Wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug nach deutschem Recht und europäischem Gemeinschaftsrecht [1 ed.] 9783428495412, 9783428095414

Der Autor beschäftigt sich in der vorliegenden Abhandlung mit der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von Werbung, die ei

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Wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug nach deutschem Recht und europäischem Gemeinschaftsrecht [1 ed.]
 9783428495412, 9783428095414

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JONAS EWERT

Wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug nach deutschem Recht und europäischem Gemeinschaftsrecht

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 118

Wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug nach deutschem Recht und europäischem Gemeinschaftsrecht

Von Jonas Ewert

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Ewert, Jonas:

Wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug nach deutschem Recht und europäischem Gemeinschaftsrecht I von Jonas Ewert. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum Wirtschaftsrecht ; Bd. 118) Zug!.: Frankfurt (Main), Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09541-3

D30 Alle Rechte vorbehalten © 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-09541-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9

Inhaltsverzeichnis A Einleitung: Anlaß, Ziel und Gang der Untersuchung.......... ......... .......... ....

9

B. Rechtstatsachen und Realprobleme ....................... ............ ..........................

17

Rechtstatsachen Wld Rea1probleme der UmweitwerbWlg...........................

19

1. Der Begriff der UmweltwerbWlg ....................................... ................ ..

20

2. Das Interesse von Anbietern Wld Nachfragern an UmweltwerbWlg ......

26

3. Der BezugspWlkt des Umweltvorteils als AnknüpfungspWlkt zur EinteilWlg der UmweltwerbWlg in produ1ctqualitätsbezogene Wld nicht produ1ctqualitätsbezogene Erscheinungsformen....................................

29

4. Die typischen Erscheinungsformen der Umweltwerbung .....................

33

a) Die Umweltwerbung mit Produ1ctqualitätsbezug durch explizite Produ1ctqualitätsangaben, Produ1ctnamen, Umweltzeichen, Tests oder Vergleiche.............................................................................

34

b) Die Umweltwerbung ohne Produ1ctqualitätsbezug.............. .. ..........

39

aa) Die Umweltimagewerbung......................................................

40

bb) Das Umweltsponsoring ...........................................................

46

cc) Die Werbung mit wnweltbezogenen Nebenleistungen .............

52

dd) Die Werbung mit Umwe1tappellen .................................. ........

55

5. Das Spannungsverhältnis zwischen Umweltvorteil und Umweltwerbung .............................................................................................

58

a) Der Umweltvorteil als externer Effekt oder als Kundennutzen.......

59

b) Der Umwe1tvorteil als "Vertrauenseigenschaft" .............................

63

c) Die Komplexität des darzustellenden Umwe1tvorteils....................

68

d) Die Relativität des "Umweltvorteils" .............................................

69

6. Die Bedeutung der Umweltwerbung im europäischen Binnenmarkt.....

71

II. Die Besonderheiten der Umweltwerbung ohne Produ1ctqualitätsbezug.......

72

1. Die Beeinflussung der Bezugsentscheidung der Abnehmer durch Umweltwerbung ohne Produ1ctqualitätsbezug .......... ....................... .....

72

I.

Inhaltsverzeiclmis

6

a) Zwn Stand der Werbewirlamgsforschung......................................

73

b) Die Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch UmweltiInagewerbung ..............................................................................

77

c) Die Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch Umweltsponsoring ....................................................................................

78

d) Die Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen...............................................

79

e) Die Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch Umweltappelle.

80

2. Die Beeinflussung der Erscheinungsformen der Umwe1twerbung durch das Spannungsverhältnis zwischen Umweltvorteil und Umwe1twerbung ....................... .................... ......................................

81

a) Der Einfluß der Externalität des Umweltvorteils auf die Erscheinungsformen der Umweltwerbung.................................................

81

b) Der Einfluß der Vertrauenseigenschaft des Umweltvorteils auf die Erscheinungsformen der Umweltwerbung .....................................

82

c) Der Einfluß der Komplexität und Relativität des Umweltvorteils auf die Erscheinungsformen der Umwe1twerbung....................... ...

85

3. Konkretisierung der Interessenlage von Anbietern und Nachfragern sowie von Konkurrenten und der Allgemeinheit in bezug auf Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug .............. ........................

87

lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug. .................................. ...... .........................................

93

C. Die

1.

Darstellung und kritische Analyse von Rechtsprechung und Literatur zur lauterkeitsrechtlichen Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug sowie Bestimmung des eigenen Standpunkts..........

96

1. Die möglichen Kollisionspunkte zwischen Umwe1twerbung ohne Produktqualitätsbezug und Lauterkeitsrecht ........................................

98

a) Eingrenzung des relevanten Normenbereichs.................................

98

b) Umwe1twerbung ohne Produktqualitätsbezug als Handeln iIn geschäftlichen Verkehr und als Wettbewerbshandlung .................. 101 c) Die tatbestandlichen Voraussetzungen fUr die Annahme einer irrefilhrenden Werbung gern. § 3 UWG .............................................. 105 d) Die tatbestandlichen Voraussetzungen fUr das Vorliegen einer sittenwidrigen Werbung i.S.d. § 1 UWG ....................................... 114

Inhaltsverzeichnis

7

aa) Die einzelnen Fallgruppen der Sittenwidrigkeit i.S.d. § 1 UWG und ihre Relevanz ftlr die Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug ...................................... 117 bb) Insbesondere die Unterfallgruppen des Kundenfangs ............... 124 2. Materiellrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug nach §§ 1 und 3 UWG ................................................. 131 a) Materiellrechtliche Beurteilung der Umweltimagewerbung ........... 132 aa) Umweltimagewerbung als irrefilhrende Werbung .................... 134 bb) Umweltimagewerbung als sittenwidrige Werbung................... 145 b) Materiellrechtliche Beurteilung des Umweltsponsoring ................. 157 aa) Umweltsponsoring als irrefilhrende Werbung.......................... 160 bb) Umweltsponsoring als sittenwidrige Werbung......................... 162 c) Materiellrechtliche Beurteilung der Werbung mit wnweltbezogenen Nebenleistungen..................................................................... 180 aa) Werbung mit wnweltbezogenen Nebenleistungen als irrefilhrende Werbung.................................................................. 182 bb) Werbung mit wnweltbezogenen Nebenleistungen als sittenwidrige Werbung sowie Exkurs zu rabattrechtlichen Problemen .................................................................................... 184 d) Materiellrechtliche Beurteilung der Werbung mit Umweltappellen 189 aa) Umweltappelle als irrefilhrende Werbung............................... 190 bb) Umweltappelle als sittenwidrige Werbung .............................. 193 3. Die besonderen prozessualen Probleme bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegen Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug......... 195 a) Die möglichen wettbewerbsrechtlichen Anspruchsziele ................. 196 b) Die Problematik der Prozeßfilhrungsbefugnis................................ 199 c) Die Probleme bei der Tatsachenfeststellung .................................. 205 d) Die Sanktionsmöglichkeiten in Fällen wnweltbezogener Werbung ohne Produktqualitätsbezug. ................................ .......................... 208 TI. Der Einfluß des europäischen Gemeinschaftsrechts auf die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug ... 210 1. Das Lauterkeitsrecht als Gegenstand des europäischen Gemeinschaftsrechts und die Beziehungen zwischen dem europäischen Gemeinschaftsrecht und dem deutschen Lauterkeitsrecht im allgemeinen 214

8

Inhaltsverzeichnis a) Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen mit unmittelbarer Wirkung auf die Wettbewerbsteilnehrner und ihr Einfluß auf das deutsche Lauterkeitsrecht im allgemeinen....... ........ ..... ................. 215 b) Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen des Lauterkeitsrechts mit nur mittelbarer Wirkung auf die Wettbewerbsteilnehrner und ihr Einfluß auf das deutsche Lauterkeitsrecht im allgemeinen........ 217 aa) Die Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 30 EGV................. ...... 217 bb) Die Richtlinien....................................................................... 223 c) Zusammenfassung bezüglich der Einflüsse des Gemeinschaftsrechts auf das deutsche Lauterkeitsrecht... ..................................... 226 2. Die konkreten Auswirkungen des europäischen Gemeinschaftsrechts

auf die Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug im besonderen .... ............... .................... ....... ........ ........... .............. ..... 227 a) Die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltimagewerbung ... .............. ........ 234 b) Die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf die lauterkeitsrechtliche Beurteilung des Umweltsponsoring ............................... 240 c) Die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Werbung mit umwe1tbezogenen Nebenleistungen ............. ............... ........ ...... .......... .................. ..... 242 d) Die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltappelle....... .......... .... ........... ..... 244 D. Zusammenfassung und Ausblick.................................................................. 245

1.

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und der eigenen Stellungnahme sowie der Rechtsanwendungsvorsch1äge............................ 245

11. Ausblick hinsichtlich der Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse filr die Beurteilung von Werbemaßnahmen ohne Produktqualitätsbezug außerhalb des Bereichs der Umwe1twerbung ........... ..................................... 250 Verzeichnis der verwendeten Entscheidungen zur Umweltwerbung ................ 259 Literaturverzeichnis .................. ......................................................................... 263 Sachwortverzeichnis ............................................................. .............................. 271

A. Einleitung: Anlaß, Ziel und Gang der Untersuchung In den letzten Jahren hat die Werbung mehr und mehr das Thema Umwelt aufgegriffen. Diese Tatsache läßt sich an den immer zahlreicheren Veröffentlichungen zu diesem Thema, an der schnell wachsenden Zahl von Gerichtsentscheidungen und natürlich nicht zuletzt am Umfang der in allen Medien verbreiteten Werbebotschaften selbst ablesen. Diese Entwicklung hat etwa Mitte der Siebziger Jahre begonnen] und ein Ende ist nicht absehbar. Wenn auch Werbung dieser Art ihren Neuheitswert verloren hat, so gehört eine Bezugnahme auf die Umwelt heute geradezu zum Standardrepertoire der Werbeargumente. Das läßt den Schluß zu, daß es sich hierbei nicht um eine Modeerscheinung oder einen kurzlebigen Trend handelt. Vielmehr ist anzunehmen, daß die Entwicklung anhält, zumal sich in immer breiter werdenden Schichten der Bevölkerung ein "Umweltbewußtsein" etabliert. Das anhaltende Interesse auch der Konsumenten am Thema Umwelt zeigt sich z.B. darin, daß der internationale Verbraucherverband Consumers International den 11 umweltgerechten Konsum" zum zentralen Thema des Welttages der Verbraucherrechte 1997 gemacht hatz. Das Phänomen der Umweltwerbung hat nicht nur in der Rechtsprechung und der juristischen Literatur Beachtung gefunden und ist weiterhin Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion3 . Auch in anderen Wissenschaftsgebieten, insbesondere in den Wirtschaftswissenschaften, gibt es Veröffentlichungen zu diesem Thema4 . Die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung ist bereits zum Gegenstand zahlreicher Gerichtsentscheidungen wie auch umfangreicher rechtswissenschaftlicher Arbeiten geworden. Aus den bisherigen Stellungnahmen zu diesem Thema ergeben sich bislang aber kaum allgemeine Grundregeln für die Beurteilung der Umweltwerbung. Es handelt sich vielmehr um ein Sammelsurium verschiedener Lösungsvorschläge für unterschiedliche Einzelfragen.

] FederhofJ-Rink. S.80.

Info C Nr.2 1997, S.13 der Generaldirektion XXIV der EG-Kommission. Krings, DVB11996, S.1361 tT. 4 Siehe unten Literaturnachweise zu B.I.5.

2

3

A. Einleitung

10

Ein Grund dafür dürfte die mangelnde systematische Erarbeitung der rechtstatsächlichen Probleme und deren Einbeziehung in einen juristischen Lösungsansatz sein. Eng mit diesem Grund hängt ein weiterer zusammen. Das deutsche Lauterkeitsrecht hat sich nicht zu einem "case law", sondern von Anfang an als ein solches entwickelt. Dies liegt im wesentlichen daran, daß dieses Rechtsgebiet von Generalklauseln beherrscht wird, die wiederum durch Einzelfallrechtsprechung konkretisiert werden müssen. Dabei fehlt es aber sowohl an den rechtlichen Rahmenbedingungen, als auch an einer Praktizierung der Regeln eines Fallrechts. Das Grundprinzip der Bindungswirkung von Präjudizen ("stare decisis") ist der deutschen Rechtsordnung nicht eigen. Gerade im Wettbewerbsrecht wird die Situation noch dadurch verschärft, daß die Prozesse hauptsächlich als Verfiigungsverfahren geführt werden. Deshalb sind dann in letzter Instanz die verschiedenen Oberlandesgerichte zuständig, was nicht zu einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung beiträgt. Sowohl im Fallrecht wie auch im kodifizierten Recht wird aber ein Gericht zur Lösung eines Falles die Entscheidung in einer anderen Sache heranziehen, wenn ihr eine Regel zu entnehmen ist, die auf den zu entscheidenden Fall paßt. Unterschiedlich ist freilich die Ermittlung einer solchen Regel. Im Common Law entnimmt der Richter den Präjudizen eine "rule", die jeweils die Lösung eines einzelnen, konkreten Lebensproblems ist. Er beobachtet dann, wie sich diese "rule" im Laufe der Zeit eingeschränkt, ausgedehnt und verfeinert hat und entwickelt daraus in unmittelbarer Anschauung der praktischen Problemlösungen übergreifende Grundsätze ("principles"), mit deren Hilfe der zu entscheidende Fall gelöst wird; das Ergebnis wird sodann im Vergleich mit ähnlichen Fällen auf seine Sachgerechtigkeit hin überprüft und ein abschließendes Urteil gefällt5 . Ein solcher induktiver Denkstil ist der deutschen Rechtsprechung weitgehend fremd. Bezeichnenderweise werden von den deutschen Gerichten auch die Sachverhalte extrem verkürzt, so daß eine Erfassung der konkreten Lebensprobleme schwierig, und ein darauf gestützter Vergleich mit ähnlichen Fällen kaum möglich ist. Dazu kommt noch eine relativ unkritische Verwendung der sog. Leitsätze6 . Diese werden kaum noch inhaltlich überprüft oder auf ihre Anwendbarkeit im zu entscheidenden Fall untersucht. Gerade im Wettbewerbsrecht entsteht so häufig der Eindruck, als würden die Leitsätze quasi als geltende Rechtssätze angewendet. Ein "distinguishing", aus dem sich ergibt, warum diese Regelung auf den konkreten Fall angewendet wird oder nicht, fehlt zumeist. Statt dessen entsteht der Anschein, das Urteil sei "mit Hilfe des Zauberstabs der Subsumtion geradewegs aus dem Text des Gesetzes

5

6

ZweigertlKötz, 8.257. ZweigertlKötz, 8.259.

A. Einleitung

11

entsprungen"? So werden einzelne Fälle unter Hinweis auf Leitsätze zur Umweltwerbung gestützt, ohne daß der Begriff der Umweltwerbung oder die daran geknüpften Folgen näher erörtert würden. Die Eigentümlichkeiten des Einzelfalls, aber auch die einer bestimmten Gruppe von Fällen gemeinsamen rechtstatsächlichen Probleme, werden dabei allzu oft übergangen. Einige dieser rechtstatsächlichen Probleme der Umweltwerbung beruhen auf ökonomischen Zusammenhängen. Es dürfte eine Binsenwahrheit sein, daß die idealen Wettbewerbsbedingungen auf realen Märkten so wenig anzutreffen sind, wie die idealen Gesprächsbedingungen des rationalen Diskurses in einem Gerichtssaal. Bei genauerer Betrachtung der Umweltwerbung zeigen sich bestimmte rechtstatsächliche Probleme, die eine Einbeziehung von Umweltaspekten in den Wettbewerb behindern und bereits eine Annäherung an die idealen Wettbewerbsbedingungen erschweren. Im System der (sozialen) Marktwirtschaft soll durch den Wettbewerb eine optimale Allokation knapper Güter erreicht werden. Die einzelnen Marktteilnehmer streben mit ihrem Angebots- und Nachfrageverhalten ihren eigenen Vorteil an und beteiligen sich dazu am Wettbewerbsgeschehen. Eine punktuelle Verbesserung der natürlichen Lebensbedingungen wirkt sich aber für den Einzelnen kaum spürbar als Vorteil aus und hat zudem keinen berechenbaren Wert. Die Allokation des Gutes Umwelt stößt im bestehenden Wettbewerbssystem deshalb auf Schwierigkeiten, die das Streben nach ökologischen Vorteilen als eher unökonomisch erscheinen lassen. Mit diesen Problemen und deren Lösungen befaßt sich die sog. "Umweltökonomik"s. Die auf diesem Gebiet gewonnenen Erkenntnisse sollen für eine juristische Beurteilung der Umweltwerbung nutzbar gemacht werden. Trotz dieser Schwierigkeiten stellen sowohl Unternehmen als auch Konsumenten immer mehr auch ökologische Belange in ihr Angebots- bzw. Nachfrageverhalten ein. Die Problematik, wie man mit umweltbezogenen Aspekten den Absatz fördern kann, ist das Thema des sog. "ökologischen Marketings"9 . Die hierzu entwickelten Strategien und Werbeformen weichen von den herkömmlichen ab, weil es darum geht, den Abnehmern einen ökologischen Vorteil zu vermitteln, der für den einzelnen Abnehmer meist nicht spürbar wird. Der Abnehmer soll eine bestimmte Bezugsentscheidung treffen, weil zwar nicht er selbst, aber die Allgemeinheit dadurch einen Vorteil hat. Diese Zusammenhänge führen wiederum zu wettbewerbsrechtlichen Problemen. Zwar können die Marktteilnehmer ihre Aktionsparameter weitgehend selbst ? 8 9

Zweigert/Kötz, S.258. Statt aller: Weimann, Umwe1tökonomik rn.w.N. Statt aller: Tiebler, in: Steger, Handbuch, Kap. 12 m. w.N.

12

A. Einleitung

festlegen. Wettbewerbshandlungen und insb. die Werbung unterliegen allerdings gewissen Einschränkungen, u.a. um die Selbstregulierung des Marktes durch Angebot und Nachfrage zu gewährleisten. Soweit Wettbewerbshandlungen an eine auf einem bestimmten Markt angebotene Leistung anknüpfen und sich auf Preis, Qualität, Vertrieb, Service etc. beziehen, wird der Funktionszusammenhang von Angebot und Nachfrage gef6rdert; ein solcher "Leistungswettbewerb" ist grundsätzlich, wenn auch mit gewissen Einschränkungen, zulässig1o . Relativ unproblematisch lassen sich Umweltwerbemaßnahmen, die auf der Darstellung der Produktqualität beruhen (z.B. Anpreisung einer energiesparenden Lampe), als eine Förderung des Angebots- und Nachfragemechanismus einordnen. Schwierig ist dies dagegen bei Werbemaßnahmen, die sich auf andere Umstände beziehen, wie etwa ein allgemeines Umweltengagement des werbenden Unternehmens oder eine Umweltsponsoringmaßnahme. Andererseits muß nicht jede Werbung wettbewerbswidrig sein, die einem solchen Leitbild des Leistungswettbewerbs nicht entspricht, bzw. keine Förderung des Funktionszusammenhangs von Angebot und Nachfrage darstellt. Bevor eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Umweltwerbemaßnahmen vorgenommen werden soll, ist es jedoch sinnvoll, auf diese Problematik näher einzugehen. Neben dem Problem, daß die Umwelt kein herkömmliches Wirtschaftsgut ist und deshalb nicht ohne Weiteres in die sonst üblichen Vermarktungsstrategien einbezogen werden kann, stellt die Vermittlung von Information über umweltrelevante Umstände ein besonderes Problem dar. Die Konsumenten können umweltrelevante Angaben i.d.R. nicht selbst erfahren oder ihren Wahrheitsgehalt überprüfen; dagegen verfugen die Anbieter über solche Informationen. Die Bedeutung von Information und Informationen über Information ist im Wettbewerbsrecht nicht unbekannt. So kann etwa eine unzutreffende, marktschreierische Anpreisung nicht als irrefiihrende Werbung untersagt werden, weil davon auszugehen ist, daß auch ein flüchtiger Verbraucher den Informationswert einer solchen Anpreisung richtig einschätztll . Eine wissenschaftliche Grundlage für die wettbewerbliche Funktion der Information in der Werbung bietet die Informationsökonomie, die sich gerade mit den hier relevanten Problemen der Markttransparenz und Information auf Märkten mit sog. Informationsasymmetrie beschäftigtl2. Im Bereich der Umweltwerbung hat dieser Wissenschaftszweig eine erhebliche Bedeutung gewonnen 13 . Auch hinsichtlich dieser Erkenntnisse soll der Versuch unternommen werden, sie für eine juristische Beurteilung fruchtbar zu machen. 10 11

12

13

BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.97 ff. BaumbachIHefermehl, § 3 Rn.60. Gnmdlegend dazu Stigler, The Journal ofPolitical Economy 1961, S.213 tI. HüserlMühlenkamp, Marketing 1992, S.149 ff.

A. Einleitung

13

Die rechtstatsächlichen Besonderheiten der Umweltwerbung haben zur Entwicklung bzw. zum verstärkten Einsatz bestimmter Werbeformen geführt. Von besonderer Bedeutung sind dabei Werbeformen, die sich nicht auf eine Beschreibung der dem Produkt anhaftenden Qualitätsmerkmale beschränken. Gerade diese Formen der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug sollen deshalb Gegenstand der vorliegenden Arbeit sein. Schließlich ergeben sich noch aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht Aspekte, die fiir die Umweltwerbung von Bedeutung sind. Einen vorläufigen Höhepunkt in der Diskussion über den Einfluß des Gemeinschaftsrechts stellt die "Keck"-Entscheidung I4 des EuGH dar. Von besonderer Relevanz ist das Gemeinschaftsrecht für die Beurteilung der Umweltwerbung deshalb, weil zumindest nach Ansicht des EuGH die Information der Verbraucher auch durch Werbung eine zentrale Rolle bei der Errichtung des Binnenmarktes spielt. Der EuGH versteht das Wettbewerbsrecht vornehmlich als Verbraucherschutz. Der Verbraucherschutz soll dabei durch Information erreicht werden. Ohne den Ergebnissen der Arbeit zu weit vorzugreifen, kann gesagt werden, daß die deutsche Rechtsprechung eher einen Schutz der Verbraucher vor Information betreibt, während das Gemeinschaftsrecht einen Verbraucherschutz durch Information bezweckt. Vor dem Hintergrund der rechtstatsächlichen Probleme wird sich zeigen, inwieweit eine Annäherung dieser Standpunkte sinnvoll und möglich ist. Die vorliegende Arbeit gliedert sich im wesentlichen in zwei Teile, nämlich in die Feststellung bzw. Erarbeitung von Rechtstatsachen und Realproblemen, sowie in die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug. Daran schließ sich eine Zusammenfassung der Ergebnisse, sowie des eigenen Standpunktes und ein Ausblick auf die Verwendbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse auf andere Werbeformen als Umweltwerbung an. Zunächst sollen Rechtstatsachen und Realprobleme herausgearbeitet werden, denen die Werbetreibenden einerseits und die Umworbenen andererseits im Wirtschaftsleben begegnen, soweit sie sich mit Umweltwerbung beschäftigen. Ausgangspunkt der Darstellung ist die Erarbeitung einer Definition von Umweltwerbung. Bevor die verschiedenen Arten der Umweltwerbung dargestellt und beschrieben werden, soll eine Typisierung und Einteilung nach dem äußeren Erscheinungsbild erfolgen. Diese Einteilung beruht in erster Linie auf einer Differenzierung in Umweltwerbung mit und ohne Produktqualitätsbezug und in 14

EuGH, GRUR 1994, S.296 f.

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A. Einleitung

zweiter Linie auf den unterschiedlichen Anknüpfungspunkten des in der Werbung angesprochenen Umweltvorteils. Die Brauchbarkeit dieser Einteilung fiir die rechtliche Beurteilung von Umweltwerbemaßnahmen wird dagegen erst im nächsten Teil der Arbeit thematisiert. Der Blick richtet sich dann auf die rechtstatsächlichen Besonderheiten der Umweltwerbung allgemein, nämlich auf die Probleme, die sich bei der Benutzung eines ökologischen Arguments oder Bezuges in der Werbung ergeben. Hier sollen die Grenzen aufgezeigt werden, die sich einerseits fiir die Instrumentalisierung des Umweltschutzes durch die Werbung, und andererseits der Förderung des Umweltschutzes durch den Wettbewerb stellen. Aus der Erörterung dieser Probleme erschließt sich dann die Bedeutung speziell der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug und der Zusammenhang zwischen den Realproblemen und Erscheinungsformen dieser Werbemaßnahmen. Zudem soll auf die Fragen eingegangen werden, in welcher Weise diese Werbeformen die Bezugsentscheidung des Umworbenen beeinflussen und welche Interessen der am Marktgeschehen Beteiligten betroffen sind bzw. sich gegenüberstehen. Der folgende Teil der Arbeit befaßt sich kritisch mit der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung von Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug durch Literatur und Rechtsprechung. Dabei soll gleichzeitig ein eigener Standpunkt erarbeitet und dargestellt werden. Für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug muß ein Beurteilungsmaßstab festgelegt werden. Hier soll kein neues System des Lauterkeitsrechts entwickelt, sondern auf ein bestehendes, wenn auch nicht unumstrittenes, zurückgegriffen werden, nämlich das von BaumbachlHefermehl vorgeschlagene. Dabei soll geklärt werden, ob das überkommene System des Wettbewerbsrechts eine adäquate Beurteilung der Umweltwerbung ermöglicht, oder ob etwa eine neue Fallgruppe zu schaffen ist. Dazu sind zunächst die Stellung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug im System des Wettbewerbsrechts bzw. die möglichen wettbewerbsrechtlichen Konfliktpunkte beim Einsatz dieser Werbeformen zu erläutern. An dieser Stelle ist zu klären, ob durch eine Einteilung der Umweltwerbemaßnahmen in solche mit bzw. ohne Produktqualitätsbezug eine Fokussierung auf die relevanten Probleme erfolgen und eine rechtliche Entscheidung sinnvoll vorbereitet werden kann. Daran schließt sich eine kritische Analyse sowohl der materiellen als auch der prozessualen Beurteilung von Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug nach deutschem Recht an. Hier soll insbesondere untersucht werden, inwieweit die im ersten Teil der Arbeit festgestellten Realprobleme, die sich den Werbe-

A. Einleitung

15

treibenden und den Umworbenen stellen, in der Rechtspraxis bisher Berücksichtigung gefunden haben oder finden können. Dazu sollen nicht obergerichtliche Leitsätze auf andere Fälle angewendet, sondern allgemeinere Regeln entwickelt werden, die eine generelle Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug bzw. bestimmter Erscheinungsformen gestatten. Danach soll erörtert werden, aufweIche Weise und in welchem Ausmaß die europäischen Regeln die Beurteilung von Umweltwerbemaßnahmen ohne Produktqualitätsbezug durch die deutsche Rechtsprechung mitbestimmen. Zum Schluß der Arbeit soll nach einer Zusammenfassung der Ergebnisse und der eigenen Stellungnahme ein kurzer Ausblick folgen, der sich mit der Verwendbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse für andere Formen der Werbung befaßt. Dabei soll zum einen gezeigt werden, warum Werbung ohne Produktqualität auch in anderen Bereichen als der Umweltwerbung von zunehmender Bedeutung ist, und ob die hier zur Umweltwerbung entwickelten lauterkeitsrechtlichen Beurteilungskriterien insoweit übertragbar sind.

B. Rechtstatsachen und Realprobleme Die rechtswissenschaftliche Literatur und die Rechtsprechung haben sich bisher nicht systematisch mit den Rechtstatsachen und Realproblemen, die sich bei allen Fonnen der Umweltwerbung stellen, beschäftigt. In bezug auf die Rechtsprechung ist dies weniger verwunderlich, da sie nur über punktuelle Einzelfragen zu entscheiden hat. Aber auch die rechtswissenschaftliche Literatur geht kaum auf rechtstatsächliche Fragestellungen ein. Wo dies überhaupt geschieht, bleiben die Ausfiihrungen zumeist auf eine Darstellung der Erscheinungsfonnen der Umweltwerbung1 bzw. der "umweltbezogenen Unternehmenskommunikation"z beschränkt. Cordes3 bezieht in seine Betrachtungen noch das Verhältnis von Umweltbewußtsein zu Angebot- und Nachfrageverhalten ein. Bei Lappe4 finden sich noch Ausführungen zur "rechtstatsächlichen" Bedeutung des Umweltsponsoring. Die mangelnde Einbeziehung von Realproblemen und rechtstatsächlichen Erwägungen in die Beurteilung der Umweltwerbung ist zwar bisher schon kritisiert worden5 , aber eine Darstellung und Analyse der Probleme, die sich einem Werbetreibenden stellen, der die verschiedenen Fonnen der Umweltwerbung einsetzen will, oder eines Verbrauchers, der seine Bezugsentscheidung an Kriterien der Umweltverträglichkeit ausrichten möchte, fehlt bislang. Neben den oben geschilderten Gründen mag die mangelnde Einbeziehung von Rechtstatsachen damit zusammenhängen, daß deren Anwendungsbereich vornehmlich in der Vorbereitung der Gesetzgebung gesehen wird, wenn auch dort der Einfluß gering ist. Dennoch ist nicht zu verkenne, daß der Gesetzgeber im Bereich des Umweltrechts auf rechtstatsächliche Erkenntnisse zurückgreift (etwa bei der Einführung der VerpackungsVO oder der Änderung der ZugabeVO im Hinblick auf die Handelsüblichkeit der Übernahme von Bef6rderungskosten im ÖPNV). Neben solchen, eher selten zu findenden Beispielen des Einflusses der Rechtstatsachen auf die Gesetzgebung, sind Rechtstatsachen bei der Gesetzesanwendung von erheblicher Bedeutung. Einsatzpunkte rur die EinbezieLambsdorfl, Rn. 1 f. FederhojJ-Rink, S.75 ff. 3 Cordes, S.16-21. 4 Lappe, S.l77 ff. S Zu Recht die Kritik Keßlers an der Dissertation von Cordes, VuR 1995, S.228 f. 1

2

2 Ewert

B. Rechtstatsachen und Realprobleme

18

hung von Rechtstatsachen in eine rechtliche Wertung können insb. unbestimmte Rechtsbegriffe sein6 . Gerade im Bereich des UWG bieten sich im Hinblick auf die Generalklauseln der §§ 1 und 3 Möglichkeiten, rechtliche Wertungen und Interessenabwägungen an Rechtstatsachen zu orientieren. Da die Wertungen der Interessen nicht besser ausfallen können, als es die Kenntnis der bewerteten Verhältnisse gestattee , muß zunächst die Interessenlage selbst ermittelt werden, wozu die Ermittlung von Rechtstatsachen beitragen kann. Daß die Rechtsprechung, z.T. mit Zustimmung der Literatur, auf die Einbeziehung von rechtstatsächlichen Fakten allzu oft verzichtet und deshalb dann auch zu nicht interessengerechten Urteilen kommt, zeigt das Beispiel der Ermittlung der Irreführung einer Werbeaussage LS.d. § 3 UWG in Fällen der Umweltwerbung: Lediglich ein (wenn auch steigender) Teil der Umworbenen, 1993 ca. 60.70%8, wird überhaupt ein Umweltargument in der Werbung beachten. Dies müßte eigentlich eine Verringerung der Irreführungsgefahr zur Folge haben, da sich dadurch entweder die Quote der Getäuschten oder aber die tatsächliche Relevanz der Fehlvorstellung fiir die Bezugsentscheidung reduziert. Denn die 30 % nicht an ökologischen Belangen Interessierten werden entweder keine (falsche) Vorstellung zu den umweltbezogenen Angaben entwickeln oder zumindest ihre Kaufentscheidung nicht an der möglicherweise irregeleiteten Vorstellung orientieren. Diese Überlegungen zur Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen einer Entscheidung unternimmt die Rechtsprechung im Bereich der Umweltwerbung aber nicht, und in der Literatur findet dies sogar noch Unterstützung. Füge~ meint, dies sei aus Praktikabilitätsgründen nicht durchführbar. Noch weniger nachvollziehbar wird die Argumentation durch die Überlegung, daß unter den ca. 70% umweltorientierten Kunden auch ein höherer Informationsund Bildungsgrad bestehtlO , und also die Zahl der möglicherweise irregeleiteten Kunden dieses Kreises wohl noch kleiner sein dürfte. Die von der Rechtsprechung hoch angesetzten Anforderungen an die werbliche Angaben haben natürlich auch Konsequenzen fiir das Erscheinungsbild der Werbung. Eine Einbeziehung von Rechtstatsachen in den Entscheidungsprozeß erscheint vor diesem Hintergrund als dringend geboten. Aber auch an anderer Stelle können die Rechtstatsachen zu sinnvollen Ergebnissen fUhren.

Röhl, S.269 ff. Röhl, S.16. 8 Rosenberger in: Umweltbezogene Werbung, Stiftung Verbraucherinstitut (Hrsg.), S.24. 9 Filger, S.270. 10 AdeltlJvfil/Ier/Zimmennann, S.158 m. w.N. 6

7

I. Realprobleme der UmweltwerbWlg

19

Wie schon Nußbaum ll erkannte, kann die Ermittlung von Rechtstatsachen zu fruchtbaren Problemen leiten und die Möglichkeit bieten, gegenstandslose Probleme als solche zu erkennen. So kann man etwa im Bereich der Umweltwerbung auf Grund bestimmter Rechtstatsachen erkennen, daß einige Werbeformen nicht in Erscheinung treten und daher keiner genaueren Untersuchung bedürfen, wie etwa die Werbung mit dem Preis. Andererseits ergeben diese Überlegungen, daß im Bereich der Umweltwerbung andere Werbeformen, etwa diejenigen ohne Produktqualitätsbezug, von großer Bedeutung sind. Eine Konzentration auf die wesentlichen Gesichtspunkte ergibt sich aber auch fiir die juristische Beurteilung der Umweltwerbung. So zeigt sich beispielsweise, daß bezüglich des Umweltsponsoring die bisherige Einteilung in Sendungsund Ereignissponsoring nicht weiterfUhrt. Da sich die Einbeziehung von Rechtstatsachen und die damit verbundenen Realprobleme im Bereich der Umweltwerbung aus vielen Gründen als nützlich erweist, sollen diese vor einer juristischen Beurteilung zunächst bezüglich der Umweltwerbung allgemein und dann bezüglich der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug erörtert werden. Dabei sollen keine neuen Erkenntnisse in anderen Wissenschaftsgebieten gewonnen, sondern bereits vorhandene in die juristische Beurteilung einbezogen werden. Bei allen Schwierigkeiten, die sich aus der Ermittlung und Darstellung von Rechtstatsachen ergeben (z.B. unterschiedliche Fachterminologie, verschiedene methodische Ansätze in anderen Wissenschaftsgebieten etc.), ist es doch möglich, die Tatsachengrundlage fiir juristische Entscheidungen bezüglich der Umweltwerbung auf diese Weise zu erweitern.

I. Rechtstatsachen und Realprobleme der Umweltwerbung Das zunehmendes Umweltbewußtsein schlägt sich einerseits in den Konsumgewohnheiten der Verbraucher nieder, andererseits auch in einer Veränderung der angebotenen Waren und Dienstleistungen. Der "Bezug zur Umwelt" ist damit ein Faktor geworden, den die Marktteilnehmer bei ihrem Angebotsund Nachfrageverhalten berücksichtigen. Die Wirtschaft hat diese Tatsache erkannt und folgerichtig ihre Marketingstrategien und insbesondere ihr Werbeverhalten auch an diesem Gesichtspunkt orientiert. Ein Resultat dieser Entwicklung ist das Entstehen der "Umweltwerbung", das allerdings regelmäßig in ein umfassenderes Marketingkonzept oder "Marketing-Mix" eingebunden ise 2 . Die folgenden Ausfiihrungen beschäftigen sich mit dem Phänomen der Umweltwerbung. 11 12

2'

Nußbaum. 8.12.

Tiebler, in: 8teger, Handbuch, 8.183 ff.

B. Rechtstatsachen Wld Rea!probleme

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Welche tatsächlichen Schwierigkeiten sich dabei fiir die Werbetreibenden, aber auch fiir die Umworbenen ergeben, soll nach einer Bestimmung von Begriff und Interessenlage sowie einer Darstellung der Erscheinungsformen der Umweltwerbung dargestellt werden. Schließlich ist noch auf die Bedeutung der Umweltwerbung im europäischen Binnenmarkt einzugehen. 1. Der Begriff der Umweltwerbung Der Gesetzgeber hat bisher weder den Begriff der Umweltwerbung noch den der umweltbezogenen Werbung definiert. Lediglich in Teilbereichen des kodifizierten Wettbewerbsrechts finden sich Normen, die Randbereiche der Umweltwerbung regeln. Dies sind z.B. § 17 I Nr.4 LMBG fiir die "Naturreinwerbung" bei Lebensmitteln oder § 6 I Rundfunkstaatsvertrag fiir das Verbot der Förderung umweltschädlichen Verhaltens durch die Werbung. Aber auch aus diesen Spezialregeln läßt sich keine allgemeine Definition der Begriffe Umweltwerbung und umweltbezogene Werbung ableiten. In Rechtsprechung und Literatur werden die Begriffe bedeutungsgleich gebraucht, ohne daß bisher ein Versuch unternommen worden wäre, den Bedeutungsgehalt des einen oder anderen Begriffs zu erläutern oder gar zu definieren. So hat z.B. das OLG Hamburg in einem Fall eine Berufung "hinsichtlich der Umweltwerbung abgewiesen"13. In einem anderen Fall prüfte und bejahte das OLG Saarbrücken die Frage des Vorliegens einer Angstwerbung, "weil bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung umweltbezogener Werbung nicht selten auf die speziell :für Gesundheitswerbung geltenden Grundsätze abgestellt wird,,14. Dabei wird in beiden Entscheidungen nach Prüfung der Einzelfallumstände unter die Begriffe Umweltwerbung bzw. umweltbezogene Werbung "subsumiert", ohne daß zuvor die Begriffe selbst erläutert worden wären. Auch in der inzwischen umfanglichen Literatur zum Thema Umweltwerbung finden sich kaum Versuche einer abstrakten Begriffsbestimmung. Z.T wird die Umweltwerbung als spezielle Ausprägung beziehungsweise als Parallelfall der Gesundheitswerbung15 oder der gefühlsbetonten Werbung dargestelltl6 . Andere Autoren versuchen demgegenüber gerade durch Abgrenzung von den "etablierten" Fallgruppen dem Begriff der Umweltwerbung Konturen OLG Hamburg, GRUR 1989, S.614. OLG Saarbrucken, WRP 1992, S.510 (512). 15 Rohnke, GRUR 1988, S.667 fT. 16 Nordemann. Rn.206; BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.179 ff; KöhlerlPiper, § 1 Rn.7! ff. 13

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I. Realprobleme der Umweltwerbung

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zu verleihen l7 . Dabei wird insbesondere auf eine Abgrenzung zu den Fallgruppen der Gesundheitswerbung l8 und der Naturreinwerbung l9 abgestellt. Einen anderen Weg geht Federhoff-Rink. Sie sieht die Umweltwerbung als einen Teil der "umweltbezogenen Unternehmenskommunikation,,2o. Unter Umweltwerbung versteht sie die "klassische Produktwerbung mit Umweltargumenten". Dazu gehören demnach nicht die Kommunikationsformen der lmage- und Sponsoringwerbung. Diese Betrachtungsweise öffnet zwar den Blick auf neue Gesichtspunkte, vermag diese aber nicht in das bestehende System des Wettbewerbsrechts zu integrieren, was wiederum Schwierigkeiten bei der Einordnung und rechtlichen Beurteilung verschiedener Werbeformen, beispielsweise der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen, zur Folge hat. Cordes21 definiert die umweltbezogene Werbung ohne weitere Erläuterungen als "jegliche Art von werblichen Maßnahmen mit dem Aussagegehalt, daß für den Erwerb der beworbenen Ware oder Leistung Gründe des Umweltschutzes sprechen". Diese Definition erscheint plausibel, jedoch ist fraglich, was sich hinter dem Begriff "Aussagegehalt" verbirgt, und ob das Merkmal "für den Erwerb der beworbenen Ware oder Leistung sprechen" nicht zu eng ist. Um sich dem Begriff der Umweltwerbung bzw. der umweltbezogenen Werbung systematisch zu nähern, ist es sinnvoll zunächst auf die beiden Wortbestandteile Umwelt und Werbung und sodann auf die Beziehung zwischen dieses Begriffen einzugehen. Der Begriff der Umwelt hat erst gegen Ende der sechziger Jahre, etwa mit der Gründung der damit befaßten Abteilung im Bundesministerium des Inneren, Eingang in die Rechtssprache gefunden22 . Eine allgemein anerkannte Definition des Begriffs "Umwelt" hat sich bislang nicht herausgebildet. Dies mag daran liegen, daß der Begriff je nach Anwendungsbereich und -zweck unterschiedlich aufgefaßt und ausgelegt werden muß, um Probleme adäquat darstellen oder lösen zu können23 . Diese definitorischen Schwierigkeiten haben wohl auch dazu geführt, daß der Begriff der Umwelt sowohl in den Landesverfassungen, soweit sie ein solches Staatsziel festschreiben, als auch in Art. 20a des Grundgesetzes nicht verwendet wird24 . Statt dessen wird von der 17 18 19

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So insb. Lambsdoiff, Rn.l f. Besonders ausfUhrlich: Fuger. S.176 ff. FUger. S.205 ff. FederhojJ-Rink. S.86. Cordes, S.9. von Lersner in: Handwörterbuch des Umweltrechts, Spalte 550. Kloepfer, Umwe1trecht, S.ll. von Lersner in: Handwörterbuch des Umweltrechts, Spalte 553.

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B. Rechtstatsachen \U1d Realprobleme

Erhaltung der "natürlichen Lebensgrundlagen" gesprochen, wodurch eine soziale und technische Komponente ausgeklammert wird. Ein Vorschlag zu einer allgemeinen Definition des Begriffs Umwelt findet sich im Entwurf eines Umweltgesetzbuches25 in § Abs.l Ziffer 1 des Allgemeinen Teils. Danach ist unter Umwelt "der Naturhaushalt, das Klima, die Landschaft und die schutzwürdigen Sachgüter" zu verstehen. Der Naturhaushalt beinhaltet dabei gern Ziffer 2 "Boden, Wasser, Luft, lebende Organismen sowie das Wirlrungsgefiige zwischen ihnen". Verkürzt wird auch von der Biosphäre als Gesamtsystem der Ökosysteme gesprochen26 . Ausgehend von diesen Definitionsansätzen fragt sich, in welcher Weise eine Konkretisierung des Begriffs der Umwelt fiir die hier zu unternehmende Untersuchung der Umweltwerbung sinnvoll ist. Insbesondere fragt sich, ob der Mensch selbst Teil der Umwelt ist. Dieses Problem spielt bei der Abgrenzung zur Gesundheitswerbung eine entscheidende Rolle. Ist nämlich der Mensch Teil der Umwelt und nimmt die Werbung Bezug auf die Gesundheit des Menschen, so ist diese Werbung auch immer umweltbezogen. Das Problem wird allerdings dadurch entschärft, daß bei der wettbewerbsrechtlichen Zuordnung zu einer dieser Fallgruppen die gleichzeitige Anwendung der anderen Fallgruppen nicht ausgeschlossen ist. Eine zulässige Gesundheitswerbung kann durchaus als Umweltwerbung unzulässig sein und umgekehrt. Sieht man den Menschen als Teil der Umwelt, müßte jedoch jede Gesundheitswerbung auch unter den Aspekten der Umweltwerbung geprüft werden. Rein begrifilich ergäbe sich dabei aber der Widerspruch, daß dann kein Subjekt vorhanden wäre, das von der Umwelt umgeben sein könnte. Deshalb ist es naheliegend, sich auf den Standpunkt zu stellen, das Subjekt gehört nicht zur Umwelt, sondern es ist eine Grenze der Umwelt. Demnach ist es sinnvoll, bei der Werbung danach zu differenzieren, ob sie sich auf den Menschen oder die "nicht menschliche Umwelt,,27 oder, anders formuliert, auf die außerhalb des Menschen liegende Umwelt bezieht. Eine solche Differenzierung hat beispielsweise das OLG München in der Entscheidung "Öko-Pilsner" vorgenommen. Der Namenszusatz "Öko" und die Angabe "aus ökologischem Anbau" wurden als (zulässige) Umweltwerbung erkannt, da sie auf die Verwendung von auf bestimmter Weise gewonnenen Rohstoffen abzielen. Eine Gesundheitswerbung wurde nicht angenommen, da der Antragsgegner nicht glaubhaft machen konnte, daß die angesprochenen Verkehrskreise bei dem beworbenen Produkt wegen der Bezeichnung "Öko" von einem uneingeschränkt gesunden

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KloepferlRehbinderlSchmidt-AßmanniKunig, S.37. BenderlSparwasserlEngel, Kap.! Rn.5. Füger, S.179.

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Erzeugnis ausgegangen seien28 . Das Gericht hat also zwischen Einwirkungen des Produkts auf die menschliche Gesundheit einerseits und der Beeinflussung der natürlichen Lebensgrundlagen andererseits unterschieden. Bei dieser Entscheidung klingt außer der begrifilichen Differenzierung ein weiteres Argument für die Abgrenzung von Gesundheits- und Umweltwerbung an, dem jedoch seitens des Gerichts nicht weiter nachgegangen wurde. Bei der Gesundheitswerbung spielen für den Umworbenen Ld.R. "egoistische" Motive eine Rolle, während bei der Umweltwerbung an eine altruistische Einstellung appelliert wird29 . Auch aus diesem Grund ist eine Beschränkung des Begriffs der Umweltwerbung auf Werbemaßnahmen sinnvoll, die sich auf die außerhalb des Menschen liegende Umwelt beziehen. Auch der Begriff der Werbung bedarf einer Konkretisierung. Umweltwerbung und umweltbezogene Werbung lassen sich sowohl als Werbung für als auch als Werbung mit Umweltschutz verstehen30 . Unter Werbung im wettbewerbsrechtlichen Sinne versteht man allerdings nur sog. Wirtschaftswerbung, also Werbung für geschäftliche Zwecke3! . Ziel dieser Werbung sind Absatzleistungen und Beschaffungserfolge32 . Die Umwelt selbst ist zwar nutzbar und zerstörbar, sie ist aber nicht absatz- oder beschaffungsfähig; sie ist kein kommerzialisierbares Wirtschaftsgut, mit dem Handel getrieben werden könnte. Deshalb ist "Werbung für die Umwelt" keine wettbewerbsrechtlich relevante Wirtschaftswerbung. Dies gilt z.B. für Informationen oder "Öko-Tips" des Umweltbundesamts aber auch für Plakataktionen wie "Alle reden vom Klima wir ruinieren es,,33 . Bei dieser Aktion hatte Greenpeace die Vorstandsvorsitzenden der beiden größten deutschen FCKW-Hersteller angeprangert. Nach dem Klägervortrag ging es Greenpeace dabei um die Information der Öffentlichkeit und nicht um wirtschaftliche Vorteile, wie etwa den Absatz eigener Produkte oder Förderung der Konkurrenten der FCKW-Hersteller. Zu Recht wurde in diesem Verfahren nur auf Fragen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und nicht auf Fragen des Wettbewerbsrechts abgestellt. Entsprechend der ThemensteIlung der Arbeit soll hier auch nur auf die lauterkeitsrechtlich relevante Wirtschaftswerbung eingegangen werden. Diese Einschränkung ergibt sich allerdings nicht zwingend aus dem Begriff der Umweltwerbung selbst, sondern aus der Beschränkung des Untersuchungsgegenstandes auf die wettbewerbsrechtlichen Aspekte.

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OLG München, WRP 1990, S.194 (195f). Siehe dazu unten B.I.5.a). Lambsdorff, Rn.2. BaumbacMlefermehl, vor §§ 3-8 Rn. I. Kreft in Gloy, § 14 Rn. I. BGH, GRUR 1994, S.391 t1

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B. Rechtstatsachen Wld Realprobleme

Unter Umweltwerbung und umweltbezogener Werbung soll demnach hier nur Wirtschaftswerbung mit der Umwelt verstanden werden. Die Begriffe Umweltwerbung und umweltbezogener Werbung lassen sich dabei synonym gebrauchen. Schließlich ist noch auf den Bezug von Werbung und Umwelt einzugehen. Dazu muß geklärt werden, was unter Werbung mit der Umwelt zu verstehen ist. Das Typische dabei ist, daß die Werbung eine Beziehung zur Umwelt im oben definierten Sinne herstellt. Werbung, die sich nicht zumindest teilweise auf die natürlichen, außerhalb des Menschen liegenden Lebensbedingungen bezieht (beispielsweise Werbung nur mit technischen Angaben etc.), ist demnach keine Umweltwerbung. Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang die Einordnung der Werbung, die auf den ersten Blick keinen erkennbaren inhaltlichen Aussagegehalt hat, wie etwa die Erinnerungswerbung, bei der lediglich ein Produktoder Firmenname genannt wird. Die Werbung beschränkt sich dabei auf die bloße Nennung eines Subjekts, ohne daß dieses in Bezug zu irgend etwas gesetzt wird. Eine Definition des Begriffs Erinnerungswerbung enthält das Heilmittelwerbegesetz (HWG) in § 4 V S.2. Danach liegt eine Erinnerungswerbung vor, wenn ausschließlich mit dem Produktnamen, der Firma oder dem Warenzeichen geworben wird. Eine Werbung solcher Art enthält zunächst auch keinen Umweltbezug und ist demnach grundsätzlich keine Umweltwerbung. Anders liegt der Fall aber, wenn sich schon aus dem Namen des Produkts oder aus der Firma ein Umweltbezug ergibt. Dies können z.B. Namen wie "bio-FIX,,34 fiir WC Reiniger, "Ökotau,,35 fiir Streusalz, "Naturkind,, 36 fiir Tee sein. In diesen und zahlreichen ähnlichen Fällen wurde angenommen, daß der Umworbene eine Beziehung zwischen dem beworbenen Produkt und der Umwelt annehme, die sich implizit aus der Bezeichnung ergebe. Auch in diesen Fällen der sog. "semantischen Aufwertung" durch die Verbindung der Produktbezeichnung mit wertenden und afIektbesetzten Sprachelementen37 kann Umweltwerbung vorliegen. Als schwierig erweist sich auch die Einordnung der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen. Dabei steht die Gewährung eines besonderen Vorteils fiir den Kunden im Mittelpunkt38 . Hier fehlt es gerade an einem Aussageinhalt. Das Gewähren einer Zugabe kann also nicht alleine schon eine

OLG Düsseldorf, GRUR 1988, S.55. LG Frankfurt M., WRP 1985, S.245. 36 KG, WRP 1994, S.826; OLG Hamburg, WRP 1994, S.885, diese EntscheidWlg aufhebend: BGH, WRP 1997, S.302 ff. 37 Loewenheim, GRUR 1975, S.99 (100). 38 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.85. 34 35

I. Realprobleme der Umweltwerbung

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Form der Umweltwerbung sein. Einen Bezugspunkt erhält eine solche Werbung erst dann, wenn sie beim Gewähren oder Versprechen den Vorteil näher erläutert. Dies ist etwa der Fall, wenn der Werbende erklärt, daß er dem Kunden den Vorteil aus Gründen des Umweltschutzes verspricht (z.B. bei der Fahrtkostenerstattung) oder anderweitig auf die Umweltfreundlichkeit der Nebenleistung hinweist (z.B. auf die Umweltfreundlichkeit einer als Zugabe gewährten Tragetasche). Nur in solchen Fällen kann Umweltwerbung vorliegen. Cordes39 ist also insoweit zuzustimmen, als Umweltwerbung einen "Aussagegehalt" haben muß. Dabei muß es sich aber weder um einen vollständigen Satz noch um eine "Werbebotschaft" in dem Sinne handeln, daß ihr Inhalt einer sachlichen Nachprüfung zugänglich ist. Vielmehr muß lediglich ein Bezug zur Umwelt geschaffen werden. Der Bezugspunkt muß daftir wiederum nicht unbedingt das beworbene Produkt sein. Ein Bezug zur Umwelt kann auch hinsichtlich einer Nebenleistung, hinsichtlich des Unternehmens oder anderer Umstände hergestellt werden. Die Besonderheit der Umweltwerbung liegt nun gerade darin, daß dieser Umweltbezug als "Werbeargument" eingesetzt wird. Der Werbende versucht zu seinen Gunsten die Kauf- oder Bezugsentscheidung des Umworbenen zu beeinflussen. Dieser Beeinflussung soll der Umweltbezug dienen. Eine positive Beeinflussung der Bezugsentscheidung setzt aber voraus, daß die Werbung einen Bezug zur Umwelt darstellt, der für den Umworbenen einen Kaufanreiz bildet. Ein solcher Anreiz wird dadurch geschaffen, daß die Werbung einen Umweltvorteil in Aussicht stellt oder anpreist. Demnach ist Werbung für umweltfreundliche Produkte nicht schlechthin schon Umweltwerbung in dem hier verstandenen Sinne, sondern erst, wenn durch die Werbung ein Bezug zur Umwelt hergestellt wird. So ist beispielsweise nicht jede Werbung für eine FCKW-freie Spraydose eine Umweltwerbung; sie wird es aber dann, wenn in der Werbung auf diesen Umweltvorteil hingewiesen wird. Genauso verhält es sich auch bei der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen. So ist die Abgabe einer umweltfreundlichen Stofftragetasche nicht unter dem Gesichtspunkt des Umweltbezuges zu beurteilen, wenn der Werbende auf die Umweltfreundlichkeit nicht hinweist40 . Der Begriff des Umweltvorteils ist dabei weit zu verstehen. Darunter kann auch fallen, daß der Umworbene erfährt, daß ein Produkt weniger umweltschädlich ist, als er erwartet hat. Deshalb reicht es aus, daß eine Werbeaussage lediglich Gegenargumente gegen den Erwerb entkräftet. Auch muß der Umweltvorteil nicht gerade für den Erwerb einer bestimmten Ware oder Leistung

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Cordes, 8.9. Zutreffend BGH, GRUR 1994, 8.656 (657).

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sprechen, wie Cordes 41 es fordert. vielmehr kann sich der Vorteil auch auf Finnen oder Branchen beziehen, wie etwa die Anzeigenkampagnen des Verbandes der Chemischen Industrie. Schließlich ist der Umweltvorteil nicht unbedingt unmittelbar an den Erwerb der beworbenen Ware oder den Bezug der beworbenen Leistung geknüpft. Dies triftl z.B. auf einige Fonnen der Werbung mit Sponsoringhinweisen zu. Ein in der Vergangenheit bereits geleisteter Beitrag für ein Umweltschutzprograrnm ist zwar ein Umweltvorteil. Dieser spricht aber nicht selbst für den Erwerb der Produkte des fordernden Unternehmens, da das Unternehmen ja bereits seinen Beitrag geleistet hat. Hier liegt ein in Aussicht gestellter "Umweltvorteil" allenfalls in den für die Zukunft erwarteten weiteren Unterstützungsmaßnahmen des Verkäufers42 • Noch deutlicher wird dies bei Werbefonnen, bei denen nicht für ein konkretes Produkt geworben wird, so daß in diesen Fällen auch der in Aussicht gestellte oder angepriesene Umeltvorteil sich nicht auf das Produkt bezieht und mit dessen Erwerb nicht verknüpft ist. Dies ist insbesondere bei der unternehmensbezogenen Umweltimagewerbung der Fall. Insoweit ist die Definition von Cordes43 zu eng bzw. mißverständlich. Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß Umweltwerbung eine Art der Wirtschaftswerbung ist, die einen Bezug zwischen dem beworbenem Gegenstand und der (außerhalb des Menschen liegenden) Umwelt darstellt, welcher dem Umworbenen gegenüber als Umweltvorteil angepriesen oder in Aussicht gestellt wird. 2. Das Interesse von Anbietern und Nachfragern an Umweltwerbung Die tatsächliche Funktion und die theoretischen Grundlagen des Wettbewerbs sind seit langem Gegenstand einer kontroversen Diskussion44 • Für die folgenden Überlegungen ist es aber ausreichend, auf weitgehend unstreitige Grunderkenntnisse zurückzugreifen. Danach basiert das System der (sozialen) Marktwirtschaft auf den freien Dispositionen der Marktteilnehmer, die durch den Prozeß des Wettbewerbs Angebot und Nachfrage zum Ausgleich zu bringen versuchen45 . Die Hand-

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4S

Cordes, S.9. OLG Köln, WRP 1993, S.346 (347). Cordes, S.9. Emmerich, Kartellrecht, S.2 fTund S.6 fT. BaumbachIHefermehl, Allg. Rn.70.

I. Realprobleme der UrnweltwerbWlg

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lungsfreiheit der Akteure ist dabei grundrechtlich abgesichert, wenn auch durch die Grundrechtsschranken, wie etwa durch das UWG, begrenzt. Die Anbieter können sich bei der Teilnahme am Wettbewerb auf die Grundrechte der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 I GG), der freien Meinungsäußerung (Art. 5 I GG), der Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit (Art. 9 GG), der Berufswahl und -ausübungsfreiheit (Art. 12 GG), der Freizügigkeit (Art. 11 GG) und auf die Garantie des Eigentums (Art. 14 GG) sowie auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 I GG) berufen46 • Gegebenenfalls stehen den Marktteilnehmern auch die Grundfreiheiten des EG-Vertrages zu Gebote. Im einzelnen sind hier noch viele Fragen offen, so z.B., ob Wirtschaftswerbung generell unter den Schutz der Meinungsfreiheit fällt47 , ob man einen solchen Schutz nur einer meinungsbildenden Form der Werbung zukommen läßt48 , oder ob man jeder Form der Werbung einen solchen Charakter zuspricht und damit die Schutzfunktion der Meinungsfreiheit generell für Wirtschaftswerbung wirken läßt49 . Aber auch den Nachfragern stehen Grundrechte zu. Dies zeigt sich beispielsweise für den Schutz der Privatsphäre des Einzelnen (Art. 2 I GG) in der restriktiven Rechtsprechung zur belästigenden Werbung, insb. zu Formen der Direktwerbung (Telefon- Telefax- Btx-Werbung etc) oder der schockierenden Werbung. Aber auch als komplementäres Gegenstück zur Freiheit der Informationsverbreitung der Anbieter muß den Nachfragern das Recht zustehen, sich aus solchen Informationsquellen, also auch aus (zumindest informativer) Werbung zu informieren. Schon aus diesem kurzen Überblick ergibt sich, daß die die Zulässigkeit von Werbung regelnden Normen des UWG einen grundrechtsrelevanten Bereich betreffen. Das Wettbewerbsrecht muß sich deshalb auch an den Grundrechten messen lassen, welche die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des einzelnen gewährleisten50 . Im Rahmen der auch grundrechtlich gesicherten wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit können die Marktteilnehmer ihre Aktionsparameter selbst bestimmen51 • So können sie auch den Aspekt des Umweltschutzes in ihre Verhaltensstrategien einbeziehen, wenn sie dies wollen. Daß eine solche Einbeziehung von Umweltaspekten mit der Verfassung nicht nur in Einklang steht, sondern sogar erwünscht ist, dürfte nicht erst seit der Einfiihrung der Staats46 47 48 49 50

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Statt aller: BaumbachIHefermehl, Alig. Rn.44. So EGMR, GRUR fut. 1984, S.631 ffzuArt. 10 EMRK. Offengelassen in BVerfG, NJW 1994, 3342 f. So etwa KtJhlerlPiper, Einf. Rn.21 rn.w.N. KtJhlerlPiper, Einf. Rn.16. Emmerich, Karte1lrecht, S.5 f.

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B. Rechtstatsachen und Realprobleme

zielbestimmung des Umweltschutzes in Art. 20a GG allgemein anerkannt sein. Die Integration des Umweltschutzes in den Wettbewerb hängt allerdings in erster Linie von den Interessen der Marktteilnehmer selbst ab. Verfolgen Marktteilnehmer jedoch solche Interessen, so ist die Zulässigkeit ihres Verhaltens auch unter dem Gesichtspunkt der Grundrechtsausübung zu sehen. Auf seiten der Nachfrager ist ein solches Interesse an der Einbeziehung von Umweltaspekten bei Bezugsentscheidungen etwa bei 70 % der Beteiligten vorhanden52 . Die Intensität dieses Interesses ist aber durchaus unterschiedlich. So sind etwa nur 30 % dazu bereit, für umweltfreundliche Produkte auch höhere Preise zu zahlen. Das Interesse der Nachfrager kann sich dabei auf verschiedene Aspekte, wie z.B. Produktbeschaffenheit, Herstellung, Entsorgung oder aber ganz allgemein auf das umweltbezogene Engagement des Anbieters beziehen. Damit nun die Beschaffimgsentscheidung an Hand dieser Kriterien erfolgen kann, müssen die Nachfrager eine Informationsmöglichkeit haben. Eine solche Übermittlung von für die Nachfrager relevanten Informationen kann unter anderem durch die Werbung geschehen53 . Es besteht also durchaus ein Interesse der Nachfrager an Umweltwerbung. Andererseits besteht, von Ausnahmen, wie etwa den Pflichtinformationen bei der Arzneimittelwerbung abgesehen, keine Verpflichtung der Anbieter zu informieren oder zu werben. Allerdings liegt dies im eigenen Interesse der Anbieter. Zum einen hat sich auch unter diesen ein Wertewandel vollzogen. Umweltschutz ist inzwischen in vielen Betrieben zu einem "Unternehmensziel" geworden, daß aus einem Gefiihl der sozialen Verantwortung heraus gefordert werden soll54. Zum anderen hat der Wertewandel auf der Nachfrageseite, nämlich die verstärkte Berücksichtigung von Umweltaspekten, zu einem Anpassungsdruck auf der Angebotsseite geführt55 . Um dieser veränderten Nachfrage zu begegnen und den sog. "Grünen Profit" zu erlangen, müssen die Anbieter bei ihren Leistungen vermehrt Umweltaspekte berücksichtigen. Diese Anstrengungen bei der Veränderung des Angebots haben aber nur dann Erfolg, wenn sie für die Nachfrager sichtbar gemacht werden. Dazu dient den Anbietem die Umweltwerbung. Zudem eröffnet sie für die Anbieter die Möglichkeit, neue Marktsegmente zu erschliessen, indem noch mehr Verbraucher für das Thema Umwelt sensibilisiert werden. 52 Diese und die folgenden statistischen Angaben stammen aus: Umweltbezogene Werbung, Stiftung Verbraucherinstitut (Hrsg.), S.13 bis 40. 53 Nelson, The Journal ofPolitical Economy 1974, S.729 ff. 54 Steger, MA 1994, S.216 (221). 55 LambsdoifJ/Jäger, BB 1992, S.2297 tT.

I. Realprobleme der Umweltwerbung

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Die folgenden Erörterungen sollen zeigen, ob die Werbung, und insbesondere die Umweltwerbung ein geeignetes Mittel ist, die Interessen an der Einbeziehung von Umweltaspekten sowohl der Anbieter als auch der Nachfrager zu fördern. 3. Der Bezugspunkt des Umweltvorteils als Anknüpfungspunkt zur Einteilung der Umweltwerbung in produktqualitätsbezogene und nicht produktqualitätsbezogene Erscheinungsformen Bevor einzelne rechtstatsächliche Probleme der Umweltwerbung herausgearbeitet werden können, ist es sinnvoll einen Blick auf die in der "Werbewirklichkeit" vorkommenden Erscheinungsformen zu werfen. Als Ausgangspunkt für die rechtstatsächlichen Überlegungen soll zunächst nur die äussere Erscheinung der Werbemaßnahmen dienen, ohne daß auf juristische Beurteilungskriterien zurück- bzw. vorgegriffen wird. Auf Grund der Vielzahl und Vielgestaltigkeit der Umweltwerbemaßnahmen muß die Darstellung allerdings auf Beispiele bzw. typische Erscheinungsformen beschränkt bleiben, damit ein Überblick möglich wird. Um jedoch auf diese Weise einen umfassenden Überblick über das gesamte Gebiet der Umweltwerbung zu erhalten, müssen deren Erscheinungsformen zuvor systematisch in Kategorien eingeordnet werden. Von der Literatur sind bisher einige Versuche unternommen worden, Umweltwerbung in verschiedene Fallgruppen einzuteilen. Einige dieser Ansätze sind darauf beschränkt, die Umweltwerbung unter die gängigen Fallgruppen des Lauterkeitsrechts einzuordnen. Dabei erfolgt die Einteilung entsprechend der Tatbestände der §§ 1 und 3 UWG56 oder an Hand der von der Rechtsprechung gebildeten Fallgruppen des § 1 UWG, etwa als Gefühls- und Vertrauensausnutzung57 • Auf die unterschiedlichen äußeren Erscheinungsformen wird dabei nicht eingegangen. Eine solche Einteilung, die eine rechtliche Wertung schon vorwegnimmt, ist allerdings für die Erschließung der rechtstatsächlichen Probleme nicht dienlich. Andere Ansätze gehen von einer Einteilung in pauschale Hinweise, Vorsilben, Umweltschutzbegriffe, Zeichen und generelle Umweltförderung58 oder etwa in Werbung mit Umweltargumenten und Umweltaktionen59 , in Werbung mit Umweltbegriffen, -zeichen, und sonstigen umweltbezogenen WerbemaßCordes, S.41 undS.80;Füger, S.111 undS.284. KöhlerlPiper, § 1 Rn.71 ff; BaumbachIHefermehl, bis zur 17. Aufl. § 1 Rn.179 ff; Nordemann, Rn.206. 58 BaumbachIHefermehl, ab 18. Aufl. § 1 Rn. 180 ff. 59 Beckmann, S.20 und S.92. 56

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nahrnen60 bzw. in produkt- und unternehmensbezogene Werbung61 aus, wobei dann z. T. noch zwischen verschiedenen Branchen oder den Abschnitten des Produktlebenszyklusses differenziert wird62 . Für die Unterscheidung von Produkt- und Unternehmenswerbung zieht Lambsdorff3 eine Parallele zur Rechtsprechung fiir Arzneimittel. Die dem HWG unterfallende Werbung muß die gern. dessen § 4 vorgeschriebenen Pflichtangaben enthalten. Dem HWG unterfällt aber nicht die "allgemeine Unternehmenswerbung,,64 bzw. die "unternehmensbezogene Imagewerbung"65. Demzufolge muß fiir die Frage, ob die Pflichtangaben notwendig sind, geklärt werden, ob eine Produktwerbung oder eine allgemeine Unternehmens- bzw. Imagewerbung vorliegt66. Entscheidend fiir diese Einteilung soll sein, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens im Vordergrund steht67 . Eine entsprechende Einteilung der Umweltwerbung in produktbezogene und unternehmensbezogene ist, wie Lambsdorff8 richtig erkennt, nicht zwingend notwendig, denn im Bereich der Umweltwerbung gibt es keine dem § 4 HWG entsprechende Norm. Dennoch kann eine derartige Einteilung die Erschließung der rechtstatsächlichen Probleme und, wie sich noch zeigen wird, auch die rechtliche Beurteilung erleichtern. Allerdings hat die vorgeschlagene Einteilung in Produkt- und Unternehmenswerbung einige Nachteile. So hat der BGH in der Entscheidung "Pharma-Werbespot" bereits festgestellt, daß auch Unternehmenswerbung mittelbar den Absatz der Produkte fördern kann und soll und daß Produktwerbung immer auch Firmenwerbung ist69 . In der Tat ist eine solche Abgrenzung schwierig, wie sich z.B. an den unterschiedlichen Beurteilungen einer Sponsoringwerbung zeigt: Das Bild einer Naturlandschaft, auf dem kein Produkt zu sehen war, war mit dem Hinweis versehen "Holsten fOrdert das WWF-Projekt, Naturschutzgebiet Salemer Moor". Federhoff-Rink geht davon aus, daß hier kein Produktbezug vorliegt70. Lambsdorff meint dagegen, daß ein Produktbe-

Wiebe, WRP 1993, S.798 ff. FederhojJ-Rink, S.90 tT; Lappe, S.7. 62 Lambsdor:fJ ,Rn. 76 ff. 63 Lambsdorff, Rn.32 dort in Fußnote 85. 64 BGH, NJW 1992, S.2964 f. 65 BGH, WRP 1995, S.31O tT. 66 Weihe-Gröning, WRP 1997, S.409 (414). 67 BGH, a.a.O. S.311; BGH NJW 1992, S. 2964 f. 68 Lambsdorff, a.a.O. Rn.32. 69 BGH, NJW 1992, S.2964 f. 70 FederhojJ-Rink, GRUR 1992, S.643 (652). 60

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zug vorliege, da die Holsten Brauerei bekanntermaßen Bier herstelle71 , trotzdem ordnet er die Werbung noch der Kategorie der Unternehmenswerbung zu. Neben diesen Abgrenzungsschwierigkeiten ergibt sich noch das Problem, daß die Begriffe Unternehmens- und Produktwerbung nicht wirklich komplementär sind; es handelt sich nicht um kontradiktorische Gegensätze. Mit der Einteilung in Unternehmens- und Produktwerbung lassen sich nicht alle Formen der Umweltwerbung erfassen. Deshalb gibt es Werbeformen, die sich nicht in dieses Schema einordnen lassen, wie etwa die Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen. Diese dient, wie jede Werbung, der Produktabsatzforderung72 • Sie hat aber meist weder einen inhaltlichen Bezug zum Unternehmen noch zu den angebotenen Produkten. So ist es nicht verwunderlich, daß in der Literatur die Darstellung solcher Formen der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen alleine auf den Fall der Fahrtkostenerstattung als Sonderfall der Unternehmens-(image)-werbung beschränkt geblieben ist73 . Eine etwas differenziertere Betrachtung findet sich bei Lappe74, der Produktwerbung bzw. produktbezogene Werbung als Synonyme fiir produktbeschreibende Werbung versteht. Unter diesem Gesichtspunkt ergibt sich zumindest, daß es nicht darauf ankommt, ob die Werbung ein Produkt oder ein Unternehmen herausstellen will, sondern darauf, welche Inhalte die Werbemaßnahme vermitteln will. Allerdings berücksichtigen all diese Abgrenzungen in Unternehmens- und Produktwerbung nicht die eigentliche Besonderheiten der Umweltwerbung. Für eine systematische Einteilung der Umweltwerbung erscheint es nämlich sinnvoll, zunächst von dem Merkmal auszugehen, das fiir diese Werbung charakterisierend ist, nämlich vom Umweltbezug bzw. dem Umweltvorteil. Deshalb bietet es sich an zu fragen, worauf sich der Umweltvorteil und nicht die Werbung schlechthin bezieht. Dabei ist der Bezugspunkt des Umweltvorteils leichter festzustellen als der Schwerpunkt der Werbung in Hinblick auf Produkt oder Unternehmen. Die Abgrenzung erfolgt also nicht in Produkt- und Unternehmenswerbung, sondern in Werbung mit und ohne produktbezogenen Umweltvorteil. Um diese Abgrenzung noch trennschärfer zu machen, kann man dabei darauf abstellen, ob sich die Umweltvorteile auf die Produktqualität beziehen, also der Ware oder Leistung unmittelbar anhaften. Mit einer Einteilung in Umweltwerbung mit bzw. ohne Produktqualitätsbezug erübrigt sich zumindest ror die Einteilung nach äußeren Erscheinungsformen ein Eingehen auf die Frage, 71 Lambsdor:fJ. Rn.39 dort in Fn.102. BaumbacMlefermehl, § 1 Rn.85.

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So Federhoff-Rink, S.104. Lappe, S.7.

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ob der Schwerpunkt bei der Werbung fiir das Produkt oder das Unternehmen liegt. Auch lassen sich mit dieser Einteilung Werbearten wie Wertreklame oder Verbandswerbung erfassen, bei denen weder ein Bezug zu einem konkret angebotenen Produkt noch zu einem konkret anbietenden Unternehmen besteht. Allerdings ist auch diese Einteilung nur dann effektiv, wenn über die Begriffe "Produkt" und "Qualität" Klarheit besteht. Um das Abgrenzungskriterium nicht zu verwässern, soll unter Produkt nicht die Gesamtheit der von einem Unternehmen angebotenen oder überhaupt erbrachten Leistungen, sondern nur die Ware verstanden werden, die den eigentlichen Gegenstand des Angebots ausmacht, mit dem der Anbieter in Konkurrenz zu seinen Mitbewerbern tritt. Dadurch werden insbesondere die Nebenleistungen ausgegrenzt. Nach dieser Abgrenzung fällt z.B. die Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen vollständig in den Bereich der nicht produktqualitätsbezogenen Werbung, wenn sich auch die Angaben auf die Qualität der Nebenleistung beziehen mögen. Eng mit der Frage nach dem Produktbegriff hängt auch die Frage des Qualitätsbegriffs zusammen. Eine Einteilung der Umweltwerbung in solche mit und ohne Produktqualitätsbezug kann nur Konturen gewinnen, wenn auch Klarheit darüber besteht, ob eine Angabe bezüglich eines Produkts sich tatsächlich auf eine Qualität desselben bezieht. Der Hinweis, daß ein Waschmittel biologisch abbaubar ist, ist sicherlich eine Angabe bezüglich einer Eigenschaft, die dem Produkt unmittelbar anhaftet und somit eine Produktqualitätsangabe. Der Hinweis, daß der Hersteller eines Reinigungsmittels das Bodensee-Umweltschutzprojekt der Deutschen Umwelthilfe unterstützt, ist dagegen offensichtlich keine Angabe über eine die Produktqualität betreffende Eigenschaft. Bei den zwischen diesen Extremen liegenden Fällen ist eine Abgrenzung ohne weiteres aber oft nicht möglich. So ist z.B. fraglich, ob der unproblematischen Entsorgbarkeit des angebotenen Produkts ein Angebot des Herstellers oder Verkäufers gleichsteht, ein Produkt am Ende seiner Gebrauchszeit zu entsorgen oder ob allgemein das Versprechen einer Kompensationsmaßnahme eines vom Produkt ausgelösten Umweltnachteils eine das Produkt selbst betreffende Qualitätsangabe ist. Als Produktqualitätsmerkmale sollen im folgenden alle Eigenschaften verstanden werden, die dem Produkt unmittelbar selbst anhaften und sich auf seinen Nutzen, seine Beschaffenheit und Güte beziehen. Darunter fallen etwa SchadstofiIreiheit, ein geringer Energie-oder Wasserverbrauch bei der Nutzung oder die leichte umweltgerechte Entsorgbarkeit eines Produkts. Zwar kann bei den Verbrauchern auch ein Interesse an anderen umweltrelevanten Umständen bestehen, wie etwa an der Auswahl der Rohstoffe, an energiesparenden Herstellungsverfahren, an sonstigen umweltbezogenen Aktivitäten und

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finanziellen Zuwendungen des Anbieters an Umweltschutzorganisationen. Diese Umstände spiegeln sich aber nicht in der Beschaffenheit des Produkts selbst wider und sollen daher als nicht produktqualitätsbezogen eingeordnet werden. Dem entsprechend liegt kein produktqualitätsbezogener Umweltvorteil vor, wenn lediglich entstandene oder noch entstehende Umweltschäden beseitigt werden, beispielsweise wenn ein Autohändler für jedes verkaufte Auto einen Baum pflanzt, um den Kohlendioxidausstoß des Autos zu kompensieren75 • Nach dieser Abgrenzung fallen auch alle Arten der Image- und Sponsoringwerbung unter die Kategorie der nicht produktqualitätsbezogenen Werbung, ohne daß dabei eine Differenzierung dahingehend nötig ist, ob sich die Werbemaßnahme auf ein konkretes Produkt oder etwa nur auf ein Unternehmen bezieht. Denn sowohl bei der Umweltirnagewerbung als auch beim Umweltsponsoring haftet, wie noch näher darzulegen ist, der Umweltvorteil nicht unmittelbar der Produktqualität im hier dargestellten Sinne an. Für die Erschließung der rechtstatsächlichen Probleme bietet sich daher eine Einteilung der Umweltwerbung in solche mit und ohne Produktqualitätsbezug an. Für die erste Gruppe bietet sich eine weitere Differenzierung danach an, wie der Umweltvorteil werblich dargestellt wird. In bezug auf die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug muß noch genauer geklärt werden, worauf sich der in Aussicht gestellte bzw. angepriesene Umweltvorteil bezieht. An Hand dieser Untersuchung lassen sich dann wiederum weitere Untergruppen der Urnweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug herausbilden. Die "Werbewirklichkeit" zeigt allerdings, daß produktqualitätsbezogene und nicht produktqualitätsbezogene Elemente verknüpft werden ( beispielsweise in Werbeanzeigen mit umweltbezogenen Produktqualitätsangaben und einem Hinweis auf eine Sponsortätigkeit). Für eine Einteilung nach den äußeren Erscheinungsformen ist es aber ausreichend, die einzelnen Elemente einer solchen Werbung getrennt einzuordnen. 4. Die typischen Erscheinungsformen der Umweltwerbung Der vorangehend entwickelten Einteilung der Umweltwerbung folgend, sollen nun die verschiedenen Erscheinungsformen kurz dargestellt werden. Dem Thema entsprechend stehen dabei die Formen der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung im Mittelpunkt, wenn auch prozentual die produktqualitätsbezogene Werbung in der Werbepraxis einen größeren Anteil einnirnrne 6 . Dennoch sollen zum besseren Verständnis die wichtigsten Formen der Umweltwerbung mit Produktqualität vorangestellt werden. So im Fall KG, GRUR 1984, S.605 tT. Rosenberger/Sen in: Umwe1tbezogene Werbung, Stiftung Verbraucherinstitut (Hrsg.), S.18. 75

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3 Ewert

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B. Rechtstatsachen Wld Realprobleme

a) Die Umweltwerbung mit Produktqualittitsbezug durch explizite Produktqualitätsangaben, Produktnamen, Umweltzeichen, Tests oder Vergleiche Der obigen Einteilung gemäß ist Umweltwerbung mit Produktqualitätsbezug als Werbung mit einem Umweltvorteil zu verstehen, der dem Produkt selber anhaftet. Der Vorteil ist demnach Teil der Leistung des Anbieters, mit der er in den Wettbewerb zu seinen Konkurrenten tritt, und somit selbst ein QuaIitätsmerkmal. Diese Art der Werbung entspricht daher dem Leitbild des sog. "Leistungswettbewerbs"77. Aber auch in dieser Werbeart sind die Erscheinungsformen noch recht zahlreich und unterschiedlich, so daß eine weitere Untergliederung notwendig wird. Soweit in der Literatur nicht gänzlich auf eine Fallgruppenbildung der Erscheinungsformen verzichtet wird78 bzw. verschiedene Fonnen eher zufällig aneinandergereiht werden79 , wird als "grundlegendes Differenzierungskriterium der unterschiedliche Umfang der Umweltaussage im Verhältnis zur werblichen Gesamtaussage" vorgeschlagen80 . In Anlehnung an einen ähnlichen Abgrenzungsvorschlag Fezers81 rur die Werbung mit Testergebnissen soll dadurch eine juristische Entscheidung vorbereitet werden; denn die Irrefiihrungsgefahr bei der Umweltwerbung sei dann größer, wenn sich die Werbeaussage auf einzelne Umweltbegriffe oder Zeichen reduziere. Ob diese Aussage so pauschal zutriffi:, ist zumindest fraglich. Nicht nachvollziehbar ist allerdings die sich daran anschliessende Einteilung82 in kommentierende Umweltwerbung, Umweltwerbung mit produktbezogenen Umweltbegriffen ( mit Wortsilben, Wortbestandteilen und Werbung fiir Lebensmittel), Umweltwerbung mit produktbezogenen Umweltzeichen und vergleichende Umweltwerbung. Zumindest fiir eine Einteilung der Umweltwerbung nach Erscheinungsformen liegt es näher, darauf abzustellen, wie der produktqualitätsbezogene Umweltvorteil in der Werbung dargestellt wird. Danach kann man explizite Produktqualitätsangaben von indirekten oder kodierten Aussagen unterscheiden.

77 Lappe, S.lO. 78 SO Z.B. Füger, S.111 Wld S.289 Wld Cordes, S.41, die sich auf eine DarstellWlg an Hand der Tatbestandsmerkmale der §§ 1 Wld 3 UWG beschränken. 79 So z.B. Lindacher in: Großkommentar, § 3 Rn.708 ff. mit einer EinteilWlg in WerbWlg mit Umweltschlagworten, mit Umweltzeichen Wld in sonstige umweltbezogene WerbWlg. 80 FederhofJ-Rink, S.9l. 81 Fezer, GRUR 1976, S.472 (476f). 82 FederhofJ-Rink, S.92.

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Bei der Werbung mit expliziten Produktqualitätsangaben stellt der Anbieter die umweltbezogenen Eigenschaften seines Produkts in den Mittelpunkt, indem er auf diese Eigenschaft ausdrücklich hinweist. Diese Werbeform wird außerordentlich häufig eingesetzt, was sich nicht zuletzt auch an der hohen Zahl der in diesem Zusammenhang gefUhrten Wettbewerbsverfahren zeigt. Auch innerhalb dieser Gruppe von Werbemaßnahmen kann noch weiter nach dem Bezugspunkt des Umweltvorteils und der Art der Darstellung unterschieden werden. An dieser Stelle sei aber nochmals darauf hingewiesen, daß der obigen Einteilung entsprechend nur Qualitätsmerkmale berücksichtigt werden, die dem Produkt unmittelbar anhaften. Danach fällt in die Kategorie der produktqualitätsbezogenen Werbung der Hinweis auf eine umweltfreundliche Entsorgbarkeit oder Wiederverwertungsmöglichkeiten. Nicht hierher gehören Angaben, die sich auf eine :fiir einen späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellte Entsorgung des angebotenen Produktes beziehen. Das Versprechen eines Automobilherstellers etwa, Altfahrzeuge zurücknehmen und umweltgerecht zu entsorgen, bezieht sich nicht auf die Qualität seiner beworbenen Ware und soll demnach nicht in die Fallgruppe der produktqualitätsbezogenen Werbung eingeordnet werden. Wie sich allerdings aus einer Untersuchung im Auftrag der Stiftung Verbraucherinstitut83 ergibt, liegt der Schwerpunkt der umweltbezogenen Werbeaussagen auf dem Bereich des Ge- und Verbrauchs, also in dem Bereich, in dem der Abnehmer selbst mit dem Produkt zu tun hat. Unterschiedlich ist auch die Art der Darstellung des Umweltvorteils im Bereich der expliziten Produktqualitätsangaben. Hier reicht die Palette von der bloßen Nennung eines Schlagwortes über kurze Erläuterungen bis hin zu ausführlichen Darstellungen in ganzseitigen Zeitungsanzeigen. Besonders häufig wurden Produkte mit Begriffen wie "umweltfreundlich"84, "umweltbewußt,,85, "umweltentlastend,,86 oder "aus der Natur,,87 bezeichnet88 . Aber auch spezifischere Bezeichnungen wie "baubiologisch"89 fanden Anwendung, wenn auch nicht immer klar ist, was damit gemeint sein könnte. Die restriktive Rechtsprechung (in allen oben zitierten Fällen wurden die beanstandeten Werbernaßnahmen untersagt) hat wohl dazu gefUhrt, daß 83 Rosenberger/Sen in: Umweltbezogene Werbung, Stifumg Verbraucherinstitut (Hrsg.), S.19. 84 Z.B. OLG Stuttgart, WRP 1991, S.194 f. filr Naturdünger. 85 Z.B. OLG Stuttgart, NJW RR 1989, S.556 f. filr Kfz-Pflegemittel. 86 Z.B. OLG Köln, WRP 1988, S.392 f. filr Kaltreiniger. 87 KG, Pharma Recht 1989, S.111 tT. 88 Ausführlich dazu LambsdoifJ, Rn.64 tT; Köhler, S.347. 89 OLG Nürnberg, GRUR 1989, S.686 f.

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die Verwendung von Schlagworten ohne zusätzliche Erläuterungen weitgehend eingestellt wurde. Der Trend geht jedenfalls dazu, daß produktqualitätsbeschreibende Umweltschlagworte nicht mehr ohne erläuternde Angaben verwendet werden. Ein weites Feld bietet sich den Werbetreibenden auch bei Beschaffenheitsangaben wie "frei von ... " oder "ohne Zusatz von ... ". Dabei muß das Produkt von anderen abgegrenzt werden, falls nicht eine ohnehin unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten vorliegen soll. Zudem hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß es keine schlechthin umweltfreundlichen Produkte oder Leistungen gibt. Ein Angebot kann also nur relativ umweltfreundlich sein90 . Um diese Relation werblich darzustellen und nutzbar zu machen wird bei der produktqualitätsbezogenen Werbung auch auf die vergleichende Werbung bzw. auf die Warenarten- und Systemvergleiche zurückgegriffen91 • Produktqualitätsbezogene Werbung kann nicht nur mit ausdrücklichen Angaben und Erläuterungen erfolgen. Es ist auch möglich, auf einen Umweltvorteil hinzuweisen, ohne ihn näher zu konkretisieren. In diesen Fällen begnügt sich der Werbetreibende mit einer Andeutung oder einem Hinweis auf das Vorliegen eines Umweltvorteils; zur inhaltlichen Konkretisierung wird dann auf beim Umworbenen vorhandene (oder vermutete) Informationen zurückgegriffen oder auf andere Informationsquellen verwiesen. Eine solche Werbung vermittelt oder ermöglicht gleichsam mehr Information, als sie selbst enthält. Dies trifft sowohl auf die Verwendung von umweltbezogenen Produktnamen als auch auf die Werbung mit Umweltzeichen oder Testergebnissen zu. Durch die Verwendung eines Produktnamens mit Umweltbezug wird dem Umworbenen suggeriert, daß auch das Produkt selbst einem ökologischen Anspruch gerecht werden will. Dabei macht sich der Verwender eines solchen Begriffs die Assoziationen zu Nutze, die er beim Angesprochenen hervorruft. Von einer produkt-"beschreibenden" Werbung kann man wohl kaum noch sprechen92 . Gerade im Bereich der Produktnamen hat sich die werbende Wirtschaft als ausgesprochen kreativ gezeigt. Zwar wird fast ausschließlich auf die Vorsilben "Natur-", "Öko-" und "Bio-li rekurriert. Diese werden aber nicht nur mit Produkten kombiniert, bei "93" "94 denen man es erwarten würde (z.B. "Natursaft ,"Oko-Pilsner ,"BioFederhojJ-Rink, S.114 m. W.N. Dazu Faylor, WRP 1990, S.725 (726 f.); Lindacher in: Großkommentar, § 3 Rn.188 ; FederhojJ-Rink, S.131 f. und S.151 f. 92 Unzutreffend daher die Einteilung bei Lappe, S.ll. 93 BGH, GRUR 1984, S.465 f. 94 OLG München, WRP 1990, S.194 f. 90

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I. Realprobleme der UmweitwerblIDg

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Früchte"95), sondern auch mit weni~er naheliegenden Waren ("Ökotau"Streusalz96 , "Bio-MöbeI"97, "Bioziegel 98, "bio-Fix" WC Reinige~). Es gibt aber auch Produktnamen, die einen spezifischeren Hinweis auf den dem Produkt anhaftenden Umweltvorteil enthalten. Dies gilt etwa für Namen wie "Mehrwegfenster"IOO oder "Recycling-Leder"lol . Durch diese Namen wird bei den Abnehmern gleichfalls eine mehr oder weniger bestimmte Vorstellung geweckt, die den Abnehmer dann wiederum zur Annahme des Vorhandenseins bestimmter Produkteigenschaften veranlaßt. Daß die Rechtsprechung diesen Produktbezeichnungen sehr kritisch gegenübersteht102 , liegt auf der Hand, da die Bezeichnungen eine Vielzahl verschiedener Vorstellungen hervorrufen, die natürlich nicht alle zutreffend sind (bei den angebotenen "Mehrwegfenstern" waren lediglich die Rahmen aus wiederverwertetem PVC; das "Recycling-Leder" bestand aus 90 % zerkleinerten Lederfasern, Bindemittel und Farbe). Völlig unüberschaubar ist inzwischen die Flut der sog. "Umweltzeichen", die in der Produktwerbung eingesetzt werden. Hier gibt es nationale und supranationale, öffentliche und private sowie sog. Gütezeichen. Beeindruckend ist insoweit die von Lambsdorff°3 zusammengestellte Sammlung von über 30 Zeichen, bei denen nicht nur die Ermittlung der Bedeutung schwierig war, sondern teilweise nicht einmal mehr die Herkunft festgestellt werden konnte. Gemeinsam ist diesen Zeichen jedoch, daß sie auf einen angeblichen Umweltvorteil hinweisen. Selten wird dabei deutlich, woran dieser Vorteil anknüpft, noch seltener, worin dieser nun tatsächlich besteht. Die Zeichen werden zumeist auf den Produkten oder Verpackungen selbst abgebildet. Häufig finden sich die Zeichen aber auch auf Regalböden104 oder auch in Werbeanzeigen in Printmedien oder Katalogen105 . Seltener werden die in den Zeichen (tatsächlich oder nur scheinbar) enthaltenen Informationen näher erläutert106 . 95 96 97 98 99

OLG München, WRP 1994, S.134 f. LG Frankfurt M, WRP 1985, S.245 f. LG Köln GRUR 1989 S.521 f; BGH GRUR 1991 S.542 f. OLG Frankfurt M. WRP 1985 S.271 f. OLG Düsseldorf, GRUR 1988, S.55 f. 100 OLG Hamburg, NJW 1993, S.1867 ff. 101 OLG Hamburg, NJW RR 1991, S.113 f. 102 Lambsdoifl, Rn.49 ff., Federho.fJ-Rink, S.119 ff. jeweils m.w.N.; kritisch aber: Strauch, WRP 1992, S.540 ff. 103 Lambsdoifl, Rn.9 ff. IIDd insb. Rn.20. 104 So im Fall BGH, GRUR 1991, S.548 ff. 105 So im Fall BGH, GRUR 1991, S.550 ff. 106 So im Fall LG Köln, GRUR 1988, S.59 ff, trotz Vergabe des Blauen Engels IIDd kurzer ErläuteTlIDg wurde diese WerblIDg IIDtersagt.

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Rechtsprechung und Literatur haben sich eingehend mit der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der Benutzung von Umweltzeichen in der Werbung beschäftigt. Dabei wird allerdings kaum auf die Frage eingegangen, in welcher Weise die Zeichen die Kaufentscheidung des Kunden beeinflussen. Dies hindert aber weder die Rechtsprechung noch die Literatur daran, in seltener Einmütigkeit von einer starken Beeinflussung auf die Umworbenen auszugehen. Wiebe lo7 ist dahingehend zuzustimmen, daß die Umworbenen davon ausgehen, daß ein solchennaßen beworbenes Produkt den Vergaberichtlinien des speziellen Zeichens entspricht. Da Verbraucher in aller Regel keine Kenntnis von diesen Vergaberichtlinien haben, werden sie sich darauf verlassen, daß das Produkt den Anforderungen entspricht, die von der zuständigen amtlichen Stelle oder den Fachkreisen fiir eine solche Kennzeichnung gestellt werden, so daß hier eine Art der verweisenden Verbrauchervorstellung vorliegtl08. Das Zeichen enthält also quasi als kodierte Information den Hinweis auf die dem Zeichen zugrundeliegenden Vergabebedingungen. Dabei ist aber nicht auszuschließen, daß die Verbrauchervorstellung noch über den Inhalt einer solchen Richtlinie hinausgeht und so zu (weiteren) Fehlvorstellungen führen kann. Bei der Werbung mit TestergebnissenlO9 zeigt sich ein ähnliches Bild. Hier wird versucht, einen produktqualitätsbezogenen Umweltvorteil dadurch zu vennitteln, daß auf Ergebnisse von Umwelttests, beispielsweise der Zeitschriften "Test" oder "Ökotest", verwiesen wird oder die Testergebnisse mehr oder weniger vollständig wiedergegeben werden I 10 • Aus Platzgründen beschränkt sich der Hinweis allerdings meist auf die Angabe des konkreten Tests und der Fundstelle. Da den Verbrauchern die Testkriterien in der Regel unbekannt sein werden, wird bei ihnen, entsprechend der Werbung mit Umweltzeichen, nur die sog. verweisende Verbrauchervorstellung vorliegen. Erstaunlicherweise sind in dem Bereich der Werbung mit Umwelttestergebnissen, soweit ersichtlich, bisher keine Entscheidungen der Rechtsprechung ergangen. Allerdings scheint diese Werbeform, etwa im Vergleich zu den Umweltzeichen, auch in der Werbepraxis nur eine untergeordnete Stellung einzunehmen. Zusammenfassend läßt sich zu der produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung mit Produktnamen, Zeichen und Testergebnissen feststellen, daß diese in der Darstellung die Komplexität der naturwissenschaftlichen und technischen Zusammenhänge zu reduzieren versuchen. Auffallend ist dabei auch, daß in vielen Werbekampagnen dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben wird, Wiebe, WRP 1993, S.798 (805). Wiebe, a.a.O.; so auch Emmerich. S.195. 109 BaumbacMIefermehl, § I Rn.420 f1 HO Rohnke, GRUR 1988, S.667 (670).

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mittels einer angegebenen Telefon- oder Faxnummer oder mittels eines Coupons zur Anforderung weiterer Informationen mit dem Anbieter selbst in Kontakt zu treten. Alle diese Maßnahmen können aber nur die Komplexität der Darstellung reduzieren, nicht jedoch die Komplexität der zugrunde liegenden Tatsachen. Es liegt auf der Hand, daß dadurch ein erhöhtes Irreführungspotential geschaffen wird. Auf die Probleme der rechtlichen Beurteilung dieser Werbernaßnahmen soll hier, der ThemensteIlung der Arbeit entsprechend, verzichtet werden; dazu sei nochmals auf die in den Fußnoten aufgeführten Literatur verwiesen. Allerdings drängt sich nach der hier dargestellten Einteilung der Werbefonnen nach Bezugspunkt des Umweltvorteils und der Art seiner Darstellung die Hypothese auf, daß gerade im Bereich der Werbung mit Zeichen und Testergebnissen eine einheitliche rechtliche Beurteilungsweise angezeigt ist, wie sie die Rechtsprechung in bezug auf Testergebnisse im allgemeinen entwickelt hae 11 • Ob in diesem Bereich die rechtliche Beurteilung durch sog. "Ökobilanzen" in absehbarer Zeit vereinfacht wird112 , bleibt abzuwarten. Bezüglich der umweltbezogenen Produktnarnen kann eine Entspannung der Lage wohl nur eintreten, wenn die benutzten Begriffe inhaltlich eine weitgehend allgemeingültige Konkretisierung erfahren.

b) Die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug Dieser Begriff versteht sich als kontradiktorischer Gegensatz zu dem der Umweltwerbung mit Produktqualitätsbezug; demnach fallen hierunter alle Fonnen der Umweltwerbung, die nicht der ersten Kategorie zugeordnet werden können, also nicht nur die sog. "Unternehmenswerbung". Hierher gehören all die Werbernaßnahmen, die sich nicht auf das Produkt beziehen, sondern auf das Unternehmen oder aber auf Nebenleistungen. Aber auch Werbernaßnahmen, die sich auf ein Produkt beziehen, die aber keine Produktqualitätsangabe im obigen Sinne enthalten, fallen hierunter. Deshalb gehören in diesen Zusammenhang auch einige der sog. "produktbezogenen Werbemaßnahmen" (beispielsweise die Imagewerbung fiir ein einzelnes Produkt oder etwa ein Sponsorhinweis auf einer Warenverpackung). In der Literatur haben Werbemaßnahmen dieser Art bislang noch keine deutlichen Konturen bekommen. Eine weitere systematische Unterteilung der "Unternehmenswerbung"113 , der "Werbung mit Umweltaktionen" 114 bzw. der 111 So im Ergebnis auch Keßler, allerdings mit einer anderen Argumentation in: Umweltbezogene Werbung, Stiftung Verbraucherinstitut (Hrsg.), S.15 8. m Federhoff-Rink. S.224 ff. 113 lAmbsdo1f, Rn.28 ff. 114 Beckmann, S. 92 ff.

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"mittelbaren Begünstigung des Umweltschutzes,,115 ist, abgesehen vom Vorschlag von Federhoff-Rink1l6 , noch nicht unternommen worden. Auch gehen diese Untersuchungen nicht von der hier vertretenen Einteilung nach dem Kriterium des Produktqualitätsbezuges, sondern von der Unterscheidung in Produkt- und Unternehmenswerbung aus. Um einen besseren Überblick über die in der Werbepraxis vorkommenden Erscheinungsformen zu erhalten, soll nun an Hand der hier vorgeschlagenen Einteilung und ausgehend von dem gemeinsamen Merkmal dieser Werbeformen eine weitere Differenzierung erfolgen. Gemeinsam ist den Formen der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung jedenfalls, daß sie einen Umweltvorteil in Aussicht stellen, der sich nicht auf die Qualität des Produkts bezieht. Mit diesem negativen Abgrenzungskriterium des fehlenden Produktqualitätsbezugs ist aber noch keine Aussage darüber getroffen, woran der Umweltvorteil anknüpft bzw. worin dieser besteht. Dieser Anknüpfungspunkt soll im folgenden als Unterscheidungsmerkmal dienen. Die sich hier ergebenden Möglichkeiten sind vielfaltig und setzen der Phantasie der Werbetreibenden keine Grenzen. Demnach kann die folgende Aufzählung nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Die Darstellung beschränkt sich vielmehr auf die bisher in der Werbepraxis in Erscheinung getretenen Formen. Dabei sei nochmals darauf hingewiesen, daß die einzelnen Typen der Umweltwerbung selten in Reinform vorkommen; i.d.R. werden Maßnahmen verschiedener Art kombiniert. Es werden sowohl produktqualitätsbezogene Werbemaßnahmen mit solchen ohne Produktqualitätsbezug als auch verschiedene Maßnahmen ohne Produktqualitätsbezug miteinander verbunden. aa) Die Umweltimagewerbung Durch die Entscheidungen zur Werbekampagne der Firma Benetton und insbesondere durch die drei Entscheidungen des BGH vom 6.7.1995 117 ist die Imagewerbung in das Blickfeld der wettbewerbsrechtlichen Diskussion gerückt. Der Hinweis des BGH, diese Werbung sei "ihrer Art nach als neuartige Image-Werbung anzusehen, die in der Rechtsprechung, auch der des Bundesgerichtshofs, keinen Präzedenzfall" aufweise l18 , darf allerdings nicht dahingehend mißverstanden werden, als wäre die Irnagewerbung (wenn auch in anFUger, S.284 ff. 116 Siehe oben B.I.4.a); Federhoff-Rink, S.91. 117 BGH, WRP 1995, S.679 ff; BGH, WRP 1995, S.682 ff; BGH, WRP 1995, S.686 ff. 118 BGH, WRP 1995, S.682 (685). 115

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derer Form) noch nie Gegenstand der Rechtsprechung gewesen l19 • Soweit ersichtlich, beschränkt sich die bisherige Rechtsprechung jedoch (fast)120 ausschließlich auf die Problematik, ob bei einer Heilmittelwerbung eine Pflichtangabe gern § 4 HWG erforderlich ist, wenn es sich um eine nicht produktbezogene, "allgemeine Firmenwerbung (Untemehmens- oder Imagewerbung)" handelt l21 . In der Werbepraxis hat sich dagegen die Imagewerbung seit langer Zeit etabliert und gehört quasi zum Standardrepertoire des Marketing l22 . Dies spiegelt eine Entwicklung der Werbung wider, die sich von der produktbezogenen Anpreisung zu einer Darstellung weitgehend austauschbarer Werbeinhalte, losgelöst vom konkreten Produkt und seinen Eigenschaften, vollzieht123 . Bei dieser auch "life-style" genannten Werbung wird mit Gefühlen, Stimmungen oder· Befindlichkeiten statt mit nachprüfbaren Qualitätsversprechen geworben l24 . Im Bereich der Umweltwerbung ist die Imagewerbung allerdings bereits schon vor den Benetton-Entscheidungen von Wiebe 125 , Federhoff-Rink l26 und LambsdorfI'27 erörtert bzw. erwähnt worden. Eine Beschäftigung mit diesem Thema findet sich jedoch nicht in den Abhandlungen, die als Ausgangspunkt die in der Rechtsprechung beurteilten Werbepraktiken gewählt haben128 . Auch die Tatsache, daß in der aktuellen Kommentarliteratur129 die Imagewerbung nicht einmal im Stichwortverzeichnis auftaucht, weist darauf hin, daß hier ein erheblicher Unterschied bezüglich der Bedeutung dieser Werbeform in der Werbepraxis einerseits und in der Rechtsprechung andererseits besteht. Zunächst aber bedarf der Inhalt des Begriffs Imagewerbung einer Klärung. In der Rechtsprechung zu den Pflichtangaben nach § 4 HWG wird, wie oben bereits gezeigt, die Imagewerbung als Gegensatz zur produktbezogenen Werbung verstanden. Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß die Gefahr einer Selbstmedikation, die durch die Regelung des HWG vermieden werden soll, nur dann besteht, wenn der Beworbene auf Grund der Werbung ein konkretes Arzneimittelfür eine bestimmte Indikation erwirbt. Bei Werbung, die nur auf 119 AA wohl Sosnitza, WRP 1995, S.786 (787). 120 Vgl. neuerdings BGH, WRP 1996, S.290 ff. 121 BGH, WRP 1995, S.31O; BGH, NJW 1992, S.2964 f. 122 Vgl. statt aller: Schweiger/Schrauenecker, S.8l. \23 Henning-Bodewig, WRP 1992, S.533 ff. 124 Reichold, WRP 1994, S.219. 125 Wiebe, WRP 1993, S.798 (810). 126 Federhoff-Rink, S.84 f, 132 und 249 f. 127 Lambsdorff, Rn.31, 36 und 73. 128 So die Dissertationen von Cordes und FUger. 129 So z.B. BaumbachIHefermehl, 19.Aufl.; KöhlerlPiper.

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die Finna oder das Unternehmen abzielt, besteht diese Gefahr aber nicht. Dabei räumt der BGH ein, daß auch Imagewerbung (mittelbar) immer den Absatz der Produkte des Unternehmens fördern kann und soll, wie umgekehrt die "Produktwerbung" auch immer Firmenwerbung ist130 . Eine Differenzierung in Imagewerbung einerseits und Absatzwerbung andererseits 131 trifft deshalb nicht den Kern des Problems. In den zwei Benetton-Entscheidungen ""Ölverschmutzte Ente,,132 und "Kinderarbeit"m geht der BGH davon aus, daß schon die Verwendung der Finna im täglichen geschäftlichen Verkehr eine Imagewerbung sei, die nicht nur zulässig sondern sogar notwendig sei, um das erwünschte Ansehen des Unternehmens im Wettbewerb zu erlangen. Dies legt nahe, Imagewerbung mit Unternehmenswerbung gleichzusetzenl34 . Schwierigkeiten ergeben sich allerdings schon dann, wenn bei einer solchen Unternehmenswerbung auf ein konkretes Produkt hingewiesen wird, so etwa wenn ein Chemiehersteller darauf aufmerksam macht, daß er um die Entwicklung umweltfreundlicher Produkte bemüht ist und dann in der selben Anzeige seinen neuentwickelten Autolack auf Wasserbasis erwähnt135 . Schließlich paßt die Gleichsetzung von Unternehmens- und Imagewerbung überhaupt nicht auf die Fälle der Werbung mit dem Image einer Produktpalette ("Green Computer"136), einer Marke ("Grüner Frosch") oder eines Produkts ( z.B. bez. einer umweltfreundlichen Kapitalanlage137 ); deshalb kann man die Imagewerbung auch nicht generell als produktunabhängige Werbung bezeichnen\38 . Diese keineswegs neue Werbeart versucht einer Ware ein besonderes Profil zu geben, das dem Kunden dann quasi als sog. Zusatznutzen verkauft werden soll \39 , was gerade bei der Zigarettenwerbung sehr beliebt ist und etwa zur Verknüpfung einer Zigarettenmarke mit dem "Duft der großen weiten Welt" oder dem "Geschmack der Freiheit" führt. Ein solcher Zusatznutzen besteht im Gegensatz zum Grundnutzen, den der Konsument dem Produkt unmittelbar entnehmen kann, in der Vermittlung von Gefiihlen oder Vorstel-

BGH, NJW 1992, S.2964. So Kloepfer in: Festschrift für von Lersner, S.185. 132 BGH, WRP 1995, S.679 (680). 133 BGH, WRP 1995, S.682 (683). 134 So Federhoff-Rink, S.84. \35 Beispiel zitiert nach Lambsdoiff, Rn.36. 136 LG Hamburg, WRP 1996, S.373 ff. 137 KG, WRP 1996, S.750 ff. 138 Daher unzutreffend Federhoff-Rink, a.a.O.; zuletzt Sosnitza, WRP 1995, S.786 (788). 139 Loewenheim, GRUR 1975, S.99 (100). 130 131

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lungen wie Freiheit, Jugend, Erfolg, Prestige usw. oder aber auch im Gefiihl, im Einklang mit der Umwelt zu handeln l40 . Den Zusanunenhang zwischen einem solchen Warenimage und dem Konsumverhalten der Umworbenen hat Vance Packard141 schon 1957 an Hand der Zigarettenreklame aufgezeigt; ca. 65% der damals untersuchten Raucher waren ihrer Marke treu, obwohl die meisten im Geschmackstest ihre Marke nicht von anderen unterscheiden konnten und keine weiteren Produktdifferenzierungskriterien vorlagen. Bei weiteren Untersuchungen ergaben sich signifikante Übereinstimmungen der in der Werbung für die einzelnen Marken gebrauchten "Leitbilder" mit den tatsächlichen oder gewünschten Persönlichkeitsprofilen der jeweiligen Kunden. Mag man auch an der Wissenschaftlichkeit der damals geführten Untersuchung zweifeln l42 , liegt es dennoch nahe, daß sich die Imagewerbung von anderen Werbeformen durch diese Wirkungsweise unterscheidet. Die Imagewerbung erzeugt dabei eine Art Leitbild in bezug auf ein Produkt oder Unternehmen. Dies soll dann eine spätere Bezugsentscheidung zugunsten des Produkts oder Unternehmens mit dem passenden Image herbeiführen oder zumindest die Bekanntheit des Produkts oder des Unternehmens steigern. Zu untersuchen ist nun, worin das Besondere eines solchen Images besteht. Ausgehend von dem oben beschriebenen Wirkungsmechanismus könnte man auch produktqualitätsbezogene Werbung als Imagewerbung verstehen, da ja auch sie die Bekanntheit des Produkts oder des Unternehmens steigert und Bezugsentscheidungen beeinflußt. Diese Werbung wirbt aber nicht mit einem "künstlich" erzeugten Bild, sondern mit der Ware und deren Eigenschaften selbst. Die Besonderheit der Imagewerbung besteht darin, daß mit dem von der Werbung künstlich erzeugten Bild des Produkts oder des Unternehmens geworben wird, das sich noch nicht aus den Produktqualitätseigenschaften selbst ergibt. Die Imagewerbung versucht eine eher emotionale Beziehung zwischen dem Konsumenten und dem beworbenen Gegenstand herzustellen, eben um eine Identifikation und Solidarisierung auszulösen. Dazu eignen sich die nur rational verstehbaren Produktqualitätsangaben kaum. Oft werden bei der Imagewerbung Produkte in bestimmten Situationen gezeigt, die auf den Betrachter emotional ansprechend wirken. So werden beispielsweise auffallend häufig mehr oder weniger umweltfreundliche Autos vor dem Hintergrund einer blühenden und intakten Landschaft gezeigt. Die Naturverbundenheit vieler Brauereien wird dadurch zum Ausdruck gebracht, daß ihre Erzeugnisse vor klaren und unberührten Gewässern präsentiert werden. Hier wird zwar das Produkt beschrieben, nicht aber Produkteigenschaften. Obwohl die ImagewerSchreiner, S.239. Packard, S.37 ff. 142 Zu Recht kritisch: Baudenbacher, S.6. 140

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bung ein künstliches und emotional ansprechendes Bild erzeugen will, muß sie keineswegs auf die Vermittlung von Informationen verzichten. Im Gegenteil hat eine Studie des Emnid-Instituts im Auftrag der Stiftung Verbraucherinstitut ergeben, daß bei der Umweltwerbung in ca. 63% der gesamten untersuchten Werbeanzeigen Sachinformationen enthalten sind, während bei den umweltbezogenen Imagewerbeanzeigen der Prozentsatz bei ca. 81 % liegt143 . Bei solchen informativen Imagekampagnen geht es den Werbenden zumeist um die Darstellung eines besonderen Engagements oder hoher Kompetenz des Unternehmens, ohne daß dabei auf Produktqualitätseigenschaften direkt eingegangen wird. Häufig wird aber auch mit Umständen geworben, die zwar das angebotene Produkt, nicht aber die Produktqualität im oben beschriebenen Sinn betreffen. So wird auf umweltfreundliche Herstellungsarten oder umweltgerechte Entsorgung der entstehenden Abfallstoffe hingewiesen. Diese Umstände betreffen zwar nicht die Gebrauchstauglichkeit oder den Nutzwert des Produkts, solche Angaben dienen aber dazu, beim Umworbenen das Produkt in einem besonders günstigen Licht erscheinen zu lassen. In der Literatur wird z.T. in Imagewerbung mit konnotativen, emotionale Assoziationen und Anmutungen einerseits und Einstellungswerbung mit denotativen, sachhaltigen, nachprüfbaren Informationen unterschieden144 . Im folgenden sollen aber unter dem Begriff Irnagewerbung beide Formen verstanden werden. Der obigen Definition der Umweltwerbung entsprechend muß ein Umweltvorteil in Aussicht gestellt oder angepriesen werden. Die Darstellung des Umweltvorteils geschieht über den Aufbau und die Vermittlung eines positiven Umweltimages. Da sich dieses Umweltirnage sowohl auf die angebotenen Produkte und Leistungen als auch auf ein Unternehmen beziehen kann, kann auch der Umweltvorteil an all diese Dinge anknüpfen. Kennzeichnend für die Umweltimagewerbung ist aber, daß sie nicht oder nicht ausschließlich Produktqualitätseigenschaften darstellt. Inhaltlich kann sich das Image auf die ökologische Unbedenklichkeit eines Produkts (z.B. hinsichtlich dessen Herstellung) oder eines Unternehmensverhaltens beziehen (so beispielsweise die Anzeigen der Firma Hoechst, in denen auf die hohe fachliche Kompetenz des Unternehmens im Bereich der Umweltschutztechnologie hingewiesen wird I45 ). Häufig werden auch Produkte bildlich so dargestellt, daß sie in die ökologische "Landschaft" passen oder sogar einen positiven Beitrag zum Umweltschutz liefern. Der von der Imagewerbung in Aussicht gestellte Umweltvorteil knüpft dabei an das von der Werbung erzeugte Image an, während sich bei der produktqualitätsbezogenen Werbung 143 Rosenberger/Sen in: Umweltbezogene Werbung, Stiftung Verbraucherinstitut (Hrsg.), S.ll ff, insb. S.20 f 144 Schweiger/Schranenecker, S.83 m.w.N. 145 Nachweis und weitere Beispiele bei Lambsdorff, Rn.36.

I. Realprobleme der Umweltwerbung

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der Umweltvorteil direkt aus den genannten Eigenschaften ergibt, ohne daß es eines "Umweges" über die Schaffung eines Images bedarf. Während der Umweltvorteil sich bei der produktqualitätsbezogenen Werbung direkt durch die Eigenschaften des Produkts realisiert (z.B. es wird weniger FCKW freigesetzt oder das Waschmittel wird tatsächlich abgebaut), worauf in der Werbung mehr oder weniger deutlich hingewiesen wird, wird bei der Imagewerbung ein konkret faßbarer Umweltvorteil nur selten ausdrücklich genannt und beruht dann zumeist auf in der Imagewerbung zusätzlich enthaltenen Angaben zur Produktqualität (etwa bei der Abbildung eines als energie- und wassersparend beworbenen Haushaltsgeräts vor dem Hintergrund einer vertrockneten und verkarsteten Landschaft I46 ). Der von der umweltbezogenen Imagewerbung in Aussicht gestellte Umweltvorteil besteht also zumeist in einer allgemeinen Umweltverträglichkeit des beworbenen Produkts, des Unternehmens, der Technologie etc., die sich aus dem Gesamtbild des Images ergibt und über die einzelnen konkret genannten Angaben und Vorteile hinausgeht. Zu unterscheiden ist von dieser Art der Umweltimagewerbung eine Werbung mit produktqualitätsbezogenen Angaben, die den Umworbenen dazu veranlaßt, von in der Werbung nicht ausdrücklich genannten produktqualitätsbezogenen Umweltvorteilen auszugehen. So fuhrt die Bewerbung des Energieträgers Erdgas als umweltfreundliche Energie auch ohne zusätzliche Hinweise dazu, daß die Umworbenen den Umweltvorteil in den im Vergleich zu anderen Brennstoffen günstigeren Abgaswerten erwarten l47 . Die Bewerbung eines Produkts mit dem Hinweis "Umweltfreundlich weil aus Altpapier" kann bei den Verbrauchern die Vorstellung hervorrufen, das Produkt sei vollständig aus Altpapier hergestellt und nicht lediglich zu 80 %148. Bei diesen Fällen geht aber die Erwartung der Verbraucher noch nicht über solche Eigenschaften hinaus, die dem Produkt selbst anhaften. Dadurch wird zwar auch ein Bild erzeugt, das über die in der Werbebotschaft eigentlich enthaltene Angabe hinausgeht. Dieses Bild könnte aber genauso gut durch eine genauere Beschreibung des angebotenen Produkts oder der vom Werbenden zu erbringenden Leistung ersetzt werden. Typisch für die Umweltimagewerbung ist aber die Herstellung eines künstlichen, positiven Bildes bezüglich solcher Umstände, die nicht (nur) in der Qualität des Produkts selbst liegen. Neben diesen eher defensiven Imagestrategien treten Unternehmen aber auch gelegentlich als direkte Förderer der Umwelt auf und weisen auf ihr diesbezügliches Engagement hin, etwa mit Anzeigenkampagnen wie: "Alle reden 146 Beispiel abgebildet (ohne Verf.) in: Umweltbezogene Werbung, Stiftung Verbraucherinstitut (Hrsg.), S.4 3. 147 So zutreffend OLG Stuttgart WRP 1993, S.628 f; ähnlich: BGH, WRP 1997, S.179 (181). 148 BGH, WRP 1989, S.163 f.

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B. Rechtstatsachen und Realprobleme

vom Umweltschutz, t. packt's weiter an... ,,149 oder "F pflanzt Bäume. Für jeden Mitarbeiter einen Baum. Jedes Jahr... ,,150. Hier besteht der Umweltvorteil, der werblich genutzt wird, direkt in der Handlung des werbenden Unternehmens. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Imagewerbung versucht, unabhängig von oder in Kombination mit produktqualitätsbezogenen Eigenschaften ein positives, künstliches Bild von Produkten oder Unternehmen etc. aufzubauen, das über eine bloße Beschreibung des beworbenen Gegenstands hinausgeht. Im Bereich der Umweltwerbung werden dabei Bilder erzeugt, die die betreffenden Produkte· oder Unternehmen als ökologisch unbedenklich oder sogar als der Umwelt zuträglich erscheinen lassen und den Umworbenen letztlich in seinen Bezugsentscheidungen beeinflussen sollen. bb) Das Umweltsponsoring Das Sponsoring ist eine relativ neue Erscheinung, die in Deutschland etwa seit Beginn der siebziger Jahre immer häufiger zu beobachten ist. Beginnend mit dem Sportsponsoring hat sich das Einsatzfeld inzwischen aber auch auf kulturelle, soziale und ökologische Belange erstrecktl51 . Der "Sponsoringmarkt" kann dabei durchweg zweistellige Wachstumsraten verzeichnen, 1986 wurden schätzungsweise 500 Mio DM von Unternehmen fiir Sponsoringaktivitäten aufgebracht, während es 1991 bereits ca. 1,4 Mrd DM waren I52 . Dabei erfreut sich das Umweltsponsoring im Verhältnis zu anderen Sponsoringarten sowohl auf seiten der Unternehmen als auch auf seiten der Bevölkerung eines besonderen Interessesl53 . Bevor Einzelheiten über Formen und Funktion des Umweltsponsoring erörtert werde, soll zunächst aber der Begriff selbst erläutert werden. Eine Legaldefinition des Sponsoring gibt es nicht. Allein in § 7 Rundfunkstaatsvertrag findet sich eine Regelung bez. des sog. "Sendungssponsoring", die aber, wie noch zu zeigen ist, fiir den Bereich des Umweltsponsoring nicht paßt. Im Englischen wird das Wort Sponsor unter anderem auch fiir Bürgen oder (Tauf-) Paten verwendet. Dies verdeutlicht, daß beim Sponsoring eine Person zu einer anderen in eine besondere Beziehung tritt und diese andere Person in 149

ISO 151

152 153

OLG Hamburg, GRUR 1987, S.386 ff. OLG Hamburg, GRUR 1989, S.614 f. Bruhn, Sozio- und Umweltsponsoring, S.3. BruhnIMehlinger, Bd.I, S.2. BruhnIMehlinger, Bd.II, S.169.

I. Realprobleme der Umwe1twerbung

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irgend einer Art fördern will. Deshalb könnte man unter Sponsoring im (betriebs-) wirtschaftlichen Sinn Leistungen eines Unternehmens zur Förderung von Personen oder Organisationen durch Zuwendung von Geld, von personellen oder Sachmitteln auf den verschiedensten Gebieten, wie etwa Sport, Kultur etc. verstehen154 . Beim Sponsoring, genau wie bei Mäzenatentum und Spendenwesen, liegt der Zuwendung eine altruistische Motivation zugrunde. Allerdings erwartet der Zuwendende in den beiden letztgenannten Fällen keine Gegenleistung des Empfangers, sondern allenfalls bei der Spende eine steuerliche Absetzbarkeit. Davon unterscheiden sich die gewöhnlich als Sponsoring bezeichneten Maßnahmen. Hier erwartet der Sponsor nicht nur irgend eine Gegenleistung, diese wird vielmehr vertraglich festgelegt und steht mit der Unterstüzungsmaßnahme in einem synallagmatischen Verhältnis l55 . Zwar dient das Sponsoring auch dazu, Kontakt zu unternehmensrelevanten Personen aufzubauen l56 , typischerweise wird aber als Gegenleistung vereinbart, daß der Sponsor die Tatsache seiner Förderleistung wirtschaftlich, also Ld.R. werblich, nutzen darf, frei nach dem Motto "tue Gutes und rede darüber". Zur Abgrenzung des Sponsoring vom Spendenwesen und Mäzenatentum ist es deshalb sinnvoll, auf das Bestehen einer solchen Gegenleistung abzustellen I57 . Demnach kann unter Sponsoring die Bereitstellung von Geld, Sachmitteln oder Dienstleistungen durch Unternehmen zur Förderung von Personen oder Organisationen im sportlichen, kulturellen oder sozialen Bereich und zur gleichzeitigen Erreichung der Ziele der eigenen Unternehmenskommunikation des Sponsors verstanden werden I58 . Die eher deskriptive Bestimmung der Einsatzgebiete des Sponsoring kann aber noch verallgemeinert werden. Die Förderung durch den Sponsor soll zu werblichen Zwecken genutzt werden. Eine solche Nutzung ist nur dann sinnvoll möglich, wenn die Bekanntmachung der Förderung auf die Umworbenen anziehend wirkt. Dies ist nicht nur bei Förderungsobjekten der Fall, die mit dem Freizeitbereich der Bevölkerung zu tun haben l59 , sondern ganz allgemein in allen Bereichen, die soziale Anerkennung genießen, also auch im Bereich des Umweltschutzes. Auch beim Umweltsponsoring besteht zwischen Sponsor und Gesponsertem ein gegenseitiger Vertrag. Eine Einordnung dieses Vertrages in die Typologie des Schuldrechts ist wegen der Vielgestaltigkeit von Leistung und Gegenlei154

80 Federhoff-Rink, GRUR 1992,8.643 (644).

m Vgl. die 3 Umweltsponsoring-Vertragsmuster bei BruhnIMehlinger. Bd.II,

8.188 ff. 156 Btinsch. 8.213. 157 BruhnIMehlinger. Bd.I, 8.3 f,; so jetzt wohl auch Federhoff-Rink. 8.46. 158 BruhnIMehlinger. Bd.I, 8.5. 159 80 allerdings BruhnIMehlinger. Bd.I, 8.1.

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B. Rechtstatsachen und Realprobleme

stung allenfalls im Einzelfall möglich l60 . Allerdings enthalten diese Verträge eine Art Grundmuster, das fiir das Sponsoring typisch ist und im wesentlichen auf der speziellen Eigenheit der Leistung einerseits und der Gegenleistung andererseits beruht. Gemeinsam ist diesen Verträgen, daß der Sponsor Geld, Sachleistungen oder Personal zur Verfügung stellt. Diese Förderleistungen gehen immer an den Sponsoringpartner, also den Gesponserten, oder werden in Absprache mit diesem eingesetzt. Der Gesponserte hat dann die Mittel fiir den vereinbarten Zweck, beim Umweltsponsoring also zur Erhaltung oder Verbesserung der ökologischen Lebensbedingungen161 , einzusetzen oder zu koordinieren. Der Umweltbezug des Umweltsponsoring besteht also darin, daß die Förderleistung des Sponsors auf irgend eine Art der Umwelt zu gute kommt. I.d.R wird die Umweltschutzmaßnahme durch die zweckgerechte Verwendung der Mittel durch den Gesponserten erfolgen, so etwa, wenn die Holsten Brauerei Mittel fiir das WWF-Projekt "Naturschutzgebiet Salemer Moor" bereitstellt l62 , oder der Strurnpfhersteller Falke Projekte zur Erforschung und Wiedereingliederung des Wanderfalken finanziell unterstützt163 . Der Sponsor kann allerdings auch durch eigenes umweltfreundliches Verhalten einen Beitrag zum Umweltschutz leistenl64 . Dies war beispielsweise bei der Aktion "Umweltschutz im Stadion" des 1. Fe Kaiserslautern der Fall 165 , bei der ein Fußballverein in Zusammenarbeit mit dem Landesumweltministerium selbst Maßnahmen zum Umweltschutz vornahm. Das eigene Umweltverhalten eines Unternehmens kann aber nur dann als Sponsoring bezeichnet werden, wenn es in Zusammenarbeit mit anderen Personen, Organisationen etc. erfolgtl66. Bei unabhängigen und selbständigen Aktionen eines Unternehmens fehlt es dagegen an der ror das Sponsoring typischen Förderung eines Dritten, der dann wiederum eine Gegenleistung schuldet. Eine direkte Förderung des Umweltschutzes, beispielsweise durch Einfiihrung eines umweltschonenden Produktionsverfahrens, stellt deshalb keine Maßnahme des Umweltsponsoring dar. Wird aber eine solche direkte Förderungsmaßnahme werblich genutzt, so ist dies dem Bereich der Imagewerbung zuzuordnen. Denn die Veröffentlichung eines solchen eigenen Verhaltens zielt lediglich

Vgl. die Kategorisierungsversuche bei BrohnIMehlinger, Bd.I, S.61 ff. BrohnIMehlinger, Bd.II, S.168. 162 Weitere Beispiele bei Hopfenbeck, S.346 ff. und 360 ff. 163 Beispiel nach Lambsdorff, Rn.34. . 164 Federhoff-Rink, S.46. 165 Brohn, Sozio- und Umweltsponsoring, S.24. 166 So auch BrohnIMehlinger, Bd.Il, S.176; ähnlich, allerdings ohne die Bedingung der Unterstützung eines Sponsoringpartners Federhoff-Rink, S.46. 160

161

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darauf ab, das Bild des eigenen Unternehmens in der Öffentlichkeit zu verbessern. So vielgestaltig die möglichen Förderungsleistungen des Sponsors sind, so verschieden können auch die Gegenleistungen des Gesponserten sein. Neben der möglicherweise vorhandenen altruistischen Motivation des Sponsors, den Umweltschutz zu unterstützen, liegt dem Umweltsponsoring, wie oben gezeigt, aber auch die Absicht des Sponsors zugrunde, die Ziele seiner Unternehmenskommunikation zu fordern, insbesondere den Absatz seiner Waren oder Dienstleistungen durch werbliche Maßnahmen zu verbessern l67 • Die Tatsache der Förderung des Gesponserten durch den Sponsor (die sog. Sponsorship) wird regelmäßig durch als Marketing-, als Public Relations- oder aber als Werbemaßnahrnen bezeichnete Aktionen bekannt gemacht. Insoweit läßt sich die Sponsorship selbst von der Vermarktung oder Werbung mit diesem unterscheiden; zum Sponsoring gehören jedoch immer beide Teile. Sponsoringmaßnahrnen können aber durchaus auch in erster Linie innerbetrieblichen Zielen wie der Mitarbeitermotivation dienen. So stellt etwa die Firma IBM kostenlos Mitarbeiter fiir Umweltprojekte frei. Diese Mitarbeiter werden in die Organisation des Gesponserten zeitweise eingebunden und stehen diesem zur Verfiigung, werden aber weiterhin von IBM bezahltl68 . Der werbliche Nutzen durch die im Vertrag vereinbarte Veröffentlichungsbefugnis der IBM bez. der von ihren Mitarbeitern erzielten Ergebnisse steht hier eher im Hintergrund. Für eine Betrachtung des Umweltsponsoring unter dem Aspekt der umweltbezogenen Werbung ist die Art, wie die Sponsorship zur Absatzförderung genutzt wird, von besonderem Interesse. Gerade der werblichen Nutzung der Sponsorship dient regelmäßig die vereinbarte Gegenleistung, die der Gesponserte zu erbringen hat. Diese verschiedenen Gegenleistungen reichen von einem passiven Dulden bis hin zu einer aktiven Unterstützung werblicher Maßnahmen des Sponsors durch den Gesponserten. Die passiven Formen der Unterstützung überwiegen dabei, was wohl auf steuerliche Gründe ZUfÜckzufiihren sein dürfte l69 . Ein aktives Mitwirken des Gesponserten wird in aller Regel zur Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führen, so daß die Sponsorleistung beim Gesponserten eine Steuerpflicht nach dem Gewerbe- bzw. sogar Körperschaftssteuergesetz auslöst.

Statt aller: Cordes, S.49 m.w.N. Vgl. dazu den Mustervertrag der IBM, abgedruckt bei BrnhnIMehlinger, Bd.II, S.197 ff. 169 BrnhnIMehlinger, Bd.II, S.18!. 167 168

4 Ewert

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B. Rechtstatsachen und Realprobleme

Mindestens wird der Gesponserte dem Sponsor gestatten, durch mehr oder weniger dezente Hinweise auf die Sponsorship aufmerksam zu machen. Ein solcher Hinweis enthält außer der Nennung des Gesponserten keinen Bezug zu diesem. Oft werden aber auch "Prädikate" verliehen, mit denen der Sponsor Werbung machen kann, wie etwa "Offizieller Sponsor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen" I 70 • Dabei wird nicht nur der Gesponserte genannt, sondern zugleich zum Ausdruck gebracht, daß der Sponsor (im Beispielsfall die Firma Underberg) die Anerkennung des Gesponserten (hier der Vereinten Nationen) erworben hat.

Häufig wird dem Sponsor zusätzlich erlaubt, ein Emblem oder Zeichen des Gesponserten zu verwenden, daß dann als Blickfang die Aufmerksamkeit auf den Sponsorenhinweis lenken kann. Besonders beliebt, weil besonders bekannt, sind dabei Zeichen von international anerkannten Organisationen wie etwa des World Widelife Fund For Nature mit dem WWF-Zeichen und dem Emblem des Pandabären oder das Zeichen der UNESCO. Die genaue Bestimmung der zulässigen Verwendungsmöglichkeiten dieser Namens- und Bildzeichen sowie Widerrufsrechte der Gesponserten sind dann regelmäßig Gegenstand des Sponsoringvertragesl71 • Schließlich besteht die Möglichkeit, daß der Gesponserte selbst auf den Sponsor aufmerksam macht. Dies kann bei öffentlichen Veranstaltungen wie Präsentationen oder Projekteröffnungen geschehen, bei denen Vertreter des Sponsors auftreten oder dieser zumindest genannt wird. Ein Beispiele l72 hierfür ist etwa die Eröffnung des Kinder- Umweltgipfels, bei der der Sponsor AEG genannt wurde, oder aber auch die Verleihung von Umweltpreisen l73 , die von Sponsoren gestiftet wurden. Vielfältig können aber nicht nur die vom Gesponserten zu erbringenden Leistungen sein, sondern auch die Arten der werblichen Nutzung der Sponsorship. Hier zeigt sich ein weiterer Unterschied zwischen der Imagewerbung und dem Sponsoring. Beim Sponsoring kann der Sponsor an der Popularität des Gesponserten partizipieren und sich an dessen Autorität quasi anlehnen. Bei der oben beschriebenen Form der Imagewerbung muß der Werbende dagegen ohne die Unterstützung eines Gesponserten ein eigenes Image erzeugen. Um durch Sponsoring überhaupt eine Werbewirksamkeit zu erzielen, muß die Tatsache der Förderung ökologischer Aspekte bekannt gemacht werden. 170 So die Finna Underberg, als Beispiel abgedruckt in: Umweltbezogene Werbung, Stiftung Verbraucherinstitut (Hrsg.), S.56. 171 Siehe z.B. die Vertragsbeispiele bei BrohnIMehlinger, Bd.ll, S.188 ff. m Weitere Beispiele bei Hopfenbeck, S.360 fI 173 Beispiele bei Brohn, Sozio- und Umweltsponsoring, S.30.

I. Realprobleme der Umweitwerbilllg

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Abgesehen von den wenigen Fällen, in denen der Gesponserte an die Öffentlichkeit tritt, ist dies eine Aufgabe des Sponsors. Dieser kann sich in eigenen Publikationen an die Öffentlichkeit wenden oder auch Hinweise direkt auf Produktverpackungen oder Verkaufshilfen anbringen. Zumeist wird aber zur Erzielung einer breiteren Wirkung die Medienwerbung genutzt. Sowohl in der Fernsehwerbung (bzw. sogar im redaktionellen Programm) als auch in den Printmedien findet man Hinweise auf Sponsoringaktivitäten der Werbenden. Durch diese Hinweise soll die Aufmerksamkeit des Publikums geweckt und der Absatz gefördert werden. Abzugrenzen ist das hier beschriebene Umweltsponsoring von den Formen des Ereignis- und Sendungssponsoring, die in Zusammenhang mit § 7 Rundfunkstaatsvertrag von Rechtsprechung und Lehre174 konkretisiert bzw. herausgebildet worden sind. Beim Ereignissponsoring wird vom Sponsor die Durchführung einer Veranstaltung z.B. eines Fußball-Länderspiels unterstützt, die dann von den Medien übertragen wird. Zur Erlangung der Übertragungsrechte übernehmen die Medien dann u.a. auch die Verpflichtung, mehr oder weniger deutlich auf den Sponsor aufmerksam zu machen. Im Bereich der Umweltwerbung ist diese Form des Sponsoring aber ohnehin nicht anzutreffen, da es kaum "umweltbezogene Ereignisse" gibt, die gefördert werden könnten. Soweit es aber solche gibt (beispielsweise den Kinder-Umweltgipfel), wird das Medieninteresse nicht so groß sein, daß die Medien Verpflichtungen zur Nennung des Sponsors übernehmen, um die Senderechte zu erhalten. Bei dem in § 7 Rundfunkstaatsvertrag ausdrücklich genannten Sendungssponsoring besteht die Förderung in der Finanzierung oder sonstigen Unterstützung einer Rundfunksendung. Nach der oben herausgebildeten Definition des Umweltsponsoring muß die Förderung gerade eine Förderung der ökologischen Lebensbedingungen sein. Dies ist bei der Unterstützung einer Rundfunksendung aber regelmäßig nicht der Fall. Zwar kann der sog. Widmungshinweis auf den Sponsor einen Umweltbezug haben, wenn er etwa mit einem umweltbezogenen Logo oder Produkt- bzw. Firmennamen wirbt. Dabei handelt es sich aber nicht um Umweltsponsoring, da keine Förderung zur Verbesserung der natürlichen Lebensgrundlage erfolgt. Vielmehr liegt dann eine Umweltwerbung mit nicht expliziten Produktqualitätsangaben vor. Auch wenn die geförderte Sendung einen Bezug zum Umweltschutz hat (so etwa bei der Unterstützung der Serie "Expeditionen ins Tierreich" durch die Licher-Brauerei), liegt mangels Förderung der natürlichen Lebensgrundlagen

174

4'

FederhojJ-Rink. GRUR 1992,8.642 (644).

B. Rechtstatsachen und Realprobleme

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kein Umweitsponsoring sondern allenfalls eine Form der Umweltimagewerbungvor. Die Probleme, die beim Ereignis- oder Sendungssponsoring auftreten, sind daher typischerweise keine Probleme des Umweltsponsoring l75 . Im Gegensatz zu anderen Umweltwerbungsarten besteht das Wesensmerkmal des Umweltsponsoring darin, daß der Werbende einen Umweltvorteil mittelbar durch die Unterstützung Dritter bewirken und mit dieser Tatsache werben will. cc) Die Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen Die Besonderheit der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen ist, daß der Kunde nicht durch Preis und Qualität der eigentlichen Hauptware, sondern durch Zuwendung besonderer Vorteile ohne besonderes Entgelt beeinflußt werden soll. Dabei karm das Versprechen oder Gewähren von Zugaben, Geschenken, Mitgehartikeln oder Verpackungen mit Zweitnutzen zu einer Trübung des Urteils des Kunden und dadurch zu einer Verzerrung des Wettbewerbs fiihren l76 . Die Rechtsprechung hat allerdings den Begriff der Zuwendung so weit ausgedehnt, daß sich die Entscheidungen kaum noch rational mit dem Argument des Verbraucherschutzes begründen lassen 177 , zumal ein konkreter Vorteil auf der Hand des Verbrauchers liegt. Dies führt zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der sog. Hauptleistung und den übrigen, von der Rechtsprechung als Nebenleistung bezeichneten Angebotsteilen. Dies zeigt sich etwa bei Finanzierungsangeboten oder Rückverkaufsoptionen beim Kraftfahrzeugharldel oder im Bereich der Umweltwerbung bei der Abgabe von Stoff- oder Papiertragetaschen. Eine eindeutige Einordnung der einen oder anderen Maßnahme als zulässige "Verbesserung des Hauptangebots,,178 oder zulässige Verkaufshilfe bzw. als unzulässige Zuwendung eines weiteren Vorteils läßt sich kaum treffen. Für die phänomenologische Differenzierung in Fallgruppen braucht auf diese rechtliche Problematik aber noch nicht eingegangen zu werden. Hier genügt es, alle Werbeformen zusammenzufassen, die sich als Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen klassifizieren lassen, unabhängig davon, als was die Rechtsprechung dies beurteilt. Unter den Begriff der Nebenleistung sollen allerdings hier nur solche Leistungen fallen, die dem Kunden gegenüber erbracht werden. Zwar könnte man hierunter auch Sponsoringleistungen an Dritte verstehen, zumal wenn sich der Sponsor dem 175 Dies verkennt Federhoff-Rink, 8.47 tT. 176

BaumbacMlefermehl, § I Rn.85.

177 Emmerich, 8.162 mit zahlreichen Beispielen. 178 BGH, NJW RR 1993, 8.550 f.

I. Realprobleme der Umweltwerbung

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Kunden gegenüber dazu verpflichtet. Da der Kunde aber daran zumindest kein eigenes wirtschaftliches Interesse hat, soll das Umweltsponsoring nicht als Nebenleistung, sondern als eigenständige und gesondert zu beurteilende Leistung verstanden werden. Inwieweit sich diese Einteilung nach dem äußeren Erscheinungsbild mit der rechtlichen Beurteilung deckt, soll später noch erörtert werden. Wie oben gezeigt I 79 , kann von Umweltwerbung nur gesprochen werden, wenn eine Werbemaßnahme einen Umweltbezug hat und einen Umweltvorteil in Aussicht stellt. Deshalb liegt keine Umweltwerbung vor, wenn lediglich eine umweltfreundliche Verpackung verwendet oder Stofftragetaschen abgegeben werden l80 • Erst durch einen werblichen Hinweis auf diesen Umweltvorteil der Nebenleistung entsteht der Umweltbezug und damit eine umweltbezogene Werbung mit Nebenleistungen. Dies wird besonders deutlich bei der Erstattung von Fahrtkosten im öffentlichen Personennahverkehr. Eine solche Erstattung richtet sich alleine nach den allgemeinen Wettbewerbsregeln und insbesondere nach der ZugabeVO l81 • Erst wenn ein Hinweis dahingehend erfolgt, daß der Fahrtkostenzuschuß aus Gründen des Umweltschutzes gewährt wird, stellt sich die Problematik der Umweltwerbung l82 • Gleiches gilt auch fiir eine Verpackung mit Zweitnutzen. Eine Einordnung als Umweltwerbung kommt auch hier nur in Frage, wenn auf die Umweltrelevanz eines Zweitnutzens hingewiesen wird, oder dieser zumindest offensichtlich ist. So liegt z.B. keine Umweltwerbung vor, wenn mit dem Zweitnutzen einer Kaffeeverpackung als Salatschüssel183 oder als Meßbecher l84 geworben wird, ohne daß auf den Umweltvorteil der Müllvermeidung hingewiesen wurde, auch wenn man, wie der BGH bereits in der Entscheidung aus dem Jahre 1976, den Umweltschutzaspekt fiir die Auslegung des Begriffs der Handelsüblichkeit einer Zugabe heranzieht. Handelt es sich dagegen um eine Verpackung, die mit der Ware eine Einheit bildet (beispielsweise eine aus hygienischen Gründen vorgeschriebene Lebensmittelverpackung), so wird bei einer umweltbezogenen Bewerbung der Verpackung zwar eine Umweltwerbung, jedoch keine Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen vorliegen, denn die Verpackung ist dann integrierter Bestandteil des Produkts. In solchen Fällen (z.B. Milch im sog. "Tetra8iehe oben B.I.l. 80 wohl auch BGH, GRUR 1994, 8.656 fT. 1,81 80 z.B. OLG Hamm, GRUR 1994, 8.912 f. 182 KöhlerlPiper, § 1 Rn.44. 183 BGH, WRP 1976,8.685. 184 KG, WRP 1976, 8.553. 179

180

B. Rechtstatsachen Wld Realprobleme

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Pack" 185 ) liegt vielmehr eine Werbung vor, die sich auf die Hauptleistung bezieht. Ist eine Verpackung zwar nicht notwendig, hat aber auch keinen Zweitnutzen, wird man hierin keinen besonderen Vorteil oder eine Nebenleistung erblicken können. Es kommt entweder eine Einordnung als produktqualitätsbezogene Werbung (soweit man die Verpackung als Teil der Hauptleistung ansieht und die Angabe sich auf deren Beschaffenheit bezieht) oder als Imagewerbung in Betracht. Inwieweit diese phänomenologische Überlegung auch eine Entsprechung auf der Seite der rechtlichen Beurteilung findet, soll unten186 erörtert werden. Neuerdings tritt verstärkt das Angebot der umweltgerechten Entsorgung von alten Produkten auf. So wird etwa beim Kauf neuer Haushaltsgeräte (insb. bei Kühlschränken oder Elektronikgeräten) die umweltgerechte Entsorgung des Altgeräts versprochen. Beim Kraftfahrzeughandel gehört ein solches Angebot heute schon fast zum Standard. Dabei wird dem Käufer oft nicht nur die fachgerechte Entsorgung versprochen, sondern gleichzeitig ein auf den Kaufpreis anrechenbarer finanzieller Vorteil gewährt. Dies legt nahe, daß es in diesen Fällen weniger um die Entsorgungsleistung als um einen verschleierten Rabatt geht l87 • Trotzdem sind diese Angebote als Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen anzusehen. Ebenso sind die Versprechen von Herstellern oder Händlern einzuordnen, ein neu gekauftes Gerät werde am Ende seiner Gebrauchsdauer zurückgenommen. Anders liegt der Fall aber, wenn der Anbieter lediglich auf eine Wiederverwertbarkeit oder umweltgerechte Entsorgbarkeit einer Ware hinweist, ohne eine solche Leistung selber zu versprechen. Darin liegt dann lediglich eine produktqualitätsbezogene Werbeaussage; der Umweltvorteil haftet nämlich dem Produkt selber an. Da der von einer Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen in Aussicht gestellte Umweltvorteil sich nicht auf die Qualität des Produktes bezieht sondern auf die versprochene oder gewährte Nebenleistung, kann diese Werbeform eindeutig in die Gruppe der nicht produktqualitätsbezogenen Werbung eingeordnet werden. In diese Fallgruppe gehören daher die Fahrtkostenerstattung mit Hinweis auf die Umweltfreundlichkeit, das mit dem Bezug einer Ware verbundene Entsorgungsabgebot sowie die Abgabe von mehrfach verwendbaren Verpackungen oder Verpackungen mit Zusatznutzen.

185 186 187

So wohl auch OLG Karlsruhe, WRP 1993, S.122 f. C.I.2.c). OLG Karlsruhe, WRP 1996, S.582 tT.

I. Realprobleme der Umweltwerbung

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dd) Die Werbung mit Umweltappellen Auf den ersten Blick mag es erstaunlich sein, die Werbung mit Umweltappellen als eigenständige Fallgruppe aufzuführen, soweit man eine Kategorisierung nach dem äußeren Erscheinungsbild der Werbeformen vornimmt. Enthält doch jede Wirtschaftswerbung, so auch die Umweltwerbung, mehr oder weniger direkt einen Appell, eine Ware oder Leistung zu beziehen und jede Form der Umweltwerbung stellt einen Umweltvorteil in Aussicht. So gesehen könnte in jeder Umweltwerbemaßnahme auch ein Umweltappell stecken. Bei genauerer Betrachtung dieser Fälle zeigen sich aber auch im äußeren Erscheinungsbild der Werbung mit Umweltappellen Unterschiede zu den übrigen Erscheinungsformen der Umweltwerbung, die die Zuordnung in eine eigene Fallgruppe rechtfertigen. In der Rechtsprechung wird häufig darauf abgestellt, daß einzelne Werbemaßnahmen einen Umweltappell darstellen. In diesen Fällen wurden die angegriffenen Werbemaßnahmen regelmäßig untersagtl88. Auch in der Literatur finden sich Stimmen, die eine Werbung mit Umweltappellen schlichtweg für sittenwidrig halten l89 , da sie vom Preis und der Qualität des Produkts ablenke und die altruistische Motivation der Kunden ausnutze, ohne daß genauer beschrieben würde, was unter einem solchen Umweltappell zu verstehen ist. Daher soll zunächst verdeutlicht werden, welche Fälle der Umweltwerbung hier als Umweltappelle verstanden werden sollen. Auch bei der Werbung mit Umweltappellen wird ein Umweltvorteil in Aussicht gestellt oder angepriesen. Dieser wird aber nicht direkt mit einem Image, einer Förderung Dritter, einer Nebenleistungen oder der Produktqualität selbst in Verbindung gebracht. Vielmehr wird der Umweltvorteil als von einer Handlung des Umworbenen abhängig dargestelle 90 . Die Werbung mit einem Umweltappell ruft den Verbraucher in erster Linie dazu auf, durch eine bestimmte Bezugsentscheidung selbst etwas für den Umweltschutz zu tun l91 , anstatt, wie beim Kaufappell, nur zum Kauf aufzufordern 192 . In einigen Fällen der Umweltwerbung wird an Handlungen des Konsumenten angeknüpft, die über den bloßen Bezug einer Ware oder Leistung hinausgehen. Diese Fälle sollen aber nicht als Umweltappelle verstanden werden, weil bei ihnen der Umweltvorteil nicht nur von der Vornahme einer konkreten

188

189

Vgl. dazu unten die Beispiele zu C.I.2.d). 80 Nordemann, Rn.206; einschränkend: Stillner, VuR 1992, 8.46 (47); Filger,

8.296. 190 Federho.IJ-Rink, 8.89. 191 Köhler, 8.348. 192 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.362.

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B. Rechtstatsachen und Realprobleme

Bezugsentscheidung abhängig gemacht wird. So entsteht etwa noch kein Umweltvorteil durch den Bezug einer Mehrwegflasche, sondern erst durch die aktive Teilnahme am Mehrwegsystem, also insbesondere auch durch die Rückgabe der Flaschen. Auch bei der Erstattung von Fahrtkosten im ÖPNV ergibt sich ein Umweltvorteil erst, wenn der Konsument tatsächlich auf die Benutzung seines Autos verzichtet und statt dessen öffentliche Verkehrsmittel benutzt. So wird in der Werbung beispielsweise nicht direkt zur Benutzung des ÖPNV und zum Stehenlassen des eigenen PKW aufgerufen, sonder das Angebot der Fahrtkostenerstattung herausgestellt, dem Kunden wird dabei verdeutlicht, daß der Umweltvorteil auf einer Leistung des Werbenden beruht. Wie oben gezeigt, liegt Umweltwerbung in diesen Fällen nur dann vor, wenn auf die Umweltvorteile hingewiesen wird. Das vom Kunden abverlangte Verhalten dient lediglich dazu, den im Angebot des Werbenden enthaltenen Umweltvorteil zu realisieren. Hat dagegen der Umworbene keine Handlungsalternative, weil er nicht in der Situation ist, eine Bezugsentscheidung vorzunehmen, kann auch kein Umweltappell im hier dargestellten Sinne vorliegen. Serviert etwa eine Fluggesellschaft ihren Passagieren einen Imbiß in einer Verpackung mit dem Aufdruck "Diese Verpackung ist aus Karton. Der Umwelt zuliebe", so besteht für die Betroffenen nicht die Möglichkeit, ein anderes Produkt zu wählen. Da auch der Verzicht auf den angebotenen Imbiß keine Umweltentlastung bringt, da das Essen nicht mehr erneut anderen Passagieren angeboten werden kann, besteht in solchen Fällen keine Handlungsalternative. Eine solcher Werbehinweis fordert die Umworbenen daher nicht zu einem umweltfreundlichen Handeln auf. Er dient vielmehr alleine der Selbstdarstellung des Unternehmens, also der Imagewerbungl93 . Diese Formen der Werbung richten sich also nicht nur auf die Vornahme einer konkreten Bezugsentscheidung. Demgegenüber weist ein Umweltappell nicht in erster Linie auf solche Zusammenhänge hin, sondern fordert den Kunden lediglich auf, eine bestimmte Bezugsentscheidung zu treffen. Der Kunde wird zu umweltfreundlichem Handeln, das im Erwerb einer Ware besteht, aufgefordert, ohne daß genauere Erläuterungen erfolgen, worin nun eigentlich der Umweltvorteil besteht (so z.B. "Ha-Ra: Damit Mensch und Natur eine Chance haben"194, "Aktiver Umweltschutz durch Diamant Fliegengaze"195). Ein Umweitappelliiegt also dann vor, wenn sich die Handlung des Konsumenten, an die der Umweltvorteil anknüpft, allein in der Bezugsentscheidung für die Ware erschöpft. Ein Umweltappell kann auch darauf abzielen, daß der Umworbene seine Bezugsentschei193 LG Frankfurt M, WRP 1991, S.349 f, das LG hat hier zu Recht keinen Umweltappell angenommen, die Klage jedoch filr begründet gehalten. 194 OLG Saarbrücken, WRP 1992, S.51O ff. 19S FUger, S.1l8.

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dungen aus dem gesamten Angebot eines Anbieters deckt, daß also nicht nur ein konkretes Produkt angepriesen wird, sondern alle Produkte des Anbieters (z.B. "Schützt unsere Umwelt, wie wir von Kaisers"l96 , "Umweltschützen, mach mit,,197). Auch hier mag sich zwar ein Umweltvorteil realisieren, der bereits im Angebot des Werbenden enthalten ist. In a11 solchen Fällen wird nicht die eigene Leistung des Anbieters in den Mittelpunkt gestellt, sondern der Appell an den Umworbenen, etwas für die Umwelt zu tun. Soweit überhaupt nähere Erläuterungen zum Umweltbezug erfolgen, geschieht dies nicht, wie beim Umweltappell selbst, blickfangmäßig, sondern durch nicht weiter hervorgehobene Begleittexte oder auch nur durch Umweltsymbole. Wird dagegen das Angebot des Werbenden in den Mittelpunkt gestellt, so liegt kein Umweltappell vor. Der Unterschied zwischen Umweltappellen und anderen Formen der Umweltwerbung ist nur graduell. Bewirbt etwa ein Hersteller ein Haushaltsgerät mit dem Hinweis, dieses sei umweltfreundlich weil wasser- und energiesparend, so fordert er zum Kauf dieses Geräts und der Realisierung des darin liegenden Umweltvorteils auf. Stellt der Anbieter die konkreten Umweltbezüge aber nicht heraus, sondern beschränkt sich nur auf die Aufforderung, der Kunde solle einen Umweltbeitrag leisten, so liegt ein Umweltappell vor. Bei der Werbung mit Umweltappellen besteht die vom Umworbenen geforderte Handlung im Bezug eines Produkts oder einer Leistung. Dagegen liegt keine Werbung mit Umweltappellen vor, wenn lediglich dazu aufgefordert wird, die Verpackung des Produkts nicht achtlos wegzuwerfen (so beispielsweise der Hinweis "Schützt Land und Natur" auf Kaugummipackungen). Damit eine Bezugsentscheidung eines Konsumenten tatsächlich einen Umweltvorteil hervorbringt, muß dieser im Angebot des Werbenden zumindest angelegt sein. Dies ist etwa der Fall, wenn das beworbene Produkt gegenüber anderen umweltverträglicher ist (Fliegengaze statt Insektizide, s.o.) oder wenn eine Nebenleistung einen Umweltvorteil enthält (z.B. Verpackung mit Zweitnutzen). Der Umweltvorteil kann aber auch in der Förderung des Umweltschutzes durch finanzielle Unterstützung eines Dritten liegen. Hier zeigen sich Parallelen zum Umweltsponsoring. Ist aber bei letzteren Maßnahmen die Förderung des Umweltschutzes letztlich vom Willen des unterstützenden Unternehmens abhängig, so fordern die Umweltappelle ein Handeln des Umworbenen ein, der die Mittel für die Förderleistung entrichten soll. Die Förderung des Umweltschutzes durch das werbende Unternehmen besteht dann lediglich in der Weiterleitung der vom Kunden gezahlten Beträge. Das "fördernde" Unternehmen tritt dann nur noch als eine Art Zahlstelle auf, ohne selbst einen eigenen Beitrag zu leisten. Bei dieser Art der Werbung geht es nicht darum, daß der Wer196 197

KG, WRP 1991, S.30 ff. LG Mannheim, VuR 1990, S.227 f.

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B. Rechtstatsachen und Realprobleme

bende sich selbst als Förderer darstellt, sondern darum, dem Kunden ein umweltfreundliches Verhalten abzuverlangen, nämlich den Kauf der angebotenen Ware, der mit einer finanziellen Zuwendung an einen Dritten verbunden ist. Gewisse Parallelen zeigen sich hier auch zur Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen. Die Werbung mit Umweltappellen läßt den Konsumenten an der Erbringung des Umweltvorteils gleichsam teilhaben, im Gegensatz zur Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen muß der Konsument dafür jedoch eine eigene Gegenleistung erbringen. Die Werbung mit Umweltappellen tritt meist in Kombination mit anderen Umweltwerbeformen in Erscheinung. Denn einerseits kann in einem bloßen Appell nur selten ein Umweltvorteil dargestellt werden. Andererseits wirkt die Aufforderung an andere, etwas fiir die Umwelt zu tun, nicht glaubwürdig, wenn der Auffordernde selbst keinen Beitrag leistet. Typisch fiir die Umweltappelle im hier verwendeten Sinn ist aber, daß die Aufforderung an den Kunden, eine bestimmte Bezugsentscheidung zu treffen und dadurch selbst einen Umweltbeitrag zu leisten, im Vordergrund steht. Dabei werden die Konsumenten direkt angesprochen. Der Anbieter offeriert in erster Linie die Möglichkeit fiir den Konsumenten einen Beitrag fiir die Erhaltung der Umwelt zu erbringen. Der in Aussicht gestellte Umweltvorteil wird dabei als direkt vom Verhalten des Umworbenen abhängig dargestellt. Die angebotenen Produkte oder Leistungen stehen dann im Hintergrund. 5. Das Spannungsverhältnis zwischen Umweltvorteil und Umweltwerbung Wie oben bereits dargestellt, dient die Umweltwerbung, wie jede Werbung, den Werbetreibenden dazu, ihren Waren- oder Dienstleistungsabsatz zu erhöhen. Andererseits soll die Umweltwerbung die Nachfrager über das Angebot bzw. den Markt informieren. Wie bei allen anderen Werbeformen auch, weicht die Realität der Werbepraxis von diesem Bild einer idealen Marktfunktion ab. Bei der Umweltwerbung treten jedoch sowohl auf Anbieter- als auch auf Nachfragerseite besondere Probleme auf, die sich bei anderen Werbeformen nicht oder nicht in diesem Ausmaß stellen. Das Auftreten dieser Probleme sowohl fiir Anbieter als auch fiir Nachfrager ist dabei eng mit den spezifischen Eigenheiten der Umweltwerbung verknüpft. Jene Probleme fUhren wiederum dazu, daß die Werbetreibenden ihre Werbestrategien anpassen müssen, um das Funktionieren des Marktes und die Zugkraft des Umweltarguments zu erhalten. Hier zeigt sich ein Spannungsverhältnis von Ökologie und Ökonomie, respektive von Umweltvorteil und Umweltwerbung.

I. Realprobleme der Umweltwerbung

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Im Bereich der Wirtschaftswissenschaften hat die Problematik von Ökologie und Ökonomie eine große Aufmerksamkeit erfahren und zu einer Flut von Veröffentlichungen über "Umweltökonomie,,198 und "Umweltmanagement"l99 gefiihrt. In der juristischen Literatur hat sich dies jedoch kaum niedergeschlagen. Die informationsökonomischen Ansätze von Van den BerghlLehmann2°O zum Verbraucherschutz und von Keßlero l zu den umweltbezogenen Aussagen in der Produktwerbung haben bisher nicht zu einer intensiveren Beachtung dieser Probleme im rechtlichen Bereich gefiihrt. Soweit die juristische Literatur überhaupt auf die rechtstatsächlichen Einflüsse von Ökonomie und Ökologie202 eingeht, bleibt dies zumeist auf einen Hinweis auf die Existenz solcher Probleme beschränkt203 . Federhoff-Rink204 geht von einer ganzheitlichen Konzeption, nicht nur der Umweltwerbung, sondern der gesamten Unternehmenskommunikation aus. Zwangsläufig werden daher allgemeine Fragen der Unternehmenskommunikation in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt und dadurch die von den Eigenheiten des Umweltbezuges verursachten Probleme aus dem Blick verloren. Gerade auf diese Eigenheiten der Umweltwerbung soll im folgenden eingegangen werden, soweit dies im Rahmen einer juristischen Arbeit möglich ist. a) Der Umweltvorteil als externer Effekt oder als Kundennutzen Bei der Umweltwerbung werden Umweltvorteile in Aussicht gestellt oder angepriesen. An dieser Stelle soll nun eine genauere Betrachtung der Natur dieses Vorteils erfolgen. Ein Umweltvorteil besteht regelmäßig darin, daß schädliche Einflüsse auf die Umwelt beseitigt oder vermieden werden. Bei den schädlichen Umwelteinflüssen handelt es sich zumeist um sog. externe Effekte, die ein charakteristisches Merkmal umweltökonomischer Probleme sind205 . Der Begriff der externen Effekte soll zunächst erläutert werden, bevor auf die Auswirkungen fiir die Umweltwerbung eingegangen wird.

198 80 z.B. Weimann und Cansier nach LitVerz.

Tiebler in: Steger, Handbuch, Kap.l2; Steger, MA 1994,8.216 fT. Van den BerghlLehmann, GRUR Int. 1992,8.588 ff. 201 Keßler, WRP 1988,8.714 ff. 202 Ausfilhrlich zu den dogmatischen Problemen im Verhältnis Umweltschutz und UWG: Filger, S.16 ff, jedoch ohne Bezug zu den ökonomischen Hintergründen. 203 Daher zu Recht die Kritik Keßlers, VuR 1995, S.228 f an der Dissertation von Cordes. 204 Federho./J-Rink, S.226. 205 Weimann, S.94. 199

200

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B. Rechtstatsachen lllld Realprobleme

Externe Effekte sind bestimmte Auswirkungen, die von einem Unternehmen oder einem Konsumenten ausgehen und zu Beeinträchtigungen Dritter fUhren. Charakterisierend für diese Auswirkungen ist, daß sie der Steuerungsmöglichkeit der Betroffenen über das Preissystem des Marktes entzogen sind206 . Diese abstrakte Erläuterung soll an Hand von Beispielen verdeutlicht werden. Bei der Güterproduktion anfallende Abgase oder Abwässer werden freigesetzt bzw. in Gewässer eingeleitet (sog. Produktionsexternalität). Bei dem privaten Betrieb von Kraftfahrzeugen ohne Katalysator werden große Mengen an Kohlendioxid freigesetzt (sog. Konsumexternalität). Diese Beeinträchtigungen sind in den Grenzen des Umweltrechts von der Allgemeinheit hinzunehmen. Sie verursachen aber weder beim Produzenten noch beim Konsumenten Kosten und wirken sich deshalb auf die Preise (des Produktes bzw. des Autofahrens) nicht aus. Eine Vergrößerung der Beeinträchtigung (durch mehr Abgase) fUhrt also i.d.R. nicht zu steigenden Preisen und zu einer Verringerung der Nachfrage für das Produkt oder zu geringerer Nutzung privater Kraftfahrzeuge. Regelmäßig wird eine Vermeidung oder Reduzierung der Beeinträchtigung (hier also der Abgase), ein sog. "positiver externer Effekt,,207, die Kosten nicht senken und nicht zu einer verstärkten Nachfrage fUhren. Die externen Effekte liegen also außerhalb des Einflusses der Preissteuerung. Das Problem verschärft sich sogar noch dadurch, daß die Reduzierung externer Effekte etwa durch Umweltschutzmaßnahmen (z.B. Abgasentschwefelungsanlage, Katalysator) hohe Kosten verursachen können. Da diesen Ausgaben i.d.R. keine Kosteneinsparung durch die Vermeidung externer Effekte, also die Schonung der Umwelt, gegenübersteht, wird sich der Preis für umweltfreundliches Verhalten auf Angebots- sowie auf Nachfrageseite eher noch erhöhen. Eine Folge dieses Zusammenhangs ist wohl auch die verbreitete Erwartungshaltung der Verbraucher, ein umweltfreundliches Produkt sei entweder teurer oder weniger gebrauchstauglich als ein herkömmliches Produkt208 . Das Grundproblem der externen Effekte besteht also darin, daß sie sich der Preissteuerung des Marktes entziehen. Dies hat seinen Grund letztlich in der Natur der Umwelt als kollektives oder öffentliches Gut209 , d.h., daß für die Nutzung der Umwelt normalerweise kein Preis bezahlt werden muß und niemand von der Nutzung dieses Gutes ausgeschlossen werden kann210 . Dabei heißt "Nutzung" der Umwelt meist Verschmutzung oder Zerstörung. Diese Beeinträchtigungen betreffen aber die Allgemeinheit und nicht nur die Verursacher. Weimann, S.19. HUserlMUhlenkamp, Marketing 1992, S.149 (153). 208 AdeltIMUller/Zimmennann, S.164. 209 Kaas, Die Betriebswirtschaft 1992, S.473 (474). 210 Weimann, S.47. 206

207

I. Realprobleme der Umweltwerbung

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Vor diesem wirtschaftlichen Hintergrund müßte sich eigentlich eine düstere Perspektive fiir die Zukunft unserer Umwelt abzeichnen. Die folgenden Überlegungen werden aber zeigen, daß es durchaus noch Auswege aus dieser Situation gibt. Zum einen besteht die Möglichkeit, daß sich durch eine Reduzierung von Produktexternalität gleichzeitig die Produktionskosten reduzieren. Falls ein Unternehmen durch Umstellung des Produktionsverfahrens die Menge an kostspielig zu entsorgendem Sondermüll reduzieren kann, wird sich dies als Kostenvorteil auswirken. Gleiches gilt auch fiir die Einfiihrung energiesparender Produktionsverfahren. Der Kostenvorteil kann dann als Preisvorteil an den Abnehmer weitergegeben werden. Zum anderen besteht die Möglichkeit, daß sich durch die Reduzierung externer Effekte für den Kunden ein zusätzlicher (interner) Nutzen ergibt. So kann sich etwa die Anschaffung energie- und wassersparender Haushaltsgeräte fiir den Konsumenten dadurch rechnen, daß er Strom- und Wasserkosten spart. Er kann den Umweltvorteil, also die Reduzierung der externen Effekte, internalisieren. Eine solche Internalisierung kann nicht nur über Kosten und Preise, sondern auch über die Produktqualität erfolgen. Dies ist der Fall, wenn durch umweltfreundliche Produktionsverfahren hochwertigere Produkte hergestellt werden können. In all diesen Fällen gibt es den Umweltschutz gleichsam zum Nulltarif ll . Diese Fälle, in denen die Reduzierung externer Effekte einen internalisierbaren Nutzen haben, stellen aber im Wirtschaftsleben eher eine Ausnahme dar. Meistens wird der Umweltvorteil sich lediglich darauf beschränken, daß das öffentliche Gut zugunsten der Allgemeinheit geschont wird, wie z.B. bei der Reduzierung von FCKW oder der Verwendung biologisch abbaubarer Detergenzien. Eine vollständige Internalisierung des "positiven externen Effekts" kann beim einzelnen ohnehin nie eintreten, da der Umweltvorteil dem öffentlichen Gut Umwelt nützt, von dessen Teilhabe die anderen ja nicht ausgeschlossen werden können2l2 . Eine "künstliche" Internalisierung externer Effekte über die Kosten könnte allerdings durch kooperatives Verhalten erreicht werden2l3 . Ein Beispiel dafiir ist die Einführung des Katalysators. Der Einsatz des Katalysators wird für den Autofahrer dann zu einer wirtschaftlich vernünftigen Alternative, wenn dafiir die Kraftfahrzeugsteuer ermäßigt und der zum Betrieb benötigte bleifreie Kraftstoff billiger angeboten wird als der verbleite. Auf solche Weise können die Kosten der Nutzung des öffentlichen Gutes Umwelt respektive die externen 2ll 212 213

Kaas, a.a.O. S.475. HaserlMahlenkamp, a.a.O. S.153. Weimann, S.88 ff.

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B. Rechtstatsachen Wld Realprobleme

Effekte internalisiert werden. Den erhöhten Kosten stehen dann Einsparungen fiir die Schonung des öffentlichen Gutes Umwelt gegenüber. Voraussetzung ist aber immer das Vorliegen eines Mechanismus, der die Kosten auf die jeweiligen Venusacher abwälzt und fiir alle Betroffenen gleichermaßen gilt. Solche Regelungsmechanismen müssen dann quasi als Steuer von außen oktroiert werden. Wie die Diskussion um die C02 Abgabe und die ökologische Steuerreform zeigt, ist dies sehr problematisch, zumal es an Erfahrungen und Erkenntnissen hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen fiir solche Kostenregelungen und auch hinsichtlich der Wechselwirkung von menschlichem Verhalten und Umwelt fehlt. Auch wird eine Kooperation der Unternehmen mit dem Ziel, externe Effekte in die Produktionskosten zu integrieren, rasch an die Grenzen des Kartellrechtes stoßen. Eine vollständige Internalisierung aller externen Umwelteffekte ist auf solche Weise sicher nicht zu erreichen. Als Folgerung ergibt sich demnach, daß ein Umweltvorteil eines Produktes oder einer Leistung nur selten, aber nie vollständig über die Kosten oder den (internen) Nutzen des Kunden internalisierbar ist. Aus diesen Überlegungen lassen sich Kosequenzen fiir die Umweltwerbung ziehen. Soweit der Umweltvorteil sich teilweise auch als persönlicher Vorteil fiir den Umworbenen zeigt und das beworbene Produkt deshalb hinsichtlich Kosten und Nutzen mit den Konkurrenzprodukten gleichwertig ist, ergeben sich insoweit fiir die Werbung keine besonderen Schwierigkeiten214 . Allerdings ist zu berücksichtigen, daß die Umworbenen häufig mit dem Umweltvorteil eines Produktes die Erwartung eines höheren Preises oder einer geringeren Gebrauchstauglichkeit verknüpfen. Die Darstellung des Umweltvorteils kann dann als zusätzliches Werbeargument zum Einsatz kommen, so zum Beispiel in Werbeaussagen wie "Spart Wasser, spart Energie, spart Waschmittel und spart Arbeit" für eine Waschmaschine 215 . Damit kann dem Umworbenen neben den eigenen Vorteilen zugleich auch der Umweltvorteil vermittelt werden. Häufig wird sich der fiir den Konsumenten unmittelbar erfahrbare Zusatznutzen allerdings eher als ein Nutzen für die Gesundheit als einen Umweltvorteil i.S.d. Definition unter B.I.l. darstellen. Dies liegt daran, daß positive externe Effekte in der Umwelt fiir den Einzelnen meist nicht spürbar werden. Bei der Gesundheitswerbung stellt sich das Problem der Internalisierung eines externen Effektes als Kundennutzen nicht. Der Nutzen tritt hier direkt in Form einer Gesundheitsförderung ein. Deshalb erscheint auch die Abgrenzung der Gesundheitswerbung von der Umweltwerbung inhaltlich sinnvoll. Kaas, a.a.O. S.476. Als Beispiel abgedruckt in: Umweltbezogene WerbWlg, Stiftung Verbraucherinstitut (Hrsg.), S.43. 214

215

I. Realprobleme der UmweltwerbWlg

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Problematischer ist die Situation aber, wenn Produkte oder Leistungen beworben werden, die wegen ihrer höheren Umweltfreundlichkeit teurer sind oder einen geringeren Gebrauchswert fiir den Konsumenten haben als Konkurrenzprodukte. Der Hinweis auf die fiir den Konsumenten greifbaren Vorteile des Produkts reichen für die Werbung in diesem Fall nicht aus. Vielmehr muß der Beworbene dazu gebracht werden, für den Umweltvorteil selbst einen gewissen Preis zu bezahlen. Diese Bereitschaft wird aber nur bei denjenigen Konsumenten vorliegen, die zumindest ein rudimentäres Grundverständnis der ökologischen Zusammenhänge und ein gewisses diesbezügliches Interesse haben. Ein solches Umweltbewußtsein ist notwendige, allerdings nicht hinreichende Bedingung für die Wirksamkeit einer solchen Umweltwerbung. Denn erst wenn dieses "Potential" aktiviert werden kann, kann ein positiver externer Effekt dem Konsumenten als werbewirksamer Vorteil dargestellt und für die Absatzforderung genutzt werden. b) Der Umweltvortei/ als "Vertrauenseigenschaft" Wer Werbung treibt, will den Absatz seiner Waren oder Dienstleistungen erhöhen, indem er die Entscheidung des Abnehmers zu Gunsten der beworbenen Produkte oder Leistungen beeinflußt. Bei der Umweltwerbung dient dieser Beeinflussung der Umweltvorteil, sei er produktqualitätsbezogen oder nicht. Ein Umweltvorteil, der für dem Abnehmer nicht bekannt ist, kann die Bezugsentscheidung nicht beeinflussen. Der Umweltvorteil muß für den Abnehmer also erfahrbar werden. Auf welche Weise der Abnehmer eine fiir ihn relevante Information erhalten kann, hängt maßgeblich von der Eigenart des beworbenen Gegenstandes und dem Bezugspunkt des Umweltvorteils selbst ab. Auf Phillip Nelson216 geht die Unterscheidung in "search -" und "experience qualities" zurück. Erstere Eigenschaften sind solche, die der Konsument schon vor dem Kauf selbst in Erfahrung bringen kann, wie etwa der Schnitt eines Kleidungsstücks. Letztere Eigenschaften kann der Konsument erst nach dem Kauf feststellen, beispielsweise den Geschmack einer Fischkonserve. Die dabei gemachte Erfahrung kann der Käufer bei der nächste Kaufentscheidung heranziehen (repeat purchase mechanismfl7. Bei näherer Betrachtung lassen sich aber auch Eigenschaften finden, deren Vorliegen sich sogar einer nachträglichen Erfahrung durch den Konsumenten entziehen (so z.B. die Herkunftsangaben für Produkte), bzw. bei denen eine 216 217

Nelson, The Jownal ofPolitical Economy 1974, S.729 (730). Nelson, a.a.O.

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B. Rechtstatsachen Wld Realproblerne

nachträgliche Erfahrung nicht mehr hilfreich ist, weil die Erfahrung nicht rur eine neue Bezugsentscheidung herangezogen werden kann (z.B. Kauf eines Eigenheims, Auswahl des Arztes fiir eine riskante Operation). In dieser Situation ist der Kunde darauf angewiesen, auf die ihm gegebenen Informationen zu vertrauen; solche Produkte werden als Vertrauensgüter oder "confidence goods" bezeichnee l8 . Überträgt man diese Erkenntnisse auf die Werbung mit Umweltvorteilen, so ergibt sich folgendes Bild. Einen Umweltvorteil, der fiir den Kunden schon vor dem Kauf überprüfbar ist, gibt es praktisch nicht, weil der Vorteil regelmäßig erst in der Zukunft eintreten soll. Ein Umweltvorteil ist daher regelmäßig keine "seareh quality". Soweit sich ein Umweltvorteil beim Konsumenten teilweise internalisieren läßt, besteht in manchen Fällen die Möglichkeit, dies nachträglich festzustellen ("experience quality"). Hat eine Energiesparlampe etwa nicht die versprochene Lebensdauer, so kann der Konsument dies bei nachfolgenden Käufen berücksichtigen. Einen Spareffekt einzelner Haushaltsgeräte bezüglich Stromoder Wasserverbrauchs wird der einzelne Konsument aber wohl kaum verifizieren können, da er den Verbrauch einzelner Geräte normalerweise nicht messen kann. Auch versagt der "repeat purchase mechanism" bei Gütern, die hohe Investitionskosten auslösen oder eine lange Lebensdauer haben. So wird man kaum angeblich energiesparende Heizungsanlagen, wärmeisolierende Fenster oder sparsame Motoren durch andere ersetzen, nur weil die gewünschten Einspareffekte nicht eingetreten sind. Sofern eine Internalisierung des Umweltvorteils fiir den Konsumenten überhaupt nicht stattfindet, wird der Einzelne auch nicht feststellen können, ob der Umweltvorteil tatsächlich eintritt. Dies gilt nicht nur fiir die Fälle der Konsumexternalität, sonders auch besonders fiir die Reduzierung der Produktionsexternalität, die rur Konsumenten nicht feststellbar ist. Somit stellt sich der Umweltvorteil in der überwiegenden Zahl der Fälle als Vertrauenseigenschaft~19 . Mangels eigener Erfahrbarkeit des Umweltvorteils fehlt es dem Konsumenten deshalb an Informationen, die fiir seine Kauf- oder Bezugsentscheidung wichtig sind. Bei den Anbietern der Waren oder Dienstleistungen liegen diese Informationen dagegen vor. Dieses auch als Informationsasymmetrie bezeichnete Phänomen tritt gerade im Zusammenhang mit der Umweltwerbung verstärkt auf20 •

Van den BerghILehmann, GRUR Int. 1992, S.588 (591). Kaas, a.a.O. S.479. 220 HüserIMühlenkamp, a.a.O. S.150. 218 219

I. Realprobleme der Umweltwerbung

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Mit den Problemen von Informationsdefiziten auf Märkten allgemein beschäftigt sich der als "Informationsökonomie" bezeichnete Zweig der Wirtschaftswissenschaften, der auf den Erkenntnissen des Nobelpreisträgers G.J.Stigler aufbaut221 . Stigle~22 erkannte, daß das Funktionieren des Marktes von der Information der Marktteilnehmer abhängt und daß diese Information Kosten verursacht (sog. Such- oder Transaktionskosten). Dabei kommt der Werbung eine wichtige Funktion zu, sie kann nämlich die Suchkosten reduzieren, indem sie dem Konsumenten die nötigen Informationen vermittele23 . In diesem Zusammenhang spielen auch "Reputation" und "good will" eine wichtige Rolle, da für den Konsumenten weiterer Suchaufwand entbehrlich ist, wenn er sich auf die Reputation des Anbieters verlassen kann224 . Es liegt in der Situation der Informationsasymmetrie nahe, daß der Anbieter die bei ihm vorhandene Information an den Konsumenten weitergibt. Dabei wird die Werbung als Informationsmedium eingesetzt ("Advertising as Information"225). Eine andere Möglichkeit besteht darin, daß der Konsument sich Informationen selbst beschafft, indem er auf neutrale Informationsquellen wie etwa Ergebnisse von QualitätspIiifungen oder Warentests zurückgreift. Diese Informationsart ist häufig allerdings nicht möglich, weil geeignete Testergebnisse nicht immer vorliegen oder die Beschaffung von Information für den Konsumenten prohibitiv teuer ist. Umso mehr ist der Konsument dann auf die Informationen angewiesen, die der Anbieter selbst gibt. Es entsteht daher gleichsam eine Nachfrage nach Informationen. Schon Nelson226 zeigte, daß die Nachfrage der Konsumenten nach Information durch Anbieter umso höher ist, je weniger eigene Erfahrungsmöglichkeiten die Konsumenten in bezug auf die Produkte haben. Er stellte aber gleichzeitig auch fest, daß bei geringeren eigenen Informationsmöglichkeiten der Konsumenten auch der Anreiz für irreführende Werbung steigt. Da es sich bei dem in der Werbung darzustellenden Umweltvorteil in den meisten Fällen um eine Vertrauenseigenschaft handelt, die sich der Erfahrbarkeit der Konsumenten entzieht, besteht auch hier eine besonders große Gefahr durch irreführende Werbung. Eine falsche Information in der Werbung kann vom Umworbenen kaum erkannt werden. Ein Anbieter muß also kaum damit rechnen, daß Kunden reklamieren oder in Zukunft auf andere Angebote ausweichen.

221 222 223 224 225 226

Van den BerghILehmann, GRUR Int. 1992, S.588 (589). Stigler, The Journal ofPolitical Economy 1961, S.213 ff Stigler, a.a.O. S.223. Stigler, a.a.O. S.218 und 224. Nelson, "Advertising as Infonnation", a.a.O. Nelson, a.a.O. S.730.

5 Ewer!

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Für den Umworbenen stellt sich deshalb hier ein Glaubwürdigkeitsproblem227 . Er kann die Angaben nicht selbst überprüfen; ftir den Werbenden ist aber eine falsche Angabe nicht mit Mehrkosten oder einem Risiko von Verlusten durch Abwanderung enttäuschter Kunden verbunden. Deshalb wird es auch ftir sog. Trittbrettfahrer wirtschaftlich interessant, auf den Zug der Umweltwerbung aufzuspringen und mit unzutreffenden Werbeaussagen ihre Preise zu erhöhen ohne gleichzeitig eine bessere Produktqualität anzubieten. In der Situation, in der die Konsumenten die Produktqualität aber nicht verläßlich in Erfahrung bringen können, werden sie ihre Bezugsentscheidung vornehmlich nach dem Preis ausrichten. Anbieter, die wegen tatsächlich höherer Qualität auch zu höheren Preisen verkaufen müssen, können dann nur im Wettbewerb bestehen, wenn sie ihrerseits die Qualität und dadurch auch ihre Preise senken (sog. Phänomen der "adverse selection" 228 ). Aus diesem Grunde besteht gerade im Bereich der Umweltwerbung die Gefahr eines Marktversagens229 . Die Gefahr eines Marktversagens könnte durch die Verhinderung unzutreffender oder allgemein irreführender Werbung reduziert werden. Hier eröffnet sich ein klassisches Betätigungsfeld ftir Wettbewerbsrechtler. Auf den ersten Blick erscheint das Problem durch das Verbot irreführender Werbung gern. § 3 UWG entschärft230 . In der Tat befassen sich Rechtsprechung und Literatur zur Umweltwerbung schwerpunktmäßig mit diesem Thema231 . Ohne hier auf Einzelheiten einzugehen, sei aber darauf hingewiesen, daß die Anwendung des Irreführungsverbotes durchaus nicht so unproblematisch ist, wie es zunächst erscheint. Der Schutz vor irreführender Information ist ftir das Funktionieren des Marktes zwar wichtig, führt aber selbst nicht zu einer weiteren Information der Verbraucher. Das Informationsdefizit wird dadurch noch nicht beseitigt. Tatsächlich führt die konsequente Anwendung des Irrefiihrungsverbotes durch die deutsche Rechtsprechung zu einem Verbraucherschutz vor (irreführender) Information und nicht zu einem Schutz der Verbraucher durch Information. Häufig werden Informationen, die ftir einen Verbraucher durchaus interessant sein können, deshalb unterbleiben, weil die Gefahr besteht, daß ein Teil der Verbraucher diese Information mißversteht. Dadurch erweist sich das Irrefiihrungsverbot geradezu als kontraprodukti~32 .

HUserlMUhlenkamp, a.a.O. 8.150 mit Nachweis auf empirische Untersuchungen. Van den BerghILehmann, GRUR Int. 1992,8.588 (591). 229 Kaas, a.a.O. 8.479. 230 Kisseler, MA 1992, 8.202 (208). 231 So etwa die Dissertationen von FUger, Federhoff-Rink, Cordes und Lappe. 232 Keßler, WRP 1988, S.714 (718 fI). 227 228

I. Realprobleme der Umweltwerbung

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Dabei besteht die Sanktion des Wettbewerbsrechts regelmäßig nur in einer auf die Zukunft gerichteten Unterlassungsverfiigung. Trittbrettfahrer, die durch opportunistisches Verhalten Gewinne erzielen wollen, verfolgen aber ohnehin keine langfristige Strategie. Für das Erzielen dieses Opportunitätsgewinns kann schon die Zeitspanne ausreichen, die bis zu einer durchsetzbaren Untersagungsverfiigung besteht. Diese Sanktion wird also solche Anbieter gerade nicht abschrecken. Eine Abschöpfung des Opportunitätsgewinns durch Schadenersatzklagen der Verletzten ist praktisch nicht durchfiihrbar, so daß ein Trittbrettfahrer letztlich diesen Gewinn behalten kann. Schon diese Überlegungen zeigen, daß sich lautere Anbieter in diesem Fall nicht auf das Wettbewerbsrecht alleine verlassen können. Sie müssen vielmehr selber Strategien entwickeln, um das Informationsdilemma zu überwinden233 • Gegen diesen informationsökonomischen Erklärungsansatz läßt sich allerdings einwenden, daß nur derjenige tatsächlich Suchkosten hat, der auch wirklich sucht. Verbraucher, die nicht für ökologische Zusammenhänge sensibilisiert sind, werden von diesem Problem nicht tangiert; insoweit können sich die Probleme auf den Markt nicht auswirken. Die Umweltwerbung richtet sich aber gerade an den umweltbewußten Konsumentenkreis und versucht diesen noch zu erweitern. Die Verbraucher, an die sich die Umweltwerbung richtet, sind am Umweltschutz interessiert und werden deshalb eben nach umweltfreundlichen Bezugsmöglichkeiten suchen. Für diese Verbraucherkreise stellt sich das informationsökonomische Dilemma. Zwar werden die meisten Verbraucher keine Kenntnis von diesen Zusammenhängen haben. Aber schon die Tatsache, daß das Eintreten des Umweltvorteils außerhalb der Erfahrbarkeit der Verbraucher liegt, wird bei ihnen zu einer Unsicherheit führen, die sie nach Signalen der Glaubwürdigkeit Ausschau halten läßt. Insofern läßt sich eine Parallele zur Werbung für Markenartikel ziehen. Auch dort sind sich die Verbraucher der Zusammenhänge von Qualitätsgarantie und Marke nicht unbedingt bewußt, sie ziehen dennoch beim Kauf die Markenware einer anderen vor. Ein Indiz für das tatsächliche Bestehen des informationsökonomischen Dilemmas ist die Tatsache, daß eine große Diskrepanz zwischen dem Denken und Handeln der Konsumenten besteht. Das empirisch festgestellte Umweltbewußtsein und die Bereitschaft der Verbraucher, für umweltfreundliche Produkte mehr zu bezahlen, entsprechen nicht dem tatsächlichen Absatz (tatsächlich oder angeblich) umweltfreundlicher Produkte234 • Dieses Faktum kann mit dem Modell der Informationsökonomie erklärt werden. Die Informationsökonomie kann ebensowenig wie das Modell eines "homo oeconomicus" eine perfekte Beschreibung der Lebensrealität erreichen, sie kann aber

233 234

S'

Kaas, Die Betriebswirtschaft 1992, S.473 (480 f1). Adelt/lvfaller/Zimmermann, S.157 m.w.N.

B. Rechtstatsachen lUld Realprobleme

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jedenfalls bestimmte Zusammenhänge verdeutlichen, die auch für eine juristische Beurteilung maßgeblich sein können. Aus den vorstehenden Überlegungen ergibt sich zumindest, daß der Umweltvorteil eine Vertrauenseigenschaft ist und für die Werbetreibenden ein reales Problem darstellt, dem sie durch die Entwicklung neuer Strategien begegnen müssen. c) Die Komplexität des darzustellenden Umweltvorteils

Ein weiteres Problem, das sich in unterschiedlicher Gestalt für Werbetreibende und Umworbene stellt, ergibt sich aus der Natur des Umweltvorteils. Dieser Vorteil, sei er produktqualitätsbezogen oder nicht, soll sich als positiver Einfluß auf die Umwelt darstellen. Die Ökologie als die Lehre von den Beziehungen zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt ist eine sehr komplizierte Materie, zumal vielseitige Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Umweltfaktoren bzw. Lebewesen bestehen, die bis heute zum großen Teil noch unerforscht sind235 . Eine Veränderung eines Ökosystems ist schnell erreicht; ob dies dann jedoch ein "Vorteil" ist, läßt sich im Einzelfall nur schwer sagen und hängt oft vom eigenen Standpunkt ab. In einem Ökosystem findet ja selbst wieder ein Wettbewerb zwischen den verschiedenen Lebewesen statt, so daß die Benachteiligung des einen ein Vorteil für andere sein kann. Nicht selten wird sich aber die Beeinflussung eines Umweltfaktors auf alle Lebensformen negativ auswirken. Aber auch in einer solchen Situation ist es für einen Anbieter oder Verbraucher schwer, das Handeln am Maßstab der Ökologie zu orientieren. So muß sich ein Anbieter von Spraydosen fragen (lassen), ob Ersatzstoffe für FCKW tatsächlich eine Reduzierung der Umweltbelastung bringen, oder ob die Schonung der Ozonschicht mit anderen schädlichen Nebenwirkungen erkauft wird, die von Ersatzstoffen ausgehen. Ein Autokäufer muß sich beispielsweise zwischen einem Auto mit Katalysator und einem Dieselfahrzeug entscheiden. Die mit einem Umweltvorteil verbundenen ökologischen Zusammenhänge sind dabei regelmäßig schwerer zu erfassen als andere in der Werbung üblicherweise dargestellte Tatsachen. So kann sich ein Anbieter darauf verlassen, daß die Angabe, das angebotene Obst sei frisch oder das Waschmittel sei besonders ergiebig, vom Konsumenten verstanden wird. Was aber unter Obst aus ökologischem Anbau oder biologisch abbaubaren Waschmitteln zu verstehen ist, wird sich dem Konsumenten erst nach weiterer Aufklärung erschließen. Die Komplexität des in der Werbung darzustellenden

235

Dies ist auch in der RechtsprechlUlg anerkannt, vgl. etwa OLG München, GRUR

1990, S.290 f; KG, WRP 1991, S.30 f

1. Realprobleme der Umweltwerb\ll1g

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Vorteils ist zwar nicht alleine auf die Umweltwerbung beschränkt. Das Problem tritt aber typischerweise bei der Werbung mit einem Umweltvorteil auf. Eine ökologische Ausrichtung des eigenen HandeIns setzt also ein erhebliches Fachwissen auf diesem Gebiet voraus. Anbieter, die sich auf diesem Gebiet profilieren wollen, sind deshalb gezwungen, sich mit möglicherweise hohem Aufwand und Kosten entsprechende Kenntnisse zu verschaffen. Andererseits kann dieser Aufwand nur dann auch wirtschaftlich genutzt werden, wenn er den Waren- und Leistungsabsatz fOrdert. Bei vielen Konsumenten ist aber ein Kenntnisstand, der dem des Anbieters entspricht, nicht vorhanden. Ein umweltbezogenes Werbeargument kann vom Konsumenten darum nicht ohne weiteres verstanden oder sogar überprüft werden, zumal der Umweltvorteil, wie gezeigt, i.d.R. eine Vertrauenseigenschaft ist. Es liegt nahe, daß viele Verbraucher deshalb Umweltwerbung überhaupt nicht oder falsch verstehen. Ein Indiz für den tatsächlichen Zusammenhang der Komplexität des Umweltvorteils und der Irrefiihrungsgefahr kann in der großen Zahl der Gerichtsentscheidungen gesehen werden, die Umweltwerbemaßnahmen als irrefiihrend untersagen. Andererseits ist fraglich, ob es der Rechtsprechung immer gelingt, die tatsächlich vorhandenen Verbrauchervorstellungen zu ermitteln, oder ob bei der Feststellung der Irrefiihrung nicht zunächst eine wissenschaftliche Überhöhung der Begriffe entsprechend der Vorstellung der Rechtsprechung erfolgt, die dann von den Verbrauchern nicht nachvollzogen werden kann236 . Jedenfalls kann man davon ausgehen, daß das Irrefiihrungspotential der Umweltwerbung proportional mit der Komplexität des ökologischen Zusammenhangs steigt237 . Ob man, wie Federhoff-Rink238 , aus der Komplexität des Umweltbezuges sowie aus der Bedeutung des Umweltschutzes und dem Informationsbedürfnis von Verbrauchern und Öffentlichkeit ein allgemeines Informationsgebot ableiten kann, ist eher zweifelhaft239 . Unabhängig von den wettbewerbsrechtlichen Schwierigkeiten liegt es aber im Interesse der Werbetreibenden, daß ihr Umweltargument trotz der komplexen Zusammenhänge nicht an Werbewirksamkeit verliert. d) Die Relativität des "Umweltvorteils"

In der Ökologie erfolgt ein Erkenntnisfortschritt durch Beobachtung und Experiment. Als Ergebnis läßt sich i.d.R. von Stoffen oder Handlungen sagen, Strauch, WRP 1992, S.540 (542). Faylor, WRP 1990, S.725 (730). 238 Federhoff-Rink, S.265. 239 Kritisch dazu auch Keßler, VuR 1995, S.228 (232). 236

237

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B. Rechtstatsachen und Realprobleme

daß sie negative Auswirkungen auf die Umwelt haben oder aber, daß auf Grund des derzeitigen Kenntnisstandes solche Auswirkungen nicht festzustellen sind.

Eine positive Feststellung der allgemeinen Umweltverträglichkeit läßt sich dabei aber nicht treffen. Erkenntnisse lassen sich deshalb nur durch das sog. piece meal engineering gewinnen, bei dem Hypothesen gebildet und verifiziert oder falsifiziert werden. Eine bislang als wahr geltende Aussage kann durch neue Erkenntnisse oder eine andere Betrachtungsweise durchaus noch widerlegt werden. Dies zeigt sich etwa bei der Diskussion um Mehrwegverpackungen. Galten diese gemeinhin noch als "umweltfreundlicher" als Einwegpakkungen, kann sich dies jedoch ändern, wenn man den höheren Transport- und Distributionsaufwand bei der Belieferung über große Distanzen berücksichtigt. So untersagte das KG Berlin eine Werbung mittels Systemvergleichs zwischen Bierdosen und Mehrwegflaschen, da nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei, daß die Auslieferung des Bieres in Mehrwegflaschen unter allen Umständen (hier bei Lieferung über große Entfernungen) umweltverträglicher sei, als die von der Antragsgegnerin kritisierte Verpackung in Dosen24o • Dieses Problem der Erkenntnisgewinnung hat Einfluß auf die Möglichkeiten der Marktteilnehmer, sich umweltbewußt zu verhalten. Wo Erkenntnisse nur Schritt fiir Schritt durch Versuch und Irrtum gewonnen werden können, kann ein parallel dazu ausgerichtetes Verhalten von Anbietern oder Nachfragern ebenfalls nur eine partielle Verbesserung der Umweltverhältnisse bringen. Praktisch jede wirtschaftliche Tätigkeit, sei es Produktion, Erbringung von Dienstleistungen oder Konsum, führt zu einer Beeinträchtigung der Umwelt. Ein umweltbewußtes Verhalten kann zur Reduzierung der Umweltbelastung oder zur Beseitigung einzelner schädlicher Faktoren beitragen. Es kann sich aber nur am jeweiligen Stand der Erkenntnis orientieren; eine vollständige Beseitigung oder Verhinderung schädlicher Auswirkungen kann jedoch tatsächlich nicht erreicht werden. Der Fortschritt ökologischen Handeins kann demnach nur in einer Annäherung an einen Idealzustand, also in einer relativen Verbesserung des bisherigen Zustands bestehen. Die Ansicht, daß ein Umweltvorteil nur relativ sein kann, hat sich in Literatui41 und Rechtsprechuni42 inzwischen durchgesetzt. Dies führt dazu, daß Werbeangaben, die ein Produkt oder eine Leistung als schlechthin und absolut umweltfreundlich darstellen, als unzulässig weil irreführend i.S.v. § 3 UWG gelten. Auf den Hintergrund dieses rechtstatsächlichen Problems wurde dabei allerdings bislang genauso wenig eingegangen, wie auf die tatsächlichen Möglichkeiten, 240 KG, GRUR 1995, S.360 f. 241 Statt aller: FederhofJ-Rink, S.114. 2420LG Köln, GRUR 1988, S.51 (52); der Entscheidung folgend BGH, GRUR 1991, S.548 tT.

I. Realprobleme der UmweltwerbWlg

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dieses in der Werbepraxis zu vermeiden, sieht man von der Forderung nach aufklärenden Zusatzinformationen ab. Wie noch zu zeigen ist, hat die Werbepraxis aber Instrumente entwickelt, um auch das Problem der Relativität des Umweltvorteils in den Griff zu bekommen. 6. Die Bedeutung der Umweltwerbung im europäischen Binnenmarkt Negative Umwelteinflüsse machen nicht an den Grenzen halt. So wirken sich Luftverschmutzung oder die Verschmutzung von Grund- und Oberflächenwasser grenzüberschreitend aus. Gleiches gilt aber auch fiir viele MaßrulIunen des Umweltschutzes. Die Verringerung von Emissionen wirkt sich als positiver externer Effekt auf das kollektive Gut "Umwelt" aus. Die von Werbenden in Aussicht gestellten oder angepriesenen Umweltvorteile können sich deshalb an jedem beliebigen Ort realisieren. Gerade die Umweltwerbung ist deshalb besonders als europäisches oder gar internationales Marketinginstrument einsetzbar. Der Erfolg hängt dabei lediglich davon ab, inwieweit an den verschiedenen Stellen des Marktes ein Umweltbewußtsein ausgeprägt ist. Mit dieser Einschränkung kann etwa der werbliche Hinweis darauf, daß die Lufthansa ein Projekt zum Schutz der Kraniche unterstützt, in verschiedenen Staaten eingesetzt werden. Auch ein werblicher Hinweis auf die Unterstützung des Bodensee-Umweltschutzprojekts kann seine Wirkung etwa auch in anderen Anrainerstaaten entfalten. Aber auch eine grenzüberschreitende Werbung mit Fahrtkostenerstattung ist denkbar. Nicht zuletzt wird auch ein positives Umweltimage sich international etablieren und werblich nutzen lassen. Unter dem Aspekt des europäischen Binnenmarktes kommt solchen Formen grenzüberschreitender Werbuni43 besondere Bedeutung zu. Diese Werbung ermöglicht es zum einen dem Verbraucher, sich über weitere Angebote zu informieren, zum anderen den Anbietern, ihre Waren und Dienstleistungen auch auf anderen Teilmärkten anzubieten, wobei sich die Kosten durch Vereinheitlichung der Werbestrategien zu einem "Euromarketing" reduzieren lassen244 . Die grenzüberschreitende Werbung spielt deshalb gerade fiir die Eröffnung neuer regionaler Märkte und damit fiir die Integration des Binnenmarktes eine entscheidende Rolle245 . Die grenzüberschreitende Umweltwerbung ist deshalb sowohl unter dem Gesichtspunkt der Förderung einer gemeinsamen Umweltpolitik (Art. 130 r-t

Eingehend dazu Reese nach LitVerz. Grünbuch der EG Kommission,"Kommerzielle Kommunikationen" COM(96) 192 S.8. 245 Steindorfl, EG-Vertrag, S.183 Wld S.205. 243

244

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B. Rechtstatsachen Wld Realprobleme

EGV) als auch unter dem Aspekt der Förderung des Binnenmarktes von Bedeutung. Auf die Auswirkungen, die dies fiir eine rechtliche Beurteilung hat, ist deshalb später noch einzugehen. 11. Die Besonderheiten der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug Nachdem nun in bezug auf die Umweltwerbung allgemein eine Bestimmung des Begriffs und der Interessenlage sowie eine kurze Darstellung der Erscheinungsformen und des Spannungsverhältnisses zwischen Umweltvorteil und Umweltwerbung erfolgt ist, sollen sich die folgenden Ausführungen auf die besondere Problemlage bei der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug konzentrieren und die Ergebnisse zusammenfassen. Die Definition der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug wurde bereits oben unter B.13. entwickelt. Zunächst soll der Blick darauf gerichtet werden, wie die Formen der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug die Bezugsentscheidung der Umworbenen beeinflussen. Dazu ist eine kurze Darstellung der Erkenntnisse der Werbewirkungsforschung voranzustellen. Anschließend sind die Zusammenhänge zwischen dem Spannungsverhältnis von Umweltvorteil und Umweltwerbung einerseits und der Nutzung bestimmter Werbeformen andererseits im Hinblick auf die Herausbildung von Umweltwerbemaßnahrnen ohne Produktqualitätsbezug zu erläutern. Dabei wird sich zeigen, inwieweit diese Werbeformen eine notwendige Folge der rechtstatsächlichen Probleme der Umweltwerbung sind. Schließlich soll untersucht werden, wie sich unter Berücksichtigung der erörterten Rechtstatsachen die Interessenlage der Beteiligten im Hinblick auf die Umweltwerbung ohne Produktqualität gestaltet, also welche Interessen welcher Beteiligter für bzw. gegen den Einsatz dieser Werbeformen sprechen. Schließlich soll erörtert werden, welche Interessen durch die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug verletzt werden können, was dann den Ausgangspunkt fiir die rechtliche Beurteilung bilden soll. 1. Die Beeinflussung der Bezugsentscheidung der Abnehmer durch Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug Für die werbende Wirtschaft sind Erkenntnisse über Werbewirkungen von großem Interesse. Zur Entwicklung wirksamer Werbestrategien ist es notwendig zu erfahren, wie die Entscheidungen der Abnehmer zugunsten des eigenen Angebots beeinflußt werden können. Durch den Einsatz wirksamer

II. Umweltwerbung ohne Produlctqualitätsbezug

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Werbemaßnahmen kann dann ein sog. "Werbegewinn"246 erzielt werden. Dieser läßt sich wiederum nur feststellen, wenn eine kausale Beziehung zwischen der erreichten Umsatzsteigerung und der Durchfiihrung einer bestimmten Werbemaßnahme nachgewiesen werden kann. Die Werbewirkungsforschung dient der Wirtschaft daher sowohl zur Entwicklung neuer Werbestrategien als auch zur Messung eines Werbeerfolges. Die Wirkungsweise einer Werbung ist aber auch für eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung relevant. Die Unlauterkeit und insb. die Sittenwidrigkeit einer Werbemaßnahme als Wettbewerbshandlung wird ganz entscheidend von ihrer Wirkungsweise abhängen. Ob eine Werbernaßnahme in unlauterer Weise Kunden täuscht, nötigt, verlockt etc. kann nur dann beurteilt werden, wenn geklärt ist, wie die Werbung überhaupt auf den Umworbenen einwirkt. a) Zum Stand der Werbewirkungsforschung

Um so erstaunlicher ist, daß der Stand der Werbewirkungsforschung ein eher unübersichtliches Bild bietet. Es gibt weder einheitliche wissenschaftlichtheoretische Grundlagen noch allgemein anerkannte Meßmethoden für die Werbewirkuni47 . Gerade hier zeigen sich die Probleme der Rechtstatsachenforschung in aller Deutlichkeit. Zur Erklärung der Werbewirkung ist man auf die Berücksichtigung der Erkenntnisse einer großen Zahl anderer Wissenschaftsgebiete angewiesen, die wiederum mit eigenen, z.T. in sich uneinheitlichen Fachsprachen und Fachbegri:fIen arbeiten248 . Die Verwendung der Erkenntnisse aus anderen Wissenschaftsbereichen wird auch noch dadurch erschwert, daß innerhalb dieser Bereiche verschiedene Schulen aufeinanderprallen, die teilweise miteinander unvereinbar sind. Aus diesen Gründen kann auch hier nur in aller Kürze auf einige der verschiedenen Ansätze eingegangen werden. Als Ausgangspunkt der Überlegungen zur Werbewirkung kann das neoliberale Selbststeuerungsmodell des Marktes dienen. Nach dieser Modellvorstellung entscheidet sich der Verbraucher, dem sämtliche Marktdatenjederzeit zur Verfügung stehen, nach objektivierbaren Nutzenerwägungen auf einem Markt homogener Güter mit atomistischer Konkurrenz, der Verbraucher wird hierbei als "homo oeconomicus" verstanden, der sich völlig rational verhält und auf Grund vorgegebener Bedürfnisse sein Nutzenmaximum verwirk-

246 247

248

H.Mayer, S.22. H.Mayer, S.196. Baudenbacher, S.3.

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B. Rechtstatsachen und Realprobleme

licht249 . Wegen seiner Realitätsfeme ist dieses Modell jedoch auf Ablehnung gestoßen: Die Markttransparenz ist in der Realität begrenzt, Güter sind nur selten wirklich homogen, Standortvorteile und Produktionskapazitäten unterscheiden sich und die Vorstellung eines rein rational handelnden, ausschließlich auf eine ökonomische Nutzenmaximierung ausgerichteten Verbrauchers ist unrealistisch250 . Daher gilt dieser neo-liberale Ansatz heute, zumindest in seiner deskriptiven Fassung, als falsifiziert 251 . So kann dieses Modell etwa nicht den Erfolg von Werbemaßnahmen erklären, die sich nicht auf den Preis oder die Produktqualität, also die für den homo oeconomicus angeblich alleine relevanten Daten, beziehen. Dennoch kann dieses Modell für bestinunte Kaufentscheidungen in bestinunten Situationen durchaus eine plausible Erklärung bieten252 und als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen dienen. Dies zeigt sich beispielsweise dann, wenn durch diesen Ansatz erklärt werden kann, warum bestinunte Bedingungen einer idealen Marktsituation ( z.B. die Information der Verbraucher) in einem konkreten Fall (z.B. in bezug auf Vertrauenseigenschaften, wie die Umweltfreundlichkeit von Produkten) nicht vorliegen. Die rein ökonomische Sichtweise vermag aber keinesfalls alle Probleme und Fragen in bezug auf die Wirkung von Werbung zu erklären. Zur Erklärung der Werbewirkung wurden verschiedene Modelle entwickelt. Die Grundüberlegung besteht darin, daß ein bestinunter Reiz (stimulus) bei den Individuen, die davon erreicht werden, zu gleichen Reaktionen führt (sog. Stimulus - Reaktions bzw. response oder S-R Modell)253 . Dieses Modell vermag plastisch darzustellen, wie eine Werbung als Reiz zu einer bestinunten spontanen oder impulsiven Kaufentscheidung führt. Unklar bleibt aber auch hier, warum bei gleichem Reiz nicht alle Individuen gleich reagieren. Zudem stellt eine Kaufentscheidung nicht inuner eine impulsive Reaktion dar. Von impulsiven Kaufentscheidungen lassen sich extensive, limitierte und habitualisierte Kaufentscheidungen unterscheiden254 , bei denen weniger ein reizgesteuertes Verhalten, als eine kognitive gedankliche Steuerung und/oder eine affektive Aktivierung von Bedeutung sind. Dies lenkte den Blick auf die Vorgänge, die im Inneren der Individuen ablaufen, wenn sie von einem Reiz erreicht werden und führte zur Entwicklung der sog. Stimulus - Organismus Reaktions - oder S-O-R Modelle255 . Das älteste dieser Modelle ist das sog. AIDA Modell, das die Werbewirkung als Ablauf der Stufen "Attention, InteMylaeus, S.75 f1 m. w.N. insb. Fn.194 zur sog. Freiburger Schule. Inge Scherer, S.25. 251 Mylaeus, S.128 m.w.N. m Wiswede, S.45. m Schenk, S.12 m.w.N. 254 Schweiger/Schrattenecker, S.91 ff. 255 Schenk, S.13 m.w.N. 249 250

II. Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug

75

rest, Desire und Action" beschreibt256 . Die Aufgabe bzw. Funktionsweise der Werbung besteht danach im Erregen von Aufmerksamkeit, im Wecken des Interesses, in der Erzeugung eines Verlangens und schließlich in der Herbeifiihrung der Kaufentscheidung. Im Laufe der Zeit hat dieses Modell zahlreiche Variationen erfahren257 . Eine werbliche Beeinflussung kann auf jeder dieser Stufen erfolgen. Die Aufmerksamkeit der Kunden kann beispielsweise durch Werbegeschenke erregt werden. Das Interesse der Kunden kann durch Informationen in der Werbung geweckt werden. Ein Verlangen nach den angebotenen Produkten wird etwa durch Darstellung von Vor- und Nachteilen beim Gebrauch des Produktes (sexuelle Attraktivität, gesellschaftliche Anerkennung oder Mißachtung) erzeugt. Ziel der Werbung ist jedenfalls ein konkreter Absatzerfolg. Die Werbung muß aber nicht unmittelbar auf den Abschluß eines Vertrages ausgerichtet sein, vielmehr kann auch die Erhöhung des Bekanntheitsgrades oder die Schaffung einer generellen Präferenz für die angebotenen Waren erzeugt oder auf eine Wiederholung der Kaufentscheidung hingewirkt werden. Umstritten ist allerdings, ob bei jeder werblichen Beeinflussung alle der oben genannten Stufen durchlaufen werden und ob dies jeweils in einer bestimmten Reihenfolge geschiehe58 . Neben den einfachen Stufenmodellen gibt es auch solche höheren Komplexitätsgrades, insb. das Modell der Wirkungspfade259 . Diese versuchen die Kaufentscheidung nicht als schematischen Ablauf verschiedener Stufen sondern als Zusammenspiel verschiedener, interdependenter Einflußgrößen darzustellen. Zudem lassen sich die Werbewirkungsmodelle in Totalmodelle und Partialmodelle unterscheiden260 . Während die Totalmodelle den Versuch unternehmen, den gesamten Entscheidungsprozeß des Konsumenten zu erklären, beschränken sich die Partialmodelle auf bestimmte Einzelaspekte der Entscheidungsbeeinflussung. Für den hier verfolgten Zweck, die Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch Umweltwerbemaßnahmen ohne Produktqualität zu untersuchen, soll zumindest noch auf das Imagemodell als spezielle Ausprägung eines Partialmodells eingegangen werden. Die Grundaussage des Imagemodells besteht darin, daß die innere Einstellung des Konsumenten die Kaufentscheidung beeinfluße61 • Ein Gut wird dann gekauft, wenn sein Image mit den Einstellungen des Verbrauchers übereinstimmt; je höher die Übereinstimmung ist, je

Püttmann, in: Vahlens großes Marketinglexikon S.22. Schenk, S.18 f mit Darstellung von 13 verschiedenen Versionen. 258 Schenk, S.17 m.w.N. 259 Kroeber-RiellWeinberg, S.358 fTund 651 fT. 260 Schweiger/Schrattenecker, S.68. 261 Schweiger/Schrattenecker, S.82 filr das sog. Einstellungsmodell. 256

257

76

B. Rechtstatsachen und Realprobleme

größer ist der Aufforderungswert und die Wirksamkeit der Werbuni 62 • Deshalb geht das Imagemodell davon aus, daß bei der Imagewerbung nicht das Produkt selbst, sondern die Verbrauchervorstellung bezüglich des Produktes für die Beeinflussung der Kaufentscheidung relevant wird263 • Neben den Eigenschaften, die dem Produkt anhaften, gibt es auch solche, die mehr oder weniger künstlich mit Hilfe etwa der Werbung mit dem Produkt in Verbindung gebracht werden. Z.T. wird in Denotationen (sachlich nachprüfbare Informationen) und Konnotationen (eher emotionale Assoziationen und Anmutungen) unterschieden, was zu einer Trennung von "Einstellungswerbung" und "Imagewerbung" fiihrt264. Im folgenden soll aber weiterhin nur zwischen produktqualitätsbezogenen und nicht produktqualitätsbezogenen Werbeinhalten differenziert werden. Eine Imagewerbung liegt danach vor, wenn durch nicht lediglich produktqualitätsbezogene Angaben ein Image erzeugt wird. Eine Beeinflussung des Konsumenten kann demnach durch die Schaffung oder Veränderung eines Images erreicht werden, das mit der Verbrauchervorstellung übereinstimmt. Die Verbrauchervorstellung und seine Erwartungen bezüglich des Produkts hängen wiederum vom Produktwissen, sowie den Emotionen und den Motiven ab, die den Verbraucher leiten265 • Um ein passendes Image zu schaffen, ist daher die Kenntnis der Verbrauchererwartung wichtig. Hier zeigt sich jedoch noch eine Handlungsalternative. Statt das Image an die Verbrauchervorstellung anzupassen, kann die Verbrauchervorstellung beeinflußt werden, indem auf die Motivstruktur des Verbrauchers eingewirkt wird266 . Die hier dargestellten Ansätze können das Kaufverhalten und insbes. den Vorgang der Kaufentscheidung selbst nicht vollständig erklären. Jedoch werden einzelne Wirkungszusammenhänge und Mechanismen deutlich. Dabei zeigt sich, daß Werbernaßnahmen verschiedene Strategien verfolgen und an unterschiedlichen Stellen in den Entscheidungsprozeß eingreifen können. Im folgenden sollen nun die verschiedenen Formen der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung näher auf die Werbewirkungsmechanismen hin betrachtet werden. Allen diesen Werbeformen ist gemeinsam, daß sie zunächst die Aufmerksamkeit zu erreichen suchen. Sie unterscheiden sich aber erheblich darin, wie der in Aussicht gestellte oder angepriesene Umweltvorteil in die jeweilige Werbestrategie einbezogen wird. Baudenbacher, S.33. Wiswede, S.134. 264 Schweiger/Schrattenecker, S.82 und 84. 265 Schweiger/Schrattenecker, S.82 ff. 266 Bdnsch, S.221. 262 263

11. Umwe1twerbung ohne Produktqualitätsbezug

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b) Die Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch Umweltimagewerbung

Die Werbung mit einem umweltfreundlichen Image kann sich auf einzelne Produkte, Marken, Produktpaletten, Unternehmen oder Unternehmensverbände beziehen. Ein konkreter Bezug zu einer Kaufentscheidung kann sich erst dann ergeben, wenn der Kunde in eine Kaufsituation kommt. Die Imagewerbung zielt weniger auf die Herbeifiihrung eines bestimmten Geschäftsabschlusses als vielmehr auf die Schaffung einer Präferenz des Kunden fiir den beworbenen Gegenstand. Ziel der Umweltimagewerbung ist es, die Verbrauchervorstellung dahingehend zu beeinflussen, daß der beworbenen Gegenstand mit dem Umweltschutz in Verbindung gebracht wird. Dies kann durch sachliche Information oder eher emotionale Ansprache mittels Bildern geschehen. Daneben wird gleichzeitig die Verkehrsbekanntheit des beworbenen Gegenstands erhöht. Die Umweltimagewerbung kann aber auch dazu dienen, den Umweltschutz als besonderen Wert darzustellen und dadurch auch die Konsumenten in diese Richtung zu motivieren oder gar neue Bedürfnisse zu wecken (beispielsweise sog. "ökologisches Bauen" oder "umweltverträglicher Tourismus"). Sie kann nicht nur die Verbrauchervorstellung sondern auch seine Motivation beeinflussen267 • Die Umweltimagewerbung schafft eine bestimmte Verbrauchervorstellung bezüglich des Beworbenen Gegenstands, die diesen von der Konkurrenz abhebt. Dadurch entsteht eine Produktdifferenzieruni68 • Im Bereich der umweltfreundlichen Waren und Dienstleistungen ist dies besonders wichtig, weil hier die Verbraucher sich kaum selbst ein Bild von den Eigenschaften des Angebots machen können, da es sich in der Regel um Eigenschaften handelt, die sich der Erfahrbarkeit durch den Konsumenten sowohl vor als auch nach dem Kauf entziehen. Das geschaffene Produktbild kann dann informative Aussagen über die Umweltrelevanz eines Produkts unterstützen. Da solche Aussagen in der Werbung aber wegen ihrer Komplexität schwer darzustellen sind und sich durch die schnelle Produktinnovation ständig verändern, wird häufig eine solche Darstellung durch die Schaffung eines Images ersetzt. Der Verbraucher kann dann nur von der Einbeziehung des Umweltschutzes in das werblichen Engagement auf eine tatsächliche Umweltfreundlichkeit der Ware schließen. Jedenfalls soll sich der Verbraucher mit dem umweltfreundlichen Image identifizieren und eine Präferenz fiir das beworbene Produkt entwickeln, die dann schließlich zu einer Bezugsentscheidung zugunsten des beworbenen Produkts, Unternehmens etc. fuhren soll. 267 268

Bänsch, S.22l. Baudenbacher, S.58.

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B. Rechtstatsachen und Realprobleme

Schließlich kann die Umweltimagewerbung dem Konsumenten auch einen gewissen Eigennutzen vermitteln. Indem der Konsument sich für das Produkt mit einem bestimmten Image entscheidet, kann er dies auch nach außen deutlich machen. Das Produktimage wird dann zu einer Art Statussymbol, das das eigene Prestige des Verbrauchers fördert 269 . c) Die Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch Umweltsponsoring

Beim Umweltsponsoring liegt der Umweltvorteil in der Handlung, die ein Dritter leistet, der vom Sponsor unterstützt wird. Die Förderung des Dritten kann in einer einmaligen, bereits erfolgten Zuwendung oder in einer dauerhaften Unterstützung bestehen. Der Umweltvorteil wirkt sich aber weder auf das angebotene Produkt oder die Leistung noch auf den Kunden selbst aus. Eine Werbewirkung kann nur von der Publizierung der Sponsoringmaßnahme ausgehen. Die Bekanntmachung des Sponsoring kann neben der Erhöhung des Bekanntheitsgrades des umworbenen Gegenstands auch dessen Image verbessern und zu einer besonderen Profilierung des Anbieters fiihren270 . Das Engagement des Werbenden schlägt sich in einer gesteigerten Wertschätzung seitens der Verbraucher nieder, die zu einer Bevorzugung des werbenden Unternehmens bei der Vornahme von Bezugsentscheidungen fiihrt271 • Das Sponsoring wirkt allerdings glaubwürdiger als andere Umweltwerbemaßnahmen, da die Sponsoringleistung , von der werblichen Nutzung einmal abgesehen, uneigennützig erfolgt. Dem Glaubwürdigkeitsproblem kann durch das Sponsoring auch deshalb besonders effektiv begegnet werden, weil durch die Sponsorship eine Anerkennung durch den Gesponserten erfolgt, der i.d.R. über eine gute Reputation insb. auf dem Gebiet des Umweltschutzes verfUgt. Der Gesponserte kann sich nicht leisten, mit Firmen in Verbindung gebracht zu werden, denen gravierende Umweltverstöße vorgeworfen werden. Die Partnerschaft zwischen Sponsor und Gesponsertem wirkt deshalb wie eine Empfehlung, die vom Gesponserten garantiert wird. Das Sponsoring bietet sich daher gerade für solche Anbieter an, die selbst keinen eigenen Beitrag für die Umwelt leisten können oder denen wegen ihres notorisch schlechten Rufs ein eigenes Umweltengagement nicht "abgekauft" würde. Auch kann die Tatsache, daß ein Anbieter Umweltprojekte sponsert, die Bedenken der Konsumenten im Hinblick auf die umweltschädlichen Folgen des Konsums zerstreuen (so etwa, wenn die Luft269 Kaas in: Umweltbezogene Werbung, Stiftung Verbraucherinstitut (Hrsg.), S.65 fI 270 Btinsch, S.213. 271 UI/mann in Festschrift Traub, S.411 (412).

II. Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug

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hansa in ihren FlugbegleitbroschÜTen darauf hinweist, daß sie das Kranichschutzprojekt des WWF fordere). Im Gegensatz zur Imagewerbung kann das Umweltsponsoring auch noch anders als werbliches Argument genutzt werden. Dazu muß dem Kunden vermittelt werden, daß er durch seine Bezugsentscheidung auch selbst als Förderer eines Umweltprojektes auftritt. Dafür muß die Bezugsentscheidung mit der Förderleistung in einen erkennbaren Zusammenhang gestellt werden. Der Kunde erhält so den Eindruck, daß er durch den Kauf auch einen Beitrag zur Förderung der Umwelt leistet, so etwa wenn der Werbende verspricht, fiir jedes verkaufte Produkt einen bestimmten Beitrag an den Träger eines Umweltschutzprojekts zu bezahlen. In diesen Fällen kommt die Werbung mit dem Umweltsponsoring schon in die Nähe der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen bzw. der Umweltappelle. Solange sich der Sponsoringbeitrag auf die Bezugskosten nicht auswirkt, liegt eine Art kostenloser Zusatzleistung zugunsten der Umwelt vor, soweit der Kunde durch den Kaufpreis zur Erhöhung der Sponsorleistung beiträgt, erbringt er selbst einen Beitrag zum Umweltschutz. Anders als bei den Umweltappellen bildet ein Sponsoringhinweis i.d.R. nur einen zusätzlichen Kaufanreiz und stellt nicht die Förderung der Umwelt durch den vorn Konsumenten indirekt geleisteten Beitrag, sondern die Leistung des Sponsors selbst in den Mittelpunkt.

d) Die Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen Bei der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen haftet der in Aussicht gestellte Vorteil einer unentgeltlichen Nebenleistung an. Das Ziel dieser Maßnahmen kann darin bestehen, den Kunden in das Geschäft zu locken (so insb. bei der Fahrtkostenerstattung). Es kann aber auch darin bestehen, daß der Kunde zu einern konkreten Vertragsabschluß veranlaßt wird (beispielsweise durch die kostenlose umweltgerechte Entsorgung von Altgeräten oder Autos beim Kauf eines neuen Produkts). Solche Maßnahmen können aber auch auf den Abschluß zukünftiger Geschäfte abzielen (etwa durch das Versprechen der kostenlosen Rücknahme und Entsorgung alter Produkte, die zuvor beim selben Anbieter oder Hersteller gekauft wurden). Im Gegensatz zu den Umweltappellen kann sich die Beeinflussung durch die Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen auf Kaufentscheidung zu unterschiedlichen Zeitpunkten beziehen. Auch bei der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen geht der Umweltvorteil nicht von der angebotenen Hauptware aus. Der Umweltvorteil haftet aber einer Nebenleistung an, die fiir den Kunden einen eigenen Nutzen bringt, anders als etwa beim Umweltsponsoring. Hier muß der Kunde keine

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B. Rechtstatsachen Wld Realprobleme

Gegenleistung erbringen; er erhält den Umweltvorteil quasi zum Nulltarif. Der Umweltvorteil, der mit der Nebenleistung verbunden ist, kann aber mittelbar auch auf die Hauptleistung ausstrahlen. Eine umweltfreundliche Nebenleistung kann dem Kunden über etwaige Bedenken bezüglich der Umweltverträglichkeit des Hauptprodukts hinweghelfen und somit zusätzlich den Absatz der Hauptware fördern. Als Beispiel dafur seien hier die "umweltfreundlichen", weil nachfiillbaren Verpackungen für Wasch- und Reinigungsmittel genannt. e) Die Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch Umweltappel/e

Bei der Werbung mit Umweltappellen wird der Konsument dazu aufgefordert, selbst einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Dieser Beitrag ist mit dem Bezug der beworbenen Ware oder Leistung verknüpft. Das Ziel des Umweltappells ist die unmittelbare Herbeifiihrung einer konkreten Bezugsentscheidung. Der Konsument soll nicht durch den Preis oder den Grundnutzen des Produkts, den der Konsument selbst erfahren kann, zum Bezug der Ware veranlaßt werden, sondern durch den ökologischen Vorteil, den der Kauf der Ware mit sich bringen soll. Hier wird das Motiv eines "homo oeconomicus" gegen das eines "homo oecologicus" ausgetauscht. Dazu appelliert die Werbung an eine altruistische Einstellung des Konsumenten, wobei sowohl die eigene Leistung des Anbieters als auch der Nutzen für den Konsumenten in den Hintergrund geruckt werden. Deshalb weicht auch die Beeinflussungsstrategie der Umweltappelle von derjenigen anderer Umweltwerbeformen ab. Bei anderen Arten der Umweltwerbung wird zunächst das Umweltbewußtsein angesprochen, dann wird ein mehr oder weniger konkreter Umweltvorteil in Aussicht gestellt. Der Kunde wird dadurch in die Lage versetzt, eine Schlußfolgerung zwischen dem Bezug der Ware oder Leistung und dem Umweltvorteil zu ziehen. Er wird etwa die Ware erwerben, weil deren Produktion oder Verbrauch umweltverträglich ist, weil er mit dem Unternehmen, das sich fiir Umweltbelange einsetzt, sympathisiert, weil er die Förderleistung eines Umweltsponsors unterstützen will, oder weil er den mit einer Nebenleistung verbundenen Umweltvorteil (z.B. eine umweltgerechte Entsorgung oder eine umweltschonende Beförderung zur Verkaufsstätte) realisieren möchte. Bei den Umweltappellen fehlt es regelmäßig an einem solchen Begründungszusammenhang. Umstände, warum der Bezug der angepriesenen Ware einen Umweltvorteil darstellt, werden, wenn überhaupt, nur versteckt im Begleittext erläutert. Statt eines informativen Hinweises wird lediglich eine imperative Aufforderung erteilt (z.B. "Ha-Ra: Damit Mensch und Natur eine Chance haben,,272). Das Angebot des werbenden Unternehmens dient daher weniger ei272

OLG Saarbrücken, WRP 1992; S.51O tT.

II. Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug

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ner realen Bedürfnisbefriedigung, als vielmehr dazu, dem Kunden die Gelegenheit zu verschaffen, selbst einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Hierzu wird der Konsument oft geradezu in eine psychische Zwangslage versetzt, aus der er sich ohne schlechtes Gewissen nur durch den Bezug der Ware befreien kann. Im Gegensatz zu den oben geschilderten Formen des Umweltsponsoring tritt dabei das werbende Unternehmen selbst garnicht mehr als der eigentliche Förderer auf. Diese Rolle übernimmt dann der Konsument, der über den Preis der Ware oder Leistung auch den Förderbeitrag entrichtet. Bezeichnend für die Werbung mit Umweltappellen ist auch ihr imperativer Charakter. Die Kunden werden durch den Appell direkt angesprochen und zu einem bestimmten Verhalten aufgefordert. Es liegt nahe zu vermuten, daß diese direkte Ansprache besonders geeignet ist, das für die Kaufentscheidung notwendige Aktivierungspotential zu erhöhen und kognitive Vorgängen bei der Entscheidungsfindung zu unterdrücken. Umweltappelle zielen daher auf impulsive Kaufentscheidungen ab. Eine solche Werbung wird nach den obigen Ausfiihrungen nur Erfolg haben können, wenn das ökologische Argument in die Motivation des Konsumenten bereits Eingang gefunden hat oder durch die Werbung installiert wird.

2. Die Beeinflussung der Erscheinungsformen der Umweltwerbung durch das Spannungsverbältnis zwischen Umweltvorteil und Umweltwerbung Wie oben bereits gezeigt, besteht ein Spannungsverhältnis zwischen Umweltvorteil und Umweltwerbung, was dazu fUhrt, daß sich der von der Werbung in Aussicht gestellte oder angepriesene Umweltvorteil nicht so behandeln läßt, wie andere werbliche Argumente etwa Neuheit, Preiswürdigkeit etc. Zu klären ist nun aber, wie die aufgezeigten Probleme in der Werbepraxis konkret gelöst werden. Dafür ist der Zusammenhang zwischen den einzelnen Problemen und dem Einsatz bestimmter Werbeformen zu erörtern, die gleichsam eine Reaktion auf diese Schwierigkeiten sind. a) Der Einfluß der Externalität des Umweltvorteils auf die Erscheinungsformen der Umweltwerbung Ein zentrales Problem der Umweltwerbung besteht darin, daß der in Aussicht gestellte Umweltvorteil in einem positiven externen Effekt besteht, der für den Konsumenten Ld.R. nicht internalisierbar ist. Dem angepriesenen Vorteil steht hier kein Kundennutzen gegenüber. Soweit der Umweltvorteil nicht in der Produktqualität im oben beschriebenen Sinn liegt, kommt eine Werbung durch Anpreisung dieser Umstände nicht in Betracht. 6 Ewen

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B. Rechtstatsachen Wld Rea1probleme

Eine mögliche Werbestrategie besteht nun darin, an den Kunden zu appellieren, etwas Gutes für die Umwelt zu tun und sich altruistisch zu verhalten. Der Kunde wird also dazu aufgefordert, ein Produkt oder eine Leistung zu beziehen, obwohl der in Aussicht gestellte Vorteil nur der Allgemeinheit dient, wie etwa die Nutzung umweltfreundlicher Herstellungsverfahren oder die finanzielle Förderung von Umweltschutzprojekten. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dem Kunden einen zusätzlichen Vorteil zu gewähren, der den mangelnden Kundennutzen des Umweltvorteils ausgleicht. Dazu bieten sich alle Formen der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen an, wobei die gewährte Nebenleistung in Bezug zum Umweltschutz steht, so etwa bei einer Kaffeeverpackung, die als Salatschüssel verwendet werden kann273 (Müllvermeidung). Neben Verpackungen mit Zweitnutzen ist in der Werbepraxis auch die Erstattung von Fahrtkosten sehr beliebt (so z.B. der Fall "Biomöbel gegen Smog"274). Aber auch ein von der Werbung aufgebautes Image kann einen Zusatznutzen vermitteln 275 . Dazu wird von der Werbung ein Bild des Produkts oder Unternehmens erzeugt, das den Eindruck vermittelt, mit der Natur in Einklang zu stehen. Mit diesem Bild soll sich der Konsument identifizieren und aus Solidarität die entsprechende Bezugsentscheidung treffen, damit er sich selbst im Einklang mit der Natur befindet. Zusatznutzen kann hier auch ein Prestigegewinn sein, der mit Konsum von Produkten einhergeht, die ein positives Umweltimage haben276 . Auch durch den Einsatz von Umweltappellen, umweltbezogenen Nebenleistungen und Umweltimagewerbung kann eine gewisse Kompensation für die Externalität des Umweltvorteils geschaffen werden, die durch produktqualitätsbezogene Werbung nicht möglich ist. b) Der Einfluß der Vertrauenseigenschaft des Umwe/tvorteils auf die Erscheinungsformen der Umwe/twerbung

Ein weiteres Problem der Umweltwerbung ist, wie oben bereits dargestellt, daß die Angaben zur Umweltfreundlichkeit Vertrauenseigenschaften sind, deren Wahrheitsgehalt von den Umworbenen nicht selbst ermittelt werden kann. Deshalb werden die Werbetreibenden versuchen, beim Umworbenen Vertrauen in ihre Aussagen zu schaffen. Dies stellt ein wichtiges Anliegen der Umweltwerbung dar. Denn man kann davon ausgehen, daß die Mehrheit der Umworbenen nur dann, wenn sie verläßliche Informationen in bezug auf den 273 BGH, WRP 1976, S.685 ff. 274 LG Köln, GRUR 1989, S.521 ff; BGH, GRUR 1991, S.542 ff. 275 276

Loewenheim, GRUR 1976, S.99 (100). Kaas, Die Betriebswirtschaft 1992, S.473 (477).

n. UmweJtwerbung olme Produktqualitätsbezug

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Umweltvorteil haben, diesen bei ihrer Bezugsentscheidung berücksichtigen und eventuell sogar höhere Preise in Kauf nehmen werden. Die praktische Umsetzung dieser Erkenntnis gestaltet sich allerdings schwierig. Die Werbeaussagen zur Produktqualität selbst sind zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eben gerade dieser Eigenschaften nicht geeignet. Der Umworbene kann diese Angaben entweder glauben oder nicht; er kann sie aber nicht selbst überprüfen. Allerdings kann Vertrauen auch schon dadurch geschaffen werden, daß der Anbieter in die Werbung fiir sein Produkt investiertZ77 (so z.B. bei der Werbung fiir Markenartikel), oder daß er einen höheren Preis verlangtZ78. Wie gezeigt, verliert diese Argumentation aber deshalb an Überzeugungskraft, weil ohne Mehrkosten oder Gefahr zukünftiger Verluste auch falsche Angaben gemacht oder überhöhte Preise von Anbietem minderwertiger Produkte verlangt werden können, weil der Verbraucher dies nicht feststellen kann. Die rein produktqualitätsbezogene Umweltwerbung ist deshalb ungeeignet, um beim Umworbenen Vertrauen zu erzeugen. Zur Schaffung von Vertrauen durch den Anbieter selbst bieten sich aber andere Werbestrategien an. Anbieter können eine Selbstverpflichtung abgeben, in der sie die Einhaltung bestimmter Prinzipien versprechen (beispielsweise der Ehrenkodex der Umweltinitiative der Wirtschaft e. V. "BAUM"z79). Durch Einschaltung objektiver und neutraler Dritter kann dem Glaubwürdigkeitsproblem noch weiter entgegengewirkt werden. Werden in der Umweltwerbung etwa Erklärungen unabhängiger Institutionen verwendet, wie der Blaue Engel der Jury Umweltzeichen oder Ergebnisse der Stiftung Warentest, so kann dadurch Vertrauen aufgebaut werden. Dabei wird der Umweltvorteil, der zunächst eine Vertrauenseigenschaft ist, zumindest fiir einen Dritten verifizierbar, auf den der Konsument vertraut. Man kann daher bei der Werbung mit Testergebnissen oder Expertenurteilen von einer "QuasiSucheigenschaft"280 sprechen. Einen ähnlichen Weg eröffnet auch das von der EU eingeführte (bislang freiwillige) Öko-Audit VerfahrenZ81 . Gern Art. 10 II der Richtlinie 28z darf das Öko-Audit-Emblem aber nicht auf dem beworbenen Produkt selbst oder auf der Packung, bzw. allgemein zur Bewerbung eines Produktes verwendet werden.

Nelson, The Journal ofPolitical Economy 1974, S.729 (729 und 752). Van den BerglvLehmann, GRUR fut 1992, S.588 (592). 279 Horst, MA 1992,8.518 (520). 280 HüserlMühlenkamp, Marketing 1992, 8.149 (153) m. W.N. 281 Siehe dazu unten C.n.2.a). 282 VO 1836 (EG) ABI L 168 vom 10.7.1993. 277 278

6"

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B. Rechtstatsachen und Realprobleme

Eine andere Möglichkeit stellt der Aufbau einer persönlichen Beziehung zwischen Anbieter und Abnehmer ~83. Dazu eignen sich Maßnahmen wie Betriebsbesichtigungen oder die durch Informationscoupons zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft, mit dem Abnehmer in Verbindung zu treten oder aber auch alle Formen des Direkt-Marketings, bei denen der Anbieter direkt mit dem Umworbenen in Verbindung tritt. Die wohl wichtigste Form, Glaubwürdigkeit fiir die Werbung zu erzeugen, liegt darin, sich von den sog. Trittbrettfahrern abzugrenzen284 . Dazu muß ein Unternehmen deutlich machen, daß es mit dem Umweltschutz ernst machen und sich nicht aufbloße Lippenbekenntnisse beschränken will. Wichtig ist dabei ein eigenes Umweltengagement an den Tag zu legen, das mit einem sichtbaren Aufwand verbunden ist, der sich fiir einen Trittbrettfahrer nicht rechnen würde. Um so mehr sich ein Anbieter auf dem Gebiet des Umweltschutzes profiliert, um so eher läuft er auch Gefahr, daß sein Verhalten in der Öffentlichkeit als reines Alibi entlarvt wird. Um so größer sein Engagement und seine Investitionen sind, um so größer wird sein Schaden sein, wenn er öffentlich als Trittbrettfahrer angeprangert wird. Aus diesen Überlegungen ergibt sich, daß eine solche Umweltwerbung regelmäßig nur fiir seriöse Anbieter geeignet ist. Was passieren kann, wenn ein Unternehmen als (tatsächlicher oder vermeintlicher) Trittbrettfahrer im Bereich des Umweltschutzes entlarvt wird, hat die von Greenpeace geführte Kampagne gegen den Shell Konzern im Fall der "Brent Spar" gezeigt. In einem solchen Fall sind sämtliche Investitionen in ein positives Image und der aufgebaute "good will" verloren (im Fall der "Brent Spar" wird der Schaden von Shell auf ca. 30 Mio DM geschätzt, d.h. die Kosten der kurz zuvor durchgeführten Imagekampagne "Wir wollen etwas ändern"285). Da bei solchen vertrauensbildenden Maßnahmen schon wegen der langen Amortisationskosten die Gefahr, als Trittbrettfahrer entlarvt zu werden, und der dadurch entstehende Schaden sehr hoch sind, werden nur seriöse Anbieter in solche Maßnahmen investieren, also solche Anbieter, die wegen eines tatsächlich vorhandenen Engagements nicht Gefahr laufen, als Umweltsünder enttarnt zu werden. Ein Signal, das auf diese Weise seriöse von unseriösen Anbietern unterscheiden kann, ist ein zuverlässiges Signal der Glaubwürdigkeit. 286 Hervorzuheben ist, daß dieser Mechanismus (ebenso wie bei der Marke) funktionieren kann, auch wenn den Verbrauchern die Zusammenhänge Kaas, Die Betriebswirtschaft 1992, S.479 (480). Kaas, a.a.O. S.479. 285 Rober! Leicht, Die Zeit vorn 23.6.1995, S.l. 286 HüserlMühlenkamp, Marketing 1992, S.149 (153) rn.w.N. 283 284

ll. Umweltwerbung ohne Produ1ctqualitätsbezug

85

nicht direkt bekannt sind. Ein solches Signal kann etwa eine öffentlich bekanntgemachte Investition in den Umweltschutz oder die Förderung fremder Umweltschutzaktionen sein, die dem Unternehmen selbst keine Profite bringen. So ist es naheliegend, in diesem Bereich Umweltsponsoringmaßnahmen durchzuführen. Dadurch kann den Umworbenen deutlich gemacht werden, daß das Unternehmen ein ernsthaftes und ehrliches Engagement in bezug auf den Umweltschutz hat. Zudem kann der Sponsor dadurch am Prestige des Gesponserten teilhaben. Auch der Aufbau eines positiven Images in bezug auf Umweltschutz führt zu einer erhöhten Glaubwürdigkeit hinsichtlich des Umweltengagements. Zur Lösung des Glaubwürdigkeitsproblems ist es fur Unternehmen deshalb wichtig, neben produktqualitätsbezogenen Werbernaßnahmen auch solche ohne Produktqualitätsbezug, insb. Umweltsonsering und Imagewerbung, durchzuführen.

c) Der Einfluß der Komplexität und Relativität des Umweltvorteils auf die Erscheinungsformen der Umweltwerbung Auch das Problem der Komplexität der ökologischen Zusammenhänge hat Auswirkungen auf die Gestaltung der Umweltwerbung. Der expliziten Darstellung eines Umweltvorteils sind allerdings enge Grenzen gesetzt. Zum einen verursachen solche Werbekampagnen einen hohen Aufwand und hohe Kosten, da sie fur die Darstellung viel Zeit bzw. Raum in den Werbemedien benötigen. Zum anderen ist die Aufnahmefähigkeit und -bereitschaft der Umworbenen begrenzt. Die durchschnittliche Betrachtungszeit einer Werbeanzeige in einer Publikumszeitschrift beträgt zwei Sekunden287 • Eine Darstellung komplexer Zusammenhänge dürfte in dieser Zeitspanne in den meisten Fällen kaum möglich sein. Hier bietet sich zunächst der Einsatz von kodierten Informationen oder Schlüsselreizen insb. in Form von Umweltzeichen an. Dadurch kann , wie oben gezeigt, mit geringerem Aufwand eine große Menge an Information angeboten werden. Aber auch solche Zeichen können nur die Komplexität der Darstellung, nicht dagegen die der zugrundeliegenden Tatsachen selbst reduzieren. Sie enthalten daher ein hohes Irreführungspotential. Es besteht auch die Möglichkeit, auf die Darstellung der komplexen Zusammenhänge ganz zu verzichten. Dies gilt ganz besonders dann, wenn wegen der Darstellung komplexer und daher mißverständlicher Zusammenhänge die Gefahr einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsverfügung wegen irrefiih-

287

Kroeber-Rie/IWeinberg, S.254.

B. Rechtstatsachen und Realprobleme

86

render Werbung droht. Auch hier bietet es sich für den Werbetreibenden wieder an, sich auf die Darstellung eines allgemeinen Umweltengagements oder die Schaffimg eines Images zu beschränken. Schließlich kann sich die Umweltwerbung auch damit begnügen, den Schwerpunkt der Werbung von überzeugenden Argumenten auf ein eher emotionales Überreden zu verlagern. Dafür kommt insbesondere ein persönliches und emotionales Ansprechen der Umworbenen in Betracht. Auch die Relativität des durch die Umweltwerbung in Aussicht gestellten Umweltvorteils erweist sich für die Werbetreibenden als problematisch. Für sie stellt sich in diesem Zusammenhang das Problem, daß sie auf einen einzelnen, mehr oder weniger kleinen Umweltvorteil aufmerksam machen müssen, ohne durch die Darstellung der Relativität des Vorteils und der verbleibenden Nachteile die Werbewirksamkeit einer Maßnahme wieder aufzuheben. Dies verursacht natürlich einen erheblichen Erklärungsaufwand. Da sich der ökologische wie technische Fortschritt in zwar kleinen, aber rasch aufeinanderfolgenden Schritten vollzieht, gibt es gerade im Bereich des Angebots umweltfreundlicher Waren und Dienstleistungen eine schnelle Produktinnovation. Deshalb ist es für Werbetreibende wichtig, eine Strategie zu verfolgen, bei der ein beim Konsumenten erworbener "good will" auch in der Zukunft und für neue Produkte noch werbewirksam bleibt und nicht etwa eine Diskriminierung bisheriger Produkte erfolgt288. Eine allein auf die Produktqualität bezogene Werbung kann dies nicht erreichen. In diesen Fällen ist es deshalb naheliegend, zumindest auch für das Unternehmen, die Firmenmarken oder Produktserien des Anbieters zu werben289 . Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß auf Grund des Spannungsverhältnisses zwischen Umweltvorteil und Umweltwerbung die Werbetreibenden sich nicht alleine auf die Darstellung produktqualitätsbezogener Angaben beschränken können, wenn die Werbewirksamkeit erhalten bleiben soll. Die Werbung ohne Produktqualitätsbezug kann dabei als Ergänzung oder sogar als Ersatz anderer Werbeformen dienen. Schließlich hängt die Wirksamkeit und insbesondere die Glaubwürdigkeit der Umweltwerbung auch davon ab, daß die einzelnen Werbestrategien koordiniert und kombiniert werden. So nützt die aufgebaute Glaubwürdigkeit nichts, wenn sie nicht schließlich das Bezugsverhalten der Umworbenen positiv beeinflußt. Eine Umweltimagekampagne wäre wenig erfolgversprechend, wenn das Produktangebot des Unternehmens nicht auch an ökologischen Gesichtspunkten ausgerichtet würde. So müssen die Umweltwerbestrategien nicht nur untereinander abgestimmt werden, sondern

288 289

Cansier, S.296. HUserlMuhlenkamp a.a.O. S.152.

IT. Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug

87

auch mit der Produkt-, Preis- und Vertriebspolitik (sog. ökologisches Marketing- Mix290 ).

3. Konkretisierung der Interessenlage von Anbietem und Nachfragern sowie von Konkurrenten und der Allgemeinheit in bezug auf Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug Im folgenden soll die Interessenlage aller Beteiligten im Hinblick auf die Umweltwerbung ohne Produktqualität genauer betrachtet werden. Deshalb ist hier nicht nur auf die Interessen an einer solchen Werbung einzugehen, sondern auch auf Interessen, die gegen die Verwendung solcher Werbemaßnahmen sprechen. Dazu ist neben den Interessen von Anbietern und Nachfragem auch auf die Interessen der Konkurrenten und der Allgemeinheit einzugehen, ohne daß hier jedoch schon eine wettbewerbsrechtliche Wertung dieser Interessen erfolgen soll. Wie oben bereits dargestellt, setzt die Einbeziehung von Umweltaspekten in die Entscheidungen der Marktteilnehmer deren diesbezügliches Interesse voraus. Ähnliches gilt auch fiir den Einsatz bestimmter Werbeformen. Nur wenn auf der Anbieterseite ein Interesse an der Verwendung nicht produktqualitätsbezogener Umweltwerbung besteht, wird diese zum Einsatz kommen. Andererseits setzt ein Interesse der Anbieter voraus, daß die Nachfrager positiv auf diese Werbemaßnahmen reagieren, was jedenfalls dann zu erwarten ist, wenn auf der Nachfrageseite ein Bedarf an solchen Maßnahmen besteht. Auf der Nachfrageseite ist ein Interesse an Umweltwerbung quantitativ und qualitativ bereits mehr oder weniger stark ausgeprägt, d.h., daß eine erhebliche Zahl von Nachfragern bereit ist, in ihre Bezugsentscheidungen Aspekte des Umweltschutzes mit einzubeziehen. Daraus wiederum resultiert die Nachfrage nach Informationen, die zur Vorbereitung einer solchen Entscheidung notwendig sind und deshalb von der Umweltwerbung vermittelt werden sollen. Das Interesse der Umworbenen beschränkt sich allerdings nicht auf Umstände, die die Produktqualität betreffen. Ein Interesse besteht auch daran, welches Umweltengagement die Anbieter an den Tag legen, welche Umweltschäden von den Produktionsanlagen oder dem Distributionssystem der Anbieter ausgehen oder welche Umweltwirkungen Nebenleistungen haben. Im Gegenteil sind die produktqualitätsbezogenen Umweltvorteile i.d.R. fiir die Verbraucher genauso wenig internaIisierbar wie die positiven Auswirkungen des allgemeinen, nicht unbedingt wettbewerbsbezogenen Verhaltens der Unternehmen. Deshalb besteht an all diesen Umständen gleichermaßen ein Interesse der Ver290 Steger, Handbuch, S.531, in Anlehnung an das von MejJert entwickelte Schema zum Marketing-Mix.

88

B. Rechtstatsachen und Realprobleme

braucher. Die Bezugsentscheidung stellt für die Konsumenten lediglich die Möglichkeit dar, ein umweltfreundliches Produkt oder ein umweltorientiertes Umweltverhalten zu honorieren. Damit solche Informationen zur Entscheidungsbildung herangezogen werden können, müssen sie verständlich sein. Dies ist deshalb problematisch, weil die ökologischen Zusammenhänge komplex sind und oft ein entsprechendes Hintergrundwissen voraussetzen. Zudem stellt sich ein ökologischer Fortschritt immer nur als eine relative Verbesserung dar, die nur verständlich ist, wenn sie im Vergleich zur früheren Situation gesehen wird. Deshalb gestaltet sich die Darstellung eines produktqualitätsbezogenen Umweltvorteils schwierig und aufwendig. Oft ist eine solche Darstellung im Rahmen einer Werbeaktion deshalb nicht möglich oder birgt die Gefahr, daß die Information von vielen Verbrauchern falsch verstanden wird. Hier stellt sich für die Werbung das Problem, daß sie entweder einige Verbraucher informieren und dabei andere irrefUhren kann oder aber ganz darauf verzichtet, möglicherweise irrefiihrende Angaben zu machen. Deswegen müssen neue Strategien entwickelt werden, die entweder die Darstellung vereinfachen oder aber auf andere Werbeinhalte ausweichen. Ein Grundproblem für die interessierten Nachfrager ist, daß sie den Wahrheitsgehalt umweltbezogener Werbeangaben nicht überprüfen können, da die ökologische Qualität eines Produkts für sie i.d. R. nicht selbst erfahrbar ist. Die Nachfrager müssen deshalb nicht nur Informationen über einen Umweltvorteil, sondern auch die Verläßlichkeit dieser Angaben in Erfahrung bringen. Das Interesse der Nachfrager besteht also nicht nur in der Bereitstellung verständlicher und aussagekräftiger Informationen bezüglich der Umweltrelevanz des Angebots oder des Unternehmensverhaltens. Vielmehr besteht auch ein gesteigertes Interesse daran, die Glaubwürdigkeit dieser Informationen ermitteln zu können. Dazu reicht aber eine Aussage über die Produktqualität alleine nicht aus, da diese Aussage bezüglich ihrer eigenen Glaubwürdigkeit keine zuverlässige Angabe machen kann. Der Verbraucher ist deshalb darauf angewiesen, die Glaubwürdigkeit einer Werbeaussage bzw. eines werbenden Unternehmens aus anderen Umständen zu entnehmen. Daher werden die Nachfrager nach Signalen der Glaubwürdigkeit Ausschau halten, die insbesondere durch die Werbung ohne Produktqualitätsbezug, und dabei besonders Umweltsponsoring und Umweltimagewerbung, vermittelt werden können. Die Nachfrager haben also ein eigenes Interesse auch an der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung. Auf seTten der Anbleter besteht ein korresPondierendes Interesse an der Einbeziehung von Umweltaspekten in die Werbung, sowohl um die Nachfrage bereits interessierter Kunden zu befriedigen, als auch um neue Kunden rur dieses Thema zu sensibilisieren. Dazu ist es sinnvoll, zunächst den bestehen-

ll. Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug

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den Informationsbedarf auf der Nachfrageseite zu befriedigen. Die Anbieter sind deshalb auch daran interessiert, ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen, was durch den Einsatz von nicht produktqualitätsbezogener Werbung geschehen kann. Für die Anbieter stellen sich allerdings noch weitere Probleme. Die Innovation auf dem Gebiet der umweltfreundlichen Waren und Dienstleistungen vollzieht sich in kleinen, aber schnellen Schritten. Wird ein Produkt mit einer produktqualitätsbezogenen Angabe beworben, ist dieses Werbeargument und damit der Vorsprung vor den Mitbewerbern quasi verbraucht, wenn es vom technischen Fortschritt eingeholt worden ist, d.h., wenn der Anbieter oder ein Konkurrent ein neues Produkt mit einem neuen, weitergehenden Umweltvorteil auf den Markt bringt. Um den Erfolg einer werblichen Maßnahme auch für die Zukunft nützen zu können, ist es deshalb sinnvoll, nicht alleine auf die Qualität des momentanen Angebots abzustellen. Zweckmäßiger sind hier Werbestrategien, die nicht nur produktbezogen sind, sondern sich zumindest auch auf Produktserien oder sogar auf das gesamte Angebot und die Kompetenz des anbietenden Unternehmens beziehen. Daraus ergibt sich ein weiteres Interesse an der Verwendung nicht produktqualitätsbezogener Werbung auf der Anbieterseite. Das Hauptproblem beim Vermarkten umweltfreundlicher Produkte oder Leistungen besteht aber sicherlich darin, daß sich oftmals der Umweltvorteil nicht als Kundennutzen, sondern als positiver externer Effekt zeigt. Dies ist unabhängig davon, ob sich der Umweltvorteil als ein Produktqualitätsvorteil darstellt, ob dieser Vorteil in einer besonders umweltschonenden Herstellung liegt, oder ob dieser Vorteil einer Nebenleistung oder einem sonstigen Verhalten des anbietenden Unternehmens zuzurechnen ist. Das eigentliche werbliche Argument besteht hier in der Verbesserung der ökologischen Lebensbedingungen und nicht in dem Nutzen, den der Konsument aus dem Angebotenen selbst erlangt. Die Motivation zur Bezugsentscheidung besteht also darin, der Umwelt etwas Gutes zu tun. Die Information über einen produktqualitätsbezogenen Umweltvorteil kann allenfalls einen Wirkungszusammenhang erläutern, nicht aber diese Motivation beim Konsumenten auslösen oder bestärken. Um in dieser Situation einen Anreiz zu schaffen, muß die Werbung daher andere Mittel einsetzen, die sich nicht in der Darstellung der Produktqualität erschöpfen. Auf seiten der Anbieter besteht demzufolge noch ein weit größeres Interesse am Einsatz von Umweltwerbemaßnahmen ohne Produktqualitätsbezug, das sich nur z.T. mit dem der Nachfrager deckt. Die Allgemeinheit hat ein Interesse am Schutz der Umwelt als der natürlichen Lebensgrundlage, was sich schließlich auch in der Aufnahme des Umweltschutzes als Staatszielbestimmung in Art. 20 a GG niedergeschlagen hat.

90

B. Rechtstatsachen Wld Realprobleme

Soweit die Umweltwerbung einen positiven Beitrag zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen liefern kann, steht sie auch im Allgemeininteresse. Dies gilt gleichermaßen für Umweltwerbung mit und ohne Produktqualitätsbezug. Diesen Interessen am Einsatz der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug stehen allerdings auch Interessen entgegen. Auf seiten der Konsumenten besteht die Gefahr, daß durch die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug die Bezugsentscheidung in unzulässiger Weise beeinflußt wird. Zum einen birgt auch diese Form der Werbung ein gewisses Irreführungspotential, da Ld.R. auch umweltbezogene Angaben, die nicht die Produktqualität betreffen (etwa Sponsorenhinweise oder auf das Image bezogene Angaben), vom Konsumenten nicht verifiziert werden können. Zum anderen besteht die Möglichkeit, daß den Kunden von der Werbung Motive untergeschoben bzw. solche Motive ausgenutzt werden, die nicht wirklich den eigenen Bedürfnissen der Konsumenten entsprechen. Auch auf diese Weise können Bezugsentscheidungen fehlgeleitet und der Markt verzerrt werden. Für die Konkurrenten besteht die Gefahr, daß eigene Anstrengungen hinsichtlich der Werbung von anderen Anbietern nachgeahmt oder ausgenutzt werden können. Bei der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug liegt dies deshalb nahe, weil hier häufig für die Übernahme einer Werbestrategie nicht das Produkt selbst verändert werden muß. Die Werbung ohne Produktqualiätsbezug kann schließlich dazu fUhren, daß die Produktqualität für die Bezugsentscheidung völlig in den Hintergrund tritt. Dann wird es auch für Koitkurrenten unmöglich, mit der Produktqualität zu werben. Dies kann dazu fUhren, daß sich letztlich Produkte, die eine tatsächliche Verbesserung hinsichtlich der Umweltverträglichkeit darstellen, auf dem Markt nicht mehr durchsetzen können und der Wettbewerb zwischen verschiedenen Anbietern nicht durch konkurrierende Leistungen sondern nur durch einen Wettbewerb der Werbungen ersetzt wird. Eine solche Entwicklung würde letztlich auch dem Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs widersprechen. Gerade hier liegt die besondere Problematik der Umweltwerbung; nicht jedes öffentliche Interesse an Umweltinformationen rechtfertigt jede Art der werblichen Nutzung dieser Informationen. Vielmehr gilt es herauszufinden, welche Art der Umweltwerbung mit den Grundsätzen unserer Wettbewerbsordnung in Einklang stehen. Schließlich ist noch das Interesse an der Schaffung eines europäischen Binnenmarktes zu berücksichtigen. Zum einen erweitert sich für die Nachfrager das Angebot, zum anderen eröffnen sich für die Anbieter neue Märkte bzw. Marktteile, also neue Absatzmöglichkeiten. Die Einbeziehung dieser Interessen erweist sich allerdings als besonders schwierig.

II. Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug

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Die Marktintegration ist nämlich von den konkreten Interessen der Marktteilnehmer insoweit unabhängig, als sich die Mitgliedsstaaten zur Erreichung dieses Ziels bereits vertraglich verpflichtet haben. Diese sich aus dem primären und sekundären Gemeinschaftsrecht, also aus den Gründungsverträgen der europäischen Gemeinschaften und deren Änderungen sowie den darauf gestützten Rechtsakten, ergebenden Verpflichtungen sind jedenfalls zu berücksichtigen. Wegen der supranationalen Struktur und des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts291 muß die Schaffung des Binnenmarktes als ein Interesse angesehen werden, das gegebenenfalls entgegenstehenden Interessen der Marktteilnehmer vorgeht. Auf diese Problematik ist später noch einzugehen.

291

Vgl. dazu unten C.II.2.

C. Die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug Nach den Ausfiihrungen zu den Rechtstatsachen und Realproblemen der Umweltwerbung allgemein und der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug im besonderen, soll nun erörtert werden, wie die Werbemaßnahmen letzterer Art rechtlich zu beurteilen sind. Die folgenden Ausfiihrungen beschäftigen sich dabei alleine mit der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung von Werbemaßnahmen. Zwar werfen Maßnahmen der Umweltwerbung auch Fragen aus anderen Rechtsbereichen auf. Gerade in bezug auf das Kartellrecht entstehen besondere Probleme! , die sich wiederum aus den oben geschilderten Eigenheiten der Umweltwerbung ergeben. So kann negativen externen Effekten, wie etwa der Umweltbelastung, durch kollektives Handeln begegnet werden (Schaffung von Standards, gemeinsame Selbstverpflichtungen der Anbieter, gemeinsame Werbeanstrengungen etc. 2 ), das dann zur Erschwerung des Marktzutritts oder zum Ausschluß bestimmter Anbieter führen kann. Die Erörterung dieser Fragen würde allerdings den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. Daher sollen hier entsprechend des gewählten Themas die Ausführungen auf das Lauterkeitsrecht beschränkt bleiben. Aus dieser Beschränkung des Themas folgt auch, daß hier nur auf die Fragen eingegangen wird, die sich in bezug auf die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug stellen, wie sie oben unter B.I.3. und 4. definiert und beschrieben wurde. Dabei läßt sich der Grundkonflikt zwischen Wettbewerb und nicht produktqualitätsbezogener Umweltwerbung folgendermaßen kurz umreißen: Sowohl Anbieter als auch Nachfrager haben ein Interesse am Schutz der Umwelt. Soweit sich Umweltschutzmaßnahmen in einer Verbesserung der umweltbezogenen Produktqualität widerspiegeln, kann mit dieser Produktqualität geworben werden. Diese produktqualitätsorientiete Werbung stellt quasi einen Prototyp des "Leistungswettbewerbs" dar. Zur besonderen Irrefiihrungsgefahr durch produktqualitätsbezogene Angaben sei nochmals auf die Dissertationen von Füger, Federhoff-Rink, Cordes und Lappe verwiesen.

I Siehe z.B. Lappe, WRP 1995, S.170 (172 f); zu Fragen des europäischen KartellrechtsBock, EuZW 1994, S.47 ff. 2 Kaas, Die Betriebswirtschaft 1992, S.473 (482 fl).

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Schwierigkeiten ergeben sich aber dann, wenn der von der Werbung thematisierte Umweltvorteil nicht Teil der Produktqualität ist, wie etwa bei einem allgemeinen, umweltorientierten Unternehmensengagement oder der finanziellen Unterstützung eines Umweltprojekts. Ohne hier auf Einzelheiten einzugehen3 , scheint eine solche Werbung nicht mehr mit dem herkömmlichen Leitbild des Leistungswettbewerbs oder einem funktionalen Verständnis des Wettbewerbs in Einklang zu stehen. Dies liegt daran, daß der positive externe Effekt des umweltfreundlichen Verhaltens nicht in die Produktqualität eines Wirtschaftsgutes internalisiert ist, das mit anderen im Wettbewerb steht. Das Werben mit einem solchen Verhalten kann leicht dazu führen, daß der preisoder qualitätsorientierte Wettbewerb verfälscht wird. Daher ist die Einbeziehung solcher Umstände in die Werbung problematisch. Zur Lösung dieses Konflikts kann man entweder das Interesse der Allgemeinheit am Umweltschutz den Wertungen des Wettbewerbsrechts überordnen4 , oder auch das umweltbezogene Unternehmensverhalten als Leistung ansehen und den Begriff der Leistung durch den der "umweltbezogenen Unternehmensleistung" ersetzen, wie es Federhoff-Rink vorschlägt5 . In beiden Fällen käme es jedoch zu einer gewissen Auflösung des bisherigen Wettbewerbsrechtskonzepts, worauf später noch zurückzukommen ist. Nach dem hier vertretenen Ansatz läßt sich die werbliche Darstellung eines Umweltvorteils in das bestehende Wettbewerbssystem nicht nur als Produktqualitätsvorteil einbeziehen. Unter Berücksichtigung des informationsökonomischen Konzepts kann die Werbung mit einem nicht produktqualitätsbezogenen Umweltvorteil auch dann eine wettbewerbsfördernde Funktion haben, wenn diese Werbung eine an der Produktqualität orientierte Entscheidung erleichtert. Zudem ist zu klären, ob Hinweise auf Qualitäten, die nicht dem Produkt selbst anhaften (umweltschonende Herstellungsverfahren, Unternehmensverhalten, Sponsoringleistungen etc.), in der Werbung verwendet werden dürfen. Denn aus der Tatsache, daß produktqualitätsbezogene Umweltvorteile dem Leitbild des Leistungswettbewerbs entsprechen, ist der Umkehrschluß auf die Wettbewerbswidrigkeit von Hinweisen auf nicht produktqualitätsbezogene Angaben keineswegs legitimiert. Es gibt sowohl zahlreiche Veröffentlichungen von Seiten der rechtswissenschaftlichen Literatur als auch Entscheidungen der Gerichte, die sich mit Fragen auch der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug beschäftigen. Diese gilt es zunächst systematisch zu ordnen und darzustellen. Dabei wird sich zeigen, ob die hier vorgeschlagene Einteilung der Werbernaßnahmen nach ihren äußeren Erscheinungsformen, insbesondere nach dem Anknüpfungspunkt des Siehe dazu unten C.I.I.d). So etwa Lappe, S.94 ff. und S.197 ff. s Federho.fJ-Rink, S.264.

3

4

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteihllg

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Umweltvorteils, für die rechtliche Beurteilung hilfreich sein kann. Der Sinn einer Fallgruppeneinteilung besteht dabei nicht in einer begriffiichen Konstruktion von Tatbeständen, sondern in einer Verdeutlichung der Probleme sowie der Klärung und Differenzierung des für die jeweilige Entscheidung relevanten Denkansatzes6 . Gleichzeitig soll kritisch analysiert werden, ob bei den bisherigen Beurteilungen in Rechtsprechung und Literatur die realen und rechtstatsächlichen Probleme beachtet und damit die Interessen der Beteiligten ausreichend gewahrt worden sind. Im Rahmen der kritischen Darstellung der bisherigen Lösungsversuche soll gleichzeitig ein eigener Standpunkt entwikkelt werden. Der zunehmende Einfluß des europäischen Gemeinschaftsrechts hat auch vor dem deutschen Wettbewerbsrecht nicht halt gemacht. Dies gilt zunehmend auch für den Bereich der Umweltwerbung7 , was insbesondere von der Rechtsprechung, aber auch von der Literatur8 , gelegentlich übersehen wird. Deshalb soll nach den Ausfiihrungen zur Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug der Einfluß des europäischen Gemeinschaftsrechts auf das deutsche Wettbewerbsrecht allgemein, und dann speziell für die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug dargestellt werden. Der supranationalen Struktur des Gemeinschaftsrechts würde es entsprechen, nicht zwischen nationalem und gemeinschaftlichem Recht zu differenzieren. Die Verordnungen und z. T. auch die Richtlinien der Gemeinschaft wirken unmittelbar auch in Deutschland. Die Vorabentscheidungen des EuGH gern Art. 177 EGV sind für die vorlegenden nationalen Gerichte verbindlich, das deutsche Recht wird durch das Gemeinschaftsrecht unmittelbar gestaltet. Trotz dieser Tatsache soll zur besseren Verständlichkeit und zugunsten einer übersichtlicheren Darstellung der Einfluß des Gemeinschaftsrechts in einem eigenen Abschnitt zusammengefaßt werden, ohne jedoch den Bezug zum deutschen Lauterkeitsrecht bzw. die Verflechtung dieser beiden Rechtsbereiche aus dem Auge zu verlieren.

Ott in: Festschrift filr Raiser. S.403 (420). Micklitz, WRP 1995, S.1014 ff. 8 Zutreffend daher die Kritik Keßlers an der Dissertation von Cordes, VuR 1995, S.230 f. 6

7

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

I. Darstellung und kritische Analyse von Rechtsprechung und Literatur zur lauterkeitsrechtlichen Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug sowie Bestimmung des eigenen Standpunkts Im folgenden soll nicht nur der Stand der Rechtsprechung und Literatur zu Fragen der rechtlichen Beurteilung von Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug dargestellt, sondern auch kritisch daraufhin untersucht werden, ob die bislang vorgeschlagenen Ansätze die Interessen der Beteiligten in angemessener Weise zum Ausgleich bringen. Dazu soll auf die oben gewonnenen Erkenntnisse bezüglich der Rechtstatsachen und Realprobleme zurückgegriffen und ein eigener Standpunkt entwickelt werden. Ausgangspunkt der Darstellung sind die vier typischen Erscheinungsformen der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug, wie sie im rechtstatsächlichen Teil der Arbeit entsprechend den äußeren Erscheinungsformen herausgebildet wurden. Gegenstand der Untersuchung sollen aber nicht nur die prototypischen und eher theoretisch interessanten Werbeformen sein, sondern beispielhaft auch tatsächlich in der Werbepraxis in Erscheinung getretene Werbernaßnahmen. Diese sollen nun systematisch an Hand der Tatbestandsmerkmale des Lauterkeitsrechts auf ihre rechtliche Zulässigkeit hin überprüft werden. Die Einarbeitung der Rechtsprechungs- und Literaturmeinungen in dieses System gestaltet sich dabei schon deshalb schwierig, weil sich bislang keine Einteilung der Umweltwerbung in bestimmte Fallgruppen durchgesetzt hat und nicht (wie hier) in Maßnahmen mit und ohne Produktqualitätsbezug unterschieden wird. Während jedoch eine Zuordnung der in Rechtsprechung und Literatur besprochenen Fälle zu den oben vorgeschlagenen Fallgruppen möglich ist, erweist sich die Heranziehung eines juristischen Beurteilungsmaßstabs als äußerst problematisch. Die Abgrenzung lauterer Wettbewerbshandlungen von unlauteren erweist sich seit jeher als die Crux des Wettbewerbsrechts9 . Neben wenigen Spezialtatbeständen des UWG und seiner Nebengesetze muß für diese Beurteilung auf die sog. "große Generalklausel" des § 1 UWG, also auf einen Verstoß gegen die guten Sitten, abgestellt werden lO • Die Generalklausel des § 1 UWG ist durch jahrzehntelange Rechtsprechung konkretisiert worden. Diese Konkretisierung wird wiederum von der Literatur kritisiert. Dabei hat es nicht an Systematisierungsversuchen gefehlt; diese überschneiden und überlagern sich aber und sind untereinander so widersprüchlich 9

BaumbachIHefermehl, Allg. Rn.80. Nordemann, Rn.lO.

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I. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener Standpunkt

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wie in sich selbst!! . Gegen alle vorgeschlagenen Systematisierungsversuche in der Rechtsprechung und Literatur lassen sich Einwände vorbringen; keine Einteilung geht vollständig auf, immer lassen sich einige Fälle nicht erfassen oder fallen gleichzeitig in verschiedene Fallgruppen. Daher ist es im Grunde eine Frage der darstellerischen Zweckmäßigkeit, welcher Einteilung man folgt. Dementsprechend soll nachfolgend kurz dargestellt werden, welche Systematisierung im bezug auf die Feststellung der Sittenwidrigkeit zugrunde gelegt wird. Die Sittenwidrigkeit i.S.d. § 1 UWG ist nicht der einzige Maßstab, nach dem die lauterkeitsrechtliche Zulässigkeit der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug zu messen ist. Deshalb soll nachfolgend überblickaritg geprüft werden, welche Normen des Lauterkeitsrechts für die Beurteilung solcher Werbemaßnahmen regelmäßig relevant sein können; es ist gleichsam das einschlägige Normfeld abzustecken. Im darauf folgenden Abschnitt sollen die verschiedenen Erscheinungsformen der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug jeweils einzeln auf die typischerweise mit ihnen verknüpften Konflikte zur materiellen Rechtslage des Lauterkeitsrechts untersucht werden. Da die Probleme der prozessualen Durchsetzbarkeit bei den hier untersuchten Werbeformen i.d.R. die gleichen sind, bietet es sich an, diese Probleme fiir alle Werbeformen gemeinsam darzustellen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit der Darstellung ist deshalb eine Trennung in materielle und prozessuale Fragen geboten. Diese Trennung zwingt aber zu einem Komprorniß hinsichtlich der dogmatischen Konsequenz der Darstellung. Denn hinsichtlich einiger Tatbestandsmerkmale ist umstritten, ob es sich um materiellrechtliche oder prozessuale Fragen handelt und an welcher Stelle diese systematisch zutreffend darzustellen sind. Dies gilt insb. für Fragen des Wettbewerbsverhältnisses. Deshalb stellt sich hier zunächst die Frage, an welcher Stelle diese einzelnen Probleme zu erörtern sind. Da diese Zuordnungsfrage für das zu bearbeitende Thema aber nicht von entscheidender Bedeutung ist, soll im folgenden Abschnitt auch nur eine kurze Erläuterung der zugrunde gelegten Darstellungsweise erfolgen, ohne zu dieser Problematik abschließend Stellung zu beziehen.

11 7 Ewerl

Ott, a.a.O. S.405 f.

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

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1. Die möglichen Kollisionspunkte zwischen Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug und Lauterkeitsrecht Bevor die oben herausgearbeiteten Fonnen der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug auf ihre Vereinbarkeit mit dem Lauterkeitsrecht untersucht werden können, muß zunächst geklärt werden, welche Rechtsnonnen für diese Prüfung heranzuziehen sind. Da es sich bei diesen Nonnen hauptsächlich um Generalklauseln handelt, die selbst nur wenig konkrete Tatbestandsvoraussetzungen nennen, muß eine Konkretisierung erfolgen. Dabei soll keine neue Systematik des Lauterkeitsrechts erstellt werden. Vielmehr soll sich die Beurteilung an den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen orientieren. Weil in diesem Bereich verschiedene Systematisierungsansätze vorliegen, soll hier vorerst nur dargestellt werden, welchem Ansatz gefolgt wird und welche Tatbestandsmerkmale an welcher Stelle geprüft werden. Bei der Einordnung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug in dieses System wird sich bereits zeigen, daß nur bestimmte Fallgruppen der Unlauterkeit eine Rolle spielen, was wiederum mit den oben herausgearbeiteten und für diese Werbefonnen typischen Realproblemen und Rechtstatsachen zusammenhängt.

a) Eingrenzung des relevanten Normenbereichs Die Schranken für die gewöhnliche Werbung12 gelten grundsätzlich auch für die Umweltwerbung. Neben den beiden Generalklauseln der §§ I und 3 UWG kommen die Spezialnonnen der §§ 6 ff sowie einige Bestimmungen von Spezialgesetzen in Betrachtl3 . Fraglich ist, ob all diese Nonnen auch für die Beurteilung der Umweltwerbung relevant sind. In den §§ 6,7 und 8 UWG werden besondere Verkäufe (Konkurswarenverkäufe, Sonderveranstaltungen, Schlußverkäufe, Räumungsverkäufe) geregelt. Von solchen Veranstaltungen versprechen sich Verbraucher typischerweise besondere Preisvorteile, weshalb viele Geschäfte überhaupt nur zur Durchfiihrung eines solchen Ausverkaufs zu venneintlich günstigen Preisen eröffnet wurden14 . Dieser Entwicklung sollen die Regelungen der §§ 6,7 und 8 entgegenwirken. Die typische Anreizwirkung bei der Umweltwerbung geht dagegen vom dem angepriesenen oder in Aussicht gestellten Umweltvorteil aus, nicht von einem Preisvorteil. Zwar kann es auch Sonderveranstaltungen geben, bei denen ein Umweltbezug hergestellt wird, aber auch 12

13 14

Statt aller: vgl. BaumbachIHefermehl, Vor §§ 3-8 Rn.9 ff. BaumbachIHefermehl, a.a.O. Rn. 12 ff. Emmerich, S.246.

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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dann geht es um die Umweltvorteile, die mit dem Angebotenen selbst verknüpft sind, und nicht um einen für eine Sonderverkaufsveranstaltung typischen Preisvorteil l5 . Die Regelung der §§ 6,7 und 8 passen demnach nicht für die Umweltwerbung. Zwar kann man Sonderverkaufsveranstaltungen mit Umweltwerbung kombinieren, aber in diesen Fällen lassen sich die Ansatzpunkte für ein unlauteres Verhalten entweder der besonderen Gestaltung der Verkaufsveranstaltung oder dem Umweltbezug der Werbemaßnahme zuordnen. Für die Beurteilung der besonderen Probleme der Umweltwerbung sind daher die Regelungen der §§ 6,7 und 8 UWG nicht relevant. Entsprechendes gilt für die §§ 6a bis 6c UWG. Auch bei der Werbung mit der Hersteller- bzw. Großhändlereigenschaft, dem Kaufscheinhandel und der progressiven Kundenwerbung wird an die Zugkraft und Anreizwirkung bestimmter Verkaufsstrategien angeknüpft. Bei solchen Werbemaßnahmen handelt es sich nicht um Umweltwerbung, der in Aussicht gestellte Vorteil ist kein Umweltvorteil. Die Regelungen der §§ 14, 15 sowie des inzwischen aufgehobenen § 16 16 UWG betreffen bzw. betrafen Wettbewerbshandlungen allgemein, nicht nur Werbung. Dabei geht es um die Probleme der sog. Anschwärzung, der geschäftlichen Verleumdung und der Verwechselungsgefahr bei der Benutzung geschäftlicher Bezeichnungen. Im Zusammenhang mit Umweltwerbung können diese Fragen auftreten. Aber auch hier ergeben sich keine Besonderheiten bezüglich der Einbeziehung eines Umweltvorteils. Daher sind auch diese Regeln für die Beurteilung speziell der Umweltwerbung nicht relevant. Ähnliche Überlegungen greifen hinsichtlich des § 7 Rundfunkstaatsvertrag (soweit man hier überhaupt von einer lauterkeitsrechtlichen Norm sprechen kano l7 ). Die hierzu entwickelten Grundsätze zum Sendungs- und Ereignissponsoring gelten zwar theoretisch auch für die Umweltwerbung. Allerdings ist das Sponsern einer Sendung Ld.R. nicht als Umweltwerbung anzusehen, da es an einem in Aussicht gestellten Umweltvorteil fehlt und für das (ohnehin allgemein als unzulässig angesehene) Ereignissponsoring fehlt es im Bereich der Umweltwerbung an Einsatzmöglichkeitenl8 . Als Grundlage für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung bleiben also die Generalklauseln der §§ 1 und 3 UWG.

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7'

So z.B. in der "Bätlmchen Aktion" OLG Hamburg, GRUR 1987, S.386 ff. Vgl. jetzt §§ 5 und 15 MarkenG. So zu Recht BGH, NJW 1992, S.2089 (2090). Vgl. dazu oben B.IA.b) bb).

100

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der irrefiihrenden Werbung ist § 3 UWG nicht der einzige Maßstab. Das Irrefiihrungsverbot wird durch einige Spezialnonnen modifiziert. Bei der Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug spielen die spezialgesetzlichen Irrefiihrungsverbote (§ 25 WeinG, § 3 ffHWG, § 8 AMG, §§ 17,22,27 LMBG) neben § 3 UWG allerdings keine Rolle. Spezielle Regeln, die die Umweltwerbung betreffen, enthält lediglich das LMBG, wobei dort nur solche Werbung untersagt wird, die sich auf eine bestimmte Qualität des Produkts (§ 17 I Nr.4 für die sog. Naturrein-Werbung) bezieht. Da hier die produktqualitätsbezogene Umweltwerbung nicht thematisiert wird, ist auf diese Spezialregelungen nicht weiter einzugehen. Schließlich können sich im Bereich der Rabatte und Zugaben (§§ I ff RabattG, § 1 ZugabeVO) hinsichtlich der Umweltwerbung besondere Probleme ergeben, weil der durch sie gewährte Vorteil in Zusammenhang mit einem Umweltvorteil stehen kann oder dieser Vorteil gerade der zusätzlichen Leistung anhaftet (so beispielsweise bei der Fahrtkostenerstattung aus Umweltgründen l9 ). Auf diese Problematik, die zumeist in den Bereich der Wertreklame eingeordnet wird20 , soll im Rahmen der vorliegenden Untersuchungen eingegangen werden, auch wenn umstritten ist, ob es sich dabei um unlautere Wettbewerbshandlungen21 ,um Verstöße gegen Vorschriften, die nur mittelbar den lauteren Wettbewerb schützen22 oder um (nur rechtswidrige) Verstöße gegen Rechtsnonnen außerhalb des UWG23 handelt. Aus Gründen der übersichtlicheren Darstellung sollen diese Nonnen im Rahmen der bei § 1 UWG zu behandelnden Wertreklame bzw. Verlockung erörtert werden. Nachdem das Nonnenfeld abgesteckt ist, sind nun die einzelnen, für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung maßgeblichen Tatbestandsmerkmale darzustellen. Schon an dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, welche Probleme sich bei der Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug typischerweise im Rahmen der einzelnen Tatbestandsmerkmale oder Fallgruppen stellen, bzw. welche Fallgruppen typischerweise relevant werden.

LG Köln, GRUR 1989, S.521 ff; BGH, GRUR 1991, S.542 ff. K6hler/Piper, § 1 Rn.37; BaumbachIHefermehl, § 1 Rn. 117 tT zwnindest für Zugaben; a.A. Emmerich, S.63, der das Rabattrecht in die Fallgruppe der Behinderung einordnet. 21 Sack, GRUR 1970, S.493 (499). 22 K6hlerlPiper, RabattG Einf. Rn.4. 23 BaumbachIHefermehl, Ein!. Rn. 146. 19

20

I. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener Standpunkt

101

b) Umweltwerbung ohne ProduktqualiUitsbezug als Handeln im geschäftlichen Verkehr und als Wettbewerbshandlung

Gemeinsam ist den für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung einschlägigen Rechtsnormen, daß sie ein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraussetzen24 . Dadurch soll der Anwendungsbereich des Lauterkeitsrechts auf wirtschaftliche Tätigkeiten begrenzt und rein privates, betriebsinternes oder hoheitliches Handeln ausgenommen werden25 • Nicht in den Anwendungsbereich des Lauterkeitsrechts fallen daher Maßnahmen wie die Informationen des Umweltbundesamtes in den "Öko-Tips", da es sich einerseits um hoheitliche Tätigkeit und andererseits um "Werbung" für die Erhaltung der Umwelt als solche und nicht um Wirtschaftswerbung handelt26 . Daher erweist sich auch die obige Eingrenzung des Begriffs der Umweltwerbung auf den Bereich der Wirtschaftswerbung als kongruent zur rechtlichen Beurteilung, d.h., daß durch die begriflliche Eingrenzung der Umweltwerbung keine lauterkeitsrechtlichen Fragen ausgeklammert werden. Problematisch erscheint das Erfordernis des HandeIns im geschäftlichen Verkehr bei sog. Public-Relations Maßnahmen. In der Betriebswirtschaftslehre versteht man unter Public-Relations die planmäßige, systematische und wirtschaftlich sinnvolle Gestaltung der Beziehungen zwischen der Betriebswirtschaft und einer nach Gruppen gegliederten Öffentlichkeit mit dem Ziel, Vertrauen und Verständnis zu gewinnen bzw. auszubauen27 • Während für die Public-Relations weitgehend die gleichen Mittel eingesetzt werden wie in der "klassischen Werbung", unterscheiden sich die Zielgruppen28 • PublicRelations Aktionen wenden sich nicht (nur) an die potentiellen Abnehmer, sondern (auch) an die Öffentlichkeit allgemein29 , wobei die Abgrenzung zur Werbung fließend ist30 . Wegen der weitgehenden Überschneidungen in diesem Bereich kann die betriebswirtschaftliche Zuordnung einer Maßnahme zum einen oder anderen Bereich grundsätzlich nicht für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung maßgeblich sein. Hier ist also in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein Handeln im geschäftlichen Verkehr vorliegt. Im folgenden ist es deshalb ausreichend, für die jeweiligen Werbeformen, insbesondere die Umweltimagewerbung und das Umweltsponsoring, festzustellen, ob ein Handeln im

24 25

26 27 28 29 30

Statt aller: Nordemann, Rn.24. K6hlerlPiper, Einf. Rn.159. V gl. oben B.I.l. Meffert, Marketing, SA93. MefJert, a.a.O. S. 494. HuthIPflaum, S.16. BaumbachIHefennehl, Vor §§ 3-8 RnA.

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c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

geschäftlichen Verkehr oder aber eine nicht wirtschaftliche Interessen verfolgende Infonnation der Öffentlichkeit vorliegt. Unstreitig besteht ein materiellrechtlicher Anspruch aus § 1 oder 3 UWG nur dann, wenn die beanstandete Maßnahme eine Wettbewerbs handlung ist31 . Dies ist der Fall, wenn ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vorliegt. Das Handeln muß geeignet und dazu bestimmt sein, eigene oder fremde Wettbewerbsinteressen zum Nachteil eines anderen zu fördern32 . Für das Vorliegen einer solchen Handlung spricht bei wirtschaftlicher Tätigkeit von Kaufleuten oder Unternehmen eine widerlegliche Vennutung33 • Nach Ansicht der Rechtsprechung34 und der wohl herrschenden Meinung in der Litera~5 ist Voraussetzung für das Vorliegen einer Wettbewerbshandlung, daß ein Wettbewerbsverhältnis besteht. Ein solches Verhältnis ist dann anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die der Handelnde für sich oder einen Dritten erstrebt, und den Nachteilen, die ein Anderer dadurch erleidet, eine Beziehung besteht, durch die der Wettbewerb des Handelnden oder des Dritten gefördert und der des Anderen beeinträchtigt werden kann36 • Die Handlung muß dabei marktbezogen sein; sie muß der Verbesserung der Stellung des Handelnden oder des Dritten auf dem Markt gegenüber anderen Anbietern oder Nachfragern dienen 37 • Ein Teil der Literatur sieht die Wettbewerbshandlung als ein eigenständiges, ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der §§ 1 und 3 UWG38 • Die überwiegende Ansiche9 versteht das Wettbewerbsverhältnis als Voraussetzung der Wettbewerbshandlung selbst und folgt damit der Interpretation des früheren Vorsitzenden des zuständigen I. Zivilsenats des BGH von Gamm40 und seines Nachfolgers Piper41 • Bei der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses verfährt die Praxis großzügig und läßt etwa auch mittelbare Beeinträchtigungen des Absatzes bei Angehörigen verschiedener Wirtschaftsstufen genügen42 • Zudem kann durch das Handeln selbst ein neues Wettbewerbsverhältnis eröffBaumbachIHefermehl, Einl. Rn.214. KöhlerlPiper, Einf. Rn.I67. 33 Piper, Rn.7 f. 34 Ständige Rspr. vgl. RGZ 50,107 ff; BGHZ 3, 270 ff, vgl. Piper Rn.lI ffm.w.N. 3S BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.214, selbstkritisch allerdings Rn.247; Kreft in Gloy, § 10 Rn. 1; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 13 Rn.4. 36 BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.2l4. 37 KöhlerlPiper, Einf. Rn.ln. 38 Kreft in Gloy, § 10 und § 11. 39 BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.2l4 m.w.N. 40 Von Gamm, Bd.I, Kap. 17 Rn.30. 41 Piper, Rn. 1I. 42 Emmerich, S.19 f m. w.N. zur Rechtsprechung. 31

32

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener 8tandpunkt

103

net werden, wie z.B. bei der Bewerbung von Kaffee mit dem Slogan "Statt Blumen Onko Kaffee,,43 . In der Literatur mehren sich die Stimmen, die dem Erfordernis eines Wettbewerbsverhältnisses kritisch gegenüberstehen44 oder diese fiir völlig entbehrlich halten45 • Verzichtet man auf die Voraussetzung eines Wettbewerbsverhältnisses, so kann auch das Handeln eines Monopolisten, der ja keine Konkurrenten hat, an lauterkeitsrechtlichen Maßstäben gemessen werden46 • Die Problematik wird noch dadurch verkompliziert, daß dem Erfordernis des Wettbewerbsverhältnisses eine doppelte Funktiön zukommt: Zum einen konkretisiert es die tatbestandlichen Voraussetzungen eines materiellen, wettbewerbsrechtlichen Anspruchs, zum anderen ist es relevant fiir die Frage, wem dieser Anspruch zusteht und wer ihn vor Gericht geltend machen kann47 . Daher muß einerseits eine Wettbewerbshandlung und damit auch ein Wettbewerbsverhältnis bestehen, damit überhaupt ein Handeln vorliegt, daß an den Regeln des Lauterkeitsrechts gemessen werden kann48 • Andererseits muß das Wettbewerbsverhältnis noch weitere Voraussetzungen erfüllen, je nachdem, wer sich gegen welche Handlung wehren wi1l49 . So muß etwa nach Ansicht der Rechtsprechung zwischen dem Handelnden und einem Verletzten ein sog. konkretes Wettbewerbsverhältnis vorliegen, damit der Verletzte beispielsweise einen Anspruch unmittelbar aus § I UWG50 hat. Für Unterlassungsansprüche nicht unmittelbar verletzter Mitbewerber soll dagegen bereits ein sog. abstraktes Wettbewerbsverhältnis genügen, das insb. durch § 13 11 Nr.l UWG konkretisiert wird51 . Dabei hat auch § 13 11 UWG eine Doppelfunktion52 , er regelt nämlich nicht nur die prozessuale Befugnis zur Prozeßfiihrung, sondern auch die materielle Berechtigung der Beteiligten, also die Frage, wer Gläubiger des Anspruchs ist. Dabei ist umstritten, welche Voraussetzungen des § 13 11 materieller bzw. prozessualer Natur sind. Dies gilt fiir das in § 13 11 Nr.l UWG enthaltene Erfordernis, daß eine Handlung zur wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs geeignet sein muß. Von einigen wird dies als

43 BGH, GRUR 1972, 8.533 ff; vgl. dazu KöhlerlPiper, Einf Rn. 174.

80 z.B. BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.247 m.w.N. Emmerich, 8.23 f; zuletzt WOnnenberg, 8.46 m.w.N. 46 80 z.B. von Godin, § 1 Rn.2. 47 Kreft in Gloy, § 10 Rn.2 ff; Hirtz, GRUR 1988, 8.173 (177). 48 80 z.B. BaumbachIHefermehl, Ein!. Rn.219. 49 KöhlerlPiper, Einf. Rn. 173 m.w.N. 50 Piper, Rn.257. 51 Piper, Rn.258. 52 Piper, Rn.268. 44

45

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c. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

prozessuale Frage in der Zulässigkeit geprüft53 , von anderen als materie11rechtliches Erfordernis in der Begründetheit54 . Neben der Unklarheit in Rechtsprechung und Literatur, auf welche Tatbestandsmerkmale es ankommen so11 bzw. welches materie11e oder prozessuale Voraussetzungen sind, gibt es in diesem Bereich eine geradezu babylonische Begriffsverwirrung. So werden die materie11en Voraussetzungen etwa als Aktivlegitimation, materie11e Anspruchsberechtigung oder Sachbefugnis, die prozessualen Voraussetzungen z.B. als Prozessführungsbefugnis oder Klagebefugnis bezeichnet bzw. nicht zwischen beidem unterschieden oder die Begriffe doppeldeutig verwendet55 • Im folgenden so11 in Anlehnung an die Begriffsbestimmung von SteinlJonas56 und ThomaslPutz057 die materie11rechtliche Voraussetzung des Vorliegens eines Anspruchs als Sachbefugnis, die prozessualen Voraussetzungen als Prozeßfiihrungsbefugnis bezeichnet werden. Bei der folgenden Untersuchung der einzelnen Umweltwerbeformen so11 aus darste11erischen Gründen das Vorliegen einer Wettbewerbshandlung zunächst nur daraufhin überprüft werden, ob überhaupt irgendein Wettbewerbsverhältnis vorliegen kann und damit die lauterkeitsrechtlichen Maßstäbe der §§ 1 und 3 UWG einschlägig sind. Die Frage, wer einen Anspruch bezüglich einer bestimmten Handlung gegen wen hat und durchsetzen kann, so11 dagegen erst im prozessualen Teil erörtert werden. Dabei wird es sich nicht vermeiden lassen, auch dort Fragen der materie11rechtlichen Berechtigung, also der Sachbefugnis, zu behandeln. Zunächst scheint offensichtlich, daß umweltbezogene Werbung immer als Wettbewerbshandlung zu qualifizieren ist. Bei näherer Betrachtung zeigen sich aber auch hier Probleme. So liegt etwa keine Wettbewerbshandlung vor, wenn eine Maßnahme nicht (objektiv) der Förderung wirtschaftlicher Interessen dient. Deshalb muß beispielsweise bei der Umweltimagewerbung und beim Umweltsponsoring zunächst geklärt werden, inwieweit diese Maßnahmen die Stellung der Marktteilnehmer verbessern können. Auch bei der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen muß berücksichtigt werden, daß das Handeln marktbezogen sein muß. Es darf nicht lediglich in der ErfiUlung der Ansprüche bestehen, die dem Kunden aus der Vertragsbeziehung erwachsen. Schließlich ist gerade beim Umweltsponsoring problematisch, worin eigentlich die Wettbewerbshandlung besteht (Bereitste11ung der Fördermittel, zweckentsprechende Verwendung, Abschluß des Sponsoringvertrags, Hinweis auf die 53 54

55 56 57

Mit ausfilhrlicher BegrilndWlg KG, WRP 1995, S.201 (202). So ausdrttcklichBGH, GRUR 1995, S.122 (123). Tsantinis. S.15 tT. Leipold in: SteiniJonas, Vor § SO Rn.19. ThomaslPutzo. § 51 Rn.20.

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

105

Sponsorship etc.). Diese Fragen sind bei der materiellrechtlichen Beurteilung der jeweiligen Werbeformen zu erörtern. c) Die tatbestandlichen Voraussetzungen fi1r die Annahme einer irrefi1hrenden Werbung gem. § 3 UWG

Bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung von Umweltwerbung spielt neben dem Kriterium der Sittenwidrigkeit die Problematik der irreführenden Werbung LS.v. § 3 UWG eine entscheidende Rolle. Für die produktqualitätsbezogene Umweltwerbung ergibt sich dies bereits aus der Komplexität der darzustellenden ökologischen Zusammenhänge und der Tatsache, daß ein Umweltvorteil nur relativ sein kann. Umweltwerbung hat deshalb generell ein hohes Irref'ührungspotential58 . Die Schwierigkeit, einen Umweltvorteil nicht irreführend darzustellen, ergeben sich zumeist bei der Erläuterung von Produktqualitätsmerkmalen, die regelmäßig Angaben über geschäftliche Verhältnisse i.S.d. § 3 UWG sind. Die Fallgruppe der irreführenden Werbung ist aber auch für die Umweltwerbung ohne Produktqualität von Relevanz, wenn sie auch im Hinblich auf die Probleme der sittenwidrigen Werbung, anders als bei der produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung, nicht im Vordergrund steht. Denn auch bei der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung ergeben sich ähnliche Probleme, etwa bei der Darstellung von Umweltvorteilen, die einer Nebenleistung anhaften. Als problematisch erweisen sich hier aber auch die Angaben, die in bezug auf eine Sponsorship gemacht werden oder sich auf ein Unternehmens- oder Produktimage beziehen. Bezüglich der Problematik der Irreführung soll auf die von BaumbachlLauterbach verwendete Systematik zu den Tatbestandsmerkmalen des § 3 UWG zurückgegriffen werden. Diese ist jedoch im Punkt der für die Umweltwerbung besonders wichtigen Interessenabwägung zu modifizieren. Entsprechend der neueren Rechtsprechung des BGH59 soll die Interessenabwägung bereits für die Beurteilung der Frage, ob eine Irreführung vorliegt, berücksichtigt werden. Jedenfalls muß eine Wettbewerbshandlung zunächst daraufhin untersucht werden, ob eine Angabe i.S.d. § 3 vOrliegt60, was gerade bei der Werbung ohne Produktqualitätsbezug problematisch ist. Dann ist festzustellen, ob die Angabe irreführend ist. Dies ist der Fall, wenn bei einem nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Verkehrskreises eine

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Statt aller: Spätgens in: Festschrift fiIr Vieregge, S.813 (820). Teplitzky, in: Festschrift fiIr Vieregge, S.853 (853 ft) ffi.w.N. BaumbachIHefermehl, § 3 Rn.l2 ff.

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c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmende Vorstellung erweckt wird61 . Dafür ist zum einen nonnativ festzulegen, wieviele der Angesprochenen sich irren müssen, damit eine Werbemaßnahme zu untersagen ist. Zum zweiten muß festgestellt werden, wie hoch der Prozentsatz der Getäuschten tatsächlich ist. Eine nach diesen Kriterien irreführende Werbung kann aber nur dann gern. § 3 UWG untersagt werden, wenn sie auch geeignet ist, die Bezugsentscheidung in wettbewerbsrechtlich relevanter Weise zu beeinflussen. Daher ist zusätzlich noch die Relevanz der Irreführung :fiir die Bezugsentscheidung zu prüfen62 . Nach der inzwischen wohl herrschenden Meinung63 ist zudem eine Interessenabwägung vorzunehmen64 • Dabei wird geprüft, ob eine vorliegende Irreführungsgefahr zum Schutze anderer, vorrangiger Rechtsgüter hingenommen werden muß. Auch die frühere Rechtsprechung hat solche Interessen bereits anerkannt, wenn dabei auch eher auf den Einzelfallcharakter als auf eine feste Regel abgestellt wurde 65 . Auf die Frage, ob eine Angabe LS.d. § 3 UWG vorliegt, soll erst bei der Erörterung der einzelnen Umweltwerbemaßnahmen ohne Produktqualitätsbezug eingegangen werden, da die unterschiedlichen Werbeformen unterschiedliche Probleme aufwerfen. Das Problem der Festlegung einer Irreführungsquote stellt sich in gleicher Weise für alle nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbernaßnahmen, wie auch für andere und soll daher hier kurz angesprochen werden. Die bisherige Rechtsprechung66 ging mit teilweiser Zustimmung der Literatur67 grundsätzlich von einer strengen Beurteilung der Umweltwerbung aus. Dabei soll aus dem hohen Irreführungspotential eine Verringerung der für eine Untersagung nötigen Irreführungsquote und damit also eine strengere Beurteilung folgen 68 . Diese Argumentation erweist sich als nicht tragfahig. Das hohe Irreführungspotential der Umweltwerbung kann zwar zu einer hohen Zahl an BaumbachIHefermehl, § 3 Rn.22 ff. BaumbachIHefermehl, § 3 Rn.87 ff. 63 BaumbachIHefermehl, § 3 Rn.97 ff; K6hlerlPiper, § 3 Rn.l41 ff; Emmerich, S.197 ff, jeweils ffi. w.N. 64 Grundlegend dazu H6s1, Interessenabwägung und rechtliche Erheblichkeit der Irrefi1hrung bei § 3 UWG. 65 Emmerich, S.198; z.B. BGH, GRUR 1966, S.445 (449). 66 BGH, GRUR 1991, S.548 ff; LG Köln, GRUR 1988, S.55 f; weitere Nachweise bei Cordes, S.93 und Wiebe, EuZW 1994, S.41 f. 67 Cordes, S.93; Lambsdorff/Jdger, BB 1992, S.2297 (2305); Wiebe, a.a.O. und WRP 1993, S.798 (801); Lindacher in: Großkommentar, § 3 Rn. 112; K6hler, S.350. 68 Cordes, S.93 ffi.w.N. 61

62

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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Getäuschten fiihren, sagt aber über die normative Frage, wie hoch das Irreführungsquorum sein soll, nichts aus69 • Im Gegenteil müßte sich eine Reduzierung dieses Quorums erübrigen, da ohnehin eine hohe Zahl der Angesprochenen getäuscht wird. Ein anderes Argument fiir die Senkung der Irreführungsquote ist die Gleichstellung bzw. der Vergleich von Umweltwerbung mit der Gesundheitswerbung70 • Bei letzterer läßt die h.M. in Rechtsprechung und Schrifttum ein Irreführungsquorum von 8 bis 10 % ausreichen71 , während sie sonst auf eine Quote von etwa 10 bis 15 % abgestelle z . Soweit davon ausgegangen wird, daß die Umweltwerbung durch ihren emotionalen Bezug eine höhere Zahl der Angesprochenen irreführt, so ist dies auf der tatsächlichen Seite zu ermitteln, kann aber nicht zu einer Veränderung der Quote fiihren. Auch das Argument, daß kranke Menschen gegenüber der Werbung für Heilung versprechende Mittel besonders unkritisch sind73 , kann bei der Umweltwerbung nicht greifen, da bei der Gefährdung der Umwelt eine unmittelbare und persönliche Betroffenheit der Umworbenen i.d.R. nicht vorliegt. Bei der Gesundheitswerbung wird allerdings auch darauf abgestellt, daß mit der Gesundheit ein besonders wichtiges und schützenswertes Rechtsgut auf dem Spiel steht. Insoweit sind Umweltwerbung und Gesundheitswerbung vergleichbar. Wie aber oben bereits gezeigt, handelt es sich bei der Umwelt um ein kollektives Gut; Fehlentscheidungen der Umworbenen wirken sich deshalb nicht unmittelbar auf diese und deren Rechtsgüter aus, sondern treffen die Allgemeinheit. Gründe des Schutzes besonderer Individualinteressen können also, soweit man sie überhaupt im Rahmen des Wettbewerbsrechts berücksichtigen will, bei der Umweltwerbung ebenfalls nicht zu einer Verringerung der Irreführungsquote herangezogen werden74 • Insoweit kann der Vergleich von Umwelt- und Gesundheitswerbung eine strengere Beurteilung der Umweltwerbung durch eine Herabsenkung der Irreführungsquote nicht rechtfertigen75 • Allenfalls kommt noch eine Einbeziehung des Allgemeininteresses an der Erhaltung der Umwelt in eine Interessenabwägung in Betracht, worauf noch näher einzugehen ist. Die Rechtsprechung, zumindest des BGH, geht immer mehr dazu über, eine Interessenabwägung schon bei der Ermittlung der im Einzelfall maßgeblichen Zutreffend auch Lappe. S.76. Rohnke, GRUR 1988, S. 667 (669); Cordes. S.92; LambsdorjJlJdger, BB 1992, S.2297 (2305); K6hler. S.350; Spätgens in: Festschrift filr Vieregge. S.813 (831). 71 Helm in Gloy. § 48 Rn. 157. 72 BGH, GRUR 1979, S.716 (718). 73 K6hlerlPiper, § 3 Rn.82. 74 So auch Lappe. S.75. 75 So im Ergebnis auch MichalskilRiemenschneider, BB 1994, S.llS7 (1162); FederhojJ-Rink. S.150 f, S.264; FUger. S.200. 69 70

108

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Irreführungsquote zu berücksichtigen76 . Dies hat den Vorteil, daß die Erforderlichkeit bzw. die Erfolgsaussichten einer i.d.R. sehr kostspieligen Beweiserhebung schon frühzeitig einzuschätzen sind77 . Auch erscheint es aus systematischen Gründen überzeugend, bereits die normative Festlegung der Irreführungsquote von den Interessen der Beteiligten abhängig zu machen und so die Voraussetzung der Irreführung eines nicht unerheblichen Teils des Verkehrs zu konkretisieren78 . In der Entscheidung "PVC frei"79 hat der BGH in jüngster Zeit diese Regel auch auf den Bereich der Umweltwerbung angewendet. Darin hob der BGH die Entscheidung der Vorinstanz auf, da diese den Grundsatz einer strengen Beurteilung der Umweltwerbung und deshalb ein der Gesundheitswerbung entsprechendes Irreführungsquorum zugrunde legte. Eine solche strenge Beurteilung könne "nicht rur umweltbezogene Werbeaussagen schlechthin und uneingeschränkt gelten,,80. Dabei nutzte der BGH nicht die Gelegenheit klarzumachen, ob er seine bisherige, strenge Rechtsprechung bezüglich der Irreführung umweltbezogener Werbung grundsätzlich aufgibt. Er hat zwar auf die beiden anderen Entscheidungen "Weber - Haus" und "Unipor - Ziegel" hingewiesen, in denen ebenfalls eine weniger strenge Beurteilung des Irreführungsmaßstabes zugrunde gelegt wurde, aber letztlich ausdrücklich offengelassen, ob eine Verallgemeinerung dieses neuen Ansatzes geboten ist. Aus der Urteilsbegründung läßt sich jedoch rur die Frage der Irreführung durch Umweltwerbung eine allgemeine Regel ableiten. Der Grund fiir die Aufhebung des Urteils war, daß das Berufungsgericht nicht alle Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt hat. Betrachtet man diese "Besonderheiten" genauer, so erkennt man, daß zumindest einige mit den rechtstatsächlichen Problemen der Umweltwerbung zusammenhängen und deshalb grundsätzlich bei der Umweltwerbung auftreten können. Als Besonderheiten des Falles nennt der BGH die lediglich geringe Suggestivkraft der Aussage "PVC frei", die Richtigkeit dieser Aussage, die Befriedigung eines bei den Umworbenen und beim Werbenden bestehenden Informationsinteresses und die Tatsache, daß die Werbung nicht auf eine Verallgemeinerung der produktbezogenen Aussage auf weitere Eigenschaften von Produkt oder Hersteller abziele, daß es sich also nicht um eine "Repräsentativaussage" handele. Bei näherer Betrachtung dieser Umstände zeigt sich, daß sich einige auf die geringe Intensität des Verbotsinteresses beziehen, während andere ein Verbotsgegeninteresse darstellen. Im folgenden sollen die vom BGH genannten Gesichtspunkte auf ihre Stichhaltigkeit hin untersucht werden, sowie weitere 76 BGH, GRUR 1994, S.519 (521). 77 Teplitzky in: Festschrift für Vieregge, S.852 (861). 78 Teplitzky, a.a.O. S.857 dort in Fn.27 m.w.N. 79 BGH, WRP 1996, S.1l56 ff. 80 BGH, WRP 1996, S.1l56 (1157 f).

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

109

Gesichtspunkte aufgezeigt werden, die für eine Interessenabwägung bei der Umweltwerbung von Bedeutung sein können. Allgemein anerkannt ist, daß dem Interesse am Verbot irreführender Werbung andere Interessen gegenüberstehen können8' . Dies gilt besonders dann, wenn die Irreführung auf einer wahren Angabe beruht und nur eine geringe, wenn auch erhebliche Anzahl der Angesprochenen getäuscht wird; dann stehen dem Interesse der (wenigen) Getäuschten die Interessen der Vielzahl Nichtgetäuschter entgegen, denen die Information vorenthalten wird82 . Gerade im Bereich der Umweltwerbung kommt es, wie die umfangreiche Rechtsprechung zeigt, durch die Komplexität der ökologischen Zusammenhänge häufig zu Fehlvorstellungen der Verbraucher, obwohl der Werbung wahre Angaben zugrunde liegen. Der BGH hat nun in seiner Entscheidung "PVC frei" ein Interesse der Verbraucher an umweltrelevanten Informationen angenommen. Die zutreffende Information führe nur eine geringe Zahl von Kunden irre. Andererseits bestünde im zu entscheidenden Fall ein Interesse des Werbenden und der Verbraucher an der in der Werbung enthaltenen Information. In der Öffentlichkeit sei der Eindruck entstanden, daß PVC umweltschädlich sei, so daß die Verbraucher ein Interesse an der Vermeidung dieses Stoffes hätten. Auf seiten des Anbieters bestehe ein solches Informationsinteresse deshalb, weil er in der Öffentlichkeit wegen seines bisherigen Verhaltens als wenig umweltfreundlich gelte. Diese Beurteilung der Interessenlage entspricht den Feststellungen, die im rechtstatsächlichen Teil der Arbeit erörtert wurden. Allerdings kann ein Interesse des Anbieters nicht nur dann angenommen werden, wenn er wegen seines bisherigen Verhaltens in Verruf geraten ist. Dies würde geradezu eine Privilegierung derjenigen bedeuten, die nicht schon frühzeitig Umweltaspekte in ihre Untemehmensstrategie einbezogen haben. Einer solchen Einbeziehung der Informationsinteressen, wie insb. von Keßler83 und Wiebe84 gefordert, wurde von der instanzgerichtlichen Rechtsprechung85 und Teilen der Literatur86 entgegengehalten, daß der Irreführung auch durch aufklärende Zusätze oder Klarstellungen begegnet werden könnte. Dieser Einwand berücksichtigt allerdings nicht, daß im Rahmen eines Werbehinweises eine solche Aufklärung kaum möglich ist. Zum einen ist eine solche Darstellung schon aus Platzgründen nur schwer in die Werbung zu integrieren, zum anderen ist eine KlarsteIlung, die jegliche Irreführungsgefahr 81

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86

Emmerich, S.197 f. K6hlerlPiper, § 3 Rn.99 und 144. Keßler, WRP 1988, S.719 (721). Wiebe, WRP 1993, S.798 (802). So z.B. OLG Köln, GRUR 1988, S.630 (631). K6hler, S.361.

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

110

ausschließt und dennoch einen überzeugenden Werbeinhalt hat, praktisch nicht möglich87 • So hat auch der BGH im hier erörterten Fall keine positive Angabe der verwendeten Kunststoffe verlangt, die der Mehrzahl der Verbraucher ohnehin nicht namentlich bekannt sind. Eine weitere Aufklärung durch entsprechende Hinweise hat der BGH zu Recht nicht gefordert. Aus den Ausführungen des BGH könnte man entnehmen, daß ein Verbotsgegeninteresse nur bei der Darstellung produkt(qualitäts)bezogener Eigenschaften bestünde. Insoweit ist die Entscheidung unklar, da sie sowohl auf die Beschaffenheit der Produkte als auch die (wohl nur dem Vertrieb dienende) Umverpackung abstellt. Eine solche Einschränkung wäre allerdings nicht gerechtfertigt. Sowohl die Verbraucher als auch die Anbieter können ein Interesse an Informationen haben, die sich auf das allgemeine Verhältnis des werbenden Unternehmens zur Umwelt, auf Umweltvorteile von Nebenleistungen oder eben auf produktqualitätsbezogene Umweltvorteile beziehen. Auch diese Informationen sind aus wettbewerbsrechtlicher Sicht schutzwürdig. Zwar dienen solche Hintergrundinformationen nicht unbedingt der unmittelbaren Vorbereitung einer ganz bestimmten Kaufentscheidung. Aber solche Informationen sind, wie oben gezeigt, zur Erzeugung von Glaubwürdigkeit und zur gerade fiir den Verbraucher wichtigen Abgrenzung von sog. Trittbrettfahrern im Bereich der Umweltwerbung notwendig. Zudem gibt es Leistungen, deren Umweltvorteil erst erkennbar wird, wenn das gesamte Unternehmenskonzept dargestellt wird (z.B. im Fall der Leistungen der Ökobank). Deshalb ist ein Verbotsgegeninteresse bei der Umweltwerbung (nach der neueren Rechtsprechung des BGH auch schon bei der Quotenbildung) zu berücksichtigen, wenn die Werbung umweltbezogene Informationen liefert, die fiir die Bezugsentscheidung wichtig sind. Dabei stellt sich wieder die Frage, welche Informationen in dieser Weise privilegiert sind, worauf der BGHjedoch nicht weiter eingegangen ist. Ein Verbotsgegeninteresse kann nur dann bestehen, wenn die Information den Wettbewerb lördert. Daher rechtfertigt nicht jede Information, an der die Öffentlichkeit ein Interesse hat, ein Absehen von einer Untersagung wegen Irreführung. Vielmehr kann ein Interesse an einer Information im Rahmen der Interessenabwägung nur Berücksichtigung finden, wenn die Information zu einer im Sinne des Wettbewerbsrechts sachbezogenen Entscheidung beiträgt. Hier kann auf Kriterien zurückgegriffen werden, die von Rechtsprechung und Literatur in Zusammenhang mit § 1 UWG zu einem funktionalen Verständnis des Wettbewerbs bzw. zum Leitbild des Leistungswettbewerbs entwickelt wurden88 • Ohne den weiteren Überlegungen zu weit vorzugreifen, kann man davon ausgehen, daß zu untersuchen ist, ob auch Informationen, die sich nicht auf die Produktqualität beziehen (etwa Hinweise auf umweltfreund87 88

Lappe, S.146 tT.

Vgl. unten C.I.l.d).

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

111

liche Herstellungsverfahren), ein:e sachliche Entscheidung erleichtern können. Entsprechend ist dies auch bei Informationen zu prüfen, die dazu dienen, das informationsökonomische Dilemma zu überwinden. In solchen Fällen ist allerdings genauer zu untersuchen, ob die Information tatsächlich in diesem Sinne wirkt, denn nur dann kann ein Verbotsgegeninteresse bestehen. Neben dem Interesse an Informationen kann auch der Schutz eines erworbenen Besitzstandes als Verbotsgegeninteresse wirken, etwa bei Individualkennzeichen oder Herkunftsbezeichnungen89 . Da die Umweltwerbung jedoch eine relativ neue Erscheinung ist, kommt diesbezüglich kaum ein schützenswertes Interesse in Betracht90 , zumal auch der Umweltvorteil wegen seiner relativen Natur nur kurzlebig ist. Allerdings wird in der Literatur teilweise auch vertreten, daß in die Interessenabwägung das Allgemeininteresse am Umweltschutz mit einbezogen werden müsse 91 • Danach bestünde an jeder umweltrelevanten Information ein Interesse, das einer Untersagung entgegenstehen würde. Damit würde allerdings ein außerwettbewerblicher Wertungsfaktor einbezogen92 und letztlich das Wettbewerbsrechtssystem entscheidend verändert. Auf die Frage, ob dies sinnvoll oder überhaupt nötig ist, soll bei der Erörterung der einzelnen Werbeformen noch eingegangen werden. Bei der Interessenabwägung sind aber nicht nur die Verbotsgegeninteressen zu berücksichtigen. Vielmehr muß auch die Intensität des Verbotsinteresses bzw. die Schutzwürdigkeit dieses Interesses beachtet werden. Das Verbotsinteresse auf seiten der Mitbewerber besteht darin, daß durch die Irreführung Kunden abgeworben werden; auf seiten der Umworbenen besteht das Interesse, nicht über Aspekte getäuscht zu werden, die :fiir die Kaufentscheidung relevant sind. Bei der Gewichtung dieser Interessen ist neben der Zahl der Getäuschten auch der Grad der anlockenden Wirkung der Werbung zu beachten93 . Der BGH geht davon aus, daß das Interesse am Verbot irreführender Umweltwerbeaussagen wegen deren starker Anziehungskraft auf das Publikum größer sein kann, als bei anderen Werbearten. Das Verbotsinteresse sinkt aber in dem Maße, in dem die Anziehungskraft der Umweltwerbung reduziert wird. Dies kann etwa dadurch geschehen, daß der in Aussicht gestellte oder angepriesene Umweltvorteil an ausdrücklich genannten Eigenschaften oder Umständen festgemacht wird, ohne daß der Eindruck einer generellen Umweltfreundlichkeit von Produkt oder Unternehmen hervorgerufen wird, daß es sich

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KöhlerlPiper, § 3 Rn. 143 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung. Köhler, S.361; Cordes, S.153. Insb. Lappe, S.94 ff. Federho.fJ-Rink, S.260. Hösl, S.218 ff; zustinunend Cordes, S.152.

112

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

also nicht um Repräsentativaussagen handelt. Dadurch wird der Anlockeffekt der Umweltwerbung reduziert und auch das Verbotsinteresse gemindert. Anerkannt ist auch, daß bei Fehlvorstellungen, die auf mangelnden Elementarkenntnissen beruhen, das Schutz- bzw. Verbotsinteresse geringer ist94 • Zwar wird man bei den komplexen Zusammenhängen der Ökologie nur geringe Kenntnisse als elementar bezeichnen können, allerdings kann dies auch nicht dazu führen, daß die Umweltwerbung zum "Ökolehrer" gemacht95 wird. Auch dieser Aspekt kann zu einer geringeren Intensität des Verbotsinteresses führen. Im Ergebnis zeigt sich, daß weder fiir die Umweltwerbung allgemein noch fiir die nicht produktqualitätsbezogene Umweltwerbung eine von anderen Werbearten abweichende Irreführungsquote, etwa die bei der Gesundheitswerbung angewendete, zugrunde gelegt werden muß. Dagegen ist es sinnvoll, schon bei der normativen Bestimmung der Irreführungsquote die bei der Umweltwerbung bestehende Interessenlage zu berücksichtigen. Wenig Beachtung findet in Rechtsprechung und Litera~6 das Kriterium der Relevanz. Ein Anspruch auf die Untersagung einer irreführenden Werbeaussage besteht nur dann, wenn die dadurch bewirkte Täuschung auch tatsächlich die Bezugsentscheidung beeinflussen und so den Wettbewerb verzerren kann97 , wobei die Gefahr der Beeinflussung etwa durch den Anlockeffekt der Werbung genügt, ohne daß die Irreführung der unmittelbare Grund fiir die Bezugsentscheidung sein muß 98 . Während bei der Feststellung der Irreführung nur die Zahl deIjenigen ermittelt wird, die getäuscht werden, ist bei der Frage der Relevanz zu untersuchen, inwieweit die Irreführung zu Konsequenzen bezüglich der Bezugsentscheidung führen kann. Soweit die Rechtsprechung überhaupt auf diese Problematik eingeht, wird eine Eignung zur Beeinflussung schon aus der Tatsache abgeleitet, daß die Umwelt als wertvolles und schützenswertes Gut allgemein anerkannt sei und umweltbezogene Werbemaßnahmen den Verbraucher in besonderer Weise emotional ansprächen99 • Diese ständige Rechtsprechung bezog sich zunächst auf Umweltwerbung mit Hinweisen auf die Produktqualität. Sie wurde aber inhaltlich unverändert auch auf andere umweltbezogene 94 95

BGH, GRUR 1968, S.433 (436).

Faylor, WRP 1990, S.725 (730).

96 Vgl. die bloßen Hinweise auf dieses Tatbestandsmerkmal bei Spätgens in: Festschrift filr Vieregge, S.813 (831); Wiebe, WRP 1993, S.798 (802); LambsdorfJlJäger, BB 1992, S.2297 (2303). . 97 BaumbacMIefermehl, § 3 Rn.87. 98 KöhlerlPiper, § 3 Rn. 137. 99 So etwa BGH, GRUR 1991, S.550 (551) m.w.N.; mit etwas abweichender Formulierung OLG Köln, WRP 1995, S.191 (195).

1. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener Standpunkt

113

Werbeformen, wie etwa das UmweItsponsoring, angewendet1oo . Die Andeutung einer Änderung kündigt sich in der Entscheidung "Weber- Haus"lol des BGH an, in der er die Frage der Relevanz einer Angabe bezüglich nicht produktqualitätsbezogener Umweltvorteile eines Herstellerbetriebes ausdrücklich offen läßt. Daß das Kriterium der Relevanz nicht ganz aus den Augen verloren werden sollte, zeigt eine Entscheidung des LG FrankfurtlO2 . Dort gab ein Bekleidungsgeschäft zur Verpackung der Ware Papiertüten aus, auf denen der Hinweis "Der Natur zuliebe Verpackung aus Papier" abgedruckt war. Dieser Hinweis war auf dem Tütenboden angebracht und für den Kunden erst nach dem Kauf erkennbar. Dennoch ging das Gericht von einer relevanten Beeinflussung der Kunden aus. Die Untersagung wurde allerdings auf § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der gefiihlsausnutzenden Werbung gestützt, weil man sich den Nachweis der Unrichtigkeit ersparen wollte. Hier ist sehr zweifelhaft, ob die Angabe nicht lediglich einen rur die Kaufentscheidung (bzw. auch für spätere Entscheidungen) ganz nebensächlichen Punkt betrifft. In solchen Fällen kann nicht von einer Relevanz rur die Kaufentscheidung ausgegangen werden103 . Einen differenzierten Standpunkt hat lediglich das OLG Stuttgart eingenommen I 04 , das in zwei Fällen die Relevanz möglicherweise irrefuhrender umweltbezogener Angaben verneinte. Die Angaben betrafen die Umweltfreundlichkeit einer Wohnungseigentumsanlage, die mit Gas beheizt wurde bzw. eine gasbetriebene Heizungsanlage. In beiden Fällen sei das Umweltargument nicht kaufentscheidend gewesen, da bei der Beschaffung langlebiger und teurer Güter vom Kunden jedenfalls weitere Gesichtspunkte berücksichtigt würden. Im Ergebnis ist diesen Entscheidungen, die nicht ohne Kritik geblieben sindlOs , zuzustimmen. Allerdings kann die Relevanz einer Angabe bzw. einer Irrefiihrung l06 nicht schlichtweg verneint werden. Einige von der Werbung Angesprochene werden durchaus die Angabe bezüglich der Umweltfreundlichkeit in ihre Bezugsentscheidung mit einbeziehen. Allerdings liegt es nahe, eine Beeinflussung anzunehmen, die lediglich von geringer Intensität ist. Demnach ist hier die Gefahr einer tatsächlichen Beeinflussung nicht auszuschließen. Fraglich ist aber, wie dies bei der Frage der Untersagung einer solchen Werbemaßnahme zu berücksichtigen ist. OLG Köln, WRP 1993, S.346 (347). EGH, WRP 1996, S.290 (290). 102 LG Frankfurt M, WRP 1994, S.554 ff. mit abI. Arun. Rinze, a.a.O. S.557. 103 So z.B. EGH, GRUR 1991, S.852 (855). 104 OLG Stuttgart, WRP 1994, S.339 (341); zuvor: OLG Stuttgart, NJW RR 1987, S.1385 f. 105 K6hler, S.360. 106 So allerdings Cordes, S.151 bezüglich der früheren EntscheidWlg des OLG Stuttgart. 100

101

8 Ewer!

114

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Die geringe Gefahr bezüglich der Folgen einer Irrefiihrung sind nach Hösl bei der Interessenabwägung als Verringerung des Verbotsinteresses zu berücksichtigen107 . Dies erscheint angemessen, da am Verbot einer irrefiihrenden Aussage um so weniger Interesse bestehen kann, um so geringer deren Auswirkungen auf den Markt sind. Nach der hier vertretenen Ansicht ist dies bereits bei der Bestimmung der Irrefiihrungsquote zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Intensität einer Beeinflussung durch eine (irrefiihrende) Werbeaussage ergeben sich besondere Schwierigkeiten, wenn die Angaben sich nicht auf Produktqualitätsmerkmale oder den Preis beziehen. Anders als bei diesen eher konventionellen Angaben muß bei der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung nämlich noch festgestellt werde, aufweIche Weise eine Beeinflussung des Umworbenen überhaupt stattfindet. Dies soll jeweils bei den einzelnen Werbearten behandelt werden. Demnach ist bei der Umweltwerbung, von Ausnahmen abgesehen, grundsätzlich von der Relevanz einer Irrefiihrung für die Bezugsentscheidung auszugehen. Genauerer Betrachtung bedarf allerdings die für die Interessenabwägung maßgebliche Feststellung der Intensität der Beeinflussung.

d) Die tatbestandlichen Voraussetzungen for das Vorliegen einer sittenwidrigen Werbung i.S.d. § 1 UWG Ein zentrales Problem bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung von Umweltwerbung liegt zunächst darin, einen Maßstab für diese Beurteilung zu finden. Ausgangspunkt dafür ist die große Generalklausel des § 1 UWG, die das zu untersagende Verhalten allerdings nur als ein Verstoßen gegen die guten Sitten bezeichnet. Aus diesem unbestimmten Rechtsbegriff lassen sich einzelne Tatbestandsmerkmale aber nicht deduktiv gewinnen 108. Die Diskussion über die Konkretisierung des Begriffs der guten Sitten in Literatur und Rechtsprechung hat im Laufe der Zeit zu einer unüberschaubaren Vielzahl von Begriffsbildungen, Einteilungen und Systematisierungen gefiihrt, die im einzelnen hier nicht näher erläutert werden sollen. Dabei werden die unterschiedlichsten Ansatzpunkte und Beurteilungskriterien herangezogen und vermischt. Verschiedene Grundlinien lassen sich dennoch erkennen, von denen zwei herausgegriffen und erläutert werden sollen109 . In der früheren Rechtsprechung wurde zunächst in Anlehnung an § 826 BGB auf das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden 110 , später auf H6s1, S.218. Statt aller: BaumbachIHefermehl, Ein! Rn.ll3. 109 Vgl. dazu Emmerich, S.35 fI. 107

108

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Z.B. RGZ 80, 219 (221).

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

115

das eines Durchschnittsgewerbetreibendenlll als Maßstab für die Sittenwid-

rigkeit abgestellt. Die (auch in sich uneinheitliche) Rechtsprechung geht zunehmend von einer Einteilung in Leistungs- und Nichtleistungswettbewerb ausll2 . In Anlehnung an Lobel\3 wird der wirtschaftliche Wettbewerb mit einem sportlichen Wettkampf verglichen, bei dem nur der Einsatz bestimmter Kräfte und Tätigkeiten erlaubt und jeder Verstoß gegen diese Regeln unlauter ist l14 • Dabei ist nicht jede Abweichung vom Leitbild des Leistungswettbewerbs sittenwidrig; Sittenwidrigkeit ist erst dann gegeben, wenn ein Verhalten dem Anstandsgefiihl der verständigen Durchschnittsgewerbetreibenden widerspricht oder von der Allgemeinheit mißbilligt wird\l5. Entscheidend für die Beurteilung des Wettbewerbsgeschehens am Maßstab der guten Sitten soll danach eine Abwägung aller betroffenen schutzwürdigen Interessen unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und der Auswirkungen des Handeins sein l16 • Damit der unbestimmte Rechtsbegriff der guten Sitten nicht bloß durch eine Leerformel ersetzt wird, muß für eine inhaltliche Konkretisierung die Auffassung der maßgeblichen Verkehrskreise ermittelt und eine Abwägung der Interessen vorgenommen werden. Für die Ermittlung der Verkehrsauffassung erweist sich die Heranziehung von Laienrichtern als Handelsrichter bei den Kammern für Handelssachen der Landgerichte (§ 95 I Nr.5 GVG) als sinnvoll. Bei den Oberlandesgerichten und dem BGH ist die Beteiligung von Laienrichtern allerdings nicht vorgesehen, obwohl erstere als Berufungsgerichte über die Tatfrage der Feststellung der Verkehrsauffassung ll7 entscheiden müssen. Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit erfolgt deshalb häufig nach dem Anstandsgefiihl älterer Richter in höherer Stellung, die das praktische Geschäftsleben überwiegend nie kennengelernt haben l18 . Natürlich muß nicht in jedem einzelnen Fall eine konkrete Ermittlung einer Verkehrsauffassung durch Umfragen erfolgen. Vielmehr kann auf die im Laufe der Zeit herausgebildeten Fallgruppen zurückgegriffen werden. Zumindest bei der abschließenden Interessenabwägung werden dann auch Sinn und Zweck des Lauterkeitsrechts in die Beurteilung der Sittenwidrigkeit einbezogenl19 . Einen anderen Weg beschreitet die (wohl) herrschende Meinung in der Literatur; als Ausgangspunkt rur die Konkretisierung der guten Sitten dient eine Z.B. BGHZ 10,228 (232). Z.B. BGHZ 15,346 (365); Emmerich, S.37 ffi.w.N. 113 Zitiert nach Emmerich, S.44 Fn.44. 114 Emmerich, S.44. 115 KöhlerlPiper, Einf Rn. 78 ffi. w.N. zur Rechtsprechung. 116 Piper, Rn.2I. 117 KöhlerlPiper, Einf. Rn.200. 118 Bawnbach zitiert nach Emmerich, S.38 Fn.16. 119 KöhlerlPiper, Einf. Rn.185. 111

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8'

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C. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

funktionale Auslegung des UWG120 über die Ennittlung seines Schutzzwecks in persönlicher und sachlicher Hinsicht. Nach weit verbreiteter Auffassung 121 in Literatur und Rechtsprechung gehören heute zu den Schutzsubjekten des UWG nicht nur die Mitbewerber, sondern auch die Verbraucher, die sonstigen Marktteilnehmer und die Allgemeinheie 22 • Zudem hat sich die ftiihere Auffassung der Funktion des UWG von einem individuellen deliktsrechtlichen Schutz des Konkurrenten gewandeltl23 . Als Schutzobjekt werden nicht mehr bzw. nicht mehr nur subjektive Rechte der Konkurrenten, sondern auch der Verbraucherschutz und der Schutz des Wettbewerbs in seinem Bestand gesehen124 • Auch in der Rechtsprechung hat sich inzwischen durchgesetzt, daß das Lauterkeitsrecht nicht nur auf den Schutz subjektiver Rechte abzielt l25 . Das UWG ist dadurch zu einem Marktverhaltensrecht geworden l26 . Entsprechend diesen Funktionen des Lauterkeitsrechts einerseits und den durch eine Wettbewerbshandlung möglicherweise verletzten Interessen der Beteiligten andererseits lassen sich die verschiedene Arten von Wettbewerbsverstößen einteilen127, etwa in Kundenfang, Behinderung, Ausbeutung, Rechtsbruch und Marktstörung l28 . Diese Einteilung ergibt sich nicht zwingend logisch aus dem funktionalen Ansatz. Verschiedene Vertreter dieser Richtung haben wiederum verschiedene Einteilungssysteme entwickeltl29 . Zudem kann man auch auf dem Weg der Abgrenzung von Leistungs- und Nichtleistungswettbewerb und der Konkretisierung der Verkehrsauffassung zu einer Einteilung in die gleichen Fallgruppen gelangen\3o. Da die funktionale Auslegung des UWG nach allgemeiner Ansicht ohnehin an irgendeiner Stelle der Konkretisierung des Begriffs der guten Sitten berücksichtigt wird (entweder bereits als Ausgangspunkt oder aber bei der Konkretisierung des Begriffs des Leistungswettbewerbs), bietet es sich an, eine Fallgruppeneinteilung entsprechend dieser Vorgaben aufzuschließen. Für die folgende Darstellung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug ist dies besonders sinnvoll, da die oben herausgebildeten Formen der Werbung sowie die herausgearbeiteten Interessen der Beteiligten und die Funktion und BedeuSo z.B. BaumbachIHefermehl, Ein!. Rn.73; Emmerich, S.45. KöhlerlPiper, Einf. Rn.12. 122 Kritisch zum Schutz der Allgemeinheit Emmerich, S.14; ablehnend Nordemann, Rn. 17. 123 KöhlerlPiper, Einf. Rn.l3. 124 BaumbachIHefermehI, Einl. Rn.55 m.w.N. Emmerich, S.13. 125 So z.B. BGHZ 35, 329 (333). 126 BaumbachIHefermehl, Ein!. Rn.57. 127 BaumbachIHefermehI, Ein!. Rn. 160. 128 BaumbachIHefermehI, Ein!. Rn. 167 ff. 129 Vgl. ZusammenstellWlg bei BaumbachIHefermehI, Einl. Rn.159. 130 So KöhlerlPiper, Einf. Rn.185. 120 121

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

117

tung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug für den Wettbewerb eine Einordnung in ein nach funktionalen Gesichtspunkten gegliedertes Fallgruppensystem erleichtern. Schon bei der Zuordnung bestimmter Werbeformen in bestimmte Fallgruppen wird sich zeigen, daß die realen und rechtstatsächlichen Probleme zu entsprechenden Problemen bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung führen. Die Kollisionspunkte von Lauterkeitsrecht und Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug sind dabei typischerweise in bestimmten Fallgruppen zu finden, während andere Fallgruppen praktisch bedeutungslos sind. Hier erweist sich, daß die oben herausgearbeiteten Erscheinungsformen der Umweltwerbung nicht nur die Erschließung der rechtstatsächlichen Probleme ermöglicht, sondern auch eine lauterkeitsrechtliche Beurteilung vorbereitet und erleichtert, indem der Blick auf die typischerweise entstehenden Problemkonstellationen gerichtet wird. Um dies zu verdeutlichen, soll zunächst ein kurzer Überblick über die einzelnen Fallgruppen (in Anlehnung an die Einteilung von Baumbachl Hefermehl) und ihre Bedeutung für die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug gegeben werden. aa) Die einzelnen Fallgruppen der Sittenwidrigkeit LS.d. § 1 UWG und ihre Relevanz für die Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug Die Fallgruppe der Marktstörung wurde erst relativ spät als eigenständige Fallgruppe anerkannt l31 . Bei Maßnahmen, die in diese Fallgruppe gehören, handelt es sich um Wettbewerbshandlungen, die weder darauf abzielen Konkurrenten auszubeuten noch diese direkt zu behindern oder die Kunden zu täuschen. Der Schutz vor Marktstörungen durch das Lauterkeitsrecht soll in erster Linie im Interesse der Allgemeinheit eine gewisse Marktstrukturenkontrolle ermöglichenl32 . Geschützt wird der Bestand des lauteren Wettbewerbs an sich133 • Eine diesbezügliche Gefahrdung kann sich aus dem Einsatz nicht leistungsbezogener Mittel ergeben, die geeignet sind, durch die Beeinflussung der Freiheit von Angebot und Nachfrage den Markt zu verzerren, so daß sich eine bessere Leistung nicht mehr durchsetzen kann134. So wird etwa durch die massenhafte Verteilung von Originalware oder die Urnsonstlieferung von

\31 So etwa BaumbachIHefermehl, Ein!. Rn.165, die diese Fallgruppe bis zur 12. Aufl. als Fall der Behinderung ansahen. 132 KöhlerlPiper, § I Rn.182. 133 KöhlerlPiper, § I Rn.183. 134 BaumbachIHefermehl, Ein!. Rn.165.

118

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

Presseerzeugnissen der Markt verstopft und andere Anbieter können nicht mehr zum Zuge kommen l35 . Demgegenüber zielt die Umweltwerbung mit und auch ohne Produktqualitätsbezug mehr oder weniger direkt auf die Beeinflussung der Bezugsentscheidung der Abnehmer. Dabei wird nicht zunächst versucht, die Marktstruktur zu verändern, also etwa Konkurrenten aus dem Markt zu drängen oder den Markt zu verstopfen. Daraus folgt, daß insoweit für die Umweltwerbung die Fallgruppe der Marktstörung praktisch keine Relevanz hat. Die Rechtsprechung136 geht allerdings davon aus, daß eine Gefährdung des Bestands des Wettbewerbs durch Maßnahmen eintreten kann, die zwar bedenklich, nicht aber von vornherein unlauter sind, wenn diese Maßnahmen etwa in Verbindung mit ähnlichen Maßnahmen der Mitbewerber zu einer erheblichen Einschränkung des Leistungswettbewerbs führen kann. Im Bereich der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug könnte dies allenfalls eintreten, wenn Werbernaßnahmen den Wettbewerb mit der Leistung verhindern und die Konkurrenten zu ähnlichen Maßnahmen veranlassen würde. Dies ist etwa in bezug auf die Werbung mit Umweltappellen denkbar, bei denen gerade der Wettbewerb mit den Vorteilen des Angebots ausgeschaltet und als Kaufmotivation die Aufforderung zu einem umweltfreundlichen Verhalten des Konsumenten in den Vordergrund gestellt wird. Letztlich würden solche Maßnahmen zur Ausschaltung des Leistungswettbewerbs führen. Der eigentliche Ansatzpunkt für die Qualifizierung eines solchen Handeins als unlauter liegt aber wiederum eher im Bereich der Beeinflussung der Bezugsentscheidungen der Kunden, also im Bereich der Fallgruppe Kundenfang, wo auf diese Problematik näher einzugehen ist. Insgesamt spielt die Fallgruppe der Marktstörung in bezug auf Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug, wenn überhaupt, nur eine untergeordnetet Rolle. Bei der Fallgruppe des sog. Rechtsbruchs geht es um die Frage, ob aus einem Verstoß gegen bestimmte Regeln bereits die Sittenwidrigkeit LS.d. Lauterkeitsrechts gefolgert werden kann137 . Diese Problematik gewinnt zunehmend Bedeutung, da die Zahl der von den Marktteilnehmern zu beachtenden Regeln etwa des Steuer-, Arbeits-, Sozial-, oder Umweltrechts sprunghaft ansteigtl38.

Emmerich, 8.296 und 8.298 f. Z.B. BGHZ 114. 82 ff. 137 Emmerich, 8.305. 138 Emmerich, 8.303. l3S

136

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

119

Weitgehende Einigkeit besteht darin, daß nicht jeder Verstoß gegen eine Rechtsnonn das Verdikt der Sittenwidrigkeit i.S.d. § 1 UWG nach sich zieht l39 , wie auch nicht jeder Verstoß gegen eine Rechtsnonn zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nach § 134 BGB fUhren muß l40 . Nach Ansicht der Rechtsprechung141 und Literatur142 muß eine sittlichrechtliche Wertung des gesamten Lebenszusammenhangs bzw. der verletzten Nonn erfolgen. Liegt ein Verstoß gegen sittlich fundierte Nonnen vor, so ist die betreffende Wettbewerbshandlung als sittenwidrig zu qualifizieren. Auch bei Verstößen gegen Nonnen, die besonders wichtige Gemeinschaftsgüter schützen oder unmittelbar wettbewerbsbezogen sind, ist in aller Regel ein Sittenverstoß anzunehmen l43 • Bei sonstigen (sog. wertneutralen) Nonnen liegt ein Sittenverstoß nur vor, wenn bewußt und planmäßig ein Wettbewerbsvorteil gegenüber den gesetzestreuen Mitbewerbern angestrebt wird 144 • Es liegt auf der Hand, daß im Bereich des Umweltschutzes und des Umweltrechts die Fragen der ökologischen Instrumentalisierbarkeit des Wettbewerbsrechts 145 eine erhebliche Brisanz haben. So stellt sich etwa die Frage, ob umweltschützende Nonnen zu den sog. wertbezogenen Nonnen zu rechnen sind, und ob die Vennarktung von unter Verstoß gegen solche Vorschriften erzeugten Waren generell einen Sittenverstoß i.S.d. § 1 UWG darstellt. Die erste Frage bejahte, die zweite verneinte das OLG Köln in einem Verfahren l46 , in dem es um den Vertrieb von Plastiktüten ging, bei deren Herstellung gegen § 5 Abs.2 Ziffer 2 BImschG verstoßen worden war. Zwar verstoße die Herstellung gegen eine wertbezogene Norm, die angegriffene (Wettbewerbs-) Handlung des Vertriebs der Plastiktüten könne aber nur dann als Sittenverstoß angesehen werden, wenn durch den Vertrieb ein durch den (vorangegangenen) Rechtsbruch erlangter Vorteil ausgenutzt werde, was der insoweit beweispflichtige Kläger nicht hinreichend vorgetragen habe. Ob dieser Entscheidung vollständig zuzustimmen ist, soll hier nicht weiter erörtert werden. Es wird aber deutlich, daß es auch im Bereich der Sittenwidrigkeit wegen Rechtsbruchs auf eine genaue Bestimmung der Wettbewerbshandlung ankommt. Dabei zeigt sich, daß fiir die Beurteilung der umweltbezogenen Werbung die Problematik der wettbewerbsrechtlichen Verfolgung von UmweltverstöK6hlerlPiper, § 1 Rn.322. Statt aller: Heinrichs in: Palandt, § 134 Rn 1 ff. 141 Vgl. K6hlerlPiper, § 1 Rn.323; kritisch: Nordemann. Rn.483 f1 142 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.608 ff; Emmerich. S.305. 143 Piper. Rn.95 ffm.w.N. 144 Piper. Rn.99 ffm.w.N.; kritisch: Nordemann. Rn.483 ff. 145 Lappe, WRP 1995, S.170 ff. 146 OLG Köln, BB 1993, S.1387 f. 139

140

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

ßen147 von keiner praktischen Relevanz ist. Gegenstand der Untersuchung bildet die Wettbewerbshandlung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug. Ein Rechtsbruch kann bezüglich dieser Handlung nur vorliegen, wenn entweder mit einem Rechtsbruch geworben wird, oder wenn die Werbung selbst einen Verstoß gegen eine Rechtsnorm darstellt. Es ist praktisch auszuschließen, daß ein Werbender in seiner Werbung selbst auf den Verstoß gegen Rechtsnormen hinweist, insbesondere wenn diese sich auf den Umweltschutz beziehen (so wird beispielsweise der Hersteller der Plastiktüten nicht darauf hinweisen, daß er die Bestimmungen des BImschG nicht einhält). Wegen des allgemeines Interesses an der Erhaltung der Umwelt wäre eine Werbemaßnahme, die auf einen solchen Verstoß hinweist geradezu kontraproduktiv. Andererseits ist es möglich, daß die Werbung als Wettbewerbshandlung selbst gegen Rechtsnormen verstößt. Allerdings gibt es nicht viele Regelungen, die das Werben selbst betreffen und unter diesen nur wenige, die speziell auf einen Umweltbezug abstellen. Bei einem Verstoß gegen allgemeine Normen bezüglich der Werbung ergeben sich fiir die Beurteilung von Umweltwerbemaßnahmen keine Besonderheiten. Vielfältig sind dagegen auch im Bereich der Umweltwerbung relevante Kennzeichnungsvorschriften, insbesondere was Lebensmittel, Arzneimittel oder sog. Naturprodukte anbelangt. Insoweit stellt sich die Frage, ob ein Verstoß gegen solche Kennzeichnungsregeln148 in der Werbung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs als sittenwidrig zu qualifizieren ist. Diese Frage ist in der Literatur und besonders in der Rechtsprechung ausgiebig behandelt worden, allerdings meist nur neben dem Gesichtspunkt der Irreftihrung der Kunden. Da sich diese speziellen Kennzeichnungsregeln aber regelmäßig auf Angaben zur Produktqualität beziehen, stellt sich das· Problem des unlauteren Wettbewerbs durch Rechtsbruch insoweit nicht fiir die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug. In die Fallgruppe der Ausbeutung fremder Leistung gehören Wettbewerbshandlungen, bei denen der Handelnde das Ergebnis fremder Tätigkeiten und Aufwendungen ausnutzt, um daraus einen eigenen wettbewerblichen Vorteil zu erlangenl49 . Hier sind beispielsweise das sklavische Nachahmen und die Übernahme fremder Leistungen, aber auch das Ausspannen von Kunden einzuordnen l50 . Ausbeutung liegt allerdings erst dann vor, wenn der Handelnde auf Kosten des Konkurrenten eine Position mit verwerflichen Mitteln erlangt oder fiir sich ausnutzt. Die Wettbewerbshandlung richtet sich deshalb in erster Linie gegen den Mitbewerber, der eine Position erlangt hat, die der Handelnde 147 BrandnerlMichael, NJW 1992, S.278 tT; vgl. auch schon Friedrich, WRP 1988, S.641 tT; ders. WRP 1996, S.l tT. 148 Ausftlhrlich dazu SchitTerlDelbrück, DB 1991, S.1002 tT. 149 BaumbacMlefermehl, § 1 Rn.438. 150 BaumbacMlefermehl, a.a.O.

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

121

ohne Einsatz eigenen Wettbewerbs ebenfalls erreichen will. Soweit es sich bei diesen Handlungen nicht um Werbung handelt, soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden. Aber auch im Bereich der Werbung ist eine Ausbeutung möglich, nämlich durch die Nachahmung fremder Werbung oder durch das Ausnutzen des guten Rufs eines Konkurrenten I51 . Gerade die Umweltwerbung ist auf das Arbeiten mit Vertrauenseigenschaften angewiesen, da die Verbraucher die Wahrheit der Angaben zu Produkten oder Unternehmen nicht selbst verifizieren können. Der gute Ruf oder das positive Image des Werbenden ist deshalb von zentraler Bedeutung, kann aber von sog. Trittbrettfahrern auch leicht ausgenutzt werden. Eine solche Ausnutzung kann dabei entweder durch eine Täuschung erreicht werden, die zu einer Produktverwechselung oder einem Irrtum über die Produktherkunft fuhrt, oder durch eine Anlehnung etwa in Form einer Gleichstellungsbehauptung des Anbieters mit einem Konkurrenten 152 . Bezüglich der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen liegt ein Ausnutzen fremden Rufs nicht nahe, da die Bezugsentscheidung der Konsumenten durch das Gewähren oder Versprechen eines Umweltvorteils seitens des Werbenden beeinflußt werden soll. Allenfalls eine Nachahmung der Werbung kommt insoweit in Betracht. Dafür stellen sich aber unter dem Gesichtspunkt der Umweltwerbung keine von den übrigen Erscheinungen der Wertreklame abweichenden Probleme. Die Nutzung eines guten fremden Rufes stellt dagegen die Sponsoringwerbung dar. Der Sponsor profitiert hier von der Reputation des Gesponserten, beispielsweise des WWF oder der Deutschen Umwelthilfe. Dies stellt jedoch kein sittenwidriges Handeln dar, da nicht mit verwerflichen Mitteln der Ruf des Anderen eingesetzt wird, sondern die werbliche Verwendung dieses guten Rufes gerade durch den Sponsoringvertrag gestattet wird. Beim Sponsoring wird die Nutzung des fremden Rufes durch die vertragliche Vereinbarung gestattet und stellt deshalb keine verwerfliche Ausnutzung dar. Zudem ist hier problematisch, in wie weit das lauterkeitsrechtliche Verbot der Ausbeutung zwischen Sponsor und Gesponsertem überhaupt anwendbar sein könnte, da diese beiden i.d.R. in sachlicher und persönlicher Hinsicht nicht auf dem gleichen Markt handeln und es deshalb zwischen ihnen an einem Wettbewerbsverhältnis fehlen könnte. Bei der Imagewerbung ist eine nachahmende Werbung und das Ausbeuten des guten Rufes eines Mitbewerbers möglich. Insoweit stellt sich allerdings

m KtJhlerlPiper, § 1 Rn.307 ff. 152

BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.542.

122

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteihll1g

das Problem, ob das Image als unternehmerische Leistung überhaupt geschützt ist l53 .

Auch ist denkbar, daß bei der Werbung mit Umweltappellen der gute Ruf eines Konkurrenten für eigene Zwecke ausgenutzt wird, da, wie gezeigt, der Erfolg diese Form der Werbung u.a. auch vom guten Ruf des Werbenden abhängt. Insgesamt läßt sich sagen, daß die Ausbeutung fremden Rufes und die Nachahmung von Werbung als Fallgruppen der Sittenwidrigkeit in bezug auf die Umweltwerbung ohne Produktqualität nur in wenigen Fällen eine Rolle spielen kann und in der Praxis der Umweltwerbung soweit ersichtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist. Auch bezüglich dieser Fallgruppe ergeben sich durch die Einbeziehung eines Umweltvorteils in die Werbung keine Besonderheiten. Die Wettbewerbshandlungen, die der Fallgruppe der Behinderung zuzurechnen sind, richten sich gegen (zumeist individuelle) Mitbewerberl54 . Solche Maßnahmen, beispielsweise Absatz- und Bezugsbehinderungen, Betriebsstörungen, Preisunterbietungen, Diskriminierungen, Boykott, Anschwärzung und Verleumdung I 55 , spielen sich meist nicht im Rahmen der Werbung ab. Bei Maßnahmen der Behinderung versucht der Handelnde seine Mitbewerber nicht durch bessere Leistungen zu überflügeln, sondern durch feindselige Maßnahmen die anderen in ihrer wettbewerblichen Tätigkeit zu beeinträchtigen l56 . Im Bereich der Werbung kann eine solche Behinderung in einer (kritisierenden oder herabsetzenden) vergleichenden Werbung bestehen. Damit versucht der Handelnde nicht, ohne wettbewerbliche Anstrengungen die fremde Leistung des Konkurrenten auszubeuten, sondern in einem Vergleich sein Angebot herauszustellen, indem er die Leistungen des Konkurrenten herabsetzt. Im Bereich der Umweltwerbung spielt die vergleichende Werbung durchaus eine, wenn auch geringe Rolle 157 . Dies mag an den strengen Beurteilungsmaßstäben liegen, die die Rechtsprechung bei der Prüfung der vergleichenden Werbung anlegtl58. Obwohl sich der Vergleich grundsätzlich auf alle Umstände beziehen kann, die für den Kaufabschluß relevant sein können l59 , wer153 Vgl. dazu misch, WRP 1994, 8.796 ff, allerdings zwn alten Recht (§ 16 UWGa.F.). 154 BaumbachIHefennehl, § 1 Rn.208. 155 BaumbachIHefennehl, Einl. Rn.168. 1S6 BaumbachIHefennehl, Einl. Rn.l62. 157 Faylor, WRP 1990,8.725 (726 ß); Cordes, S.71 ff. m.w.N. 158 Federhoff-Rink, 8.100. 159 KöhlerlPiper, § 1 Rn.l3I.

I. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener 8tandpunkt

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den allerdings regelmäßig produktqualitätsbezogene Merkmale bzw. Preise verglichen. Es gibt aber auch den sog. Systemvergleichl60 , bei dem ohne konkreten Warenbezug die wesentlichen Besonderheiten verschiedener Systeme (produktionssysteme, Vertriebssysteme oder auch Entsorgungssysteme) verglichen werden. Für den Bereich der hier zu untersuchenden Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug sind nur solche (kritisierenden) Vergleiche relevant, die sich eben nicht auf die Produktqualität beziehen. Der Einsatz vergleichender Werbung in diesem Gebiet wird allerdings immer in Kombination mit anderen Formen der nicht produktqualitätsbezogenen Werbung erfolgen. Denn während sich bei der qualitätsbezogenen Werbung das Kaufargument bereits aus der Qualitätsangabe ergibt, muß bei der nicht produktqualitätsbezogenen Werbung erst ein Bezug zwischen der inhaltlichen Aussage der Werbemaßnahme und der Bezugsentscheidung hergestellt werden. Dies ist sowohl im Bereich der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen, als auch bei der Darstellung nicht produktqualitätsbezogener Eigenschaften etwa des Unternehmens im Rahmen der Imagewerbung oder der Werbung mit Umweltappellen vorstellbar. So könnte ein Werbetreibender sein Angebot der Fahrtkostenerstattung fiir den ÖPNV mit der Bereitstellung von Parkmöglichkeiten, die verschiedenen als Nebenleistungen angebotenen Entsorgungskonzepte oder sein Umweltengagement mit dem anderer Anbietern vergleichen. In der Werbepraxis sind solche Vergleiche bisher kaum in Erscheinung getreten161 • Allerdings besteht immer die Möglichkeit, daß durch eine Aussage auch über nicht produktqualitätsbezogene Eigenschaften ein Bezug zum Angebot eines Konkurrenten geschaffen und dieser dadurch herabgewürdigt wird, ohne daß die Werbemaßnahme auf den ersten Blick als kritisierende vergleichende Werbung erscheint. Insgesamt zeigt sich, daß im Bereich der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug die Behinderung von Mitbewerbern nur eine untergeordnete Rolle spielt. In die Fallgruppe des Kundenfangs bzw. der unlauteren Kundenwerbung gehören all die Wettbewerbshandlungen, die eine freie Bezugsentscheidung des Abnehmers beeinträchtigenl62 . Zwar gehört die Beeinflussung von Kunden zum Wesen des Wettbewerbs und ist wettbewerbseigen. Sie wird aber zum Kundenfang, wenn die Beeinflussung mit Mitteln erfolgt, die eine freie Willensentschließung beeinträchtigen oder gar ausschließen l63 ; dann handelt es KöhlerlPiper, § 1 Rn. 149. Vergleichende Wld AlleinstellWlgswerbWlg wurden z.B. im Fall BGH, WRP 1994,8.531 ff erörtert aber letztlich abgelehnt; ebenso BGH, WRP 1997,8.179 ff. 162 BaumbachIHefermehl,Einl. Rn.161;Piper, Rn.25;KöhlerlPiper, § 1 Rn.6. 163 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.4. 160

161

124

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

sich um unlautere Kundenwerbung l64 • Unlautere Kundenwerbung oder Kundenfang sind dabei als pars pro toto zu verstehen, so daß nicht nur der Verkehr mit Kunden sondern auch mit Lieferanten in diese Fallgruppe gehört165 . Da die umweltbezogene Werbung direkt auf die Beeinflussung der Bezugsentscheidung abzielt, liegt in der Fallgruppe des Kundenfangs der Schwerpunkt der lauterkeitsrechtlichen Problematik dieser Werbeformen. Jedoch zeigt sich auch hier, daß die Umweltwerbung nicht typischerweise mit allen im Laufe der Zeit herausgebildeten Unterfallgruppen des Kundenfangs in Konflikt gerät. Vielmehr wird deutlich, daß auf Grund der realen und rechtstatsächlichen Besonderheiten der Umweltwerbung einige der Unterfallgruppen große Bedeutung haben, während andere praktisch nicht in Erscheinung treten. Wegen der besonderen Bedeutung der Fallgruppe des Kundenfangs für die Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug sollen hier die einzelnen Unterfallgruppen kurz dargestellt werden. bb) Insbesondere die Unterfallgruppen des Kundenfangs Auch bei der weiteren Untergliederung der Fallgruppe Kundenfang (oder unlautere Kundenwerbung) gibt es keine Einteilung, der alle Stimmen in Literatur und Rechtsprechung folgen. Um eine übersichtliche Darstellung zu erreichen, soll auch hier in Anlehnung an die Einteilung bei BaumbachlHefermehl wiederum kurz dargestellt werden, welche Unterfallgruppen aus welchen Gründen für die Umweltwerbung von besonderer Bedeutung sind. Neben der Täuschung von Kunden werden als Mittel zum Kundenfang auch Nötigung, Belästigung, Verlockung sowie die Ausnutzung von Gefühlen oder der Unerfahrenheit der Kunden und die Laienwerbung eingesetztl66 . Die Werbung mittels Laien nutzt die persönlichen Beziehungen der Werber aus und führt zu einer Kommerzialisierung der Privatsphäre l67 . Neben der belästigenden Wirkung dieser Werbung l68 wird die Bezugsentscheidung des Umworbenen auch dadurch beeinträchtigt, daß er dem werbenden Laien die Möglichkeit verschaffen will, die für den Fall der Anwerbung ausgelobte Werbeprärnie zu erlangen. Der Umworbene wird seine Bezugsentseheidung daher häufig nicht mehr an der Qualität oder PreisWÜTdigkeit des Angebots ausriehK6hlerlPiper, § 1 Rn.6. BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.4. 166 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.4. 167 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.202. 168 Bei K6hlerlPiper, § 1 Rn.23 wird diese FOIm der Werbung unter der Fallgruppe Belästigung gefilhrt, bei Emmerich. S.302 tT als Fonn der Marktstörung. 164

165

I. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener Standpunkt

125

ten. Der Einsatz von Laienwerbern ist in der Werbepraxis der Umweltwerbung nicht in Erscheinung getreten, was bei näherer Betrachtung auch nicht verwundern kann. Während bei der Umweltwerbung ein bestimmter Umweltvorteil im Mittelpunkt steht, beruht der Einsatz von Laienwerbern auf einer Motivation der Käufer durch die persönlichen Beziehungen zwischen Werber und Umworbenen. Das Ausnutzen dieser Beziehung ist für die Vermittlung eines Umweltvorteils aber nicht typisch. Zwar könnte die Laienwerbung gezielt in bestimmten Käuferschichten mit stark ausgeprägtem Umweltbewußtsein selektiv eingesetzt werden, um gerade umweltfreundliche Produkte abzusetzen. Solange dabei aber nicht mit der in AussichtsteIlung eines Umweltvorteils geworben wird, liegt auch noch keine Form der hier zu behandelnden Umweltwerbung vor. Das Unlauterkeitsmoment der Ausnutzung der privaten Beziehungen würde durch die Umweltfreundlichkeit des beworbenen Produkts jedoch nicht beeinflußt. Auch die Ausnutzung der Unerfahrenheie 69 ist für die Umweltwerbung nicht von spezieller Relevanz. Bei dieser Fallgruppe geht es darum, die geschäftliche oder rechtliche Unkenntnis der Umworbenen (insb. auch von Kindern) auszunutzen! 70 . An eine Unerfahrenheit in dieser Hinsicht knüpft die Umweltwerbung aber nicht an, auch wenn sie über komplexe ökologische Zusammenhänge Aussagen trifft, die nicht von allen Umworbenen verstanden werden können. Anders ist die Lage bei den Wettbewerbshandlungen, die der Fallgruppe der Gefühls- und Vertrauensausnutzung zugeordnet werden. Für Maßnahmen der Umweltwerbung spielt diese Kategorie eine zentrale Rolle, so daß sie zumeist auch!7! und gelegentlich nur172 in diese Fallgruppe der Sittenwidrigkeit i.S.v. § 1 UWG eingeordnet werden. Werbung, zumal solche, die sich an Verbraucher wendet, richtet sich immer zumindest auch in irgendeiner Form an die Gefühle der angesprochenen Verkehrskreise\73 . Typisch für die sittenwidrige Gefühls- und Vertrauenswerbung ist aber, daß die Gefühle der Verbraucher angesprochen werden, um von den für den Bezug der Ware wesentlichen Umständen, wie Preis und Qualität, abzulenken und auf diese Weise die Entscheidung des Umworbenen zu beeinflussen!74. Da die emotionale Ansprache selbst noch nicht zu einer bestimmten Bezugsentscheidung führen wird, erfolgt zumeist eine Verknüpfung mit KöhlerlPiper, § 1 Rn.77; BaumbachIHefermehl, § 1 Rn. 194 ff. BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.194 tf. 171 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn. 179 ff; KöhlerlPiper, Rn.71 ff. 172 SO Z.B. Nordemann, Rn.206; Berlit, Rn. 115; BaumbachIHefermehl, bis zur 17. Aufl., § 1 Rn. 179. 173 Emmerich, S.153 f. 174 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn. 175. 169

170

126

C. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

einem Kaufappell oder mit Formen insb. der verlockenden Werbung. Auf diese Weise wird die emotionale Ansprache fiir die wirtschaftlichen Interessen des Werbenden instrumentalisiert. Dies hat auch zur Folge, daß sich die Gefiihlswerbung nicht immer genau von anderen Fallgruppen trennen läßt, und daß insb. die Aspekte der verlockenden Wirkung einer Werbung auch bereits unter dem Gesichtspunkt der Gefiihlswerbung zu beurteilen sind. Aus den oben herausgearbeiteten rechtstatsächlichen Eigenheiten der Umweltwerbung ergibt sich, daß das Ansprechen der Gefiihle der Verbraucher mindestens naheliegt, wenn nicht sogar gelegentlich unumgänglich ist. Das Ansprechen von Gefühlen läßt sich werblich einfacher erreichen als die Darstellung komplizierter ökologischer Zusammenhänge, fiir die dem Verbraucher oft schon das nötige Vorwissen fehlt. Zudem bezieht sich der in Aussicht gestellte oder angepriesene Umweltvorteil auf ein kollektives Gut; der Umweltvorteil stellt zumeist keinen fiir den Kunden erfahrbaren Nutzen dar. Insoweit muß an eine altruistische Motivation des Verbrauchers angeknüpft werden, was insb. durch das Ansprechen von Gefiihlen möglich ist. Schließlich fuhrt die Tatsache, daß der Umweltvorteil regelmäßig eine Vertrauenseigenschaft ist, dazu, daß der Verbraucher nach Signalen der Glaubwürdigkeit Ausschau hält. Gerade die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug, die diesem Faktum Rechnung trägt, spricht die Gefiihle der Verbraucher an, um Vertrauen aufzubauen. So stellt Ld.R. die Erzeugung eines positiven Umweltimages ein Ansprechen der Gefiihle dar. Auch der Sponsor macht sich die Sympathie der Verbraucher zu Nutze, die er durch die Förderung eines allgemein anerkannten positiven Zwecks erreicht. Diese Überlegungen zeigen, daß die Umweltwerbung, und insbesondere diejenige ohne Produktqualitätsbezug, schnell Gefahr läuft, wegen Ausnut zung von Gefiihlen als sittenwidrig gebrandmarkt zu werden. Von ganz entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang jedenfalls nach Ansicht der Rechtsprechung, ob der in Aussicht gestellte Umweltvorteil ein Qualitätsmerkmal ist, oder ob es sich um eine Angabe handelt, die von den "wesentlichen Umständen" fiir die Bezugsentscheidung ablenkt l75 , denn im letzteren Fall ist das Vorliegen einer unlauteren Kundenbeeinflussung wahrscheinlich. Soweit der Umweltvorteil dagegen zur Produktqualität zu rechnen ist, liegt in seiner Herausstellung gerade eine Werbung, die den Leistungswettbewerb fordert. In der Literatur werden verschiedene andere Ansätze zur Beurteilung der gefiihlsausnutzenden bzw. gefiihlsbetonten Werbung diskutiert l76 . Insb. die

175 Beispiele filr diese standige RechtsprechWlg: OLG Harnburg, GRUR 1987, S.386 ff; KG, GRUR 1984, S.605 f; OLG Harnburg, GRUR 1989, S.614 f. 176

Zusammenfassende Übersicht bei Mylaeus, S.IS f1

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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Beherrschbarkeit der eigenen Bezugsentscheidung durch den Konsumenten wird als Beurteilungskriterium für die Sittenwidrigkeit vorgeschlagen I77 • Diese Überlegung geht davon aus, daß die Freiheit der Konsumentenentscheidung gesichert werden muß, um ein Funktionieren des Marktmechanismus zu gewährleisten. Werden die Bezugsentscheidungen durch die Werbung gleichsam fremdbestimmt, kann dies zu einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs führen. Solange der Umworbene dagegen die Werbung als solche erkennen und sich ihrer beeinflussenden Wirkung aus eigener Kraft entziehen könne, solange also die Werbewirkung für den Umworbenen beherrschbar sei, liege keine sittenwidrige Werbung vor l78 . Neben der allgemeinen Problematik einer lauterkeitsrechtlichen Beurteilung der gefühlsausnutzenden Werbung wird an dieser Stelle zu überlegen sein, ob der herkömmliche Leistungsbegriff durch den Begriff der "umweltbezogenen Unternehmensleistung" zu ersetzen ist, wie es FederhoffRink verlange 79 . Auch könnte man hier wiederum das Allgemeininteresse der Öffentlichkeit am Umweltschutz als Wertungsfaktor einsetzen, wie Lappel80 dies für das Umweltsponsoring fordert, um zu einer wohlwollenderen Beurteilung der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung zu gelangen. Man kann aber auch versuchen, die Kriterien der gefühlsausnutzenden Werbung zu konkretisieren und unter Einbeziehung der oben herausgearbeiteten Rechtstatsachen zu einer sachgerechten Beurteilung zu kommen. Die Angabe anderer als produktqualitätsbezogener Umstände muß nämlich nicht unbedingt eine unsachliche Entscheidung bewirken. Zum einen kann der Grad der Beeinflussung einer solchen Werbung relativ gering sein. Zum anderen kann eine solche Werbung durchaus Informationen enthalten, die eine qualitätsorientierte Bezugsentscheidung erleichtern, etwa dadurch, daß durch eine nicht produktqualitätsbezogene Werbung Vertrauen in den Anbieter erzeugt und damit dessen qualitätsbezogene Werbung unterstützt wird. Zudem muß geklärt werden, ob Informationen, die nicht die Produktqualität sondern andere Umstände betreffen, die mit dem Produkt zusammenhängen, wie etwa die Herkunft des Produkt, das Herstellungsverfahren etc., eine unsachliche Beeinflussung bedeuten. Aus dieser Überlegung ergibt sich, daß hier ein Problemschwerpunkt für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug liegt.

177 Loewenheim, GRUR 1975, S.99 (107 fl) zur Suggestivwerbung; ihm folgend: Scherer, S.I72 ff. allgemein zur geftlhlsbetonten Werbung. 178 Inge Scherer, S.62 ff. und S.69. 179 Federho.fJ-Rink, S.264. 180 Lappe, S.194 ff.

128

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

In die Fallgruppe der Verlockung bzw. der Wertreklame fallen solche Wettbewerbshandlungen, bei denen dem Kunden eine besondere Vergünstigung gewährt wird, die ihn von der Qualität des Angebots ablenken und zu sachfremden Erwägungen und Entschlüssen verleiten soll; als "Appeal-Faktoren" einer solchen Werbung können Geschenke, Gewinnchancen, aleatorische Anreize oder auch attraktive Koppelungen von Waren und Leistungen dienen181 • In diesen Bereich gehören daher auch Zugaben, Verpackungen mit Zweitnutzen oder Beförderungsleistungenl82 . Auch Rabatte sollen in diesem Zusammenhang erörtert werden, wenn sie auch nach wohl herrschender Meinung nur mittelbar dem Lauterkeitsschutz und der Verhinderung von Verlockung dienen l83 . Im Gegensatz zur Wort- oder Anschauungsreklame erlangt der Umworbene durch die Werbemaßnahme selbst einen Vorteil. Das Unlauterkeitsmoment bei dieser Art von Werbung kann zum einen darin liegen, daß der Kunde die Hauptware nur kauft, weil er nur so in den Genuß der Vergünstigung kommt, oder weil er sich auf Grund der Vergünstigung moralisch verpflichtet ftihlt, sich beim Werbenden durch den Bezug der Ware zu revanchieren l84 • Zum anderen kann es zu einem übertriebenen Anlockeffekt kommen, bei dem der Kunde durch die in Aussicht gestellten (sachfremden) Vorteile zur Kontaktaufnahme mit dem Werbenden veranlaßt wird und danach seine Bezugsentscheidung nicht mehr an Preis und Leistung orientiert185 • Im Bereich der Umweltwerbung kann durch das Versprechen oder Gewähren eines zusätzlichen Vorteils für den Kunden ein zusätzlicher Kaufanreiz geschaffen werden. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil der Konsument den Umweltvorteil als solchen i.d.R. nicht internalisieren kann. Die Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen wird, wie oben dargestellt, allerdings erst zur Umweltwerbung, wenn die Vergünstigung selbst einen Bezug zur Umwelt hat. Da sich der in Aussicht gestellte Umweltvorteil dann aber auf eine Nebenleistung bezieht, ist die Gefahr besonders groß, daß der Umworbene sich nicht mehr von Preis oder Qualität der Hauptware leiten läßt und eine insofern unsachliche Entscheidung trifft. Erschwert wird die lauterkeitsrechtliche Beurteilung solcher Werbernaßnahmen dadurch, daß sich gerade in diesem Bereich nicht ohne weiteres beurteilen läßt, was noch als Teil der angebotenen Hauptware zu gelten hat und was als Nebenleistung anzusehen ist. Hier stellt sich entsprechend zur Werbung mit Geftihls- und Vertrauensausnutzung das Problem des Sachbezuges l86 .

BaumbacMIefermehl, § 1 Rn.85. BaumbacMIefermehl, a.a.O. 183 KöhlerlPiper, RabattG Einf. Rn.4 und 10. 184 BaumbacMIefermehl, § 1 Rn.88 f. 185 BaumbacMIefermehl, § 1 Rn.90. 181

182

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

129

Gerade dadurch, daß sich bei der umweltbezogenen Wertreklame der Umweltvorteil auf einen zusätzlichen und kostenlosen Vorteil fiir den Verbraucher bezieht und somit das durch die Externalität verursachte Anreizproblem überwinden kann, spielt diese Form der Kundenbeeinflussung sowohl in der Werbepraxis als auch bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung eine wichtigeRolle. Bei der Fallgruppe der Belästigung steht der Schutz der Privatsphäre des Umworbenen im Mittelpunkt l87 . Zwar kann jede Art der Werbung belästigend sein. Dies ist allerdings hinzunehmen, soweit das grundgesetzlich geschützte Interesse des Werbenden an freier gewerblicher Entfaltung gegenüber dem ebenfalls grundgesetzlich geschützten Interesse der Umworbenen am Schutz seiner Privatsphäre überwiegtl88. Eine Verzerrung des Wettbewerbs kann dadurch· entstehen, daß die Angesprochenen ein Geschäft nur deshalb abschließen, um weiterer Belästigung zu entgehen; eine Belästigung kann auch dazu führen, daß der Angesprochene überrumpelt wird und deshalb weniger über den Inhalt des eigentlichen Angebots nachdenkt189 • Bei den in dieser Fallgruppe erörterten Wettbewerbshandlungen (Telefon-, Briefkastenwerbung, Haustürgeschäfte, Hausbesuche, Zusendung unbestellter Waren etc. I90 ) beruht die Sittenwidrigkeit auf der belästigenden Form der Kontaktaufnahme. Solche Maßnahmen stellen regelmäßig ein Eindringen in die grundrechtlich geschützte Individualsphäre des Umworbenen dar191 • Sittenwidrig ist aber nicht die Kontaktaufnahme, und das Eindringen in die Individualsphäre schlechthin. Sonst wäre auch ein privater Telefonanruf ohne vorangegangene diesbezügliche Aufforderung oder der Einwurf politischer Werbemittel als sittenwidrig zu qualifizieren. Die Sittenwidrigkeit folgt vielmehr daraus, daß dieses Eindringen zur Förderung wirtschaftlicher Zwecke dient l92 . Zwar werden abgesehen vom Überrumpelungseffekt die Kunden, die sich belästigt fiihlen, bei ihren Bezugsentscheidungen kaum den Belästiger begünstigen. Dieser eröffnet sich aber durch die intensive Ansprache weiter Verkehrskreise ein gewisses Kundenpotential. Zu den Kunden, die sich nicht belästigt fiihlen, wird ein Kommunikationskanal geöffnet, der Anbieter hat gleichsam schon einen Fuß in der Tür. Deshalb liegt nicht nur eine Handlung vor, die möglicherweise dem An-

186

Speziell zum Sachbezug bei der Wertreklame: BGH, GRUR 1991, S.542 f. m,

Anm. Ebert-Weidenfeller, a.a.O. S.543.

KöhlerlPiper, § 1 Rn.!7. KöhlerlPiper, a.a.O. m.w.N. auf die Rechtsprechung. 189 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.57. 190 Piper, Rn.33 m.w.N. auf die Rechtsprechung. 191 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.57. 192 So z.B. BGHZ 71, 317 tT. 187

188

9 Ewert

130

c. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

standsgefühl des durchschnittlichen Gewerbetreibenden widerspricht, sondern nach funktionalem Verständnis auch eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs. Bei der Umweltwerbung steht aber nicht eine bestimmte Form der Kontaktaufnahme im Vordergrund, sondern die Vermittlung eines Umweltvorteils. Allerdings ist die Umweltwerbung besonders darauf angewiesen, die Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen, da vom Umweltvorteil alleine kein Kundennutzen ausgeht und der Umweltvorteil selbst vom Umworbenen kaum wahrgenommen werden kann. Aus dem Bereich der belästigenden Werbung kommt deshalb in erster Linie nur die sog. geschmacklose und schockierende Werbung 193 in Betracht. Die Fallgruppe der Nötigung umfaßt Wettbewerbshandlungen, bei denen der Umworbene in eine Situation versetzt wird, in der er seine Entscheidung nicht mehr frei treffen kann. Dabei wird durch physische oder psychische Gewalt auf den Kunden eingewirkt, so daß der Bezug der Ware oder Leistung ohne oder gegen den Willen des Verbrauchers erzwungen wird. 194 . Der Unterschied zur Belästigung, Verlockung oder der Ausnutzung von Gefühlen ist daher nur ein gradueller. Da Umweltwerbung gerade damit wirbt, daß ein Umweltvorteil eintritt, ist der Einsatz von Zwangsmitteln, der eine Nötigung darstellen würde, hier kaum zu erwarten. Ein Zwangscharakter ist der Umweltwerbung nicht eigen, wenn es auch zu Situationen kommen mag, in denen der Umworbene eine Gefahr für die Umwelt nur abzuwenden können glaubt, wenn er eine bestimmte Bezugsentscheidung triffi. Die Fallgruppe der Täuschung umfaßt Wettbewerbshandlungen, die beim Umworbenen falsche Vorstellungen hervorrufen und dadurch die Bezugsentscheidung beeinflussen195 . Dieser Fallgruppe kommt im Rahmen der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung gern. § 1 UWG eine geringere Bedeutung zu, als man zunächst erwarten würde. Dies liegt daran, daß die kleine Generalklausel des § 3 UWG Irrefiihrungen über geschäftliche Verhältnisse erfaßt, ohne daß es dabei auf die Frage der Sittenwidrigkeit ankommt, obwohl diese Fälle der Irrefiihrung Ld.R. auch ein sittenwidriges Handeln LS.v. § I darstellen l96 . Die kleine Generalklausel ist dabei nicht als lex specialis zu verstehen; zwischen § 1 und § 3 besteht gegebenenfalls Anspruchskonkurrenz 197 . Eine genaue Abgrenzung zwischen diesen Normen erübrigt sich auch deshalb, weil hinsicht-

193 Zu dieser Unterfallgruppe vgl. z.B. die Dissertation von Wannenberg von 1996; Sosnitza, GRUR 1993, S.540 ff;Henning-Bodewig, WRP 1992, S.533 ff. 194 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.46. 195 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.5. 196 KöhlerlPiper, § 3 Rn. 13. 197 BaumbachIHefermehl, § 3 Rn.4 .

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

131

lich der Rechtsfolgen keine ins Gewicht fallenden Unterschiede bestehenl98 . Dennoch hat die Fallgruppe der Täuschung im Rahmen des § 1 eine eigenständige Bedeutung. Zum einen werden von § 3 nur Angaben erfaßt. Zum anderen müssen sich diese Angaben auf.geschäftliche Verhältnisse beziehen. Neben Angaben, die sich nicht auf die geschäftlichen Verhältnisse beziehen, fällt die Tarnung von Werbung in den Anwendungsbereich von § I UWG199 . Durch eine solche Maßnahme wird die Bezugsentscheidung des Umworbenen beeinflußt, ohne daß dieser sich der Tatsache bewußt ist, daß es sich um Werbung handelt. Dieses Problem kann sich gerade bei Sponsoringund Imagewerbung stellen, da diese Formen sich von den früher üblichen und bekannten Werbeformen unterscheiden und für den Konsumenten oft nicht sofort als solche erkennbar sind. Ob sich diese Problematik auch in bezug auf die Umweltwerbung stellt, bleibt zu untersuchen.

2. Materiellrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug nach §§ 1 und 3 UWG Nachdem die für eine lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug relevanten Normen herausgearbeitet sind und in Anlehnung an die Fallgruppeneinteilung von BaumbacM:lefermehl ein System zur rechtlichen Einordnung der Unlauterkeitsmomente dargestellt wurde, sollen nun die verschiedenen Formen der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung näher betrachtet werden. Die im vorangehenden Abschnitt angedeuteten Probleme bezüglich der lauterkeitsrechtlichen Zulässigkeit sollen im einzelnen für die hier zu untersuchenden vier Werbeformen der Umweltimagewerbung, des Umweltsponsoring, der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen und der Umweltappelle untersucht werden. Dazu sind nicht nur die einschlägigen Entscheidungen der Rechtsprechung und die verschiedenen in der Literatur vertretenen Meinungen zu berücksichtigen, sondern auch solche Stellungnahmen, die zwar nicht unmittelbar auf die nicht produktqualitätsbezogene Umweltwerbung bezogen sind, aus denen sich aber auch für diesen Bereich Folgerungen ziehen lassen. Gleichzeitig soll neben der kritischen Darstellung dieser unterschiedlichen Ansichten ein eigener Standpunkt entwickelt werden. Bevor die oben genannten Werbeformen auf ihre grundsätzliche Vereinbarkeit mit den Vorgaben der §§ 1 und 3 UWG überprüft werden, ist zumindest für die Umweltimagewerbung und das Umweltsponsoring jeweils zu klären, ob

198 199

9"

Emmerich, 8.140. KöhlerlPiper, § 1 Rn.8 f.

132

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

ein Handeln im geschäftlichen Verkehr vorliegt bzw. worin genau die zu beurteilende Wettbewerbshandlung besteht. a) Materiellrechtliche Beurteilung der Umweltimagewerbung

Entsprechend der oben erarbeiteten Definition soll hier Imagewerbung verstanden werden als die Erzeugung eines künstlichen Bildes des beworbenen Gegenstandes (Unternehmen, Verband, Produktpalette, Produkt), das über eine möglicherweise in der Werbung selbst beschriebene Aussagen zur Produktqualität hinausgeht und die Bekanntheit des beworbenen Gegenstandes sowie letztlich auch den Absatz von Produkten f6rdern soll. Bei der Umweltimagewerbung wird ein Image erzeugt, das den beworbenen Gegenstand als umweltverträglich oder sogar als umweltfreundlich darstellt. Zunächst soll untersucht werden, ob die Umweltimagewerbung überhaupt als Handeln im geschäftlichen Verkehr anzusehen ist. Bei der unternehmensbezogenen Imagewerbung werden oft keine konkreten Produkte genant, so daß unmittelbar der Absatz bestimmter Produkte nicht gef6rdert wird. Bei dieser Art der Werbung tritt die Absatzfunktion in den Hintergrund. Die in solchen Werbekampagnen enthaltenen Mitteilungen stellen eher eine allgemeine Information der Öffentlichkeit LS. der PublicRelations dar. Dies triffi: etwa auf eine (in Publikumszeitschriften geschaltete) Anzeigenkampagne der Energiewirtschaft zu, bei der die Umweltvorzüge der friedlichen Nutzung von Kernenergie herausgestellt werden2°O. zumal die Umworbenen hier nicht einmal einen direkten Einfluß darauf haben, ob sie konventionellen oder Atomstrom beziehen. Handeln im geschäftlichen Verkehr erfaßt aber alle Maßnehmen, die auf die Förderung eines Geschäftszwecks gerichtet sind20\ • Unternehmensbezogene Imagewerbung dient auch immer der Steigerung der Bekanntheit des Unternehmens, was grundsätzlich für die Annahme eines Handeins im geschäftlichen Verkehr ausreicheo2 • Lediglich erforderlich ist, daß bei der Werbung das werbende Unternehmen erkennbar wird, wozu beispielsweise der Abdruck des Firmeniogos in einer Zeitungsanzeige ausreicht203 • Als weniger problematisch erweisen sich Umweltimagekampagnen, bei denen ein Produkt im Vordergrund steht, da durch die Möglichkeit der konkre200

Abgedruckt in: Umweltbezogene Werbung, Stiftung Verbraucherinstitut (Hrsg.),

201

KöhlerlPiper, Einf. Rn.156.

S.47.

202 203

So z.B. BGH, WRP 1995, S.679 (680). OLG München, WRP 1994, S.413 (415).

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

133

ten Absatzförderung die Förderung des geschäftlichen Zwecks und damit das Handeln im geschäftlichen Verkehr offensichtlich ist. Umweltimagewerbung ist also unabhängig davon, ob sie unternehmensbezogen ist, als Handeln im geschäftlichen Verkehr zu qualifizieren. Bei der Feststellung eines Handeins zu Zwecken des Wettbewerbs stellt die Rechtsprechung wiederum auf die Steigerung der Bekanntheit im Verkehr ab204 • Dabei wird allerdings nicht deutlich, daß bei der Umweltimagewerbung ein anderer Aspekt fiir die Werbenden im Mittelpunkt steht, nämlich das Erzeugen eines umweltfreundlichen Images, das die Umworbenen mit dem beworbenen Gegenstand in Verbindung bringen sollen. Dies zeigt sich am oben angefiihrten Beispiel der Kampagne fiir Kernenergie: Eine Steigerung der Bekanntheit ist hier angesichts der insoweit informierten Öffentlichkeit kaum möglich; eine solche Steigerung des Bekanntheitsgrades könnte auch nicht zu einer direkten Absatzsteigerung von Atomstrom oder Kraftwerken führen. Im Interesse der Werbenden liegt es vielmehr, die Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu steigern, indem die Kernenergie als umweltschonend dargestellt wird. Bei den meisten Umweltimagekampagnen ist im Gegensatz zu dem hier geschilderten Extremfall eine Erhöhung des Absatzes durch eine Steigerung der Bekanntheit des Unternehmens, der Marke oder des Produkts möglich. Eine reine Erinnerungswerbung, also lediglich die Nennung des beworbenen Gegenstands, wäre aber in diesem Fall einfacher und oft auch kostengünstiger als eine Imagewerbung mit einem konkreten Umweltengagement des Unternehmens. Die Durchführung von Umweltimagekampagnen zeigt, daß der verfolgte Zweck eben nicht nur in der Steigerung der Bekanntheit sondern im Erzeugen des Images liegt. Denn durch eine solche Umweltimagekampagne kann das Vertrauen in den Werbenden erhöht und eine umweltbezogene Aussage gemacht werden, ohne daß auf die komplexen ökologischen Zusammenhänge eingegangen wird. Für die Feststellung eines Handeins zu Zwecken des Wettbewerbs wird es im Normalfall ausreichen, mit der Rechtsprechung ein solches Handeln in objektiver Hinsicht schon bei einer Steigerung der Bekanntheit anzunehmen. Aus dieser objektiven Eignung kann auf die subjektive Absicht der Förderung der eigenen geschäftlichen Verhältnisse geschlossen werden. Zwar mögen die Werbenden hier einwenden, sie wollten lediglich ein in der Öffentlichkeit bestehendes Infonnationsinteresse befriedigen. Dazu wäre aber die Bildung eines positiven Umweltimages nicht notwendig. Demnach kann zumindest aus den der Imageerzeugung dienenden Angaben auf die subjektive Absicht der Wettbewerbsforderung geschlossen werden.

204

BGH a.a.O.

134

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Das Erfordernis des Wettbewerbsverhältnisses, das nach der herrschenden Meinung Tatbestandsvoraussetzung bereits fiir das Vorliegen einer Wettbewerbshandlung ist, liegt bei der Umweltimagewerbung regelmäßig vor. Ein solches Wettbewerbsverhältnis besteht zumindest zwischen dem Werbenden und seinen Konkurrenten. Die Umweltimagewerbung stellt deshalb eine Wettbewerbshandlung dar.

aa) Umweltimagewerbung als irreführende Werbung Grundvoraussetzung fiir eine Untersagung einer Werbung als irreführend LS.v. § 3 UWG ist das Vorliegen einer Angabe über geschäftliche Verhältnisse. Dies sind Aussagen tatsächlicher Art, die fiir den Kaufentschluß des potentiellen Kunden wesentlich und einem Wahrheitsbeweis zugänglich sind20s • In der Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, daß Imagewerbung nie solche Angaben enthalte206 , bzw. daß Umweltimagewerbung oft ohne solche Angaben auskomme207 • Wie oben bereits ausgeführt, haben Untersuchungen im Auftrag der Stiftung Verbraucherinstitut ergeben, daß gerade die Umweltimagewerbung einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Sachinformationen enthält. Dies legt nahe, daß in den meisten Fällen der Imagewerbung auch Angaben LS.v. § 3 UWG enthalten sind. Diese Vermutung bestätigt sich bei genauerer Betrachtung dieser Werbeform. Ausgangspunkt fiir die Erzeugung eines positiven Umweltimages sind häufig Informationen über ein eigenes Engagement des werbenden Unternehmens, wie etwa die Einsetzung eines Umweltbeauftragten, die Forschung auf dem Gebiet umweltfreundlicher Produkte und Technologien oder die Berücksichtigung von Umweltbelangen beim Bau neuer Produktionsstätten208 • Solche Informationen sind stets Angaben über die geschäftlichen Verhältnisse. Die Erzeugung eines positiven Umweltimages kann allerdings auch an die Darstellung produktbezogener oder sogar produktqualitätsbezogener Eigenschaften anknüpfen. Beispielsweise kann ein Hersteller damit werben, daß einige seiner Produkte mit dem Blauen Umweltengel des RAL ausgezeichnet wurden209 . Ebenso wird bei einer Werbung mit dem Hinweis "Asbestfreil Innovativ" 210 fiir einen Baustoff der Angesprochene möglicherweise neben der KöhlerlPiper, § 3 Rn.50 f. Reichold, WRP 1994, S.219 (221). 207 Lambsdorff, Rn.32. 208 Weitere Beispiele bei Lambsdorff, Rn.14 9. 209 BGH, WRP 1994, S.531 tT. 210 OLG Köln, WRP 1993, S.191 ff. 20S

206

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

l35

Asbestfreiheit noch andere positive Umwelteigenschaften des Produkt oder auch des Herstellers entwickeln, da eine Innovation letztlich nicht vom Baustoff selbst ausgehen kann. Auch hier handelt es sich um Angaben LS.d.§ 3

UWG.

Problematisch ist die Feststellung einer Angabe bei den Formen der Imagewerbung, die keine inhaltliche Aussage erkennen lassen. Beispiele dafür sind etwa die Werbung mit einem Firmenzeichen auf einem Plakat, das einen verölten Wasservogel zeigt, oder aber auch die Abbildung eines Produkts vor einer natürlichen Landschaft. Bloße Vorstellungen oder Assoziationen ohne nachprüfbaren Tatsachenkern stellen noch keine Angabe i.S.d. § 3 c:tru2 Il . Durch solche Abbildungen wird weder zu einem Produkt noch zum werbenden Unternehmen eine nachprüfbare Aussage gemacht. Läßt die Werbung auch keine Schlußfolgerung auf Qualität, PreissteIlung oder zumindest die Herkunft des Produkts erkennen, liegt keine Angabe VO~12 . Dementsprechend kann fiir diese Fälle der Imagewerbung das Irrefuhrungsverbot des § 3 nicht eingreifen213 • Die Umweltimagewerbung enthält demnach nur in wenigen Fällen keine Angaben und unterliegt deshalb Ld.R. auch dem Irrefuhrungsverbot des § 3

UWG.

Die Frage, ob eine Angabe irreführend ist, wird nicht nach dem objektiven Aussageinhalt beurteilt, sondern nach der bei den Adressaten erweckten Vorstelluni l4 • Soweit das Umweltimage auf einem in der Angabe enthaltenen Tatsachenkern aufgebaut wird, müssen die Verbrauchervorstellungen bezüglich dieser Tatsachenangaben mit der Realität übereinstimmen. Die Umweltimagewerbung ist aber darauf angelegt, in der Vorstellung der Verbraucher ein Image hervorzurufen, das über ein Abbild der in der Werbung genannten Tatsachen, insbesondere der produktqualitätsbezogenen Eigenschaften, hinausgeht. Irreführend ist eine solche Werbung also auch dann, wenn das von ihr erzeugte Image die Vorstellung von Tatsachen hervorruft, die nicht wahr sind. Bei einer Umweltimagewerbung, die an umweltfreundliches Unternehmerverhalten anknüpft, kann eine Vorstellung geweckt werden, die von einem über das dargestellte Umweltengagement hinausgehenden Verhalten ausgehen. Naheliegend ist aber auch, daß die Umworbenen vom Umweltengagement des Unternehmens auf die Umweltfreundlichkeit der Produkte schließen. Wirbt etwa eine Firma mit ihren Bemühungen um fortschrittliche Umwelt-

Von Gamm. Bd. I, § 36 Rn.18. BaumbachIHefermehl, § 3 Rn.14. 213 So auch Reichold, WRP 1994, S.219 (221). 214 KöhlerlPiper, § 3 Rn.63. 211

212

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c. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

techniken, so wird die Vorstellung nahegelegt, daß auch die Produkte entsprechend umweltfreundlich sind. Auch bei einer Umweltimagewerbung, die von Umwelteigenschaften eines Produkts ausgeht, können Vorstellungen geweckt werden, die über die dargestellten Tatsachen hinausgehen. In den angefUhrten Beispielen solcher Repräsentativangaben nahmen die Verbraucher (nach Ansicht der Rechtsprechung) an, das mit dem Umweltengel beworbene Papier bestehe tatsächlich aus 100 % Altpapier l5 , der mit dem Umweltengel beworbene Kaltreiniger sei auch ohne Verwendung eines Ölabscheiders abwasserentlastend und umweltfreundlich216 oder der asbestfreie Baustoff weise weitere umweltrelevante Vorzüge auf l7 . Solange sich Verbrauchervorstellungen nur auf die Produktqualität beziehen und die Angaben auch keine diesbezüglich weitergehenden Verbrauchervorstellungen wecken, stellt eine solche Werbung noch keine Imagewerbung dar. Erst wenn die Angaben zu Produkteigenschaften den Verbraucher dazu veranlassen, sich Vorstellungen über weitergehende Umstände zu machen, wird ein Image erzeugt. Dabei ist es gleichgültig, ob die Verbrauchervorstellungen durch denotative Informationen oder konnotative Anmutungen hervorgerufen werden, da es für die Frage der Irrefiihrung nur auf die Richtigkeit dieser Vorstellung ankommt. Ein Image wird beispielsweise erzeugt, wenn fiir "Green-Computer" ohne Erläuterungen mit dem Hinweis geworben wird, die "Green-Technik" werde eingesetzt218 . Die durch die Imagewerbung solchermaßen erzeugten Verbrauchervorstellungen müssen dann auch der Wahrheit entsprechen. Soweit eine Imagewerbung dagegen nur Gefühle vermittelt, werden keine (Fehl-) Vorstellungen tatsächlicher Art hervorgerufen und eine Irrefiihrung nach § 3 UWG kann nicht angenommen werden. Zur Feststellung der Verbrauchererwartung geht die Rechtsprechung häufig von der eigenen Sachkunde der entscheidenden Richter aus, ohne etwa mittels demoskopischer Umfragen Beweis zu erheben. Im Bereich der produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung ging die Rechtsprechung bisher davon aus, daß mit praktisch jeder nur denkbaren Vorstellung der Verbraucher zu rechnen sei. Dazu wurden die in der Werbung enthaltenen (Repräsentativ-) Angaben extrem weit ausgelegt, um dann festzustellen, daß nicht alle diese Bedeutungsinhalte tatsächlich vorlagen219 . Eine "Trendwende,,220 zeigt aber die Ent215 BGH, WRP 1989, S.163 ff. 216 OLG Köln, GRUR 1988, S.630 f. 217 OLG Köln, WRP 1993, S.191 ff. 218 LG Hamburg, WRP 1996, S.373 ff. 219 Zutreffend daher die Kritik von Lambsdorff, Anm. zu OLG Köln, WRP 1993,

S.191 (196 f). 220 Bnmhilde Ackermann, WRP 1996, S.502 (506).

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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scheidung "Unipor" des BGH22 \ , die die Vorentscheidung des OLG Köln aufhob. Das OLG ging davon aus, daß durch die Aussage "Nimmt die Natur zum Partner", "Bausteine fiir eine gesunde Welt" etc. eine Verbrauchererwartung dahingehend entstehe, daß das Produkt, ein Bauziegel, auch bezüglich des Rohstoffabbaus keine nachteiligen Umweltauswirkungen hervorrufe. Die Rohstoffe könnten aber nur durch Eingriffe in die Natur gewonnen werden; daher würden die Verbraucher irregefUhrt. Dieser Ermittlung der Verbrauchervorstellung ist der BGH mit dem Argument entgegengetreten, daß die Verbraucher trotz des Umweltbezuges des Hinweises keine so weitgehenden Vorstellungen entwickelten. Ihnen sei klar, daß fiir den Rohstoffabbau in die Natur eingegriffen werde. Diese Zurückdrängung hypothetischer und hypertropher Verbrauchervorstellungen hat der BGH in seiner Entscheidung im Fall "Weber_Haus,,222 auch auf nicht produktqualitätsbezogene Angaben angewendet (unter Aufhebung des Berufungsurteils des OLG Köln). Der werbliche Hinweis auf umweltfreundliche Werke erwecke zwar Verbrauchervorstellungen, diese seien aber durch aufldärende Zusätze konkretisiert. Zum einen sei eine Beschränkung der Aussage auf bestimmte Bereiche des Unternehmenshandelns erfolgt, zum anderen lag in diesen Bereichen die vom Werbenden behauptete Umweltfreundlichkeit nach Ansicht des Gerichts vor. Von einer Irreführung konnte nicht ausgegangen werden. Dieser neueren Tendenz in der Rechtsprechung des BGH ist im Ergebnis zuzustimmen. Sie fUhrt zu einer Begrenzung der beachtlichen Verbrauchervorstellungen auf solche, die vom Inhalt der Werbeaussage mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hervorgerufen werden223 . Ausgeschlossen werden dadurch (vermeintliche) Verbrauchervorstellungen über Produkteigenschaften, die in der Werbung gar nicht angesprochen sind, wie etwa im Beispiel der Unipor-Ziegel die Herkunft des Rohstoffs. Allerdings ist nicht zu verkennen, daß die Umweltimagewerbung gerade auf die Erzeugung von Verbrauchervorstellungen abzielt. Die Angaben in einer Umweltimagewerbung rufen nicht nur Vorstellungen über die in der Aussage direkt angesprochenen Umstände hervor, sondern führen gerade zur Bildung eines weitergehenden Images, insbesondere wenn keine präzisierenden Einschränkungen gemacht werden. Als besonders schwierig erweist sich hier die Feststellung, ob ein erzeugtes Umweltimage, das sich nicht nur auf einzelne produktqualitätsspezifische Merkmale beschränkt, mit der Realität übereinstimmt. Dies ist letztlich nur mit Hilfe der sog. Ökobilanz durchfiihrbar24 . Da diese bislang noch nicht zur Verfiigung steht, muß diesbezüglich auf andere Kriterien zur Beurteilung zurückgegriffen werden. Grundsätzlich kann ein BGH, WRP 1994, S.615 ff. BGH, WRP 1996, S.290 ff. 223 So auch MichalskilRiemenschneider, BB 1994, S.1157 (1161). 224 FederhojJ-Rink. S.224. 22\

222

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c. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

positives Umweltimage jedenfalls dann als irrefUhrend angesehen werden, wenn bezüglich des beworbenen Gegenstands im Vergleich zu Konkurrenten bzw. Konkurrenzprodukten keinerlei umweltrelevante Vorzüge bestehen. Entsprechend der Beurteilung produktqualitätsbezogener Umweltvorteile muß auch bei den einem Image zugrunde liegenden Tatsachen der tatsächliche Umweltvorteil um so größer sein, je intensiver das Umweltimage herausgestellt wird. Die Rechtsprechung hat sich mit dieser eigentlichen Problematik der Imagewerbung noch nicht befaßt, was nicht zuletzt daran liegt, daß bereits bezüglich der Verbrauchervorstellungen über die dem Image zugrunde liegenden Tatsachen eine Irrefiihrung angenommen wurde. Insoweit bedarf es dann keines Eingehens auf ein möglicherweise irrefUhrendes Image. In der oben erwähnten Entscheidung "Weber-Haus" hat der BGH allerdings zu dieser Problematik Stellung genommen, nachdem die das Image aufbauenden Tatsachen als zutreffend qualifiziert wurden. Die auf diesen Tatsachen beruhenden Behauptungen, daß Unternehmen sei ökologisch durchstrukturiert und man treffe Maßnahmen auf allen Ebenen, wurde unter Berücksichtigung der Gesamtaussage des Werbeartikels als nicht irrefUhrend beurteilt. Die Entscheidung macht allerdings nicht deutlich, ob das Gericht auf die Problematik des Images eingegangen wäre, auch wenn der Werbende nicht selbst das Umweltimage in eine zusammenfassende Werbeaussage gekleidet hätte. Da diese Aussage sich aber auch ohne den zusammenfassenden Hinweis aus den übrigen Angaben ergibt, wäre jedenfalls darauf einzugehen gewesen. Wie oben dargelegt, muß aber nicht jede Irrefiihrung dazu fUhren, daß eine Werbemaßnahme untersagt werden kann. Daher ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Soweit eine Umweltimagewerbung Fehlvorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise bezüglich der zugrunde liegenden Tatsachen oder bezüglich des Gesamteindrucks des beworbenen Gegenstandes hervorruft, besteht ein Interesse an der Untersagung dieser Werbung. Eine Interessenabwägung ist dann vorzunehmen, wenn die in der Werbung enthaltenen Angaben wahr sind und nur eine geringe, wenn auch erhebliche Zahl der Angesprochenen getäuscht wird. Da bei schlechthin unzutreffenden Aussagen bei den nicht Getäuschten kein Informationsinteresse und bei den Werbenden zumindest kein schützenswertes Interesse besteht, kommt in diesen Fällen mangels anderer Verbotsgegeninteressen eine Interessenabwägung regelmäßig nicht in Betracht. Dagegen haben die Werbenden ein Interesse, durch wahre Angaben auf Umweltvorteile aufmerksam zu machen, die tatsächlich von ihnen bewirkt wurden. Dieses Interesse ist allerdings nur schutzwürdig und in die Interessenabwägung bei § 3 UWG einzubeziehen, wenn dadurch der Wettbewerb ge-

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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fördert wird. Dies ist bei den Informationen anzunehmen, die die Markttransparenz erhöhen und eine leistungsbezogene Bezugsentscheidung der Umworbenen fOrdern. Als Gegenstück zu diesem Interesse der Werbenden haben auch die Umworbenen ein Interesse daran, durch die Werbung sachdienliche Informationen zu erhalten. Dabei dürfen sachdienliche Informationen nicht nur als leistungsbeschreibende oder gar produktqualitätsbeschreibende verstanden werden. Letztere erleichtern zwar direkt eine sachliche Entscheidung, aber auch an anderen Informationen, die zur Imagebildung beitragen, besteht ein Interesse der Verbraucher. Zum einen kann dadurch dem oben beschriebenen Informationsdilemma begegnet werden. Unter Vermeidung komplexer Aussagen kann nämlich Vertrauen geschaffen werden, das gerade in bezug auf den Umweltvorteil als Vertrauensgut wichtig ist. Dazu dienen etwa Angaben über die Einsetzung eines Umweltbeauftragten oder Berichte über die umweltbezogenen Forschungsleistungen eines Unternehmens. Auch dem Problem der Externalität des Umweltvorteils kann durch solche nicht produktqualitätsbezogenen Informationen entgegengetreten werden. So kann etwa der Verbraucher durch Hinweise auf umweltfreundliche. Produktionsstätten eines Herstellers oder die ökologische Ausrichtung einer Kapitalanlagemöglichkeit auf Fragen des Umweltschutzes hingewiesen und fiir Umweltbelange sensibilisiert werden. Dabei besteht auch dann, aber nicht nur dann, ein berechtigtes Interesse an zur Imagebildung geeigneten Information, wenn ein Produkt oder Hersteller in der Öffentlichkeit wegen tatsächlich oder angeblich umweltschädigendem Verhalten in Mißkredit geraten ist. Letztlich dürfen diese Interessen aber in die Abwägung nur einbezogen werden, wenn sie einer sachlichen Entscheidung des Umworbenen dienen. Dies ist nach dem oben erläuterten informationsökonomischen Ansatz etwa dann anzunehmen, wenn der Werbende durch die vermittelte Information fiir seine anderen produktqualitätsbezogenen Werbeaussagen Glaubwürdigkeit erzeugen will, oder bestimmte, komplexe Zusammenhänge nicht anders darstellen kann. Zum anderen können auch Angaben, die nicht die Produktqualität betreffen, den Wettbewerb fördern, in dem sie eine sachbezogene Bezugsentscheidung erleichtern. Nach der obigen, sehr engen Definition des Begriffs der Produktqualität fallen hierunter nur Eigenschaften, die dem Produkt selbst anhaften und dessen Güte oder Nutzwert rur den Kunden beeinflussen, also eher denotative Informationen als konnotative Anmutungen. Diese enge Definition hat den Vorteil, daß alle diesbezüglichen werblichen Angaben unzweifelhaft als Förderung des Leistungswettbewerbs angesehen werden können. Aus der Definition folgt dagegen nicht, daß alle übrigen Angaben nicht zum Leistungswettbewerb zu rechnen sind. Soweit sich Angaben nämlich auf das angebotene Produkt, nicht aber auf seine Produktqualität beziehen, kann hier dennoch eine Förderung des Leistungswettbewerbs gesehen werden. Dies ist

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c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

offensichtlich z.B. bei Angaben zum Preis oder der Menge des Angebotenen225 . Zur angebotenen Leistung gehören aber auch Vertrieb, Service oder Verkaufskonditionen226 , sowie die Herstellungsart227 . Zum Teil können diese Angaben direkt die Produktqualität betreffen, wie etwa die Angabe "aus ökologischem Landbau" oder der Hinweis, daß ein Hersteller nur unbehandelte Textilfasern verarbeitet. Andererseits ist es auch möglich, daß solche Angaben Umstände betreffen, die keine Auswirkungen auf die Beschaffenheit des Produkts haben. So können etwa zwei Produkte die gleiche Beschaffenheit haben, obwohl das eine aus umweltfreundlich gewonnenen Rohstoffen oder mittels energiesparender Technik hergestellt ist, während das andere konventionell produziert wurde. In diesen Fällen betriffi die Angabe zwar nicht die Produktqualität, aber das Produkt und die negativen externen Effekte, die mit seiner Produktion verbunden sind. Die umweltfreundliche Herstellung ist deshalb eine Leistung. Da sich diese auf das angebotene Produkt bezieht, ist diese Leistung vom Begriff des Leistungswettbewerbs umfaßt. Anders liegt es dagegen bei umweltbezogenen Unternehmensleistungen, die nicht mit dem Produkt oder der Produktion der angebotenen Ware oder der Erbringung der angebotenen Dienstleistung in Verbindung stehen. Wirbt ein Unternehmen mit einem allgemeinen Umweltengagement (z.B. mit der Ankündigung "F. pflanzt Bäume. Für jeden Mitarbeiter einen Baum. Jedes Jahr"228), so liegt dem auch eine Leistung zugrunde. Diese ist aber nicht Teil des Angebots d.h. der angebotenen Ware. Hierin liegt also keine Form des Leistungswettbewerbs bzw. eine Förderung des Wettbewerbs im funktionalen Sinn. Daraus ergibt sich, daß der werbliche Hinweis auf die Herstellung einer Ware keine unsachliche Beeinflussung der Umworbenen ist, was allerdings nicht für Hinweise auf ein allgemeines Umweltengagement des Anbieters gilt. Deshalb kann das Interesse der Kunden an Informationen über die umweltfreundliche Herstellung der Produkte, entsprechend der Berücksichtigung von Angaben über die betriebliche Herkunft229 , als Verbotsgegeninteresse im Rahmen des § 3 UWG in eine Abwägung mit einbezogen werden. In der Literatur wird dagegen der Schutz der Umwelt selbst (also nicht nur ein in das Wettbewerbshandeln einbezogenes Interesse an Umweltschutz und Umweltinformationen) als ein weiterer Gesichtspunkt für die Interessenabwägung diskutiert230 . Die Rechtsprechung hat dies bislang, soweit ersichtlich,

Emmerich, S.45. BaumbachlHefennehl, Einl. Rn.97. 227 Helm in Gloy, § 48 Rn.l65 f. 228 So der Fall OLG Hamburg, GRUR 1989, S.6l4 f. 229 Helm in Gloy, § 48 Rn.195. 230 Iosb. Lappe, S.94 tT. 225 226

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abgelehnf3\ . Die von den Befiirwortem einer Einbeziehung des Umweltschutzes in die Interessenabwägung hierzu zitierte Entscheidung des OLG Saarbrücken232 erkennt den Umweltschutz zwar als wichtiges Gut an, berücksichtigt dies jedoch unter dem Gesichtspunkt des Sittenverstosses gern § 1 UWG und läßt das Ergebnis zudem offen. Bei der Diskussion wird in der Literatur z. T nicht zwischen der Einbeziehung des Umweltschutzes im Rahmen des § 1 UWG bez. des Rechtsbruchtatbestandes und bei der Interessenabwägung des § 3 unterschieden233 . Bei der Frage, ob eine Wettbewerbshandlung sittenwidrig ist, weil der Handelnde der Umwelt Schaden zufiigt, indem er gegen geltendes Umweltrecht verstößt, kann die Umwelt als schützenswertes Gut in die Beurteilung einbezogen werden. Daraus kann sich beispielsweise ergeben, daß es wegen eines Verstosses gegen eine sittlich fundierte Norm nicht auf das Erlangen eines Wettbewerbsvorsprungs vor den Konkurrenten ankommt. Die Beachtung der Umwelt als wertvolles Schutzgut im Rahmen des § 3 kann aber nur unter dem Gesichtspunkt der Interessenabwägung gesehen werden. Hier kann der Schutz der Umwelt als Verbots- und als Verbotsgegeninteresse eine Rolle spielen. Zum einen könnten Belange des Umweltschutzes dafür sprechen, eine Werbung zu untersagen, obwohl nur eine geringe Anzahl von Angesprochenen getäuscht wird. Zum anderen könnte die Einbeziehung von Umweltaspekten dazu führen, daß eine Werbung trotz relevanter Irreführung nicht untersagt werden kann. Im ersten Fall würde die Werbung untersagt, weil der durch die Täuschung hervorgerufene Umweltnachteil größer ist als der durch die Umweltwerbung bewirkte Umweltvorteil. Im zweiten Fall wäre die Irreführung zu dulden, da der durch die Werbung bewirkte Umweltvorteil größer wäre als der durch die Täuschung bewirkte Nachteil. Da die tatsächliche Ermittlung dieser letztlich durch die von der Umweltwerbung motivierten Kaufentscheidungen verursachten Vor- und Nachteile kaum zu bewerkstelligen ist, wäre eine Einbeziehung des Umweltschutzes unter diesem Gesichtspunkt kaum erfolgversprechend. Gegen eine solche Instrumentalisierung des Umweltschutz, wie sie insb. Lappe234 fordert, sprechen aber auch dogmatische Gründe. Zwar kann man mit Lappe235 davon ausgehen, daß spätestens seit der Einführung des Art. 20 a GG die Umwelt vom Gesetzgeber als wichtiges Schutzgut angesehen wird. Dies zwingt aber nicht zur Einbeziehung dieses Schutzgutes an jeder beliebigen Stelle des Wertungssystem des Wettbe23\ So z.B. OLG Köln, WRP 1993, S.191 (195). 232 OLG SaarbIilcken, WRP 1992, S.51O (512). 233 So Federhoff-Rink, S.171 ff. 234 Lappe, S.85 ffm.w.N., S.86 dort in Fn.434; Lindacher in: Großkommentar, § 3 Rn.285 ff. 235

Lappe, S.97 f.

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werbsrechts. Aufgabe des Wettbewerbsrechts ist es, das Funktionieren des Marktes über Angebot und Nachfrage zu sichern. Dazu muß die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen gewahrt und eine Informationsmöglichkeit geschaffen werden. Deshalb müssen irreführende Angaben untersagt werden, soweit sie nicht zur Information der Marktteilnehmer notwendig sind; soweit die Angaben aber zur Information notwendig sind, dürfen sie nicht untersagt werden. Dagegen ist eine direkte Steuerung des Produktions- und Konsumtionsprozesses etwa in Richtung eines umweltfreundlichen Angebots- oder Nachfrageverhaltens dem Wettbewerbssystem des UWG fremd236 . Eine Einbeziehung des Umweltschutzes in die Interessenabwägung könnte letztlich zu einer Verzerrung des Marktes führen; der Umweltschutz würde dann auch quasi gegen den Willen der Marktteilnehmer durchgesetzt, was den Prinzipien der Marktwirtschaft widerspricht. Dies bedeutet jedoch nicht, daß der Umweltschutz überhaupt keine Rolle bei der Interessenabwägung spielen kann. Haben nämlich die Marktteilnehmer ein Interesse an der Einbeziehung von Umweltaspekten in ihr Marktverhalten, so sind diese Interessen am Umweltschutz auch wettbewerbsrechtlich in gewissem Rahmen geschützt. Diesen Schutz nämlich gewährt gerade das Irreführungsverbot, das durch die Berücksichtigung des Informationsinteresses als Verbotsgegeninteresse begrenzt wird. Die Einbeziehung des Umweltschutzinteresses der Marktteilnehmer bei der Interessenabwägung führt dabei zu ähnlichen Ergebnissen wie die Berücksichtigung des Umweltschutzes selbst als außerwettbewerblichem Interesse. Unterschiede ergeben sich dann, wenn die Marktteilnehmer das Interesse am Umweltschutz bei ihrem Angebots- und Nachfrageverhalten nicht berücksichtigen, weil das nicht vorhandene Interesse in die Interessenabwägung nicht einbezogen werden kann. In diesen Fällen bleibt aber die Möglichkeit durch indirekte Verhaltenssteuerung Anreize zu schaffen, die eine Einbeziehung des Umweltschutzinteresses bewirken, wie etwa eine Verpackungssteuer oder die steuerliche Privilegierung von Kraftfahrzeugen mit Katalysator. Allerdings kann entgegen Lappe237 nicht jede umweltbezogene Information als Verbotsgegeninteresse wirken, da dadurch das System des Wettbewerbs ausgehebelt und andere Entscheidungsparameter zugrunde gelegt werden. Mit der selben Argumentation könnten nämlich sonst auch andere Interessen der Allgemeinheit eine Irreführung zulässig machen und damit den Wettbewerb mehr oder weniger außer Kraft setzen. Bei der Interessenabwägung ist also der Umweltschutz nicht selbst mit einzubeziehen, sondern nur das Interesse an Informationen, die einer sachlichen Bezugsentscheidung dienlich sind. Dies widerspricht auch nicht dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gern.

236 237

Cordes, S.155; Köhler, S.362.

Lappe, S.96.

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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Art.5 I GG, da das Irrefiihrungsverbot des § 3 UWG als Schranke i.S.d. Art.5 11 GG fiir zur Irrefiihrung geeignete Werbeaussagen gilt238 • Zu ähnlichen Ergebnissen wie Lappe kommt Federhoff-Rink, die allerdings einen anderen Ansatzpunkt wählt. Danach gehört unternehmensbezogene Umweltkommunikation, zu der auch die Umweltwerbung zählt, grundsätzlich zum Leistungswettbewerb239 • An Informationen über umweltbezogenes Unterhehmensverhalten bestehe ein allgemeines Interesse, woraus sich sogar Informationspflichten der Unternehmen ergäben240 . Dabei erfolgt jedoch keine Einschränkung hinsichtlich dieser Themen. Unternehmen sollen offenbar gleichermaßen zu produktqualitätsbezogenen Umständen wie auch zu allen anderen Aussagen machen können, wobei dies alles unter den Begriff des (umweltbezogenen Unternehmens-) Leistungswettbewerbs zu fassen sei. Für die Beurteilung der Irrefiihrung geht Federhoff-Rink nicht den Weg über eine Interessenabwägung, sondern stellt fest, ob die Werbung, die in bestimmter Weise (z.B. mittels Zeichen, pauschaler Angaben, Image etc.) ein bestimmtes Thema anspricht, alle notwendigen Informationen enthält und ob die tatsächlichen Angaben wahr sind. Danach müßte eine Information nur vollständig und wahr sein, auf den Bezugspunkt der Aussage käme es nicht an. Für die Frage der Interessenabwägung wäre es demnach irrelevant, ob ein Unternehmen damit wirbt, daß sein Produkt energiesparend ist, energiesparend hergestellt wird oder ob das Unternehmen die Aufforstung des tropischen Regenwaldes unterstützt. Zwar mag in all diesen Fällen ein umweltbezogener Umstand vorliegen, an dessen Publikation ein Interesse bestehen kann. Für die Frage, ob eine zur Irrefiihrung geeignete Werbung nicht untersagt werden darf, sind nach der hier vertretenen Auffassung aber nur solche Informationen zu berücksichtigen, die sich positiv auf den Wettbewerb auswirken. Die fiir eine Interessenabwägung relevanten Informationsinteressen sind also dadurch begrenzt, daß sie in irgendeiner Weise der Bezugsentscheidung sachlich dienen können. Die Einbeziehung der Interessen an jeglicher Art von Umweltinformation würden letztlich dazu führen, daß der Wettbewerb auf Bereiche verlagert wird, die mit den eigentlich angebotenen Produkten nichts zu tun haben und käme daher der Einbeziehung des Umweltschutzes als Allgemeininteresse gleich. Auch der Ansatz von Federhoff-Rink, unter Leistung i.S.d. Leistungswettbewerbs jede umweltbezogene Umternehmensleistung zu verstehen, auch wenn sie sich nicht auf das in der Werbung Angebotene, also auf den Leistungsgegenstand, bezieht, ist daher abzulehnen.

KöhlerlPiper, Einf. Rn.16. FederhofJ-Rink, S.263. 240 FederhofJ-Rink, S.202 fT.

238 239

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Sollte eine Umweltimagewerbung eine Irreführung verursachen und keine in diesem Sinne sachdienliche Information enthalten, so kommt bei einer Ineressenabwägung ein Verbotsgegeninteresse nicht in Betracht. Zu beachten ist weiterhin, daß eine Irreführung auch bei einem bestehenden Verbotsgegeninteresse nur dann hinzunehmen ist, wenn, die Irreführung nicht durch aufklärende Hinweise oder Zusätze vermieden werden kann, wobei hier die Anforderungen, wie oben dargelegt, nicht überspannt werden dürfen241 • Bei der Gewichtung des Verbotsinteresses bei der Umweltimagewerbung gibt es hinsichtlich der anlockenden Wirkung und der Intensität der Beeinflussung der Umworbenen einige Aspekte, die grundsätzlich zu beachten sind. Da die Imagewerbung eine Vorstellung erzeugt, die über die in der Werbung enthaltenen Informationen hinausgeht, handelt es sich um sog. Repräsentativaussagen, denen nach Ansicht des BGH242 ein besonderer Anlockeffekt zukommt. Der Anlockeffekt beruht hier nicht nur auf dem in der Werbung dargestellten Umweltvorteil, sondern im Gesamtbild, das sich der Angesprochene vom umworbenen Gegenstand macht. Dieser verstärkte Anlockeffekt führt zu einer Verstärkung des Verbotsinteresses. Weiterhin ist zu berücksichtigen, ob das erzeugte Umweltimage im Mittelpunkt der Werbemaßnahme steht, oder gleichsam nur eine Begleiterscheinung ist. Wird das Umweltimage herausgestellt und dadurch von anderen wesentlichen Eigenschaften des Produkts abgelenkt, so spricht dies für eine starke Beeinflussung der Bezugsentscheidung. Dies ist etwa der Fall bei einer Kapitalanlage, die mit dem Hinweis auf ihre Umweltfreundlichkeit beworben wird, wodurch von den Aspekten der Rendite und Sicherheit der Anlage abgelenkt wird243 . Wird dagegen der Eindruck der Umweltfreundlichkeit durch Angaben zur Heizungsanlage einer Wohnungseigentumsanlage geschaffen, dann aber auch zu anderen wesentlichen Kriterien für eine Kaufentscheidung Informationen gegeben, so kann darin kein Indiz für eine starke Beeinflussung gesehen werden. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, welchen Stellenwert die Angabe bzw. das Umweltimage aus der Sicht des Kunden für die Bezugsentscheidung hat. Hier ist von entscheidender Bedeutung, daß der Einzelne i.d.R. einen von der Werbung in Aussicht gestellten Umweltvorteil, abgesehen vom etwaigen Imagegewinn durch den Bezug eines solchen Produkts, nicht internalisieren kann. Aus diesem Grund ist der Einfluß von umweltbezogenen Angaben oder Images auf eine konkrete Bezugsentscheidung als eher gering einzuschätzen. Solche Angaben werden den Kunden dem beworbenen Gegenstand gegenüber zwar geneigter machen, aber nur selten den unmittelbaren Grund für eine positive Kaufentscheidung bilden. 241 242 243

Zu restriktiv daher: Cordes, S.154; Köhler, S.361. BGH, WRP 1996, S.1156 tT. KG, WRP 1996, S.750 fT.

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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bb) Umweltimagewerbung als sittenwidrige Werbung Trotz der relativ geringen Anzahl von Gerichtsentscheidungen zur Imageund Umweltimagewerbung, gibt es eine Vielzahl von Stellungnahmen der Literatur zu dieser Problematik. Teilweise wird die Ansicht vertreten, die Imagewerbung sei ohne weiteres zulässig und verstoße grundsätzlich nicht gegen § 1 UWG244 . So könnte auch der Hinweis in einem obiter dictum des LG Hamburi45 verstanden werden, statt einer unzulässigen Sponsoringwerbung hätte der Werbende die Einstellung der Verbraucher zum beworbenen Produkt und Unternehmen durch eine Imagewerbung zulässigerweise beeinflussen können. Bei diesen, die Imagewerbung pauschal fiir zulässig erklärenden Stellungnahmen ist allerdings zu berücksichtigen, daß dort jeweils nicht auf eine genauere Umschreibung dieser Werbeform Bezug genommen wird. Soweit Begründungen fiir die generelle Zulässigkeit der Imagewerbung angegeben werden, bestehen diese darin, daß nach der allgemeinen Lebenserfahrung keine nennenswerte Beeinflussung einer konkreten Kaufentscheidung erfolge246 , bzw. dieser Werbung der appellative Charakter fehle 247 . Sowohl die Rechtsprechung als auch die Literatur sieht den Ansatzpunkt fiir die Beurteilung der Sittenwidrigkeit der (Umwelt-) Imagewerbung in der zur Fallgruppe des Kundenfangs gehörenden Kategorie der gefiihlsausnutzenden Werbung. Unterschiedlich ist allerdings die weitere Vorgehensweise. Insbesondere die Fragen, ob die Sittenwidrigkeit sich alleine schon aus dem fehlenden Sachbezug einer Werbung ergibt bzw. welche Faktoren zusätzlich zu berücksichtigen sind, stehen im Mittelpunkt der Diskussion. Der BGH hat in der Entscheidung "Umweltengel" festgestellt, "daß sich Werbernaßnahmen, die an den Umweltschutz anknüpfen, als besonders geeignet erweisen, emotionale Bereiche im Menschen anzusprechen, die von einer Besorgnis um die eigene Gesundheit bis zum Verantwortungsgefiihl fiir spätere Generationen reichen,,248 . Diese Formulierung zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Rechtsprechung auch der Instanzgerichte und wird in der Literatur zustimmend aufgenommen. Aus dieser Feststellung ergibt sich, daß jede umweltbezogene Werbung zumindest auch die Gefiihle anspricht. 244 Kloepfer in: Festschrift ftlr von Lersner, 181 (185); Reichold, WRP 1994, S.219 (220 f);Menke, GRUR 1995, S.534 (537). 245 LG Hamburg, WRP 1986, S.59 (60). 246 Menke, 8.8.0. S.537; Cordes, S.55; jedenfalls ftlr die nicht produktbezogene Imagewerbung: Wiebe, WRP 1995, S.445 (446 Fn.l2). 247 Reichold, a.a.O. S.222; Kloepfer, a.a.O. 248 BGH, GRUR 1991, S.548 f (allerdings verkürzt); vgl. deshalb BGHZ 105, 277 (280).

10 Ewert

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Seit der "UNICEF-Grußkartenentscheidung" des BGH249 ist allgemein anerkannt, daß nicht jedes bloße Ansprechen von Gefühlen der Umworbenen als wettbewerbswidrig anzusehen ist250 . Aus dieser Entscheidung ergibt sich, daß ein Ansprechen der Gefühle zulässig ist, wenn sich das Wachwerden solcher Gefühle von selbst aus den Umständen des Einzelfalles oder aus der Aufklärung über besondere Eigenschaften der Ware, die bei der Herstellung eine Rolle spielen, ergibt, also wenn die Werbung einen Sachbezug hae 51 . Diese Fonnulierung paßt wie maßgeschneidert auf die Umweltwerbung mit Produktqualitätsbezug. Diese ist also nicht schon deshalb unlauter, weil sie bei der Darstellung eines Umweltvorteils, der sich aus dem Produkt selbst ergibt, auch die Gefühle der Umworbenen anspricht. Für die nicht produktqualitätsbezogene Werbung, wie etwa die Umweltimagewerbung, paßt diese Regel jedoch nicht. Im Gegenteil liegt der Umkehrschluß nahe, daß Werbung, die Gefühle anspricht ohne sachbezogen zu sein, stets unlauter ist. Dann wären Werbekampagnen, bei denen in emotionaler Weise politische Aussagen in Verbindung mit dem Finnenlogo eines Schmerzmittelherstellers252 oder ein verölter Wasservogel mit dem Hinweis auf einen Textilhersteller dargestellt werden, schon wegen des Gefühlsbezuges ohne Sachzusammenhang als unlauter zu qualifizieren. Ob eine dahingehende Rechtsprechung der Instanzgerichte tatsächlich bestand253 , kann aber offenbleiben, da der BGH im Fall der ölverschmierten Ente254 (sowie das OLG München im Fall "Togal,,255 ) klargestellt hat, daß der mangelnde Sachbezug alleine nicht zur Unlauterkeit der Imagewerbung führt, sondern erst durch das Hinzutreten weiterer Aspekte. Diese Unklarheit ist wohl eher auf die fallrechtliche Entwicklung der Rechtsgrundsätze zur Beurteilung der gefühlsausnutzenden Werbung zurückzuführen. Auch in der Literatur wird die Auffassung vertreten, der fehlende Sachbezug reiche für eine Qualifizierung der Werbung als sittenwidrig nicht aus. Selbst die bei Reinhard256 als Gegenansicht aufgeführten Stimmen der Literatur257 gehen nicht davon aus, daß die Unlauterkeit alleine auf dem fehlenden Sachbezug beruht. 249 GRUR 1976, S.308 (309). 250

Statt aller: K6hlerlPiper, § 1 Rn.60.

251 So Schramm in der Urteilsanmerkung GRUR 1976, S.310 f. 252 Unklar insoweit die dem Urtei OLG München, WRP 1994, S.413 tI zugrunde-

liegende Entscheidung des LG. 253 Sosnitza, WRP 1994, S.417 (418); Reichardt, WRP 1995, S.796 (796 dort in Fn.l) m.w.N. 254 BGH, WRP 1995, S.679 tI. m OLG München, WRP 1994, S.413 tI. 256 Reinhardt, a.a.O. dort in Fn.2. 257 Reichold, a.a.O.; Teichmannivan Krachten, WRP 1994, S.704 (704).

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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Unterschiedlich sind hingegen die Auffassungen, welche Rolle der fehlende Sachzusammenhang spielt. Dieses Merkmal wird teilweise als "Quasi_ Tatbestandsmerkmal" angesehen, zu dem weitere Unlauterkeitsmomente hinzutreten, bis schließlich die Schwelle zur Sittenwidrigkeit erreicht wird258 . Sosnitza259 räumt diesem Merkmal eher eine Indizfunktion ein, die auf eine mögliche Unlauterkeit hinweist. Schließlich vertreten einige Autoren die Ansicht, das Merkmal der Sachbezogenheit sei gänzlich überflüssig bzw. unbrauchbar und müsse durch andere Kriterien ersetzt werden260 • Auch bei der Weiterentwicklung des Kriteriums der Beherrschbarkeit zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit gefiihlsausnutzender Werbung wird auf das Problem des Sachbezuges eingegangen. In Weiterentwicklung des Ansatzes von Loewenheim zur Suggestivwerbuni61 nimmt Scherer eine Unterscheidung in gefiihlsbetonte Werbung mit und ohne produktbezogene Informationen VO~62. Aus der funktionalen Betrachtungsweise folgert sie, daß eine Beeinflussung durch produktbezogene Informationen stets lauter sei, selbst wenn dadurch die freie Willensentschließung des Konsumenten beeinträchtigt würde. Gefiihlsbetonte Werbung ohne produktbezogene Information sei nur dann sittenwidrig, wenn weitere Unlauterkeitsmomente hinzuträten263 . Daß die beiden unterschiedlichen Ansätze zu ähnlichen Ergebnissen führen können, liegt daran, daß die Ausgangspunkte nahe beieinander liegen. Nach letzterer Ansicht ist die Freiheit des Konsumentenwillens zu schützen, um die Funktionsfähigkeit des Marktmechanismus zu schützen. Nach der anderen Ansicht soll eine unsachliche Berugsentscheidung verhindert werden, die, soweit vom freien Willen des Konsumenten getragen, durchaus zulässig ist, indem eine unsachliche Beeinflussung untersagt wird. Für die Frage, ob eine Werbung die freie Entscheidung der Umworbenen beeinflußt oder gar ausschließt, fehlen allerdings in erheblichem Umfang noch soziologische, psychologische und sozialpsychologische Erkenntnisse264 . Naheliegender ist es dagegen, von einer unsachlichen Beeinflussung auf eine unsachliche Bezugsentscheidung zu schließen. Unterschiedliche Ergebnisse bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung könnten sich allerdings ergeben, wenn die werbliche Beeinflussung nicht auf eine unsachliche Kaufentscheidung, sondern auf eine andere Willensbeeinflussung abzielt. Um zu einem umfassenden Beurteilungskriterium zu gelangen, ist deshalb nicht nur die Beeinflussung von konkreten, einzelnen BeSo insb. die Rechtsprechung, Z.B. BGH, WRP 1995, S.679 ff. Sosnitza, WRP 1995, S.786 (790). 260 So insb. Teichmannlvan Krachten, a.a.O.; Menke, GRUR 1995, S.534 ff. 261 Loewenheim, GRUR 1975, S.99 ff. 262 Inge Scherer, S.173. 263 Inge Scherer, S.176. 264 Loewenheim, GRUR 1975, S.99 (l08). 2S8 2S9

10'

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c. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

zugsentscheidungen zu berücksichtigen, sondern auch von Einstellungen und Präferenzen, die solche Entscheidungen letztlich mit beeinflussen. Um die Bedeutung des Sachbezuges zu erfassen, ist es deshalb sinnvoll auf den Ausgangspunkt der lauterkeitsrechtlichen Betrachtung zurückzukommen, nämlich auf die Kategorie des Kundenfangs. Dort geht es darum, eine Beeinflussung der Kaufentscheidung durch Beeinträchtigung der freien Willensentschließung des Kunden zu vermeiden265 , die dem Wesen des Leistungswettbewerbs widerspricht. Ein werblicher Hinweis auf die qualitativen Eigenschaften eines Produkts entspricht dem Leistungswettbewerb sowie dem funktionalen Verständnis des Wettbewerbs und erleichtert gerade eine Entscheidung. Ein solcher Hinweis ist sachbezogen und zulässig. Bei der Darstellung anderer Umstände als solcher, die sich auf die Produktqualität oder den Preis beziehen, liegt es nahe, eine unsachliche Beeinflussung anzunehmen. Aber erst wenn ein solcher Hinweis die Kaufentscheidung im weitesten Sinne auch in unsachlicher Weise beeinflußt, kann von dessen Unlauterkeit ausgegangen werden. Danach läßt sich das Problem des Sachzusammenhangs genauer formulieren, nämlich als Frage, ob durch die Werbung ein unsachlicher Zusammenhang zur Bezugsentscheidung verursacht wird. Daraus folgt, daß ein fehlender Sachzusammenhang nicht alleine zur Unlauterkeit einer Werbung führen kann, insoweit ist Rechtsprechung und Schrifttum zu folgen. Für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltimagewerbung unter dem Gesichtspunkt der gefühlsausnutzenden Werbung ergibt sich also, daß zum einen geprüft werden muß, ob überhaupt eine relevante Beeinflussung der Bezugsentscheidung vorliegt, zum anderen, ob diese Beeinflussung unsachlich ist. Im folgenden soll deshalb zunächst untersucht werden, auf welche Weise die Umweltimagewerbung eine Bezugsentscheidung beeinflussen kann. In Rechtsprechung und Literatur werden verschiedene Möglichkeiten der Beeinflussung einer Bezugsentscheidung durch Imagewerbung diskutiert. Ausgehend von der Kategorie der gefühlsbetonten bzw. gefühlsausnutzenden Werbung ist es naheliegend, eine Beeinflussungsmöglichkeit darin zu sehen, daß durch Hinweise auf nicht produktqualitätsbezogene Umstände von den Faktoren abgelenkt wird, auf die es bei der Bezugsentscheidung ankommen soll. Das Umweltimage wird dann gleichsam als Vorspann für den Absatz der Waren des Werbenden allgemein oder des beworbenen Produkts ausgenutzt. In der Entscheidung "Ölverschmutzte Ente,,266 sah der BGH eine solche unzulässige Beeinflussung schon darin, daß sich die von der Werbung Angesprochenen mit der Einstellung des Werbenden solidarisieren, was zu einer Steigerung des Umsatzes oder, was bereits ausreichen solle, der Verkehrsbekanntheit

265

266

BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.4. BGH, WRP 1995, S.679 ff.

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener 8tandpunkt

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des Unternehmens führe. Diese Begründung ist in der Literatur auf Kritik gestoßen267 • Letztlich wäre danach jegliche Imagewerbung unzulässig, da sie einerseits mit nicht sachbezogenen Hinweisen die Gefiihle anspreche und immer darauf abziele eine Solidarisierung bzw. Identifizierung mit dem Image herbeizuführen. Dieser Kritik ist im Ergebnis zuzustimmen. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß der Einfluß der Imagewerbung auf die konkrete Bezugsentscheidung relativ gering ist und zum anderen daraus, daß nicht ohne weiteres von einem Ablenken bezüglich relevanter Produkteigenschaften ausgegangen werden kann. Eine Solidarisierung der Umworbenen mit dem beworbenen Gegenstand :führt nicht unbedingt und jedenfalls nicht unmittelbar zu einer Beeinflussung einer konkreten Bezugsentscheidung. Dies zeigt sich beispielsweise bei der oben zitierten Kampagne der Energiewirtschaft im bezug auf Kernenergie, aber auch darin, daß die Benetton-Vertragshändler wegen UmsatzTÜckganges selbst gegen die Werbekampagne der Muttergesellschaft vorgingen. Die Steigerung der Verkehrsbekanntheit wird weitgehend durch den Erinnerungseffekt der Werbung bedingt, den auch der BGH fiir wettbewerbsrechtlich zulässig häle 68 • Der Imagebezug :führt lediglich dazu, daß der Kunde dem beworbenen Gegenstand gegenüber eine positive Einstellung entwickelt, dem angebotenen Produkten gegenüber geneigt gemacht wird und eventuell den weiteren Angaben oder den Produkten des Anbieters mehr Vertrauen entgegenbringt. Darin kann jedoch noch nicht ohne weiteres ein wettbewerbswidriges Ablenken von den relevanten Eigenschaften gesehen werden. Der Einfluß des Solidarisierungseffekts auf die konkrete Bezugsentscheidung ist demnach als eher gering einzuschätzen. Allerdings kann wegen der soeben erörterten Wirkung der Imagewerbung (entgegen Wiebe und Cordes269 ) nicht davon ausgegangen werden, daß diese Werbung, auch wenn sie sich nicht auf konkrete Produkte bezieht, überhaupt keinen Einfluß auf die Bezugsentscheidung habe und damit auch keine unsachliche Beeinflussung bewirke. Für die Beeinflussung des Kunden kann jedenfalls nicht ausschließlich auf den Solidarisierungsaspekt abgestellt werden. In der neueren Entscheidung "Weber-Haus" hat der BGH dann auch einen differenzierteren Standpunkt eingenommen. Dort läßt er ausdrücklich offen, ob die Angaben über die Umweltfreundlichkeit der Produktionsstätten geeignet sind, eine Bezugsentscheidung zugunsten des Werbenden zu beeinflussen27o .

267

268 269

270

Sosnitza,WRP 1995, 8.786 (789); Bülow, ZIP 1995, 8.1289 (1290). BGH, NJW 1992, 8.2964 (2965). Cordes, 8.55; Wiebe, WRP 1995,8.445 (446 dort in Fn.12). BGH, WRP 1996,8.290 (290).

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c. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

Nach den vorn BGH im Fall "ölverschmutzte Ente" entwickelten Kriterien wäre auch die Werbung im "Weber-Haus" Fall als unlauter zu qualifizieren gewesen. Das werbliche Argument bestand nämlich darin, daß der Kunde sich mit dem Engagement des Werbenden, das sich in der umweltgerechten Einrichtung der Betriebsstätten zeigt, solidarisieren und entsprechend seine Kaufentscheidung danach ausrichten sollte. Unterschiede zeigen sich bei diesen beiden Fällen nicht in der Struktur der Entscheidungsbeeinflussung, sondern nur in der Intensität der Gefiihlsansprache und darin, daß der Umweltbezug in der "Weber-Haus" Entscheidung zumindest mit dem Unternehmensgegenstand und tatsächlichen Engagement in Zusammenhang stand. Genauer besehen betrafen die Angaben zwar keine Produktqualitätseigenschaften, aber Umstände, die mit der Produktion der angebotenen und beworbenen Güter zusammenhingen. Der Bezug dieser Waren ist also mit einer Verringerung negativer externer Effekte bei der Produktion verknüpft. In beiden Fällen ging es um die Bewerbung einer Produktpalette, so daß eine Differenzierung nach Werbung für ein bestimmtes, einzelnes Produkt und "nicht produktbezogener Werbung" (in dem von Cordes verstandenen Sinne) nicht ausschlaggebend gewesen sein kann. Dies läßt vermuten, daß der BGH von seiner strikten Haltung in der früheren Entscheidung abgerückt ist. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Solidarisierungseffekt nur von begrenzter Relevanz für die Kaufentscheidung ist. Inwieweit eine solche Imagewerbernaßnahrne mit nicht produktqualitätsbezogenen Angaben einen unsachlichen Zusammenhang zur Bezugsentscheidung herbeiführt, soll erst nach der Erörterung der weitem Ansatzpunkte für die Beeinflussung der Bezugsentscheidung geklärt werden. Auch die anlockende Wirkung der (Umwelt-) Imagewerbung wird in der Literatur271 in Zusammenhang mit der gefiihlsausnutzenden Werbung erörtert, wobei hier freilich eher der Aspekt der Verlockung im oben dargestellten Sinne gemeint ist. Dies scheint zunächst im Widerspruch zu einer Einteilung in die Fallgruppen der gefiihlsausnutzenden Werbung und der Verlockung zu stehen. In diesen Fällen liegt jedoch eine Kombination der emotionalen Ansprache mit Mitteln der Verlockung vor. Die emotionale Ansprache soll durch diese Mittel für die wirtschaftlichen Ziele des Werbenden eingespannt werden. Aus diesem Grund ist es sowohl sinnvoll als auch systematisch zutreffend, diese Wirkungsweise der Imagewerbung unter dem Gesichtspunkt der gefiihlsausnutzenden Werbung zu untersuchen. Eine anlockende Wirkung in dem Sinne, daß es zu einer Kontaktaufnahme zwecks Geschäftsabschlusses kommt, ist der Umweltimagewerbung nicht eigen. Zwar zeigen sich die Werbetreibenden bereit, mit den Kunden über Um271

Sosnitza, WRP 1995, S.786 (788).

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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weltbelange ZU kommunizieren. Dies trifft insb. auf die Imagekampagnen ZU, bei denen der Kunde mittels beigefügter Coupons weitere Informationen zum Umweltengagement erlangen kann. Dabei steht aber eher die Aufnahme eines Dialoges über allgemeine Umweltaspekte im Vordergrund als eine Aufnahme von Geschäftsbeziehungen. Trotzdem kann der Umweltimageaspekt dazu führen, daß die angesprochenen Kunden sich mit dem gesamten Inhalt einer Werbeanzeige beschäftigen. Insoweit kann die Umweltimagewerbung anlokkende Wirkung haben272 und dadurch auch zu einer Steigerung der Verkehrsbekanntheit führen. Unter dem Gesichtspunkt der Verlockung als in Aussicht stellen von besonderen Vorteilen können zwei Aspekte Bedeutung gewinnen. Einerseits kann der Kunde den Eindruck gewinnen, durch seine Bezugsentscheidung fOrdere er durch Unterstützung eines umweltbewußten Anbieters mittelbar den Umweltschutz273 • Bei der Imagewerbung steht allerdings die Selbstdarstellung des Unternehmens und dessen eigenen Umweltengagements im Vordergrund. Im Gegensatz zum Umweltsponsoring und besonders zu den Umweltappellen fordert die Umweltimagewerbung vom Umworbenen keinen eigenen Beitrag. Näher liegt es dagegen, daß der Umworbene am Umweltimage des Produkts oder Unternehmens in der Art teilhaben will, als er sich vom dem Erwerb bestimmter Produkte einen Statusgewinn verspricht. Hier realisiert sich der von der Imagewerbung versprochene Zusatznutzen als Statussymbol, indem der Käufer sich nicht nur selbst mit dem Produkt identifiziert, sondern auch von anderer Seite Anerkennung erfährt. Aus diesem Zusammenhang kann sich eine Beeinflussung der Bezugsentscheidung ergeben. Für die Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch Umweltimagewerbung sind demnach im wesentlichen die drei Aspekte Verlockung, Anlockung und Solidarisierung jeweils in Verbindung mit emotionaler Ansprache von wettbewerbsrechtlicher Relevanz. Von einer unsachlichen Beeinflussung wird man grundsätzlich nicht ausgehen können, wenn die Beeinflussung nur gering ist, in ihrer Intensität also etwa nicht stärker ist als eine reine Erinnerungswerbung. Die oben aufgeführten Aspekte sind nun daraufhin zu untersuchen, ob sie zu einer unsachlichen Beeinflussung der Bezugsentscheidung führen. Die verlockende Wirkung der Umweltimagewerbung besteht darin, daß der Kunde das Produkt als eine Art Statussymbol erwirbt. Ein Kunde, der aus dieser Motivation heraus kauft, will sich das Image des Produkts, der Marke oder des Unternehmens selbst zu eigen machen. Für den Kunden stellt sich das Image dann also als eine besondere Eigenschaft der Ware dar, die auf einer 272 273

So zutreffend FederhofJ-Rink, S.250.

FUger, S.284.

152

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

Leistung des Anbieters beruht274 . Diese Eigenschaft ergibt sich nicht unbedingt aus der Produktqualität, sondern häufig aus einem exklusiven Preis oder einer intensiven Bewerbung. An einem positiven Umweltimage kann etwa der Verwender einer Jute- ("statt Plastik") Tasche oder der Träger von Kleidung aus umweltfreundlichen Stoffen partizipieren. Solche Bezugsentscheidungen mögen zwar ökonomisch unvernünftig sein, aber letztlich darf der Konsument selbst bestimmen, welche Parameter er fiir seine Entscheidung heranzieht; wenn es dem Kunden gerade auf die Verbesserung seines eigenen Images ankommt, kann er seine Bezugsentscheidung auch nach dem Image orientieren, das dem beworbenen Gegenstand anhaftee 75 • Insoweit stellt sich das Image als Teil der angebotenen Leistung dar. Hinsichtlich einer solchen Kaufmotivation liegt demnach keine unsachliche Beeinflussung vor. Zu weit würde es allerdings gehen, die Imagewerbung grundsätzlich als sachbezogen zu qualifizieren, weil das Image selbst eine Leistung des Werbenden ist276 . Dies zeigt sich in den Fälle, in denen es dem Kunden nicht auf einen Transfer des Images auf ihn selbst ankommt, sondern darauf, ein Produkt oder Unternehmen zu fördern, das mit einem Umweltimage wirbt. In dieser Situation honoriert der Kunde ein Verhalten, das nicht Gegenstand der Leistungsbeziehung zwischen ihm und dem Anbieter ist. Die Bezugsentscheidung kann also durch Faktoren beeinflußt werden, die nicht in der Leistungsbeziehung zwischen dem Werbenden und dem Kunden liegen. Wenn der Kunde das Umweltimage nicht internalisieren kann oder will und trotzdem seine Bezugsentscheidung daran orientiert, liegt es nahe, eine unsachliche Beeinflussung anzunehmen. Aber nicht jede Information, die sich nicht auf die Qualität des Produkts selbst bezieht, muß eine Entscheidung unsachlich beeinflussen. Deshalb soll im folgenden untersucht werden, inwieweit die Beeinflussung durch die Umweltimagewerbung als unsachlich angesehen werden muß. Wie bereits im rechtstatsächlichen Abschnitt gezeigt, enthalten Umweltimagewerbungen überdurchschnittlich viele Informationen, wenn auch nicht unbedingt sachbezogene Informationen i.S.v. Eigenschaftsangaben bez. der angebotenen Leistung. Dies führt selbst bei einer möglichen Beeinflussung der Kaufentscheidung nicht zwangsläufig zur Unlauterkeit. Soweit eine Werbemaßnahme durch Schaffung eines Umweltimages über die Wirkung einer Erinnerungswerbung hinausgeht, muß nicht festgestellt werden, daß die Werbung unsachlich ist, sondern daß die Bezugsentscheidung unsachlich beeinflußt wird. Bulow, a.a.O. Teichmannlvan KriJchten, WRP 1994, S.704 (705). 276 So allerdings Bulow, ZIP 1995, S.1289 (1290).

274 275

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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Neben den Angaben, die sich auf die Produktqualität beziehen, sind, wie oben gezeigt, auch Hinweise auf die Herstellung des Produkts als sachliche Beeinflussung anzusehen. Solche Hinweise betreffen zwar Umstände, die mit dem Produkt zusanunenhängen, sie sind in gewisser Weise produktbeschreibend, sie sind aber nicht lediglich Abbild der Produktqualität im oben beschriebenen Sinn. Die Konsumenten können ein Interesse an der Reduzierung negativer externer Effekte haben, die von Produktion, Vertrieb etc. ausgehen. Soweit die Werbung auf die Reduzierung solcher Umweltbelastungen hinweist, die mit der Produktion und ähnlichen Umständen zusammenhängen, handelt es sich zwar nicht um produktqualitätsbezogene Werbung, aber um Werbung mit einer Unternehmensleistung, die Bestandteil des beworbenen Angebots ist. Eine unsachliche Beeinflussung liegt also nicht vor. In diesem Sinne kann auch die "Weber-Haus" Entscheidung des BGH verstanden werden. Dort wurde in der Werbung auf eben solche Umstände hingewiesen. Während der BGH wohl eher intuitiv zu dem Ergebnis gelangte, daß keine unsachliche Beeinflussung vOrlai 77 , wird dieses Ergebnis durch die obigen Überlegungen begründbar. Eine unsachliche Beeinflussung liegt auch nicht vor, wenn der Werbende Informationen gibt, die sich wegen der Komplexität der ökologischen Zusammenhänge sonst in der Werbung nicht vermitteln lassen und die dazu dienen, das Interesse an einem tatsächlich umweltfreundlichen Angebot zu wecken und das Vertrauen in den Anbieter zu erhöhen. Solch Informationen erhöhen nämlich die Markttransparenz und bieten dem Umworbenen die Möglichkeit, Informationen zu erlangen, die für ein ökonomisches Verhalten und letztlich für eine sachliche, an Preis und Qualität orientierte Bezugsentscheidung wichtig sind. Die Grenzen der Zulässigkeit werden dabei allerdings nicht nur vom Irreführungsverbot des § 3 UWG gezogen. Ansatzpunkt rur die Beurteilung der Unlauterkeit einer Umweltimagewerbung ist das Ablenken von produktqualitätsbezogenen Angaben und das Ausnutzen der durch die Werbung erzeugten Solidarität. Führen beispielsweise Angaben zu allgemeinen unternehmensbezogenen Umweltleistungen dazu, daß von der Beschaffenheit der Ware selbst abgelenkt wird und die Bezugsentscheidung dann alleine aus Sympathie für das werbende Unternehmen getroffen wird, so ist die Werbemaßnahme als unlauter zu qualifizieren. Der Bezug der Werbemaßnahme auf eine unternehmerische Umweltleistung fUhrt daher nicht schlechthin dazu, daß diese nicht als unzulässige gefiihlsausnutzende Werbung angesehen werden kann.

277

BGH, WRP 1996, S.290 (292 a.E.).

154

C. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

Anders sieht dies Federhoff-Rink278 . Sie geht für die Umweltwerbung davon aus, daß der Begriff des Sachbezuges (zwischen Werbeaussage und angebotener Ware) durch den Begriff des Leistungsbezuges als Beziehung zwischen Werbeaussage und umweltbezogener unternehmerischer Leistung zu ersetzen ist. Dies begründet sie damit, daß es dringend notwendig sei, unternehmerische Umweltpolitik transparent zu machen. Dazu müßten die Unternehmen auch in der Werbung die Gelegenheit erhalten, sich diesen Themen zu stellen. Nach dem Ansatz von Federhoff-Rink wäre jede Werbung mit einer unternehmerischen Umweltleistung zulässig, solange nur diese Leistung erbracht worden ist. Eine unzulässige unsachliche Beeinflussung der Umworbenen scheidet daher von vornherein aus. Konsequent beschränkt sie daher die Prüfung der Umweltimagewerbung auf die Problematik der Irreführuni 79 . Letztlich fiihrt dies zu ähnlichen Ergebnissen, wie sie Lappe280 dadurch erreicht, daß er den Umweltschutz schlechthin als im Wettbewerb zu berücksichtigendes Kriterium ansieht. Nach dem Ansatz von Federhoff-Rink (und entsprechend nach Lappe) würde der Wettbewerb letztlich nicht mehr über die angebotenen Produkte, sondern nur über die unternehmensbezogenen Leistungen auf dem Gebiet des Umweltschutzes geführt. Damit würden zwar im Bereich des Umweltschutzes engagierte Unternehmen gefördert; ein Wettbewerb der verschiedenen angebotenen Waren und Leistungen wäre auf dem Mark aber nur noch eingeschränkt möglich. Unklar bleibt bei dieser Konzeption auch, warum diese Einschränkung gerade nur für umweltbezogene Leistungen und nicht etwa :fiir arbeits- oder sozialpolitisches Engagement gelten soifsl . Daher ist die Einführung des Kriteriums der umweltbezogenen Unternehmensleistung abzulehnen. Eines so weitgehenden Eingriffs in die Dogmatik des Wettbewerbsrechts bedarf es auch nicht, um in der Werbung mehr Transparenz der unternehmerischen Umweltpolitik zu ermöglichen. Dazu genügt es nämlich wie gezeigt, den Grundsatz der Sachlichkeit auf ein Verbot unsachlicher Beeinflussung zu reduzieren. Nach dem hier vertretenen Ansatz kann also die Umweltimagewerbung durchaus auch eine unzulässige gefiihlsausnutzende Werbung sein. Allerdings kann das bloße Wecken von Solidaritätsgefiihlen durch die immer auch emotional ansprechende Umweltwerbung nicht bereits zum Verdikt der Sittenwidrigkeit fUhren. Sittenwidrig wird die Umweltimagewerbung erst dadurch, daß FederhofJ-Rink, S.169 f, 244 f, 249 f. FederhofJ-Rink, S.249 f. 280 Lappe, S.94 ff, der seine DarstellWlg aber auf die "produ1ctbezogene" Umwelt-

278 279

werbWlg Wld das Umweltsponsoring beschränkt. 281 FederhofJ-Rink, S.170 dort in Fn.35 erkennt dies Wld schränkt ihre Ausfilhrungen auf die UmweltwerbWlg ein, ohne dies zu begründen.

I. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener Standpunkt

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sie dieses Gefiihl für wirtschaftliche Zwecke ausnutzt. Von einem Ausnutzen des Solidaritätsgefiihls kann man dann sprechen, wenn von den produktqualitätsbezogenen Eigenschaften abgelenkt und die Sympathie für den beworbenen Gegenstand zum entscheidenden Kaufmotiv wird. Bei Infonnationen, die zwar nicht produktqualitätsbezogene Eigenschaften betreffen, sich aber auf Umstände wie sparsamer Umgang mit Rohstoffen und Energie, Einsatz umweltfreundlicher Techniken oder umweltgerechte Entsorgungskonzepte bei der Produktion beziehen, liegt ein solches Ausnutzen ebensowenig vor, wie bei Angaben, die dazu dienen das infonnationsökonomische Dilemma zu überwinden. Andererseits ist eine Umweltimagewerbung, hinter der nicht auch ein in irgendeiner Weise umweltfreundliches Produktangebot steht, als unzulässige gefiihlsbetonte Werbung zu untersagen, wenn sie ein gewisses Maß an Beeinflussung der Bezugsentscheidung überschreitet. Neben der Fallgruppe der gefiihlsausnutzenden Werbung spielen bezüglich der Umweltimagewerbung andere Fallgruppen keine entscheidende Rolle. Im Zusammenhang mit der Benetton Werbung sind allerdings zwei weitere Ansatzpunkte für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung zu nennen, die unter die oben dargestellten Unterfallgruppen der Belästigung und Nötigung zu fassen sind. Die Darstellung des verölten Wasservogels könnte die Umworbenen in die Situation eines psychologischen Kaufzwangs bringen. Ackermann282 weist allerdings zu Recht darauf hin, daß hier zwar Angstgefiihle hervorgerufen werden können, der Angesprochene aber nicht den Eindruck gewinnt, er könne sich durch eine bestimmte Bezugsentscheidung aus dieser Zwangslage befreien. Eine Nötigung der Umworbenen liegt demnach nicht vor, sondern eben lediglich eine Werbung mit Gefiihlen. Grundsätzlich gilt auch für den Gesichtspunkt der Belästigung das gleiche; der Kunde wird seine Bezugsentscheidung nicht deshalb zugunsten des Werbenden treffen, um der Belästigung durch die Werbung zu entgehen. Allerdings kann die Belästigung durch eine solche Werbung derartige Ausmaße erreichen, daß sie wegen einer Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Umworbenen schlechthin als mit den guten Sitten unvereinbar anzusehen ise83 . Diese Frage hängt allerdings weder von der Problematik der Imagewerbung allgemein noch von den Besonderheiten der Umweltimagewerbung ab und soll deshalb hier nicht vertieft werden. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Unlauterkeit der Umweltimagewerbung nach den Kriterien der gefiihlsausnutzenden Werbung zu erfassen ist.

282 283

Sosnitza, WRP 1995, S.786 (789). KöhlerlPiper, § 1 Rn.17.

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c. Lauterkeitsrecht1iche Beurteihmg

Entscheidend ist dabei, inwieweit die Bezugsentscheidung beeinflußt wird und ob diese Beeinflussung unsachlich ist. Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit i.S.d. § I UWG kann nicht in der Weise wie bei der Irreführung auf empirische Untersuchungen zurückgegriffen werden. Deshalb sind die Kriterien der Beeinflussung und ihrer Intensität, sowie der Unsachlichkeit zu konkretisieren. Die Beeinflussung wird um so stärker sein, um so näher die Imagewerbung zeitlich räumlich oder inhaltlich mit der Bezugsentscheidung verbunden wird. Deshalb wird der Einfluß einer auf ein konkretes Produkt bezogenen Imagewerbung größer sein als der einer Unternehrnenswerbung. Auch wird eine Werbung arn "point of sale" mehr Einfluß gewinnen können als eine allgemeine Medienwerbung. Von großer Bedeutung wird aber jedenfalls die Intensität der Geftihlsansprache sein. Eine Werbung, die bei der Darstellung des Umweltengagements des Werbenden zwangsläufig Emotionen weckt, wird weniger Einfluß entwickeln, als eine Werbung die etwa durch das Abbilden eines ölverschrnierten, verendenden Wasservogels gezielt die Gefiihle der Umworbenen anspricht. Zur Beurteilung, ob eine Beeinflussung unsachlich ist, kommt es darauf an, inwieweit das erzeugte Umweltimage von anderen insb. produktqualitätsbezogenen Merkmalen ablenkt. Wird in der Werbung das Image in den Mittelpunkt gestellt, damit der Umworbene andere Umstände nicht zur Kenntnis nimmt, so liegt eine unsachliche Beeinflussung nahe. Bei der Beurteilung, ob eine Umweltimagewerbung als unzulässige gefiihlsausnutzende Werbung anzusehen ist, kommt es darauf an, inwieweit eine Beeinflussung gerade durch das Umweltimage erfolgt und ob diese Beeinflussung zur Unsachlichkeit der Bezugsentscheidung führt. Ein zutreffendes Ergebnis kann dabei nur durch Beachtung beider Aspekte gelingen. Eine Gesarntbetrachtung, die gleichsam nur die beiden Ansatzpunkte addiert, würde jedoch die Wechselwirkung verkennen, die zwischen ihnen besteht. So kann eine intensive Geftihlsansprache nicht nur eine starke Beeinflussung bewirken, sondern auch zur Unsachlichkeit beitragen. Andererseits kann ein Hinweis auf Umstände, die eng mit einem Unternehrnensgegenstand zusammenhängen, einen positiven Einfluß auf die Sachlichkeit der Entscheidung haben, aber gerade dadurch auch einen hohen Grad an Beeinflussung gewinnen. Ein Ergebnis, das sowohl die berechtigten Interessen von Anbietern und Nachfragern berücksichtigt als auch mit der Systematik des Wettbewerbsrechts in Einklang steht, läßt sich hier nur durch eine einzelfallbezogene Beurteilung mittels der dargelegten Kriterien erreichen.

I. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener Standpunkt

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b) Materiellrechtliche Beurteilung des Umweltsponsoring

Wesensmerkmal des Umweltsponsoring ist das mittelbare Bewirken eines Umweltvorteils durch das Fördern eines Dritten mit dem Ziel der werblichen Nutzung dieses Umstands. Schon diese zusammenfassende Umschreibung macht deutlich, daß eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Umweltsponsoring nur gelingen kann, wenn man herausarbeitet, wo hier die Wettbewerbshandlung bzw. -handlungen liegen. Dies wird in der Literatur oft nicht beachtet284 . Als Handlungen kommen hier das Werben um Sponsoren oder auch um die Gesponserten, der Sponsoringvertragsabschluß und die Förderungsleistung selbst, sowie die Formen der werblichen Nutzung des Sponsorship in betracht. Im Bereich des Umweltsponsoring gibt es einen Markt rur Anbieter und Nachfrager von Sponsorships. Auch im Bereich des Werbens um Sponsoren können Wettbewerbsverhältnisse bestehen und das Wettbewerbsrecht ist grundsätzlich anwendb~85 . Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind allerdings nur bestimmte Formen der Umweltwerbung, also des Werbens mit dem in Aussichtstellen oder Anpreisen eines Umweltvorteils. Deshalb soll sich die Betrachtung auf diesen wettbewerbsrechtlich wichtigsten Aspekt des Umweltsponsoring, nämlich die werbliche Nutzung von Umweltsponsorships, beschränken. Wie oben gezeigt, kann die werbliche Nutzung einer Sponsorship durch Werbernaßnahmen des Sponsors, etwa mit Hilfe der Mediawerbung, oder durch die Gesponserten selbst erfolgen, wobei letzteres im Bereich der Umweltwerbung (im Gegensatz etwa zum Sportsponsoring mittels Trikotaufdruck etc.) kaum anzutreffen ist. Die Veröffentlichung der Tatsache einer Sponsorship dient dazu, auf das werbende Unternehmen und sein Umweltengagement aufmerksam zu machen. Da solche Hinweise sich auch immer an den Kreis der potentiellen Kunden richten, ist eine Förderung der Interessen des Sponsors durch ihn, bzw. den Gesponserten und damit ein Handeln im geschäftlichen Verkehr anzunehmen. Fehlt es dagegen an einer solchen Kundbarmachung und dient etwa die Freistellung von Mitarbeitern eines Unternehmens fiir Umweltprojekte lediglich der betriebsinternen Mitarbeitermotivation, liegt kein Handeln im geschäftlichen Verkehr vor. Da allerdings auch in solchen Fällen, wie im oben erörterten Beispiel der Firma ffiM, meist eine zusätzliche Information der Öffentlichkeit erfolgt, kann rur die werbliche Nutzung des Umweltsponsoring, wie fiir die Umweltimagewerbung, grundsätzlich von einem Handeln im geschäftlichen Verkehr ausgegangen werden, unab-

284

285

Cordes, S.49 tT; Lappe, S.175 tT. Ullmann in: Festschrift filr Traub, S.411 (413 1).

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

hängig davon, ob solche Maßnahmen dem Bereich der Public-Relations oder der allgemeinen Unternehmenskommunikation286 zugeordnet werden. Damit das Umweltsponsoring bzw. dessen Darstellung in der Öffentlichkeit als Wettbewerbshandlung qualifiziert werden kann, muß es objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sein, den Wettbewerb des Sponsors zu fördern. Die objektive Eignung ergibt sich bereits aus der Steigerung der Bekanntheit des werbenden Unternehmens, das als Sponsor genannt wird. Wie oben dargelegt, besteht die besondere Werbewirksamkeit des Umweltsponsoring, wie bei der Umweltimagewerbung darin, daß das Engagement der Werbenden zu einer Präferenzbildung bei den Umworbenen führt, die sich letztlich auch in der Bezugsentscheidung ausdrückt287 • Daneben hat das Umweltsponsoring, wie noch zu erläutern ist, auch eine anlockende und verlockende Wirkung, insb. soweit der in Aussicht gestellte Förderbeitrag von der Bezugsentscheidung des Umworbenen abhängig gemacht wird. Auch hier liegt es nahe, von der objektiven Eignung auf eine Wettbewerbsförderungsabsicht zu schließen288 . Gegen eine solche Absicht könnte sprechen, daß der Werbende mit seinem Sponsorenhinweis lediglich auf die Tätigkeit des Gesponserten aufmerksam machen will. So behauptete ein Augenoptiker, der Hinweis auf seine Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft Artenschutz in einer rur sein Geschäft geschalteten Zeitungsanzeige diene lediglich dazu, dem gesponserten Verein zu mehr Publizität zu verhelfen289 ; der Sponsorhinweis sei eine reine Meinungsäußerung und diene nicht Wettbewerbszwecken. Zu Recht ging allerdings das OLG Stuttgart davon aus, daß hier zumindest auch eine Förderung des eigenen Geschäftes erfolgen sollte. Denn ein Hinweis auf den Gesponserten setzt nicht voraus, daß auch die Tatsache der Förderung durch den Sponsor mitgeteilt wird, der Werbende hätte sich auch auf das Abdrucken des Emblems des Vereins oder einen sonstigen Hinweis ohne Bezug auf seine Förderleistung beschränken können. Gerade der Umstand, daß in der Werbung auf die Förderleistung hingewiesen wird, macht die Werbung zum Umweltsponsoring und bewirkt ihre besondere Werbewirkung. Dabei besteht die Vennutung, daß es dem Werbenden auch gerade auf diese Wirkung ankommt. Im Einzelfall müssen im Rahmen einer verfassungskonfonnen Beurteilung die Interessen an Meinungsfreiheit und Lauterkeitsschutz abgewogen werden290 • Im Regelfall kann aber bei der Veröffentlichung eines Sponsorenhinweises durch den Sponsor mindestens auch auf eine der InfonnationsabFederhojJ-Rink, 8.45 tT. Ullmann in: Festschrift fiIr Traub, 8.411 (412). 288 FederhojJ-Rink, 8.54 begnügt sich mit der Feststellung, daß der Werbende ein Kornrnunikationsziel verfolge. 289 OLG 8tuttgart, WRP 1996, 8.628 ff. 290 BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.237. 286

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I. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener Standpunkt

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sicht nicht ganz untergeordnete Wettbewerbsförderungsabsicht geschlossen werden, was zur Annahme einer Wettbewerbsabsicht ausreicht291 • Schwierigkeiten ergeben sich allerdings bei der Feststellung einer Wettbewerbsförderungsabsicht, wenn der Gesponserte selbst oder ein Dritter die Tatsache des Sponsorings öffentlich macht, wobei ein Handeln des Gesponserten beim Umweltsponsoring jedoch nur selten vorkomme92 . Fraglich ist, ob in solchen Fällen der Handelnde die Absicht hat, eigenen Wettbewerb zu fördern. In einer ähnlichen Fallkonstellation hat der BGH dies angenommen293 ; dabei ging es um ein Fußballänderspiel, das von einem Sponsor finanziell gefOrdert wurde, und bei dem die übertragenden Sendeanstalten vertraglich zu einen Hinweis auf den Sponsor verpflichtet waren. Der BGH nahm an, die Sendeanstalten hätten den Sponsorenhinweis ausgestrahlt, um den Sponsor geneigt zu machen, weitere Werbeaufträge zu erteilen. Hier lag jedoch lediglich die Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung vor, die kein marktbezogenes Verhalten darstellt. Bei der Vertragserfüllung geht es lediglich um die Wahrnehmung bereits erlangter Wettbewerbspositionen, nicht aber um die weitere Förderung des eigenen Wettbewerbs294 . Es ist nicht ersichtlich, wie die Sendeanstalten durch die bloße Vertragserfüllung einen Wettbewerbsvorteil erlangt haben sollen. Dennoch liegt es hier nahe anzunehmen, der Handelnde veröffentliche den Sponsorenhinweis zum Zwecke der Förderung des Wettbewerbs eines anderen, nämlich des Sponsors. Dies hat der BGH in der oben erwähnten Entscheidung ausdrücklich offen gelassen. Dieser Überlegung steht nicht entgegen, daß der Gesponserte oder der Dritte zu dieser Maßnahme dem Sponsor oder einem Dritten gegenüber vertraglich verpflichtet ise95 . Vielmehr ergibt sich aus diesem Vertrag die Verpflichtung, den fremden Wettbewerb des Sponsors zu unterstützen. Derjenige, der die Sponsorship an die Öffentlichkeit bringt, handelt also nicht, um seine Position gegenüber dem Sponsor zu verbessern, sondern um den Wettbewerb des Sponsors zu fördern. Auch in diesen Fällen liegt demnach eine Wettbewerbsförderungsabsicht vor. Beim Umweltsponsoring sind im Gegensatz zu anderen Werbearten mehrere Personen beteiligt und es kommen verschiedene Handlungen als Wettbewerbshandlungen in Betracht. Deshalb erweist sich gerade hier die Feststellung der Wettbewerbsverhältnisse als schwierig. An dieser Stelle soll jedoch die Feststellung genügen, daß zumindest zwischen dem Sponsor und den mit ihm bezüglich seiner Waren oder Dienstleistungen konkurrierenden Anbietern 291

BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.234.

Vgl. aber das oben erörterte Beispiel der FördeTWlg des Kindenunweltgipfels durch die AEG, weitere Beispiele bei Hopfenbeck S.316, 346 ffWld 360 ff. 293 BGH, NJW 1992, S.2089 ff. 294 KöhlerlPiper, Einf. Rn. 172. 295 So auch Bork, ZUM 1988, S.322 (324). 292

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c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

ein Wettbewerbsverhältnis besteht. Damit stellt auch die werbliche Nutzung des Umweltsponsoring eine Wettbewerbshandlung dar, deren Zulässigkeit sich nach den lauterkeitsrechtlichen Normen der §§ 1 und 3 UWG richtet. Auf die Fragen, welche Personen einen materiellen Unterlassungsanspruch haben können und wer zur Durchsetzung berechtigt ist, soll erst im prozessualen Teil eingegangen werden. aa) Umweltsponsoring als irreführende Werbung Unzweifelhaft ist die Bekanntmachung einer Sponsorship eine Angabe296 • Dies ergibt sich daraus, daß die mitgeteilte Werbebotschaft nachprüfbare Tatsachen enthält297 • Diese Tatsachen betreffen beim Umweltsponsoring die Erklärung dazu, wer sponsert und gegebenenfalls welche Förderleistungen erbracht werden. Zudem wird dargelegt, wer gesponsert wird und auch, soweit dies nicht allgemein bekannt ist, welchen Beitrag der Gesponserte für die Umwelt erbringt. Obwohl diese Angaben nicht direkt das eigene Angebot des Werbenden betreffen, handelt es sich doch um Angaben über geschäftliche Verhältnisse i.S.d. § 3 UWG298 • Denn dazu ist lediglich erforderlich, daß die Angaben geeignet sind, das Kaufinteresse der angesprochenen Verkehrskreise zugunsten des beworbenen Angebots positiv zu beeinflussen299 • Wie oben bereits dargelegt, haben Angaben über das Umweltsponsoring positive Auswirkungen auf die Bezugsentscheidungen der Umworbenen. Die Angaben, die eine Umweltsponsorship öffentlich machen, unterliegen deshalb dem Irrefiihrungsverbot des § 3. Weniger groß als bei der Umweltimagewerbung ist die Gefahr, daß die Angabe des Umweltsponsoring als repräsentativ für ein beworbenes Produkt insgesamt verstanden wird und dadurch irreführt. Dies liegt daran, daß beim Umweltsponsoring die Angaben sich auf die konkrete Förderungsleistung des Sponsors beziehen. Dennoch besteht auch hier die Möglichkeit, daß etwa der Hinweis auf einer Geschirrspülmittelpackung, der Hersteller unterstütze das Bodensee-Umweltschutzprojekt der Deutschen Umwelthilfe3°O, die Verbraucher zu der Vorstellung veranlaßt, das Produkt selbst sei umweltfreundlich. Für eine solche Vorstellung spricht, daß der um Gewässerschutz bemühte Gesponserte wohl kaum die Förderung eines Unternehmens annehmen würde, das selbst für eine unnötige Abwasserbelastung verantwortlich wäre. Eine solLappe. S.200. Emmerich. S.183. 298 FederhojJ-Rink. S.245. 299 Helm in Gloy. § 48 Rn.33. 300 So im Fall OLG Köln, WRP 1993, S.346 ff. 296

297

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

161

che Rückkopplung von der Reputation des Gesponserten auf den umworbenen Gegenstand liegt um so näher, um so mehr dieser Gegenstand mit der umweltpolitischen Zielsetzung des Gesponserten in Zusammenhang steht. Besteht dagegen keine solche Verbindung, etwa bei der Unterstützung eines Vereins zur Förderung des Artenschutzes durch einen Augenoptike201 , so werden bezüglich des beworbenen Produktes auch keine weitergehenden Vorstellungen der Verbraucher geweckt. Soweit das Umweltsponsoring als eine Maßnahme zum Aufbau eines positiven Umweltimages genutzt wird und Vorstellungen über die generelle Umweltfreundlichkeit eines Anbieters weckt, ist dies entsprechend der Zulässigkeit der Umweltimagewerbung zu behandeln. Aus einem werblichen Hinweis auf eine Umweltsponsorship wird allerdings zumindest generell keine Verbrauchervorstellung einer weitergehende oder gar allgemeinen Umweltfreundlichkeit entstehen, wenn sich die Werbung auf die Bekanntmachung der das Sponsoring betreffenden Tatsachen beschränkt. Eine Irreführung liegt also regelmäßig nicht schon dann vor, wenn ein Unternehmen mit Umweltsponsoring wirbt, ohne weitere, über die Sponsoringleistung hinausgehende Beiträge zum Umweltschutz zu leisten. Obwohl Umweltwerbung generell ein hohes Irrefiihrungspotential in sich trägt, gilt dies nicht für das Umweltsponsoring. Dies kann gerade dazu eingesetzt werden, die Darstellung komplexer ökologischer Zusammenhänge von Produkten oder Unternehmensverhalten zu ersetzen. Die Darstellung der für das Umweltsponsoring maßgeblichen Umstände, also Sponsor, Gesponserter, Art, Umfang und Dauer der Förderleistung können auch in der Werbung problemlos dargestellt werden, wenn es auch hier zu irreführenden Darstellungen kommen kann302 • Die Relevanz des Irreführungsverbots für das Umweltsponsoring ist deshalb als gering zu beurteilen303 . Allerdings darf die Sponsoringwerbung keinen falschen Eindruck von der Preisgestaltung vermitteln. Gerade bei der Werbung mit Sponsorhinweisen ist es denkbar, daß der Anbieter einen hohen Preis für die Ware verlangt und dies mit der Tatsache rechtfertigt, daß er einen Beitrag zu einer Umweltschutzaktion leistet. Soweit der Kunde den Eindruck erhält, daß seine Gegenleistung zum Teil für die Sponsoringleistung eingesetzt wird, müßte deshalb auch genau erläutert werden, welcher Anteil des Preises auf die Ware bzw. auf die Sponsorleistung entfällt. Wie noch zu zeigen ist, sind solche Werbemaßnahmen mit direktem Bezug zwischen Warenumsatz und Sponsorleistung jedoch regelmäßig als unzulässige Gefiihlsausnutzung i.S.d. § 1 UWG ohnehin zu untersagen. Eine eingehende Interessenabwägung zur Ermittlung der Irrefiihrungsquote und der Verbots- bzw. Verbotsgegeninteressen erscheint nicht geboten. Denn OLG Stuttgart, WRP 1996, S.628 ff. OLG Köln, WRP 1993, S.346 ff. 303 Lappe, S.20l.

301

302

11 Ewert

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

im Gegensatz zur Imagewerbung sind die für das Umweltsponsoring notwendigen Angaben ohne Schwierigkeiten so zu gestalten, daß eine Irrefiihrung ausgeschlossen werden kann. Ein Überwiegen der Interessen des Werbenden und der nicht getäuschten Verbraucher gegenüber derjenigen der Getäuschten ist deshalb bei einer zwar wahren aber dennoch irreführenden Darstellung nicht anzunehmen. bb) Umweltsponsoring als sittenwidrige Werbung Die werbliche Nutzung einer Umweltsponsorship, auf die sich die folgenden Ausführungen beschränken und die verkürzt als Umweltsponsoring bezeichnet werden soll, kann sich aus verschiedenen Gründen als sittenwidrig i.S.d. § 1 UWG erweisen. Zum einen kann es dazu kommen, daß die Umworbenen vom eigentlichen Gegenstand des Angebots abgelenkt werden und durch das Ausnutzen einer völlig anderen Motivation zur Bezugsentscheidung veranlaßt werden. Eine solche Wirkung liegt in den Fällen nahe, in denen der Kunde den Eindruck erhält, durch die Bezugsentscheidung selbst einen Beitrag zur Erhöhung der Sponsorleistung zu machen, wie etwa bei einer Werbeankündigung "Mit jeder Mark, die ich bei F. bezahle, tue ich auch etwas für den Umweltschutz. Denn F. pflanzt Bäume, unterstützt Greenpeace, .. ."304. Zum anderen kann der Kunde auch den Eindruck gewinnen, daß er durch die Bezugsentscheidung ohne weitere Gegenleistung erreicht, daß der Werbende einen Beitrag für die Umwelt erbringt. In diesen Fällen erscheint die Sponsorleistung den Umworbenen als zusätzlicher Vorteil ohne besondere Berechnung, ähnlich wie bei einer Zugabe oder anderen Formen der Wertreklame. Dieser Eindruck wird insb. dann hervorgerufen, wenn die Werbung darauf hinweist, daß die Förderleistung nicht zu einer Erhöhung des Preises führt, etwa beim Verkauf von Bäumchen zum Selbstkostenpreis und dem Versprechen des Werbenden, 20 Pfennig pro verkauftem Bäumchen an die Deutsche Umwelt-Aktion zu zahlen305 . Typisch für diese Fallkonstellation ist, daß die Höhe der Sponsorleistung von der Bezugsentscheidung des Umworbenen abhängig gemacht wird. Der Umworbene erbringt hier nicht selbst einen direkten Beitrag zur Umweltf6rderung, sonder veranlaßt durch seine Bezugsentscheidung den Werbenden zu einer größeren Leistung.

304 305

OLG Hamburg, GRUR 1989, S.614 tT. OLG Hamburg, GRUR 1987, S.386 ff.

I. Rechtsprech\U1g, Literatur \U1d eigener 8tandpunkt

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Schließlich ist denkbar, daß die werbliche Nutzung des Umweltsponsoring dazu fUhren kann, daß der Umworbene seine Bezugsentscheidung aus Sympathie zum Werbenden trifft, ohne selbst den Eindruck eines eigenen Förderbeitrags zu haben306 . In diesen Fällen entspräche die Wirkung des Umweltsponsoring der Umwe1timagewerbung. Diese verschiedenen Gesichtspunkte gilt es nun im folgenden den oben dargestellten wettbewerbsrechtlichen Fallgruppen der Unlauterkeit zuzuordnen und rechtlich zu werten. Da das Umweltsponsoring darauf abzielt, durch Angaben die Kaufentscheidung der Umworbenen zugunsten des beworbenen Gegenstands zu beeinflussen, kommt als Anknüpfungspunkt fiir die lauterkeitsrechtliche Beurteilung in erster Linie die Kategorie des Kundenfangs in Betracht. Innerhalb dieser Fallgruppe sind als Unlauterkeitskriterien die Verlockung, das Ausnutzen von Gefiihlen oder eventuell auch die Täuschung durch Tarnung der Werbung relevant. Nahe liegt es, die werbliche Nutzung des Umweltsponsoring unter dem Gesichtspunkt der Wertreklame und insb. der Zugabe zu betrachten. Allerdings nur in einem Fall hat die Rechtsprechung bisher das Vorliegen einer Zugabe angenommen307 . In diesem Fall versprach ein Autohändler seinen Kunden, fiir jeden verkauften Wagen der Stadt Köln einen Baum zu stiften. Voraussetzung fiir das Vorliegen einer Zugabe ist das Gewähren oder Versprechen einer unentgeltlichen Nebenleistung in Abhängigkeit vom entgeltlichen Bezug der Hauptware308 . Auch hier kommt es regelmäßig nicht entscheidend auf die tatsächlichen Umstände an, sondern auf die Vorstellungen, die diesbezüglich bei den Umworbenen entstehen309 . Eine Anwendung der ZugabeVO kommt fiir solche Maßnahmen des Umweltsponsoring nicht in Betracht, bei denen der Kunde durch die Zahlung eines höheren Preises selbst zur Sponsorleistung beiträgt. In diesen Fällen fehlt es bereits an der Unentgeltlichkeit. Am notwendigen Zusammenhang zwischen Hauptgeschäft und Nebenleistung (sog. "Akzessorietät,,310) fehlt es bei solchen Sponsoringaktionen, bei denen der Umworbene den Eindruck erhält, daß die Leistung des Sponsors

Dies schließ das OLG 8tuttgart, WRP 1996,8.628 (631) offenbar aus. KG, GRUR 1984,8.605 f. 308 BaumbachIHefermehl, § 1 ZugabeVO Rn.I; K6hler/Piper, § I ZugabeVO Rn. I ff. 309 K6hlerlPiper, § I Zugabe VO Rn.5. 310 BaumbachIHefermehl, § 1 ZugabeVO Rn.5. 306

307

11'

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C. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

nicht von seiner Bezugsentscheidung abhängt, etwa weil der Sponsor seine Leistung bereits abschließend erbracht hae ll . Neben diesen Abgrenzungsproblemen stellt sich aber die grundsätzliche Frage, ob die Leistung des Sponsors an einen Dritten zur Förderung von Umweltbelangen überhaupt als Nebenleistung im Sinne einer Zugabe zu qualifizieren ist. Anerkannt ist, daß eine solche Leistung nicht nur an den Kunden, sondern auch an Dritte erfolgen kann, soweit der Kunde daran ein eigenes Interesse hat, da insoweit die Motivationslage gleich ise l2 . Beim Umweltsponsoring besteht das Interesst: des Kunden aber weniger in der tatsächlichen Zuwendung der Förderleistung an den Dritten als an der zweckentsprechenden Verwendung der Mittee 13 . So wird im Fall der Baumspende der Kunde kein Interesse daran haben, daß die Stadt Köln Eigentum an einern Baum erhält, sondern daran, daß dieser Baum eingepflanzt wird und zur Luftverbesserung und Verschönerung der Umwelt beiträgt. Der Anreiz des Umweltsponsoring liegt in dem in Aussicht gestellten Umweltvorteil und nicht in der "Bereicherung" des Gesponserten. Gleiches gilt auch für finanzielle Zuwendungen als Sponsorleistungen, da auch dort der Kunde weniger ein Interesse an der Zuwendung an den Gesponserten als vielmehr an der durch ilm zu bewirkenden Umweltverbesserung hat. Als Nebenleistung, an der die Kunden ein eigenes Interesse haben, kommt demnach der Umweltvorteil in Betracht. Da sich dieser als externer Effekt darstellt, wird letztlich der Allgemeinheit der Vorteil zugewendet. Der Vorteil kommt allen zu Gute, niemand kann von der Nutzung des kollektiven Gutes Umwelt ausgeschlossen werden. Die Leistung des Sponsors kommt demnach dem Kunden genauso zu wie den Sponsoren und den Gesponserten selbst bzw. den hinter ihnen stehenden natürlichen Personen; Dritter ist in diesem Fall die Allgemeinheit. Im Gegensatz zu den üblichen Fällen der Zugabe und der Wertreklame steht deshalb beim Umweltsponsoring gerade eine altruistische Motivation im Vordergrund. Auch bekommt der Kunde beim Umweltsponsoring, älmlich wie bei der Wort-, Bildoder Anschauungsreklame, aber im Gegensatz zur Wertreklame, keinen (internalisierbaren) Wert zugewendet. Dies spricht dafür, die werbliche Nutzung des Umweltsponsoring als gefiihlsbezogene Werbung und nicht als Wertreklame oder Zugabe zu behandeln. Auch unter dem Gesichtspunkt eines unzulässigen Rabattes läßt sich die werbliche Nutzung des Umweltsponsoring nicht fassen. Hier kämen allenfalls 311 So im Fall OLG Köln, WRP 1993, S.346, bei dem der Werbende aber den Eindruck erweckte, die Unterstützung dauere fort, was zu einer UntersagWIg gern. § 3 UWGführte. 312 BaumbacMIefennehl, § 1 ZugabeVO Rn.33. 313 Dies verkennend Lappe, S.l84 tT, BaumbachIHefennehl, a.a.O. Rn.33, Nordemann, Rn.508.

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

165

die Sponsoringmaßnahmen in Betracht, bei denen die Förderleistung in der Zahlung eines Geldbetrages liegt. Doch auch hier zeigt sich, daß die Zuwendung bzw. der Rabatt nicht gegenüber dem Kunden erfolgt. Der Kunde muß vielmehr den vollen Preis bezahlen; ein Dritter, nämlich der Gesponserte, erhält dafür eine finanzielle Zuwendung. Läßt man aber entgegen der hier vertretenen Ansicht die Leistung des Sponsors an den Gesponserten auch als Preisnachlaß dem Kunden gegenüber gelten, so stellt sich dies nicht als unzulässiger Rabatt, sondern als ein ftir alle Kunden gleichermaßen geltender Allgemeinpreis W 14 • Da das RabattG als jüngeres Gesetz der ZugabeVO vorgeht und deren Regelungen verdrängt315, wäre jedenfalls auch für die im Geltungsbereich des RabattG liegenden Geschäfte eine Anwendung der ZugabeVO ausgeschlossen. Lappe316 ist jedoch insoweit zuzustimmen, als im Bereich des Umweltsponsoring die Gefahr der Preisverschleierung besteht, da für die Kunden oft nicht ersichtlich ist, welcher Teil des Preises sich auf die Ware selbst bezieht und welcher Teil als Beitrag zur Sponsorleistung anzusehen ist. Dieser Gefahr begegnet bereits das Irrefiihrungsverbot des § 3. Zudem stellen gerade die Maßnahmen, bei denen der Kunde den Eindruck erhält, daß seine Bezugsentscheidung einen direkten Einfluß auf die Höhe der Sponsorleistung hat, wie noch zu zeigen ist, einen Verstoß gegen die guten Sitten dar und können unter diesem Gesichtspunkt untersagt werden. Bei Maßnahmen, denen dieser akzessorische Charakter fehlt, besteht dagegen die Gefahr der Preisverschleierung nicht, da dort der Sponsorbeitrag nicht als Gegenleistung für die Bezugsentscheidung erscheint, auf den ein Teil des Preises entfallen könnte. Als Zwischenergebnis läßt sich festhalten, daß das Umweltsponsoring nicht mit der Fallgruppe der Wertreklame zu erfassen ist. Dies liegt ganz wesentlich an der Eigenart des durch den Sponsor in Aussicht gestellten Umweltvorteils, der sich als externer Effekt aber nicht als besondere Vergünstigung für den Kunden darstellt. In Rechtsprechung und Literatur liegt der Schwerpunkt der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung des Umweltsponsoring bei der Problematik der gefiihlsausnutzenden Werbung. In der Literatur haben sich im wesentlichen drei verschiedene Konzeptionen herausgebildet. Die Rechtsprechung zu diesem Thema erscheint auf den ersten Blick recht uneinheitlich. Deshalb soll vor der Erarbeitung des eigenen Standpunktes kurz auf die von Ansatzpunkt und Ergebnis her unterschiedlichen bzw. sich widersprechenden Ansichten eingegangen werden.

Insoweit zutreffen Lappe, S.187 ff. m K6hlerlPiper, RabattG Einf. Rn.II. 316 Lappe, S.186. 314

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c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Nach Federhoff-Rink ist das Umweltsponsoring eine nicht produktbezogene Form der Unternehmenskommunikation und daher auch nicht sachbezogen, wenn auch möglicherweise leistungsbezogen (also an eine Leistung des werbenden Unternehmens anknüpfend)317. Ein emotionaler Bezug ergibt sich beim Umweltsponsoring bereits aus dem Umweltbezug. Unter Bezugnahme auf die BGH - Rechtsprechung318 verweist Federhoff-Rink aber darauf, daß gefühlsbetonte Werbung nur dann wettbewerbswidrig sei, wenn die angesprochenen Gefühle als entscheidende Kaufmotivation ausgenutzt würden und dabei ein bestimmtes Maß an Beeinträchtigung der freien Willensentscheidung der Umworbenen überschritten würde. Deshalb sei ein bloßer Hinweis auf eine Sponsorship wettbewerbsrechtlich trotz fehlenden Bezuges zu Preis oder Qualität des Angebotes nicht zu beanstanden. Dagegen liege ein Ausnutzen des Gefühlsbezuges und damit ein Verstoß gegen § 1 UWG vor, wenn die Sponsorleistung von der Bezugsentscheidung des Umworbenen abhängig gemacht werde, indem in der Werbung ein Förderversprechen mit der Bedingung einer bestimmten Bezugsentscheidung ("rechtlich") verknüpft werde. In diesen Fällen der "rechtlichen Akzessorietät,,319 sei das Maß der zulässigen Beeinflussung überschritten. Der Kunde werde in eine emotionale Zwangslage versetzt, da er sich nur für das beworbene Produkt oder gegen die Umwelt entscheiden könne320 . Dagegen soll in Fällen mit nur "werblicher Akzessorietät" kein Wettbewerbsverstoß vorliegen. Eine werbliche Akzessorietät soll vorliegen, wenn die Förderleistung in der Werbung angekündigt wird, ohne daß die Leistung als von einer Bezugsentscheidung abhängig dargestellt würde. Soweit das Sponsoring nicht von der einzelnen Bezugsentscheidung abhängig sei, beruhe die Verknüpfung des Engagements des Sponsors mit der Kaufentscheidung alleine auf der Vorstellung der Verbraucher. In diesen Fällen sei nicht davon auszugehen, daß die Verbraucher das Gefühl hätten, sie würden durch ihre Entscheidung selbst ein Gemeinschaftsanliegen im öffentlichen Interesse fördern, die Entscheidungsfreiheit sei nicht in einem ungebührlichen Maße beeinträchtigt und der Leistungswettbewerb nicht durch sachfremde Argumente ersetzt321 . Das entscheidungsrelevante Kriterium für die Beurteilung der Unlauterkeit des Umweltsponsoring ist nach Federhoff-Rink also die rechtliche Akzessorietät. Wird bei der Werbung mit dem Umweltsponsoring dagegen das Umweltengagement nicht als (rechtlich) von der Bezugsentscheidung abhängig dargestellt, so sei diese Werbung grundsätzlich zulässi~22. Federhoff-Rink, 8.54, 103,242 ff. Insb. BGH, GRUR 1976, S.31O ff. 319 Diese Begriffsbildung geht zurück auf Federhoff-Rink, GRUR 1992, S.643 (651 ). 320 Federhoff-Rink, 8.243. 321 Federhoff-Rink, S.245. 322 Zustimmend LambsdoifJ. Rn.33, 44. 317

318

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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Ähnlich ist der von Lappe entwickelte Ansatz zur lauterkeitsrechtlichen Beurteilung des Umweltsponsoring323 • Auch er sieht in der werblichen Nutzung des Umweltsponsoring eine nicht produktbezogene (im Sinne einer nicht produktbeschreibenden) Werbung. Dies gelte auch fiir Sponsoringmaßnahmen, die sich als Kompensation der von den beworbenen Gegenständen ausgehenden Umweltbelastungen darstellten324 , etwa das Stiften eines Baumes beim Verkauf eines Autos 325 • Auch bei Lappe steht das Kriterium der Akzessorietät, also der Verknüpfung der Sponsorleistung mit dem Produktabsatz im Mittelpunkt. Aus den selben Gründen wie Federhoff-Rink hält er eine rechtliche Akzessorietät fiir unzulässig. Allerdings spricht er der rein werblichen Akzessorietät nicht die Eignung ab, die Bezugsentscheidung unsachlich zu beeinflussen. Er lehnt vielmehr eine Einteilung in rechtliche und werbliche Akzessorietät ab, da eine erhebliche Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit sowohl durch eine in der Werbung dargestellte als auch durch eine nur in der Vorstellung der Verbraucher bestehenden Verknüpfung von Kaufentscheidung und Sponsorleistung erfolgen kann326 • Aus dieser Überlegung ergibt sich eine Einteilung in akzessorische und nicht akzessorische Sponsoringwerbung, wobei der Unterschied zwischen beiden weniger qualitativ als quantitativ seim. Entscheidend sei, ob sich fiir die Verbraucher der Eindruck ergäbe, daß sie durch ihre Bezugsentscheidung einen Beitrag zur Förderleistung des Sponsors erbringen. Sowohl die rechtliche als auch die werbliche Akzessorietät versetzten den Verbraucher in eine den Fällen der Wertreklame entsprechende Situation des rechtlichen Kaufzwangs328 und seien daher grundsätzlich unzulässig. Das Kriterium der (werblichen und rechtlichen) Akzessorietät dürfe aber nicht überspannt werden. Ein indirekter Bezug zwischen der Kaufentscheidung und der Sponsorleistung könne sich in jedem Fall des Sponsorings ergeben, da die Verbraucher auch z.B. in Fällen, in denen der Förderbeitrag bereits vollständig erbracht worden ist, noch davon ausgehen würden, daß ihre Kaufentscheidung zu einer erneuten Förderleistung fUhren kann. Wie eine Abgrenzung von akzessorischem und nicht akzessorischem Sponsoring zu erfolgen hat, wird dabei allerdings weitgehend offen gelassen. zumal sich nach Lappe auch bei den nicht akzessorischen Sponsoringmaßnahmen fiir die Kunden die Situation eines psychologischen oder moralischen Kaufzwangs ergäbe. Jedenfalls ziele die akzessorische Werbung darauf ab, durch Appelle an die persönliche Verantwortung des Umworbenen diesen zum Kauf einer konkreten Ware zu bringen, während die nicht akzessorische Werbung primär eine Kommunikations323 324 325

Lappe, S.189 fT. Lappe, S.190 fT.

So der Fall KG, GRUR 1984, S.605 f.

Lappe, S.194. 327 Lappe, S.l95. 328 Lappe, S.195. 326

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

funktion habe und der Imageverbesserung diene329 • Obwohl auch die nicht akzessorische Sponsoringwerbung die Entscheidung der Umworbenen unsachlich beeinflusse, sei dies jedoch hinzunehmen, da dieser Einfluß nur gering sei und einer Untersagung das Allgemeininteresse am Umweltschutz entgegenstünde. Im Ergebnis wird der Unterschied zu der Auffassung von FederhofIRink nur gering sein. Bei rechtlicher Akzessorietät gehen beide von der Unzulässigkeit aus. Fraglich ist alleine, inwieweit die Fälle der werblichen Akzessorietät bei Federhoff-Rink in die Kategorie des nicht akzessorischen Sponsoring bei Lappe fallen. Cordes330 wählt für die Beurteilung des Umweltsponsoring einen anderen Ausgangspunkt. Er differenziert in produktbezogenes und nicht produktbezogenes Umweltsponsoring, wobei letzteres als Hinweis auf die Förderung von Umweltmaßnahmen zu verstehen ist, bei dem der Werbende jedoch nicht seine Waren oder Leistungen selbst anpreise33 ! . Der Produktbezug des Umweltsponsoring wird nach Cordes durch die Verbindung des Sponsorenhinweises mit einer Werbung für ein bestimmtes Produkt hergestellt. Mit Verweis auf die Rechtsprechung stellt Cordes fest, daß ein solches produktbezogenes Umweltsponsoring mangels Sachzusammenhangs zwischen Leistung und Umweltengagement regelmäßig eine sittenwidrige gefühlsbetonte Werbung darstelle 332 . Eine Ausnahme von dieser Regel komme aber dann in Betracht, wenn die Sponsorleistung gerade die Kompensation der durch die Produktherstellung bewirkten negativen Umweltauswirkungen bezwecke; in diesen Fällen handele es sich um eine sachbezogene Werbung. Zudem sei eine produktunabhängige Werbung, bei der lediglich auf die Sponsortätigkeit hingewiesen wird, wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, da es in diesen Fällen an einem ausreichenden Ausmaß der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher fehle 333 . Im Gegensatz zu Federhoff-Rink sieht Cordes das eigentliche Unlauterkeitsmoment im fehlenden Sachbezug. Diesem komme nur bei der Koppelung von Umweltengagement und Leistungsangebot des Werbenden eine hinreichend starke Beeinflussungswirkung zu. Allerdings sei eine solche Wirkung nicht nur bei rechtlicher, sondern auch bei werblicher Akzessorietät gegeben334 . Die Rechtsprechung hatte sich bislang nur mit wenigen Fällen des Umweltsponsoring zu beschäftigen. In all diese Fällen wurden die angegriffenen Werbernaßnahmen untersagt. Als schwierig erweist es sich, diesen EntscheiLappe, S.196 f. Cordes, SA9 tT. 33! Cordes, S.52. 332 Cordes, S.5l. 333 Ebenso Wiebe, WRP 1995, S.445 (446 dort in Fn.12). 334 Cordes, S.54. 329

330

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dungen einen gemeinsamen und allgemeingültigen Begriindungskern zu entnehmen. Dies liegt nicht zuletzt daran, daß die zu beurteilenden Werbemaßnahmen außer dem Sponsorenhinweis immer noch andere Werbeelement enthielten. In der Entscheidung "Ein Baum für Köln" untersagte das KG eine Werbeankündigung, in der ein Autohändler versprach, für jeden verkauften Wagen der Stadt Köln einen Baum zu stiften. Hierin sah das Gericht eine unzulässige Zugabe, aber auch eine nach § I UWG unzulässige Ausnutzung der angesprochenen Gefiihle335 • Das LG Hamburg untersagte eine Werbeaktion, bei der ein Werbender für den Verkauf jedes Produktes eine Spende in Höhe von 10 Pfennig an die Stiftung Wald in Not versprach. Das Gericht sah in dieser Werbekampagne "Grüner Groschen" eine unzulässige gefiihlsbetonte Werbung, die ohne sachlichen Grund die angesprochenen Gefiihle zielbewußt und planmäßig ausnutze. Die Kaufentscheidung würde nicht durch besondere Merkmale des Produktes beeinflußt, vielmehr werde die umweltorientierte Motivation der Käufer ausgenutzt336 • Bei der sog. "Bäumchen Aktion" versprach der Werbende, von jedem zum Selbstkostenpreis verkauften Baum 20 Pfennig an die Deutsche Umweltaktion zu spenden. Das OLG Hamburg sah hier neben einem unzulässigen Anlockeffekt auch eine unzulässige Ausnutzung der Gefiihlsansprache, die zu einer unsachlichen Beeinflussung der Kaufentscheidung fUhre 337 • Ein anderer Anbieter warb mit der Ankündigung "Mit jeder Mark, die ich bei F. bezahle, tue ich auch etwas für die Umwelt. Denn F pflanzt Bäume, unterstützt Greenpeace ... ". Auch hierin sah das OLG Hamburg ein unzulässiges, planmäßiges Ausnutzen des Gefiihlsbezuges. Zwar fehle es hier an einer unmittelbaren Koppelung zwischen dem angestrebten Absatz und der Förderung sozialer Zwecke, wie sie im Fall der "Bäumchen Aktion" vorgelegen habe. Für eine (relevante) unsachliche Beeinflussung reiche aber in jedem Fall aus, daß dem Umworbenen zu verstehen gegeben wird, der zu zahlende Preis fließe auch der Förderung sozialer Belange ZU338 . Im Fall des Bodensee-Umweltschutzprojekts ging es um die Zulässigkeit eines Sponsorenhinweises auf einer Verpackung für Geschirrspülmittel. Das OLG Köln sah hierin zunächst eine Irrefiihrung, da der Hinweis den Eindruck erwecke, der Hersteller fördere auch weiterhin dieses Programm, obwohl seine

KG, GRUR 1984, S.605 f. LG Hamburg, WRP, 1986 S.59 f. 337 OLG Hamburg, GRUR 1987, S.386 tT. 338 OLG Hamburg ,GRUR 1989, S.614 f. 335 336

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

Förderleistung bereits endgültig und vollständig erbracht worden war. Diese Werbung verstoße aber zugleich gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen gefühlsbetonten Werbun~39. Zwar sei gefühlsausnutzende Werbung nicht schlechthin unzulässig, hier trete ailerdings zu der Gefühlsansprache noch das Moment der Irrefiihrung hinzu. Dies legt zumindest den Schluß nahe, daß das Gericht in dem auf das Produkt angebrachten Sponsorhinweis eine (relevante) Beeinflussung der Bezugsentscheidung gesehen hat, obwohl hier kein direkter Bezug zwischen Produktabsatz und Förderleistung vom Werbenden behauptet wurde340 . Besonders eingehend hat sich das OLG Stuttgart mit einem Fall des Umweltsponsoring befaßt. Dabei ging es um den Hinweis, daß ein Augenoptiker die Aktionsgemeinschaft Artenschutz unterstütze. Dieser Hinweis war in einer Zeitungsanzeige für von diesem Optiker angebotene Sonnenbrillen enthalten. Auch in diesem Fall sah das Gericht eine unzulässige gefühlsbetonte Werbung. Der Werbende spreche die Gefühle der Umworbenen an und nutze dies ohne sachliche Veranlassung zum Wettbewerb aus341 . Zwar bestehe in der Öffentlichkeit ein gesteigertes Interesse an der Umwelt. "Dies bedeutet jedoch nicht, daß gleichzeitig das Gespür und die Mißbilligung des durchschnittlichen Verbrauchers dafür gesunken ist, daß ein Unternehmen Aktivitäten im Umweltschutz zu Wettbewerbszwecken zu verwerten versucht, indem es sie zur' Hebung seines Umsatzes, und sei es auch nur langfristig durch Verbreitung eines positiven Images, ausschlachtet,,342 . Zwar bestehe kein direkter Zusammenhang zwischen "Kontrahierungsabschluß" und Umweltunterstützung, hierauf komme es aber nicht an. Zur Begründung für letztere Behauptung wird lediglich auf die Rechtsprechung des BGH zur Imagewerbung der Firma Benetton verwiesen. Danach soll die werbliche Ausnutzung des Solidaritätsgefühls auch ohne Verknüpfung mit dem Geschäftsumsatz sittenwidrig sein. Worin aber hier das Ausnutzen liegen soll, wenn keine unmittelbare Beeinflussung der Kaufentscheidung erfolgt, wird nicht weiter erklärt. Bemerkenswert ist noch, daß die Beklagte sich nach Ansicht des Gerichts nicht auf die im Sportbereich übliche Sponsoringwerbung (genauer gesagt, deren inzident behauptete Zulässigkeit) berufen kann, Im Gegensatz zum Sportsponsoring habe hier der Sponsor selbst und nicht der Gesponserte für den Sponsor geworben. Allerdings erspart sich das Gericht auch hier eine Erläuterung der rechtlichen Bedeutung dieses Aspektes.

339 OLG Köln, WRP 1993, S.346 (348), 340 Mit ähnlicher Interpretation FederhojJ-Rink. S.139, die deshalb diese Entschei-

dung für äußerst fragwürdig hält. 341 OLG Stuttgart, WRP 1996, S,628 (630), 342 OLG Stuttgart, WRP 1996, S.628 (631).

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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Gemeinsam ist den Entscheidungen, daß sie alle den Gesichtspunkt des Gefuhlsbezuges in den Mittelpunkt stellen. Zudem wird regelmäßig festgestellt, daß kein Sachbezug zwischen der angebotenen Ware und der Förderung des Umweltschutzes besteht. Eine unterschiedliche Rolle spielt dagegen das Kriterium der Akzessorietät. In den ersten Fällen bestand eine direkte Verknüpfung zwischen Kaufentscheidung und der Höhe der vom Sponsor abzuführenden Förderleistung. Während sich bei den ersten drei Fällen aus dem Werbeversprechen ergab, welcher Betrag jeweils pro Vertragsabschluß dem Gesponserten zugewendet werden würde, lag ein solch konkretes Versprechen bei den folgenden Fällen nicht mehr vor. Aber auch im Fall des BodenseeUmweltschutzprojekts ging zumindest das Gericht noch davon aus, daß für die Verbraucher der Eindruck eines Zusammenhangs erweckt werde. Im letzten Fall dagegen stellte das OLG Stuttgart fest, daß die Werbung sittenwidrig sei, obwohl ein solcher Zusammenhang nicht vorliege. Einer weiteren Klärung bedarf daher die Frage, welche Rolle der Akzessorietät zukommt und welche anderen Kriterien der Unlauterkeit der werblichen Nutzung einer Umweltsponsorship in Betracht kommen können. Übereinstimmend gehen Rechtsprechung und Literatur von der Fallgruppe der gefuhlsausnutzenden Werbung aus. Dies ist konsequent, da wie oben gezeigt, jede Art der Umweltwerbung auch die Gefuhle der Umworbenen anspricht. Entsprechend des oben bei der Umweltimagewerbung erarbeiteten Ansatzes ist zunächst zu klären, auf welche Art diese Gefuhlsansprache auf die Bezugsentscheidung der Umworbenen wirkt, und dann, ob diese Beeinflussung zu einer unsachlichen Entscheidung führt bzw. führen kann. Demnach ist zunächst zu klären, inwieweit überhaupt eine Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch das Umweltsponsoring erfolgt. Die Beeinflussung durch die emotionale Ansprache des Umweltsponsoring läßt sich aber nur dann sinnvoll beurteilen, wenn man deren verlockende Wirkung berücksichtigt. In diesem Zusammenhang ist auf das Problem der Akzessorietät einzugehen. Völlige Übereinstimmung besteht in Rechtsprechung und Literatur, daß in den Fällen der rechtlichen Akzessorietät eine (unzulässige) Beeinflussung der Umworbenen erfolgt. Die Förderleistung des Sponsors, also letztlich auch der in Aussicht gestellte Umweltvorteil, wird davon abhängig gemacht, daß der Umworbene eine bestimmte Bezugsentscheidung trifft. Der Angesprochene wird deshalb nicht nur das Waren- oder Leistungsangebot des Werbenden in seine Bezugsentscheidung einbeziehen, sondern auch sein Interesse an der Erhaltung der Umwelt durch Förderung des Gesponserten. Dieses Interesse wird als Kaufmotivation ausgenutzt343 • Die Sponsorleistung wird dabei gleichsam 343

OLG Hamburg, GRUR 1987, S.386 (386).

172

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

als ein Vorspannangebot eingesetzt344 . Anders als bei der Wertreklame wird hier allerdings nicht eine besondere Leistung an den Kunden angeboten, sondern eine im Allgemeininteresse liegende Umweltförderung. An die Stelle der besonderen Vergünstigung fiir den Umworbenen, die fiir die Wertreklame typisch ise 45 , tritt hier der Umweltvorteil. Das rechtlich akzessorische Umweltsponsoring stellt demnach eine Verbindung von gefühlsausnutzender Werbung mit den Mitteln der Wertreklame dar. Die werbliche Nutzung des Umweltsponsoring wirkt deshalb verlockend auf die Kunden. Diese erhalten zwar nicht selbst eine Vergünstigung, soweit sie aber ein Interesse am Umweltschutz haben, werden sie auch die Sponsorleistung fiir anerkennenswert halten und ihre Bezugsentscheidung danach ausrichten. Soweit zwischen rechtlicher und werblicher Akzessorietät des Umweltsponsoring unterschieden wird346 , wird auch bei letzterem eine Beeinflussung nicht geleugnet. Hier sei jedoch das Ausmaß der Beeinflussung geringer und diese könne deshalb grundsätzlich nicht als unzulässig angesehen werden347 . Zutreffend ist, daß die verlockende Wirkung des Umweltsponsoring gerade darin bestehen kann, daß durch die Bezugsentscheidung mittelbar auch eine Erhöhung der Förderleistung des Umweltsponsors erfolgt. Weiß der Kunde dagegen, daß die Förderleistung von seiner Bezugsentscheidung unabhängig ist, entfällt diese Kaufmotivation. Der Kunde kann dann nicht durch den Kauf eines bestimmten Produktes den Beitrag zur Umweltverbesserung erhöhen. Entscheidend fiir die Motivierung des Umworbenen ist deshalb die Verknüpfung zwischen Bezugsentscheidung und Förderbeitrag. Diese Verknüpfung kann entweder im Sinne einer möglicherweise rechtlich verbindlichen Auslobung rechtlich akzessorisch oder aber als bloß werbliche Versprechung werblich akzessorisch sein. Für die Motivationslage des Kunden wird es jedoch nur auf die Tatsache der Verknüpfung beider Umstände ankommen, nicht jedoch auf den auch juristisch zweifelhaften Unterschied der Bindungswirkung. Denn ob in der Darstellung einer rechtlichen Akzessorietät wirklich ein Leistungsversprechen liegt oder bloß eine unverbindliche werbliche Ankündigung, wird sich nur im Einzelfall entscheiden lassen und entzieht sich jedenfalls den Beurteilungsmöglichkeiten des Umworbenen. Daher kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß bei nur werblicher Akzessorietät keine relevante Beeinflussung vorliegt348 . Da der Eindruck der Akzessorietät von Bezugsentscheidung und Sponsorleistung ror die verlockende Wirkung des Sponsorhinweises maßgeblich ist, kann andererseits davon ausgegangen werden, So Z.B. Cordes, S.51. BaumbachIHefermehl, § I Rn.85. 346 Federhoff-Rink, S.242; Lambsdo1f, Rn.43. 347 Federhoff-Rink, S.244 f. 348 I.E. ebenso: Lappe, S.194. 344 34S

I. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener Standpunkt

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daß eine solche verlockende Wirkung nicht besteht, wenn es an der Akzessorietät fehle 49 • Wie oben bereits dargestellt, kann der Eindruck der Akzessorietät schon deshalb bestehen, weil die Umworbenen davon ausgehen, daß der Sponsor letztlich nur Förderbeiträge leisten kann, die er durch den Absatz seiner Waren oder Leistungen erwirtschaftet hat. Selbst in dem Fall, in dem der Sponsor auf einen vollständig und endgültig geleisteten Beitrag hinweist, kann bei den Angesprochenen der Eindruck entstehen, daß bei Unterstützung des werbenden Anbieters mit weiteren Förderleistungen zu rechnen ist, die letztlich wiederum vom Absatz der angebotenen Waren abhängen. Daher ist fraglich, ob man überhaupt von nicht akzessorischem Sponsoring sprechen kann350 . Als Ergebnis läßt sich festhalten, daß die Beeinflussung der Bezugsentscheidung durch Verlockung um so geringer ist, um so weniger der Eindruck der Akzessorietät erweckt wird. In Anlehnung an die Rechtsprechung zur Zugabe351 wird man bei einem klaren und unmißverständlichen Hinweis darauf, daß die zusätzliche Leistung, hier also der Sponsorbeitrag, unabhängig vom Bezug der angebotenen Ware erfolgt, eine Abhängigkeit auch dann verneinen, wenn ein Teil des Verkehrs irrtümlich von einer solchen Abhängigkeit ausgeht. Soweit sich aber fiir den Umworbenen eine Akzessorietät zwischen der Bezugsentscheidung und der Sponsorleistung zeigt, ist jedenfalls von einer beeinflussenden Wirkung des Umweltsponsoring auszugehen. Zu klären bleibt dann noch, ob diese Beeinflussung von hinreichender Intensität ist und ob sie sich als unsachlich darstellt. In scheinbarem Gegensatz zu diesen Feststellungen stehen die Überlegungen von Cordes. Dieser geht davon aus, daß in erster Linie der fehlende Sachbezug des Umweltsponsoring rur die lauterkeitsrechtliche Beurteilung maßgeblich sei und nicht die Akzessorietät. Er unterscheidet dabei einerseits das produktbezogene Sponsoring, bei dem der Sponsorhinweis mit der Anpreisung einer bestimmten Ware verknüpft werde, und andererseits das nicht produktbezogene Sponsoring352 . Nach Cordes liegt bei einer solchen produktbezogenen Sponsoringwerbung immer eine unsachliche Beeinflussung der Kunden vor, während (nur) bei der nicht produktbezogenen Werbung nach dem Ausmaß der Beeinflussung zu differenzieren sei, wofiir er wiederum auf das Kriterium der Akzessorietät zurückgreift. Das Unlauterkeitsmoment sieht Cordes darin, daß der Sponsorhinweis mit dem beworbenen Warenangebot in Verbindung gebracht wird. Bei der "produktbezogenen" Werbung ist dies evident, bei der nicht produktbezogenen Werbung erfolgt eine Verknüpfung allerdings erst durch die Akzessorietät. Insoweit liegt also auch bei dieser Betrachtung der 349 350 351

352

Lappe, a.a.O. So allerdings Lappe, a.a.O. BGH, GRUR 1967, S.530 (531); KöhlerlPiper, § 1 ZugabeVO Rn.5. Cordes. S.49 ffund S.52 ff.

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Ausgangspunkt weniger im Fehlen des Sachzusammenhangs, als darin, daß ein Zusammenhang geschaffen wird, der unsachlich ist. Dadurch, daß der Werbende die Darstellung seiner Sponsorleistung mit der Anpreisung seiner Waren verbindet, stellt er selbst einen unsachlichen Zusammenhang her und beeinflußt dadurch die Kunden unsachlich. Fehlt dagegen ein Bezug zu einern konkret beworbenen Gegenstand, so ist der Sponsorenhinweis zwar auch nicht sachlich, es wird aber kein Sachzusammenhang mit dem Angebot des Werbenden hergestellt und deshalb auch keine unsachliche Beeinflussung ausgeübe 53 • Letztlich ist auch bei konsequenter Anwendung des Ansatzes von Cordes die Akzessorietät das maßgebliche Kriterium, nur daß diese Akzessorietät immer schon dann bestehen soll, wenn der Sponsorenhinweis mit der Werbung für ein konkretes Produkt verknüpft wird. Deshalb käme es nach diesem Ansatz nur für die produktunabhängige Sponsoringwerbung noch auf eine zusätzliche Prüfung der Akzessorietät an. Der Produktbezug als solcher würde dagegen alleine schon die Sittenwidrigkeit der Werbung ausmachen. Gegen diesen Ansatz spricht allerdings bereits, daß die Abgrenzung von produktbezogener und nicht produktbezogener Werbung kaum möglich ist. Illustrativ dazu ist das Beispiel der Förderung des Naturschutzgebietes Salemer Moor durch die Holsten Brauerei ohne Nennung eines konkreten Produkts354 . Hier ist eine Abgrenzung zwischen produktbezogener und nicht produktbezogener Werbung schwierig und wenig hilfreich; es ist nicht ersichtlich, warum eine Verknüpfung des Sponsorenhinweises mit einern Unternehmen oder einer Produktpalette eine Bezugsentscheidung überhaupt nicht beeinflussen soll, während die Verbindung mit einern einzelnen Produkt eine starke Beeinflussung darstellt . Für die Beurteilung der verlockenden Wirkung einer solchen Werbemaßnahrne kommt es lediglich darauf an, ob die Angesprochenen den Eindruck erlangen, daß ihre Bezugsentscheidung mittelbar zu einer Umweltförderung beiträgt. Richtig ist allerdings, daß in Fällen, bei denen der Sponsorhinweis mit konkreten Bezugsentscheidungen in Verbindung gebracht wird, die Kunden eher geneigt sein werden, einen Zusammenhang zwischen der Bezugsentscheidung und dem Förderbeitrag des Sponsors zu sehen. Dazu kommt es nicht unbedingt, wie Cordes meint, auf einen konkreten Produktbezug an. Entscheidend ist nur, daß der Umworbene den Sponsorhinweis auf solche Produkte, Produktpaletten oder Anbieter bezieht, deren Absatzförderung letztlich auch der Förderung der unterstützten Umweltrnaßnahrne dient. Um so enger die Verbindung von Sponsorhinweis und Bezugsentscheidung geknüpft ist, um so eher wird der Kunde von einer Akzessorietät ausgehen und um so eher wird ein Verlockungseffekt bewirkt. Den Gegensatz zu solchen Maßnahmen würde ein Sponsorenhinweis darstellen, bei dem der Umworbene 353 In diesem Sinne ist wohl auch Wiebe, WRP 1995 S.445 (446 dort in Fn.12) zu verstehen. 354 Vgl. oben B 1.3.; Lambsdorff, Rn.39 dort in Fn.102.

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nicht erkennen kann, mit welcher Produktentscheidung er den Absatz des Sponsors fördert. Eine solche Maßnahme läge aber wiederum nicht mehr im Interesse der werbenden Sponsoren und wäre auch wohl mangels objektiver Eignung zur Förderung des eigenen Wettbewerbs keine Wettbewerbshandlung. Aus dem Ansatz von Cordes läßt sich jedenfalls ableiten, daß die Beeinflussung der Bezugsentscheidung um so wahrscheinlicher (bzw. intensiver) ist, je enger der Hinweis mit Anpreisungen von Leistungen und Waren des Sponsors verbunden ist. Vor diesem Hintergrund kann man auch dem Hinweis des OLG Stuttgart auf das Sportsponsoring eine Bedeutung abgewinnen. Beim Sportsponsoring erfolgt der Sponsorenhinweis zumeist durch den Gesponserten, etwa bei der Trikotwerbung. In diesen Fällen ist die Beeinflussung einer Bezugsentscheidung schon deshalb als eher gering anzusehen, weil die Beeinflussung nicht an Ort und Stelle in eine konkrete Kaufentscheidung umgesetzt werden kann. Anders sind aber die situativen Bedingungen, wenn beispielsweise ein Sponsorenhinweis auf einer Produktverpackung angebracht ist. Alleine durch die zeitliche und räumliche Nähe des werblichen Hinweises zu einer möglichen Kaufentscheidung kann hier schon von einer stärkeren Beeinflussung ausgegangen werden. Neben dem Moment der verlockenden Wirkung des (akzessorischen) Umweltsponsoring kann ein möglicherweise unsachliche Beeinflussung der Umworbenen unter dem Gesichtspunkt der gefiihlsausnutzenden Werbung aber auch auf dem Hinzutreten anderer Umstände beruhen. Richtig hat das OLG Stuttgart daher erkannt, daß mit der werblichen Nutzung eines Sponsorenhinweises, unabhängig von der Frage der Akzessorietät, immer auch eine Verbesserung des Images des Anbieters einhergehe55 . Durch den Sponsorhinweis weckt der Anbieter beim umweltinteressierten Publikum ein Gefiihl der Solidarität. Dies wird die Einstellung zum Werbenden und seinen Produkten positiv beeinflussen und letztlich zu einer Präferenz für das Angebot des Werbenden führen. Unzutreffend hat das Gericht unter Bezugnahme auf die Benetton Entscheidung des BGH356 dies jedoch als "Ausschlachten" und Ausnutzen der angesprochenen Gefiihle bezeichnet. Nach den oben zur Umweltimagewerbung entwickelten Grundsätzen ergibt sich, daß der Grad der Beeinflussung durch eine solche Imagewirkung relativ gering ist. Auch von einem Ablenken von produktqualitätsbezogenen Eigenschaften konnte im zu entscheidenden Fall nicht ausgegangen werden. Generell müssen aber für die Beurteilung der Imagewirkung des Umweltsponsoring

OLG 8tuttgart, WRP 1996, 8.628 (629). BGH, WRP 1995,8.679 fT; die Trendwende-EntscheidWlg WRP 1996,8.290 fT. des BGH erging erst 2 Wochen nach dem Urteil des OLG 8tuttgart. 355

356

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

die gleichen Beurteilungskriterien herangezogen werden, die oben für die Umweltimagewerbung herausgearbeitet wurden. Ein Ausnutzen der Gefiihle durch die werbliche Nutzung des Umweltsponsoring kann jedoch nicht nur auf der verlockenden Wirkung des akzessorischen Sponsorings oder der Erzeugung eines Solidaritätsgefiihls beruhen, sondern auch auf dem Ausnutzen eines besonderen Anlockeffektes. Im Vergleich zur Umweltimagewerbung kommt der werblichen Nutzung des Umweltsponsorhinweises regelmäßig eine stärkere anlockende Wirkung zu. Dies liegt daran, daß der Sponsorhinweis meist als Blickfang ausgestaltet ist, etwa in Form eines Signets oder Logos, und zudem durch die Bekanntheit bzw. die Reputation des Gesponserten eine gesteigerte Aufmerksamkeit erregen wird. Daraus ergibt sich, daß das Umweltsponsoring als gefiihlsbezogene Werbung über die verlockende Wirkung, die von der Akzessorietät ausgeht, sowie über die Erzeugung eines Solidaritätsgefiihls als auch über eine anlockende Wirkung Einfluß auf die Bezugsentscheidung der Umworbenen ausüben kann. Nach der Feststellung, daß die werbliche Nutzung des Umweltsponsoring einen Einfluß auf die Bezugsentscheidung hat, bleibt zu klären, ob diese Beeinflussung unsachlich ist. Entsprechend den oben entwickelten Grundsätzen zur gefiihlsausnutzenden Werbung läge keine unsachliche Beeinflussung vor, wenn sich das Ansprechen der Gefiihle von selbst aus den Informationen über produktqualitätsbezogene Eigenschaften der Ware oder Umständen, die bei der Herstellung eine Rolle spielen, ergibe 57 . Wie bereits dargestellt, besteht i.d.R. kein sachlicher Zusammenhang zwischen der vom Sponsor geförderten Umweltmaßnahme und seinen Produkten, das Umweltsponsoring ist eine Form der nicht produktqualitätsbezogenen Werbung358 • Ein Sachbezug zwischen der angebotenen Ware oder Leistung und den die Gefiihle ansprechenden werblichen Informationen käme beim Umweltsponsoring allenfalls dann in Betracht, wenn die geförderte Umweltmaßnahme eine Kompensation von Umweltnachteilen darstellt, die vom angebotenen Gegenstand selbst ausgehen. Das KG359 hat diese Frage in dem Fall offen gelassen, in dem ein Autohändler für den Verkauf jedes Wagens einen Baum zu spenden versprach. Hier könnte der Baum die schädlichen Emissionen der Kraftfahrzeuge kompensieren. In der Entscheidung des LG Hamburg360 und weitgehend auch in der Litera~61 wird dagegen der Kompensationsgedanke abGRUR 1976, S.308 (309). Vgl. oben B.I.3. 359 KG, GRUR 1986, S.605 f. 360 LG Hamburg, WRP 1986, S.59 f. 361 Füger, S.297; Kloepfer in: Festschrift filr von Lersner, S.181 (185); Lappe, S. 190 ff. 357 358

I. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener Standpunkt

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gelehnt, da im Gegensatz zur Umweltverträglichkeit das Bemühen um Kompensation nicht dem Produkt selbst anhafte. Die Ablehnung des Kompensationsgedankens entspricht sowohl den Grundsätzen des Umweltrechts, als auch denen des Wettbewerbsrechts. Dem Prinzip der Vermeidung von Umweltschäden (Vorsorgeprinzip)362 widerspricht es, die Vermeidung mit der Kompensation gleichzusetzten, da es in erster Linie darum geht, Umweltbelastungen garnicht erst entstehen zu lassen. Aber auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen kann das Kompensationsargument nicht überzeugen. Denn letztlich wird hierdurch der Wettbewerb von der Ebene der angebotenen Produkte oder Leistungen auf die Ebene der Kompensationsmaßnahmen und der Sponsoringleistungen verlagert. Der Wettbewerb zwischen den einzelnen Produkten selbst wird dadurch eher behindert. Cordes363 hält den Kompensationsgedanken beim Umweltsponsoring dagegen für tragfahig, soweit eine speziell durch die Herstellung des beworbenen Produkts verursachte Umweltbelastung ausgeglichen wird. Nach dem hier vertretenen Ansatz liegt ein sachlicher Bezug zwischen werblicher Information und Ware nur vor, wenn die Information Umstände der Herstellung, des Vertriebs etc. hinsichtlich der angepriesenen Ware selbst betrifft. Da das Sponsoring nur die finanzielle Unterstützung desjenigen ist, der den Umweltvorteil bewirkt, bezieht sich der Sponsorhinweis nicht auf die Herstellung der Ware selbst und ist schon deshalb nicht sachbezogen. Demnach ist die werbliche Nutzung des Umweltsponsoring grundsätzlich als nicht sachbezogen zu bezeichnen, weshalb aber noch nicht vom Vorliegen einer unsachlichen Beeinflussung gesprochen werden kann. Wie im rechtstatsächlichen Teil der Arbeit ausgefiihrt, kann gerade das Umweltsponsoring zur Überwindung des informationsökonomischen Dilemmas beitragen, indem die Glaubwürdigkeit des Anbieters erhöht und Vertrauen bezüglich seiner übrigen werblichen Informationen geschaffen wird. Unter dem Gesichtspunkt, ob eine sachliche Veranlassung für den Hinweis auf die Sponsoringmaßnahme bestehe, geht das OLG Stuttgart zumindest andeutungsweise auf diese Frage ein364 . Ein Optiker, der für seine Produkte mit dem Hinweis auf die Unterstützung eines Artenschutzvereins warb, wies darauf hin, daß er keine Brillengestelle aus Schildpatt vertreibe. Das Gericht verwarf dieses Argument, da es sich wegen des Handelsverbots für Schildpattprodukte um die Darstellung einer Selbstverständlichkeit handele. Die Entscheidung legt jedoch nahe, daß in anderen Fällen eine "sachliche Veranlassung" zu Sponsoringhinweisen bestehen könne. Dabei stellt das OLG jedoch auf die 362

363

364

Kloepfer, Umweltrecht, S.74; Bender/SparwasserlEngel, S.23 Kap.I Rn.69. Cordes, S.51 f. OLG Stuttgart, WRP 1996, S.628 (631).

12 Ewert

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c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Darstellung "produktbezogener Eigenschaften" ab. Dies läßt vermuten, daß das Erzeugen von Vertrauen und Glaubwürdigkeit des Anbieters allgemein nicht als ausreichender Grund fiir den Hinweis auf ein Umweltengagement angesehen würde. Diese strenge Beurteilung und die Einschätzung, daß Umweltsponsoring grundsätzlich ein "Ausschlachten" der Gefühle darstelle, selbst wenn keine Akzessorietät zwischen Sponsorleistung und Bezugsentscheidung besteht, würden praktisch zu einem Verbot des Umweltsponsoring fUhren. Diese Beurteilung ist abzulehnen, weil zum einen nicht in jeder Umweltsponsoringwerbung eine Gefiihlsausnutzung liegt, und zum anderen, weil der Einsatz des Umweltsponsoring unter Berücksichtigung von informationsökonomischen Aspekten nicht grundsätzlich als unsachliche Beeinflussung der Bezugsentscheidung gesehen werden kann. Von einer unsachlichen Beeinflussung wird man allerdings in den Fällen ausgehen können, in denen fiir den Angesprochenen der Eindruck einer Akzessorietät zwischen Bezugsentscheidung und Sponsorleistung erweckt wird. In diesen Fällen wirkt der Sponsorenhinweis als Vorspann und die altruistische Motivation der Umworbenen wird fiir die kommerziellen Interessen des Werbenden ausgenutzt. Auch hier kann das Argument von FederhofI-Rink nicht überzeugen, das Umweltsponsoring sei, wie die Umweltimagewerbung, zwar nicht sachbezogen, beziehe sich aber auf eine Unternehmensleistung365 . Denn nicht diese Leistung, also der Sponsorbeitrag, sondern das angebotene Produkt bzw. die angebotene Leistung stehen im Wettbewerb mit den Angeboten der Konkurrenten. Aber auch in den Fällen, in denen fiir die Umworbenen keine direkte Akzessorietät erkennbar ist, kann eine unsachliche Beeinflussung vorliegen. Dies resultiert daraus, daß die werbliche Nutzung des Sponsoring auch als Umweltimagewerbung wirkt und einen gewissen AnlockefIekt hat. Daher sind hier die oben zur Imagewerbung herausgearbeiteten Kriterien der unsachlichen Beeinflussung heranzuziehen. Entgegenzutreten ist hier allerdings der Argumentation von Lappe366, nach der das Allgemeininteresse an umwelterhaltenden Maßnahmen bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung grundsätzlich zu beachten ist. Nach Lappe sollen nicht akzessorische Umweltsponsoringmaßnahmen aus diesem Grunde generell zulässig sein. Wie oben ausgefiihrt, überzeugt dieser Ansatz nicht, da fiir die lauterkeitsrechtliche Beurteilung nur wettbewerbsbezogene Interessen zu berücksichtigen sind. Aus dem gleichen Grund kann auch das Argument nicht überzeugen, durch eine zu restriktive

365 366

Federho./J-Rink, S.245. Lappe, S.197 ff.

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener 8tandpunkt

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Handhabung des Sponsorings werde der Vereinsarbeit die finanzielle Grundlage entzogen367 • Aus diesen Überlegungen ergibt sich letztlich, daß die Fonnen des Umweltsponsoring als unzulässige gefiihlsausnutzende Werbung anzusehen sind, bei denen die Umworbenen den Eindruck erhalten, daß sie auf Grund der Akzessorietät von Bezugsentscheidung und Sponsorleistung selbst an der Förderleistung beteiligt sind. Soweit ein solcher Eindruck nicht erweckt wird, hängt die Zulässigkeit der werblichen Nutzung des Umweltsponsoring zum einen davon ab, wie intensiv die Bezugsentscheidung durch das Ansprechen von Solidaritätsgefiihlen und den Anlockeffekt des Umweltsponsoring beeinflußt wird. Zum anderen muß berücksichtigt werden, daß es bei dem Einsatz des Umweltsponsoring seitens der Anbieter und Nachfrager legitime (wettbewerbliche) Interessen gibt, deren Verfolgung nicht als unsachliche Beeinflussung anzusehen ist. Zu untersuchen bleibt, welche anderen Fallgruppen der sittenwidrigen Werbung beim Umweltsponsoring bzw. bei dessen werblicher Nutzung einschlägig sein können. Aus der Fallgruppe des Kundenfangs kommt noch die Kategorie der Täuschung durch Tarnung von Werbung in Betrache68 • Die Sittenwidrigkeit ergibt sich daraus, daß der Umworbene einer werblichen Beeinflussung ausgesetzt wird, ohne daß der werbliche Charakter deutlich gemacht wird. Der Umworbene wird deshalb den als redaktionellen Beitrag verstandenen Hinweis weniger kritisch betrachten, als einen als Werbung gekennzeichneten Beitrat69 . Unabhängig davon, über welches Medium das Umweltsponsoring veröffentlicht wird, geschieht dies durch einen Hinweis auf die Sponsorship. Soweit dieser, wie allgemein üblich, in eine als solche erkennbare Werbeanzeige oder einen Werbespot integriert ist, kann nicht von einer Verschleierung der Werbung ausgegangen werden. Lediglich wenn die Veröffentlichung der Umweltsponsoringmaßnahme den Charakter einer objektiven Berichterstattung hat, kann dies über den werblichen Charakter der Maßnahme hinwegtäuschen. Eine solche Wirkung kommt insb. dann in Betracht, wenn nicht der Werbende selbst Urheber der Berichterstattung ist. Da beim Umweltsponsoring regelmäßig der Sponsor die werbliche Umsetzung einer Sponsorship übernimmt, ist diese Gefahr relativ gering. Jedoch ist denkbar, daß der Sponsor in den Medien eine Darstellung seiner Sponsorship veranlaßt, die wie eine objektive Berichterstattung gestaltet ist. In solchen Fällen bedarf es jedenfalls der Kennzeichnung der Maßnahme als Werbung. Solche

Lappe, 8.198. FederhojJ-Rink, GRUR 1992, 8.643 (645) m.w.N. 369 BaumbachIHefennehl, § 1 Rn.27. 367

368

12'

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

Fälle sind aber, soweit ersichtlich, weder in der Rechtsprechung noch in der Werbepraxis in Erscheinung getreten. Eine Tarnung von Sponsoringmaßnahmen im Bereich der Rundfunkwerbung wäre auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs sittenwidrig i.S.d. § 1 UWG370 • Verstöße gegen die das Sponsoring regelnden Normen des Rundfunkstaatsvettrags (§ 7) fallen grundsätzlich in die Fallgruppe des Rechtsbruchs. Da diese Normen aber keinen konkreten Bezug zur Umweltwerbung haben, soll diese Problematik hier nicht vertieft werden. Schließlich ist noch denkbar, daß Maßnahmen des Umweltsponsoring in die Fallgruppe der Ausbeutung eines fremden guten Rufes fallen. Der Sponsor nutzt für seine werblichen Zwecke die Popularität des Gesponserten. Soweit der Sponsor durch den Sponsoringvettrag dazu dem Gesponserten gegenüber berechtigt ist, liegt hierin keine unzulässige Ausbeutung. Überschreitet der Sponsor aber diese Befugnisse, so nutzt er durch die Einbeziehung des Gesponserten dessen Reputation unzulässigerweise aus. Dann kommt ein Unterlassungsanspruch in Betracht, soweit von einem Wettbewerbsverhältnis ausgegangen werden kann. Auf die Frage des Wettbewerbsverhältnisses und auch darauf, ob sich Konkurrenten gegen eine Sponsoringmaßnahme wehren können, soll erst im Rahmen der prozessualen Probleme eingegangen werden. Unlauter könnte es allerdings sein, den guten Ruf des Gesponserten so einzusetzen, daß für die Kunden der Eindruck entsteht, dem werbenden Sponsor könne die gleiche Wertschätzung entgegengebracht werden wie dem Gesponserten. Die Fallgruppe der Ausbeutung ist dann wegen der Angriffsrichtung der Handlung nicht einschlägig. Es kommt nur die Fallgruppe des Kundenfangs bzw. eine Irrefiihrung in Betracht. Das Unlauterkeitsmoment liegt dabei aber in der oben erörterten Problematik, daß die Werbung einen Eindruck bez. des beworbenen Gegenstandes hervorruft, der nicht den Tatsachen entspricht (ähnlich wie bei einer Herkunftstäuschung). Insoweit ist auf die Ausfiihrungen zur Irrefiihrung zu verweisen.

c) Materiellrechtliche Beurteilung der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen

Bei der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen wird den Umworbenen eine besondere, unentgeltliche Leistung versprochen oder gewährt. Die Besonderheit besteht darin, daß dieser Nebenleistung ein Umweltvorteil anhaftet. Im rechtstatsächlichen Teil wurden bestimmte Werbeformen von ihrem äußeren Erscheinungsbild her dieser Kategorie zugeordnet, nämlich die Erstattung von Fahrtkosten für den ÖPNV mit Hinweis auf die Umweltfreundlich370

FederhofJ-Rink, GRUR 1992, S.643 (645).

I. RechtsprechlUlg, Literatur lUld eigener Standpunkt

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keit, das mit dem Bezug einer Ware verbundene Entsorgungsangebot sowie die Abgabe von mehIfach verwendbaren Verpackungen oder Verpackungen mit Zusatznutzen. Das rechtliche Problem der Werbung mit Nebenleistungen besteht darin, daß nicht mit einer besonderen Qualität des Produktes geworben wird. Das beworbene Angebot wird vielmehr dadurch herausgestellt, daß auf zusätzliche Leistungen hingewiesen wird, die der Werbende dem Kunden gegenüber erbringt. Anders als beim Umweltsponsoring wird die zusätzliche Leistung zwischen Kunden und Anbieter bewirkt. Der Kunde erhält etwa die Fahrtkostenerstattung oder die Entsorgungsleistung, für die er sonst bezahlen müßte. Zunächst ist es naheliegend, die Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen als Zugaben zu untersuchen. Dem Einteilungssystem BaumbachlHefermehls entsprechend ist die Werbung mit Zugaben in die Fallgruppe der Wertreklame bzw. der Verlockung als Unterfall des Kundenfangs einzuordnen371 • Sie entspricht grundsätzlich nicht dem Leitbild des Leistungswettbewerbs und ist daher streng zu beurteilen372 . Bei der Wertreklame besteht die Gefahr, daß das Urteil des Kunden getrübt und er von den besonderen Vorteilen zum Abschluß eines Vertrages veranlaßt wird373 • Eine unsachliche Beeinflussung liegt allerdings nur vor, wenn die Verlockung gerade nicht von der eigentlichen Hauptleistung ausgeht, sondern von dem zusätzlich versprochenen Vorteil. Daher ist zunächst zu untersuchen, ob in den aus rechtstatsächlichen Gründen hier eingeordneten Fällen mit dem zusätzlichen Vorteil einer Nebenleistung geworben wird. Dabei bietet es sich an, vom zugaberechtlichen Begriff der Nebenleistunt 74 auszugehen. Danach kann alles, was zur Hauptleistung gehört, keine Nebenleistung oder Zugabe sein. Dies triftl etwa auf eine notwendige Verpackung ZU375 • Daher ist entsprechend der Zuordnung im rechtstatsächlichen Teil die Bewerbung einer solchen Verpackung mit dem Hinweis, sie sei umweltfreundlich, als Werbung anzusehen, die sich auf das Produkt selbst bezieht. Dabei kann es sich um produktqualitätsbezogene Werbung handeln (z.B. durch Hinweis auf biologische Abbaubarkeit), oder aber, wenn der Umweltvorteil nicht in der Produktqualität selbst besteht (z.B. umweltfreundliche Herstellungsverfahren, sparsame Rohstoffverwendung etc.) um eine Umweltimagewerbung. Anders verhält es sich dagegen bei Verpackungen mit einem Zweitnutzen376 , da hier die eigentliche BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.85 ff. Kloster/eide in Gloy, § 49 Rn.80 m.w.N. 373 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.85. 374 Statt aller: KöhlerlPiper, § 1 ZugabeVO Rn.3. 37S BaumbachIHefermehl, § 1 ZugabeVO Rn.2. 376 Z.B. BGH, WRP 1976, S.685 ff. 371

372

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

Bestimmung sich nicht in der Erstverwendung erschöpft377 . Dies muß entsprechend auch für mehrfach verwendbare Verpackungen gelten, da deren Bestimmung nicht alleine in der Verpackung der gekauften Ware besteht, sondern auch darin, weiter als Aufbewahrungs- oder Portionierungsgefäß zu fungieren. Die Erstattung von Fahrtkosten ist ebenfalls als Zugabe anzusehen, was sich bereits aus § 1 11 lit.d ZugabeVO ergibt. Das Angebot von Entsorgungsleistungen ist gleichfalls als eine Form der Zugabe zu qualifizieren. Hier wird die Entsorgung als zusätzliche Leistung angeboten. Anders als beim Angebot eines umweltfreundlichen Produkts die Entsorgbarkeit, ist die Entsorgungsleistung nicht Bestandteil der Hauptware selbst. Vielmehr handelt es sich hier um eine Kompensation der negativen Eigenschaften der gekauften Ware bzw. eines alten Produkts. In den bisher in Erscheinung getretenen Fällen, war die Erbringung der zusätzlichen Leistung jeweils vorn Abschluß eines Geschäfts mit dem Werbenden abhängig, so daß insoweit die Voraussetzungen einer Zugabe vorliegen. Allerdings sind sowohl bei der Fahrtkostenerstattung als auch beim Angebot von Entsorgungsleistungen Ausgestaltungen anzutreffen, die eher als Rabatte denn als Zugaben anzusehen sind. Die Zuordnung der umweltbezogenen Nebenleistungen in die Fallgruppe der Wertreklarne erfaßt die Problematik aber nur zum Teil. Die Anziehungskraft der Nebenleistung wird nämlich dadurch gesteigert, daß mit ihr ein Umweltvorteil verbunden ist. So wird etwa der Individualverkehr reduziert oder Abfall vermieden oder umweltgerecht entsorgt. Deshalb ist bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung dieser Werbeformen auch die Fallgruppe der gefiihlsausnutzenden Werbung einschlägig. Da dieser Umweltvorteil nicht immer offensichtlich ist, muß in der Werbung darauf hingewiesen werden. Das Gewähren oder Versprechen einer Nebenleistung mit einern solchen Hinweis stellt regelmäßig eine Wettbewerbshandlung dar, weil die Werbenden dabei im geschäftlichen Verkehr handeln und eine Förderung ihrer eigenen Geschäftsinteressen, nämlich eine Absatzsteigerung, verfolgen . aa) Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen als irreführende Werbung Im Gewähren oder Ankündigen von umweltbezogenen Nebenleistungen sind immer auch Angaben i.S.d. § 3 UWG enthalten. Dies liegt jedenfalls schon daran, daß ein Hinweis auf den Umweltvorteil erfolgt. Dieser Hinweis 377

BaumbachIHefermehl, § 1 ZugabeVO Rn.79.

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auf den Umweltvorteil stellt zwar keine Angabe zur Qualität des Produktes dar. Aber er enthält nachprüfbare Angaben, die sich auf die Qualität der Nebenleistung beziehen und deshalb für die Bezugsentscheidung der Angesprochenen relevant sein können. Diese Angaben unterfallen dem Irreführungsverbot des § 3. Eine Irreführung liegt zumindest dann, vor, wenn die Angaben zu den Umwelteigenschaften der Nebenleistung falsch sind. Bei der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen besteht die Möglichkeit, daß ein bezüglich der Nebenleistung angekündigter Umweltvorteil als Repräsentativaussage verstanden wird. Die Anpreisung eines Produkts mit dem Hinweis, daß es nach der Gebrauchsdauer kostenlos und umweltgerecht entsorgt werde, kann bei den Umworbenen den Eindruck erwecken, daß es sich bei diesem Produkt auch in anderer Hinsicht um ein besonders umweltfreundliches handelt. Das Angebot der Fahrtkostenerstattung mit dem Hinweis auf die positiven Umweltfolgen kann die Kunden zu der Vorstellung veranlassen, daß auch die angebotenen Waren umweltfreundlich sind. Aus diesem Grund könnte die Werbung eines Einrichtungshauses, das mit der Ankündigung "Bio-Möbel gegen Smog" den Kunden einen Teil der Fahrtkosten des ÖPNV zu erstatten anbietet, bereits als Irreführung gelten, wenn nicht auch die Produkte selbst einen Umweltvorteil bieten378 • Diese Überlegungen sprechen dafür, bei der Beurteilung der Irreführung von einem strengeren Maßstab auszugehen, da das Ausmaß der anlockenden Wirkung einer Werbeaussage auch bei der Frage des Irreführungsverbots zu berücksichtigen ise 79 . Andererseits darf nicht übersehen werden, daß diese Werbung nur einen Teilaspekt des Angebots betrifft. Handelt es sich nicht um eine Repräsentativaussage, so wird die Relevanz der umweltbezogenen Angabe über einer Nebenleistung für die Bezugsentscheidung nur gering sein. Zusamnienfassend ergibt sich, daß die Irreführungsgefahr dann besonders groß ist, wenn der Anlockeffekt der Nebenleistung stark ist und die umweltbezogene Angabe gleichsam auf die Hauptleistung ausstrahlt. Die Gefahr, daß umweltbezogene Angaben zu den Nebenleistungen bei den Verbrauchern relevante Fehlvorstellungen hervorrufen, wird um so geringer sein, um so deutlicher der Umweltvorteil auf die Nebenleistung begrenzt wird.

378 BGH, GRUR 1991, S.542 ff; dieser Aspekt war jedoch nicht Gegenstand der Entscheidung. 379 Siehe oben C.I.3.

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

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bb) Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen als sittenwidrige Werbung sowie Exkurs zu rabattrechtlichen Problemen Die Literatur hat sich hinsichtlich der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen bislang ausschließlich mit der Erstattung von Fahrtkosten beschäftigt380. Dagegen finden sich in der Rechtsprechung zwar zahlreiche Entscheidungen zu dieser Frage381 . Aber auch über Fälle, in denen andere Nebenleistungen Gegenstand der Beanstandung waren, etwa die kostenlose Abgabe einer umweltfreundlichen Stoffiragetasche382 oder die Erstattung eines Geldbetrages und die umweltgerechte Entsorgung bei der Rückgabe eines Altwagens im Zuge eines Neuwagenkaufs383 , hatte die Rechtsprechung zu entscheiden. Im folgenden soll zunächst auf die Problematik der Zugaben und Rabatte eingegangen werden, im Anschluß daran auf die Frage der Sittenwidrigkeit solcher Werbeaktionen gern. § 1 UWG. Allen hier genannten Fallgestaltungen ist gemeinsam, daß den Umworbenen besondere Vergünstigungen geboten werden, die mit der eigentlichen Ware nicht direkt in Zusammenhang stehen, jedoch einen Bezug zum Umweltschutz haben. Während sich einige Maßnahmen als Zugabe (z.B. Abgabe der Stoffiragetasche) oder als Rabatt (Inzahlungnahme eines Altwagens beim Kauf eines Neuwagens) einordnen lassen, erweist sich eine solche Zuordnung bei der Subventionierung der Benutzung des ÖPNV als schwierig. Während die verbilligte Abgabe von Fahrkarten an bestimmte Kundenkreise als Rabatt ausgestaltet sein kann, wird das Angebot der Erstattung tatsächlicher Aufwendungen für die Anreise mit dem ÖPNV für alle Kunden i.d.R. als Zugabe zu qualifizieren sein384 . Die zugaberechtliche Problematik ist durch die Änderung der ZugabeV0385 entschärft worden. Nach § 1 Abs.2 lit.d n.F. gilt das Zugabeverbot grundsätzlich nicht für eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des ÖPNV, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals aufgewendet werden, da dies als eine handelsübliche Nebenleistung angesehen wird. Auch hier muß sich die Erstattung im Rahmen des Angemessenen halten386 . Bei dieser Beurteilung ist die

Federho.fJ-Rink, 8.92, 139 ff, 246 ff; Cordes, 8.56 ff; Lambsdo1.fRn.42. LG Köln, GRUR 1989, 8.521 ff. und BGH, GRUR 1991, 8.542 ff; OLG München, NJW RR 1993, 8.227 f; OLG Hamm, GRUR 1994, 8.912 f; BGH, WRP 1995, 8.102 f; BGH, WRP 1995,8.485 f. 382 BGH, GRUR 1994, 8.656 ff. 383 OLG Karlsruhe,.WRP 1996,8.582 ff. 384 Instruktiv dazuEbert-Weidenfeller, GRUR 1992,8.92 ff. 385 Änderungsgesetz vom 25.7.1994, BGBI I, 8.1688. 386 KöhlerlPiper, § 1 ZugabeVO Rn.38a. 380 381

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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Wertgrenze des § 2 RabattG, also 3%, als Maßstab heranzuziehen387 . Über das Kriterium der Handelsüblichkeit kann aber nicht nur eine wohlwollendere Beurteilung der Fahrtkostenerstattung erreicht werden. So hat der BGH bereits in einem Urteil aus dem Jahre 1976 ausgeführt, daß unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes und der sparsamen Verwendung wirtschaftlicher Güter (bei Verpackungen) eine zu strenge Handhabung des Begriffs der Handelsüblichkeit nicht geboten sei 388 • Dieser Grundsatz wurde allerdings in der Entscheidung bezüglich der Stofftragetasche vom BGH nicht angewendee89 , wenn sich das dort gefundene Ergebnis auch möglicherweise unter Beachtung des Wertes der Tasche und der Unüblichkeit einer solchen Verpackung fiir Produkte des konkreten Anbieters, hier einer Apotheke, rechtfertigen läßt. Neben den Tatbeständen der ZugabeVO und des RabattG kommt die Untersagung einer Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen wegen Sittenwidrigkeit gern. § 1 UWG in Betracht. Dies ist um so wichtiger, als die Normen der ZugabeVO und des RabattG sich alleine auf die Situation der Wertreklame beziehen und nicht die vom Umweltbezug der Nebenleistung möglicherweise ausgehenden Unlauterkeitsaspekte berücksichtigen. Deshalb soll auch hier wieder untersucht werden, wie eine Beeinflussung der Kunden erfolgt, und ob diese unsachlich ist. Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen soll die Kaufentscheidung des Kunden dahingehend beeinflussen, daß der Kunde sich für das Angebot interessiert und, von der unentgeltlichen Nebenleistung angezogen, seinen Bedarf beim Werbenden deckt. Der besondere Anreiz dieser Werbung geht von der unentgeltlichen Nebenleistung aus. Daher gehören in diese Fallgruppe nur die Werbeaktionen, bei denen der Kunde einen internalisierbaren Vorteil erlangen kann. Die Werbung mit anderen Nebenleistungen, die dem Kunden keinen solchen Nutzen verspricht, wie etwa die Werbung mit einer umweltfreundlich beschaffenen Verpackungen, gehören deshalb nicht nur von ihrem äußeren Erscheinungsbild her 90 , sondern auch nach der Art der werblichen Beeinflussung, nicht zu dieser Kategorie der Wertreklame. Solche Werbung ist lediglich geeignet, das Ansehen des Werbenden oder seiner Produkte zu steigern, ohne daß ein besonderer Kaufanreiz in Form einer Vergünstigung geschaffen würde. Demnach ist beim Fehlen eines solchen Anreizes neben der produktqualitätsbezogenen Werbung die Kategorie der Umweltimagewerbung einschlägig.

387

388 389 390

BGH, WRP 1995, S.102 (103). BGH, WRP 1976, S.685 (687). BGH, GRUR 1994, S.656 (657). Siehe oben B.I.4.b) cc).

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

Neben der anlockenden Wirkung, die jeder Form der Wertreklame eigen ist, liegt ein besonderes Anziehungsmoment der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen in dem mit der Nebenleistung verknüpften Umweltvorteil391 • Soweit dieser Umweltvorteil nicht offensichtlich ist, muß in der begleitenden Werbung darauf hingewiesen werden. Wird etwa die Erstattung der Fahrtkosten alternativ zu den Parkgebühren für das Auto angeboten, so ist ein Umweltbezug einer solchen Maßnahme nicht ersichtlich und wohl auch nicht beabsichtigt. In solchen Fällen stellen sich demnach auch die Probleme der Umweltwerbung nicht. Soweit ein Umweltvorteil der Nebenleistung offensichtlich ist oder in der begleitenden Werbung darauf hingewiesen wird, kann dieser den Anlockeffekt verstärken und von der Qualität des eigentlich Angebotenen ablenken. Der Umweltvorteil der Nebenleistung (beispielsweise die umweltgerechte Entsorgung, die Müllvermeidung oder die Verringerung des Individualverkehrs) beschreibt zwar eine Qualität, nicht jedoch die Qualität des angebotenen Produkts oder der angebotenen Dienstleistung. Diese Form der Werbung ist deshalb qualitäts-, aber nicht produktqualitätsbezogen. Hierin ist eine Verknüpfung einer anlockenden bzw. verlockenden Werbung mit einer gefühlsausnutzenden Werbung zu sehen, so daß sich wiederum die Frage nach einer unsachlichen Beeinflussung stellt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß das Ansprechen der Gefühle mit der gleichzeitigen Darstellung des Engagements des Werbenden beim umweltinteressierten Publikum eine Präferenz für das Angebot des Werbenden erzeugt. Soweit die Nebenleistung nicht mit dem Abschluß eines Geschäfts verbunden ist, kommt neben dem Imageeffekt noch das Moment des übertriebenen Anlockens in Betracht. Als unbedenklich gelten Nebenleistungen, die wegen ihres geringen Wertes als reine Aufmerksamkeiten angesehen werden können 392 • Schwierig gestaltet sich eine Wertermittlung allerdings dadurch, daß der mit der Nebenleistung verbundene Umweltvorteil für den Kunden nicht wirtschaftlich internalisierbar und deshalb auch nicht auf seiten des Kunden bilanzierbar ist. Jedenfalls ist bei der Frage, ob es sich lediglich um eine sog. Aufmerksamkeit handelt zu berücksichtigen, daß zumindest für die umweltinteressierten Teile des Publikums vom Umweltvorteil ein zusätzlicher Anreiz ausgeht. Soweit die Nebenleistung vom Abschluß eines Geschäftes abhängig gemacht wird, was in den bisher in Erscheinung getretenen Fällen geschah, kann der Kunde in die Situation eines rechtlichen Kaufzwanges geraten393 . Die Förderung des Umweltschutzes wird hierbei mit der Förderung der wirtschaftlichen Interessen des Werbenden verknüpft. Es liegt nahe, hier eine relevante KöhlerlPiper, § 1 Rn.44 bez. der Fahrtkostenerstattung. BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.90. 393 BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.88. 391

392

I. RechtsprechlUlg, Literatur lUld eigener Standpunkt

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Beeinflussung der Bezugsentscheidung grundsätzlich anzunehmen. Einen differenzierteren Standpunkt hat das LG Köln eingenommen394 • Es sah die Fahrtkostenerstattung bereits vor der Änderung der ZugabeVO als handelsüblich an. Zudem sei unter dem Aspekt der Sittenwidrigkeit i.S.d. § I UWG zu berücksichtigen, daß die anlockende Wirkung der Erstattung durch den Hinweis auf den Umweltschutz relativiert werde. Das Gericht übersieht dabei nicht, daß auch ein der Umwelt zugute kommender Vorteil einen Lockeffekt auslöst. In den Genuß dieses Vorteils kommen aber nur die Kunden, die tatsächlich den ÖPNV benutzen, was fiir die meisten einen Verzicht auf die bequemere Benutzung des eigenen PKW bedeutet. Die meisten Kunden müssen zur Erlangung des Vorteils also auch einen eigenen Beitrag leisten. Das Gericht hat dabei zutreffend den Grad der Beeinflussung des Verlockungseffektes in die Betrachtung einbezogen. Überzeugend hat es die Vermutung, von dieser Werbung ginge eine übermäßige und unsachliche Beeinflussung der Kaufentscheidung aus, als lebensfremd bezeichnet. Dies hinderte den BGH jedoch nicht, mit eben dieser (lebensfremden) Annahme die Werbung zu untersagen395 • Bei der Beurteilung des Grades der Beeinflussung ist auch zu berücksichtigen, ob ein der Nebenleistung anhaftender Umweltvorteil gleichsam auf das Produkt ausstrahlt. Wird etwa mit der Umweltfreundlichkeit einer wiederverwendbaren Verpackung eines Waschmittels oder der kostenlosen und umweltgerechten Entsorgung von Haushaltsgeräten geworben, so liegt es nahe, daß die Verbraucher solche Vorstellungen auch hinsichtlich der Hauptleistung bzw. bez. des eigentlichen Produkts entwickeln. Der Verlockungseffekt wird vom Umfang des Umweltvorteils abhängen. Der Kunde kommt zwar nicht selbst in den Genuß dieses Vorteils, er wird aber dennoch die Anstrengungen beachten, die der Werbende investiert, um den Umweltvorteil zu realisieren. So wird der Lockeffekt, der mit der Umweltfreundlichkeit einer Stofftragetasche als Zugabe verbunden ist, geringer sein, als deIjenige, der durch eine kostenintensive Entsorgung technischer Geräte entsteht, obwohl in beiden Fällen die Umweltverbesserung fiir den Kunden nicht spürbar wird. Zu prüfen ist nun, ob eine von der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen ausgehende Beeinflussung immer als unsachlich zu qualifizieren ist. Cordes, der allerdings nur die Fälle der Fahrtkostenerstattung betrachtet, nimmt entsprechend seinem Ansatz konsequenterweise an, daß in diesen Fällen kein Sacbzusammenhang bestehe und die Werbung schon deshalb als sittenwidrig zu beurteilen see96 • Zum gegenteiligen Ergebnis kommt FederhoffRink, die die Fahrtkostenerstattung als untemehmensbezogene Umweltleistung sieht, an deren Veröffentlichung ein öffentliches Interesse bestehe, zu394 395

396

LG Köln, GRUR 1989, S.521 (524). BGH, GRUR 1991, S.542 (543). Cordes, S.64.

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

dem sei nach der Änderung der ZugabeVO eine Koppelung der Fahrtkostenerstattung mit der Bezugsentscheidung ausdrücklich zulässig397 • Dabei übersieht sie jedoch, daß die ZugabeVO lediglich die Fahrtkostenerstattung betrifft, nicht jedoch die Bewerbung einer solchen Aktion mit Umweltargumenten. Zur Problematik des Unternehmensleistungsbegriffs kann auf die obigen Ausfiihrungen verwiesen werden. Nach dem hier entwickelten Standpunkt muß die Frage des Sachzusammenhangs differenziert betrachtet werden. Wirbt etwa ein Hersteller mit einer Fahrtkostenerstattung unter Hinweis auf die Umweltfreundlichkeit, so kann dies auch deshalb geschehen, um auf ein tatsächlich umweltfreundliches Warenangebot hinzuweisen. Dadurch kann der Werbende erreichen, daß sich der Umworbene zumindest mit seinem Angebot befaßt, und auch Hinweise zur Kenntnis nimmt, die sich in der Werbung sonst kaum vennitteln lassen. Insoweit liegt dann keine unsachliche Beeinflussung vor. Bei den zusätzlich zum Produkt angebotenen Entsorgungsleistungen wird man gleichfalls eine sachliche Beeinflussung annehmen können, wenn sich die werblichen Informationen zwar nicht auf die Qualität des Produkts, aber auf andere von diesem ausgehende negative externe Effekte bezieht. An einer umweltgerechten Entsorgung können Konsumenten ein Interesse haben; die Entsorgungsleistung ist dann ein Teil des Angebots des Werbenden, wenn auch nicht integrierter Bestandteil der Hauptleistung. Neben der Wertreklame kann deshalb eine unzulässige gefiihlsausnutzende Werbung nur vorliegen, soweit eine erhebliche Beeinflussung vorliegt, die im oben bezeichneten Sinn nicht sachlich ist. Soweit keine Verknüpfung zwischen Nebenleistung und Bezugsentscheidung besteht, wird regelmäßig nur von einer relevanten Beeinflussung ausgegangen werden können, wenn der Grad der anlockenden Wirkung besonders hoch ist. Die Gefahr der unsachlichen Beeinflussung ist jedoch dann größer, wenn die Nebenleistung und der mit ihr verknüpfte Umweltvorteil von einer konkreten Bezugsentscheidung abhängt. Die Werbepraxis ist diesem Umstand im Bereich der Fahrtkostenerstattung dadurch begegnet, daß sich mehrere Anbieter zusammengeschlossen haben und eine Erstattung anbieten, wenn in einem der beteiligten Geschäfte eingekauft wird398 • Dadurch verringert sich zwar nicht der Grad der Unsachlichkeit, aber die Stärke der Beeinflussung der Kaufentscheidung sinkt, da in diesem Fall nicht eine Bezugsentscheidung fiir ein konkretes Produkt oder einen bestimmten Anbieter getroffen werden muß. 397

FederhofJ-Rink, S.249.

So in den Fällen OLG München, NJW RR 1993, S.227 f. und OLG Hamm, GRUR 1994, S.912 f. 398

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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Zusammenfassend ergibt sich, daß die Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen nicht nur nach den Regeln der Zugabe VO und des RabattG und den allgemeinen Kriterien der Wertreklame zu beurteilen ist. Eine Unlauterkeit gerade durch das Anknüpfen an den Umweltvorteil der Nebenleistung kann sich daraus ergeben, daß eine Werbemaßnahme durch Anlocken oder Verlocken i.Y.m. einer emotionalen Ansprache der Kunden deren Bezugsentscheidung unsachlich beeinflußt. Dabei ist aber nicht jede Verknüpfung einer Nebenleistung mit einem Umweltvorteil als unlauter anzusehen. Auch hier kommt es maßgeblich auf den Grad der Beeinflussung im Einzelfall an. d) Materiellrechtliche Beurteilung der Werbung mit Umweltappellen

Unter Umweltappellen soll entsprechend den rechtstatsächlichen Ausführungen ein direktes Ansprechen der Umworbenen verstanden werden, mit dem zu einem umweltfreundlichen Verhalten aufgefordert wird, das im Abschluß eines bestimmten Bezugsgeschäftes besteht. Im Gegensatz zu anderen Formen der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung wird hier der Eindruck erweckt, daß der Umweltvorteil gerade durch das Verhalten des Kunden, nämlich die Bezugsentscheidung, erreicht wird. Insoweit tritt der Kunde als Förderer der Umwelt auf, nicht das werbende Unternehmen. Dieses stellt lediglich die Möglichkeit zur Förderung zur Verfügung. Der in Aussicht gestellte oder angepriesene Umweltvorteil kann dabei im Umweltengagement des werbenden Unternehmens allgemein liegen (z.B. bei der Werbung "Schützt unsere Umwelt! Wie wir von Kaiser's"399), oder in einer Produktqualität, die implizit im Umweltappell behauptet wird4°O • Anders als bei der Werbung mit impliziten Produktqualitätsmerkrnalen wird aber bei den Umweltappellen nicht die Leistung des Werbenden angepriesen, sondern vom Umworbenen ein bestimmtes Verhalten verlangt. Daher werden besonders häufig Formulierungen wie "Der Umwelt zuliebe ... " gewählt. Der Kunde soll sich nicht rur die Leistung des Anbieters entscheiden, weil diese besonders gut ist, sondern er soll selbst einen Beitrag zum Umweltschutz erbringen, indem er ein bestimmtes Produkt erwirbt. Entsprechend liegt der Schwerpunkt der Umweltappelle nicht in der Darstellung einer Unternehmensleistung oder eines Produktvorteils, sondern darauf, den Kunden in imperativer Form zu einem (angeblich) umweltfreundlichen Verhalten, nämlich zum Bezug einer bestimmten Ware oder Leistung, aufzufordern. Fehlt es dagegen an einer solchen Aufforderung, kann in einer solchen Werbemaßnahme, also KG, WRP 1991, S.30 ff. So Cordes, S.8S, der allerdings von einem anderen Verständnis des Begriffs Umwe1tappell ausgeht. 399

400

190

C. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

etwa dem allgemeinen Hinweis auf umweltfreundliche Handlungen des Unternehmens, nur eine Imagewerbung gesehen werden401 . Auch kann nicht jegliche Verwendung eines "Umweltslogans" als Umweltappell angesehen werden, da nicht in jedem Fall eine imperative Aufforderung zu einer bestimmten Bezugsentscheidung enthalten ist402 . Von einem Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs kann immer dann ausgegangen werden, wenn der Appell auf eine konkrete Bezugsentscheidung gerichtet ist. Eine Wettbewerbshandlung liegt allerdings nicht vor, wenn lediglich zu umweltfreundlichem Verhalten aufgefordert wird, das nicht im Bezug bestimmter Waren oder Leistungen liegt, wie etwa der Hinweis "Schützt Land und Natur" auf Kaugummiverpackungen, da hier kein wettbewerbsrelevantes Handeln eingefordert wird. Bei einem Aufruf wie "Schützt unsere Umwelt! Wie wir von Kaiser's,,403 wird eine Einordnung als Wettbewerbshandlung problematisch. Ohne diese Frage direkt zu erörtern, ist das KG in diesem Fall zu Recht davon ausgegangen, daß diese Äußerung die Kunden zum Kaufvon Waren bei dem werbenden Unternehmen veranlaßt, was vom Unternehmen auch beabsichtigt war. Durch die Verbindung des allgemeinen Appells mit dem Hinweis auf das Engagement des Werbenden wird den Kunden nahegelegt, gerade beim Werbenden einzukaufen; auch hier liegt also nicht nur ein Umweltappell im obigen Sinne, sondern auch eine Wettbewerbshandlung vor. In der Praxis wird sich eine genauere Betrachtung bezüglich der Wettbewerbshandlung allerdings regelmäßig erübrigen, da bei der Nennung des Werbenden i. V.m. der Darstellung seines Umweltengagements regelmäßig auch zum Zweck der Imageverbesserung oder zur Erhöhung der Verkehrsbekanntheit gehandelt wird, und insoweit jedenfalls eine Wettbewerbshandlung vorliegt. Wie im folgenden noch zu zeigen ist, kommt es auf diese Differenzierung jedoch bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit einer solchen Werbung an. aa) Umweltappelle als irrefiihrende Werbung Auf den ersten Blick liegt die Vermutung nahe, daß die Gefahr der Irrefiihrung durch Umweltappelle relativ gering ist, da bei dieser Werbeform besonders wenig Äußerungen gemacht werden, die als Angaben i.S.d. § 3 UWG in Betracht kommen. Soweit ersichtlich sind alle von der Rechtsprechung beurteilten Fälle von Umweltappellen untersagt worden, die meisten zumindest 401 Daher WlZUtreffend die EinordnWlg solcher Maßnalunen als "zulässige" Fonn der UmweltappeJle bei Cordes, S.145. 402 Unzutreffend daher FederhoiJ-Rink. S.93 Wld 104. 403 KG, WRP 1991, S.30 ff.

1. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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auch unter dem Aspekt der Irreführung404 . Daher stellt sich die Frage, worin hier überhaupt Angaben LS.d § 3 UWG liegen können. Ein Umweltappell zielt darauf ab, den Kunden zu einem umweltfreundlichen Verhalten zu veranlassen, das im Bezug einer Ware besteht. Diese Werbung muß deshalb beim Verbraucher die Vorstellung hervorrufen, daß die konkrete Kaufentscheidung ein Beitrag zur Umweltschonung ist. Insoweit gehen Umweltappelle über reine Kaufappelle hinaus. Reine Kaufappelle enthalten dagegen noch keine Angaben i.S.d.§ 3 UWG405 . Ansatzpunkte fiir die Erzeugung von Verbrauchervorstellungen sind entweder die implizit im Umweltappell enthaltenen Hinweise auf die Produktqualität oder die Hinweise auf ein umweltfreundliches Verhalten des werbenden Unternehmens. So erfolgte etwa bei dem Umweltappell "Schützt unsere Umwelt! Wie wir von Kaiser's,,406 im Begleittext eine Erläuterung der Aktivitäten des Unternehmens. Insoweit ging das Gericht zu Recht vom Vorliegen einer Angabe aus. Zutreffend wies das Gericht auch den Einwand zurück, es handele sich um einen "umweltpolitischen Appell", der keinerlei "produktbezogene Qualität" enthalte. Denn die Werbung mit dem umweltbezogenen Engagement ziele darauf ab, bei den Umworbenen eine Präferenz rur das werbende Unternehmen hervorzurufen und das Unternehmen als eine attraktive Einkaufsquelle herauszustellen. Daraus ergibt sich allgemein, daß auch Angaben über das Unternehmensengagement die geschäftlichen Verhältnisse betreffen. Auch bei der Bewerbung einer Waschmaschine mit dem Appell "Der Umwelt zuliebe!,,407 wurde im Begleittext auf einzelne Aspekte eingegangen, die diese Maschine als umweltfreundlich erscheinen lassen sollten. Dem Appell "Der Umwelt zuliebe" kommt dabei eine Bedeutung zu, die deIjenigen der Angabe "umweltfreundlich" entspricht408 , die bei der produktqualitätsbezogenen Werbung verwendet wird. In anderen Fällen, in denen es an zusätzlichen Hinweisen fehlt, ist die Beurteilung dagegen weniger offensichtlich. Wird etwa ohne nähere Erläuterungen mit dem Appell "Aktiver Umweltschutz mit Diamant-Fliegengaze" geworben, so wird man eine Angabe deshalb noch annehmen können, weil der Appell dahin zu verstehen ist, daß das Produkt positive Umwelteigenschaften besitzt409 . Hier wird man allerdings auf eine Prüfung im Einzelfall abstellen

404

OLG Saarbrücken, WRP 1992, S.510 ff; KG, WRP 1991, S.30 ff; LG Mannheim

407

OLG Köln, GRUR 1995, S.362 f. Spätgens in: Festschrift für Vieregge, S.413 (423). Köhler, S.348.

VuR 1990, S.227 f. 405 KöhlerlPiper, § 3 Rn.54. 406 KG, WRP 1991, S.30 ff. 408 409

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

müssen, bei der zu untersuchen ist, ob der Umweltappell zumindest einen nachprüfbaren Tatsachenkern enthält. Die Gefahr, daß die in Umweltappellen enthaltenen Angaben Fehlvorstellungen bei den angesprochenen Verbrauchern hervorrufen, ist relativ groß. Da im Mittelpunkt dieser Werbeform der Aufruf an den Kunden steht, sind die Erläuterungen zur Umweltfreundlichkeit des Angebots bzw. des Umweltengagements des Werbenden meist kurz und unpräzise. Dazu kommt noch, daß eventuelle Erklärungen im begleitenden Text i.d.R. nicht dazu geeignet sind, den regelmäßig blickfangmäßig herausgestellten Bezug zum Umweltschutz zu relativieren41 0 . Die Angaben der Umweltappelle führen dazu, daß sich bei den Angesprochenen jede nur erdenkliche Vorstellung bez. des Umweltbezuges einstellen kann. So mögen die Käufer der Fliegengaze glauben, der Umweltvorteil bestehe in der umweltschonenden Herstellung des Produkts oder aber bloß darin, daß auf den Einsatz giftiger Insektizide verzichtet werden kann411 . Da die in Umweltappellen enthaltenen Angaben pauschal sind und meist keine nähere Erläuterung erfahren, wird eine hohe Irrefiihrungsgefahr regelmäßig gegeben sein412 . Hinzu kommt noch, daß die Angaben meist nicht auf eine bestimmte Eigenschaft oder eine bestimmte Unternehmenshandlung abstellen und dadurch die Angabe als Repräsentativaussage verstanden wird. Gerade dadurch entsteht eine Vielzahl von Verbrauchervorstellungen, die natürlich nicht alle mit der Realität übereinstimmen. Handelt es sich bei dem Umweltvorteil dagegen um einen allgemein bekannten oder selbstverständlichen Umstand, so wird bei den Verbrauchern keine Fehlvorstellung geweckt. Die Werbung "Umweltfreundlich Fahr'n mit Bus und Bahn" dürfe von den Verbrauchern richtigerweise dahin verstanden werden, daß die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel als Ersatz fiir Individualverkehr eine Umweltentlastung bringt. Entsprechend wird auch keine Fehlvorstellung hervorgerufen, wenn der Umweltappell durch aufklärende Hinweise den Umweltvorteil ausreichend erläutert. Tritt dabei aber die Produktqualitätsbeschreibung in den Vordergrund, so liegt kein Umweltappell im oben beschriebenen Sinn, sondern eine produktqualitätsbezogene Werbung vor. Bei den hier untersuchten Umweltappellen steht einer möglichen Irrefiihrungsgefahr regelmäßig kein Verbotsgegeninteressen entgegen. Die Untersagung eines Umweltappells wird den angesprochenen Verbrauchern keinen nennenswerten Verlust an Information bringen, da in den Umweltappellen ohnehin wenig Information enthalten ist. Auch auf seiten der 410 OLG Köln, GRUR 1995, S.362 f. Köhler, a.a.O.

411

412

FederhojJ-Rink,S.141.

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Anbieter zeigt sich kein besonderes Verbotsgegeninteresse. Zwar lassen sich ausführliche umweltrelevante Informationen zu Produkt oder Unternehmen in der Werbung nur schwer vermitteln, aber Umweltappelle dienen nicht dazu, den Verbraucher mit den Leistungen des Unternehmens vertraut zu machen oder Vertrauen in den Anbieter aufzubauen. Sie sollen vielmehr die Information ersetzen und dem Kunden ein bestimmtes Verhalten abverlangen, ohne daß eine inhaltliche Auseinandersetzung mit umweltrelevanten Themen gesucht wird. Schließlich ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, daß Umweltappelle durch das direkte Ansprechen der Kunden eine starke Suggestivkraft haben. Daher ist von einer erheblichen Relevanz der Umweltappelle auf die Bezugsentscheidung auszugehen. Daraus ergibt sich, daß Umweltappelle im oben dargestellten Sinne regelmäßig unter dem Gesichtspunkt der irrefiihrenden Werbung gern. § 3 UWG zu untersagen sind, wenn sie Aussagen enthalten, die sich als Angaben qualifizieren lassen. Wegen der unspezifischen Angaben zu umweltrelevanten Umstäßden werden, soweit es sich nicht um selbstverständliche Umstände handelt, regelmäßig Fehlvorstellungen der Verbraucher erweckt werden. bb) Umweltappelle als sittenwidrige Werbung In Rechtsprechung413 und Lehre414 trifft die Werbung mit Umweltappellen einhellig auf AblehnUng, wenn auch diese Werbeform zumeist nicht als solche selbständig erörtert wird. Neben der Gefahr der Irrefiihrung folgt die allgemeine Kritik daraus, daß Umweltappelle die Bezugsentscheidung der angesprochenen Kunden in unzulässiger Weise beeinflusse. Daher ist diese Form der Werbung insb. unter dem Aspekt des Kundenfangs zu untersuchen. Abgesehen von der Möglichkeit, daß durch einen Umweltappell, der keine Angaben i.S.d.§ 3 UWG enthält, unzutreffende Verbrauchervorstellungen hervorgerufen werden können (Kundenfang durch Täuschung gern. § 1 UWG415 ), bezieht sich der Unlauterkeitsvorwurf regelmäßig darauf, daß eine Einwirkung auf die Bezugsentscheidung vorliegt, die mit der Leistung des Unternehmens nicht in Zusammenhang steht. Die Umweltappelle sollen den Kunden dazu veranlassen, ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Leistung zu beziehen, um dadurch der Umwelt etwas Gutes zu tun. Nach Nordemann416 soll es für die Unlauterkeit der Werbung bereits genügen, wenn durch das Ansprechen altruistischer Zwecke an die Gefühle appelliert wird. Der Hinweis auf 413 414 415 416

Vgl. hierzu die oben genannten Fälle. Cordes, S.56 und 85; FederhojJ-Rink, S.141; Nordemann, Rn.206. BaumbachIHefermehl, § 1 Rn.5 ff. Nordemann, Rn.206.

13 Ewerl

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altruistische Zwecke ist aber jeder Form der Umweltwerbung eigen. Wie im rechtstatsächlichen Teil der Arbeit dargelegt, handelt es sich bei der Umwelt um ein öffentliches Gut und die Umweltvorteile stellen positive externe Effekte dar. Wenn mit dem Ziel geworben wird, daß der Kunde ein Produkt deshalb kauft, weil dadurch ein Umweltvorteil erreicht wird, wird damit auch auf ein altruistisches Verhalten hingewirkt. Wie für die Umweltimagewerbung und die Werbung mit Umweltsponsoring oder umweltbezogene Nebenleistungen gezeigt, muß dies nicht zwangsläufig zu einer unzulässigen gefiihlsausnutzenden Werbung fUhren, da dadurch nicht unbedingt eine unsachliche Beeinflussung der Bezugsentscheidung erfolgt. Anders verhält es sich dagegen bei den Umweltappellen. Dort wird gezielt die Sympathie der Verbraucher für die Umwelt angesprochen und zu einem konkreten Handeln aufgefordert. Die eigentliche Leistung des Anbieters und deren tatsächlicher Nutzen sowohl für den Verbraucher als auch für die Umwelt treten in den Hintergrund. Der Umweltbezug dient nicht dazu, auf eine bestimmte Produktqualität oder ein Engagement des Werbenden hinzuweisen, sondern lediglich als Vorspann für das Angebot. Von der Leistung wird also abgelenkt. Anders ist die Lage nur, wenn auf die Erläuterung des Umweltvorteils verzichtet wird, weil dieser als selbstverständlich gilt, wie etwa im obigen Beispiel der Werbung von Verkehrsbetrieben. Zwar wird auch dort an eine altruistischen Motivation appelliert, diese steht aber mit der angebotenen Leistung in Zusammenhang; auf die Darstellung dieses Zusammenhangs wird nur verzichtet, weil der Umworbene diese Umstände bereits kennt. Eine solche Werbung knüpft an die tatsächliche Leistung an, die das Unternehmen dem Kunden gegenüber erbringt, und lenkt deshalb vom Angebot nicht ab. Eine intensivere Beeinflussung der Kaufentscheidung wird bei einigen Fällen der Umweltappelle dadurch erreicht, daß die Angst der Umworbenen vor Umweltschädigungen geschürt wird. Mit dem Appell "Ha-Ra: Damit Mensch und Natur eine Chance haben!,,417 wird den Kunden suggeriert, daß eine drohende Umweltgefahr nur dadurch abgewendet werden kann, daß sie sich für ein bestimmtes Produkt bzw. für Produkte dieses Anbieters entscheiden. Durch diesen Appell wird das erzeugte Angstgefühl für Zwecke der Absatzsteigerung ausgenutzt, die Sach- und Bedarfsprüfung tritt hinter der Suggestivkraft der Angstgefühle zurück418 . In diesen Fällen mag zwar die Schwelle zur nötigenden Werbung noch nicht überschritten sein, jedenfalls liegt aber eine unzulässige Werbung mit der Angst vor4l9 . Wie bei der Werbung mit akzessorischem Sponsoring wird bei der Werbung mit Umweltappellen als Motivation für die Bezugsentscheidung die altruisti417 OLG Saarbrücken, WRP 1992, S.510 fT. 418

Köh/erlPiper, § 1 Rn.63.

419 Statt aller: Cordes, S.56.

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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sche Einstellung der Umworbenen bzw. die Angst eingesetzt, ohne daß eine (eventuelle) Leistung des Anbieters dafiir eine Rolle spielt. Im Gegensatz zur Umweltimagewerbung und dem nicht akzessorischen Sponsoring geht es bei den Umweltappellen nicht darum, die Kunden dem Anbieter oder dem Angebot gegenüber geneigter zu machen oder auf ein Umweltanliegen hinzuweisen und dadurch zunächst eine Präferenz für das eigene Angebot zu schaffen, sondern darum, die Motivation der Kunden direkt in einen Verkaufserfolg umzumünzen. Im Gegensatz zu Umweltimage- und Umweltsponsoringwerbung bringt ein Umweltappell auch aus "informationsökonomischer Sicht" dem Kunden keinen Vorteil. Es wird weder Vertrauen in den Anbieter erzeugt noch die Glaubwürdigkeit in ohnehin meist nicht vorhandene andere Angaben erhöht. Zwar mag auch hier eine Beeinflussung vorliegen, die im Ergebnis zu sachlich zutreffenden Ergebnissen führen kann. Dies wäre etwa der Fall, wenn der Verkauf des angebotenen Produkts tatsächlich einen Umweltvorteil mit sich brächte. Bei den Umweltappellen geht es aber gerade nicht darum, die Kaufentscheidung durch ein sachliches Argument zu beeinflussen, sondern darum, dem Kunden eine gewisse Umweltfreundlichkeit zu suggerieren und die so geweckten Vorstellungen in eine konkrete Bezugsentscheidung umzuwandeln. Daher bleibt die Beeinflussung durch einen Umweltappell auch in den (wenigen) Fällen unsachlich, in denen sie zu einer Entscheidung führt, die der Kunde in Kenntnis der gesamten Sachlage auch so getroffen hätte. Auch hier kann das Argument· des Allgemeininteresses am Umweltschutz nicht dazu führen, daß eine unsachliche Beeinflussung durch ein in gewisser Hinsicht positives Ergebnis legitimiert wird. Umweltappelle im oben erklärten Sinne, die sich nicht lediglich auf allgemein bekannte Umstände beziehen und einen gewissen Grad an Intensität überschreiten, stellen deshalb eine Form der unzulässigen gefiihlsausnutzenden Werbung dar.

3. Die besonderen prozessualen Probleme bei der Durchsetzung von Anspriichen gegen Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug An dieser Stelle soll keine Darstellung der Besonderheiten des Verfahrens in Wettbewerbssachen im allgemeinen erfolgen. Vielmehr sollen diejenigen Probleme erörtert werden, die speziell bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegen Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug auftreten. Diese Schwierigkeiten ergeben sich aus den oben dargestellten Rechtstatsachen und Realproblemen, sowie den Ausführungen zur materiellrechtlichen Beurteilung dieser Werbemaßnahmen. 13'

196

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Da sich hinsichtlich der Vollstreckung von Entscheidungen bezüglich der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug keine Besonderheiten ergeben, soll sich die Betrachtung auf das Erkenntnisverfahren beschränken. Bezüglich des außergerichtlichen Vorgehens und der Verfahrenswahl (einstweilige Verfügung oder Klage zur Hauptsache) ergeben sich auch keine Besonderheiten. Wie in anderen Bereichen des Wettbewerbsrechts wird in der Praxis zumeist das Verfügungsverfahren gewählt. Hinsichtlich der Anspruchsarten zeigt sich, daß in bezug auf die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug lediglich der Unterlassungsanspruch von Bedeutung ist. Im folgenden soll erläutert werden, worauf dies ZUfÜckzufiihren ist. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind wiederum fiir die Feststellung der Aktivlegitimation von Relevanz, die anschließend erörtert werden soll. Auch hinsichtlich der Tatsachenfeststellung ergeben sich Besonderheiten, die mit den der Umweltwerbung eigentümlichen Rechtstatsachen in Zusammenhang stehen. Schließlich soll dargestellt werden, welche Sanktionen gegen Maßnahmen der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug möglich sind.

a) Die möglichen wettbewerbsrechtlichen Anspruchsziele Grundsätzlich sind bei der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug neben dem Unterlassungsanspruch auch Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche, sowie Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung denkbar. In der Praxis sind jedoch alleine die Unterlassungsansprüche relevant. So war in allen oben besprochenen Beispielen aus der Rechtsprechung nur der Unterlassungsanspruch Gegenstand der Klagen bzw. der Verfügungsverfahren. Dies liegt daran, daß den potentiellen Klägern bzw. Antragstellern i.d.R. keine anderen durchsetzbaren Ansprüche zu Gebote stehen. Ein Beseitigungsanspruch dient der Abwehr einer eingetretenen Beeinträchtigung42o • Die Umweltwerbung spricht die Umworbenen an und versucht, deren Bezugsentscheidung zu beeinflussen. Durch solche Werbemaßnahmen werden im Normalfall keine fortdauernden Zustände geschaffen, die beseitigt werden müßten oder könnten. Die Beeinträchtigung liegt hier nur in der Werbewirkung. Lediglich dann, wenn diese Werbewirkung von dauerhaftem Charakter ist, kommt eine Beseitigung in Betracht. Dies wäre allenfalls bei Umweltsponsoring- und Umweltimagekampagnen anzunehmen, die eine langfristige Präferenz der angesprochenen Verkehrskreise bewirken. In diesen Fällen

420

BaumbachIHefermehl, Ein!. Rn.3D7.

1. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

197

käme etwa ein Widerruf unzulässiger Werbeaussagen in Betracht. Allerdings wird es meist ausreichen und ein Anspruch sich darauf beschränken, weitere Werbung dieser Art zu untersagen. Gerade wenn es darum geht, daß der Werbende Äußerungen tätigt, die er so in der Werbung nicht machen darf, könnte ein Widerruf letztlich ftir noch mehr Aufmerksamkeit sorgen und sich somit als kontraproduktiv ftir den Kläger erweisen. Ein Schadenersatzanspruch wegen wettbewerbswidrigen Handeins besteht

da.nn, wenn durch diese Handlung in Rechtsgüter eines Dritten eingegriffen

wird, wobei hier nur Wettbewerber, nicht Letztverbraucher in Frage kommen421 • Als weniger problematisch erweisen sich die Fallkonstellationen, in denen in ein dem Wettbewerber zustehendes, gewerbliches oder wettbewerbliches Leistungsschutzrecht eingegriffen wird oder er in anderen durch seine Leistung geschaffenen Positionen verletzt wird422 • In solchen Fällen kann der Verletzte den Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens, die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr oder die Herausgabe des vom Verletzer erzielten Gewinns verlangen423 • Typisch rur Wettbewerbshandlungen solcher Art ist die feindselige Richtung, die sich im Ausbeuten oder Ausnutzen einer fremden Rechtsposition äußert. Diese ist aber gerade den Formen der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung fremd. Formen der Ausbeutung (z.B. Rufausbeutung) oder auch nur der Behinderung (z.B. negative vergleichende Werbung) treten in der Werbepraxis nicht auf, da die Umweltwerbung dem Werbenden zur Herausstellung des von ihm in Aussicht gestellten oder angepriesenen Umweltvorteils dient424 • Als von der Umweltwerbung verursachter Schaden ftir andere Gewerbetreibende kommt deshalb nur ein entgangener Gewinn in Betracht, der gern. den auch hier anwendbaren Regeln der §§ 249 ffBGB erstattungsfllhig ist425 • Tatsächlich ist denkbar, daß ein unlauter Werbender durch die Werbung die Kundenströme zu seinen Gunsten umleitet und dadurch den Gewinn der Konkurrenten schmälert426 • Für die Ermittlung des Haftungsumfangs ist nach allgemeiner Ansicht auf den Schutzzweck der Norm abzustellen427 • Wettbewerbsverletzungen im Bereich der Umweltwerbung erfolgen, wie oben dargelegt, regelmäßig in Form der irrefiihrenden Werbung oder des Kundenfangs. Bei diesen Normen erfolgt der Wettbewerbsschutz über den Schutz der Kunden. Insoweit ist zunächst fraglich, ob aus solKöhlerlPiper, Vor § 3 Rn.44. BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.381. 423 BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.382 ff. 421

422

424

Vgl. oben BI 1.

KöhlerlPiper, Vor § 13 Rn.51. 426 BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.385. 427 BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.387; KöhlerlPiper, Vor § 13 Rn.46 m.w.N. zur 425

Rechtsprechung.

198

c. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

chen Verletzungen ein Schadenersatzanspruch der Konkurrenten herzuleiten ist. Im Gegensatz zu Wettbewerbsregeln, die direkt den Schutz der Konkurrenten bezwecken, wie etwa die Regeln zur Ausbeutung oder Behinderung, stellt sich der Schutz der Wettbewerber bei der Irreführung und beim Kundenfang eher als Reflex des Kundenschutzes dar. Da das UWG von seinem Schutzzweck sowohl als Konkurrentenschutz wie auch als Schutz der Allgemeinheit und der Verbraucher verstanden wird, kann man auch die Mitbewerber als vom Schutzbereich der Normen zur Irreführung und zum Kundenfang umfaßt ansehen; insoweit wäre ein Schadenersatzanspruch möglich. Problematisch ist in solchen Fällen aber die Ermittlung eines konkreten Schadens. Für die Konkurrenten besteht gegebenenfalls zwar die Möglichkeit über Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche Informationen etwa über Gewinnsteigerungen vom Verletzer zu erlangen. Auch wird über Vermutungsregeln den (möglicherweise) Verletzten der Nachweis des entgangenen Gewinns erleichtert428 . So muß der Anspruchsberechtigte nur darlegen, daß ein Schaden wahrscheinlich ist429 . Bei der Ermittlung der Schadenshöhe hilft die Regelung des § 287 ZPO zur richterlichen Schadensschätzung. Dies enthebt den AnspruchssteIler aber nicht von der Pflicht, Tatsachen vorzutragen, aus denen sich zumindest die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ergibt430 . Bei der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug wird dies besonders schwierig sein, da sich der Schaden wiederum nur aus einer Verletzung des Irreführungsverbots oder den Regeln bez. des Kundenfangs ergeben kann. So kann etwa ein Konkurrent mit Erfolg gegen die Bewerbung von Reinigungsmitteln mit dem Appell "Ha-Ra: Damit Mensch und Natur eine Chance haben!" auf Unterlassung klagen 431 • Für einen Schadenersatzanspruch müßte der Kläger aber darlegen, daß gerade ihm durch diese konkrete Wettbewerbshandlung ein Schaden entstehen konnte, daß also sein Gewinn durch die Werbung des Konkurrenten geschmälert werden konnte. Ein zusätzliches Problem rur die Durchsetzung eventueller Schadensersatzansprüche stellt der Zeitfaktor dar. Ein Schadenersatzanspruch kann nicht durch einstweilige Verfiigung geltend gemacht werden432 . Eine Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs im Klageverfahren gleichzeitig mit einem Unterlassungsanspruch kann zu Verzögerungen des Unterlassungsausspruchs fiihren: Die Klagen werden regelmäßig gern. § 147 ZPO zu verbinden sein; ein Entscheidung über den eilbedürftigen Unterlassungsanspruch durch Teilurteil

BaumbachIHefermehl, Ein!. Rn.379. NirkiKurtze, Rn.400. 430 Melullis, Rn. 1064 ff. 428 429

431

432

OLG Saarbrücken, WRP 1992, S.51O ff.

NirkiKurtze, Rn. 174.

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

199

gern. § 301 ZPO ist dann aber nicht zulässig (§ 300 11 ZP0433 ), die Entscheidung kann erst ergehen, wenn auch die zusätzlichen Fragen zum Schadenersatzanspruch spruchreif sind434 . Der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs nach einem Unterlassungsverfahren steht die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten (§ 21 I UWG) und die Tatsache entgegen, daß die Verfolgung des Unterlassungsanspruchs die Verjährung des Schadenersatzanspruchs nicht hindert435 • Auch dieser Aspekt trägt dazu bei, daß in der Praxis allgemein Schadenersatzklagen selten und bei der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung bisher überhaupt nicht anzutreffen sind. Schließlich bezieht sich die Erweiterung der Prozeßführungsbefugnis gern.

§ 13 11 UWG nicht auf Schadenersatzansprüche, was deren Bedeutung im

Wettbewerbsrecht allgemein noch weiter zurücktreten läßt436 •

Deshalb können sich die folgenden Ausführungen auf die Fragen des Unterlassungsanspruchs beschränken.

b) Die Problematik der Prozeßfohrungsbefugnis Nachdem nun geklärt ist, woran die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Umweltwerbemaßnahmen ohne Produktqualitätsbezug zu messen ist und welche Ansprüche sich daraus ergeben können, soll nun geklärt werden, wer diese Ansprüche unter welchen Voraussetzungen durchsetzen kann. Da, abgesehen von den Fällen der Prozeßstandschaft, die Durchsetzung nur durch den Anspruchsberechtigten erfolgen kann, muß in diesem Zusammenhang auch auf die oben ausgeklammerte, materiell rechtliche Frage der Sachbefugnis eingegangen werden. Einen eigenen Abwehranspruch haben die unmittelbar Verletzten. Dieser ergibt sich nach der ganz herrschenden Meinung bereits aus den verletzten Normen (§§ 1 oder 3 UWG) selbst437 , da die wettbewerbswidrige Handlung sich als verbotener und daher rechtswidriger Eingriff in die Rechtsposition des Verletzten darstelle438 • Die herrschende Meinung verlangt allerdings, daß zwischen dem Verletzer und dem Verletzten ein sog. konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht439 • Dieses Kriterium wird allerdings weit ausgelegt, so daß ThomaslPutzo, § 301 Rn. 1a. Speckmann, Rn.68. 435 Emmerich, S.361 m.w.N. zur Rspr. 436 Emmerich, S.336. 437 KöhlerlPiper, Vor § 13 Rn.39; BaumbacMlefermehl, § 13 Rn.2 je m.w.N. 438 Emmerich, S.340. 439 So z.B. Köhler/Piper, a.a.O.; dagegen mit beachtlichen Gtünden Emmerich, a.a.O. und S.23 ff. 433 434

200

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

bereits eine gegenseitige Behinderung im Absatz ausreicht440 • Da dem unmittelbar Verletzten ein eigener Abwehranspruch zusteht, ergibt sich ohne weiteres auch dessen Prozeßfiihrungsbefugnis. Komplizierter ist die Lage dagegen bei nicht unmittelbar verletzten Konkurrenten, Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen, Verbraucherverbänden sowie den Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern. Da bei diesen durch wettbewerbswidriges Verhalten regelmäßig keine Verletzung eigener Rechtspositionen erfolgt, kann aus den verletzten Normen insoweit kein eigener Anspruch abgeleitet werden. Hier hilft aber § 13 11 UWG weiter, der nach herrschender Ansicht den oben genannten Personen eigene Unterlassungsanspruche einräumt, und dadurch zugleich die Prozeßfiihrungsbefugnis herstellt441 • Uneinigkeit herrscht allerdings bei der Frage, ob auch in diesen Fällen ein Wettbewerbsverhältnis nötig ist. Ein Wettbewerbsverhältnis zwischen Verletzer einerseits und Kammern und Verbänden andererseits ist nicht denkbar. Dagegen verlangt die herrschende Meinung, daß zumindest irgendein abstraktes Wettbewerbsverhältnis vorliegen muß, damit überhaupt (materiellrechtlich) von einer Wettbewerbshandlung gesprochen werden kann. Daß dies bei der umweltbezogenen Werbung regelmäßig der Fall ist, wurde bereits oben dargelegt. Eine weitere Konkretisierung des erforderlichen Wettbewerbsverhältnisses bzw. eine Aufzählung weiterer Voraussetzungen enthalten nun die :für die vier verschiedenen der Gruppen in § 13 11 Nr.1 - 4 aufgezählten Tatbestandsmerkmale. Ob es sich dabei lediglich um Voraussetzungen der Prozeßfiihrungsbefugnis oder aber um Voraussetzungen der Sachbefugnis handelt, soll hier nicht weiter erörtert werden. Im folgenden soll auf diefür die vier verschiedenen Gruppen verlangten Voraussetzungen eingegangen werden, soweit sichfür die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug Besonderheiten ergeben. Gern. § 13 11 Nr.l können Gewerbetreibende einen Unterlassungsanspruch geltend machen, wenn sie Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf dem selben (räumlichen442 ) Markt vertreiben und die angegriffene Handlung geeignet ist, den Wettbewerb auf diesem Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Soweit sich die Voraussetzungen auf die Personen bezieht, soll dadurch eine Beschränkung auf diejenigen Gewerbetreibenden erfolgen, die mit den Auswirkungen der Wettbewerbshandlung selbst in Kontakt kommen können. Dabei wird das nötige abstrakte Wettbewerbsverhältnis zum einen unter dem

K6hlerIPiper, a.a.O. Hirtz, GRUR 1988, S.173 (174). 442 Trotz des unklaren Wortlauts einhellige Ansicht, vgl. KöhlerlPiper, § 13 Rn.13a; Emmerich, S.342. 440

441

I. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener Standpunkt

201

Aspekt der angebotenen Waren und Leistungen eingeschränkt, zum anderen begrenzt das in die Neufassung des Gesetzes von 1994443 aufgenommene Kriterium "auf demselben Markt" das Wettbewerbsverhältnis in räumlicher Hinsicht. Die sachliche Beschränkung des § 13 11 Nr.l kann zu Problemen bei der Beurteilung der Prozeßfiihrungsbefugnis gegen Maßnahmen des Umweltsponsoring führen. Zu unterscheiden sind hier vier verschiedene Personen bzw. Personengruppen: Der Sponsor (z.B. ein Optiker, der mit der Unterstützung eines Artenschutzvereins wirbt444 ), der Gesponserte (z.B. der e. V. Aktionsgemeinschaft Artenschutz), die Konkurrenten des Sponsors (z.B. andere Optiker) und andere Bewerber um Sponsorships (z.B. andere Naturschutzverbände). Nach den Regeln der Kombinatorik ergeben sich daraus zwölf mögliche Anspruchsbeziehungen. Zur Vereinfachung soll fiir die weiteren Ausfiihrungen die Einschaltung eines Dritten zur Publizierung der Sponsorship außer Betracht bleiben. Entsprechend der Themenstellung der Arbeit ist nur auf den Aspekt der Umweltwerbung, d.h. die werbliche Nutzung des Umweltsponsoring einzugehen. Die diesbezüglichen Wettbewerbshandlungen werden vom Sponsor oder dem Gesponserten vorgenommen, so daß im folgenden nur die Ansprüche der jeweils drei anderen Beteiligten gegen diese zwei Personen zu untersuchen sind. Zwischen Gesponsertem und Sponsor besteht ein Vertrag, so daß hier allgemeine zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden können. Auch wird unabhängig davon, daß beide auf unterschiedlichen sachlichen Märkten tätig sind, der von einer unzulässigen Wettbewerbs handlung Betroffene Ld.R. unmittelbar verletzt sein, so daß es auf die Erfordernisse des § 13 11 Nr.l nicht ankommt (so etwa, wenn im obigen Beispiel der Optiker das Logo des e.v. abredewidrig verwendet). Zutreffenderweise sieht die Rechtsprechung (fiir den unmittelbar Verletzten!) das von ihr geforderte Wettbewerbsverhältnis schon darin, daß auch bei fehlender Substituierbarkeit der Güter445 durch die spezielle Art der Werbung der Werbende einen fremden Ruf oder das Ansehen eines Anderen ausnutzt oder sich an fremde Werbung anhängt446. Demnach kann etwa der Gesponserte ohne Berufung auf § 13 11 UWG als unmittelbar Verletzter selbst eigene wettbewerb liehe Ansprüche gegen den Sponsor durchsetzen. Voraussetzung ist allerdings, daß der Verletzte (also der Gesponserte) selbst Änder\Ulgen abgedruckt in WRP 1994, S.593; BGBI I 1994, S.1738. Als Beispiel dient der Fall OLG Stuttgart, WRP 1996, S.628 ff. 44S Bei dem hier zwneist zitierten Beispielsfall "Statt Bhunen ONKO-KatTee", BGH, GRUR 1972, S.553 f, kann allerdings eine Substituierbarkeit darin gesehen werden, daß die Käufer nicht als "Letztverbraucher" kaufen, sondern ein Mitbringsel erwerben, das substituierbar ist. 446 K(jhlerlPiper, Einf Rn. 174 m. w.N. zur Rspr. 443

444

202

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Waren oder Dienstleistungen anbietet447 ; zu rein caritativ handelnden Organisationen kann also kein Wettbewerbsverhältnis bestehen. Als angebotene Dienstleistung des Gesponserten kann aber bereits die entgeltliche Unterstützung der Werbeanstrengungen des Sponsors angesehen werden. Ein Wettbewerbsverhältnis entsteht dann dadurch, daß der Gesponserte in seinem wettbewerblichen Handeln beeinträchtigt wird (so etwa, wenn durch die werbliche Nutzung der Sponsorship der Ruf des Gesponserten geschädigt wird), oder daß ein guter Ruf ausgenutzt wird, den der Gesponserte auch selbst hätte vermarkten können (so etwa, wenn der Sponsor die vertraglichen Grenzen der werblichen Nutzung der Sponsorship überschreitet)448 . Entsprechendes könnte auch für Ansprüche des Sponsors gegen den Gesponserten gelten. Dies ist aber schon deshalb zweifelhaft, weil es für das Wettbewerbsverhältnis gerade auf ein Ausnutzen oder Behindern des Gesponserten durch den Sponsor ankommt, hier sich aber der Sponsor gegen den Gesponserten wehren will. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, wie eine Wettbewerbshandlung des Gesponserten dem Sponsor schaden sollte. Hier werden in erster Linie Ansprüche aus dem Sponsoringvertrag vorliegen. Zweifellos besteht zwischen dem Sponsor und seinen Konkurrenten (im Beispiel also den anderen Optikern) ein Wettbewerbsverhältnis. Demnach sind die Konkurrenten des Sponsors gegen dessen Wettbewerbshandlungen insoweit prozeßfiihrungsbefugt, also insb. gegen die Publizierung der Sponsorship durch den Sponsor selbst. Macht der Gesponserte die Sponsorship öffentlich, liegt hierin eine Handlung zur Förderung des Wettbewerbs des Sponsors. Beim Handeln für fremde Wettbewerbszwecke muß das Wettbewerbsverhältnis allerdings nur zwischen dem Geförderten (nicht dem Handelnden!) und seinem Konkurrenten liegen449 . Daher ist bei Ansprüchen der Konkurrenten des Sponsors gegen Werbemaß nahmen seitens des Gesponserten das zwischen dem Sponsor und seinen Konkurrenten bestehende Wettbewerbsverhältnis ausreichend, um gegen die Handlung des Gesponserten vorgehen zu können (im obigen Beispiel könnten die Konkurrenten des Optikers also gegen eine Werbemaßnahme des e. V. zugunsten des fördernden Optikers klagen). Die Konkurrenten des Gesponserten können gegen die werbliche Nutzung der Sponsorship jedoch nicht vorgehen. Ein Wettbewerbsverhältnis besteht nur zwischen ihnen und dem Gesponserten (im obigen Beispiel also nur zwischen

BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.228 ff, § 1 Rn.541 ff. BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.229 a, b, § 1 Rn.542, allerdings nicht konkretisiert auf das Sponsoring. 449 BaumbachIHefermehl, Einl. Rn.216. 447

448

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203

dem e.v. und anderen, auch wirtschaftlich tätigen Naturschutzverbänden 450 , nicht aber zwischen diesen und den Optikern). Unabhängig davon, wer handelt bzw. die Sponsorship publiziert, kommt es nämlich auf ein Wettbewerbsverhältnis zum Sponsor an, da dessen Wettbewerb gefördert wird. Zur Klarstellung muß darauf hingewiesen werden, daß die Konkurrenten des Gesponserten durchaus gegen Handlungen des Gesponserten oder des Sponsors vorgehen können, wenn diese Handlungen auch den Wettbewerb des Gesponserten fördern. Die Konkurrenten des Gesponserten können sich also etwa dagegen wehren, daß der Gesponserte Mittel aus akzessorischem Sponsoring erhält oder durch Nennung des Gesponserten dessen Ruf und Stellung auf dem Markt für Sponsorships in unlauterer Weise verbessert wird. Diese Aspekte gehören aber bereits nicht mehr in den Bereich der Umweltwerbung. Weiteres Erfordernis für die Prozeßführungsbefugnis bzw. den materiellen Anspruch der nicht unmittelbar verletzten Konkurrenten ist gern. der Neufassung des § 13 11 Nr.I, daß die angegriffene Handlung geeignet ist, den Wettbewerb auf dem betreffenden Markt "wesentlich" zu beeinträchtigen. Diese Regelung, die in Rechtsprechung451 und Literatur452 nicht ohne Kritik geblieben ist, soll den Mißbrauch der Klagemöglichkeit (Verfolgung von Bagatellverstößen aus rein finanziellen Gründen) einschränken453 • Nach der Leitentscheidung des BGH soll es für die Beurteilung der Wesentlichkeit auf die Art und Schwere des Verstoßes ankommen; dabei sind die Umstände des Einzelfalls, ein besonderes Interesse der Allgemeinheit und der Verbraucher, eine besondere Anreizwirkung, die Größe des erzielten Vorsprungs aber auch die Nachahmungsgefahr zu berücksichtigen454. Da die meisten Entscheidungen zur Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug neueren Datums sind, hatten sich die Instanzgerichte auch mit dieser Frage zu beschäftigen. Zum Teil begnügten sie sich damit festzustellen, daß sich eine wesentliche Beeinträchtigung durch die wettbewerbswidrige Handlung bei der Umweltwerbung bereits aus dem Gegenstand der Werbung, also dem Umweltbezug ergebe455 , bzw. daß die Wesentlichkeit beim Umweltsponsoring schon durch die unsachliche Beeinflussung der Kunden gegeben sei 456 • Andere Gerichte beschränken sich nicht auf eine pauschale Bejahung dieses Kriteriums, sondern nehmen eine Einzelfallbetrachtung vor457 • Für die Frage, ob eine wesentliche Beeinträchti450 451

452 453 454 455

456 457

(584).

Ullmann in: Festschrift für Vieregge, S.411 (412). Besonders polemisch: OLG Hamm, WRP 1994, S.838 (840). Borck, WRP 1994 S.349 352). KöhlerlPiper, § l3 Rn.l3b. BGH, GRUR 1995, S.122. KG, WRP 1996, S.750 (753). OLG Stuttgart, WRP 1996, S.628 (632). LG Hamburg, WRP 1996, S.373 (376); OLG Karlsruhe, WRP 1996, S.582

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C. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

gung des Marktes vorliegt, kommt es nicht nur darauf an, welche Wirkung die Werbung auf die angesprochenen Verkehrskreise hat. Hier sind auch Auswirkungen auf die übrigen Marktteilnehmer zu berücksichtigen, etwa ob die Gefahr der Nachahmung besteht. Demnach ergibt sich an dieser Stelle die Gelegenheit zu überprüfen, ob eine Werbemaßnahme wegen ihrer nur geringen unlauteren Beeinflussung tatsächlich eine Untersagung erfordert. Als Differenzierungskrlterium fiir die Beurteilung der Zulässigkeit bzw. der prozessualen Angreifbarkeit bestimmter Werbetypen eignet sich dieses Tatbestandsmerkmal nicht. Denn die Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung wird eher von den Einzelumständen der jeweiligen Werbemaßnahme abhängen, als von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Werbeart. Andernfalls wären bestimmte Werbefonnen grundsätzlich einer gerichtlichen Kontrolle durch nicht unmittelbar Verletzte entzogen und es entstünden faktisch zwei verschiedene Kategorien der Sittenwidrigkeit. Das Kriterium der Wesentlichkeit kann deshalb nicht als genereller Beurteilungsmaßstab fiir Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug eingesetzt, sondern lediglich als Spürbarkeitserfordernis verstanden werden. Unter den Voraussetzungen des § 13 11 Nr.2 sind auch die rechtsfähigen Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen prozeßführungsbefugt. Neben einem entsprechenden Verbandszweck, einer angemessenen finanziellen und sachlichen Ausstattung zur Wahrnehmung der satzungsmäßigen Aufgaben, muß dem Verband auch eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehören458 • Für diese Gewerbetreibenden gelten die unter § 13 11 Nr.1 genannten Voraussetzungen, so daß insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Entsprechendes gilt fiir die Kammern nach § 13 11 Nr.4 459 • Den Verbraucherschutzverbänden gewährt § 13 11 Nr.3 die Prozeßführungsbefugnis und eigene Unterlassungsansprüche bei Verstößen gegen die §§ I, 3, 4, 6 bis 6c, 7 und 8 UWG. Ein Verstoß gegen § 1 kann von Verbraucherverbänden allerdings nur dann verfolgt werden, wenn dadurch wesentliche Belange der Verbraucher berührt werden. Die Frage, ob dies erfordert, daß eine größere Zahl von Verbrauchern betroffen ist460 , ist fiir den Bereich der Umweltwerbung nicht entscheidend, da regelmäßig eine Massenumwerbung vorliegt, die sich an eine Vielzahl von Verbrauchern richtet. Eine Berührung wesentlicher Belange ist gleichfalls regelmäßig anzunehmen, da die möglichen Verstöße in die Kategorie des Kundenfangs einzuordnen sind, und daher die Entscheidungsfreiheit bzw. die Entscheidungsmöglichkeiten der Verbraucher tangiert werden. Hier verlangt das Gesetz, anders als fiir die Mitbewerber,

Vgl. dazu K6hlerlPiper, § 13 Rn. 14 t1 Emmerich, S.351. 460 So BaumbachIHefennehl, § 13 Rn.43; dagegenK6hlerlPiper, § 13 Rn.2I. 4S8

459

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

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keine wesentliche Beeinträchtigung, sondern nur eine Berührung wesentlicher Interessen. Voraussetzung ist aber in jedem Fall, daß der Verbraucherschutzverband die satzungsmäßige Aufgabe hat, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen und dies auch tut. Der Umweltschutz liegt im Interesse der Allgemeinheit und damit auch im Interesse der Verbraucher, er ist dadurch aber noch kein spezielles Verbraucherinteresse. Entsprechend des Schutzzwecks des UWG muß das Verbraucherinteresse marktbezogen sein, d.h. es geht um die Interessen, die Verbraucher als Marktteilnehmer haben, insb. Interesse an Markttransparenz und Produktkenntnis oder am Schutz vor Täuschung und Übervorteilung461 • Soweit es um den Umweltschutz als Artenschutz, Naturschutz, Tierschutz etc. an und für sich geht, liegt noch kein verbraucherspezifisches Interesse vor. Demnach können also nicht etwa alle nach § 29 11 BNatSchG anerkannten Verbände als Verbraucherverbände angesehen werden. Haben sich diese jedoch zumindest auch das Ziel gesteckt (und in der Satzung festgeschrieben), den Umweltschutz durch Beratung und Aufklärung der Verbraucher voranzutreiben, so kann ihnen auch eine Prozeßfiihrungsbefugnis gern. § 13 UWG zustehen. Dies hat auch das OLG Hamburg im Grundsatz in einem Fall anerkannt, in dem die Umweltorganisation "Greenpeace" gegen eine Umweltwerbemaßnahme vorging462 • Letztlich verneinte das Gericht aber die "Klagebefugnis", da der Antragsteller die satzungsmäßigen Ziele nicht tatsächlich durch Aufklärung und Information der Verbraucher betrieben habe, er habe sich alleine auf Umweltgesichtspunkte beschränkt, ohne einen Marktbezug herzustellen. Aus der Entscheidung geht hervor, daß der Antragsteller zu seinen diesbezüglichen Aktivitäten durchaus etwas vorgetragen hat, was allerdings vom Gericht als zu pauschal und zu wenig substantiiert angesehen wurde. Hier sollten die Anforderungen allerdings nicht überspannt werden, da es durchaus sinnvoll ist, den Sachverstand dieser Verbände auch in Wettbewerbsverfahren nutzbar zu machen. Unter den oben genannten Einschränkungen ist also auch Naturschutzverbänden die Prozeßfiihrungsbefugnis als Verbraucherverbänden LS.d. § 13 11 Nr.4 eingeräumt. c) Die Probleme bei der Tatsachenfeststellung

Die Realprobleme und rechtstatsächlichen Eigenheiten der Umweltwerbung führen auch hinsichtlich der Fragen, welche Tatsachen erheblich sind und wer

461 462

K6hlerlPiper, § 13 Rn.23.

OLG Hamburg, NJW 1993, S.1867 (1868).

206

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

die Beweislast bzw. die Last der Glaubhaftmachung trägt, zu besonderen Problemen. Eine Erleichterung der Glaubhaftmachung eines (Unterlassungs-) Verfiigungsgrundes bietet die Vermutungsregel des § 25 UWG463 . Die Glaubhaftmachung des Verfiigungsanspruchs wird dadurch erleichtert, daß die Besorgnis einer weiteren Beeinträchtigung vermutet wird, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, daß bereits ein Wettbewerbsverstoß stattgefunden hat464 • Daher ergeben sich für die Frage der Glaubhaftmachung des Verfiigungsanspruchs hauptsächlich die Probleme, die auch im Rahmen des Klageverfahrens beim Beweis der Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs auftreten. Deshalb soll im weiteren nicht zwischen dem Verfiigungs- und dem Klageverfahren differenziert werden. Aus den bisherigen Darlegungen ergibt sich, daß eine interessengerechte lauterkeitsrechtIiche Beurteilung umweltbezogener Werbung nur erfolgen kann, wenn neben den Tatsachen, die eine Wettbewerbshandlung selbst betreffen, auch die rechtstatsächlichen Umstände und Realprobleme berücksichtigt werden, die auf seiten der Werbenden und der Umworbenen von Bedeutung sind. Beispielsweise ergibt sich aus dem Charakter des Umweltvorteils als positivem externen Effekt zwangsläufig ein Ansprechen der Gefühle der Umworbenen; aus dieser Gefühlsansprache alleine kann aber nicht auf ein Ausnutzen derselben geschlossen werden. Die Tatsache, daß Umweltvorteile sich der eigenen Erfahrbarkeit der Umworbenen entziehen, läßt die Verbraucher nach Signalen der Glaubwürdigkeit suchen, die vom Werbenden beispielsweise durch Maßnahmen des Umweltsponsoring gesetzt werden können. Wie gezei~, bewirken auch Komplexität und Relativität des Umweltvorteils den Einsatz bestimmter Werbernaßnahmen. Diese Tatsachen und Zusammenhänge müssen aber auch in das Wettbewerbsverfahren einbezogen werden, wenn eine interessengerechte Lösung gefunden werden soll. Dazu müssen diese Tatsachen in das Wettbewerbsverfahren eingeführt werden. Denn juristische Wertungen können nicht besser ausfallen, als es die Kenntnis der bewerteten Verhältnisse gestattet465 • Zur Einbeziehung der rechtstatsächlichen Umstände und Zusammenhänge sind nicht nur die diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen nötig, vielmehr muß das Gericht zunächst von der Erheblichkeit dieser rechtstatsächlichen Umstände überzeugt werden. Soweit sich rechtstatsächliche Zusammenhänge als Regeln der Lebenserfahrung oder der Sach- und Fachkunde darstellen, handelt es sich um sog. Erfahrungssätze. Erfahrungssätze unterliegen dem Untersuchungsgrundsatz

463 464

465

BaumbachIHefermehl, § 25 Rn. I. Allg. Ansicht vgl. Nirk/Kurtze, Rn.218 m.w.N. Röhl, S.16.

I. RechtsprechWlg, Literatur Wld eigener Standpunkt

207

und der Revision466 , so daß die Parteien insoweit nicht alleine dem Wohlwollen des erkennenden Gerichts ausgeliefert sind. Die Parteien sollten sich allerdings nicht auf die mehr oder weniger subjektive, mehr oder minder umfassende, auf jeden Fall aber unkontrollierte Lebenserfahrung der Richter verlassen467 • Im Interesse der jeweils beweispflichtigen Partei liegt es vielmehr, auch darauf hinzuweisen, welche rechtliche Bedeutung den einzelnen Umständen und Zusammenhängen zukommt. So sollte im Zuge der Interessenabwägung bei § 3 UWG nicht nur auf ein bestehendes Verbotsgegeninteresse hingewiesen, sondern auch erläutert werden, woraus dies resultiert. Für das Vorliegen einzelner Tatsachen, die unter rechtstatsächlichen Aspekten von Bedeutung sein können, sind die Parteien nach den allgemeinen Regeln bzw. den Sonderregeln des Wettbewerbsverfahrens468 beweispflichtig. So müßte etwa der Werbende die Tatsachen beweisen, die ein besonderes Verbotsgegeninteresse begründen. Der täuschend Werbende wird sich aber nicht immer zu entlasten haben, sondern der Kläger wird - wenn gegenläufige Interessen im Raum stehen - seinerseits darzulegen und zu beweisen haben, daß eine Interessenabwägung ein Verbot rechtfertigt, was zu erheblichen Auswirkungen auf die Beweislast fUhren kann469 • Auch rur die Frage der Sittenwidrigkeit ist es wichtig, die relevanten Rechtstatsachen vorzutragen. Für einen Umweltsponsor, dessen Werbemaßnahme unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit angegriffen wird, wird es entscheidend darauf ankommen, daß er dem Gericht etwa auch die informationsökonomischen Aspekte seines Handeins verständlich macht. Eine :fiir die Umweltwerbung (auch ohne Produktqualitätsbezug) wichtige Umkehrung der Beweislast gilt rur fachlich umstrittene Behauptungen und wissenschaftliche Meinungen47o . Solche Behauptungen finden sich oft zumindest indirekt in Werbeaussagen, z.B. bei der Umweltimagewerbung oder der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen. Durch die Verwendung der umstrittenen Behauptung (ohne Hinweis auf eine Gegenmeinung) macht sich der Werbende diese zu eigen und muß deren Richtigkeit im Streitfall beweisen. Dies kann rur den Werbenden zu einem erheblichen Risiko ruhren, da im Bereich der Ökologie der Erkenntnisfortschritt nur durch Versuch und Irrtum erfolgen kann und gewonnene Erkenntnisse jederzeit falsifiziert, nie aber endgültig verifiziert werden können. Dies zeigt sich beispielhaft an der Diskussion über Einweg- und Mehrwegverpackungen oder die Umweltfreundlichkeit von FCKW-Ersatzstoffen. Neue Entwicklungen auf dem Gebiet ökologisch

466 467 468

469 470

ThomaslPutzo. Vor. § 284 Rn.6b.

RÖhl. S.l3.

Vgl. hierzu eingehend Nirk/Kurtze. Rn.398 ff. Traub in: Festschrift für Nirk. S.1017 (1032) zu § 3 UWG. KöhlerlPiper, § 3 Rn.379.

208

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

ausgerichteter Produktion und Produkte lassen sich auf dem Markt aber nur durchsetzen, wenn auch mittels Werbung auf sie hingewiesen wird. In diesen Fällen wird der Beweis der in der Werbung verwendeten wissenschaftlichen Behauptungen schwierig sein. Hier könnten Ökobilanzen helfen, die nachprüfbare Informationen über Produkt, Herstellung oder Produktionsstätten enthalten. Ein Rückgriff auf solche Ökobilanzen, wie insb. von Federhoff-Rink gefordert471 , ist derzeit aber noch nicht möglich, da es noch an allgemein anerkannten Kriterien zu ihrer Aufstellung mangelt. Eine gewisse Entschärfung des Problems ergibt sich aber daraus, daß die Rechtsprechung nur auf den Stand der Forschung zur Zeit der Urteilsfindung abstellen muß und nicht zu prognostizieren braucht, ob eine bestimmte wissenschaftliche Aussage auch in Zukunft haltbar sein wird. d) Die Sanktionsmöglichkeiten in Fällen umweltbezogener Werbung ohne Produktqualitätsbezug Das Wettbewerbsrecht bietet sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Sanktionsmöglichkeiten. Die Straftatbestände (§§ 4, 6c, 12, 15, 17, 18 und 20 UWG) und Ordnungswidrigkeiten (§ 6 11 UWG, § 11 RabattG und § 3 ZugabeVO) spielen in der Praxis allerdings nur eine untergeordnete Rolle412 • Für die Umweltwerbung kommen ohDehin nur die strafbare irreftihrende Werbung nach § 4 UWG und Verstöße gegen die ZugabeVO oder das RabattG in Betracht. Obwohl es sich gerade bei der Vorschrift des § 4 UWG um ein Offizialdelikt handelt473 , hatte die Überlastung der Staatsanwaltschaften zur Folge, daß bei Verstößen auf den über § 374 I Nr.7 StPO eröffneten Privatklageweg verwiesen wurde474 • Das mit der Privatklage verbundene Kostenrisiko und die Schwierigkeit des Nachweises des in diesen Fällen notwendigen Vorsatzes lassen diese Vorgehensweise wenig attraktiv erscheinen. Wie oben bereits dargelegt, ist auch die Geltendmachung von Schadenersatzforderungen im Wettbewerbsprozeß problematisch und in der Praxis soweit ersichtlich im Bereich der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug noch nicht vorgekommen. Daher bleibt es für die unmittelbar Verletzten und die durch § 13 11 UWG Berechtigten beim Unterlassungsanspruch. Dies ist allerdings in den Fällen, in denen der Werbende das Umweltbewußtsein anspricht, ohne tatsächlich einen Umweltvorteil zu gewähren, unbefriedigend. Durch die Tatsache, daß es sich beim Umweltvorteil um eine VertrauenseigenFederhofJ-Rink,8.224 ff. Emmerich, 8.362. 473 Emmerich, 8.362. 474 Nordemann, Rn. 648. 471

472

I. Rechtsprechung, Literatur und eigener Standpunkt

209

schaft handelt, die der eigenen Erfahrbarkeit der Kunden entzogen ist, ist es den Werbenden möglich, alleine durch die Werbung und ohne einen eigenen Umweltbeitrag seinen Gewinn wesentlich zu steigern. Da ein Abschöpfen dieses Gewinns etwa durch Schadenersatzklagen in der Praxis nicht möglich ist, muß wenigstens fiir eine effektive Durchsetzbarkeit der Unterlassungsansprüche gesorgt werden. Bei der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug beruht die Unlauterkeit regelmäßig auf einer Irreführung der Kunden oder Maßnahmen des Kundenfangs. Daher sind die Kunden von solchen Maßnahmen besonders betroffen. Neben die Sanktionsmöglichkeiten, die das Wettbewerbsrecht bietet, könnte ein Kundenschutz aber auch durch Ansprüche der einzelnen Kunden gegen den unlauter Werbenden treten. Damit wäre zwar keine direkte Sanktion gegen das (wettbe-) werbliche Verhalten, wohl aber eine Möglichkeit des Kundenschutzes gegeben. Jedoch wird sich ein Rücktrittsrecht nach § 13 a UWG nur in den seltensten Fällen ergeben, da der dazu notwendige Nachweis einer strafbaren irreführenden Werbung gern. § 4 kaum zu führen ist. Auch Gewährleistungsansprüche dürften sich kaum ergeben, da das insoweit einschlägige Leistungsstörungsrecht fiir nicht produktqualitätsbezogene Umstände kaum Regelungen enthält und die Rechtsprechung etwa bei der Annahme einer Zusicherung von Eigenschaften durch Werbeankündigungen eher zurückhaltend ist. Wird ein Kunde beispielsweise durch einen unzutreffenden Sponsorenhinweis zu einem Kauf veranlaßt, so wird sich weder ein Rücktrittsrecht noch ein Anspruch (des Kunden) auf tatsächliche Leistung des Sponsors an den angeblich Gesponserten ergeben. Da es an bürgerlichrechtlichen Kundenschutzmöglichkeiten fehlt, kann der Kundenschutz nur über die wettbewerbsrechtlichen Sanktionen erfolgen. Auch hieraus ergibt sich, daß die Unterlassungsansprüche der Verbraucherschutzverbände von besonderer Wichtigkeit sind. Dies legt nahe, die Anforderungen insb. des § 13 II Nr.3 nicht zu eng auszulegen und etwa keine zu hohen Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal der Aufklärung und Beratung zu stellen, damit auch Umweltverbände als Verbraucherverbände eine Klagemöglichkeit haben. Insoweit kann daher der oben erwähnten Entscheidung des OLG Hamburg nicht gefolgt werden475 •

475

OLG Hamburg, NJW 1993, S.1867 (1868).

14 Ewer!

210

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

11. Der Einfluß des europäischen Gemeinschaftsrechts auf die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug Wie im rechtstatsächlichen Teil der Arbeit bereits angedeutet, ergeben sich besondere Schwierigkeiten daraus, daß die Schutzfunktionen des nationalen Wettbewerbsrechts mit dem im EGy476 festgeschriebenen Ziel des Binnenmarktes in Einklang gebracht werden müssen. Beispielsweise kann die Bewerbung eines "parallel importierten" Kraftfahrzeuges mit dem Hinweis auf einen vergleichsweise günstigeren Preis als unlauter angesehen werden, wenn nicht zugleich auf die geringere Ausstattung hingewiesen wird 477 • Andererseits ist es fiir die Schaffung eines Binnenmarktes nötig, gerade solche Parallelimporte zu erleichtern und deshalb diejenigen Bestimmungen der nationalen Rechtsordnungen sehr restriktiv auszulegen, die Parallelimporte erschweren. So hat der EuGH im Fall Nissan478 entschieden, daß eine solche Bewerbung zulässig sein muß. In einem anderen Fall entschied der EuGH479 , daß der Vertrieb von Kosmetika unter der Marke "Clinique" nach deutschem Recht nicht untersagt werden durfte, auch wenn ein von der nationalen Rechtsprechung fiir erheblich gehaltener Anteil der angesprochenen Verbraucher dem Produkt zu Unrecht medizinische Wirkung zumessen könnte. Denn sonst hätte das betroffene Unternehmen die Waren, die in anderen Staaten der Gemeinschaft im freien Verkehr sind, anders verpacken und bewerben müssen, was gerade eine bestehende Trennung der verschiedenen europäischen Teilmärkte perpetuiert hätte. Diese Beispiele480 zeigen, daß fiir eine lauterkeitsrechtliche Beurteilung von Wettbewerbshandlungen aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht zusätzliche Aspekte berücksichtigt werden müssen. Dabei wird das nationale Lauterkeitsrecht keineswegs wettbewerbsfremden Politikinteressen untergeordnet. Auch das Gemeinschaftsrecht geht von einem System des unverfälschten Wettbewerbs aus (Art.3 g EGV). Die Verfolgung der gemeinschaftsrechtlichen Zielvorgaben muß deshalb im Einklang mit diesem Wettbewerbssystem stehen. Die Ausrichtung auf einen gemeinsamen Binnenmarkt fiihrt jedoch dazu, daß den Schwierigkeiten fiir den grenzüberschreitenden Waren- und Dienstlei476 Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft wurde durch den Vertrag von Maastricht in Europöische Gemeinschaft, der EWGV in EGV umbenannt; EG, Montanunion und Euratom werden zusammen mit den neu eingefilluten Politiken und Formen der Zusammenarbeit als Europäische Union bezeichnet. Die folgenden Ausftlhrungen beschränken sich auf den Bereich der EG. 477 BGH, WRP 1992,8.165. 478 EuGH, GRUR 1993,8.951 f. 479 EuGH, WRP 1994, 8.380 ff. 480 Zum jeweils aktuellen 8tand der Rechtsprechung des EuGH siehe Mathieslvon Borries in: GrabjtzIHilf Art. 30 Rn.40; Peter-Christian Müller-Graffin: GfTlE Art.30 Rn.57 ff.

II. Europäisches Gemeinschaftsrecht

211

stungsverkehr entgegengetreten werden muß. Daraus ergibt sich aber keine Denaturierung des nationalen Wettbewerbsrechts, sondern lediglich eine Akzentverschiebung. Auch wurde bereits darauf hingewiesen, daß eine Trennung zwischen europäischem Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht der supranationalen Struktur des Gemeinschaftsrechts nicht gerecht wird. Der hier gewählte Aufbau stellt deshalb nur einen Kompromiß zwischen Verständlichkeit der Darstellung und Dogmatik dar. Dies erfordert aber zunächst einige Hinweise zum Verhältnis des Gemeinschaftsrecht zum nationalen Recht allgemein. Natürlich kann hier keine umfassende Darstellung oder gar Diskussion dieser Problematik erfolgen. Vielmehr sollen nur kurz die Grundlagen aufgezeigt werden, die für die Beziehung zwischen deutschem Lauterkeitsrecht und Gemeinschaftsrecht entscheidend sind481 . Dabei handelt es sich um die Fragen, welche Regeln des Gemeinschaftsrecht unmittelbar gelten und wem gegenüber sie gelten, sowie um die Frage, welche Rolle die Normen spielen, die nicht unmittelbar zwischen den Marktbürgern gelten. Der vom EuGH postulierte Vorrang des Gemeinschaftsrechts482 wird inzwischen auch von den Gerichten der Mitgliedstaaten anerkannt483 . Das nationale Recht ist also nur soweit anwendbar, wie es mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Aus der supranationalen Qualität des Gemeinschaftsrechts ergibt sich, daß dieses nicht nur die an den Gründungs- und Beitrittsverträgen beteiligten Mitgliedsstaaten als Völkerrechtssubjekte bindet, sondern auch Rechte und Pflichten für und gegen Privatpersonen auslösen kann, ohne daß es staatlicher Transformationsakte bedarf'84. Eine unmittelbare Wirkung entfalten einige Vertragsbestimmungen 485 sowie gern. Art. 189 Unterabschnitt 2 EGV die Verordnungen. Nach der Rechtsprechung des EuGH kommt unter bestimmten Umständen auch den Richtlinien gern. Art.189 Unterabsatz 3 EGV eine unmittelbare Wirkung ZU486. Damit ist zunächst geklärt, welche Regelungen unmittelbare Wirkung haben, d.h. ohne Transformationsakte Wirkung entfalten. Problematisch ist allerdings die Frage, wem gegenüber diese Regelungen wirken. 481 Grundlegend zu dieser Problematik Reese, der jedoch noch nicht die "Keck"Entscheidung berücksichtigt. 482 EuGH, Slg. 1962, S.l251 f1 "CostalENEL". 483 So z.B. BVerfGE 1973 S.339 ff. "Solange II " . 484 BeutlerlBieberlPipkornlStreil. S.94. 485 BeutlerlBieberlPipkornlStreil. S.207. 486 Bleckmann. Rn.433 ff.

14'

212

C. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

Eine unmittelbare Wirkung kann sich sowohl vertikal, also zwischen Mitgliedsstaat und Bürger, als auch horizontal zwischen den Bürgern ergeben. Eine unmittelbare Wirkung horizontaler Art kommt den Verordnungen zu. Diese gelten wie nationale Gesetze. Auch einige Vertragsbestimmungen, die sich direkt an die Bürger wenden, haben eine solche Wirkung, wie etwa Art. 85 11 EGV, der privatrechtliche Verträge, die gegen Abs.l verstoßen, fiir nichtig erklärt. Die meisten Bestimmungen des Vertrages sowie alle Richtlinien sind allerdings an die Mitgliedsstaaten gerichtet. Ihnen kommt nur eine vertikale Wirkung zu. Dies gilt nach der Rechtsprechung des EuGH487 auch fiir die Richtlinien, die die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, bestimmte Regelungen in nationale Gesetze umzuwandeln. Zwar können sich die Marktbürger gegenüber dem Staat u.U. auf Richtlinien berufen, auch wenn diese nicht umgesetzt wurden; gegenüber anderen Privatpersonen gilt dies aber nicht. So konnte eine Konsumentin aus der Richtlinie über Haustürgeschäfte, die von Italien damals nicht umgesetzt worden war, kein Rücktrittsrecht gegenüber ihrem Vertragspartner herleiten488 . Ihr verblieb nach der Rechtsprechung des EuG~89 nur die Möglichkeit, den Staat Italien auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen. Auch unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes, der inzwischen durch Art. 129 a im EGV verankert wurde, hält der EuGH an dieser Rechtsprechung fest und läßt keine (unmittelbare) horizontale Wirkung der Richtlinien ZU490 . Wichtig ist aber auch der Einfluß der Normen, die nur eine vertikale unmittelbare Wirkung haben. Die Gerichte sind nämlich als Teil der öffentlichen Gewalt an diese Regeln gebunden und müssen diese bei der Rechtsprechung beachten. Dies zwingt die deutschen Gerichte zu einer "europakonformen"491 oder gemeinschaftskonformen Auslegung, soweit das Gemeinschaftsrecht unmittelbar wirkende Regeln auf diesem Gebiet enthält. So gelten Richtlinien als Auslegungsmaßstab fiir die nationalen Transformationsgesetze, selbst wenn die als Transformation fungierenden Gesetze bereits vor der Richtlinie erlassen wurden492 . Die Grenze fiir die gemeinschaftskonforme Auslegung ist allerdings dort erreicht, wo das nationale Recht keinen Auslegungsspielraum mehr läßt493 . Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Richtlinien überhaupt Bleckmann. Rn.415. EuGH, 81g. 1994, 8.3347 ff. ("Dori"). 489 EuGH, 81g. 1991, 8.5357 ff. "Franvovich", konkretisiert durch EuGH, EuZW 1996, 8.205 ff. "Pecheur" . 490 EuGH, EuZW 1996, 8.236 f. "Corte Ingles" bez. der Verbraucherkreditrichtlinie. 491 Borck, WRP 1994,8.15 ff. 492 EuGH, 81g. 1990,8.4135 (4159) "Marleasing". 493 EuGH, 81g. 1984,8.1891 (1901) "Von Colson". 487 488

II. Europäisches Gemeinschaftsrecht

213

nicht umgesetzt wurden und das nationale Recht keine Ansatzpunkte für eine Auslegung zuläßt494 (andernfalls käme man auf diesem Wege doch zu einer unmittelbaren horizontalen Wirkung der Richtlinie495 ). Von besonders großer Bedeutung sind hier auch die zumindest horizontal unmittelbar wirkenden Grundfreiheiten des EGV, insbesondere die Warenverkehrsfreiheit des Art.30 und die Dienstleistungsfreiheit des Art.59. Bei der Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts durch die nationalen Gerichte muß darauf geachtete werden, daß dies mit den Normen des EGV, insbesondere also auch mit den Grundfreiheiten vereinbar ist. Das Auslegungsmonopol für alle Normen des Gemeinschaftsrechts liegt beim EuGH. Gern. Art 177 II EGV können bzw. müssen (Abs.3) die nationalen Gerichte in Zweifelsfällen dem EuGH Auslegungsfragen vorlegen. Die Anwendung des nationalen Rechts obliegt aber weiterhin nur den nationalen Gerichten. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts sowie der gemeinschaftskonformen Auslegung wird dabei auch auf nationaler Ebene abgesichert. So gilt der EuGH im Fall der Vorlagepflicht nach Art. 177 III EGV als gesetzlicher Richter LS.d. Art.IOI 12 GG, eine Nichtvorlage kann daher auch mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden496 . Zusammenfassend ergibt sich folgendes Zwischenergebnis: Einerseits gilt das Gemeinschaftsrecht, soweit ihm unmittelbare Wirkung zukommt, direkt wie nationales Recht. Andererseits wirkt das Gemeinschaftsrecht, indem es das anzuwendende nationale Recht durch den Zwang zu gemeinschaftskonformer Auslegung modifiziert. Nachdem nun die grundsätzlichen Einwirkungsmechanismen des Gemeinschaftsrechts auf das Privatrecht dargestellt sind, soll der Blick zunächst auf die Beziehung zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Lauterkeitsrecht allgemein und sodann auf die konkreten Auswirkungen für die Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug gerichtet werden. Zur Verdeutlichung der Darstellung soll in einem allgemeineren Teil vom Gemeinschaftsrecht als Quelle der Beeinflussung ausgegangen werden. Dazu soll zunächst nur gezeigt werden, wie die verschiedenen Normen des Gemeinschaftsrecht (Verordnungen, Richtlinien und Primärrecht) auf das nationale Lauterkeitsrecht einwirken und in welche Richtung diese Einwirkung zielt, ohne aber die konkreten Auswirkungen auf das Lauterkeitsrecht darzustellen. So etwa in den Fällen "Dori" a.a.O. und "Corte Ingles" a.a.O. Dies schlägt allerdings Generalanwalt Lenz in seinem Schlußantrag in der Rechtssache "Dor" vor, EuGH, Slg. 1994, S.3328 ff. 496 BVerfG, NJW 1988, S.1456 ff. 494 495

214

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Im darauffolgenden Teil ist dann von den für die Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug relevanten Bereichen des materiellen, nationalen Lauterkeitsrechts (also §§ 1 und 3 UWG) als Zielpunkt der Beeinflussung auszugehen. Auf diese Normen bzw. deren Tatbestandsalternativen beschränkt soll untersucht werden, welche inhaltlichen Änderungen das Gemeinschaftsrecht bewirkt und welche Folgen dies für die Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug konkret hat. Gleichzeitig soll überprüft werden, ob die gemeinschaftsrechtlichen Argumentationsansätze auch dort überzeugen können, wo kein zwingendes Erfordernis einer gemeinschaftskonformen Rechtsanwendung besteht. 1. Das Lauterkeitsrecht als Gegenstand des europäischen Gemeinscbaftsrecbts und die Beziehungen zwischen dem europäischen Gemeinscbaftsrecbt und dem deutschen Lauterkeitsrecht im allgemeinen Nun soll untersucht werden, welche Regelungen des Gemeinschaftsrecht den Bereich des deutschen Lauterkeitsrechts betreffen und wie das Gemeinschaftsrecht das deutschen Lauterkeitsrechts beeinflußt. Entsprechend der obigen Darstellung soll dabei zwischen Regelungen unterschieden werden, die unmittelbar auf die Beteiligten anwendbar sind und solchen, die das anzuwendende nationale Recht modifizieren. Wie oben gezeigt, hängt die unmittelbare Wirkung von Richtlinien auch davon ab, ob sie das Verhältnis zwischen Bürgern oder zwischen Bürger und Staat betreffen. Denn staatliche Stellen müssen auch nicht umgesetzte Richtlinien unmittelbar gegen sich gelten lassen. Das deutsche Lauterkeitsrecht ist als Privatrecht ausgestaltet497 , Zuordnungssubjekte sind daher in erster Linie die nicht hoheitlich handelnden Marktteilnehmer. Andererseits können aber auch staatliche Stellen sich am Wettbewerb beteiligen oder gar gegen Wettbewerbshandlungen einschreiten, nämlich die in § 13 11 Nr.4 UWG genannten, öffentlich-rechtlich verfaßten Karnmern498 oder die Staatsanwaltschaft im Rahmen des wettbewerbsrechtlichen Nebenstrafrechts. In diesen Fällen ist auch eine direkte Wirkung von nicht umgesetzten Richtlinien denkbar. Der Rechtsprechung des EuGW 99 , auf die es in diesem Zusammenhang ankommt, ist zu entnehmen, daß der Begriff des Staates weit auszulegen ist, damit dieser nicht durch eine Flucht ins Privatrecht seinen gemeinschaftsrechtlichen Pflichten entgehen kann.

497 498

499

Emmerich, S.28. KöhlerlPiper, § 13 Rn.27.

Nachweise bei EuGH, Slg. 1994, S.3328 (3336 fT.) "Dori".

ll. Europäisches Gemeinschaftsrecht

215

Im Regelfall, auf den sich die folgenden Ausfiihrungen beschränken sollen, handeln im Bereich des Wettbewerbs private Marktteilnehmer bzw. Prozeßbeteiligte, zwischen denen keine unmittelbare Wirkung nicht umgesetzter Richtlinien eintritt. Die Richtlinien sollen daher, trotz der hier vorzunehmenden Einschränkung, als Regeln ohne unmittelbarer horizontale Wirkung behandelt werden. Eine unmittelbare horizontale Wirkung kommt insoweit nur Verordnungen oder Regeln des Primärrechts zu. a) Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen mit unmittelbarer Wirkung auf die Wettbewerbsteilnehmer und ihr Einfluß auf das deutsche Lauterkeitsrecht im allgemeinen Aufgabe der EG ist gern. Art.2 EGV die Errichtung eines gemeinsamen Marktes, zu dem gern. ArtJ lit.g auch ein System gehört, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schützt. Während der EGV selbst in den Art.85 ff Regelungen zum Kartellrecht enthält, findet sich keine ausdrückliche primärrechtliche Normierung des Rechts des unlauteren Wettbewerbs. Mangels einschlägiger Regeln scheidet eine horizontale Wirkung des Primärrechts aus; der EGV ist fiir die Rechtsbeziehungen der Wettbewerbsteilnehmer insoweit nicht unmittelbar anwendbar. Von unmittelbarer Wirkung können aber sekundärrechtliche Verordnungen sein. Die Rechtsangleichung auf dem Gebiet des Lauterkeitsrechts durch den Erlaß von Sekundärrecht gestaltete sich als schwierig. Zum einen wurden mit Großbritannien und Irland Mitgliedsstaaten aufgenommen, deren Rechtssystemen der Begriff der "unfair competition" weitgehend fremd ise oo . Zum anderen hat eine Akzentverschiebung in der EG dazu gefiihrt, daß der Verbraucherschutz in den Mittelpunkt gerückt und nicht mehr in Zusammenhang mit der Angleichung des Wettbewerbsrechts verfolgt wurde 50I . Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Einfiihrung des Art.129a ("Verbraucherschutz") in den EGV und in der Zuordnung des Lauterkeitsrechts zur Generaldirektion XXIV (Geschäftsbereich "Verbraucherschutz"). Die Ergebnisse der Rechtsangleichung über Sekundärrecht bestehen im Erlaß verschiedener Verordnungen und Richtlinien. Im Bereich des Verbraucherschutzes betreffen sie Verbraucherinformation, -erziehung und -repräsentation, Schutz von Gesundheit und Sicherheit, sowie Transaktionssicher-

500 501

Reese, S.21. Beater, ZEuP 1996, S.200 (226).

216

C. Lauterkeitsrechtliehe Beurteihmg

heit bzw. den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher502 . Aber auch in anderen Tätigkeitsbereichen der Gemeinschaft wurden sekundärrechtliche Normen mit Bezug zum Lauterkeitsrecht erlassen (z.B. die Rundfunkrichtlinie). Die hier zu erörternden Verordnungen betreffen nicht das Lauterkeitsrecht allgemein, sondern ein Sammelsurium verschiedener Einzeltatbestände. Zumeist handelt es sich um Kennzeichnungsregelungen für bestimmte Produkte, hauptsächlich Lebensmittel. Da diese Verordnungen nicht selbst zivilrechtliche Sanktionen für Verstöße vorsehen, liegt die lauterkeitsrechtliche Problematik dieser Bestimmungen in der Frage, ob ein Verstoß hiergegen eine Form des nach § 1 UWG zu untersagenden Rechtsbruchs ist, insbesondere, ob hierzu noch das Vorliegen eines wettbewerblichen Vorsprungs erforderlich ist503 . Zum Teil enthalten die Verordnungen auch eigene Irrefiihrungsverbote (z.B. Art.16 11 der UmweltzeichenV0504 ). Dabei kommt den Verordnungen Bedeutung in zweierlei Richtung zu. Einerseits kann eine Wettbewerbshandlung, insbesondere eine Werbemaßnahme, die im Einklang mit den Vorgaben einer Verordnung steht, nicht nach den nachrangigen Normen des deutschen Lauterkeitsrechts untersagt werden505 Dies führt zu einer Beschränkung der Untersagungsmöglichkeiten nach deutschem Recht. Als äußerst problematisch erweist sich aber hier die Frage, wie weit die "Erlaubnistatbestände" der einzelnen Verordnungen reichen und damit die Anwendung der deutschen Lauterkeitsregeln ausschließen506 . Andererseits sind Verstöße gegen die Verordnungen zu sanktionieren. Hier werden die Untersagungsmöglichkeiten also erweitert. Da die Verordnungen keine eigenen Sanktionen enthalten (diese müßten ja sowohl auf Wettbewerbsrechtssysteme mit staatlicher Kontrolle, wie etwa in England, als auch auf Systeme mit vornehmlich zivilrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten, wie das UWG, passen), müssen die Sanktionsmechanismen dem nationalen Recht entnommen werden507 . Bei einem Verstoß gegen ein gemeinschaftsrechtliches Irrefiihrungsverbot kommt demnach die Sanktion des § 3 UWG zur Anwendung und zwar unabhängig, ob sich aus § 3 oder einer anderen Spezialnorm auch 502 Siehe hierzu die jeweils aktuellen Aufstellung im Gültigkeitsverzeiehnis der EG unter 15.20.20. zur Verbraueherinfonnation ete., 15.20.30. zur Gesundheit ete. und 15.20.40. zur Transaktionssieherheit. 503 Unklar allerdings die Stellungnahmen von Reese, S.204 f; KöhlerlPiper, Einf. Rn.68; Jacobs in Gloy, § 46 Rn.24 und Nachtrag zu § 46. 504 ABI. L 99 vom 11.4.1992 S.1 (5); weitere Spezialtatbestände bei Meier, EuZW 1994, S.391 (392 f.). 50S Wiebe, EuZW 1994, S.41 (42 1). 506 von Gamm, GRUR 1984, S.165 (167 ff.). 507 Insoweit zutreffend von Gamm, GRUR 1984, S.165 (168 1).

ll. Europäisches Gemeinschaftsrecht

217

ohne die Verordnung ein Verbot ableiten ließe508 . Dies ergibt sich aus dem verbindlichen Charakter der Verordnung, also aus Art. 189 EGV. Wegen ihrer punktuellen Ausrichtung ist die Bedeutung der Verordnungen für das deutsche Lauterkeitsrecht allerdings gering. b) Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen des Lauterkeitsrechts mit nur mittelbarer Wirkung auf die Wettbewerbsteilnehmer und ihr Einfluß auf das deutsche Lauterkeitsrecht im allgemeinen

Das deutsche Lauterkeitsrecht muß mit dem höherrangigen Gemeinschaftsrecht in Einklang stehen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der gemeinschaftskonfonnen Auslegung. Dabei sind die Richtlinien für die Auslegung der Transfonnationsnonnen und die Grundfreiheiten des EGV für den gesamten Bereich des Lauterkeitsrechts maßgeblich. Entgegen der punktuellen Wirkung der unmittelbar anwendbaren Verordnungen ergeben sich daraus in der Praxis sehr viel weitreichendere Konsequenzen, zumindest soweit grenzüberschreitende Sachverhalte zu beurteilen sind. Da die Richtlinien wiederum im Lichte der Grundfreiheiten auszulegen sind509 , soll zunächst auf das Primärrecht eingegangen werden. aa) Die Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 30 EGV Für den Bereich des Wettbewerbsrechts ist die Warenverkehrsfreiheit gern. Art.30 von besonderer Bedeutung. Die Dienstleistungsfreiheit gern. Art.59 EGV spielt in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle, auf sie ist daher nur ganz knapp einzugehen. Zunächst ist kurz die Entwicklung der Warenverkehrsfreiheit darzustellen, wie sie sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben hat5lO . Art.30 EGV besagt, daß mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten sowie Maßnahmen gleicher Wirkung verboten sind. Nach der sog. Dassonville-Fonnel umfaßt der Begriff der Einfuhrbeschränkung bzw. der Maßnahmen gleicher Wirkung "jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindem"sll . Eine Rechtfertigung für sol508 Insoweit unklar von Gamm, GRUR 1984, S.165 (168 f); WlZUtreffend BGH, NJW RR 1991, S.1392 f; zutreffend Wiebe, EuZW 1994, S.41 (42 f) m. w.N. 509 Vgl. z.B. EuGH, WRP 1994, S.380 (381) "Clinique". SIO Eingehende Darstellung bei Reich, CMLR 1994, S.459 ffm.w.N. m EuGH, Sig. 1974, S.837 (852) "Dassonville".

218

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

che Maßnahmen kann sich allerdings aus den Ausnahmetatbeständen des Art.36 EGV ergeben. In der "Cassis de Dijon" Entscheidung512 stellte der EuGH fest, daß bestimmte Maßnahmen schon tatbestandiich nicht unter das Verbot des Art.30 fallen; in Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Regelungen zur Herstellung und Vermarktung von Produkten seien die Mitgliedsstaaten befugt, solche Regelungen fiir den nationalen Bereich zu erlassen (oder aufrecht zu erhalten), sofern diese Regeln unterschiedslos inländische und eingeführte Waren beträfen und die Regelung aus zwingenden Erfordernissen notwendig seien. Als solche Erfordernisse hat der EuGH in der CassisEntscheidung steuerliche Kontrolle, Gesundheitsschutz, Verbraucherschutz und den Schutz der Lauterkeit des Handelsverkehrs angesehen. In späteren Entscheidungen wurde u.a. auch der Umweltschutz als ein solches Erfordernis anerkannt513 . Als Zwischenergebnis läßt sich folgendes festhalten: Das nationale Lauterkeitsrecht verbietet bestimmte Wettbewerbshandlungen, Z.B. das in- Verkehr-bringen von sklavisch nachgeahmten Produkte; Art.30 EGV begrenzt die Möglichkeit staatlicher Verbote, die wie Einfuhrbestimmungen wirken. Das Verbot, sklavisch nachgeahmte Produkte in Verkehr zu bringen, verhindert (mittelbar) die Einfuhr solcher Produkte. Das nationale Verbot ist also als Maßnahme gleicher Wirkung am Maßstab des Art.30 zu messen514 . Art. 30 stellt somit ein Beschränkungsverbot auf. Die Rechtsprechung des EuGH wies allerdings Unstimmigkeiten auf, was die Frage betraf, welche Kriterien (tatbestandliches Vorliegen einer Maßnahme gleicher Wirkung, Cassis-Formel oder Rechtfertigungsgrtinde des Art.36) im jeweiligen Fall anzuwenden waren oder angewendet wurdenSl5 . Auf den ersten Blick scheint die Relevanz des Art.30 EGV fiir die nationalen Werberegeln gering, da es bei der Werbung rur Produkte ja i.d.R. nicht direkt um die Einfuhr von Produkten geht, Restriktionen des Werberechts also nicht als Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie Einfuhrbeschränkungen erscheinen. Dennoch kann eine Beschränkungen von Werbung oder Methoden der Absatzförderung die Einfuhr behindern und wie eine Einfuhrbeschränkung wirken, weil sie die Absatzmöglichkeiten rur die eingeführten Produkte beeinträchtigt516. Diese Erkenntnis des EuGH im Fall "Oosthoeck" führte dazu, daß das niederländische Zugabeverbot auf die Vereinbarkeit mit Art.30 überprüft wurde. Inzwischen besteht eine umfängliche Rechtsprechung, die nationale

512 EuGH, Slg. 1979, S.649 (662) "Cassis de Dijon". 513 EuGH, Slg. 1988, S.4607 (4630) "KommissionIDänemark". 514 So der Fall EuGH, Slg. 1982, S.707 ff. "Beeie", die nationale Verbotsregel wurde jedoch im Ergebnis nicht beanstandet. 515 Tomas Ackermann, RIW 1994, S.189 (190). 516 EuGH, Slg. 1982, S.4575 (4586) "Oosthoek".

ll. Europäisches Gemeinschaftsrecht

219

Beschränkungen von Werbe- und Vertriebsmethoden zum Gegenstand hat517 . Für zulässig wurden etwa die nationale Beschränkungen gehalten, die Zugaben (im Fall "Oosthoek"518) oder Kundenwerbung an der Haustür519 betrafen. Für unzulässig hielt der EuGH dagegen Verbote der Werbung mit Eigenpreisvergleichen520 oder zeitlich begrenzten Sonderangeboten521 , das Verbot des Hinweises auf ein nur im anderen Mitgliedsstaat eingetragenes Warenzeichen522 oder das Verbot der Bewerbung eines Kraftfahrzeuges als preisgünstig ohne Hinweis auf die minderwertigere Ausstattunt 23 . Der EuGH beschränkte sich dabei nicht nur auf eine Prüfung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme im Hinblick auf den angestrebten Zweck, also einen Rechtfertigungsgrund i.S.d. Art.36 bzw. zwingende Erfordernisse gern. der CassisFormel. Vielmehr entwickelte der EuGH selbst qualitative Kriterien, an denen sich die nationalen Restriktionen messen lassen müssen 524 . Der EuGH läßt sich dabei wiederum von der Idee des Binnenmarktes leiten. Zur Erreichung dieses Ziels müssen die Anbieter über Grenzen hinweg anbieten können und die Nachfrager über solche Angebote informiert sein und interessiert werden. Der Binnenmarkt setzt deshalb Verbraucher voraus, die aufgeschlossen und informiert sind525 . Daraus folgt zwangsläufig, daß Verbraucherschutz gemeinschaftsrechtlich den Schutz des mündigen und aufgeklärten Verbrauchers bedeutet. Dieser Verbraucher wird vom EuGH zum Leitbild genommen526 . Hieraus erklären sich auch die Unterschiede zum Verbraucherleitbild der deutschen Rechtsprechung, die auf den Schutz aller Verbraucher und besonders derjenigen abstellt, die sich am wenigsten selber helfen können. Es handelt sich also nicht um unterschiedliche "Verbraucherbilder", die durch Unterschiede in der Wahrnehmung hervorgerufen werden. Unterschiedlich wird lediglich die Frage beantwortet, welchen Verbrauchern besonderer Schutz zukommen soll. So verkennt der EuGH sicherlich nicht, daß in den Fällen der Eigenpreisvergleiche, der zeitlich begrenzten Sonderangebote, des Warenzei517 Nachweise z.B. bei KöhlerlPiper, Einl. Rn.62 f; Heermann, WRP 1993, S.578 (580 fT. und 587); Schricker, GRUR Int. 1992, S.347 (355 fT.); Mathieslvon Borries in: GrabitzlHi/f, Art 30 Rn.40. 518 EuGH, Slg. 1982, S.4575 fT. "Oosthoek". 519 EuGH, Slg. 1989, S.1235 fT. "Buet". 520 EuGH, GRUR Int. 1993, S.763 f. "Yves Rocher". 521 EuGH, GRUR 1993, S.747 fT. "GB INNO". 522 EuGH, Slg. 1990, S.667 ff "PalllDahlhausen". 523 EuGH, GRUR Int. 1993, S.951 f. "Nissan". 524 Steindorff, EG-Vertrag, S.192 fT. 525 Steindorff, EG-Vertrag, S.195 m.w.N. 526 So zumindest die h.M. z.B.; Leisner, EuZW 1991, S.498 ff; Mees, KritV 1996, S.228 (332); Steindorff, EG-Vertrag, S.195 ff m.w.N.; a.A aber KG, EuZW 1994, S.541 (543); eine umfassende wissenschaftliche Behandlung dieses Themas steht bislang noch aus.

220

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

chenhinweises und der Werbung für parallelimportierte Autos die mehr oder weniger entfernte Möglichkeit besteht, daß Verbraucher irregeführt werden könnten. Andererseits sind Restriktionen der Werbe- und Absatzmethoden, die bestehende Verbrauchergewohnheiten zementieren oder die Information der Verbraucher behindern, für die Schaffung eines gemeinsamen Marktes kontraproduktiv und daher mit Art.30 EGV unvereinbru>27. Um die Marktintegration zu erreichen, dürfen den mündigen und aufgeklärten Verbrauchern keine Informationen vorenthalten werden, selbst wenn das zu einer Irreführung einer Minderheit führt, die nach nationalem Recht zu schützen wäre. In AusnahmefaIlen ist der EuGH durchaus auch bereit, auf die besonderen Schutzerfordernisse bestimmter Personengruppen in bestimmten Situationen Rücksicht zu nehmenS28 . Grundsätzlich greift der EuGH aber auf das Leitbild eines umsichtigen, verständigen und aufgeklärten Verbrauchers und das "Informationsmodell" des Binnenmarktes zurücks29 . Verkürzt läßt sich sagen, der EuGH versteht den Verbraucherschutz als Schutz durch Information, nicht als Schutz vor Information. Daher beurteilt der EuGH Werberestriktionen besonders kritisch, die zwar einige Verbraucher vor einer möglichen Irreführung schützen, gleichzeitig aber anderen Verbrauchern Informationen vorenthaltenS30 . Hier läßt sich auch das oben dargestellte informationsökonomische Konzept einfügenS31 ; zur Information der Verbraucher dienen danach nicht nur produktqualitätsbezogene Angaben, sondern etwa auch Angaben, die Aussagen über die Glaubwürdigkeit des Werbenden zulassen. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht genießen auch solche Angaben einen Schutz. Neben dem Verbraucherschutz spielt die Lauterkeit des Handelsverkehrs in der Rechtsprechung des EuGH kaum eine eigenständige Rolle. Auf die Lauterkeit des Handelsverkehrs wird allenfalls unter gleichzeitiger Heranziehung des Verbraucherschutzes hingewiesens32 . Diese Entwicklung ist in der Literatur sowohl auf AbiehnungS33 als auch ZustimmungS34 gestoßen und hat dazu geführt, daß der Gesetzgeber Konsequenzen gezogen hat. Insbesondere die Abschaffung der §§ 6 d und e sowie 527

Keßler, EuZW 1991, S.107 (111).

So im Fall EuGH, Sig. 1989, S.1235 tT. "Buet". Steindorff, EG-Vertrag, S.195. 530 EuGH, GRUR 1993, S.747 tT. "GB INNO". m So auch Keßler, EuZW 1991, S.l07 (107 und 111). m Stuyck, WRP 1994, S.578 (579). 533 Sack, EuZW 1990, S.313 f; Kisseler, WRP 1994, S.I, insb. S.9; nur teilweise ablehnend Piper, WRP 1992, S.685 (690 f) und KöhlerlPiper, Einl. Rn.63. 534 Alt, EuZW 1990, S.311 ff; Heermann, WRP 1993, S.578 ff; Steindorff, WRP 1993 S.139 ff; Chrocziel, EWS 1991, S.173 (178); Veelken, EWS 1993, S.377 ff. 528

529

II. Europäisches Gemeinschaftsrecht

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die Änderung des § 7 UWG im Jahre 1994 sind auf den Einfluß des Gemeinschaftsrechts bzw. seiner Auslegung durch den EuGH zurückzufiihren535 . Aber auch in der deutschen Rechtsprechung hat diese Entwicklung ihren Niederschlag gefunden, was zumindest fiir die Auslegung des § 3 gilt, bei der "übertriebene Anforderungen an den Schutz vor Irreführung" als mit dem Gemeinschaftsrecht fiir unvereinbar angesehen werden536 • Wie der Fall Beele537 zur Problematik der sklavischen Nachahmung zeigt, muß eine gemeinschaftskonforme Auslegung aber auch außerhalb des Irreführungstatbestandes erfolgen. Gegebenenfalls muß etwa auch die Auslegung des Begriffs der Sittenwidrigkeit gern § 1 UWG den gemeinschaftsrechtlichen Erfordernissen angepaßt werden538 . War diese Entwicklung auch unsystematisch und wenig überschaubar, so war sie doch zielgerichtet auf eine Harmonisierung der nationalen Lauterkeitsregeln. Durch die Entscheidung des EuGH in den verbundenen Rechtssachen "Keck und Mithouard,,539 vom 24.11.1993 hat sich die Lage aber teilweise geändert. Mangelnde Systematik und Unüberschaubarkeit bleiben, die klare Zielsetzung ist jedoch nicht mehr erkennbar. Die Bedeutung der Entscheidung zeigt sich bereits darin, daß sie von allen EuGH-Richtern gemeinsam in Plenarsitzung getroffen wurde und bei ihrer Verkündung bereits in allen Amtssprachen vorlag, was durchaus unüblich ist. Zudem stellt die Entscheidung ein "Overruling" der früheren Rechtsprechung dar, was in der bisherigen Spruchpraxis des EuGH erst zweimal vorgekommen ise 40 • Nach dieser sog. "Keck" Entscheidung541 "ist entgegen der bisherigen Rechtsprechung die Anwendung nationaler Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten nicht geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne des Urteils 'Dassonville' (... ) unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren". Diese Entscheidung hat durch ihre offensichtlich große Bedeutung für die zukünftige

535 536

Ausftlhrlich dazu: Loschelder, GRUR 1994, S.535 (539). Z.B BGH, EuZW 1994, S.411 f; Nachweise bei KöhlerlPiper, Ein!. Rn.60, § 3

Rn.31 ff. 537 EuGH, Slg. 1982, S.707 ff. "Bee1e". 538 Zur gemeinschaftskonformen Auslegwlg des § 1 UWG allgemein siehe z.B. Reese, S.190 fI. 539 EuGH, GRUR 1994, S.296 f"Keck". 540 Thomas Ackermann, RIW 1994, S.189 (190). 541 EuGH, GRUR 1994, S.296 f. Rn.16.

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

Rechtsprechung einerseits und durch ihre unklare Formulierung andererseits zu einer Lawine von Aufsätzen in den Fachzeitschriften geftihrt542 . Insbesondere die Fragen, welche Urteile der EuGH "overruled" hat und was wohl Verkaufsmodalitäten sein sollen, sind heftig umstritten. Durch zahlreiche Folgeentscheidungen des EuGH lassen sich jedoch bestimmte Konturen der neuen Rechtsprechung erkennen. Zunächst könnte man vermuten, unter den Begriff der Verkaufsmodalität könnten schlichtweg alle lauterkeitsrechtlichen Regelungen fallen. Im Fall "Clinique"543 hat der EuGH allerdings festgestellt, das eine auf § 3 UWG und § 27 LMBG gestützte Untersagung einer bestimmten Wettbewerbshandlung gegen Art.3D EGV verstoßen würde. Dies zeigt, daß nach Ansicht des EuGH nicht das gesamte Lauterkeitsrecht aus dem Anwendungsbereich des Art.3D ausgeblendet ist. Auf die weitere Auslegung des Begriffs der Verkaufsmodalität sowie die konkreten Auswirkungen der Keck-Entscheidung ftir spezifische Werberegeln ist im Zusammenhang mit der Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug noch näher einzugehen. Wie der EuGH in einer späteren Entscheidung klargestellt hat544 , gilt die frühere Rechtsprechung jedenfalls dann weiter, wenn eine Ungleichbehandlung nationaler und ausländischer Waren erfolgt, oder der Marktzutritt ftir ausländische Anbieter versperrt wird. Weitgehende Übereinstimmung in Rechtsprechung und Literatur dürfte wohl darin bestehen, daß die Anwendung des Art.3D EGV grenzüberschreitende Sachverhalte voraussetzt545 , die Handelsbestimmung muß sich also als Einfuhrbeschränkung darstellen. Bei rein nationalen Sachverhalten greift die Beschränkung des Art.3D EGV nicht (mehr) ein, woraus sich das Problem der sog. Inländerdiskriminierung ergibt; während die Regeln des UWG ftir grenzüberschreitende Sachverhalte durch Art.3D modifiziert werden, gilt dies nicht ftir rein nationale Fälle546 . Dadurch unterliegen die Inländer einem strengeren Regime. Diese umgekehrte Diskriminierung zu beseitigen hält der EuGH nicht ftir seine Aufgabe 547 . Die wohl h.M. in der deutschen Rechtsprechung und Literatur hält diesen Zustand auch unter dem Gesichtspunkt des grundgesetz-

542 Kotthoff, WRP 1996, S.79 fT; Stuyck, WRP 1994, S.578 mit über 20 weiteren Nachweisen. 543 EuGH, WRP 1994, S.380 fT. "Clinique". 544 EuGH, RIW 1994, S.1060 f. "Ortscheit": 545 Basedow, EuZW 1994, S.225 (225). 546 Ausfilhrlich dazu: Chrocziel, EWS 1991, S.173 fT. 547 Z.B. EuGH, Slg. 1986 ,S.3238 fT. "Cognet" und 1986, S.3376 fT. "Nederlandse Bakerij Stichling".

ll. Europäisches Gemeinschaftsrecht

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lichen Gleichheitssatzes fur zulässig548 . Dabei ist aber zu beachten, daß es de facto zu einer rechtlichen Ungleichbehandlung kommt, die nur durch besondere Umstände, also einen unterschiedlichen Sachverhalt, legitimiert sein kann. Bei der Begründung einer solchen Entscheidung muß also auch erläutert werden, aus welchen Gründen die nach Gemeinschaftsrecht fur grenzüberschreitende Fälle gebotene Lösung auf den rein nationalen Sachverhalt nicht angewendet werden kann. Denn nur die bei diesem "distinguishing" gefundenen Argumente können die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. An dieser Stelle besteht zumindest die Hoffnung, daß die erkennenden Gerichte die von der Rechtsprechung selbst entwickelten Regeln auf ihre Stichhaltigkeit untersuchen und sich gegebenenfalls einer neuen, überzeugenderen Argumentation nicht verschließen werden. Die Probleme der Warenverkehrsfreiheit stellen sich in ähnlicher Form auch fur die Dienstleistungsfreiheit, da auch bei der Erbringung von Dienstleistungen über die Grenzen hinweg nationale Bestimmungen etwa bez. der Werbemethoden ein Hindernis fur den Binnenmarkt darstellen können549 . Während der EuGH in diesem Bereich weitgehend auf die Erkenntnisse hinsichtlich der Warenverkehrsfreiheit zurückgreift, hat er dennoch davon abgesehen, auch hier eine Restriktion der Restriktionen entsprechend der "Keck" Entscheidung anzuwenden550 • Die konkreten Auswirkungen auf einzelne Normen des nationalen Lauterkeitsrechts sollen erst im nächsten Abschnitt, begrenzt auf die Folgen fur die Beurteilung der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung, erörtert werden. Hier bleibt jedoch festzustellen, daß das nationale Lauterkeitsrecht durch die Regelung der Warenverkehrsfreiheit Restriktionen unterliegt. Dieses Beschränkungsverbot des Art.30 EGV ist vom EuGH durch die "Keck" Entscheidung wiederum beschränkt worden. Zu Recht spricht Petschke deshalb von der Beschränkung des Beschränkungsverbots551 . bb) Die Richtlinien Richtlinien verpflichten gern. Art.189 Unterabsatz 3 die Mitgliedstaaten zum Erlaß von Transformationsgesetzen. Soweit solche Gesetze erlassen sind, sind sie im Sinne der jeweiligen Richtlinie auszulegen. Die vom EuGH den 548 So etwa BGH, GRUR 1985, S.886 tT; zweifelnd: LG Passau, EuZW 1994, S.18? f und LG Düsseldorf, EuZW 1994, S.188 f sowie OLG Düsseldorf, EuZW 1994, S.189 f m.w.N auch zur Gegenmeinung; ablehnende Fezer, JZ 1994, S.31? (324 f). 549 Stuyck, WRP 1994, S.5?8 (581 und 584) m.w.N. 550 EuGH, EuZW 1994, S.311 f "Schindler". 551 Petschke, EuZW 1994, S.lO? (108).

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C. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

Richtlinien zuerkannte unmittelbare Wirkung spielt, wie oben gezeigt, im Wettbewerbsrecht keine Rolle, da sich eine solche Wirkung nur gegenüber dem Normadressat, also dem Mitgliedstaat, entfalten kann, nicht jedoch zwischen privaten MarktbÜfgern. Die bislang erlassenen Richtlinien betreffen, wie die Verordnungen, eine Vielzahl von punktuellen Regelungsgegenständen, z.B. die Kosmetikrichtlinie, die Richtlinie über die Werbung fiir Humanarzneimittel oder die Richtlinie über die Etikettierung, Aufmachung und Werbung fiir Lebensmittel. Lauterkeitsrechtlich relevante Regeln über Fernsehwerbung finden sich auch in der Fernsehrichtlinie. Von Bedeutung fiir das Lauterkeitsrecht allgemein ist allerdings die Irreführungsrichtlinie 552 von 1984. Nach der wohl h.M. 553 • sollen die Bestimmungen des UWG den Regeln der Richtlinie genügen und sich daher eine Umsetzung erübrigen. Dies ist schon deshalb unzutreffend, weil die Richtlinie kein Wettbewerbsverhältnis voraussetzt und deshalb, restriktiver als das UWG, auch Handlungen eines Monopolisten erfaßt554 • Von erheblicher Relevanz ist die Frage, ob die Richtlinie fiir die Auslegung des Begriffs Irreführung im deutschen Recht Einfluß hat. Dabei umfaßt der Anwendungsbereich der Richtlinie nicht nur irreführende Angaben i.S.d. § 3, sondern auch täuschende Werbung i.S.d. § 1 UWG. Zwar ist der Begriff der Irreführung in Art.2 Nr.2 der Richtlinie weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht sehr präzise umschrieben555 (irreführend ist danach Werbung, die täuscht oder zur Täuschung geeignet ist). Der EuGH, dem das Auslegungsmonopol fiir diesen gemeinschaftsrechtlichen Begriff zusteht, hat jedoch wiederum, unter Rückgriff auf die Rechtsprechung zu Art.30 EGV, den aufgeklärten Verbraucher zugrunde gelegt, und den Begriff der Irreführung weniger streng definiert als die deutsche Rechtsprechung556 • Allerdings läßt die Öffnungsklausel des Art.7 der Richtlinie auch nationale Regelungen zu, die einen weiterreichenden Schutz der Verbraucher vorsehen. Daher fragt sich, ob die restriktivere deutsche Rechtsprechung zulässig bleibt. In Fällen, die grenzüberschreitende Sachverhalte betreffen, gilt ohnehin der Maßstab des Art.30 EGV. Nahe läge es aber, auch rein nationale Fälle an diesem Maßstab zu messen, da die Richtlinie gerade eine Harmonisierung der verschiedenen nationalen Regeln bezweckt. Nationale Unterschiede könnten zwar nach Art.7 bestehen bleiben, soweit sie eiRichtlinie 84/450 EWG AbI. L Nr.210 vom 7.8.1985 S.27 tT. So Z.B. Jacobs in Gloy, Nachtrag zu § 26; KöhlerlPiper, § 3 Rn.30. 554 Zutreffend, Reese S.105. . m Steindoif.f, WRP 1994, S.1 (3) bezeichnet den Irrefilhrungsbegriff der Richtlinie selbst als irreführend. 556 EuGH, GRUR Int. 1993, S.951 f. "Nissan"; EuGH, WRP 1994, S.380 ff. "Clinique". 552 553

11. Europäisches Gemeinschaftsrecht

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nen weiterreichenden Schutz der Betroffenen ermöglichen. Legt man aber hier die oben formulierte Regel des Verbraucherschutzes durch Information statt des Schutzes vor Information zugrunde, so ist die restriktivere deutsche Rechtsprechung zumindest in einigen Fällen zu korrigieren, insbesondere dann, wenn der Schutz einiger Verbraucher zur Vorenthaltung von Informationen fiir andere Verbraucher führtS57. Letztlich stellt sich hier wieder das der Inländerdiskriminierung entsprechende Problem der unterschiedlichen Schutzstandards: Sieht man das Ziel der Hannonisierung nur darin, die nationalen Grenzen durchlässiger zu machen, kann eine restriktive Regelung fiir nationale Sachverhalte anwendbar bleiben. Dies gilt jedoch nicht, wenn man den Sinn der Regelung in der Errichtung eines einheitlichen gemeinsamen Marktes ohne (wenn auch rein nationale) Wettbewerbsverzerrungen sieht. Da die Regelung der Irrefuhrungsrichtlinie gerade auf die Hannonisierung der nationalen Rechte abzielt, liegt es nahe, den gemeinschaftsrechtlichen Irrefuhrungsbegriff fiir die Auslegung des § 3 UWG heranzuziehens58 . Dem wird entgegengehalten, daß die Richtlinie lediglich einen Mindeststandard errichten wolle, also nur festlege, welche Werbemaßnahmen auf jeden Fall als irrefiihrend zu untersagen seienS59 . Die Begründungserwägungen 7 und 8 der Richtlinie sind allerdings diesbezüglich nicht eindeutig. Zum einen wird eine Angleichung der Schutzstandards fiir nötig gehalten, zum anderen sollen objektive Mindestkriterien aufgestellt werden. Insoweit ist die Rechtslage noch unklar. Der Rechtsangleichung über Vorlageentscheidungen gern. Art.177 EGV steht allerdings eine wesentliche Schwierigkeit im Wege. Die meisten Wettbewerbsstreitigkeiten werden im Verfiigungsverfahren, also als Eilverfahren durchgeführt. In solchen Verfahren lehnt die Rechtsprechung die Durchführung eines Vorlageverfahrens schlichtweg abs60 , da dies zu einer Verzögerung des Eilverfahrens führt und eine Vorlage im Hauptsacheverfahren möglich bleibt. Dabei wird allerdings nicht berücksichtigt, daß es gerade in Wettbewerbsprozessen häufig überhaupt nicht mehr zu einem Hauptsacheverfahren kommt. Trotz gewichtiger, insbesondere gemeinschaftsrechtlicher Gegenargumente soll im folgenden der wohl herrschenden Auffassung gefolgt werden, nach der die deutsche Rechtsprechung aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen nicht zur Übernahme des vom EuGH zumindest skizzierten Irrefiihrungsbegriffs gezwungen ise 61 • Dafür spricht im wesentlichen, daß die Richtlinie nur eingehende Regelungen hinsichtlich der Mindestkriterien der Irrefiihrung enthält 5S7 Dies übersehen etwa Lindacher in: Großkommentar, § 3 Rn. 16, Jacobs in Gloy, § 26 Rn.17. sss Zutreffend Meier, EuZW 1994, S.391 (392). 559 Piper, WRP 1992, S.685 (687). 560 OLG Frankfurt M,. WRP 1994, S.405 (407) m.w.N.; KG, GRUR 1986, S.47l. 561 KG, EuZW 1994, S.541 (543).

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und hinsichtlich der weitergehenden Verbotsmöglichkeiten keine Einschränkungen macht. Die Begrundungserwägungen legen nahe, daß eine diesbezügliche Regelung weiteren Legislativrnaßnahmen vorbehalten bleiben soll, die bisher nicht erfolgt sind. Obwohl sich die deutsche Rechtsprechung sträubt, den vom EuGH ermittelten Irrefiihrungsbegriff anzuwenden, sind dennoch Tendenzen erkennbar, die auf eine Konvergenz oder zumindest eine leichte Annäherung der Positionen hinauslaufen 562 • Soweit es um den Begriff der Irrefiihrung geht, sehen Literatur563 und Rechtsprechun~64 die Möglichkeit, über eine Interessenabwägung im Rahmen des § 3 UWG die Wertungsgesichtspunkte des Gemeinschaftsrechts, insbesondere die Notwendigkeit der Verbraucherinformation, zu berücksichtigen. Soweit es sich um grenzüberschreitende Sachverhalte handelt, ist eine solche Berücksichtigung der Gemeinschaftsinteressen wegen der unmittelbaren Wirkung des Art.30 EGV ohnehin erforderlich. c) Zusammenfassung bezüglich der Einflüsse des Gemeinschaftsrechts auf das deutsche Lauterkeitsrecht Wie oben dargelegt, sind die Verordnungen wie nationales Recht direkt auf die Wettbewerbsteilnehmer anwendbar, wegen ihres punktuellen Regelungsgehalts aber von geringer Bedeutung. Die Grundfreiheiten der Art. 30 und 59 EGV wirken sich auch nach der "Keck"-Entscheidung grundsätzlich als Restriktionen des nationalen Lauterkeitsrechts aus. Eine rechtlich verbindliche Vorgabe stellen die Grundfreiheiten aber nur :für grenzüberschreitende Sachverhalte dar. Danach ist es möglich, daß eine Werbemaßnahme, die im Herkunftsland zulässigerweise praktiziert wird und nach den lauterkeitsrechtlichen Normen des Einfuhrstaates zu untersagen wäre, dennoch nicht untersagt werden darf. Allerdings ist insbesondere hinsichtlich des Merkmals der Verkaufsmodalität eine differenzierende Betrachtungsweise verschiedener Werbeformen geboten. Nicht jede Werbung, die im Herkunftsland zulässig ist, ist den inländischen Verbotsnormen entzogen. Daher ist nachfolgend zu untersuchen, ob die verschiedenen Formen der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug lediglich eine nicht diskriminierende Verkaufsmodalität sind und daher überhaupt nicht in den Anwendungsbereich des Art.30 EGV fallen. Soweit Art. 30 anwendbar ist, ist zu prüfen, ob die nationalen Restriktionen durch gemeinschaftskonforme AusleZ.B. BGH, EuZW 1994, S.4Il (412). Wegweisend Keßler, EuZW 1991, S.107 (Il 1 0; Traub in: Festschrift filr Nirk, S.1017 (1029 ff.). 564 BGH, EuZW 1994, S.411 ff. 562 563

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gung etwa der §§ 1 und 3 UWG anzupassen sind. Dabei ist besonders auf die Bedeutung der Verbraucherinformation sowie auf das gemeinschaftsrechtliche Leitbild des verständigen und aufgeklärten Verbrauchers zu achten. Der vom EuGH bei der Auslegung der Irreführungsrichtlinie mehr oder weniger genau herausgebildete Irreführungsbegriff ist für die Auslegung der Irreführung i.S.d. § 3 UWG nur für grenzüberschreitende Sachverhalte und zwar nur über den Umweg des Art.30 EGV maßgeblich. Die in den grenzüberschreitenden Fällen zu berücksichtigenden Aspekte, wie insbesondere die Bedeutung der Verbraucherinformation für den Binnenmarkt, sind bei der Interessenabwägung im Rahmen des § 3 UWG mit einzubeziehen. Daher sind nationale Verbote besonders kritisch zu beurteilen, wenn sie zwar eine Minderheit von Verbrauchern vor einer möglicherweise irreführenden Information schützen, gleichzeitig aber die Information anderer Verbraucher verhindern. Ein gewisser Anpassungsdruck ergibt sich für rein nationale Sachverhalte allerdings aus der Problematik der Inländerdiskriminierung und der Notwendigkeit, eine solche Ungleichbehandlung zu begründen. 2. Die konkreten Auswirkungen des europäischen Gemeinschaftsrechts auf die Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug im besonderen Die Europäische Gemeinschaft hat bereits 1986 den Umweltschutz gern. Art 130 r-t EGVs6s in ihren Aufgabenbereich übernommen. Besonders bedeutsam ist dabei die sog. Querschnittklausel des Art.l30 r Abs.2. Danach sind die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung anderer Gemeinschaftspolitiken mit einzubeziehens66 . Insbesondere auch in Verbindung mit Maßnahmen zum Verbraucherschutz gern. Art. 129 a EGV ist man bestrebt, durch Information und Aufklärung der Verbraucher den Umweltschutz zu fordern s67 . Neben der Schaffung besonderer InformationsrechteS68 soll die Information der Konsumenten unter Nutzung der Steuerungsfunktion des Wettbewerbs auch umweltfreundliche Produktion und Produkte fordern s69 .

565 Eingefilgt durch die Einheitliche Europäische Akte, ABI. L Nr.169 vom 29.6.1987, S.l ff. 566 Micklitz, WRP 1995, S.1014 (1022). 567 Zils, S.179 ff. 568 Z.B. Richtlinie über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, ABI L Nr.158 vom 23.6.1990 S.56 ff. 569 Wiebe, NJW 1994, S.289 (290); Glazener, RIC 1993, S.4 (6).

IS*

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Dies hat zum Erlaß einiger Verordnungen gefiihrt, die auch auf die Schaffung eines umweltorientierten Wettbewerbs abzielen. Dies gilt etwa für die Verordnung über den ökologischen Landbau, die in Art.2 und 5 auch Regeln hinsichtlich der Bewerbung entsprechender Produkte enthält. Der Information und Orientierung der Verbraucher bezüglich Erzeugnissen mit geringer Umweltbelastung dient das durch Verordnung eingefiihrte Europäische Umweltzeichen570 • Diese Regelungen betreffen aber nur die Werbung mit Eigenschaften der Produkte selbst. Da in den insoweit geregelten Fällen der Umweltvorteil den Produkten selbst unmittelbar anhaftet, handelt es sich um Regeln für produktqualitätsbezogene Umweltwerbung. Auf diese Regelungen soll hier nicht weiter eingegangen werdenS7 ! . Auch erübrigt es sich hier, auf die oben erwähnten punktuellen Verordnungen mit ihren lauterkeitsrechtlich relevanten Irreführungsverboten einzugehen. Denn insoweit handelt es sich wiederum um Regeln, die Bezeichnung oder Kennzeichnung einzelner Produkte oder Produkteigenschaften betreffen und für die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug nicht relevant sind. Anders verhält es sich dagegen mit der sog. "Öko-Audit"- Verordnung572 • Diese Verordnung enthält Regelungen, die Werbung mit untemehmensbezogenem Umweltverhalten betreffen. Auf diese Regelung ist deshalb bei der Erörterung der Umweltimagewerbung noch näher einzugehen. Wie oben gezeigt, spielt neben den Verordnungen Art.30 EGV für das nationale Lauterkeitsrecht eine entscheidende Rolle. Auch bei der Auslegung des Art.30 EGV und der Irreführungsrichtlinie ist zu beachten, daß die europäische Umweltpolitik mit Maßnahmen zur indirekten Verhaltenssteuerung arbeitee73 , die eine Information der Verbraucher voraussetzt. Auch aus Gründen des im EGV als Ziel festgeschriebenen Umweltschutzes ist die Gewährleistung der Information für Verbraucher wichtigS74 • Dies muß deshalb bei der Frage, ob nationale Restriktionen von Umweltwerbemaßnahmen gemeinschaftsrechtlich zulässig sind, beachtet werden. Ein Zwang zur Anpassung von nationalen lauterkeitsrechtlichen Vorschriften, die für die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug relevant sind, ergibt sich aber nur, wenn diese in den Anwendungsbereich des Art.30 EGV fallen. Dies ist nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH davon abhängig,

ABI L Nr.99 vom 11.4.1992 S.l tT, insb. BegrUndungserwägung 4 und 5. Zum Umweltzeichen siehe Diederichsen, RIW S.1993, (224 tl); Roller, EuZW 1992, S.499 tT. m.w.N.; zur Verodnung über ökologischen Landbau siehe z.B.Cordes. S.220 tT. 512 ABI. L Nr.168 vom 10.7.1993 S.l tT. 573 Wiebe, a.a.O. S.294. 574 Micklitz, WRP 1995, S.1014 (1023). 570 57!

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daß es sich bei diesen Regeln nicht um diskriminierungsfreie Verkaufsmodalitäten handelt. Hier stellen sich zwei Probleme. Zum einen ist der Begriff der Verkaufsmodalität unpräzise und bedarf einer Klärung. Zum anderen erfassen die lauterkeitsrechtlichen Normen, insbesondere die Generalklauseln der § 1 und 3 UWG, eine unüberschaubare Vielzahl von Einzelregelungen. Deshalb sind Aussagen darüber, ob diese Generalklauseln als Regelungen von Verkaufsmodalitäten zu betrachten sind, nur an Hand der von der Rechtsprechung entwikkelten Fallgruppen und im Hinblick auf konkrete Regelungstatbestände möglich. Deshalb soll zunächst versucht werden, bestimmte Kriterien zu entwickeln, nach denen sich die Frage des Vorliegens einer Verkaufsmodalität entscheiden läßt. Mittels dieser Kriterien soll dann geklärt werden, ob die Regeln fiir die verschiedenen hier zu untersuchenden Werbeformen Verkaufsmodalitäten darstellen und inwieweit die nationalen Lauterkeitsregeln dem Gemeinschaftsrecht angepaßt werden müssen. Die hier entscheidenden Kriterien sind aus der oben erörterten KeckFormel, zunächst also aus dem Begriff der Verkaufsmodalität des EuGH zu entwickeln. Die Verkaufsmodalität ist im Gegensatz zur Warenmodalität zu sehen. Knüpft eine Beschränkung an die Beschaffenheit der Ware an, so ist die Ware selbst im Einfuhrstaat nicht verkehrsfähig, es handelt sich also um eine Warenmodalität und damit um eine Einfuhrbeschränkung, die Art.30 EGV unterfällt. Verbietet eine Beschränkung nicht die Einfuhr der Ware, sondern lediglich eine Form der Absatzförderung, also etwa die Bewerbung der Ware, kann eine Maßnahme gleicher Wirkung vorliegen. Der EuGH hat im Fall "Mars"s7s entschieden, daß auch Maßnahmen, die Ausstattung, Etikettierung oder Verpackung betreffen, unter Art.30 fallen. Denn in diesen Fällen ist der Importeur gezwungen, die Ware "je nach dem Ort des Inverkehrbringens unterschiedlich zu gestalten und demgemäß die zusätzlichen Verpackungs- und Werbekosten zu tragen". Unstreitig ist, daß solche Maßnahmen unter Art.30 fallen, die den Vertrieb eines in anderen Mitgliedstaaten verkehrsfahigen Produkts nur zulassen, wenn das Produkt, die Ausstattung oder die Etikettierung geändert werdens76 . Gleiches muß gelten, wenn Ware und Marketingstrategie zu einer komplexen Produkteinheit verknüpft werden577 • Ob eine solche Produkteinheit vorliegt, ist insbesondere bei der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen (z.B. Verkauf eines Produkts mit dem Angebot umweltfreundlicher 575 576 S77

EuGH, WRP 1995, S.677 (678) "Mars".

Kotthoff, WRP 1996, S.79 (82 f.).

Fezer, JZ 1994, S.317 (323).

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c. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

Entsorgung), aber auch beim akzessorischen Umweltsponsoring (Verknüpfung der Sponsorleistung mit dem Produktabsatz) sowie der Umweltimagewerbung (Verbindung von Produkt und Image) zu untersuchen. Damit ergibt sich ein Kriterium, an dem zu messen ist, ob Werbebeschränkungen hinsichtlich der Umweltwerbemaßnahrnen unter den Anwendungsbereich des Art.30 EGV fallen. Komplizierter als die Begrenzung der Anwendbarkeit des Art.30 EGV bez. der Warenmodalitäten erweist sich die Beschränkung auf "bestimmte" Verkaufsmodalitäten. Daraus ist zumindest zu schließen, daß es Verkaufsmodalitäten geben kann, die sich als Einfuhrbeschränkungen auswirken und unter den Anwendungsbereich des Art.30 EGV fallen 578 . Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht579 soll es lediglich darauf ankommen, daß die in einem Mitgliedstaat in Verkehr gebrachten Produkte auch in anderen Staaten verkehrsfähig bleiben. Danach werden von Art.30 nur solche Werbemaßnahrnen erfaßt, die gegenständlich mit der Ware verbunden sind, wie etwa ein Verpackungsaufdruck. Hätte beispielsweise die Firma Mars den Werbehinweis nicht auf die Verpackung gedruckt sondern auf Plakaten geworben, so sei ein nationales Verbot nach Gemeinschaftsrecht nicht zu beanstanden580 . Eine Verkaufsmodalität würde demnach nur dann Art.30 unterfalien, wenn sie mit einer Warenmodalität verknüpft ist. Dieses Ergebnis erscheint willkürlich581 . Der Geschicklichkeit des Werbenden bliebe es dann überlassen, durch Verknüpfung von Produkt und Werbung nationale Werbebestimmungen zu umgehen. Der Grund für die Anwendung des Art.30 liegt letztlich nicht darin, daß ein Verbot von Werbung auf der Packung unzulässig ist, sondern darin, daß durch dieses Verbot der grenzüberschreitende Warenverkehr, also die Einfuhr, behindert wird. Eine solche Beschränkung kann sich aber auch ergeben, wenn die Werbung nicht mit dem Produkt verknüpft ist. Dies gilt nach einer im Schrifttum weit verbreiteten Ansicht582 für die Fälle des sog. Euromarketings. Dabei handelt es sich um ein einheitliches Werbekonzept, das von einem Unternehmen unverändert in mehreren Mitgliedstaaten eingesetzt werden so1l583. Die möglichen Vorteile, die der Binnenmarkt für grenzüberschreitende Anbieter bringen kann, bestehen u.a. darin, daß die Werbe- und Vertriebskosten durch Vereinheitlichung reduziert werden kön-

578 579 580 581 582 583

ThomasAckermann, RIW 1994,8.189 (193). KotthojJ, WRP 1996, 8.79 (82). Kotthoff. a.a.O. Steindorff, EG-Vertrag, 8.182. Steindorff, a.a.O.; Fezer, a.a.O. Steindorff, EG-Vertrag, 8.181 Wld 205 jeweils m.w.N.

n. Europäisches Gemeinschaftsrecht

231

nen584 . Eine mittelbare Einfuhrbeschränkung kann sich daraus ergeben, daß in einem Mitgliedstaat Werbemaßnahmen untersagt sind, die zu einem Euromarketingkonzept gehören, das in anderen Mitgliedstaaten zulässigenveise eingesetzt wird. Auch hier entstehen dem Importeur zusätzliche Kosten dadurch, daß er seine Werbestrategien auf die verschiedenen nationalen Regelungen abstimmen muß. Z.B. in den Fällen "Oosthoek" und "Yves Rocher" hatte der EuGH Art.30 auf solche Situationen angewendet, in der "Keck"Entscheidung aber nicht dargelegt, ob diese Entscheidung "overruled" ist. In früheren Entscheidungen hatte der EuGH das Vorliegen einer Einfuhrbeschränkung bereits dann angenommen, wenn eine nationale Regelung den Absatz von importierten Waren behinderte. So qualifizierte der EuGH etwa ein allgemeines Sonntagsverkaufsverbot .fiir alle Waren als Einfuhrbeschränkung, da ohne dieses Verbot möglichenveise mehr Ware, also auch ausländische, verkauft und deshalb eingefiihrt worden wären585 . Erst mit Hilfe der CassisFormel bzw. den Rechtfertigungsgriinden des Art.36 EGV konnten solche Beschränkungen aufrecht erhalten werden. Dadurch war es möglich, einzelne nationale Regeln anzugreifen, alleine weil sie den Absatz von Waren behinderten. Übereinstimmung besteht zumindest, daß dies nach der "Keck"- Entscheidung nicht mehr möglich ist586 . Eine nationale Werbebeschränkung, die unterschiedslos auf inländische und eingefiihrte Produkte anwendbar ist (z.B. Werbeverbot fiir apothekenpflichtige Produkte außerhalb der Apotheke), stellt keine mittelbare Einfuhrbeschränkung W 87 • Dies ist überzeugend, denn nach der früheren Rechtsprechung wären auch nationale Bestimmungen angreifbar gewesen, wenn diese ohne Harmonisierungsmaßnahmen in allen Mitgliedsstaaten gegolten hätten. Hätte es Z.B. in allen Mitgliedsstaaten ein Sonntagsverkaufsverbot gegeben, so hätte der EuGH gleichwohl eine diesbezügliche nationale Bestimmung als Einfuhrbeschränkung ansehen müssen. Diese Überlegung verdeutlicht, daß Einfuhrbeschränkungen gerade auf dem Unterschied der noch nicht harmonisierten nationalen Rechtsordnungen beruhen müssen. Dies ist beim Euromarketing aber der Fall. In diesen Konstellationen geht es nicht um die Kosten, die durch die Einhaltung einer nationalen Bestimmung entstehen, sondern um die Kosten, die dadurch entstehen, daß es in den Mitgliedstaaten mehrere, unterschiedliche Regeln gibt und die Marketingstrategien jeweils angepaßt werden müssen. Dieser Umstand führt dazu, daß die Effizienzsteigerung durch Vereinheitlichung der Marketingstrategien und die damit verbundene Kostensenkung nicht eintreten kann588 . Betreffen 584 Grünbuch der EG Komrnission,"Kommerzielle Kommunikationen" COM(96) 192, S.8. 585 EuGH, Slg. 1989, S.3851 ff. "Torfaen". 586 Thomas Ackermann, RIW 1994, S.189 (193). 587 EuGH, JZ 1994, S.359 f. "Hilnerrnund". 588 Thomas Ackermann, RIW 1994, S.189 (194).

232

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

daher nationale Restriktionen des Werberechts Maßnahmen, die Teil eines Euromarketingkonzepts sind, so ist Art.30 EGV grundsätzlich anwendbar; diese nationalen Regeln unterliegen damit der Kontrolle durch den EuGH589 . Für diese Ansicht spricht auch, daß der EuGH selbst in seiner "Mars"- Entscheidung ausdrücklich auch die Mehrkosten für die Anpassung der Werbernaßnahmen an unterschiedliche nationale Regelungen und nicht nur die Verpakkungskosten berücksichtigt hat. Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, daß das deutsche Lauterkeitsrecht den Restriktionen des Art.30 EGV insoweit unterworfen ist, als es Regelungen enthält, die sich auf ein Euromarketing beziehen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, daß das oben herausgebildete Kriterium der Einheit von Produkt und Ware ebenfalls unter die Kategorie des Euromarketing fällt. Denn nur wenn die komplexe Produkteinheit von Ware und Marketingmaßnahme grenzüberschreitend eingesetzt werden soll, kann Art.30 EGV eingreifen, da diese Norm sich nur gegen Hemmnisse für die Wareneinfuhr richtet. Hätte etwa ein deutscher Hersteller nur für den deutschen Markt sein Produkt mit dem nach deutscher Rechtsprechung irreführenden Werbeaufdruck versehen, so wäre ein nationales Verbot nach Gemeinschaftsrecht nicht zu beanstanden gewesen. An dieser Stelle muß auf eine weitere, gravierende Einschränkung hingewiesen werden, die im Schrifttum übersehen oder zumindest übergangen wird590 • Bei Art. 30 EGV handelt es sich um eine Restriktion für solche nationale Bestimmungen, die die Einfuhr von Waren und die Werbung hierfür betreffen. Daher ist eine Anpassung des deutschen Lauterkeitsrechts nur dann notwendig, wenn es um Euromarketing geht, das der Einfuhr von ausländischen Waren nach Deutschland dient, also für Werbung aus dem Ausland.

Für die deutsche Reglementierung von Werbung für inländische Produkte kommt Art.30 nicht in Betracht, da keine Einfuhr und damit auch keine Einfuhrbeschränkung vorliegen kann (eine Ausnahme könnte allenfalls bei Reimporten vorliegen). Dies trifft auch für Restriktionen zu, die sich auf von Deutschland ausgehende Euromarketingstrategien beziehen, da auch insoweit eine deutsche Regelung nicht die Einfuhr sondern allenfalls die Ausfuhr von Waren behindern kann. Hier könnte man zwar zunächst davon ausgehen, daß eine nach Art.34 EGV verbotene Ausfuhrbeschränkung bzw. eine Maßnahme gleicher Wirkung vorliegt. Tatsächlich zwingt die strengere deutsche Regel deutsche Euromarketer dazu, entweder die Kosten für zwei verschiedene Werbekampagnen zu tra~ Z.B. Fezer, JZ 1994, S.317 (323); Thomas Ackermann, a.a.O. S.193 f; Kotthoff, WRP 1996, S.79 ff. 590 Ansatzweise aber BaumbacMlefermehI, Einl. Rn. 627a.

11. Europäisches Gemeinschaftsrecht

233

gen und so auf die mit dem Binnenmarkt angestrebte Kostensenkung durch Rationalisierung zu verzichten, oder auch im Ausland von werbewirksamen Kampagnen abzusehen, die im Ausland erlaubt, aber in Deutschland verboten sind. Für die Frage, welches nationale Lauterkeitsrecht anwendbar ist, geIten aber die Regeln des Internationalen Privatrechts. Stark vereinfacht gesagt regelt das deutsche UWG grundsätzlich die Fragen der Werbung in Deutschland, während in den anderen Mitgliedstaaten deren Regelungen auch fiir die Bewerbung deutscher Produkte maßgeblich sind591 . Daher regelt das UWG bezüglich deutscher Produkte lediglich einen rein nationalen Sachverhalt. Wendet man nun die Rechtsprechung des EuGH zu Fällen mit rein nationalen Sachverhalten bei Art.30 EGV auch auf Art.34 an592 , so ergibt sich, daß die Regeln des deutschen UWG fiir von Deutschland ausgehende Euromarketingkonzepte keine Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie Ausfuhrhindernisse darstellen. Solche Regelungen erschweren den Absatz deutscher Produkte nämlich nur in Deutschland. Die davon ausgehende indirekte Behinderung der Ausfuhr ist also letztlich nur ein Fall der (nach h.M. zulässigen) Inländerdiskriminierung. Zusammenfassend ergibt sich, daß der direkte Einfluß des Gemeinschaftsrechts auf das deutsche Wettbewerbsrecht nur sehr begrenzt ist. Dieses Ergebnis überrascht besonders in Anbetracht der außerordentlich umfangreichen Beschäftigung der Literatur mit diesem Thema. Dabei darf aber nicht der Anpassungsdruck übersehen werden, der von der europäischen Entwicklung des Lauterkeitsrechts auch fiir die deutsche Rechtslage ausgeht593 . Im folgenden sollen nun die konkreten Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf die Beurteilung von Umweltwerbemaßnahmen ohne Produktqualitätsbezug anband der oben dargestellten vier Erscheinungsformen im einzelnen untersucht werden. Dabei wird sich zeigen, daß fiir die Beurteilung nach Gemeinschaftsrecht durchaus auch Argumente wichtig sind, die sich in das deutsche Lauterkeitsrecht einfügen lassen. Die folgende Darstellung soll also nicht nur die zwingend gebotene gemeinschaftsrechtliche Beurteilung fiir wenige Spezialfälle erörtern, sondern dient auch dazu, eine ähnliche Beurteilung nach dem deutschen Lauterkeitsrecht nahezulegen.

S91 S92 S93

Im einzelnen dazu Sack, WRP 1994, S.281 tI

Zutreffend Koenig/Sander, EuZW 1996, S.8 (10 f,). Spdtgens in: Festschrift für von Gamm, S.201 (205).

234

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung a) Die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltimagewerbung

Eine spezielle Form der Umweltimagewerbung regelt die bereits angesprochene Öko-Audit Verordnung. Neu an dieser Art von Umweltzeichen ist, daß es sich nicht auf Produkteigenschaften und -qualitäten bezieht, sondern allgemein auf das umweltbezogene Unternehmensverhalten. Die Verordnung errichtet ein Regime, das eine systematische umwelttechnische BetriebspIiifung auf freiwilliger Basis einfiihrt594 • In einem komplexen Verfahren595 muß das Unternehmen zunächst Ziele und Maßnahmen der betrieblichen Umweltpolitik im Hinblick z.B. auf Energie- und Rohstoffverbrauch sowie Abfallwirtschaft und Produktmanagement festlegen. Die Umsetzung der Maßnahmen wird durch Umweltbetriebsprüfungen kontrolliert und die Ergebnisse'müssen veröffentlicht werde. Bei erfolgreicher Teilnahme erhält das Unternehmen hinsichtlich jeder Betriebsstätte, die den Anforderungen genügt, ein Teilnahmezertifikat, das mit dem sog. Öko-Audit-Zeichen596 verbunden ist. Der Anreiz für die freiwillige Teilnahme soll die Möglichkeit sein, in der Öffentlichkeit das umweItbezogene Engagement darstellen zu können 597 • Umweltfreundliches Verhalten wird dadurch nicht erzwungen, sondern in wirtschaftlicher Hinsicht attraktiv gemacht. Das Öko-Audit-System stellt also ein Beispiel für die Steuerung von Selbstregulierungen dar, die als Lösungsalternative für die Folgeprobleme der Verrechtlichung diskutiert wird598 • Fraglich ist allerdings, ob der Anreiz, der von der Veröffentlichung der Teilnahmeerklärung und der Verwendung des Öko-Audit-Zeichens ausgeht, hinreichend groß ist, um eine breite Beteiligung der Unternehmen zu erreichen599 • Bisher gibt es in Deutschland bereits 300 registrierte Standorte, im übrigen Europa allerdings nur weitere 100600 • Das Zeichen darf für Werbezwecke nur sehr begrenzt eingesetzt werden, nämlich z.B. in Broschüren, Berichten und Informationsdokumenten des Unternehmens. Eine Verwendung des Zeichens oder der Teilnahmeerklärung für die Bewerbung von Produkten, auf Produkten oder Produktverpackungen ist gern. Art 10 III der Verordnung ausdrücklich untersagt. Dafür waren zwei Gründe maßgeblich. Zum einen befürchtete die werbende Wirtschaft, die Kriterien der Verordnung seien in einigen Mitgliedstaaten Joachim Scherer, NVwZ 1993, S.ll. Zu den Einzelheiten vgl. Joachim Scherer, NVwZ 1993, S.ll ff; Führ, NVwZ 1993, S.858 ff; Knopp, EWS 1994, S.80 ff; Wiebe, NJW 1994, S.289 ff. 596 Joachim Scherer, NVwZ 1993, 11 (14); Zeichen abgedruckt in Anhang IV der Verordnung. 597 Statt aller: Wiebe, NJW 1994, S.289 (291). 598 Joachim Scherer, NVwZ 1993, S.ll (16). 599 Kritisch Knopp, EWS 1994, S.80 (85) m.w.N. 600 Krings, DVBI 1996, S.1361 (1364). 594

595

II. Europäisches Gemeinschaftsrecht

235

leichter zu erfiillen, die dortigen Unternehmen hätten dann einen Wettbewerbsvorteil; zum anderen wurde befiirchtet, die Verwendung eines Zeichens, das über das Produkt nichts aussagt, könne zu Fehlvorstellungen der Verbraucher führen, wenn das Zeichen unmittelbar mit dem Produkt verbunden wird601 • Nach allgemeiner Ansicht602 kann das Öko-Aucllt-Zeichen nur rur die unternehmensbezogene Imagewerbung verwendet werden, d.h. es darf sich insbesondere nicht um Werbung handeln, die ein konkretes Produkt anpreist. Aus der unmittelbaren Wirkung der Verordnung und ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit auf die Wettbewerbsteilnehmer folgt, daß eine Unternehmensimagewerbung mit dem Zeichen auch nach nationalem Recht zulässig sein muß, selbst wenn man unterstellt, daß bei den Verbrauchern Fehlvorstellungen geweckt werden können603 . Eine Untersagung einer solchen Werbung kommt nur in Betracht, wenn zusätzliche Unlauterkeits- bzw. Irrefiihrungsmomente hinzukommen604 • Andererseits muß aus der unmittelbaren Wirkung der Verordnung folgen, daß der Gebrauch des Zeichens unter Mißachtung der Vorgaben der Verordnung zu einer Untersagung in einem Wettbewerbsprozeß fUhren muß. Soweit man von einer Irrefiihrung ausgehen kann, kann die Untersagung auf § 3 UWG gestützt werden. Das Verbot der Verordnung greift aber unabhängig von einer Irrefiihrung ein. Daher ist es naheliegend, einen Verstoß gegen die Verordnung als Rechtsbruch i.S.d. § 1 UWG zu ahnden. Da die Verordnung keine weiteren Voraussetzungen aufstellt oder auch nur zuläßt, kann die Untersagung einer Werbemaßnahme nicht davon abhängig gemacht werden, ob eine Vorteilsabsicht oder ein Wettbewerbsvorsprung vorliegt. Die Regelungen der Verordnung sind insoweit als abschließend zu verstehen. Da die Regelung in Form einer Verordnung erfolgt ist, ist sie auf rein nationale wie auf grenzüberschreitende Werbung anwendbar. Der Anwendungsbereich der Öko-Audit-Verordnung ist allerdings eng begrenzt und erfaßt keineswegs sämtliche Formen der Umweltimagewerbung. Daher bleibt zu untersuchen, welche Auswirkungen das übrige Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art.30 EGV, auf andere Formen der grenzüberschreitenden Umweltimagewerbung hat. Dazu muß zunächst festgestellt werden, ob es sich bei den Beschränkungen der Umweltimagewerbung um Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie Einfuhrbeschränkungen handeln kann. Dies ist nach dem oben Gesagten der Fall, wenn die Werbung mit dem Produkt gegenständlich verbunden wäre, oder zumindest Teil einer grenzüberschreitenden Werbestrategie ist. Nur selten wird die Imagewerbung direkt auf einem Produkt oder einer ProduktverpakFühr, NVwZ 1993, S.858 (860). Knopp, EWS 1994, S.80 (83) m.w.N.; Joachim Scherer, a.a.O., S.13. 603 Dies verkennt Cordes, S.217. 604 Zutreffend Wiebe, NJW 1994, S.289 (293). 601

602

236

C. Lauterkeitsrechtliche Beurteihmg

kung angebracht. In Fällen der Unternehmensimagewerbung ist dies gänzlich unüblich bzw. unpraktikabel. Insoweit besteht keine gegenständliche Verknüpfung von Werbung und Produkt. Eine solche Verbindung entsteht auch nicht durch den in der Werbung hergestellten Zusammenhang von Umweltimage und Produkt, denn das Produkt als solches kann eingeführt und im Inland verkauft werden, ohne daß das Angebot des Exporteurs geändert werden müßte. Nach Micklitz605 fallt jede Form der Umweltwerbung in den Anwendungsbereich von Art.30 EGV, da dem ausländischen Anbieter Mehrkosten durch die Anpassung seiner Werbung an die Regeln des Einfuhrstaates entstehen. Dies ist insoweit richtig, als der ausländische Anbieter dann den verschiedenen Regelungen verschiedener Mitgliedstaaten unterworfen ist und dadurch um die Vorteile des Euromarketings gebracht werden kann. Diese Behauptung ist allerdings erst dann überzeugend, wenn gezeigt werden kann, daß dem Anbieter durch das Euromarketing besondere Kostenvorteile erwachsen können. Der von der Umweltimagewerbung in Aussicht gestellte oder angepriesene Umweltvorteil kann bereits deshalb grenzüberschreitend genutzt werden, weil die Umwelt als kollektives Gut auch grenzüberschreitend von Interesse ist. So kann umweltfreundliches Verhalten in einem Mitgliedstaat auch das Ansehen in anderen Mitgliedstaaten fördern, wie auch umweltschädigendes Verhalten zu einem grenzüberschreitenden Imageverlust führt. Erinnert sei hier nur an den Zwischenfall mit der Bohrinsel Brent Spar, der zu einem internationalen Imageverlust der Firma Shell geführt hat. Die Anstrengungen, die ein Unternehmen hinsichtlich seines Umweltimages unternimmt, können also europaweit werblich genutzt werden. Eine Einschränkung solcher Werbemöglichkeiten würde das werbende Unternehmen um den durch das Euromarketig möglichen Vorteil der grenzüberschreitenden Nutzung des Images bringen. Reglementierungen von grenzüberschreitend angelegten Umweltimagekampagnen unterfallen deshalb dem Anwendungsbereich des Art.30. Aus der Anwendbarkeit des Art.30 EGV folgt jedoch nicht, daß nun alle Formen der Umweltimagewerbung in Deutschland erlaubt sind. Vielmehr sind die oben entwickelten Beschränkungen, die sich aus dem UWG ergeben, auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht hin zu untersuchen. Die nach nationalen Maßstäben erfolgte Beurteilung bedarfftir die Fälle der grenzüberschreitenden Umweltimagewerbung (ftir eingeführte Produkte) insoweit einer Korrektur, als hier das Leitbild eines verständigen und aufgeklärten Verbrauchers und das Prinzip des Verbraucherschutzes durch Information statt des Schutzes vor Information zugrunde gelegt werden müssen. Wie gezeigt kann eine Umweltimagewerbung gern. § 3 UWG als irrefiihrend untersagt werden, wenn sie unzutreffende Angaben enthält oder wenn durch zutreffende Angaben unzutreffende Verbrauchervorstellungen geweckt 605

Micklitz, WRP 1995, S.1014 (1018).

II. Europäisches Gemeinschaftsrecht

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werden. Hinsichtlich der Werbung mit unrichtigen Angaben ergeben sich keine Unterschiede, da ein diesbezügliches Verbot nicht zu einem Verlust von für den Verbraucher wichtigen Informationen führt. Bei der Umweltimagewerbung kann es allerdings auch durch wahre Informationen zu einer Irrefiihrung kommen, was besonders für Angaben gilt, die sich lediglich auf einzelne Umstände beziehen, von Verbrauchern aber als repräsentativ für alle Eigenschaften des beworbenen Produkts bzw. des Unternehmensverhaltens verstanden werden. Die deutsche Rechtsprechung neigt dazu, vom Vorliegen jeder denkbaren Verbrauchervorstellung auszugehen bzw. bei unspezifischen Angaben zu vermuten, die Verbraucher erwarteten eine tatsächlich nicht erreichbare absolute Umweltfreundlichkeit. So ging etwa das OLG Köln in seiner Entscheidung im Fall "Weber-Haus,,606 davon aus, daß die Verbraucher von den nur punktuell angegebenen konkreten Umweltvorzügen des Unternehmens auf einen falschen Gesamteindruck der Umweltfreundlichkeit des Werbenden schließen würden. Zu dieser Beurteilung kommt man allerdings nicht, wenn man das Leitbild eines verständigen Verbrauchers zugrunde legt. Dieser wird die in der Werbung gemachten Angaben konkret auf die dort erwähnten Punkte beziehen, nicht aber ein schlechthin unangreifbares Umweltverhalten des Unternehmens in allen Bereichen erwarten. Zudem muß berücksichtigt werden, daß durch die Untersagung dieser Werbung allen Verbrauchern Informationen vorenthalten werden, an denen sie ein Interesse haben können. Daß ein Interesse (von Anbietern und Nachfragern) an Information auch hinsichtlich von nicht produktqualitätsbezogenen Umständen schützenswert ist, ergibt sich z.B. aus der Regelung der Öko-AuditVerordnung. Diese Wertung würde einem Wettbewerbssystem unvereinbar gegenüberstehen, das nur die Werbung mit produktqualitätsbezogenen Angaben zuläßt. Informationsökonomisch macht die werbliche Bekanntmachung der Teilnahme am Umweltauditverfahren einen Sinn, da sie den Angesprochenen ein Signal der Glaubwürdigkeit des Werbenden vermittelt. Dies zeigt, daß das gemeinschaftsrechtliche Wettbewerbsverständnis einen informationsökonomischen Ansatz zuläßt, wenn nicht gar voraussetzt. Andererseits kann nicht übersehen werden, daß ein aufgeklärter Verbraucher selbst durch zutreffende Informationen getäuscht werden kann. Die Öko-Audit-Verordnung mit ihrer Entstehungsgeschichte zeigt, daß man sich der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung auch auf europäischer Ebene bewußt ist. Es wurde nämlich die Gefahr gesehen, daß das Öko-Audit-Zeichen zu Fehlvorstellungen der Verbraucher fUhren kann, wenn das Zeichen als produktqualitätsbezogene Angabe verstanden wird607 . Um dieser Gefahr zu begegnen, hat man die Werbung mit dem Zeichen nur unter der Bedingung zugelassen, daß sie nicht mit dem Pro606

607

llsoweit abgedruckt in BGH, WRP 1996, S.290 (290). Führ, NVwZ 1993, S.858 (860).

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteihllg

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dukt verbunden wird. Daraus könnte man den Schluß ziehen, daß Umweltimagewerbung nach Gemeinschaftsrecht grundsätzlich nicht mit der Werbung fur ein Produkt verbunden werden darf. Danach wäre Umweltimagewerbung auf einer Produktverpackung oder die Bewerbung eines konkreten Produkts unzulässig. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die besondere Gefahr, daß das ÖkoAudit-Zeichen als produktqualitätsbezogene Angabe verstanden wird, liegt darin, daß das Zeichen nicht weiter erklärt, worauf es sich bezieht. Eine solche Präzisierung des Zeicheninhalts wäre in der Werbung allerdings wegen der komplexen Struktur des Auditverfahrens kaum möglich. Die Werbebeschränkungen der Verordnung resultieren also gerade aus den Schwierigkeiten, die sich aus der Verwendung eines Zeichens ergeben. Erfolgt dagegen eine Bewerbung eines Unternehmens oder auch eines Produkts mit nicht produktqualitätsbezogenen Angaben anderer Art, insbesondere also nicht lediglich durch ein Zeichen, so ist eine Präzisierung dieser Angaben möglich. Wird durch diese Angaben weder der Eindruck erweckt, daß es sich um produktqualitätsbezogene Eigenschaften handelt, noch daß die Angaben repräsentativ fur alle Umweltaspekte des beworbenen Produkts oder Unternehmens stehen, so"liegt keine Irreführung vor. Ein verständiger Verbraucher ist in diesen Fällen in der Lage, die Werbeaussage richtig zu verstehen, ihm darf eine solche Information nicht mit dem Argument vorenthalten werden, daß sie irreführend sein kann. Eine allgemeine Zulässigkeit jeglicher Information in der Werbung, die irgendwie dem Umweltschutz nützen kann, könnte man aus dem Gemeinschaftsrecht nur ableiten, wenn man Art.BO r EGV dahin verstünde, daß er jegliche Gemeinschaftspolitik den Zielen des Umweltschutzes unterordnet. Dann könnte man, wie Lappe608 es fur das nationale Recht fordert, den Umweltschutz neben wettbewerbsbezogenen Interessen berücksichtigen. Eine Werbemaßnahme des Euromarketings könnte dann auf Grund nationaler Vorschriften überhaupt nicht mehr untersagt werden, wenn sie nur irgendwie dem Umweltschutz diente. Eine solch weitreichende Funktion kommt aber der Querschnittklausel des Art.BO r nicht zu. Vielmehr soll der Umweltschutz in allen gemeinschaftlichen Politikbereichen berücksichtigt werden. Dies bedeutet aber nicht, daß von der Zielvorgabe eines Systems unverfälschten Wettbewerbs (Art.3 lit.g EGV) abgerückt wird. Dies spricht dafur, die Belange des Umweltschutzes im Wettbewerb auch nur soweit zu berücksichtigen, wie sie sich als wettbewerbsbezogene Interessen darstellen. Mit diesem Ergebnis ist auch die Konzeption der Öko-Audit-Verordnung vereinbar. Eine gemeinschaftskonforme Auslegung des § 3 UWG kann demnach nur dadurch erreicht werden, daß im Rahmen einer Interessenabwägung das Informationsinteresse der Anbieter und Nachfrager mit einbezogen wird. Sinn608

Lappe, 8.197 ff.

11. Europäisches Gemeinschaftsrecht

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voll ist es, diese Überlegungen schon bei der Festlegung der fur eine Untersagung maßgeblichen Irrefuhrungsquote zu berücksichtigen. Würde nämlich eine zu niedrige Quote zugrunde gelegt, müßte das Ergebnis, nämlich die Feststellung einer rechts relevanten Irrefuhrung, bei der danach vorgenommenen Interessenabwägung doch revidiert werden. Nach Art.2 Nr.2 der Irrefuhrungsrichtlinie ist zudem die Frage der Relevanz der Täuschung fur das wirtschaftliche Verhalten der Getäuschten zu beachten609 . Die "Nissan" Entscheidung des EuGH in der amtlichen deutschen Übersetzung legt nahe, daß der EuGH eine Irrefuhrung nur annehmen würde, wenn nachgewiesen werden könne, daß eine erhebliche Zahl von Getäuschten in Unkenntnis der wahren Tatsachen die Ware erworben hätte61O • Die Entscheidung (in der deutschen Übersetzung) ist heftig kritisiert worden, insbesondere weil sie entgegen dem Wortlaut der Art 2 und 4 der Irrefuhrungsrichtlinie nicht die Gefahr einer Irrefuhrung ausreichen läßt611 • Dem ist noch hinzuzufugen, daß eine solche Entscheidung auch nicht mit der Vorgabe der Richtlinie vereinbar wäre, eine Werbung gegebenenfalls auch schon vor ihrer Veröffentlichung, also bevor irgendein Kunde getäuscht worden sein kann, vorbeugend zu untersagen (Erwägungsgrund 12 und Art.4 Nr.2 Alt.2). Gerade in diesem Punkt liegt allerdings ein Übersetzungsfehler in den Urteilsgründen vor612 • Maßgeblich ist die Fassung des Urteils in französischer Sprache, nämlich der Verfahrenssprache dieses Falls (Art.31 VerfO EuGH); in der französischen Fasung wird aber nur verlangt, daß eine signifikante Zahl von Kunden möglicherweise beeinflußt werden613 . Die diesbezügliche Kritik ist demnach gegenstandslos. Dennoch ist nicht zu verkennen, daß nach Gemeinschaftsrecht dem Relevanzkriterium mehr Bedeutung zukommt, als es in der deutschen Rechtsprechung gelegentlich der Fall ist614 • Auch die Beurteilung der Umweltimagewerbung nach § 1 UWG muß in Fällen des Euromarketings gemeinschaftskonform gehandhabt werden. Die Untersagung einer Umweltimagewerbung gern. § 1 kommt insb. dann in Betracht, wenn eine unsachliche Beeinflussung der Bezugsentscheidung in Form der gefiihlsausnutzenden Werbung vorliegt. Bedient sich die Imagewerbung dabei keinerlei Informationen, sondern versucht lediglich emotionale Assoziationen zu wecken, wie etwa im Fall der Be-

Meier, EuZW 1994, S.391 (392). EuGH, GRUR Int. 1993, S.951 (952) "Nissan". 611 Z.B. Piper, WRP 1992, S.685 (691); Mees, KritV 1996, S.228 (234). 612 Deutsch, GRUR 1997, S.44. 613 Deutsch, GRUR 1997, S.44 f. 614 So Z.B. LG Frankfurt M., WRP 1994, S.554 f. 609

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C. Lauterkeitsrechtliche BeurteilWlg

netton Werbung mit der Abbildung des verölten Wasservogels, ergibt sich keine Einschränkung des Verbots aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen. Liegt einer Irnagewerbung allerdings ein Tatsachenkern zugrunde, so können gemeinschaftsrechtliche Einschränkungen eingreifen615 . Entsprechend dem Leitbild des verständigen Verbrauchers wird deshalb eine Beeinflussung der Bezugsentscheidung nicht bereits mit jedem Ansprechen der Gefiihle zu erwarten sein. Auch ist eine Beeinflussung unsachlicher Art nicht schon dann anzunehmen, wenn die Information ftir die Verbraucher etwa aus informationsökonomischen Gründen von Interesse sein kann. Ist eine Umweltirnagekampagne Teil eines Euromarketingkonzepts (ftir eingeführte Produkte) und enthält informative Angaben, so muß ftir eine Untersagung der Werbung nach § 1 UWG als gefiihlsausnutzende Werbung ein Mindestmaß an Beeinflussung vorliegen, das um so größer sein muß, je mehr Information den Verbrauchern im Verbotsfall vorenthalten würde.

b) Die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf die lauterkeitsrechtliche Beurteilung des Umweltsponsoring Für den Bereich des Sponsorings bestehen gemeinschaftsrechtliche Regeln bislang nur hinsichtlich der Fernsehwerbung. Zu allgemeinen Fragen des Sponsorings oder speziell zum Umweltsponsoring liegen noch keine legislativen Maßnahmen vor. Die Kommission hat allerdings ein Grünbuch über Unternehmenskommunikation erarbeitet, das eine Harmonisierung bestehender nationaler Vorschriften bzw. eine verbindliche Regelung auf Gemeinschaftsebene vorbereiten so1l616. Bislang kann eine Beeinflussung der nationalen Lauterkeitsregeln auf dem Gebiet des Sponsorings deshalb nur von Art.30 EGV ausgehen. Zunächst muß festgestellt werden, ob Restriktionen des Umweltsponsoring in den Anwendungsbereich des Art.30 EGV fallen. Liegt eine gegenständliche Verbindung von Produkt und Sponsoringwerbung vor, wie etwa bei der Bewerbung eines Geschirrspülmittels mit einem Sponsorhinweis ftir das Bodensee-Umweltschutzprojekt auf der Produktverpackung, so ist entsprechend der "Mars"-Entscheidung des EuGH jedenfalls von der Anwendung des Art.30 auszugehen. Bei den Fällen des akzessorischen Sponsorings liegt es auf den ersten Blick nahe, in einer Werbebeschränkung eine Regelung der Warenmodalität zu seZutreffend Reese. S.195. Gtilnbuch der EG Kommission "Kommerzielle Kommunikationen" COM(96) 192, S.8 ff. 615

616

II. Europäisches Gemeinschaftsrecht

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hen. Hier verknüpft der Werbende das beworbene Produkt mit der Sponsorleistung zu einem einheitlichen Angebot. Der Kunde kann sich nur für Produkt und Sponsorleistung oder gegen beides entscheiden. Die Verbindung von Produkt und Sponsorleistung beruht allerdings nur auf der willkürlichen Entscheidung des Anbieters. Eine Restriktion der Sponsoringwerbung betrifft deshalb nicht die Ware selbst und ändert nichts an deren Verkehrsfähigkeit im Einfuhrstaat. Der Vertrieb einer solche Ware ist deshalb auch im Einfuhrstaat grundsätzlich möglich, wenn auch auf die Verknüpfung mit dem Sponsoringhinweis verzichtet werden muß. Ein Verbot der akzessorischen Sponsoringwerbung stellt insoweit nur eine Verkaufsmodalität dar. Gleiches gilt auch für die Regelung der nicht akzessorischen Sponsoringwerbung, bei der kein direkter Zusammenhang zwischen einem Produkt und einer Sponsoringleistung besteht. Unter dem Aspekt des Euromarketings ergibt sich, daß die umweltbezogene Sponsoringwerbung in den Anwendungsbereich des Art.30 EGV fallen kann. Eine Förderung von Umweltbelangen durch finanzielle Zuwendungen des Sponsors an Dritte kann nämlich grenzüberschreitende Umweltverbesserungen bewirken, wie gerade das Beispiel der Unterstützung des BodenseeUmweltschutzprojekts zeigt. Eine nationale Beschränkung der werblichen Nutzung eines solchen grenzüberschreitend wirksamen Umweltverhaltens würde den Werbenden dazu zwingen, eine effektive Maßnahme der Absatzförderung entweder ganz zu unterlassen oder den Regeln einer weiteren mitgliedstaatlichen Rechtsordnung anzupassen. Daraus ergibt sich, daß die lauterkeitsrechtlichen Reglementierung des Umweltsponsoring, zumindest im Rahmen eines Euromarketings, Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie Einfuhrbeschränkungen darstellen können, so daß Art.30 EGV Anwendung findet. Wie oben dargelegt, ist die Irreruhrungsgefahr beim Umweltsponsoring relativ gering, da die diesbezüglichen Angaben leicht zu vermitteln sind. Eine Einbeziehung oder eine andere Gewichtung von Interessen ist aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht geboten, da in diesen Fällen das Verbot einer irrefiihrenden Werbung den Verbrauchern keine wesentlichen Informationen vorenthält. Allerdings ist bei der Feststellung einer IrrefUhrung auf das Leitbild eines verständigen Verbrauchers abzustellen, so daß sich ein großzügigerer Beurteilungsmaßstab ergibt. Zu prüfen ist nun, ob in den Fällen des Euromarketings ein anderer Maßstab rur die Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Werbung mit dem Umweltsponsoring anzulegen ist. Wie oben gezeigt, ist das akzessorische Umweltsponsoring als unzulässige gefiihlsausnutzende Werbung zu qualifizieren, weil dadurch das umweltbezogene Engagement der Umworbenen ausgenutzt wird. Diese Form der Werbung 16 Ewerl

242

c. Lauterkeitsrechtliche Beurteilung

kann die Kunden dazu veranlassen, unabhängig von Preis und Qualität der Ware eine bestimmte Bezugsentscheidung zu treffen, um damit gleichzeitig einen Beitrag zur Verbesserung der Umwelt zu leisten. Man wird zwar davon ausgehen können, daß auch ein aufgeklärter Verbraucher in solchen Fällen zu einer Bezugsentscheidung motiviert werden kann. Das gemeinschaftsrechtliche Verbraucherleitbild wird einer Untersagung deshalb nicht entgegenstehen. Fraglich ist aber, ob durch dieses Verbot dem Verbraucher nicht Informationen vorenthalten werden, die rur seine Entscheidungsfindung (aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht) relevant sind. Wie oben gezeigt, können Informationen über das umweltrelevante Unternehmensverhalten durchaus eine Bezugsentscheidung sachlich beeinflussen, insbesondere wenn die vermittelten Informationen helfen, das informationsökonomische Dilemma bezüglich der Bewerbung umweltfreundlicher Güter zu überwinden. Diese Informationen lassen sich allerdings auch mit Hilfe des nicht akzessorischen Umweltsponsoring übermitteln. Ein Verzicht auf das akzessorische Umweltsponsoring fUhrt deshalb nicht zu einem Informationsverlust, wenn das nicht akzessorische Sponsoring möglich ist. Die Aufrechterhaltung eines generellen Verbots der akzessorischen Sponsoringwerbung fUhrt dann zwar dazu, daß eine im Ausland (möglicherweise) zulässige Form der Absatzsteigerung im Inland nicht eingesetzt werden darf, dieses indirekte Einfuhrhemmnis ist aber mit Gründen des Verbraucherschutzes zu rechtfertigen. Die nicht akzessorische Sponsoringwerbung ist nach den oben entwickelten Grundsätzen weniger streng zu beurteilen. Eine Untersagung kann danach nur erfolgen, wenn die Werbung ein gewisses Maß an Beeinflussung der Bezugsentscheidung überschreitet, und die in ihr enthaltenen Informationen in keiner Weise zu einer sachlichen Entscheidungsfindung beitragen. Allerdings wäre eine Untersagung jeglicher Sponsoringwerbung, wie sie sich in der Entscheidung des OLG Stuttgart andeutet 17 , mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar, da dadurch den Werbenden jegliche Möglichkeit genommen würde, auf die Tatsache der Unterstützung des Gesponserten hinzuweisen. c) Die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen

Zunächst ist festzustellen, ob Beschränkungen des nationalen Lauterkeitsrechts bezüglich der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen in den Anwendungsbereich des Art.30 EGV fallen. Im Fall "Oosthoek,,618 hat der EuGH die Anwendbarkeit des Art.30 rur eine nationale Zugabeverordnug an617 OLG Stuttgart, WRP 1996, S.628 (631). 618 EuGH, Slg. 1982, S.4575 ff. "Oosthoek".

ll. Europäisches Gemeinschaftsrecht

genommen. Durch die "Keck"-Entscheidung ist dieses Urteil "overruled", sondern vielmehr nur auf bestimmte Fälle beschränkt.

243

nicht

Bei der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen wird mit dem Bezug der Hauptleistung die Abgabe einer Nebenleistung verbunden. Die Untersagung des Versprechens oder der Gewährung der Nebenleistung beträfe nur dann eine Warenmodalität i.S.d "Keck"-Entscheidung, wenn durch die Untersagung die Hauptware oder die Nebenleistung ihre Verkehrsfähigkeit einbüßen würde. Wie beim Umweltsponsoring und der Umweltimagewerbung kann aber die Hauptware regelmäßig eingefiihrt und verkauft werden, selbst wenn die Nebenleistung untersagt wird. Dies gilt allerdings nicht, soweit die Nebenleistung gegenständlich mit der Hauptleistung verbunden ist. Wird etwa ein Produkt in einer Verpackung mit Zweitnutzen im Ausland zulässigerweise vertrieben und beworben und soll nach Deutschland eingefiihrt werden, so fiele ein zugaberechtliches Verbot dieses Angebots als Einfuhrhindernis in den Anwendungsbereich des Art.30 EGY. Eine indirekte Einfuhrbeschränkung kann sich ergeben, wenn Haupt- und Nebenleistung zu einem gemeinsamen Angebot werblich verknüpft werden. Wird etwa mit der grenzüberschreitenden Fahrtkostenerstattung aus Umweltgründen oder umweltgerechter Entsorgung von Altgeräten auch aus anderen Mitgliedstaaten geworben, so bewirkt ein nationales Verbot die Aufgabe oder zumindest die Aufspaltung einer grenzübergreifenden Absatzstrategie. Der Einsatz eines Euromarketingkonzepts kommt auch hier in Betracht, weil, abgesehen vom verschieden stark ausgeprägten Umweltbewußtsein in den Mitgliedstaaten, der angebotene Umweltvorteil auf allen nationalen Teilmärkten als Verkaufsargument eingesetzt werden kann. Soweit sich die Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen als ein Konzept des Euromarketings darstellt, ist für ihre Beurteilung vom Leitbild des aufgeklärten Verbrauchers auszugehen und die Bedeutung der in der Werbung enthaltenen Informationen zu berücksichtigen. Eine Untersagung der Werbemaßnahme nach § 1 oder 3 UWG kann daher nur erfolgen, wenn eine unsachliche Beeinflussung einen gewissen Grad an Intensität erreicht bzw. eine signifikante Zahl von Kunden durch eine Irrefiihrung zu einer Kaufentscheidung verleitet werden können. Einem aufgeklärten Verbraucher wird dabei bewußt sein, daß sich die in der Werbung enthaltenen Informationen nur auf Nebenleistungen beziehen. Der Hinweis "Der Natur zuliebe Verpackung aus Papier" auf dem Boden einer vom Verkäufer zur Verpackung der Ware abgegebenen Tüte wird einen solchen Verbraucher weder irreführen, noch unsachlich zu einer Bezugsentscheidung veranlassen. Entgegen der bisherigen deutschen Rechtsprechung619 , die dem Leitbild des flüchtigen Verbrauchers

619

16'

So allerdings LG Frankfwt M, WRP 1994, S.554 fT.

244

c. LauterkeitsrechtIiche Beurteilung

folgt, kann das Vorliegen einer unzulässigen irreführenden oder gefiihlsausnutzenden Werbung nur dann angenommen werden, wenn davon auszugehen ist, daß die Werbung die Bezugsentscheidung tatsächlich beeinflußt oder zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Beeinflussung besteht. Ein Hinweis auf die Umweltfreundlichkeit einer Nebenleistung kann deshalb nicht ohne Weiteres untersagt werden. Dies gilt insbesondere auch für Hinweise auf den Umweltbezug bei der Fahrtkostenerstattung. Eine solche Werbung kann die Kunden zwar beeinflussen; ob diese Beeinflussung aber unsachlich ist und ob dies "ohne weiteres ausschlaggebend für die Entschließung des Kunden sein kann"620, wird allerdings nur im Einzelfall zu entscheiden sein. d) Die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltappelle

Soweit Umweltappelle nicht gegenständlich mit den Produkten verbunden sind (etwa durch Werbeaufdruck auf der Verpackung), ist fraglich, ob hier eine Form des Euromarketings vorliegen kann. Das Marketingkonzept besteht lediglich darin, den Umweltappell möglichst effektiv zu verbreiten. Ein besonderer Kostenvorteil beim Einsatz einer solchen Werbekampagne über die nationalen Grenzen hinweg ist kaum erkennbar, zumal solche Kampagnen i.d.R. nur durch Verbreitung einfacher Slogans erfolgen und in den meisten Fällen ohnehin eine Anpassung der Werbung an die verschiedenen Sprachen der Mitgliedstaaten erfolgen müßte. Einer strengen Beurteilung der Umweltappelle durch das nationale Recht stehen die Wertungen des Gemeinschaftsrechts nicht entgegen. Zum einen enthalten diese Appelle keine für die Verbraucher wichtigen Informationen, an deren Verbreitung ein Interesse bestehen könnte. Zum anderen kann auch bei Zugrundelegung des Leitbildes eines verständigen Verbrauchers eine unsachliche Beeinflussung nicht ausgeschlossen werden, wenn an dessen altruistische Motivation appelliert wird. Allerdings wird man bei der Frage, wann eine unsachliche Beeinflussung durch den Austausch der wirtschaftlichen Motivation durch eine rein altruistische Motivation vorliegt, etwas strengere Maßstäbe anzulegen haben.

620

80 KöhlerlPiper, § 1 Rn.44; BGH, GRUR 1991,8.542 (543).

D. Zusammenfassung und Ausblick Im folgenden sollen die Ergebnisse der Untersuchung zusammengefaßt und nochmals der eigene Standpunkt dargelegt werden. Dabei ist insb. zu zeigen, in wie weit und weshalb der hier vorgestellte Ansatz und die vorgeschlagene Rechtsanwendung von der bisherigen Handhabung durch die Rechtsprechung und den in der Literatur geäußerten Ansichten abweichen. Anschließend soll die Relevanz der gefundenen Ergebnisse auch fiir andere Werbeformen zumindest kurz angedeutet werden.

I. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und der eigenen Stellungnahme sowie der Rechtsanwendungsvorschläge Umweltwerbung ist eine Art der Wirtschaftswerbung, die einen Bezug zwischen dem beworbenem Gegenstand und der Umwelt darstellt, welcher dem Umworbenen gegenüber als Umweltvorteil angepriesen oder in Aussicht gestellt wird. Eine Einteilung der Umweltwerbung in verschiedene Erscheinungsformen nach ihrem äußeren Erscheinungsbild ist sinnvoll, wenn dadurch die Relevanz einzelner Wettbewerbsprobleme erkennbar und die lauterkeitsrechtliche Beurteilung vorbereitet wird. Die herkömmliche Einteilung in produktbezogene und unternehmensbezogene Umweltwerbung ist dazu ungeeignet. Zum einen lassen sich einige Werbeformen nicht eindeutig einer dieser Gruppen zuordnen (z.B. eine Umweltsponsoringwerbung, bei der der Name des unterstützenden Unternehmens gleich dem Produktnamen ist). Andere Werbeformen können in dieses Schema überhaupt nicht eingeordnet werden (z.B. Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen), da die Begriffe keinen kontradiktorischen, sondern nur einen konträren Gegensatz bilden. Zum anderen erschließt diese Einteilung in keiner Weise den Zugang zur Lösung der wettbewerbsrechtlichen Probleme. Dagegen bietet sich eine Einteilung in produktquaiitätsbezogene und nicht produktquaiitätsbezogene Umweltwerbung an. Ein Produktquaiitätsbezug liegt dann vor, wenn sich die Werbung auf den Gegenstand bezieht, den der Verbraucher als Hauptware beziehen soll und der Umweltvorteil diesem Produkt unmittelbar anhaftet und sich in dessen Beschaffenheit widerspiegelt. Einerseits ist dadurch die Zuordnung der verschiedenen Werbeformen einfacher und

246

D. Zusammenfassung und Ausblick

umfaßt zudem sämtliche Erscheinungsformen der Umweltwerbung. Andererseits erschließen sich durch diese Einteilung bereits die grundliegenden wettbewerbsrechtlichen Probleme. Die produktqualitätsbezogene Umweltwerbung stellt gleichsam den Prototyp einer den Leistungswettbewerb fördernden Werbung dar. Solche Werbung ist ohne Hinzutreten weiterer Umstände als lauter anzusehen. Problematisch sind dagegen alle Fälle der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug; bei diesen läßt sich nicht ohne Weiteres sagen, ob es sich um Leistungswettbewerb bzw. um eine Förderung des Wettbewerbs nach funktionalem Verständnis handelt. Zwar wird der Umweltvorteil in aller Regel durch eine Leistung des anbietenden Unternehmens hervorgerufen, schwierig ist aber zu beurteilen, ob diese Leistung noch Teil des Waren- oder Dienstleistungsangebots ist, mit dem der Anbietende in Konkurrenz zu seinen Mitbewerbern steht. Die hier behandelten Formen der nicht produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung lassen sich nach dem Bezugspunkt des Umweltvorteils in vier Unterarten differenzieren: Bei den Umweltappellen wird der Umworbene zu einem umweltfreundlichen Verhalten aufgefordert, das im Bezug bestimmter Waren oder Dienstleistungen liegt. Bei der Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen werden besondere Vergünstigungen versprochen oder gewährt, denen ein Umweltvorteil anhaftet. Beim Umweltsponsoring weist der Werbende auf seine finanzielle Förderung von Umweltschutzbelangen hin. Bei der Umweltimagewerbung erzeugt der Werbende bei den Angesprochenen ein Bild der Umweltfreundlichkeit hinsichtlich seines Unternehmens oder seiner Produkte, das über die Beschreibung der produktqualitätsbezogenen Merkmale hinausgeht. Die realen und rechtstatsächlichen Probleme der Umweltwerbung beruhen auf der Komplexität der ökologischen Zusammenhänge, der Relativität des Umweltvorteils, den mangelnden eigenen Verifikationsmöglichkeiten von umweltbezogenen Werbeaussagen fiir Verbraucher und der Tatsache, daß Umweltvorteile regelmäßig positive externe Effekte sind, die sich der Preissteuerung des Marktes entziehen, und von deren Vorteilen niemand ausgeschlossen werden kann. Die Umweltwerbung ist deshalb mehr als andere Werbeformen dazu gezwungen, einen besonderen Anreiz zum Bezug der Ware zu vermitteln und Vertrauen zu schaffen, um das informationsökonomische Dilemma zu überwinden. Die rechtstatsächlichen Besonderheiten der Umweltwerbung fUhren dazu, daß gerade Werbeformen ohne Produktqualitätsbezug als Ersatz oder Ergänzung der produktqualitätsbezogenen Umweltwerbung in den Vordergrund treten. Diese Werbeformen bedienen sich bestimmter Strategien zur Beeinflussung der Bezugsentscheidungen. Die Lauterkeit solcher Werbestrategien hängt maßgeblich davon ab, wie diese Beeinflussungsstrategien wettbewerbsrechtlich zu beurteilen sind.

I. Wesentliche Ergebnisse Wld StellWlgnahme

247

Sowohl auf Anbieter- als auch auf Nachfragerseite besteht ein Interesse arn Schutz der Umwelt. Viele Konsumenten sind bereit, in ihr Nachfrageverhalten Aspekte des Umweltschutzes mit einzubeziehen. Ein Interesse besteht daher an umweltrelevanten Informationen, unabhängig davon, ob sich diese auf eine der Ware anhaftende Produktqualität, andere Umstände, wie Herkunft und Herstellung der Ware, oder auf ein allgemeines Unternehmensengagement beziehen. Bei den Anbietern besteht ein entsprechendes Interesse, diesen Informationsbedarf zu befriedigen und weitere Käuferschichten fur umweltorientierte Angebote zu interessieren. Problematisch ist die Einbeziehung dieser Interessen in die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung. Eine Berücksichtigung des Allgemeininteresses arn Umweltschutz als außerwettbewerblichem Wertungskriterium ist abzulehnen. Zum einen ist ungewiß, ob dies überhaupt zu einer tatsächlichen Verbesserung der natürlichen Lebensbedingungen führt. Zum anderen wird dadurch das Wettbewerbssystem empfindlich beeinträchtigt. Abzulehnen ist auch eine Beurteilung der Umweltwerbung, bei der das Kriterium des Leistungswettbewerbs durch den Begriff der umweltbezogenen Unternehmensleistung ersetzt wird. Auch dadurch wird die Funktion von Angebot und Nachfrage als Marktregulierungsmechanismus erheblich beeinträchtigt. Vielmehr läßt sich die Umweltwerbung mit und ohne Produktqualitätsbezug nach den herkömmlichen Beurteilungsmaßstäben des Wettbewerbsrechts erfassen. Einer Herausbildung einer neuen Unlauterkeitskategorie für die Umweltwerbung bedarf es nicht, da die Unlauterkeitsmomente, die solche Umweltwerbemaßnahmen enthalten können, den üblichen Fallgruppen zugeordnet werden können. Da die Umweltwerbung auf die Beeinflussung der Bezugsentscheidung der Umworbenen abzielt, sind in erster Linie das Irreführungsverbot und die Fallgruppe des Kundenfangs die relevante Beurteilungsmaßstäbe des Lauterkeitsrechts. Die Annahme einer Irreführung durch Umweltwerbung kann nicht bereits

dann erfolgen, wenn lediglich eine Quote von weniger als 10 % der Angespro-

chenen einem Irrtum unterliegen. Bei der normativen Festlegung der Quote ist vielmehr eine Interessenabwägung vorzunehmen. In diese Interessenabwägung sind alle Verbots- und Verbotsgegeninteressen aufzunehmen. Bei der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug ist zu beachten, daß auch an bestimmten Informationen, die nicht die Produktqualität betreffen, ein legitimes Interesse von Anbietem und Nachfragern bestehen kann. Dies kann daraus folgen, daß die Informationen zur Überwindung des informationsökonomischen Dilemmas beitragen, oder aber daraus, daß die Informationen sich zwar

248

D. Zusammenfassung und Ausblick

nicht auf die Produktqualität im oben beschriebenen Sinn, aber auf Umstände beziehen, die mit der vom Werbenden tatsächlich angebotenen Leistung zusammenlUtngen. Eine besondere Irrefiihrungsgefahr birgt die nicht produktqualitätsbezogene Umweltwerbung deshalb, weil die Schlußfolgerung von umweltbezogenen Angaben, die nicht das Produkt betreffen, auf eine besondere Umweltfreundlichkeit des Produkts naheliegt. Die Unlauterkeit von Umweltwerbemaßnahmen ohne Produktqualitätsbezug ergibt sich häufig aus einer sittenwidrigen Gefiihlsausnutzung, die oft mit Momenten der Verlockung verknüpft wird. Eine sachgerechte Beurteilung setzt voraus, daß zunächst untersucht wird, auf welche Weise überhaupt eine Beeinflussung der Bezugsentscheidung bewirkt wird. Hierin unterscheiden sich die oben dargestellten Werbeformen teilweise erheblich. Von einer sittenwidrigen Gefiihlsausnutzung kann aber nur dann gesprochen werden, wenn die Bezugsentscheidung unsachlich beeinflußt wird. Eine unsachliche Beeinflussung liegt wiederum nicht vor, wenn die Werbung darauf abzielt, das informationsökonomische Dilemma zu überwinden oder Angaben zum tatsächlichen Angebot zu machen. Eine sittenwidrige gefiihlsausnutzende Werbung liegt zudem nur dann vor, wenn die Beeinflussung eine gewisse Intensität erreicht. Eine solche sittenwidrige Gefuhlsausnutzung liegt bei der Umweltimagewerbung nicht schon deshalb vor, weil der Werbende ein Image erzeugt, mit dem sich der Umworbene identifizieren soll. Sittenwidrig ist eine solche Werbung erst dann, wenn der Solidarisierungseffekt zu einer unsachlichen Beeinflussung fuhrt. Eine unsachliche Beeinflussung ist nicht gegeben, wenn deren Intensität nur gering, also nicht wesentlich stärker als bei einer reinen Erinnerungswerbung ist, oder wenn auf Tatsachen hingewiesen wird, die mit dem tatsächlichen Angebot im Zusammenhang stehen oder lediglich das Vertrauen in andere, fiir eine sachliche Entscheidung wichtige Informationen stärkt. Für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Umweltsponsoring ist es von entscheidender Bedeutung, zunächst die einzelnen Wettbewerbshandlungen festzustellen. Das werblich oder rechtlich akzessorische Umweltsponsoring ist zwar nicht als unzulässige Zugabe, aber als sittenwidrige gefuhlsausnutzende Werbung zu qualifizieren, weil hier die Motivation des Kunden, der Umwelt etwas Gutes zu tun, fiir den Absatz von Produkten des Anbieters eingespannt wird. Beim nicht akzessorischen Umweltsponsoring muß im Einzelfall untersucht werden, ob die Beeinflussung zu einer unsachlichen Entscheidung fuhrt. Eine unsachliche Beeinflussung kann dabei auch vorliegen, wenn der Werbende auf

I. Wesentliche Ergebnisse und Stellungnalune

249

die finanzielle Unterstützung von Kompensationsmaßnahmen hinweist, die von seinen Produkten ausgehende negative Umwelteinflüsse beseitigen sollen. Ein werblicher Hinweis auf eine Umweltsponsoringleistung ist aber dann nicht als unlauter zu qualifizieren, wenn zwar keine Förderung einer sachlichen Entscheidung herbeigeführt wird, aber die Intensität der Beeinflussung nur gering ist. Die Werbung mit umweltbezogenen Nebenleistungen läßt sich mit den Kriterien der Wertreklame nur unvollständig erfassen. In jedem Fall muß berücksichtigt werden, daß der angepriesene oder in Aussicht gestellte Umweltvorteil zusätzliche Anziehungskraft hat, wenn er auch nicht unbedingt finanziell beim Konsumenten zu Buche schlägt. Bei der Werbung mit Umweltappellen geht es dem Werbenden darum, den Umworbenen zum Bezug eines Produkts zu veranlassen, nicht weil der Umworbene dies braucht, sondern weil mit dem Bezug dieses Produkts ein Umweltvorteil verbunden sein soll. Neben der Gefahr, daß ein solcher Umweltvorteil sich überhaupt nicht realisiert, was der Konsument nicht selbst feststellen kann, liegt das Unlauterkeitsmoment in der Tatsache, daß die umweltorientierte Motivation des Konsumenten ausgenutzt wird. Umweltappelle können nur dann eine zulässige Werbung sein, wenn die Umweltvorteile erläutert werden bzw. selbstverständlich sind und bei den Umworbenen nicht der Eindruck entsteht, sie könnten Umweltgefahren nur durch den Bezug dieses Produkts abwenden. Gegen unlautere Umweltwerbemaßnahmen stehen den in § 13 II UWG Genannten und den unmittelbar Verletzten, soweit es solche gibt, Unterlassungsansprüche zu. Schadenersatzklagen sind kaum durchsetzbar. Dies ist um so mißlicher, als es wegen der Vertrauenseigenschaft des Umweltvorteils schwer zu erkennen ist, ob ein solcher vorliegt. Daher werden sog. Trittbrettfahrer bis zu einer Untersagungsverfügung oft genügend Zeit haben, um ihre Opportunitätsgewinne zu erzielen, die ihnen dann nicht mehr genommen werden können. Auch deshalb sollte es den Umweltschutzverbänden nicht durch zu restriktive Auslegung des § 13 II Nr.3 UWG erschwert werden, ihren Sachverstand auch in Wettbewerbsverfahren einzubringen. Die Feststellung der Prozeßführungsbefugnis stellt insb. bei Maßnahmen des Umweltsponsoring ein Problem dar. Eine sachgerechte Lösung kann auch hier nur erfolgen, wenn zunächst genau die Wettbewerbshandlungen ermittelt werden. Die Beschränkung der Prozeßführungsbefugnis (oder des materiellen Anspruchs) durch das Merkmal der wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs führt nicht dazu, daß die Umweltwerbung generell oder bestimmte Werbeformen grundsätzlich immer bzw. nie angegriffen werden könnten. Von entscheidender Bedeutung ist in Verfahren über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Umweltwerbemaßnahmen ohne Produktqualitätsbezug,

250

D. Zusammenfassung und Ausblick

daß die Rechtstatsachen in das Verfahren eingebracht und berucksichtigt werden. Hier stellt sich den Parteivertretern eine besonders wichtige Aufgabe, denn nur wenn es ihnen gelingt, diese Tatsachen vorzutragen und deren Relevanz dem Gericht zu verdeutlichen, kann eine interessengerechte Entscheidung getroffen werden. Dies gilt nicht nur fur die Verbots- und Verbotsgegeninteressen im Rahmen des § 3 UWG, sondern auch rur die Einbeziehung informationsökonornischer Aspekte in die Beurteilung der Frage der Sittenwidrigkeit. Hilfreich wäre es auch, wenn die Rechtsprechung das Lauterkeitsrecht nicht nur als "case-Iaw" verstehen, sondern auch als solches behandeln würde. Mehr Rechtssicherheit entstünde z.B., wenn die Gerichte häufiger obiter dicta verwendeten, bei abweichenden Entscheidungen ein genaueres "distinguishing" betrieben und gegebenenfalls auch ein "overruling" als solches kennzeichneten. Der rechtliche Einfluß der europäischen Regelungen auf das deutsche Lauterkeitsrecht wird zumeist überschätzt, die faktischen Auswirkungen dagegen unterschätzt. Für die Umweltwerbung ohne Produktqualität ist lediglich die wegweisende Richtlinie über das Öko-Audit-Verfahren und Art.30 EGV einschlägig. Die Regelung des Art.30 betrifft allerdings nur Euromarketingmaßnahrnen im weitesten Sinn, jedoch auch nur fur eingefiihrte Produkte. Den gemeinschaftsrechtlichen Regeln läßt sich entnehmen, daß fur das Funktionieren des Binnenmarktes die Information der Verbraucher von entscheidender Bedeutung ist. Zudem muß zwangsläufig auf das Leitbild eines verständigen und aufgeklärten Verbrauchers zurückgegriffen werden. Der hier vertretene Ansatz zur lauterkeitsrechtlichen Beurteilung der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug trägt diesen Erfordernissen Rechnung, und stellt gleichsam eine gemeinschaftskonforme Auslegung dar. Der Anpassungsdruck durch die Inländerdiskrirninierung und die beabsichtigten Legislativrnaßnahmen auf dem Gebiet der kommerziellen Kommunikation werden auf lange Sicht dazu fUhren, daß die deutsche Rechtslage bzw. die Rechtsprechung sich an den gemeinschaftsrechtlichen Leitbildern orientieren wird. Die Konzeption des BGH, Verbraucherschutz vor Information statt durch Information, wird sich in Zukunft nicht mehr halten lassen. Die bestehende Rechtslage ermöglicht allerdings bereits jetzt, die gemeinschaftsrechtliche Argumentation in die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Umweltwerbung einzubeziehen.

II. Übertragbarkeit der Ergebnisse

251

11. Ausblick hinsichtlich der Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse für die Beurteilung von Werbernaßnahmen ohne Produktqualitätsbezug außerhalb des Bereichs der Umweltwerbung Das vermehrte Auftreten von Werbung ohne Produktqualitätsbezug ist nicht alleine auf den Bereich der Umweltwerbung beschränkt geblieben. Es soll zunächst dargestellt werden, in welchen anderen Bereichen und aus welchen Gründen diese Art der Werbung eine Rolle spielt. Dann soll zumindest angedeutet werden, inwiefern die für die Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug gewonnenen Erkenntnisse hier fruchtbar gemacht werden können. So vielgestaltig die Formen der Werbung ohne Produktqualitätsbezug sind, so vielfaItig sind die Gründe für deren Einsatz. Rechtstatsächliche Probleme, die denjenigen bei der Umweltwerbung entsprechen, stellen sich für die Bewerbung von hoch komplexen Gütern, wie etwa Computeranlagen, Unterhaltungselektronik oder Autos, sowie von langlebigen Investitionsgütern, wie etwa Gebäuden, Heizungs- und Klimaanlagen oder auch Kapitalanlagen. Die Komplexität der Produkte und der schnell voranschreitende Fortschritt lassen es hier ratsam erscheinen, nicht lediglich ein konkret angebotenes Produkt herauszustellen, sondern zumindest noch eine Marke, eine Produktpalette oder ein Unternehmensimage. Soweit es sich um Vertrauensgüter handelt, deren qualitative Eigenschaften sich der Erfahrbarkeit des Umworbenen vor der Bezugsentscheidung entziehen, besteht in diesen Fällen ein der Umweltwerbung entsprechendes Informationsdilemma. Als Ausweg daraus bieten sich hier wiederum die Werbernaßnahmen an, die Vertrauen erzeugen. Ein Abstellen der Werbung auf die Produktqualität ist dann nicht sinnvoll, wenn die angepriesenen Produkte sich qualitativ nicht von denjenigen der Konkurrenz unterscheiden. Hier kann insb. die Imagewerbung zu einer Produktdifferenzierung führen, wie etwa das Beispiel der Zigarettenreklame zeigt. Zudem läßt sich mit einer solchen Werbung das Image selbst als Zusatznutzen verkaufen, so daß nicht nur eine Produktdifferenzierung möglich wird, sondern auf dem Markt auch ein durch qualitative Unterschiede nicht gerechtfertigter Preis durchgesetzt werden kann, was sich etwa am Beispiel der Bewerbung von Luxusuhren zeigt. Einen naheliegenden Grund für das Ausweichen auf Werbernaßnahmen ohne Produktqualitätsbezug bilden auch rechtliche Werbebeschränkungen. So führt das Verbot der Werbung im öffentlich-rechtlichem Rundfunk nach 20 Uhr gern. § 15 I 3 Rundfunkstaatsvertrag dazu, daß zu diesen Sendezeiten vermehrt nach § 7 zulässige Sponsorenhinweise anzutreffen sind. Ähnlich wie bei der Banden- oder Trikotwerbung geht es hier offensichtlich um die Erschließung neuer Werbeflächen in räumlicher und zeitlicher Hinsicht. Auch bei der Werbung für Heilmittel führt die Restriktion des § 4 HWG, insb. die

252

D. Zusammenfassung und Ausblick

Pflicht zur Gegenanzeige gern. § 4 I Nr.5, zu einer "Flucht" in die Unternehmensimagewerbung, da bei einer reinen Unternehmenswerbung keine Gefahr der Selbstmedikation vorliegtl . Neben der mangelnden Differenzierbarkeit dürften fiir Zigarettenhersteller auch die Werberestriktionen des § 22 LMBG und des Selbstbeschränkungsabkommens der Zigarettenindustrie2 GIiinde da:fiir sein, :fiir ihre Produkte dadurch zu werben, daß unter deren Markennamen andere Waren oder Leistungen, wie etwa "Camel-Boots" oder "MarlboroTours", beworben werden. Auch dies stellt eine Form der Werbung ohne Produktqualität dar. Bei der Umweltwerbung kann eine entsprechende Restriktion in der strengen Auslegung des Irrefiihrungsverbots gesehen werden, das dazu fiihrt, daß Werbende produktqualitätsbezogene Angaben kaum mehr machen können, ohne Gefahr zu laufen, diese Werbung wegen einer von der Rechtsprechung angenommenen Irrefiihrungsgefahr untersagt zu bekommen. Der Hauptgrund :fiir den Einsatz von Werbung ohne Produktqualitätsbezug dürfte aber in der veränderten Einstellung der Konsumenten und möglicherweise auch der Anbieter liegen. Die Konsumenten berücksichtigen bei ihren Bezugsentscheidungen immer häufiger Aspekte, die mit der Produktqualität im oben dargestellten Sinne nicht zusammenhängen. Neben ökologischen Gesichtspunkten spielen auch soziale und kulturelle Umstände eine Rolle. Ein Beispiel ist das Aufkommen der sog. "fair gehandelten Produkte", wie etwa Kaffee, Kakao und Schokolade, waschaktive Substanzen aus nachwachsenden Rohstoffen sowie Naturtextilien. Bei diesen Produkten steht nicht die :fiir den Konsumenten nutzbare Qualität im Mittelpunkt, sondern die Tatsache, daß (Ld.R neben ökologischen Aspekten) beim Einkauf der Rohstoffe die Interessen der Erzeuger in Entwicklungsländern besonders berücksichtigt werden. Da dies zur Zahlung höherer, marktunüblicher Einkaufspreise an die Erzeuger fiihrt, sind auch die dem Konsumenten angebotenen Produkte entsprechend teurer. Trotz des höheren Preises steigt der Marktanteil dieser Produkte. Auf seiten der Anbieter sind entsprechende Bemühungen erkennbar, wobei sich kaum sagen läßt, ob dies als Reaktion auf eine bestimmte Nachfrage oder als Wahrnehmung einer eigenen Verantwortung :fiir andere als wirtschaftliche Ziele zu erklären ist. Neben den allgegenwärtigen (werblichen) Hinweisen auf die Förderung von Sport, Kultur und Umwelt, finden sich gerade in den Fällen, die in jüngster Zeit die Rechtsprechung beschäftigt haben, auch Hinweise auf die Förderung anderer Belange ("McHappy-Tag" 3, "Tageseinnahmen :fiir Mitarbeiter"4, "Nur deutsche Ware,,5, Weihe-Gröning, WRP 1997, S.409 (423 f.). BaumbachIHefermehl, § 3 Anhang 1 III zu § 22 LMBG. 3 BGH, WRP 1987, S.553 ff 4 BGH, WRP 1991, S.227 ff. 5 OLG Rostock, WRP 1995, S.970 ff 1

2

TI. Übertragbarkeit der Ergebnisse

253

"Schafft Arbeitsplätze bei UNS"6). Aber auch eine Ausrichtung der Unternehmensziele auf die Stärkung des sog. "shareholder value" ist kaum dadurch zu erreichen, daß man mit der Qualität der Erzeugnisse wirbt, da der eigentliche Wettbewerbszeck dabei die Verbesserung der eigenen Stellung auf dem Kapitalbeschaffungsmarkt ist. Da deshalb mehr oder weniger das Unternehmen selbst Gegenstand des Angebots ist, kann die Unternehmensimagewerbung sinnvoll eingesetzt werden. Die wettbewerbsrechtliche Grundproblematik ist bei allen Formen der Werbung ohne Produktqualitätsbezug gleich. Während Werbernaßnahmen mit Qualitätsbezug als eine Form des generell zulässigen Leistungswettbewerbs anzusehen sind, ist eine Zuordnung unter diese Kategorie bei anderen Werbeformen problematisch. Für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Werbung ohne Produktqualitätsbezug ist es daher zweckmäßig, auf ein funktionales Verständnis der Generalklausel des § I UWG abzustellen. Dafür ist zu untersuchen, inwieweit solche Werbernaßnahmen die Vergleichbarkeit der angebotenen Leistungen verbessern und dem Abnehmer seine Schiedsrichterfunktion erleichtern können? bzw. ob diese Formen der Werbung eine wettbewerbsrechtlich nicht erwünschte Beeinflussung der Bezugsentscheidung darstellt. Soweit Werbung ohne Produktqualitätsbezug eingesetzt wird, um rechtstatsächlichen Problemen entgegenzuwirken, die denjenigen der Umweltwerbung entsprechen (Werbung fiir Vertrauensgüter oder komplizierte Produkte auf innovativen Märkten), bietet es sich an, den fiir die Umweltwerbung entwickelten Lösungsansatz auch hier anzuwenden. Danach ist zu untersuchen, ob die jeweilige Werbemaßnahme dazu beiträgt, die Markttransparenz zu verbessern und die Informationsasymmetrie auf dem Markt zu verringern. Wie fiir den Bereich der Umweltwerbung gezeigt, können auch Werbeaussagen, die sich nicht auf die Produktqualität beziehen, die Bezugsentscheidung des Abnehmers dadurch erleichtern, daß beispielsweise Vertrauen zum Anbieter erzeugt wird. In solchen Fällen ist die Werbung als eine Förderung des leistungsbezogenen Wettbewerbs anzusehen. Daher sind die informationsökonomischen Interessen des Werbenden dann bei der Beurteilung der Irrefiihrungsgefahr gern. § 3 UWG als Verbotsgegeninteressen in die Interessenabwägung einzubeziehen. Zudem wird in diesen Fällen eine unsachliche Beeinflussung der Umworbenen, die etwa in Fällen der gefiihlsbetonten Werbung oder der Wertreklame entscheidungsrelevant ist, nicht anzunehmen sein. Dient die Werbung ohne Produktqualitätsbezug zur Produktdifferenzierung, wozu regelmäßig die Imagewerbung eingesetzt wird, ist zu beachten, daß auch die (leistungsbezogene) Werbung selbst als Leistung i.S.d. Begriffs Leistungswettbewerb anzusehen sein kann8 . Erzeugt die Werbung ein positives Image, 6

7

BGH, WRP 1995, S.487 fT. BaumbacMlefennehl, Einl. Rn.98.

254

D. Zusammenfassung und Ausblick

so ist auch dieses Image Teil des Angebots. Das Image, mit dem sich der Konsument auch nach außen hin identifiziert, wird dadurch zu einem Zweitnutzen des angebotenen Produkts. Hier besteht allerdings die Gefahr, daß durch das Image von der Produktqualität abgelenkt oder Fehlvorstellungen hinsichtlich der Beschaffenheit des Produkts hervorgerufen werden (Gefahr des Vortäuschens einer Markenware9 ), was zu Irrefiihrungen oder einer unsachlichen Beeinflussung der Umworbenen fiihren kann. Ein besonderer informationsökonomischer Vorteil für die Abnehmer ist mit der Prestigefunktion des Images nicht verbunden, so daß eine Berücksichtigung des Interesses der Anbieter oder Nachfrager nicht als Verbotsgegeninteresse berücksichtigt werden muß. Hinsichtlich der Problematik der Werberestriktionen ist die Situation für Umweltwerbung und andere Werbung nicht unbedingt vergleichbar. Hier muß untersucht werden, ob der Einsatz nicht produktqualitätsbezogener Werbung eine Reaktion auf rechtstatsächliche Probleme ist, etwa die Komplexität des darzustellenden Umweltvorteils und die mangelnden Grundkenntnisse der angesprochenen Verkehrskreise, oder ob hier schlicht gesetzliche Beschränkungen umgangen werden sollen. Für die Heilmittelwerbung ist speziell auf die Gefahr der Selbstmedikation einzugehen. Die Beschränkung des Sponsorenhinweises auf die Nennung des Sponsors und damit den Ausschluß von Werbung mit Produktqualitätsbezug schreibt das Gesetz (§ 7 Rundfunkstaatsvertrag) selbst vor. Auf Grund der spezialgesetzlichen Sonderregelung ist diese Form der Werbung zulässig, soweit die dort genannten Grenzen eingehalten werden. Als besonders schwierig gestaltet sich die Beurteilung von Werbernaßnahmen, die versuchen "neue Werte" zu vermitteln. Die Einbeziehung sozialer, ethischer oder kultureller Gesichtspunkte in wirtschaftliches Verhalten mag durchaus begrüßenswert sein. Auch stehen den Marktteilnehmem für diese Betätigung Grundrechte zu Gebote. Die Meinungs-, Eigentums-, Berufs- und allgemeine Handlungsfreiheit findet aber ihre Grenzen in den Schranken, die sich etwa auch aus dem UWG ergeben. Wie das Beispiel der Sponsoringwerbung gezeigt hat, läßt sich die Verfolgung aller gesellschaftlich anerkannten Interessen werblich nutzen. Hier sind zwei Konstellationen denkbar. Zum einen kann die Verfolgung eines solchen Interesses für den Konsumenten ohne spürbaren eigenen Nutzen bleiben (z.B. bei der Bewerbung "fair gehandelter Produkte" oder bei den meisten Formen der Umweltwerbung). Wie bei der Umweltwerbung liegt es in diesen Fällen nahe, daß durch die werbliche Darstellung des altruistischen Verhaltens des

8

9

BaumbachIHefennehl, Einl. Rn.98. BaumbachIHefennehl, § 3 Rn. 176 tT.

II. Übertragbarkeit der Ergebnisse

255

Anbieters die Gefühle der Umworbenen angesprochen werden. Dabei besteht die Gefahr, daß die Werbung die Gefühle der Umworbenen ausnutzt. Hat der Umworbene dagegen selbst einen Vorteil durch die Verfolgung gesellschaftlich anerkannter Interessen seitens des Werbenden (besucht der Umworbene beispielsweise die gesponserten Konzerte), so kann auch hier durch die Sympathie für das geförderte Ziel eine werbliche Ausnutzung der Gefühle des Umworbenen erfolgen. Zudem besteht dann die Gefahr, daß der Konsument durch eigene Vorteile verlockt wird, seinen Bedarf beim Werbenden zu dekken, ohne Preis oder Qualität des Angebots zu berücksichtigen. Das Hauptproblem bei dieser Form der Werbung ohne Produktqualitätsbezug liegt demnach darin, daß die Werbung durch Einbeziehung gesellschaftlich anerkannter Interessen die Bezugsentscheidung unsachlich beeinflussen kann. Wie bereits am Beispiel des Umweltschutzes gezeigt, lassen sich nicht wettbewerbsbezogene Interessen allerdings nicht unmittelbar in das System des Wettbewerbs einfügen. Genausowenig wie der Umweltschutz als Gegenstand des Allgemeininteresses, können auch soziale oder kulturelle Aspekte eine lauterkeitsrechtliche Beurteilung direkt präjudizieren. Die Einbeziehung solcher Werte würde den Funktionszusammenhang von Angebot und Nachfrage behindern und zu einer Verlagerung des Wettbewerbs vom konkret angebotenen Produkt auf vom Angebot unabhängige Umstände führen. Der Produktabsatz würde dann nicht mehr von den Parametern Preis und Qualität bestimmt, sondern vom Engagement des Werbenden für wettbewerbsfremde Belange. Dies würde andere Anbieter zu ähnlichen Absatzstrategien veranlassen und das Wettbewerbssystem als solches in Frage stellen. Eine Berücksichtigung sozial anerkennenswerter Belange, wie sie insb. Lappe im Fall des Umweltschutzes fordert lO , setzt sich zudem dem Vorwurf aus, daß die Frage, was überhaupt als sozial, moralisch oder ethisch anerkennenswert gilt, durch den Wettbewerbsrichter zu entscheiden wäre. Auch der Ansatz von FederhoffRink, den Leistungsbegriff durch den Begriff der (umweltbezogenen) Unternehrnensleistung zu ersetzenIl , kann nicht überzeugen. Zum einen stellt sich auch hier die Frage, warum nicht auch andere Werte außer dem Umweltschutz eine Rolle spielen sollten. Zum anderen würde auch nach diesem Ansatz durch den fehlenden Bezug der Werbung zu konkret angebotenen Produkten oder Leistungen der Funktionsmechanismus von Angebot und Nachfrage gestört und letztlich das Wettbewerbssystem denaturiert. Einer Beschränkung der Marktteilnehrner in ihren Grundrechten kann aber dadurch entgegengewirkt werden, daß Werbernaßnahmen nur dann untersagt werden, wenn sie eine relevante Beeinträchtigung des Wettbewerbssystems darstellen. Wie oben gezeigt, muß nicht jede Werbung ohne Produktqualitäts10 11

Lappe, S.85. FederhofJ-Rink, S.264.

256

D. ZUsammenfasSilllg illld Ausblick

bezug im Widerspruch zum Leistungswettbewerb bzw. dem Referenzsystem des freien und fairen Wettbewerbs stehen. Zum einen kann nämlich auch ohne Bezug zur Produktqualität ein Bezug zur angebotenen Leistung bestehen, zum anderen kann der Grad der Beeinflussung der Bezugsentscheidung so gering sein, daß von einer VerfaIschung des Wettbewerbs nicht ausgegangen werden kann. Hinsichtlich des Grades der Beeinflussung können die oben zur Umweltwerbung entwickelten Kriterien herangezogen werden. Es kommt also etwa auf die Intensität einer emotionalen Ansprache oder das Fehlen jeglicher anderer Werbeargumente, auf die Größe oder Bedeutung einer vom Werbenden erbrachten Förderleistung, sowie auf die zeitliche und räumliche Nähe der Werbehinweises zur Bezugsentscheidung an. Beim akzessorischen Sponsoring wird jedenfalls ein erhebliches Maß an Beeinflussung generell anzunehmen sein. Bezüglich der Frage der Unsachlichkeit einer Beeinflussung ist wiederum darauf zu achten, daß nicht ein fehlender sachlicher Zusammenhang entscheidend ist, sondern die Herstellung eines unsachlichen Zusammenhangs zwischen dem in der Werbung herausgestellten Umstand und der konkret angebotenen Leistung. Kaum ein unsachlicher, weil praktisch überhaupt kein Zusammenhang besteht oft bei der Sponsoringwerbung im Fernsehen. Häufig stehen die dort gesponserten Sendungen in keinerlei Zusammenhang mit dem umworbenen Gegenstand. Sowohl Sponsoren (z.B. irgendeine Brauerei) als auch gesponserte Sendungen (z.B. irgendein Sportereignis) lassen sich beliebig austauschen. Dies zeigt zugleich, wie fragwürdig die gesetzliche Regelung ist, nach der ein Sponsorenhinweis nötig sein soll, um den Einfuß fremder Geldgeber auf den Inhalt des Programms offenzulegen. Hier dürfte es in erster Linie um die Erschließung neuer zeitlicher Werbemöglichkeiten gehen und nicht um die Offenlegung einer Einflußmöglichkeit auf das Programm, wobei der Erinnerungseffekt dieser Werbung sicherlich größer sein dürfte als der damit erzielte Sympathiegewinn. Im obigen Beispielsfall könnte eine Beeinflussung, die unsachlich ist, deshalb nur dann angenommen werden, wenn die Konsumenten mehr von dem angepriesenen Bier trinken würden, um mehr Fußballspiele zu sehen. Während umweltbezogene Hinweise auf sparsamen Umgang mit Energie und Rohstoffen oder umweltverträglichen Herstellungsverfahren mit dem Gegenstand der angebotenen Leistung in Zusammenhang stehen können (z.B. Reduzierung der von der Produktherstellung ausgehenden negativen externen Effekte), wird dies bei der Verfolgung kultureller oder sportlicher Interessen kaum der Fall sein. Ein Bezug zwischen der konkret angebotenen Leistung kann sich aber durchaus bei der Förderung sozialer Belange ergeben. So steht

II. Übertragbarkeit der Ergebnisse

257

etwa die Unternehmensleistung, ftir die verwendeten Rohstoffe faire Preise an die Erzeuger zu zahlen, mit dem Angebot des fair gehandelten Produkts in einem sachlichen Zusammenhang. Auch hier werden gleichsam negative externe Effekte auf sozialer bzw. wirtschaftlicher Ebene angesprochen, die durch das Angebot des konkreten Produkts vermieden werden. Insoweit liegt ein Produktbezug, wenn auch kein Produktqualitätsbezug vor. Dies gilt auch ftir eine Werbung mit dem Slogan "Dieses Produkt schafft Arbeitsplätze bei UNS,,12. Im Ergebnis zu Recht ging der BGH in diesem Fall davon aus, daß ein sachlicher Bezug zwischen dem beworbenen Produkt und dem sozialen Engagement des Werbenden, eines Lebensmitteleinzelhändlers in Cottbus, bestand. Die Herkunft des Produktes aus Ostdeutschland sei in diesem Fall ein Leistungselement besondere Art. Diese Feststellung, die der BGH allerdings nicht weiter erläutert, läßt sich dadurch begrtinden, daß eine Vermeidung negativer externer Effekte (hier die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland) mit dem umworbenen Produkt verbunden ist. Der Hinweis auf die Herkunft des Produkts aus Ostdeutschland ist deshalb nicht unsachlich. Anders sind dagegen Fälle zu beurteilen, bei denen soziale Belange gefördert wurden, die mit dem angebotenen Produkt in keiner sachlichen Beziehung standen (z.B. "McHappyTag,,13 , "Tageseinnahmen ftir Mitarbeiter"14). Letztlich muß aber eine Gesamtbetrachtung des Grades der Beeinflussung und des Sachzusarnrnenhangs erfolgen. Liegt zwar eine erhebliche Beeinflussung der Bezugsentscheidung vor, die jedoch kaum unsachlich wirkt, wie etwa die Sponsorennennung bei Fußballübertragungen, so ist eine unzulässige, verlockende oder gefiihlsausnutzende Werbung nicht anzunehmen. Aber selbst wenn eine Werbung einen sachlichen Bezug zwischen den in der Werbung angesprochenen, gesellschaftlich anerkannten Interessen schafft, kann eine unzulässige gefiihlsausnutzende Werbung vorliegen. So kann etwa im oben geschilderten BGH-Fall davon ausgegangen werden, daß der Hinweis auf den Schutz der Arbeitsplätze in Ostdeutschland von Qualitätsmerkrnalen und Preis so weit ablenkt, daß hier von einer unzulässigen gefühls- oder sogar angstausnutzenden Werbung auszugehen ist. Damit zeigt sich, daß die im Bereich der Umweltwerbung ohne Produktqualitätsbezug erarbeiteten Lösungsansätze auch ftir die Beurteilung anderer Werbeformen grundsätzlich geeignet sind.

BGH, WRP 1995, S.487 tT. BGH, WRP 1987, S.553 tT. 14 BGH, WRP 1991, S.227 tT. weitere Nachweise bei BaumbachIHefermehl, § 1 Rn. 186a. 12

13

17 Ewerl

Verzeichnis der verwendeten Entscheidungen zur Umweltwerbung BGH WRP 1976 S.685

Urteil vom 30.06.1976

Gtilne Salatschüssel

GRUR 1984 8.465

Urteil vom 02.02.1984

Natursaft

GRUR 1991 8.546

Urteil vom 20.10 .1988

Aus Altpapier

GRUR 1991 S.548

Urteil vom 20.10.1988

Umweltengel

GRUR 1991 8.550

Urteil vom 04.10.1990

Zaunlasur

GRUR 1991 8.542

Urteil vom 18.1O.l990

Bio-Fahrtkostenerstattung

GRUR 1994 8.391

Urteil vom 12.10.1993

Alle reden vom Klima

GRUR 19948.656

Urteil vom 10.03.1994

8toffiragetasche

WRP 19948.531

Urteil vom 24.03.1994

Ölbrennermodelle

WRP 1995 S.485

Urteil vom 09.02.1995

Super-Spar-Fahrkarten

WRP 1995 S.679

Urteil vom 06.07.1995

Ölverschmutzte Ente

WRP 1996 8.290

Urteil vom 14.12.1995

Weber-Haus

WRP 1996 8.1156

Urteil vom 03.05.1996

PVC-frei

WRP 1997 S.179

Urteil vom 19.09.1996

Energiekosten-Preisvergleich II

WRP 1997 S.302

Urteil vom 17.10.1996

Naturkind (OLG Hamburg)

Oberlandesgerichte Kammergericht Berlin WRP 1976 S.553

Urteil vom 30.06.1976

Meßbecher

GRUR 1984 8.605

Urteil vom 20.12.1983

Ein Baum für Köln

PharmaR 19898.111

Urteil vom 14.10.1988

Mittel aus der Natur Pauschale Werbeaussage

WRP 1991 8.30

Urteil vom 15.06.1990

GRUR 1995 8.360

Urteil vom 26.11.1993

Weg damit - Her damit

WRP 19948.826

Urteil vom 06.06.1994

Naturkind

WRP 1996 8.750

Urteil vom 23.01.1996

Kapitalanlage

17"

260

Verzeichnis der verwendeten Entscheidungen zur Umweltwerbung

OLG Dilsseldorf GRUR 1988 S.55

Urteil vom 05.06.1986

Bio-fix WC-Reiniger

OLG Frankfurt a.M. WRP 1985 S.271

Urteil vom 18.10.1984

Poroton Bioziegel

WRP 1994 S.405

Urteil vom 20.01.1994

Verölter Wasservogel

OLGHamburg WRP 1988 S.45

Urteil vom 05.02.1987

Umweltengagement I

GRUR 1987 S.386

Urteil vom 12.02.1987

Bäwnchen-Aktion

GRUR 1989 S.614

Urteil vom 09.03.1989

Umweltengagement 11

NJW-RR 1991 S.113

Urteil vom 14.06.1990

Recycling-Leder

NJW 1993 S.1867

Urteil vom 10.09.1992

Mehrwegfenster

WRP 1994 S.885

Urteil vom 17.07.1994

Naturkind

OLG Karlsruhe WRP 1993 S.122

Urteil vom 25.03.1992

Tetrapak:

WRP 1996 S.582

Urteil vom 13.03.1996

Altwagen-Umweltaktion

OLGKöln GRUR 1988 S.51

Urteil vom 21.10.1987

Umweltengel am Regal

WRP 1988 S.392

Urteil vom 06.01.1988

Kaltreiniger

GRUR 1988 S.630

Urteil vom 04.03.1988

Universal-Kaltreiniger

GRUR 1995 S.362

Urteil vom 26.06.1992

Waschmaschinen-Werbung

WRP 1993 S.191

Urteil vom 14.08.1992

Asbestfreilinnovativ Bodenseeschutzprogramm

WRP 1993 S.346

Urteil vom 08.01.1993

BB 1993 S.1387

Beschluß vom 08.01.1993 Plastiktragetasche

WRP 1994 S.615

Urteil vom 09.06.1994

Unipor-Ziegel

Verzeichnis der verwendeten EntscheidWlgen zur UmweltwerbWlg

261

OLG Milnchen WRP 1990 S.194

Urteil vom 14.09.1989

Öko-Pilsner

GRUR 1990 S.290

Urteil vom 21.09.1989

Bioclean

NJW-RR 1993 S.227 WRP 1994 S.134

Urteil vom 24.09.1992 Urteil vom 23.09.1993

Gemeinsames Umwe1tticket Bio-Früchte

OLG Nilrnberg GRUR 1989 S.686

Urteil vom 18.04.1989

Baubiologisch

OLG Saarbrilckell WRP 1992 S.510

Urteil vom 04.03.1992

"Ha-Ra"-Reinigungsmitte1

OLG Stuttgart NJW-RR 1989 S.556

Beschluß vom 07.10.1988 KfZ-Pflegemittel

WRP 1991 S.194

Beschluß vom 10.08.1990 Naturdünger

WRP 1993 S.628

Urteil vom 12.03.1993

Erdgas

WRP 1994 S.339

Urteil vom 18.02.1994

WohnWlgseigentum

WRP 1996 S.628

Urteil vom 01.12.1995

Unterstützug des Artenschutzes

Landgerichte LG Frankfurt a.M~ WRP 1985 S.245

Beschluß vom 21.01.1985 Ökotau-Streusalz

WRP 1991 S.349

Beschluß vom 30.11.1989 Verpackwtg aus Karton

WRP 1994 S.554

Urteil vom 04.05.1994

Verpackwtg aus Papier

LGHamburg WRP 1986 S.59

Beschluß vom 14.02.1985 Aktion Grüner Groschen

WRP 1996 S.373

Urteil vom 12.12.1995

Grüne Computer

262

Verzeichnis der verwendeten Entscheidungen zur Umweltwerbung

LGKöln GRUR 1988 S.55

Urteil vom 27.01.1987

Holzschutzmittel

GRUR 1988 S.59

Urteil vom 16.06.1987

Kaltreiniger

GRUR 1989 S.521

Urteil vom 14.03.1989

Bio-Fahrtkostenerstattung

LGMannheim VuR 1990 S.227

Urteil vom 30.4.1990

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Sachwortverzeichnis Allokation 11 Auslegung, gemeinschaftskonfonne 212; 217; 221; 226; 238 f; 250

Irreführungsquote 106 f; 108; 112; 114; 161;239 Irreführungsrichtlinie 224; 227 f; 239

Binnenmarkt 20; 71; 210; 219; 223; 227; 230;233

Kammer filr Handelssachen 115 Kartellrecht 26 f; 93; 215 Kaufappell 55; 126 Kommerzielle Kommunikationen 71; 231;240 Kompensation von Umweltnachteilen 82; 167f.; 176; 182 Kundennutzen 59; 62; 81 f; 89; 130

case law 10 Effekt, externer 59 ff.; 71; 89; 150; 153; 164 f; 188; 194; 206; 246; 256 f Erinnerungswerbung 24; 133; 151 ff.; 248 Euromarketing 71; 231 f; 236 Fahrtkostenerstattung 25; 31; 54 ff.; 71; 79; 100; 123; 181 ff; 243 f Fortschritt, technischer 70; 86; 88 f; 251 Gesundheitswerbung 20; 22; 62; 107 f; 112 Gnmdfreiheiten des EGV 27; 213; 217; 226 Gnmdrechte 27 f; 129; 142; 254 f Handeln, hoheitliches 214 Herkunftsangabe 63 homo oeconornicus 67; 73; 80 Imagemodell 75 Infonnationsökonornie 12; 59; 65; 67; 94; 111; 139; 155; 177 f.; 195; 207; 220; 237 ff.; 246 ff. Inländerdiskriminierung 222; 225; 227; 233;250 Irreführungspotential 39; 69; 85; 90; 105f; 161

Leitbild des Leistungswettbewerbs 12; 94; 110; 115 f.; 118; 139; 148; 181; 247 Marken 43; 67; 77; 86; 252 ff. Marketing-Mix 19; 87 Markttranzparenz 12; 74; 153; 205; 253 Nachahmung 121; 122; 204; 221 Öko-Audit 83; 228; 234 f; 237 f.; 250 Ökobilanz 39; 137; 208 Prestige 43; 78; 85 Prozeßfilhrungsbefugnis 104; 199; 200ff.; 205;249 Public Relations 49; 101; 132; 158 Rechtstatsachenforschung 73 repeat purchase mechanism 63 f Repräsentativaussage 108; 112; 183; 192 Reputation 65; 78; 121; 161; 176; 180 Sachbefugnis 104; 199 f.

272

Sachwortverzeichnis

Schadenersatzanspruch 197 f shareholder value 252 Staatszielbestimmung 89 Statussymbol 78; 151 Suggestivwerbung 127; 147

- marktbezogenes 102; 104; 205 Verkaufsmodalität 222; 226; 229 f; 241 Vertrauenseigenschaft 63 tT.; 68 f.; 82 f.; 126;249 Vorsorgeprinzip 177 Vorspann 148; 178; 194

Tarnung von Werbung 131; 179 Umweltbewußtsein 9; 17; 19; 63; 67; 71; 80; 125;208;243 Umweltengel134; 136; 145 Umweltzeichen 34; 36 ff.; 83; 85; 228; 234 Unternehmenskommunikation 17; 21; 47; 49; 59; 158; 166; 240 Unternehmenswerbung 30; 39; 42; 156; 251 Verbotsgegeninteresse 108; 110 f; 140 ff., 193; 207; 254 Verbraucherleitbild 219; 242 Verbraucherschutz 13; 59; 66; 116; 215; 218 ff.; 227; 250 Verbraucherverbände 205; 209 Verbrauchervorstellung, verweisende 38 Verhalten, - altruistisches 82

Warenarten- und Systemvergleich 36; 70; 123 Werbeargument 25; 62; 69; 89 Werbebotschaft 25; 45; 160 Werbestrategie 76; 82; 90; 235 Werbewirkung 73 f.; 78; 127; 158; 196 Werbung mit Selbstverständlichkeiten 36 Werbung, - schockierende 130 - vergleichende 36; 122 f; 197 Wertewandel28 Wertreklame 32; 100; 121 tT.; 162 tT.; 172; 174; 181 f.; 185 f.; 188 f.; 249; 253 Zusatznutzen 42; 54; 62; 82; 151; 181; 251 Zweitnutzen 52 tT.; 57; 82; 128; 243; 253