Wiederentdeckt: Margarete Depner (1885-1970). Meisterin des Porträts der Siebenbürgischen Klassischen Moderne 9783205791195, 9783205786184

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Wiederentdeckt: Margarete Depner (1885-1970). Meisterin des Porträts der Siebenbürgischen Klassischen Moderne
 9783205791195, 9783205786184

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Selbstporträt, sign. G. Depner, 47,3 x 31,4, Kohle Nlvz Nr. 14

Lisa Fischer

Wiederentdeckt Margarete Depner (1885–1970) Meisterin des Porträts der Siebenbürgischen Klassischen Moderne

Böhlau Verlag Wien Köln Weimar

Gewidmet von der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG und der Raiffeisen Bank International

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-205-78618-4 Coverabbildung: Vorstudie zu „Drei Generationen“, Öl auf Leinwand, 43,7 x 33, Privatbesitz L. Fischer Gestaltung: Bettina Waringer Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2011 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. und Co.KG, Wien · Köln · Weimar www.boehlau-verlag.com

Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefreiem Papier. Druck: Generál, HU-6726 Szeged

Danksagung

Die Sicherung des nachgelassenen Lebenswerkes von Margarete Depner bedurfte eines großen Aufwandes und ist nur durch das enorme Engagement zahlreicher Beteiligter geglückt. Mein innigster Dank ergeht an den Enkel Kurt Philippi aus Hermannstadt/Sibiu für die über Jahre geleistete inhaltlich tatkräftige und ermunternde Begleitung, an Joachim Wittstock aus Hermannstadt/Sibiu und Wolfgang Wittstock aus Kronstadt/Braşov für die kooperative Bereitstellung zentraler Informationen und Materialien, an das Archiv des Siebenbürgen Instituts in Gundelsheim und an Wladimir Aichlburg vom Wiener Stadt- und Landesarchiv für die fachliche Unterstützung bei der Recherche, an Herbert Giese für die kunsthistorische Beratung, an Barbara Riedl für die sensible Reinigung der Ölbilder, an Pedro Salvadore für die technisch perfekten und seelenhaft engagierten Fotos der Kunstwerke, an Elisabeth Wrubel für die begleitende Empathie, an Mediha Fajkovic für ihre Talente und die computermäßige Erfassung der Materialien, an Ingrid Nowotny für ihre ambitionierten Schritte und an alle Freundinnen und Freunde für die Projektbausteine. Schließlich danke ich Sabine Plakolm-Forsthuber und Gudrun-Liane Ittu für den permanenten wissenschaftlich inspirierenden Dialog. Lisa Fischer

1930er-Jahre, Archiv K. Philippi

Inhalt

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Vorwort

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»Nichts Neues« – über Kunst und Künstler ...

Margarete Depner

Lisa Fischer Margarete Depner (1885–1970) – Meisterin des Porträts

18 22 28 34 39 44 51 60 65

Europa malen – Siebenbürgen finden Das Porträt – vom Anblick zum Durchblick Selbstdefinition und weibliche Prägung Malerin und Mäzenin Von den Lehrern zur Autodidaktin Von der Grafik zum Öl Pionierin der Bildhauerei Zwischen politischer Vereinnahmung und künstlerischem Widerstand Zeitlose Kunst diesseits von Faschismus und Kommunismus

Gudrun-Liane Ittu Margarete Depner (1885–1970) – eine Porträtkünstlerin par excellence

75 75 78 82 89 91 99 100 102 103

Die bildende Kunst Siebenbürgens am Ende des 19. und im 20. Jahrhundert Aufbruch in die Moderne Hermannstadt/Sibiu – ein modernes Kunstzentrum Kronstadt/Braşov – eine Kunststadt zwischen den beiden Weltkriegen Bildende Kunst unter kommunistischer Herrschaft Margarete Depner – eine vielseitige Künstlerin Margarete Depner – eine Porträtistin par excellence Das grafische Werk Die Ölbilder Das plastische Werk

Sabine Plakolm-Forsthuber Margarete Depner – eine wiederentdeckte Malerin der Moderne und der europäische Kontext

106 111 114 116 122 126 128

Selbstbildnisse Werdegang: Naturstudien – Landschaft Stillleben Budapest 1916/17 und die Nachkriegsjahre Porträts Frauenbilder Anpassung und Durchhalten

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Gedicht Adolf Meschendörfer: Die Bildhauerin Margarete Depner

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Margarete Depner (1885–1970): Biografische Übersicht

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Literaturverzeichnis Kurzbiografien Register Bildtafeln nach S. 144

Vorwort

„Die Erkenntnis der Gesetzlichkeit der Erscheinung, nicht ihre mechanisch-treue Wiedergabe ist das Wesentliche in der Arbeit des Künstlers.“1 Margarete Depner

Die Wiederentdeckung einer Meisterin der Porträtkunst – Margarete Depner – ist in gewisser Weise eine Sensation. In Truhen auf einem Dachboden der Verwandten in Kronstadt aufbewahrt, konnte der bildnerische Nachlass, einem verborgenen Schatz ähnlich, über dreißig Jahre nach ihrem Tod bei den Erben und Erbinnen 2007 vollkommen unversehrt gehoben werden. Von den Spuren der Lagerung befreit, erstrahlt das malerische Vermächtnis der Pionierin der Bildhauerei in alter Qualität und neuer Verortungserwartung. Erstmals und einzigartig werden damit umfangreiche Einblicke in ihr künstlerisches Schaffen und Ausblicke auf die Neubewertung nicht nur einer Künstlerin, sondern eines gesamten Kulturkreises – Siebenbürgen – im Kontext der Klassischen Moderne Europas möglich. Margarete Depner wurde 1885 im siebenbürgischen Kronstadt als Österreicherin geboren und starb 1970 ebenda als rumänische Staatsbürgerin. In Budapest, München, Berlin und Paris ausgebildet, wagte sie in und gegen die historischen Umbrüche den mutigen Schritt zum bildnerischen Gestalten. Als sensible Chronistin entwickelte Margarete Depner einen einzigartigen Stil, der ihr Werk erfolgreich vor der Vereinnahmung nationalsozialistischer oder kommunistischer Gestaltungsdoktrin bewahrte. Margarete Depner war Malerin, Grafikerin und Bildhauerin. Ebenso bedeutend ist ihre Rolle als sozial engagierte Wohltäterin, Kunstsammlerin und Mäzenin. Ihr sichtbares Lebenswerk besteht, abgesehen von ein paar Stillleben und Landschaftsbildern, in erster Linie aus Männer-, Frauen- und Kinderporträts oder -büsten und -skulpturen. Sie formte sich zu einer zentralen Repräsentantin der Porträtkunst, die es zwei Dezennien nach dem Fall des Eisernen Vorhanges neu zu entdecken gilt.

1

Depner, Margarete, „Nichts Neues“ – über Kunst und Künstler ..., in: Aus Kronstädter Gärten, Kronstadt 1930, hrsg. von Adolf Meschendörfer, S. 184–187, S. 185.

10

Mann mit Hut, 1906, 38 x 48,2, Kohle, Nlvz Nr. 5

Vorwort

Die Gesetzlichkeit der Erscheinung im Porträtieren eröffnet sich dort, wo jener Grund betreten wird, der jenseits des schnellen Blickes bereitliegt. Das genaue Studium und die geduldige Arbeit am Modell weisen der Künstlerin die Richtung. Die beharrliche Offenheit dem Anblick gegenüber sprengt die subjektiven Grenzen des künstlerischen Individuums und macht das Abzubildende transparent für die Entdeckung des Wesentlichen. Es ist eine vielfarbige Freilegungsarbeit der Künstlerin hin zum Persönlichkeitskern der Modelle und in einem ihnen ruhenden allgemeinen Thema, in dem sich über die Gesetzlichkeit der Erscheinung das Zeitlose offenbart. In ihm wirkt Schönheit in die Dauer. Nicht jenes idealisiert verstandene Schöne, sondern jenes, das das Erkanntwerden des Seins in seiner Ambivalenz widerspiegelt. „Um das Schöne innerlich wirklich zu besitzen, um es sich zu eigen zu machen, muss man in die Tiefen eindringen u. das ist nicht anders möglich als durch Arbeit, Fleiß und Ausdauer“,2 notierte Margarete Depner in einem ihrer Skizzenbücher. Das Arbeiten am Porträt ist eine hohe Kunst, die im Speziellen fordert. Es benötigt den genauen Blick, um das Gegenüber zu erkennen, und die freie Hingabe an die Person, um die Flüchtigkeit des Momentes in seiner Essenz zu bannen. Nicht zuletzt benötigt es ein perfektes handwerkliches Können und viel Geduld. Margarete Depner entwickelte in all dem eine singuläre Meisterschaft. Gekonnt hält sie die Balance zwischen Form und Charakter, da sie von sich – der Künstlerin –, wie sie sagt, die Freiheit fordert, die Folie der universellen Gesetzlichkeit im Abbild zu erforschen. Es war ihr künstlerisches Credo, diesen Grund immer wieder beim exakten Studium von Gesichtern und Charakteren aufzusuchen und ihn mit Farben oder Formen zu gestalten. Es bedeutete jedesmal ein Wagnis, den Weg der gedanklichen und persönlichen Freiheit zu beschreiten, um vom Anblick zum Einblick zu führen. So malt oder gestaltet sie sich nicht in die modischen Kunstzentren der europäischen Klassischen Moderne, sondern vom regionalen Rand Siebenbürgens her kommend mitten in das Universelle. Mit ihren Bil2

Depner, Margarete, Eintragung im Skizzenbuch, o. D., Privatarchiv Lisa Fischer.

Vorwort

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Bauarbeiterin, Sign. G.D., Hinterseite beschriftet für Ausstellung, 46 x 35, Kohle, Nlvz Nr. 79

dern und Büsten eröffnet sie jene Räume, die die Überraschung im Ausdruck einer zwar singulären in ihrer Wirkung jedoch allgemeingültigen Gesetzlichkeit in die Gegenwart holen. Mit ihren Porträts und Plastiken verteidigt sie die zeit- und raumlose Dauer des einzelnen Charakters. Sie schafft Persönlichkeitstypen, die transnational sind. Mit ihnen geht sie auf die Suche nach jener Wahrheit, die den Widerspruch zwischen Ideal und Wirklichkeit nicht glätten muss, sondern die ihn in Balance hält. Sie will, wie sie sagt, „ideale Bilder gestalten, aus den ganz realen Nöten und Wehen des Daseins“.3 Das ist ein höchst anspruchsvolles Programm, das sie von sich fordert. Es erfordert darüber hinaus jenen Willen zur Aussage, der sich stets neu am Modell finden muss, um dann darüber hinwegführen zu können. 3

Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 186.

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Entwurf einer Arbeiterin aus der Fabrik Nivea, Beschriftung Hinterseite für Ausstellung, 1960er-Jahre, 47,5 x 34, Kohle, Nlvz Nr. 80

Vorwort

Mithilfe einer gekonnt eingesetzten Formensprache, dem genauen Studium der Natur folgend und mit Farbeffekten spielend erkundet sie in ihren Ölbildern das Allgemeine in der individuellen Ausprägung. Das Gleichgewicht zwischen Ideal und Realität wird von ihr auch in der Grafik durch den Einsatz der Gegensätze von Hell und Dunkel gehalten, immer im Augenblick stehend und doch über die Zeit hinaus wirksam schön. Diese Kunst der Präsenz – die Kunst, den Hintergrund des Wesens zu entdecken – ist neben dem hohen handwerklichen Können ihre Meisterschaft und ihr Markenzeichen. Das künstlerische Œuvre der Grafikerin, Malerin und Bildhauerin Margarete Depner zeigt die Entwicklung eines eigenständigen Profils im Kontext der siebenbürgischen und der europäischen Klassischen Moderne. Die Neubewertung dieses Œuvres steht daher auch in direktem Zusammenhang mit der späten Wiederentdeckung einer ganzen Region und ihren künstlerischen Repräsentanten und Repräsentantinnen nach dem Fall des Eisernen Vorhanges. Die Öffnung zum sogenannten Osten schlug sich in der Folge, jedoch mit verspäteter Wirkung in den nach 2000 erschienenen ersten Künstlermonografien der Generation von Margarete Depner – über Grete Csaki-Copony, Trude Schullerus oder Eduard Morres – nieder. Dem gleichen Zweck diente die im Kunstmuseum von Kronstadt/Braşov veranstaltete Schau „Kronstädter Künstler und Künstlerinnen zwischen 1700 und 1950“, die, von einem Katalog begleitet, 2008 ebenda präsentiert wurde. Diese Wiederentdeckung der Kunstschaffenden Siebenbürgens und die Neuinterpretation ihrer Werke stehen erst am Anfang und sind bei Weitem nicht abgeschlossen.4 Die Einordnung in den europäischen Kontext kann für die Kunstgeschichte wichtige und neue Impulse geben. Lisa Fischer

4

Vgl. dazu: Dollen von der, Ingrid, Grete Csaki-Copony 1893–1990. Zwischen Siebenbürgen und weltstädtischer Kultur, Sibiu 2008; Möckl, Andreas/Möckl, Gerhard (Hrsg.), Trude Schullerus, 1889–1981. Eine Siebenbürgische Malerin, Sibiu 2005; Stephani, Brigitte, Eduard Morres. Ein siebenbürgischer Künstler (1884–1980), Heidelberg 2006.

Margarete Depner

»Nichts Neues« – über Kunst und Künstler ...

„Über Kunst sollte man nicht reden – man sollte sie still ausüben – oder sie still nachempfinden. Und doch – gehört Aussprache über das, was Kunst uns gibt, was sie uns sein kann, nicht zum Beglückendsten, das wir besitzen? Die Kunst liegt schlummernd – als Wunsch als Traum, als Ahnung – in der Seele des Künstlers verborgen. Aus ihr wächst sie langsam heraus wie ein schöner blühender Baum. Und die Früchte an diesem Wunderbaume der Kunst? Die reifen bei dem Künstler im Frühling, bei dem anderen im Herbste des Lebens. Den flüchtigen Schein der Dinge zu wesenhaftem Sein gestalten – ist das Kunst? Kunst ist ein Ausfluß von Hingabe – Hingabe des Künstlers an die reichen unendlich schönen Eindrücke der Natur, Hingabe an die dunklen, sehnsuchtsvollen Stimmen, die in seinem Inneren erklingen. Der Künstler hat die Gabe, durch seine Werke unsere Seele so zu ergreifen, daß wir uns für Augenblicke in ein fernes, fremdes Land, in sein Traumland, versetzt glauben – in weite, helle grenzenlose Räume, in denen die Welt still und ruhig, farbig und schön daliegt wie ein Garten, der sich in der silbernen Glaskugel eines Rosenbeetes spiegelt. Künstler, bist du von Träumen bezwungen worden, nun, dann bezwinge, besiege jetzt du die Träume – verwandle sie in Leben, gestalte sie! Zu einem Leben, das weiter zeugend, weiter Wellenkreise schlagend, neue Träume, neue Gedanken, neue Bilder in den Seelen anderer gebiert! Zu seinem, in weiter ungewisser Ferne liegenden Ziel gelangt der Schaffende nur durch Opfer, Leiden, Entbehrungen. Auf diesem entsagungsvollem Wege kann ihn aufrecht, mutig nur der ununterbrochene Gedanke an sein Werk erhalten, der Wunsch; es in all der von ihm empfundenen Lebendigkeit vollenden zu können, die – Hoffnung auf endliches Gelingen und damit auf einen Augenblick unbeschreiblichen Glücksgefühls, das ihm Entschädigung, Trost – und ein Ansporn zu neuem Schaffen ist.

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Margarete Depner

Auf Arm ruhende Frau I, 1908, 23,5 x 8,5, Bleistift, Nlvz Nr. 21

Alle Kunst beruht auf Täuschung – auf Vortäuschung von ‚Sichtbarem‘ – auf Vortäuschen von ‚Gesichten‘. Je vollkommener die Täuschung, je vollkommener die auf den Beschauer ausgeübte Suggestion – umso vollendeter – die Kunst. Die Phantasie diktiert, aber die Natur korrigiert jedes gute Werk des Künstlers! Die Erkenntnis der Gesetzlichkeit der Erscheinung, nicht ihre mechanisch-treue Wiedergabe ist das Wesentliche in der Arbeit des Künstlers. Nichts verträgt sich mit Kunst weniger als Pedanterie – nicht fordert sie mehr als – Freiheit. Die Mittel des Malers bestehen in Form (Linie), Ton (Helligkeitswerten) und Farbe (Kolorit). Wenn er diese Mittel – die Grundelemente seines Schaffens – in Beziehung setzen kann zu Wahrheit und Schönheit, dann hat er etwas geschaffen, das sich ruhig – Kunst nennen mag! Ein kleiner Klumpen Ton und – die Empfindung eines großen Gedankens – das genügt, um ein plastisches Kunstwerk zu schaffen! ... Man könnte Bücher über Kunst schreiben und würde doch nichts von dem ausdrücken können, was der Künstler unter Umständen mit wenigen Flecken, Strichen oder Farben zu fragen vermag ... Daher die oft so grenzenlose Überraschung, wenn man von einem Kunstwerke liest oder hört und es dann – sieht! Ein Einsatz eines ganzen Lebens, die besten Kräfte desselben muß man aber der Kunst widmen – oder man wird nie etwas in ihr erreichen ... Wir malen nicht so, wie wir malen wollen, sondern so wie wir malen müssen – weil wir anders – besser oder schlechter – nicht malen können. ... In der Kunst ist alles Gnade – nichts Verdienst! –

„Nichts Neues“ – Über Kunst und Künstler ...

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Auf Arm ruhende Frau II, 1908, 27,5 x 11, Lithografie, Nlvz Nr. 22

Wenn wir uns fragen was schön ist, müssen wir da nicht erschrecken? Was für uns schön ist, war es nicht für unsere Eltern und wird es nicht für unsere Kinder sein ... Glaube nur an das, was du empfindest – was du empfindest, das versuche auch zu sehen – und nur, was du gesehen – angesehen hast – das male! Das Schönheitsideal der Kunst wird in jedem Zeitabschnitt einer jeden Kultur wechseln, stets ein anderes sein – der menschliche und formale Wahrheitsgehalt derselben aber wird über Ewigkeiten hinweg derselbe bleiben. Er leuchtete und leuchtet aus den Hauptwerken aller Zeiten rein und hell hervor. Er ist es, der diesen Werken Kraft, Dauer, Größe verleiht. Er ist das Erkennungszeichen der wahren, unvergänglichen Schönheit ... ist der verborgene Edelstein, den wir in den Werken des Altertums, in denen der heutigen Zeit suchen, und dessen Vorhandensein wir in ihnen bewundern. Er ist die Lichtfackel, die uns den Zugang selbst zu den ältesten Kunstwerken erhellt und uns diesselben verstehen und genießen lehrt – nach einer Unendlichkeit von Jahren. Woran erkennt ma , ob ein Kunstwerk von heute, oder eines, das in einer längst vergangenen Epoche von Hunderten Jahren entstand, künstlerisch gut, wertvoll oder schön sei. Wonach bestimmt die Geschichte diesen Wert? Nur nach dem Gehalte an Wahrheit, den das Wort birgt und den es auf anmutige oder wuchtige, vornehm-stille oder erschütternde, rührend einfache oder glänzende Art und Weise – in stets neuer Sprache, stets neuem Stil- und Lebensgefühl – auszusprechen vermag! Gesehen durch die Erscheinungsformen des Sichtbaren, werden die Leiden und Leidenschaften, die Freuden und Seligkeiten des menschlichen Lebens – das Verkettetsein der Seele in Schicksal- und Naturmächte – immer wieder das Primäre und eruptiv Bewegende – das „Große, geheime Thema“ aller tiefen aufwühlenden und erschütternden Kunstwerke sein ...

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Frauenbüste, 34 cm, Marmor, Foto © pedro salvadore

Margarete Depner

Für den Künstler ist das Studium der Natur eine Fundgrube des Schönen – und das der menschlichen Empfindungen? Eine Quelle, eine Orakelstätte ... erschauernde Erkenntnis. Ideale Bilder gestalten aus den ganz realen Nöten und Wehen des Daseins – welch eine Lebensaufgabe! Hätten wir mehr Einsichten als Absichten – o, wie bescheiden würden wir sein! Was ist Fortschritt in der Kunst? Ein schritt fort! – Fort vom Gewesenen, fort vom Bestehenden! Immer wieder ein Schritt – fort vom einmal Ge-

„Nichts Neues“ – Über Kunst und Künstler ...

fundenen, einmal Bekämpften, einmal Bewunderten und dann wieder Verworfenen ... zu neuen Zielen, zu einer neuen ‚Richtung‘, zu einer neuen – jungen Kunst! Der Welt-Geist spricht durch den Zeit-Geist, der Zeit-Geist durch den Frei-Geist – den Geist der frei sieht, empfindet und schafft – durch den Geist des Genius zu uns, der neue Wellen, – Gefühls- und Anschauungswellen, für uns entdeckt. Die Widerspiegelung inneren Erlebens ist nicht die einzige – aber ist es nicht eine ganz hohe Aufgabe der Kunst? – Doch wozu diese höchsten, letzten Fragen berühren? Wer ist denn berufen, an diese Aufgaben heranzutreten, sie zu lösen? Nur der geniale Künstler – nur das naive Genie! Genie ... der eine hat’s – der andere hat es nicht ...! Und was ist denn Genie? Nicht doch etwas mehr als ‚die nie versagende Fähigkeit‘, wie ein berühmter Engländer sagte, ‚sich bis zum Äußersten anzustrengen‘.!? Ein schlechter Künstler sein ... Nein, lieber keiner! ... so denken viele Begabte angesichts der sich vor ihnen auftürmenden Schwierigkeiten und verzichten auf die Ausübung der Kunst. Das unscheinbare, armselige Würmchen aber, mit seinem winzigen Licht – das zieht sein Lämpchen nicht ein – es sucht und sucht in der dunklen Nacht weiter ... Über ihm, am unendlichen Firmament, da leuchten die großen, erhabenen Sterne – die senden ihr reines Licht hernieder auch in seinen stillen Winkel. Und wenn als Dank, als Gegengruß das kleine Fünklein, das ihm beschieden ward, aufflammen läßt, wen stört, wem schadet es? Dieses andachtsvolle Aufblicken von Licht zu Licht, dies Hinströmen zum Urquell des großen und Schönen? Laßt das Licht scheinen oder nur blinken, in Höhen oder in Tiefen ... das Licht, nein die quellende Sehnsucht nach ihm gehört zum Besten, das wir fühlen dürfen. Sein Schein durchdringt auch das Dunkel des wehesten Erlebens mit der himmlischen Botschaft vom Siege des Schönen, vom Siege – der Kunst!!“ Margarete Depner In: Aus Kronstädter Gärten. Kunstleben einer sächsischen Stadt im Jahr 1930. Kronstadt 1930, hrsg. von Adolf Meschendörfer, S. 184–187.

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Lisa Fischer

Margarete Depner (1885–1970) – Meisterin des Porträts

Europa malen – Siebenbürgen finden „Das Schönheitsideal der Kunst wird in jedem Zeitabschnitt einer jeden Kultur wechseln, stets ein anderes sein – der menschliche und formale Wahrheitsgehalt derselben aber wird über Ewigkeiten hinweg derselbe bleiben.“5 Margarete Depner

„Margarete Depner trat nicht zur Türe herein, sondern sie ‚erschien‘. Die Wirkung ihrer Werke war von derselben Demut und zugleich Hoheit ihrer Persönlichkeit.“6 Beides, Hoheit und Demut, spiegeln ihre Bildansichten und Plastiken wider. Persönlichkeit und Werk entwickelten sich parallel und können nicht voneinander getrennt betrachtet werden. Margarete Depner malt Personen mit den ihr eigenen Licht- und Schattenakzenten in Öl, konturiert die Züge spannungsgeladen auf weißem Papier mit schwarzer Kreide oder Bleistift und modelliert sie dreidimensional in Ton und Marmor. Mit ihrem subtilen Blick wird ihr Pinselstrich oder das zur Gestalt geformte Material gleichsam das vielgesichtige Zeugnis einer behutsamen Beobachterin. Durch beeindruckendes Können gelingt es ihr, den Seiltanz zwischen dem Wesen des Modells und dem Blick der Meisterin produktiv zu nutzen. Jenseits von Modell und Meisterin und doch zusammen mit ihnen stößt sie zur vierten Ebene, zum Hintergrund des Seins vor. „Wir malen nicht so, wie wir malen wollen, sondern so wie wir malen müssen“, formuliert sie ihr Credo, – „weil wir anders – besser oder schlechter – nicht malen können“.7 Akribisch geht sie dabei auf die Su5 6

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Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 186. Richter, Otmar, Gedanken zum 100. Geburtstag der Margarete Depner, in: Südostdeutsche Vierteljahresblätter, 34. Jg., Folge 3, München 1985, S. 200–2003, S. 200. Ebenda, S. 185.

meisterin des Porträts

che und stellt hohe Anforderungen an sich und das zu Gestaltende. Sie nimmt sich viel Zeit, sie entwirft und verwirft, um die Endlichkeit zu überwinden. Dabei verlässt sie nie den Respekt vor dem Gegenüber. Mit der unablässigen Neugierde und der beständigen Suche nach dem „ewigen Schönen“ gestaltet sie ihre Menschenbilder um, den Anforderungen der klassischen Antike folgend, Einblicke zu geben in die klare Form und die zeitlose Erscheinung, in das wahre Thema. „Es sind dies Darstellungen eines Lebensgefühls, die durch ihre Echtheit, durch ihre hohe künstlerische Meisterung unabhängig vom Zeitgeist und Geschmack ansprechen.“8 Ihr Leben spiegelt die radikalen politischen Einschnitte, die ihr Geburts-, Wohn- und Sterbeort – Kronstadt – von der k. u. k. Habsburgermonarchie über zwei Weltkriege hinweg bis zum rumänischen Kommunismus erlebte. Sie wirkte hier in einem multiethischen und multireligiösen Gebiet und gehörte zur Minderheit der Siebenbürger Sachsen. Diese waren in der Region des Karpatenbogens im 12. Jahrhundert zur Grenzsicherung angesiedelt worden. Für ihre Wehrtätigkeit gegen Mongolen und Osmanen erhielten sie spezielle Privilegien und bildeten neben der ungarischen und rumänischen Bevölkerung eine eigene, Deutsch sprechende Kultur. Die wirtschaftlich und künstlerisch florierende Eigenständigkeit dieser Minderheit wurde schließlich nach achthundert Jahren Geschichte durch die unheilvolle und schnelle Abfolge von Faschismus, Kommunismus und Kapitalismus im 20. Jahrhundert in weniger als zwei Generationen durch Zwangsevakuierung und Auswanderung weitgehend beendet. In und gegen diese historischen Umbrüche wagte Margarete Depner als Frau den mutigen Schritt zum bildnerischen Gestalten: zuerst zur Grafik, dann zur Ölmalerei und schließlich zur Bildhauerei! Im Genre der Skulptur gilt sie für die Region Transsilvaniens zudem als einzigartige Pionierin, der die siebenbürgische Plastik in den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts erst ihre Wiederbelebung verdankt. Die Kunst diente ihr als Rettungsanker gegen die historischen Gegebenheiten. Sie half der Frau, über die ihr zugestandenen engen Sozialisationen Strategien des psychischen Überlebens zu kreieren. Aus einer Industriellenfamilie stammend, als Mutter dreier Kinder, als Ehefrau eines berühmten Arztes und Regionalpolitikers schuf sie sich mit großer Anstrengung, jedoch auch 8

Wittstock-Reich, Rohtraut, Erhabene Schönheit in gegenständlicher Form, in: Neuer Weg, 23. März 1985, S. 3–4, S. 4.

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Lisa Fischer

mit ebenso großer Überzeugung eine eigene Definition als Künstlerin. Ökonomisch abgesichert lebte sie bis zum Zweiten Weltkrieg nicht von, sondern für ihre Kunst. Nach 1945 wurde die ökonomische Grundlage ihrer bürgerlichen Herkunft weitgehend zerstört. Der Realsozialismus ermöglichte ihr jedoch andererseits zum ersten Mal eine öffentlich anerkannte Professionalität und gewährte für ihre Verdienste eine Rente. Erst als Pensionistin erhielt sie zur Eigendefinition einen offiziell anerkannten Status als Künstlerin. Die Region Siebenbürgen war, bis zur endgültigen Abschottung durch den Eisernen Vorhang, direkt an die gesamteuropäischen Kunstentwicklungen angeschlossen gewesen. Vor allem durch den Gouverneur Maria Theresias, Samuel von Brukenthal, einen kunstliebhabenden Repräsentanten der Aufklärung, wehte seit dem 18. Jahrhundert nicht nur in Hermannstadt/Sibiu ein internationaler Wind. Das Vermächtnis des gemeinnützig denkenden Barons, seine Kunstsammlung nach seinem Tod 1803 der Öffentlichkeit als Museum zu überlassen, zeitigte für die Kunstschaffenden der Folgezeit eine umfassende Wirkungsgeschichte. Als größtes Museum Südosteuropas wurde das Brukenthalmuseum zum praktischen Studienplatz aller nachfolgenden siebenbürgischen Malgenerationen.9 Durch das Fehlen eigener lokaler Kunstuniversitäten waren Studienreisen nach Deutschland, Italien oder Frankreich integraler Bestandteil des Bildungskanons bildender Künstler und Künstlerinnen der Region. Bereits in der Generation der Jahrhundertwende – um 1900 – spielten Frauen zudem in Siebenbürgen als Malerinnen eine herausragende und noch näher zu analysierende Rolle. Auch sie studierten in München, Paris, Berlin oder Rom und entwickelten in der Folge eigene Stilinterpretationen. Die sogenannte Klassische Moderne findet in Siebenbürgen spezielle Ausprägungen und ist durch Stilpluralismus gekennzeichnet. Sowohl während der historischen Zugehörigkeit zur Habsburgermonarchie als auch später als Teil Rumäniens waren zuerst Hermannstadt/Sibiu und danach Kronstadt/Braşov bedeutende Kunstzentren Siebenbürgens. Hier verfolgte und reflektierte man die europäischen Trends und entwickelte sie zu eigenen Kunstformen weiter. Viele der Kunstschaffenden Siebenbürgens verließen jedoch das Gebiet, um im Ausland Berühmtheit zu erlangen. Einige taten dies bereits in der Zwischenkriegszeit des 20. Jahr9

Vgl. dazu Fischer, Lisa, Eden hinter den Wäldern, Samuel von Brukenthal: Politiker, Sammler, Freimaurer in Hermannstadt/Sibiu, Wien 2007.

meisterin des Porträts

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Landschaft, o.D., 24 x 24, Lithografie, Nlvz Nr. 33

hunderts, die zweite Welle folgte nach 1945 und eine in den 70er-Jahren. Der große Exodus nach 1989 beendete schließlich weitgehend das künstlerische Leben. Margarete Depner war eine der ganz wenigen, die blieben. Ihr Entwicklungs- und Handlungsraum ist daher gerade deswegen von besonderer Bedeutung, da sie über die radikalen historischen Brüche ebenso radikal unbeirrbar und unbeirrt ihre eigene Ausdrucksform entwickelte. Über die historischen Zäsuren hinweg bewahrte sie sich zudem einen zeitlos erscheinenden Stil, der sich erfolgreich einer ideologisierenden Lesart verweigert. Sie ließ sich von keinem der herrschenden Kunsttrends und keiner der politischen Strömungen indoktrinieren. Weder die -ismen der Jahrhundertwende noch die Trends der Zwischenkriegszeit, weder die Propagandakunst des Nationalsozialismus noch die Doktrin des Realsozialismus konnten ihre künstlerische Autonomie verformen. Sie blieb ihren klassischen Idealen und ihrem künstlerischen Credo treu. „Das Schönheitsideal der Kunst wird in jedem Zeitabschnitt einer jeden Kultur wechseln, stets ein anderes sein – der menschliche und formale Wahrheitsgehalt derselben aber wird über Ewigkeiten hinweg derselbe

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Lisa Fischer

bleiben.“10 Kunstvolles Gestalten beinhaltete demnach für sie die permanente Suche nach der Wahrheit der Form und der Wahrheit des menschlichen Seins. Hier verarbeitete sie eine humanistisch geprägte Haltung und gab ihr jenen gestalterischen Ausdruck, der jenseits der Zeit wirkt, obwohl er in der Zeit steht. Depners Kunst ist wesentlich, sie ist gültig.

Das Porträt – vom Anblick zum Durchblick „Über Kunst sollte man nicht reden – man sollte sie still ausüben – oder sie still nachempfinden.“11 Margarete Depner

„In Kronstadt in Siebenbürgen, am Ende der Straße, die einst Hirschergasse hieß – und jetzt, 1995, wieder! zum Andenken an jene Stadtrichterswitwe von Kronstadt, Apollonia Hirscher, die 1559 das schöne, große Kaufhaus in dieser Straße für die Handwerker der Stadt zum Feilbieten ihrer Ware errichten ließ, das heute noch steht, jener Straße, die dann nach dem zweiten Weltkrieg strada Roza Luxemburg, dann str. Ciucas hieß; dort wo diese Straße sich weit gegen die ‚Zinne‘ öffnet, so als wollte sie diesen Berg, der sich 300 m hoch steil über die Stadt erhebt, mit beiden Armen umfassen; dort steht ein Haus.“12 So beginnen die Lebenserinnerungen der Tochter Margarete Depners, der Historikerin Maja Philippi. In diesem Haus, in der geschichtsträchtigen Straße, in dem die tüchtige Apollonia Hirscher gewirkt hatte, dachte und arbeitete im 20. Jahrhundert die Malerin, Bildhauerin und Mäzenin – Margarete Depner. Sie widmete ihr Leben dem künstlerischen Ausdruck: Zuerst durch die Grafik, dann um die dreißig durch die Malerei und schließlich um die fünfzig durch die Skulptur. Als erste weibliche Bildhauerin verdient sie den Ruhm, als einzige Frau in Transsilvanien Anfang der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts die Pioniertat der Neuschöpfung der Plastik bewirkt zu haben. 10 11 12

Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 186. Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 184. Philippi, Maja, Mein Elternhaus, Erinnerungen, Typoskript, o. D., S. 1, Privatarchiv Kurt Philippi. Maja Philippi, die Tochter Margarete Depners, war Historikerin und verfasste für ihre Familie ein Erinnerungstyposkript, das freundlicherweise von ihrem Sohn Kurt Philippi zur Verfügung gestellt wurde.

meisterin des Porträts

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Türe und Mäntel, o. D., 40,5 x 28,3, Kohle, Nlvz Nr. 32

Das Haus in der Hirschergasse wird zum Symbol eines künstlerischen Lebenswerks und zum stabilen Zentrum einer Meisterin, die über und gegen alle historischen Brüche hinweg ihren Stil entwickelte und bewahrte. Der Name der Straße und auch die Hausnummer änderten sich entsprechend den politischen Rahmenbedingungen. Margarete Depner bewohnte es bis zu ihrem Tod 1970. Zuerst als Ehefrau und Mutter, dann als großbürgerliche Mäzenin und Sammlerin, zugleich als humanistisch geprägte Wohltäterin, immer jedoch vor allem als Künstlerin. In ihrem Haus wollte sie ihre private Kunstsammlung in einem eigenen

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Museum der Öffentlichkeit präsentieren. Diese Vision wurde durch die politischen Rahmenbedingungen zerstört. Als das Haus nach 1945 durch die Kommunisten enteignet wurde, zogen zahlreiche Mitbewohner und Mitbewohnerinnen in die familiären Räume. Margarete Depner, als Künstlerin nun offiziell anerkannt, konnte nur wegen dieses Status ihr Atelier und ein Zimmer, nun jedoch nur als Mieterin des Staates, behalten. Auch ihre Tochter Maja Philippi und deren Familie erhielten einen Wohnraum. Während man nun den täglichen Existenzkampf führen musste, bot die Kunst für Margarete Depner einen Rettungsanker. Mit ihrer Hilfe lebte sie dafür, die inneren und äußeren Bilder in Formen zu bannen. Der politische Umschwung bedeutete eine radikale Zäsur, die sie mit stoischer Ruhe bewältigte. Sie lebte anspruchslos und bescheiden von einer kleinen Rente und vom Verkauf ehemaliger Wertsachen.13 Anspruchsvoll blieb sie jedoch, was ihr künstlerisches Schaffen betraf, das sie bis zu ihrem Tod mit großem Einsatz für die Plastik ausübte. Ihr künstlerischer Werdegang oszilliert zwischen temporärer, männlicher professoraler Ausbildung und autodidaktischem Studium. Die für Frauen fehlenden Zutrittsmöglichkeiten an die Kunstuniversitäten beinhalteten für ihren Werdegang zwar einerseits ein Bildungsdefizit, verschonten sie aber gleichzeitig vor der Indoktrination eines Schulkanons. Das machte sie von allzu prägenden Einzelvorbildern unabhängig. Ihre Suche nach einem persönlichen Weg führte sie in der Folge zu zahlreichen, allerdings ausschließlich männlichen Privatlehrern. Margarete Depner genoss daher eine vielschichtige künstlerische Ausbildung vor Ort in Kronstadt, dann in Budapest, München, Berlin und Paris. Durch ihr humanistisches Weltbild, geschult in Weimar, war sie nicht nur ihrer Herkunft Siebenbürgen verbunden, sondern vor allem Europäerin. In der Hirschergasse führte sie ein offenes und gastfreundliches Haus. Hier erschuf sie in ihrem Atelier Kunstwerke, um die Kunst als Lebensaufgabe für sich und die Welt neu zu formen. In den historischen Brüchen und Umbrüchen, verursacht durch zwei Weltkriege und anschließend durch die kommunistische Diktatur, wurden ihr ihre Bilder und Skulpturen ein Mittel, sich im eigenen psychischen Überleben selbst neu zu kreieren. „Ja, nur im Gedanken an die Kunst lebe ich mein wahres Leben“,14 sagte sie einmal. Ähnlich sah auch Käthe Kollwitz die zentrale Bedeutung der Kunst in ihrem Leben. Nur die künstlerische Umsetzung der alltäglichen 13 Philippi, Maja, Mein Elternhaus, a. a. O., S. 13. 14 Depner, Margarete, Eintragung im Skizzenbuch, o. D., Privatarchiv Lisa Fischer.

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Tragödien öffneten ihr ein Ventil, das Leben zu ertragen.15 Das wahre Leben zu suchen bedeutete für eine Frau immer auch, neben den familiären Verpflichtungen eine Parallelwelt zu kreieren, in der sie als Künstlerin die Wirkung der Erscheinungen zulassen und ihre Ausdrucksformen entwickeln konnte. So notierte sie in einem ihrer Skizzenbücher auf ihren eigenen Anspruch Bezug nehmend: „Die Zeit eines ganzen Lebens, selbst wenn dies Leben mir u. nicht meinen Lieben gehörte, würde nicht ausreichen, die überwältigende Fülle von Gedanken auszusprechen, die mich erschüttern u. erregen, die unheimliche Fülle der Bilder, die in meiner Seele auftauchen, wie Gemälde großer tiefer Geister, die ich irgendwo schon einmal sah – eines immer nach dem anderen, in unendlicher Reihe, unendlichem Wechsel u. unendlicher Schönheit.“16 In ihrem Haus in der Hirschergasse frönte sie zudem einer „verschwenderischen Sammelleidenschaft“.17 Hier plante sie ein eigenes Museum. Als kollegiale Freundin und begüterte Förderin der zeitgenössischen Kunstschaffenden hatte sie zahlreiche Werke in Auftrag gegeben oder andere erstanden, um sie einmal der Öffentlichkeit zu präsentieren. Mit ihren Kunstkäufen und privaten Porträtaufträgen war sie somit eine zentrale Mäzenin der oft an Absatzmöglichkeiten leidenden Kolleginnen und Kollegen.18 Durch die Enteignung des Hauses während der kommunistischen Zeit konnte sie den ambitionierten Plan eines eigenen Museums nie realisieren. Die ihr zugestandenen Zimmer verwandelte sie jedoch mit Bildern und Büsten in eine belebte Galerie. Das eigene Atelier, ein nicht immer gewährter Luxus in der kommunistischen Ära, ermöglichte ihr bis zu ihrem Tod aktives künstlerisches Schaffen. Der öffentliche Status als Künstlerin sicherte der Bürgerlichen zwar eine eigene Pension und bewahrte sie vor der Zwangsevakuierung, nicht jedoch vor der vollständigen Enteignung ihres Besitzes. In der Hirschergasse entstand vor und nach dem Zweiten Weltkrieg der Großteil ihrer Bilder, in Öl oder Kohle. Margarete Depner war eine Meisterin des Porträts; Stillleben und Landschaften sind nur in geringer Zahl in ihrem künstlerischen Werk vertreten. Sie studierte Personen, ihre Gesichter und ihre Geschichten, die sich in den Falten, einem Blick oder einem Lächeln abbilden ließen. Ihre Modelle, Männer, Frauen, Kinder, kamen aus dem Alltag der Stadt und waren immer wieder bereit, 15 16 17 18

Kollwitz, Käthe, Die Tagebücher, hrsg. von Jutta Bohnke-Kollwitz, Berlin 1989, S. 741. Depner, Margarete, Eintragung im Skizzenbuch, o. D., Privatarchiv Lisa Fischer. Philippi, Maja, Mein Elternhaus, a. a. O., S. 11. Ebenda.

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Alte Frau mit Kopftuch, sign. G. Scherg, 1905–1906, 38,7 x 27,5, Kohle, Nlvz Nr. 1

Modell zu stehen. Eigene Dienstmädchen, die Kinder, deren Freunde oder Freundinnen und schließlich die Enkelkinder erduldeten oft gegen Entgelt die lange dauernden Abbildungszeiten. Derart malte die Künstlerin sie in die Wirklichkeitsdauer oder modellierte ihr Wesen in Ton. In Marmor gefertigt wurden die Skulpturen von anderen Händen, das konnte sie sich auch ökonomisch leisten. Sie musste das Typische nicht erfinden, es fand sich bei ihr, indem sie den Menschen ihre ganze Aufmerksamkeit widmete und ihrem Wesen auf den Grund blickte. Sie war eine Meisterin im Erfassen des Kerns und eine Könnerin des Handwerks. Mit Farben und Formen gestaltete sie Charaktere ihrer Heimat Siebenbürgen, die jedoch überall verortbar sind. Margarete Depner galt als „erste Dame“ Kronstadts.19 Sie hatte sich dieses Verdienst jedoch nicht 19

Philippi, Maja, Mein Elternhaus, a. a. O., S. 10.

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durch großbürgerliche Repräsentationsallüren erworben, sondern durch ihren erlesenen Geschmack, ihren künstlerischen Stil und nicht zuletzt durch ihr großes humanitäres Wirken. Von der Hirschergasse floss ihr Sozialengagement als Vorsteherin des Evangelischen Waisen- und Kinderschutzvereins und als Begründerin eines Tagesheimes für Kinder in das Kronstädter Leben ein.20 Es war die erste Institution dieser Art in Rumänien, bei der die Kinder, einer Ganztagesschule mit Nachmittagsbetreuung ähnlich, unter der Aufsicht von Lehrpersonal nach dem Unterricht eine spezielle Förderung erfuhren. Auch wurden am familiären Mittagstisch der Depners immer mehrere bedürftige Kinder verpflegt.21 Die Hausherrin führte damit ein Erbe ihrer Großmutter, Katharina Scherg, weiter, die bereits 1892 den Entschluss gefasst hatte, eine Volksküche für Arbeiter und Arbeiterinnen zu gründen. Die Wirtschafterin wollte man in Wien ausbilden lassen.22 In dieser Volksküche konnte die Arbeiterschaft zum Selbstkostenpreis Mahlzeiten erhalten.23 Ende des 19. Jahrhunderts war die Eröffnung einer derartigen Institution in Kronstadt eine Pioniertat. Katharina Scherg war durch und durch eine sozial denkende Frau. Die Verwirklichung ihrer Idee zog sich jedoch wegen mangelnder kommunaler Unterstützung dahin und wurde erst ein Jahr vor ihrem Tod 1896 Wirklichkeit. Die soziale Haltung der Mutter ging auf ihren Sohn und später auf ihre Enkelin Margarete Depner über. Auch Wilhelm Scherg engagierte sich für die Jugend. So ermöglichte er durch großzügige Finanzierung kurz nach dem Ersten Weltkrieg die Errichtung eines Wohnheims für 130 Lehrlinge, das 1926 eröffnet wurde.24 Margaretes Mann, Dr. Depner, agierte ebenfalls im Verständnis einer sozial engagierten Ethik. Er hatte sich für den Arbeiterstand eingesetzt, indem er als Regionalpolitiker dafür Sorge trug, dass auch Arbeiter in die politischen Vertretungsbehörden, den Kreisausschuss und den Volksrat gewählt wurden.25

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Ebenda, S. 9. Ebenda. Philippi, Maja, 200 Jahre Familie Scherg in Kronstadt. Vom Wollenzieher Michael Schürge zur Tuchfabrik Wilhelm Scherg, in: Siebenbürgisches Archiv, Siebenbürgische Familien im Wandel, hrsg. von Balduin Herter, Wien 1993, S. 84. Philippi, Maja, 200 Jahre, a. a. O., S. 82. Ebenda, S. 104. Wittstock, Thea, Ein Wegbereiter der Krebsbehandlung mit Radium in Rumänien. Der Chirurg Dr. Wilhelm Depner (1873–1950) und sein Sanatorium, in: Siebenbürgisches Archiv, Köln/Wien 1979, Bd. 14, S. 359–402, S. 391.

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Selbstdefinition und weibliche Prägung „Hätten wir mehr Einsichten als Absichten – o, wie bescheiden würden wir sein!“26 Margarete Depner

Großvater Michael Scherg, Archiv Wolfgang Wittstock

Großmutter Katharina Scherg, Archiv Wolfgang Wittstock

Margarete Depner wurde am 22. März 1882 in Kronstadt/Braşov im damals zu Ungarn gehörenden Teil der Habsburgermonarchie geboren. Sie war die älteste Tochter von Wilhelm und Julie Scherg, geborene Stenner.27 Der erste Scherg war im 18. Jahrhundert aus dem zur Habsburgermonarchie gehörenden Teil Schlesiens zugewandert. Seine Nachkommen hatten sich in nur wenigen Generationen, aus den ärmsten Verhältnissen kommend, über den „goldenen Boden“ des Handwerks hochgearbeitet.28 Der Vater Margaretes, Wilhelm Scherg, Jahrgang 1855, trat schließlich das Erbe seiner erfolgreichen Mutter Katharina an. Diese machte, als Witwe dazu gezwungen, ambitioniert und mutig das Tuchhandwerk zu ihrem Erfolgskurs. Wilhelm führte diesen weiter und gestaltete das Unternehmen in der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts mit Fleiß und Ehrgeiz zu dem bedeutendsten Textilbetrieb Siebenbürgens und der zweitgrößten Fabrik Rumäniens um. Die Zahl der Beschäftigten schwankte zu dieser Zeit zwischen 1.400 und 1.900 Personen.29 Seine Frau Julie, die ebenfalls aus einer sehr begüterten Familie stammte, trug zusammen mit ihrem Vater nicht unwesentlich zum ökonomischen Prosperieren bei. Sie starb jedoch bereits 1909 im Alter von nur 47 Jahren. Ihr Mann Wilhelm Scherg lebte bis zu seinem Tod 1930 als Witwer ganz für sein Unternehmen. Die ökonomischen Herkunftsverhältnisse der drei Geschwister Margarete, Marie (1890–1980) und Wilhelm (1888– 1961)30 waren daher wohlhabend, eine Schulbildung entsprechend dem bürgerlichen Leistungskanon auch für Mädchen durchsetzbar. Kronstadt vermerkte um 1900 eine Bevölkerungszahl von 34.608 Personen,31 die beständig im Steigen begriffen war. Man sprach Unga26 27

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Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 186. Depner, Margarete, Biographische Notizen an Rolf Schuller, Kronstadt 1968, S. 1, hier und im Folgenden: Privatarchiv Joachim Wittstock/Aus dem Siebenbürgischsächsischen Künstlerarchiv aufbewahrt durch Manfred Wittstock, Sibiu. Vgl. hier und im Folgenden: Philippi, Maja, 200 Jahre, a. a. O., S. 7f. Ebenda, S. 123. Philippi, Maja, 200 Jahre, a. a. O., S. 146. Ebenda, S. 88.

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risch, Rumänisch oder Deutsch. Die religiöse Zugehörigkeit folgte der sprachlichen. Man war dementsprechend katholisch, rumänisch-orthodox oder evangelisch. In Siebenbürgen lagen zu diesem Zeitpunkt die öffentlichen Schulen für die sächsische Bevölkerung in den Händen der evangelischen Kirche, die die Gymnasien nur für die männliche Jugend zugänglich machte. Für Mädchen gab es sehr dürftige Ausbildungsangebote. Geschlechtsspezifische Schulungen in Handarbeiten und Haushaltswirtschaft prägten die einschlägige Erziehung hin zur Ehefrau und Mutter. Dennoch wurde auch hier ein sozialer Wandel sichtbar, der sich in der öffentlichen Diskussion um das Frauenbild zeigte. So gab es zum Beispiel 1908 in der Halbmonatszeitschrift Die Karpathen, einem wichtigen Organ für Kultur und Leben, eine regelmäßige Serie über die Frauenbewegung, wo es hieß: „Das Ideal unserer Zeit ist nicht Entäußerung sondern Entfaltung, Behauptung der eigenen Persönlichkeit. Sich selber treu zu bleiben, ist eine unabweichbare sittliche Forderung für jeden Menschen – für die Frau vielleicht noch mehr als für den Mann.“32 Es ist anzunehmen, dass Margarete Depner sich auch mit diesen Aussagen beschäftigte, da sie fast alle Nummern der Zeitschrift besaß.33 Ihr Lebensweg spiegelt jedenfalls deutlich die dort geforderte Treue, in ihrem Fall zu ihrer künstlerischen Entfaltung, wider. Um das öffentliche Bildungsdefizit auszugleichen, wurden Mädchen aus bürgerlichen Familien oft durch Privatunterricht gefördert. Grete Csaki-Copony, Jahrgang 1893 und daher nur acht Jahre jünger als Margarete Depner, stammte ebenfalls aus Kronstadt und erhielt ihre erste 32 33

Stritt, Marie, Frauenbewegung und Kulturfortschritt, in: Die Karpathen, 1. Jg., Heft 8, Kronstadt 1908, S. 243. Information Joachim Wittstock, 19. 10. 2008.

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Die Schergsche Tuchfabrik, 1892, Archiv Wolfgang Wittstock Die Schergsche Tuchfabkrik 20erJahre, Archiv Wolfgang Wittstock

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Mädchen, Studie, 1905–1906, 32 x 24,7, Aquarell, Nlvz Nr. 4

Erziehung von Gouvernanten, die aus Österreich kamen.34 Sie setzte die Ausbildung in der Folge in Dresden fort. Es war geradezu revolutionär und mutig, dass Mädchen die einmalige Chance erhielten, den regionalen Bildungsmangel im Ausland zu beheben, und diese Möglichkeit auch für sich nützten. Margaretes Vater war als junger Mann bereits zur fachlichen Fortbildung über Budapest und Breslau gewandert und in Preußisch-Schlesien gelandet. Sein Lebensweg war durch die Fremde überregional geprägt, was auf den Werdegang seiner ältesten Tochter sicher 34

Dollen von der, Ingrid, Grete Csaki-Copony, a. a. O., S. 12.

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eine Auswirkung hatte. Für Margarete Depner fiel die Wahl auf Weimar, wo sie zwischen 1901 und 1902 ein Mädchenpensionat besuchte.35 Neben den humanistisch geprägten Bildungsidealen wurde sie hier zum ersten Mal in den Museen mit den Skulpturen der klassischen Antike konfrontiert, was bei ihr einen nachhaltigen Einfluss hinterließ. Schon in jungen Jahren hatte sie zudem zu zeichnen begonnen. Diese Ambitionen wurden jedoch sowohl im familiären als auch im sozialen Umfeld eher belächelt und missbilligt als gefördert.36 Mit zwanzig Jahren gelang es ihr 1905 dennoch, einen ersten Studienaufenthalt in Berlin durchzusetzen. Zehn Monate lang schulte sie ihr Können bei Professor Wilhelm Jordan. 1871 geboren, hatte Jordan seine Ausbildung in Breslau, München und Berlin absolviert, wo er bis 1918 an der Kunstschule unterrichtete. Er war Maler, Illustrator und Lithograf und hatte nicht zuletzt wichtige Personen der Gesellschaft porträtiert. Für die junge Margarete Depner hatte dieser Aufenthalt, ihren Worten gemäß, bei allen späteren Arbeiten eine bleibende Wirkung hinterlassen. Depners frühe Arbeiten sind Kohle-, Bleistift- oder Aquarellbilder und datieren aus der Berliner Zeit zwischen 1905 und 1906. Es war dies jene wichtige Etappe, in der sie fachliche Anstöße erhielt. Die Werke sind, falls signiert, mit ihrem Mädchennamen G. Scherg gekennzeichnet. Akademisch ausgerichtet, versuchte sie sich bereits am Porträt, wobei auch das Selbstporträt bald eine wichtige Rolle spielte. Klar erkennbar sind ihre Begabung und die Hinwendung zum Experiment am Charakterstudium. Beides wird sie zeit ihres Lebens weiterentwickeln. Der Aufenthalt in Berlin scheint zudem mit der persönlichen Bekanntschaft der von ihr bewunderten Käthe Kollwitz verbunden gewesen zu sein.37 Kollwitz, Jahrgang 1867, hatte im Geburtsjahr von Margarete Depner, 1885, ihr Studium an der Künstlerinnenschule in Berlin begonnen und durch ihre ersten Radierungen zum Zyklus „Ein Weberaufstand“ 1898 bereits große öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Margarete Depner, an die zwanzig Jahre jünger, war zum Zeitpunkt ihres Berlin-Aufenthaltes mit dem Arzt Wilhelm Depner verlobt, Käthe Kollwitz ihrerseits bereits mit einem Mediziner, der in einem Arbeiterviertel 35 36 37

Depner, Margarete, Biografische Notizen, a. a. O., S. 1. Philippi, Maja, Mein Elternhaus, a. a. O., S. 11. Ebenda, S. 11. In anderen Quellen wird die persönliche Begegnung auf 1931 festgesetzt, so z. B. in: Restrospectiv. M. Depner, Kronstadt 1975, S. 7. Hier wird der Quelle der Tochter der Vorzug gegeben, da besonders die Grafik in diesen Jahren für Depner Bedeutung hatte und Ähnlichkeiten zu Kollwitz nicht leugbar sind.

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Um 1900, Archiv K. Philippi

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Berlins ordinierte, verheiratet. Die ersten Arbeiten von Kollwitz schöpften ihre Inspiration aus den Sprechstunden ihres Mannes. Die Modelle ihrer frühen Zeit sind Patienten und Patientinnen, die er behandelte.38 Sie gaben ihr einfach und bedingungslos das, was sie als schön empfand. Durch die persönliche Begegnung und die Einordnung in den sozialen Kontext wurde das Bewusstsein von Käthe Kollwitz in der Folge zur politischen Stellungnahme entwickelt, die sie als kämpferische Künstlerin für die Rechte der Unterdrückten auswies. Auch Margarete Depner wird später als Ehefrau eines Arztes immer wieder im Spital mit der Realität von Krankheit und Tod konfrontiert werden und aus dem Beobachteten Anregungssequenzen für ihr Werk ziehen. Die biografischen Parallelen beider Künstlerinnen sind offensichtlich! Die Ähnlichkeiten der grafischen Arbeiten Depners, sie entstanden im Schwerpunkt bis Mitte der 20er-Jahre, könnten durch die persönliche Wertschätzung der Jüngeren für die Ältere eine zusätzliche Erklärung finden. Beide waren in ihrem Schaffen zudem durch die Suche nach dem Schönen, nicht dem gefällig Schönen, sondern jenem, das die Authentizität und das Wesen erforschen will, angetreten.

Margarete und Wilhelm Depner um 1907, Archiv K. Philippi

Während Kollwitz jedoch von ihrem Vater zum Kunststudium motiviert worden war und auch von ihrem Ehemann immer wieder unterstützt wurde, hatte es Margarete Depner in diesem Zusammenhang schwerer. Sowohl ihr zukünftiger Ehemann, um zwölf Jahre älter und studierter Mediziner, als auch ihr Vater, ein zwar wohlhabender, jedoch spartanisch denkender Protestant, waren mit ihrem Wunsch, sich ganz der Kunst

38 Kollwitz, Käthe, Die Tagebücher, a. a. O., S. 18.

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zu widmen, nicht einverstanden.39 So beendete sie 1906 ihr in Berlin begonnenes Studium und kehrte nach Kronstadt zurück, wo sie 1907 Dr. Wilhelm Depner heiratete. Die Hochzeit unterbrach ihren engagiert begonnenen künstlerischen Werdegang nur, konnte ihn jedoch nicht aufhalten. Dennoch sollte sie der Konflikt zwischen familiärer Pflicht und künstlerischer Neigung ein Leben lang begleiten. 1911 kam Tochter Thea, 1914 kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges Tochter Maja und 1919 nach dem Ersten Weltkrieg endlich der ersehnte Sohn Wilhelm zur Welt.40 Allen Kindern wurde eine gute Ausbildung zuteil. Beide Mädchen studierten in den 30er-Jahren in Deutschland. Thea wurde Ärztin und trat später in Kronstadt das Erbe ihres Vaters an. Sie fand als Chefärztin in dem von ihm gegründeten, aber in der Zeit des Kommunismus nationalisierten Spital ihre Wirkungsstätte. Maja studierte Geschichte und kehrte ebenfalls nach Kronstadt zurück. Hier arbeitete sie als angesehene Historikerin und lebte mit ihrer Familie in einem Zimmer zusammen mit der Mutter und deren Atelier in jenem Haus in der Hirschergasse, das einmal ihr Eigentum gewesen war. Wilhelm wurde Ingenieur und emigrierte nach Deutschland. 1911 erwarb Dr. Depner mit der finanziellen Hilfe seiner Frau das Haus in der Hirschergasse, um hier sein „Sanatorium“ – eine Privatklinik für Chirurgie, Orthopädie und Gynäkologie – zu eröffnen.41 Zwischen mütterlichen Pflichten und ehelichem Engagement für das Sanatorium, in dem sie unter anderem für die wirtschaftliche Leitung und den Betrieb der Küche zuständig war,42 blieb in den ersten Jahren nur wenig Zeit für die Kunst. Zudem mangelte es an empathischer Unterstützung des Umfelds für das für eine Frau ungewöhnliche Bedürfnis, sich der Malerei zu widmen. Ihr Ehemann ging ganz in seiner Berufung als Arzt und erfolgreicher Regionalpolitiker auf. Als Chirurg war er nicht nur eine fachliche Kapazität, sondern hatte auch eine der ersten Röntgenkliniken des Landes aufgebaut.43 Wilhelm Depner war zwar stolz über die Erfolge seiner Frau, das richtige Verständnis für ihre Kunst und die damit verbundenen Anstrengungen körperlicher und seelischer Art konnte er jedoch nicht aufbringen.44 Auch die Kinder mussten die Liebe 39 40 41 42 43 44

Philippi, Maja, Mein Elternhaus, a. a. O., S. 11. Philippi, Maja, 200 Jahre Familie, a. a. O., S. 145. Wittstock, Thea, Ein Wegbereiter, a. a. O., S. 362. Ebenda, S. 370. Ebenda, S. 371. Philippi, Maja, Mein Elternhaus, a. a. O., S. 12.

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der Mutter mit deren Liebe zu den „Menschen aus Stein“ teilen.45 Dies führte dazu, dass ihnen die Anerkennung für das künstlerische Werk der Mutter weitgehend fehlte. Margarete Depner stand im permanenten Spannungsfeld weiblicher Selbstaufgabe und künstlerischer Aufgabe und musste ihr kreatives Milieu ständig neu erschaffen. Die meisten Frauen befanden sich im Konflikt, die verschiedenen Rollen als Ehefrau, Mutter und Künstlerin nicht gegeneinander, sondern miteinander in Verbindung zu bringen. Grete Csaki-Copony, eine Kronstädter Kollegin Depners, hat, wie sie berichtete, „rechts gekocht und links gemalt“.46 Auch Käthe Kollwitz gestand das Dilemma, dass sie, ohne an Ehe und Familie gebunden zu sein, frei leben und arbeiten wollte.47 Es bedurfte harter Arbeit und hartnäckiger Beharrlichkeit für Frauen, sich nicht vom künstlerischen Weg abbringen zu lassen. Margarete Depner war diesbezüglich eine überzeugende Pionierin.

Malerin und Mäzenin „In der Kunst ist alles Gnade – nichts Verdienst!“48 Margarete Depner

Trotz ihrer vielfachen Rollen, der permanenten Ablenkungen durch die Anforderungen der Familie und des nicht unbedingt kunstfreundlichen protestantischen Umfelds gab Margarete Depner nicht auf. Sie suchte Malunterricht und fand ihre Privatlehrer nach ihrem Berlin-Aufenthalt auch in Kronstadt – bei Professor Ernst Kühlbrandt (1857–1933).49 Durch seine gelehrigen Hände waren die meisten siebenbürgischen Künstler und Künstlerinnen gegangen. Sein Zeichenunterricht baute auf exaktes Naturstudium. Arthur Coulin (1869–1912), der in Graz, München, Wien und Rom seine stilistischen Schulungen erhalten hatte und der sowohl durch seine Bilder als auch durch seine publizierten kunsthistorischen Betrachtungen für die moderne Malerei Siebenbürgens bahnbrechend

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Brief Maja Philippi an ihre Schwester Thea, 1.–3. Juli 1942, Privatbesitz Kurt und Friedrich Philippi. Dollen von der, Ingrid, Grete Csaki-Copony, a. a. O., S. 34. Kollwitz, Käthe, Die Tagebücher, a. a. O., S. 19. Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 185. Philippi, Maja, Mein Elternhaus, a. a. O., S. 11.

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war,50 beeinflusste sie in ihren frühen Jahren ebenfalls. Coulin wagte die kühne Synthese von Wilhelm Leibls gepflegtem Naturalismus und der idealen Formschönheit eines Anselm Feuerbach.51 Trotz seiner wichtigen Rolle im siebenbürgischen Kunstgeschehen hätte er jedoch ohne öffentliche Stipendien und die privaten Einkünfte seiner Frau Olga Fogarascher ökonomisch kaum überlebt.52 Die ausgebildete Geigerin stellte ihre Karriere zurück, um durch ihren Unterricht eine wirtschaftliche Basis für sich und ihren Mann zu erlangen. Kunstverkäufe reichten für die meisten, die sich diesem Metier verschrieben, schwer aus. Wichtig ist in diesem Kontext auch der Auftrag der Depners vier Jahre vor Coulins Tod. Sein Ganzkörperporträt zeigt die dreiundzwanzigjährige, frisch verheiratete Margarete. Das großformatige Bild aus dem Jahre 1908 unterstreicht nicht nur den persönlichen Bezug der beiden,53 sondern auch die Funktion, die die Familie Depner einnahm. Diese war jedoch allein durch das Engagement der kunstliebenden Margarete und durch ihre Aufträge nicht nur für Coulin sondern für die gesamte Szene von zentraler Bedeutung. Durch ihre Kunstkäufe übernahm sie eine wichtige Rolle für die siebenbürgischen Kunstschaffenden. Freundschaftliche Beratung kam zudem, wie sie sagte, von Friedrich Miess und Fritz Kimm.54 Ersterer, Jahrgang 1854, hatte in Wien und München studiert und war Teil des Künstlerkreises um Robert Wellmann. Wellmann (1866–1946) war in Hermannstadt ein Schüler von Carl Dörschlag gewesen. Er hatte zudem 1907 in Budapest eine Kunstschule gegründet,55 die für Siebenbürgen näher liegend als die Kunstmetropolen von Wien, München, Berlin oder Paris einen neuen Attraktionspunkt bieten konnte. Wellmann gelang es nicht nur, mit seiner Kunst Geld zu verdienen, sondern er betrieb in den italienischen Sabiner Bergen auch eine Sodawasserfabrik.56 In Cervara di Roma, einem kleinen Bergdorf in den Sabiner Bergen, hatte er sich ein Haus gekauft, das 50 51

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Udrescu, Doina, Deutsche Kunst aus Siebenbürgen in den Sammlungen des Brukenthalmuseums Hermannstadt (1800–1959), Hermannstadt 2003, S. 52. Krasser, Harald, Der Maler Arthur Coulin. Zum hundertsten Geburtstag, in: Sie prägten unsere Kunst, Studien und Aufsätze, hrsg. von Brigitte Stephani, Klausenburg 1985, S. 184–188, S. 184. Ebenda, S. 185. Im Besitz der Sammlung Depner/Philippi/Wittstock, vgl. dazu Ausstellungskatalog 2008, Artişţi Braşoveni Uitaţi, Muzeul de Arta Braşov, o. S. Depner, Margarete, Biografische Notizen, a. a. O., S. 2. Die Karpathen, 1. Jg., Heft 1, Kronstadt 1907/08, S. 31. Myss, Walter, Kunst in Siebenbürgen, Thaur bei Innsbruck 1991, S. 102.

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zusammen mit seinem gemieteten Atelier in Rom immer wieder auch seinen Kollegen und Kolleginnen aus Siebenbürgen als Inspirationsort diente.57 Auf seine Heimat bezogen war er der Überzeugung, „daß für den freischaffenden Künstler die Existenz in dieser abgelegenen Provinz unmöglich war“.58 So ging er nach Berlin und förderte von dort aus seine Kollegen, vor allem Arthur Coulin. Auch Miess wagte die künstlerische Selbstständigkeit. Als „ewiger Junggeselle“ fiel ihm dies ökonomisch sicher leichter. Als erster Siebenbürger Sachse gelang es ihm, als freischaffender Maler in Kronstadt zu leben, wo er ein eigenes Atelier besaß.59 Sein Schwerpunkt galt der Landschaftsmalerei und der Porträtkunst. Nach der Rückkehr Arthur Coulins aus Rom arbeitete dieser bis 1908 zusammen mit Friedrich Miess in dessen Atelier. Es entwickelte sich bald zu einem zentralen Kristallisationspunkt der Kronstädter Kunstschaffenden, in dem auch Margarete Depner nicht fehlte.60 Zusammen mit Arthur Coulin konnte sie hier nach lebenden Modellen zeichnen.61 Fritz Kimm, um fünf Jahre jünger als seine Kollegin, war ein Spezialist der Kohle- und Federzeichnungen. Sein überwiegend grafisches Werk zeigt ihn als herausragenden Zeichner, der es verstand, die Kunst des Weglassens richtig einzusetzen und dem Leben ländlicher Lebensund Arbeitswelten ein Gesicht zu geben. Neben den Illustrationsaufträgen verdiente er seinen Unterhalt in den 30er-Jahren als Gutsverwalter. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschlug es auch ihn über Österreich nach Deutschland, wo er 1979 starb.62 Bei Coulin, Kimm und Miess lernte Margarete Depner jedoch nicht nur als Schülerin der Malerei und Grafik, sondern betätigte sich auch als Mäzenin. Diese Funktion ist umso bedeutender, als es in Siebenbürgen kaum kunstinteressierte Auftraggeber gab. Noch weniger existierte ein wirkungsvolles, finanzkräftiges Mäzenatentum. Die fast ausschließlich protestantische Gesellschaft der Siebenbürger Sachsen war mehr durch spartanischen Puritanismus denn durch großzügige Kunstförderung ge57

Vgl. dazu: Wittstock, Manfred, Ein siebenbürgisches Künstlerheim in Cervara di Roma, in: Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde, 16, Heft 1, Wien 1993, S. 68–74. 58 Krasser, Harald, Arthur Coulin, Bukarest 1970, S. 19. 59 Udrescu, Doina, Deutsche Kunst, a. a. O., S. 66. 60 Krasser, Harald, Arthur Coulin, a. a. O., S. 12f. 61 Morres Eduard, Erinnerungen, in: Karpaten Rundschau, Kronstadt 20. 4. 1973, in: Künstlerarchiv Rolf Schuller Siebenbürgisches Archiv Gundelsheim. 62 Vgl. dazu auch: http://forumkronstadt.ro/das-forum/kronstaedter-persoenlichkeiten.

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prägt. Margarete Depner war diesbezüglich sowohl als Mensch als auch als Frau eine absolute Ausnahme. Sie besaß durch ihre Herkunft ökonomische Potenz, durch ihre Studien einen erlesenen Geschmack, zudem die richtigen Kontakte und in erster Linie Förderungsambitionen. War sie im Alltagsleben eher anspruchslos, so zeigte sie sich bezüglich der Kunst geradezu verschwenderisch.63 Über die Jahre hinweg hatte sie über hundert Bilder ihrer siebenbürgischen Kollegen und Kolleginnen gesammelt. Aber auch internationale Namen wie Käthe Kollwitz, Lovis Corinth, Richard Boege oder Ernst Barlach waren Teil ihrer Kollektion. Ihre Vision war es, ihre private Kunstsammlung in einem eigenen Museum der Öffentlichkeit zu präsentieren. Von allen Genannten besaß sie Werke, von einigen sogar zahlreiche. Eine Liste verzeichnet fünf Bilder von Arthur Coulin, dreiundzwanzig Bilder von Friedrich Miess und vierzehn Werke von Fritz Kimm.64 Dieser hatte auch einige Auftragsarbeiten von den Familien Scherg und Depner erhalten. Er porträtierte die Eltern, Wilhelm und Juliane Scherg, den Ehemann Dr. Wilhelm Depner im Operationssaal, die Kinder Thea, Maja und Wilhelm und selbst seine Kollegin Margarete Depner beim Zeichnen.65 Das Ölbild von Wilhelm Scherg wurde nach ihrem Tode 1971 dem Brukenthalmuseum verkauft.66 So verdankt dieses der Privatsammlung Margarete Depners zwei Ölwerke Fritz Kimms. Von Friedrich Miess gelangten ebenfalls Bilder in das Brukenthalmuseum.67 Auf die gleiche Art und Weise kamen zumindest zwei wichtige Werke Grete Csaki-Copony’s in den öffentlichen Besitz Hermannstadts. Die in Kronstadt geborene Malerin hatte mit ihrem Mann und den Kindern Siebenbürgen 1934 zugunsten von Stuttgart verlassen, von wo aus sie über Berlin Karriere machte. In ihrer Heimat sind „Die Dächer im Schnee“ dank des sammelnden Engagements von Margarete Depner nun in Hermannstadt/Sibiu im Brukenthalmuseum zentraler Bestandteil der permanenten Ausstellung. Auch „Die Dächer im Schnee“ befanden sich zusammen mit acht anderen Bildern im Nachlass von Margarete Depner.68 63 64 65 66 67

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Philippi, Maja, Mein Elternhaus, a. a. O., S. 11. Bilderliste, S. 1, 3, Privatarchiv Kurt Philippi. Ebenda, S. 3. Udrescu, Doina, Deutsche Kunst, a. a. O., S. 184. Ebenda, S. 194. Die Nr. 211 dürfte ebenfalls aus der Depnerschen Sammlung sein, da in der Bilderliste eine italienische Landschaft vermerkt ist und die Aufnahme 1971 zusammen mit den zwei anderen Bildern von Maja Philippi stattfand. Vgl. dazu Bilderliste, S. 4, und Udrescu, Doina, Deutsche Kunst, a. a. O., S. 149f. Es ist anzunehmen, dass auch die Nr. 44 des Brukenthalmuseums, die ohne

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Ein weiterer, nur zwei Jahre älterer Kollege, Hans Eder, stand in engem Austausch mit Margarete Depner. Mit Eder erreichte der Expressionismus in Siebenbürgen einen Höhepunkt. Seine Studien führten ihn über München und Paris nach Brügge. Zu seinem Bekanntenkreis zählten die Schriftsteller Erich Mühsam und Heinrich Mann, die er auch porträtierte. Mit dem Österreicher Franz Blei verband ihn eine Freundschaft, und zusammen mit Felix Harta eröffnete er in Wien 1912 eine Malschule.69 In Kronstadt zählte er zu den Mitarbeitern der meinungsbildenden Kunstzeitschriften Das Ziel und Klingsor. Hans Eder erhielt den Auftrag, Dr. Depner im Operationssaal und die Schwägerin Marie Depner mit ihrem Strickstrumpf zu malen.70 Dieses Porträt wurde von der Tochter Margarete Depners, Maja Philippi, 1971 dem Brukenthalmuseum verkauft.71 Auf die gleiche Art und Weise gelangte Eders „Bosporuslandschaft“ in Museumsbesitz. Margarete Depner besaß in ihrer Privatsammlung für das geplante Museumsprojekt zumindest neun Bilder von Hans Eder. Seine „Hochzeit vom Kanaan“ wurde 1983, zum 110. Geburtstag von Dr. Wilhelm Depner, von den verantwortungsvollen Erben der Schwarzen Kirche in Kronstadt zum Geschenk gemacht.72 Dort ist sie durch die großzügige Geste der Erben und Erbinnen im Osten des nördlichen Seitenschiffes, gleichsam als stilles Vermächtnis Margarete Depners an die Nachgeborenen, im öffentlichen Raum für alle Interessierten zu besichtigen. Ihre bislang unterschätzte, jedoch im Kontext pionierhafte Rolle als Mäzenin wird durch die Widmung des Kronstädter Komponisten Paul Richter besonders unterstrichen. Das Streichquartett Nr. 2 in d-Moll versah er mit folgenden Worten: „Der Künstlerin und Förderin der Kunst Frau Margarethe Depner verehrungsvoll zugeeignet vom Componisten. Hermannstadt 1. Februar 1937.“73

Herkunftsvermerk 1971 aufgenommen wurde, aus der Depnerschen Sammlung stammt, da in der Bilderliste eine „Junge sächsische Frau in weißer Tracht“ vorkam. 69 Udrescu, Doina, Deutsche Kunst, a. a. O., S. 79. 70 Bilderliste, S. 1. 71 Udrescu, Doina, Deutsche Kunst, a. a. O., S. 169. 72 Brief 1983, Privatarchiv Kurt Philippi. 73 Die Partitur befindet sich im Besitz Kurt Philippis.

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Von den Lehrern zur Autodidaktin „Die wahre Kunst ist absichtslos wie die reine Erkenntnis.“74 Margarete Depner

Margarete Depner erhielt für ihre künstlerische Tätigkeit punktuelle Unterweisungen. In erster Linie zeichnete sie sich jedoch durch autodidaktisches Selbststudium aus. Dazu dienten ihr Museumsbesuche, die Literatur und das praktische Arbeiten an der Natur. In den Tempeln der Kunst erarbeitete sie sich nicht nur den genauen Blick für Meisterwerke, sondern verband sich mit dem dahinter liegenden Grund. So sagte sie: „Ich kann nicht sagen, dass ich an der Kunst ‚Freude‘ hätte. Was ich fühle ist eher eine Art Ergriffenheit, die mich erfasst, wenn ich eine künstlerische Arbeit betrachte. Mir ist dabei als ob ich wie durch ein Wunder in einen Zauberspiegel blickte, der mir ein Bild zurückstrahlt, in dem ich sehe, was in der Seele eines anderen, mir unbekannten sich zugetragen hat.“75 Mit der gleichen offenen Haltung wird sie auch ihre Modelle betrachten und sie zusammen mit dem eingehenden Blick für die Anatomie porträtieren. „Die Phantasie diktiert, aber die Natur korrigiert jedes gute Werk des Künstlers!“76 So lautete ihr Credo, und weiter meinte sie: Frauenakt in Pyramide, 25 x 34,4, Kohle, Nlvz Nr. 24

74 Margarete Depner, Eintragung im Skizzenbuch, o. D., Privatarchiv Lisa Fischer. 75 Margarete Depner, Eintragung im Skizzenbuch, o. D., Privatarchiv Lisa Fischer. 76 Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 185.

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„Die Mittel des Malers bestehen in Form (Linie), Ton (Helligkeitswerten) und Farbe (Kolorit). Wenn er diese Mittel – die Grundelemente seines Schaffens – in Beziehung setzen kann zu Wahrheit und Schönheit, dann hat er etwas geschaffen, das sich ruhig – Kunst nennen mag!“77 In dieser Aussage schwingt auch der philosophische Ansatz eines humanistischen Weltbildes mit. Sie hatte sich, wie ein zerlesenes Büchlein in ihrem Nachlass beweist, intensiv mit Schopenhauers Orakel der Weltklugheit beschäftigt. Auch die Schriften von Marc Aurel dienten ihr dazu, philosophische Betrachtungen anzustellen. „Immer bestrebt, Versäumtes nachzuholen, engagierte sie zudem den Kronstädter Gymnasialprofessor Hermann Tontsch als Privatlehrer, der sie in literarisch-ästhetische, in philosophische Überlieferungen einführte.“78 In der Wechselbeziehung von künstlerischem Handwerk und der Suche nach dem Wesentlichen formte sie das richtige Maß zwischen Technik und Inhalt. Gleichzeitig war sie stets bereit für den richtigen Augenblick, der ihr die geeigneten Modelle bescherte. Überall gab es Charakterköpfe, die ihr als Anregung dienten und in deren tiefere Natur sie sich einarbeitete. Den Vorteil des Selbststudiums erkannte sie deutlich, indem sie formulierte: „Der einzige Weg, um vorwärtszukommen, ist Beobachtung; sie ist alles, der einzige, große und wirkliche Lehrer, ... keinem anderen kann man sich ganz und unbedingt anvertrauen, von keinem, so wie von diesem, alles hoffen und alles lernen. Wenn man sich auf ihn verläßt und auf sein eigenes reines Wollen, wird man immer originell sein – dagegen gezwungen, unnatürlich und unfrei, wenn man andere nur kopiert und nachahmt. Ganz von innen heraus muß man leben, sich wandeln und sich formen und Opfer bringen, um wahr, stark und groß zu sein ...“79 Diese Aussage bezog sich nicht nur auf das Leben, sondern auch auf ihr Verständnis von Kunst. „Probieren geht über studieren“,80 das war bis ins hohe Alter einer ihrer Leitsätze. Ernsthaftes Arbeiten unter der Anleitung eines Lehrers ermöglichte ihr paradoxerweise der Krieg. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, war Kronstadt ein Teil Ungarns und damit auch der k. u. k. Österreich-Ungarischen Monarchie. Die Klinik ihres Mannes wurde von

77 78 79 80

Ebenda. Wittstock, Joachim, Keulenmann und schlafende Muse, Erfahrungsschritte, Sibiu 2005, S. 38. Brief Margarete Depner an Maja Depner, 29. 0. 1936, Typoskript, Privatarchiv Kurt Philippi. Interview Kurt Philippi, 18. 08. 2008.

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Alter Mann mit Bart, signiert GD. 1909, 29,8 x 32, Kohle, Nlvz Nr. 26

diesem unentgeltlich dem Roten Kreuz unterstellt.81 Margarete Depner unterwarf sich den karitativen Notwendigkeiten der Zeit, indem sie im Spital arbeitete. Wilhelm Depner diente als Bataillons-Chefarzt an der galizischen Front, wo er die Offensiv- und Rückzugsgefechte der k. u. k. Armee miterlebte, bis er, erkrankt, im Dezember 1914 als Abteilungschefarzt an das Reservespital nach Kronstadt zurückversetzt wurde. Man zog ihn nicht mehr ein, und so versuchte er bis zum Ende des Krieges, als Chirurg die Not der Bevölkerung zu lindern.82 Margarete Depners künstlerische Tätigkeit verstummte vorläufig hinter den täglichen Verpflichtungen im Kampf um das Leben Verwundeter.83 1916 trat das zunächst neutrale Rumänien gegen die Habsburgerlande in den Krieg ein und besetzte Siebenbürgen. Dies führte zu einer Massenflucht der ungarischen und sächsischen Bevölkerung, die sich zumeist in Budapest in Sicherheit bringen konnte und dort freundliche 81 82 83

Philippi, Maja, Erinnerungen, a. a. O., 6. Wittstock, Thea, Ein Wegbereiter, a. a. O., S. 362. Depner, Margarete, Biografische Notizen, a. a. O., S. 2.

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Bekränzter Kopf, 1913, 25,6 x 24, Kohle, Nlvz Nr. 28

Aufnahme fand.84 Für die sächsischen Kinder wurden sogar deutsche Schulen eingerichtet.85 Auch Margarete Depner musste der militärischen Verordnung folgen und konnte sich mit ihren kleinen Töchtern Maja und Thea, ihrem Vater und ihrer Schwester zunächst nach Klausenburg absetzen. Sie nützte die Ausnahmesituation in diesen Zeiten des sozialen und politischen Umbruchs, um ihre künstlerische Chance zu ergreifen. Von den Verpflichtungen in der Klinik befreit, die Kinder in der Obhut der Schwester wissend, stürzte sie sich auf ihre Leidenschaft – die Kunst! Diesmal griff sie nicht nur zu Kohle oder Bleistift, um ihre Studien fortzusetzen, sondern erstmals zum Pinsel. Mitten im Krieg war dies der Beginn, den Schwerpunkt von der Grafik hin zur Ölmalerei zu verlegen.86 Ganz im Sinne ihres autodidaktischen Ehrgeizes und ohne fremde Anleitung studierte sie Farben, Formen und Charaktere. Die politischen Ereignisse zwangen die Großfamilie, weiter nach Budapest zu flüchten. Hier gelang es ihrem Vater, eine Villa mit Garten zu mieten. Während am 21. November 1916 Kaiser Franz Joseph in Wien starb 84 85 86

Vgl. dazu auch die Lebensgeschichte ihrer Kollegin Grete Csaki-Copony in: Dollen von der, Ingrid, Grete Csaki-Copony a. a. O., S. 32f. Philippi, Maja, 200 Jahre, a. a. O., S. 109. Depner, Margarete, Biografische Notizen, a. a. O., S. 2.

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und damit auch das Ende der Habsburgermonarchie vorwegnahm, gelang es ihr in Budapest, bei Professor István Réti zahlreiche Zeichenkurse zu belegen und mit „Freude, Eifer und Erfolg zu arbeiten“.87 Für die Künstlerin bedeutete dies einen Professionalisierungsschub. Professor Réti hatte in München, Paris und Turin studiert und zählte zu den bedeutendsten Künstlern Ungarns. Er war zudem Mitbegründer der 1896 ins Leben gerufenen Kunstkolonie von Nagybánya/Baia Mare. Die im heutigen Nordrumänien liegende Kolonie genoss großes internationales Ansehen und wurde unter anderem auch von dem österreichischen Maler Richard Gerstel frequentiert. Margarete Depners Arbeiten mit Professor István Réti in Budapest waren mit einem ersten öffentlichen Erfolg gekrönt. Im Nemzet Szalon fand 1916 ihre erste Ausstellung statt, bei der ein Ölbild prämiert wurde.88 Der durch die Kriegszeiten bedingte kreative Aufenthalt in Budapest dauerte jedoch nur bis zum Frühling 1917. Die Zwangsevakuierten konnten nach dem Rückschlag der rumänischen Offensive durch deutsche und österreichische Truppen wieder nach Hause zurückkehren. Bei der Ankunft fand die Familie die Wohnung fast vollkommen geplündert vor,89 Möbel und Einrichtungsgegenstände mussten nach und nach neu beschafft werden. Wien spielte für die Depners lebensbiografisch und in der Folge auch beim Interieur eine nicht unbedeutende Rolle. Wilhelm Depner hatte in der Residenzstadt 1899 sein Medizinstudium absolviert90 und den Kontakt zur Wiener und deutschen Kollegenschaft zeit seines Lebens gehalten. 1920 übersiedelte sein Studienfreund Dr. Herakles Mihalovits von Wien nach Kronstadt und war zusammen mit ihm bis zur Nationalisierung des Sanatoriums 1948 im Spital tätig.91 Durch seine rege Ausbildungstätigkeit waren in der Folge auch in der Zwischenkriegszeit immer wieder österreichische Ärzte im gastfreundlichen Hause Depner anwesend.92 In der Einrichtung des Wohnzimmers waren die Spuren der österreichischen Metropole ebenfalls unübersehbar. Einzelne Möbelstücke, wie ein großer Holzkasten, kamen direkt aus Wien von einer der bedeutendsten Möbelfabriken – der Firma Ungethüm.93 Die Erzeugnisse 87 88 89 90 91 92 93

Ebenda. Restrospectiv. Margarete Depner, Braşov 1975, S. 9. Philippi, Maja, Erinnerungen, a. a. O., S. 10. Vgl. dazu: Wittstock, Thea, Typoskript, Dr. Wilhelm Depner 1873–1950, o. D., S. 1, Privatarchiv Kurt Philippi. Wittstock, Thea, Ein Wegbereiter, a. a. O., S. 366. Vgl. dazu: Wittstock, Thea, Typoskript, Dr. Wilhelm Depner, a. a. O., S. 39. Interview Kurt Philippi, 21. 12. 2009.

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dieser Firma waren Luxus- und Bürgermöbel, die von Architekturentwürfen wie Josef Maria Olbrich oder Koloman Moser profitiert hatten. Im Salon befand sich ein Blüthner-Konzertflügel, auf dem Dr. Depner in seinen ruhigen Momenten zu spielen pflegte.94

Von der Grafik zum Öl „Die Widerspiegelung inneren Erlebens ist nicht die einzige – aber ist es nicht eine ganz hohe Aufgabe der Kunst?“95 Margarete Depner

Skizze auf Rezeptblatt Dr. Wilhelm Depner, Tusche, Archiv L. Fischer

Für Margarete Depner bedeutete die Rückkehr nach Kronstadt eine Zäsur – weg von der Kunst zurück zu familiären Verpflichtungen und humanitärem Engagement. So nahm sie ihre Tätigkeit im Depnerschen Sanatorium als Krankenschwester und Operationshilfe wieder auf.96 Sie befand sich dabei im doppelten Dienst – an den Menschen und an der Kunst. Immer wieder nützte sie die Gelegenheit, um mit Feder oder Bleistift Szenen am Krankenlager oder in ihrem engeren Umfeld festzuhalten. Manche dieser Studien befinden sich in einem Skizzenbuch von Alois Eibeseder, der in Wien eine Malrequisitenspezialhandlung betrieb.97 Die wiederkehrenden Themen sind ein Spiegel der Zeit. Sie sind geprägt von den katastrophalen Auswirkungen des Krieges und zeigen an Körpern und Seelen verwundete Menschen. Der Krieg wird nicht heroisiert betrachtet, sondern in seiner verheerenden Wirkung auf Männer und Frauen dargestellt. Margarete Depner hat ihre Werke kaum datiert, signiert oder betitelt. Die Publikation eines Verwundeten mit Kopfbandagen, der Steinzeichnung – 1919 – und die einer Lithografie der Betrogenen – 1920 –, beide in der Kunstzeitschrift Das neue Ziel98 erschienen, lassen jedoch eine klare Zuordnung in diesen Fällen zu. Diese Entstehungszeit macht deutlich, 94 95 96 97 98

Philippi, Maja, Erinnerungen, a. a. O., S. 2. Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 186f. Depner, Margarete, Biografische Notizen, a. a. O., S. 2. Vgl. Skizzenbuch, o. D., Privatarchiv Lisa Fischer. Vgl. dazu: Margarete Depner, „Steinzeichnung“ (Verwundeter), in: Das Neue Ziel, Kronstadt, 15. November 1919, S. 49; dies.: Die Betrogene, Lithographie, in: Das Neue Ziel, Kronstadt, Juli 1920, S. 288.

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dass die zugeschriebene Ähnlichkeit mancher ihrer Grafiken mit jenen von Käthe Kollwitz kaum zufällig sein kann. Im Spital ihres Mannes hatte Margarete Depner immer wieder Verwundete gepflegt und ihre Beobachtungen ins Zentrum ihres Schaffens gestellt. So tritt die Beschäftigung mit sozial engagierten Fragen und den kriegsbedingten Erlebnissen klar zutage. Die arme Witwe und Mutter und Waisenkind sowie Die Waisenkinder waren offensichtlich erschütterndes Thema einer krisenhaften Zeit und einer wach beobachtenden Künstlerin. Wie wichtig ihr diese

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Kriegsverletzter I, 1919 (Steinzeichnung), 38 x 28,5, Kohle, Nlvz Nr. 39 Kriegsverletzter II, 1919 (Steinzeichnung), 42 x 34,5, Lithografie, Nlvz Nr. 40

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Mutter und Waisenkind, Postkarte Witwe und Waisenkind, Skizze, Tusche, Archiv L. Fischer

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Werke waren, zeigt auch die Tatsache, dass sie als Lithografien auf Postkarten vervielfältigt wurden. Das Thema Die Waisenkinder bearbeitete sie zudem nochmals in Öl (vgl. Farbteil Nr. 15). Mit dem Ende des Krieges war die Habsburgermonarchie zerfallen. In Europa kam es zu neuen Grenzziehungen – so auch in Südosteuropa. Siebenbürgen wurde gleich nach dem Friedensschluss 1918 von Österreich abgetrennt und gehörte ab 1920 endgültig zum Königreich Rumänien. Die deutschsprachige sächsische Bevölkerung erhielt einen Minderheitenstatus, Rumänisch wurde Landessprache, die von vielen erst gelernt werden musste. Auch Margarete Depner nahm Unterricht. Die territorialen Veränderungen wurden durch kulturelle Umorientierungen begleitet. Dies spiegelte sich in der Gründung neuer Printmedien wider. Das Ziel war eine Halbmonatszeitschrift für Kultur, Kunst und Kritik, die erstmals 1919 und dann als Das Neue Ziel 1919 und 1920 erschien. Die Zeitschrift vereinigte die bedeutendsten künstlerischen Stimmen, die in den ersten Nachkriegsjahren im Zuge expressionistischer Anregungen zu Worte kamen.99 Obwohl nur zwei Jahre existent, setzte man es sich zur Aufgabe, „ideale Förderer der Kultur zu sein“.100 Die Oktoberausgabe 99

Sie prägten unsere Kunst, Studien und Aufsätze, hrsg. von Brigitte Stephani, Klausenburg 1985, S. 31. 100 Das Neue Ziel, Kronstadt, 1. November 1919, S. 38.

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Die arme Witwe, Postkarte, Archiv L. Fischer

von 1919 war mit dem Deckblatt eines Holzschnittes des Österreichers Erwin Lang versehen.101 Durch die Publikation von Werken der wesentlichen Maler und Malerinnen war es ein meinungsbildendes Organ und eine zentrale Stimme der durch den Krieg erschütterten und gleichzeitig aktivierten Szene, die sich neu zu positionieren suchte. 101 Vgl. dazu: Erwin Lang, Holzschnitt, Deckblatt, Das Neue Ziel, Kronstadt, Oktober 1919.

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1930, Maja Depner, Archiv K. Philippi

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Margarete Depner fand sich mit ihren Werken nicht nur in der Zeitschrift vertreten, sondern war neben Ernst und Emil Honigberger auch im Schriftleitungsausschuss, also in der Konzeption, tätig.102 Der gleichaltrige Ernst Honigberger (1885–1974) war Maler. Er hatte in Berlin und München studiert, um sich nun ganz der künstlerischen Revolution zu verschreiben. Das Hauptanliegen aller Beteiligten war es, die Malerei im Sinne einer thematischen Neuausrichtung von Idylle- und Heimatdenken zu befreien. Als die Gruppe nach zwei Jahren die Zeitschrift einstellen musste, verkaufte Honigberger sein Hab und Gut, um sich eine Fahrkarte nach Deutschland leisten zu können. Er verließ Kronstadt, um von Berlin aus seinen neuen künstlerischen Weg zu starten.103 Sein Ölbild Die Frauen bei der Apfelernte aus dem Jahre 1934 befand sich zusammen mit elf gerahmten und einer ganzen Rolle ungerahmter Ölbilder im Besitz Margarete Depners. Es wurde von deren Tochter dem Brukenthalmuseum verkauft.104 Das Entstehungsdatum legt die Hypothese nahe, dass der Kontakt zwischen beiden nie abgebrochen war. Margarete Depner trifft als fast Vierzigjährige, endlich, wie sie sagt, die Entscheidung für die Ölmalerei. Hier setzte sie in den 20er-Jahren ihren neuen Schwerpunkt, den sie in den 30er-Jahren nochmals, und dann zugunsten der Bildhauerei, verlagern sollte. Es gelingt ihr auch zunehmend, sich von ihren familiären Verpflichtungen loszureißen und 1925 und 1927 über jeweils vier bis sechs Wochen hinweg an privaten Kunstschulen in München und 1929 in Berlin intensiven Malunterricht zu erhalten.105 Der Schwerpunkt des Porträts wird unübersehbar. Sie schöpft ihre Anregungen aus dem Alltag bei Personen aus ihrem Umfeld, die ihr, oft auch gegen Entgelt, Modell stehen. Ihre Tochter Maja war ein besonders braves und geduldiges Kind, das offensichtlich genug Ruhe für die langwierigen Sitzungen aufbrachte. Sie wurde sowohl in einer Kohlezeichnung, einer Lithografie als auch in Öl verewigt. Sogar eine Bronze trägt ihre Züge. Margarete Depner machte es sich bei ihren Studien nicht leicht: „Zu seinem, in weiter ungewisser Ferne liegenden Ziel gelangt der Schaffende nur durch Opfer, Leiden, Entbehrungen. Auf diesem entsagungsvollem Wege kann ihn aufrecht, mutig nur der 102 Das Neue Ziel, Kronstadt, Dezember 1919, S. 2. 103 Vgl. dazu Stephani, Brigitte, Wuchtig und monumental. Zum 95. Geburtstag Ernst Honigbergers, in: Sie prägten unsere Kunst, Studien und Aufsätze, hrsg. von Brigitte Stephani, Klausenburg 1985, S. 235. 104 Udrescu, Doina, Deutsche Kunst, a. a. O., S. 182, und Bilderliste, S. 4. 105 Depner, Margarete, Biografische Notizen, a. a. O., S. 2.

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Tochter Maja VII, 36,5 x 27,5, Kohle, Nlvz Nr. 56

Tochter Maja lesend IV, 1920er-Jahre, 49,3 x 37,5, Kohle, Nlvz Nr. 52

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ununterbrochene Gedanke an sein Werk erhalten, der Wunsch, es in all der von ihm empfundenen Lebendigkeit vollenden zu können, die – Hoffnung auf endliches Gelingen und damit auf einen Augenblick unbeschreiblichen Glücksgefühls, das ihm Entschädigung, Trost – und ein Ansporn zu neuem Schaffen ist.“106 Meistens fertigt sie Einzelporträts von Männern, Frauen und Kindern in den verschiedensten Altersstufen. Selten komponiert sie Personen zueinander. Sie malt auf Karton und Leinwand, ist äußerst anspruchsvoll und oft mit ihrem Werk unzufrieden. „Sie steht auf dem Standpunkt, daß man mit Fleiß etwas in der Kunst erreichen kann, und daher arbeitet sie nimmermüd und selbst wenn sie noch so kaputt ist“, beschreibt ihre Tochter Maja das künstlerische Engagement der Mutter.107 Für das Bild Drei Generationen fertigt sie drei Vorstudien. Ihr nacktes Modell wird schließlich als Ganzkörperakt zu zwei anderen weiblichen Figuren positioniert. Nicht so ihr Männlicher Akt. Im Großformat sitzt er allein vor den Betrachtenden (vgl. Farbteil Nr. 40). Um 1930 entstehen auch fauvistische Experimente, die jedoch singulär bleiben (vgl. Farbteil Nr. 34, 35). Margarete Depner bleibt eine überzeugte Vertreterin des Naturalismus. 1930 sollte eine Schau einen Gesamtüberblick über die künstlerische Szene in Kronstadt ermöglichen. Margarete Depner beteiligte sich daran mit zahlreichen Werken der unterschiedlichen Genres, was die Kronstädter Zeitung aufmerksam kommentierte. „Reich beschickt die Ausstellung Grete Depner mit Farbskizzen, Kohlezeichnungen und Plastiken und gewährt damit Einblick in ein mannigfaltiges und fruchtbares Schaffen.“108 Im Siebenbürgisch Deutschen Tagblatt stand lobend: „Margarete Depner überrascht durch ihre flächigen, farbigen, figuralen Skizzen. Ihr Gefühl für die breite Form kommt besonders in dem stehenden Akt und den Porträtbüsten in farbigem Ton zum Ausdruck.“109 1930 wird zudem eine Plastik, eine Mädchenbüste, in dem damaligen Prestigebuch „Aus Kronstädter Gärten“ abgebildet. Die Publikation versammelt alle wichtigen zeitgenössischen künstlerischen Stimmen aus Kronstadt und ist ein wichtiges Dokument der prosperierenden lokalen Literatur-, Architektur- und bildenden Kunstszene. Margarete Depner ist nicht nur mit ei106 Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 185. 107 Brief Maja Depner an Thea Depner, Kronstadt 7. April 1933, Privatbesitz Friedrich und Kurt Philippi. 108 Kronstädter Zeitung, 10. September 1930, S. 3. 109 Siebenbürgisch-Deutsches Tagblatt, 11. September 1930, S. 5.

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ner Abbildung, sondern auch mit ihrem eigenen künstlerischen Credo vertreten. Eine wichtige, wenngleich auch seltene Quelle ihrer Selbstaussage. Die Abbildung und die Schau von 1930 beweisen deutlich, dass sie sich bereits vor ihrem Aufenthalt im Atelier des Bildhauers Joseph Thorak, der 1931 in Berlin stattfand, autodidaktisch und äußerst erfolgreich mit der Bildhauerei beschäftigte. Zur zweidimensionalen Arbeit der Grafik und Malerei war demnach Mitte bis Ende der Zwanzigerjahre die dreidimensionale Bildhauerei getreten. In den 20er- und 30er-Jahren entstanden der Großteil ihrer Grafiken und Ölarbeiten und die wichtigsten Skulpturen. Es war dies nicht nur künstlerisch eine äußerst fruchtbare, sondern auch beruflich eine erfolgreiche Zeit, die ihr durch Ausstellungen den Durchbruch in die Öffentlichkeit bescherte.

Pionierin der Bildhauerei „Den flüchtigen Schein der Dinge zu wesenhaftem Sein gestalten – ist das Kunst?“110 Margarete Depner

Neben der Mitwirkung bei den Kronstädter Schauen beteiligte sie sich Anfang der 30er-Jahre an den jährlichen Präsentationen in Bukarest. 1931 schickte sie, wie aus der Beschriftung am Bild ersichtlich ist, Hoffnung und Resignation (vgl. Abb. 17) in den Herbstsalon der Hauptstadt. Immer wieder wurden zudem ihre Plastiken auch in Zeitschriften abgebildet. 1936 versahen die Organisatoren die Festausgabe zum hundertjährigen Bestehen der Kronstädter Zeitung mit Illustrationen der besten bildenden Künstler und Künstlerinnen. Margarete Depner war mit ihrer Sinkenden vertreten,111 die sie bereits 1933 der Öffentlichkeit präsentiert hatte. Sie ist um die vierzig, als sie sich, vorerst durch eingehendes Selbststudium, mit der Bildhauerei zu beschäftigen beginnt. Erst 1931 reiste sie zu ausführlicheren Studienzwecken nach Deutschland. Ihr Ziel galt dem aus Wien stammenden Bildhauer Joseph Thorak, der unter den Nationalsozialisten mit seiner monumentalen Formgestaltung eine besondere 110 Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 184. 111 Festausgabe zum hundertjährigen Bestehen der Kronstädter Zeitung, 24. Mai 1936, S. 31.

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1932, Hans Guggenberger modelliert Margarete Depner, Archiv K. Philippi

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Karriere machte. Der Aufenthalt in seinem Atelier dauerte jedoch nur vier Wochen.112 „Vor der Gigantonomie des Lehrers Thorak bewahrte sie ihr sicherer Spürsinn für klassische Ausgeglichenheit, für Gelöstheit und mädchenhafte Grazie.“113 Die intensive Beschäftigung mit der Plastik bewirkte in der Folge einen erneuten Wendepunkt in ihrem Schaffen. Ab Anfang der 30erJahre beschäftigt sie sich nicht nur mit Grafik und Ölmalerei, sondern orientiert sich zunehmend und schlussendlich fast ausschließlich hin zur Bildhauerei. In diesem Genre wird sie zur einzigartigen Pionierin Siebenbürgens, der die Region die Wiederbelebung der Plastik verdankt.114 „Ein kleiner Klumpen Ton und – die Empfindung eines großen Gedankens – das genügt, um ein plastisches Kunstwerk zu schaffen“,115 schrieb sie 1930. So werden Material, Sensibilität und Können in der richtigen Mischung die Voraussetzungen für ihr imponierendes Werk. Hier gibt es kein Pathos, jedoch viel Empathie und vor allem ein beständiges Engagement, das Leben zu durchdenken und mithilfe der Kunst zu gestalten. Das Ergebnis ihres Tatendranges und der erste Höhepunkt ihres Schaffens mündeten in der großen Präsentation von 1933. Zusammen mit dem Bildhauer Hans Guggenberger und der Kunsthandwerkerin Rieke Morres wurde ihr vielfältiges Werk im Dezember des Jahres in Kronstadt der Öffentlichkeit vorgestellt. Für Guggenberger war es die erste Ausstellung, die er hauptsächlich mit Büsten füllte. Auch eine Auftragsarbeit von Margarete Depner, er hatte ihren Sohn Wilhelm porträtiert, befand sich darunter.116 Er wird sich in seiner Kunst hin zur Monumentalität weiterentwickeln und zur Zeit des Nationalsozialismus durch seine Hitlerbüste auch politisch positionieren. Es war, wie eine Freundin ihren Eindruck berichtete, nur ihrer „angeborenen Bescheidenheit einerseits und ihrer Güte den beiden anderen Ausstellern gegenüber zuzuschreiben, dass sie nicht allein ausgestellt hat“.117 Tatsächlich waren die Wände eines Raumes nur mit den Grafiken und die eines anderen Raumes nur mit den Ölbildern Margarete 112 113 114 115 116

Depner, Margarete, Biographische Notizen, a. a. O., S. 2. Myss, Walter, Kunst in Siebenbürgen, a. a. O., S. 226. Ebenda, S. 116. Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 185. Teutsch, Grete, Brief an die Töchter Thea und Maja Depner, 28. Dezember 1933, Archiv Kurt Philippi. 117 Ebenda.

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Margarete Depner von Hans Guggenberger, 45 cm, Gips, Archiv W. Wittstock Foto M. Depner, 1932, Archiv K. Philippi

Depners geschmückt. In der Mitte der Räume standen auf schwarzen Sockeln eindrucksvoll ihre großen Plastiken. Rieke Morres’ Kunsthandwerk wurde auf einem Tisch gezeigt, und Guggenbergers Skulpturen standen mehrheitlich an den Wänden des zweiten Raumes. Depner war mit einem überzeugenden Querschnitt durch ihr gesamtes bisheriges Schaffen vertreten. Zwölf Plastiken und vierzig Bilder zeigten sie als äußerst vielfältige Künstlerin. Ihre Schau umfasste Arbeiten der letzten zehn Jahre. Die Plastiken waren aus Marmor und Bronze und stammten, so wird in der Kronstädter Zeitung kommentiert, aus den vorhergegangenen drei Jahren.118 Das Publikum drängte sich bei der Eröffnung, bei der die Hauptperson selbst jedoch fehlte. Die Künstlerin saß zu Hause und las in einem Gedichtband von Schiller. Sie besuchte die Ausstellung nur, wenn sie vermutete, dort niemanden zu treffen.119 „Über Kunst sollte man nicht reden – man sollte sie still ausüben – oder sie still nachempfinden“,120 hatte sie 1930 geschrieben, und nun handelte sie danach.

118 Frauenseele, Kronstädter Zeitung, 24. Dezember 1933, S. 3. 119 Teutsch, Grete, Brief an die Töchter Thea und Maja Depner, 28. Dezember 1933, Archiv Kurt Philippi. 120 Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 184.

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Ausstellung Kronstadt 1933, Raum mit Bildern und Plastiken von M. Depner, Siebenbürgisches Archiv Gundelsheim

Nach Aussage ihres Kollegen Friedrich Miess war es die schönste Schau, die Kronstadt je erlebt hatte.121 Dies war vor allem auf die hohe Qualität und die beeindruckende Quantität der ausgestellten Werke von Margarete Depner zurückzuführen. In der Kronstädter Zeitung stand lobend über sie zu lesen: Das Werk „erfüllt, ja übertrifft alle Erwartungen, die an das Unternehmen der hoch begabten Künstlerin geknüpft worden sind“.122 Weiter hieß es dort: „So verdichten sich die erwähnten schelmischen Anwandlungen zum Anhieb jener kraftvollen herben Beharrlichkeit, die nicht ruht, bis sie dem Steine sein Leben abgerungen und das Geschaute überzeugend gestaltet hat.“123 „Man erwartete jedenfalls nicht im Entferntesten diese Fülle von Arbeiten, diesen Reichtum an Versuchen, diese Zähigkeit, die auf den verschiedenen Gebieten, Malerei, Zeichnung und Bildhauerei beachtenswerte Leistungen erzielt.“124 Von ihren Darstellungen berührt, wurde der Eindruck nach dem Lokalaugenschein zudem in Poesie gekleidet: „... Man ahnt ergriffen, was du hast gelitten, bis du den Kampf ergebungsstark gestritten, Gelassenheit erringend unverbittert, du löst Gefühle, die im Innern schliefen ...“125 Adolf Meschendörfer, der große Poet der Siebenbürgischen Elegie, sollte der Künstlerin Jahre später, 1947, ebenfalls ein eigenes Gedicht widmen. Er erkannte sie zutiefst in ihrem doppelten Sein, indem er schrieb: 121 Teutsch, Grete, Brief an die Töchter Thea und Maja Depner, 28. Dezember 1933, Archiv Kurt Philippi. 122 Frauenseele, Kronstädter Zeitung, 24. Dezember 1933, S. 3. 123 Ebenda, S. 3. 124 Kunst und Schrifttum, in: Kronstädter Zeitung, 21. Dezember 1933, S. 3–4. 125 Anonymes Gedicht: An Margarete Depner anlässlich der Ausstellung im Dezember 1933, Privatarchiv Wolfgang Wittstock.

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„In all der Feuerfarben Kampf, verzückt, zerquält, Gebilde ahnst, Gestalten siegreich schreiten siehst, Dann fühlst du, daß wir in zwei Welten sind geboren ...“126 Die zentralen Plastiken Margarete Depners waren die Sinkende, die Kauernde und die Trauernde, lebensgroße weibliche Figuren. Letztere waren Grabfiguren. Margarete Depner hatte eine Ausschreibung des siebenbürgischen Frauenvereins gewonnen, der nach dem Tode seiner Obfrau – Lotte Binder 1930 – dieser ein Denkmal setzen wollte. Margarete Depner war die einzige weibliche Bewerberin gewesen und hatte sich mit ihrem Entwurf überzeugend gegen die männlichen Kollegen behauptet. Der Auftrag war umso interessanter, als die evangelischen Gräber in Siebenbürgen kaum mit Figuren versehen sind. Nur selten schmücken sie diesen Platz der Erinnerung und dann zumeist mit christlichen Allegorien. Margarete Depner hatte die spezielle Herausforderung der Gestaltung des öffentlichen Raums angenommen. Umso wagemutiger erscheint daher nicht nur ihre Entscheidung für die Art der Darstellung, sondern auch für die Größe der Figur. Margarete Depner war, soweit bekannt, die Erste, die in Siebenbürgen eine Plastik in Lebensgröße geschaffen hatte.127 Die Kauernde, Plastik, Marmor, Kronstädter Friedhof, Archiv K. Philippi

126 Meschendörfer, Adolf, Gedichte, Bukarest 1967, S. 75. 127 Kunst und Schrifttum, Margarethe Depner 50 Jahre alt, in: Kronstädter Zeitung, 24. März 1935, S. 5.

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Die als Trauernde benannte Skulptur zeigt eine Frau, die sitzend in sich gekehrt gleichzeitig abwesend/anwesend scheint. Die weiblichen Formen, durch den Faltenwurf des locker liegenden Kleides hindurchschimmernd, lassen sanfte Erotik erkennen. Die weiße Marmorgestalt wirkt in dezenter Zurückhaltung, ohne aufdringlich zu werden, doch kraftvoll überzeugend. Mit dieser Plastik definierte Depner, fern einer religiösen Metaphorik, sich selbst in der Interpretation des Schmerzes zur obersten Instanz. Mit der Trauernden bewies sie zudem ihren eigenen überzeitlichen Stil, den sie zielsicher durch Faschismus und Kommunismus hindurch weiterverfolgen sollte. Sie hatte sicher nicht zufällig beschlossen, vor der endgültigen Aufstellung die Plastik der Öffentlichkeit zu präsentieren, um die Meinung zu sondieren. Das Echo war jedoch durchwegs positiv. Die Trauernde nahm sich Raum und wirkte. Ganz ihrem persönlichen Verständnis folgend, stiftete Margarete Depner die Skulptur in der Folge dem deutsch-sächsischen Frauenverein.128 Sie ist am Hermannstädter Zentralfriedhof – als Grabmal für Lotte Binder – ebenso ein herausstechendes und singuläres Kunstwerk im öffentlichen Raum wie die Kauernde, die am Kronstädter Friedhof aufgestellt wurde. Hier schmückt sie die Depnersche Grabstätte und wurde nach dem Tod Wilhelm Depners, er war 1950 gestorben, von der Künstlerin selbst für diese Funktion gewählt. Die Kauernde wurde auch als Malvine, die Sinkende als kniende Herta bezeichnet.129 Beide Titel sind die Namen ihrer Modelle, die sie in der Kronstädter Altstadt Bartholomä gefunden hatte.130 Beide Plastiken entstanden in den Monaten vor der Eröffnung der Ausstellung, denn im März modellierte sie noch regelmäßig an ihnen, wie Tochter Maja an ihre Schwester berichtete.131 Margarete Depner war in den 30er-Jahren mit ihren Werken immer wieder in dem wichtigen kulturpolitischen Organ Siebenbürgens, in der Zeitung Klingsor, vertreten. 1934, zum Zehnjahresfest des Bestandes der Zeitung, wollte man „Melodie der Neugeburt, der neuen Wege, nicht nur für Heimat und Land, sondern für unser ganzes Volk, so weit es 128 Ebenda. 129 Teutsch, Grete, Brief an die Töchter Thea und Maja Depner, 28. Dezember 1933, Archiv Kurt Philippi, S. 1. 130 Die Geschwister Malvine und Erna Barthelmie und Herta Dvorak waren auch für die Sinkende Vorbild, die Kauernde lässt sich als Malvine Barthelmie identifizieren. Vgl. dazu: Siebenbürgische Zeitung, 31. 7. 1993, Ausschnitt im Siebenbürgisch-sächsischen Künstlerarchiv Gundelsheim. 131 Briefe Maja Depner an Thea Depner, 8. und 24. März 1933, Privatbesitz Friedrich und Kurt Philippi.

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Die Trauernde, Zentralfriedhof Hermannstadt/Sibiu, Foto © pedro salvadore

siedeln mag“ sein.132 Gleichzeitig wusste man über die schwierigen Rahmenbedingungen für die Kunstschaffenden, wenn man hier über die Region schrieb, dass sie „ungastlich den geistigen Menschen, die härteste für Künstler, Träumer und Dichter“ sei.133 Für viele führte die Frage des künstlerischen Überlebens zur Emigration. Für jene, die blieben, bedeutete es, das kreative Element zu bewahren, über die räumlichen Begrenzungen zu weiten und ökonomisch zu überleben. Margarete Depner zählte zu jenen Wagemutigen, die in diesen schwierigen Milieus blieben und sich dennoch behaupteten. Sie beschritt trotz zahlreicher Hürden neue Wege, um mit der ihr eigenen Ausdauer und Überzeugung nicht korrumpierbar zu ihrer Ausdrucksform zu stehen. Ihre Statue Sinkende 132 Festschrift zum Zehnjahresfest der Siebenbürgischen Zeitschrift Klingsor 1924/1934, Kronstadt 31. März 1934, S. 7. Vgl. Abbildung Margarete Depner, S. 77. 133 Ebenda, S. 8.

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20er-Jahre, Wilhelm Depner mit Töchtern Maja und Thea, Archiv K. Philippi

wurde 1936 anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Kronstädter Zeitung unter dem Titel Weiblicher Torso abgebildet.134 Während ihre Porträtbüsten männliche und weibliche Personen oder Kinder darstellen, sind die Standbilder ausschließlich der weiblichen Form gewidmet. Die Trauernde, Kauernde und Sinkende wurden von ihr selbst unter anderem zu ihren Hauptwerken gezählt, da sie ihr, wie sie sagte, „Anerkennung und anderen Freude gebracht haben“.135 Die Bildhauerei wurde ihr zur neuen und beständigen Herausforderung und führte sie 1934 zu weiteren Studien ins Ausland. In der Privatschule von Marcel Gimond erhielt sie in Paris ihre letzte fachliche Fortbildung. Gimond (1894–1961) hatte bei Aristide Maillol gelernt und war mit Henri Matisse und Auguste Renoir bekannt. 1918 hatte auch er während seiner italienischen Reise Cervara di Roma besucht.136 In diesem kleinen Bergort östlich von Rom hatte Robert Wellmann einst in seinem Domizil eine Kolonie gegründet, die immer wieder von siebenbürgischen Kunstschaffenden besucht wurde. Somit schließt sich mit Gimond auch ein metaphorischer Kreis zu Siebenbürgen. Er gilt als letzter großer Meister der französischen Plastik und steht, ohne sich einer bestimmten Strömung unterzuordnen, in der Tradition der Realisten. Für ihn bedeutete Kunst Sprache, die zum allgemein Universellen führt. Sicher nicht zufällig findet eine Aussage über das Werk Margarete Depners bei ihm 134 Kronstädter Zeitung, 24. Mai 1936, S. 31. 135 Brief Margarete Depner an Rolf Schuller 1968. Von J. Wittstock aus dem Archiv Manfred Wittstock, Hermannstadt/Sibiu, Siebenbürgisch-sächsisches Künstlerarchiv. 136 Saur, Allgemeines Künstlerlexikon, München/Leipzig 2000, Bd. 26, S. 224.

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30er-Jahre, Margarete Depner mit Töchtern Thea und Maja, Archiv K. Philippi

einen Ansatz. „Es sind dies Darstellungen eines Lebensgefühls, die durch ihre Echtheit, durch ihre hohe künstlerische Meisterung unabhängig von Zeitgeist und Geschmack ansprechen.“137 Für Margarete Depner bedeutete der Aufenthalt in Paris nicht nur eine weitere Ausprägung ihres Stils, er ermöglichte ihr auch eingehende Studien in den diversen Museen.138 Neben der Abteilung für Plastik im Louvre hinterließ vor allem das Musée Guimet bei ihr nachhaltige Eindrücke. Es besitzt außerhalb Asiens die größte Sammlung asiatischer Kunstschätze und inspirierte sie zum genaueren Blick auf die chinesische Plastik. Margarete Depner positionierte sich in den 30er-Jahren zunehmend als Bildhauerin. Sie war jedoch immer wieder mit einer Auswahl ihrer Werke der anderen zwei Genres, der Grafik und Ölmalerei, sowohl bei Ausstellungen in Kronstadt als auch bei den jährlichen Frühlings- und Herbstpräsentationen in Bukarest vertreten. Während sie zum fixen Bestandteil der siebenbürgischen Kunstszene avancierte und sich vor allen als eigenständige Bildhauerin profilierte, kam es ab 1933 durch den Aufstieg Hitlers in Deutschland auch in Siebenbürgen zu politischen Machtverschiebungen. Während ein Teil der deutschsprachigen Minderheit im Nationalsozialismus und in einer Heimkehr ins Reich neue Hoffnung erblickte, war ein anderer Teil von der Notwendigkeit der 137 Wittstock-Reich, Rohtraut, Erhabene Schönheit in gegenständlicher Form. Vor hundert Jahren wurde Margarete Depner geboren. In: Neuer Weg, 23. März 1985, S. 3. 138 Depner, Margarete, Biografische Notizen, a. a. O., S. 2.

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Eigenständigkeit der Rumäniendeutschen überzeugt. In der Kunst kam es in formaler Organisation zu Gleichschaltung, gleichzeitig gelang aber einigen Kunstschaffenden die Beibehaltung der inhaltlichen Eigenständigkeit. Im Zusammenhang mit Letzterer kann auch das Werk Margarete Depners interpretiert werden. Als man 1937 die erste Gesamtschau deutscher Künstler und Künstlerinnen in Rumänien in Kronstadt präsentierte, wurde dies klar bemerkt: „Auffallend ist die verwirrende Vielfalt von Stilen, von scharfen Gegensätzen in der geistigen Haltung und in der Ausdrucksweise.“139 Auffallend war auch die große Beteiligung von Frauen, ein Drittel der sächsischen Künstler war weiblich. Über Margarete Depners Werke aber meinte man beeindruckt, sie besäßen „eine ganz seltene Feinnervigkeit und höchste persönliche Kultur“.140 Diese „persönliche Kultur“ wird die Grundlage für ihre Unbeeinflussbarkeit durch die NS-Ideologie sein.

Zwischen politischer Vereinnahmung und künstlerischem Widerstand „Nichts verträgt sich mit Kunst weniger als Pedanterie – nichts fordert sie mehr als – Freiheit.“141 Margarete Depner

Paradoxerweise war es der Krieg, der der Künstlerin zum zweiten Mal die Möglichkeit bot, sich international zu präsentieren und an zwei Großausstellungen teilzunehmen. 1941 war Rumänien an der Seite Hitlerdeutschlands in den Krieg eingetreten und beteiligte sich am Russlandfeldzug. Viele junge Männer der siebenbürgisch-deutschen Minderheit wurden entsprechend einem Abkommen zur Wehrmacht, vor allem aber zur Waffen-SS zwangsrekrutiert. Die „Heim ins Reich“-Mentalität wurde auch auf die Kunst ausgedehnt. Die siebenbürgische Minderheit sollte durch die mentale Eingliederung ins Deutsche Reich wieder Mehrheitsbewusstsein erhalten und sich anhand ihrer Künstler und Künstlerinnen bei einer Gesamtschau in Deutschland präsentieren. Die zu Propagandazwecken eingesetzte Ausstellung zeitigte große Erfolge. Bereits 1942 wurden in Berlin 120 Werke von 23 Malern, Grafikern und 139 Richter, Otmar, Die erste Gesamtschau deutscher Künstler in Rumänien, in: Klingsor, Sibiu 1937, S. 230. 140 Ebenda, S. 230. 141 Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 185.

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Dechant Johannes Reichart, 48 cm, Gips, Archiv W. Wittstock Ungarisches Mädchen, 35 cm, Gips, Archiv W. Wittstock

Bildhauerinnen aus den deutschsprachigen Siedlungsgebieten Rumäniens gezeigt. Margarete Depner beschickte die Schau Deutsche Künstler aus Rumänien mit fünf Skulpturen. Die Sinkende, ein Männerkopf (Dechant Johannes Reichart), ein Mädchenkopf in Marmor, ein Sächsisches Bauernmädchen in Kalkstein und ein Mädchenkopf (ungarisches Mädchen mit Zöpfen) in Bronze.142 Während ihre drei männlichen Kollegen jeweils nur ein Werk zeigten, war nicht nur die Anzahl der Depnerschen Stücke bemerkenswert, sondern auch der Preis. Die Sinkende war im Katalog mit 4000,– RM angeschrieben und damit bei Weitem das kostbarste Werk der gesamten Schau. Die teuerste Plastik von Josef Brunnet, ein Selbstbildnis, kostete hingegen zum Vergleich 1200,– RM. Die präsentierten Bilder bewegten sich von 25,– RM bis maximal 600,– RM und lagen damit um Vieles niedriger. Die Ausstellung war als Verkaufsausstellung konzipiert und als diese ein besonderer Erfolg. In kurzer Zeit hatten vier Fünftel143 der Werke ihre neuen Besitzer und Besitzerinnen gefunden. Die Sinkende begeisterte zudem den Oberbürgermeister von Stuttgart, der beschloss, sie für die Stadt der Auslandsdeutschen zu erwerben.144 Lange Zeit war sie nach dem Zweiten Weltkrieg im Institut 142 Deutsche Künstler aus Rumänien, Katalog, Archiv Joachim Wittstock. 143 Strobach, Josef, Die Kunstausstellung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien im Reich, in: Jahrbuch der Deutschen Volksgruppe in Rumänien 1943, Hermannstadt, S. 173, in: Künstlerarchiv Rolf Schuller, Siebenbürgisches Archiv, Gundelsheim. 144 Telegramm von Dr. Stroelin, 16. August 1942. Aus dem Siebenbürgisch-sächsischen Künstlerarchiv von Manfred Wittstock, Hermannstadt/Sibiu.

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Das Modell Anni Binder, Bauernmädchen, 42 cm, Gips, Archiv W. Wittstock

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für Auslandsbeziehungen in Stuttgart aufgestellt. Mittlerweile befindet sie sich als Dauerleihgabe der Galerie der Stadt Stuttgart im Siebenbürgen-Institut in Gundelsheim.145 Dort animiert sie, im Lesesaal aufgestellt, die Benutzenden bei der Recherche. Interessant ist die Tatsache, dass sich die Arbeiten Depners erfolgreich gegen eine absolute Vereinnahmung durch die nationalsozialistische Ideologie wehrten. Nur das Sächsische Bauernmädchen konnte mit seinem hochgebundenen Haarkranz leicht im Sinne einer nationalsozialistischen Frauenideologie verwendet und uminterpretiert werden. „Als deutsches Antlitz von gültiger Form, das gleichnishaft zusammenfaßt, was die Ausstellung zu einer wunderbaren Einheit macht: stolzes, artbewußtes deutsches Wesen, Verwurzelung in blutvollem Bauerntum und einer durch Fleiß und Haltung gewonnen Heimat.“146 Die Sinkende oder der Männerkopf entsprachen der Blut-und-Boden-Kunst jedoch keineswegs. Dennoch wirkten beide Skulpturen und wurden in den Berichterstattungen besonders hervorgehoben. In der Berliner Börsenzeitung stand zu lesen: „Eine Sonderstellung nehmen in der Ausstellung die wundervollen Plastiken von Margarete Depner ein, deren beseelte Menschengestaltung, virtuose Beherrschung des Technischen und charaktervolle Durcharbeitung sich dem Gedächtnis einprägen.“147 Somit bestritten ihre „formschönen Figuren“, wie es weiter hieß, einen „guten Teil des künstlerischen Gesamteindruckes der Ausstellung“.148 1944 fand eine zweite große Wanderausstellung deutscher Künstler und Künstlerinnen aus Rumänien statt, bei der nun sogar 28 Kunstschaffende mit über 300 Werken vertreten waren.149 Acht der Beteiligten, also über ein Viertel, waren weiblich. Es war ein Großaufgebot an Objekten, die es zu verschicken galt. Ein Jahr vor Kriegsende sollte die Kunst nochmals zu gewaltigen Propagandazwecken missbraucht werden und 145 E-Mail von Jutta Fabritius an die Autorin, Siebenbürgen-Institut Gundelsheim, 28. 1. 2010. 146 Südostdeutsche Tageszeitung, 1942, Folge 120, S. 5. Von Joachim Wittstock aus dem Siebenbürgisch-sächsischen Künstlerarchiv von Manfred Wittstock, Hermannstadt/Sibiu. 147 Berliner Börsenzeitung, 2. 8. 1942. Von J. Wittstock aus dem Siebenbürgischsächsischen Künstlerarchiv von Manfred Wittstock, Hermannstadt/Sibiu. 148 Südostdeutsche Tageszeitung 1942, Folge 116, S. 4. Von J. Wittstock aus dem Siebenbürgisch-sächsischen Künstlerarchiv von Manfred Wittstock, Hermannstadt/ Sibiu. 149 Vgl. im Folgenden vor allem: Deutsche Künstler aus Rumänien 14.3-10–4.1944, Mappe 153, Künstlerhausarchiv Wien, hier im Speziellen: Namens- und Werkliste.

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Die Sinkende, Archiv Wolfgang Wittstock

für den deutschen Endsieg mobilisieren. Die Schau sollte durch wichtige Stationen des Reiches wandern, was jedoch infolge der Kriegsereignisse nicht mehr möglich war. Als erste Station fungierte das Künstlerhaus in Wien. Die Vernissage fand, nach zahlreichen Verschiebungen und Organisationsproblemen, am 14. März 1944 in Anwesenheit hoher Vertreter aus Partei, Wehrmacht und Staat statt. Als Rahmenprogramm dienten musikalische Begleitung und die Tanzvorführung einer Trachtengruppe.

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Margarete Depner, Mädchenkopf, Marmor, Foto: Siebenbürgisches Archiv Gundelsheim

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Die Schau wurde mit einer dementsprechenden Medienkampagne begleitet. So konnte man die Wiener Rede des SS-Obergruppenführers Lorenz aus Berlin in der Südostdeutschen Tageszeitung lesen: „Die Ausstellung ist ein Dokument des Kulturwillens des deutschen Volkes im Kriege, der in den deutschen Volksgruppen ebenso vorhanden ist, wie bei dem deutschen Volke im Reich.“150 Walter May, der siebenbürgische Amtsleiter für Presse und Propaganda, formulierte den Zweck in der Südostdeutschen Tageszeitung ganz im Sinne der Ideologie: „Damit ist diese Ausstellung für uns mehr als eine reine Kunstschau. Sie ist das bescheidene Bekenntnis einer Künstlergeneration zu jenem hohen Ziel, dem in unserer Heimat nicht nur alle Kunst, sondern alles Leben und Kämpfen und alles Opfern an Gut und Blut durch die Jahrhunderte gegolten hat und heute mehr denn je gilt: dem ewigen Deutschland zu dienen und der Weltgeltung deutscher Kultur in diesem Raum eine Gasse zu bahnen.“151 Die umfangreiche Präsentation war ebenfalls als Verkaufsausstellung konzipiert und diesbezüglich auf reges Kaufinteresse gestoßen. Während SS-Obergruppenführer Lorenz sogar sechs Werke erstand, griff auch das Wiener Publikum zu.152 Die Teilnehmenden und Kaufenden mussten sich jedoch damit einverstanden erklären, die Kunstwerke bis zur letzten Station in der Schau zu belassen. Da viele Arbeiten in der Folge der Bombardements ihr Ziel – Berlin – nicht erreichten und verschollen blieben, erhielten weder die einen ihr Geld noch die anderen ihre erworbene oder produzierte Kunst zurück. Für Margarete Depner bedeutete dies den Verlust einiger ihrer wichtigsten Arbeiten. Auch der Kaufpreis wurde nie ausbezahlt. Von Wien sollte die Schau weiter nach Salzburg über Breslau, Berlin nach Danzig und Königsberg fahren.153 Sie erreichte jedoch bereits in Breslau ihren erzwungenen Endpunkt.154 Margarete Depner war im Bereich der Bildhauerei zusammen mit Hans Guggenberger und Richard Boege, die jeweils eine Hitlerbüste 150 Südostdeutsche Tageszeitung, 17. März 1944, a. a. O., Mappe 153, Künstlerhausarchiv Wien. 151 Südostdeutsche Tageszeitung, 18. März 1944, a. a. O., Mappe 153, Künstlerhausarchiv Wien. 152 Vgl. Liste der verkauften Werke, a. a. O., Mappe 153, Künstlerhausarchiv Wien. 153 Pressenotiz, 4. 4. 1944, a. a. O., Mappe 153, Künstlerhausarchiv Wien. 154 Wittstock, Manfred, Bildende Künstler, Kunsthandwerker und Kunstgewerbler der Siebenbürger Sachsen in der Zwischenkriegszeit und ihre Beziehungen zum Nationalsozialismus, in: Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde 24, Heft 2, Wien 2001, S. 252.

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angefertigt hatten, vertreten. Josef Brunnet, Sebastian Rotschingk und Annemarie Suckow von Heydendorf zeigten mehrere Plastiken. Die Auswahl der Arbeiten hatte eine eigene Kommission des Künstlerhauses unter Mitwirkung einer Delegation der rumänischen Künstlerschaft getroffen. Depners auserkorene Plastiken waren die Sinkende, ein Kinderkopf, ein Mädchenkopf und ein Männerkopf aus Marmor, eine Bäuerin und ein Mädchenkopf aus Bronze. Insgesamt wurde in der Berichterstattung vor allem die große Repräsentanz von Frauen wahrgenommen und gewürdigt.155 Depners Arbeiten zählten, nach einer eigenen Einschätzung, mit zu ihren besten Werken.156 Der Tribut der Beteiligung an der Propagandaschau war, dass nur die Sinkende, ein lebensgroßer weiblicher Akt und ein Porträtkopf – Lotte – nicht in den Wirren des Krieges verloren gingen. Die Sinkende war 1942 von der Stadt Stuttgart angekauft worden. Lotte konnte nach Halle gerettet werden und fand in der Staatlichen Galerie Moritzburg Aufnahme.157

Zeitlose Kunst diesseits von Faschismus und Kommunismus „Der Welt-Geist spricht durch den Zeit-Geist, der Zeit-Geist durch den Frei-Geist – den Geist der frei sieht, empfindet und schafft.“158 Margarete Depner

Während der Verlust der Kunstwerke schmerzen musste, wirkt er im Vergleich zu den kommenden Ereignissen geradezu harmlos. Rumänien war 1941 an der Seite Deutschlands in den Krieg eingetreten. 1944 wurde auch Kronstadt durch amerikanische Bomben angegriffen. Rumänien wechselte in der Folge die Fronten und kämpfte nun auf der Seite der Sowjetunion gegen Deutschland. Der Wechsel hatte zur Folge, dass viele Siebenbürger Sachsen und Sächsinnen das Land verließen und nicht mehr zurückkehrten. Nach Kriegsende bedeutete dies für die verbleibende deutschsprachige Bevölkerung de facto einen Kriegsverbrecherstatus. Im Jänner 1945 wurden alle deutschsprachigen Männer im Alter von 155 Dr. L. Springschitz, Im Mutterboden verwurzelte Kunst, in: Neues Wiener Tagblatt, 14. März 1944. 156 Depner, Margarete, Biografische Notizen, a. a. O., S. 3. 157 Ebenda. 158 Depner, Margarete, „Nichts Neues“, a. a. O., S. 186.

1943, Margarete und Wilhelm Depner, Archiv K. Philippi

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16 bis 45 Jahren und alle Frauen zwischen 17 und 30 Jahren über Nacht zum „Wiederaufbau in die Sowjetunion“ rekrutiert, was etwa 30.000 Personen betraf.159 Viele kostete dies das Leben. In Rumänien wurde eine kommunistische Regierung eingesetzt, die nach der erzwungenen Abdankung König Michaels 1947 zu einer radikalen Verstaatlichung von Wirtschaft und Kultur überging. 1948 kam es zu generellen Enteignungen von Besitz und Produktionsmitteln. Dies betraf die Schergsche Tuchfabrik ebenso wie das Depnersche Sanatorium. Die deutschsprachige Bevölkerung, die als faschistisch eingestuft wurde, traf es zusätzlich. Viele wurden aus Kronstadt zwangsevakuiert. So auch der Bruder Margarete Depners, Wilhelm, der sich vollkommen verarmt und krank 1961 das Leben nahm.160 Allerorts kam es unter den unterschiedlichsten Deckvorwürfen zu Schikanen gegen die sächsische Restbevölkerung. Die Familie Depner beschloss trotz der widrigen Umstände zu bleiben. Auch Wilhelm Depner wurde in der Nachkriegszeit dreimal verhaftet. Er genoss jedoch bei den sowjetischen Militärbehörden einen guten Ruf, da er durch seine politische Tätigkeit ab 1933 als Antihitlerist bekannt war. Während des Krieges hatte er unter Lebensgefahr auch jüdische Personen medizinisch behandelt161 und sowjetischen Soldaten in seinem Spital das Leben gerettet. Nach längeren Verhören kam er wieder frei. 1949 verlor jedoch auch er endgültig sein Lebenswerk – die Klinik, die als eines der ersten onkologischen Institute des Landes galt. Er durfte jedoch als fachliche und menschliche Kompetenz bis zu seinem Tod 1950 ehrenamtlich weiter praktizieren oder operieren. Seine Tochter Thea, die beruflich in die Fußstapfen des Vaters getreten und Ärztin geworden war, hatte sich ebenfalls in Onkologie spezialisiert. Als Chefärztin sollte sie in der rumänischen Staatsklinik das Erbe von Dr. Depner fortsetzen. Die Zeit war durch Misstrauen, Angst und radikalen Umbruch geprägt. Familien wurden zerrissen, alte gewachsene Strukturen zerstört. An Kunst war kaum zu denken. Für Margarete Depner bedeutete dies eine radikale Zäsur in ihrem Leben. Dennoch „hatte sie es fertig gebracht, ihre lebensfreudige Natur nicht abzutöten und hatte ihre Umgänglichkeit keineswegs eingebüßt“.162 Sie hatte zudem Glück im Un159 160 161 162

Philippi, Maja, 200 Jahre, a. a. O., S. 126. Philippi, Maja, 200 Jahre, a. a. O., S. 128. Wittstock, Thea, Ein Wegbereiter, a. a. O., S. 396. Wittstock, Joachim, Keulenmann und schlafende Muse, Erfahrungsschritte, Sibiu 2005, S. 36.

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Arbeiter, signiert GD. 1967, 52,6 x 36,3, Kohle, Nlvz Nr. 82

glück. Ihr Schwiegersohn Erwin Wittstock, selbst Schriftsteller, erreichte, dass auch Künstlerinnen neben der Ärzteschaft und den Ingenieuren von der „Evakuierung“ ausgenommen waren.163 So gelang es, dass sie, obwohl das Wohnhaus enteignet war, ein eigenes Zimmer und ein weiteres als Atelier behalten konnte. Ein zweites Zimmer wurde von ihrer Tochter Maja Philippi, deren Mann und den drei Kindern bewohnt. Die vollkommen neuen Verhältnisse beinhalteten im alltäglichen Leben 163 Philippi, Maja, Über Erwin Wittstock, Typoskript, o. D., S. 7, Archiv Kurt Philippi.

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Zwei Mädchen in säschs. Tracht, 1960er-Jahre, 54 x 41, Kohle, Nlvz Nr. 88

zahlreiche Einschränkungen. Margarete Depner schien es mit stoischer Gelassenheit zu nehmen. „Sie trauerte dem Verlust der materiellen Werte in keiner Weise nach, für sie gab es nichts anderes als ihre Kunst.“164 Obwohl ihr die Kunst als Hilfe gegen die Schwierigkeiten im Alltag galt und ihr das psychische Überleben sicherte, hatte sie doch die Leichtigkeit in ihrem Schaffen verloren.165 Wollte sie als Künstlerin anerkannt werden, musste sie der Gewerkschaft beitreten. Als sie sich 1951 um die Aufnahme in die Künstlerver164 Philippi, Maja, Mein Elternhaus, a. a. O., S. 13. 165 Depner, Margarete, Biographische Notizen, a. a. O., S. 3.

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einigung bewarb, wurde ihr diese für die Abteilung Skulptur gewährt.166 Nun, in der kommunistischen Ära, erhielt die über Sechzigjährige erstmals in ihrem Leben einen öffentlich anerkannten Status. Erst als Pensionistin hatte sie einen professionellen Titel für ihre lebenslange Berufung erhalten. „Fleiß, Ausdauer und Sparsamkeit in ihren persönlichen Bedürfnissen kennzeichneten sie bis in ihr Alter.“167 Der Weg zu internationalen Ausstellungen und damit zu internationalem Renommee war jedoch ab nun durch den Eisernen Vorhang versperrt. Für die deutsche Minderheit war es zusätzlich schwierig, sich im Kunstbetrieb Rumäniens zu behaupten. Die regelmäßig zweimal jährlich in Bukarest organisierten Kunstschauen wurden zwar von dieser beschickt, von dort jedoch wenig beachtet.168 Zudem gab es immer wieder Transportschwierigkeiten, was eine Entsendung verhinderte. Die Kunst wurde nun ganz in den Dienst der Werktätigen gestellt. Margarete Depner zeigte sich den neuen Rahmenbedingungen gegenüber durchaus aufgeschlossen. Als Mitglied des Syndikats nahm sie auch an den vierzehntäglichen Sitzungen der Kronstädter Kunstmaler Teil. Hier besprach man gewerkschaftliche und berufliche Probleme, diskutierte jedoch vor allem Werke der einzelnen Mitglieder. In der Folge traf man Entscheidungen für die Umsetzung von Entwürfen. In diesem Zusammenhang wurde 1950 Hans Guggenbergers Der Sieger, der durch die neue Zeit zum Maschinisten umbenannt worden war, von Margarete Depner beanstandet. Sie kritisierte unter anderem die klumpigen und steifen Beine.169 Ihr klassisches Ideal und das ihm folgende Kunstverständnis werden auch den künstlerischen Realsozialismus erfolgreich umgehen. Dessen Ausrichtung zielte hin auf den „Neuen Menschen“. Nun war es Aufgabe der Kunst, „dahin zu gelangen, dass sie in ihren Werken Menschen darstellen, die den anderen als Vorbild und Beispiel dienen können. Sie müssen durch ihre Schöpfungen das werktätige Volk für große Aufgaben des sozialistischen Aufbauwerkes begeistern, die Liebe zu allen Errungenschaften wecken und nähren, und den Kampf um die Verteidigung dieser Errungenschaften fördern.“170

166 Mitgliedsausweis Margarete Depner 1951, Archiv Wolfgang Wittstock. 167 Philippi, Maja, Mein Elternhaus, .a. a. O., S. 7. 168 Escher, Hilda, Vom Schaffen Kronstädter deutscher Künstler, in: Neuer Weg, 30. Juli 1950, S. 6. 169 Ebenda. 170 Neuer Weg, 28. Jänner 1955, S. 3.

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Margarete Depner arbeitete trotz räumlicher Enge. Grafik und Ölmalerei waren zugunsten der Plastik zurückgetreten. So wagte sie sich auch an eine Tonbüste von Genossen Lenin. Sie modellierte nach einem Foto, benötigte jedoch für die Details menschliche Modelle. Nun standen nicht mehr die Töchter, sondern die Enkel Wolfgang und Joachim Wittstock, Kurt Philippi und ein entfernter Cousin aus der Schergschen Familie, Wilfried Schreiber, zur Verfügung. Von Ersterem kopierte sie ein Ohr für die Büste,171 von Wilfried das Schlüsselbein und mit Joachim führte sie während der Sitzungen philosophische Gespräche über Marc Aurel. Joachim Wittstock, später selbst Schriftsteller, wird diese Erinnerung in seinem Buch „Keulenmann und schlafende Muse“ festhalten und dazu kommentieren: „... sie wollte mit der neuen Ära und ihren Prinzipien Schritt halten und war, trotz ihrem Alter, lernwillig. Das Ideal einer Gesellschaft ohne Unterschiede in den Besitzständen, ohne klassenmäßige Schichtung erschien ihr der Überlegung wert.“172 Margarete Depners stilistische Gestaltungsvorstellungen von Genossen Lenin entsprachen ganz ihrem klassischen Stil, jedoch nicht dem Verständnis der kommunistischen Kunstverantwortlichen. Sie hatte die Zentralfigur des Realsozialismus ohne Anzug und Krawatte porträtiert, was offensichtlich als unzumutbar interpretiert wurde. Die Büste erreichte nie den öffentlichen Raum, sondern verblieb im Atelier. Von dort wanderte sie unter das Dach, auf den sogenannten Aufboden. Nach dem Erdbeben von 1977 erschien dieser Standort als zu unsicher, und der überlebensgroße und schwere Lenin wanderte mit enormem Kraftaufwand neben die Sinkende in den Hof. Da beide Büsten jedoch nicht miteinander harmonierten, verschwand Genosse Lenin schließlich im Keller. Hier verursachte er aufgrund seines Gewichtes einen Wasserrohrbruch, wurde nochmals umgestellt, bis er, ohne dass jemand über seinen Verbleib Auskunft geben konnte, schließlich für immer auf geheimnisvolle Weise verschwunden war.173 Seine Schöpferin aber behielt, unbeirrt von äußeren Stilvorgaben, ihre Handschrift bei und realisierte nur die eigenen Kunstvorstellungen. Ihre Kleinplastiken, meistens Ton- oder Gipsmodelle, waren im ganzen Arbeits- und Wohnraum verteilt und zogen sich, einem Fries gleich, die Wände entlang.174 Daneben hingen ihre Bilder. Als sie vier Jahre vor 171 172 173 174

Interview Wolfgang Wittstock, 20. 10. 2008. Wittstock, Joachim, Keulenmann, a. a. O., S. 36. Interview Kurt Philippi, 18. 10. 2008. Scharffader, Joachim, Sinnvolle Schönheit. Betrachtungen zum bildhauerischen Schaffen Margarete Depners, in: Neuer Weg, 12. November 1966, S. 4.

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1960er-Jahre, Margarete Depner modelliert Lenin, Archiv K. Philippi

ihrem Tod von Joachim Scharffader besucht wurde, betrachtete dieser in seinem Artikel die Sinkende, sie war als Gipsmodell noch vorhanden, als den Höhepunkt ihres bildhauerischen Schaffens. Vereinzelt fertigte sie noch Kohlezeichnungen. Meistens war sie jedoch mit der Reparatur früherer Arbeiten beschäftigt, da diese von „teilnahmslosen oder mutwilligen Mitbewohnern zerstört“ worden waren.175 In den letzten zwei Lebensjahren stellte sie den kleinen Entwurf für ein Wasserbecken fertig 175 Depner, Margarete, Biografische Notizen, a. a. O., S. 4.

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und arbeitete am Gefangenen das Licht der Sonne wieder erblickend.176 Bis zum Schluss bot ihr die künstlerische Tätigkeit Trost gegen die Wirklichkeit. Sie half ihr über körperliche Schwächen und seelische Bedrückung hinweg. 1968 notierte sie: „Der Gedanke an eine umfassendere Sonderausstellung in meiner Vaterstadt gibt mir noch ein wenig Arbeitsmut und wäre mein Wunsch, aber nicht meine Hoffnung.“177 Dieser Wunsch sollte nicht in Erfüllung gehen. Als im Frühling 1970 eine große Überschwemmung das Land heimsuchte, beteiligten sich auch Kunstschaffende mit einer Solidaritätsausstellung in Kronstadt an der Hilfsaktion. Margarete stiftete eine Zeichnung und drei Skulpturen zugunsten der Opfer.178 Ihre Kräfte ließen jedoch zunehmend nach. Kurz vor ihrem Tod dichtete sie im Juli 1970: „Zeit eilt, Zeit heilt... Heilt durch Vergessen Was einst wir besessen; Löscht aus, was wir planten, voll Tiefsinn erahnten, löscht aus unser Wollen unserer Selbstsucht Tollen. Löscht aus uns und heilt uns durch den Tod Den Tod – Keim für ein neues Morgenrot.“179 Sie starb am 2. September und wurde an der Seite ihres Mannes unter der von ihr geschaffenen Skulptur, der Kauernden, beerdigt. 1970 kurz nach ihrem Tod wurde bereits ein Appell an Verbände und Kulturkomitees gerichtet, ihrem Nachlass bald die ihm zukommende Aufmerksamkeit zu schenken.180 Der Appell verhallte in der neuen restriktiven politischen und künstlerischen Richtung, die ab den 70er-Jahren in Rumänien durch Nicolae Ceauşescu einsetzte. Der Ruf nach einer Gedächtnisausstellung wurde 1975 erneut hörbar181 und im gleichen Jahr durch das Engagement der Tochter Maja Philippi Wirklichkeit. Posthum, zum 90. Geburtstag, wurde im Kunstmuseum von Kronstadt ihr 176 177 178 179 180 181

Ebenda. Ebenda. Restrospectiv. M. Depner, Kronstadt 1975, S. 10. Depner, Margarete, Gedicht 1970, Privatarchiv Wolfgang Wittstock. Schuster, Hannes, Konsequenzen, in: Karpatenrundschau, 18. 9. 1970. Wittstock, Manfred, Realismus als Auftrag, in: Neuer Weg. 6. 3. 1975, S. 6.

meisterin des Porträts

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Die Flötenspielerin, Plakat für die Gedächtnisausstellung 1975, Archiv W. Wittstock

bildhauerisches Werk mit 26 Plastiken und 18 Grafiken gewürdigt.182 Die Ölmalerei fehlte dabei vollkommen. Das Plakat zur Schau schmückte ein Relief von Margarete Depner – Die Flötenspielerin. Kurz vor ihrem Tod meinte sie, dass es das Relief sei, womit sie sich in Zukunft beschäftigen wolle.183 Der Zukunft erst oblag es, ihr Vermächtnis zu bergen. Über dreißig Jahre blieb ihr bildnerischer Nachlass am Dachboden verborgen, bis er durch Zufall wieder ans Licht kam. Erstmals ermöglicht die vorliegende Publikation durch eine Auswahl ihrer Werke die Neuinterpretation dieser besonderen Künstlerin. Ihr vielfältiges Werk, von der Grafik her 182 Wittstock, Manfred, Schönheit der humanen Werte, in: Neuer Weg, 26. November 1975. 183 Richter, O., Gedanken, a. a. O., S. 200–203.

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kommend über die Ölmalerei hin zur Skulptur, ist als engagierte Kunst am Menschen zu betrachten. Im Porträt fand Margarete Depner jene Ausdrucksform, der sie ihr hohes Können widmete. Im über-zeitlichen Stil schuf sie zeit-lose Charakterstudien. Mensch und Werk stehen dabei im Wechselverhältnis zueinander. „... Sie war die Güte in persona. Ihr Liebreiz war die Kombination einer einzigartigen melodischen Stimme, ihrer leuchtenden verstehenden Augen, ihrer ausgeglichenen ruhigen eleganten Bewegungen. Sie hatte einen besonderen Gang es war dies nicht ein Schreiten sondern ein Gleiten. Eine vorsichtige Berührung des Bodens mit der Absicht ihm nicht wehzutun.“184 Mit dieser Achtsamkeit schuf sie ihre Porträts, die dort zu berühren wagen, wo sich der Anblick zum Durchblick bereit erklärt.

Die Trauernde, Zentralfriedhof Hermannstadt/Sibiu, Foto © pedro salvadore

184 Brief Kurt Adler an Maja Philippi, 7. 6. 1985 Haifa, Archiv Joachim Wittstock.

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Margarete Depner (1885–1970) – eine Porträtkünstlerin par excellence

Die bildende Kunst Siebenbürgens am Ende des 19. und im 20. Jahrhundert

Ihren ersten Höhepunkt erreichte die bildende Kunst Siebenbürgens im 16. Jahrhundert in den vorreformatorischen Altären und Fresken, die die Kirchen schmückten. Die Annahme der Lutherischen Reformation um die Mitte des besagten Jahrhunderts, der wirtschaftliche Niedergang nach der Schlacht von Mohacs (1526) sowie die dauernde Türkengefahr hatten einen zunehmenden Provinzialisierungsprozess der Künste zur Folge. Im ausgehenden 18. Jahrhundert war Siebenbürgen unter Maria Theresia Teil der Habsburgermonarchie. Mit dem Amtsantritt des Barons Samuel von Brukenthal (1721–1803), dem Gouverneur der Herrscherin, kam dessen bekannte Kunstsammlung aus Wien nach Hermannstadt/Sibiu, der damaligen Hauptstadt des Großfürstentums. Die international hoch renommierte Kollektion war für die Geschmacksbildung der lokalen Elite nachhaltig richtungweisend. Gleichzeitig ließen sich die Maler Johann Martin Stock (1742–1800) und Franz Neuhauser (1763–1836) in der Stadt nieder. Sie prägten die Entwicklung der siebenbürgischen Malerei – vor allem die Porträtkunst und die Landschaftsmalerei – maßgeblich mit. Das Fehlen einer größeren Zahl adliger und bürgerlicher Auftraggeber verzögerte jedoch die Bildung eines eigenen Kunstbetriebes. Der Prozess der Synchronisierung der siebenbürgisch-sächsischen mit der mittel- und westeuropäischen Kunst setzte erst am Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Erscheinen der ersten akademisch gebildeten Malgeneration ein.

Aufbruch in die Moderne

Während der letzten zwei Jahrzehnte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand, auch im Bereich der bildenden Kunst, auf dem von Siebenbürger Sachsen bewohnten Gebiet Transsilvaniens, das damals zum

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ungarischen Teil der Donaumonarchie zählte, ein Prozess der Sprengung provinzieller Grenzen statt. Die konservative und äußerst pragmatische sächsische Gesellschaft begann den Künstlerberuf zu akzeptieren. Diese Tatsache führte dazu, dass eine ansehnliche Zahl von begabten Jungen den Schritt hin zum Beruf wagte. Ihr Bildungsweg begann in der Regel an der Budapester Zeichenlehrer-Akademie – einer rigiden und „scholastischen“ Lehranstalt, in der sich die meisten eingeengt fühlten. Er wurde in der Folge oft an der Königlichen Kunstakademie in München fortgesetzt. In der Hauptstadt Bayerns, dem modernsten und dynamischsten Kunstzentrum Mitteleuropas, in dem der Realismus Wilhelm Leibls (1844–1900) und seiner Schule vorherrschte, lernte man akribisches Zeichnen. Die Kunstschaffenden wurden zur genauen Naturbeobachtung angehalten, kamen mit neuen ästhetischen Theorien in Kontakt und bewegten sich in den multinationalen Kreisen der künstlerischen Boheme. Hier konnten sie ihr Auge an den Kunstwerken der reichhaltigen Sammlungen alter Meister und moderner Künstler schulen. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass auch Frauen diesem Kreis aus Siebenbürgen angehörten. Da die Tore der Akademie weiblichen Anwärtern verschlossen blieben, mussten diese jedoch an Privatschulen inskribieren. Hermannstadt/Sibiu entwickelte sich in der Folge zum ersten modernen Kunstzentrum Siebenbürgens. Fast zeitgleich, genauer gesagt 1896, übersiedelte Simon Hollósy (1857–1918) mit seiner Privatschule von München nach Nagybánya/Baia Mare (Maramuresch), um im Norden des heutigen Rumänien ein eigenes Kunstzentrum zu gründen. Während der Anfangszeit lief es als Sommerkolonie, als Pleinairschule, in der man jedoch später zur expressionistischen Malweise überging. Die Kolonie erfreute sich großer internationaler Anerkennung und Beteiligung und wurde zeitweilig auch von Siebenbürger Sachsen und Sächsinnen frequentiert. Der Kunsthistoriker Tiberiu Alexa, der wohl beste Kenner ihrer Geschichte, hat für die Zeitspanne von 1896 bis 1901 insgesamt 227 Künstler und Künstlerinnen aus den folgenden Ländern oder Provinzen nachgewiesen:185 Australien 1, Österreich 20,186 Bessarabien 1, Tschechien 185 Alexa, Tiberiu, Moldovan, Traian, Muscă Mihai, Centrul Artistic Baia Mare 1896– 1996/The Baia Mare Artistic Centre, Muzeul Judeţean Baia Mare 1996 (Ausstellungskatalog), S. 97–99. 186 Die zwanzig österreichischen Kunstschaffenden, die in der Kolonie zwischen 1896 und 1901 nachweisbar sind, sind folgende: Josef Wünsch (1897), Stephanie Bernstein (1901), Anita Blum (1900, 1901), Leonhard Blum (1900, 1901), Richard

Eine Porträtkünstlerin par excellence

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Frau mit Mittelscheitel und Haarknoten, 48 x 33, Kohle, Nlvz Nr. 9

3, Slowakei 5, Dänemark 1, Schweiz 4, Deutschland 44, Indien 1, Litauen 1, Polen 26, Rumänien 3, Russland 9, Serbien 2 und aus Spanien 1. Aus Siebenbürgen kamen 20 Personen, darunter der Sachse Arthur Coulin Gerstl (1901), Josef Engelhard (1898), Ferenc Frischauf-Szablya (1898, 1899, 1900, 1901), Karl Fuchs (1898, 1899), Josef Handel (1901), Simonné Hollósy (1900), Julius Klaber (1898), Leonhard Kober (1898, 1899), Ernestine Lohwag (1900, 1901), Ada Löwith (1899), Augusta Löwith (1899), Arthur Ratzka (1897), Viktor Schaff (1896, 1897), Hugo Schubert (1899, 1900), Ludwig Wieden (1898, 1899, 1900, 1901).

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im Jahre 1899 und der Halbsachse Emerich Tamás in den Jahren 1898, 1899 und 1900. Aus Ungarn kamen 69 und aus den Vereinigten Staaten von Amerika zwei Interessierte. Unter den 227 Beteiligten befanden sich 27 Frauen, was etwa 8,4 Prozent der Gesamtzahl ausmachte. Die Angleichung der siebenbürgisch-sächsischen Kunst an die mitteleuropäische geschah durch die Übernahme moderner Elemente, die auf die lokalen Strukturen übertragen wurden. Obgleich von einer gewissen stilistischen Einheit der ersten Generation akademisch gebildeter Künstler und Künstlerinnen – der im 7. Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts Geborenen – gesprochen wird, verarbeitete jede einzelne Person die neuen Elemente entsprechend ihrem Talent und Temperament. Eine jahrhundertealte Tradition wahrend, blieb das Porträt auch weiterhin das beliebteste Genre, es wurde jedoch größeres Gewicht auf den Ausdruck und den Symbolgehalt des Bildes gelegt. Fritz Schullerus’ Arbeiten zeugen von psychologischer Durchdringung, Arthur Coulins Bildnisse sind symbolgeladen, während Robert Wellmann den Nazarenern nahesteht. Im Rahmen der Landschaftsmalerei sind ebenfalls mehrere Tendenzen zu verzeichnen, die von fotografisch-akribischer Wiedergabe über verklärte Stimmungslandschaften bis hin zu impressionistischen Versuchen reichen.

Hermannstadt/Sibiu – ein modernes Kunstzentrum

Die Grundlage für die gesamte spätere Entwicklung der bildenden Kunst in Siebenbürgen liegt in der Reform des evangelischen Schulwesens, die während der Amtszeit von Bischof Georg Daniel Teutsch (1817–1893) eingeleitet wurde. Erst nun fand der Kunst- bzw. Zeichenunterricht den ihm gebührenden Platz.187 Ein glücklicher Zufall wollte es, dass zur gleichen Zeit zwei bedeutende, aus dem binnendeutschen Sprachraum zugezogene Zeichenlehrer – Ludwig Schuller (1826–1906) und Carl Dörschlag (1832–1917) – in Siebenbürgen tätig waren. Schuller, der aus Kärnten kam, unterrichtete ab 1857 am Gymnasium in Schässburg, während der Mecklenburger Carl Dörschlag ab 1862 zuerst in Sächsisch-Regen, dann in Mediasch und schließlich ab 1871 am Evangelischen Gymna187 Roth, Walter, Der Ausbau des deutsch-evangelischen Schulwesens durch Georg Daniel Teutsch, in: Beiträge zur siebenbürgischen Schulgeschichte, Siebenbürgisches Archiv, Bd. 32, Weimar/Wien 1996, S. 262–268.

Eine Porträtkünstlerin par excellence

sium in Hermannstadt seine Wirkungsstätte fand. Dörschlag förderte junge Talente des Evangelischen Gymnasiums und Privatschüler und -schülerinnen wie Hermine Hufnagel oder Octavian Smighelschi – die sich in der Folge für ein Kunststudium im Ausland entschlossen. Diese jungen Leute waren es, die sich wenige Jahre später – als angehende oder bereits ausgebildete Künstler und Künstlerinnen, einige davon malende Zeichenlehrer – mit ihrem Wirken in der konservativ-tradierten Gesellschaft des bürgerlichen Hermannstadt behaupteten. Sie gingen unter dem Namen Dörschlag-Kreis in die siebenbürgische Kunstgeschichte ein. Ihm lassen sich folgende Künstler und Künstlerinnen zuordnen: Hermine Hufnagel (1864–1897), Fritz Schullerus (1866–1898), Octavian Smighelschi (1866– 1912), Robert Wellmann (1866–1946), Arthur Coulin (1869–1912), Michel Fleischer (1869– 1938), Anna Dörschlag (1869–1947), Karl Ziegler (1866–1945). Auch die Schässburgerin Betty Schuller (1860– 1904) und die Kronstädterin Lotte Goldschmidt (1871–1925) schlossen sich an. In Ermangelung einer eigenen Kunstschule war die Brukenthalsche Gemäldesammlung jener zentrale Ort, an dem man sich mit bedeutenden Kunstwerken der europäischen Malerei von der Renaissance bis zum Rokoko vertraut machen konnte. Ein wesentliches Manko der Museumssammlungen war jedoch, dass sie den Studierenden keine zeitgemäßen Kunstwerke zur Ansicht bieten konnten. Dörschlag vertrat die Meinung, dass die Museumsleitung seine Schützlinge, die im Ausland erste künstlerische Erfolge verzeichneten, durch Ankauf von Werken in ihrem Schaffen zu unterstützen habe. Dadurch wurde die historische Sammlung zeitgemäß. Während das Verdienst des Professors im Bereich der Heranführung an ein Kunststudium lag, trug der Kunstkenner Adolf von Stock entscheidend zur Kunsterziehung des Hermannstädter Publikums bei. Er kurbelte den Ausstellungsbetrieb an, wodurch der Dörschlag-Kreis die Möglichkeit erhielt, mit seinen Werken an die siebenbürgische Öffentlichkeit zu treten. Dank der Anregung und des Einsatzes Adolf von Stocks kam in der Zeitspanne vom 27. August bis zum 30. September 1887 im Gesellschaftshaus der Stadt die Erste Kunstausstellung zustande. Für Hermannstadt war dies ein außerordentliches Ereignis, das erste seiner Art, das zeitgemäße, mitteleuropäische und siebenbürgische Kunst zeigte. Die Ausstellung enthielt 419 Arbeiten von 126 Künstlern und Künstlerinnen, davon zahlreiche von zeitgenössischen Größen wie Jan Matejko aus Krakau (1838–1893), Alexander Liezen-Mayer aus Györ

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(1839–1898) oder Franz von Defregger aus Tirol (1835–1921). In der Ausstellung waren auch jene vertreten, die erst kurz davor verstorben waren, wie etwa die Österreicher Friedrich von Amerling (1803–1887) oder Hans Makart (1840–1884). Von der heimischen Kunstszene sind die Vertreter und Vertreterinnen des Hermannstädter Malkreises von 1850 zu nennen, sowie Hans Bulhardt, Carl Dörschlag und Ludwig Schuller. Auch die Dörschlag-Schüler Fritz Schullerus, Robert Wellmann, Octavian Smighelschi, Karl Ziegler, Hermine Hufnagel und Arthur Coulin waren bereits vertreten.188 Die Anwesenheit von Frauen im Dörschlag-Kreis muss als ein wichtiges Element der Modernität gewertet werden, das über den Stand der Frauenemanzipation in Siebenbürgen Aufschluss gibt. Die DörschlagSchülerinnen begnügten sich nicht mit der oberflächlichen Ausbildung zur Blumenmalerin, sondern stellten nach gründlichen, meist freien Studien im Ausland ihre Position im freien Wettbewerb mit den männlichen Berufskollegen unter Beweis. Anna Dörschlag und Lotte Goldschmidt verbrachten die Sommermonate des Jahres 1911 im internationalen Ambiente der Kunstkolonie von Baia Mare, eine gute Gelegenheit, sich in der Technik des Pleinairmalens zu verbessern. 1904 erreichte mit der Gründung des Sebastian-Hann-Vereins das Hermannstädter und in der Folge das gesamte Kunstleben in der siebenbürgisch-sächsischen Gesellschaft eine neue Qualität. Die treibenden Kräfte für die Hebung waren in bewährter Weise Carl Dörschlag und sein ehemaliger Schüler Arthur Coulin. Der Verein stellte sich weitreichende Aufgaben, von der Kunsterziehung des Publikums über Ausstellungstätigkeit und Museumsförderung bis hin zur Stadtverschönerung und zum Denkmalschutz.189 Die Schüler Carl Dörschlags schickten, unabhängig davon, wo sie sich gerade aufhielten, ihre Arbeiten zu den Ausstellungen des Vereins190 und hielten die Beziehungen zu ihrem ehe188 Die genannten Schüler von Carl Dörschlag waren zu diesem Zeitpunkt 18 bis 23 Jahre jung und studierten bereits im Ausland, während die 1869 geborenen Coulin, Fleischer und Anna Dörschlag noch in Hermannstadt zur Schule gingen. 189 Ittu, Gudrun-Liane, Der Sebastian-Hann-Verein für heimische Kunstbestrebungen und die Anfänge des Jugendstils in Siebenbürgen, in: Forschungen zur Volksund Landeskunde Band 37, Nr. 2, 1995, S. 71–75. 190 Vgl. dazu: Katalog der ersten Ausstellung von Arbeiten siebenbürgischer Künstler, 30. Juli bis 26. August 1905, Hermannstadt 1905 (Arthur Coulin war Mitglied der Ausstellungskommission und Octavian Smighelschi Mitglied der Aufnahme-Jury; in der Ausstellung waren Dörschlag, Coulin, Fleischer, Ziegler, Wellmann, Hufnagel † und Schullerus † vertreten).

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Alter Mann, Studie, 1905–1906, sign. G. Scherg, 31 x 25, Aquarell, Nlvz Nr. 3

maligen Lehrer aufrecht. 1912 verlor der Kreis durch den Tod von Arthur Coulin und Octavian Smighelschi seine Begabtesten. Der Erste Weltkrieg legte schließlich die künstlerischen Betätigungen der Siebenbürger Sachsen beinahe vollkommen lahm. 1917, mitten im Krieg, starb der betagte Carl Dörschlag, dem es maßgeblich zu verdanken war, dass sich Hermannstadt im Laufe dreier Jahrzehnte zu dem Kunstzentrum der Region etabliert hatte. Nach dem Krieg verlor Hermannstadt seine künstlerische Vorrangstellung. Das wirtschaftliche aufstrebende Kronstadt/Braşov entwickelte

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gegenüber dem konservativ-akademischen Hermannstadt/Sibiu ein weit progressiveres Gesellschaftsleben, wobei der Förderung von Kunst und Literatur eine wichtige Rolle zukommen sollte.

Kronstadt/Braşov – eine Kunststadt zwischen den beiden Weltkriegen

Die zweite Generation moderner siebenbürgisch-sächsischer Künstler und Künstlerinnen kam vorwiegend aus Kronstadt und Umgebung. Ihr Bildungsweg in der mittel- und westeuropäischen Kunstszene hatte sich jedoch nun stark gewandelt und erlebte eine rasche Abfolge von Stilen und Tendenzen. Waren die ersten siebenbürgischen Modernen dem Münchner Realismus, dem Jugendstil und dem Symbolismus zugewandt, so kann bei der zweiten Generation eine größere stilistische Vielfalt nachgewiesen werden. Sie reicht von idyllischen Abbildungen heimatlicher Motive – Eduard Morres (1884–1980) und Heinrich Schunn (1897–1984) – über postimpressionistische – Hans Hermann (1885–1980) und Margarete Depner (1885–1970) – zu expressionistischen – Hans Eder (1883–1955), Ernst Honigberger (1885–1974), Walther Teutsch (1883–1964), Fritz Kimm (1890–1979), Grete Csaki-Copony (1893–1990) und Ludwig Hesshaimer (1872–1956). Schließlich führt sie zu abstrakten Darstellungen – Hans Mattis-Teutsch (1884–1960) und Henri Nouveau (1901–1959). Die fortschrittlichsten Künstler und Künstlerinnen überSkizze, Tusche, Archiv L. Fischer

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Die Schuld der Völker wird im Himmel gewogen, Skizze, Tusche, Archiv L. Fischer

nahmen vornehmlich expressionistische Elemente. Sie blieben jedoch ihrer Heimat und deren Traditionen und Wertbegriffen verbunden, eine Tatsache, die der Kulturhistoriker Harald Krasser wie folgt festgehalten hat: „Einen siebenbürgischen Expressionismus mag es im Sinne einer Übernahme gewisser technischer und formaler Eigentümlichkeiten gegeben haben – gewiss nicht im Sinne einer Entwurzelung aus einem siebenbürgischen Landschafts- und Seelenraum.“191 Der Erste Weltkrieg, ein historisches Ereignis, das auch die Sachsen „Anteil haben ließ an diesem großen Schrei“,192 markiert einen dramatischen Einschnitt. Bedingt durch soziale und politische Veränderungen verließen mehrere Künstler – wie Walther Teutsch, Ludwig Hesshaimer oder Ernst Honigberger – ihre Heimat. Dies bedeutete einen großen Verlust für eine ohnehin kleine Gruppe. Obgleich sie im Ausland lebten, beschickten sie jedoch die Ausstellungen in Hermannstadt und Kronstadt mit eigenen Arbeiten und schrieben Beiträge für die heimischen Kulturzeitschriften. Wurden die Kunstwerke der ersten Malgeneration und die Aktionen des „Sebastian-Hann-Vereins für heimische Kunstbestrebungen“ dank der vom Schriftsteller Adolf Meschendörfer (1877–1962) in Kron191 Krasser, Harald, Bemerkungen zu unserer bildenden Kunst, in: Klingsor, Januar 1939, S. 32. 192 Orend, Misch, Der Expressionismus und seine Überwindung, in: Klingsor, August 1926, S. 308.

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stadt herausgegebenen Kulturzeitschrift „Die Karpathen“ (1907–1914) dem Publikum zugeführt, so waren es nach dem Krieg die Publikationen „Das Ziel“ (Kronstadt, 1. April – 1. Oktober 1919), „Das neue Ziel“ (Kronstadt, 15. Oktober 1919 – 10. Oktober 1920), „Ostland“ (Hermannstadt, Juni 1919 – September 1921) und „Klingsor“ (Kronstadt, 1924– 1939), die neue Kunstrichtungen durch Besprechungen und Reproduktionen unterstützten. In Hermannstadt, das sich mit Kronstadt in ewigem Wettstreit befand, lebten während der Zwischenkriegszeit weniger berühmte Künstler, dafür jedoch eine Gruppe sehr aktiver Berufsmalerinnen: Trude Schullerus (1889–1981), Ernestine Konnerth-Kroner (1893–1973), Henriette Bielz (1892–1956), Hildegard Schieb (1897–1989) und Grete CsakiCopony (1893–1990). Letztgenannte war zwar in Kronstadt aufgewachsen, arbeite jedoch seit 1918, seit ihrer Heirat mit Professor Richard Csaki (1886–1943), dem Leiter des „Kulturamtes der Deutschen in Großrumänien“, in Hermannstadt. In Kronstadt waren bildende Künstlerinnen eher eine Ausnahme. In diesem Kontext ist das vielfältige Œuvre einer außergewöhnlichen und komplexen Künstlerin wie Margarete Depner neu zu beleuchten und zu bewerten. Sowohl Hermannstadt als auch Kronstadt waren multiethnische und multikonfessionelle Städte. Während in Hermannstadt die Siebenbürger Sachsen bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Mehrheit der Bevölkerung stellten, war in Kronstadt die rumänische, die deutsche und die ungarische Ethnie mit ungefähr jeweils einem Drittel vertreten. Dazu kamen in beiden Städten eine jüdische Gemeinde sowie kleine Gruppen anderer nationaler Zugehörigkeiten. Die kulturellen Kontakte zwischen diesen Völkerschaften waren sowohl vor als auch nach dem Ersten Weltkrieg rar. Jede größere ethnische Gruppe gestaltete ihr kulturelles Leben eigenständig. Die rumänische Bevölkerung war bereits vor 1918 bestrebt, ihre Beziehungen zu Rumänien auszuweiten. Man studierte lieber in Frankreich als in Wien oder München, während die ungarische und sächsische Bevölkerung die mitteleuropäischen Kunstzentren vorzog. Die bildenden Künstler und Künstlerinnen begegneten einander in Baia Mare und nach 1918 im „Salon oficial“193 in Bukarest. Manchmal traf man sich sogar in der Künstlerkolonie am Schwarzen Meer – in Balcic/Balschik.194 Man trat 193 Zwischen 1920 und 1939 präsentierten sich Hans Hermann, Hans Eder, Hermann Konnerth, Fritz Kimm, Trude Schullerus und Margarete Depner im Frühjahr im Maler- und im Herbst im Schwarz-Weiß-Salon in Bukarest. 194 1913 wurde Rumänien die Süddobrudscha zugesprochen. Infolge des von Hit-

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Ritter und Tod Zweikampf, Skizze,Tusche, Archiv L. Fischer

jedoch nicht gemeinsam in Ausstellungen in den Heimatstädten auf. Nach dem Ersten Weltkrieg vergrößerte Rumänien sein Territorium durch Siebenbürgen, Bessarabien und die Bukowina. Die deutschsprachige Bevölkerung betrug nun ungefähr 800.000 Personen. Die älteste und organisierteste Gruppe unter ihnen war jene der Siebenbürger Sachsen, welche die kulturelle Führungsrolle aller Deutschen übernahm. Professor Richard Csaki gründete in Hermannstadt das „Kulturamt der Deutschen in Großrumänien“ (1922–1931), eine Institution, die sich die kulturelle Einigung aller zu Rumänien gehörenden deutschsprachigen Siedlungsgebiete und Streugruppen zum Ziel setzte. Infolge verstärkter Propagandatätigkeit in den Reihen der Rumäniendeutschen und der Übernahme nationalsozialistischen Gedankengutes vollzog sich im Laufe der Jahre eine Steigerung lerdeutschland und seinem Verbündeten, Bulgarien, auf Rumänien ausgeübten Druckes verzichtete das Letztgenannte 1940 auf diesen Teil des Landes. Königin Maria von Rumänien (1875–1938), die Balcic sehr liebte, verbrachte die Sommermonate dort in ihrem Schlösschen „Stella maris“. Sie stand der bildenden Kunst sehr nahe und betätigte sich auch selbst künstlerisch. Die bedeutendsten rumänischen Maler der Zwischenkriegszeit arbeiteten im Sommer in Balcic, das für sie zum rumänischen Barbizon oder Pontoise wurde. Es war ein Ort mit südländischem Licht und Mittelmeervegetation, in dem das felsige Cap Caliacra dem Blau des Himmels und des Meeres begegnete. Die Künstler mussten nicht weit reisen, um „exotische“ Menschen anzutreffen, hier fanden sie sie vor der Haustür. Türkinnen und Tatarinnen aller Altersstufen gehörten zu den beliebtesten Motiven. Vom sächsischen Kreis malten Hans Eder und Hermann Konnerth in Balcic.

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des Zugehörigkeitsgefühls zu Deutschland und seiner Kultur. Im vierten Jahrzehnt führte dies zur Auflösung tradierter Strukturen und zur Gleichschaltung mit Berlin. Zahlreiche bildende Künstler wurden vom Geist der Zeit ergriffen und schufen Werke im Sinne der „Blut und Boden“-Theorie und der Überlegenheit der Deutschen. Im Februar 1937 veröffentlichten die deutschsprachigen Publikationen einen Aufruf zur Gründung einer deutschen Künstlervereinigung, der sogenannten „Deutschen Künstlerschaft“, ein Aufruf, der von Fritz Kimm, Margarete Depner, Oskar Netoliczka, Margarete Netoliczka-Hiemesch, Hans Eder, Hans Mattis-Teutsch, Eduard Morres, Karl Hübner, Hermann Morres, Heinrich Schunn und Hans Guggenberger unterzeichnet war. Als Begründung dafür wurde angegeben: „Zu lange haben wir untätig der Entwicklung ihren Lauf gelassen und als Einzelgänger unser Glück versucht. Wir laufen aber Gefahr, überschwemmt zu werden und haben die Pflicht, als Vertreter unseres Volkssplitters in unserem Lande mehr beachtet zu werden.“195 Die „Deutsche Künstlerschaft“ verfolgte den Zweck, „in enger Arbeitsgemeinschaft die gemeinsamen Interessen zu wahren und durch Veranstaltung von Ausstellungen ein geschlossenes Bild deutschen Kunstschaffens in Rumänien zu vermitteln“.196 Die Unterschrift von Hans Mattis-Teutsch auf dem Dokument überrascht, da der Avantgardekünstler ein „homo europaeus“ war und sich bis dahin von keiner Künstlergruppe hatte vereinnahmen lassen. Die „Künstlergemeinschaft“ veranstaltete zwei „Gesamtschauen“, an denen die Teilnahme von Künstlern und Künstlerinnen aus allen Siedlungsgebieten erwünscht war. Die erste Gesamtschau, an der sich 35 Kunstschaffende mit 100 Arbeiten beteiligten, wurde am 2. Mai 1937 im Scherg-Palais in Kronstadt eröffnet,197 während die zweite in der Zeitspanne vom 30. Oktober bis zum 20. November 1938 im Eislaufpavillon abgehalten wurde.198 Beide Ausstellungen waren durch stilistische Vielfalt gekennzeichnet und gaben Aufschluss über den Stand der bildenden 195 Aufruf an alle deutschen bildenden Künstler Rumäniens, in: Bukarester Tageblatt, 24. April 1937, S. 5; Aufruf an alle deutschen bildenden Künstler Rumäniens, in: Siebenbürgisch Deutsches Tageblatt (fortan SDT), 10. Febr. 1937, S. 5. 196 Die erste Gesamtausstellung Deutscher Künstler Rumäniens, in: SDT, 30. April 1937, S. 5. 197 Ebenda, S. 5. 198 An alle deutschen Künstler Rumäniens, in: SDT, 4. August 1938, S. 3; –e–, Die Kronstädter „Gesamtschau der deutschen Künstler, in: SDT, 20. Nov. 1938, S. 8; Krasser, Harald, Bemerkungen zu unserer Bildenden Kunst aus Anlass der Kronstädter Gesamtschau, in: Klingsor, Jan. 1939, S. 31–35.

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Fünf Frauenköpfe, Studie, 44,5 x 35, Kohle, Nlvz Nr. 46

Kunst der Rumäniendeutschen. In den Ausstellungschroniken und -kritiken wurde insbesondere auf die Arbeiten der Bildhauer, ein Genre, das seit Jahrhunderten in Siebenbürgen und dem Banat nicht mehr ausgeübt wurde, aufmerksam gemacht. Margarete Depner war dabei die erste Frau. Sie erhielt eine wichtige und einzigartige Funktion in der Wiederbelebung der Plastik. Im Zuge der fortschreitenden Angleichung an das kulturelle Leben in Deutschland wurde 1939 das „Landeskulturamt der Volksgemeinschaft der Deutschen in Rumänien“ ins Leben gerufen, in dessen Rahmen auch eine „Kammer Schrifttum und darstellende Kunst“ tätig war. Sie wurde von dem Schriftsteller Herman Roth geleitet.199 Ab 199 Vgl. dazu: Ciobanu, Vasile, Contribuţii la cunoaşterea istoriai saşilor transilvăneni 1918–1944, Sibiu 2001, S. 207–220.

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Margarete Depner. Gemälde von Netoliczka Hiemesch, Archiv W. Wittstock

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1933 bestimmte in Deutschland die sogenannte „Reichskulturkammer“ das gesamte kulturelle Leben. Nach reichsdeutschem Vorbild wurde am 8. November 1941 in Rumänien die „Kulturkammer der Deutschen Volksgruppe“ gegründet. Walter May, Leiter der Kammer, schrieb anlässlich dieses Ereignisses: „Unser Dasein, unser Bestand, unsere Sendung war allein im mächtigen Strom des deutschen Blutes, deutschen Geistes und deutscher Kultur denkbar. Durch dieses Bekenntnis brechen wir mit einer Tradition, die in unserer Vergangenheit die geschichtliche deutsche Leistung im Südosten auf die Eigenständigkeit, Bodenständigkeit eines sächsischen Volkes in Siebenbürgen oder eines schwäbischen Volkes im Banat rückführen wollte.“200 Alle Kunst- und Kulturschaffenden mussten der Kammer beitreten, um kein Berufsverbot zu erhalten. Aus der Mitgliedschaft erwuchsen Vorteile. So gelang, was der „Deutschen Künstlerschaft“ nicht gelungen war: die Veranstaltung einer Großausstellung im Reich unter der Schirmherrschaft der „Kammer für Bildende Künste“. Diese war der „Kulturkammer“ unterstellt und veranstaltete unter Mitwirkung der „Volksdeutschen Mittelstelle“201 sogar zweimal – 1942202 und

200 Unsere kulturpolitische Mission erhält Gestalt. Feierliche Gründung der Kulturkammer der Deutschen Volksgruppe in Rumänien, in: Südostdeutsche Tageszeitung (fortan SODTZ), 9. Nov. 1941, S. 3; May, Walter, Gründung der Kulturkammer der Deutschen Volksgruppe in Rumänien, in: 1933–1942. Neun Jahre Landestheater der Deutschen Volksgruppe in Rumänien. Bühnenblätter des Spieljahres 1941–1942, s. a., s. l., S. 6; Mittler der Kultur – unsere große Mission, in: SODTZ, 12. November 1941, S. 5. 201 Vgl. dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/SS-Haupt%C3%A4mter#Hauptamt_ Volksdeutsche_Mittelstelle. 202 Deutsche Kunst in Siebenbürgen. Vorschau der Berliner Ausstellung heimischer Werke, in: SODTZ, 6. Dez. 1941, S. 4. (Wir erkennen, dass durch die Gründung der Kulturkammer die Künstler eine sichere verantwortungsbewusste Führung erhalten und nicht wie bisher der Not und den Zufällen wirtschaftlicher Konjunkturen preisgegeben sein werden und wir hoffen, das unsere schöpferisch fähigsten Künstler in Hinkunft nicht mehr nur für den viel zu engen Kreis von 550.000 Volksgenossen, sondern für das deutsche Gesamtvolk schaffen dürfen.) Weingärtner, Marianne, Ausstellung deutscher Künstler aus Rumänien, Berlin, 1942, in: SODTZ, 28. Mai 1942, S. 5; Großer Erfolg der Berliner Ausstellung. Die Pressestelle der Volksgruppenführung teilt mit, in: ebenda, 18. Juni 1942, S. 2; Unsere Kunstausstellung in Stuttgart, in: ebenda, 19. August 1942, S. 2; Ein Gruß Saarbrückens an den Volksgruppenführer, in: SODTZ, 8. October 1942, S. 2; Strobach, Josef, Die Türen zum Mutterland geöffnet. Die Ausstellung „Deutsche Künstler aus Rumänien“ in Berlin ein voller Erfolg, in: ebenda, 1. August 1942, S. 5; Strobach Josef, Die Kunstausstellung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien im Reich, in: Jahrbuch der Deutschen Volksgruppe in Rumänien, 1943, S. 171–174.

Eine Porträtkünstlerin par excellence

1944203 – eine pompöse Schau. Was damals als Auszeichnung angesehen wurde, sollte nach dem Krieg im kommunistischen Rumänien ein Makel sein, der den Einzelnen große Schwierigkeiten bereitete. Es kann nicht bestritten werden, dass viele deutsche Kunstschaffende aus Rumänien dem nationalistischen Denken des Reiches gegenüber aufgeschlossen waren. Die Mitläufer- und Mittäterschaft muss jedoch sehr nuanciert betrachtet werden. In Rumänien wurden Führerbildnisse gefertigt und kraftstrotzende Bauern gemalt, dennoch konnte sich auch eine eigenständige Kunstauffassung behaupten.

Bildende Kunst unter kommunistischer Herrschaft

Der Zweite Weltkrieg hatte für die Deutschen in Rumänien, die als fünfte Kolonne Hitlerdeutschlands angesehen wurden, schlimme Folgen: Jahre der Deportation, Enteignung, Entrechtung und Stagnation des Kultur- bzw. Kunstlebens folgten. Erst die Verfassung von 1948 versprach die völlige Gleichberechtigung aller Staatsangehörigen ohne Unterschied der Nationalität. Den Kunstschaffenden erlaubte man nach leninistischem Kanon eine Kunst, kommunistisch im Inhalt und national in der Form. Diejenigen, die das Land nicht vor oder während des Krieges verlassen hatten, fügten sich und schufen programmatische Kunst. Sie konnten nun nicht mehr als eigenständige Gruppe auftreten, sondern passten sich an das rumänische Kunstleben an. Wer wahrgenommen werden wollte, musste Mitglied des „Verbandes der bildenden Künstler“, der 1950 gegründet worden war, werden. Die Berufsorganisation stand unter der Aufsicht der kommunistischen Partei und bot für Ausstellungen einen organisatorischen Rahmen. Sie stellte Ateliers bereit, veranstaltete Dokumentationsreisen und vermittelte Ankäufe für staatliche Sammlungen.

203 Die Kunstausstellung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien in Wien eröffnet, in: SODTZ, 17. März 1944, S. 3; Kunst im Dienste des ewigen Deutschland. Die Ansprache des Amtsleiters Walter May zur Eröffnung der Kunstausstellung unserer Volksgruppe in Wien, in: ebenda, 18. März 1944, S. 3; Die Eröffnung der Wiener Kunstausstellung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien, in: ebenda, 29. März 1944, S. 3; Morres, Eduard, Die zweite Kunstschau unserer Volksgruppe in Salzburg, in: ebenda, 25. Juni 1944, S. 5; Unsere Kunstausstellung in Breslau in: SODTZ, 29 Juni 1944, S. 6.

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Alte Frau, ca. 60er-Jahre, 41 x 29, Kohle, Nlvz Nr. 87

Das Kunstleben verlief einigermaßen parallel zur politischen Lage des Landes. Das „große politische Tauwetter“, das Mitte der 60er-Jahre einsetzte, wirkte sich auch auf die bildende Kunst positiv aus. Es schien, als hätte man zur Normalität zurückgefunden. Der sozialistische Realismus wurde abgelehnt, die bis dahin als dekadent verpönte und verbotene Avantgardebewegung vom Anfang des Jahrhunderts wurde rehabilitiert, und die Künstler und Künstlerinnen erfreuten sich größerer Schaffensfreiheit. Nun gab es Freiraum zum Experimentieren, und der Eiserne Vorhang wurde partiell gelüftet. Die siebenbürgisch-sächsischen wie alle rumäniendeutschen Künstler und Künstlerinnen beteiligten sich intensiv an der Neugestaltung des Kunstlebens und zeigten sich mit ihren rumänischen und ungarischen Kollegen solidarisch. Diese Normalität dauerte bis 1971. Ab dann strebte Ceauşescu eine Kulturpolitik nach chinesischem Vorbild an. Bereits um die Mitte der 70er-Jahre stand fest, dass sich Rumänien in einer tiefen Krise befand, die sich auch auf das Kunstleben nachteilig auswirkte: Der ideologische Druck wurde heftiger, es fehlte an Materialien und Utensilien. All diese Faktoren hatten zur Folge, dass die deutschen Künstler und Künstlerinnen Rumänien nach und nach verließen. Der große Exodus, der schon während des „Tauwetters“ eingesetzt hatte, führte nach dem Umbruch von 1989 zur Auflösung der deutschen Künstlergruppe in Rumänien.

Eine Porträtkünstlerin par excellence

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Margarete Depner – eine vielseitige Künstlerin

Der Entwicklungsweg Margarete Depners zur bildenden Künstlerin ist nur im Kontext der speziellen Geschichte Siebenbürgens und Rumäniens zu verstehen. Er verlief ähnlich wie der anderer Frauen jener Zeit. In Kronstadt können wir mindestens noch ein derartiges Beispiel nennen – das der etwas jüngeren Grete Csaki-Copony (1893– 1990). Margarete Depner genoss keinen langjährigen systematischen Kunstunterricht, sondern erhielt über kürzere oder längere Zeit Privatunterricht von Professoren oder Künstlern. Die Orientierung dieser Lehrer war sehr unterschiedlich, sodass sie keinen „Meister“ hatte und die Ausbildung der jungen Frau sehr vielseitig verlief. In Kronstadt wurde sie bereits zwischen 1903 und 1905 von Professor Ernst Kühlbrandt (1857–1933) im Zeichnen unterwiesen. Danach besuchte sie ein Jahr lang – von Oktober 1905 bis Oktober 1906 – in Berlin die Privatschule des Malers Wilhelm Jordan. Hier lernte sie nach der Natur zeichnen, „was sich nachhaltig auf ihr ganzes späteres Werk auswirkte“.204 Die nächste Gelegenheit, Kunstunterricht zu genießen, bot sich Margarete Depner während des Ersten Weltkrieges. Dr. Depner befand sich an der Front, die restliche Familie flüchtete 1916 vor der anrückenden rumänischen Armee nach Budapest. Hier besuchte Margarete Depner die Zeichenschule von Professor Istvan Réti (1872 Baia Mare – 1945 Budapest), der Mitbegründer der Künstlerkolonie von Baia Mare war und seit Ausbruch des Krieges in Budapest unterrichtete. Réti, ausgebildet an der Königlichen Kunstakademie in München, vertrat den Realismus. In der Künstlerkolonie Baia Mare war er über den Naturalismus und Realismus mit minimalen technischen und chromatischen Beeinflussungen seitens des Impressionismus nicht hinweggekommen und 204 Wittstock-Reich, Rohtraut, Erhabene Schönheit in gegenständlicher Form. Vor 100 Jahren wurde die Bildhauerin Margarete Depner geboren, in: Neuer Weg, 23 März 1985, S. 3.

Arbeiter, 60er-Jahre, 48 x 32, o.D., Kohle, Nlvz Nr. 81

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Mädchen mit Zopfkranzfrisur, auf Hinterseite datiert 1914 GD, 36,5 x 25,5, Kohle, Nlvz Nr. 29

widersetzte sich allen radikalen Neuerungen, die die jüngere Generation einführen wollte.205 So konnte Margarete Depner bei Réti nichts Revolutionäres, sondern traditionelle Pleinairmalerei lernen. Unter seiner Anleitung entstanden Ölbilder, Landschaften und Porträts. Nach dem Krieg arbeitete sie unter der Aufsicht des Malers Friedrich Miess (1854–1935) und des Zeichners Fritz Kimm (1890–1979). Der ersten Generation moderner sächsischer Künstler angehörend, vereinte Miess’Malstil Elemente des Münchener Realismus, des Jugendstils und 205 Alexa, Tiberiu, Moldovan, Traian, Muscă Mihai, a. a. O., S. 159–163.

Eine Porträtkünstlerin par excellence

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Knabe mit Schneeglöckchen, 37,5 x 24, Kohle, Nlvz Nr. 71 Mädchenprofil, signiert G.Depner, 36 x 23,5, Kohle, Nlvz Nr. 66

des deutschen Impressionismus.206 Da er ein guter Porträtmaler war, ist nicht auszuschließen, dass Margarete Depner in seinem Atelier ihre Vorliebe für das menschliche Antlitz entdeckte. In der Auffassung und dem Einsatz malerischer Mittel können zwischen beiden jedoch keine Vergleiche angestellt werden. 1925 und 1927 reiste die Künstlerin zur Fortbildung nach München und 1928 nach Berlin. Es war dies die Zeit der Überwindung von Expressionismus und Konstruktivismus und der Zuwendung zu realistischen Darstellungen, die im Hyperrealismus der Neuen Sachlichkeit ihren Höhepunkt fanden. Zudem waren die Bekanntschaften, die Margarete Depner mit der Grafikerin Käthe Kollwitz und dem Bildhauer Georg Kolbe (1877–1947) schloss, richtungweisend. Will man auf stilistische Verwandtschaften hinweisen, kann auch Kolbe durchaus als Vorbild der Kronstädterin angesehen werden. Kolbes Entwicklungsweg führte von der Berliner Sezession über den Expressionismus Mitte der 20er-Jahre hin zu natürlichen Proportionen. Dem linksgerichteten Künstler fiel es nicht leicht, von den neuen Machthabern akzeptiert zu werden, obgleich auch bei ihm ein Stilbruch zu verzeichnen ist. Er schuf keine kraftstrotzenden, gefühllosen Riesen wie Breker und Thorak, bewunderte aber sportliche, wohlgebildete Körper, die ihm Modell standen. Kolbes Arbeiten der Mittzwanzigerjahre, in denen er klassische Proportionen mit 206 Friedrich Miess 1854–1935, Muzeul de Artă Braşov, Muzeul Naţional Brukenthal, Braşov 2004 (Ausstellungskatalog).

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Frauenakt mit Spiegel, Kunststein, Archiv W. Wittstock Um 1930, Mararete Depner modelliert weiblichen Akt, Archiv K. Philippi

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der Wiedergabe von Gefühlsregungen verband, inspirierten Margarete Depner sicherlich. Zu dieser Zeit wurde der Bildhauerei allgemein mehr Aufmerksamkeit als zur Zeit der wilden „-ismen“ geschenkt. Man fand erneut Gefallen an Formen, die an die klassische Antike angelehnt waren. Nach dem Berliner Aufenthalt folgte eine radikale Weiterentwicklung im Schaffen Margarete Depners. Sie widmete sich nun verstärkt der Bildhauerei. Unter den siebenbürgisch-sächsischen Künstlerinnen war sie die Einzige, die diese schwierige Kunst pflegte. Nach weiteren Jahren des Studiums und Modellierens nahm sie sich 1931 erneut den Freiraum, um nach Berlin zu reisen und im Atelier des Bildhauers Joseph Thorak (1889–1952) zu arbeiten. Der gebürtige Österreicher, der in Wien und Berlin studiert hatte, erhielt 1928 den Staatspreis der Preußischen Akademie der Künste und wurde nach der Machtübernahme Hitlers ein Günstling des Naziregimes. Nach Arno Breker war er der populärste Bildhauer dieser Zeit, in der die Skulptur zu Propagandazwecken missbraucht wurde. Thorak schuf gigantische Figuren, in denen die Nationalsozialisten die Versinnbildlichung des ästhetischen Ideals ihrer Rassenlehre sahen. Margarete Depner missfielen die überdimensionierten und ideologisch „geladenen“ Auftragsarbeiten des um einige Jahre jüngeren Professors. Thorak war anscheinend nicht bemüht, seiner reifen Schülerin viel beizubringen. Enttäuscht verließ Margarete nach nur zwei Monaten das Atelier. Was sie – trotz unterschiedlicher Sichtweisen – von Thorak gelernt hatte, war die realistische, naturgetreue Wiedergabe des Modells. Ein gewisser Einfluss kann nicht bestritten werden. Gegen Ende des dritten Jahrzehnts des

Eine Porträtkünstlerin par excellence

20. Jahrhunderts schuf Thorak harmonische einfühlsame Plastiken – wie z. B. Mutter Erde von 1928,207 eine Grabplastik der Familie Franz Ullstein auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin. Diese Darstellung spricht für die stilistische Verwandtschaft der beiden. In Berlin hatte Margarete Depner zudem Gelegenheit, zahlreiche expressionistische Skulpturen zu studieren, sie erwarb sogar Arbeiten Ernst Barlachs.208 1931 war für Margarete Depner in ihrer Heimat ein ertragreiches Jahr, da sie im Herbst zum ersten Mal im Bukarester Schwarz-Weiß-„Salon naţional“ ausstellte und für die Zeichnung „Mädchen mit Kandelaber“ einen Preis erhielt. Den Durchbruch in der Kronstädter Kunstszene erlebte sie zwei Jahre später – 1933 –, als sie zusammen mit dem Bildhauer Hans Guggenberger (1902–1987) – der von 1931 bis 1945 in Kronstadt lebte – eine Gemeinschaftsausstellung veranstaltete. Sie war mit vierzig Ölbildern und zwölf Skulpturen vertreten. Unter den Skulpturen befand sich auch jene, die das Grab der bekannten sächsischen Frauenrechtlerin Lotte Binder (1880–1930) schmücken sollte. 1934 führte die letzte Studienreise die Künstlerin nach Paris, in das Atelier des Bildhauers Marcel Gimond, wo sie zwei Monate lang intensiv arbeitete. Danach folgten Jahre regen künstlerischen Schaffens und Beteiligungen an zahlreichen Ausstellungen. 1935 waren Arbeiten von Margarete Depner erneut im Bukarester „Salon original“ anzutreffen.209 1937,210 1938,211 1942212 und 1943/1944213 waren sie in Kronstadt und Her207 http://en.wikipedia.org/wiki/File:Ullstein-Thorak-Mutter_Erde_fec.jpg. 208 Mündliche Mitteilung ihres Enkels Joachim Wittstock, für die ich auf diesem Wege danke. 209 Ott, G. E., Schwarz-Weiß Ausstellung des Salon oficial, in: SDT, 23. November. 1935, S. 3–4. 210 Aufruf an alle bildenden Künstler Rumäniens, in: SDT, 10. Februar 1937, S. 5; Die erste Gesamtausstellung deutscher Künstler Rumäniens, in: ebenda, 30. April 1937, S. 5; Killyen, Franz von, Eröffnung der ersten Gesamtschau deutscher Künstler in Rumänien, in: ebenda, 9. Mai 1937, S. 3. 211 Die Kronstädter Gesamtschau der deutschen Künstler, in: ebenda, 20. November 1938, S. 8; Roth Herman, Die zweite Gesamtschau deutscher Künstler Rumäniens, in: ebenda, 10. November 1938, S. 7. 212 Deutsche Kunst in Rumänien. Vorschau der Berliner Ausstellung heimischer Werke, in: SODTZ., 6. Dezember 1941, S. 4; Von der Berliner Ausstellung Deutsche Künstler in Rumänien, in: ebenda, 14. Dezember 1941, S. 5; Weingärtner, Marianne, a. a. O., S. 5; Strobach, Josef, a. a. O.; Unsere Kunstausstellung in Stuttgart, a. a. O; Ein Gruß Saarbrückens an den Volksgruppenführer, a. a. O. 213 Kunstausstellung der Deutschen Volksgruppe. Vorschau der Ausstellung im Reich, a. a. O.; Die Kunstausstellung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien in Wien eröffnet, a. a. O.; Unsere Kunstausstellung in Breslau, a. a. O.

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30er-Jahre, Wohnzimmer, Depners Privatgalerie im Sommerhaus 30er-Jahre, Wohnzimmer der Familie Depner im Sommerhaus, Archiv W. Wittstock

mannstadt in den sogenannten Gesamtausstellungen und den Ausstellungen deutscher Künstler aus Rumänien zu sehen. Die zwei letztgenannten, als Wanderausstellungen konzipiert, wurden in mehreren Städten des Deutschen Reiches gezeigt. In der ersten Schau, Deutsche Künstler aus Rumänien, die in Berlin, Stuttgart, Saarbrücken und Diedenhofen (Lothringen) zu sehen war, stellte Margarete Depner fünf Skulpturen aus, von denen die Stadt Stuttgart eine in Marmor gearbeitete ankaufte. Die zweite Auslandstournee der deutschen Künstler aus Rumänien führte im Laufe des Jahres 1944 über Wien, Salzburg und Graz nach Breslau. Am 20. Juni 1944 wurde die Ausstellung im Breslauer Schloss eröffnet, konnte jedoch infolge des Kriegsgeschehens und des Frontwechsels Rumäniens nicht mehr nach Rumänien zurückgebracht werden. Viele Kunstwerke gingen dabei verloren. Neben ihrer eigenen künstlerischen Tätigkeit war Margarete Depner eine leidenschaftliche Sammlerin. Um die Kronstädter Künstlerkollegen, von denen die meisten an dauerndem Geldmangel litten, finanziell zu unterstützen, kaufte sie deren Werke. Sie plante, in ihrem Haus ein Museum zeitgenössischer siebenbürgischer Kunst zu eröffnen. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges vereitelte jedoch diesen Wunsch. Nach dem Tod der Künstlerin boten ihre Erben und Erbinnen zahlreiche Stücke der Depnerschen Kunstsammlung den wichtigsten Kunstmuseen des Landes, dem Brukenthalmuseum und dem Nationalen Kunstmuseum in Bukarest an, was den Sammlungen die Möglichkeit bot, ihr Kontingent siebenbürgischer Kunst zu bereichern.

Eine Porträtkünstlerin par excellence

Nach dem Zweiten Weltkrieg fand Margarete Depner trotz des Verlustes des Sanatoriums und der Demütigungen, die ihre Familie erleiden musste, den Weg zu den Künstlervereinigungen der Rumänischen Volksrepublik. Sie war Mitglied des Syndikats der bildenden Künstler (Sindicatul Artiştilor Plastici) und 1951 im neu gegründeten Verband der bildenden Künstler (Uniunea Artiştilor Plastici). Sie konnte nur als Mitglied dieser Verbände zwischen 1949 und 1970 an allen Ausstellungen der Region und des späteren Kreises Kronstadt teilnehmen. 1953, 1954 und 1959 beschickte sie die „Ausstellungen der Republik“ in der Landeshauptstadt. Wie die meisten Künstler, die in der Zwischenkriegszeit tätig gewesen waren, machte Margarete Depner der kommunistischen Gesellschaftsordnung Zugeständnisse,214 auch deshalb, weil sie überzeugt war, dass es besser wäre, am Aufbau der neuen Zeit beteiligt zu sein, als abseits zu stehen. Die Künstlerin starb am 2. September 1970 und hatte kurz zuvor noch den Wunsch geäußert, sich fortan einer anderen Kunstgattung, der Reliefskulptur, zu widmen.215 Das Œuvre Margarete Depners beinhaltet ein breites Spektrum von Grafiken, Ölgemälden und Skulpturen. Die Arbeiten, die diesen drei Gattungen angehören, ähneln einander so wenig, dass Nichtkundige annehmen könnten, dass sie von verschiedenen Personen ausgeführt wurden. Die grafischen Arbeiten – Zeichnungen und Lithografien – vom Ende des zweiten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts sind vom Expessionismus geprägt. In der Ölmalerei kommt es ihr in erster Linie auf die Form an, der sie die Farbe unterordnet. Dank dieses ausgeprägten Formgefühls bereitete ihr der Übergang von der zweidimensionalen Darstellung hin zur Skulptur keine Schwierigkeiten. Die Mehrheit ihrer Ölbilder sind Frauenporträts, deren Modernität in der flächigen Farbgebung, in der großzügigen Pinselführung sowie in der dick aufgetragenen Farbpaste, die den Eindruck der Reliefgestaltung erweckt, zu suchen ist. Kinderporträts stellen ein besonderes Kapitel ihres vielseitigen Schaffens dar. Hervorzuheben wäre auch, dass Margarete Depner, ähnlich wie die Kubisten, einige gelungene Versuche unternahm, Darstellungen zu zerlegen. Sie gab diese Malweise jedoch bald wieder auf. In der Brukenthalsammlung in Hermannstadt/Sibiu wird ein interessantes, nicht datiertes und

214 Escher, Hilda, Sitzung im Kronstädter Kunstmalerzirkel, in: Neuer Weg, 27. Juli 1950, S. 6. 215 Richter, Otmar, Gedanken zum 100. Geburtstag der Margarete Depner, in: Südostdeutsche Vierteljahresblätter, 34. Jg., Folge 3, München 1985, S. 203.

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Mädchen mit Zopfkranzfrisur, signiert JAN. 1912 GDEPNER, 48 x 33,3, Kohle, Nlvz Nr. 27

signiertes Bild aus der besagten Zeit, „Weiblicher Halbakt“,216 verwahrt, ein Bild, das – weil restaurierungsbedürftig – nie ausgestellt wurde. Im Nachlass der Künstlerin befinden sich noch einige Porträts, die in der gleichen Malweise ausgeführt waren. Vermutlich hatte Margarete Depner 1934 während ihres Pariser Aufenthalts Gelegenheit, sich mit der kubistischen Kunsttheorie und -praxis auseinanderzusetzen und selbst zu experimentieren. In Bezug auf die Skulptur lehnte sie alle Modeerscheinungen der Zeit ab. Expressionismus, Dadaismus und Konstruktivismus lagen ihrem Schönheitsideal ebenso fern wie die monumentalen und hyperrealisti216 Weiblicher Halbakt, Öl/Leinwand, 90,5 x 70,3 cm, monogrammiert, nicht datiert, Brukenthalmuseum, Inv. Nr. 2677.

Eine Porträtkünstlerin par excellence

schen Standbilder ihres Lehrers Thorak, eines Vertreters nationalsozialistischer Ästhetik. Sie bevorzugte schlichte, klassische Formen. Zunächst fertigte sie zahllose Porträtbüsten, ehe sie sich an größere Arbeiten wie Grabplastiken wagte. Verglichen mit den Skulpturen Hans Guggenbergers, die kalt und steif wirken, sind die Arbeiten Margarete Depners lebendig und expressiv; sie zeugen von der Empathie der Künstlerin mit ihren Modellen. Es ist interessant, dass die Künstlerin, die ihre Skulpturen aus den verschiedensten Materialien fertigte – Marmor, Bronze, Gips, Terrakotta –, niemals in Holz arbeitete, einem Werkstoff, der sich bei den rumänischen Bildhauern – denken wir nur an Brâncuşi – großer Beliebtheit erfreute. Margarete Depner übte die Kunst nicht zum Broterwerb, sondern aus Liebe zu ihr aus. Ihr Werk zeigt eine äußerst facettenreiche Künstlerin, deren Bedeutung kunsthistorisch neu gewertet und einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte. Sie verdient es, in einer eigenen Künstlermononografie gewürdigt zu werden, so wie es kürzlich mit ihren Zeitgenossen Trude Schullerus (1889–1981)217 und Eduard Morres (1884–1980)218 geschehen ist.

Margarete Depner – eine Porträtistin par excellence

Das Œuvre von Margarete Depner beinhaltet Grafiken, Ölgemälde und Skulpturen. Obzwar sich die Künstlerin der sächsischen Frauenbewegung – die keineswegs eine feministische war – nicht angeschlossen hatte, ist das von ihr geschaffene Universum ein stark feminines, umfasst jedoch auch Männerporträts und Kinderstudien. Ihre Modelle sind Frauen in den verschiedensten Hypostasen: ernst, traurig, schmerzerfüllt, erschüttert, in Gedanken versunken, konzentriert, fröhlich oder zuversichtlich nach vorne blickend, jedoch nicht von jener Verzweiflung ergriffen, wie sie von Expressionisten dargestellt wurde.

217 Möckl, Andreas/Möckl, Gerhard (Hrsg.), Trude Schullerus, 1889–1981. Eine Siebenbürgische Malerin, Sibiu 2005. 218 Stephani, Brigitte, Eduard Morres. Ein siebenbürgischer Künstler (1884–1980), Heidelberg 2006.

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Junges Mädchen, 46 x 31, Kohle, Nlvz Nr. 12 Mann mit Schnurrbart nach rechts blickend, 43,3 x 29, Kohle, Nlvz Nr. 35

Das grafische Werk

Die grafischen Arbeiten Margarete Depners – Zeichnungen und Lithografien – vom Ende des zweiten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts sind vom Expressionismus geprägt, ohne jedoch die Vehemenz des Ausdrucks zu erreichen, die diesem Stil eigen war. Wie für ihre männlichen Malerkollegen war der Erste Weltkrieg auch für Margarete Depner ein tragisches Ereignis. Sie richtete in ihren Werken den Blick nicht auf die Kämpfenden, auf das Heroische oder Zerstörerische des Krieges, sondern auf die Opfer hinter der Front, auf Witwen und Waisen. Der Steindruck Die Betrogene, veröffentlicht in der Ausgabe vom 15. November 1919, zählt zu den aussagekräftigsten Blättern, die die Künstlerin zu diesem Thema geschaffen hat. Ganz ähnlich ist auch die Postkarte Mutter und Waisenkind 219 gestaltet, mit dem Unterschied, dass die Mutter auf ein größeres Kind blickt, das sie im Arm hält. Die Künstlerin bildete Witwen und Waisen nicht nur ab, sondern engagierte sich auch sozial. So setzte sie sich für die Erziehung von Waisenkindern ein und war Vorsteherin des ersten Heimes zur Betreuung von Kindern, deren Mütter Fabriksarbeiterinnen waren.220 219 Klein, Konrad, Siebenbürgische Kunst- und Künstlerkarten. Zur Geschichte künstlerischer Ansichtskarten im deutschen Umfeld Siebenbürgens, in: Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde, 2/1997, Abb. 22, S. 175. 220 Arzt und Volksmann, in: Jahrbuch 1969. Siebenbürgisch-sächsischer Hauskalender, 14. Jg., München, S. 37–42.

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Die Betrogene IV, 1919, Lithografie (1), 58 x 37, Nlvz Nr. 44

Die grafischen Werke Margarete Depners aus dieser Zeitspanne weisen eine gewisse Ähnlichkeit mit jenen von Käthe Kollwitz auf. Der Kunsthistoriker Mihai Nadin spricht in seinem Büchlein „Pictori din Braşov“ [Künstler aus Kronstadt]221 von der Annäherung Margarete Depners „zu einem gewissen Zeitpunkt“ an Käthe Kollwitz, ohne jedoch zu erklären, was darunter verstanden werden soll. Tatsache ist, dass vor allem die frühen grafischen Blätter der Kronstädterin an Käthe Kollwitz erinnern. Es ist daher davon auszugehen, dass Margarete Depner während ihrer Studien- und Bildungsreisen im deutschen Sprachraum expressionisti221 Nadin, Mihai, Pictori din Braşov, Bucureşti 1975, S. 17.

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Die Betrogene II, 1919, Studie, 32 x 48, Bleistift, Nlvz Nr. 41

sche Kunstwerke gesehen und sich einige der Charakteristiken angeeignet hat. Die späteren Skizzen und vorbereitenden Studien zu Ölbildern oder Skulpturen weisen sie als exzellente Zeichnerin aus, die mit wenigen raschen Strichen das Wesentliche einer Person festhält.

Die Ölbilder

Margarete Depners Ölmalerei verdient es, ihr mehr Aufmerksamkeit zu schenken als bisher geschah. Der Versuch, das Gesamtwerk der Künstlerin zwecks Herausgabe einer Monografie zu erfassen, kann mit der Hebung eines verborgenen Schatzes verglichen werden. Es wurden Werke ans Licht gebracht, die Margarete Depner als eine hochbegabte Porträtmalerin ausweisen, der ab nun nicht ein zentraler Platz neben den bedeutendsten siebenbürgischen Malern gebührt, sondern die es neu in der europäischen Kunsthistoriografie einzuschreiben gilt. In der einschlägigen Literatur wurde auf ihr Formgefühl hingewiesen, dem sie die Farbe unterordnete. Ohne ein ausgeprägtes Raum- und Formgefühl hätte sie den Übergang von zweidimensionalen Darstellungen zur Skulptur nicht vollziehen können, sie war jedoch auch eine Meisterin der Farbe. Ihre Farben sind nicht so vehement wie jene der Fauves und Expressionisten, sondern erinnern in den meisten Fällen an die verhaltene und raffinierte

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Chromatik französischer Nachimpressionisten. So setzt sie Ocker und gedämpftes Gelb neben Braun, Beige und Pink, verwendet Braun und Grün oder Grau und Grün, um spezielle Kontraste zu erzielen. Die Flächen und Farben werden durch dunkle Töne, manchmal durch Schwarz voneinander abgegrenzt. Die Malerin arbeitet flächig mit raschen, großzügigen Pinselstrichen und dick aufgetragener Farbpaste, die den Eindruck der Reliefgestaltung erwecken. Diese wird oftmals durch Verwendung eines monochromen – leicht abgestuften – Hintergrundes verstärkt, von dem sich die Gesichter abheben. Leider datierte Margarete Depner ihre Arbeiten nicht, sodass ihre Entwicklung als Malerin schwer nachzuvollziehen ist. Wahrscheinlich sind es die frühen Arbeiten, in denen sie auf stärkere Kontraste setzte, während die späteren durch elegante Harmonien gekennzeichnet sind. Margarete Depner verstand es vortrefflich, die Seelenzustände ihrer Modelle festzuhalten, jedoch auch die optischen und haptischen Qualitäten eines Schleiers, eines Seidenstoffes oder eines Samtkleides auf die Leinwand zu bannen. Die Künstlerin muss in ihrer Eigenschaft als Malerin vollkommen neu gewertet werden, da sie auf diesem Gebiet ebenso Hervorragendes leistete wie als Bildhauerin.

Das plastische Werk

Über die Skulpturen Margarete Depners ist bereits viel geschrieben und gesagt worden. Die siebenbürgische Kunsthistoriografie sah sie in erster Linie als Erneuerin einer Kunstgattung, die in Siebenbürgen seit der Barockzeit nur minderwertige, provinzielle Werke hervorbrachte. Da ihr Entschluss, sich der Skulptur zu widmen, in die Zeit der Verbreitung der Naziideologie und der Vereinnahmung dieses Genres durch den Nationalsozialismus fällt, könnte der Verdacht aufkommen, dass sich die Künstlerin im Fahrwasser dieser Ideologie befunden hätte, zumal Die sich Abwendende, 41,5 cm, Gips, Archiv W. Wittstock Porträt eines Jungen, 36,5 cm, Gips, Archiv W. Wittstock

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Tochter Maja V, Studie, 1920er-Jahre 36,2 x 31,2, Lithografie, Nlvz Nr. 54

ihr Kollege Hans Guggenberger besagter Ideologie nicht ablehnend gegenüberstand. Die Teilnahme an den beiden Ausstellungen im „Reich“, die zweifelsohne in erster Linie Propagandazwecken dienten, könnten ihr den Stempel der Mitläuferin aufdrücken. Die Arbeiten der Künstlerin lassen jedoch eine diametral entgegengesetzte Art der Lesung und Interpretation zu. Margarete Depner stellt den ausdruckslosen gigantischen Muskelpaketen der offiziellen deutschen Skulptur eine Welt der Normalität gegenüber, eine Welt von Frauen und Kindern, sehr selten Männern, die sie schlicht und klassisch, nahezu naturalistisch darstellt. Sie schafft nicht Typen – wie es die offiziellen Künstler des Regimes tun, sondern Menschen mit Gefühlen, die lächeln oder leiden. Ihre Skulpturen – ob Porträtköpfe, -büsten oder Ganzfiguren – zeugen von der großen Empathie der Künstlerin mit ihren Modellen. Margarete Depner war eine äußerst facettenreiche Künstlerin. Als Grafikerin, Malerin und Bildhauerin zählt sie zu den bedeutendsten Vertreterinnen der klassischen Moderne Siebenbürgens.

Sabine Plakolm-Forsthuber

Margarete Depner – eine wiederentdeckte Malerin der Moderne und der europäische Kontext

Der Großteil des malerischen und grafischen Werkes Margarete Depners ist quellenmäßig in ihrem Nachlass vorhanden und daher gut überschaubar. Er umfasst außer zahlreichen Grafiken und Skizzen um die 100 Ölgemälde, vor allem kleinformatige Porträts und Stillleben, aber auch einige größere mehrfigurige Szenen und vereinzelt Landschaften. Der Beginn ihres künstlerischen Schaffens geht auf die Berliner Jahre 1905/06 zurück, wo Margarete Depner ihre erste künstlerische Ausbildung absolvierte. Mit Ausnahme einer Zeitspanne im Ersten Weltkrieg und einiger längerer Reisen lebte und arbeitete sie in Kronstadt/ Braşov. Die spätesten Bilder entstammen den 30er-Jahren, in denen sie auf die Bildhauerei umschwenkte, um sich dieser bald ausschließlich zu widmen. Obwohl sie zu Lebzeiten mit ihren zahlreichen Arbeiten im Ausstellungsbetrieb durchaus präsent war, ist die Rezeption ihres künstlerischen Œuvres eher verschüttet. Das ist sowohl den geschlechtsspezifischen als auch den politischen und gesellschaftlichen Umständen geschuldet. Margarete Depner zählt, wie viele der zwischen 1890 und 1910 geborenen Künstlerinnen, im weitesten Sinne zur „verschollenen Generation“. Darunter versteht Ingrid von der Dollen Malerinnen, die zwar bereits von den verbesserten Ausbildungsbedingungen profitierten, deren künstlerische Karriere jedoch durch zwei Weltkriege sowie das Elend und die Verwerfungen der Nachkriegszeiten beeinträchtigt wurde.222 Um das kaum datierte malerische Werk überblicksweise vorzustellen, scheint es am sinnvollsten, die Ölbilder in den gegebenen Themengruppen zu sichten. Die quantitativ größte Gruppe ist jene der Porträts mit zahlreichen Selbstbildnissen.

222 Vgl. Dollen von der, Ingrid, Malerinnen im 20. Jahrhundert. Bildkunst der „verschollenen Generation“. Geburtsjahrgänge 1890–1910, München 2000.

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Selbstbildnisse

Margarete Depner, Foto Archiv K. Philippi

Selbstporträts nehmen allgemein im künstlerischen Kontext eine Sonderstellung ein, verdanken sie sich doch einer ganz spezifischen Situation. Es handelt sich bei ihnen, so Otto Pächt, um den „Sonderfall einer doppelten Gelegenheit des Darstellungsstoffes, als Ichbewußtsein und als Gegenüber im Spiegelbild; Selbstdarstellung und Fremdbericht in einem...“223 Blicken Kunstschaffende in den Spiegel, um sich zu malen, sind sie zugleich Subjekt und Objekt. Die spezifische Situation bringt es mit sich, dass der Blick nicht konstant am Gegenüber weilt, sondern ins Innere zurücktaucht und, beschwert oder beflügelt, wieder Maß nimmt und setzt; man kann auch von einem reflexiven Sehen sprechen.224 Selbstporträts sind autobiografische Dokumente. Sie sind Ergebnisse der Selbstbefragung und -reflexion und geben Auskunft über die jeweilige künstlerische und gesellschaftliche Positionierung. Da sie keine Auftragsarbeiten darstellen, ist die Mimesis nicht zwingend; künstlerische Freiheit und Experimentierfreude scheinen unbegrenzt, gehorchen indes ebenso den Ängsten wie der imaginierten Selbstvorstellung. Seit der Entdeckung des Individuums und dem Auftreten der ersten Selbstporträts im 15. Jahrhundert überlieferten viele bedeutende Künstler, wie beispielsweise Albrecht Dürer oder Rembrandt, gemalte Selbstbiografien; auch von einigen Künstlerinnen, wie Sofinisba Anguissola oder Angelika Kaufmann, ist dies bekannt. In der jüngeren Moderne nimmt der Stellenwert des Selbstbildnisses, analog der Erforschung der menschlichen Psyche und des Unbewussten, noch zu. Das Interesse an Selbstbeobachtung und Selbstbefragung, besonders der expressiven Künstler – Vincent van Gogh, Egon Schiele, Oskar Kokoschka oder Max Beckmann –, korreliert mit dem Verlangen nach individueller Selbstfindung in Zeiten einer bis dahin unbekannten, komplexen Entfremdung. An ebendiesem Prozess nahmen die ersten Generationen der Künstlerinnen auf ihre Weise regen Anteil. Präsentierten sich die Künstler noch um 1900 gerne als Heroen, Priester, Märtyrer oder Auserwählte, mussten die Malerinnen zuerst das vorhandene Dickicht des patriarchalen Frauenbildes durchdringen und gleichsam den eigenen Ariadnefaden finden. Die Arbeit wurde selbst oft 223 Pächt, Otto, Rembrandt, hrsg. von Edwin Lachnit, München 1991, S. 65. 224 Preimesberger, Rudolf, Baader Hannah, Suthor Nicola (Hrsg.), Porträt. Geschichte der klassischen Bildgattungen in Quellentexten und Kommentaren, Bd. 2, Frankfurt/Main 1999, S. 103.

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M.D. Selbstporträt, sign. G. Depner, 31 x 24, Kohle, Nlvz Nr. 17

der Anfang des Fadens: Die Frauen porträtierten sich als Künstlerinnen im Atelier oder mit Palette, so in den fast traditionellen Standesporträts des späten 19. Jahrhunderts, wie sie von Marie Bashkirtseff (1883), Sabine Lepsisus (1885) oder Clara Siewert (1895) überliefert sind. Etwas später entstanden Selbstbildnisse, die intime Berichte oder Positionen zum Ausdruck bringen. Paula Modersohn-Becker malte sich als Frau und Mutter, Käthe Kollwitz im Zustand der Betroffenheit und Empathie. Auffallend ist, dass in ihren Selbstporträts die öffentliche, historische oder die gleichsam metaphysische Dimension fehlte. Die Künstlerinnen inszenieren sich nicht, beziehen sich kaum auf das vorhandene Arsenal

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Selbstporträt Skizze, Bleistift, um 1905 Skizzen, Selbstporträt, sign. Grete Scherg, Bleistift

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an Bildern und Allegorien, und sie zitieren nicht. Bis in die jüngere Moderne stehen das Abarbeiten der allgemein zugedachten Geschlechterrollen und die Selbstbefragung oder die psycho-physische Selbstentdeckung im Vordergrund.225 Das Selbstbildnis gereichte zum Mittel, um die eigene Identität als Künstlerin aufzuspüren und manifest zu machen. Die Schwierigkeit, sich als Objekt zu entwerfen, wird zugleich zum großen Vorteil: Das Modell steht immer zur Verfügung. Das dürfte auch für Margarete Depner nicht unwesentlich gewesen sein. Die Malerei war ihr kein Brotberuf, sondern ein lebenswichtiges Anliegen, das sie sich erst nach und nach, durch „Opfer, Leiden, Entbehrungen“,226 erfüllen konnte. An ihren Grafiken, Skizzenbüchern und Bildern, meist dem näheren sozialen oder familiären Umfeld geltend, ist nachvollziehbar, dass sie an den Selbstbildnissen unterschiedliche Sichten und Techniken erprobte. Eines der frühesten Selbstporträts, das Selbstporträt mit Halsbinde (Abb. ....), ist ein nahsichtiges Brustbild.227 Der Bildausschnitt ist eng gewählt und zeigt sie frontal vor einem orangefarbenen, pastosen Hintergrund. Mit gespannter Aufmerksamkeit fixiert sie das eigene Spiegelbild und richtet ihre großen Augen direkt auf die Betrachtenden. Helle, breit gestrichene Pastellfarben formen das Gesicht, das vom dunklen, hoch225 Vgl. Ausstellungskatalog, Mirror Mirror. Self-portraits by Women Artists, hrsg. von Liz Rideal, National Portrait Gallery, London 2002. 226 Vgl. Depner, Margarete: „Nichts Neues“ – über Kunst und Künstler…, in: Aus Kronstädter Gärten, Kronstadt 1930, hrsg. von Adolf Menschendörfer, S. 184–187. 227 Im Zusammenhang mit dem frühen Selbstbildnis stehen z. B. Abb. 1 oder Kohle 47,3 x 31,4, Nlvz Nr. 14.

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M.D. Selbstporträt, 48 x 30,3, Kohle, Nlvz Nr. 13

gesteckten lockigen Haar und dem schwarzen Halsband gefasst ist. Das etwas statische Porträt muss in den Anfangsjahren ihres künstlerischen Schaffens, also um 1905/10, entstanden sein. In der dekorativen Ausgewogenheit ist ein Nachhall des Jugendstils spürbar. Wie einige Zeichnungen und das Selbstporträt mit Krawatte (Nlvz Nr. 3) beweisen, hat Margarete Depner ihre Haltung beim Selbstabbilden respektive ihr Eigenbild gelockert und dynamisiert. Mit dem nach rechts geneigten Kopf und den nach links zurückblickenden Augen kommen Plastizität und Bewegung ins Bild. Die Farben sind differen-

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zierter, aber auch dunkler, der Großteil des Gesichtes ist hell ausgeleuchtet (um 1915/20). Einen weiteren Schritt in dieser Richtung übermittelt das Selbstporträt im roten Kleid (Abb. Nr. 2). Keine schüchterne, sondern eine ihrer sozialen Position gewisse und selbstbewusste Frau stellt sich hier vor. Das Gesicht herausgedreht, blickt sie fordernd, ja forsch auf die Betrachtenden herab. Spontaneität und Bewegung werden durch die Lichtführung unterstrichen. Den undefinierten Umraum und den dunklen Ton des Bildes kontrastiert ein Lichtstrahl, der auf die rechte Gesichtshälfte fällt; sie ist mit Weiß- und Rosatönen sowie grünlichen und ockerfarbenen Pinselstrichen modelliert. Man könnte das Bild auf den Anfang der 1920er Jahre datieren, also auf die Zeit nach ihrer Schulung bei Istvan Réti und dem Kontakt mit der eher dunkeltonigen Budapester Malerei. Fast experimentell wirkt das Selbstporträt mit blauen Strich (Abb. Nr. 3) ca. Ende 20er-Jahre. Margarete Depner formt das Gesicht aus zarten, rosafarbigen Pastelltönen und baut es gleichsam aus einzelnen, an- und übereinanderliegenden Farbflächen auf. Der Blick erscheint fragend, der kaum angedeutete Mund bleibt geschlossen, der Gesamteindruck wirkt melancholisch. Modern ist das Bild aufgrund des kräftigen breiten Pinselstrichs, der die Kontur des Kopfes und des Halses akzentuiert. Das Haar bleibt nur angedeutet, wodurch der Kopf fragmentiert scheint. Margarete Depner hat die markante Konturierung offensichtlich länger erprobt, wie auch aus anderen Werken hervorgeht. Wenn überhaupt, so ist an diesen Bildnissen eine – in der Radikalität freilich begrenzte – Analogie zu jenen der von ihr gut bekannten Paula Modersohn-Becker, wie z. B. dem Selbstbildnis nach halblinks, die Hand am Kinn aus dem Jahre 1906 (Slg. Bahlsen, Hannover), erkennbar.228 Schon beim Selbstbildnis Nlvz Nr. 5 ist die Kantigkeit der Gesichtszüge zugunsten einer weicheren Malhaltung, die die Wiedererkennbarkeit in den Vordergrund rückt, verschwunden. Das Selbstporträt mit blauen Strich (Abb. Nr. 3) verrät stärker als die anderen Margarete Depners Kontakt zur europäischen Moderne, es zeigt mehr jenen zum deutschen Expressionismus als zum Fauvismus. Gleichzeitig spiegelt es aber auch den Abstand. Es fehlt an der leuchtenden 228 Margarete Depner besaß die grundlegende Monografie über Paula Modersohn-Becker von Gustav Pauli, die zwischen 1919 und 1939 in neun verschiedenen Auflagen erschien. Auf der Rückseite des Buches malte sie ein besonders interessantes und hübsches Bildnis eines Buben mit kurzem Haar, dessen Gesicht sie mit blauer Kontur umrahmte (Nlvz Öl Nr. 44).

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Farbgebung. Der artifizielle Primitivismus blieb ihr und allen anderen Künstlern aus Siebenbürgen fremd. Dennoch könnte das Bildnis als Resonanz auf ihre Aufenthalte in München und Berlin Mitte bzw. Ende der 20er-Jahre betrachtet werden. Die am Beispiel der Selbstthematisierung aufgezeigten Tendenzen und stilistischen Gestionen lassen sich nur bedingt zu Perioden bündeln, entsprechen jedoch den Etappen und Zäsuren ihres Lebens.

Werdegang: Naturstudien – Landschaft

Biografischen Hinweisen und erhaltenen Skizzen zufolge wurde Margarete Depners künstlerische Ambition während eines Schulaufenthaltes in Weimar 1901/02 geweckt. Nach ihrer Rückkehr nach Kronstadt/Braşov intensivierte sie ab 1903 das aufkeimende Interesse durch Privatstunden bei dem Zeichenlehrer Ernst Kühlbrandt. Eine erste professionelle Ausbildung absolvierte die 20-Jährige 1905/06 in Berlin, wo sie – noch unter dem Mädchennamen Margarete Scherg – die Kunstschule des Malers, Grafikers und Exlibriskünstlers Wilhelm Jordan (1871–1927) besuchte.229 Sie verschrieb sich dem „Zeichnen nach der Natur“, in der Hauptsache den Porträtstudien. Rückblickend notierte sie, dass die Schulung bei Jordan für ihr weiteres künstlerisches Schaffen äußerst prägend und sehr wertvoll gewesen sei. Skizze zu Stillleben, Bleistift, Archiv L. Fischer

229 Wilhelm Jordan, geb. 1871 in Stargard/Preußen, Herkunft aus Breslau – Preußen/ heute Polen –, Studium an der Münchener Akademie bei Karl von Marr ab 1894, gestorben in Glasow/Mahlow 1927.

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Berlin war neben München jene deutsche Stadt, die angehende Künstlerinnen und Künstler aus Siebenbürgen vorzugsweise zu Ausbildungszwecken aufsuchten. Erstaunlich war jedoch nicht der Ort, sondern dass sich Margarete Depner für den heute kaum noch bekannten Wilhelm Jordan als Lehrer entschied. Obwohl Frauen in Wien, Berlin und in fast allen anderen deutschen Städten bis 1919 nicht an den Akademien zugelassen waren, existierte ein breites Spektrum privater Kunstschulen, die eine moderne, den aktuellen Kunstströmungen angemessene Ausbildung anboten und auch Frauen zugänglich waren. So war die 1868 gegründete Mal- und Zeichenschule des „Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen in Berlin“230 weithin bekannt. Um 1900 nahmen an die 400 Frauen das Angebot eines systematischen, kontinuierlichen und finanziell leistbaren Unterrichts an. Darunter befanden sich später so renommierte Künstlerinnen wie Paula Modersohn-Becker, Clara Siewert, Maria Slavona, die Siebenbürgerin Grete Csaki-Copony oder Käthe Kollwitz, die Depner in Berlin auch persönlich kennenlernte. Zum Zeitpunkt ihres Aufenthalts war Berlin die wichtigste Metropole für zeitgenössische Kunst im deutschsprachigen Raum. Die 1898 gegründete Berliner Secession entwickelte sich in kürzester Zeit zur maßgeblichen Institution für die Moderne. Darunter verstand man damals den von Max Liebermann, Lovis Corinth oder Max Slevogt vertretenen und geförderten Impressionismus. Anzunehmen ist, dass die junge Margarete Depner die Berliner Secession besuchte, die zeitgenössischen Künstlern ein wichtiges Ausstellungsforum bot.231 Die Wahl Jordans, der seine Ausbildung an der Münchner Akademie erhalten hatte, implizierte, dass sie die Impulse der Impressionisten in einer gemäßigten, ihrem technischen Standard angemessenen Weise aufzunehmen gedachte. Von dem im Entstehen begriffenen deutschen Expressionismus oder den französischen Fauves konnte sie damals noch keine Anregungen nach Siebenbürgen mitnehmen. Ein Jahr nach ihrem Auslandsaufenthalt heiratete Margarete Scherg 1907 den in Wien und Innsbruck ausgebildeten Arzt Dr. Wilhelm Depner. Die Eheschließung bedeutete zwar nicht das Ende ihrer künstlerischen Tätigkeit, beeinträchtigte aber ein kontinuierliches Arbeiten. Einige wenige datierte Zeichnungen, vermutlich auch erste 230 Vgl. Ausstellungskatalog, Profession ohne Tradition. 125 Jahre Verein der Berliner Künstlerinnen, hrsg. von der Berlinischen Galerie, Berlin 1992. 231 Vom Biedermeier zum Impressionismus. Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland, Bd. 7, hrsg. von Hubertus Kohle, München/Berlin/London/ New York 2008, S. 210.

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Skizze, 1905–1906, Bleistift, Archiv L. Fischer

Ölbilder, entstanden bis zum Ausbruch des Krieges noch in den Kronstädter Jahren. Das Malen mit Ölfarben musste sie sich vorerst auf autodidaktische Weise oder in den Ateliers der Kronstädter Maler aneignen, gewiss kein leichtes Unterfangen. Die für sie wichtigsten Maler waren Friedrich Miess (1854–1935), Arthur Coulin (1869–1912) oder Fritz Kimm (1890–

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Das Ehepaar Depner 1907, Archiv Wolfgang Wittstock

1979). Coulin fertigte 1908 ein beeindruckendes Porträt der Kollegin, das sie in einem dem Selbstporträt mit Halsbinde vergleichbaren Lebensalter zeigt. Er präsentiert die in einem bürgerlichen Ambiente stehende junge Frau in einem weiß-violetten Reformkleid mit Jugendstilornamenten, die mit Ketten und Armbändern geschmückt ist. Es ist das repräsentative Porträt einer angesehenen, stolzen, fast abwesend blickenden Dame. Durch die Zeichnung an der Wand gibt Coulin einen dezenten Hinweis auf ihre Profession als Künstlerin.232 In diesen Jahren entstanden auch einige der kleinformatigen Landschaftsbilder und Stillleben. Zusammen mit Der Badende, Der Schnitter, (Abb. Nr. 4, 5) und einer größeren Landschaft (Abb. Nr. 11) wirken sie noch etwas unsicher, die Landschaft bildet den Hintergrund für eine simple Genreszene. Der dicht und schwer mit grüner fleckiger Farbe überzogene Bildgrund lässt die Leichtigkeit der impressionistischen Bilder vermissen. Margarete Depner hatte ihre wichtigen Impulse als Koloristin noch vor sich.

Stillleben

An den Stillleben lassen sich Suche und Erwerb der malerischen Perfektion relativ gut nachvollziehen, stammen sie doch aus unterschiedlichen 232 Vgl. Ausstellungskatalog, Arthur Coulin, hrsg. von Radu Popica und Iulia Mesea, Muzeul de Artă Braşov, Braşov 2009.

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Perioden. Dem Stillleben wurde in der akademischen Gattungshierarchie der niedrigste Rang zugestanden. Einzig in dieser Gattung akzeptierten europäische Akademien seit Mitte des 17. Jahrhunderts auch einige Frauen als Mitglieder. Das Zugeständnis wurde kunsttheoretisch begründet. Im kunst- wie populärwissenschaftlichen Diskurs herrschte die Meinung vor, dass das Arrangieren und das genaue Abbilden von Blumen, Früchten oder leblosen Dingen keiner künstlerischen Fantasie bedürften. Da den Künstlerinnen generell Kreativität abgesprochen wurde, war der Umkehrschluss, dass das Stillleben ein für sie geeignetes Sujet der Ausbildung wie überhaupt der Betätigung wäre. Im Gang der Moderne erfuhr das wenig beachtete Thema eine Revision, wobei der Bildgegenstand der Bildautonomie untergeordnet wurde. Während barocke Stillleben häufig als Symbole der Vanitas verstanden wurden und Inhaltliches transportierten, erprobten die Maler der Moderne, allen voran van Gogh, Gauguin, Cézanne, Picasso oder Matisse, an dieser Bildgattung neue formale Prinzipien. Damit wurde eben in jener Epoche, in der die ersten Generationen von Malerinnen an die Öffentlichkeit traten, das ihnen zugedachte Genre zu einem Katalysator der Kunst, auch ihrer Kunst. Der Weg der Aneignung der modernen Verfahren lässt sich an Margarete Depners Stillleben ablesen. Sie zeigen keine üppigen Arrangements, im Gegenteil; sie beschränkte sich auf ganz wenige, vereinzelte Gegenstände, denen sie ihre Aufmerksamkeit schenkte. Das vermutlich älteste Bild Blumen in Vase (Abb. Nr. 6) zeigt eine hochformatige helle Vase mit einem geometrisierenden, goldenen Jugendstildekor. Die Vase und die weißen und gelben Wiesenblumen sind stark naturalistisch wiedergegeben und heben sich vom dunklen, brauntonigen Bildgrund ab. Das kleine Format kontrastiert mit einem gleichsam erhebenden Effekt, da das Motiv bildfüllend und in starker Untersicht ausgeführt ist. Beim farbig differenzierteren, helltonigen Bild Vase mit Apfel (Abb. Nr. 9), in dem die Spiegelung der beiden Objekte auf der glatten Tischfläche noch streng detailliert oder schulmäßig geraten ist, befinden sich die Gegenstände auf Augenhöhe der Betrachtenden. Die Dinge sind klar und kompakt gemalt, das Interesse an der Erfassung der plastischen Form überaus deutlich. Einen Anflug von Auflockerung, vor allem in der Pinselführung, verrät indes das Stillleben mit Orange (Abb. Nr. 7 ), das ebenfalls auf die ersten Kronstädter Jahre zurückgeht. Eine andere, modernere Gestion vermittelt das Stillleben mit Kanne (Abb. Nr. 8). Farbbehandlung und Plastizität setzen die Begegnung mit

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Werken Cézannes oder von Künstlern, die – wie der Ungar Dezsö Czigany (1883–1938) – in dessen Manier arbeiteten, voraus. Die Spiegelung eines Apfels sowie des Raumes in der silbrig glänzenden Teekanne zeigen einen neuen Grad zwar nicht an Autonomisierung, jedoch an Reife im Einsatz der malerischen Mittel. Die schwere dunkle Farbgebung früherer Bilder ist verschwunden, die Spiegelung nicht mehr statisch, sie suggeriert Bewegung und Spannung. Die Motive haben, trotz oder wegen ihrer Schlichtheit, Größe; Komposition und Gestaltung sind überzeugend. Die stärkste Spannung zwischen Stilisierung und Naturnähe kennzeichnet das Bild Korb mit blauen Blumen (Abb. Nr. 10). Die blauen Blüten, die in der mittig auf einem schräg gestellten Tisch stehenden silbernen Henkelschale liegen, sind aus wenigen breiten Pinselstrichen gebildet. Spachtelartig aufgetragene Strukturen deuten Wand, Tisch sowie Schatten an. Margarete Depners kaum arrangierte Stillleben sind mit jenen der etwas älteren österreichischen Malerin Helene von Taussig (1872–1942) vergleichbar, etwa mit deren Stilleben mit Orangen (um 1910/20). Aufgrund des direkten Kontakts mit dem Fauvismus griff Taussig indes zur stärkeren Abstraktion und zu intensiveren, grellen Farben.233

Budapest 1916/17 und die Nachkriegsjahre

1914 mit den Töchtern Maja und Thea, Archiv K. Philippi

Am Beginn der zweiten Phase des künstlerischen Schaffens steht der kriegsmäßig erzwungene Aufenthalt in Budapest, der Hauptstadt des Königreichs Ungarn, dem Siebenbürgen nach dem ÖsterreichischUngarischen Ausgleich von 1867 angehörte. Während Wilhelm Depner als Arzt an der galizischen Front und im Kronstädter Reservespital im Einsatz war, floh seine Frau 1916 nach dem unerwarteten Kriegseintritt Rumäniens aufseiten der Entente mit den beiden 1911 bzw. 1914 geborenen Töchtern Thea und Maja über Klausenburg nach Budapest. Die Stadt präsentierte sich als moderne Metropole, fungierte aber noch 1916 als Schauplatz für die letzte habsburgische Kaiserkrönung. Diese Ambivalenz zwischen Modernität und Tradition zog sich durch die gesamte Gesellschaft und bestimmte innerhalb gewisser Grenzen auch die Kunstschaffenden und deren Verfahrensweisen. 233 Vgl. Ausstellungskatalog, Helene von Taussig (1879–1942). Die geretteten Bilder, hrsg. von Nikolaus Schaffer und Peter Laub, Salzburger Museum Carolino Augusteum, Salzburg 2002.

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Anders als Berlin oder München befand sich Budapest in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eher im künstlerischen Abseits. Das erklärt sich aus der geografischen Lage und aus den politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen dieses Vielvölkerstaates. Da in Budapest vergleichsweise spät, nämlich erst 1871, eine Kunstakademie eröffnet wurde, zog es die angehenden Künstler und Künstlerinnen vorerst nach München oder Paris; Wien war aus begreiflichen Gründen wenig attraktiv. Auffallend ist, dass die meisten zurückkehrten und die traditionsverhaftete ungarische Kunstszene mit neuen Impulsen belebten.234 Einer der wichtigsten Vermittler in der Szene war der Maler Simon Hollósy (1857–1918), der nach seinem Studium in München ab 1886 ebendort eine Privatschule leitete. 1896, im Millenniumsjahr, kehrte er in die Heimat zurück. Auf Anregung von János Thorma und István Réti gründete er in Nagybánya eine Künstlerkolonie, die er bis 1901 anführte. In dieser siebenbürgischen Bergbaustadt verschrieb man sich, ganz nach französischem Vorbild, der Freilichtmalerei. Die Kolonie wurde, ähnlich jener in Neu-Dachau, bald zu einem Anziehungspunkt für viele ausländische Künstlerinnen und Künstler. Von 1906–1911 gaben die „Neos“, wie die Vertreter und Vertreterinnen des Postimpressionismus genannt wurden, den Ton an. Ab diesem Zeitpunkt war die Kolonie von Nagybánya für die meisten Tendenzen der ungarischen Malerei offen; der vielseitige Réti unterrichtete an ihr noch bis 1927. Die zweite bedeutende ungarische Kolonie bestand ab 1903 in Gödöllö; sie galt als Zentrum der kunsthandwerklichen Reform und gab dem auf die Volkskunst abhebenden ungarischen Jugendstil wichtige Impulse. 1907, nach einer großen Ausstellung des Postimpressionismus in Budapest und unter dem Einfluss der in Paris ausgebildeten ungarischen Künstler, setzte sich die Moderne ab 1907–1914 mit einiger Verspätung durch.235 Überblickt man das Kunstgeschehen aus Sicht der 1916 in Budapest gelandeten Margarete Depner, so musste sie einen durch die Kriegsjahre freilich abgedämpften Stilpluralismus angetroffen haben, der zwar nicht die extremsten Positionen vereinte, aber doch zwischen Traditionalismus und den verschiedensten Facetten der Moderne changierte. Anders als im entlegenen, provinzielleren Kronstadt/Braşov empfing sie die für ih234 Zwickl, András, „Hauptschauplatz München“. Ungarische Künstler und Künstlerinnen in München – Kunst aus München in Ungarn, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 2. http://www.zeitenblicke.de/2006/2/Zwickl/index_html (12. 02. 2010). 235 Éri, Gyöngyi/Jobbágyi, Zsuzsanna, Das goldene Zeitalter. Kunst und Gesellschaft in Ungarn 1896–1914, Budapest 1993, S. 31–45.

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Totenkopf, beschriftet: Nicht mit der Hand wischen!!, 34 x 26,2, Lithografie, Nlvz Nr. 31

ren künstlerischen Werdegang nächsten wichtigen Impulse. Margarete Depner wollte sich hier als Malerin komplettieren. Sie besuchte nicht die Akademie, sondern eine von István Réti (1872–1945) geleitete Zeichenschule. Réti galt als renommierter Künstler, der auf eine internationale Ausbildung zurückblicken konnte und von 1914 bis 1936 auch an der Akademie für bildende Künste unterrichtete.236 Solange es kein gesetzlich verankertes Recht auf ein Akademiestudium für Frauen gab, war der Privatunterricht ein beliebter Nebenverdienst der Professoren sämtlicher Akademien. Rétis Kunsteinstellung könnte man als gemäßigt-modern bezeichnen. Er malte Porträts, Interieur- und Genreszenen sowie Landschaften, in 236 Réti besuchte ab 1891 Hollósys Malschule in München und bis 1893 die Académie Julian in Paris. 1895 war Réti erneut in Paris, 1906/07 in Rom.

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denen die Pleinairmalerei nur bedingt Spuren hinterließ. Viele seiner Gemälde sind von der für das späte 19. Jahrhundert noch bestimmenden brauntonigen Malweise geprägt. Aus seinen Bildern spricht große Erfahrung und Professionalität, was auch in der bisweilen dynamischen Pinselführung und spannenden Lichtinszenierung zum Ausdruck gelangt. Wenn Margarete Depner die Technik der Ölmalerei lernen wollte, so war sie bei ihm sicher an der richtigen Stelle. In ihrem 1968 verfassten Lebenslauf beschrieb sie ihren Budapester Aufenthalt von 1916–17 äußerst positiv und resümierte, dass sie hier „mit Eifer, Freude und Erfolg“ gearbeitet habe.237 Ihr Interesse galt allein dem menschlichen Gegenüber, dessen Darstellung sie sich in den nächsten Jahren mit großer Intensität widmen sollte. Das ansprechende Bildnis ein Junges Mädchens mit roter Masche (Abb. Nr. 12) könnte unmittelbar nach den Studien bei Réti entstanden sein. Das naturalistische Porträt ist flott gemalt, die breiten, flüssig aufgetragenen Pinselstriche sind rund und bewegt. Der Charakter des etwas streng oder verschüchtert blickenden Mädchens ist gut erfasst, der helle grüne Hintergrund vermittelt Lebendigkeit. Eine ähnliche Konzeption kennzeichnet die Bilder Mädchen mit rotem Haar (Nr. 13), Mädchen mit Stirnfransen (Abb. Nr. 30), die malerische Genauigkeit ist einer freieren Pinselführung gewichen. Nach dem Zerfall der Donaumonarchie 1918 gehörte Siebenbürgen zum Königreich Rumänien. Das Elend der Nachkriegszeit wurde von Margarete Depner sehr unmittelbar erlebt. Durch die Arbeit als Rot-Kreuz-Schwester in der Klinik ihres Mannes war sie mit Kriegsverletzten konfrontiert, von denen sie Zeichnungen anfertigte. Trotz der Geburt des dritten Kindes Wilhelm im Jahre 1919 engagierte sie sich in Fürsorgevereinen; sie stand einem Waisenheim vor und organisierte die Betreuung von Arbeiterkindern.238 Aus diesem sozialen Umfeld bezog sie weitere Motive, wie die hochformatige Lithografie Die Betrogene (vgl. S. 101) beweist. Die 1919 publizierte Grafik zeigt eine junge Mutter, die, vor einem Kinderwagen stehend, ihren Kopf verzweifelt in ihren Händen verborgen hält.

237 Depner, Margarete, Biografische Notizen an Rolf Schuller, Kronstadt 1968, Privatarchiv Joachim Wittstock/Aus dem Siebenbürgisch-sächsischen Künstlerarchiv aufbewahrt durch Manfred Wittstock, Sibiu. 238 Philippi, Maja, Mein Elternhaus, Erinnerungen, Typoskript, o. D., Privatarchiv Kurt Philippi, S. 9.

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Weinende Frau, 56 x 39,2, Kohle, Nlvz Nr. 45 Die Betrogene, Skizze, Tusche Die Waisenkinder, Postkarte, Archiv Lisa Fischer

Das Bild Die Waisenkinder (Abb. Nr. 15) lässt malerische Erfahrung und Sicherheit im Umgang mit der Farbe erkennen, es datiert aus der Mitte der 20er-Jahre. Das größere Mädchen hat schützend den Arm über die Schulter des kleineren Buben gelegt, beide haben die Köpfe gesenkt. Das Motiv der sich umarmenden, Schutz suchenden Kinder oder Geschwister kennt man von Käthe Kollwitz, die die soziale Not und das menschliche Elend in vielen Grafiken und Skulpturen abgehandelt hat. Die Gesichtszüge der Waisenkinder sind nur angedeutet. Breite vertikale, weißliche Pinselstriche heben das Mädchen vom undefiniert gelassenen Umraum ab. Margarete Depner beherrschte das größere Format ohne Probleme; das zögerliche Voranschreiten der Kinder und die Schattenbildung dieses in chromatischen Blau-, Ocker-, Grau- und Rosatönen gehaltenen Bildes sind überzeugend gelungen. Stilistisch verwandt, aber thematisch nicht zur Tristesse der Nachkriegszeit passend ist das Bild Die Tänzerin (Abb. Nr. 19), ein für Depner singuläres Motiv. Es zeigt eine junge, auf den Zehenspitzen grazil balan-

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Isadora Duncan. Aufführung altgriechischer Tänze in Hellerau, um 1912, aus: Die Karpathen, 6. Jg. H. 4, 1912/13, nach S. 112

cierende Frau mit abgewandtem Kopf, die bloßen Arme ausladend zur Seite gestreckt. Sie trägt ein kurzes, chitonartiges blaues Kleid, das mit einem gekreuzten Band unter der Brust zusammengebunden ist. Räumlichkeit resultiert allein aus der Bewegung der Tänzerin im Verhältnis zum planen ocker- und graufarbenen Bildgrund. Ähnlich antikisierende Kleider trug bekanntlich die berühmte amerikanische Tänzerin Isadora Duncan (1877–1927), deren gegen das klassische Ballett gerichteter Tanzstil in Europa Furore gemacht und sie zur Gründung von Tanzschulen in Berlin, Darmstadt und München sowie in Salzburg bewogen hatte. Ein weiteres Zentrum des Ausdruckstanzes in „altgriechischer Weise“ war das 1910/11 von Heinrich Tessenow erbaute Festspielhaus in der Gartenstadt Hellerau bei Dresden. 1912 wurde in der in Kronstadt/Braşov herausgegebenen Kulturzeitschrift „Die Karpathen“ über dieses Tanzzentrum ausführlich berichtet.239 Möglicherweise hatte sich Margarete Depner von Tanzfotos oder einem Modell, das Tänze à la antica beherrschte, inspirieren lassen. Es bestand aber noch eine näherliegende Anknüpfung. Sie könnte während des Budapester Aufenthalts auch Arbeiten der österreichisch-ungarischen Malerin und Bildhauerin Elza Kövesházi-Kalmár (1876–1956) gesehen haben, die ab 1914 in der ungarischen Metropole lebte240 und immer wieder Tanz239 Die Karpathen, 6. Jg, H. 4, 1912/13 , nach S. 112. 240 Plakolm-Forsthuber, Sabine, Elza Kövesházi-Kalmár. Eine österreichisch-ungarische Bildhauerin, in: Das Alles war ich. Politikerinnen, Künstlerinnen. Exzentrikerinnen der Wiener Moderne, Wien/Köln/Weimar 1998, S. 115–143.

Elza Kövesházi Kalmár, Tänzerin, Bronze (Privatbesitz) aus: Ausstellungskatalog, Kövesházi Kalmár Elza: 1876–1956, emlékkiallitas (Memorial exhibition of the sculptor Elza Kövesházi Kalmár), István Király Múzeum (King Stephen Museum) Székesfehérvar, 1988, Nr. 46

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skulpturen fertigte. Angeregt von Auftritten berühmter Tänzerinnen in Wien wie etwa Isadora Duncan, Ruth St. Denis, den Schwestern Wiesenthal oder durch Tanzauftritte ihrer Tochter Agnes in Budapest, schuf sie ab circa 1909 viele grazile Statuetten aus Bronze, in den 20er-Jahren auch stilisierte größere Plastiken aus Marmor. Eine dieser frühen Bronzestatuetten zeigt Isadora Duncan in einer Haltung, die mit der Tänzerin auf dem Depnerschen Bild vergleichbar ist.

Porträts

Im Nachlass Margarete Depners haben sich fast ausschließlich Porträtbilder erhalten. Sie sind meist nahsichtige, kleinformatige Kopf-, gelegentlich auch Brustbilder, die zum größten Teil in den 20er-Jahren und Anfang der 30er-Jahre entstanden sein müssen. Selten malte sie größerformatige Halbfigurenbilder repräsentativen Charakters. Auftragsarbeiten sind nicht bekannt, weshalb anzunehmen ist, dass Margarete Depner ihre Bilder frei von etwaigen Konzessionen oder Beliebigkeiten fertigte und sie einzig und allein ihren künstlerischen Vorstellungen entsprachen. Wurden die Porträts mit dem massenhaften Aufkommen im 14./15. Jahrhundert nach dem Ähnlichkeitsprinzip, also der möglichen Identifikation des/der Porträtierten, gemessen, so bewertete man sie in den darauffolgenden Jahrhunderten doch sehr unterschiedlich. Im kunsttheoretischen Diskurs des 19. Jahrhunderts führte ebendiese alte Verpflichtung zur Ähnlichkeit und allenfalls verdichteten Naturnachahmung dazu, dass die Porträtmalerei mehr als Kunstfertigkeit denn als Kunst galt; umgekehrt gab es Theoretiker, die meinten, dass das Porträt gerade aufgrund des Ähnlichkeitspostulats und der Verpflichtung zur Wahrheit, ferner aufgrund des Zwangs, auf die Wünsche vonseiten der Auftraggebenden oder des Modells eingehen zu müssen, eine große oder exemplarische Herausforderung darstelle.241 Das galt, zumal mit dem Aufkommen der Fotografie, auch für das konträre Prinzip, wonach statt der sichtbaren Ähnlichkeit und der Identifizierbarkeit das Erfassen des Unvergleichlichen oder Wesentlichen des Dargestellten durch den künstlerischen Ausdruck erreicht werden sollte, ja allein durch ihn erreicht werde. Zumeist blieben die Spannungen zwischen den beiden Tendenzen bestehen; in 241 Preimesberger, Rudolf u.a., Porträt 1999, a. a. O., S. 18.

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Skizze (Kohle) für Alte Frau mit Kopftuch – Brukenthalmuseum Skizze (Kohle) für Alte Frau mit Kopftuch – Brukenthalmuseum Archiv L. Fischer

Mittel- und Osteuropa verhinderte die dem Gegenständlichen verpflichtete Porträtaufgabe lange radikalere Lösungen.242 Naheliegend war indes, dass mit dem Einzug der restaurativen Dezennien in der Kunst, zumal in jener der 20er- und 30er-Jahre, das Porträtfach eine Stärkung erfuhr; freilich war auch der ökonomische Druck dafür mitentscheidend. Die Darstellung des Menschen wurde zum Mainstream. Die Malerinnen lagen mitten im Trend. So auch Margarete Depner. Aus der Vielfalt der Varianten, die die Avantgarden vor dem Ersten Weltkrieg aufbereitet hatten, wählten die Künstlerinnen und Künstler der Zwischenkriegszeit eine Richtung, die sie konkretisierten. Entweder fühlten sie sich, wie viele Vertreter der Weimarer Republik zwischen 1919 und 1933, der Neuen Sachlichkeit verpflichtet, oder sie verschrieben sich einem expressiven Realismus, wie die meisten Künstler in Siebenbürgen. Die avantgardistischen Kunstströmungen erreichten Siebenbürgen nie direkt, sondern nur vermittelt, in einer abgemilderten, gemäßigteren Formensprache. Einzig Hans Mattis-Teutsch (1884–1960), der in München und Paris 1906/07 studiert hatte, konnte auf Kontakte zum Blauen Reiter, zur „MA“-Gruppe (1917 Budapest) oder zu der SturmGruppe (1918) verweisen. Er war ein Vertreter der abstrakten, lyrischen 242 West, Shearer, Masken oder Identitäten, in: Die Epoche der Moderne – Kunst im 20. Jahrhundert, hrsg. von Christos M. Joachimides und Norman Rosenthal, Ausst.-Kat., Stuttgart/Berlin 1997, S. 66.

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Isolde Depner I, 37 x 28,5, Kohle, Nlvz Nr. 74

Malerei in der Art eines Kandinsky oder Marc. Einen größeren Widerhall fand hingegen der Expressionismus, der nachhinkend und recht unterschiedlich rezipiert wurde. Margarete Depner arbeitete sich eine abgewandelte, moderate Version in der Art von Fritz Kimm, Hans Eder, Hermann Konnerth oder Ernst Honigberger an. Der drastisch vereinfachteren Ausformulierung gegenüber, wie sie Grete Csaki-Copony vertrat, blieb sie auf Distanz.243 Margarete Depner schätzte deren Kunst, ebenso die von Eder, Honigberger, Coulin oder Miess, von denen sie 243 Eine Ausstellung Csaki-Coponys 1918 in Herrmannstadt mündete in Unverständnis und einen Skandal. Vgl. Urdescu, Doina, Deutsche Kunst aus Siebenbürgen in den Sammlungen des Brukenthalmuseums Hermannstadt (1800–1950), Bd. 1, Malerei, Plastik, Hermannstadt 2003, S. 71–98.

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zahlreiche Bilder zum Zweck der Gründung eines Museums moderner Kunst angekauft hatte. Die Frage, inwiefern ihre Porträts dem Ähnlichkeitsprinzip folgen, kann nicht beantwortet werden. Da keines der Bilder namentlich bezeichnet ist, fehlt die Vergleichbarkeit mit den Porträtierten. Legt man die aus der Betrachtung der Selbstbildnisse gewonnenen Erkenntnisse zugrunde, so wird man wohl folgern dürfen, dass ihr die Identifikation zwar ein wesentliches Kriterium, jedoch kein vorrangiges oder gar ausschließliches Ziel war. Der Hauptakzent liegt auf der malerischen Gestaltung, die sie immer wieder variierte. Die Porträts lassen sich vereinfacht in zwei Gruppen teilen. Zur ersten gehören Bildnisse, en face oder seltener als Profildarstellungen, die eine brauntonige Farbgebung auszeichnet; sie wirken düster, die Farben sind fleckig aufgetragen, durchmischt von kräftigen rosafarbigen Pastelltönen; einige Weißhöhungen, leicht hingeworfen, bringen Licht und Lebendigkeit ins Bild (vgl. Abb. Nr. 21, 22, 23, 28, 16). Bei den meisten anderen Bildnissen verwendete Depner wesentlich hellere, intensivere Farben. Die Genauigkeit ist zugunsten einer Flächenmalerei, die aus breit aufgetragenen Strichen resultiert, aufgegeben; die Farben werden leuchtender, die feine chromatische Abstimmung weicht einer kontrastreicheren, bunteren; an die Stelle von Harmonie tritt Spannung. Beispielhaft dafür sind die Bilder Die Geschwister (Abb. Nr. 41), Drei Generationen (Abb. Nr. 32, 33) oder Männlicher Akt (Abb. Nr. 40). Somit scheint sich die Vermutung, Margarete Depner habe während ihrer Aufenthalte 1925 und 1927 in München bzw. 1929 in Berlin wichtige Anregungen empfangen, zu bestätigen. Freilich war München nicht mehr so interessant wie ehemals, und auch Berlin hatte, von der wirtschaftlichen Krise betroffen, seinen Ruf als Zentrum neuester Kunsttendenzen ziemlich eingebüßt.244 Dennoch profitierte Margarete Depner von jedem der Aufenthalte. Das beweist ihr Mut zu einer verstärkten Farbigkeit, wie die Porträts zeigen, aber auch das Aufgreifen neuer Motive. Eine Thematik dieser auslaufenden Phase interessiert besonders.

244 Vgl. Billeter, Felix, Günther Antje, Krämer, Steffen, Münchner Moderne. Kunst und Architektur der zwanziger Jahre, München/Berlin 2002.

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Frauenbilder

Drei Generationen, aus: Ausstellungskatalog, Artişti Braşoveni Uitaţi, Muzeul de Art Braşov, Braşov 2008. Im Besitz des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim

Margarete Depner begann, die Möglichkeiten der ungestümeren Farbgestaltung auszutesten, wie die skizzenhafte Gestaltung der Jungen Frau mit Schale (Abb. Nr. 38), des Mädchens mit Stirnfransen (Abb. Nr. 30) oder die des farblich reizvollen Bildnisses Frau mit Zitrone (Abb. Nr. 39) belegen. Mit breiten Pinselstrichen modellierte sie das nur schemenhaft im Profil wiedergegebene Bildnis einer Frau in einem weißen schulterfreien Hemd. Auch die Hand, die die Zitrone hält, ist nicht detailliert wiedergegeben. Das Licht fällt von vorne auf das Modell, weshalb das Bild in der Zusammenschau mit dem gebrochenen weiß-grauen, mit rosa Farbakzenten versetzten Hintergrund und den gelben, am Hals und am Dekolleté aufgesetzten Farbstrichen sehr hell wirkt und einen spontanen und lebendigen Eindruck vermittelt. Von ähnlicher Malweise ist das Bildnis Junger Mann (Abb. Nr. 34), das als eines von wenigen datiert ist – mit 1930. Mit dem Bild Geschwister (Abb. Nr. 41) greift Margarete Depner ein Motiv auf, das in vergleichbarer Weise von Modersohn-Becker dargestellt wurde (Zwei Mädchen in weißem und blauem Kleid, sich an der Schulter fassend, 1906, Pappe, Privatbesitz, Hamburg). Indem beider Interesse einzig den zwei sich aneinanderschmiegenden Mädchen galt und sonstige Hinweise auf den Raum oder das gesellschaftliche Umfeld ausgeklammert sind, rücken psychologische Durchdringung und malerische Konzeption in den Vordergrund. Während die groben, frei von Sentimentalität wiedergegebenen Gesichter in Modersohn-Beckers Bild an deren frühzeitige Auseinandersetzung mit der französischen Avantgarde erinnern, ist die Vereinfachung in Form und Farbe bei Margarete Depner weniger drastisch. Die dominanten Violett-, Blau- und Grüntöne sind spachtelartig mit großer Raffinesse für die Kleidung wie auch für den Hintergrund aufgetragen und betonen die Flächigkeit der Komposition. Von diesen dunklen Farben heben sich die in hellen Rosa-, Beigeund Gelbtönen leuchtenden Gesichter und Arme der Mädchen ab. Farblich ist das Bild ungemein reizvoll, das Vertrautsein der beiden frontal wiedergegebenen Kinder berührend. Thematisch außergewöhnlich ist das Bild der Drei Generationen (vgl. Abb. Nr. 32, 33). Es ist bislang das einzige bekannte Gemälde, in dem Depner eine allegorische Darstellung wagte. Das hochformatige Bild wird von einer schräg im Raum stehenden, vom Bildrand beschnittenen nackten jungen Frau dominiert, die ihre Arme zur Seite streckt,

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als führe sie eine Tanzbewegung aus. Ihr Blick folgt der rechten Hand und richtet sich auf das in der linken Bildhälfte platzierte kleine Mädchen. Dieses trägt ein altertümliches hellrotes Gewand samt Schleier. Zaghaft und von einem schüchternen Blick begleitet streckt es die kleine Hand nach der nackten Frau. Hinter dem Mädchen erscheint eine alte Frau, deren Kopf von einem locker gewundenen weißen Tuch umhüllt ist, der traditionellen Kopfbedeckung rumänischer Frauen. Die Alte hat die Augen geschlossen und ihre Linke abwehrend erhoben. Das Bild zeigt nicht nur drei Frauen unterschiedlichen Alters, sondern auch verschiedene Frauenbilder. Das traditionelle der alten Frau kontrastiert mit dem fortschrittlichen, modernen Rollenbild, dem Depner den Vorzug gibt. Die junge Frau reicht dem noch unentschlossenen Mädchen die Hand, als wolle sie es in die neue, freiere Zukunft geleiten. Wenn es ein Bild in Depners Œuvre gibt, in dem sich auch der Einfluss des Lebensgefühls der Zwanzigerjahre in Berlin niederschlug, dann dieses. Es vermittelt Aufbruchsstimmung, die Ablösung von herkömmlichen Traditionen und Bindungen und liegt in einer Linie mit anderen dieser Dezennien, etwa Helene Funkes Frauengruppenbilder.245 Im Gegensatz zu vielen siebenbürgisch-sächsischen Künstlern und Künstlerinnen verzichtete Margarete Depner darauf, in den Bildern Hinweise auf ihre engere Heimat zu geben. Erscheint in dem Frauengenerationenbild das traditionelle Habit, so wegen der Darstellung der Differenz. Das Gemälde ist farblich sehr differenziert und ungemein anregend. Der grüne Hintergrund ist durch radial ausstrahlende blaue Striche aufgebrochen und kontrastiert mit der roten Mädchenkleidung. Blaue Konturlinien bei Akt und Mädchen setzen zusätzliche Akzente. Das Modell mit kurzen Haaren porträtierte Margarete Depner öfter, so in dem 1929 datierten Bildnis Frauenporträt mit weißen Kleid (Abb. Nr. 245 Vgl. Ausstellungskatalog, Helene Funke 1869–1957, hrsg. vom Lentos Kunstmuseum Linz, Linz 1907.

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Frauenkopf, datiert 1926, 42 x 31, Kohle, Nlvz Nr. 65

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25) oder als Halbakt in dem Bild Vorstudie (Abb. Nr. 2), eine skizzenhafte Vorstudie zu dem Akt der Drei Generationen. Das ebenfalls in dem Konnex entstandene Bildnis der Vorstudie zu Drei Generationen ist koloristisch überaus ansprechend gemalt, der enge, auf ein Brustbild reduzierte Bildausschnitt erzeugt eine spannungsvolle Komposition. Diese Bildnisse von Frauen machen deutlich, welches Potenzial der Malerin innewohnte. Von ähnlichem farblichem Reichtum zeugt der Männerakt (Abb. Nr. 40), eines der wenigen großen, ganzfigurigen Bilder. Das Motiv folgt einer typischen Ateliersituation. Der nackte Mann sitzt breitbeinig auf der Vorderkante eines Hockers, die zur Faust geballte Linke ist am linken Oberschenkel aufgestützt, die Rechte auf der Sitzfläche. Auf die detaillierte Wiedergabe des vom oberen Bildrand beschnittenen Kopfes wird verzichtet. Margarete Depners Interesse gilt dem muskulösen Männerkörper und der Licht- und Schattenbildung. Von besonderem Reiz ist der mehrfach strukturierte, in unterschiedlichen Grüntönen aufgelöste Hintergrund.

Anpassung und Durchhalten

Margarete Depner arbeitete viele Jahre nur für den privaten Bereich. Eine erste Ausstellung von Bildern kam 1930 in Kronstadt/Braşov zustande. Im Rahmen einer 1933 in Kronstadt/Braşov zusammen mit Hans Guggenberger gezeigten Ausstellung wurde erstmals ein umfassender und beeindruckender Überblick über ihr grafisches, malerisches und bildhauerisches Werk geboten. Aufgrund der überaus positiven Resonanz, auf die die Exposition stieß, legte sie in den 30er- und frühen 40er-Jahren eine rege Ausstellungsbeteiligung an den Tag. Im Zweiten Weltkrieg ergriff sie zudem eine gleichsam vergiftete Chance. Nach Ausstellungen in Kronstadt/ Braşov und Hermannstadt waren ihre Arbeiten auch auf Propagandaausstellungen wie „Deutsche Kunst aus Rumänien“ 1942 und 1944 im „Deutschen Reich“ zu sehen. Sie beschickte sie nicht mit den expressiven Bildern, mit denen sie wohl kaum den Kunstgeschmack der NS-Machthaber getroffen hätte, sondern mit ihren ab den 30er-Jahren entstandenen, klassisch wirkenden Skulpturen.246 Es gelang ihr sogar der Verkauf 246 Depner studierte bei Josef Thorak 1931 in Berlin und bei dem bekannten Maillolund Rodin-Schüler Marcel Gimond 1934 in Paris.

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Frauen bei der Arbeit, Hinterseite beschriftet Expoșitie Regionale 1960, 31,5 x 22,5, Kohle, Nlvz Nr. 78

einiger Plastiken. Sie nützte die für sie objektiv günstigen Umstände wie nur wenige Künstlerinnen sonst.247 Viele Werke der Wanderausstellung von 1944 gingen in den Kriegswirren verloren. Das Malen dürfte sie nach 1945 zudem aufgegeben haben.

247 Z. B. Norbertine Bresslern-Roth, Hertha Strzygowski u. a.; sonst aber waren die meisten entweder jüdisch oder von Haus aus von liberaler bürgerlicher Einstellung, mit ein Grund, warum sie Künstlerinnen geworden waren. Vgl. PlakolmForsthuber, Sabine, Künstlerinnen in Österreich 1897–1938, Malerei, Plastik, Architektur, Wien 1994, S. 203ff.

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Fabriksarbeiter II, 60er-Jahre, 52,6 x 36,2, Kohle, Nlvz Nr. 83

Nach Kriegsende litt die Minderheit der Deutschen in Rumänien für ihre im Allgemeinen notorische Parteilichkeit vor und nach dem Kriegseintritt Rumäniens (1941–1944) aufseiten Hitlerdeutschlands unter besonderen Repressalien. Die meisten Künstler – darunter auch Margarete Depner – arrangierten sich mit den neuen Bedingungen, traten den neuen Künstlerverbänden bei und übernahmen, sofern ihnen diese angetragen wurden, staatliche Aufträge. Eines der wenigen Fotos der Künstlerin zeigt den Abstand: Anstelle der jungen Dame in Coulins Porträt von 1908 sieht man die betagte Frau beim Modellieren einer monumentalen Leninbüste. Allerdings kam es nie zur Aufstellung der Büste, vielleicht weil der nackte Oberkörper nicht dem offiziellen LeninBild entsprochen hat. Aus den 60er-Jahren sind einige Zeichnungen von

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Männern und Frauen in Arbeitskleidung dokumentiert; sie belegen, dass ihr künstlerischer Elan durch das Alter zwar beeinträchtigt, jedoch ungebrochen war. Im Hinblick auf ihre stilistische Entwicklung ist jedenfalls festzuhalten, dass sich Margarete Depner nach anfänglichem Naturstudium der Malerei zuwandte und in den 20er-Jahren zu einer fabelhaften Koloristin entwickelte, die mit einer breiten Pinselführung wunderbare, psychologisch durchdrungene Gesichter formte. Künstlerischen Neuerungen stand sie offen gegenüber, ohne modischen Trends zu folgen; sie experimentierte, wählte jedoch klar und bestimmt, was sie in ihre eigene Formensprache transformieren wollte. Das Ergebnis war ein koloristisch äußerst differenzierter und ansprechender expressiver Realismus, der innerhalb der siebenbürgischen Kunst ein außergewöhnliches und in der mitteleuropäischen ein hohes qualitatives Niveau erreichte. Margarete Depner lebte für die Kunst. Diese war ihr eine Konstante, an der sie trotz aller widrigen Umständen bis zuletzt festhielt und die ihr half, auch schwierigste Situationen zu bewältigen. Kunst, so schrieb sie 1931, ist „ein Ausfluß von Hingabe – Hingabe des Künstlers an die reichen, unendlich schönen Eindrücke der Natur, Hingabe an die dunklen, sehnsuchtsvollen Stimmen, die in seinem Inneren erklingen“.248 Diese Hingabe ist es, die noch heute aus ihren Werken spricht, die fasziniert und der es nachzuspüren lohnt. Akt, 22,5 x 31,5, Kohle, Nlvz Nr. 62

248 Depner, Margarete: „Nichts Neues“, a. a. O., S. 185.

Gedicht Adolf Meschendörfer: Die Bildhauerin Margarete Depner

Wenn mit der Fackel dir der Gott die Stirn berührt Dem zarten Kinde schon, dem Traum die ganze Welt, Wenn aus des Himmels Schoß dem blind gebornen Volk Das Licht auf träge Lider stürzt und du allein In all der Feuerfarben Kampf verzückt, zerquält, Gebilde ahnst, Gestalten siegreich schreiten siehst Dann fühlst du, dass wir in zwei Welten sind geboren Und dich der Gott zu Seinem Jünger hat erkoren. Auch du hast früh dich an dem Himmelslicht entzündet, Auch dir stehn Brot und Wein und Frucht und Kind und Tier, Die Wolken Sterne, Berg und Baum als Gleichnis nur Im ew’gen Kampf von hell und dunkel hingezaubert. Was brauchst du Speise, Trank, dich kränkt des Narren Lob, Dich, deren Stirn der Gott mit zartem Wink berührt, Dich, die er in sein Reich der Bilder hat entführt. Aus: Meschendörfer, Adolf; Gedichte; Bukarest 1967/S. 75.

Die Trauernde, Foto: © pedro salvadore

Margarete Depner (1885–1970): Biografische Übersicht

1885

Geburt am 22. März in Kronstadt als älteste Tochter von Julie und Wilhelm Scherg – einem bekannten Textilunternehmer. Schulische Ausbildung in Siebenbürgen 1901–1902 Besuch eines Mädchenpensionats in Weimar. Erste humanistische und wesentliche künstlerische Prägungen durch Museen 1902–1905 Erste Studien bei Ernst Kühlbrandt, Arthur Coulin, Robert Wellmann, Friedrich Miess und Fritz Kimm in Siebenbürgen 1905/6 Weitere Zeichenstudien in Berlin bei Prof. Wilhelm Jordan, Kontakt zu Käthe Kollwitz und Georg Kolbe 1907 Heirat mit Dr. Wilhelm Depner, Arzt und Politiker 1908 Auftrag eines Porträts an Arthur Coulin – Margarete Depner wird mit ihrer über 100 Werke umfassenden Sammlung siebenbürgischer Künstler und Künstlerinnen zur zentralen Kunstförderin der Region 1911 Geburt der Tochter Thea 1914 Geburt der Tochter Maja 1916/17 Studium in Budapest bei István Réti, Beginn der Ölmalerei, 1916 Ausstellung und Prämierung eines Bildes 1918 Geburt des Sohnes Wilhelm, soziales Engagement durch Gründung eines Heims für Arbeiterkinder 1919 Publikation von Lithografien in der Zeitschrift „Ziel“ und „Das Neue Ziel“ 1925 Malstudium in München 1927 Malstudium in München 1929 Malstudium in Berlin 1930 Ausstellung in Kronstadt, Lithografien, Öl, Skulpturen 1931 Studium der Bildhauerei in Berlin bei Joseph Thorak; Ausstellungen in Bukarest – Zeichnungen, Ölbilder 1933 Großausstellung in Kronstadt – Zeichnungen, Malerei und Plastik 1934 Bildhauerstudium in Paris im Atelier Marcel Gimond 1935 Ausstellung einer Skulptur in Bukarest im Salon oficial 1937, 1938, 1939 Ausstellungen von Skulpturen in Kronstadt/ Braşov und Hermannstadt/Sibiu

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Biografie/werke in Museen

1942 1943 1944

1947

1948 1948 1949 1953 1947–1970 1970

Partizipation an einer Kollektivausstellung „Deutsche Künstler aus Rumänien“ in Berlin und Stuttgart Ausstellung von drei Skulpturen in Hermannstadt Partizipation an der zweiten großen Propagandawanderausstellung „Deutsche Künstler aus Rumänien“ im Wiener Künstlerhaus, Salzburg, Graz, Breslau, Halle Mitgliedschaft im Künstlersyndikat, offizielle Anerkennung als Bildhauerin und Gewährung eine Ateliers und einer Pension. Regelmäßige Ausstellungen in Braşov und Bukarest Enteignung des Privathauses und der Klinik Beteiligung mit einer Arbeit an der Ausstellung „Kronstädter Plastik“ Beteiligung mit drei Arbeiten an der Ausstellung in Kronstadt Partizipation an Ausstellungen in Bukarest regelmäßige Ausstellungen in Bukarest, Bilder und Skulpturen Margarete Depner stirbt am 2. September in Kronstadt/ Braşov

Werke in Museen

M. Depner, 50er-Jahre, Archiv K. Philippi

Kunstgalerie Bukarest Kunstmuseum Kronstadt (zahlreiche Büsten und Skulpturen) Brukenthalmuseum Sibiu/Hermannstadt, Ölbilder – Frau mit Orange, Alte Frau mit Kopftuch und Frauenakt –, eine Kohlezeichnung und vier Lithografien, Der Denker – Marmorbüste Stuttgart, Die Sinkende, Marmor, als Leihgabe im Siebenbürgischen Museum Gundelsheim Halle, Staatliche Galerie Moritzburg, Porträtbüste Siebenbürgisches Museum Gundelsheim, Drei Generationen

Quellen/Literatur

Quellen Künstlerarchiv Rolf Schuller, Siebenbürgisches Archiv Gundelsheim Künstlerhausarchiv Wien, Wiener Stadt- und Landesarchiv Siebenbürgisch-sächsisches Künstlerarchiv, aufbewahrt durch Manfred Wittstock, Sibiu Privatarchive von Kurt Philippi, Friedrich Philippi, Joachim Wittstock, Wolfgang Wittstock, Lisa Fischer http://forumkronstadt.ro/das-forum/kronstaedter-persoenlichkeiten/ http://de.wikipedia.org/wiki/SS-Haupt%C3%A4mter#Hauptamt_ Volksdeutsche_Mittelstelle http://en.wikipedia.org/wiki/File:Ullstein-Thorak-Mutter_Erde_fec.jpg

Literatur Arzt und Volksmann, in: Jahrbuch 1969. Siebenbürgisch-sächsischer Hauskalender, 14. Jg., München, S. 37–42 Aufruf an alle deutschen bildenden Künstler Rumäniens, in: Bukarester Tageblatt, 24. April, 1937, S. 5 Aufruf an alle deutschen bildenden Künstler Rumäniens, in: Siebenbürgisch Deutsches Tageblatt, 10. Februar 1937, S. 5 Ausstellungskatalog, Alexa, Tiberiu, Moldovan, Traian, Muscă Mihai, Centrul Artistic Baia Mare 1896–1996/The Baia Mare Artistic Center, Muzeul Judeţean Baia Mare 1996 Ausstellungskatalog, Friedrich Miess 1854–1935, Muzeul de Artă Braşov, Muzeul Naţional Brukenthal, Braşov 2004 Ausstellungskatalog, Artişti Braşoveni Uitaţi, Muzeul de Art Braşov, Braşov 2008 Ausstellungskatalog, Helene Funke 1869–1957, hrsg. vom Lentos Kunstmuseum Linz, Linz 1907 Ausstellungskatalog, Katalog der ersten Ausstellung von Arbeiten siebenbürgischer Künstler, 30. Juli bis 26. August 1905, Hermannstadt 1905 Ausstellungskatalog, Profession ohne Tradition. 125 Jahre Verein der Berliner Künstlerinnen, hrsg. von der Berlinischen Galerie, Berlin 1992 Ausstellungskatalog, Mirror Mirror. Self-portraits by Women Artists, hrsg. von Liz Rideal, National Portrait Gallery, London 2002 Ausstellungskatalog, Helene von Taussig (1879–1942). Die geretteten Bilder, hrsg. von Nikolaus Schaffer und Peter Laub, Salzburger Museum Carolino Augusteum, Salzburg 2002

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Literatur

Billeter, Felix, Günther Antje, Krämer, Steffen, Münchner Moderne. Kunst und Architektur der zwanziger Jahre, München/Berlin 2002 Ciobanu, Vasile, Contribuţii la cunoaşterea istoriai saşilor transilvăneni 1918–1944, Sibiu 2001 Die Kunstausstellung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien in Wien eröffnet, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 17. März 1944, S. 3 Deutsche Kunst in Rumänien. Vorschau der Berliner Ausstellung heimischer Werke, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 6. Dezember 1941, S. 4 Deutsche Künstler aus Rumänien, in: Stuttgarter Neues Tagblatt, 21. August 1942 Deutsche Künstler aus Rumänien, Katalog 1942, Archiv Joachim Wittstock Deutsche Künstler aus Rumänien 14.3-10–4.1944, Mappe 153, Künstlerhausarchiv Wien Depner, Margarete, „Nichts Neues“ – über Kunst und Künstler ..., in: Aus Kronstädter Gärten. Kunstleben einer sächsischen Stadt im Jahr 1930, Kronstadt 1930, hrsg. von Adolf Meschendörfer, S. 184–187 Depner, Margarete, Biografische Notizen an Rolf Schuller, Kronstadt 1968, Privatarchiv Joachim Wittstock/Aus dem Siebenbürgisch-sächsischen Künstlerarchiv aufbewahrt durch Manfred Wittstock, Sibiu Die Karpathen, 1. Jg., Heft 1, Kronstadt 1907/08 Die Eröffnung der Wiener Kunstausstellung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 29. März 1944, S. 3 Die erste Gesamtausstellung Deutscher Künstler Rumäniens, in: Siebenbürgisch Deutsches Tageblatt, 30. April 1937, S. 5 Die Kronstädter Gesamtschau der deutschen Künstler, in: Siebenbürgisch Deutsches Tageblatt, 20. November 1938, S. 8 Dr. L. Springschitz, Im Mutterboden verwurzelte Kunst, in: Neues Wiener Tagblatt, 14. März 1944 Dollen von der, Ingrid, Grete Csaki-Copony. 1893–1990. Zwischen Siebenbürgen und weltstädtischer Kultur, Hermannstadt 2008 Dollen von der, Ingrid, Malerinnen im 20. Jahrhundert. Bildkunst der „verschollenen Generation“. Geburtsjahrgänge 1890–1910, München 2000 Die Kronstädter „Gesamtschau der deutschen Künstler“, in: Siebenbürgisch Deutsches Tageblatt, 20. November 1938, S. 8 Ein Gruß Saarbrückens an den Volksgruppenführer, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 8. Oktober 1942

Literatur

Éri, Gyöngyi/Jobbágyi, Zsuzsanna, Das goldene Zeitalter. Kunst und Gesellschaft in Ungarn 1896–1914, Budapest 1993 Escher Hilda, Sitzung im Kronstädter Kunstmalerzirkel, in: Neuer Weg, 27. Juli 1950 Escher Hilda, Vom Schaffen Kronstädter deutscher Künstler, in: Neuer Weg, 30. Juli 1950 Festschrift zum Zehnjahresfest der Siebenbürgischen Zeitschrift Klingsor 1924/1934, Kronstadt 31. März 1934 Festausgabe zum hundertjährigen Bestehen der Kronstädter Zeitung, 24. Mai 1936 Fischer, Lisa, Eden hinter den Wäldern, Samuel von Brukenthal: Politiker, Sammler, Freimaurer in Hermannstadt/Sibiu, Wien 2007 Frauenseele, Kronstädter Zeitung, 24. Dezember 1933 Großer Erfolg der Berliner Ausstellung. Die Pressestelle der Volksgruppenführung teilt mit, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 18. Juni 1942, S. 2 Gusbeth, Heidemarie, Gedanken werden sichtbar. Ateliersbesuch bei Margarete Depner, in: Karpaten-Rundschau, 20. 3. 1970 Ittu, Gudrun-Liane, Der Sebastian-Hann-Verein für heimische Kunstbestrebungen und die Anfänge des Jugendstils in Siebenbürgen, in: Forschungen zur Volks- und Landeskunde, Bd. 37, Nr. 2, 1995, S. 71–75 Killyen, Franz von, Eröffnung der ersten Gesamtschau deutscher Künstler in Rumänien, in: Siebenbürgisch Deutsches Tageblatt, 9. Mai 1937, S. 3 Klein, Konrad, Siebenbürgische Kunst- und Künstlerkarten. Zur Geschichte künstlerischer Ansichtskarten im deutschen Umfeld Siebenbürgens, in: Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde, 2/1997 Kollwitz, Käthe, Die Tagebücher, hrsg. von Jutta Bohnke-Kollwitz, Berlin 1989 Krasser, Harald, Bemerkungen zu unserer Bildenden Kunst aus Anlass der Kronstädter Gesamtschau, in: Klingsor, Januar 1939, S. 31–35 Krasser, Harald, Arthur Coulin, Bukarest 1970 Krasser, Harald, Der Maler Arthur Coulin. Zum hundertsten Geburtstag, in: Sie prägten unsere Kunst, Studien und Aufsätze, hrsg. von Brigitte Stephani, Klausenburg 1985, S. 184–188 Kronstädter Zeitung, 10. September 1930 Kronstädter Zeitung, 24. Mai 1936 Kunst und Schrifttum, Margarethe Depner 50 Jahre alt, in: Kronstädter Zeitung, 24. März 1935

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Literatur

Kunst und Schrifttum, in: Kronstädter Zeitung, 21. Dezember 1933 Kunst im Dienste des ewigen Deutschland. Die Ansprache des Amtslei­ ters Walter May zur Eröffnung der Kunstausstellung unserer Volks­ gruppe in Wien, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 18. März 1944, S. 3 May, Walter, Gründung der Kulturkammer der Deutschen Volksgruppe in Rumänien, in: 1933–1942 Neun Jahre Landestheater der Deutschen Volks­ gruppe in Rumänien. Bühnenblätter des Spieljahres 1941–1942, s. a., S. l. Meschendörfer, Adolf, Gedichte, Bukarest 1967 Meschendörfer, Adolf, Aus Kronstädter Gärten, Kunstleben einer sächsi­ schen Stadt im Jahr 1930, Kronstadt 1930 Mittler der Kultur – unsere große Mission, in: Südostdeutsche Tageszei­ tung, 12. November 1941, S. 5 Morres, Eduard, Die zweite Kunstschau unserer Volksgruppe in Salz­ burg, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 25. Juni 1944, S. 5 Myss, Walter, Kunst in Siebenbürgen, Thaur bei Innsbruck 1991 Nadin, Mihai, Pictori din Braşov, Bucureşti 1975 Netoliczka, Margarete, Ausstellung Margarete Depner und Rieke Mor­ res, in: Siebenbürgisch Deutsches Tageblatt, 12. Jänner 1934, S. 6 Orend, Misch, Der Expressionismus und seine Überwindung, in: Kling­ sor, August 1926, S. 305–308 Ott, G. E., Schwarz­Weiß Ausstellung des Salon oficial, in: Siebenbür­ gisch Deutsches Tageblatt, 23. November. 1935, S. 3–4 Philippi, Maja, 200 Jahre Familie Scherg in Kronstadt. Vom Wollenzie­ her Michael Schürge zur Tuchfabrik Wilhelm Scherg, in: Siebenbür­ gisches Archiv, Siebenbürgische Familien im sozialen Wandel, hrsg. von Balduin Herter, Wien 1993, S. 5–152 Philippi, Maja, Mein Elternhaus, Erinnerungen, Typoskript, o. D., Pri­ vatarchiv Kurt Philippi Philippi, Maja, Über Erwin Wittstock, Typoskript, o. D., Archiv Kurt Philippi Restrospectiva Margarete Depner, Kronstadt 1975 Richter, O., Gedanken zum 100. Geburtstag der Margarete Depner, in: Südostdeutsche Vierteljahresblätter, 34. Jg. Folge 3, München 1985 Richter, Otmar, Die erste Gesamtschau deutscher Künstler in Rumä­ nien, in: Klingsor, Sibiu 1937, S. 228–231 Richter, Otmar, Die Kunstausstellung der Deutschen Volksgruppe, in: Volk im Osten, April–Juni 1944, S. 4–6 Roth Herman, Die zweite Gesamtschau deutscher Künstler Rumäniens, in: Siebenbürgisch Deutsches Tageblatt, 10. November 1938, S. 7

Literatur

Roth, Walter, Der Ausbau des deutsch-evangelischen Schulwesens durch Georg Daniel Teutsch, in: Beiträge zur siebenbürgischen Schulgeschichte, Siebenbürgisches Archiv, Bd. 32, Weimar/Wien 1996, S. 262–268 Saur, Allgemeines Künstlerlexikon, München/Leipzig 2000, Bd. 26, Bd. 54 Scharffader, Joachim, Sinnvolle Schönheit. Betrachtungen zum bildhauerischen Schaffen Margarete Depners, in: Neuer Weg, 12. November 1966 Schuster, Hannes, Konsequenzen, in: Karpaten-Rundschau, 18. 9. 1970 Sie prägten unsere Kunst, Studien und Aufsätze, hrsg. von Brigitte Stephani, Klausenburg 1985 Siebenbürgisch Deutsches Tageblatt, 11. September 1930 Springschitz, Dr. L., Im Mutterboden verwurzelte Kunst, in: Neues Wiener Tagblatt, 14. März 1944 Stephani, Brigitte, Wuchtig und monumental. Zum 95. Geburtstag Ernst Honigbergers, in: Sie prägten unsere Kunst, Studien und Aufsätze, hrsg. von Brigitte Stephani, Klausenburg 1985, S. 233–237 Stephani, Brigitte, Eduard Morres. Ein siebenbürgischer Künstler (1884– 1980), Heidelberg 2006 Stritt, Marie, Frauenbewegung und Kulturfortschritt, in: Die Karpathen, 1. Jg., Heft 8, Kronstadt 1908 Strobach, Josef, Die Türen zum Mutterland geöffnet. Die Ausstellung „Deutsche Künstler aus Rumänien“ in Berlin ein voller Erfolg, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 1. August 1942 Strobach, Josef, Die Kunstausstellung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien im Reich, in: Jahrbuch der Deutschen Volksgruppe in Rumänien 1943, Hermannstadt, in: Künstlerarchiv Rolf Schuller, Siebenbürgisches Archiv, Gundelsheim Udrescu, Doina, Deutsche Kunst aus Siebenbürgen in den Sammlungen des Brukenthalmuseums Hermannstadt (1800–1959), Hermannstadt 2003 Unsere Kunstausstellung in Stuttgart, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 19. August 1942, S. 2 Unsere Kunstausstellung in Breslau, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 29. Juni 1944, S. 6 Unsere kulturpolitische Mission erhält Gestalt. Feierliche Gründung der Kulturkammer der Deutschen Volksgruppe in Rumänien, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 9. November 1941, S. 3 Von der Berliner Ausstellung Deutsche Künstler in Rumänien, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 14. Dezember 1941, S. 5

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Literatur

Weingärtner, Marianne, Ausstellung deutscher Künstler aus Rumänien, Berlin, 1942, in: Südostdeutsche Tageszeitung, 28. Mai 1942, S. 5 Weiss, Helfried, Ein arbeitsreiches Leben, Margarete Depner zum Gedenken, in: Neuer Weg 15. 9. 1970 Wittstock, Joachim, Realismus als Grundlage und Leistung, in: Hermannstädter Zeitung, 24. 3. 1970 Wittstock, Joachim, Keulenmann und schlafende Muse, Erfahrungsschritte, Sibiu 2005 Wittstock, Manfred, Grundlage Moderner Kunst, in: Neuer Weg, 17. Juli 1974 Wittstock, Manfred, Bildende Künstler, Kunsthandwerker und Kunstgewerbler der Siebenbürger Sachsen in der Zwischenkriegszeit und ihre Beziehungen zum Nationalsozialismus, in: Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde 24, Heft 2, Wien 2001, S. 236–257 Wittstock, Manfred, Ein siebenbürgisches Künstlerheim in Cervara di Roma, in: Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde, 16, Heft 1, Wien 1993, S. 68–74 Wittstock, Manfred, Schönheit der humanen Werte, in: Neuer Weg, 26. November 1975 Wittstock, Manfred, Realismus als Auftrag, in: Neuer Weg, 6. 3. 1975 Wittstock-Reich, Rohtraut, Erhabene Schönheit in gegenständlicher Form. Vor hundert Jahren wurde Margarete Depner geboren, in: Sie prägten unsere Kunst, Studien und Aufsätze, hrsg. von Brigitte Stephani, Klausenburg 1985, S. 227–229 Wittstock-Reich, Rohtraut, Erhabene Schönheit in gegenständlicher Form. Vor hundert Jahren wurde die Bildhauerin Margarete Depner geboren, in: Neuer Weg, 23. März 1985 Wittstock, Thea, Ein Wegbereiter der Krebsbehandlung mit Radium in Rumänien. Der Chirurg Dr. Wilhelm Depner (1873–1950) und sein Sanatorium, in: Siebenbürgisches Archiv, Bd. 14, Köln/Wien 1979, S. 359–402 Wittstock, Thea, Typoskript, Dr. Wilhelm Depner 1873–1950, o. D., Privatarchiv Kurt Philippi Zwickl, András: „Hauptschauplatz München“. Ungarische Künstler und Künstlerinnen in München – Kunst aus München in Ungarn, in: zeitenblicke 5 (2006), Nr. 2. http://www.zeitenblicke.de/2006/2/Zwickl/ index_html (12.02.2010)

Kurzbiografien Lisa Fischer, Jg. 1959, Kulturhistorikerin in Wien, 1984–1996 Institut für Höhere Studien, Abteilung Soziologie, Ausstellungskuratorin und Journalistin. Arbeitsschwerpunkte: Frauengeschichte-Biografieforschung. Zahlreiche Publikationen unter anderem: Lina Loos, Wenn die Muse sich selbst küsst, 1994; Die Frauen der Wiener Moderne, 1997; Schattenwürfe in die Zukunft, Kaiserin Elisabeth und die Frauen ihrer Zeit, 1998; Möbel in Balance – Anna Lülja Praun 2001, Die Riviera an der Donau, 2003; Frauen aus dem Rosenland – Pionierinnen aus Bulgarien 2004; Sigmund Freud, Wiener Schauplätze der Psychoanalyse 2005; Irgendwo, Wien Theresienstadt und die Welt. Die Sammlung Heinrich Rieger, 2008. Gudrun-Liane Ittu, Jg. 1955, Studium der Soziologie in Bukarest und der Kunstgeschichte in Prag, tätig am Institut der Rumänischen Akademie in Sibiu. Forschungsschwerpunkte: künstlerische Avantgarde des 20. Jh.s, Siebenbürgische Moderne; zahlreiche Veröffentlichungen, u.a. Geschichte des Brukenthalmuseums, Sibiu, 2003; Cultura germanilor din România în perioada 1944–1989 reflectată în publicaţii [Das kulturelle Leben der deutschen Minderheit in Rumänien in der Zeitspanne von 1944–1989], Sibiu, 2004; Tradiţie, modernitate şi avangardă în arta plastică a germanilor din Transilvania la sfârşitul secolului al XIX-lea şi începutul secolului XX [Tradition, Moderne und Avantgarde in der bildenden Kunst der Siebenbürger Deutschen am Ende des 19. und Beginn des 20. Jh.s.], Editura Academiei Române, Bucureşti, 2008. Sabine Plakolm-Forsthuber, Jg. 1959, Studium der Kunstgeschichte in Wien, 1986 Promotion, seither am Institut für Kunstgeschichte der Technischen Universität in Wien beschäftigt. 2000 Habilitation. Forschungsschwerpunkte: Österreichische Kunst und Architektur des 19.–21. Jahrhunderts, Künstlerinnenbiografien, Architektur italienischer Frauenklöster. Wichtigste Publikationen: Moderne Raumkunst. Wiener Ausstellungsbauten von 1898–1914, Wien 1991; Künstlerinnen in Österreich 1897–1938, Malerei – Plastik – Architektur, Wien 1994; Die Architektur der Klosterneuburger Strandbäder und Wochenendkolonien (Hg. mit C. Jäger-Klein/Th. Prlic), Wien 2007; Florentiner Frauenklöster von der Renaissance bis zur Gegenreformation, Petersberg 2009.

Register der Personennamen

Alexa, Tiberiu 76, 92 Amerling, Friedrich v. 80 Barlach, Ernst 37, 95 Beckmann, Max 106 Bernstein, Stephanie 76 Bielz, Henriette 84 Binder, Lotte 55, 56, 95 Blum, Anita 76 Blum, Leonhard 76 Boege, Richard 37, 64 Breker, Arno 94 Brukenthal, Samuel v. 20, 75 Brunner, Josef 61 Bulhardt, Hans 80 Corinth, Lovis 37, 112 Coulin, Arthur 34, 35, 36, 37, 77, 78, 79, 80, 81, 113, 114, 124, 130, 133 Csaki, Richard 84 Csaki-Copony, Grete 12, 29 Czigany, Dezsö 116 Defregger, Franz v. 80 Depner, Wilhelm 27, 31, 32, 33, 37, 38, 41, 43, 44, 56, 58, 65, 66, 112, 116, 133 Dörschlag, Anna 79, 80 Dörschlag, Carl 35, 78, 80, 81 Duncan, Isadora 121, 122 Eder, Hans 38, 82, 84, 85, 86, 124 Feuerbach, Anselm 35 Fleischer, Michel 79, 80 Gerstl, Richard 77 Gimond, Marcel 58, 59, 95, 128, 133 Gogh, Vincent v. 106, 115 Goldschmidt, Lotte 79, 80

Harta, Felix 38 Hesshaimer, Ludwig 82, 83 Heydendorf, Annemarie Suckow v. 65 Hollósy, Simon 76, 117, 118 Honigberger, Ernst 48, 82, 83, 124 Hufnagel, Hermine 79, 80 Jordan, Wilhelm 31, 91, 111, 112, 133 Joseph, Franz, Kaiser 42 Kimm, Fritz 35, 36, 37, 82, 84, 86, 92, 113, 124, 133 Kokoschka, Oskar 106 Kolbe, Georg 93, 133 Kollwitz, Käthe 24, 25, 31, 107, 112, 120, 133 Konnerth-Kroner, Ernestine 84 Kövesházi-Kalmár, Elza 121 Kühlbrandt, Ernst 34, 91, 111, 133 Lang, Erwin 47 Liezen-Mayer, Alexander 79 Lohwag, Ernestine 77 Löwith, Ada 77 Löwith, Augusta 77 Makart, Hans 80 Mann, Heinrich 38 Maria, Königin v. Rumänien 85 Matejko, Jan 79 May, Walter 64, 88, 89 Meschendörfer, Adolf 9, 17, 54, 55, 83, 132 Michaels, König 66 Miess, Friedrich 35, 36, 37, 54, 92, 93, 113, 124, 133 Mihalovits, Herakles 43

Register der Personennamen

Modersohn-Becker, Paula 107, 110, 112, 126 Morres, Eduard 12, 36, 82, 86, 89, 99 Morres, Rieke 52, 53 Moser, Koloman 44 Mühsam, Erich 38 Netoliczka, Oskar 86 Netoliczka-Hiemesch, Margarete 86 Neuhauser, Franz 75 Nouveau, Henri 82 Olbrich, Josef Maria 44 Philippi, Kurt 70, 106, 116, 119, 134 Philippi, Maja 24, 38 Réti, István 43, 91, 92, 110, 117, 118, 119 Richter, Paul 38 Rotschingk, Sebastian 65 Scherg, Katherina 27 Scherg, Margarete 26, 31, 108, 111, 112 Scherg, Wilhelm 27, 37, 133 Schieb, Hildegard 84 Schiele, Egon 106 Schopenhauer, Arthur 40 Schreiber, Wilfried 70 Schuller, Betty 79 Schuller, Ludwig 78, 80 Schullerus, Fritz 78, 80 Schullerus, Trude 12, 84, 99 Schunn, Heinrich 82, 86 Siewert, Clara 107, 112 Slavona, Maria 112 Slevogt, Max 112 Smighelschi, Octavian 79, 80, 81 Stock, Johann Martin 75 Tamás, Emerich 78

Taussig, Helene v. 116 Tessenow, Heinrich 121 Teutsch, Georg Daniel 78 Teutsch, Walther 82 Thorak, Joseph 51, 52, 94, 95, 99 Thorma, János 117 Ullstein, Franz 95 Wellmann, Robert 35, 58, 78, 79, 80, 133 Wittstock, Erwin 67 Wittstock, Joachim 28, 29, 61, 62, 70, 74, 119 Wittstock, Wolfgang 5, 28, 29, 54, 63, 69, 70, 72, 114 Ziegler, Karl 79, 80

 

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Farbabbildungen

0: Alte Frau mit gekreuzten Händen 49 x 35 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 86

1: Selbstporträt mit Halsband, II 33 x 24,7 Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 1

2: Selbstporträt mit rotem Kleid 32,5 x 27 Öl auf Leinwand auf Karton Nlvz Öl Nr. 4

3: Selbstporträt mit blauem Strich 24,5 x 24,5 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 9

4: Der Badende 25 x 32, Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 11

5: Der Schnitter 25 x 36 Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 12

6: Stillleben, Blumen in Vase 32 x 19 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 13

7: Stillleben mit Orange 38 x 26 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 14

8: Stillleben mit Kanne 33,5 x 23,5 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 17

9: Stillleben, Vase mit Apfel Öl auf Karton 28 x 35 Nlvz Öl Nr. 15 9a: Skizze, Stillleben, um 1910, Kreide

10: Stillleben, Korb mit blauen Blumen 33,5 x 34,5 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 16

11: Landschaft mit Baum 49 x 62,5 Öl auf Leinwand auf Karton Nlvz Öl Nr. 10

12: Junges Mädchen mit roter Masche 48 x 37 Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 98

13: Mädchen mit rotem Haar 51 x 35 Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 97

14: Die Waisenkinder Postkarte

15: Waisenkinder 58,6 x 39 Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 92

16: Mutter mit zwei Söhnen 50 x 66 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 20

17: Hoffnung und Resignation 105 x 80 Öl auf Leinwand auf Karton Nlvz Öl Nr. 90

18: Frau mit rotem V-Ausschnitt 45 x 35 Öl auf Leinwand auf Karton Nlvz Öl Nr. 53

19: Tänzerin 53,7 x 40,5 Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 18

20: Forstarbeiter Vorstudie für ÖL Ausstellungsbeschriftung auf rumänisch Hinterseite 36,5 x 31,5, Kohle Nlvz Nr. 73

21: Forstarbeiter, II 28,5 x 37 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 22

22: Frau mit braunem Kleid 47 x 33 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 24

23: Frau im Profil mit Haarknoten 34 x 22,5 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 88

24: Frau mit weißem, stilisiertem Kragen 51 x 40,5 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 58

25: Frauenportrait mit weißem Kleid 43 x 42 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 60

26: Knabe vor grünem Hintergrund 33 x 25 Öl auf Karton mit Leinwand Nlvz Öl Nr. 72

27: Knabe mit Rollkragen auf Hellgrün 50,5 x 36 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 71

28: Mann mit runder Brille 38 x 31,5 Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 93

29: Frauenprofil mit weißem Kleid 33 x 25 Öl auf Karton mit Leinwand Nlvz Öl Nr. 61

30: Mädchen mit Stirnfransen 28,5 x 23 Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 48

31: Junges Mädchen, 27 x 23 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 100

32: Studie II zu den Drei Generationen 39,5 x 32 Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 94

33: Studie, III zu den Drei Generationen 43,7 x 33 Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 95

34: Junger Mann mit stilisierten Augen Rückseite datiert mit 20.2.1930 37 x 27,5 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 79

35: Frauenprofil 35 x 25 Öl auf Karton um 1930 Nlvz Öl Nr. 74

36: Mädchen nach unten blickend 34 x 23 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 76

37: Mädchen mit roten Konturen um 1930 24,5 x 27,5 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 78

38: Junge Frau mit Schale auf den Händen 80 x 60 Öl auf Leinwand und Karton Nlvz Öl Nr. 91

39: Frau mit Zitrone 34 x 49,5 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 96

40: Männerakt 120 x 73,5 Öl auf Leinwand auf Karton Nlvz Öl Nr. 99

41: Geschwister 61,5 x 47,8 Öl auf Leinwand Nlvz Öl Nr. 89

42: Mädchen mit Streifenkleid 42 x 32 Öl auf Karton Nlvz Öl Nr. 49