil balde sach rîten vor dem walde, dô ritestû wærlîchen sô ungehegelîchen,

und dir dienen, wie du es möchtest.« Das sagte er ihm unverdrossen, bis der junge Mann folgendermaßen antwortete: »Kühner Ritter, sag mir, was hast du eigentlich an mir auszusetzen? Als ich dir heute entgegenritt dort auf der weiten Wiese, hast du mich wütend überfallen, deshalb bis du jetzt verloren, du hast mir sehr weh getan.« Darauf antwortete ihm der kampfeslustige Mann: »Als ich dich heute so dreist reiten sah am Waldrand, da rittest du wahrlich so ungeschickt,

triuwen mit stætekeit und wil dir swern einen eit, daz ich dir diene, swie dû wil.« der rede bôt er ime sô vil, unze ime der kindische man alsus entwürten began: »Ritter guot, nû sage mir, waz schulde het ich hin zuo dir? dô ich dir hiute wider reit ûf dirre heide sô breit, dô bestuonde dû mit zorne, des bist dû der verlorne. dû hâst mir vil wê getân.« des antwurte ime der wunde man: »dô ich dich hiute balde sach rîten vor deme walde, dô rite dû wærlîchen gar unbescheidenlîchen,

651 unbevilt W. Zu beviln »verdrießen« (MWb I,735f.). Die üblichen Wb. belegen das Wort nicht. Es findet sich aber bei ZIEMANN 31 mit Angabe lediglich dieser Stelle. 655 DWb IX,1884: »schuld haben zu einem« bedeutet »beschwerde, wider ihn zu klagen haben«. 657 heiden W. LEXER I,1207 nennt bereits einige Belege für die schwache Deklination. 658 bestuonde M. Entweder intransitiv (»du bist wütend stehen geblieben«) oder Ausfall des Obj.Pron. mich (25PAUL §S232). 665 ungehegelîchen W. Die Wb. führen dieses Wort nicht an. LEXER II,1754 versteht diese Stelle als einzigen Beleg für das Wort unbehegelîchen (»unbehaglich«). Sinnvoller erschiene mir ein Schreibfehler für unbehendiclîchen (»ungeschickt, freihändig«), vgl. z.B. Gregorius 1538–41 sô man dich danne gesiht / unbehendiclichen rîten, / sô muostû ze allen zîten / dulden ander ritter spot. Unklar bleibt, wie sich W zu dem unproblematischen Text in M verhält.

50 W

670

675

680

685

690

695

daz ich des [] verwânte mich, ich hete vil schiere dich von dîner hab entsetzet. nû hâst dû mich geletzet und mir betrogen mînen muot. nû wil ich lîp unde guot vil gern in dîn gewalt geben, helt guot, nû lâz mich leben. ich bin dir immer undertân und wil werden dîn man.« Wîgamûr, der junge degen, hete sich des wol verwegen, daz er im daz leben wolte lân. er begund in aber vrâgen sân: »nû sag mir«, sprach der künigs suon, »wie dû dem wellest tuon, daz dû wilt mîn man sîn und ich ein wîp niht enbin? oder waz meinst dû dâ mit? nû sage mir dînen sit!« der ritter, swie er wære wunt, er lachte an der selben stunt. er verstuont sich an dem mære, daz der jungelinc niht wære gewahsen, dâ die liute sint, wan er was sam ein kint und was der krefte rîch. »ich sage dir bescheidenlîch«, sprach dô Glakotelesfloir, »einen siten haben wir: 666 des nit verwante

dass ich mir sicher war, ich hätte dich rasch um deinen Besitz gebracht. Nun hast du mich verletzt und mir gezeigt, dass mein Vorhaben vergeblich war. Ich will jetzt Leben und Besitz bereitwillig deiner Gewalt übergeben, ausgezeichneter Held, nur lass mich leben. Ich werde dir immer untertänig sein und will dein man werden.« Wigamur, der junge Held, hatte sich entschieden, dass er ihm das Leben lassen wollte. Er stellte ihm sofort erneut eine Frage: »Jetzt erkläre mir«, sagte der Königssohn, »wie du das tun willst, dass du mein man sein willst, wo ich doch keine Frau bin? Oder was meinst du damit? Erklär mir dein Benehmen!« Obwohl der Ritter verwundet war, brach er in Lachen aus. Er hatte verstanden, dass der junge Mann nicht unter Menschen aufgewachsen war, denn er verhielt sich wie ein Kind und war dennoch sehr stark. »Ich erkläre dir«, sagte also Glakotelesfloir, »wir haben folgenden Brauch:

691 sam (SARRAZIN)] sein

daz ich des verwânde mich, daz ich schiere hete dich M von dîner habe entsetzet. M

668

666 verwânte zu verwænen (refl. ›erwarten‹, LEXER III,294). Die Variante in W widerspricht den früheren Beschreibungen: Es ist wahrscheinlicher, dass Glakotelesfloir den unerfahrenen Wigamur für eine leichte Beute hielt. 671 lîp unde guot. Hochfrequente Paarformel (FRIEDRICH 274f.), die die »Gesamtheit d[er] menschlichen Person in ihren vitalen, sozialen u[nd] materiellen Bezügen« bezeichnet (DRW VIII,1049). 685 sit. Gemeint ist die Lebensgewohnheit des Ritters, die sein Verhalten und damit seine Rede hervorgebracht hat; vgl. auch 695.

51 W

700

705

710

715

720

725

wer des andern man werden sol, der muoz vil schône unde wol im bieten die hende sîn, als, her, ich tuon die mîn. er sol im dan sîn mit triuwen underdâ von heizet er sîn man [tân. und heizet er sîn herre. er kumt nie sô verre, er sol im doch mit stætikeit und mit triuwen wesen bereit. ouch sul der herre mêren dem man sîn guot mit êren. sô sint ungescheiden ir triuwe bî in beiden.« »ein burc stât dort eine gar hôch ûf einem steine«, sprach Wîgamûr aber duo. »dar kam ich gestern vruo. dô kâmen ritter vür gerant, die begunden stürmen zehant. an den graben sie dô giengen. mit grimmen sie empfiengen die inwoner in der veste. iedoch die küene geste giengen dar zuo mit ganzer schar, wan sie nâmen kleine war, waz man warf oder schôz. ir schade wart doch vil grôz, ê sie gewunnen daz burctor. dâ lâgen dar under und dar vor manic ritter tôten, vil sêre verschrôten. der wirt wart gevangen dâ;

Wer der man des anderen werden soll, der muss ordnungsgemäß und passend ihm seine Hände entgegenstrecken, wie ich, Herr, es mit meinen mache. Er soll ihm dann treu untergeben sein. Dadurch heißt er sein man und er heißt sein Herr. Egal wie weit er von seinem Vasallen entfernt ist, der Gebieter steht ihm immer mit Beständigkeit bei und ist ihm treu. Auch soll der Herr den Besitz des Vasallen mit Ansehen vermehren. So sind ihre gegenseiten Treuepflichten untrennbar.« »Eine Burg steht dort einzeln hoch oben auf einem Felsen«, antwortete Wigamur. »Dorthin kam ich gestern früh. Dann kamen Ritter vor 〈die Burg〉 gestürmt, die griffen sofort an. Sie zogen vor den Burggraben. Kampfbereit begrüßten die Bewohner der Festung sie. Doch die kampflustigen Angreifer näherten sich alle auf einmal, denn sie kümmerten sich nicht darum, was man warf und schoss. Ihr Verlust wurde allerdings beträchtlich, bevor sie das Burgtor einnahmen. Darunter und davor lagen zahlreiche tote und und verstümmelte Ritter. Der Burgherr wurde dort gefangen genommen;

705 bereit (BÜSCHING)] laÿd

698 bieten die hende. Gemeint ist die commendatio, »die freiwillige Begebung in die Abhängigkeit eines Herrn durch einen feierl. Akt« (LexMA V,1278). 703–5 Wörtl. »Er kommt nie so fern, er wird ihm dennoch mit Beständigkeit und im Treueverhältnis bereit (W: leid!) sein.« Formelhafte Wendung, vgl. Kaiser Heinrich (MF 4,24f.) ich kom ir nie so verre sît ir jugende, / ir enwære mîn stætez herze ie nâhe bî. Klage B* 2953–55 Ouch enbiutet iu mîn herre, / ern koeme iu nie sô verre, / ern waere iu doch mit triuwen bî. 706f. Gemeint wohl die milte (»Freigebigkeit«), vgl. auch die Fürstenerziehung unten 4304f. 715f. stürmen. Hier abs. verstanden (LEXER II,1277). Möglich wäre aber auch, graben als Obj. einer Konstruktion apo koinou aufzufassen. 720 schar steht »in festen verbindungen mit präpositionen, um die fülle und das massenweise zu bezeichnen« (DWb VIII,2174), vgl. z.B. Gauriel 1007.

52 W 730

735

740

745

750

755

daz viur wurfen sie sâ an die burc und schieden von dan. weist dû, ritterlîcher man, wer die herren wâren? daz sag ouch mir vür wâre, wan ich mîn ros dâ stênde vant und ditze îsengewant. daz was eines, der lac tôt. dem was geschehen michel nôt.« »ôwê«, sprach Glakotelesfloir. »daz wil ich rehte sagen dir. der wirt ist genennet, des burc nû ist verbrennet, der künic von Pontrafort. der hât begangen manigen mort zuo Deloir in dem lande. er hât vil manic schande dem künige getân, vil leit. swer hie gienc oder reit, der het nie sô guot heil, er müeste den zweiteil sînes guotes im ze zolle geben, oder er muoste daz leben zuo pfande dâ lâzen. den walt und die strâzen hât er beroubet mangen tage, biz daz dem künig kam diu klage von dem mortgrimmen man. in die âht wart 〈er〉 getân, 734 stene

751

755

M

sofort steckten sie die Burg in Flammen und zogen ab. Weißt du, ritterlicher Mann, wer die Fürsten waren? Sag mir das ehrlich, denn ich fand mein Pferd dort stehen und diese Rüstung. Die gehörte einem, der tot dalag. Dem war großes Leid zugestoßen.« »Oje«, sagte Glakotelesfloir. »Das will ich dir gewiss sagen. Der Burgherr, dessen Burg jetzt ausgebrannt ist, wird der König von Pontrafort genannt. Er hat ein großes Blutbad angerichtet im Land Deloir. Er hat dem König eine sehr große Kränkung und viel Leid angetan. Wer hier ging oder ritt, war niemals sicher, wenn er ihm nicht zwei Drittel seiner Habe als Abgabe entrichten wollte, oder er musste sein Leben als Pfand dortlassen. Den Wald und die Straße hat er lange Zeit unsicher gemacht, bis dem König die Klage vom berüchtigten Mann vorgetragen wurde. Er wurde geächtet

743 manigen (DOCEN 348)] manlichē

757 er (BÜSCHING)

oder muose sîn leben ze pfande dâ lâzen. den walt und die strâzen beroubte 〈er〉 alsô mangen tage, unze deme künge quam diu klage von deme mortgrimmen man, daz er in die âhte wart getân,

742 künic. BRUNNER, Krieg 89 ändert herre. Möglicherweise soll in der Episode vor Augen geführt werden, welches Ende ein ungerechter König nimmt. 743 manigen. Wohl Schreibfehler in W: manlîch bedeutet stets in einem positiven Sinne »männlich« bzw. »mutig, tapfer« (DWb VI,1598–1600). Auch das Indefinitpron. mannegelîch (»jeder«), kontrahiert manlîch, ist nur in anderer Bedeutung und zudem selten belegt (DWb VI,1591–93). 754 tage. Zu erwarten wäre Sg. tac. Wahrscheinlich zugefügtes unorganisches e zur Herstellung einer korrekten Reimbindung (BUMKE/HEINZLE zu Titurel 158,1).

53 W 760

765

770

775

sunst lebte er noch zehen jâr. nû wil der künic (wizze vür wâr!) in morgen henken als ein diep. daz ist den liuten allen liep. nû mügen sie wol mit gemache wandeln und werben ir sache beide wider unde vür.« dô sprach aber Wîgamûr: »ob ich dich einic lâze rîten dîne strâze, sô kæm ez vil lîht dar zuo, daz ich dich hab getwungen dar zuo, daz dû daz an mir richest und dîn gelübde brichest und vergizzest dîner triuwen. sô mac mich wol riuwen, ob ich daz [] leben lâze dir.« dô sprach Glakotelesfloir: »ob dû mich nû lâzest genesen, 759 wissen

M 760

765

770

775

und lebte weitere zehn Jahre so. Nun will der König (sei dir dessen bewusst!) ihn morgen wie einen Dieb erhängen. Allen Leuten ist das willkommen. Nun können sie in aller Ruhe ihren Geschäften überall nachgehen.« Wigamur antwortete: »Wenn ich dich alleine deinen Weg reiten lasse, so könnte es vielleicht so kommen, dass ich dich dazu gebracht habe, dass du das an mir rächst und dein Versprechen brichst und deine Verpflichtung vergisst. Dann kann es mich sicherlich reuen, wenn ich dir dein Leben lasse.« Da sagte Glakotelesfloir: »Wenn du mich jetzt davonkommen lässt,

774 das das

sus lebter wol zehen jâr. nû wil der künic, daz wizze vür wâr, in morgen henken alse einen diep. daz ist den liuten allen liep. nû mugen sie ir sache wol werben mit gemache beide wider unde vür.« dô sprach aber Wîgamûr: »ob ich dich nû lâze rîten dîne strâze, sô kumt ez lîhte dar zuo, daz ich dich hân betwungen nuo, daz dû daz an mir richest und daz glübde brichest und vergizzest dîner triuwen. sô mac mich wol riuwen, ob ich daz leben lâze dir.« dô sprach Glakotelesfloir: »ob dû mich lâst genesen, 760 henke

776 las

759 wizze W. Eine Imperativform wizzen gibt es nicht. Wohl Konstruktionsfehler des Schreibers. 764 wider und vür. »antonyme, komplementäre Paarformel: ›hin und her/zurück‹; ›umher; überall (hin)‹« (FRIEDRICH 457).

54 W

780

785

790

sô soltû des gewis wesen, daz ich dich mit triuwen hân, als einen herren sol sîn man, die wîl und mir der lîp wert. nû hab mir, herre, daz swert. ich wil dir sweren einen eit, daz dir nimer kein leit von mir geschiht hin vür.« dô sprach aber Wîgamûr: »ich wil dich lâzen, ritter guot, durch dînen ritterlîchen muot. dînes eides ich niht wil, wan ez wære mir zuo vil.« gesellen wurden sie dô, des wart der ritter vrô. diu ros viengen sie dô. mit liebe schieden sie sich sô.

dann sollst du dir sicher sein, dass ich dir verpflichtet bin wie ein Vasall gegenüber seinem Herrn, solange ich lebe. Nun halte für mich, Herr, das Schwert. Ich will dir einen Eid schwören, dass dir niemals durch mich etwas angetan wird.« Wigamur antwortete: »Ich will dich, vorzüglicher Ritter, wegen deiner ritterlichen Gesinnung freilassen. Deinen Eid will ich nicht, denn es wäre mir zu viel.« Dadurch wurden sie Gefährten, was den Ritter erfreute. Sie fingen die Pferde ein. Freundschaftlich verließen sie einander.

779 ain herrr M

780

785

790

sô solt dû des gewis wesen, daz ich dich mit triuwen hân, alse einen herren sol sîn man, die wîle daz mir der lîp wert. nû habe mir, herre, daz swert. ich wil dir swern einen eit, daz [] dir nimmer dekein leit von mir geschihet hinan vür.« dô sprach aber Wîgamûr: »ich wil dich lâzen, ritter guot, durch dînen ritterlîchen muot. dîner manscheft ich niht enwil, wan des wære mir ze vil.« gesellen wurden sie dô, des wart der ritter harte vrô. diu ros viengen sie sâ. mit minnen schieden sie sâ. 783 daz ich dir

779 sîn. Zur Konstruktion: Das Possessivpron. des Subj. man bezieht sich auf das vorangestellte Obj. herren und unterstreicht damit das Abhängigkeitsverhältnis. Wörtl. »wie gegenüber einem Herrn dessen Vasall 〈sich verhalten〉 soll«. Der W-Schreiber verkannte offenbar diese Konstruktion und bezeichnet widersinnig den unterlegenen Glakotelesfloir gegenüber dem Sieger Wigamur als übergeordnet. 781 Die Übergabe des Schwertes »bedeutet Transfer von Herrschaftsrechten mit Konsequenzen für Land und Leute« (LexMA VII,1644). 783 ich M. Schreibfehler oder Konstruktionsbruch? 792f. In M identischer Reim. In W wahrscheinlich Versuch des Schreibers oder seiner Vorlage, diesen Reim aufzulösen.

55 W 795

800

805

810

als nû Wîgamûr ûf daz ros gesaz, dô kunde er niht vil baz, dan er noch dâ vor reit. doch was sîn herze vil gemeit, daz im sô rîche âventiure von dem ritter ungehiure widervarn was an diser stunde. daz ros, daz begunde widerkêren ûf die slâ. gên der burc was im gâ, diu nû dort stuont verbrant, wan ez ofte ê dâ vant warmen stal und spîse hort, die wîl sîn her Lupindrafort mit gesundem lîbe lebte und der bürge pflegte. diu strâze was im wol bekant und dô ez nieman dâ vant,

Als nun Wigamur auf das Pferd stieg, konnte er nicht besser als zuvor reiten. Aber er war von Herzen froh, dass ihm gerade ein so großes Abenteuer mit dem schrecklichen Ritter widerfahren war. Das Pferd begann auf den Weg zurückzukehren. Es beeilte sich, zur Burg zu kommen, die dort ausgebrannt stand, denn es hatte oftmals zuvor dort einen warmen Stall und reichlich Essen vorgefunden, solange sein Besitzer, Lupindrafort, unversehrt lebte und die Burg bewohnte. Der Weg war ihm genau bekannt und als es dort niemanden fand,

802 schlach M 795

800

805

810

Dô Wîgamûr wider ûf daz ros gesaz. dô konde er niht vil [] baz, denne er ouch dâ vor reit. doch was sîn herze des gemeit, daz ime sô rîchiu âventiure an deme ritter alsô tiure widervarn was dâ ze stunde. daz ros sân begunde widerkêren ûf die slâ. gegen der bürge îlte ez sâ, diu dort stuont verbrant, wan ez dâ ofte vant warmen stal und spîse hort, die wîle daz sîn Lupindrafort mit gesundeme lîbe dâ lebte und der bürge pflegte. die strâze ez wol erkante. dô ez nieman wânte, 795 vil baz riten baz

795 baz rîten M. Die ungewöhnliche Konstruktion in W und das fehlerhaft doppelte baz in M deutet darauf hin, dass der M-Schreiber das Verb im folgenden Vers nicht oder zu spät bemerkte. 802 slâ. Der Reibelaut in W schlach stammt wohl aus dialektaler Verschleifung von slage in analoger Angleichung zu gâch (25PAUL §L107). 808 LINDEN 41 hält die Reimbindung für übernommen, »da ë : ę vor Muta und pflęgen sw. dem Dichter gleichermaßen fremd sind.« Er verweist auf Rother 3363f. der dim vatir plegete, / die wile daz he levete! Zu anderer Auffassung kommt MAUSSER 2ff.

56 W

dô vuor ez vaste über den graben. ez het den wol gebornen knaben ûf die erd gevellet nâch, wan im daz heil geschach, daz ez den berc ûf spranc und ez durch die lüfte dranc, daz ein ast den zoum gevienc und daz ros behabte hienc, daz ez dâ stille stuont dâ. Wîgamûr sprach sâ: »holz, dû hâst mich gelêret wol, des selben ich dir volgen sol.« den zoum er mit der hant gevienc. er zôch daz ros, daz ez gienc an dem weg und rehte reise. der sinnen gar ein weise, zuo guoter mâze er dô reit. daz ungeverte er gar vermeit. diu burc was gar ein viure. die knaben wâren gar tiure,

M

dô vuor ez vaste über die graben. ez hete den wol geborn knaben an die erden gevellet nâch, wan daz ime daz heil geschach, daz ez den berc ûf spranc und ez durch die busche dranc, daz ein ast den zoum gevie und daz ros behabte hie, daz ez stille stuont. Wîgamûr sprach dô ze stunt: »dû hâst mich gelêret wol, des selben ich dir volgen sol.« den zoum er mit der hant gevie. er zôch daz ros, daz ez gie an deme wege unde rehte reise. der sinnen gar ein weise, ze guoter mâze 〈er dô〉 reit. daz ungeverte er dô 〈verm〉eit. Diu burc was gar in viure. die knappen wâren tiure,

815

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825

830

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813 knben

setzte es mit einem großen Sprung über den Graben. Beinahe hätte es den adligen Jüngling auf den Boden geworfen, wenn dieser nicht das Glück gehabt hätte, dass das Pferd den Berg hinauf sprang und es derart durch die Lüfte flitzte, dass ein Ast im Zaumzeug hängen blieb und das Pferd festgehalten hing, sodass es dort stillstand. Wigamur rief aus: »Holz, du hast mich gut belehrt, ich werde es dir nachmachen.« Er ergriff das Zaumzeug mit der Hand. Er zog das Pferd, damit es auf dem Weg und geradeaus ginge. Obwohl er nicht wusste, wie es geht, ritt er gar nicht schlecht. Unwegsames Gelände vermied er gänzlich. Die Burg stand voll in Flammen. Es gab keine Knappen,

825 deme rosse

826 rehte reise. BMZ II/1,664a versteht mit Bezug auf Wigalois 4573 baz danne rehte reise als idiomatische Wendung in der Bedeutung »die strecke, die man nach einer tjoste vorwärts rennt, ehe man wieder umkehrt« (vgl. auch Tandareis 10288). Hier wahrscheinlich aber eher in der wörtl. Bedeutung »gerader Weg«.

57 W

die im engegen solten gâhen oder den stegereif empfâhen. er vant die burc lære, wan die burgære wâren alle gelegen tôt. der w〈e〉c was von bluote rôt. ûzerhalp vor dem tor was gemachet enbor ein vil kleinez kemerlîn (dar in mohte wol gesîn des wahtærs wîp gewesen), daz was vor dem viur g〈en〉esen. sîn ros er dar under bant. der herberg er sich dô underwant, er wolte selbes dâ wirt sîn. er vant ouch stên dâ einen schrîn, dar in was vuoters genuoc. vür daz ros er daz truoc und zwei brôt er dô sach. daz gesinde het dô guot gemach.

M

die ime solten engegen gâhen oder den steigreif empfâhen. er vant die burc lære, wan die burgære wâren alle gelegen tôt. der wec was von bluote rôt. ûzerhalp vor deme tor was gemachet enbor ein wênigez kemerlîn (dâ inne mohte wol sîn des wehtærs wîp gewesen), daz was vor viure genesen. sîn ros er dar under bant. der herberge er sich underwant, er wolte selber wirt dâ sîn. er vant dâ stênde einen schrîn, dar inne was vuoters genuoc. vür daz pfert er ez truoc, zwei schœniu brôt er dô sach. daz gesinde hete guot gemach.

835

840

845

850

835

840

845

850

832 solte

die ihm entgegengehen oder den Steigbügel halten sollten. Er fand die Burg leer vor, denn die Bewohner waren alle umgekommen. Der Weg war vom Blut rot gefärbt. Außerhalb vor dem Tor befand sich oben eine kleine Wohnung (darin hätte sich die Frau des Wächters befinden können), die war vom Feuer verschont geblieben. Sein Pferd band er darunter an. Er nahm die Behausung in Besitz, er wollte dort selbst Herr sein. Er fand dort auch einen Kasten, in dem sich reichlich Futter befand. Er trug es vor das Pferd und ebenso bemerkte er nun zwei Brote. Der Gesellschaft war es früher gut gegangen.

834 bvc

838–842 Wohl ein von der eigentlichen Burg abstehender Torbau mit Wächterwohnung direkt über dem Tor (vgl. etwa PIPER 292–8, dort die Abbildung der Burg Hornberg am Neckar).

58 W

855

860

865

die naht wolt er belîben dâ, er enwest niht anderswâ. Der wilde, der reine was dâ aleine. umb die burc gienc er schouwen. ein schœne juncvrouwen vant er dâ aleine sitzen. Wîgamûr mit kleinen witzen aldâ zuo der juncvrouwen gienc. mit grôzen vorhten sie in empfienc. sie was hübeschlîch getân, von rôtem scharlach het sie an roc und ouch kursît, wol gesniten unde wît. ein liehte vêch was zogen dar unde.

Die Nacht wollte er dort verbringen, er wüsste nicht, wo sonst. Der Wilde, der Makellose war ganz alleine dort. Er ging um die Burg, um sich umzusehen. Eine schöne und vornehme junge Frau fand er dort alleine sitzen. Wigamur ging unverständig zur jungen Dame. Verängstigt empfing sie ihn. Sie hatte eine höfische Erscheinung, aus rotem Scharlach trug sie Rock und Kursit, gut und weit geschnitten, die mit einem hellen Pelz unterfüttert waren.

866 vndē M

855

860

865

die naht wolte er belîben dâ, er weste niht war anderswâ. Der wilde tôre reine was dâ alterseine. umbe die burc gienc er schouwen. eine klâre juncvrouwen vant er eine dâ sitzen. Wîgamûr mit kleinen witzen zuo der juncvrouwen gienc. mit grôzen vorhten sie in empfienc. sie was riuwevar getân, von rôteme scharlachen hete sie an roc unde kursît, wol gesniten, lanc und wît. ein lieht veder was dar unde. 854 wilde tôre (MAUSSER 121)] wil rore

863 scharlach(en). Namhaftestes wollenes Luxusgewebe, das nicht notwendigerweise rot sein muss, sondern in einem breiten Farbspektrum belegt ist. Wird in Europa produziert und kann im Wert nur von italienischer oder orientalischer Seide übertroffen werden (BRÜGGEN 282–7). 864 kursît. Afranz. corset. »Weites, wahrscheinlich pelzgefüttertes, Obergewand für Frauen und Männer. Der Ritter trägt den Kursit über dem Waffenrock.« (BRÜGGEN 230 und 78f., vgl. auch VORDERSTEMANN 169f.) 866 vêch W. (zum Adj. vêch, »mehrfarbig«, BRÜGGEN 258), ursprünglich »Bezeichnung für ›bunt‹, dann übertragen auf buntes Pelzwerk, im speziellen auf den Pelz des Eichhörnchens; […] als bes. kostbarer Futterpelz in der Kleidung Verwendung findend« (LexMA IV,331, s.a. zu 4277). SARRAZIN konjiziert ohne Kenntnis von M eine lîste vêhe (»ein bunter Saum«). veder M. »flaumiges Pelzwerk, als Futter verwendet« (BRÜGGEN 257f.). 866 zogen W. Wohl nicht als Verb perfektiver Art zu verstehen, sondern in »späten obd. Texten fehlt oft das ge- nur scheinbar, da das /g/ nach Ausstoßung des /e/ dem folgenden Konsonanten assimiliert ist« (PWG §243, Anm. 2; vgl. auch DWb XV,939, WEINHOLD, Bair.Gramm. §14).

59 W

870

875

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885

mit rôsenvarwem munde was diu schœne juncvrou klâr. der tumbe kam gegangen dar. er sprach: »wer sît ir?«, unverzaget. sie antwurt im: »ich bin ein maget.« »nû saget mir, wie heizet ir?« sie sprach: »Pîôles, daz gloubet mir!« »waz tuot ir hie aleine?« »dâ sitze ich und weine.« »vrouwe, waz ist iu geschehen?« »grôz leit, daz muoz ich jehen.« »welt ir, vrou, daz ieman sagen?« »jâ, her, ich mac wol klagen unde immer weinen, wan nû trôst keinen bringet mir man noch wîp. ôwê, daz ich mînen lîp zuo der welte ie gewan, daz ich ensterben niht enkan! gar vergezzen hât mîn got. âne trôst ist mîn nôt. der tôt muoz ez enden.«

Einen rosenfarbenen Mund hatte die schöne, strahlende junge Dame. Der Törichte ging zu ihr. Unverdrossen fragte er sie: »Wer seid ihr?« Sie antwortete ihm: »Ich bin eine Jungfrau.« »Dann sagt mir, wie heißt ihr?« Sie sagte: »Pioles, glaubt mir das!« »Was macht ihr hier alleine?« »Ich sitze hier und weine.« »Meine Herrin, was ist euch passiert?« »Großes Unglück, das muss ich sagen.« »Wollt ihr, Herrin, das jemandem erzählen?« »Ja, Herr, ich habe wahrhaftig Grund zu klagen und für immer zu weinen, denn Hilfe bringt mir jetzt niemand. O weh, dass ich jemals auf die Welt kam, dass ich nicht sterben kann! Gott hat mich vergessen. Für mein Elend gibt es keine Hilfe. Der Tod soll es beenden.«

867 rosem varbem munde] M

870

875

880

885

mit rôsenrôtem munde was sie schœne, kiusch und klâr. der tumbe quam gegangen dar. »wer sît ir?« sprach er unverzaget. sie antwurte sus: »ich bin ein maget.« »nû saget mir ouch, wie heizet ir?« »Pîôles, geloube mir.« »waz tuot ir hie sus eine?« »dâ sitze ich und weine.« »vrouwe, waz ist iu geschehen?« »grôz leit, des wil ich jehen.« »vrouwe, welt ir daz leit iemanne sagen?« »herre, jâ, ich mac wol klagen und immer mê wol weinen, wan mir trôst dekeinen bringen mohte man noch wîp. ôwê, daz ich mînen lîp zuo dirre welte ie gewan, daz ich ersterben niht enkan! gar vergezzen hât mîn got. âne trôst ist mîn nôt. der tôt müeze sie enden.« 883ff. Pioles’ Klage greift auf den Topos der Existenzverwünschung zurück, dazu allgem. RÖLLEKE.

60 W

mit iren wîzen henden zuo brüste sie sich sluoc, leides hete sie genuoc. »ôwê, waz möht mir mêr gesîn! mîn muoter was von Gimasmalîn, mîn vater was künic von Toriswarir beider êre was vil ganz. [lanz; sie heten kindes niht wan mîn. dar zuo der künic von Norendîn, des hant bejaget mangen prîs, der solte wesen mîn amîs. ûz mîns vaters hûs er mich nam. als er in disen walt kam, ein ritter sagt im mære schier, wie ein turnei wær zuo Pelrapier. mit im vil ritter begunden rîten, sîner widervart wolte ich erbîten.

M

mit ir wîzen henden zuo den brüsten sie sich sluoc, jâmers hete sie genuoc. »Wie möhte mir, herre, mê gesîn!« mîn muoter was von Gimasmalîn, mîn vater was künic ze Toriswarlanz; ir beider êre was vil ganz. sie heten kindes niht wan mîn. Harzir, der künic von Norendîn, des hant bejagte mangen prîs, der solte gewesen sîn mîn amîs. ûz mîns vater hûs er mich nam. alse er in disen walt dô quam, ein ritter sagete ime mære, wie ein turnei wære, vor 〈der burc〉 zuo Beldroger. er hiez mich sîn 〈bîten al〉her

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Mit ihren weißen Händen schlug sie auf ihre Brust, sie war voller Kummer. »Ach, was hätte mir Schlimmeres zustoßen können! Meine Mutter stammte aus Gimasmalin, mein Vater war König von Toriswarlanz; das Ansehen beider war groß. Ich war ihr einziges Kind. Außerdem sollte der König von Norendin, der großen Ruhm errungen hatte, mein Liebster sein. Er führte mich vom Schloss meines Vaters. Als er in diesen Wald hier kam, sagte ihm ein Ritter sogleich, dass in Pelrapier ein Turnier abgehalten werde. Zusammen mit ihm ritten viele Ritter los, ich wollte auf seine Rückkehr warten.

897 dar zuo. Wie unten 5583, 5660, 5916, 5950, 6045–47 und 6070 hat der Schreiber den Namen Harzir nicht verstanden. 899f. Das Verhältnis zwischen Pioles und Harzir ist nicht eindeutig. Das Wort amîs (»›Freund, Geliebter‹ [selten auch für den Ehemann]« MWb I,203f., s.a. VORDERSTEMANN 35–37) lässt auf ein unverheiratetes Liebespaar schließen (s.a. Erec 6172 was er iuwer âmîs ode iuwer man?), doch könnte man ebenso vermuten, dass er sie entführte, wie auch Enite in ihrer List gegenüber dem Grafen in ähnlichen Worten von Erec behauptet: mînem vater er mich nam (Erec 3869). Wahrscheinlicher ist, dass Pioles freiwillig, aber ohne Einverständnis ihres Vaters gemeinsam mit Harzir ihre Heimat verlassen hat. 903f. Beldroger/Pelreipier. Die unterschiedlichen Reimbindungen erlauben keinen einheitlichen Namen; der W-Schreiber dachte wohl an die aus dem Pz. bekannte Stadt Pelrapeire (SCHRÖDER, Namen 96).

61 W

910

915

920

der wirt, der der bürge wielt, dur sîne bet er mich behielt. nû ist im missegeschehen, als ir selber habt gesehen. sîn burc ist gar verbrunnen, ûzen und ouch innen. sîn liute ligent alle tôt von viure und von swertes nôt. er selber ist gevangen oder in hât vil lîht erhangen der künic von Deloir. den sult ir klagen mit mir, ob ir sît sô gehiure. seht, in dem selben viure ligent zwô juncvrouwen tôt: diu herzogîn von Libranôt, diu ander was von Grabalmontois, der herzogîn swester von Logrois, diu dises hûses vrouwe was.

Der Herrscher dieser Burg nahm mich auf seine Bitte hin auf. Jetzt ist ihm etwas Übles passiert, wie ihr selber gesehen habt. Seine Burg ist vollständig ausgebrannt, außen und innen. Seine Leute sind tot durch das Feuer und den Schwertkampf. Er selber ist gefangen gesetzt oder vielleicht hat ihn auch der König von Deloir erhängt. Den sollt ihr mit mir beklagen, wenn ihr so mitfühlend seid. Seht, in dem Feuer kamen zwei junge Fürstinnen um: Die Herzogin von Libranot, die andere war von Grabalmontois, die Schwester der Herzogin von Logrois, die die Herrin dieser Burg war.

907 sîne bet (DOCEN 348)] sand peter M

[der … … sine b… … hivte … …sehen … …v] in… …

910

von fi… … selber … …gen

915

… svlt … …hvre … 920

ligen … … v@ z… … griba… … ligro… …

906–979 M. Die erkennbaren Reste der abgeschnittenen Seite bleiben unnormalisiert. Die Zuordnung zu Versen und die Position der Buchstaben innerhalb des Verses ist oftmals zweifelhaft. 907 sîne bet. Der Apostel Petrus wird an dieser Stelle unvermittelt genannt, eine idiomatische Wendung ist in diesem Zusammenhang nicht belegt. Daher DOCENs Konjektur auch in Hinblick auf den in M erhaltenen Rest. 910f. verbrunnen : innen. Dialektreim wohl durch Reste in M gesichert (WEINHOLD §50: »Neigung in den mitteldeutschen Dialecten i zu u zu verschieben«, siehe aber auch z.B. Rolandslied 2885f.).

62 925

W

930

935

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ôwê, daz ich ie genas! nû weiz ich 〈niht〉, wâ ich hin kêre. alles guotes hân ich niht mêre, wan als ich hie stânde bin und ein guldîn vingerlîn, daz ich hie an der hant hân.« dô sprach aber der sinlôs man: »liebe vrou, gehabt iuch baz!« im wurden diu ougen vor jâmer naz. Wîgamûr, der tumbe, trôst dô ir gemüete als verre, als er mohte und sîner [] witze tohte. er bat die maget ûf stân und mit im in daz hûs gân. »wir sîn hiut wol berâten, brôt und ouch ein brâten haben wir hiut zuo spîse.« sîner tôrheiten wîse wart sie schier gewar. 926 niht (BÜSCHING)

925

M

928 standēt

Ach, dass ich überlebt habe! Ich weiß nicht, wohin ich mich nun wenden soll. Alles habe ich verloren, abgesehen von dem, wie ich vor euch stehe, und einem goldenen Fingerring, den ich hier am Finger trage.« Der unverständige Mann antwortete darauf: »Verehrte Dame, tröstet euch!« Ihm wurden die Augen vor Trauer feucht. Wigamur, der törichte, hellte ihre Stimmung so weit, wie er es vermochte und sein Verstand es zuließ, auf. Er bat die Jungfrau aufzustehen und mit ihm in das Wächterhaus zu gehen. »Wir sind für den Moment gut ausgerüstet, Brot und sogar einen Braten haben wir heute zum Essen.« Seine närrische Art fiel ihr sofort auf.

937 seinen sÿnne wicze

owe… … niht … … ich ne… …de bi… …

930

daz … … der si… … gehab… … ovgen … VVig… … mvt… … … sinr w… … vf… …

935

940

wir … … v] … … … …

934 tumbe. Fehlender Reim: MAUSSER 141 und LINDEN 54 lesen wegen der erkennbaren Reste in M guote : gemuote als einzige unumgelautete Form von gemüete im Text; möglich wäre auch mit güete. 937 Hergestellt nach den erkennbaren Resten von M. Allerdings ist witze unde sin eine bekannte Paarformel (FRIEDRICH 470); es könnte also eine Konjunktion ausgefallen sein.

63 945

W

950

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960

945

diu magt sprach aber dar: »welt ir hiute hie bestân, sô diuhte mich daz guot getân, wan ruo dâ lützel was.« er schutte dô ab den harnas, noch in dem harnasch beleip der man. »vrouwe«, sprach er, »ich niht enkan dâ von enblœzen mich. und disem ros enkan ich den †rucke haivet† enbinden. ich kan niender vinden, daz ich im erlœse den munt. ich hân erarnet disen vunt, daz ich ez hiute gesach, wan ich grôzen ungemach hiute hân gewunnen. mich wundert, ob sie kunnen baz rîten danne ich. ez nâhe ervellet mich.

Die Jungfrau antwortete darauf: »Wenn ihr heute hier bleiben wollt, dann fände ich das sehr gut, weil es 〈für euch〉 so wenig Ruhe gab.« Er versuchte den Harnisch abzulegen, blieb aber darin stecken. »Herrin«, sagte er, »ich kann ihn nicht ausziehen. Und diesem Pferd kann ich nicht den […] entfernen. Ich kann nirgendwo das finden, womit ich ihm den Mund befreie. Es ist mir teuer zu stehen gekommen, dass ich heute 〈das Pferd〉 gefunden habe, denn es hat mir nur Schwierigkeiten bereitet. Ich würde gerne wissen, ob sie besser reiten können als ich. Es hätte mich beinahe abgeworfen.



M

wolt … … mich … … har… … was … man

950

955

… …@ niht… … vch ich … … … der stat … … dre mQt… … …ch in … …gemach

960

… …dert … …anne … …ch 949 was M. Versreihenfolge und Wortlaut weichen offenbar von W ab. 954 Obj. unklar, handelt es sich um einen vom Schreiber unverstandenen Neologismus des unerfahrenen Wigamur? Passend wäre ein Gegenstand, der dem Pferd zum Reiten aufgebunden wird (z.B. Sattel, Sattelbogen [vgl. zu 546], Satteldecke, Gurte [zu 974], vürbüege [zu 2692] oder Panzerung [zu 529]), vor allem löst Pioles 973f. die gürte des Pferdes und nimmt das Zaumzeug ab. Evtl. rückehalfter (vgl. Pz. 514,12 die halftern lôster vome pfert) oder rückehaft zum stF haft (»dasjenige woran etwas fest sitzt«, BMZ I,603b, vgl. das Kompositum zoumhaft) – beide Wörter sind aber andernorts nicht belegt. 957–960 Wörtl. »Ich habe den Fund büßen müssen, dass ich es (=das Pferd) heute sah, denn ich habe große Probleme (davon) heute bekommen.«

64 W

doch het ich hiut ez niht an getragen, sô hete mich erslagen der ritter ûf der heide.« wie in grôzem leide diu selbic juncvrou wære, noch lachet sie der mære. Pîôles, diu maget klâr, mit schœnen zühten gienc sie dar, dâ daz ros was gebunden. sie lôste an den selben stunden die gürte von dem rosse nuo. Wîgamûr sach ir eben zuo. über diu ôrn zôch sie im den zoum. Wîgamûr nam des guoten goum. daz harnasch half sie im schüten abe. dô was der junge knabe von dem îsen râmvar. ein wazzer brâhte sie dar. den râm wuosch sie im dan. dô was er den rôsen glîch getân. [art. sie sach wol, daz er was von schœner

M

doch ob … der … swie …

965

970

975

980

965

Doch hätte ich es heute nicht angehabt, dann hätte mich der Ritter auf der Wiese erschlagen.« Wiewohl die junge Dame großen Kummer erfahren hatte, lachte sie dennoch über diese Geschichte. Pioles, die strahlende Jungfrau, ging mit angemessenem Benehmen zum angebundenen Pferd. Sogleich löste sie die Gurte vom Pferd. Wigamur sah ihr genau zu. Sie zog ihm das Zaumzeug über die Ohren. Wigamur fasste die Vorgänge sorgfältig ins Auge. Sie half ihm, den Harnisch auszuziehen. Der Jüngling war von dem Eisenrost schmutzig. Sie brachte ihm Wasser und wusch ihm den Schmutz ab. Auf einmal war er schön wie eine Rose. Sie sah genau, dass er von vornehmer Abkunft war.

…en

…e were 970

975

980

… … …chonen … … ros was … … stvnden … …amur … … zoch … …am … …asch half … …s der] junclîche knabe von den îsen râmevar. ein wazzer brâhte diu maget dar. den râm twuoc sie ime mit vlîze dan. dô was er rôsen glîch getân. sie sach wol, daz er was von hôher art.

974 gürte. Im Mhd. als Simplex selten, häufiger die Komposita über-, umbe-, undergurt (DWb IV/1/6, 1167), gebräuchlicher ist gürtel (vgl. zu 1534). »Der Sattel selbst war mit Gurten festgeschnallt, mit dem Bauchriemen, dem Schwanzriemen und dem Brustriemen.« (SCHULTZ I,495). 977 guoten. Adj.attribut zu goum; dieses ist hier stM (Findebuch 150, DWb IV/1/1,1575).

65 985

W

diu schœne magt von im dô wart vergezzen irs leides ein teil und ân aller slahte schanden meil beliben sie die naht nuo. des andern morgens vruo Wîgamûr wolt rîten von dan. diu juncvrou begunde aber sân vil jâmerlîch gehaben sich. sie sprach: »welt ir, herre, mich erslahen mit iuwrem swert, daz ich sô alein niht werd leben in disem walde!« des antwurt er ir balde; der junge knab ân sinne sprach: »ir beit mîn hinnen. ich kum her wider, mich irr dan nôt

M

diu süeze maget von ime dô wart ergetzet ir leides ein teil. ân aller slahte schanden meil beliben sie die naht duo. des andern morgens vil vruo Wîgamûr wolte rîten dan. diu juncvrouwe begunde aber sân jæmerlîch gehaben sich. sie sprach: »herre, welt ir mich erslahen mit iuwerme swerte, daz ich sus niht enwerte lebende in disme walde!« des antwurte ir balde der knabe âne sinne: »vrouwe, nû beitet hinne. ich kume her wider oder mich irret nôt.«

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Die schöne Jungfrau vergaß durch ihn ihren Kummer etwas und ohne jede Art von Sünde verblieben sie die ganze Nacht. Am andern Morgen früh wollte Wigamur wegreiten. Die junge Dame klagte neuerlich. Sie sagte: »Bitte, Herr, erschlagt mich mit eurem Schwert, damit ich nicht derart einsam in diesem Wald lebe!« Er gab ihr sofort eine Antwort; der unverständige Jüngling sagte: »Ihr wartet hier drin auf mich. [aufhält Ich kehre zurück, wenn mich nicht höhere Gewalt

991 aben

985f. wart vergezzen W. Die Verbindung von werden bes. als Prät. mit Part.Präs. oder Inf. kann bis zum 16. Jhd. Ausdruck für den inchoativen Charakter eines Geschehens, das sich in der Vergangenheit abgespielt hat, sein (25PAUL §S28 und bes. Anm. 3; ferner Frühnhd.Gramm. §S173), wörtl. »begann zu vergessen«. In M dagegen Passivkonstruktion »wurde entschädigt«. 995 enwerte M. Unorganische Form zu werden? Diese würde sich möglicherweise durch den ursprünglichen Reim mit der lenisierten Form swerde (: enwerde), die sich dialektal md. bzw. ostfränk. und bair. findet, erklären. Diesen Reim könnte der Schreiber ersetzt haben: »Die geringe Zahl der Belege für die Lenisierung, auch in den Jahrhunderten nach den Anfängen im 12./13. Jhd., ist m. E. ein deutlicher Beweis dafür, dass die Lenisierung, im scharfen Gegensatz zur Diphthongierung, ein dialektaler Prozess war, der in der gehobenen Sprache (›Herrensprache‹) und daher auch in den Schreibsprachen gemieden wurde.« (REIFFENSTEIN 630). In W ist die Reimbindung wegen der (frühnhd.) Apokope möglich. 1000 nôt. Hier Rechtsterminus, meist präzisiert ê h a f t e nôt: »Notlage in einem definitorisch festgelegten Fall (zB. Krankheit, Herren- oder Reichsdienst, Erfüllung religiöser Pflichten, Gefangenschaft,

66 W

oder ich muoz ligen tôt.« Der tôre alsô minniclîch, der was alsô kreften rîch: sô er zuo dem rosse gie, er druct ez nider ûf diu knie und habt ez bî dem beine, unz diu maget reine den zoum dar an gelegete, daz ez sich niender regete. sîn harnasch gevienc er nuo; diu maget half im ouch dar zuo, daz er sich wâfnete dar in. er liez sie dâ und reit hin. mit trûrigem muote was diu maget guote. mangen ougenblic warf sie im nâch. dâ hin im was vil gâch. sie bat im heiles, dâ er reit. sîn herz ouch niht vermeit, er gedâhte an daz magetîn,

M

sîne triuwe er ir des bôt. Der tôre alsô minneclîch, was von kreften alsô rîch: sô er zuo deme rosse gie. er dructe ez nider an diu knie; er habte ez bî deme beine, unze diu maget reine den zoum dar an gelegete, daz 〈ez〉 sich niender regete. sîn harnasch gevienc er nuo; diu maget half ime ouch dar zuo, 〈da〉z er sich gewâpende dar in. er lie sie hie und reit er hin. mit trûrigeme muote saz diu maget guote, zuo eime vensterlîn sie sach ime nâch. er reit hin, ime was gâch. sie bat ime heiles, dâ er reit. sîn herze ouch daz niht vermeit, ez gedæhte an daz megetîn,

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1001 dæs

oder ich sterben soll.« Der schöne Tor war wirklich kräftig: Als er zu dem Pferd gegangen war, drückte er es auf die Knie hinab und hielt es beim Bein, bis die makellose Jungfrau das Zaumzeug angelegt hatte, sodass es sich überhaupt nicht bewegte. Er ergriff sodann seinen Harnisch; die Jungfrau half ihm auch dabei, sich damit zu rüsten. Er ließ sie dort und ritt davon. Traurig war die vorzügliche Jungfrau. Viele Blicke warf sie ihm hinterher. Er hatte es eilig, fort zu kommen. Sie wünschte alles Gute auf seinem Ritt. Sein Herz unterließ nicht, 〈ihn dazu zu bewegen,〉 dass er an die Jungfrau dachte,

1012 such

später auch zB. Hungersnot, Naturkatastrophen, Brand sowie Todesfälle im Familien- oder Hausgenossenkreis), die […] als Hinderungs- und Entschuldigungsgrund für die Nichterfüllung von Pflichten oder Versäumung von Fristen und Terminen anerkannt ist« (DRW IX,1543), s.a. 5676 und 2HRG I,1177–79. 1019 vermîden abs. in W ist unwahrscheinlich (LEXER III,179f.), wohl Ausfall von daz. 1020 er W / ez M. Das Herz als handelndes Subj. ist ein Topos (VON ERTZDORFF 265).

67 W

wie er ir vriunt möht gesîn, wan er enhete sorgen keine umb die maget reine, wie er volbræhte die tât, dâ von ir sorgen wurde rât. Nû merket alle gelîche, wie rehte wunderlîche got begâbte sîner hant getât, die er in ahte hât, wan mangen rîchet er mit kunst (daz ist alles sîn gunst), mangen êret er mit ritterschaft (dô prüevet alle sîne kraft!), mangen mit dem pfluoge und mit andern dingen gnuoge. alsô beruochet er dise kint, diu beide kranc an witze sint: diu juncvrou wære dâ tôt, wan daz ir der knabe half ûz nôt.

M

wie er ir vrume mohte gesîn. er hete sorge dekeine, wan umbe die maget eine, wie er uobte die getât, dâ von ir wurde sorgen rât. Nû merket al gelîche, wie rehte wunderlîche got beruochet sîne hantgetât, die er in sîner huote hât: manigen rîchert er mit der kunst (daz ist alles sîn gunst, daz prüevet allez sîn kraft), manigen êret er mit ritterschaft, manigen mit deme pfluoge, mit andern dingen gnuogen. alsô beruocht er disiu kint, diu beidiu kranker witze sint. diu juncvrou wære dâ tôt, wan daz ir der knappe half von der nôt.

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ob er ihr Freund sein könnte, denn er sorgte sich überhaupt nicht um die makellose Jungfrau, 〈sondern〉 wie er etwas tun könnte, wovon ihr die Sorgen genommen würden. Nun hört alle zu, wie erstaunlich Gott seine Geschöpfe, die er behütet, ausstattete, denn manchen segnet er mit Weisheit (das steht ganz und gar in seiner Gunst), andere zeichnet er mit Ritterschaft aus (seht alle daran seine Mächtigkeit!), wieder andere mit dem Pflug und mit vielen anderen Sachen. So nahm er sich dieser jungen Menschen an, die beide unerfahren sind. Die Fürstin wäre tot, hätte ihr der Knabe nicht aus ihrer Notlage geholfen.

1022f. In W leitet die Konjunktion einen kausalen Nebensatz ein, in M verkürzte Konstruktion mit exzipierendem wan, PWG §492.E, (»er hatte keine anderen Sorgen als«), dadurch gegenteiliger Sinn. 1026–47 Erstaunliche Verschränkung des Handlungsverlaufs mit einer theologisch begründeten Gesellschaftsordnung: Gott teilt jedem seine Funktion in der Gesellschaft zu, doch alle Menschen sind voneinander abhängig. Genauso sind Wigamur und Pioles aufeinander und auf die von Gott zugeteilten Gaben angewiesen. Zur gängigen Darstellungstradition der Ideologie einer Dreiständegesellschaft aus Klerus, Adel und Bauern allgem. DUBY und OEXLE. 1039 half ûz nôt. Die Wendung ohne Artikel (»aus d e r Not [heraus] helfen«) ist im Mhd. unproblematisch (DWb VII,908).

68 1040 W

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und het in ouch der maget trôst von sînen unwitzen niht erlôst: und wær er niht erstorben, sô wær er doch verdorben. sunst lâzt got nieman under wegen, der sîner gnâde tuot pflegen. alsô bringet einz dem andern rât, hilfe unde sælde, tât. Den langen tac reit Wîgamûr, daz im nihtes widervuor. des trûret er vil sêre. doch sô müet in mêre umb daz juncvröulîn, diu dort was warten sîn, hungeric und gnâden blôz. einen vashanen er dô schôz; an den satelbogen er in bant.

Und wenn ihn die Hilfe der Jungfrau nicht von seiner Unwissenheit befreit hätte: Auch wenn er nicht gestorben wäre, wäre er dennoch zugrunde gegangen. So lässt Gott niemanden im Stich, der in seiner Gnade steht. So bringt eines dem anderen Rat, Hilfe, Heil und Tat. Wigamur ritt den ganzen langen Tag, ohne dass ihm etwas begegnete. Das ärgerte ihn sehr. Noch mehr beunruhigte ihn das Schicksal der jungen Dame, die dort auf ihn wartete, hungrig und hilflos. Endlich schoss er einen Fasan; er band ihn an den Sattelbogen.

hete in ouch der megde trôst von unwitzen niht erlôst: wære er niht erstorben, er wære doch verdorben. sus læt got nieman under wegen, des sîne gnâde ruochent pflegen. sus gap ietwederme des andern getât helfe unde sælden rât. Den langen tac reit Wîgamûr, daz ime gejegdes niht widervuor. des trûrte er sêre. doch sô muot in mêre umbe die juncvrouwen reine, diu sîn dort beitet eine, hungeric und gnâden blôz. einen vasant er dô schôz; an den satel er in dô bant. 1046 ietwedeme

1046f. In M Wiederaufnahme von Wigamurs Überlegung 1024f., wie er Pioles helfen könne. Hier folgt die allgem. Antwort, dass die jedem nach seiner gesellschaftlichen Funktion zugewiesene Tätigkeit einen gegenseitigen Nutzen bringe (wörtl. »Auf diese Weise verschaffte die Tat des anderen jedem von beiden Hilfe und großes Glück«). In W dagegen wahrscheinlich Verdrehung von rât und tât, wodurch Wigamur und Pioles als Subj. fungieren und eine einfache Aufzählung von Akk.-Obj.en mit unschön vorgezogenem und folgt. Bei der Verbindung sælden rât handelt es sich nicht um das Rad der Fortuna (vgl. zu 1382). helfe unde rât ist eine Formel für Beistand (OKKEN zu Iwein 4511). 1055 vashanen. Normalform fasant, lat. phasiana, afranz. faisan(t). Hier volksetymologische Umdeutung zu han »Hahn« (2DWb IX,154).

69 W

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1065

1070

er reit wider, dâ er vant die juncvrou, diu in empfienc. vil balde sie dô gên im gienc. dô sie in zuo rîten sach, sie nam daz ros und sprach: »sît wilkomen, lieber herre! wie sît ir sô verre in den walt geriten? ich hân iuwer vil kûm erbiten!« daz ros zôch sie in den stal. entwâfent wart er über al. den vashanen roufte er mit vlîze, sie bereit in mit ir henden wîze. der hunger was ir beider koch, wan sie vasteten beide noch. sie heten dannoch ein ganz brôt. 1065 vilkom

M

1060

1065

1070

1068 refft

Er ritt dorthin zurück, wo er die junge Herrin fand, die ihn begrüßte. Schnell ging sie auf ihn zu. Als sie ihn heranreiten sah, fasste sie das Pferd und sagte: »Seid willkommen, lieber Herr! Weshalb seid ihr so weit in den Wald hinein geritten? Ich konnte eure Rückkehr kaum erwarten!« Das Pferd zog sie in den Stall. Ihm wurde die Rüstung ganz entfernt. Den Fasan rupfte er mit Eifer, sie bereitete ihn mit ihren weißen Händen zu. Der Hunger war ihr beider Koch, denn sie hatten noch nichts im Magen. Sie hatten immer noch ein ganzes Brot.

1069 hend

er reit wider, dâ er vant die juncvrouwen, diu in empfienc. mit île sie gegen ime gienc. alse sie in zuo rîten sach, sie empfienc daz ros und sprach: »wilkomen, herre! wie wære dû sô verre in den walt von mir geriten? ich hân dîn hiute vil kûme erbiten!« daz ros zôch sie in den stal. entwâpent wart er über al. den vasant beroufte er mit vlîze, sie briet in mit ir henden wîze. der hunger was ir beider koch, wâ sie beidiu vasten noch. sie heten noch ein ganzez brôt. 1071 vastent

1068 beroufte M zu beröufen, nach Ausweis der Wb. ein selten belegtes Wort (»berupfen«, LEXER I,197; »jmdm. an den Haaren, dem Bart reißen« MWb I,615; dazu Wernher Marienleben 8893, Albertus Magnus 1,197). In W offenbar Lesefehler, möglicherweise war dem Schreiber das Wort unbekannt. Die anderen Belege zu raffen/reffen mit der Bedeutung »rupfen« in LEXER II,334 und BMZ II/1,547b bzw. II/1,608a sind nicht haltbar. 1070 hunger was ir beider koch. Variante des Sprichwortes der hunger ist der beste koch (Freidank 124,17, zur antiken Herkunft BÜCHMANN 80, weitere Fundstellen TPMA VI,299f., HSS 98f.). 1071 vasteten (in M mit vom Schreiber unerkannter Silbenschichtung). Die in 2DWb IX,190 angegebene einzige Bedeutung »sich für eine bestimmte zeit ganz oder teilweise der nahrungsaufnahme enthalten« ist hier unzureichend, da Wigamur und Pioles nicht absichtlich hungern.

70 W 1075

1080

1085

sie vergâzen aller irer nôt. sie trunken wazzer vür wîn. sie tâten einander triuwe schîn. mit liebe sie die naht vertriben – unvermeiliget sie dô beliben. des morgens dô erschein der tac. Wîgamûr sich des verwac und suochte an glückes rat. beide ros unde wât, bereitet im aber diu maget guot. [] weinen und trûrigen muot benam ir der edel her vil gar, dô er ir verhiez vür wâr, daz er sie niht lieze aldâ. sus reit er hin, im was gâ. in den walt er vil verre reit, die rehten strâz er gar vermeit. 1080 glückes (SARRAZIN)] glůcket

M 1075

1080

1085

Sie vergaßen ihre ganze Notlage. Sie tranken Wasser, als ob es Wein wäre. Sie waren einander wohlgesonnen. Einander zugewandt verbrachten sie die Nacht – doch sie schliefen nicht miteinander. Am Morgen zeigte sich der Tag. Wigamur entschloss sich, sein Glück zu versuchen. Pferd und Kleidung richtete ihm wiederum die vorzügliche Jungfrau. Weinen und Klagen nahm ihr der adlige Herr ganz und gar, als er ihr aufrichtig versprach, dass er sie nicht dort zurückließe. So ritt er eilig davon. Er ritt weit in den Wald hinein, den geraden Weg vermied er bewusst.

1083 mit wainē

1086 sie (BÜSCHING)] sich; aldach

sie vergâzen beidiu ir nôt. sie trunken wazzer vür den wîn. sie tâten einander triuwe schîn. mit liebe sie die naht vertriben – ungemehelt sie beliben. Morgens dô aber schein der tac. Wîgamûr sich des bewac. er suochte aber glückes rat. beide ros unde wât, bereite ime aber diu maget guot. weinen und riuwigen muot benam ir der juncherre gar, dô er ir gehiez vür wâr, daz er sie niht lieze dâ. sus reit er hin, ime was gâ. in den walt er verre reit, die breiten strâzen er vermeit. 1085 ge heiz

1077 ungemehelt M. In den Wb. nicht verzeichnet, entspricht aber mhd. Wortbildung (gemehelen = »verloben, verheiraten« LEXER I,834). 1080 glückes rat. Das Rad der Fortuna ist das klassische Bild des unbeständigen und gerade darin gerechten Glücks (PICKERING 132ff.). Wigamur steht nach seinem Unglück der Aufstieg bevor (zur Terminologie und dem Unterschied zwischen sælde und gelücke DE BOOR 315f.). 1083 Der W-Schreiber setzt weinen und trûrigen muot als Adverbialbestimmung zum vorangehenden Vers (»unter Weinen und Klagen«). Es fehlt aber dadurch das Obj. von benam im folgenden Vers, daher mit M Tilgung von mit (vgl. auch schon DOCEN 349 mit > ir). 1089ff. Klassisches Bild des Weges, der das weitere Leben des Ritters symbolisiert. Auch wenn Wigamur sich auf sein Glück verlassen kann (1080), führt doch nur ein mühevoller, aber bewusst gewählter Weg,

71

einem stîg er volgen began. einen hôhen berc wol getân (zuo guoter mâze was er breit) einen stîc er dâ ûf reit, der was smal und grasic. ein alte mûr verwasic vant er an dem berge. ein kleinez getwerge, dem gewartet er in der bürge tor. W daz getwerc was ouch schier dâ vor

1090 W

1095

1099

Er folgte einem Pfad. Einen stattlichen, hohen Berg hinauf (der war ordentlich groß) ritt er auf einem Pfad, der schmal und grasbewachsen war. Eine moosbedeckte, alte Mauer fand er bei dem Berg. Einen kleinen Zwerg bemerkte er im Burgtor.

1098 dez burgez 1090 M

1095

1099 10991

eime stîge er volgen began. einen berc wol getân vant er hôch und breit. einen stîc er dar ûf reit, der was smal und vergraset. ein alt gemiure und verwaset vant er an deme berge. eime kleinen getwerge gewartet er in daz bürgetor. daz getwerc wart ouch sîn dâ vor nû vil schiere gewar. ez îlte wider zuo ime dar, gegen ime ez her ûz gienc.

Der Zwerg bemerkte auch ihn sofort. Er rannte ihm entgegen und ging zu ihm heraus.

der steile Tugendweg fernab der rehten (W) bzw. breiten (M) Straße, zu diesem (HARMS 255–264 und 272. Vgl. auch Iwein 265 dô kêrt ich nâch der zeswen hant, dazu MERTENS und AUERBACH 120–138). 1090–92 Ist Variante W1092 mit Ausfall des Prädikats vant auf einen Schreibereingriff zurückzuführen? berc als Akk.-Obj. zu volgen mit weitem Dat.-Obj. wäre ungewöhnlich, daher hier die Entscheidung, 1092 als Einschub und (ûf einen) berc als Adverbialbestimmung zu 1093 reit zu verstehen. 1094f. grasic : verwasic W. Möglicherweise Lesefehler t > c, da verwasic nur an dieser Stelle belegt ist (LEXER III,296, BMZ III,534a). Allerdings liegen auch von verwasen nur wenige Belege vor (ebd. und Findebuch 425). 1095 mûr statt gemiure (»Gemäuer, Gebäude«) in W. Entweder pars pro toto oder Irrtum des WSchreibers. 1097 getwerge W. Konstruktion erfordert Nom. getwerc, hier unorganische Form aufgrund der Reimbindung (vgl. zu 754). Der Vergleich mit M lässt Schreiberänderung vermuten. 1098 in daz M. Zu erwarten wäre Dat. statt Akk. Die Formulierung beschreibt nicht den Ort, an dem der Zwerg steht, sondern die Richtung des Blickes von Wigamur auf den Zwerg (»In der bedeutung ›spähen, schauen‹ wird das verb [warten] ebensowol mit angaben der richtung (des zieles) verbunden, wie seine mhd. und nhd. synonyma.« WIESSNER 517). 10991–93 Nach 1099 Textlücke in W, aber offenbar kein Blattverlust (vgl. Einleitung Kap. 2). Die Lücke wird von M teilweise geschlossen. Weil W den angefangenen Satz nicht fortführt, folgt die Übersetzung bereits 1099 M. Der Inhalt des Bereiches, der weder von M noch von W abgedeckt wird, lässt sich teilweise aus späteren Passagen rekonstruieren: 1. Wigamur befreit zunächst den Zwerg und die Damen von Lespurant und lässt Pioles bei ihnen zurück (vgl. 5715ff.). 2. Danach kommt er zu Artus’ Onkel Ittra, bei dem er sich zum Ritter ausbilden lässt (vgl. 4122ff.). 10992 JENISCH 88 verbessert wider > nider.

72 W M 10995

109910

109915

109920

109925

109930

109935

109940

109945

güetlîch ez in empfienc. ez sprach: »herre, saget mir, wes botschaft werbet ir?« »ich bin niemans bote«, sprach Wîgamûr. »ich bin wider unde vür geriten allen disen tac, daz ich bejagen niht enmac einer juncvrouwen spîse. nû bin ich niht sô wîse, daz 〈ich〉 wizze, war ich muge dar nâch.« daz getwerc dô vil güetlîchen sprach: »Sît daz ir, herre, spîse gert, ist ez diu juncvrouwe wert. ich wil ir senden bî iu einen knappen und andere hüener driu, einen kæse und zwei wîziu brôt. herre, dâ mite behüet iuch got, daz iu iht widervar kein leit von dises wirtes grimmekeit, der ist 〈des〉 tiuvels vâlant. sîn name heizet Lespurant. er hât mich gevangen, behalten nû vil lange mîne vrouwen Ligronîten und die schœnen Flogrisîten, des herzogen Jochjotes tohterlîn, des disiu burc solte sîn. mit untriuwen er in ersluoc. alsô tôten er in truoc ûf eine breite heide 〈den〉 sînen ze leide, daz in die tier dâ gâzen. alsô hât der verwâzen noch gevangen sîniu kint, diu hie ûf dirre bürge sint. ime dienent liute unde lant. daz ist allen den bekant, die in disme lande sint gesezzen, daz nieman ist sô vermezzen der in geturre bestân. er ist des tiuvels man.« Ir hôrtet ie sagen wol, swaz zuo nezzelen werden sol, daz sol vruo brennen.

Freundlich nahm er ihn auf. Er sagte: »Herr, berichtet mir, wessen Botschaft ihr überbringt?« »Ich bin niemandes Bote«, sagte Wigamur. »Ich bin den ganzen Tag hin und her geritten, ohne das Essen für eine Jungfrau jagen zu können. Ich bin leider nicht so schlau, [den.« um zu wissen, wohin ich gehen muss, um es zu finDer Zwerg antwortete darauf freundlich: »Wenn ihr, Herr, Essen verlangt, wird es die junge Dame wohl wert sein. Ich will ihr durch euch einen Knappen und drei Hühner, einen Käse und zwei Weißbrote schicken. Herr, damit behüte euch Gott, dass euch kein Unglück geschieht durch den Zorn des Burgherren, der ist ein Teufel von einem Satan. Sein Name ist Lespurant. Er hat mich gefangen, lange Zeit meine Herrin Ligronite und die schöne Flogrisite eingesperrt, die Töchter des Herzogs Jochjote, dem diese Burg gehören sollte. Mit Hinterlist erschlug er ihn. Die Leiche trug er auf eine große Wiese zum Kummer seiner Angehörigen, damit ihn die Tiere dort fraßen. Entsprechend hat der Verfluchte noch immer seine Kinder gefangen, die sich hier auf der Burg befinden. Ihm dienen die Menschen und das Land. Es ist all jenen bekannt, die in diesem Land wohnen, dass niemand so kühn ist, es zu wagen, ihm entgegenzutreten. Er ist des Teufels Vasall.« Man sagt, was eine Nessel werden soll, muss früh brennen.

109913 ich (JENISCH 88) 109934 den (JENISCH 88) 44 1099 tiuvels (BUSCHINGER)] tivevels

109937 sîniu (BUSCHINGER)] sininiv

109918 Pleonastisches ander (HEINZLE zu Willehalm 4,25–29 und 163,9; NELLMANN, Erzähltechnik 117). 109923 tiuvels vâlant. Die Steigerung durch Reihung mehrerer Teufelsnamen findet sich auch Schrätel und Wasserbär 92f. […] des tiuvels vâlant / und sîn gespenste ist zu mir kumen. 109946f. Sprichwort (wie »Früh krümmt sich, was ein Haken werden will«, vgl. TPMA V,351f., ähnlich Winsbecke 36,1–4: Sun, sie jehent alle, ez brenne vruo. / daz ze der nezzeln werden sol. / dîn junger

73 hie bî sult ir erkennen, daz dises jungelinges hant 109950 erstrîtet noch hôch prîses pfant, wan ime sîn herze gap den rât, daz er vil manlîcher tât in sîner kintheite began. zuo deme getwerge sprach er sân: 109955 »der juncvrouwen leit muoz ich klagen. dîme h〈erren solt dû〉 sagen, daz er sich 〈niht sûme〉 〈der juncvrouwen〉 […] ir burc 〈und〉 ir lant und ir walt 109960 und sw〈az ir〉 zuo erbe 〈ist ge〉zalt. vinde ich 〈in morgen vruo hie … gern wîp dû … nuo〉 〈der〉 juncvrouwen kei〈n leit〉 erbôt. manic huon und brôt 109965 brinc mir her mit île. […]ch blanget der wîle die schœnen maget reine. sie beitet mîn aleine.« daz getwerc brâht ime die spîse sân; 109970 die empfienc er und reit dan. Daz getwerc zuo deme wirte quam, ez seite ime, alse ez vernam. die rede empfienc er mit zorne: »er wære der verlorne, 109975 het ich in vor der burc ersehen. er ist wol hin, des mac er jehen«, sprach der ungehiure. »ich bringe ime noch ze siure sîniu betrogenlîchen wort.« 109980 Wîgamûr der quam doch dort, dâ er die juncvrouwen vant. ros und sîn gewant empfienc sie nâch ir gewonheit. ir ietwederz deme andern was bereit 109985 mit zühten bieten êre. ietwederz sorget mêre umbe daz ander danne umbe sich. diu âventiure sus berihtet mich, sie wâren aber die naht dâ. 109990 des andern morgens îlte sâ der knappe von deme bette 〈sîn〉. diu maget sprach: »wâ wilt 〈dû hin〉?« 109993 M »dâ suln wir«, sprach der jungelinc … W M

Daran könnt ihr erkennen, dass die Hand dieses Jünglings noch großen Ruhm gewinnen wird, denn sein Herz gab ihm den Rat, dass er viele mannhafte Taten in seiner Jugendzeit vollbrachte. Zu dem Zwerg sagte er sofort: »Das Unglück der jungen Dame muss ich beklagen. Sag deinem Herren, dass er sich nicht versäume der Dame […] ihre Burg und ihr Land und ihren Wald und was auch immer zu ihrem Erbe zählt. Finde ich ihn morgen früh … der jungen Dame irgendein Leid angetan. Viele Hühner und Brote bring mir sofort hierher […] wird die Zeit für die schöne, makellose Jungfrau lange. Sie wartet ganz alleine auf mich.« Der Zwerg brachte ihm die Lebensmittel sofort, die nahm er an sich und ritt davon. Der Zwerg kam zu dem Burgherren. Er erzählte ihm, wie er es vernommen hatte. Dieser hörte die Worte mit Wut: »Es wäre um ihn geschehen gewesen, wenn ich ihn vor der Burg erwischt hätte. Er kann von Glück sagen, dass er weggegangen ist«, sagte der Schreckliche. »Ich lasse ihm seine betrügerischen Worte bitter werden.« Wigamur kam trotzdem dorthin, wo er die junge Dame fand. Das Pferd und seine Rüstung nahm sie nach ihrer Gewohnheit entgegen. Jedes von beiden war bereit, dem anderen mit Anstand Ansehen zu gewähren. Jedes von beiden sorgte sich mehr um den anderen als um sich selbst. Die Quelle berichtet mir, dass sie wiederum die ganze Nacht dort waren. Am anderen Morgen eilte der junge Mann sofort von seinem Bett. Die Jungfrau fragte: »Wo willst du hin?« »Wir werden«, antwortete der junge Mann …

109966 blanget (belanget KEINZ)] blaget

muot daz selbe tuo: / daz kumt dir in dem alter wol (vgl. FRIEDRICH 311, HSS 98–101; TPMA VIII,463 führt weitere Belege dieses Sprichwortes im Mittelalter an). 109958–60 JENISCH 89 stellt her: den juncvrouwen er rûme / ir burc ir lant und ir walt / und swaz in zuo erbe ist gezalt.

74 W 1100

1105

1110

1115

1120

1125

1130





Aptor ist ein stein genant, lützel liuten ist er bekant. des natûr ist mislîch: an tugenden ist er lieplîch, als ich dâ von gelesen hân. swan in ane siht ein man, er dunket in schœn rôt gar, wil er sîn nemen war. sô er in ie lenger siht an, sô er ie rœter ist getân. von dem stein ich mêre sage: siht in ein man an dem tage, sô er bî vrouwen ist gelegen und der minne hât gepflegen, er dunket in trüebe als ein rouch. von des steines varwe merket ouch: siht in ein wîp an, daz wizzet vür wâr, er dunket sie trüebevar. ez ist ouch an zwîvel kein, sæhe ein maget disen stein, sie sæhe dar an garwe ouch alle die varwe. sô ist an disem steine manic tugent reine, als ich iu nû sagen wil †wer den stain tragēt vil† der muoz gar vermîden haz, zorn und ouch nîden, untriuwe und valscheit. zuht unde stætikeit sol er liep hân, swâ er mac.

Aptor wird ein Fels genannt, der wenigen Menschen bekannt ist. Er hat unterschiedliche Eigenschaften: Seine Vorzüge sind erfreulich, wie ich über ihn gelesen habe. Wenn ihn ein Mann ansieht, dann kommt er ihm schön rot vor, sobald er ihn betrachten will. Je länger er ihn ansieht, um so röter wird er. Ich sage noch mehr von dem Felsen: Sieht ihn ein Mann an dem Tag, an dem er bei einer Frau gelegen und mit ihr geschlafen hat, dann kommt er ihm so trübe vor wie Rauch. Auch sollt ihr über die Farbe des Gesteins wissen: Sieht eine Frau ihn an – so verhält es sich wirklich – dann kommt er ihr trüb vor. Es besteht daran ebenfalls kein Zweifel, wenn eine Jungfrau ihn ansähe, erblickte sie daran gänzlich alle Farben. So besitzt dieser Felsbrocken viele gute Eigenschaften, wie ich euch jetzt erklären will … der muss unbedingt Hass, Zorn und Neid, Betrug und Untreue unterlassen. Anstand und Beständigkeit soll er achten, so gut er kann.

1107 wie

1121 alle die farbe ¶ auch

1100ff. Zu Aptor vgl. Anhang C. 1125 Die wörtl. Übersetzung »wer den Felsen viel trägt« (mit Änderung der syntaktisch inkorrekten Form tragent > traget) ist widersinnig, denn der Felsen ist von solchen Ausmaßen, dass man darin ein Bad nehmen kann. Entweder ist mit stein fälschlich ein Edelstein gemeint (in Anlehnung an den Wunderstein Iwein 2954f. er gît gelücke und senften muot: / er ist sælec der in treit) oder aber tragen ist übertragen als »dulden, ertragen« verstanden. Experimentelle Neudichtung: als diu aventiure uns seit: / swen den stein ie treit, […]. Evtl. ist vil aus der Beseitigung eines identischen Reims wil : wil entstanden. 1130 swâ zur Einleitung eines konditionalen Nebensatzes (DWb XIV/2,916, BEHAGHEL III,350 mit weiteren Beispielen, z.B. Iwein 2493 ich prîse in swâ er rehte tuot). Oder fehlte in der Vorlage ein Nasalstrich für swan? Vgl. auch 1582, 3609.

75 W

1135

1140

1145

1150

1155

1160

1165

sô wirt nimer kein tac, swenne er den stein an siht, daz im kein ungeschiht imer widervar. der stein hât die kraft gar: wer inwendic in valscheit ist, der enmac kein vrist gewinnen bî dem steine; wær aber sîn herz reine, sô wirt er von des steines kraft vil wert unde lobehaft. dise mære sült ir merken wol: der stein was gemacht hol, beide tief und wît. als uns die urkunde gît dise âventiure rîch, einem vaz was 〈er〉 gelîch, dar innen man baden solte, swen der wirt wolte. ditz was wol bereitet. in den stein was geleitet daz wazzer mit sinnen mit zweien silberîn rinnen; diu eine kaltez wazzer truoc, diu ander heizez genuoc. in den stein sie beide runnen von zweien edeln brunnen. der ein was heiz durch daz jâr, der ander lûter, kalt und klâr. wol bedecket rein zuosamen sie vluzzen in den stein. nû stuonden, dâ die brunnen vluzzen, manic lind und ölboum grôzen. umb und umb zuo tal stuonden vruhtbær boum ân zal:

So wird es niemals einen Tag geben, wenn er ihn ansieht, an dem ihm ein Unglück zustößt. Der Felsen hat folgende Kraft: Wer innerlich unredlich ist, der kann sich nicht bei ihm aufhalten; falls sein Herz aber rein sein sollte, wird er von seiner Kraft geehrt und ausgezeichnet. Folgende Sache sollt ihr wissen: Der Fels war innen tief und weit ausgehöhlt. Wie uns diese herrliche Quelle berichtet, war er einem Fass ähnlich, in dem man baden sollte, wenn der Burgherr es zuließ. Das war gut eingerichtet. In den Fels wurde das Wasser kunstreich geleitet mittels zweier Silberleitungen; die eine führte kaltes Wasser, die andere reichlich heißes. Sie flossen beide in den Felsen von zwei vortrefflichen Quellen. Die eine war das ganze Jahr über heiß, die andere rein, kalt und klar. Sicher zugedeckt, flossen sie sauber zusammen in den Felsen. Es standen dort, wo die Zuleitungen flossen, viele Linden und große Ölbäume. Überall umher standen zahllose fruchtbare Bäume drunter:

1145–47 Der Schreiber verstand wohl diu urkunde als Subj. und gît (W: geÿt) zu jehen mit h-Schwund (LINDEN 53 und 25PAUL §L80). Allerdings ist urkünde geben eine feste Wendung (»Zeichen/Zeugnis/ Nachricht geben«, weitere Belege LEXER II,2006), wahrscheinlicher wäre z.B. als uns [] urkünde gît / dise âventiure rîch (nach dem Vorbild von Arabel 9,16f. dez vns noch vrkénde git / dé aventér an stillen rNn). Auch der Ausfall eines Wortes bereits in 1145 ist denkbar (z.B. Eneasroman 9435 als uns daz pFch vrchunde geit). 1162f. KHULL, Rez. Sarrazin 359 ändert nu stuont dâ dâ der brunne vlôz / manic lind und ölboum grôz. 1164–1201 Entspricht mit kleinen Ausnahmen wörtl. Tristan 16733–60 (vgl. Anhang F). »Die Schilderung entspricht dem locus amoenus, wie er in den rhetorischen Handbüchern vorgeschrieben wird« (BECHSTEIN/GANZ zu Tristan 16734f. mit Verweis auf GRUENTER).

76 W

1170

1175

1180

1185

1190

1195

nuz, epfel, biren, küten und ouch kes[ten, vîgen, mandel, mûlber und datel die die dem steine mit blaten [besten, und mit esten bâren schaten und schirmeten ouch die brunnen vor regen und vor sunnen. liehte bluomen unde gras, mit den der plân gezieret was. ouch stuonden alumbe dâ rôsenstöck und wînreben sâ. die wâren in ein guldîn reif gebogen und hôch über den stein gezogen dicke glîche einem hac, daz dar durch kûm der tac mohte sîn schîn gehân. alsô stuont ez umb den plân. ouch wuohsen dâ vîol und meienbluound ouch aller bluomenschîn, [mîn die kriegeten vil suoz in ein. ir ietwederz dâ schein daz ander an mit wider strît. ouch vant man dâ zuo sîner zît vil der vogel manecvalt, galander, nahtegal, swaz der walt zuo aller zît moht gehân … daz was daz schœnest vogelgedœne, daz gedœne was dâ schœne und schœner vil dan anderswâ. oug und ôre heten dâ weide und wunne beide. daz ouge sîne weide, daz ôre sîne wunne.

Nuss, Apfel, Birne, Quitte und Kastanie, und das Beste an Feige, Mandel, Maulbeere und Datdie dem Felsen mit Blättern [tel, und mit Ästen Schatten spendeten und auch die Quellen schützten vor Regen und vor der Sonne. Mit bunten Blumen und Gras war die Wiese geschmückt. Auch standen dort überall umher Rosenstöcke und Weinreben. Die waren um ein goldenes Band gelegt und hoch über den Felsen gezogen. Dicht wie eine Hecke, dass der Tag kaum durch sie seinen Schein lenken konnte. So sah die Wiese aus. Ebenso wuchsen dort Veilchen und Maiblumen und auch zankte aller Blumenglanz angenehm miteinander; jedes einzelne wollte das andere im Leuchten übertreffen. Auch fand man seinerzeit eine Vielzahl von Vögeln, Lerche, Nachtigal, was der Wald eben jederzeit vorweisen konnte … es war das schönste Vogelkonzert, der Gesang war dort lieblich und zwar viel lieblicher als andernorts. Aug und Ohr hatten dort Weide und Wonne. Das Auge seine Weide, das Ohr seine Wonne.

1174f. Die Verse sind auffällig: Die Wb. belegen sâ nur im Sinne von »sogleich, alsbald« (BMZ II/2, 2a). Wurde es vom Schreiber als Reimfüllwort in einen veränderten Vers eingefügt? Auch ist rôsenstoc im Mhd. kaum belegt (Ulrichs Tristan 3548f. einen rôsen stok, eine wînreben / hiez der künic bringen dar; die bei LEXER II,495 angegebene Stelle bei Heinrich der Teichner ist nicht haltbar). Ob die Verse 1174–83 vom W-Schreiber oder aus einer dritten Quelle stammen ist ungewiss, in den Tristan-Hss. finden sie sich nicht. 1182 Metrum und unorganisches Reimwort machen den Vers auffällig. Die Tristan-Hss. überliefern ihn nicht, auch im Frühnhd. ist mayen pluemeinn außergewöhnlich. Evtl. büemelîn (DOCEN 349)? 1184 kriegeten. BECHSTEIN/GANZ zu Tristan 16751: »disputieren, sich streiten. Der Wettstreit zwischen Blumen stammt aus der lateinischen Literatur«, s.a. WALTHER 53–58. 1193 gedœne (W: gethan). Normalisierung erlaubt auch getân (»das dort lieblich gegeben wurde«).

77 W 1200

1205

1210

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1220 1221

1222

1225

1230

dâ was schat und sunne. der luft und die winde senfte unde linde. und in dem selben steine badet kein der valschen muot ie gewan, [man, er würde kranc, bleich, missevar und des lîbes unkreftic gar. wer aber in daz bat gie, der reine tugent minnet ie: von des steines maht und tiure und von des brunnen natiure, sô er in daz bat gesaz, aller swære er vergaz. sîn lîp wart ring, sîn herze vrô, sîn kraft starc, sîn gemüete hô. der sinnen wart er wîse; sîn lîp stuont gar nâch prîse. sus lebt er ein mânôt, daz in keiner leie slahte nôt von vreuden gescheiden mahte. in sô getâner ahte, als ich iu gesaget hân, sô was daz bat lobesam.

Dort gab es Schatten und Sonne. Die Luft und die Winde waren sanft und lau. Und in jenem Felsen badete kein Mensch, der jemals von falscher Gesinnung war, ohne dass er dann schwach, bleich, fahl und am ganzen Körper krank würde. Wenn aber derjenige in das Bad stieg, der stets vollkommene Tugend liebte: Durch die Macht und Vortrefflichkeit des Felsen und durch die Beschaffenheit des Brunnens, vergaß er, wenn er sich in das Bad hinein gesetzt hatte, alle Betrübnis. Sein Körper wurde leicht, sein Herz froh, seine Kraft stark, sein Gemüt erhoben. Dem Verstand nach wurde er weise; er war ganz und gar lobenswert. Er lebte einen Monat auf die Weise, dass ihn keinerlei Mühsal von dem Glück trennen konnte. In dieser Art und Weise, wie ich es euch erzählt habe, stand es um das herrliche Bad.

Als Wîgamûr in daz bat saz und im schôn ûz gewartet wart.

Als sich Wigamur in das Bad setzte und er gut umsorgt wurde.

Wîgamûr, der tumbe, der weste niht dar umbe. dô er dâ gewîset wart, dô wart ez niht lenger gespart; abe zôch er sîn gewant, zwuo vrouwen kâmen zuo hant, schœne beide gelîche, gekleidet ritterlîche. zuo dem bade sie giengen, den herren sie wol empfiengen. sînes badens heten sie vlîz. mit iren linden henden wîz

Wigamur, der törichte, wusste von all dem nichts. Als er dorthin gebracht worden war, wurde es nicht länger hinausgezögert; er zog seine Kleider aus, zwei Frauen kamen sofort, beide gleich schön, stattlich gekleidet. Sie gingen zu dem Bad, sie empfingen den Fürsten angemessen. Sie sorgten sich sehr um sein Bad. Mit ihren zarten, weißen Händen

1203 gewan (BÜSCHING)] gawan

1217 im

1225 lenge

1208f. tiure : natiure. Das lat. Lehnwort natûre ist als Doppelform seltener auch mit Umlaut belegt (ACHNITZ zu Gauriel 661). Die umlautlose Form tûre dagegen findet sich nur im md. Raum. Siehe auch 1330f. (lasiure : tiure) und 6097f. (Dulciflûr : natûr).

78 W 1235

1240

1245

1250

1255

1260

wart er geriben und getwagen. ein badelach wart dar getragen, dâ wart 〈er〉 schône în genomen. zwên kamerære wâren komen, ein bet sie heten bereit und dar über gebreit zwei lîlach harte kleine. Wîgamûr, der schanden reine, gienc dar an ligen. die juncvrouwen mit zühten nigen, die kamerære vür in knieten [] im sîn gewant 〈ze〉 bieten. dô er sich an geleit, dem wirte was bereit beide tisch und ezzen. die ritter vermezzen giengen zuo kemenâten. ir vrouwen sie dô bâten, ob sie zuo tische wolten gân. ûf stuont diu vrouwe sân. mit zühten sie vür in gie. Wîgamûr nû ersach hie, daz im vor was unkunt. gesetzet wurden sie ze stunt, mit gevallen in gedienet wart. die schenken trâten manic vart, unz sie alle wurden vrô. der wirt vrâget allerêrste dô den knaben, wer er wære. in dûhte sîn gebære kintlîchen und vremde.

wurde er frottiert und gewaschen. Ein Badelaken wurde dorthin getragen, in das er fein eingehüllt wurde. Zwei Kämmerer waren gekommen, sie hatten ein Bett bereitet und darüber zwei strahlend weiße Betttücher ausgebreitet. Wigamur, der Schandlose, ging dorthin, um sich darauf zu legen. Die jungen Damen verneigten sich schicklich, die Kämmerer knieten vor ihm nieder, um ihm seine Kleider zu reichen. Als er sich angekleidet hatte, wurde dem Burgherrn Tisch und Essen vorbereitet. Die kühnen Ritter gingen in die Kemenate. Sie luden die Landesherrin ein, falls man zu Tisch gehen wollte. Die Dame stand sofort auf. Höflich trat sie vor ihn. Wigamur bekam hier etwas zu Gesicht, was ihm zuvor unbekannt gewesen war. Sie wurden sogleich an ihren Platz gewiesen und mit Freude bedient. Die Mundschenken liefen oft, bis alle zufrieden waren. Der Gastgeber fragte den jungen Mann erst jetzt, wer er sei. Sein Benehmen kam ihm kindlich und seltsam vor.

1245 und im

1235–45 »Nachdem die Badenden das Bad verlassen hatten, trockneten sie sich mit dem Badelaken ab und legten das Badehemd an, wohl einen weiten Mantel […], und so bekleidet streckten sie sich auf die bei jedem Bade ausdrücklich erwähnten Ruhebetten aus und kühlten sich, ehe sie die Kleider anlegten, den Körper ab.« (SCHULTZ I,228). 1236 în genomen. Hier ausgehend von der Bedeutung »fassen, ergreifen«, ähnliche Verwendungsweisen belegen die Wb. nicht. Zudem hüllt sich der Badende in der Regel selbst in das Tuch ein (z.B. Meleranz 7903f. dô er ûz dem bade gienc, / in ein badehemd er sich vienc; Mai und Beaflor 2410–13 do sie gebat het genuch, / ein badlachen man ir truch, / weize vnd chleine, / daz legt an di reine). Überlegenswert wäre umfangreiche Änderung dô wart im schône war genomen. 1245 bieten ist durch den Reim gesichert. Da das Verb nicht schwach belegt ist (Prät. Pl. *bieteten), muss 1244f. eine Infinitivkonstruktion hergestellt werden (25PAUL §S34). 1250 kemenâten (zu lat. caminata ›mit einer Feuerstelle ausgestatteter / beheizbarer Raum‹). Herrschaftliche Wohnräume (BUMKE 155, SCHULTZ I,101–5).

79 1265 W

1270

1275

1280

1285

1290

1295

roc unde hemde was spæhe geworht von sîden guot. ez sprach der herre wol gemuot: »juncher guot, wie heizet ir?«, sprach der wirt. »nû saget mir, von wannen sît ir?« »ûz dem mer!« »wer brâht iuch dar?« »ich weiz 〈niht〉 [wer!« »wâ welt ir hin?« »ich weiz niht war!« »sô belîbet hie!« »ich entar.« »waz irret iuch?« »mîn selbes muot.« »der triugt iuch niht?« »zwâr, er en»sît ir zuo boten her gesant [tuot.« oder ist iu ieman hie bekant oder waz begert iur gemüete?« des antwurt im mit güete Wîgamûr über lanc, wan er was der sinnen kranc: »ein merwîp, hiez Lespiâ, diu verstal mich, ich enweiz wâ. in ir hüle sie mich truoc, spîse gap sie mir genuoc. sie zôch mich und ire zwei kint, daz uns nie kein wint noch vrost an gewant, noch kein regen verschrant. alsô zôch sie mich wol zwelf jâr. ein merwunder kam dar, ir kinder ez beide ersluoc. gesunt ez mich von danne truoc. daz hât mich biz her gezogen. ditz gewant und einen bogen gap ez mir und wîste mich ûz dem mer. dô kam ich zuo einer burc, diu was verbrant. 1275 treüg

Rock und Hemd waren kunstvoll aus kostbarer Seide gearbeitet. Der mutige Fürst sagte: »Vorzüglicher junger Herr, wie heißt ihr?«, sagte der Gastgeber. »Jetzt sagt mir, von wo kommt ihr?« »Aus dem Meer!« »Wer brachte euch dorthin?« »Ich weiß nicht wer!« »Wo wollt ihr hin?« »Ich weiß nicht wohin!« »Dann bleibt hier!« »Ich traue mich nicht.« »Was hindert euch?« »Mein eigener Entschluss.« »Der trügt euch nicht?« »Das tut er keinesfalls.« »Seid ihr als Bote hierher geschickt worden oder kennt ihr hier jemanden oder was steht euch im Sinn?« Darauf antwortete ihm freundlich Wigamur allzu ausführlich, denn er war unerfahren: »Eine Meerfrau namens Lespia entführte mich, ich weiß nicht wo. Sie trug mich in ihre Höhle, Nahrung gab sie mir reichlich. Sie zog mich und ihre zwei Kinder groß, dass uns niemals Wind oder Frost zu Schaden kommen ließen, noch ein Regentröpfchen nässte. Derart zog sie mich sicherlich zwölf Jahre auf. Ein Meerwunder kam dorthin, es erschlug ihre beiden Kinder. Wohlbehalten trug es mich hinaus. Es hat mich bis hierher gebracht. Diese Kleider und einen Bogen gab es mir und führte mich aus dem Meer. Darauf kam ich zu einer Burg, die ausgebrannt war.

1278 gemüete (MAUSSER 140)] můt

1290 alsô (BÜSCHING)] so

1267 herre. Aus der Nacherzählung 4124 geht hervor, dass es sich um Artus’ Onkel Ittra handelt. 1267–69 Die auffällige Konstruktion lässt sich am ehesten als apo koinou mit zwei verba dicendi für 1268 erklären. 1280 über lanc. Hier »unangemessen, zu lange« (DWb XI/2,363) und damit als Grund für die Abwertung im folgenden Vers verstanden. 1288 an gewant. Zu ane wenden, »mit Akk.d.P. ›jmdn. angreifen; über jmdn. kommen‹« (MWb I,306). 1289 verschrant. Zu verschrinden (»risse bekommen, spalten, bersten«, LEXER III,219). WACKERNAGEL 290f. schlägt vor Konjektur gewâte : verschrâte (zu verschræjen, vgl. LEXER III,218).

80 W 1300

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1315

1320

1325

mîn ros und ein îsenîn gewant gewan ich einem dâ selbs an, der mich strîtes niht wolt erlân. zuo mir nam er sîne kêr, wan von der burc sô reit er. alsô ich disen harnasch hân. nû vünd ich gerne einen man, der dâ wær sô tugenthaft … und mich ritter machte.« der wirt des vil sêr erlachte, daz er rette sô kintlîch. er sprach: »ich wil iuch, wærlîch, hêrlîch zuo ritter machen und zuo aller slahte sachen wil ich iuch bereiten wol. als dan ein ritter haben sol, des wizzet die wârheit: ros, harnasch, wâfen und kleit.« des morgens, dô diu sun erschein, dô was aller verziehen kein. der wirt ûf dem hove saz; er wolt wâr lâzen daz, daz er sînem gaste gehiez. ein ros er dô ziehen hiez, daz was hôch, starc und rôtvar. er hiez ouch ziehen dar ein zeltend pfert brûn und guot. einen samît, rôt als ein bluot, dâ von hiez er im snîden kleit; zwên setele, ein schilt was bereit,

Mein Pferd und eine eiserne Rüstung erlangte ich dort von einem, der unbedingt mit mir kämpfen wollte. Er wandte sich zu mir, als er von der Burg ritt. So bekam ich diesen Harnisch. Nun fände ich gerne einen Mann, der so vorzüglich wäre … und mich zum Ritter macht.« Der Burgherr lachte erheitert darüber, dass er derart kindisch redete. Er sagte: »Ich will euch, ehrlich, prächtig zum Ritter machen und zu allerhand Sachen will ich euch gründlich ausbilden. Was ein Ritter haben soll, darüber wisst Bescheid: Pferd, Harnisch, Bewaffnung und Kleidung.« Am Morgen, als die Sonne aufging, wartete keiner. Der Burgherr saß auf dem Hof; er wollte in die Tat umsetzen, was er seinem Gast versprochen hatte. Er befahl, ein Pferd herbeizuführen, das groß und stark war und rotes Fell hatte. Er ließ ebenfalls dorthin bringen ein töltendes Pferd, dunkel und brav. Aus Brokat, rot wie Blut, ließ er ihm Gewänder anfertigen; zwei Sättel, ein Schild wurden bereitgestellt,

1326 pfert (BÜSCHING)] sperd

1319 Wörtl. »Nun gab es nichts von irgendeinem Aufschieben«. verziehen ist substantiviertes Verb. Konstruktion wie Tristan 13898f. [diu vrouwen] enhabent dekeiner trüge niht / noch aller valsche keinen oder Salman und Morolf 559,5 des han ich aller zwiffel kein. Die Vorstellung der Teilbarkeit von verziehen ist vergleichbar mit der Wendung »ohne Verziehen«, vgl. z.B. an alles verziehen (Urkunde Säckingen 1276, zitiert nach DWb XII/1,2600). 1326 zeltend. Zelt oder Tölt ist eine Gangart des Pferdes, die für den Reiter bes. bequem ist und daher vor allem bei Reisepferden beliebt war. Weil sie den Pferden erst beigebracht werden musste, war ein Zelter ein wertvolles und prestigeträchtiges Pferd (SEGELCKE 141ff., ACKERMANN-ARLT 200f., SPICKER). 1327 samît. Glatter und schwerfallender Stoff, ähnlich Brokat; n i c h t »Samt«. Ursprünglich in Griechenland, später von den Arabern, im 12. und 13. Jh. auch in Spanien und Italien hergestellt (BRÜGGEN 279–281).

81 1330 W

1335

1340

1345

1350

1355

gemachet von lâsiure; manigen stein vil tiure, die dô schinen als ein viur sô von aller hant varwe dô, lâgen an dem satelbogen. dar an was ouch niht erlogen von golde diu rîcheit. ein wâpenroc was ouch bereit von einem grüenen pfeller gesniten. alsô wart nâch ritterlîchen siten Wîgamûr sîn selbes man. vor der burc huobens an, die ritter, bûhurten und ander spil; dâ wart gestochen harte vil. der werde degen Wîgamûr ûf dem ringe umbevuor, rehte sam er tobete. sîn geverte lobete der wirt und sîn gesinde gar und begund wol nemen war vil ritterlîche ahte, die Wîgamûr uobet, swie er mahte, und vleiz sich ritterlîcher sit. alsô erwarp er schier dâ mit, daz sîn name wart erkant zuo Deloir über daz lant. Dô nû Wîgamûr ritter was, dô vleiz er sich dester baz ûf prîs und ûf êre. 1333 van

hergestellt aus Lapislazuli; viele kostbare Edelsteine, die wie Feuer von allen möglichen Farben funkelten, waren in den Sattelbogen eingelassen. Ebenfalls war daran wirklich ein Übermaß an Gold. Auch wurde ein Wappenrock hergestellt, der aus einem grünen Seidenstoff geschnitten war. So wurde Wigamur nach Ritterart zum Ritter gemacht. Vor der Burg fingen die Ritter mit dem Buhurt und anderen Spielen an; dort wurde reichlich gestochen. Der vornehme Held Wigamur bewegte sich in dem Kampfring, als ob er rasen würde. Der Gastgeber und seine Vasallen lobten seinen Auftritt und der Burgherr erkannte ganz genau die ritterlichen Umgangsformen, die Wigamur zeigte, so gut er konnte, wie er sich überhaupt um ritterliches Benehmen beSo erreichte er schnell damit, [mühte. dass sein Name bekannt wurde im ganzen Land Deloir. Als Wigamur dann Ritter geworden war, bemühte er sich umso mehr um Preis und Ansehen.

1346 rehte (BÜSCHING)] rech

1330f. lâsiure. Mlat. lasurium »Blaustein, daraus gewonnene Farbe« (KLUGE 504, DWb VI,267). Ich gehe nicht von md. Form tûre aus, sondern nehme eine kaum belegte Form lasiure an, die analog zu den Doppelformen natûre/natiure gebildet ist (vgl. zu 1208f.). Gleiche Reimbindung findet sich unten 1552f., Gauriel 671f. er ist von lâsûre / gesteinet untûre und JT 2850,1f. […] blæwer dann lazFre. / […] nam sie gar untFre. 1332f. LINDEN 56 schlägt vor: die dâ schînent garwe / von aller hande varwe. 1340 sîn selbes man. Idiomatische Wendung, die den durch die Schwertleite erfolgten Übertritt in den Ritterstand kennzeichnet (BUMKE, Ritterbegriff 108, BMZ II/1,31a, DRW IX,119, BUMKE 318ff.), s.a. Lanzelet 6693 und Ulrich von Singenberg (Schweizer Minnesänger 12) Lied 30,III,5. 1342 bûhurten. Meist als stM bûhurt (afranz. behort), selten auch stN bêhurten/bûhurten (Findebuch 31, MWb I,1091), vgl. Jans Enikel Fürstenbuch 2309 dâ huop sich ein buhurten grôz. »Meistens scheint der Buhurt ein Schaureiten gewesen zu sein, eine Art Parade zu Pferd, ein Formationsritt, bei dem es auf die reiterliche Geschicklichkeit ankam. […] Diese Form des Buhurts fand ohne Waffen statt, und das unterscheidet den Buhurt deutlich vom Turnier.« (BUMKE 357–360; vgl. auch VORDERSTEMANN 66–68) 1352 Wechsel des Subj. mit unbezeichnetem Pron. er (25PAUL §S110).

82 W 1360

1365

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er wolt ouch sælden mêre erdienen ûf wirdikeit. er was allen den bereit, die sînes dienstes geruochten und ez nâch êren suochten, unz er die kunst gewan, daz er ritter was, als im zam. dar umbe wart er harte vrô. an dem hove was er dô ein mânôt und niht mêre. vür den vürsten hêre gienc er zühticlîchen stân. er sprach: »gnâde, herre, sult ir hân und ouch lôn von got. ich sul iuwerem gebot imer undertân sîn. an mir ist worden schîn iuwer grôze wirdikeit. sol ich des sweren einen eit, dô wart nie milter man geborn. diu wîl wart niht verlorn, dô ich hie her kêrte. als mich diu sælde lêrte, ich hân vunden sælden rât. genigen sî iuwer tât. urloup ich nemen wil. mir ist geseit êren vil zuo Karidol von dem gesinde guot. dâ stêt nun vaste hin mîn muot.« der wirt dô wirdiclîchen sprach: »ist iu kein ungemach widervarn in disem hûs, daz ir sô gâhet dar ûz, daz wil ich nimer verklagen. vür wâr wil ich iu sagen, ervünde ich die schulde, der müeste mîne hulde

Er wollte auch größeres Glück für sein hohes Ansehen verdienen. Er stand allen zur Verfügung, die seinen Dienst wünschten und ihn auf eine Weise begehrten, die nicht ehrenbis er über die Fertigkeit verfügte, [rührig war, ein Ritter zu sein, wie es sich für ihn gehörte. Darüber wurde er sehr glücklich. An dem Hof hielt er sich nicht länger als einen Monat auf. Er trat höflich vor den erhabenen Fürsten. Er sagte: »Dank, Herr, sollt ihr bekommen und auch Lohn von Gott. Ich werde eurem Befehl stets untertänig sein. An mir wurde eurer hoher Rang offenbar. Wenn ich darauf einen Eid schwören sollte, wurde nie ein freigebigerer Mann geboren. Es war ein Glücksmoment, als ich mich hierher wandte. Wie mich Fortuna lehrte, habe ich großes Glück gefunden. Bedankt sei eure Tat. Ich will Abschied nehmen. Mir wurde über das große Ansehen der vorzüglichen Gesellschaft in Karidol berichtet. Dort hin will ich jetzt unbedingt gehen.« Der Gastgeber sagte mit angemessener Bemühung: »Wenn euch eine Unannehmlichkeit in diesem Haus bereitet wurde, dass ihr deshalb so schnell fort geht, dann würde ich niemals aufhören, das zu beklagen. Ich will euch ehrlich sagen, wenn ich davon erfahren würde, müsste derjenige meine Gunst

1378 milter (DOCEN 349f.)] muter

1361–63 Gängige Formel zur Anzeige einer Dienstbereitschaft, vgl. auch z.B. unten 2284f. oder Wigalois 1249f. sîn dienst was allen den bereit / die sîn von im geruochten; 3828–30 daz sîn lîp was bereit / allen [den] die sîn geruochten, / die ez an in suochten. 1382 sælden rât. Nicht das Rad der Fortuna (vgl. zu 1080), weil die Wendung sælden rat im Gegensatz zu gelückes rat kaum belegt ist (DE BOOR 314) und vor allem weil hier nicht von der Unbeständigkeit des Glückes gesprochen wird.

83 W

1400

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unsanfte gewinnen, wer iuch vertrîbt von hinnen. von Britâne künic Artûs, den zôch ich selber in mînem hûs, unz er wart sîn selbes man, als iu nun ist getân. ich muoz ouch mit hereverten sîn lant behüeten und beherten. daz muoste ich von schulde tuon, wan er ist mînes bruoders suon. und maht dû wol âne scham an mînem hove sîn alsam, unz daz dir werde erkant, wâ hin dû kêrest in dem lant. nâch êren ich dîn pflegen wil biz an mînes tôdes zil.« »ich weiz ez wol«, sprach Wîgamûr, »daz ich nimêr hin vür [] keine stat mêr vinde, dâ mich wirt und gesinde alle samt sô gelîch êre. daz ich von hinnen kêre, daz macht, daz ich bin unbekant, swar ich vare in dem lant. bî mannen unde wîben nimer wil ich belîben an keiner stat stæte, swie vil ich dâ hæte, die wîl ich sô unbekant bin. jâ, ist zwâr mîn sin niht gestalt ûf guot,

auf unangenehme Weise erlangen, der euch von hier vertrieben hat. König Artus von Britannien erzog ich eigenhändig auf meiner Burg, bis er Ritter wurde, wie es nun mit euch geschehen ist. Ich muss ebenfalls mit Kriegszügen sein Land behüten und beschützen. Ich war dazu verpflichtet, denn er ist der Sohn meines Bruders. Daher kannst du sicherlich ohne Schande auch an meinem Hof bleiben, bis dir klar wird, wohin du dich in diesem Land wendest. Für mein Ansehen will ich mich bis zu meinem Tod um dich kümmern.« »Ich bin mir dessen durchaus bewusst«, sagte Wiga»dass ich niemals mehr [mur, einen Ort finden werde, an dem mir Burgherr und Gesinde allesamt ein derartiges Ansehen zuteil werden lassen. Wenn ich nun abreise, dann liegt das daran, dass ich unbekannt bin, wohin ich auch gehe in diesem Land. Bei niemandem will ich jemals fest an einem Ort bleiben, wie viel ich dort auch geboten bekäme, solange ich derart unbekannt bin. Ja, mein Streben ist wahrhaftig nicht auf Besitz gerichtet,

1414 und kaine (BÜSCHING); fündt

1406 dû. Der Wechsel zwischen Ihrzen und Duzen innerhalb einer Rede ist nicht außergewöhnlich und findet sich z.B. im NL (EHRISMANN 4,211; zu dieser und weiteren Stellen im Wigamur ebd. 174). 1413f. Der W-Schreiber hat offenbar vür als Konj. Prät. zu varn verstanden und daraufhin auch vinden in den Konj. umgesetzt, wörtl. »dass ich niemals weg führe und keinen Ort mehr fände, …«. Abgesehen von der unwahrscheinlichen Konstruktion nimer hin vüer sprechen vor allem die an keiner anderen Stelle des Textes verwendeten Reimbindungen Wigamûr : vüer und vünde : gesinde dagegen. 1416 êre. Entweder Numerusinkongruenz (25PAUL §S42, BEHAGHEL III,17f.) oder Schreibfehler für Pl. êren mit Differenz eines auslautenden n (vgl. Einleitung 4.A.3.6), jeweils im Konj. Präs. 1418 unbekant ist Wigamur im doppelten Sinne: Als Ritter genießt er nur einen geringen Ruf und er kennt seine Abstammung nicht. 1423 Wörtl. »wie viel ich auch dort hätte« – Wigamur verlässt den Hof nicht wegen eines Mangels, sondern er wird jeden Ort wieder verlassen, solange er nicht gesellschaftlich anerkannt ist.

84 W

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sunder ist aller mîn muot gevallen an daz zil, daz ich mit âventiure wil mînen lîp verliesen und daz leben verkiesen oder mîn name wirt bekant, wâ zuo êren wirt gemant, und andern rittern genôzlîch.« daz geklaget wart vil grôzlîch. der wirt begund dô selbes klagen. ein swert hiez er vürher tragen, daz was lûter spiegelvar. daz gehilze was von golde gar, zuo beiden ecken sneit ez sêr. ditze gap der vürste hêr dem kindischen man. er neic im schôn und reit von dan. nû was er geharnascht wol, als ein ritter von rehte wesen sol, und was geriten alsô, als er wolte wünschen dô. vrœlîch reit er sâ in ein lant genant Stolleputriâ. dâ hin kam der junge ritter balt geriten in einen grôzen walt. dô hôrt er lûte glîen †vogel weÿen und schreÿen† sîn ros er ein berc ûf zôch. ûf einem boum, der was hôch, dâ sach er einen adelar. sînen kinden vuort er dar spîse, dâ er sie weste ligen in dem neste, dâ er sie het gezogen. dô kam ein gîr gevlogen und zuct dem adlar der jungen ein

sondern von ganzem Herzen ersehne ich mir, dass ich mit Aventüre mein Leben verlieren und auf das Leben verzichten will, es sei denn, mein Name wird an dem Ort bekannt, wo an den Ruf erinnert wird, und er wird anderen Rittern ebenbürtig.« Darüber war man sehr betrübt. Da hob der Burgherr selber an zu klagen. Er ließ ein Schwert hervortragen, das glänzte wie ein Spiegel. Der Griff war ganz aus Gold, beide Schneiden waren sehr scharf. Das gab der erhabene Fürst dem jungen Mann. Dieser verneigte sich dankbar und ritt davon. Nun war er gut gerüstet, ganz wie ein Ritter sein soll, und genauso beritten, wie er es sich wünschen wollte. Keck ritt er sogleich in ein Land namens Stolleputria. Dorthin kam der junge, kühne Ritter geritten in einen großen Wald. Auf einmal hörte er lautes Krächzen […] Er zog sein Pferd auf einen Berg. Auf einem hohen Baum sah er einen Adler. Der verschaffte seinen Kindern dorthin Nahrung, wo er sie in dem Nest liegen wusste, in dem er sie aufgezogen hatte. Da kam ein Geier geflogen und raubte dem Adler eines der Jungen

1454f. Reihenfolge der Verse umgedreht

1434 genôzlîch. Die Wb. verzeichnen keine weiteren Belegstellen. Das Wort entspricht allerding mhd. Wortbildung und findet sich unten 2281 wie auch erstaunlicherweise als ungenôzlich in M1711. Handelt es sich um einen Neologismus des Wigamur-Dichters? 1452f. LEXER III,877 setzt ein nur hier belegtes swV wîen in der Bedeutung »wie ein Weih schreien« an, das aber im Handlungszusammenhang nur wenig überzeugt. Vielmehr ist die Ähnlichkeit der Stelle zu 1470f. zu beachten. Es ist zu vermuten, dass der Schreiber diese späteren Verse zu früh schrieb und wêlîchen falsch wiedergab.

85 W 1465

1470

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1480

1485

1490

1495

und vuorte ez ûf einen hôhen stein. vil bald er ez erzarte und vraz ez vil harte. her wider vlouc er aber sâ; nû was der adlar dâ und sach, daz er daz ander nam und er beiz unde gram. er hôrte lûte glîen und wêlîchen schrîen. zuo hant huop er sich dar. nû begund der gîr und der ar einander bîzen unde grimmen. gar wêlîch was ir stimme. der gîr beiz unde sluoc, des im der adlar niht vertruoc: er kratzte unde gran. daz sach der ritter allez an. von dem gîr gienc sô bœser smac, daz der adelar vür tôt lac. Wîgamûr niht lenger beit. sînen bogen het er bereit. den gîr er zuo tôde schôz, des wart des adlars vreude grôz. er zart in ûf und gram. sîne kint er dar ûz nam und warf sie verre von dan. schône vlouc er zuo dem man und vil nâhen zuo im saz. mit der gebærde kund er tuon daz, als er im gnâde sagete, daz er im geholfen habete. vil bald der ritter von dane reit. der adelar niht lenger beit: swar er reit, dâ hin vlouc er,

und brachte es auf einen hohen Felsen. Bald darauf zerrupfte er es und fraß es grausam auf. Sofort flog er zurück; jetzt war der Adler dort und sah, dass er das zweite nahm und er biss und kratzte. Er hörte lautes Krächzen und schmerzerfülltes Schreien. Sofort hob er dorthin ab. Der Geier und der Adler begannen einander zu beißen und zu kratzen. Ihre Schreie waren fürchterlich. Der Geier biss und hackte, das ließ der Adler nicht einfach über sich ergehen: Er kratzte und schnappte. All das sah sich der Ritter an. Vom Geier ging ein derart scheußlicher Gestank aus, dass der Adler wie tot umfiel. Wigamur zögerte nicht länger. Er hatte seinen Bogen gespannt. Den Geier schoss er tot, das begeisterte den Adler. Er zerfetzte ihn und riss ihn auf. Seine Jungen nahm er aus ihm heraus und ließ sie frei. Friedlich flog er zu dem Mann und setzte sich in seine Nähe. Mit seinen Bewegungen vermochte er so zu tun, als ob er ihm dankte, dass er ihm geholfen hatte. Bald ritt der Ritter davon. Der Adler verharrte nicht länger: Wohin er auch ritt, dahin flog er,

1493 habete (LINDEN 51)] hat

1473 Numerusinkongruenz (25PAUL §S42, BEHAGHEL III,15f.). 1478 gran. Wahrscheinlich nicht zum kaum belegten Verb grinnen (»frendere« LEXER I,1087), sondern wie 1469 und 1486 zu grimmen/krimmen (»die klauen zum fange krümmen« LEXER I,1732f.), hier mit Wandel /m/ > /n/ (wie z.B. in nan für nam, 25PAUL §L94) bzw. mit Reim an : am (vgl. Einleitung 4. A.3.2). Das für Jagdvögel gängige Vokabular (DALBY 124f.: »1. so seize with the claws, of a bird of pray […] 2. spec use […] in the basic sense of ›to pinch, squeeze, scratch, wound‹«) verweist wohl auf Kriemhilds Falkentraum NL 13,2f. wie si züge einen valken […], den ir zwêne arn erkrummen. 1488 warf. Terminus der Jagdkunst: »to ›cast off‹ (a hawk), i.e. let it fly from the fist« (DALBY 299). 1492f. DOCEN 335 ändert seite : heite, allerdings mit singulärer Reimbindung in W.

86 W

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er kêrte hin oder her, unz sie kâmen in den walt. dô ersach der ritter balt ein burc ûf einem berge. dar reit er zuo der herberge, guote handelunge vant er dâ. des morgens reit er sâ gên einem wald, hiez Mîgaret. des adlars er vergezzen het. den wec wolt er sîn geriten, der adelar het sîn gebiten vor der burc ûf einer linden breit. dô Wîgamûr dort zuo reit, er vlouc im alles neben und habte sich im eben, swar er reit oder gie. sô begap er in nie; er vuor alwec zuo hant, wâ er sîn ros vant. des huote er alle naht, daz im nihts geschehen maht. ouch sô schôz der ritter schier vogel oder tier, sô der adlar ezzen wolte. des er vil selten dolte von hunger kein nôt. er teilt im mit daz brôt und ander spîse gar:

ob er sich hierhin oder dorthin wandte, bis sie in den Wald kamen. Dort erblickte der kühne Ritter eine Burg auf einem Berg. Er ritt zu der Festung, gute Bewirtung wurde ihm dort dargeboten. Am nächsten Morgen ritt er unverzüglich in Richtung eines Waldes namens Migaret. Den Adler hatte er vergessen. Er wollte losziehen, doch der Adler hatte auf ihn vor der Burg auf einer großen Linde gewartet. Als Wigamur davon ritt, flog er immerfort neben ihm und hielt sich auf gleicher Höhe, wohin er auch ritt oder ging. So verließ er ihn niemals; er flog immer sofort dorthin, wo er sein Pferd fand. Er hielt die ganze Nacht Wache, damit ihm nichts zustoßen konnte. Ebenso schoss der Ritter bald Vögel und Tiere, wenn der Adler fressen wollte. Deshalb musste er nie Hunger leiden. Er gab ihm Brot und andere Speisen:

1502 handelunge (BÜSCHING)] handung

1507ff. Der Adler als Begleittier Wigamurs ist bis hin zu einzelnen Formulierungen Iwein und seinem Löwen nachgebildet (bes. Iwein 3883ff. – OBERMAIER weist allerdings auf die eigenständige Verwendung des Tierrittermotivs in diesem Text hin). Der Adler (etymologisch der adel [»adlige«]-ar) deutet zudem auf Wigamurs Abstammung hin, lange bevor ihm diese bekannt wird. Er gilt seit dem Altertum als König der Vögel und ist auch in der Heraldik das Attribut großer Herrschaft (LexMA I,153f.), vgl. auch JT 1863,2 sim [=Artus] hohen adel ze růme fůrt er den adelar an sinem schilte. Seit Kaiser Barbarossa findet er sich im Reichswappen, vgl. dazu die Polemik des Schulmeisters von Esslingen gegen König Rudolf von Habsburg (KLD 10,V,1–5) Ir nement des rîches schiltes war, / den prüevent ordenlich. / in golde ein ûfreht adelar / hât ûf den schilt gestrecket sich. / seht, daz tiutet hôch geburt, die solten rehte künge hân. Der Adler ist auch das Wappentier von Lanzelet (KRAGL zu Lanzelet 372). 1516 Als direkter Anschluss müsste sich des als Obj. zu hüeten auf das ros im vorangehenden Vers beziehen. Die Nähe der Erzählung zu Iwein 3912–15 (der leu wachte unde lief / umbe sîn ors unde umb in. / er het die tugent unde den sin / daz er sîn huote zaller zît) macht aber eindeutig, dass der Adler Wigamur bewacht. 1523 mit. Nicht Präp. mit im, sondern abgetrenntes Verbpräfix mit teilen.

87 1525 W

1530

1535

1540

daz verdiente wol der adelar. Eines tages im dô widerreit ein juncvrou schœne und gemeit. ir kleit, daz was vremde: ein guot sîdîn hemde het sie zuo vorderst an, klâr, wîz als ein swan. ein roc pfellîn triblât, geworht in einem ziklât, und einen gürtel †wehin†, beslagen mit kostbærn spangen eben. daz der rieme solte sîn, daz was ein borte britânîn. dar an mit vuogen was geslagen ein rink von golde wol ergraben, gar subtîl mit gestein gezieret und ouch hovelîch gefigûrieret. dar obe vuort daz megdelîn

Dafür erbrachte der Adler Gegenleistungen. Eines Tages ritt ihm eine schöne und prächtige junge Adlige entgegen. Ihre Kleidung sah außergewöhnlich aus: Ein feines Seidenhemd hatte sie zu unterst an, rein, weiß wie ein Schwan. Einen seidenen Rock aus dreifarbigem Damast, gewirkt in einem Ziklat, und einen […] Gürtel, der mit kostbaren Spangen gleichmäßig beschlagen Das, was das Gürtelband sein sollte, [war. war eine britannische Borte. Daran war passend eine aus Gold geschmiedete Schnalle geschlagen, die ganz fein mit Edelstein geschmückt und auch höfisch gestaltet war. Darüber trug das Mädchen

1541 hofflig

1532f. Zu den Stoffnamen: pfellîn. Adj. zu den Subst. pfelle, pfeller (diese zu mlat. palliolum, afranz. paile): Kostbarer Seidenstoff (BRÜGGEN 51, 274–6). triblât. Dreifarbiger Damast (BRÜGGEN 290). ziklât. Zu afranz. siglaton, ciclaton, siglas. »Seidenstoff, der in verschiedenen Farben vorkommt; manchmal zweifarbig oder mit Gold durchwirkt.« (BRÜGGEN 292). Formulierung hier ist uneindeutig: Ist ein aus zwei Stoffen gefertigtes Kleidungsstück (mi-parti, vgl. zu 2566) gemeint oder könnte es sich bei pfellîn triblât um das Material und bei ziklât um die Webart handeln? Vgl. auch 4870. 1534 gürtel. BRÜGGEN 90–94: »dekorativer Blickfang« der Kleidung, z.T. unter immensem Kostenaufwand mit großer Kunstfertigkeit hergestellt. Seine Bestandteile: 1. Gürtelband (borte, vgl. zu 1537), 2. Schnalle (rinke, heute erhaltene Metallschnallen zeigen z.T. aufwendige plastische Verzierungen, vgl. BRÜGGEN 91–94 und Kommentar zu 4486), 3. Riemenzunge (senkel). 1534 wehin. Evtl. geweben? Wahrscheinlicher aber die Konjektur nach einem Vorschlag SARRAZINs und einen gürtel wæhe / beslagen mit kostebærer spæhe. 1535 beslagen. »Zierat aus Gold (schlagend, hämmernd) auf einem Kleidungsstück befestigen« (BRÜGGEN 203f.). 1535 spange. Bezeichnet hier »Schmuckspangen aus Edelmetall oder Edelstein, die das Gürtelband zieren« (BRÜGGEN 250). 1536 rieme. »Gürtel, spez. Gürtelband« (BRÜGGEN 239f.). 1537 borte britânîn. Allgem. ein Band aus Seiden-, Gold- oder Silberfänden, häufig mit Perlen- und Edelsteinschmuck verziert, das auch als Besatzstreifen, Tasselband und Haarband verwendet wurde. Gürtel aus Irland und London waren wegen ihrer herausragenden Qualität besonders begehrt (BRÜGGEN 91, 207f.). Vgl. JT 1283,2 von Lunders einen porten clar. Willehalm 154,26 gürtel […] von Lunders. 1540 subtîl. Zu lat. subtilis, »untergewebt, feingewebt« (zu tela, »Gewebe«, KLUGE 807). Afranz. sotil, »fein scharfsinnig«. Im Deutschen wird das Wort erst seit dem 14. Jhd. frequent verwendet, zunächst vor allem bei den Mystikern (DFwb IV,573 nennt Seuse 352,13 als nächste Belegstelle), SUOLAHTI 247 verweist ferner lediglich auf Virginal des Dresdener Heldenbuches 130,1; ein weiterer Beleg findet sich Prosa-Lancelot II/2,648.3. Wahrscheinlich wurde das Wort daher vom W-Schreiber eingefügt.

88 W 1545

1550

1555

1560

1565

einen mantel hermelîn, gesniten, als der roc was. von einem samît grüen als ein gras was daz rîtlachen. sie was an allen sachen hübsch unde hovelîch, schœne unde minneclîch. ûf einem mûl, daz was wîz, ein satel gemacht mit vlîz von golde und mit lâsiure; einen zoum vil tiure von klârem golde rôt. mit sîden und berlîn wol durchnât die zügel wârn gemachet wol, ein pfelle swarz als ein kol was ûf daz mûl gebreitet. alsô wart geleitet diu juncvrouwe wol geborn. beide hinden unde vorn was sie minniclîch genuoc. daz mûl sie vil sanfte truoc. Eudîs von dem sinweln berge was alsô reit sie durch diu lant. [sie genant. zuo den zîten was der sit,

einen Hermelinmantel, der geschnitten war wie der Rock. Aus Brokat so grün wie Gras war die Reitkleidung. Sie war in ihrer ganzen Erscheinung höfisch und gesittet, schön und liebenswert. Auf einem weißen Maultier ein sorgfältig gearbeiteter Sattel aus Gold und Lapislazuli; ein kostbares Zaumzeug aus glänzendem roten Gold. Die Zügel waren wundervoll mit Seide und Perlen und hervorragend gearbeitet. [überzogen Eine Seidendecke, schwarz wie Kohle, war auf dem Maultier ausgebreitet. Auf diese Weise wurde die hochgeborene junge Dame hergeführt. Sie war rundum außerordentlich schön. Das Maultier trug sie sachte. Sie hieß Eudis vom runden Berg. Und so ritt sie durch das Land. Damals war es üblich,

1543 mantel. »Der Mantel, aus kostbarem Stoff wie ein Umhang geschnitten, ist das eindrucksvollste Teil der höfischen Robe. […] Die bildlichen Darstellungen des 13. Jahrhunderts zeigen als dominierenden Manteltyp einen ärmellosen Umhang, der mit einer an den vorderen Mantelkanten befestigten Schnur gehalten wird.« (BRÜGGEN 81–83). 1543 hermelîn. Gehörte mit zobel zu den wertvollsten Pelzsorten und wurde, wie die meisten Pelze, aus Russland oder Polen importiert. »Hermelin wird oft als Futter der Mäntel und weiten Überkleider verwendet, aus Zobel sind – vermutlich wegen des hohen Preises – nur die Besätze an den Ärmeln, am Kragen und an den Rändern und Säumen.« (BRÜGGEN 60–62). 1546 rîtlachen. Bei LEXER II,399 (s.v. reitlachen) einziger Beleg und Verweis auf reiselachen (»Kleid für die Reise«, BRÜGGEN 239). Trotzdem ist das Wort unauffällig und in Analogie zu ähnlichen Wörtern (rîtkappe, rîtgewant) gebildet. 1550–55 Satzgrenzen und -elemente unklar (z.B.: weshalb steht ein satel im Nom., aber einen zoum im Akk.?), ist Text ausgefallen? SARRAZIN 3 vermutet zwei fehlende Verse vor 1550. Daher ungewiss, ob 1555 sich auf den zoum oder die zügel 1556 bezieht. 1554f. rôt : durchnât. Dialektreim (Rundung â > ô, 25PAUL §L37), wahrscheinlich nicht vom Schreiber eingeführt, da im Schwäb. /â/ zu /ao/ diphthongiert wird. Vgl. auch z.B. Virginal 557,4f. diu drite was grüen, diu vierde rôt, / diu vünfte in zobel lieht durchnât. 1566–68 Siehe auch 5389–92. Beide Stellen verweisen auf ein Verhalten in vergangener Zeit, nach der eine Frau alleine bzw. eine Frau zusammen mit einem einzigen Mann alleine reisen konnten, ohne dass die Frau sich vor gewaltsamen Übergriffen fürchten musste. Ähnliche Formulierungen finden sich erstaunlicherweise in zahlreichen zeitgenössischen Texten, so Lanzelet W2326ff., Crône 19403ff., Wigalois 2358ff., Charrette 1302ff., Perceval 6702ff. Möglicherweise handelt es sich um eine Anspielung innerhalb der höfischen Literatur etwa auf Erecs Reise mit Enite oder um die einfache Bemühung

89 W

1570

1575

1580

daz nieman keinem wîbe iht tæt, ez vergunde dan gern ir muot. der ritter alsô wol behuot, dô er die juncvrouwen sach, er empfienc sie unde sprach: »wilkomen sît, mîn vrouwe, mir hie! wan geruochet ir zuo sagen mir diu mære, wâ hin iuwer wille wære oder von wan komt ir geriten sô?« diu maget sprach: »des bin ich vrô, daz ich dir, ritter, klagen sol mîn swære, die ich dol, wan ich hân leider grôze muo. nû suoch ich hilfe dar zuo in dem lande, swâ ich mac, wan ez ist vil mangen tac,

dass niemand einer Frau etwas täte, wenn sie es nicht ausdrücklich zuließ. Als der in der Sache besonnene Ritter die junge Dame sah, grüßte er sie und sagte: »Meine Dame, seid mir willkommen hier. Warum wollt ihr mir nicht sagen, wohin eure Reise geht oder von woher ihr derart geritten kommt?« Die Jungfrau sagte: »Ich bin froh darüber, dass ich dir, Ritter, den mir aufgebürdeten Kummer klagen darf, denn schrecklicherweise habe ich großen Verdruss. Nun suche ich Beistand in diesem Land, wo immer ich es vermag, denn es ist schon einige Zeit lang so,

1573 wa 1567 M

1570

1575

1580

daz nieman decheinem wîbe mite redete, wan daz sie dûhte guot. der ritter alsus wol gemuot empfienc sie schône unde sprach, dô er die juncvrouwen sach: »willekumen sî mîn vrouwe mir! â wan geruochet ir ze sagene mir daz mære, war iuwer wille wære oder wannân komet ir geriten sô?« diu maget sprach: »des bin ich vrô, daz ich dir, ritter, klagen sol mîne swære, die ich dol, wan ich lîde grôze muo. nû suoch ich helfe dar zuo in dem lande, swâ ich mac, wan ez ist vil manic tac,

des Topos der laudatio temporis acti (Hinweise dazu FELDER 522f. und KRAGL zu Lanzelet 2326–31). Denkbar wäre aber sicherlich auch der bisher noch nicht geklärte Hinweis auf einen Rechtsbrauch. 1567 Der Vergleich mit M zeigt, dass die an sich korrekte Konstruktion in W vom Schreiber stammen wird, nicht aber von einem Reim mit ausgefallenem h, sondern von site : mite auszugehen ist. SARRAZIN 9 konjiziert daz nieman deheime wîbe iht / tet, es engunde gerne ir muot und verweist auf Wigalois 2364–66 daz was dô gewonheit, / swâ man deheine rîten sach / daz ir niemen niht ensprach. 1580 swâ. Auch als Einleitung eines konditionalen Nebensatzes möglich (siehe zu 1130). 1580f. muo : zuo. »Diese Nichtumlautung von uo noch im 13. Jh., ist besonders eine charakteristische Eigentümlichkeit von bayer. Autoren […], überrascht also für den Wigam. nicht. Sie findet sich aber auch bei md. Autoren […] und besonders auch bei Wirnt!« (MAUSSER 144). Vgl. auch 5589f.

90 W 1585

1590

1595

daz mich bestuont diu arbeit und daz mir manec leit mîn muome hât getân zuo nemen mîn erbe, daz ich hân brâht [] an dise stunde. und sie mit irm munde mîner muoter daz [] verjach, daz manic man hôrte unde sach, daz sie lant und burc sâ liute unde erbe dâ mit einander geteilet hæten und mit ganzen ræten 1588 pracht ich an diser

M 1585

1590

1595

dass ich große Mühe auf mich nehmen musste und dass mir meine Mutterschwester großen Schaden zugefügt hat, um mir mein Erbe zu rauben, das ich mir bis heute erhalten habe. Und sie selbst erklärte meiner Mutter gegenüber, sodass viele Menschen es hörten und sahen, dass sie Land und Burg, Leute und Erbe miteinander teilten und mit ganzem Willen

1590 dz ich vrjach (DOCEN 350)

1595 ain ander raittē

daz mich bestuont mîn arebeit und daz mir vil manic leit mîn muome hât getân an mînem erbe, daz ich hân brâht an dise stunde und sie mit ir munde mîner 〈muoter〉 verjach, dâ ez manic man hôrte unde sach, daz sie lant und bürge, liute unde erbe mit einander geteilet hæten und mit ganzen ræten

1587f. In der Konstruktion von W fehlt das Obj. zu brâht. Daher Tilgung des doppelten Subj. ich und Änderung nach M. 1589 Als neu einsetzender, durch und eingeleiterer Satz verstanden. Könnte auch aufgefasst werden als Fortsetzung des Relativsatzes ohne Wiederholung des Relativums, obwohl ein anderer Kasus des Pron. erforderlich wäre (25PAUL §S165). 1589 mit irm munde. Rechtsterminus als pars pro toto (»persönlich, in eigener Person«, DRW IX,966). 1590 verjach. Rechtsterminus: verjehen mit Dat. d. Pers. + Objektsatz/daz-Satz: »erklären, bestätigen« (WMU III,2060). 1592f. Für MAUSSER 82f. macht der Reim in W den Eindruck »eines Schreiberflickreims […] im Mangel eines anderen Auswegs gegenüber burge: erbe, das nie ein Reim sein kann«. Klärung schafft LINDEN 42f.: »Natürlich ist bürge : ęrbe ein sehr schöner Reim, der drei wichtige Erscheinungen bezeugt: 1. Entrundung, 2. Übergang von i > ë und 3. Bindung dieses ë mit Umlaut-ę: bürge > birge > bërge : ęrbe. All diese Reime beruhen auf der den oberfränkischen (und gewissen alemann.) Maa. eigenen Brechungen der e-Laute vor r: es vereinigen sich ë, ę, i, ü, ê vor r in einem einzigen offenen Laute.« Vgl. auch 2781. 1595 mit ganzen ræten. Die Wendung mit / nâch (gemeineme u.ä.) râte versteht sich meist im Sinne »einer rechtl. verpflichtenden Willenserklärung, Zustimmung, Beschluß« (WMU II,1408). Die dunkle Konstruktion und die Reimbindung in W (het] : raittē) lässt auf Verderbnis schließen; vermutlich wurde einander fälschlich ein drittes Mal gesetzt.

91 W

1600

1605

1610

ûf einander tæten verzîhen sich. solchez mac mich gehelfen niht, ir rede sî sô manecvalt und wil mir 〈nemen〉 mit gewalt ein vil grôze linden schœne, diu ist alzît grüene, sumer und ouch winterzît. als verre, als sie schaten gît, dô velt weder rîf noch snê. dar umb stânt bluomen und klê, die werdent zuo keiner zît val. dâ habent die vogel grôzen schal und singent dâ wol mit prîse mit ganzem lust, mit grôzer wîse. bî der linden, daz ist wâr, dâ entspringt ein brunne lûter und klâr, 1597 sich

M

1600

1605

1610

auf die gegenseitigen Ansprüche verzichten würden. Das kann mir nicht dagegen helfen, dass ihre Rede unbeständig ist und dass 〈sie〉 mir gewaltsam eine gewaltige und prächtige Linde rauben will, die ständig grün ist, im Sommer wie im Winter. So weit sie Schatten spendet, fällt kein Raureif noch Schnee. Sie ist umgeben von Blumen und Klee, die zu keiner Jahreszeit welken. Dort zwitschern die Vögel laut und singen angenehm in aller Herrlichkeit voller Fröhlichkeit und mit großer Melodie. Bei der Linde, das versichere ich, entspringt eine reine und klare Quelle,

1599 nemen (BÜSCHING)

ûf eina〈nder〉 tæten verzigen 〈sich〉. daz mac mich nuo geh〈elfen〉 niht, ir rede diu ist manicvalt und w〈il〉 mir nemen mit gewalt eine linden schœne, diu ze aller zît ist grüene, sumer unde winterzît. alsô verre, sô sie schaten gît, dô nevellet niemer rîfe noch snê. dar umbe stênt bluomen und klê, die newerdent zuo keiner zît val. dâ habent die vogele süezen schal und singent dâ wol von prîse mit vrœlîcher wîse. bî der linden, daz ist wâr, entspringet ein brunne 〈lûter〉 und klâr, 1611 enspringe

1596 sich verzîhen ûf iemanne ist eine Rechtsformel der Verzichtsgeste mit Angabe der Bezugsperson (WMU III,2134). In M die Verbindung einer finiten Form von tuon mit dem Part.Prät. verzigen in kausativ-faktiver Bedeutung (25PAUL §S30.3); LINDEN 28 ändert stF verziht. 1599 Wechsel des Subj. mit unbezeichnetem Pron. sie (25PAUL §S110). 1600–67 Die Beschreibung der Quellenanlage greift auf literarische Vorbilder zurück: Das Ensemble einer übernatürlichen Quelle und einer immergrünen Linde findet sich z.B. Iwein 565ff. und Lanzelet 3888ff. PATRZEK 32–34 führt aus, dass es sich dabei nicht nur um die stereotype Formel einer Ideallandschaft handle, sondern es auch einen Anklang gäbe an den Mythos von Lebensbaum und Lebensbrunnen. Im Gegensatz zum Iwein greift die Beschreibung hier auf das Motiv des Jungbrunnens zurück, das sich z.B. JT 6163f. und Crône 9035ff. findet (weitere Texte PATRZEK 7–13; zum Motiv allgem. RAPP, bes. 40f. und DÖRING-MOHR, bes. 50f.). Der Kampf um den Brunnen selbst erinnert in seiner Anlage an den Streit der Schwarzdorn-Schwestern (Iwein 5541ff.).

92 W

1615

1620

1625

der îskalt, guot und reine entspringet [] einem steine. alle sælde und ouch güete ûz im von natûre blüete. swer in trinket drî stunt, der ist alwegen gesunt, die wîl und er hât den lîp, er sî man oder wîp, und ist immer junclîch, starc und ouch tugentlîch, als er schînet an der vrist, sô er drîzic jâr alt ist. der selbic brunne hât den sit, dâ ist er getiuret mit, er smecket ieglîchem man, als sîn muot ist getân. er ist wîn, sô einer wînes gert. 1613 vnd springet auß ainē

M

1615

1620

1625

die eiskalt, gut und unverschmutzt aus einem Felsen hervorquillt. Jedes Glück und jede Güte blüht eigentümlich aus ihm hervor. Wer dreimal aus ihm trinkt, der bleibt sein Leben lang gesund, ob er Mann oder Frau ist, und er ist immer jugendlich, stark oder tüchtig, wie er zu dem Zeitpunkt erscheint, wenn er dreißig Jahre alt ist. Dieser Brunnen hat folgende Eigenschaft, die ihn wertvoll macht: Er schmeckt jedem Mann so, wie es ihn gelustet. Er ist Wein, wenn einer Wein begehrt.

1625 getiuret (BÜSCHING)] geteürer

guot und reine […] […] […] swer in trinket drî stunt, d〈er〉 ist iemer mêr gesunt, die wîl und er hât den lîp, ez sî man oder wîp, und ist iemmer wünneclîch, starc unde tugentlîch, als er schînet an der vrist, sô er drîzic jâr alt ist. der selbe brunne hât den site, dâ ist er gezieret mite, er smecket iegelîchem man, alse sîn muot ist getân. er 〈ist〉 dem wîn, der wînes gert. 1613 Das gängige Bild der direkt aus dem Felsen entspringenden Quelle stammt wohl von der Vorstellung, dieses Wasser sei frischer und klarer als anderes Quellwasser (PATRZEK 64), vgl. Ulrichs Alexander 6926–28 ein brunne entspringens aldâ phlac / ûz einem herten steine / kalt, lûter unde reine. 1613–15 M. Oberer Seitenrand vor 1616 wurde abgeschnitten (siehe Autopsiebericht). Ob ursprünglich in M drei Verse gestanden haben, ist dennoch zweifelhaft, da auf der restlichen Seite noch immer 29 Zeilen stehen und sich in dieser Lage max. 30 Zeilen pro Bl. befinden. Alle drei Verse hätten aber mindestens zwei weitere Zeilen benötigt, 1613 dagegen ist zu kurz. Evtl. teilweiser Zusatz in W? 1614f. güete : blüete. Zum Umlaut Einleitung 4.C.4 und MAUSSER 140. blüete ist wohl nicht Konj.Präs., sondern das e wurde zur Herstellung einer korrekten Reimbindung zugefügt (s.a. zu 754). 1623 Die Verjüngung auf oder um 30 Jahre ist eine stereotype Wendung (PATRZEK 8). 1626–33 Weitere Texte mit dem Motiv des Brunnens, dessen Wasser nach Wunsch den Geschmack ändert, bei PATRZEK 24.

93 W 1630

1635

1640

1645

wil er met, sô ist er ouch gewert. dem aber stât sîn danc, dem ist er môraz oder lûtertranc. alsô wandelt er sich zuo aller stunde einem ieglîchen nâch sînem munde. als ich dir hân geseit, den brunnen und die linden breit, habe ich gehabet zehen jâr, daz ich umb ein hâr dar in mir nieman widersaz. nun hât mîn muome grôzen haz her zuo mir gewunnen und wil mir den selben brunnen nemen durch irn gewalt. nun ist mîn sorge manicvalt, wan ez alsô gelobet ist, daz ich in einer kurzen vrist mit 〈einem〉 kempfen komen sol

Will er Met, dann wird er auch gewährt. Wer dagegen es so haben will, für den ist er Maulbeer- oder Rotwein. So ändert er sich ständig einem jeden nach seinem Geschmack. Wie ich dir sagte, habe ich den Brunnen und die große Linde zehn Jahre lang besessen, sodass ich in der Zeit überhaupt niemanden fürchtete. Jetzt hat meine Mutterschwester großen Groll auf mich bekommen und will mir diesen Brunnen gewaltsam nehmen. Jetzt habe ich große Sorgen, denn es wurde versprochen, dass ich in kurzer Zeit mit einem Kämpfer

1635 brunnen] pruniē M 1630

1635

1640

1645

swer aber wil mete, der ist gewert. dem aber stêt sîn gedanc, dem ist er môraz und lûtertranc. alsô wandelt er sich zuo allen stunden in ieglîches munde. als ich dir hân geseit, den brunnen und die linden breit hân ich behabet zehen jâr, daz ich nie umbe ein hâr dar ane nieman widersaz. nû hât mîn muome grôzen haz her zuo mir gewunnen und wil mir den selben brunnen nemen mit ir gewalt. nû ist 〈mî〉n sorge manicvalt, wan ez sô gelobet ist, 〈da〉z ich zuo einer kurzen vrist mit eime 〈ke〉mpfen komen sol 1631 luttranc

1633 můndes

1638 In W widersitzen reflexiv, dar in bezieht sich auf zehen jâr. In M dagegen transitiv, dar an zu den umkämpften Obj. Baum und Quelle. Vgl. Crône 23630–32 Des wart Gînôver vröudelôs, / Wan sie ir harte widersaz / Dar an, und mahte Keiî daz; […]. 1646 kempfen. Ein kempfe oder kempfer bezeichnet einen Lohnkämpfer oder spez. einen stellvertretenden Kämpfer in einem gerichtlichen Zweikampf; in der Dichtung allgem. Bezeichnung für Held, bes. »wenn aus streitenden heeren zwei die entscheidung übernehmen« (DWb V,145; vgl. auch DRW VI, 1019,1036, LexMA IX,724 sowie Exkurs D).

94 W

ûf den hof zuo Karidol. von hiute über niun tage sô sol ich enden die klage und ich und diu muome mîn suln mit kempfen bereit sîn, beide in einem ringe, wem dar in gelinge. nun bin ich, herre, niht sô wîs«, sprach diu maget Eudîs, »daz ich weiz, wâ hin ich kêren müge umb einen kempfer, der mir tüge, der durch sîne güete und durch sîn ritterlîch gemüete vür mich wolte vehten und mir nâch dem rehten helfen durch sîn hôhe êre. der solte imer mêre von prîsen gevrünt sîn und solte in dem lande mîn

M

ûffe den hof zuo Karidol. von hiute an dem niunden tage dâ sol enden sich diu klage, dâ sol ich und diu muome mîn mit kempfen bereit sîn, beide in eime ringe, wederre dâ gelinge. Nû bin ich leider niht sô wîs«, sprach aber diu maget Eudîs, »daz ich wesse, war ich kêren muge nâch eime kempfen, der mir tuge, der durch sîne güete und durch sîn ritterlîch gemüete vür mich wolte vehten und mir nâch dem rehten hülfe d〈urc〉h sîn êre. der solde iemer mêre von vrouwen 〈ge〉prîset sîn und solde in dem lande mîn

1650

1655

1660

1665

1650

1655

1660

1665

beim Hof von Karidol erscheinen soll. Von heute über neun Tage soll ich die Klage beilegen und ich und meine Mutterschwester sollen mit Kämpfern bereit sein, beide in einem Kampfring, 〈um zu bestimmen〉, wem darin Erfolg beschert ist. Nun bin ich, Herr, nicht so klug«, sagte die Jungfrau Eudis, »dass ich weiß, wohin ich gehen könnte, um einen Kämpfer zu finden, der für mich brauchbar der wegen seiner Vortrefflichkeit [ist, und seiner ritterlichen Gesinnung für mich kämpfen und mir rechtskräftig wegen seines adligen Ansehens beistehen möchte. Der soll fortan mit Lob überschüttet werden und der wird in meinem Land

1660 vecheten

1648 Für gewöhnlich dauert die Frist zwischen Anklage und Gerichtskampf vierzig Tage bzw. sechs Wochen (NELLMANN zu Pz. 321,18). Eudis sucht also bereits seit 31 Tagen nach einem Kämpfer. 1664 gevrünt W. Zu gevrümen, »vorwärts schaffen, befördern, vollbringen, verrichten« (LEXER I,967) mit m/n-Variation vor t (Frühnhd.Gramm. §L62.4). Wahrscheinlich nicht zu gevriunden, »befreunden« (LEXER I,966).

95 W

gebieten mit gewalte über junc und über alte.« dô sprach der ritter Wîgamûr, mit dem der wilde adlar vuor: »iure müe und iure swære, vrou, diu ist vil klagebære. nun bin ich leider ein man, der iu niht gerâten kan, wan mir liute unde lant genzlîche sint unerkant, ez wære dan, daz ir begeret mîn. sô wolt ich iuwer kempfer sîn und wolt durch iuwer hulde rechen iuwer schulde oder aber den tôt erkiesen und ouch den lîp verliesen«, der ritter sprach mit dem arn. »nun muoz iuch got bewarn durch sîne miltikeit«, sprach diu vrouwe gemeit. »sît iuwer lîp ist sô guot,

M

g〈ebi〉eten mit gewalte über junc und über al〈te〉.« dô sprach der ritter Wîgamûr, mit dem der 〈adel〉ar vuor: »iuwer muo und swære, vrouwe, 〈diu〉 ist klagebære. nû bin ich leider ein man, d〈er〉 gerât〈en n〉iht enkan, wan mir l[…] lant g[…]nt, ez ne w[…]r gert[…] […] ich iuwer kempf〈e s〉în und wolde durch iuwer hulde rechen 〈iuw〉er schulde oder den tôt kiesen und den lîp 〈ve〉rliesen«, sprach der ritter mit dem arn. »h〈err〉e, nû muoz iuch bewarn got durch sîne m〈ilte〉cheit«, sprach diu juncvrouwe gemei〈t〉. »sît iuwer lîp ist sô guot,

1670

1675

1680

1685

1670

1675

1680

1685

mit Macht über Jung und Alt herrschen.« Da sagte der Ritter Wigamur, den der wilde Adler begleitete: »Eure Bedrängnis und eure Qual, Herrin, sind wirklich beklagenswert. Allerdings bin ich leider ein Mann, der euch nichts raten kann, weil mir Leute und Land gänzlich unbekannt sind, es sei denn, dass ihr mich haben wollt. In diesem Fall würde ich gern euer Kämpfer sein und mit eurer Zustimmung die Beschuldigung gegen euch vergelten wollen oder, im Gegenteil, den Tod wählen und mein Leben verlieren«, sagte der Ritter mit dem Adler. »Nun muss euch Gott behüten um seiner Gnade willen«, sagte die prächtige Herrin. »Weil ihr so stark seid,

1668–82 Wigamurs Rede wird, ähnlich einer Konstruktion apo koinou, von je einem verbum dicendi angekündigt und beendet. 1670f. Numerusinkongruenz (Subj. mit gemeinsamer Bestimmung, BEHAGHEL III,17f.).

96 W

daz ir durch iuwern reinen muot mir zuo hilfe wellet bestân, des sult ir immer lop hân von got und der welte prîs.« schôn bewîset sich diu maget Eudîs und viel dem ritter an die vuoz. sie sprach: »nû muoz dir hie werden buoz aller dîner kumbernis und ouch angstlîch sorgen. nû suln wir beide morgen zuo dem land Britâne kêren. dar bring ich iu mit êren, dâ sol mîn klag nun nemen ende von der hilfe iuwer hende.« dô der ritter wol gemuot sach, daz diu vrouwe guot sich im zuo vuozen bieten wolte, vil ungern er daz verdolte. dô ez nû alsô ergie,

M

daz ir durch iuwern 〈r〉einen muot mir zuo helfe wellet stân, d〈es〉 sult ir immer lôn hân von gote und der w〈el〉te prîs.« sân erbeizte diu maget Eudîs u〈nd〉 viel dem ritter an den vuoz. 〈sie〉 sprach: »nû muo〈z〉 dir, herre, werden buoz aller dîner s〈orge〉n. nû sule wir beide morgen gegen Britâne 〈kê〉ren. dar bringe ich dich mit êren, dâ mîn 〈kl〉age sol nemen ende von der helfe dîner h〈end〉e.« Dô der ritter wol gemuot gesach, daz 〈diu〉 vrouwe guot sich ime zuo vuozen bieten wolte, v[…]gern er daz verdolte. gâhens er dar zuo gi〈e〉,

1690

1695

1700

1705

1690

1694 1696 1697

1700

1705

dass ihr wegen eurer herrlichen Gesinnung mir zu Hilfe kommen wollt, dafür sollt ihr immer gelobt werden von Gott und gepriesen von der Welt.« Die Jungfrau Eudis zeigte sich erkenntlich und fiel dem Ritter zu Füßen. Sie sagte: »Jetzt muss dir hier Abhilfe geschaffen werden für deine ganze Bekümmernis und auch für beklemmende Sorgen. Wir beide werden morgen ins Land Britannien reisen. [gereicht, Dorthin bringe ich euch, sodass es zur Anerkennung dort soll meine Klage dann beigelegt werden durch eure Hilfe.« Als der mutige Ritter sah, dass die vorzügliche Herrin sich ihm zu Füßen bieten wollte, behagte ihm das nicht. Als es dazu kam,

1691 bewîset / erbeizte. Hat der W-Schreiber fälscherlicherweise erweizte statt erbeizte gelesen und daraus beweiset verbessert? Vgl. LINDEN 18 und zum Wechsel von b und w Einleitung Kap. 2. 1692–95 In M Dreireim, der vom Schreiber offenbar nicht gesehen wurde, da er den Versbeginn von 1694 in der Hs. nicht markierte. Er hat dafür 1693f. als überlangen Vers mit Binnenreim verstanden. Der W-Schreiber wird zum Ausgleich einen neuen Vers konstruiert haben, womit in der frühnhd. Hs. quasi ein Vierreim entsteht (füß : můß : půß : kumernüß), der im normalisierten Mhd. nicht mehr kenntlich ist.

97 W

die juncvrou er niht enlie. sie kam nie zuo tal. er sprach: »jâ, vrou, ist iuwer val mir gar zuo grôzlîch. ich bin iu ungelîch an êren und an guote. ich sül iu mit dem muote dienen und mit der getât. ouch, vrouwe, daz ist mîn rât, daz wir niht lenger beiten. wir süln uns bereiten dâ hin, dâ ich vehten sol.« daz geviel in beiden wol. wider ûf diu ros sie sâzen. diu juncvrou niht mohte lâzen; vor lieb sie weinen begunde. der ritter trôste sie zuo stunde, sô er beste mohte und sînen zühten tohte. alsô riten sie mit güete

M

[…]junc[…] […]e kome ze[…]. er spr[…] mir vil gar ze grôzl〈îch〉. ich bin iu ungenôzlîch an êren und an guote. ich sol iu mit dem muote dienen u〈nd〉 mit getât. ouch ist daz, vrouwe, mîn rât, daz w〈ir〉 niht langer beiten. wir suln uns bereiten d〈â h〉in, dâ ich vehten sol.« daz geviel in beide〈n〉 wol. wider ûf diu ros sie sâzen. diu vrouwe m〈oh〉te niht gelâzen; vor liebe sie weinen beg[…]. der ritter trôste sie sâ, sô er best〈e m〉ohte u〈nd〉 sîner zuht tohte. […]ete

1710

1715

1720

1725

1710

1715

1720

1725

erlaubte er es der jungen Dame nicht. Sie kam erst gar nicht nach unten. Er sagte: »Wirklich, Herrin, euer Kniefall ist viel zu groß für mich. An euch reicht mein Ansehen und mein Besitz nicht heran. Ich sollte euch mit meinem Wollen und Tun Dienstleistungen erbringen. Auch, Herrin, schlage ich vor, dass wir nicht länger warten. Wir sollten uns dorthin aufmachen, wo ich kämpfen soll.« Das war ihnen beiden recht. Sie stiegen wieder auf die Pferde. Die junge Fürstin konnte es nicht bleiben lassen; vor Rührung brach sie in Tränen aus. Der Ritter half ihr sofort, so gut er konnte und es der Sittsamkeit entsprach. So ritten sie einträchtig

1725 sin

1708 kome M. Wahrscheinlich Normalisierung zu kam oder kæme, aufgrund des Textausfalls nicht durchgeführt. 1711 ungenôzlîch M. Siehe zu genôzlîch 1434. 1726f. Zum Umlaut im Reim vgl. Einleitung 4.C.4 und MAUSSER 139, LINDEN 54.

98 W

1730

1735

1740

1745

zuo der vrouwen heimüete. dâ wârn sie über naht. diu vrou was wol bedâht, ires kempfers sie vil schône pflegen der adelar ouch niht enliez. [hiez. er wonte sînem herren mite, er gieng, er stüende oder rite, beide spâte und ouch vruo. Wîgamûr der wart nuo von dem adlar wol bekant und anders niht genant, swâ er hin kam gevarn, wan »der ritter mit dem arn«. Eudîs, diu juncvrou gemeite, mit vlîze sie sich bereite, als sie ouch zuo hove solte varn (sie moht ez lenger niht gesparn) mit spîse und mit getregede: vünfzic schœner megede, 1727 heimuote (DOCEN 350)] her můt

M

1730

1735

1740

1745 17451 17452

in die Heimat der Dame. Dort blieben sie über Nacht. Die Fürstin war sehr umsichtig, sie befahl, ihren Kämpfer aufmerksam zu bedienen. Der Adler blieb ebenfalls nicht zurück. Er war bei seinem Herrn, ob dieser ging, stand oder ritt, von früh bis spät. Daraufhin wurde Wigamur durch den Adler sehr bekannt und nicht mehr anders genannt, wohin er auch kam, als »der Ritter mit dem Adler«. Eudis, die prächtige junge Dame, richtete sich mit Sorgfalt, weil auch sie zum Hof reisen sollte (sie konnte es nicht hinausschieben) und zwar mit Speise und Ausrüstung: Fünfzig schöne Jungfrauen –

1744 gerete

zuo […]üete. dâ wârn […] 〈di〉u juncv〈rouwe〉 was des wol bedâht, ir kempfen sie s〈chô〉ne pflegen hiez. der adelar ouch niht enlie〈z〉. 〈e〉r newære sîme herren mite, er gienge o〈der r〉ite, beide spâte unde vruo. Wîgamûr, der wart a[…] nuo von dem arn wol bekant und ander〈s n〉iht genant, swâ er hin quam gevarn, wan »der r〈itt〉er mit d〈e〉m adelarn«. Eudîs, diu gemeite, mit vlîze sie sich breite, alse sie zuo hove w〈old〉e varn (sie nemoht ez langer niht ge〈spa〉rn) mit spîse und mit getregede: vünfzi〈c sc〉hœner megede, die kleidete sie prîslîche, 〈u〉nd reit vil hovelîche. 1742 am Seitenrand steht solde für wolde

17451f. Übersetzung: »die kleidete sie rühmenswert und sie ritt auf höfische Weise«. Die Ergänzung dieser Verse in W ist nicht zwingend; dort ebenfalls 1745 als nominativus pendens (25PAUL §S56), der allerdings erst 1748 wieder aufgenommen wird.

99 W

1750

1755

1760

von brûnem scharlach guot und von samît, rôt als ein bluot, dâ von wârn ir kleider gesniten. diu zelterpfert, diu sie riten, diu wârn brûn, wîz und rôt und mit grôzem vlîz gesatelôt, behangen wol mit schellen. manigen valken snellen vuorten durch ir hübscheit tûsent ritter gemeit, gekleidet und geriten wol. swaz ein ritter haben sol, des heten sie allez genuoc. der ieglîcher ane truoc scharlachen, fritschâl, premmît, 1751 gesattolt

aus dunklem, herrlichem Scharlach und aus Brokat, rot wie Blut, daraus waren ihre Kleider geschnitten. Ihre Reitpferde waren dunkel, weiß und rot und mit großer Sorgfalt gesattelt, mit Schellen wirkungsvoll behängt. Viele kräftige Falken wurden ganz im Sinne der höfischen Lebensart von tausend stattlichen Rittern geführt, die gut gekleidet und zu Pferd waren. Alles, was ein Ritter haben soll, hatten sie im Überfluss. Jeder von ihnen trug Scharlach, Fritschal, Premmit,

1755 tûsent (BÜSCHING)] trausent

von brûn scharlac〈h〉 guot und samît, rôt als ein bluot, dâ 〈von〉 was in kleit gesniten. diu zeldenden p〈fer〉t, diu sie riten, diu wârn brûn, blan[…] 〈r〉ôt, 1750 mit vlîz gesatelôt, behangen mit s〈chel〉len. [] manigen valken snellen vuorte〈n s〉ie durch hövisch[…] […]emet[…]gemeit 1755 gek[…] 〈gerit〉en wol […]wes ein ritter haben sol 1758 M des heten s〈ie〉 allez ge〈nuo〉c M

1753 Man manigen

1749 zelterpfert W. Als Kompositum kennen die Wb. lediglich zeltenpferd: »seit den ahd. belegen für z-des pferd […] erscheint diese verbindung vielfach in der literatur und in wbb., wird wegen des d-ausfalls syntaktisch unkenntlich und wächst zu dem subst. zeltenpferd […] zusammen« (DWb XV,622). zelterpferd belegt DWb XV,624 zwar erst ab dem Jahr 1597, denkbar wäre aber auch eine frühere Verwendung. Vgl. auch zu 1326. 1751 gesatelôt. »Nicht selten kommen von Verben der zweiten Klasse noch Partizipen auf -ôt oder -ot im Reim vor« (25PAUL §M91, Anm. 2). 1753 valken. Jagdfalken sind allgem. fester Bestandteil der höfischen Kultur (DALBY 253–5), hier insofern eine besondere Zurschaustellung des adligen Lebensstils, als die Ritter die Vögel feierlich tragen, vgl. Erec 1965f. ir iegelîch vuorte ûf der hant / vier mûze einen sparwære und 2031f. ir iegelîchem ûf der hant / ein schœner habech saz. 1759–62 Konstruktion apo koinou (die Stoffe als Obj. zu truoc und wâren) oder Satzgrenze nach 1760. 1760f. Zu den Stoffnamen: fritschâl, grüner oder gelber Kleiderstoff (aus Wolle, Leinen oder Seide gewebt?), mit dem oftmals Knappen bekleidet sind (BRÜGGEN 291). premmît, evtl. ein nur hier genannter Stoff, wahrscheinlich aber Schreibfehler für prunît (SUOLAHTI 193) = brûnât: feiner, dunkelgefärbter

100 W

1765

1770

1775

1780

1785

1790

zendâl, tirât und timît wârn ir wâfenröcke spæhe. grüene, wîz und brûn, vil wæhe, manic banier sîdîn, gesniten, als sie solten sîn, vuorten die ritter gemeit. alsô hovelîchen reit zuo hove Eudîs, diu maget, als ich iu hân gesaget. Wîgamûr und sîn adelar vuoren ouch mit der schar biz ûf den hof zuo Karidol; dâ wurden sie empfangen wol. ritter und ouch vrouwen, die mohte man dâ schouwen wol gebâren zühticlîch, wan künic Artûs, der rîch, lebete zuo allen zîten sô. des andern morgens vruo, ê daz man hete messe, dô kam mit grôzer presse Affrosidones von irm land Campil und mit ir gesindes vil. diu brâhte einen kempfer dar, der reit zuo vorderst an der schar; der hiez Diatorforgrant, der was von Triasoltrifortrant, ein ritter schœn und starc, wol ze prîs gienc im sîn marc. sîne kleider wârn gesniten gar ûz einem pfelle von Patschar. 1771 schar (BÜSCHING)] scha

Zindel, Tirat und Timit; 〈daraus〉 waren ihre kunstvollen Waffenröcke. Grün, weiß und dunkel, sehr bunt, viele Seidenbanner, geschnitten, wie sie sein sollen, führten die stattlichen Ritter. In dieser höfischen Aufmachung ritt Eudis, die Jungfrau, zum Hof, wie ich euch erzählt habe. Wigamur und sein Adler reisten ebenfalls mit dieser Schar zum Hof von Karidol; dort wurden sie freundlich empfangen. Ritter wie auch adlige Frauen konnte man dort sich untadlig benehmen sehen, denn der mächtige König Artus lebte das ganze Jahr über so. Am anderen Morgen früh, noch vor der Messe, kam mit großer Schar Affrosidones aus ihrem Land Campil und mit ihr eine große Dienerschaft. Sie brachte einen Kämpfer dorthin, der vor der ganzen Menge ritt; er hieß Diatorforgrant aus Triasoltrifortrant, ein schöner und starker Ritter, lobenswert schritt ihm sein Streitross. Seine Gewänder waren geschnitten aus Seide von Patschar.

1776 vnd

Wollstoff, der nach seiner Farbe benannt ist (BRÜGGEN 47, 270f., 277). zendâl, leichter, dünner Seidenstoff, meist als Kleiderfutter, für Pferdedecken und Banner verwendet (BRÜGGEN 293). tirât (W: tyrat), evtl. verschrieben für ziklât? SUOLAHTI 259 versteht das Wort als franz. Dialektform tirat der gebräuchlichen Bezeichnung tiret (TOBLER/LOMMATZSCH X,328: »ein kostbarer orientalischer Stoff«). timît, ein aus Griechenland stammender, mit doppeltem Faden gewebter, weicher Seidenstoff in den Farben rot-violett, weiß, grün (BRÜGGEN 289f.). 1763 Bezug der Adj. auf wâfenröck 1762 oder Konstruktion apo koinou? 1764 banier. Fähnlein in der Gestalt eines langen Bandes, das als Wappenzeichen an der Lanze befestigt wurde. Im 13. Jhd. nahm es eine hochrechteckige Form an (BUMKE 221, SCHULTZ II,27f.). Siehe auch zu 3207/3213. 1776 gebâren (W geporen). Unwahrscheinlich ist die Normalisierung mit Wechsel von b und w als gewarn (schouwen und gewarn), da dieses im Unterschied zu schouwen nicht mit Akk., sondern mit Gen. konstruiert wird (LEXER I,978; II,778f.).

101 W

1795

1800

1805

1810

1815

1820

gewâfent, als er wolte, swenn er vehten solte. von dem land Campil Affrosidones, diu verwânte sich des, daz man keinen zuo kempfen mohte der dem vor möhte gestân, [hân, und ir sô wær gelungen, daz sie den brunnen solte haben ungestriten. als sie dar kam geriten, dô was Eudîs vor komen. als der künic het vernomen, daz sie beide wâren dâ, an daz geriht saz er sâ. Artûs diu mære sô vernam, als ich iu gesaget hân, [riten, war umb die vrouwen wâren dar gedie umb den brunnen dâ striten. und beide ir rede heten geseit und ir kempfer wârn bereit, dô hiez der künic nâch irer beider bete einen rinc machen an der stete, dâ wurden die kempfer în gestalt. dô schuof der künic mit gewalt griezwertel und meister dar zuo. die kempfer stuonden beide nuo mit zweien guoten degen glîch getân engegen, gewâfent zuo widerstrît, ietwedern twanc der nît, ob der ander solt gesigen. dem künige sie beide nigen

〈Er war〉 gerüstet, wie er es sein wollte, wann immer er kämpfen musste. Affrosidones aus Campil war davon überzeugt, dass man keinen Kämpfer haben konnte, der in der Lage wäre, diesen zu übertreffen, und sie es damit erreicht hätte, dass sie den Brunnen kampflos bekommen würde. Als sie dorthin geritten kam, war Eudis zuvor schon angekommen. Sobald der König vernommen hatte, dass sie beide anwesend waren, saß er zu Gericht. Artus vernahm den Sachverhalt, wie ich ihn euch erzählt habe, weshalb die Fürstinnen dahergeritten waren, die um den Brunnen kämpften. Als beide ihre Anklage vorgebracht hatten und ihre Kämpfer bereit waren, befahl der König nun ihrem Wunsch gemäß, an dem Ort einen Kampfring herzurichten, in den die Kämpfer gestellt wurden. Der König ließ kraft seines Amtes Kampfrichter und Waffenmeister herbeiholen. Die Kämpfer standen daraufhin beide mit zwei guten Dolchen gleich gerüstet gegenüber, bewaffnet zum Wettkampf, beide trieb die Missgunst für den Fall, dass der andere siegen würde. Sie verneigten sich beide vor dem König

1795 veraint 1796 mohte hân (BÜSCHING)] mochhac] in das zweite h wurde ein Querstrich wie 1819 ewen 1820 gewauffet in t geschrieben 1806 vernam (BÜSCHING)] venam

1792 gewâfent. Isoliertes Part., dem keine Stelle im Satzgefüge zukommt und das hier einen vollständigen Satz bildet (BEHAGHEL II,426–8 mit weiteren Beispielen). Zu ergänzen er was. 1795 verwânte. Die Lesart von W (vereint »entschloss sich«) ist widersinnig; möglich wäre auch verruomte (»prahlte«). 1818 degen wird im Hochmittelalter in der Bedeutung »Held, Krieger« verwendet, als Waffenbezeichnung erst »seit um 1400« (2DWb VI,539, der erste genannte Beleg stammt von 1366/1424). Zudem wird unten 1829 mit Schwertern gekämpft. degen bezeichnet von seinem Aufkommen bis ins 16. Jhd. noch nicht die schwertartige Stichwaffe, sondern einen Dolch, afranz. dague (LexMA III,1171). Nhd. »Dolch« dagegen wird im Mhd. mezzer oder gnippe genannt. Daher ist davon auszugehen, dass SARRAZINs Konjektur die zwên guoten degene einem älteren Text näher kommt als W.

102 W 1825

1830

1835

1840

1845

1850

1855

und sprungen zuo einander dâ, wan in beiden was vil gâch sâ, wie sie lop gewünnen. swem diu sælde des wolt günnen, sie wâren beide lobes wert. in erklungen oft diu swert von slegen in den handen. den küenen wîganden wârn verhouwen ire schilte. grôzer slege wârn sie milte. einer stach, der ander sluoc, des triben sie beide dô genuoc. sô einer dranc, der ander spranc; sô einer hanc, der ander wanc. des triben sie an die stunde, daz ir keiner niht enkunde vor müede mêr gestân. [man: 〈dô〉 sprach künic Artûs, der vil werde »wir suln mit guoten tagedingen die juncvrouwen dar zuo bringen, daz sie den [] kampf verbæren und des gevolgec wæren, daz wir sie mit lîp und guot machen eingemuot.« Eudîs, diu maget gemeit, diu sprach: »des bin ich bereit, ich lâz ez gerne understân, und solt ez an mînen schaden gân, ê der ritter tugenthaft sînes lîbes werde schadehaft, der dâ veht an mîner stat.« Affrosidones dô hervür trat, der juncvrou muome, unde sprach: 1827 wolt (SARRAZIN)] wol

1844 den den

und sprangen zueinander, denn beide wünschten sich so sehr, Ruhm zu erwerben. Wem auch immer Fortuna diesen zusprechen würde, man musste sie beide rühmen. Die Schwerter erklangen ihnen wieder und wieder von den Schlägen in den Händen. Die kampflustigen Helden hatten verbeulte Schilde. Großzügig verteilten sie mächtige Schläge. Einer stach, der andere schlug, so taten sie es ständig. Wenn einer schlug, sprang der andere; wenn einer hinkte, schwankte der andere. Sie kämpften so lange weiter, bis beide vor Müdigkeit nicht mehr stehen konnten. Der vornehme König Artus sage: »Wir müssen mit ausgleichenden Verhandlungen die Herrinnen dazu bringen, den Kampf aufzugeben und sich darauf einzulassen, dass wir sie mit allem, was sie haben, zur Eintracht bringen.« Eudis, die prächtige Jungfrau, sagte: »Ich bin einverstanden, ich will es bleiben lassen, selbst wenn es zu meinem Schaden sein sollte, bevor der tüchtige Ritter verletzt wird, der dort an meiner Stelle kämpft.« Dann trat Affrosidones hervor, die Mutterschwester der jungen Fürstin, und sagte: 1845 gevolgec (DOCEN 351)] geuolget

1825 vil gâch sâ. DOCEN 342 verbessert vil gâ. 1837 wanc. Zu winken (»weichen, zurückweichen«, DWb XIV/2,401). In der Regel im Mhd. wie im Nhd. ein swV, stark nur selten belegt, am häufigsten als Part.Prät. ›gewunken‹ (DWb XIV/2,387, LEXER III,907). 1846f. MAUSSER 141f. bemerkt, in W soll »guote dat. stn.: eingemüete adj., jo-Stamm, reimen, eine nach allem, aus M und auch W Erfahrbarem mindestens recht unwahrscheinliche Bindung« und schlägt, wie zuvor bereits DOCEN 351, mit liebe unde güete : eingemüete (»mit Freundlichkeit und Güte«) vor. Der Schreiber hat indes wohl an die juristische Paarformel lîp unde guot gedacht (vgl. zu 671). eingemuot ist zudem schlecht belegt (LEXER I,524 führt an Elisabethleben 3329 Daz volc was alles eingemůt). 1853f. werde/veht. Der Modus ist abhängig von ê.

103 W

1860

1865

1870

1875

1880

1885

1890

»swaz ich liute hiut gesach, durch die alle lâz ich ez niht underder kampf muoz vür sich gân [stân! oder ich wil haben gewunnen den boum und ouch den brunnen.« dô die herrn vernâmen daz, dô bâten sie niht vürbaz. der künic wart vor zorne rôt, den griezwerteln er dô gebôt, daz sie zuosamen liezen die kempfer und sie hiezen strîten unde vehten, wan er wolte nâch dem rehten den kampf lâzen enden und wolte niht wenden, wer daz reht behalte dâ. zuosamen giengen sie aber sâ, die zwên ritter ûz erwelt. Diatorforgrant der küene helt vahte einem lewen glîch. ouch sô versûmete sich der ritter lützel mit dem arn. sie kunden beide niht gesparn die schilte, die sie truogen. von den slegen, die sie sluogen, wurden sie der schilte blôz, daz ir ietweder vlôz mit bluot gemischet und mit sweize durch die ringe in dem kreize. die ritter alle jâhen, die den kampf sâhen, daz sie beide vaste striten. nun begunden sie aber biten die vrouwen güetlîchen, daz sie minniclîchen den kampf liezen understân und daz sie die wartman

»Wen ich auch heute zu Gesicht bekommen habe, für keinen von ihnen unterlasse ich es! Der Kampf muss fortgesetzt werden oder ich will Baum und Brunnen zugesprochen bekommen.« Als die Fürsten das vernahmen, baten sie nicht länger. Der König wurde rot vor Wut, den Kampfrichtern befahl er, dass sie die Kämpfer zusammenbrächten und ihnen den Befehl für den Kampf gäben, denn er wollte nach dem Rechtsbrauch den Kampf enden lassen und wollte nicht den Ausschlag geben, wer an dieser Stelle Recht bekäme. Sie gingen sofort aufeinander los, die beiden auserwählten Ritter. Diatorforgrant, der kampfeslustige Held, kämpfte wie ein Löwe. Auch hielt sich der Ritter mit dem Adler wenig zurück. Sie schonten nicht die Schilde, die sie trugen. Von den Hieben, die sie schlugen, verloren sie die Schilde, sodass beide im Kampfring trieften von Blut und Schweiß durch die Panzerringe. Alle Ritter, die den Kampf sahen, bestätigten, dass beide erbittert kämpften. Jetzt begannen sie erneut die Herrinnen freundlich zu bitten, dass sie den Kampf gütlich beilegten und dass sie die Kampfrichter anwiesen,

1868 strîten (BÜSCHING)] sreytten

1871f. DWb XIV/1/1,1787 belegt wenden objektbezogen in der Bedeutung »etwas […] hinsichtlich richtung oder geschick bestimmend beeinflussen« erst frühneuzeitlich. Die mhd. gängige Bedeutung »abwenden, enden« ist hier wegen des folgenden Objektsatzes unpassend. Ist Text ausgefallen? 1883f. vliezen intransitiv auf Personen bezogen belegen die Wb. nicht (aber z.B. NL 1045,1 Die wunden vluzzen sêre). Evtl. Änderung dez ir ietwerderm vlôz / daz bluot gemischt mit sweize / durch die ringe in dem kreize. Zu dem häufig belegten Bild BODE 213–9.

104 W 1895

1900

1905

1910

1915

1920

1925

1930

liezen scheiden under in. Eudîs, daz magetîn, het ez gar gerne getân. dô widerredt ez aber sân Affrosidones vom land Campil. sie sprach: »zwâr ich wil boum und brunnen haben mir.« der künic sprach: »nû lâzen wir die bette belîben gar.« und des sluoc mit kreften dar Diatorforgrant einen nîtslac. er sprach: »wir haben allen disen tac gar vergebens gestriten. daz sol nû werden vermiten. ich hân dîn geschônet vil, des ich niht mêr tuon wil.« dô sprach ritter Wîgamûr, mit dem der adlar vuor: »ez sol hie werden schîn. âne hilf des adlars mîn sol ez werden sleht, wer under uns zweien habe reht.« dô sluogen die kampfgenôzen mangen slac grôzen. der stach, jener sluoc, daz sie beide tâten genuoc. dô sluoc der ritter Wîgamûr, mit dem der adlar vuor, den küenen Diatorforgrant, daz im daz swert vuor ûz der hant und er zuo der erden viel vür tôt. Artûs, der künic, gebôt, daz sie den ritter nerten und daz sie 〈in〉 wol werten. dô wart er alsô worden wunt, daz er niemêr wart gesunt. Dô vrâget künic Artûs einer urteil alsus, waz rehte wær dar umbe dô. dô erteilet man ze stunde sô,

die beiden voneinander zu trennen. Eudis, die Jungfrau, wäre bereitwillig darauf eingegangen. Abermals widersprach sofort Affrosidones aus dem Land Campil. Sie sagte: »In jedem Fall will ich Baum und Brunnen in meinem Besitz haben.« Der König sagte: »Wir lassen jetzt diese Bitte bleiben.« Darauf schlug mit voller Kraft Diatorforgrant einen heftigen Schlag. Er sagte: »Wir haben diesen ganzen Tag völlig umsonst gekämpft. Das wird sich jetzt ändern. Ich habe dich sehr geschont, das will ich jetzt nicht mehr tun.« Der Ritter Wigamur, den der Adler begleitete, erwiderte: »Das wird sich gleich zeigen. Ohne die Hilfe meines Adlers wird es eindeutig werden, wer unter uns beiden Recht bekommt.« Daraufhin schlugen die Kampfrivalen viele mächtige Schläge. Der eine stach, der andere schlug, sie taten beide sehr viel. Da schlug der Ritter Wigamur, den der Adler begleitete, den kampfeslustigen Diatorforgrant so sehr, dass ihm das Schwert aus der Hand fiel und er wie tot zu Boden stürzte. Artus, der König, ordnete an, dass sie den Ritter versorgten und ihn gut beschützten. Er wurde damals so sehr verwundet, dass er niemals wieder gesund wurde. Nun erbat König Artus die Meinung, was jetzt dabei rechtens wäre. Da entschied man sofort so,

1898 land (BÜSCHING)] lan 1899 wil (BÜSCHING)] enwill geschrittē 1913 den adler 1923 de

1932f. LINDEN 52 geht vom Reim dar umbe : ze stunde aus.

1906 gestriten (BÜSCHING)]

105 W 1935

1940

1945

1950

1955

1960

daz Eudîs, diu maget gemeit, solte haben âne leit den boum und den brunnen nuo und daz ir ir muom dar zuo ir liut und lant geben solde und hundert marc mit golde und daz ir dâ mit wære vergolten scham und swære. daz lac vil eben. dar nâch solt sie geben dem kempfer zwei hundert marc, daz was ein wert alsô 〈starc〉. ditze was geendet alsô. Eudîs, diu maget, wolte dô den selben boum, brunnen und lant irm kempfer geben in sîn hant und was daz ir liute rât, wan er selber und sîn tât geviel in allen gelîche. harte wol gezogenlîche er sprach: »ich bin niht sô rîch noch sô mehtic und gelîch guotes unde êren, daz ich solte kêren zuo iu, vrouwe grôz. wær ich halt immer sô genôz und daz ich wære bekant; sunst hân ich weder burc noch lant, daz ich ir sî genôzen dan. swaz ich ir gedienet hân, dâ mit sî ir genigen

dass Eudis, die prächtige Jungfrau, ohne jede Missgunst Baum und Brunnen haben sollte und dass ihr ihre Mutterschwester dazu ihre Leute und ihr Land und hundert Goldmark geben soll und dass ihr damit Schande und Leid vergolten wäre. Die Sache verhielt sich eindeutig. Danach solle sie dem Kämpfer zweihundert Mark geben, das war ein angemessener Betrag. Auf diese Weise wurde die Angelegenheit beigelegt. Eudis, die Jungfrau, wollte daraufhin diesen Baum, den Brunnen und das Land in die Gewalt ihres Kämpfers übergeben und das war auch der Ratschlag ihrer Leute, denn er selber und seine Leistung fanden bei ausnahmslos allen ihre Zustimmung. Mit großem Anstand sagte er: »Weder bin ich so reich und so mächtig noch bin ich an Eigentum und Ansehen euch ebenbürtig, dass ich mich euch zugesellen sollte, hohe Dame. Wäre ich doch nur stets ebenbürtig und bekannt; so aber habe ich weder Burg noch Land, sodass ich ihr nicht ebenbürtig bin. Mit allem, womit ich ihr einen Dienst erwiesen habe, sei ihr gedankt,

1945 starc (BÜSCHING)

1954–71 Wigamur lehnt es mehrfach ab, für seine Dienstleistungen belehnt zu werden, weil er seine Abstammung nicht kennt (s.a. 2233–2313 und 3915–31). Der Text nimmt in der zeitgenössischen Debatte um Geistes- und Geblütsadel eine klare Haltung ein. Nur wer von adliger Abstammung ist, kann selbst adlig sein; ein tugendhaftes Leben allein ist dafür nicht ausreichend. Die Tugenden erfüllen hier eine bloß standesspezifische Funktion: Es gilt den ethischen Anforderungen des Adels gerecht zu werden (dazu allgem. BORCK, KNAPP und LUBICH; zum Wigamur siehe EBENBAUER [Einleitung 1.5.IV] und unten zu 3937f.). 1962 genôzen. Inf. statt Part.Präs. (25PAUL §S28, Anm. 2). 1962–65 Außergewöhnlich ist der Wechsel der Anrede. In den vorangehenden Versen wendet sich Wigamur direkt an die Königin Eudis; hier aber spricht er in der dritten Person von ihr (mögliche Lösung: Änderung ir > iu), s.a. EHRISMANN V,174. 1964f. Formelhafte Wendung, vgl. z.B. Gregorius 1729f. und Erec 3638f.

106 1965 W

1970

1975

1980

1985

1990

1995

2000

2005

und des mit ir huld verzigen. gnâde hab, mîn vrouwe hêr! ditz solt ich dienen immer mêr. zuo lône wil ich haben daz, daz ich iuwer hulde dester baz hab, swâ ich hin kêre. lônes begere ich niht mêre.« nû neigte im diu maget Eudîs; des hât er lop, êre und prîs. Künic Artûs kâmen mære, daz nun ledic wære ein künicrîche und ein lant und daz im wære gesant, daz er ez lîhen solte und geben, swem er wolte. daz lant hiez dâ Deleprosat. manic vürst in dar umb bat; den versagte er ez allen gelîche, wan er tet wol hovelîche: er hiez die krône dare tragen und hiez über al sagen, daz sie sich bereiten dar zuo: (und des andern tages vruo alle wâren gereht, er wære ritter oder kneht) wer turnierte aller beste dâ, daz er die krône solte sâ haben und dâ mit daz lant. dar zuo bereite sich zuo hant manic ritter stolz. ûf ein plân vor einem holz wart der turnier geleit, den manic ritter gemeit suochte mit hôhem muot. Unarc, ein helt vil guot, ein herzoge vil rîche, der was wol ritterlîche, gezieret und gewâpnet wol, kostlîches muotes was er vol; der reit zum êrsten ûf den rinc. gên dem vuor ein jungelinc, Segremors von Roi. dô was erhaben der turnoi. Misfrigall von Mînsebunt 2005 jungelinc (BÜSCHING)] junglin

aber diese Sache sei mit ihrem Wohlwollen ausgeHabt Dank, erhabene Dame! [schlagen. Ich werde euch immer zu Diensten stehen. Als Belohnung möchte ich, dass ich umso mehr in eurer Gunst stehe, wohin ich mich auch wende. Eine andere Belohnung will ich nicht.« Da verneigte sich die Jungfrau Eudis vor ihm; davon bekam er Lob, Ansehen und Ruhm. Währenddessen kam König Artus zu Ohren, dass ein Königreich und ein Land unbelehnt wären und dass nach ihm geschickt würde, damit er es belehnen und geben würde, wem immer er wollte. Das Land hieß Deleprosat. Viele Fürsten baten ihn darum; denen versagte er es allen ausnahmslos, sondern handelte angemessen höfisch: Er befahl, die Krone herbeizubringen und ließ allen mitteilen, dass man sich zu Folgendem vorbereite: (und am nächsten Morgen früh waren alle bereit, sowohl Ritter als auch Knappen) Wer dort am besten im Turnier abschnitt, der solle sofort die Krone und dazu das Land bekommen. Für das Turnier bereiteten sich sofort viele herrliche Ritter. Auf einer Ebene vor dem Wald wurde das Turnier ausgerichtet, das viele stattliche Ritter mit Begeisterung aufsuchten. Unarc, ein ausgezeichneter Held und mächtiger Herzog, der war ausgesprochen ritterlich, gut geschmückt und bewaffnet, er war durch und durch vornehm; der ritt zuerst in den Kampfring. Gegen ihn trat ein junger Mann an, Segremors von Roi. In dem Moment begann das Turnier. Misfrigall von Minsebunt 2008 vnd ain

107 W 2010

2015

2020

2025

2030

2035

kêrte an der stunt mit einem banier wol gesniten. an den kam geriten Febreflujor von Tûbîs. Vagrôfical und Portenîs, die riten dâ von prîse wol, als man zuo turnei tuon sol. Zêhattêl, Fetoron und Trîachtâ, Karfabalon, die kâmen vast gevarn. der ritter mit dem arn, der vuor als ein tocke: an sînem wâpenrocke hienc manic vingerlîn, diu wâren alle guldîn, vornân unde hinden, daz nieman kunde vinden kein stat, diu dâ lære wær. ez was allez behangen gar. nun sehet, wie gar lobebære, als ob ez ein kotze wære rehte dicke von zoten, an einem ieglîchen knoten ein vingerlîn gestecket. alsô was ez bedecket der wâpenroc pfellîn. er kêret her oder hin,

drehte sich sofort mit einem prächtig gefertigten Banner um. Gegen ihn kam geritten Febreflujor von Tubis. Vagrofical und Portenis ritten dort für ihr Lob, wie man bei einem Turnier es tun soll. Zehattel, Fetoron und Triachta, Karfabalon, die kamen schnell geritten. Der Ritter mit dem Adler kam wie eine Puppe daher: An seinem Wappenrock hingen viele Fingerringe aus Gold, vorne und hinten, sodass niemand hätte eine unbedeckte Stelle finden können. Es war alles über und über behängt. Nun seht, wie prächtig, als ob es sich um ein grobes Wollzeug voller Zotteln handeln würde, steckte an allen Knoten ein Ring. Auf diese Weise war der seidene Wappenrock bedeckt. Ob er hierhin oder dorthin ging,

2013 von

2013 und. Trennung der Namen gesichert durch die Nennung als zwei verschiedene Personen unten 2197 und (wahrscheinlich) 2200. 2020 Wahrscheinlich soll nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass Wigamur das Aussehen einer Puppe hat, sondern, in einem uns fremd gewordenen Vergleich, so s c h ö n ist w i e eine Puppe, vgl. Willehalm 33,24f. mîner tohter tocke / ist unnâch so schoene. Ulrichs Alexander 19806–10 Agyris die wîse / an decke und an wâpenrocke / als ein wol geschicket tocke / sich selben hete bereitet dar / von rôtem golde lieht gevar. 2026f. wær : gar. Unreiner Reim. Ursprünglich vielleicht wære : mære? 2029 kotze. Ein grob gewebtes, zottiges Wollzeug, das als Decke im Hauswesen, als Pferdedecke und zur Herstellung einfacher Bekleidungsstücke verwendet wird (KÜHNEL 146). 2031 knoten. Eine andernorts nicht belegte Bezeichnung für einen Teil des Wappenrocks? Hier wahrscheinlich nicht »das zerrissene hemde mit knoten in der kürze ganz machen, um das flicken zu ersparen« (DWb V,1503 mit Verweis auf Pz. 257,14 sîne fuorte niht wan knoden an und 260,6f. niht wan knoden und der rige / was an der frouwen hemde ganz). Es wäre ungewiss, weshalb Wigamur bereits vor dem Turnier ramponiert sein sollte. 2033 ez. Formale Subjektbezeichnung, die im Satzeingang das Subj. vorausnimmt (BEHAGHEL I,319f.), hier mit ungewöhnlicher Wortstellung (statt ez was alsô); evtl. Änderung ez > et?

108 W

2040

2045

2050

2055

2056

2060

2065

sô klanc der roc von pfelle gar, den het im gesendet dar Eudîs, diu maget gemeit, wan sie von sîner vrümekeit den boum und ouch den brunnen hete wider gewunnen. sô reit der tugentlîche dô rehte ritterlîche ûf einem ros, daz was starc. er stach den helt Unarc, daz er viel in den rinc. Riuranz, der jungelinc, vil hôchverticlîche reit. er vuorte ein schilt breit … stach dâ von îtel beidenthalben manic schœn tropel. rôt, brûn unde gel wâren sie gezimieret. dâ wart geturnieret.

stets klirrte der Seidenrock, den ihm dorthin bringen hatte lassen die prächtige Jungfrau Eudis, weil sie von seiner Tüchtigkeit Baum und Brunnen zurückgewonnen hatte. So ritt der Tüchtige auf ritterliche Weise auf einem kräftigen Pferd. Er stach den Helden Unarc, dass dieser in den Kampfring fiel. Riuranz, der junge, ritt sehr stolz. Er führte einen breiten Schild … stach dabei vergeblich auf beiden Seiten viele herrliche Truppen. Rot, braun und gelb waren sie geschmückt. Dort fand ein Turnier statt.

Wie künic Artûs kam mit Lanzelet und andern rittern.

Wie König Artus mit Lanzelet und weiteren Rittern kam.

Artûs unde Lanzelet, Burset unde Gamuret, die kêrten in die dicken. mit manigen blicken stâchen sie oft umb sich. manigen ritterlîchen stich tâten sie dâ mit kreften zuo den ritterscheften. Plîopleerin von Aratûn ûf einem rosse brûn, der vuort ein sper in sîner hant, dem hete sîn amî gesant bî tûsent marken ein kleinôt,

Artus und Lanzelet, Burset und Gamuret, sie alle drängten in die Menge. Um sich blickend stachen sie immer wieder um sich. Viele vorzügliche Stiche teilten sie kraftvoll beim Ritterkampf aus. Pliopleerin von Aratun, der auf einem dunklen Pferd saß, hielt eine Lanze in seiner Hand; seine Freundin hatte ihm einen Glücksbringer für fast tausend Mark geschickt,

2038 diu maget (BÜSCHING)] gemaget

2039 frünckait

2054 gezimerirt

2058 dick in

2054 gezimieret. Zum Subst. zimier, zimierde (afranz. cimier). Bezeichnet ab dem 13. Jhd. allgem. den Schmuck an Ritter und Pferd und im engeren Sinn ein figürliches heraldisches Erkennungszeichen am Helm. Es bestand aus Holz, Leder, Leinen oder Pergament, war oft bunt bemalt oder vergoldet. Es begegnen als Zimiere u.a. Anker, Engel, Tiere oder Pflanzen (SUOLAHTI 97 und 308, KÜHNEL 111f., BUMKE 216f., VORDERSTEMANN 365–372).

109 W 2070

2075

2080

2085

2090

2095

daz was ein schappel von golde rôt, daz vuort er ûf dem helme sîn, und ein rôtguldîn vingerlîn. der kam vaste gevarn an den ritter mit dem arn. sîn sper er an dem verstach, daz ez alles zerbrach. daz vergalt er im ritterlîchen und liez an in strîchen und warf in under sîn ors. ein ritter hiez Gletechleflors †der was gezimÿrt wol bewert als im dy seld het beschert was mit gold sein indewe† die het ouch ein vrouwe von Rappalînde dar gesant. den vienc der küene wîgant Wîgamûr mit dem arn. dô kam aber an in gevarn Tûgât von Barbarîe ûf einem ros von Sîrîe, daz was hôch und starc genuoc, wan ez in vermezzlîchen truoc zwei mâl über den rinc. dô stach in der jungelinc mit dem arn Wîgamûr, daz er von dem rosse vuor vil nâhe eines schaftes breit. 2070 dein

es handelte sich dabei um einen Kranz aus rotem Gold, den er auf seinem Helm trug, und um einen rotgoldnen Fingerring. Er galoppierte zum Ritter mit dem Adler. Er schmetterte seine Lanze derart auf ihn, dass sie ganz und gar zerbrach. Das zahlte er ihm exzellent heim und sprengte auf ihn zu und warf ihn unter sein Pferd. Ein Ritter namens Gletechleflors … … … den hatte ihm zudem eine Herrin von Rappalinde dorthin geschickt. Den nahm der kampfeslustige Held Wigamur mit dem Adler gefangen. Nun kam auch Tugat von Barbarie zu ihm geritten auf einem Pferd aus Syrien, das groß und wirklich stattlich war, denn es trug ihn kühn zweimal über den Kampfring. Da stach ihn der Jüngling Wigamur mit dem Adler 〈so heftig〉, dass er vom Pferd fast die Länge einer Lanze weit fiel.

2075 er

2080–82 Konstruktion der Verse unklar: Das Verb in 2080 ist wegen der beiden Partizipien gezimyrt und bewert nicht eindeutig, zudem ist bewern (»gewähren« oder »verhindern«, MWb I,753) im Sinnzusammenhang unverständlich. Probleme bereitet ferner das unbekannte Wort indewe. Ich sehe drei Möglichkeiten: 1. Es handelt sich um zwei Sätze, Änderung 2080 zu des zimier was wol gewert (»der hatte seinen Helmschmuck wacker verteidigt«) oder … wol begert (»der Helmschmuck war begehrt«). Korrektur nach SARRAZIN indewe > mouwe (»Ärmel« als Schildabzeichen, vgl. BRÜGGEN 234 und Erec 2293 mouwe guldîn). 2. DOCEN 351 dichtet in einem Satz neu: des zimierde wol bewert, / als im diu sælde het beschert, / was von golde ein louwe, / die het im et ein vrouwe / … 3. Ebenfalls in einem Satz mit veränderter Interpunktion: der was gezimieret wol, bewert, / als im die sælde het beschert, / was mit golde sîn gezouwe (»der war schön geschmückt; das Glück bescherte ihm, dass seine goldene Ausrüstung geschützt war«). Zu gezouwe im Sinne von »Ausrüstung« vgl. Kudrun 262,3f. allen die iu volgent, den gibe ich solche gezouwe, / daz iuch wol mit êren mac gesehen ein ietslîchiu frouwe. Klage B* 2835 die vuorten sîn gezouwe. 2091 vermezzlîchen. Die Wb. belegen nur die Form vermezzenlîchen, die an dieser Stelle auch metrisch passender wäre. Wahrscheinlich frühnhd. Umsetzung durch den Schreiber. 2096 Lanze als Längenmaß (BMZ II/2,75a, DWb VIII,2048f.), vgl. Erec 2802f. er viel dô im misselanc / von rosse wol drîer schefte lanc.

110 W

2100

2105

2110

2115

2120

dô kam ein ritter gemeit gevarn von Dudel ûf einem rosse starc und snel. sîn schilt was zuo loben. umb und umb vil eben lac edels gesteines vil. als ich iu nun sagen wil, der schilt was gemachet guot von golde und von drachenbluot ganz alumb den rant. in der mitte was ein helfant erhaben von edelm gesteine, der was ouch vil reine und dar zuo von gimmen. die riemen dar inne, daz was ein guldîn bort mit vlîze wol geworht. sîn halsberc guoter ringe was, sîn helm lûter als ein glas und ouch von stahel herte. daz gehilz an sînem swerte was geslagen von golde rôt. sîn îsnîn hosen wâren guot, sîn wâpenroc was schœne; rôt, gel unde grüene was gemâlet sîn sper. ûf dem helme vuorte er von rôsen ein zimerol.

Als nächster kam ein stattlicher Ritter von Dudel auf einem kräftigen und schnellen Pferd daher. Sein Schild war nicht zu verachten. Oben war er gleichmäßig mit zahlreichen Edelsteinen besetzt. Wie ich euch jetzt erzählen will, war der Schild hervorragend gearbeitet aus Gold und Drachenblut ganz um den Schildbuckel herum. In der Mitte erhob sich ein Elefant aus Edelstein, der war wunderschön und bestand aus Juwelen. Die Riemen darin waren Goldbänder, die gut und sorgfältig gearbeitet worden waren. Sein Halsberg bestand aus starken Ringen, sein Helm glänzte mehr als ein Spiegel und war aus hartem Stahl. Sein Schwertgriff war aus rotem Gold geschmiedet. Seine Eisenhose war solide, sein Wappenrock prächtig; rot, gelb und grün war seine Lanze bemalt. Als Zimier trug er Rosen.

2103 als (BÜSCHING)] as

2101 Unkorrekte Reimbindung (W: loben : ewen) und auffällige Wiederholung von vil. Möglicherweise Augensprung des Schreibers? Korrektur mit größerem Eingriff wäre z.B. umb und umb lac oben / [] edels gesteines vil. Zum Wechsel von b und w vgl. Einleitung Kap.2. 2104 guot. Prädikatives Adj. zu schilt mit zusätzlicher Bezeichnung durch Part.Prät. (25PAUL §S30.5). 2105 drachenbluot. Drachenblutgehärtete Schilde oder andere Rüstungsteile begegnen vor allem in der Heldenepik (z.B. Laurin A 185f. sîn brünne […] was gehertet in trachenbluot), vgl. die Verweise bei LECOUTEUX II,190. 2106 rant. Bezeichnet hier wohl den Schildbuckel (vgl. zu 622), DWb VIII,82 und BMZ II/1,554a. 2112f. bort : geworht. Zum Reim mit ausgefallenem /h/ vgl. Einleitung 4.A.3.7. Die Apokope bort lässt auf eine Schreiberbearbeitung schließen (LINDEN 53, vgl. auch MAUSSER 190). Möglicherweise war der Reim ursprünglich ähnlich Gauriel 675–7 die riemen guldîn borten / vil gar an allen orten / mit edelm gesteine wol beslagen oder Wigalois 2538–40 daz der zügel solde sîn / daz wâren borten guldîn, / geworht mit grôzem vlîze. 2124 zimerol. »wohl eine diminutive Ableitung von zimier, zimer ›Helmschmuck‹ […] und als zimerel, zimerel anzusetzen« (SUOLAHTI 308). Da das Wort nur im im Wigamur belegt ist, evtl. Änderung zimier : Mofetier? Zu zimier siehe zu 2054.

111 2125 W

2130

2135

2140

2143 2145

2150

2155

2160

Jorîol von Mofetîol des was gewarnet gar und was ouch komen dar durch âventiure willen. die zwêne gesellen wolten nieman gesparn, biz der ritter mit dem arn dar kam. der stach ein nider. weder ê noch sider kam ûf keinen turnei kein ritter, der enzwei stach als manic schaft … ûf den turnei reit maniger ritter gemeit in vil ritterlîcher ahte, den nieman enmahte niht gebrechen wen er. man hôrte dâ niht mêr wan: »kêrâ her! kêrâ her! brinc sper! reich mir ouch vil guoter †fel zwir†!« unz der künic sande dar … die ritterschaft hiez er lâzen. die degen dô sâzen von den rossen in daz palas. sie schutten ab den harnas und legten wider an diu kleit. Artûs, der künic gemeit, hiez sie alle vür in komen. »ir habt alle wol vernomen, waz ich gelobet hân. daz sol ich wâr lân. swer den besten prîs bejaget hât 2128 âventiure (BÜSCHING)] aberteür

Joriol von Mofetiol war gut dafür gerüstet und war ebenfalls für Aventüre dorthin gekommen. Die zwei Gefährten wollten niemanden verschonen, bis der Ritter mit dem Adler dorthin kam. Der stach einen nieder. Zu keiner Zeit kam zu einem Turnier ein Ritter, der so viele Lanzen zerbrach … beim Turnier ritten viele stattliche Ritter wirklich ausgezeichnet, denen niemand, abgesehen von ihm, schaden konnte. Man hörte dort nur noch: »Komm her! Komm her! Bring mir Lanzen! Gib mir auch viele gute […]!« Bis der König dorthin schickte … er befahl, das Turnier zu beenden. Die Helden stiegen daraufhin von ihren Pferden 〈und gingen〉 in den Palas. Sie legten ihre Rüstung ab und zogen wieder ihre Hofkleidung an. Artus, der prächtige König, ließ alle vor sich treten. »Ihr habt alle genau gehört, was ich versprochen habe. Das werde ich jetzt einhalten. Wer am meisten Ruhm erlangte 2130 dz sparn

2130 daz. Fehlender Bezug, wahrscheinlich versehentlicher Schreiberzusatz. 2144 Die anderen Ausgaben nehmen fehlenden Vers an, möglich aber auch Dreireim er : mêr : her. LINDEN 43 emendiert … wan er / man hôrte niht wan herâ her. 2147 fel zwir. Sinn unklar. Naheliegend, aber im Zusammenhang unwahrscheinlich sind vêle (lat. velum, afran. voile, »Umhang, Mantel«, BRÜGGEN 256) und vel (»Haut, Fell«) bzw. zwir (»zweifach, doppelt«). Wahrscheinlich Schreib- oder Lesefehler eines kampfbezogenen Terminus wie banier, hersenier, salier, schinier oder zimier. Ähnliche Rufe nach neuen Waffen finden sich bei SCHULTZ II,129.

112 W

2165

2169

2170

2175

mit ritterlîcher tât, der sol dise krône dar umbe 〈hân〉 zuo lône und ouch daz künicrîche. nun sprechet alle gelîche, wem des ir wellet jehen. ich hân hiute gesehen manic kleinôt wol getân, vil ritterlîchen lobesan.«

mit ritterlichem Tun, der soll dafür diese Krone als Belohnung und auch das Königreich bekommen. Nun sagt alle zusammen, wem ihr das zusprechen wollt. Ich habe heute viele Schmuckabzeichen gesehen, 〈die waren〉 wundervoll löblich.«

Wie die ritter alle Wîgamûr die krôn zuo sprâchen.

Wie alle Ritter Wigamur die Krone zusprachen.

Sie swigen alle gelîche. Wîgamûr, der tugentrîche, sprach dô unverborgen: »der ritter, der gestern morgen in dem ringe streit, dem het diu künigîn gemeit Affrosidones, vür die er vaht, bereit an der naht sînen wâpenroc von rîcher kost.

Sie schwiegen alle zusammen. Wigamur, der tüchtige, sagte unverhohlen: »Der Ritter, der gestern Morgen im Kampfring stand, dem fertigte die prächtige Königin Affrosidones, für die er kämpfte, in der Nacht seinen kostbaren Wappenrock an.

2163 hân (BÜSCHING: haben) 2161 M

2165

2170

2175

2169 ritterlîchen (DOCEN 351)] ritterlicher

[…]lîcher tât, der sol dise krône von mir haben ze lône und daz künicrîche. nû sprechet al gelîche, wem ir der êren wellet jehen. ich hân hiute gesehen manic kleinôt wol getân vil ritterlîche vertân.« Die swigen al gelîche. Gâwân, der tugende rîche, sprach unverborgen: »der ritter, der gester morgen in dem 〈rin〉ge dâ streit, dem hete diu künigîn gem〈eit〉 Eudîs, vür die er vaht, bereit an dirre […] einen wâpenroc von rîcher kost.

2171–76 Text-Variante: In M schlägt Gawan Wigamur als Gewinner des Turniers vor, in W dagegen redet Wigamur selber über seinen früheren Gegner Diatorforgrant, von dem es 1929 heißt, er sei darart verwundet worden, dass er nicht mehr gesund würde – womit die Variante widersinnig erscheint. Allerdings setzt W 2176 die Änderung konsequent mit der Nennung des Namens Affrosidones (M Eudis) fort, weshalb nicht von einer einfachen Unachtsamkeit des Schreibers auszugehen ist.

113 W 2180

2185

2190

2195

dar in hât er 〈mange jost〉 hiute geriten wol. ich sage, als ich swern sol, daz er der beste ritter was, der hiute ie ûf ros gesaz.« dô sprach Plîopleerin: »wan ich sîn gevangen bin, sô wil ich der wârheit jehen. ez entorste nie kein man gesehen ein ritter alsô tugenthaft: der hât manlîche kraft.« dô sprach der künic Unarc, er gæb dar umbe tûsent marc, »daz mir hie zuo Karidol wær gelungen alse wol, des mac er sîn wol gemeit.« dô sprach Salmurte bereit: »ich verjehe, daz er hât den prîs.« 2179f. ist in W in eine Zeile geschrieben

M 2180

2185

2190

2195

Darin hat er heute viele Tjoste ausgezeichnet geritten. Wie ich versichern soll, sage ich, dass er der beste Ritter war, der heute überhaupt auf einem Pferd saß.« Daraufhin sagte Pliopleerin: »Weil ich sein Gefangener bin, will ich über ihn die Wahrheit sagen. Kein Mann hatte jemals die Gelegenheit, einen derart tüchtigen Ritter zu sehen: Er ist ein wirklich kräftiger Mann.« Darauf sagte König Unarc, er gäbe dafür tausend Mark, »wenn es mir hier in Karidol genauso gut gelungen wäre. Darüber kann er wirklich froh sein.« Da sagte Salmurte eifrig: »Ich will meinen, dass ihm der Preis zusteht.« 2196 verjehe (BÜSCHING)] verjch

dâ inne hât er manige jost hiute geriten wol. ich sage, als ich ez sweren sol, daz er der beste was, der hiute ûf dechein ors gesaz.« dô sprach Plîopleerin: »wan ich sîn gevangene bin, sô wil ich der wârheite jehen. sône dorfte nie nichein man gesehen ritter alsô tugenthaft: er hete manlîche kraft.« dô sprach der ritter Unarc: »ich wolte geben tûsent marc, daz mir hie zuo Karidol wære gelungen alsô wol, des mac er wol sîn gemeit.« dô sprach Salmurte breit: »ich wil jehen, er hât den prîs.«

2185 sîn. Gemeint ist nun eindeutig Wigamur, der Pliopleerin gleich zu Beginn des Turnierkampfes von seinem Pferd wirft. 2187 dorfte/entorste. Bis ins Frühnhd. bezeichnet dürfen die »notwendigkeit oder erfordernis« auch in »verallgemeinernden aussagen« (2DWb VI,1797f.). In W dagegen Vermischung von dürfen und turren (BECH 26 und FRITZ 111f.). 2191f. W. Der unvermittelte und unmarkierte Übergang von indirekter zur direkten Rede ist »kein spontaner Reflex ›mündlicher Rede‹, sondern wir haben es hier ebenfalls mit einem formsicher angewandten Stilmittel zu tun, einer Klimax der Rede, bei der die nachfolgende Figurenrede den Kern der Aussage trägt«. Vorbilder sind wohl NL oder Wolfram (BERTELSMEIER-KIERST, Zitat S. 90).

114 W

2200

2205

2210

sam sprach der ritter Portenîs, Êrec unde Lanzelet, Riuranz unde Gamuret, Kei und Pagôfrical. dar nâch die ritter über al sprâchen mit einer stimme, daz Wîgamûr ein gimme wære sîner manheit. iren gnuoc was ez leit, daz sîn lop sô grôz was, wan ie was nît und haz. doch beleip im der prîs gar. der künic hiez im bringen dar und empfienc in vil schône. er hiez dar tragen die krône, die hete er verdienet dâ. Wîgamûr bat er alsâ. 2202 spachen

M

2200

2205

2210

Dem stimmte auch der Ritter Portenis zu, 〈wie auch〉 Erec und Lanzelet, Riuranz und Gamuret, Kei und Pagofrical. Darauf sagten die Ritter ohne Ausnahme mit einer Stimme, dass Wigamur eine Perle von einem Mann wäre. Viele waren damit unzufrieden, dass sein Lob so groß war, denn immer schon gab es Neid und Missgunst. Doch sein Ruhm blieb davon völlig unangetastet. Der König ließ 〈Wigamur〉 zu sich kommen und empfing ihn sehr freundlich. Er befahl, die Krone herbeizutragen, die er dort verdient hatte. Er lud ihn sofort ein.

2203 ein gimme (SARRAZIN)] der jungling

same sprach der ritter Portenîs, Êrec unde Lanzelet, Riuranz unde Gamuret, Gâwân und Pagôfrical. dar nâch die ritter über al sprâchen mit einer stimme, daz Wîgamûr ein gimme wære sîner manheit. gnuogen was daz leit, daz sîn lop sô grôz was. wanne was niht nît und haz? doch bleip im der prîs gare. der künic hiez ime gewinnen dare und empfienc in harte schône. er hiez im dar tragen die krône, die er verdienet hete dâ. dem ritter bôt er sie sâ. 2211 er] Der, Initiale fehlerhaft gesetzt (vielleicht Reste des Palimpsestes?), er steht weit davon ab und über der roten Majuskel D ist von der Hand des Schreibers 2210 schone nachgetragen

2203 »ein gimme einer Sache: ›in Hinblick auf etw. vorbildlich, herausragend‹« (FRIEDRICH 165). Die Wendung in W ist unverständlich, wahrscheinlich Schreiberfehler. 2205–07 In M wird in 2207 mit einem temporalen Frageadv. eine allgem. Erzählerfrage eingeleitet, in W dagegen leitet die Konjunktion wan[de] einen Kausalsatz ein, der die Ursache für die Ressentiments gegen Wigamur angibt. Zur Formulierungstradition HSS 100f. 2209 im ist Refl.Pron., das von bringen und gewinnen geforderte Akk.-Obj. ist ausgefallen, möglicherweise weil es identisch mit in 2210 ist (25PAUL §S232.1); evtl. Konstruktionsfehler (im > in). 2213 bat W / bôt M. In M bietet der König Wigamur die Krone an, in W überflüssige Aufforderung. Wahrscheinlich Lesefehler des Schreibers mit konsequenter Auslassung des Obj. sie.

115 W 2215

2220

2225

2230

vernemet, wie der künic sprach, dô er den ritter ersach: »her, ir müget gerne leben, daz iu diu sælde hât geben alse grôze wirdikeit, die hie hât got an iuch geleit, wan iuwer lop ist sô grôz, daz niender iuwer genôz ist gewesen zuo Karidol, wan ir behertet hât wol, daz ir lobebære stât. ir sult haben âne spot. ez wart durch iuch her gesant nuo; wes beitet ir nû? grîfet zuo! und rihtet rehte dem herren als dem knehte, dem arm als dem rîchen.« dô sprach gezogenlîchen der ritter mit dem arn:

Hört nun, wie der König sprach, als er den Ritter erblickte: »Herr, ihr habt Grund, gerne zu leben, weil euch Fortuna eine derart große Auszeichnung zugespielt hat, die Gott euch verliehen hat, denn euer Ansehen ist so groß, dass euch keiner ebenbürtig gewesen ist in Karidol, denn ihr habt deutlich gemacht, dass ihr rühmenswert seid. Ihr sollt im Ernst 〈hier〉 bleiben. Es wurde um euretwillen ein Bote ausgesandt. Warum zögert ihr? Greift zu! Und richtet recht dem Herrn wie dem Knecht, dem Armen wie dem Reichen.« Höflich sagte daraufhin der Ritter mit dem Adler:

2223 beharent M 2215

2218 2220 2222

2225 22251 2226 2227 22271

2230

Vernemet, wie der künic sprach, dô er 〈den〉 ritter an sach: »herre, ir muget gerne leben, daz iu diu sælde hât gegeben alsô grôze werdekeit, wan iuwer lop ist sô breit worden alhie 〈zuo〉 Karidol, wan ir behertet habet wol, daz ir […]s wert sît. ir sult haben âne strît beide 〈krôn〉e und lant. ez wart durch iuch her gesant; 〈wes〉 beitet ir nuo? gêt, grîfet zuo! und rihtet zuo rehte dem herren und dem knehte, armen unde rîchen.« dô sprach gezogenlîchen der ritter mit dem arn:

2224–271 In M 2224 wohl [lobes] wert sît, in W dagegen lobebære als Adv. zu stân. Interessant daher der Vorschlag von DOCEN 352 Wann ir hant beweret wol, Das ir die krone lobpár stat. Der Dialektreim stât : spot erklärt sich mit der bair.-österr. bzw. alem. Neigung, /a/ und /o/ einander anzunähern (25PAUL §E27.5 und 10, WEINHOLD §60); ähnlich Frauendienst 674,2f. herre ich sage iu ane spot, / ir muot rehte hohe stat. Offenbar hat der W-Schreiber 22251 ausfallen lassen und durch das neue Reimwort nuo ausgeglichen. W2225 wird durch das im Vergleich zu M fehlende Obj. sinnlos (haben abs. sonst nur im Sinne von »halten, stehenbleiben«, z.B. Pz. 182,25 hie habt ein man).

116 W

»herre, ir sült baz ervarn an den rittern, wer ich sî. mîn ist gespotet hie bî. mîn lop ist leider zuo kranc.« der künic trat ûf ein banc, biz daz er sie alle übersach. güetlîch er aber sprach: »nû jehet, ir edeln ritter, besant zuo der tavel her, wem ir die krône und daz lant erteilet mit reht zuo hant.« Nêauton von Moncazîn: »ich nime ez ûf die triuwe mîn, daz ich hie nieman hân gesehen, keinen ritter, dem ich welle jehen, der sô ritterlîch und sô prîslîch streit.« dô sprâchen alle ritter nâch in wârheit: »mit wirdikeit sol er tragen die krône.«

M

»herre, ir sult baz ervarn an den ritteren, wer er sî. mîn ist hie gespotet bî. mîn lop ist leider hie ze kranc.« der künic trat ûf einen banc, daz er sie alle übersach. guotlîch er aber sprach: »nû jehet, edele ritter balt, die zuo der tavelrunden sîn gezalt, wem ir die krône und lant erteilen welt.« dô sprach zuo hant Nêauton von Moncazîn: »ich næmez an die triuwe mîn, daz ich hie niht hân gesehen, nicheinen ritter, dem ich welle jehen, daz er sô prîslîche rite und sô ritterlîche strite, alse der ritter hiute tet.« die anderen sprâchen dâ ze stet: »herre, daz ist diu wârheit. er ist in der werdekeit, daz er sal tragen die krône.«

2235

2240

2245

2250

2235

2240

2245

2248 22481 22482 22483 2249 22491 2250

»Herr, erfahrt von den Rittern genauer, wer ich bin. Ich werde zum Narren gehalten mit dieser Sache. Zu meinem Bedauern ist mein Ansehen allzu geDer König stieg auf einen Tisch, [ring.« um alle zu überblicken. Er antwortete freundlich: »Jetzt sagt, ihr adligen Ritter, die ihr zu der Tafelrunde bestellt seid, wem ihr die Krone und das Land mit Recht und auf der Stelle zuerkennt.« Neauton von Moncazin: »Auf mein Wort, ich habe hier niemanden gesehen, keinen Ritter, dem ich 〈den Sieg〉 zugestehen möchte und der derart ritterlich und lobenswert gekämpft hat.« Alle Ritter bestätigten aufrichtig: »Er ist würdig, die Krone zu tragen.«

22482 hiote

2247 jehen W mit Dat. ohne Angabe der Sache (BMZ I,513b), ähnlich z.B. NL 424,2f. ê daz iu müeste jehen / Gúnthér mîn herre, dâ müesez herte sîn (zu ergänzen siges).

117 W

2255

2260

2265

2270

des antwurt der hôchgeborn ritter der oft genante Wîgamûr, [schône, dâ mit der adlar vuor: »wær ich, als ir geruochet jehen, sô wær mir harte wol geschehen an êren und an vrumekeit. ist daz niht, daz ist mir leit. gerne ich verdienen sol, daz ir mir sprechet alsô wol. wie möht ich eines lands wert sîn? ich enweiz, wer ich bin. næme ich daz künicrîch nuo, vil lîhte kæme ez dar zuo, sô die herren in den landen mîne geburt niht erkanden, sie heten mich swechlîche und begunden mîn rîche wider rouben und heren; und ich mich danne solte weren, sô het ich ungemach und kumber. 2256 frinckait

M

2255

2260

2265

2270

Darauf antwortete der hochgeborene Ritter, der oft genannte Wigamur, den der Adler begleitete, freundlich: »Wäre ich so, wie es euch zu sagen gefiel, so wäre es gut um mich bestellt in Hinblick auf Ansehen und Tüchtigkeit. Da es nunmal nicht so ist, bringt es mir Kummer. Bereitwillig werde ich mir erarbeiten, dass ihr so gut über mich redet. Doch wie könnte ich eines Landes würdig sein? Ich habe keine Ahnung, wer ich bin. Nähme ich jetzt das Königreich an, käme es sehr leicht dazu, wenn die Fürsten in den Ländern meine Geburt nicht anerkennen würden, dass sie mich für niedrig hielten und daran gingen, mein Reich wieder zu berauben und zu plündern; und wenn ich mich wehren müsste, dann hätte ich Ungemach und Kummer.

2258 dz tůn

des antwurte aber schône der ritter guot Wîgamûr, mit dem der adelare vuor: »Herre, wær ich, als ir geruochet jehen, sô wær mir harte wol geschehen an […] und an vrumicheit. daz des niht ist, daz ist m〈ir〉 lei〈t〉. gerne ich verdienen sol, daz ir mir spre〈che〉t alsô 〈wo〉l. wie moht ich landes wert sîn, wan ich ne〈wei〉z niht, wer ich bin? næme ich daz 〈k〉ünicrîche 〈nuo〉, lîhte kæmez dar zuo, sô die he〈rr〉en in dem lande mîne geburt niht erkand[…], sie heten mich smæhlîchen und begunden mîn r〈îc〉he beide rouben und hern; und ich mich dann〈e s〉olte wern, sô nehet ich mâge noch künne

2258 verdienen. In W evtl. aufgrund Lesefehlers sinnlos (Wigamur stimmt zunächst bereitwillig zu, lehnt aber sogleich wieder ab) und mangelnde Konstruktion (2259 als Relativsatz mit ungewöhnlicher Verwendung von sprechen), daher Änderung nach M. 2270–72 Die ausgebliebene Reimbindung in W lässt darauf schließen, dass der Schreiber künne nicht verstanden hat oder absichtlich änderte. Aus beiden Hss. lässt sich experimentell ein Text der drei

118 W

2275

2280

2285

wan ich dan dâ von entrünne, sô het ich schaden und schande. zuo krône und zuo lande hân ich weder vriunt noch guot. dâ von sol ich mînen muot zuo den dingen leiten, daz ich müg erbeiten, biz ich wirde erkant. künicrîche unde lant wær mir vil zuo grôzlîch, wan ich bin dar zuo genôzlîch: daz ich mit dienste sî gereht, ez sî ritter oder kneht, swaz man an mich suochet, daz ich sîn mit zühten ruochet.« Artûs, der künic lobesam, sprach, als sînem hof gezam, zuo dem ritter alsô guot:

Wenn ich davonliefe, hätte ich Schaden und Schande. Für eine Krone und ein Land habe ich weder Freunde noch Besitz. Deswegen muss ich mich darauf konzentrieren, solange abwarten zu können, bis ich bekannt sein werde. Königreich und Land wären mir zu groß, denn ich bin 〈nur〉 zu Folgendem in der Lage: Dass ich mit Ergebenheit bereit stehe, sei es einem Ritter oder Untergebenen, was auch immer man von mir verlangt, dass ich mich aufrichtig um ihn kümmern würde.« Artus, der lobenswerte König, sagte, wie es für seinen Hof passend war, zu dem ausgesprochen vorzüglichen Ritter:

2287 sprach (BÜSCHING)] spach M

2275

2280

2285

… sô 〈het〉 ich schaden und schande. zuo krône und ze lande 〈hâ〉n ich vriunt noch guot, von diu sol ich mîne〈n〉 muot zuo den dingen leiten, daz ich muge erb〈ei〉ten, daz ich baz werde bekant. künicrîche 〈unde〉 lant wære mir zuo grôzlîch … daz ich mit dienste sî gereht, er sî ritter oder kneht, swer ez an 〈m〉ich [] ruochet und ez mit zühten suochet.« Artûs, der künic lobesam, sprach, 〈al〉se sîm 〈hove wol〉 […] zuo dem ritter […] 2271 fehlt ohne Lücke

2281 fehlt ohne Lücke

2284 gert ruchet

Verse konstruieren: sô nehet ich mâge noch künne. / wan ich dâ von entrünne, / sô het ich schaden unde schande. 2284 gert ruochet M. Wahrscheinlich hat der Schreiber gert versehentlich gesetzt und die Tilgung vergessen. LINDEN 5 schlägt vor dort ruochet. 2284f. suochet : ruochet. In W regiert ruochet als Konj. Prät. das Subj. ich (=Wigamur), in M dagegen als Ind. Präs. swer (»wer auch immer es von mir wünscht / und es höflich sucht.«); häufiger verwendete Formel (s.a. zu 1361–63).

119 W 2290

2295

2300

2305

»herre, ir habt einen muot, der dunket mich wunderlîch: daz ir der jungen vrouwen rîch iuch weret zuo wîbe, diu an guot und an lîbe einen künic wol vermac, und habet allen disen tac iuch des künecrîchs gewert! ouch ist iu grôze 〈êr〉 beschert, ob ir daz volget gern und liezt iuch eigen muote wern.« dô sprach aber mit güete, mit wol bedâhtem muote der ritter mit dem arn: »hab ich dar an iht missevarn oder wider iuwer huld getân, daz sult ir, herre, varn lân und der rede begeben gar. 2297 êr (DOCEN 352)

M 2290

2295

2300

2305

2302 adlar

»Herr, ihr habt eine Entschlossenheit, die mich verwundert: Dass ihr euch weigert, die mächtige junge Fürstin zur Frau zu nehmen, die an Besitz und Erscheinung gut Macht über einen König haben kann, und dass ihr euch den ganzen Tag dieses Königreiches verwehrt habt! Auch wird euch großes Ansehen zuteil, wenn ihr annehmen wolltet und euch von eurer Absicht abbringen ließet.« Da antwortete mit Güte, mit genau überlegten Worten der Ritter mit dem Adler: »Habe ich mich daran vergangen oder gegen eure Gunst gehandelt, dann solltet ihr, Herr, nicht daran denken und diese Rede ganz bleiben lassen. 2303 nit missefar

»her[…] der mich dun〈ke〉t wunderlîch: d〈az〉 ir der juncvrouwen rîch weige〈r〉t zuo wîbe, diu an guot und an lîbe einer 〈k〉üniginne gelîchen mac, und habet allen di〈se〉n tac eines künicrîches iuch gewert! iu ist 〈grô〉z êr beschert, ob ir des woldet volgen. ich w〈æn〉, iu ist erbolgen iuwer eigen gemüete.« dô spra〈ch a〉ber mit güete der ritter mit dem arn: »hân i〈ch d〉ar an missevarn oder wider iuwern hulden ih〈t〉 getân, daz sult ir, herre, varn lân und der r〈ede〉 begên gare.

2298–2301 Die Unterschiede zwischen den Hss. lassen vermuten, dass der W-Schreiber neue Verse dichtete, weil er seine Vorlage, insb. aber erbolgen nicht verstanden hat. Vor allem 2299 bleibt dunkel; DOCEN 352 ändert, wenn auch wenig überzeugend, eigen muot n i h t wern. Hier aber wern im Sinne von »abwehren, fern halten, […] verhindern« (LEXER III,789). Der Reim in 2300f. bleibt unrein, weil im übrigen Text streng zwischen güete : gemüete und guot : muot geschieden wird (vgl. Einleitung 4. C.4 und MAUSSER 139).

120 W

ich sol ane iuwer schar iu sîn immer mêre, swâ ich hin kêre. künecrîche unde lant wær niht wol zuo mir gewant. mit diensten sol ich bereit sîn, swer dar zuo geruochet mîn.« Der künic küniclîchen tet. er hiez dem ritter an der stet ein ros bringen, daz was guot, swan er durch sînen hôhen muot wolte rîten stechen, daz er moht zerbrechen andern rittern daz zil. der stuont dâ harte vil. dô man daz ros hervür zôch, daz was sô starc und sô hôch, daz ander ritter jâhen,

M

ich sol ane iuwere schare schînen 〈ie〉mer mêre, swâ ich hin kêre. künicrîche unde lant wære niht zuo mir gewa〈nt〉. 〈m〉it dienste sol ich bereit sîn, swer s〈ô g〉eruo〈ch〉et mîn.« Der künic sô guotlîche tet〈e〉. […] hiez 〈im s〉â ze stete ein ors bringen, daz 〈wa〉s guot, s〈w〉enne er durch sînen hôhen muot wolte r〈îten〉en stechen, daz er mohte brechen anderen rittern daz zil. der ritter stuont dâ harte vil. dô man 〈d〉az ors ûfe zôch, daz was starc und hôch, daz d〈ie〉 rittere jâhen,

2310

2315

2320

2310

2315

2320

Ich werde künftig – als Teil eurer Gruppe – euch zur Verfügung stehen, wohin ich mich auch wende. Königreich und Land wären nicht gut bei mir aufgehoben. Mit Untertänigkeit werde ich demjenigen beistehen, der mich braucht.« Der König verhielt sich königlich. Er befahl, dem Ritter sofort ein Pferd zu bringen, das eignete sich hervorragend, wann immer er er wegen seiner Hochstimmung mit dem Pferd tjostieren wollte, dass er dann andere Ritter übertreffen konnte. Von denen gab es dort wirklich viele. Als man das Pferd hervorzog, war es derart stark und so hoch, dass die Ritter sagten,

2316 bringet

2307 iuwer(e) = iuwerer mit Silbenschichtung (25PAUL §§M28, M43, Anm. 1). 2307f. schînen in M intrans. mit Adverbialbestimmung ane iuwere schare (»Ich werde mich künftig in eurer Gruppe zeigen, […]«), in W dagegen sol sîn mit Dat.-Obj. iu zur Anzeige eines Besitzverhältnisses (DWb X/1,268ff.). Die Verse beschreiben eine immer währende Bindung zwischen Artus und Wigamur, er wird unter allen Umständen Ritter der Tafelrunde bleiben. 2310f. Numerusinkongruenz (Subj. mit gemeinsamer Bestimmung, BEHAGHEL III,17). 2319f. zil brechen. Idiomatische Wendung »übertreffen« (BMZ III,881b), vgl. z.B. Reinmar der Fiedler (KLD 45) III,1,10 ern werde noch, die nû dâ leben, den brichet er daz zil.

121 2325 W

2330

2332 2334 2335

2340

2325 M

2330 2332 2334 2335

2340

daz sie nie gesâhen kein ros sô zierlîch. dô sprach der ritter tugentlîch: »nemt hin, edler ritter guot! durch iuwren ritterlîchen muot daz ros sult ir rîten. daz ist zuo beiden sîten zuo den sporn wol gewahsen. Beformos von Engelahsen daz ros mir sande über sê von sînem lande. daz ist starc und loufet wol. ouch sô sult ir zuo Karidol belîben etelîche vrist. swes iuwer munt geruochend ist,

sie hätten nie zuvor ein derart prächtiges Pferd gesehen. Da sagte der tüchtige Ritter: »Nehmt, adliger, vorzüglicher Ritter! Wegen eurer ritterlichen Gesinnung sollt ihr das Pferd reiten. Es ist beiderseits bei den Sporen gut gewachsen. Beformos von Engelachsen schickte mir das Pferd über das Meer aus seinem Land. Es ist stark und galoppiert gut. Auch sollt ihr in Karidol einige Zeit verweilen. Welchen Wunsch euer Mund auch ausspricht,

daz sie nie gesâhen kein ros al〈sô〉 zierlîch. dô sprach der künec guotlîch: »edeler ritt〈er〉 vil guot, durch iuweren rittermuot diz ors 〈g〉eruochet rîten. daz ist an beiden sîten zuo den s[…]en wol gewahsen. Beformos von Engelah[…]n, daz selbe ors er mir sande über mere v〈on〉 sîme lande. daz ist starc und loufet wol. 〈ou〉ch sult ir hie zuo Karidol belîben etelîche [] vrist. swes iuwer muot gerende ist, 2339 wileÅ am Rand daneben (nachgetragen?) urist

2327 ritter W. Schreibfehler oder Hervorhebung der ›Ritterhaftigkeit‹ von König Artus? 2328–30 In W evtl. Konstruktion apo koinou: daz ros wird von nemt und sult rîten regiert. 2332 Die Flanken sind seit antiker Zeit Teil topischer Qualitätsbeschreibungen von Pferden, möglicherweise auch aus praktischen Gründen der Reittechnik, vgl. z.B. Isidor XII 1,45: Forma, ut sit […] latus longum […] (»Das Äußere soll sein: […] eine lange Flanke […]«). In der mhd. Dichtung Flore 2767 ze den lanken ze mâzen smal. 2333 Da der Name in W 2334 Engelanndt lautet, setzt BÜSCHING hier einen fehlenden Vers, stellt aber zugleich in Frage, ob tatsächlich Text ausgefallen sei, »wenn nehmlich, was warscheinlich ist, […] im folgenden Verse, S a c h s e n gestanden hat«. Mit den Resten von M erhärtet sich diese Vermutung, dass der W-Schreiber einen Dreireim mit einer vorangehenden Waise produzierte. 2337 loufet. Geläufiger Terminus für »galoppieren« (SEGELCKE 155). 2339 wîle vrist M. Wahrscheinlich hat der Schreiber wîle versehentlich gesetzt und die Tilgung vergessen. 2340 munt W. Entweder pars pro toto oder Konjektur muot nach Vorbild von M.

122 W

2345

2350

2355

2360

daz sult ir vinden an mir. in disem hof, geruochet ir, sült ir ouch haben, swes ir gert, wan ir mich des dunket wert.« Artûs ouch sîner worte gesweic. Wîgamûr im zühticlîchen neic, dem künige, und sprach alsô: »her, er mac wol wesen vrô, der iu iht gedienen mac. gern gelebte [] ich den tac, daz ich verdienen möhte mit dienste, ob ich dar zuo töhte, die êre alsô manicvalt, die mir junc und alt in iuwerm hof erboten hânt. mohtet irz haben getân, allez übergüldet wol. daz gesinde hie zuo Karidol hât der êren alsô vil, daz ich daz wol jehen wil, daz ich eben genôzen sach nie.

das werdet ihr bei mir finden. An diesem Hof, wenn ihr es wollt, sollt ihr haben, was ihr auch möchtet, weil ich euch dazu für würdig halte.« Artus beendete seine Rede. Wigamur verneigte sich höflich vor dem König und sagte: »Herr, derjenige kann sich wirklich glücklich schätder euch dienen darf. [zen, Gerne würde ich den Tag erleben, an dem ich mit Leistung, wenn ich das Zeug dazu haben sollte, das große Ansehen verdienen könnte, das ich von Jung und Alt an eurem Hof genieße. Ihr hättet es tun können, alles hervorragend übergoldet. Die Gesellschaft hier auf Karidol genießt derart großes Ansehen, dass ich ehrlich sagen kann, nie Ebenbürtige gesehen zu haben.

2350 gelebte (BÜSCHING)] gelebt gelebt daz su〈lt〉 ir vinden an m[…] […]eruche[…] sult hab[…] 〈wa〉n ir mi[…] dunket wert.« Artûs nâch disen 〈worten〉 sweic. Wîgamûr mit zühten n〈ei〉c deme künige und sprach alsô: »herre, er mac 〈w〉ol wesen vrô, der iu iht gedienen mac. gern〈e le〉btich den tac, daz ich verdienen möhte m〈it〉 dienste, daz iu töhte, die êre alsô manic〈val〉t, die 〈mir〉 junc und alt in iuwerme hove er〈bo〉ten hânt. daz hât iuwer küniclîche hant al〈lez〉 überguldet wol. daz gesinde hie zuo Kar〈ido〉l hât der êren alsô vil, daz ich des wol jehen […] M daz ich […] M

2345

2350

2355

2360 2361

2356 Auch wenn in W die Reimbindung mit ausgefallenem /t/ nicht singulär (vgl. Einleitung 4.A.3.5) und die Satzkonstruktion nicht ungewöhnlich ist (Inf. Perf + Modalverb, 25PAUL §S11), bleibt der Sinnzusammenhang im Gegensatz zu M problematisch.

123 W

2365

2370

2375

2380

2385

2390

2395

ich wil gern belîben hie, sît mich iuwer gnâd tuot solchez biir habt mit güetlîchem siten [ten. iuwer lop wol gebreitet. mich hât her geleitet iuwre miltikeit grôz, wan ich iuweren genôz nie keinen vant, sît ich erkennet hân daz lant. ich hân hie gesehen vil, daz ich immer jehen wil iu prîs, die wîl ich hân daz leben. daz ros, daz ir mir habt geben, dar umbe ich iu dienen wil sîn mit dem ritterlîch vermügen mîn.« Dô Eudîs, diu maget gemeit, sach, daz Wîgamûr dô versprach beide krône und lant, ûf stuont sie zuo hant. diu künigîn urloup bat. künic Artûs güetlîchen gên ir trat; er sprach: »vrou, belîbet noch. nun habt ir iuwer êre doch hie behabt und iuwer lant, mit des ritters hant, den ir brâht mit iu her, mit swert und mit sper grôzen prîs bejaget hie, daz ir in gesâhet nie. des habt ir immer mêre beide vrum und êre. ir müget hie gern schouwen mit andern vrouwen kurzwîl manic slahte, die wir in guoter ahte üeben alle tage tegelîch, wan manic âventiure rîch in disem hove wirt geseit.« 2364 güetlîchem (BÜSCHING)] gülichem

Ich möchte gerne hier bleiben, weil mich eure Güte darum bittet. Ihr habt mit ruhmesvoller Lebensweise euern Ruf weithin bekannt gemacht. Mich hat eure enorme Großzügigkeit hierher geführt, denn Euresgleichen habe ich niemals gefunden, seitdem ich das Land kennen gelernt habe. Ich habe hier viel gesehen, sodass ich fortan euer Lob verkünden werde, solange ich lebe. Wegen des Pferdes, das ihr mir gegeben habt, will ich euch immer untertänig sein mit meinen Fähigkeiten als Ritter.« Als Eudis, die prächtige Jungfrau, sah, dass Wigamur nun auf Krone und Land verzichtete, stand sie unverzüglich auf. Die Königin bat um die Erlaubnis, sich zu entfernen. König Artus ging verständnisvoll zu ihr; er sagte: »Herrin, bleibt weiterhin hier. Ihr habt doch jetzt euer Ansehen wie auch eurer Land behalten, ebenso habt ihr durch die Hand des Ritters, den ihr mit euch gebracht habt, mit Schwert und Lanze hier eine große Auszeichnung verdient, wie ihr sie nie zuvor zu Gesicht bekommen habt. Davon werdet ihr immer wieder Nutzen und Ansehen haben. Mit Gewinn könnt ihr hier zusammen mit anderen Damen vielerlei Zertreuungen geboten bekommen, die wir stets glanzvoll unternehmen, denn viele großartige Abenteuergeschichten werden an diesem Hof erzählt.«

2373 preysen

2378 da

2372f. Entweder jehen wil prîs (nur als stM belegt!) oder [] wil prîsen; wahrscheinlich ist ein Konstruktionsfehler des Schreibers. 2375 dienen. Vermischung von Inf. und Part.Präs. (25PAUL §S28, Anm. 2). 2381 künigîn. Zu Eudis, da an anderen Stellen ihr Rang eindeutig genannt wird.

124 2400 W

2405

2410

2415

2420

2425

2430

dô sprach diu vrouwe gemeit Eudîs, diu künigîn: »daz sol an iuwern gnâden sîn, daz ich mit iuwerm rât gevar.« dem künig hiez sie tragen dar ein gezelt, was gemachet wol. dâ von ich iu nû sagen sol, im was oben der huot gevüllet wol von sîden guot. dar an was wol ûz genomen, als ir ofte habt vernomen, wie Troje wart zervüeret. ez was ouch wol gesnüeret mit seilen guot sîdîn. ein borte von Britânîn vienc alumb die winden; vorne und ouch hinden was ez gemachet spæhe, manic rebe wæhe lac alumbe dar an. ez mohten wol zwei hundert man sitzen dar under. ez was michel wunder ûzen und innen dar an. zwelf kamer wol getân wâren ouch dar innen. ez gap diu küniginne Eudîs dem künig lobesam. urloup nam sie und schiet von dan … der ritter mit dem adelar, der reit mit ir ûf daz velt. der künic schouwet daz gezelt,

Da sagte die prächtige Herrin Eudis, die Königin: »Es soll unter eurer gnädigen Huld geschehen, sodass ich mit eurer Zustimmung fortgehe.« Dem König ließ sie ein Zelt dahertragen, das prächtig gearbeitet war. Von diesem möchte ich euch nun berichten, dass dessen Dach mit guter Seide unterfüttert war. An ihm war gekonnt dargestellt, so wie ihr es oft gehört habt, wie Troja zerstört wurde. Es war auch gut mit kräftigen Seidenseilen versehen. Ein Band aus Britannien umfing von allen Seiten die Zeltwände; von allen Seiten war es kunstvoll gearbeitet, zahlreiche kunstvolle Stickereien waren ringsum darauf gesetzt. Es konnten sicher zweihundert Männer darin Platz finden. Wunderbares war außen und innen daran. Zwölf prächtige Gemächer befanden sich darin. Die Königin Eudis schenkte es dem lobenswerten König. Sie verabschiedete sich und ging davon … der Ritter mit dem Adler ritt mit ihr ins Freie hinaus. Der König begutachtete das Zelt,

2424 kamer (BÜSCHING)] cramer

2411 Die bildliche Darstellung der Zerstörung Trojas findet sich in der mhd. Literatur an zahlreichen Stellen, oftmals als bloße Anspielung einer offenbar bekannten Geschichte. LIENERT 201 sieht als deren »Hauptfunktion […] Trojas ideologische Bedeutung als Ursprung von Ritterschaft und Minne« (ergänzend dazu: ACHNITZ zu Gauriel 4382.9–4382.18 und KERN, Edle Tropfen 324f.). 2418 rebe. »ranken, gewundene linien von goldstickerei auf dem gewande« (BMZ II/1,586b). Vgl. z.B. Engelhard 4694 [ein wâpenrock,] man sach dran weder tier noch reben. 2420–25 Auch wenn man hier von topischer Beschreibung unermesslicher Größe ausgehen kann, wird es im Hochmittelalter tatsächlich Zelte von ähnlich enormen Ausmaßen gegeben haben (SCHRÖDER, Macht 258f., BUMKE 168–170). 2426f. »Zeltgeschenke unter Herrschern waren im Mittelalter keineswegs ungewöhnlich« (SCHRÖDER, Macht 244).

125 W 2435

2440

2445

2450

2455

2460

2465

daz im geben het diu maget. als diu mære wurden gesaget, daz Wîgamûr mit der vrouwen reit, daz was dem künig leit, dar umb wan er gedâht in sînem muodaz im iht diu maget guote [te, von sînem hof empfremte. sîn herze sich dô sente. sîn ros hiez er im ziehen dar, er wolte rîten nâch der schar. dô wâren aber die ritter dâ, die dâ zuo der tavelrunde wâren, sâ mit der vrouwen geriten ûz. als der künic Artûs in daz velt geriten was und der ritter Parilas, dô kâmen die ritter über al. vor vreuden dô heten sie grôzen schal. mit ir reit dô Wîgamûr, der adlar alles mit im vuor. als sie dâ der künic gesach, gar hovelîch er zuo ir sprach, lieplîchen er sie umbevie. nun volgete ir nie gesinde alse tugentlîch. Artûs, der künic rîch †in das feld da habte den ritter Salban er da patte† und sprach: »Gâwân, lieber geselle lâze dir wol bevolhen sîn [mîn, den ritter, der mit dem arn vert.« nun wâren sie komen in den wert, daz was grüene und von bluomen gel.

das ihm die Jungfrau gegeben hatte. Als die Kunde verbreitet worden war, dass Wigamur mit der Fürstin davongeritten war, missfiel das dem König, weil er für sich dachte, dass ihm die vorzügliche Jungfrau etwas von seinem Hof entzogen hatte. Das schmerzte ihn. Sein Pferd ließ er sich bringen, er wollte zu der Menge reiten. Dort waren nun die Ritter, die der Tafelrunde angehörten, gerade wieder mit der Herrin ausgeritten. Als König Artus ins Freie geritten war und mit ihm der Ritter Parilas, da kamen alle Ritter. Sie jubelten vor Freude. Wigamur ritt mit ihr, der Adler flog ständig mit ihm. Als der König sie dort erblickte, sprach er sie mit Anstand an und umfing sie freundlich. Noch niemals unterstand ihr eine derart tüchtige Gesellschaft. Artus, der mächtige König … … und sagte: »Gawan, mein geschätzter Gefährte, lass dir gewissenhaft den Ritter, der vom Adler begleitet wird, anvertraut sein.« Nun waren sie auf die Halbinsel gekommen, die grün war und von Blumen gelb leuchtete.

2450 freoden

2436f. dar umbe wan leitet einen kausalen oder finalen Nebensatz ein (2DWb VI,347). Der mhd. Idiomatik entspricht besser die Umstellung von DOCEN 346 daz was dem künic drumbe leit, / wan er gedâht in sînem muot. 2439 empfremte = entvremdete. Synkope (LINDEN 51) und Ausfall von /d/ aufgrund Konsonstenschwund bei Mehrfachkonsonanz (25PAUL §L81). 2459f. Der Reim lässt auf Verderbnis schließen; habte als Bewegungsverb ist unwahrscheinlich, die Form patte ist dunkel. MAUSSER 189 vermutet »in ›habte‹ sicher Vertretung von abs. ruorte«, was aber die Stelle genauso wenig herstellt wie die Konjektur habete : sagete (LINDEN 51). 2465 daz. Laut DWb XIV/1/2,271 (s.v. werder) ist wert selten auch als Neutr. belegt, daher trotz Genuswechsel gegenüber dem vorangehenden Vers unproblematisch. Evtl. handelt es sich um eine (unübliche) Verkürzung dâz = dâ ez?

126 W

2470

2475

2480

2485

2490

2495

2500

2505

dô erbeizten die ritter snel bî einem küelen brunnen. in was heiz von der sunnen. sie strichen den sweiz von den ougen mit zühten wârn sie alle vrô. [dô. ouch sprâchen die ritter stolz: »wir süln vor disem vürholz ligen durch der bluomen gesmac (von hiute über den dritten tac) und durch der kleinen vogel gesanc.« dô sprach künic Artûs über lanc: »ich wil vor disem walt (daz hœren junc und alt) eine hôchzît machen und wil hie vier wochen wesen mit vrœlîchem siten und her laden unde biten vrouwen und ritter stolz an ditze grüene vürholz mit zühten schône unde wol, als daz gesinde leben sol. ditz wizzet alle gelîche, und bereitet iuch ritterlîche von hiute über zehen tage.« nû merket aber, waz ich sage: boten und garzûn er dô sant über al in diu lant. er hiez mit vlîze laden dar vil manige ritterlîche schar. vrouwen und ouch herren, nâhen und ouch verren wurden diu mær geseit; daz gebôt Artûs, der künic gemeit. dô diu hôchzît wart, die wagen tâten manic vart, die spîse und wîn truogen. diu gezelt sie ûf sluogen in einen anger vür den walt. dâ vlôz ein brunne lûter und kalt, ouch sungen wol zuo prîse

Da stiegen die tapferen Ritter bei einem kühlen Brunnen ab. Ihnen war heiß von der Sonne. Sie wischten den Schweiß von den Augen. Mit Sittsamkeit waren sie vergnügt. Auch sagten die herrlichen Ritter: »Lasst uns an diesem Waldrand wegen des Blumendufts (von jetzt an drei Tage) und wegen des Gesangs der kleinen Vögel lagern.« König Artus verkündete daraufhin: »Ich möchte an diesem Wald (das sollen hören jung und alt) ein Fest ausrichten und will hier vier Wochen ausgelassen lagern und hierher laden und bitten Damen und herrliche Ritter an diesen grünen Waldrand höflich, prächtig und angemessen, ganz so wie die Gesellschaft leben soll. Das sollt ihr alle ohne Ausnahme wissen, und bereitet euch ritterlich von heute bis zum zehnten Tag.« Merkt euch jetzt, was ich sage: Boten und Knappen schickte er daraufhin ausnahmslos in die Länder. Er befahl mit Eifer, dorthin eine große Ritterschar zu laden. Damen und Herren in nah und fern wurde die Nachricht überbracht; das befahl Artus, der prächtige König. Als das Fest anfing, fuhren die Wagen, die Speise und Wein brachten, ständig hin und her. Sie schlugen die Zelte auf einer Wiese vor dem Wald auf. Dort entsprang eine helle und kalte Quelle, auch sangen preisenswert

2474 von (BÜSCHING)] vor

2479f. machen : wochen. Unreine Reimbindung durch den Schreiber? Vgl. zum Dialektreim zu 2224–271. 2491 garzûn. Vgl. zu 5061.

127 W

2510

2515

2520

2525

2530

2535

2540

2545

die vogel ûf dem rîse. dâ was kurzwîl grôz, daz nieman dô verdrôz. dâ was manic ritter snel, Delmitten unde Râbel und der herzog von Grîrzîn, die heten dâ mit in ritter bî aht hundert. in dem wald gesundert was gemachet daz gestüele bî einem brunnen küele. dâ was Artûs, der künic, und ander vil vrümic von unkunden landen, wan sie wol bekanden des künigs rîchen muot, wan er gap daz guot, als ez wær unreine. ez was gar gemeine, als verr die burcherren jehent, man moht an sînem hove sehen mit zühten grôze miltikeit. des was im vil bereit vil maniger ritterlîcher degen. sie liezen daz niht under wegen, waz er gebôt oder bat. er het gesindes an der stat, dâ diu hôchzît was: als ich an der âventiure las zwelf hundert ritter gemeit, der keiner des vermeit, sie liten nâch wirdikeite pîn. ûf guotes gewin was ir muot niht gestalt. eines tages dô der ritter balt vor dem künig alle sâzen, trunken und âzen und diu künigîn minneclîch und manic vrouwe zühterîch. sie heten zuht âne nît.

die Vögel auf den Ästen. Dort war große Unterhaltung, sodass es niemandem langweilig wurde. Dort befanden sich viele tapfere Ritter, Delmitten und Rabel und der Herzog von Grirzin, die hatten etwa achthundert Ritter bei sich. Abseits im Wald wurden die Stühle bei einem kühlen Brunnen aufgestellt. Dort waren König Artus und viele andere Untadlige aus fremden Ländern, weil sie mit der vornehmen Gesinnung des Königs vertraut waren, denn er verteilte den Besitz, als ob er unrein wäre. Es war allgemein bekannt, soweit die Burgherren berichten, dass man an seinem Hof angemessen große Freigebigkeit sehen konnte. Daher standen ihm viele ritterliche Helden ergeben bei. Sie unterließen nichts, was er befahl oder bat. Er hatte beim Fest eine große Gesellschaft: Wie ich in der Quelle las zwölfhundert stattliche Ritter, von denen keiner jegliche Mühe scheute, um Ansehen zu gewinnen. Sie strebten nicht danach, Besitz zu gewinnen. Eines Tages saßen alle kühnen Ritter vor dem König, sie tranken und aßen, wie auch die schöne Königin und viele wohlgesittete Damen. Sie hatten Anstand ohne Missgunst.

2518 frui]g

2525 DOCEN 353 konjiziert diu büecher oder die buochtihter; ein solcher Quellenverweis würde erkären, weshalb jehen im Präs. steht.

128 W

2550

2555

2560

2565

2570

2575

nû kam ûf den hof wît ein juncvrouwe dort her geriten. schôn empfangen wart sie mit adellî[chem siten. der künic und diu künigîn hiezen sie wilkomen sîn. alsô tet allez, daz dâ was. diu juncvrou vuogt sich in daz gras. Vernemet, wie diu maget gemeit ûf einem wîzen mûle reit, daz gienc sanft und balde. daz gesinde in dem walde begund sie alles schouwen, wan sie sô getâner vrouwen wâren zuo Britâne ungewon. ouch nâmen sie wunder dâ von: diu schœne maget vremde, diu het ein kleinez hemde von sîden gespunnen wîz an sie gebrîset mit vlîz. dar ob vuort daz megetîn einen roc geteilet pfellîn, daz was ein samît grüene mit breiten lîsten schœne. underhalp was der gar, als die rôsen gevar, ein vil tiurer ziklât, wan dar an was diu nât von grôzen berlîn gerigen. unden umbe sach man ligen manic bild von golde, daz der soum wesen solde. sie truoc ein vürspan tiure, daz was in dem viure

Plötzlich kam an den bekannten Hof eine junge Fürstin geritten. Sie wurde angemessen nach adliger Gewohnheit [empfangen. Der König und die Königin begrüßten sie. Ebenso taten es alle Anwesenden. Die junge Herrin begab sich auf die Wiese. Hört nun, wie die prächtige Jungfrau auf einem weißen Maultier ritt, das ruhig und schnell schritt. Die Gesellschaft im Wald beobachtete sie wie gebannt, denn man war eine solche Frau in Britannien nicht gewohnt. Sie waren auch aus folgendem Grund neugierig: Die unbekannte schöne Jungfrau trug ein feines Hemd, das aus weißer Seide gesponnen war, in das sie sorgfältig eingeschnürt worden war. Darüber trug die Jungfrau einen zweifarbigen Seidenrock aus grünem Brokat mit schönen, breiten Streifen. Darunter bestand er, Rosen gleich, aus einem wirklich teuren Ziklat, denn daran war die Naht mit großen Perlen besetzt. Unten herum waren darauf viele figürliche Goldstickereien gesetzt, die den Saum bildeten. Sie trug eine kostbare Spange, die in Feuer

2553 Vernemet (BÜSCHING)] Vermement

2564 gebrîset. Eng anliegend in die Kleider eingeschnürt, damit der Körper besser zur Geltung kommt (BRÜGGEN 73 und 209f.). 2566 geteilet. Kleidung aus zwei verschiedenfarbigen Stoffen (»mi-parti«), heute noch bei Clown- und Narrenkostümen bekannt (MERTENS, Mi-parti 8 und 24–26 speziell zur Frauenkleidung). 2568 lîsten. »1. Besatzstreifen auf Kleidern und Kopfbedeckungen, aus Seiden- und/oder Goldgewebe oder aus Pelz, mit Edelsteinen besetzt […] 2. bandförmiger Streifen als Ornament« (BRÜGGEN 231f.). 2572 nât. »1. Naht; Stickerei […] 2. Schnürung der Kleider oder der Ärmel« (BRÜGGEN 236). 2577 vürspan. »Brosche, die die Halsöffnung des Hemdes und des Kleides schließt und die den Mantel zusammenhält« (BRÜGGEN 262, 94).

129 W 2580

2585

2590

2595

2600

2605

von golde geliutert wol. dar in bran als ein kol vil manic edel gestein. an irn beiden armen schein zwuo spangen guldîn. dâ was ouch geleget în manic spæhez werc: ez worhte ein wilde twerc, der listic Pranzopil. ein gürtel spæhe vil was gegürtet umb irn lîp. beide man und ouch wîp, die den gürtel sâhen, alle die des jâhen, daz sie kostlîchen nie gesâhen in irn tagen hie. der satel, der ûf dem mûle lac, der schein als der tac von golde und von helfenbeine und ouch von mangem edlen gesteine. daz gereite, daz dar an was, daz was grüener dan daz gras, von einem samît guot. der ander teil rôt als ein bluot und was ein rôter siglât, dar ûf von golde manic nât. diu juncvrou erbeizet zuo hant von dem mûl in irm gewant âne mantel und ân überkleit, als sie ouch dâ reit 2579 geleittert

2583 zwen

aus Gold geläutert worden war. Darin glühten wie Kohle viele Edelsteine. An ihren beiden Armen waren zwei goldene Reifen sichtbar. In diese waren ebenfalls zahlreiche kunstfertige Bilder eingearbeitet worden: Sie wurden gefertigt von einem wilden Zwerg, dem meisterhaften Pranzopil. Ein wundervoller Gürtel war um ihren Körper gelegt. Alle, die den Gürtel sahen, bestätigten, dass sie keinen kostbareren in ihrem ganzen Leben gesehen hatten. Der Sattel, der auf dem Maultier lag, leuchtete hell wie der Tag von Gold, Elfenbein und einer Vielzahl von Edelsteinen. Das Gereite, das sich daran befand, war grüner als Gras, aus einem wertvollen Brokat. Ein weiteres Stück war rot wie Blut und war aus rotem Ziklat, auf ihm 〈waren〉 viele Stickereien aus Gold. Die junge Fürstin stieg sogleich von dem Maultier ab in ihrer Kleidung ohne Mantel und ohne Umhang, wie sie auch dort auf dem Pferd gesessen hatte

2588 ein (BÜSCHING)] ainen

2582f. Zur Numerusinkongruenz zwischen Sg.-Verb und Pl.-Subj. in Verbindung mit einem Zahlwort BEHAGHEL III,23–25, wahrscheinlich aber Schreibereingriff. Zu der gesamten Stelle, insb. zur Bedeutung von spange als »Armreif« und zur Konjektur zwuo vgl. die ähnliche Formulierung 4962 mit der Varianz zwuo spangen und zwêne bougen (MS). Einfache, aber unwahrscheinliche Änderung wäre manec spange guldîn. 2593 kostlîchen. Positiv statt Komparativ: Konstruktionsbruch oder Schreibfehler (mit Besserung sô kostlîchen oder kostlîcheren)? 2599 gereite. Normalerweise Reitzeug, Sattel und Zaum. Hier offenbar »besonderes stück des sattels«, z.B. das Polster (BMZ II/1,744b). Handelt es sich um einen frühen Beleg für »die im 16. jahrhundert bei festlichen aufzügen […] übliche ausstattung der pferde mit kostbaren […] überhangsdecken« (DWb IV/1/2,3625)? Ähnlich Nürnberger Polizeiordnung 108 rossdeck oder gereydt, das eyner rossdeck gleych sey. Möglicherweise Änderung geræte. 2603 siglât = ziklât (vgl. zu 1533). 2607 übercleit. »Überwurf, Umhang« (BRÜGGEN 254).

130 W 2610

2615

2620

2625

2630

2635

2640

enmitten in dem gezeltpalas, dâ der künic ob dem tische saz und die ritter alle dâ, die zuo der tavelrund gehôrten sâ. die vürsten nâmen ir alle war. sie kunden sie nie geschouwen gar. ir munt bran reht als der rubîn: gar schœne was daz megetîn. sie wundert alle, wer sie wære, diu vil sældenbære. sehet, wie ritterlîch sie was. manic herze vrô von ir gesaz. maniger wunscht: »und wær sie mîn, daz wolt got und solt ez sîn!« welcher solte snîden daz brôt, dem was zuo sehen alse nôt, daz er sneit in die hant, daz er sîn niht empfant. wer dâ solte trinken, der liez ez ouch nider sinken, daz er sich ob dem tisch begôz. sie wurden alle sinnelôs. dô gienc diu juncvrou zuo hant, dâ sie den künic sitzen vant. vür den tisch sie dô stuont. rôt als ein rôse was ir munt und liehter dan ein gimme. sie neigt der küniginne, sie sprach dienst und holden gruoz: »diu künigîn von Holdrafluoz, mîn vrouwe, iu sagen lât daz sie an dise stat durch iuwren willen dâ 2617 wundert (BÜSCHING)] wunder

mitten in dem Zeltpalas, wo der König am Tisch saß und alle Ritter, die zu der Tafelrunde gehörten. Die Fürsten starrten sie alle an. Sie konnten sich nicht an ihr satt sehen. Ihr Mund leuchtete wie ein Rubin: So schön war die Jungfrau. Sie waren alle neugierig, wer sie wäre, die gesegnete. Seht, wie herrlich sie war. Viele Herzen saßen glücklich durch sie. Viele wünschten sich: »Ach, wäre sie doch mein, wollte Gott, dass es sein könnte!« Derjenige, der das Brot schneiden sollte, hatte ein solches Verlangen, hinzusehen, dass er sich in die Hand schnitt und das trotzdem nicht bemerkte. Derjenige, der trinken sollte, ließ den Becher niederfallen, sodass er sich über dem Tisch besudelte. Sie wurden alle irrsinnig. Da ging die junge Fürstin sofort dorthin, wo der König saß. Sie stellte sich vor dem Tisch auf. Rot wie eine Rose war ihr Mund und leuchtete heller als ein Edelstein. Sie verneigte sich vor der Königin und begrüßte sie: »Die Königin von Holdraflus, meine Herrin, lässt euch sagen, dass sie um euretwillen

2619 rittelich

2609 gezeltpalas. Als Kompositum andernorts nicht belegt (aber z.B. Ulrichs Alexander 8775 in des gezeldes palas). »Das Prachtzelt schuf wie eine Burg oder ein Palas einen Raum herrschaftlichen Zuschnitts, indem es diesen Bereich entsprechend nach außen abgrenzte. Wie ganz allgemein bei Gebäuden erfüllte dies eine Funktion des Schutzes, schuf aber auch einen räumlich gekennzeichneten Machtbereich […]« (SCHRÖDER, Macht 264). 2611f. LINDEN 55 konjiziert albesunder : tavelrunder. 2613–30 Entspricht mit kleinen Ausnahmen wörtl. Wunderer 4,27ff., vgl. Exkurs G. 2620 herze ist pars pro toto (vgl. zu 1020). Der entsprechende Vers im Wunderer lautet Manig hertzog herleich vor ir da saz. 2637 Wörtl. »sie drückte ihre Ergebung aus und sagte ihren ehrerbietenden Gruß«.

131 W

2645

2650

2655

2660

2665

2670

2675

her komen wil iesâ rîten unde sehen hie, wan sie hôrte sagen ie, daz zühte unde miltikeit, êre unde hübscheit wær bî iu unverborgen. nun sult ir beide morgen warten mîner vrouwen. sie wil vil gerne schouwen iuch und iur gesinde, ob sie dâ hie vinde, daz sie von iu vernomen hât.« die juncvrou dô bat diu künigîn belîben dâ. des antwurte ir aber sâ diu maget, diu dâ gestanden was: »bî dem brunnen zuo Sinfroilas wil mîn vrouwe hînt sîn, dar umbe muoz ich îlen wider hin.« sie neiget sich und kêrte wider. weder ê noch sider wart nie geschaffet baz. dô daz gesinde hete gâz, dô huop sich vreude und tanz in aller vrœlîcheit ganz. allez daz gesinde stolz 〈was〉 ûf einer wisen vor dem holz. als der ander morgen schein, die ritter wurden des in ein, die von der tavelrunden, daz sie riten zuo stunden gên der künigîn von Holdrafluoz. alsô huoben sie sich ûz gên dem brunnen Sinfroilasen. dâ vunden sie ûf der strâzen die edeln vrouwen Îsopî mit irer massenî. 2656 im

2660 hin (SARRAZIN 18)] hein

ohne Umschweife hierher reiten und sich umsehen möchte, denn sie hörte sagen, dass Anstand und Freigebigkeit, Ansehen und Courtoisie bei euch offensichtlich wären. Daher sollt ihr beide morgen meine Herrin erwarten. Sie ist begierig darauf, euch und eure Gesellschaft kennenzulernen, falls sie hier das findet, was sie von euch gehört hat.« Die junge Fürstin wurde schließlich von der Königin gebeten, zu verweilen. Daraufhin antwortete ihr sofort die Jungfrau, die dort stand: »Bei der Quelle Sinfroilas will meine Herrin heute Abend sein, deshalb muss ich dorthin zurückeilen.« Sie verneigte sich und ging davon. Weder früher noch später wurde etwas Schöneres erschaffen. Als die Gesellschaft gegessen hatte, begannen Ausgelassenheit und Tanz in ungetrübter Fröhlichkeit. Die ganze herrliche Gesellschaft war auf einer Wiese vor dem Wald. Als der nächste Morgen anbrach, beschlossen die Ritter, die der Tafelrunde angehörten, sofort zu der Königin von Haldraflus zu reiten. So machten sie sich auf zur Quelle Sinfroilas. Dort fanden sie auf dem Weg die hochgeborene Fürstin Isopi mit ihrer Hofgesellschaft. 2678 irm hoffgesinde

2654 juncvrou. Hier als stF (LEXER, Nachtrag 264; Findebuch 193) im Akk. 2666 vrœlîcheit. Vgl. zur Wortbildung Kommentar zu gevuoclîcheit 343. 2668 Die Konjektur ist zwar nicht elegant, doch andernfalls wären die syntaktischen Bezüge und die Satzgrenzen von 2666 an unklar: Ohne das zugefügte Prädikat was käme gesinde keine Satzgliedfunktion zu. Hat der W-Schreiber erfolglos versucht, wie an anderen Stellen massenîe zu tilgen?

132 W 2680

2685

2690

2695

2700

2705

2710

sie wâren alle wol bekleit. diu juncvrouwe selber reit ein zeltend pfert guot, daz was rôt als ein bluot mit langer man gewunden. dar ûf was gebunden ein satel, gemachet vuoc und klein, der was ouch von helfenbein erlegt gar meisterlîchen wol. ein samît, swarz als ein kol, was dar über gezogen. zwischen dem satelbogen saz diu maget gevüege. zoum und vürbüege was von golde rîch. alles gar keiserlîch reit Îsopî, diu maget; als diu âventiur uns saget, daz Salomân, der wîse man †wÇr der frawen adler an† ouch vuort diu maget rîch vierzehen maget hêrlîch. sie vuorten sîdîn gewant, von golde rîche hârbant vuorten sie dâ alle. sô gar mit rîchem schalle zwei hundert ritter gemeit, der keiner daz vermeit, sie riten al nâch hôhem prîs. Gâwân, der ritter wîs, mit den rittern sie empfie. nun was der adlar hie und vlouc aber dem herren sîn … 2679 bekleit (BÜSCHING)] bechaidt

Sie waren alle vornehm gekleidet. Die junge Herrin ritt selbst auf einem guten Zelter, der rot wie Blut war und eine lange, gewundene Mähne hatte. Auf das Pferd war ein kunstvoller und feiner Sattel gebunden, der war ebenfalls mit Elfenbein ganz prächig besetzt. Ein Brokat, schwarz wie Kohle, war darüber gezogen. Zwischen dem Sattelbogen saß die zierliche Jungfrau. Zaumzeug und Brustriemen war prächtig von Gold. Immerfort geradezu herrlich ritt die Jungfrau Isopi; wie die Quelle uns sagt, dass Salomon, der weise Mann … auch führte die mächtige Jungfrau vierzehn herrliche Jungfrauen mit sich. Die hatten seidene Kleider an, aus Gold teure Haarbänder trugen alle dort. 〈Sie führte auch mit sich〉 in wirklich prächtigem zweihundert stattliche Ritter, [Aufzug von denen es keiner unterließ, für großen Ruhm zu reiten. Gawan, der weise Ritter, empfing sie mit den Rittern. Nun war der Adler hier und flog wiederum seinem Herren …

2712 Seitenwechsel W

2692 vürbüege. Brustriemen, mit dem u.a. der Sattel festgebunden wird (BUMKE 238). 2698 SARRAZIN konijziert alteran, »Urahne«, das sich aber laut den Wb. nur selten findet (Lohengrin 7525 keiser Heinrîch was sîn alder en genant, Wilhelm von Österreich 12278 Senebor ir alter an, Weltchronik 16186 der [Booz] was Dauides alter an, vgl. auch 2DWb s.v. »ältermutter«, »ältervater«). Handelt es sich hier tatsächlich um einen genealogischen Verweis oder eher um den Lobpreis einer Frau, die selbst für König Solomon angemessen gewesen wäre (z.B. daz Saloman dem wîsen / wær diu vrou ze prîse)? Unklar bliebe, wie der Text in W zustande gekommen sein könnte. 2702 hârbant. Band oder Reif aus Stoff oder Metall; wird als Kopfschmuck auf das offene Haar gesetzt (BRÜGGEN 222f.).

133 W 2715

2720

2725

2730

2735

2740

2745

daz was ein grôz wunder, daz die tavelrunder erbuten ir alle grôze êre. nû sach diu maget hêre, daz Wîgamûr tugenrîche was. sie erkante von irn sinnen daz, daz er was von geburte hôch. ir pfert sie dô zôch mit dem zoume, daz sie reit. sie vrâget den ritter gemeit, von welchem land er wære. mit manger hant mære diu vrou Îsopî daz vernam, biz daz sie nû kam, dâ mit vreuden was der künic. Artûs und ouch die ritter vrümic empfiengen mit grôzer wirdikeit die edeln vrouwen Îsopî gemeit. sam tet er ir gesinde gar, diu künigîn mit ir schar 〈gie〉 gên den juncvrouwen. hie mohte man wol schouwen münde rôt, rôsen glîch, liehte ougen êrlîch, minneclîche kinne. alsô gienc diu küniginne. der stolzen von Holdrafluoz dar nâch vil juncvrouwen suoz bôt sie, irm gesinde, ir wîze hende linde. einander sie umbviengen. dar nâch sie zuo tische giengen. dô wart in gedienet wol, als man einer künigîn dienen sol. mit vreuden wârn sie dâ bî dem künig sâ †die künigin von holdraflůß

das war erstaunlich, sodass alle Angehörigen der Tafelrunde ihr große Reverenz erwiesen. Da sah die erhabene Jungfrau, dass Wigamur tüchtig war. Durch ihre Verständigkeit erkannte sie, dass er von adliger Abstammung war. Daraufhin führte sie ihr Pferd, das sie ritt, mit dem Zaumzeug 〈zu ihm〉. Sie fragte den stattlichen Ritter, aus welchem Land er stamme. In ausführlicher Erzählung erfuhr es die Herrin Isopi, bis sie endlich dorthin kam, wo der König feierte. Artus und die untadligen Ritter empfingen mit großer Ehrerbietung die hochgeborene, prächtige Herrin Isopi. Ebenso begrüßte er ihr Gesinde, die Königin und ihre Begleiter gingen zu den jungen Adelsfrauen. Dort konnte man wahrhaftig Münder so rot wie Rosen, strahlende, ansehnliche Augen, liebenswerte Kinne erblicken. In dieser Erscheinung schritt die Königin. Der Herrlichen von Holdraflus und danach vielen jungen Fürstinnen, nämlich ihrem Gesinde, bot sie freundlich ihre weißen, weichen Hände. Sie umarmten einander. Danach gingen sie zu Tisch. Dort wurde ihnen wunderbar aufgewartet, wie man einer Königin dienen soll. Erfreut waren sie dort bei dem König …

2746 diē

2717 tugenrîche. Schwund von /t/ zur Reduktion von Dreifachkonsonanz (25PAUL §L116.4) oder Schreibfehler? Ebenfalls 3438 und 4786. 2733 Ohne Zusatz eines Verbs wäre noch immer tuon aus 2731 das regierende Verb, die Präpositionalkonstruktion wäre allerdings ungewöhnlich (die künigîn tet g ê n den juncvrouwen). Wahrscheinlicher daher Textausfall bzw. Schreiberversehen. 2740 Zu suoz als Adv. statt süeze Adj. s. MAUSSER 98.

134 2750 W

2755

2760

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2775

2780

ritten haim zu haů߆ dô gienc sie vür den künic hêre, sie klaget im leit und sêre. sie sprach: »her, ich muoz iu sagen und mînen grôzen kumber klagen, wan der künic von Sarazîn hât die ungenâde sîn vast gekêrt ûf mich, wan er hât vermezzen sich, er welle zuo Holdrafluoz mich suochen in mînem hûs und wirbet zuo reise. nû bin ich, her, ein weise und der hilfe ganz enterbet. er hât mir ersterbet manic man dâ heim. ouch mîm œheim hât er burc und lant gar beroubet und verbrant und ich ouch nie getet wider sîne hulanders hab ich keine schulde, [de. wan daz ich sîn niht wil zuo man. nû wil er mir twingen an, daz ich werde sîn wîp. ê wil ich mîn lîp imer krenken sîn, wan ich bin niht ein heidenîn, als er ist ein heiden. ez zæme niht uns beiden. ich wolt ê man versprechen und mir lâzen brechen mîn hof und ouch bürge und rouben mîn erbe und wolt ê verliesen mîn lîp, ê ich würde sîn wîp. 2752 sêre (MAUSSER 11f.)] schwer 2779 wol 2781 burgē

… sie ging nun vor den erhabenen König, sie klagte ihm Leid und Qual. Sie sagte: »Herr, ich muss mit euch reden und meinen großen Kummer klagen, weil der König von Sarazin seine Feindseligkeit mit aller Härte gegen mich gerichtet hat, denn er hat sich erdreistet, mich in Holdraflus in meiner Burg belagern zu wollen, und rüstet nun für diesen Kriegszug auf. Nun bin ich, Herr, ganz alleine und aller Hilfe beraubt. Er hat mir viele Männer zu Hause getötet. Auch meinem Onkel hat er Burg und Land völlig geraubt und zerstört, obwohl ich niemals etwas gegen seine Gunst getan Die einzige Schuld, die auf mich fällt, ist, [habe. dass ich ihn nicht zum Mann haben will. Jetzt will er mich dazu zwingen, dass ich seine Frau werde. Lieber will ich mich für immer erniedrigen, denn ich bin keine Heidin, wie er ein Heide ist. Es würde uns beiden nicht geziemen. Lieber würde ich auf einen Mann verzichten und mir meinen Hof und meine Burgen zerstören und mich meines Erbes berauben lassen und wollte eher mein Leben verlieren, als seine Frau zu werden.

2763 enterbet (LINDEN 18)] entweret

2766 mein

2749f. Nicht einsichtig, weshalb die Königin an dieser Stelle wegreiten möchte. Evtl. sind Varianten der Verse 2816f. hier fälschlicherweise eingefügt worden. BÜSCHING ergänzt rîten 〈wolte〉. 2752 sêre. Vgl. Einleitung 4.C.3 und Kommentar zu 3833f. 2763 enterbet. Wohl Schreibfehler enterbet > enterwet > entweret. Zum Wechsel von b und w vgl. Einleitung Kap. 2. 2775 krenken für krenkende (25PAUL §S28, Anm. 2). 2781f. Zum Reim vgl. zu 1592f.

135 2785 W

2790

2795

2800

2805

2810

2815

nun bin ich her geriten und wölt iuch gerne biten, ouch dise ritter ûz erwelt (wan in prîs ist gezelt), daz die durch ir güete und ir ritterlîch gemüete mir zuo hilfe wellen stên (wan ich hœre jên tugent von der ritterschaft), daz mich des heiden kraft niht vertrîbe von dem lande.« »daz het mîn herre schande«, sprach Gâwân, der ritter snel. der milte herzog von Dudel, der gap der vrouwen guoten trôst. er sprach: »ir wert wol erlôst, sît ir hilfe suochet hie.« nû viel diu maget ûf diu 〈knie〉 vür die tavelrunder. sie sprach: »lât iuch besunder alle erbarmen durch got mîn grôze swære âne spot.« Artûs, der künic rîch, antwurte ir güetlîch. er sprach: »vrou, gehabt iuch wol, wan iu zuo hilfe komen sol mîn gesinde und ouch mîn selbes hant. kumt der heiden in iur lant, er muoz ez mit schanden rûmen.« nû wolte sich niht lenger sûmen von Holdrafluoz diu künigîn. sie nam urloup und reit heim wider in ir lant zuo hûs. sie danket dem künic Artûs und bat sie albesunder, 2790 gemüete (BÜSCHING)] genůtte

Nun bin ich hierher geritten und möchte euch eindringlich darum bitten, wie auch diese auserwählten Ritter (denn sie sind berühmt), dass sie wegen ihrer Vortrefflichkeit und ihrer ritterlichen Gesinnung mir beistehen wollen (denn ich habe nur Gutes gehört von dieser Ritterschaft), dass mich die Kampfstärke des Heiden nicht aus dem Land vertreibt.« »Meinem Herrn brächte das Schande«, sagte Gawan, der tapfere Ritter. Der freigebige Herzog von Dudel machte der Dame Hoffnung. Er sagte: »Ihr werdet sicherlich befreit, weil ihr hier Hilfe sucht.« Darauf fiel die Jungfrau auf die Knie vor den Rittern der Tafelrunde. Sie sagte: »Erbarmt euch vor allem um Gottes willen ernsthaft meiner großen Last.« Artus, der mächtige König, antwortete ihr freundlich. Er sagte: »Herrin, seid zuversichtlich, denn euch werden zu Hilfe kommen mein Gesinde und sogar ich selbst. Wenn der Heide in euer Land kommt, wird er es mit Schande wieder verlassen müssen.« Nun wollte die Königin von Holdraflus nicht länger verweilen. Sie verabschiedete sich und ritt nach Hause zurück in ihr Land. Sie dankte König Artus und bat jeden einzelnen

2795 nich

2802 knie (BÜSCHING)

2815f. SARRAZIN 18 verbessert künigîn : hin. Möglicherweise lässt der Reim aber auf größere Verderbnis schließen. Bes. auffällig ist, dass sich bereits 2749f. praktisch identische Verse in sinnlosem Kontext, aber mit der problemlosen Bindung Holdrafluoz : hûs finden. Lassen diese ersten Verse auf eine ältere Gestalt mit einem Dreireim schließen? Experimentell lässt sich neudichten: nû wolte sich niht lenger sûmen / diu künigîn von Holdrafluoz. / sie wolte rîten heim ze hûs. / sie danket dem künic Artûs. Mit dieser Änderung wären zumindest die von KHULL, Wigamur 104f. vorgebrachten Einwände gegen die Echtheit der Verse 2118ff. widerlegt. KHULL legt dar, dass die Rede »keinen einzigen neuen Gedanken« enthalte und vor allem Isopi 2816 bereits einmal und 2831 erneut abreist.

136 2820 W

2825

2830

2835

2840

2845

2850

2855

die ritter von der tavelrunder; ouch den ritter mit dem arn, daz er wolte mit in varn. der stolze Wîgamûr sprach: »vrouwe, iuwer ungemach ist mir leit, daz wizzet vür wâr. ich wil komen dar mit des küniges samenunge. rîch, arm, alt und junge suln iuch alles heiles biten.« mit hovelîchem siten diu vrouwe dô von danne schiet. gên dem heidenischen diet wolt sie schaffen ir were. sie kêrten ûf bî dem mere zuo einer stat, diu hiez Narbiart, diu was vür vreise wol bewart. Artûs, der liez werden schîn, waz er gehiez der künigîn, sîner samenung er bôt. nû kam manic helt guot zuo einem brunnen ûf ein wisen breit. dar kam Salmurte bereit, der herzoge von Zwenge, mit einer schœnen menge; im was zuo der reise ger. nun brâht sîn neve Diethêr mangen gewâpenten man. Artûs, der künic lobesam, der vuort beide junc und alt, swaz zuo der tavelrunde was gezalt. die ritter wâren erwelt gar. nun empfalch der künic sîne schar … Unarc und Gâwân und der helt Wîgamûr, die wurden zuo boten vür gesant und gevrâget der mære, wâ diu stat wære, 2832 dietht

Ritter der Tafelrunde; auch 〈bat sie〉 den Ritter mit dem Adler, dass er mir ihnen ziehen möchte. Der herrliche Wigamur sagte: »Herrin, euer Kummer quält mich, das sollt ihr wissen. Ich will dorthin kommen mit dem Königsheer, Reich, Arm, Alt und Jung sollen Wohlergehen für euch erbitten.« Mit Courtoisie ging die Dame schließlich davon. Gegen die Heiden wollte sie ihre Verteidigung aufstellen. Beim Meer gingen sie hinauf zu einer Stadt, die Narbiart hieß und vor Gefahr gut geschützt war. Artus hielt ein, was er der Königin versprochen hatte. Er befahl es seinen Leuten. Es kamen viele ausgezeichnete Helden zu einer Quelle auf eine große Wiese. Dorthin kam gerüstet Salmurte, der Herzog von Zwenge, mit einer stattlichen Menge; er war begierig auf den Feldzug. Daraufhin brachte sein Neffe Diether viele gerüstete Männer. Artus, der lobenswerte König, führte alle an, die zu der Tafelrunde zählten. Die Ritter waren wirklich auserwählt. Nun übergab der König sein Heer … Unarc und Gawan und der Held Wigamur wurden als Boten vorgeschickt, um zu fragen, wo die Stelle wäre,

2844 menge (BÜSCHING)] mengē

2837–39 Verstanden als Konstruktion apo koinou (2839 dient zweimal als Objektsatz). Sind Verse ausgefallen?

137 W 2860

2865

2870

2875

2880

2885

2890

dâ die heiden sîn solten, mit den sie strîten solten. nû was der künic 〈von〉 Sarazîn, Marroch was der name sîn, geriten mit sîner schar vür ein stat, hiez Podogar, diu lac bî dem mere und het kreftic were von turn und tiefen graben. dâ heten sich die heiden vür erhaben manic gezelt wæhe, dar an vil manic werc spæhe. sie heten bedecket daz velt mit manigem schœnen gezelt, daz sie nieman mohte übersehen. sie riten umb die stat spehen, wâ sie mohten gestürmen dar an. nun wâren ouch die wartman, die künic Artûs het gesendt, zuo der selben stat gewendt, dâ die heiden lâgen bî. nû sâhen die ritter alle drî, Unarc, Gâwân und Wîgamûr, daz die heiden heten vür gesendet ouch wartman. dô sprach der ritter Gâwân: »ditz mügen ouch wol wartman sîn. nû suln wir rîten gên in und vrâgen sie von dem here, ob sie mügen keine were wider uns gehaben.« ditz was hinder einem graben, der umb die stat gemachet was. ein heiden, hiez Grîmuras, der was des künigs bruodersun,

an der die Heiden sein sollten, mit denen sie kämpfen sollten. Inzwischen war der König von Sarazin, Marroch war sein Name, mit seiner Armee vor eine Stadt namens Podogar geritten, die am Meer lag und mit soliden Wehranlagen mit Türmen und tiefen Gräben befestigt war. Davor hatten die Heiden viele prächtige Zelte aufgebaut, daran zahlreiche hübsche bildliche Darstellungen. Sie hatten das Feld bedeckt mit so vielen schönen Zelten, dass niemand sie überblicken konnte. Sie ritten um die Stadt herum, um auszukundschaften, wo sie gegen diese anstürmen konnten. Inzwischen waren auch die Späher, die König Artus ausgeschickt hatte, zu der Stadt gekommen, vor der die Heiden lagerten. Nun sahen die drei Ritter, Unarc, Gawan und Wigamur, dass die Heiden ebenfalls dorthin Späher ausgeschickt hatten. Da sagte der Ritter Gawan: »Das werden sicherlich ebenfalls Späher sein. Wir werden ihnen entgegenreiten und sie über das Heer ausfragen, ob sie in der Lage sind, sich gegen uns zu wehren.« Das alles fand hinter einem Graben statt, der um die Stadt gezogen war. Ein Heide, der hieß Grimuras, er war der Brudersohn des Königs,

2859f. sîn solten : strîten solten (SARRAZIN 21)] solten sein : solten streÿttein

2859f. Der Reim in W ist wegen der Form stritîn unwahrscheinlich (abgeschwächter und durch i bezeichneter Endungsvokal, WEINHOLD §372, PWG §59.3); sinnvoller erscheint identischer Reim, siehe Einleitung 4.C.6. 2861 Sarazîn benennt im übrigen Text ein Gebiet bzw. Königreich (markiert durch die Präp. von). In anderen mhd. Texten ist hingegen die Verwendung als Gruppenname üblich; BMZ II/2,57b übersetzt als »Sarazene, Muhamedaner«. 2875 gestürmen. In den Wb. findet sich lediglich swV stürmen und stN gestürme; das Wort entspricht aber mhd. Wortbildung (LEXER I,745, 25PAUL §M73, Anm. 1).

138 W 2895

2900

2905

2910

2915

2920

2925

Turbart und Drasbrâûn, die heten manlîche kraft und wâren trôst der heidenschaft; sie wâren vürsten alle drî, küen und ires muotes vrî. die kâmen geriten durch prîses wân ûf den ritter Gâwân und zuo sînen gesellen zwein. dô sprach der heiden ein: »von wem komt ir alsô geriten?« »dâ haben wir iuwer hie gebiten«, sprach Gâwân, der ritter balt. »wir riten von dem walt und wolten vrâgen mære, wes daz her dort wære, daz sô gewalticlîche vert und daz lant gar verhert. daz ist ein unbarmic diet und wil durch got lâzen niet.« dô sprach der heiden Grîmuras: »wolt gerne wizzen daz: daz ist der künic von Sarazîn, der wolte dise künigîn, Îsopî, die schœnen maget, (ich enweiz, ob ez iu ist gesaget) genomen haben zuo einem wîbe. an rîchtuom, guot und an lîbe ist er wol ir genôzen. sô versmæht sie den künic sô grôzen, grôz mehtic [] Marroch. dar umbe hât er sie zuo hazzen noch und wil 〈ez〉 an ir rechen. ir burc wil er zebrechen. ir vürsten wil er vâhen 2908 wer

〈dazu die Heiden〉 Turbart und Drasbraun, die waren starke Männer und waren die Hoffnung der Heidenschaft; alle drei waren Fürsten, kühn und adlig. Weil sie gewinnen wollten, ritten sie auf den Ritter Gawan und auf seine zwei Gefährten zu. Da sagte einer der Heiden: »Von wem seid ihr her geritten?« »Wir haben hier auf euch gewartet«, sagte Gawan, der kühne Ritter. »Wir ritten von dem Wald her und wollten danach fragen, wessen Heer dort lagert, das derart gewalttätig umherzieht und das Land so sehr verwüstet. Es ist ein unbarmherziger Haufen und will um Gottes Willen nicht davon ablassen.« Da sagte der Heide Grimuras: »Folgendes müsst ihr wissen: Es handelt sich um den König von Sarazin, der diese Königin, Isopi, die schöne Jungfrau, (ich weiß nicht, ob es euch gesagt worden ist) zur Frau hat nehmen wollen. An Reichtum, Besitz und Leben ist er ihr sicherlich ebenbürtig. Sie aber verschmähte den großen König, den sehr mächtigen Marroch. Darum hasst er sie und will es an ihr rächen. Ihre Stadt will er zerstören. Ihre Fürsten will er fangen

2923 mächtig von marroch

2908 wes. wer fragt nach Identität, wes nach Zugehörigkeit (25PAUL §§M49 und S74). 2921 genôzen. Inf. statt Part.Präs. (25PAUL §S28, Anm. 2). 2923 Marroch wird im übrigen Text – im Gegensatz zum üblichen Gebrauch in der mhd. Epik – als Personen-, nicht als Ländername verwendet. Ähnliche Verwirrung herrscht bei Sarazîn, vgl. zu 2861. 2924 Ungewöhnliche Konstruktion: Es handelt sich nicht um einen modalen Inf. (er hât ze hazzen = »er muss hassen«), sondern der Inf. bedarf der Ergänzung eines Akk.-Obj. (wörtl. »hat sie als eine, welche zu hassen ist«); dazu BEHAGHEL II,332. Zu überlegen wäre Änderung ze hazze nach dem Vorbild von Priester Konrad 141,31 daz heten aver die do ze hazze unde ze nide […] 2925 ez … rechen. Die Wb. belegen keine intransitive Verwendung, daher Ergänzung eines Akk.-Obj.

139 W 2930

2935

2940

2945

2950

2955

2960

und ir volc hâhen. sie selber wil er vertrîben gar. dar umbe hât er dise breite schar ûf irn schaden geladen her. daz ê niht was sîn ger, daz wil er nun betwingen mit bœsen, übeln dingen.« Unarc sprach mit schœnen siten: »nun sîn wir ouch dâ her geriten durch der küniginne solt und haben empfangen ir golt und haben ir hilfe gelobt. ich wæn, ir habt dar an getobt, daz Marroch, iuwer herre, ist geriten sô verre ûf der küniginne schaden. ir müezet vaste werden geladen die sach ûf iuwern rucken. ouch wirt ze smal diu brucke, die ir wider solt rîten. ir müezet hie erbîten der künigîn, weiz got. nû werd iu wol, daz ist iu nôt, und strîtet umb daz wîp. iu ist wærlîch ir lîp zuo grôzem schaden geborn. ir habt guot und êr verlorn.« Turbart, der heiden, sprach: »iuch müet unser ungemach mêr dan uns selber tuot. waz ir nû welt, daz tuot dar zuo. wir sîn durch klag niht komen her. welt ir tjostieren, sô neigt daz sper, oder welt ir strîten, sô müezt ir næher rîten!« dô ranten sie zuo einander dâ, in was beiden zuo einander gâ. 2928 haben 2946 bruckē 2962 næher (BÜSCHING)] nÇner

und ihr Volk aufhängen. Sie selbst will er vertreiben. Deshalb hat er dieses große Heer zu ihrem Schaden hierher gebeten. Was ehedem nicht sein Wunsch war, das will er jetzt erzwingen mit bösen, schlechten Taten.« Unarc sagte hochanständig: »Wir sind jetzt hierher geritten wegen der Belohnung der Königin und haben ihr Gold empfangen und haben ihr Hilfe versprochen. Ich vermute, ihr seid wütend geworden, dass Marroch, euer Herr, so weit geritten ist um der Königin zu schaden. Die Sache wird euch aufgebürdet. Auch wird die Brücke zu schmal, auf der ihr zurückreiten werdet. Ihr sollt hier auf die Königin warten, das weiß Gott. Habt viel Glück, ihr werdet es brauchen, und kämpft um die Frau. Sie ist euch wirklich zu großem Schaden geboren. Ihr habt Besitz und Ansehen verloren.« Turbart, der Heide, sagte: »Euch quält unser Leid mehr als uns selbst. Wenn ihr nun etwas wollt, dann tut etwas dafür. Wir sind nicht hergekommen, um uns zu beklagen. Wenn ihr tjostieren wollt, dann senkt die Lanze, wenn ihr aber kämpfen wollt, dann müsst ihr schon näher reiten!« Darauf galoppierten sie dorthin zueinander, jeder wollte auf den anderen los.

2960 daz] de korrigiert aus dy 2963 dâ (SARRAZIN)] dach

2944f. Vorgangspassiv (werden geladen) mit Akk.-Obj. (die sach). Wörtl. »Ihr müsst/dürft stark beladen werden / mit der Sache auf euren Rücken.« 2957f. SARRAZIN 21 schlägt identischen Reim tuot : tuot vor. 2958 Wörtl. »Was ihr nun wollt, das tut dazu.« Bezug wohl auf ungemach. 2963f. Zwei zur Hälfte identische Verse sind unwahrscheinlich. Lesefehler des Schreibers?

140 2965 W

2970

2975

2980

2985

2990

2995

mit dem arn Wîgamûr und Grîmuras zuosamen vuor. ritterlîch sie stâchen, daz ir sper beide zebrâchen. von den rossen sie dô sprungen, wider zuo einander sie drungen. ir keiner was in zagheit. smal wurden ire schilte breit, die sie beide truogen. die sleg, die sie dô sluogen, die wâren starc und grôz. Wîgamûr des genôz, daz er was der kreft sô starc. der heiden, listic unde karc, der wart des schier gewar. er wolte vliehen gên der schar. er begunde von im loufen dan. Wîgamûr, der snelle man, der begreif den helt guot. er druct in, daz im daz bluot zuo den ôren ûz ran. dô sprach der heidenische man: »lâze stên, degen triuwelîch, und lâz lenger leben mich. ich biute dir mîn sicherheit.« Wîgamûr was des gemeit. under des het der ritter balt Gâwân getwungen mit gewalt Drasbrâûn, den heiden. Unarc was gescheiden von dem drit, als ich wil sagen: er het im durch den helm geslagen ein wunden in daz houbet; 2984 truck

Wigamur mit dem Adler prallte mit Grimuras zusammen. Vorzüglich stachen sie aufeinander ein, sodass ihre Lanzen zerbrachen. Sie sprangen von den Pferden und stürmten gegeneinander an. Keiner von ihnen war feige. Die breiten Schilde, die sie trugen, wurden klein. Die Schläge, die sie schlugen, waren stark und gewaltig. Wigamur machte sich zunutze, dass er sehr kräftig war. Der Heide, schlau und klug wie er war, bemerkte das sofort. Er wollte zu seinen Leuten fliehen und rannte von ihm weg. Wigamur, der tapfere Mann, ergriff den ausgezeichneten Helden. Er drückte ihn 〈so sehr〉, dass ihm das Blut aus den Ohren quoll. Endlich sagte der heidnische Mann: »Hör auf, treuer Held, und lass mich weiterleben. Ich biete dir meine Sicherheit.« Wigamur freute sich darüber. Währenddessen hatte der kühne Ritter Gawan Drasbraun, den Heiden, mit Kraft bezwungen. Unarc trennte sich vom Dritten, wie ich euch erzählen will: Er hatte ihm durch den Helm eine Wunde in den Kopf geschlagen;

2996 in

2965f. Numerusinkongruenz (25PAUL §S42), obwohl nach Eigennamen selten (BEHAGHEL III,18). 2984 druct. Änderung nach Vorbild des optisch ähnlichen Schreibfehlers 178 und z.B. Lohengrin 2212 ér druct in, daz im daz bluot ze munde ûz brast. Alternativen wären truoc (näher an der Hs., aber sprachlich unüblich) oder sluoc. 2989 »Wird im höfischen Roman ein Ritter besiegt, so muß er in der Regel die Niederlage nicht mit dem Tode bezahlen, wie es in der chanson de geste üblich ist, sondern der Sieger gewährt ihm unter gewissen Bedingungen Schonung. Für diesen epischen Vorgang hat das Mhd. die sprachliche Formel geprägt ›sicherheit geben‹, wenn das Geschehen vom Besiegten aus gesehen ist, und ›sicherheit nemen‹, vom Standpunkt des Siegers aus betrachtet.« (DÉSILLES-BUSCH 66). Als Terminus bleibt sicherheit generell unübersetzt.

141 W 3000

3005

3010

3015

3020

3025

3030

3035

der kreft was er beroubet. alsô was er gescheiden. nû bâten die heiden, daz man sie liez genesen. der ritter sprach: »ez mac wol wesen, welt ir leisten, des wir begern, des wir niht wellen enbern. ir antwürt iuch alle drî, der küniginne Îsopî. von Holdrafluoz der künigîn ir gevangen sult ir sîn. ditz sol wesen morgen.« des lebten sie mit sorgen. ir sicherheit sie gâben dar an und liezen sie ouch alle varen und schieden sich dâ bî. die küenen ritter drî riten vrœlîche von dan. die zwên heiden huoben sân ûf daz ros den dritten. sîne wunden wâren wît gesniten. mit wazzer sie in labten und in under den armen habten. alsô vuorten sie in von dem velt under ire heidnische gezelt. dô sie dan zuo velde lâgen, die andern begunden vrâgen, waz in geschehen wære. sie wolten wizzen diu mære, reht als in geschehen was, wan alle heiden klagten daz. dô sprach der heiden Turbar: »ich sage iu vür wâr: der uns hât here brâht, der hât des tiuvels gedâht, wan hât Îsopî, diu künigîn hêr, solcher ritter mêr, sô sîn wir übel gevarn. sie kunden uns niht gesparn. kein schilt ist sô herte, sie houwen in mit dem swerte,

jener verlor das Bewusstsein. So trennte er sich von ihm. Nun erbaten die Heiden, dass man sie leben ließ. Der Ritter sagte: »Das kann sicherlich geschehen, wenn ihr tut, was wir verlangen und worauf wir nicht verzichten wollen. Ihr überantwortet euch alle drei der Königin Isopi. Ihr werdet Gefangene der Königin von Holdraflus sein. So soll es morgen geschehen.« Das bereitete ihnen Kummer. Sie gaben ihre Sicherheit, wurden frei gelassen und gingen von ihnen fort. Die kampfeslustigen drei Ritter ritten hochgestimmt davon. Die zwei Heiden hievten den dritten unverzüglich auf das Pferd. Seine Wunden klafften tief. Sie labten ihn mit Wasser und hielten ihn unter den Armen fest. In dieser Haltung führten sie ihn vom Feld in ihr heidnisches Lager. Als sie dort angekommen waren, fragten die anderen, was ihnen passiert sei. Sie wollten erfahren, was ihnen genau zugestoßen wäre, denn alle Heiden beklagten das. Da sagte der Heide Turbar: »Ich sage euch ehrlich: Der uns hierher gebracht hat, ist mit dem Teufel im Bunde, denn, wenn Isopi, die erhabene Königin, noch mehr solcher Ritter hat, dann sind wir übel dran. Sie konnten uns nicht schonen. Kein Schild ist so hart, dass sie ihn nicht mit dem Schwert zertrümmern,

3011f. Reimbindung unrein. Evtl. dare : varen bzw. dâr : varn? 3023 ze velde ligen ist als idiomatische Wendung »auf das Feldlager« bezogen (WMU III,2028). 3032 Wörtl. »der hat an den Teufel gedacht«.

142 W 3040

3045

3050

3055

3060

3065

3070

3075

rehte als er vûl sî. ouch sô merket dâ bî, daz unser hilfe ist abe. wir müezen uns an dem tage antwürten der Îsopî, 〈der〉 künigîn, wan wir ir gevangen sîn.« Dô diu künigîn des innen wart, daz der heiden mit sîner hervart in ir lant was geriten, sie selber bat und hiez biten, swaz vürsten wâren in irm lande, die sie dâ vil wol erkande, daz sie an got gedæhten und ir hilfe bræhten. sunst lebte sie mit sorgen die naht unz an den morgen, wan sie hete niht vernomen, daz ir hilfe was komen, von Britâne der künic und manic ritter vrümic. als der ander morgen erschein, Grîmuras wart des 〈in〉 ein Drasbrâûn und Turbart, daz sie wolten ûf die vart, des sie ir triuwe heten geben, dâ mit sie vristen ir leben. sie legten an ir bestez kleit. ein hôhez ros ir ieglîcher reit. sie riten gên der bürge tor, dâ die heiden lâgen vor. sie vrâgten gên dem palas, dâ diu künigîn ûf saz. sie bâten sie wîsen vür die maget, daz wart in niht versaget. dô empfienc man sie alle drî. diu küniginne Îsopî, sie wânt, sie wæren gesendet dar. dô sprach der heiden Turbar:

ganz als ob er morsch wäre. Auch müsst ihr wissen, dass unsere Hilfe nicht mehr da ist. Wir müssen uns 〈morgen〉 bei Tage Isopi, der Königin, überantworten, denn wir sind ihre Gefangenen.« Als die Königin erfuhr, dass der Heide mit seinem Kriegszug in ihr Land eingedrungen war, trug sie persönlich (und andere in ihrem Auftrag) den Fürsten in ihrem Land, die sie genau kannte, die Bitte vor, dass sie an Gott denken und ihr Hilfe bringen möchten. In dieser Lage verbrachte sie die Nacht bis zum nächsten Morgen in Angst, denn sie hatte nicht gehört, dass ihr Hilfe gekommen war, nämlich der König von Britannien und viele untadlige Ritter. Als der nächste Morgen anbrach, entschlossen sich Grimuras, Drasbraun und Turbart aufzubrechen, wie sie es versprochen hatten, um am Leben zu bleiben. Sie zogen ihre besten Kleider an. Alle saßen auf hohen Pferden. Sie ritten auf das Stadttor zu, vor dem die Heiden lagerten. Sie fragten nach dem Palas, in dem die Königin thronte. Sie baten darum, vor die Jungfrau gebracht zu werwas ihnen nicht verwehrt wurde. [den, Dann empfing man alle drei. Königin Isopi dachte, sie wären 〈als Boten〉 zu ihr geschickt worden. Nun sagte der Heide Turbar:

3075 wontten

3043 der. BUSCHINGER verbessert antwurten Ysopeÿ der künigin. Hier geändert nach 3094. 3060–62 Konstruktionsfehler; der Schreiber hat offenbar die Wendung in ein werden (FRIEDRICH 144) missverstanden. Zur Numerusinkongruenz BEHAGHEL III,14f.; zu überlegen wäre die Änderung m i t Drasbrâûn und Turbart. 3064 vristen = vristeten mit Silbenschichtung.

143 W

3080

3085

3090

3095

3100

3105

3110

»vrou, wir sîn geriten her âne swert und âne sper und suln iur gevangen sîn.« »wâ von?« sprach diu künigîn. dô sprach der heiden balt: »ez riten ûz dem walt des âbends spât drî man ûf starken rossen wol getân und mit dem einen vür wâr vlouc ein rehter adelar. die betwungen uns mit swerten, daz wir gnâde begerten. den muost wir unser triuwe geben, daz sie uns liezen leben, daz wir uns antwürten her. alsô sî wir komen âne wer, vrouwe, zuo den gnâden dîn.« dô sprach diu Îsopî, diu künigîn: »ich verstân an disen mæren, daz sich endet mîn swæren. von dem adlar ich daz weiz, künic Artûs wil sîn geheiz leisten, als er mir gelobet hât. nun sol mîn werden guot rât.« der heiden sie hiez pflegen wol, als man gevangen tuon sol. in der selben wîle dô kam mit île ein ritter, der hiez Selrogir. er sprach: »vrouwe, ez enbiut dir sînen dienst künic Artûs, mîn her. er ist durch dînen willen sô ver geriten durch den walt sô vram und manic ritter wol getân volgen sînem baniere. nû solt dû senden schiere boten, die in lêren, wâ er hin sol kêren.« 3082 rayten

»Herrin, wir sind hierher geritten ohne Schwert und ohne Lanze und werden eure Gefangenen sein.« »Weshalb?«, fragte die Königin. Darauf sagte der kühne Heide: »Aus dem Wald ritten spät abends drei Männer auf starken, stattlichen Pferden und mit einem flog tatsächlich ein echter Adler. Die besiegten uns mit Schwertern, sodass wir um Gnade flehten. Damit sie uns leben ließen, mussten wir ihnen unser Wort geben, dass wir uns hierher ergeben werden. Darum sind wir ohne Waffen gekommen, Herrin, um uns dir auszuliefern.« Isopi, die Königin, erwiderte: »Ich verstehe durch diese Worte, dass mein Kummer zu Ende ist. Der Adler gibt mir zu verstehen, dass König Artus sein Versprechen halten will, wie er es mir gelobte. Jetzt wird es für mich gut ausgehen.« Sie befahl, dass man sich angemessen um die Heiden wie man mit Gefangenen umgehen soll. [kümmerte, Im gleichen Moment kam eilends ein Ritter namens Selrogir an. Er sagte: »Herrin, dir bietet mein Herr, König Artus, seine Dienste an. Er ist für dich alsbald weit durch den Wald geritten und viele wundervolle Ritter folgen seinem Banner. Nun sollst du rasch Boten schicken, die ihm zeigen mögen, wohin er gehen soll.«

3109 fren

3094 diu Îsopî. Der bestimmte Artikel vor Personennamen als mundartlicher Gebrauch, in deiktischer Bedeutung (BEHAGHEL I,54f.) oder als versehentlicher Schreiberzusatz. Vgl. auch 3043. 3096 swæren. Als substantivierter Inf. verstanden (25PAUL §S32), wahrscheinlicher aber die Konjektur MAUSSER 27 an disem mære : […] mîn swære. Oder mit unreinem Reim mæren : swære.

144 3115 W

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3125

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3150

dô sprach diu vrouwe gemeit: »des bin ich selber bereit, daz ich in here wîse … diu stolze maget bereit ir gewant, diu pfert brâhte man zuo hant. dô reit diu maget zuo einem tor, dâ die heiden lâgen vor, wan diu stat sô michel was, daz nieman weder holz noch gras geweren kunde, swie übel man in gunde. hie kam diu schœne maget mit zwei hundert rittern unverzaget, dâ Artûs, der künic gemeit, mit sînem gesinde reit. mit vreuden hiez sie diu künigîn alle got wilkomen sîn, den künic und daz her gar. sie zeiget mit dem vinger dar, dâ die heiden lâgen dort. sie sprach: »sie habent mir ermort manigen man in disem lande.« »daz gelten sie mir mit schande«, sprach Êrec fil li rois Lac, »geleben wir den morgen tac.« Îsopî, diu künigîn, kêrt wider heim … den künic sie zuo herberg liez. den hervanen man ûf stiez, man gap in volle spîse. Artûs, der künic wîse, sant dem künig von Sarazîn einen brief bî dem boten sîn und tet daz durch den list, daz er gerne wist, welîch sîn stat moht sîn. alsô sprach der brief vîn: 3118 Leerzeile W

3125f. kunden : gundē

Da sagte die prächtige Herrin: »Ich bin selbst dazu bereit, ihn herzuweisen … die herrliche Jungfrau bereitete ihre Kleidung, sofort brachte man die Pferde. Da ritt die Jungfrau zu einem Tor, vor dem die Heiden lagerten, denn die Stadt war so groß, dass niemand weder Wald noch Wiese verteidigen konnte, wie übel man es auch mit ihm meinte. Nun kam die schöne Jungfrau mit zweihundert wackeren Rittern dorthin, wo Artus, der prächtige König, mit seinen Begleitern ritt. Freudig begrüßte die Königin alle, den König und das ganze Heer. Sie zeigte mit dem Finger dorthin, wo die Heiden lagerten. Sie sagte: »Sie haben mir viele Männer in diesem Land umgebracht.« »Das sollen sie mir mit Schande entgelten«, sagte Erec, Sohn von König Lac, »wenn wir den morgigen Tag noch erleben sollten.« Isopi, die Königin, kehrte nach Hause zurück … sie ließ den König in die Stadt hinein. Man richtete die Heerfahne auf und gab ihnen reichlich zu essen. Artus, der weise König, schickte dem König von Sarazin durch einen Boten einen Brief, weil er unbedingt wissen wollte, wie es um ihn bestellt war. Der hübsche Brief lautete folgendermaßen: 3142 Leerzeile W

3123–26 Sinnzusammenhang ist dunkel. Soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Stadt zu groß ist, um vollständig belagert zu werden, oder dass sie aufgrund ihrer Größe nicht ganz und gar verteidigt werden kann? Die Paarformel holz noch gras ist wahrscheinlich ein Ausdruck pars pro toto. übel gunnen hier wohl nicht idiomatisch (»jmd. bedauern«, LEXER I,1119), sondern wörtl.

145 W 3155

3160

3165

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»Artûs Britân Artaras Furbîn, der enbiut Marroch Tuffran von Sarawaz ein sumerliehter tac [zîn, an einer naht gehaben mac. dû hâst erwelt dir einen namen, den dû haben muost mit schamen. daz dû dich künic nennest und dâ bî niht erkennest, daz ein künic des solt gern, daz im daz reht mac gewern! ez sol ein man mit minne ein vrouwen liep gewinnen. daz dû nû hie ervehten wilt, daz ist doch zuo hôch gezilt und zwischen uns ûf gesetzet, daz ietweders liebe letzet, wan dû bist ein heiden und bist dâ mit gescheiden als wol und wê. dû tætest wider dîn ê, minnest dû ein kristen wîp †so hettest du deinen leÿb 3159 nennest (BÜSCHING)] nenenest

»Artus, der Brite, Artaras Furbin erweist Marroch Tuffran von Sarazin das, was ein sommerheller Tag an einer Nacht haben kann. Du hast dir einen Titel gewählt, den du mit Schande tragen musst. Dass du dich König nennst und dabei nicht erkennst, dass ein König 〈nur〉 das begehren soll, was ihm mit Recht zusteht! Es soll ein Mann mit Liebe eine Frau gern bekommen. Was du jetzt hier erkämpfen willst, ist doch sicher zu hoch gezielt und zwischen uns 〈schon längst〉 festgelegt, es verhindert die gegenseitige Freude, denn du bist ein Heide und bist dadurch 〈von uns〉 auf jeden Fall getrennt. Du würdest gegen deine Glaubensgebote verstoßen, wenn du eine Christenfrau liebtest …

3162 in

3153–80 Seit dem 12. Jhd. entstehen in der lat. Rhetorik eine Vielzahl von Schriften zur Briefkunst (ars dictaminis), die die Form eines Briefes, nach Funktion und Schule variiert, genau festlegen. In der volkssprachigen Dichtung sind solche Briefe nicht selten in Erzählungen eingearbeitet. So wird im vorliegenden Text die regelhafte Einleitung (salutatio) mit der Nennung beider Briefpartner und ihres Verhältnisses zueinander sowie des formelhaften Wortes enbieten markiert (grundlegend dazu WANDWITTKOWSKI, diese Stelle 340). Der vorliegende Brief steht in der Tradition der Schmäh- oder Scheltbriefe, die man nicht als blinde Wutausbrüche, sondern als Rechtsakte verstehen muss: »In höchst grobem Ton und oft obszönen Vergleichen griffen die Scheltbriefe die Ehre des Schuldners und seiner Familie an und erklärten ihn […] für ehr-, treu- und siegellos« (HRG IV,1451, vgl. auch SCHMIDT). 3153f. In der salutatio nennen die Briefpartner ihre soziale Stellung (WAND-WITTKOWSKI 33). Hier wahrscheinlich Parodie heidnischer Ehrentitel. Siehe z.B. Willehalm 339,16–19 an disem râte maneger saz, / eskeliere und emerale, / amazûre al zemâle / und die hoechsten künege über al daz her. 3155 sumerlieht. Die Wb. bringen nur einen weiteren Beleg (von Obernburg, KLD 40,I,3,4) – Schreibfehler von sumerlîch? 3155f. Das Verhältnis zwischen Christen und Heiden wird verbildlicht mit der topischen Rivalität zwischen Tag und Nacht: Sie schließen sich aus und vertreiben sich gegenseitig. Artus entbietet Marroch also das, was Tag und Nacht miteinander gemeinsam haben, nämlich nichts. 3162 gewern steht mit Akk. der Sache und Dat. der Pers. oder mit Akk. der Pers. und Gen. der Sache (LEXER I,988). 3163f. Zur Sentenz HSS 100. 3167 ûf gesetzet. Hier Rechtsterminus: »festsetzen, bestimmen, anordnen« (WMU III,1849–51). 3174f. trahten (»streben nach, seine Gedanken richten auf«) ergänzt sein Ziel u.a. mit Akk.-Obj. oder Präp.-Obj., in dieser Konstruktion ist dînen lîp überflüssig; die Bedeutung »streben machend« belegen die Wb. nicht. Ebenfalls halte ich es für unwahrscheinlich, dînen lîp als adverbiale Bestimmung (»zu

146 3175 W

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3195

3200

nach vnwiczen getrachtet du mochtest nit haben geachtet dauon dir schanden mer† … die reinen magt von Holdrafluoz. dar umbe sî dir widersagt mîn gruoz.« Marroch, dô er den brief gelas, Artûs erbolgen was. zuo dem boten sprach er dô: »dînes herren Artûs drô sint mir grôzen leit. mîn her ist alsô breit, daz ich wol riche mînen zorn. dise magt muoz sîn verlorn, des hilft ir kein Artûs. ich wil hie burc und hûs allez samt zerstœren. die botschaft lâz hœren Artûs und die sînen alle, swie in daz gevalle … dise antwurt brâhte der bote wider dô. sie wâren beidenthalp sô, vor der stat und dar innen. doch het diu küniginne beide sorg und swære †also das der nacht nicht mer† und der tac begunde schînen, 3178 Leerzeile W

… … … … die makellose Jungfrau von Holdraflus. Deshalb grüße ich dich nicht.« Als Marroch den Brief gelesen hatte, war er wütend auf Artus. Er sagte zum Boten: »Die Drohungen deines Herren Artus sind mir wirklich lästig. Mein Heer ist dermaßen groß, [schafft wird. dass meiner Kampfwut bestimmt Genugtuung verDiese Jungfrau muss vernichtet werden, davor schützt sie kein Artus. Ich will hier Stadt und Burg allesamt zerstören. Erzähl diese Botschaft ruhig Artus und all seinen Leuten, wie auch immer ihnen das gefallen möge … diese Antwort brachte der Bote zurück. So ging es ihnen auf beiden Seiten, vor der Stadt und darin. Auch hatte die Königin Sorge und Angst … und der Tag angebrochen war,

3182 erbolgen (BÜSCHING)] er volgen

Lebzeiten«) aufzufassen. Wahrscheinlicher ist eine fehlerhafte Konstruktion (z.B. von sô hete dîn lîp / nâch unwitzen getrahtet oder: nâch dînes lîbes unwitzen, ähnlich Seifried Helbling I,793f. die […] nâch friunde schaden trahtent). 3176f. Durch Textausfall ist der Sinnzusammenhang unklar. 3180 Diese (topische) Provokation kennt z.B. auch Kundrie, vgl. Pz. 315,18f. daz ich versage mînen gruoz / Artûse unt der messnîe sîn. 3185 grôzen. Wenn es sich nicht um Schreibfehler handelt: Entweder nicht belegte Form zu Adv. grôze oder schwach dekliniertes Adj. 3198 sô. Bezug unklar. Es fehlt ein prädikatives Adj. BÜSCHINGs Vorschlag vrô widerspricht 3200f. Es ist angesichts des fehlenden Verses 3195 eine Neudichtung in Anlehnung an Tandareis 12916 und Meleranz 7811f. zu überlegen: der bote in die antwurt seit. / sie wâren beidenthalp bereit / […]. 3201f. MAUSSER 11 konjiziert swære > sêre stF : mêre, vgl. auch Einleitung 4.C.3. In 3202 bliebe die Satzkonstruktion (mit Verbausfall?) und insb. der Gen. d e r naht dunkel. Vielleicht Änderung alsô diu naht niht werte mêre (»als die Nacht gewichen war«) in Anlehnung an NL 1849,2 jâ wæne diu naht uns welle nu niht wern mêr und Biterolf 1571 Do wert die nacht nicht mere.

147 W 3205

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künic Artûs, der gebôt den sînen, daz sie zuo strîten wârn bereit gar. er het geahtet sîne schar. †sein fanen fur er da stet† Gandînes sun Gamuret. dô warf man ûf diu burctor. die heiden bereiten sich dâ vor, als sie wolten strîten. sie wolten niht lenger bîten. der heiden vanen vuort Driopaz, der was gewaltic ze Felundagas. die heiden heten grôze kraft, ouch was dise ritterschaft genzlîchen ûz erwelt; sie heten manigen helt beidenthalben in der schar. †da hie nu adlar† die, die daz banier vuorten, vaste ûf einander ruorten, die aber nâch in riten, beidenthalp vil kûm erbiten, daz sie zuosamen solten. ietweder wolte an dem andern lop erstriten hân, daz was beidenthalben ir wân. sêre streit der heiden her, man hôrte dâ niht ander mêr wan brechen sper und klingen swert. swen Êrec erreit, der wart gewert. ouch her Gâwân wider und vür 3209 burg dar

befahl König Artus seinen Leuten, sich kampfbereit zu machen. Er hatte gezählt, wie groß sein Heer war … Gandins Sohn Gamuret. Nun zog man die Stadttore hoch. Die Heiden stellten sich davor auf, weil sie kämpfen wollten. Sie wollten nicht länger abwarten. Die Fahne der Heiden trug Driopaz, der herrschte in Felundagas. Die Heiden hatten große Kampfkraft, zudem war diese Ritterschaft wirklich auserwählt; es gab viele Helden in beiden Heeren … die, die das Banner führten, rannten schnell gegeneinander an, diejenigen, die direkt hinter ihnen ritten, warteten kaum 〈den Befehl〉 ab, aufeinander zu stoßen. Jeder wollte am anderen Lob erkämpfen, sie sehnten sich auf beiden Seiten danach. Erbittert kämpfte das Heer der Heiden, man hörte nichts als Lanzen brechen und Schwerter klingen. Erec schlug alle zurück, auf die er losritt. Auch Fürst Gawan ritt mehrere Durchgänge

3219 beidenthalben (BÜSCHING)] baydenthaben

3226 wolten

3207 Möglich, aber spekulativ wäre der Vers sînen vanen vuorte dâ stæte (oder mit besserer Reimbindung ze stet). 3207/3213 vanen. »Die Fahne ist […] Verkörperung der Schar und Zeichen ihrer Bewegungen. Hinter ihr stellen sich die Panzerreiter auf, mit ihr werden Beginn und Richtung des Angriffs signalisiert.« (CZERWINSKI 130, s.a. zu 3683–88). Daher richtet sich der Angriff 3221f. gegen die Fahne. Wahrscheinlich unterscheidet der Text wie der Garel zwischen vane als Zeichen für das gesamte Heer und baniere, die von deren Abteilungen geführt werden (vgl. zu 1764). 3220 Vers unverständlich und aus dem Kontext nicht erschließbar. SARRAZIN konjiziert hei, nu dar adelar! Vielleicht wäre als Schlachtbeschreibung eher denkbar: dô hie der ritter mit dem adlar, / die daz banier vuorten, / daz sie ûf einander ruorten. 3233 Wohl turnierterminologische Beschreibung: Nach dem gemeinschaftlichen Anreiten versuchten Turnierteilnehmer möglichst schnell, eine Kehrtwendung ([wider-]kêre) aus vollem Lauf heraus zu vollführen und erneut auf den Gegner anzustürmen. Mit der gelungenen Ausführung dieses Manövers konnte der Ritter seine Meisterschaft unter Beweis stellen (SEGELCKE 204–7, BODE 59, CZERWINSKI 123–5 und 177). Dieser Vers beschreibt wohl mehrere dieser Durchgänge.

148 W 3235

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und der küene ritter Wîgamûr, der reit wol nâch prîse gar in der heiden schar. der stolze ritter Araclium und der ritter Plîopleerin, die zwên ritter gemeit, tâten den heiden grôz leit. der snelle degen Unarc, der reit ein ros, daz was starc; der sach vor im rîten einen heiden sêre strîten, daz was Frâôrt von Absan. mit einer lanzen kêrte er in an und stach in krefticlîchen dar nider. snelle spranc er wider ûf und spranc an in. er tet dâ vil wol schîn, daz er was ein degen balt. er sluoc slege ungezalt, er sluoc under im daz ors; wan der helt Segremors sô muost Unarc gevangen sîn. ein heiden, der hiez Offrattîn, der was herzoge zuo Rutar, der kam geriten in die schar, dâ Artûs, der künic, reit mit einem swerte, daz was breit. den künic er ûf den helm sluoc, daz im ran daz bluot ûf sînen wâpenroc sîdîn. in het erslagen Offrattîn, wan der helt mit dem arn, der kam mit kreften gevarn. dem künig half er, daz er genas. swaz der heiden dâ was, der kam keiner von dan. dâ geschach grôz wunder an, wan die von der tavelrunden sluogen solche wunden, von dem man immer sagen mac. reht umb einen mitten tac Marroch, der heiden, kam gevarn an den ritter mit dem arn.

und der kampfeslustige Ritter Wigamur ritt zu seinem Ruhm in das Heidenheer hinein. Der herrliche Ritter Araclium und der Ritter Pliopleerin, die beiden stattlichen Ritter, fügten den Heiden großen Schaden zu. Der tapfere Held Unarc ritt ein starkes Pferd; er sah vor sich einen Heiden reiten, der erbittert kämpfte, es handelte sich um Fraort von Absan. Mit einer Lanze griff er ihn an und stach ihn wuchtig nieder. Geschwind sprang er wieder auf und sprengte auf ihn zu. Damit zeigte er wirklich, dass er ein kühner Held war. Er schlug unzählige Schläge, er hieb unter ihm auf das Pferd ein; gäbe es den Helden Segremors nicht, wäre Unarc gefangen genommen worden. Ein Heide namens Offratin, der Herzog zu Rutar war, sprengte in die Einheit, in der König Artus mit einem breiten Schwert ritt. Er schlug dem König 〈so heftig〉 auf den Helm, dass ihm das Blut auf seinen seidenen Wappenrock lief. Offratin hätte ihn erschlagen, wenn nicht der Held mit dem Adler mit voller Kampfeskraft dazwischen gegangen wäre. Er leistete dem König Beistand, sodass er überlebte. Kein Heide, der dort war, konnte entkommen. Es war wirklich bemerkenswert, denn die von der Tafelrunde schlugen solche Wunden, wovon man noch stets erzählen können wird. Etwa zur Mittagszeit traf Marroch, der Heide, auf den Ritter mit dem Adler.

3243f. Konstruktion apo koinou: rîten und strîten beziehen sich auf heiden.

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Marroch, der künic von der heiden vuort ein sper in sîner hant [lant, mit einem banier grüene. Wîgamûr, der küene: daz man sider nie hôrte sagen von keinem ritter ie, der ie gestriten het baz. dar zuo begreif sie der haz. sie wâren beide sô starc, dar zuo beide sô karc, daz ir ietweder mahte komen in die ahte, daz einer dem andern schadet iht. der heiden sprach: »ez ist enwiht.« er wolt an im bejagen prîs. dô was Wîgamûr sô wîs, er vienc in [] bî dem zoum, er kêrte und zôch in dan. alsô wart er gevangen. dô was der strît ergangen, die heiden wurden gevangen und sigMarroch, der künic, dâ verlôs [lôs. sînes heres ûz der mâze, wan velt und ouch diu strâze was von bluote worden rôt. der heiden was gelegen tôt, daz ir was unzalhaft. künic Artûs und sîn ritterschaft riten vrœlîchen în. Marroch, der künic von Sarazîn, antwurt sich dem ritter Wîgamûr, mit dem ouch der adlar vuor. der künigîn von Holdrafluoz dô was irer sorgen worden buoz, 3287 dar

3293 in bayde bey (BÜSCHING)

Marroch, der König aus dem Heidenland, hielt in seiner Hand eine Lanze mit einem grünen Banner. Wigamur, der kampfeslustige: Man wird später nicht wieder von einem Ritter hören, der jemals besser gekämpft hätte. Zudem ergriff sie die Kampfeslust. Sie waren beide derart stark und dazu noch so klug, dass jeder von ihnen in der Lage war, dem anderen zu schaden. Der Heide sagte: »Es ist nur eine Kleinigkeit.« Er wollte an ihm Ruhm gewinnen. Wigamur war nun so schlau, ihn beim Zaumzeug zu packen, umzudrehen und ihn wegzuziehen. So wurde er gefangen genommen. Nun war die Schlacht zu Ende, die Heiden wurden gefangen gesetzt und unterlagen. Marroch, der König, hatte dort eine gewaltige Menge seines Heeres verloren, denn Feld und Straße waren von dem Blut rot gefärbt. Es lagen so viele tote Heiden auf dem Boden, dass man sie nicht zählen konnte. König Artus und seine Ritterschaft ritten hochgestimmt heran. Marroch, der König von Sarazin, ergab sich dem Ritter Wigamur, den auch der Adler begleitete. Der Königin von Holdraflus wurden damit ihre Sorgen genommen, 3303 an zalhaft

3309 von (BUSCHINGER)] vnd

3280–84 Verse mit einem Verb ausgefallen? SARRAZIN 3 vermutet nach 3280 zwei Fehlverse. DOCEN 353 dagegen ändert Wîgamûr reit in an sô küen, BÜSCHING schlägt vor Wîgamûr wær sô küen. 3293f. Das hier beschriebene, auch zoumen genannte Manöver besteht darin, den gegnerischen Ritter gefangen zu nehmen, indem man sein Pferd am Zügel packt und vom Turnierplatz in die eigene Schutzzone führt (BUMKE 354, CZERWINSKI 182f., BODE 107f., SEGELCKE 201f.). Größerer Textausfall oder ist zoum : dan Dialektreim mit Apokope? (vgl. dazu WEINHOLD, Bair.Gramm. §40 und MEYER, Tandarois 488 mit Verweis auf Tandareis 8541f. [fälschlich 8398] stân : zoum). 3305 în rîten. »in einen ort, bezirk hineinreiten« (2DWb VII,910). Hier wohl zu ergänzen »ritten (in die Schar/an den Ort) hinein«. Vgl. ebenfalls Bestimmung des Ortes z.B. Tristan 6996f. got unde reht diu riten do in / mit rehtem urteile.

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die sie durch kiuscheit leit. dise âventiur uns seit, daz der künic von der heiden lant der vrouwen satzet grôze pfant, daz er ir gelten solte iren schaden, als sie wolte, und daz sie âne nôt vürbaz vor im belîbe biz an iren tôt, und muoste ouch dar zuo sîn selbes empfâhen ûz künic Artûs hant [lant und muoste dar zuo zinse stân. dâ mit wart er verlân. alsô vuor er wider über mer. vil klein was worden sîn her und was an êren worden kranc, des habent die stolzen ritter danc: die von der tavelrunder, die beliben vast besunder. Wîgamûrs lop was grôz, dâ was niender sîn genôz. dô er den künic alsô gevienc, Îsopî zuo râte gienc, waz êre sie im erbieten welde, Wîgamûr, dem werden helde. ir liute redten dô mit ir: »ach vrouwe, heten wir einen herren sô manlîch, sô wære wir aller sælden rîch, wan er ist der schœnest man, der daz leben ie gewan. wolt iu, vrouwe, daz gezemen, daz ir den ritter wolt nemen, sô würde unser aller rât, wan ir sît von sîner tât von sorgen worden vrî.« dô sprach diu vrouwe Îsopî: »iuwer rât wære guot,

die sie um der Keuschheit willen erfahren hatte. Die Quelle berichtet uns, dass der König aus dem Land der Heiden der Fürstin große Abgaben leistete, um ihr ihren Schaden so zu vergelten, wie sie es bestimmte, damit sie vor ihm ohne Bedrängnis fortan bis zu ihrem Tod bleibe; und er musste zusätzlich sogar sein eigenes Land aus Artus’ Hand empfangen und ihm auch tributpflichtig werden. Damit wurde er freigelassen. Er zog zurück über das Meer. Sein Heer war winzig geworden und sein Ruf war ruiniert, dafür gebührt den herrlichen Rittern Dank: Die von der Tafelrunde blieben unter sich. Wigamurs Ruhm war groß, es gab dort nicht seinesgleichen. Als er den König so gefangen hatte, ging Isopi zu Rate, wie sie Wigamur, dem tapferen Helden, beschenken sollte. Ihre Leute rieten ihr daraufhin: »Ach Herrin, hätten wir doch einen so tapferen Fürsten, dann hätten wir großes Glück, denn er ist der schönste Mann, der je gelebt hat. Wenn euch, Herrin, es für euch passen könnte, dass ihr den Ritter heiraten wolltet, dann wäre uns allen geholfen, denn ihr seid durch seine Tat sorgenfrei geworden.« Da sagte die Fürstin Isopi: »Euer Vorschlag wäre hervorragend,

3334 werden (BÜSCHING)] werde

3317f. DOCEN 346 zieht zur Herstellung eines korrekten Versmaßes vürbaz vor âne nôt. 3320 ûz künic Artûs hant. Zur Rechtsgeste der Belehnung vgl. DRW IV,1547f. 3333 welde (w=lt W). Das Prät. von wellen mit dem ursprünglichen e im Stammvokal findet sich bereits im Ahd. nur noch in Ausnahmen; hier wahrscheinlich Entrundung der Form Konj.Prät. wölde (WEINHOLD §423). Oder aber der Schreiber hat stark in die Stelle eingegriffen und es reimte ursprünglich in direkter Rede ir erbieten welt : helt.

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ob im ouch wær alsô ze muot, daz er wolt haben gemach. ich weiz wol, daz er versprach ein künigîn und ir lant, diu ouch von sîner hant irn brunnen wider gewan und ein linden zuo Abfan, daz was diu maget Eudîs. mir 〈ist〉 ouch worden zuo wîs, daz er mit der ritterschaft erwarp, dô Nodengat, der künic, starp, sîn krône und sîn gewalt. daz widerredt der ritter alsô balt, daz tet er durch sînen rîchen muot. het ich daz lant oder daz guot, dar umbe er hie wolt bestân, ich næme in gern zuo man. nun er des muotes niht enhât, sô wirt sîn doch vil guot rât.«

wenn auch er es sich bequem machen wollte. Ich weiß genau, dass er eine Königin und ihr Land ablehnte, die ebenfalls durch ihn ihren Brunnen und eine Linde in Abfan zurückbekam, das war die Jungfrau Eudis. Mir ist auch bekannt geworden, dass er bei einem Turnier, als König Nodengat starb, dessen Krone und Macht zugesprochen bekam. Dem entzog sich dieser wahrhaft kühne Ritter wegen seines edlen Charakters. Wenn ich das Land oder den Besitz hätte, die ihn überzeugen würden, hier zu bleiben, nähme ich ihn sofort zum Mann. Weil er aber nicht will, werden wir auf ihn verzichten.«

Wie Îsopî dem künic Artûs ein krôn gap von gold.

Wie Isopi König Artus eine Krone aus Gold gab.

Îsopî, diu maget klâr, gap Artûs, daz ist wâr, eine krône von golde rîche, geworht vil keiserlîche von gestein von berlîn wîz; ez lac dar an grôzer vlîz. dem ritter Wîgamûr, dem hiez sie ziehen ein schœnez ros daz was swarz und guot, [vür, und einz, was rôt als ein bluot; diu beide niht bezzer mohten sîn. zwên wâpenröcke sîdîn, der ein was rôt, der ander swarz, die wârn geworht von Grâarz, daz gap sie dem ritter mit dem arn; sie kund vor êren niht gesparn. sie gap in allen besunder, den von der tavelrunder, golt, silber und schœne ors. sie gap dem ritter Segremors ein schapel, daz selbe was

Isopi, die strahlende Jungfrau, gab Artus wahrhaftig eine Krone aus kostbarem Gold, höchst kaiserlich mit Schmuck aus weißen Perlen gearbeitet; große Sorgfalt war darauf verwandt worden. Dem Ritter Wigamur ließ sie ein schönes Pferd herbeiziehen, das schwarz und prächtig war, und ein weiteres, das rot wie Blut aussah; beide konnten nicht besser sein. Zwei seidene Wappenröcke, der eine war rot, der andere schwarz, die in Graarz gewirkt worden waren, das 〈alles〉 gab sie dem Ritter mit dem Adler; um ihres Rufes willen konnte sie nicht geizen. Sie gab jedem einzelnen Ritter der Tafelrunde Gold, Silber und schöne Pferde. Sie gab dem Ritter Segremors einen Kranz, der

3357 erwerbe

3360 dar

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3420

gesant von Natrifalas; ez was von golde wol ergraben und manic vogel wol erhaben und ouch manic tierlîn klein. vil edel gestein, des lac gar vil dar in. sunst gap diu künigîn mit willigem muot. Artûs, der künic guot, wolte nû zuo lande varn. der ritter mit dem arn wolt ouch rîten vürbaz. er gienc, dâ der künic saz und diu künigîn, vrou Îsopî, mit irer massenî. dô sprach der ritter tugenthaft, daz hôrte alle ritterschaft: »Artûs, der künic hêre, dû hâst dîn êre an mir biz her behalten. got muoz dîn imer walten. urloup ich nû geren wil. ich hân unz an mîn tôdes zil dir imer danken sîn, ich var her oder hin. daz hâst dû wol verschult umb mich.« dô sprach der künic lobes rîch: »nein, dû ritter gemeit, daz wær mir inneclîchen leit, wan ir sît hôhes lobes wert. iuwer hant und iuwer swert haben iu hôhen prîs bejaget.« dô sprach Îsopî, diu maget: »her, ir habt an mir getân, daz ir immer solt hân von edeln vrouwen allen lôn. Hector unde Demefrôn

von Natrifalas geschickt worden war; er war aus Gold kunstvoll graviert und mit vielen Vögeln hervorragend geschmückt und auch mit vielen zierlichen Tieren. Mit vielen Edelsteinen war er besetzt. So gab die Königin bereitwillig. Artus, der ausgezeichnete König, wollte schließlich nach Hause reisen. Der Ritter mit dem Adler wollte ebenfalls weiterreiten. Er ging zum König und zur Königin, Fürstin Isopi, mit ihrem Gesinde. Da sagte der tüchtige Ritter, und das hörte die ganze Ritterschaft: »Artus, erhabener König, du hast nichts getan, was deinen Ruf hätte schädigen können. Gott möge immer für dich sorgen. Ich möchte nun um die Erlaubnis bitten, zu gehen. Ich werde dir bis zu meinem Tod immer zu Dank verpflichtet sein, wohin ich auch reise. Das hast du dir wirklich von mir verdient.« Da sagte der lobreiche König: »Nein, du stattlicher Ritter, das würde mich im Innersten kränken, denn ihr seid hohen Lobes wert. Eure Hand und euer Schwert haben euch großes Ansehen verschafft.« Da sagte Isopi, die Jungfrau: »Herr, was ihr für mich getan habt, hat euch für immer jeden Lohn adliger Damen eingebracht. Selbst Hector und Demefron

3402 irm gesynde

3404 hôrte. Aufgefasst als Beschreibung der Redeumstände. Alternativ als Anredeformel im Präs. zu verstehen (»daz hœret alle ritterschaft! […]« »Das sollen alle Ritter hören! […]«). 3424 Demefron. Vergleichsperson ist nicht eindeutig. Aufgrund der Bekanntheit am wahrscheinlichsten ist eine Nebenform von Priamus’ Sohn Deiphobus (KERN/EBENBAUER 211), vgl. auch Mauritius von Craûn 20f. Ector und Pârîs, / Elenus und Deiphebus. KERN, Edle Tropfen 139 versteht diesen Vergleich als poetologische Aussage: »Artusroman überbietet Trojaroman«.

153 3425 W

3430

3435

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3450

3455

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mohten iu niht gelîchen, ir sît wærlîchen vor valsche vrî und tugenthaft.« dô sprach alle diu ritterschaft, daz ez alsô wâr wære, und was in allen gar swære, daz er von dannen kêrte. künic Artûs, der gerte und bat aber den ritter mit dem arn, daz er wolte wider varn mit im gên Karidol. er wolt in immer haben wol sînem bruoder gelîch. dô sprach der ritter tugenlîch, des adlars herre: »ich bin nâhen unde verre allenthalben unbekant, swar ich kêre in daz lant. ich wil immer varend sîn, daz ouch der name mîn under andern rittern werd gezalt.« urloup nam der helt balt von Îsopî, der künigîn, sâ und von allem hovegesinde dâ. mit zehen knappen er danne reit. Artûs, der künic gemeit, zuo lande reit mit guotem muot und allez sîn gesinde guot. der küene ritter Wîgamûr mit sînen zehen knehten vuor; der pflac er mit guoten siten. sîn adelar vlouc alles mite. er kam geriten in ein lant, daz was genennet Deleferant, in ein stat, hiez Lîdasar. daz lant was verwüestet gar von urliuges und krieges vreisen.

könnten nicht an euch heranreichen, ihr seid wirklich makellos und tüchtig.« Da sagte die ganze Ritterschaft, dass es stimme, und es war für alle bedrückend, dass er fort ging. König Artus fragte und bat den Ritter mit dem Adler erneut, dass er mit ihm nach Karidol zurückkehren möge. Er wollte ihn stets wie seinen eigenen Bruder behandeln. Da sagte der tüchtige Ritter, der Herr des Adlers: »Ich bin nah und fern überall unbekannt, wohin ich auch komme. Ich will immer unterwegs sein, damit auch mein Name unter den Ritter genannt wird.« Sofort bat der kühne Held um die Erlaubnis, von Isopi, der Königin, und der dortigen Hofgesellschaft fortzugehen. Mit zehn Knappen ritt er davon. Artus, der prächtige König, ritt gut gestimmt nach Hause und 〈mit ihm〉 sein ganzes vorzügliches Gesinde. Der kampflustige Ritter Wigamur zog mit seinen zehn Knappen; um die kümmerte er sich angemessen. Sein Adler flog immerfort mit. Er ritt in ein Land, das Deleferant genannt wurde, in eine Stadt, die Lidasar hieß. Das Gebiet war völlig verwüstet von den Schrecken des Krieges.

3438 tugenlîch. Vgl. zu 2717. 3447f. Reim wohl ursprünglich Isopî : massenî (LINDEN 55). Siehe z.B. 3402f. 3461 urliuges und krieges. urliuge ist die im Mhd. übliche Bezeichnung für ›Krieg, Fehde‹. kriec umfasst ein größeres Bedeutungsspektrum (»Anstrengung; Widerstand«, aber auch »Rechtsstreit«, DWb V,2218, XI/3,2482f. sowie Geschichtliche Grundbegriffe III,567). Zur Paarformel vgl. WMU II, 1042 und III,1959, sie findet sich z.B. auch Trojanerkrieg 26761 oder Renner 8946.

154 W

3465

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3490

sie wâren guotes weisen. daz lant was in strîte gar vor manger zîte. ez heten wider strît verbrant zwên künige daz selbic lant: daz was Atroglas, Rêrat sîn künicrîche was. daz ander was Paltriôt, von Lendrîe der künic guot, von dem Wîgamûr was geborn. wan 〈er〉 in het verlorn, als uns diu âventiure giht, wan wunders vil geschiht. Wîgamûr und sîn adelar wâren komen zuo Lîdasar und wâren die naht dâ. sînen wirt vrâgete er sâ, von welîcher hant swære daz lant alsô verderbet wære. dô sprach der wirt mit jâmers nôt: »hie was [] ein künic, hiez Amilôt. der ist vervaren âne erben, als wir müezen sterben. nû strîten umb daz rîche zwên künige gelîche: Atroglas von Rêrat, der hât betwungen dise stat. der künic von Lendrîe hât ander stete drîe, 3462 gute

3465 was

Sie waren völlig besitzlos. In dem Land gab es seit einiger Zeit Krieg. Es wurde rivalisierend von zwei Königen zerstört: Der eine war Atroglas, Rerat war sein Königreich. Der zweite war Paltriot, der ausgezeichnete König von Lendrie, der Vater Wigamurs. Aber er hatte ihn verloren, wie uns die Quelle erzählt, weil oftmals erstaunliche Dinge geschehen. Wigamur und sein Adler kamen nach Lidasar und verbrachten dort die Nacht. Seinen Gastgeber fragte er sofort, von welcher Geißel das Land derart verwüstet worden sei. Da sagte der Gastgeber betrübt: »Hier lebte ein König namens Amilot. Er starb ohne Nachkommen eines natürlichen Todes. Jetzt kämpfen um das Reich zwei Könige gleichermaßen: Atroglas von Rerat, der diese Stadt eingenommen hat. Der König von Lendrie 〈zum anderen〉 besitzt weitere drei Städte,

3482 was (BÜSCHING)] was was

3462 weisen. Bezeichnet übertragen auch, »der etwas verloren hat oder nicht besitzt« (BMZ III,560b). DWb XIII,1051 präzisiert: »auf diese übertragene verwendung ist es zurückzuführen, wenn […], meist in prädicativem gebrauch und mit abhängigem genitiv, weise in der bedeutung von ›entbehrend, entblöszt‹ vorkommt. […] der adjektivische charakter des wortes ist weiter ausgebildet, wenn es absolut steht.« 3465f. Ich fasse künige als Subj. zu heten verbrant und wider strît als Adv. auf (FRIEDRICH 381: »gleichzeitig, um die Wette, heftig«). Ohne Eingriff wäre daz lant Subj. einer unpersönlichen Konstruktion, den Königen käme ohne weiteren Zusatz (z.B. von zwein künigen) keine Satzgliedfunktion zu. DOCEN 353 trennt in zwei Sätze durch die Änderung daz selbic > kriegten umb daz; SARRAZIN 3 vermutet nach 3466 zwei fehlende Verse. 3482–3531 Zum Erbvorgang siehe Exkurs D. 3484 Wörtl. »so, wie wir (alle) sterben müssen«. Diese Formel zur Umschreibung des natürlichen Todes belegen die Wb. andernorts nicht. An dieser Stelle wird damit unterstrichen, dass niemandem, insb. nicht den Erben, Schuld an seinem Tod angelastet werden kann und dass auch niemand das Land unrechtmäßig eingenommen hat.

155 W

3495

3500

3505

3510

3515

3520

die zuo disem lande ouch gezellet sint. ein grâve, heizet Negrafint, dem hât der künic 〈von〉 Rêrat bevolhen dise houbetstat.« Wîgamûr sprach aber duo: »habent sie iht reht dar zuo, die umb ditze strîtent, daz sie dâ mit niht bîtent? und liezen ez beide an ein reht, mit rehte wurd ez sleht.« dô sprach der wirt aber mêr: »die zwên künige hêr, die habent gelîch reht dar zuo, als ich iu noch sagen tuo. mîn her, der künic Amilôz, des rîcheit was alsô grôz, daz er koufete daz lant von einem künig, der hiez Pant, der was ouch ein erbe wert. drîzic söumærpfert wurden mit geladen, waz sie mohten tragen. die gap er umb daz rîche und het ez gewalticlîche alle sîne lebetagen. hie sült ir merken, waz ich iu hie sadaz er ez nieman gap. [gen, alsô wart er brâht in sîn grap. nun was der künic von Rêrat (dem 〈dienet〉 nun dise stat) mînes herren œheim, daz ist zwîvel kein.

die ebenfalls zu diesem Land gehören. Einem Grafen namens Negrafint, hat der König von Rerat diese Hauptstadt anbefohlen.« Wigamur antwortete: »Haben diejenigen, die um dieses 〈Land〉 kämpfen, irgendein Recht dardass sie damit nicht warten? [auf, Denn würden es beide einem Schiedsspruch überlaswürde es mit Recht rechtmäßig.« [sen, Da erzählte der Gastgeber weiter: »Die beiden erhabenen Könige haben den gleichen Anspruch darauf, wie ich euch jetzt erklären werde. Mein Gebieter, König Amilos, war so reich, dass er das Land von einem König namens Pant kaufte, der war ebenfalls ein vornehmer Erbe. Dreißig Saumpferde wurden mit allem beladen, was sie tragen konnten. Die gab er für das Reich und beherrschte es zu seiner Lebzeit. Bedenkt zudem meine Worte, dass er es niemandem vermachte. So wurde er in sein Grab gelegt. Nun war der König von Rerat (dem diese Stadt untertänig ist) der Mutterbruder meines Herren, daran besteht kein Zweifel.

3493 dem (BÜSCHING)] den; von (BÜSCHING) 3510 sämer fůrdten

3507 koufete (BÜSCHING)] lauffet

3509 werd]

3496–3500 Zeichensetzung nicht eindeutig. BÜSCHING und BUSCHINGER setzen das Fragezeichen nach 3499, bei der Übersetzung MARTIN 9 steht je ein Fragezeichen nach 3497 und 3499. 3499 lâzen an. »Zur rechtl[ichen] Entscheidung an e[in] Gericht od[er] Schiedsleute übertragen« (DRW VIII,720f., vgl. auch WMU II,1097 und SCHNELL 52). Vgl. z.B. Ulrichs Alexander 3949f. darumbe sol ein ieslich man / gerne an daz reht sich lân. 3500 sleht. Hier »rechtmäßig« (WMU II,1597). 3505 Amilôz. Zur Namensform s. zu 3663f. 3510 soumærpfert. Zu lat. capsarius, dextrarius, sagmarius (DIEFENBACH 507b, Vocabularius Ex quo C146, D283, S65), in den Wb. nicht belegt. 3516 sagen. Dialektale Form (25PAUL §M70, Anm. 3), wahrscheinlicher ist lebetagen : ich … sage. 3520 Satzzusammenhang erfordert Ergänzung eines Verbes. Möglich auch z.B. ist, hœret, vrœnet.

156 W 3525

3530

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3550

der giht erbe ûf daz lant. ouch ist mînem herre wol erkant, daz Paltriôt, der künic hêr, was mînes herren veter und spricht ûf die erbeschaft.« dô sprach der ritter tugenthaft Wîgamûr zuo dem wirte sîn: »als mich leiten die sinne mîn, ir beider reht ist glîch ganz.« ein herzoge von Troiswarlanz kam dô geriten in die stat. der wolt dem künige von Rêrat bringen die hilfe sîn. mit ritterlîcher gelfe schîn reit er vrœlîch durch diu lant. volle spîs und guot gewant hete er und die sînen, von werten und von wînen wâren sîne söumær geladen al. er hete grôzen herschal. des nahtes kâmen sie dar und beliben dâ mit irer schar. dô nû Wîgamûr het daz vernomen, daz der herzog was dar komen und wie sîn wille was gestalt, nun kêrte der ritter balt mit im ûf die strâzen. er tranc oder sie âzen, sô het er zuogesellen 3526 veter (BÜSCHING)] vertter

Der erhebt Erbanspruch auf das Land. Auch weiß mein Herr, dass Paltriot, der erhabene König, der Vaterbruder meines Herrn war und diese Erbschaft beansprucht.« Da sagte der tüchtige Ritter Wigamur zu seinem Gastgeber: »Meiner Meinung nach haben beide den gleichen Anspruch darauf.« Ein Herzog von Troiswarlanz kam nun in die Stadt geritten. Er wollte dem König von Rerat seine Unterstützung bringen. Mit strahlendem Ritterglanz ritt er stolz durch das Gebiet. Reichhaltig Nahrung und gute Kleider hatten er und seine Leute, mit Kostbarkeiten und Weinen waren all seine Saumtiere beladen. Er machte lauten Waffenlärm. In der Nacht kamen sie an und blieben mit ihrem Heer dort. Als Wigamur vernommen hatte, dass der Herzog dorthin gekommen war und was seine Absicht war, machte sich der kühne Ritter zusammen mit ihm auf den Weg. Ob er trank oder sie aßen – er hatte Kumpanen

3527 erbeschaft (MAUSSER 189f.)] erbstatt

3540 werd; weyrē

3524 mînem herre. Anrede Wigamurs. 3527 erbeschaft. In W erbestat wäre durchaus sinnvoll (1. erbuntertänige Stadt, 2. Erbberechtigung, 3. Grundbesitz, Liegenschaft, DRW III,139f.), doch die Reimbindung lässt sich einfach verbessern, ähnl. Pz. 145,13f. ouch sprach der selbe wîgant / erbeschaft ze Bertâne ûfez lant (MAUSSER 189f., KHULL, Wigamur 113). 3540f. von … geladen. laden wird in der Regel mit der Präp. mit gebildet. LEXER I,1811 verzeichnet diese Stelle als Sonderfall. 3542 herschal. »heergeschrei, kriegslärm« (LEXER I,1262), »Waffenruf« (DRW V,528). Ob die Konstruktion mit hân ungewöhnlich ist, lässt sich aufgrund der geringen Belegdichte nicht entscheiden (vgl. z.B. Dietrichs Flucht 8747 michel was ir her schal; Rabenschlacht 615,1f. Da wart unmæzlich groz / der starche her schal). 3551 zuogesellen (W: zu gesellen). Gelegentliches Wort für Geselle, meist Hilfsgeistlicher (DWb XVI, 419). Ist ein Pron. ausgefallen (er het sie zuo gesellen)?

157 W

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3585

†er sach wol das er erwelle] het in armes můt† ein wazzer heizet Agrestruot, dô sie dar über solten varn, dô verlôs der ritter mit dem arn einen knaben, der im ertranc. des habe der herzoge danc, daz er im gap zwên ander wider. mit vreuden kêrten sie dâ sider, unz sie kâmen gên Rêrat. dâ was des küniges houbetstat und lac zuo tal bî dem mer. Atroglas, der künic hêr, den herzogen wol empfienc. Wîgamûr hervür gienc. als in der künic ane sach, minniclîch er zuo im sprach, daz er wilkomen wære. er merket sîn gebære und sîn schœne ûz erwelt. er sprach: »her, ir sît gezelt zuo der selbigen schare †ewr leyb der ist gare in gottes gůtte machet mich senftes gemüte† wol der muoter, diu iuch gebar. als klein als umb ein hâr hât iuwer lîp wandel kein, iuwer muot mac wol wesen rein.« Der rîche künic Atroglas, dô im zuo hûse komen was der herzoge und sîn her, dô sant er boten über mer dem künic Paltriôt

… … ein Fluss namens Agrestrut, als sie über ihn übersetzen sollten, verlor der Ritter mit dem Adler einen Knappen, der ihm ertrank. Dem Herzog sei gedankt, dass er ihm diesen mit zwei anderen ersetzte. Hochgestimmt zogen sie weiter, bis sie nach Rerat kamen. Dort lag die Hauptstadt des Königs unten am Meer. Atroglas, der erhabene König, empfing den Herzog standesgemäß. Wigamur trat hervor. Als der König ihn ansah, sagte er freundlich zu ihm, dass er willkommen sei. Er bemerkte sein Benehmen und seine auserwählte Schönheit. Er sagte: »Herr, ihr gehört zu der gleichen Schar … … … der Mutter, die euch gebar, gebührt Dank. Nicht auch nur ein kleines bisschen gibt es an eurem Körper einen Makel und euer Geist wird sicher tadellos sein.« Als bei dem mächtigen König Atroglas der Herzog und sein Heer eintrafen, schickte er Boten über das Meer zu König Paltriot

3552f. Nach MAUSSER 20 könnten die Verse gelautet haben: er sach wol, daz er ellen / het und mannes muot (»er sah genau, dass er mutig und mannhaft war«). SCHMID 63 versteht die Verse so, dass der »mittellose fahrende Ritter« sich hier »anwerben und trefflich ausstatten« lässt. Ein Bezug auf wazzer Agrestruot als Obj. zu erwellen mit größeren Texteingriffen ist dagegen unwahrscheinlich. erwellen wird zum einen als Terminus der Kochkunst (»aufkochen lassen«) verwendet, zum anderen kann es übertragen etwa im Zusammenhang bluot erwellen, zorn erwellen auch »aufwallen, in bewegung geraten« bedeuten (2DWb VIII,2298); Belege für ein in Bewegung geratenes Gewässer finden sich nicht. 3572–76 Unklar ist, welche schare gemeint sein soll (z.B. seine Armee oder der Adel? naheliegend die Konjektur sælden schare) und wie die folgenden Verse konstruiert sind. Wörtl. »Euer Körper (oder: Leben), der ganz und gar / in der Güte Gottes ist, / stimmt mich freundlich.« Die Kürze von 3575 deutet auf Textausfall hin. Bei senftes gemüete 3576 ist wohl wegen des Reims der Gen. nicht bezeichnet (evtl. ursprünglich machet senfte mîn gemüete?).

158 W

3590

3595

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von Lendrîe. er im bôt: er wolte daz niht lenger sparen, er wolte mit here varen zuo Lendrîe in sîn lant und wolt rouben mitsamt dem brant unden und oben dar innen, sîner burc zinnen wolte er nider brechen und wolte an im rechen beide laster und leit. des was der bot zuo hant bereit, der im solte daz tuon kunt. er vuor an der selben stunt gên dem künic Paltriôt. der sagt im, waz er im enbôt. Paltriôt, der künic, sprach, dô er den boten ane sach und vernam ouch diu mære: »mir ist diu botschaft niht swære, diu botschaft dînes herren. sie enmac mir niht gewerren. kumt dîn herre in mîn lant, ich sol im büezen zuo hant. swâ er mîn burc tuot vinden, er sol sie niht balde überwinden.« der bote sprach: »er tuot. er hât sô manlîch ritter guot: der herzoge von Troiswarlanz, der vüeret eine schar ganz, diu schinier gar îsenîn; grâve Mubur von Lasîn, der vüert, dar an ist zwîvel nieht, zwei hundert halsberge lieht; der herzoge von Grîmel vüert manigen ritter snel. 3615 scheinen

von Lendrie. Er teilte ihm mit: Er wolle es nicht länger aufschieben, einen Kriegszug in sein Land Lendrie zu machen und dort überall brandzuschatzen. Die Zinnen seiner Burg wollte er niederreißen und wollte an ihm Schandtaten und Leid rächen. Sofort wurde der Bote, der ihm das berichten sollte, dafür ausgerüstet. Er reiste augenblicklich zu König Paltriot und richtete ihm die Botschaft aus. Paltriot, der König, sagte, als er den Boten zur Kenntnis genommen und auch die Nachricht vernommen hatte: »Mir ist die Botschaft nicht leid, die Botschaft deines Herren. Sie ist nicht in der Lage, mich zu verdrießen. Kommt dein Herr in mein Land, werde ich es ihm heimzahlen. Wenn er meine Burg findet, wird er sie nicht schnell einnehmen.« Der Bote sagte: »Er wird. Er hat solch tapfere, vorzügliche Ritter: Der Herzog von Troiswarlanz führt eine ganze Einheit an, die Beinschienen ganz aus Eisen; Graf Mubur von Lasin befiehlt, daran besteht kein Zweifel, über zweihundert leuchtende Halsberge; der Herzog von Grimel steht vielen tapferen Rittern vor.

3620 snel (BÜSCHING)] schenll

3591 unden und oben. Wohl idiomatische Wendung für »überall«, vgl. Prosa-Lancelot II/1,718.21–23 Er sucht sie unden und oben, nah und ferre, er kund sie aber nirgent finden. 3600–24 Zum Boten: Man muss mit einer Kombination aus schriftlicher und mündlicher Mitteilung rechnen. Es war üblich, dass Boten Briefe überbrachten, sie dem Empfänger aber nicht verschlossen überreichten, sondern vorlasen und kommentierten (WENZEL, Boten; ergänzend WENZEL, Hören 252ff.). 3609 swâ. Vgl. zu 1130. 3615 schinier (zu afranz. genouilliere). Bein- oder Knieschutz (EICHHOLZ 216f. zu Pz. 155,23), daneben nur in der Crône belegt. Änderung erforderlich, weil îsenîn nicht als Adv. belegt ist.

159 W

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mîn her hât heres vil, daz er suochet, ob er wil, zuo Lendrîe mit gewalt. er hât sô mangen ritter balt.« der bote nû von dannen schiet. nû sûmete sich niet der künic von Lendrîe; dienstman unde vrîen in îlen er besande. die vürsten von dem lande bat er im zuo hilfe komen. dô sie alle heten vernomen, daz der künic Atroglas zuo Lendrîe komen was mit sînem here alsô breit. nû was ouch künic Paltriôt bereit mit sîner samenunge: alte unde junge, die zuo strîte tohten und an dem lîb vermohten. er wære ritter oder kneht, der wære guot zum swert, die het er gesamnet alle und vuor mit grôzem schalle zuo einem wazzer, heizet man Gerat, dâ der künic von Rêrat jenhalp legerte bî. nun wâren rîcher künig drî komen Paltriôt zuo hilfe … daz was der künic von Irlant, Agrasîn von Evefant, von Spannîr Natîonî. die heten grôzer schar drî, die alle wârn zuo harnas. manic stolzer ritter dâ was wol gewâpent und gezimieret, 3626 sûmete (BÜSCHING)] sa^en 3628 freye 3650 Seitenwechsel W 3657 gezymerÿrt

Mein Herr hat ein großes Heer, das er, wenn er nur will, gewaltsam nach Lendrie ziehen lässt. Er hat wirklich viele, kühne Ritter.« Der Bote ging schließlich davon. Nun hielt sich der König von Lendrie nicht länger auf; Ministeriale und Freie ließ er flugs holen. Die Fürsten des Landes bat er, ihm zu Hilfe zu kommen. Sie hörten jetzt alle, dass König Atroglas mit seinem gewaltigen Heer nach Lendrie gekommen war. Nun war auch König Paltriot mit seiner gesammelten Streitmacht bereit: Alle, die sich zum Kampf eigneten und körperlich dazu in der Lage waren. Ob Ritter oder Knappe, wer immer sich zum Schwertkampf eignete, die hatte er alle versammelt und zog in prächtigem Aufzug zu einem Gewässer namens Gerat, an dem der König von Rerat auf der anderen Seite nahebei lagerte. Nun waren drei mächtige Könige Paltriot zu Hilfe gekommen … das war der König von Irlant, Agrasin von Evefant, Nationi von Spannir. Die verfügten über drei große Einheiten, die alle schwer gerüstet waren. Viele herrliche Ritter waren dort gut gewappnet und trugen ein Zimier, 3637 samnungē

3647 lagen

3628 vrîen. Wahrscheinlicher als ein stM des substantivierten Adj. ist der Ausgleich des unreinen Reimes durch den Schreiber (25PAUL §S105, LEXER III,513). Vgl. auch 3940. 3641f. Unreiner Reim. Möglicherweise Änderung swert > vehte (stF »Gefecht, Kampf«, BMZ III,312a) mit Apokope? BÜSCHING stellt her der wær guot zum swert reht.

160 W 3660

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3680

von golde und von samît geparrieret wâren ir wâpenröcke guot. ô, wie grôzer übermuot beidenthalben dâ was. Paltriôt und Atroglas, die heten ouch beide hilfe grôz. – der künic Amilôz! nû ist der zwîvel kein, dîn veter und dîn œheim, die wellent strîten umb daz lant. daz wære wol erwant, wenn dû noch hetest dîn leben. dû kündest wol nâch êren geben. – der künic von Lendrîe und sîne helfær drîe, die trôsten dô vil vast die werden ritterschaft. einen hervanen breiten, den bat der künic leiten einen ritter, der hiez Daphîr, der was geborn von Nagrahîr. der was der ritterschaft balt und het beider hant gewalt: swes in diu rehte hant verzîht, diu linke im daz verlîht. dem empfalch der künic Paltriôt

aus Brokat mit Goldfäden durchwirkt waren ihre ausgezeichneten Wappenröcke. Oh, welch große Begeisterung war dort auf beiden Seiten. Paltriot und Atroglas fanden beide große Unterstützung. – König Amilos! Nun besteht kein Zweifel, dein Vater- und dein Mutterbruder wollen um dieses Land kämpfen. Das wäre sicherlich friedlich beigelegt worden, wenn du noch am leben wärst. Du könntest verteilen, wie es dem Ruf entspräche. – Der König von Lendrie und seine drei Helfer ermutigten jetzt energisch die herrliche Ritterschaft. Ein breites Kriegsbanner zu führen, bat der König einen Ritter namens Daphir, der aus Nagrahir gebürtig war. Der war als Ritter tapfer und war mit beiden Händen kräftig: Was ihm die rechte Hand versagt, gibt ihm die linke. König Paltriot übergab ihm

3666 dîn (BÜSCHING)] den

3675 breiten (SARRAZIN)] berayte]

3670 künest

3658 geparrieret. Zu afranz. parer. »unterschiedliche (häufig: verschiedenfarbige) Stoffe zu einem Kleid zusammensetzen« (BRÜGGEN 238), hier wohl in heraldischer Funktion. Vgl. auch zu 2566. 3663f. grôz : Amilôz. Namensform durch den Reim gesichert, erscheint aber in diesem und in anderen Texten mit der Endung -ôt (siehe Namenverzeichnis). Man kann spekulieren, ob der Schreiber die (aus der Mode gekommenen?) idiomatischen Wendung der hilfe nôt änderte. 3664–70 Der Erzähler wendet sich an seine Figur. Rhetorisch eine Exclamatio in Form einer Apostrophe. Vorbild ist wohl Wolfram in Pz. 333,23ff. und 742f., der es von Vergil oder Ovid übernimmt (GRIMM 253, NELLMANN zu Pz. 740,19–22 und NELLMANN, Erzähltechnik 154–8). Siehe auch 3824–28. 3669 wenn. Im späten 15. Jhd. wird ob in der Funktion als Einleitung zu Konditionalsätzen durch wenn/wann abgelöst (Frühnhd.Gramm. §S292). Entweder hat der W-Schreiber diesen Wechsel bereits vollzogen oder aber es handelt sich um einen Temporalsatz (»Das wäre verhindert worden, wenn du verteilt hättest, als du noch am Leben warst.«) mit der moralischen Aufforderung an den Leser, seine Nachfolge zu Lebzeiten zu regeln. 3673f. Reimbindung deutet auf Verderbnis (MAUSSER 189). Möglicherweise Lesefehler eines Schaft-s oder Änderung vil vast > mit voller kraft? 3683–88 Die Fahne zeigt dem Heer die Angriffsrichtung, daher reitet der Fahnenträger, dem eine wichtige Funktion während der Schlacht zukommt, voraus (CZERWINKSI 130f. Zur Fahne s.a. zu 3207/3213).

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3690

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3715

3720

sînen hervanen rôt, daz er daz her wîset dâ mite und vor sîner schar rite, als man mit einem her rîten sol und mit vînden strîten wol. alsô wart gevüert diu schar. kein gebreste in dô war, sie wâren gewâpent und diu ors. ein ritter, der hiez Delîmors, der wart zuo wartman gesant ûf einen bühel, dâ er vant einen ritter balt, der hiez Zîhatat, des künigs wartman von Rêrat. dô die wartman beide ûf die schœnen heide zuo einander wâren komen und ietweder het vernomen des andern mære und wer sîn herre wære. dô sprach der ritter Zîhatat: »ez hât der künic von Rêrat ûf dînen herren grôzen haz und ist her komen umbe daz, daz er im sîn lant erstœren wil. er hât heres harte vil ûf sînen schaden her brâht.« »hât er aber des niht gedâht«, sprach Delîmors, der wîgant, »und viht, wer hab daz lant, ob got des geruochet, er vindet, daz er suochet, wan ez hât der künic Paltriôt mangen ritter alsô guot gezogen in sîn lant, die ouch wol âne schant ritters ambet hânt getragen. die müezen mit irm schaden und mit schanden von hinnen varn. nun süln wir niht lenger sparn, 3686 von

3700 her

seine rote Heerfahne, damit er das Heer führte und vor der Einheit ritt, wie man mit einem Heer reiten und richtig mit Feinden kämpfen soll. So wurde die Einheit angeführt, es fehlte ihnen nichts, sie selbst und die Pferde waren gerüstet. Ein Ritter namens Delimors wurde zum Späher auf einen Hügel gesandt, auf dem er einen kühnen Ritter namens Zihatat fand, den Kundschafter des Königs von Rerat. Beide Vorposten waren nun auf die schöne Wiese gekommen, trafen sich dort und hörten, was der andere sagte, und erfuhren, wer sein Gebieter sei. Darauf sagte der Ritter Zihatat: »Der König von Rerat will unbedingt mit deinem Herrn kämpfen und ist hierher gekommen, um ihm sein Land zu verwüsten. Er hat ein großes Heer zu seinem Schaden mitgebracht.« »Wenn er diesen aber nicht beabsichtigt«, sagte Delimors, der Krieger, »sondern um den Rechtsanspruch auf das Land dann wird er, so Gott will, [kämpft, das finden, was er sucht, denn König Paltriot hat viele vorzügliche Ritter in sein Land geführt, die auch makellos den Ritterdienst ausgeübt haben. Die 〈Gegner〉 müssen mit ihrem Schaden und mit Schanden sich entfernen. Nun sollen wir nicht länger warten,

3702 wære (BÜSCHING)] werē

3717 seinen

3720f. Wörtl. »die dürfen/müssen mit ihrem Schaden und mit Schande davon gehen«. Vielleicht Bezug auf schade 3709: »Die (= die Soldaten des gegnerischen Heers) müssen mit ihrem (= von ihnen angekündigten) Schaden schmachvoll davongehen.«

162 W 3725

3730

3735

3740

3745

3750

wir lâzen die here rîten zuosamen unde strîten.« ietweder dem andern enbôt … dô sîn sicherheit, daz er dem andern kein leit tæte in dem strîte. nû was ez an der zîte. dô der liehte morgen was, dô wart niht lenger gespart daz. die diu banier vuorten, ei, wie die ritter sich ruorten ûf verdacten rossen snel! diu heten mangen gügerel und manger hant gezimier. ein ritter, hiez Gemîelder, der kam under dem van gevarn. der ritter mit dem arn, er brâhte mit im sîne kraft. dô huop sich diu ritterschaft. mit dem arn Wîgamûr ûf einem guoten rosse vuor vor dem vanen und vor der schar. er was wol gewâpent gar. ritterlîchen er stach sîn sper, daz ez zerbrach. alsô tet der ritter gewaltic … sie vertâten beider zimier gar 3727 das

wir lassen die Heere zusammenreiten und kämpfen.« Beide versprachen sich gegenseitig … ihre Sicherheit, sodass er dem anderen keinen Schaden im Kampf zufügen würde. Nun war es Zeit. Als der helle Morgen anbrach, wurde die Sache nicht länger hinausgezögert. Die Ritter, die die Banner führten, ei, wie die auf gepanzerten, schnellen Pferden flitzten! Sie hatten vielerlei Gügerel und viel Zimier. Ein Ritter namens Gemielder kam unter der Fahne herbeigeritten. Der Ritter mit dem Adler brachte seine geballte Kraft mit sich. Jetzt begann der Ritterkampf. Wigamur mit dem Adler saß auf einem prächtigen Pferd vor der Fahne und vor der Einheit. Er war gut gerüstet. Hervorragend stach er seine Lanze, sodass sie zerbrach. Genauso tat es der mächtige Ritter … sie zerstörten sich gegenseitig das Zimier

3737 manger (BÜSCHING)] mangen; gezymer

3750 Leerzeile W

3725–27 sicherheit hier nicht im Sinne einer Unterwerfungsgeste nach verlorenem Kampf (vgl. zu 2989), sondern als Verabredung des Kampfverhaltens. DOCEN 353 vermutet, dass kein Vers ausgefallen sei, sondern die Stelle lauten müsste ietweder bôt sîn sicherheit. 3736 gügerel. Die Bedeutung dieses nur im Pz, Lanzelet, Reinhart Fuchs und Wigamur belegten Wortes ist ungewiss. Möglicherweise handelt es sich um einen Kopfschmuck des Pferdes (EICHHOLZ zu Pz. 145,20). 3737 gezimier. Kollektivum zu zimier (siehe zu 2054), Findebuch 144. 3738 Gemîelder. Reim deutet auf andere Namensform hin. 3745–52 Der Vorkampf, also ein Zweikampf zwischen den angriffsbereit aufgestellten oder schon anreitenden Schlachtreihen, war eigentlich das Recht hoher Adliger, dient aber in der höfischen Literatur zur Herausstellung des Helden. »Fast immer aber läßt sich zeigen, daß dieser scheinbar einzeln und unabhängig sich bewegende Ritter Teil einer geschlossen angreifenden und fechtenden Schar ist, deren Bewegung ihn binden, und die er nicht ohne erhebliches Risiko verläßt.« (CZERWINSKI 137–142, Zitat 137).

163 W

3755

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3765

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3780

3785

nâch werdem prîs vor der schar. nû kam dort her geriten nâch ritterlîchem siten wol gezieret beide her. sie heten zuo strîte ganze ger. ire schefte wâren schier enzwei. Îlâr von Mirei, der kam mit der êrsten schar mit einem ros, daz was gar wîz als ein hermelîn getân. sîn harnasch, den vuort er an, der was wîz als der snê. sîne sleg, die tâten wê, dô er durch die schar brach. als daz künic Paltriôt ersach, daz er sô grôzen schaden tet, er kêrt daz ros dâ ze stet. er stach den ritter Îlâr, daz er lac aldâr mit bluote gar berunnen. »ich hân gewunnen«, sprach er, »einen vriden mit dir. dû muost iemer lâzen mir lant und liute âne nôt. dû wârest wîz, nû bist dû rôt.« Wîgamûr in dem strîte sluoc wunden grôz und wîte, manigen ritter dar nider; daz gerou in aber sider. roi Lac von Panlander und manic ritter ander îlten vaste ûf daz wal. dô wurden breite schilte smal, manic helm verschrôten; ez enmohten vor den tôten 3758 von (BUSCHINGER)] und 3784 smal (SARRAZIN)] schamal

3759 kamen

ruhmvoll vor dem Heer. Nun kamen dort nach Ritterart beide Heere wunderbar geschmückt daher. Sie wollten nichts als kämpfen. Ihre Lanzen waren bald zerbrochen. Ilar von Mirei kam mit der ersten Truppe auf einem Pferd, das blendendweiß wie ein Hermelin war. Sein Harnisch, den er trug, glänzte silberweiß wie Schnee. Seine Schläge waren schmerzhaft, als er durch die Einheit brach. Als König Paltriot bemerkte, dass er so großen Schaden anrichtete, führte er das Pferd sofort zu ihm. Er stach den Ritter Ilar, sodass er dort ganz mit Blut überströmt lag. »Ich habe«, sagte er, »mit dir Frieden geschlossen. Künftig musst du mir Land und Leute überlassen, ohne dass es dir etwas ausmacht. Du warst weiß, nun bist du rot.« Wigamur schlug in dem Kampf große und tiefe Wunden, er fällte viele Ritter; später betrübte ihn das. König Lac von Panlander und viele weitere Ritter eilten schnell zum Schlachtfeld. Breite Schilde wurden nun schmal, viele Helme wurden verbeult; vor lauter Toten konnten 3760 ainen

3767 da

3753 kam. Numerusinkongruenz (25PAUL §S42, BEHAGHEL III,23f.). 3765 Der Durchbruch durch die Reihen der Gegner, der geeignet ist, deren festen Zusammenhang aufzulösen, gehört zur Haupttaktik einer Schlacht (CZERWINKSI 123–5). 3772f. gewunnen […] einen vriden. Rechtsformel für »Frieden herstellen« (DRW III,905). 3780 in. Enweder Dat. Pl. (»sie«, alle) oder Akk. Sg. (»ihn«, Wigamur).

164 W

3790

3795

3800

3805

3810

3815

an die erden getreten diu ros. diu erde dô ir varwe verlôs, von dem bluote wart sie rôt, wan ez lac manger ritter tôt. Paltriôt, der ruoft sîn ritter vaste an. er sprach: »daz ich ie gewan, daz wart vor iu nie gespart, als iu hilfe nôt wart, daz ich selber iht dienen sol. nun gedenket, helde, wol, daz ir ie wâret wert, und rüeret alle iuwer swert vaste in den handen, daz wir an den schanden hiute niht belîben. wir süln unsern wîben den prîs wider bringen.« »nû muoz uns wol gelingen«, sprach der werde Caradîn, ein vürste stolz von Lindîn. Atroglas und sîn her wâren vaste mit wer und gedâhte niender an die vluht. dâ lac manger an der suht, dem dô spottes buoz wart. ez was ein übel hervart, wan die von Lendrîe †machten mange wittwe vnd ledig von mangem lehen 3793 von

die Pferde nicht mehr bis zum Boden treten. Die Erde verlor ihre Farbe, vom Blut wurde sie rot, denn es lagen viele tote Ritter 〈auf ihr〉. Paltriot brüllte seinen Rittern zu. Er sagte: »Alles, was ich jemals erworben habe, das wurde euch nie vorenthalten, wenn ihr Unterstützung brauchtet, und das soll mir jetzt zugute kommen. Nun bedenkt, ihr Helden, dass ihr immer ehrenvoll wart, und schwingt euer Schwert kräftig in den Händen, damit wir uns heute nicht blamieren. Wir werden unseren Frauen Ruhm nach Hause tragen.« »Nun müssen wir Erfolg haben«, sagte der vornehme Caradin, ein herrlicher Fürst von Lindin. Atroglas und sein Heer verteidigten sich sehr gut und er dachte keineswegs an Flucht. Dort lagen viele verwundet, die nichts mehr zu spotten hatten. Es war eine grausame Heerfahrt, denn die aus Lendrie … …

3809 yendert

3787 an. Zu erwarten wäre ûf die erde treten. Durch die Richtungspräp. wird das Bild beschrieben, dass die Pferde nicht einmal auf die Erde treten können, weil Leichen den Weg ihrer Hufe versperren. 3793 vor. Ohne Änderung würden sich die Untergebenen selbst an seinem Gut bedienen (wörtl. »das wurde von euch nie verschont«). 3809 Wechsel des Subj. mit unbezeichnetem Pron. er (25PAUL §S110). Zur Konjektur niender 25PAUL §S148: iender kann hier nicht als Ausdruck der Negation dienen. 3813–15 Wörtl. »machten viele Witwen und befreiten von vielen Lehen« (BRUNNER, Krieg 90 übersetzt freier »viele Lehen wurden frei«). 3813f. ist der Reim ausgefallen, MAUSSER 189 vermutet, »daß in ›witewe‹ das von W geächtete ›massenîe‹ stecken muß«; möglicherweise Paarformel vrî (Lendrî : ) und ledic (FRIEDRICH 265f.). In 3815 schließlich ist die Satzkonstruktion unklar. Wahrscheinlich Konjektur von mangem > mangez (»die von Lendrie … schufen viele unverliehene Lehen«), zu ›lediges Lehen‹ = »unverliehenes Lehen« DRW VIII,836 (z.B. Kaiserchronik 5203 ledic sint dîniu lêhen), zu ledic machen von vgl. WMU II,1107.

165 W

3820

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3845

die mynsten zehen clagten lüczel ÿemant da† die geste begunden sâ mit einer schar dringen zuo. Wîgamûr reit aber nuo mit dem baniere wider în. er dranc mangen in pîn und schanket manegem sîn eigen ein ritter alsô guot! [bluot. wes slehst dû dînes vaters man? dû tuost im leit dar an! dû beginnest ez her nâch klagen, sô dû selber hâst den schaden! alsô weret der strît vruo biz an die vesperzît. dô muosten sie zuo beider sîten von einander rîten, wan sie des tages heten niht mêr. sie wâren müede und sêr und was in beiden ruowe nôt. dâ lac manic ritter tôt, der vil klagebære was. daz er aber niht genas, dâ was nieman schuldic an. wan daz in tages zerran, die einen naht gâben sie vride. ez was gelobet bî der wide, daz in bræche kein man, ez solt im an den lîp gân. alsô beliben diu here beide ûf der rôten heide. die vürsten alle besunder

… … die Angreifer begannen sofort, sich mit einer Truppe heranzudrängen. Wigamur ritt erneut mit dem Banner in die Menge. Er brachte viele in Bedrängnis und gab vielen ihr eignes Blut zu trinken. Du vorzüglicher Ritter! Weshalb schlägst du die Vasallen deines Vaters? Du schadest ihm doch damit! Später wirst du das bereuen, wenn du den Schaden selber hast! So ging der Kampf von früh bis spät. Dann mussten sie auf beiden Seiten auseinander reiten, weil es nicht mehr Tag war. Sie waren müde und verletzt und beide Seiten brauchten Ruhe. Viele Ritter lagen tot auf dem Schlachtfeld, um die man trauern musste. Dass sie nicht überlebten, daran war niemand schuld. Weil der Tag zu Ende war, vereinbarten sie einen Waffenstillstand für eine Nacht. Es wurde unter Androhung der Todesstrafe zugesichert, dass kein Mann ihn brechen solle, andernfalls würde man ihn hinrichten. Beide Heere verblieben so auf der roten Wiese. Alle Fürsten ohne Ausnahme

3834 sêr (MAUSSER 11f.)] swer

3816f. Wörtl. »die wenigsten/geringsten Zehn (Zehen?) beklagten kaum jemanden dort«. Sinn und Konstruktion unklar. Könnte gemeint sein, dass alle noch lebenden Ritter um mehr als zehn Menschen trauern? 3823 bluot schenken »heftig zusetzen« (FRIEDRICH 123, BMZ I,219a). Die Wendung findet sich vor allem in der Heldenepik (z.B. Kudrun 773,4 man schankte mit dem bluote im und ouch den recken sîn). 3824 ein. Der unbestimmte Artikel in der Anrede »stammt aus daneben stehenden Wendungen, in denen das Substantiv im Prädikat erscheint« (hier: dû bist ein ritter alsô guot), BEHAGHEL I,74f. 3824–28 Vgl. oben zu 3664–70. 3833f. Zur Änderung vgl. Einleitung 4.C.3. Allerdings wäre auch swær an dieser Stelle nicht sinnlos (DWb IX,2556: »aus der vorstellung des viel wiegenden kann sich die des wenig beweglichen […] entwickeln«), dazu Herbort von Fritzlar 10144–6 Da enwas nieman so laz / So trege noch so swere / Der da niht snel enwere.

166 W 3850

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rieten vil dar under. sie versuochten an mangen enden, ob sie wolten erwenden. »der künic, der strît ûf des heres tôt«, sie sprâchen. ez wær ein michel nôt, daz durch zweier man zorn diu here solten sîn verlorn. sie wurden des zuo ræte und bliben dar an stæte, daz die künig nemen solten zuo kempfen, swen sie wolten; welches kempfer strîte baz, daz der hete âne haz beide liute unde lant. des swuoren sie eit und gâben pfant. dô sprach offenbâr, ich sage iu vür wâr, Atroglas von Rêrat: »wer vehten wil an mîner stat, dem wil ich geben zuo lône mîn tohter alsô schône und daz selbe lant dar zuo und mîner besten bürge zwuo in dem land zuo Rêrat.« her Müelat dô hervür trat, ein marcgrâve von Rârzatel, ein ritter wîs und snel. der sprach: »er mac gerne leben, wem got die sælde hât geben, daz er die kraft an im weiz: der mac gern strîten in dem kreiz.« Der herzoge von Troiswarlanz, der sprach: »ich gib iu mîn rât ganz, dem volget, herre, der ist guot. ein ritter balt und wol gemuot, der ist mit mir her gevarn, der heizet Wîgamûr mit dem arn, der ist zuo ritterschaft ein helt, zuo ganzen tugenden ûz erwelt, der mac wol sîn von guoter art. 3855 ræte (BÜSCHING)] rär

berieten underdessen lange. Sie erkundigten sich bei allen, ob sie aufhören möchten. »Der König kämpft bis zur Vernichtung des Heeres«, sagten sie. Es sei entsetzlich, dass durch die Wut zweier Männer die Heere vernichtet werden sollten. Sie beschlossen und hielten daran fest, dass die Könige als Kämpfer nehmen sollten, wen auch immer sie wollten; und dass der, dessen Kämpfer sich besser schlüge, ohne Missgunst Land und Leute bekäme. Darüber schworen sie Eid und gaben Pfand. Da sagte öffentlich, so berichte ich euch unverstellt, Atroglas von Rerat: »Wer an meiner Stelle kämpfen will, dem gebe ich als Belohnung rechtmäßig meine Tochter und dazu dieses Land und zwei meiner besten Burgen im Land Rerat.« Fürst Müelat trat daraufhin hervor, ein Markgraf von Rarzatel, ein weiser und tapferer Ritter. Er sagte: »Der Mann hat allen Grund zur Freude, den Gott damit segnete, dass er weiß, die nötige Kraft dafür zu haben: Der kann bereitwillig in den Kampfring steigen.« Der Herzog von Troiswarlanz sagte: »Ich gebe euch meinen gesunden Rat, folgt dem, Herr, der ist gut. Ein kühner und mutiger Ritter ist mit mir hierher gereist, der heißt Wigamur mit dem Adler, als Ritter ist er ein Held, bei allen Vorzügen herausragend, der wird sicher von adliger Abstammung sein.

3864 wâr (LINDEN 18)] bar

3853f. Anspielung auf NL 6,4 si sturben sît jæmerlîche

von zweier edelen frouwen nît?

167 W 3890

3895

3900

3905

3910

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3925

mit dem sît ir wol bewart, wolt er iuwer kempfer sîn (daz nim ich ûf die triuwe mîn), wan er hât eines lewen muot und ist iu nieman dar zuo sô guot.« Atroglas gienc zuo hant, dâ er den selben ritter vant. der bete er alsô gewan; er sprach: »ei, tugenthafter man, an dir ist vil êren schîn, wan unser tohterlîn hât dir sælden vil geben. sælde prüevt dîn leben und êret dich maniger wîs. dir ist bescheret hôher prîs. daz genüzze ich gern, moht ez gesîn, woltestû durch den willen mîn an disem kampfe verwesen mich. êret got alsô dich, daz dû erwürbest des siges krône, sô gæb ich dir zuo lône bürge, stete unde lant und waz dû selbes 〈hâst〉 genant und ouch ein schœnez megetîn: die vil liebe tohter mîn, die minniclîchen Dulciflûr.« dô sprach der ritter Wîgamûr: »iuwer bete hân ich vernomen wol, des ich gerne iu geweren sol. sît ich aller liute gruoz mit dienste erkempfen muoz, sô sol ich dar zuo sîn bereit. ez ist doch lützel liuten leit, ob ich dar umbe tôt gelige. ist aber, daz ich gesige, daz mir von got diu sælde geschiht, sô beger ich doch keins lônes niht, wan stete, bürge, liut und lant wærn an mir niht wol gewant.

Mit dem seid ihr gut versorgt, wenn er euer Kämpfer sein will (bei meinem Wort!), denn er hat den Mut eines Löwen und für euch eignet sich niemand so sehr wie er.« Atroglas ging sofort zu diesem Ritter. Er formulierte die Bitte folgendermaßen; er sagte: »He, tüchtiger Mann, an dir zeigt sich hohes Ansehen, denn unsere Tochter hat dir großes Glück beschert. Fortuna wägt dein Leben und verhilft dir in vielerlei Weise zu Ansehen. Dir wurde großer Preis zuteil. Wenn möglich, würde ich gern davon profitieren, dass du mich mit meiner Zustimmung bei diesem Kampf vertreten willst. Wenn dich Gott so beschenkt, dass du gewinnst, dann gebe ich dir als Belohnung Burgen, Städte und Länder und was du selber möchtest und auch eine schöne Jungfrau: nämlich meine hochgeliebte Tochter, die schöne Dulciflur.« Der Ritter Wigamur antwortete: »Eure Bitte habe ich genau verstanden, ich werde sie euch bereitwillig erfüllen. Weil ich mir das Entgegenkommen aller Menschen mit Dienstleistung erkämpfen muss, bin ich dazu bereit. Es ist doch für wenige Menschen schlimm, wenn ich dabei sterben sollte. Wenn ich aber siege – sollte Gott mir das Glück schenken –, dann will ich trotzdem keine Belohnung, denn Städte, Burgen, Menschen und Länder wären bei mir nicht gut aufgehoben.

3910 na]t

3910 hâst genant. Wörtl. »genannt haben wirst«: Perfektumschreibung hier als Zukunftsaussage im Sinne eines Futur II (25PAUL §S9).

168 W

3930

3935

3940

3943 3945 3947

3950

ouch bin ich leider niht sô vrum, daz ich iu genôzen kunn und mich iuwer tohter zuo einem man. iu wil ich prîses wan mit vreuden disen kampf bestân.« »daz sol uns mit got zuo heil ergân«, sprach der künic von Rêrat. »ich sol iuch an mînes kindes stat haben immer mêre, kein vürst wart mêr sô hêre, ir moht wol gewesen ir genôz, wan ir sît aller untât blôz.« Der künic von Lendrîe bat vürsten unde vrîen und ouch diensteman mit im zuo einer sprâche gân. er sprach: »der künic von Rêrat disen kampf gelobet hât; wan ez ist mîn gedinge, daz ich in dem ringe vil lîht in selbes bestân, sô muoz ez mir zuo heile gân und (wil ez dan diu gotes kraft) sô er werde schadehaft.«

Auch bin ich leider nicht so hochgeboren, dass ich euch gleichkommen und eure Tochter heiraten kann. Auch ohne Lohn will ich für euch sehr gerne diesen Kampf aufnehmen.« »Das möge uns mit Gottes Hilfe glücklich enden«, sagte der König von Rerat. »Ich werde euch künftig an Kindes statt annehmen, kein Fürst war jemals so erhaben, dass ihr nicht sehr wohl ihresgleichen sein könntet, denn ihr seid tadellos.« Der König von Lendrie bat Fürsten und Freie und auch Ministeriale mit ihm zu einer Beratung zu gehen. Er sagte: »Der König von Rerat hat diesen Kampf versprochen; weil ich erwarte, dass ich im Kampfring ohne jedes Hindernis ihm persönlich entgegentrete, kann es für mich glücklich enden, und (wenn es in der Macht Gottes liegt) wird er Schaden nehmen.«

3940 freüe 3943 der künic von Rêrat (DOCEN 353)] zu in 3930 prîses (SARRAZIN)] preyßen also [Absatz] der kunig von Lendrio 3952 erwenden

3927f. »Eine arge Verderbnis muß […] vorliegen: was heißt ›frumm adj.: kunn verb. 1. praes. conj.‹? Reim von vrum:künne ist eine Unmöglichkeit! Ich kann hier eine Hypothese von mir: rührender Reim: künne stn.:künne conj. nicht vortragen, – cf. dazu Wigal. 2342/43 […]« (MAUSSER 135). 3929 Wörtl. »und mich eurer Tochter als Mann zugesellen«. 3937f. Die Stellungnahme für den Tugendadel widerspricht der kontinuierlich wiederholten Haltung Wigamurs: »Das Harmoniemodell des ›Wigamur‹ sieht seitens der Herrschaftsträger maximale Bereitschaft zur Überwindung ständischer Schranken vor, seitens des Ritters ohne Namen umgekehrt maximale Bereitschaft, sie streng zu respektieren.« (MÜLLER, Kompromisse 194, s.a. zu 1954–71). 3940 vrîen. Siehe zu 3628. 3943–46 Änderung nach DOCEN 353. Die Reimbindung alsô : Lentriô in W wäre nicht nur ungewöhnlich, sondern auch in direkter Rede widersinnig, weil Paltriot an dieser Stelle selbst spricht bzw. die Rede ohne das Subj. unvollständig wäre – eher ist anzunehmen, dass der Schreiber 3944 unter Inkaufnahme der folgenden Waise zusätzlich eingefügt hat. Die anderen Editionen setzen 3946 einen fehlenden Vers. 3951f. In W Modalverb wil mit Infinitiv erwenden (»abwenden«). schadehaft ist allerdings ausschließlich als Adj. belegt und müsste dann entweder als Adv. oder als prädikatives Adj. zu ez oder kraft aufgefasst werden, was mit erwenden ebenfalls nicht belegt ist. Daher verstehe ich 3951 als Einschub und greife in 3952 ein.

169 W 3955

3960

3965

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3985

»gelt hœne!«, Gunderlach von dem rôten turne sprach, »ditz wær iu laster getân, herre, ich bin iuwer man! mac ez mit iuwern hulden sîn, ich wil mit dem lîbe mîn vehten an iuwrer stat.« des selben manic ritter bat. dô sprach der künic Paltriôt: »ir bitet mich âne nôt, sam mir unser trehten: ich wil selber vehten!« als diu naht vervaren was, dô reit der künic Atroglas und der herre von Lendrîe âne alle ir massenîe zuo einander mit vride, der was bestætigt bî der wide. sie erbeizten ûf der heide rôt. dô gienc künic Paltriôt 〈zuo〉 Atroglas von Rêrat. der sprach alsô drât: »wir sîn komen alsô her, und ist daz von mîner wer und des künigs von Lendrîe komen, ob ich rehte hân vernomen, daz zwên kempfer süln scheiden den strît under uns beiden. daz sol hie haben ende. wem got daz heil sende, der sol haben liut und lant und gebieten ze Deleferant.« dô sprach der künic Paltriôt: »daz selbe lant, wil ez got, daz sol zuo rehte wesen mîn.« »daz sol hiute werden schîn!«, sprach der künic Atroglas.

»Bereitet euch keine Schande!«, sagte Gunderlach vom roten Turm, »Das wäre für euch eine Schmach, Herr, ich bin euer Lehnsmann! Wenn ihr zustimmen könnt, will ich an eurer Stelle kämpfen.« Viele Ritter baten um das Gleiche. Da sagte König Paltriot: »Ihr bittet mich vergeblich, so wahr mir Gott helfe, ich will selber kämpfen!« Als die Nacht vergangen war, ritten König Atroglas und der Herrscher von Lendrie ohne jede Begleitung in Frieden, auf dessen Bruch die Todesstrafe stand, zueinander. Sie stiegen auf der roten Wiese von ihren Pferden. Nun ging König Paltriot zu Atroglas von Rerat. Dieser sagte sofort: »Wir sind zusammen gekommen, weil es durch mein Heer und durch das des Königs von Lendrie angetragen wenn ich es richtig verstanden habe, [wurde, damit zwei Kämpfer den Streit zwischen uns beiden entscheiden sollen. Das soll hier enden. Gott entscheidet, wer Land und Leute besitzen und über Deleferant gebieten soll.« Daraufhin sagte König Paltriot: »So Gott will, wird dieses Land mit Recht mir gehören.« »Das wird sich heute zeigen!«, entgegnete König Atroglas.

3953 hon 3963 sam mir (DOCEN 353)] wan wir Verse umgedreht

3968 gesinde

3973f. Reihenfolge der

3953 gelt hœne. Als Formel nicht belegt, wörtl. »Vergeltet den Hohn!« Das Mask. hôn ist erst ab dem 14. Jhd. im Md. belegt, daher Änderung zum gängigen stF (DWb IV/2,1722). 3972f. Ohne Zusatz und Änderung der Reihenfolge wäre gân abs. hier sinnlos und der Satzanschluss ungewöhnlich. BÜSCHING hingegen belässt die Reihenfolge und ändert der > da (=dô).

170 3990 W

3995

4000

4005

4010

4015

4020

alsô dô daz gelobet was. daz wart under in beiden vast gevestet mit eiden. ein rinc wart gemachet sâ, ouch wurden bestellet dâ zuo griezwartel vier man. künic Paltriôt gienc an mit sînem schilt in den rinc. Wîgamûr, der jungelinc, het wol bereitet sich. Paltriôt sprach: »ich, ich vorder den künic von Rêrat, wan er mit gewalt sich hât mînes landes underwunden. daz wil ich an disen stunden ûf sînem lîp beherten mit kolben und mit swerten.« mit dem arn Wîgamûr manlîch trat dô hervür [ges stat, und sprach: »ich bin hie an des küniwan er mich zuo kempfer hât erkorn und wil kiesen. er wil mit mir verliesen hiute oder gewinnen.« dô sprach mit guoten sinnen Paltriôt, der künic rîch: »ez ist niht billîch, daz ein künic vehte mit des andern knehte. ich vorder den künic von Rêrat gên mir zuo kempfen an die stat.« dô sprâchen die vürsten über al, er sol von rehte haben die wal. ez wart under in beiden

So wurde es abgemacht. Es wurde unter ihnen mit Eiden verbindlich geschworen. Ein Kampfring wurde sogleich bereitet, auch wurden dorthin vier Männer zu Kampfrichtern bestellt. König Paltriot machte sich mit seinem Schild in den Kampfring auf. Wigamur, der junge Mann, hatte sich gut gerüstet. Paltriot sagte: »Ich, ich fordere den König von Rerat, weil er sich gewaltsam meines Landes bemächtigt hat. Das will ich jetzt im Zweikampf mit Keulen und Schwertern beweisen.« Da trat Wigamur mit dem Adler mannhaft hervor und sagte: »Ich stehe hier an Stelle des Königs, weil er mich als Kämpfer ausgewählt hat und wählen will. Er will heute mit mir verlieren oder gewinnen.« Mit rechter Absicht entgegnete Paltriot, der mächtige König: »Es ist nicht richtig, dass ein König mit einem Untergebenen des anderen kämpft. Ich fordere den König von Rerat auf, mit mir hier zu kämpfen.« Daraufhin bestätigten die Fürsten insgesamt, dass er von Rechtes wegen darauf bestehen darf. Es war zwischen ihnen

4002f. sich hât steht 4003, in 4002 durchgestrichener Ansatz S

4023 wār

3996 gienc an. Die hier offenbar vorliegende Bedeutung »in eine best. Richtung aufbrechen« ist nur spät und selten belegt (2DWb II,940 und Frühnhd.Wb I,1132; der in MWb I,234 angeführte Beleg Weltchronik 10904 ist anders konstruiert). 4000f. Wiederholung ich als Anadiplose betont den Sprecher, wahrscheinlicher ist Dittographie. 4005 ûf sînem lîp beherten. Rechtsterminus »etw. im/durch gerichtlichen Zweikampf beweisen wollen« (FRIEDRICH 278 – zu der Bedeutung beherten = »ein Recht geltend machen«, »überführen« vgl. DRW I,1445f.). 4006 Zu kolbe als ritterliche Waffe vgl. DWb V,1603, Technikgeschichte 188 und CZERWINSKI 159f. Die vorliegende Paarformel bedeutet vielleicht »mit allen zur Verfügung stehenden Waffen« (s.a. Renner 2400, 11600).

171 W 4025

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mit worten alsô bescheiden, daz sie beide mohten kempfer nemen; wel ir einem aber gezemen, der möhte selber kempfer sîn. ditze triben sie her und hin. dô sprach der künic Paltriôt: »nû muoz sîn hiute pflegen got. ich wil doch wizzen, daz ist reht, sît ir ritter oder kneht? und wil ouch wizzen dâ bî, weder sît ir eigen oder vrî. ob iuwer slac gên mir stê, daz ir daz saget ê.« Wîgamûr was diu rede leit. niht lenger er dô beit, sînen helm er abe bant, den schilt legt er von der hant. in den rinc enmitten stuont … ab dem houbt tet er sîn hersenier sîn ros hiez er im bringen schier, vil balde er dar ûf gesaz. die ritter merkten alle daz; grôz wunder sie nam, waz er wolte begân. dô sprach der tugentlîche: »nun hœret, arm und rîche, hie stêt der künic von Lendrîe. der vrâget, wer ich sîe. daz ist mir leider unkunt, ich wil iu aber hie zuo stunt sagen, sô ich verre weiz. und hœret alle umb den kreiz: Lespiâ was ein wîp genant, daz mer was ir wol bekant. in einem steine was ir hol, dar in zôch sie mich wol

mündlich so festgelegt worden, dass sie beide Kämpfer nehmen könnten; wenn jedoch einer von ihnen möchte, dürfte er auch selber Kämpfer sein. Das wälzten sie hin und her. Schließlich sagte König Paltriot: »Gott muss sich jetzt seiner annehmen. Ich will doch wissen, und das ist richtig, ob ihr Ritter oder Leibeigener seid? Und will zudem auch wissen, ob ihr eigen oder frei seid. Falls ihr gegen mich antretet, sagt mir das zuvor.« Wigamur verdross diese Rede. Dann wartete er nicht länger, er band seinen Helm ab, den Schild legte er aus der Hand. Mitten in den Kampfring stellte sich … er zog sein Hersenier vom Kopf. Unverzüglich ließ er sich sein Pferd bringen und setzte sich geschwind darauf. Alle Ritter beobachteten das; sie wollten wirklich wissen, was er im Sinn hatte. Der Tüchtige sagte endlich: »Hört her, Arme und Reiche, hier steht der König von Lendrie. Er fragte mich, wer ich sei. Das weiß ich leider nicht, ich will euch hier aber auf der Stelle sagen, inwieweit ich informiert bin. Und zwar, hört alle um den Kampfring: Lespia wurde eine Frau genannt, die sich im Meer sehr gut auskannte. In einem Felsen befand sich ihre Höhle, dort zog sie mich fürsorglich

4043 sîn hersenier (DOCEN 347)] schůnr

4035 Wörtl. »Falls euer Schlag mir gegenüber steht«. Vgl. DWb X/2/1,1490 gên mir stê »gegenüberstehen«, s.a. Wilhelm von Österreich 7085 wie din wille gein mir ste. Zu überlegen wäre, ob Paltriot hier von der adligen Abstammung des Gegner spricht (z.B. slâ > slahte). 4043 hersenier. Zu mittelniederländisch hersene »Hirn«. Ein Kopfschutz aus Kettenringen unter dem Helm des Ritters (SCHULTZ II,78, VORDERSTEMANN 115f., SUOLAHTI 105f.).

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mit irn töhteren zwein; diu ouch bûte den stein. die wânte ich mîn muoter sîn. zehen jâr pflac sie mîn, sô sie beste kunde. sie brâht zuo einer stunde, dô sie ûz was gegangen, ein merwunder hete sie gevangen, daz was man, visch und rint, als in dem mere wunder sint. sie brâhte ez in den stein und bant im vaste diu bein mit vil starken riemen. sie verbôt vast, daz iemen im kæme alsô nâhen, daz er uns möht gevâhen. zuo hant sie von uns schiet. nû sûmet sich ouch niet daz merwunder: dâ ez lac besunder, sîne bant ez zerbrach. grimmiclîche ez sich rach. des wîbes kint ez ersluoc. ûf sînem rücken ez mich truoc von dem steine in daz mer. daz wîp gesach ich nimer mêr. daz merwunder mîn dô pflac vil wol manigen tac. er lêrte mich behendikeit vil, schirmen, schiezen und seitenspil. ez zôch mich wol aht jâr. er saget mir vür wâr, daz Lespiâ mîn muoter wære niht. ez 〈ist〉 komen von der geschiht, daz sie mich mînem vater entruoc und mir daz niht gewuoc, daz ich ir iht entrünne. sunst weiz ich 〈niht〉, wâ ich mîn künin dem lande suochen mac. [ne daz merwunder mîn dô pflac, ez gap mir spîse und gewant

mit ihren beiden Töchtern auf; sie selbst bewohnte die Höhle ebenfalls. Ich glaubte, dass sie meine Mutter sei. Zehn Jahre kümmerte sie sich nach Kräften um mich. Einmal brachte sie, als sie herausgegangen war, ein Meerwunder mit, 〈das〉 sie gefangen hatte, das war Mensch, Fisch und Rind zugleich, wie es im Meer Wunder gibt. Sie brachte es in die Felshöhle und fesselte ihm die Beine mit starken Riemen. Sie verbot strikt, dass jemand ihm so nahe käme, dass er uns ergreifen könnte. Sogleich ging sie wieder von uns fort. Nun zögerte auch das Meerwunder nicht: In seiner Ecke zerriss es seine Fesseln. Zornig rächte es sich. Es erschlug die Kinder der Frau. Es trug mich auf seinem Rücken aus der Felshöhle in das Meer. Die Frau sah ich nie wieder. Das Meerwunder kümmerte sich von da an lange Zeit fürsorglich um mich. Er brachte mir viele Fertigkeiten bei, Parieren, Schießen und Saitenspiel. Es erzog mich gut acht Jahre lang. Er erzählte mir ehrlich, dass Lespia nicht meine Mutter gewesen sei. Es hatte sich so begeben, dass sie mich meinem Vater entführt hatte, mir das aber nicht erzählte, damit ich ihr nicht entlaufen würde. Daher habe ich keine Ahnung, wo ich meine Verin dem Land suchen kann. [wandtschaft Das Meerwunder rüstete mich aus, es gab mir Essen und Kleidung

4066–68 Konstruktion apo koinou: merwunder Akk.-Obj. zu brâhte und hete gevangen. 4076 er. Zum Geschlecht vgl. Exkurs B. 4080 Wörtl. »Dort, wo es abseits lag«.

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und wîste mich in daz lant, daz ich velt und liute sach. ez gap mir urloup unde sprach: ›swar dû wilt, sô kêr hin. zuo dem mere stêt mîn sin.‹ alsô schiet ez von mir. dô kêrt ich in ein lant, hiez Deloir, kam ich alsô gegangen blôz. dâ leit ich arbeit grôz, wan ich was aller sinne blint, ich 〈was〉 tumber dan ein kint. manigen winkel ich ervuor, beide walt und muor, berge hôch und graben tief. ich reit und lief, biz ich gelernte den sit, dâ die liute lebten mit. diu sælde mich an sich nam. sie riet mir, daz ich kam (daz mir widervuor) ûf eine burc, hiez Dalmflamuor. einen künic ich dâ vant, der was Îttrâ genant, dem was daz lant undertân. Artûs, der her von Britân, der ouch nâch êren wol kund tuon, der ist sînes bruoders suon. von des selben küniges hant empfienc ich ros und gewant. vor sîner burc gap er mir ein swert. manic ritter lobes wert, die heten ir massenîe, vürsten, grâven und vrîen. alsô bin ich komen her, sô ich mit swert und sper muoz keinen prîs bejagen. ich kan anders niht gesagen 4122 einr

und führte mich an Land, sodass ich Festland und Menschen sah. Es ließ mich frei und sagte: ›Geh, wohin du willst. Ich möchte ins Meer.‹ So verließ es mich. Ich ging daraufhin zu Fuß und mittellos in ein Land namens Deloir. Dort hatte ich große Schwierigkeiten, denn ich hatte keine Augen im Kopf, ich war einfältiger als ein Kind. Durch viele Ecken bin ich gereist, Wald und Sumpf, hohe Berge und tiefe Schluchten. Ich ritt und wanderte, bis ich die Art und Weise gelernt hatte, in der die Menschen lebten. Fortuna nahm sich meiner an. Sie befahl mir, (und so passierte es mir dann) auf eine Burg namens Dalmflamur zu kommen. Dort traf ich einen König, der Ittra hieß und das Land beherrschte. Artus, der Herr von Britannien, der sich genau darauf verstand, seinen Ruf zu steiist der Sohn seines Bruders. [gern, Von diesem König bekam ich Pferd und Rüstung. Vor seiner Burg gab er mir ein Schwert. Viele lobenswerte Ritter hatten ihre Gesellschaft, Fürsten, Grafen und Freie. So bin ich hierher gekommen, weil ich mit Schwert und Lanze Ruhm erlangen muss. Ich kann nicht anders

4135 alsô (BÜSCHING)] aso

4108f. Konstruktion apo koinou (lant ist Präp.-Obj. zu kêrt und kam) mit eingeschobener hiez-Konstruktion (dazu allgem. KARG). 4109 blôz. Zur Bedeutung »mittellos« MWb I,890. 4132–35 Sinn nicht eindeutig. Vielleicht soll zum Ausdruck gebracht werden, dass Wigamur nicht in Gesellschaft anderer reiste oder dass er im Dienst zahlreicher Menschen stand.

174 W 4140

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von vater und muoter [] mîn … Von Lendrîe künic Paltriôt huop sîne hende ûf gên got und ouch sîn herze tougen. im überliefen sîne ougen, sîn vreude wart grôz. er sprach: »her, ir sît wol mîn genôz. von künigs art ist iuwer lîp. iuwer muoter ist mîn wîp, iuwer vater, daz bin ich. gât her und küsset mich. zwâr ir sît komen heim. hie stêt iuwer œheim, daz ist der künic von Irlant.« Wîgamûr sprach zuo hant: »sô gewin der künic von Rêrat einen andern kempfer an mîner stat, wan ich wider iuch vihte niht.« dô ditze wunderlîche dinc von geschiht die herren alle sâhen, mit wârheit sie dô jâhen, daz diz gevüeget hât got, und lobten alle sîn gebot. Wîgamûr zuo sînem vater gie. ez wurden liute vrôer nie, dan sîne mâge wurden dâ. die vürsten giengen aber sâ hie dan sundersprâchen zuo rât. dô sprach der künic von Flâ»nû wizzet alle besunder: [chen: got hât ditze wunder uns ze heile her brâht wer künd ez haben anders gedâht? nû suln wir versuochen daz, 4139 muoter (BÜSCHING)] můter müter 4167f. Reihenfolge der Verse umgedreht

über meinen Vater und meine Mutter berichten … König Paltriot von Lendrie erhob seine Hände zu Gott empor und wandte im Stillen auch sein Herz an seinen Er weinte, [Schöpfer. er wurde von großer Freunde überwältigt. Er sagte: »Herr, ihr seid wirklich meinesgleichen. Ihr seid von königlicher Abkunft. Eure Mutter ist meine Frau, euer Vater, das bin ich. Kommt her und küsst mich. Ihr seid wahrhaftig nach Hause gekommen, hier steht euer Mutterbruder, das ist der König von Irlant.« Wigamur sagte ohne zu zögern: »In diesem Fall besorge sich der König von Rerat einen anderen Kämpfer an meiner Stelle, denn gegen euch kämpfe ich nicht.« Als alle Fürsten diese wunderbaren Zufälle sahen, sagten sie von ganzem Herzen, dass Gott das gefügt hat, und alle lobten seine Herrschaft. Wigamur ging zu seinem Vater. Niemals wurden Menschen glücklicher als seine Verwandten dort. Sofort zogen sich die Fürsten erneut zu einer Besprechung zurück. Nun sagte der König von Flachen: »Jeder einzelne soll nun wissen: Gott hat dieses Wunder hier zu unserem Heil geschehen lassen. Wer sonst hätte das ersinnen können? Lasst es uns versuchen,

4145 sîn (BÜSCHING)] sey

4162 loben

4167f. Der Schreiber kannte offenbar die Wendung sundersprâchen gân nicht (vgl. z.B. NL 1729,1 Dô giengen sundersprâchen die drîe künege rîch) oder er vertauschte die Verse versehentlich; zuo rât könnte dann als Zusatz des Schreibers verstanden werden. 4168 wird in der Reihenfolge von W funktions- und sinnlos (»der König von Flachen sagte hier dann ohne Reden«). Ferner ist zu überlegen, ob der Reim dâ : sâ 4165f. vom Schreiber eingefügt wurde, um einen Dreireim gie : nie : hie zu brechen. Spekulativ lässt sich 4163ff. nachdichten: Wîgamûr ze sînem vater gie. / ez wurden liute vrôer nie, / dan sîne mâge wurden hie. / die vürsten giengen sundersprâchen. / dô sprach der künic von Flachen: / […].

175 W 4175

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4200

ob wir der zweier künige haz mit êren mugen underkomen. ez hât ir zorn hie benomen manigem ritter den lîp sîn.« dô sprach der künic von Îdraferîn: »hœret alle mînen rât: der künic von Rêrat sol geben dem künig mit dem arn (er kan nimer baz gevarn) sîne tohter wol getân und lâze in dâ mit hân den strît an dem lande. er mac wol âne schande sîn zuo eidem jehen. wir haben alle wol gesehen, daz Wîgamûr ist ein wîgant. und ist ouch allen wol bekant, daz schœner maget niender mac gesîn dan Dulciflûr, diu magetîn; sie sint beide wol geborn. alsô mac der zweier künig zorn wandeln sich in güete.« sô mit vrœlîchem gemüete giengen sie wider an den rinc. sie bâten den jungelinc Wîgamûr und den vater sîn, daz sie rieten under in, daz sie daz leisten beide. daz was in doch niht leide. Atroglas daz selbic tet. daz was über der vürsten bet. 4187 ayden

ob wir die Feindschaft der beiden Könige überwinden können, ohne dem Ansehen zu schaden. Es hat ihre Kampfeswut hier vielen Rittern das Leben gekostet.« Da sagte der König von Idraferin: »Hört alle meinen Rat: Der König von Rerat soll dem König mit dem Adler (er kann nicht besser verfahren) seine wundervolle Tochter zur Frau geben und lasse ihn damit den Kampf um das Land gewinnen. Er kann ihn sicherlich ohne Schande zum Schwiegersohn nehmen. Wir haben alle genau gesehen, dass Wigamur ein Held ist. Und es ist doch allen klar, dass es keine schönere Jungfrau geben kann als Dulciflur; beide sind von adliger Geburt. So kann sich die Feindschaft beider Könige in Wohlgefallen kehren.« So gingen sie erfreut zurück zum Kampfring. Sie baten den jungen Mann Wigamur und seinen Vater darum, das zu erfüllen, was sie ihnen vorschlugen. Für sie war das nicht unangenehm. Atroglas tat dasselbe. Das überstieg die Bitte der Fürsten.

4196 gemüete (MAUSSER 140)] můt

4180–85 Zur Eheschließung aus politischen Gründen siehe Exkurs E. 4181 künig. Nach Klärung seiner Herkunft wird Wigamur umgehend als König tituliert; der Erzähler folgt der Anrede ab 4321. 4617 wird er erstmals ›Wigamur von Lendrie‹ genannt. 4184f. »den strît (be-)halten […] ›das feld behaupten‹, ›die oberhand behalten‹« (DWb X/3,1327f.), mit u.a. den Beispielen: Erec 200–3 swes vriundinne den strît / behielte ze sîner hôchzît / daz si diu schœniste wære, / diu næme den sparwære; Iwein 4427 trûren behabte dâ den strît. 4192 diu. »Das Diminutiv von Personenbezeichnungen nimmt gelegentlich den Artikel oder ein anderes Pronomen in dem Geschlecht zu sich, das den Ausgangspunkt des Diminutivs zukommt« (BEHAGHEL III,33, vgl. auch 25PAUL §S137). 4204 Nicht einsichtig, weshalb das zuvor von den Fürsten Erbetene nun ihre Wünsche übersteigt. Stilmittel der Steigerung (Ausdruck der Freude, dass Atroglas ohne Aufforderung oder Auflagen einwilligt) oder Fehler? Evtl. Änderung über > al.

176 4205 W

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daz man sagt den rât, ein herzog dô hervür trat, dem man der rede gunde, wan er wol reden kunde: Mîlegragram von Lunders. er het vil wunders gevrumet mit sînem lîbe. von mannen noch von wîbe wart geborn nie triuwer man. sîn rede er alsô gewan: »Alsô ist gesamnet der rât: ez sol der künic von Rêrat küssen den künic von Lendrî und ist 〈in〉 gerâten dâ bî, daz sie mit vriuntschaft leben. der künic Atroglas sol geben sîne tohter Dulciflûr dem jungen künic Wîgamûr, von Lendrîe des küniges suon, und sol in des gewis tuon mit sînem eide an der stat.« dô sprach der künic von Rêrat: »zwâr des bin ich von herzen vrô.« die eide swuoren sie dô. als daz gelobet was, nû sprach der künic Atroglas: »daz verdient ich umb got nie, wan ich mit êren mîner tohter hie einen sun hân gewunnen. des mir got muoz gunnen, den türstigen ritter, den ich ie gesach.« manic man des selben jach, sie vreuten sich zuo beider sîten. die herrn begunden rîten zuo lande wider heim. Wîgamûr und sîn œheim riten von dem here sâ, in was beidenthalben gâ.

Um den Entschluss zu verkünden, trat nun ein Herzog vor, dem man das Wort erteilte, weil er gut reden konnte: Milegragram von London. Er hatte Außergewöhnliches in seinem Leben geleistet. Niemals wurde von Mann und Frau ein treuerer Mann geboren. Er sprach folgendermaßen: »Folgender Entschluss wurde gefasst: Der König von Rerat soll den König von Lendrie küssen und ihnen wird empfohlen, in Eintracht zu leben. König Atroglas soll seine Tochter Dulciflur dem jungen König Wigamur, dem Sohn des Königs von Lendrie, zur Frau geben und soll ihnen das sofort mit seinem Eid bekräftigen.« Da sagte der König von Rerat: »Ich bin wirklich von Herzen froh darüber.« Daraufhin schworen sie die Eide. Als das gelobt worden war, sagte König Atroglas: »Bei Gott, das verdiente ich niemals, denn jetzt habe ich meiner Tochter für unseren Ruf einen Schwiegersohn, den mir Gott gönnt, verschafft; 〈er ist〉 der tüchtigste Ritter, den ich jemals sah.« Viele Männer bestätigten das. Beiderseits war man glücklich. Die Fürsten ritten dann los zurück nach Hause. Wigamur und sein Mutterbruder ritten sofort vom Heer fort, sie hatten es nun auf beiden Seiten eilig.

4214 gewan. Bildet, ausgehend von der verblassten Bedeutung »erreichen, erlangen, bekommen«, mit rede ein Funktionsverbgefüge (DWb IV/1/3,5940–53, bes. 5952f.). 4217 Der Friedenskuss, nach kirchlichem Vorbild entwickelt, gilt als Symbol behobener Feindschaft. Hier dient er als Rechtsakt der Bekräftigung eines Vertrages oder Versprechens (LexMA V,1591). 4235 den türstigen ritter als Apposition zu sun 4233. den türstigen. Konstruktionsmischung Positiv mit Superlativ (BEHAGHEL I,229), wahrscheinlich aber Änderung türstigsten (BÜSCHING) oder türsten (DOCEN 337).

177 W 4244

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der künic von Irlant, sînen boten er vür sant … wie ir was komen gesunt al zuo der selben stunt ir sun, den sie het verlorn. als diu vrouwe wol geborn vernam die liebe botschaft, sich erweget alle ir kraft vor liebe gên irem lieben kinde. des küniges gesinde gewunnen grôze vreude nuo. schiere kam geriten zuo Wîgamûr und sîn are gevlogen. diu küniginne wol gezogen gên im vür daz tor gienc, vor liebe sie in weinend empfienc. mîn sin wær zuo weich dar zuo, daz ich reht iu sagen tuo, wie diu vrou empfienc ir kint. nun diu mære komen sint allenthalb in daz lant, dâ sîn vater was bekant, dô begunden sie alle gâhen, den herren wol empfâhen, als einem künig wol gezam. grôz wunder sie daz nam, daz in der ar niht verlie, swâ er reit oder gie. nun het der künic Paltriôt überkomen al sîn nôt. zuo vromen und zuo êren sînen muot begund er kêren an tugent und an milte. ros und tiure schilte, scharlach, zobel unde bunt gap er an vil maniger stunt allen den, die ez geruochten

Der König von Irlant sandte seinen Boten vor … wie zu ihr sogleich ihr Sohn lebend zurückkam, den sie verloren hatte. Als die adlige Herrin die ersehnte Nachricht hörte, war sie außer sich vor Freude über das geliebte Kind. Die Diener des Königs waren begeistert. Bald darauf kam dorthin Wigamur geritten und sein Adler geflogen. Die vornehme Königin ging ihm bis zum Tor entgegen, vor Rührung empfing sie ihn weinend. Ich bin nicht in der Lage, euch angemessen zu erzählen, wie die Fürstin ihr Kind empfing. Als sich nun die Nachricht im ganzen Land, in dem sein Vater bekannt war, verbreitet hatte, da eilten alle, den Gebieter würdig zu empfangen, wie es für einen König angemessen ist. Es erstaunte sie sehr, dass der Adler ihn nicht verließ, wohin er auch ritt oder ging. Jetzt hatte König Paltriot sein ganzes Leid überwunden. Zu seinem Nutzen und zur Steigerung seines Ruhmes nahm er sich vor, tüchtig und freigebig zu leben. Pferde und kostbare Schilde, Scharlach, Zobel und Buntwerk schenkte er immer wieder all jenen, die es begehrten

4244f. Die Handlung ist unvollständig, es fehlt die Anrede des Boten an die Mutter. SARRAZIN 3 geht daher von zwei fehlenden Versen aus. 4250 Wörtl. »es bewegte sich ihre ganze Kraft«. 4277 zobel. Vgl. zu 1543. 4277 bunt. Bezeichnet alle mehrfarbigen Pelze, speziell die weißen, mit dunklen Rändern gesäumten Bauchfelle des grauen Eichhörnchens (KÜHNEL 75f., BRÜGGEN 60, 211).

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und nâch êren suochten. er empfalch geriht und lant Wîgamûr zuo sîner hant, daz er rihtet zuo rehte dem herren als dem knehte. er gap im veterlîchen rât, er liez im selber wât geben und golt rôt. zuo vorderst er im gebôt, daz er getriuwe wære, und küniclîche gebære lêrt er in und site. er hiez in, daz er vermite zorn, valscheit und lüge und daz er nieman betrüge. er hiez in barmherzic sîn, daz er met und wîn solte trinken und oft geben und ouch mit zühten leben. er hiez in vaste liep hân got und halten sîne gebot. er hiez in sîn gemeine und selten wesen eine. er riet im vil sêre,

und nach Anerkennung strebten. Er übergab Gerichtsbarkeit und Land in die Gewalt Wigamurs, damit er Recht spreche über Herr und Knecht. Er gab ihm väterlichen Rat und sorgte persönlich dafür, dass ihm Kleidung und rotes Gold gegeben wurde. Vor allem gebot er ihm, seine Pflichten als Landesherr wahrzunehmen, und er lehrte ihn königliches Verhalten und Sitten. Er forderte ihn auf, Zorn, Unredlichkeit und Lüge zu vermeiden und niemanden zu betrügen. Er forderte ihn auf, barmherzig zu sein, dass er Met und Wein trinken und oft ausgeben und auch mit Mäßigung leben solle. Er forderte ihn auf, Gott fromm zu verehren und seine Gebote zu achten. Er forderte ihn auf, sich mit Menschen zu umgeben und selten alleine zu sein. Er riet ihm eindringlich,

4286 want

4285–4323 Der Rat des Vaters an den Sohn bzw. des Älteren und Weiseren an den jungen Fürsten findet sich in zahlreichen mhd. Texten (z.B. Pz. 170,15ff., Meleranz 12622ff., Wigalois 11521ff., Gregorius 244ff.) und hat seinen Ursprung wohl in den lat. Tugendlehren und Fürstenspiegeln (allgem. LexMA IV,1040–58). Im 13. Jhd. kamen zudem Vater-Sohn-Lehren, wie z.B. der Winsbecke, als eigenständige didaktische Texte auf (allgem. SOWINSKI). Die hier gebotene Tugendlehre ist eine seltsame Mischung aus gängigen Tugenden und Untugenden, der Aufforderung zu Ausbildung von und zur Eingliederung in Gesellschaft, und der Vermittlung eines vage gehaltenen Weltbildes (zur Einordnung vgl. KÄSTNER, zum Wigamur 219f.). 4296f. Diese im Kontext eher seltsam anmutende Trinkaufforderung hat meines Wissens in der didaktischen Literatur keine Parallele. Vielleicht liegt Textverderbnis eines Verses, der auf Gastfreundschaft (z.B. solte dicke trinken geben) zielt, vor. 4299f. Die Begründung der Herrschaft in Gott hat ihr Vorbild wohl in Gregorius 257f. vor allen dingen minne got, / rihte wol durch sîn gebot (siehe MERTENS zur Stelle). 4302–20 Mehrfacher Hinweis, Wigamur solle sich mit Menschen umgeben. Vergleichbar MERTENS zu Gregorius 253f.: »Der Hof des Fürsten soll ein Modell der Integration von Lehnsherrn und Vasallen und Dienstleuten sein, zugleich aber Ausstrahlung besitzen. Am ›Funktionieren‹ des Hofes zeigt sich die Herrschaftsfähigkeit«. 4303f. sêre : herre. ZWIERZINA 26 und MAUSSER 15 verlangen die Änderung sêre > verre, da die Form hêre bzw. der Reim r : rr nur in dieser Reimbindung vorkomme. Vgl. auch 5773 und Einleitung 4.C.3.

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daz er des guotes herre und sîn kneht 〈sî〉 niet. gewislîch er im underschiet beide übel unde guot. er hiez in haben mannes muot. zuo kostlîchen dingen hiez er im vriunt gewinnen und nieman verliesen, durch keiner leie miet verkiesen; swâ der gast gienge, daz er den empfienge. er hiez in üeben ritterschaft, mit stæte wesen wârhaft. er sprach: »dû solt der ritter pflegen unde lîhen unde geben. dû solt [] haben gesellen wîs, dâ von gewinnestû hôhen prîs.« der junge künic hêre merket sînes vaters lêre und behielt sie zuo allen zîten. seht, nû wolt er rîten sînen gemahel schouwen, Dulciflûr, die juncvrouwen, des küniges tohter von Rêrat. sînen vater er dô bat, daz er im schüefe sîn vart. schiere im bereit wart: silber, golt und kleit, (vünf hundert ritter gemeit solten sîn gesinde sîn), manic vuoter hermelîn, ziklât unde samît, 4306 im (BÜSCHING)] in

dass er der Herrscher über das Gut und nicht sein Knecht sein soll. Ausführlich setzte er ihm den Unterschied zwischen schlecht und gut auseinander. Er forderte ihn auf, die Haltung eines Mannes zu haEr forderte ihn auf, [ben. als kostbare Sache Freunde zu gewinnen, und niemanden zu verlieren, 〈ihn also〉 um keinen Preis aufzugeben; wohin auch ein Gast ginge, er solle diesen aufnehmen. Er forderte ihn auf, seine Pflichten als Ritter zu ermit Beständigkeit aufrichtig zu sein. [füllen, Er sagte: »Du sollst mit Rittern zusammentreffen und verleihen und geben. Verschaff dir weise Gefährten, dadurch gelangst du zu großem Ruhm.« Der erhabene junge König prägte sich die Anweisungen seines Vaters ein und behielt sie sein Leben lang. Seht, nun wollte er fortreiten, um seine Verlobte aufzusuchen, Dulciflur, die junge Fürstin, die Tochter des Königs von Rerat. Er bat seinen Vater, dass er ihm seine Fahrt vorbereite. Sofort wurden ihm geboten: Silber, Gold und Kleider (aus fünfhundert stattlichen Rittern sollte seine Reisegesellschaft bestehen), viele Unterfütterungen aus Hermelin, Ziklat und Brokat,

4319 solt sy haben

4304f. Rechter Umgang mit Besitz, ähnlich Freidank 56,15–19: Niemer der ze hêrren zimt, / der sîn guot ze hêrren nimt. / Swelch man ist des guoten kneht, / der hât iemer schalkes reht. Vgl. auch TPMA V,311, HSS 102f. und FRIEDRICH 189 mit weiteren Varianten. 4311f. Gute Freunde soll man um keinen Preis aufgeben, zur Anspielung auf eine Sentenz HSS 102f. 4318 lîhen unde geben. »aufzählende Paarformel: ›Lehen und Geschenke geben/verteilen; […]‹ meist eine große Gesamtmenge verschenkbarer Güter bezeichnend« (FRIEDRICH 273). 4319 Statt Auslassung von sie ist die Konjektur dir zu überlegen. LEXER I,910 und DWb IV/1/2,4044 geben Adv. gesellenwîse an, das nur an dieser Stelle belegt sein soll. Wahrscheinlicher ist Schreibfehler. 4331–38 Aufzählung der Dinge, die für Wigamur vorbereitet werden; die erläuternden Nebensätze hier zur besseren Übersicht in Klammern. Wahrscheinlich gehört auch 4332 ritter zu dieser Aufzählung, doch hier als Einschub verstanden, weil sonst 4333 ein Relativpron. zu ergänzen wäre.

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von scharlach manic kappe wît (sie wâren rôt und brûn), manic stolz garzûn. ûf die selben reise sie verkunden die vreise. man gap den rittern manec ros snel. rôt, brûn, grüen und gel wâren die wâpenröcke lieht. kein gebresten was dâ nieht. sus was der ritter mit dem arn von sînem hûs gevarn in daz lant zuo Rêrat. Negragrîs hiez diu stat, dâ der künic was die zît. sîn palas was hôch und wît, allez gemacht von quâdersteine. sîn guot was gemeine, swer ez aldâ suochte und mit êrn geruochte. diu stat lac nâhen bî einem holz. Wîgamûr, der künic stolz, der küniclîcher siten pflac, er kam umb einen mittentac vür den palas geriten. nû vant er mit hovelîchen siten grôz gesinde minneclîch, diu wâren mit zühten gemelîch vor der burc ûf einem plân. mit zühten îlten sie in empfân 〈und〉 die unkunden schar; snellez springen wart dar … nâch küniclîcher wirdikeit wurden sie empfangen. nû kam dort her gegangen der stolze künic Atroglas. er empfienc vor dem palas

viele weite Mäntel aus Scharlach (die rot und dunkelfarbig waren) und viele herrliche Knappen. Sie glaubten nicht, dass ihnen auf diesem Kriegszug eine Gefahr zustoßen würde. Man gab den Rittern viele schnelle Pferde. Rot, braun, grün und gelb waren die funkelnden Wappenröcke. Es fehlte dort nichts. In dieser Aufmachung brach der Ritter mit dem Adler von seiner Burg in das Land Rerat auf. Negragris hieß die Stadt, in der sich der König zu dieser Zeit aufhielt. Sein Palas war hoch und weit, gänzlich aus Quadersteinen erbaut. Seinen Besitz teilte er mit jedem, der ihn bei ihm suchte und auf eine Weise wünschte, die nicht ehrenrührig Die Stadt lag in der Nähe eines Waldes. [war. Wigamur, der herrliche König, der sich wie ein König benahm, kam zur Mittagszeit vor den Palas geritten. Er fand nun eine vornehme und schöne Gesellschaft mit höfischen Umgangsformen vor, die auf manierliche Weise ausgelassen vor der Stadt auf einer Wiese waren. Schicklich rannten sie, ihn und die Fremden zu empfangen; schnell liefen sie dorthin … wie es für einen König angemessen ist, wurden sie empfangen. Nun kam dorthin der herrliche König Atroglas. Er empfing vor dem Palas

4336 kappe. Reiseumhang, der die Kleider vor Staub und Schmutz schützt (BRÜGGEN 229). 4339f. verkunden zu verkunnen (wörtl. »sie verzichteten auf Gefahr«), das allerdings nach Ausweis der Wb. refl. und mit Gen.-Obj. gebildet wird. Zu überlegen ist Änderung verstuonden (hier: »entgegenstellen«), ähnlich Ottokar 29233 si verstuonden sich etlicher freise. 4351 quâderstein. Mit Eisenverbindungen zusammengehaltene Steinquader, deren ideeler Wert für das Publikum offenbar erheblich war. Die literarische Attraktivität um 1200 scheint auch auf einen Innovationsschub hinzudeuten, der sich mit den archäologischen Funden deckt. (SCHULZ-GROBERT 294). 4372–74 Konstruktion apo koinou: geste als Obj. zu empfienc und Subj. zu vunden.

181 W 4375

4380

4385

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4400

4405

die unkunden geste vunden guote reste. man bat, daz sie sich nanten. als sie dô erkanten, daz ez Wîgamûr, der künic, was, dô sprach der künic Atroglas: »wilkomen sol hie sîn daz liep gesinde mîn. sô ist nie gast komen her. ir sult mir sagen, wâ ist er, dâ von [] mîn êre wahsen sol?« »er reit dâ her und gehabt sich wol«, sprach Âgîr von Elisan, der was ein ritter wol getân, den het der künic Wîgamûr mit einem her gesendet vür. als der künic erhôrte daz, ûf ein ros er gesaz. dô er die küniclîch massenîe empfangen hete von Lendrîe, den jungen künic Wîgamûr und gesinde, daz mit im vuor; gên dem palas sie riten. in guoten kappen wol gesniten sie riten vür die porten. nun vlôz an den orten ein lûter brunne klâr. die ritter wîste man aldâr. dâ stuont ein linde breit. ouch wâren golter dar geleit, gestickelt wol mit sîden. ouch stuont vol mit grüener wîden ein anger wît bî dem brunnen, dâ bî die vogel suoze sungen. 4373 gestee

die unbekannten Gäste, die einen brauchbaren Lagerplatz gefunden hatten. Man bat, dass sie sich zu erkennen gäben. Als sie nun verstanden, dass es sich um Wigamur, den König, handelte, sagte König Atroglas: »Meine geschätzten Untergebenen sollen hier willkommen sein. So ist noch nie ein Gast zu mir gekommen. Sagt mir, wo ist der, durch den sich mein Ruf vergrößert?« »Er ist hierher geritten und es geht ihm gut«, sagte Agir von Elisan, der ein wundervoller Ritter war und den König Wigamur mit einem Heer vorgeschickt hatte. Als der König das gehört hatte, stieg er auf ein Pferd. Er empfing die königliche Gesellschaft von Lendrie, den jungen König Wigamur und seine Untergebenen, die mit ihm reisten; sie ritten zum Palas. In prächtigen, gut geschnittenen Mänteln ritten sie vor das Tor. Nun entsprang dort eine klare, reine Quelle. Die Ritter führte man dorthin. Dort stand eine große Linde. Ebenso wurden dort Decken ausgelegt, die wunderschön mit Seide bestickt waren. Auch erstreckte sich, voller grüner Weiden, ein ausgedehntes Grasland bei der Quelle, bei dem die Vögel angenehm sangen.

4383 dauō sich mein er wachē sol

4391 das; gesinde

4383 wahsen ist nicht reflexiv belegt. 4394 gesinde. Ergänzung sîn oder fehlender Artikel vor einem Substantiv, das durch einen nachfolgenden Relativsatz näher bestimmt wird (25PAUL §S132.e mit Beispiel Willehalm 81,24f. ê daz er von im selben zôch / harnasch, daz er ê hete an). Vielleicht die übliche Formel und den künic Wîgamûr / der mit dem adlar vuor. 4402 golter. Aus mlat. culcita/culcitra bzw. afranz. coultre. Gefütterte (Stepp-)Decke (VORDERSTEMANN 163, LEXER I,1766 s.v. kulter). 4403 gestickelt. Die Wb. belegen ein Verb stickeln (=sticken) nicht. Zur Wortbildung siehe zu geschüepelt 181.

182 W

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die ritter kâmen alle dar. nû kam der schenken ein schar mit kopfen guot guldîn. sie schankten ein lûtern wîn und bâten sie trinken vaste. ouch sungen an dem aste manic vogel klein bî dem brunnen rein. dar nâch kâmen die knaben und nâmen in diu kleider aben und brâhten in ir hovekleit. ez was vil schiere bereit, daz man ezzen solte. der künic sie selber holte, die hübsche massenîe, die ritter von Lendrîe. dô nû der künic Atroglas zuo dem brunnen komen was, dâ die ritter wâren bî, er nam den künic von Lendrî bî der hant und wîst in dan ûf den palas. dâ vant er stân die tische wol bereit. dar ûf was gebreit tischlach wîz und wol gevar und die benke wol verdecket und gedâ man solte sitzen. [zieret gar, ouch was mit witzen manic golter dar ûf geleit. hie wurden nâch irer wirdikeit die ritter gesetzet über al. man schuof in knappen âne zal, die in dienen solten. die kamerær sô wolten daz wazzer vür tragen. 4421 das; hoff gesinde

Alle Ritter begaben sich dorthin. Nun kam ein Heer von Mundschenken mit goldenen Bechern. Sie schenkten einen klaren Wein aus und forderten auf, tüchtig zu trinken. Auch sangen auf dem Ast viele zierliche Vögel bei der sauberen Quelle. Danach kamen die Pagen und halfen ihnen aus der Kleidung und brachten ihnen ihre Hofgewänder. Alles wurde geschwind vorbereitet, was man essen sollte. Der König selbst holte die Hofgesellschaft, die Ritter von Lendrie, ab. Als nun König Atroglas zur Quelle gekommen war, an der sich die Ritter aufhielten, nahm er den König von Lendrie bei der Hand und führte ihn zum Palas. Dort fand er die Tische reichlich gedeckt vor. Darauf waren schöne, weiße Tischtücher ausgebreitet worden und die Bänke, auf denen man sitzen sollte, waren angenehm gepolstert (?) und schön verziert. Auch waren wohl bedacht viele Decken darauf ausgelegt worden. Hier wurde allen Rittern gemäß ihrem Stand ein Platz zugewiesen. Man führte ihnen zahllose Pagen herbei, die sie bedienen sollten. Die Kämmerer wollten dann das Wasser herantragen.

4436 irn

4416 aben. Evtl. abgeschwächte Form zu abhin (»hinab« MWb I,24); wahrscheinlicher aber Ausgleich des Reims knaben : abe mit ausgefallenem n (Einleitung 4.A.3.6). 4430–32 tischlach Pl. oder Sg.? Entweder lockere Konstruktion (artikelloser Gebrauch des Subst. 25 PAUL §S132 bzw. Numerusinkongruenz 25PAUL §S42) oder Konjektur was > wâren bzw. Ergänzung manec/ein tischlach. Bei dem deutlich zu langen Vers 4432 fehlt das Prädikat. 4441 Genaue Regelungen von Ablauf der Mahlzeiten und des Benehmens der Teilnehmer ist wesentlicher Bestandteil der in der höfischen Literatur beschriebenen Kultur. »Zum Protokoll der höfischen Mahlzeit gehörte das Händewaschen vor und nach dem Essen.« (BUMKE 262).

183 W

4445

4450

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4470

4475

dô sie alle wâren getwagen, dô hiez man wîchen vor der tür. dô kam gegangen vür, diu dâ hûsvrouwe was. ein samît grüene als ein gras was ir mantel, den sie truoc. ich solt iu sagen von ir gnuoc. ir tohter ouch vor ir gie, wol getân, als ich iu sage hie. [] ir antlitz was getân var wîzer †dan ich gedinges gar† senftmüeticlîchen sie dar an bran. ir ougen lûhten alsam. ir munt rœter dan ein bluot. sie machte senften muot manigem ritter, der sie sach, spilenden herzen ungemach. ir kursît was gesniten wol. sît ich dâ von sagen sol, solt ir merken mîne wort: ein burc, heizet Gramrimort, diu liget zuo der wüesten Indiâ. einer slahte boum wahset dâ, dar ûf die bortsîden, daz ist wâr, die werden anders niht gevar niur als gespunnen golt. swer der sîden dâ holt zuo einem roc, der ist immer mêre dâ von rîch und hêre. der sîden ein pfelle geweben was dem künig geben. dâ von hiez er snîden kleit sîner tohter gemeit. sie schein liehter danne golt, ez was ein wirdiger solt. hermelîn was der underzoc. des selben pfellers ein roc 4451 ire augen vnd ir anlicz

4457 maniger

Als allen die Hände gewaschen worden waren, befahl man, von der Tür zu weichen. Dann kam die Hausherrin herein. Aus einem grasgrünen Brokat war ihr Mantel, den sie trug. Ich würde euch gerne ausführlich von ihr erzählen. Ihre Tochter ging ebenfalls vor ihr; 〈sie war〉 wunderschön, wie ich euch jetzt berichte. Ihr Gesicht war weißer […] es leuchtete freundlich. Genauso glitzerten ihre Augen. Ihr Mund war röter als Blut. Sie machte viele Ritter, die sie sahen, freundlich und sie versetzte vergnügte Herzen in Unruhe. Ihr Kursit war gut geschnitten. Weil ich davon reden soll, merkt euch meine Worte: Eine Burg namens Gramrimort liegt bei der Wüste India. Dort wächst ein Baum von einer Sorte, von dem die Bortenseide wirklich nicht anders beschaffen ist als gesponnenes Gold. Wer die Seide für einen Rock nimmt, der ist dadurch für immer reich und mächtig. Ein aus dieser Seide gewebter Stoff wurde dem König übergeben. Aus dem ließ er Kleider für seine prächtige Tochter schneiden. Sie leuchtete 〈darin〉 heller als Gold, es war ein wertvolles Geschenk. Aus Hermelinfell war das Unterfutter. Einen Rock aus demselben Seidenstoff 4458 spilende

4464 ain schlachter

4451–54 Wahrscheinlich wegen Lesefehlers doppelte Beschreibung der Augen, zudem ist die Verbindung an den ougen brinnen unwahrscheinlich; daher Tilgung in 4451. gedingen (s.a. zu 269) ist in diesem Zusammenhang unverständlich (wörtl. »als ich es hoffe«). 4465 bortsîden. »seide, woraus borten verfertigt werden« (LEXER I,329). Belegt lediglich Titurel 133,2, Eckenlied E2 31,9, Lanzelet 4875, Arabel A262,7 bzw. R267,7.

184 W 4480

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4505

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diu juncvrouwe truoc an. ein hemede, was als ein swan, dâ was sie gebrîset în. ein goltborte britânîn, dâ was sie gegürtet mite, der was nâch heidenischem site. alumbe wol geslagen, ich wil iu von dem rinken sagen, der geworht was kleine und gezieret mit gesteine. zuo vorderst lac ein amatist, des tugent alsô ist: er gibt witze guot und vertrîbet trûrigen muot. dâ gegen lac ein rubîn, der wil bî dem guot sîn: er gibt guote sinne und vertrîbet valsche minne. dâ bî lac ein grânât, der manic guote tugent hât. bî dem lac ein jaspis, safîr und ouch sardis, die wâren in den rinken getân, als ich iu gesaget hân. dar nâch was der spange kein, ez lac dar in ein edel gestein, daz gesmîde was von golde gar. ein gürtel truoc diu maget klâr, ein vürspan truoc sie oben, dâ von was zuo loben, daz was golt von Arâbîn. zwei juncvrouhöubtelîn 4484 sy

4486 den ringē

4495 gůten

trug die junge Fürstin. In ein Hemd, das wie ein Schwan aussah, war sie eingeschnürt. Mit einem britannischen Goldband war sie umgürtet, der war nach heidnischer Art gestaltet. Ich will euch von der Gürtelschnalle erzählen, die war rundherum schön vom Schmied bearbeitet, zierlich gearbeitet und mit Edelsteinen besetzt. Ganz vorne lag ein Amethyst, dessen Vorzug es ist, geschärften Verstand zu geben und traurige Stimmung zu vertreiben. Gegenüber lag ein Rubin, der dabei nützlich sein wird, gewitzte Sinne zu geben und falsche Liebe zu vertreiben. Daneben lag ein Granat, der viele gute Eigenschaften hat. Neben dem lag ein Jaspis, Saphir und auch Sardis, die waren in die Gürtelschnalle gefügt, wie ich euch erzählt habe. Auch sonst gab es keine Spange, die nicht mit Edelsteinen besetzt war, die Schmiedearbeiten waren ganz aus Gold. Einen Gürtel trug die strahlende Jungfrau, eine Fibel steckte oben 〈am Gewand〉, die war wirklich lobenswert, sie bestand nämlich aus arabischem Gold. Zwei Damenköpfchen 4501 ringen

4480 Vgl. 428 und 1531 w î z als ein swan. 4484 der. Ohne Konjunktur müsste sich sie auf Dulciflur beziehen, da borte erst ab dem 17. Jhd. häufiger als Fem. verwendet wird (Frühnhd.Wb. IV,806). Dann aber würde der Satz 4485 sinnlos fortgesetzt. Zu heidnischem site vgl. Tristan 2535–41 von einem pfelle, der was rich / und an gewürhte wunderlich: / er was von Sarrazinen / mit cleinen bortelinen / in vremedeclichem prise / nach heidenischer wise / wol underworht und underbriten. 4486f. rinken. Die Numerusinkongruenz 4486f. (den ringen […] d e r gewürkt was) und 4501 (in den ringen) lässt sich leicht auflösen, wenn man nicht vom stM rinc, sondern vom swM rinke (BRÜGGEN 240f.: »Gürtelschnalle« vgl. zu 1534) ausgeht. 4510 juncvrouhöubtelîn. Im Hochmittelalter dienten Fibeln zunehmend als Gewandschmuck und verloren ihre Heftfunktion. Sie waren zum Teil aufwendig ornamentiert, figürliche Darstellungen an ihren Enden waren nicht selten (LexMA IV,427–9; zu vürspan s.a. zu 2577).

185 W

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wâren beidenthalben dar an erhaben, zwischen den was ergraben mit loube ein rebelîn. ein schappel truoc daz megetîn, daz was geworht mit spæcheit, dâ was mit golde în geleit manic spæhe werc klein. diu juncvrouwe dar under schein, als der edel rubîn tuot bî andern steinen guot. als diu maget wol getân vür den tisch gegangen kam und ir muoter dar nâch, dô gienc der wirt, dâ er sach den künic von Lendrîe mit sîner massenîe. bî der hant er in vienc; er leit in, dâ in empfienc diu minniclîche künigîn. dô sprach Atroglas zuo der tohter sîn: »dû solt dich, tohter, küssen lân! diser ritter wol getân, er ist ein künic tugentlîch, beide edel und ouch rîch.« nun wurden an den stunden zwên rôte munde an einander gedrücket und gæhelingen wider gezücket. über den tisch sie dâ sâzen, trunken und ouch âzen. sie wurden wol berâten mit gesotem und gebrâten, wiltbræt und ouch vische was allez gnuoc ûf dem tische. daz wart in gesetzet vür. ez entorste nieman gên der tür nâch der spîs gedenken, noch nâch den wînschenken.

erhoben sich auf beiden Seiten darauf, zwischen denen war eine Rebe mit Blättern eingraviert. Die Jungfrau trug einen Kranz, der mit Kunstfertigkeit gearbeitet worden war, darin lagen aus Gold viele, zierliche bildliche Darstellungen. Die junge Fürstin leuchtete darunter hervor, wie der vornehme Rubin es bei anderen Edelsteinen tut. Als die wundervolle Jungfrau vor den Tisch geschritten war und ihre Mutter hinter ihr her, ging der Gastgeber zum König von Lendrie und seiner Gesellschaft. Er griff nach seiner Hand; er führte ihn dorthin, wo ihn die schöne Königin empfing. Da sagte Atroglas zu seiner Tochter: »Tochter, lass dich küssen! Dieser wundervolle Ritter ist ein tüchtiger König, er ist so adlig wie mächtig.« Nun wurden sofort zwei rote Münder aufeinander gedrückt und rasch wieder auseinander gezogen. Sie setzten sich an den Tisch, tranken und aßen. Sie wurden hervorragend bedient mit Gesottenem und Gebratenem, Wildbret wie auch Fisch standen im Überfluss auf dem Tisch. Das wurde ihnen vorgesetzt. Es brauchte niemand in Richtung der Tür nach dem Essen auch nur zu denken, ebenso wenig nach den Weinschenken.

4538 gächling

4519 Der Rubin leuchtet heller als andere Edelsteine, s.a. 4967. 4530ff. Zur Vermählung siehe Exkurs E. 4538 gæhelingen. Adv. zu gâch (LEXER I,725, DWb IV/1/1,1147f., Frühnhd.Wb. VI,19f.). Zur Wortbildung KLUGE 400 und 521 (-ing, -lings), WEINHOLD §276.

186 W 4550

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vor dem tische manic vart dâ wart der wîn niht gespart, môraz unde lûtertranc, der kamerære habe danc, der hiez in dâ hervür tragen. dô die hende wâren getwagen, man brâhte grôze schenke lieht. in was zuo büezen nieht. sie wurden alle gelîche vrô. diu tischlach huoben sie dô. die knaben von den herren heten keinen werren. nun die herren gezzen hânt, dô vorderten sie betgewant, ieglîches ritters kneht. die kamerære wârn gereht und teilten die bettewât. als ein ieglîch kneht gebet hât, die ritter giengen slâfen sâ. nun kâmen über die schenken dâ und schankten in an diu bette. als sie getrunken heten, die herren giengen an ir slâfes zil. vuoter unde spîse vil ieglîcher zuo herberg truoc, sie heten alle genuoc. ir slâf was âne sorgen. dô nun erschein der liehte morgen. dô der wirt ûf kam und die messe war nam und ez gên mittem tage gienc, der künic aber zuo tische gienc. dô wart diu wirdic schar 4562 farterten

4565 bet gewandt

Dort vor dem Tisch wurde nicht einen Moment an Maulbeer- und Rotwein gespart. Den Kämmerer muss man loben, der befahl, ihnen aufzutragen. Als die Hände gewaschen waren, brachte man große, glänzende Schankgefäße. Es konnte für sie nicht besser werden. Ausnahmslos alle waren hochgestimmt. Schließlich wurden die Tischtücher entfernt. Die Diener hatten von den Herren kein Ärgernis erfahren. Als die Herrschaften gegessen hatten, forderten die Pagen jedes Ritters Bettzeug. Die Kämmerer waren bereit und teilten es aus. Als alle Pagen das Bett bereitet hatten, gingen die Ritter sofort schlafen. Nun kamen die Schenken hinüber und schenkten ihnen am Bett aus. Als sie getrunken hatten, legten sich die Fürsten schlafen. Viel Essen trug jeder in sein Nachtlager, jeder hatte reichlich gehabt. Ihr Schlaf war frei von Sorgen. Schließlich brach der helle Morgen an. Als der Gastgeber aufgestanden war und die Messe besucht hatte und es langsam auf den Mittag zuging, begab sich der König wieder zu Tisch. Nun wurde die Hofgesellschaft 4566 handt

4580 gienc (BÜSCHING)] geing

4549 manic vart. Idiomatische Wendung: »oft« (2DWb IX,61). 4555 schenke zu schanc. Hier: »Schankgefäß« (DWb VIII,2160, LEXER II,655). Zum Trank nach dem Essen vgl. SCHULTZ I,432–4. LEXER II,704 setzt ein andernorts nicht belegtes stN schenklieht »licht beim einschenken, reichen des schlaftrunkes« an. 4569 Der beschriebene Schlaftrunk ist nicht ungewöhnlich; z.B. wird dem bereits entkleideten Parzival an sein Bett von vier juncvrouwen môraz, wîn unt lûtertranc sowie obz gebracht (Pz. 244,11–17, für weitere Textstellen SCHULTZ I,436). 4572 vuoter unde spîse. Wohl Paarformel, vgl. z.B. Meleranz 9228f. sie heten mit in genomen / wîn fuoter unde spîse; Herbort von Fritzlar 11105–07 Daz agomemnon wart gesant / Vz in ein ander lant / Vmbe futer vnd vmbe spise.

187 W

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nâch wirdikeit gesetzet gar. man kund iu rehte niht gesagen, sô willic in vür wart getragen beide wilt und zam, und trunken alle sam und in allen nihts gebrast. er wære vriunt oder gast, in wart gedienet wol, als man künigen dienen sol. dô vür den tisch gegangen kam manic stolz spilman, sie hofierten wol zuo 〈guoter〉 wîse und sungen wol nâch prîse zwei juncvröuwelîn. nû liez der künic dar în zwei hundert vrouwen; dâ mohte man wol schouwen manigen munt rôsenvar und ouch manic reidez hâr, manic kint wol gekleit. sunst mit zühten gemeit bat er die ritter ûf stân, zuo den juncvrouwen gân; zuo einander sie sâzen und langer wîl sie dô vergâzen. dô daz geschach, dô sprach der wirt: »sît ir alle hie birt, den mîn red ist kunt, sô wil ich an diser stunt mînes dinges enden ein teil. dar zuo muoz uns volgen heil. râtet, ist ez mit iurer wirdikeit? ich wil hie abe lâzen mînen eit, den ich dar von hân gesworn. ich wil dem künig wol geborn, von Lendrîe Wîgamûr, die jungen maget Dulciflûr vesten nâch landes site. hie sul wir uns zeigen mite, 4608 birt (SARRAZIN)] begiert

ihrem Rang nach platziert. Man könnte euch gar nicht richtig erzählen, wie spendabel ihnen aufgetragen wurde Fleisch von wilden und zahmen Tieren, und sie tranken allesamt, ihnen fehlte nichts. Ob nun Einheimischer oder Fremder, es wurde ihnen gut aufgetischt, wie man Könige bedienen soll. Nun traten vor den Tisch viele meisterhafte Spielleute, sie musizierten schön und zwei junge Fürstinnen sangen entzückend. Anschließend ließ der König zweihundert Fürstinnen herein; es gab dort viel zu sehen, rosenfarbene Münder, Lockenköpfe und viele, prächtig gekleidete Mädchen. Fröhlich und doch anständig bat er die Ritter aufzustehen und zu den jungen Damen zu gehen; sie setzten sich zusammen und vergaßen alle Langeweile. Im Anschluss sagte der Gastgeber: »Weil allen Anwesenden mein Versprechen bekannt ist, will ich nun meine Angelegenheiten ganz beenden. Das wird uns Erfolg bringen. Sagt, geschieht es mit eurer Zustimmung? Ich will hier meinen Eid erfüllen, den ich geschworen habe. Ich will dem hochgeborenen König, Wigamur von Lendrie, das Mädchen Dulciflur nach dem hier üblichen Brauch zur Frau geben. Hiermit sollen wir uns zeigen,

4609 der

4608 begirn ist »in der älteren Sprache auf das Nd. und Md. beschränkt« (Frauenlob-Wörterbuch 21. Vgl. auch Frühnhd.Wb. III,601). Zudem wäre der Sinn (»begehren, heftig verlangen«) unklar: »Weil ihr alle hier [nach der] verlangt, der meine Rede/mein Versprechen bekannt ist«.

188 W

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daz wir volbringen her nâch: des guoten sul uns wesen gâch, zuo vüdern unsere êre. sich sol dâ von mêren unser beider wirdikeit. ich bin hie bereit, wan ich wil leisten, daz ich swuor.« dô sprach der künic Wîgamûr: »ich bin alsô komen her, daz ich iuwer beger ervülle, als ir wîset mich. swaz ir welt, daz tuon ich.« Wîgamûr tet nâch gewonheit. er gap der juncvrouwen gemeit ein gemahelvingerlîn. »ir sült ouch, herre, nemen daz mîn«, sprach diu maget süeze. »got mir günnen müeze, daz ir gesunt lanc sît, wan al mîn vreude an iu lît.« dô kuste er daz megetlîn. »nû sult ir selbes wirt sîn«, sprach der künic von Rêrat, »swâ mîn gewalt hin gât.« dô huop sich bûhurdieren unde tanzen †da ward frund mit freüdē ganczē† dô tanzete der künic und diu künigîn. Wîgamûr bî der gemahel sîn gienc tanzen in der vrouwen schar. der künic hiez bereiten dar lûtertranc und wîn. âne zadel vollen schrîn 4623 nach eren

was wir fortan vollbringen: Wir wollen nach dem Guten streben, um unser Ansehen zu mehren. Es wird davon unser beider Ruhm größer werden. Ich bin jetzt dazu bereit, denn ich will leisten, was ich geschworen habe.« Da sagte König Wigamur: »Ich bin hierher gekommen, um euren Wunsch zu erfüllen, wie ihr es von mir verlangt. Ich tue, was ihr wollt.« Wigamur handelte dem Brauch gemäß. Er gab der prächtigen jungen Dame einen Ehefingerring. »Ihr sollt auch, Herr, meinen nehmen«, sagte die angenehme Jungfrau. »Gott muss mir gönnen, dass es euch lange Zeit gut geht, denn ihr seid meine ganze Freude.« Nun küsste er die Jungfrau. »Ihr sollt jetzt selbst Herrscher sein«, sagte der König von Rerat, »soweit sich meine Macht erstreckt.« Nun begannen Buhurt und Tanz … nun tanzte der König und die Königin. Wigamur begab sich an der Seite seiner Gattin zum Tanz in die Frauenschar. Der König befahl Rot- und Maulbeerwein zu bereiten. Im Überfluss und ohne Mangel

4652 schein

4623 Die Form vüdern zu vürdern mit Ausfall des r durch Dissimilation ist beleget (LEXER III,595 und DWb IX,750), problematisch hingegen ist die Ergänzung nâch êren, hier Änderung nach dem Vorbild von z.B. Flore 5275f. ze vürdern iemer mêre / hinnen vürder iuwer êre. Zu überlegen ist auch die Änderung zuo vorderst nâch êren (»insbesondere in Hinblick auf unser Ansehen«). 4633ff. Zur Vermählung siehe Exkurs E. 4646 Konstruktion ist unklar: Bezieht sich ganzen prädikativ (in der Form ganz) auf vriunt oder attributiv auf vreuden? In beiden Fällen bliebe der Sinn dennoch dunkel und zudem wäre jeweils die endungslose Form des Adj. zu erwarten (25PAUL §§S102–4). Wahrscheinlicher scheint mir eine Konstruktion ähnlich 2664f., Lanzelet 5719f. (sô was dâ bûhurt und tanz / von maniger frouwen widerglanz) oder Gauriel 5623f. (sich huop bûhurt unde tanz, / getriuwelichen vröude ganz). 4649 vrouwen schar. In diesem Kontext unwahrscheinlich, evtl. Änderung vrouwen > vreuden? 2

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sie heten vreude âne haz. Wîgamûr bî sînem gemahel saz ûf einem teppich sîdîn, wan dâ kam geloufen în ein garzûn junc, wol gekleit. diu massenîe niht vermeit, sie empfienc in besunder; sie nam alle wunder, waz er saget niuwer mære. »mit solcher gebære iu sol allen sîn geseit«, sprach der garzûn gemeit, »wem sîn muot nâch prîse ist gestalt: vor der stat zuo Nunsigralt wirt übermorgen ein turnei, dâ manic ritter enzwei sîn sper bricht durch bejac. in hât der künic von Drîmac gên den genomen von Gâviez. mîn vrouwe mich dô kunden hiez, diu künigîn Dinîfrogar. sie wil selbes komen dar und wil dâ rîten schône mit irer landes krône. wer den hœhsten prîs bejaget dâ, dem wil mîn vrouwe geben sâ ir krône, iren lîp und ir lant. daz sî iu allen bekant. morgen wirt diu vesperîe.« mit schœner kurtôsîe 4660 wunder (SARRAZIN)] besunder

4671 im

hatten sie Freude ohne Missgunst. Wigamur saß bei seiner Ehefrau auf einem seidenen Teppich, als ein junger und hübsch gekleideter Knappe hinein gelaufen kam. Die Hofgesellschaft unterließ es nicht, ihn aufmerksam zu empfangen; alle waren neugierig, was er zu berichten hatte. »Mit diesem Auftritt soll euch allen gesagt werden«, sagte der stattliche Junge, »wem der Sinn nach Ruhm steht: Vor der Stadt Nunsigralt wird übermorgen ein Turnier ausgetragen, bei dem viele Ritter ihre Lanze zerbrechen, um den Preis zu erlangen. Mit dem Turnier fordert der König von Drimac den von Gaviez heraus. Meine Herrin befahl mir, davon zu berichten, die Königin Dinifrogar. Sie will selber dorthin kommen und will dort fein mit der Krone ihres Landes reiten. Dem Gewinner will meine Herrin sofort ihre Krone, ihr Leben und ihr Land geben. Das sei euch allen bekannt gemacht. Morgen findet die Vesperie statt.« Mit ansehnlichem höfischen Benehmen 4677 der

4681 vespere

4654ff. MERTENS, Artusroman 248 weist darauf hin, dass die abschließende Bewährungsaventiure in ihrem ersten Teil (Turnier bei Dinifrogar) ihr Vorbild habe im 2. Buch des Pz., »dem Turnier vor Kanvoleis, das Herzeloyde ausschreiben läßt, ganz wie Dinifrogar, um einen Ehemann und Landesherrn zu finden.« (Siehe aber auch zu 5054ff.!) Der zweite Teil dagegen greife mit der Entführung der Geliebten 5318ff. auf eines der wichtigsten Motive des Minne- und Abenteuerromans zurück. 4670f. Die Wendung turnei nemen im Sinne einer Kampfhandlung oder Rivalität normalerweise mit wider (CZERWINSKI 151), z.B. Erec 2231f. einen turnei nam er sâ / wider dise vier gesellen und Crône 5744–48, Wigalois 1446f. Nach W würde der König von Drimac das Turnier gegen sich selbst ausrichten (wörtl. »Der König von Drimac hat es von Gaviez gegen sich genommen.«). Inhaltlich ist auffällig, dass unten 4884f. gesagt wird, die Königin selbst richte das Turnier aus. 4681 vesperîe. In seinem formalen Ablauf nicht festgelegtes Vorturnier, das – entgegen seinem Namen – nicht unbedingt am Abend stattfinden musste. Es konnte in richtigen Kämpfen ausarten, sodass das eigentliche Turnier nicht mehr stattfand (BUMKE 351f.).

190 W 4685

4690

4695

4700

4705

4710

4715

neigte sich gên menniglîchen der garscharlach, rôt und brûn, [zûn. was sîn mantel gehalbieret, mit zendâl gefurrieret. der bote alsô dannen lief. ieglîcher ritter dô rief: »wâ nû ros? und harnasch her! vür den schilt, nim daz sper! ouch platen unde wâpenroc!« ritterlîch was ir gezoc. künic Atroglas selbes dâ reit. Wîgamûr was ouch bereit und sîn stolze ritterschaft. sunst vuor mit einer geselleschaft Wîgamûr und Atroglas. diu dâ hûsvrouwe was, zuo dem künig sie dô sprach: »ich muoz belîben durch gemach. ich mac niht wol rîten nuo, ich sende aber morgen vruo Dulciflûr, mîn tohter, dar … daz Wîgamûr, ir amîs, wol kan erwerben hôhen prîs.« dô sprach der künic: »daz sol sîn. ich weiz wol, daz diu künigîn hât ûz erwelte schœne, diu 〈daz〉 lant und die krône wil geben und iren magetuom, wem dâ wirt der beste ruom. daz mac uns kein schade sîn, wan er hât ir gemahelvingerlîn und sie ouch daz sîn hât genomen. 4684 scharlach (BÜSCHING)] schalach 4701 nuo (BÜSCHING)] rů

verneigte sich der Knappe vor jedem. Aus rotem und braunem Scharlach war sein Mantel gemustert, mit Zindel unterfüttert. Der Bote ging so davon. Ein jeder Ritter rief sofort: »Wo ist das Pferd? Und die Rüstung her! Den Schild hervor, nimm die Lanze! Auch die Platte und den Wappenrock!« Stattlich war ihre Schar. Unter ihnen ritt König Atroglas höchstpersönlich. Wigamur war ebenfalls bereit wie auch sein herrliches Ritterheer. Auf diese Weise fuhren Wigamur und Atroglas in einer Reisegesellschaft. Seine Ehefrau, die Königin, sagte zum König: »Ich muss hier bleiben, um mich auszuruhen. Ich bin jetzt nicht in der Lage zu reiten, schicke aber morgen früh meine Tochter Dulciflur dorthin … damit Wigamur, ihr Verlobter, tüchtig große Lobpreis erringen kann.« Da sagte der König: »So soll es sein. Ich weiß genau, dass die Königin eine außergewöhnliche Schönheit ist, die das Land und die Krone und ihre Jungfernschaft demjenigen geben will, dem dort der größte Ruhm zukommt. Das kann uns keine Schande bereiten, denn er hat ihren Ehefingerring und sie hat auch seinen genommen.

4686 gefurrieret (SARRAZIN)] gefüttert

4685 gehalbieret. Entspricht geteilet, siehe zu 2566. 4686 gefurrieret. Zu afranz. fourrer, »ein Kleidungsstück unterfüttern« (BRÜGGEN 261f., VORDERSTEMANN 360f.); für den W-Schreiber offenbar verständlich, aber aus der Mode gekommen. 4691 platen. Teil der Rüstung: Jacke mit eingenieteten Eisenplatten (KÜHNEL 199). 4696f. Numerusinkongruenz (25PAUL §S42, BEHAGHEL III,15). 4709f. schœne : krône. Unreiner Reim: Schreibfehler oder Umlautausfall? LINDEN 54 geht von Adv. schône aus; allerdings ist zu bedenken, dass die Wahl des Turniersiegers durch die Königin noch aussteht. Wahrscheinlicher ist Dialektreim wie er z.B. im Garel häufig vorkommt (z.B. 7360f. Ir lant und ir chron. / Dez pflag deu maget sch=n). Vgl. auch M5545 und MAUSSER 145f.

191 W

4720

4725

4730

4735

4740

ez moht uns anders zuo schaden ko[men, wan er hât vil 〈an〉 mangen hôhen prîs [kost oft erworben mit sîner manheit grôz.« alsô riten die künig beide mit gezoge über die heide. sie riten über den grüenen walt gên der stat zuo Nunsigralt, dâ der turnei solte sîn. als sie kâmen dâ hin, ez was geslagen ûf daz velt manic hütte und gezelt von vrouwen maniger handen. dô Atroglas dar sande ein boten vil balden, daz er vrâget von den helden, wan sie wâren oder wer. dô ervulte der bot der herren ger. vil schier er wider kam. er sagt diu mær, als er vernam. Der bote zuo dem künig sprach: »ich sag iu rehte, als ich sach. dort liget der künic von Zangruil, mit im ritter harte vil. die sint mit harnasch wol bewart, sie vüerent alle den leopart, wan der herzog von Bergalt under sîn banier sie zalt. ein gezelt stêt dort verre hin, 4717 dā

Es könnte uns schaden, wenn er nicht teilnimmt, denn er hat mit häufigem Ruhm oft großen Wert als kühner Mann erworben.« So ritten die beiden Könige mit ihrer Gesellschaft über die Wiese. Sie ritten durch den grünen Wald zur Stadt Nunsigralt, wo das Turnier abgehalten werden sollte. Als sie dort angekommen waren, wurden auf dem Feld viele große und kleine Zelte aufgeschlagen, die von vielen Frauen geschenkt worden waren. Atroglas schickte einen flinken Boten dorthin, damit dieser von den Helden erfrage, woher sie stammen und wer sie seien. Da erfüllte der Bote den Wunsch der Herren. Er kam rasch wieder zurück und sagte die Botschaft, wie er sie vernommen hatte. Der Bote sagte zu dem König: »Ich sage euch geradewegs, wie ich es sah. Dort hat der König von Zangruil sein Lager aufgemit ihm wirklich viele Ritter. [schlagen, Die sind mit Harnischen gut gerüstet, sie führen alle den Leoparden 〈im Wappen〉, denn der Herzog von Bergalt zählt sie zu seinem Banner. Ein Zelt steht dort abseits,

4742 vnder seinem panir sind gezalt

4717f. Die deutlich zu langen Verse, die falsche Konjunktion, der unreine Reim und die widersinnige Doppelung prîs kost deuten auf argen Schreibereingriff hin. Hier Änderung nach Vorbild von JT 1426,4 da wider hat din ellen an hohem pris erworben riche choste. Möglich, aber mit größerem Aufwand verbunden, wäre z.B. wan er hât mit rîcher kost / dicke genomen mangen tjost oder wan er hât vil mangen prîs / erworben in der manheit wîs (vgl. Pz. 208,21f.). 4726 hütte. Bezeichnet die »kleineren dachförmigen Zelte der Dienerschaft und der einfachen Krieger« (BUMKE 170). 4727 Wohl nicht die vrouwen, die die Zelte aufschlagen, sondern verstanden als Herkunftsangabe, vgl. oben 2426f. (Eudis schenkt Artus ein Zelt). Wahrscheinlicher aber ist SARRAZINs Konjektur von varwen maneger hande. 4729f. Unreiner Reim. »Verdorben aus ûzerwelt?!« (MAUSSER 33). 4741f. BÜSCHING schlägt vor wan sie dem herzogen von Bergalt / under sînem banier sint gezalt.

192 W 4745

4749 4751

4755

4760

4765

dâ ist der künic Lehelîn mit sînem gesinde dar under. sô ligent dort besunder die zwên brüeder von Canadic, die habent erworben dick vil manigen werden sic. ein hôhez gezelt schînt dort her, dar vor hanget ein sper; sîn baniere schœn und grüene. dar under ligent ritter küene von künec Rîêl und von Prâmmot, der ist vil âne spot. in dem gezelt, daz dâ bî stêt, liget der künic Gamuret, der küene von Wâleis, der tuot an der reis, daz von im ze sagen ist, er hât zuo ritterschafte list und grôze manheit dâ bî. von Fûsis Trôgrî †der wil den leōn hin fürēn

darunter befindet sich König Lehelin mit seinen Leuten. Dann lagern dort daneben die zwei Brüder von Canadic, die oftmals zahlreiche bemerkenswerte Siege erzielt haben. Ein hohes Zelt kann man dort sehen, vor dem eine Lanze hängt; das Banner daran ist schön und grün. Darunter lagern kampfeslustige Ritter von König Riel und von Prammot, von denen sind dort ungelogen viele. In dem Zelt direkt daneben befindet sich König Gamuret, der kampfeslustige von Waleis, der verhält sich auf einem Feldzug so, dass man über ihn sagen muss, er weiß, wie man als Ritter kämpft, und er ist wirklich ein Mann. Trogri von Fusis …

4744 das; künic (BÜSCHING)] künigin 4744 4745 4747 4749 4751 4752

4755 4756

S

[…h… … under …der … chanadik …anig) sik …nt dort hr …per … grMn … chMn …iel …itr snel

4744–92 S. Die erkennbaren Reste der abgeschnittenen Blatthälfte bleiben unnormalisiert. 4747–50 BÜSCHING geht von einem fehlenden Vers 4750 aus, ich folge dagegen BUSCHINGER, die 4749f. zusammenzieht und damit den Dreireim mit unschöner Apokope dick (vgl. dazu MAUSSER 96) liest. Die Reste von S lassen vermuten, dass der W-Schreiber einen zusätzlichen Vers einfügte. Wahrscheinlich haben die Verse ungefähr gelautet: die zwên brüeder von Canadic, / die hânt erworben manigen sic. 4755f. Die Reste von S lassen auf einen Lesefehler des Schreibers schließen: Wenn man Riel von Spanjôt (vgl. 4859) liest, muss man nicht mehr von zwei verschiedenen Rittern ausgehen. Die Reste von S weisen indes auf anders konstruierte Verse, die evtl. auch in der Vorlage von W gestanden und folgendermaßen gelautet haben könnten: von Spanjôl künec Riel / der vüert manec ritter snel. 4757–70 Textausfall in S oder Interpolation in W? 4765f. Durch Textausfall Satzkonstruktion unklar. leon ist wohl als Wappentier aufzufassen.

193 W

4770

4775

4780

4785

an sein gezelde schnüren† … henken sînen schilt und sînen wâpenroc. er hât hie ein ritterlîch gezoc, diz sint vürsten tugenthaft. wir haben grôze hêrschaft, daz sint allez ritter balt. allenthalben vür den walt hât geherbergt, als man seit, Artûs, der künic gemeit, und Ithêr, sîner basen sun, und ander manic Britûn, die von der tavelrunder, dâ ist kein zage under, solchez gesinde ist dâ gar. Ziugunt und Liplagar hât dâ manigen ritter snel, der herzoge von Dudel ist in sîner ritterschaft. 4769 wappanrock

4774 anthalben

4771

… … hängen seinen Schild und seinen Wappenrock. Er hat hier ein stattliches Gefolge aus tüchtigen Fürsten. Wir haben wirklich eine vornehme Versammlung, die aus kühnen Rittern besteht. Am Waldrand hat sein Lager aufgeschlagen, wie man sagt, Artus, der prächtige König, und Ither, der Sohn seiner Vaterschwester, und viele weitere Briten, nämlich die von der Tafelrunde, unter denen es keinen Feigling gibt, solche Gesellschaft befindet sich dort. Ziugund und Liplagar unterstehen viele tapfere Ritter, der Herzog von Dudel zählt zu seiner Ritterschaft. 4775 seit (BÜSCHING)] stryt S

4775

4780

4785

4780 zage (SARRAZIN)] zal …g)t haft …schaft … … walt …$ sait …mait …n svn …ritvn …der …nder … gar …ar … snel …del …e

4757–70 fehlen ohne Lücke S

4774f. Zur Konstruktion von herbergen WIESSNER 473–6: Anders als im Nhd. »concurriert mit der intralocalen gebrauchsweise des verbums in trans[itiver] wie in intrans[itiver] verwendung […] die translocale« (ebd. 473). 4782f. hât. Numerusinkongruenz (25PAUL §S42), obwohl nach Eigennamen selten (BEHAGHEL III,18). Man kann nicht Schreibfehler und > von annehmen, da Liplagar auch an anderen Stellen genannt wird, daher evtl. Konjektur hat dâ > haben. 4785f. Unreiner Reim in W und die Reste von S lassen vermuten, dass der Schreiber wie öfter massenîe ersetzen wollte. Mögliche Nachdichtung der ist in sîner massenîe. / der künic von Kartaclîsîe / …

194 W

4790

4795

4800

der künic von Kathaclîsîô tugenhaft vüeret einen schilt von lâsûr blâ, dar an ein houbt und eines grîfen klâ, der reit âne vorhte hie … die ich erkante unde sach und ir zunge mir verjach.« dô sprach der künic mit dem arn: »ir sult mit dem ziuge varn neben die stat ûf daz velt und sult spannen diu gezelt alumb zuo einem ring dar an. die snüere süln zuosamen gân. ir sult daz gezelt mîn slahen mitten dar in, daz ist hôch und wît und ist guot, wirt ein strît.« die knappen dô niht lenger biten.

Der tüchtige König von Kathaclisio trägt einen Schild aus blauem Lapislazuli mit einem Kopf und einer Greifenklaue, der ritt hier ohne Furcht … die ich erkannte und sah und wie sie mir selbst sagten.« Da sagte der König mit dem Adler: »Geht mit der Schar neben die Stadt auf das Feld und spannt dort die Zelte ringsherum zu einem Kreis auf. Die Schnüre sollen zusammen gehen. Schlagt mein Zelt mitten darin auf, das ist hoch und groß und ist gut, wenn es Kampf geben sollte.« Die Knappen warteten nicht länger.

4790 Leerzeile W S

4790

4795

4800

…riaclysie …azawr bla …fen chla …en hie …t die … sach …h] dô sprach der r[…]n: »ir sult mi[…]ren neben die stat û〈f〉 daz velt und sult spannen diu gezelt alumb zeinem ringe dar an. die snüer, die suln zesamme gân. ir sult daz gezelt mîn enmitten slahen dar in, daz ist hôch und wît, ez ist guot, wirt ein strît.« die knappen dô niht lenger biten,

4786 tugenhaft. Zum Ausfall von t siehe zu 2717. 4788 houbt wahrscheinlich Bezug zu grîfe als Schildmotiv; Wortstellung ist allerdings ungewöhnlich, DOCEN 346 ändert daher (ohne Kenntnis von S) die Reihenfolge dar an eins grîfen houbt und klâ. Angesichts der Reste von S ist die Emendation allerdings spekulativ. Der Greif ist ein Fabelwesen, das oft als Mischwesen aus Adler und Löwe dargestellt wird. Er findet häufig Verwendung in der Heraldik (LexMA IV,1693f., LECOUTEUX II,213–8). 4789 reit. Zu erwarten wäre Präs. rîtet, hier wegen des anschließenden Textausfalls keine Änderung.

195 W 4805

4810

4815

mit den söumærn sie dô riten gên der stat Nunsigralt … †dar auf die zelt warn geschnitē† grôz warten dâ was niht vermiten von allen den, die ez besâhen. nû begunden die knappen gâhen. sie rihten ûf die tentûr: von dem wald unz an die mûr driu hundert gezelt oder mêr. [] Atroglas, der künic hêr, gebôt dâ den sînen, daz sie mit pusînen und mit tambûren machten schal, 4806 Leerzeile W

Sie ritten mit den Saumtieren in Richtung der Stadt Nunsigralt … … großes Schauen wurde dort nicht vermieden von all denjenigen, die es besahen. Nun beeilten sich die Knappen. Sie richteten die Zeltstadt auf: von dem Wald bis zur Stadtmauer dreihundert Zelte oder noch mehr. Atroglas, der erhabene König, befahl dort seinen Leuten, mit Trompeten und Trommeln Musik zu machen,

4811 ritten; tentûr] ze mitteUr S

4805

4810

4815

4814 Atroglas (WOLF 149)] die atroclos

mit dem söumær sie riten gên der stat ze Nunsigralt †die zimir waren manichvalt die gezelt dar auf waren gesniten† grôz kapfen wart dâ niht vermiten von allen, die sie sâhen. nû begunden die knappen gâhen. sie rihten ûf die tentûr: von dem wald unz an die mûr driu hundert gezelt oder mêr. Atroglas, der künic hêr, gebôt den sînen, daz sie mit pusînen und mit tambûren machten schal,

4811 chappe gāhē S

4806f. Der Textausfall mit Leerzeile in W deutet darauf hin, dass bereits der Schreiber den Satz als problematisch empfand. Dem Wortlaut von S nach sind die Zelte auf den Helmschmuck geschnitten. Belege für zimier im Sinne von Zeltschmuck oder für snîden im terminologischen Sinne von »ein Zelt aufstellen« lassen sich nicht finden. Ist Text ausgefallen oder war die Vorlage von SW 4806 bereits fehlerhaft bzw. ungebräuchlich im Sprachgebrauch? 4811 tentûr (die anderen Ausgaben lesen tenrNr S). Zu lat. tentorium, afranz. tentoire (»Zelt«, TOBLER/LOMMATZSCH X,238): Im Mhd. andernorts nicht belegt. Ich gehe davon aus, dass es sich um einen Ausdruck für eine Ansammlung von Zelten handelt. JENISCH 88 schlägt das ebenfalls nicht belegte Wort tentsnuor vor (vgl. auch SUOLAHTI 257). BÜSCHING denkt an zelt tiur. 4814 die. Der W-Schreiber konstruierte wohl einen (sinnlosen) Relativsatz bzw. relativen Anschluss. 4816f. pusînen. Aus afranz. bu(i)sine, lat. bucina: Langgestrecktes Musikinstrument aus dünnem Metall, vergleichbar einer Trompete. Zugposaunen kamen hingegen erst um 1500 auf (VORDERSTEMANN 69–71, LexMA VI,959f.). tambûren. Aus afranz. tambour: Sammelbezeichnung für verschiedene Trommelformen, wahrscheinlich von kleiner Gestalt und geringem Durchmesser. Sie wurden mit Schlegeln oder mit der bloßen Hand angeschlagen (VORDERSTEMANN 307f.).

196 W 4820

4825

4830

4835

dâ von der walt lût erhal. dô reit der künic Wîgamûr mit sînem ziuge hin vür. Atroglas reit dar nâch. dô was in zuo herberg gâch. die stolzen ritter abe stigen sân, an in wart grôz schouwen getân. Dô diu sunne gên dem âbend dô was der ritter kein, [schein, im wær sîn harnasch bereit. Wîgamûr, der künic gemeit, sîn ros im bereiten bat. künic Atroglas von Rêrat was bereit und die sînen gar. er hiez zuo vorderst an der schar blâsen zwô pusînen grôz, von tambûren in ein schal dôz nâhen und ouch verren. dô sprach des adlars herre: »wir süln draben ûf den plân.« diu vesperî began. 4829 beraittet

4832 hüb

von der der Wald erfüllt war. König Wigamur ritt dann mit seinen Leuten dorthin. Atroglas ritt hinterher. Sie hatten es nun alle eilig, in ihr Quartier zu kommen. Die herrlichen Ritter stiegen sofort ab, sie wurden von überall her angesehen. Als die Sonne sich zum Abend neigte, waren die Rüstungen aller Ritter bereitet. Wigamur, der prächtige König, bat darum, sein Pferd herzurichten. König Atroglas von Rerat und auch seine Leute wurden gut ausgerüstet. Er befahl an der Spitze des Zuges zwei große Trompeten zu blasen, von Trommeln schallte es ihnen entgegen nah und fern. Da sagte der Herr des Adlers: »Lasst uns auf den Turnierplatz traben.« Die Vesperie begann.

4836 herren S

4820

4824 48241 48242 4825

4830

4835

dâ von der walt lût erhal. sâ reit der künic Wîgamûr mit sîner massenîe vür. […] […]t ze herberg gâch. […] ritter erbeizten sân, si[…]rôz kapfen an getân von den burgæren, die an den zinnen wa[…]n. Dô diu sun gên dem âb[…] schein, dô was der ritter dh[…], im wær sîn harnasch […]ereit. Wîgamûr, der künic g〈e〉meit, sîn ors er im bereiten 〈b〉at. Atroglas von Rêrat was bereit und die sînen 〈g〉ar. er hiez ze vorderst an […] schar 〈blâsen〉 zwô pusînen grôz, von tambûren ein sch[…]ôz nâhen unde verre. dô sprach des aren herre: »wir suln stapfen an d〈en〉 plân.« diu vesperî began.

197 W 4840

4845

4850

4855

dâ sint zwei banier gehurt: sich hât erhaben der bûhurt. künic Artûs von Britâne kam geriten ûf den plâne, mit im Ithêr von Gachaviez. Liplagar dort her liez strîchen vaste ûf den rinc. Wîgamûr, der jungelinc, mit rehtem tjost in dar nider stach. »tuo sicherheit«, Wîgamûr dô sprach, »Dulciflûr, dem kinde, gar!« »daz sol nû sîn«, sprach Liplagar. sîn ros er im wider bôt zuo hilfe [] fil li roi Paltriôt. sunst huop sich diu ritterschaft. Gamuret, der künic tugenthaft, wol berüst reit dort her. er vuort von golde ein sper und kêrte an Lehelîn. 4839 her vür

Dort prallten zwei Banner aufeinander: Der Buhurt fing an. König Artus von Britannien kam auf den Kampfplatz geritten, mit ihm Ither von Gachavies. Liplagar galoppierte eilends in den Kampfring. Wigamur, der junge Mann, stach ihn mit gutem Tjost nieder. »Gib Sicherheit«, sagte Wigamur da, »der jungen Dulciflur!« »So soll es nun sein«, sagte Liplagar. Der Sohn von König Paltriot reichte ihm sein Pferd als Hilfe zurück. So entwickelte sich das Turnier. Gamuret, der tüchtige König, ritt gut gerüstet dorthin. Er hielt eine Lanze aus Gold und wandte sich Lehelin zu.

4840 bûhurt (DOCEN 347)] purhür S

4840

4845

4850

M 4855

[…] der künic 〈tu〉genthaft, wol gezimieret reit dort her. er vuor〈te〉 von golde gemâlet ein sper; an den kêrte Lehelîn.

4845 dem

4852 hylff loyr fyliroy

dort sint zwô bani[…] sich hât erhaben der […] Artûs, der Britân, kam geriten an de[…]n und mit im Ithêr von […]viez. Liplagar dort her liez strîchen vaste ûf den rinc. Wîgamûr, der jungelinc, mit rehter tjost in nider stach. »tuo sicherheit«, der künic sprach, »Dulciflûr, dem kinde klâr!« »daz sol nû sîn«, sprach Liplagar. […] [za h… sust … gam… wol … er f… ein … vnd …

4839 Zur Konjektur vgl. Reinbot von Durne 1383 diu banier wart von mir gehurt. Zu hurten allgem. BODE 40f. 4851–82 S. Die erkennbaren Reste der abgeschnittenen Blatthälfte bleiben unnormalisiert. 4854–58 Gamuret besiegt Lehelin, man denke an die gleiche Kampfkonstellation Pz. 79,25f. doch muose et dulden Lähelîn / einen smæhlîchen pîn.

198 W 4860

4865

4870

4875

des muost er gedulden valles pîn. von Spanjôt künec Rîêl reit mit sîner tropel ritterlîchen ûf den rinc. die schellen klungen klingâ klinc, swâ die ritter kêrten hin. zuo der andern sîten reit dâr în ûf einem rosse brûn von Gurgralet Lipondrigûn, des zimier was ein krône. ouch was gesniten schône sîn wâpenroc lanc und wît: ein ziklât in einen samît, der samît was rôt, der ziklât gel. er was starc und snel. sie riten beidenthalben în. sie vuoren her und hin. die tavelrunder tâten dô michel punt, 4862 clingē

M 4860

4865

4870

4875

Von dem Fall musste er Schmerzen davontragen. König Riel von Spanjot ritt mit seinem Heer ritterlich in den Kampfring. Die Schellen klirrten klingeling, wohin sich die Ritter auch begaben. Zur einen Seite ritt dort auf einem dunklen Pferd Lipondrigun von Gurgralet hinein, dessen Zimier eine Krone war. Ebenfalls hervorragend geschnitten war sein langer und weiter Wappenrock: ein Ziklat in einem Brokat, der Brokat war rot, der Ziklat gelb. Er war stark und mutig. Sie ritten auf beiden Seiten hinein und ritten mehrere Durchgänge. Die Ritter der Tafelrunde stachen oft,

4867 zy^er

des muoser lîden valles pîn. von Spanjôt künic Rî〈ê〉l reit mit sîner tropel ritterlîche ûffe den rinc. die schellen s[…], swâ die ritter […] hin. z[…]rt hin ûffe […] hôhen orse 〈brûn〉 〈von Gur〉gralet Lipondrigûn, des zimier was ein krône. ouch was gesniten schône sîn wâpenroc lanc und wît: ein ziklât in ein samît, der samît rôt, der ziklât gel. er was starc und snel. sie riten beidenthalben în. sie vuoren her und hin. die von der tavelrunden

S

des … von … rait … ritt… di sch… sw… zv de… auf … vn … des … auch … sein … ein s… rot d… er w… si rit… si fur… di vo…

4870f. Wohl ein Kleidungsstück aus zwei verschiedenfarbigen Stoffen (mi-parti), s.a. zu 2566. 4874 vuoren hin und her. Zur Terminologie siehe zu 3233. 4875f. punt W. Zu afranz. pointe: »Stechen, Lanzenrennen« (LEXER II,309). Wort nur unzureichend belegt, SUOLAHTI 188f. verweist auf Gute Frau 2802–04 an sînem lîbe man wol sach / daz in vil manege punte / mit speren und stichen wunte und Herbort von Fritzlar 4460f. Ioste pointe poneiz / Vil manicfalt da was; Länge des Verses lässt aber auf Verderbnis schließen. Reim in M vielleicht von der tavelrunder : wunder (vgl. z.B. Pz. 708,26) oder – in Anlehung an W – tavelrunder : punder (= poinder)?

199 W

4880

4885

4890

des was ouch maniger ungesunt. sô wurden sie schadehaft. Gamuret vuor mit kraft ûf einem rosse swarz. der junge von Grâarz was wol gezimieret. alsô wart geturnieret. nû merket alle gelîche 〈von der küniginne rîche,〉 diu den turnei het dar geleit, wie hovelîchen diu reit an dem ringe schouwen mit vünfzic juncvrouwen, die wâren alle ûz erwelt. diu âventiure uns daz zelt, sie wâren alle vürsten kint. dâ wart manic ouge blint, daz doch wol gesach. manic ritter des jach, 4881 gezÿmeret

M

4880

4885

4890

4884 Leerzeile W

tâten dâ michel wunden. ouch wurden sie dâ schadehaft. Gamuret vuor mit kraft ûf eime râvît, daz was swarz. der junge ritter von Grâarz was wol gezimieret. dô wart geturnieret. Nû vermerket al gelîche von der küniginne rîche, diu den turnei hete dar geleit, wie hövischlîche sie reit an deme ringe schouwen mit vünfzic juncvrouwen, die wâren alle erwelt. dise âventiure uns zelt, sie wâren alle vürsten kint. dâ wart manic ouge blint, daz doch liehte ê gesach. manic ritter des verjach, 4876 wundr M

4883 uerme M

wovon viele verwundet wurden. So wurden sie lädiert. Gamuret ritt gewaltig auf einem schwarzen Pferd. Der junge Mann von Graarz hatte ein schönes Zimier. Auf diese Weise fand das Turnier statt. Jetzt hört alle aufmerksam von der mächtigen Königin, die das Turnier ausrichtete, wie höfisch sie ritt, um am Kampfring zuzusehen. 〈Sie ritt〉 mit fünfzig jungen adligen Damen, die alle erlesen waren. Die Quelle teilt uns mit, dass sie alle Fürstenkinder waren. Da wurden viele Augen blind, obwohl sie doch gut sahen. Viele Ritter sagten, 4890 uns (BÜSCHING)] vnd S

tate… auch … gam… auf … dr jun… was …] […] ◄merket ► ► ◄hovelîch diu ► ► ◄ûz erwelt. diu aventiure uns daz zelt, ► ► daz doch vil wol gesach. ◄jach,

4885 hetē M

4879 râvît M (afranz. arabit, ›Pferd aus Arabien‹). »Streitross« (VORDERSTEMANN 255f., SEGELCKE 154f.). 4884f. Seltsamerweise wird bereits 4670f. gesagt, dass ein gewisser Drimac das Turnier ausrichte. 4892 Zur oft benutzten Redensart des sehenden, aber blinden Auges TPMA I,289–291 und II,35f. Das Bild findet sich bereits in Psalm 115,5 und Matthäus 13,13. In die höfische Literatur offenbar von Hartmann Iwein 1277, 7058 eingeführt.

200 4895 W

4900

4905

4910

des gotes vlîz læg an in. Dinîfrogar, diu künigîn, ûf einem wîzen mûle reit. über den satel was gebreit ein brûn sametîn decke … die hie vor die Kriechen worhten, dô sie dâ nieman vorhten; ein kleine hemede sîdîn, dâ was sie gebrîset în. diu maget was ze mâzen lanc, enmitten klein, sinwel und swanc. in rehter wîs ervollen, ir hüfflîn zart gedrollen, ir mündlîn rôt als der rubîn, gar schœne was daz megetîn. ir zen wîz als daz helfenbein, 4895 lag

4895 M

4900

49031 4904

Gottes Sorgfalt zeige sich an ihnen. Dinifrogar, die Königin, ritt auf einem weißen Maultier. Über den Sattel war eine dunkle Brokatdecke gebreitet … die fertigten früher einmal die Griechen an, als sie niemanden fürchteten; in ein feines Seidenhemd war sie geschnürt. Die Jungfrau war zierlich, ihr Körper schlank, rund und biegsam. Genau richtig üppig war ihre liebliche Hüfte geschwungen, ihr Mündchen so rot wie ein Rubin, die Jungfrau war vollkommen schön. Ihre Zähne weiß wie Elfenbein,

4900 Leerzeile W

daz gotes wunsch gelæge an in. Dinîfrogar, diu künigîn, ûf einem blanken mûle reit. über den satel was gebreit ein brûn 〈pfell〉[…], […] Salnecke hie vor 〈die Kr〉iech[…], […] allen vorhten; 〈ein〉 hemede klein, sîdîn, wîz, dar an lac spæcheit unde vlîz, dâ was sie gebrîset în. 4900 datz ze Sabriche ohne Lücke an

S

des gotes vlîz læg an in. ► ► ► ein brûn pfelle dicke, 〈den〉 datze [] Salnicke hie vor die Kriechen worhten, dô sie nieman vorhten; ein klein hemde sîdîn │ ►

49031 fehlt ohne Lücke S

4905–50 fehlen M und S, 4951 schließt

4895 des WS. got mit Artikel ist ungewöhnlich (BEHAGHEL I,59; DWb IV/1/5,1025), hier möglicherweise Attraktion in der Vorlage von WS. Wahrscheinlich Änderung des > der. 4899f. M. Rekonstruktionsversuch: ein brûn pfellîn decke / die dâ ze Salnecke. 4900 Salnecke M. Thessaloniki war ein bedeutender Handelsplatz, an dem allerdings Stoffe nicht selbst hergestellt, sondern importiert wurden (LexMA VIII,683). In der höfischen Literatur galt die Stadt in Nordgriechenland wohl als Herkunft wertvoller Stoffe, vgl. Lanzelet 8478–83: drîzic soumære, / geladen mit rîchen krâmen, / daz nie von Kriechen kâmen / noch von Salenicke / pfeller alsô dicke / und di besten, di diu welt hât. 4905–44 Entspricht mit kleinen Ausnahmen wörtl. Suchenwirt XXV,167–222, vgl. Exkurs H. 4907 ervollen. LEXER I,692 bessert zu erwollen und führt das Wort auf ein schlecht belegtes Verb erwellen, »aufwogen, aufrollen« zurück. Wenn man nicht von einem Schreibfehler ausgeht, erscheint aber die Ansetzung eines Part. von ervollen in der Bedeutung »dick, gerundet; vollendet« sinnvoller. In den Suchenwirt-Hss. steht an dieser Stelle zum einen Part. gewollen, »gerundet« (d, m4, g2), zum anderen Adv. envollen, »völlig« (A, m3).

201 W

4915

4920

4925

4930

4935

4940

diu wîze durch die rœte schein, ir wenglîn zart gemenget: diu wîze durch die rœte dringet, doch het diu rœt den bezzern teil. ir näslîn gar ân alle meil, sleht, klein und niht gebogen. ouch het diu maget wol gezogen zwei ougen brûn nâch valken art. dar in daz wîz sich niht spart. nâch wunsche gar unerblichen ir brûnen brâwen gestrichen mit einem pensel wol gevar. als gespunst was ir hâr. ouch vuort diu edel maget reine ein hârbant von edelm gesteine, geworht mit ganzem vlîz. dar zwischen grôze berlîn wîz in rehter wîse gelenket und ûf ir hâr gesenket. diu minniclîche dirn het zwei brüstlîn als zwô birn gesmucket an ir herze zart. sie was geboren von hôher art, ir hemlîn wîz, ir vinger lanc, ir näcklîn und ir hälslîn blanc, ir kel und ouch ir kinne geformieret nâch der minne, in rehter mâze âne laster. linde, wîzer dan ein alabaster, ir vüezlîn klein, bogristen hol, ein zîslîn het sich verborgen wol under irn vuozristen, geschuoht nâch meisters listen, 4919 valken (BÜSCHING)] vackē

4923 ainen

die Weiße schimmerte durch die Röte, ihre Wänglein waren zart gemischt: Die Weiße dringt durch die Röte, doch die Röte war kräftiger. Ihr Näslein war makellos, schlicht, zierlich und gerade. Zudem hatte die vornehme Jungfrau zwei braune Augen wie ein Falke. Das Weiße kommt darin nicht zu kurz. Glänzend schön, wie man es sich wünscht, 〈waren〉 ihre dunklen Brauen mit einem Pinsel wundervoll nachgezogen. Ihr Haar sah aus, als ob es gesponnen wäre. Auch trug die adlige, makellose Jungfrau ein Haarband aus Edelsteinen, mit Sorgfalt gearbeitet. Dazwischen große, weiße Perlen in der richtigen Weise gerichtet und auf ihr Haar gelegt. Die schöne Frau hatte zwei Brüstchen wie Birnen angeschmiegt an ihrem feinen Herzen. Sie war von hoher Abstammung, ihr Hemdchen weiß, ihre Finger lang, ihr Näcklein und ihr Hälslein weiß, ihre Kehle und auch ihr Kinn waren so geformt, dass man sie lieben musste, im richtigen Verhältnis ohne Fehler. Zart und weißer als ein Alabaster waren ihre kleinen Füße, der Bogerist hohl, ein Zeisig hätte sich unter ihrem Fußrist verbergen können, beschuht nach ganzer Kunstfertigkeit eines Meisters, 4940 weyß

4913f. Der Reim ist wohl dialektal zu erklären und findet sich auch in der Suchenwirt-Hs. g2, die anderen Hss. reimen gedrengt : mengt. 4923 Fehlendes Verb, bei Suchenwirt 207: wol gevar > wâren dâr. 4940 dan im Vergleich zweier gleicher Größen (Bedeutung »wie«) ist sehr selten (ähnlich Märterbuch 27351f. der [leUte] wïrt so vil auf der erde / dann chorns werde, vgl. Frühnhd. Gramm. §S310, MWb I,1193 sowie 2DWb VI,245 und 671). Wahrscheinlicher ist mangelhafte Konstruktion des WSchreibers, da sich diese Verse nicht bei Suchenwirt finden. 4941/43 bogristen / vuozristen. Hier: Wölbung des Fußes (DWb VIII,1043f.). 4944 geschuoht. »Schuhe werden im Rahmen der epischen Kleiderschilderungen nur selten erwähnt. (BRÜGGEN 245f.).

202 4945 W

4950

4955

4960

sie was ganz âne alle meil. vrouwe Schœn het wol den irn teil vürderlîch ûf sie gestreut. waz ieder man sagt oder giut von schœnen vrouwen, des gan ich in noch mêr ich iu sagen sol: [wol. ir roc von samît was. noch grüener dan ein gras vuorte sie ob dem hemde ein spæhe gürtel vremde von golde und von gesteine, den vuort diu maget reine. sie vuorte ouch ein vürspan tiure, daz was in dem viure geliutert mit vlîze. umb ir arme wîze vuorte dô daz megetîn zwuo spangen guldîn. dâ lac innen manic stein. ûf irm houbete schein 4947 gesteüt

49521 M 4953 4955

4960

sie war ganz und gar makellos. Frau Schönheit hatte sie wirklich mit ihrem Teil zum Guten überschüttet. Was jeder sagt oder prahlt über schöne Frauen, das gönne ich ihnen sehr. Ich sage euch noch mehr: Ihr Rock war aus Brokat. Grüner als Gras trug sie über dem Hemd einen kunstvollen, fremdartigen Gürtel mit Gold und Edelsteinen, den trug die makellose Jungfrau. Sie trug auch eine teure Kleiderspange, die war im Feuer mit Sorgfalt geläutert worden. Um ihre weißen Arme trug die Jungfrau zwei goldene Reife. Die waren mit vielen Edelsteinen besetzt. Auf ihrem Kopf glänzte

4958 der

ein roc driblât pfellîn vuorte sie ob ir hemede. ein spæher gürtel vremede von golde mi〈t〉 gesteine, den vuorte diu maget reine. sie vuor〈t〉e ein [] vürspan tiure, daz was in viure geliut〈e〉rt mit vlîze. umbe ir 〈arme wîze〉 vuorte daz megetîn zwêne bou[…] […]e ma〈nic ste〉in. ûf ir hoube〈te schein〉

S

► vüert sie ob dem hemde. ◄spæhe ► ◄daz vüeret ◄vüert ◄in dem ► ► […] zwên bouge guldîn, dâ lac in manic stein ►

4957 ein sc [=schœne, vgl. KRAUS] vurspan M; vuorte] furet S

4947f. gestreut : giut. Unreiner Reim ergibt sich aus mhd. Normalisierung des frühnhd. Textes (W gesteüt : geüt). 4951–56 W. Auffällige Konstruktion. Es ist nicht eindeutig, ob sich 4952f. auf roc oder auf gürtel beziehen. Offenbar hatte der Schreiber nach dem Suchenwirt-Zitat Mühe, den Wigamur fortzuführen. 4962 spangen W. BRÜGGEN 250 vermutet einen singulären Beleg für »Armreif« statt der gängigen Bedeutung »Fibel« – die Varianten in MS lassen aber auf eine Schreiberänderung schließen. DWb X/1, 1877f. gibt als weitere Bedeutung »ringartiger schmuck der arme« an, die mhd. Belege stammen aber ausschließlich aus dem Wigamur, s.a. 2583. bouge MS (zum stM bouc) bezeichnet einen »hals- oder armring als schmuck für männer und frauen« (LEXER I,333).

203 4965 W

4970

4975

4980

4985

4965 M

4970

4975

4980

4985

von rôtem gold ein krône, dar innen gleiz vil schône ûz andern steinen ein rubîn. alsô reit daz schœne megetîn. beidenthalp bî dem rinc aller slahte dinc vergâzen die helde guot; in stuont allen der muot, wie sie den prîs bejagten, daz sie wol behagten und gevielen der künigîn gemeit, diu dâ alsô stolzlîchen reit. Von der guoten ritterschaft wart zerbrochen manec sperschaft und manic kleinôt vertân nâch êren ûf prîses wân. manic ros wart geriten, der gar wære vermiten, wan diu künigîn Dinîfrogar. zuo lest viel der prîs gar (daz sie alle jâhen, 〈von rôt〉em gol〈de ein kr〉ône, dar inne schein vil schône ûz andern steinen ein rubîn. sus reit daz schœne megetîn. beidenthalben des ringes aller slahte dinges vergaz dâ manic helt guot; in stuont aller der muot, wie sie den prîs bejageten, dâ von sie behabeten die küniginne gemeit, diu alsus höveschlîche reit. Von dirre guoten ritterschaft wart zebrochen manic schaft und manic kleinôt vertân nâch êren ûf prîses wân. manic jost wart geriten, diu gar wære vermiten, wan diu künigîn Dinîfrogar. ze jungest viel der prîs gar (alse sie alle jâhen,

eine Krone aus rotem Gold, darin leuchtete prächtig aus anderen Edelsteinen ein Rubin hervor. So ritt die schöne Jungfrau. Auf beiden Seiten des Kampfringes vergaßen die ausgezeichneten Helden einfach alles; jeder hatte nur noch die Frage im Kopf, wie er an den Preis gelangen könnte, um der prächtigen Königin zu behagen und zu gefallen, die dort so herrlich ritt. Von der vorzüglichen Ritterschaft wurden viele Lanzen zerbrochen und vielerlei Zimiere zerstört, um für die Anerkennung den Ruhm zu gewinnen. Viele Pferde wurden geritten, die wirklich geschont worden wären, hätte es die Königin Dinifrogar nicht gegeben. Am Schluss ging der Preis (und das sagten alle,

S► dar ûz gleiz vil schône ► ◄daz magedîn. ► ► vergâzen die helde guot; ► ► ◄behagten ◄der küniginne ◄stolzlîchen ◄guoter ritterschaft ► ► ► ► der gar wære […]mitten, wan der küni[…]n Dinîfrogar. ◄vi[…] der prîs ◄j[…]n,

4981 ros W. Auch wenn der Wortlaut in MS wahrscheinlicher ist (»viele Tjoste, die geritten wurden, hätten unterbleiben können«), vgl. z.B. Gauriel 1733–35 iedoch behuoten sie sich / daz sie diu ros dâ vermiten, / wie wol ir scharpfiu swert sniten.

204 W

4990

4995

5000

5005

die den turnei sâhen) ûf drî ritter lobelîch: daz eine was der künic rîch von Wâleis Gamuret, Lipondrigûn von Gurgralet was der ander genant, der dritte was wol bekant, daz was der künic Wîgamûr, der mit dem adlar vuor. ditz wârn die künig alle drî. nû gebôt diu künigîn dâ bî, daz sie liezen den schal. dô wart ein stille über al. sie heten zwên ringe wît. dô sprach diu künigîn: »ez ist zît, daz dise ritterschaft habe ein ende. iuwer arme und iuwer hende mügen wol müede sîn. ez ist hiute worden schîn, daz ich hôrte sagen ie, daz bezzer ritter wurden nie, dan ich hiute sihe.

die das Turnier gesehen hatten) an drei lobenswerte Ritter: Der erste war der mächtige König Gamuret von Waleis, Lipondrigun von Gurgralet wurde der zweite genannt, den dritten kannte man gut, das war König Wigamur, der vom Adler begleitet wurde. Das waren die drei Könige. Nun befahl die Königin, den Lärm zu unterlassen. Dann wurde es ganz still. Es gab zwei große Kampfringe. Die Königin sagte: »Es ist Zeit, dass dieses Turnier beendet wird. Eure Arme und eure Hände werden wahrscheinlich müde sein. Es ist heute klar geworden, was ich immer schon gehört habe, nämlich dass es niemals bessere Ritter gab, als jene, die ich heute sehe.

4997 wird in W nach 4998 wiederholt. Daneben stehen die Buchstaben b und a, als ob keine Wiederholung, sondern nur eine Verdrehung der Verse vorläge M

4990

4995

5000

5005

die den turnei sâhen) ûf drîe ritter lobelîch: daz eine was der künic rîch von Wâleise Gamuret, Lipondrigûn von Gu〈rgra〉let was der ander genant, der dritte was bekant, daz was der künic Wîgamûr, mit dem der adelar vuor. daz wâren künige alle drî. dô gebôt diu künigîn hie bî, daz sie liezen den schal. sân wart ein stille über al. sie […] wît. 〈dô〉 sprach diu künigî[…] […] habe ende. iuwer arme und iuwere hende mugen wol müede sîn. ez ist hiute worden schîn, daz ich hôrte sagen ie, daz bezzer ritter wurde nie, dan ich hiute sihe.

S

◄t[…]i ûf drî[…] lobelîch: ◄ein[…] der von W[…] Gamuret, ◄L[…]ûn ◄w[…]nder […] ► ◄dâ vuor. ► ◄nû gebôt ► ◄dô wart sie heten zwên ringe wît. diu küniginne, diu sprach: »sîn ist zît, daz disiu ritterschaft hât ein ende. ► ► ► ► ► ◄hiut hie

205 W

hinz iu allen ich daz vergihe: ich sihe hiute under iu niht zagen. ir mügt wol siges krône tragen, ich muoz iu allen prîs jehen und hân doch daz wol gesehen, daz hiut gnuoc sint hie gevangen. daz ist aber alsô ergangen, daz ir lop dâ von 〈niht〉 wirt kranc. sie habent wol verdient den danc von allen schœnen vrouwen. ich sihe hie verhouwen manic schilt und helm dar zuo, die ganz wâren hiute vruo.« dô sprach diu maget klâr: »ich hân gelobet, daz ist wâr, swem der hœhst prîs wirt gezalt, er sie junc oder alt, der sol künic unde herre sîn mînes landes unde mîn, ob ich im gevalle.

M

hin zuo iu allen ich des gihe: ich ne sihe under iu k〈e〉inen zagen. ir muget wol siges krônen tragen, ich muoz iu allen prîses jehen und hân daz wol erseh〈e〉n, daz gnuoge hie sîn gevangen. daz ist aber alsô e〈r〉gangen, daz ir lop dâ von niht wirdet kranc. sie habent wol verdienet danc von allen schœnen vrouwen. ich sihe hie verhouwen manigen schilt und helm dar zuo, die ganz wâren hiute vruo.« Dô sprach aber diu maget klâr: »ich hân gelobt, daz i[…], sw[…] hiute hie w〈irt g〉ezalt, […], der sal künic unde herre sîn mînes landes unde mîn, ob ich ime gevalle.

5010

5015

5020

5025

5010

5015

5020

5025

Euch allen sage ich das: Ich sehe heute unter euch keine Feigheit. Ihr könnt gut die Siegeskrone tragen, ich muss euch jeden Preis zusprechen und habe doch genau gesehen, dass heute hier genug gefangen genommen wurden. So, wie es wieder gelaufen ist, wird ihr Lob dadurch trotzdem nicht geringer. Sie haben wirklich den Ruhm von allen schönen Damen erarbeitet. Ich sehe hier zerhauen viele Schilde und dazu Helme, die heute Morgen noch ganz waren.« Die strahlende Jungfrau fügte hinzu: »Ich habe versprochen, das ist wahr, wer am meisten gelobt wird, er sei jung oder alt, der soll König und Gebieter über mein Land und über mich werden, wenn ich ihm gefalle.

S

hinz iu allen ich es gihe: ◄ich sihe ◄krône ► und 〈hân〉 doch wol gesehen, daz h[…]t genuoc sint hie gevang[…] ◄ist a[…] alsô daz aber iu[…] dâ von niht wirt kran[…] ◄w[…]dient den danc ◄sch[…]n ◄hie […]wen ◄sch[…] helm […] ◄sprach diu ich gelobte, daz ist wâr, swem der hœhst prîs wirt gezalt, er sî junc oder alt, ► ► ob ich gevalle.

5008 iehe M

5013 sîn M. Entweder md. Form oder Konj.Präs. in von einem verbum sentendi abhängigen Objektsatz (25PAUL §199.2).

206 W

nû sprechet, ritter alle, wem diu êre sî widervarn. ein ritter heizet ›mit dem arn‹, der ist hie grôzes lobes wert. im hât sîn sper unde swert erworben grôze êre. dannoch ist ir mêre Lipondrigûn von Gurgralet und der künic Gamuret, der ist mîner basen suon. nû sult ir alle sô wol tuon und sült uns bescheiden und erinnern von beiden, welchem ir des wellet gunnen, daz er hab gewunnen

M

nû sprecht, ritter alle, wem diu êre sî wid〈er〉varn. einer heizet ›mit dem arn‹, der ist hie g〈r〉ôzes lobes wert. ime hât sîn sper und sîn sw〈er〉t bejaget hie grôze êre. dannoch ist ir mêr〈e〉 Lipondrigûn von Gurgralet und der künic Gamuret, der ist mîner basen suon. nû sult ir als〈ô〉 wol tuon und sult uns bescheiden under jenen b〈ei〉den, wederm ir des wellet gunnen, daz er hab〈e〉 gewunnen

5030

5035

5040

5030

5035

5040

5031 der] dem S

Nun sagt, all ihr Ritter, wem das Ansehen zukommt. Ein Ritter wird ›mit dem Adler‹ genannt, den muss man hier wirklich loben. Ihm haben seine Lanze und sein Schwert großes Ansehen erworben. Außerdem sind da noch Lipondrigun von Gurgralet und der König Gamuret, der ist der Sohn meiner Mutterschwester. Seid nun bitte so gut, uns zu nennen und zu sagen über die beiden, welchem ihr zusprechen wollt, dass er

S

► ► ◄ein ritter heizet ◄w[…] ◄hâ[…]sper erworben grôze êre. d[…]nnoch […]g[…] mêre ► ► ► ◄ir […]sô ◄und s[…] uns under […] beiden swelch […] des […] gunnen, daz […]h[…] gewunnen

5032 im] daz S

5037 mîner basen suon. Bereits 5040 wird nur noch von zwei Kandidaten gesprochen, Gamuret scheidet unter Verweis auf seine Verwandtschaft als Ehepartner für Dinifrogar offenbar aus: »In den meisten Eheprozessen des 12. Jahrhunderts hat die Frage der Verwandtschaft der Ehepartner eine entscheidende Rolle gespielt. […] [I]n Gratians ›Decretum‹ [wurde] festgelegt, daß Verwandtschaft bis zum siebenten Grad ein zwingendes Ehehindernis darstellte. Diese Position, die eine große Zahl feudaler Ehen mit der Feststellung ihrer Ungültigkeit bedrohte, war aber auf die Dauer nicht zu halten. Auf dem Vierten Laterankonzil im Jahr 1215 wurde die kirchenrechtliche Entscheidung dahin revidiert, daß nur noch Verwandtschaft bis zum vierten Grad als kanonisches Ehehindernis gelten sollte.« (BUMKE 545, dazu auch RASSOW). 5038–40 Wörtl. in W: »Nun sollt ihr alle so richtig tun / und uns nennen / und uns in Kenntnis setzen von den beiden«. 5040 erinnern. Präfixbildung zu swV innen, möglicherweise erst spätmittelalterlich, geringe Belegdichte erschwert allerdings sprachhistorische Angaben (2DWb VIII,1839f., LEXER I,638 und Nachträge 156f., Findebuch 96). In W wohl durch falsch erkannte Wortgrenzen (under ienen > und erinnen) entstanden.

207 W 5045

5050

5055

vor dem andern den prîs, wan ich bin leider niht sô wîs, daz ich müg erdenken. ich wil ir keinen krenken, sie tragent beide hôhen muot. nû vernemet, ir edeln ritter guot, wie ich hie zuo komen sî und merket ouch dâ bî, daz ich durch keine unkiuscheit zuo disem turnei reit, wan daz mich dar zuo twinget nôt: ein heiden heizet Gramgrinôt, des lant stôzet an daz mîn. nû wil er sô gewaltic sîn, daz er mîn lant wil twingen und mich dar zuo bringen, daz ich sîn kebswîp muoz sîn. 5055 das

M 5045

5050

5055

den Preis vor dem anderen verdient habe, denn ich bin leider nicht erfahren genug, dass ich es erfassen könnte. Ich möchte keinen von ihnen erniedrigen, sie sind beide hochgestimmt. Nun vernehmt, ihr vorzüglichen Adelsritter, wie ich dazu gekommen bin und beachtet vor allem, dass ich nicht aus Unkeuschheit auf dieses Turnier geritten bin, vielmehr zwang mich eine Notlage dazu: Es gibt da einen Heiden namens Gramgrinot, unsere Länder grenzen aneinander. Er möchte die Macht haben, mein Land zu bezwingen und mich dazu zu bringen, seine Konkubine zu werden.

5056 er (BÜSCHING)] ich

vor dem andern den prîs, wan ich bin leider niht sô wîs, daz ich kunne er〈den〉ken daz ir wederen krenken. sie tragen〈t〉 beide hôhen muot. nû vernemet, edelen ritt〈e〉r guot, wie 〈ich h〉ie zuo komen sî. nû merket hie bî, 〈daz〉 ich durch keine unkiuscheit zuo disem turnei ni〈e〉 gereit, 〈u〉n〈d〉 daz mich dar zuo twinget nôt: e〈in〉 h〈eid〉en heizet Gramgrinôt, des lant merket an daz mîn. nû wil er sô gewaltic sîn, daz er mîn lant wil twingen und wil mich dar zuo bringen, daz ich sîn kebes müeze sîn. 5051 keine] […]nē M

5054 haide S

S

◄den andern ► […] ich müg erdenken. 〈i〉ch wil nieman krenken, ► ◄vernem[…]edel ► und merk[…] dâ bî, […]kiuscheit ◄zuo dem ◄wan daz ► ► ► ◄ertwingen ◄und mich ◄muoz

5055 mîn] nin S

5045 Zu ergänzen ist ez. 5046 M. Zur Konstruktion: krenken ist ein mit Artikel und Obj. verbundener Inf. (LINDEN 25). Wörtl. »das Schädigen eines von beiden ersinnen«. 5054ff. Es ist seltsam, dass dieser Handlungsstrang in der weiteren Erzählung nicht verfolgt wird – soweit sie uns erhalten ist. Es findet sich kein Mann für die Königin, ihrer Bedrohung wird nicht weiter gedacht. Bemerkenswert ist zudem, dass die Situation des verheirateten Wigamurs, der auf ein Turnier fährt, dessen Preis die Hand einer Königin ist, zwar deutlich an die Gahmuret-Handlung im Pz. erinnert, aber an keiner Stelle auf diese Bezug genommen wird. Handelt es sich um eine inhaltliche Korrektur an Wolfram?

208 5060 W

5065

5070

5075

ê wolt ich den lîp mîn einem slehten knaben geben oder verliesen mîn leben, ê er gewinne den ruom, daz er mînen magetuom mir nâch laster ab erstrite. grôze nôt ich ê lite, daz ich den lîp nâch êren verlüre. nû wil ich haben die küre; daz ir mirz niht zelt vür unsinnikeit durch iuwer aller stolzheit.« Die herren alle gemein sprâchen daz über ein: »sît iuwer dinc alsô stêt in aht, vrou, sô râte wir iu reht, daz dise ritter tugentlîch mit einer tjost versuochen sich. 5063 ruom (BÜSCHING)] raūm

5060 M

5065

5070

5075

5067 er streÿte

ê woldich den lîp mîn eime garzûne geben oder verliesen mîn leben, ê er gewünne den ruom, daz er mînen magetuom mir nâch lastere a〈n〉 erstrite. michel gerner ich daz lite, daz ich den l〈î〉p nâch êren verlüre. nû wil ich haben dise küre; daz zelt zuo [] keiner unkiuscheit durch iuwer aller hövischeit.« Die herren algemeine sprâchen daz […]: »[…] sô stêt, […]we, sô ist daz mî[…] […]r tuge[…] mit einer jost versuochen sich. 5066 gern S

5067 flMr S

Lieber wollte ich mich einem einfachen Diener hingeben oder sterben, bevor er sich dessen rühmen kann, mir meine Jungfräulichkeit zu meiner Schande abgerungen zu haben. Lieber würde ich eine arge Bedrängnis auf mich als meinen Ruf zu verlieren. [nehmen, Jetzt will ich die Wahl haben; haltet mich bitte nicht für verrückt, ihr habt doch eine hohe Gesinnung.« Alle Fürsten zusammen sagten einstimmig: »So, wie eure Sache steht, Herrin, raten wir euch, dass diese tüchtigen Ritter sich mit einer Tjost messen.

S

5075 dyser

5076 vrsüche

► ► ► ◄gewinne ► ◄erstrît. ◄lît, ◄mit êren ► ► ◄aller iuwer ◄alle gemeine sprâchen daz eine: »sît iuwer dinc alsô stât, vrouwe, sô ist daz unser rât, daz dise ritter tugentlîch ►

5069 zů zu keiner M

5070 durich S

5061 garzûne MS. Zu afranz. garçon (VORDERSTEMANN 94f.). Bei der Variante slehter knabe in W handelt es sich kaum um eine bekannte Wendung; sie ist aber ein Hinweis darauf, dass die höfische Terminologie bei der Niederschrift von W nicht mehr allgem. verständlich war. 5065 ab/an erstrîte. Jeweils in der Bedeutung »jmd. etwas (durch Kampf) abgewinnen« belegt (WIESSNER 402f., MWb I,14 und 232f.). 5065f. erstrît : lît S. Als apokopierte Konj.Präs.-Formen verstanden. MAUSSER 101 ändert indes nach M. 5072 über ein W: »sämmtlich, alle zusammen« (BMZ I,418a). 5073f. W. Unreiner Reim und Vergleich mit MS macht Schreibereingriff wahrscheinlich. aht hier in der Bedeutung »Art und Weise, Beschaffenheit von etwas« (Frühnhd.Wb. I,544, MWb I,128f.). 5074f. M. Kraus ergänzt den ausgefallenen Vers: vrouwe sô ist daz mîn rât / daz diser ritter tugentlîch.

209 W

wem diu sælde wolt gunnen, daz er hab gewunnen iuwer magetuom und iuwer lant, den hât got vil wol erkant und 〈zuo〉 der welt geêret.« nû wurden sân gekêret diu ros ûf einen puneiz. nû wart gemacht der kreiz, dar in sie zuosamen solten varn. dô sprach der künic mit dem arn: »wir mügen wol den strît lân. wir haben einander niht getân, wan daz ich iu dienen sol. ich gan iu der êren wol, ob iu mîn vrouwe gnâden wil. hie sint ritter harte vil, die der wirdikeit ob mir sint. ich bin, herre, niht sô ein kint. [ge. ich weiz wol, waz iuch gevrumen müredte ich anders, ich lüge.

M

wederm diu sælde welle gunnen, daz er habe gewunnen iuwern magetuom und iuwer lant, den hât 〈g〉ot wol erkant und zuo dirre werlte geêret.« nû 〈w〉urden sân gekêret diu ors ûf einen puneiz. 〈i〉n wart gerûmet der kreiz. dô sie zuosamene s〈old〉en varn, dô sprach der ritter mit dem arn: »w〈ir〉 mugen wol den strît lân. wir haben ein〈a〉nder niht getân, wan daz ich verdienen sol. i〈ch〉 gan iu der êren wol, ob iuch mîn vrouwe be〈g〉nâden wil. hie ist ritter harte vil, die 〈an〉 werdicheite ob mir sint. ich bin, he〈rre〉, niht sô kint. ich ne wizze wol, waz ich gevrumen müge, 〈re〉detich anders, ich lüge.

5080

5085

5090

5095

5080

5085

5090

5095

Wem Fortuna den Sieg über eure Jungfräulichkeit und euer Land gönnen will, den hat Gott wirklich ausgezeichnet und ihm zu Ansehen in der Welt verholfen.« Sofort wurden die Pferde zum Lanzenreiten gewendet. Ein Kampfring wurde bereitet, in dem sie zusammenstoßen sollten. Da sagte der König mit dem Adler: »Wir können den Kampf wirklich unterlassen, wir haben einander nichts getan, abgesehen davon, was ich euch leisten soll. Ich gönne euch ehrlich den Sieg, falls meine Herrin zu euch so gütig sein will. Hier sind recht viele Ritter, die über mir stehen. Ich bin, Herr, nicht so einfältig. Ich weiß genau, was euch nützlich sein kann. Redete ich anders, würde ich lügen.

S

◄wem ► ► ◄bekant ◄der welte ► ► ► ► ► ► ► wan daz ich iu dienen sol. ► ob iu mîn vrouwe gnâden wil. ► ◄der wirdicheit ◄sô gar ein kint. ich wizze wol, waz mich gevrumen muge, ◄anders iht

5093 werdicheihte M

5083 puneiz (zu afranz. poigneiz). Stoßendes Anrennen auf den Turniergegner (VORDERSTEMANN 243–5).

210 W

5100

5105

5110

5115

mîn vrouwe sol mîn dienst hân, ich sol mich des niht ziehen an. dâ von mir widervüere spot, daz sol mich erlâzen got; ich bin niht komen her, daz ich der êren iht ger. daz aber ir mir gebietet den prîs, daz bekenne ich wol in der wîs, durch iuwer zuht ir daz tuot.« dô sprach diu küniginne guot: »her, iuch prîset manger man, der ez baz erkennen kan an einem ritter iuwer tugent, wan ir habt mannes jugent.« alsô sprach daz megetîn: »êr und tugent ist an iu schîn.« dô sprach der künic Gamuret von aller der herren bet zuo der künigîn alsô: »ân zwîvel, ich bin harte vrô, daz dir von ritterlîcher tât 5111 sprach (BÜSCHING)] prach

M

5100

5105

5110

5115

Meine Herrin soll meinen Dienst haben, ich werde mir deswegen nichts zu Schulden kommen Dadurch zöge ich nur Spott auf mich, [lassen. das möge mir Gott ersparen; ich bin nicht hierher gekommen, weil ich Ansehen suche. Dass ihr mich neuerlich derart rühmt, verstehe ich so, dass ihr das wegen eures guten Benehmens tut.« Da sagte die ausgezeichnete Königin: »Herr, euch rühmen viele Menschen, die angemessener an einem Ritter eure Tüchtigkeit erkennen können, denn ihr seid ein junger Mann.« Die Jungfrau fügte hinzu: »Ansehen und Tugend zeigen sich an euch.« Nun sprach König Gamuret die Bitte aller Herren folgendermaßen zu der Königin aus: »Zweifellos bin ich froh darüber, dass dir durch die ritterliche Tat

5114 herre

mîn vrou〈we〉 sol mîn 〈die〉nst hân, ich sol mich niht zieh[…]n. dâ 〈v〉on mir widervüere spot, des sol mich er〈l〉âze〈n〉 g〈ot〉; ich bin […]iht kom〈en〉 her, d〈az〉 ich 〈der êren iht ger〉. daz a〈ber ir〉 mir gebet den prîs, daz erkenne ich wol billîch 〈in der wî〉s, du〈r〉ch iuwer zuht ir daz tuot.« dô sprach diu küniginne guot: »Herre, 〈iuch〉 prîse〈t m〉anic man, der m〈iche〉l baz 〈erke〉nnen kan an eime ritter ritters tâ〈t〉 (〈iu〉wer tug〈ent〉 des geholfen hât), dan ich tumbez 〈me〉getîn. êre 〈u〉nd tugent ist an iu schîn.« dô sprach der k〈üni〉c Gamuret von al der ritterschefte bet zuo der küni〈gîn〉 alsô: »niftel, ich bin des harte vrô, daz 〈dir von〉 […]lîcher tât

S

► ich sol mich des niht ziehen an. ► ► ich bin niht komen her, ◄iht der êren ► ◄wol in der wîs, ► ► ► der vil w[…]rkennen kan an einem ritt〈er〉 iu〈wer〉 tugent, wan ir habt mannes jugent.« alsô sprach daz magetîn: ► ► vor aller dirre herren bet ► muome, ich bin harte vrô, daz dir von ritterlîcher tât

5108 ez W. Entweder vom Schreiber versehentlich gesetzt oder formales Obj. ohne anaphorische Bedeutung (BEHAGHEL I,320–3). Eigentliches Akk.-Obj. zu erkennen ist tugent.

211 W 5120

5125

5130

5135

got hie gesendet hât einen vürsten sô tugenthaft, den alle diu ritterschaft zuo einem guoten ritter nennet und sîn geburt wol erkennet. den solt dû nemen zuo einem man.« dô sprach diu küniginne sân: »ich weiz wol, daz er ist ein künic edel, rîche unde vrümic und tregt ein krôn als wol als ich. wan ein sach, diu irret mich, daz er sluoc den vater mîn. âne man wolt ich immer sîn, ê daz ich würde sîn wîp. mînem vater nam er den lîp ân triuwen und ân êren wol. er wær mîn gar vil rîcher geschol, ob ich hete mannes lîp. leider nû bin ich ein wîp,

Gott hierher einen derart tüchtigen Fürsten geschickt hat, den die ganze Ritterschaft als vorzüglichen Ritter ansieht und seine Geburt anerkennt. Den sollst du zum Mann nehmen.« Da sagte die Königin sofort: »Ich weiß genau, dass er ein adliger, reicher und untadliger König ist und genauso wie ich eine Krone trägt. Aber eine Sache stört mich, nämlich dass er meinen Vater tötete. Lieber wollte ich für immer ohne Ehemann bleiben, bevor ich seine Frau würde. Meinem Vater nahm er das Leben, was treulos war und keine Anerkennung brachte. Er wäre mir ein mächtiger Gegner, wenn ich ein Mann wäre. Leider bin ich aber eine Frau,

5134 geschol (SARRAZIN)] gestol M 5120

5125

5130

5135

got hie gesendet hât einen […] […] […] nennen und sîne ge〈burt erke〉nnet. den solt dû haben zuo einem man.« dô 〈spra〉ch diu kü〈n〉igîn sân: »ich weiz wol, daz er ist ein künic ede〈le, rî〉che unde vrümic und treit die krône alsam ich. 〈wan〉 ein schade, der irret mich, daz er sluoc den vater 〈mî〉n. âne man wolt ich iemer sîn, ê dan ich würde sîn wîp. mîneme vater n〈a〉m er den lîp an den triuwen und er in gruozte 〈w〉ol. er wære mîn vil rehter schol, ob ich hete 〈m〉annes lîp. leider nû bin ich ein wîp,

S

got her gesendet hât ein vürsten sô tugenthaft, den alle diu ritterschaft zuo einem guoten ritter nennet ◄tugent wol erkennet ◄nemen zeime ► ► ◄rîch, edel ◄ein krône als ich. ◄sach, diu ◄d[…] sluoc ► ê […] ich w[…] sîn wîp. ► ân triuwe, ân êren wol. ◄geschol, ◄hiet ►

5120 dem S

5132f. M. Wörtl. »er tötete meinen Vater mitten im Frieden, obgleich ihn dieser freundlich aufgenommen hatte«. Zum Rechtsterminus an den triuwen (»während des Waffenstillstandes« DWb XI/1/2,287) und LINDEN 25. 5134 geschol/schol. Rechtsterminus: »Schuldner« (DRW IV,452f.) bzw. »derjenige, der mir genugthuung schuldig ist« (BMZ II/2,182).

212 W

5140

5145 5146 51463 51464

ich mac dar wider niht getuon.« dô sprach der künic Lipondrigûn: »nun hœret alle, die hie sîn! mîn vrouwe, diu künigîn, hazzet mich umb ires vaters tôt. dar zuo twanc mich grôze nôt. er tet mir grôzez leit, mit gewalt er mir in mîn lant reit, mîne liute er mir sluoc, mîner bürge nam er mir genuoc. 〈dâ nâch gie, daz ich mich rach.«〉 〈Atroglas, der künic, sprach:〉 »nû wil ich iu allen sagen, wie der künic wart erslagen. daz ist mir noch wol gewizzen. 5137 getuon (DOCEN 343)] gethän

M

5140

5145 5146 51461 51462 51463 51464 5147 5148 5149

ich nema〈c〉 dar wider niht getuon.« dô sprach der künic Lipondrigûn: »Nû hœr〈e〉t alle, die hie sîn! mîn vrouwe hie, diu künigîn, vêhet mich um〈b〉e ir vater tôt. dar zuo twanc mich grôz nôt. er tet mir alle tage leit, mit […] in mîn lant reit, mîne l〈iute〉 […] […] […] […]〈vor allen den〉 liuten, d〈az〉 ich vil reh[…] was.« dô sprach der künic Atroglas: »ich wil 〈iu herren〉 sagen [], wie Grason der künic wart er〈sl〉agen. 〈daz is〉t mir gar gewizzen.

deshalb kann ich mich in dieser Sache nicht wehren.« Nun sagte König Lipondrigun: »Hört alle her, die hier sind! Meine Herrin, die Königin, hasst mich wegen des Todes ihres Vaters. Ich wurde dazu durch große Gefahr gezwungen. Er hat mir großes Leid angetan, mit Gewalt ritt er in mein Land, er tötete meine Leute, viele meiner Burgen nahm er ein. Daher rächte ich mich.« Atroglas, der König, sagte: »Ich will euch jetzt allen erzählen, wie der König ermordet wurde. Ich erinnere mich genau daran.

5149 wissen S

◄und mac ► »N[…]h[…] hie sîn! mîn vrouwe, diu künigîn, ► ► er tet mir grôziu leit, an mîniu lant 〈er〉 reit, diu liut er mir sluoc, mîner bürge nam er mir gnuoc. │ │ dâ nâch gie, daz ich mich rach.« Atroglas, der künic, sprach: »Ich wil iu herren allen sagen, wie der künic wart erslagen. ◄wol […]wizzen.

5138 dô sprach fehlt S 51461f. fehlen ohne Lücke S wahrscheinlich abgeschnitten; hrre S

5147 sage dc• M, der Nasalstrich

5139 sîn. MAUSSER 174 versteht als md. Form, wahrscheinlicher aber die Auffassung von LINDEN 59 als Konj. im verallgemeinernden Relativsatz (25PAUL §S188.2). 51463 KRAUS ergänzt rehte erbolgen, die fehlenden Buchstaben sind in M vollständig abgeschnitten. 51463f. Der W-Schreiber scheint den Sprecherwechsel in diesen beiden Versen übersehen zu haben. Im Folgenden gleicht er ihn zunächst noch aus (5153 M Lipondrigun > W ich), aber bereits 5168 verzichtet er auf weitere Änderungen. So entsteht eine absurde Situation: Lipondrigun klagt sich zunächst in der dritten Person selbst an und, als die Menge entsetzt reagiert, verteidigt er sich. Daher hier Ergänzung und 5153f. Korrektur nach MS. 5149 gewizzen. Änderung von W nach M: »in der verbindung jem. ist wissen ›ihm ist bekannt‹ im 15. und 16. jh. öfter bezeugt, weit älter ist gewissen sein bekannt sein« (DWb XIV/2,742).

213 5150 W

5155

5160

5165

eines tages was er enbizzen, in einem wald er birsen reit und mit im manic helt gemeit. dar kam Lipondrigûn geriten; den gruozt Grason nâch guoten siten und hiez im schenken guoten wîn und bat in über naht dâ sîn. daz gelobt der künic von Gurgralet. einen bracken nâmen sie zuo stet, sie riten suochen wilde tier. einen hirzen vunden sie schier, der wart mit einem strâl verwunt. ûf sîne vart liezen sie die hunt; nâch dem hirze was in gâch und liefen im allez nâch wan die künig beide 5150 erpissen

5150 M

5155

5160

5165

5153 ich auch

Eines Tages nach der Mahlzeit ritt er in einem Wald pirschen und mit ihm viele stattliche Helden. Dorthin kam Lipondrigun geritten; Grason grüßte ihn höflich und befahl, ihm guten Wein einzuschenken, und bat ihn, über Nacht zu bleiben. Das nahm der König von Gurgralet an. Einen Bracken holten sie sich sofort, sie ritten auf die Jagd nach wilden Tieren. Einen Hirsch fanden sie bald, der mit einem Pfeil verwundet wurde. Sie setzten die Hunde auf seine Fährte an; sie jagten dem Hirsch nach und alle liefen ihm hinterher bis auf die beiden Könige,

5154 vnd grüßet sy

eines tages was 〈er e〉nbizz〈en〉, S in einem walde dâ er birsen reit und m〈it〉 ime m〈ani〉c helt gemeit. dar kam Lipondr〈igû〉n gerite〈n〉; 〈d〉en empfienc Grason mit hövischlîchen siten. er h〈iez〉 ime schenken guoten wîn, er bat in über naht dâ 〈sîn〉. dô lobet der künic von Gurgralet. einen bracken n〈âm〉en sie zuo stet, sie suochten wilde tier. S eine〈n〉 […] […] an sîne wart liezen sie d[…] […] daz îlte nâch, nâch dem hirze was gâc〈h〉. […] künige beide,

◄eines tages […] an einen walt er birsen reit ► ► d[…] gruozt Grason nâch reht[…] ◄und hiez ◄und bat ◄daz tet der künic ► und riten suochen wildiu tier

5156 nach M

5151 birsen. »Beim ›birsen‹ setzte man dem Wild nicht nach, um es zu erlegen, sondern suchte es im Auflauern oder vorsichtigen Anschleichen vor den Schuß zu bekommen.« (SEGELCKE 243). Paralleler Aufbau: Ebenso wie Grason dem Wild auflauert, legt Lipondrigun ihm selbst einen Hinterhalt. Als Vorbild könnte Siegfrieds Ermordung im NL gedient haben. 5162 wart M. Jagdterminologisch zu verstehen: Die Hunde werden an den Wildwechsel geführt (DALBY 286). 5162 die hunt. MAUSSER 106f. sieht Probleme in der Apokope verwunt : die hunde – möglicherweise ist hier Akk. Sg. den hunt einzusetzen, da 5158 von einem einzigen Bracken gesprochen wird. 5164 M. Ausfall eines Pron. (z.B. in oder im)? MAUSSER 106f. schlägt vor, daz 5163 beziehe sich auf die Begleitung des Königs oder auf die verfolgenden Hunde. 5165 Konstruktion apo koinou in W: die künig beide als von wan abhängige Einschränkung von sie 5162 und zugleich Subj. zu riten 5166.

214 W

5170

5175

5180

riten ûf einer heide: sie zwên und nieman mêr. Lipondrigûn vuorte ein sper, den künic er durch den lîp stach. der grôze mort alsô geschach, von dem stiche lac er tôt.« »ôwê, daz erbarme got«, ruoften sie alle gemeine. nû erschein sich von dem meine Lipondrigûn und sprach: »swer daz hiute gesach, daz ich triuwelôse sîe, er sî künic, vürst oder vrîe, der ist ungetriuwer dan ich, sîn tât erwîste 〈denne〉 mich. ich schaf, daz er mich sîn erlât, die wîl daz diu welt stât.« Dô sprach der helt Wîgamûr: 5180 erweysten

M

5170

5175

5180

die auf einer Wiese ritten: die beiden und niemand sonst. Lipondrigun hatte einen Jagdspeer, er stach 〈ihn〉 durch den König. So passierte der schreckliche Mord, durch den Stich wurde er getötet.« »Oje, das erbarme Gott«, riefen sie alle zugleich. Nun erklärte sich Lipondrigon wegen dieser Missetat und sagte: »Wer auch immer heute gesehen hat, dass ich treulos sei, sei es ein König, ein Fürst oder ein Freier, der ist untreuer als ich, es sei denn, seine Tat würde mich überführen. Ich sorge dafür, dass er das zurücknimmt, solange die Welt sich dreht.« Daraufhin sagte der Held Wigamur:

5181 schafft

die riten an der h〈ei〉de: sie zw〈ên〉e unde nieman mêr. Lipondri〈gûn〉 der vuorte ein sper, den künic er durch den l〈îp〉 stach. der grôze mort alsô geschach, von dem s〈tich〉e lac er tôt.« »âwê, daz erbarme got«, riefen sie algemeine. nû erscheinte sich von dem meine Lipondrigûn und sprach: »swer des hiute verjach, daz ich triuwelôse sî〈e〉, er sî künic, vürst oder vrîe, der ist ungetr〈iu〉wer dan ich []. getar er bestân mich, ich schaf〈f〉e, daz er mich des erlât, die wîle daz diu welt stât.« Dô sprach der helt Wîgamûr: 5179 ich si M

5180 W. 2DWb VIII,2292 reiht diese Stelle mit Fragezeichen unter der Bedeutung »beweisen. älter vorwiegend rechtlich« und speziell »jmd. überführen, ihm etwas nachweisen« ein. Der Hinweis auf den Rechtsterminus (DRW III,305f.) scheint einleuchtend, doch unklar bleiben die Konstruktion und vor allem die Verbform. Wahrscheinlicher scheint mir Vermischung von w und b (vgl. Einleitung Kap. 2) und Lesefehler: getar er bestân M > (ge)tat erweysten W. Auch wenn der Text in M sinnvoller erscheint, bleibt dennoch merkwürdig, dass auch dort ein überflüssiges si steht, das in Zusammenhang mit sein in W stehen könnte.

215 W 5185

5190

5195

5200

5205

5210

5215

»diu rede sol iu werden sûr, her von Gurgralet, ich wil iu weren hie zuo stet die künigîn und die minne, ob ir sie welt gewinnen mit ritterschaft an mir. noch hiute an dem tag sol ich und ir strîten umb daz magetîn. der prîs ist iuwer oder mîn, nû wil ich in einic hân. ich wil ûf guoten wân ze rosse gân 〈und〉 ouch rîten. ir müezet hiute strîten oder ir sît an prîse laz. ir habet doch gesprochen daz, ir wellet iuch entladen der schanden, oder ir sît in allen landen immer ungenæme und an êren widerzæme.« Lipondrigûn mit zorne sprach: »daz sî der meiste ungemach, daz mich gerüere immer mêre. möht ich prîs und êre an iu hie gewinnen, ir würdet des wol innen, daz mir zorn wære. iuwer rede ist mir swære. der künigîn ich niht engere. ir müezt aber von mînem spere zuo der erden vallen, daz macht iuwer schallen.« Wîgamûr den helm ûf bant, ein sper nam er in die hant. 5184 süllen

»Diese Rede wird übel für euch enden, Herr von Gurgralet, ich will hier und jetzt vor euch die Königin und die Liebe beschützen, wenn ihr sie mit einem Kampf von mir gewinnen wollt. Noch heute werden wir miteinander um die Jungfrau kämpfen. Der Sieg gehört entweder euch oder mir, ich werde ihn nicht teilen. Ich will mich im Guten aufs Pferd setzen und reiten. Ihr müsst heute kämpfen oder euer Ruhm ist gering. Ihr habt euch doch damit gebrüstet, dass ihr euch der Schande entledigen wollt, oder ihr seid in allen Ländern für immer ungern gesehen und euer Ansehen nichtig.« Lipondrigun sagte zornig: »Das ist die größte Unverschämtheit, die mir je begegnet ist. Wenn ich in diesem Moment Ruhm und Ansehen an euch gewinnen dürfte, würdet ihr genau erfahren, dass ich wütend bin. Eure Rede ist mir lästig. Die Königin will ich gar nicht. Ihr aber müsst durch meine Lanze zu Boden fallen, das kommt von eurem Prahlen.« Wigamur band den Helm auf, er nahm eine Lanze in die Hand.

5195 rüssten

»dise red〈e〉 sal gên vür, herre von Gurgralet, ich wil iu〈c〉h wern hie zuo stet der künigîn und ir minne, ob ir sie 〈wellet gw〉innen 5189 M mit rittersch〈aft〉 […] M

5185

5190 Numerusinkongruenz (25PAUL §S42, BEHAGHEL III,16) oder Änderung sollen wir? 5195 rosse. Substantiviertes rüsten ist kaum belegt (LEXER II,558), wahrscheinlicher ist Lesefehler des Schreibers. Vgl. zur Änderung Kudrun 234,2 dô er ze rosse gie.

216 W

5220

5225

5230

5235

5240

5245

5250

er ruorte daz ros mit den sporn, wan in het begriffen der zorn. alsô tet Lipondrigûn. ûf einem rosse, daz was brûn, kêrte er an 〈den〉 ritter mit dem arn. sie kunden beide niht lenger sparn die schafte in den handen, gelîche den wîganden. ietweder daz sîn zerstach. dô muosten lîden ungemach die schilte von den swerten. des sie beide gerten, daz heten sie dô vunden. griuwelîche, tiefe wunden sluogen sie durch den harnas; daz ir ietweder genas, daz was wunderlîch genuoc. Wîgamûr mit zorne sluoc daz swert, daz ez enzwei brach. mit zorne Lipondrigûn sprach: »nun hât dîn drô ein ende. sô sint dir blôz die hende, sô hilft dir weder magt noch wîp. ez muoz dir gân an den lîp!« dô sprach der ritter mit dem arn: »ir sült mir der rede schôn nâch varn! swie nâhen iu dunket mîn tôt, ich bring iuch noch in grôze nôt!« mit den armen er in gevie. er druct in nider ûf diu knie und druct in alsô sêre, daz er niht mohte mêre ûf den vüezen gestân. daz bluot vaste von im ran ûz den ôrn und von dem munde. dô ruoft er dâ zuo der stunde:

Er gab dem Pferd die Sporen, denn er war rasend vor Wut. Lipondrigun tat das gleiche. Auf einem dunklen Pferd stürmte er auf den Ritter mit dem Adler zu. Sie konnten beide nicht länger die Lanzen in ihren Händen schonen, gleich wie es bei Helden geschieht. Jeder zersplitterte seine Lanze. Dann mussten die Schilde von den Schwertern Schaden nehmen. Ihr sehnlichster Wunsch hatte sich nun erfüllt. Gräusliche, tiefe Wunden schlugen sie durch den Harnisch; dass beide überlebten, war wirklich erstaunlich. Voller Zorn schlug Wigamur mit dem Schwert so sehr drein, dass es zerbrach. Wütend sagte Lipondrigun: »Jetzt hat dein Drohen ein Ende. Du hast nichts mehr in den Händen, deshalb hilft dir keine Frau. Jetzt geht’s dir an den Kragen!« Da sagte der Ritter mit dem Adler: »Das werden wir ja sehen! Wie nah euch mein Tod scheint, ich bringe euch dennoch in große Bedrängnis!« Er umfing ihn mit den Armen. Er drückte ihn nieder auf die Knie und presste in so heftig zusammen, dass er sich nicht mehr auf den Füßen halten konnte. Das Blut floss ihm in Strömen aus den Ohren und aus dem Mund. Er rief sofort aus:

5224 wîganden. Als swM vgl. zu 485. 5222–24 Evtl. könnte man den Satz als ungewöhnliche Konstruktion apo koinou (schafte als Obj. zu kunden und Subj. zu gelichen, »glichen sich«) verstehen oder auch ändern gelîche die wîganden (»die Helden konnten sich gleichermaßen nicht schonen«). 5239 magt noch wîp. Wörtl. »Jungfrau und Frau« (FRIEDRICH 283) – evtl. Schreibfehler für man und wîp (FRIEDRICH 285)? 5242 Wörtl. »Ihr werdet mir mit der Rede recht nachfolgen!«; der rede nâch varn ist als Wendung nicht belegt. Möglicherweise arger Schreibereingriff in die frequente Formulierung ir sult die rede lâzen varn (z.B. Ulrichs Alexander 573).

217 W 5255

5260

5265

5270

5275

5280

5285

»lâz mich leben, ritter guot, durch dînen ritterlîchen muot! hân ich dir iht gesprochen, daz hâst dû wol gerochen, daz ich sîn immer gedenken mac.« Wîgamûr sich des verwac, daz er in wolt lâzen leben. er hiez in sicherheit geben dem künige von Rêrat. die gap er an der stat. Nun gienc diu süeze künigîn mit irn megeden dâ hin, dâ Wîgamûr entwâpent wart. sie tet nâch wîslîcher art: sîne wunden sie besach, irn segen sie dar über sprach, sie îlete, in zuo verbinden mit irn henden linden. sie trôst in, als man wunden tuon sol. sie sprach: »helt, gehabt iuch wol. ir sît zuo rehte niht gewunt.« man zôch im an der stunt ein pfert, daz sanfte truoc. dô wart gevrâget genuoc, wie sînen wunden wære. sie klagten sîne swære, die ritter algemeine wan Lipondrigûn aleine. diu künigîn Dinîfrogar … mit im zuo herberge reit; umb in was in leit. sie hiez in haben guoten gmach. sie wunschte im kraft und maht. zuo der herberg sie dô reit. die stolzen ritter gemeit

»Lass mich leben, vorzüglicher Ritter, im Interesse deiner ritterlichen Gesinnung! Wenn ich etwas 〈Beleidigendes〉 über dich gesagt dann hast du es wirklich gerächt, [habe, sodass ich mich für immer daran erinnern werde.« Wigamur entschloss sich dazu, ihn am Leben zu lassen. Er befahl ihm, dem König von Rerat Sicherheit zu geben. Das tat er sofort. Nun ging die angenehme Königin mit ihren Jungfrauen dorthin, wo Wigamur entwaffnet wurde. Sie handelte klug: Sie untersuchte seine Wunden, sprach ihren Wundsegen über sie und beeilte sich, ihn mit ihren weichen Händen zu verbinden. Sie half ihm, wie man Verwundete behandeln soll. Sie sagte: »Held, seid guten Mutes. Ihr seid nicht gefährlich verwundet worden.« Man brachte ihm sofort ein Pferd, das sanft trug. Da wurde eifrig gefragt, wie schlimm seine Wunden seien. Alle Ritter beklagten seine Beschwerden, abgesehen von Lipondrigun. Die Königin Dinifrogar … mit ihm nach Hause ritt; Sie sorgten sich um ihn. Sie bat ihn, es sich bequem zu machen, und wünschte ihm, dass er wieder zur Kräften komme. Daraufhin ritt sie nach Hause. Die herrlichen, stattlichen Ritter

5282 Leerzeile W

5255 Eliptische Formulierung, ähnlich Biterolf 7914–17 ›ist euch‹ sprach der degen gůt / ›von yemand icht gesprochen, / vnd ware vil kurtzlich ergan, / das wirt schiere gerochen.‹ Walther L 102,37 daz im nieman niht gesprechen mac (»böses nachsagen« BMZ II/2,529b), Wigalois 2366 daz ir niemen niht ensprach (»ihr nichts böses nachsagte« BMZ II/2,525b). 5263–73 Die Szene hat ihr Vorbild wohl in Willeham 99f. (Giburg heilt Willehalm). 5268 segen. »Segen zur Stillung des Blutes sind seit altdeutscher Zeit bis fast in die Gegenwart hinein belegt.« (NELLMANN zu Pz. 507,23).

218 W 5290

5295

5300

5305

5310

5315

5320

5325

entwâften sich über al. sie heten mit vreuden grôzen schal. diu vesperî was alsô ergangen †die kunigin het danocht wūsamē vff dem ritter mit dem arn† einen kneht sie bat ervarn, ob er iht hete wîbes. heiles und gesundes lîbes wunschte im oft diu maget. dem knehte wart gesaget, wie ez umb den herren stuont, daz tet er sîner vrouwen kunt. dô sprach daz süeze megetîn: »daz wiz unser trahtîn! ist diu maget Dulciflûr gemahelet dem künic Wîgamûr, sô mac sie gerne haben daz leben … Dulciflûr, diu maget süeze, daz dich bewarn müeze mit dînem gemahel der gotes segen. er ist des muots und lîbs ein degen.« des morgens, dô der tac erschein, Lipondrigûn wart des in ein, daz er wolt von dannen rîten. er mohte niht erbîten vor schanden, daz ez wurde lieht. er nam urloup nieht, er îlet dannen balde. nû widerreit im vor dem walde Dulciflûr, diu maget gemeit, mit einer juncvrouwen, diu mit ir reit, diu was Mîglares genant. nû gruozte sie zuo hant Lipondrigûn von Gurgralet. gnâde sagt sie im ze stet, diu juncvrouwe wol gevar.

legten alle ihre Rüstung ab. Sie jubelten vor Freude. Die Vesperie war auf diese Weise beendet worden … … sie bat einen Knappen herauszufinden, ob er eine Frau hätte. Gesundheit und Unversehrtheit wünschte ihm die Jungfrau eindringlich. Dem Knappen wurde gesagt, wie es um den Fürsten stand, das meldete er seiner Herrin. Da sagte die angenehme Jungfrau: »Das weiß Gott! Wenn die Jungfrau Dulciflur mit König Wigamur verheiratet ist, dann darf sie sich glücklich schätzen … Dulciflur, angenehme Jungfrau, der Segen Gottes möge dich und deinen Gemahl behüten. Er ist an Geist und Körper ein Held.« Am nächsten Morgen, als der Tag anbrach, entschloss sich Lipondrigun dazu, wegzureiten. Wegen der Schande konnte er nicht abwarten, dass es hell wurde. Er holte keine Erlaubnis zu gehen ein, er eilte schnell davon. Nun ritt ihm am Waldrand Dulciflur, die prächtige Jungfrau, entgegen, begleitet von einer jungen Fürstin, die Miglares hieß. Nun grüßte Lipondrigun von Gurgralet die beiden sofort. Die ansehnliche, junge Fürstin, grüßte ihn sogleich zurück.

5306 Leerzeile W

5292 wunnesam ist als Subst. nur mangelhaft und in anderer Verwendung belegt (z.B. Ottokar 91847f. daz ez wunnesame sî, / swer lieben wîben wone bî, vgl. Findebuch 480 und DWb XIV/2,1442f.). Ein sinnvoller Satz lässt sich nur mit größerem Aufwand herstellen, möglich ist Lesefehler z.B. von belangen nâch (ähnlich Minneburg 1475 Daz [ingesinde] hat nach dir belangens vil), was den irritierenden Dat. d e m ritter erklären könnte. SARRAZIN ändert wân (ergân : ).

219 W

5330

5335

5340

5343 5345

5350

5355

ir hâr was gebunden gar mit sîdîn snüeren klein. Dulciflûr, diu maget rein, ein schœnez zeltenpfert reit. von brûnem samît het sie ein kleit, einen roc lanc und wît, hermlîn was ir kursît. sie vuorte einen pfâwenhuot, ein sîdîn snuor vil guot was gemachet dar an. diu maget klâr dar under bran rœter dan ein bluome tuot. Lipondrigûn sprach aber nuo: »mînen dienst sult ir haben dar zuo, wâ ir hin wellet rîten sô vruo. daz saget mir, süezez megetîn, ob ir dar zuo bedürfet mîn.« dar ûf sprach diu junge künigîn: »her, wir müezen gâhen, sî wir noch niht nâhen zuo Nunsigralt bî der stat.« der ritter daz megetîn aber bat, daz sie sich wolte nennen. er wolt sie gerne kennen. dô sprach diu maget Mîglares: »wâr umb vrâget ir des?« er sprach: »durch iuwer êre, daz ich dester mêre iu zuo dienste werden müge, swâ mîn dienst iu tüge.« dô sprach aber daz megetîn: »mîn vrouwe ist diu künigîn,

Ihr Haar war ganz und gar mit zierlichen Seidenbändern umwunden. Dulciflur, die makellose Jungfrau, ritt einen schönen Zelter. Ihr Gewand war aus dunklem Brokat, ein Rock, der lang und weit war, aus Hermelin war ihr Kursit. Sie trug einen Pfauenhut, ein kostbares Seidenband hing daran. Die strahlende Jungfrau schimmerte darunter röter als eine Blume. Lipondrigun antwortete: »Ihr sollt meinen Dienst bei dem haben, wo ihr so früh hinreiten wollt. Sagt mir, angenehme Jungfrau, wenn ihr mich dafür braucht.« Daraufhin sagte die junge Königin: »Herr, wir sollten uns sputen, wenn wir noch nicht in der Nähe der Stadt Nunsigralt sind.« Der Ritter bat die Jungfrau erneut, sich vorzustellen. Er wollte unbedingt wissen, wer sie war. Da sagte die Jungfrau Miglares: »Warum erkundigt ihr euch danach?« Er sagte: »Um eures Rufes willen, damit ich euch umso mehr zur Verfügung stehen kann, wo immer mein Dienst euch etwas bringt.« Daraufhin antwortete die Jungfrau: »Meine Herrin ist die Königin,

5327 schnüre

5326f. Hier bezieht sich gebunden nicht auf das gebende, also die Kopfbedeckung einer Frau (BRÜGGEN 95–99, 216–8), sondern auf die mannigfache Umwicklung einzelner Haarsträhnen mit Bändern nach dem Vorbild von Willehalm 154,15–19 mit spaehen borten kleine, / die verwieret wâren mit gesteine, / het ieslîch drümel sîn sunder bant, / daz man niht ze vaste drumbe want, / als ez ein krône waere. Dazu HEINZLE. 5333 pfâwenhuot. Im Unterschied zur hûbe war der huot »nicht der Kopfform angepaßt, sondern in die Höhe strebend [?] […]. Der Hut ist häufig mit Seide bezogen und gefüttert, mit Borten, Goldschmuck, Perlen und Edelsteinen verziert. Besonders beliebt sind Pfauenhüte, die außen mit Pfauenfedern belegt sind.« (BRÜGGEN 227f.). 5344 Die anderen Ausgaben nehmen fehlenden Vers an, möglich aber auch Dreireim megetîn : mîn : künigîn.

220 W 5360

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5385

5390

5395

des künigs tohter von Rêrat. einen gemahel sie hât, daz ist Wîgamûr, der künic wert, mit dem dô der adlar vert.« Als diu maget daz verjach, Lipondrigûn dô sprach: »sô sît ir mir rehte widerriten! von iuwerm vater hân ich gestern erspot und grôze schande. [liten nun sült ir zuo einem pfande mit mir varen von hinnen. iuwers gemahels minne werdet ir wol ergetzet. er hât mich ouch geletzet und mir mîn êre benomen … seht die wunden, die ich hân! die sluoc mir nehten iuwer man.« die künigîn er bî dem zoum gevie, die andern maget er rîten lie. Dulciflûr, diu süeze, viel im an die vüeze. sêre weined bat sie in, daz er sie rîten lieze hin mit irer gespilen, diu dort reit. ez was ir liep oder leit, er vuort sie dô gevangen mangen wec langen. er hiez sie sanfte vüeren; sie getorste nieman rüeren, wan ez was diu gewonheit, daz weder arm noch rîch leit an keinem wîbe missetete, dan waz er erwarp mit sîner bete. alsô wart Dulciflûr, diu maget, gevangen, als man nû saget. gên Gurgralet er sie vuorte dô. 5366 gestēn

5374 Leerzeile W

die Tochter des Königs von Rerat. Sie hat einen Ehemann, das ist Wigamur, der vornehme König, den der Adler begleitet.« Als die Jungfrau das erklärt hatte, sagte Lipondrigun: »Dann kommt ihr mir gerade recht! Von euerm Vater habe ich gestern Spott und große Schande erlitten. Jetzt werdet ihr als Geisel mit mir mitkommen. Für die Liebe eures Gemahls werdet ihr gut entschädigt. Er hat mich auch verletzt und mich meines Ansehens beraubt … seht meine Wunden! Die schlug mir gestern Abend euer Mann.« Er packte die Zügel der Königin, die andere Jungfrau ließ er entkommen. Dulciflur, die angenehme, fiel ihm zu Füßen. Unter Tränen bat sie ihn, sie davonreiten zu lassen mit ihrer Gefährtin, die dort ritt. Ob es ihr passte oder nicht, er führte sie als Gefangene viele, lange Wege. Er befahl, sie sanft zu führen; niemand wagte es, sie zu berühren, denn es war die Gewohnheit, dass niemand einer Frau etwas gegen ihren Willen täte. So wurde Dulciflur, die Jungfrau, gefangen, wie wir gerade erzählen. Er führte sie nun nach Gurgralet.

5377 zam

5381 weined = weinende. Zur Form 25PAUL §M70, Anm. 17. 5389–92 Siehe zu 1566–68. Lipondrigun hält sich an dieses Gesetz. Auch wenn er an Dulciflur nicht nur als Geisel, sondern auch als Ehepartnerin interessiert ist, versucht er, ihre Zustimmung dazu zu erlangen. 5391f. Wörtl. »mit irgendeiner Frau etwas Schlechtes täte, abgesehen von dem, was er mit seiner Bitte bekommen hatte«.

221 W

5400

5405

5410

5415

er was des pfandes harte vrô. er hiez ir küniclîchen pflegen. er wære gern bî ir gelegen. zuo wîbe wolt er sie haben genomen, dô kund er sie niht überkomen, daz ez ir wille wære. ir was diu wîle swære. 〈swie grôz êre man ir bôt,〉 ir ougen wurden ofte rôt, wan sie weinete zuo aller stunde. diu rœt an irm munde wart missevar und bleich, alle schœne ir entweich. Nun ist gevangen Dulciflûr. Atroglas und Wîgamûr sint noch ze Nunsigralt und mit in manic ritter balt und ist noch gesaget niht umb die leidige geschiht. nû kam der maget Mîglares zuo guote under des, daz die ritter gemeit 5396 er (BÜSCHING)] es

5397 M

5400

5405

5410

5415

5415 die

[…]gen. er wære gern bî ir g〈elegen〉. 〈zuo〉 […] sie haben genomen, dô konder sie niht überkomen, daz ez ir wille wære. ir was diu wîle swære. swie grôz êre man ir bôt, ir ougen wurden ofte rôt, wan sie weinte zuo allen stunden. diu rœte an ir munde wart missevar und bleich, alle ir schœne ir entweich. Nû ist gevangen Dulciflûr. Atroglas und Wîgamûr 〈sint dâ〉 noch zuo Nunsigralt und mit in ma[…] […]〈niht〉 umbe […] […] […] […]

Über die Geisel war er außerordentlich erfreut. Er befahl, sie königlich zu behandeln. Er hatte es darauf abgesehen, mit ihr zu schlafen und sie zur Ehefrau zu nehmen, doch er konnte sie nicht überzeugen, dass sie zustimmte. Diese Zeit war für sie beschwerlich. Welche Aufmerksamkeit man ihr auch zuteil werden ihre Augen wurden noch und noch rot, [ließ, denn sie weinte immerzu. Ihr roter Mund wurde fahl und bleich, sie verlor alle Schönheit. Nun ist Dulciflur gefangen. Atroglas und Wigamur sind noch in Nunsigralt und mit ihnen viele kühne Ritter und es ist 〈ihnen〉 noch nicht berichtet worden von der schrecklichen Sache. Für die Jungfrau Miglares kam es gelegen, dass die stattlichen Ritter

5416 gütem

S

N[…] ► ◄sînt noch und mit in manic ritter balt und ist in noch gesaget niht umb die leiden geschiht. nû kam diu maget Mîglares geriten under des, dâ die ritter gemeit

5415f. W. Funktionsverbgefüge ze guote komen (DWb IV/1/6,1342f.).

222 W 5420

5425

5430

5435

zuo rosse wâren bereit, als sie turnieren wolten und als sie des tages solten; dar kam diu maget riuwevar, diu vor was schœne unde klâr. sie tet in leidige mære kunt; dô wart vil trûrens an der selben stunt. Atroglas von Rêrat, dô im daz verkündet wart, sprach zuo den rittern über al. dô wart ein michel schal, sie îlten alle nâch varn. der junge künic mit dem arn sîner wunden dô vergaz. ûf ein ros er dô saz. er îlet zuo vorderst an der vart. des turneis vergezzen wart, [nen, hie heten sie gerne die maget gewunwæren sie ûf daz spor komen. der künic von Lendrîe, 5418 wärn

M 5420

5425

5430

5435

auf dem Pferd saßen, denn sie wollten ein Turnier abhalten, wie sie es tagsüber tun sollten. Nun kam die Jungfrau, [an. die zuvor schön und strahlend war, traurig bei ihnen Sie berichtete ihnen die schreckliche Neuigkeit; sofort erhob sich großes Wehklagen. Als Atroglas von Rerat die Nachricht überbracht wurde, wandte er sich an alle Ritter. Lauter Tumult brach aus, sie beeilten sich, die Verfolgung aufzunehmen. Der junge König mit dem Adler vergaß seine Wunden. Er stieg auf ein Pferd und preschte sofort an die Spitze. Das Turnier wurde vergessen, [nen wollen, sie hätten die Jungfrau um jeden Preis zurückgewinwenn sie auf die rechte Spur gekommen wären. Der König von Lendrie,

5421 das komen

[…] wâren be[…] […] […] des tages solten; dô was diu maget riuwevar, diu ê was schœne unde klâr. sie tet in leide mær kunt. nû wart vil riuwic an der stunt Atroglas von Rêrat; er suochte helfe unde rât zuo den rittren über al. nû wart michel der schal, sie îlten alle nâch varn. der junge künic mit dem arn, sîner wunden er vergaz. ûf ein râvît er gesaz. er îlte ze vorderst an die vart. des turneies gar vergezzen wart, sie heten gerne die maget benomen, wær in ir vater an komen oder der künic von Lendrîe,

S

ze rossen wâren bereit, als sie turnieren wolden des tages, als sie solden; ◄vür kam diu ► ► ► ► die ritter er […] bat und tet […] über al. nû wart dâ ein michel schal. ◄Sie ► ► ◄ros ► des turnierens vergezzen wart, ◄genomen, wæren sie sîn vart an komen ►

5422 ê fehlt S 5426 wart W. Unreiner Reim wohl vom Schreiber verursacht. 5433 an die vart MS ist translokale Richtungskonstruktion (»auf den Weg«), an der vart W dagegen feste Wendung »an der Stelle, sogleich« (LEXER III,25). 5435f. gewunnen : komen W. Unreiner Reim wohl durch Schreibereingriff.

223 W 5440

5445

5450

5455

swie unkreftic er sîe, er het gewunnen die maget hêr, dar umb sô muoste er lîden nôt und arbeit. swaz die ritter gemeit suochten, sie vunden niht. ir müe was gar enwiht. Wîgamûr mit dem arn bat dô wider heim varn, 〈swaz ritter mit im dâ was.〉 alsô tet der künic Atroglas. nun die zwêne künig balt riten dô aleine in den walt, gegen Gurgralet dem land sie kêrten. sie heten kein geverten wan den arn, der vlouc mit in. sie kâmen gên Alanslivrîn, daz was ein stat bî dem mere, diu het von türnen grôze were; diu was des küniges von Zabulet

wie erschöpft er auch sein möge, hätte sich die erhabene Jungfrau zurückgeholt, darum musste er Mühe und Gefahr auf sich nehmen. Wie sehr die stattlichen Ritter auch immer suchten, sie fanden nichts. Ihre Mühe war ganz und gar umsonst. Wigamur mit dem Adler bat dann all die Ritter, die bei ihm waren, wieder nach Hause zu kehren. Genauso machte es König Atroglas. Als die zwei kühnen Könige allein in den Wald ritten, zogen sie in Richtung des Landes Gurgralet. Sie hatten keinen Reisegenossen abgesehen vom Adler, der mit ihnen flog. Sie kamen nach Alanslivrin, einer Stadt am Meer, die über große Wehranlagen mit Türmen verfügte; sie gehörte dem König von Zabulet

5448 alsô (BÜSCHING)] aso M 5440

5445

5450

5455

swie unkreftic er sîe, er hete die maget genomen wider, dar umbe muoser lîden sider beide […]. swaz die rittere gemeit suoch[…] […] […] […] […] […]〈glas〉. niuwan die zwêne künige balt riten eine in den walt, gegen Gurgralet sie kêrten. sie heten niht mêr geverten wan des arn, der vlouc mit in. sie kâmen zuo Alanslivrîn, daz was ein stat, lac bî dem mere, diu hete von turnen kref〈tige were〉; diu was des küniges von Zabulet 5452 heten] lieten M

S

► ◄gewunnen dar umb muost er sider […] ► suochten, sie vunden niht. ir arbeit was gar enwiht. Wîgamûr mit dem aren bat dô wider heim varen, swaz ritter mit im dâ was. alsô tet der künic Atroglas. ◄nû die zwêne ► ► sie heten niht geverten ◄wan der are ► ◄diu stat lac und het kreftig[…] ◄künige[…] Zabulet

5453 mit in] im mit S

5452 heten M. Schreibfehler, möglich wäre auch Korrektur hieten.

224 W 5460

5465

5470

5475

und was der von Gurgralet mit der maget geriten vür. dô sprach künic Wîgamûr: »uns sol des niht betrâgen. wir süln hie der mære vrâgen, wan daz ist des landes houbetstat.« dô sprach der künic von Rêrat, daz in daz selbic dûhte guot. die künige mit êren wol behuot in ein herberge geriten, dâ sie des morgens in erbiten. den wirt vrâgten sie der mære, wes diu guot stat wære. von dem land und von der stat dô sagte in der wirt, des man in bat. er vrâget ouch sîn geste, ob ieder dar umb iht weste, daz sie im wolten sagen: »ez kam dâ her vor vier tagen ein ritter geîlet dâ her în, 5465 daz (BÜSCHING)] dan fraget

M 5460

5465

5470

5475

und bei ihr war der von Gurgralet mit der Jungfrau vorbeigeritten. König Wigamur sagte: »Es soll uns nicht verdrießen. Wir werden uns hier erkundigen, denn das ist die Hauptstadt des Landes.« Der König von Rerat erwiderte, dass ihm diese Idee sinnvoll erscheine. Die Könige ritten besonnen und unter Beachtung ihzu einem Nachtquartier, [res Rufes in dem sie den Morgen erwarteten. Sie fragten den Gastgeber, wem die befestigte Stadt gehöre. Dieser erklärte ihnen vom Land und der Stadt, worum man ihn bat. Er fragte seinerseits seine Gäste aus, dass, falls einer von ihnen etwas wisse, sie es ihm sagen möchten: »Es kam vor vier Tagen ein Ritter hierher geeilt,

5466 künige (BÜSCHING)] künigin

und was der von Gurgralet mit der megede geriten 〈hin〉 vür. dô sprach der ritter Wîgamûr: »uns sol 〈des〉 niht betrâgen. wir suln der m〈ære vrâgen〉, 〈daz ist〉 […] […] […] […] […] […] […] 〈bu〉rgære 〈vr〉âgeten sie der mære von dem lande und von der stat. dô seit in der wirt, swes man in bat. er vrâgete ouch sîne geste, ob ir weder dar umbe iht weste, daz sie ime geruochten sagen: »ez kam dâ her vor vier tagen ein ritter îlte dâ her în,

S

5469 vrâgten (BÜSCHING)]

► ◄magt ge[…]n vür. ◄künic Wîgamûr: ► ◄mær[…] diz ist des landes houbetstat.« dô sprach der künic von Rêrat, daz in der selb[…]t guot. nû sehet, wie die 〈künig〉 vruot in ein herberge riten, dâ sie des morgens in erbiten. diu selben burgære ► ► […] in bat. ► ob ietweder weste, ► ► ►

5466 vruot S. Als Adv. nicht belegt (DWb IV/1/1,328f., die bei LEXER III,554 angegebene Stelle Lohengrin 4990 ist problematisch: sus huop gein strîte sich manic degen vruote). 5476f. MS Konstruktion apo koinou (ritter als Subj. von kam und îlte). In W dagegen kam als Hilfsverb zu geîlet.

225 W 5480

5485

5490

5495

der vuorte ein megetîn, diu was mit pfelle wol gekleit. sie gebârte, als ir wære leit, daz sie mit im solte varn.« dô sprach der ritter mit dem arn: »her wirt, daz wil ich iu kunt tuon: ez was der künic Lipondrigûn, der reit her von Nunsigralt, dâ wart im daz best gezalt. dô volget im daz megetîn Dinîfrogar, diu künigîn, die solte er haben ze wîbe zuo wunne sînem lîbe. die gewan er dâ mit ritterschaft, er hât manlîche kraft.« dô sprach aber der wirt: »wan daz ir mîne geste birt und ich iuch niht beswærn wil, 5483 tůn kund

M 5480

5485

5490

5495

der führte eine Jungfrau mit sich, die war mit einem Seidengewand prächtig bekleidet. Sie verhielt sich, als ob es für sie eine Qual wäre, ihn begleiten zu müssen.« Da sagte der Ritter mit dem Adler: »Fürst, ich will es euch erklären: Es handelte sich um den König Lipondrigun, der von Nunsigralt hierher ritt, dort wurde ihm der höchste Beifall gezollt. Die Jungfrau Dinifrogar, die Königin, folgte ihm, die sollte er zur Frau haben als Freude seines Lebens. Die hatte er beim Turnier gewonnen, er ist ein starker Mann.« Der Gastgeber antwortete: »Weil ihr meine Gäste seid und ich euch nicht betrüben will,

5494 birt (SARRAZIN)] sÿtt

der vuorte ein schœnez megetîn, diu was mit pfelle wol gekleit. sie gebârte, als ez ir wære leit, daz sie mit ime solte varn.« dô sprach der ritter mit dem arn: »Herre, daz wil 〈ich〉 iu kunt tuon: ez was der künic [] Lipondrigûn, der reit dâ her von Nunsigralt, dâ wart ime der beste prîs gezalt. des volgete ime daz megetîn Dinîfrogar, diu künigîn, die sol er haben zuo wîbe 〈zuo wu〉[…] […] […] […] […]sît und ich iuch niht beswæren wil, 5484 kunīc uō lypondrigrun M

5495 verswerē S

5494 gast S

◄ein magedîn, ► ◄als ir ► ► ◄her wirt, ► ► ◄daz best gezalt. ► ► ► ze wunne sînem lîbe. die gewan er dô mit ritterschaft, er hât menlîch kraft.« Dô sprach aber der wirt: »wan daz ir mîne geste birt ► 5495 ich fehlt S

5486 daz best WS. Zur Formulierung HILDEBRAND 133–7, s.a. Lanzelet 1034 swelch ritter ie daz beste tet und Eckenlied E2 8,5 die h=r ich im ie das beste jehen. Zur Substantivierung des Adj. 25PAUL §S105 und BEHAGHEL I,17. 5494 birt W. Reimbindung erfordert Änderung. Seltsam ist freilich, dass M ebenfalls sît aufweist. 5495 W. Eine Bedeutung »Falsches erzählen« belegen die Wb. für verswern (wörtl. »falsch schwören«, »durch eidschwur von einem lossagen« LEXER III,262) nicht.

226 W

5500

5505

5510

5515

dâ von solt ich iu sagen vil von der maget, die er vuorte. als er sie iender ruorte, âne mâzen sie weinte. dâ mit sie bescheinte, daz sie mit im ungerne vuor. sie was geheizen Dulciflûr, von Rêrat Atroglas der selben maget vater was. ouch hete daz selbic megetîn an irer hant ein vingerlîn. als oft und dick sie daz an sach, daz wort sie ie dar nâch gesprach: ›eiâ, künic Wîgamûr! sol ich immer hin vür dînen lîp beschouwen?‹ sô begunde er ir drouwen, der ritter, mit scharpfen worten. als sie daz gehôrte, sô wart ir jâmer sô grûsenlîch, ez begund erbarmen mich. sie want ir snêwîz hende, 5514 gehorten

M

5500

5505

5510

5515

5515 jâmer (BÜSCHING)] kamer

dâ von solt ich iu sagen vil von der maget, die er vuorte. als er sie iergen ruorte, âne mâze sie dô weinte. dâ mite sie bescheinte, daz sie ungerne mit im vuor. sie was geheizen Dulciflûr, von Rêrat Atroglas der selben megede vater was. ouch hete daz selbe megetîn an der hant ein guldîn vingerlîn. als ofte sie daz ane sach, daz wort sie dar nâch sprach: ›eiâ, künic Wîgamûr! sol ich iemer hinnen vür dînen lîp beschouwen?‹ sô begund ir sâ drouwen der ritter mit dem scharpfen worte. alse sie daz gehôrte, sô wart ir weinen griulîch, daz ez erb[…]te mich. sie want ir wîzen hende, 5511 liep M

werde ich euch ausführlich von der Jungfrau berichten, die er bei sich hatte. Wenn er die nur irgend berührte, weinte sie maßlos. Damit zeigte sie, dass sie nur wider Willen mit ihm ging. Sie hieß Dulciflur, Atroglas von Rerat war der Vater der Jungfrau. Auch hatte sie einen Fingerring an ihrer Hand. Jedesmal, wenn sie ihn ansah, sagte sie: ›O je, König Wigamur! Werde ich dich jemals wiedersehen?‹ Dann begann der Ritter ihr mit schlimmen Worten zu drohen. Als sie das hörte, wurde ihr Jammer so schrecklich, dass es mich erbarmte. Sie rang ihre Hände,

5513 worten M; worte S

S

5517 want (BÜSCHING)] wan

ich solt iu noch sagen vil: die maget, die er vuorte, sô er die iender ruorte ◄sie weinte. ► ◄mit im ungern ► […] ► ► ◄ein vingerlîn. ► ◄ie dar nâch ► ◄hinne ► ◄er ir drouwen mit vil scharpfen worten. ◄erhôrte, ► daz erbarmet mich. ►

5516 er M

5517 wiezen M

227 W

sie sluoc an die wende ir wol geschaffen houbet. vreuden was sie beroubet, grôz was ir ungemach. alsô vertriben sie die naht in disem hûs, daz ich ez sach. ich muoz der vrouwen ungemach klagen unz an mînen tôt. ach, ach, sie leit grôze nôt.« dô nû der wirt begunde alsô sagen und der maget kumber klagen, dô überliefen in tougen, den rittern beiden, ire ougen. Wîgamûr sprach aber zum wirt alsâ: »künnet ir uns niht gesagen, wâ ist sîn lant gelegen? wie lange ist er under wegen, ê er müg gar heime komen?« [men, 〈dô〉 sprach der wirt: »ich hân verno-

M

sie sluoc a〈n die〉 wende ir wol geschaffen houbet. vreuden was sie beroubet, grôz was ir ungemach. sus vertriben sie die naht in disme hûs, daz ich in sach. ich muoz der vrouwen ungemach klagen unz an sînen tôt. ach, ach, sie leit sô grôze nôt.« Nû der wirt begunde sagen und der megede kumber klagen, jâ überliefen tougen dem vater sîne ougen. er sprach zuo dem wirte sâ: »kunnet ir uns gesagen, wâ ist sîn lant hine gelegen? wie lange ist er under wegen, ê er mug gên heim komen?« dô sprach der wirt: »ich hân vernomen,

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5520 vraweden M

sie schlug ihren schönen Kopf gegen die Wände. Jeden Grund zur Freude hatte man ihr genommen, groß war ihre Betrübnis. In dieser Verfassung verbrachten sie die Nacht in diesem Haus und ich bemerkte es. Ich muss das Leid der Herrin bis zu meinem Tod beklagen. Ach, ach, sie erfuhr großes Unglück.« Als nun der Gastgeber so zu erzählen und den Kummer der Jungfrau zu beklagen angehoda wurden insgeheim [ben hatte, den beiden Rittern die Augen feucht. Wigamur antwortete dem Gastgeber sogleich: »Könnt ihr uns nicht sagen, wo sein Land liegt? Wie lange ist er unterwegs bevor er ganz zu Hause ankommen kann?« Der Gastgeber sagte: »Ich habe gehört,

S

► ► ► ◄unmaht. ► ◄ez sach. ► ◄mînen tôt. want sie leit vil grôziu nôt.« ► ► ◄nû überliefen ► ► ► ◄wâ ist ► […] ►

5535 mu M

5529 jâ M. Als Adv. »betheuernd oder nachdrücklich hinweisend« (DWb IV/2,2193) oder Schreibfehler für dô bzw. sâ? 5532f. wâ S. Anadiplose oder wahrscheinlicher Dittographie.

228 W

5540

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er müeze varn lange wege, beide mos und stege, hôhe berg und tiefe tal, in dem walde stîge smal, durch den walt zuo Deloir in daz lant zuo Effloir, über den sê zuo Munsigret in daz lant zuo Gurgralet. dâ sol er tragen die krône.« »hei, Dulciflûr, wie schône und tiur ich dich erarnen muoz. ich tuon dir ouch sorgen buoz, swie vremde ez zwischen uns sî!«, sprach der künic von Lendrî. ez wart geswigen hie mite. nâch vil hovelîchem siten des nahtes ir der wirt pflac. als nû dô 〈kam〉 der liehte tac, urloup nâmen sie zuo hant. 5537 varn (SARRAZIN)] voran

M

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5550

5555

er muoz varn lange wege, breite mos, smale stege, hôhe berge, tiefe tal, in dem walde stîge smal, durch den walt zuo Deloir in daz lant zuo Effloir, über den sê zuo Munsigret in daz lant zuo Gurgralet. dâ sal er tragen die krône.« »eiâ, Dulciflûr, diu schœne, wie tiure ich dich arnen muoz. ich getuon dir noch sorgen buoz, swie vremede zwischen uns sî!«, sprach der künic von Lendrî. der rede wart geswigen hie mite. nâch vil hövischlîchen siten des nahtes ir der wirt pflac. als in dô kam der ander tac, urloup nâmen sie zehant.

er müsse lange Wege gehen, Sumpf und Steg, hohe Berge und tiefe Täler, im Wald schmale Pfade, durch den Wald in Deloir in das Land Effloir, über den See Munsigret in das Land Gurgralet. Dort soll er die Krone tragen.« »Ei, Dulciflur, wie sehr und teuer ich für dich büßen muss. Ich nehme dir deine Sorgen, wie weit wir auch voneinander entfernt sein mögen!«, sagte der König von Lendrie. Damit wurde geschwiegen. Der Etikette gemäß kümmerte sich der Gastgeber in der Nacht um sie. Als der helle Tag angebrochen war, baten sie unverzüglich um die Erlaubnis, zu gehen. 5553 pflac (BÜSCHING)] splag

5551 mitten S

► beidiu mos und stege, ► ◄st[…] smal, durch den walt z[…] in daz […] über den sê […] in daz lant gên […] ► nû […] wie tiur[…] ich tuon d[…] […] s[…]ch[…] der rede wart ge[…]gen […] nâch vil […] d[…] nahtes ir der wirt […] […] kam der liehte tac, […] nâmen sie zehant.

5553 phalc M

5537 Eine eliptische Formulierung vüran müezen (»ein verbum der bewegung ist zu ergänzen« DWb XII/2,819, vgl. 25PAUL §S232.2) wie in W ist im Mhd. nicht belegt, daher Änderung nach MS. 5543 Munsigret. Vgl. zu 5829. 5545f. Zum Reim in MS siehe zu 4709f.

229 W

5560

5565

5570

sie vuoren walt und lant, sie riten manig mîle, ez kam in an die île, daz sie gerne wæren tôt, wan sie liten grôze nôt. ouch ist hie wol gesaget, wie Lipondrigûn die maget Dulciflûr, die maget, vienc. nun vernemet, wie ez dar nâch ergienc: dô er sie heim brâhte, eines dinges er im gedâhte, daz sie ir vater suochte mit wer. dâ engegen schuof er sîn her. er gedâht in sînem muote, wie er die maget mit güete und mit listen überkæme, daz sie in vil gerne næme. swie er sînen dingen tet, 5567 da

M

5560

5565

5570

Sie zogen durch Wald und Land und ritten viele Meilen, sie hatten es so eilig, dass sie sich wünschten, tot zu sein, denn sie standen große Qualen aus. Es ist hier erzählt worden, wie Lipondrigun die Jungfrau Dulciflur gefangen nahm. Vernehmt jetzt, wie es weiterging: Als er sie nach Hause brachte, erwartete er, dass ihr Vater sie mit Waffengewalt suchen würde. Dagegen stellte er sein Heer auf. Er überlegte, wie er die Jungfrau im Guten und mit Gewitztheit dazu bringen könnte, sodass sie ihn bereitwillig akzeptieren könnte. Was er auch tat,

5571 überkome

sie riten walt und lant, sie riten manige mîle, ez kam vil manige wîle, daz sie ê gerne wæren tôt, wan sie liten grôze nôt. Iu ist hie vor wol gesaget, wie Lipondrigûn die maget Dulciflûr, die schœ〈nen〉, vienc. nû vernemet, wie ez ergie〈nc〉: dô er sie heim brâhte, eines dinges er im gedâhte, daz in ir vater suochte mit her. dâ gegen schuof er sîne wer. er dâhte in sînem muote, wie er die maget guote mit listen überkæme, daz sie in gerne næme. swie er dô sîme dinge tet,

S

sie vuoren walt und […] ► ez kam in an die île, daz sie gerne wæren tôt, […] sie liten grôze nôt! Nû ist hie […] wol gesag[…] ► ► ► ◄brah[…] […] ► ► ◄er gedâht ◄die magetinne ► daz sie in gern[…] swie […]

5563 die maget W. Wohl auf Ungenauigkeit des Schreibers zurückzuführen, Wiederholung ist unwahrscheinlich. 5570 güete W. Der Reim uo : üe wird sonst im Text streng geschieden, vgl. Einleitung 4.C.4. Sinnlos ist an dieser Stelle stN guot, »Besitz«; da aber MS anders lesen, ist von Änderung durch den W-Schreiber auszugehen. 5570 magetinne S. In den Wb. nicht belegt, wohl nach dem Muster von z.B. küniginne gebildet. 5573 dinc mit Possessivpron.: »was einer treibt, thut« (BMZ I,333a), vgl. Rennewart 31595 und wie er sime dinge tů.

230 W 5575

5580

5585

5590

ez wære triuten oder bet, die wâren ir alle gelîch. under des kam der künic rîch zuo der sê zuo Munsigret, der schiet daz lant zuo Gurgralet und daz lant zuo Deloir. in einer heide heizet Effloir ein ritter in widerreit, daz was der künic gemeit Harzir von Norendîn. die zwêne künig gruozten in, des danket er in suoze mit vil hovelîchem gruoze. sie vrâgten in der mære. dô klagt er in vil sêre, jâmerlîch gebærd het er dar zuo. er klagt in arbeit unde muo. er sprach: »ich unsæliger man, wan ich sælde nie gewan. 5583 vnd der herczog

M 5575

5580

5585

5590

sei es Liebkosung oder Bitte, das war ihr alles egal. Währenddessen kam der mächtige König zum See Munsigret, der die Länder Gurgralet und Deloir voneinander schied. Auf einem Feld namens Effloir ritt ihnen ein Ritter entgegen, das war der prächtige König Harzir von Norendin. Die zwei Könige grüßten ihn, das erwiderte er ihnen freundlich mit höfischem Gruß. Sie fragten ihn, wie es ihm gehe. Da seufzte er ihnen sehr zu, auch sah er traurig aus. Er klagte ihnen Mühe und Kummer. Er sagte: »Ich bin ein unglücklicher Mann, denn ich habe nie Glück gehabt.

5586 hofflichen grüße

ez wære drô oder bet, die wâren ir beide gelîch. under des kâmen die künige rîch zuo dem sê ze Munsigret, der schiet daz lant zuo Gurgralet und daz lant zuo Deloir. an einer heide zuo Effloir ein ritter in dâ widerreit, daz was der junge künic gemeit Harzir von Norendîn. die zwêne künige gruozeten in, mit hövischlîcheme gruoze des dancter in suoze. sie vrâgeten in der mære. dô klageter sîne swære, jâmerlîche gebære het er dar zuo. er klagete arbeit unde muo. er sprach: »ich unsæliger man, wande ich sælde nie gewan

S

5589 iamarlich

[…] […] ich […]ch[…]ic rîch […]Munsig[…] der […]iet d[…] […] heizet […] […] […]er in […] wid[…]reit, ◄der künic gemeit […]n N[…]în. […] künic gruozten in, […]s danct er in mit suoze […] hoveschlîchem gruoze ► ► │ │ […] sprach: »ich vil unsælic man, ►

5589f. fehlen ohne Lücke S

5580 W. Effloir ist zuvor der Name eines Landes. Schreiberirrtum oder identischer Name? 5583 Harzir W. Wahrscheinlich verstand der Schreiber den Namen nicht und änderte ihn zu einem zweiten Titel. Vgl. auch zu 897, 5660, 5916, 5950, 6045–47 und 6070. 5587f. mære : sêre W. Offenbar Schreibereingriff, der als Dialekt- oder Augenreim erklärbar ist. 5590 muo. Vgl. Kommentar zu 1580f.

231 W 5595

5600

5605

5610

ez ist nû vil manic tac, daz ich vriden niht enpflac und daz mir widervuor ditz leit. eines tages, dô ich reit in den walt zuo Deloir, ein juncvrou het gevolget mir: von Toriswarlanz diu künigîn, ir muoter was von Gimasmalîn, Pîôles ir name was. ôwê, daz ich ie genas, daz ich mit ir iht leit den tôt, ôwê, daz erbarme got. ûf ein burc ich sie brâhte, vil wênic ich des gedâhte, ich solt sie wider vinden. dem wirt und sînem gesinde empfalch ich sie mit triuwen. daz muoz mich immer riuwen, daz ich den turnei niht vermeit, dâ ich unsæliger man hin reit. und als ich kam dâ wider, dô lac diu burc dar nider,

Es ist jetzt viele Tage her, dass ich nicht die Ruhe bewahrte und dass mir dieses Leid widerfuhr. Eines Tages, als ich in den Wald Deloir ritt, folgte mir eine junge Fürstin: Die Königin von Toriswarlanz, ihre Mutter war von Gimasmalin, Pioles war ihr Name. O Jammer, dass ich überhaupt am Leben blieb, dass ich nicht mit ihr gestorben bin, o Jammer, das möge Gott rühren. Ich brachte sie auf eine Burg, ich dachte nicht an die Frage, ob ich sie wiederfinden würde. Dem Burgherr und seiner Gesellschaft vertraute ich sie an. Ich werde es mein Leben lang bereuen, dass ich nicht dem Turnier ferngeblieben bin, auf das ich unglücklicher Mann ritt. Und als ich zurückkam, lag die Burg darnieder,

5612 vnsaligen M 5595

5600

5605

5610

und niemêr mê gewinnen mac. des ist nû vil manic tac, daz mir widervuor diz leit. eines tages, dô ich reit ûze dem walde zuo Deloir, ein juncvrouwe hete gevolget mir: von Toriswarlanz diu künigîn, ir muoter was von 〈Gi〉masmalîn, Pîôles ir name was. ôwê, daz ich ie 〈gen〉as, daz ich mit ir niht leit den tôt, ô[…]arme got. ûffe eine burc ich sie brâ〈hte〉, vil wênic ich gedâhte, ich ne solde sie dâ[…] vinden. dem wirte und sînen kinden bevalch ich sie zuo triuwen. daz sol mich iemer riuwen, daz ich den turnei niht vermeit, dâ ich unsælic man hin reit. als ich dô quam dar wider, dô lac diu burc dâ nider, 5594 froeude S

5611 nich M

S

sîn ist nû vil manic tac, daz ich vreude niht enpflac ◄und daz ► ◄in den […]volget mir: ► ► ► ► ► daz muoz nû erbarmen got. ► ► ich solde sie ouch dâ vinden. und den wirt mit sînen kinden empfalch ich sie mit triuwen. ◄daz muoz ► ► und als ich kam dâ wider, dô lac die brucke nider.

232 5615 W

5620

5625

5630

5635

5615 M

5620

5625

5630

5635

verbrant und zerbrochen. dô het der künic gerochen an dem wirte sînen zorn. des hât manic man verlorn jâmerlîche sînen lîp. dâ verbrunnen juncvrouwen unde wîp und allez, daz dâ was, daz dâ nieman genas. dô verlôs ich die vrouwen mîn, daz müeze got geklaget sîn.« Wîgamûr, der helt balt, sach neben sich in den walt. er gedâhte, wâ er wære. er verstuont sich an dem mære, daz ez diu juncvrouwe was, der er half, daz sie genas, in der burc, die er vant, diu in dem walde was verbrant, dô er êrste ûz dem mer schiet und der sinne hete niet. er gedâhte vast dar an,

verbrant und zerbrochen. dô hete der künic gerochen an dem wirte [] sînen zorn. des hete manic man verlorn jæmerlîche sînen lîp. dâ brunnen vrouwe unde wîp und allez, daz dâ was, daz dâ nieman genas. dâ verlôs ich die juncvrouwen mîn, daz müeze gote geklaget sîn.« Wîgamûr, der ritter balt, sach dô neben sich in den walt. er dâhte, wâ er wære. er verstuont sich an dem mære, daz ez diu juncvrouwe was, der er dâ half, daz sie genas, die er bî der bürge vant, diu in dem walde was verbrant, dô er êrste ûz dem mer schiet und er sinne hete niet. er dâhte her und hin, 5617 wirte gerochen•sinen M

ausgebrannt und zerstört. Der König hatte seine Kampfeswut an dem Burgherrn ausgelassen. Deswegen haben viele Männer schrecklich ihr Leben verloren. Junge Damen und Frauen verbrannten dort und einfach alles, das dort war, sodass niemand überlebt hatte. Damals verlor ich meine Herrin, das möge Gott immer geklagt werden.« Wigamur, der kühne Held, sah neben sich in den Wald. Er überlegte, wo er sich befand. Er verstand, dass Harzir von jener jungen Fürstin erzählte, der er geholfen hatte zu überleben, in der Burg, auf die er stieß, die in dem Wald ausgebrannt war, als er gerade aus dem Meer getreten und unverständig gewesen war. Er überlegte genau,

S

5623 floz S

► ► ► ► ► ◄meit und wîp ► ► ◄vrouwen des muoz ich immer trûric sîn.« ◄helt balt, ◄sach neben sich […] ► ► ◄er half bî der burc, dâ er vant, ► ► und der sinne niht hiet. er gedâhte vast dar an. 5627 clagete M

233 5637 W 5638 5639 5640

5645

5650

5655

M

5640

5645

5650

5655

wâ er die juncvrou het gelân. über lanc er sich besan, daz er was ûz dem selben lant. nû begund er trahten zuo hant. er sach dâ alumbe gar verre. zuo lest sach der herre ein burc ûf einem berge, dâ er dem getwerge empfolhen het die maget guot (daz hât wol aht jâr geruot), der er nieman gewuoc. er sprach: »wir haben geriten genuoc. wir suln belîben hie.« die herren sprâchen: »ô wie? wan wir haben niht spîse!« »dâ tuot, als 〈ich〉 iuch wîse«, sprach der künic von Lendrî. »ein burc stât nâhen hî, dâ wil ich în rîten.

wâ diu burc mohte sîn dâ er die vrouwen hete verlân. über lanc er sich versan, daz ez was daz selbe lant. nû begunde er trahten zehant. er sach alumbe verre. zuo jungest ersach der herre eine burc ûf einem berge, dâ er dem getwerge bevolhen hete die maget klâr. des wære wol ahte jâr, der rede er niemene zuoge[…] er sprach: »wir haben geriten genuoc. 〈wir we〉llen blîben hie.« die herren sprâch〈en: »wie?〉 wan wir niht haben spîse!« »dâ 〈tuot, als ich〉 iuch wîse«, sprach der künic von Lendrî. »〈ein b〉urc stêt hie nâhe bî, dar wil ich ei〈ne〉 rîten. 5636 fehlt ohne Lücke S

wo er die junge Fürstin zurückgelassen hatte. Schließlich besann er sich, dass er aus demselben Land gekommen war. Er überlegte. Er sah um sich in die Ferne. Schließlich entdeckte er eine Burg auf einem Berg, auf der er dem Zwerg die vorzügliche Jungfrau anvertraut hatte (sie lebte acht Jahre in Ruhe), er hatte niemandem von ihr erzählt. Er sagte: »Wir sind viel geritten. Wir werden hier bleiben.« Die Herren sagten: »Wie bitte? Wir haben doch gar keinen Proviant!« »Tut jetzt, was ich euch befehle«, sagte der König von Lendrie. »Hier in der Nähe steht eine Burg, dort will ich hineinreiten.

S

│ ◄wâ er ► ► und trahtete zehant. und sach umb sich verre. ◄sach ◄an einem ► ◄het empfolhen des wâren vil wol aht jâr, der red er niht gewuoc. ► ◄wir solden ◄»nû wie? ► ► ► ◄stêt nâhen ◄ich ein hin rîten.

5645 enpfloichē S

5636 WS. Die anderen Ausgaben nehmen fehlenden Vers an (BÜSCHING 5637), möglich aber auch Dreireim an : gelân/verlân : besan/versan. 5646 W. daz zu maget (ähnlicher Wechsel oben 4192). Evtl. Änderung dâ hât sie wol aht jâr geruot? 5655 în W. Die Normalisierung ist nicht eindeutig, da die Graphie ein in W ebenfalls für Adj./Adv. eine verwendet wird – allerdings würde dann die translokale Ergänzung zu dâ fehlen.

234 W

5660

5665

5670

ir sult mîn hie bîten. ich bring iu spîse, ob ich mac. wir haben geriten disen tac. dise ros sint müede und ouch wir.« dô sprach der künic Harzir: »her, ir habet gesprochen wol. ob daz alsô wesen sol, daz ich iuwer gunst hân und mir iuwer tugent daz gan, daz ich alhie belîbe und die naht bî iu vertrîbe mit geselliclîcher tât?« dô sprach der künic von Rêrat: »herre, daz ist unser bete.« sie gehiezen in zuo stete dienst unde geselleschaft. 5660 hart zier

M

5660

5665

5670

Wartet hier auf mich! Ich bringe euch Essen, wenn ich dazu in der Lage bin. Wir sind den ganzen Tag geritten. Diese Pferde sind genauso müde wie wir.« Da sagte König Harzir: »Herr, ihr habt recht. Wäre es vielleicht möglich, falls ich in eurer Gunst stehe und eure Vorzüglichkeit mir das gönnt, dass ich hier bleibe und die Nacht in Gesellschaft mit euch verbringe?« Da sagte der König von Rerat: »Herr, wir bitten darum.« Sie versprachen ihnen auf der Stelle Dienstfertigkeit und schlossen ein Bündnis.

5670 sy

ir sult mîn hie bîten. ich bringe uns spîse, ob ich mac. wir hân geriten disen tac. diu ors sint müede, ouch wir.« dô sprach der künic Harzir: »herre, ir habet gesprochen wol. ob ez alsô wesen sol, daz ich iuwer gunst des hân und mir iuwer tugent des gan, daz ich alhie blîbe und die naht vertrîbe mit gesellîcher tât?« nû sprach der künic von Rêrat: »herre, daz ist unser bete. iu sî geheizen hie zuo stete dienst unde geselleschaft.« 5663 hân (MAUSSER 68)] haben sol M

► ich bring uns kost und spîse, ob 〈i〉ch mac. S ► S

5664 iuwer] des M

5659 Frequente Formulierung, identisch Meleranz 9215, ähnlich Pz. 163,28. 5660 Harzir. Der Schreiber verstand offenbar den Namen nicht und änderte ihn zu einem Adv. Vgl. auch zu 897, 5583, 5916, 5950, 6045–47 und 6070. 5662ff. Die drei Ritter schließen ein Bündnis unter Verwendung des dafür gebräuchlichen Rechtsterminus geselleschaft: Sein häufigster Gebrauch bezieht sich »auf die befristeten Schwurgenossenschaften der nicht fürstlichen Adligen, auf die Einungen des vorzüglich ritterlichen Adels. […] ›Gesellschaft‹ war schwerpunktmäßig die bündische Organisation auf Zeit von gleichberechtigten adligen Individuen, ›Bund‹ schwerpunktmäßig die bündische Organisation korporativer Teinehmer von Städten […].« (Geschichtliche Grundbegriffe I,596f.).

235 W

5675

5680

5685

5690

die drî ritter tugenthaft gelobten daz mit eiden, daz sie niht wolten gescheiden werden von keiner slahte nôt, ez wære gevancnüs oder tôt. diu geselschaft wert ein jâr und hielten ez stæte zwâr. Wîgamûr, der tugentrîche, vil harte vrœlîche reit hin ûf den berc. dâ vant er aber daz twerc vor der burc sitzen. dar kam er mit guoten witzen. als in daz getwerc an sach, ez erkant in unde sprach: »her, sît mir wilkomen unde got! lâzt mich sîn ein bot, der daz botenbrôt gewinne, wan die küniginne werden al iuwer zuokunft vrô.« Wîgamûr, der vrâget dô und sprach: »ist diu juncvrou noch die ich zum næhsten hie lie, [hie,

Die drei tüchtigen Ritter gelobten mit Eiden, dass sie sich nicht voneinander trennen wollten durch irgendeine Anfechtung, es sei denn, es wäre Gefangenschaft oder Tod. Der Bund sollte ein Jahr dauern und sie würden ihn wirklich fest einhalten. Wigamur, der tüchtige, ritt sehr fröhlich den Berg hinauf. Dort fand er abermals den Zwerg vor der Burg sitzen. Mit großer Verständigkeit kam er zu ihm. Als der Zwerg ihn bemerkte, erkannte er ihn und sagte: »Herr, seid mir und Gott willkommen! Lasst mich ein Bote sein, der den Botenlohn bekommt, denn die Königinnen werden über eure Ankunft erfreut sein.« Wigamur fragte darauf: »Ist die junge Fürstin noch hier, die ich letztes Mal hier gelassen habe,

die drî ritter tugenthaft lobeten daz mit eiden, daz sie niht gescheiden wurden durch keine nôt, 5675 ez ne wære gevancnisse oder tôt. diu geselleschaft solte stên ein jâr. als〈ô〉 liezen sie ez wâr. Wîgamûr, der tugende rîche, reit vrœlîche. 5680 er reit ûf an den berc. nû vant er aber daz getwerc vor der bürge sitzen. 5684 M dâ kam von guoten […] M

5676 Exzipierender Nebensatz (25PAUL §S159), in W nicht mit Negation markiert. Die Aufzählung schließt Verhinderung durch höhere Gewalt aus, vgl. oben zu 1000 und Sachsenspiegel Landrecht II.7 Vir sake sin, de echte not heten: venknisse unde suke, Godes denest buten lande, unde des rikes denest sowie Iwein 2933f., Garel 314f., 11287f. Es wäre auch möglich, W gegenteilig als Beispiele der nôt zu verstehen: »egal ob Gefängnis oder Tod«. 5678 W. Zu ergänzen ist pronominales Subj. sie (25PAUL §S110). Seltsam bleibt das Obj. ez, das sich wohl auf geselleschaft bezieht; stand in der Vorlage hieltens? 5694 zum næhsten. Wohl in der Bedeutung »beim letzten Mal«, ähnlich Tristan 3960f. […] iedoch / lebeten si, do ich si nahest sach. Nicht belegt aber ist die hier vorliegende Präpositionalkonstruktion

236 5695 W

5700

5705

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5715

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5725

5730

Pîôles, diu vil guote, die ich in dîner vrouwen huote empfalch, dô ich von hinnen reit? ist ir ie geschehen kein leit, daz muoz mich imer riuwen. ich empfalch sie zuo iuwern triuwen.« »jâ, sie ist gesunt und vrô«, sprach daz getwerc dô, »daz mügt ir selber schouwen. sie ist bî mînen vrouwen in einer kemenâten; dâ ist sie wol berâten zuo allem, daz sie geren hât: sîden, golt und allen rât.« daz getwerc dô dannen lief. vil lût ez in der burc rief: »wol ûf, empfâhet den man, von dem wir den lîp hân!« den vrouwen saget er diu mære, daz dô komen wære der ritter, von des vrümekeit was zuo liebe komen ir leit. diu schœne Ligronîten und ouch diu hübsche Flogrisîten und diu süeze Pîôles, gar vrô wurden sie des. bî den henden sie sich viengen. in den hof sie giengen, dâ sie den ritter sâhen. sie îlten in ze empfâhen, sie kusten in vil minniclîch. die künigînne alle gelîch beleitten in ûf den palas hô. Pîôles umbvienc in dô mit den armen zuo ir. »wie mohtet ir, her, von mir ie sô lange gesîn, 5705 kemenâten (BÜSCHING)] kamnetten

Pioles, die vorzügliche, die ich in die Fürsorge deiner Herrin übergab, als ich wegritt? Wenn ihr nur kein Unglück zustieß, das würde mich ewig betrüben. Ich vertraute sie euch an.« »Jawohl, sie ist gesund und munter«, antwortete der Zwerg. »Das könnt ihr selbst sehen. Sie ist bei meinen Damen in einer Kemenate; dort wird sie gut umsorgt mit allem, was sie sich wünscht: Seide, Gold und alles, was sie sonst benötigt.« Der Zwerg rannte weg. Laut rief er in der Burg: »Auf, auf! Empfangt den Mann, dem wir unser Leben verdanken!« Er erzählte den Damen, dass der Ritter gekommen wäre, durch dessen Tüchtigkeit sich ihre Bedrängnis in Freude wandelte. Die schöne Ligronite sowie die höfische Flogrisite und die angenehme Pioles erfreute das sehr. Hand in Hand gingen sie in den Hof, wo sie den Ritter erblickten. Sie eilten, ihn zu empfangen, sie küssten ihn freundlich. Die Königinnen geleiteten ihn zusammen zum Palas hinauf. Pioles nahm ihn in ihre Arme. »Wie konntet ihr, Herr, von mir so lange fortbleiben,

5715 frünckheit

von nâhest mit zuo (vgl. auch DWb VII,133, BMZ II/1,285b). Liegt versehentliche Konstruktionsmischung mit ze jungest vor? 5696 vrouwen. Bezug unklar, wahrscheinlich in der ausgefallenen Passage nach 109983ff. genannte Person(en). Möglicherweise die Gattin Johiotes’ oder dessen Töchter Ligronite und Flogrisite. Vgl. auch 5735.

237 W

5735

5740

5745

5750

5755

5760

wan ich hân nieman dan dîn.« dô sprach der künic Wîgamûr: »nun soltû, vrouwe, hin vür niemêr bî der künigîn sîn. den rîchen künic von Norendîn bringe ich dir, daz ist wâr.« Pîôles, diu vrouwe wol gevar, ab sînem namen vor liebe erschrac, daz sie niht weste, wâ sie lac. sie viel dem ritter in sîn schôz, ein kalter sweiz ir übervlôz ir liehte varwe, diu wart bleich, daz ir diu kraft entweich. sie rihtet sich ûf und wart vrô. zuo Wîgamûr sprach sie dô: »lieber her, nû saget mir, wâ ist der künic Harzir?« dô sprach der künic mit dem arn: »dâ soltû, vrouwe, mit mir varn; ich bring iuch schiere, dâ er ist.« nun wart diu vrou in kurzer vrist zuo der vart gekleit. ein pfert wart ir ouch bereit. Wîgamûr, der ritter balt, vuorte die vrouwen in den walt. sie kâmen in kurzer stunden, dâ sie den künic vunden. als sie in ersach, diu süeze, dô viel sie im zuo vüezen von dem pfert, als sie reit. der künic daz ouch niht vermeit. dô sie die vrouwen sâhen, 5734 solt die 5760 fiesse

ich habe doch nur dich.« Da sagte König Wigamur: »Herrin, du wirst fortan nicht mehr bei der Königin bleiben. Den mächtigen König von Norendin bringe ich dir, das ist wirklich wahr.« Pioles, die ansehnliche Fürstin, erschrak vor Freude, als sie seinen Namen hörte, sodass sie nicht wusste, wo sie lag. Sie war dem Ritter in den Schoß gesunken, kalter Schweiß floss ihr über ihr wunderschönes Gesicht, das bleich wurde, sodass sie das Bewusstsein verlor. Sie richtete sich auf und wurde glücklich. Zu Wigamur sagte sie: »Lieber Herr, sagt mir doch, wo ist König Harzir?« Da sagte der König mit dem Adler: »Du wirst, Herrin, mit mir kommen; ich bringe euch bald dorthin, wo er ist.« Nun wurde die Herrin schnell für die Fahrt gekleidet. Ein Pferd wurde ihr ebenfalls vorbereitet. Wigamur, der kühne Ritter, brachte die Fürstin in den Wald. Sie kamen bald dorthin, wo sie den König fanden. Als die Angenehme ihn erblickte, fiel sie ihm zu Füßen von dem Pferd, das sie ritt. Der König unterließ das ebenfalls nicht. Als sie die Herrin sahen,

5736 den rîchen (BÜSCHING)] der reiche

5759 süeze (BÜSCHING)] süssen

5739–44 Typische Beschreibung der von Ovid geprägten Symptome von starker Liebe als Krankheit, vgl. Flore 3968–71 und allgem. z.B. HOFFMANN, KISTLER und PHILIPOWSKI. 5740 lac. Als Bewegungsverb unwahrscheinlich (WIESSNER 455ff.), daher viel 5741 als vorangehende Handlung verstanden (Hysteron-Proteron). 5742f. Entweder Konstruktion apo koinou (sweiz als Obj. zu übervlôz und nominativus pendens zu wart) oder 5743 als Relativsatz mit ungewöhnlicher Zweistellung des Verbs (25PAUL §S210). 5750 dâ. Steht am Anfang erklärender Antworten ohne anaphorische Bedeutung (BEHAGHEL III,95, BMZ I,305a). 5762 Es ist im Kontext nicht zu erkennen, wer mit künic gemeint ist und welche Handlung er nicht unterlässt. Ist Text (z.B. nach diesem Vers) ausgefallen?

238 W 5765

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5790

5795

sie îlten sie empfâhen. nû erkant der künic von Norendîn dô die vriundîn sîn. guotlîchen er sie empfie, grœzer lieb gewunnen sie nie, man noch wîp, als man saget, ez was in vil lieb betaget. dô sprach daz süeze megetîn zuo dem künig von Norendîn: »nû solt dû, lieber herre, danken vil sêre disem ritter gemeit, wan von sîner vrumekeit dû hetest mich anders nimer mêr geseich wil im der triuwen jehen, [hen. die er an mir getân hât.« sie sagt im alle die tât, die er ie an ir begie, wie er sie vant und wie er sie lie und sie brâhte zuo den liuten wider und wie man ir pflac sider mit ganzen êren durch in. dô sprach der künic von Norendîn: »daz sol ich verdienen, wil ez got.« sîne hende er im bôt, er wolte werden sîn man. Wîgamûr sprach sân: »her, ir sît ein künic als ich. ez wære mir zuo grôzlîch, iuwer manheit ich niht ger. mîn schilt und mîn sper sol iu dienen, die wîl ich lebe,

beeilten sie sich, sie zu empfangen. Jetzt erkannte der König von Norendin seine Geliebte. Freundlich empfing er sie, größere Freude empfanden Mann und Frau niemals, wie man sagt, es wurde ihnen große Freundlichkeit zuteil. Da sagte die angenehme Jungfrau zum König von Norendin: »Du sollst nun, lieber Herr, herzlich danken diesem stattlichen Ritter, denn ohne seine Tüchtigkeit hättest du mich nicht mehr wieder gesehen. Ich will ihm die Treue zusagen, die er mir getan hat.« Sie erzählte ihm alles, was er für sie getan hatte, wie er sie fand und wie er sie zurückließ und sie zurück zu den Menschen brachte und wie man sich seitdem seinetwegen untadlig um sie kümmerte. Da sagte der König von Norendin: »So Gott will, werde ich das vergelten.« Er streckte ihm seine Hände entgegen, er wollte sein Vasall werden. Wigamur sagte sofort: »Fürst, ihr seid genauso wie ich ein König. Es wäre mir zu groß, eure Untergebenheit möchte ich nicht. Mein Schwert und meine Lanze sollen euch dienen, so lange ich lebe,

5769f. saget : betaget (MAUSSER 39)] sagte : betagte

5776 frimckeitt

5790 sam

5770 betaget. SARRAZIN konjiziert seit : bereit; zu betagen vgl. zu 150. 5773f. herre : sêre. Zur Reimbindung vgl. zu 4303f. 5793 manheit. Eigentlich »männlichkeit, mannhaftes, tapferes wesen« (LEXER I,2031). Für die ungebräuchliche Bedeutung »verhältnis eines dienst- od. lehnsmannes« gibt LEXER zusätzlich nur Deutschenspiegel 1,3 (in der Ausgabe FICKER S. 36) als weiteren Beleg, der jedoch auf einen Fehler der Innsbrucker Hs. (Universitätsbibl., Cod. 922) zurückzuführen ist: Wir zelegen dreier hande vreiung. Dein sint ein gar vreien. als fFrsten vnd die vreien ze manhaitt so haizzent die andern mitter vreien daz sint die der vreien man sint. In der kritischen Ausgabe S. 82 wird korrigiert und die vrîen ze man hânt. DRW IX,138 führt lediglich zwei abseitige nd. Belege mit der Bedeutung »Huldigung im Lehnrecht sowie metonymisch dazu der daraus folgende lehnsrechtliche Status« an. Wahrscheinlich liegt auch an dieser Stelle ein Schreibfehler z.B. von manschaft vor.

239 W

5800

5805

5810

5815

5820

5825

wan ez sich anders begebe, wan mir sîn kein nôt ist. ez wære ein vil guoter list, daz ein man wol tæte, sô er des stat hæte. vrouwen dienet ich ouch ie, als ir habt gejehen hie; des wil ich immer wesen vrô.« die juncvrouwen kâmen dô von der burc geriten. sie begunden mit zühten biten die drî ritter gemeit, daz sie durch ir hübscheit mit in zuo hove wolten varn. dô sprach der ritter mit dem arn: »von iuwern gnâden wir daz biten [und begeren, daz wir mit iuwern hulden des werden verzîhen †ir sült vns senden der hilfe vuoter, wîn und ouch brôt.« [not† Dô die juncvrouwen wol gevar hiezen in vüeren dar vuoter unde spîse vil, Pîôles, ir gespil, urloup nam von in, wan sie der künic von Norendîn nû wolt vüeren von dan. nû begunden weinen sân diu süezen juncvröuwelîn. an in was miltikeit wol schîn. alsus dô schieden sie sich,

außer es trägt sich anders zu (?), weil ich es nicht nötig habe. Es wäre eine gute Weisheit, dass ein Mensch gut handelte, wann immer er dazu Gelegenheit hätte. Auch ich diente stets den Fürstinnen, wie ihr hier gesagt habt; ich will immer glücklich darüber sein.« Die jungen Fürstinnen ritten nun von der Burg weg. Sie baten die drei stattlichen Ritter höflich, dass sie mit Rücksicht auf ihre Courtoisie sie zum Hof begleiten möchten. Da sagte der Ritter mit dem Adler: »Von eurer Gunst erbitten und erfragen wir,

5803 das

5825 als in dem

5822 begund

5823 süsse

dass wir mit eurer Zustimmung davon werden befreit … Futter, Wein und auch Brot.« Als die ansehnlichen jungen Fürstinnen befahlen, ihnen dorthin reichlich Futter und Nahrung zu bringen, verabschiedete sich Pioles, ihre Gefährtin, von ihnen, denn der König von Norendin wollte sie nun fortbringen. Sofort brachen die angenehmen jungen Damen in Tränen aus. Bei ihnen zeigte sich wirklich Freigebigkeit. Auf diese Weise trennten sich nun

5796 begebe. Im Mhd. noch nicht in der Bedeutung »sich begeben, ereignen, sich zutragen, stattfinden« (Frühnhd.Wb. III,550f.) belegt. Die gängige Bedeutung passt an dieser Stelle nicht (MWb I,479: »von jmdm./etw. ablassen, jmdn. im Stich lassen, auf etw. verzichten« und vor allem refl. »sich einer geistl. Gemeinschaft anschließen«). Die Konstruktion ist wohl auf den Schreiber zurückzuführen. 5811–14 Der Reim ist »völlig ausgeschlossen […]. Der Wigam. kennt keinen Reim bëgern : wërn > wërden, sowie er auch keinen worn part. > worden kennt. So kann der Teichner und W reimen, aber nicht das Original!« (MAUSSER 33). Zudem sind die Verse deutlich zu lang. Möglicherweise reimte ursprünglich begern : verbern, wodurch auch das Enjambement entfiele. Schwieriger sind die beiden folgenden Verse, da die Wendung der hilfe nôt (»die Notwendigkeit/Mühe der Hilfe«?) nicht belegt ist. Entweder Änderung zu der hilfe rât mit ungewisser Reimbindung oder uns ist der hilfe nôt (»wir brauchen Hilfe«), vgl. zum Reim nôt : brôt Meleranz 1047f. 5825 alsus dô. Der Wortlaut in W ist unwahrscheinlich, zumal indem für indes erst in frühnhd. Zeit aufkommt (DWb IV/2,2107).

240 W

5830

5835

5840

5845

5850

5855

5860

die juncvrouwen minniclîch. alsô lâgen sie die naht in dem walde, biz kam der ander morgen balde. dô riten sie gên Munsigret, diu stat was von Gurgralet des künigs, von Lipondrigûn. ein ritter von Harelfrum ûf der strâze in widervuor. dô bat der ritter Wîgamûr, daz er im sagte mære, wes diu stat wære. dô sprach der ritter zuo hant: »diu stat und ditze lant dienet dem künige von Gurgralet.« Wîgamûr sprach zuo der stet: »nû sag uns, her, dâ bî, wizzet ir, wâ der künic sî? ist iu daz iht bekant? wir sîn boten an in gesant und sîn hie zuo lande geste.« »sô rât ich iu daz beste«, sprach der ritter unverzaget. »er brâhte hiut ein maget, diu ist klâr und wol getân, die kan der künic niht übergân mit übel noch mit guote. sie ist in sô vestem muote, daz sie durch in niht wil tuon. nû wil der künic Lipondrigûn rîten gên Gundilar und daz megetîn mit schal mit im vüeren umbe daz, ob er sie dester baz sînes willen müge übergân. er wil sie selbes sehen lân sîner manheit kraft.

die schönen jungen Fürstinnen. So verbrachten sie die Nacht in dem Wald, bis bald der nächste Morgen anbrach. Da ritten sie in Richtung Munsigret, die eine Stadt des Königs von Gurgralet war, von Lipondrigun also. Ein Ritter von Harelfrum ritt ihnen auf der Straße entgegen. Der Ritter Wigamur bat ihn, ihm zu sagen, wessen Stadt das sei. Der Ritter antwortete sofort: »Die Stadt und dieses Land unterstehen dem König von Gurgralet.« Wigamur sagte sofort: »Jetzt sag uns, Herr, dazu: Wisst ihr, wo der König sich aufhält? Ist euch darüber etwas bekannt? Wir wurden als Boten zu ihm geschickt und sind fremd in diesem Land.« »Dann ist das mein bester Rat«, sagte der wackere Ritter. »Er brachte heute eine Jungfrau hierher, die ist strahlend und wundervoll, der König kann sie nicht mit Schlechtem und Gutem zu irgendetwas bewegen. Ihre Haltung ist so standhaft, dass sie nichts für ihn tun will. Jetzt möchte König Lipondrigun nach Gundilar reiten und die Jungfrau in prächtigem Aufzug mit sich führen, damit er sie umso mehr dazu bringen könnte, dass sie seinen Willen täte. Er will sie mit ihren eigenen Augen sehen lassen, dass er ein starker Mann ist.

5829 Munsigret. Bisher wurde mit diesem Namen ein Gewässer benannt, hier nun erstmals eine Stadt. In einem gängigen Prozess wurden Orte zunächst anhand eines geographischen Merkmales lokalisiert (also stat ze [dem sê] Munsigret) und erst in einem weiteren Schritt selbst so benannt (stat Munsigret), vgl. BACH §§152f. 5844 gesant. Attributives Part., das eine vorangehende Handlung beschreibt (BEHAGHEL II,404f.). 5851f. guote. Hier stN in der Paarformel übel unde guot (vgl. auch 4307). Zum Reim Einleitung 4.C.4 und MAUSSER 140. Zur Formel FRIEDRICH 417. 5855f. Gundilar : schal. In W korrekter Reim durch Anpassung des Ortsnamens (Gemorgal). Evtl. Änderung mit schal > klâr (vgl. 5931f.) oder mit sîner schar?

241 W

5865

5870

5873 5875

5880

5885

5890

5895

dâ hin kumet grôze ritterschaft von allen disen landen. vor sîner vînde handen besorge er sich †mit† dâ.« Wîgamûr sprach: »wâ gât diu rehte strâz dâ hin?« »über den berc zuo Plâmîn, zuo Gundilar über den walt, dâ muget ir vil balt den künic morgen besprechen.« »mohte wir ez wol gerechen, wir besprechen in«, sprach Atroglas. dem ritter îlen was gâch und reit vürbaz. dô sprach der ritter Wîgamûr, mit dem der adlar vuor: »ich bin des mæres harte geil. wil uns got geben heil, sô mac uns wol gelingen in allen unsern dingen.« Harzir, der künic von Norendîn, und diu juncvrouwe sîn westen dannoch niht der mære von der zweier herren swære und den grôzen kumber, den sie liten. dô sie dâ kâmen geriten zuo einem brunnen an ein gras, dô sprach künic Atroglas zuo dem künige von Norendîn: »ich wil ûf die gnâde dîn dir, herre, klagen leit, wan ich nôt und arbeit hân und ouch grôze riuwe, wan Lipondrigûn hât sîne triuwe an mir zerbrochen und geswachet. des nû sîn herz in valscheit lachet, 5862 koment

5864 seinen feinden

Dorthin kommt eine bedeutende Ritterschaft aus allen Ländern. Vor den Händen seiner Gegner sollte er sich […] in Acht nehmen.« Wigamur sagte: »Wie kommt man geradewegs dorthin?« »Über den Berg Plamin nach Gundilar jenseits des Waldes, dort könnt ihr binnen kurzem den König morgen ansprechen.« »Wenn wir es ›erreichen‹ können, dann ›sprechen‹ wir mit ihm«, sagte Atroglas. Der Ritter hatte es eilig und er ritt weiter. Da sagte der Ritter Wigamur, den der Adler begleitete: »Ich bin wirklich froh über diese Nachricht. Wenn Gott uns beisteht, dann können wir bei unserem ganzen Anliegen Erfolg haben.« Harzir, der König von Norendin, und seine junge Königin wussten immer noch nicht um das Leid der beiden Fürsten und den großen Kummer, den sie litten. Als sie nun zu einer Quelle bei einer Wiese geritten kamen, da sagte König Atroglas zum König von Norendin: »Auf dein Wohlwollen hoffend, will ich dir, Herr, Leid klagen, denn ich habe Schmerz und Mühe und auch große Betrübnis, weil Lipondrigun seine Treue an mir zerbrochen und erniedrigt hat. Worüber sein Herz vor Untreue lacht,

5871 morge

5884 junckfrawen

5865 mit. Erfordert Ergänzung, möglicherweise ist ein Substantiv (z.B. mit huote) ausgefallen. 5871–73 besprechen. Kann ›beraten, verhandeln‹, aber auch ›vor Gericht ziehen‹ bedeuten (DRW I, 1481f.); ebenso gerechen: ›erreichen‹ bzw. ›vollständig rächen‹ (LEXER I,872f.). Dieses Wortspiel ist nicht übersetzbar. 5874 Die anderen Ausgaben nehmen fehlenden Vers an, möglich aber auch Dreireim Atroglas : was : vürbaz. 5876 Zu ergänzen ist er (25PAUL §S110).

242 W 5900

5905

5910

5915

5920

5925

5930

daz ist mînes herzen sêr. ez ist geschehen selten mêr. ein tohter, die ich hân, diu 〈ist〉 ein maget wol getân und ist niur vierzehen jâr alt, diu reit gên Nunsigralt. Lipondrigûn sie dô vienc, daz mir zuo nœten ergienc. einen turnei wolt sie schouwen als ander juncvrouwen. durch die bin ich her gevarn. ouch der ritter mit dem arn, Wîgamûr, der rîche, hât die maget êlîche, Dulciflûr, die tohter mîn, als er nû lât werden schîn, wan er mit vert nâch ir.« dô sprach der künic Harzir: »sît diu tât sô ist getân, sô sült ir wizzen âne wân, (dâ ist kein zwîvel an mir niht): swâ mir zuo strîten geschiht umb iuwere beider êre, ê ich von dannen kêre, ir sehet dan, daz ich gesige oder bî iu tôt lige, wan ich von iuwer tugent guot hab gewunnen hôhen muot.« dô sprach der künic von Lendrîe: »nû sült ir râten mêr, wie wir erlœsen die maget. als uns der ritter saget, daz er kumt gên Gundilar und mit im diu maget klâr. komet ûf âventiure! sô muoz im zuo siure 5915 mit (BÜSCHING)] mir

5916 schir

das verwundet mein Herz. Nie ist Schlimmeres passiert. Eine Tochter von mir, die eine wundervolle Jungfrau und gerade einmal vierzehn Jahre alt ist, die ritt nach Nunsigralt. Lipondrigun entführte sie, was mir Kummer brachte. Ein Turnier wollte sie sich ansehen wie andere junge Fürstinnen. Wegen ihr bin ich hierher gekommen. Auch ist der Ritter mit dem Adler, Wigamur, der mächtige, mit der Jungfrau verheiratet, Dulciflur, meine Tochter, wie er nun zeigt, denn er ist bei der Verfolgung dabei.« Da sagte der König Harzir: »Wenn die Sache sich so verhält, dann sollt ihr genau wissen, (daran besteht für mich kein Zweifel): Wann immer ich in einen Kampf für euer beider Ansehen gerate, eher als dass ich mich abwende, werdet ihr dann sehen, dass ich entweder siege oder tot bei euch liege, denn durch eure Vortrefflichkeit wurde ich glücklich.« Nun sagte der König von Lendrie: »Gebt uns einen Ratschlag, wie wir die Jungfrau befreien. Wie der Ritter uns sagte, kommt er nach Gundilar und mit ihm die strahlende Jungfrau. Kommt mit auf Aventüre! Dann wird ihm 5934 saur

5916 Harzir. Der Schreiber verstand offenbar den Namen nicht und änderte ihn zu einem Adv. Vgl. auch zu 897, 5583, 5660, 5950, 6045–47 und 6070 (KHULL, Rez. Sarrazin 362 und MAUSSER 155f.). 5927f. Fehlender Reim lässt auf Verderbnis schließen, die Verse sind aber nicht auffällig (vgl. Pz. 511,4 solt ich iu râten mêre), evtl. Konjektur künic hêre? Möglicherweise ist der Sprecherwechsel ohnehin überflüssig, da Pioles im Anschluss an die folgende Rede zu weinen beginnt. In diesem Fall käme auch ein identischer Reim dô sprach der künic mêre : mêre in Frage.

243 5935 W

5940

5945

5950

5955

5960

5965

5970

werden daz megetîn. mir enbræchen dan die hende mîn, er muoz vallen von mir âne trôst; dâ mit wirt diu magt von im erlôst oder ich verliuse den lîp, sô daz ich kein wîp mit ahte mêr gewinne.« Pîôles, diu küniginne, weinte und klagte dô. sie wart aber her wider vrô, daz sie wol erkande die kraft sîner hande. der trôst und der gedinge machte ir herz geringe. »eines tages sult ir volgen mir«, daz sprach der künic Harzir. »wir wellen îlen balde und sîn hüeten ûf dem walde, dâ er über rîten sol. sînes muotes ist er dol, daz er ân gesinde vert. ist uns diu sælde beschert, daz er die maget bringet dar; ê er dan von uns var, er muoz uns die maget ledic lân. daz sol er vür wâr von mir hân.« Wîgamûr sprach zuo hant: »Lipondrigûn rihtet ditze lant. im sint die stîge wol bekant. wir versûmen vil lîht die huot. ich sag iu mîn muot, mir muoz daz wol gevallen: der künic vert mit schallen und vlîzet sich, wie er bejage ruom durch der vrouwen magetuom, ob er moht gelinden irs herzen muot. 5936 entpreche

die Jungfrau bitter werden. [sein sollten, Wenn mir nicht meine Hände abhanden gekommen wird er hilflos durch mich zu Fall kommen; damit wird die Jungfrau von ihm erlöst oder ich verliere mein Leben, sodass ich keine Frau mit Ansehen mehr bekomme.« Pioles, die Königin, weinte und klagte. Doch sie gewann wieder Zuversicht, weil sie erkannte, wie stark er war. Die Hilfe und die Zuversicht machten ihr Herz leicht. »Demnächst werdet ihr mir folgen«, sagte König Harzir. »Wir wollen schnell eilen und ihm im Wald, durch den er reiten wird, auflauern. Sein Hochmut macht ihn töricht, dass er ohne Gesinde reist. Wenn wir Glück haben, bringt er die Jungfrau dorthin; bevor er von uns scheidet, muss er sie uns überlassen. Das wird er wirklich von mir bekommen.« Wigamur sagte sofort: »Lipondrigun beherrscht dieses Land. Ihm sind die Wege genaustens bekannt. Sehr leicht verpassen wir den Hinterhalt. Ich sage euch meinen Plan, mir soll es recht sein: Der König reist in prächtigem Aufzug und bemüht sich, wie er wegen ihrer Jungfräulichkeit Ruhm gewinne, um damit ihre Herzensstimmung zu besänftigen.

5950 der kunig sprach schir

5936 enbræchen. Zu enbrechen (»fehlen, mangeln«, 2DWb VIII,1357), vgl. z.B. Crane 766f. […] wir willen wol verclagen / hîr nâch wes uns nû enbrechet, Pontus und Sidonia 197,9f. Also gieng er von ir vnd hanck dahyn, als ob jm ettwas entprech. 5947f. Numerusinkongruenz (25PAUL §S42). 5950 Harzir. Der Schreiber verstand offenbar den Namen nicht und änderte ihn zu einem Adv. Vgl. auch zu 897, 5583, 5660, 5916, 6045–47 und 6070 sowie MAUSSER 155f., KHULL, Rez. Sarrazin 362.

244 W

5975

5980

5985

5990

5995

6000

dâ von dunket mich daz guot, daz wir der huote abe stân und [] in daz magetîn 〈lân〉 vüeren biz gên Gundilar und wir nâch komen dar. daz wir in niht erschrecken, unser wâfen suln wir bedecken, daz er uns niht erkenne. widerrît er mir denne, ich stich in, daz er vallen muoz. ich mach im sîner hôchvart buoz, ê er von mir kêre, daz er immer mêre gemuote keines wîbes. gan mir got des lîbes, ich gib im des ein endlîche letze, daz er keinem sînen gemahel mit vâ[hen behefte.« von Rêrat Atroglas, der der maget vater was, danket dem künic Wîgamûr. er sprach: »diu maget Dulciflûr ist mîn kint, daz weiz ich wol. von diu ist mîn rehter geschol Lipondrigûn von Gurgralet. ob mir nâch heile ergêt, daz ich mit im strîten sol, sô arbeite ich in wol, daz er mir mîn kint lâzt vrî.« alsô riten die künig alle drî die strâzen gên Gundilar. dô sie wâren komen dar,

Deshalb finde ich es sinnvoll, dass wir auf den Hinterhalt verzichten und ihn die Jungfrau bis nach Gundilar führen lassen und wir kommen dorthin hinterher. Um ihn nicht aufzuschrecken, werden wir unsere Wappen bedecken, damit er uns nicht erkennt. Sobald er dann auf mich zu reitet, steche ich ihn, dass er fallen muss. Ich werde seinen Übermut bestrafen, bevor er von mir weggeht, damit er nie wieder eine Frau begehrt. Wenn mir Gott das Leben gönnt, bereite ich ihm ein definitives Ende, sodass er niemandes Gemahl gefangen nimmt.« Atroglas von Rerat, der Vater der Jungfrau, dankte dem König Wigamur. Er sagte: »Die Jungfrau Dulciflur ist mein Kind, dessen bin ich mir bewusst. Deswegen ist mir Lipondrigun von Gurgralet ein rechter Widersacher. Wenn es zu meinem Glück geschieht, dass ich mit ihm kämpfen werde, dann bedränge ich ihn so sehr, dass er mir mein Kind freilässt.« Mit diesem Plan ritten alle drei Könige den Weg nach Gundilar. Als sie dorthin gekommen waren,

5972f. (KHULL, Rez. Sarrazin 362) das wir der hut abe stein : vnd lassen im das magetein 5997 erpeite; es im 5993 wan; geschol (SARRAZIN)] gestol 5972f. Die unorganische Form stîn bzw. der fehlende Reim (stân : magetîn) in W deutet auf eine Umstellung der Wörter hin, zudem scheint der Schreiber das Enjambement mit der Infinitiverweiterung lân vüeren nicht verstanden zu haben und setzte daher im statt in. Möglich wäre auch und in die maget vüeren lân / biz gên Gundilar. 5976–78 Konstruktion apo koinou: Beide daz-Sätze sind von 5977 abhängig. 5980f. Zur Anspielung auf eine Sentenz HSS 104f. 5987 beheften. Rechtsterminus, hier wohl »jmd. in Haft nehmen« (DRW I,1436f.). Der Vers ist allerdings zu lang und die Reimbindung ist unrein. Evtl. Konjektur daz er kein gemahel hetze? 5997 arbeiten transitiv: »jmd. quälen, […] schädigen, belästigen […]« (2DWb III,196f., MWb I,345), vgl. JT 2523,3 so mFst ich herze, můt und sin arbeiten, St. Georgener Predigten 111,18f. dar umb sol der mentsche sinen lib arbaiten und kestigen, Hesler 1326f. ir entrunnet Pharaone, / der uch zu harte arbeitte.

245 W

6005

6010

6015

6020

6025

6030

6035

6040

sie viengen herberge niden an einem berge an dem ende der stat. Wîgamûr den wirt bat, daz er behielte sîn arn. er wolte ân in ûz varn, daz man in niht erkante dâ. die drî künig riten sâ gewâfent ûz an daz velt. dâ was ûf geslagen manic gezelt vor der stat bî einem graben. dâ het sich der turnei erhaben, dâ manic stolzer ritter reit, und manic hübsche vrouwe wol gereit schouwen dâ bî. [kleit nû sach der künic von Lendrî, daz dort habet Lipondrigûn ûf einem rosse, daz was brûn, – gezimieret wol nâch hôhem kost – und sich bereit zuo einem tjost. manlîchen er hin und her vuor. nû kêrte der herre Wîgamûr vast ûf in mit einem sper. ez was im komen nâch sîner ger. mit solcher kraft er in stach, daz im der satelbogen zerbrach und viel nider in den sant, daz erz an sînem lîp empfant. Wîgamûr vuor über in. er sprach: »weist dû die triuwe dîn, die dû mir gâbest zuo Nunsigralt, dô dir der prîs wart gezalt über alle ritterschaft biz an mich? hetest dû niht versprochen dich? dô tætest dû mir sicherheit; daz muoz dir nun werden leit, daz dû die niht liezest varn, Dulciflûr, die maget klârn, die dû mir viengest zuo leide

bezogen sie Quartier am Fuße eines Berges am Stadtrand. Wigamur bat den Gastgeber, seinen Adler zu sich zu nehmen. Er wollte ohne ihn ausziehen, damit man ihn dort nicht erkennen würde. Die drei Könige ritten sofort bewaffnet auf das Feld hinaus. Dort waren viele Zelte vor der Stadt bei einem Graben aufgeschlagen. Dort hatte das Turnier begonnen, zu dem viele herrliche Ritter geritten waren, und viele gut gekleidete höfische Frauen waren gekommen, um ihnen dabei zuzusehen. Nun sah der König von Lendrie, dass Lipondrigun dort auf einem dunklen Ross hielt – er war aufwendig und prächtig geschmückt –, und sich zu einer Tjost bereitete. Männlich ritt er mehrere Durchgänge. Fürst Wigamur ritt jäh mit einer Lanze gewaltig auf ihn los. Es war gekommen, wie er es sich gewünscht hatte. Er stach ihn mit derartiger Kraft, dass ihm der Sattelbogen zerbrach und er in den Sand hinunterfiel, dass es ihn schmerzte. Wigamur sprang über ihn. Er sagte: »Erinnerst du dich an dein Versprechen, das du mir in Nunsigralt gegeben hast, als du gerühmt wurdest von der ganzen Ritterschar bis hin zu mir? Hast du mir nicht etwas zugesichert? Damals hast du mir Sicherheit gegeben; jetzt muss dir das Schaden bringen, dass du Dulciflur nicht hast gehen lassen, die strahlende Jungfrau, die du zu meinem Leid gefangen genommen hast

6021 tjost (BÜSCHING)] trost 6037 nun (BÜSCHING)] num 6040f. ein Bl. fehlt W, vgl. Einleitung Kap. 2

6039 maget (BÜSCHING)] mage

6022 Wohl turnierterminologische Beschreibung mehrerer Durchgänge mit anschließender Kehrtwendung, vgl. zu 3233.

246 W 6041

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6050

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6065

6070

… nû sach sie alsô wunden Lipondrigûn her tragen. sie hôrte sîn niender klagen, wan sîne wunden alle. nû vuor dort her mit schalle Atroglas und Wîgamûr †pald vnd schir der kunig für† sie alle jâhen, dô sie die maget sâhen, durch die sie wâren komen dar, haben an der vrouwen schar ûf einem wîzen mûle blanc: »Wîgamûr nû habe danc!« als er die vrouwen êrst ersach, er kuste sie und sprach: »vrou, ir sît von sorgen vrî.« die rîchen künig alle drî underwunden sich der maget schœn. sie riten vrœlîche von dan gên Granlînas. sînes arn er niht vergaz, von Lendrîe Wîgamûr. Pîôles und Dulciflûr, die zwô jungen küniginne, die wâren durch slehte minne zuo grôzer arbeit komen, als ir von in habt vernomen. die hât der künic von Lendrîe von sorgen gemachet vrîe. Atroglas, Harzir, Wîgamûr, 6044 sy wöneten

… sie sah nun, wie der derart verwundete Lipondrigun hergetragen wurde. Er beklagte sich nur noch über seine Wunden. Jetzt gingen in prächtigem Aufzug Atroglas und Wigamur … sie alle sagten, als sie die Jungfrau sahen, wegen der sie hergekommen waren, bei der Gruppe der Frauen sitzen auf einem strahlendweißen Maultier: »Wigamur habe Dank!« Als er die Herrin zuerst erblickte, küsste er sie und sagte: »Herrin, macht euch keine Sorgen.« Die drei mächtigen Könige nahmen sich der schönen Jungfrau an. Sie ritten gut gelaunt fort nach Granlinas. Seinen Adler vergaß Wigamur von Lendrie nicht. Pioles und Dulciflur, die zwei jungen Königinnen, waren durch aufrichtige Liebe zu großer Mühsal gekommen, wie ihr gehört habt. Der König von Lendrie hat ihnen ihre Sorgen genommen. Atroglas, Harzir, Wigamur,

6070 hart schir

6045–47 Wahrscheinlich ist 6047 wie 897, 5583, 5660, 5916, 5950 und 6070 der Name Harzir vom Schreiber unverstanden geblieben. Satzkonstruktion mit doppeltem vuor ist nun undurchschaubar. 6052 wîzen mûle blanc. Tautologische Beschreibung, vgl. z.B. Erec 2020 ir pherit blanc snêwîz, Garel 912 Mit ir blanchen handen weizz. 6058–61 Unreiner Reim 6058f. deutet auf Schreibereingriff hin. SARRAZIN 19 schlägt vor schœn > sân; s.a. zu 6060. 6060 Granlînas. Wird nur an dieser Stelle genannt und ist daher als Reiseziel unwahrscheinlich, zumal die Gruppe bereits 6072f. zurück nach Rerat kehren will. Handelt es sich um Gundilar, den Ort also, an dem sich die Gruppe gerade befindet? Dann aber könnte man sich eher folgende Verse vorstellen: … / unterwunden sich der maget klâr. / sie riten vrœlîche von Gundilar. / er vergaz niht sînen adelâr, / von Lendrîe Wîgamûr. 6070 Harzir. Der Schreiber verstand offenbar den Namen nicht und änderte ihn zu einem Adv. Vgl. auch zu 897, 5583, 5660, 5916, 5950 und 6045–47.

247 W

6075

6080

6085

6090

6094

6095

6100

Pîôles und Dulciflûr mit vreuden riten gên Rêrat. zuo Negragrîs, der houbetstat, kâmen sie eines morgens vruo. die jungen küniginne zwuo wurden dâ zuo râte, daz sie riten drâte ûf die burc und tâten kunt, daz in kæme gesunt ir her, der künic Atroglas. nû sie kâmen vür den palas, dâ stigen ab die vrouwen gemeit. manic ritter wol gekleit îlten sie empfâhen. ûz der burc begunde gâhen maniger juncher dol. ir juncvrouwen erkanten sie wol irer muoter kâmen ouch diu mære … sie îlte balde hervür. dô sprach Dulciflûr: »vrou muoter, ir sult vrô sîn! Atroglas, der vater mîn, ist gesunt komen wider dâ … rihte er, als er solte tuon. er gewan einen suon bî der vrouwen Dulciflûr. der wart genant von natûr Dulciwîgar küniclîchen, des vreuet sich arm und die rîchen. bî dem hât diu âventiure niht betaget, wan von im wirt hie niht gesaget. 6072 freden; gên Rêrat (BÜSCHING)] gererat

Pioles und Dulciflur ritten hochgestimmt nach Rerat. Nach Negragris, der Hauptstadt, kamen sie eines Morgens früh. Die zwei jungen Königinnen beschlossen, schnell auf die Burg zu reiten und bekannt zu machen, dass ihr Herr, der König Atroglas, in bester Gesundheit käme. Als sie vor den Palas kamen, stiegen dort die prächtigen Herrinnen ab. Viele prächtig gekleidete Ritter rannten herbei, um sie zu begrüßen. Aus der Burg rannten viele ansehnliche junge Fürsten los. Sie erkannten ihre junge Herrin durchaus. Ihrer Mutter kam ebenfalls zu Ohren … sie rannte schnell hervor. Dulciflur sagte: »Hochgeborne Mutter, freut euch! Atroglas, mein Vater, ist gesund wieder nach Hause gekommen … herrschte er, wie er es tun sollte. Er hat einen Sohn von der Frau Dulciflur bekommen. Aufgrund seiner Abstammung wurde er königlich Dulciwigar genannt, alle freuten sich darüber. Zu diesem hat die Quelle nichts hervorgebracht, denn von ihm wird hier nichts erzählt. 6094f. ein Doppelbl. fehlt W, vgl. Einleitung Kap. 2

6086 dol. Das Adj. ist in positiver Bedeutung selten belegt (LEXER II,1458, DWb XI/1/1,635f.). Vgl. Winsbecke S. 73 (unechte und zweifelhafte Strophen), 18g, 5–7 Uff sinem hele zymet wol / Ein krantz von reines wibes hant, / Do von er mag wol wesen tol und Heinrich der Teichner 481,86f. ich h"n dich gemachet dol, / daz du ein biderb man bist worden. 6098f. Auch Titurel wird nach seinen Eltern Titurison und Elizabele benannt: JT 173,1 Di meister von nature iz Titurel do hiezen. 6101 betaget. KHULL, Wigamur 98 emendiert bî dem diu âventiure daget. Hier betagen ausgehend von der Bedeutung »zu tage bringen« (LEXER I,233f.), möglicherweise bereits Frühnhd. »etw. offenbaren, mitteilen […]« (Frühnhd.Wb. III,2032). Handelt es sich um eine Schreiberänderung? Vgl. auch 150.

248

dâ mit hât ez ein ende. got unser aller kumber wende in vreuden in dem himelrîche. sprechet alle gelîche: âmen. W Deo gracias! W

6105

Die Geschichte endet an dieser Stelle. Gott möge unser aller Kummer im Himmelreich in Freude wenden. Sprecht alle zusammen: Amen. Gott sei Dank!

6106ff. âmen. DOCEN 354 stellt einen korrekten Vers her: sprechet âmen alle glîch. Die Herausstellung aus dem eigentlichen Vers hinter die korrekte Reimbindung himelrîche : gelîche ist jedoch genauso topisch wie der formelhafte Gebetswunsch und die vorangehende Quellenberufung 6101f. (IWAND 15– 37, zum Wigamur S. 25 und 124).

Illustrationen der Hs. W Reproduktion in Originalgröße Angaben: Bildnummer, Blatt, Vers vor der Illustration, Vers nach der Illustration

Nr. 1, Bl. 1r Titel, 1

Nr. 2, Bl. 2v o. Rand, 52

250

Nr. 3, Bl. 5r o. Rand, 149

Nr. 4, Bl. 6v 206, u. Rand

251

Nr. 5, Bl. 7v o. Rand, 230

Nr. 6, Bl. 10r o. Rand, 327

252

Nr. 7, Bl. 13r 451, 452

Nr. 8, Bl. 15r 531, 532

253

Nr. 9, Bl. 17r 611, 612

Nr. 10, Bl. 22v o. Rand, 838

254

Nr. 11, Bl. 24v o. Rand, 911

Nr. 12, Bl. 26v 989, 990

255

Nr. 13, Bl. 28r 1041, 1042

Nr. 14, Bl. 29r 1075, u. Rand

256

Nr. 15, Bl. 30r o. Rand, 1100

Nr. 16, Bl. 32r 1175, 1176

257

Nr. 17, Bl. 34r 1249, 1250

Nr. 18, Bl. 36r o. Rand, 1328

258

Nr. 19, Bl. 37r 1357, 1358

Nr. 20, Bl. 38r 1386, 1387

259

Nr. 21, Bl. 40r o. Rand, 1457

Nr. 22, Bl. 41r o. Rand, 1482

260

Nr. 23, Bl. 42r o. Rand, 1510

Nr. 24, Bl. 44r 1583, u. Rand

261

Nr. 25, Bl. 49v 1793, 1794

Nr. 26, Bl. 50v o. Rand, 1818

262

Nr. 27, Bl. 51v 1847, 1848

Nr. 29, Bl. 57r o. Rand, 2036

60% der Originalgröße

Nr. 28, Bl. 54r o. Rand, 1929

263

Nr. 30, Bl. 60v 2169, vor 2170

Nr. 31, Bl. 63v o. Rand, 2280

60% der Originalgröße

Nr. 32, Bl. 65r 2335, u. Rand

264

Nr. 33, Bl. 66r o. Rand, 2357

Nr. 34, Bl. 68r 2432, 2433

60% der Originalgröße

Nr. 35, Bl. 70r 2512, 2513

265

Nr. 36, Bl. 73v 2650, 2651

Nr. 37, Bl. 74r 2658, 2659

266

Nr. 38, Bl. 75r 2684, 2685

Nr. 39, Bl. 77r 2762, u. Rand

267

Nr. 40, Bl. 81r 2924, 2925

Nr. 41, Bl. 83r 3000, 3001

268

Nr. 42, Bl. 85r 3076, 3077

Nr. 43, Bl. 86r 3106, 3107

269

Nr. 44, Bl. 89r 3226, 3227

Nr. 45, Bl. 91r 3298, 3299

270

Nr. 46, Bl. 94v 3432, 3433

Nr. 47, Bl. 95v o. Rand, 3458

271

Nr. 48, Bl. 98r 3549, 3550

Nr. 49, Bl. 100r o. Rand, 3623

272

Nr. 50, Bl. 103v o. Rand, 3757

Nr. 51, Bl. 105v 3830, 3831

273

Nr. 52, Bl. 109v 3996, 3997

Nr. 53, Bl. 111r 4056, u. Rand

274

Nr. 54, Bl. 113v o. Rand, 4156

Nr. 55, Bl. 115r 4220, u. Rand

275

Nr. 56, Bl. 116r 4250, 4251

Nr. 57, Bl. 119v o. Rand, 4398

276

Nr. 58, Bl. 121v 4480, u. Rand

Nr. 59, Bl. 123v o. Rand, 4551

277

Nr. 60, Bl. 126v o. Rand, 4675

Nr. 61, Bl. 128v 4754, 4755

278

Nr. 62, Bl. 133r o. Rand, 4937

Nr. 63, Bl. 135r o. Rand, 5008

279

Nr. 64, Bl. 140v 5252, 5253

Nr. 65, Bl. 143v 5376, 5377

280

Nr. 66, Bl. 151r o. Rand, 5711

Nr. 67, Bl. 151v 5726, u. Rand

Autopsie-Berichte Handschrift M Lage II Bl. II,1 II,1r (585–629) Obere Hälfte zum Teil schwer oder nur unter UV lesbar 600 (Z.10) halſbrgeſ: der Haken ist nur unter UV zu sehen 600 (Z. 11) den: d rot angestrichen 601 (Z. 11) rNrte: r nach oben verlängert, wie aus f korrigiert? 619 (Z. 21) an: a rot gestrichelt II,1v (630–668) Letzte und vorletzte Zeile (27 und 28, Verse 666– 8) auch mit UV kaum noch erkennbar, Palimpsest erschwert Erkennbarkeit 633 (Z. 2f.) der Vers wurde versehentlich zweimal hintereinander geschrieben

Bl. II,4 II,4r (828–867) Seite großflächig stark ausgeblichen, z.T. nur mit UV erkennbar 1. Zeile (828 reit bis 829) nur unter UV lesbar; [vrm]eit: vrm nicht mehr sichtbar, Übernahme von KRAUS 830 (Z. 2) Die: das d, für das Platz ausgespart wurde, ist entweder nicht aufgeführt worden oder ist inzwischen nicht mehr sichtbar 831 (Z. 3) vor tivre freier Raum, in dem aber keine Buchstaben sichtbar sind 846 (Z. 13) da ſin: unter UV sicher (KEINZ liest geſin) 854 (Z. 19) Der wil rore reine »die zuvor ganz unlesbare Zeile zeigte nach chemischer Behandlung deutlich die obigen unverständlichen Worte.« (KEINZ 299) II,4v (867–905) Zeilen 27f. (Verse 904f.) ausgeblichen und z.T. Bl. II,2 Bis auf einen ca. 20 mm breiten Streifen abge- unter UV nicht mehr lesbar; KRAUS vermerkt keischnitten. Nur vereinzelte Buchstaben erkennbar ne Probleme, daher Textübernahme

Bl. II,3 II,3r (751–790) Oberste und letzte zwei Zeilen (751–4, 788–790) unter UV z.T. nur schwach lesbar, auch rechter Rand der Zeilen 8–13 (760–9) stark ausgeblichen 753 (Z. 2) ſtrazē: Nasalstrich mit UV nur schwach 754 (Z. 2) beroubte alſo: ungewiss, ob zwischen den Wörtern er geschrieben steht; Platz reicht eigentlich nur für einen gewöhnlichen Wortzwischenraum; zweites e ist unsicher 755f. (Z. 4) zwischen den Versen, rot durchgestrichen: Swer hie gienc oder reit (=V. 747) II,3v (791–828) Z. 1+2 stark ausgeblichen, nur mit UV erkennbar 800 (Z. 8) da: d rot gestrichelt 813 (Z. 16) ez: evtl. erz? 822 (Z. 23f.) mich wol geleret M 822 (Z. 24) geleret: KEINZ hält Schaft-ſ für möglich, unter UV deutlich l 826 (Z. 27) An: das A ist zu groß, wie eine Mischform einem I nicht unähnlich und stark mit Meinig getupft

Bl. II,5 Bis auf einen 25–42 mm breiten Längsstreifen abgeschnitten II,5r (906–941) Letzte 5 Zeilen (935–941) trotz UV kaum lesbar, Textübernahme von KRAUS. Darunter weiterer Text? II,5v (946–979) 1. Zeile (946) auch mit UV unlesbar, darüber weiterer Text? Nach Z. 19 deuten rote Linien auf den Absatz 970 hin Bl. II,6 II,6r (979–1012) Z. 28 (1011 zN bis 1012) undeutlich; KRAUS überlegt ſich statt ſuch; er: unter die Zeile geschrieben II,6v (1013–47) 1032 (Z. 16) kraft: r aus a verbessert 1039 (Z. 22) dr: r nur schwach erkennbar 1046 (Z. 27f.) getat: tat verwischt und auch unter UV kaum lesbar

282

Autopsie-Berichte

1599 (Z. 20) w[il]: w halb abgeschnitten IV,1v (1616–61) Obere Hälfte der ersten Zeile (1616–1617 iemer mer) abgeschnitten, Text anhand der vorhandenen Reste eindeutig rekonstruierbar Bl. II,8 1643 (Z. 18) [mi]n: n halb abgeschnitten II,8r (109922–109956–58) 1645 (Z. 19) [da]z: z halb abgeschnitten Nach unten ausgeblichen. Letzte zwei Zeilen 1646 (Z. 20) [ke]mphen: m halb abgeschnitten (109957f.) selbst unter UV kaum erkennbar; Text- 1649 (Z. 21) ſich: am Rand geschrieben übernahme von KRAUS 1654 (Z. 24) hinter Nu Rasur, die eine Lücke von 109923 (Z. 1) iſt: über die Zeile geschrieben ca. 7 mm hinterließ, danach folgt bin; N ganz in 109936 (Z. 10) Alſo: das o ist sehr offen, ähnlich e roter Farbe 109958 (Z. 28) bereits KEINZ merkte an: »fast ganz abgerieben; ob rume dastand, ist nicht mehr zu er- Bl. IV,2 kennen« Gut lesbar, aber jeweils mit Textverlust ein LängsII,8v (109959–109993) schnitt sowie vier Löcher durch die Schnüre beim Oben und unten stark ausgeblichen, insgesamt Bucheinband: ein kleines (ca. 10 × 12 mm) und sehr hell; Z. 2–4 (bis 109963) sowie linker Rand ein größeres (ca. 10–14 × 40 mm) je in der Mitte der Z. 27f. (109991f.) teilweise unlesbar (Textüber- (1673–76 + 1724–29) und auf der unteren Hälfte nahme von KRAUS) (1707–09 + 1754–57) 109959 (Z. 1) zweites v] rot gestrichen IV,2r (1662–1712) 109961f. (Z. 2f.) ist unlesbar. Übernahme des Tex- Neben Z. 26 ſut, z.T. rot gestrichen, wahrscheintes von KEINZ, der sich trotz »mehrfacher Behand- lich von Palimpsest lung mit Reagens« unsicher ist 1664 (Z. 2) vrawen: n halb abgeschnitten 109966 […]ch: KEINZ und KRAUS vermuten ouch. 1670 (Z. 5) der Schreiber setzte Possessivpron. Doch m.E. handelt es sich bei dem erkennbaren vwere, radierte v und ergänzte am Seitenrand ſ Rest des vorangehenden Buchstabens um einen 1686 (Z. 15) Sit: S halb abgeschnitten oben geschlossenen Bogen. Vielleicht doch? 1689 (Z. 17) D[eſ]: D halb abgeschnitten 1690 (Z. 18) w[el]te: w und t halb abgeschnitten Lage IV 1692 (Z. 19) v[]]: v halb abgeschnitten Deutlich andere Schrift als Lage II, besserer Zu- 1693 (Z. 20) mů[z]: ů halb abgeschnitten stand (weniger abgegriffen). Schriftspiegel etwas 1698 (Z. 22) britanie: e halb abgeschnitten größer (ca. 145–150 × 85 mm) 1700 (Z. 23) min: n halb abgeschnitten Bl. IV,1 1701 (Z. 24) h[end]e: h halb abgeschnitten Mitte rechts ein kleiner Ausschnitt (Z. 18–20, 1705 (Z. 26) V halb abgeschnitten 1596–99 + 1643–46), links ein kleines Loch ne- 1712 (Z. 29) an gute: unter die letzte Zeile geben dem Text. setzt IV,1r (1567–1612) IV,2v (1713–58) 1567 (Z. 1) obere Hälfte fast ganz abgeschnitten. 1714 (Z. 1) v[]] mit: v und m halb abgeschnitten nur daz und mite sind vollständig lesbar, der rest- 1716 (Z. 2) w[ir]: w halb abgeschnitten liche Text anhand der vorhandenen Reste eindeu- 1717 (Z. 3) ſuln: mit Verweisungszeichen am tig rekonstruierbar Rand 1582 (Z. 11) ſwa: steht auf Rasur (erkennbar da- 1719 (Z. 4) wol: w halb abgeschnitten vor d, dahinter ch) 1721 (Z. 5) m[oh]te: KEINZ liest wolte, m ist aber 1584 (Z. 12) mich: ist eindeutig lesbar, davor drei fast vollständig Buchstaben (ich?) radiert 1728 (Z. 9) hinter worn die unteren Spitzen zwei1588 (Z. 14) diſe: ſ hochgestellt er Buchstaben (ſi?) 1592 (Z. 17) burge: der zweite Strich des b und 1731 (Z. 11) avch: KEINZ liest doch. Unter UV sider erste des u stehen übereinander und darüber cher avch ein Punkt 1739 (Z. 16) d[e]m adilarn: adilarn in der nächs1593 (Z. 17) Liute: t ähnlich d ten Zeile nachgetragen, m halb abgeschnitten 1596 (Z. 19) verzigen unsicher: 1. in g ist ein win- 1743 (Z. 18) ge[ſpa]rn: e halb abgeschnitten ziges Loch, der untere Strich ist zu kurz, 2. i könn- 1754 (Z. 26) [ſ]ie: oberer Schaft des ſ erkennbar te auch a mit sehr kurzem Bogen sein, 3. z sieht 1758 (Z. 29) ge[nuo]c: [nuo]c unter der Zeile ungewöhnlich aus, unterer Bogen kaum erkennbar nachgetragen Bl. II,7 II,7r (1048–82) II,7v (1083–109922) Z. 5–7 (1086–90) z.T. nur mit UV erkennbar

Autopsie-Berichte Bl. IV,7 Ausschnitt mit Textverlust am rechten Textrand (r: Z. 7–9, v: Z: 7–10), zwei Löcher links neben dem Text IV,7r (2161–2210) Linke untere Hälfte stark abgerieben, z.T. nur mit UV erkennbar 2163 (Z. 1) haben: über der Zeile 2175 (Z. 8) gem[eit]: m halb abgeschnitten 2179 (Z. 10) Daī: am Rand hinter hat nachgetragen nne, davon obere Hälfte abgeschnitten 2182 (Z. 12) dr: übergeschrieben 2186 (Z. 14) wil: am Rand mit Verweisungszeichen 2192 (Z. 21) hie: am Rand mit Verweisungszeichen IV,7v (2210–55) 2210 (Z. 1) nach in der ungetilgte Schaft von h 2215 (Z. 4) den: offenbar mit Verweisungszeichen im Text am jetzt abgeschnittenen Seitenrand nachgetragen 2214 (Z. 3) Ver nemt: Initiale gleicht D mit verwischter Spitze 2218 (Z. 5) groze: am Rand mit Verweisungszeichen 2222 (Z. 7) zů: bis auf ° abgeschnitten 2224 (Z. 8) wahrscheinlich [lobe]ſ 22251 (Z. 9) [cron]e: n halb abgeschnitten 2227 (Z. 10) [weſ]: obere Hälfte abgeschnitten 22482 (Z. 24) hiote: das ist auf den letzten Strich von h gesetzt 2250 (Z. 26) er: am Rand mit Verweisungszeichen Bl. IV,8 Längsschnitt sowie vier Löcher (2256–62, 2287– 89, 2311–16, 2341–44) durch die Schnüre beim Bucheinband jeweils mit Textverlust, ähnlich Bl. IV,2 IV,8r (2256–2310) Fast unleserlich blass, aber mit UV größtenteils lesbar. 2258 (Z. 2) Gerne: G halb abgeschnitten 2261 (Z. 4) Wan: w und a halb abgeschnitten; [wei]z: z halb abgeschnitten 2262 (Z. 5) [k]unichriche: u halb abgeschnitten 2267 (Z. 8) r[ic]he: h halb abgeschnitten 2277 (Z. 13) irb[ei]ten: b halb abgeschnitten 2282 (Z. 15) dienſte: schwer abgerieben, e halb abgeschnitten; ſi: ſ nur Schaft erkennbar 2286 (Z. 17) artuſ: am Rand, in der Zeile nur die rote Initiale A 2287 (Z. 18) [houe wol…] zů: untere Hälfte abgeschnitten, nur die Spitzen von houe w…l erkennbar

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2288 (Z. 18) ritter: kaum lesbar 2291 (Z. 20) Dʿ: ʿ abgeschnitten 2294 (Z. 22) kuneginne: u halb abgeschnitten 2306 (Z. 29) am Rand begebē 2308 (Z. 30) Schinen: n halb abgeschnitten IV,8v (2310–61) Deutliche besser lesbar als recto-Seite. 2311 (Z. 1) gewa[nt]: w und a halb abgeschnitten 2313 (Z. 2) ſ[o]: ſ untere Hälfte abgeschnitten; min: m von oben eingeschnitten, aber erkennbar 2317 (Z. 5) mut: m von oben eingeschnitten, aber erkennbar 2320 (Z. 6) ritern: rn halb abgeschnitten 2322 (Z. 7) mā: Nasalstrich schwach 2334 (Z. 13) engelach[…]n: zwischen engel und ach hätte ein ſ Platz; n halb abgeschnitten 2336 (Z. 14) u[on]: ein Schaft von n sichtbar 2339 (Z. 16) etteliche wile: e w jeweils halb abgeschnitten 3941 (Z. 17) ir: untere Hälfte abgeschnitten (Z. 18) m halb abgeschnitten 2342 (Z. 18) […]eruoche[…]: beide e halb abgeschnitten 2345 (Z. 20) worten: fehlt M mit ausreichender Lücke, dafür auf Seitenrand ſweic wiederholt 2353 (Z. 25) manic v[al]t: v fast vollständig abgeschnitten Lage VIII Bl. VIII,1 Längsschnitt, z.T. geklebt, sowie vier Löcher (4862–88, 4899–4903, 4960–65, 4999–5001) durch die Schnüre beim Bucheinband jeweils mit Textverlust, ähnlich Bl. IV,2. Oben mit Textverlust eingerissen oder eingeschnitten Bl. VIII,1r (4854–49521) 4862 (Z. 5) ſchellen ſ[…]: teils abgeschabt, ch halb abgeschnitten; über dem Loch die oberen Spitzen mehrerer Buchstaben, die aber nicht so hoch wie das ſ sind. Erst nach ca. 5–8 Buchstaben ein hoher Schaft, evtl. von l 4863 (Z. 5) Swa: untere Hälfte abgeschnitten; (Z. 6) hinter ter oberer Schaft wohl von k erkennbar 4865f. (Z. 7) orſe brun Vō gurgalet: obere Hälfte abgeschnitten 4883 (Z. 17) nach uerme Platz für ca. 3–4 Buchstaben 4899 (Z. 26) phell untere Hälfte abgeschnitten, danach folgte wahrscheinl. in decke 4900 (Z. 26) vor alnÜche scheint ein ſ zu stehen, dessen untere Hälfte abgeschnitten wurde 4902 (Z. 28) [ein]: bloß Spitzen erkennbar Bl. VIII,1v (49521–5005) Heller Streifen in der rechten Hälfte, Buchstaben

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Autopsie-Berichte

darin nur mit UV erkennbar 4953 (Z. 1) hemede: h und m halb abgeschnitten 4960 (Z. 5) ir: untere Hälfte abgeschnitten; arme wize nur die Spitzen von w und dem zweiten e erkennbar 4961 (Z. 5) megetin: eget nur schwach erkennbar, eg halb abgeschnitten 4964f. (Z. 7) te ſchein Vō rote: obere Hälfte abgeschnitten 4999 (Z. 26) ringe (?): nur oberste Spitzen erkennbar Bl. VIII,2 Längsschnitt sowie drei Löcher (5022–24, 5049– 54, 5072–75, 5096–5100) durch die Schnüre beim Bucheinband jeweils mit Textverlust, ähnlich Bl. IV,2. Zwei weitere Löchter in der unteren Hälfte, eines im Text, das andere daneben, scheinen dem Schreiber zumindest z.T. bekannt gewesen zu sein (beide im Wesentlichen ohne Textverlust). Aus der untersten Zeile ist ein Stück herausgebrochen Bl. VIII,2r (5005–55) 5011 (Z. 4) jehen: gÜhen, über e ist ein i geschrieben 5016 (Z. 7) ſie: vor ſ ein Zeichen ähnlich 2, zusammen ähnlich N-Majuskel; habent: h halb abgeschnitten 5022 (Z. 11) i[ſt]: i halb abgeschnitten 5023 (Z. 11) Sw[er]: w halb abgeschnitten; w[irt] (Z. 12): w halb abgeschnitten 5024 (Z. 12) […]: t wohl von alt untere Hälfte erkennbar 5036 (Z. 19) Gamuret: m halb abgeschnitten 5042 (Z. 22) hab[e]: b halb abgeschnitten 5044 (Z. 23) ich: h halb abgeschnitten 5049 (Z. 26) ich: obere Spitzen erkennbar, hie: h untere Hälfte erkennbar 5051 (Z. 27) durch: ch halb abgeschnitten 5052 (Z. 28) gereit: t halb abgeschnitten 5053 (Z. 28) U]: Nasalstrich wohl abgeschnitten 5054 (Z. 29) heizet: h halb abgeschnitten Bl. VIII,2v (5055–5100) 5065 (Z. 6) an: n halb abgeschnitten, sicher kein b 5073 (Z. 11) ſo: untere Hälfte abgeschnitten 5074 (Z. 12) mi: unsicher, obere Hälfte abgeschnitten, evtl. un? 5075 (Z. 12) die unteren Hälften der beiden letzten Buchstaben des letzten Wortes sind sichtbar, nicht aber ch, sondern evtl. ft (Schreibfehler tvgenthaft?) 5078 (Z. 14) gewunnen: zweites n halb abgeschnitten 5088 (Z. 20) [a]ndir: a ganz, n halb abgeschnitten

5096 (Z. 26) andrſ: r nur schwach 5097 (Z. 27) urauwe: w nur 1. Strich erkennbar; ſol: ſo untere Hälfte abgeschnitten Bl. VIII,3 Seite besteht nur noch aus drei Stücken (2 Querstreifen, einer davon längs durchteilt [recto: 5101– 19, 5121–45; verso: 51462–60, 5162–89]), Oberund Unterseite fehlen. Zudem 5 Löcher, zwei davon neben dem Text Bl. VIII,3r (5101–45) 5101 (Z. 1) […]icht: i halb abgeschnitten; kom〈en〉: Nasalstrich wahrscheinlich abgeschnitten 5102 (Z. 1) obere Hälfte der Buchstaben abgeschnitten, zum Ende der Zeile zunehmend 5103 (Z. 2) Dʿ a[ber]: ʿ kaum zu erkennen; a halb abgeschnitten; unterste Spitze eines weiteren Buchstaben, möglicherweise i von [ir], erkennbar 5105 (Z. 3) Du[r]ch: u halb abgeschnitten 5107 (Z. 4) [uch]: letzter Strich von h erkennbar 5108 (Z. 5) m[ichi]l: m halb abgeschnitten 5113 (Z. 8) k[uni]c: k halb abgeschnitten 5117 (Z. 10) dir uō: nur obere Spitzen erkennbar 5122 (Z. 11) vor nennen untere Spitzen einiger Buchstaben, wohl von riter, sichtbar 5124 (Z. 13) ku[ni]gin: u halb abgeschnitten, n obere Spitze erkennbar 5133 (Z. 19) [w]ol: linker und rechter Rand des w erkennbar 5135 (Z. 20) [m]anneſ: linker und rechter Rand des m erkennbar 5137 (Z. 21) nema[c]: a halb abgeschnitten 5139 (Z. 22) hor[e]t: r halb abgeschnitten 5140 (Z. 23) Min: M halb abgeschnitten 5144 (Z. 26) oberste Spitzen, wohl von gewalt er, erkennbar, Buchstaben aber kaum identifizierbar; in min lant reit: untere Hälfte abgeschnitten 5145 (Z. 26) Mine l[ivte]: untere Hälfte abgeschnitten, gegen Ende kaum noch lesbar Zu den Versen 5145–462 bemerkt KRAUS: »Sämtliche 8 vollständigen Seiten dieser Lage haben 29 Zeilen; die vorliegende hat nur 26. Somit fehlen außer der weggeschnittenen Zeile 5119–21 an unserer Stelle zwei Zeilen der Hs., die zusammen etwa 70 Buchstaben enthielten. Das fehlende Stück von 5145 nebst 5146 enthält nach SW etwa 33 Buchstaben. Somit scheint bloß ein ganzer Vers (51461) nebst dem Anfang von 51462 zu fehlen!« Bl. VIII,3v (51462–89) 51462 (Z. 1) [vor allen den]: obere Hälfte abgeschnitten, Ergänzung durch KRAUS, »aus den Basen« 51463 (Z. 1) D[ʿ]: ʿ abgeschnitten

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5148 (Z. 3) irſ[la]gen: ſ und g halb abgeschnitten 5150 (Z. 4) [er e]npizz[en]: erstes e etwas erkennbar, n und zweites z halb abgeschnitten 5152 (Z. 5) m[it]: m halb abgeschnitten; ime: i nur untere Hälfte erkennbar; m[anī]c: m halb abgeschnitten, Nasalstrich über dem vorletzten Buchstaben noch erkennbar 5154 (Z. 6) [d]en: e halb abgeschnitten 5155 (Z. 7) h[iez]: h halb abgeschnitten 5158 (Z. 9) n[am]en: n halb abgeschnitten 5159 (Z. 10) tier: untere Hälfte abgeschnitten 5160 (Z. 10) Eine[n]: Ansätze des zweiten n erkennbar; KRAUS ergänzt mit zweifelhafter Sicherheit den Vers »Einen hyrz vun-|den ſie ſchier« und kommentiert: »hyrz] z an der oberen Schlinge unverkennbar! vun-] durch die erhaltenen Spitzen und das Abteilungszeichen ganz gesichert!« 5162 (Z. 11) [d]: obere Hälfte abgeschnitten 5163 (Z. 11) daz: KRAUS ergänzt Der brache »nur nach dem Raum«. Bei der auf die Lücke folgenden Abkürzung in Z. 12 liest er entsprechend dr, BUSCHINGER folgt ihm in dieser Lesart. Ich erkenne hingegen (unter Verwendung digitaler Bildbearbeitungsmittel eines Scans) dʿ und folge damit KEINZ. Damit wird allerdings die Ergänzung von KRAUS hinfällig. 5168 (Z. 13) Lypndri[…]: untere Hälfte des i abgeschnitten; dr: halb abgeschnitten, aber deutlich erkennbar 5169 (Z. 14) l[ip]: l halb abgeschnitten 5171 (Z. 16) ſ[tich]e: ſ untere Hälfte abgeschnitten 5181 (Z. 21) ſchaf[fe]: erstes f halb abgeschnitten 5187 (Z. 25) minne: zweites n halb abgeschnitten 5188f. (Z. 26) untere Hälfte größtenteils abgeschnitten; [wellt gw]innen: innen sicher erkennbar, Rest unklar, aber aufgrund der Reste wahrscheinlich; riterſchaft: anhand der oberen Schäfte erkennbar, nur a und t unsicher.

Bl. VIII,7 Ausschnitt mit Textverlust am Textrand (Z. 10– 13), zwei kleine Löcher, davon eines im Text (Z. 5, dem Schreiber offenbar bekannt); unterer Rand ohne Textverlust beschnitten Bl. VIII,7r (5494–5547) Stark ausgeblichen und abgeschabt, insb. Z. 1– 10, links; aber mit UV fast vollständig lesbar, andernfalls Textübernahme von KRAUS, der die Seite nicht als problematisch einstuft 5515 (Z. 11) irb[arm]: b halb abgeschnitten 5518 (Z. 12) a[n]: a halb abgeschnitten 5520 (Z. 13) waſ: obere Hälfte abgeschnitten Bl. VIII,7v (5548–92) 5565 (Z. 12) Do: D halb abgeschnitten 5566 (Z. 13) er im: obere Hälfte abgeschnitten

Bl. VIII,6 Bestehend aus zwei Querstreifen, oberer und unterer Seitenrand nicht erhalten; Lücke zwischen ihnen etwa zwei Zeilen [recto: 5397-5414, 54185443; verso: 5448-5463, 5469-5490] Bl. VIII,6r (5397–5443) 5398f. (Z. 1) g[elegen Zu…]: nur unterste Spitzen erkennbar 5411 (Z. 9) ſint da: nur oberer Schaft von ſ und d erkennbar; noch untere Hälfte abgeschnittten 5413f. (Z. 10) [nicht]: nur oberster Schaft von h sichtbar; Umbe: untere Hälfte abgeschnitten 5418 (Z. 11) be: nur unteres Drittel sichtbar 5441 (Z. 24) ein Nasalstrich (wohl von u]) sichtbar

Bl. VIII,8 In der oberen Hälfte ein Loch und ein Ausschnitt am Rand, beide mit Textverlust. Ein weiteres Loch und schräger Beschnitt des Randes in der unteren Hälfte, jeweils ohne Textverlust Bl. VIII,8r (5592–5639) Seite z.T. stärker abgerieben oder ausgeblichen, aber erkennbar 5600 (Z. 6) […]maſmalin: davor Platz für 1– 2 Buchstaben, die aber nicht höher als m sind, oberste Spitze eines Buchstabens, ähnlich i erkennbar 5601 (Z. 7) [gen]aſ: von n nur noch kleiner Strich erkennbar 5602 (Z. 7) O: halb abgeschnitten

5442 (Z. 24) nur obere Hälfte der Buchstaben sichtbar 5443 (Z. 24) Such: nur obere Hälfte sichtbar Bl. VIII,6v (5448–90) Oberer Streifen, linke Seite (Z. 6–9, 5456–61) enthält eine dreieckige Verschmutzung, unter der die Buchstaben z.T. kaum lesbar sind, Textübernahme von KRAUS 5448 (Z. 1) glaſ: nur unterste Spitzen erkennbar 5449 (Z. 1) Nivwan: obere Hälfte abgeschnitten; die: oberer Schaft des d abgeschnitten 5462 (Z. 9) dr: untere Hälfte abgeschnitten; m[ere vragē]: nur obere Spitzen erkennbar 5463 (Z. 10) Dʿ iſt: nur oberste Spitzen zu erkennen; in der gleichen Zeile weitere Schäfte 5469 (Z. 11) [bu]rgere: schräger Schnitt, von bu nur die untersten Spitzen erkennbar 5470 (Z. 12) Vrageten: obere Hälfte abgeschnitten 5489 (Z. 24) ſol er haben zu wibe: untere Hälfte abgeschnitten 5490 (Z. 24) ZN wu: nur obere Spitzen erkennbar

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5607 (Z. 9) da: a halb abgeschnitten 5609 (Z. 10) ich: obere Hälfte abgeschnitten 5628 (Z. 23) dē mit Verweisungszeichen (von anderer Hand?) am Rand Bl. VIII,8v (5640–84) Um den Ausschnitt Text stark abgeschabt 5649 (Z. 7) [we]llen: lle nur untere Hälfte erkennbar 5650 (Z. 7) ſpach[en]: Ansätze des e erkennbar 5651 (Z. 8) Wan: w halb abgeschabt, a nur schlecht erkennbar 5652 (Z. 9) uch: u nur schlecht erkennbar 5655 (Z. 11) riten: r obere Hälfte nicht erkennbar

4842 (Z. 24) de[…]n: nicht mehr erkennbar 4844 (Z. 26) liez: z nicht mehr erkennbar 4852 (Z. 2) Za: sehr unsicher 4876 (Z. 27) WERNER und KRAUS lesen Vater

Bl. II,1 Oberer Seitenrand (1 Zeile) beschnitten, Riss in der unteren Hälfte der äußeren Spalte (Verse 4982–91, 5012–19) Bl. II,1r Zum Teil sehr blass 4901 (Z. 20) worhtē: davor ein Buchstabe (evtl. r)? Die anderen Ausgaben lesen: ī worhtē (WERNER), worhtē (KRAUS), verworhten (BUSCHINGER) Bl. II,1v Inzwischen praktisch ganze Seite unlesbar, links sehr blass, rechts dunkel (nur Z. 2–5 überhaupt Handschrift S Allgemein: Die intensive Behandlung mit Rea- erkennbar) genz durch WERNER haben das Fragment großteils unlesbar gemacht. In diesem Fällen Übernahme Bl. II,2 des von ihm gelesenen Textes mit den Verbesse- Oberer Seitenrand (1 Zeile) beschnitten rungen von KRAUS Bl. II,2r 5081 (Z. 1) nur Basen erkennbar Bl. I,6 5108 (Z. 32) w[ol e]rchennen: Loch Innere Spalte bis auf geringen Rest beschnitten Bl. II,2v (recto: 4744–91, verso: 4852–81), oft ist der im Wegen Reagenz nur noch die ersten 4 Zeilen erAbdruck wiedergegebene erste Buchstabe nach kennbar der Lücke nur teilweise erkennbar; oberer Seiten- 5109 (Z. 1) nur untere Hälfte der Buchstaben rand (1 Zeile) beschnitten sichtbar; ritt〈er〉 iu〈wer〉: r wahrscheinlich jeweils Bl. I,6r abgeschnitten 4744/4792 (Z. 1) nur unteres Ende des Buchsta- 5138 (Z. 32) L[…]drigrun: Loch bens h erkennbar 4786 (Z. 27) […]riaclyſie: ri ist unsicher Bl. II,5 4795 (Z. 4) daz: obere Hälfte abgeschnitten Obere Seite (1 Zeile) beschnitten 4793–95 (Z. 2–4) viereckiger Ausschnitt Bl. II,5r 4810 (Z. 22) Nv begvnden: v b stark abgerieben Schlecht oder gänzlich unlesbar sind Z. 12–20 4811 (Z. 23) WERNER, KRAUS und BUSCHINGER le- (5420–28 = rechte Spalte), 8–29 (5448–68 = linsen tenrNr ke Spalte) 4817 (Z. 29) ſchal: ſ wegen eines Risses im Per- 5442 (Z. 2) ritt: r wahrscheinlich abgeschnitten gament undeutlich 4820 (Z. 32) Mit: undeutlich wegen eines Loches Bl. II,6 im Pergament Oberer Seitenrand (1 Zeile) beschnitten Bl. I,6v Bl. II,6r Rechte Spalte ist großteils abgeschabt und mit Re- Fast gänzlich unlesbar agens bearbeitet, bereits WERNER konnte den Text 55672 (Z. 2) vat[er]: r wahrscheinlich abgeschnitnicht mehr entziffern ten 4822–24 (Z. 2–4) viereckiger Ausschnitt Bl. II,6v 4826 (Z. 8) dh: h nicht mehr erkennbar Zum Teil abgeschabt, aber lesbar 4831 (Z. 13) ſinē: Nasalstrich nicht mehr erkenn- 5657 (Z. 31) [i]ch: Pergament abgeschabt bar 4833 (Z. 15) grozz: zweites z nicht mehr erkennbar 4834 (Z. 16) […]oz: nicht mehr erkennbar 4836 (Z. 18) hrre: nicht mehr erkennbar 4839 (Z. 21) pany[…]: ny ist unsicher

Autopsie-Berichte Handschrift W 128 in: i über ein a geschrieben 185f. Die Verse sind in W verdreht, die korrekte Reihenfolge wurde in der Handschrift durch Zusatz der Buchstaben a und b wieder hergestellt 382 fuglich: nachträglich (von anderer Hand?) in W eingetragen 438 dz: wurde in hellerer Tinte auf den Seitenrand geschrieben 470 ſtÿchen: ÿ korrigiert aus e 564 auh: korrigert aus auß 804 dortt: korrigiert aus dorſt 837/843 kleines Loch im Papier 896 mein: korrigiert aus wein 904 ritter g 1075 treẅ: mit Verweisungszeichen am Rand 1335 an: mit Verweisungszeichen am Rand 1373 gegepot 1480 dem: m korrigiert aus y 1558 auf: f korrigiert aus ß 1588 pracht (pr korrigiert aus m?) 2111 Dar: korrigiert aus var 2412 geſchnüert: üe aus ÿ korrigiert? 2816 nam: in roter Farbe auf Rasur 2922 So groſſen: setzte der Schreiber in eine neue Zeile, dazwischen durchgestrichen ſ 3048 hieß: h korrigiert aus d 3161 gern: g korrigiert aus k 3180 In W Zeilenwechsel nach mein 3311 layd: l korrigiert aus h 3507f. Die Verse sind in W verdreht, die korrekte Reihenfolge wurde in der Handschrift durch Zusatz der Buchstaben a und b wieder hergestellt 3721 ſchanden [Absatz] von 4119 ſelde ſich mich 4204 furſtē: ſ nachgetragen 4245 ir vater was 4448 ſolt ir ſ euch 4489f. Die Verse sind in W verdreht, die korrekte Reihenfolge wurde in der Handschrift durch Zusatz der Buchstaben a und b wieder hergestellt 4985 jahen: h aus b korrigiert 5679 tugenthafftreich 5987 befte mit übergeschriebenem |he über ef 6020 koſt: k korrigiert aus z

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Rote Anstreichungen oder Verwendung roter Tinte in W 1. Alle Überschriften 2. Ganze Verse: 934f., 1356f., 1388–90 (D von Der wirt ist schwarz, der Rest rot überschrieben!), 1848f., 1974–79, 3181f., 4057f. 3. Initialen/Versanfänge 4. Ganze Wörter: 1334 lagen, 2816 Nam, 3463 Land 5. Einzelne Buchstaben: 13 Ritterſchaft, 17 Leyb, 22 Als, 33 Artus, 39 Caridol, 117 Sun, 121 In Inn, 160 Alſo, 265 Sun, 286 Ir, 294 In, 302 Iung, 306 Innen, 327 Ir, 328 Irer, 332 Ir, 344 Saittenſpil, 353 Sprach, 625 Iungling, 727 Verſchrotten, 788 Ich, 864 Corſeytt, 899 Ameys, 923 Sweſter, 927 Ich, 950 In, 956 erLöſe, 962 Ich, 986 Irs, 991 Iunckfraw, 992 Iamerlich, 993 Wölt, 1113 Mynn, 1114 In, 1177 Stain, 1334 Sattelbogen, 1386 Caridol, 1398 Prutanie; Artus, 1422 Stett, 1460 Er, 2114 gůter, 2122 Sper, 2460 Salban, 2531 Er (dafür was am Versanfang schwarz!), 2570 gefar, 2579 geleittert, 3413 du, 4722 Stat, 4804 Sämern, 4814 Atroclos, 4898 Sattel, 4899 Samettin, 4906 Sinwel, 4951 Samat, 5090 gan, 5577 See, 5830 Stat, 6004 Stat, 6096 Sun, 6106 Amen

Exkurse A Das Meerweib Lespia 1 merwîp Auf die äußere Erscheinung Lespias geht der Text nicht ein. Wahrscheinlich war eine solche Beschreibung nicht notwendig, zumindest lassen die Belege für merwîp, mervrouwe und merminne1 in anderen mhd. Texten2 auf eine ausreichende Bekanntheit solcher Wesen schließen. Beispiele sind etwa Witeges Verwandte in der ›Rabenschlacht‹, die ihn vor Dietrich rettet und auf den Grund des Meeres führt, ebenso ein wildez mer wîp in ›Abor und das Meerweib‹ als eine von Gott geschickte Helferin und Geliebte Abors, ferner die wîsen wîp im ›Nibelungenlied‹, die das Unheil voraussagen, und die Ziehmutter des Helden im ›Lanzelet‹. Anders dagegen ist bei Konrad von Megenberg merwîp die Übersetzung des lateinischen Wortes sirena.3 Er folgt damit einer Tradition, die an antikes Wissens etwa von Plinius oder aus dem ›Physiologus‹ anknüpft. Konrad beschreibt sie als Mischung einer menschlichen Frau, eines Vogels und eines Fisches; mit ihrer schönen Stimme reißt die Sirene die Seefahrer in den Tod. Obwohl diese Gestalten sich offensichtlich voneinander unterscheiden, werden sie in den Texten nicht differenziert. Es gibt in den mhd. Texten nicht eine einzige Vorstellung einer Meerfrau mit bestimmten unveränderlichen Eigenschaften. LECOUTEUX unterteilt merwîp in mehrere Untergruppen:4 1. Nixe (wozu er Lespia zählt), 2. Sirene, 3. unbestimmtes Wesen, 4. Zentaurin, 5. Fee.

2 wildez wîp Wenn Lespia darüber hinaus als wildez wîp beschrieben wird,5 so wird sie mit diesem Epitheton z.B. von den Meerwesen im ›Lanzelet‹ 193 (wîsiu merminne) und ›NL‹ 1533 (wîsiu wîp)6 abgesetzt. Zugleich wird sie den so genannten Wildleuten zugeordnet7, die in ihrer Erscheinung und in ihrem Lebenswandel eine Welt ver1 2 3 4 5 6 7

Im Text wird Lespia genannt: mervrouwe (134); merwîp (168; 339; 367; 1282); merminne (in der Form merinne 360). Nicht beschrieben wird sie als merfeine. Einen Überblick bietet LECOUTEUX II,110f. Thomas Cantimpratensis 6,44. LECOUTEUX II,110f. Verse 112, 200, 213, 227, 279, 303, 372. Später, ›NL‹ 1574, 1580, werden diese allerdings ebenfalls wilde merwîp genannt. Vgl. BERNHEIMER und HABIGER-TUCZAY.

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körpern, die der höfischen entgegengesetzt ist. Es gibt eine breite bildliche Tradition ihrer Darstellung z.B. auf Teppichen oder in Wappen; ebenso werden Wildleute als bestimmter Figurentypus in Spieltexten eingesetzt. Es ist nicht eindeutig, ob sich Lespia tatsächlich in diese bildliche Tradition einfügt. In anderen Texten, wie etwa dem ›Wigalois‹, werden wilde Frauen äußerlich sehr genau beschrieben; eine vergleichbare, der Topik entsprechende Beschreibung eines hässlichen Menschen findet sich im ›Wigamur‹ beim Meerwunder.8 BERNHEIMER führt aus, dass Wildmenschen oft mit einer Affinität zum Wasser dargestellt werden bzw. am oder im Meer leben.9 Zudem erklärt LECOUTEUX, dass der Teil mer- im Kompositum merwîp nicht eine Beziehung zum Wasser andeute, sondern ein hybrides Wesen bezeichne, das zwischen unserer und einer höheren Welt angesiedelt sei.10 Vielleicht erklärt sich daher, weshalb Wigamur problemlos mit Lespia und später mit dem Meerwunder in das Meer abtauchen kann. Ähnlich in der ›Rabenschlacht‹ 964ff.: Dietrich kann Witege und seiner Verwandten nicht auf den Meeresgrund folgen. Möglicherweise sind diese Meerwesen als Torwächter zu verstehen und können Menschen in ihre andere Welt mitnehmen.

3 Funktion Lespias im Text Lespia entführt Wigamur vom Hof in eine diesem entgegengesetzte Sphäre, in der sie als Witwe alleine ihre Töchter großzieht. Die Dichotomie zwischen Hof und ihrer Höhle spiegelt sich auch in den Geschlechtern wider, auch wenn MEYER darauf hinweist, dass der Text das Motiv des jungen Mannes in einer weiblich dominierten Welt konsequent zu vermeiden versucht.11 So wird z.B. das Meerwunder, das zwar nicht in der Lage ist, Lespia direkt im Kampf zu besiegen, doch immerhin ihr Leben zerstören wird, mit männlichen Attributen beschrieben.12 Dennoch ist die Feindschaft zwischen ihnen genau motiviert: Dieses hat nämlich vor Zeiten ihren Mann umgebracht.13 Im Zusammenhang des Gesamttextes bekommt die Entführungsepisode eine weit größere Bedeutung. Wenn dieser Text, wie von EBENBAUER vorgeschlagen, gegenüber dem Leistungsprinzip die Genealogie propagiert, muss die Tat Lespias als besonderer Frevel erscheinen: Mit dem Versuch, ihre Tochter mit Wigamur zu verheiraten, setzt sie sich über Standesgrenzen hinweg – und muss damit jämmerlich scheitern. Die Meerfrauenfigur fungiert, so gesehen, als eine Gegenfigur zum höfischen Ideal.

8 9 10 11 12 13

Siehe Exkurs B. BERNHEIMER 40f. LEUCOUTEUX 110. MEYER, Intertextuality 101. Siehe Exkurs B. V. 189f. und dazu EBENBAUER 29.

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B Das Meerwunder merwunder ist ein Sammelbegriff für zahlreiche seltsame Meerbewohner.14 Konrad von Megenberg übersetzt den Begriff monstra marina seiner lateinischen Vorlage mit dem Wort merwunder15 und nennt in dem Kapitel so blumige Wesen wie merrind, klagant, mertracken, hertsnabel, denkfuoz oder mermünch. Die Beschreibung in den Versen 171–183 folgt den Darstellungen hässlicher (menschlicher) Wesen, wie sie etwa ›Iwein‹ 427ff., ›Crône‹ 947ff. oder ›Wigalois‹ 6292ff. vorgegeben wird.16 Die schematische Reihenfolge der Beschreibung (z.B. zunächst der Kopf, die Haare und danach erst der restliche Körper) entspricht der gängigen rhetorischen Tradition der descriptio personae,17 die Beschreibung weicht aber von der lat. Rhetorik ab: »Der volkssprachige mittelalterliche Roman, besonders der arthurische, gebraucht zur Kennzeichnung der Hässlichkeit theriomorphe Gestaltungsmuster oder wenigstens den Vergleich mit Tieren; beides hat mit der mittellateinischen Literatur nichts gemein.«18 Das Meerwunder hier wird verglichen mit Meerschweinen, Affen, Fischen und Rindern. merswîn (Vers 175) ist bis ins 17. Jhd. hinein der Name für Stachelschwein oder Delphin, der seines Specks wegen ›das Schwein aus dem Meer‹ genannt wurde.19 Konrad von Megenberg nennt, neben dem eigens abgehandelten Delphin, zwei Tiere merswein: 1. Das Stachelschwein (dornschwein): Daz wont gern pei dem mer, da von m=ht ez auch gehaizzen ein merswein. Daz ist aber ain ander tier, daz wir gemainleich ain merswein haizzen, vnd haizzt mit einem andern namen delphin. (III.A.35) 2. Meerschwein (merswein): Porcus marinus haizt ein merswein vnd ist ein visch, den man izzt. Der ist vil nach als ain rehtez swein an der gestalt. […] Ez hat auf dem ruck dorn, da ist vergift inn. (III.D.23) Möglicherweise diente die Beschreibung der Haare Alexanders als Vorbild (›Alexanderroman S‹ 150–154): Strûb unde rôt was ime sîn hâr, / nâh eineme vische getân, / den man in den mere sehet gân, / und was ime ze mâzen dicke / und crisp als eines wilden lewen locke.

Obwohl merwunder stets ein Neutrum ist,20 wird es im Text häufiger mit dem Personalpronomen er ersetzt. Anhand dieser Ungenauigkeit lässt sich erkennen, was sich bereits in der Beschreibung des Ungeheuers in den Versen 171–183 wie auch in den Illustrationen von W erkennen lässt: Das Meerwunder ist mit deutlich männlichen Attributen versehen.

14 15 16 17 18 19 20

Vgl. allgem. LECOUTEUX, merwunder und LECOUTEUX II,111–114. Thomas Cantimpratensis, 6. Buch. Vgl. dazu allgem. SEITZ und BRANDT. Vgl. HWRh II,549–553. MICHEL 60. KLUGE 549. LEXER I,2119.

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C Aptor Vom abrupten Einstieg nach der Textlücke V. 1100 bis zur Überschrift vor 1222 ruht die Handlung und es wird ausschließlich der stein ›Aptor‹ beschrieben. Es ist ungewiss, in welchem Grade die gesamte Passage vom Schreiber zusammengestellt wurde, da die Beschreibung in sich widersprüchlich ist und darin ein direktes Zitat aus Gottfrieds ›Tristan‹ identifiziert werden konnte. Im weiteren Gang der Erzählung wird kein Bezug zu den besonderen Eigenschaften des Aptors hergestellt; Wigamur sitzt darin wie in einem gewöhnlichen Bad. Die Textstrecke lässt sich folgendermaßen einteilen: 1. Name Aptor, einleitende Worte (1100–1104). Ob der ausschließlich an dieser Stelle genannte Name eine übertragene Bedeutung haben soll (z.B. zu lat. aptare, »ich werde angepasst, ausgerüstet, …«), ist ungewiss. 2. Farbindikator für Keuschheit (1105–1121). Erstmalige Nähe zu Aptors Qualität als Tugendbrunnen. Auffällig ist die Parallele zu ›Flore‹ 4462–8221, der Beschreibung einer Quelle, die sich rot färbt, wenn eine Frau, die nicht mehr Jungfrau ist, sie passiert. KASPER kommt zudem zu dem Urteil, dass durch die Rotfärbung des Steines die »Abwertung der Sexualität und die Definition der Frau als sexuelles Wesen« zum Ausdruck gebracht werde.22 3. Unklar wegen Textverderbnis (1122–1134), vgl. Kommentar zur Stelle. 4. Eigentliche Tugendprobe (1135–1141). Vergleichbar mit ›Wigalois‹ 1478ff. (sô grôziu tugent an im was / daz deheiner slahte man / der ie deheinen valsch gewan / die hant niht mohte gelâzen dran) und ›Lanzelet‹ 5177ff. (Nuo saz Wâlwein der reine, / ûf der êren steine, / von dem ist iu gesaget gnuoc, / daz er dem man niht vertruoc, / an swem was falsch oder haz.23). Alle drei Stellen zeigen eine Nähe zum Motiv des gefährlichen Sitzes (siège périlleux), also des freien Sitzes z.B. an der Tafelrunde, bei dem allerdings keine Tugendprobe, sondern die Offenbarung des Auserwählten im Mittelpunkt steht.24 KASPER macht darauf aufmerksam, es sei allen drei Schilderungen eines Tugendsteines gemeinsam, dass der Held zum Zeitpunkt der Probe noch sehr jung sei, für Wigalois und Wigamur der Stein sogar die erste größere Bewährung darstelle: »Alle drei Helden bestehen den Test zufällig und ohne zunächst selbst davon zu wissen.«25 5. Beschreibung des Bades (1142–1163). Bis zu dieser Stelle wird Aptor lediglich stein genannt, in diesen Versen heißt es, dass in ihm auch ein ausgeklügeltes Bad Platz habe. Beschreibungen von z.T. technisch raffinierten Wasserleitungen wie in Vers 1153 finden sich in der mhd. Literatur häufiger,26 und diese werden wohl auch tatsächlich existiert haben27.Warmwasserquellen, wie sie für die beiden

21 22 23 24 25 26 27

PATRZEK 19f. nennt außerdem:›Apollonius‹ 11765–11770, Priester Wernher A 2876–2878, ›JT‹ 6260, Konrad von Megenberg VIII.1. KASPER 263. Vgl. dazu KRAGL zu 5178f. und 6197–6199. Vgl. KASPER 266. KASPER 263f. So z.B. ›Meleranz‹ 450ff., ›Herzog Ernst B‹ 2655ff. Weitere Verweise PATRZEK 73, CALIEBE 69f. Vgl. LexMA VIII,2065f.

Exkurse

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Leitungen in den Versen 1158f. nötig sind, kennt auch Konrad von Megenberg II.31 Ez geschiht auch oft, daz gar nahend pei enander entspringt ein wazzer, daz haizz ist vnd daz ander chalt, darvmb, daz der paider wazzer adern in dem perg verr von einander sint vnd hie vorn ze samen ch=mend.28 6. Locus amoenus (1164–1201). Zitat aus Gottfrieds ›Tristan‹, vgl. Exkurs F. 7. Wirkung des Bades (1202–1221). Die Wirkung des Bades widerspricht der vorangehenden Tugendprobe, in der es heißt, ein schlechter Mensch sei gar nicht in der Lage, sich dem Stein anzunähern. Hier aber wird beschrieben, was mit einem solchen Menschen im Bad geschieht.

D Erbe und Recht 1 Erbe Wigamur wird zweimal mit eskalierten Erbvorgängen konfrontiert, an deren Entscheidung er als stellvertretender Kämpfer mitwirkt. Beim ersten29 streiten Eudis und ihre Tante Affrosidones um einen Brunnen und eine Linde, die Eudis seit zehn Jahren ohne Widerspruch in ihrem Besitz hat30 und die Affrosidones nun beansprucht. Vorgeschichte ist eine Vereinbarung zwischen Affrosidones und Eudis’ Mutter, bei der ein Erbe einer nicht weiter genannten Person gütlich und öffentlich aufgeteilt wurde.31 Der Erbteil von Eudis’ Mutter scheint inzwischen auf sie selbst übergegangen zu sein. Die gesamte Episode erinnert an den Streit der Schwarzdorn-Schwestern im ›Iwein‹. Rechtlicher Hintergrund dort wie wohl auch hier ist die Konkurrenz zweier Erbfolgen, des Ältestenvorzugs gegenüber der Erbteilung.32 Auch wenn vom Text nicht so benannt, ist Affrosidones wohl die ältere Schwester von Eudis’ Mutter und erkennt die Teilung, obwohl schon lange zurückliegend, nicht an. Artus und sein Hof fungieren hier – ebenso wie in der Episode im ›Iwein‹ – nicht als Aventiurehof, an dem Geschichten erzählt werden und von dem die Ritter ausreiten, sondern der König richtet hier einen Gerichtskampf aus. Auf diesen Konfliktlösungsweg, in dessen Ausgang er sich nicht einmischen will, vertraut er auch noch in dem Moment, in dem er die streitenden Fürstinnen zu einer gütlichen Einigung überreden möchte. Bei der zweiten Erbstreitigkeit33 liegt eine andere Konstellation vor. Die Könige Atroglas und Paltriot kämpfen um das Land Deleferant, das ihr Onkel ohne Nachkommen oder Verfügung hinterließ. Die Situation ist bis ins Detail so konstruiert, dass beide Kontrahenten einen identischen Anspruch auf das Land erheben

28 29 30 31 32 33

Weitere Texte PATRZEK 23f. Verse 1526–1973. 1635–1638. 1589–1596. Vgl. MERTENS zu ›Iwein‹ 5625–5970. 3457–4239.

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Exkurse

können.34 Der folgende Krieg ist damit gerechtfertigt, er wird von beiden Königen mit offener Redlichkeit gefochten und kann nicht einer höheren Instanz, wie etwa der Rechtsprechung Artus’, übertragen werden.

2 Zweikampf Das eigentliche Gerichtsverfahren zur Entscheidung der Erbstreitigkeiten besteht im ersten Fall in einem gerichtlichen Zweikampf, einem bekannten Mittel zur Streitentscheidung, das zu den Ordalien (Gottesurteilen) gezählt wird.35 Ein solcher Zweikampf kann wie im Fall von Eudis und Affrosidones von Stellvertretern ausgefochten werden.36 Gekämpft wird bis zur Überwältigung, nicht bis zum Tod des Gegners, »der Sieger hatte damit seine Rechtlichkeit (sein Im-Recht-sein) rechtskräftig erwiesen, der Verlierer hatte im Regelfall sein Recht […] verloren«37. Der Sieg war allerdings noch nicht das Ende des gerichtlichen Verfahrens, sondern musste von den Richtern noch auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft werden; die Beendigung erfolgte erst durch die Urteilsfindung nach Abschluss des Kampfes, so auch im vorliegenden Fall in den Versen 1930ff. Auf die Frage, weshalb es bei einem für unsere Augen derart offenkundigen Unrecht überhaupt eines Gerichtsverfahrens bedarf, sieht SCHNELL, bezogen auf den ›Iwein‹, die Antwort in den »Grundregeln des mittelalterlichen Prozesses, der auch ungerechten und unbegründeten Anklagen die Möglichkeit eröffnete, den Sieg in einem Parteienstreit davonzutragen […]. Das vom Formalismus stark gekennzeichnete Gerichtsverfahren kümmerte sich bis zum 12./13. Jh. wenig um die inhaltliche Klärung der vorgebrachten Streitfälle.«38 Nach latenten Vorbehalten der Kirche verbot das Vierte Laterankonzil 1215 die Zweikämpfe endgültig.39 Dass dieses Verbot noch während des 13. Jhd.s nicht immer wirksam und unumstritten war, zeigt bereits die unproblematische, vielleicht geradezu bewusste Verwendung im ›Wigamur‹. Auch im Fall von Atroglas und Paltriot wird ein Zweikampf angesetzt, der hier der Vermeidung einer Schlachtfortsetzung dient. Es ist Paltriots Recht, sich nach der Ebenbürtigkeit seines Kontrahenten zu erkundigen, wie z.B. aus dem ›Sachsenspiegel‹ hervorgeht: Iewelk man mach kampes weigeren deme, de wirs geboren is denne he40. Allerdings scheint die Voraussetzung der Ebenbürtigkeit im 13. Jhd. unterschiedlich streng aufgefasst worden zu sein, wie sich aus einer Szene ›Partonopier‹ (Verse 19970ff.) ergibt. Dort wird der Kampf zwischen Standesungleichen ausdrücklich erlaubt.

34 35 36 37 38 39 40

3485f., 3530f. Zur Konstellation SCHMID 63f. MERTENS zu ›Iwein‹ 4161, NELLMANN zu ›Pz.‹ 321,16–22, NOTTARP 288ff. NOTTARP 298f., Kommentar zu 1646. HRG V,1837. SCHNELL 49, Anm. 75. HRG V,1841. Landrecht I.63 §3 und DRW VI,1018.

Exkurse

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Dass im vorliegenden Roman die Situation auf dieses Problem und seine Lösung durch die Erzählung von Wigamurs Geschichte hin angelegt ist, geht aus den Worten 3887 von guoter art hervor, mit denen Wigamur als Stellvertreter empfohlen wird.

E Liebe und Ehe 1 Liebe im höfischen Roman Im Eröffnungsvortrag zu seiner Freiburger Stammler-Gastprofessur unterscheidet WALTER HAUG sieben verschiedene erotische Denktraditionen des Mittelalters voneinander, um die »epochale Neuerung« der höfischen Literatur des 12. Jhd.s von anderen Redeweisen über Liebe, etwa im theologischen oder didaktischen Schrifttum, zu unterscheiden. Der höfischen Literatur käme eine radikale innovative Wende zu, »es handelt sich um die Geburtsstunde der modernen Liebesidee, der Idee der Erfüllung des Lebens in einer personal verstandenen erotischen Beziehung zwischen Mann und Frau.«41 Von dieser Idee setzt er unter anderem die höfische Heiratspraxis mit ihrer pragmatischen Ausrichtung ab, zu der BUMKE sich ähnlich äußert: »Für den Laienadel war die Ehe primär eine politische Institution, ein Instrument der dynastischen Politik. […] Außer der Fortsetzung des eigenen Geschlechts hatte die feudale Ehe auch den Zweck, verwandtschaftliche Beziehungen zu anderen Familien herzustellen. Dabei ging es fast immer um Hauspolitik, das heißt um die Absicherung oder Erweiterung des eigenen Herrschaftsbereichs, um die Befestigung politischer Bündnisse, um die Versöhnung alter Feindschaften oder um die Einheirat in Familien von höherem Rang.«42 Diese Unterscheidung HAUGs zwischen der feudalen Heiratspraxis und der Liebesidee in der höfischen Literatur entspricht dem Unterschied zweier Grundpositionen in Bezug auf die rechte Form der Verheiratung, wie sie sich mit je unterschiedlichen Akzentuierungen im gesamten Mittelalter finden. Sie lassen sich pointiert, wenn auch in dieser Form unhistorisch, so umschreiben, dass im ersten Fall die Ehe vom Brautpaar nicht selbst oder zumindest nur zum Teil ausgehandelt wird, etwa bei Braut- oder Muntkauf, im anderen Fall die Brautleute persönlich der Hochzeit zustimmen. Tendenziell scheint die zweite Position besonders seit dem 12. Jhd. einen Aufschwung erfahren zu haben; sicherlich bedeutsam dafür ist der klare Positionsbezug des kanonischen Rechts für diese Konsensehe.43 Bezogen auf diese beiden Standpunkte, nimmt der ›Wigamur‹ Position für die erste Richtung: MEYER stellt fest, dass Wigamur, anders als Lanzelet, keine individuelle Liebesgeschichte entwickle. Er warte ab, bis er Namen und Identität erhalte, um dann passiv verheiratet zu werden. Liebe spiele insgesamt in diesem Text keine Rolle.44

41 42 43 44

HAUG, Stammler 33f. BUMKE 534f. Vgl. WEIGAND, SCHUBERT 255ff. und 2HRG I,1194ff. Zu den Auswirkungen auf die Literatur: SCHNELL, Korrektiv. Siehe auch zu 5037 (Verwandtschaft als Ehehinternis). MEYER, Feenjugend 109.

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Die Heirat zwischen Dulciflur und Wigamur dient in erster Linie der Konfliktbeilegung und Herrschaftsverbindung. Die Braut ist bei der Aushandlung der Lösung nicht einmal zugegen, erst nach einem Besuch zu Hause will Wigamur in Vers 4325 sînen gemahel schouwen. Mit dieser Haltung nimmt der ›Wigamur‹-Dichter allerdings keine Außenseiterposition ein, wie FABER hervorhebt: »Die Darstellung einer solchen mundial bestimmten Verlobung, welche die Entwicklung zum Selbstverlobungsrecht offenbar nicht zur Kenntnis nimmt, findet sich […] verhältnismäßig häufig in den Werken des 12. bis 15. Jh.s […]«45. Allerdings würden diese Verheiratungen weder problematisiert noch zur letzten Konsequenz ausgespielt, es sei immer auch ein gewisser Anteil an Freiwilligkeit des Brautpaares dargestellt,46 wie sie auch in Vers 4640 (wan al mîn vreude an iu lît) zum Ausdruck gebracht wird.

2 Eheschließung Es mag zunächst überraschen, dass bei der Hochzeit Wigamurs und Dulciflurs die Kirche keine Rolle spielt und kein Priester anwesend ist. Doch die Eheschließung selbst war eine von Beginn an rein weltliche Angelegenheit und blieb es auch zumindest teilweise noch bis ins späte Mittelalter.47 Der Kirche kommt erst dann eine Funktion zu, als mit der Verbreitung der Konsensehe im 12. Jhd. ein Zeuge für den gegenseitigen Zuspruch der Eheleute benötigt wird. Diese Aufgabe kann ein Priester übernehmen; doch damit vollzieht er keine Eheschließung, er ist lediglich anwesend, wenn das Brautpaar sich zueinander bekennt. Entsprechend gibt es noch keine gängige kirchliche Liturgie, nach der eine Trauung begangen werden kann. Im ›Wigamur‹ findet der Vermählungsritus also nach gängigem Muster, nâch landes site (4619) statt, d.h. »mit Konsensabfragen und Zusammengeben«48: 4530–4538: Atroglas fordert Dulciflur auf, sich küssen zu lassen (erster Kuss) 4539–4606: Fest, unterbrochen von Nacht und Messbesuch 4607–4632: Ansprache Atroglas’ mit Antwort Wigamurs 4633–4641: Ringtausch und zweiter Kuss (eigentliche Vermählung)

Der Hochzeitskuss ist, so FABER, »nicht so sehr als Gefühlsäußerung zu interpretieren, sondern eher als gewohnheitsrechlichtes Element der betreffenden Zeremonie.« Entweder sei der Kuss sinnliche Anschauung eines neuen Rechtszustandes, was sich vielleicht im Rückgriff auf einen germanischen Rechtsbrauch erklären ließe, oder er symbolisiere das folgende Beilager.49 Der Fingerring dagegen ist als sichtbares Symbol der gegenseitigen Erklärung des Eheschließungswillens, als Beweis für die Ehe zu verstehen.50 Die Beringung ist Ausdruck für den Eintritt in die Ehepflichten. Wenn Wigamur den Ring von Dul45 46 47 48 49 50

FABER 91. FABER 94–96. TRE IX,331. ZALLINGER 59. FABER 158f. Vgl. ZALLINGER 32f., FABER 163–169 und 2HRG I,1222.

Exkurse

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ciflur annimmt, dann wird er »augenscheinlich auf Treue festgelegt und kann die ihm Vermählte nicht um einer anderen willen verlassen«51. Auf diese Verpflichtung verweisen seine Schwiegereltern in den Versen 4714f. ausdrücklich. Als Symbol für die gegenseitigen Ehepflichten ist bei der Konsensehe folglich ein Ringtausch vorgesehen. »Ob nun von der Kirche unterstützt und befürwortet oder doch erst eingeführt – jedenfalls werden beiderseitiges Treuegelöbnis sowie Ringwechsel bis zum Beginn des 13. Jh.s allmählich Bestandteil der Formalhandlung bei der ehelichen Verbindung königlicher und fürstlicher Paare.«52 In der Literatur allerdings gibt es nur wenige eindeutige Beispiele für einen offiziellen Ringwechsel. Der ›Wigamur‹ bildet eine Ausnahme. Auch wenn man von der rechtlichen Bedeutsamkeit des Eherings ausgehen muss, wird sie spätestens dann von der Symbolik des Liebespfandes überlagert, sobald Dulciflur bei ihrer Entführung an Wigamur erinnert wird, als ofte sie daz [vingerlîn] ane sach (M5507).53 Interessant in diesem Zusammenhang mag vielleicht das Alter der Protagonisten sein: Wigamur verbringt zehn (4064) oder zwölf (1290) Jahre bei Lespia und lebt weitere acht Jahre beim Meerwunder (4091). Direkt nach seiner Hochzeit holt er Pioles in der letzten Episode nach acht Jahren wieder beim Zwerg ab (5646) – alles in allem ist er knapp 30 Jahre alt. Dulciflurs Alter dagegen wird 5903 mit 14 beziffert.

F Der locus amoenus aus Gottfrieds ›Tristan‹ Hs. W stimmt an mehreren Stellen wortwörtlich mit anderen Texten überein. Drei dieser Abschnitte wurden bislang identifiziert;54 es ist zu vermuten, dass sich weitere Übereinstimmungen finden lassen. Es ist ungewiss, ob der W-Schreiber diese Stellen von seiner Vorlage übernahm oder sie selbst einfügte. Möglicherweise ist die starke Varianz des Ausdrucks und der Plus- und Minusverse damit zu erklären, dass der Schreiber die Passage des Originals nicht von einer Vorlage abschrieb, sondern frei aus dem Kopf notierte.55 Die Verse 1164–1201 entsprechen mit kleinen Ausnahmen wörtlich ›Tristan‹ 16733–16760.56 Der folgende Abdruck normalisiert den Text der Hs. H (=Heidelberg, Universitätsbibl., Cpg 360), Bl. 110r. Im Apparat werden die Varianten aller vollständigen Hss.57 verzeichnet, sofern sie dem Text in W näher stehen als ›Tristan H‹ (im Text halbfett markiert). 51 52 53 54 55 56 57

FABER 165. FABER 164. Evtl. kommt diese Haltung 929 zum Ausdruck, da der Ring – und damit ihre Bindung an Harzir – das letzte Gut von Pioles ist. Siehe die Exkurse G und H. Vgl. HEINZLE, Verhältnisse 324f. MEYER, Tandarois 498. Mit Ausnahme von *S, da diese nur in einer neuzeitlichen Abschrift greifbar ist. Die neuste Auflistung der Handschriften des ›Tristan‹ findet sich bei KLEIN, aktuelle Informationen zu allen Hss. im Handschriftencensus.

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Exkurse Gottfrieds ›Tristan H‹

16733 aber umb und umb hin ze tal dâ stuonden boume âne zal │ │ 16735 die dem berge mit ir blate und mit ir esten bâren schate und einhalp was ein pleine dâ vlôz ein fonteine ein vrischer küeler brunne 16740 durchlûter als diu sunne dâ stuonden ouch drî linden obe schœne und ze lobelîchem lobe die schirmeten dem brunnen vor regene und vor der sunnen 16745 liehte bluomen grüene gras mit den diu pleine erliuhtet was │ │ │ │ │ │ │ │ │ │ die criegeten vil suoze in ein ietwederz daz schein daz ander an inwiderstrît 16750 ouch vant man dâ ze sîner zît │ │ │ │ daz schœne vogelgedœne daz gedœne was sô schœne und schœner dâ danne anderswâ ouge und ôren heten dâ 16755 weide unde wunne beide daz ouge sîne weide daz ôre sîne wunne dâ was schate unde sunne der luft und die winde 16760 senfte unde linde

›Wigamur W‹ 1164 umb und umb zuo tal 1165 stuonden vruhtbær boum ân zal: nuz, epfel, biren, küten und ouch kesten, vîgen, mandel, mûlber und datel die besten, die dem steine mit blaten und mit esten bâren schaten │ │ │ │ │ │ 1170 und schirmeten ouch die brunnen vor regen und vor sunnen. liehte bluomen unde gras, mit den der plân gezieret was. ouch stuonden alumbe dâ 1175 rôsenstöck und wînreben sâ. die wâren in ein guldîn reif gebogen und hôch über den stein gezogen dicke glîche einem hac, daz dar durch kûm der tac 1180 mohte sîn schîn gehân. alsô stuont ez umb den plân. ouch wuohsen dâ vîol und meienbluomîn und ouch aller bluomenschîn, die kriegeten vil suoz in ein. 1185 ir ietwederz dâ schein daz ander an mit wider strît. ouch vant man dâ zuo sîner zît vil der vogel manecvalt, galander, nahtegal, swaz der walt 1190 zuo aller zît moht gehân … daz was daz schœnest vogelgedœne, daz gedœne was dâ schœne und schœner vil dan anderswâ. 1195 oug und ôre heten dâ weide und wunne beide. daz ouge sîne weide, daz ôre sîne wunne. 1200 dâ was schat und sunne. der luft und die winde senfte unde linde.

16734 dâ fehlt FNR 16735 blaten BE 16735 schaten BNE 16744 der fehlt MBFPWNOE 16745 grüene] unde B, und daz N 16746 diu] der NO 16748 ir ietwederz FPWNOR, daz fehlt R 16749 widerstrît FP, dem widerstrît R 16752 sô] dâ WNOR 16753 dâ fehlt W 16754 ôre MFWOR

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Exkurse

G Der ›Wunderer‹ und das Motiv des selbstvergessenen Blicks Das zweite größere Einschub findet sich in der Hs. W2 des ›Wunderer‹, einem Text aus dem Stoffkreis der aventürenhaften Dietrichepik.58 Die Überlieferungslage der verschiedenen ›Wunderer‹-Versionen ist allerdings schlecht, von der Reimpaardichtung ist uns lediglich das Fragment eines Drucks und ein wahrscheinlich verkürztes Exzerpt, das sich im Hausbuch München, Staatsbibl., Cgm 5919 (=W2) findet, erhalten. HEMPEL stellt ausführlich die Abhängigkeit des ›Wunderer‹ vom ›Wigamur‹ auf motivlicher und sprachlicher Ebene dar.59 Wie weit die zahlreichen Ähnlichkeiten tatsächlich auf eine Abhängigkeit schließen lassen oder den topischen Schilderungen geschuldet sind, bleibt allerdings fragwürdig. Der Zusammenhang der folgenden Verse ist allerdings nicht zu übersehen: ›Wunderer W2‹60 4,27

4,30

4,35 5,1

5,5

Der da sneiden scholt das prot, Dem was ze sneiden also not, Das er sich dief snaid jn sein hand, Das er des liecht nicht enphant. Der den wein scholt schencken, Der gaß jn vnder die panck. Dy da scholten trincken, Die liesens auch nider sincken. Maniger sich mit dem wein pegoß. Von der mait schon würden all witzlos. Sy kündens nie vol schawen gar. Dy fürsten namen ir all war. Sy wundert all, wer sy wär. Dey vil seldenpar, Hey wie chaiserlich sy was! Manig hertzog herleich vor ir da saz. Da wünscht vil maniger: wär sy mein! Aber herr got, vnd mocht das gesein!

›Wigamur W‹61 2623 welcher solt schneyden daz prot, dem waz zů sehen als nott, 2625 das er schnayd in die handt, 2626 das er sein nicht empfandt. – – – – 2627 wer da solt trincken, der ließ es auch nyder sinckenn, das er sich ob dem tisch begoß. 2630 sy wurden alle sÿnloß. 2614 sy kunden sy nie geschawen gar. 2613 die fürsten namen ir alle war. 2617 sy wunder[!] alle, wer sie w(r, die vil selden per. sehent, wie rittelich[!] sy was. 2620 manig hercz fro von ir gesas. maniger wunscht: »vnd wer sÿ mein, 2622 daz wolt got vnd solt es sein!«

Welchem Text die Similien ursprünglich entstammen, ist nicht endgültig zu entscheiden; der »schlechte« Text des ›Wunderer‹ (z.B. 4,28) lässt aber auf eine Priorität des ›Wigamur‹ schließen – aber auch dort machen die vermehrte Verwendung unreiner Reimbindungen skeptisch. HEMPEL stellt die Frage, »ob der Wu[nderer] wirklich auf den uns erhaltenen Wigam[ur] W zurückgeht, oder nicht vielmehr Wu.

58 59

60 61

Zum ›Wunderer‹ allgem. und seiner Überlieferung HEINZLE, Dietrichepik, 188–194. Den folgenden Vergleich bietet auch KERTH 259–262. Zu ergänzen wäre die erstaunliche Übereinstimmung der Textanfänge: ›Wunderer‹ [W2]: Eynes tages das Ergie, / Als man vns sage noch ie / Manig seltzame mär, / Wie ain küng wär / … Dagegen ›Wigamur‹ [W]: Wir lesen in den půchen / der es kan dar in sůchen / manig selczam mere / wie das ain künig w(re / … Text nach der Ausgabe VON KELLERs. Unnormalisierter Text der Handschrift W, Abkürzungen sind ausgeschrieben.

300

Exkurse

und Wigam. aus der gleichen Quelle schöpften, vermutlich aus einer älteren Redaktion des Wigam.«.62 Teile der Verse finden sich – wie HEMPEL bereits anmerkte63, aber nicht in seine Überlegungen einbezog – bereits im König Rother. Die Selbstvergessenheit tritt dort allerdings nicht infolge einer schönen Frau ein, sondern als Dietrich zur Harfe greift: 2513 2515

swilich ir begunde trinkin deme begundiz nidir sinkin, daz er iz uffe den tiske goz. swilich ir abir sneit daz brot, deme intfiel daz mezses durch not. sie wurdin von troste witzelos.

Dieses Motiv – KHULL nennt es das »Motiv der bezaubernden Schönheit« 64, was aber nicht auf alle Fälle zutrifft – ist offenbar beliebt und entsprechend oft in der Literaturgeschichte anzutreffen. KÖHLER, der Belege in zahlreichen romanischen und slavischen Dichtungen nennt, führt es auf die rabbinische Sage von Joseph zurück, wie sie sich z.B. im Koran findet. In der mhd. Literatur findet es sich u.a. ›Iwein‹ 1335ff., ›Salman und Morolf‹ 16, ›Erec‹ 1737ff., ›Tandareis‹ 1050ff. und 14204ff. sowie am prominentesten in der Erinnerung Gaweins in der Blutstropfenszene ›Pz.‹ 301,10ff.

H Suchenwirts Schönheitsbeschreibung Die Verse 4905–4952 entsprechen Peter Suchenwirts ›Die schöne Abenteuer‹ 167– 222.65 SARRAZINs Vermutung, der Schreiber von W habe die Verse Suchenwirts in den Text des ›Wigamur‹ montiert,66 erhält dadurch Gewicht, dass die Verse in MS fehlen. Es handelt sich dabei um Suchenwirts Beschreibung der Frau Abenteuer, die im ›Wigamur‹ zur descriptio der Königin Dinifrogar dient. Allerdings sind die Verse in W weder vollständig, noch entspricht die Versreihenfolge einer erhaltenen Suchenwirt-Hs.67: Während Suchenwirt die Frau von den Füßen zum Kopf beschreibt, hat der W-Schreiber die Beschreibung vom Kopf bis zu den Füßen umgedreht – wie es eigentlich der gängigen Topik der descriptio personae entspricht.68 Neben der von PRIMISSER für seine Edition benutzten Hs. A sind fünf weitere Textzeugen bekannt.69 Dem folgenden Abdruck liegt der Text der Hs. d zugrun-

62 63 64 65 66 67 68 69

HEMPEL 47. HEMPEL 41. KHULL, Rez. Sarrazin 361. Ausgabe PRIMISSER Nr. XXV, BRANDIS Nr. 449. SARRAZIN 29–32. Versentsprechungen: 167–170 4941–4944; 173f. 4907f.; 181f. 4905f.; 183–190 4931– 4938; 195–207 4911–4923; 212 4924; 217–222 4925–4930. Vgl. HWRh II,552. Vgl. WEBER 52–55: A Wien, Nationalbibl., Cod. Vind. 13045, S. 143–156 (Ende 14. Jh.); d London, Brit. Library, Ms. Add. 24946, Bl. 98v–103r (2. Hälfte 15. Jh.); m4 München, Staatsbibl.,

301

Exkurse

de;70 Abkürzungen sind ausgeschrieben, korrigierte Wörter kursiviert. Im Apparat werden die Varianten lediglich verzeichnet, sofern sie dem Text in W näher stehen als Suchenwirt d (im Text halbfett markiert). In einer zweiten Spalte findet sich der entsprechende Text von W. Im Anschluss an den Abdruck von d wird auch der vollständige Text von W unnormalisiert dokumentiert, um dem Charakter dieser originär frühneuhochdeutschen Dichtung Rechnung zu tragen. Die Transkriptionen, die mir freundlicherweise WOLFGANG ACHNITZ (Münster) zur Verfügung stellte, stammen von HANS BLOSEN (Århus/Dänemark). ›Wigamur W‹

Suchenwirt d 166

170

175

180

185

190

195

70

der magt muest ich lobes iechen ir fussel klain bogen ist holl ein zeisl sich verporgen woll hiett vnder irem risst gesnürt nach maisterlichen list bey den snüern durch gangk ir fusslein als ain hermlein planck inrechter weis gewollen ir hufft zart gedrollen den rock den die maget an trueg geworcht vnd auch geschnitten klueg was von weissen seiden rain darauf lag manig edel gestain in golld reich gevasset als mein trawrn hassett die magt was zumassen lanngk enmitten klain sinbel vnd swanck das minengkleich diernl het zway prüstl als zway pirnl gesmucket an ir hertz zart sie was geborn von rainer art ir hend weis ir vinger langk ir zopf warn von manigem stranck ir kell vnd auch ir kÿnne geformet nach der mÿnne das mir mein swär ward ringer als der mit ainem vinger ein gruebl darein hett gedrucket ir mundlein fewres flamen flucket ir wängl zart getrengtt weis sich in rot mengett ir zennd als das hellfenbain die weis durch die rot schain

4941 4942 4943 4944

ir fůßlin clain pogristen hol ain zeyßlin het sich verporgen wol vnder irn füßristen geschücht nach maysters listen

4907 in rechter weyß erfollen 4908 ir hüfflin zart getrollen

4905 4906 4931 4932 4933 4934 4935 4936 4937 4938

die maget was zu massen langk enmitten clain sinwel vnd swanck die mynigclich diern het zwaÿ prüstlin als zwo piern geschmucket an ir hercze zart sy was geporen von hoher art ir hemlin weyß ir finger lang ir näcklin vnd ir hälßlin planck ir kel vnd auch ir kÿnn geformirt nach der mÿnn

4913 4914 4911 4912

ir wenglin zart gemenget die weyßin durch die rötin tringet ir zen weyß als das helfen pain die weyssin durch die röttin schain

Cgm 270, fol.124v–130v (um 1464); m3 München, Staatsbibl., Cgm 4871, S. 137–146 (4. Viertel 15. Jh.); t Raudnitz / Nelahozeves, Lobkowitzsche Bibl., Cod. VI Fc 26 [früher: Prag, Nationalbibl., Cod. RVI Fc 26], S. 493–500 (um 1465); g2 Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. A 985, Bl. 1vb–3va u. 3vb–4rb (vor 1439). Zwar entspricht der Wortlaut in W am ehesten der Hs. m3. Da diese jedoch manche, der in W genannten Verse nicht überliefert, folgt der Abdruck hier der vollständigeren Hs. d – trotz der von BLOSEN vorgebrachten Bedenken gegenüber diesem Textzeugen.

302

200

205

210

215

220

Exkurse doch hett die rot den pessten tail ir nasen was on alles mail ein wenig hoch ain klain gebogen auch hett die magt gar wolgetzogen zwaÿ awgen brawn nach valken art darinn sich das weis nicht entspart nach wunsch gar vnerblichen ir brawn awg praw gestrichen mit einem pemsl warn dar ir hiern weis vnd wolgeuar auch hett die edel magt rain zwaÿ arml vnd ain haupt klain gewarht vnd geschickt mit kunst gar als golld gespunen was ir har gedolldet als die trewbl vnd schon als die lewbl die reich von gollt zittern ich muest mein awgen wittern an der stolltzen magett rain ir harband was manig edel gestain ir golld verworcht nach wunsches vleis do zwuschen grosse berlein weis als ain reb gelenckett vnd auf ir har gesencket

4915 4916 4917 4918 4919 4920 4921 4922 4923

doch het die röt den pessern taÿl ir nesslin gar an alle maÿl schlecht klain vnd nit gepogen auch het die maget wol gezogen zwaÿ augen prawn nach vacken[!] art dar in das weyß sich nit spart nach wunsch gar vnerblichen ir prawnen praen gestrichen mit ainen[!] pensel wol gefar

4925 auch furt die edel maget rain vgl. unten 219 4924 als gespünst was ir har

4926 4927 4928 4929 4930

vgl. oben 209 ein har pant von edelm gestain geworcht mit ganczem vleÿß dar zwischen groß perlein weyß in rechter weÿse gelencket vnd auf ir har gesencket

167 pogriste A, pogrüsstig m3, boge ryste g2 168 verpergen d 169 irn m4, iren rysten g2 170 gesucht A, geschikt m3, gesůcht t, geschuct g2; maisters A, maissters m3, maister t; listen g2 173 en vollen A, enfollenn m3 174 hüftlein m3 183 die wunigliche dirne g2 186 hocher t, hogir g2 187 hendel A, hänndlein m3, hendelin g2 188 ir helsel runt ir nekel blank A, ir hälslein lind ir nächklein plannchk m3, ir helslin vnd ir necklin blanck t, ir helselin rot ir neckelin blanck g2 190 geformiert m4, geformieret t 195–198 gleiche Reihenfolge wie W in A, m3, t, g2 195 gemenget t, g2 [=V 197] 196 wis sich durch rote dringet g2 [=V 198] 200 nesel A, näslein gancz m3, neselin g2 201 und nit gebogen t 202 gar fehlt m4, t, g2 204 daz weis sich A, das weiß sich m4, das weiss sich m3, daz weÿs sich t 206 brawne bra A, praunnen pra m4, braen braun t, brunen bra g2 221 recht als ein A, recht alz ein g2

Suchenwirt d 181 182 173 174

die magt was zumassen lanngk enmitten klain sinbel vnd swanck inrechter weis gewollen ir hufft zart gedrollen

197 198 195 196 199 200 201 202

ir zennd als das hellfenbain die weis durch die rot schain ir wängl zart getrengtt weis sich in rot mengett doch hett die rot den pessten tail ir nasen was on alles mail ein wenig hoch ain klain gebogen auch hett die magt gar wolgetzogen

›Wigamur W‹ 4905 die maget was zu massen langk enmitten clain sinwel vnd swanck in rechter weyß erfollen ir hüfflin zart getrollen ir mündlin rot als der rubein 4910 gar schön was das megethein ir zen weyß als das helfen pain die weyssin durch die röttin schain ir wenglin zart gemenget die weyßin durch die rötin tringet 4915 doch het die röt den pessern taÿl ir nesslin gar an alle maÿl schlecht klain vnd nit gepogen auch het die maget wol gezogen

Exkurse 203 204 205 206 207 212 217 218 219 220 221 222 183 184 185 186 187 188 189 190

zwaÿ awgen brawn nach valken art darinn sich das weis nicht entspart nach wunsch gar vnerblichen ir brawn awg praw gestrichen mit einem pemsl warn dar als golld gespunen was ir har an der stolltzen magett rain ir harband was manig edel gestain ir golld verworcht nach wunsches vleis do zwuschen grosse berlein weis als ain reb gelenckett vnd auf ir har gesenckett das minengkleich diernl het zway prüstl als zway pirnl gesmucket an ir hertz zart sie was geborn von rainer art ir hend weis ir vinger langk ir zopf warn von manigem stranck ir kell vnd auch ir kÿnne geformet nach der mÿnne

167 168 169 170

ir fussel klain bogen ist holl ein zeisl sich verporgen woll hiett vnder irem risst gesnürt nach maisterlichen list

zwaÿ augen prawn nach vacken[!] art 4920 dar in das weyß sich nit spart nach wunsch gar vnerblichen ir prawnen praen gestrichen mit ainen[!] pensel wol gefar als gespünst was ir har 4925 auch furt die edel maget rain ein har pant von edelm gestain geworcht mit ganczem vleÿß dar zwischen groß perlein weyß in rechter weÿse gelencket 4930 vnd auf ir har gesencket die mynigclich diern het zwaÿ prüstlin als zwo piern geschmucket an ir hercze zart sy was geporen von hoher art 4935 ir hemlin weyß ir finger lang ir näcklin vnd ir hälßlin planck ir kel vnd auch ir kÿnn geformirt nach der mÿnn in rechter maße an laster 4940 lind weyß[!] dann ain alapaster ir fůßlin clain pogristen hol ain zeyßlin het sich verporgen wol vnder irn füßristen geschücht nach maysters listen 4945 sy was gancz an alle mayl frawe schön het wol den irn tail forderlich auf sy gesteüt[!] was yederman sagt oder geüt von schönen frawen dez gan ich in wol 4950 noch mer ich euch sagen sol ir rock von samat was noch grüner dan ain gras

303

Namenverzeichnis Sortierung: y → i, f → v, c → k Unabhängig von der handschriftlichen Form beginnt jeder Name mit einer Majuskel Absan →Fraort 3245 Absan W3245 ( : an) Abfan von →Affrosidones und →Eudis umstrittenes Land 3354 Abfan W3354 (gewan : ) Âgîr (von Elisân) verkündet →Wigamurs Ankunft an →Atroglas’ Hof vor der Hochzeit mit →Dulciflur 4385 Agyr W4385 Agrasîn (künic von Evefant) Verbündeter →Paltriots gegen →Atroglas 3652 Agrasÿn W3652 Agrestruot Gewässer; evtl. Nachbildung zum Vulkan Agremontin im Pz. (SCHRÖDER, Namen 4) unter Verwendung des stF struot (»Gewoge, Flut«) oder Verballhornung von Avestroit Mavoie (SCHRÖDER, Namen 13); vgl. auch NELLMANN zu Pz. 496,10 3554 Agrestrůt W3554 (†můt† : ) Alanslivrîn Stadt unter der Herrschaft des Königs von →Zabulet, in der →Lipondrigon mit der gefangenen →Dulciflur einkehrt 5454 Alanslivrin M5454 (in : ) Lauflirarin W5454 (in : ) Amilôt/Amilôz (künic) erbenlos gestorbener König, dessen von König →Pant gekauftes Reich →Deleferant von seinen Onkeln →Atroglas und →Paltriot beansprucht wird, zur Namensform siehe zu 3663f.; frequenter Name in mhd. Dichtung, vgl. z.B. Amelot in Rudolfs von Ems ›Willehalm von Orlens‹ (CHANDLER 15) oder Am-

milôt in Pleiers ›Garel‹ (CHANDLER 16) 3482, 3505, 3664 Amilos W3505 ( : grôz), W3664 (grôz : ) Amolot W3482 (nôt : ) Aptor ein wundersames Felsenbad 1100 Aptor W1100 Arâbîn »Arabien« 4509 Arabin W4509 ( : höuptlîn) Araclium Ritter in →Artûs’ Armee gegen →Marroch; Reim deutet auf andere Namensform hin 3237 Araclium W3237 ( : Pliopleerin) Aratûn →Pliopleerin 2064 Aratůn W2064 ( : brûn) Artûs (künic von Britâne) vor 1, 33, 49, 1398, 1777, 1806, 1841, 1925, 1930, 1974, vor 2056, 2056, 2155, 2286, 2345, 2382, 2446, 2458, 2476, 2498, 2517, 2728, 2807, 2818, 2837, 2848, 3098, 3107, 3129, 3146, 3153, 3182, 3184, 3189, 3193, 3204, 3259, 3304, 3320, vor 3367, 3368, 3396, 3405, 3432, 3450, 4126, 4776, 4841 Art਎ W2476 Artur W2877 Artus vor W1, W33 ( : hûs), W49, W1398 ( : hûs), W1777, W1806, W1841, W1925, W1930 ( : alsus), W1974, vor W2056, W2056, W2155, WM2286, WM2345, W2382, W2446 (ûz : ), W2458, W2498, W2517, W2728, W2807, W2818 (hûs : ), W2837, W2848, W3098, W3107, W3129, W3146, W3153 (Artus Brittan Aratas Furbein : Sarazîn), W3182, W3184, W3189, W3193, W3204, W3259,

306

Namenverzeichnis

W3304, W3320, vor W3367, W3368, W3396, W3405, W3432, W3450, W4126, W4776, WS4841 Atroglas (künic von Rerat) Vater →Dulciflurs, Schwiegervater →Wigamurs, Onkel →Amilots, Gegner →Paltriots 3467, 3487, 3564, 3581, 3633, 3662, 3807, 3865, 3893, 3966, 3974, 3989, 4203, 4220, 4230, 4371, 4378, 4423, 4530, 4693, 4697, 4728, 4814, 4821, 4830, 51464, 5410, 5425, 5448, 5503, 5873, 5890, 5988, 6046, 6070, 6080, 6093 Atroglas M51464 (was : ), M5410, M5425, M5503 ( : was) Atroclas W3467 ( : was), W3581 ( : was), W3633 ( : was), W3807, W3865, W4220, W4230 (was : ), W4371 ( : palas), W4378 (was : ), W4423 ( : was), W4821, W5410, W5425, W5448 (… : ), W5503 ( : was), W5873 ( : was : vürbaz), W5890 (gras : ), W5988 ( : was), W6046, W6070, W6080 ( : palas), W6093 Atroclos W3966 (was : ), W3974, W3989 ( : was), W4203, W4530, W4693, W4697 ( : was), W4814, W4830 Atrocloß W4728 Attroglas S4814, S4830, S51464, S5410, S5425, S5448 (was : ) Attroclas W3487, W3564, W3662 (was : ) Attroclaß W3893 […]glas M5448 ([…] : ) Affrosidones (künigîn von Campil) Tante und Gegnerin →Eudis’ 1782, 1794, 1855, 1898, 2176 Affrosidenez W1794 (des : ) Affrosydones W1782, W1898 Affrosÿdones W2176 Affrosodanes W1855 Barbarîe →Tugat 2088 Barbarie W2088 ( : Sîrîe) Beldroger/Pelrapier Austragungsort des Turniers, zu dem →Harzir geritten ist, siehe auch zu 903f. 903/904 Beldroger M904 ( : her) Pelrapier W903 (schier : ) Beformos (von Engelahsen) gab →Artus ein Pferd, das dieser →Wigamur schenkt 2334 Belfformors W2334 Beformos M2334

Bergalt (herzoge von) Turnierteilnehmer in →Nunsigralt, dessen Wappentier ein Leoparde ist; identisch mit Retân von Pergalt dem ›Garel‹ des Pleiers, der allerdings ein Einhorn im Wappen trägt? CHANDLER 245 (s.v. Retân) 4741 Bergalt W4741 ( : gezalt) Britâne / britânîn / britûn Geogr. Name Britâne (»Britannien«), Nebenform Britânîn 1398, 1698, 2559, 3057, 3153, 4126, 4841 Britanie M1698 Pritane W4841 ( : plâne) Pritanÿ W2414 (sîdîn : ) Pritania W2559 Prytanie W3057 Prittan W4126 (undertân : ) Prittanye W1698 Prutanie W1398 Adjektiv britânîn (»britisch«) 1537, 2414, 4482 pritanÿ W1537 (sîn : ) prityn W4482 (în : ) Bewohner Britûn / Britân (»Brite«) 4778, 4841 Pritan S4841 ( : […(=plân?)]) Prittan W3153 Prytän W4778 (sun : ) …ritvn S4778 (sun : ) Burset Ritter der Tafelrunde, der am Turnier von →Deleprosat teilnimmt 2057 Bursett W2057 Dalmflamuor Stammburg des Königs →Ittra 4122 Dalmflamůr W4122 ( : vuor) Daphîr (von Nagrahîr) Verbündeter →Paltriots, der dessen Heerfahne trägt 3677 Daphÿr W3677 ( : Nagrahîr) Delîmors Späher →Paltriots 3692, 3711 Delemorß W3692 (ors : ) Delymors W3711 Deleprosat Land, das →Artus neu belehnen soll, vgl. →Nodengat 1980 Deleprosat W1980 ( : bat)

Namenverzeichnis Deleferant von →Pant gekauftes Königreich →Amilots, um das →Atroglas und →Paltriot kämpfen 3458, 3984 Delefer$t W3458 (lant : ) Deloyrlandt W3984 (lant : ) Delmitten Teilnehmer an →Artus’ Fest 2510 Delmitten W2510 Deloir Land am See →Munsigret, das →Wigamur vom Meer aus betritt und in dem der König von →Pontrafort sein Unwesen getrieben hat; darin befindlicher, gleichnamiger Wald, der auf dem Weg nach →Gurgralet durchquert werden muss; 3-silbig, ohne Diphthong auszusprechen 352, 554, 744, 916, 1355, 4108, 5541, 5579, 5597 Deloyr M5541 ( : Effloir), M5579 ( : Effloir), MS5597 ( : mir) Dolier W554 ( : Glakotelesfloir), W1355 Dolýer W4108 (mir : ) Doloÿer W352 ( : mir) Doloyr W744 Doloÿr W5579 ( : Effloir), W5597 ( : mir) Toloÿr W916 ( : mir), W5541 ( : Effloir) Demefrôn mit →Hector in der Reihe beispielhafter Helden genannt – vgl. zu 3424 3424 Demefrǒn W3424 (lôn : ) Diatorforgrant (von Triasoltrifertrant) Kämpft für →Affrosidones gegen →Wigamur 1786, 1875, 1904, 1922 Dyadorforgrant W1922 ( : hant) Dyartorforgra]t W1786 ( : Triasoltrifertrant) Diatorforgrant W1875, W1904 Diethêr Neffe →Salmurtes, der an →Artus’ Heerfahrt für →Isopi teilnimmt; CHANDLER 67 verweist auf Diether von Ungerland in ›Lorengel K‹; in der Heldenepik Name des Bruders von Dietrich, vgl. GILLESPIE 24 2846 Diether W2846 (ger : ) Dinîfrogar (künigîn) Königin, die sich selbst beim Turnier von →Nunsigralt als Preis aussetzt, weil sie von →Gramgrinot bedroht wird 4673, 4896, 4983, 5281, 5488 Dymsÿgar W5281 ( : …) Dÿmßogar W4673 ( : dar)

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Dinifogar W4983 ( : gar) Dynifogar W5488 Dinifrogar MS4896, S4983 ( : gar), S5488 Dynifrogar M4983 ( : gar), M5488 Nyfrogar W4896 Drasbrâûn Späher der Heidenarmee, wird von →Gawan besiegt und von ihm an →Dinifrogar ausgeliefert 2894, 2993, 3061 Drasbarun W2894 (sun : ) Drasbraun W2993 Trasbraun W3061 Drîmac (künic von) veranstaltet in →Nunsigralt ein Turnier gegen →Gaviez 4670 Drymagk W4670 (bejac : ) Driopaz (von Felundagas) Heidenritter, der die Heeresfahne in →Marrochs Heer beim Angriff auf →Isopis Stadt führt 3213 Driopaz W3213 ( : Felundagas) Dulciflûr Tochter →Atroglas’, Braut →Wigamurs; in mhd. Dichtung häufiger Name, CHANDLER 72 verweist auf Dulciflur in Pleiers ›Meleranz‹, vgl. auch den Text ›Dulceflorie‹, VL II,243– 245 3913, 4192, 4221, 4326, 4618, 4703, 4849, 5303, 5307, 5319, 5328, 5379, 5393, 5409, 5502, 5546, 5563, 5913, 5991, 6039, 6063, 6071, 6091, 6097 Duciflur W5502 (vuor : ) Dulceflur W4192, W4326, W5303 ( : Wîgamûr), W5307, W5913, W6039, W6091 (her vuor : ) Dulceflůr W3913 ( : Wîgamûr), W4221 ( : Wîgamûr), W4618 (Wîgamûr : ), W4703, W4849, W5319, W5379, W6071 (Wîgamûr : ), W6097 ( : natûr) Dulciflur S4849, W5328, W5393, WM5409 ( : Wîgamûr), WM5546, WM5563, W5991 (Wîgamûr : ), W6063 (Wîgamûr : ) Dulciflůr M5502 (vuor : ) Dulciflvr S5502 Dulziflur S5563 Dulciwîgar Sohn →Wigamurs und →Dulciflurs 6099 Dulciweygar W6099 Dudel (herzoge von) Turnierteilnehmer in →Deleprosat; Gefährte

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Namenverzeichnis

→Gawans, der am Turnier in →Nunsigralt teilnimmt 2098, 2798, 4784 Dudel W2098 ( : snel) Duczel W2798 (snel : ), W4784 (snel : ) …del S4784 (snel : ) Elisan →Agir 4385 Elisan W4385 ( : wol getân) Engelahsen →Beformos; zur Namensform s. zu 2333 2334 Engel ach[…]n M2334 (gewahsen : ) Engelanndt W2334 (gewahsen : ) Êrec (fil li roi Lac) bekannter Ritter der Tafelrunde (vgl. CHANDLER 83f.) 2198, 3139, 3232 Eregg W2198, W3232 Erec M2198 Ereck fyly roÿs Lack W3139 Eudîs (künigîn von dem sinweln berge) bittet →Wigamur um Hilfe im Streit um den Brunnen mit →Affrosidones 1564, 1655, 1691, 1740, 1768, 1802, 1848, 1895, 1934, 1947, 1972, 2038, 2176, 2377, 2401, 2427, 3355 Eydeys W1768, W3355 ( : wîz) Eÿdeÿs W1655 (wîs : ), W1691 (prîs : ) Eydes W1740, W1802, W1848, W1895, W1934, W1947, W1972 ( : prîs), W2038, W2377, W2401, W2427 Eÿdes W1564 Eudis M1655 (wîs : ), M1691 (prîs : ), M2176 Evdis M1740 Evefant →Agrasin 3652 Euefandt W3652 (Yrrlant : ) Effloir Land, durch das →Wigamur und →Atroglas →Lipondrigun verfolgen; 3-silbig, ohne Diphthong auszusprechen 5542, 5580 Efloyr M5580 (Deloir : ) Effloyr WM5542 (Deloir : ) Effloÿr W5580 (Deloir : ) Gachaviez →Ithêr (SCHRÖDER, Namen 37) 4843 Gachafies W4843 ( : liez) […]viez S4843 ( : liez)

Gamuret (künic von Wâleis) bekannter Ritter der Tafelrunde (vgl. CHANDLER 93f., SCHRÖDER, Namen 37–39) 2057, 2199, 3208, 4758, 4854, 4878, 4989, 5036, 5113 Gam[…] S4854, S4878 Gameret (Gandynes sun) W3208 (†stet† : ) Gamiret W4758 (stêt : ) Gamor)t W2057 (Lanzelet : ) Gamurecht W2199 (Lanzelet : ) Gamuret M2199 (Lanzelet : ), W4854, WM4878, WM4989 ( : Gurgralet), M5036 (Gurgralet : ), WM5113 ( : bet) Gamüret W5036 (Gurgralet : ) Gamvret S4989 ( : Gurgralet), S5036 (Gurg〈ralet〉 : ), S5113 ( : bet) Gandîn Vater →Gamurets (vgl. CHANDLER 97, SCHRÖDER, Namen 40f.) 3208 Gandynes W3208 Gâviez (der von) gegen ihn veranstaltet →Drimac ein Turnier in →Nunsigralt 4671 Gauies W4671 ( : hiez) Gâwân bekannter Ritter der Tafelrunde (vgl. CHANDLER 101–103, SCHRÖDER, Namen 42–45) 2171, 2200, 2460, 2461, 2708, 2797, 2854, 2881, 2884, 2900, 2905, 2992, 3233 Balban W2461, W2854 ([…] : ), W2881, W2884 (wartman : ), W2900 (prîses wân), W2905, W2992 Gaban W2797 Gabwein W2708 Gagavn M2200 Kawan M2171 Salban W2460 Walban W3233 Gemîelder Ritter im Kampf zwischen →Atroglas und →Paltriot; Reim deutet auf andere Namensform hin 3738 Gemyelder W3738 (gezimier : ) Gerat Gewässer, an dem →Atroglas mit seinem Heer lagert 3645 Gerat W3645 ( : Rerat) Gimasmalîn Herkunftsort der Mutter von →Pioles 893, 5600

Namenverzeichnis Gimasmalin M893 (gesîn : ) Gysmanalin S5600 (künigîn : ) Gysmasmalein W893 (gesîn : ) Griß maßmalin W5600 (künigîn : ) […]masmalin M5600 (künigîn : ) Glakotelesfloir erster Gegner →Wigamurs, gibt ihm erste Unterweisung; 6-silbig, ohne Diphthong auszusprechen 555, 572, 694, 738, 775 Glakoteles floÿr W555 (Deloir : ) Glacotesflorir M775 (dir : ) Glakotheles floÿr W738 (: dir) Glakotholes deloÿr W572 Glockotheles floÿr W694 ( : wir), W775 (dir : ) Gletechleflors Turnierteilnehmer in →Deleprosat 2079 Gletechleflors W2079 (ors : ) Grâarz Herkunftsort zweier Wappenröcke; Herkunftsland eines jungen Ritters beim Turnier in →Nunsigralt; wahrscheinlich Schianatulander (vgl. SCHRÖDER, Namen 47 und 49f.; JT III, 526) 3380, 4880 Graarcz W3380 (swarz : ) Graarz (der junge riter von) M4880 (swarz : ) Grytarcz (der junge von) W4880 (swarz : ) Grabalmontois (juncvrouwe von) eine der beiden Fürstinnen, die in der brennenden Burg sterben; Schwester der Herzogin von →Logrois; wahrscheinlich Frau von →Pontrafort 922 Grabalmontoÿs W922 ( : Logrois) Griba[…] M922 Gramgrinôt Heide, der →Dinifrogar bedroht 5054 Gramrinot W5054 (nôt : ) Granigrinot M5054 (nôt : ) Grimigrinot S5054 (nôt : ) Gramrimort Burg in der Wüste →India, auf der sich der Goldseidenbaum befindet 4462 Gramrimort W4462 (wort : ) Granlînas dorthin reiten Atroglas, Dulciflur und Wigamur nach dem Sieg über Lipondrigun (identisch mit → Gundilar?)

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6060 Granlynas W6060 ( : vergaz) Grason (künic) Vater der Königin →Dinifrogar, ermordet von →Lipondrigun 5148, 5154 Grason M5148, M5154 Gvson S5154 Grîmel (herzoge von) Verbündeter von →Atroglas 3619 Grymel W3619 ( : snel) Grîmuras Neffe des Heidenkönigs →Marroch, Späher seiner Armee, wird von →Wigamur besiegt und an →Dinifrogar ausgeliefert 2892, 2913, 2966, 3060 Grÿmuas W2892 (was : ) Grymuras W2966, W3060 Grÿmuras W2913 ( : daz) Grîrzîn (herzoge von) Teilnehmer an →Artus’ Fest 2511 Gryrczin W2511 ( : in) Gunderlach (von dem rôten turne) Verbündeter →Paltriots gegen →Atroglas 3953 Gunderlach W3953 ( : sprach) Gundilar Stadt, in die →Dulciflur von →Lipondrigun entführt wird (zur Namensform vgl. LINDEN 47; die Zusammengehörigkeit sämtlicher Namen bleibt unsicher) 5855, 5869, 5931, 5974, 6000 Fründylar W5974 ( : dar) Gemorigal W5855 ( : schal) Grimlalyr W5869 Grynidolar W5931 ( : klâr) Gundÿlar W6000 ( : dar) Gurgralet (künic von) →Lipondrigon; Land am See →Nunsigralt 4866, 4990, 5035, 5157, 5185 , 5323, 5395, 5451, 5458, 5544, 5578, 5830, 5839, 5994 Grugralet M5185 ( : stet) Gurgalet W5458 (Zabulet : ) Gurgulet W5839 ( : stet) Gurgalet W4866, W5035 ( : Gamuret), W5157 ( : stet), W5185 ( : stet), W5323 ( : stet), W5395, W5451, W5544 (Munsigret : ), W5578 ( : Munsigret), W5830 (Munsigret: ) [Gur]galet M4866 Gurgralet M4990 ( Gamuret : ), M5035 ( : Gamuret), M5157 ( : stet),

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Namenverzeichnis

M5451, M5458 (Zabulet : ), M5544 (Munsigret : ), M5578 (Munsigret : ) Gurgulet W5994 ( : ergêt) Jungurgalet S4990 (Gamuret : ), S5157 ( : stet), S5451 Jvngurgalet S5458 (Zabulet : ) Yurgulet W4990 (Gamuret : ) […]vgvrg[…] S5035 ( : Gamuret) Harelfrum (ritter von) kommt →Wigamur und →Atroglas entgegen, als sie →Lipondrigun verfolgen 5832 Harelfrum W5832 (Lipundrigûn : ) Harzir (künic von Norendin) Verlobter →Pioles’ 897, 5583, 5660, 5748, 5883, 5916, 5950, 6070, wahrscheinlich auch 6047 Harczier W5748 (mir : ), W5883 ( : sîn) Hartschir [ = hart schier] W6070 Hartzier [ = hart zier] W5660 (wir : ) Harzir M897, M5583, M5660 (wir : ) Hector Vorbildlicher Ritter (für weitere Belege vgl. CHANDLER 122, FLUTRE 63a, LANGLOIS 185) 3424 Hecktor W3424 Holdrafluoz →Îsopî 2638, 2673, 2739, 2749, 2759, 2815, 3007, 3179, 3309 Baldraflůß W3309 ( : buoz) Beldrafluß W3007 Belrafluß W3179 ( : gruoz) Haldrafluß W2673 ( : ûz) Holdrafluß W2815 Holdraflůß W2638 (gruoz : ), W2739 ( : suoz), W2749 ( : †haů߆), W2759 ( : hûs) Îdraferîn (künic von) Mittler zwischen →Atroglas und →Paltriot 4178 Ydrafferein W4178 (sîn : ) Îlâr (von Mirai) Verbündeter →Atroglas’ 3758, 3769 Ylar W3758, W3769 ( : dâr) Indiâ (wüeste) »Indien« – im Mittelalter Name mehrerer, z.T. weit voneinander entfernter Gebiete (vom heutigen Ethiopien bis Indien), die als Schauplatz phantastischer Erzählungen fungierten; vgl. GREGOR, bes. 11–16 (für weitere Belege vgl. SCHRÖDER, Namen 55, FLUTRE 254b, LANGLOIS 359f., JT III,531) 4463

India W4463 ( : dâ) Irlant (künic von) Verbündeter →Paltriots, Oheim →Wigamurs 3651, 4153, 4243 Irrlandt W4243 ( : sant) Yrrlandt W4153 ( : zuo hant) Ÿrrla]t W3651 ( : Evefant) Îsopî (künigin von Holdrafluoz) Königin, die von →Marroch bedrängt wird 2677, 2695, 2725, 2730, 2917, 3006, 3033, 3043, 3074, 3094, 3141, 3332, 3346, vor 3367, 3367, 3401, 3420, 3447 Ysope W2677 ( : massenî), W2695, W2725, W2730, W3401 ( : massenî) Ysopey W2917, W3033, W3094, W3346 (vrî : ), vor W3367, W3367, W3420 Isopeÿ W3006 (drî : ) Ysopeÿ W3043, W3074 (drî : ), W3141, W3332, W3447 Ithêr (von Gachaviez) →Artus’ Cousin, Turnierteilnehmer in →Nunsigralt (weitere Belege bei CHANDLER 134, SCHRÖDER, Namen 57, FLUTRE 107a, JT III,532) 4777, 4843 Ither S4843 Yther W4777, W4843 Îttrâ (künic) Onkel →Artus’, seine Stammburg ist →Dalmflamur 4124 Yttra W4124 Jochjote (herzoge von) Vater von →Flogrisite und →Ligronite, ist von →Lespurant erschlagen worden 109929 Iohiotes M109929 Jorîol (von Mofetîol) Turnierteilnehmer in →Deleprosat 2125 Joryol W2125 Campil →Affrosidones 1782, 1794, 1898 Campil W1782 ( : vil), W1794 Campill W1898 ( : ich enwil) Canadic (zwên brüeder von) Turnierteilnehmer in →Nunsigralt (im Pz. das Land der Florie und der Clauditte, vgl. SCHRÖDER, Namen 63; in Pleiers ›Garel‹ das Land des König Ekunaver, vgl. CHANDLER 149 bzw. 74; ein Bruder wird dort nicht genannt) 4747 Canadick W4747 ( : dick : sic) Chanadik S4747 ( : sic)

Namenverzeichnis Caradîn (vürste von Lindîn) Verbündeter von →Paltriot 3805 Caradin W3805 ( : Lindîn) Karidol Hof des Königs →Artus (vgl. SCHRÖDER, Namen 65, FLUTRE 217a, JT III,539) 39, 1386, 1647, 1772, 2192, 2222, 2338, 2358, 3435 Caridol W39, W1386, W1772 ( : wol), W2338 (wol : ), W2358 (wol : ), W3435 ( : wol) Karidol M1647 (sol : ), WM2192 ( : wol), M2222 ( : wol), M2338 (wol : ) Caridoll W2222 ( : wol) Karidoll W1647 (sol : ) Kar[…]l M2358 ( : wol) Karthasîe (künic von) befreundeter König →Paltriots (wahrscheinlich identisch mit dem König von →Kathaclysyo) 100 Karthasÿe W100 (Lendrîe : ) Karfabalon Turnierteilnehmer in →Deleprosat 2017 Karfabalon W2017 (Fetoron : ) Kathaclîsîô (künic von) Turnierteilnehmer in →Nunsigralt (wahrscheinlich identisch mit dem König von →Karthasîe, zur Namensform vgl. zu 4785f.) 4786 Kathaclysyo W4786 […]riaclysie S4786 ([…]e : ) Kei bekannter Ritter der Tafelrunde (vgl. CHANDLER 156f., SCHRÖDER, Namen 66f., FLUTRE 116, JT 542) 2200 Kaÿ W2200 Kriechen die »Griechen« 4901 Chriechen S4901 Kriechen W4901 […]iech[…] M4901 Lac (roi von Panlander) Ritter im Kampf zwischen →Atroglas und →Paltriot, Vater →Êrecs (vgl. CHANDLER 171f.; handelt es sich um zwei verschiedene Figuren?) 3139, 3781 Lag W3781 Lack (Êrec fil li roi) W3139 ( : tac)

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Lanzelet bekannter Ritter der Tafelrunde (in anderen Texten als Sohn König →Pants genannt, vgl. CHANDLER 173f.) vor 2056, 2056, 2198 Lanczilet W2056 ( : Gamuret), W2198 ( : Gamuret) Lannczilet vor W2056 Lanzevlet M2198 ( : Gamuret) Lasîn →Mubur 3616 Laseyn W3616 (îsenîn : ) Lehelîn (künic) Turnierteilnehmer in →Nunsigralt, bekannter Artusritter (vgl. CHANDLER 176, SCHRÖDER, Namen 71) 4744, 4857 Lahilin M4857 ( : pîn) Lehelein W4857 ( : pîn) Lehelin W4744 (verre hin : ) Lendrî(e) →Paltriot; →Wigamur 6, 99, 288, 3470, 3489, 3586, 3589, 3623, 3627, 3634, 3671, 3813, 3939, 3967, 3977, 4051, 4141, 4217, 4223, 4392, 4422, 4426, 4525, 4617, 5437, 5550, 5653, 5927, 6017, 6062, 6068 Lendreÿ W6017 (bî : ) Lendri MS5437 ( : sîe[M]/sî[S]), M5550 (sî : ), MS5653 ( : bî) Lendrie W6, W99 ( : Karthasîe), W3489 ( : drîe), W3589, W3967 ( : massenîe), W3977, W4051 ( : sîe), W4141, W4223, W4422 (massenîe : ), W4525 ( : massenîe), W4617, W5437 ( : sîe), W5550 (sî : ), W5653 ( : hî), W5927 ( : mêr) Lendrye W6062 Lendrÿe W3813 ( : †wittwe†), W4217 ( : dâ bî), W6068 ( : vrî) Lentreÿ W4426 (bî : ) Lentrie W4392 (massenîe : ) Lentrye W3586, W3623, W3634 Lentrÿe W3470, W3627 ( : vrîe), W3671, W3939 ( : vrîe) Lentrio W3944 (alsô : ) [Fehler für Rerat] Letintire W288 Lespiâ Meerweib, das →Wigamur entführt 112, 227, 367, 1282, 4057, 4093 Lespia W112 (dâ : ), W227, W367 (sâ : ), W1282 ( : wâ) Lespya W4057, W4093

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Namenverzeichnis

Lespurant böser Ritter, der den Herzog von →Jochjote tötete 109924 Lespurant M109924 (vâlant : ) Libranôt (herzogîn von) eine der beiden Fürstinnen, die in der brennenden Burg sterben 921 Libranot W921 (tôt : ) Z[…] M921 Lîdasar Stadt in →Deleferant; gehört →Atroglas, der sie →Negrafint übergeben hat 3459, 3476 Leydisar W3459 ( : gar) Lydafar W3476 (adlar : ) Ligronîte Tochter des →Jochjote, Schwester der →Flogrisite, vrouwe des Zwerges, Gefangene von →Lespurant, wird von →Wigamur befreit 109927, 5717 Ligroniten M109927 ( : Flogrisiten) Lygroniten W5717 ( : Flogrisiten) Lindîn →Caradin 3806 Lindin W3806 (Caradîn : ) Liplagar Turnierteilnehmer in →Nunsigralt, vgl. zu 4782 4782, 4844, 4850 Liplagar S4844, S4850 (klâr : ) Lyplagar W4844, W4850 (gar : ) Lÿplagar W4782 (gar : ) …ar S4782 (gar : ) Lipondrigûn (künic von Gurgralet) Turnierteilnehmer in →Nunsigralt, der →Dulciflur entführt 4866, 4990, 5035, 5138, 5153, 5168, 5175, 5203, 5219, 5236, 5280, 5312, 5323, 5338, 5364, 5484, 5562, 5831, 5854, 5896, 5905, 5962, 5994, 6018, 6042 L[…]drigrun S5138 (getuon : ) L[…]ndrigrvn S5035 L[…]vn S4990 Lympondrigon W4990, W5994 Lympontrogrön W4866 (brûn : ) Linpondrigön W5035 Lip[…]ndrigrvn S5562 Lypandrigan W5219 ( : brûn) Lÿpandrigän W5138 (getuon : ) Lypandrigon W5280 Lypndr[…]n M5153 Lypondri[…] M5168

Lypondrigan W5175, W5203 Lypondrigän W5168 Lypondrigon W5236, W5312, W5962 Lÿpondrigon W6018 ( : brûn) Lypondrigrun M5175, M5484 (tuon : ), M5562 Lypondrigrunt M4866 (〈brûn〉 : ) Lipondrigrvn S5153 Lypondrigrvn S5484 (tuon : ) Lypondrigun M4990, M5035, M5138 (getuon : ) Lypundrigan W5338, W5364 Lipundrigon W5905 Lypundrigon W5831 ( : Harelfrum), W5854 (tuon : ), W5896 Lypundrygon W5323 Lypundrigun W6042 Lypundrigund W5484 (kunt : ), W5562 Logrois (herzogîn von) Schwester der Fürstin von →Grabalmontois (wahrscheinlich Orgeluse, vgl. CHANDLER 184, SCHRÖDER, Namen 77) 923 Ligro[…] M923 Logroÿs W923 (Grabalmontois : ) Lunders »London«; →Milegragram (SCHRÖDER, Namen 78, FLUTRE 262f.; LANGLOIS 402; JT III,553) 4209 Lunders W4209 ( : wunders) Lupindrafort Besitzer des ersten Pferdes von →Wigamur (identisch mit dem künic von →Pontrafort?) 807 Lupindrafort W807 (hort : ) Lupīdrafort M807 (hort : ) Marroch (künic von Sarazîn) Heidenkönig; fungiert normalerweise in mhd. Texten als Ländername (Stadt Marrakesch oder davon abgeleitet Land Marokko, vgl. KUNITZSCH 85, sowie SCHRÖDER, Namen 81), vgl. auch zu 2923 2862, 2923, 2941, 3154, 3181, 3275, 3277, 3298, 3306 Marroch W2862, W2923 ( : noch), W2941, W3154 (Marroch Tuffran von Sarazain), W3181, W3275, W3277, W3298, W3306 Mîgaret ein Wald 1504 Mÿgareth W1504 ( : het) Mîglares →Dulciflurs Dienerin, die Zeugin der Entführung von →Lipondrigon wird

Namenverzeichnis 5321, 5351, 5415 Myglares W5321 Mÿglares W5351 ( : des) Mÿclares W5415 ( : des) Nuglares S5415 ( : des) Mîlegragram (herzoge von Lunders) Mittler zwischen →Atroglas und →Paltriot 4209 Mylegragram W4209 Mînsebunt →Misfrigall 2008 Mÿnsebunt W2008 ( : stunt) Mirei →Ilar 3758 Miraÿ W3758 (enzwei : ) Misfrigall (von Mînsebunt) Turnierteilnehmer in →Deleprosat 2008 Misfrigall W2008 Moncazîn →Neauton 2244 Mantalczein W2244 ( : mîn) Moncazin M2244 ( : mîn) Mofetîol →Joriol, zur Namensform s. zu 2124 2125 Mofetyol W2125 (zimerol : ) Mubur (von Lasîn) Verbündeter von →Atroglas gegen →Paltriot 3616 Mubur W3616 Müelat (marcgrâve von Raurzatel) Verbündeter und Berater →Atroglas’ 3872 Müelat W3872 Munsigret See, der überquert werden muss, um nach →Gurgralet zu gelangen; ebenso Stadt von →Lipondrigon, vgl. zu 5830 5543, 5577, 5829 Mysegret W5543 ( : Gurgralet) Mysigreth W5829 ( : Gurgralet) Missagrett W5577 ( : Gurgralet) Munsigret M5577 ( : Gurgralet) Munsigrgt M5543 ( : Gurgralet) Mvsig[…] S5577 (: […]) Nagrahîr →Daphir 3678 Nagrahÿr W3678 (Daphîr : ) Narbiart Stadt, in die sich →Isopi zurückzieht (iden-

313

tisch mit →Podogar?) 2835 Narbiart W2835 ( : bewart) Natîonî (künic von Spannîr) Verbündeter →Paltriots gegen →Atroglas 3653 Natÿoneÿ W3653 ( : drî) Natrifalas Herkunft des Kranzes des Ritters →Segremors, ungewiss ob Person oder Land 3388 Natrifalas W3388 (was : ) Nêauton (von Moncazîn) Ritter der Tafelrunde beim Turnier von →Deleprosat 2244 Neauton M2244 Nyntÿn W2244 Negragrîs Hauptstadt von →Rerat 4348, 6073 Negragryß W6073 Nogragroÿß W4348 Negrafint (grave) →Atroglas hat ihm die Stadt →Lîdasar übergeben 3492 Negrafindt W3492 (sint : ) Nodengat (künic von Deleprosat) König von →Deleprosat, dessen Krone →Wigamur beim Turnier nach dessen Tod ablehnt 3358 Nodengat W3358 Norendîn →Harzir 897, 5583, 5736, 5765, 5772, 5786, 5820 , 5883 , 5891 Nordein W5736 (sîn : ), W5765 ( : sîn), W5772 (megetîn : ), W5786 (in : ) Nordin W5583 ( : in), W5820 (in : ), W5883 ( : sîn), W5891 ( : dîn) Noren S5583 ( : in) Norendin M897 (mîn : ), M5583 ( : in) Vordein W897 (mîn : ) Nunsigralt Stadt, in der das Turnier →Dinifrogars stattfindet 4666, 4722, 4805, 5347, 5411, 5485, 5904, 6032 Misegralt W5904 (alt : ) Myseregal W5347 Misigralt W6032 ( : gezalt) Mysirigalt W5411 ( : balt) Mÿssigralt W5485 ( : gezalt) Mußegralt W4722 (walt : )

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Namenverzeichnis

Müßigral W4805 ( : […]) Musygrallt W4666 (gestalt : ) Nunsigralt M5411 ( : […]), M5485 ( : gezalt) Nussigralt S5411 ( : balt), S5485 ( : gezalt) zeNvssigralt S4805 ( : manicvalt) Offratîn (herzoge zuo Rutar) Heidenritter, der →Artus verwundet (evtl. identisch mit Offosator von Lente oder Offrat von Pardusibieze aus dem babilonischen Heer im JT? vgl. JT III,562) 3256, 3264 Offrattin W3256 (sîn : ), W3264 (sîdîn : ) Pagôfrical wahrscheinlich identisch mit →Vagrofical, Ritter der Tafelrunde beim Turnier von →Deleprosat 2200 Pagofrical M2200 ( : über al) Pagrofitall W2200 ( : über al) Paltriôt (künic von Lendrîe) Vater →Wigamurs, Onkel →Amilots, Gegner →Atroglas’ 5, 41, 64, 98, 108, 329, 3469, 3525, 3585, 3599, 3601, 3636, 3649, 3662, 3683, 3715, 3766, 3791, 3961, 3972, 3985, 3996, 4000, 4015, 4029, 4141, 4271, 4852 Baldrioth W3961 ( : nôt) Paldriot W64 ( : gebôt) Paldrioth W3683 ( : rôt), W3972 (rôt : ), W3985 ( : got), W3996, W4000, W4015, W4029 ( : got), W4141 ( : got), W4271 ( : nôt) Paldryoth W3525 Paldriotht (loyr fyliroy) W4852 (bot : ) Paldriott W108 (rôt : ) Paltriot W5 Paltrioth W3599 ( : enbôt), W3636 Paltryoth W3469 ( : guot), W3601, W3662, W3766, W3791 Paltrÿoth W3649, W3715 ( : guot) Paltriotht W329 (tôt : ) Paltriott W41 ( : genôt), W98 Patrÿoth W3585 ( : bôt) Panlander →Lac 3781 Panlannder W3781 ( : ander) Pant König, von dem →Amilot das Land →Deleferant kaufte, um das sich →Atroglas und →Paltriot streiten (in anderen mhd. Texten als Lanzelets Vater bekannt, vgl. CHANDLER 222)

3508 Pa]t W3508 ( : lant) Parilas Ritter beim Turnier von →Deleprosat (evtl. identisch mit Parille in JT und Gauriel? vgl. CHANDLER 224, JT III,566) 2448 Parilas W2448 (was : ) Patschar Ort, an dem Seide hergestellt wird; BMZ II/1, 489a vermutet »Bassra am unteren Euphrat«, vgl. auch SCHULTZ I,338 1791 Patschar W1791 (gar : ) Pêter (sant) Apostel Petrus, hier Schreibfehler, s. zu 907! 907 Peter W907 Pîôles (künigîn von Toriswarlanz) Verlobte →Harzirs, die →Wigamur bei der ausgebrannten Burg trifft und nach Jahren wieder mit →Harzir zusammenführt 873, 970, 5601, 5695, 5719, 5728, 5738, 5818, 5942, 6063, 6071 Pyoleÿs W970 Pioles WM873, WMS5601 Pyoles W5695, W5719 ( : des), W5728, W5738, W5818, W5942, W6063, W6071 Plâmîn ein Berg; im ›Gauriel‹ Name eines Ritters (vgl. CHANDLER 234 und ACHNITZ zu Gauriel 3854) 5868 Plamy] W5868 (dâ hin : ) Plîopleerin (von Aratûn) Turniergegner →Wigamurs in →Deleprosat, kämpft später gegen die Heiden, bekannter Artusritter (vgl. CHANDLER 54, SCHRÖDER, Namen 97, FLUTRE 31b) 2064, 2184, 3238 Phyoplerin W2064 Piolplerin W2184 ( : bin) Pliopeerim M2184 ( : bin) PlyoplerH W3238 (Araclium : ) Podogar Stadt, vor der der Heidenkönig →Marroch lagert (identisch mit →Narbiart?) 2864 Podogar W2864 (schar : ) Pontrafort (künic von) Raubritter, dessen Burg zerstört wird (identisch mit →Lupindrafort?) 742 Pontrafort W742 ( : mort)

Namenverzeichnis Portenîs Turnierteilnehmer in →Deleprosat, s. zu 2013 2013, 2197 Porteneÿs W2197 (prîs : ) Portenis M2197 (prîs : ) Portÿnÿs W2013 (Tûbîs : ) Prâmmot Turnierteilnehmer in →Nunsigralt, wahrscheinlich aber Schreibfehler für →Spanjôt, s. zu 4755f. 4755 Pr$mot W4755 ( : spot) Pranzopil handwerklich geschickter Zwerg 2587 Pranczopil W2587 ( : vil) Râbel Teilnehmer an →Artus’ Fest 2510 Rabel W2510 (snel : ) Rappalînde (vrouwe von) hat →Gletechleflors etwas geschickt 2084 Rappålynde W2084 Rârzatel →Müelat 3873 Raurzatel W3873 ( : snel) Rêrat →Atroglas 3468, 3487, 3493, 3519, 3534, 3561, 3646, 3696, 3704, 3865, 3871, 3933, 3943, 3974, 4001, 4019, 4155, 4180 , 4216, 4226, 4327, 4347, 4643, 4830, 5261, 5359, 5425, 5464, 5503, 5668, 5988, 6072 Gererat W6072 ( : houbetstat) Rerat W3468, W3487 ( : stat), W3493 ( : stat), W3519 ( : stat), W3534 (stat : ), W3561 ( : houbtstat), W3646 (Gerat : ), W3696 (Zîhatat : ), W3704 (Zîhatat : ), W3865 ( : stat), W3871 ( : trat), W3933 ( : stat), W4226 (stat : ), WS4830 (bat : ), W5261 ( : stat), W5359 ( : hât), WM5425 ( : wart [W] / : rât [M]), WS5464 (houbetstat : ), WM5503, WM5668 (tât : ), W5988 Reratt W3974 (drât : ), W4001 ( : hât), W4019 ( : stat), W4155 ( : stat), W4180 (rât : ), W4216 (rât : ), W4327 ( : bat), W4347 ( : stat) Rerrat W4643 ( : gât) […]at S5425 ( : bat) Rîêl (künic von Spanjôt) Turnierteilnehmer in →Nunsigralt 4755, 4859

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kungrÿol W4755 küngrÿol W4859( : tropel) Ri〈e〉l M4859 ( : tropel) […]iel S4755 ( : snel) Riuranz Ritter der Tafelrunde beim Turnier von →Deleprosat 2047, 2199 Byworans W2199 Riuranz M2199 Rurans W2047 Rutar →Offratin 3257 Rutar W3257 ( : schar) Roi →Segremors 2006 Roÿ W2006 ( : turnoi) Salnecke/Salnicke Stadt Thessaloniki, s. zu 4900 (FLUTRE 296a, LANGLOIS 597) 4900 Sabriche S4900 (dicke : ) 〈S〉alnÜche M4900 ([…] : ) Salomân König →Salomon (CHANDLER 252) 2697 Saloman W2697 Salmurte (herzoge von Zwenge) nimmt am Fest von →Artus und der Heerfahrt für →Isopi teil, Onkel →Diethers (CHANDLER 252) 2195, 2842 Salmurte W2195, W2842 Samurte M2195 Sarazîn →Marroch; normalerweise in mhd. Dichtung nicht geographischer Name, sondern der Heiden überhaupt (zu lat. saracenus, vgl. KUNITZSCH 86f.; weitere Belege für den Volksnamen bei SCHRÖDER, Namen 106, s. zu 2861) 2755, 2861, 2915, 3147, 3154, 3306 Saraczain W2915 ( : künigîn) Sarazain W3154 (Furbîn : ) Saraczein W2861 (sîn : stritîn : : sîn), W3147 ( : sîn), W3306 (în : ) Sarczein W2755 ( : sîn) Schœn (vrouwe) die personifizierte Schönheit 4946 Schön W4946 Segremors (von Roi) bekannter Ritter der Tafelrunde; die Standesbezeichnung im Pz. Segramors roys, (»der

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Namenverzeichnis

König«), wurde hier offenbar als geographischer Name missverstanden (CHANDLER 256, SCHRÖDER, Namen 111f., FLUTRE 167a) 2006, 3254, 3386 Segremors W2006, W3254 (ors : ), W3386 (ors : ) Selrogir verkündet →Artus’ Ankunft an →Isopis Hof 3105 Selrogier W3105 ( : dir) Sinfroilas Quelle, bei der →Isopi wartet 2658, 2675 Sinfroÿlas W2658 (was : ) Sÿnfroÿlassen W2675 ( : strâzen) Sîrîe »Syrien« 2089 Sÿrie W2089 (Barbarîe : ) Spanjôt →Riel, vgl. auch →Prammot 4859 Spamuol W4859 Spaniot M4859 Spannîr (≠ Spanjot!) →Nationi 3653 Spannÿr W3653 Stolleputriâ Land, in dem →Wigamur seinen Adler trifft 1449 Stolleputria W1449 (sâ : ) Toriswarlanz (künic von) Vater von →Pioles 894 Riflancz W894 ( : ganz) Toriswarlanz M894 ( : ganz) Toriswarlanz (künigîn von) →Pioles 5599 Doriswarlantz S5599 Doriswarlanz M5599 Drißwas land W5599 Trîachtâ Turnierteilnehmer in →Deleprosat 2017 Trÿachta W2017 Triasoltrifertrant →Diatorforgrant 1787 Triasoltrifertrant W1787 (Diatorforgrant : ) Trôgrî (von Fûsis) Turnierteilnehmer in →Nunsigralt 4764 Trogreÿ W4764 (dâ bî : )

Troj »Troja« 2411 Troÿ W2411 Troiswarlanz (herzoge von) Ritter, der →Atroglas seine Hilfe anbietet; wahrscheinlich nicht identisch mit dem künic von →Toriswarlanz 3532, 3613, 3879 Troÿforlancz W3532 (ganz : ) Troyswar lancz W3613 ( : ganz) Troyßwerlancz W3879 ( : ganz) Tûbîs →Febreflujor 2012 Tubys W2012 ( : Portenîs) Tûgât (von Barbarîe) Turnierteilnehmer in →Deleprosat 2088 Tugat W2088 Turbar(t) Späher der Heiden, wird von →Unarc besiegt und von ihm an →Isopi ausgeliefert 2894, 2955, 3029, 3061, 3076 Turbar W3029 ( : vür wâr), W3076 (dar : ) Turbart W2894, W2955, W3061 ( : vart) Unarc (herzoge) Ritter der Tafelrunde beim Turnier von →Deleprosat und später wichtiger Held in der Armee gegen →Marroch 1999, 2045, 2190, 2854, 2881, 2935, 2994, 3241, 3255 Unargk W2854, W2935, W2994 Unarc M2190 ( : marc) Vnargk W2881, W3241 ( : starc), W3255 Vnarck W1999, W2045 (starc : ), W2190 ( : marc) Vagrôfical wahrscheinlich identisch mit →Pagofrical, Turnierteilnehmer in →Deleprosat, s. zu 2013 2013 Vagroficall W2013 Febreflujor (von Tûbîs) Turnierteilnehmer in →Deleprosat 2012 Febrefluior W2012 Felundagas →Driopaz 3214 Felundagas W3214 (Driopaz : ) Fetoron Turnierteilnehmer in →Deleprosat 2016 Fetorŏn W2016 ( : Karfabalon)

Namenverzeichnis Flâchen (künic von) Mittler zwischen →Paltriot und →Atroglas 4168 Flachen W4168 (sundersprâchen : ) Flogrisîte Tochter des →Jochjote, Schwester der →Ligronite, wird von →Lespurant gefangen und von →Wigamur befreit 109928, 5718 Flogrisiten M109928 (Ligronîten : ) Florßgenit) W5718 (Ligronîten : ) Frâôrt (von Absan) Heidenritter, der gegen →Unarc kämpft 3245 Fraort W3245 Fûsis →Trôgrî 4764 Fußis W4764 Wâleis →Gamuret 4759, 4989 Balays W4989 Ualeise M4989 W[…] S4989 Waleys W4759 ( : reis) Wîgamûr (künic von Lendrîe) für weitere Verwendungen des Namens siehe Einleitung 1.4 (s. auch CHANDLER 306f., auch unter den Namen Gengemôr [ebd. 104], Gingemors [ebd. 107], Gwinganiers [ebd. 117], sowie FLUTRE 98b, WEST, Prose 150f., WEST, Verse 84 und JT III,597) vor 1, 26, 132, 156, 366, 400, 419, 447, 457, 502, 558, 576, 618, 641, 676, 712, 765, 785, 794, 821, 859, 934, 975, 977, 990, 1048, 1079, 10997, 109980, vor 1222, 1222, 1241, 1255, 1280, 1340, 1344, 1351, 1356, 1412, 1482, 1509, 1668, 1735, 1770, 1910, 1920, 2086, 2094, vor 2170, 2171, 2203, 2213, 2252 , 2346, 2378, 2435, 2451, 2717, 2823, 2855, 2881, 2965, 2976, 2982, 2990, 3234, 3280, 3292, 3307, 3329, 3334, 3373, 3453, 3471, 3475, 3495, 3529, 3545, 3566, 3743, 3777, 3820, 3884, 3914, 3998, 4007, 4037, 4154, 4163, 4189, 4199, 4222, 4240, 4255, 4282, 4356, 4377, 4387, 4393, 4617, 4628, 4633, 4648, 4654, 4694, 4697, 4705, 4819, 4828, 4846, 4848, 4852, 4993, 5183, 5215, 5234, 5258, 5265, 5304, 5361, 5410, 5445, 5460 , 5509, 5531, 5625, 5679, 5692, 5733, 5746, 5755, 5790, 5834, 5840, 5866, 5877, 5911, 5961, 5990, 6005, 6023, 6030, 6046, 6053, 6062, 6070

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Beygamur W3495, W4648, W4828 VVig[…] M934 Weygamr W2346, W4848, W5304 (Dulciflûr : ) Weygamur W618, W934, W975, W977, W990, W1222, W1241, W1280, W1340, W1356, W1482, W1735, W1770, W2086, vor W2170, W2203, W2213, W2378, W2435, W2717, W2823, W2855 ( : vuor), W2965 ( : vuor), W2976, W2982, W2990, W3329, W3334, W3373 ( : vuor), W3471, W3475, W3545, W3566, W3743 ( : vuor), W3777, W3820, W3884, W3914 (Dulciflûr : ), W3998, W4007 ( : vür), W4037, W4154, W4163, W4189, W4199, W4240, W4255, W4282, W4356, W4377, W4387 ( : vuor), W4617 ( : Dulciflûr), W4654, W4697, W4705, W4819 ( : vuor), W4846, W4993 (vuor : ), W5215, W5258, W5265, W5361, W5410 (Dulciflûr : ), W5445, W5509 ( : hin vür), W5625, W5679, W5692, W5733 ( : hin vür), W5746, W5755, W5790, W5834 (widervuor : ), W5840, W5866, W5911, W5961, W6005, W6030, W6046 ( : vuor), W6053, W6062 ( : Dulciflûr), W6070 ( : Dulciflûr) Weÿgamur W785 (vür : ), W821, W1255, W1351, W2094 ( : vuor), W4222 (Dulciflûr : ), W5183 ( : sûr), W5877 ( : vuor), W5990 ( : Dulciflûr), W6023 (vuor : ) Weygamůr W4393 ( : vuor), W5531 Weygamür W1079, W5234 Weÿgamür W4628 (swuor : ), W5460 (vür : ) Wigamr M618, M765 (vür : ), M785 (vür : ), M990, WM1048 ( : widervuor), M10997 ( : vür), M1668 ( : vuor), M1735, W1920 ( : vuor), M2203, M2252 ( : vuor), M2346, S4819 ( : vuor), MS4993 ( : vuor), M5183 ( : vür), M5410 (Dulciflûr : ), S5445, MS5460 (vür : ), MS5509 ( : vür), MS5625, M5679 Wigamuer W419 (vuor : ) Wigamur vor W1, W26, W132, W156, W447, W457, W558, WM641 (vuor : ), W712, W765 (vür : ), WM794, M821, WM859, M1079, M109980, vor W1222, W1344 ( : vuor), W1509, W1910 ( : vuor), W3292, W3307 ( : vuor), W3453 ( : vuor), W3529, S4828, S4846, S5410

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Namenverzeichnis

Wygamur W366, W400, W502, W576, W676, W2171, W2252 ( : vuor), W2881 ( : vür), W3280, W4694 Wigamůr W1412 ( : vuor), W1668 ( : vuor) Wygamůr W4633 Wigamür W2451 ( : vuor), W3234 (vür : ) […]amur M975 Zabulet (künic von) Herrscher der Stadt →Alanslivrin 5457 Sabelet W5457 ( : Gurgralet) Zablet M5457 ( : Gurgralet) Zabulet S5457 ( : Gurgralet) Zangruil (künic von) Turnierteilnehmer in →Nunsigralt 4737 Zangruil W4737 ( : vil)

Zêhattêl Turnierteilnehmer in →Deleprosat 2016 Zehattell W2016 Zîhatat →Atroglas’ Späher 3695, 3703 Zeyhatat W3695 ( : Rerat) Zyghatat W3703 ( : Rerat) Ziugunt Turnierteilnehmer in →Nunsigralt, s. zu 4782 4782 Ziugund W4782 Zwenge →Salmurte 2843 Zwăge W2843 ( : menge)

Literaturverzeichnis ACHNITZ ACHNITZ, Mehrreim

ACKERMANN-ARLT

AfdA Albertus Magnus

Alexanderroman Ambraser Heldenbuch

Apollonius

Arabel Armer Heinrich ATB AUERBACH BACH BECH

BECHSTEIN/GANZ

BEHAGHEL Bel Inconnu

BERNHEIMER BERTELSMEIER-KIERST

→Gauriel [Stellenkommentar]. ACHNITZ, WOLFGANG: Ein rîm an drîn worten stêt. Überlegungen zu Verbreitung und Funktion von Mehrreimen in mittelhochdeutscher Reimpaardichtung, in: ZfdA 129 (2000) 249–274. ACKERMANN-ARLT, BEATE: Das Pferd und seine epische Funktion im mittelhochdeutschen ›Prosa-Lancelot‹, Berlin/New York 1990 (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung 19). Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur. Von Falken, Hunden und Pferden. Deutsche Albertus-Magnus-Übersetzungen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, eingeleitet u. hg. von KURT LINDNER, 2 Bde., Berlin 1962 (Quellen und Studien zur Geschichte der Jagd 7). Pfaffe Lambrecht: Alexanderroman, hg., übers. und kommentiert von ELISABETH LIENERT, Stuttgart 2007 (RUB 18508). Ambraser Heldenbuch. Vollständige Faksimile-Ausgabe im Originalformat des Codex Vindobonensis Series Nova 2663 der Österreichischen Nationalbibliothek [I: Faksimile, II: Kommentar von FRANZ UNTERKIRCHER], Graz 1973 (Codices Selecti 43). Heinrichs von Neustadt ›Apollonius von Tyrland‹ nach der Gothaer Handschrift, ›Gottes Zukunft‹ und ›Visio Philiberti‹ nach der Heidelberger Handschrift, hg. v. SAMUEL SINGER, Berlin 1906 (DTM 7). Ulrich von dem Türlin: Arabel. Die ursprüngliche Fassung und ihre Bearbeitung kritisch hg. v. WERNER SCHRÖDER, Stuttgart/Leipzig 1999. Hartmann von Aue: Der arme Heinrich, hg. v. HERMANN PAUL, neu bearb. v. KURT GÄRTNER, 17. Aufl., Tübingen 2001 (ATB 3). Altdeutsche Textbibliothek. AUERBACH, ERICH: Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur, 5. Aufl., Bern/München 1971. BACH, ADOLF: Deutsche Namenkunde, Bd. II: Die deutschen Ortsnamen, 1. Teilbd., Heidelberg 1953. BECH, GUNNAR: Grundzüge der semantischen Entwicklungsgeschichte der hochdeutschen Modalverba, Kopenhagen 1951 (Konigelige Danske Videnskabernes Selskab. Historisk-filologiske Meddelelser 32.6). Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach der Ausgabe von REINHOLD BECHSTEIN hg. v. PETER GANZ, 2 Bde.,Wiesbaden 1978 (Deutsche Klassiker des Mittelalters NF 4). BEHAGHEL, OTTO: Deutsche Syntax. Eine geschichtliche Darstellung, 4 Bde., Heidelberg 1923–1932 (Germanische Bibliothek I/10). Renaud de Beaujeu: Le Bel Inconnu, publié, présenté et annoté par MICHÈLE PERRET, traduction de MICHÈLE PERRET, ISABELLE WEIL, Paris 2003 (Champion classiques, Moyen Âge 4). BERNHEIMER, RICHARD: Wild Men in the Middle Ages. A Study in Art, Sentiment, and Demonology, Cambridge 1952. BERTELSMEIER-KIERST, CHRISTA: Wechsel von direkter und indirekter Rede in mittelhochdeutscher Dichtung, in: Le slipping dans les langues médiévales, hg. v. JÜRG RAINER SCHWYTER, ERICH POPPE, SANDRINE ONILLON

320

BERTELSMEIER-KIERST, Wigalois BISCHOFF

Biterolf BLAMIRES

BLOSEN

BMZ BODE BORCK

BRANDIS

BRANDT

BROGSITTER BRÜGGEN BRUGGER BRUNNER, Frau

BRUNNER, Krieg

Bücherrad-Katalog BÜCHMANN

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322 DIEFENBACH Dietrichs Flucht

DOCEN

DÖRING-MOHR

DRW DTM DUBY DWb 2

DWb

EBENBAUER

Eckenlied Ehrenbrief

EHRISMANN

EICHHOLZ Eilhart

Elisabethleben Eneasroman

Engelhard Erec et Enide Erec

ESCHENBURG

Literaturverzeichnis DIEFENBACH, LORENZ: Glossarium latino-germanicum mediae et infimae aetatis e codicibus manuscriptis et libris impressis, Frankfurt a.M. 1857. Dietrichs Flucht. Textgeschichtliche Ausgabe, hg. v. ELISABETH LIENERT, GERTRUD BECK, Tübingen 2003 (Texte und Studien zur mittelhochdeutschen Heldenepik 1). DOCEN, J.B.: Ausführliche Beurtheilung der Sammlung deutscher Gedichte des Mittelalters [Rez. BÜSCHING], Allgemeine Zeitschrift von Deutschen für Deutsche 1 (1813) 196–264, 334–422. DÖRING-MOHR, KARIN: Die ikonographische Entwicklung des Jungbrunnens und sein inhaltlicher Wandel in der bildenden Kunst des 14. bis 16. Jahrhunderts, Diss. Aachen 1999. Deutsches Rechtswörterbuch, hg. v. der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Bde. 1ff, Weimar 1914ff. Deutsche Texte des Mittelalters. DUBY, GEORGES: Die drei Ordnungen. Das Weltbild des Feudalismus, Frankfurt a.M. 1981. JACOB und WILHELM GRIMM: Deutsches Wörterbuch, 16 Bde., Leipzig 1854–1960. JACOB und WILHELM GRIMM: Deutsches Wörterbuch. Neubearbeitung. Bd. 1ff. Leipzig (ab 1993: Stuttgart/Leipzig) 1983ff. EBENBAUER, ALFRED: Wigamur und die Familie, in: Artusrittertum im späten Mittelalter. Ethos und Ideologie, hg. v. FRIEDRICH WOLFZETTEL, Gießen 1984 (Beiträge zur deutschen Philologie 57), 28–46. Das Eckenlied, sämtliche Fassungen hg. v. FRANCIS B. BRÉVART, 3 Teile, Tübingen 1999 (ATB 111). Jakob Püterich von Reichertshausen: Der Ehrenbrief. Cgm 9220, hg. v. der KulturStiftung der Länder und der Bayerischen Staatsbibliothek München, Berlin 1999. EHRISMANN, GUSTAV: Duzen und Ihrzen im Mittelalter, Zeitschrift für Deutsche Wortforschung 1 (1901) 117–149, 2 (1902) 118–159; 4 (1903) 210–248, 5 (1903/1904) 127–220. EICHHOLZ, BIRGIT: Kommentar zur Sigune- und Ither-Szene im 3. Buch von Wolframs »Parzival« (138,9–161,8), Stuttgart 1987 (Helfant Studien 3). Eilhart von Oberg: Tristrant, édition diplomatique des manuscrits et traduction en français moderne avec introduction, notes et index par DANIELLE BUSCHINGER, Göppingen 1976 (GAG 202). Das Leben der heiligen Elisabeth, vom Verfasser der Erlösung, hg. v. MAX RIEGER, Stuttgart 1868 (StLV 90). Heinrich von Veldeke: Eneasroman, die Berliner Handschrift mit Übersetzung und Kommentar, hg. v. HANS FROMM, mit den Miniaturen der Handschrift und einem Aufsatz von DOROTHEA und PETER DIEMER, Frankfurt a.M. 1992 (Bibliothek deutscher Klassiker 77, Bibliothek des Mittelalters 4). Konrad von Würzburg: Engelhard, hg. v. INGO REIFFENSTEIN, 3. neubearb. Aufl. der Ausgabe v. PAUL GEREKE, Tübingen 1982 (ATB 17). Chrétien de Troyes: Erec et Enide, übers. und hg. v. ALBERT GIER, Stuttgart 1987 (RUB 8360). Hartmann von Aue: Erec, mit einem Abdruck der neuen Wolfenbütteler und Zwettler Erec-Fragmente, hg. v. ALBERT LEITZMANN, fortgeführt von LUDWIG WOLFF, 7. Aufl., besorgt von KURT GÄRTNER, Tübingen 2006 (ATB 39). ESCHENBURG, JOHANN JOACHIM: Dritter Beitrag zur alten deutschen Literatur, Deutsches Museum 4 (1779) 2. Bd., 33–60, (wieder als: Ueber das Rittergedicht WIGAMUR, in: DERS.: Denkmäler altdeutscher Dichtkunst, Bremen 1799, 3–37).

Literaturverzeichnis FABER FELDER FIEDLER-RAUER

Findebuch

Flore FLUTRE

FOLTIN Frauendienst Frauenlob-Wörterbuch

Freidank FRIEDRICH

Friedrich von Schwaben FRITZ

Frühnhd.Gramm.

Frühnhd.Wb.

Füetrers Lannzilet

GAG Garel

Gauriel

Geschichtliche Grundbegriffe

323

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324 GILLESPIE GOTTZMANN GREGOR

Gregorius GRIMM

GRUENTER

Guigemar

Guingamor GÜRTTLER

Gute Frau HABIGER-TUCZAY

Handschriftencensus HARMS HARMS, Kampf HAUG, Das Fantastische

HAUG, Literaturtheorie HAUG, Poesie

HAUG, Schwierigkeiten

HAUG, Stammler

Literaturverzeichnis GILLESPIE, GEORGE T.: A Catalogue of Persons Named in German Heroic Literature (700–1600), Oxford 1973. GOTTZMANN, CAROLA L.: Artusdichtung, Stuttgart 1989 (Sammlung Metzler 249). GREGOR, HELMUT: Das Indienbild des Abendlandes (bis zum Ende des 13. Jahrhunderts), Wien 1964 (Wiener Dissertationen aus dem Gebiete der Geschichte 4). Hartmann von Aue: Gregorius, hg. v. HERMANN PAUL, neu bearb. v. BURGHART WACHINGER, 15. Aufl., Tübingen 2004 (ATB 2). GRIMM, JACOB: Über den personenwechsel in der rede, in: DERS.: Kleinere Schriften 3 (1866): Abhandlungen zur Literatur und Grammatik. Nach der Ausgabe von KARL MÜLLENHOFF und EDUARD IPPEL neu hg. von OTFRID EHRISMANN, Hildesheim/Zürich/New York 1991 [2. Nachdruck der Ausgabe Berlin 1866] (Werke Abt. 1, Teil 3), 236–311. GRUENTER, RAINER: Das wunnecliche tal, Euphorion 55 (1961) 341–404, wieder in: DERS.: Tristan-Studien, hg. v. WOLFGANG ADAM, Heidelberg 1993 (Beihefte zum Euphorion 27), 65–140. Marie de France: Die Lais, hg. v. KARL WARNKE, mit vergleichenden Anmkerungen von REINHOLD KÖHLER nebst Ergänzungen von JOHANNES BOLTE und einem Anhang ›Der Lai von Guingamor‹ hg. v. PETER KUSEL, 3. Aufl., Halle 1925 (Bibliotheca Normannica 3). [Guigemar S. 5–40, Guingamor S. 227–255] →Guigemar. GÜRTTLER, KARIN R.: »Künec Artûs der guote«. Das Artusbild der höfischen Epik des 12. und 13. Jahrhunderts, Bonn 1976 (Studien zur Germanistik, Anglistik und Komparatistik 52). Die Gute Frau. Gedicht des 13. Jahrhunderts, hg. v. EMIL SOMMER, ZfdA 2 (1842) 385–481. HABIGER-TUCZAY, CHRISTA: Wilde Frau, in: Dämonen, Monster, Fabelwesen, hg. v. ULRICH MÜLLER, WERNER WUNDERLICH, St. Gallen 1999 (Mittelalter-Mythen 2), 603–615. Online unter: http://www.handschriftencensus.de HARMS, WOLFGANG: Homo viator in bivio. Studien zur Bildlichkeit des Weges, München 1970 (Medium aevum 21). HARMS, WOLFGANG: Der Kampf mit dem Freund oder Verwandten in der deutschen Literatur bis um 1300, München 1963 (Medium Aevum 1). HAUG, WALTER: Das Fantastische in der späteren deutschen Artusliteratur, in: GÖLLER Karl Heinz (Hrsg.): Spätmittelalterliche Artusliteratur: ein Symposion der neusprachlichen Philologien auf der Generalversammlung der Görres-Gesellschaft Bonn, 25. – 29. September 1982, Paderborn [u.a.] 1984 (Beiträge zur englischen und amerikanischen Literatur 3), 133–149. HAUG, WALTER: Literaturtheorie im deutschen Mittelalter. Von den Anfängen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts, 2. Aufl., Darmstadt 1992. HAUG, WALTER: Paradigmatische Poesie. Der spätere deutsche Artusroman auf dem Weg zu einer ›nachklassischen‹ Ästhetik, Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 54 (1980) 204–231. HAUG, WALTER: Über die Schwierigkeiten des Erzählens in ›nachklassischer‹ Zeit, in: Positionen des Romans im späten Mittelalter, hg. v. DEMS., BURGHART WACHINGER, Tübingen 1991 (Fortuna vitrea 1), 338–365. HAUG, WALTER: Die höfische Liebe im Horizont der erotischen Diskurse des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, erweiterte Neufassung, Berlin/ New York 2004 (Wolfgang-Stammer-Gastprofessur für Germanische Philologie 10).

Literaturverzeichnis Heinrich der Teichner HEINZLE HEINZLE, Dietrichepik HEINZLE, Verhältnisse HEISER

HEMPEL HENDERSON

HENZEN Herbort von Fritzlar

Herzog Ernst B Herzog Ernst D Hesler HILDEBRAND HOFFMANN HRG

2

HRG

HSS

HWRh Isidor IWAND Iwein

Jans Enikel JENISCH JT

325

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326

Kaiserchronik

KALESSE

KARG KARNEIN

KASPER

KÄSTNER

KEINZ KERN

KERN, Edle Tropfen

KERN/EBENBAUER

KERTH KHULL, Rez. Sarrazin KHULL, Wigamur KISTLER Klage KLD KLEIN KLUGE KNAPP

KÖHLER

Literaturverzeichnis hg. v. WERNER WOLF, Berlin 1964 (DTM 55). Bd. 2/2 (Strophe 3237– 4394), hg. v. WERNER WOLF, Berlin 1968 (DTM 61). Bd. 3/1 (Strophe 4395–5417), hg. v. KURT NYHOLM, Berlin 1984 (DTM 73). Bd. 3/2 (Strophe 5418–6327), hg. v. KURT NYHOLM (DTM 77). Kaiserchronik eines Regensburger Geistlichen, hg. v. EDWARD SCHRÖDER, Berlin 1895 [Neudruck Berlin/Zürich 1964] (MGH Deutsche Chroniken I,1). KALESSE, CLAUDIA: Staatsarchiv Augsburg, Reichsstift Kaisheim. Zentrale und unterbehördliche Überlieferung, Amtsbücher und Akten, München 2007 (Bayerische Archivinventare 56). KARG, Fritz: Die Konstruktion π κοι νο im Mittelhochdeutschen, in: DERS.: Syntaktische Studien, Halle 1929, 1–80. KARNEIN, ALFRED: Minne, Aventiure und Artus-Idealität in den Romanen des späten 13. Jahrhunderts, in: Artusrittertum im späten Mittelalter. Ethos und Ideologie, hg. v. FRIEDRICH WOLFZETTEL (Beiträge zur deutschen Philologie 57), Gießen 1984, 114–125. KASPER, CHRISTINE: Von miesen Rittern und sündhaften Frauen und solchen, die besser waren. Tugend- und Keuschheitsproben in der mittelalterlichen Literatur vornehmlich des deutschen Sprachraums, Göppingen 1995 (GAG 547). KÄSTNER, HANNES: Mittelalterliche Lehrgespräche. Textlinguistische Analysen, Studien zur poetischen Funktion und pädagogischen Intention, Berlin 1978 (Philologische Studien und Quellen 94). KEINZ, FRIEDRICH: Wigamur. Münchener Bruchstücke, Germania 27 (1882) 289–330. KERN, PETER: Die Artusromane des Pleier. Untersuchungen über den Zusammenhang von Dichtung und literarischer Situation, Berlin 1981 (Philologische Studien und Quellen 100). KERN, MANFRED: Edle Tropfen vom Helikon. Zur Anspielungsrezeption der antiken Mythologie in der deutschen höfischen Lyrik und Epik, Amsterdam/Atlanta 1998 (Amsterdamer Publikationen zur Sprache und Literatur 135). Lexikon der antiken Gestalten in den deutschen Texten des Mittelalters, hg. von MANFRED KERN, ALFRED EBENBAUER unter Mitw. von SILVIA KRÄMER-SEIFERT, Berlin/New York 2003. KERTH, SONJA: Gattungsinterferenzen in der späten Heldendichtung, Wiesbaden 2008 (Imagines Medii Aevi 21). KHULL, FERDINAND: [Rezension zu SARRAZIN], AfdA 5 (1879) 358–363. KHULL, FERDINAND: Zu Wigamur, ZfdA 24 (1880) 97–124. KISTLER, RENATE: Heinrich von Veldeke und Ovid, Tübingen 1993 (Hermea 71). Die ›Nibelungenklage‹. Synoptische Ausgabe aller vier Fassungen, hg. v. JOACHIM BUMKE, Berlin/New York 1999. Deutsche Liederdichter des 13. Jahrhunderts, hg. v. CARL VON KRAUS, 2. Aufl. durchgesehen v. GISELA KORNRUMPF, Bd. 1: Text, Tübingen 1978. KLEIN, KLAUS: Stillstand. Zur handschriftlichen Überlieferung von Gottfrieds ›Tristan‹, ZfdA 135 (2006) 213–216. KLUGE, FRIEDRICH: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, bearb. von ELMAR SEEBOLD, 23. Aufl., Berlin/New York 1999. KNAPP, FRITZ PETER: Nobilitas Fortunae filia alienata. Der Geblütsadel im Gelehrtenstreit vom 12. bis zum 15. Jahrhundert, in: Fortuna, hg. v. WALTER HAUG, BURGHART WACHINGER, Tübingen 1995 (Fortuna vitrea 15), 88–109. KÖHLER REINHOLD: Zum Spruch vom König Etzel, Germania 14 (1869) 243–245; DERS.: In die Hand, nicht in die Speisen schneiden 28 (1883)

Literaturverzeichnis

Konrad von Megenberg

KRAGL KRAUS Kudrun KÜHNEL

KUNITZSCH LANGLOIS Lanzelet Laurin LECOUTEUX LECOUTEUX, merwunder LEXER LEXER, Nachtrag LexMA LIENERT

LINDEN Livre d’Artus

Lohengrin LUBICH

Mai und Beaflor

Märterbuch MARTIN Mauritius von Craûn MAUSSER

327

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328 MAZAL

Meleranz MENHARDT, Spruch MERTENS MERTENS, Artusroman MERTENS, Mi-parti

MEYER, Feenjugend

MEYER, Intertextuality

MEYER, Tandarois MF

MGH MICHEL

MILDE

Minneburg

MOSER MOSER/STOPP

MÜLLER, Kompromisse MÜLLER, Namen

MWb

NELLMANN

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330

Prosa-Lancelot

PWG

Pz. Rabenschlacht

RAPP RASSOW

REIFFENSTEIN

Reinbot von Durne Reinhart Fuchs

Renner

Rennewart Rigomer

Rolandslied RÖLLEKE

Rother

RUB Sachsenspiegel Salman und Morolf SARRAZIN

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Literaturverzeichnis SCHIEWER

SCHMID

SCHMIDT

SCHNEIDER, Fragmente

SCHNEIDER, Paläographie

SCHNELL

SCHNELL, Korrektiv

Schrätel und Wasserbär

SCHRÖDER, Macht SCHRÖDER, Namen SCHUBERT SCHULTZ SCHULZ-GROBERT

Schweizer Minnesänger SCHWIETERING

SEGELCKE Seifried Helbling SEITZ

Seuse

331

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VON

ERTZDORFF

VON

HEINEMANN

VON

KATTE

VORDERSTEMANN WACKERNAGEL WALTHER

Walther

WAND-WITTKOWSKI WEBER WEBER, Kommentar WEIGAND

WEINHOLD WEINHOLD, Bair.Gramm. Weltchronik WENZEL, Boten

WENZEL, Hören WERNER Wernher Marienleben

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334 WEST, Prose WEST, Verse WIESSNER

Wigalois

Wilhelm von Österreich Willehalm

Winsbecke WIS

WMU

WOLF Wunderer ZALLINGER

ZfdA ZfdPh ZIEMANN

ZIMMER

ZWIERZINA

Literaturverzeichnis WEST, G.D.: An Index of Proper Names in French Arthurian Prose Romances, Toronto 1978 (University of Toronto Romance Series 35). WEST, G.D.: An Index of Proper Names in French Arthurian Verse Romances 1150–1300, Toronto 1969 (University of Toronto Romance Series 15). WIESSNER, EDMUND: Über Ruhe- und Richtungsconstruktionen mittelhochdeutscher Verba, untersucht in den Werken der drei großen höfischen Epiker, im Nibelungenlied und in der Gudrun, PBB 26 (1901) 367–556 und 27 (1902) 1–68. Wirnt von Gravenberc: Wigalois, der Ritter mit dem Rade, hg. v. J.M.N. KAPTEYN, Bd. 1: Text, Bonn 1926 (Rheinische Beiträge und Hülfsbücher zur germanischen Philologie und Volkskunde 9). Johann von Würzburg: Wilhelm von Österreich, aus der Gothaer Handschrift hg. v. ERNST REGEL, Berlin 1906 (DTM 3). Wolfram von Eschenbach: Willehalm, nach der Handschrift 857 der Stiftsbibliothek St. Gallen hg., übers., kommentiert von JOACHIM HEINZLE, Frankfurt a.M. 1991 (Bibliothek deutscher Klassiker 69, Bibliothek des Mittelalters 9). Winsbeckische Gedichte nebst Tirol und Fridebrant, hg. v. ALBERT LEITZMANN, 3. Aufl. von INGO REIFFENSTEIN, Tübingen 1962 (ATB 9). WIS, MARJATTA: Zum Problem der ›vremder visce hiute‹ im Nibelungenlied. Auf der Spur der Alexanderlegende in der höfischen Epik, Neuphilologische Mitteilungen 85 (1984) 129–151. Wörterbuch der mittelhochdeutschen Urkundensprache auf der Grundlage des Corpus der altdeutschen Originalurkunden bis zum Jahr 1300. Unter der Leitung von BETTINA KIRSCHSTEIN und URSULA SCHULZE erarbeitet von SIBYLLE OHLY und PETER SCHMITT, Bde. 1ff., Berlin 1994ff. (Veröffentlichungen der Kommission für deutsche Literatur des Mittelalters der Bayerischen Akademie der Wissenschaften). WOLF, GERHARD: [Rezension zu BUSCHINGER], in: Arbitrium 7 (1989) 148– 152. Adelbert von Keller: Erzählungen aus altdeutschen Handschriften, Stuttgart 1855 (StLV 35), 1–9. ZALLINGER, OTTO: Die Ringgaben bei der Heirat und das Zusammengeben im mittelalterlich-deutschen Recht, Wien/Leipzig 1931 (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-historische Klasse 212,4). Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur. Zeitschrift für deutsche Philologie. ZIEMANN, ADOLF: Mittelhochdeutsches Wörterbuch zum Handgebrauch, Quedlinburg/Leipzig 1838 (Bibliothek der gesammten deutschen Nationalliteratur III.1). ZIMMER, H.: Beiträge zur Namenforschung in den altfranzösischen Arthurepen, Zeitschrift für französische Sprache und Litteratur 13 (1891) 1–117. ZWIERZINA, KONRAD: Mittelhochdeutsche Studien 10. Doppelformen und Synonyma, ZfdA 45 (1901) 19–100.

Abkürzungen abs. Adj. Adv. Afranz. Ahd. Akk. Alem. Bair.(-österr.) Bl. Dat. Fem. Frühnhd. Gen. Hs./Hss. Inf. Jhd. Konj. Lat. Mask. Md. Mhd. Mlat. Neutr. Nd. Nhd. Nom. Obd. Obj. Ostfränk. Part. Pers. Pl. Präp. Präs. Prät. Pron. refl. s.a. Sg. stF/stM/stN stV s.v. swF/swM/swN swV Subj. UV Wb.

absolut Adjektiv Adverb Altfranzösisch Althochdeutsch Akkusativ Alemannisch Bairisch(-österreichisch) Blatt Dativ Femininum Frühneuhochdeutsch Genitiv Handschrift(en) Infinitiv Jahrhundert Konjunktiv Latein Maskulinum Mitteldeutsch Mittelhochdeutsch Mittellatein Neutrum Niederdeutsch Neuhochdeutsch Nominativ Oberdeutsch Objekt Ostfränkisch Partizip Person Plural Präposition Präsens Präteritum Pronomen reflexiv siehe auch Singular starkes Femininum/Maskulinum/Neutrum starkes Verb sub voce schwaches Femininum/Maskulinum/Neutrum schwaches Verb Subjekt ultraviolettes Licht (Autopsie mit Quarzlampe) Wörterbücher (in der Regel BMZ, DWb, Findebuch, Frühnhd.Wb., LEXER [mit Nachtrag], MWb)

Register zur Einleitung, zum Stellenkommentar und zu den Exkursen

1. Wörter und Sachen ab erstrîten 5065 aben 4416 Adel Einleitung 1.5, 1954–71, 3937f. Adler Einleitung 1.5, 1507ff., 1516 alle tage 515 alles/allez 120 alteran 2698 amîs 899f. Anadiplose →Wortwiederholung ander pleonastisch 109918 ane gân 3996 ae erstrîten 5065 an komen 643 ane vahen 500 ane vehten abs. 613 ane wenden 1288 Anrede 742, 1406, 1962–65, 2327, 3524, 3824, 4181 apo koinou 31–34, 576–9, 715f., 1267–69, 1668–82, 1759–62, 1763, 2328–30, 2837–39, 3243f., 4066–68, 4108f., 4372–74, 5165, 5222–24, 5476f., 5742f., 5976–78 Apostrophe 3664–70 Aptor 1125, Exkurs C arbeiten transitiv 5997 ars dictaminis 3153–80 Artikel 3094 (bestimmter vor Personennamen), 4394 (fehlt vor Relativsatz) Artusroman Einleitung 1.5, vor 1, 33, 93f., 3424 Autor des Wigamur Einleitung 1.1 Bad 1235–45, 1236, Exkurs C baniere 1764, 3207/3213 begeben 5796 begirn 4608 beheften 5987 beherten 4005 beingewant 432 Belehnung 698, 3320 beröufen 1068 Beschreibung Exkurs B, Exkurs H Besitz, rechter Umgang mit 4304f.

beslagen 1535 besprechen 5871–73 bestân intransitiv 658 betagen 150, 6101 bewern 2080–82 Bezaubernde Schönheit Exkurs G Bilder →Illustrationen in W birsen 5151 blôz 4109 bluot schenken 3823 Blutadel →Adel Bogen 413f. bogristen 4941/43 borte 1534, 1537 bortsîde 4465 Boten 3600–24 bouc 4962 Briefe, Briefkunst 3153–80, 3600–24 brûnât 1760f. buckel 622 bûhurt (Nebenform bûhurten) 1342 Bündnis 5662ff. bunt 4277 Burg 838–842, 4351 Christen und Heiden 3155f. commendatio 698 dâ ohne anaphorische Bedeutung 5750 dan im Vergleich zweier gleicher Größen 4940 dar umbe wan als Einleitung eines Nebensatzes 2436f. Datierung Einleitung 1.1 degen 1818 descriptio personae Exkurs B, Exkurs H Dienst →Lehenswesen dinc mit Possessivpron. 5573 dingen 269 Dittographie →Wortwiederholung dol 6086 drachenbluot 2105 Dreireime Einleitung 4 Dreiständegesellschaft 1026–47 Durchbruch durch die Reihen der Gegner 3765

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Register

dürfen und turren 2187 Editionen Einleitung 1.5 êhafte nôt 1000, 5676 Ehe, Eheschließung Exkurs E Ehehindernisse 5037 Ehering Exkurs E enbræchen 5936 Entführung der Geliebten 4654ff. enwiht 527 Erbe 3527, Exkurs D erbestat 3527 erinnern 5040 ervollen 4907 erwellen 3552f. erwellen 4907 erwîsen 5180 Erzähler spricht Figur an 3664–70 Essen (Reglementierung) 4441 Existenzverwünschung, Topos der 883ff. ez als formales Subj./Obj. 2033, 5108 Fahne 3207/3213, 3683–88 Feenjugend Einleitung 1.5 Fehler Einleitung 3.1.g Fibel 4510 Fingerring Exkurs E Flanken des Pferdes 2332 Forschungsüberblick Einleitung 1.5 Frau reist alleine 1566–68 Frauen Einleitung 1.5, 18 Friedenskuss 4217 Frist zwischen Anklage und Gerichtskampf 1648 fritschâl 1760f. gæhelingen 4538 Gahmuret-Handlung im Pz. 4654ff., 5054ff. Gamuret besiegt Lehelin 4854–58 garzûne 5061 ge- Präfix, Scheinausfall 866 gebende 5326f. Geblütsadel →Adel gebrîset 2564 Gefährlicher Sitz Exkurs C gefurrieret 4686 gehalbieret 4685 gelt hœne 3953 genôzlîch 1434 geparrieret 3658 gerden 609 gereite 2599 Gerichtskampf 1646, 1648 gerüeren 549–551 geschol 5134 geschüepelt 181 gesellenwîs 4319 geselleschaft 5662ff. Gesellschaftsordnung 1026–47, 1046f., 4299f.

gestickelt 4403 gestürmen 2875 geteilet 2566 gevangen umb den lîp 228 gevriunden 1664 gevrümen 1664 gevuoclîcheit 343 gewern 3162 gewizzen sîn 5149 gezeltpalas 2609 gezimier 3737 gezouwe 2080–82 gimme einer Sache 2203 gîten 587–592 Glück 1080 golter 4402 Gott 1026–47, 4895 (got mit best. Artikel) Greif 4788 grîfe 4788 grinnen 1478 grôzen als Adv.? 3185 Gruß (Briefschluss) 3180 gügerel 3736 ze guote komen 5415f. gurt 974 Gürtel aus Irland und London 1537 gürtel 1534 Handel 4900 hapax legomenon →Wörter hârbant 2702 heide als swM 657 heidenischer site 4484 helfe unde rât 1046f. helmhuot 636 hemde 427–9 herbergen translokal 4774f. hermelîn 1543 Herrschaft 781, 4299f. herschal 3542 hersenier 4043 Herz 1020 (als handelndes Subj.), 2620 (pars pro toto) hie zu hiez 281 hin und her varn 4874 Hochzeitskuss Exkurs E hol/hüle 161 holz noch gras 3123–26 hôn/hœne 3953 huofslac 540 hütte 4726 Illustrationen (W) Einleitung 1.5, 569, Exkurs B in ein werden 3060–62 în nemen 1236 în rîten 3305 indem für indes 5825

Register inen für in 306 Inf. statt Part.Präs. 1962, 2375, 2775, 2921 Inf. substantiviert mit Artikel und Obj. 5046 Interpolation 1164–1201, 2613–27, 4757–70, 4905–44 Intertextuelle Bezüge Einleitung 1.5, Exkurse F–H îsenhose 536 îsenhuot 535 Jagdfalken 1753 Jagdterminologie 1478, 1488, 5151, 5162 juncvrouhöubtelîn 4510 Jungbrunnen 1600–67 Kampf Einleitung 1.5, 3023, 3207/3213, 3233, 3293f., 3461, 3683–88, 3745–52, 3765, Exkurs D kappe 4336 Kehrtwendung des Pferdes 3233 kemenâte 1250 kempfe(r) 1646 kêre 3233 Kleidung und Stoffe 106, 427–9, 432, 863, 864, 866, 1327, 1532f., 1534, 1535, 1536, 1537, 1540, 1543, 1760f., 2029, 2031, 2564, 2566, 2568, 2572, 2577, 2607, 2702, 3658, 4277, 4336, 4402, 4465, 4486f., 4510, 4685, 4686, 4870f., 4900, 4944, 4962, 5326f., 5333 knoten 2031 kolbe 4006 Komik Einleitung 1.5 Komparation 2593 (Positiv statt Komparativ), 4235 (Konstruktionsmischung Positiv mit Superlativ) Konsensehe Exkurs E Konstruktion apo koinou →apo koinou kotze 2029 kriec 3461 Krieg →Kampf kriegen 1184 krimmen 1478 kunder 169 kursît 864 Kuss 4217 (Frieden), Exkurs E (Hochzeit) lantende 355 Lanzen als Längenmaß 2096 lâsiure/lasûre (Doppelform) 1330f. Laterankonzil —Zweites 413f. —Viertes 5037, Exkurs D lâzen an 3499 lediges Lehen 3813–15 Lehenswesen 648, 698, 703–5, 1361–63, 1954– 71, 3320, 3813–15, 4302–20, 5793 Lenisierung 995 leon als Wappentier 4765f.

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Lespia Exkurs A Liebe 899f., 5739–44 (als Krankheit), Exkurs E lîhen unde geben 4318 Linde, immergrüne 1600–67 lîp unde guot 671, 1846f. ûf sînem lîp beherten 4005 umb den lîp 228 lîste 2568 Literarhistorischer Stellenwert Einleitung 1.4 locus amoenus 1164–1201, Exkurs F Lokalisierung Einleitung 1.1 loufen (= »Galoppieren«) 2337 lûtertranc 80f. magetinne 5570 magt noch wîp 5239 man missverstanden als »Mann« 648 man und wîp 5239 manheit 5793 manic vart 4549 manlîch 743 mannes were 350 mantel 1543 Meerfrau Exkurs A Meerwunder Exkurs B Mehrreime Einleitung 4 merinne 360 merswîn Exkurs B merwîp Exkurs A milte 706f. Minne →Liebe Minnereden Exkurs F mi-parti 1532f., 2566, 3658, 4685, 4870f. môraz 80f. Motiv der bezaubernden Schönheit / des selbstvergessenen Blicks Exkurs G mouwe 2080–82 mit irm munde 1589 Muntkauf Exkurs E muot, sanfter 12 mûr für gemiure 1095 Musikinstrumente 4816f. Mutter Wigamurs 18 zum næhsten 5694 Namen Einleitung 1.5, 26, 6098f. nât 2572 natiure/natûre (Doppelform) 1208f. Neologismen →Wörter nieman mit Endung -s 129 nôt 1000, 5676 Numerusinkongruenz 1416, 1473, 1670f., 2310f., 2582f., 2965f., 3060–62, 3752, 4430–32, 4486f., 4696f., 4782f., 5190, 5947f. nûn 646 Ortsnamen 5829 Parodie heidnischer Ehrentitel 3153f.

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Register

Partizip, isoliert 1792 Perfekt für Futur II 3910 pfâwenhuot 5333 pfelle/pfeller/pfellîn 1532f. Pferde, Pferdeausrüstung 106, 529, 546, 954, 1546, 2332, 2337, 2599, 2692, 3510, 3736, siehe auch Reitterminologie plate 4691 premmît 1760f. Prolog Vor 1 Pronomen, unbezeichnetes bei Subjektwechsel 462, 1352, 1599, 3809, 5678, 5876 puneiz 5083 punt 4875f. Puppe 2020 pusînen 4816f. quâderstein 4351 Quelle 1600–67 (übernatürliche), 1613 (entspringt direkt aus dem Felsen), 1626–33 (ändert Geschmack nach Wunsch) Quellen des ›Wigamur‹ →Vorlage Quellenberufung 1f., 6106ff. Rad der Fortuna 1080 rant 2106 Rat des Vaters an den Sohn 4285–4323 mit ganzen ræten 1595 râvît 4879 rebe (»Stickerei«) 2418 rechen intransitiv 2925 Recht, rechtliche Vorgänge, Rechtssprache Einleitung 1.5, 269, 500, 533–8, 655, 671, 698, 703–5, 1340, 1566–68, 1589, 1590, 1595, 1596, 1646, 1648, 1846f., 3153–80, 3167, 3320, 3499, 3500, 3527, 3772f., 3813–15, 4005, 4217, 5037, 5132f., 5134, 5180, 5662ff., 5676, 5793, 5871–73, 5987, Exkurs D Rede, unmarkierter Übergang von indirekter zur direkten 2191f. rede gewinnen 4214 der rede nâch varn 5242 Redensart →Sprichwort rehte reise 826 Reimgebrauch Einleitung 4 Reiten, richtiges 570 Reitterminologie 549–551, 570, 3233, 3293f., 3305, siehe auch Pferde reroup 533–8 rieme 1536 rinke 1534, 4486f. rîtlachen 1546 Ritter 685, 1089ff., 1340, 1753, 2327, 2411, 2989, 3233, 3293f. Rivalität zwischen Tag und Nacht 3155f. roc 427–9 rôsenstoc 1174f.

Rubin 4519 Rüstungen →Waffen salutatio 3153–80, 3153f. samît 1327 sanfter muot 12 satelbogen 546 schadehaft 3951f. schanc 4555 schar in festen Verbindungen mit Präp. 720 scharlach 863 Scheinausfall Präfix ge- 866 schellen 106 Scheltbrief 3153–80 schenklieht 4555 schier 148 schinier 3615 schirmen 346 Schlacht →Kampf Schlaftrunk 4569 Schmähbrief 3153–80 schol 5134 Schönheit —bezaubernde Exkurs G —Vergleich mit Puppe 2020 Schriftlichkeit 1f. Schuhe 4944 schulde hân 655 schüten 533 Schwertleite 1340 Schwertübergabe 781 Selbstvergessener Blick Exkurs G Seltene Wörter →Wörter senkel 1534 Sentenzen →Sprichwort sicherheit (geben/nemen) 2989, 3725–27 siège périlleux Exkurs C siglât (Nebenform zu ziklât) 2603 sîn selbes man 1340 siropel 80f. site 685 sitzen als Bewegungsverb 517 sleht 3500 soumærpfert 3510 spange 1535, 4962 sper als Mask. 597 Sprache der Hss. Einleitung 1.5 Sprichwort 1070, 109946f., 2205–07, 3163f., 4304f., 4311f., 4892, 5980f. Stoffe →Kleidung den strît (be-)halten 4184f. stritîn 2859f. stürmen 445f., 715f. subtîl 1540 sumerlieht 3155 sundersprâchen gân 4167f.

Register swâ zur Einleitung eines konditionalen Nebensatzes 1130, 1582, 3609 swær 3833f. Tag und Nacht, Rivalität 3155f. alle tage 515 tambûren 4816f. tautologische Beschreibung 6052 tentsnuor 4811 tentûr 4811 Teufelsnamen 109923 Textausfall Einleitung 2, 126, 283–5, 437–440, 587–592, 10991–93, 1550–55, 1613–15, 1871f., 2224–271, 2333, 2733, 2837–39, 3176f., 3280– 84, 3293f., 3572–76, 3725–27, 4244f., 4757– 70, 4765f., 4806f., 5074f., 5762 Tierbegleiter/Tierritter Einleitung 1.5, 1507ff., 1516 timît 1760f. tirât 1760f. Titel →Anrede tiuvels vâlant 109923 Torbau mit Wächterhaus 838–842 trahten 3174f. Trank nach dem Essen 4555 trîblat 1532f. Trinkaufforderung 4296f. an den tiuwen 5132f. Troja 2411, 3424 Tugendadel →Adel Tugendbrunnen Exkurs C Tugendlehre 4285–4323 Tugendprobe Exkurs C tuon mit substantiviertem Inf. als Obj. 289 turnei nemen 4670f. Turnier 3233, 3293f., 4670f., 4681, 4875f. turren und dürfen 2187 übel unde guot 5851f. über ein 5072 über lanc 1280 übercleit 2607 Übergabe des Schwertes 781 Überlieferung Einleitung 1.5, Einleitung 2 ûf setzen 3167 ûf sînem lîp beherten 4005 unbehegelîchen 665 unbehendiclîchen 665 unbevilt 651 unden und oben 3591 ungehabt 570 ungehegelîchen 665 ungemehelt 1077 ungevlizzen 581 Unsagbarkeitstopos 75–77 urkünde geben 1145–47 urliuge 3461

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ûzwîsen 412 valken 1753 vane 3207/3213, 3683–88 vashanen 1055 vasten 1071 Vater-Sohn-Lehren 4285–4323 vêch 866 ze velde ligen 3023 verdecket 529 verjehen 1590 Verjüngung auf oder um 30 Jahre 1623 verkunnen 4339f. Vermählung Exkurs E vermezzlîchen 2091 vermîden abs. 1019 verschræjen 1289 verschrinden 1289 verswern 5495 verwænen 666 Verwandtschaft als Ehehindernis 5037 verwasic 1094f. verziehen (Teilbarkeit) 1319 verzîhen ûf iemanne 1596 vesperîe 4681 vischîn 432 vliezen intransitiv 1883f. Vorkampf 3745–52 Vorlage Einleitung 1.2, Einleitung 1.5, 1f. Vorturnier 4681 vrî und ledic 3813–15 vriden gewinnen 3772f. vrîer (zu swM vrîe) als stM 3628 vrouwen schar 4649 vruot als Adv. 5466 vüeren 549–551 vuoter unde spîse 4572 vuozristen 4941/43 vürbüege 2692 vürhanden 399 vürspan 2577 Waffen und Rüstungen 342–350, 346, 350, 413f., 533, 535, 536, 622, 636, 1764, 1818, 2031, 2054, 2080–82, 2105, 2106, 2147, 3615, 4006, 4043, 4691 wart (Jagdterminologie) 5162 warten als Richtungskonstruktion 1098 Weg als Bild 1089ff. Wein 80f. weise 3462 wellen Prät. welde 3333 wenden 1871f. wenne löst ob ab 3669 werden zum Ausdruck für den inchoativen Charakter eines Geschehens 985f. werfen (Jagdterminologie) 1488

342

Register

wern 2298–2301 wert als Neutr. 2465 Wettstreit zwischen Blumen 1184 wider strît 3465f. wider und vür 764 widerkêre 3233 widersitzen 1638 widerspringen 608f. (wider) ziehen 549–551 wîen 1452f. Wigamur 18 (Mutter), 26 (Name), 424 (Erscheinung), 2307f. (Verhältnis zu Artus), 4181 (Titel), siehe auch Feenjugend, Namen, Tierbegleiter —gesellschaftliche Stellung 1418, 1423 —Erziehung 342–350, 413f., 1340, 4285–4323 wîgant als swM 485 wildez wîp Exkurs A Wildmenschen Exkurs A winken als stV 1837 witze unde sin 937 wîz 424 Wortbildung 181 (-eln), 343 (-lîchkeit), 1751 (Partizip auf -ôt), 2859f. (Infinitivendung -în), 4538 (-lingen) Wörter, selten oder singulär belegte 54, 181,

281, 343, 360, 399, 485, 527, 581, 587–592, 609, 651, 657, 665, 954, 974, 1068, 1077, 1094f., 1174f., 1236, 1330f., 1434, 1452f., 1837, 2080–82, 2091, 2124, 2147, 2465, 2609, 2698, 2875, 3155, 3510, 3542, 3551, 3615, 3736, 4319, 4403, 4465, 4811, 4875f., 4907, 4962, 5040, 5292, 5793, 5796, 6086 Wortwiederholung 4000f., 5532f., 5563 wunder für merwunder 351 Wundsegen 5268 wunnesam 5292 Zelt 2420–25 (Größe), 2426f. (als Geschenk), 2609 (Herrschaftsraum), 4726 (hütte), 4811 (tentûr) Zelt (Gangart des Pferdes) 1326 zelterpfert 1749 zendâl 1760f. (wider) ziehen 549–551 ziklât 1532f. zil brechen 2319f. zimerol 2124 zimier 2054, 2124 zoumen 3293f. zuogesellen 3551 Zweikampf 1646, Exkurs D

2. Autoren und Werke Abor und das Meerweib Exkurs A Albertus Magnus 1068 Albrecht: Jüngerer Titurel Einleitung 1.1, Einleitung 1.4, 1330f., 1507ff., 1537, 1600–67, 4717f., 5997, 6098f. Berthold von Holle: Crane 5936 Bibel 4892 Biterolf und Dietleib 3201f., 5255 Bollstatters Spruchsammlung Einleitung 1.4 Chrétien de Troyes —Charrette 1566–68 —Erec et Enide Einleitung 1.2 —Perceval 1566–68 Darfelder Liederhs. Einleitung 1.4 Deutschenspiegel 5793 Dietrichs Flucht 3542 Eckenlied 4465, 5486 Eike von Repgow: Sachsenspiegel 5676, Exkurs D Eilhart von Oberg: Tristrant 485 Freidank 1070, 4304f. Friedrich von Schwaben Einleitung 1.4

Gottfried von Straßburg: Tristan Einleitung 1.4, 589, 1164–1201, 1182, 1184, 1319, 3305, 4484, 5694, Exkurs C, Exkurs F Gratian: Decretum 5037 Gute Frau 4875f. Hartmann von Aue —Armer Heinrich 1f. —Erec Einleitung 1.2, Vor 1, 899f., 1566–68, 1753, 1964f., 2080–82, 2096, 4184f., 4670f., 6052, Exkurs G —Gregorius 570, 665, 1964f., 4285–4323, 4299f., 4302–20 —Iwein Einleitung 1.3, 12, 18, 1046f., 1089ff., 1125, 1130, 1507ff., 1516, 1600–67, 4184f., 4892, 5676, Exkurs B, Exkurs D, Exkurs G Heinrich: Reinhart Fuchs 3736 Heinrich von Hesler: Evangelium Nicodemi 5997 Heinrich von Neustadt: Apollonius Exkurs C Heinrich Seuse 1540 Heinrich der Teichner 570, 1174f., 5811–14, 6086

Register Heinrich von dem Türlîn: Crône Einleitung 1.5, 587–592, 609, 1566–68, 1600–67, 1638, 3615, 4670f., Exkurs B Heinrich von Veldeke: Eneasroman 75–77, 1145–47 Herbort von Fritzlar: Liet von Troye 3833f., 4572, 4875f. Herzog Ernst B Exkurs C Herzog Ernst D 485 Hugo von Trimberg: Der Renner 3461, 4006 Isidor von Sevilla: Etymologiae 2332 Jakob Püterich von Reichertshausen: Ehrenbrief Einleitung 1.1, Einleitung 1.4 Jans Enikel: Fürstenbuch 1342 Jehan: Mervelles de Rigomer Einleitung 1.2 Johann von Würzburg: Wilhelm von Österreich 2698, 4035 Kaiser Heinrich 703–5 Kaiserchronik 412, 3813–15 Klage 703–5, 2080–82 König Rother 808, Exkurs G Konrad Fleck: Flore und Blanscheflur 12, 581 2332, 4623, 5739–44, Exkurs C Konrad von Megenberg: Buch der Natur Exkurs A, Exkurs B, Exkurs C Konrad von Stoffeln: Gauriel von Muntabel 646, 720, 1208f., 1330f., 2112f., 2411, 4646, 4981 Konrad von Würzburg —Engelhard 228, 2418 —Partonopier und Meliur Exkurs D —Trojanerkrieg 3461 Koran Exkurs G Kudrun 2080–82, 3823, 5195 Lai de Guingamor Einleitung 1.2 Laurin 2105 Leben der hl. Elisabeth 485, 1846f. Livre d’Artus Einleitung 1.2 Lohengrin 2698, 2984, 5466 Mai und Beaflor 1236 Marie de France: Guigemar Einleitung 1.2 Märterbuch 4940 Mauritius von Craûn 3424 Minneburg 5292 Namenverzeichnis Einleitung 1.4 Nibelungenlied 106, 608f., 1406, 1478, 1883f., 2191f., 2247, 3201f., 3853f., 4167f., 5151, Exkurs A Nibelungenklage →Klage Nürnberger Polizeiordnung 2599 Der von Obernburg 3155 Ottokar von Steiermark: Steirische Reimchronik 5292 Ovid 3664–70, 5739–44 Peter Suchenwirt 4905–44, 4907, 4913f., 4923,

343

4940, 4951–56, Exkurs H Peter Unverdorben 228 Pfaffe Konrad: Rolandslied 910f. Pfaffe Lambrecht: Alexanderroman Exkurs B Physiologus Exkurs A Pleier Einleitung 1.1, Einleitung 1.5 —Garel von dem Blühenden Tal Einleitung 1.5, Vor 1, 342–350, 3207/3213, 4709f., 5676, 6052 —Meleranz Einleitung 1.1, 1236, 3198, 4285– 4323, 4572, 5659, 5811–14, Exkurs C —Tandareis und Flordibel 826, 3198, 3293f., Exkurs G Plinius Exkurs A Pontus und Sidonia 5936 Priester Konrad 2924 Priester Wernher Exkurs C Prosa-Lancelot Einleitung 1.5, 1540, 3591 Rabenschlacht 3542, Exkurs A Reinbot von Durne: Georg 4839 Reinmar der Fiedler 2319f. Renaud de Beaujeu: Le Bel Inconnu Einleitung 1.2 Rudolf von Ems: Weltchronik 2698, 3996 Salman und Morolf 1319, Exkurs G Schrätel und Wasserbär 109923 Schulmeister von Esslingen 1507ff. Schwabenspiegel 5793 Sebastian Brant 129 Seifried Helbling 3174f. Spruch von den Tafelrundern Einleitung 1.4 St. Georgener Predigten 5997 Stricker: Daniel von dem Blühenden Tal Einleitung 1.5 Tannhäuser: IV. Leich Einleitung 1.1, Einleitung 1.4 Thomas von Cantimpré: Liber de natura rerum Exkurs A, Exkurs B Ulrich von Eschenbach: Alexander 1613, 2020, 2609, 3499, 5242 Ulrich Füetrer: Lannzilet Einleitung 1.4 Ulrich von Liechtenstein: Frauendienst 2224–271 Ulrich von Singenberg 1340 Ulrich von Türheim —Rennewart 5573 —Tristan 1174f. Ulrich von dem Türlin: Arabel 1145–47, 4465 Ulrich von Zatzikhoven: Lanzelet Einleitung 1.4, Einleitung 1.5, 342–350, 360, 1340, 1507ff., 1566–68, 1600–67, 3736, 4465, 4646, 4900, 5486, Exkurs A, Exkurs C Urkunde Säckingen (1276) 1319 Vergil 3664–70 Virginal 161, 1554f. Virginal (Dresdener Heldenbuch) 1540

344

Register

Vocabularius Ex quo 12, 3510 Walther von der Vogelweide 5255 Wernher der Schweizer: Marienleben 1068 Winsbecke 109946f., 4285–4323, 6086 Wirnt von Gravenberg: Wigalois Einleitung 1.1, Einleitung 1.4, Einleitung 1.5, 424, 609, 646, 826, 1361–63, 1566–68, 1567, 1580f., 2112f., 3927f., 4285–4323, 4670f., 5255, Exkurs B, Exkurs C Wolfram von Eschenbach 2191f.

—Parzival Einleitung 1.1, Einleitung 1.4, Einleitung 1.5, 54, 424, 533–8, 903f., 954, 1648, 2031, 2224–271, 3180, 3527, 3615, 3664–70, 3736, 4285–4323, 4569, 4654ff., 4717f., 4854– 58, 4875f., 5054ff., 5268, 5659, 5927f., Exkurs D, Exkurs G —Titurel 754, 4465 —Willehalm 109918, 1537, 2020, 3153f., 4394, 5326f., 5263–73 Wunderer 2613–27, 2620, Exkurs G

3. Handschriften (ohne ›Wigamur‹-Hss.) Berlin, Staatsbibl., mgo 26 Einleitung 2 Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. A 985 Exkurs H Heidelberg, Universitätsbibl., Cpg 360 Exkurs F Innsbruck, Universitätsbibl., Cod. 922 5793 Karlsruhe, Landesbibl., Cod. Donaueschingen 73 Einleitung 2 London, Brit. Library, Ms. Add. 16581 (›Bollstatters Spruchsammlung‹) Einleitung 1.4 London, Brit. Library, Ms. Add. 24946 Exkurs H München, Staatsbibl., Cgm 19 54 München, Staatsbibl., Cgm 270 Exkurs H München, Staatsbibl., Cgm 4871 Exkurs H München, Staatsbibl., Cgm 5919 Exkurs G Prag, Nationalbibl., Cod. RVI Fc 26 Exkurs H Raudnitz / Nelahozeves, Lobkowitzsche Bibl., Cod. VI Fc 26 Exkurs H Wien, Nationalbibl., Cod. 3406 Einleitung 1.4 Wien, Nationalbibl., Cod. 7692 Einleitung 1.4 Wien, Nationalbibl., Cod. Vind. 13045 Exkurs H Wien, Nationalbibl., Cod. Ser. nova 2663 (›Ambraser Heldenbuch‹) Einleitung 1.2, Vor 1