Johann Rist / Martin Coler, Neue Hochheilige Passions-Andachten (1664): Kritische Ausgabe und Kommentar. Kritische Edition des Notentextes 9783110376470, 9783110373790

Presented for the first time in a historical-critical edition, Passion Devotions is Rist’s twelfth collection of hymns a

171 6 7MB

German Pages 571 Year 2014

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Johann Rist / Martin Coler, Neue Hochheilige Passions-Andachten (1664): Kritische Ausgabe  und Kommentar. Kritische Edition des Notentextes
 9783110376470, 9783110373790

Table of contents :
Inhalt
Passionsandachten
Widmungsvorrede
Vorbericht
Ehrengedichte
3 heilige und gottselige Passionsandachten
12 Hinführungen Jesu Christi
21 Andachten über die sieben letzten Worte Jesu Christi
7 Andachten über die Glieder Jesu Christi
4 Beschluß-Andachten
Anhang I
Die Vorreden und Ehrengedichte zur Teilausgabe 1648
Die Vorrede Tobias Petermanns zur deutsch-lateinischen Teilausgabe 1655
Die Kompositionen Hinrich Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655
Anhang II
Die der Edition zugrunde gelegten Drucke und deren Siglen
Liste der Emendationen
Abbildungen
Einführung und editorischer Bericht zur Textedition (von Johann Anselm Steiger)
Einführung und editorischer Bericht zur Notenedition (von Oliver Huck)
Die erhaltenen Kompositionen Martin Colers aus ,Opfer die Gott gefallen‘ von Brandanus Langejanus
Quellen- und Literaturverzeichnis
Register der Liedanfänge
Register der Bibelstellen
Personenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Dank

Citation preview

Johann Rist/Martin Coler Passions-Andachten

Johann Rist/Martin Coler

Neue Hochheilige Passions-Andachten (1664) Kritisch herausgegeben und kommentiert von Johann Anselm Steiger Kritische Edition des Notentextes von Oliver Huck und Esteban Hernández Castelló

De Gruyter

ISBN 978-3-11-037379-0 e-ISBN (PDF) 978-3-11-037647-0 e-ISBN (PUB) 978-3-11-038726-1 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/München/Boston Satz: Werksatz Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhalt Passionsandachten . . . . . . . .

9 25 79 109 131 211 343 381

Die Vorreden und Ehrengedichte zur Teilausgabe 1648 . . . . . . . . . . Die Vorrede Tobias Petermanns zur deutsch-lateinischen Teilausgabe 1655 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kompositionen Hinrich Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

409

Widmungsvorrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ehrengedichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 heilige und gottselige Passionsandachten . . . . . . . . 12 Hinführungen Jesu Christi . . . . . . . . . . . . . . . 21 Andachten über die sieben letzten Worte Jesu Christi 7 Andachten über die Glieder Jesu Christi . . . . . . . . 4 Beschluß-Andachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

Anhang I

427 429

Anhang II Die der Edition zugrunde gelegten Drucke und deren Siglen . . . Liste der Emendationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung und editorischer Bericht zur Textedition (von Johann Anselm Steiger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung und editorischer Bericht zur Notenedition (von Oliver Huck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die erhaltenen Kompositionen Martin Colers aus ,Opfer die Gott gefallen‘ von Brandanus Langejanus . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . .

467 468 473

. . .

483

. . .

496

. . .

525

6

Inhalt

Register und Verzeichnisse Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

541

Register der Liedanfänge

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

557

Register der Bibelstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

559

Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

564

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

569

Dank

571

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Neue Hoch=heilige

Paßions= Andachten Jn Lehr= und Trostreichen Lie= 5

dern/ (welche von dem weitberühmten Musico/ und dieser Zeit Hochfürstlichen Brun= schwigischen Kapell Meister zu Wolfenbüttel/ Herrn Martino Colero1, mit sehr anmutigen und beweglichen2 Sangweisen sind außgezieret) bey diesen trübseeligen

10

a

und recht jämmerlichen Zeiten/ allen des gekreutzigten JEsu getreusten Liebhabern/ zu sonderbahren3 Gefal= len auch hertzlichem Trost und Erquickung auf= gesetzet und wohlmeinentlich4 herfür gegeben5 von

15

Johann Rist. Hamburg/ Jn Verlegung Johann Naumans6/ Buchh. Jm Jahr 1664. |

a und] Emendiert aus: uud

1 Zu Martin Coler vgl. die Einführung zur Notenedition (u. S. 499–507). Vgl. ferner Ruhnke sowie Baron. 2 beweglichen] bewegenden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1774. 3 sonderbahren] besonderem. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 4 wohlmeinentlich] wohlmeinend, in guter Absicht. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1170. 5 herfür gegeben] herausgegeben. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1094. 6 Zu Johann Naumann (1627–1668) vgl. Benzing, Verleger, Sp. 1225.

fol. a 2r

Den Hoch= und WolEdlen/ Hoch und Wolweisen/ Hoch und Wolgelehrten/ Vesten und Hochachtbahren Herren/

Herrn Barthold Twestrengen1/ Beider

Rechten2 Licentiaten und

Hochverordentem Herren Burgermeister/

Herren David Plocio3/ Beider

Rechte führnehmen Doctori und

wolberühmten Practico, 5

Herren Hermann Langebeken4/ alten

wolverdientem Rahtsver-

5

wanten /

Herren Peter Rövern6/ führnehmen Rahtsverwanten/

1 Barthold Twestreng (1612–1668), seit 1630 Studium der Rechtswissenschaften in Straßburg, dann peregrinatio academica durch Deutschland, die Niederlande, England und Frankreich, 1639 Promotion zum Lizentiaten der Rechte in Basel, seit 1649 Hamburger Ratsherr, seit 1653 Richter, seit 1663 Bürgermeister. Vgl. Adelung, Succession, S. 44. Beuthner, S. 382 f. Zedler 45 (1745), Sp. 2136. Chronologisches Verzeichnis, S. 41. DBA I,1290,120 f. 2 Beider Rechten] Ein Lizentiat bzw. Doktor beider Rechte (‚doctor iuris utriusque‘) hatte das Studium in beiden Rechtsbereichen, dem römischen (zivilen) und kanonischen (kirchlichen) Recht, absolviert. Vgl. Cordes / Kroeschell / Nehlsen-von Stryk, S. 12. 3 David Plocius, Doktor beider Rechte, lebte zunächst in Lübeck, dann in Hamburg und stand später als Regierungs- und Kanzleirat in Halberstadt in schwedischen Diensten, um nach 1636 nach Hamburg zurückzukehren und dort als Rechtsanwalt tätig zu sein. Seit 1632 war Plocius mit Barbara, geb. von Hövelen (1609–1636, vgl. die Leichenpredigt von Hector Mithob) verheiratet, später mit Anna, geb. Langermann (vgl. hierzu Buek, S. 102). Ein Ehrengedicht aus Plocius’ Feder findet sich in Rists ‚Neüem Teütschen Parnass‘ (1652), S. 863 und ein an Plocius gerichtetes Willkommensgedicht Rists ebd., S. 251. Plocius war als Vormund tätig und als Koautor eines Kommissionsberichtes (1652). Vgl. Findbuch der Reichskammergerichtsakten, Teil 1, S. 228 und Teil 2, S. 501. 4 Hermann Langenbeck (gest. 1668), 1634 Kämmerer, 1642 Oberalter, seit 1644 Ratsherr in Hamburg, seit 1659 Richter. Adelung, Succession, S. 43. Beuthner, S. 200. Zedler 16 (1732), Sp. 632. Chronologisches Verzeichnis, S. 41. 5 Rahtsverwanten] Ratsherrn. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 203. 6 Peter Röver II. (gest. 1670), seit 1649 Hamburger Ratsherr, seit 1654 Richter, mehrfach Gesandter beim Kurfürsten von Brandenburg. Vgl. Adelung, Succession, S. 44. Beuthner, S. 306. Zedler 32 (1742), Sp. 485. Chronologisches Verzeichnis, S. 42.

fol. a 2v

10

Widmungsvorrede

Herren Jacob Sylm7/ Beyder Rechte Licentiaten und führnehmen Rahtsverwanten.

Herrn Eberhard von Kampen8/

Beider Rechte Licentiaten und

10

fürnehmen Rahtsverwanten.

Herren Jacob Rotenburg9/

Beider Rechte Licentiaten und wol-

verdientem Secretario und Protonotario, Allen bei der Hochlöbl. weltberühmten Statt Hamburg/ Meinen samt und sonders hochgeehrten Herren/ wolgeneigten Gönnern und sehr wehrten/ liben Freunden. |

7 Jacob Silm bzw. Sillem (1620–1693), nach peregrinatio academica durch zahlreiche europäische Länder 1645 Promotion zum Lizentiaten der Rechte in Basel, seit 1653 Hamburger Ratsherr und Amtmann in Ritzebüttel, seit 1657 bzw. 1658 Richter, 1659 als Gesandter in Kopenhagen und Stockholm, seit 1664 auch Scholarch, 1670/71 mehrere Gesandtschaften, u.a. in Kopenhagen. Vgl. Adelung, Succession, S. 44 f. Beuthner, S. 350 f. Chronologisches Verzeichnis, S. 42. 8 Eberhard von Kampen (1619–1675), 1638 Studium am Hamburger Akademischen Gymnasium (Matrikel Hamburg, S. 27), seit 1639 Studium der Rechtswissenschaften in Helmstedt (Matrikel Helmstedt, S. 15), seit 1642 in Jena (Matrikel Jena 1, S. 41), 1645 Promotion zum Lizentiaten der Rechte ebd., danach als Privatlehrer in den Diensten der Familie von Ahlefeldt, währenddessen Reise durch die Niederlande, Deutschland, Frankreich und Italien. Von 1658 an war von Kampen Hamburger Ratsherr, 1659 als Gesandter auf dem Reichstag in Regensburg mit anschließendem Aufenthalt in Wien, von 1661 an Richter in Hamburg. Vgl. Adelung, Succession, S. 46. Beuthner, S. 176 f. Chronologisches Verzeichnis, S. 42. 9 Jacob Rotenburg (1603–1667), Studium der Rechte in Basel, dort 1633 Promotion zum Lizentiaten der Rechte (vgl. Mommsen, Nr. 1416), seit 1635 Sekretär und seit 1650 Protonotar in Hamburg. Vgl. Beuthner, S. 304. Chronologisches Verzeichnis, S. 70. DBA I,1058,73.

15

Hoch und WolEdle/ Hoch und Wol=

fol. a 3r a

weise/ Hoch und Wolgelehrte/ Veste/ und Hochachtbahre/ sonders1 Hochge= ehrte Herren/ wolgeneigte Gönner und sehr wehrte libe Freunde/

E 5

10

15

20

S ist ein alter und zwahr nicht unebener 2 Gebrauch unter uns Christen/ das/ wen wir durch Verleihung Göttlicher Gnade/ ein Jahr hinter uns geleget/ und nun in ein Neues sind getreten/ alsden einer dem anderen/ nicht allein ein glükseliges/ fröliches/ friedliches und Segenreiches Neues Jahr wünschet/ sondern auch mit Geschenken und Gaben verehret/ wiewol dise letste/ sonst hochrühmliche Gewohnheit/ bei gegenwärtigen Zeiten/ da der leidige Geitz die Hertzen der Menschen schier3 durchgehends4 hat besessen/ fast gantz und gahr in Abgang gerahten5/ also/ das der Werke wird vergessen/ und es blos und allein bei Wünschen und Wohrten verbleibet. Wir haben nunmehr durch GOttesb sonderlichen Schutz/ Regirung und Beistand/ das hochgefährliche und sehr beschwehrliche Eintausend/ Sechshundert und Drei und Sechszigste | Jahr/ nach der Gnadenreichen Gebuhrt unsers allerlibsten Heilandes und Seligmachers JEsu Christi zum Ende gebracht und hinter uns zu rükke geleget/ da wir den fürwahr grosse Uhrsachen haben/ das wir einer dem anderen ein glükliches/ fröliches/ für allen Dingen aber ein friedliches und gesundes Neues Jahr/ aus dem innersten Grunde unserer Hertzen wünschen. Jch sage ein friedliches und gesundes Jahr: Den/ was kan der Mensch in disem elenden Leben/ negst6 einem gnädigen GOtt und guhten Gewisen/ liebers/ edlers und köstlichers haben/ als Friede und Gesundheit? Das erste/ nemlich den Frieden betreffend/ so ist derselbe leider! in disem verflossenen Sechszehenhundert und Drei und Sechszigsten Jahre/ aus dem herlichen Königreiche Ungarn/ theils auch aus den angräntzenden Ländern/ und Fürstenthümern/ als Oesterreich/ Mähren und Schlesien elendiglich hinweg gejaget und vertrieben/ nachdem der gerechte GOtt/ durch unser bößhaftes und a Kolumnentitel fol. a 3r–b 6r: Zuschrifft.

b GOttes] Emendiert aus: GOtttes

1 sonders] besonders. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1585. 2 unebener] unangemessener. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 443 f. 3 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 4 durchgehends] ohne Ausnahme. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1620. 5 in Abgang gerahten] fortgefallen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 43. 6 negst] nächst, außer. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 133 f.

fol. a 3v

12

fol. a 4r

fol. a 4v

Widmungsvorrede

sündliches Leben und Wandel ist gereitzet/ ja gezwungen worden/ dem grausahmen Türckischen Bluthunde zu verhängen7/ die undankbahre Maul= und HeuchelChristen8/ mit Beraubung der schönsten Länder/ Außplünderung/ und bald darauff erfolgenden gäntzlichen Jnäscherung so vieler | herlichen öhrter/ Stätte/ Flekken9 und Dörffer/ Ermordung der besten Mannschafften/ Schändung der züchtigsten Weiber und Jungfrauen/ Hinwegführung vieler tausend Seelen in die allerelendeste Schlaverei10 und Dienstbarkeit/ und vieler anderen unmenschlichen Tyrannei erschreklich abzustraffen/ ja uns den gäntzlichen Untergang zu dräuen11,12. Nun/ der grosse GOtt vom Himmel/ der nicht allein gestreng/ eiferig13 und gerecht/ sondern auch gnädig/ gühtig und barmhertzig14 ist/ der erbarme sich doch seiner armen bedrängten Christenheit/ und steure15 diesem erschreklichem Wütterich/ er lege ihm einen Ring in die Nase/ und stürtze ihn gewaltig in die Grube/ die er dem elenden und schwachen Häuflein der Christen hat gemachet. Ja dieser grundgühtiger GOtt/ der wolle in disem bevorstehendem Neuen Jahre/ der Römischen Kaiserlichen Maiestätt/ und dero sämtlichen Reichsstände Kriegesvölkeren/ wie auch allen Anderen/ so die Waffen wider disen grausahmen und mächtigen Feind ergreiffen/ Hertz und Muht/ Kraft und Stärke/ Sieg und Uberwindung verleihen/ das dise Barbarische Völker bald mügen zu rükke getriben/ ja gäntzlich mügen aufgerieben und ausgerottet werden/ das wolle er thun üm JEsu CHristi unsers libsten Heilandes willen/ Amen. | Was nun das Andere/ nemlich die Gesundheit betrift; so haben wir abermahl grosse Uhrsache/ den frommen Gott hertzinniglich anzuruffen/ das/ demnach16 es seinem gnädigen Willen also gefällig gewesen/ in disem 1663 Jahr/ unterschiedliche öhrter/ zufoderst17 auch die weltberühmte Statt Hamburg/ mit klebenden18 Seuchen und beschwehrlichen Krankheiten heim zu suchen19/ und dadurch eine zimliche Anzahl Menschen/ fast20 schleunig aus diser Welt 7 verhängen] gestatten. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 524. 8 Maul= und HeuchelChristen] Eines Maulchristen Glaube artikuliert sich in bloßen Lippenbekenntnissen und bleibt bezüglich der christlichen Lebenspraxis folgenlos. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1800. 9 Flekken] Orte. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1741. 10 Schlaverei] Sklaverei. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1322. 11 dräuen] drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 12 Im Frühjahr 1663 zog ein osmanisches Heer unter der Führung des Großwesirs Ahmed Köprili gegen Ungarn und Mähren. Neuhäusel (in Ungarn, zwischen Preßburg und Budapest) wurde am 27.9.1663 erobert. Türkische Truppen brandschatzten Mähren und rückten bis Preßburg vor. Erst 1664 gelang es Kaiser Leopold I., die osmanische Armee bei Mogersdorf zu schlagen. Im August 1664 wurde der Frieden von Eisenburg geschlossen. Vgl. Zöllner, S. 248. Zedler 24 (1740), Sp. 174. Theatrum Europaeum, Teil 9, S. 953–958. 13 Ex 20,5 14 Vgl. Ps 145,8 15 steure] gebiete Einhalt. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 2653. 16 demnach] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 919. 17 zufoderst] besonders. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 888 f. 18 klebenden] hartnäckigen. Zu ‚kleben‘ im Sinne von ‚kleben bleiben‘ vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1045. 19 Im Sommer 1663 brach in der Hamburger Neustadt die Pest aus. Vgl. Gallois, S. 296. Eine weitere Pestepidemie folgte im Mai 1664, die bis zum Jahresende grassierte. Vgl. Adelung, Historische Beschreibung, S. 140 sowie Steltzner, Versuch 3, S. 876 f. 20 fast] sehr. Zu ‚fast‘ als verstärkendem Adverb vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1349.

25

30

35

40

45

50

Widmungsvorrede

55

60

65

70

75

80

85

13

hinweg zu reissen; Er doch in disem neuangehendem 1664 Jahre seine Hand über uns wolle leichter werden21/ und sich das Ubel gereuen lassen22/ auch unsere Seelen mit den Sündern nicht hinnraffen/ sondern uns eine reine/ gesunde Luft/ gesunde Leiber/ für alles23 aber gesunde Seelen bescheren/ Er wolle uns von dem Strikke des Jägers erretten/ mit seinen Fittigen dekken/ damit wir nicht erschrekken für dem Grauen des Nachtes24/ für den Pfeilen die des Tages fligen/ für der Seuche/ die im Mittage verderbet25/ und es endlich mit einem jedweden unter uns also schikken26 und fügen/ wie Er weis/ das es uns an Leib und Seele nütz und selig/ wir auch Uhrsache haben mügen/ seinen heiligen Namen zu loben27/ zu rühmen und zu preisen/ hier in diser kurtzen Zeit/ und/ wen diselbe vorbei/ in seiner unendlichen Ewigkeit. |

Jn ernstlicher Betrachtung dises/ wil ich/ Hoch und WolEdle/ Hoch und Wolweise/ Hoch und Wolgelahrte/ Hochgeehrte Herren/ auch wolgeneigete Freunde/ Jhnen samt und sonders/ vermittelst diser meiner unter-

dienstlichen28 Zuschrift/ in dem jetzangefangenem Neuen Jahre/ des Allerhöhesten Gnade/ Friede und Einigkeit/ den auch beständige Leibes Gesundheit/ von gantzer Seelen gewünschet/ und zu Bestättigung meines dienstfärtigen29 und treumeinenden Gemühtes/ gegenwärtige30 meine Neue und Hochheilige Passions=Andachten/ zu einem Geschenke überreichet haben/ nicht zweiflend/ das solches alles mit günstigen Augen und Händen/ werde auf und angenommen werden. Jch hette zwahr/ HochEdler Herr Burgermeister Twestrenge31/ Jhme schon längst mit einer Schriftlichen Glükwünschung gehohrsamst sollen aufwahrten/ sonderlich für einem Jahre/ da meinem grosgeneigten Herren/ die allerhöheste Würde in seinem Vatterlande/ nemlich das Burgermeisterliche Amt/ hochfeirlich ward aufgetragen und übergeben32/ habe aber dazumahl mein sonderes33 Bedenken gehabt/ solches etwan34 mit etlichen weinigen35 | Reimzeilen zu verrichten. Den/ zu deme/ das in ihrer grossen Statt/ nicht nur der Misbrauch/ sondern auch der rechte/ guhte und nützliche Gebrauch der edlen Dichtkunst/ für etlichen Jahren gäntzlich ist aufgehoben; So erinnere ich mich hiebei/ das derogleichen LobSchrifte oder Ehren=Gedichte bald hinweg geworffen/ und als eintzele Blätter/ der Vergessenheit gahr leicht und schnel aufgeopfert werden/ da im Gegentheil nützliche Bücher ewig bleiben/ und/ so lange die Welt stehet36/ mit Lust und Nutzen können gelesen werden. Dahero 21 Vgl. 1Sam 6,5 22 2Sam 24,16 23 für alles] vor allem. Nicht bei Grimm, DWb. 24 des Nachtes] Zum maskulinen Genus von ‚Nacht‘ vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 145. 25 Ps 91,3–6 26 schikken] einrichten. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2645. 27 Ps 103,1 28 unterdienstlichen] dienstwilligen, eifrigen. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1526. 29 dienstfärtigen] zu Diensten bereiten. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1124. 30 gegenwärtige] vorliegende. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2295. 31 S. o. S. 9, Anm. 1. 32 Twestreng bekleidete das Amt des Hamburger Bürgermeisters seit 1663. S. o. S. 9, Anm. 1. 33 sonderes] besonderes. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1572. 34 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 35 weinigen] wenigen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 36 Vgl. Gen 8,22

fol. a 5r

fol. a 5v

14

fol. a 6r

Widmungsvorrede

ich es für viel rahtsahmer erachtet/ vermittelst diser meiner heiligen Passions=Andachten/ meine Schuldigkeit bei meinem hochgeehrten Herren Burgermeister in etwas37 abzulegen/ zumahlen die Dedication oder Zuschrift dises Büchleins/ auch nach vielen Jahren (dafern38 gleichwol die Welt noch viele Jahre stehen sol) von meines grosgeneigten Herren Burgermeisters Aufrichtigkeit/ Christlichemc Gemühte/ beständiger Liebe zu seinem Vaterlande/ Embsigkeit in Verrichtung vieler hochwichtigen Amt=Sachen/ und mehr anderen treflichen Tugenden/ womit er sonderlich ist ausgezieret und begabet/ nicht nur bei seinen Bürgern/ sondern auch anderswoh/ ja auch in fernen und weitabgelegenen Ländern wird zeugen können. | Jch könte sie zwahr viler unterschiedlicher/ herlicher Eigenschafften/ welche in meinem grosgeneigtem Herren Burgermeister befindlich/ ohne einige39 Heuchelei gahr leicht erwähnen40/ unterlasse aber fürsetzlich41 solches zu thun/ mehrentheils42 darum/ diweil mir bewust ist/ das mein Herr Burgermeister gahr keinen Gefallen daran träget/ mir es auch von gantzem Hertzen leid sein solte/ einen solchen leutseligen43 Herren/ mit welchem ich so manches libes Jahr in verträulicher44 Kundschaft45 gestanden/ auf eine solche Ahrt zu beleidigen. Jch zweifele gahr nicht daran/ das mein hochgeneigter Herr Burgermeister/ sich noch oft wird erinnern/ wie vile liber Stunden wir ehemahlen mit einander zugebracht/ sonderlich in der Zeit/ da sein hochgelibter/ nunmehr Seliger Herr Vetter/ und mein hertzvertrauter/ sehr wehrter/ Brüderlicher Freund/ Herr Everhart Möller46/ des hohen Stifftes zu Hamburg hochansehnlicher Senior

c Christlichem] Emendiert aus: C hristlichem

37 in etwas] ein wenig. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1186. 38 dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 39 ohne einige] ganz ohne. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 208. 40 viler Eigenschafften erwähnen] Zu ‚erwähnen‘ mit Genitiv vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1041. 41 fürsetzlich] absichtlich. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 793. 42 mehrentheils] größerenteils. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1893. 43 leutseligen] freundlichen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 850. 44 verträulicher] vertrauter. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1960. 45 Kundschaft] Freundschaft. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2639 f. 46 Eberhard Möller (1606–1657), seit 1614 Domherr (canonicus) am Hamburger Dom und Senior des Domkapitels. Vgl. Beuthner, S. 260. Möller unterhielt in seiner Präbende einen Garten, in dem er zahlreiche (auch fremdländische) Gewächse anpflanzte und botanische Experimente durchführte. Vgl. Schubert, S. 52. In der an Eberhard Möller, Vincent Möller (s. u. S. 16, Anm. 68) sowie Barthold Twestreng gerichteten Widmungsvorrede zu ‚Holstein vergiß eß nicht‘ (1648) dankt Rist Eberhard Möller dafür, daß er den im Krieg verwüsteten Garten des Wedeler Pastorates „schier gahr auff daß neue hat angerichtet und bepflantzet“ (fol. A 3v). Vgl. Neubacher, S. 50. Im ‚Neüen Teütschen Parnass‘ (1652) erwähnt Rist Möller als engen Freund in je zwei Abschieds- und Ehrengedichten (S. 30. 517. 628. 679 f.). Das letztgenannte trägt die Überschrift „An seinen Herren Eberhard Möller/ Als Jhn derselbe mit vielen sehr schönen Gahrtengewächsen mildiglich beschenkte“ und dürfte im Zusammenhang mit der Wiedererrichtung von Rists Garten stehen. Anläßlich des Todes Möllers publizierte Rist ein Trauergedicht (vgl. Rist, Leidbezeügender Zipressenkrantz).

90

95

100

105

Widmungsvorrede

110

115

120

125

130

135

15

noch lebete/ bei welchem redlichen/ liben Herren/ wir fast wöchentlich pflagen47 zu sammen zu kommen/ und manche schöne und nützliche Unterredung mit einander abzulegen/ da den unter unserer Geselschaft (welche grösseren theils aus lauter hochgelehrten/ weltbelobtend und sehr klugen Leuten bestunde) eine solche Vertreuligkeit48 war/ das so oft | ich noch daran gedencke/ mich von Hertzen darüber erfreue/ zugeschweigen49/ wie auch sonst zu unterschiedlichen mahlen/ in meines hochgeehrten Herren Burgermeisters eigenen Behausung/ ich gahr höflich bin empfangen/ ansehnlich bewihrtet/ und jedes mahl seiner beständigen Freundschaft und wolgewogenheit versichert worden/ gestalt50 ich den solche Guhthertzigkeit und Wolthaten/ die gantze Zeit meines Lebens zu rühmen/ nicht unterlassen werde. Jn Ermanglung aber einer schüldigsten Vergeltung/ wil meinem hochgeehrten Herren Burgermeister ich dises/ zwahr dem Ansehen nach schlechtes51/ so viel aber den Jnhalt betrift/ hochgültiges52 Büchlein unterdienstlich53 dargebohten/ und ihme/ durch dasselbe zu seinem hohen Amte/ des Allerhöhesten GOttes reichen Segen/ fernere Weißheit und Verstand/ gesunden Leib und langes Lebene/ aus dem innersten Grunde meines Hertzen gewünschet/ auch mich samt den liben meinigen/ seiner weiteren/ beharlichen Gunst und Wolgewogenheit/ bester und fleissigster mahssen anbefohlen haben. Das ich nun ferner auch ihme/ WolEdler und Hochgelehrter Herr Doctor PLOCI54, gegenwärtige55/ meine Heilige Passions=Andachten zueigne/ solches (weis ich gewisse) er sich gantz und gahr nicht wird befremden lassen: | Jch habe/ dises zu thun/ viele Uhrsachen/ die meinem hochgeehrten Herren Bruder selber zum theil wol wissend56/ und/ wen ich sonst keine andere hette/ würde doch dise eintzige genug sein/ das nemlich mein hochwehrter Herr Bruder/ ein sehr grosser Libhaber meiner Schriften/ sonderlich der Himlischen und Geistlichen jederzeit gewesen/ wie ich den selber mit Verwunderung oft angehöret/ das er unterschiedliche Sätze oder Strophen/ ja wol gantze Blätter davon/ außwendig hat gewust zu erzehlen/ und zwahr dasselbe mit einer solchen Lust/ daß man gnugsahm57 daraus spühren können/ das/ gleich wie er ein grundgelehrter Jurist/ dafür er von allen verständigen und geschikten Leuten wird gehalten; Also auch ein rechtgeschaffener58 guhter Christ sei/ der sich seine Seligkeit d weltbelobten] Emendiert aus: wel tbelobten e Leben] Emendiert aus: Lebe n

47 pflagen] pflegten. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1736. 48 Vertreuligkeit] vertrauensvoller Umgang. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1964. 49 zugeschweigen] ganz zu schweigen davon. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 419. 50 gestalt] wie. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4183. 51 schlechtes] einfaches. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 52 hochgültiges] sehr wertvolles. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 1087. 53 unterdienstlich] dienstwillig, eifrig. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1526. 54 S. o. S. 9, Anm. 3. 55 gegenwärtige] vorliegende. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2295. 56 wissend] bekannt. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 772. 57 gnugsahm] genügend. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3515. 58 rechtgeschaffener] rechtschaffener. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 417.

fol. a 6v

fol. a 7r

16

fol. a 7v

Widmungsvorrede

einen Ernst sein lässet59/ mahssen60 solches die fleissige Anhöhrung Göttliches Wohrtes/ nebenst dem ernstlichen Gebehte61/ welches er ohn Unterlaß62 treibet/ und anderen seinen hochrühmlichen/ Gott wolgefälligen Ubungen sattsahm erweisen. Hiezu komt auch unsere von vilen Jahren hero63/ treulichst gehegte und gepflogene64 Freundschaft/ welche niemahlen65 einigen66 Anstoß erlitten/ sondern jederzeit aufrichtig ist fohrtgepflantzet und erhalten worden/ wie ich den sein redliches Gemühte und beständige Gewogenheit | vielfältig gespühret/ auch noch diesen erstvergangenen67 Sommer (da wir bei unserem beiderseits hochwehrtem und mächtigen Gönner/ dem HochEdelgebohrnem Herren/ Herren Vincent Möller68/ Königlichem Schwedischen Raht und Residenten im NiederSächsischen Kraise/ Herren auf Adlersburg/ Möllerberg und Nesshof/ einem hochbegabtem Herren/ ja einem solchen Mann/ an welchem auch der bleiche Neid69 selber schwehrlich etwas wird finden/ das er mit guhtem Fuge und der Wahrheit tadlen könne/ etliche mahl bei einander gewesen) gedachten70 beständigen Freundschaft unterschiedliche/ schähtzbare71 Proben72 gesehen/ in deme mein hochwehrter Herr Bruder nicht allein meine eigen/ sondern auch meiner Kinder Wolfahrt/ sich ernstlich hat angelegen seyn lassen/ also/ daß er derselben/ sonderlich meines ältisten Sohns73 Befoderung74 sich treulichst angenommen/ und hochgedachten75 Herren Residenten/ in seiner sehr guhten Meinung jederzeit gestärcket/ zumahlen mein Herr Bruder aus Christlichem Hertzen jederzeit wünschet/ das/ gleich wie er an seinem wolgerahtenem hochgelehrten Herren Sohn76/ grosse Ehre und Freude hat erlebet;

59 sich einen Ernst sein lässet] ernst nimmt. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 238 f. 60 mahssen] wie denn. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1737. 61 Jak 5,16 62 1Thess 5,17 63 von vilen Jahren hero] viele Jahre lang. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1121. 64 gepflogene] gepflegte. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1736. 65 niemahlen] niemals. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 823. 66 einigen] einen einzigen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 207. 67 erstvergangenen] vergangenen, letzten. Nicht bei Grimm, DWb. Zu ‚erst‘ im Sinne von ‚eben erst‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 993. 68 Vincent Möller (1615–1668), seit 1632 Studium der Rechte in Leiden und Groningen. Nach längeren Auslandsaufenthalten wurde er 1639 in Basel zum Lizentiaten der Rechte promoviert (vgl. Mommsen, Nr. 1448). 1640 Geheimrat des Grafen von Ostfriesland, 1645 Geheimrat des Herzogs von Holstein, 1646 Geheimrat in schwedischen Diensten, seit 1648 Gesandter Schwedens in Niedersachsen. Vgl. Moller, Cimbria literata 1, S. 436 sowie DBA I,855,196 f. 69 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 3, Sp. 991. 70 gedachten] (bereits) erwähnten. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1926. 71 schähtzbare] kostbare. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2279. 72 Proben] Beweise. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2143. 73 meines ältisten Sohns] Gemeint ist Rists ältester (damals noch lebender) Sohn Johann Ernst Rist (gest. 1696), der 1652 in Rostock (Matrikel Rostock, S. 172a) sowie seit 1653 am Hamburger Akademischen Gymnasium (Matrikel Hamburg, S. 39) studierte und später schwedischer Amtmann in Bremervörde war. Reichelt, S. 250. DBA I,1041,170. Rists erstgeborener Sohn Franz Gottfried ist im Kindesalter gestorben. Vgl. Johann Hudemanns Leichenpredigt auf Rist, S. 244. 74 Befoderung] Förderung. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1268. 75 hochgedachten] schon rühmlich erwähnten. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1616. 76 Herren Sohn] Johann Plocius (1633–1690), seit 1650 Studium am Hamburger Akademischen Gymnasium (Matrikel Hamburg, S. 37), seit 1654 Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg (Matrikel Heidelberg, S. 320), 1658 Promotion zum Lizen-

140

145

150

155

160

Widmungsvorrede

165

170

175

180

185

17

Jch ebenmässig77 an dem Meinigen noch endlich das sehen müge/ wodurch ich in meinem Alter/ nach so vielem ausgestandenem Unglük und | Wiederwärtigkeiten/ kräftig könne erquikket/ gestärket und ergetzet werden. Der grosse GOtt vom Himmel lasse meinen hochgelibten Herren Bruder solcher seiner Glükseligkeit in guhtem Friede und beständiger Gesundheit/ noch viele Jahre geniessen78/ und ihn immer mehr und mehr Freude/ Lust und Ergetzligkeit an den Seinigen erleben. Meinem hochgeehrten Herren Langebeken79 aber/ als einem nunmehr alten und hochverdientem Rahtsverwandten80/ bei der in aller Welt berühmten und hochlöblichen Statt Hamburg/ habe ich dise meine heilige Passions= Andachten auch darum zuschreiben wollen/ diweil ich seine zu mir tragende81 Gewogenheit/ für länger/ als dreissig Jahren schon/ mehr den einmahl/ würklich habe verspühret/ den (wie mein hochgeneigter Herr sich annoch82 sehr wol wird zu bescheiden wissen83) ich schon dazumal/ wie ich noch im Studenten= Stande gelebet/ mitf ihm in vertrauliche Kundschafft84 gerahten/ da wir den mehrmahlen85 recht libreich mit einander ümgegangen/ und mancher guhten Stunde/ sonderlich in Dithmarschen (woselbst ich mich der Zeit aufhielte86/ wie meinem Herren bewust) haben genossen87/ wie ich den auch nach der Zeit glaubwürdig bin berichtet worden88/ das mein hochgeehrter | Herr/ meine abwesende weinige89 Person jederzeit gegen alle meine misgünstige und neidische Verläumder hertzhaft habe verthädiget90/ wobei man den ein aufrichtiges Gemühte zum besten kan erkennen/ wie solche und mehr andere Tugenden/ die er in seinem fürnehmen Ehrenstande/ bei seiner Richterlichen und anderen Bedienungen91/ klährlich genug hat blikken lassen/ von grossen und kleinen/ in ihrer schönen Stattg höchlich92 werden gepriesen/ ihme auch deswegen alles libes

f mit] Emendiert aus: mir g Statt] Emendiert aus: Stattt

tiaten der Rechte ebd. DBA I,965,427 f. 77 ebenmässig] in gleicher Weise. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 15. 78 seiner Glükseligkeit geniessen] seine Glückseligkeit genießen. Zu ‚genießen‘ mit Genitiv der Sache vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3466. 79 S. o. S. 9, Anm. 4. 80 Rahtsverwandten] Ratsherrn. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 203. 81 zu mir tragende] mir geltende. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1095. 82 annoch] immer noch. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 418. 83 sich wird zu bescheiden wissen] zuzugeben bereit sein wird. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1555. 84 Kundschafft] Freundschaft. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2639 f. 85 mehrmahlen] mehrfach. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1897. 86 Rist war von 1633 an bis zu seiner Berufung als Pastor nach Wedel (1635) Hauslehrer in den Diensten Heinrich Sagers in Heide (Dithmarschen). Vgl. Reichelt, S. 251. Hiervon schweigt Johann Hudemanns Leichenpredigt auf Rist. 87 mancher guhten Stunde genossen] Zu ‚genießen‘ mit Genitivobjekt vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3466. 88 ich bin berichtet worden] mir berichtet worden ist. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1523. 89 weinige] geringe. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 5. 90 verthädiget] verteidigt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1875. 91 Bedienungen] Ämtern. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1232. 92 höchlich] sehr. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1624.

fol. b 1r

fol. b 1v

18

fol. b 2r

Widmungsvorrede

und guhtes wird nachgewünschet93; GOtt wolle ihn bei völligen Kräften Leibes undh Gemühtes noch lange erhalten/ und an seinen wolgeahrteten Kindern und Kindeskinderen/ alle selbsterwünschete Freude erleben/ und meinen hochgeehrten Herren endlich selig/ jedoch spähte aus diser Welt abscheiden lassen. Nun komme ich auch zu ihm/ mein hochgeehrter H. Peter Röver94/ dessen Christliches/ teutsches95 und aufrichtiges Gemühte/ ich so lange höchlich96 gelibet und gelobet/ so lange ich die Ehre gehabt/ dasselbe zu kennen. Solches ist nun nicht etwa gestern erstlich/ oder vorgestern/ sondern schon für vielen Jahren geschehen/ da wir manchen liben Tag/ sonderlich bei lebezeiten/ unsers in GOtt selig ruhenden Herren Everhart Möllers97/ des guhthertzigeni liben Se= | niorn/ in Geselschaft unterschiedlicher/ fürnehmer Personen/ als des wolgedachten98 Schwedischen Herren Rahts und Residenten/ Herren Möllers99/ des weiland HochEdlen Herren Kantzlers Schaffshausen100/ des Herren Burgermeisters Twestrengen101/ Herren Doctoris Reisern102/ nunmehr auch schon seligen/ Herren Doctoris Plocii103, und anderer mehr führnehmer Herren und wehrten Freunde/ in anmuhtigen und nützlichen Reden mit ihnen allerseits zugebracht/ wie wir den dazumahl gleichsahm eine güldene Zeit hatten/ da wir nunmehr in einer eisernen leben104/ und besorglich noch elendere erwarten

h und] Emendiert aus: nnd i guhthertzigen] Emendiert aus: guththertzigen

93 nachgewünschet] gewünscht. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb. 94 S. o. S. 9, Anm. 6. 95 teutsches] edles. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1045. 96 höchlich] sehr. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1624. 97 S. o. S. 14, Anm. 46. 98 wolgedachten] zuvor erwähnten. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1123. 99 S. o. S. 16, Anm. 68. 100 Nicolaus Schaffshausen (1599–1657), seit 1616 Studium am Hamburger Akademischen Gymnasium (Matrikel Hamburg, S. 7), später in Wittenberg (nicht in Matrikel), wurde ebd. 1623 nach einer unter dem Vorsitz von Jeremias Reusner abgehaltenen Disputation über Wechsel und Wechselbriefe zum Doktor der Rechte promoviert, beteiligte sich am akademischen Lehrbetrieb in Wittenberg, praktizierte sodann in Hamburg und wurde von Fürst Julius Heinrich von Sachsen-Lauenburg als Geheimer Rat nach Lauenburg berufen. Später wurden ihm die Ämter des Hofkanzlers und des Präsidenten von Lauenburg übertragen. Schaffshausens Nobilitierung erfolgte 1650. Seine letzte Lebensphase verbrachte er in Hamburg, wo er auch starb. Zedler 34 (1742), Sp. 804 f. 101 S. o. S. 18, Anm. 100. 102 Michael Reiser (1601–1657), seit 1617 Studium in Rostock (Matrikel Rostock, S. 26a) sowie an weiteren Universitäten, Promotion zum Doktor der Rechte (Ort unbekannt), dann Rechtsanwalt in Hamburg. Reiser gehört zu den Widmungsempfängern von Rists ‚Poetischem Lust=Garte‘ (1638). Vgl. Johann Placius / Vincentius Placius, Lacrymae In Funere Michaelis Reiseri (1657) sowie Lessus In Obitum Michaelis Reiseri (1657). 103 S. o. S. 9, Anm. 3. 104 Die Rede von einem glücklichen, goldenen Zeitalter, auf das eine silberne, eine eherne und schließlich eine eiserne, mithin kriegerische Epoche folgt, war in der Antike weit verbreitet und begegnet u.a. bei Hesiod und bei Ovidius, Metamorphosen, lib. 1, 89 f. 113–115. 125–127: „Aurea prima sata est aetas, quae vindice nullo | sponte sua, sine lege fidem rectumque colebat. | Postquam Saturno tenebrosa in Tartara misso | sub Iove mundus erat, subiit argentea proles, | auro deterior, fulvo pretiosior aere. | Tertia post illam successit aënea proles, | saevior ingeniis et ad horrida promptior arma, | non scelerata tamen. de duro est ultima ferro.“ Vgl. Heckel.

190

195

200

Widmungsvorrede 205

210

215

220

225

19

müssen. Jch wil hier nicht einmahl gedenken/ wie mein hochgeehrter Herr Röver105/ mich so vielmahls in seinem eignen Hause staatlich106 bewihrtet/ wie

er auch meinen ältisten Sohn107 in besagter seiner Behausung/ nebenst seinem eignen Herren Sohn108 von einem Gottesfürchtigen/ gelehrten und fleissigem Praeceptore, nunmehr schon seligen/ hat unterweisen lassen/ auch sonst gedachtem109 meinem Sohn/ alle Libe/ Gunst und Freundschaft erwiesen/ gestalt110 er den solches biß auf gegenwärtige Stunde nicht gnugsahm111 weiß zu rühmen/ und hertzlich wünschet/ das er es dermahleins112 mit geziemenden Danck gegen meinem hochgeehrten Herren erwiedern könte. | Jch gehe auch zu disem mahle mit fleiß113 vorbei114/ wie mein groswehrter115 Herr und Freund/ von der sämtlichen löblichen Bürgerschaft ihrer schönen Statt/ wegen seiner Treu/ Fleisses und Vorsichtigkeit wird geehret/ geliebet und gelobet/ das ich dannenhero116 schon länger als für vierzehn Jahren/ da mein hochgeehrter Herr zum Rahtsherren ward erkohren117/ nicht unbillig118 sein Lob119 in folgenden Reimen habe besungen:

Jhr mein Herr Röver seid mit nicht gemeinen120 Gaben Vom Himmel selbst geziert/ den diser wolt’ euch haben Jn solchem hohen Stand/ als nur der Tugend Kraft Zu liben euch erwekt die gantze Bürgerschaft121/ Und wie sonst die Wohrte/ welche in meinem Teutschen Parnass befindlich/ ferner lauten. Jch wil aber meinen hochgeehrten Herren mit einer weitläuffti-

105 S. o. S. 9, Anm. 6. 106 staatlich] stattlich, vortrefflich. In dieser Schreibung nicht bei Grimm, DWb 17, Sp. 1038. 107 S. o. S. 16, Anm. 73. 108 eignen Herren Sohn] Peter Röver III. (gest. 1710), Sohn Peter Rövers II. (zu ihm s. o. S. 9, Anm. 6), studierte Rechtswissenschaften, war seit 1679 Hamburger Ratsherr, seit 1685 auch Richter. Röver wurde 1698 suspendiert, nachdem gegen ihn der Vorwurf erhoben worden war, seinen forstwirtschaftlichen Aufsichtspflichten nicht nachgekommen zu sein (vgl. Gallois, S. 727 f.), wogegen sich der Beklagte öffentlich verwahrte (vgl. Röver, Warhaffte Erzehlung [1699]), aber erst 1709 restituiert wurde. Adelung, Succession, S. 54. Beuthner, S. 306. Zedler 32 (1742), Sp. 485. Chronologisches Verzeichnis, S. 44. 109 sonst gedachtem] bereits erwähntem. Zu ‚sonst‘ vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1745. Zu ‚gedachtem‘ vgl. DWb 4, Sp. 1926. 110 gestalt] wie. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4183. 111 gnugsahm] genügend. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3515. 112 dermahleins] dereinst, künftig. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1018. 113 mit fleiß] absichtlich. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1765. 114 gehe vorbei] übergehe, lasse unerwähnt. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 873. 115 groswehrter] sehr werter. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 500. 116 dannenhero] deshalb. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 748. 117 Peter Röver II. war seit 1649 Hamburger Ratsherr. S. o. S. 9, Anm. 6. 118 unbillig] ohne Grund. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 393. 119 In seinem ‚Neüen Teütschen Parnass‘ (1652), S. 55–67 findet sich ein Gratulationsgedicht, das Rist aus Anlaß der Wahl von vier Hamburger Ratsherren, zu denen auch Peter Röver II. und Barthold Twestreng gehörten, abgefaßt hat. Die Wahl hatte am 21.2.1649 stattgefunden. 120 gemeinen] gewöhnlichen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3169. 121 Vgl. Rist, Neüer Teütscher Parnass (1652), S. 67: „Jhr mein Herr Röver seid mit nicht gemeinen Gaben | Vom Himmel selbst geziert/ den diser wolt Eüch haben | Zu disem hohen Stand’/ in dem der TugendKraft | Zu lieben Eüch erwekt die gantze Bürgerschaft.“

fol. b 2v

20

fol. b 3r

fol. b 3v

Widmungsvorrede

gern122 Zuschrift nicht beunruhigen/ bitte nur dises eintzige/ das er bei Empfahung123 gegenwärtiger124 Heiliger Andachten/ seines Ristens/ als eines alten Freundes zu gedenken/ und dises Büchlein/ als einen theuren Seelenschatz/ zum fleissigsten sich wolte anbefohlen sein lassen. | Nun solte ich auch Jhme/ mein hochgeehrter Herr Licentiat Sylm125/ billig126 Rechenschaft meines Unternehmens geben/ welches mich hat angereitzet/ gegenwärtige127 meine heilige Passions=Andachten unter seinem wolberühmtem Namen heraus kommen zulassen. Diweil mir aber gnugsahm128 bewust/ das ihm mit grosser Weitläuffigkeit gahr nichtes gedienet; So wil ich ihme dises Büchlein liber mit weinigen129 und füglichen/ als mit vilen und ungeschikten Wohrten übergeben. Jch könte zwahr unterschiedliche/ antreibende Uhrsachen/ jennes werkstellig zu machen130/ alhier anführen/ als/ das mein hochgeehrter Herr aus einem fürnehmen/ berühmten Geschlecht entsprossen/ in seiner Jugend wol erzogen/ seine Zeit und Jahre/ nicht nur zu Hause/ sondern auch in weitabgelegenen Landen/ hochnützlich angeleget/ seine Sachen aus dem Grunde131 studiret/ eines hochgeachteten/ wolverdienten Rahtsherren/ als des vorwolerwähneten132 Herren Langebeken133 würdiger SchwiegerSohn geworden134/ ja selber in disen hohen und fürnehmen Stand ist erhaben; Jch wil aber dises alles/ denj wolgeübeten Rednern überlassen/ zumahlen es eine grosse Tohrheit were/ das ich eine solche Person durch meine Feder wolte erheben und loben/ die so wol von der Obrigkeit/ alß von den | Unterthanen dises ohnpassionirtes135 Zeugnisse hat/ das sie eine Zierde ihrer weitberühmten Statt/ das sie mit Gottesfurcht/ Klugheit/ Höfligkeit/ Beredsahmkeit und anderen schönen Tugenden reichlich begabet/ und ein solcher Rahtsherr sei/ der seinem Vaterlande bißhero hochnützliche Dienste erwiesen/ auch noch ferner zu seinem unsterblichen Ruhm bezeigen136/ ja dadurch noch höher steigen werde/ welches/ das es ungezweiffelt137 geschehen müge/ ich von Hertzen wünsche/

j den] Emendiert aus: dem

122 weitläufftigern] umfangreicheren. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1303. 123 Empfahung] Empfang. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 421. 124 gegenwärtiger] vorliegender. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2295. 125 S. o. S. 10, Anm. 7. 126 billig] zu Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 127 gegenwärtige] vorliegende. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2295. 128 gnugsahm] genügend. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3515. 129 weinigen] wenigen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 130 werkstellig zu machen] ins Werk zu setzen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 404. 131 aus dem Grunde] gründlich. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 719. 132 vorwolerwähneten] zuvor bereits erwähnten. Nicht bei Grimm, DWb. Zu ‚wohlerwähnten‘ vgl. DWb 30, Sp. 1110. 133 S. o. S. 9, Anm. 4. 134 Jacob Sillem war seit dem 14.9.1646 mit Anna Margaretha Langenbeck, einer Tochter des Hamburger Ratsherren Hermann Langenbeck, verheiratet. Vgl. Plöhn, S. 60. 135 ohnpassionirtes] leidenschaftslose. Zu ‚passionieren‘ vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1490. Zu ‚ohn‘ als Präfix vgl. DWb 13, Sp. 1201. 136 bezeigen] erweisen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1796. 137 ungezweiffelt] gewiß. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 954.

230

235

240

245

250

Widmungsvorrede

255

260

265

270

275

21

und danebenst dienstfreundlich138 bitte/ dise papirne Gabe anders nicht/ als ein Band anzusehen und aufzunehmen/ das vermüglich139 genug ist/ Gott= und Kunstlibende Hertzen auf ewig zu verbinden. Disem nach wird mein hochgeneigter Herr Licentiat von Kampen140/ auch mit gebührender Ehrerbiehtung ersuchet und gebehten/ dise meine heilige Passions=Andachten/ (welches Buch vileicht das allerletste meiner geistlichen Arbeit sein möchte) mit eben derselben Gunst anzunehmen/ womit er meinen geringschätzigen141 Schrifften jederzeit ist beigethan142 gewesen. Mir ist ja wol wissend143/ das er fast alle meine heraus gegebene Bücher gewürdiget hat/ seinem schönen und ansehnlichen Bücherschatze inzuverleiben144/ und sich derer/ wen er von seinen schwehren und vielfältigen Amtsgeschäfften/ (die | er mit grosser Treu und rühmlichen Fleisse bedienet) nur ein weinig145 kan abbrechen146/ zu bedienen oder zu gebrauchen. Zweifele derowegen gahr nicht/ das/ gleich wie er meine vorige Schriften jederzeit in sonderm147 Wehrt gehalten; Also er auch disen hochheiligen Andachten ein kleines Räumlein in seinem Bücher=Schrein gönnen k/ und das üm so viel mehr/ diweil es unter seinem und anderer treflichen Leute hochberühmten Namen ist heraus gegeben worden. Jm übrigen/ halte ich mich seiner beständigen Gunst gäntzlich versichert148/ wie ich den die gantze Zeit über/ welche/ ihn zu kennen/ ich die Ehre und das Glük gehabt/ nicht anders verspühret/ als das er mir von Hertzen alles guhtes gegönnet/ gestalt149 er den solche seine Gewogenheit noch für weinig150 Wochen/ als er mir die Freundschaft erwiesen/ nebenst mehr hochgedachtem151 Königlichem Raht und Residenten/ dem nie genug belobten H. Möller152/ bei

k ] Emendierend ergänzt

138 dienstfreundlich] zu Diensten bereit. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1125. 139 vermüglich] kräftig. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 893. 140 S. o. S. 10, Anm. 8. 141 geringschätzigen] unbedeutenden. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3706. 142 beigethan] zugeneigt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1373. 143 wissend] bekannt. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 772. 144 Über Eberhard vom Kampes Buchsammlung gibt ein Versteigerungskatalog Auskunft (vgl. Bibliotheca Eberhardi Vom Kampe). Die Auktion fand im September 1723 statt. Im Katalog sind zehn Werke Rists verzeichnet, nämlich: das ‚Neue Musikalische Seelenparadis‘ (1660, wohl nur Teil 1), die ‚Himlischen Lieder‘ (3. Auflage 1652), die ‚Neüen Musikalischen Fest=Andachten‘ (1655), die ‚Neüen Musikalischen Katechismus Andachten‘ (1656), ‚Frommer und Gottseliger Christen Alltägliche HAußmusik‘ (1654), die ‚Neüe Musikalische Kreutz= Trost= Lob= und DankSchuhle‘ (1659) (S. 220), die ‚Sabbahtische Seelenlust‘ (1651), die ‚Neüen Himlischen Lieder‘ (1651) und die in vorliegendem Band edierten ‚Paßions=Andachten‘ (1664) (S. 223) sowie die deutsch-lateinische Ausgabe derselben (1655) (S. 284). 145 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 146 kan abbrechen] Zeit erübrigen kann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 15 f. 147 sonderm] besonderem. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1572. 148 halte ich mich seiner Gunst versichert] bin ich seiner Gunst gewiß. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1307. 149 gestalt] wie. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4183. 150 weinig] wenigen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 151 hochgedachtem] schon rühmlich erwähnten. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1616. 152 S. o. S. 16, Anm. 68.

fol. b 4r

22

fol. b 4v

fol. b 5r

Widmungsvorrede

mir alhier inzutreten/ und/ wie für disem153 oft unter uns geschehen/ ein schlechtes154 Freundes Trünklein mit mir zu thun/ mit gahr libreichen Wohrten hat bezeuget/ gestalt155 den/ die ihme gleichsahm angebohrne Leutseligkeit156/ ihn bei jedermänniglich157 angenehm und belibet machet/ dahero ich gahr nicht wil zweiflen/ das dises mein ihme wolmeinentlich158 zugeeignetes Buch derselben ebenmässig159 und zu voller Genü= | ge/ meinem eintzigen Wunsch nach/ endlich geniessen160 werde. Schließlich habe ich nicht unterlassen wollen noch sollen/ meinem hoch und vielgeehrten Herren Licentiaten Rotenburg161/ dise meine neue geistliche Andachten zuzuschreiben/ wie den vielbesagtes162 mein Buch sich wol darüber mag erfreuen/ das eines solchen Gottesfürchtigen Herren Name/ nebenst anderen dafür stehet/ welches disem Büchlein einen nicht schlechten163 Ruhm/ bei vielen Gott= und Tugendlibenden wird veruhrsachen. Es weis ja die gantze hochlöbliche Stadt Hamburg/ welcher gestalt mein hochwehrterl Herr Licentiat/ auf disem güldenen Grunde der wahren Gottseligkeit/ alles sein Tuhn und Lassen hat befestiget/ dannenhero164 er sein schwehres und fürnehmes Amt/ so viele Jahre/ vernünftig/ bescheiden/ treulich/ fleissig und aufrichtig hat geführet/ also/ das er ohne eintzige Schmeichelei/ ein gahr wolverdienter Herr/ unter den Vätern des Vaterlandes165 mag gerühmet werden/ wobei den mein grosgeehrter Herr auch also geehret ist/ das er das bekante Symbolum oder den Wahlspruch/ jennes/ fast in aller Welt hochbelobten/ und überaus gelehrten Mannes des JUSTUS LIPSIUS166, wol mag führen/ welches Symbolum heisset: | MORIBUS ANTIQUIS167. Jn Betrachtung168 einem jetweden/ der meinen hochgel hochwehrter] Emendiert aus: hochwehter

153 für disem] vordem, früher. Nicht bei Grimm, DWb. 154 schlechtes] einfaches. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 155 gestalt] wie. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4183. 156 Leutseligkeit] Freundlichkeit. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 851. 157 jedermänniglich] jedermann. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2292. 158 wolmeinentlich] wohlmeinend, in guter Absicht. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1170. 159 ebenmässig] gleichermaßen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 15. 160 derselben geniessen] dieselbe (scil. die Leutseligkeit Möllers) genießen. Zu ‚genießen‘ mit Genitiv der Sache vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3466. 161 S. o. S. 10, Anm. 9. 162 vielbesagtes] oft erwähntes. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 162. 163 schlechten] geringen. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523 f. 164 dannenhero] deshalb. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 748. 165 Vätern des Vaterlandes] Der Titel ‚pater patriae‘ war ursprünglich eine Ehrenbezeichnung, die den römischen Kaisern bei ihrer Erhebung verliehen wurde. Vgl. Strothmann. 166 Justus Lipsius (1547–1606), seit 1559 Besuch des Jesuitengymnasiums in Köln, seit 1563 Studium der Rechtswissenschaften und der Humaniora in Löwen, 1568–1570 Sekretär des Kardinals Granvella in Rom, 1570 Rückkehr nach Löwen, 1572/73 Professor für Geschichte und Rhetorik in Jena und Konversion vom römisch-katholischen zum lutherischen Bekenntnis, seit 1574 erneut in Köln, 1576/77 Professor in Löwen und Rekonversion zum Katholizismus, 1578–1592 Professor für Geschichte und Jurisprudenz in Leiden, seit 1592 Professor für Latein und Alte Geschichte in Löwen. Vgl. Dollinger, Halm sowie Jaumann, S. 412–414. 167 Dieses ‚Symbolum‘ findet sich auf zahlreichen Lipsius-Porträts, z.B. als Inschrift unterhalb des von Jodocus Egidius Krauß geschaffenen Porträtkupferstichs (Deutsches Buch- und Schriftmuseum

280

285

290

295

Widmungsvorrede

300

305

310

315

320

325

23

libten Herren kennet/ genugsahm169 wissend170 ist/ das mein Herr Licentiat nach Ahrt und Weise der alten Teutschen/ auch selber teutsch171/ aufrichtig und redlich ist/ nicht nur in seinen Wohrten/ Reden und Gebehrden; Sondern auch von Hertzen und Gemühte/ der mit der heutigen Atheisten und Statisten172 heuchelerischem/ politischem Wesen und Wandel durchaus keine Gemeinschaft zu haben begehret/ fürwahr eine Tugend/ welche/ wan sie unter den Christen gemein173 sein solte/ unser elendes falsches Christenthum bald ümme tauffen174 und in einen besseren Stand setzen würde/ den solche Aufrichtigkeit des Hertzens veruhrsachet/ das man GOtt allein/ und nicht die Welt liebet und fürchtet175/ und dahero sich befleissiget/ immer mehr und mehr ein guhtes Gewissen zu behalten. Solche Leute nun liben den Gekreutzigten JEsum von Hertzen/ weswegen ich auch besondere Lust und Anreitzung dazu gehabt/ denselben unseren getreusten Heiland/ meinem hochgeehrten Herren Rotenburg176/ in disen meinen Musikalischen Andachten fürzustellen177/ nicht zweiflend/ das ein solches Bild ihme von Grund seiner Seelen lib und angenehm sein werde. Hiebei solte ich noch einer gewissen/ von | meinem libwehrten Herren/ durch Befoderung178 einer hohen Staatsperson/ mir absonderlich179 erwiesenen/ nicht schlechten und beharlichen Freundschaft gedenken/ diweil aber selbige nur dem itzhochgedachtem180 Herren/ den auch meinem Herren Licentiaten/ schlißlich auch mir zum allerbesten bekant; so bedanke ich mich deswegen liber stilschweigend/ einer besseren Gelegenheit erwahrtend/ solches mit mehreren Wohrten/ oder (welches wol das allerbeste) dermahleinst181 würklich zu verrichten. Damit aber dise meine Ubergebung182 oder Dedication, die Grentzen einer ordentlichen Zuschrift nicht überschreite/ so wil ich hiemit beschliessen/ und meine Hoch und WolEdle/ Hoch und Wolweise/ Hoch und Wolgelehrte Herren/ samt und sonders/ nebenst allen ihren hohen und fürnehmen Angehörigenm/ der gnädigen Beschirmung unseres HErren und Heilandes Jesu Christi/ m Angehörigen] Emendiert aus: Angehörigrn Leipzig, Porträtsammlung der Börsenvereinsbibliothek, ig19042). Vgl. hierzu Enenkel, S. 597. Der Wahlspruch geht zurück auf Quintus Ennius, Annales, lib. 5, 156: „Moribus antiquis res stat Romana uirisque.“ 168 Jn Betrachtung] angesichts der Tatsache, daß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1707 f. 169 genugsahm] genügend. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3515. 170 wissend] bekannt. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 772. 171 teutsch] edel. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1045. 172 Statisten] Politiker. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 949. 173 gemein] allgemein verbreitet. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3170. 174 ümme tauffen] erneut taufen. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 1211 f. 175 Die Wendung ‚Gott fürchten und lieben‘ durchzieht Luthers Auslegung der Zehn Gebote im Kleinen Katechismus. Vgl. BSLK, S. 507–510. 176 S. o. S. 10, Anm. 9. 177 fürzustellen] vor Augen zu stellen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 855. 178 Befoderung] Gunst. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1268. 179 absonderlich] insbesondere. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 121. 180 itzhochgedachtem] eben rühmlich erwähnten. Nicht bei Grimm, DWb. Zu ‚hochgedacht‘ vgl. DWb 10, Sp. 1616. 181 dermahleinst] dereinst, künftig. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1018. 182 Ubergebung] Widmung. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb.

fol. b 5v

24

fol. b 6r

Widmungsvorrede

von Hertzen empfehlen/ derselbe wolle sie an Leib und Seele segnen/ stärken und erhalten/ auch ihnen ein fröliches/ friedliches/ gesundes undn angenehmes Neues Jahr/ und eben derogleichen/ noch viele folgende reichlich verleihen/ damit sie noch ferner GOtt dienen/ dem Nehesten guhtes erweiseno/ in aller Noht und Gefahr sich des Gekreutzigten HErrn JEsu/ | durch ein sicheres Vertrauen getrösten/ und nach vollenbrachten183/ müheseligem Lebenslauffe/ der ewigen Freude/ Ehren und Herligkeit theilhaft werden mügen/ wie den aus dem innersten Grunde seiner Seelen solches alles wünschet und bittet

Euer Hoch= und WolEdlen/ Hoch= und Wolweisen/ Hoch und Wolgelehrten Magnificentz/ Gunsten und Herligkeiten Geschriben zu Wedel an der Elbe/ am Tage des heiligen Apostels Tho= mas/ war der 21 des Christmonats184 im 1663 Jahre.

330

335

340

Gantz Ergebener/ gehohrsamster Diener/ und getreuster Vor= bitter bei GOtt

Johannes Rist. |

n und] Emendiert aus: uud o erweisen] Emendiert aus: eweisen

183 vollenbrachten] vollbrachten. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602. bers. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 626.

184 Christmonats] Dezem-

345

Nützlicher und Nohtwendiger

fol. b 6va

Vorbericht/ Jn welchem außführlich wird ge= handelt/ woher es doch eigentlich komme/ das heut zu Tage ein so gahr elendes/ falsches und heuchlerisches Christenthum bei den Menschen Kinderen werde gefunden/ und/ durch was für Mittel dasselbe in etwas1 widrum verbessert/ zu rechte gebracht/ und der Gekreutzigter HErr Je= sus/ durch die Kraft eines wahren/ seligmachenden Glaubens/ von allen denjenigen/ die sich Christen nen= nen/ fruchtbahrlich könne ergriffen/ und biß an ihr seliges Ende standhaft erhalten und bewahret werden.

J

hr Andächtige Passions=Hertzen/ und des Gekreutzigten HErren JEsu getreuste Libhabere/ meine in GOtt hochwehrte/ vilgelibte Brüder und Schwestern/ Euch kan nicht unbekant sein das jenige/ was zur Zeit 5

10

des Jsraelitischen Volkes/ unter der Regirung ihrer Führer/ Moses und Aarons/ mit Erbauung und Aufrichtung der Hütten des Stifftes/ in der Wühsten ist vorgangen und sich hat begeben/ wie uns den im 35 Kapittel des andern2 Buches Mose außführlich wird beschriben3/ mit was grossem Fleisse und sonderbahrem4 Ei= | fer/ alles Volk habe herzu gebracht und gantz willig gegeben5/ alles das jenige/ was zu Verfärtigung dises Heiligthumes von nöhten gewesen. Der viel hatte/ gab viel/ der weinig6 hatte/ gab weinig. Wer ein Besitzer war von theuren und kostbahren Sachen/ der brachte diselben willig herzu/ wer aber

a Kolumnentitel fol. b 6v–g 2r: Vorbericht.

1 in etwas] ein wenig. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1186. 2 andern] zweiten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 3 Ex 35,4–29 4 sonderbahrem] besonderem. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 5 Ex 35,29 6 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1.

fol. b 7r

26

fol. b 7v

Vorbericht

nur etwas schlechtes7 zu geben vermuchte8/ der ließ es an sich auch nicht ermangelen9/ wie den die Fürsten und Obersten im Volke/ die schönste Onych= und andere inngefasste edle Steine/ zum Leibrok und zum Schildlein/ imgleichen10 köstliche Spezerei11 und öhle zu Lichtern/ zur Salbe/ und zum guhten Rauchwercke herzu brachten12/ andere aber gaben zum Heiligthum/ gehle13 Seiden/ Scharlaken14/ Rosinroht15/ weisse Seiden/ Ziegenhahr/ röhtliche Widerfelle/ Dachsfelle16/ Föhrenholtz17,18/ und mehr dergleichen/ zwahr schlechte19/ jedoch zu verfärtigen das Heiligthumb sehr nützliche Sachen. Jns gemein20/ brachten beides Mann und Weib/ Hefte21/ Ohrenringe/ Spangen/ Ringe und allerlei gülden Gerähte22/ in Summa/ da wolte niemand der letzte sein/ ein jetweder gab willig/ nach dem Vermügen/ das ihm von dem Geber alles guhten23 war verliehen. Die Christliche Kirche ist bei uns/ die wir Christen genennet werden/ das rechte/ wahre Heiligthum/ zu welches Erbauung alle und jetwede Menschen das ihre herbei zu schaffen/ höchlich24 sind verpflichtet/ und dasselbe zwahr nach dem Vermügen/ welches ein jetweder rechtgeschaffener25 Christ bei sich befindet26. Wer viele Gaben hat/ der wende diselben fleissig ann/ das Christenthum zu erbauen/ wer weinig27 hat zu schen= | ken/ der bringe das weinige auch herzu/ alles zu dem Ende28/ daß unser Sion/ unser Christenthum/ als die rechte Stiftshütte29/ so viel in disem irdischen und vergänglichem Leben immer müglich ist/ zu der erwünscheten Vollenkommenheit30 müge gebracht werden. Dort in der Wühsten (schreibet Moses31) schenketen die grosse Fürsten und andere führnehme Leute allerhand kostbahre und edle Gesteine/ Spezereien32 und anmuhtige Rauchwercke33/ das ander Völklein brachte Seiden/ Hahre34/ Felle/ Holtzwerk und derogleichen35. Alles aber/ es müchte groß oder klein sein/ war GOtt dem HErren angenehm/ wen es nur aus einem getreuen/ reinen Hertzen und mit milder36 und williger Hand ward dargereichet37/ den/ so wol das kleine/ als das grosse konte zu Verfärtigung der Stiffteshütten angewendet und gebrauchet werden. 7 schlechtes] einfaches. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 8 vermuchte] vermochte. Nicht bei Grimm, DWb. 9 an sich nicht ermangelen] an einer Gabe nicht fehlen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 912. 10 imgleichen] ebenso. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2065. 11 Spezerei] Gewürze. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 2198. 12 Ex 35,27 f. 13 gehle] gelbe. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2878. 14 Scharlaken] Scharlach. Hier im Sinne von hellrotem Stoff. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2200 f. 15 Rosinroht] rosenrote. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1215. 16 Ex 35,23 17 Föhrenholtz] Fichtenholz. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1871. 18 Ex 35,24 19 schlechte] einfache. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 20 Jns gemein] gemeinsam. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2142. 21 Hefte] Schnallen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 767. 22 Ex 35,22 23 Jak 1,17 24 höchlich] sehr. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1624. 25 rechtgeschaffener] rechtschaffener. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 417. 26 befindet] findet. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1259 f. 27 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 28 zu dem Ende] mit dem Ziel. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 457. 29 Hebr 9,11 30 2Kor 13,9 31 Ex 35,4–29 32 Spezereien] Gewürze. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 2198. 33 Ex 35,27 f. 34 Hahre] (Tier-)Haare. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 11. 35 Ex 35,22–24 36 milder] freigebiger. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2202. 37 Ex 35,29

15

20

25

30

35

40

Vorbericht

45

50

55

60

65

70

27

Wenn wir Christen/ ein jetweder nach seinem Vermügen/ und nach der Gnade und Gaben/ von oben herab uns verliehen38/ das jenige zuschliessen39/ was zur Widererbauung unseres nunmehr leider! sehr verfallenen/ ja fast gahr40 über einen hauffen ligenden Christenthumes/ so hoch von nöhten/ so thun wir nichtes mehr/ als nur das/ was unsere Pflicht und Schuldigkeit erfodert/ Ach! da solten wir billig41 alle zulauffen/ und uns auf das euserste bemühen/ daß das hernieder gerissene Sion widerum müchte aufgerichtet/ und dem Allerhöhesten zum ewigwährendem Lobe aufs neue erbauet werden. Wer nun von dem liben Gott sonderbahre42 Gaben hat/ und mit einem reichen Geiste ist beschenket/ der kan auch grosse Dinge verrichten/ | und dem/ von dem Satan und der gottlosen Welt so jämmerlich herunter gestossenem Christenthume merklich43 zu hülffe kommen/ gestalt44 solches von etlichen Geistreichen Lehreren/ zu ihrem unsterblichem Ruhm ist geschehen/ ohne welcher Fleiß und Zuthun/ fast kein einziges Stüklein unseres Christenthumes mehr übrig sein würde. Wer aber solche hohe Gaben von dem frommen GOtt nicht hat empfangen/ der kan und mus nichtes desto weiniger45 sein Pfündlein wol anwenden46/ und wen er ja kein Gold/ keine Seide/ keine edle Gesteine/ und derogleichen Kostbahrkeiten kan darbringen/ so muß er doch gleichwol seine Felle/ sein Ziegenhaar/ sein Holtz/ Zinn und Eisen nicht zu rükke halten/ er tuhe das seinige/ so viel müglich/ so hat er sich alsdenn eines guhten und unbeflekten Gewissens47 zu getrösten. Es lehret uns ja CHristus unser Seligmacher selber/ daß sein Himlischer Vater seine Gaben nicht gleich unter die Menschenkinder außtheile/ in dem er dem einen fünf Zentner/ dem andern drei48/ und dem dritten nur eines anvertrauet49. Gleich wie er aber den jenigen/ dem er fünf Zentner zugestellet50 hat/ hoch rühmet/ wegen seines sonderbahren51 Fleisses/ den er in Anwendung oder Bestattung52 solcher Gelder hat spühren53 lassen; Also ist er mit dem jenigen gahr nicht zufrieden/ der den einen ihme anvertrauten Zentner in den Schweißtuch54 hat gewikkelt/ hingeleget und gleichsahm vergraben55/ durch welches schönes Gleichnisse unser libster Heiland grosse und kleine/ arme und reiche/ gelehrte und ungelehrte ihrer Schuldigkeit hat erinneren/ und/ daß ein jetweder/ deme er etwas anvertrauet/ es sei auch so viel | es immer wolle/ mit

38 Vgl. Jak 1,17 39 zuschliessen] zuweisen. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 802. 40 gahr] vollständig. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 41 billig] zu Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 42 sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 43 merklich] bemerkbar. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2103. 44 gestalt] wie. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4183. 45 weiniger] weniger. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 46 Vgl. Lk 19,12–27 47 Vgl. Apg 23,1; 2Tim 1,3 48 drei] Laut Mt 25,17 erhielt der zweite Knecht zwei Zentner Silber. 49 Mt 25,14–18 50 zugestellet] überantwortet. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 851. 51 sonderbahren] besonderen. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 52 Bestattung] Anlage. Vgl. zum Verb ‚bestäden‘ Ten Doornkaat Koolman 1, S. 156. 53 spühren] erkennen. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 245. 54 den Schweißtuch] Zu ‚Tuch‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1448. 55 Mt 25,13–30

fol. b 8r

fol. b 8v

28

fol. c 1r

Vorbericht

höhestem Fleisse das Christenthum hülffe erbauen/ getreulichst foderen56 und anmahnen wollen. Jch meines theils57/ danke dem Allerhöhesten von gantzem Hertzen/ daß Er auch mir/ dem allergeringsten Diener58 in seiner Kirchen/ ein eintziges Pfündlein hat anvertrauen wollen/ wünsche aber in der Welt nichtes so hoch/ noch sehnlich/ als daß ich es nur wol anlegen/ Sion helffen erbauen59/ ja/ daß ich unser gantz zerfallenes Christenthum völlig wider müchte aufrichten können/ Ach! das solte meines Hertzens Freude und Wonne60 sein! Nun/ mein GOtt weiß/ wie getreulich61 ich mir jederzeit dises angelegen sein lassen/ habe aber von dem Satan und dessen Anhange solchen Widerstand62 empfunden/ daß ich bei weitem nicht so viel außrichten/ noch mein Bauwerk so hoch bringen können/ als ich wol gewünschet oder gehoffet: So gahr verzweiffelt böse ist der Schaden/ womit unser Christenthum ist behaftet! Aber/ was sage ich viel vom Christenthum/ da doch dasselbe nunmehr ein NON ENS, und fast gantz und gahr in der Welt nicht mehr zu finden? Solte aber ja auch eines sein/ so bestehet dasselbe in lauter schändlicher Heuchelei/ den da heuchelen die Geistliche den Weltlichen/ hinwider63 die Weltlichen spielen mit solchen Gewissenlosen Geistlichen auch unter dem Hühtlein64/ also/ daß sie gahr gerne fünffe lassen gerade sein65/ und alle Schande und Laster/ sie mügen auch so grob sein/ als sie wolten/ fein artlich66 und zierlich67 zu bemänteln wissen. Jch habe zeit meines währenden68 Predigt=Amtes/ dises Falles69 solche | Greuel gesehen und erlebet/ daß ich mich oft verwundere/ wie doch der sonst gerechter und eifriger GOtt70/ so lange hat können Gedult tragen71/ ja/ daß er nicht verhänget hat/ daß Land und Leute darüber gäntzlich sind zu trümmern und zu Bodem72 gegangen. Da muß die edle Wahrheit sich so grausahmlich lassen unter die Füsse treten73/ daß ein Gottesfürchtiges und Gewissenhaftes Hertz Bluht weinen müchte. Es ist ja die Heuchelei in unserem Teutschen Vaterlande (wil von anderen Ohrten nicht sagen) so groß/ daß man die Pflaumenstreicher74/ Fuchßschwäntzer75 und solche Prediger/ die zu allen Dingen Ja und Amen sagen können/ nicht nur für trefliche/ bescheidene und gahr sanftmühtige Theologos hält/ sondern auch für andere/ die es vileicht zehnmahl besser verdienet/ hervor ziehet76/ zu hohen 56 foderen] fordern. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1866. 57 meines theils] für meinen Teil. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1916. 58 Vgl. 1Kor 15,9 59 Vgl. Ps 69,36 60 Ps 63,6 61 getreulich] treu. Vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 4523. 62 Vgl. 1Thess 2,18 63 hinwider] wiederum. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1545. 64 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 2, Sp. 945. 65 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 1269. 66 fein artlich] recht geschickt. Zu ‚fein‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1456. Zu ‚artlich‘ vgl. DWb 1, Sp. 574. 67 zierlich] elegant. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 1199. 68 währenden] noch andauernden. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 791. 69 dises Falles] in diesem Fall. Nicht bei Grimm, DWb. 70 Ex 20,5 71 tragen] haben. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2046 f. 72 Bodem] Boden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 208 f. 73 lassen unter die Füsse treten] übel zurichten lassen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 989. 74 Pflaumenstreicher] Schmeichler. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1731. 75 Fuchßschwäntzer] die nach Gunst strebenden Angeber. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 355. 76 für andere hervor ziehet] anderen vorzieht. Nicht bei Grimm, DWb.

75

80

85

90

95

100

Vorbericht

105

110

115

120

125

130

29

Aemteren und Würden befodert77/ ihnen überflüssige 78 Besoldung und Unterhalt verschaffet/ ja sie/ demnach79 sie so übertreflich80 wol heuchlen können/ für halbe Götter hält/ wie solches alles hin und wieder in Teutschland helle und am Tage/ die Erfahrung es auch überflüssig81 bezeuget. Dagegen müssen die jenige/ welche mit Johannes dem Täuffer/ ihrem hohen Amte zu folge/ aus vollem Halse schreien: Es ist nicht recht82/ daß man so lebet/ so Hauß hält/ so heuchelt/ so gahr sehr in tausenderlei Lastern und Schanden ist ersoffen/ ja eben solche Buhßprediger/ welche ihr Gewissen nicht beschmitzen83 wollen/ sage ich/ müssen für Zänker und Stänker außgeruffen84/ mit dem aufrichtigen Priester Micha ins Angesicht geschlagen85/ ja wol oft grausahmlich verfolget werden. Aus disem allem nun kan man | leicht schliessen/ woher es doch komme/ daß in disen lezten Zeiten ein so elendes/ falsches/ ja vermaledeites Christenthum zu finden? Die Uhrsache desselben kan man mit einem eintzigen Wöhrtlein geben/ undb dasselbe heisset in unserer Teutschen Sprache Heuchelei. Ja/ Heuchelei ist es und nichtes anders/ das die Welt so gottloß machet. Wen Lehrer und Prediger nicht heuchelten/ sondern ihr Amt mit einem solchen Ernst und Eifer verrichteten/ wie sie wissen/ daß es ihnen von GOtt ist anbefohlen86/ wen Obrigkeiten/ Richter und Regenten ihr Amt also führeten/ wie es ihnen in Gottes Wohrt ist fürgeschrieben87/ wen sie das böse straffeten und das guhte belohneten; So bin ich versichert88/ daß unser Christenthum alsden so guht sein würde/ als es ein Mensch/ diser Zeit Beschaffenheit nach/ könte wünschen oder begehren. Aber/ da fehlet es an beiden theilen leider! gahr zu sehr. Es stekken Geistliche und Weltliche so voller Heuchelei/ daß sie gleichsahm davon bärsten möchten. Wie mag aber das immermehr zugehen? Fragest du noch mein lieber Christ/ siehest du dan nicht/ das es ihnen allerseits am Grunde fählet/ welcher Grund ist und heisset die wahre Gottseligkeit/ die zu allen Dingen nütz ist89? Wenn Geistliche und Weltliche GOtt von Hertzen fürchteten/ so würde alsden viel ein anderes90 Christenthum unter uns erfunden91 werden/ diweil man aber so weinig92 nach GOtt fraget/ und nur bloß auf das irdische ist verpichet93; So b und] Emendiert aus: uud

77 befodert] befördert. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1267. 78 überflüssige] allzu große. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 223. 79 demnach] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 919. 80 übertreflich] vorzüglich. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 606. 81 überflüssig] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 222. 82 Vgl. Mt 14,4 83 beschmitzen] besudeln. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1585. 84 für außgeruffen] als verschrien. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb. 85 1Kön 22,24 86 Vgl. 2Tim 4,5 87 Vgl. Röm 13,1–4 88 versichert] überzeugt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1308. 89 1Tim 4,8 90 viel ein anderes] ein ganz anderes. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 133. 91 erfunden] gefunden. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 798 f. 92 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 93 auf das irdische ist verpichet] auf das Irdische erpicht ist, es nur auf das Irdische abgesehen hat. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 959.

fol. c 1v

30

fol. c 2r

fol. c 2v

Vorbericht

leben wir auch nicht wie Christen/ sondern wie Teufel. Wir lehren zwahr in unsern Evangelischen Kirchen/ daß wir | durch den Glaubenc selig werden94/ die Mittel aber/ wodurchd der Glaube muß angezündet und erwekket werden/ die schätzet95 man fast für nichtes/ ja/ zu zeiten wol für unnöhtig. Wir lehren gleichwol/ daß wir durch fleissige Anhöhrung des Wohrtes gläubig werden96: wie weinig97 aber die Predigten von dem grösten Theil der Zuhörer geachtet werden/ daß gibt leider! die Erfahrung mehr den alzu viel zu erkennen. Es ist der Sabbaht zu dem Ende98 ingesetzet/ daß man an demselben sol GOttes Wohrt höhren/ die heilige Sacramenta gebrauchen/ ernstlich behten/ Gott loben und danken/ auch sonst allerhand Gottselige Libeswerke verrichten/ ja eben diese Tage/ als die Sontage/ Feiertage/ Beht= und Buhstage sollen die jenige sein/ an welchen der allein seligmachende Glaube in uns muß angezündet werden. Nun hält und feiret man eben selbige Tage also/ daß der Glaube dadurch viel ehender99 kan unterdrükket/ ja gäntzlich verfinstert/ als erwekket und an das Licht gebracht werden/ welches alles von lauter Heuchelei herkommt. Wer das heilige Göttliche Wohrt mit sonderbahrem100 Nutz wil anhöhren/ der muß sich trauen101 fein dazu bereiten/ und wol geschikket machen. Da bedenke aber nun ein jetwedes Christliches Hertz/ wie schändlich die heilige Feiertage von den jenigen/ welche sich Christen nennen/ werden angefangen/ wil nicht sagen/ vollendet. Da muß man für allen Dingen/ ehe und bevor man zum Gotteshause gehet (welches doch meistentheils nur aus lauter Gewohnheit geschiehet) den Leib mit einem guhten Trunke/ sonderlich mit Brantewein/ oder einem an= | deren starken Getränke anfüllen: was nun dises hernach für andächtige und fleissige Zuhöhrer gebe/ die gleichwol durch das gepredigte Wohrt sollen gläubig werden/ daß lasse ich alle und jetwede verständige beurtheilen. Ja/ spricht mancher/ kan man den dise böse Gewohnheit nicht abschaffen? kan man nicht allenthalben verbiehten/ daß üm solche Zeit sich niemand in den Schenkhäuseren102 lasse finden/ und kan man die Ubertretter solches nöhtigen Verbohtes nicht härtiglich abstraffen? Freilich/ mein liber Christ/ könte man dises alles gahr leicht/ ja sonder einige103 Mühe thun/ ist demnach alhie nicht zu fragen: Ob man es thun könne/ sondern Ob man es thun wolle? Hie fehlet es nur bloß an dem letsten/ man begehret dises unordentliches Leben an den Sonn= und Feiertagen durchaus nicht zu verbiehten oder abzuschaffen. Zu dem/ fin-

c Glauben] Emendiert aus: Glaubeu

d wodurch] Emendiert aus: wodnrch

94 Röm 1,16 f. 95 schätzet] hält. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2283. 96 Röm 10,17 97 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 98 zu dem Ende] in der Absicht. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 457. 99 ehender] eher. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 46. 100 sonderbahrem] besonderem. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 101 trauen] fürwahr. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1526. 102 Schenkhäuseren] Wirtshäusern. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2556. 103 sonder einige] ganz ohne. Vgl. zu ‚sonder‘ Grimm, DWb 16, Sp. 1573 und zu ‚einig‘ DWb 3, Sp. 208.

135

140

145

150

155

160

165

Vorbericht

170

175

180

185

190

31

den sich viele Prediger/ (ich sage hie nicht von allen) welche disen erschreklichen Mißbrauch des heiligen Sabbahts/ entweder gahr nicht/ oder jedoch so kaltsinnig straffen/ daß viele ruchlose Leute in solcher ihrer Härtigkeit dadurch gesteifet104 werden/ wie den nunmehr dises sauffen für/ auch wohl gahr unter dem105 Gottesdienste/ zur rechten Gewohnheit worden. Die Herren Weltliche aber oder Staatsleute/ begehren derogleichen schädliche Unordnung nicht allein nicht zu straffen/ sondern auch nicht einmahl zu sagen/ daß es unrecht sei/ den ihrer etliche dörffen wol ungescheuet106 fürgeben107: Daß/ wen man das Sauffen an den Sonn= und Feiertagen/ für/ unter oder nach der Predigt solte gäntzlich abschaffen/ daß alsden der hohen Obrigkeit an ihren Jnkommen | oder Gefällen108 ein grosses abgehen109 würde/ den/ sagen sie/ je mehr getrunken wird/ je mehr hat die Obrigkeit Akzise110 oder Tranksteur inzuheben111/ darum lasse man die Leute frisch sauffene/ so bekommen wir frisch Geld in die Cassa/ die Feiertage müssen die meisten Gelder bringen. Jst aber dises nicht eine Heuchelei über alle Heuchelei/ ja ist es nicht erschreklich zu höhren/ daß Obrigkeiten/ die man Christlich heisset/ üm eines so elenden Geniesses112 willen/ ihren Unterthanen zulassen113/ daß sie den heiligsten Sabbaht/ welchen mit höchster Andacht zu feiren/ uns GOtt so ernstlich hat anbefohlen114/ dermahssen schändlich mißbrauchen? Solte der Genieß115/ welchen sie solcher gestalt zu empfangen haben/ nicht endlich zum Feuer werden/ das gantze Land verderben/ ja die grosse und fette Jnkümste116 mit den kleinen und mageren verzehren?117 Was beuhrsachet118 das schändliche Gesöffe119/ sonderlich für dem Gottesdienste doch anders/ als ein gantz unordentliches Wesen? Was ist solchen halb= oder auch wol gantz trunkenen Leuten damit gedienet/ daß sie in das Hauß des HErren gehen/ und an statt/ daß das gepredigte Wohrt den seligmachenden Glauben in ihrem Hertzen solte anzünden/ daselbst sitzen und den Rausch außschlaffen/ ihrem Seelenhirten zum merklichen120 Verdruß/ ihrem NebenChristen zur greulichen Aergernisse121/ und unserem Christenthum zur unauße sauffen] Emendiert aus: fauffen

104 gesteifet] bestärkt. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 1837. 105 unter dem] während des. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1476 f. 106 ungescheuet] ohne Scheu. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 833 f. 107 fürgeben] darlegen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 732. 108 Gefällen] Einnahmen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2098 f. 109 abgehen] entgehen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 46. 110 Akzise] Eine Verbrauchssteuer, die häufig auf Bier oder Wein erhoben wurde. Vgl. Irsigler. 111 inzuheben] einzunehmen. Zu ‚einheben‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 197. 112 Geniesses] Gewinns. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3452. 113 zulassen] erlauben. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 500. 114 Vgl. Ex 20,8–11 115 Genieß] Gewinn. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3452. 116 Jnkümste] Einkünfte. Vgl. Ten Doornkaat Koolman 2, S. 130. 117 Vgl. Gen 41,22–24 118 beuhrsachet] verursacht. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1749. 119 Gesöffe] Saufen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4127. 120 merklichen] bemerkbaren. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2103. 121 zur Aergernisse] Zu ‚Ärgernis‘ als Femininum vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 549.

fol. c 3r

32

fol. c 3v

fol. c 4r

Vorbericht

leschlichen Schande und Spott? O Heuchler/ über alle Heuchler/ welche so Bestialischer Weise den allerheiligsten Sabbaht feiren! So lange ich nun nicht sehe/ daß disem Ubel wird gesteuret122; so lange halte ich al= | le die jenige/ welche die Heiligung der Sabbahter123 sehr wol könten befoderen124/ wollen aber durchaus nicht/ für die allergrösseste/ ja für rechte Ertzheuchler/ welche von dem wahren Christenthum viel weiter sind entfernet/ als der Himmel von der Erden. Jch habe kurtz zuvor erwähnet/ daß die fleissige Anhöhrung des heiligen/ Göttlichen Wohrtes/ wie auch der embsige Gebrauch der Hochwürdigen Sacramente/ den seligmachenden Glauben in uns erwekken und anzünden125. Dises lehren wir zwahr in unseren Evangelischen Kirchen/ bezeugen aber mit der That/ daß wir das jenige/ so wir lehren und sagen/ selber nicht gläuben/ sondern es nur für die lange weile126 so hin schwätzen. Den/ wie viele öffentliche Verächter des H. Wortes GOttes werden in unseren Gemeinen gefunden/ ja nicht allein gefunden/ sondern auch gelitten127/ beschirmet/ und/ wen man sich ihrer grossen Gottlosigkeit halber über sie beschwehret/ auf das allerzierlichste128 entschuldiget! Die jenige nun/ die solches thun/ sind kein Haar besser/ als eben dise Gottesverächter selber/ mit welchen sie (ohn Zweiffel üm des Geniesses129 willen) so schändlich heuchlen/ daß man drüber muß erschrekken. Beklaget sich ein Gewissenhafter Prediger/ daß er in seiner Gemeine solche Epikurische Leute130 habe/ welche nicht allein öffentliche Verächter des heiligen/ Göttlichen Wohrtes sind; Sondern die auch in etlichen Jahren zu der heiligen Beicht und Hochwürdigen Abendmahl sich gahr nicht finden lassen/ wodurch sie nicht allein ihre arme Seele in die eusserste Gefahr gesetzet/ sondern auch eine überaus grosse Aergernisse131 angerichtet; So bekomt man nicht nur | von weltlichen/ sondern auch wol gahr von fürnehmen Rabbinen dise 122 wird gesteuret] Einhalt geboten wird. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 2653. 123 Sabbahter] Zu dieser Pluralform vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1587. 124 befoderen] fördern. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1267. 125 Röm 10,17 126 für die lange weile] aus Langerweile. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 159. 127 gelitten] geduldet. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 663. 128 allerzierlichste] geschickteste. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 1199. 129 Geniesses] Gewinns. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3452. 130 Epikurische Leute] Als ‚Epikuräer‘, mithin Anhänger der Philosophie des griechisch-antiken Philosophen Epikur (341/42–370/71), galten in der Frühen Neuzeit Menschen, die einen rein am Diesseits orientierten, hedonistisch-libertinistischen Lebensstil pflegten, Unbußfertigkeit an den Tag legten und das Bevorstehen eines letzten Gerichtes negierten. Unter den „pugnantia sive contraria“ der Lehre vom Jüngsten Gericht nennt Johann Gerhard (Loci 9, S. 112b) an erster Stelle: „Epicureae cogitationes ac voces empaectarum nullum judicium fore statuentium 2. Petr. 3, v. 3. Jud. v. 18. ad quorum consortium pertinent omnes impoenitentes, peccatis secure indulgentes, adeoque omnes hypocritae, qui verbis quidem fatentur, se credere secuturum aliquando universale judicium, sed factis et vita impia illud negant Tit. 1, v. 16. Profanas illas cogitationes per accidens confirmat mora, quae ipsis intercedere videtur, quo minus statim sequatur judicium. Esa. 56, v. 12: Venite, sumamus vinum et impleamur ebrietate, et erit sicut hodie, sic et cras et multo amplius. Eccles. 8, v. 11: Quia non fit judicium malorum cito, propterea implentur corda hominum, ut operentur malum.“ Vgl. Niewöhner sowie Krämer, S. 311 f. 131 eine Aergernisse] Zu ‚Ärgernis‘ als Femininum vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 549.

195

200

205

210

215

Vorbericht 220

225

230

235

240

245

250

33

schlechte132 Antwohrt: Man solle ein solches nur lassen gehen/ wie es gehet/ es sei gahr nicht rahtsahm/ daß man die Leute viel nöhtige/ daß sie sich so fleissig und oft zur Beicht und Hochwürdigem Abendmahl halten/ besser sei es/ man lasse sie dises Falles133 nur gewehren/ oder ihrem eigenen Willen nachleben/ und was derogleichen für untheologische Reden mehr fürfallen134. Fraget man nun ferner: Wo den unseres liben HErrn CHristi Compelle intrare, oder Nöhtige sie herinn zu kommen135 bleibe/ ob den ein Prediger hinführo136 niemand mehr ermahnen/ reitzen und antreiben sol/ daß man sich doch nicht/ als ein Heide/ oder Türcke/ sondern als ein Christ verhalte? So folget dises zur Antwohrt: Ja/ man könne es ihnen endlich wol sagen/ wollen sie den nicht kommen/ so lasse man sie immer hinn für den Teufel lauffen/ wer hat sich auch letstlich groß üm solche Leute zu bekümmeren? Aber/ O Jhr Miedlinge137/ heisset das die verlohrne Schafe mit rechtem Ernst und Eifer gesuchet?138 Sol man der Christen Seelen/ die CHristus JEsus/ unser allerlibster Seligmacher/ mit seinem heiligen Bluht so theur hat erkauffet139/ dermahssen schlecht und geringe schätzen/ daß man sich auch kaum einmahl nach denselben dörfe ümme sehen? Ach/ du frommer Gott/ wie hast du doch so weinig140 rechtschaffene Diener in deiner Kirchen! Ach wer darff sich unter den anderen Dienern GOttes/ die ihr hohes Amt und Gewissen gerne wolten beobachten141/ schier142 mehr unterstehen143/ sein/ ihme anbefohlenes Amt treulich zu verrichten/ ja/ wer | kan solches auch nunmehr thun/ wen er gleich gerne wolte/ nachdemahln144 aufrichtige Lehrer und Prediger/ an Widererbauung des Christenthumes so vielfältig werden verhindert? Was ist doch heute zu Tage ein Prediger/ der es mit seinen Zuhöhrern ernstlich meinet/ in den Augen vieler Welt= Geld= und Staatsleute? Fürwahr nichtes anders/ als ein Spott der Kinder und Verachtung des Volckes. Daher komt es auch/ daß/ wen Christliche Prediger flehen und bitten/ man müge doch die Gottesverächter/ Epikurer145 und solche Leute/ die mit dem Wohrte und Sakrament ihren Schimpf146 treiben/ ernstlich ansehen147/ und anderen zum Exempel ein weinig148 züchtigen/ sie mit solchem ihrem Anbringen149 nur höhnisch werden außgelachet/ ja/ müssen wol leiden/ daß ihnen von eben den jenigen Epikurernf/ über welche sie sich beklaget f Epikurern] Emendiert aus: Epikuren

132 schlechte] einfache. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 133 dises Falles] in diesem Fall. Nicht bei Grimm, DWb. 134 fürfallen] vorkommen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 726. 135 Lk 14,23 136 hinführo] fortan. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1435. 137 Joh 10,12 138 Vgl. Ez 34,12; Mt 10,6 139 1Kor 6,20; 7,23; vgl. 1Petr 1,19 140 weinig] wenige. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 141 ihr Amt und Gewissen wolten beobachten] acht geben wollten auf ihr Amt und Gewissen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1478. 142 schier] gar. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 26. 143 unterstehen] bemühen. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1828. 144 nachdemahln] weil ja. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 36. 145 S. o. S. 32, Anm. 130. 146 Schimpf] Unfug. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 170. 147 ansehen] tadeln. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 455. 148 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 149 Anbringen] Ansinnen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 301.

fol. c 4v

34

fol. c 5r

Vorbericht

haben/ die Haut rechtschaffen werde vol gescholten/ sonderlich/ diweil sie wissen/ daß die Kirchen=Buhss=Straffe150 oder Disciplin/ an vilen Ohrten in Teutschland nunmehr gahr151 ist abgeschaffet/ darum auch die jenige/ so nur wakker können spendiren/ die mügen leben nach ihrem eigenen Willen und Wolgefallen/ und eben daher gibt es auch unter uns so feine Christen! Jst aber das nicht zu erbarmen/ daß/ da wir gleichwol den Namen der Christen führen/ doch durchaus nach keinen Christlichen Regulen152 mehr zu leben begehren/ und/ die es noch gerne thun wolten/ die werden genöhtiget/ wider ihr eigen Wissen und Gewissen zu handlen? Jch selber habe es erlebet/ daß man ehrliche/ fromme und treueiferige Prediger hat gezwungen und | gedrungen/ daß sie den allerunwürdigsten/ gottlosesten Leuten/ das heilige Abendmahl haben müssen reichen/ und hat sie durchaus keine Entschuldigung können helffen/ man hat solchen Predigern guhte/ man hat ihnen böse Wohrte gegeben/ ja endlich sich gahr erbohten/ daß man es auff seine eigne Seele und Gewissen nehmen wolte/ damit ja die Gottlose/ wegen des verfluchten Denarii153 in ihrer Halßstarrigkeit müchten gestärket/ und des Satans Reich erweitert und fohrtgepflantzet werden. Wie man aber derogleichen unchristliches Verfahren/ für dem gestrengen Richter/ bei welchem kein Ansehen der Person gilt154 dermahleinst155 wolle verantwohrten/ davon lasse ich alle rechtschaffene Libhabere des Gekreutzigten JEsu urtheilen. Was wollen wir sagen von dem abscheulichem Fluchen und Gotteslästeren/ das unter den vermeinten156 Christen so gar gebräuchlich und gemein157 ist/ als die Mükken und Fligen in den heissen Sommertagen? Jn dem Gesetze des HErren unseres GOttes/ lautet das andere158 Geboht also: Du solt den Namen des

HErren deines GOttes nicht mißbrauchen/ den/ der HERR wird den nicht ungestraffet lassen/ der seinen Namen mißbrauchet159. Da dreuet160

fol. c 5v

ja GOtt der HErr ernstlich/ daß er die Flucher und Lästerer seines heiligen Namens nicht wolle ungestraffet lassen. Ob nun zwahr161 dises Laster heut zu Tage bei Jungen und Alten/ bei Grossen und Kleinen im vollen Schwange gehet162/ so wird es doch niemahlen163 ernstlich gestraffet. Jch bitte euch aber üm der Libe GOttes willen/ wie kan man doch solches verantwohr= | ten/ daß man die Gotteslästerer so gantz und gahr frei lässet außgehen? Wen jemand 150 Kirchen=Buhss=Straffe] Kirchenzucht. Vgl. zu ‚Kirchenbuße‘ Grimm, DWb 11, Sp. 799. 151 gahr] vollständig. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 152 Regulen] Regeln. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 496. 153 Denarii] Gemeint sind Stolgebühren, die Gemeindeglieder dem Pfarrer anläßlich von Amtshandlungen wie Taufe, Trauungen oder Beerdigungen zu entrichten hatten. Ihr Name leitet sich von dem Brauch ab, daß Pfarrer bei diesen Handlungen die Stola trugen. Vgl. Böttcher. 154 Röm 2,11 155 dermahleinst] dereinst, künftig. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1018. 156 vermeinten] vermeintlichen. Nicht bei Grimm, DWb. 157 gemein] allgemein verbreitet. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3170. 158 andere] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 159 Ex 20,7 160 dreuet] droht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 161 Ob zwahr] obwohl. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1059. 162 im vollen Schwange gehet] weit verbreitet ist. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2225. 163 niemahlen] niemals. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 823.

255

260

265

270

275

280

Vorbericht

285

290

295

300

305

35

einen Kaiser/ König/ Fürsten/ Grafen oder Herren schmähet oder lästert/ so wird er zum heftigsten deßwegen bestraffet/ man schneidet ihm bißweilen die Zunge zum Halß heraus/ ja lässet ihm wol gahr den Grind164 herunter schmeissen165/ zum allerweinigsten166 wird er auf den Schandblok167 gestellet/ da er sich selber muß aufs Maul schlagen/ sein Wohrt/ (wie man sagt) wider in den Halß ziehen168,169/ und also für sein leichtfärtiges Lästermaul rechtschaffen bühssen. Und auff solche Weise/ ja auch noch wol viel härter/ werden ins gemein170 die jenige gestraffet/ die nur einen sterblichen Menschen mit unnützen Wohrten beleidiget. Man zeige mir aber in unserem Vaterlande (den/ was an anderen Ohrten geschiehet/ kan ich so eben171 nicht wissen) nur ein eintziges Exempel/ daß einer/ der den grossen HErren Zebaoth172/ den König aller Könige173/ der den Himmel zum Stuhl/ und den Erdboden zum Fußschemel hat174/ mit seinem verfluchten Lästermaule hat geschändet und geschmähet/ mit ernstlicher Straffe deßwegen sei angesehen175 und beleget worden. So weinig176 achten viele verdamte Heuchler und Maul=Christen177 den Allerheiligsteng GOtt/ daß sie auch die jenige/ die seinen grossen und herlichen Nahmen (für welchem alles/ was im Himmel und auf Erden ist/ muß erzitteren) mit lästeren und schmähen so schändlich mißbrauchen/ nicht einmahl zu straffen/ ja kaum saur anzusehen begehren/ sondern vielmehr solchen muhtwilligen Fluchern/ unter dem Vorwand/ daß es ihre längstgebrauchte Gewohnheit also mit sich bringe/ wol | starken Schutz halten/ nicht anderst/ als wolten wir den grossen GOtt vom Himmel noch darzu trotzen oder pochen178. Jst aber dises nicht erschreklich? Von Grund meiner Seelen wolte ich wünschen/ daß die jenige/ welche grossen Herren und Potentaten so viel neues/ sonderlich wie sie mit der Unterthanen äuserg Allerheiligsten] Emendiert aus: Allerheiiigsten

164 Grind] Kopf. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 370. 165 schmeissen] schlagen. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1002 f. 166 zum allerweinigsten] zumindest. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 33. 167 Schandblok] Ein Schandblock diente der Zurschaustellung straffällig gewordener Personen. Er besteht aus zwei Holzpfählen, die mit einem aufklappbaren Brett verbunden sind. Das Brett hat drei Öffnungen, durch die die Arme und der Kopf eines Missetäters gesteckt wurden. Auch in Hamburg gab es am Rathaus einen Schandblock. Vgl. Meeder, S. 436. 168 Zu dieser schon im Mittelalter üblichen Strafpraxis, mittels deren der sich selbst auf den Mund Schlagende die von ihm geäußerten Verläumdungen bzw. Beleidigungen in sich hineinzwingt, mithin die Straftat durch symbolische Handlung reversibel macht, vgl. Lidman, S. 100, Roß, S. 8, Sack sowie His, S. 94. Zur redensartlichen Verwendung von ‚sich auf’s Maul schlagen‘ vgl. Stosch, S. 82. 169 So wurde im Jahre 1671 dem sich als apokalyptischen Propheten verstehenden und aus Straznice (Mähren) stammenden Nicolaus Drabicius (1588–1671) wegen Majestätsbeleidigung und Gotteslästerung die Zunge entfernt. Danach wurde er an den Pranger gestellt, geköpft und verbrannt. Vgl. Bogner, S. 21 sowie DBA I,250,127; 1427,405. 170 ins gemein] gewöhnlich. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2142. 171 so eben] augenblicklich. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 10. 172 Ps 24,10 173 1Tim 6,15 174 Apg 7,49 175 angesehen] gestraft. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 455. 176 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 177 S. o. S. 12, Anm. 8. 178 pochen] herausfordern. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1960.

fol. c 6r

36

fol. c 6v

Vorbericht

stem Verderbe ihre Jnkommen mehren und mit dem ungerechtem Mammon179 sich bereichen180 sollen/ anzugeben wissen/ ihnen doch dise hochnöhtige Lehre innpredigten181/ daß sie die Flucher und Gotteslästerer ernstlich straffeten/ und dadurch GOttes gerechten Zorn und feuriges Gericht von sich/ ihren Landen und Leuten abwendeten/ das were rühmlich/ das were hochnöhtig/ das were nützlich und erbaulich! Aber in solchen Sachen begehret fast niemand Gott zu dienen/ aus Furcht/ er müchte sich etwan182 Menschen Ungunst dadurch auff den Halß laden183/ so gahr184 muß das ewige und himlische dem zeitlichen und vergänglichen weichen! Ja/ müchte einer sagen/ warum klagen die Prediger und Diener GOttes nicht ernstlicher darüber/ daß der Allerheiligster Name GOttes dermahssen schändlich wird mißbrauchet? Ja wol klagen/ mein lieber Freund! Was hilfft viel klagen/ da man solches nicht einmahl begehret zu höhren/ viel weniger dem grausahmen Laster zu steuren185? Jch dürfte mit jemand wetten/ daß/ wen Gottselige Lehrer begehreten/ daß man doch die Flucher und Gotteslästerer nur ein weinig186 hart angriffe oder straffete/ man sie entweder gahr nicht höhren/ oder auch ihnen nur dises zur Antwohrt würde geben: Es liesse sich das so nicht thun/ dises Laster were viel zu sehr | unter den Christen ingerissen/ Lehrer und Prediger müsten es nur mit harten Wohrten straffen/ vieleicht müchten noch etliche des grausahmen Fluchens und Gotteslästerens sich besser enthalten/ und was etwan187 der kahlen188 Außflüchte mehr sein dörften. Aber/ was ist es Wunder/ daß man dises/ welches ja eben eines von den rechten Haubtlasteren ist/ zu straffen nicht begehret/ angesehen189 die jenige/ welche als Richter in disem Falle/ ein Gesetzmässiges Urtheil sprächen solten/ oft selber mit vielbesagtem190 Laster sehr sind behafftet/ ja belustigen sich wol höchlich191 darüber/ wen ihre Kinder braf192 fluchen und schwehren193 können/ dahero sie sich befürchten/ daß man ihnen das Turpe est Doctori194, oder schlecht und recht zu Teutsch gegeben:

Es steht dem Lehrer schändlich ann/ Wen man ihn selbst bestraffen kann/ nicht ohne Schimpf und Spott würde in die Ohren ruffen.

179 Lk 16,9.11 180 bereichen] bereichern. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1496. 181 innpredigten] nachdrücklich predigten. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 245. 182 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 183 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 2, Sp. 282. 184 gahr] vollständig. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 185 zu steuren] Einhalt zu gebieten. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 2653. 186 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 187 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 188 kahlen] erbärmlichen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 29. 189 angesehen] in Anbetracht dessen, daß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 349. 190 vielbesagtem] oft erwähntem. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 162. 191 höchlich] sehr. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1624. 192 braf] wacker. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 339. 193 schwehren] schwören. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2734. 194 Turpe est Doctori] Das Diktum geht zurück auf die in der Frühen Neuzeit unter dem Namen des Dionysius Cato kursierenden ‚Disticha Catonis‘. Vgl. Dionysius Cato, Disticha de moribus, lib. 1, Nr. 31, S. 32: „Turpe est doctóri cum culpa redárguit ipsum.“ Vgl. P. L. Schmidt.

310

315

320

325

330

335

Vorbericht

340

345

350

355

360

37

Unterdessen kan ich nicht vorbei195/ unsere Herren Statisten196 und Weltleute/ aus treuem Gemühte nur dises weinige197/ jedoch nicht unvortheilhaffte zu erinneren: Man klaget fast an allen Kaiserlichen/ Königlichen und Fürstlichen Höfen/ daß die Schatz= und Rent=Kammeren198 sind außgelähret199/ daß die Herrschafften in Schulden sitzen/ und der Geldmangel200 so stark sei/ daß grosse Herren schwehrlich ihren Stand der Gebühr nach mehr führen können. Nun ist dieses leider! mehr als alzu wahr. Jch aber/ der einfältigste unter allen Dienern Gottes201/ wil euch einen solchen Raht geben/ vermittelst welches die Rentkammeren mit guh= | tem Gewissen/ so wol der Herrschaft/ als ihrer Rähte und Diener widrum können erfüllet202 werden. Erstlich setze man eine/ nur nicht schlechte203 Geldstraffe auff die jenige/ welche den wahren GOtt verlassen/ und dargegen bei des Satans Werkzeugen/ als da sind die Zauberer/ Wikker204/ Wahrsager/ Nachweiser205 und Zeichendeuter/ Hülffe und Raht suchen/ welches Laster heute zu Tage so gemein206 ist/ daß es nicht allein für keine Sünde mehr geschätzet 207/ sondern noch als recht und wolgethan/ von etlichen wird verthädiget 208. Aber/ O des erschreklichen Greuels! Es hat der gerechte GOtt ein scharffes Gesetz wider solche Wahrsager und Zeichendeuter gegeben/ daß nemlich die Obrigkeit dergleichen Leute nicht sol leben lassen209/ wir Christen aber halten ihnen nicht allein Schutz und Schirm; sondern schätzen210 und rühmen sie noch bisweilen für solche Leute/ derer man schwerlich in der Gemeine könne entbähren. Jch kenne unter andern vielen/ auch eine alte/ heßliche Wahrsagerinn/ oder vielmehr Lügensagerinn/ welche auff dem Lande (wil hie nicht sagen/ wie sie es in den grossen Stätten machet) schier 211 gantze Flekken212 und Dörffer in ihrer Contribution213 hat gehabt/ vieleicht auch noch hat/ welches also zugehet: Sie hat aus einem jetweden Hause jährlich/ (wie ich glaubwürdig bin berichteth,214) ihr gewisses Jnkommen/ an Gelde/ Korn/ oder h berichtet] Emendiert aus: berichter

195 kan ich nicht vorbei] kann ich nicht umhin, will ich nicht unterlassen. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 878. 196 Statisten] Politiker. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 949. 197 weinige] wenige. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 198 Rent=Kammeren] Steuerbehörden. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 817. 199 außgelähret] ausgeleert. Zu ‚leeren‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 513. 200 Geldmangel] Vgl. zur in dieser Zeit herrschenden Inflation das gleichnamige und im selben Jahr wie Rists Passionsandachten erschienene Buch von Johann Friedrich Schweser mit dem Titel ‚Geldmangel in Teutschlande und desselben gründliche Ursachen ‘. 201 Vgl. 1Kor 15,9 202 erfüllet] gefüllt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 811. 203 schlechte] geringe. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523 f. 204 Wikker] Weissager. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 859. 205 Nachweiser] Hellseher. Vgl. Deutsches Rechtswörterbuch 9 (1996), Sp. 1314. 206 gemein] verbreitet. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3170. 207 geschätzet] gehalten. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2283. 208 verthädiget] verteidigt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1875. 209 Lev 20,27 210 schätzen] halten. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2283. 211 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 212 Flekken] Orte. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1741. 213 Contribution] Kontributionen sind Kriegssteuern (s. u. S. 39, Anm. 239). Rist verwendet den Terminus hier im metaphorischen Sinne, um damit die Abhängigkeit zu bezeichnen, in die Menschen durch die Praxis der (letztlich erpresserischen) Wahrsagerei gelangen. 214 ich bin

fol. c 7r

38

fol. c 7v

fol. c 8r

Vorbericht

derogleichen Sachen: Dafür ist sie verpflichtet/ wen in solcher Häuser einem/ Menschen oder Viehe mit Krankheiten werden beleget oder angegriffen/ daß sie diselben mit ihrem Rahten/ Segenen/ etwas in die Erde vergraben/ Messer/ | Eisen/ Stein kochen/ und anderen mehr dergleichen abergläubischen Mittelen/ muß curiren oder heilen und wider zu rechte bringen/ da sie den die Leute flugs zu anfange beredet/ es sei ihre oder ihres Viehes Krankheit nicht natürlich/ sondern werde ihnen von disem oder jennem/ am meisten aber von ihren Nachbahren angethan (welche falsche Beschüldigungen aber offt grosses Unglük veruhrsachen) dannenhero215 müssen sie auch auff eine sonderbahre216 Ahrt und Weise widrum zu rechte gebracht werden. Unterdessen gibt sich ein solches Weib für eine Aertztinn aus/ die bei ihrer Cur oder Heilung guhte und natürliche Mittel gebrauche/ welches ihr Vorgeben217 aber eben so wahr ist/ als wen ich sagen wolte: Der schwartze Teufel sei ein schöner heiliger Engel. Hiebenebenst 218 läst sie sich auch als eine Wahrsagerinn/ die von künftigen Dingen/ auch von verlohrnen/ entwendeten und gestohlenen Sachen guhte Nachricht wisse zu geben/ gebrauchen/ wobei ich mich dises erinnere/ daß/ als besagtem Weibe unlängst ein solches fürgehalten219 ward/ sie sich nur hiemit entschüldigte: Es kehmen zwahr wol oft Leute zu ihr/ welche i Nachricht ihrer verlohrnen Sachen halber von ihr begehreten/ sie pflege ihnen aber selber/ oder für ihre Person (wie vileicht für j disem220 wol müchte geschehen sein) hierinnen nicht leicht zu wilfahren/ sondern sie gebe ihnen ein Brieflein oder Zettel/ damit verwiese sie die Leute an eine andere kluge Frau oder Wahrsagerinn/ welche auf jenner Seiten des Baches wohnete/ und die könte den das verlohrne wider zu rechte bringen/ und den jenigen/ welche in ihrer Betrübnisse zu ihr kehmen/ | schleunigste Hülffe erweisen. Jch muste diser schönen Entschüldigung heimlich/ bei mir selber lachen zumahlen dises bei derselben in acht zu nehmen/ daß jennes/ gegen den Mittag221 wohnendes Weib/ viel einen stärkeren Geist oder Teufel müste haben/ als dise/ welche den benöhtigten222 nur Forderungs=Schreibenk an jenne mit gab/ wiewol doch genugsahm223 bewust224/ daß/ so wol dise/ als jenne/ mit dem nachweisen sich behulffen225/ und sie also alle beide einen Lehrmeister i welche] Emendiert aus: weiche j für] Emendiert aus: fü r diert aus: Forderungs=Schreiden

k Forderungs=Schreiben] Emen-

berichtet] mir berichtet worden ist. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1523. 215 dannenhero] deshalb. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 748. 216 sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 217 Vorgeben] Behauptung. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 1071. 218 Hiebenebenst] darüber hinaus. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1307 f. 219 fürgehalten] vorgeworfen. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 1145 f. 220 für disem] vordem, früher. Nicht bei Grimm, DWb. 221 gegen den Mittag] im Süden. Vgl. Zedler 21 (1739), Sp. 556 f. 222 benöhtigten] Hilfe Suchenden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1474. 223 genugsahm] genügend. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3515. 224 bewust] bekannt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1790. 225 mit dem nachweisen sich behulffen] sich des Hellsehens bedient haben. Zu ‚sich behelfen‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1333. Zu ‚Nachweisen‘ vgl. Deutsches Rechtswörterbuch 9, Sp. 1313 f.

365

370

375

380

385

390

Vorbericht

395

400

405

410

415

420

39

müssen gehabt haben. Jtzt fält mir inn/ was mir selber für etlichen Jahren ist widerfahren/ da mir von meines eigenen Dieners treulosen Eltern/ fünf hundert Reichsthaler wurden gestohlen/ da zwahr der Dieb in gefängliche Haft ward gebracht/ sich aber jedes mahl durch Außbrechen widrum frei machete/ und unterdessen ein Geschrei ließ erschallen/ daß er das gestohlene Geld im Felde von sich geworffen/ welches hernach von einem anderen were gefunden/ durch welches Geschrei etliche unbesonnene Leute/ ohn alles mein Wissen und Willen zu der erstbemeldeten226/ alten Wahrsagerinn oder Nachweiserinn227/ (wie man sie ins gemein228 nennet) sich verfügten229 und von ihr zu wissen begehrten: Wo doch/ und bei weme meine fünfhundert Reichsthaler müchten sein zu finden? Da sie den sol geantwohrtet haben; daß sie ihnen zwahr davon guhte Nachricht könte geben/ wüste wol/ wo das gestohlene Geld were hinn kommen/ sie wolte es aber für dises mahl eben darum nicht thun/ diweil ich ihr weinig230 guhtes gönnete/ auch von ihrer Wissenschafft nichts hielte/ welches daher erhellete231/ daß ich sie und ihre Kunst offentlich angegriffen und meine Zu=l | höhrer dafür gewarnet hette/ wie den sothane232 ihre schöne Erklährung erst zwei Jahr hernach von einem/ der dazumahl selber mit und dabei gewesen/ mir ist hinterbracht und mit mehreren233 ist erzehlet worden/ worüber ich/ daß sie nemlich den Teufel üm Raht gefraget/ heftig erzürnet und bestürtzet ward/ konte aber leider! nicht geändert werden. Jmmittelst 234 gedenke doch nur ein gewissenhaffter Mensch/ wie viel tausend einfältige Hertzen/ durch solche Wahrsager/ Nachweiser235 und abergläubische Zeichendeuter/ von dem kindlichen Vertrauen/ daß sie zu ihrem lieben GOtt und Vatter haben solten/ ab= und dem listigen Seelenmörder dem Teufel zugeführet werden/ da es den recht und billig were/ daß nicht allein solche Wahrsager und verführische Leute ernstlich gestraffet/ sondern auch alle die jenige/ welche sich sothaner236 Personen Raht und Hülffe gebrauchet/ mit einer starken Geld=Buhsse angesehen237 würden/ welches Geld/ die libe Obrigkeit/ meines Bedünkens238/ mit viel besserem Gewissen/ als die Bluhtaussaugende Contribution239/ und andere/ neuerfundene

l Zu=] Emendiert aus: Zu

226 erstbemeldeten] zuerst erwähnten. Nicht bei Grimm, DWb. Zu ‚bemelden‘ vgl. DWb 1, Sp. 1459. 227 Nachweiserinn] Hellseherin. Vgl. Deutsches Rechtswörterbuch 9 (1996), Sp. 1314. 228 ins gemein] gewöhnlich. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2142. 229 verfügten] auf den Weg machten. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 356. 230 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 231 daher erhellete] daraus ersichtlich sei. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 848. 232 sothane] solche. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1817. 233 mit mehreren] ausführlich. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1872. 234 Jmmittelst] unterdessen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2123. 235 Nachweiser] Hellseher. Vgl. Deutsches Rechtswörterbuch 9 (1996), Sp. 1314. 236 sothaner] solcher. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1817. 237 angesehen] gestraft. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 455. 238 meines Bedünkens] meiner Ansicht nach. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1239. 239 Contribution] Kriegssteuer. Vgl. Zedler 6 (1733), Sp. 1156.

fol. c 8v

40

fol. d 1r

Vorbericht

schwehre Schatzungen240 von ihren Unterthanen nehmen und haben könten. Man versuche es nur einmahl damit/ so wird man erfahren/ daß solche Strafgelder sich nicht auf ein geringes werden belauffen/ sondern ein ehrliches anbringen241. Auff eben denselben Schlag242/ könte man auch mit den Fluchern und Gotteslästerern verfahren/ wen man diselbe mit Gefängnissen oder sonst gahr nicht hart straffen wolte. Was gilts/ wen die Flucher für einen jetweden/ von ihnen außgespeieten Fluch oder Gotteslästerung/ ein gewisses | Straffgeld müsten erlegen243/ ob wir nicht bald frommere Christen/ und die Obrigkeit ihr Jnnkommen üm ein merkliches244 würden verbessert haben/ welches die Erfahrung uns klährlich würde lehren? Es rühmen etliche GeschichtSchreiber Hinrich den Vierten245/ sonst auch den Grossen genant/ König in Frankreich gahr sehr/ daß er im Jahr 1609246/ ein dreifaches/ oder vielmehr drei unterschiedliche Mandata oder Befehle habe ergehen lassen247/ worunter das erste248 wider die Flucher und Gotteslästerer/ das andere249,250/ wider die verwegene Rauffer/ und Balger 251/ das dritte252 und letste aber wider die muhtwillige Banquerottirer 253 gerichtet gewesen/ worinn enthalten/ daß die jenige/ so zu Betrug ihrer Gläubiger aufstehen254/ ihre Güter abtreten/ oder fürsetzlicher weise255 Banquerott spielen würden/ an Leib und Leben solten gestraffet/ oder/ zum weinigsten256 auff die Galleen257/ zur ewigen Schlaverei258 verdammet und verbrandt werden. Die Duellisten/ Balger259 und Kämpffer/ die/ nachdem einer den andern außgefodert260/ sich in Streit ingelassen/ solten ebenmässig261 ihr Leib und Leben/ ihre nachgelassene262 Kinder und Erben aber/ auch zugleich ihren Adel/ Aemter/ Ansehen und Würde gäntzlich verlohren haben/ ja es solten auch die Körper der Entleibten263 keiner ehrlichen 240 Schatzungen] Steuern. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2290. 241 ein ehrliches anbringen] eine ansehnliche Summe erbringen. Zu ‚ehrlich‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 70. Zu ‚anbringen‘ vgl. DWb 1, Sp. 300. 242 Schlag] Art und Weise. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 328. 243 erlegen] entrichten. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 898. 244 üm ein merkliches] bemerkbar. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2103. 245 Heinrich IV. (1553–1610), 1584 erbberechtigter Thronanwärter, 1589 König von Frankreich, 1593 Übertritt zum römisch-katholischen Glauben. Heinrich IV. erließ 1598 das Edikt von Nantes, das den Hugenotten eingeschränkte Religionsfreiheit einräumte. Vgl. Malettke, S. 7–59. 246 Van Meteren allerdings datiert das Edikt Heinrichs IV. auf das Jahr 1610. Vgl. van Meteren, Niederlandischer Historien Ander Theil, S. 172. 247 Vgl. ebd. 248 Vgl. ebd. 249 Vgl. ebd., S. 174–176. 250 andere] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 251 Balger] Raufbolde. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1087 f. 252 Vgl. van Meteren, Niederlandischer Historien Ander Theil, S. 176–179. 253 Banquerottirer] betrügerischen Finanzhändler, insbesondere Personen, die sich der Begleichung ihrer Schulden bzw. sonstigen finanziellen Verbindlichkeiten durch Flucht entziehen. Vgl. Zedler 3 (1733), Sp. 312 f. 254 aufstehen] auftreten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 764. 255 fürsetzlicher weise] mit Vorsatz. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 793. 256 zum weinigsten] zumindest. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 33. 257 Galleen] Galeeren. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1160. 258 Schlaverei] Sklaverei. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1322. 259 Balger] Raufbolde. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1087 f. 260 außgefodert] herausgefordert. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 860. 261 ebenmässig] gleichermaßen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 15. 262 nachgelassene] hinterlassenen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 85. 263 Entleibten] (im Zweikampf) Umgebrachten. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 571.

425

430

435

440

445

Vorbericht

450

455

460

465

41

Begräbnisse gewürdiget/ sondern wie das Aas auff der Gassen hingeworffen und vernichtet werden/ noch anderer Straffen zu geschweigen264/ als da ist der Verlust ihrer Gühter/ und was demselben mag ankleben/ wovon der berühmte GeschichtSchreiber Emanuel von Metteren265/ der dises gahr weitläuffig abhandelt/ im 31 | Buche seiner Niederländischen Historien kan nachgeschlagen werden/ da dann der Geschichtlibende Leser merkliche266 Sachen wird finden. Was nun letstlich die Flucher und Gotteslästerer betrifft; so hat höchstgedachter267 König Hinrich der Grosse verordnet/ daß alle die jenige/ welche bey dem Namen Gottes/ der heiligen Mutter Maria/ auch anderer Heiligen schwehren268 oder fluchen/ nicht nur eine ansehnliche Geldbuhsse erlegen269/ sondern auch nach Beschaffenheit der Sache/ an ihren Leibern/ ja auch am Leben härtiglich solten gestraffet werden/ welches Urtheil an vielen Gotteslästerern ist vollenzogen270 worden.271 Unter anderen erwähnet der vorbesagter272 Geschichtschreiber eines solchen Fluchers/ Namens Nicolaus de Mele/ welcher/ nachdehm er ist überzeuget273/ daß er Gott gelästert/ für der führnehmsten Thür der Haubtkirchen zu Pariß mit blossem Haubte/ Bahrfusses274/ in seinem Hembde/ mit einem Bast275 oder Strikke an seinem Halse/ eine brennende Kertze 2 Pfund schwer in seiner Hand haltend/ und auff seinen Knien ligend/ offentlich daselbst sagen und bekennen müssen/ daß er böslichm und aus grosser Argheit/ den Namen GOttes/ wie auch die heilige Jungfrau Maria greulich und gottloser weise gelästert habe/ welches ihme nun von Hertzen leid sei/ bitte derowegen Gott und die Justitia üm Verzeihung/ worauff ihm durch den Nachrichter276 die Zunge mit einem glühendem eisernem Pfriem277 durchstochen/ beide seine Leftzen278 auffgesplissen279/ und er letzlich auff ewig aus Frankreich ist verban-

m böslich] Emendiert aus: bös lich

264 anderer Straffen zu geschweigen] von anderen Strafen zu schweigen. Zu ‚geschweigen‘ vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3987. 265 Emmanuel van Meteren (1535–1612), niederländischer Historiker, seit 1550 als Kaufmann in London tätig, 1583 Hauptmann der niederländischen Kaufleute in London. Van Meteren beschreibt in seinen ‚Niederländischen Historien‘ (1. Auflage 1596) die Geschichte der Niederlande und seiner europäischen Nachbarn. Das in zahlreichen Auflagen erschienene Werk wurde durch van Meteren bis zu seinem Tod sukzessive erweitert und gilt als vorzügliche Quelle der Geschichte des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Vgl. Wenzelburger. 266 merkliche] merkenswerte. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2103. 267 höchstgedachter] schon rühmlich erwähnter. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1616. 268 schwehren] schwören. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2734. 269 erlegen] entrichten. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 898. 270 vollenzogen] vollzogen. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 727. 271 Vgl. van Meteren, Niederlandischer Historien Ander Theil, S. 172 f. 272 vorbesagter] bereits erwähnte. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 896. 273 ist überzeuget] dessen ist überführt worden. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 674. 274 Bahrfusses] barfuß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1132. 275 Bast] Strick. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1148. 276 Nachrichter] Henker. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 103 f. 277 Pfriem] an einem Holzgriff befestigten Stahlklinge. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1793 f. 278 Leftzen] Lippen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 516. 279 auffgesplissen] aufgespalten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 742.

fol. d 1v

42

fol. d 2r

Vorbericht

net worden280. Wen noch heute zu Tage solche und derogleichen Straffen gegen die Flucher und | Gotteslästerer müchten verübet werden/ so könte dises Laster merklich281 gedämpfet/ wo282 nicht gahr außgerottet/ und der gerechte Gott seinen grimmigen Zorn wider böse und guhte außzulassen/ dergestalt nicht genöhtiget/ oder gezwungen werden. Aber/ man zeige mir nur ein eintziges Exempel/ daß die Flucher und Gotteslästerer entweder an ihren Gühtern/ oder an ihren Ehren/ oder an Leib und Leben/ diser Oehrtern,283 sind gestraffet worden? Jst demnach kein Wunder/ daß der gerechte Gott dises abscheuliche Laster (das man gleichwol für keine Sünde mehr wil halten/) bißweilen selber heimsuchet/ und die Flucher durch den abgesagten284 Menschen=Feind285/ (dessen Namen sie fast stets im Munde führen) zu zeiten schwerlich lässet kasteien286/ wovon ich einer merkwürdigen Geschichte/ die sich gahr neulich hat zugetragen/ mit weinig287 Wohrten allhie muß gedenken: Ein junger Mensch/ mein Nachbahr/ der in der Jugend leider! nicht viel guhtes gehöhret/ hernachmahls288 im Kriegeswesen allerhand Untugend/ sonderlich das Fluchen und Gottesn Oehrter] Emendiert aus: Oehter

280 Vgl. van Meteren, Niederlandischer Historien Ander Theil, S. 173. De Mele wurde dazu verurteilt, daß er, „als durch gewisse Zeugnuß vberwunden/ wegen der begangener Missethat offentlich solte gestrafft werden/ also daß er solle mit blossem Haupt/ Barfuß/ mit einer brennenden Kertzen 2. Pfund schwer in der Hand/ vor der Thür vnd fürnembsten Eingang der Stifftkirchen S. Peters daselbsten zu Mans/ offentlich vnd vberlaut sagen vnd bekennen/ daß er auß leichtfertiger Boßheit den Namen Gottes gelestert habe/ deßwegen er dann Gott/ den König vnd die Justitie vmb Verzeihung bitten solle/ vnd dann 5. Jahr lang auß der Graffschafft Mayre verbannet bleiben/ mit verbott jnnerhalb gesagter Zeit in das Land nicht wider zu kommen/ auff Straff so in demselbigen Vrtheil begriffen: Solte darneben 4 gülden Kronen zu Buß erlegen/ 2. dem König/ vnd 2. für die Armen. aber wegen in dem Proceß angezogener vnd vberwiessener Missethat/ so haben/ die von dem Parlament/ oder Hoff vielgemelten Mele verdampt vnnd vervrtheilt/ verdammen vnd vervrtheilen auch hiemit daß er ein ehrliche Buß/ oder Besserung thun sol vor dem fürnembsten Portal/ oder Thür der Hauptkirchen zu Pariß/ mit blossem Haupt/ barfüsses in seinem Hembd/ mit einem Bast/ oder Strick vmb seinen Hals/ eine brennende Kertz 2. Pfund schwer in seiner Hand haltend/ vnnd sol allda auff seinen Knien offentlich vnnd vberlaut sagen vnd bekennen/ daß er bößlich vnd auß grosser Argheit den Namen Gottes vnd die H. Jungfraw Maria grewlich vnd Gottloser weyß gelästert habe/ welches jhm von hertzen leid seye/ vnnd bitte derhalben Gott vnd die Justitie vmb Verzeihung. Wann nun solches geschehen/ sol jhm durch den Nachrichter die Zung mit einem glüenden Eysern Pfriem durchstochen/ beyde seine Lefftzen auffgesplissen/ er aber in Ewigkeit auß Franckreich verbannet werden/ mit scharpffem Befelch solches Bans wol in acht zu nemen/ auff Straff/ da er innerhalb 4. tag nach Execution dieser Sententz vnnd Vrtheil in dem Königreich würde angetroffen vnd ergriffen werden/ daß er als dann ohn einig Formlichen/ oder gewohnlichen Proceß/ den nechsten sol gehenckt vnnd erwürgt werden.“ 281 merklich] bemerkbar. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2103. 282 wo] wenn. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 918. 283 diser Oehrter] hierzulande. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1359 f. 284 abgesagten] erklärten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 47. 285 Menschen=Feind] Gemeint ist der Teufel. Vgl. Mt 13,39. 286 kasteien] züchtigen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 262. 287 weinig] wenigen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 288 hernachmahls] später. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1118.

470

475

480

Vorbericht 485

490

495

500

505

510

43

lästern färtig289 hatte gelernet/ wie er den nebenst anderen Flüchen/ auch das Teufel hohlen290/ fast stets im Munde führete/ ward offt und vielmahls von mir gewarnet und ermahnet/ sich solches abscheulichen Lasters zu enthalten/ den/ GOtt weiß/ wen ich einen Fluch höhre/ erzittern mir alle meine Glieder/ wie den jenigen bewust ist/ so täglich mit mir ümme gehen291. Als aber kein bitten/ straffen oder ermahnen/ ichtwas292 bei disem Menschen verfangen oder helffen wolte/ begab sichs/ daß er einsmahlen293 des Abends üm sechs Uhre/ wie der Mohnd schon gahr | hello geschienen/ hinaus in seinen Hoff gangen/ seine Nohtdurfft (mit Ehren zu melden294) zu verrichten. Jn dem er nun so sitzet/ siehet er ein langes/ weisses Gespenst/ fein langsahm für ihm über wanderen295/ welches er/ als ein vermessener Mensch anfänglich nicht groß geachtet/ in deme296 er vermeinet297/ daß seines Nachbahren Knecht ihme etwan298 solches zum Possen299 gethan hette/ es ist aber besagtes Gespenst bald ümme gekehret300/ und aus einem weissen/ zu einem grausahmen/ schwartzen Teufel worden/ welcher den Flucher mit seinen erschreklichen Klauen über die mahsse grausahm brüllend/ dergestalt angegriffen/ daß ihm höhren und sehen darüber vergangen/ ist gleichwol auff Händen und Füssen noch wider in sein Hauß gekrochen/ da er den auff etlichen Moorbülten301 (wie man es hie zu Lande nennet) oder dürren grossen Rasen/ als ein todter Mensch ist beligen bliben302. Seine Haußfrau303/ wie auch sein Vatter/ der für einer halben Stunden war zu ihm gekommen/ ein weinig304 mit ihm zu schwätzen/ sitzen mit einander in der Vorstube305/ und verwunderen sich darüber/ daß er so lange aussen bleibet/ gehen endlich hinaus/ und finden ihn daselbst gahr erbärmlich/ ohne allen Verstand und Sprache auff den Rasen ligen/ worüber sie hefftig erschrakken. Sie tragen ihn in die warme Stube/ schikken geschwind jemand zu mir her/ und lassen mich berichten306/ was es für eine Beschaffenheit mit ihm habe/ worauff ich o hell] In Custode statt dessen: helle

289 färtig] bereitwillig. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1550. 290 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 4, Sp. 1109: „Dass dich der Teufel hole.“ 291 ümme gehen] Umgang haben. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 914. 292 ichtwas] irgendetwas. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2037 f. 293 einsmahlen] einst. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 314. 294 mit Ehren zu melden] mit Verlaub gesagt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 55. 295 für ihm über wanderen] an ihm vorbei wandern. Zu ‚für‘ vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 621. Zu ‚überwandern‘ vgl. DWb 23, Sp. 634. 296 in deme] weil. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2108. 297 vermeinet] irrtümlich annahm. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 853. 298 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 299 zum Possen] im Scherz. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2013. 300 ümme gekehret] zurückgekehrt. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 970. 301 Moorbülten] Moorbulten sind in Sumpfgebieten trockene Flächen, die oberhalb des Wasserspiegels stehen. Vgl. Townsend / Harper / Begon, S. 152. Das niederdeutsche Wort ‚Bülte‘ bedeutet Haufen, Hügel bzw. Rasenstück. Vgl. Ten Doornkaat Koolman 1, S. 251 f. sowie Hennig / Meier, S. 19. 302 beligen bliben] liegen geblieben. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1450. 303 Haußfrau] Ehefrau. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 662. 304 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 305 Vorstube] Raum vor dem eigentlichen Wohnzimmer. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 1712. 306 mich berichten] mir berichten. Zu ‚berichten‘ mit Akkusativobjekt der Person vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1522.

fol. d 2v

44

fol. d 3r

fol. d 3v

Vorbericht

ihme ungesäumet307 ein bewehrtes Artzneymittel zugerichtet308/ welches sie ihme/ als einem fast gar309 erstorbenem310 Menschen/ nicht ohne Mühe in den Leib gebracht/ wodurch ihme den nach zweien Stunden der | Verstand (die Sprache aber noch nicht so bald) fein wider kommen/ auch also/ daß er Kreide genommen/ und damit auff den Tisch geschriben/ was ihme von dem Gespenste widerfahren. Als ich nun nebenst fleissigem Gebehte/ auch mit Artzneien ferner angehalten311/ hat sich folgendes Tages auch die Sprache wider gefunden/ da er den alles außführlich mir und anderen erzehlet/ was ihme begegnet/ worüber etlichen die Hahre sind zu Berge gestanden/ er selber aber hat noch etliche Tage grosse Furcht und übermässiges Schrekken bei sich empfunden/ hat sich oft ümme gesehen/ als ob schon widrum ein Teufels=Gespenst hinter ihm were/ wie man den auch die schwartzblaue Mähler312 oder Zeichen/ welche ihm die Teufels=krahlen oder Klauen in die Haut seiner beiden Seiten gedrukket/ hernachmals313 noch eine geraume Zeit gantz klährlich und deutlich hat sehen und spühren können/ ihme und anderen/ die mit Fluchen und Schwehren314 den allerheiligsten Namen GOttes so schändlich mißbrauchen/ auch den Teuffel so stets im Munde führen/ zu einer merklichen315 Warnung. Der Allerhöhester verleihe seine göttliche Gnade/ daß alle Flucher und Gotteslästerer dises denkwürdiges Exempel/ (derer mir gleichwol noch mehr bekant sind) ihnen zum Spiegel dienen lassen/ und darin ersehen/ wie leicht und bald GOtt dem Satan könne verhängen316/ die jenige/ bei welchen das Hohle mich der T.317 so gemein318 ist/ grausahmlich anzugreiffen/ und daß/ wen schon Menschen durch die Finger sehen319/ GOtt dennoch wol wisse die Flucher zu finden und abzustraffen. Solcher und derogleichen merk= | würdigenp Geschichte sind mir noch etliche mehr wissend320/ die ich theils selber erlebet/ theils von anderen/ und zwahr glaubwürdigen Leuten mir erzehlen lassen/ welche die libe Obrigkeit negst321 dem ernstlichen/ göttlichen Befehl322/ wol müchten anreitzen und auffmuntern/ daß sie dises grausahme Laster des Fluchens und Gottlästerens doch etwas ernstlicher bestraffeten/ und mit solchen Leuten (wie leider! gahr zu vielfältig geschiehet) nicht also heuchelten/ oder durch die Finger sehen323/ den es p merkwürdigen] Emendiert aus: merkwürdigem

307 ungesäumet] unverzüglich. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 827. 308 zugerichtet] zubereitet. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 662. 309 gar] vollständig. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 310 erstorbenem] gestorbenen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1010. 311 angehalten] fortgefahren. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 365. 312 Mähler] Wundmale. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1494. 313 hernachmals] später. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1118. 314 Schwehren] Schwören. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2734. 315 merklichen] deutlich erkennbaren. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2103. 316 verhängen] den Auftrag geben. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 525. 317 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 4, Sp. 1109. 318 gemein] verbreitet. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3169 f. 319 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 1021. 320 wissend] bekannt. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 772. 321 negst] nächst. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 133. 322 Vgl. Lev 23,10–16 323 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 1021.

515

520

525

530

535

540

Vorbericht

545

550

555

560

565

45

fürwahr ein grosser Greuel/ daß die jenige/ die auff Christum getauffet324/ durch CHristi Bluht325 und Tod326 so theur erkaufft327/ und nach ihrem Seligmacher Christen heissen wollen/ ohne einige328 Scheu oder Furcht für Gott und Menschen/ also fluchen/ schwehren329/ und den grossen Gott im Himmel lästern dörfen/ gerade/ als wen solches keine verdamliche Sünde oder Untugend were. Versichert euch330 ihr Maul= und Heuchel=Christen331/ daß an jennem grossen Gerichtstage332 Türcken und Tartaren/ welche nicht leiden333 noch zugeben334/ daß derogleichen Laster unter ihnen im Schwange gehen335/ werden aufftreten/ euch ernstlich verklagen/ ja euch gleichsahm anspeien/ daß ihr die Zeit euer gnädigen Heimsuchung 336 nicht mit besserem Danke habt erkennet und angenommen: Jch wil hie nicht sagen/ was nicht nur die Flucher/ sondern auch was alle die jenige Obrigkeiten für ein Urtheil werden zugewahrten337 haben/ welche Zeit ihres Lebens und Regimentes haben leiden338 können/ daß der allerheiligste Name Gottes so schändlich gemißbrauchet/ und bei demselben offt so abscheulich ist gefluchet und geschwohren worden: Und/ was | dünket dich wol/ mein unpartheiischer Leser/ was were von einem solchen Königlichen oder Fürstlichen Bedienten Raht/ Richter/ Amtmann/ oder/ wie er sonst mag Namen haben/ zu halten/ der alle Tage mit gedültigen Ohren könte anhöhren/ daß sein König/ sein Fürst/ sein Oberherr/ von losen339/ leichtfärtigen und nichtswürdigen Leuten/ würde gescholten/ geschmähet/ geschändet und gelästert? Würde man denselben nicht für einen ungetreuen Diener/ ja/ wen er mit solchen Leuten täglich solteq ümme gehen340/ wol für einen meinäidigen Verrähter seiner Herrschaft oder Oberherren halten/ und würde sein König oder Fürst/ wen er solche seine Stüklein341 von ihme erfahren solte/ denselben nicht zu gebührender Straffe ziehen? Was meinet ihr den wol/ wie es dem grossen GOtt im Himmel gefalle/ wen die jenige/ welchen er das Regiement über andere Menschen hat zugestellet342 und verliehen343/ oder auch/ die er zu Hirten seiner Gemeine344 hat verordnet345/ können leiden346 oder gestat-

q solte] Emendiert aus: sol te

324 Röm 6,3 325 1Petr 1,19 326 Röm 5,10 327 1Kor 6,20; 7,23 328 ohne einige] ganz ohne. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 208. 329 schwehren] schwören. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2734. 330 Versichert euch] seid gewiß. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1300. 331 S. o. S. 12, Anm. 8. 332 Vgl. Mt 25,31 f. 333 leiden] dulden. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 662 f. 334 zugeben] gestatten. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 400. 335 im Schwange gehen] verbreitet sind. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2225. 336 Heimsuchung] Zuwendung Gottes. Vgl. Apg 15,14; Lk 7,16 337 zugewahrten] zu erwarten. Vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 5341. 338 leiden] dulden. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 662 f. 339 losen] nichtsnutzigen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1184. 340 ümme gehen] Umgang haben. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 914. 341 Stüklein] Übeltaten. Vgl. Grimm, DWb 20, Sp. 243. 342 zugestellet] überantwortet. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 851. 343 Vgl. Röm 13,1 344 Gemeine] Gemeinde. Hier im Sinne von ‚Christenheit‘. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3240 f. 345 Vgl. Eph 4,11 346 leiden] dulden. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 662 f.

fol. d 4r

46

fol. d 4v

fol. d 5r

Vorbericht

ten/ daß sein heiliger/ göttlicher Name durch fluchen/ lästeren und schwehren347/ fast täglich/ ja wol stündlich und augenbliklich348 wird entheiliget? Jst es auch wol müglich/ daß seine strenge Gerechtigkeit ein solches vermaledeites Laster nicht ernstlich solte straffen? Nimmermehr wird dasselbe nachbleiben349/ so lange die Gerechtigkeit noch eine von den wesentlichen Eigenschafften Gottes ist zu nennen. Selig ist demnach die jenige Obrigkeit/ auch wegen ihres Fleisses und Treue hoch zu rühmen/ welche das wahre Christenthum zu erbauen/ die Flucher/ Schwehrer350 | und Gotteslästerer niemahlen351 ungestraffet lässet hinn gehen352. Was nun hier erinnert wird der Flucher und Gotteslästerer halber/ das kan auch füglich von den rohen/ sicheren und Epikurischen353 Leuten/ von den muhtwilligen Verächtern des heiligen göttlichen Wohrtes und der Sakramenten gesetzet354 werden. GOtt hat uns Christen dises Heiligthum/ als einen theuren Schatz anvertrauet/ aber/ wie gahr liederlich wird derselbe von uns bewahret/ wie schlecht wird er gehalten355/ ja wie weinig356 wird er von dem grössesten Hauffen gelibet! Was mag aber wol die eigentliche Uhrsache diser Geringschätzung seyn? Meines Bedünkens357/ haben es die jenige sehr schwehr zu verantwohrten/ welche anderen mit guhten Exempeln solten fürgehen358/ das Wohrt Gottes/ samt dem öftern/ recht würdigem Gebrauch des hochheiligen Abendmahls ihre grösseste Freude sein lassen/ aber sich so weinig359 üm GOtt/ sein Wohrt und Sakramenta bekümmeren/ daß sie auch die jenige für Narren und Phantasten halten/ welche ihre Seligkeit mit zittern suchen360. Was solten nun solche Welt= und Geldergebene Hertzen andere solcher Sünde und Laster halber viel bestraffen/ in welchen sie selber biß über die Ohren stekken? Eben also gehet es auch zu mit Entheiligung des von GOtt uns so hoch anbefohlenen Sabbahttages361: Ein Christliches Hertz muß mit Grausen und Schrekken ansehen/ wie die herliche Feir= und Festtage/ die Sonn= Buhss= und Behttage so jämmerlich werden entheiliget/ und dasselbe zwahr ohne einige362 Straffe. Hie wünsche ich abermahl/ daß die je= | nige/ welche bei Hofe viel zu sagen haben/ worunter ich nicht nur die weltliche/ sondern auch die Herren Geistliche/ die Hoffprediger/ Bisschöffe/ General- und Special Superintendenten, Pröbste/ und wie sie mehr heissen mügen/ verstehe/ das Maul rechtschaffen aufthäten/ und den grossen Potentaten das dritte Geboht/ Memento, Gedenke darann/ daß du

347 schwehren] Schwören. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2734. 348 augenbliklich] in jedem Moment. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 803. 349 nachbleiben] unterbleiben. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 31. 350 Schwehrer] Schwörer. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2746. 351 niemahlen] niemals. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 823. 352 hinn gehen] entkommen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1439. 353 S. o. S. 32, Anm. 130. 354 gesetzet] ausgesagt. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 680. 355 gehalten] behütet. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 276. 356 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 357 Meines Bedünkens] meiner Ansicht nach. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1239. 358 fürgehen] vorangehen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 735. 359 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 360 Phil 2,12 361 Vgl. Ex 20,8–11 362 ohne einige] ganz ohne. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 208.

570

575

580

585

590

595

600

Vorbericht

47

den Sabbaht heiligest363/ aus dem Grunde364 erklähreten/ ihnen fürhielten die 605

610

615

620

625

630

ungläubliche Wichtigkeit dises Gebohtes/ sie unterthänigst und üm CHristi willen ersucheten/ daß doch disem Gebohte zu merklicher365 Erbauung des wahren Christenthumes ernstlicher müchte nachgelebet/ der Sabbaht/ das ist/ alle Sonn= und Festtage/ Buhss= und Behttage/ innerlich und äuserlich recht gefeiret/ die Ubertreter aber dises Gebohtes mit ernstlicher Straffe angesehen366 werden/ welches letste abermahl nicht ein geringes367 in grosser Fürsten und Herren Rentkammere368 bringen würde. Daß aber dises geschehen solte/ ist vielmehr zu wünschen/ als zu hoffen/ den/ etliche unter den Geistlichen/ wollen auch dises Falles369 der Katzen die Schellen nicht anhängen370/ damit sie den grössesten Theil der Statisten371/ Höflinge/ Amtleute und Vorstehere der Länder nicht erzürnen/ zumahlen etliche unter denselben so ungern den Sabbaht feiren/ als ungern ich höhren mag/ daß man bei dem Namen GOttes fluchet oder schwehret372. Es sind mir etliche solcher Leute bekant/ welche von den Unterthanen begehren und bitten/ daß sie ihnen doch an den Sonn= und Feiertagen/ ihr Korn/ Heu/ Holtz und andere dergleichen Sachen mügen zu Hause führen373. | Werden sie nun deßwegen besprochen374/ auch wol freundlichst ersuchet/ daß sie doch ein so gahr grosses Aergernisse nicht geben/ und die von GOtt uns so hoch anbefohlene Feir des Sabbahttages doch dergestalt nicht entheiligen wollen/ so erfolget ins gemein375 dise trotzige Antwohrt: Weme hieran etwas gelegen sey? Man müsse sich wissen in die Zeit zu schikken376/ es sei der Unterthanen Beschaffenheit nicht/ daß sie ihren Amtleuten an den Werkeltagen377 helffen können/ sie haben alsden mit ihrem eigenem genug zu schaffen/ darum müsse man die Sonn= und Feiertage dazu nehmen/ die Zeit und Gelegenheit müsse dises Falles378 beobachtet werden. O der gottlosen/ verfluchten Antwohrt/ dadurch dem grössestem Beherscher Himmels und der Erden379/ als Stifftern des heiligen Sabbahts/ so gantz trotzig/ muhtwillig und vermessen ins Angesicht wird widersprochen! Daß mag ja recht heissen: Das Christenthum für nichts achten/ ja wol gantz und gahr mit Füssen treten! GOttes ernstlicher Befehl lautet also: Gedenke des Sabbahttages/ daß du ihn heiligest.

Sechs Tage solt du arbeiten und alle deine Dinge beschikken. Aber am

363 Ex 20,8 364 aus dem Grunde] gründlich. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 719. 365 merklicher] bemerkbarer. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2103. 366 angesehen] belegt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 455. 367 ein geringes] wenig. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3694. 368 Rentkammere] Steuerbehörden. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 817. 369 dises Falles] in diesem Fall. Nicht bei Grimm, DWb. 370 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 2, Sp. 1185 f. 371 Statisten] Politiker. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 949. 372 schwehret] schwört. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2734. 373 zu Hause führen] nach Hause bringen. Zu ‚Haus‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 646. Zu ‚führen‘ vgl. DWb 4, Sp. 437. 374 besprochen] angesprochen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1640. 375 ins gemein] gewöhnlich. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2142. 376 sich in die Zeit zu schikken] sich nach der Zeit zu richten. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2651. 377 Werkeltagen] Werktagen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 355. 378 dises Falles] in diesem Fall. Nicht bei Grimm, DWb. 379 Dtn 4,39

fol. d 5v

48

fol. d 6r

Vorbericht

siebenden Tage ist der Sabbaht des HErrn/ deines GOttes/ da solt du kein Werk thun/ noch dein Sohn/ noch deine Tochter/ noch dein Knecht/ noch deine Magd/ noch dein Viehe/ noch dein Frembdlinger/ der in deinen Thoren ist/ den/ in sechs Tagen hat der HErr Himmel und Erden gemachet/ und das Meer/ und alles was darinn | ist/ und ruhete am siebenden Tage/ darum segnet der HERR den Sabbaht und heiliget ihn.380 Jn disen Wohrten befindet sich nicht allein ein wahrer und scharffer Befehl/ daß man den Sabbaht sol feiren und heiligen/ sondern/ GOtt stellet uns auch sein eignes Exempel für/ daß er nemlich selber/ nachdem er in sechs Tagen Himmel und Erden gemachet/ am sibenden Tage habe geruhet/ dem wir ja billig381 hierinn nachfolgen/ und/ wie GOtt selber gethan/ den sibenden Tag oder Sabbaht sollen heiligen. Was sagen aber unsere HeuchelChristen/ Statisten382 und Simulisten383 zu disem Geboht? Sie kehren es gantz üm/ und giessen es durchaus in eine andere/ und zwahr ungefehr dise Form: Gedenke des Sabbahttages/ daß du den-

fol. d 6v

selben mit aller Macht entheiligest/ und in allerhand Leichtfärtigkeitr zubringest. Sechs Tage solt du arbeiten/ und am sibenden Tage bei leibe nicht feiren/ deine Söhne/ deine Töchter/ deine Knechte/ deine Mägde/ sollen am Sontage Flachs und Hanff außjetten384/ oder rein machen/ an Feirtagen sollen sie auf dem Heu arbeiten/ Korn/ Holtz/ Torff und dergleichen aufladen/ und mit Pferden und Wagen zu Hause führen385/ den der Statisten386 Gott/ der leidige Satan/ nachdem er alles hat verderbet und ümme gekehret387/ hat auch an den Feir= Beht= Fest= und Sontagen nicht geruhet/ wie er den ohne auf hören den Sabbaht | annoch388 entheiliget/ dem sollet ihr/ als fromme Schüler ihrem Lehrmeister zu thun schuldig/ fleissig nachfolgen/ auch den Lohn/ welchen er/ der Teufel zu gewahrten389 hat/ nebenst ihme zu seiner Zeit geniessen/ da ihr den für eure Arbeit alhier auf Erden/ an den heiligen Feir= und Sontagen begangen/ mit der ewigen/ höllischen Arbeit/ im Pech= und Schwefelpfuhl sollet ergetzet werden. Nun wil ich alle die jenige/ welche Christum angehöhren/ hiemit gefraget haben: Ob derogleichen muhtwillige Verächter des göttlichen Befehls/ wodurch sie ihrem Schöpfer aus lauter Trotz widerstreben/ und desselben ernstliche Gebohte gewalttähtiger weise mit Füssen treten/ von r Leichtfärtigkeit] Emendiert aus: Leichfärtigkeit

380 Ex 20,8–11 381 billig] zu Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 382 Statisten] Politiker. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 949. 383 Simulisten] Simulanten. Zu ‚simulieren‘ vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1064. 384 außjetten] von Unkraut befreien. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 890. 385 zu Hause führen] nach Hause bringen. Zu ‚Haus‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 646. Zu ‚führen‘ vgl. DWb 4, Sp. 437. 386 Statisten] Politiker. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 949. 387 ümme gekehret] böswillig verdreht. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 966. 388 annoch] immer noch. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 418. 389 gewahrten] erwarten. Vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 5342.

635

640

645

650

655

660

665

Vorbericht

670

675

49

der Obrigkeit deßwegen nicht mit einer scharffen Straffe solten angesehen390 werden? Hier weiß ich/ ja ich halte mich gleichsahm gantz und gahr versichert391/ daß alle Gottlibende werden Ja und Amen dazu sagen. Wo bleibet aber die Execution oder Außführung dises Urtheils? So weinig392 man die Flucher und Gotteslästerer in disen jämmerlichen Zeiten straffet; So weinig begehret man auch die Verächter des heiligen Sabbahts ernstlich anzusehen393/ sonderlich dieweil die jenige/ welche dises Falles394 Richter sein solten/ in besagetem Laster selber biß über die Ohren stekken/ und den Sabbaht am allerschändlichsten entheiligen. Als einsmahlen395 eines Jsraelitischen Weibes Sohn/ der eines Egyptischen Mannes Kind war/ dort in der Wühsten/ den Namen GOttes hatte gelästert und gefluchet396/ da fällete GOtt selber ein solches Urtheil: | Führet

680

den Flucher hinaus für das Lager/ und lasset alle die es gehöhret haben/ ihre Hände auf sein Haubt legen/ und last ihn die gantze Gemeine steinigen. Und ferner sprach GOtt zu Mose: Sage den Kindern Jsrael: Welcher seinem GOtt fluchet/ der sol seine Sünde tragen/ welcher des HErren Namen lästert/ der sol des Todes sterben/ die gantze Gemeine sol ihn steinigen/ wie der Frembdlinge/ so sol auch der Jnheimische sein/ wen er den Namen lästert/ so sol er sterben397. Jm 3 Buch Mose am 24 Kapittel.

685

Als die Kinder Jsrael in der Wühsten waren/ funden sie einen Mann Holtz lesen398 am Sabbaht tage/ disen legten sie gefangen/ den es war nicht klahr außgedrukket399/ was man mit ihm thun solte. Der HErr aber sprach zu Mose: Der

fol. d 7r

Mann sol des Todes sterben/ die gantze Gemeine sol ihn steinigen/ ausser dem400 Lager. Da führete ihn die gantze Gemein hinaus für das Lager und steinigten ihn/ daß er starb/ wie der HErr Mose gebohten hatte401.

690

695

Jm 4 Buch Mose/ am 16 Kapittel402. Was dünket euch von disen beiden Gesellen/ ihr böse Christen/ Statisten403 und Alamodisten404 in der Religion? Jst das nicht eine starke Execution oder Außführung des Gerichtes/ daß nicht allein der Lästerer und Flucher/ sondern auch der arme Manns/ der am Sabbaht nur ein weinig405 Holtz hatte aufgelesen/ musten zu Tode gesteiniget/ und eben so hart/ ja noch fast härter/ als die Mörder und Todschläger gestraffet werden? | Ach du liber GOtt/ solte man heute s Mann] Emendiert aus: Mannn

390 angesehen] belegt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 455. 391 halte mich versichert] bin gewiß. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1307. 392 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 393 anzusehen] zu bestrafen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 455. 394 dises Falles] in diesem Fall. Nicht bei Grimm, DWb. 395 einsmahlen] einst. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 314. 396 Lev 24,10 f. 397 Lev 24,14–16 398 lesen] sammeln. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 774. 399 außgedrukket] festgelegt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 847. 400 ausser dem] außerhalb des. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1032. 401 Num 15,32–36 402 16 Kapittel] Recte: 15. Kapitel 403 Statisten] Politiker. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 949. 404 Alamodisten] Modernisten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 200. 405 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1.

fol. d 7v

50

fol. d 8r

Vorbericht

zu Tage alle Flucher/ Gotteslästerer und Ubertreter des Sabbahts zu Tode steinigen/ so müste man die arme Sünder an die Elbe führen/ wo man Steine in grosser Menge kan haben/ den anderswoh würde man so viel Steine schwehrlich finden/ womit die schüldige gebührlich406 könten abgestraffet werden. Dises erwähne ich gleichwol nicht zu dem Ende407/ als wen ich die Obrigkeit überreden wolte/ daß sie die Gotteslästerer/ wie auch die Sabbahts=entheiliger/ allemahl und ohn Unterscheid/ am Leben solte straffen/ den/ wen ich dises thun würde/ dörften meine mißgünstige/ mich bei jedermänniglich408 für einen bluhtdürstigen Bruder Cornelius409 außschreien410/ ja fürgeben411/ daß ich Lust hette an der Menschen Sterben und Verderben; Sondern dises nur habe ich ihnen zu Gemühte führen wollen/ daß sie gleichwol solche grobe und schwehre Laster/ nicht gantz und gahr ungestraffet liessen hingehen/ zum weinigsten412 könte und solte ihnen eine starke Geldbuhsse aufgeleget/ oder/ wen gahr keine Geldmittel fürhanden/ solche Missethäter mit schwehrer Gefängnisse413 bestraffet werden/ welches aber niemahls leider! geschiehet. Unterdessen ist dises einmahl gewisse und wahrhaftig/ daß/ wen man ohne Ansehen der Personen/ die Boßhaften würde straffen/ auch nur bloß an Gelde/ dadurch ein ansehnliches erobert/ die Schatz und Rentkammeren414 bereichert/ oder/ welches noch wol das allerbeste were/ der liben Armuht in ihrer grossen Noht merklich415 könte geholffen werden. | Wir dürfen aber nicht gedenken/ daß allein die jenige/ welche wider die erste Taffel der heiligen Zehn Gebohte/ mit Aberglauben/ t Zeichendeuten/ Wahrsagen/ Beschwehren416/ Hexerei/ Fluchen/ Schwehren417/ Gotteslästeren/ Enthei-

t /] Emendiert aus: !

406 gebührlich] gebührend. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1897. 407 zu dem Ende] mit dem Ziel. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 457. 408 jedermänniglich] jedermann. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2292. 409 Cornelius Adriaensz (1521–1581), nach Priesterweihe seit 1548 Mitglied des Franziskanerordens (OFM) zunächst in Brügge, seit 1563 in Ypern, seit 1566 wieder in Brügge. Adriaensz war ein äußerst populärer Prediger, kritisierte jedoch mit ausgeprägter Schärfe Reformbestrebungen seiner Kirche, polemisierte gegen Erasmus von Rotterdam und übte Kritik an der Steuerpolitik sowie an den Bischöfen, die die Unterdrückung des niederländischen Aufstandes gegen Fernando Álvarez de Toledo y Pimentel, Herzog von Alba, mittrugen. Die Publikation der Predigten Adriaensz’ wurde von Gegnern besorgt, u.a. von Hubert Goltzius (1526–1583), weswegen nicht auszuschließen ist, daß die antiprotestantische Schärfe der veröffentlichten Texte durch die Herausgeber verstärkt worden ist. Goltzius’ ‚Historie van B. Cornelis Adriansen van Dordrecht‘ wurde bis ins erste Drittel des 17. Jahrhunderts vielfach wieder aufgelegt und erschien 1613 in deutscher Übersetzung. Vgl. Alberdingk Thijm sowie Ruland. 410 außschreien] verleumden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 961. 411 fürgeben] sagen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 732. 412 zum weinigsten] zumindest. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 33. 413 Gefängnisse] Zu ‚Gefängnis‘ als Femininum vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2125. 414 Rentkammeren] Steuerbehörden. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 817. 415 merklich] bemerkbar. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2103. 416 Beschwehren] Beschwören. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1607. 417 Schwehren] Schwören. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2734.

700

705

710

715

Vorbericht 720

725

730

735

740

745

51

ligung des Sabbahts und dergleichen groben Lasteren418 sich versündigen/ gantz ungestraffet hinn gehen/ und nicht/ wie sich es gebühret/ ernstlich werden angesehen419; Sondern man straffet auch die jenige nicht/ welche wider das vierte Geboht GOttes/ ihre Eltern/ von welchen sie doch das Leben und tausendterlei Wolthaten haben genossen/ schmähen/ lästern/ denselben fluchen/ sie mit Füssen stossen/ mit Fäusten schlagen/ zum Hauß hinaus jagen/ und sonst jämmerlich mit ihnen ümme gehen420/ wie mir den derogleichen Exempel leider! mehr den zu viele bekant sind. Jst mir aber das nicht ein elendes Christenthum/ darinn man leidet oder zugibt/ daß solche Gottlosigkeiten/ welche auch von den abgöttischen Heiden/ an Leib und Leben vielmahls sind gestraffet worden/ ungescheuet 421/ ungehindert und ungestraffet werden verübet? O ihr Obrigkeiten/ werdet ihr solche Elternmörder (den also kan ich sie in rechter Wahrheit nennen/ angesehen422/ sie ihre Eltern oftmahls dergestalt betrüben/ und die väterliche oder mütterliche Hertzen so grausahm quählen/ daß sie für der Zeit423 aus der Welt müssen scheiden) noch ferner also ungestraffet dahinn gehen lassen/ so wird der gerechte Gott nicht nur euch/ sondern auch eure Lande und Leute noch viel grausahmer heimsuchenu/ als bißhero ist geschehen/ und wir auch täglich | (aber ohne ferners424 Nachdencken) für unseren Augen sehen. Was wollen wir aber sagen von den erschreklichen Bluhtschulden/ welche auf so manches Land/ auf so manche Statt werden geladen? Wie viel muhtwillige Todschläger und Mörder/ die nicht nur einen/ sondern unterschiedliche425 haben erwürget/ werden nicht allein an manchem Ohrt geschützet und gehandhabet 426; sondern auch oft für anderen/ zu staatlichen427 Gelegenheiten428 und Diensten befodert 429/ als Leute/ die für vielen/ in Erwägung430 ihrerv unschüldigen NebenChristen/ ihre mannhafte Tapferkeit haben sehen lassen/ unbetrachtet 431/ daß das vergossene Bluht/ mit grossem Ernst üm Rache schreiet432/ und die freche Thäter für den Richterstuhl des eifrigen433 und gerechten434 Gottes/ ohne auf höhren verklaget! Lasset mir das abermahl ein Christenthum sein/

u heimsuchen] Emendiert aus: heimsuche n v ihrer] Emendiert aus: ihres

418 Lasteren] Lastern. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 254. 419 angesehen] bestraft. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 455. 420 mit ihnen ümme gehen] sie behandeln. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 916. 421 ungescheuet] ohne Scheu. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 833 f. 422 angesehen] in Anbetracht dessen, daß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 349. 423 für der Zeit] frühzeitig. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 547. 424 ferners] weiteres. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1537. 425 unterschiedliche] verschiedene, mehrere Personen. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1773. 426 gehandhabet] unterstützt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 395. 427 staatlichen] stattlichen, hohen. In dieser Schreibung nicht bei Grimm, DWb 17, Sp. 1038. 428 Gelegenheiten] Ämtern. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2941. 429 befodert] befördert. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1267. 430 in Erwägung] in Anbetracht. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1039. 431 unbetrachtet] ungeachtet dessen. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 373. 432 Vgl. Gen 4,10 433 Ex 20,5 434 Ps 11,7

fol. d 8v

52

fol. e 1r

Vorbericht

worinn man zehn mahl ärger/ als die Heiden und die Türken lebet/ welche nicht/ wie bei den vermeinten435 Christen nunmehrw gebräuchlich/ die abscheulichste Laster/ sondern vielmehr die Tugend belohnen/ dagegen die begangene Boßheit/ sonderlich auch den Mord und Todschlag härtiglich straffen/ wie den ins gemein436 die lasterhafte und Ubertreter ihrer Gesetze/ viel heftiger bei ihnen/ als bei uns Christen angesehen437 werden. O wie ist es doch ein so grosser Greuel in den Augen und Hertzen eines wahren Christen/ wen er sehen muß solche Mörder und Todschläger/ wie grosse Herren daher prangen438/ sich brüsten und trotzig erzeigen439/ ja wol staatliche440 Aemter im Lande/ oder in der Statt bedienen441/ wie solches nunmehr fast durch gantz Teutschland/ an | den meisten Fürstlichen Höfen/ in den grossen Stätten und sonst anderswoh klährlich ist zu bemerken. Heisset aber das nach GOttes Wohrt gerichtet/ oder geurtheilet: Wer Menschen Bluht vergiesset/ deß Bluht sol wider vergossen werden?442 Aber/ was hilft es/ daß man dises Falles443 viel klaget/ angesehen444 Gewalt nunmehr gäntzlich über das Recht gehet445! Was nun auch ferner die Unzucht/ Huhrerei und Ehebruch betrift/ so wird dises schändliche Laster so weinig446 gestraffet/ daß man vielmehr nur Kurtzweil447 damit treibet/ ja/ daß man sich rechtschaffen lustig448 darüber erzeiget449/ wan einer den andern zum Hahnrei450 hat gemachet/ wie unsere Atheisten davon schertzen. Daher komt es auch/ daß man die grösseste Huhrer und Ehebrecher/ für trefliche Courtisanen451 hält/ das ist für solche/ die recht wakkere Hofeleute sind/ und sich bei dem Frauenzimmer über die mahsse wol zu schikken wissen/ und (nach der Alamodisten452 Ahrt zureden) brav amour machen können/ weßwegen sie auch in sonderen453 Ehren werden gehalten. Vorzeiten pflag454 man die Ehebrecher am Leben zu straffen/ welches auch noch itziger Zeit/ an etlichen Ohrten/ sonderlich in Sachsen455/ auch anderswoh sol w nunmehr] Emendiert aus: uunmehr

435 vermeinten] vermeintlichen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 855. 436 ins gemein] gewöhnlich. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2142. 437 angesehen] bestraft. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 455. 438 prangen] sich überheblich sehen lassen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2065. 439 trotzig erzeigen] vermessen benehmen. Zu ‚trotzig‘ vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1139. Zu ‚erzeigen‘ vgl. DWb 3, Sp. 1084. 440 staatliche] stattliche, hohe. In dieser Schreibung nicht bei Grimm, DWb 17, Sp. 1038. 441 Aemter bedienen] Ämter bekleiden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1231. 442 Gen 9,6 443 dises Falles] in diesem Fall. Nicht bei Grimm, DWb. 444 angesehen] in Anbetracht dessen, daß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 349. 445 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 1644. 446 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 447 Kurtzweil] Zeitvertreib. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2856. 448 lustig] belustigt. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1345. 449 erzeiget] zeigt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1084. 450 Hahnrei] betrogenen Ehemann. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 170. 451 Courtisanen] Höflinge. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 640. 452 Alamodisten] Literaten, die der französischen Mode folgen und damit die deutsche Sprache verderben. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 200. 453 sonderen] besonderen. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1572. 454 pflag] pflegte. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1745. 455 Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen stellte in seiner bis

750

755

760

765

770

Vorbericht 775

780

785

790

53

beachtet werden. Jn den meisten Länderen und Stätten aber unseres Teutschlandes/ fähret man nun säuberlicher456 mit dem Knaben Absolon457 und lässet den Ehebruch für eine sehr ahrtige Kurtzweil458 passiren. Hier frage ich abermahl: Ob nicht die Heiden/ Türken/ Tartaren und andere barbarische Völker/ für dem gestrengen Richterstuhl Christi JEsu459/ solche falsche/ leichtfertige Maul= und | HeuchelChristen460 zum heftigsten werden verklagen/ daß sie derogleichen grobe Laster (welche von ihnen den Barbaren/ ob gleich die wahre Erkäntnisse des DreiEinigen GOttes ihnen gefehlet/ mit gebührendem Eifer sind angesehen461) im weinigsten462 nicht gestraffet/ sondern ihnen diselbe vielmehr zur Lust/ Ergetzligkeit und Kurtzweil463 haben dienen lassen. Nun solten wir auch etwas von dem Diebstall reden und vernehmen/ wie den dise Sünde von denen die Christen heissen wollen/ werden bestraffet/ aber damit können wir gahr leicht und bald färtig werden. Was grosse Diebställe betrift/ als da sind die grobe/ muhtwillige Leutbetrieger464/ Banquerottierer465 und derogleichen ansehnliche Kistenfeger 466 oder Falliten467/ wie man sie nennet/ so ist von disen Leuten zu wissen/ daß selbige/ so weinig 468 an ihren Ehren/ als an Leib oder Guht bestraffet werden. Jch kenne Banquerottierer/ welche vile ehrliche Leute/ auff manch tausend Reichsthaler

1783 geltenden (vgl. Weiske, S. 158) Eheordnung vom 10. August 1624 den Ehebruch unter strenge Strafen. Das Strafmaß bewegte sich von der öffentlichen Züchtigung über Gefängnis und Verbannung bis hin zur Todesstrafe. Vgl. Johann Georg I., EheOrdnung, S. 12 f.: „Würde auch jemands eines andern Braut ehe denn der Breutgam beygelegen/ wissentlich beschlaffen/ so sollen beyde Personen zur Staupen geschlagen/ vnd des Landes ewig verwiesen werden/ Es wolte denn der Breutigam die Braut wiederümb annehmen/ auff solchen fall sollen sie mit Gefengnüs gestrafft/ vnd der Brautschender nichts minders mit Staupenschlagen des Landes ewig verwiesen werden. Da einer eines andern Weib beschlefft/ er sey gleich ein Ehemann oder ein lediger Geselle/ so sollen sie beyde mit dem Schwert vom Leben zum Tode gestrafft werden/ vnd mit dieser straffen sol auch ein Ehemann/ welcher in stehender Ehe eine ledige Weibesperson beschläfft/ beleget/ die ledige Dirne aber auff solchen fall mit Staupenschlagen des Landes verwiesen werden. Jedoch im fall wenn ein Ehemann eine ledige Dirne beschlefft/ oder ein Eheweib sich mit einem ledigen Gesellen fleischlich einliesse/ vnd es würde der vnschuldige Ehegatte vor das verbrechende theil bitten/ vnd sich erbieten/ demselben vngeacht gebrochener trew vnd glaubens/ lenger ehelich beyzuwohnen/ so sol alsdann dem Ehestand zu Ehren/ es keme denn in auff vnd absteigender Lini eine Blutschande darzu/ der schuldige theil mit der Lebensstraff verschonet/ vnd des Landes ewig verwiesen werden/ Auch der vnschuldige theil seinem Ehegatten aus dem Lande folgen/ darinnen ferner nicht wohnen/ noch sich wesentlich auffenthalten.“ 456 säuberlicher] rücksichtsvoller. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1855 f. 457 2Sam 18,5 458 Kurtzweil] Zeitvertreib. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2856. 459 2Kor 5,10 460 S. o. S. 12, Anm. 8. 461 angesehen] bestraft. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 455. 462 im weinigsten] im geringsten, überhaupt. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 30 f. 463 Kurtzweil] Zeitvertreib. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2856. 464 Leutbetrieger] Betrüger. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 847. 465 Banquerottierer] betrügerische Finanzhändler, insbesondere Personen, die sich der Begleichung ihrer Schulden bzw. sonstigen finanziellen Verbindlichkeiten durch Flucht entziehen. Vgl. Zedler 3 (1733), Sp. 312 f. 466 Kistenfeger] Diebe. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 858. 467 Falliten] zahlungsunfähige Schuldner. Zu ‚fallieren‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1288. 468 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1.

fol. e 1v

54

fol. e 2r

Vorbericht

bestohlen/ und solches nicht nur einmahl/ sondern zwei/ drei/ ja wol viermahl. Wen sie nun ihren Beutel vol gehabt/ sind sie zum Thor hinaus gewandert/ nach kurtzer Zeit aber wieder kommen/ und haben sich alsden so prächtig gehalten469/ als wen sie etwan470 grosse und reiche Erbschafften von anderen Ohrten hätten mit hergebracht/ da es doch lauter gestohlenes Guht gewesen. Dise hochansehnliche Haubtdiebe nun werden durchaus nicht gestraffet/ sondern vielmehr von frembder Obrigkeit in Schutz und Schirm genommen/ ja/ sie werden/ dafern471 sie nur lustig spendiren/ mit oben angesetzet 472/ und/ wan sie den ihrem NebenChristen/ wel= | chen sie oft in Grund473 dadurch verderbet/ vonx funftzig tausend Reichsthaleren/ die sie ihnen gestohlen/ nur fünftausend widergeben/ so muß man sie für ehrliche/ feine Bürger und redliche Leute widrum passiren474/ grosse Häuser bauen/ und in Fürstlichen Carreten475 oder Himmelwagen476 daher fahren lassen. Was aber die kleine und subtile477 Diebe betrift/ die bißweilen nur ein Pferd/ oder ein Kleid/ oder ein silbernes Trinkgeschirr/ oder sonst etwas schlechtes478 stehlen/ die haben nicht den tausenden479 Theil eines so grossen Glükkes/ noch solcher Privilegien und Freyheiten/ als jene Haubtdiebe/ sich zu erfreuen/ unangesehen480/ dise kaum den tausenden481 Theil so viel gestohlen als jenne; sondern müssen suspendirlicher weise am lichten482 Galgen erhöhet 483/ und daselbst von den hungerigen Raben gantz grausamlich verzehret und aufgefressen werden. Ob aber dieses Christlich gehandelt sei/ daß man die fressige484 Raubvögel davon fligen/ die arme hungerige Täublein aber mit dem Strikke lässet belohnen/ mügen alle rechtverständige Christen urtheilen. Jch zwahr habe mich offt verwundert/ woher es doch immermehr kommen müge/ daß/ da man bei disen (sonder 485 allen Zweifel) letsten Zeiten/ alle Sünde und Laster/ Schande und Leichtfertigkeiten durchaus nicht mehr straffet/ allein die elenden Diebe (ich rede hier aber nur von den kleinen) eines so grausahmen Todes müssen sterben und so erschreklich am Galgen verderben.

x von] Emendiert aus: vor

469 prächtig gehalten] prachtvoll gelebt. Zu ‚prächtig‘ vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2047. Zu ‚halten‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 282. 470 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 471 dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 472 mit oben angesetzet] hochgeschätzt, für sehr würdig gehalten. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1069. 473 in Grund] gründlich. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 693. 474 passiren] durchgehen lassen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1488. 475 Carreten] Kutschen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 608. 476 Himmelwagen] gedeckten Kutschen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1367. 477 subtile] einfachen. Vgl. Grimm, DWb 20, Sp. 829. 478 schlechtes] einfaches. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 479 tausenden] tausendsten. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 219. 480 unangesehen] ganz abgesehen davon, daß. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 142. 481 tausenden] tausendsten. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 219. 482 lichten] öffentlich sichtbaren. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 859. 483 suspendirlicher weise am Galgen erhöhet] am Galgen gehenkt. Vgl. zu ‚suspendieren‘ Grimm, DWb 20, Sp. 1272. 484 fressige] gefräßigen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 138. 485 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573.

795

800

805

810

815

Vorbericht 820

825

830

835

840

845

55

Jch meines theils486/ kan es in meinem Gewissen nicht befinden487/ daß dieses so gahr recht und Christlich sei gehandelt. Jch weiß zwahr wol/ daß man pfleget fürzugeben: Der Diebstal wer= | de nunmehr allzu gemein488/ und eben darüm müsse man so scharf gegen die Diebe verfahren. Dises aber halte ich für einen elenden Beweisthum489 zu verthädigen490 die Grausahmkeit/ die an den armen Dieben (ich sage hier an den armen/ den die reichen haben sich derselben nicht zu befürchten491) wird verübet. Gesetzet492/ das Stehlen sei itzo gemeiner 493/ als es vorzeiten gewesen/ so frage ich: Ob das Fluchen und Gotteslästeren/ die Verachtung Göttliches Wohrtes/ und der heiligen Sakramente/ die Entheiligung und der Mißbrauch der Sonn= Feir= und Behtage/ und andere Laster mehr/ die ich viel schlimmer und schädlicher achte494/ als das Stehlen/ nicht zehn mahl gemeiner sind/ als eben das Stehlen? Mit was Rechte495 kan man nun jennes ungestraffet lassen/ also/ daß ihnen solche schwere Sünden/ weder an Ehre/ noch an Guht/ noch an Leib oder Leben schädlich sind/ da hingegen die Diebe dises alles zugleich und auff einmahl müssen verliehren? Jch habe den Tag erlebet/ daß ich von einem verzweifeltem Diebe/ der mein nähester 496 Nachbahr war/ und dessen Sohn ich in meinem Brod hatte497/ auch allen den Seinigen viel guhtes erwiese (wofür er mir den Lohn gab/ daß er mich alle Jahre mit seiner Dieberei heimsuchete/ in dem er mir einmahl alle meine Kleider/ und unter denselben auch meinen grossen Priester= oder Kirchen=Rok/ das ander498 mahl alles mein Bett und Linnen Gerähte499/ (dises aber geschiht ofters) das dritte mahl schier500 alles mein Proviant/ und womit ich meine Küche hatte versorget) letstlich aller meiner Baarschafft/ auff etliche hundert Reichsthaler sich belauffend/ so gahr501 | ward beraubet/ daß ich nicht funftzig Reichsthaler in meinem Vermögen behielte. Jch versichere dich502 aber/ mein treugelibter Leser/ daß diser gottloser/ undankbahrer Dieb/ (der zwei mahl aus der Gefängnisse503 loß gebrochen504/ und/ dafern505 sein jüngstbegangener Kirchen Diebstall ihn nicht 486 meines theils] für meinen Teil. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1916. 487 befinden] finden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1259. 488 gemein] gängig, üblich. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3170. 489 Beweisthum] Argument. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1780. 490 verthädigen] verteidigen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1875. 491 sich derselben nicht zu befürchten] dieselbe nicht zu befürchten. Zu ‚sich befürchten‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1275. 492 Gesetzet] angenommen. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 668. 493 gemeiner] weiter verbreitet. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3170. 494 viel schlimmer achte] für viel schlimmer halte. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 168. 495 was Rechte] welchem Recht. Nicht bei Grimm, DWb. 496 nähester] allernächster. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 278. 497 ich in meinem Brod hatte] in meinen Diensten stand. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 401. 498 ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 499 alles mein Bett und Linnen Gerähte] mein ganzes Bett- und Leinenzeug. Zu ,Leinengerät‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 706. Zu ‚Gerät‘ im Sinne von Hausrat vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3566. 500 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 501 gahr] völlig. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 502 versichere dich] versichere dir. Zu ‚versichern‘ mit persönlichem Objekt im Akkusativ vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1304 f. 503 der Gefängnisse] Zu ‚Gefängnis‘ als Femininum vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2125. 504 loß gebrochen] ausgebrochen. Zu ‚los‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1157. 505 dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673.

fol. e 2v

fol. e 3r

56

fol. e 3v

Vorbericht

zwischen Himmel und Erden hat schweben506 gemachet/ meines wissens/ annoch507 im Leben ist) mit meinem Willen/ niemahlen508 gestraffet/ zum weinigsten509/ ihme an Leib und Leben kein Schade solte sein zugefüget worden/ zumahlen esy nur zeitlich und vergängliches Guht/ das mir ein solcher Bösewicht abgeraubet510. Solte man einen ehrlichen Mann fragen: Ob er/ wen ja eines von beiden sein solte/ liber wolte/ daß ihm einer sein redliches Weib (mit Uhrlaub zu melden511) zur Huhren machete/ oder ihm sein bestes Pferd dieblich512 entwendete? So weiß ich gewisse/ er würde/ dafern513 er nicht ein gahr zu leichtfärtiges Gemühte hette/ ungesäumet514 antwohrten: Daß er tausend mahl liber alle seine Pferde/ als die Ehre und Keuschheit seines Weibes wolle verliehren. Nun wird aber der arme Pferdedieb mit dem Strange gestraffet/ der gottlose Ehebrecher aber/ als ein höflicher Weltmann515 und treflicher Cortisan516 noch sonderlich gerühmet. Dise unvergleichliche Ungleichheit/ würde man bei Heiden/ Türken und Tartarn für höchststrafbahr schätzen517/ bei unseren Heuchel= und MaulChristen518 aber/ wird der kleine Sünder am Leben gestraffet/ der gahr grosse Missethäter aber loß und ledig gesprochen519. Solte man einen andern fragen: Ob er liber wolte/ daß ihme einer seinen köstlichen Haußraht/ und/ was er | sonst angenehmes hette/ heimlich entwendete/ oder/ daß er ihn auf den Tod verwundete/ lahm hiebe/ oder wohl gahr üm das Leben brächte? So weiß ich sicherlich/ daß er mir antwohrten würde/ wie dort der Satan GOtt hat geantwohrtet: Haut für Haut/ und alles was der Mann hat/ lässet er für sein Leben/ Hiob am 2.520 Oder/ wie sonst unsere Weltkinder pflegen loß zu brechen521: Besser neun mahl verdorben/ als einmahl gestorben522. Ja ich wolte zehn mahl liber/ mir alles das meinige stehlen/ als einen einzigen Schenkel oder Arm lassen hinweg hauen/ den/ die wachsen nicht wider/ wie die Krebsscheren523/ da sonsten Geld und Guht alle Tage widrum kan gewonnen/ oder zu wege gebracht werden. Wen man den nun die Gesundheit und das Leben tausendmahl mehr und höher/ als alle vergängliche Gühter schätzet; liber/ wie komt es den doch/ daß man den jenigen/ der uns die Pferd/ ein Kleid/ y es] Emendiert aus: er

506 Vgl. 2Sam 18,9 507 annoch] immer noch. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 418. 508 niemahlen] niemals. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 823. 509 zum weinigsten] am allerwenigsten. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 510 abgeraubet] geraubt hat. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 85. 511 mit Uhrlaub zu melden] um es mit Verlaub zu erwähnen. Zu ‚Urlaub‘ vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 2469. Zu ‚melden‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1994. 512 dieblich] diebisch. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1092. 513 dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 514 ungesäumet] unverzüglich. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 827. 515 Weltmann] Mann von Weltgewandtheit. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1651. 516 Cortisan] Höfling, Hofmann. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 640. 517 schätzen] halten. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2283. 518 S. o. S. 12, Anm. 8. 519 loß und ledig gesprochen] freigesprochen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 498 f. 520 Hi 2,4 521 loß zu brechen] unüberlegt zu äußern, herauszufahren. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1162 f. 522 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 4, Sp. 1534 f. 523 Zu den nachwachsenden Scheren der Taschenkrebse vgl. Schoedler, S. 594.

850

855

860

865

870

875

Vorbericht

880

885

890

895

900

57

ein Stükke Geldes524 entwendet/ an lichten525 Galgen hänket/ und dagegen manchen fürsetzlichen Mörder und Todschläger/ ohne einige526 Straffe lässet dahin gehen/ ja noch wol mit Ehren und Gühtern reichlich belohnet und ergetzet? Sind nun das nicht abermahl schöne Früchte unseres Christenthumes? Was sol ich ferner sagen von den Lästerern/ Ehrendieben/ Verläumdern und Pasquillanten527/ welche manchen unschüldigen/ redlichen und wolverdienten Mann/ dergestalt heimlich und hinter seinem Rükken herdurch ziehen528/ daß/ wen er hernach solch Ding erfahren/ sehen und lesen muß/ er sich offt darüber zu Tode | grähmet/ oder sonst so viel zu Gemühte ziehet529/ daß er weder GOtt noch Menschen mehr kan dienen? Da haben wir nun abermahl eine solche elende Zeit erlebet/ darinn derogleichen Ehrendiebische Verläumbder und Pasquillenschreiber530 im geringsten nicht gestraffet werden. Wen das wahr ist/ wie die Herren Rechtsgelehrte dafür halten531/ daß des Menschen Leben und sein guhtes Gerüchte532 in gleichem Wehrte sind zu schätzen533; So solte man die Ehrendiebe/ wie die ärgste Mörder/ und zehen mahl härter/ als die Geld= Viehe= oder Kleiderdiebe straffen/ wie den GOtt selber ernstlich verbohten/ daß man wider seinen Nehesten kein falsches Zeugnisse weder heimlich noch offentlich sol reden534. Aber da mag heute zu Tage ein jedweder sein pasquilliren535/ verleumden/ affterreden536/ allerhand Ehrenrührige Lügen und Schmähschrifften unter die Leute streuen/ welches den meistentheils aus Neid und Mißgunst geschiehet/ den/ wen mancher siehet/ daß er es anderen an Weißheit/ Verstande/ Geschikligkeit/ und derogleichen seinen Gaben nicht kan gleich thun/ noch das Hertz nicht hat einem redlichen Mann frei oder offentlich unter die Augen zu treten/ so fält er nur auff537 schänden und schmähen/ schmieret abscheuliche Lügenkahrten538/ oder Läster Schrifften/ bringet diselbe durch etliche lose Vögel in unterschiedlicher Leute Hände/ und befleissiget sich/ aus

524 Stükke Geldes] Geldbetrag. Vgl. Grimm, DWb 20, Sp. 204. 525 lichten] öffentlich sichtbaren. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 859. 526 ohne einige] ganz ohne. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 208. 527 Pasquillanten] Schmähschriftstellern. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483. 528 herdurch ziehen] verspotten. Nicht bei Grimm, DWb. Vgl. aber zu ‚durchziehen‘ DWb 2, Sp. 1718. 529 ziehet] führt. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3312. 530 Pasquillenschreiber] Schreiber von Schmähschriften. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483. Laut Augsburger Reichstagsabschied (1530) sind die Produktion und der Verkauf von Schmähschriften verboten und strafbar. Vgl. Gerstlacher, S. 1189 f. Bestätigt wurde dies durch den Regensburger Reichstagsabschied (1541). Vgl. ebd., S. 1190. Vgl. Lieberwirth. 531 dafür halten] es einschätzen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 298. 532 Gerüchte] Ruf. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3754. 533 Dieser juristische Grundsatz war in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mitbestimmend für das verstärkte gesetzgeberische Vorgehen gegen das verbreitete Duellierwesen, das häufig nicht zur Ehrenrettung der Beleidigten, sondern zu deren Tod führte. Vgl. das diesbezügliche Reichsgutachten vom 30/20.7.1668, abgedruckt in: Gerstlacher, S. 1214–1221. 534 Ex 20,16 535 pasquilliren] Verspotten. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483. 536 affterreden] übles Nachreden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 187. 537 fält er auff] zielt er ab auf. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1283. 538 Lügenkahrten] Lügenbriefe. Zu ‚Karte‘ vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 235.

fol. e 4r

58

fol. e 4v

Vorbericht

allen Kräfften/ seines unschuldigen NebenChristen ehrlichen Namen zu besudelen/ des alten Sprichwohrtesz sich getröstend: Calumniare audacter, semper aliquid haeret539. Schmähe du deinen NebenChristen nur im= | mer frisch

fohrt/ und verläumde ihn/ so viel du nur kanst/ es wird allezeit etwas bekleben540 bleiben/ und/ wen man schon dahinter komt/ daß man erfähret/

fol. e 5r

was es für eine Fledermauß gewesen/ die solche schöne Scharteken541 außfliegen lassen/ und sich gegen der542 ordentlichen Obrigkeit höchlich543 darüber beschwehret/ so wird man an manchem Ohrte weder von Geistlichen/ noch von Weltlichen gehöhret/ man machet einen Schertz daraus/ und wird vielmahls der Kläger mit einem Gelächter abgefärtiget/ wie ich den ein sonderbahres Exempel habe erlebet an einem bekanten und wolverdientem Theologo, auff welchen ein junger/ hochtrabender Levit544/ der vileicht besser einen HofeSchrantzen545 als Priester hette gegeben/ ein schändliches Pasquil546 hatte gemachet/ und/ als besagter Theologus nicht allein erfuhr/ wer der Meister dises schönen Geschmieres; sondern auch desselben eigne Hand547 zu wegen brachte548/ und darauff den Pasquillanten549/ der unter einer fremden Bottmässigkeit550 wohnete/ für dem Geistlichen Gerichte des Ohrtes ließ fodern551 und anklagen/ nicht zweiflend/ ein solcher leichtfärtiger Schmähevogel552 mit einer ernstlichen Straffe würde angesehen553 werden; Siehe/ da schrieb der Hohepriester desselben Gerichtes/ auff Jnrahten554 eines noch anderen treflichen Heuchlers/ der auch etwas zu befehlen hatte/ aber doch nicht so viel/ als der Herr Generalissimus, sondern der etwan555 so viel/ als ein Geistlicher Obrister Lieutenant556 war/ einen gahr höflichen Brief an den/ so unschüldig verläumdeten Christlichen Theologum, entschuldigte etlicher mahssen557 den Pasquil= | lanten558/ daß er noch jung/ und z Sprichwohrtes] Emendiert aus: Sprichwohites 539 Das Sprichwort findet sich u.a. bei Francis Bacon, De dignitate et augmentis scientiarum, lib. 8, cap. 2, S. 645: „Sicut enim dici solet de calumnia, Audacter calumniare, semper aliquid haeret: sic dici possit de jactantia, (nisi plane deformis fuerit & ridicula,) Audacter te vendita, semper aliquid haeret.“ Das Sprichwort geht zurück auf Plutarch, Moralia, 65 d: „e¬kéleuen ou¥n qarroûntaß açptesqai kaì dáknein taîß diabolaîß, didáskwn oçti, ka£n qerapeúshı tò eçlkoß o™ dedhgménoß, h™ ou¬læ meneî tñß diabolñß.“ 540 bekleben] fest kleben. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1419. 541 Scharteken] wertlose Schriften. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2224 f. 542 gegen der] bei der. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2219. 543 höchlich] sehr. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1624. 544 Levit] kirchlicher Hilfsdiener. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 852. 545 HofeSchrantzen] Kriecher bei Hofe. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1698. 546 Pasquil] Schmähschrift. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1482. 547 Hand] Handschrift. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 355. 548 zu wegen brachte] sich verschaffte, hier: identifizierte. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 2888. 549 Pasquillanten] Schmähschriftsteller. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483. 550 Bottmässigkeit] Herrschaft. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 277. 551 fodern] fordern. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1866. 552 Schmähevogel] Lästerer. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 909. 553 angesehen] belegt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 455. 554 Jnrahten] Anraten. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 246. 555 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 556 Obrister Lieutenant] Oberstleutnant. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1078. 557 etlicher mahssen] gewissermaßen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1177. 558 Pasquillanten] Schmähschriftsteller. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483.

905

910

915

920

925

Vorbericht

930

935

940

945

950

955

59

solche Sachen nicht allerdinges verstünde/ er hette sich durch böse Leute lassen verführen/ und was des Dinges mehr war. Sonderlich führete er dem Beleidigtem zu Gemühte: Daß der großmächtige Löue der kleinen Hunde beftzen559 nichts pflege zu achten560/ er/ der Beleidigte/ solte bedenken/ was er für ein treflicher Mann were/ welchen (GOtt Lob) gantz Teutschland wol kennete/ ein solcher Verläumder könte seinem hohen Ruhm im geringsten nicht schaden/ und solte er den Pasquillanten nur keiner Antwohrt würdigen/ oder sich mit ihm gerichtlich innlassen/ und/ mit disem politischem561 Schreiben muste sich der ehrliche Mann befriedigen lassen/ erfuhr aber bald hernach/ daß der Pasquillenschreiber einem von den führnehmsten Beisitzeren des Gerichtes/ H. H. ehe und bevor er hat sollen fürgefodert562 werden/ sein Hauß mit allerhand schönen Geschirren563/ oder Haußgerähte/ wie man es nennet/ zierlich564 hätte außgeputzet565/ auch den Generalissimum selber nicht vergessen/ durch welche Geschenke/ womit er disen und anderen die Augen hat verkleibet566,567/ er dazumahl der Straffe/ die ihm schon von anderen etwas Gewissenhaffteren war zugedacht/ ist entgangen/ sol aber kurtz hernach/ wie berichtet wird/ von dem lieben GOtt sonst schwerlich sein heimgesuchet worden. Daß aber der Hohepriester/ oder der Obriste568 Richter selber/ nachgehends569/ da er so wol heimlich als offentlich/ so wol münd= als schrifftlich/ sehr hart von seinen Wiedersacheren ist angegriffen worden/ sich als einen Löuen erwiesen/ und der kleinen Hunde beftzen570 großmühtig verlachet/ solches hat man gahr nicht er= | fahren! sondern das Wiederspiel571 ist vielmehr bekant/ zumahlen er sich über alle mahssen ungedültig/ in disen seinem verwirreten Händelen572 erwiesen/ ja sich zum höhesten darüber beklaget. Jch habe einsmahlen573 einen fürnehmen Theologum, der auch sonst für einen gelehrten Mann in unterschiedlichen Wissenschafften ward gehalten/ gekennet/ der pflag574 aus gahr zu grosser Leichtgläubigkeit sich der jenigen/ welche Pasquillen575 oder Schmähebriefe schrieben/ bißweilen/ als ein Schutzherr anzunehmen/ fürgebend576/ daß solche Leute ins gemein ein schlaues Gehirn hetten/ und unterschiedlichen politischen und anderen Händelen577 wol nachzudenken wüsten. Es war aber unter solchen Gesel-

559 beftzen] Kläffen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1276. 560 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 3, Sp. 239: „Der Löwe kümmert sich nicht darum, was die Katze von ihm denkt.“ 561 politischem] listigen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1980. 562 fürgefodert] vor Gericht geladen. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 1042. 563 Geschirren] Haushaltsgegenständen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3888. 564 zierlich] elegant. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 1199. 565 außgeputzet] ausgeschmückt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 926. 566 verkleibet] zugeklebt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 656. 567 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 181. 568 Obriste] oberste. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1078. 569 nachgehends] später. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 62. 570 beftzen] Kläffen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1276. 571 Wiederspiel] Gegenteil. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1234. 572 Händelen] Streitereien. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 371. 573 einsmahlen] einst. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 314. 574 pflag] pflegte. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1745. 575 Pasquillen] Schmähschriften. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1482. 576 fürgebend] mit der vermeintlichen Begründung. Zu ‚vorgeben‘ vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 1072. 577 Händelen] Angelegenheiten. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 369.

fol. e 5v

60

fol. e 6r

Vorbericht

len einer/ dem er für vielen anderen wol wolte/ unangesehen578/ er der ärgeste Pasquillant579 war/ der leben müchte. Diser hatte ihm unterschiedliche Lieder zugefallen gemachet/ wuste ihme auch sonst den Fuchßschwantz treflich wol zu streichen580/ und ob zwahr581 theils führnehme/ theils auch hochgelährte und wolverdiente Männer/ über disen unverschämten Kerl klagten/ daß er/ seinen Tauf= und Zunamen verhehlend/ die gottlosesten SchmäheSchrifften unter die Leute fligen ließ/ (welches ihn auch letstlich üm Ehre und Redligkeit gebracht) und/ daß sie solchen seinen Muhtwillen länger nicht könten erdulden; So blieb doch vorwolbesagter582/ seliger Theologus dises Pasquillanten583 grosser Patron/ sagend: Es weren desselben Schrifften Scripta satyrica oder Stachel=Schrifften584/ und were der Verfasser selber ein rechter Satyrischer Kopff/ der es nicht unterlassen könte/ andere Leute aufzuziehen/ | man solte sich das nicht irren lassen/ sondern über die Possen nur lachen. Aber/ was geschahe? weinig585 Jahre hernach ward diser seliger Herr Doctor von solcher Ahrt Satyrischer Köpfe dergestalt in Schrifften angegriffen/ daß er endlich fast nicht wuste/ wie er denselben solte begegnen. Er wehrete sich zwahr anfänglich tapfer/ muste aber endlich bekennen: Er hette für disem586/ wie er derogleichen Leuten das Haubt gehalten587/ nimmermehr können gläuben/ daß es einem ehrlichen Hertzen so wehe thäte/ wen man dergestalt mit allerhand Schmäh= und LästerSchrifften unverschuldeter weise würde angetastet/ solche Schmach (sprach er mit dem heiligen Mann) bricht mir mein Hertz588 und kan ich ohnmüglich solche grobe Pillen verschlukken589. Daß nun dise seine Klage mehr den alzuwahr gewesen/ solches hat sein gahr zu frühezeitiges Absterben klährlich genug bekräftiget/ und hat es ihn endlich sehr gereuet/ daß er sich solcher Gesellen/ welche ehrliche und wolverdiente Leute/ so mit Wohrten/ als590 mit Schrifften/ hinter ihrem Rükken verläumdet oder geschmähet/ ehemahlen angenommen/ und ihnen das Wohrt geredet. Unterdessen ist es mit dem pasquilliren591 numehr so weit kommen/ daß/ demnach592 dises schändliche Laster fast aller Ohrten ungestrafft bleibet/ solche Schmähvögel593/ ja so kühn/ wo nicht fast kühner und vermessener werden/ als etliche Mordbrenner/ die den Leuten Zettel oder

578 unangesehen] ohne Rücksicht darauf zu nehmen, daß. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 142. 579 Pasquillant] Schmähschriftsteller. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483. 580 den Fuchßschwantz zu streichen] zu schmeicheln. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 355. Vgl. auch Wander 1, Sp. 1260. 581 ob zwahr] obwohl. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1059. 582 vorwolbesagter] bereits rühmlich erwähnter. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 896. 583 Pasquillanten] Schmähschriftstellers. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483. 584 Stachel=Schrifften] Satiren. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 401. 585 weinig] wenige. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 586 für disem] vordem, früher. Nicht bei Grimm, DWb. 587 Leuten das Haubt gehalten] Leute unterstützt hat. Nicht bei Grimm, DWb. 588 Ps 69,21 589 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 3, Sp. 1348. 590 so als] sowohl als auch. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1360. 591 pasquilliren] Verfassen von Schmähschriften. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483. 592 demnach] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 919. 593 Schmähvögel] Verleumder. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 909.

960

965

970

975

980

985

Vorbericht

990

995

1000

1005

1010

61

Brandbriefe594 in die Häuser schikken/ worinnen sie ihnen dreuen595/ daß/ dafern596 sie ihnen nicht so/ oder so viel Geldes/ in einem gewissen Ohrte werden erlegen597 oder lieferen lassen/ sie ihnen das Hauß über dem Kopffe | wollen anzünden und alles inäschern. Also habe ich neulich einen Brieff gesehen/ der ohne Namen/ gleichwol unter Datum Dantzig (welches man aber für eine grobe Lügen gehalten) an einen redlichen/ gelehrten/ und sonst wolbekanten Mann war geschriben/ worinn der Verfasser denselben anfänglich hoch rühmet/ zum Beschlusse598 aber dise Dreuworte599 hinzu setzet: Er habe vernommen/ daß er als sein Freund/ den er auch deßwegen mit einem Brieflein besuchen wollen/ des gäntzlichen Vorhabens sei600/ sich in seinem Alter/ mit einer/ auch schon zimlich bejahrten Matron601 zu verheirahten/ er solte aber versichert602 seyn/ dafern603 er nicht unverehlicht/ und im Wittwenstande verbliebe/ so würde man ihm dergestalt mit pasquilliren und SchmähSchriften zusetzen604/ daß er nirgends solte zu bleiben wissen/ ja er solte auch nach seinem Tode noch von den allerärgsten LästerSchrifften angegriffen und geplaget werden. Was dünket dich aber/ liber Leser/ von disem Gesellen? Muß der nicht wol ein Ertzbösewicht über alle Bösewichter sein/ und were ein solcher leichtfärtiger Vogel nicht wehrt/ daß man ihn auff das allerschärffste abstraffete? Doch/ man verhoffet/ wie man mich berichtet605 hat/ bald hinter den rechten Mann zu kommen606/ da es den fürwahr seltzame Händel607 setzen608/ und dem Pasquillenschreiber609 seine Mühe schlecht dörfte bezahlet werden/ zumahlen er es mit keinen geringen Leuten hat angefangen. Wen einem jedweden auff solche Ahrt Dreübriefe610 zu schreiben erlaubet weren/ so möchte mancher aus schelmischem Gemühte/ seine Dreü Schrifften611 also aufsetzen: Dafern612 du hinführo613 wirst zur a | Kirchen gehen und behten/ so solt du nicht nur im Leben/

a Emendierend getilgt: Kir=

594 Brandbriefe] Briefe, die einen Brand androhen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 297. 595 dreuen] drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 596 dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 597 erlegen] hinterlegen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 898. 598 Beschlusse] Schluß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1581. 599 Dreuworte] Drohworte. Zu ‚dräuen‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 600 des gäntzlichen Vorhabens sei] die feste Absicht habe. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 1135. 601 Matron] Eine Matrone ist eine ältere, würdevolle Frau. Vgl. Kluge, S. 466. 602 versichert] gewiß. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1307. 603 dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 604 ihm zusetzen] ihn bedrängen. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 828. 605 mich berichtet] mir berichtet. Zu ‚berichten‘ mit Akkusativobjekt der Person vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1522. 606 hinter den rechten Mann zu kommen] den richtigen Mann zu fassen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1508. 607 Händel] Streitsachen, Konflikte. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 370 f. 608 setzen] geben. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 686. 609 Pasquillenschreiber] Schreiber von Schmähschriften. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483. 610 Dreübriefe] Drohbriefe. Zu ‚dräuen‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 611 Dreü Schrifften] Drohschriften. Vgl. ebd. 612 Dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 613 hinführo] fortan. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1435.

fol. e 6v

fol. e 7r

62

fol. e 7v

Vorbericht

sondern auch nach dem Tode mit Pasquillen614 geplaget werden. Dafern615 du gegen die Arme und Nohtleidende deine Christliche Liebe wirst erweisen/ solt du allenthalben/ ja von allen Ohrten her mit SchmäheSchrifften angegriffen werden. Dafern616 du gelehrte und wolgeschikte Studenten zu Aemteren oder Diensten/ durch ordentlichen Beruff617 wirst befoderen618/ so solst du für den Lästerschrifften/ die man häuffig gegen dich wird außstreuen/ keinen Friede noch Ruhe haben. Ja/ man dörfte sich endlich unterstehen619/ vermittelst solcher verfluchten Dreüwohrte620/ einem redlichen Manne Essen und Trinken/ Predigen/ Singen/ Bücher schreiben/ reisen/ gehen/ stehen/ wachen und schlaffen zu verbihten/ und habe ich eine solche Ahrt von Ehrendieben noch niemahlen621 gefunden/ die es den jenigen/ welchen sie gehässig sind/ fein vorher zuschreiben622/ oder zu wissen machen/ daß sie ihnen mit einem hauffen Pasquillen623 auff den Leib zu fallen/ sich schon gefasset halten624/ ja sie rechtschaffen tribuliren625 und plagen wollen/ dafern626 man nach ihrem Begehren sein Thun und Lassen nicht werde anstellen. Woher komt aber eine solche unerhörte/ ja recht teuflische Kühnheit und Verwegenheit? Nirgends anderswoh her/ als daß solche und derogleichen Ehrendiebische Buben niemahlen627 gebührlich628 bestraffet werden. Jch binn/ weiß GOtt/ von Natur nicht raachgierig/ und dises müssen nicht nur meine Freunde; sondern auch meine ärgste Feinde von mir bekennen/ als welchen ich manches mahl/ ihre grobe/ wider mich begangene Bubenstükke629 von | Hertzen verziehen/ wie ich den unter anderen/ für etlichen Jahren/ einsmahlen630/ einen über die mahssen heftigen Verfolger gehabt/ der mir mein Leben so saur gemachet/ daß es nicht zu beschreiben/ ist aber endlich von GOtt grausamlich gestraffet worden. Es begab sich/ daß diser mein Simei631/ ein sehr lästerliches Pasquill632 auff einen gahr hohen Potentaten/ nunmehr höchstsehligsten633/ hatte gemacht/ wovon mir das rechte Original/ oder des Pasquillanten634 eigne Hand635/ gantz wunderbahrer und unverhoffter weise/ von einem aufrichtigem/ redlichem Freunde ward

614 Pasquillen] Schmähschriften. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1482. 615 Dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 616 Dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 617 Beruff] Berufung. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1530. 618 befoderen] befördern. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1267. 619 unterstehen] bemühen. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1828. 620 Dreüwohrte] Drohworte. Zu ‚dräuen‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 621 niemahlen] niemals. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 823. 622 zuschreiben] in einem Brief mitteilen. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 808. 623 Pasquillen] Schmähschriften. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1482. 624 gefasset halten] sich vorbereitet haben. Zu ‚fassen‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1340. Zu ‚halten‘ vgl. DWb 10, Sp. 287. 625 tribuliren] quälen. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 411. 626 dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 627 niemahlen] niemals. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 823. 628 gebührlich] gebührend. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1897. 629 Bubenstükke] Schandtaten. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 464. 630 einsmahlen] einst. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 314. 631 Vgl. 2Sam 16,5–10 632 Pasquill] Schmähschrift. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1482. 633 höchstsehligsten] verstorbenen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1632. 634 Pasquillanten] Schmähschriftstellers. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483. 635 Hand] Handschrift. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 355.

1015

1020

1025

1030

1035

Vorbericht

1040

1045

1050

1055

1060

63

zugeschikket. Dises ist bald allerhöchstgedachtem636 Potentaten verkundschaftet637/ welcher seinen des Ohrtes fürnehmen Rähten und Amtleuten allergnädigsten und ernstlichen Befehl ertheilete/ daß sie den Pasquillenschreiber638/ in einer weltberühmten Statt solten in Haft nehmen/ von mir aber die SchmäheSchrift abforderen/ und/ wen sie solche in Händen/ dem Ehrendiebischen Verläumder seinen Proceß machen und durch den Henker hinrichten lassen. Dazumahl stund dises gottlosen Menschen (der mich so hart zuvor hatte beleidiget) Leben und Tod/ negst639 GOtt in meinen Händen. Als aber diser mein Ertzverfolger/ der unterschiedliche Cavallieri640 wider mich hatte angehetzet641/ daß sie mir eines Friedenspieles oder Komedien642 halber (von welchen er sagte/ daß es ihnen zum Schimpf 643 geschriben und fürgestellet644 wereb) den Rest geben/ durchstossen645/ oder für den Kopf schiessen solten/ ein gahr klägliches Schreiben an mich ließ abgehen/ darinn er mich üm CHristi willen baht/ daß ich doch die von seinen eigenen Händen geschriebene | Schmähekahrte646 nicht von mir geben/ und ihme dadurch einen elenden Tod veruhrsachen müchte/ zumahlen mir ja mit einer handvoll Bluhtes nichtes gedienet were; Da habe ich hierauff alle Mittel und Wege herfür gesuchet/ daß das abscheuliche Pasquill 647/ daß ich in meinen Händen hatte/ nur nicht müchte an Tag kommen; wie ich den unterschiedliche fürnehme Personen zu dem Ende648 überredet/ daß sie endlich gläubeten/ die Schmäheschrifft were bei mir nicht mehr fürhanden/ sie were mir heimlich entwendet/ und was des Dinges mehr/ wodurch dem leichtfärtigen Verfasser sein Leben von mir ist gefristet649 und erhalten worden/ jedoch hat man ihme/ wie man mich nachgehendes650 berichtet651/ ein Wambs unter das Hembd gegeben/ und ein Galliarda652 aus dem B dur auff seinem Rükken spielen lassen653. b were] Emendiert aus: weren

636 allerhöchstgedachtem] schon rühmlichst erwähntem. Zu ‚hochgedacht‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1616. 637 verkundschaftet] berichtet worden. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 699. 638 Pasquillenschreiber] Schreiber von Schmähschriften. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483. 639 negst] nächst. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 133. 640 Cavallieri] Edelleute. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 609. 641 angehetzet] aufgehetzt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 375. 642 Rist hat hier seine unter dem Namen Ernst Stapels veröffentlichte ‚Irenaromachia‘ (1630) im Blick. 643 ihnen zum Schimpf] um sie zu kränken. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 173. 644 fürgestellet] aufgeführt. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 856. 645 durchstossen] töten. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1693. 646 Schmähekahrte] Schmähbrief. Zu ‚Karte‘ vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 235. 647 Pasquill] Schmähschrift. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1482. 648 zu dem Ende] mit dem Ziel. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 457. 649 gefristet] geschont. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 218. 650 nachgehendes] später. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 62. 651 mich berichtet] mir berichtet hat. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1523. 652 Galliarda] Eine Galliarde ist ein seit dem 15. Jahrhundert zunächst in Frankreich, später auch in ganz Europa verbreiteter Tanz. Neben Instrumentalformen gab es auch textierte Galliarden. Die französische Galliarde steht im schnellen Dreiertakt, andere Formen, z.B die italienische, haben eine zweitaktige Gestalt. Vgl. Lutz. 653 Galliarda aus dem B dur auff seinem Rükken spielen lassen] ihn schwer verprügeln lassen. Nicht bei Grimm, DWb.

fol. e 8r

64

fol. e 8v

fol. f 1r

Vorbericht

Ob ich nun wol die Rachgierige und Bluhtdürstige von Hertzen hasse/ (wie den vorbesagter654 Pasquillant655 in seinem Dankschreiben an mich selber bekennet: Er glaube nicht/ daß dergleichen Christen fünfe in der gantzen Welt zu finden) so wünsche ich doch gleichwol von Grund meiner Seelen/ daß die/ so vielfältig und häuffig ingerissene Laster (worunter das Verläumbden nicht der geringsten eines ist) als/ wodurch unser Christenthum fast gantz und gahr zu Grunde gerichtet/ und lauter Heidnische Greuel gestifftet/ ja täglich/ mehr und mehr werden fohrtgepflantzet/ gebührlich656 müchten bestraffet werden. Es müste aber solches würklich und nicht mit blossen Wohrten geschehen/ welche in diser recht eisernen Zeit657 kaum so viel/ als der dahinn fahrende Wind werden geachtet. Fragst du aber/ mein | Freund: Wer doch den solche Laster so ernstlich sol bestraffen? So antwohrte ich dir wolbedacht: Daß solches von Geistlichen und Weltlichen solle und müsse geschehen. Der Geistlichen Gebühr658 were/ daß sie ihre Stimmen erhebeten wie Posaunen/ griffen die Laster behertzt und freudig ann/ straften/ ermahnten und warneten mit grossem Ernst alle die jenige/ welche Christen wollen genennet werden/ und doch ein heidnisch Leben führen. Daß sie ferner allen solchen MaulChristen659 keinen Zutritt gestatteten zur Beicht und hochwürdigem Abendmahl: Daß sie die Kirchenbuhsse660 beileibe nicht liessen in Abgang gerahten661; Sondern diselbe wider die muhtwillige Verbrecher der Gebohte GOttes/ und Verächter desselben Wohrtes und Sakramenten/ mit grossem Ernst verübeten/ den eben die Kirchenbuhsse hat manchen von Sünden abgeschrekket: daß sie mit dem rohen und Epikurischem662 Welthauffen663/ durchaus keine Gemeinschaft hielten/ keines Menschen Hass noch Ungunst fürchteten/ den führnehmen Staatsleuten nicht heuchelten; Sondern ihnen vielmehr mit dem Täuffer Johannes ungescheuet664 zuredeten665: Es ist nicht recht/ daß du/ der du das Regiment über andere solst führen/ und die Verbrecher straffen/ selbst gantz ärgerlich666 und strafwürdig lebest. Es ist nicht recht/ daß du mit Hexen/ Zeichendeutern und Wahrsagern Gemeinschaft hältest/ daß du ein Epikurer667/ Gotteslästerer/ Flucher/ Schwelger/ Huhrer/ Ehebrecher/ Sakramentsverächter/ Geitzhals/ Baurenschinder/ Todschläger/ Verläumder/ und/ in Summa/ ein solcher bist/ der den Namen eines Christen mit | höhestem Unrecht führet. Es ist nicht recht/ daß du in einem solchem Amte sitzest und lebest/ welchem du der Christlichen Gebühr668 nach nicht begehrest fürzustehen/ man solte unge654 vorbesagter] zuvor erwähnter. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 896. 655 Pasquillant] Schmähschriftsteller. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1483. 656 gebührlich] gebührend. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1897. 657 S. o. S. 18, Anm. 104. 658 Gebühr] Pflicht. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1885. 659 S. o. S. 12, Anm. 8. 660 Kirchenbuhsse] Kirchenzucht. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 799. 661 in Abgang gerahten] verfallen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 43. 662 S. o. S. 32, Anm. 130. 663 Welthauffen] weltlichem Pöbel. Zu ‚Haufen‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 584. 664 ungescheuet] ohne Scheu. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 833 f. 665 Vgl. Mt 14,3 f. 666 ärgerlich] anstößig. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 548. 667 S. o. S. 32, Anm. 130. 668 Gebühr] Pflicht. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1885.

1065

1070

1075

1080

1085

1090

1095

Vorbericht

1100

1105

1110

1115

1120

1125

65

säumt669 deine Verwaltung670 von dir nehmen/ und solche einem würdigern geben/ du kanst/ du solst und must hinführo671 nicht mehr ein Regent heissen. Auff eine solche Ahrt und Weise/ die doch gleichwol auff das allerkürtzeste alhie wird entworffen/ solte ein jetweder rechtgeschaffener672 Prediger/ sein Lehr= und Strafamt verrichten/ und/ wan er gleich wüste/ daß er den Tod deßwegen erleiden müste/ den/ was könte herlicher und rühmlicher sein/ als üm der Gerechtigkeit und Wahrheit willen sterben und GOtt seine Seele auffopferen? Aber/ o wie gahr weinig673 werden solcher Prediger gefunden/ welche ihr hohes und schwehres Amt mit solchem Eifer und Ernst verrichten! Jch glaube nicht/ daß man unter hundert einen eintzigen antreffe/ der auff obbeschriebene674 Ahrt und Weise sei gesinnet. Niemand wil hie den Fuchß recht beissen675/ Niemand der Katzen die Schellen anhängen676/ Niemand die Grosse und mächtige wider sich zu Zorn reitzen/ Niemand die bittere Wahrheit recht außdrükken/ und sind absonderlich677 die jenige die allergrösseste Heuchler/ welche per fas & nefas, oder durch unziemliche Mittel zum heiligem PredigAmt sind kommen/ wie es den heute zu Tage eine rechte Rarität/ und etwas wunderseltzames678 ist/ wan ein junger Geselle oder Studiosus Theologiae, ordentlich zum Predigamte wird beruffen679/ welches gahr/ gahr weinigen680 widerfähret. Sonsten müssen sie fast alle dises göttliche Amt mit gros= | sem Gelde an sich erkauffen681/ oder sonst/ durch andere casus hinein schleichen/ welches fürwahr erschreklich ist zu höhren/ und unserem Christenthum einen unaußleschlichen Schandflekken anhänget. Vorzeiten pflag682 man geschikten und wolbegabten Lehreren des heiligen göttlichen Wohrtes Geld zuzugeben683/ daß sie ein solches hohes und beschwehrliches Amt nur auff sich nahmen/ und die ihnen anbefohlene Heerde treulich weideten684: Nunmehr aber ist das libe Predigamt ein rechter Grempelmarkt685 und öffentlicher Außruff686 geworden/ in deme nur die jenige/ die das meiste Geld dafür geben/ dasselbe müssen bedienen687/ und fehlt hie nichtes mehr/ als daß man nur nicht/ wen ein Prediger Dienst offen stehet/ einen hauf-

669 ungesäumt] unverzüglich. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 827. 670 Verwaltung] Amt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 2105. 671 hinführo] fortan. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1435. 672 rechtgeschaffener] rechtschaffener. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 417. 673 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 674 obbeschriebene] oben beschriebene. Zu ‚ob‘ vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1046. 675 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 1247. 676 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 2, Sp. 1185 f. 677 absonderlich] insbesondere. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 121. 678 wunderseltzames] Außerordentliches. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1961. 679 Vgl. Confessio Augustana 14, BSLK, S. 69, Z. 2–5: „De ordine ecclesiastico docent, quod nemo debeat in ecclesia publice docere aut sacramenta administrare nisi rite vocatus.“ 680 weinigen] wenigen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 681 an sich erkauffen] sich kaufen. Zu ‚an sich‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 287. Zu ‚erkaufen‘ vgl. DWb 3, Sp. 864. 682 pflag] pflegte. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1745. 683 zuzugeben] dazuzugeben. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 399. 684 1Petr 5,2 685 Grempelmarkt] Trödelmarkt. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 107. 686 Außruff] Versteigerung, Auktion. Vgl. Adelung, Wörterbuch 1, Sp. 628. 687 bedienen] (das Predigtamt) ausüben. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1231.

fol. f 1v

66

fol. f 2r

Vorbericht

fen junger Leute lässet zusammen kommen/ und der Verkäuffer aus vollem Halse schreiet/ wie sonst die Außruffer688 im Lummert689 zu thun pflegen: Sehet ihr guhte Herren und libe Freunde/ diser Dienst ist für bahres Geld zu kauffe690/ wer nun seine milde691 Hand am frischesten und freigebigsten wird aufthunc/ und die rohten Füchse692 am häuffigsten693 spendiren oder springen lassen/ der sol damit durchgehen694. Nun/ wollann/ lasset höhren/ was und wie viel ein jetweder unter euch dafür wil geben? Jch gebe so viel/ ich so viel/ und ich so viel. Aber wer biehtet mehr dafür? Nader niet695/ Nader niet/ Nader niet/ wer wil noch so viel mehr geben? Ey wollann/ findet sich den keiner mehr/ der ein ansehnlichers begehrt zu spendiren/ so sol der jenige/ der das meiste dafür gebohten damit durchgehen696 und den Dienst im Namen GOttes behalten/ und darauff heist es den: | Glück damit! Glück damit/ der Dienst ist euch für allen andern bescheret gewesen/ es ist ein recht göttlicher Beruff/ und darauff in die Hände geschlagen/ daß es patschet und klatschet. Sehet/ meine Liben/ auff eine solche Ahrt werden heutiges Tages unter uns Evangelischen/ die geistliche Aemter/ Prediger= Schuhl= Organisten= und Küsterdienste verkauffet/ recht697/ wie man sonst Ochsen und Pferde pflegt zu verhandlen698/ da das Thier dem jenigen wird zugeschlagen/ der das meiste Geld dafür kan geben. Aber/ was mache ich? was klage ich? was schreibe ich? was gedenke ich? Habe ich den schon vergessen/ wie man den jenigen/ die schon für disem699/ über solchem abscheulichem/ unchristlichem Gebrauche/ die Geistliche auch wol andere Dienste zu verkauffen/ eine grosse Klage geführet/ hat gelohnet700? Gedenke ich den gahr nicht darann/ wie eiferig man solche Leute hat verfolget/ und sie gelehret/ wie sie ein ander mahl ihre Feder und Maul sollen im Zaum halten/ und mit der edlen Wahrheit unbemühet701 bleiben? Aber/ lohnen hinn/ lohnen her/ verfolgen hinn/ verfolgen her/ die Wahrheit muß dennoch geschriben/ gesungen/ gesaget/ gespielet/ gedrukket/ und an das offentliche Sonnen=licht ge-

c aufthun] Emendiert aus: anfthun

688 Außruffer] Auktionator. Vgl. Adelung, Wörterbuch 1, Sp. 628 f. 689 Lummert] Pfandhaus. Vgl. Ten Doornkaat Koolman 2, S. 545. 690 ist zu kauffe] steht zum Verkauf. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 316. 691 milde] freigebige. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2202. 692 rohten Füchse] ‚Roter Fuchs‘ ist eine im 17. Jahrhundert gebräuchliche umgangssprachliche Bezeichnung für Kupfermünzen. Vgl. Blasius Multibibus (Pseud.), Jus Potandi, fol. A 5v. Vgl. Kahnt / Knorr, S. 96 und Verdenhalven, S. 23. 693 am häuffigsten] am reichlichsten. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 594. 694 durchgehen] durchkommen, Erfolg haben. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1619. 695 Nader niet] mehr nicht. Zu ‚nader‘ vgl. Ten Doornkaat Koolman 2, S. 634. Zu ‚niet‘ vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 690. 696 durchgehen] Erfolg haben. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1619. 697 recht] genauso. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 404. 698 verhandlen] verauktionieren. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 520. 699 für disem] vordem, früher. Nicht bei Grimm, DWb. 700 den jenigen hat gelohnet] diejenigen belohnt hat. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3049. 701 mit der Wahrheit unbemühet] von der Wahrheit unbehelligt. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 316.

1130

1135

1140

1145

1150

Vorbericht

1155

1160

1165

1170

1175

1180

67

stellet werden/ und solte auch der abgesagte702 Feind der Wahrheit703/ der höllische Teuffel mit seinem gantzen Anhange rasend/ toll und unsinnig darüber werden/ La Verdad como el olio siempred anda en somo,704 die Wahrheit muß doch allezeit oben schwimmen/ gleich wie das Oehle/ sagen die Spanier/ sie kan zwar wol gedrukket705/ aber unmüglich gantz und gahr untergedrukket706 werden. So | frage ich derowegen alle die jenige/ welche etwan707 dises/ so alhie geschriben/ lesen/ sehen/ oder höhren werden: Ob nicht mir/ der ich ein Diener GOttes/ und zum Predigamt rechtmässiger/ ordentlicher weise bin beruffen708/ wie das mit Uhrkunden und Briefen (GOtt Lob) zu erweisen/ der ich auch nunmehr fast gantzer dreissig Jahre in disem hohen und heiligem Amte habe gelebet709/ wil geziemen und gebühren/ daß ich/ ohne Ansehen eines eintzigen Menschen/ die Wahrheite rede oder schreibe? Nun halte ich mich gäntzlich versichert710/ daß mir dises kein ehrlicher Mensch anders/ als mit Ja wird beantwohrten. Wen nun dises seine guhte Richtigkeit hat/ so frage ich ferner: Ob den ein eintziges Wöhrtlein in disem allen/ was ich hie geschriben/ zu finden/ das sich nicht in der That und Wahrheit also verhalte? Hie wird man mir abermahl müssen Recht geben/ und/ dafern711 man nicht auch sagen wil/ daß keine Sonne am Himmel/ oder kein Wasser in der Elbe sei/ auffrichtig bekennen/ daß alles dises/ worüber ich so schmertzlich geklaget/ nichtes anders/ als die klahre/ teutsche712 und lautere Wahrheit sei/ ja/ daß es wahr heisse und wahr verbleiben werde/ so lange die Welt stehet713. Wan sich nun dises alles also verhält/ warum schilt man mich den/ warum schlägt man mich/ warum verfolgt man mich den? Eben darum/ (höhre ich jemand mir antwohrten) daß du die Wahrheit so gantz ungescheuet714 hast an das Licht gestellet/ womit du wol hettest mögen zu hause bleiben/ den/ weist du nicht/ daß unter dem Himmel nichtes so sehr verhasset ist/ als eben die Wahr= | heit? Wilt du viel von der Wahrheit predigen/ so must du auch für lib nehmen715/ daß man dich von der Wahrheit=Kantzel herab stürtzet und dir den Hals zerbricht/ ich vermeinete716/ du verstündest das

d siempre] Emendiert aus: siempte

e Wahrheit] Emendiert aus: Waheheit

702 abgesagte] erklärte. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 47. 703 Vgl. Joh 8,44 704 Vgl. zu diesem spanischen Sprichwort Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi 12, S. 335: „La verdat como el olio, siempre anda en somo.“ 705 gedrukket] bedrängt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1444 f. 706 untergedrukket] unterdrückt. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1529. 707 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 708 S. o. S. 65, Anm. 679. 709 Rist war im Jahre 1635 auf das Pastorat in Wedel berufen worden. Vgl. die Notiz in Johann Hudemanns Leichenpredigt auf Rist, S. 242. 710 halte ich mich versichert] bin ich gewiß. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1307. 711 dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 712 teutsche] offene. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1046. 713 Vgl. Gen 8,22 714 ungescheuet] ohne Scheu. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 833 f. 715 für lib nehmen] akzeptieren. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 1290. 716 vermeinete] nahm irrtümlich an. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 853.

fol. f 2v

fol. f 3r

68

fol. f 3v

Vorbericht

Weltwesen auch ein weinig717/ werest auch wol ehemahlen bei Hofe gewesen/ und hettest gelernet aus dem Reiniken Fuchse718/ wie man sol grossen Herren guhte Wohrte geben/ aus der Finsternisse Licht719/ und aus dem heßlichen Teuffel einen schönen/ heiligen Engel machen. Hast du nicht gehöhret/ wen man führnehme Leute zu Gaste hat/ so muß man von keinem Konfekt so weinig720 und spahrsahm aufftragen/ als von den Wahrheits=Küchelein721/ dagegen muß man grosse Körbe voll Lügen und Heuchelei=Fladen zum besten geben? Aber/ mein Freund/ (daß ich dir hierauff kürtzlich antwohrte) es ist mir dises alles zwahr wol bekant/ aber gantz und gahr nicht gelegen722/ daß ich dergestalt wider mein Wissen und Gewissen handlen/ und/ ümme eines sterblichen Menschen vergängliche Gunst zu erhalten/ des Allerhöhesten Gnade solte verliehren und darüber zum Teufel fahren. So lange ich der edlen Wahrheit mich befleissige/ so lange bin und heisse ich ein guhter Christ/ demnach723 mein Seligmacher CHristus JEsus sich selber die Wahrheit nennet724/ wil ich also/ durch Verleihung Göttlicher Gnade/ jederzeit meinem CHristo/ als der Wahrheit folgen/ und von dem schändlichen Lügenteuffel725 mich nimmermehr verführen lassen. Unterdessen schreie ich noch aus vollem Halse/ und schreibe es mit eiferiger Feder/ daß die grösseste Uhrsache unseres falschen/ heuchlerischen und gottlosen Christen= | thumes eigentlich dise sei: Daß die viele/ abscheuliche Laster/ welche unter uns befindlich/ weder von Geistlichen/ noch von Weltlichen gebührlich726 mehr gestraffet werden. Man siehet ja fast zu allen Schanden und Lasteren fürsetzlich727 durch die Finger728/ daß also die arme Brillenmacher sehr weinig729 mehr zu thun haben. Da heuchelt immer einer dem anderen/ unsere Herren Geistliche wollen die Weltliche nicht erzürnen/ Geschenke und Gaben können nunmehr aller Ohrten und bei ihnen beiderseits durchdringen/ Munera, Moneta und Denarius sind Richter im geistlichen und weltlichen Hause/ in Summa/ kanst du nur braf spendiren/ so wirst du deine Sache schwehrlich verliehren/ nur frisch Geld her! Wan den nun die jenige/ welchen der gerechter und eiferiger GOtt730 so hart hat anbefohlen/ daß sie/ Krafft ihres hohen tragenden Amts731/ die Sünden und Untugende ernstlich sollen straffen/ ihrem Amte gleichwol so gahr nicht mehr nachkommen/ sondern einen jetweden lassen leben und handelen nach seinem 717 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 718 Das spätestens seit dem Ende des 12. Jahrhunderts kursierende Märchen von Reineke Fuchs erzählt von den Abenteuern eines Fuches, der als listiger Betrüger, scheinheiliger Gauner, Kritiker jeglicher Hierarchie, niemals aber als Helfer auftritt. Im 16. und 17. Jahrhundert erfuhr der Erzählstoff durch zahlreiche Drucke äußerst weite Verbreitung. Vgl. Düwel. 719 Joh 12,35 720 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 721 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 4, Sp. 1755. 722 ist mir nicht gelegen] ist mir nicht recht. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2937. 723 demnach] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 919. 724 Joh 14,6 725 Vgl. Joh 8,44 726 gebührlich] gebührend. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1897. 727 fürsetzlich] absichtlich. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 793. 728 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 1017. 729 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 730 Ex 20,5 731 ihres tragenden Amts] des ihnen übertragenen Amts. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 281.

1185

1190

1195

1200

1205

1210

Vorbericht 1215

1220

1225

1230

1235

1240

69

eigenen Willen und Wolgefallen; So muß nun GOtt selber/ nicht allein die säuberliche732 Vater=Ruhte733/ sondern auch sein brennendes Zornschwehrt734 ergreiffenf/ und damit dergestalt auff uns zuschlagen/ stossen/ stechen und hauen/ daß wir für grosser Angst fast nirgends mehr hinn/ ja/ weder aus noch inn wissen. Jn dem verflossenem Jahre schikkete uns GOtt eine geschwinde Theurung ins Land735/ daß mancher Mensch/ der für disem736 keinen sonderlichen Mangel gespühret/ ofte schwehrlich so viel wuste zusammen zu bringen/ womit | er einen Scheffel Korn konte bezahlen. Aber/ dise Straffe/ wiewol sie vielen hart genug fiel/ ward doch von dem grössesten Hauffen/ sonderlich von den Reichen weinig737 geachtet/ darum muste der libe GOtt andere und härtere Plagen senden. Da läst Er nun Türken und Tarteren mit grossem Hauffen kommen/ welche in Ungarn/ Mähren/ Schlesien/ Oesterreich/ und angrentzenden Länderen schon dergestalt gehauset738/ daß dem jenigen/ der es nur höhret/ die Ohren dafür gellen739 mügen740/ den/ da sind nicht allein viel schöne Oehrter bereits zu Grunde741 außgeplündert/ in die Asche geleget/ und jämmerlich verhehret; sondern die grausahme Tyrannen haben auch schon viele tausend Menschen niedergehauen/ viele Weiber und Jungfrauen viehischer weise geschändet und ermordet/ und/ welches am allermeisten zu beklagen/ und worüber man sich wol zum allerschmertzlichsten mag bekümmeren/ grosse Hauffen unschüldiger Menschen und Kinder/ theils männliches/ theils weiblichen Geschlechtes/ an Ketten wie die Hunde gebunden/ in eine ewige und überaus jämmerliche Dienstbahrkeit742 hinweg geschleppet/ worinn sie nicht allein an ihrem Leibe täglich/ ja fast stündlich/ ihre Plagen müssen außstehen; Sondern auch ihrer Seelen Heil und ewigen Seligkeit halber/ in äuserster Gefahr schweben. Das lasset mir eine Straffe sein/ womit fast kein Kreutz noch Elend zu vergleichen! Nun hette man wol gehoffet/ daß durch dise Züchtigung die Menschenkinder solten sein angereitzet und bewogen worden/ ihr böses und sündliches Leben zu besseren/ und also dem erzörneten GOTT in seine Ruhte zu fallen. | Diweil f ergreiffen] Emendiert aus: ergr eiffen

732 säuberliche] milde, sanfte. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1856. 733 Vgl. Hebr 12,6 734 Vgl. Jes 30,27 735 Die vor allem kriegsbedingte Inflation des Jahres 1662 war im Hamburger Raum durch mehrere Sturmfluten, die im Februar Deiche brechen ließen und die Elbmarschen unter Wasser setzten, sowie durch einen zu nassen Sommer verschärft worden. Vgl. die kurze Notiz bei Adelung, Historische Beschreibung, S. 139 sowie Steltzner, Versuch 3, S. 809 f. und Gallois, S. 283. Die Inflation erfuhr u.a. durch den Rintelner Professor der Theologie Josua Stegmann eine ausführliche Behandlung. Vgl. dessen ‚Ernewerte Hertzen=Seufftzer/ Darinnen ZeitGebetlein/ auff die bevorstehende betrübte Kriegs=Thewrung und Sterbenszeiten gerichtet‘. Sie wurden erstmals zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges 1630 gedruckt und erschienen im Krisenjahr 1663 erneut. 736 für disem] vordem, früher. Nicht bei Grimm, DWb. 737 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 738 S. o. S. 12, Anm. 12. 739 1Sam 3,11; 2Kön 21,12 740 die Ohren dafür gellen mügen] es grell in den Ohren klingen möge. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3037. 741 zu Grunde] völlig. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 683. 742 Dienstbahrkeit] Leibeigenschaft. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1122.

fol. f 4r

fol. f 4v

70

fol. f 5r

Vorbericht

man aber diser Ohrten solche Ruhte noch nicht gefühlet; So bleibet man den einen Weg wie den andern743 gottloß und unbuhßfärtig/ man höhre gleich noch so viel böse Zeitungen744/ aus Ungarn oder Teutschland/ und werden auch die Menschen wol also verbleiben/ es were den/ daß die vielfältige Sünde und Laster/ so wol durch geistliche/ als weltliche Obrigkeiten ernstlich abgeschaffet/ und theils g guhte Worte und Ermahnung/ theils durch scharffe Straffen unverzöglich hinweg geräumet würden. Diweil nun aber der gerechte GOtt745/ als ein alwissender GOtt746/ gnugsahm747 siehet und erkennet/ daß des grausahmen Türken Jnn= und Uber=fall/ noch weinig748 unter den/ also genanten749 Christen/ zu wahrer und rechtschaffener Buhsse treibet; So hat Er endlich angefangen uns noch eine andere schwehre Landstraffe750 auf den Halß zu schikken/ nemlich den grimmigen Würg=Engel751/ der durch pestilentzische Seuchen752 und andere sehr giftige Krankheiten/ mit vilen den Gahrauß machet/ und durch sein grimmiges wühten an etlichen Ohrten/ so wol auf dem Lande/ als in etlichen Stätten/ grosse Noht/ Furcht und Gefahr veruhrsachet. Dise Plage nun ist wol die schwehreste für die Weltkinder: Jch sage/ für die Weltkinder/ den/ was rechte Kinder GOttes sind/ die können sich in dise väterliche Züchtigung wol schikken753/ darum sprächen sie auch mit dem Könige und Propheten David: Jch wil liber in die Hand des HErrn fallen/ als in die Hand der Menschen/ den/ seine Barmhertzigkeit ist sehr groß754. Von den jenigen aber/ welcher Hertz so gahr755 an dem irdischen und | vergänglichem hänget/ höhret man gemeinlich756 solche Reden: Der Jnfall des Türkischen Bluhthundes ist zwahr erschreklich zu vernehmen/ jedoch fürchte ich mich bey weitem nicht so sehr für dem Türken/ als für der Pestilentz/ den jenner ist noch weit von hinnen757/ dise Seuche aber haben wir leider! für der Tühr/ und müssen alle Augenblikke in Gefahr stehen758/ daß sie uns würget759/ und unsere Leiber zu Leichen machet! Solche Leute nun liben gahr zu sehr das irdische und vergängliche Leben. Unterdessen hat man gleichwol bei disen elenden Zeiten und hochgefährlichen Läuften760/ alle Wochen gewisse Buhss= und Behtstunden angeordnet/ lassen sich auch etliche Christliche Haußväter nicht verdriessen/ g ] Emendierend ergänzt

743 den einen Weg wie den andern] so oder so. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 2924. 744 Zeitungen] Nachrichten. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 591. 745 Ps 11,7 746 Vgl. Sir 42,19 747 gnugsahm] genügend. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3515. 748 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 749 also genanten] sogenannten. Vgl. zu ‚also‘ Grimm, DWb 1, Sp. 261. 750 Landstraffe] Strafe, die ein ganzes Land trifft. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 143. 751 Vgl. Ex 12,23 752 S. o. S. 12, Anm. 19. 753 Vgl. Prv 13,1 754 2Sam 24,14 755 gahr] völlig. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 756 gemeinlich] gewöhnlich. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3260. 757 von hinnen] von hier entfernt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1458 f. 758 in Gefahr stehen] gefährdet sein. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2065. 759 würget] tötet. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2202. 760 Läuften] Ereignissen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 335.

1245

1250

1255

1260

1265

1270

Vorbericht

1275

1280

1285

1290

1295

1300

1305

71

des Tages zum weinigsten761 ein= oder zweimahl/ mit ihren Kinderen und Gesinde in ihren Häuseren niederzuknien/ andächtig zu behten/ und allerhand feine Buhßlieder zu singen. Nun wil ich dise wolgemeinete Anstalt762 gahr nicht getadelt/ sondern vielmehr gelobet und wehrt gehalten haben/ binn und verbleibe aber dennoch der gäntzlichen Meinung/ daß alles unser Kirchen gehen/ singen und behten/ nirgends zu wird nützen/ dafern763 wir nicht erstlich vom Bösen ablassen764/ die Sünde und Laster meiden/ dagegen aber ein neues Leben führen/ in Heiligkeit und Gerechtigkeit/ so GOtt gefällig ist765. Jhr Obrigkeiten/ Regenten und Amtleute/ thut Christlich/ wol und löblich darann/ daß ihr bei disen hochgefährlichen Zeiten/ feine ordentliche Buhss= und Behttage anstellet; Aber/ ich bitte euch tausend mahl ümme Gottes willen/ saget mir doch/ wozu sol dises alles helffen/ wen ihr mit gedültigen Augen und Ohren | könnet ansehen und anhöhren/ daß eure Unterthanen/ nicht wie Christen/ sondern wie Heiden/ und ärger/ als Türken leben? Was sollen doch die jenige wol von ihrem Behten/ Singen/ Kirchen gehen/ und derogleichen geistlichen Ubungen für Nutzen haben/ welche in ihren Nöhten nicht zu dem wahren GOtt und ordentlichen Mittelen; sondern den abergläubischen Zeichendeutern/ Zauberern/ Hexen und Wahrsagere ihre Zuflucht nehmen/ die ihren Mund nicht zum Behten/ sondern zum Fluchen und Gotteslästern gewehnet766 haben/ die die hohen Fest= Sonn= Buhss= und Behttage schändlich entheiligen/ die ihre Eltern wie Hunde tractiren/ unschüldiges Bluht wie Wasser vergiessen767/ in aller Leichtfertigkeit/ Unzucht/ Huhrerei und Ehebruch sich weltzen/ durch Geitzen/ Schinden und Schaben768/ den Nehesten üm das seinige bringen/ durch ihr ligen769 und betriegen/ durch ihr verläumden/ lästeren und schmähen/ grosses Unglück und Jammer anrichten/ und/ im übrigen/ ein recht verfluchtes/ Belials=Leben770 führen/ wie könte nur und müchte doch GOtt solche Sünder erhöhren?771 Man hat die übermachte772 Boßheit der Menschen bißhero kurtzum nicht straffen wollen/ und wen man auch noch so grosse Greuel begangen/ so hat man doch die wolverdiente Straffe mit einem Stüklein Geldes können abkauffen773/ mit vilen hat man gahr durch die Finger gesehen774/ ja sie noch wol in ihrer Boßheit gesteiffet775 und gestärket. Diweil den der gerechte GOtt solche Greuel/ Sünde und Schande länger nicht hat ansehen oder dulden können; So komt Er nun selber mit so vielen/ unterschiedlichen/ schwehren | Straf-

761 zum weinigsten] zumindest. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 33. 762 Anstalt] Einrichtung. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 472. 763 dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 764 Vgl. Jes 1,16 765 Lk 1,75 766 zum gewehnet] an das gewöhnt. Vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 6515. 767 Ps 79,3 768 Schaben] Zusammenraffen von Geld. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1950. 769 ligen] Lügen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1272 f. 770 Belials=Leben] teuflisches Leben. ‚Belial‘ ist ein Name für den Teufel. Vgl. 2Kor 6,15 771 Vgl. Joh 9,31 772 übermachte] übermächtige. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 403 f. 773 die Straffe können abkauffen] sich von der Strafe loskaufen können. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 59. 774 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 1017. 775 gesteiffet] unterstützt. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 1837.

fol. f 5v

fol. f 6r

72

Vorbericht

fen/ und schläget weidlich776 zu/ nicht allein auff die Schaffe/ oder vielmehr stinkende Bökke777/ sondern auch auff die geistliche und weltliche Hirten. Dise alle nun wollen den erzörneten GOTT mit ihrem grössern Theils heuchlerischen Behtstunden versöhnen und dadurch die Plagen von ihnen gäntzlich widrum abwenden/ unterdessen in den vorigen Sünden sich noch immer hinn weltzen/ und kein Hährlein778 besser oder frömmer werden/ als sie vorhinn sind gewesen. Da urtheilet nun selber/ ihr Geistliche und Weltliche/ ihr Lehrer und Zuhörer/ ihr Obrigkeiten und Unterthanen/ ob bei so bewanten779 Sachen/ ob eur Predigen/ Behten/ Lesen/ Singen und Klingen nicht viel zu weinig780/ ja wol gahr vergeblich und ümsonst sei/ einige Gnade zu erlangen? Drum höhret nun und merket es sehr wol/ ihr meine libe Teutsche und Landesleute/ was der nicht nur gerechte/ sondern auch grundgühtige GOTT euch durch den Propheten Esaiam in nachfolgenden Wohrten lässet fürtragen: Meine Seele ist feind

fol. f 6v

euren Neu Monahten und Jahrzeiten/ ich bin derselben überdrüssig/ ich bin mühde zu leiden/ und wen ihr schon eure Hände außbreitet/ verberge ich doch meine Augen von euch/ und/ ob ihr schon viel behtet/ höhre ich euch doch nicht/ den eure Hände sind vol Bluhtes. Waschet/ reiniget euch/ thut euer böses Wesen von meinen Augen/ lasset ab vom Bösen/ lernet guhtes thun/ trachtet nach Recht/ helffet dem Verdrükten781/ schaffet dem Waisen Recht/ und helffet der Wittwen Sachen. | So komt den und lasset uns mit einander rechten/ spricht der HErr. Wen eure Sünde gleich Bluhtroht ist/ sol sie doch Schneeweiß werden/ und wen sie gleich ist wie Rosinfarbe782/ sol sie doch wie Wolle werden783. Aus disen

Wohrten/ wie auch vilen anderen derogleichen sehr nachdenklichen784 Texten/ welche fast785 häuffig in den Weissagungen und Warnungen der Propheten sind zu finden/ kan man ja deutlich genug vernehmen/ daß dem frommen GOtt mit allen unseren Neumonahten und Jahrzeiten/ das ist: Mit unseren monahtlichen/ wochentlichen und anderen Buhss= und Behttagen/ mit unserer Hände außbreiten786/ singen/ klingen/ und behten/ im allergeringsten nicht gedienet sei/ wo wir nicht erstlich unsere Hertzen und Hände von allen BluhtSchulden/ das ist: von allen Sünden/ Schanden und Ubertretungen reinigen/ das Böse von seinen heiligen Augen weg thun787/ dagegen aller Gottseligkeit uns befleissigen788/ nach Recht trachten/ dem Verdrükten789 helffen/ und der Wittwen und Waisen Sachen Recht schaffen790. Diweil aber der grösseste Hauffe der Menschen unge-

776 weidlich] gehörig. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 606. 777 Vgl. Mt 25,32 f. 778 kein Hährlein] um kein Haar, gar nicht. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 19. 779 bewanten] beschaffenen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1767. 780 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 781 Verdrükten] Unterdrückten. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 252. 782 Rosinfarbe] Farbe der (roten) Rosen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1193. 783 Jes 1,14–18 784 nachdenklichen] zum Nachdenken anregenden. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 38. 785 fast] sehr. Zu ‚fast‘ als verstärkendem Adverb vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1349. 786 Vgl. Ps 88,10 787 Jes 1,16 788 Vgl. 1Tim 6,11 789 Verdrükten] Unterdrückten. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 252. 790 Jes 1,17

1310

1315

1320

1325

1330

1335

Vorbericht 1340

1345

1350

1355

1360

1365

1370

73

zwungen791/ recht Christlich und Gottselig zuleben nicht begehret; So erfodert die hohe Nohtturfft792/ daß Christliche Obrigkeiten das Compelle intrare793, mit solchen halßstarrigen/ boßhafften Leuten spielen und sie nöhtigen herinn zu kommen. So bedenket nun ihr Regenten und Richter auf Erden/ daß ihr das Schwert nicht ümsonst traget794/ sondern/ daß ihr euch dessen nach göttlichem/ ernsten Befehl/ ohne einiges795 Ansehen der Personen796/ zum Schutze der Frommen/ | und Straffe der Gottlosen sollet gebrauchen797: werdet ihr aber solches nicht thun/ sondern nebenst vilen Geistlichen (welche Gewissenlose Miedlinge sind/ da sie doch rechtschaffene/ getreue Hirten sein solten798) noch ferner heuchlen/ und allein Gunst/ Gnade/ Ehre/ Hoheit/ Ansehen/ Geld und Guht zu erlangen/ den sicheren/ rohen und gottlosen Weltkindern/ Polster unter die Armen legen799/ mit ihnen durch die Finger sehen800/ allen Sünden Schanden und Lastern ihren völligen Lauff lassen/ und dadurch unseres/ schon mehr den alzuviel verderbtes Christenthum/ vollends gahr unter die Füsse werffen801/ aufheben und zu Grunde richten; So wil/ sol und muß ich/ als ein Diener meines HErren JEsu CHristi/ kraft meines hohen tragenden Amtes802/ euch hiemit nochmahlen803 verkündigen/ und für der gantzen Welt anmelden804: Daß der wahrhafter/ eiferiger805 und gerechter806 GOTT/ noch zehnmahl grössere/ heftigere und schwehrere Straffen und Plagen über unser Teutschland wird kommen lassen/ als es schon eine lange Zeit hero807 hat gefühlet: Da werden Türken und Tartaren uns machen/ wie Koht auff der Gassen808/ grausahme Hungersnoht wird uns verderben und jämmerlich verschmachten lassen/ die abscheuliche Seuche der Pestilentz wird viel tausend Dörffer/ Flekken809 und Stätte/ ja gantze Länder/ öhde und wühste machen/ das Feur wird uns auffressen/ und die Flammen werden uns verzehren/ die Erde wird uns verschlingen810/ die Wasserwogen uns ersäuffen/ die Winde/ durch ihr erschrekliches Sausen und Brausen/ alles über einen Hauffen werffen/ und endlich werden solche | elende/ jämmerliche und hochbedrängte811 Zeiten kommen/ derogleichen nicht gewesen/ so lange die Welt gestanden. Wer nun Ohren hat zu höhren/ der höhre812/ ein jetweder ist nun genug gewarnet/ Sehet! Jch habe es euch alles zuvor gesaget/ und also (GOtt Lob!) meine Seele errettet.

791 ungezwungen] ohne Zwang, freiwillig. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 955. 792 erfodert die hohe Nohtturfft] ist es unbedingt notwendig. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 926. 793 Lk 14,23 794 Röm 13,4 795 ohne einiges] ganz ohne. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 208. 796 Kol 3,25 797 Vgl. 1Petr 2,14 798 Joh 10,12 f. 799 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 2, Sp. 1356. 800 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 1017. 801 unter die Füsse werffen] niederwerfen. Nicht bei Grimm. Zu ‚unter die Füße zwingen‘ vgl. DWb 4, Sp. 988. 802 tragenden Amtes] mir übertragenen Amts. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 281. 803 nochmahlen] zu wiederholtem Male. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 876. 804 anmelden] kundtun. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 407. 805 Ex 20,5 806 Ps 11,7 807 lange Zeit hero] seit langer Zeit. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1121. 808 Vgl. 2Sam 22,43 809 Flekken] Orte. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1741. 810 Vgl. Num 16,30 811 hochbedrängte] sehr quälende. Zu ‚bedrängen‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1236. 812 Mt 13,9

fol. f 7r

fol. f 7v

74

fol. f 8r

Vorbericht

Hilf du liber/ hilf du getreuer GOtt/ wo sol den das arme/ kleine und elende Häufflein der frommen und Gott=ergebenen Seelen bleiben/ wohin sollen doch diselbe bei disen elenden/ jämmerlichen Zeiten flihen? Zu Dir/ HErr Christ/ alleine813/ ja/ meine Freunde/ zu dem Gekreutzigten JEsu/ den ich euch in gegenwärtigen814/ andächtigen Liedern und beweglichen815 Seelenbetrachtungen zum anderen816 mahl/ oder vielmehr auff das neue darstelle817. Es mag endlich einem Menschen so elend/ so kläglich und jämmerlich in disem betrübten Leben ergehen/ als es immer wil; So kan er doch zuletst Alles überwinden818/ wen er die unaußsprächliche Noht/ Angst und Schmertzen/ die sein getreuster Heiland und Seligmacher zur Zeit seines bitteren Leidens hat außgestanden/ nur recht betrachtet: Darum/ es mag Theurung/ es mag Ungewitter/ es mag Krieg/ es mag Pestilentz/ es mag Türk/ es mag Teufel kommen; So werden doch alle Christgläubige/ wen sie nur ihre Seelen durch wahren Glauben und gottseliges Leben in die libreiche Arme/ ja in das getreuste Bruderhertz819 unseres Gekreutzigten JEsu schliessen/ wider alle Feinde/ auch in der äusersten Gefahr/ Noht und Tod kräfftiglich beschützet und gnädigst erhalten werden. Hierzu komt auch | dises/ daß alle die jenige/ welche mit hertzlicher Andacht/ die grosse Pein und Schmertzen/ die unser allerlibster und unschüldigster Erlöser zur Zeit seiner Passion hat außgestanden/ recht ansehen und betrachten/ bald gahr820 andere Menschen/ und sich eines Christlichen Lebens und Wandels mit grossem Ernst werden befleissen821/ zumahlen unter dem Himmel nichtes wird gefunden/ daß einen Menschen von Sünden und Untugenden so kräftig kan ab= und zu rükke halten/ als die stete Gedächtnisse des bitteren Leidens und Sterbens unseres Seligmachers JEsu CHristi. Ja/ meine fromme Mittbrüder/ meine libe Mittschwesteren/ wer dises mit rechtem Ernst bedenket/ wie saur und schwehr es nemlich unserem Heiland geworden/ die armselige und verdamte Menschenkinder von dem Zorn GOttes/ vom Fluche des Gesetzes822/ vom Tode823/ Sünde824/ Teufel825 und Höllen826 zu erlösen/ der wird seinem bißhero sündlich geführtem Leben/ Spinnenfeind werden/ ja sich von Tage zu Tage in der wahren Gottseligkeit üben/ seinem Schöpfer die weinige827 Zeit seines müheseligen Lebens zu dienen/ in Heiligkeit und Gerechtigkeit/ welche

813 Zitat aus der dritten Strophe der Lutherschen Verdeutschung und Fortschreibung des mittelalterlichen Gesangs ‚Media vita in morte sumus‘ (AWA 4, S. 161): „Mitten yn der hellen angst | unser sund uns treiben. | Wo soln wir den flihen hyn, | da wir mugen bleiben? | Zu dir, herr Christ, alleyne. | Vergossen ist dein teures blut, | das gnug fur die sunden thut. | Heyliger herre gott, | Heyliger starcker got, | Heyliger barmhertziger heyland, | du ewiger got, | las uns nicht entfallen | von des rechten glaubens trost. | Kyrieleyson.“ 814 gegenwärtigen] vorliegenden. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2295. 815 beweglichen] bewegenden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1774. 816 anderen] zweiten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 817 S. u. S. 75, Anm. 830. 818 Vgl. Röm 8,37 819 Vgl. Hebr 2,11 820 gahr] ganz. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 821 befleissen] befleißigen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1265. 822 Gal 3,13 823 2Kor 1,10 824 Vgl. 1Petr 2,24 825 1Joh 3,8 826 Vgl. Hos 13,14; 1Kor 15,55 827 weinige] wenige. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1.

1375

1380

1385

1390

1395

1400

Vorbericht

1405

1410

1415

1420

1425

1430

75

ihm gefällig ist828/ wozu mir und allen/ die solches von Grund ihrer Seelen wünschen und begehren/ seine himlische Gnade wolle verleihen unser Gekreutzigter Heiland CHristus JEsus/ und solches alles ümme seines heiligsten Leidens und theuresten Namens willen/ Amen. Hierauf/ liber Leser/ wisse nun zum Beschluss829/ daß ich zwahr für etlichen Jahren/ einen geringen Theil diser Andachten/ bestehend in den | Zwölf Hinführungen unsers Allerlibsten Seligmachers/ zu seinemh bitteren Leiden und Sterben/ wie den auch die Sieben Betrachtunge einer Christgläubigen Seele unter dem Könige ihres Erlösers/ an das offene Licht habe kommen lassen830/ welches aber nur ein klein Büchlein/ von etlichen weinig831 Bogen hat gegeben. Wen nun gleichwol besagte Andachten/ hinn und wider in Teutschland sehr sind belibet/ und von vilen Gottergebenen Seelen mit hertzlicher Begierde gelesen und gesungen/ wie ich mich den unter vielen anderen auch eines tapferen Obersten und fürnehmen Edelmannes/ von M. hiebei erinnere/ der mich für zweien Jahren/ mit seiner HochAdelichen/ Tugendberühmten832 Ehelibsten833 besuchete/ der dises Büchlein/ und alle darinn befindliche Andachten/ fast gantz außwendig wuste/ worüber ich mich sehr verwunderte; Und den mein Herr Verleger vielfältige Anfoderung bei mir gethan834/ daß ich doch ein recht völliges835 Werk von diser allerheilichsten und trostreichesten Materi/ nemlich/ dem bittern Leiden und Sterben unseres süssesten Heilandes JEsu CHristi/ (als welches die eintzige Uhrsache unserer allerhöhesten und ewigen Glükseligkeit836) müchte heraus geben/ und vilen frommen und Trostbegierigen Hertzen damit dienen; So habe ich mich endlich lassen überreden/ dise hochnützliche/ wiwol müheselige Arbeit widrum auf mich zu nehmen/ und gegenwärtige837 Passions=Andachten/ allen Gottergebenen Seelen zu Libe und Gefallen/ an das ofne Tageslicht kommen zu lassen/ nicht zweiflend/ daß sie in diser bösen Zeit/ dennoch etliche rechtschaffene | Libhaber des Gekreutzigten JEsu/ ja solche Leute antreffen werden/ welchen die drei heilige Vorbereitungs=Andachten838/ über die herliche Weissagung des geistreichen Propheten Esaias839/ von dem bitteren Leiden und Sterben unseres Heilandes JEsu CHristi/ folgends die zwölff Gottselige Andachten über seine unterschiedliche Hinh seinem] Emendiert aus: seinm

828 Lk 1,75 829 Beschluss] Schluß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1581. 830 Rist hatte sowohl die zwölf Hinführungen als auch die sieben Betrachtungen bereits in ‚Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus‘ (1648) publiziert. 831 weinig] wenigen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 832 Tugendberühmten] für ihre Tugend berühmten. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1635. 833 Ehelibsten] Ehefrau. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 45. 834 vielfältige Anfoderung bei mir gethan] oft von mir gefordert hat. Zu ‚Anforderung‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 332. 835 völliges] vollständiges. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 668. 836 Hebr 5,9 837 gegenwärtige] vorliegende. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2295. 838 S. u. S. 109– 129. 839 Jes 53,4 f.

fol. f 8v

fol. g 1r

76

Vorbericht

führunge/ ferner die Ein und zwantzig Musikalische Lieder über die Sieben Wohrte840/ welche unser Allerlibster Heiland JEsus CHristus/ am Stamme des heiligen Creutzes hat außgesprochen841/ weiter die Sieben Andachten einer Christgläubigen Seelen unter dem Kreutz unseres Erlösers842/ und den endlich den Beschluss843 dises heiligen und ohne zweifel/ erbaulichen Werckleins/ von Hertzen lib/ wehrt und angenehm sein werden/ welches/ das

fol. g 1v

es unfehlbahr müge geschehen/ ich von Grund meiner Seelen wil gewünschet haben. Die Melodien betreffend/ so mag der Kunstlibende Leser wissen/ daß diselbe alle mit einander gantz neu/ und von dem fürtreflichen/ weitberühmtem Musico und Componisten, Herren MARTINO COLERO, von Dantzig/ diser Zeit Jhrer HochFurstlichen Durchläuchtigkeit Herren Augusten844/ Hertzogen zu Brunschwig und Lüneburg/ des eintzigen wahren Phebus845 unseres gantzen Teutschlandes wolbesteltem Kapelmeister/ meinem sehr grossen und libwehrten Freunde/ mit sonderm846 Fleisse sind gesetzet worden/ wie dasselbe alle diejenige/ welche die edle Singekunst aus dem Grunde847 verstehen/ bald spühren/ auch ihme deßwe= | gen ein wolverdientes und zwahr nicht gemeines848 Lob ertheilen/ auch nebenst mir für solche seine wolangewendete Mühe/ Kunst und Fleiß/ wodurch diser außbündiger849 Musicus, meine Lieder und Andachten erstlich recht hat beseelet/ hertzlich werden danken. Jch muß schliessen/ mein Gottergebener und treugelibter Leser/ nachdeme es scheinet/ daß ich mit einem alzu langen Vorberichte vileicht deiner Gedult habe mißbrauchet850. Dafern851 nun solches solte geschehen seyn/ so bitte ich freundlich/ daß du mir solches aus Christlicher Libe mügest verzeihen/ und/ da du etwan852 vermeinest853/ daß hierinnen etliche ein wenig al zu harte Reden befindlich; So wollest du betrachten854/ daß diselbe gahr nicht aus einem bösen Gemühte/ sondern aus einem recht Christlichem Eifer/ der von allen 840 S. u. S. 131–210 sowie S. 211–341. 841 Lk 23,34; Joh 19,26 f.; Lk 23,43; Mt 27,46; Joh 19,28.30; Lk 23,46 842 S. u. S. 343–379. 843 Beschluss] Schluß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1581. S. u. S. 381–405. 844 August d. J. (1579–1666), Herzog von Braunschweig-Lüneburg, 1604–1634 Herr über die Herrschaft Hitzacker, erbte 1634 das Wolfenbütteler Territorium. Im selben Jahr wurde er unter dem Gesellschaftsnamen der ‚Befreiende‘ in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Den schon in seiner Hitzackerer Zeit begonnenen Aufbau einer reichhaltigen Bibliothek intensivierte August in Wolfenbüttel. Die Sammlung umfaßte zum Zeitpunkt seines Todes ca. 31.000 Bände. 1646 erschien Augusts illustrierte Sammlung der Perikopentexte mit Erläuterungen unter dem Titel ‚Evangelische Kirchen Harmonie‘. Vgl. Bepler. 845 Phebus] Phoibos ist ein Beiname Apollons, des griechisch-römischen Gottes der Musik, der Divination und der Heilung. Vgl. Hederich, Sp. 1991 sowie Graf / Ley, Sp. 865. 867. 846 sonderm] besonderem. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1572. 847 aus dem Grunde] gründlich. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 719. 848 nicht gemeines] außergewöhnliches. Zu ‚gemein‘ vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3169. 849 außbündiger] mustergültige. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 841. 850 deiner Gedult habe mißbrauchet] Zu ‚mißbrauchen‘ mit Genitiv vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2279. 851 Dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 852 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 853 vermeinest] irrtümlich meinst. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 853. 854 betrachten] erwägen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1706.

1435

1440

1445

1450

1455

Vorbericht 1460

1465

1470

1475

1480

77

getreuen Lehrern und Dieneren GOttes ernstlich wird erfodert/ und wobei sich durchaus kein Affecten/ Libe oder Hass befinden/ sind her geflossen und entsprossen. Der GOtt der aller Menschen Hertzen kennet855/ der weiß auch wie von Grund meiner Seelen ich darnach seuftze/ daß der schier856 unheilsahme Schade Josephs857 gebessert/ und unseres/ nun mehrentheils858 gahr zu Grunde und Boden gerichtetes Christenthum/ in etwas859 widrum müge aufgerichtet und erbauet werden. Vileicht ist dises meine letste Schrift/ treugelibte Freunde/ welche ihr von meiner Hand werdet lesen. Jch schreibe dises in einer gahr hochbekümmerten und recht elenden Zeit/ da der gerechter und erzürnter GOTT durch den gewaltigen Jnbruch des | grausahmen Türkischen Bluhthundes860/ durch giftige Krankheiten und Pestilentzische Seuchen861/ die schon hin und wider heftig zu grassiren anfangen/ durch greuliche Sturmwinde/ durch erschrekliche Ergiessung und Uberlauf der Wasser862,863/ und andere mehr harte Straffen und Landplagen (der mancherlei sonderbahren864 Haußkreutze865 zu geschweigen866) uns seinen angefeurten Grim deutlich genug zu erkennen gibet/ daß wir also hohe Uhrsachen867 haben/ einer für den anderen hertzlich zu bitten und zu behten/ welches letste ich von dir/ Christlicher/ liber Leser (den ich hiemit der Gnade unseres HErren JEsu CHristi treulicht befehle) höchlich868 und inständigst begehre/ Dich versicherend869/ daß es von mir/ mit schüldigstem Danke und geziemender Erwiederung/ fleissigst sol ersetzet werden/ mahssen870 ich den ohne das871/ Dir zu Dienste beharlich zu verbleiben/ mich hiemit verpflichte/ so lange ich noch heisse und binn

Der Rüstige872. | 855 Lk 16,15 856 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 857 Am 6,6 858 mehrentheils] größerenteils. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1893. 859 in etwas] ein wenig. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1186. 860 S. o. S. 12, Anm. 12. 861 S. o. S. 12, Anm. 19. 862 Uberlauf der Wasser] Hochwasser. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 371. 863 Zur Sturmflut am 18.2.1662 vgl. Adelung, Historische Beschreibung, S. 139: „DEn 18 Dito dieses Jahres/ war ein hefftiger grosser Sturm/ wodurch abermahl eine hohe Wasserfluth entstanden/ welcher an Kirchen/ Häusern und Kauffmanns Wahren grossen Schaden gethan/ von der Thum=Kirchen zu Hamburg wurde der Flügel und das Creutz herunter gewehet/ an St. Petri wurde das Kirchen=Dach an der Norderseite zerschmettert/ zu St. Jacobi die halbe Scheibe vom Thurm herunter geworffen/ seind auch sonsten sehr viel Häuser beschädiget/ auch unterschiedliche Teiche und Dämme eingerissen und viele Ländereyen überschwemmet.“ Laut Steltzner, Versuch 3, S. 809 setzte diese Flut am 19.2.1662 ein. Eine weitere, noch schwerere Sturmflut ereignete sich am 19.10.1663. Vgl. Gallois, S. 298. 864 sonderbahren] besonderen. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 865 Haußkreutze] häuslichen Leiden. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 677. 866 der zu geschweigen] von den ganz zu schweigen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3987. 867 hohe Uhrsachen] gute Gründe. Zu ‚hoch‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1596. Zu ‚Ursache‘ vgl. DWb 24, Sp. 2505. 868 höchlich] sehr. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1624. 869 Dich versicherend] dir versichernd. Zu ‚versichern‘ mit Akkusativobjekt der Person vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1304 f. 870 mahssen] wie. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1737. 871 ohne das] ohnehin. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1215. 872 ‚Der Rüstige‘ war der Gesellschaftsname Rists in der Fruchtbringenden Gesellschaft.

fol. g 2r

Folgen

Etliche Ehren=Schriften/ guh= ter Herren und Freunde. An den

Rüstigen1 Liebhaber

JESU Des Gekreutzigten. 1.

K

reutz/ Krankheit/ Schmertzen2/ Spott und Hohn Jmgleichen3 eine Dorne=Krohn4 Hat GOttes Sohn getragen/

5

10

Um Unsernt willen5 mit Beschwer/ Er ist fürwar auch hefftig sehr Gemartert und geschlagen/ 6 Um unser Sünd’ und Missetaht/ Die Er auf sich geladen hat/ Es lag auf Jhm die Strafe7/ Auf Jhm lag GOttes Zorn und Grim/ Wir giengen in der Jrr’ herüm Als wie verlohrne Schafe8.

a Kolumnentitel: Ehren=Schriften

1 ‚Der Rüstige‘ war der Gesellschaftsname Rists in der Fruchtbringenden Gesellschaft. 2 Jes 53,4 3 Jmgleichen] ebenso. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2065. 4 Mt 27,29 5 Unsernt willen] unseretwillen. Nicht bei Grimm, DWb. 6 Um] wegen. Vgl. Adelung, Wörterbuch 4, Sp. 795. 7 Jes 53,5 8 Jes 53,6

fol. g 2va

80

fol. g 3r b

Passionsandachten

2. Wir waren Allesammt verflucht HErr JEsu Du hast uns gesucht Und uns das Heil ertheilet9/ Durch Dich uns Fride wiederfuhr10/ | Durch deine Wunden sind wir nur O Seelen=Artzt11 geheilet/ GOtt warf’ all’ unser Schuld auf Dich/ Was Du sonst mehr gedultiglich Gelitten hast auf Erden12 Und an dem Holtz gleich als ein Fluch13/ Das kan aus diesem schönen Buch Mit uns betrachtet werden.

15

20

3.

Herr Rist/ es ist sehr wol getahn/

Er brInget ChrIstVM aVff Den PLahn14,15 Durch geistreich’ Himmels=Lieder/ Die er von seiner Angst und Noht/ Von seinem Creutz und bittren Tod’ Außgehen16 lässet wieder/ Mit Fleiß verbeßert und vermehrt17/ Wol dem wer also liebt und ehrt Wie er/ sein schmertzlichs Leiden/ Dieß Arbeit18 giebet guten Lohn/ Die unverwelcklich’ Ehren=Krohn19 Erfolgt darauff mit Freuden.

b Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde.

9 Lk 19,9 f. 10 Vgl. Eph 2,17 11 Vgl. Ex 15,26; Mt 9,12 12 Jes 53,5 f. 13 Gal 3,13 14 brInget ChrIstVM aVff Den PLahn] macht Christus zum Gegenstand der Betrachtung. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1884. 15 Er brInget ChrIstVM aVff Den PLahn] Der Zahlenwert dieses Chronostichons ist 1662. Es weist auf das Jahr hin, in dem Gödeke sein Ehrengedicht verfaßte. 16 Außgehen] im Druck erscheinen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 870. 17 Eine Reihe von Liedern, die in den Passionsandachten zu finden sind, hatte Rist bereits in ‚Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus‘ (1648) veröffentlicht. Vgl. o. S. 75, Anm. 830. 18 Dieß Arbeit] Zu ‚Arbeit‘ als Neutrum vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 538. 19 Vgl. Apk 2,10

25

30

35

81

Ehrengedichte

40

45

50

55

60

4. Mein Herr Gefatter20/ fahret fort So auß zu üben GOttes Wort/ Das euch ist woll gelungen/ Die Warheit bleibt hie ungespart21/ Auff solche Weiß’ und lieblich Art Kein Dichter hat gesungen/ Wie er getahn/ und itzt noch tuht/ GOtt geb Euch ferner Geist und Muht/ | Gesundheit auch darneben/ Daß er noch sing’ hier zwantzig Jahr’/ Hernach laß Er Euch immerdar Dort seinen Ruhm erheben. 5. Da wird er vielen gehn zuvor22 Wann er am Cherubinen=Chor23 Wird stehn für GOttes Trohne/ Da wird er loben allermeist GOtt Vater/ Sohn und Heilgen Geist Mit Engelischem Tohne24/ Da wird er sehn/ mein lieber Rist/ Wie GOtt im Wesen Einig ist/ Dreyfaltig in Persohnen/ O Freude! wann er wird allda Dem David und dem Assaph25 ia Jm singen stets beywohnen. Aus ungefärbter26 Liebe und in unge= zweiffelter27 Hoffnung schrieb die= ses und nachfolgends

Jahrs=Reimlein c Kolumnentitel: Ehren=Schriften 20 Gefatter] Freund. Vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 4651. 21 bleibt hie ungespart] ist hier reichlich vorhanden. Zu ‚ungespart‘ vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 866. 22 gehn zuvor] vorausgehen. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 889. 23 Vgl. Apk 5,11 24 Engelischem Tohne] Engelsgesang. Zu ‚englisch‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 481. Zu ‚Ton‘ vgl. DWb 21, Sp. 691. 25 Assaph] Asaph war ein levitischer Sänger am Heiligtum König Davids (vgl. 1Chr 15,17.19). Die Psalmen 50 und 73–83 werden ihm zugeschrieben. 26 ungefärbter] aufrichtiger. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 670 f. 27 ungezweiffelter] gewisser. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 954.

fol. g 3vc

82

Passionsandachten

Herr RIst eIn EDLer MVsen Sohn

65

28

BesIngt hIe ChrIstI PaßIon . Oder

KeIner hat vor RIst gesVngen DeM es beßer noCh geLVngen29.

Andreas Gödecke30 von Schöningen Pastor zu Quickborn. |

28 Herr RIst eIn EDLer MVsen Sohn BesIngt hIe ChrIstI PaßIon] Der Zahlenwert dieses Chronostichons ist 1662. 29 KeIner hat vor RIst gesVngen DeM es beßer noCh geLVngen] Der Zahlenwert dieses Chronostichons ist ebenfalls 1662. 30 Andreas Gödeke (1613–1688) aus Schöningen (bei Braunschweig), von 1648 bis zu seinem Tode Pastor in Quickborn, seit 1672 auch Superintendent der Grafschaft Pinneberg. Gödeke war u.a. als geistlicher Dichter tätig und publizierte aus Anlaß von Rists Tod eine ‚Wolklingende Grabschrifft‘. Vgl. Arends 1, S. 302. DBA I,400,430 f.

70

Ehren=Ruhm Und kurtze Abfaßung fast aller biß= hero außgelassenen1 Geistlichen Ri= stianischen Schrifften. 1.

R

üstig2 ist der große Rist

Wie sein Nahm’ außweiset/

Rüstig er bemühet ist/ Daß er GOtt stets preiset/ 5

10

15

Welches ist (wie ja gestehn Muß mit mir ein ider3) Aus dem ersten Buch zu sehn Seiner Himmels=Lieder4. 2. Aus dem sonderbahren5 Buch’6 O mein frommer Christe/ Seine Lieder embsich such’ Und damit belüste7 Deine Seel’ in aller Noht/ Welche sehr ergezzen8 Wenn uns Sathan/ Höll’ und Tod Heftig starck zusezzen9.

a Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde.

1 außgelassenen] veröffentlichten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 902. 2 ‚Der Rüstige‘ war der Gesellschaftsname Rists in der Fruchtbringenden Gesellschaft. 3 ider] jeder. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2285. 4 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), erstmals 1641 f. erschienen. 5 sonderbahren] besonderen. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 6 Vgl. Rist, Neue Himmlische Lieder (2013), erstmals 1651 erschienen. 7 belüste] vergnüge. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1455. 8 ergezzen] ergötzen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 820. 9 zusezzen] bedrängen. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 828.

fol. g 4ra

84

fol. g 4vb

Passionsandachten

3. Seine Sabbahts=Seelen=Lust10 Jst wohl zu betrachten/ Lehr= und Trost=reich/ wie bewust11/ Sind die Fest=Andachten12/ Wer mit Lust und Andacht hält Fest= und Sabbahts=Tage/ | Der ist seelig in der Welt Und dort ohne Klage13. 4. Seine Catechißmus=Lehr14 Jst mit Fleiß zu lesen/ Es wird draus erkand ie mehr GOttes Will’ und Wesen/ O die Hauß=Musick15 hat auch Jn sich viehl Gesänge/ Derer täglicher Gebrauch Nuzzens hat die Menge. 5. Ach sein Seelen=Paradis Alle beyde Theile16 Liebste Seele/ treulich liß Nicht für lange weile17/ Manches Blümlein ist hier ia Aus der Schrifft zu finden/ Dessen Krafft dich kann allda Aller Angst entbinden. 6. Seine Creutz und Trost=Schuel18 kann Uns im Creutz erquicken/

b Kolumnentitel: Ehren=Schriften

10 Vgl. Rist, Sabbahtische Seelenlust (1651). 11 bewust] bekannt (ist). Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1790. 12 Vgl. Rist, Neüe Musikalische Fest=Andachten (1655). 13 Vgl. Jes 56,4 f. 14 Vgl. Rist, Neüe Musikalische Katechismus Andachten (1656). 15 Vgl. Rist, Frommer und Gottseliger Christen Alltägliche HAußmusik (1654). 16 Vgl. Rist, Neues Musikalisches Seelenparadis, 2 Teile (1660/1662). 17 für lange weile] aus Langerweile. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 159. 18 Vgl. Rist, Neüe Musikalische Kreutz= Trost= Lob= und DankSchuhle (1659).

20

25

30

35

40

Ehrengedichte

45

50

55

60

65

85

Daß sich fein weiß jedermann Jn sein Creutz zu schicken/ Seine Paßions=Andacht19 Uber Christi Leiden | Wol erwege Tag und Nacht Recht mit Hertzens=Freuden. 7. Sein Gespräch der Seel’20 ist feil21 Und für22 Gold zu lieben/ Zwanzig vier im ersten Teihl Herrlich sind beschrieben/ Jzzund gibt sein embsich Hauß Willig ohn’ anpochen23 Auch den andern24 Teihl25 herauß/ Wie er hat versprochen. 8. Du must aller Eitelkeit Liebste Seel’ absterben Wiltu dort nicht ohne Zeit Jämmerlich verderben/ Steige nach dem Himmel zu26/ Suche das/ was droben Jst27/ da wirst du sonder28 Ruh Ewiglich GOtt loben. 9. Alles/ wo die Welt nach ringt Jst ganz Eitel! Eitel!29 Vielen Tausenden es bringt Uber ihre Scheitel/ | c Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde.

19 Gemeint ist das vorliegende Werk. 20 Vgl. Rist, Die verschmähete Eitelkeit Und Die verlangete Ewigkeit (1658). 21 feil] zu kaufen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1446. 22 für] mehr als. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 640. 23 anpochen] Anklopfen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 421. 24 andern] zweiten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 25 Gödeke bezieht sich offenbar auf eine Ankündigung Rists, denn Teil 2 des in Anm. 20 genannten Werkes erschien erst 1668: Rist, Der verschmäheten Eitelkeit Und Der verlangeten Ewigkeit/ Ander Teil (1668). 26 Steige nach dem Himmel zu] steige in den Himmel hinauf. Zu ‚zusteigen‘ vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 851. 27 Kol 3,1 28 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573. 29 Vgl. Koh 1,2

fol. g 5rc

86 fol. g 5vd

Passionsandachten

Unglück/ Elend und Gefahr/ Auch zu lezt die Hölle/ Darum dich nicht also gar30 Dieser Welt gleich stelle! 10. Selig der die Welt verschmäht Und ihr’ Eitelkeiten/ Auch demselben widersteht Durch beharrlich Streiten/ Der wird in der Ewigkeit Unauffhörlich prangen31,32/ Liebste Seel’ hab’ allezeit Darnach dein Verlangen. 11. Habet Danck/ mein alter Freund/ Für die güldnen Schriften/ Welche sehr erbaulich seynd/ Und euch selber stifften Ein Gedächtnüß überall/ Welches wohl wird bleiben Biß die Welt durch Knall und Fall Wird im Feur zersteuben33.

fol. g 6re

12. Wolte GOtt/ daß manche Seel’ Ernstlich in sich gienge/ Und in ihrer tuncklen Höehl Offtmals nicht anhienge | Vieler Eitelkeit so ganz/ Der sie stets ergeben; Ach die könt’ im schönsten Glanz Ewig bey GOtt leben.

d Kolumnentitel: Ehren=Schriften

e Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde.

30 also gar] ganz. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1325. Sp. 2066. 32 Vgl. 1Petr 1,4 33 Vgl. 2Petr 3,12

31 prangen] glänzen. Vgl. Grimm, DWb 13,

70

75

80

85

90

95

Ehrengedichte

87 Seinem hochgeehrten Hn. Gevattern34 und fünff und zwanzig jährigen liebwerten Freund und Bruder in Christo hieng dieses Ehrentäflein in dem Tempel der immergrünen= den Gedächtnüß35 aus schüldiger Dienst=bezeigung mit schlechtem36 Zieraht37 und folgender Abdan= kung auf

100

105

Fahr hIn Verhaßet’ EIteLkeIt DIr sterb ICh ab IM HErrn beI ZeIt38.

Andreas Gödecke39 von 110

Schöningen Pastor zu Quickborn.

34 Gevattern] Hier im Sinne von ‚Freund‘. Vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 4651. 35 Gedächtnüß] Zu ‚Gedächtnis‘ als Femininum vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1927. 36 schlechtem] schlichtem. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 37 Zieraht] Schmuck. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 1151. 38 Fahr hIn Verhaßet’ EIteLkeIt DIr sterb ICh ab IM HErrn beI ZeIt] Der Zahlenwert dieses Chronostichons ist 1663. Es weist auf das Jahr hin, in dem Gödeke sein Ehrengedicht verfaßte. 39 S. o. S. 82, Anm. 30.

An den Herrn Rüstigen . 1

J

fol. g 6va

ch stimme jehnem bey/ der nichtes könte lieben Ohn was von JEsu war und wer’ es noch so fein/ So künstlich/ so gelahrt2 erfunden und beschrieben/ Das was er schrieb und laß/ war JEsus nur allein. So brauch ich alle Kunst/ daß ich dabey mein sinnen Zugleich auff JEsum richt; Er ist allein das Ziehl/ | Das ich vor allen such’3; Ohn Jhn ist mein Beginnen4/ Mein Dencken; Reden/ Tuhn ein kluges Narrenspiehl. Die Meinung habt ihr auch/ dieß weiset euer Dichten Davon euch bleibt der Ruhm/ auch wenn die Welt verraucht5,6/ Wol! sezt euch weiter fort auff JEsum das zu richten Was mancher eitler Mensch zur Eitelkeit gebraucht.

5

10

Dieß wenige setzte seinem wolgeneig= ten Freunde und in CHristo wehr= ten Bruder/ bey seiner wochentli= 15 chen PaßionsArbeit/ den 11. Mar= tii7 1663.

M. Christian von Stöcken8/ Trittauischer Pfarrherr.

a Kolumnentitel: Ehren=Schriften

1 ‚Der Rüstige‘ war der Gesellschaftsname Rists in der Fruchtbringenden Gesellschaft. 2 gelahrt] gelehrt. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2853. 3 Vgl. Phil 3,14 4 Beginnen] Vorhaben. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1297. 5 verraucht] in Rauch aufgeht. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 993. 6 Vgl. 2Petr 3,12 7 Martii] März. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1690. 8 Christian von Stökken (1633–1684), seit 1652 Studium der Theologie in Leipzig (Matrikel Leipzig 2, S. 442), seit 1655 in Rostock (Matrikel Rostock, S. 183b), dort 1655 Promotion zum Magister, 1656 Pastor in Trittau, 1666 Hofprediger und Superintendent in Eutin, 1674 Promotion zum Doktor der Theologie in Kiel, 1677 Pastor an St. Marien und Propst in Rendsburg, 1678 schleswig-holsteinischer Generalsuperintendent und Propst von Segeberg, 1680 zudem Propst von Flensburg. Von Stökken trat als Dichter hervor und wurde 1675 von Philipp von Zesen unter dem Namen ‚der Andächtige‘ in die Deutschgesinnte Genossenschaft aufgenommen. Zahlreiche geistliche Lieder von Stökkens wurde 1680 im ‚Kleinen Holsteinischen Gesang=Buch‘ veröffentlicht. Aufgrund der in ihm vorgenommenen Modernisierungen altbekannter Texte war das Gesangbuch umstritten. Vgl. Otto / Lohmeier.

D

u Himmels=Lehrer du/ du Mann von hohen Sinnen

5

10

15

20

25

Und vieler Wissenschafft/ du Fürst der Castalinnen1 Dort an dem Elbestrom: Herr Rist du rüstigs Herz/ Der stets bereitet ist/ in Freuden und im Schmerz | Der Welt zu wiederstehn/ und ihrem starcken Fürsten2 Dem Satan/ welcher pflegt nach unserm Bluht zu dürsten/ Der wie ein Löwe brüllt/ und suchet Tag und Nacht/ Wie CHristi Heerde werd’ in Noht und Tod gebracht3. Du aber wachst umb die/ die GOTT dir hat vertrauet 4/ Dein immerwaches Aug’ auf seine Feinde schauet/ Die tapfre Hand ergreifft getrost den Hirtenstab/ Und also jagestu den Raub den Feinden ab. Du weidest deine Herd mit Lehr’5 und auch mit Leben/ Wie dir denn jedermann muß dessen Zeugnüßb geben/ Du lehrst und predigest wie GOtt befohlen hat/ Doch findet anders nichts hierinnen iemahls stat Als JEsus nur allein6 der HErr des Creuzes Orden/ Der für uns Sünder ist so hart geplaget worden Und an das Creuz gehefft7/ daran Er auch sein Bluht/ Sein Göttlichs Bluht8 gehäufft9 vergossen uns zu guht10/ Und was dein Mund gelehrt nun fast in dreyssig Jahren11 Die Deinen/ das muß itzt die Welt noch mehr erfahren/ | Da denn die Feder du/ du grosser Rist sezt an/ Und schreibest wem du seyst beständig beygethan12 Mit Leben und mit Lehr. Es wollen Hertz und Sinnen Erweisen/ daß sie sonst nichts höher lieb gewinnen Noch auff ein ander Ziel sey ihme vorgesetzt Als JEsus nur allein/ der unsre Seel’ ergetzt Mit seinem Bluhte/ das aus seiner Seit’ entsprungen13/

a Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde. b Zeugnüß] Emendiert aus: Zeugüß c Kolumnentitel: Ehren=Schriften

1 Die dem Apollon geweihte kastalische Quelle diente den antiken Dichtern als Quelle der Inspiration. Vgl. Vergil, Georgica 3, 292 f.: „iuuat ire iugis, qua nulla priorum | Castaliam molli deuertitur orbita cliuo.“ 2 Vgl. Joh 12,31; 14,30 3 1Petr 5,8 4 vertrauet] anvertraut. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1949. 5 Jer 3,15 6 Vgl. 2Kor 4,3 7 Mt 27,35 8 Apg 20,28 9 gehäufft] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2329. 10 Vgl. 1Petr 1,19 11 Rist war im Jahre 1635 auf das Pastorat in Wedel berufen worden. Vgl. die Notiz in Johann Hudemanns Leichenpredigt auf Rist, S. 242. 12 beygethan] zugetan. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1373. 13 Joh 19,34

fol. g 7r a

fol. g 7vc

90

Passionsandachten

Gleich wie der Pelican/ der den ertödten Jungen Durchs Bluht das Leben gibt/ ô wohl dir/ Edler Rist/ Daß du durch GOttes Gnad’ ein solcher Lehrer bist/ Der CHristi Creutz und Tod lehrt/ liebet und bekennet/ Wie sehr das Herze stets in Christi Liebe brennet/ Das zeuget diese Schrifft/ drum wol dir wehrter Rist/ Daß du durch GOttes Gnad der Lehre Thäter bist14!

30

35

Seinem hochwertem Herrn und ver= trauten Freunde/ schrieb in Leiptzig

M. Johan Frenzel15. |

14 Jak 1,22 15 Johann Frentzel (1609–1674), seit 1628 Studium in Leipzig (Matrikel Leipzig 1, S. 117), dort 1638 Promotion zum Bakkalaureus, 1640 Promotion zum Magister der Philosophie, ca. 1648 Vikar am Domstift in Magdeburg und Kanonikus am Stift in Zeitz, 1650 Krönung zum Poeta laureatus durch Christoph Preibisius, 1658 Professor für Poetik in Leipzig. Frentzel verfaßte neben lateinischen sowie deutschen Gelegenheitsgedichten und geistlichen Liedern auch geistliche Werke über die Passion Christi. Vgl. Bangerter-Schmid, Flood 1, S. 597 sowie DBA I,342,365–367.

40

Madrigal

fol. g 8ra

E

5

10

s ist kein schlechter1 Geist der deine Feder führet/ Gantz Teutschland wundert sich O Vater über dich Und deine teure Sachen/ Und weiß nicht was es soll noch endlich aus dir machen/ Voraus2 da du uns nun auch deinen Jesum gibst/ Den/ mit so schweren Plagen Der Jude/ nackt und bloß hat an das Creutz geschlagen3/ Ein wunderschönes Buch/ das nicht allein der Welt/ Besondern4 das auch GOtt im Himmel wohlgefällt. Wie treflich werd’ ich doch an diesem mich ergezzen/ Es kann mihr auf der Welt nichts lieblichers geschehn Als wann ich mich nur mag zu deinen Schrifften sezzen/ O solt’ ich/ edler Rist/ dich nur bald selber sehn! Ausb sonderbahrer5 Freude zu seinem Ruhmwürdigsten Kröhner ge= schrieben von

15

M. B. Kindermann

6

aus Zittau K. G. P. Conr. zu Brandenburg und Ge= sellschafter des löbl. Elbiani= schen Schwanen Ordens

20

Kürandor. | a Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde.

b Aus] Emendiert aus: Ans

1 schlechter] geringer. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523 f. 2 Voraus] vor allem. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 833. 3 Vgl. Mt 27,35 4 Besondern] sondern. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1633. 5 sonderbahrer] besonderer. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 6 Balthasar Kindermann (1636–1706), seit 1654 Studium in Wittenberg (Matrikel Wittenberg, S. 534), 1657 Promotion zum Magister der Philosophie ebd. 1658 wurde er von Rist zum Dichter gekrönt und im Jahr darauf unter dem Namen Kurandor in den Elbschwanenorden aufgenommen. 1659–1664 war Kindermann Konrektor an der Salderschen Schule in Brandenburg, 1665–1667 deren Rektor, 1667 Diakon an St. Johannis in Magdeburg, 1672 Pastor an St. Ulrich und Levin ebd. Kindermann verfaßte erfolgreiche rhetorische (‚Der Deutsche Redner‘, 1660) und poetologische (‚Der Deutsche Poët‘, 1664) Anleitungsschriften. Seine eigene Dichtung veröffentlichte er im ‚Buch der Redlichen‘ (1663). Flood 3, S. 994 sowie Maché.

Sonnet.

fol. g 8va

M

einb Glaubensschifgen wallt1 in mehr als wüsten Wellen/ Dort stürmt der strenge Nord2/ hier zürnt das grüne Meer/ Es wird die Herzen Last dem Boden3 fast zu schwer/ Dort ragen Klippen auf die sich entgegen stellen/ Jch sehe wie das Meer der Zulauff machet schwellen/ Das aufgereitzte Salz4 brüllt als ein grimmer Beer5/ Mein GOtt wie stellt mein Schiff sich hier zur Gegenwehr/ Jch segle Wellen durch auf meines JEsu Seiten/ Dahin der edle Rist die Bahn mihr kann bereiten/ Gehts gleich was6 wunderlich/ so weiß ich dennoch wohl Daß meine Seel’ als Schiff auf JEsu Bluhte fähret/ Der Steuermann/ Herr Rist/ hat mich der Fahrt gewehret7/ Er zeiget wie den Port ich sicher finden soll. Schuldigst gehorsahmst aufgesezt von

5

10

15

F. J. Burmeister 8/ K. G. P. und Geselschaf= tern des hochlöblichen/ El= bischen Schwahnen=Or= dens Sylvander. |

a Kolumnentitel: Ehren=Schriften

b Mein] Emendiert aus: Nein

1 wallt] schwimmt. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 1271. 2 Nord] Nordwind. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 888. 3 Boden] Schiffskiel. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 211. 4 Salz] Meer. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1707. 5 Beer] Bär. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1122. 6 was] etwas. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1187. 7 mich der Fahrt gewehret] mir die Fahrt ermöglicht. Vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 4824. 8 Franz Joachim Burmeister (1633–1672), Dichterkrönung durch Rist (vermutlich 1656), 1660 Aufnahme in den Elbschwanenorden unter dem Gesellschaftsnamen Sylvander, 1663–1666 Kandidat der Theologie in Lüneburg, 1670 Prediger an St. Michaelis ebd. Burmeister war ein enger Vertrauter Rists und verfaßte geistliche Lieder, insbesondere für die christlichen Festtage. Vgl. Rist, Das AllerEdelste Nass der gantzen Welt (1663), S. 7. Vgl. Pressel, Flood 1, S. 264 sowie DBA I,169,139.

20

Lobschrifft

fol. h 1ra

An den Wolberühmten Rüstigen1.

N

5

10

15

20

ein! es brüstet sich die Welt nur vergebens dir zu gleichen/ Denn der Maro2 selbsten muß deiner Weißheit ewig weichen/ Und dein JEsus bleibet dir ein Geschenck für deine Müh/ Was dir auch ganz gleichen künn’3 seh’ ich noch auf Erden nie/ Du bist wert ja über wert deinen JEsus zu besingen/ Wer sich dir nicht gleichen4 kann/ kann kein solches Lob erzwingen Als du deinem JEsus gibst. Was Er dir gegeben hat Und gepflantzt in deinen Sinn hastu durch diß Buch erstatt. Glücklich bist O Riste du/ der du JEsus Freund5 zu werden Deine Flöte legest an/ und erquickest deine Herden/ Ja bezeugest auch gar fein/ daß dieß seye deine Lust | Deinen JEsus an dem Creuz einzig haben dir bewust6. Drüm O groser Riste dir werden sich vergeblich gleichen7 Derer Sinn nur sterblich ist/ und im nahen von dir weichen/ Auch hilfft sie8 das Rüsten nichts: weil du groser Helden=Rist Durch den JEsus/ deine Lust/ allzu wohl gerüstet bist. Schreib nur mehr dergleichen Reim welcher Zier dich wird erheben/ Und versichert deine Seel deinem JEsus übergeben/ Welcher deinen Geist und Sinn so beschmücket und beziert/ Daß man JEsus nirgend mehr als bey Risten wert verspürt. Dieses wenige sezt eiligst aus schuldiger Pflicht gegen seinem liebwerten Be= kröhner

a Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde.

b Kolumnentitel: Ehren=Schriften

1 ‚Der Rüstige‘ war der Gesellschaftsname Rists in der Fruchtbringenden Gesellschaft. 2 Maro] Publius Vergilius Maro (70–19 v. Chr.), einer der bedeutendsten römischen Dichter, Verfasser des Versepos Aeneis. 3 dir auch ganz gleichen künn’] sich mit dir auf eine Stufe stellen könnte. Zu ‚gleichen‘ vgl. Grimm, DWb 7, Sp. 8039. 4 dir nicht gleichen] mit dir nicht auf eine Stufe stellen. Vgl. Grimm, DWb 7, Sp. 8039. 5 Vgl. Joh 15,14 f. 6 Deinen JEsus an dem Creuz einzig haben dir bewust] allein deinen Jesus am Kreuz im Sinn zu haben. Zu ‚bewußt‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1790. 7 gleichen] gleichstellen. Vgl. Grimm, DWb 7, Sp. 8039. 8 hilfft sie] hilft ihnen. Zu ‚helfen‘ mit Akkusativobjekt der Person vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 954.

fol. h 1vb

94

Passionsandachten

Johann Georgius9 von Krohn= stadt/ unter denen ElbeSchwah= nen Geselschaffteren

Florindo. |

9 Johann Gorgias (1640–1684), seit 1656 Besuch des Kronstädter Gymnasiums, seit 1659 Studium in Wittenberg (Matrikel Wittenberg, S. 588), 1661 Dichterkrönung durch Rist, seit spätestens 1664 Mitglied des Elbschwanenordens mit dem Gesellschaftsnamen Florindo. 1676 Rückkehr nach Kronstadt, dort seit 1679 Rektor des Gymnasiums. Georgias übte in seinen Romanen scharfe Kritik an der Alamode-Literatur seiner Zeit. Er gehörte zu den meistgelesenen Autoren an der Wende zum 18. Jahrhundert. Vgl. DBA I,408,333 f., Flood 2, S. 688 f. sowie Prätorius.

25

Ad

fol. h 2ra

R e ve r e n d u m , m a x i m è M a g n i f i c u m , No b i lißimum atque Excellentißimum Dn.

DN. JOHANNEM RISTIUM, Theologum Celeberrimum, Comitem Palatinum, Consiliarium Megapolitanum &c.

Dominum Patronum, Compatrem acb Fautorem Parentis loco aeviternum honorandum divinissimos, de

JESU CHRISTO Crucifixo Meditatûs Incredibili cum applausu, totius o¬rqodóxhß c Ecclesiae publicantem.

D

5

10

um mea sollicitis deploro fata querelis Nec mihi solamen, qui dare possit, adest: Ad Coelum fugio, praebet solatia Coelum, Tollere sed nostrum non valuêre malum. | Ad terram fugio, praebet solatia Terra, Sentio sed lachrymis quae graviora meis. Ad Pontum fugio, praebet solatio Pontus, Sed quibus immotum pectus ut ante stetit. Ristius ergo mihi Crucifixum monstrat Jesum, Ristius Aonii maxima fama chori, a Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde. b ac] Emendiert aus: ae diert aus: o¬rqodóxou d Kolumnentitel: Ehren=Schriften

c o¬rqodóxhß] Emen-

fol. h 2vd

96

Passionsandachten

Cujus ego scriptum, dum mecum ritè revolvo, Protinus admoto pollice sicco genas. Nunc Coelum valeat, valeat nunc Terra, Fretumque, In cruce quo fugiam, Ristia vena movet. E x f i l i a l i o b s e r va n t i a scrib:

M. B. Kindermannus1 Poeta Ristio-Caesarianus & Conr. Brandenb. |

1 S. o. S. 91, Anm. 6.

15

Auf des Wolbekandten

fol. h 3ra

Herrn Risten Gottselige Passions=An=b dachten/

Pindarisches Ehren=Gedichte/ Nach einer Art als ein doppeltes Sonnet gefasset.

J

hr Phoenix unsrerc Zeit könnt nimmer stille stehen/ Euch treibt der tapfre Sinn der Göttlich hohe Geist Zu einem Uhrsprung hin/ sieht wo die Sonned gleist1 Des Himmels Herrligkeit/ Jhr wollt uns immer nüzzen.

Nachklang. 5

Jhr Phoenix unsrer Zeit Jhr wollt uns immer nüzzen.

Gegensaz. Jhr suchet für und für den Glauben zu beschüzzen/ Der Seelen Ehrenkrohn2 und was sonst himmlisch heißt/ Erhizzet von Begier/ Jhr rühmt/ ihr singt und preißt Des HErren Passion/ worauff man sich kann stüzzen/

Nachklang. 10

Jhr suchet für und für worauff man sich kann stüzzen. |

Beysatz.

a Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde. b Passions=An=] Trennstrich am Zeilenende emendierend ergänzt c unsrer] Emendiert aus: unser d Sonne] Emendiert aus: Sonnne e Kolumnentitel: Ehren=Schriften

1 gleist] glänzt. Vgl. Grimm, DWb 7, Sp. 8296. 2 Vgl. 1Kor 9,25; Apk 2,10

fol. h 3ve

98

Passionsandachten

Weg Weltlust die nur Last! Weicht fern’ ihr eitle Freuden/ Weg was uns sezt in Noht/ man soll euch billig3 meiden Durch meines JEsu Tod/ wie dieses Buch zeigt an Genieß ich Seelen Rast/ sein Tohn steigt Himmel=an/ Hier klingt ein neues Lied4/ Herr Rist ehrt CHristi Leiden/ Der Andacht Feuer Gluht Jhm ist der Lohn bescheiden5/

15

Nachklang. – – – weicht fern ihr eitle Freuden/ Herr Rist ehrt CHristi Leiden/ ihm ist der Lohn bescheiden.

2. Gespräch des am Creutz hangenden Heylandes mit einem Sünder.

H

JEsus.

ie bin ich angehäfftet6 Um deine schwere Sünden7/ Hie hang’ ich ganz entkräfftet Dich ihrer zu entbinden8.

20

Sünder. fol. h 4rf

Die Lieb hat dich gezogen/ Mein Heyland von dem Vater/ | Ja Lieb’ hat dich bewogen Du treuer Menschen Rahter9.

JEsus. Ach siehe/ wie ich bluhte Und was ich muß erdulden

f Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde.

3 billig] zu Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 4 Vgl. Ps 98,1 5 bescheiden] beschieden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1556. 6 angehäfftet] angebunden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 371. 7 Um deine Sünden] wegen deiner Sünden. Vgl. Adelung, Wörterbuch 4, Sp. 795. 8 Vgl. Jes 53,5 9 Vgl. Jes 9,5

25

Ehrengedichte

30

99

O Sünder dir zu guhte Jch tilge deine Schulden10.

Sünder. Dein Leiden bringt mir Freuden/ Dein Bluht kan mich erquicken/ Der Satan mag mich neiden11 Durch dich muß alles glücken.

JEsus. 35

Mein Leichnam ist zerrissen Und übel zugerichtet/ Du Sünden=Knecht sollt12 wissen Daß du mich so vernichtet.

Sünder. 40

45

Jch will in deinen Rizzen/ Jn deinen tiefen Wunden/ O Heyland/ sicher sizzen/ Hier wird mein Heil gefunden. Jch muß mich selbst verklagen/ Du hast was ich verbrochen Für mich bezahlt13/ ertragen Daß ich bin frey gesprochen.

JEsus.

50

Jezt werd’ ich für dich sterben/ Kanstu dasselbe glauben/ | Wirstu das Leben erben Das dir kein Tod wird rauben14.

Sünder. Dein Tod wird mihr das Leben/ O JEsu/ künfftig bringen/ Jch bleibe Dir ergeben Und wil im Glauben ringen.

g Kolumnentitel: Ehren=Schriften

10 Vgl. Kol 2,13 f. 11 neiden] hassen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 554. 12 sollt] sollst. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1457. 13 Vgl. Ps 69,5 14 Vgl. Joh 10,28

fol. h 4vg

100

Passionsandachten

Der Sünder an die Umstehende. Kommt eiligst zugelauffen Jhr/ die ihr seyd beladen15/ Jhr Sünder kommt mit hauffen16/ Hier wird euch nichtsnicht17 schaden/ Kommt/ kniet mit mir nieder/ Helfft Christi Sterben ehren/ Laßt neue Todten Lieder Jn Herzens Andacht hören. Herr Rist der teure Tichter Will euch hie vor izt gehen/ Der große Wunder=Richter Wird Jhn zu Lohn erhöhen. |

15 Vgl. Mt 11,28 16 mit hauffen] alle zusammen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 587. nicht] ganz und gar nichts. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 728 f.

55

60

65

17 nichts-

Madrigal.

fol. h 5r a

Der schönste Klang bey Andacht=vollen Christen

5

10

Jst/ wen man ihnen singt Von ihres Heylands Leiden/ Das sie gewiß nach diesem Leben bringt Da/ wo sie muß der Engel Speise1 weiden. Jhr teurer Mann habt dieses wol ermessen/ Drümb sezzet ihr davon Bewegligst einen Tohn/ Der Bluht und heisse Trähnen Jn milder2 Zahl aus Felsen könte pressen/ Jhr solt hinfort bey eurem JEsu leben/ Weil seinem Tod ihr habt den Preiß gegeben! Seinem hochbeneigtem3 Gönner schuldigeb Pflicht zu bezeugen/ schrieb dieses und überschickt es aus Jehna

15

M. Kempius4 der Heiligen Schrifft Beflissener und K. G. P. | a Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde.

b schuldige] Emendiert aus: schul dige

1 Ps 78,25 2 milder] großer. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2203. 3 hochbeneigtem] sehr geneigten, sehr gewogenen. Zu ‚hochgeneigt‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1618. 4 Martin Kempe (geb. 1637 oder 1642, letzteres wahrscheinlicher, gest. 1682 oder 1683, letzteres wahrscheinlicher), am 12.7.1660 Immatrikulation in Wittenberg (Bircher / Herz, S. 38), Fortsetzung des Studiums in Helmstedt (nicht in Matrikel) und seit 1662 in Jena (Matrikel Jena 2, S. 124), dort Promotion zum Magister und Dichterkrönung. 1665 kehrte er in seine Heimatstadt Königsberg zurück, erneuerte seinen Status als Bürger der Universität und leitete dort eine Disputation, der sich sein Freund Samuel Friderici zu unterziehen hatte. Ob Kempe an der Universität auch Vorlesungen hielt, ist ungewiß. Kempe war als einziger zugleich Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, des Pegnesischen Blumenordens, der Deutschgesinnten Genossenschaft und des Elbschwanenordens. Sein Werk umfaßt dichtungstheoretische Schriften und eine Vielzahl von Kasualdichtungen. Vgl. Laufhütte / Schuster, S. XX–XXII sowie Jürgensen und Flood 3, S. 980 f.

fol. h 5va

In M a x i m è R e ve r e n d a e M a g n i f i c e n t i a e Tu a e Meditationes De

PASSIONE CHRISTI SONNETTUM Latino habitu ex forma Teutonicorum quos Alexandrinos communiter vocant videndum

debitum animi observantia testaturus D. D.

J fol. h 6rb

ngentis1 hem RistI subest Minerva praelo O rnare Teutonem Poeta Ristius H ic pergit optimè, docendo fervidus, A rtemque suaviter Modestiaeque zelo N ervosus explicat. Juvant aptare Velo | N avimque literis replere protinùs E t Phoebus2 & Musae probatur omnibus S onora RistI vox gravi munita Telo, R em Testimonia sequuntur clariora I nvitus haud enim, tot ô quam plurimis! S olatii tulit! Manebunt publicis

a Kolumnentitel: Ehren=Schriften

b Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde.

1 Die abgesetzten Anfangsbuchstaben dieses Ehrengedichtes bilden als Akrostichon den Namen „JOHANNES RISTIUS“. Nur der erste Buchstabe des Akrostichons ist nicht abgesetzt, sondern durch größere Schrifttype kenntlich gemacht. 2 S. o. S. 76, Anm. 845.

5

10

Ehrengedichte

15

T erenda perpetim professa docta scripta I nsignec dogma nunc sacrumque praedicatur U bique dulcis hic S onus desideratur RESONA. Ingentis hem RistI subest Minerva praelo Ubique dulcis hic sonus desideratur. |

c I nsigne] Emendiert aus: I nsi gne

103

Germanicum Idioma

fol. h 6v

Latini in praecedenti pagina positi SONNETTI.

J

fol. h 7ra

etzt1 gibt der Edle Rist ein neues Buch herfür2/ O Rist fahrt glücklich fort die Teutschen zu beziehren/ H öchst=eifrig lehret er/ was Dichtern will gebühren

A ußdrücklichen erklährt durch liebliche Manier/ N achdencklich und genau. Die Musen lassen hier N egst Phoebo3 sich bemüht und sehr geschäffig4 spüren/ E in wolgerüstes Schiff mit Büchern zu staffiren/ S ie streichen Segel auff5 und loben nach Gebühr6 R uhmwürdigst unsern Rist. Das Zeugnis wird es geben | J n vielen offt probirt7/ wie er sehr herzlich gern S o manchem hat gediehnt. Man kennt ihn weit und fern/ T raun8 nach dem Tode selbst wird er in Schrifften leben/ J ezt kommt ein Lehrbuch aus mit geistlichen Gesängen U mb diesen süssen Tohn will alle Welt sich drängen.

a Kolumnentitel: guhter Herren und Freunde.

b U m] Emendiert aus: Um

1 Die abgesetzten Anfangsbuchstaben der Verse dieses Ehrengedichtes bilden als Akrostichon den freilich nicht ganz vollständigen Namen JOHANNES RJSTJU. 2 gibt herfür] gibt heraus. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1094. 3 S. o. S. 76, Anm. 845. 4 geschäffig] geschäftig. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3822. 5 streichen Segel auff] setzen die Segel. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb 1, Sp. 753. 6 nach Gebühr] pflichtgemäß. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1887. 7 probirt] bewiesen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2151. 8 T raun] fürwahr. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1526.

5

10

105

Ehrengedichte

Nachklang. 15

Jzt giebt der Edle Rist ein neues Buch herfür9 Um solchen süssen Tohn will alle Welt sich drängen.

Lipsiae d. 5. Sept. 1663.

Jahann Baumgart10 20

Dant. LL. Stud. |

9 giebt herfür] gibt heraus. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1094. 10 Zu dieser Person konnten bislang keine biographischen Daten ermittelt werden.

fol. h 7va

An alle Leidtragende Sünder und Sünderinnen. 1.

W

as hie mein Edler Rist Sezt über Christi Leiden/ Das heißt dehn Sünde meiden Der noch ein Sünder ist/ Herr Ristens Traur=Gedancken Sind allen Geistlich=Krancken Ein Gang zur wahren Buß.

2. Denn stets an Christi Tod Und seine Marter dencken/ Pflegt heilsamlich zu krencken1 Den alten Adams=Koht2. Will sich gleich Adam regen/ So denck’ alsbald dagegen An Christus Creuz und Pein/

fol. h 8rc

3. Kannstu des Creuzes Holz Mitb Christo nicht ertragen3 Kann nicht dein Fleisch absagen | Dem sichern Sünden=stolz/ So ließ was Rist geschrieben/ Wie GOtt aus treuem lieben Die Sünd hinweg getahn4.

a Kolumnentitel: Ehren=Schriften und Freunde.

b Mit] Emendiert aus: Mii

c Kolumnentitel: guhter Herren

1 krencken] vernichten. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2032. 2 Adams=Koht] Gemeint ist die Sünde. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1894. 3 Vgl. Mt 16,24 4 Vgl. Joh 3,16

5

10

15

20

Ehrengedichte

25

30

35

40

45

107

4. Drückt dich die Sündenschuld Und quählt dich dein Gewissen/ Du seyst von GOtt gerissen/ Du findest hie Gedult/ Wil dich der Satan schrecken/ So kan dich JEsusd decken5 Mit seiner Gnaden=Hand. 5. Ob gleich das schwache Hauß Des Schmerzen=vollen Leibes6 Steht üm die Stimm7 des Weibes Creuz/ Noht und Elend aus8/ So daß in lezten Nöhten Der Tod dich will entröhten9/ Dein Heyland ist auch bloß10. | 6. Und daß ichs kürzlich sag’ Hat iehmand Noht und Jammer/ Hie ist des Trostes Kammer/ Ein steter Unglückstag Wird stündlich auch beglücket Wer sich nur darinn schicket Und denckt an Christi Schmach. 7. Drum eile wer du bist Für Leiden fast11 entkräfftet/ Der dich mit Trost besäfftet12/ Das ist der werthe Rist/ Den alle Welt hoch schäzzet/ Drum was er hie gesezzet Das mache dir zu nüz. d JEsus] Emendiert aus: JEsUs e Kolumnentitel: Ehren=Schriften guhter Herren und Freunde.

5 decken] schützen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 889. 6 Vgl. 2Kor 5,4 7 üm die Stimm] wegen der Stimme. Vgl. Adelung, Wörterbuch 4, Sp. 795. 8 Gen 3,6–19 9 entröhten] bleich machen. Nicht bei Grimm, DWb. 10 bloß] entblößt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 146. 11 fast] sehr. Zu ‚fast‘ als verstärkendem Adverb vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1349. 12 besäfftet] benetzt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1539.

fol. h 8ve

108

Passionsandachten Dem hochberühmten Rüstigen13 zu Ehren 50 übersendet dieses aus Stade

Johann Christophf Hermund14 aus Westpfalen. |

f Christoph] Emendiert aus: Christopf

13 ‚Der Rüstige‘ war der Gesellschaftsname Rists in der Fruchtbringenden Gesellschaft. dieser Person konnten bislang keine biographischen Daten ermittelt werden.

14 Zu

Drei Heilige und Gottselige

Vorbereitungs=An= dachten/ Uber die herliche Weissagung/ von dem 5

10

bittern Leiden und Sterben unseres libsten Hei= landes JEsu CHristi/ beschriben durch den Geistrei= chen Propheten Esaias/ in seinem Buche am drei und funftzigsten Kapittel1/ in unsrer Teut= schen Sprache also lautend:

Fürwahr/ Er trug unsere Krankheit/ und lud auf sich unsere Schmertzen/ Er ist üm unserer Missethat willen verwundet/ und üm unserer Sünde willen zuschlagen2. Die Straffe ligt auf Jhm/ auf das wir Friede hätten/ und durch seine Wunden sind wir geheilet. |

1 Jes 53,4 f. 2 zuschlagen] zerschlagen. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 758.

S. 1

110

Passionsandachten

Erste Passionsandacht

111

112

Passionsandachten

Die Erste Heilige und Gottselige

Passions=Andacht/ Uber die herliche Weissagung/ von dem bittern Leiden und Sterben/ unsers libsten Heilandes und Seligmachers JEsu CHristi/ beschriben durch den Geistreichen Propheten Esaias/ in seinem Buche am drei und funftzigsten Kapittel1/ in unsrer Teutschen Sprache also lautend:

Fürwahr Er trug unsre Krankheit/ und lud auf sich unsere Schmertzen/ Er ist üm unsrer Sünde willen zuschlagen2. Die Straffe ligt auf Jhm/ auf das wir Friede hetten/ und durch seine Wunden sind wir geheilet. Dises kan man auch singen nach der Melodie unsers wolbekanten Passionliedes:

O Mensch/ bewein deine Sünde gros.3

1.

J

5

hr Menschenkinder/ last uns gehn/ Komt schnell/ daß wir im Glauben sehn Den/ der für uns gestorben4/ Ach/ schaut den Mann/ der uns zugleich Hier Gnad’/ und dort das Himmelreich Durch seinen Tod erworben5! |

a Kolumnentitel: Die erste heilige und gottselige Passions=Andacht/

1 Jes 53,4 f. 2 zuschlagen] zerschlagen. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 758. 3 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie (zuvor bereits 1525 gedruckt mit dem Text „Es sind doch selig alle“) des erstmals 1548 in Nürnberg (RISM 154801) gedruckten Liedes „O Mensch, bewein’ dein’ Sünde groß“ (Text: Sebald Heyden) vgl. Das Deutsche Kirchenlied, Bd. III/1.2 Notenband, S. 121 (Eb14) und Textband, S. 125 f. sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 220–222. 4 1Kor 15,3 5 Vgl. Röm 6,3 f.

S. 4a

114 S. 5b

Passionsandachten

Er ist des höchsten Gottes Sohn6/ Der Sünder Heil und Gnadentrohn7/ Auch wahrer Mensch8 gebohren/ Er ists/ der unsre Krankheit trug/ Er ists/ den selbst sein Vatter schlug9 Für die/ so gantz verlohren. 2. Er ist der Glantz der Herligkeit10/ Doch auch gebohren in der Zeit/ Es zeügten die Propheten11 Von disem Heiland alzumahl12/ Das man Jhn zwahr am Kreützespfahl’ Erbärmlich würde tödten; Doch solte diser Held13 allein Der Sünder Freud’ und Leben sein/ Ja würde durch sein Sterben/ Das Er so willig vollenbracht14,15/ Uns reissen aus des Satans Macht16 Und hohe Gnad’ erwerben.

S. 6 d

3. Dis gläub’ ein jeder steif und fest/ Den wer auf JEsum sich verläst/ Kan als ein Felß bestehen. Von disem JEsu zeüget klahrec Der Vatter/ als man offenbahre Jm Jordan ihn gesehen17/ All’ Engel rühmen oft und viel Von Jhm’18/ auch der Propheten Ziel19 | Jst gahr20 auf Jhn gegangen21/ Sie zeigen ann gleich Sonnenhell/ Wie JEsus/ als ein Mittgesell Der Sünder dort gefangen. b Kolumnentitel: über den Spruch Esai. 53: Fürwahr Er trug unsre Krankheit. c klahre] Emendiert aus: klahril d Kolumnentitel: Die erste heilige und gottselige Passions=Andacht/

6 Vgl. Joh 1,14; Gal 4,3 7 Lev 16,2; Röm 3,25; Hebr 4,16 8 Vgl. Hebr 2,17 9 Jes 53,4 f. 10 Hebr 1,3 11 Lk 24,26 f. 12 alzumahl] alle. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 243. 13 Jes 9,5 14 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602. 15 Vgl. Jes 53,7; Joh 19,30 16 Vgl. Hebr 2,14 f. 17 Mt 3,17 18 Vgl. Apk 7,11 19 Vgl. 1Petr 1,9 f. 20 gahr] ganz. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 21 auf Jhn gegangen] auf ihn ausgerichtet. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2454.

10

15

20

25

30

35

Erste Passionsandacht

40

45

50

55

60

65

115

4. Komt aber/ last uns ferner22 gehn/ Damit wir die Beschreibung sehn Auch der Evangelisten/ Was die gezeügt von seiner Kraft/ Als welche Trost und Raht verschaft Uns hochbedrängten Christen. Drauf hört/ was unser Heiland spricht: Jch bins/ betrübt mir dise nicht/ Bald stürtzten sie zur Erden23. So mächtig ist des HErren Wohrt/ Die Feinde müssen alsofohrt24 Zu Spott und Schanden werden. 5. Des HErren Stimme geht mit Macht25/ Doch hat sein’ Hand auch vollenbracht26 Das/ was sehr wol zu merken: Als Malchus Ohr ward abgehaut27,28/ Da heilt’ Er Jhn ohn’ einigs Kraut29,30/ Wer spührt nicht bei den Werken/ Das unser Heiland JEsus CHrist Ein Helffer31 und Allmächtig ist/ Der leichtlich kan zerbrechen32 | Der Stoltzen Arm/ und als ein Gott Für so viel Schläge/ Schimpf und Spott Sich an den Feinden rächen? 6. Noch ferner hören wir mit Lust/ Das Alles JEsu war bewust/ Was Jhm begegnen solte: Merkt/ wie der rechte Schmertzen=Mann Zeigt Alles seinen Jüngern ann Als Er hinauf gehn wolte. e Kolumnentitel: über den Spruch Esai. 53. Fürwahr Er trug unsre Krankheit.

22 ferner] weiter. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1535. 23 Joh 18,6 24 alsofohrt] unverzüglich. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 262. 25 Ps 29,4 26 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602. 27 abgehaut] abgeschlagen. Zu ‚hauen‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 575. 28 Joh 18,10 29 einigs Kraut] ein einziges Heilkraut. Zu ‚einig‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 207. Zu ‚Kraut‘ vgl. DWb 11, Sp. 2107. 30 Lk 22,51 31 Sach 9,9 32 Ps 37,17

S. 7e

116

Passionsandachten

Der fromme Heiland spricht ja frei: Jhr wisst/ das Ostern komt herbei/ Da sol das Heil der Erden/ Deß Menschen Sohn33/ der Feinde Schaar/ Welch’ Jhn verfolgt hat offenbahr34/ Schnell überliefert werden35.

S. 8f

7. Was mehr? Er hat den Mann gesehn Mit einem Wasserkruge gehn36/ Dazu vorher gesaget/ Das Judas ein Verrähter sei37/ Drauf ferner die gahr schlechte Treu Der Jünger sehr beklaget38. Noch weiter hat der WunderHeld39 Gewust/ wen Er aus diser Welt Zwahr endlich müste scheiden/ | Doch plötzlich durch des Grabes Thür Als Sieger würde gehn herfür40 Und fahren auf mit Freuden. 8. Diß ist der Mann/ O Christlichs Hertz/ Diß ist der Mann/ den unser Schmertz So grausahmlich ümgeben/ Der ist nun GOtt/ nicht Mensch allein/ Dem Alles ja muß wissend41 sein/ Der widerbringt das Leben/ Der hat mit seinem Gottesbluht’42 Uns frei gemacht43/ O höchstes Guht! Wer solte Dich nicht preisen? Ja HERR/ hier wil ich in der Welt/ Und dort im frohen Himmelszelt Dir ewig Dank erweisen. |

f Kolumnentitel: Die Erste heilige und Gottselige Passions=Andacht/

33 Joh 12,34 34 offenbahr] auf unverhohlene Weise. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1173. 35 Mt 26,2 36 Lk 22,10 37 Joh 13,21–26 38 Vgl. Mt 26,31–35 39 Jes 9,5 40 Vgl. Mt 16,21 41 wissend] bekannt. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 772. 42 Apg 20,28 43 Vgl. Eph 1,7

70

75

80

85

90

95

Zweite Passionsandacht

117

S. 10a

Die Ander1 Heilige und Gottselige

Passions=Andacht/ Uber die trefliche Weissagung von dem bitteren Leiden und Sterben unsers allerlibsten Heilandes und Seligmachers JEsu CHristi/ beschriben von dem Geistreichen Propheten Esaias/ in seinem Buche am 53 Kapittel2/ in unserer Teutschen Sprache also lautend:

Fürwahr Er trug unsere Krankheit/ und lud auf sich unsere Schmertzen/ u. s. w.b Jn diser Andacht wird gehandelt:

Was den unser Erlöser und Seligmacher für uns erlitten und außgestanden? Dises kan man auch singen/ nach der Melodie unsers bekanten Passionliedes

O wir armen Sünder/ unsre Missethat/ u. s. w.3

a Kolumnentitel: Die Ander heilige und gottselige Passions=Andacht/ b u. s. w.] Emendiert aus: u. a. w.

1 Ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 2 Jes 53,4 f. 3 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie (zuvor bereits 1527 gedruckt mit dem Text „Ach wir armen Menschen, was hab’n wir getan“) des erstmals 1561 in Wittenberg (RISM 156120) gedruckten Liedes „O wir armen Sünder, unsre Missetat“ vgl. Das deutsche Kirchenlied III/1.2 Notenband, S. 172 (Ef7E) und Textband, S. 220 f., sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 302. In Hamburg war das Lied seit Franz Elers ‚Cantica sacra‘ von 1588 (RISM 158814) verbreitet, vgl. auch David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811).

Zweite Passionsandacht

119

1.

L 5

10

15

ast uns doch bedenken Die gahr grosse Pein/ So da muste kränken JEsum/ solt’ Er sein Diser Welt Erretter/ Auch gantz offenbahr Satans Untertreter4,5/ Der so mächtig war.

2. JEsus muste tragen Unser Angst und Noht/ | Trübsahl/ Krankheit/ Plagen6/ Ja der Seelen Tod/ Ferner must’ auch leiden Schläge/ Spott und Hohn Von der Schaar der Heiden7 JEsus/ GOttes Sohn. 3.

Krankheit/ ist zu nennen 20

25

Zittern/ Müh’ und Schmertz/ Auch was sonst zu brennen Pflegt ein traurigs Hertz/ Diß/ samt tausend Schlägen/ Trug gantz sonder8 Schuld Nur von unsernt wegen9 JEsus/ mit Gedult10. 4. Zwahr/ es muß auf Erden Manches Sündenkind Auch geplaget werden/ c Kolumnentitel: über den Sp. Esa. 53. Fürwahr Er trug unsre Krankheit/ u. s. w.

4 Satans Untertreter] Sieger über Satan. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1878 f. 5 Vgl. Gen 3,15 6 Jes 53,4 7 Mt 27,26–30 8 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573. 9 von unsernt wegen] unseretwegen. Zu ‚von wegen‘ vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 755. 10 Vgl. Jes 53,4

S. 11c

120

Passionsandachten

Doch vergehts geschwind’11; Aber/ JEsus Leben/ Wars gleich noch so rein12/ Blieb mit Noht ümgeben Biß ins Grab hinein. | S. 12d

30

5. JEsus muste stehen Für dem Strafgericht’/ Und ergrimmete sehen GOttes Angesicht13; Ach! bedenkt sein klagen/ Als er schwitzte Bluht14/ Schaut/ wie dort muß zagen15 Unser höchstes Guht!

35

40

6. JEsus muste leiden Auch von vielen Quahl/ Jünger/ Jüden/ Heiden Plagten alzumahl Den/ der sich gegeben Selbst für sie dahinn16/ Der ihr Heil und Leben War von Anbeginn.

45

7. JEsus hat gelitten Auch an Leib’ und Seel’/ Als Er hat gestritten Jn der Marterhöhl’/ O der bittern Schmertzen! Tritt/ du Mensch/ herbei/ Denkt/ wie disem Hertzen Doch zu Muhte sei! |

50

55

d Kolumnentitel: Die Ander Heilige und Gottselige Passions=Andacht/ e Und ergrimmet] Emendiert aus: Undergrimmet

11 Vgl. 1Petr 5,10 16 Gal 1,4

12 Vgl. 2Kor 5,21; Hebr 4,15

13 Vgl. Gal 4,4

14 Lk 22,44

15 Mt 26,37

Zweite Passionsandacht

60

65

70

75

80

121

8. JEsus hat gefühlet GOttes Grimm und Zorn/ Auch/ wie Satann wühlet17 Mit des Fluches Dorn18/ JEsus hat getragen Unsrer Sünden Last19/ Solt’ ein Mensch nicht klagen/ Das GOtt so verhasst?

S. 13f

9. Schaut sein Haubt zerrissen Mit der Dörnern Krohn/ Sein Gesicht zerschmissen20/ Schaut den Spott und Hohn21/ Ja/ den Mund mit Gallen Essig=saur getränkt22/ Schaut den Leib für allen/ Der ans Kreütz gehenkt! 10. Alle Welt muß sagen: JEsus hat die Noht Auch für mich getragen/ JEsus hat den Tod Auch für die gelitten/ So den Teuflen23 gleich Sind von GOtt geschritten Zu des Satans Reich24. | 11. Das Du so verhöhnet25 Ja getödtet bist/ Solches hat versöhnet Mich/ HErr JEsu CHrist26/ f Kolumnentitel: über den Sp. Esai. 53: Fürwahr/ Er trug unsere Krankheit. Die Ander Heilige und Gottselige Passions=Andacht/

S. 14g

g Kolumnentitel:

17 wühlet] Schmerzen zufügt. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1746. 18 Vgl. Gal 3,13 19 Vgl. Jes 53,11; 1Joh 1,29 20 zerschmissen] geschlagen. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 762. 21 Mt 27,27–30 22 Mt 27,34 23 Teuflen] Teufeln. Vgl. unter ‚Genie‘ Grimm, DWb 5, Sp. 3397. 24 Vgl. Röm 5,10 25 Vgl. Mt 27,29 26 Vgl. Röm 5,10

122

Passionsandachten

Nun bist Du mir gnädig/ Führst mich aus der Quahl Gantz von Sünden ledig27 Bald zum Himmels Sahl. |

27 Röm 6,18

85

Dritte Passionsandacht

123

124

Passionsandachten

Die Dritte Heilige und Gottselige

S. 16a

Passions=Andacht/ Uber die sehr schöne Weissagung/ von dem bittern Leiden und Sterben unsers allerlibstenb Heilandes und Seligmachers JEsu CHristi/ beschriben von dem Geistreichen Propheten Esaias/ in seinem Buche am 53 Kapittel1/ in unserer Teutschen Sprache also lautend:

Fürwahr/ Er trug unsre Krankheit/ und lud auf sich unsre Schmertzen. Jn diser Andacht wird gehandelt/

Wie/ und warum unser Heiland Christus Je= sus/ für das menschliche Geschlecht habe gelitten? Dises kan man auch singen/ nach der Melodie/ unseres wolbekanten/ und in der Kirchen Gottes gewöhn= lichen Passionliedes:

Da JEsus an dem Kreutze stund/ u. a. m.2 |

1.

D

As Christus Jesus in der That Für uns den Tod gelitten hat/ Das gläuben wir von Hertzen/ a Kolumnentitel: Die Dritte Heilige und Gottselige Passions=Andacht/ b allerlibsten] Emendiert aus: allerlidsten c Kolumnentitel: über den Sp. Esai. 53: Fürwahr/ Er trug unsere Krankheit.

1 Jes 53,4 f. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie (zuvor bereits 1545 gedruckt mit dem Text „In dich hab’ ich gehoffet, Herr“) des erstmals 1550 in Bonn (RISM 155005) gedruckten Liedes „Da Jesus an dem Kreuze stund“ vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/1.3, Notenband, S. 143 (Ek7A) und Textband, S. 144 sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 390 f. In Hamburg war das Lied seit Franz Elers ‚Cantica sacra‘ von 1588 (RISM 158814) verbreitet, vgl. auch David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811).

S. 17c

126

Passionsandachten

Fürwahr Er trug Mehr/ als genug O Sünder/ unsre Schmertzen3.

5

2.

Fürwahr/ heist ja kein falscher Schein/ Es must’ hie so gelitten sein/ Das Jesus Angst und Schrekken/ Der Höllen Noht/ Zu letst den Tod Erbärmlich konte schmekken.

10

3.

Wahrhafftig fühlt’ Er das Gericht’/ Als Er für Gottes Angesicht’ Jm Gahrten muste zagen4/ Und gantz allein Der Höllen Pein Für unsre Bösheit tragen.

15

4.

Wahrhafftig rang Er mit dem Tod’ Als Er in seiner höchsten Noht Den Schweis/ wie Bluht/ lies fallen5/ Wahrhafftig ist Auch JEsus Christ Am Kreütz getränkt mit Gallen6. | S. 18d,e

20

5.

Wahrhafftig hat deß Höchsten Sohn7

25

Von Dorn getragen eine Krohn8/ Wahrhafftig sind durchgraben9 Sein Händ’ und Füss’10/ Als man Jhn lies Zum Hohn mit Essig laben11.

d 18] Emendiert aus: 8

30

e Kolumnentitel: Die Dritte Heilige und Gottselige Passions=Andacht/

3 Jes 53,4 4 Mt 26,37 5 Lk 22,44 6 Mt 27,34 7 Lk 1,32 8 Mt 27,29 durchbohrt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1623. 10 Ps 22,17 11 Lk 23,36

9 durchgraben]

Dritte Passionsandacht

127

6.

Unschüldig ist daß Heil der Welt

35

40

45

50

Den Sündern gleich ans Kreütz gestelt12/ O Schrekliches Beginnen13! Ey/ kan den nicht Dis grosse Licht14 Der Grausamkeit entrinnen? 7. Jn dessen Munde kein Betrug15 Erfunden16/ und der from genug Ja heilig stets gewesen/ Kan in Gefahr/ Für diser Schaar Der Mörder nicht genesen17. 8. Von dem Pilatus selber sprach: Jch finde weder Schuld noch Sach’18 An Jhm19/ last ab zu klagen; Der mus dennoch Des Kreützes Joch Als andre Schächer20 tragen21. | 9. Der Schächer selbst bekennt es frei/ Daß JEsus gar kein Sünder sei22/ Luft/ Himmelg Sonn’ und Erden Bezeügen daß Ohn’ unterlaß Noch23 muß Er straffbahr werden24.

f Kolumnentitel: über den Sp. Esai. 53: Fürwahr Er trug unsere Krankheit. g Himmel] Emendiert aus: Himmdl

12 Mt 27,38 13 Beginnen] Tat. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1297. 14 Vgl. Joh 8,12 15 Jes 53,9 16 Erfunden] gefunden. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 798 f. 17 Für diser nicht genesen] von dieser Mörderschar nicht unversehrt davonkommen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3385. 18 Sach’] Vergehen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1594. 19 Joh 18,38 20 Vgl. Lk 23,32 f. 21 Joh 19,17 22 Lk 23,40 f. 23 Noch] gleichwohl, dennoch. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 871. 24 straffbahr werden] sich der Strafe unterziehen. Vgl. Grimm, DWb 19, Sp. 620.

S. 19f

128

Passionsandachten

10. Doch hat Er auf den Leidensplaan25 Dis alles sonder26 Zwang gethan/ Wie den von Jhm geschriben/ Das Er gahr fest Sich binden läst27 Ja willig stets betrüben.

55

60

11.

Gedultig hat Er alß ein Lamm28 Gelitten an des Kreützes Stamm/ Und/ als Er ward gescholten/ Strafft’ Er doch nicht Jns Angesicht Die/ welch’ Jhn würgen29 wolten30.

65

12. Das heist/ recht/ leiden ohne Schuld/ Das heist erzeigen die Gedult

Und gern den Creutzbaum tragen/ Ach köndten wir Das Kreütz allhier Auch tragen/ sonder31 klagen! | S. 20h

13. Dis Alles aber ist geschehn/ Das wir im Friede müchten gehn/ Das wir geheilet würden/ Drum schaue mann Nur JEsum ann Beschwehrt mit unsern Bürden!

h Kolumnentitel: Die 3. Gotts. PassionsAnd. über den Spr. Es. 53. Führwahr/ etc.

25 Leidensplaan] Platz des Leidens. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1884. 26 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573. 27 Mt 22,13 28 Joh 1,29.36 29 würgen] ermorden. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2202. 30 1Petr 2,23 31 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573.

70

75

129

Dritte Passionsandacht

80

85

90

14. Gott lob! Der Fried’ ist widerbracht/ Nun wird der Satann keine Macht An uns hinführo32 finden/ Nun kan ein Christ Der Feinde List Und Alles überwinden. 15. O JEsu/ Du mein höchstes Guht/ Mich hat erkauft33 dein theüres Bluht34/ Nichts kan von Dir mich scheiden35/ Drauf bin Jch Dein/ Und du bleibst Mein36 Hier/ und im Reich der Freuden. |

32 hinführo] fortan. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1435. 35 Röm 8,38 36 Hld 2,16

33 1Kor 6,20; 7,23

34 1Petr 1,19

Hierauf folgen

Zwölf Gottselige Musikalische

Andachten/ Uber unseren Allerlibsten HEr= 5

10

ren und Seligmacher JESUM/ Wie Derselbe/ zu Seinem Aller= heiligsten Leiden ist hingeführet/ und grausahmlich/ an den Kreutz= Pfahl geheftet. |

S. 21

Die Erste Hinführung.a,b

S. 22

Christus Jesus wird im Gahr= ten Gethsemane von der Schar gefäng= lich angenommen1 und zu dem Hohen= Priester Hanna gefüh= ret2.

a A, B zusätzlich: .

b Kolumnentitel: Deß HErren Jesu erster Hingang

1 gefänglich angenommen] gefangen genommen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2124.

2 Joh 18,1–13

Erste Hinführung

133

134

Passionsandachten

Erste Hinführung

135

1.

S. 23c

A

Uff liebe Seel’ entzünde dich Daß Leiden deines Herren/

Die plagen/ welch’ Jhm grausahmlich Sein’ edle Glieder zerren/ |

5

Den Spott/ das Fluchen/ Schläg’ und Pein3/ Die keinem sonst erträgliche sein/ Ja durchf die Wolken dringen/ Jm Glauben zu besingen.

10

15

20

2. Wo die Verdamniß und der Tod Sich erstlich angefangen4/ Daselbst ist auch zum Theil dieg Noht Der Seelen weg gegangenh/ Den/ wie der Mensch durch Satans List Jm Paradiß gefallen ist5; So wolti Jhm Gott das Leben Jm Gahrten wieder geben6. 3. Auß Liebe fähet Christus an7 Jm Gahrten erst sein Leiden/ Ach sehet/ was die Liebe kanj/ Sein Hertz weiß nicht zu neiden8 Ob gleich sein Jünger Jhn verkaufft9/ Dazu die Schaar Jhn schlägt und raufft Welch’ Er kont’ überwinden/ Läst Er dennoch sich binden10. | c Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. d Kolumnentitel: Deß HErren Jesu erster Hingang e keinem sonst erträglich] A in Cantus und Text sowie B im Cantus statt dessen: mehr hieselbst als Menschlich f durch] A im Cantus statt dessen: dürch g Daselbst ist auch zum Theil die] A statt dessen: Am selben ohrt’ ist alle h weg gegangen] A statt dessen: auch vergangen i wolt] A statt dessen: läst j Ach sehet/ was die Liebe] A statt dessen: Hier schauet/ was sein Lieben

3 Mt 27,27–30 4 Sich erstlich angefangen] zuerst angefangen haben. Zu ‚erstlich‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1014. Zum reflexiven Gebrauch von ‚anfangen‘ vgl. DWb 1, Sp. 326. 5 Gen 3,1–15 6 Vgl. Röm 5,3 7 fähet an] fängt an. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 321. 8 weiß nicht zu neiden] kennt keinen Haß. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 554. 9 Mt 26,14–16 10 Mt 26,47–56

S. 24d

136 S. 25k

Passionsandachten

4. Man führet Jhn zuem Hannas hinn11 Mit Ketten hart verstrikket12/ Sehr stoltz ist dieses Priesters Sinn/ So bald Er nur erblikket Daß Gottes Lam13/ erfreüt Er sich/ Nur daß Er müge grausahmlich Mit schelten/ schmähen/ schlagen Selbst seinen Schöpferl plagen.

25

30

5. O Grausahmkeit! wer zittert nicht? Hie wird gantz ohn erbarmen Geschlagen in sein Angesicht14 Das Heil und Licht der Armen/ Der Himmels Fürstm,15/ Er selber Gott Er duldet so viel Hohn und Spott Daß Er sich auch mußn neigen/ Ja vor der Aschen schweigen.

S. 26 q

35

40

6. So must’ es Liebster JEsu sein/ Solt’ uns der Himmel werden/ Dein Leiden daso vermöcht’p allein Den Kindern dieser Erden | Vergebung aller Sünd’ und Schuld Auch deines Vatters Gnad’ und Huld Durch ein so bitters sterben Zu voller Gnügr erwerben.

45

k Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. l Selbst seinen Schöpfer] A statt dessen: Den Lebens Fürsten m Fürst] A statt dessen: Fürst’ n Daß Er sich auch muß] A statt dessen: Der Schöpfer muß sich o das] A statt dessen: HErr p vermöcht’] A, B statt dessen: vermocht’ q Kolumnentitel: Deß HErren JEsu erster Hingang r Zu voller Gnüg] A statt dessen: Gantz völliglich

11 Joh 18,12 12 verstrikket] gefesselt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1803. 18,22 15 Vgl. Apg 5,31

13 Joh 1,29.36

14 Joh

Erste Hinführung

137

7. 50

55

60

65

70

Ach aber/ daß Jch selber Dich HErr JEsu so gebunden! Ach liebster Heiland/ daß Jch mich Bei dieser Zunfft gefunden/ Der Zunfft/ die dich in diesers Nacht Zum Priester Hannas hat gebracht/ Der Sünd’ in diesemt Orden16 Bin ich mit schüldig worden! 8. Dies’ ist die Faust/ dies’ ist die Hand/ Die leider hat geschlagen Dein Antlitz/ als man das verband17 Und anfieng dich zu plagen18/ Jch läugn’ es nicht HErr JEsu Christ/ Verzeih’ es mir zu dieser frist19/ Begnade doch mich Armen/ Bei dir ist viel erbarmen20. | 9. Lös’ auff die starke Sündenstrikk’ Als die mich hartv verwirret21/ Und gib mir einen Gnadenblik Mir/ der Jch sehr geirret22/ Reiss’ endlich meine Füss’ in eil Sehr kräfftig auß deß Todes Seil23/ Daß Jch dich müge fassen/ Wen Jch die Welt sol lassen.

s Der Zunfft/ die dich in dieser] A statt dessen: Die dich in der betrübten t Sünd’ in diesem] A statt dessen: Sünden dieses u Kolumnentitel: zu seinem erbarmlichen Leiden. v Als die mich hart] A statt dessen: Jn welchen Jch

16 Orden] Gemeinschaft. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1317. 17 verband] verdeckte. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 116. 18 Mk 14,65 19 frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 20 Vgl. Ps 130,7 21 verwirret] verstrickt haben. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 2296. 22 Vgl. Jes 53,6 23 Ps 116,3

S. 27u

138

Passionsandachten

10. HErr gib Mir ein beständigs Hertz/ Dafern24 Jch soll erleiden Jn Banden auch viel Hohn und Schmertz/ So lass’ es seinw mit Freüden! Durch deine Strikk’ O höchstes Guht Verleihe Mir Krafft/ Stärk’ und Muht Mein Kreutz ohn’ einigs25 klagen Jn dieser Welt zu tragen26. |

w So lass’ es sein] A statt dessen: Daß eß gesche

24 Dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 25 ohn’ einigs] ganz ohne. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 208. 26 Vgl. Mt 16,24

75

80

Die ander1 Hinführung.

Christus Jesus wird von Han= nas hinweg in deß Hohenpriesters Kai= phas Pallast geführet2/ woselbst man Jhn als einen Gotteslästerer und Auffrührer heftig verklaget; Der Herr Jesus aber be= kennet vor Kaipha seine Gottheit3.

a Kolumnentitel: Deß HErren JEsu ander Hingang

1 ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307.

2 Joh 18,24

3 Mt 26,57–68

S. 28a

140

Passionsandachten

Zweite Hinführung

141

1.

S. 30b

W

5

10

15

20

Jrst du denn nun in dieser Nacht Als dich der Hannas hat verlacht/ O JEsu ferner hingebracht Zu Kaiphas dem Schlimmenc/ Woselbstd der stoltzen Priester Schaar/ Die bei dem Blinden Leiter4 war/ Dir dreüen5 Marter und Gefahr Mit hocherhabnen Stimmene Ja/ du mein Heiland/ must du sehn Viel falscher Zeugen vor dir stehn6?f 2. Sie zeügen zwar doch ohne Grund/ Merk’ aber in derselben Stund’/ Eröffnet sich deß HErren Mund Und spricht ohn’ alles grauen: | Jhr werdet in der letsten Zeit Deß Menschen Sohn7 auß Noht befreit/ Jn grosser Ehr’ und Herligkeit Zur Rechten Gottes schauen/ Wenn nun der Engel Feldgeschrei Die Menschen Kinder rufft herbei8. 3. So bald der Priester diß erhört Samt seinem Volke daß Er lehrt/ Da wird Er gleichsam gar betöhrt9 Zerreisset Rok und Kleider/

b Kolumnentitel: Deß HErren JEsu ander Hingang c Schlimmen] A in Cantus, Bassus und Text statt dessen: grimmen d Woselbst] B statt dessen: Wo selbst e A und B in Cantus und Text zusätzlich: ? f ?] B im Cantus statt dessen: . g Kolumnentitel: zu seinem erbarmlichen Leiden.

4 Mt 15,14 5 dreüen] drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 6 Mt 26,60 7 Joh 12,34 8 Mt 16,27 9 wird Er gleichsam gar betöhrt] gerät er fast ganz außer sich. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb.

S. 31g

142

Passionsandachten

Er schreiet zu der gantzen Rott’: Ach höret doch/ Er lästert GOtt10/ Wie straffen Jhn die zehn Gebot? Bald ruffen Christus Neider: Er kan dem Tod entgehenh nicht Wir wissen ia was Mosesi spricht11. 4. O falsch gemachter Todesschluss12/ Den meine Seel’ itz mit verdrussj Von solchen Richtern hören muß Wem kanstu doch gefallen? Hastu den Tod/ O grosser Held13 Verschuldet/ dem die gantze Welt Zu dienen ist vorlängst bestelt Du bist iak sonder14 Gallen? Du nie beflekter15 Gottes Knecht16 Bist heilig und allein gerecht17. | S. 32l

25

30

35

40

5.

Ach liebster HErr/ Jch bin der Mann/ Der seine Schuld nicht läugnen kan/ Mein Unrecht schreiet Himmel an/ Jch habe falsch gezeuget/ Ja/ mein war diese Missethat/ Welch auch für deinem Priesterm trat Und dieses außgeruffen hat/ Das Recht hab’ Jch gebeuget/ Der Finsternissn und Sünden Nacht Hat leider mich so blind gemacht.

h Er kan dem Tod entgehen] A statt dessen: Fürwahr/ dem Tod’ entgeht Er i Wir wissen ia was Moses] A statt dessen: Wie Moses unser Meister j itz mit verdruss] A statt dessen: in überdruss k Du bist ia] A statt dessen: Der du bist l Kolumnentitel: Deß HErren JEsu ander Hingang m Welch auch für deinem Priester] A statt dessen: Die vor den Hohenpriester n Finsterniss] A, B statt dessen: Finsterniss’

10 Mt 26,65 11 Vgl. Joh 19,7 12 Todesschluss] Todesurteil. Zu ‚Schluß‘ vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 867. 13 Jes 9,5 14 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573. 15 Vgl. Hebr 7,26 16 Jes 52,13 17 Vgl. Hebr 7,26

45

50

Zweite Hinführung

55

60

65

70

143

6. Jch der Jch deinen Tod begehrt Jch Sünden voller Mensch bin wehrt/ Daß Mich der HöllenGluht verzehrt/ Daß Mich die Teuffel plagen; Du aber tritt in dieser Zeit Mir nahe mito Barmhertzigkeit/ Es ist mir ia von Hertzenp leid/ Ach laß mich nicht verzagen! So wil Jch deinen Gnadenbund Stets machen allen Völckern kund. 7. O JEsu meiner Seelen Ruh/ Die liebe Wahrheit schützest du Den armen Sündern hörst du zu/ Stürtz’ alle die dich schelten/ | Laß mich zu deines Namens Ehr’ Ein Anders reden nimmermehr/ Als was befodert deine Lehr’ HErr laß michs nicht entgelten18/ Daß dich mein Mundr (O Missethat!)s Offt unbedachtt geschmahet hat. 8. Es müsse meiner Zungen Band Durch eines frechen Mörders Hand Gantz grausam werden abgetrant19/ Wenn sie dich nicht sol preisen/

o tritt Mir nahe mit] A statt dessen: laß Erscheinen Mir p Es ist mir ia von Hertzen] A statt dessen: Mein Unrecht ist Mir hertzlich q Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. r dich mein Mund] A statt dessen: meine Red’ s )] Gemäß A, B emendierend ergänzt t Offt unbedacht] A statt dessen: Dich vor der zeit

18 laß michs nicht entgelten] laß es mich nicht büßen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 542 f. 19 abgetrant] abgetrennt. Zu ‚trennen‘ vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 111.

S. 33q

144

Passionsandachten

Kein Kreütz ist ja so groß undu schwehr Jn diesem Welt= undv Sünden=Meer/ Daß deine Marter nicht verzehr/ Ach HErr/ Sie kanw erweisen/ Daß kein betrübter Mensch vergeht/ Dem sein vertrauen zu dir steht.

S. 34y

75

80

9. Der Tod mag denen eine Pein/ Ja bittrer noch/ alsx bitter sein/ Die sich der schnöden Welt allein Und Jhrem wuhst’20 ergeben/ Jch aber JEsu Gottes Sohn/ Erwahrte viel ein’ andre Krohn21/ Die du Mir gibst zum Gnaden=Lohn Jn jenem Freüden=Leben/ Hie leiden/ ist ia nimmer wehrt Der Wonne/ welch’ uns dort beschert22. |

85

10. Du böse Welt/ gib Peitschen her/ Die Ketten sind Mir nicht zu schwehr/ Kein Schwehrt zu fliehen Jch begehr/ Jch fürcht’ hie keine Plagen/ Diß alles ist der Sünden Schuld/ HErr/ halte Mich in deiner Huld Und hilff Mir Armen mit Gedult Mein schwehres Kreütz hier tragen23: So lass’ Jch wenn es dir gefält Mit freüden diese schnöde Welt. |

95

90

100

u Kein Kreütz ist ja so groß und] A statt dessen: Ach HErr/ kein Unglük ist so v und] A statt dessen: nnd (Erratum) w Ach HErr/ Sie kan] A statt dessen: Ja/ du kanst uns x Ja bittrer noch/ als] A statt dessen: Sehr grausahm/ böß und y Kolumnentitel: Deß HErren JEsu ander Hingang

20 wuhst’] Schmutz. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2407.

21 Apk 2,10

22 Röm 8,18

23 Mt 16,24

Die dritte Hinführung.

Der Sohn Gottes CHristus JEsus/ wird von den Häschernb auß dem Sahle deß Hohenpriesters in der Die= ner Beigemach1 geführet und daselbstc die gantzd Nacht von den allergeringsten Knechten verspottete und geschlagen2.

a Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. b Häschern] A, B statt dessen: Häscheren c daselbst] A statt dessen: darselbst d gantz] A statt dessen: gantze e verspottet] B statt dessen: versyottet (Erratum) 1 Beigemach] Nebenzimmer. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1372.

2 Lk 22,63–66.

S. 35a

146

Passionsandachten

Dritte Hinführung

147

1.

L

5

10

15

20

Jebste Seel’ erkenne doch/ Was dein Heylandg hat erlittenh Diesen Abend/ als Er noch Wird geführt mit schnellen Schritten Jn der Häscher Beigemach3 Da den nachi der Priester scheiden Dieses Schäfflein4 muste leiden Biß der liebe Tag anbrach. 2. Was für Schande/ Schmach und j Spott Was für Lästrung muß erk tragen Unser Heiland/ Mensch und Gott/ Ach/ wie wird sein Haubt zerschlagen5/ Seiner klahren Augen Licht/ Daß mit Tüchern zugebunden6/ Stöss’ und Speichel hat empfunden/ Wird durch aus verschonet nicht. 3. Wölffe zerren dieses Lam7/ Mörder schlagen den Geliebten/ Unsrer Seelen Bräutigam8 Wird das Haubt der Hochbetrübten/ Seht der Häscher leichte Schaar Machet wund/ mit Grimm’ und Rasen Seine Leftzen9/ Ohren/l Nasen Wangen/ Augenm/ Haubt und Hahr. |

f Kolumnentitel: zu seinem erbarmlichen Leiden. g Heyland] A im Cantus statt dessen: He land (Erratum) h erlitten] B im Cantus statt dessen: gelitten i nach] A im Cantus statt dessen: noch (Erratum); B im Cantus statt dessen: dennoch (Erratum) j Was für Schande/ Schmach und] A statt dessen: Wie viel Schande/ wie viel k Was für Lästrung muß er] A statt dessen: Wie viel lästerns muß doch l Ohren/] A statt dessen: Stirn und m Wangen/ Augen] A statt dessen: Seine Wangen

3 Beigemach] Nebenzimmer. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1372. 4 Joh 1,29.36 5 zerschlagen] wund geschlagen. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 758. 6 Lk 22,64 7 Joh 1,29.36 8 Vgl. Mt 9,15; 25,6 9 Leftzen] Lippen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 516.

S. 37f

148

Passionsandachten

4. Meine Sinne können nicht Allen Schimpf und Hohn erdenken/ Welcher dich/ O Lebens Licht10 Durch die Diener muste kränken/ Lose Buben hatten Macht Dich zu quälen hier auff Erden/ Daß dadurch wir müchten werden Hoch im Himmel angebracht.

S. 38n

25

30

5. Dieses alles hast du zwahr Liebster Heiland außgestanden Von der frechen Häscher Schaar/ Die Dich schlug so gahr11 ino Banden12/ Aber/ Jch war mit dabei; Diesem unverschämten Hauffen Bin Jch selber zugelauffen Zu verüben Tirannei:

35

40

6.

Straffe nicht in deinem Grimm13 Meine Sünd und Missethaten/

Höre doch HErr meine Stimm’p/ Ach/q Jch bin in Angst gerahten: Wär’ Jch nun von Sünden rein/ Köntest du Mir nicht vergeben Sünd’ und Schuld in diesem Leben Noch Mir Armen gnädig sein. |

45

n Kolumnentitel: Deß HErren Jesu dritter Hingang o so gahr in] A statt dessen: in harten p Höre doch HErr meine Stimm’] A statt dessen: Ach HErr/ hör’ itz meine Stimm q Ach/] A statt dessen: Den

10 Joh 8,12

11 gahr] ganz. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 12 Mt 27,2

13 Ps 6,2; 38,2

Dritte Hinführung

50

55

60

65

70

149

7. Jch bekenn’ es ohne Scheü/ Daß Jch manchen Tag verschlissen14 Mit den Dienern/ die gantz frei Ohne Glauben und Gewissen Dir so grossen Schimpf gethan15/ Aber Nun/ O lieber Meister Sende doch deß Himmels Geister Mir zu Dienst’ auff diesen Plaan16. 8. Hab’ Jch Mich der Bösen Rott’ Jn der Jugend zugesellet/ Ey so dank Jch Dir Mein GOtt/ Daß sie Mich nicht gantz gefellet17. Nun und künftig folg’ Jch Dir/ Laß dein’ Engel bei Mir bleiben18/ Welch’ als fromme Diener treiben Alle Feindschafft weit von Mir19. 9. Laß den Teuffel und die Welt Alles das zusammen bringen So nach meiner Seelen stelt20/ Nichtes dochs wird Mich bezwingen/ HErr/ Jch trotz21 auf deine Macht/ Fürchte keinert Feinde blitzen/ Deine Diener/ so Mich schützen/ Wachen vor Mich Tag und Nacht. |

r Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. s Nichtes doch] A statt dessen: Derer keins t keiner] A statt dessen: nichts der

14 verschlissen] verschwendet. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1097. 15 grossen Schimpf gethan] viel schändliches angetan habe. Zu ‚Schimpf antun‘ vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 173. 16 Plaan] Platz. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1883 f. 17 gefellet] zu Fall gebracht haben. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1285. 18 Vgl. Ps 91,11 f. 19 treiben Alle Feindschafft weit von Mir] jagen alle Feinde weit von mir fort. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 5. 20 stelt] trachtet. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 2250. 21 trotz] vertraue. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1131.

S. 39r

S. 40a

Die Vierte Hinführung

Christus Jesus wird bei heran= brechendem Tage vor das Geistliche und Weltliche Gericht geführet/ woselbst er von den Hohenpriesternb und Rahtsverwandten1 als ein Auffrührer wird verdammet und des Todes Schüldig erkläh= ret2.

a Kolumnentitel: Deß HErren JEsu vierter Hingang Hohenpriesters (Erratum)

b Hohenpriestern] A, B statt dessen:

1 Rahtsverwandten] Ratsherren. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 203. 2 Mt 27,1–26

Vierte Hinführung

151

152

Passionsandachten

Vierte Hinführung

153

1.

S. 42c

H

5

10

15

20

inn ist die Nacht/ der Tag bricht an/ Die Morgenröhte mahlt den Himmel/ Die Welt erwacht/ undd Jederman Erregt3 sein tägliches Getümmel/ Da wird das Gottes Lame,4 gerissenf Sehr grimmig vor den hohen Raht/ Als Jhn die Zunfft der Diener hat Die gantze Nacht herüm geschmissen5,6. 2. Es samlet sich die leichte Rott’ Und lässet vor den Richtstuhl führen Mit Spott den hochgelobten GOtt/ Der selber prüfet Hertz und Nieren7/ | Ja/ der sich niemahls hat empöret Muß aller Auffruhr schüldig sein/ Man sagt Jhm’ ins Gesicht hinein GOtt lästern sei von Jhm gehöret8. 3. So bald der Judas nun vernimt/ Wie schändlich seine That gelungen/ Und alles das/ wash angestimt/ Von iedem werde nachgesungen/ Daß nemlich unser Heil sol sterben/ Da überfält Jhn Reü und Schmertz/ Dasi quählet nun sein falsches Hertz9/ So/ daß er spühret j sein verderben.

c Kolumnentitel: Deß HErren JEsu vierter Hingang d und] B statt dessen: wie (Erratum) e Da wird das Gottes Lam] A in Text, Cantus und Bassus sowie B im Cantus statt dessen: Daß lämlein Gottes wird f gerissen] Gemäß A emendiert aus: gerrissen B statt dessen: zerrissen g Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. h alles das/ was] A statt dessen: was der Priester i Das] A statt dessen: Der j So/ daß er spühret] A statt dessen: Er spühret klährlich

3 Erregt] setzt in Gang. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 942. 4 Joh 1,29.36 5 Lk 22,63–66 6 herüm geschmissen] gepeinigt. Vgl. zu ‚schmeißen‘ Grimm, DWb 15, Sp. 1006. 7 Ps 7,10 8 Mt 26,65 9 Mt 27,3 f.

S. 43g

154

Passionsandachten

4. Ach! Rufft Er/ was hab’ Jch gethan/ Mein HErr ist ohne Schuld verrahten/ Jhr Richter legt doch ab den Wahn/ Verfluchet Meine böse Thaten/ Nemt hin Eür Geld/ das Mich verführet Eür Geld! das Mir schafft schwere Pein/ Die Richter sprechen alle: Nein/ Es wird nicht mehr von uns berühretk,10.

S. 44l

5. O Bubenstück! O falscher Kuss11! Der diesen Mann zur Höllen sendet/ Verzweiflung machet Jhm den Schluss/ Jn dem’ ein Strik sein Leben endet12/ | Ein Strik treibt auß sein’ arme Seele/ Sein Bauch zerbricht als ein Geschwür/ Sein Eingeweide dringt herfür13/ Der Geist fleügt14 in deß Satans Höhle.

25

30

35

40

6.

HErr JEsu der du durch den Raht Deß Todes Schüldig bist erklähret/ Vergib Mir doch diem Missethat/ Die Mich wie Sand am Meer15 beschweret/ Ach HErr/ es ist mir unvergessen Daß Jch gehör’ in diese Rott’/ Als du verdammet bist mein GOtt/ Bin Jch beim Priester mit gesessen.

45

7. Mein Heiland/ du wirst hingeführt Zu solchen Richtern/ die nicht wissen/ Was deiner Herrligkeit gebührt/ Die Bluht zu stürtzen sind geflissen16/

50

k nicht mehr von uns berühret] A statt dessen: von uns nicht angerühret l Kolumnentitel: Deß HErren JEsu vierter Hingang m doch die] A statt dessen: alle

10 Mt 27,4 f. 11 Mt 26,49 12 Mt 27,6 13 Apg 1,18 14 fleügt] fliegt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1780. 15 Vgl. Hi 6,3 16 Die Bluht zu stürtzen sind geflissen] die eifrig darauf bedacht sind, Blut zu vergießen. Zu ‚Blut stürzen‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 171. Zu ‚geflissen‘ vgl. DWb 4, Sp. 2144.

Vierte Hinführung

55

60

65

70

75

80

155

Warum hast du diß außgestanden? Darum/ auff daß Jch würde nicht/ Wenn du wirst kommen zuem Gericht17 O GOtt/ vor deinem Stuhl zu schanden18. 8. Ach gib Mir einen tapfren Muht/ Daß Jch ja nimmermehr erlige/ Wenn mich versehrt deß Kreützes Gluht/ So hilff Mirn/ daß Jch frölich siegeo/ | Dein bitters Leiden kan erquikken O treüer GOtt mein mattes Hertz/ Daß weder Tod/ noch Noht/ noch Schmertz Dasselbe könnenq unterdrücken.

S. 45p

9. Es tröste mich zuer ieden Zeit/ Besonders in der Höllen Schrekken Deß Andern Lebens Süssigkeit/ Zu welchem du bald wirst erwekken Die Gläubigen die dich geliebet/ Nach solchem Leben seüftz’ Jch sehr/ Da wirst du geben Freüd’ und Ehr Uns/ die wir lebten sor betrübet. 10. Ein Gasthauß nenn’ Jch diese Welt Und nicht dass Vaterland der Frommen19/ Du hast ia HErr ein Hauß bestelt20 Vor alle welche zu dir kommen/ Dahin nun wollen wir uns schwingen/ Was geht uns dieses Erdreich an?21 Hilff/ daß wir bald in Kanaan Der Ewigkeit ein Liedlein singen22.

n So hilff Mir] A statt dessen: Hilff Helffer o siege] A statt dessen: singe (Erratum) p Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. q Dasselbe können] A statt dessen: Dasselb’ in trübsahl r Uns/ die wir lebten so] A statt dessen: Vor alles was uns hier s das] A statt dessen: ein

17 Vgl. Apk 20,11–13 18 Vgl. 1Joh 4,17 Kol 3,2 22 Vgl. Apk 15,3

19 Hebr 11,13 f. 20 Vgl. Hebr 11,16

21 Vgl.

156

S. 46u

Passionsandachten

11. O wolte GOtt/ es kehm’ herbei Die Stund’t in der Jch solt’ ablegen Deß Fleisches Last und werden frei Von Sünden/ die sich stets noch regen! | O solt’ in iennem Freüdenleben Mein Sehlichen23 sehn für und für Die Feinde ligen unter dir24/ Wie wolt’ Jch meine Stimm’ erheben!

85

12. O JEsu/ HErr der Herrligkeit25/ O süsser Trost der armen Sünder/ O ewig GOtt/ Mensch in der Zeit/ Du libest iav die Menschen Kinder/ Wiew freundlich hastu dich erwiesen/ Der du deß bittern Sterbens Noht Getödtet hast durch deinen Tod26/ Sei hier und dort von mir gepriesen.x |

90

95

t Stund’] B statt dessen: Stnnd’ (Erratum) u Kolumnentitel: Deß HErren JEsu vierter Hingang v Du libest ia] A statt dessen: Wie liebest du w Wie] B statt dessen: W ie (Erratum) x .] Fehlt B (Erratum)

23 Sehlichen] Seelchen. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2849. 26 Vgl. Hos 13,14

24 1Kor 15,25

25 1Kor 2,8; Jak 2,1

Die Fünffte Hinführung.

Christus JEsus wird von dem Hohenpriester Kaiphas zu dem Römi= schen Landpfleger Pontio Pilato geführet und vor demselben als Ein Ketzer und Auff= rührer verklaget1.

a Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden.

1 Lk 23,1 f.

S. 47a

158

Passionsandachten

Fünfte Hinführung

159

1.

S. 48b

L

5

10

15

20

Jebste Seel’ erhebe dich Deinen Heiland zubegleiten/ Welcher nunmehr grausahmlich Von deß Hohenpriesters Leüten | Vor Pilatum wird gebracht2/ Als der Raht sich hat bedacht3 Dieses Lam4 vord allen Dingen An deß Kreützes Holtz zu bringen. 2. Liegen5/ Triegen6/ Neid und List Wird mit Macht hervor gesuchet Daß man würgee,7 JEsum CHrist/ Den das tolle Volck verfluchet/ Ja sie bringen fälschlich an8 Jesus sey der rechtef Mann/ Der dem Kaiser widerstrebe Und zuer Auffruhr Anlaß gebe9. 3. Alles Volk steht für der Thür Daß es nicht müg’ unrein werden10: O Jhr Heüchler geht herfür Heilig seid Jhr von Geberden/ Doch Eür Hertz ist voller Gifft Welches Gifft auff g Unschuld trifft/ Weil der Heiland itz sol sterben Der Eüch rettet vom Verderben.

b Kolumnentitel: Deß HErren JEsu fünffter Hingang c Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. d vor] A im Bassus statt dessen: für e Daß man würge] A statt dessen: Schnell zu würgen f Jesus sey der rechte] A statt dessen: Daß Er sei ein solcher g Welches Gifft auff] A statt dessen: Welches lauter

2 Lk 23,1 3 sich hat bedacht] den Beschluß faßte. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1223. 4 Joh 1,29.36 5 Liegen] Lügen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1272 f. 6 Triegen] Betrügen. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1260. 7 würge] ermorde. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2202. 8 bringen fälschlich an] bringen die falsche Klage vor. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 300 f. 9 Lk 23,2 10 Joh 18,28

S. 49c

160

S. 50h

Passionsandachten

4. Falsche Zeügen treten auff Grosse Laster zu erdichten Bald begehrt der gantzer Hauff: Er Pilatus sol Jhn richten11/ | JEsus schützet12 seine Lehr/ Rettet seines Vatters Ehr’ Und bezeüget vor dem Richter/ Daß Er sey der Sünden Schlichter13.i

25

30

5. Er bezeüget/ daß sein Reich Nicht auff j dieser Welt zu finden/ Seine Wahrheit kan zugleich Den Pilatus überwinden14/ Welcher/ als Er recht beschaut Christum/ rufft Er überlaut: Hört Jhr Jüden/ hört Jhr Heiden/ Dieser sol den Tod nicht leiden!15

35

40

6.

Liebster JEsu/ daß Jch Dich Dem Pilatus zugeführet/ Süsser Heiland/ daß durch Mich Du so fälschlich bist gerühret16/ Ach! das ist Mir hertzlich leid/ Straff’ es nicht O Freündligkeit/ Jch bin schüldig/ du must tragen Unverdiente Streich’ und Plagen.

45

7. Heilig bist du für und für/ Doch ein Sünder meinentwegen17/ Fried’ und Sanftmuhtk ist bey dir/ Jch kan nichts als Streit erregen/ |

h Kolumnentitel: Deß HErren JEsu fünffter Hingang i .] Fehlt B (Erratum) sen: bei k Sanftmuht] Gemäß A, B emendiert aus: Saftmuht

50

j auff] A statt des-

11 Mt 27,22 f. 12 schützet] verteidigt. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2129 f. 13 Joh 18,36 f. 14 Joh 18,36 f. 15 Lk 23,13–16 16 bist gerühret] getadelt worden bist. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1466. 17 Vgl. 2Kor 5,21

Fünfte Hinführung

55

60

65

70

75

161

HErr/ Jch suche ia kein Recht/ Straffe nicht Mich armen Knecht18 Wilt du nach Verdienste lohnen/ Kanst du meiner gahr nichtm schonen19.n 8. Bin Jch doch nur Asch’ und Erd’20 Und dein Grimm macht alles zittern21/ Wehe Mir/ wenn Jch dich werdo Als den Richter Selbstp erbittern22/ Sei zu frieden O mein Licht23 Dem sonst keine Machtq gebricht24 Schwehre Sünden abzustraffen; Dochr/ laß dein Vermügen schlaffen. 9. Stärke Mir Hertz’/ Sinn und Muht Daß Jch freüdig dich bekenne/ Daß Jch Dich mein höchstes Guht Frölich biß ans Ende nenne/ Gib Mir doch Beständigkeit Daß Mich ia bei dieser Zeit Nichts von deiner Lieb abwende25/ Lieb’ auch Mich/ biß an mein Endes. 10. Alles/ was ein frommer Christ Sol üm deinett willen leiden26/ Lass auch Mich zuer ieden frist27 Dulden/ HErr/ mit Lust undu Freüden28/ |

l Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. m meiner gahr nicht] A statt dessen: keines Menschen n .] Fehlt B (Erratum) o B zusätzlich: ! (Erratum) p werd Als den Richter Selbst] A statt dessen: werd’ Jn der Sündenrach’ q Dem sonst keine Macht] A statt dessen: Daß an Macht dir Nicht r Doch] Gemäß A, B emendiert aus: Koch s Lieb’ auch Mich/ biß an mein Ende] A statt dessen: Biß Jch sanft mein Leben ende t deinet] A, B statt dessen: deinent u Dulden/ HErr/ mit Lust und] A statt dessen: Willig dulden und mit

18 Vgl. Ps 6,2 19 Vgl. Ps 130,3 20 Gen 18,27 21 Vgl. Jer 10,10 22 werd erbittern] zum Zorn reizen werde. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 726. 23 Ps 27,1 24 gebricht] fehlt. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1851. 25 Vgl. Röm 8,35–39 26 Vgl. Röm 8,17; 2Tim 3,12 27 zuer ieden frist] jederzeit. Zu ‚zuer‘ vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 165. Zu ‚Frist‘ vgl. DWb 4, Sp. 216. 28 Vgl. Jak 1,2

S. 51l

162 S. 52v

Passionsandachten

Sol Mich quählen grosse Noht/ Sol Mich würgen29 gahr der Tod? Wol! diß kan mich gahr nicht schrekken/ Wird Mich deine Gunst nur dekken30. 11. Alles was man tragen sol Daß von GOtt ist auffgeleget/ Wird getragen recht und wol Wo man nur die Hoffnung heget/ Ach! es ist kein Kreütz so groß/ Wo man hofft und Sorgenloßw Dieses Leben kanx verachten Und deß Himmels Lust betrachten31. |

v Kolumnentitel: Deß HErren JEsu fünffter Hingang w Wo man hofft und Sorgenloß] A statt dessen: Wen wir hoffent also bloß x kan] A statt dessen: gantz

29 würgen] ermorden. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2202. DWb 2, Sp. 889. 31 Vgl. Kol 3,2

30 dekken] beschützen. Vgl. Grimm,

80

85

Die Sechste Hinführung.

Christus Jesus wird von Pila= to zu dem Vierfürsten Herodes geführet/ woselbst er zu Verachtung seines königli= chen Nahmens mit einem weissen Kleide wird an= geleget/ und von deß Herodes Hofe=Schran= tzen1 verspottet2.

a Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden.

1 Hofe=Schrantzen] Höflinge. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1645 f.

2 Lk 23,6–12

S. 53a

164

Passionsandachten

Sechste Hinführung

165

166

Passionsandachten

Sechste Hinführung

167

1c.

S. 55b

H

5

10

15

20

at den/ Mein Gott/ daß noch kein Ende/ Daß man dich führet hin und her/ Daß man dich schleppet mit Beschwer Durchd der verfluchten Mörder Hände?e Ach nein?f Pilatus lässet dich Zu seinem Feind’ Herodes bringen Daß Jhnen müchtg hiedurch gelingen Jn Freündschafft zu vergleichenh sich3,4. 2. Gleich wie der Wolff und Fuchs sich lieben Jm fall’5 eini Lämlein sterben sol: So wissen diese beid’ auch wol Jn grosser Untreüj sich zu üben: Das Lämlein6 JEsus sol allein Den Streit den sie so lange hegen7/ Durch seinen Todk beiseitel legen/ Und ihrer Freündschafft Anfang sein. | 3. Herodes zwahr wird hoch erfreüet/ Als Christus da komt vor Jhmn stehn/ Ein Zeichen wolt’ Er von Jhm sehn/ Dieweil Er trefflich waro beschreiet8/ Sie rupfen Jhn bald hie bald da/ Herodes und die Diener fragen/ Die Hohenpriester stehn und klagen/ Der HErr spricht weder Nein noch Ja9. b Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. c 1.] Emendierend ergänzt d Durch] A in Cantus und Bassus sowie B im Cantus statt dessen: dürch e ?] A in Cantus und Bassus sowie B im Cantus statt dessen: / f ?] A in Cantus, Bassus und Text sowie B in Cantus und Text statt dessen: ! g mücht] A im Bassus und B im Cantus statt dessen: möcht h vergleichen] A in Cantus und Bassus sowie B im Cantus statt dessen: vertragen A im Text statt dessen: vertrageu (Erratum) i ein] B statt dessen: e in (Erratum) j Untreü] A statt dessen: Untren (Erratum) k Tod] A statt dessen: Tob (Erratum) l beiseite] A, B statt dessen: beiseiten m Kolumnentitel: Deß HErren JEsu sechster Hingang n Jhm] A statt dessen: Jhn o war] A statt dessen: ward 3 zu vergleichen sich] sich zu vereinigen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 452. 4 Lk 23,6–12 5 Jm fall’] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 6 Joh 1,29.36 7 hegen] pflegen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 779. 8 trefflich war beschreiet] einen guten Ruf hatte. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1594. 9 Lk 23,8–10

S. 56m

168

Passionsandachten

4. Bald wird dem Heiland angezogen Ein Purpur Kleid mit Hohn und Spott10/ Es wird hiedurch der fromme Gott Zur Ungedult doch nicht bewogen/ Die Redligkeit wird außgelacht/ Ja/ der die gantze Welt versöhnet11 Muß leiden/ daß man Jhn verhönet Und ein Gelächter auß Jhm macht. 5. Was ist der Hoff mit seinem prangen12:p Ein Hauß wo List und Bößheit wohnt/ Wo Sünd’ und Unrecht wird belohnt/ Wo man die Tugend hält gefangen. Es ist ein Ohrt wo Gunst und Recht Sich mit einander nicht vertragen/ Wo Heüchler fromme Leüte plagen/ Wo Falschheit üben Herr und Knecht. | S. 57q

25

30

35

40

6.

HErrr JEsu der du bist geführet Vor deß Tyrannen Heüchelthron/ Jch läugn’ es nicht O Gottes Sohn/ Daß Jch bin selber mit spatzieret/ Jch zog dich mitten durch die Statt/ Jch schlug dich fast an allen Ohrten/ Jch schmähte dich mit losen Wohrten/ Biß daß du würdest müd’ und matt. 7. Gedencke nicht der Missethaten13 Wodurch ich dich so sehr verletzt/ Du hast dich Ja zuem Fluch gesetzt14

p :] A statt dessen: ? q Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. r HErr] A statt dessen: Herrr (Erratum)

10 Joh 19,2 14 Gal 3,13

11 2Kor 5,19

12 prangen] Prahlen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 303. 13 Ps 79,8

45

50

169

Sechste Hinführung

55

60

65

70

75

80

Den Sündern dieser Welt zu rahten15/ Du mustests ja Sünd’ Höll’ t und Tod Durch deinen bittren Tod versenken16/ Dagegen Freüd und Leben schenken/ Wenn wir besieget manche Noht.u 8. Laß dir dein Kirchlein seyn befohlen Daß beides durch Gewalt und List So grausahmlich gequählet ist/ Von Dir kan Sie nur Hülffe holen Erwekke dich/ denn Jhr ist weh’ Jhr Herrligkeit wird fast zuv Schande/ Die Feinde plagen sie zu Lande Ja stellen Jhr auch nach zuer See. | 9. Es plagen Sie Pilatus Freünde/ Herodes Brüder leben noch/ Ach sehet/ welch ein schwehres Joch Bereiten Jhr die Wahrheit Feinde! Es zittert schon das gantze Land/ Man ist bemühet durch die Waffen Die Gottesfurcht hinauß zu schaffen/ Da wühtet man mitx Raub und Brand. 10. Die Laster stehn in voller Blühte Dieweil der Krieg ohn’ Ende tobt/ Die Tyranney wird noch gelobt/ Es wird verbannet Lieb’ und Gühte/ Die Welt ist froh/ die Kirch’ allein Muß Jämmerlich auff dieser Erden Durch List und Macht gequählet werden Und Jederman ein Scheüsahl sein.

s mustest] Gemäß A, B emendiert aus: müstest t Höll’] B statt dessen: Höl’ (Erratum) u Wenn wir besieget manche Noht.] A statt dessen: HErr JEsu hilff aus aller Noht! v zu] A, B statt dessen: zuer w Kolumnentitel: Deß HErren JEsu sechster Hingang x Da wühtet man mit] A statt dessen: Man siehet nichts als

15 zu rahten] in der Not zu helfen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 176.

16 Vgl. 1Kor 15,55–57

S. 58w

170

Passionsandachten

11. Steh’ auff HErr JEsu zu verderben Die/ so dein Volk mity aller Macht Zu dämpfen17 gäntzlich sind bedacht/ Lass dein’ und unsre Feinde sterbenz/ Steh’ auff/ es ist ia hohe Zeit18 Hilff deinem Völklein und zerstreüe/ Der Feinde Schaar/ damit sich freüe Doch einmahl deinea Christenheit. |

y / so dein Volk mit] A statt dessen: Deine Kirch’ aus z unsre Feinde sterben] A statt dessen: Jhre Feind’ ersterben a Doch einmahl deine] A statt dessen: Die gantze wehrte

17 Zu dämpfen] auszulöschen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 717. 18 hohe Zeit] rechte Zeit. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 524 f.

85

Die Siebende Hinführung.

S. 59a

Christus JEsus wird vom He= rodes wieder zu rükke dem Römischen Landpfleger Pilato zugeführet/ und vor demselben von der gantzen Versamlung/ welche auch den Mörder Barrabas dem HErrn JEsu fürziehet/ verdam= met1. |

a Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden.

1 Lk 23,11–25

172

Passionsandachten

Siebte Hinführung

173

174

Passionsandachten

1.

S. 60b

H

At Herodes seinen Muht JEsu du mein höchstes Guht Nun an dir gekühlet?c Hastu seiner Diener Spott Nun daselbst gefühlet? Hat man auch bei Hof’ O GOTT So mit dir gespielet2?d | S. 61e

2. Nun/ du must zu rücke gehn/ Vor Pilato wieder stehn Schimpflich außgekleidet3,4/ Höret wie die gantze Schaar Unsern Heiland neidet5,6/ Welchen Schiffbruch und Gefahr Jtz die Wahrheitf leidet! 3. Mördern/ die man straffen solt’ Jst das blinde Völklein hold Und verdamt den Frommen/ Zwahr Pilatus hatte sich Gäntzlich vorgenommen Sie zu stillen7 sänfftiglich/ Daß Er müchtg entkommen8. 4. Aber Nein/ der Jüden Sinn Stehet nur auff würgen9 hin/ Hier gilt kein begnaden/

b Kolumnentitel: Deß HErren JEsu siebender Hingang c ?] A im Bassus statt dessen: / d ?] A im Bassus statt dessen: . e Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. f Jtz die Wahrheit] A statt dessen: Wahrheit bei Jhr g mücht] A statt dessen: solt’

2 Lk 23,11 3 außgekleidet] entkleidet. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 894. 4 Lk 23,11 5 neidet] haßt. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 554. 6 Mt 27,18 7 stillen] beruhigen. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 3010. 8 Lk 23,13–21 9 würgen] ermorden. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2202.

5

10

15

20

Siebte Hinführung 25

175

Richter/ rufft Jhrh frecher Mund/ Hühte dich vor Schaden10/ Schneid’ Jhm ab zu dieser Stund Seines Lebens Faden. | 5. Kreützig’ Jhn / Er ist es wehrt/ Wie dann alles Volk begehrt Daß Er müge sterben/ Kreützig’ Jhn/ sein heisses Bluht Lass’ uns selbst verderben/ Nimmer komm’ es uns zu guht’ Noch auchj unsern Erben12. 11

30

35

40

6. JEsu liebstes Brüderlein13/ Mustu den nochk ärger sein Als die Mörder waren? Must du durch der Jüden Grim/ Den sie offenbahren Durch die viel verneutel,14 Stimm’ Hin zuem Kreütze fahren? 7.

Ach! Jch Armer war dabei/ Jch HErr macht ein Mordgeschrei/ 45

Jch ließ Urtheil sprechen/ Mein ist diese Missethat15/ Straffe nicht mich Frechen/ Weiß Jch doch gantz keinen Raht/ So du diß wilt rächen. |

h Jhr] A statt dessen: Jhn (Erratum) i Kolumnentitel: Deß HErren Jesu siebender Hingang j auch] Gemäß A, B emendiert aus: an k den noch] Gemäß A emendiert aus: dennoch (Erratum auch in B) l Durch die viel verneute] A statt dessen: Mit der offt verneüten

10 Joh 19,12 11 Lk 23,21 12 Mt 27,25 13 Vgl. Hebr 2,11 14 die viel verneute] mehrfach erneut lautgewordene. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 917. 15 Vgl. Jes 53,5

S. 62i

176 S. 63m

Passionsandachten

8. Manchesmahl bereit’ Jch Mich HErr mein Gott zu fürchten Dich/ Dir allein zuleben/ Aber Adams alter Fall16 Fleisches Lust daneben Schafft/ daß Jch im Sündenstall Mich nicht kan erheben. 9. Gib Mir deines Geistes Krafft/ Daß dadurch werd’ hingerafft Was mir kan verletzen/ Hertz/ Gewissen/ Seel’ und Sinn Es ist nichts zu schätzen17 Alles was Jch heiss’ und bin/ Wilt dun mich ergetzen!o 10. JEsu/ du bist meine Stärk’/ Ach regier’ auch meine Werck’/ Hilff Mir überwinden Mein verderbtes Fleisch und Bluht/ Es ist nichts zu finden Daß Mir grössern Schaden thut Daß Mich so kan binden. |

S. 64p

11. Wenn Verläumdung/ Hohn und Neid Bringen Mich in schwehres Leid Wenn die Lügner pochen18 Ey so steh mir krafftigq,19 bei Daß ihr Arm zerbrochen20 Und mein’ Unschuld werde frei Nur durch dich gerochen21. m Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. n Wilt du] A statt dessen: Du kanst o !] Fehlt A (Erratum) p Kolumnentitel: Deß HErren JEsu siebender Hingang q krafftig] A, B statt dessen: kräfftig

16 Gen 3,1–15 17 ist nichts zu schätzen] ist für nichts zu halten. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2283. 18 pochen] ungestüm reden. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1958. 19 krafftig] kräftig. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1948. 20 Vgl. Ps 10,15 21 gerochen] gerächt. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 21.

50

55

60

65

70

75

Siebte Hinführung

80

177

12. Unrecht leiden wil Jch gern22/ Unrecht Thun seyr von Mir fern/ Laß die Neider liegen23/ Hinderlists/ und falscher Raht Pflegt sich selbst zu triegen24/

Wer ein frei Gewissen hat/ Der kan frölich siegen. |

r sey] A statt dessen: sein (Erratum) s Hinderlist] A statt dessen: Hinder list (Erratum)

22 Vgl. 1Petr 2,19 f. 23 liegen] lügen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1272 f. 24 triegen] betrügen. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1266.

Die Achte Hinführung.

S. 65a

CHristus JEsus wird in das Richthauß geführet mit einem Purpur= Rokke spöttlich bekleidet/ mit Fäusten ge= schlagen/ mit Dornen gekröhnet/ und auff man= cherlei weise verhönet und gepla= get1.

a Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden.

1 Mt 27,27–31

Achte Hinführung

179

180

Passionsandachten

Achte Hinführung

181

1.

S. 66b

S 5

10

15

Eht abermahl diß Schaaf/ den Hunden übergeben/ Die schon mit offnemc Maul zu würgen2 färtig3 sind/ Zu würgen Gottes Lam/ das allen gibt das Leben4/ O grosse Tyranney! ist denn die Welt so blind?d Sol man die Pein itze so vermehren Dem grossen König aller Ehren5.f |

2. Es wird ein Purpurkleid Jhm schmählich angeleget6/ Daß Jhm denh Anfang gleich zu seinem Sterben macht/ Jst das der güldne Rok/ den unser König träget? Was seh’ Jch/ werden nicht dort Ruhten hergebracht? Ja/ Peitschen/ Geißlen/ Strikk’ und Ruhten Die machen unsermi Heiland bluhten. 3. Es wird sein zahrter Leib gantz jämmerlich zerschlagen7/ Der HErr der Herrligkeit8 muß leiden als ein Knecht/ Er muß ein leichtes Rohr an statt deß Scepters tragen9/ Jst das/ O grosser Gott ist das dein Königs Recht;j Betraur’ O Mensch in deinem Hertzenk Deß HErren Schmach und grossel Schmertzen. |

b Kolumnentitel: Deß HErrn JEsu achter Hingang c offnem] A im Bassus statt dessen: offnen d ?] Fehlt A im Bassus; A im Cantus statt dessen: / B im Cantus statt dessen: . e itz] A in Cantus und Bassus sowie B im Cantus statt dessen: den f .] B statt dessen: ? g Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. h den] Gemäß A emendiert aus: der (Erratum auch in B) i unserm] A, B statt dessen: unsern j ;] A statt dessen: ? k B zusätzlich: ) (Erratum) l Schmach und grosse] A statt dessen: grosse Pein und

2 würgen] morden. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2202. 3 färtig] bereit. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1548. 4 Joh 1,29 5 Ps 24,10 6 Mt 27,28 7 zerschlagen] wund geschlagen. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 758. 8 1Kor 2,8; Jak 2,1 9 Mt 27,29

S. 67g

182 S. 68m,n

Passionsandachten

4. O Göttliches Gesicht/ wie bistu so voll Wunden! Wie hat der Diener wuhst10 und Speichel dich beflekt11; Wie wird ein Dornen Krantz dir üm das Haubt gebunden12/ Der deiner Wangen Schnee13 mit frischem Bluht itz dekt! Ach! sol man Gott also verhönen? Ach! Sol man so den Heiland kröhnen?

20

5.

HErr JEsu/ der du so viel Schmertzen hast erlitten/

25

Als Menschen je gewest14 itz sind und werden sein/ Ach nahe dich zu Mir und höre doch mein bitten/ Vergib Mir alle Schuld15/ bey dir ist Gnad allein16/ Jch weiß ja/ daß vor deinen Augen Mein’ eitle Werke gar nichts taugen17. | S. 69o

30

6. Jch habe dich mein GOtt zerpeitschet und geschlagen/ Die Ruhten hab’ Jch selbst den Knechten zugebracht. Du bist gantz ohne Schuld und must die Schuld doch tragen18/ Warum hat meine Faustp dich denn so wund gemacht? Warum hab ich dich so geschmissen19 Und deinen zahrten Leib zerrissen? 7. Jch habe dich O GOTT! mit Hand und Mund verhöhnet/ Jch habe dich gebracht in so viel Angst und Noht/ Dazu dein heiligs Haubt mit Dornen selbst gekröhnet/ Wodurch dein süsser Mund sich färbte rosenroht/ Ach! zürne nicht du Heil der Armen/ Es gilt bei dir ia viel erbarmen. |

m 68] Emendiert aus: 67 n Kolumnentitel: Deß HErrn JEsu achter Hingang zu seinem erbärmlichen Leiden. p Faust] B statt dessen: Fast (Erratum)

o Kolumnentitel:

10 wuhst] Schmutz. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2407. 11 Mt 27,30 12 Mt 27,29 13 deiner Wangen Schnee] die Weiße deiner Wangen. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 1785. 14 gewest] gewesen. Vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 5686. 15 Mt 6,12 16 Vgl. Ps 130,7 17 Vgl. Ps 130,3 18 Vgl. 2Kor 5,21 19 geschmissen] geschlagen. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1002 f.

35

40

Achte Hinführung

45

50

183

8. Laß deinen guten Geist20 mein träges Hertz erwekken/ Damit es deine Lieb’ in allerr Noth erkenn’ Und lerne vor der Sünd’ als vor der Höll’ erschrekken Auch/ wenn es brechen sol nur dich sein Labsahl nenn’: Allein dein Bluht/ das du vergossen/ Macht mich zu deinem Reichsgenossen. 9. Erschreklich ists fürwahr GOtt selbst zuem Feinde haben21/ Sein Grim wird nie versöhnt durch fetter Ochsen Bluht22/ Es können guhte Werk’ ein mattes Hertz nicht laben/ HERR JEsu deine Pein befriedigt Seel’ und Muht: Nur dein Verdienst und bitters Sterben Läst mich deß Himmels Freud’ erwerben. |

q Kolumnentitel: Deß HErren JEsu achter Hingang r Damit es deine Lieb’ in aller] A statt dessen: Auff daß es deine treü in höchster

20 Ps 143,10

21 Vgl. Hebr 10,31 22 Vgl. Hebr 9,12 f.

S. 70q

Die Neunte Hinführung.

S. 71a

CHristus JEsus wird in dem Vorhause Pilati den Priestern und al= lem Volke abermahl vorgestellet/ als Er mit Purpur bekleidet/ und an seinem gantzemb Lei= be jämmerlich ist zugerichtet. Sie schreien aber oh= ne unterlass/ und begehren daß Er gecreützi= get werde1.

a Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. b gantzem] A, B statt dessen: gantzen

1 Joh 19,5–7

Neunte Hinführung

185

186

Passionsandachten

Neunte Hinführung

187

1.

S. 73c

A 5

10

15

20

Ls JEsus Christus angethand Mit einem Purpurkleide/ Ward hingeführet auff dene Plaan2/ Da sich befand der Heide Pilatus/ der nicht sprechen wolt’ Ein Urtheil zugefallen Den Jüden/ daß Er sterben solt’ Hört’ eine Red’ erschallen3. 2. Er hört ein Wohrt/ daß nur den Tod Einmühtiglich begehret/ Ach! Unser Freund4 der weiß und roht5 Mit Purpur ist beschwehret/ Der Wunden/ Streich und Schmertzen vol Kaum seinen Leib kan heben/ Der ist der Mann/ der sterben sol Und sich der Welt begeben6. | 3. Die Priester schreien mit Gewalt Der Pöbel läst sich hören So grausahm/ daß die Lufft erschalt/ Die Stadt wil sich empöhren/ Pilatus sol das Gottes Lam7/ Daß Arges nie begangen/ Auff Jhr ersuchen an den Stam Deß Kreützes lassen hangen8.

c Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. d B im Cantus zusätzlich: . (Erratum) e Ward hingeführet auff den] A statt dessen: Geführet auff den aüssern A in Cantus und Bassus sowie B im Cantus statt dessen: geführet auff den eüssern f Kolumnentitel: Deß HErren Jesu neundter Hingang

2 auff den Plaan] in die Öffentlichkeit. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1884. 3 Joh 19,5–7 4 Vgl. Joh 15,14 f. 5 Hld 5,10 6 sich der Welt begeben] von der Welt Abschied nehmen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1281 f. 7 Joh 1,29.36 8 Joh 19,6

S. 74f

188

Passionsandachten

4. Sie schreien all’: Hinweg mit Jhm/ Er ist ein Fluch der Erden/ Was achten wir der Schläg’ und Striem? Er muß gekreützigt werden/ Dieweil Er GOtt gelästert hat Ja kühnlich sich genennet Deß höchsten Sohn9/ O Missethat Die gar den Todg erkennet10. 5. Hinweg mit Jhm’/ Er ist ein Fluch/ Dieweil Er GOtt gescholten/ Sein Urtheil steht in Moses Buch11/ Die Schuld werd’ Jhm vergolten/ Hinweg mit Jhm’ ans Kreützes Pfahl/ Da sol und muß Er sterben: Seht/ wie der Pöbel manchesmahl Die Frommen läst verderben! | S. 75h

25

30

35

40

6.

Mein trauter Heiland JEsu Christ/ Der du durch solches Schreien So gahr12 von Mir verdammet bist/ Du wollest Mir verzeihen Was Jch gesündigt wider Dich Mit Worten oder Werken/ Auch wenn die Welt verdammet Mich/ Durch deinen Geist Mich stärken.

45

7. Wenn Jch muß sein ein Fluch und Spott Der Welt/ die Mich wil tödten/ So reisse Mich/ O treüer GOtt Auß Trübsahl/ Angst undi Nöhten/

50

g gar den Tod] A statt dessen: Todesstraff’ h Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. i Trübsahl/ Angst und] A statt dessen: allen meinen

9 Mt 26,63–65 10 Die gar den Tod erkennet] die mit der Todesstrafe verurteilt werden muß. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 868 f. 11 Lev 24,16 12 gahr] sehr. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1312.

189

Neunte Hinführung

55

60

65

70

75

80

Ach/ gib Mir ein beständigs Hertz Daß Jch vor allen Dingen Die Welt/ mich selbst/ deß Todes Schmertz Könn’ als ein Held j bezwingen. 8. Was fürcht’ Jch Mich/ was sorg’ Jch viel/ Was ängst’ Jch Mich mit klagen? Das Heil der Sünder ist mein Ziel/ Das läst Mich nicht verzagen/ Wenn mein Gewissen friedlich ist/ So kan die Welt nichts machen/ Ja/ meine Feind’ HErr JEsu Christ Wil Jch durch dich verlachen. | 9. Verfluchtes Glük/ Schmertz/ Angst und Pein/ Was könnet Jhr Mir schaden? Jch darf13 hinfohrt nicht traurig sein/ Bin Jch gleich sehr beladen Mit Lügen/ Lästern/ Hohn und Spott Ja werd’ Jch gahr vertrieben/ So wird dennoch mein treüer GOTT Mich als ein Vater lieben14.

S. 76k

10. Es sol hinfohrt deß Todes Bild Mein freüdigs Hertz nicht schrekken/ Dieweil Gott selber ist mein Schild15/ Mein Führer16/ Hirt’17 und Stekken18/ Der Tod ist mir die Lebens Thür/ Dadurch die Schaar der Frommen Zuer Himmels Wonne geht herfür/ Da werd’ auch Jch hinkommen.

j Könn’ als ein Held] A statt dessen: Durch dich HErr kan neundter Hingang

13 darf] muß. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 17 Ps 23,1 18 Ps 23,4

k Kolumnentitel: Deß HErren Jesu

14 Vgl. Gal 4,6

15 Ps 18,3

16 Vgl. Ps 23,3

190

Passionsandachten

11. Jhr Freünd’ und Brüder gute Nacht Jn dem’ Jhr Michl verlasset/ Ade du Welt mit deiner Pracht Samt allem was Michm hasset/ Gehabt Eüch wol zu dieser frist19/ Von hinnen20 wil ich gehen Weil JEsus selbst mein Richter ist21/ Werd’ Jch gantz wol bestehen. |

l Jn dem’ Jhr Mich] A statt dessen: Wen Jhr Mich hie

m Mich] A statt dessen: Eüch

19 frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 20 Von hinnen] von hier fort. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1458. 21 Vgl. Joh 5,27

85

Die Zehnde Hinführung.

Christus JEsus wird wieder zu rükke in das Richthauß geführet/ das Volk hält dem Landpfleger Pilato die Ge= walt deß Römischen Kaisers vor/ und begehret a= bermahl mit dreüen1 und Schreien/ daß der HErr der Herrligkeit2 müge gekreütziget werden3.

a Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden.

1 dreüen] Drohen. Vgl. zu ‚dräuen‘ Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 2 1Kor 2,8; Jak 2,1 3 Joh 19,8–12

S. 77a

192

Passionsandachten

Zehnte Hinführung

193

1.

W

5

10

15

20

Je der Donner kan erschrekken Wenn Erc pflegt die Welt zu wekken/ Wenn Er Berg’ und Felsen bricht; So bestürtzet wird von Sinnen Der Pilatus/ sein Beginnen4 Weiß kein Ziel zu finden nicht/ Als Er höret durchs Geschrei Daß der JEsus Göttlich sei5. 2. Er befihlet seinen Leüten/ Daß sie diesen Mann bei zeiten Führen noch einmahl hinein/ d Sage Mir doch spricht der Richter Wer du seist? So kan Jch Schlichter Dieses schwehren Handels6 sein? Schweigst du denn/ so dreü7 Jch Dir/ Tod und Leben steht bei Mir8. 3. JEsus spricht: Was sol Jch sagen/ Diese/ die Mich hier verklagen Haben grösser Schuld als du/ Doch darfst du dich nicht erheben/ Deine Macht ist Dir gegeben Nur von oben/ sihe zu! Als Pilatus diß bedacht/ Hätt’ e Er gern Jhn loß gemacht9. |

b Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. c Er] A im Bassus statt dessen: Cr (Erratum) d Führen noch einmahl hinein/] A statt dessen: Wiedrum führen zu Jhm ein. e Hätt’] A statt dessen: Hetr (Erratum)

4 Beginnen] Vorhaben. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1297. 5 Joh 19,7 6 Dieses schwehren Handels] dieser gewichtigen Streitsache. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 370 f. 7 dreü] drohe. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 8 Joh 19,8–10 9 Joh 19,11 f.

S. 79b

194 S. 80f

Passionsandachten

4. Aber Nein! der Pöbel schreiet: Richter wilt du sein befreiet Vor deß Kaisers Rach und Zorn/ Wilt du retten dich auß Nöhten/ Ey so mustu JEsum tödten/ Es ist sonst mit dir verlohrn!10 Sehet was ein Dreüwohrt11 kan/ Wo das schmeichelng nicht geht an12!

25

30

5.

JEsu/ der du von denh Götzen Die man Himlisch pflag zu schätzen13 Gäntzlich nicht erzeuget bist

35

Sondern Ewig wirst genennet Wie dein Vater selbst bekennet14/ Günne Mir zuer jeden frist15/ Daß Jch ia beständig sei Wenn viel Trübsahl kommt herbei16.

40

6. Lass Mich keine Furcht bethören17/ Gib daß alle Welt mag hören/ i Daß Jch sei der Wahrheit hold/ Denn so wird der Wollust singen Meine Seele nicht bezwingen Noch Mir geben solchen Sold/ Als sonst schenket diß Geschmeiß/ Das von keiner Wahrheit weißj. |

f Kolumnentitel: Deß HErren JEsu zehnder Hingang g schmeicheln] A statt dessen: schmeichlen h den] Fehlt A (Erratum) i /] A, B statt dessen: . (Erratum) j Das von keiner Wahrheit weiß] A statt dessen: Wen man seine List nicht weiß

10 Joh 19,12 11 Dreüwohrt] Drohwort. Vgl. zu ‚dräuen‘ Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 12 geht an] fruchtet. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 342. 13 Die man Himlisch pflag zu schätzen] die man für himmlisch zu halten pflegte. Vgl. zu ‚pflag‘ Grimm, DWb 13, Sp. 1745 und zu ‚schätzen‘ DWb 14, Sp. 2283. 14 Mt 17,5 15 zuer jeden frist] jederzeit. Zu ‚zuer‘ vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 165. Zu ‚Frist‘ vgl. DWb 4, Sp. 216. 16 Vgl. Röm 12,12 17 bethören] täuschen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1702.

45

Zehnte Hinführung

50

55

60

65

70

195

7. Unter Dir HErr wil Jch kriegen18/ Weil Jch schon von erster Wiegen Dir geleistet einen Eid/ Jch bin auff dem Platz’19 erschienen/ Daß Jch Dir stets müge dienen/ Weiß Jch doch schon den Bescheid/ Daß Jch Lieb’ und Glauben voll Mich und andrel lehren sol. 8. Kan Jch denn so Christlich wallen20/ Wird mein Wille dir gefallen Und mein Anfang glücklich sein/ Ey so laß es so gedeien/ Daß mein Hertz sich müge freüen Und dein grosser Nam’ allein Werd’ in dieser argen Zeit Stetsm gepriesen weit und breit. 9. Wer auff deine Gunst nicht bauet/ Sondern seinen Kräfften trauet/ Der bethöret21 Hertz und Sinn/ Alles was Er angefangen Bleibet in der Lufft behangen22/ Kunst und Klugheit geht dahin. Du HErr lehrest deine Knecht’ Alle Weg und Stege recht23. |

k Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. l Mich und andre] A statt dessen: Meinen Nechsten m Stets] A statt dessen: Hoch

18 kriegen] kämpfen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2224. 19 Platz’] Kampfplatz. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1916. 20 wallen] wandeln. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 1287. 21 bethöret] täuscht. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1702. 22 behangen] hängen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1327. 23 Vgl. Ps 25,4

S. 81k

196 S. 82n

Passionsandachten

10. Lass mich denn auff dieser Erden Nur durch dich erneüerto werden/ Diß ist ia das höchste Guht/ Sol ich aber wol bestehen HErr/ so muß es nur geschehen/ Durch dein rosinfarbes24 Bluht/ Wer damit gewaschen ist25/

Der bleibt dein HErr Jesu Christ. |

n Kolumnentitel: Deß HErren JEsu zehnder Hingang o erneüert] A, B statt dessen: erneüret

24 rosinfarbes] rosenfarbiges. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1192. 25 Apk 1,5

75

80

Die Eilffteb,1 Hinführung.

Christus Jesus wird wiedrum vor den Richterstuhl geführet/ und da= selbst von Pilato durch ein ungerechtes Urtheil zuem Tode deß Kreützes verdammet2.

a Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. b Eilffte] A statt dessen: Elfte 1 Eilffte] elfte. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 110. 2 Joh 19,13–16

S. 83a

198

Passionsandachten

Elfte Hinführung

199

200

Passionsandachten

Elfte Hinführung

S

5

10

15

20

201

1.

O stehet nun der grossed GOtt Sein letstes Urtheil anzuhören/ Pilatus laß dich nicht bethören3/ Was fürchtest du die falsche Rott? Ey/ was dem Richtamt’ anbefohlene/ Demselbenf must du kommen nach Und allzeit sprächen unverhohlen Die lautre4 Wahrheit in der Sach’. 2. Es lehret dich die Billigkeit Der Menschen Unschuld beizustehen Du must nicht auff den Kaiser sehen/ Verrichte was dir GOtt gebeüt5. Jch merk’ es schon/ du wilt erhalten Deß Volkes Gunst/ dein eignes Glük/ Ach sehet dochg wie kan erkalten Die Menschenh Lieb im Augenblick6. 3. Es wird verdammet JEsus Christ/ Der keinen Menschen hat betrübet Als Jhm Pilatus Zeügniß giebet/ Denn/ weil Er nun verführet ist/ Die Wahrheit nicht mehr kan bewegen/ Der nichts nach solcheni Richter fragt/ Der alles in den Staub kan legen/ Vor dem der Himmel selber zagt. |

c Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. d grosse] A in Cantus, Bassus und Text sowie B in Cantus und Text statt dessen: grosser e Ey/ was dem Richtamt’ anbefohlen] A, B im Cantus statt dessen: was frommen Richtern ist befohlen f Demselben] B im Cantus statt dessen: denselben g Ach sehet doch] A statt dessen: Bedenket doch/ h Menschen] A statt dessen: wahre i solchen] A statt dessen: solchem

3 bethören] täuschen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1702. 4 lautre] reine. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 381. 5 gebeüt] befohlen hat. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1756. 6 Vgl. Mt 24,12

S. 85c

202 S. 86j

Passionsandachten

4. So treibet man es in der Welt Wenn etwas böses wird befohlen/ Verrichten es gantz unverhohlen Die/ so nur suchen Gunst und Geld/ Weh’ aber dem/ der nicht bedenket Was recht vor Gott und Menschen heist/ Fürwahr der wird sehr hartk gekränket7 Hier in der Zeit/ dort allermeist. 5. HErr JEsu Christ/ als diese Schaar Wil einmahl deine Schmertzen enden/ Da muß sich Ehr’ und Tugend wenden/ Es wird Betrug/ was Wahrheit war. So pfleget itz die Welt zu hausen8/ Wenn man das Recht befodern9 wil/ Muß oft Gewalt vor Sanftmuht brausen Und machen Treü und Warheit still. 6.l Was ist Gewalt in dieser Zeit/ Wie plötzlich muß sie doch verschwinden/ Ja sie vergehet mit den Winden Und bringet manchem schwehres Leid! Was mag sich doch der Mensch bemühen Jn diesem Angst= und Thränen=Thal So mächt= und prächtig auffzuziehen? Ach/ Morgen lebt Er in der Quahl! |

j Kolumnentitel: Deß HErren JEsu eilffter Hingang k Fürwahr der wird sehr hart] A statt dessen: Derselbe wird zuletst l 6.] B statt dessen: 7. (Erratum)

7 gekränket] geplagt. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2031. 8 zu hausen] hauszuhalten. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 659. 9 befodern] befördern. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1267.

25

30

35

40

45

Elfte Hinführung

203

7.

50

55

60

65

70

HErr JEsu/ wenn es Dir gefält/n Daß Jch von deines Namens wegen Mich unterwerffen sol den Schlägen Und der Verhönung dieser Welt10/ So wollest du mein Hertz bereiten/ Daß es getrost und unverzagt Biß an sein Brechen müge streiten/ HErr JEsu/ hilff/ wenn dißo gewagt! 8. Behüte Mich/ daß Jch ia nicht Durch Dreüen11/ Ehr’ und Guht bewogenp Denselbenq werde zugezogen12 Die gantz vergessen Jhrer Pflicht. Bewahre Mich daß Jch nicht rühme Was Sündlich ist und scheltens wehrt/ Auch fremde Boßheitr nicht verblühme13 Wie daß die falsche Welt begehrt. 9. Verleihe mir ein solches Hertz/ Daß alle Sünd und Laster meide/ Das Gott vertrau und willig leide Verachtung/ Lügen/ Schläg’ und Schmertz. Laß mich die Wahrheit stetss bekennen/ So lang ein Odem in Mir ist/t So wird Mich gantz kein Unfall trennen Von deiner Lieb’ HErr JEsu Christ14. |

m Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. n /] B statt dessen: . (Erratum) o / wenn diß] A statt dessen: eß ist p bewogen] B statt dessen: bewogtn (Erratum) q Denselben] Gemäß A, B emendiert aus: Demselben r Boßheit] A statt dessen: Bößheit s Laß mich die Wahrheit stets] A, B statt dessen: HErr/ laß die wahrheit mich t Laß mich die Wahrheit stets bekennen/ So lang ein Odem in Mir ist/] Gemäß A, B emendiert aus: So lang ein Odem in Mir ist/ Laß mich die Wahrheit stets bekennen/

10 Vgl. Mt 10,22 11 Dreüen] Drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 12 Denselben werde zugezogen] Mitglied der Schar derer werde. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 923. 13 verblühme] beschönige. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 146 f. 14 Vgl. Röm 8,35–39

S. 87m

Die Zwölfte und letste Hinführung.

S. 88a

CHristus JEsus wird endlich auß der Stadt Jerusalem an denb Gal= genberg Golgatha geführet/ und daselbst zwischen zweien Mörderen an das Kreütz gehefftet1.

a Kolumnentitel: Deß HErren Jesu zwölffter und letster Hingang b den] B statt dessen: der (Erratum)

1 Mt 27,31–38

Zwölfte Hinführung

205

206

Passionsandachten

Zwölfte Hinführung

207

1.

S. 90c

D

5

10

15

20

25

As Urtheil ist gesprochen/ Der Richterstab gebrochen2 Die Häscherd stehn bereit/ Die falschen Kläger lachen Mit auffgesperteme Rachen Der Ungerechtigkeit/ Das Kreütz wird auffgeleget Deß grossen Vaters Wohrt3/ Der Fürst deß Lebens4 träget Sein Holtz gedültig fohrt5. 2. O Last!f der nichts zu gleichen6/ Der alle Berge weichen Die niemand heben kan! Hier ist die Macht der Sünden/ Die keiner kan ergründen Als dieser Gottes Mann/ Er schlept die Missethaten Mit Angst biß in den Tod/ So wird der Welt gerahten7 Jn Jhrer höchsten Noht. 3. Jhr Menschen Kinder sehet Wie doch der Heiland gehet | Den Galgenberg hinan!h Ach sehet doch/ wie lauffen Dem HErren nach mit hauffen8 Knecht Kinder/ Weibi und Mann.

c Kolumnentitel: Deß HErren Jesu zwölffter und letster Hingang d Häscher] A im Bassus statt dessen: Hascher e auffgespertem] A und B im Cantus statt dessen: auffgesperten f !] Fehlt A, B g Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden. h !] Fehlt A i Weib] A statt dessen: Frau

2 Der Richterstab gebrochen] Das Brechen des Stabes über dem Haupt des Verurteilten diente als Zeichen des Todesurteils. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 349. 3 Vgl. Joh 1,1 4 Apg 3,15 5 Joh 19,17 6 gleichen] vergleichen. Vgl. Grimm, DWb 7, Sp. 8045. 7 gerahten] geholfen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 176. 8 mit hauffen] alle zusammen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 587.

S. 91g

208

Passionsandachten

Da fliessen tausenj,9 Thränen Vonk fromen Weiberlein10/ Die sich mit Schmertzen sehnen Jn seiner Gunst zu sein.

S. 92q

30

4. Komt all’ und helfft Mir klagen/ Der Heiland wird geschlagen Erschreklich an den Pfahl/ Ja den die Himmel loben Wird an ein Kreütz erhoben Mit unerhörter Quahl l: Es werden Jhm durchgraben11 Der Händ’ und Füsse ball’12 Ach GOtt man wil Jhn laben Mit Essig13/ Myrrh’14 und Gall’15!m

35

5. Man schmähetn Jhn von weiten/ Es hangeno Jhm zuer Seiten Zwenp,16 Mörder/ welch’ Jhn sehr Mit Lästerwohrten plagen17/ Schier18 mücht’ Er gahr19 verzagen | Wenn Gott sein Trost nicht wer’/ Jhm gibt Er in die Hände Sein Sehlchen wolbedacht20 Und nimt ein seligs Ende/ Das heist nun vollenbracht21,22.

45

j tausen] B statt dessen: tausend k Da fliessen tausen Thränen Von] A statt dessen: Es schiessen Jhre tränen Die l Quahl] B statt dessen: Qnahl (Erratum) m !] Gemäß A, B emendiert aus: / n schmähet] B statt dessen: schmahet o hangen] A, B statt dessen: hängen p Zwen] A, B statt dessen: Zwei q Kolumnentitel: Deß HErren Jesu zwölffter und letster Hingang

9 tausen] tausend. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 215. 10 Vgl. Lk 23,27 11 durchgraben] durchbohrt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1623. 12 Der Händ’ und Füsse ball’] die Ballen der Hände und der Füße. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1092. 13 Mt 27,34 14 Mk 15,23 15 Mt 27,34 16 Zwen] zwei. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 972. 17 Lk 23,29 18 Schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 19 gahr] völlig. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 20 Lk 23,46 21 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602. 22 Joh 19,30

40

50

Zwölfte Hinführung

209

6.

HErr JEsu meine Wonne23/ Deß Vaters Licht24 und Sonne Du GOtt von Ewigkeit25/ 55

60

65

70

75

Der du gewolt auff Erden Ein Menschen Kindlein werden Gebohren in der Zeit26/ Jch weiß/ daß du gelitten Auch hast für mich denr Tod27/ Ach höre doch mein Bitten Jn meiner letzten Noht! 7. Mein Gott/ wer kan erzehlen/ Wie du dich mustest quählen Als dich deß Kreützes Last So grausahmlich beschwerte28/ Ja dich so gahr verzehrte/ Daß du vergangen fast. Die Menge meiner Sünde (Daß läugn’ Jch nimmermehr)s Welch’ Jch bei Mir befindet,29/ Die drukten30 Mich so sehr. | 8. Daß Schlagen/ Schelten/ Dreüen31/ Daß lästern/ schmähen/ speien/ Die Peitschen/ Band’ und Spott/ Die Dörner32,33/ Kreütz und Schmertzen/ Der Speer an deinem Hertzen34 Kahm alles O mein Gott

r Auch hast für mich den] A statt dessen: Vor Mich auch diesen s )] Gemäß A emendierend ergänzt (Erratum auch in B) t befinde] A statt dessen: empfinde u Kolumnentitel: zu seinem erbärmlichen Leiden.

23 Vgl. Ps 43,4 24 Vgl. Joh 8,12 25 Vgl. Joh 1,1 f. 26 Gal 4,4 f. 27 Vgl. Röm 5,6 28 Joh 19,17 29 befinde] finde. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1259. 30 drukten] drückten. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1442. 31 Dreüen] Drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 32 Dörner] Dornen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1287. 33 Vgl. Mt 27,29 f. 34 Joh 19,34

S. 93u

210

Passionsandachten

Von meinen Missethaten Von meiner Sünd und Schuld/ Und denen muste rahten35 Allein dein Tod und Huld.

S. 94v

80

9. So wollest Du Mir Armen Durch hertzliches erbarmen HErr JEsu gnädig sein/ Und Mir in diesem Leben Die schwehre Schuld vergeben/ Dieweil dein Tod allein Hat alles hingenommen Was Mich verdammen kan36/ Jch darff ja sicher kommen Zu dir mein Gott hinan.

85

10. Wer seine Sünd’ erkennet/ Dich seinen Heiland nennet | Ergreifft den Trostw geschwind:x Er hab’ in deinen Wunden Die Seligkeit gefunden Der ist ein Gottes Kind. Jch glaub’ HErr y laß Mich singen Von dir dochz in der Zeit/ Biß du Mich selbst wirst bringen Jns Hauß der Ewigkeit.

95

Ende der Hinführungen unsers HErrna und Heilandes JEsu CHristi. |

v Kolumnentitel: Deß H. Jesu 12ter u. letzter Hingang zu seinem erbärml. Leiden w Ergreifft den Trost] A statt dessen: Und glaubt demnach x :] Fehlt A; B statt dessen: ,: (Erratum) y glaub’ HErr] A statt dessen: glaub’! Ach z doch] A statt dessen: HErr a unsers HErrn] A statt dessen: unseres HErren

35 rahten] helfen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 176. 36 Vgl. Röm 5,10

90

100

Hierauf folgen nun

Ein und zwantzig Musikalische

Andachten oder

Gottselige Gedanken/ Uber die

Sieben Wohrte/ Welche unser Allerliebster Heiland und Seligmacher Christus Jesus/ am Stamme des heiligen Kreützes hat gesprochen. |

S. 95

212

Passionsandachten

Die Erste Helige1 und Gottselige

S. 97a

Gedanken/ Uber das

Erste Wohrt/ Welches unser Allerliebster Heiland und Seligmacher JEsus Christus/ am Kreutze hat außgesprochen/ wie dasselbe beschrieben zu finden/ bei dem heiligenb Evangelisten Luka/ am 23. Kapittel/ v. 34.

JEsus aber sprach: Vatter/ vergib es Jhnen/ denn Sie wissen nicht/ was Sie thun. Dieses kan auch gesungen werden nach der Melodie un= sers wolbekandten Advendt und Kirchen=Liedes.

Wacht auf Jhr Christen alle/ u. s. w.2 |

1.

L

Ast uns zusammen treten Jhr Christen allzumahl/ Daß wir mit JEsu behten/ Der in der höchsten Quahl

a Kolumnentitel: Vater/ vergib Jhnen/ denn Sie wissen nicht/ was Sie thun. b heiligen] Emendiert aus: heiligee c Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Erste Wohrt:

1 Helige] heilige. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 827. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1588 in Franz Elers ‚Cantica sacra‘ (RISM 158814) in Hamburg gedruckten Liedes „Wacht auf ihr Christen alle“, das auch in David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811) aufgenommen wurde, vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/3 Notenband, S. 88 (A795A) und Textband, S. 177 f. sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 72.

S. 98c

214

Passionsandachten

Zu seinem Gott geschrien3: Komt/ last uns dergestalt Auch kindlich4 nieder knien/ Ja behten mit Gewalt. 2. Es ist sehr hoch von nöhten Das Behten Tag und Nacht/ Deß Fleisches Lust zu tödten/ Welch’ uns so sicher macht/ Last uns zum Höchsten schreien/ Daß Er für stoltzem Muht5 Uns wolle ia befreien/ Weil Stoltz viel schädlichs thut. 3. Warum pflegt GOtt zu speisen Uns offt mit Thränen Brod6? Er wil dadurch erweisen/ Daß in der höchsten Noht Wir sollen Schutz begehren7 Von seiner Hand allein/ Die kan uns denn gewehren8/ Sie wil auch Hülffreich sein. | S. 99d

4. Wirst Du dein Klagen bringen Für Gott/ mein lieber Christ/ Es wird wahrhaftig dringen Hindurch in schneller frist9,10/ Denn das Gebeht kan halten Den Schöpfer11/ daß Jhm gleich Sein Vatter Hertz muß spalten12/ Ja werden plötzlich weich.

d Kolumnentitel: Vatter/ vergib Jhnen/ denn Sie wissen nicht/ was Sie thun.

3 Mt 27,46 4 Vgl. Röm 8,15 5 Muht] Gesinnung. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2783. 6 Ps 80,6 7 Vgl. Ps 86,7 8 gewehren] verteidigen. Vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 5417. 9 schneller frist] kurzer Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 10 Vgl. Ps 34,16 11 halten Den Schöpfer] den Schöpfer dazu bringen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 278. 12 Vgl. Jer 31,20

5

10

15

20

25

30

Erste Gedanken über das 1. Kreuzeswort

35

40

45

50

55

60

215

5. Was David hat geschrieben: Daß GOtt sich wende bald Zu denen/ welch’ Jhn liben13/ Und werd’ Jhr auffenthalt14/ Das zeügen ja die Thaten Welch’ Er offt sehen läst. Sehr wol ist dem gerahten15/ Der Gott kan trauen fest16. 6. Der fromme Gott wil geben Mehr als man bitten mag17/ Wenn wir die Stimm’ erheben Und bringen unsre Klag’ Allein zu seinen Ohren/ Bald ist der HErr bereit/ Kein Wöhrtlein wird verlohren Zur schwehrsten Leidenszeit. | 7. Sol aber sich entfernen Nicht leicht deß Schöpfers Hand18/ So last uns klüglich lernen Von Christo/ der sich wandt’ Jn bittern TodesSchmertzen Zum Vatter19; als sein Kind Griff Er Jhm nach dem Hertzen Und ward erhört geschwind. 8. Ach Vatter (muß Jch schreien) Dein Kind20 steht itz für Dir/ Du wollest Mir verzeihen/ Der Jch zur Ungebühr21

e Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Erste Wohrt:

13 Ps 119,132 14 auffenthalt] Trost, Zuflucht. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 637. 15 gerahten] geholfen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 176. 16 Ps 34,9 17 Vgl. Eph 3,20 18 Vgl. Ps 27,9 19 Mt 27,46 20 Vgl. Röm 8,15 21 zur Ungebühr] ungebührlich, schmählich, widerrechtlich. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 632.

S. 100e

216

Passionsandachten

Längst deinen Zorn erreget/ Der mehr den feürig ist22/ Doch gleichwol bald sich leget23/ Weil Du mein Vater bist. 9. HErr/ laß mich nicht versinken24/ Noch in deß Eifers Fluht/ Mich Armen nicht ertrinken! Steh’ auff mein höchstes Guht25/ Dein schwaches Kind zu laben/ Daß in der höchsten Pein Liegt gleichsahm gantz vergraben26/ Du wirst ja Vatter sein? | S. 101f

10. Ja Vatter/ dein Versprächeng Vergess’ Jch nimmermehr27/ Und solte mir itz brechen Mein Hertz gleich noch so sehr/ Du wirst dennoch Mich retten/ Dein Wohrt hat nie gefehlt28,29 Jch bin/ (das darff ich wetten) Zum Erben30 schon erwehlt. 11. Jm Himmel und auff Erden Muß Alles das geschehn/ Was Mir sol heilsahm werden/ Drum wil Jch freüdig gehn Zu Dir in Meinen Nöhten/

O Vatter/ ob Du Mich Auch gäntzlich würdest tödten/ So hoff’ Jch doch auff Dich. |

f Kolumnentitel: Vatter/ vergib Jhnen/ denn Sie wissen nicht/ was Sie thun. g Versprächen] Emendiert aus: Vetsprächen

22 Nah 1,6 23 Vgl. Ps 103,9 24 Vgl. Ps 69,15 25 Ps 16,5 26 vergraben] befangen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 486. 27 Vgl. 1Joh 2,25 28 hat nie gefehlt] ist nie fehlgegangen, nie falsch gewesen. Zu ‚fehlen‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1423. 1425. 29 Vgl. Ps 119,160 30 Röm 8,17

65

70

75

80

85

Zweite Gedanken über das 1. Kreuzeswort

217

218

Passionsandachten

Zweite Gedanken über das 1. Kreuzeswort

219

S. 104a

Die zweite Heilige und Gottselige

Gedanken Uber das

Erste Wohrt/ Welches unser liebster Heiland und Seligmacher Jesus Christus am heiligen Kreütze hat außgesprochen/ wie dasselbe beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelistenb Luca am 23. Kapittel/ v. 34. und in unserer teütschen Sprache also lautet:

JEsus aber sprach: Vatter/ vergib Jhnen/ denn Sie wissen nicht/ was Sie thun. Dieses kan auch gesungen werden/ nach der Melodie unsers bekanten Weihenachtliedes:

Ein Kindelein so löbelich ist uns gebohren heute/ u. s. w.c,1

1.

W

Je groß ist deine Güht’ und Treü2 HErr JEsu/ meine Wonne!3 Sie zeigt sich alle Tag’ auffs neü4 Viel heller als die Sonne/

a Kolumnentitel: Die zweite Heilige Andacht über das Erste Wohrt: b Evangelisten] Emendiert aus: Evangelilisten c u. s. w.] Emendiert aus: u. a. w.

1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1533 in Wittenberg als „Der Tag der ist so freudenreich“ (2. Strophe: „Ein Kindelein so löbelich“) gedruckten Liedes „Ein Kindelein so löbelich“ (Eg17B) vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/1.3 Notenband, S. 14 und Textband, S. 16 f. sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 318–320. In Hamburg war das Lied seit Franz Elers ‚Cantica sacra‘ von 1588 (RISM 158814) verbreitet, vgl. auch David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811). 2 Ps 86,15 3 Ps 43,4 4 Thren 3,23

Zweite Gedanken über das 1. Kreuzeswort 5

10

15

20

25

30

221

Heist das nicht Liebe/ Gnad’ und Güht’ O JEsu/ daß Du dein Gemüht’ | Auch zu den Sündern kehrest5/ Ja/ daß man rechter Sanfftmuht vol Für seine Feind’ auch bitten sol6/ Durch dein Exempel lehrest?

S. 105d

2. Du sprichst: O Vatter/ hast Du Mich Zum Mittler7 doch erkohren/ Damit der Mensch nicht jämmerlich Werd’ hier und dort verlohren8/ Und/ sol Jch dann der Mittler sein/ So merke doch die Noht und Pein/ Vergiß ja nicht der Schmertzen/ Welch’ Jch mein Gott/ ertragen muß/ Ach laß sie sein in wahrer Buhs Der Trost zerknirschtere Hertzen. 3. Schau meinen Leib/ wie der vom Bluht So mildiglich9 muß rinnen! Lass’ itz die Welt das höchste Guht Durch meine Pein gewinnen! Ach! laß doch diese Tröpfelein Viel stärker/ als die Sünde sein/ Sof jemahls sind begangen/ Zu Dir steht meine Zuversicht10/ Drum kanst Du Mir versagen nicht Mein Bitten und Verlangen. | 4. Ja/ liebster Heiland/ solche Wohrt’ Erquikken Seel’ und Leben/ Drum wil Jch mich auch nicht hinfohrt Der Traurigkeit ergeben/ d Kolumnentitel: Vatter/ vergib Jhnen/ denn Sie wissen nicht/ was Sie thun. e zerknirschter] Emendiert aus: zerknischter f So] Emendiert aus: Se g Kolumnentitel: Die zweite Heilige Andacht über das Erste Wohrt:

5 Vgl. Lk 15,2 6 Mt 5,44 7 1Tim 2,5 DWb 12, Sp. 2215. 10 Vgl. Ps 61,4

8 Vgl. Joh 3,15

9 mildiglich] reichlich. Vgl. Grimm,

S. 106g

222

Passionsandachten

Jch weiß/ daß Du HErr Jesu Christ Der rechte Hohe Priester11 bist/ Der alles uns gelehret Was sonst den Menschen gantz und gahr Von langer Zeit verborgen war12/ Was niemahls schier13 gehöret.

S. 107h

35

40

5. Du hast am Kreütz dem Vatter Dich Geopfert ungezwungen14,15/ Du bist durchs Bluht gewaltiglich Jns Heilige gedrungen16/ Und hast noch mehr als sieben mahl Dasselbe Bluht mit grosser Quahl Gesprenget und vergossen17/ Zu machen bald der Sünder Schaar/ Die gantz von Gott verstossen war/ Zu deinen Reichsgenossen18.

45

6 Du bist in deiner höchsten Noht Zum Vatter hin getreten/ Ja hast/ fast nahend itzt dem Tod19 Auch eiffrigst wollen behten20/ | Ach/ schauet wie das Gottes Lamm21 Dort/ an dem hohen Kreützes Stamm’ Hat willigst außgestrekket Sein’ Arm’! Ach merkt/ wie sein Geschrei Die Sünd’ und Bößheit mancherlei Für Gottes Trohn bedekket!

55

7. Gott lob! Sein Flehen ist zur Stund’ Jn Gnaden wol erhöret22/ Dadurch hat Jesus süsser Mund23 h Kolumnentitel: Vater/ vergib Jhnen/ denn Sie wissen nicht/ was Sie thun.

11 Hebr 5,10 12 Kol 1,26 13 schier] je. Nicht bei Grimm, DWb. 14 ungezwungen] freiwillig. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 955. 15 Vgl. Hebr 12,2 16 Hebr 9,12 17 Vgl. Lev 16,19 18 Eph 2,19 19 fast nahend itzt dem Tod] als du dem Tod nun sehr nahe warst. Zu ‚fast‘ als verstärkendem Adverb vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1349. 20 Mt 27,46 21 Joh 1,29.36 22 Hebr 5,7 23 Vgl. Ps 45,3

50

60

Zweite Gedanken über das 1. Kreuzeswort

65

70

75

80

85

90

223

Das Höllenreich zerstöret24/ Nun haben wir das höchste Guht/ Mein Seelichen/ sei wolgemuht/ Denn/ nunmehr kanst du finden Deß Vatters süsse Hülff und Gunst/ Erbarmung heisser Liebe Brunst25/ Vergebung aller Sünden. 8. Dein HoherPriester26 stirbet nicht/ Wie Jenner muste sterben/ Er hat vollführet seine Pflicht/ Kan fohrt27 nicht mehr verderben/ O Heil der Welt/ Du Schmertzen=Mann28/ Du bringst mich deinem Vatter ann29,30/ Ja zeigst Jhm deine Wunden/ Die für mich armes Sündenkind So grimmig dir geschlagen sind/ Da wird mein Trost gefunden! | 9. Jch weiß/ Du stehst itz täglich noch: Jn deinem Reich der Ehren Und bittest/ daß der Vatter doch Zu mir sich wolle kehren31/ Du sprichst: Mein Vatter höre mich/ Vergib doch Jennem gnädiglich Und daß üm meinet willen/ Der Vatter spricht bald Ja dazu/ Diß Ja/ sol mir mit Freüd’ und Ruh Mein traurigs Hertz erfüllen. |

i Kolumnentitel: Die zweite Heilige Andacht über das Erste Wohrt:

24 Vgl. 1Joh 3,8 25 Brunst] Glut, Inbrunst. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 439. 26 Vgl. Hebr 5,10 27 fohrt] fortan. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 8. 28 Vgl. Jes 53,4 f. 29 bringst mich deinem Vatter ann] bringst mich zu deinem Vater. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 300. 30 Vgl. Joh 14,6 31 Vgl. 1Joh 2,1

S. 108i

224

Passionsandachten

Dritte Gedanken über das 1. Kreuzeswort

225

S. 110a

Die dritte Heilige und Gottselige

Gedanken Uber das

Erste Wohrt/ Welches unser liebster Heiland und Seligmacher JEsus Christus/ am heiligen Kreütze hat außgesprochen/ wie dasselbe beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Luka am 23. Kapittel/ v. 34. in unserer teütschen Sprache also lautendb: Dieses kan man auch singen nach der Melodie unseres wolbekanten Hauß= und Kirchen=Liedes:

Von Gott wil Jch nicht lassen/ denn Er läst nicht von Mir/ u. s. w.1

1.

O S. 111c

Wunder über Wunder! Man rühm’ es weit und breit/ Wie läst sich doch herunder2 Der HErr der Herrligkeit!3 | Wie liebt sein treües Hertz

a Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Erste Wohrt: b Das Zitat aus Lk 23,34 fehlt. Es lautet: „Jhesus aber sprach, Vater vergib jnen, Denn sie wissen nicht was sie thun.“ Luther, WA.DB 6, S. 317. c Kolumnentitel: Vatter/ vergib Jhnen/ denn Sie wissen nicht/ was Sie thun.

1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1572 in Erfurt gedruckten Liedes „Von Gott will ich nicht lassen“ vgl. Das deutsche Kirchenlied, III/2 Notenband, S. 69 (B76A) und Textband, S. 95 f. sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 125. Rist dürfte das Lied in der Fassung von David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811) bekannt gewesen sein, vgl. Das deutsche Kirchenlied Bd. III/4, Notenband, S. 99 (B76F) und Textband, S. 194. 2 läst sich doch herunder] erniedrigt sich. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1194. 3 Vgl. Phil 2,7

5

Dritte Gedanken über das 1. Kreuzeswort

227

Die Feinde4/ welch’ Jhn plagten/ Welch’ Jhm das Fleisch abnagten/ Sehr groß ist ja sein Schmertz!

10

15

20

25

30

2. Sein’ Hände sind gebunden5/ Sein heiligs Haubt gekröhnt6/ Sein zahrter Leib voll Wunden/ Sein Antlitz sehr verhönt7/ Auch seine Füsse sind Mit Nägeln gantz durchstochen/ Man zehlt Jhm alle Knochen8/ O vielgeplagtes Kind! 3. Noch9 kan der HErr vergeben Den Menschen/ welcher Neid Jhn/ und sein gantzes Leben Gebracht in solches Leid/ Da rufft Er hertzlich ann Den Vatter für die Sünder10/ Schaut JEsum/ viel gelinder11 Als man außdenken kan! 4. Was wird von uns begangen/ Jm Fall’12 ein Feind uns plagt? Wir suchen mit Verlangen Nur das/ was uns behagt/ | Das heist die Rach’ allein/ Da wil man nicht vergeben/ Da sol deß Feindes Leben Schnel abgekürtzet sein.

d Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Erste Wohrt:

4 Vgl. Röm 5,10 5 Mt 26,49 6 Mt 27,29 7 Mt 27,29 f. 8 Ps 22,17 f. 9 Noch] dennoch. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 871. 10 Vgl. Lk 23,34 11 gelinder] sanftmütiger. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3029. 12 Jm Fall’] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275.

S. 112d

228

Passionsandachten

5. Schaut/ Christus liebt von Hertzen Auch seiner Feinde Schaar/ Jn dem’ Er aller Schmertzen Vergisset gantz und gahr/ Und bittet inniglich: Gott wolle doch verzeihen Den Sündern/ und verleihen/ Daß Sie bekehren sich13. 6. Wer kan doch gnugsahm14 loben HErr deine Freündligkeit? Die Jüden stehn und toben/ Sie schreien weit und breit: Hinweg mit Josephs Sohn15! Man leid’ Jhn nicht auff Erden16/ Er muß gekreützigt werden17/ Gib Jhm deß Auffrührs Lohn.

S. 113e

7. Und du HErr/ kanst noch sagen: Vergib doch alle Schuld Den Leuten die mich plagen Und trage ja Gedult | O Vatter/ weil Sie nicht Dasselb einmahl recht wissen/ Was Sie zuthun geflissen18 Bei diesem Straffgericht19. 8. Hierauß nun wil Jch lernen O HErr/ daß schnell von Rach’ Ein Christ sich sol entfernen Und gehn dem Frieden nach20/ e Kolumnentitel: Vatter/ vergib Jhnen/ denn Sie wissen nicht/ was Sie thun

13 Vgl. Lk 23,34 14 gnugsahm] genügend. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3515. 15 Joh 6,42 16 Man leid’ Jhn nicht auff Erden] man lasse seine Anwesenheit auf Erden nicht zu, vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 663. 17 Vgl. Mt 27,22; Joh 19,15 18 geflissen] bestrebt. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2144. 19 Lk 23,34 20 Vgl. Röm 12,18 f.

35

40

45

50

55

60

Dritte Gedanken über das 1. Kreuzeswort

229

Drum wil auch Jch mit Fleiß Das Heil der Leüte suchen/ Die Mir offt schändlich fluchen21/ Wie daß mein Schöpfer weiß. 9. Jch wil auch hertzlich bitten Für Die/ so Tag und Nacht Nur Unglükk außzuschütten Sind über Mich bedacht22/ Mein GOtt/ bekehre Sie/ Laß Sie den Zorn und schelten Ja nimmermehrf entgelten/ Ach straffe Sie doch nie!

65

70

10. Und/ muß Jch gleich hie leiden Schmach/ Unrecht und Gewalt/ Wil Jch den Grim doch meiden Und behten alsobald/ | Wie JEsus in der Noht: Gott woll’ es dem vergeben/h Der Mir mein armes Leben/ Gequählt biß in den Tod.

75

80

S. 114g

11. Du freündlicher/ du süsser/ Du sanffter Jesu Christ/ Du treüer Sündenbüsser/ Laß mich zur jeden frist 23 Guhts gönnen aller Welt/ Auch hertzlich gern vergeben24/ Drauff nim auß diesem Leben Mich in dein Freüdenzelt. |

85

f nimmermehr] Emendiert aus: nimmehr g Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Erste Wohrt: h /] Emendiert aus: //

21 Vgl. Mt 5,44

22 Vgl. Mt 5,44 23 frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216.

24 Vgl. Mt 6,12

230

Passionsandachten

Erste Gedanken über das 2. Kreuzeswort

231

S. 117a

Die ersteb Heilige und Gottselige

Gedanken Uber das

Ander1 Wohrt/ Welches unser liebster Heiland und Seligmacher Jesus Christus/ am heiligen Kreütze hat außgesprochen/ wie dasselbe beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Johannesc am 19. Kapittel/ v. 26. 27. Jn unserer teüschen2 Sprache also lautend:

Da nun JEsus seine Mutter sahe und den Jünger dabei stehen/ den Er lieb hatte/ spricht Er zu seiner Mutter: Weib/ siehe/ das ist dein Sohn/ Darnach spricht Er zu dem Jünger: Siehe/ das ist deine Mutter/ und von der Stunde nahm Sie der Jünger zu sich. Dieses kan man auch singen nach der Melodie unseres bekandten Kirchenliedes.

Vatter unser im Himmelreich/ u. s. w.3

1.

T

ritt/ liebstes Seelchen/ her zu mir/ Jch wil am Kreütz itz zeigen Dir/ Wie jämmerlich dein Bräutigam4

a Kolumnentitel: Da nun Jesus seine Mutter sahe und den Jünger dabei etc. b erste] Emendiert aus: zweite c Evangelisten Johannes] Emendiert aus: Evangelilisten Johannis

1 Ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 2 teüschen] deutschen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1047. 3 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1537 in Straßburg gedruckten Liedes „Vater unser im Himmelreich“ vgl. Das deutsche Kirchenlied III/1.2 Notenband, S. 129 (Eb35) und Textband, S. 141–144 sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 237–239. In Hamburg war das Lied seit Franz Elers ‚Cantica sacra‘ von 1588 (RISM 158814) verbreitet, vgl. auch David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811). 4 Mt 9,15; 25,6

Erste Gedanken über das 2. Kreuzeswort

5

10

15

20

25

30

233

Geschlachtet wird das GottesLamm5/ Für welchem zwo Personen stehn/ Die gahr erbärmlich an zusehn. | 2. Maria das betrübte Weib/ Muß schauen den bluhtrohten Leib Deß wehrten Sohns/ den Sie gebahr/ Der ja der Frommst’ auff Erden war6/ Johannes stehet auch allda/ Wo man der Welt Erlösung sah’7. 3. Ach GOtt! Die Mutterliche Pflicht Kan ihren Sohn berühren nicht/ Er hänget gleichsahm in der Lufft/ Woselbst sein Hertz für ängsten pufft8/ Sein gantzer Leib rinnt Jhm vom Bluht’/ O Mutter/ wie war Dir zumuht? 4. Jtz wird ein Schwerdt in Dich gedrückt9/ Jtz wird dein treües Hertz zerstückt/ Jtz ruffst Du Zetter/ Weh’ und Ach/ Dein’ Augen sind ein Thrähnenbach/ Jtz must Du hören fast10 verzagt/ Wie jämmerlich dein JEsus klagt! 5. Dennoch bleibst Du deß Glaubens vol/ Dieweile Du das betrachtest wol/ Was Du vom Engel hast gehört11/ Der Dich ja gründlich hat gelehrt/ Daß Christus Reich sol Ewig sein12 Und Er Jsraels Fürst’ allein13. |

d Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Ander Wohrt: e Dieweil] Emendiert aus: Di eweil

5 Joh 1,29.36 6 Vgl. 2Kor 5,21 7 Vgl. Hebr 9,15 8 pufft] klopft. Zu ‚büffen‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 493. 9 Vgl. Lk 2,35 10 fast] sehr. Zu ‚fast‘ als verstärkendem Adverb vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1349. 11 Vgl. Lk 1,26–38 12 Lk 1,33 13 Vgl. Lk 1,54

S. 118d

234 S. 119f

Passionsandachten

6. Tritt auch herzu/ mein Christlichs Hertz/ Betracht’ es/ was für Angst und Schmertz Ein Christ muß leiden in der Welt/ Der sich zum Kreütz beständig hält14/ Tuh’ aber/ wie Johannes that/ Der JEsum stets geliebet hat. 7. Ey steh’/ O Seelchen/ unverzagt/ Dieweil dein JEsus nach dir fragt Und schaut auff dich biß in den Tod/ Als Er hat seiner Mutter Noht Zusamt Johannes angesehn/

35

40

Dir wird es wahrlich auch so gehn. 8. Dort sah’ er in der Leidenszeit/ Jtz schaut Er in der Herrligkeit/ Jtz zehlt Er in dem Himmels=Sahl Die heisse Trähnen15/ allzumahl So von den Christen Tag und Nacht Jhm’ häuffig werden zugebracht. 9. Offt hört man dich/ O liebste Seel’ Hie klagen in der Marterhöhl’:

45

50

Ach HERR/ wie lang verbirgst du noch Dein Antlitz?16 Auf! und hilf mir doch/ Ja/ spricht der HErr/ itz kenn’ ich dich/ Drüm helff ich dir auch gnädiglich17. | S. 120g

10. Steh’ itz/ O Mensch/ sei wolgemuht/ Betracht’ auch was die Liebe thut/ Dein JEsus schauet früh’ und spaht

f Kolumnentitel: Da nun Jesus seine Mutter sahe und den Jünger dabei etc. g Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Ander Wohrt:

14 Vgl. 2Kor 4,8 f. 15 Vgl. Ps 56,9

16 Ps 13,2

17 Vgl. Ps 31,8

55

Erste Gedanken über das 2. Kreuzeswort

60

65

70

75

80

235

Auff die/ welch’ Er zum liebsten hat/ Johannes und die Mutter sind Jhm treflich18 wehrt. Auch Du/ sein Kind. 11. Drum zage nicht/ steh’ auf und sprich: Dafern19 nur Dich kan haben Jch O JEsu/ meiner Seelen Lust/ So wird mir sein kein Schmertz bewust20/ Leid’ Jch gleich hie zu Zeiten Pein/ Durch Dich/ HErr/ wirds bald besser sein21. 12. Jch/ wenn Jch Mich zu Dir hinkehr’/ Ach! Tausendmahl hast Du vielmehr Erlitten ohne Mahss’ und Ziel/ Mit Mir ist es nur Kinderspiel/ Du hiengst am Kreütz’; Jch stehe noch Und nehm’ auf Mich dein sanfftes Joch22. 13. Du hast für Mich so manche Noht Erlitten/ Ja geschmeckt den Tod23/ Die Missethat der gantzen Welt/ Hast Du getragen24 als ein Held25; Ach! Solt’ Jch denn für eigne Schuld Mein Kreütz nicht tragen mit Gedult?26 | 14. Jch weiß auch/ wenn das Ziel bestimt/ Daß meine Plag’ ein Ende nimt27/ Gleich wie man nicht hat stets gesehn Marien unterm Kreütze stehn/ Bald geht sie mit Johannes fohrt Zu wohnen Beid’ am sichern Ohrt.

h Kolumnentitel: Da nun Jesus seine Mutter sahe und den Jünger dabei etc.

18 treflich] sehr viel. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1684. 19 Dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 20 Vgl. Ps 73,23 21 Vgl. 1Petr 5,10 22 Mt 11,30 23 Vgl. Hebr 2,9 24 Vgl. Jes 53,5 25 Jes 9,5 26 Vgl. Mt 16,24 27 Vgl. 1Kor 10,13

S. 121h

236

Passionsandachten

15. Wollann/ die Zeit ist schon vorbei/ Daß Jch von allem Jammer frei O JEsu/ dort ins HimmelsSahl Mit deinen Engeln allzumahl Zusamt der Außerwehlten Schaar Dich werde preisen immerdar28. |

28 Vgl. Apk 19,7

85

90

Zweite Gedanken über das 2. Kreuzeswort

237

238

Passionsandachten

Die Zweite Helige1 und Gottselige

Gedanken/ Uber das

Ander2 Wohrt/ Welches unser trauter Heiland und Seligmacher JEsusb Christus/ am Stamme deß heiligen Kreützes hat außgesprochen/ wie dasselbe beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Johannes/ am 19.c Kapittel/ v. 26. 27. und in unser teütschen Sprache also lautet:

Da nun JEsus seine Mutter sahe/ und den Jünger dabeistehen/ den Er lieb hatte/ Spricht Er zu seiner Mutter: Weib/ siehe/ das ist dein Sohn; Darnach spricht Er zu dem Jünger: Siehe/ das ist deine Mutter/ und von Stunde ann nahm Sie der Jünger zu sich. Dieses mag man auch singen nach der Melodie meines/ auß dend himlischen Liedern wolbekandten Weihenacht Gesanges:

Ermuntre dich mein schwacher Geist und trage groß u. s. w.3

1.

A

Ls JEsus an deß Kreützes Stamm’ Erbärmlich muste leiden/ Nun aber bald das fromme Lamm4 Von hinnen solte scheiden5/ |

a Kolumnentitel: Die zweite Heilige Andacht über das Ander Wohrt: b JEsus] Emendiert aus: JCsus c 19.] Emendiert aus: 23. d den] Emendiert aus: dem

1 Helige] heilige. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 827. 2 Ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 3 Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 24 f. 4 Joh 1,29.36 5 Von hinnen solte scheiden] sterben sollte. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2409.

S. 124a

240 S. 125e,f

Passionsandachten

Da hat Er/ als Er noch gesehn Johannes bei der Mutter stehn/ Ein Wohrt herauß gelassen/ Das wehrt ist/ wol zu fassen.

5

2.

Weib/ sprach er/ Sihe da/ dein Sohn/ Der künfftig Dein sol pflegen/ Dieweil man Mich mit Spott und Hohn Bald in den Staub wird legen/ Drauff sah’ Er auch den Trähnen=Mann Johannes seinen Jünger ann/ Und sprach: Ohn alles trennen Solst Du Sie Mutter nennen6.

10

15

3.

Komt her Jhr Kinder lernet doch/ Wie hertzlich man soll’ ehren Sein’ Eltern7/ weil man lebet noch/ Auch stets ihr Glück vermehren/

20

Ach! Laß Dir JEsum in der Pein Ein lebendigs Exempel sein Der/ grausahm zwahr gekränket Der Mutter doch gedenket.

S. 126g

4. Gehorche dem/ der dich erzeügt/ Auch der/ die dich gebohren/ Die dir den Rükken so gebeügt/ Daß du nicht gehst verlohren/ | Verachte ja den Vatter nicht/ Erweis’ auch willig deine Pflicht Der Mutter/ wilt du haben Zu Lohn deß Himmels Gaben8.

e 125] Emendiert aus: 225 f Kolumnentitel: Da nun Jesus seine Mutter sahe und den Jünger dabei etc. g Kolumnentitel: Die zweite Heilige Andacht über das Ander Wohrt:

6 Joh 19,26 f. 7 Vgl. Ex 20,12; Dtn 5,16 8 Ex 20,12

25

30

Zweite Gedanken über das 2. Kreuzeswort

35

40

45

241

5. Ja/ liebes Kind/ nicht solt du nur Den Eltern Ehr erweisen/ Wie JEsus Mutter wiederfuhr/ Du wirst Sie gern’ auch speisen/ Wenn Sie nunmehr sind schwach und alt Auch arm dazu/ denn must du bald Von Gott und Amtes wegen Derselben fleissig pflegen9. 6. Dagegen/ wer nicht hertzlich sucht Der Eltern wolergehen/ Der bleibt geschändet und verflucht/ Jhm wird auch so geschehen/ Als Er in dieser LebensBahn Bei seinen Eltern hat gethan10/ Es wird sein Nam’ auff Erden Gantz außgetilget werden11. 7.

50

55

60

Jhr aber/ welch’ Jhr Wittwen seid Und Waisen/ last doch fahren Eür Klagen/ Sorg’ und Hertzeleid/ Bald wird sich offenbahren | Ein Trost von Gott/ der Euch erquikt/ Wenn Eüch die Welt aufs schwehrste drükt/ Marien wird gewähret Das/ was ihr Hertz begehret. 8. Jst Sie gleich arm/ Ja werden noch Die Kleider Jhr genommen Deß liebsten Sohns/ so muß Jhr doch Bald andre Nahrung kommen/ Johannes muß Jhr Pfleger sein/ GOtt läst die Wittwen nicht allein/ Er wil sich ja der Armen Und Waisen stets erbarmen12. h Kolumnentitel: Da nun Jesus seine Mutter sahe und den Jünger dabei etc. 9 Vgl. Sir 3,9 10 Vgl. Sir 3,16–18 11 Vgl. Ex 32,33

12 Vgl. Ps 68,6

S. 127h

242

Passionsandachten

9. Die Wittwen Trähnen fliessen zwahr Die Bakken offt herunter13/ Doch/ wehret das nicht immerdar/ Der HErr wird plötzlich munter/ Jhr Weinen steigt mit vollem Lauff’ O traurigs Hertz/ gen Himmel auff/ Daß Gott so wol behaget/ Daß Er Jhr’ Hasser plaget14.

S. 128i

10. Lern’ aber auch/ O Menschenkind/ Nach Christus Ahrt zu machen Ein Testament/ damit man find Hie richtig deine Sachen/ | Du weist ja wol/ du must hinauß15/ Darum bestell’ auch fein dein Hauß16,17/ Damit nicht nach dem Sterben Dir fluchen auch dein’ Erben. 11. Gib deinen Kindern Lehr’ und Raht/ Daß Sie für Augen haben Stets unsern Gott/ der Jhnen hat Beschert so reiche Gaben/ Wer dergestalt in dieser Zeit An Seel und Leib macht Richtigkeit/ Der kan drauff diesem Leben Fein ruhig Urlaub geben18. |

i Kolumnentitel: Die zweite Heilige Andacht über das Ander Wohrt:

13 Sir 35,18 14 Sir 35,21–23 15 Vgl. Ps 39,5 16 Jes 38,1 17 bestell’ auch fein dein Hauß] ordne deine Angelegenheiten auf den Todesfall. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1673. 18 diesem Leben Urlaub geben] sich aus diesem Leben verabschieden. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 2466.

65

70

75

80

85

Dritte Gedanken über das 2. Kreuzeswort

243

244

Passionsandachten

Die dritte Heilige und Gottselige

S. 130a

Gedanken Uber das

Ander1 Wohrt/ Welches unser liebster Heiland und Seligmacher Christus JEsus/ am Stamm deß heiligen Kreützes hat außgeredet/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Johannes/ am 19. Kapittel/ v. 26. 27. und in unserer teütschen Sprache also lautet:

Da nun JEsus seine Mutter sahe/ und den Jünger dabei stehen/ den Er lieb hatte/ spricht Er zu seiner Mutter: Weib/ siehe/ das ist dein Sohn. Darnach spricht Er zu dem Jünger: Siehe/ das ist deine Mutter/ und alsobald nam Sie der Jünger zu sich. Dieses kan man auch singen nach der Melodie unseres wolbekanten Hauß= und Kirchen=Liedes:

Auf meinen lieben GOtt/ trau ich in Angst und Noht/ u. s. w.2 | 1.

H

At Jemand Lust zu sehn/ Wie Freündschafft sol bestehn/ Auch wie man sich der Armen a Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Ander Wohrt: b Kolumnentitel: Da nun Jesus seine Mutter sahe und den Jünger dabei etc.

1 Ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1609 in Melchior Vulpius’ Gesangbuch (RISM 160912) in Jena gedruckten Liedes „Auf meinen lieben Gott“ (die auf Jakob Regnarts „Venus du und dein Kind“ basierende Melodie wurde bereits 1605 gedruckt mit dem Text „Man spricht wen Gott erfreut“) vgl. Das deutsche Kirchenlied III/4, Notenband, S. 100 (B83A) und Textband, S. 195 f. Rist dürfte die Melodie in der weiter verbreiteten Fassung des Cantional von Johann Hermann Schein (Augsburg 1627, RISM 162710) geläufig gewesen sein.

S. 131b

246

Passionsandachten

Und Wittwen müss’ erbarmen Der woll’ hieher sich kehren/ Johannes wirds Jhn lehren.

5

2. So bald sein Jesus spricht:

Laß ja die Mutter nicht/ Die Fromste von den Frommen/ Da hat Er Sie genommen Und Jhr gahr gern gewähret Das/ was Jhr Hertz begehret.

10

3.

Johannes läst die Noht/ Ja gahr zuletst den Tod Deß HErren sich nicht schrekken/ Noch drum Marien stekken3/ Jn Trübsahl und in leiden/ Nichts kan von Jhr Jhn scheiden.

15

4.

Du Vormund/ tritt herann/ Und sei bereit alsdann/ Wenn Jemand komt zum sterben/ Mit Raht und Trost/ der Erben/ Die sich offt schmertzlich grähmen/ Dich treülichst anzunehmen. | S. 132c

5. Bedencks nur/ lieber Christ/ Das/ weil du Sterblich bist/ Must lassen auch auff Erden Die/ so bedörffen werden Der Freünde Raht in Sachen/ Welch’ offt viel Händel4 machen.

c Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Ander Wohrt:

3 Noch drum Marien stekken] noch läßt er darum Maria im Stich. Vgl. zu ‚stecken lassen‘ Grimm, DWb 17, Sp. 1343. 4 Händel] Zank. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 371.

20

25

30

Dritte Gedanken über das 2. Kreuzeswort

35

40

45

50

55

247

6. Wie dirs nun wol gefält/ Daß man in dieser Welt Die Deinen sol versorgen/ Wenn Gott Heüt’ oder Morgen Dir rufft/ das laß geniessen Auch Andr’ ohn verdriessen. 7. Sei Du der Waisen Schutz/ Der Wittwen Aug’ und Trutz/ Alsdenn wird Gott dich lieben/ Wie Syrach hat geschrieben/ Und dir in deinem Leben Glück/ Ruh’ und Wolfahrt geben5. 8. Wer aber übt Gewalt An frommen Witwen bald/ Verdruckt6 auch wol die Weisen/ Die billig7 man sol speisen/ Der wird mit Angst und Schrekken Die Raachhand Gottes schmekken8. | 9. O sichres Menschenkind/ Der Wittwen Thränen sind Viel heisser als die Flammen/ Welch’ über Dich zusammen Noch endlich werden schlagen/ Ja grausahmlich Dich plagen.

S. 133d,e

10. Last uns nun ferner gehn/ Die Lieb’ auch zu besehn/ Die JEsus treü geneiget Den Seinen hat erzeiget/ d 133] Emendiert aus: 233 dabei etc.

e Kolumnentitel: Da nun Jesus seine Mutter sahe und den Jünger

5 Vgl. Sir 4,10 f. 6 Verdruckt] unterdrückt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 252. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 8 Vgl. Ex 22,24

7 billig] zu Recht.

248

Passionsandachten

Als Er in Todes Schmertzen Sie hat gemeint 9 von Hertzen. 11. Johannes folgt Jhr nach/ Er läst kein Ungemach Sich auch von JEsu scheiden/ Da steht Er fest im leiden/ Er bleibt im Tod’ und Leben Nur JEsu stets ergeben. 12. Er nimt auch williglich Marien selbst zu sich/ Das heist/ beständig halten Und lassen nicht erkalten Die Freündschafft treü geheget/ Biß man ins Grab uns leget. | S. 134f

13. Zwahr/ gehts dem Menschen wol/ Sein Hauß ist Freündeg vol/ Komt aber Kreütz gelauffen/ So scheiden10 Sie mit Hauffen11,12/ Man wird gahr selten sehen/ Freünd’ in der Noht bestehen. 14. Fürwahr/ so sols nicht sein/ Nicht bloß im Glükk’ allein Muß man die Freündschafft üben/ Ach nein! Wenn uns betrüben Viel Jammer/ Angst und Schmertzen/

Den bleib’ ein Freünd von Hertzen13. |

f Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Dritte Wohrt: g Freünde] Emendiert aus: Freüde

9 gemeint] geliebt. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3252 f. 10 scheiden] trennen sie sich. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2403. 11 mit Hauffen] alle zusammen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 587. 12 Vgl. Prv 19,4 13 Vgl. Sir 22,28

60

65

70

75

80

Erste Gedanken über das 3. Kreuzeswort

249

250

Passionsandachten

Die Erste Helige1 und Gottselige

S. 136 a

Gedanken/ Uber das

Dritte Wohrt/ Welches unser allerliebster Heiland und Seligmacher JEsus Christus/ am Stamme deß heiligen Kreützes/ zu den bußfärtigen Schächer hat geredet/ wie dasselbe beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Lukas am 23. Kapittel/ v. 43.b und in unserer teütschen Sprache also lautet:

Wahrlich/ Jch sage Dir/ Heüte wirst Du mit Mir im Paradise sein. Dieses kan man auch singen nach der Melodie meines/ auß den himlischen/ wolbekandten PassionLiedes:

Wach’ auff mein Geist/ erhebe Dich/ u. s. w.2 | 1.

K 5

An auch wol grösser Freündligkeit O Mensch in dieser Gnadenzeit Den Sündern wiederfahren/ Als JEsus auff dem Leidensplaan3 Beim Schächer reichlich hat gethan? Er wolt’ hie ja nicht spahren4 Den süssen Trost/ der Jhn erquikt/ Als Jhn der Tod schier5 hin gerükt6. a Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Dritte Wohrt: b 43.] Emendiert aus: 45. c Kolumnentitel: Wahrlich/ Jch sage Dir/ heüte wirst Du mit mir im Par. etc. 1 Helige] heilige. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 827. 2 Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 199 f. 3 Leidensplaan] Platz des Leidens. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1884. 4 spahren] verweigern, zurückhalten. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1926. 5 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 6 Vgl. Lk 22,43

S. 137c

252

Passionsandachten

2. Ach hört/ was unser Heiland spricht: Betrübtes Hertz verzage nicht/ Es sol Dir ja geschehen/ Wie du geglaubt7/ daß Jesus Christ Der gantzen Welt Erlöser ist8/ Du solst Mich wahrlich sehen Jm Paradis’/ Jch schwehr’9 es dir/ Noch heüte wirst Du sein bei Mir10. 3. Was du für Sünd’ und Missethat Betrübter Schächer/ früh’ und spaht Begangen hast auff Erden/ Sol Alles Dir/ durch diß mein Bluht/ Das Jch vergiesse Dir zu guht’/ Hieselbst vergeben werden11/ O süsse Stimm’ O lieblichs Wohrt/ Du thust uns auff die Freüdenpfohrt’! | S. 138d

4. O tröstlichs Wohrt/ O Freündligkeit12/ So Mich von aller Angst befreit/ Wie plötzlich kan doch laben Mein Seelichen/ Jhr Breütigam13/ Auch gahr am hohen Kreützes Stamm/ Wenn sich verschwohren haben Starck gegen Mir in höchster Noht/ Welt/ Teüffel/ Hölle/ Sünd’ und Tod! 5. Jch hochbetrübtes Sündenkind Ruff’ auch: Verzeihe doch geschwind’14 O liebster HErr/ Mir Armen/ Jch weiß/ Du wirst in kurtzer frist15/

d Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Dritte Wohrt:

7 Mt 8,13 8 Vgl. Hebr 9,15 9 schwehr’] schwöre. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2735. 10 Vgl. Lk 23,43 11 Vgl. Mt 26,28 12 Vgl. Tit 3,4 13 Mt 9,15; 25,6 14 Mt 6,12 15 frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216.

10

15

20

25

30

35

Erste Gedanken über das 3. Kreuzeswort

40

45

50

55

60

253

Demnach16 Du ja Mein JEsus bist/ Dich über Mich erbarmen Und tilgen meine Missethat17/ Die schwehrlich Dich beleidigt hat. 6. Du sprichst am Kreütz’: Jch sage Dir/ Wie solt’ Jch denn nicht für und für O JEsu/ Dir vertrauen? Und/ ob Jch gleich ein Sünder binn18 Den Schächern gleich/ sol doch forthinn Für Dir Mir nimmer grauen/ Du bist die Lebensthür’ allein/ Durch Dich/ HErr/ werd’ Jch selig sein19. | 7. Du sprichst: Jch suche ja fürwahr/ Das/ was schon längst verlohren war20/ Jch wil die Seel erquikken21/ Damit ja nicht die Sündenlast/ Die Sie so stark hat angefast22/ Dieselben müg’ erstikken/ Drum richt’ Jch auff in schneller frist23 Auch das/ was längst gefallen ist24. 8. Du bist ein HErr von grosser Güht’ Und sehr gedultig von Gemüht’25/ Hast Freüd’ an dem vergeben/ Und/ (wo mein Hertz Jch mit erquikk’26) Es währt dein Zorn ein Augenblikk27/ Denn Du hast Lust zum Leben/ Ja/ JEsu/ meiner Seelen Schmertz Nimt ab durch dein getreües Hertz.

e Kolumnentitel: Wahrlich/ Jch sage Dir/ heüte wirst Du mit Mir im Par. etc.

16 Demnach] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 919. 17 Vgl. Ps 51,4 18 Vgl. Röm 3,23 19 Vgl. Joh 10,9 20 Mt 18,11 21 Jer 31,25 22 angefast] angegriffen. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb 1, Sp. 327. 23 schneller frist] kurzer Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 24 Hi 4,4 25 Vgl. Ps 103,8; 145,8 26 wo Jch mit erquikk’] womit ich erquicke 27 Vgl. Ps 30,6

S. 139e

254

Passionsandachten

9. Den Trost versprichst du nicht allein/ Es muß so gahr dein Eyd da sein/ Das sind ja grosse Sachen/ Ein solcher Schächer war längst wehrt/ Daß Jhn der Höllen Gluht verzehrt Jm Reich deß alten Drachen28/ Noch29 läst Du dein Erbarmen sehn/ Es must’ Jhm drauff ein Schwuhr geschehn30. | S. 140f

10. O JEsu/ solt’ Jch für und für Jn meiner Angst nicht trauen Dir? Hast Du Mir doch geschwohren! Drum/ ist mein Unrecht noch so groß/ An deinen Tod halt’ Jch Mich bloß/ So werd’ Jch nicht verlohren31/ Jch weiß ja/ was dein Eyd verspricht:

Deß Sünders Tod gefält Mir nicht32.

65

70

75

80

11.

Ja wahrlich/ wahrlich/ spricht dein Mund/ Wer mein Wohrt höhrt auß Hertzens Grund’ Und glaubt an Mich/ sol leben33/ Deß Paradises höchstes Guht/ Das Jch erworben durch mein Bluht34/ Wil Jch demselben geben: Jch glaub’ HErr/ laß Mich zum geniess’35 Auch freüdig gehn ins Paradiß. |

f Kolumnentitel: Die erste Heilige Andacht über das Dritte Wohrt:

28 Vgl. Apk 12,9 29 Noch] dennoch. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 871. 30 Vgl. Lk 23,43 31 Vgl. Joh 3,15 32 Ez 18,32; 33,11 33 Joh 5,24 34 Apg 20,28 35 geniess’] Genuß. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3451.

85

Zweite Gedanken über das 3. Kreuzeswort

255

256

Passionsandachten

Die zweite Heilige und Gottselige

S. 142a

Gedanken Uber das

Dritte Wohrt/ Welches unser Allerliebster Heiland und Seligmacher Jesus Christus/ am Stamm deß heiligen Kreützes zu dem bußfertigen Schächer hat gesprochen/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Lukas am 23. Kapittel/ v. 43. Jn unserer teüschen1 Sprache also lautend:

Wahrlich/ Jch sage Dir/ heüte wirst Du mit Mir im Paradise sein. Dieses kan man auch singen nach der Melodie unseres wolbekandten Hauß= und Kirchen= Liedeleins:

Komt her zu mir/ spricht Gottes Sohn2. |

1.

D

Aß GOtt die Liebe selber sei3/ Der sonder4 Trug und Heüchelei Woll’ all’ uns selig machen/ a Kolumnentitel: Die zweite Heilige Andacht über das Dritte Wohrt: b Kolumnentitel: Wahrlich/ Jch sage Dir/ heüte wirst Du mit Mir im Par. etc.

1 teüschen] deutschen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1047. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1530 in Augsburg (RISM 153007) gedruckten Liedes „Kommt her zu mir spricht Gottes Sohn“ vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/1.1 Notenband, S. 221 f. (B37, B37A, B37B und B37C) und Textband, S. 195 f. sowie III/3-4 Abschließender Kommentarband, S. 110 f. Rist dürfte die Melodie in der erstmals 1534 in Nürnberg (RISM 153406) gedruckten Fassung B37A geläufig gewesen sein, die in Hamburg seit Franz Elers ‚Cantica sacra‘ von 1588 (RISM 158814) verbreitet war, vgl. auch David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811). 3 1Joh 4,16 4 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573.

S. 143b

258

Passionsandachten

Das zeiget dieser Schächer ann/ Ein Sünder/ der sonst gahr nicht kann Beschönen seine Sachen. 2. Er ist ein Mörder/ der sehr offt Sich nicht gescheüet/ unverhofft Den Negsten zu betrüben/ Das Rauben war nur seine Lust/ Auch hat Er schon für längst gewust Das Morden zu verüben. 3. Er fragt’ in dieser Gnadenzeit Gahr nichts nach Seiner Seligkeit. Er hat Sein gantzes Leben Jn lauter Boßheit zugebracht/ Wodurch Er sich deß Satans Macht So liederlich ergeben. 4. Jn dem’ Er nun all’ Augenblikk’ Erwahrtet/ daß deß Todes Strikk’ Jhn werden überfallen5; Da kehrt Er sich zum Gottes Lamm’6/ Als welches läst am Kreützes Stamm’ Ein kräfftigs Wohrt erschallen. | S. 144c

5. Der Mörder spricht: Gedenk’ an Mich O liebster JEsu/ gnädiglich/ So bald Du nun wirst kommen Jn dein erwünschtes Freüdenreich7/ Ach hilff/ daß Jch daselbst zugleich Auch schnell werd auffgenommen.

c Kolumnentitel: Die zweite Heilige Andacht über das Dritte Wohrt:

5 Vgl. Ps 18,6 6 Joh 1,29.36

7 Lk 23,42

5

10

15

20

25

30

Zweite Gedanken über das 3. Kreuzeswort

35

259

6. Kaum war sein Bitten vollenbracht8/ Da wird Er auß deß Satans Macht Und Höllenpfuhl gerissen/ Denn/ JEsus läst zur selben Stund’ Auß seinem Honigsüssem Mund’ Jhn die Verzeihung wissen. 7.

O liebste Seel’/ erschrekt Dich sehr 40

Der Sünden Meng’/ als die Dich mehr Als Sand am Meer beschwehret; Ermuntre dich/ und schaue doch Den Schächer ann/ der Alles noch Erlangt/ was Er begehret.

45

8. Bekenne nur die Missethat9/ Die GOtt so hart beleidigt hat/ Bereüe Sie von Hertzen/ Laß JEsum deine Zuversicht Stets bleiben/ denn so schmekst Du nicht Deß Todes bittre Schmertzen10. |

50

55

9. Die Sünde zwahr hat nichts verdient Als Höll’ und Tod11/ wird doch versühnt Durch Christus Tod und Leiden12; Wer diesen Schatz nun glaübig hält/ Den kan noch Satan/ oder13 Welt Von JEsu Lieb’ abscheiden14. 10. Ja/ sprichst Du Mensch/ was Jch gethan Jn dieser schnöden Lasterbahn Jst schwehrlich zu vergleichen/ d Kolumnentitel: Wahrlich/ Jch sage Dir/ heüte wirst Du mit Mir im Par. etc.

8 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602. 9 Vgl. Ps 32,5 10 Vgl. Joh 11,25 f. 11 Röm 6,23 12 Vgl. 1Petr 3,18 13 noch oder] weder noch. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 872. 14 Röm 8,38 f.

S. 145d

260

Passionsandachten

Es ist zu grob/ drum steh’ Jch bloß! Ja Mensch/ und wer’ es noch so groß/ Muß doch die Sünde weichen. 11. Groß war deß Schächers Missethat/ Die Höll’ und Tod verdienet hat15/ Sie ward Jhm doch vergeben; Hast Du gesündigt noch so schwehr/ Tritt reüend nur zu JEsu her/ Du solst wahrhafftig leben. 12. Bedenk’ es nur/ betrübter Christ/ Wo Sünd’ und Bößheit mächtig ist Auch gahr im Schächer Orden16/ Daß auch daselbst zum Gegentheil Jst deines JEsu Gnad’ und Heil Viel mächtiger geworden17. | S. 146e

13. Erschrekt dich denn die lange Zeit/ Die Du hast in der Eitelkeit O traurigs Hertz/ verschlissen18? Sei nur getrost und unverzagt/ Dem Sünder/ der nach JEsu fragt/ Wird ruhig sein Gewissen. 14. Recht eben in dem Augenblikk’/ Jn welchem nun des Todes Strikk Den Schächer wil hinreissen/ Erzeigt Jhm Gott Barmhertzigkeit/ Er wird der Höllen Quahl’ entfreit19/ Das mag ja Gnade heissen.

e Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Dritte Wohrt:

15 Röm 6,23 16 Schächer Orden] Gemeinschaft der Schächer. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1317. 17 Röm 5,20 18 verschlissen] verschwendet. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1097. 19 der Höllen Quahl’ entfreit] aus der Höllenqual befreit. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 522.

60

65

70

75

80

Zweite Gedanken über das 3. Kreuzeswort

85

90

261

15. O JEsu/ Meiner Seelen Ruh’20/ Jch bitte/ rechne Mir nicht zu Die Menge meiner Sünden21/ Laß Mich die Buhss’ auch spahren22 nicht/ So werd’ Jch/ O mein Heil und Licht23 Für Dir/ bald Gnade finden. |

20 Vgl. Mt 11,29 21 Vgl. 2Kor 5,19 Sp. 1930. 23 Ps 27,1

22 spahren] verschieben, auslassen. Vgl. Grimm, DWb 16,

262

Passionsandachten

Dritte Gedanken über das 3. Kreuzeswort

263

S. 148a

Die dritte Heilige und Gottselige

Gedanken Uber das

Dritte Wohrt/ Welches unser allerliebster Heiland und Seligmacher JEsus Christus/ am Stamme deß heiligen Kreützes/ zu dem bußfärtigen Schächer gesprochen/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Lukas am 23. Kapittel/ v. 43. und in unserer teütschen Sprache als lautend:

Wahrlich/ Jch sage Dir/ heüte wirst Du mit Mir im Paradise sein. Dieses kan man auch singen nach der Melodie meines/ auß den himlischen wolbekandten Liedes:

Von Gnade wil Jch singen/ u. s. w.1 |

1.

S. 149b

O

Himlisches Erbarmen/ O Lieb’/ O Güht’/ O Treü/ Der sich die Schaar der Armen Mit Mir getrost erfreü! Da werden samt den Frommen Auch Sünder auffgenommen Jns schönste Paradieß/ Wie JEsus selbst verhieß2.

a Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Dritte Wohrt: b Kolumnentitel: Wahrlich / Jch sage Dir/ heüte wirst Du mit Mir im Par. etc.

1 Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 429.

2 Lk 23,43

5

Dritte Gedanken über das 3. Kreuzeswort

10

15

20

25

30

35

265

2. Der Schächer hat gebehten/ Der Heiland wolle doch Jn Gnaden Jhn vertreten Und für dem Höllenloch’ Jhn kräfftiglich befreien/ Bald hört der HErr Sein Schreien/ Spricht: Du wirst sonder3 Pein Jm Paradies’ itzt sein4. 3. Jch wil an Dich gedenken Nicht über lange Zeit/ Jch wil noch heüte schenken Dir Freüd’ und Seligkeit Drauff sol ohn’ alles Zagen Jtz werden schnell getragen Dein Seelichen dahinn/ Wo stets Jch selber bin5. | 4. Wohinn sol Jch denn kommen O liebster JEsu Christ/ Wenn Jch werd’ auffgenommen? Dahinn/ wo Selbst Du bist/ Wollan/ so kan mit Freüden Jch von der Welt abscheiden6/ Ja gehn ohn’ Ach und Weh’ Jn die Schooß7 Abrahae8.

S. 150c

5. O Paradieß der Sünder/ O schönste Himmelsstatt/ Jn welcher Gottes Kinderd,9 Nie werden schwach und matt10/

c Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Dritte Wohrt: Kinder.

d Kinder] Emendiert aus:

3 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573. 4 Lk 23,42 f. 5 Lk 23,43 6 Vgl. Phil 1,23 7 die Schooß] Zu ‚Schoß‘ als Femininum vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1583. 8 Vgl. Lk 16,22 9 Röm 8,14 10 Vgl. Apk 21,4

266

Passionsandachten

O Sion hoch erhoben/ Wer kan dich gnugsahm11 loben? O Statt/ wenn werden wir Doch frölich sein in Dir12? 6. Was ist doch dieses Leben? Nur Arbeit/ Müh’ und Noht13/ Ein stetes Widerstreben/ Ein Schmertz biße in den Tod/ Ein finstres Thal der Thränen14/ Wer wolte sich nicht sehnen/ Ja stets gerüstet stehn/ Jns Paradiß zu gehn. | S. 151f

7. Getrost betrübte Seele/ Bald komt die Stund’ herann/ Welch’ auß der Sünden Höhle Dich sicher führen kann/ Denn Heüte/ spricht gar eben Zum Schächer/ wirst Du leben15/ Dein JEsus/ der Dich libt/ Ja sich Dir selber gibt16. 8. Du darffst17 Dich nicht erst quählen Jm Fegfeür/ welche Lehr’ Ein Pfaff’ uns mag erzehlen/ Der nichts gelernet mehr/ Es wird kein Feind anfechten Die Seelen der Gerechten/ Jst voller Freüdenstand Jst schon in Gottes Hand18.

e biß] Emendiert aus: bi ß f Kolumnentitel: Wahrlich/ Jch sage Dir/ heüte wirst Du mit Mir im Par. etc.

11 gnugsahm] genügend. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3515. 12 Vgl. Jes 35,10; 51,11 13 Vgl. Ps 90,10 14 Ps 84,7 15 Lk 23,43 16 Eph 5,2 17 darffst] mußt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 18 Sap 3,1

40

45

50

55

60

Dritte Gedanken über das 3. Kreuzeswort

65

70

75

80

85

267

9. Zu wem’ HErr/ werd’ Jch fahren/ Wenn Jch die Welt verlass’? Es wird Mich der bewahren/ Der meiner nie vergass/ Es heist: Du solst regieren Mit Mir19/ und würklich spühren Wie groß und mancherlei Die Freüd’ im Himmel sei20. | 10. Bei Dir/ HErr JEsu/ leben/ Jst ja das höchste Guht/ Dort bei den Engeln schweben21/ Erquikket Hertz und Muht/ Bei Dir ist nach dem Leiden Das Wohnhauß aller Freüden22/ Drüm wünsch’ Jch: HErr allein

S. 152g

Bei Dir/ bei Dir zu sein23!

11. Gleich wie nach einer Quellen Ein Hirsch schreit für und für24; So wolt’ Jch gern gesellen O JEsu/ Mich zu Dir/ Drum JEsu/ laß Mich gehen Jns Paradiß/ zu sehen Dein Antlitz25/ welches Pracht Uns dort gantz Himlisch macht26. |

g Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Dritte Wohrt:

19 Apk 22,5 20 Vgl. Jes 65,18 21 Vgl. Mt 22,30 22 Vgl. Apk 21,4 24 Ps 42,2 25 1Kor 13,12; 1Joh 3,2 26 Vgl. 1Kor 15,49

23 Vgl. Phil 1,23

268

Passionsandachten

Erste Gedanken über das 4. Kreuzeswort

269

S. 154a

Die Erste Helige1 und Gottselige

Gedanken/ Uber das

Vierte Wohrt/ Welches unser liebster Heiland und Seligmacher JEsus Christus/ am Stamm deß heiligen Kreützes in seiner höchsten Angst hat außgesprochen/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Mattheus/ am 27. Kapittel/ v. 46. in unserer teütschen Sprache also lautend:

Um die Neünte Stunde/ schrei2 JEsus laut und sprach: Eli/ Eli/ Lama Asabthani. Das ist: Mein Gott/ mein Gott/ warumb hastu mich verlassen? Dieses kan man auch singen nach der Melodie unseres gahr schönen und wolbekanten Kirchen=Liedes. HErr Christ der Einige Gottes Sohn3. | 1.

S. 155b

W

Er wird mit Ernst betrachten Diß Wohrt voll Traurigkeit/ Da Jesus muß verschmachten Zur bittern LeidensZeit?

a Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Vierte Wohrt: b Kolumnentitel: üm die neünte Stunde/ schrei Jesus laut und sprach: Eli/ etc. 1 Helige] heilige. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 827. 2 schrei] schrie. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1709. 3 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1524 in Erfurt (RISM 152403) gedruckten Liedes „Herr Christ, der einig’ Gott(e)s Sohn“ vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/1.2 Notenband, S. 98 (Ea4) und Textband, S. 83 sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 186 f. In Hamburg war das Lied seit Franz Elers ‚Cantica sacra‘ von 1588 (RISM 158814) verbreitet, vgl. auch David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811).

Erste Gedanken über das 4. Kreuzeswort 5

10

15

20

25

30

271

Kein Mensch kan recht erwegen/ Wie viel hieran gelegen Den Sündern weit und breit. 2. Es muß das Heil der Erden Am hohen Kreützes Stamm’ Auch so gepeinigt werden/ Daß dieses Gottes=Lamm4 Mein Gott/ mein Gott/ muß schreien5/ Sol Jch Mich dein verzeihen/ Ach! Bist Du Mir so gramm? 3. Wie magst Du Mich so hassen O Vatter/ bin Jch doch Jtz gantz von dir verlassen6/ Jn dem’ Jch dieses Joch/ Daß all zu schwehr/ muß tragen/ Sol Jch denn gantz verzagen/ Wie lang’/ HErr/ zürnst Du noch7? 4. Was hab’ Jch doch verschuldet/ Daß Jch so grosse Pein O Vatter schon erduldet/ | Jnd dem’ Jch gar allein Die Kälter tret’ und schwitze Mein Bluht in dieser Hitze8/ Wenn wirds ein Ende sein? 5. O JEsu/ deine Klagen Sind billig 9 groß und schwehr/ Jn Ansehn deiner Plagen/ Die doch nicht ohn gefehr10 c Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Vierte Wohrt: d Jn] In Custode statt dessen: Die (Erratum)

4 Joh 1,29.36 5 Mt 27,46 6 Ps 22,2 7 Ps 79,5 8 Vgl. Jes 63,2 f. 9 billig] zu Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 10 ohn gefehr] zufällig. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2070.

S. 156c

272

Passionsandachten

GOtt selbst auff dich geleget/ Auch so/ daß sich beweget Der Weltbau hinn und her11. 6. Du trugst auff Deinem Rükken Die Sünde dieser Welt12/ Man spührte Den Dich drükken/ Der alles sonst erhält/ Der ließ die Noht Dich schmekken/ Die grausahm könt’ erschrekken Den starksten Wunderheld13. 7. Ach! Deß Gesetzes Dreüen14 Daß war doch gahr zu groß/ Du soltest HErr/ nicht scheüen Den Fluch15 gantz Gnadenloß/ Dazu deß Todes Bande16/ Deß Kreützes Schmach und Schande/ Verachtet/ krank und bloß17: | S. 157e

8. Wie hat Dir zugesetzet Deß Satans Grausahmkeit? Stark hat Sie Dich verletzet/ Du warst auch nicht befreit Von lästern/ fluchen/ toben/ Von unten und von oben18 War Schmertz und Hertzeleid. 9. Wer solt’ hie nicht erkennen O trauter JEsu Christ/ Daß Du der Mann zu nennen/ Der hertzlich liebreich ist/

e Kolumnentitel: üm die neünte Stunde/ schrei Jesus laut und sprach: Eli/ etc.

11 Vgl. Mt 27,52 12 Vgl. Joh 1,29 13 Jes 9,5 14 Dreüen] Drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 15 Vgl. Gal 3,13 16 Ps 18,5 17 Jes 53,3 18 Mt 27,39–44

35

40

45

50

55

60

Erste Gedanken über das 4. Kreuzeswort

273

Wie niedrig bistu worden19 HErr/ in der SünderOrden20 Ohn’ allen Trug und List!

65

70

75

80

85

10. Du bist ein Mensch erfunden21/ Ob Du gleich Gottes Sohn/ Das zeigen deine Wunden/ Das zeügt die scharffe Krohn’/ Auch Nägel/ Peitschen/ Riemen/ Die Dir viel tausend Striehmen/ Gemacht mit Spott undf Hohn22. 11. Mein Seelichen/ betrachte/ Was JEsus hat gethang/ Als Gottes Grim erwachte | Dort auff dem Leidens=Plaan23/ Du soltest gar verlassen Nicht können Trost mehr fassen Jn dieser Sündenbahn. 12. Nun aber hat gelitten Der HERR an deiner statt24/ Er hieng recht in der Mitten25 An Leib und Seele matt/ Was darffst26 Du denn viel klagen? Er hilfft die Last Dir tragen27/ Macht Dich deß Trostes satt. 13. Wollan/ Ob Mich getroffen Jtz Trübsahl/ Angst und Noht/

f und] Emendiert aus: nnd g gethan] Emendiert aus: gethan’ h Kolumnentitel: Die zweite Heilige Andacht über das Vierte Wohrt:

19 Phil 2,7 f. 20 SünderOrden] Gemeinschaft der Sünder. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1317. 21 Phil 2,7 22 Mt 27,27–30 23 Leidens=Plaan] Platz des Leidens. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1884. 24 Vgl. 1Petr 1,21 25 Mt 27,38 26 darffst] mußt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 27 Vgl. Ps 68,20

S. 158h

274

Passionsandachten

So wil auff den Jch hoffen/ Der gantz von Bluhte roht28 Den Himmel Mir erworben/ Ey freüdig drauff gestorben/

90 29

Der Tod/ ist mir kein Tod ! |

28 Vgl. Apk 19,13 29 Vgl. 1Kor 15,55

Zweite Gedanken über das 4. Kreuzeswort

275

276

Passionsandachten

Die Andere1 Heilige und Gottselige

Gedanken Uber das

Vierte Wohrt/ Welches unser liebster Heiland und Seligmacher JEsus Christus/ in seiner grössesten Angst/ am Kreütz hat gesprochen/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Mattheus/ am 27. Kapittel/ v. 46. Jn unserer teüschen2 Sprache also lautend:

Um die neünte Stunde schrei3 Jesus laut und sprach: Eli/ Eli/ Lama/ Asabthani/ das ist: Mein Gott/ mein GOtt/ warum hastu mich verlassen? Dieses kan man auch singen nach der Melodie meines/ auß den Sonderbahren4 Himlischen/ nunmehr wolbekandten Sterbeliedeleins.

So wünsch Jch mir zu guter letst/ u. s. w.5 1.

K 5

An auch wol grösser Trübsal sein/ Als wenn uns plagen die Gedanken/ Daß Gott/ der doch die Lieb’ allein6 Jn seiner Treü fah’ an zu wanken? Fürwahr/ diß ist die höchste Noht/ Womit kein Elend zu vergleichen/ Ohn’ unterlaß sucht Er den Tod/ Der seinen GOtt nicht kan erweichen. |

a Kolumnentitel: üm die neünte Stunde schrei Jesus laut und sprach: Eli/ etc.

1 Andere] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 2 teüschen] deutschen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1047. 3 schrei] schrie. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1709. 4 Sonderbahren] besonderen. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 5 Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 447 f. 6 1Joh 4,16

S. 161a

278 S. 162b

S. 163d

Passionsandachten

2. Die Welt ist zwahr voll Angst und Quahl/ Offt muß man unter Loüen sitzen7/ Vergiessen Trähnen ohne Zahl Und auf der Kreütz=Bank redlich schwitzen/ Wie mancher muß Sein Vatterland Verlassen und ins Elend gehen! Wie mancher muß sein liebstes Pfand Jhm durch den Tod entraubet sehen!

10

15

3. Wie mancher wird verfolgt/ geplagt! Wie mancher muß groß Armuht leiden! Wie mancher wird durch Krieg verjagt! Wie mancher muß die Freündschaft meiden! Wie mancher der sehr krank und schwach/ Muß fühlen unerhörte Schmertzen! Wie mancher rufft mit Weh’ und Ach: Mir brennt ein schreklichs Feür im Hertzen!

20

4. Doch/ diß istc alles Kinderspiel/ Jm Fall’8 uns dieses wil betrüben/

25

Daß GOtt Sein Mühtlein an uns kühl’ 9/ Er könn’ und woll’ uns gahr nicht liben/ | Denn schreiet man: Mein GOtt/ mein GOtt/ Wie hast Du Mich so gahr10 verlassen11!

30

Jtz werd’ Jch aller Welt zum Spott12/ Magst Du Mich denn so grimmig hassen?

5. Was mach’ Jch nun/ wo find’ Jch Raht? Jch wil zu GOtt im Himmel schreien/ Wie Christus Mich gelehret hat13 Wenn Der Mir wird die Schuld verzeihen/

35

b Kolumnentitel: Die zweite Heilige Andacht über das Vierte Wohrt c ist] Emendiert aus: itz d Kolumnentitel: üm die neünte Stunde schrei Jesus laut und sprach: Eli/ etc.

7 Ps 57,5 8 Jm Fall’] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 9 Vgl. Ez 5,13 Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 11 Ps 22,2 12 Ps 22,7 13 Vgl. Mt 6,5–13

10 gahr] völlig.

Zweite Gedanken über das 4. Kreuzeswort

40

279

So darff Jch für sein Angesicht Als ein Versöhnter wiedrum treten14/ Und/ wenn Mir gleich mein Hertz zubricht/ Dennoch im Glauben kindlich behten. 6.

Mein GOTT/ sei doch nicht fern von Mir/

45

50

55

Komm bald/ Mir Armen beyzustehen15/ Jch ruff’/ Jch beht’ O HERR/ zu Dir/ Laß Mich doch schnell dein’ Hülffe sehen16/ Dich such’ Jch stets/ Ach laß Mich doch Jn meiner höchsten Noth dich finden17/ Du heist und bist ja Vatter noch18/ Drumb Vatter/ hilff Mir überwinden! | 7. Jch sprach in meinem Zagen zwahr: Jch binn/ O GOtt/ von Dir verstossen19/ Denn/ als Jch Dich sucht’ in Gefahr/ Fand Jch Dich nicht20/ schlug einen blossen21/ Bald aber hast Du meine Stimm’ Erhöret22 und Mich angeschauet/ So plötzlich legte sich Dein Grimm/

Wol Dem/ wol Dem/ der Dir vertrauet23!

60

8. Mein JEsus hat auß Gottes Wohrt Jn seiner Angst zu GOtt geschrien24: Jch wil im Kreütz auch alsofohrt Zu meinem Schöpfer kindlich fliehen/ Und Jhm sein Wohrt nur halten für25/ Sein Wohrt/ das Ewiglich muß bleiben26/ Das wird Mir schnell die Gnadenthür’ Eröffnen und die Noht vertreiben.

e Kolumnentitel: Die zweite heiliche Andacht über das Vierte Wohrt

14 Vgl. Apk 22,3 f. 15 Ps 38,22 f. 16 Vgl. Ps 31,3 17 Vgl. Jer 29,13 f. 18 Vgl. Röm 8,15 19 Ps 31,23 20 Hld 3,1 21 schlug einen blossen] verfehlte mein Ziel. Vgl. zu ‚schlagen‘ Grimm, DWb 15, Sp. 390. 22 Vgl. Ps 31,23 23 Vgl. Ps 34,9 24 Mt 27,46 25 Ps 27,8 26 Ps 119,89

S. 164e

280

Passionsandachten

9. Jch hatte viel Bekümmerniss Jn meinem sehr gequälten Hertzen27/ Doch war dein Trost Mir so gewiss’ O HErr/ daß Er die TodesSchmertzen Vertrieben hat in schneller Eyl/ So kräfftig kan dein Wohrt uns laben/ Dein Wohrt/ auß welchem Jch mein Heil Und allerhöchste Lust kan haben28. | S. 165f

10. Ein Ander suche Gold und Geld/ Pracht/ Reichthum/ Ehr’ und herrlichs Leben; Dein Wohrt HErr/ ists/ das Mir gefält29/ Das Mir den theürsten Schatz kan geben/ Jch liebe Davids Psälterlein/ Das ist für alles Gold30 zu schätzen/ Solt’ auch mein Kreütz noch schwehrer sein/ Kan doch diß Buch mein Hertz ergetzen. 11. Verleihe Mir/ O GOtt/ mein Hohrt31/ Daß/ wenn Mich Kreütz und Trübsahl plagen/ Jch müg’ ergreiffen schnel dein Wohrt/ Denn/ weiß Jch/ werd’ Jch nicht verzagen/ Dein Wohrt sol sein mein Auffenhalt32/ Dein Wohrt sol sein mein Trost im Leiden/ Ja/ denn auch/ wenn Jch bleich und kalt Auß dieser bösen Welt muß scheiden. |

f Kolumnentitel: üm die neünte Stunde/ schrei Jesus laut und sprach: Eli/ etc. 27 Ps 94,19 28 Vgl. Jer 15,16 29 Vgl. Ps 119,127 30 für alles Gold] höher als alles Gold. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 621. 31 Ps 18,3; 71,3 32 Auffenhalt] Trost. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 637.

65

70

75

80

85

Dritte Gedanken über das 4. Kreuzeswort

281

282

Passionsandachten

Die dritte Heilige und Gottselige

S. 167a

Gedanken Uber das

Vierte Wohrt/ Welches unser allerliebster Heiland und Seligmacher JEsus Christus/ am Stamme deß heiligen Kreützes/ in seiner höchsten Noht hat gesprochen/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Mattheus am 27. Kapittel/ v. 46. Jn unserer teütschen Sprache also lautend:

Um die Neünte Stunde/ schrei1 JEsus laut und sprach: Eli/ Eli/ Lama Asabthani. Das ist: Mein Gott/ mein Gott/ warumb hastu mich verlassen? Dieses kan man auch singen nach der Melodie meines/ auß den himlischen/ wolbekandten Abend=Liedes:

Werde munter mein Gemühte/ u. s. w.2 |

1.

S. 168b

S

Chauet All’ Jhr Menschen Kinder JEsus bittres Leiden ann/ Welches auch die gröbste Sünder Auß der Höll’ erretten kan:

a Kolumnentitel: üm die neünte Stunde schrie Jesus laut und sprach: Eli/ etc. Die dritte Heilige Andacht über das Vierte Wohrt:

b Kolumnentitel:

1 schrei] schrie. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1709. 2 Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 238.

284

Passionsandachten

JEsus schreiet Jämmerlich/ Und die Spötterc kützlen sich3/ Sprächen: Hört! Er ist verlassen/ Nun wil Er Elias fassen4.

5

2. Aber nein/ diß herbe Klagen Ruffet dem Elias nicht5/ Und/ wie könte Der verzagen/ Der sein Heil und Zuversicht Bloß auff Gott gesetzet hat6/ Den Er vielmahls in der That Seinen Hohrt und Schutz7 befunden/ Wann die Feind’ Jhm widerstunden.

10

15

3. Spricht Er doch: Du bist gewesen Meine Zuflucht in Gefahr8/ Liessest Mich dein Kind genesen/ Als Jch an der Brust noch war Meiner Mutter/ da bei Dir Fand Jch Hülffe für und für9/ Nun/ Du wirst Mich heüt’ auch machen Ledig auß deß Todes Rachen10. | S. 169d

4. Sei getrost/ betrübte Seele/ Must du gleich verstossen sein Jn die Kreütz= und Jammer=Höhle Harr’ und hoff’ auff Gott allein11/ Drükt Dich schon das Unglüks=Joch Ach! Dein Schöpfer liebt Dich doch/ Bist Du nur bei Dem in Gnaden/ Ey/ was kan Dir Unglük schaden?

c Spötter] Gemäß Cantus und Bassus in C emendiert aus: Spöttern neünte Stunde schrei Jesus laut und sprach: Eli/ etc.

20

25

30

d Kolumnentitel: üm die

3 kützlen sich] freuen sich. Vgl. zu ‚kitzeln‘ Grimm, DWb 11, Sp. 881. 4 Mt 27,46 f. 5 Ruffet dem Elias nicht] ruft nicht nach Elia. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1402. 6 Ps 73,28 7 Ps 59,18; 62,3.7; 94,22 8 Ps 59,17 9 Vgl. Ps 22,10 f. 10 Sir 51,6 11 Ps 42,6.12

Dritte Gedanken über das 4. Kreuzeswort

35

40

45

50

55

60

285

5. GOtt der wird Dich nicht verlassen12/ GOtt der ist dein Licht13 und Theil14/ GOtt kan sein Geschöpff nicht hassen15/ GOtt der schenkt Dir Trost und Heil16/ GOtt ist deines Lebens Krafft17/ Der Dir endlich Hülffe schafft18/ Lerne GOtt allein vertrauen/ Denn so wird Dir nimmer grauen19. 6. Must Du gleichwol sein gequählet/ Must Du dulden Spott und Hohn; Sei getrost/ Du wirst gezehlet Denen zu/ die gleichen Lohn Jn der Welt davon gebracht20/ Habe nur auff JEsum acht/ JEsus ward also geplaget/ Daß man rieff: Er ist verzaget! | 7. Merk’ hie/ was für Wohrte führet David/ Gottes lieber Mann21: Jammer hat Mich so gerühret/ Daß Jch kaum mehr leben kann22/ Meine Seel’ ist Trübsahl vol/ Bin Jch doch/ als der da sol Kläglich itzt zur Höllen sinken/ Und in grosser Quahl ertrinken23! 8. Was nun CHristus außgestanden/ Was den Frömsten ist geschehn/ Welche man in Spott und Banden Manchen lieben Tag gesehn/

e Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Vierte Wohrt:

12 Vgl. Ps 91,14 13 Ps 27,1 14 Ps 16,5 15 Vgl. Eph 5,29 16 2Kor 1,6 17 Ps 27,1 18 Ps 12,6 19 Vgl. Sir 2,6 20 Vgl. Lk 6,23 21 Vgl. 1Sam 13,14; Apg 13,22 22 Vgl. Ps 88,4 23 Vgl. Ps 69,3

S. 170e

286

Passionsandachten

Lass’ auch Dir nicht seltzahm sein/ Christus kennt die LeidensPein24/ Welche Dir/ Mein Freünd25/ im Hertzen Schaffet so viel Angst und Schmertzen. 9. GOtt der stäupet26 die Gerechten27 Nur ein weinig28/ aber bald Thut Er guhtes seinen Knechten/ Wenn die süsse Stimm’ erschalt:

Mensch/ wenn Jch in Trübsahl Dich Erst geprüfet härtiglich/ Denn wil Jch von allem Bösen Dich/ mit grosser Krafft erlösen29. | S. 171f

10. Denn so wird man können sagen: Nun/ so bist Du doch Mein Gott/ Der gemerkt hat meine Klagen30/ Ja du starker Zebaoht31 Hast Mich auß der Kreützes=Schuhl’ Auß der Höllen Angst und Pfuhl Wunderbahrlich itz gerissen/ Alle Welt muß solches wissen32. 11. Ewigs Lob sei dir gesungen33 Grosser GOtt34/ daß Du so bald Als das Kreütz auff Mich gedrungen/ Mich befreit hast mit Gewalt/ Ey hinfohrt wil Jch die Noht/ Ja so gahr den bittern Tod Fürchten nichts/ denn Du kanst geben Hülff’ und Trost/ Freüd’/ Heil und Leben. |

f Kolumnentitel: üm die neünte Stunde/ schrei Jesus laut und sprach: Eli/ etc.

24 Vgl. Hebr 2,18 25 Vgl. Joh 15,14 f. 26 stäupet] züchtigt. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 1203. 27 Vgl. Jer 30,11 28 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 29 Vgl. Mt 6,13 30 Ps 66,19 31 Jer 32,18 32 Vgl. Ps 91,15 33 Ps 61,9 34 Ps 95,3

65

70

75

80

85

Erste Gedanken über das 5. Kreuzeswort

287

288

Passionsandachten

Erste Gedanken über das 5. Kreuzeswort

289

S. 174a

Die Erste Helige1 und Gottselige

Gedanken/ Uber das

Fünffte Wohrt/ Welches unser Allerliebster Heiland und Seligmacher Jesus Christus/ am Stamme deß heiligen Kreützes in seiner allergrösten Mattigkeit hat außgesprochen/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Johannes/ am 19. Kapittel/ v. 28. Jn unserer teütschen Sprache also lautend:

JEsus spricht: Mich dürstet: Dieses kan man auch singen nach der Melodie unseres wolbekandten Kirchenliedes.

An Wasserflüssen Babilon/ da sassen wir mit Schmertzen/ u. s. w.2 |

1.

S. 175b

O

Schweiß/ O Müh’/ O Grausamkeit/ Wie habt Jhr außgezehret Den Sohn deß Höchsten3 in der Zeit/ Als Er am Kreütz begehret/

a Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Fünffte Wohrt: spricht: Mich dürstet.

b Kolumnentitel: JEsus

1 Helige] heilige. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 827. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1525 in Straßburg (RISM 152518) gedruckten Liedes „An Wasserflüssen Babylon“ vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/1.2 Notenband, S. 123 (Eb17) und Textband, S. 128 f. sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 225 f. In Hamburg war das Lied seit Franz Elers ‚Cantica sacra‘ von 1588 (RISM 158814) verbreitet, vgl. auch David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811). 3 Lk 1,32

Erste Gedanken über das 5. Kreuzeswort 5

10

15

20

25

30

291

Daß man in seiner schwehrsten Pein Jhm reichen mücht’ ein Trünkelein4/ Sein mattes Hertz zu laben/ Schaut aber/ wie der Feinde Schahr/ Welch’ Jhn zu plagen embsig war/ Jhm bittern Essig gaben5. 2. O JEsu/ welch ein Grimm ist das/ Daß man Dir auch versaget Jn solcher Angst ein wenig Nass/ Daß man wol ungefraget Den Sündern gibt/ daß Sie der Noht Vergessen/ wenn Sie bald den Tod Vom Henker müssen leiden/ Dir wegert 6 mans/ O Gottes Lamm7/ Dir/ da Du wirst am Kreützes Stamm’ Auß dieser Welt itz scheiden. 3. Mein Seelichen/ bedenk’ es wol/ Wer ists/ der hie begehret/ Daß man Jhn einmahl tränken sol Und/ dem mans nicht gewähret? | Es ist deß grossen Gottes Sohn/ Der Menschen Heil8 und Gnaden Trohn9/ Durch welchen ja muß stehen Diß Weltgebaü/ das Er hält fäst/ Ach! Der die Brunnen quellen läst10/ Muß schier11 für Durst vergehen. 4. Der HErr/ der auß dem Wasser pflag12 Den besten Wein zu schenken13/ Kriegt hie kein Tröpflein/ diesen Tag/ Nur Essig muß Jhn tränken/ c 176] Emendiert aus: 158

d Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Fünffte Wohrt:

4 Joh 19,28 5 Joh 19,29 6 wegert] verweigert. Vgl. zu ‚weigern‘ Grimm, DWb 28, Sp. 639. 7 Joh 1,29.36 8 Ps 27,1 9 Lev 16,2; Röm 3,25; Hebr 4,16 10 Vgl. Ps 104,10 11 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 12 pflag] pflegte. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1745. 13 Vgl. Joh 2,7–10

S. 176c,d

292

Passionsandachten

Doch hat Er in der Leidensbahn Uns Menschen diß zum Nutz gethan: Es solt’ uns Ewig plagen Der Höllen Durst/ drum/ Dir sei Dank HErr JEsu/ daß Du matt und krank Für uns den Durst getragen.

S. 177e

35

40

5. Nun kan Jch frisch und wolgemuht Jsraels Brünlein haben/ Jch kan auß Dir/ O höchstes Guht Mein mattes Seelchen laben14/ Und/ wenn Du Mich auß dieser Welt Wirst führen in Dein Himmels Zelt/ So wird Mich nimmer dürsten/ So werd’ Jch stets beim Brunnen sein/ Und trinken frisch den Freüden Wein15 Mit JEsu/ meinem Fürsten. |

45

6. Merk’ aber auch/ wenn Christus spricht Mich dürstet16: Daß sein Klagen Am Kreütz sey wahrlich Kurtzweil nicht/ Wie rohe Ketzer sagen/ Demnach Sie lehren gahr zu frei/ Daß CHristus wahrer Mensch nicht sei/ Hinweg mit solchen Sachen17! Sein Durst bezeügt uns offenbahr/ Daß Er ein Mensch gebohren war/ Nur selig uns zu machen.

55

50

f

e Kolumnentitel: JEsus spricht: Mich dürstet. f Merk’] In Custode statt dessen: Mit (Erratum)

14 Vgl. Joh 4,13 15 Vgl. Apk 21,6 16 Joh 19,28 17 Rist wendet sich an dieser Stelle gegen die doketisch-häretische Ansicht, die Artikulation humaner Bedürftigkeit des leidenden Christus sei im uneigentlichen, gewissermaßen ‚scherzhaften‘ Sinne zu verstehen, da damit die wahre Menschheit des Sohnes Gottes negiert wird. Die schon in der frühen Kirchengeschichte kritisierte These vom bloß scheinbaren Leiden Christi (Doketismus) war im 16. Jahrhundert u.a. von dem Antitrinitarier Michael Servet und von dem Spiritualisten Caspar Schwenckfeld von Ossig adaptiert worden.

60

Erste Gedanken über das 5. Kreuzeswort

293

7.

Jhr Säuffer/ tretet auch herann/

65

70

75

80

85

90

Legt Eüch zu JEsu Füssen/ Und schauet/ wie der Schmertzen Mann18 Für Eüch hat müssen bühssen/ Was Jhr verschwendet Tag und Nacht/ Ja gahr zu schändlich durchgebracht/ Daß muß der HErr bezahlen19/ Noch könnt Jhr sitzen stets beim Wein/ Mit fluch= und schelten20 frölich sein/ Auch gahr zu schändlich prahlen. 8. Wenn Dich der Satan reitzet ann O Mensch/ mit jennem Hauffen/ Der nichts/ als solches treiben kan Bei Tag’ und Nacht zu sauffen. | So laß deß HErren JEsus Wohrt/ Daß Er an jennem LeidensOhrt Hat kläglich außgeschrien/ Von dem Gesöff21 Dich mahnen ab/ Daß Du nicht dörffest schnell ins Grab/ Ja gahr zur Höllen ziehen. 9. Es füllen viel in dieser Zeit Auch damit Jhren Magen/ Daß offtmahls in der Ewigkeit Sie können nicht vertragen/ Wer aber hie fein nüchtern lebt Und nur nach Christus Gnade strebt/ Der wird im Reich der Ehren22 Geniessen den erwünschten Trunk23/ Sein Ewig frisch/ stark froh’ und Jung24/ Auch Wonn’ und Jauchtzen hören. |

g Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Fünffte Wohrt:

18 Vgl. Jes 53,4 19 Ps 69,5 20 schelten] Lästern. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2524. 21 Gesöff] Saufen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4127. 22 Vgl. Mt 25,34; 2Tim 4,18 23 Vgl. Apk 21,6 24 Vgl. Apk 21,4

S. 178g

294

Passionsandachten

Zweite Gedanken über das 5. Kreuzeswort

295

S. 181a

Die Zweite Heilige und Gottselige

Gedanken Uber das

Fünffte Wohrt/ Welches unser liebster Heiland und Seligmacher JEsus CHristus/ am Stamme deß heiligen Kreützes in seiner allergrössesten Mattigkeit hat außgesprochen/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Johannes/ am 19. Kapittel/ v. 28. Jn unserer teütschen Sprache also lautend:

JEsus spricht: Mich dürstet: Dieses kan man auch singen nach der Melodie unseres schönen/ wolbekandten Kirchen= Liedes.

Durch Adams Fall ist gantz verderbt/ u. a. m.b,1

1.

M

Erk’ abermahl/ O Christlichs Hertz/ Wie hoch Dich JEsus liebet/ Der/ als deß bittern Todes Schmertz Auffs hefftigst’ Jhn betrübet/ Verlangen hat/ Dich in der Taht

a Kolumnentitel: JEsus spricht: Mich dürstet.

b u. a. m.] Emendiert aus: u. a. w.

1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1533 in Wittenberg (RISM 153302) gedruckten Liedes „Durch Adams Fall ist ganz verderbt“ vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/1.2 Notenband, S. 157 (Ee13) und Textband, S. 199 f. sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 286 f. In Hamburg war das Lied seit Franz Elers ‚Cantica sacra‘ von 1588 (RISM 158814) verbreitet, vgl. auch David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811).

5

297

Zweite Gedanken über das 5. Kreuzeswort

Vom Satan zu befreien2/ Drum muß Er bald Fast steiff und kalt

Ach Gott/ Mich dürstet3/ schreien. |

10

S. 182c

2. Gleich wie nun Christus dazumahl Ein sehnliches Verlangen Getragen hat/ als in der Quahl Er dort am Kreütz gehangen Nach Dir allein/ Daß seine Pein Dich schützte für dem Drachen; So wil Er noch Vom Sünden=Joch O Mensch Dich ledig machen4.

15

20

3. Ach schaue JEsus Langmuht ann: Wie mancher hat getrieben Viel Sünd’ und Schand’/ ist Jedermann Ein’ Argerniß verblieben! Und gleichwol hat Die Missethat Noch keinen Lohn empfangen/ Warum? Dieweil Nach unserm Heil GOtt stets trägt ein Verlangen.

25

30

4. Er kan ja thun/ was Er nur wil Jm Himmel und auff Erden/ Und gleichwohl hält sein Rachschwehrt still5/ Daß nicht gezüchtigt werden | Die/ welche Gott Mit Hohn und Spott

35

c Kolumnentitel: Die zweite Heilige Andacht über das Fünffte Wohrt spricht: Mich dürstet.

2 Vgl. 1Joh 3,8

3 Joh 19,28

4 Vgl. 1Petr 2,24

d Kolumnentitel: JEsus

5 Vgl. Röm 5,9; 1Thess 1,10

S. 183d

298

Passionsandachten

Schon längst erzürnet haben/ Er trägt Gedult Mit Jhrer Schuld/ Die wolt’ Er gern vergraben.

40

5. Drum rufft Er manchen lieben Tag:

Wer Ohren hat zu hören

Der höre6/ daß Er leben mag/ Er laß sich nicht bethören7 Die Lust der Welt/ Welch’ Jhm nachstelt/ Er kehre sich vom Bösen/ Er wandle wol8/ Jm Fall’9 Jch sol Sein’ arme Seel’ erlösen.

6. Jst deine Sünde schon so roht Wie Bluht/ O Mensch/ auff Erden; Verzweifle nicht in solcher Noht/ Sie sol viel weisser werden Als Woll’ und Schnee10/ Wenn Jch nur seh’ Ein Hertz/ das Mir ergeben/ Jhr Sünder Jhr/ Komt her zu Mir11/ So solt Jhr Ewig leben12. | S. 184e

7. GOtt zeigt uns an in seinem Wohrt’ (Ach müchten wirs bedenken!) Was unerhörte Marter dort Die Sünder werden kränken13/ Drum rufft Er/ gern Uns nah’ und fern/ e Kolumnentitel: Die ander Heilige Andacht über das Fünffte Wohrt:

6 Mt 11,15; 13,9 7 bethören] täuschen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1702. 8 Vgl. 1Petr 3,10 f. 9 Jm Fall’] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 10 Jes 1,18 11 Mt 11,28 12 Vgl. Joh 3,15 13 kränken] quälen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2031.

45

50

55

60

65

Zweite Gedanken über das 5. Kreuzeswort

70

75

80

85

90

299

Man sol die Boßheit meiden14/ Wer das nicht thut/ Muß in der Gluht Der Höllen Ewig leiden15! 8. Bedenkts: So guht ist Gott der HErr/ Daß Er uns auch läst lehren Getreülichst durch die Prediger/ Wir sollen uns bekehren/ Doch/ Kreütz und Pein Die müssen sein Bottschaffer16 unsrer Straffen/ Wenn das geschicht/ So laß uns nicht Fast als im Tod’ entschlaffen. 9. Ach! Solte GOtt nicht dürsten sehr Nach unserm Wolergehen? Gibt Er uns doch so bald Gehör17 Und läst gantz klährlich sehen/ | Wie sein Gemüht’ Und grosse Güht’ Ein sehnliches Verlangen Trägt für und für Nach Mir und Dir/ Daß Er uns müg’ ümfangen. 10.

95

Wie Dich nun dürstet HErr/ nach Mir/ Den Himmel Mir zu schenken; So laß Mich dürsten stets nach Dir Und bloß an Dich gedenken/ Du bist allein Der Gnadenwein

f Kolumnentitel: JEsus spricht: Mich dürstet.

14 Vgl. Ps 34,15 15 Vgl. Mt 25,41 17 Vgl. Ps 91,15

16 Bottschaffer] Botschafter. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 277.

S. 185f

300

Passionsandachten

Der Leib und Seel ergetzet/ Wenn Mich der Tod Auß aller Noht Jns Paradiß versetzet. |

100

Dritte Gedanken über das 5. Kreuzeswort

301

302

Passionsandachten

Die dritte Heilige und Gottselige

S. 187a

Gedanken Uber das

Fünffte Wohrt/ Welches unser Allerliebster Heiland und Seligmacher JEsus Christus/ am Stamme deß heiligen Kreützes/ in seiner allergrössesten Angst hat gesprochen/ wie dasselbe beschriben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Johannesb/ am 19. Kapittel/ v. 28. Jn unserer teütschen Sprache also lautend:

JEsus spricht: Mich dürstet. Dieses kan man auch singen nach der Weise unseres wolbekanten Morgenliedes:

Jch dank Dir lieber HErr/ u. s. w.1 |

1.

S. 188c

W

Enn unser Heiland klaget

Mich dürstet2! lieber Christ/

Jst das so viel gesaget: Der Du mein Jünger bist/ a Kolumnentitel: JEsus spricht: Mich dürstet. b Johannes] Emendiert aus: Mattheus nentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Fünffte Wohrt:

c Kolum-

1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1573 in Leipzig (RISM 157304) gedruckten Liedes „Ich dank’ dir, lieber Herre“ vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/2 Notenband, S. 67 (B41B) und Textband, S. 94 sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 112. Rist dürfte die Melodie jedoch in der Fassung in Franz Elers 1588 in Hamburg gedruckten ‚Cantica sacra‘ (RISM 158814), die auch in David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811) aufgenommen wurde, geläufig gewesen sein, vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/3 Notenband, S. 188 (B41D), Textband, S. 245 sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 113. 2 Joh 19,28

304

Passionsandachten

Must manchen Tag auch meiden Der Nahrung überfluß/ Dir sag’ Jch/ Du wirst leiden Durst/ Hunger und Verdruß. 2. Du kanst nicht allzeit sitzen/ Daß Dich ein süsser Wein Mit Freüden müg’ erhitzen/ Hier wil gelitten sein/ Du must mit Mir spatziren Den Schedelberg3 hinann/ Damit Du lernest spühren/ Was Durst und Hunger kan. 3. Wenn Dir das widerfähret/ O Du betrübtes Hertz/ Und Dich so hart beschwehret Deß Kreützes bittrer Schmertz/ So kanst Du leicht dich stillen4 Gib nur auff JEsum acht/ Als Der üm unsernt Willen So dürfftig ward gemacht5. | S. 189d

4. Er sah’ in viertzig Tagen Kein eintzigs Ränftlein6 Brod7/ Es ist nicht außzusagen8/ Was JEsus offt für Noht Und Mangel außgestanden! Wenn Dir auch so geschicht/ Daß Armuht e kömt obhanden9/ Wollan/ verzage nicht.

d Kolumnentitel: JEsus spricht: Mich dürstet. e Armuht] Emendiert aus: Ar muht

3 Mt 27,33 4 stillen] beruhigen. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 3010. 5 Vgl. Phil 2,7 6 Ränftlein] Rinde. Vgl. zu ‚Ranft‘ Grimm, DWb 14, Sp. 90. 7 Mt 4,2 8 außzusagen] auszusprechen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 943. 9 Armuht kömt obhanden] du in Armut fällst. Vgl. zu ‚obhanden‘ Grimm, DWb 13, Sp. 1107.

5

10

15

20

25

30

Dritte Gedanken über das 5. Kreuzeswort

305

5. Es kan Dir ja nicht schaden An deiner Seligkeit/ Du bist bei GOtt in Gnaden Auch noch zu dieser Zeit/ Dein Christus muß zwahr leiden Den Durst mit grosser Noht/ Von GOtt kan Jhn doch scheiden Auch nicht der bittre Tod!

35

40

6. Sprich: HErr/ du kanst erfreüen Mein Hertz/ wenn andre gleich Für Stoltz und Hochmuht schreien/ Sind prächtig/ groß und reich10/ Wirst Du HErr/ Mich nur nennen Dein Kind11/ so weiß Jch wol/ Daß nichts von Dir Mich trennen12 Noch zaghafft machen sol. |

45

7. Doch muß man Christus Sitten Fein lernen/ der die Noht Hat mit Gedult erlitten So gahr biß in den Tod/ Und/ solt’ Er uns gleich kränken Mit Essig/ Tag und Nacht/ So muß man doch gedenken:

50

55

S. 190f

Er hats sehr wol gemacht13!

8. Der GOtt/ der da gespeiset Jsrael viertzig Jahr’14/ Als diß sein Volk gereiset Wo nichts zu finden war/ Der GOtt/ der dort erhalten Elias wunderlich15;

60

f Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Fünffte Wohrt:

10 Vgl. Ps 4,8 17,2–16; 19,5–7

11 Röm 8,14

12 Röm 8,38 f. 13 Mk 7,37

14 Ex 16,35

15 Vgl. 1Kön

306

Passionsandachten

Der wird mit Gnaden walten Auch über Dich und Mich. 9. Der Gott/ der auch die Raben Nicht Hungers sterben läst/ Schikt Jhnen Speis’ und Gaben Jn Jhr gar ödes Nest; Der wird sich auch der Armen Krafft seiner milden16 Hand Jn Hungersnoht erbarmen17/ Und segen18 Hauß und Land. | S. 191g

10. Und muß Jch schon vertreiben Den Durst mit Essig nur/ So werd’ Jch doch verbleiben Gott/ deine Kreatur/ Von Dir wil Jch nicht wanken/ Jst gleich der Vorrahth schlecht19/ So wil Jch doch dir danken Als dein ergebner Knecht. 11. Lob sey Dir HErr gesungen/ Daß Du so gnädiglich Durch deinen Durst verdrungen20/ Auch das/ was Ewig Mich Solt’ in der Höllen plagen. Jtz werd’ Jch in der Zeit Durst und Verlangen tragen Nach deiner Herrligkeit. |

g Kolumnentitel: JEsus spricht: Mich dürstet. h Vorraht] Gemäß B emendiert aus: Voraht

16 milden] freigebigen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2202. 17 Lk 12,24 18 segen] segnen. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 118. 19 schlecht] gering. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 20 verdrungen] überwunden. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 250.

65

70

75

80

85

Erste Gedanken über das 6. Kreuzeswort

307

S. 193a

Die Erste Helige1 und Gottselige

Gedanken/ Uber das

Sechste Wohrt/ Welches unser allerliebster Heiland und Seligmacher Christus Jesus/ am Stamm deß heiligen Kreützes hat außgesprochen/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Johannes/ am 19. Kapittel/ v. 30. Jn unser teütschen Sprache also lautend:

Da nun JEsus den Essig genommen hatte/ sprach Er: Es ist vollenbracht2. Dieses kan man auch singenb nach der Weise unseres wolbekanten Passionliedes

O wir arme Sünder/ unsre Missethat/ u. s. w.3

1.

K

Ommet/ anzuhören Auß deß HErren Mund’ Ubersüsse Lehren/ Die zur letsten Stund’/ Als Er wolt’ abscheiden/ Er uns kund gemacht/

5

Nunmehr ist mein Leiden (Sprach Er) vollenbracht4,5! | a Kolumnentitel: Da nun Jesus den Essig genommen hatte/ sprach Er: Es ist etc. Emendiert aus: singe n

b singen]

1 Helige] heilige. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 827. 2 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602. 3 S. o. S. 118, Anm. 3. 4 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602. 5 Joh 19,30

Erste Gedanken über das 6. Kreuzeswort

10

15

20

25

30

35

309

2. Alles was gesehen Der Propheten Schaar/ Jst fürlängst geschehen Und erfüllet gahr6/ Es ist nun vollendet Was vorher gesagt/ Daß man Gott geschendet Und sein Kind geplagt.

S. 194c

3. Schaut/ deß Weibes Saamen7 Hat zerknirschet8 schon Belial9 den Lahmen/ Ja mit Spott und Hohn Jhm den Kopf zertreten10/ Wie für langer frist11 Diß von Gott erbehten Auch erhalten ist. 4. Jakob/ als Er solte Scheiden auß der Welt/ Wuste/ was man wolte Thun dem Wunderheld’12. Sprach: Der HErr wird waschen Auch sein Kleid im Wein13/ Wenn man Jhn wird haschen Hinn zur Leidenspein. | 5. Schaut die grossen Farren14/ (Hört/ was David spricht)15 Werden gahr nicht harren/ Jhn deß Lebens Licht16 c Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Sechste Wohrt: Jesus den Essig genommen hatte/sprach Er: Es ist etc.

S. 195d

d Kolumnentitel: Da nun

6 gahr] vollständig. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 7 Gen 3,15 8 zerknirschet] zertreten. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 707. 9 2Kor 6,15 10 Gen 3,15 11 frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 12 Jes 9,5 13 Gen 49,11 14 Farren] Stiere. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1333 f. 15 Ps 22,13 16 Joh 8,12

310

Passionsandachten

Grausahmlich zu plagen/ Schaut die falsche Rott’/ Ach! Sie darff noch sagen17:

Wo bleibt nun sein Gott18?

6. Esaias machet Alles kund vorher/ Spricht: Daß Gott/ verlachet/ Schreklich viel Beschwehr/ Als auch unsre Schmertzen Laden solt auff Sich19 Und viel Angst im Hertzen Dulden jämmerlich.

40

45

7.

Alles ist erfüllet/ Auch das Bildwerk gahr/ Was zuvor verhüllet Bei den Vätern war/ Jsak hat getragen Selbst deß Holtzes Last20/ Daß Er sonder21 Klagen Willig auffgefast22. | S. 196e

8. Auch die kupfern Schlange Stund erhöhet schon23/ Welches zwahr sehr lange/ Samson hat den Lohn Für so tapfre Thaten Auch davon gebracht24/ CHristus ward verrahten Jn der Leidens=Nacht25.

e Kolumnentitel: Die Erste Heilige Andacht über das Sechste Wohrt:

17 darff noch sagen] erdreistet sich noch zu sagen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1729. 18 Vgl. Ps 42,11; Mt 27,43 19 Vgl. Jes 53,4 20 Gen 22,6 21 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573. 22 auffgefast] auf sich genommen (hat). Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 644. 23 Num 21,9 24 Vgl. Ri 14,5 f.; 16,3; Hebr 11,32–34 25 Vgl. Mt 26,47–50

50

55

60

Erste Gedanken über das 6. Kreuzeswort

65

70

311

9. Solten wir besehen/ Was für Opfer sind Dazumahl geschehen/ Würden wir geschwind’ Auch bekennen müssen/ Daß Sie wahr gemacht/ Weil durch Christus Bühssen

Alles vollenbracht26.

75

80

85

10. Dieses kan uns schenken Trost in Leidens=Pein/ Wenn wir offt gedenken/ Es müss’ alles sein Gantz und gahr verlohren/ Ach! was Gott verspricht/ Hält Er/ wie geschwohren/ Gott der teüscht uns nicht27. | 11. Himmel/ Meer und Erden Müssen zwahr vergehn28/ Auch der Mensch muß werden Staub29/ kan nicht bestehn/ Aber GOtt wil halten/ Was Er zugesagt30/ Ey drauff last Jhn schalten31 So/ wies Jhm behagt. |

f Kolumnentitel: Da nun Jesus den Essig genommen hatte/ sprach Er: Es ist etc.

26 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602. 27 Ps 33,4 28 Mt 24,35 29 Gen 3,19; Koh 3,20 30 Ps 33,4 31 schalten] regieren. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2103.

S. 197f

312

Passionsandachten

Die Andere1 Heilige und Gottselige

S. 199a

Gedanken Uber das

Sechste Wohrt/ Welches unser Allerliebster Heiland und Seligmacher JEsus Christus/ am Stamme deß heiligen Kreützes/ außgesprochen/ wie dasselbe beschriben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Johannes/ am 19. Kapittel/ v. 30. Jn unserer teütschen Sprache also lautend:

Da nun JEsus den Essig genommen hatte/ sprach Er: Es ist vollenbracht2. Dieses kan man auch singen nach der Melodie unseres gantz wolbekanten Passionliedes:

O Lamm Gottes unschüldig/ u. s. w.3 |

1.

S. 200b

J

N Ketten/ Strikken/ Banden/ Am Kreütz’ und vielen Ohrten Hat JEsus außgestanden

a Kolumnentitel: Da nun Jesus den Essig genommen hatte/ sprach Er: Es ist etc. titel: Die ander Heilige Andacht über das Sechste Wohrt:

b Kolumnen-

1 Andere] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 2 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602. 3 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1542 in Erfurt (RISM 154213) gedruckten Liedes „O Lamm Gottes, unschuldig“ vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/1.2 Notenband, S. 90 (D21) und Textband, S. 73 sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 179. Es gibt eine Reihe von Varianten der Melodie; Rist dürfte die Melodie jedoch in der Fassung in Franz Elers 1588 in Hamburg gedruckten ‚Cantica sacra‘ (RISM 158814) geläufig gewesen sein, die auch in David Wolders ‚New Catechismus Gesangbüchlein‘ von 1598 (RISM 159811) aufgenommen wurde, vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/3 Notenband, S. 219 (D21G) und Textband, S. 265 sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 181.

314

Passionsandachten

Vielmehr/ als man mit Wohrten Kan reden oder schreiben/ Und diese Pein muß bleiben

5

Die köstlichste Labung der Seelen! 2. Es ist zum Ende kommen Der Schmertz/ den unverschuldet Der HErr auff Sich genommen Und willig hat erduldet/ Es ist in wenig Stunden Die Marter überwunden/

10

O köstlichstec Labung der Seelen!

3. Wie grimmig4 ist dein Leiden O JEsu/ doch gewesen/ Daß Du nicht woltest meiden Uns Sünder zu genesen5,6! HErr/ wie viel Angst und Schrekken Kahm schnell/ Dich zu bedekken/

15

20

O köstlichste Labung der Seelen!

S. 201d

4. Du hast die Welt geliebet Mehr als Dein eignes Leben7/ Wie hefftig war betrübet Dein Geist8/ und gantz ümgeben | Mit unerhörten Schmertzen/ Die Noht gieng Dir zu Hertzen/

25

O köstlichste Labung der Seelen! 5. Wer kan dein Elend fassen? Du schreiest Ja mit Trähnen: Mein GOtt hat Mich verlassen9/ Nach dem’ Jch Mich muß sehnen/ c köstlichste] Emendiert aus: kostlichste hatte/ sprach Er: Es ist etc.

d Kolumnentitel: Da nun Jesus den Essig genommen

4 grimmig] schwer. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 361. 5 Vgl. Jes 53,5 6 genesen] heilen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3389. 7 Vgl. Apk 1,5 8 Vgl. Mt 26,38 9 Vgl. Mt 27,46

30

Zweite Gedanken über das 6. Kreuzeswort

315

Wo bleibt denn nun mein Hoffen? Sein’ Hand hat Mich getroffen/ 35

40

45

O köstlichste Labung der Seelen! 6. Du bist HErr/ arm gebohren10 Und in der Fremd’ ernähret11/ Es haben Dir geschwohren Den Tod/ die Du gewähret/ So mancher Wunder=Gaben12/ Die Sie stets konten laben/ O köstlich’ Erquikkung der Seelen! 7. Dein Knecht hat Dich verrahten13/ Du würdest hingeführet Zu Leüten/ welcher Thaten Dir Muht und Bluht gerühret14/ Der Lügner falsche Zungen15 HErr/ habene Dich verdrungen16/

O köstliche Labung der Seelen! | 50

55

8. Dein Haubt wird Dir gekröhnet/ Dein gantzer Leib zerschlagen17/ Dein Antlitz sehr verhöhnet18/ Dein Mund war voller klagen/ Du mustest von der Erden/ Ans Kreütz gezogen werden/

O köstlichste Labung der Seelen!

e haben] Emendiert aus: h aben f Kolumnentitel: Die andere Heilige Andacht über das Sechste Wohrt

10 Vgl. Lk 2,7 11 Vgl. Mt 2,14 f. 12 die Du gewähret/ So mancher Wunder=Gaben] diejenigen, denen du so manche Wundergaben gewährt hast. Zu ‚gewähren‘ mit Akkusativobjekt der Person und Genitivobjekt der Sache vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 4822 f. 13 Vgl. Mt 26,47–50 14 Dir Muht und Bluht gerühret] dich heftig getroffen haben. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1466. 15 Mt 26,57–68 16 verdrungen] beseitigt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 250. 17 zerschlagen] wund geschlagen. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 758. 18 Vgl. Mt 27,29 f.

S. 202f

316

Passionsandachten

9. Wollann Du hast dein Leiden Vollbracht und überwunden/ Jtz wil die Seel abscheiden/ Nachdem Sie hat empfunden Der Sünden Straff’ und Schmertzen/ Dein tröst’ Jch Mich von Hertzen/

60

O köstliche Labung der Seelen! 10. Was Dir ist wiederfahren/ Das muß auch Jch/ HErr fühlen/ Es wird das Kreütz mit Schaaren19 Auff Mich gantz grimmig zielen/ Du wirst Gedult Mir geben/ Dein Tod ist ja mein Leben/

O köstlichste Labung der Seelen!

S. 203g

11. Bald aber werd’ Jch singen: Es ist volbracht mein Klagen/ Zum Himmel werd’ Jch dringen Mit freüdigem Behagen/ | Der Winter ist vergangen/ Der Frühling angefangen20/ O köstlichste Labung der Seelen! 12. Was ist es/ hier auff Erden Von Welt/ Fleisch/ Teüffel/ Sünden Offt hart geplaget werden? Wird uns doch bald entbinden Ein Stündlein/ das uns weiset Die Stadt/ wo man Gott preiset/

O köstlichste Labung der Seelen!

g Kolumnentitel: Da nun Jesus den Essig genommen hatte/ sprach Er: Es ist etc.

19 mit Schaaren] heftig. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2174. 20 Hld 2,11 f.

65

70

75

80

Zweite Gedanken über das 6. Kreuzeswort

85

90

13. So hab’ Jch nun gekämpfet Den guhten Kampf 21 mit Freüden/ Die Feinde sind gedämpfet22/ Hinweg ist all mein Leiden/ Jn Sion wil Jch springen/ Und meinen GOtth lobsingen/

O köstlichste Labung der Seelen! |

h GOtt] Emendiert aus: GO tt

21 2Tim 4,7 22 gedämpfet] besiegt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 717.

317

318

Passionsandachten

Die dritte Heilige und Gottselige

S. 205a

Gedanken Uber das

Sechste Wohrt/ Welches unser Allerliebster Heiland und Seligmacher/ JEsus CHristus/ am Stamme deß heiligen Kreützes hat außgesprochen/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Johannes/ am 19. Kapittel/ v. 30. Jn unserer teütschen Sprache also lautend:

Da nun JEsus den Essig genommen hatte/ sprach Er: Es ist vollbracht. Dieses kan man auch singen nach der Melodie meines/ auß denb himlischen/ wolbekanten Neüen JahrLiedes:

Hilff Herr Jesu laß gelingen/ u. s. w.1

1.

A

Lles ist zur Endschafft2 kommen3/

Alles ist schon vollenbracht4/

5

Sünd und Schuld sind weg genommen5/ Nun kan auch deß Satans Macht Gottes Kinder nicht mehr kränken6/ Noch in seinen Pfuhl versenken. |

a Kolumnentitel: Da nun Jesus den Essig genommen hatte/ sprach Er: Es ist etc. diert aus: dem

b den] Emen-

1 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 193 f. 2 Endschafft] Ende. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 466. 3 Vgl. 1Petr 4,7 4 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602. 5 Vgl. Röm 6,18 6 kränken] schwächen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2030.

320 S. 206c

Passionsandachten

2. Alles hab’ Jch wol verrichtet (So spricht JEsus/ Gottes Sohn) Höll’ und Tod sind gahr7 vernichtet8/ Schaut/ die Thür zum Gnadentrohn’9 Jst nun Gottes Haußgenossen10 Frölich wiedrum auffgeschlossen! 3. Alles/ was der Mensch begangen/ Hab’ Jch gäntzlich abgethan11/ Ja/ das Haubt der alten Schlangen Jn der bittern Leidens=Bahn So zerknirschet12,13 daß ihr Toben Jn die Tieff’ ist nun verschoben14. 4. Endlich ist die Hülffe kommen/ Welch’ erwiesen mit der That/ Was die gantze Schaar der Frommen Tausendmahl gewünschet hat/ Hülff’ auß Zion/ die vom Bösen Kont’ Jsraels Volk erlösen15. 5. Frölich kan mein Hertz itz preisen16 Unsern Gott/ der solche Treü Hat gewolt der Welt erweisen/ Ach! Sein’ Hülff’ ist täglich neü17/ Niemand darff18 hinfohrt verzagen/ Christus hat den Zorn getragen19. |

c Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Sechste Wohrt:

7 gahr] vollständig. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1316 f. 8 Vgl. Apk 20,14 9 Lev 16,2; Röm 3,25; Hebr 4,16 10 Eph 2,19 11 abgethan] getilgt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 139. 12 zerknirschet] zertreten. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 707. 13 Gen 3,15 14 Apk 20,10 15 Vgl. Ps 14,7 16 Vgl. Ps 28,7 17 Vgl. Thren 3,22 f. 18 darff] muß. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 19 Vgl. 1Thess 1,10

10

15

20

25

30

Dritte Gedanken über das 6. Kreuzeswort

35

40

45

50

321

6. Liebstere JEsu/ sei gegrüsset/ Sei gegrüsset tausendmahl/ Hast Du willig doch gebühsset Für die Sünd’ ohn’ End’ und Zahl Und so wol für Bös’ als20 Frommen Gottes Grimm auff Dich genommen21. 7. JEsu/ Du hast außgezogen22 Fürstenthümer und Gewalt23/ Welche durch die Wolken flogen/ Ja/ die Welt bezwungen bald/ Aber/ in den Leidens Stunden Sind Sie Siegreich überwunden. 8. JEsu/ solten wir nicht danken Deiner Güht’ und grossen Macht/ Welche dieses sonder24 wanken Kräfftiglich hat vollenbracht25? Sintemahl wir nunmehr wissen/ Daß wir sind von GOtt entrissen26.f 9. Frölich bin Jch itz von Hertzen/ Nachdemahl Jch sicher weiß/ Daß durch deine Todes Schmertzen Jch dein liebster Bruder heiss’27/ Auch Vergebung aller Sünden Schnel in deinem Bluht kan finden28. |

d Kolumnentitel: Da nun Jesus den Essig genommen hatte/ sprach Er: Es ist etc. e Liebster] In Custode statt dessen: Li ebster (Erratum) f .] Emendiert aus: /

20 als] als auch. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1360. 21 Vgl. Röm 5,8 f. 22 außgezogen] entwaffnet. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb. 23 Kol 2,15 24 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573. 25 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602. 26 entrissen] befreit worden. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 583. 27 Vgl. Hebr 2,11 28 Vgl. Mt 26,28

S. 207d

322 S. 208g

Passionsandachten

10. CHristus hat den Tod verschlungen/ Ja verschlungen in den Sieg29 Jst der Würger30 nun bezwungen; Ey so kann hinfohrt sein Krieg Lauter31 nichts an Mir gewinnen/ Trolle Dich/ O Tod von hinnen32.h 11. Das Gesetz mag immer wühten/ Wider Mich besteht es nicht33! Christus Tod kan Mich behühten/ Wenn der Fluch mich stark anficht34/ Das Gesetz’ ist längst erfüllet Und zugleich der Zorn gestillet35! 12. Sperre grimmig auff den Rachen Du verfluchter Höllenschlund36/ Nunmehr kan Jch deiner lachen/ JEsus hat biß auff den Grund37 Deinen Schwefelpfuhl zerstöret38 Und den Himmel Mir verehret.

55

60

65

70

13. Satan/ magst Du Mir noch dreüen39?

Jst doch alles vollenbracht40!

Nimmermehr werd’ Jch Mich scheüen Stoltzer Geist/ für deiner Macht/ JEsus/ der Dich hat bekrieget/ Hat auch tapfer Dich besieget. |

g Kolumnentitel: Die dritte Heilige Andacht über das Sechste Wohrt: h .] Emendiert aus: /

29 1Kor 15,55 30 Würger] Gemeint ist der Tod. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2216. 31 Lauter nichts] überhaupt nichts. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 382. 32 von hinnen] von hier fort. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1458. 33 Vgl. Röm 8,2 34 Vgl. Gal 3,13 35 Vgl. Röm 5,8 f. 36 Jes 5,14 37 biß auff den Grund] völlig. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 694. 38 Vgl. Apk 20,14 39 dreüen] drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 40 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 602.

75

Dritte Gedanken über das 6. Kreuzeswort

80

14. JEsu/ Dir sey Lob gesungen/ Daß Du Teüffel/ Höll’ und Tod Hast durch deinen Tod bezwungen/ Lass’ HErr/ in der letsten Noht/ Wenn der Tod Mich wil erstikken/ Mich Dein Vollenbracht erquikken. |

i Kolumnentitel: Da nun Jesus den Essig genommen hatte/ sprach Er: Es ist etc.

323 S. 209i

324

Passionsandachten

Erste Gedanken über das 7. Kreuzeswort

325

S. 211a

Die Erste Helige1 und Gottselige

Gedanken/ Uber das

Siebende und Letste Wohrt/ Welches unser allerliebster Heiland und Seligmacher Christus Jesus am Stamm deß heiligen Kreützes wie Er auß der Welt scheiden wolte/ gesprochen/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Lukas/ am 23. Kapittel/ v. 46. Jn unser teütschen Sprache also lautend:

JEsus rieff laut und sprach: Vatter/ Jch befehle meinen Geist in deine Hände. Dieses kan man auch singen nach der Melodie meines/ auß den himlischen/ wolbekandten Passionliedes.

O Grosser Gott ins HimmelsTrohn/ u. s. w.2 | S. 212b

1.

H

Erzu/ Mein Gott ergebner Christ/ Wir wollen den beschauen/ Der nunmehr überwunden ist/ Der Sterbend kan vertrauen Des Vatters Gunst Und Liebes Brunst3 Als Der Er unverhohlen Sein Seelichen befohlen.

a Kolumnentitel: Jesus rief laut und sprach: Vatter/ Jch befehle meinen Geist etc. b Kolumnentitel: Die Erste heilige Andacht über das siebende und letste Wohrt: 1 Helige] heilige. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 827. 2 Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 30. 3 Brunst] Glut, Inbrunst. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 439.

5

Erste Gedanken über das 7. Kreuzeswort

10

15

20

25

30

327

2. Gleich als ein Kämpfer/ der den Sieg Zuletst davon getragen/ Wenn nun vollendet ist der Krieg Und Er den Feind geschlagen/ Für Wonne schreit Und sich erfreüt; So hat der HErr sein Leben Auch schreiend auffgegeben. 3. Er kehrt sich in der letsten Noht Zu dem/ der Jhn gezeüget/ Drum/ eh’ Er noch geht in den Tod/ Eh’ Er sein Haupt noch neiget4/ Versorgt Er wol Vertrauens vol Sein Seelichen/ mit Behten Jns Paradieß zu treten. | 4. O JEsu/ welch’ ein Edle Sach’ Hast Du Mir vorgeschrieben! Drum folg’ Jch Dir ja billig5 nach/ Wie könt’ Jch Dich sonst lieben? Jch zweifl’ auch nicht O Du mein Licht6/

S. 213c,d

Gott wird mein Vatter bleiben

Und in sein’ Hand mich schreiben7.

35

5. Mein GOtt der hat Mich ja gemacht/ Er hat Mich selbst gezogen Auß Mutterleib’8 und auffgebracht9 Durch Lieb’ hiezu bewogen/

O VatterHertz/ Hie gilt kein Schertz/ c 213] Emendiert aus: 231 d Kolumnentitel: Jesus rief laut und sprach: Vatter/ Jch befehle meinen Geist/ etc. 4 Joh 19,30 5 billig] zu Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 6 Joh 8,12 8 Ps 22,10 9 auffgebracht] groß gezogen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 629.

7 Jes 49,16

328

Passionsandachten

Du kanst Mich nicht verlassen/ Dein Kind wirst Du nicht hassen10.

40

6.

GOtt ist mein Vatter/ hat Er doch Sein Kind Mich lassen werden11 Durch JEsum/ als das Sünden=Joch Mir machte viel Beschwerden/ Auch hat Er Mich

45

Gantz Väterlich Versorget und ernähret/ Wenn Armuht Mich beschwehret. | S. 214e

7.

Jst GOtt mein Vatter/ Ey/ warum Wolt’ Jch denn gantz verzagen? Geht Mirs zu Zeiten arg und krumm;

50

Jch wils dem Vatter klagen/ Jch kan ja nicht

Die Vatters Pflicht Das Hertz für Mir verschliessen/ Mein Kreütz wird Sie versüssen. 8. Wie liebte David seinen Sohn/ Ob der schon böß gewesen12! Verschenkt hätt’ Er wol Reich’ und Krohn’/ Jm fall’13 Er nur genesen14/ Was meinst Du wol/ Ob GOtt nicht sol

55

60

Durch Vatters=Treü getrieben Mehr/ als ein Mensch muß lieben? 9. Wenn Mich schon Krankheit niederlegt/ Wenn Trübsahl komt mit Hauffen15/ Wenn Mir die Welt viel Angst erregt/ e Kolumnentitel: Die Erste heilige Andacht über das siebende und letste Wohrt:

10 Vgl. Eph 5,29 11 Vgl. Röm 8,15 12 Vgl. 2Sam 15–18 13 Jm fall’] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 14 Vgl. 2Sam 18,33 15 mit Hauffen] in Fülle. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 587.

65

Erste Gedanken über das 7. Kreuzeswort

329

Wil Jch zum Vatter lauffen/ 70

75

Der in der Noht/ Ja gahr im Tod’ Auß Treü/ zu Mir Sich neiget/ Auch schnell drauff Hülff’ erzeiget16,17. | 10. Wenn Mich die Sünd’ und Missethat/ Die leider! Jch begangen Sehr schrekken/ weiß Jch keinen Raht/ Als daß Jch mit Verlangen

Zum Vatter geh’ 80

Und gläubig seh’ Allein auff JEsu Wunden/ Bald hab’ Jch Trost gefunden. 11. Und/ muß Jch letstlich auß der Welt Zu meinem Gott hinn fahren/ So weiß Jch/ daß es dem gefält/ Der Mich wol wird bewahren/

85

O Vatter=Hertz/ Mein’ Angst und Schmertz Vergehn/ Jch wil mit Freüden

Jns Vatter=Land18 abscheiden19. |

f Kolumnentitel: Jesus rief laut und sprach: Vatter/ Jch befehle meinen Geist etc.

16 erzeiget] erweist. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1081. Phil 1,23

17 Ps 31,3

18 Vgl. Hebr 11,14 19 Vgl.

S. 215f

330

Passionsandachten

Zweite Gedanken über das 7. Kreuzeswort

331

S. 217a

Die zweite Heilige und Gottselige

Gedanken Uber das

Siebende und Letste Wohrt’/ Welches unser liebster Heiland und Seligmacher Christus JEsus/ am Stamme deß heiligen Kreützes/ als Er nunmehr auß der Welt scheiden wolte/ hat außgesprochen/ wie solches beschriben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Lukas/ am 23. Kapittel/ v. 46. Jn unserer teütschen Sprache also lautend:

JEsus rieff laut und sprach: Vatter/ Jch befehle meinen Geist in deine Hände. Dieses kan man auch singen nach der Melodie unseres wolbekanten Passionliedes:

Christus der uns selig macht/ u. s. w.1 |

1.

S. 218b

W

Je so selig ist der Mann/ Der in diesem Leben Seinen Schatz versorgen2 kan/ Den Jhm GOtt gegeben/

a Kolumnentitel: Jesus rief laut und sprach: Vatter/ Jch befehle meinen Geist etc. b Kolumnentitel: Die zweite heilige Andacht über das siebende und letste Wohrt: 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie (zuvor bereits 1571 gedruckt mit dem Text „Christus, wahrer Gottes Sohn“) des erstmals 1592 in Greifswald (RISM 159206) gedruckten Liedes „Christus, der uns selig macht“ vgl. Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/3 Notenband, S. 183 (B7B, dort fälschlich als „B3B“ bezeichnet) und Textband, S. 240 sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 88–90 sowie zu der erstmals 1604 in Leipzig (RISM 160410) gedruckten Fassung von Melchior Vulpius Das deutsche Kirchenlied, Bd. III/4 Notenband, S. 88 (B7D) und Textband, S. 183 sowie III/3–4 Abschließender Kommentarband, S. 88–90. 2 versorgen] verwahren. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1361.

Zweite Gedanken über das 7. Kreuzeswort 5

10

15

333

Dieses heist die Seel’ allein/ Da wol zuzusehen/ Daß Sie müge schön und rein Hinn zum Schöpfer gehen. 2. CHristus spricht: Die Zeit ist da/ Daß Jch muß abscheiden/ Weil nun komt das Stündleinc nah’/ Endigt sich mein Leiden/ Dieses aber weiß Jch wol/ Daß kein Feind kan fassen Meine Seel’/ im fall’3 Jch sol Diese Welt verlassen. 3.

Meinen Geist befehl’ Jch Dir Vatter in die Hände4/ 20

Wende Dich doch bald zu Mir5/ Lass’ an meinem Ende Vatter/ Dir befohlen sein Meine Seel’ in Gnaden/ Daß Jhr weder Angst/ noch Pein/ Noch kein Tod kan schaden. | 4.

25

30

S. 219d

Lern’/ O Mensch/ daß ja die Seel’ Ewiglich muß leben/ Zwahr/ der Leib komt in die Höhl’ Als mit Koht6 ümgeben/ Wird auch widrum Asch und Staub7/ Wie wir klährlich sehen/ Daß ein Leib/ der Schlangen Raub/ Hie nichte kan entgehen8.

c Stündlein] Emendiert aus: St ündlein d Kolumnentitel: Jesus rief laut und sprach: Vatter/ Jch befehle meinen Geist etc. e nicht] Emendiert aus: nich

3 im fall’] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 4 Lk 23,46 5 Ps 25,16; 119,132 Erde. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1893. 7 Gen 3,19; Koh 3,20 8 Vgl. Sir 10,13

6 Koht]

334

Passionsandachten

5.

Aber/ unsre Seele lebt/ Nimmer sol Sie sterben/ Was gen Himmel sich erhebt/ Kan ja nicht verderben/ Unser GOtt/ der Ewig ist/ Hat uns in die Nasen Solchen Geist zur selben Frist9 Kräfftig ingeblahsen10.

35

40

6.

Der Gerechten Seelen sind Jn der Hand deß HErren11/

Da kein frevles12 Menschenkind Jhnen kan versperren Fried’ undf Ruh/ Jhr Glaub’ ist fest/ Christum selbst zu sehen13/ Der Sie von der Erden läst Wiedrum aufferstehen14. | S. 220g

7. Hat das Sterben schon den Schein/ Wie wol Albre15 sprächen/ Daß es schaffe Noht und Pein/ Weil das Hertz muß brechen; Sei zu frieden/ Gottes Hand Hat schon auffgenommen Das so theüre Seelenpfand Jn das Reich der Frommen. 8. Lieber/ sag’ es Mir fein klahr/ Wo doch wol geblieben Sei der Patriarchen Schaar? Steht da nicht geschrieben/

f und] Emendiert aus: uud g Kolumnentitel: Die zweite heilige Andacht über das siebende und letste Wohrt:

9 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 10 Vgl. Röm 8,11 11 Sap 3,1 12 frevles] vermessenes. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 173. 13 Vgl. 1Kor 13,12; 1Joh 3,2 14 Vgl. Röm 6,5 15 Albre] Einfältige. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 201.

45

50

55

60

335

Zweite Gedanken über das 7. Kreuzeswort

Daß Sie zu den Vätern sind Selig hingefahren/ Die schon längst/ O liebes Kind/ Dort im Himmel waren16? 9. Als Elias embsig war/ Lebendig zu machen Jennen Sohn/ der nunmehr zwahr Saß dem Tod’ im Rachen17/ Sprach Er: Laß die Seele bald HErr doch widrum kommen/ Welche/ weil der Leib schon kalt/ Du zu Dir genommen18. |

65

70

80

10. Hörte dort Johannes nicht Unterm Altar schreyen Seelen die der Christen Pflicht Nachgelebt mit Treüen19? Christus selbst zum Schächeri sprach/ Daß Er solte gehen Bald ins Paradieß/ hernach Freudig Jhn zu sehen20.

85

11. Dieses sol in aller Noht Kräfftich Mich erquikkenj/ Wil Mich gleich der bleiche Tod Grausahmlich erstikken/ Wol! Jch acht es nicht ein Hahr/

75

S. 221h

Wahrlich es sol leben Meine Seel’/ und immerdaar Bey den Engeln schweben. |

h Kolumnentitel: Jesus rief laut und sprach: Vatter/ Jch befehle meinen Geist. etc. Emendiert aus: Schacher j erquikken] Emendiert aus: erqnikken

16 Vgl. Mt 8,11

17 Vgl. 1Kön 17,17–20

18 1Kön 17,21

19 Vgl. Apk 6,9 f.

i Schächer]

20 Vgl. Lk 23,43

336

Passionsandachten

Dritte Gedanken über das 7. Kreuzeswort

337

S. 224a

Die dritte Heilige und Gottselige

Gedanken Uber das

Siebende und Letste Wohrt/ Welches unser Allerliebster Heiland und Seligmacher/ JEsus CHristus/ am Stamme deß heiligen Kreützes/ als Er nunmehr auß der Welt wolte scheiden/ gesprochen/ wie solches beschrieben zu finden/ bei dem heiligen Evangelisten Lukas/ am 23. Kapittel/ v. 46. Jn unserer teütschen Sprache also lautend:

JEsus rieff laut und sprach: Vatter/ Jch befehle meinen Geist in deine Hände. Dieses kan man auch singen nach der Melodie meines/ auß den Sonderbahren1 Liedern wolbekanten Sterbe=Gesanges:

O Schöpfer Aller Dinge/ u. s. w.2

1.

J

Ch weiß/ die Zeit wird kommen/ O Meine Seele/ Du/ Daß Jch werd’ hin genommen/ Und daß mein Leib zur Ruh’ Jns Grab bald wird getragen/ Zu schlaffen sanfft und wol/ Doch muß vom Geist’ Jch fragen/ Wo der denn bleiben sol? |

a Kolumnentitel: Die dritte heilige Andacht über das siebende und letste Wohrt:

1 Sonderbahren] besonderen. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 2 Vgl. Rist, Frommer und Gottseliger Christen Alltägliche HAußmusik (1654), S. 368 f.

5

Dritte Gedanken über das 7. Kreuzeswort

10

339

2. Schau CHristum unverhohlen/ Wie der an seinem End’

S. 225b

Hat seinen Geist befohlen Bloß in des Vatters Händ’3/ 15

Jn dem’ Er wolte scheiden Auß dieser schnöden Welt Und fahren durch sein Leiden Hinauff ins Freüden=Zelt.

20

3. Jch wil auch gleicher mahssen Wenn Jch/ was zeitlich heist/ Nun gäntzlich sol verlassen/ Befehlen meinen Geist Dem/ der Mich hat erschaffen Jn seine GnadenHand4/ Die wird Mich bald hinraffen Zum rechten Vaterland5.

25

Sein Hand/ heist sein Bewahren/

4.

30

Sein starker Schirm6 und Schutz7/ Der uns sol wiederfahren8 Der Feinde Macht und Trutz’9/ Ey laß Sie zerren beissen/ Ja knüpfen Strikk’ und Band’10/

Es kan doch niemand reissen Die Seel’ auß Gottes Hand11. |

35

5. Daß CHristus für die Feinde So gern gebehtet hat12/ Daß Er auch seine Freünde13 Versorget mit der That/

b Kolumnentitel: Jesus rief laut und sprach: Vatter/ Jch befehle meinen Geist. etc. c Kolumnentitel: Die dritte heilige Andacht über das siebende und letste Wohrt:

3 Lk 23,46 4 Vgl. Ps 31,6 5 Vgl. Hebr 11,14 6 Ps 91,1 7 Ps 62,3 8 uns sol wiederfahren] soll für uns widerstehen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 963. 9 Trutz’] Widerstand. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1090. 10 Vgl. Ps 119,110 11 Vgl. Joh 10,29 12 Vgl. Lk 23,34 13 Vgl. Joh 15,14 f.

S. 226c

340

Passionsandachten

Daß Er hat Durst empfunden Nach unser Seligkeit/ Jst tröstlich alle Stunden Vorauß14 zur Leidenszeit. 6. Doch ist nicht außzusprächen Der Trost/ der helffen kan/ Wenn uns wil Raht entbrechen15 Und nun der Tod klopft an/ Daß nemlich Christus lehret: Der Außerwehlten Schaar/ Die sich zu GOtt bekehret/ Lob’ Jhn dort immerdahr.

40

45

7.

Sehr reichlich ist versorget Die Seel in Gottes Hand16/ Daselbst wir nicht geborget Diß außerlesne Pfand/ Ach nein/ Sie sol erfreüen Sich stets ohn’ End’ und Zahl Und JEsus Lob außschreien Jm grossen Himmels Sahl17. | S. 227d

50

55

8.

Kein Teüfel wird Sie plagen/ Kein Ketzer kein Tyrann/ Kein Neider darffs mehr wagen/ Demnach18 kein Feind doch kan Auß dessen Hand Sie reissen19/ Dem Sie so hoch vertraut/ GOtt Selber wird Sie heissen Sein allerliebste Braut.

d Kolumnentitel: Jesus rief laut und sprach: Vatter/ Jch befehle meinen Geist etc.

14 Vorauß] besonders. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 833 f. 15 entbrechen] mangeln. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 501. 16 Sap 3,1 17 Vgl. Apk 19,7 18 Demnach] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 919. 19 Vgl. Joh 10,28

60

Dritte Gedanken über das 7. Kreuzeswort

65

70

75

80

85

341

9. Was machst Due Dich betrüben Mein liebstes Seelichen20/ Da Dich ja der wil lieben/ Den Jch stets Vatter nenn’21/ Und lassen Dich genesen Zu seiner Rechten Hand/ Wo solch ein lieblichs Wesen22/ Als hie kein Mensch empfand23? 10. Wollann/ Jch wil befehlen Dir/ Vatter meinen Geist24/ Es wird Mich fohrt25 nicht quählen Was Höll’ und Teüfel heist/ Die Feinde sind bezwungen/ Sie haben nichts an Mir/ Jch bin schon durchgedrungen/

Drauf fahr’ Jch/ HErr/ zu Dir. | 11. HErr JEsu/ lass’ im Leiden Diß sein mein letstes Wohrt/ Wenn Jch nun werd’ abscheiden/ Zu kommen an den Ohrt/ Wo man Dir Jubiliret/ Dich preiset früh’ und spaht26/ Ja solch ein Leben führet/ Daß gahr kein Ende hat27! |

e machst Du] Emendiert aus: machstu Du und letste Wohrt: Jesus etc.

S. 228f

f Kolumnentitel: Die 3te heil. And. über das siebende

20 Ps 42,6.12 21 Vgl. Gal 4,6 22 Ps 16,11 23 Vgl. 1Kor 2,9 24 Vgl. Ps 31,6 fortan. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 8. 26 Vgl. Ps 89,6 27 Vgl. Sap 2,23

25 fohrt]

Hierauf folgen nun

Die Sonderbahre1 Heilige

Andachten/ über die 5

Allerheiligste/ Jämmerlich ge= plagte/ und zermarterte Glieder Unseres liebsten Heilandes und Selig= machers

JEsu CHristi. |

1 Sonderbahre] besonderen. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577.

S. 229

Die Erste Andacht

Eines Gottergebenen frommen Christen.

An die Füsse seines Allerliebsten Seligmachers.

a Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/

S. 230a

346

Passionsandachten

Erstes Salve

347

1.

D 5

10

15

20

Er Du hast fürc Mich gebüsset1 Liebster JEsu/ sei gegrüsset/ Sei gegrüsset/ O Mein Hertz/ Fürst des Lebens2 laß Mich stehen Dier zuerd Seiten/ laß Mich sehen Was Dich plagte vor ein Schmertze? 2. HERR/ du wollest Mir erlauben Daß Jch Dich in wahremf Glauben Auch am Kreütz’ itz kennen mag/ Da dein Leichnam gantz entkleidet Von so manchemg Sünder leidet Schläg’ und Schmach den gantzen Tag. 3. Deine Füsse durchgegraben3 Können Mir mein Hertz erlaben Wenn es sehr bemühet4 ist/ Deine Nägel werd’ Jch müssen Liebster HErr in Demuht küssen/ Günn’ es Mir zu dieser frist5. 4. Ach! Es werden tausend Wunden An Mir selber auch gefunden Die der Satan hat gemacht/ Heile Mich Du Trost der Frommen6/ Bist Du doch vom Himmel kommen Mir zu helffen Tag und Nacht. |

b Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/ c für] A in Cantus und Bassus, B in Cantus und Text statt dessen: vor d zuer] A in Cantus und Bassus, B im Cantus statt dessen: zur e Schmertz] A im Bassus statt dessen: Schmrrtz (Erratum) f in wahrem] A statt dessen: im wahren B statt dessen: in wahren g Von so manchem] Gemäß A, B emendiert aus: Und so mancher 1 Vgl. Gal 1,4 2 Apg 3,15 3 durchgegraben] durchbohrt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1623. 4 sehr bemühet] voller Mühe, zermürbt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1462. 5 frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 6 Vgl. Ps 73,1

S. 232b

348 S. 233h

Passionsandachten

5. Ach/ daß deine Gunst Mich reitze Daß Jch Dich am hohen Kreütze Such’ und find in meiner Noht! Zürne nicht mit deiner Aschen/ Denn dein Bluht das kan Mich waschen7 Bin Jch gleich nur Staub8 und Koht9. 6. Deine Striemen/ Schläg’ und Schmertzen Lass’ in meinem kalten Hertzen Kräfftig eingetrukketi,10 stehn/ Daß man Mich durch deine Wunden Ewiglich an Dich verbunden Liebster Heiland müge sehn. 7. Ach du wollest Mir verzeihen Frommer JEsu diß mein Schreien Mir/ der Jch ein Sünder bin11/ Ja der ärgste von den Grossen12/ Ach Du wollest Mich nicht stossen/ Gantz von deinen Füssen hin13! 8. Emsich wil Jch Mich bemühen Ob Jch liegend auff den Knien Deine Füsse küssen kan14. Höre doch mein kläglichs Flehen15/ Laß Mich ohne Trost nicht stehen/ Schaue Mich mit Gnaden an. |

h Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glieder unseres/ allerlibst. gekr. Jesu. i eingetrukket] Gemäß A emendiert aus: eingetukket (Erratum auch in B)

7 Apk 1,5 8 Koh 3,20 9 Vgl. Gen 18,27 10 eingetrukket] eingedrückt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 164. 11 Vgl. Röm 3,23 12 Vgl. 1Tim 1,15 13 Vgl. Ps 27,9 14 Vgl. Lk 7,38 15 Ps 55,2

25

30

35

40

45

Erstes Salve

349

9. Sieh’k auff Mich mein Hertzgeliebter/ Höre was dein Hochbetrübter Dir zu deinen Füssen klagt: Sprich zu Mir/ mein Heil’16 und Leben17/

50

S. 234j

Alles sei Dir itz vergeben/ l Was Dich armen Sünder plagt18. |

j Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/ in Custode und A statt dessen: Seh’ (Erratum) l /] Emendiert aus: .

16 Ps 27,1

17 Joh 11,25; 14,6

18 Vgl. Mt 9,2; Lk 5,20; 7,48

k Sieh’] C

S. 235a

Die Ander1 Andacht.

An die Knie seines Allerliebsten Erlö= sers JEsu Christi.

a Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glied. unseres allerlibst. gekr. Jesu.

1 Ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307.

Zweites Salve

351

352

Passionsandachten

1.

S. 236b

J

Hr schwachen Knie/ nunc steh’ Jch hier/ Jch steh’ und küss’ Euch mit Begier! Erlaub’ es Mir O JEsulein/ Daß Jch so nah’ am Creütz mag seyn. 2. HERR/ deine Lieb ist gar zu groß Wie bist Du doch so wund und bloß2! Wie wirst Du doch O grosser GOTT Der Jüden Hohn/ der Heiden Spott3! 3. Wird doch bei dieser Eifergluht4 Dein gantzer Leib ein lautres5 Bluht/ Ach welch ein unerhörterd Schmertz6 Zermattert dein getreües Hertz7! 4. O wunderbahre Majestat/ Die nichts als Blöss’ und Striemen hat/ Wo findet man doch einen Mann/ Der solche Lieb’ außreden8 kan? | e

S. 237

5. Dein Bluht9 und Leben10 gibst Du Mir/ Du Heil der Welt/ was geb Jch Dir? Was sol vor deine Todes Pein Der Lohn/ hertzliebster JEsu sein?

b Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/ c nun] A in Cantus, Bassus und Text sowie B im Cantus statt dessen: itz d unerhörter] A statt dessen: unaussprächlich e Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glied. unseres allerlibst. gekr. Jesu.

2 bloß] entblößt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 146. 3 Vgl. 1Kor 1,23 4 Eifergluht] intensiver Zorn. Zu ‚Eifer‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 88. Zu ‚Glut‘ vgl. DWb 8, Sp. 488. 5 lautres] reines. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 378. 6 Vgl. Jes 53,3 7 Zermattert Hertz] peinigt dein treues Herz übermäßig. Zu ‚zermartern‘ vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 724. 8 außreden] aussprechen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 930. 9 Vgl. Mt 26,28 10 Joh 15,13

5

10

15

20

Zweites Salve

353

6. Du liebest Mich biß in den Tod11/ Du duldest gahr zu grosse Noht/ Du stirbest/ daß Jch Glauben vol Deß Todes Angst nicht schmekken sol12.

25

30

35

40

7. Mit Schaam und Furcht ümfang’ Jch dich/ Jn allem Trübsahl tröste Mich13 Und hilff/ daß Jch/ O GOttes Lam14 Fästf kleb’ an deines Kreützes Stam. 8. Es zürne nicht dein treüer Sinn/ Daß Jch Dir so beschwerlich bin/ Dein theüres Bluht15 das wasch’ allein HErr JEsu Mich von Sünden rein16. 9. Ermuntre Mir Hertz/ Seel’ und Muht Damit Jch Dich/g O höchstes Guht17/ Der du gelitten Schläg’ und Spott18 Erkenn’ als meinen starken Gott19. 10. Jhr schwachen Knie und Schenkel schafft Doch meiner müden Seelen Krafft/ Daß Sie des Satans List entgeh’ Und Ewig Gottes Antlitz seh’20. |

f Fäst] Gemäß A emendiert aus: Fast (Erratum auch in B) g /] Gemäß A emendiert aus: . (Erratum auch in B)

11 Vgl. Joh 13,1 12 Mt 16,28 13 2Kor 1,4 14 Joh 1,29.36 15 1Petr 1,19 17 Ps 16,5 18 Vgl. Mt 27,27–30 19 Jer 32,18 20 Vgl. 1Kor 13,12; 1Joh 3,2

16 Vgl. Apk 1,5

S. 238a

Die Dritte Andacht.

An die Hände seines Allerliebsten Seligmachers.

a Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/

Drittes Salve

355

356

Passionsandachten

1.

S. 239b

L

Jebster JEsu sey gegrüsset/ Sey gegrüsset tausendmahl/ Der du hast vor Mich gebüsset Als man Dir mit grosser Quahl Deine Händ’ c ans Kreütz geschlagen/ Und Sie lassend Sünde tragen.

5

2. Seid gegrüsset O ihr Hände Was vor Rosen stehn in Euch? Schöne Rosen/ welch’ am Ende Christum machen roht und bleich/ Ach Jch sehe da mite hauffen1 Bluht auß Jhren Wunden lauffen! | S. 240f

10

3. HERR/ Jch muß ans Hertz itz drukken Diese Wunden purpurroht/ Die Mir Leib und Seel’ erquikken Jn der allerhöchsteng Noht/ HErr/ Mich dürstet/ diß sind Gaben Die Mich kräfftig könnenh laben.

15

4. O wie bistu doch so günstig Allen Sündern dieser Welt2? Ja wie liebest Du so brünstig3 Was der Erdkreiß in sich hält? HErr/ du trägest auß Erbarmen Böß’ und Guht’ in deinen Armen.

20

b Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glied. unseres allerlibst. gekr. Jesu c Händ’] A in Cantus und Bassus, B im Cantus statt dessen: Hand (Erratum) d Und Sie lassen] A in Cantus, Bassus und Text sowie B im Cantus statt dessen: Da sie musten e da mit] Gemäß A, B emendiert aus: damit f Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige Lehr= und trostreiche Gedanken/ g allerhöchsten] B statt dessen: allllerhöchsten (Erratum) h dürstet/ diß kräfftig können] A statt dessen: durstet/ Jhre Gaben Können Mich gantz kräfftig

1 mit hauffen] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 587. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 440.

2 Vgl. 1Tim 1,15

3 brünstig] stark.

Drittes Salve

25

30

35

40

45

357

5. Nun/ Jch stelle Dir Geplagten Einen grossen Sünder für/ Sey barmhertzig Mir Verzagten/ Oeffne deine Gnadenthür/ Pflegst Du doch das einzulassen Was Dich kan im Glauben fassen. 6. Ziehe Mich4/ der Du gezogen Mit den Händen an den Baum/ Hilff/ daß Jch dadurch bewogen Dir in Mir stetsi mache Raum All mein können/ wollen/ wissen Sei nur auff dein Kreütz geflissen5. | 7. Laß Mich deine Liebe schmekken Weil Jch sehnlich nach Jhr dürst/ Jch wil meinen Geist erwekken Dir zu Dienst’ O Lebens Fürst6 Alles Trübsahl wird Mich lassen7/ Kan Jch nur die Laster hassen.

S. 241j

8. Seid gegrüsset O Jhr Hände/ Gebet Mir doch volle Macht/ Daß Jch Mich im Glauben wende Eüch zu danken Tag und Nacht/ Lasset doch mit heissen Thränen Mich nach Eüren Wunden sehnen.

i in Mir stets] A statt dessen: im Hertzen unseres/ allerlibst. gekr. Jesu.

j Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glieder

4 Vgl. Joh 12,32; Hld 1,4 5 geflissen] eifrig bedacht. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2144. 7 lassen] verlassen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 225.

6 Apg 3,15

358

Passionsandachten

9. Nun/ so bin Jch rein gebadet Liebster HERR in deinem Bluht8/ Es ist niemand der Mir schadet Denn Jch leb’ in deiner Huht9/ JEsu nim am letsten Ende Meine Seel’ in deine Hände10. |

8 Apk 1,5

9 Huht] Schutz. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1983.

10 Ps 31,6

50

Die Vierte Andacht.

An die Seiten seines Allerliebsten HErrn JEsu.

a Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/

S. 242a

360

Passionsandachten

Viertes Salve

361

1.

S. 243b

J

5

St dieser nicht des Höchsten Sohn1/ Der Sünder Heil und Gnadentrohn2/ Dem man in seiner grossen Quahl/ Die Rieben3 zehlet allzumahl Ans Kreützes Pfahl?c

10

2. Ach ia/ es ist mein JEsulein/ Dem gukk’d Jch in die Seit’ hinein4/ Jn welcher lauter Honig klebt Daß allem Trübsahl wiederstrebt/ Das ümm’ uns schwebt.

15

3. Gegrüsset seist du schönste Quell’5/ Jn Dir erscheinet trefflich hell | Der Liebe Macht/ die rohte Fluht/ Deß Lebens Brunn6/ ein edles Bluht/ Mein höchstes Guhtf.

20

4. Jch nahe Mich in Furcht zu Dir/ Du Gottes Lamm7 verzeih’ es Mir/ Jch komm’ allein zu sehen an/ Die Wunde welch’ uns heilen kan8/ Da Bluht außrann.

b Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glied. unseres allerlibst. gekr. Jesu. c ?] A, B im Cantus statt dessen: . d gukk’] A statt dessen: schau e Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/ f Guht] Gemäß A, B emendiert aus: Gluht

1 Lk 1,32 2 Lev 16,2; Röm 3,25; Hebr 4,16 3 Rieben] Rippen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1026. 4 Vgl. Joh 19,34 5 Ps 36,10 6 Vgl. Apk 21,6 7 Joh 1,29.36 8 Jes 53,5

S. 244e

362

Passionsandachten

5. O wehrter Riß/ O süsser Fluß/ Nim hin von Mir den Glaubenskußg/ Eröffne Mir dadurch den Mund/ Und laß Mich werden bald gesund Biß auff den Grund9.

25

6. Wie heilsahm ist doch deine Krafft Wie treflich ist dein’ Eigenschafft! Du riechest edler als der Wein/ Kein Gifft kan vor dir sicher sein/ Du machst uns rein10.h

30

7. Du bist der rechte Lebenstrank/ Du heilest Mich/ wenn Jch bin krank/ Viel süsser Labsahl gibst Du Mir/ Wenn Mich HErr dürstet für und füri Allein nach Dir. | S. 245j

8. Eröffne dich du Seiten Loch11/ Daß Jch Seink Hertz begreiffel doch/ Ach JEsu/ kan es nicht geschen12/ Daß ich mag in die Höhle gehn Dein Hertz zu sehn? 9. HErr meine Lippen schliessen sich Dein Hertz zu küssen säuberlich13/ Jch dringe mit Gewalt hinein/ Jch wil in deines Hertzen Schrein Verschlossen sein. g Glaubenskuß] B statt dessen: Glaubensknß (Erratum) h .] B statt dessen: / (Erratum) i für] Gemäß A, B emendiert aus: für. j Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glied. unseres allerlibst. gekr. Jesu. k Sein] A statt dessen: dein l begreiffe] A, B statt dessen: begreiffen (Erratum)

9 gesund Biß auff den Grund] völlig gesund. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 694. 10 Vgl. Joh 15,3; 1Joh 3,3 11 Joh 19,34 12 geschen] geschehen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3838. 13 säuberlich] freundlich. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1855.

35

40

45

363

Viertes Salve

50

10. O süsser Schmak14/ O Himmels Brod15! Auß Liebe wünsch’ Jch Mir den Tod16/ Wer dich geschmekt/ du Heil der Welt/ Der hat sich selbst schon hingestelt Jns HimmelsZelt.

55

11. Jn dieser Höhle sol kein Schmertz Betrüben mein zerschlagnes Hertz/ Hie fürcht Jch nicht der Höllen Gluht17/ Des Höchsten Grim/ der SündenFluht/ Des Kreützes Ruht.

60

12. O JEsu schliess’ itz meine Seel’ Jn diese deiner Seiten Höl’ Und lass Mich frei von allem Streit Erheben dich18 nach dieser Zeit Jn Ewigkeit. |

14 Schmak] Geschmack. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 893 f. 1,23 17 Mt 25,41 18 Ps 145,1

15 Ex 16,15; Joh 6,31 f. 16 Vgl. Phil

S. 246a

Die fünffte Andacht.

An die Brust seines Allerliebsten Erlö= sers und Seligmachers.

a Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/

Fünftes Salve

365

366

Passionsandachten

1.

S. 247b

D

U meine Lieb’ HErrc JEsu Christ Laß Mich im Glauben schauen/ Was mehr an Dir zu finden ist/ Dem Jch Mich darff vertrauen1/d Wenn Jch die Welt nun lassen2 sol/ Daß Jch denn fahre sanfft und wol Auch Mir nicht müge grauen.

S. 248e

2. Was? Seh’ Jch nicht dein’ edle Brust Die meine Schwachheit stützet/ Die dämpfen3 kan deß Fleisches Lust/ Wenn Mich die Sünd’ erhitzet/ | Die mein Gewissen nimtf in acht4/ Ja vor deß Teuffels List und Macht Bei Tag und Nacht Mich schützet? 3. Entzündeg Mir Hertz/ Muht und Sinn/ Daß Jch nach Dir HErr frageh Und Dir/ so bald Jch traurig bin/ Mein schwehres Elend klage/ Regier’ auch Mich zuer jeden Zeit/ Daß Jch in dieser Eitelkeit i Mein Kreütz gedültigj trage5.

b Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glieder unseres allerlibst. gekr. Jesu c HErr] A im Cantus statt dessen: H. d /] Fehlt A, B e Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/ f nimt] A statt dessen: hat g Entzünde] Gemäß A, B emendiert aus: Enttzünde h frage] A statt dessen: froge (Erratum) i Eitelkeit] A statt dessen: Bitterkeit j gedültig] A statt dessen: gedultig

1 vertrauen] anvertrauen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1950. 2 lassen] verlassen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 225. 3 dämpfen] besiegen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 717. 4 mein Gewissen nimt in acht] für mein Gewissen Sorge trägt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 166. 5 Vgl. Mt 16,24

5

10

15

20

Fünftes Salve

25

30

35

40

45

367

4. Laß meinen Willen herrschen nicht Noch sich mein Fleisch empören/ Hilff/ daß Jch meine Thaten richt’6 Allein zu deinen Ehren/ HErr JEsu/ deine TugendBrust/ So meiner Seelen Freud’ und Lust/ Kan Mich zu Dir bekehren. 5. Wasch’ ab all Ungerechtigkeit7 Auß deinem Gnadenbrunnen Der Du Mir durch denk schwehren Streit Den Himmel hast gewunnen/ Jn Noht und Tod erquikke Mich Dein Bluht HErr/ daß so mildiglich8 Von deiner Brust gerunnen. | 6. O welch ein edler Himmelschatzm,9! O was vor theüre Gaben Welch’ in den höchsten Nöhten Platz Bei meiner Seelen haben/ Laß deine Brust mein Bräutigam10/ Mein Bruder11/ Freünd12 und Gotteslam13 Mich armen Sünder laben. 7. Gib/ weil Du selbst die Liebe bist14/ Daß Jch vor Liebe brenne Und Dich allein HErr JEsu Christ Das Heil der Sünder nenne/ Hilff/ daß Jch in der höchsten Noht/ Wenn Mich nun würgen15 wil der Tod/ Dein’ Hülff’ allein erkenne. k Der Du Mir durch den] A statt dessen: Du/ der du Mir durch l Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glied. unseres allerlibst. gekr. Jesu. m Himmelschatz] A statt dessen: Himmelsschatz 6 richt’] verrichte. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 879 f. 7 Vgl. Ps 51,4 8 mildiglich] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2215. 9 Vgl. Mt 19,21 10 Mt 9,15; 25,6 11 Vgl. Hebr 2,11 12 Vgl. Joh 15,14 f. 13 Joh 1,29.36 14 1Joh 4,16 15 würgen] ermorden. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2202.

S. 249l

368

Passionsandachten

8. Jmmittelst16 laß O meine Lust/ So lang’ Jch hie muß leiden/ Mich ruhen sanfft an deiner Brust/ Auff daß Jch müge weiden Mein Hertz/ wie S. Johannes that17 Mit süsser Lieb’ undn gutem Raht/ So kan Jch frölich scheiden.

S. 250p

9. Gegrüsset seyst Du tausendmahl O Brusto in welcher wohnet | Die Gottheit/ welch’ ohn’ End’ und Zahl Auß Gnaden Mich belohnet/ Wie herrlich werd’ Jch seyn befreit/ Wenn deine Güht’ in Ewikeitq Mit Straffer Michs verschonet. |

n und] A statt dessen: nnd (Erratum) o A zusätzlich: / p Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige Lehr= und trostreiche Gedanken/ q Ewikeit] A statt dessen: Eitelkeit (Erratum) r Mit Straffe] A statt dessen: Zu straffen s Mich] A statt dessen: Nich (Erratum)

16 Jmmittelst] inzwischen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2079.

17 Joh 13,23

50

55

60

Die Sechste Andacht.

S. 251a

An das Hertz seinesb Allerliebsten Selig= machers JEsu Christi.

a Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glied. unseres allerlibst. gekr. Jesu Gemäß B emendiert aus: senes Fehlt A (Erratum)

b seines]

370

Passionsandachten

Sechstes Salve

371

372

Passionsandachten

1.

S. 253c

D

Ein Edles Hertz/ der Liebe Trohn/ Der Warheit Schloß/ O GOttes Sohn/ Grüss’ Jch in Dir von Hertzen/ Wie fleissig sucht es in der Zeit Der Menschen Heil und Seligkeit/ Was litt’ es nicht vor Schmertzen!

5

2. HErr/ deine Liebe war zu groß/ Als Du verwundet/ arm und bloß Den Tod hast außgestanden/ Ja grimmer1 Tod/ wie könt’d es sein/ Daß/ der das Leben gibt allein/ Gantz lag in deinen Banden.e

10

3. Durch deinen Tod/ du Heil der Welt/ Der Mich dem Himmel zugeselt2/ Laß Mich Dich hertzlich lieben/ Wenn Jch in solcher süssen Brunst3 HErr JEsu kleb’ an deiner Gunst/ So kan Mich nichts betrüben.

15

4. O wehrtes Hertz/ entfreye4 doch/ Mein Hertz vom schwehren SündenJoch Jn welchem es muß schweben/ Entzünd’ es HErr in deiner Lieb’/ Auff daß es sich im Guhten üb’ Und ewig müge leben. |

c Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glieder unseres/ allerlibst. gekr. Jesu. statt dessen: kont’ e .] A, B statt dessen: ?

20

d könt’] A

1 grimmer] bitterer. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 344. 2 Vgl. Hebr 9,15 3 Brunst] Glut, Inbrunst. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 439. 4 entfreye] befreie. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 521.

Sechstes Salve

25

30

35

40

45

373

5. Mein Hertz ist härter als ein Stein5/ Ach laß es doch beweglich sein HErr JEsu durch dein Leiden/ Jn rechter Demuht fleh’ Jch sehr/ Du wollest dein Hertz nimmermehr Von meinem Hertzen scheiden. 6. O liebstes Hertz eröffne Dich Gleich einer Rosen säuberlich6 Das Meine zu empfangen/ Dir wär’ es gerne zugepaart/ Esg wünschet deine Gegenwahrt Mith sehnlichem Verlangen. 7. Es schreiet offt mit heller Stim: Ach süsses Hertz/ kom bald und nim Mich selbsti Dich zu verbinden7/ Kom Edles Hertz zu dieser frist8/ Wo du mein Allerliebstes bist/ Da lass’ auch Jch Mich finden. 8. Mir wird geschehen treflich wol/ Wenn nun mein Hertz beständig sol Jn deiner Liebe leben. Es sol/ mein GOtt/ in Freüd und Leid Zu dienen Dir stets seyn bereit/ Ja Dir sich gantz ergeben. |

f Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/ g Es] Fehlt A (Erratum) h Mit] A statt dessen: Es Mit (Erratum) i Mich selbst] A statt dessen: Mein Hertz/

5 Vgl. Ez 11,19; 36,26 6 säuberlich] behutsam. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1856. 7 Dich zu verbinden] mit dir zu verbinden. Zu ‚verbinden‘ mit Akkusativobjekt der Person vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 119. 8 frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216.

S. 254f

374 S. 255j

Passionsandachten

9. Ach breite deine Blätter auß Du Hertzensrößlein schön und krauß/ Laß meine Seel empfinden Nur den Geruch der uns erhält/ Durch welchen wir Tod/ Teuffel/ Welt Gantz siegreich überwinden. 10. Mein Hertz das müss’ an deinem sein/ Doch erst empfinden schwehre Pein Durch wahre Reü und Klagen/ Mein Hertz sol durch der Buhse9 Speer/ Verwundet werden treflich schwehr/ So darff10 es nicht verzagen. 11. O JEsu/ deiner Liebe Brunst11 Erweise Mir doch diese Gunst/ Daß Jch Mich müge schliessen Jn deines edlen Hertzen Schrein/ So kan Jch HERR dadurch allein Der Seligkeit geniessen12. |

j Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glied. unseres allerlibst. gekr. Jesu.

9 Buhse] Buße. Nicht bei Grimm, DWb. 10 darff] muß. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 11 Brunst] Glut, Inbrunst. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 439. 12 Der Seligkeit geniessen] die Seligkeit genießen. Zu ‚genießen‘ mit Genitiv der Sache vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3466.

50

55

60

65

Die Siebende und letste Andacht.

An das heilige Antlitz seines Allerlieb= sten HErren JEsu.

a Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/

S. 256a

376

Passionsandachten

Siebtes Salve

377

1.

S. 257b

B 5

10

15

20

Leiches Antlitzc sey gegrüsset/ Ach es fliesset Heisses Bluht die Wangen ab/ Welche Schmertzen Gottes Sohne Seine Krohne Gantz voll scharffer Dörnerd,1 gab! |

2. Ach! wie ist sein Haubt geschlagenf/ Es muß tragen Den verfluchten Speichelkoht2/ Der ein König ist gebohren3 hat verlohren Allen Pracht4 in dieser Noht. 3. Der so lieblich pflag5 zu blühen/ Den bemühen6 Schläge 7/ Peitschen8/ Schmach und Pein9. Hier ist nichts als Haut und Knochen Unzerbrochen10/ Welch’ ein Bild deß Todes sein. 4. JEsu/ der du so geschlachtet Und verachtet Wegen meiner Sünde bist11/ Du kanst durch ein freündlichs blikken Mich erquikken Wenn Mich Sorg’g und Kummer frist. b Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glied. unseres allerlibst. gekr. Jesu. c Antlitz] Gemäß A, B sowie C in Cantus und Bassus emendiert aus: Antlitz’ d Dörner] A und B im Cantus statt dessen: Dorner e Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/ f geschlagen] A, B statt dessen: zuschlagen g Sorg’] Unter dem Apostroph ein Punkt emendierend getilgt 1 Mt 27,29 2 Mt 27,30 3 Vgl. Sach 9,9; Mt 2,2 4 Pracht] Zu ‚Pracht‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 285. 5 pflag] pflegte. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1745. 6 bemühen] zermürben. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1462. 7 Mt 27,30 8 Mt 27,26 9 Mt 27,39 10 Joh 19,33 11 Vgl. Jes 53,3

S. 258e

378

Passionsandachten

5. HERR Du wollest durch dein Leiden Stets Mich weiden Als ein Schäflein Deiner Heerd’12. Hast Du doch auß deinem Munde Manche Stunde Milch und Honig Mir beschert. | S. 259h

6. Ach du wollest nicht verschmäheni Diß mein Flehen Weil die Stunde komt heran/ Da Du wilt die Welt verlassen Jch muß fassen Dichj so lang’ ich seüfftzen kan. 7. Laß dein Haubt zu Mir sich neigen/ Anzuzeigen Deiner Liebe Trefligkeit13/ Laß Mich unterm Kreütze sterben/ Laß Mich erben14 Gottes Reich nach dieser Zeit. 8. Ewigs loben müss’ erklingen15 Durch meink singen Dir O JEsu Gottes Sohn/ Günne Mir/ was Jch gebehten/ Laß Mich treten Unverzagt vor deinen Trohn16.

h Kolumnentitel: über und ann die fürnehmste Glied. unseres allerlibst. gekr. Jesu i verschmähen] B statt dessen: verschmahen (Erratum) j A zusätzlich: / k mein] Gemäß A, B emendiert aus: dein

12 Vgl. Ez 34,15; Joh 10,9.12 13 Trefligkeit] Vorzüglichkeit. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1698. 14 Vgl. Röm 8,17 15 Vgl. Ps 145,1 f. 16 Hebr 4,16

25

30

35

40

45

Siebtes Salve

379

9. Laß Mich auß der Welt doch scheiden HERR mit Freüden/ Laß Mich ja den Tod nicht sehn/ Laß Mich seine Macht nicht schmekken17; Noch erschrekken Wenn Jch sol von hinnen18 gehn. |

50

10. JEsu/ stehe Mir zur Seiten/ Zubegleiten Meine Seel’ in Gottes Hand19/ Ja Mein JEsu/ laß Mich springenn Singen/ klingeno Jn demp rechten Vaterland’20. m

55

60

Amen/ HErr JEsu Christe/ AMEN. |

l Kolumnentitel: Der andächtigen Seelen/ heilige/ Lehr= und trostreiche Gedanken/ m stehe Mir] A statt dessen: du stehst Mir n Ja Mein JEsu/ laß Mich springen] A statt dessen: Ach wie werd’ Jch vor dir Singen/ o Singen/ klingen] A statt dessen: Klingen/ Springen p Jn dem] A statt dessen: Dort im

17 Vgl. Mt 16,28 20 Hebr 11,14

18 von hinnen] von hier fort. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1458. 19 Sap 3,1

S. 260l

Heilige

Beschluß=Andachten über

Das bittere Leiden und 5

Sterben

Unseres allerliebsten Heilandes und Seligmachers

Jesu Christi. |

S. 261

Erste Beschluß-Andacht

383

384

Passionsandachten

Heilige

Beschluß=Andachten. Eines Hertzlich=reüenden/ Hoch= betrübten/ und unter dem Kreütz unseres allerlibsten Seligmachers liegenden Sünders/ sehnliches Klag= und Bittlied.

1.

O 5

10

Süsser Jesu hilff! Es ist zu groß mein Schade/ Jn Sünden bin ich tod1/ erzeige Mir doch Gnade/ Es ist kein Glied an Mir/ Das Dich nicht hat betrübet/ Da Du doch für und für So hertzlich Mich geliebet!

2. O süsser JEsu hilff! mein Haupt hab’ ich geschmükket; Dein Haupt ward grausahmlich von Dörnern gantz zerdrükket2 Mein Haupthahr prangte groß3; Deins war mit Bluht beflossen/ Daß Du krank/ arm und bloß4,5 Gantz häuffig6 hast vergossen. |

a Kolumnentitel S. 264–287: Heilige Beschluß=Andachten.

1 Eph 2,5 2 Vgl. Mt 27,29 3 prangte groß] war herrlich geschmückt. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2066. 4 bloß] entblößt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 146. 5 Jes 53,3 6 Gantz häuffig] sehr reichlich. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 594.

S. 264a

386 S. 265b

Passionsandachten

3. O süsser JEsu/ hilff! mein’ Augen liess Jch schiessen7/ Auff daß/ so Mein nicht war/ desselben zu geniessen8; Dein’ Augen litten Noht/ Ja brachen gantz in Stükken/ Als Du Dich für dem Tod’ Erbärmlich mustest bükken. 4. O süsser JEsu hilff! Mein’ Ohrenc ließ Jch höhren Auch daß/ was Seel’ und Geist könt’ offtmahls mir verseeren9; Dagegen mustest Du Nur hören Spott und Schelten10/ Jch stöhrt’ HERR/ Deine Ruh’/ Ach laß Michs nicht entgelten! 5. O süsser JEsu hilff! Mein Mund hat offt gefluchet/ Auch wol in Schändligkeit der Reden Lust gesuchet; Dein Mund ward schwartz und bleich/ Dein Mund ward hart geschlagen/ Als Dich die Schaar zugleich Fieng höhnisch an zu fragen11. |

S. 266

6. O süsser JEsu/ hilff! Wie hab’ Jch manche Stunden So grossen übermuht in meiner Brust empfunden! Dein’ aber litte Pein Von Peitschen12 und von Strikken13/ Als Dich die Wuht allein Der Feinde wolt’ erstikken. 7. O süsser JEsu hilff! Wie hab’ Jch doch stoltzieret Mit Kleidern manchen Tag und grossen Pracht14 geführet15! b 265] Emendiert aus: 256

c Ohren] Emendiert aus: Augen

7 schiessen] blicken. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 37. 8 desselben zu geniessen] es zu genießen. Zu ‚genießen‘ mit Genitiv der Sache vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3466. 9 verseeren] verletzen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1259. 10 Mt 27,39–44 11 Mt 26,68 12 Mt 27,26 13 Mt 27,2 14 Pracht] Zu ‚Pracht‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 285. 15 grossen Pracht geführet] bin protzig aufgetreten. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 284.

15

20

25

30

35

Erste Beschluß-Andacht

40

45

50

55

60

65

387

Dein Kleid war Schimpf und Spott: Bald hast Du roht getragen16/ Bald weiss’17 O grosser GOtt/ Was littest Du viel Plagen! 8. O süsser JEsu/ hilff! Wie hat mein Hertz gebrennet Jn hochverbohtner Lust/ die GOTT und Menschen trennet! Dein Hertz/ das dürr’ und schwach/ Ward bitterlich gekränket/ Hat doch mit Weh’ und Ach Sich gern zu Mir gelenket. | 9. O süsser JEsu/ hilff! Mein Hertz hat offt geneidet Den NebenChristen und die Sanfftmuht sehr gemeidet. Dein Hertz das Mich gelibt/ Wolt’ allzeit Guhts Mir gönnen/ Ja ward drob18 hoch betrübt/ Daß Jch solt’ Ewig brennen19. 10. O süsser JEsu/ hilff! Annoch20 kan nichts erweichen Mein unbuhßfärtigs Hertz/ das Eisen zu vergleichen; Dein Hertz/ Dein treües Hertz Laß doch das Mein’ entzünden/ Daß Reüe/ Buhs’ und Schmertz Darinn sich häuffig finden. 11. O süsser JEsu/ hilff! Jch hab’ an meiner Seiten Getragen offt ein Schwert/ den Negsten zu bestreiten21; Dir ward mit einem Spehr Die Seite stark verletzet22/ So hat/ was Dich so schwehr Verwundet/ Mich ergetzet. |

16 Vgl. Jes 63,2; Apk 19,13 17 Mt 17,2 18 drob] darüber. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 783. 19 Vgl. Mt 25,41 20 Annoch] noch immer. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 418. 21 bestreiten] bekämpfen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1683. 22 Joh 19,34

S. 267

388 S. 268

Passionsandachten

12. O süsser JEsu/ hilff! Du hast dein Bluht vergossen/ Auß deiner Seiten ists ja mildiglich23 geflossen24/ Diß ist der Lebenstrank/ Der Mich kan schnell erquikken/ Wenn Jch schwach/ matt und krank kan gahr kein’ Hülff’ erblikken. 13. O süsser JEsu/ hilff! Mein Händ’ hab’ Jch gestrekket Zu vielen Lastern auß/ Daß Mich auch sehr erschrekket; Dein’ Hände sind mit Pein Ans hohe Kreütz geschlagen/ O Hände welch’ allein Den grossen Weltbau tragen! 14. O süsser JEsu/ hilff! Mein’ Hand hat offt gefasset Was meines Negsten war/ und auff sein Guht gepasset25,26; Dein’ Hände wurden fest Verstrikket27 und gebunden28/ Hiedurch ward unser Best’ Jn Ewigkeit gefunden. |

S. 269

15. O süsser JEsu/ hilff! Offt war Jch sehr bemühet Deß Mammons Knecht29 zu seyn/ für Jhm’ hab’ Jch geknihet; HERR/ Deine Kniehe sind Mit Bluht gantz übergossen/ Das hab’ Jch Sünden Kind Zur Seligkeit genossen. 16. O süsser JEsu/ hilff! Offt bin Jch mit dem Hauffen Den Bösen in der Welt der Wollust nachgelauffen; Jhr Füss’/ heist das wol recht/ Da JEsu Füsse kleben

23 mildiglich] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2215. 24 Joh 19,34 25 gepasset] gelauert. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1485. 26 Vgl. Ex 20,17; Dtn 5,21 27 Verstrikket] gefesselt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1803. 28 Mt 27,2 29 Vgl. Mt 6,24

70

75

80

85

90

Erste Beschluß-Andacht 95

100

105

110

115

120

389

Am Pfahl: Du loser30 Knecht Solst gleichwol Ewig leben? 17. O süsser JEsu/ hilff! Offt hab’ Jch deine Gaben Verschwendet liederlich/ welch’ Jch kont’ häuffig31 haben; Dich dürstet dort so sehr32/ Als Dir dein Hertz wil brechen/ Daß fast kein Wörtlein mehr Du kanst am Kreütz außsprechen. | 18. O süsser JEsu/ hilff! wenn Jch darann gedenke/ Wie schändlich Jch mißbraucht so mancherley Getränke/ Da Du nur bittre Gall’ Und Essig hast genossen33; So wird ein Donnerknall Mich gleich durchs Hertz geschossen. 19. O süsser JEsu/ hilff! Jch lege mit Verlangen Zu deinen Füssen hinn/ was jemahls Jch begangen/ Jch ruff’/ Jch fleh’/ Jch schrei: HERR/ mache Du Mich ledig/ HERR/ zehle34 Mich doch frei/ HERR/ sey Mir Sünder gnädig35. 20. O süsser JEsu/ hilff! Jch laß Mich gar nicht treiben Von deinem Kreütz’ hinweg. Von Dir kan Jch nicht bleiben36/ Ach! nur ein Tröpflein Bluht Lass’ auff Mich Armen fallen/ Denn sol/ O höchstes Guht/ Durch Mich dein Lob erschallen! |

30 loser] sittenloser. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1183. 31 häuffig] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 593. 32 Joh 19,28 33 Vgl. Ps 69,22; Mt 27,34 34 zehle] erkläre. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 53. 35 Lk 18,13 36 bleiben] fortbleiben. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 94.

S. 270

390 S. 271d

Passionsandachten

21. O süsser JEsu/ hilff! So fest will Jch Dich fassen/ Daß Teüffel/ Höll’ und Tod Dich sol und muß Mir lassen/ Jch weiche nicht von hier Mein’ Hoffnung37 und Verlangen/ Biß Jch zuletst von Dir Den Segen hab’ empfangen38. 22. O süsser JEsu/ hilff! Ein Tröpflein komt geflossen/ Wie leicht wird Mir mein Hertz/ in dem Jch das genossen! O Bluht! O Pein! O Tod! O bittersüsses Leiden! Auch in der höchsten Noht Sol nichts von Dir Mich scheiden39. |

d 271] Emendiert aus: 275

37 Ps 62,6; 71,5

38 Vgl. Gen 32,27

39 Vgl. Röm 8,39

125

130

Zweite Beschluß-Andacht

391

392

Passionsandachten

Der Gläubigen/ unter dem Kreü=

S. 274

tze Jhres allerliebsten Seligmachers ligenden Seelen/ heilige Andachta/ für= nehmlich am Kahrfreytage zu gebrauchen. Dieses kan man auch singen nach der Melodie meines wolbekanten Weihenacht=Liedes/

Ermuntre Dich mein schwacher Geist/ und 1

trage groß Verlangen .

1.

D

5

10

Jß ist der Tag/ HErr JEsu Christ/ Diß ist der Tag der Schmertzen2/ An welchem Du geschlachtet bist/ Als Du die Welt von Hertzen Geliebet/ und dein theüres Bluht3 Das allerhöchste Seelen=Guht Für Frembd’ und Reichsgenossen So willig hast vergossen4. 2. Ach! Daß Jch diesen Opfer=Tag/ An welchem Du verschieden/ Mit bittrer Pein und grosser Klag’ Jtz feiren5 mücht’ im Frieden! Ach! Könt’ Jch auch so ruhig sein/ Als Du geplagtes Lämmelein6/

a Andacht] Emendiert aus: Andach

1 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 24 f. 2 Vgl. Jer 46,10 5 feiren] ruhen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1436. 6 Joh 1,29.36

3 1Petr 1,19

4 Vgl. Mt 26,28

394

Passionsandachten

Ja schliessen die Gedanken/ Jn deiner Liebe Schranken! | S. 275

3. Du bist wol der gerechte Knecht7/ Der weißlich hat gehandelt8 Und nach des Vatters willen9 schlecht10 Durch Noht und Tod gewandelt. O JEsu Christ/ Du grosser Gott/ Wie hat man Dich mit Hohn und Spott Verspeiet und verachtet11/ Zu letst auch gahr geschlachtet! 4. Du wurdest ja gerechnet zu Den Sündern und Verfluchten12 Von Menschen/ die fast ohne Ruh’ HERR/ dein Verderben suchten: Da gieng dein’ Angst und Arbeit ann13/ Die niemand gnug beklagen kann/ Erst wurdest Du verhöhnet/ Hernach mit Dorn gekröhnet14. 5. Gelobet seist Du liebes Lamm15 Für deine Schmach und Wunden/ Worinn Jch/ O mein Bräutigam16 Hab’ Hülff’ und Trost gefunden/ Sei hoch bedankt für deinen Schweiß/ Der bluhtig/ häuffig17/ scharff und heiß Auß deiner Haut gedrungen18 Hat Sünd’ und Tod verschlungen. |

S. 276

6. Wie fühl’ Jch aber/ daß mein Hertz So grausahmlich erzittert?

7 Jes 53,11 8 Jes 52,13 9 Vgl. Mt 21,31 10 schlecht] treu. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 533. 11 Jes 53,3; Mt 27,29 f. 12 Jes 53,4 13 gieng dein’ Angst und Arbeit ann] fing deine Angst und Mühe an. Zu ‚angehen‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 343. Zu ‚Arbeit‘ vgl. DWb 1, Sp. 541. 14 Vgl. Mt 27,29 15 Joh 1,29.36 16 Mt 9,15; 25,6 17 häuffig] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 593. 18 Vgl. Lk 22,44

15

20

25

30

35

40

Zweite Beschluß-Andacht

45

50

55

60

65

70

395

Von Mir/ O HErr/ kam dir dein Schmertz/ Jch habe Dir verbittert19 Dein Leiden: Meine Missethat Jst das/ so Dich gequählet hat/ Du trugest meine Sünden20/ Die niemand kont’ außgründen21. 7. Jch habe Dir/ die grosse Noht HERR JEsu/ zugerichtet22/ Biß Jch Dich gahr bracht’ in den Tod: Nun bin Jch hoch verpflichtet Für solche deine Hertzens=Treü/ Ach hilff/ daß Jch doch nicht auffs neü Mit Sünden Dich beschwehre/ Noch Laster mehr gebehre! 8. Verfluchtes Hertz/ das für und für Der Bößheit sich beflissen! Verfluchte Sünden/ welche Dir Dein heiligs Haupt zerrissen! Verflucht sey meine Missethat/ Die Dich/ O HErr gegeisselt hat! Verflucht sey das Beginnen23 Der Laster=vollen Sinnen! | 9. Gesegnet muß dagegen sein O JEsu mein Verlangen/ Dein bitters Leiden/ Angst und Pein So Dich für Mich ümbfangen. Gesegnet sey dein Spott und Hohn/ Gesegnet deine dörnern Krohn’/ Gesegnet deine Wunden Und was Du sonst empfunden.

19 verbittert] bitter gemacht. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 127. 20 Joh 1,29 21 außgründen] ergründen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 878. 22 zugerichtet] bereitet. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 665. 23 Beginnen] Tat. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1297.

S. 277

396

Passionsandachten

10. Ja/ JEsu/ Dir sey Lob und Preiß24/ Daß Du Mich hast befreiet/ GOtt Vatter/ sey Du gleicher weis’ Auch hoch gebenedeiet/ Daß Dich dein Sohn vergnüget25 hat Für meine Sünd’ und Missethat/ Wie Mich Dein Geist das lehret26/ Der Mich zu Dir bekehret. 11. Nun hilff/ HERR JEsu/ daß Jch doch hier zeitlich müg’ erkennen/ Wie leicht uns kan das Sünden=Joch Von deiner Liebe trennen/ Gib/ daß Jch zeitlich hie bereü/ Was Jch mißhandelt sonder27 Scheü/ Und ja der Höllen Plagen Nicht Ewig dörffe tragen! | S. 278

12. O süsser JEsu/ lass’ Mich nicht Jn meinen Sünden sterben/ Lass’ Mich nicht kommen ins Gericht28 Noch Ewiglich verderben! Hilff/ daß Jch Dich und Mich recht kenn’29/ Hilff/ daß Jch meinen Trost Dich nenn’/ Und/ wenn Jch sol verlassen Die Welt/ nur Dich mag fassen. 13. Lass Mich kein’ Angst noch Noht von Dir/ O süsser JEsu/ trennen30/ Lass Mich/ wenn böse Menschen Mir Nur Pein und Trübsahl gönnen/ Getrost diß Alles achten nicht/ Was kan Mir thun solch ein Gericht/ So Menschen nur erdenken? Diß wird Mich gahr nicht kränken31. 24 Apk 5,12 25 Dich vergnüget] dir Genüge getan hat. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 466. 26 Joh 14,26 27 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573. 28 Vgl. Joh 5,24 29 Vgl. Joh 10,14 30 Vgl. Röm 8,39 31 kränken] quälen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2031.

75

80

85

90

95

100

Zweite Beschluß-Andacht

105

110

115

120

125

397

14.b Dein theüres Leiden lindre doch All’ Angst/ welch’ Jch empfinde/ Steür’ auch dem Satann/ wenn Er noch An Mich setzt32 so geschwinde. Kein Schrekken quähle meinen Geist/ Auff Dich HERR/ laß Mich allermeist An jennem Tage sehen/ Wenn Jch da bloß33 muß stehen. | 15. Ach laß dein Leiden Angst und Pein An Mir nicht seyn verlohren/ Der Jch ja durch dein Bluht gantz rein34 Zum Himmel bin erkohren/ Dein Bluht/ das Gott allein behagt/ Hat Mir die Kindschafft zugesagt35/ Dein Bluht/ das Du vergossen36 Macht Mich zum Reichsgenossen. 16. Hilff/ wenn Jch nun mein Seelichen Befehl’ in deine Hände37/ Daß Jch zu deinem Kreütz’ alsden O JEsu/ schnel Mich wende/ Und halte Dich ja fest und wol/ Damit Jch Lieb’ und Glaubens=voll Zu Dir ins Reich der Freüden Von hinnen38 müg’ abscheiden. |

b 14.] Emendiert aus: 15.

32 An Mich setzt] mich angreift. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 460. 33 bloß] entblößt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 146. 34 Vgl. 1Joh 1,7 35 Vgl. Gal 4,5 36 Mt 26,28 37 Ps 31,6 38 Von hinnen] von hier fort. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1458.

S. 279

398

Passionsandachten

Dritte Beschluß-Andacht

399

S. 282

Der liebhabenden Seelen Jhres Gekreützigten JEsu/ Hertzliches Lob= Danck= und Beschluß=Lied/ für sein heiliges/ bitteres Leiden und Sterben. Dieses kan man auch singen nach der Melodie/ Meines sonst wolbekanten Abend=Lied.

Werde munter mein Gemühte1.

1.

W

Achet auff Jhr Meine Sinnen/ Wachet auff/ Hertz/ Seel’ und Muht/ Helffet Mir ein Lied beginnen/ Daß das allerhöchste Guht JEsum Christum/ Gottes Lamm2 Unsern süssen Bräutigam3 Möge mit den besten Weisen Wegen solcher Wolthat preisen.

5

2. Lob und Dank sey Dir gesungen HERR für deine Traurigkeit/ Die Dich dergestalt bezwungen/ Daß man Dich zur selben Zeit Fand biß auff den Tod betrübt4/ Das heisst recht: Die Welt geliebt/ Trauren/ daß wir nach dem Sterben Könten Himmels=Freüd’ erwerben. |

1 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 238. 2 Joh 1,29.36

3 Mt 9,15; 25,6

10

15

4 Mt 26,38

Dritte Beschluß-Andacht

20

25

30

35

40

401

3. Lob sey Dir daß Du gefallen Auff Dein heiligsa Angesicht5/ Zu versühnen uns für Allen Deinem Vater/ daß Er nicht Jagt uns weg von seinem Throhn; O Du grosser Gottes Sohn Fälst darum so kläglich nieder/ Daß Du uns aufrichtest wieder.

S. 283

4. Lob sei Dir das du gekämpffet Mit des Todes Bitterkeit6 Und desselben Macht gedämpffet7/ So daß wir itzt sind befreit Von des Würgers8 Spiess und Schwerth/ Der nur unser Haut begehrt. Tod/ du bist schon überwunden/ Nirgends wird dein Stachel funden9. 5. Lob sei Dir das Du geschwitzet Dikkes Bluht in höchster Noht10/ Als des Vaters Grim erhitzet Quählte Dich biß auff den Tod; Lob sey Dir daß Jch nun weiß/ Wie Mein kalter Todes=schweiß Jst geheiligt durch dein Leiden/ Und Jch freudig kan abscheiden. | 6. Lob sei Dir/ das Du gefangen Und drum hart gebunden bist11/ Daß Jch Freyheit könt erlangen Nur durch dich HErr JEsu Christ12.

a heiligs] Emendiert aus: heiliges

5 Vgl. Mt 26,39 6 Lk 22,44 7 2Tim 1,10 8 Würgers] Gemeint ist der Tod. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2216. 9 1Kor 15,55 10 Lk 22,44 11 Mt 27,2 12 Vgl. Gal 5,1

S. 284

402

Passionsandachten

Lob sei Dir/ das Du geplagt Und so falschlich bist verklagt13/ Daß Jch müchte von Beschwerden Des Gerichts entledigt werden. 7. Lob sei Dir/ daß Du verspeiet14 Und geschlagen bist dazu15/ Daß Jch alles Hohns entfreiet16 Leben mücht in Fried und Ruh. Lob sei Dir/ das Du so sehr Bist beraubet aller Ehr/ Aber nur zu Meinem Frommen17 Hab’ Jch Ehr und Preiß bekommen. 8. Lob sei Dir/ daß Du geschmükket Bist mit Purpur blos zum Spott18/ Auf das Jch würd hoch erquikket Und geziert für Dir/ Mein GOtt. Lob sei Dir Marien Sohn/ Das du bist mein Ritter=Krohn Gantz von Dörnen sehr verhönet; Nun bin Himmlisch Jch gekrönet. |

S. 285

9. Lob sei Dir/ das Du genommen hast ein Rohr in deine Hand/ Und so manchen Schlag bekommen Dir zur Marter/ Schmach und Schand19; Alles darum/ das nur Jch Könt aufheben sicherlich Dis mein Häupt/ und im Vertrauen Freudig auf gen Himmel schauen.

13 Mt 26,39–61 14 verspeiet] angespuckt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1382. 15 Vgl. Jes 50,6; Mt 27,30 16 alles Hohns entfreiet] von allem Hohn befreit. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 521. 17 Frommen] Nutzen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 245. 18 Vgl. Mt 27,28 f. 19 Vgl. Mt 27,29 f.

45

50

55

60

65

70

Dritte Beschluß-Andacht

75

80

85

90

95

100

403

10. Lob sei Dir/ das Du gestanden Für dem Volck auf Jenem Plan20/ Mit den Ketten/ Strikken/ Banden Und den Purpur angethan/ Das dein Vater müg ansehn Uns wenn wir gebunden stehn Und alsden in deinen Willen Unsre Noht und Knechtschafft stillen21. 11. Lob sei Dir/ das Du getragen Hast dein schweres Creutz allein22/ Das auch wir in unsern Plagen Müchten fein gedültig sein. Liebster JEsu/ gib doch Mir/ Das Jch müge für und für Alles willig auf Mich nehmen/ Was mein Fleisch und Blut kan zähmen. | 12. Lob sei Dir das Du gelitten Zwischen Mördern/ Spott und Hohn23/ Da Du doch von Ahrt und Sitten Bist gantz rein24 O Gottes Sohn; Dises macht Mich Ewig frei Von der Höllen Schlaverei25/ Läst Mich auch nach diesem Leben Stets in Ehr und Würden schweben. 13. Lob sei Dir/ das Du gestorben/ Wie dein Leib voll Bluhtes stund/ Hast dadurch den Schmuck erworben/ Uns/ das wir/ schön und gesund Müchten leben in der Stadt/ Da man nie wird Freuden satt/ Da man jauchtzet/ spielet/ springet Und das Drei mahl Heilig singet26. 20 Plan] Platz. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1884. 21 stillen] beenden. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 3012. 22 Vgl. Joh 19,17 23 Vgl. Mt 27,38 f. 24 Vgl. Hebr 4,15 25 Schlaverei] Sklaverei. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1322. 26 Vgl. Apk 4,8

S. 286

404

Passionsandachten

14. Lob sei Dir/ der Du bezahlet Unsre Sünd’ und Missethat/ Da dein Leib von Bluht bemahlet Auch die Stein erweichet hat Nunmehr ist die Schrifft erfüllt27 Und des Höchsten Zorn gestillt28/ Nun ist das verlohrne Leben Uns (Gott Lob) aufs neu gegeben. | S. 287

105

110

15. Lob sei Dir/ das Du begraben Und so wol gesalbet bist29/ Ach! Mücht Jch im Hertzen haben Dich nur stets HErr JEsu Christ! Solt alsden Mein Hertz allein Stets dein Grab und Wohnung sein30/ Ach! wie fest wolt Jch Dich fassen/ Ja Dich nimmermehr verlassen.

115

120

16. Wachet auf Jhr meine Sinnen/ Wachet auf Hertz/ Seel und Muht/ Lasset uns recht lieb gewinnen JEsu theur vergossnes Bluht31/ Lasset uns mit Jhm zugleich Springen in Sein Freuden=Reich32. Kom HErr JEsu33/ kom behende/ Gib Mir bald Ein seligs E N D E. |

27 Mk 15,28; Joh 19,24.28.36 28 Vgl. Röm 5,9 1,19 32 Vgl. Mt 25,21.23 33 Apk 22,20

29 Joh 19,40–42

125

30 Vgl. Eph 3,17

31 1Petr

Klingende Dankverse/

Zum Beschluss1 der heiligen Lie= der und Andachten/ über

Daß bittere Leiden und Ster= ben unseres Allerliebsten Selig= machers J E S U Christi.

W

5

10

15

Aß sol Jch Dir zu Dank’ hertzliebster JEsu geben/ Daß Du gebohren bist ein Kindlein in der Zeit2 Daß Du beschnitten bist3/ daß Du die Grausahmkeit Der Menschen hast versucht/ als man dein edles Leben Verrieht durch einen Kuß4 und deinen Leib daneben So fest mit Ketten band5/ da man Dich angespeit/ Da man Dich kröhnt6 und schlug7/ ja/ da Dir weit und breit Herodes Kaiphas/ Pilatus widerstreben? Was bring’ Jch Dir zu Dank, O JEsu Gottes Lam8/ Daß Du wirst abgethan9 vor Mich am Kreutzes Stam? Mein Hertz. Ach heile Mich von aller Sünd’ und Plagen/ Dein Tod und Marter sei die Zahlung meiner Schuld/ So sterb’ Jch/ Liebster HErr in deiner süssen Huld’ Und werd’ ins Paradiß mit Freüden hingetragen10 E N D E. |

1 Beschluss] Schluß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1581. 2 Lk 2,7 3 Lk 2,21 4 Mt 26,49 5 Mt 27,2 6 Mt 27,29 7 Mt 26,67 8 Joh 1,29.36 9 abgethan] hingerichtet. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 138. 10 Vgl. Lk 23,43

S. 288

Anhang I

Die Vorreden und Ehrengedichte zur Teilausgabe 1648 In der 1648 erschienenen Teilausgabe von Rists Passionsgedichten (Sigle A) finden sich die im folgenden mitgeteilten Paratexte:

Der Durchlaüchtigten/ Hoch= gebohrnen Fürstinnen und Frauen/

F. Anna Eleonora

1

a

Gebohrnen Landgräf=

5

finnen zu Hessen/

Hertzoginnen zu Braun= schweig und Lüneburg/ Wittwen/

Meiner Gnädigsten Fürstin=

10

nen und Frauen b |

a F.] B statt dessen: Fr.

b B zusätzlich: .

1 Anna Eleonora (1601–1659), Tochter des Landgrafen Ludwig V. von Hessen-Darmstadt (1577–1626), seit 1617 verheiratet mit Georg von Braunschweig-Lüneburg (1583–1641). Anna Eleonora gebar vier Söhne und vier Töchter, unter ihnen Sophie Amalie (zu ihr s. u. S. 414, Anm. 66). Vgl. Schnath.

fol. )( 2v

Durchlaüchtige Hochge=

fol. )( 3r

bohrne Hertzogin/ Gnä= digste Fürstin und Frau

V

Nter mancherlei wiederwertigen Dingen/ welche den alten Adam1 oder

fol. )( 3v

fol. )( 4r

den natürlichen Menschen2 auff daß eüsserste pflegen zu betrüben und anzufechten/ ist die Erinnerung der Sterbligkeit wol die aller grösseste und heftigste. Den/ so bald ein solcher fleischlicher Mensch3 bei sich selber erweget/ daß die letste Todesstunde/ in welcher die liebwehrtesten Freünde als Leib und Seele von einander scheiden4/ und bald hernach der Leichnam durch die faülung in der Erde muß verzehret werden/ so | gahr unvermeidlich sei; So erzittert Er darüber von gantzem Hertzen/ dahero auch die Heiden den Tod daß erschreklichste unter allen erschreklichen dingen pflagen5 zu nennen6. Und ist es in wahrheit nicht nur bedenkens/ sondern auch verwunderens wol würdig/ daß kein einziges von so vielen irdischen und zergänglichen7 Dingen/ (welche gleichwol in der Welt so gahr hoch werden gehalten) kräfftig genug ist/ dem Menschen in der letsten Stunde mit etwas Raht/ Hülffe oder Trost beizuspringen. Zwahr/ Weißheit und Verstand sind sehr edle Gaben in diesem mühe seligem leben von Gott den Menschen Kinderen verliehen8: Wen wir aber der Welt sollen und müssen guhte nacht sagen/ können sie uns so weinig9 als die Thorheit selber helffen10. Künste vnd Wissenschafften werden billig11 sehr hoch gerühmet/ aber/ im Sterben finde Jch nicht/ daß sie einigen12 Menschen | vom Tode können erlösen. Die Mächtige und gewaltige herschen vielmahls in der welt nach Jhrem eigenem belieben: Wen es aber heisset: Mensch/ du must von hinnen13/ so kan sie weder Macht noch gewalt vom Tode erretten. Ehre und Ansehen werden in der Welt unauffhörlich gesuchet/ so gahr auch/ daß die meisten Königreiche und Länder jhrentwegen fast gantz und gahr werden ümgekehret14 und verwühstet: Jn der letsten Todesstunde aber gilt solches

1 Vgl. Röm 5,14 2 1Kor 15,45 f. 3 Röm 8,3 f. 4 Vgl. Platon, Gorgias, 524b: „¿O qánatoß tugcánei w¢n, w™ß e¬moì dokeî, ou¬dèn a¢llo h£ duoîn pragmátoin diálusiß, tñß yucñß kaì toû såmatoß, a¬p´ a¬lläloin·“ 5 pflagen] pflegten. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1736. 6 Vgl. Epikur, Brief an Menoikeus, 125, 5 f.: „tò frikwdéstaton ou®n tøn kakøn o™ dánatoß ou¬qèn pròß h™mâß .“ 7 zergänglichen] vergänglichen. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 685. 8 Vgl. Sap 7,7 f. 9 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 10 Vgl. Koh 2,16 11 billig] zu Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 12 einigen] einen einzigen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 206. 13 von hinnen] von hier fort. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1458. 14 ümgekehret] zerstört. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 967.

5

10

15

20

Vorreden und Ehrengedichte der Ausgabe 1648 25

30

35

40

45

50

55

411

alles weiniger15 den nichtes. Witz und Geld bezwingt die Welt16/ pflegt man im gemeinen17 Sprichwohrte zu sagen; Aber/ alle Schätze sind nicht starck genug auch nur ein einziges augenblik18 einen Sterbenden auffzuhalten19. Ein gesunder Leib ist ein vortreffliches gnadengeschenke Gottes/ hilfft aber durch aus nichtes wieder den Tod/ angesehen20 auch viele Menschen bei ge= | sunden Leibe plötzlich dahin sterben. Ein getreüer Freünd ist wahrlich in diesem Leben über allen Reichthum zu schätzen21; Aber/ wen wir in die schwartze Erde kriechen sollen/ so kan uns weder freünd noch bekanter/ weder Bruder noch Verwanter/ weder Vatter noch Mutter/ noch einiger22 Mensch/ der uns zeit unseres lebens aus gantzer Seele hat geliebet/ vom Tod’ entfreien23. Und/ daß Jchs kurtz mache/ so findet man unter allen zeitlichen Dingen durch aus nichtes/ daß in der Stundea deß Todes mit Raht/ Hülffe oder Trost uns erquikken könte. Warum daß? Eben darum/ dieweil alles/ es sei Weißheit/ Verstand/ Kunst/ Macht/ Gewalt/ Ehre/ Reichthum/ Gesundheit/ Freündschafft/ ia es heisse wie es wolle/ gantz und gahr eitel ist und vergänglich24. Nun muß es gleichwol gestorben sein/ daß wissen wir sicherlich und darff kein lebendiger Mensch daran zweife= | len: Wessen sollen wir uns den in unseren aüssersten Nöhten/ da wir von der gantzen welt und allen Geschöpfen werden verlassen/ trösten? was sol uns auffrichten wen wir itzo fallen/ was sol uns stärken/ wen wir den harten Todeskampff antreten und dieser welt daß letste Ade geben müssen? Daß kan und sol einzig und allein thun daß bittere leiden undb Sterben unseres allerliebsten Heilandes unnd Seligmachers JEsu Christi. Diesen Jhren Erlöser muß sich eine Christliche Seele in wahrem glauben/ als hienge Er da gegenwertig am Kreütze/ fästiglich25 vorstellen: Ja/ dieses Jhres süssen Bräutigams26 heftiges leiden/ grausahme Schläge27/ hönische verachtung/ unbarmhertzige Kröhnung28/ unmenschliche geiselung29 und erbärmliche Kreützigung30 müssen Jhr denc allerhöhesten Trost alsden mittheilen/ wen in aller welt kein Raht noch Hülffe mehr ist zu finden. Den/ sage mir mein frommer | Christ/ warum ist GOtt vom hohen Trohn’ deß Himmels herunter kommen und ein elender Mensch worden31? Warum hat Er so viel Armuht/ hunger/ verfolgung/ Schläge/ ia endlich den bitteren Tod erlitten? Nur darum/ daß uns weder der zeitliche a Stunde] Gemäß B emendiert aus: Stnnde Gemäß B emendiert aus: dem

b und] Gemäß B emendiert aus: nnd

c den]

15 weiniger] weniger. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 16 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 5, Sp. 325. 17 gemeinen] allgemein verbreiteten. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3170. 18 augenblik] ‚Augenblick‘ bzw. ‚Blick‘ als Neutrum nicht bei Grimm, DWb. 19 Vgl. Koh 5,13 20 angesehen] angesichts der Tatsache, daß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 349. 21 Sir 6,14 f. 22 einiger] ein einziger. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 206. 23 entfreien] befreien. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 522. 24 Koh 1,2 25 fästiglich] fest. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1565. 26 Mt 9,15; 25,6 27 Mt 26,67 28 Mt 27,29 29 Mt 27,26 30 Mt 27,35 31 Vgl. Phil 2,6–8

fol. )( 4v

fol. )( 5r

fol. )( 5v

412

fol. )( 6r

fol. )( 6v

Anhang I

noch ewige Tod nicht müchte verschlingen/ sondern daß wir nach dem kurtzen sterben ewig mit Jhme leben solten32. Jn Betrachtung dieses33/ kan ein glaübiger Christ in der letsten Todesstunde gantz hertzhafft also schliessen: Christus JEsus ist ia darum vor mich gestorben/ daß Jch solte leben: Sol Jch nun leben/ wie Mir dasselbe mein Erlöser so hoch und theür hat versprochen34/ ei so kan ia mein Tod anders nichtes sein als nur ein blosser hingang/ als ein schlechtes35 Abscheiden/ als ein kräfftiges durchdringen aus diesem elenden in ein anderes himlisches freüden leben: Den/ wen solches nicht folgen solte/ so were ia Christus gantz und | gahr ümsonst gestorben. So darff36 Jch nun vor dem Tode im weinigsten37 erschrekken. Warum denn? Eben darum/ dieweil Er Mich im Grabe nicht kan behalten/ den/ dieweil mein allerliebster Seligmacher vom Tode wieder ist erstanden/ so kan und werde auch Jch im Grabe nicht bleiben/ sondern nur eine kurtze Zeit in meinem Schlaffkämmerlein von so vieler müheseligen arbeit sänftiglich ruhen38 und bald hernach mit einem herlichen und verklährten Leibe wieder hervor gehen39/ auff daß Jch mit Christo/ der Mir dieses alles durch sein bitteres leiden so theür hat erworben40/ in ewiger freüde41 leben müge. Guhte Nacht den/ O du bößhaffte Welt/ nun Sterbe Jch ohne alles zagen/ nunmehr sterbe Jch ohne schrekken/ nun sterbe Jch willig und mit freüden. Wen den/ Durchlaüchtige Hochgebohrne Fürstin/ Gnä= | digste Frau/ wen sage Jch/ dieses alles in meinem Hertzen Jch vielmahls reifflich erwogen/ dabenebenst42 offt augenscheinlich43 habe gesehen/ daß fromme Christen in diesem festen vertrauen auff den Tod und daß Bluht Jhres allerliebsten Seligmachers JEsu Christi/ so frölich und getrost aus dieser welt sind geschieden und eingeschlaffen; habe Jch nicht unterlassen können dieser hohen Göttlichen gnade üm so viel emsiger nachzusinnen und den übertrefflichen44 Trost/ welchend uns die Erinnerung deß bitteren leidens und Sterbens Jesu Christi mildiglich45 ertheilet/ vor den allerhöhesten/ welchen ein glaubigere Christ durch deß heiligen Geistes Beistand kan fassen/ iederzeit zu schätzen/ dahero/ nachdeme Jch diese allertrostreichste Geschicht deß leidens Christi gegen diese herannahende fastenzeit aufs neüe mit gebührlicher46 Andacht mehrmahlen47 habe d welchen] Gemäß B emendiert aus: wechen e glaubiger] B statt dessen: gläubiger 32 Vgl. 1Kor 15,21 f. 33 Jn Betrachtung dieses] angesichts dessen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1707. 34 Vgl. Joh 14,19 35 schlechtes] schlichtes. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 36 darff] muß. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1721. 37 im weinigsten] überhaupt nicht. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 30 f. 38 Apk 14,13 39 Vgl. 1Kor 15,44 40 1Kor 6,20; 7,23 41 Jes 35,10; 51,11 42 dabenebenst] darüber hinaus. Zu ‚dabeneben‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 660. 43 augenscheinlich] mit eigenen Augen. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb. 44 übertrefflichen] außerordentlichen. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 606. 45 mildiglich] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2215. 46 gebührlicher] gebührender. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1897. 47 mehrmahlen] mehrfach. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1897.

60

65

70

75

80

85

Vorreden und Ehrengedichte der Ausgabe 1648

90

95

100

105

110

115

413

durchlesen: Bin Jch willens worden die Hinführungen | Christi zuer Zeit seines leidens/ derer zwölfe in der gantzen Geschichte werden gefunden/ mit Jhren reichen Lehren/ Trost und Ermahnungen/ welche dabei zubehertzigen/ in so viel Lieder zu verfassen/ welche/ nachdeme Jch Sie durch Gottes Gnade glüklich zuem Ende bracht/ habe Jch Sieben Andachten in eben so vielen Liederen begriffen an die Heiligsten füsse/ Knie/ Hände/ seite/ Brust/ Hertz und Antlitz unseres hochgeliebten Seligmachers gerichtet/ denen hinführungen beifügen wollen/ nicht zweiflend/ Gottergebene Hertzen nicht nur im Leben/ sondern vielmehr in der letsten Stunde des Todes einen sehr kräfftigen Trost aus diesen Christlichen Betrachtungen schöpfen und Jhre hochbetrübte Seelen in den äussersten Anfechtungen damit stärken werden. Diese meine Heilige PassionLieder mit Jhren neügesetzeten/ und | zuerh Andacht führenden Melodeien/ Durchlaüchtige Hochgebohrne Fürstin/ Gnädigste Frau/ habe Eüer Fürstl: Gnade in Unterthänigkeit Jch hiemit zueigenen wollen/ vornehmlich dieser uhrsachen halber/ daß Mir gahr wol bewust/ dieselbe Eüer Fürstl: Gnaden/ als einer von wahrer Gottesfurcht und allen anderen/ auß derselben entspringenden Christlichen Tugenden sehr hochberühmten Fürstinnen nicht unangenehm sein würden/ in betrachtung48 E. F. Gnade meine vor diesem49 heraus gegebene Himlische Lieder50/ so schlecht51 und gering dieselbe auch immermehr sein mügen/ dennoch iederzeit in gnaden geliebet/ mahssen52 sie noch neülich durch eine hochedle gottselige Matron53 gantz gnädig von Mir begehren lassen/ daß E. Fürstl: Gnade Jch einige Exemplar von gedachten54 meinen Himlischen Liederen ehist55 überschikken müchte: Worauff Jch den gantz gern daß letste/ welches Jch noch | übrig gehabt/ in unterthänigkeit habe übersendet/ der unterthänigen zuversicht ferner gelebend56/ gegenwertige57 Neüe/ über daß heilige leiden JEsu CHristi von Mir gesetzte Lieder E. Fürstl: Gnaden ebenmessig58 nicht mißfallen würden. Uberi daß alles so hat Mich auch die hohe Gnade/ welche von E. Fürstl: Gnaden Hochfürstl: hause Jch unwürdiger bereits habe empfangen/ hiezu angereitzet und deroselben ferneren gnädigen gewogenheit mich kräfftiglich versi-

f fol. )( 7r] Emendiert aus: fol. )( 6r g fol. )( 7v] Emendiert aus: fol. )( 6v h B in Custode: zure (Erratum) i Uber] Emendiert aus: über Erratum auch in B

48 in betrachtung] in Anbetracht der Tatsache, daß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1707. 49 vor diesem] früher. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 794. 50 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), erstmals 1641 f. erschienen. 51 schlecht] einfach. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 52 mahssen] wie. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1737. 53 Matron] Eine Matrone ist eine ältere, würdevolle Frau. Vgl. Kluge, S. 466. 54 gedachten] (bereits) erwähnten. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1926. 55 ehist] zügigst. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 52. 56 der zuversicht gelebend] zuversichtlich, daß. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 402. 57 gegenwertige] vorliegende. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2295. 58 ebenmessig] gleichermaßen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 16.

fol. )( 7rf

fol. )( 7vg

fol. )( 8r

414

fol. )( 8v

fol. )( 9r

Anhang I

chert/ mahssen59 Jch den in meiner Meinung nicht ein geringes60 bin gestärket worden/ als vor weinig61 tagen E. Fürstl: Gnaden hochgeliebter Herr Sohn/ der Durchlaüchtiger Hochgebohrner Fürst und Herr/ Herr Christian Ludowig/ Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg62 mein gnädigster Fürst und Herr auff seiner zurük reise von Flenßburg in meinem Abwesen63 etliche mahl gantz gnädig hat begeh= | ret/ daß zu Jhrer Fürstlichen Durchlaüchtigkeitj auffk Pinnenberg Jch kommen müchte. Der allerhöhester GOtt wolle dieses tapfere Heldenbluht/ welches von den aller vortrefflichsten Haüseren und grössesten Fürsten in Teütschland ist entsprossen/ dem hochbedrängtem Vatterlande zuem Trost und Schutze lange erhalten und mit aller erwünscheten Fürstlichen Glükseligkeit Friede und Freüde die gantze Zeit Jhres lebens segnen und erfüllen. Jch wil hie nicht weitlaüfftig64 gedenken/ mit was gnädigen augen und händen E. Fürstl: Gnaden hertzvielgeliebte65 Frau Tochter/ die Durchlaüchtige Hochgebohrne Fürstin und Frau/ F.l Sophia Amelia66/ Gebohrne Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg/ Erbinne zu Norwegen/ Hertzogin zu Schleßwig/ Holstein/ Stormaren und der Dithmarschen/ Gräffin zu Oldenburg und Delmenhorst unseres grossen Printzen/ Friederichs67 | m hochgeliebte Ehegemahlin/ meine Gnädigste Landesfürstin und Frau/ meinen/ Jhrer Hochfürstlichenn Durchlaüchtigkeit vor diesem68 unterthänigst von Mir übergebenen Poetischen Schauplatz69 hat auff und angenommen/ ia sich zur ieden zeit meiner weinigkeit70 gantz gnädig erwiesen. Dannenhero71 Jch nunmehr durch aus nicht zweiflen wil/ E. Fürstl: Gnade gegenwertiges72 kleines Büchlein (den mit grossen unnd weitlaüfftigen73 Schrifften eine so hoch verständige Hertzogin zu beschwehren/ trage Jch billig74 j Durchlaüchtigkeit] Gemäß B emendiert aus: Dnrchlaüchtigkeit k auff] Emendiert aus: auff’ (Erratum auch in B) l F.] Gemäß B emendiert aus: F m Gemäß B emendierend getilgt: derichs (Erratum auch in Custode) n Hochfürstlichen] Gemäß B emendiert aus: Hochfüstlichen 59 mahssen] weil. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1737. 60 nicht ein geringes] nicht wenig. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3694. 61 weinig] wenigen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 62 Christian Ludwig von Braunschweig-Lüneburg (1625–1641), 1641–1646 Herrschaft über das Fürstentum Calenberg, seit 1646 Herzog von Braunschweig-Lüneburg mit Residenz in Celle. Vgl. Sauer. 63 Abwesen] Abwesenheit. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 152. 64 weitlaüfftig] ausführlich. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1302. 65 hertzvielgeliebte] von Herzen sehr geliebte. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1245. 66 Sophie Amalie von Braunschweig-Lüneburg (1628–1685), seit 1643 verheiratet mit Herzog Friedrich II., dem nachmaligen dänischen König. S. u. Anm. 67. Vgl. Kellenbenz. 67 Friedrich II. (1609–1670) von Schleswig-Holstein-Gottorf. 1634 Erzbischof von Bremen, 1635 auch von Verden, 1647 Statthalter der Herzogtümer Schleswig und Holstein, 1648 als Friedrich III. König von Dänemark. Friedrich III. setzte 1665 in Dänemark den Absolutismus durch. Vgl. Kellenbenz. 68 vor diesem] früher. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 794. 69 Rists ‚POetischer Schauplatz‘ (1646) ist Sophie Amalie von Braunschweig-Lüneburg gewidmet. Vgl. die Widmungsvorrede ebd., fol. a 2v–7v. 70 weinigkeit] Wenigkeit. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 42. 71 Dannenhero] deshalb. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 748. 72 gegenwertiges] vorliegendes. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2295. 73 weitlaüfftigen] umfangreichen. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1303. 74 billig] zu Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29.

120

125

130

135

140

415

Vorreden und Ehrengedichte der Ausgabe 1648

145

150

bedenken) von Jhrem Gehorsahmen unterthänigen Diener gern und guhtwillig annemen und Mir/ samt den lieben meinigen mit allen Hochfürstlichen Gnaden iederzeit beigethan75 verbleiben werde. Jch ersuche den Grossen Beherscher Himmels und der Erden76/ daß Er Eüre Fürstl: Gnade bei lan= | gem Leben/ guhter Gesundheit/ friedlichem Stande und allem hochfürstlichem gedeien gnädiglich wolle erhalten/ auch seinem Väterlichem willen nach Jhre Hochfürstliche Kindes/ Kindes Kinder77 mit freüden sehen/ endlich aber mit dem süssen Troste deß gekreützigten JEsu gäntzlich erfüllet/ frölich wolle lassen von hinnen78 fahren in daß Reich der ewig wehrenden Freüde79 und Herrligkeit/ Solches alles wünschet aus dem innersten Grunde seines Hertzenso

Eüer Fürstlichen Gnaden

155

160

Geschrieben zu Wedel an der Elbe am Tage deß A= postels Matthias/ war der 80 25. deß Hornungs im 1648. Jahr.

Unterthäniger Ge= horsamer Diener

Johannes Rist. |

o B zusätzlich: . (Erratum)

75 beigethan] zugetan, geneigt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1373. 76 Mt 11,25 77 Kindes/ Kindes Kinder] Urenkel. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 758 f. 78 von hinnen] von hier fort. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1458. 79 Röm 14,7 80 Hornungs] Februars. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1832.

fol. )( 9v

An den Getreüen Liebhaber

fol. )( 10r

unseres Gekreützigten HEr= ren JEsu.

J

fol. )( 10v

Ch übergebe Dir/ O du Liebhaber deß Gekreützigten JEsu diese gegenwertige1 Lieder/ welcher als eines kräfftigen Seelen trostes in Noht und Tod du dich Christlich wirst zubedienen wissen. Und dieses kanst du/ im falle2 du nur selber Lust dazu hast/ alle und iede Stunde folgender gestalt gahr leicht zu werke richten: Es hat ein jeglicher Tag seine zwölff Stunden: Zwölffmahl ist unser allerliebster Seligmacher zuer zeit seines leidens hin und her geführet: Daß erste mahl ward Er geführet auß dem Gahrten Gehtsemane/ zu dem hohenpriester Hanna; Daß ander3 mahl vom Hanna zuem Kaipha: Daß dritte mahl aus des hohenpriesters Sahl in daß beigemach4 | der Diener: Daß vierte mahl/ vor daß Geistliche Gericht der Hohenpriester und Schrifftgelehrten: Daß fünffte mahl von Kaipha zu Pilato: Daß sechste mahl von Pilato zu Herode: Daß siebende mahl/ von Herode wieder zu Pilato. Daß achte mahl ward Er geführet in daß Richthauß: Daß Neunte mahl auß dem Richthause in das Vorhauß.a Daß zehende mahl aus dem Vorhause wieder in daß Richthauß: Daß elffte mahl wieder aus dem Richthause vor deß Pilatus Richterstuhl/ daß zwölffte und letste mahl ward Er zuer Stadt hinaus auff den Berg Golgatha geführet/ und daselbsten an den pfahl deß Kreützes gehefftet. Wen du nun/ mein vielgeliebter Christ in einer ieden Stunde deß tages nur eine einzige dieser iämmerlichen hinführungen deines allerliebsten und unschüldigen Erlösers in rechter Andacht wirst betrachten/ So versichere Jch dich5 hiemit/ daß du negst6 dem Göttlichen Trost/ den du in aller Noht und Anfechtung daraus kanst schöpfen/ auch gahr ein anderer Mensch werden und eines Christlichen lebens und wandels dich ernstlich wirst befleissen7: Den/ nichts wird gefunden/ daß einen Menschen von Sünden so kräfftig kan ab und zu rükke

a Daß Neunte Vorhauß.] Gemäß B emendierend ergänzt

1 gegenwertige] vorliegenden. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2295. 2 im falle] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 3 ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 4 beigemach] Nebenzimmer. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1372. 5 versichere Jch dich] versichere ich dir. Zu ‚versichern‘ mit Akkusativobjekt der Person vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1304 f. 6 negst] neben. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 134. 7 befleissen] befleißigen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1265.

5

10

15

20

25

Vorreden und Ehrengedichte der Ausgabe 1648

30

417

halten/ als die stäte Gedächtnisse deß bitteren Leidens und Sterbens unseres Seligmachers JEsu Christi: Ja mein frommerb Christ/ wer | dieses mit ernst bedenket/ wie Saur unnd schwehr es nemblich unsern Heilande worden/ die Menschen Kinderc vom Tode/ Teüffel und Höllen zu erlösen/ der wird seinem bißhero sündlich geführten leben Spinnen feind werden/ ia sich von tage zu tage in der wahren Gottseligkeit üben und sich eüsserst bemühen/ seinem Schöpfer zu dienen in heiligkeit und Gerechtigkeit/ welche Jhm gefällig ist8.

fol. )( 11r

Sieben Tage haben wir in einer ieden Woche. Sieben Andachten habe Jch diesen zwölf Hinführungen beigefüget/ deren 35

40

45

gleichen in alten Lateinischen/ aber gantz unformlichen Reimen/ welche doch voll Christlicher und über die mahssen schöner Gedanken stekken/ ein Gottseliger Abt deß klare vallischen Klosters/ namens Sanct Bernhart ehemahls sol gesetzet haben9. Wen du nun mein lieber Christ alle tage nur einen einzigen dieser heiligen Andachten10 in wahrem Glauben und hertzlichem Vertrauen auff daß theüre Verdienst deines Erlösers und Seligmachers singest oder behtest/ so wirst du alsden deine Zeit und die gantze Woche sehr wol angeleget haben. Ach! diese hochbetrübte Zeiten/ (in welchen der Zorn deß grossen Gottes/ alsd eine weit üm sich fressende feürflamme liechter | lohe brennet/ ia noch viel grössere Straffen durch fast unzehliche wunder auffe der Erden/ im Meer und in der Lufft den Menschen Kinderen andreüet11: Wie nebenst anderen daß erschrekliche Gewitter/ welches am 14. deß Hornunges12 dieses 1648. Jahrs13 ungefähr gegen Mitternacht entstanden und unaußsprächlichen iammer hat angerichtet/ mahssen14 Jch es an meinem ohrt/ da Kirch’ und Thurm/ wie leider mit vielen anderen Spitzen/ Gebaüen/ Baümen und dergleichen auff der nähe beschehen15/

b frommer] Gemäß B emendiert aus: frommmer c Kinder] B statt dessen: Knder (Erratum) d als] Gemäß B emendiert aus: alse e auff] Gemäß B emendiert aus: anff

8 Lk 1,75 9 In der Frühen Neuzeit wurden die großenteils von Arnulf von Löwen (gest. 1248) verfaßten sog. Passionssalven (vgl. Worstbrock) Bernhard von Clairvaux (1090/91–1153) zugeschrieben. Text in Bernhard, Opera 3, Sp. 1319–1324. Vgl. Grosse. 10 einen dieser Andachten] ‚Andacht‘ als Maskulinum nicht bei Grimm, DWb. 11 andreüet] androht. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 316. 12 Hornunges] Februars. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1832. 13 In der Nacht vom 14. auf den 15. Februar 1648 ereignete sich in Norddeutschland ein gewaltiges Unwetter. Zahlreiche Städte entlang der Elbe wurden von einem Orkan und sturmflutartigen Überschwemmungen heimgesucht, die große Schäden anrichteten. So brachte der Sturm die Kirchentürme „zu Glückstatt, Krempe, Wefelsfleht, Bruchdorff/ Kollmer/ Host/ Brahmstette/ Utersen/ Rellingen/ Wedel“ (Rist, Holstein vergiß eß nicht, fol. B 2r) sowie den Turm der Katharinenkirche in Hamburg zum Einsturz (vgl. u.a. ebd., fol. D 4r), entwurzelte Bäume und verwüstete Dörfer. Menschen und Vieh kamen durch das Wasser sowie durch herabstürzende Trümmer zu Tode. Vgl. ebd., fol. L 2r–N 1r. Rist berichtet außerdem von einem Erdbeben, das den Sturm begleitete, und Bränden, die infolge des Sturms ausbrachen. Vgl. ebd., fol. L 1v/2r und N 1r. 14 mahssen] wie. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1737. 15 beschehen] geschehen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1549.

fol. )( 11v

418

fol. )()( 1r

fol. )()( 1v

Anhang I

gahr über einen hauffen gefallen/ genugsahmf,16 erfahren/ mehr den zu viel bezeüget/ die/ sage Jch/ solten uns billig lehren/ daß wir elende Sünder unser einige17 zuflucht zu der unendlichen Barmhertzigkeit Gottes nehmen und den Vatter aller Gnaden demühtig ersuchen/ daß Er uns von wegen seines hertzlieben Sohnes bitteren Leidens und Sterbens gnädig sein und alle unsere Sünde üm desselben willen väterlich wolle verzeihen. Lasset uns derowegen unsere Seelen durch wahren Glauben und Gottseliges Leben in die liebreiche Arme/ ia in daß getreüe Bruderhertz18 unseres gekreützigten JEsu schliessen undg nicht zweifelen/ wir werden wieder alle unsere Feinde auch in Noht und Gefahr kräfftiglich beschützet und gnädigst erhalten werden. | Betreffend die Melodeien dieser Lieder/ So hat Mir in Verfärtigung derselben mein freündlicher lieber Schwager H. Pape19/ welcher die löbliche Sing= und Orgelkunst von dem weltberühmten Herren Jakob Schultzen20/ bei der Peterskirchen in Hamburg wolverdienten Organisten in seiner Jugend emsig hat erlernet/ treülich und sehr willig gedienet. Diese Melodeien nun sind mit sonderem21 fleisse/ so schlecht22/ als es nur immer müglich gewesen/ von gedachten23 meinem Freünde gesetzet/ damit ein ieder/ der die gemeine24 Kirchen musik nur ein weinig25 verstehet/ diese Lieder bald könne singen lernen/ den ich es erfahren habe/ daß etliche Melodeien meiner vorlängst getrukten Himlischen Lieder26/ auff diese Ahrt durch meinen hochgeliebten Herren Johan Schopen27 zu der zeit gesetzet/ nur auß dem Gehör/ von Kinderen/ die nicht einmahl lesen können/ gahr bald sind gefasset und mit männigliches28 verwunderung richtig und mit Lust daher gesungen worden. Ein Komponist kan seine Kunst anderswoh vieleicht besser anlegen und sehen lassen. Diese Ahrt aber (welcher es gleichwol an Kunst auch nicht allerdinges ermangelt/ wie die Musik verständigen Mir dessen guhte Zeügnisse geben werden) erfodert langsahme/ klägliche und zuer Andacht sonderlich bewegende Melodeien/ und wird | daß bittere Leiden JEsu Christi nicht auff täntzerahrt sonderen mit einer grossen und gleich traurigen ernsthafftigkeit von Gottliebenden Christen billig besunf genugsahm] B statt dessen: genngsahm (Erratum)

g und] Gemäß B emendiert aus: nnd

16 genugsahm] genügend. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3515. 17 einige] einzige. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 206. 18 Vgl. Hebr 2,11 19 Zu Hinrich Pape vgl. Einführung zur Notenedition (u. S. 497 f.). 20 Jakob Praetorius (Schultz) (1586–1651), Komponist, schon vor 1604 Organist an St. Petri in Hamburg. Vgl. Eitner. 21 sonderem] besonderem. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1572. 22 schlecht] einfach. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 23 gedachten] (bereits) erwähntem. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1926. 24 gemeine] allgemein übliche. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3170. 25 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 26 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), erstmals 1641 f. erschienen. 27 Johann Schop (ca. 1590–1667), 1615 Mitglied der Hofkapelle zu Wolfenbüttel, im selben Jahr Aufnahme in die Hofkapelle des dänischen Königs Christian IV. in Kopenhagen, seit 1621 Leiter der Ratsmusik in Hamburg, daneben 1630–1642 Kantor am Dom zu Hamburg. Mit Rist verband Schop eine enge Freundschaft. Vgl. Grapenthin. 28 männigliches] jedermanns. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1591.

50

55

60

65

70

75

Vorreden und Ehrengedichte der Ausgabe 1648

80

85

90

95

100

105

110

419

gen. Unter dessen werden die verständige Meister der Singekunst/ dafern29 eins oder daß ander jhnen nicht allerdinges gefällig/ mit unserem unvermügen Gedult haben und zuem weinigsten30 den guhten willen jhnen gefallen lassen. Die Ahrten der Verse oder Reime betreffent/ sind dieselbe unterschiedlich: So manches Lied/ so manche Reimahrt/ welches wir zu dem Ende31 vornehmlich also geordnet/ damit die Gott= und Kunstliebende Jugend/ wenn sie etwan32 geistliche Lieder zu machen/ sich wolten belieben lassen/ uns hierinnen könten nachfolgen. Und/ wolte Gott/ es würden keine Andere als lauter Geistliche Lieder bei dieser zeit verfärtiget! Jedoch/ wen man weltliche Sachen aus französischen/ Spanischen und welchen Bücheren zu erlernung selbiger Sprachen bißweilen übersetzet/ weiß Jch nicht/ ob solche Arbeit allerdinges zu tadelen/ den Jch/ meines theilß befinde33 unter Jhren/ sonderlich der Spanier und Jtalianer Geistlichen Liederen gahr weinig34/ welche man sicherlich und ohne Gefahr kan verteütschen/ dieweil sehr viele abgöttische Sachen darinnen zu finden/ vor | welchen der wahren Religion zugethane als vor dem ärgsten Gifft sich billig sollen hühten. Jhre weltliche Lieder aber/ die ienige sonderlich/ welche nicht wieder Zucht und Ehrbarkeit lauffen/ sondern nur höfliche Ahrten zu reden/ nützliche anmahnungen35 zu guhten Tugenden als keüscher Liebe/ Treüe/ Beständigkeit/ wie nicht weiniger36 kunstreicher Erfindung mit sich führen/ können mit minderer Gefahr/ ia vielmahls fruchtbarlich verteütschet werden/ kan demnach solche Arbeit nicht allerdinges unrecht heissen/ dieweil sichs befindet/ daß37 die übersetzungen aus einer Sprache in die Andere daß allerbeste Mittel sei in denen frembden und außländischen Sprachen etwas gründlicher zu lernen: Jedoch/ daß man sich ernstlich vorsehe/ damit ia kein Mensch bevorab die unschüldige Jugend mit unzüchtigen Reden oder Narrentheidungen38/ welche einen rechtschaffenen Christen durchaus nicht geziemen/ werde geärgert/ wovon an einem andern ohrt ein mehreres (ob Gott will) sol erwähnet werden. Daß ferner/ Gottliebender Leser/ ich dieses Büchlein in eineh solche Enge habe gespannet/ solches ist allein üm deinentwillen geschehen. Jch hette gar leicht ein grosses Buch daraus können machen/ es were aber weder Dir noch Mir damit gedienet. | Dieses Handbüchlein aber/ in welchem vieleicht

h eine] B statt dessen: ein (Erratum)

29 dafern] wenn. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 673. 30 zuem weinigsten] zumindest. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 33. 31 zu dem Ende] in der Absicht, mit dem Ziel. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 457. 32 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 33 befinde] finde. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1259 f. 34 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 35 anmahnungen] Ermahnungen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 405. 36 weiniger] weniger. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 37 sichs befindet/ daß] es der Fall ist, daß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1262. 38 Narrentheidungen] Narreteien. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 382 f.

fol. )()( 2r

fol. )()( 2v

420

Anhang I

mehr kräfftigen trostes/ als in manchem grossen Geschmier stekket/ kanst du füglich mit dir führen/ ohne mühe durchlesen oder singen/ in weiniger39 Zeit eines oder das Ander der Lieder und Andachten außwendig lernen/ ia daß gantze werklein in einer kurtzen frist40 vom anfange biß zuem ende nutz= und fruchtbarlich durchlauffen. Der Gekreützigter JEsus wolle uns allen Gnädig sein und unsere Seele in der letsten Noht den allerkräfftigsten und gewissesten Trost seines Seligmachenden Leidens lassen schmekken/ damit wir ohne furcht und Schrekken selig sterben/ frölich wiedrum aufferstehen und mit allen glaübigen ins Reich der Herligkeit mügen eingehen/ daß wolle Er uns aus lauter Gnaden geben und gönnen üm seines allerheiligsten und theüresten Namens willen/ Amen. |

39 weiniger] weniger. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 40 frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216.

115

120

Samsens Rähtselbild

fol. )()( 3r

1.

W

5

10

15

En uns Samson solte fragen Von deß Stärcksten Süssigkeit1; Wer die Antwohrt schon bereit Seinen Gästen nachzusagen: Stark ist aller Thiere König/ Süß ist güldnes Jmmen=Hönig2. 2. Aber last uns Christen rahtena: Unser Loü aus Juda Stam3 Hat mit recht deß Stärksten Nam | Wegen seiner wunderthaten: Was auß seiner Seite fleüst4 Seelen süsses Honig heist.

fol. )()( 3v

3. Wie nun Samson hat gegeben Seinen Eltern honigsaum5; So zeigt an dein kreützesb Baum Uns Herr Rist deß Lebens leben. Stark ist seiner wöhrter Geist/c Süss was seine Stimme weist.

a rahten] Gemäß B emendiert aus: rechten statt dessen: . (Erratum)

b kreützes] B statt dessen: kreüsetz (Erratum)

c B

1 Ri 14,14 2 Ri 14,18 3 Gen 49,9; Hos 5,14 4 Joh 19,34 5 honigsaum] Honigseim. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1791. Zu Honigseim vgl. ebd., Sp. 1792: „der ungeläuterte honig, wie er als zähflieszende masse in den honigscheiben vorhanden ist“.

422

Nürnberg den 30. des Jänners6 1648.

Anhang I Seinen liebwehrten Her= ren Geselschafter zu 20 dienstschüldiger Ehr= bezeügung setzte dieses eiligst

Der Spielende7 |

6 Jänners] Januars. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2263. 7 Georg Philipp Harsdörffer (1607–1658), von 1623 an Studium der Rechtswissenschaften in Altdorf, seit 1626 in Straßburg. 1627–1631 Studienreisen in die Schweiz, nach England und Frankreich, in die Niederlande und nach Italien, dort Studium in Siena. 1634–1655 Tätigkeit als Jurist am Unter- und Stadtgericht Nürnbergs, von 1655 an Mitglied des Inneren Rats. Seit 1642 war Harsdörffer Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (Gesellschaftsname: Der Spielende). 1644 Begründer und Präsident des Pegnesischen Blumenordens. Harsdörffer betätigte sich u.a. als geistlicher Dichter sowie als Übersetzer vor allem französischer und italienischer Werke und vermittelte so die romanische Literatur an die deutsche Kultur. Vgl. Zeller, Keppler-Tasaki / Kocher sowie Conermann, S. 426–429.

An den WolEhrwürdigen/

fol. )()( 4r

Edlen und Hochgelahrten Herren

Johan Risten/ Seinen Hochgeehrten Herren Bruder.

M 5

Ein Bruder/ du beschreibst wie Christus hat gelitten Und seiner Feinde Schaar aufs tapferste bestritten: Du leidest/ Jch mit Dir; was mehr? der grosser Gott Macht endlich unsre Feind’ hier durch sein Kreütz zuem Spott. Schrieb dieses in Jorka

M. Franciscus Müller.1 |

10

a Jork] B statt dessen: Jor ck (Erratum)

1 Franciscus Moeller (gest. 1655) war von 1642 an bis zum seinem Tod Pastor und zuletzt auch Propst in Jork (Altes Land). Vgl. Meyer 1, S. 576.

fol. )()( 4v

Zuruff An meinen Herren Rist Welcher/

Nachdeme Er bißher der Jrdi= schen Helden tapfern Thaten mit Lobe beklungen und besungen/ Jetzund

Von deß Allergroßmächtigsten unüberwindlichsten Himmels= Fürsten1

JEsu Christia Deß zweistämmigen Helden2 a Christi] Gemäß B emendiert aus: Christ 1 Vgl. Apg 5,31 2 Zum ‚Helden‘ vgl. Jes 9,5. Das Adjektiv ‚zweigestammt‘ nimmt in den Blick, daß Christus, der vere Deus et vere homo ist, Gott zum Vater und einen Menschen, nämlich Maria, zur Mutter hat. Vgl. hierzu die vierte Strophe von Luthers Verdeutschung des ambrosianischen Hymnus ‚Veni redemptor gentium‘ mit dem Incipit ‚Nu kom, der Heyden heyland‘ (1524) (AWA 4, S. 203): „Er gieng aus der kamer seyn, | dem königlichen saal so reyn. | Got von art und mensch, eyn hellt | seyn weg er zu lauffen eyllt.“ Luthers Vorlage hat folgenden Wortlaut (Ambrosius von Mailand, Hymne 5, S. 275, Z. 17–20): „Procedat e thalamo suo, | pudoris aula regia, | geminae gigas substantiae | alacris ut currat uiam.“ Zur Bezeichnung Jesu Christi als zweistämmigem Helden vgl. Johann Gerhard, Postilla (1613), I, S. 153 f.: „Vors vierdte/ nennet Esaias diß Kindlein Held/ welches genommen ist aus dem 45. Psalm/ Gürte dein Schwerdt an deine Seiten du Held. Denn er ist der zweystämmige Held/ welcher als ein starcker Gewapneter des Teuffels Pallast hat zerstöret/ Luc. 11. Vnd wie er den Vnterthanen seines Reichs kan Krafft geben/ also kan er auch die Feinde seines Reichs als ein Held dempffen. Dessen Vorbild gewesen sind alle Helden/ derer im alten Testament gedacht wird/ daß Gott der HERR durch sie wünderliche Thaten gethan/ als Gideon/ Simson/ vnd andere. Denn wie dieselbigen das Volck Jsrael aus der Gewalt leiblicher Feinde erlöset/ also hat dieser Held von vnsern geistlichen Feinden vns errettet/ Luc. 1. Das dienet vns darzu/ wenn wir hören/ daß wir nicht mit Fleisch vnd Blut/ sondern mit den hellischen/ mächtigen Geistern zu streiten/ Ephes. 6. daß wir bitten/ er wolle vns einen Heldenmuth geben/ selber für vns streiten/ vnd in vns vberwinden.“ Vgl. ferner Johann Klajs ‚Freudengedichte Der seligmachenden Geburt Jesu Christi/ Zu Ehren gesungen‘ (1650). In ihm legt der Dichter Maria folgende Worte in den Mund (Klaj, Redeoratorien, S. [357]): „Nunmehr ist die Zeit vorhanden/ | daß der zweygestammte Held/ | soll entbinden einst von Banden/ | die verstrickte Thäterwelt/ | Es regt sich schon sonder schmertzen | mein Hertz/ unter meinem Hertzen.“

425

Vorreden und Ehrengedichte der Ausgabe 1648

Wol außgeführten Todes und Höllen kampff auff seiner Helden leyer angestimmet.

Z

Uvor besang Herr Rist der Helden tapfre Thaten/ Die durch sein trefflich Spiel in ein Gerücht gerahten3 Daß ewig währen wird. Diß ist Jhr Lorbeer Laub. So gräbet ein Poet die Todten aus dem Staub’/ Und was besingt Er nun? Diß Büchlein wird es melden Von aller Helden Heil/ dem zweigestämten Helden4/ | Dem Helden der da steht mit waffen außgeziert Der einen harten Kampf gantz glüklich hat geführt. Fragst du mit wem? Mit Tod/ mit Teüffel/ welt und helle/ Mit Sünde/ die da heist deß bittern Todes quelle5. Fragst du für wem? für dich und für die gantze welt Für Menschen/ die der Tod nicht mehr gefangen hält Den sing’ itzb wer nur kan! Jhr werdet Eüch erkekken6 Die Feinde/ welch’ Er schlug/ durch eüren Streit zu schrekken. Den singt/ so sieget Jhr und werdet würdig sein Daß auch darob mit Lust die Engel stimmen ein. Mit Englen singet der/ wer hier mit Risten singet Undc diesen Helden kampf im Glauben recht beklinget7 Wer zweifelt daß hieselbst der Engel Sängerei/

5

10

15

Recht himlisch der Gesang/ der Meister Göttlich sei.

20

Lünebürgd/ am 16 tage deß hornungs8 im 1648 e

Jahre .

Auß getreüer Freünd= und Dienstschüldigkeit übersendet von

Joachimus Pipenborg9. |

b Den sing’ itz] Gemäß B emendierend ergänzt c Und] Gemäß B emendiert aus: Uud d Lünebürg] B statt dessen: Lüneburg e Jahre] B statt dessen: J ahre (Erratum)

3 in ein Gerücht gerahten] einen Ruf erlangt haben. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3754. 4 Vgl. Jes 9,5 5 Vgl. Röm 6,23 6 erkekken] erkühnen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 865. 7 beklinget] mit Klang versieht. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1424. 8 hornungs] Februars. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1832. 9 Joachim Pipenburg (1596–1661) war seit 1649 Stadtrat in Lüneburg und fungierte später zudem als Gerichtsvorsitzender ebd. Vgl. Birken und DBA I,959,308.

fol. )()( 5r

Kling gedicht

fol. )()( 5v

An eine Christglaübige Seele.

O

Menschenkind! Wirst du mit überhaüfftena plagen Gequählet? Bist du stets in mancherlei Gefahr? Daß du vor trauren wilst vergehen gantz und gahr/ Und anders nichts als nur vom Jammer weist zu sagen? Besinne dich/ steh’ ab von solchen unmuhts klagen: Dagegen stelle Dir bald deinen Heiland für Deß höchsten GottesSohn/ der Seelen lustbegier/ Der hat viel tausend mahl noch mehr als du getragen/ Und solches ist gescheen allein üm Mich und Dich1 Herr Rist der singt davon gahr Christ= und fruchtbahrlich Auß einen grossen Geist: Ey lass ein Liedlein klingen Von denen so dir hier geschenkt der theüre Mann/ Waß gilts? Er wird dich bald zuer Andacht führen an So! daß du freüdig wirst in allem Trübsahl Singen.

5

10

Auß Schüldigkeit setzte dieses seines Hoch= 15 geehrten Herren Kinder Praeceptor

Christianus Christiani2 der heiligen Schrifft Beflissner. |

a überhaüfften] Gemäß B emendiert aus: überhaüffteu

1 üm Mich und Dich] meinet- und deinetwegen. Vgl. Adelung, Wörterbuch 4, Sp. 795. 2 Christian Christiani stammte aus Meldorf, studierte seit dem Sommersemester 1620 in Rostock (Matrikel Rostock, S. 39b) und war 1647–1649 (vielleicht auch länger) Hauslehrer der Kinder Rists.

Die Vorrede Tobias Petermanns zur deutsch-lateinischen Teilausgabe 1655 In der 1655 erschienenen deutsch-lateinischen Teilausgabe von Rists Passionsgedichten (Sigle B) findet sich die im folgenden mitgeteilte Vorrede aus der Feder des Übersetzers Tobias Petermann:

VIRO a d m o d ù m R e ve re n d o C l a r i s s i m o q vè , Dn. JOHANNI RISTIO, Pastori VVedeliensium in Holsatia vigilantissimo, Poëtae per universam Germaniam nobilissimo, A m i c o a t q ve Fa u t o r i s u o p e r o f f i ciosè habendo, SALUTEM:

M

5

10

15

Itto ad Te, Clarissime Dn. RISTI, JESUM, communem nobis Salvatorem, ab Hostibus immanissimis indignum planè in modum habitum, cruciqvè tandem ignominiosissimae suffixum. Hunc Tu nobis per publicos Typos | dedisti decantandum qvinqve, nisi fallor, abhinc annis, eâ felicitate, ut, si qvid est in me judicij, sanctè qveam affirmare, me in hoc scribendi genere apud Germanos nihil qvicqvam vidisse praeclarius, nihil magis accuratum. Nam & rem gestam brevi semper stringis perspicuitate, & doctrinam statim addis atqve causas, cur innocentissimus omnium tanta sit ac tam atrocia passus, & in qvibus haereat culpa, quibus item modis viisvè haec deprecanda, & sanctissimum nobis applicandum P a t i e n t i s sit meritum. Pientissimae hae & utilissimae Meditationes tuae non mihi solùm mirificè placuerunt, ab eo ipso tempore, quo primùm usurpavi oculis; sed adeò fuerunt cordi, ut superioribus diebus, qvùm tempus appeteret, PASSIONI DOMINICAE piis mentibus considerandae vel maximè destinatum, transscribendas putârim in Latium, ita, ut katà póda tuis insisterem vestigiis, | versumqvè versui, qvoad ejus fieri posset, redderem. Qvùm enim sciam, multos qvoqve delectari Latinis, his ego pro facultate meâ, sed qvantulâ! deesse nolui.

fol. B 4v

fol. B 5r

fol. B 5v

428

fol. B 6r

Anhang I

TIBI verò, RISTI celeberrime, mea haec qvòd inscribam, non est, cur roges. Ecqvem enim nominaveris, Te qvi sit prior digniorvè? Vide Sobolem, vel ipse tuam, Annon suos amant parentes? Respice Oceanum, qvi Tibi in confinio. Annon in hunc cursum suum reflectant undae, unde profluxére? Annon in eundem exoneratur & Albis noster? Amabis ergo, haud dubito, Te amantem, in sinuqve fovebis, in eo priùs qvod natum est. Qvod si vitae diuturnioris usuram mihi concesserit, qvi nobis hîc decantatur, indulseritqve Bibliopolas faventes, qvi suâ me facilitate atqve operâ juvent, leges omninò & caetera, qvae in tuis COELESTIBUS jam pridem à me scis esse tentata. | DEUS Te servet, utqvè subinde procudas, qvô ipsius velificetur honori, incrementumqvè capiat Ecclesia, benignissimè faxit! Dab. PIRNAE d. XIII. Martij. MDCLII. R e ve re n d a e p e r q và m C l a r i t a t i Tu a e addictissimus. M. TOBIAS PETERMANUS, S c h o l a e i b i d . R e c to r 1.

1 Tobias Petermann (ca. 1605–1687), ab 1627 Studium in Leipzig, 1633 Promotion zum Magister ebd., 1634–1671 Schulrektor in Pirna. Vgl. Flood 3 (2006), S. 1515–1517. In den meisten biographischen Abrissen werden Daten zu seinem Leben mit denen eines jüngeren Namensvettern (ca. 1647–1710) vermischt, worauf Flood hinweist. So ist auch der Kommentar zu Petermann in den Neueditionen der ‚Himmlischen Lieder‘ (2012; S. 470) und der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ (1913, S. 392) zu korrigieren. Rist hat Petermann zum Poeten gekrönt und einen Wappenbrief ausgestellt; vgl. Hofpfalzgrafen-Register I (1964), S. 6, Nr. F, 5; Flood, ebd. Petermann übersetzte auch Rists ‚Himmlische Lieder‘ (1641 f.) und ‚Neue Himmlische Lieder‘ (1651) sowie dessen ‚Sabbahtische Seelenlust‘ (1651) in das Lateinische. Die zweisprachige Ausgabe dieser drei Werke erschien unter dem Haupttitel ‚Geistliche Poetische Schriften‘ in drei Teilen in den Jahren 1657 bis 1659 bei den Gebrüdern Stern in Lüneburg.

20

25

30

Die Kompositionen Hinrich Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

430

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

431

432

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

433

434

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

435

436

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

437

438

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

439

440

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

441

442

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

443

444

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

445

446

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

447

448

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

449

450

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

451

452

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

453

454

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

455

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

457

458

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

459

460

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

461

462

Anhang I

Die Kompositionen Papes zu den Teilausgaben von 1648 und 1655

463

464

Anhang I

Anhang II

Die der Edition zugrunde gelegten Drucke und deren Siglen A. Der | zu seinem allerheiligsten Lei= | den und Sterben hingeführter | und an das Kreütz gehef= | teter | Christus Jesus/ | Jn wahrem Glauben | und Hertzlicher Andacht | besungen | von | Johan Risten. | Hamburg/ | Gedruckt bei Jakob Rebenlein/ | in verlegung | Johann Naumans Buchh. | 1648. (SUB Göttingen 8 P GERM II, 7344; HAB Wolfenbüttel 1269.4 Theol. [3]). Vgl. u. S. 478, Abb. 6. B. Der | zu seinem allerheiligsten Lei= | den und Sterben hingeführter | und an das Kreütz gehef= | teter | Christus Jesus/ | Jn wahrem Glauben | und Hertzlicher Andacht | besungen | von | Jahan Risten. | Jtzo auffs neüe übersehen | und an vielen ohrten merk= | lich verbessert. | Nunmehr auch in der lateinischen | Sprache übergesetzet | von | M. TOBIA PETERMANO. | Hamburg/ | in verlegung | Johann Naumans Buchh. | Gedrukkt bey Michael Pfeiffern/ | 1655. (HAB Wolfenbüttel Lo 6463; SUB Hamburg Scrin. A/1902). Vgl. u. S. 479, Abb. 7. C. Neue Hoch=heilige | Paßions= | Andachten | Jn Lehr= und Trostreichen Lie= | dern/ (welche von dem weitberühmten | Musico/ und dieser Zeit Hochfürstlichen Brun= | schwigischen Kapell Meister zu Wolfenbüttel/ Herrn | Martino Colero, mit sehr anmutigen und beweglichen | Sangweisen sind außgezieret) bey diesen trübseeligen | und recht jämmerlichen Zeiten/ allen des gekreutzigten | JEsu getreusten Liebhabern/ zu sonderbahren Gefal= | len auch hertzlichem Trost und Erquickung auf= | gesetzet und wohlmeinentlich | herfür gegeben | von | Johann Rist. | Hamburg/ | Jn Verlegung Johann Naumans/ | Buchh. Jm Jahr 1664. (UB Rostock Fm-4086; SUB Hamburg Scrin. A/1597; BSB München Liturg. 1379 x; UB Heidelberg 67 A 1167 RES). Vgl. u. S. 475, Abb. 3.

Liste der Emendationen Ü mit folgender Zahl bezeichnet eine Zeilennummer in einer Überschrift.

S. 7, Z. 10: und] Emendiert aus: uud S. 11, Z. 10: GOttes] Emendiert aus: GOtttes S. 14, Z. 91: Christlichem] Emendiert aus: C hristlichem S. 15, Z. 111: weltbelobten] Emendiert aus: wel tbelobten S. 15, Z. 123: Leben] Emendiert aus: Lebe n S. 17, Z. 176: mit] Emendiert aus: mir S. 17, Z. 186: Statt] Emendiert aus: Stattt S. 18, Z. 188: und] Emendiert aus: nnd S. 18, Z. 196: guhthertzigen] Emendiert aus: guththertzigen S. 20, Z. 244: den] Emendiert aus: dem S. 21, Z. 268: ] Emendierend ergänzt S. 22, Z. 289: hochwehrter] Emendiert aus: hochwehter S. 23, Z. 325 f.: Angehörigen] Emendiert aus: Angehörigrn S. 24, Z. 328: und] Emendiert aus: uud S. 24, Z. 330: erweisen] Emendiert aus: eweisen S. 29, Z. 116: und] Emendiert aus: uud S. 30, Z. 134: Glauben] Emendiert aus: Glaubeu S. 30, Z. 135: wodurch] Emendiert aus: wodnrch S. 31, Z. 178: sauffen] Emendiert aus: fauffen S. 33, Z. 250: Epikurern] Emendiert aus: Epikuren S. 35, Z. 297: Allerheiligsten] Emendiert aus: Allerheiiigsten S. 37, Z. 362: berichtet] Emendiert aus: berichter S. 38, Z. 380: welche] Emendiert aus: weiche S. 38, Z. 382: für] Emendiert aus: fü r S. 38, Z. 390: Forderungs=Schreiben] Emendiert aus: Forderungs=Schreiden S. 39, Z. 407 Zu=] Emendiert aus: Zu S. 41, Z. 464: böslich] Emendiert aus: bös lich S. 42, Z. 476: Oehrter] Emendiert aus: Oehter S. 44, Z. 534: merkwürdigen] Emendiert aus: merkwürdigem S. 45, Z. 562: solte] Emendiert aus: sol te S. 48, Z. 648: Leichtfärtigkeit] Emendiert aus: Leichfärtigkeit S. 49, Z. 694: Mann] Emendiert aus: Mannn S. 50, Z. 718: /] Emendiert aus: ! S. 51, Z. 736: heimsuchen] Emendiert aus: heimsuche n S. 51, Z. 744: ihrer] Emendiert aus: ihres S. 52, Z. 750: nunmehr] Emendiert aus: uunmehr S. 54, Z. 801: von] Emendiert aus: vor S. 56, Z. 850: es] Emendiert aus: er S. 58, Z. 903: Sprichwohrtes] Emendiert aus: Sprichwohites S. 61, Z. 1010: Emendierend getilgt: Kir= S. 63, Z. 1049: were] Emendiert aus: weren S. 66, Z. 1131: aufthun] Emendiert aus: anfthun

Liste der Emendationen

469

S. 67, Z. 1156: siempre] Emendiert aus: siempte S. 67, Z. 1165: Wahrheit] Emendiert aus: Waheheit S. 69, Z. 1216 f.: ergreiffen] Emendiert aus: ergr eiffen S. 70, Z. 1248: ] Emendierend ergänzt S. 75, Z. 1408: seinem] Emendiert aus: seinm S. 89, Z. 14: Zeugnüß] Emendiert aus: Zeugüß S. 91, Z. 15: Aus] Emendiert aus: Ans S. 92, Z. 1: Mein] Emendiert aus: Nein S. 95, Z. Ü9: ac] Emendiert aus: ae S. 95, Z. Ü16: o¬rqodóxhß] Emendiert aus: o¬rqodóxou S. 97, Z. Ü3: Passions=An=] Trennstrich am Zeilenende emendierend ergänzt S. 97, Z. 1: unsrer] Emendiert aus: unser S. 97, Z. 3: Sonne] Emendiert aus: Sonnne S. 101, Z. 13: schuldige] Emendiert aus: schul dige S. 103, Z. 13: I nsigne] Emendiert aus: I nsi gne S. 104, Z. 14: U m] Emendiert aus: Um S. 106, Z. 16: Mit] Emendiert aus: Mii S. 107, Z. 27: JEsus] Emendiert aus: JEsUs S. 108, Z. 52: Christoph] Emendiert aus: Christopf S. 114, Z. 28: klahre] Emendiert aus: klahril S. 118, Z. Ü7: u. s. w.] Emendiert aus: u. a. w. S. 120, Z. 35: Und ergrimmet] Emendiert aus: Undergrimmet S. 125, Z. Ü 3f.: allerlibsten] Emendiert aus: allerlidsten S. 126, vor Z. 25: 18] Emendiert aus: 8 S. 127, Anm. f: unsere] Emendiert aus: unsree S. 127, Z. 51: Himmel] Emendiert aus: Himmdl S. 143, Z. 69: )] Emendierend ergänzt S. 153, Z. 5: gerissen] Emendiert aus: gerrissen S. 154, Anm. l: HErren] Emendiert aus: HErrea S. 160, Z. 51: Sanftmuht] Emendiert aus: Saftmuht S. 161, Z. 64: Doch] Emendiert aus: Koch S. 167, vor Z. 1: 1.] Emendierend ergänzt S. 169, Z. 53: mustest] Emendiert aus: müstest S. 175, Z. 35: auch] Emendiert aus: an S. 175, Z. 37: den noch] Emendiert aus: dennoch S. 181, Z. 8: den] Emendiert aus: der S. 182, vor Z. 19: 68] Emendiert aus: 67 S. 203, Z. 59: Denselben] Emendiert aus: Demselben S. 203, Z. 69 f.: Laß mich die Wahrheit stets bekennen/ So lang ein Odem in Mir ist/] Emendiert aus: So lang ein Odem in Mir ist/ Laß mich die Wahrheit stets bekennen/ S. 208, Z. 40: !] Emendiert aus: / S. 209, Z. 68: )] Emendierend ergänzt S. 209, Anm. u: erbärmlichen] Emendiert aus: erbärmlicheu S. 213, Z. Ü6: heiligen] Emendiert aus: heiligee S. 216, Z. 73: Versprächen] Emendiert aus: Vetsprächen S. 220, Z. Ü6: Evangelisten] Emendiert aus: Evangelilisten S. 220, Z. Ü13: u. s. w.] Emendiert aus: u. a. w. S. 221, Z. 20: zerknirschter] Emendiert aus: zerknischter S. 221, Z. 27: So] Emendiert aus: Se S. 229, Z. 71: nimmermehr] Emendiert aus: nimmehr S. 229, Z. 78: /] Emendiert aus: //

470

Anhang II

S. 232, Z. Ü1: erste] Emendiert aus: zweite S. 232, Z. Ü6: Evangelisten Johannes] Emendiert aus: Evangelilisten Johannis S. 233, Anm. d: Heilige] Emendiert aus: Hellige S. 233, Z. 26: Dieweil] Emendiert aus: Di eweil S. 234, Anm. f: seine] Emendiert aus: deine S. 239, Z. Ü5: JEsus] Emendiert aus: JCsus S. 239, Z. Ü7: 19.] Emendiert aus: 23. S. 239, Z. Ü13: den] Emendiert aus: dem S. 240, Z. 5: 125] Emendiert aus: 225 S. 247, vor Z. 49: 133] Emendiert aus: 233 S. 248, Z. 74: Freünde] Emendiert aus: Freüde S. 251, Z. Ü7: 43.] Emendiert aus: 45. S. 258, Anm. c: Heilige] Emendiert aus: Heillge S. 264, Anm. b: Wahrlich] Emendiert aus: Wahr lich S. 265, Z. 35: Kinder] Emendiert aus: Kinder. S. 266, Z. 44: biß] Emendiert aus: bi ß S. 273, Z. 70: und] Emendiert aus: nnd S. 273, Z. 72: gethan] Emendiert aus: gethan’ S. 278, Z. 25: ist] Emendiert aus: itz S. 284, Z. 6: Spötter] Emendiert aus: Spöttern S. 291, Z. 25: 176] Emendiert aus: 158 S. 296, Z. Ü13: u. a. m.] Emendiert aus: u. a. w. S. 297, Anm. d: JEsus] Emendiert aus: JEsu S. 303, Z. Ü7: Johannes] Emendiert aus: Mattheus S. 304, Z. 31: Armuht] Emendiert aus: Ar muht S. 306, Z. 78: Vorraht] Emendiert aus: Voraht S. 308, Z. Ü10: singen] Emendiert aus: singe n S. 314, Z. 14: köstlichste] Emendiert aus: kostlichste S. 315, Z. 48: haben] Emendiert aus: h aben S. 317, Z. 90: GOtt] Emendiert aus: GO tt S. 319, Z. Ü11: den] Emendiert aus: dem S. 321, Z. 48: .] Emendiert aus: / S. 322, Z. 60: .] Emendiert aus: / S. 327, vor Z. 25: 213] Emendiert aus: 231 S. 333, Z. 11: Stündlein] Emendiert aus: St ündlein S. 333, Z. 32: nicht] Emendiert aus: nich S. 334, Z. 45: und] Emendiert aus: uud S. 335, Z. 77: Schächer] Emendiert aus: Schacher S. 335, Z. 82: erquikken] Emendiert aus: erqnikken S. 341, Z. 65: machst Du] Emendiert aus: machstu Du S. 347, Z. 11: Von so manchem] Emendiert aus: Und so mancher S. 348, Z. 33: eingetrukket] Emendiert aus: eingetukket S. 349, Z. 53: /] Emendiert aus: . S. 353, Z. 28: Fäst] Emendiert aus: Fast S. 353, Z. 34: /] Emendiert aus: . S. 356, Z. 11: da mit] Emendiert aus: damit S. 356, Anm. f: und] Emendiert aus: uß S. 361, Z. 15: Guht] Emendiert aus: Gluht S. 362, Z. 34: für] Emendiert aus: für. S. 364, Anm. a: /] Emendiert aus: . S. 366, Z. 15: Entzünde] Emendiert aus: Enttzünde

Liste der Emendationen S. 369, Z. Ü2: seines] Emendiert aus: senes S. 377, Z. 1: Antlitz] Emendiert aus: Antlitz’ S. 377, Z. 24: Sorg’] Unter dem Apostroph ein Punkt emendierend getilgt S. 378, Z. 44: mein] Emendiert aus: dein S. 386, vor Z. 13: 265] Emendiert aus: 256 S. 386, Z. 19: Ohren] Emendiert aus: Augen S. 390, vor Z. 121: 271] Emendiert aus: 275 S. 393, Z. Ü3: Andacht] Emendiert aus: Andach S. 397, vor Z. 105: 14.] Emendiert aus: 15. S. 401, Z. 18: heiligs] Emendiert aus: heiliges

Emendationen im Textanhang S. 411, Z. 36: Stunde] Emendiert aus: Stnnde S. 411, Z. 46: und] Emendiert aus: nnd S. 411, Z. 52: den] Emendiert aus: dem S. 412, Z. 83 f.: welchen] Emendiert aus: wechen S. 413, Z. 89: fol. )( 7r] Emendiert aus: fol. )( 6r S. 413, Z. 100: fol. )( 7v] Emendiert aus: fol. )( 6v S. 413, Z. 116: Uber] Emendiert aus: über S. 414, Z. 124: Durchlaüchtigkeit] Emendiert aus: Dnrchlaüchtigkeit S. 414, Z. 124: auff] Emendiert aus: auff’ S. 414, Z. 132: F.] Emendiert aus: F S. 414, Z. 135: Emendierend getilgt: derichs S. 414, Z. 136 f.: Hochfürstlichen] Emendiert aus: Hochfüstlichen S. 416, Z. 14 f.: Daß Neunte Vorhauß.] Emendierend ergänzt S. 417, Z. 27: frommer] Emendiert aus: frommmer S. 417, Z. 43: als] Emendiert aus: alse S. 417, Z. 44: auff] Emendiert aus: anff S. 418, Z. 57: und] Emendiert aus: nnd S. 421, Z. 7: rahten] Emendiert aus: rechten S. 424, Z. Ü11: Christi] Emendiert aus: Christ S. 425, Z. 13: Den sing’ itz] Emendierend ergänzt S. 425, Z. 18: Und] Emendiert aus: Uud S. 426, Z. 1: überhaüfften] Emendiert aus: überhaüffteu

471

Abb. 1: Johann Rist, Kupferstich-Portrait (Entwurfzeichnung „à Meriano“, vermutlich von Matthäus Merian d. J., Stich von Bartholomäus II. Kilian. In: Rist: Neue Hoch=heilige Paßions=Andachten. Hamburg 1664 (UB Rostock Fm-4086).

Abb. 2: Johann Rist: Neue Hoch=heilige Paßions=Andachten. Hamburg 1664 (UB Rostock Fm-4086), Frontispiz.

Abb. 3: Johann Rist: Neue Hoch=heilige Paßions=Andachten. Hamburg 1664 (UB Rostock Fm-4086), Titelblatt.

Abb. 4: Johann Rist: Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus. Hamburg 1648 (SUB Göttingen 8 P GERM II, 7344), Frontispiz I.

Abb. 5: Johann Rist: Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus. Hamburg 1648 (SUB Göttingen 8 P GERM II, 7344), Frontispiz II.

Abb. 6: Johann Rist: Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus. Hamburg 1648 (SUB Göttingen 8 P GERM II, 7344), Titelblatt.

Abb. 7: Johann Rist: Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus. Deutsch-lateinische Ausgabe. Hamburg 1655 (HAB Wolfenbüttel Lo 6463), Titelblatt.

Abb. 8: Johann Rist: Neue Hoch=heilige Paßions=Andachten. Hamburg 1664 (UB Rostock Fm-4086), S. 246.

Abb. 9: Johann Rist: Neue Hoch=heilige Paßions=Andachten. Hamburg 1664 (UB Heidelberg 67 A 1167 RES), S. 246 (mit variantem Notentext, s. hierzu u. S. 520).

Einführung und editorischer Bericht zur Textedition von Johann Anselm Steiger Mit den ‚Paßions=Andachten‘ legte der Wedeler Pastor und in der literarischen Welt der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bestens vernetzte Literaturmanager Johann Rist1 seine zwölfte großangelegte Sammlung von geistlichen Liedern vor.2 Rists am Ende seiner Vorrede an den Leser geäußerte Vermutung „Vileicht ist dises meine letste Schrift“3 bewahrheitete sich zwar nicht, insofern Rist bis zu seinem Tode am 31.8.1667 manches publizierte. Sein letztes geistliches Werk, das Soliloquien und zahlreiche Gesänge enthält, der zweite Teil der ‚Verschmäheten Eitelkeit Und Der verlangeten Ewigkeit‘,4 erschien allerdings erst postum im Jahre 1668 und hinterläßt insofern einen nicht restlos vollendeten Eindruck, als es untypischerweise keine Vorrede(n) des Autors enthält und auch keine Ehrenschriften. Es ist indes gewiß kein Zufall, daß Rist in den ‚PassionsAndachten‘ als seinem letzten zu Lebzeiten veröffentlichten geistlichen Opus 1 Vgl. Klaus Garber: Literarischer und kulturpolitischer Statthalter im Norden Deutschlands. Ein Portrait Johann Rists. In: Johann Anselm Steiger (Hrsg.): „Ewigkeit, Zeit ohne Zeit“. Gedenkschrift zum 400. Geburtstag des Dichters und Theologen Johann Rist. Neuendettelsau 2007 (= Testes et testimonia veritatis 5), S. 9–36. Vgl. überdies Eberhard Mannack / Johann Anselm Steiger: Art. Rist, Johann. In: Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Hrsg. von Wilhelm Kühlmann u.a. Bd. 9 (2010), S. 668–670. Thomas Diecks: Art. Rist, Johann. In: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 646 f. Johann Anselm Steiger: Art. Rist, Johann. In: Religion in Geschichte und Gegenwart4 7 (2004), Sp. 528. Eberhard Mannack: Johann Rist. Gelehrter, Organisator und Poet des Barock. Festvortrag zur 89. Jahresversammlung der Gesellschaft der Bibliophilen e.V. am 5. Juni 1988 in Kiel. München 1988. Dieter Lohmeier / Klaus Reichelt: Art. Rist, Johann. In: Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts. Hrsg. von Harald Steinhagen / Benno von Wiese. Berlin 1984, S. 347–364. Klaus Reichelt: Art. Rist, Johann. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Bd. 6. Neumünster 1982, S. 250–259. 2 Vgl. die 701 geistliche Lieder nachweisende Bestandsaufnahme: Johann Anselm Steiger: Carmina spiritualia Ristiana. Bibliographie sämtlicher geistlicher Lieder Johann Rists (1607–1667). In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 52 (2013), S. 171–204. 3 S. o. S. 77, Z. 1488. 4 Johann Rist: Der verschmäheten Eitelkeit Und Der verlangeten Ewigkeit/ Ander Theil/ Jn vier und zwantzig erbaulichen Seelengesprächen/ Und eben so viel Lehr=reichen Liedern/ Welche so wol auf bekante/ und in den Evangelischen Kirchen übliche/ als auf gantz neue/ lieblich gesetzte Melodien können gespielet und gesungen werden/ Mit besonderm Fleisse zu Papir Gebracht/ Nunmehr aber/ dem allerhöhesten GOTT zu schuldigsten Ehren/ Erbawung seiner Kirchen/ und wieder aufrichtung des leider! gahr zerfallenen Christenthumes/ öffentlich herfür gegeben . Frankfurt a.M. 1668 (HAB Wolfenbüttel Lo 6459).

484

Johann Anselm Steiger

(erneut) Leiden und Sterben des Sohnes Gottes sowie deren fundamentale soteriologische Funktion in den Fokus rückte und überdies den mit ihm befreundeten Quickborner Pastor Andreas Gödeke (1613–1688) dafür gewann, ein zwölf Strophen umfassendes Ehrengedicht zu Papier zu bringen, in dem das geistlichlyrische Œuvre Rists – gewissermaßen in einer ihrerseits lyrisch vorgetragenen und Vollständigkeit erstrebenden Bibliographie – vor Augen gestellt und gewürdigt wird.5 Die Widmungsvorrede in Rists ‚Passions-Andachten‘ richtet sich an sieben Persönlichkeiten, die der Hamburger politischen bzw. juristischen Elite zuzurechnen sind und mit denen Rist freundschaftlich verbunden war, nämlich an Barthold Twestreng (1612–1668), David Plocius (?–?), Hermann Langenbeck (gest. 1668), Peter Röver II. (gest. 1670), Jacob Sillem (1620–1693), Eberhard von Kampen (1619–1675) und Jacob Rotenburg (1603–1667).6 Eine besonders enge Beziehung pflegte Rist mit David Plocius, übrigens dem einzigen der sieben Widmungsempfänger, der über kein politisches Amt verfügte, sondern Hamburger Rechtsanwalt war. Die ‚Passions-Andachten‘ stehen mit Blick auf die Wahl der Widmungsempfänger in einer Reihe mit der ‚Alltäglichen HAußmusik‘ (1654),7 den ‚Neüen Musikalischen Katechismus Andachten‘ (1656),8 der ‚Neüen Musikalischen Kreutz= Trost= Lob= und DankSchuhle‘ (1659)9 sowie

5 S. o. S. 83–87. 6 S. o. S. 9 f. 7 Johann Rist: Frommer und Gottseliger Christen Alltägliche HAußmusik/ Oder Musikalische Andachten/ Bestehend Jn mancherlei und unterschiedlichen/ gantz neüen/ Geistlichen Liederen und Gesängen/ Welche von Allen/ und Eines jetweden Standes Personen/ in allen und ieglichen/ Leibes und der Seelen Angelegenheiten erbaulich können gebrauchet/ und deroselben grössester Theil auf bekante/ und in reinen Evangelischen Kirchen übliche; Sämtlich aber/ auf gahr neüe/ von dem fürtreflichem und weitberühmten Musico/ Herren Johann Schopen/ wol= und anmuhtig=gesetzte Melodien füglich gesungen und gespielet werden/ Gott zu Ehren/ WiederErbauung des zerfallenen Christenthumes/ und Erneürung des inwendigen Menschen mit sonderm Fleisse aufgesetzet und hervor gegeben . Lüneburg 1654 (BSB München Liturg. 1379h). 8 Johann Rist: Neüe Musikalische Katechismus Andachten/ Bestehende Jn Lehr= Trost= Vermanung und Warnungs=reichen Liederen über den gantzen heiligen Katechismum/ oder die Gottselige Kinder=Lehre/ welchen zugleich zwölf Erbauliche Gesänge über die Christliche Haustaffel/ sind beigefüget/ Die den Alle/ so wol auf bekante/ und in unseren Evangelischen Kirchen gebräuchliche; als auch auf gantz Neüe/ von Herrn Andreas Hammerschmid/ fürtreflichem Musico, und bei der Löblichen Statt Zittau weitberühmtem Organisten/ sehr fleissig und wolgesetzete Melodien können gespielet und gesungen werden. Dem Grossen Gott zu allerschuldigsten Ehren/ Frommen Christlichen Hertzen aber zu nohtwendiger und fruchtbahrer Erbauung abgefasset/ und zum Drukke übergeben . Lüneburg 1656 (UB Rostock Fm-4028; BSB München Liturg. 1379l). 9 Johann Rist: Neüe Musikalische Kreutz= Trost= Lob= und DankSchuhle/ Worinn befindlich Unterschiedliche Lehr= und Trostreiche Lieder/ in mancherlei Kreutz/ Trübsahl und Wiederwärtigkeit hochnützlich zu gebrauchen/ Welche grösseren Theils/ auf bekante/ und in den Evangelischen Kirchen gebräuchliche/ alle mit einander aber/ auf gantz neüe/ von dem fürtreflichem und weitberühmtem Musico/ Herrn Michael Jakobi/ bei der hochlöblichen Stadt Lüneburg wolbesteltem Cantore/ so lieb= als künstlich gesetzete Melodien/ können gespielet und gesungen werden/ Dem allerhöhesten Gott zu sonderbahren Ehren/ seiner angefochtenen Kirchen zur kräftigen Erbauung/ den auch sehr vielen hochbetrübten Hertzen/ in dieser

Einführung

485

mit dem ‚Neuen Musikalischen Seelenparadis‘ (1662).10 Diese Werke widmete Rist nicht fürstlichen Personen, sondern den Bürgermeistern und Räten der vier Hansestädte Lübeck, Lüneburg, Braunschweig bzw. Danzig. Rist ergriff hierbei nicht nur die Gelegenheit, seine literarischen Kompetenzen bezüglich des frühneuzeitlichen Städtelobs11 unter ebenso wortreichen wie kunstvollen Beweis zu stellen, wobei er bestrebt war, die Tetrapolis hinsichtlich ihrer kulturellen, wirtschaftlichen und bildungspolitischen Bedeutung sowie ihrer Verdienste um das Erbe der Wittenberger Reformation in helles Licht zu rücken. Vielmehr dürfte Rist in literaturpolitischer Perspektive überdies bestrebt gewesen sein, neben den höfischen Zentren auch die städtischen Hochburgen im Norden des Reiches als Resonanzraum zu gewinnen. Daß Rist freilich einzig der Hamburgischen Obrigkeit zwei seiner geistlichen Werke dedizierte – schon die 1651 gedruckte ‚Sabbahtische Seelenlust‘12 hatte er mit einer derartigen Widmung versehen – verrät eine besondere Wertschätzung der Hansestadt an Alster und Elbe, die der in Ottensen geborene Rist als seine Wahlheimat begriff und die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nicht nur mit Abstand die größte

jämmerlichen und gahr elenden Zeit/ zum hertzlichen Trost und Erquikkung/ wolmeinentlich aufgerichtet und angeordnet . Lüneburg 1659 (UB Rostock Fm-4156; BSB München Liturg. 1379h). 10 Johann Rist: Neues Musikalisches Seelenparadis/ in Sich begreiffend Die allerfürtreflichste Sprüche der H. Schrifft/ Neuen Testaments/ Jn Lehr= und Trostreichen Liederen/ und Hertzens=Andachten (welche so wohl auf bekante/ und in den Evangelischen Kirchen gewöhnliche; Als auch gantz neue/ von dem fürtrefflichem Musico, Herren Christian Flor/ der Kirchen zu S. Lambrecht/ in Lüneburg wolbestelten Organisten/ so künst= als liblich gesetzte Melodien/ können gespilet und gesungen werden) richtig erklähret und abgefasset/ Nunmehr aber zu Befoderung der Ehre Gottes/ und Fortpflantzung seines H. Wohrtes/ wie auch Wideraufrichtung unseres leider! fast gantz zerfallenen Christenthumes/ an das offene Licht gebracht/ und mit unterschiedlichen/ gahr nützlichen Registern hervor gegeben . Lüneburg 1662 (SUB Hamburg Scrin. A/679 [2]). 11 Vgl. zum Städtelob mit Blick auf Hamburg die folgenden Studien, die sich allerdings mit Quellen des 16. Jahrhunderts befassen: Dirk Werle: Contrafactur Hamburg. Städtelob und seine Intertexte am Beispiel eines Gedichts von Hans Sachs. In: Hamburg. Eine Metropolregion zwischen Früher Neuzeit und Aufklärung. Hrsg. v. Johann Anselm Steiger und Sandra Richter. Berlin 2012 (= Metropolis. Texte und Studien zu Zentren der Kultur in der europäischen Neuzeit 1), S. 361–375. Hartmut Freytag: Hamburgum. Über einen Einblattdruck auf die Stadt von 1595. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte und Altertumskunde 83 (1997), S. 39–49. Kerstin Lüthje/Hartmut Freytag: Dotata haec coelitus urbs est. ‚Diese Stadt ist vom Himmel beschenkt‘. Über ein Stadtporträt und Lobgedicht auf Hamburg aus dem Jahr 1587. In: Euphorion 91 (1997), S. 413–430. Walther Ludwig: Multa importari, multa exportarier inde. Ein humanistisches Loblied auf Hamburg aus dem Jahre 1573. In: Humanistica Lovaniensia 32 (1983), S. 289–308. 12 Johann Rist: Sabbahtische Seelenlust/ Daß ist: Lehr= Trost= Vermahnung= und Warnungsreiche Lieder über alle Sontägliche Evangelien deß gantzen Jahres/ Welche/ so wol auf bekante/ und in reinen Evangelischen Kirchen gebräuchliche/ alß auch gantz Neue/ Vom Herren Thoma Sellio/ bei der hochlöblichen Statt Hamburg bestaltem Cantore/ wolgesetzete Melodeien können gesungen und gespielet werden/ Gott zu Ehren und Christlichen Hertzen zu nützlicher Erbauung abgefasset und herausgegeben . Lüneburg 1651 (UB Rostock Fm-4029; BSB München Mus. pr. 495).

486

Johann Anselm Steiger

Metropole des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation war, sondern auch ein Handelszentrum, das den anderen Hansestädten längst den Rang abgelaufen hatte.13 Die literarische Produktion verstand Rist zeit seines Lebens als Tätigkeit mit hoher sozialer Relevanz – nicht nur hinsichtlich seiner Adressaten, deren Glauben durch geistliche Lieder gestärkt, deren Andacht genährt und deren Erbauung unterstützt werden sollten, sondern auch mit Blick auf den geistigen Austausch innerhalb der respublica litteraria, wie sie in heterogenen Gelehrtennetzwerken, u.a. in Form von Sprachgesellschaften, organisch verfaßt war. Vor diesem Hintergrunde erstaunt es nicht, daß Rist für die ‚Passions-Andachten‘ erneut Autoren suchte und fand, die bereit waren, durch „Etliche Ehren=Schriften“14 – es handelt sich diesmal, anders etwa als in den ‚Himmlischen‘ und ‚Neuen Himmlischen Liedern‘,15 ausschließlich um Lyrica – nicht nur ihre freundschaftliche Verbundenheit mit Rist unter Beweis zu stellen, sondern auch Zeugnis von ihrer engen Kooperation mit ihm abzulegen. Unter den Beiträgern, die für die ‚Passions-Andachten‘ zur Feder griffen, finden sich zwei in Rists Nähe tätige und mit ihm befreundete Pastoren – Andreas Gödeke (1613–1688)16 und Christian von Stökken (1633–1684)17 – sowie fünf poetae laureati: der Leipziger Poetikprofessor Johann Frentzel (1609–1674),18 der Brandenburger Konrektor Balthasar Kindermann (1636–1706),19 der lüneburgische Kandidat des Predigtamtes Franz Joachim Burmeister (1633–1672),20 der nachmalige Kronstädter Gymnasialrektor Johann Gorgias (1640–1684)21 sowie der Jenaer Student Martin Kempe (1642–1683).22 Drei dieser gekrönten Poeten (Kindermann, Burmeister, Gorgias) hatten den Lorbeer von Rist selbst empfangen, vier von ihnen (Kindermann, Burmeister, Gorgias, Kempe) waren Mitglieder des von Rist begründeten Elbschwanenordens. Weitere Beiträger sind ein aus Danzig stammender Jura-Student namens Johann Baumgart und der in Stade ansässige Johann Christoph Hermund, zu denen prosopographische Daten bislang nicht ermittelt werden konnten. Auffällig mit Blick auf diese, neun Personen umfassende Gruppe von Beiträgern ist, daß – anders als in zahlreichen früheren Publikationen Rists – keine kirchenleitenden Theologen wie etwa Vertreter der Hamburgischen Hauptpastorenschaft oder der höheren schleswig-holsteinischen Geistlichkeit zu Worte kommen. Somit entfällt auch der durch eben diese

13 Vgl. Hamburg. Eine Metropolregion (wie Anm. 11). 14 S. o. S. 79, Z. Ü2. 15 Johann Rist / Johann Schop: Himmlische Lieder (1641/42). Kritisch hrsg. und kommentiert von Johann Anselm Steiger. Kritische Edition des Notentextes von Konrad Küster. Mit einer Einführung von Inge Mager. Berlin 2012. Johann Rist: Neue Himmlische Lieder (1651). Kritisch hrsg. und kommentiert von J.A. Steiger. Musik von Andreas Hammerschmidt, Michael Jacobi, Jacob Kortkamp, Petrus Meier, Hinrich Pape, Jacob Praetorius, Heinrich Scheidemann, Sigmund Theophil Staden. Kritische Edition der Notentexte von Konrad Küster. Berlin 2013. 16 S. o. S. 82, Anm. 30. 17 S. o. S. 88, Anm. 8. 18 S. o. S. 90, Anm. 15. 19 S. o. S. 91, Anm. 6. 20 S. o. S. 92, Anm. 8. 21 S. o. S. 94, Anm. 9. 22 S. o. S. 101, Anm. 4.

Einführung

487

ehemals sichergestellte offensiv-apologetische Duktus der Ehrentexte, die in zahlreichen Fällen bestrebt gewesen waren, Rist gegen diverse Anfeindungen in Schutz zu nehmen.23 Die ‚Passions-Andachten‘ verfügen über einen klar gegliederten Aufbau und umfassen recht unterschiedlich umfangreiche Teilcorpora. Die insgesamt 47 geistlichen Lieder finden sich in sechs Rubriken. Deren erste umfaßt drei Lieder, die sich mit der seit alters her prominentesten prophetischen Weissagung des Leidens und Sterbens Jesu Christi, nämlich mit Jes 53,4 f., befassen und mithin einen Text des Alten Testaments ins Zentrum des Interesses rücken, dem der Stettiner lutherische Theologe Daniel Cramer (1568–1637)24 in seiner ‚Schola prophetica‘ im Anschluß an den Kirchenvater Hieronymus Stridonensis bescheinigte, hier spreche nicht eigentlich ein Prophet, sondern ein Evangelist.25 Es folgen, wie das Zwischentitelblatt formuliert, „Zwölf Gottselige Musikalische Andachten/ Uber unseren Allerlibsten HErren und Seligmacher JESUM/ Wie Derselbe/ zu Seinem Allerheiligsten Leiden ist hingeführet/ und grausahmlich/ an den Kreutz=Pfahl geheftet.“26 Diese Texte waren bereits Bestandteil von Rists 1648 gedruckter kleinerer Sammlung von Passionsliedern. Rist wählt in diesem Falle nicht die unterschiedlichen Orte, an denen sich die Leidensgeschichte abspielte, um deren Handlungsverlauf in entsprechende actus aufzuteilen, wie dies in zahlreichen zeitgenössischen Sammlungen von Passionspredigten üblich war, wobei sich häufig (etwa bei Johann Gerhard27) die Strukturierung in fünf actus (gemäß dem Merkvers „Hortus, Pontifices, Pilatus, cruxque, sepulchrum“28) findet, aber auch Vier-, Sechs- und Siebenakter durchaus

23 Vgl. etwa den Rist in Schutz nehmenden Brief des schleswig-holsteinischen Generalsuperintendenten Stephan Klotz in den ‚Neuen Himmlischen Liedern‘ (wie Anm. 15), S. 43–45. 24 Vgl. Sabine Mödersheim: Art. Cramer, Daniel. In: Frühe Neuzeit in Deutschland 1520–1620. Literaturwissenschaftliches Verfasserlexikon. Hrsg. von Wilhelm Kühlmann, Jan-Dirk Müller, Michael Schilling, J.A. Steiger und Friedrich Vollhardt. Bd. 2. Berlin u.a. 2012, Sp. 23–30. 25 Vgl. Daniel Cramer: SCHOLAE PROPHETICAE, SECVNDA CLASSIS: De IESV CHRISTI INCARNATIONE, MINISTERIO, PASSIONE, MORTE, Sepultura, Descensu ad Inferos, Resurrectione, Ascensione ad coelos, Sessione ad Dexteram DEI, Missione Spiritus sancti. IN QVA METHODO HVNNIANA exponuntur alia gravißima Vaticinia Octo: De Siloh Gen. 49. v. 10. De filio Davidis 2. Sam. 7. v. 12. De Immanuele Esa. 7. v. 14. De Parvulo nobis nato Esa. 9. v. 6. De Doctore nec clamoso nec moroso Esa. 42. v. 1. De servo Dei justo & sapiente. Totum 53. caput Esaiae. De filio hominis translato ad Antiquum dierum Dan. 7. v. 13. De effusione Spiritus gratiae & precum Zach. 12. v. 8. . Hamburg 1607 (Privatbesitz), S. 280: „IN hoc capite Propheta Esaias edit vaticinium de Christo, idque tam distinctè & perspicuè, ut D. Hieronymus ipsum hoc loco non Prophetam sed Euangelistam agere rectè judicet.“ 26 S. o. S. 131. 27 Vgl. Johann Anselm Steiger: Art. Gerhard, Johann. In: Frühe Neuzeit in Deutschland 1520–1620. Literaturwissenschaftliches Verfasserlexikon. Hrsg. von Wilhelm Kühlmann, Jan-Dirk Müller, Michael Schilling, J.A. Steiger und Friedrich Vollhardt. Bd. 2. Berlin u.a. 2012, Sp. 557–571. 28 Johann Gerhard: Erklährung der Historien des Leidens vnnd Sterbens vnsers HErrn Christi Jesu nach den vier Evangelisten. Kritisch hrsg. und kommentiert von Johann Anselm Steiger. Stuttgart-Bad Cannstatt 2002 (= Doctrina et Pietas I, 6), S. 16, Z. 57.

488

Johann Anselm Steiger

vorkamen.29 Vielmehr wird die passio Christi von Rist in Wegesstrecken unterteilt. In den zwölf Gesängen begleitet das lyrische Ich den leidenden Sohn Gottes von seiner Gefangennahme im Garten Gethsemane bis hin nach Golgatha, wobei jeweils die einzelnen Etappen dieses Leidensweges der meditativpoetischen Betrachtung zugeführt werden: Der Weg von Gethsemane zum Hohenpriester Hannas, von Hannas zu Kaiphas, von Kaiphas in den Raum der Geißelung, von dort aus weiter zu den „Hohenpriestern und Rahtsverwandten“,30 zu Pontius Pilatus, zu Herodes, zurück zu Pilatus, in das „Richthauß“ zur Verspottung und Dornenkrönung, vor das Volk, zurück ins Justizgebäude, erneut zu Pilatus und schließlich an die Schädelstätte. In allen zwölf Liedern steht neben der Rekapitulation der von den vier Evangelisten berichteten Passionsgeschichte der Umstand im Fokus, daß nicht erst und allein der Tod des Sohnes Gottes die allen Glaubenden geltende Sündenvergebung erwirkt hat, sondern dessen gesamte passio, die darum auch der Schritt für Schritt vorzunehmenden meditatio bedarf. In Übereinstimmung mit Luthers programmatisch in dessen Sermon von der Betrachtung des heiligen Leidens Christi (1519) entfalteten Methodik rechter Passionsmeditation rückt Rist stets erneut das jedem Menschen abgeforderte Bekenntnis in den Mittelpunkt, er selbst und seine Sündhaftigkeit hätten das bittere Leiden Jesu Christi in Gottvaters Zornesgericht kausiert.31 Den umfänglichsten Teil der ‚Paßions=Andachten‘ bilden die in einer dritten Rubrik dargebotenen 21 Lieder über die sieben Worte Jesu am Kreuz, wobei Rist jedem einzelnen Kreuzeswort drei Lieder widmet. In diesem Falle (und anders als bei den ‚Hinführungen‘) nutzt Rist, dessen Anliegen und Anspruch es war, als erster Dichtertheologe überhaupt das Gesamte der Theologie nicht in Predigten oder vermittels einer anderen prosaischen Textgattung, sondern im Medium der geistlichen Dichtung vorzutragen und literarisch greifbar zu machen,32 ein in der zeitgenössisch praktizierten Passionshomiletik beliebtes

29 Vgl. Johann Anselm Steiger, Nachwort, in: Ebd., S. 479–505, hier S. 492. 30 S. o. S. 150, Z. Ü5. 31 Vgl. Johann Anselm Steiger: Zorn Gottes, Leiden Christi und die Affekte der Passionsbetrachtung bei Luther und im Luthertum des 17. Jahrhunderts. In: Passion, Affekt und Leidenschaft in der Frühen Neuzeit. 2 Bde. Hrsg. von dems. Wiesbaden 2005 (= Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 43), Bd. 1, S. 179–201. 32 Vgl. Johann Rist: Neues Musikalisches Seelenparadis/ Jn sich begreiffend Die allerfürtreflichste Sprüche der heiligen Schrifft/ Alten Testaments/ Jn gantz Lehr= und Trostreichen Liederen und HertzensAndachten/ (welche so wol auf bekante/ und in den Evangelischen Kirchen gewöhnliche/ als auch gantz Neue/ von dem fürtreflichem Musico, Herren Christian Flor/ der Kirchen zu Sanct Lambrecht in Lüneburg/ wolbesteltem Organisten/ so künst= als lieblich= und andächtig gesetzete Melodien können gespielet und gesungen werden) richtig erklähret und abgefasset/ Nunmehr aber/ zu Befoderung Göttlicher Ehre/ und Fohrtpflantzung des heiligen und allein seligmachenden Wohrtes/ wie auch Wideraufrichtung unseres leider! fast gantz zerfallenem Christenthumes/ an das offene Licht gebracht/ und mit einem dreifachen Register oder Blattweiser hervor gegeben . Lüneburg 1660 (BSB München Liturg. 1379u und Liturg. 1182), fol. a 8v: „Hiebenebenst aber erinnerte Jch Mich nicht unbillig/ Meines/ durch

Einführung

489

Gliederungsprinzip, wie es z.B. die äußerst verbreitete Sammlung von Predigten zu den sieben Worten des Gekreuzigten aus der Feder des schlesischen Theologen Johann Heermann (1585–1647)33 verwendet.34 Im vierten Teil der ‚Paßions=Andachten‘ bietet Rist seine lyrische Bearbeitung der sieben sog. Passionssalven dar.35 Auch sie waren bereits 1648 publiziert worden. Die von Rist verwendeten sieben Prätexte, deren ersten fünf aus der Feder Arnulfs von Löwen (?–?, 1240–1248 Subprior des Klosters Villers in Brabant) stammen,36 wurden in der Frühen Neuzeit Bernhard von Clairvaux (1090/91–1153) zugeschrieben, dessen umfangreiches Œuvre (und keineswegs nur die ,Sermones super Cantica‘) sich nicht nur im frühneuzeitlichen römischen Katholizismus, sondern auch im barocken Luthertum einer außerordentlichen, konfessionsübergreifenden Beliebtheit erfreute.37 Die Passionssalven adressieren die membra Jesu Christi und tragen im Sinne einer enumeratio partium meditativ der Tatsache Rechnung, daß ausnahmslos alle Körperteile Jesu in

Gottes Gnade schon längst gefasseten/ starken Vorsatzes/ und bis anhero angewendeter Bemühung/ Kraft welcher Jch Mich unterstanden/ die gantze Theologiam, oder die Lehre von Gott/ in lauter erbaulichen Liedern zu begreiffen/ und der Kirchen Gottes wolmeinentlich mitzutheilen/ welcher Arbeit/ Meines wissens/ unter uns Teutschen/ sich bishero noch niemand auf eine solche Ahrt und Weise unterstanden. Zu solchem Ende nun habe Jch anfänglich meine Himlische/ und bald darauf meine Sonderbahre Lieder zu Papir gebracht/ in welchen Jch die führnehmste Artikul und Haubtstükke unserer Christlichen Lehre/ als von Gott/ den Engeln/ deß Menschen Fall/ auch dessen/ durch Christum geschehene Erlösung/ von der wahren Buhsse und Bekehrung/ vom Gebeht und Anruffung Gottes/ von wahrer Christlicher Demuht/ Friedfärtigkeit/ Libe/ Sanftmuht/ Freundligkeit/ heiligem Leben und Wandel/ Hoffnung/ Gedult/ Kampf und Kraft des Glaubens/ von der Widergebuhrt und der wahren Erneurung/ nach dem inwendigen Menschen/ von der Ruhe der Seelen/ vom seligem Abscheide aus disem vergänglichem Leben/ von der Auferstehung des Fleisches/ und dem/ bald darauf folgendem grossen Gerichtstage/ von der höllischen Pein und Quahl der Verdamten/ und den schlieslich/ von der unaussprächlichen Freude und Herligkeit der Kinder Gottes im anderen und ewigen Leben/ allen Christlichen und Gottergebenen Hertzen habe fürgestellet/ welche Lieder den auch mancher frommen/ und den Herren Jesum inniglich libenden Seelen/ ohne einigen eitlen Ruhm alhie zu erwähnen/ gahr lib und angenehm sind gewesen.“ 33 Vgl. Bernhard Liess: Art. Heermann, Johann. In: Frühe Neuzeit in Deutschland 1520–1620. Literaturwissenschaftliches Verfasserlexikon. Hrsg. von Wilhelm Kühlmann, JanDirk Müller, Michael Schilling, J.A. Steiger und Friedrich Vollhardt. Bd. 3. Berlin u.a. 2014, Sp. 211–217. 34 Vgl. Johann Heermann: HEPTALOGUS CHRISTI, Das ist: Die Allerholdseligsten Sieben Worte Vnsers trewen vnd hochverdienten Heylandes JESU CHRISTI, Mit welchen Er am Creutze sein Leben geendet hat. Betrachtet/ vnd in VII. Lehr= vnd Trostreichen Predigten erkläret . Anjetzo von dem Autore selbst vbersehen/ corrigiret/ vnd zum dritten mal wol verbessert. Jena 1648 (11619; acht Auflagen bis 1670) (Privatbesitz). 35 Vgl. Sven Grosse: Johann Rists Übertragung der lateinischen Passionssalven als Beispiel für die lutherische geistliche Dichtung des 17. Jahrhunderts. In: Hamburg. Eine Metropolregion (wie Anm. 11), S. 77–89. 36 Zu Arnulf von Löwens Verfasserschaft vgl. Franz Josef Worstbrock: Art. Arnulf von Löwen. In: Deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2. Aufl. Bd. 1 (1978), Sp. 500–502. 37 Vgl. Ernst Koch: Die Bernhard-Rezeption im Luthertum des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Bernhard von Clairvaux. Rezeption und Wirkung im Mittelalter und in der Neuzeit. Hrsg. von Kaspar Elm. Wiesbaden 1994 (= Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 6), S. 333–351.

490

Johann Anselm Steiger

den Leidensprozeß einbezogen waren. Seiner Vorlage folgend, nimmt Rist in den sieben Gedichten im Zuge einer von unten nach oben voranschreitenden Bewegung Füße, Knie, Hände, Seite, Brust, Herz und Antlitz Jesu Christi in den Blick. Rists Versifizierung der Passionssalven – bekanntermaßen versuchten sich an diesem ps-bernhardinischen Stoff auch andere barocke Autoren wie Andreas Gryphius, Georg Philipp Harsdörffer und Paul Gerhardt – war (freilich auf einem Umwege) eine vergleichsweise starke Wirkungsgeschichte beschieden. Denn Dietrich Buxtehude (ca. 1637–1707) legte seinen sieben Passionskantaten mit dem Titel ‚Membra Jesu nostri patientis sanctissima‘ (1680) die lateinische Übersetzung von Rists Passionssalven zugrunde, die Tobias Petermann angefertigt und im Jahre 1655 publiziert hatte.38 In einem fünften Teil schließen sich drei weitere Lieder an, die Rist als „Beschluß=Andachten“ tituliert und die dem weiterhin imaginär unter dem Kreuz Christi auf Golgatha stehenden lyrischen Ich in den Mund gelegt sind. Interessanterweise korrespondiert das erste Lied eng mit den vorangehenden Passionssalven insofern, als nun – gleichsam responsorisch – die einzelnen Körperteile des den leidenden Christus betrachtenden Menschen thematisiert werden, und zwar in nun umgekehrter Bewegung des Blickes, der von oben nach unten wandert: Haupt, Augen, Ohren, Mund, Brust, Herz, Seite, Hände, Knie und Füße. An allen Körperteilen werden je einzeln die Epiphänomene der den ganzen Menschen von dem Sohn Gottes abspenstig machenden Sündhaftigkeit entziffert, beklagt und gebeichtet, woraus der existentielle Hilferuf an den Gekreuzigten resultiert, der in ausnahmslos jedem Eingangsvers aller 22 Strophen redundant-insistierend wiederholt wird: „O Süsser Jesu hilff!“ Die ‚Paßions=Andachten‘ enden mit „Klingende[n] Dankverse[n]“, dem einzigen der insgesamt 47 Lieder, dem weder Noten noch die Angabe einer Lehnmelodie beigefügt sind. Diese Verse dienen der abschließenden Artikulation des Dankes, den der Sänger und Beter dem Sohn Gottes für dessen Geburt und Passion zu zollen hat. Die Dankesgabe, die Christus vom lyrischen Ich für seine Errettung erhält, ist dessen Herz, das pars pro toto für die gesamte Existenz des Christenmenschen steht. Analysiert man die beiden Vorreden, die Rist seinen ‚Paßions=Andachten‘ voranstellt, so fällt im Vergleich mit seinen früheren praefationes eine nochmals intensivierte Naherwartung des Jüngsten Tages sowie eine erheblich pointierter vorgetragene Sozial-, Obrigkeits- und Kirchenkritik in die Augen. Sie ist eingebettet in die Mahnung, im wahren Glauben Buße zu tun und zu Gott umzukehren, d.h. Zuflucht zu suchen bei dem für die sündige Menschheit und um willen von deren Versöhnung mit Gott gestorbenen Sohn Gottes und bei ihm Schutz zu finden vor den Verderbensmächten – näherhin vor der Sünde, dem Tod und dem Satan. Diese verderblichen Dynamiken seien, wie Rist mehrfach betont,

38 S. u. S. 495.

Einführung

491

keineswegs nur im Verborgenen virulent, sondern in vielerlei Gestalt konkretempirisch greifbar, etwa in der Bedrohung des christlichen Abendlandes durch die heranrückenden osmanischen Heere, die – und eben dies hat Rist in seiner Ende 1663 abgefaßten Vorrede an den Leser im Blick – seit Frühjahr 1663 unter der Führung des Großwesirs Ahmed Köprili Ungarn und Mähren unter ihre Botmäßigkeit zwangen, am 27.9.1663 das zwischen Preßburg und Budapest gelegene Neuhäusel eroberten und bis Preßburg vorrückten. Erst im darauf folgenden Jahr gelang es Kaiser Leopold I., die osmanische Armee bei Mogersdorf zu schlagen, und die drohende Gefahr durch den im August 1664 geschlossenen Frieden von Eisenburg abzuwenden. Wie viele seiner Zeitgenossen und durchaus in Kontinuität mit Luthers Sichtweise39 begreift Rist die osmanische Aggression als eine von Gott gesandte Krisensituation, die sowohl als göttliches Gericht und Strafe für die Sündhaftigkeit der Christen wie auch als empirisch wahrnehmbare Bußpredigt Gottes zu dekodieren ist. Die Dringlichkeit dieser in historischen Faktizitäten sichtbar und hörbar werdenden Mahnung Gottes zur Buße offenbart sich in deren Multimedialität. Neben der Türkenbedrohung ist Rist zufolge – und auch hier folgt der Wedeler Pastor einer verbreiteten Sicht der Dinge, die in umfassend-monographischer Form fast zeitgleich von dem in brandenburg-bayreuthischen Diensten stehenden Juristen Johann Friedrich Schweser (1606–1681) vorgetragen worden war 40 – die im wesentlichen durch den Krieg, aber auch durch (nicht zuletzt höfische) Verschwendungssucht und obrigkeitliche Mißwirtschaft bedingte Inflation ein von Gott herrührendes signum, das die Menschen zur Umkehr bewegen will. Diese Inflation, der „Geldmangel“,41 wie man diese in der Frühen Neuzeit zu nennen pflegte, wurde im Hamburger Raum dadurch noch verschärft, daß mehrere Sturmfluten im Februar 1663 Deiche brechen ließen und die Elbmarschen unter Wasser setzten. Es folgten ein nasser Sommer und schlechte Ernten, wodurch die Lebensmittelpreise zusätzlich stiegen. Komplettiert wurde das Krisenszenario dadurch, daß im Sommer 1663 in Hamburg die Pest und andere Epidemien ausbrachen, worin Rist eine sich der klimaktischen amplificatio bedienende Verschärfung der göttlichen Gerichtsankündigung und des mit ihr verbundenen Bußrufes erkennt. Rist bittet Gott bereits in seiner ersten Vorrede (im Anschluß an die Pesterzählung des Alten Testaments par excellence, insbesondere an 2Sam 24,16) darum, daß „Er doch in disem neuan-

39 Vgl. Martin Brecht: Luther und die Türken. In: Europa und die Türken in der Renaissance. Hrsg. von Bodo Guthmüller und Wilhelm Kühlmann. Tübingen 2000 (= Frühe Neuzeit 54), S. 9–28. 40 [Schweser, Johann Friedrich:] Geldmangel in Teutschlande und desselben gründliche Ursachen/ nach Anleitung des warhafften Verlaufs des/ in unserm Vaterlande/ von etlich vielen Jahren her/ verführten Wesens und Wandels/ an Tag gegeben; auch Mit alten und neuen anmuthigen Geschichten/ nutzbaren Politischen Regeln und Lehrensarten/ auch allerhand erbaulichen Nebendiscursen/ Rechts= und andern Fragen ausgezieret/ durch Gottlieb Warmund. Bayreuth 1664 (HAB Wolfenbüttel O 328. 8° Helmst.). 41 S. o. S. 37, Z. 341.

492

Johann Anselm Steiger

gehendem 1664 Jahre seine Hand über uns wolle leichter werden/ und sich das Ubel gereuen lassen“.42 Diese Bitte freilich erfüllte sich nicht, da Hamburg im Mai 1664 von einer weiteren Pestepidemie heimgesucht wurde, die bis zum Jahresende grassierte.43 Das einzige zu Gebote stehende Mittel, das es erlaubt, auf die mit dieser Dringlichkeit vorgetragene Gerichts- und Bußpredigt Gottes angemessen zu reagieren, ist Rist zufolge die wahre, aus dem Glauben herrührende Buße, die freilich nicht bereits dann ins Werk gesetzt wird, wenn man die obrigkeitlich verordneten Bußtage und Bußpraktiken einhält. Vielmehr, so Rist, sei eine grundsätzliche Neuorientierung der gesamten Existenz der Menschen im Sinne der einem jeden Christen abverlangten Heiligung (sanctificatio) des Lebens unumgänglich: Unterdessen hat man gleichwol bei disen elenden Zeiten und hochgefährlichen Läuften/ alle Wochen gewisse Buhss= und Behtstunden angeordnet/ lassen sich auch etliche Christliche Haußväter nicht verdriessen/ des Tages zum weinigsten ein= oder zweimahl/ mit ihren Kinderen und Gesinde in ihren Häuseren niederzuknien/ andächtig zu behten/ und allerhand feine Buhßlieder zu singen. Nun wil ich dise wolgemeinete Anstalt gahr nicht getadelt/ sondern vielmehr gelobet und wehrt gehalten haben/ binn und verbleibe aber dennoch der gäntzlichen Meinung/ daß alles unser Kirchen gehen/ singen und behten/ nirgends zu wird nützen/ dafern wir nicht erstlich vom Bösen ablassen/ die Sünde und Laster meiden/ dagegen aber ein neues Leben führen/ in Heiligkeit und Gerechtigkeit/ so GOtt gefällig ist.44 Genau für diese authentische Bußpraxis, die ohne eine Vergewisserung eines jeden einzelnen mit Blick auf die durch Christi Leiden und Sterben erwirkte Sündenvergebung und Überwindung jeglicher Verderbensmächte nicht auskommen kann, stellt Rist mit seinen ‚Paßions=Andachten‘ probate Mittel zur Verfügung. Diese geistlichen Lieder verstehen sich als Beiträge, die nötig sind, um das von Rist (und keineswegs von ihm alleine45) in extenso beklagte ‚Heuchelchristentum‘46 zu beseitigen, das u.a. darin greifbar wird, daß die Menschen die Botschaft von der Rechtfertigung des Sünders sola gratia und ohne das Tun verdienstlicher Werke gerne zur Kenntnis nehmen, ohne aber ihr Leben entsprechend zu ändern und Nächstenliebe zu praktizieren. Zwecks Überwindung des falschen, bloß geheuchelten Christentums und zwecks „Widererbauung 42 S. o. S. 13, Z. 52 f. 43 S. o. S. 12, Anm. 19. 44 S. o. S. 70, Z. 1291–S. 71, Z. 1301. 45 In eine ähnliche Richtung gehen z.B. die Argumentationen des Rostocker Pastors und Theologieprofessors Heinrich Müller. Vgl. Helmut K. Krausse / Redaktion: Art. Müller, Heinrich. In: Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Hrsg. von Wilhelm Kühlmann u.a. Bd. 8 (2010), S. 394–396. Johannes Wallmann: Art. Müller, Heinrich. In: Religion in Geschichte und Gegenwart4 5 (2002), Sp. 1570. 46 Vgl. o. S. 45, Z. 547.

Einführung

493

unseres nunmehr leider! sehr verfallenen/ ja fast gahr über einen hauffen ligenden Christenthumes“47 reichen Rist zufolge einzelne Frömmigkeitsübungen freilich nicht hin. Hierzu bedarf es vielmehr einer nicht bloß innerkirchlichen und schon gar nicht im privaten Frömmigkeitsleben verbleibenden grundsätzlichen Neuorientierung, die sich gesamtgesellschaftlich zu vollziehen habe, die daher alle Institutionen betreffen und zu der ein jeder seinen Beitrag leisten müsse. Scharfe Kritik äußert Rist nicht nur im Gegenüber zur weltlichen Obrigkeit, die seiner (traditionell lutherischen) Sicht der Dinge zufolge die Pflicht habe, die politischen Rahmenbedingungen für die Realisierung wahrer christlicher Existenz zu schaffen. Vielmehr tadelt er auch seinen eigenen Berufsstand, die Geistlichkeit auf allen Ebenen der kirchlichen Hierarchie, indem er insbesondere den kirchenleitenden Theologen Duckmäusertum auch und gerade im Gegenüber zu den weltlichen Herrschaften vorhält, das sich u.a. darin offenbare, daß die Notwendigkeit der Sonntagsheiligung nicht mit dem notwendigen Nachdruck eingefordert werde. Hie wünsche ich abermahl/ daß die jenige/ welche bei Hofe viel zu sagen haben/ worunter ich nicht nur die weltliche/ sondern auch die Herren Geistliche/ die Hoffprediger/ Bisschöffe/ General- und Special Superintendenten, Pröbste/ und wie sie mehr heissen mügen/ verstehe/ das Maul rechtschaffen aufthäten/ und den grossen Potentaten das dritte Geboht/ Memento, Gedenke darann/ daß du den Sabbaht heiligest/ aus dem Grunde erklähreten/ ihnen fürhielten die ungläubliche Wichtigkeit dises Gebohtes/ sie unterthänigst und üm CHristi willen ersucheten/ daß doch disem Gebohte zu merklicher Erbauung des wahren Christenthumes ernstlicher müchte nachgelebet/ der Sabbaht/ das ist/ alle Sonn= und Festtage/ Buhss= und Behttage/ innerlich und äuserlich recht gefeiret/ die Ubertreter aber dises Gebohtes mit ernstlicher Straffe angesehen werden .48 Rist fordert daher, daß diejenigen, die der Sonntagsheiligung nicht nachkommen, mit Geldbußen belegt werden müssen, woraus im übrigen ein Beitrag zur Sanierung der maroden Staatsfinanzen resultieren werde.49 Weitere Forderungen Rists betreffen einen umfänglichen Lasterkatalog, den der Wedeler Pastor, an der ersten Tafel des Dekaloges entlanggehend, abhandelt. Im Zuge dessen klagt Rist die Abarbeitung eines detaillierten Maßnahmenkataloges ein, zu dem u.a. gehören: 1. die Verschärfung bzw. die konsequente Handhabung der „Kirchenbuhsse“,50 mithin der Kirchenzucht, 2. das obrigkeitliche Einschreiten gegen das in allen sozialen Schichten verbreitete Fluchen und Führen gotteslästerlicher Reden, 3. die Bekämpfung von Diebstahl, inbesondere die strafrechtliche Verfolgung von ‚Finanzhaien‘, die ihre Kunden mit faulen Geldge47 S. o. S. 27, Z. 43 f. 50 S. o. S. 64, Z. 1103.

48 S. o. S. 46, Z. 597–S. 47, Z. 609.

49 S. o. S. 39, Z. 419–S. 40, Z. 431.

494

Johann Anselm Steiger

schäften übervorteilen, betrügen und bestehlen, 4. die repressive Disziplinierung von „Lästerern/ Ehrendieben/ Verläumdern und Pasquillanten“,51 5. das konsequente Vorgehen gegen jegliche Form von Korruption in Politik und Kirche, die dazu geführt habe, daß „Munera, Moneta und Denarius sind Richter im geistlichen und weltlichen Hause“,52 6. die unnachsichtige Bestrafung von widergöttlichem Aberglauben, insbesondere in Gestalt von Wahrsagerei und anderen spiritistischen Praktiken. Rist wird nicht müde, zu betonen, daß „Zauberer/ Wikker [= Weissager]/ Wahrsager/ Nachweiser [= Hellseher] und Zeichendeuter“53 beiderlei Geschlechts nicht nur dem ersten Gebot zuwiderhandeln, sondern überdies ganze Regionen in unerträgliche, zuweilen vertragsähnlich-dauerhaft vereinbarte finanzielle Bedrängnis geraten lassen. Die sowohl gedankliche als auch rhetorische Schärfe, mit der diese Forderungen eines gesamtgesellschaftlichen Reformprogramms vorgetragen werden, resultiert zum einen aus der Dringlichkeit, die sich Rist zufolge angesichts der historische Realität gewordenen apokalyptischen Zeichen nicht in Abrede stellen läßt. Das Anliegen Rists, Klartext zu reden, hat zum anderen zu tun mit dem Umstand, daß er damit rechnet, diese Publikation könnte womöglich seine letzte sein. Und in der Tat ergriff Rist, wie bereits ausgeführt, in den ‚Paßions= Andachten‘ letztmalig die Gelegenheit, sich im Rahmen einer programmatischen Vorrede zu derart grundlegenden Fragen des politischen, sozialen und kirchlichen Lebens angesichts des seiner Ansicht nach bald heranrückenden Jüngsten Tages zu äußern. Bemerkenswerterweise ist es Rist am Ende seiner Vorrede an den Leser darum zu tun, im Rahmen einer Selbstreflexion seines literarisch-rhetorischen Handelns Rechenschaft abzulegen über seine scharfe Redeweise und deren Motivation. Seine „ein wenig al zu harte[n] Reden“54 flössen nicht „aus einem bösen Gemühte“,55 sondern resultierten gewissermaßen aus einem legitimen, sehr gründlich reflektierten furor divinus, „aus einem recht Christlichem Eifer/ der von allen getreuen Lehrern und Dieneren GOttes ernstlich wird erfodert“.56 Dieser Eifer aber ziele einzig und allein darauf, daß dem „Schade[n] Josephs“57 (Am 6,6) abgeholfen und der Wiederaufbau des „nun mehrentheils gahr zu Grunde und Boden gerichtete[n] Christenthum[s]“58 bewerkstelligt werde.

Editorischer Bericht Als Leittext für die Edition von Rists 1664 publizierten ‚Paßions=Andachten‘ fungierte der von dem Hamburger Verleger Johann Naumann vertriebene Druck dieses Werkes (Siglum C), der keine Neuauflage erfuhr. Rists ‚Paßions= 51 S. o. S. 57, Z. 901 f. 52 S. o. S. 68, Z. 1229 f. 53 S. o. S. 37, Z. 348 f. 54 S. o. S. 76, Z. 1478 f. 55 S. o. S. 76, Z. 1479 f. 56 S. o. S. 76, Z. 1480–S. 77, Z. 1481. 57 S. o. S. 77, Z. 1485. 58 S. o. S. 77, Z. 1485 f.

Editorischer Bericht

495

Andachten‘ sind eine stark erweiterte und überarbeitete Neuausgabe des erstmals 1648 bei den Gebrüdern Stern in Lüneburg erschienenen Werkes mit dem Titel ‚Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus’ (Siglum A). Hieraus übernahm Rist, worauf er explizit hinweist,59 die zwölf ‚Hinführungen‘ sowie die sieben Andachten über die membra Jesu Christi und veränderte diese nur leicht, während die ursprünglichen, von Rists Schwager Hinrich Pape (1609–1663) komponierten Melodien komplett durch neue ersetzt wurden, für die der (bereits auf dem Titelblatt genannte) Wolfenbütteler Hofkapellmeister Martin Coler (gest. 1703/04) verantwortlich zeichnete. Textkritische Berücksichtigung findet in vorliegender Edition auch die deutsch-lateinische Neuausgabe des 1648er Druckes, die Rist im Jahre 1655 (Siglum B) gemeinsam mit dem Pirnaer Schulrektor Tobias Petermann (gest. 1710)60 veranstaltete. Mit Petermann, der auch diesmal für die Übertragung von Rists Liedern ins Lateinische gesorgt hatte, verband den Wedeler Dichter zu diesem Zeitpunkt nicht nur eine enge Freundschaft, sondern auch bereits eine längere Kooperation. Im Textanhang zu vorliegender Edition werden Rists Vorreden zur ersten Teilausgabe seiner Passionsgedichte und die in ihr befindlichen Ehrengedichte dargeboten sowie die lateinische Vorrede, die Petermann seiner Übersetzung voranstellte. Was die in vorliegender Textausgabe zur Anwendung gebrachten editorischen Prinzipien anlangt, sei auf die detaillierte Darlegung derselben in der Edition der ‚Himmlischen Lieder‘ verwiesen.61 Ergänzend hierzu sei folgendes angemerkt: Auf den Nachweis fehlender Wortabstände (Spatien) wurde verzichtet. Bei der Dokumentation der Varianten im textkritischen Apparat wurde folgendermaßen verfahren: Weichen in C die Textierung von Bassus und Cantus vom Wortlaut der ersten Strophe ab, wurden diese Varianten nicht im Apparat nachgewiesen. Emendationen der Textierung der Noten werden im kritischen Bericht zur Musikedition vollständig dokumentiert.62 Varianten in der Textierung der Noten in A und B hingegen wurden im textkritischen Apparat verzeichnet.

59 S. o. S. 75, Z. 1427–1432. 60 Vgl. Deutsches Biographisches Archiv I, 943, 375–380. 61 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 577–579. 62 S. u. S. 516–524.

Einführung und editorischer Bericht zur Edition der Musik von Oliver Huck Die ,Paßions=Andachten‘ (RISM C 3299) sind die letzte Sammlung mit geistlichen Liedern, die Johann Rist zu Lebzeiten erscheinen lassen konnte.1 Martin Coler (auch Köler2) schließt damit die Reihe jener Komponisten, denen Rist – angefangen mit Johann Schop (1642) über seinen Schwager Hinrich Pape (1648), Thomas Selle (1651 und 1655), Heinrich Scheidemann (1658) und Michael Jacobi (1659) bis hin zu Christian Flor (1660 und 1662) – zuvor die Vertonung einzelner Sammlungen seiner geistlichen Lieder anvertraut hatte. Die ,Frommer und Gottseliger Christen Alltägliche HAußmusik‘ (1654), an der Schop und Jacobi, und die ,Neüen Musikalischen Katechismus Andachten‘ (1656), an denen Andreas Hammerschmidt und Jacobi mitgewirkt haben, stellen ebenso wie die ,Neuen Himmlischen Lieder‘ (1651) mit ihrer Pluralität von Komponisten, darunter auch Jacob Kortkamp, Jacob Praetorius, Petrus Meier und Sigismund Theophil Staden, Ausnahmen dar.3 Die ,Paßions=Andachten‘ sind die einzige Sammlung geistlicher Lieder, in der Rist auch zu bereits vertonten Texten neue Melodien komponieren lässt. Grund dafür dürften in erster Linie keineswegs ästhetische Erwägungen gewesen sein, denn Rist hatte Hinrich Papes 19 Kompositionen in ,Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter

1 Zu den Vertonungen der Rist’schen Texte vgl. grundsätzlich Konrad Küster: „O du güldene Musik!“. Wege zu Johann Rist. In: „Ewigkeit, Zeit ohne Zeit“. Gedenkschrift zum 400. Geburtstag des Dichters und Theologen Johann Rist. Hrsg. von Johann Anselm Steiger. Neuendettelsau 2007 (= Testes et testimonia veritatis 5), S. 77–180 sowie die in weiten Teilen nicht mehr dem Forschungsstand zum Lied des 17. Jahrhunderts entsprechende Studie von Wilhelm Krabbe: Johann Rist und das deutsche Lied. Bonn 1910. 2 Die Lexika bevorzugen diese Schreibung. Vgl. John H. Baron: Art. Köler, Martin. In: The New Grove Dictionary of Music and Musicians2 13 (2001), S. 753 und Winfried Richter: Art. Köler, Martin. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart2. Personenteil 10 (2003), Sp. 449 f. 3 Vgl. dazu Johann Rist: Neue Himmlische Lieder (1651). Kritisch hrsg. und kommentiert von Johann Anselm Steiger. Musik von Andreas Hammerschmidt, Michael Jacobi, Jacob Kortkamp, Petrus Meier, Hinrich Pape, Jacob Praetorius, Heinrich Scheidemann, Sigmund Theophil Staden. Kritische Edition der Notentexte von Konrad Küster. Berlin 2013, S. 427 ff.

Einführung

497

Christus Jesus‘ (1648) programmatisch für die schlichte Kompositionsweise gelobt: Diese Melodeien nun sind mit sonderem fleisse/ so schlecht/ als es nur immer müglich gewesen/ von gedachten meinem Freünde gesetzet/ damit ein ieder/ der die gemeine Kirchen musik nur ein weinig verstehet/ diese Lieder bald könne singen lernen/ den ich es erfahren habe/ daß etliche Melodeien meiner vorlängst getrukten Himlischen Lieder nur auß dem Gehör/ von Kinderen/ die nicht einmahl lesen können/ gahr bald sind gefasset und mit männigliches verwunderung richtig und mit Lust daher gesungen worden. Ein Komponist kann seine Kunst anderswoh vieleicht besser anlegen und sehen lassen. Diese Ahrt aber (welcher es gleichwol an Kunst auch nicht allerdinges ermangelt/ wie die Musik verständigen Mir dessen guhte Zeügnisse geben werden) erfodert langsahme/ klägliche und zuer Andacht sonderlich bewegende Melodeien/ und wird daß bittere Leiden JEsu Christi nicht auff täntzerahrt sonderen mit einer grossen und gleich traurigen ernsthafftigkeit von Gottliebenden Christen billig besungen.4 Dieses Lob wiederholt Rist in seinem 1656 für Pape ausgestellten, wie alle Diplome, die Rist als Pfalz- und Hofgraf ausgefertigt hat, von Pape geschriebenen Wappenbrief, in dem er die Verleihung des Wappens damit begründet, Pape habe in der Orgelkunst (welche Er in Seiner Jugend von dem weltberühmten fürtrefflichen Musico und Organisten, Herren Jacobo Praetorio, Seligen andenkens, hat ergriffen) Sich dergestalt geübet, daß Er auch Selber viele schöne und anmuthige Melodien in die Composition gebracht, mahssen dieselbe in meinen Passions Andachten, auch anderen liedern befindlich und nunmehr in öffentlichem Trukke zu sehenn.5 Die Notwendigkeit, einen neuen Komponisten für die erweiterten ,Paßions= Andachten‘ zu finden, resultierte vielmehr daraus, dass Rists Schwager Pape an Ostern 1663 gestorben und zuvor bereits längere Zeit kränklich gewesen war.6

4 S. o. S. 418, Z. 64–S. 419, Z. 79. 5 Vgl. [Detlef] Detlefsen: Johann Rist’s geschäftliches Treiben als gekrönter Poet und kaiserlicher Pfalz- und Hofgraf. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holstein-Lauenburgische Geschichte 21 (1891), S. 265–293, hier S. 271. 6 Vgl. Carl Johan Pape: Organisten und Musikanten des Namens Pape in Schleswig und Holstein. In: Zeitschrift für Niederdeutsche Familienkunde 60 (1985), S. 1–49, hier S. 10 f., der das Altonaer Begräbnisregister vom 26. April 1663 zitiert: „D. Quasim. Hinricus Pape sehr schwächlich. Curas domesticas gehabt. Deswegen ungeduld verlieren gelernt, besonders 3 letzte Jahre Sich den Morgen Mittwochen Umb 6 Uhr verschieden“ und auch einen Brief von Johann Ernst Rist als Quelle heranzieht: „Son [Hinrich Papes d. J.] père est mort et ensevely le premier Samedy apres

498

Oliver Huck

Pape, der am 27. Juni 1609 geboren wurde, war, wie Rist mitteilt, Schüler von Jacob Praetorius. Als Organist wirkte er zunächst von 1628 bis 1630 in Mittelnkirchen im Alten Land, dann von 1630 bis 1650 in Ottensen und schließlich ab 1650 in Altona. Es ist sein Sohn Hinrich Pape (1634–1675) und keineswegs Pape selbst, der 1660 Lehrer und Organist in Glückstadt wurde und diese Tätigkeit für kurze Zeit 1662–1663 unterbrach, um das Organistenamt an St. Jacobi in Stockholm zu übernehmen.7 Rists Schwager Pape stand also für die durch die Erweiterung des Textbestandes gegenüber 1648 erforderlichen zusätzlichen Kompositionen schlicht nicht mehr zur Verfügung. Gleichwohl hat sich Rist für den Abdruck sämtlicher – und nicht etwa nur der zusätzlichen – Lieder mit neuen Kompositionen entschieden. Sollte er Martin Coler zunächst nur um die Komposition der zusätzlichen Texte gebeten haben, so hätte dieser dennoch eine Vertonung aller Lieder geliefert und Rist sie dann drucken lassen. Ebenso wie bereits die Kompositionen Christian Flors im ‚Neuen Musikalischen Seelenparadis‘ (1660/62) rücken jene Colers von Rists vormaligem Ideal der Schlichtheit ab.8 Rist lobt jedoch ausdrücklich, Colers Lieder seien mit sonderm Fleisse gesetzet worden/ wie dasselbe alle diejenige/ welche die edle Singekunst aus dem Grunde verstehen/ bald spühren/ auch ihme deßwegen ein wolverdientes und zwahr nicht gemeines Lob ertheilen/ auch nebenst mir für solche seine wolangewendete Mühe/ Kunst und Fleiß/ wodurch diser außbündiger Musicus, meine Lieder und Andachten erstlich recht hat beseelet/ hertzlich werden danken.9 Rist spricht von Coler einerseits als „weitberühmtem Musico und Componisten, Herren MARTINO COLERO, von Dantzig“ – darin folgt er mindestens drei 1661 in Hamburg erschienenen Drucken, auf die noch zurückzukommen sein wird, wobei er ergänzt „diser Zeit Jhrer HochFurstlichen Durchläuchtigkeit Herren Augusten/ Hertzogen zu Brunschwig und Lüneburg/ des eintzigen wahren Phebus unseres gantzen Teutschlandes wolbesteltem Kapelmeister“ und andererseits als seinem „sehr grossen und libwehrten Freunde“10 – eine

Pasque“. Dieser Brief ist auch bereits zitiert bei Krabbe (wie Anm. 1), S. 149. Die beiden Quellen widersprechen sich insofern, als das Begräbnisregister den 28. März, Johann Ernst Rist hingegen den 31. März als Todestag angibt. 7 Vgl. Pape (wie Anm. 6), S. 15–18. 8 Vgl. Küster, „O du güldene Musik!“ (wie Anm. 1), S. 141, zu Flors Rist-Vertonungen zuletzt Joachim Kremer: Der „kunstbemühte Meister“. Christian Flor als Liedkomponist Johann Rists. In: Christian Flor (1626–1697) – Johann Abraham Peter Schulz (1747–1800). Texte und Dokumente zur Musikgeschichte Lüneburgs. Hrsg. von Friedrich Jekutsch u. a. Hamburg 1997, S. 52–85 und Konrad Küster: „… alle Claves durchgangen“. Vollchromatik bei Johann Rist und Christian Flor (1662). In: Die Musikforschung 60 (2007), S. 333–348. 9 S. o. S. 76, Z. 1441–1452. 10 S. o. S. 76, Z. 1442–1447.

Einführung

499

Bezeichnung, die er nur für wenige Komponisten wählt und zwei Jahre später in der ,Alleredelsten Belustigung‘ wiederholt.11 Conrad von Hövelen, der als Candorin Mitglied des Elbschwanenordens und damit gut bekannt mit dem Kreis um Rist war, nennt 1666 – also zwei Jahre nach Erscheinen der ,Paßions=Andachten‘ – Coler unter jenen Komponisten, deren sich Deutschland rühmen dürfe: „Haben anderer Reiche und Länder sich ihrer Musickünstelär zurümen/ so haben wir Deudsche des Frobergers/ Tunders/ Försters/ Ewalds/ Wekmans/ Bernhardi/ Erben/ Kölers/ Krigers/ Smelzers/ Snittelbachs/ Stöfekens/ Sidons/ Strunks u: d: m: vilmehr uns höchstrühmlich zuerfreuen.“12 Da die Informationen zu Leben und Werk Colers in den einschlägigen Lexika unvollständig sind, sei an dieser Stelle der Versuch unternommen, diese zusammenzufassen und zu ergänzen. Über die frühe Tätigkeit Colers gibt vor allem ein in Hamburg erschienener, jedoch nicht erhaltener Druck Auskunft, auf den bereits Johann Mattheson 1740 in seinen ,Grundlagen einer Ehrenpforte‘ hinweist.13 Colers 1661 erschienener ,Hochzeitlicher Ehrenfackel‘ ist zu entnehmen, dass er aus Danzig stammt und als Musophilos Mitglied des Elbschwanenordens war.14 Damit ist auch die Verbindung zu Rist angezeigt. Der Grund dafür, dass Coler im Gegensatz zu den anderen Komponisten, die Rists Texte vertonten, Mitglied des Elbschwanenordens war, könnte darin zu suchen sein, dass Coler auch als Dichter gesehen wurde. Bei der ,Hochzeitlichen Ehrenfackel‘ handelt es sich sicherlich

11 In der ,Alleredelsten Belustigung‘ berichtet Rist 1666 von einer Zusammenkunft in seinem Hause, wo man sich „mit einer angenehmen Musik als einer treflichen Belustigung aller Kunstund Tugenliebenden Gemüther nicht wenig ergetzet“ habe, an der auch „hochberühmte Musici (worunter sich auch der itziger HochFürstlicher Brunschwigischer Kapelmeister zu Wolffenbüttel Herr Martinus Colerus, mein sonders liebwerther Freund dazumahlen befand)“ teilnahmen. Johann Rist: Epische Dichtungen (Die alleredelste Torheit. Die alleredelste Belustigung). Hrsg. von Eberhard Mannack. Berlin und New York 1974 (= Sämtliche Werke 5), S. 198 f. 12 [Conrad von Hövelen]: Candorins Deutscher Zimber Swan Darin Des Hochlöbl: ädelen Swan=Ordens Anfang/ Zunämen/ Bewandnis/ Gebräuche/ Satsungen/ Ordensgesätse/ samt der Hoch=ansähel: Geselschafter Ordens=Namen entworfen. Lübeck 1667 (LB Oldenburg RA: LIT II 5 37,1), S. 193. 13 Vgl. Johann Mattheson: Grundlagen einer Ehrenpforte. Hrsg. von Max Schneider. Berlin 1910, S. 46 f. 14 Nach Mattheson (wie Anm. 13), S. 47, hat Coler 1661 ein „musikalisches HochzeitStück mit den Noten in fol. drucken lassen, genannt: die Hochzeitliche Ehrenfackel, dem t. t. Hrn. Hartwig Christoph von Hardenberg, geheimen Kammerath und Groß-Vogt zu Zell etc. angezündet, und überschickt von Martino Colero aus Dantzig, Musico und Componisten, wie auch des hochlöblichen Schwanenordens Mitgliede, genannt Musophilos.“ Von Hövelen (wie Anm. 12), S. 184 und 214, führt 1667 jedoch nicht mehr Coler, sondern Georg Strubius als Musophilos unter den Mitgliedern des Elbschwanenordens auf. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Strubius vor 1665 in den Orden aufgenommen wurde, da Rist ihn – offenbar ohne zuvor mit seinen Dichtungen bekannt gewesen zu sein – zum Poeta laureatus bestallt hat. Vgl. Otto Fricke: Ein Hof-PfalzGrafen-Diplom Johann Rists. In: Programm des Gymnasiums zu Burg mit welchem zu der am 20. und 21. März 1866 stattfindenden öffentlichen Prüfung aller Klassen im Namen des LehrerCollegiums ganz ergebenst einladet der Director Dr. Otto Fricke. Burg 1866, S. 1–10.

500

Oliver Huck

nicht um Instrumentalmusik, da der Druck jedoch keinen Autor des Textes, sondern mit Coler nur einen einzigen Autor nennt, dürfte dieser damit wohl auch für den Text verantwortlich zeichnen. Damit konnte Coler für sich in Anspruch nehmen, nicht nur „Musicus und Componist“, sondern auch Dichter zu sein15 und erfüllte damit die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft im Elbschwanenorden. Dass Coler erst 1661 Mitglied des Elbschwanenordens wurde, zeigt die 1661 gedruckte Sammlung ,Deß Elbischen Schwanen=Schäffers HYPHANTES Poetische Musen‘ von Georg Heinrich Weber. Sie liefert zugleich ein weiteres Argument dafür, dass Coler die Mitgliedschaft tatsächlich als Dichter erlangte, denn er steuerte zu Webers ,Poetischen Musen‘ ein Lob- und Ehrengedicht bei, das er im Gegensatz zu einigen Mitgliedern des Elbschwanenordens nicht mit seinem späteren Pseudonym, sondern mit seinem Namen unterzeichnet: „Also wünschet seinem Hochgeehrten werthbrüderlichen Freund Martinus Colerus.“16 In Bezug auf die durch die ,Hochzeitliche Ehrenfackel‘ bezeugte Herkunft aus Danzig wurde erwogen, ob Coler identisch sei mit jenem Martin Köhler, der in den Jahren 1642 bis 1643 an St. Marien in Danzig als Pfeifer tätig war.17 Aber selbst Hermann Rauschning, der diesen Beleg beigebracht hat und zugleich auch Colers Rist-Vertonungen in Zusammenhang mit der Geschichte des Liedes in Danzig mehrfach erwähnt, hält die Identität für zweifelhaft.18 Ob Coler bereits in Danzig als Musiker tätig war, ist damit unklar. Erstmals in Erscheinung tritt er in Hamburg. Eine zweite anlassbezogene Komposition, die 1661 in Hamburg erschien, die ,Späte doch Hertzliche Glückwünschung Dem Durchläuchtigsten/ Großmächtigsten Fürsten und Herrn Herrn Friederich dem Dritten Zu Dennemarck zugeruffen‘, wurde bisher in keinem Musiklexikon erwähnt, ist aber in RISM (C 3297) nachgewiesen.19 Sie belegt, dass Coler neben Rist auch mit 15 Ein späteres Beispiel für seine literarische Tätigkeit ist das „Glückwünschungs=Lied“ zum Geburtstag von Herzog Christian Albrecht, s. u. Anm. 44. 16 [Georg Heinrich Weber:] Deß Elbischen Schwanen=Schäffers HYPHANTES Poetische Musen/ über die Himmel=schöne Rubelle/ Treu=verliebte Karylisis/ und Falsch=hertzige Florinde. Glückstadt / Hamburg 1661 (SUB Göttingen P GERM II,7073), fol. A 11v. 17 Vgl. Hermann Rauschning: Geschichte der Musik und Musikpflege in Danzig. Danzig 1931 (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Westpreußens 15), S. 195. 18 Vgl. Rauschning (wie Anm. 17), S. 427. 19 Jakob Schwieger: Späte doch Hertzliche Glückwünschung Dem Durchläuchtigsten/ Großmächtigsten Fürsten und Herrn Herrn Friederich dem Dritten Zu Dennemarck/ Norwegen/ der Wenden und Gothen Könige/ Gehorsahmst zugeruffen/ von Jacob Schwiegern/ deß hochlöblichen Elbischen Schwahnordens Mittgliede/ genandt Philosophander. und mit schönen Melodeyen/ Sinfonien und Ritornellen gezihret von dem fürtrefflichen Musico und Componisten MARTINO COLERO. O.O. 1661 (Det Kongelige Bibliotek Kopenhagen, Beibindung zu 35,-379 2°). Rist hatte aus Anlass der Erbhuldigung an den dänischen König im Oktober 1660 ebenfalls ein Huldigungsgedicht publiziert. Vgl. Johann Rist: Dennemark ein Erbkönigreich/ Das ist/ Allerunterthänigste Glükwünschung/ nebenst wahrhaffter/ Historischer Erzehlung/ An Den Durchläuchtigsten/ Großmächtigsten Fürsten und Herren Herren Friederich den Dritten/ Zu Dennemark Welcher Gestalt/ dero

Einführung

501

Jakob Schwieger, also mit einem weiteren als Dichter bedeutenden Mitglied des Elbschwanenordens zusammengearbeitet hat. Darüber hinaus lassen sich mit Georg Heinrich Weber und Brandanus Langejanus im gleichen Jahr noch zwei weitere Mitglieder des Elbschwanenordens namhaft machen, deren Texte Coler vertont hat. In Webers ,Poetischen Musen‘,20 die 1672 erneut erschienen als ,Abgewechselte Liebes=Flammen‘,21 sind 23 Lieder mit „M. C.“22 gezeichnet. In Langejanus’ Rist gewidmeter23 Liedersammlung ,Opfer die GOtt gefallen‘24

Königlichen Majestätt/ wie auch allen Deroselben Königlichen Erben und Nachkommen/ Männlicher und Fräulicher Lineen/ das Königreich Dennemark/ als ein freies Erbreich/ von dero sämtlichen/ Allergehorsamsten Ständen und Unterthanen/ aller=unterthänigst ist übergeben und aufgetragen . Lüneburg 1660 (HAB Wolfenbüttel 52.1 Quod. 2° [4]). 20 [Weber:] Deß Elbischen Schwanen=Schäffers HYPHANTES Poetische Musen (wie Anm. 16), fol. A 5r, bezeichnet Coler im Vorwort „An den unpartehischen [sic!] Leser“ als „Edlen und hocherfahrnen Musico, Herrn Martino Colero aus Danzig“. Die Lob- und Ehrgedichte werden von einem Sonett Rists eingeleitet, in dem er explizit Coler als Komponisten (nicht jedoch den zweiten in der Sammlung vertretenen, Joachim Ernst Witt) erwähnt. Vgl. fol. A 6v: „O recht und wohl gethan/ sind das dein erste Gaben | Hyphantes, wehrter Freund/ so deine Clio bringt/ | Welch’ übertreflich schön in Kölers Laute singt.“ 21 [Georg Heinrich Weber]: Abgewechselte Liebes=Flammen/ Das ist: Neue anmuthige Hirten=Lieder/ mit sehr lieblichen und Kunstreichen darauff gesetzten Melodien. An den Tag gegeben Von einem Liebhaber der Teutschen Poesis. Hamburg 1672 (Mikrofiche des einzigen erhaltenen Exemplars Biblioteka Jagiellońska Krakau, Yi 6571 in HAB Wolfenbüttel XFIche 1:86[1–2]). Der Druck enthält die Widmungsgedichte nicht mehr, hingegen sind zusätzlich vier Lieder in der Komposition von Johann Bauer vorangestellt. 22 Bereits Carl Ferdinand Becker: Die Hausmusik in Deutschland in dem 16., 17. und 18. Jahrhunderte. Leipzig 1840, S. 16 (mit Edition von ,Sollt’ Amor wohl geflügelt sein?‘, S. 97), hat zudem vorgeschlagen, Coler auch als Komponisten der 22 mit „M. C.“ gezeichneten Lieder in Kaspar von Stielers 1660 erschienener ,Geharnschter Venus‘ (RISM 16603) anzusehen – mit 22 Kompositionen die größte Gruppe, eine Einschätzung, der Hermann Kretzschmar: Geschichte des Neuen deutschen Liedes. I. Teil: Von Albert bis Zelter. Leipzig 1911 (= Kleine Handbücher der Musikgeschichte nach Gattungen IV/1), S. 79 folgte. Die stilkritische Argumentation Vetters, wonach es „nicht unbedingt ausgeschlossen [erscheine], daß hinter den Buchstaben ,M. C.‘ sich zwei Komponisten verbergen“ (Walther Vetter: Das frühdeutsche Lied. Bd. 1. Münster 1928, S. 259 f.) bleibt argumentativ vage, und da Vetter keinen weiteren Komponisten mit diesen Initialen namhaft machen kann, so wird man sich wohl Kretzschmars Sicht anschließen müssen. 23 Vgl. Bernhard Engelke: Die Gottorfer Hofkapelle unter Joh. Theile und Martin Colerus. In: Kieler Blätter 1 (1943), S. 93–109, hier S. 102, der den Druck noch eingesehen hat. 24 „Opfer die GOtt gefallen/ das sind Zehen Geistliche Lieder Eines Gläubigen und Andächtigen Hertzens. Verfertiget von Brandano Lange Jano auß Lüneburg/ der Heil. Schrift Beflissenen/ und Mit schönen neuen Melodien geziret/ von dem Fürtrefflichen Musico und Componisten Martino Colero. Gedruckt zu Hamburg bei Michael Pfeiffern [1661]“ (RISM 166106). Vgl. Das deutsche Kirchenlied: Kritische Gesamtausgabe der Melodien, Bd. 1, Teil 1: Verzeichnis der Drucke. Hrsg. von Konrad Ameln, Markus Jenny und Walther Lipphardt. Kassel u. a. 1975 (RISM B VIII/1), S. 319 mit der Angabe „Verloren: D Hs“. Robert Eitner: Biographischbibliographisches Quellen-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten christlicher Zeitrechnung bis Mitte des neunzehnten Jahrhunderts 3 (1900), S. 9 verzeichnet den Band unter „B. Hbg. Hymnolog.“ Das erste, siebte, neunte und zehnte Lied sind ediert bei Engelke (wie Anm. 23), S. 100 f. Walther Schulz: Studien über das deutsche, protestantische monodische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts. Breslau 1934 ediert im Notenhang (im Exemplar der SBPK Berlin vorhanden)

502

Oliver Huck

stammen, wie das Vorwort ausweist, alle zehn Lieder von Coler. Langejanus wurde von Rist wohl aufgrund dieser Sammlung in einem auf den 17. September 1661 datierten Diplom als Poeta laureatus und Mitglied des Elbschwanenordens bestallt.25 Etwa zur gleichen Zeit hat Coler die Region Hamburg zumindest vorübergehend verlassen, wie eine Zahlung belegt, die er in Güstrow erhielt, wo er unter den „fremden Musikern“ aufgeführt ist: „Martin Colerus, ein von Lüneburg gekommener Musikant, der für ,geleistete Aufwartung‘ am 7. September 1661 40 Rtlr. erhielt“.26 Deutlich wird damit zum einen, dass Coler Langejanus wohl in Lüneburg kennen gelernt hat, und zum anderen, dass er sich zu Beginn der 1660er Jahre nicht permanent in Hamburg aufgehalten hat. Im folgenden Jahr, 1662, publizierte Coler in Hamburg die ,Sulamithische Seelen=Harmoni‘ (RISM C 3298).27 Alle zwölf darin enthaltenen Vertonungen

das vierte, sechste und siebte Lied und zitiert (S. 95) aus dem Vorwort des Drucks: „Was nun die Melody dieser Lieder anlanget/ so kan ich dem Leser nicht bergen, daß deß weitberühmten Adam Krügers Arien mir sehr wohl gefallen/ deswegen ich auch unterschiedliche von diesen geistlichen Liedern habe nach desselben Melodeien gemachet/ als das/ 4. Lied nach der 8. Arie aus dem 4. Zehen das 6. Lied nach der 6. Arie aus dem 1. Zehen, weil aber dem fürtrefflichen Musico und Componisten Martino Colero, diese meine geistlichen Lieder vorkamen, hat ers ihm gefallen lassen, sie alle mit diesen gegenwärtigen schönen Melodeien zu zieren “. Entgegen der Darstellung bei Schulz, der die Verweise auf Kriegers Arien irrtümlich auf dessen zweite Sammlung von 1667 bzw. 1676 (RISM K 2437 bzw. 2438) bezieht, lassen sich die genannten Texte auf die entsprechenden Arien Kriegers aus dem Druck von 1657 singen. Vgl. Helmuth Osthoff: Adam Krieger (1634–1666). Neue Beiträge zur Geschichte des deutschen Liedes im 17. Jahrhundert. Leipzig 1929, S. 59 und 66 f. Das erste, vierte, sechste, siebte, neunte und zehnte Lied sind in Anhang II nach den schwer zugänglichen Arbeiten von Engelke und Schulz wiedergegeben. 25 Vgl. Detlefsen (wie Anm. 5), S. 285 sowie Hermann Möller: Das Doberaner Anthyrlied. In: Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse 40 (1894/1895), S. 1–96, hier S. 20 f. erwähnt eine Abschrift des Diploms für Langejanus, das auch einen Lebenslauf enthält, in Det Kongelige Bibliotek Kopenhagen, Gamle kgl. samling, Nr. 3026, 4°. 26 Clemens Meyer: Geschichte der Güstrower Hofkapelle. Darstellung der Musikverhältnisse am Güstrower Fürstenhofe im 16. und 17. Jahrhundert. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde 83 (1919), S. 1–46, hier S. 35. 27 Martin Coler: Sulamithische Seelen=Harmoni/ Das ist/ Einstimmiger Freuden=Hall/ Etzlicher Geistlicher Psalmen/ so wol zur Ehre Gottes/ als aus Liebe der Edlen süßklingenden Singe=Kunst/ dem öffentlichen Lichte übergeben/ und der Kunst=begierigen Jugend/ welche in dieser Himmelsteigenden Wissenschaft den Anfang gemacht. Uberreichet von Martino Colero, Musico Dantis: Borus: . Hamburg 1662 (Ratsbücherei Lüneburg Mus. ant. pract. 12). Vgl. Friedrich Welter: Katalog der Musikalien der Ratsbücherei Lüneburg. Lippstadt 1950, S. 162 und Horst Walter: Musikgeschichte der Stadt Lüneburg vom Ende des 16. bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts. Tutzing 1967, S. 132. Weitere Psalmvertonungen Colers sind handschriftlich überliefert, so ,Der Herr ist mein Licht und mein Heil‘ (Psalm 27) in einer von Samuel Jacobi geschriebenen, aus der Fürsten- und Landesschule Grimma stammenden Sammlung von fünf geistlichen Konzerten (SLUB Dresden Mus. 1-E-770) sowie in einer aus der Stadtkirche St. Nikolai in Luckau stammenden Sammlung von 89 geistlichen Konzerten (Kantoreibibliothek der Stadtkirche St. Nikolai Luckau, 3481B. Vgl. dazu Ekkehard Krüger: „… dem lieben Gott in der Kirche dienen“. Kirchenmusik in Luckau/Nieder-

Einführung

503

deutscher Psalmübersetzungen als kleine geistliche Konzerte des „Musico Dantis: Borus:“ wurden 1667 vom Verleger erneut veröffentlicht in Albert Schops Sammlung ,Exercitia vocis‘ (RISM 16677).28 Die Zielsetzung dieser Kompositionen Colers ist durchaus mit jener Rists vereinbar, wenn Coler im Vorwort zur ,Sulamithischen Seelen=Harmoni‘ ausführt: An den Leser. GUnstiger Leser/ diese gegenwärtige Univoca habe ich nicht vor Kunstreiche Sänger gesetzt/ und ausgegeben. Sondern allein vor die jenigen/ die einen Anfang darinnen wollen machen/ nur zur Ubung/ wiewol viel stattliche Autores seynd/ die genugsam ausgeben/ aber meistentheils mit Lateinischen Texten; Weil aber wenige Deutsche Univoca gefunden werden/ habe ich mich unternommen/ (wiewol auff guter Liebhaber Bitten) etliche Psalmen Davids/ dieselbige/ nach schlechter Einfalt (doch aus gutem Hertzen) an das Liecht zu geben/ bitte dem günstigen Leser/ solches nicht im argen/ sondern im guten auff= und anzunehmen. Mercke ich/ daß sie dir werden gefallen/ so solst du günstiger Music-Freund von mir zu erwarten haben mit 1. 2. 3. Stimmen und mit 1. 2. Violinen dazu/ wie auch die 7. Buß Psalm Davids mit 1. Stimm und Violen. Und geliebts Gott auch was starckers nach Gelegenheit. Verbleibe aller Music=Liebhaber getreuster Diener Autor.29 lausitz im ausgehenden 17. Jahrhundert. In: Miscellaneorum de musica concentus. Karl Heller zum 65. Geburtstag am 10. Dezember. Hrsg. von Walpurga Alexander u.a. Rostock 2000, S. 25–47) und vermutlich auch mit der gleichen Besetzung, aber dem Incipit „Der Herr ist mein Hirt“ in dem Inventar der Rudolstädter Hofkapelle. Vgl. Philipp Heinrich Erlebach: Harmonische Freude. Musikalische Freude. Hrsg. von Otto Kinkeldey, kritisch revidiert von Hans Joachim Moser. Wiesbaden / Graz 1956 (= Denkmäler deutscher Tonkunst 46/47), S. XXIII. Die Besetzung entspricht jener, die Coler in der ,Sulamithischen Seelen=Harmoni‘ angibt für jene Stücke, die der Musikfreund von Coler zu erwarten habe. Denkbar ist also eine Entstehung um 1662. In Luckau ist in einer Sammlung von 162 geistlichen Konzerten auch ein weiteres, größer besetztes geistliches Konzert, ,Es erhub sich ein Streit im Himmel‘, überliefert (Kantoreibibliothek der Stadtkirche St. Nikolai Luckau, 3482B. Vgl. dazu Werner Braun: Albert Friedrich Roscius und die Spätgeschichte des Kleinen Geistlichen Konzerts. In: Händel-Jahrbuch 47 [2001], S. 11–24). Dieses war auch in der verlorenen Sammlung der Michaelisschule in Lüneburg enthalten. Vgl. Max Seifert: Die Chorbibliothek der St. Michaelisschule in Lüneburg zu Seb. Bach’s Zeit. In: Sammelbände der internationalen Musikgesellschaft 9 (1907–1908), S. 593–621, hier S. 603, wo noch sieben weitere Konzerte enthalten waren: ,Ach verlaß mich nicht Gott im Alter‘ (à 6), ,Der Tod ist verschlungen in den Sieg‘ (à 10), ,Frolocket mit Henden alle Völcker‘ (à 4), ,Ich bin jung gewesen und alt worden‘ (à 5), ,Veni Sancte Spiritus‘ (à 13), ,Wohl dem der den Herrn fürchtet‘ (à 12) und ,Wo soll ich fliehen hin‘ (à 7). In der ehemaligen Bibliothek der Thomasschule in Leizpig war das Konzert ,Dies ist der Tag‘ (à 10) vorhanden. Vgl. Arnold Schering: Die alte Chorbibliothek der Thomasschule in Leipzig. In: Archiv für Musikwissenschaft 1 (1918–1919), S. 275–288, hier S. 286. 28 Albert Schop [/ Martin Coler]: Exercitia Vocis, Oder Theils Deutsche/ theils Lateinische CONCERTEN Mit einer Stimme und beygefügten Basso Continuo. Gesetzt von ALBERTO SCHOPEN Fürstl. Mecklenburgischen Hoff=Organisten. Hamburg 1667 (Bibliothèque nationale Paris, VM1 997–998). Die Druckstöcke der Coler’schen Konzerte sind identisch mit jenen der ,Sulamithischen Seelen=Harmoni‘. 29 Coler, Sulamithische Seelen=Harmoni (wie Anm. 27), fol. 1v.

504

Oliver Huck

Die Zuschrift der ,Paßions=Andachten‘ ist auf den 21. Dezember 1663 datiert; ob Colers Kompositionen zu den ,Paßions=Andachten‘ jedoch noch in Hamburg entstanden sind oder bereits in Wolfenbüttel, wo Coler am 2. Mai 1663 den Dienst antrat, ist fraglich. Dass er danach auch weiterhin musikalisch wirksame Beziehungen nach Hamburg unterhielt, zeigt das Autograph30 eines geistlichen Konzerts von Coler mit dem Titel ,Engel-Hüt‘, der sich darin als „Capelmeister“ bezeichnet. Das Autograph befindet sich in der Düben-Sammlung und wurde dem Titelblatt zufolge „dehm Wohl Ehren Vesten Grossachtbahren und Wohl vornehmen Herren Johan Wolpmann. Vornehmen Kauf Gesellen alß Meinem Hoch Geehrten Herren und sehr Wehrten Freunde Zu Ehren und Freundlichem Andencken, beÿ seiner abreise von Hamburg nach dem Königreich Schweden, Eÿl fertigst auf gesetzt vnd wohl meinent Übergeben“.31 Nach Bruno Grusnicks Analyse der Düben-Sammlung ist der Zugang dieses Manuskripts zur Sammlung auf 1671 zu datieren.32 Anzunehmen ist jedoch, dass die Komposition bereits einige Jahre früher entstanden ist, die Bezeichnung „F. B. L. Capelmeistern“ auf dem Titelblatt grenzt die Entstehungszeit auf 1663 bis 1667 ein. Coler war vom 2. Mai 1663 bis zur Auflösung der Kapelle am 17. April 1667 herzoglich Braunschweigischer Hofkapellmeister.33 Bisher war lediglich für den auf 1667 zu datierenden, Herzog Anton Ulrich gewidmeten ,Lob Psalm Davids‘, der in Wolfenbüttel im Autograph erhalten ist, ein Zusammenhang mit seiner Tätigkeit in Wolfenbüttel zweifellos nachweisbar.34 Mit der auf 1664 datierten, Herzog August gewidmeten vierzehnstimmigen Vertonung des achten Psalms ,Domine Dominus noster‘ ist jedoch eine weitere Komposition Colers aus dieser Zeit ebenfalls im Autograph erhalten.35 Einblick in seine

30 Der Schriftvergleich mit den drei in der HAB Wolfenbüttel bewahrten Autographen (s. u. Anm. 34–36) lässt keinen Zweifel. 31 Martin Coler: Engel-Hüt: Daß ist Ein Concert von 6 Stimmen Genommen auß dem 91. Psalm Davids mit 2 hohen und einer tiefen Stimme zu singen wie auch 2 Violen und ein Fagott: (Universitetsbibliotek Carolina Rediviva Uppsala Vok. mus. i hs. 53:13). 32 Vgl. Bruno Grusnick: Die Düben-Sammlung. Ein Versuch ihrer chronologischen Ordnung III: Die chronologische Ordnung der Sammlung. In: Svensk tidskrift för musikforskning 48 (1966), S. 67–186, hier S. 138. 33 Vgl. Friedrich Chrysander: Geschichte der BraunschweigWolfenbüttelschen Kapelle und Oper vom 16. bis 18. Jh. In: Jahrbücher der musikalischen Wissenschaft 1 (1863), S. 147–286, hier S. 183 f. 34 Martin Coler: Lob Psalm Davids a 7. 2 C. et B. 2 Viol 2 Gamb: Dem Durchleuchtigsten Fürßten und Herren Herren ANTONIO VLRICO. Hertzogen Zu Braunschweig und Lüneburg. Meinem Gnädigsten Fürßten und Herrn Unterthänigst übergeben vnd auf gesetzet von Martino Colero Capelmeistern. (HAB Wolfenbüttel Cod. Guelf. 44 Mus. Hdschr.). Vgl. James Leonard Brauer: Instruments in Sacred and Vocal Music at Braunschweig-Wolfenbüttel. Diss. New York City Univ. 1983, S. 86–110. 35 Martin Coler: IN GRATULATIONEM anni jam praesentis M. DC. LXIV. Psalmus VIII Davidis à 14 8 Instru: et 6 Voc: Serenissimo, Celsissimo Principi Ac Domino Domino Augusto Duci Brunovicensi et Lunaeburgensi, Domino suo Clementissimo Humillime concinnatus ac oblatus à Martino Colero. Sere: Prin: Brun: et Luneb: Capella Magist: (HAB Wolfenbüttel Cod. Guelf. 10.8 Aug. 2, fol. 51–66).

Einführung

505

Tätigkeit als Kapellmeister gibt auch ein bisher unbekannter Brief Colers vom 25. April 1666 an Herzog August, in den eine vierstimmige Vertonung von Psalm 68,36 ,Mirabilis deus in sanctis suis‘ eingelegt ist, die jedoch nicht von Coler stammt, denn dieser führt dazu aus: Auf Euer Hochfürstl: Durchl: Gnädigsten Befehl habe den begehrten Text unter das Euer Hochfürstl: Durchl: unterthänigst zu geschickte Musicalische Stück zwar mit großer mühe gebracht, Muss aber dabey unterthänigst berichten, das es nicht allein gantz gezwungen kompt, besondern doch auch der Compostion an Ihr selber gantz vitios ist, und ich so viel befinde daß das Stück nicht nach der Kunst, sondern nach der Arithmetica componiret sey, wie denn solche contra regulas compositionis begangene Fehler Euer Hochfürstl: Durchl: auß bey gefügter patitur [sic] gnädig zu ersehen haben.36 Coler bietet an, eine neue Komposition zu dem Text zu machen. Noch im November 1668, also nach Ende seiner Dienstzeit, erhielt Coler vom Braunschweiger Hof ein Geschenk für die musikalische Aufwartung bei der Erbhuldigung am 28. Oktober des Jahres in Wolfenbüttel.37 Nach Mattheson war Coler „ein Paar Jahr hernach bayreuthischer Capellmeister geworden“38 und „etwa 1670. in holsteinische Dienste getreten“ – letzteres ist jedoch später zu datieren. Denn am Hof von Brandenburg-Kulmbach in Bayreuth ist 1671 ein Martin Coler nachweisbar, der Johann Philipp Krieger zur Mitwirkung an einer Festmusik verpflichtete.39 Weiterhin sind die von Wilhelm Andreas Schreiber verfassten lateinischen Texte von drei Kompositionen in Zusammenhang mit der Hochzeit von Christian Ernst von BrandenburgBayreuth und Sophie Luise von Württemberg aus Anlass der Ankunft der Braut am 24. Mai 1671 in Bayreuth im Druck erschienen, die Coler jeweils als Komponisten der nicht erhaltenen Musik ausweisen.40

36 HAB Wolfenbüttel Cod. Guelf. 10.8 Aug. 2, fol. 67–69. Die auf einem Blatt notierte Komposition ist in ein Doppelblatt eingelegt, auf dem der Brief notiert ist. 37 Vgl. das Schreiben von Herzog Rudolf August vom 23. November 1668: „Bei dem ohnlengst stattgefundenen actu der Erbhuldigung auff dem Heinrichstädtischen Rathhause allhie hat der vormahlige Capellmeister Martinus Colerus mit einer angenehmen Musik daselbst auffgewartet und hat auch S. F. D. dieselbe demnegst unterthänigst dediciren wollen“. Coler erhielt „aus gnaden 10 Thlr., ein feist Schwein, ein Wispel Roggen und 1/2 Wispel Gersten zum recompens“, zit. nach Ferdinand Saffe: Wolfenbüttel in der Musikgeschichte. In: Die Lessingstadt Wolfenbüttel. Wolfenbüttel 1929, S. 46–62, hier S. 54 f. 38 Mattheson (wie Anm. 13), S. XLI. 39 Ludwig Schiedermair: Bayreuther Festspiele im Zeitalter des Absolutismus. Studien zur Geschichte der deutschen Oper. Leipzig 1908, S. 8 f. 40 Wilhelm Andreas Schreiber: SAPPHO POST-NUPTIALIS, Serenissimo Principi ac Domino, Domino CHRISTIANO ERNESTO Marchioni Brandenburgico, Magdeburgi, itidemque Suae Serenitatis Conjugi Serenissimae Dominae SOPHIAE LOUYSAE Conjugio Marchionissae Brandenburgicae, Magdeburgi, Prussiae &c. Natalibus Ducissae Wur-

506

Oliver Huck

Erst vom 1. März 1675 an war Coler Kapellmeister „in holsteinischen Diensten“ auf Schloß Gottorf, die Kapelle wurde jedoch am 4. September des gleichen Jahres aufgelöst.41 Coler blieb jedoch offenbar in Schleswig, wo er und Kinder von ihm 1677 und 1693 aktenkundig sind,42 und er war offenbar auch weiterhin als Musiker tätig, wie 1681 eine Zahlung an ihn „vor einige Aufwart-

tenbergiae, & Tecciae, &c. Illustrissimos Hymenaeos Stutgardiae, favorabili applausu celebratos & hîc Byruthi Felicissimos esse jubens gatulario [sic] Carmine â W. A. Schreibern. Ad chordas verò vocalis introducta â Martino Colero, Cap. Aul. Magistro. O.O. [1671] (HAB Wolfenbüttel Gm 4° 225); Ders.: JAMBI GRATULATORII, Serenissimae Principi ac Dominae, Dominae SOPHIAE LOUYSAE, Conjugio Marchionissae, Brandenburgicae Magdeburgi, Natalibus Ducissae Wurtenbergiae, & Tecciae, Comitissae Mompelgardiae, Dominae Heidenhemij, Principissae ac Dominae suae Clementissimae, Super felicissimo Serenitatis EJUS, in urbem Patriam, votorum attactà metâ, Adventu Conscripti a W. A. Schreibern. translati verò ad Harmoniam vocum â Martino Colero, Cap. Aul. Magistro. O.O. [1671] (HAB Wolfenbüttel Gm 4° 224); Ders.: PANEGYRICUS SERENISSIMAE DUCATUS WURTTENBERGICI PROSAPIAE Scriptus, Atque SERENISSIMO PRINCIPI AC DOMINO DOMINO EBERHARDO TERTIO DUCI WURTTENBERGIAE ET TECCIAE, &c: Cum Sa. Serenitas, Illustrissimâ cum Coniuge, DOMINA MARIA DOROTHEA SOPHIA, DUCISSA WURTTENBERGIAE, ET TECCIAE, Praetereà Illustrissima Princeps ac Domina, DOMINA CHRISTINA CHARLOTTA, Frisiae Orientalis Tutrix hodiè Princeps, Ducissa Wurttenbergiae & Tecciae, &c. Itidemque Illustrissimus Comes ac Dominus, DOMINUS ALBRECHT-ERNESTUS, Comes Oettingensis. Illustrissimaque Eius Celsitudinis Conjux suavissima DOMINA CHRISTINA FRIDERICA Natalibus Ducissa Wurttenb. & Tecciae &c. Atque Illustrissima Princeps, DN. EBERHARDINA CATHARINA, Ducissa Wurttenb. & Tecciae, Huc BYRUTHUM Hospites exoptatissimi, primùm feliciter Venissent, Eâ quâ par est Submissione devotissimâ Humilimè oblates. Bayreuth 1671 (beigebunden HAB Wolfenbüttel Gm 4° 224), darin am Ende (fol. 4v): „Panegyricus metricus, Illustri convivio Pincipium sonis Musicis introductus â MART. COLERO, Aul. Cap. Magist.“ 41 Vgl. die Kammerrechnungen des Jahres 1675 und Colers Bestallungsurkunde in Winfried Richter: Die Gottorfer Hofmusik. Studien zur Musikkultur eines absolutistischen Hofstaates im 17. Jahrhundert. Diss. phil. Kiel 1986, S. 426 f. und 455 f. 14 geistliche Konzerte Colers sind in der Sammlung Bokemeyer erhalten (SBPK Berlin Mus. ms. 3840). Vgl. Harald Kümmerling: Katalog der Sammlung Bokemeyer. Kassel u. a. 1970 (= Kieler Schriften zur Musikwissenschaft 18), S. 109. Dass diese Konzerte zum Teil möglicherweise bereits früher entstanden sein könnten, ist denkbar. Zum einen stimmt die Besetzung mehrerer Konzerte (,Au weh mein Jesus schreit‘, ,Eins bitt’ ich vom Herrn‘, ,Es ist ein köstlich Ding geduldig sein‘, ,Hilf Jesu laß gelingen‘, ,Ich steh’ an deiner Krippen hier‘ und ,Übe Dich selbst aber an der Gottseligkeit‘) mit der im Vorwort der ,Sulamithischen Seelen=Harmoni‘ für jene Stücke genannten (ein bis drei Stimmen und zwei Violinen) überein, die der Musikfreund von Coler zu erwarten habe. Zum anderen legt dies auch die Konkordanz von ,Der Tod ist verschlungen in den Sieg‘ mit der verlorenen Sammlung der Lüneburger Michaelisschule nahe. Vgl. Seifert (wie Anm. 27), S. 603, zumal dieses und zwei andere Konzerte (,Meine Seele erhebt den Herrn‘ und ,Alleluja lobet den Herren‘) weder eine Gottorfer Signatur tragen, noch von Gottorfer Schreibern geschrieben wurden. In ,Hilf Jesu lass gelingen‘ vertont Coler die Strophen 1, 3, 5 und 7 von Rists ,Hilf Herr Jesu lass gelingen‘ aus den ,Himmlischen Liedern‘, ohne jedoch auf Schops Melodie zurückzugreifen. Vgl. Johann Rist / Johann Schop: Himmlische Lieder (1641/42). Kritisch hrsg. und kommentiert von Johann Anselm Steiger. Kritische Edition des Notentextes von Konrad Küster. Mit einer Einführung von Inge Mager. Berlin 2012, S. 193– 198. 42 Vgl. Engelke (wie Anm. 23), S. 109.

Einführung

507

tung in der Kirchen“43 belegt. Coler publizierte noch 1680 den Text eines „Glückwünschungs-Liedes“ zum Geburtstag von Herzog Christian Albrecht, in dem er sich nach wie vor als „Capelmeister“ bezeichnet.44 Nach Mattheson ist Coler „1703. oder 4. in Hamburg, ziemlich alt, gestorben“.45 Für das in den Lexika seit Ernst Ludwig Gerber tradierte Geburtsjahr um 162046 gibt es neben dieser Bemerkung Matthesons keinerlei Anhaltspunkt. Der Ausgangspunkt für die Vertonungen der Rist’schen ,Paßions=Andachten‘ ist bei Pape und Coler in jeder Hinsicht unterschiedlich. Von Pape waren bis dahin lediglich weltliche Lieder, die zahlreichen Beiträge in Rists ,Galathee‘ (1642), gedruckt worden.47 Er ist nach ,Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus’ (1648) nur noch mit zwei Beiträgen (,Endlich bin ich ob gelegen‘ und ,Vortrefflich hochbegabter Rist‘) in Rists ,Neüem Teütschen Parnass‘ (1652),48 mit einem Beitrag (,Mein Gott dir will ich singen‘) in Rists ,Neuen Himmlischen Liedern‘ (1652)49 sowie mit vier Liedern in Jakob Schwiegers ,Liebes=Grillen‘ (1654)50 hervorgetreten.

43 Engelke (wie Anm. 23), S. 98. 44 Vgl. Martin Coler: Als Der Hochwürdigster/ Durchläuchtigster Fürst und Herr/ Herr Christian Albrecht/ Erbe zu Norwegen/ Postulirter Coadjutor des Stiffts Lübeck/ Hertzog zu Schleswig/ Holstein/ Stormarn und der Dithmarschen/ Graff zu Oldenburg und Delmenhorst/ etc. am 3. Februarij dieses 1680sten Jahrs Zu dero Hoch=Fürstl. Durchl. selbsteigner höchsten Vergnügung Seinen Geburts=Tag begieng/ übergab Dero Hoch=Fürstl. Durchl. Zu bezeugung seiner darüber habenden grossen Hertzens Freude/ und gehorsamster Dienstgeflissenheit Dieses Glückwünschungs=Lied Jhr Hoch=Fürstlichen Durchläuchtigkeit Unterthänigster und gehorsamster Diener Martin Coler von Dantzig Capelmeister. O.O. 1680 (Det Kongelige Bibliotek Kopenhagen, Beibindung zu 40:2,-415 2°). Die Komposition ist nicht im Druck enthalten und muss als verloren gelten. 45 Mattheson (wie Anm. 13), S. XLI. Bereits Engelke (wie Anm. 23), S. 109, hatte vergeblich versucht, das Todesdatum zu verifizieren. 46 Vgl. Ernst Ludwig Gerber: Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler. Hrsg. von Othmar Wessely. Graz 1977, Bd. 1, S. 756 f. Der Grund dafür scheint zu sein, dass Gerber die ,Paßions=Andachten‘ mit der Ausgabe von 1648 verwechselt und aus diesem Publikationsdatum das Geburtsdatum folgert. 47 Johann Rist: Des DAPHNJS aus Cimbrien GALATHEE. Hamburg [1642] (SUB Göttingen 8 P GERM II, 7268), fol. M 2r: „Die allermeisten aber von einen nicht unverständigen Organisten H. P. zu A. wiewol auff der Eil gesetzet“. 48 Vgl. Johann Rist: Neüer Teütscher Parnass/ Auff welchem befindlich Ehr’ und Lehr Schertz und Schmertz Leid= und Freüden=Gewächse/ Welche zu unterschiedlichen Zeiten gepflantzet/ nunmehr aber Allen/ der Teütschen Helden=Sprache und deroselben edlen Dichtkunst vernünfftigen Liebhaberen/ zu sonderbarem Gefallen zu hauffe gesamlet und in die offenbahre Welt außgestreüet . Lüneburg 1652 (Reprint Hildesheim u.a. 1978), S. 804 f. und 910 f. („H. P.“) 49 Vgl. Rist, Neue Himmlische Lieder (wie Anm. 3), S. 201. 50 Im ersten und zweiten Buch von Jakob Schwiegers ,Liebes=Grillen‘ (erstmals erschienen 1654) sind Pape und sein Sohn, unterschieden als „H. Pape. D. A.“ (mit vier Liedern, erstes Buch Nr. 11–14) und „H. P. D. J.“ (mit elf Liedern, erstes Buch Nr. 2, 5–6, 8 sowie zweites Buch Nr. 6–7, 23–24, 25–26 [beide mit der gleichen Melodie wie Nr. 24] und 27), vertreten. Vgl. Jakob Schwieger: LJEBES=GRILLEN. Das ist/ Lust= und Liebes Schertz Ehr= und Sitten=Lieder. Wiederüm von neuen dürchgesehen von Autore selbsten/ und an vielen Orten merklichen verbessert: Zugleich auch Mit dem Andern Theil vermehret; und bestehet also

508

Oliver Huck

Coler hatte zwar vor den ,Paßions=Andachten‘ ebenfalls zahlreiche weltliche Lieder komponiert, mit den ,Opfern die Gott gefallen‘ jedoch auch bereits zu einer Sammlung geistlicher Lieder die Musik geliefert. Diese Kompositionen unterscheiden sich von den ,Paßions=Andachten‘ jedoch weitaus stärker als von seinen weltlichen Liedern. Werner Braun meinte zwar, auch in den ,Paßions= Andachten‘ einen weltlichen Ton zu erkennen, wenn er als Vorbild für die Melodik von ,Jst dieser nicht des höchsten Sohn‘51 Adam Kriegers ,Ich bin verliebt‘ (aus dem ersten Band der ,Arien‘ von 1657, RISM K 2436) anführt. Seine implizite Kritik an Colers musikalischer Gestaltung einer Passionsandacht verfängt jedoch aus zwei Gründen nicht: Zum einen diente die Musik von Kriegers Arie bereits kurz nach ihrer Publikation einer ganzen Reihe von geistlichen Liedern und wurde kontrafaziert (so wie etwa auch Langejanus’ für die von Coler vertonten ,Opfer die Gott gefallen‘ seine Texte zunächst zu Krieger’schen Arien setzte), darunter 1659 Benjamin Praetorius’ ,Das ist mir lieb, mein Gott und Herr‘, 1663 David Hamiltons ,Ich bin betrübt und klage sehr (Eines betrübten Sünders Klage)‘ und 1676 Johann Ludwig Fabers ,Ich bin verliebt, komm her und sieh (Von der Liebe Jesu)‘.52 Damit ist der Krieger’sche Ton aber offenbar seinerzeit für ein Kirchenlied als passend empfunden worden. Zum anderen überwiegen gegenüber einigen melodischen Wendungen, die Braun im Sinn gehabt haben dürfte, die Unterschiede zwischen Colers Passionsandacht und Kriegers Arie.53 In den Liedern der ,Opfer die Gott gefallen‘ verwendet Coler unterschiedliche Mensuren, die Melodik steht seinen weltlichen Liedern deutlich näher als den ,Paßions=Andachten‘. In den ,Paßions=Andachten‘ macht Coler bereits durch die Wahl der einheitlichen Mensur des Tempus imperfectum deutlich, dass er einen „Passionston“ anstrebt. Es ist dabei davon auszugehen, dass Coler die Kompositionen Papes kannte (auch wenn seine Textvorlage der von Rist revidierte Text für die Ausgabe von das gantze Wercklein in vier Büchern. Auf begehren hervor gegeben von Jacobo Schwiegern. Hamburg 1656 (SUB Hamburg Scrin. A/1964). Die Lieder in Schwiegers ,Feld=Rosen‘ (1655) und das Lied ,Was ist mein Freund dein Beginnen?‘ in Georg Heinrich Schreibers ,Liebes und Frühlings Knospen‘ (1664) stammen alle vom Sohn („H. P. D. J.“ bzw. „H. P. D. I.“). Vgl. [Jakob Schwieger]: Des FLÜCHTJGEN Flüchtige Feld=Rosen; Jn unter=schiedlichen Lust=Gängen vorgestellet. Gezieret Mit aller=hand köstlichen/ neüen/ noch unbekanten Melodeyen/ Deren etzliche von dem Vortrefflichen Componisten JOHANN Schopen/ Die andern aber von unter=schiedlichen guhten Freünden/ in der Sing= und Orgel=Kunst Wol=erfahrnen verfertiget. Hamburg 1655 (SUB Göttingen P GERM II, 7163) und Georg Heinrich Schreiber: Neu außgeschlagene Liebes und Frühlings Knospen/ das ist Keuscher Ehren= und Liebes=Lieder Erstlinge: Mit schönen/ anmutigen/ mehren theils neu und unbekandten Melodeyen angefeuchtet/ und zu sondern Ehren und Wolgefallen auch freundlichstem Ansuchen des lieb= und lobwürdigsten Frauenzimmers ans Liecht gegeben Von Georg Henrich Schreiber/ der hoch=Edlen Teutschen Dicht=Kunst Liebhaber. Frankfurt a.M. 1664 (SUB Hamburg Scrin. A/1676), S. 78 f. 51 Vgl. Werner Braun: Rist-Gesänge in der Passionshistorie. In: Tod und Musik im 17. und 18. Jahrhundert. Hrsg. von Günther Fleischhauer. Blankenburg 2001, S. 121–134, hier S. 132. 52 Vgl. Osthoff (wie Anm. 24), S. 93 f. 53 Vgl. ebd., S. 70 f.

Einführung

509

1664 war); man gewinnt vielfach den Eindruck, dass Coler bei scheinbar gleicher Wahl der Mittel Pape zu überbieten sucht. So steht gleich die Vertonung des ersten von beiden komponierten Textes, ,Auf liebe Seel entzünde dich‘, nicht nur in der gleichen Tonart, sondern wird auch jeweils im gleichen Rhythmus deklamiert. Während Pape hier wie auch in den anderen Liedern auf melodische und harmonische Formulierungen zurückgreift, die formelhaft sind – man vergleiche die zweite Verszeile mit der identisch vertonten vierten Verszeile des folgenden Liedes ,WJrstu den nun in dieser Nacht‘ – zielt Coler auf eine reichere Harmonik ebenso wie eine den Textinhalt verdeutlichende Melodik etwa durch die aufsteigende, den Oktavraum e’-e’’ übersteigende Linie bei „Ja durch die Wolken dringen“. Die nach den Regeln des Contrapunctus unzulässige Fortschreitung von fünf Dezimen in Parallele auf „Spott/ das Fluchen/ Schläg“ dürfte ebenfalls als textausdeutendes Mittel zu verstehen sein. In der letzten der zwölf Hinführungen hält Pape an der prinzipiellen versweise gegliederten Komposition fest. Coler hingegen verbindet die Verse 1–3, 4–6, 7–8 und 9–10 entsprechend ihrer syntaktischen Einheiten. Während Pape den Text hier durch die extrem tiefe, nicht zum gesanglichen Vortrag geeignete Lage der Bassstimme (bis C,) musikalisch als Höhepunkt oder vielmehr Tiefpunkt der Hinführungen vertont, unterstreicht Coler gleich zu Beginn das „Urtheil“ durch die Chromatik. Coler macht in den ,Paßions=Andachten‘ insgesamt jedoch einen weitaus zurückhaltenderen Gebrauch von musikalisch-rhetorischen Figuren als in den Konzerten der ,Sulamithischen Seelen=Harmoni‘.54 Mit ,Jst dieser nicht des höchsten Sohn‘ hat Coler eines der von ihm vertonten Lieder mit sämtlichen 12 Strophen in seine im gleichen Jahr, in dem die ,Paßions=Andachten‘ publiziert wurden, erstmals in Wolfenbüttel aufgeführte Passion aufgenommen, wie das gedruckte Libretto der ,Leiden und Sterbens= Geschicht Unsers Hochverdienten HERRN und Heylandes JEsu Christi‘ ausweist, in dem explizit auf Rist verwiesen wird: „Auß Herrn Risten PassionsLiedern“.55 Da die Musik zu Colers Passion verloren ist, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen, ob Coler den in den ,Paßions=Andachten‘ publizierten Satz zugrunde gelegt und gegebenenfalls erweitert hat, hiervon dürfte jedoch auszugehen sein. Das Libretto gibt die Anweisung „Mit einer Stimm zu singen und 54 Im Vergleich mit textgleichen Konzerten Heinrich Schütz’; dazu Martin Ruhnke: Musikalischrhetorische Figuren und ihre musikalische Qualität. In: Ars musica – Musica scientia. Festschrift für Heinrich Hüschen. Hrsg. von Detlef Altenburg. Köln 1980, S. 385–399. 55 Martin Coler: Leiden und Sterbens=Geschicht Unsers Hochverdienten HERRN und Heylandes JEsu CHristi/ Wie dieselbe von dem heiligen Mattheo aufgezeichnet/ vermischet mit trostreichen geistlichen Liedern und Sprüchen H. Schrifft/ nebst verfertigten Melodeijen Symphonien in der Fürstl. Capell zu Wolffenbüttel/ am grünen Donners=Tag des 1664. Jahrs vorgestellet Durch Martinum Colerum Jhr Hoch=Fürstl. Durchl. Capelmeister/ Zur Ehre Gottes und auf Jhre Hoch=Fürstl. Durchl. gnädigstem Befehl dem Druck überreichet/ damit der Wort=Verstand beydes der Historien und auch der geistlichen Lieder und Sprüche desto deutlicher vernommen und andächtig betrachtet werden. Wolfenbüttel 1664 (HAB Wolfenbüttel Th 451), fol. B 4v.

510

Oliver Huck

allemahl mit 5. Instrumenten darzwischen“56 und fordert nach der ersten, dritten, neunten und zwölften Strophe ein „Ritornello“,57 so dass offenbar Ritornelle hinzugefügt waren. Mit ,O Traurigkeit, o Herzeleid‘ hat Coler noch ein weiteres Rist’sches Lied in seine Passion aufgenommen,58 ob er dabei auf die Vertonung von Johann Schop aus den ,Himmlischen Liedern‘ zurückgegriffen oder einen eigenen Satz angefertigt hat, ist jedoch unklar. Das Libretto von Colers Passion diente als Modell für eine Reihe von weiteren Passionen, darunter jene von Christian Flor (Lüneburg 1667), Friedrich Funcke (Lüneburg, nach 1667), Johann Valentin Meder (Riga 1701) und der Uppsala-Passion, nicht zuletzt die beiden Rist’schen Einlagen wurden dort übernommen.59 ,Jst dieser nicht des höchsten Sohn‘ wurde jedoch nicht in Colers Vertonung aufgenommen, sondern von Christian Flor,60 Friedrich Funcke61 und Valentin Meder62 neu komponiert; in die Uppsala-Passion63 wurde die im Erscheinungsjahr der ,Paßions=Andachten‘ in der erweiterten Ausgabe der ,Praxis pietatis melica‘ publizierte Vertonung von Johann Crüger64 eingearbeitet. Zehn Lieder aus den ,Paßions=Andachten‘ wurden mit Colers Vertonungen in die ,Nürnbergischen Gesang=Bücher‘ von 1676,65 167766 und 169067 aufge56 Ebd. 57 Ebd., fol. B 4v–5v. 58 Ebd., fol. B 6v–7r. 59 Vgl. Walter (wie Anm. 27), S. 153 f. 60 Vgl. Peter Epstein: Ein unbekanntes Passionsoratorium von Christian Flor (1667). In: BachJahrbuch 27 (1930), S. 56–99, hier S. 78. 61 Vgl. Walter (wie Anm. 27), S. 151 ff. 62 Vgl. Johann Valentin Meder: Oratorische Passion nach Matthäus. Hrsg. von Basil Smallman. Wolfenbüttel 1985 (= Das Chorwerk 133). Vgl. auch Braun (wie Anm. 51), S. 133 f. 63 Vgl. auch Braun (wie Anm. 51), S. 130 und Friedhelm Krummacher: Die Choralbearbeitung in der protestantischen Figuralmusik zwischen Praetorius und Bach. Kassel u. a. 1978, S. 159. 64 Vgl. Johann Crüger: PRAXIS PIETATIS MELICA. Das ist: Ubung der Gottseligkeit in Christlichen und Trostreichen Gesängen/ Herrn D. Martin Lutheri fürnemlich/ wie auch anderer seiner getreuen Nachfolger/ und reiner Evangelischer Lehre Bekenner Editio IX. Jn Berlin gedruckt und verleget von Christoff Runge/ Anno 1664. (HAB Wolfenbüttel Xb 9621[1]), S. 404. 65 Vgl. Nürnbergisches Gesang=Buch/ Darinnen 1160. außerlesene/ so wol alt als neue/ Geist= Lehr= und Trostreiche Lieder/ auf allerley Zeit= Freud= und Leid=Fälle der gantzen Christenheit gerichtet/ und mit Voransetzung der Autorum Namen auch theils vortreflich=schönen Melodien/ Noten und Kupffern gezieret/ zu finden. Mit einer Vorrede Herrn Johann Sauberts der/ H. Schrift Doctoris, Prof. Primar. und Predigers in Altdorf. Nürnberg 1676 (= Hymnologische Quellen in Augsburger Bibliotheken. Die Literatur des 17. Jahrhunderts 1676d). 66 Vgl. Nürnbergisches Gesang=Buch/ Darinnen 1160. außerlesene/ so wol alt als neue/ Geist= Lehr= und Trostreiche Lieder/ auf allerley Zeit= Freud= und Leid=Fälle der gantzen Christenheit gerichtet/ und mit Voransetzung der Autorum Namen auch theils vortreflich=schönen Melodien/ Noten und Kupffern gezieret/ zu finden. Mit einer Vorrede Herrn Johann Sauberts, der/ H. Schrift Doctoris, Prof. Primar. und Predigers in Altdorf. Nürnberg 1677 (BSB München Liturg. 1372 t). 67 Vgl. Nürnbergisches Gesang=Buch/ Darinnen 1230. auserlesene/ sowol alt als neue/ Geist- Lehr- und Trost-reiche Lieder/ auf allerley Zeit= Freud- und Leid-Fälle der gantzen Christenheit gerichtet/ und mit Voransetzung der Autorum Namen auch theils vortrefflich-schönen Melodien/ Noten und Kupffern gezieret/ zu finden. Mit einer alt- und neuen Vorrede. Erstlich Herrn Conrad Feuerleins/ Und dann auch Herrn Johann Sauberts der/ H. Schrift Doctoris, Prof. Primar. und Predigers in Altdorf. Nürnberg 1690 (BSB München Liturg. 1372 u).

511

Einführung

nommen. Bemerkenswert ist, dass nicht nur die Melodien, sondern beide Stimmen übernommen wurden und diese zudem anders als in den ,Paßions=Andachten‘ nicht hintereinander – es handelt sich nicht um Chorbuchnotation –, sondern in Pseudo-Partitur gesetzt sind (in den letzten Systemen teilweise so, dass die erste Hälfte eines Notensystems vom Cantus, die zweite vom Bassus eingenommen wird): Rist 1664

Nürnbergisches Gesang=Buch 1676 und 1677

Nürnbergisches Gesang=Buch 1690

Liebste Seel’ erkenne doch

S. 35 f.

S. 106

S. 100

Hin ist die Nacht

S. 40–42

S. 110

S. 104

Liebste Seel’ erhebe dich

S. 47 f.

S. 112 f.

S. 106 f.

Hat denn mein Gott das noch kein Ende

S. 52–55

S. 119

S. 112 f.

Hat Herodes seinen Muht

S. 59 f.

S. 121

S. 114 f.

Seht abermahl diß Schaf

S. 65 f.

S. 124 f.

S. 118

Als Jesus Christus angethan

S. 71–73

S. 135 f.

S. 128

Wie der Donner kann erschrecken

S. 77 f.

S. 138 f.

S. 131

So stehet nun der großer Gott

S. 83 f.

S. 140 f.

S. 132 f.

Das Urtheil ist gesprochen

S. 88 f.

S. 144 f.

S. 136 f.

Rist hat für nahezu alle Lieder, die er 1664 hinzugefügt hat, Melodien angegeben, auf die sie gesungen werden können. Hervorzuheben ist, dass für die zwölf Hinführungen und die sieben Andachten über Jesu Glieder keine Melodien angegeben sind, mithin Rist offenbar bei der Erweiterung um die drei einleitenden Passions-Andachten, die 21 Andachten über die sieben letzten Worte und – mit Ausnahme der ersten – der drei Beschlussandachten sich zunächst bewusst die Möglichkeit offen gehalten hat, keine Kompositionen hierfür zu benötigen. Entgegen seiner Ausführungen im Vorwort von 1648 zu Papes Vertonungen – „Diese Ahrt aber […] erfodert langsahme/ klägliche und zuer Andacht sonderlich bewegende Melodeien/ und wird daß bittere Leiden JEsu Christi nicht auff täntzerahrt sonderen mit einer grossen und gleich traurigen ernsthafftigkeit von Gottliebenden Christen billig besungen“68 – wählt Rist durchaus auch Melodien im tänzerischen 3er-Takt.69 Neben den Melodien von 16 Kirchenliedern sind dies nicht weniger als neun Melodien aus seinen von Johann Schop vertonten ,Himmlischen Liedern‘ 68 S. o. S. 418, Z. 73–S. 419, Z. 79. 69 Vgl. ,Ermuntre dich mein Schwacher Geist‘, ,Hilf Herr Jesu lass gelingen‘, ,Wach auf mein Geist, erhebe dich‘ und ,So wünsch’ ich mir zu guter Letzt‘ vgl. Rist / Schop, Himmlische Lieder (1641/42) (wie Anm. 41), S. 24 f., 193 f., 199 f. und 447 f.

512

Oliver Huck

(1641/42)70 sowie eine von Michael Jacobi vertonte aus ,Frommer und Gottseliger Christen Alltägliche HAußmusik‘ (1654).71 Bei der Auswahl der Melodien aus Kirchenliedern ist eine Orientierung am Repertoire der Hamburger Gesangbücher deutlich zu erkennen, und es ist damit wahrscheinlich, dass Rist auch die dort enthaltenen Melodiefassungen geläufig waren: Zwölf der Melodien (eine von ihnen wird zweimal verwendet) sind in Franz Elers 1588 gedruckten niederdeutschen ,Cantica sacra‘ (RISM 158814) enthalten, all diese und eine weitere in David Wolders 1598 gedrucktem hochdeutschem ,New Catechismus Gesangbüchlein‘ (RISM 159811), das damit wohl das Rist bekannte Gesangbuch gewesen sein dürfte: Rist

Eler

Wolder

O Mensch/ bewein deine Sünde gros

S. 10–12 ohne Melodie

S. 158–196 [recte: 166] ohne Melodie

O wir armen Sünder/ unsre Missethat/

S. 6 f.

S. 182–184

Da JEsus an dem Kreutze stund/

S. 7 f.

S. 176–178

Wacht auf Jhr Christen alle/

S. 68 f.

S. 58 f.

Ein Kindelein so löbelich ist uns gebohren heute/

S. 4

S. 130–132 S. 294–296

Von Gott wil Jch nicht lassen/ denn Er läst nicht von Mir/ Vatter unser im Himmelreich/

S. 22 f.

S. 304–306

Komt her zu mir/ spricht Gottes Sohn.

S. 43 f.

S. 455–459

HErr Christ der Einige Gottes Sohn

S. 35 f.

S. 333 f.

An Wasserflüssen Babilon/ da sassen wir mit Schmertzen/ S. 50 f.

S. 464–466

Durch Adams Fall ist gantz verderbt/

S. 32 f.

S. 99–102

Jch dank Dir lieber HErr/

S. 71 f.

S. 381–383

O Lamm Gottes unschüldig/

S. 27

S. 178 f.

Lediglich von zwei weiteren, dort nicht enthaltenen Kirchenliedern zieht Rist Melodien heran: ,Auf meinen lieben GOtt/ trau ich in Angst und Noht‘ und ,Christus der uns selig macht‘. Beide sind in Melchior Vulpius’ ,Cantionale‘ (RISM 160912) enthalten;72 Rist könnte erstere jedoch auch in der weiter ver70 S. o. S. 239, 251, 264, 277, 283, 319, 326, 393, 400. 71 S. o. S. 338. 72 Melchior Vulpius: Ein schön geistlich Gesangbuch Darinnen KirchenGesänge Vnd geistliche Lieder/ D. Mart. Lutheri vnd anderer frommen Christen/ so in den Christlichen Gemeynden zu singen gebräuchlich/ begriffen. Mit vier/ etliche mit fünff Stimmen/ nicht allein auff eine/ sondern des mehrentheils auff zwey oder dreyerley Art/ mit sonderm fleiß Contrapuncts Weise gesetzt/ im Discant der Choral richtig behalten/ vnd zum Andernmal sehr vermehrt/ vnd gebessert in Druck verfertiget. Mit einer Vorrede Doctoris Antonii Probi. Weymarischen Superintendenten generalis. Jena / Erfurt 1609 (Bibliotheca Palatina. München 1989–1995, E186/E187), S. 525 f. und 114–117.

Einführung

513

breiteten Fassung des ,Cantional‘ von Johann Hermann Schein (RISM 162710)73 geläufig gewesen sein. Sämtliche Lieder, die Rist heranzieht, sind zudem, jedoch ohne Melodien, in den in Lüneburg bei den Sternen in den 1660er-Jahren gedruckten Gesangbüchern enthalten.74

73 Johann Hermann Schein: Cantional oder Gesangbuch Augsburgischer Konfession 1627/1645. Hrsg. von Adam Adrio. Kassel u.a. 1967 (= Neue Ausgabe sämtlicher Werke 2), Teil 2, S. 61. 74 Vgl. Vollständiges Gesang=Buch/ in welchem nicht allein die gewöhnliche alte Kirchen=Lider/ sondern auch vihl neue/ nüzliche Gesänge/ auf mancherlei Fälle zu befinden. Lüneburg 1661 (BSB München 4 Liturg. 261 d) und Vollständiges Gesang=Buch/ in welchem nicht allein die gewöhnliche alte Kirchen=Lieder/ sondern auch viel neue/ nützliche Gesänge/ auff mancherley Fälle/ zu befinden. Lüneburg 1665 (SUB Hamburg A/201583).

Editionsprinzipien Die Edition der Kompositionen Colers basiert auf C, jene der Vertonungen von Pape (Anhang I) auf A unter Verzeichnung der Varianten aus B. Sämtliche Lieder sind so gesetzt, dass die Bassstimmen auch vokal ausgeführt werden können, was in Papes ,DAß Urtheil ist gesprochen‘ jedoch aufgrund des Ambitus (bis C,) nicht anzunehmen ist. Partitur: In allen Kompositionen sind Cantus/Discant und Bassus in A, B und C nacheinander notiert, teilweise aber keineswegs durchgehend (in B und C jedoch überwiegend) auf gegenüberliegenden Seiten eines Aufschlags chorbuchartig; die Stimmen werden in der Edition in Partitur geboten, mithin in einer Anordnung, die die dort aufgenommenen Lieder bereits im ,Nürnbergischen Gesang=Buch‘ erhalten haben. Die Stimmbezeichnungen „Cantus“ und „Bassus“ (C) bzw. „Discant“ und „Bassus“ (A und B) werden in der Edition nicht wiedergegeben. Schlüsselung und Generalvorzeichnung: Alle Kompositionen werden in der Edition im g2-Schlüssel und f4-Schlüssel geschlüsselt, die Schlüsselung in A, B und C wird im Partiturvorsatz angegeben. Als Generalvorzeichnung erscheint in A, B und C lediglich , in der Edition werden keine zusätzlichen Generalvorzeichnungen verwendet. Takt-/Mensurangaben: Sämtliche Kompositionen Papes sind mit , nahezu alle Kompositionen Colers mit bezeichnet. Die Ausnahmen in ,Seht abermahl diß Schaaf‘, ,Liebster JEsu sey gegrüsset‘ und im Bassus von ,Bleiches Antlitz sey gegrüsset‘, wo das bezeichnet ist, werden, wie letztere deutlich zeigt, als Satzfehler betrachtet und emendiert, lediglich im letzten Vers von ,Jn Ketten/ Strikken/ Banden‘ ist aufgrund des daktylischen Metrums eine abweichende Mensur (6/4) angegeben und plausibel. Takt-/Mensurstriche: In C sind Mensurstriche weitgehend regelmäßig gesetzt, zusätzliche Mensurstriche werden in der Edition der Kompositionen Colers als gestrichelte Mensurstriche hinzugefügt, bei abweichender Setzung in Cantus und Bassus wird die jeweils andere Stimme angeglichen; entstehende unvollständige Mensuren zu Beginn und am Ende (auch von Teilen) werden nicht durch Pausen oder Verlängerung von Notenwerten aufgefüllt. In A und B sind keine Mensurstriche gesetzt, sondern jeder Vers ist durch einen Strich abgeteilt, in der Edition der Kompositionen Papes werden keine Mensurstriche hinzugefügt. Notenwerte: Die Notenwerte werden wie in A, B und C wiedergegeben (Semibrevis = ganze Note), Achtelnoten in Melismen werden abweichend von C gebalkt.

Editorischer Bericht

515

Bindebögen: Bindebögen in Melismen werden wie in A, B und C wiedergegeben, fehlende Bindebögen werden als gestrichelte Bindebögen ergänzt. Alterationszeichen: Alterationszeichen sind in A, B und C nur bei unmittelbarer Wiederholung der Tonhöhe gelegentlich nicht erneut gesetzt, im heutigen Notensatz als pleonastisch empfundene Alterationszeichen (erneute Setzung des Alterationszeichens zwischen zwei Taktstrichen) werden (mit Ausnahme der Wiederholung der Generalvorzeichnung) nicht getilgt, jedoch implizite Aufhebungen von Alterationszeichen zwischen zwei Mensur- bzw. Versabschnittsstrichen durch ( ) in der Edition explizit gemacht. Die Auflösung der -Vorzeichnung wird abweichend von A, B und C nicht durch die Diesis, sondern durch wiedergegeben, die Aufhebung einer Alteration wird abweichend von A, B und C nicht durch , sondern durch wiedergegeben; implizit nach einem Mensurstrich weiterhin gültige Alterationszeichen werden in ( ) erneut gesetzt. Generalbassbezifferung: In A und B ist keine Bezifferung vorhanden, in C ist die Bezifferung des Generalbasses sparsam und fehlt in einigen Kompositionen vollständig, sie wird in der Edition nicht vervollständigt. Vorhalte und Durchgänge sind in C selbst dann, wenn sie auf mehrere Noten im Bassus zu verteilen sind, ohne Spatium gedruckt, in der Edition werden die Ziffern getrennt und entsprechend dem Tonsatz platziert. Die Aufhebung der -Vorzeichnung wird abweichend von C nicht durch die Diesis, sondern durch wiedergegeben, die Aufhebung einer Alteration nicht durch , sondern durch wiedergegeben. Gesangstext: Orthographie und Zeichensetzung des Textes in A, B und C werden, auch bei Abweichungen zwischen beiden Stimmen, beibehalten. Eingegriffen wird in den Text nur entsprechend der für die übrigen Texte des Bandes zugrunde gelegten Prinzipien. Die Silbentrennung von A, B und C wird beibehalten als „=“ ohne Spatium nach der vorausgehenden Silbe (in C ab ,Wenn unser Heiland klaget‘ nur bei Zeilenwechsel gesetzt); zwischen Silben, die nur durch ein Spatium, nicht aber durch einen Trennstrich getrennt sind, wird „=“ mit Spatium nach der vorausgehenden Silbe ergänzt. Alle weiteren Silbentrennungsstriche („-“) sind hingegen in der Edition hinzugefügt, um die Silben einzelnen Noten zuordnen zu können. Erschließt sich die Textunterlegung nicht zweifelsfrei durch eine syllabische Deklamation oder durch die Positionierung des Textes im Erstdruck, wird sie in den Einzelanmerkungen begründet. Soweit möglich folgt die ergänzte Silbentrennung der in A, B und C dokumentierten Praxis.

Einzelanmerkungen (die Ziffern bezeichnen die Mensur, die hochgestellten Ziffern die Note in der Mensur, C den Cantus, B den Bassus)

Jhr Menschen Kinder/ last uns gehen (C S. 2–3) 25 B: Custos nach 24 c 6 C und B: Zeilenwechsel nach 66 8 C: Zeilenwechsel nach 86 Last uns doch bedencken die gahr grosse Pein (C S. 9) Daß Christus JEsus in der That (C S. 15–16) 26 C: Das ist nicht zu Beginn der zweiten Zeile vor 25, sondern vor 26 gesetzt. Auf liebe Seel entzünde dich (C S. 22–23) 31–2 B: edl 33 C: Custos nach 32 a’ 46 C: Custos nach 45 d’ 5 C: Mensurstrich nach 52 61–2 C: Semiminima mit Punctus additionis, Semiminima 6 C: Mensurstrich nach 63 6 B: Zeilenwechsel nach 66 71 B: Custos nach 66 e Wirst du den nun in dieser Nacht (C S. 28–30) 25 C: Custos nach 24 g’, so dass in der Vorlage des Drucks möglicherweise ein Wechsel zum c2-Schlüssel erfolgte. 37–41 B: Der Text des zweiten Stollens ist aus Platzmangel verschoben und abgekürzt (Marter uñ), der Zeilenumbruch erfolgt nach 44, mit ist jedoch 45 nach dem Zeilenumbruch unterlegt. 51–3 C: Schlimmen. 72 B: viel/ Liebste Seel’ erkenne doch (C S. 35–36) 31 B: , verweist auf die implizite piccardische Terz über 28 42–3 C: dennoch 46–7 B: 4# über 47 5 B: Mensurstrich nach 54 53 B: über 54

Editorischer Bericht

517

55–6 B: 4# über 56 63 B: über 63 Hin ist die Nacht (C S. 40–42) 11–2 B: über 12 31 B: mählt 47 C: 56–7 C: grimmg 63–4 B: über 64 Liebste Seel’ erhebe dich (C S. 47–48) 41–4 B: von Pilatus 46 B: 6 C: Zeilenwechsel nach 68 61–2 B: 56 über 61 Hat den/ mein Gott/ das noch kein Ende (C S. 53–55) 3 C: Zeilenwechsel nach 37 4 C: Mensurstrich nach 44 5 C: Mensurstrich nach 54 7 C: Mensurstrich nach 73 74 B: zn 8 C: Mensurstrich nach 84 10 C: Mensurstrich nach 103 10 B: Zeilenwechsel nach 105 11 C: Mensurstrich nach 114 113 C: Custos nach 112 f’’ Hat Herodes seinen Muht (C S. 59–60) 2 C: Zeilenwechsel nach 27 51 C: Custos nach 47 d’’, so dass in der Vorlage des Drucks möglicherweise ein Wechsel zum c2-Schlüssel erfolgte. Seht abermahl diß Schaaf (C S. 65–66) 1 C und B: 31 C: c’’, die Korrektur in d’’ weisen auch alle drei Auflagen des Nürnbergischen Gesang=Buchs auf. 32–3 B: 56# über 32 34–6 B: Tyranney? Als Jesus Christus angethan (C S. 71–73) 1 C: keine Pause 12 C:

518

Oliver Huck

22 C: mtt 31–2 B: Bindebogen auf 32–3 41 B: 63 B: ned Wie der Donner kan erschrekken (C S. 77–78) 55–6 B: 4# über 56 So stehet nun der grosse Gott (C S. 83–84) 71–2 C: Richampt 86–7 B: 4# über 87 113 B: Custos nach 112 A Das Urtheil ist gesprochen (C S. 88–89) 23–5 B: Richsterstab 4 C: Zeilenwechsel nach 46 75–6 B: 4# über 76 Last uns zusammen treten (C S. 96–97) 25–6 B: 76 über 25 44 C: Custos nach 43 a’ 46–51 B: dergefalt 56 B: 57 B: # über 58 Wie groß ist deine Güht’ und Treü (C S. 101–102) 23–4 C: Jesn 47 B: nnd 61–2 B: 65 über 61 8 B: Zeilenwechsel nach 87 85–6 C: Sanfmuht O Wunder über Wunder (C S. 109–110) 24 B: der= 54 C: dz Tritt/ liebstes Seelchen/ her zu mir (C S. 115–116) 31–2 B: 4# über 31 51–2 B: 56 über 51 81–2 B: 4# über 81

Editorischer Bericht

Als Jesus an des Kreützes Stamm’ (C S. 122–123) 25 C: c’’, Custos nach 24 d’’ 25–6 C und B: müste 31–2 B: 4# über 31 6 C: Mensurstrich nach 63 Hat Jemand lust zu sehn (C S. 129–130) 44–5 B: 4# über 44 5 C: Zeilenwechsel nach 57 54–5 B: 4# über 55 64 B: wirsd 66 B: Custos nach 65 g Kan auch wol grösser Freündligkeit (C S. 135–136) 17–21 C: Leidenssplaan Daß Gott die Liebe selber sei (C S. 141–142) O Himmlisches Erbarmen (C S. 147–148) 45–8 C und B: angenommen Wer wird mit Ernst betrachten (C S. 153–154) 55 C: Custos nach 54 e’’ Kan auch wol grösser Trübsahl sein (C S. 159–160) 85–6 B: 4# über 86 Schauet all’ ihr Menschen Kinder (C S. 166–167) 51 B: A O Schweiß/ O Müh’! O Grausamkeit (C S. 172–174) 44–51 B: Höchst = en Merk’ abermahl O Geistlichs Hertz (C S. 179–180) 16–7 B: OC hristlichs Wenn unser Heiland klaget (C S. 186–187) 32 C: Muß 56 B: Kommet anzuhören aus des HErren Mund (C S. 192) Jn Ketten/ Strikken/ Banden (C S. 198–199)

519

520

Oliver Huck

Alles ist zur Endschafft kommen (C S. 204) Herzu/ mein Gott ergebner Christ (C S. 210–211) O wie selig ist der Mann (C S. 216–217) 11–2 C und B: Seines 25–6 C und B: Leben. 61–2 C: freubigst Jch weiß die Zeit wird kommen (C S. 222–223) 27 B: du. 27 B: Ruh’. Der du hast vor mich gebüsset (C S. 230–231) 25–6 B: 4# über 26 67 C und B: Schmertz’. Jhr schwachen Knie/ nun steh ich hier (C S. 235–236) 42 C: s Liebster JEsu sey gegrüsset (C S. 238–239) 1 C und B: 35–48 C: Im dritten Notensystem ist ein c2-Schlüssel gesetzt, der vorausgehende Custos bezeichnet a’, der abschließende d’’. Es ist weder sinnvoll, den gesamten Abschnitt im c2-Schlüssel zu lesen, da gleich zu Beginn f’ gegen fis im Bassus stünde, noch, den gesamten Abschnitt im c1-Schlüssel zu lesen, da in 38 d’’ gegen dis im Bassus stünde. Vorgeschlagen wird daher, den c2-Schlüssel grundsätzlich als Fehler zu betrachten und zu emendieren, zugleich jedoch 35 entsprechend des vorausgehenden Custos im c2-Schlüssel zu lesen (a’ statt c’’). Jst dieser nicht des höchsten Sohn (C S. 242–243) 31–2 B: 43 über 31 35–6 B: 56# über 36 55–6 B: 43 über 56 Du meine Lieb’ HErr Jesu Christ (C S. 246–247) 16–7 B: n = den 43 B: dir 51 C: in manchen Exemplaren (Rostock, Hamburg) h, vgl. Abb. 8 und 9. Dein Edles Hertz/ der liebe Thron (C S. 251–252) 82–3 B: Schmrtzen.

Editorischer Bericht

521

Bleiches Antlitz sey gegrüsset (C S. 256–257) 1 B: C 15–6 B: 74 über 15, # über 16 O süsser JEsu hilff! (C S. 262–263) Diß ist der Tag/ HErr Jesu Christ (C S. 272–273) 11–21 C: Der Text ist durchgehend um eine Silbe verschoben, Diß ist auf die Pause zu Beginn textiert, 21 untextiert. 31–2 B: Schmertzen. 31–3 B: Hertzen. 63 C und B: frembd 7 B: Mensurstrich nach 75 Wachet auff ihr meine Sinnen (C S. 280–281)

Einzelanmerkungen zu Anhang I (die Zahlen bezeichnen den Versabschnitt, die hochgestellten Zahlen die Note im Versabschnitt, C den Discant, B den Bass). In B ist der deutsche Text nur dem Discant unterlegt, dem Bass hingegen die lateinische Übersetzung.

AUff liebe Seel’/ entzünde dich (A fol. A 1v–2r, B fol. B 6v–7r) 21 C: Custos nach 18 e’ A und B 35 B: Custos nach 34 f’ A 52 C: dürch] durch B 68 C: g’ A (Erratum) WJrstu den nun in dieser Nacht (A fol. A 4v–5r, B fol. B 11v–12r) 46–8 C: grim - men/] Schlim - men/ B 68 C: stehn?] stehn. B LJebste Seel’ erkenne doch (A fol. A 7v–8r, B fol. C 4v–5r) 11–2 C: e’’, e’’ B 14–5 C: h‘, c’’ B 14–5 B: e, A B 23–4 C: Hey = land] He = land A 26–8 C: er = lit = ten/] ge = lit = ten/ B 42–3 C: den nach] den noch A, dennoch B 63 C: Custos nach 62 h’ A, B HJn ist die Nacht (A fol. A 10v–11r, B fol. C 9v–10r) 32–3 C: Läm - lein] Lämb - lein B LJebste Seel’ erhebe dich (A fol. B 1v–2r, B fol. D 2v–3r) 25 B: Custos nach 24 e B 43–58 B: c1-Schlüssel (Erratum, im f4-Schlüssel zu lesen) B 61 B: Custos nach 58 e B HAt denn mein Gott das noch kein Ende (A fol. B 4v–5r, B fol. D 7v–8r) 15 C: das] dz A 31–2 B: jeweils A, B 48–9 B: Bindebogen 47–8 B (Erratum) 74 C: mücht] möcht B 75–6 C: hie - dürch] hie - durch B 88 C: keine Fermate A

Editorischer Bericht

HAt Herodes seinen Muht (A fol. B 7v–6r [recte 8r], B fol. D 12v–E 1r) 55 C: Custos nach 54 e’ A 73 C: B SEht abermahl diß Schaaf (A fol. B 10v–11r, B fol. E 5v–6r) 24–5 B: off - nen] off - nem B 24–6 C: Ti = ran = ney!] Ti = ran! = nei! A, Ti = ran = nei! B 212 C: blind/] blind. B 41 B: Custos nach 39 e B ALs Jesus Christus angethan (A fol. C 1v–2r, B fol. E 10v–11r) 16–8 C: an = ge - than/] an = ge - than. B 31–3 C: Pi - la - tus/] Pi - la - tus B WJe der Donner kann erschrekken (A fol. C 4v–5r, B fol. F 3v–4r) 2 B: Er] Cr A 2 B: nach 28 kein Versabschnittsstrich A SO stehet nun der grosser Gott (A fol. C 7v–8r, B fol. F 8v–9r) 26 B: Semibrevis A, B 36–7 B: g, g B 61–3 C: dem - sel - ben] den - sel - ben B 88 C: keine Fermate A, B DAß urtheil ist gesprochen (A fol. C 10v–11r, B fol. G 1v–2r) 41 B: Custos nach 36 c B 71 B: Custos nach 69 h B DEr du hast vor mich gebüsset (A fol. D 1v–2r, B fol. G 7v–8r) 35 B: Custos nach 34 H A 57 C: keine Fermate A, B 57 B: Schmertz] Schmrrtz A 57 B: keine Fermate B JHr schwachen Knie/ itz steh Jch hier (A fol. D 3v–4r, B fol. G 11v–12r) LJebster Jesu sey gegrüsset (A fol. D 6v–7r, B fol. H 2v–3r) 33 C und B: Händ’] Hand (Erratum) A, B 48 C und B: keine Fermate A, B JSt dieser nicht deß höchsten Sohn (A fol. D 8v–9r, B fol. H 6v–7r) 21 B: ab hier durchgehend c1-Schlüssel (Erratum, im f4-Schlüssel zu lesen) A 34 B: Custos nach 33 f A 44 C: keine Fermate A, B

523

524

Oliver Huck

DU meine Lieb Herr Jesu Christ (A fol. D 11v–12r, B fol. H 10v–11r) 15 C: HErr] H. A 15 B: A, B 31 B: B B 52 B: B DEin Edles Hertz der liebe Trohn (A fol. E 1v–2r, B fol. I 2v–3r) Bleiches antlitz/ sey gegrüsset (A fol. E 4v, B fol. I 7v–8r)

Die erhaltenen Kompositionen Martin Colers aus ,Opfer die Gott gefallen‘ von Brandanus Langejanus

526

Anhang II

Die erhaltenen Kompositionen Martin Colers

527

Die erhaltenen Kompositionen Martin Colers

529

530

Anhang II

Die erhaltenen Kompositionen Martin Colers

531

532

Anhang II

Die erhaltenen Kompositionen Martin Colers

533

534

Anhang II

Die erhaltenen Kompositionen Martin Colers

535

536

Anhang II

Die erhaltenen Kompositionen Martin Colers

537

Register und Verzeichnisse

Quellen- und Literaturverzeichnis Quellen Adelung, Wolfgang Heinrich: Kurtze Historische Beschreibung/ Der Uhr=Alten Käyserlichen und des Heil. Römischen Reichs Freyen=An=See=Kauff= und Handels=Stadt HAMBURG, Darinnen der Ursprung und Fortwachs dieser Löbl. Stadt/ was von CAROLO MAGNO an/ biß auff diese Zeit/ Denckwürdiges vorgegangen/ sampt vielen Antiquitäten/ so wohl den Einheimischen als Frembden zur nützlichen Nachricht: Nebst gründlichem Bericht/ wie und wann die Hn. Bürgermeister und Hn. des Rahts/ von ANNO 1189. biß 1696. hieselbst erwehlet/ an Hohe Potentaten Gesandsweise abgesandt/ und durch den Zeitlichen Todt abgefodert worden. Alles aus vielen Vornehmen Scribenten, alten Uhrkunden/ und Annalibus mit Fleiß zusammen getragen . Hamburg 1696 (SUB Hamburg A/103709). Ders.: Die SUCCESSION Der Hn. Bürgermeister und E. E. Hochw. Raht zu Hamburg, Wie Dieselbe von dem Jahr nach Christi Gebuhrt 1189. biß an das 1696. Jahr/ in den Raht=Stuel erwehlet/ an fremde Potentaten Gesandsweise abgefertiget/ und endlich durch den Zeitlichen Todt hinwieder entsetzet worden. Aus uhralten Annalibus berührter Stadt/ der Posterität zu nützlicher Anerinnerung/ verfasset und zusammen gebracht . Hamburg 1696 (SUB Hamburg A/103709 angeb. 1). Ambrosius von Mailand: Hymnes. Texte établi, traduit et annoté sous la direction de Jacques Fontaine . Paris 1992 (= Patrimoines Christianisme o. Nr.). [August von Braunschweig-Lüneburg]: Evangelische Kirchen Harmonie/ Das ist: Der hoch=heiligen Skrift unterschiedene Texte/ und Worte: Welche von unseren gottseligen Vorfahren/ aus denn Geschicht=Büchern der Evangelisten/ und aus denn Briefen der Apostelen/ so wol auch aus denn Skriften des alten/ und ersten Bundes/ oder Testamentes/ vor vielen hundert Jahren herausgezogen/ und an gewissen Tagen des HErren/ und der Festen/ in öffentlichen Zusammen=Künften/ und Versamlungen/ denn Gemeinen der Christen/ jährlich vorzulesen/ und zu erklären/ aus besonderer Andacht wolmeinendtlich verordnet: Und von Einem Liebhaber seines liebesten HErren Jesu/ und dessen heiligen Wortes/ neulich übersehen/ zusammen getragen/ und mit skriftmässiger Erklärung ausgeführet seynd . Wolfenbüttel 1646 (HAB Wolfenbüttel 51.4 Theol.). Bacon, Francis: De dignitate & augmentis scientiarum, LIBRI IX. AD REGEM SUUM. Editio nova, cum Indice Rerum ac Verborum locupletissimo. Leiden 1645 (BSB München H. lit. u. 37). Bernhard von Clairvaux: Opera omnia. Bd. 3. Paris 1854 (= Migne, Patrologia Latina 184). BIBLIOTHECA VIRI NOBILISSIMI CONSULTISSIMIQVE EBERHARDI VOM KAMPE V. L. QVONDAM CELEBERRIMI CVIVS AVCTIO ERIT A. D. SEPTEMB. A. MDCCXXIII. HAMBURGI IN AEDIBVS IENISCHIANIS QVAE SVNT IN PLATEA D. CATHARINAE. [Hamburg o.J.] (SUB Hamburg NL ReimSiev Bib: Vb 29).

542

Quellen- und Literaturverzeichnis

Birken, Sigmund von: Ehrenzuruf/ auf H. Joachim Pipenburgs in Lüneburg betrettene Rahtstelle/ Jn welche Er/ nächstverwichenen Jahrs am 8. Tag des LenzenMonds durch einhällige Wahl erhoben worden; Jn einer Geistlichen Schäferey zugesrieben . Nürnberg 1650 (LKA Nürnberg Fen. II 87/2. 12°). Cato, Dionysius: Dísticha de moRIBVS, NOMINE CAtonis inscripta, cum Latina & Gallica interpretatione. Epitome in singula ferè dísticha. Dicta sapientum, cum duplici quoque interpretatiuncula. Paris 1533 (BSB München A. lat. a. 48). Ennius, Quintus: The annals of Quintus Ennius. Hrsg. von Otto Skutsch. Oxford 21986. Epikur: Epicurea. Hrsg. von Hermann Usener. Stuttgart 1966 (= Sammlung wissenschaftlicher Commentare o. Nr.). Gerhard, Johann: LOCI THEOLOGICI . Hrsg. von Eduard Preuß. 9 Bde. Berlin bzw. Leipzig 1863–1875 (11610–1622). Ders.: Postilla: Das ist/ Erklärung der Sontäglichen vnd fürnehmesten Fest=Euangelien/ vber das gantze Jahr. Auch etlicher schöner Sprüche heiliger Schrifft/ vornemlich dahin gerichtet/ daß wir Gottes Liebe vnd Christi Wolthaten erkennen/ auch am innerlichen Menschen seliglich zunehmen mögen . 3 Teile und Appendix. Jena 1613 (HAB Wolfenbüttel 419–420 Theol.). Gödeke, Andreas: Wolklingende Grabschrifft/ So Dem Weiland WolEhrwürdigen/ WolEdlen/ Vest und Hochgelahrten Herrn/ H. Johannes Rist/ Dreiunddreissig Jährigem wolverdienten Treu=eifrigen Prediger der Christlichen Gemeine zu Wedel an der Elbe/ Käyserlich. Hoff= und Pfaltz=Grafen/ Hoch=Fürstlich Durchl: zu Mechlenburg geheimbden Rath/ HochEdelgekrönten Poeten/ und in der Weltberühmten Fruchtbringenden Gesellschafft dem Rüstigen/ welcher im Jahre nach der gnadenreichen Geburth JESU CHristi 1607 den 8. Tag des Mertzens zu Ottensen aus Priesterlichem Stamm gebohren/ den letzten Tag Augusti aber üm 9 Uhr des Vormittags dieses 1667 Jahrs nach Sechsmonatlicher LeibesSchwach= und Kranckheit sanfft= seuber= und seeliglich eingeschlaffen/ und dessen entseelter Körper den 12 Herbst=Monat bey hoch ansehnlicher und Volckreicher Versamlung biß an sein Ruhe=Kämmerlein/ in der Kirchen zu Wedel/ mit Christ=üblichen Geprängen ist begleitet und beigesetzet worden/ Seinem hoch zu ehrenden Herrn Gevattern Neun=und Zwantzig jährigen Befodersamen Freunde/ und vielwehrten Brudern in Christo/ zu letz=schüldigsten Ehren/ unsterblichen Ruhm und Angedencken aus hochbekümmertem Hertzen und mitleidenden Gemüth kürzlich abgefasset/ und gesezzet hat Andreas Gödeke von Schöningen Pastor zu Quikborn in der Herrschafft Pinnenberg. Hamburg 1667 (Ratsschulbibliothek Zwickau 48.7.4.[41]). Goltzius, Hubert: HISTORIA. VOn Bruder Cornelio Adrians Sohn von Dortrecht auß Holland/ Franciscaner Münch zu Brugk in Flandern. Jn welchen warhafftig erzehlet wird die Disciplin vnnd geheime Buß/ so er mit seinen Andechtigen Frawen/ vnd Jungfrawen gebraucht hat: Durch welche hernach viel seltzame hierinnen auch begriffene Predigten/ die er in gemelter Stadt Brugk offentlich gehalten/ verursacht sein worden. Erstlich in Flandrischer Sprach beschrieben durch Christian Neuter/ seinen lange zeit gewesenen Zuhörer: Nun aber auff Hochteusch mit sondern fleiß verdolmetschet vnnd den guthertzigen Leser zugefallen/ in Druck verfertiget. Durch IOHANNEM FABRVM zu Leipzigk. [Magdeburg] 1613 (ULB Halle/S. Pon IIi 1786). Hudemann, Johann: Ars benè moriendi Das ist: Christliche Sterbens=Kunst/ Gezeiget aus den Worten Luc. XIIX. 13. Gott sei mir Sünder gnädig. Jn der Leich=Predigt Welche bei ansehn-

Quellen- und Literaturverzeichnis

543

licher und Volckreicher Beerdigung Des Weiland Wol=Ehrwürdigen/ WolEdlen/ Vesten und Hochgelahrten Herrn H. Johann Risten Vom Kaiserlichen Hofe aus Edel=gekrönten Poëten/ Com. Palat. Caesar. Wolbestalten Fürstl. Mechlenb. Geheimbten= und Consistorial-Rahts/ Pastoris zu Wedel/ und des Königl. Pinnenbergischen Consistorii, primarii Assessoris, und Sub-Senioris. Anno 1667. d. 12. Septemb. gehalten/ und auff Begehren zum Druck herauß gegeben hat Johann. Hudeman/ Dero zu Dennemarck/ Norwegen Kön. Maj. bestalter Probst/ dero Graffschafft Pinnenberg/ auch des Münsterdorffischen und Segebergischen Consistorii, Superintendens bei der Königl. Milice und Guarnisonen in den Fürstenthümern Schleßwig/ Holstein/ und Pastor in der Stadt und Veste Kremp/ in Holstein. Hamburg 1667. Kommentierte Edition. Bearb. von Johann Anselm Steiger. In: „Ewigkeit, Zeit ohne Zeit“. Gedenkschrift zum 400. Geburtstag des Dichters und Theologen Johann Rist. Hrsg. von Johann Anselm Steiger. Neuendettelsau 2007 (= Testes et testimonia veritatis 5), S. 217–246. Johann Georg I. von Sachsen: Deß Dürchlaüchtigsten Hochgebornen Fürsten vnd Herrn/ Herrn JOHANN GEORGEN, Hertzogen zu Sachssen/ Gülich/ Cleve vnd Berg/ des Heiligen Römischen Reichs Ertzmarschalln vnd ChurFürsten/ Landgrafen in Döringen/ Marggrafen zu Meissen/ Burggrafen zu Magdeburg/ Grafen zu der Marck vnd Ravensburg/ Herrns zu Ravenstein/ EheOrdnung/ Wie dieselbe in Seiner Churf. Gn. ChurFürstenthumb vnd Landen öffentlich von den Cantzeln des Jahrs zweymal abgelesen/ vnd gehalten werden sol . Dresden 1624 (ULB Halle/S. Pon Ve 2777, QK). Kindermann, Balthasar: Das Buch der Redlichen/ Jn welchem Allerhand Gedichte und Lieder/ auf unterschiedene Fälle und Begebenheiten/ sonderlich/ auf Hochzeiten/ Kind=Tauffen/ Begräbnisse/ Empfahungen/ Geburts= und Nahmens=Feste/ Doctorat und Magisterien/ Nacht=Musicken/ Antretung neuer Aemter/ Herausgebung schöner Schrifften/ u. s. f. Mit Lehrreichen/ nützlichen und anmutigen Gesprächen/ von mancherley seltenen und erbaulichen Sachen/ verbunden/ enthalten sind/ auf Eine gantz Neue und sonderbare Poetische Ahrt/ allen Redlichen darinnen besungenen Gemüthern/ zu unsterblichen Ehren/ den Liebhabern aber der Edlen Poesie zu Nutz und Gefallen/ aufgeführet werden . Küstrin 1663 (HAB Wolfenbüttel 386.1 Quod. [1]). [Ders.:] Der Deutsche Poët/ Darinnen gantz deutlich und ausführlich gelehret wird/ welcher gestalt ein zierliches Gedicht/ auf allerley Begebenheit/ auf Hochzeiten/ Kindtauffen/ Gebuhrts= und Nahmens=Tagen/ Begräbnisse/ Empfah= und Glückwünschungen/ u. s. f. So wohl hohen als niederen Standes=Personen/ in gar kurtzer Zeit/ kan wol erfunden und ausgeputzet werden/ Mit sattsahmen/ und aus den vornehmsten Poeten hergenommenen Gedichten beleuchtet/ und also eingerichtet/ daß den Liebhaber der Göttlichen Poesie dieser an statt aller geschriebenen Prosodien und Poetischen Schrifften zur Nohtdurfft dienen kan/ Fürgestellet/ Durch ein Mitglied des hochlöbl. Schwanen=Ordens. Wittenberg 1664 (HAB Wolfenbüttel P 1676n.8° Helmst.). Ders.: Der Deutsche Redner/ Jn welchen unterschiedene Arten der Reden auff allerley Begebenheiten Auff Verlöbnüsse/ Hochzeiten/ Kind=Tauffen/ Begräbnüsse/ auf Empfah= Huldig: Glückwünsch= Abmahn= und Versöhnungen/ Klag und Trost: wie auch Bitt Vorbitt und Dancksagungen samt dero nothwendigen Zugehör/ von der Hand/ so wol bey hohen/ als niedrigen Mannes und Weibespersonen zuverfertigen enthalten sind. Mit besondern Fleiß auff etlicher Freunde Ansuchen herfür gegeben . Frankfurt a.d.O. 1660 (HAB Wolfenbüttel 101.4 Rhet. [5]). Klaj, Johann: Redeoratorien und ‚Lobrede der Teutschen Poeterey‘. Hrsg. von Conrad Wiedemann. Tübingen 1965 (= Deutsche Neudrucke, Reihe Barock 4).

544

Quellen- und Literaturverzeichnis

LESSUS IN OBITUM VIRI Nobilißimi, Amplißimi, & Consultißimi DN. MICHAELIS REISERI J. U. D. & Caussarum forensium Patroni, praeclarâ fide, & industriâ, cum viveret, spectatissimi, nunc apud omnes bonos desideratissimi. Qui natus fuit in vitam hanc mortalem A. O. R. M.DC.I. quam iterum die 16. Aprilis A. M.DC.LVII. piâ & placidâ morte exuit. Hamburg o.J. (Commerzbibliothek Hamburg H 297/3 [V], Nr. 140). Luther, Martin: Die Deutsche Bibel. 12 Bde. Weimar 1906–1961 (zit. WA.DB). Ders.: Geistliche Lieder und Kirchengesänge. Vollständige Neuedition in Ergänzung zu Bd. 35 der Weimarer Ausgabe. Hrsg. von Markus Jenny. Köln u.a. 1985 (= Archiv zur Weimarer Ausgabe der Werke Martin Luthers 4) (zit. AWA 4). Meteren, Emmanuel van: METERANI NOVI Oder Niederlandischer HISTORIEN Ander Theil. Darinnen Warhafftig angezeiget/ was sich vom Jahr 1605. bis 1620. zugetragen. Jn welchem die angestelte Friedenshandlung in Niederland/ vnnd was sich sonderlichs in Teutschland/ Franckreich vnd anderen Konigreichen begeben/ ordentlich beschrieben vnd erzehlet wirdt. Mit schönen Kupfferstücken gezieret. Amsterdam 1640 (BSB München 2 Belg. 150-2/3). Mithob, Hector: Eine Christliche Leich: vnd Trost-Predigt: Aus der Offenbarung JOHANN: am 14. Cap. Bey der Leichbegängniß der Weyland Ehrenreichen vnd Vieltugendsamen Frawen BARBARAE von Höveln/ Des Edlen/ Großachtbarn vnd Hochgelarten Herrn DAVIDIS PLOCII, Beyder Rechten Doctoris, vnd wohlverordneten Regierunß: vnd Cantzley Rahts des Stiffts Halberstadt/ gewesenen hertzlieben Hauß-Ehren. Welche den 18. Martii, Anno 1636. Morgends vmb acht Vhren/ sanfft vnd selig in dem HErrn gestorben/ vnd den 22. Ejusdem, in der hohen Stiffts-Kirchen zu Halberstadt/ mit Christlichen Ceremonien, in Volckreicher Versamblung ist zur Erden bestattet worden . Halberstadt o.J. (SUB Göttingen 4 CONC FUN II, 129 [19]). Multibibus, Blasius (Pseud.): JUS POTANDI, Oder ZechRecht. Darinnen Von Vrsprung/ Gebräuchen/ vnd Solenniteten, so wol auch von der Antiquitet, Effect vnd Wirckung des Zechens vnd Zutrinckens/ Auch was darinnen etwan sonsten vor Streitigkeiten vorlauffen/ so noch zur Zeit nicht decidirt/ gar artig/ vnd jetziger Welt Lauff nach/ sehr lustig discurrirt wird . O.O. 1616 (BSB München L. eleg. m. 460m). Ovidius Naso, Publius: Metamorphosen. Lateinisch-deutsch. Hrsg. von Erich Rösch. München 13 1992 (= Sammlung Tusculum o. Nr.). Placius, Johann / Vincentius Placius: LACRYMAE IN FUNERE Nobilißimi, excellentißimi, & consultißimi Viri DN. MICHAELIS REISERI, J. U. D. & Practici apud Hamburgenses celeberrimi, Qui natus est Lubecae, A. C. MDCI. D. XXVI. Novemb. Julian. circa horam VII. vespertinam, Parentibus, Magnif. nobiliss. & ampliss. DN. HENRICO REISERO, J. U. D. & Archiepiscopatus Bremensis Cancellario meritissimo, & nobilissima, & virtutibus omnibus ornatissima faemina, ANNA HOGELKE. Post studia in variis academiis exculta, Hamburgum venit, ibique Nob. & laudatiss. virginem, ELISABETHAM MOLLERIAM matrimonio sibi junxit, ex qua suscepit filium unum, & filias duas, omnes etiamnum superstites. Prior haec uxor An. MDCXLIV. fato functa est. Deinde vero, A. MDCXLV. praestantissimam, & honest. faeminam ELISABETHAM APSENIAM, Viri spectatiss. HERMANNI à FECHTE, Civis olim, & Mercatoris hujus urbis primarij, viduam secundo matrimonio sibi junxit, cum qua XII. annos exegit, & A. MDCLVII D. XVI. April. hora VI. matutina, cum biennium fere male se habuisset, sed v. tantum hebdomades decubuisset, ad Deum commigravit. Vixit Annos LV. Menses IV. dies XXI. sepultus est in templo D. Catharinae, D. XXI. April. Fundebant J. & V. Pl. Hamburg 1657 (Commerzbibliothek Hamburg H 297/3 [V], Nr. 139).

Quellen- und Literaturverzeichnis

545

Platon: Werke in acht Bänden. Griechisch und deutsch. Hrsg. von Gunther Eigler. Darmstadt 1990. Plutarch: Moralia I. Hrsg. von Frank Cole Babbitt. London/Cambridge, Massachusetts 1960 (11927) (= The Loeb classical library o. Nr.). Reusner, Jeremias (Praes.) / Nicolaus Schaffshausen (Disp.): DISPUTATIONIS HUJUS INAUGURALIS De CAMBIIS, Vulgò Wechsel vnd Wechselbriefen/ THEMATA, Decreto & permissu Amplissimi in Illustri ad Albim Academiâ JCtorum Ordinis, PRAESIDE VIRO Magnifico, Clarißimo & Consultißimo, DN. JEREMIA REUSNERO, J. U. D. PROFESSORE PUBLICO, CURIAE PROVINCIALIS & SCABINATUS WITEB. ASSESSORE meritiss: p. t. RECTORE, Pro Licentia DOCTORALI in Utroque Jure consequenda Publicae censurae subjicit NICOLAUS Schaffshausen/ Livonus. In Auditorio Majori d. 15. Augusti, horis matut. & pomerid. Wittenberg 1623 (SUB Hamburg A/468698). Rist, Johann: Das AllerEdelste Leben der gantzen Welt/ Vermittelst eines anmuhtigen und erbaulichen Gespräches/ Welches ist diser Ahrt Die Ander/ und zwahr Eine Hornungs=Unterredung/ Beschriben und fürgestellet von Dem Rüstigen. Hamburg 1663 (HAB Wolfenbüttel 137.35 Eth. [1]). Ders.: Das AllerEdelste Nass der gantzen Welt/ Vermittelst eines anmuhtigen und erbaulichen Gespräches/ Welches ist diser Ahrt die Erste/ und zwahr Eine Jänners=Unterredung/ Beschriben und fürgestellet von Dem Rüstigen. Hamburg 1663 (BSB München L. eleg. m. 669 h-1). Ders.: Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus/ Jn wahrem Glauben und Hertzlicher Andacht besungen . Hamburg 1648 (HAB Wolfenbüttel 1269.4 Theol. [3]). Ders.: Die verschmähete Eitelkeit Und Die verlangete Ewigkeit/ Jn vier und zwantzig Erbaulichen Seelengesprächen/ Und eben so viel Lehr=reichen Liedern/ Welche so wol auf bekante/ und in den Evangelischen Kirchen übliche/ als auf gantz neue/ von dem fürtreflichen und weitberühmtem Musico, Herrn HENRICO Scheidemann liblich gesetzete Melodien können gespielet und gesungen werden/ Mit besonderem Fleisse zu Papir gebracht/ Nunmehr aber/ dem allerhöhesten Gott zu schüldigsten Ehren/ Erbauung seiner Kirchen/ und wieder Aufrichtung des leider! gahr zerfallenen Christenthumes/ öffentlich herfür gegeben . Lüneburg 1658 (UB Leipzig 12-B.S.T.132). Ders.: Der verschmäheten Eitelkeit Und Der verlangeten Ewigkeit/ Ander Theil/ Jn vier und zwantzig erbaulichen Seelengesprächen/ Und eben so viel Lehr=reichen Liedern/ Welche so wol auf bekante/ und in den Evangelischen Kirchen übliche/ als auf gantz neue/ lieblich gesetzte Melodien können gespielet und gesungen werden/ Mit besonderm Fleisse zu Papir Gebracht/ Nunmehr aber/ dem allerhöhesten GOTT zu schuldigsten Ehren/ Erbawung seiner Kirchen/ und wieder aufrichtung des leider! gahr zerfallenen Christenthumes/ öffentlich herfür gegeben . Frankfurt a.M. 1668 (HAB Wolfenbüttel Lo 6459). Ders.: Frommer und Gottseliger Christen Alltägliche HAußmusik/ Oder Musikalische Andachten/ Bestehend Jn mancherlei und unterschiedlichen/ gantz neüen/ Geistlichen Liederen und Gesängen/ Welche von Allen/ und Eines jetweden Standes Personen/ in allen und ieglichen/ Leibes und der Seelen Angelegenheiten erbaulich können gebrauchet/ und deroselben grössester Theil auf bekante/ und in reinen Evangelischen Kirchen übliche; Sämtlich aber/ auf gahr neüe/ von dem fürtreflichem und weitberühmten Musico/ Herren Johann Schopen/ wol= und

546

Quellen- und Literaturverzeichnis

anmuhtig=gesetzte Melodien füglich gesungen und gespielet werden/ Gott zu Ehren/ WiederErbauung des zerfallenen Christenthumes/ und Erneürung des inwendigen Menschen mit sonderm Fleisse aufgesetzet und hervor gegeben . Lüneburg 1654 (BSB München Liturg. 1379h). Ders.: Geistlicher Poetischer Schriften Erster Theil/ Jn sich begreiffend Neüe Himlische Lieder/ nebenst deroselben Ubersetzung in die Latinische Sprache/ M. TOBIAS Petermans/ Kaiserlichen Gekröhnten Poeten und Schul=Rectoris zu Pirna. Jn dise Neüe geschmeidige Form gebracht/ und üm so viel füglicher zu gebrauchen/ wolmeinentlich herfür gegeben . Lüneburg 1657 (HAB Wolfenbüttel Lo 6468). Ders.: Geistlicher Poetischer Schriften Zweiter Theil/ Jn sich begreiffend Neüe Sonderbare himlische Lieder/ nebenst deroselben Ubersetzung in die Latinische Sprach M. Tobias Petermanns/ Käiserlichen/ gekröhnten Poeten und Schul=Rectoris zu Pirna/ Jn diese neüe bequehme Form gebracht/ und üm so viel füglicher mit sich zu führen/ und zu gebrauchen/ wolmeinentlich heraus und an den Tag gegeben . Lüneburg 1658 (HAB Wolfenbüttel Eh 7458). Ders.: Geistlicher Poetischer Schriften Dritter Theil/ Begreiffend die Sabbahtische Seelen=Lust/ Uber alle Sontägliche Evangelien des gantzen Jahres/ Nunmehr von Herren M. Tobia Petermann/ wolverdientem Schul=Rectore zu Pirna/ und Käys. Gekr. Poeten/ in die Latinische Sprache übergesetzet/ auch mit gantz newen und anmuhtigen/ von dem fürtreflichen und weitberühmtem Herren THOMA SELLIO, Bey der hochlöbl. Statt Hamburg wolverordentem Cantore wolgemachten Melodien außgezieret/ Widrum auffs neüe übersehen/ und zum erstenmahl in diese kleine und sehr gemächliche Form gebracht . Lüneburg 1659 (SUB Göttingen 8 P GERM II, 7312:3). Ders. / Johann Schop: Himmlische Lieder (1641/42). Kritisch hrsg. und kommentiert von Johann Anselm Steiger. Kritische Edition des Notentextes von Konrad Küster. Mit einer Einführung von Inge Mager. Berlin 2012. Ders. / Johann Schop: Himlische Lieder/ Mit sehr lieblichen und anmuhtigen/ von dem fürtrefflichen und weitberühmten H. Johann Schop/ wolgesetzeten Melodeien/ Nunmehr aufs neüe Widrum übersehen/ in Eine gantz andere und richtigere Ordnung gebracht/ an vielen Ohrten verbessert/ und mit Einem nützlichen Blatweiser beschlossen. Lüneburg 1652 (ULB Halle/S. Il 2562 d). Ders.: Holstein vergiß eß nicht Daß ist Kurtze/ iedoch eigentliche Beschreibung Des erschreklichen Ungewitters/ Erdbebens und überaus grossen Sturmwindes/ welcher Jn der Fastnacht dieses 1648 Jahres/ am Tage Valentins/ war der 14 des Hornungs/ vom Mohntag auff den Dienstag/ ungefähr gegen Mitternacht plötzlich entstanden und an vielen Ohrtern in Holstein/ sonderlich aber am Elbestrohm Mit Niederwerffung vieler schöner Thürme Kirchen=Häuser und anderer Gebäu/ Mit Erdrukkung einer grossen Anzahl Menschen und Viehes/ Mit Aussreissung unzehlich vieler Bäume und anderen hochschädlichen Würkungen Den feurbrennenden Zorn Gottes/ uns armen Sündern klährlich hat vor die Augen gestellet/ Auff Sonderbahres Begehren Jn Gebundener Rede verfasset und heraus gegeben . Hamburg 1648 (BSB München 4 P. o. germ. 174 Beibd. 3). [Ders.:] IRENAROMACHIA Das ist Eine Newe Tragico-comaedia Von Fried vnd Krieg. Auctore ERNESTO STAPELIO Lemg. Westph. ACTA HAMBURGI Anno M.DC.XXX. Hamburg o.J. [1630] (SUB Hamburg Scrin. A/2029 [1]).

Quellen- und Literaturverzeichnis

547

Ders.: Leidbezeügender Zipressenkrantz/ Mit den AllerEdelsten PassionBluhmen durchgeflochten/ Und Dem weiland WolEhrwürdigen/ WolEdlen/ Vesten und Hochbenamtem Herren Eberhart Möller/ Des Hohen Stifftes zu Hamburg Hochverdientem Seniori, und Diser zeit Wolverordentem Rittmeister/ Welcher Jm 1606. Jahre/ den 8. Tag des Brachmonats/ am Heiligen Pfingsttage/ zu Hamburg auf dise Welt gebohren/ und am 9. Tage des Märtzens/ Abends Ein viertheil nach 7. Uhren/ Jm 1657. Jahre/ Jm wahren Vertrauen auf daß theüre Verdienst Seines hertzlibsten Selichmachers JEsu Christi/ dises eitle Leben verlassen und in das Reich der Ewigen Freüde und Seligkeit aufgenommen worden/ Folgends/ Sein verblichner Leichnam/ am Sontage Judica/ war der 15. des Märtzens/ bei grosser und Volkreicher Leichversamlung/ in der Kirche Sanct. Nikolai/ zu Seinem Ruhekämmerlein gebracht/ und mit ansehnlicher Pomp ist beerdiget worden/ Aus höchstvertrauter/ Brüderlicher Schüldigkeit/ und Hertzgründlichem Mittleiden/ an Seine wolerbaute Grabstätte geheftet und öffentlich für= oder aufgestellet . Hamburg 1657 (Commerzbibliothek Hamburg H 297/3 [I], Nr. 88). Ders.: Neue Himmlische Lieder (1651). Kritisch hrsg. und kommentiert von Johann Anselm Steiger. Musik von Andreas Hammerschmidt, Michael Jacobi, Jacob Kortkamp, Petrus Meier, Hinrich Pape, Jacob Praetorius, Heinrich Scheidemann, Sigmund Theophil Staden. Kritische Edition der Notentexte von Konrad Küster. Berlin 2013. Ders.: Neüer Himlischer Lieder Sonderbahres Buch/ Jn sich begreiffend I. Klaag= und Buhsslieder. II. Lob= und Danklieder. III. Sonderbahre Lieder. IV. Sterbens und Gerichtslieder. V. Höllen= und Himmelslieder. Welche so wol auf bekante/ und in unseren Evangelischen Kirchen gebräuchliche Weisen/ Alß auf gantz Neüe/ und von etlichen fürtreflichen und hochberühmten Meistern der Singekunst wolgesetzte Melodeien können gesungen und gespielet werden/ Mit zweien nützlichen beigefügten Registern. Außgefertiget und hervorgegeben . Lüneburg 1651 (UB Rostock Fm-4034). Ders.: Neüe Musikalische Fest=Andachten/ Bestehende Jn Lehr= Trost= Vermahnungs= und Warnungsreichen Liederen/ über Alle Evangelien und sonderbahre Texte/ welche Jährlich/ an hohen und gemeinen Fest= Apostel= und anderen Feirtagen/ in den Evangelischen Kirchen werden erklähret und ausgeleget/ Die den/ Grössern Theils/ auf gewöhnliche und bekante; Alle aber auf gantz Neüe/ von Herren Thoma Sellio/ berühmten Musico, und bei der hochlöblichen Statt Hamburg treüfleissigstem Cantore, wolgesetzete Melodyen können gespielet und gesungen werden. Dem Grossen GOtt zu schüldigsten Ehren/ und frommen Christlichen Hertzen zu fruchtbahrer Erbauung abgefasset und zum Drukke übergeben . Lüneburg 1655 (BSB München Liturg. 1379i). Ders.: Neüe Musikalische Katechismus Andachten/ Bestehende Jn Lehr= Trost= Vermanung und Warnungs=reichen Liederen über den gantzen heiligen Katechismum/ oder die Gottselige Kinder=Lehre/ welchen zugleich zwölf Erbauliche Gesänge über die Christliche Haustaffel/ sind beigefüget/ Die den Alle/ so wol auf bekante/ und in unseren Evangelischen Kirchen gebräuchliche; als auch auf gantz Neüe/ von Herrn Andreas Hammerschmid/ fürtreflichem Musico, und bei der Löblichen Statt Zittau weitberühmtem Organisten/ sehr fleissig und wolgesetzete Melodien können gespielet und gesungen werden. Dem Grossen Gott zu allerschuldigsten Ehren/ Frommen Christlichen Hertzen aber zu nohtwendiger und fruchtbahrer Erbauung abgefasset/ und zum Drukke übergeben . Lüneburg 1656 (UB Rostock Fm-4028). Ders.: Neüe Musikalische Kreutz= Trost= Lob= und DankSchuhle/ Worinn befindlich Unterschiedliche Lehr= und Trostreiche Lieder/ in mancherlei Kreutz/ Trübsahl und Wiederwärtigkeit hochnützlich zu gebrauchen/ Welche grösseren Theils/ auf bekante/ und in den Evangeli-

548

Quellen- und Literaturverzeichnis

schen Kirchen gebräuchliche/ alle mit einander aber/ auf gantz neüe/ von dem fürtreflichem und weitberühmtem Musico/ Herrn Michael Jakobi/ bei der hochlöblichen Stadt Lüneburg wolbesteltem Cantore/ so lieb= als künstlich gesetzete Melodien/ können gespielet und gesungen werden/ Dem allerhöhesten Gott zu sonderbahren Ehren/ seiner angefochtenen Kirchen zur kräftigen Erbauung/ den auch sehr vielen hochbetrübten Hertzen/ in dieser jämmerlichen und gahr elenden Zeit/ zum hertzlichen Trost und Erquikkung/ wolmeinentlich aufgerichtet und angeordnet . Lüneburg 1659 (UB Rostock Fm-4156). Ders.: Neüer Teütscher Parnass/ Auff welchem befindlich Ehr’ und Lehr Schertz und Schmertz Leid= und Freüden=Gewächse/ Welche zu unterschiedlichen Zeiten gepflantzet/ nunmehr aber Allen/ der Teütschen Helden=Sprache und deroselben edlen Dichtkunst vernünfftigen Liebhaberen/ zu sonderbarem Gefallen zu hauffe gesamlet und in die offenbahre Welt außgestreüet . Lüneburg 1652 (Reprint Hildesheim u.a. 1978). Ders.: Neues Musikalisches Seelenparadis/ Jn sich begreiffend Die allerfürtreflichste Sprüche der heiligen Schrifft/ Alten Testaments/ Jn gantz Lehr= und Trostreichen Liederen und HertzensAndachten/ (welche so wol auf bekante/ und in den Evangelischen Kirchen gewöhnliche/ als auch gantz Neue/ von dem fürtreflichem Musico, Herren Christian Flor/ der Kirchen zu Sanct Lambrecht in Lüneburg/ wolbesteltem Organisten/ so künst= als lieblich= und andächtig gesetzete Melodien können gespielet und gesungen werden) richtig erklähret und abgefasset/ Nunmehr aber/ zu Befoderung Göttlicher Ehre/ und Fohrtpflantzung des heiligen und allein seligmachenden Wohrtes/ wie auch Wideraufrichtung unseres leider! fast gantz zerfallenem Christenthumes/ an das offene Licht gebracht/ und mit einem dreifachen Register oder Blattweiser hervor gegeben . Lüneburg 1660 (BSB München Liturg. 1379u und Liturg. 1182). Ders.: Neues Musikalisches Seelenparadis/ in Sich begreiffend Die allerfürtreflichste Sprüche der H. Schrifft/ Neuen Testaments/ Jn Lehr= und Trostreichen Liederen/ und Hertzens=Andachten (welche so wohl auf bekante/ und in den Evangelischen Kirchen gewöhnliche; Als auch gantz neue/ von dem fürtrefflichem Musico, Herren Christian Flor/ der Kirchen zu S. Lambrecht/ in Lüneburg wolbestelten Organisten/ so künst= als liblich gesetzte Melodien/ können gespilet und gesungen werden) richtig erklähret und abgefasset/ Nunmehr aber zu Befoderung der Ehre Gottes/ und Fortpflantzung seines H. Wohrtes/ wie auch Wideraufrichtung unseres leider! fast gantz zerfallenen Christenthumes/ an das offene Licht gebracht/ und mit unterschiedlichen/ gahr nützlichen Registern hervor gegeben . Lüneburg 1662 (SUB Hamburg Scrin. A/679 [2]). Ders.: Poetischer Lust=Garte Das ist: Allerhand anmuhtige Gedichte auch warhafftige Geschichte auß Alten vnd Newen beglaubten Geschichtschreiberen/ mit fleiß außerlesen vnd benebenst mancherley Elegien, Sonnetten, Epigrammaten Oden, Graabschrifften/ Hochzeit= Lob= Trawr= vnd Klaag=Gedichten/ &c. Allen der Teutschen Poeteri vernünftigen Liebhaberen zu sonderbaren gefallen hervor vnnd an den Tag gegeben. Hamburg 1638 (HAB Wolfenbüttel Lo 6465.1). Ders.: POetischer Schauplatz/ Auff welchem allerhand Waaren Gute und Böse Kleine und Grosse Freude und Leid=zeugende zu finden. Hamburg 1646 (BSB München P. o. germ. 1170 b). Ders.: Sabbahtische Seelenlust/ Daß ist: Lehr= Trost= Vermahnung= und Warnungsreiche Lieder über alle Sontägliche Evangelien deß gantzen Jahres/ Welche/ so wol auf bekante/ und in reinen Evangelischen Kirchen gebräuchliche/ alß auch gantz Neue/ Vom Herren Thoma Sellio/ bei der hochlöblichen Statt Hamburg bestaltem Cantore/ wolgesetzete Melodeien können gesungen und gespielet werden/ Gott zu Ehren und Christlichen Hertzen zu nützlicher Erbauung abgefasset und herausgegeben . Lüneburg 1651 (UB Rostock Fm-4029).

Quellen- und Literaturverzeichnis

549

Röver, Peter: Warhaffte in möglichster Kürtze abgefassete Erzehlung/ Welcher gestalt Er am 14. Julii des 1698. Jahrs von dem Rahtstande suspendiret/ Und am 4ten Augusti desselben Jahrs gar removiret werden wollen. Mit denen principalisten darzu benöhtigten Documenten sub A. B. C. D. E. & F. [Hamburg] 1699 (SUB Hamburg A/42099). [Schweser, Johann Friedrich:] Geldmangel in Teutschlande und desselben gründliche Ursachen/ nach Anleitung des warhafften Verlaufs des/ in unserm Vaterlande/ von etlich vielen Jahren her/ verführten Wesens und Wandels/ an Tag gegeben; auch Mit alten und neuen anmuthigen Geschichten/ nutzbaren Politischen Regeln und Lehrensarten/ auch allerhand erbaulichen Nebendiscursen/ Rechts= und andern Fragen ausgezieret/ durch Gottlieb Warmund. Bayreuth 1664 (HAB Wolfenbüttel O 328. 8° Helmst.). Stegmann, Josua: Ernewerte Hertzen=Seufftzer/ Darinnen ZeitGebetlein/ auff die bevorstehende betrübte Kriegs=Thewrung und Sterbenszeiten gerichtet/ Benebenst Morgen und Abendsegen/ Beicht/ Communion und andern Gebetlein . Kurtz vor des Herrn Autoris sel. Tod übersehen/ und an vielen Orten gebessert . Lüneburg 1663 (SUB Göttingen 8 CANT GEB 137). [Steltzner, Michael Gottlieb:] Versuch Einer zuverläßigen Nachricht von dem Kirchlichen und Politischen Zustande Der Stadt Hamburg Jn den neuen Zeiten/ Nehmlich von Käyser Ferdinand des II. biß auf die Zeiten Käyser Leopolds des I. Dritter Theil/ Nebst einem vollständigen Register. O.O. 1733 (Bibliothek des Fachbereichs Ev. Theologie der Universität Hamburg G Xa 311:3). Stökken, Christian von: Kleines Holsteinisches Gesang=Buch Darinn außerlesene Alt und neue Gesänge/ Von den Alten zwar die gewöhnlichsten/ Und von den Neuen die nöhtigsten/ Von Beeden die nüzzlichsten; Durchgehends aber also verbeßert/ daß die Alten darinn geduppelt/ nach ihrer vorigen und itz=üblichen Poetischen Reim=Art; die Neuen dabei mit vielen vermehret zu finden/ so noch nie gedrukket worden: In guter Ordnung/ unter gewißen Haupt= und sonderbahren Titeln/ nicht so sehr zusammen als außgesucht; üm zuversuchen/ ob auf solche Art anzurichten Ein vollständiges Gesang=Buch Dem auch beigefügt ein geist= und sinnreiches Gebeht=Buch . Rendsburg 1680 (HAB Wolfenbüttel Tl 634). [Theatrum Europaeum, Teil 9] Martin Meyer: IRENICO-POLEMOGRAPHIAE CONTINUATIO II. Das ist: Der Historisch=fortgeführten Friedens= und Kriegs=Beschreibung Dritter= Oder deß THEATRI EUROPAEI Neundter Theil/ Von den denckwürdigsten Geschichten/ so sich hie und da in Europa/ und zwar vornehmlich in dem Heil. Röm. Teutschen Reiche/ in desselbigen wichtigen Angelegenheiten/ insonderheit aber/ wegen Verlegung deß Ordinari Reichs=Deputations-Tages von Franckfurt/ und/ nach Auffhebung desselbigen/ auff dem allgemeinen Reichs=Tage zu Regenspurg/ wegen Auffricht= und Verpflegung einer Reichs= Kreyß=Armee für die Röm. Käys. Maj. und dero Königreich Ungarn/ zu Abtreibung der darinnen eingebrochenen Türcken=Gefahr/ wie nicht weniger an unterschiedlichen Chur= und Fürstl. Höfen/ deßgleichen bey einigen erbaren Reichs= und anderen darinnen gelegenen wolbekanten Städten; So dann ausserhalb demselbigen/ Jn Ungarn/ Siebenbürgen/ Polen/ Litthauen/ Ukraine/ Moscau/ Schweden/ Dänemarck/ Norwegen/ Engelland/ Schottland/ Jrrland/ Niederland/ Franckreich/ Spanien/ Portugall/ Jtalien/ Dalmatia, Candia und in dem Archipelago: Auch so gar in den übrigen Theilen der Welt/ absonderlich auff der Africanischen Küste/ in Barbaria und Guinea, deßgleichen in Ost= und West=Jndien/ beydes in dem weltlichen Regimente und auch im Kriegswesen zu Wasser und Lande/ von dem 1660. Jahre anzufangen/ biß in das 1665. Jahr denck= und schreibwürdig vorgegangen. Welches alles/ auß vielen treulich mitgetheilten Schrifften/ nachrichtlichen Berichten und brieflichen Urkunden/

550

Quellen- und Literaturverzeichnis

also zusammen getragen und beschrieben . Mit unterschiedlicher Fürsten/ Grafen/ Herren/ Kriegs=Generalen und vornehmer Stands=Personen Bildnüssen/ dabenebenst auch mit etlichen denckwürdigen Kriegs=Actionen/ als: Battallien/ Beläger= Bestürm= und Eroberungen der Vestungen und Schantzen/ und anderen zur Erläuterung der Historien annehmlichen Sachen/ in deutlichen Kupfer=Figuren außgezieret und verlegt durch Weyl. Matthäi Merians seel. Erben . Frankfurt a.M. 1672 (UB Augsburg 02/IV.13.2.26-9). Vergilius Maro, Publius: Opera. Hrsg. von Roger A. B. Mynors. Oxford 1969 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxoniensis o. Nr.).

Forschungsliteratur Adelung, Johann Christoph: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen Mit D. W. Soltau’s Beyträgen, revidirt und berichtiget von Franz Xaver Schönberger . 4 Teile. Wien 1811. Alberdingk Thijm, Paul: Art. Adriaensz, Cornelius. In: Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hülfswissenschaften2 1 (1886), Sp. 248 f. Arends, Otto Frederik: Gejstligheden i Slesvig og Holsten fra Refomationen til 1864. 3 Bde. Kopenhagen 1932. Bangerter-Schmid, Eva-Maria: Art. Frenzel, Johann. In: Killy2 3 (2009), S. 571 f. Baron, John H.: Art. Köler [Coler], Martin. In: Grove Music Online (Abruf am 8.2.2013). Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Hrsg. im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930. 5., durchgesehene Auflage. Göttingen 1963 (zit. BSLK). Benzing, Josef: Die deutschen Verleger des 16. und 17. Jahrhunderts. Eine Neubearbeitung. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 18 (1977), Sp. 1077–1322. Bepler, Jill: Art. August d.J. In: Killy2 1 (2008), S. 258. Beuthner, Arnold Christian: Hamburgisches Staats= und Gelehrten=LEXICON, Worin Die Namen/ das Leben und die Verdienste derjenigen Männer, Geist= und Weltlichen Standes, angeführet werden, Welche von der heilsamen Reformation bis auf gegenwärtige Zeit, Jn dieser Weltberühmten Stadt und derselben Gebiete, Ein ansehnliches Ehren=Amt, oder eine hohe Würde bekleidet/ sich durch Schriften berühmt gemacht, daselbst gebohren und in der Fremde Beforderung erhalten, Bereits aber das Zeitliche gesegnet haben. Hamburg 1739. Bircher, Martin / Andreas Herz (Hrsg.): Die Fruchtbringende Gesellschaft unter Herzog August von Sachsen-Weißenfels. Die preußischen Mitglieder Martin Kempe (der Erkorne) und Gottfried Zamehl (der Ronde). Mit Kempes Versgedicht Neugrünender Palm-Zweig Der Teutschen Helden-Sprache und Poeterey (1664) und seinem Dichterlexikon Unvorgreiffliches Bedencken/ Uber die Schrifften derer bekantesten Poeten hoch-deutscher Sprache (1681). Tübingen 1997 (= Die Deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts Fruchtbringende Gesellschaft, Reihe II. Abt. C: Halle, Bd. 1).

Quellen- und Literaturverzeichnis

551

Böttcher, Hartmut: Art. Stolgebühren. In: Religion in Geschichte und Gegenwart4 7 (2004), Sp. 1746. Bogner, Ralf Georg: Die Bezähmung der Zunge. Literatur und Disziplinierung der Alltagskommunikation in der frühen Neuzeit. Tübingen 1997 (= Frühe Neuzeit 31). Buek, Friedrich Georg: Die Hamburgischen Oberalten, ihre bürgerliche Wirksamkeit und ihre Familien. Hamburg 1857. Chronologisches, bis auf die neuesten Zeiten fortgesetztes Verzeichniß der bisherigen Mitglieder Eines Hochedlen und Hochweisen Raths, der Ehrbaren Oberalten und der Verordneten löblicher Cämmerey der freyen Stadt Hamburg. Mit einem alphabetischen Register. Hamburg 1820 [zit. Chronologisches Verzeichnis]. Conermann, Klaus: Die Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft 1617–1650. 527 Biographien. Transkription aller handschriftlichen Eintragungen und Kommentare zu den Abbildungen und Texten im Köthener Gesellschaftsbuch. Weinheim u.a. 1985 (= Fruchtbringende Gesellschaft. Der Fruchtbringenden Gesellschaft geöffneter Erzschrein. Das Köthener Gesellschaftsbuch Fürst Ludwigs I. von Anhalt-Köthen 1617–1650. Hrsg. von Klaus Conermann 3). Cordes, Albrecht / Karl Kroeschell / Karin Nehlsen-von Stryk: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2: 1250–1650. Köln u.a. 92008. Das Deutsche Kirchenlied. Kritische Gesamtausgabe der Melodien. Hrsg. von der Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Edition des Deutschen Kirchenlieds. 3 Abteilungen. Kassel 1993–2010. Deutsches Biographisches Archiv, elektronisch zugänglich über das World Biographical Information System (zit. DBA). Deutsches Rechtswörterbuch. Wörterbuch der älteren deutschen Rechtssprache. Hrsg. von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Bd. 9. Bearb. von Heino Speer. Heidelberg 1996. Dollinger, Heinz: Art. Lipsius, Justus. In: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 676–680. Düwel, Klaus: Art. Reineke Fuchs. In: Enzyklopädie des Märchens 11 (2004), Sp. 488–502. Eitner, Robert: Art. Praetorius, Jacob. In: Allgemeine Deutsche Biographie 26 (1888), S. 518. Enenkel, Karl A. E.: Ein Plädoyer für den Imperialismus. Justus Lipsius’ kulturhistorische Monographie Admiranda sive de magnitudine Romana (1598). In: Daphnis 33 (2004), S. 583–621. Findbuch der Reichskammergerichtsakten im Staatsarchiv Hamburg. Bearb. von Hans-Konrad Stein-Stegemann. 2 Teile. Hamburg 1993 f. (= Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg 13). Flood, John L.: Poets Laureate in the Holy Roman Empire. A Bio-bibliographical Handbook. 4 Bde. Berlin/New York 2006. Gallois, Johann Gustav: Hamburgische Chronik von den ältesten Zeiten bis auf die Jetztzeit. Bd. 3: Vom Beginn der bürgerlichen Unruhen bis zur Vollendung des Hauptrecesses 1712. Hamburg 1862.

552

Quellen- und Literaturverzeichnis

Gerstlacher, Carl Friedrich: Handbuch der teutschen Reichsgeseze nach dem möglichst ächten Text, in sistematischer Ordnung. Neunter Theil. Reichs= Policey= und Commercienwesen. Frankfurt a.M. / Leipzig 1788. Graf, Fritz / Anne Ley: Art. Apollon. In: Der Neue Pauly 1 (1996), Sp. 863–870. Grapenthin, Ulf: Art. Schop, Johann d.Ä. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart2, Personenteil. Bd. 15 (2006), Sp. 1–5. Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch. 33 Bde. Leipzig 1854–1971 (Reprint München 1984). Grosse, Sven: Johann Rists Übertragung der lateinischen Passionssalven als Beispiel für die lutherische geistliche Dichtung des 17. Jahrhunderts. In: Hamburg. Eine Metropolregion zwischen Früher Neuzeit und Aufklärung. Hrsg. von Johann Anselm Steiger / Sandra Richter. Berlin 2012 (= Metropolis. Texte und Studien zu Zentren der Kultur in der europäischen Neuzeit 1), S. 77–89. Halm, Karl Felix von: Art. Lipsius, Justus. In: Allgemeine Deutsche Biographie 18 (1883), S. 741–745. Heckel, Hartwig: Art. Zeitalter. In: Der Neue Pauly 12/2 (2002), Sp. 706–709. Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches LEXICON, worinnen so wohl die fabelhafte, als wahrscheinliche und eigentliche Geschichte der alten römischen, griechischen und ägyptischen Götter und Göttinnen, und was dahin gehöret, nebst ihren eigentlichen Bildungen bey den Alten, physikalischen und moralischen Deutungen zusammen getragen, und mit einem Anhange dazu dienlicher genealogischer Tabellen versehen worden. Zu besserm Verständnisse der schönen Künste und Wissenschaften nicht nur für Studierende, sondern auch viele Künstler und Liebhaber der alten Kunstwerke, sorgfältigst durchgesehen, ansehnlich vermehret und verbessert von Johann Joachim Schwaben . Leipzig 1770 (Reprint Darmstadt 1996). Hennig, Beate / Jürgen Meier: Kleines Hamburgisches Wörterbuch. Plattdeutsch-Hochdeutsch. Hochdeutsches Register. Neumünster 22006. His, Rudolf: Geschichte des deutschen Strafrechts bis zur Karolina. München u.a. 1928 (= Handbuch der mittelalterlichen und neueren Geschichte Abt. 3, 4). Hofpfalzgrafen-Register herausgegeben vom HEROLD. Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften zu Berlin. Bearb. von Jürgen Arndt. Bd. 1. Neustadt a. d. Aisch 1964. Irsigler, Franz: Art. Akzise. In: Lexikon des Mittelalters 1 (1980), Sp. 261. Jaumann, Herbert: Handbuch Gelehrtenkultur der Frühen Neuzeit. Bd. 1: Bio-bibliographisches Repertorium. Berlin u.a. 2004. Jürgensen, Renate: Art. Kempe, Martin. In: Killy2 6 (2009), S. 357 f. Kahnt, Helmut / Bernd Knorr: Alte Maße, Münzen und Gewichte. Ein Lexikon. Mannheim u.a. 1987.

Quellen- und Literaturverzeichnis

553

Kellenbenz, Hermann: Friedrich II., Herzog von Schleswig-Holstein. In: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 503 f. Keppler-Tasaki, Stefan / Ursula Kocher (Hrsg.): Georg Philipp Harsdörffers Universalität. Beiträge zu einem uomo universale des Barock. Berlin u.a. 2011 (= Frühe Neuzeit 158). Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. 12 Bde. Hrsg. von Wilhelm Kühlmann u.a. Berlin u.a. 2008–2011 (zit. Killy2). Kluge, Friedrich: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearb. von Elmar Seebold. Berlin u.a. 221989. Krämer, Hans Joachim: Epikur und die hedonistische Tradition. In: Gymnasium 87 (1980), S. 294– 326. Laufhütte, Hartmut / Ralf Schuster: Einleitung. In: Sigmund von Birken: Der Briefwechsel zwischen Sigmund von Birken und Mitgliedern des Pegnesischen Blumenordens und literarischen Freunden im Ostseeraum. Teil I: Texte. Hrsg. von dens. Berlin u.a. 2012 (= Sigmund von Birken: Werke und Korrespondenz 13.1/I), S. XVII–LXXXVIII. Lenz, Rudolf u.a. (Bearb.): Abkürzungen aus Personalschriften des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts. Sigmaringen 21993 (= Marburger Personalschriften-Forschungen 18). Lidman, Satu: Zum Spektakel und Abscheu. Schand- und Ehrenstrafen als Mittel öffentlicher Disziplinierung in München um 1600. Frankfurt a.M. 2008 (= Strafrecht und Rechtsphilosophie in Geschichte und Gegenwart 4). Lieberwirth, Rolf: Art. Verleumdung. In: Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte 5 (1998), Sp. 762–764. Lutz, Michael: Art. Galliarde. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart2, Sachteil 3 (1995), Sp. 989–998. Maché, Ulrich / Redaktion: Art. Kindermann, Balthasar. In: Killy2 6 (2009), S. 407–409. Malettke, Klaus: Die Bourbonen. Bd. 1: Von Heinrich IV. bis Ludwig XIV. (1589–1715). Stuttgart 2008. [Matrikel Hamburg:] Die Matrikel des Akademischen Gymnasiums in Hamburg 1613–1883. Eingeleitet und erläutert von Carl Hieronymus Wilhelm Sillem. Hamburg 1891. [Matrikel Heidelberg:] Die Matrikel der Universität Heidelberg von 1386 bis 1662. Bearb. und hrsg. von Gustav Toepke. Teil 2: Von 1554 bis 1662. Heidelberg 1886. [Matrikel Helmstedt:] Die Matrikel der Universität Helmstedt. Bd. 2: 1636–1685. Bearb. von Werner Hillebrand. Hildesheim 1981 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 9).

554

Quellen- und Literaturverzeichnis

[Matrikel Jena 1:] Die Matrikel der Universität Jena. Bd. 1: 1548 bis 1652. Bearb. von Georg Mentz in Verbindung mit Reinhold Jauernig. Jena 1944 (= Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission 1). [Matrikel Jena 2:] Die Matrikel der Universität Jena. Bd. 2: 1652 bis 1723. Bearb. von Reinhold Jauernig, weitergeführt von Marga Steiger. Weimar 1977 (= Veröffentlichungen der FriedrichSchiller-Universität Jena o. Nr.). [Matrikel Leipzig 1:] Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig 1559–1809 als Personen- und Ortsregister bearbeitet und durch Nachträge aus den Promotionslisten ergänzt. Hrsg. von Georg Erler. Bd. 1: Die Immatrikulationen vom Wintersemester 1559 bis zum Sommersemester 1634. Leipzig 1909. [Matrikel Leipzig 2:] Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig 1559–1809 als Personen- und Ortsregister bearbeitet und durch Nachträge aus den Promotionslisten ergänzt. Hrsg. von Georg Erler. Bd. 2: Die Immatrikulationen vom Wintersemester 1634 bis zum Sommersemester 1709. Leipzig 1909. [Matrikel Rostock:] Die Matrikel der Universität Rostock. Bd. 3: Ost. 1611–Mich. 1694. Hrsg. von Adolph Hofmeister. Rostock 1895. [Matrikel Wittenberg:] Album Academiae Vitebergensis. Jüngere Reihe Teil 1 (1602–1660). Textband. Bearb. von Bernhard Weissenborn. Magdeburg 1934 (= Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und des Freistaates Anhalt, Neue Reihe 14). Matrikel der Schleswigschen Studenten 1517–1864. Bd. 1: 1517–1740. Hrsg. von Thomas Otto Achelis. Kopenhagen 1966. Meeder, Wilhelm Louis: Geschichte von Hamburg, vom Entstehen der Stadt bis auf die neueste Zeit. Teil 1. Hamburg 1838. Meyer, Philipp (Hrsg.): Die Pastoren der Landeskirchen Hannovers und Schaumburg-Lippes seit der Reformation. 3 Bde. Göttingen 1941–1953. Moller, Johannes: CIMBRIA LITERATA SIVE SCRIPTORUM DUCATUS UTRIUSQVE SLESVICENSIS ET HOLSATICI HISTORIA LITERARIA TRIPARTITA . Kopenhagen 1744 (Landesarchiv Schleswig-Holstein, Schleswig, Bibliothek E I 1681). Mommsen, Karl: Katalog der Basler juristischen Disputationen, 1558–1818. Aus dem Nachlaß hrsg. von Werner Kundert. Frankfurt a.M. 1978. Neubacher, Jürgen: Hamburgs „Gahrtenlust“ im 17. Jahrhundert in den Beschreibungen Johann Rists. In: Das Moller-Florilegium des Hans Simon Holtzbecker. Hrsg. von der Kulturstiftung der Länder in Verbindung mit der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Berlin u.a. 1999 (= Patrimonia 174), S. 44–54. Niewöhner, Friedrich: Art. Epikureismus. In: Religion in Geschichte und Gegenwart4 2 (1999), Sp. 1366 f. Otto, Karl F. / Dieter Lohmeier: Art. Stökken, Christian von. In: Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon 5 (1979), S. 246–248.

Quellen- und Literaturverzeichnis

555

Plöhn, Hans Arnold: Sammlung der Hochzeitsgedichte und Leichenpredigten in der Commerzbibliothek Hamburg. Namen und Daten aus vier Jahrhunderten. Hamburg 1960 (= Veröffentlichungen der Zentralstelle für Niedersächsische Familienkunde e.V. Hamburg 4). Prätorius, Bernd / Redaktion: Art. Gorgias, Johann. In: Killy2 4 (2009), S. 322. Pressel, Paul: Art. Burmeister, Franz Joachim. In: Allgemeine Deutsche Biographie 3 (1876), S. 628. Reichelt, Klaus: Art. Rist, Johann, in: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck 6 (1982), S. 250–259. Répertoire international des sources musicales. Internationales Quellenlexikon der Musik. Das deutsche Kirchenlied. Kritische Gesamtausgabe der Melodien. Bd. 1: Verzeichnis der Drucke von den Anfängen bis 1800. Hrsg. von Konrad Ameln, Markus Jenny und Walther Lipphardt. 2 Teile. Kassel u.a. 1975–1980 (zit. RISM). Roß, Christian: Unterricht über die wichtigsten Strafgesetze. Eine nöthige Ergänzung des Unterrichtes in Volksschulen. Rudolstadt 31830. Ruhnke, Martin: Art. Köler (Colerus), Martin. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart 7 (1958), Sp. 1326 f. Ruland, Carl: Art. Adrianus, Cornelius. In: Allgemeine Deutsche Biographie 1 (1875), S. 124. Sack, ?: Die Schandsteine tragen und sich auf’s Maul schlagen, zwei Strafen aus dem Mittelalter in der Stadt Braunschweig. In: Vaterländisches Archiv des historischen Vereins für Niedersachsen. Jahrgang 1841. Hannover 1841, S. 107–112. Sauer, ?: Art. Christian Ludwig, Herzog von Braunschweig und Lüneburg. In: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 163 f. Schmidt, Peter L.: Art. Dicta Catonis. In: Der Neue Pauly 3 (1997), Sp. 534 f. Schnath, Georg: Art. Georg, Herzog von Braunschweig-Lüneburg. In: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 207 f. Schoedler, Friedrich: Das Buch der Natur, die Lehren der Physik, Astronomie, Chemie, Mineralogie, Geologie, Physiologie, Botanik und Zoologie umfassend. Allen Freunden der Naturwissenschaft, insbesondere den Gymnasien, Real- und höheren Bürgerschulen gewidmet. Braunschweig 41849. Schubert, Ingrid A.: ‚Was pflanzet diese Stadt für wunderschöne Garten!‘. Von früher Hamburger Lustgartenkultur. In: Die unaufhörliche Gartenlust. Hamburgs Gartenkultur vom Barock bis ins 20. Jahrhundert. Hrsg. von Claudia Horbas. Ostfildern-Ruit 2006, S. 40–67. Stosch, Samuel Johann Ernst: Versuch in richtiger Bestimmung einiger gleichbedeutenden Wörter der deutschen Sprache. Zweiter Theil. Frankfurt a.d.O. 1772. Strothmann, Meret: Art. Pater patriae. In: Der Neue Pauly 9 (2000), Sp. 396.

556

Quellen- und Literaturverzeichnis

Ten Doornkaat Koolman, Jan (Bearb.): Wörterbuch der ostfriesischen Sprache. 3 Bde. Norden 1879–1884. Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi. Lexikon der Sprichwörter des romanisch-germanischen Mittelalters. Hrsg. vom Kuratorium Singer der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften. Bd. 12: trüb – weinen. Berlin u.a. 2001. Townsend, Colin R. / John L. Harper / Michael Begon: Ökologie. Berlin u.a. 2003. Verdenhalven, Fritz: Alte Maße, Münzen und Gewichte aus dem deutschen Sprachgebiet. Neustadt a.d. Aisch 1968. Wander, Karl Friedrich Wilhelm: Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Ein Hausschatz für das deutsche Volk. 5 Bde. Leipzig 1867 (Reprint 1963). Weiske, Julius: Handbuch der Strafgesetze des Königreiches Sachsen von 1572 bis auf die neueste Zeit. Leipzig 1833. Wenzelburger, Theodor: Art. Meteren, Emanuel van. In: Allgemeine Deutsche Biographie 21 (1885), S. 509 f. Worstbrock, Franz Josef: Art. Arnulf von Löwen. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon2 1 (1978), Sp. 500–502. Zedler, Johann Heinrich: Großes vollständiges Universal-Lexikon. 64 Bde. und 4 Supplementbde. Halle/S. / Leipzig 1732–1754 (Reprint Graz 1961–1964). Zeller, Rosmarie: Art. Harsdörffer, Georg Philipp. In: Killy2 5 (2009), S. 20–23. Zöllner, Erich: Geschichte Österreichs. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien u.a. 81990.

Register der Liedanfänge Die Seitenzahlen beziehen sich auf den Beginn der Liedtexte, denen die Notentexte jeweils vorangestellt sind.

ALles ist zur Endschafft kommen ALs JEsus an deß Kreützes Stamm’ ALs JEsus Christus angethan AUff liebe Seel’ entzünde dich

S. 319 S. 239 S. 187 S. 135

BLeiches Antlitz sey gegrüsset

S. 377

DAs Christus Jesus in der That DAs Urtheil ist gesprochen DAß GOtt die Liebe selber sei DEin Edles Hertz/ der Liebe Trohn DEr Du hast für Mich gebüsset DJß ist der Tag/ HErr JEsu Christ DU meine Lieb’ HErr JEsu Christ

S. 125 S. 207 S. 257 S. 372 S. 347 S. 393 S. 366

Hat den/ Mein Gott/ daß noch kein Ende HAt Herodes seinen Muht HAt Jemand Lust zu sehn HErzu/ Mein Gott ergebner Christ Hinn ist die Nacht/ der Tag bricht an

S. 167 S. 174 S. 245 S. 326 S. 153

JCh weiß/ die Zeit wird kommen Jhr Menschenkinder/ last uns gehn JHr schwachen Knie/ nun steh’ Jch hier JN Ketten/ Strikken/ Banden JSt dieser nicht des Höchsten Sohn

S. 338 S. 113 S. 352 S. 313 S. 361

KAn auch wol grösser Freündligkeit KAn auch wol grösser Trübsal sein KOmmet/ anzuhören Auß deß HErren Mund’

S. 251 S. 277 S. 308

Last uns doch bedenken LAst uns zusammen treten LJebste Seel’ erhebe dich LJebste Seel’ erkenne doch LJebster JEsu sey gegrüsset

S. 119 S. 213 S. 159 S. 147 S. 356

MErk’ abermahl/ O Christlichs Hertz

S. 296

O Himlisches Erbarmen O Schweiß/ O Müh’/ O Grausamkeit

S. 264 S. 290

558

Register der Liedanfänge

O Süsser Jesu hilff! Es ist zu groß mein Schade O Wunder über Wunder!

S. 385 S. 226

SChauet All’ Jhr Menschen Kinder SEht abermahl diß Schaaf/ den Hunden übergeben SO stehet nun der grosse GOtt

S. 283 S. 181 S. 201

Tritt/ liebstes Seelchen/ her zu mir

S. 232

WAchet auff Jhr Meine Sinnen WAß sol Jch Dir zu Dank’ hertzliebster JEsu geben WEnn unser Heiland klaget WEr wird mit Ernst betrachten WJe der Donner kan erschrekken WJe groß ist deine Güht’ und Treü WJe so selig ist der Mann WJrst du denn nun in dieser Nacht

S. 400 S. 405 S. 303 S. 270 S. 193 S. 220 S. 332 S. 141

Register der Bibelstellen Altes Testament Gen 3,1–15: 135, 176 3,6–19: 107 3,15: 119, 309, 320 3,19: 311, 333 4,10: 51 8,22: 13, 67 9,6: 52 18,27: 161, 348 22,6: 310 32,27: 390 41,22–24: 31 49,9: 421 49,11: 309 Ex 12,23: 70 15,26: 80 16,15: 363 16,35: 305 20,5: 12, 28, 51, 68, 73 20,7: 34 20,8: 47 20,8–11: 31, 46, 48 20,12: 240 20,16: 57 20,17: 388 22,24: 247 32,33: 241 35,4–29: 25 f. 35,22: 26 35,22–24: 26 35,23: 26 35,24: 26 35,27 f.: 26 35,29: 25 f.

Lev 16,2: 114, 291, 320, 361 16,19: 222 20,27: 37 23,10–16: 44 24,14–16: 49 24,16: 188 Num 15,32–36: 49 16,30: 73 21,9: 310 Dtn 4,39: 47 5,16: 240 5,21: 388 Ri 14,5 f.: 310 14,14: 421 14,18: 421 16,3: 310 1Sam 3,11: 69 6,5: 13 13,14: 285 2Sam 15–18: 328 16,5–10: 62 18,5: 53 18,9: 56 18,33: 328 22,43: 73 24,14: 70 24,16: 13

1Kön 17,2–16: 305 17,17–20: 335 17,21: 335 19,5–7: 305 22,24: 29 2Kön 21,12: 69 1Chr 15,17: 81 15,19: 81 Hi 2,4: 56 4,4: 253 6,3: 154 Ps 4,8: 305 6,2: 148, 161 7,10: 153 10,15: 176 11,7: 51, 70, 73 12,6: 285 13,2: 234 14,7: 320 16,5: 216, 285, 353 16,11: 341 18,3: 189, 280 18,5: 272 18,6: 258 22,2: 271, 278 22,7: 278 22,10: 327 22,10 f.: 284 22,13: 309

22,17: 126 22,17 f.: 227 23,1: 189 23,3: 189 23,4: 189 24,10: 35, 181 25,4: 195 25,16: 333 27,1: 161, 261, 285, 291, 349 27,8: 279 27,9: 215, 348 28,7: 320 29,4: 115 30,6: 253 31,3: 279, 329 31,6: 339, 341, 358, 397 31,8: 234 31,23: 279 32,5: 259 33,4: 311 34,9: 215, 279 34,15: 299 34,16: 214 36,10: 361 37,17: 115 38,2: 148 38,22 f.: 279 39,5: 242 42,2: 267 42,6: 284, 341 42,11: 310 42,12: 284, 341 43,4: 209, 220 45,3: 222 50: 81 51,4: 253, 367

560 55,2: 349 56,9: 234 57,5: 278 59,17: 284 59,18: 284 61,4: 221 61,9: 286 62,3: 284, 339 62,6: 390 62,7: 284 63,6: 28 66,19: 286 68,6: 241 68,20: 273 69,3: 285 69,5: 99, 293 69,15: 216 69,21: 60 69,22: 389 69,36: 28 71,3: 280 71,5: 390 73–83: 81 73,1: 348 73,23: 235 73,28: 284 78,25: 101 79,3: 71 79,5: 271 79,8: 168 80,6: 214 84,7: 266 86,7: 214 86,15: 220 88,4: 285 88,10: 72 89,6: 341 90,10: 266 91,1: 339

Register der Bibelstellen

91,3–6: 13 91,11 f.: 149 91,14: 285 91,15: 286, 299 94,19: 280 94,22: 284 95,3: 286 98,1: 98 103,1: 13 103,8: 253 103,9: 216 104,10: 291 116,3: 137 119,89: 279 119,110: 339 119,127: 280 119,132: 215, 333 119,160: 216 130,3: 161, 182 130,7: 137, 182 143,10: 183 145,1: 363 145,1 f.: 378 145,8: 12, 253 Prv 13,1: 70 19,4: 248 Koh 1,2: 85, 411 2,16: 410 3,20: 311, 333, 348 5,13: 411 8,11: 32 Hld 1,4: 357 2,11 f.: 316

2,16: 129 3,1: 279 5,10: 187 Jes 1,14–18: 72 1,16: 71 f. 1,17: 72 1,18: 298 5,14: 322 9,5: 98, 114, 116, 142, 235, 272, 309, 424 f. 30,27: 69 35,10: 266, 412 38,1: 242 49,16: 327 50,6: 402 51,11: 266, 412 52,13: 142, 394 53: 115, 119, 121, 125, 127 f. 53,3: 272, 352, 377, 385, 394 53,4: 79, 119, 126, 293, 310, 394 53,4 f.: 75, 109, 113 f., 118, 125, 223 53,5: 79, 98, 175, 235, 314, 361 53,5 f.: 80 53,6: 79, 137 53,7: 114 53,9: 127 53,11: 121, 394 56,4 f.: 84 56,12: 32 63,2: 387

63,2 f.: 271 65,18: 267 Jer 3,15: 89 10,10: 161 15,16: 280 29,13 f.: 279 30,11: 286 31,20: 214 31,25: 253 32,18: 286, 353 46,10: 393 Thren 3,22 f.: 320 3,23: 220 Ez 5,13: 278 11,19: 373 18,32: 254 33,11: 254 34,12: 33 34,15: 378 36,26: 373 Hos 5,14: 421 13,14: 74, 156 Nah 1,6: 216 Sach 9,9: 115, 377

561

Register der Bibelstellen

Neues Testament Mt 2,2: 377 2,14 f.: 315 3,17: 114 4,2: 304 5,44: 221, 229 6,5–13: 278 6,12: 182, 229, 252 6,13: 286 6,24: 388 8,11: 335 8,13: 252 9,2: 349 9,12: 80 9,15: 147, 232, 252, 367, 394, 400, 411 10,6: 33 10,22: 203 11,15: 298 11,25: 415 11,28: 100, 298 11,29: 261 11,30: 235 13,9: 73, 298 13,39: 42 14,3 f.: 64 14,4: 29 15,14: 141 16,21: 116 16,24: 106, 138, 144, 235, 366 16,27: 141 16,28: 353, 379 17,2: 387 17,5: 194 18,11: 253 19,21: 367 21,31: 394 22,13: 128 22,30: 267 24,12: 201 24,35: 311 25,6: 147, 232, 252,

367, 394, 400, 411 25,13–30: 27 25,14–18: 27 25,17: 27 25,21: 404 25,23: 404 25,31 f.: 45 25,32 f.: 72 25,34: 293 25,41: 299, 363, 387 26,2: 116 26,14–16: 135 26,28: 252, 321, 352, 393, 397 26,31–35: 116 26,37: 120, 126 26,38: 314, 400 26,39: 401 26,39–61: 402 26,47–50: 310, 315 26,47–56: 135 26,49: 154, 227, 405 26,57–68: 139, 315 26,60: 141 26,63–65: 188 26,65: 142, 153 26,67: 405, 411 26,68: 386 27,1–26: 150 27,2: 148, 386, 388, 401, 405 27,3 f.: 153 27,4 f.: 154 27,6: 154 27,18: 174 27,22: 228 27,22 f.: 160 27,25: 175 27,26: 377, 386, 411 27,26–30: 119 27,27–30: 121, 135, 273, 353 27,27–31: 178 27,28: 181

27,28 f.: 402 27,29: 79, 121, 126, 181 f., 227, 377, 385, 394, 405, 411 27,29 f.: 209, 227, 315, 394, 402 27,30: 182, 377, 402 27,31–38: 204 27,33: 304 27,34: 121, 126, 208, 389 27,35: 89, 91, 411 27,38: 127, 273 27,38 f.: 403 27,39: 377 27,39–44: 272, 386 27,43: 310 27,46: 76, 214 f., 222, 270 f., 277, 279, 283, 314 27,46 f.: 284 27,52: 272 Mk 7,37: 305 14,65: 137 15,23: 208 15,28: 404 Lk 1,26–38: 233 1,32: 126, 290, 361 1,33: 233 1,54: 233 1,75: 71, 75, 417 2,7: 315, 405 2,21: 405 2,35: 233 5,20: 349 6,23: 285 7,16: 45 7,38: 349 7,48: 349 12,24: 306

14,23: 33, 73 15,2: 221 16,9: 36 16,11: 36 16,15: 77 16,22: 265 18,13: 389 19,9 f.: 80 19,12–27: 27 22,10: 116 22,44: 120, 126, 394, 401 22,51: 115 22,63–66: 145, 153 22,64: 147 23,1: 159 23,1 f.: 157 23,2: 159 23,6–12: 163, 167 23,8–10: 167 23,11: 174 23,11–25: 171 23,13–16: 160 23,13–21: 174 23,21: 175 23,27: 208 23,29: 208 23,32 f.: 127 23,34: 76, 213, 220, 226–228, 339 23,36: 126 23,40 f.: 127 23,42: 258 23,42 f.: 265 23,43: 76, 251 f., 254, 257, 264–266, 335, 405 23,46: 76, 208, 326, 332 f., 338 f. 24,26 f.: 114 Joh 1,1: 207 1,1 f.: 209

562 1,14: 114 1,29: 128, 136, 147, 153, 159, 167, 181, 187, 222, 233, 239, 258, 271 f., 291, 353, 361, 367, 393–395, 400, 405 1,36: 128, 136, 147, 153, 159, 167, 187, 222, 233, 239, 258, 271, 291, 353, 361, 367, 393 f., 400, 405 2,7–10: 291 3,15: 221, 254, 298 3,16: 106 4,13: 292 5,24: 254, 396 5,27: 190 6,31 f.: 363 6,42: 228 8,12: 127, 148, 209, 309, 327 8,44: 67 f. 9,31: 71 10,9: 253, 378 10,12: 33, 378 10,12 f.: 73 10,14: 396 10,28: 99, 340 10,29: 339 11,25: 349 11,25 f.: 259 12,31: 89 12,32: 357 12,34: 116, 141 12,35: 68 13,1: 353 13,21–26: 116 13,23: 368 14,6: 68, 223, 349 14,19: 412 14,26: 396 14,30: 89

Register der Bibelstellen

15,3: 362 15,13: 352 15,14 f.: 93, 187, 286, 339, 367 18,1–13: 132 18,6: 115 18,10: 115 18,12: 136 18,22: 136 18,24: 139 18,28: 159 18,36 f.: 160 18,38: 127 19,2: 168 19,5–7: 184, 187 19,6: 187 19,7: 142, 193 19,8–10: 193 19,8–12: 191 19,11 f.: 193 19,12: 175, 194 19,13–16: 197 19,15: 228 19,17: 127, 207, 209, 403 19,24: 404 19,26 f.: 76, 232, 239 f., 245 19,28: 76, 290–292, 296 f., 303, 389, 404 19,29: 291 19,30: 76, 114, 208, 308, 313, 319, 327 19,33: 377 19,34: 89, 209, 361f., 387f., 421 19,36: 404 19,40–42: 404 Apg 1,18: 154 3,15: 207, 347, 357 5,31: 136, 424 7,49: 35 13,22: 285

15,14: 45 20,28: 89, 116, 254 23,1: 27 Röm 1,16 f.: 30 2,11: 34 3,23: 253, 348 3,25: 114, 291, 320, 361 5,3: 135 5,6: 209 5,8 f.: 321 f. 5,9: 297, 404 5,10: 45, 121, 210, 227 5,14: 410 5,20: 260 6,3: 45 6,3 f.: 113 6,5: 334 6,18: 122, 319 6,23: 259 f., 425 8,2: 322 8,3 f.: 410 8,11: 334 8,14: 265, 305 8,15: 214 f., 279, 328 8,17: 161, 216, 378 8,18: 144 8,35–39: 161, 203 8,37: 74 8,38: 129 8,38 f.: 259, 305 8,39: 390, 396 10,17: 30, 32 12,12: 194 12,18 f.: 228 13,1: 45 13,1–4: 29 13,4: 73 14,7: 415 1Kor 1,23: 352 2,8: 156, 181, 191

2,9: 341 6,20: 33, 45, 129, 412 7,23: 33, 45, 129, 412 9,25: 97 10,13: 235 13,12: 267, 334, 353 15,3: 113 15,9: 28, 37 15,21 f.: 412 15,25: 156 15,44: 412 15,45 f.: 410 15,49: 267 15,55: 74, 274, 322, 401 15,55–57: 169 2Kor 1,4: 353 1,6: 285 1,10: 74 4,3: 89 4,8 f.: 234 5,4: 107 5,10: 53 5,19: 168, 261 5,21: 120, 160, 182, 233 6,15: 71, 309 13,9: 26 Gal 1,4: 120, 347 3,13: 74, 80, 121, 168, 272, 322 4,3: 114 4,4: 120 4,4 f.: 209 4,5: 397 4,6: 189, 341 5,1: 401 Eph 1,7: 116 2,5: 385

563

Register der Bibelstellen

2,17: 80 2,19: 222, 320 3,17: 404 3,20: 215 4,11: 45 5,2: 266 5,29: 285, 328

2Tim 1,3: 27 1,10: 401 3,12: 161 4,5: 29 4,7: 317 4,18: 293

Phil 1,23: 265, 267, 329, 363 2,6–8: 411 2,7: 226, 273, 304 2,7 f.: 273 2,12: 46 3,14: 88

Tit 1,16: 32 3,4: 252

Kol 1,26: 222 2,13 f.: 99 2,15: 321 3,1: 85 3,2: 155, 162 3,25: 73 1Thess 1,10: 297, 320 2,18: 28 5,17: 16 1Tim 1,15: 348, 356 2,5: 221 4,8: 29 6,11: 72 6,15: 35

1,29: 121 2,1: 223 2,25: 216 3,2: 267, 334, 353 3,3: 362 3,8: 74, 223, 297 4,16: 257, 277, 367 4,17: 155

1Petr 1,4: 86 1,9 f.: 114 1,19: 33, 45, 89, 129, 353, 393, 404 1,21: 273 2,14: 73 2,19 f.: 177 2,23: 128 2,24: 74, 297 3,10 f.: 298 3,18: 259 4,7: 319 5,2: 65 5,8: 89 5,10: 120, 235 2Petr 3,3: 32 3,12: 86, 88 1Joh 1,7: 397

Hebr 1,3: 114 2,9: 235 2,11: 74, 175, 321, 367, 418 2,14 f.: 114 2,17: 114 2,18: 286 4,15: 120, 403 4,16: 114, 291, 320, 361, 378 5,7: 222 5,9: 75 5,10: 222 f. 7,26: 142 9,11: 26 9,12: 222 9,12 f.: 183 9,15: 233, 252, 372 10,31: 183 11,13 f.: 155 11,14: 329, 339, 379 11,16: 155 11,32–34: 310 12,2: 222 12,6: 69

Jak 1,2: 161 1,17: 26 f. 1,22: 90 2,1: 156, 181, 191 5,16: 16 Jud 18: 32 Apk 1,5: 196, 314, 348, 353, 358 2,10: 80, 97, 144 4,8: 403 5,11: 81 5,12: 396 6,9 f.: 335 7,11: 114 12,9: 254 14,13: 412 15,3: 155 19,7: 236, 340 19,13: 274, 387 20,10: 320 20,11–13: 155 20,14: 320, 322 21,4: 265, 267, 293 21,6: 292 f., 361 22,3 f.: 279 22,5: 267 22,20: 404

Apokryphen Sap 2,23: 341 3,1: 266, 334, 340, 379 7,7 f.: 410

Sir 2,6: 285 3,9: 241 3,16–18: 241 4,10 f.: 247

6,14 f.: 411 10,13: 333 22,28: 248 35,18: 242 35,21–23: 242

42,19: 70 51,6: 284

Personenverzeichnis Biblische Personen Johannes der Täufer 29, 64 Joseph (AT) 77, 494 Joseph (NT) 228 Judas 116, 153

Aaron 25 Abraham 265 Absalom 53 Adam 106, 176, 296, 410 Asaph 81

Kaiphas 139–141, 157, 405, 416, 432, 488 Barrabas 171 Belial 71, 309

Lukas (Evangelist) 213, 220, 226, 251, 257, 264, 326, 332, 338

David 70, 81, 215, 280, 285, 309, 328, 503 Elia 282, 284, 305, 335 Gideon 424 Hannas 132, 136 f., 139, 141, 416, 432, 488 Herodes 163, 165, 167, 169, 171, 174, 405, 416, 441 f., 488

Malchus 115 Maria (Mutter Jesu) 41 f., 232 f., 235, 238–241, 245 f., 248, 402, 424 Matthäus (Evangelist) 270, 277, 283 Matthäus (Jünger) 415 Micha 29 Mose 25 f., 49, 142, 188 Pilatus 127, 157–160, 163 f., 167, 169, 171, 174, 184 f., 187, 191, 193, 197 f., 201, 405, 416, 438, 441, 446, 448, 450, 488

Isaak 310 Jakob 309 Jesaja 75, 109, 113, 118, 125, 310 Jesus Christus passim Johannes (Evangelist) 232, 239, 245, 290, 296, 303, 308, 313, 319, 335 Johannes (Jünger) 232–235, 237, 239–241, 244–246, 248, 368

Simson 310, 421 Sirach 247 Thomas 24

Sonstige Personen Adelung, Johann Christoph 9 f., 12, 19, 65 f., 69, 77, 79, 98, 107, 426 Adriaensz, Cornelius 50 Alberdingk Thijm, Paul 50 Ambrosius von Mailand 424 Apollon 76, 89, 102, 104 Arends, Otto Frederik 82 Arnulf von Löwen 417, 489 Bacon, Francis 58

Bangerter-Schmid, Eva-Maria 90 Baron, John H. 7, 496 Bauer, Johann 501 Baumgart, Johann 105, 486 Becker, Carl Ferdinand 501 Begon, Michael 43 Benzing, Josef 7 Bepler, Jill 76 Bernhard von Clairvaux 417, 489 Bernhard, Christoph 499

Personenverzeichnis Beuthner, Arnold Christian 9 f., 14, 19 Bircher, Martin 101 Birken, Sigmund von 425 Böttcher, Hartmut 34 Bogner, Ralf Georg 35 Brandenburg-Bayreuth, Christian Ernst von 505 Brauer, James Leonard 504 Braun, Werner 503, 508, 510 Braunschweig-Lüneburg, August d. J. von 76 Braunschweig-Lüneburg, Christian von 414 Braunschweig-Lüneburg, Georg von 409 Braunschweig-Lüneburg, Sophie Amalie von 409, 414 Braunschweig-Wolfenbüttel, Anton Ulrich von 504 Braunschweig-Wolfenbüttel, Rudolf August von 504 f. Brecht, Martin 491 Buek, Friedrich Georg 9 Burmeister, Franz Joachim 92, 486 Buxtehude, Dietrich 490 Christian IV., König von Dänemark 418 Christiani, Christian 426 Chrysander, Friedrich 504 Coler, Martin 7, 76, 467, 495 f., 498–510, 514 Conermann, Klaus 422 Cordes, Albrecht 9 Cramer, Daniel 487 Crüger, Johann 510 Detlefsen, Detlef 497, 502 Diecks, Thomas 483 Dionysius Cato 36 Dollinger, Heinz 22 Drabicius, Nicolaus 35 Düwel, Klaus 68 Eitner, Robert 418, 501 Eler, Franz 118, 125, 213, 220, 232, 257, 270, 290, 296, 303, 313, 512 Enenkel, Karl A. E. 23 Engelke, Bernhard 501 f., 506 f. Ennius, Quintus 23 Epikur 32 f., 64, 410 Epstein, Peter 510 Erasmus von Rotterdam 50 Erben, Johann Balthasar 499 Erlebach, Philipp Heinrich 503 Ewald siehe Hinsch/Hintze, Ewald

565

Faber, Johann Ludwig 508 Feuerlein, Conrad 510 Flood, John L. 90–92, 94, 101, 428 Flor, Christian 485, 488, 496, 498, 510 Förster, Kaspar d. J. 499 Frentzel, Johann 90, 486 Freytag, Hartmut 485 Fricke, Otto 499 Friderici, Samuel 101 Friedrich II., König von Dänemark 414, 500 Froberger, Johann Jakob 499 Funcke, Friedrich 510 Gallois, Johann Gustav 12, 19, 69, 77 Garber, Klaus 483 Gerber, Ernst Ludwig 507 Gerhard, Johann 32, 424, 487 Gerhardt, Paul 490 Gerstlacher, Carl Friedrich 57 Gödeke, Andreas 80, 82, 85, 87, 484, 486 Goltzius, Hubert 50 Gorgias, Johann 94, 486 Graf, Fritz 76 Granvella, Antoine Perrenot de 22 Grapenthin, Ulf 418 Grosse, Sven 417, 489 Grusnick, Bruno 504 Gryphius, Andreas 490 Halm, Karl Felix von 22 Hamilton, David 508 Hammerschmidt, Andreas 484, 496 Harper, John L. 43 Harsdörffer, Georg Philipp 422, 490 Heckel, Hartwig 18 Hederich, Benjamin 76 Heermann, Johann 489 Heinrich IV., König von Frankreich 40 f. Hennig, Beate 43 Hermund, Johann Christoph 108, 486 Herz, Andreas 101 Hesiod 18 Hessen-Darmstadt, Anna Eleonora von 409 Hessen-Darmstadt, Ludwig V. von 409 Heyden, Sebald 113 Hieronymus Stridonensis 487 Hinsch/Hintze, Ewald 499 His, Rudolf 35 Hövelen, Conrad von 499 Huck, Oliver 496 Hudemann, Johann 16 f., 67, 89

566 Irsigler, Franz 31 Jakobi, Michael 484, 486, 496, 512 Jakobi, Samuel 502 Jaumann, Herbert 22 Jürgensen, Renate 101 Kahnt, Helmut 66 Kampen, Eberhard von 10, 21, 484 Kellenbenz, Hermann 414 Kempe, Martin 101, 486 Keppler-Tasaki, Stefan 422 Kilian, Bartholomäus II. 473 Kindermann, Balthasar 91, 96, 486 Klaj, Johann 424 Klotz, Stephan 487 Kluge, Friedrich 61, 413 Knorr, Bernd 66 Koch, Ernst 489 Kocher, Ursula 422 Köler, Martin siehe Coler, Martin Köprili, Ahmed 12, 491 Kortkamp, Jacob 486, 496 Krabbe, Wilhelm 496, 498 Krämer, Hans Joachim 32 Krauß, Jodocus Egidius 22 Krausse, Helmut K. 492 Kremer, Joachim 498 Kretzschmar, Hermann 501 Krieger, Adam 499, 502, 508 Krieger, Johann Philipp 505 Kroeschell, Karl 9 Krüger, Ekkehard 502 Krummacher, Friedhelm 510 Kümmerling, Harald 506 Küster, Konrad 496, 498 Langejanus, Brandanus 501 f., 508 Langenbeck, Anna Margaretha 20 Langenbeck, Hermann 9, 17, 20, 484 Laufhütte, Hartmut 101 Leopold I., röm.-dt. Kaiser 12, 491 Ley, Anne 76 Lidman, Satu 35 Lieberwirth, Rolf 57 Liess, Bernhard 489 Lipsius, Justus 22 Lohmeier, Dieter 88, 483 Ludwig, Walther 485 Lüthje, Kerstin 485 Luther, Martin 23, 424, 488, 491 Lutz, Michael 63

Personenverzeichnis Maché, Ulrich 91 Mager, Inge 486, 506 Malettke, Klaus 40 Mannack, Eberhard 483 Mattheson, Johann 499, 505, 507 Meder, Johann Valentin 510 Meeder, Wilhelm Louis 35 Meier, Jürgen 43 Meier, Petrus 486, 496 Mele, Nicolaus de 41 f. Menoikeus 410 Merian, Matthäus d. J. 473 Meteren, Emmanuel van 40–42 Meyer, Clemens 502 Meyer, Philipp 423 Mithob, Hector 9 Mödersheim, Sabine 487 Möller, Eberhard 14, 18 Moeller, Franciscus 423 Möller, Hermann 502 Möller, Vincent 14, 16, 18, 21 Moller, Johannes 16 Mommsen, Karl 10, 16 Müller, Heinrich 492 Multibibus, Blasius (Richard Brathwaite) 66 Naumann, Johann 7, 467, 494 Nehlsen-von Stryk, Karin 9 Neubacher, Jürgen 14 Niewöhner, Friedrich 32 Osthoff, Helmuth 502, 508 Otto, Karl F. 88 Ovidius Naso, Publius 18 Pape, Carl Johann 497 f. Pape, Hinrich d. Ä. 418, 429, 486, 495–498, 507, 509, 511, 514 Pape, Hinrich d. J. 497 f., 507 f. Petermann, Tobias 427 f., 467, 490, 495 Pfeiffer, Michael 467, 501 Phoibos siehe Apollon Pipenburg, Joachim 425 Placius, Johann 18 Placius, Vincentius 18 Platon 410 Plocius, Anna, geb. von Langermann 9 Plocius, Barbara, geb. von Hövelen 9 Plocius, David 9, 15, 18, 484 Plocius, Johann 16

Personenverzeichnis Plöhn, Hans Arnold 20 Plutarch 58 Praetorius, Benjamin 508 Prätorius, Bernd 84 Praetorius (Schultz), Jakob 418, 486, 496–498 Preibisius, Christoph 90 Pressel, Paul 92 Probus, Antonius 512 Rauschning, Hermann 500 Rebenlein, Jakob 467 Regnart, Jakob 245 Reichelt, Klaus 16 f., 483 Reiser, Michael 18 Reusner, Jeremias 18 Richter, Winfried 496, 506 Rist, Franz Gottfried 16 Rist, Johann passim Rist, Johann Ernst 16, 19, 497 f. Röver, Peter II. 9, 18 f., 484 Röver, Peter III. 19 Roß, Christian 35 Rotenburg, Jacob 10, 22 f., 484 Ruhnke, Martin 7, 509 Ruland, Carl 50 Runge, Christoff 510 Sachs, Hans 485 Sachsen, Johann Georg I. von 52 f. Sachsen-Lauenburg, Julius Heinrich von 18 Sack 35 Saffe, Ferdinand 505 Sager, Heinrich 17 Saubert, Johann 510 Sauer 414 Schaffshausen, Nicolaus 18 Scheidemann, Heinrich 486, 496 Schein, Johann Hermann 245, 513 Schering, Arnold 503 Schiedermair, Ludwig 505 Schleswig-Holstein-Gottorf, Christian Albrecht von 500, 507 Schleswig-Holstein-Gottorf, Friedrich II. 414 Schmelzer, Johann Heinrich 499 Schmidt, Peter L. 36 Schnath, Georg 409 Schnittelbach, Nathanael 499 Schoedler, Friedrich 56 Schop, Albert 503 Schop, Johann 418, 484, 486, 496, 506, 508, 510 f.

567

Schreiber, Georg Heinrich 508 Schreiber, Wilhelm Andreas 505 Schubert, Ingrid A. 14 Schütz, Heinrich 509 Schulz, Walther 501 f. Schuster, Ralf 101 Schwenckfeld von Ossig, Caspar 292 Schweser, Johann Friedrich 37, 491 Schwieger, Jakob 500 f., 507 f. Seifert, Max 503, 506 Selle, Thomas 485, 496 Servet, Michael 292 Sidon, Samuel Peter 499 Sillem (Silm), Jacob 10, 20, 484 Staden, Sigmund Theophil 486, 496 Stapel, Ernst 63 Stegmann, Josua 69 Steiger, Johann Anselm 483, 487 f. Steltzner, Michael Gottlieb 12, 69, 77 Stieler, Kaspar von 501 Stoeffken, Dietrich 499 Stökken, Christian von 88, 486 Stosch, Samuel Johann Ernst 35 Strothmann, Meret 22 Strubius, Georg 499 Strungk, Delphin 499 Ten Doornkaat Koolman, Jan 27, 31, 43, 66 Toledo y Pimentel, Fernando Álvarez de (Herzog von Alba) 50 Townsend, Colin R. 43 Tunder, Franz 499 Twestreng, Barthold 9, 13 f., 18 f., 484 Venus 245 Verdenhalven, Fritz 66 Vergilius Maro, Publius 89, 93 Vetter, Walter 501 Vulpius, Melchior 245, 332, 512 Wallmann, Johannes 492 Walter, Horst 502, 510 Wander, Karl Friedrich Wilhelm 16, 28, 36, 43 f., 47, 52, 56, 59 f., 65, 68, 71, 73, 411 Weber, Georg Heinrich 500 f. Weckmann, Matthias 499 Weiske, Julius 53 Welter, Friedrich 502 Wenzelburger, Theodor 41 Werle, Dirk 485 Witt, Joachim Ernst 501

568

Personenverzeichnis

Wolder, David 118, 125, 213, 220, 226, 232, 257, 270, 290, 296, 303, 313, 512 Wolpmann, Johann 504 Worstbrock, Franz Josef 417, 489 Württemberg, Sophie Luise von 505

Zedler, Johann Heinrich 9, 12, 18 f., 38–40, 53 Zeller, Rosmarie 422 Zesen, Philipp von 88 Zöllner, Erich 12

Abkürzungsverzeichnis Im edierten Text: Nicht berücksichtigt wurden Abkürzungen biblischer Bücher. allerlibst. And. Brandenb. Buchh. Conr. d. D. D. Dab. Dant. Dn. E. F. E. Fürstl. erbärml. etc. / &c. F. Fürstl. gekr. Glied. Gotts. H. H. H. H. heil. Hn. Hochfürstl. Hochlöbl. ibid. K. G. P. LL. Stud. löbl. M. M. Par. Sept. Sp. T. u. u. a. m. u. s. w. v.

allerliebsten Andacht Brandenburgensis Buchhändlers Conrector(e) die (Ablativ von dies) donavit et dedicavit dabit Danticus Dominum, Domine Euer Fürstliche Euer Fürstliche(n) erbärmlichen et cetera Frau(en) Fürstliche(n) gekreuzigten Glieder gottselige heiligen Herr, Herren Herrn H. [s. o. S. 59, Z. 956, unaufgelöster Nachname] heilige Herren Hochfürstliche(n) Hochlöblichen ibidem Kaiserlich gekrönten Poeten legum studiosus löblichen [s. o. S. 75, Z. 1436, wohl Ortsname, Auflösung unbekannt] Magister, Magistro Paradies Septembris Spruch Teufel und und anderes mehr und so weiter Vers

570

Abkürzungsverzeichnis

Anderweitig verwendete Abkürzungen: Abkürzungen laut: Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis. Zusammengestellt von Siegfried M. Schwertner. Berlin/New York 21994. Hiervon abweichend bzw. darüber hinaus wurden folgende Abkürzungen verwendet: BSB HAB LB LKA RISM SBPK SLUB SUB UB ULB

Bayerische Staatsbibliothek Herzog August Bibliothek Landesbibliothek Landeskirchliches Archiv Répertoire international des sources musicales Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Staats- und Universitätsbibliothek Universitätsbibliothek Universitäts- und Landesbibliothek

Dank Dank für fruchtbare Zusammenarbeit in der Hamburger Rist-Arbeitsstelle gilt Andreas Betz, Alexander Dobbert und Sabrina Heintzsch. Prof. Dr. Oliver Huck und Dr. Esteban Hernández Castelló sei gedankt für die Besorgung der Notenedition und die Erstellung des kritischen Berichts. Dank gilt zudem Ilona Bents und Helene Wall für die Erstellung des Abkürzungs-, Personenund Bibelstellenverzeichnisses. Wichtige Hinweise für die Kommentierung gaben dankenswerterweise Dr. Dirk Brietzke (Hamburg), Dr. Andreas Deutsch (Heidelberg), Prof. Dr. Ulrich Kronauer (Heidelberg) und Dr. Ralf Schuster (Passau). Zu danken ist überdies der Evangelisch-lutherischen Kirche in Norddeutschland sowie dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (Förderprogramm Reformationsjubiläum 2017) für die finanzielle Unterstützung der Projektarbeiten und dem Akademie Verlag, insbesondere Peter Heyl, für die erneut sehr erfreuliche Kooperation. Hamburg, am Palmsonntag 2014

Johann Anselm Steiger