Werke und Briefe: Band 1 Text 9783110867824, 9783110140149

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Werke und Briefe: Band 1 Text
 9783110867824, 9783110140149

Table of contents :
1. An Carl Friedrich Cramer, 8.2.1795
2. Von Friedrich Leopold Stolberg, 8.2.1795
3. Vow Göschen, 3.3.1795
4. An Frauenholz, 28.4.1795
5. An Herder, 28.4.1795
6. Von Herder, 14.5.1795
7. An Friedrich Heinrich Jacobi, 3.6.1795
8. An Nicolai, 23.6.1795
9. Von Friedrich Leopold Stolberg, 19.7.1795
10. Von Herder, 2.8.1795
11. Von Böttiger, 15.8.1795
12. An Amalie Münster-Meinhövel, 19.8.1795
13. Von Böttiger, 30.8.1795
14. An Friedrich Heinrich Jacobi, 30.10.1795
15. Von Gleim, 30.10.1795
16. An Gleim, 7.11.1795
17. Von Friedrich Heinrich Jacobi, 8.11.1795
18. Von Friederike Luise und Christian Stolberg, 14.11.1795
19. Von Gleim, 22.11.1795
20. Von Carl Friedrich Cramer, 26.11.1795
21. An Campe, 27.11.1795
22. Von Clodius, vor dem 14.12.1795
23. An Clodius, 14.12.1795
24. An Carl Friedrich Cramer, 16.,21.12.1795
25. Von Clodius, 23.12.1795
26. An Gleim, Ende 1795 (?)
27. An Clodius, 15.1.1796
28. An Ludolf, 19.1.1796
29. Von Therese Mathilde Amalie, Prinzessin von Thum und Taxis, vor dem 22.1.1796
30. Von Clodius, 26. 1.1796
31. Von Biester, 30.1.1796
32. An Clodius, 2. 2.1796
33. Von Carl Friedrich Cramer, 6.2.1796
34. Von Biester, 20.2.1796
35. An Clodius, 24.2.1796
36. An Clodius, 7.3.1796
37. Von Carl Friedrich Cramer, 14.3.1796
38. Von Gleim, 14.3.1796
39. An Hof mann, 18.3.1796
40. Vow Göschen, 21.3.1796
41. Von Clodius, 23. 3.1796
42. An Clodius, 26.3.1796
43. An Göschen, 26.3.1796
44. An Göschen, 29., 30. 3.1796
45. Von Göschen, 6.4.1796
46. An Chênedollé, zwischen Mitte Februar und Mitte April 1796
47. Von Friederike Luise Stolberg, 18.4.1796
48. Von Clodius, 23.4.1796
49. Von Göschen, 26.4.1796
50. Von Göschen, 18.5.1796
51. An Göschen, 4. 6.1796
52. An Göschen, 27.,28. 6.1796
53. An Hardenberg, 4. 8.1796
54. An Hardenberg, 30.8.1796
55. Von Göschen, 1.9.1796
56. An Göschen, 24.9.1796
57. Von Göschen, 8.10.1796
58. An Göschen, 12.10.1796
59. An Göschen, 15.10.1796
60. An Göschen, 19.10.1796
61. An Göschen, 21.10.1796
62. An Göschen, 29.10.1796
63. Von Carl Friedrich Cramer, 7.11.1796
64. Von Göschen, 7.11.1796
65. An Göschen, 15.,16.11.1796
66. An Amalie Münster-Meinhövel, 21. 11.1796
67. Von Göschen, 22.11.1796
68. An Göschen, 26.11.1796
69. An Göschen, 3.12.1796
70. Von Göschen, 11.12.1796
71. An Friedrich Münter, 23.12.1796
72. Von Gleim, 3.1.1797
73. An Göschen, 14.1.1797
74. Von Delbrück, 14.1.1797
75. Von Delbrück, 15.1.1797
76. Von Göschen, 15.1.1797
77. An Göschen, 18.1.1797
78. An Therese Mathilde Amalie, Prinzessin von Thurn und Taxis, 27.1.1797
79. An Göschen, 28.1.1797
80. Vow Gräter, 30.1.1797
81. Von Göschen, vor dem oder am 6.2.1797
82. An Göschen, 11.2.1797
83. An Göschen, 15.2.1797
84. An Friedrich Leopold Stolberg, 22.2.1797
85. Von Göschen, zwischen dem 14. wnd dem 25.2.1797
86. An Friedrich Münter, 10. 3.1797
87. An Göschen, 11.3.1797
88. An Therese Mathilde Amalie, Prinzessin von Thum und Taxis, 11.3.1797
89. An Baudus, 18.3.1797
90. An Herder, 21.3.1797
91. Von Göschen, 24.3.1797
92. An Göschen, 25.3.1797
93. An Friedrich Münter, 31. 3.1797
94. Von Therese Mathilde Amalie, Prinzessin von Thum und Taxis, 4. 4. 1797
95. Von Göschen, 5.4.1797
96. An Göschen, 8.4.1797
97. An Göschen, 12.4.1797
98. An Göschen, vor dem oder am 14.4.1797
99. Von Köpken, 17.4.1797
100. Von Göschen, 25.4.1797
101. An Christina Sophia Luise Reimarus, 5.5.1797
102. Von Böttiger, 15.5.1797
103. Von Mellish, vor dem 22.5.1797
104. An Böttiger, 22.5.1797
105. Von Böttiger, 28.5.1797
106. Von Göschen, 31.5.1797
107. An Göschen, vor dem oder am 13. 6.1797
108. An Friedrich Münter, 13. 6.1797
109. Von Böttiger, 18.6.1797
110. An Christian Günther Bernstorff, 22., 23.6.1797
111. An Böttiger, 25. 6.1797
112. Von Göschen, 28. 6.1797
113. An Böninger und Langer, 6.7.1797
114. Von Carl Friedrich Cramer, 13.7.1797
115. An Reinhard (?), 14. 7.1797
116. Von Böttiger, 14. 7.1797
117. An Göschen, 17. 7.1797
118. An Böttiger, 22.7.1797
119. An Christian Günther Bernstorff, 25.7.1797
120. Von Böttiger, 27.7.1797
121. An Böttiger, 7. 1797
122. An Göschen, 16.8.1797
123. An Friedrich Leopold Stolberg, 24., 25.8.1797
124. Von Friedrich Leopold Stolberg, 27. 1797
125. An Göschen, 30.8.1797
126. Von Göschen, 1.9.1797
127. An Carl Friedrich Cramer, 7.9.1797
128. An Böttiger, vor dem oder am 12.9.1797
129. Von Böttiger, 16.9.1797
130. An Böttiger, 23.9.1797
131. An Göschen, 23.9.1797
132. Von Böttiger, 29.9.1797
133. Von Carl Friedrich Cramer, 30.9.1797
134. An Chênedollé, zwischen Anfang Mai 1795 und Ende September 1797
135. Von Friedrich Leopold Stolberg, 1.10.1797
136. Von Göschen, 3.10.1797
137. An Böttiger, 7.10.1797
138. Von Elisa von der Recke, 11.10.1797
139. An Böttiger, 21.10.1797
140. Von Böttiger, 27.10.1797
141. An Friedrich Leopold Stolberg, 31.10.1797
142. An Göschen, 1.11.1797
143. An Böttiger, 4.11.1797
144. Von Friedrich Leopold Stolberg, 5.11.1797
145. An Böttiger, 9., 11.11.1797
146. An Göschen, vor dem oder am 11.11.1797
147. Von Böttiger, 12.11.1797
148. Von Göschen, vor dem oder am 16.11.1797
149. An Böttiger, 18.11.1797
150. An Göschen, 20., 22.11.1797
151. An Göschen, 24.11.1797
152. Von Böttiger, 24.11.1797
153. An Göschen, 29.11.1797
154. An Göschen, 2.12.1797
155. An Böttiger, 6.12.1797
156. Von Göschen, 11.12.1797
157. An Göschen, 20.12.1797
158. Von Böttiger, 22.12.1797
159. An Göschen, 27.12.1797
160. Von Göschen, 30.12.1797
161. An Böttiger, 6.1.1798
162. An Göschen, 6.1.1798
163. An Göschen, 13.1.1798
164. Von Böttiger, 15.1.1798
165. An Göschen, vor dem oder am 17.1.1798
166. Von Göschen, 16., 18.1.1798
167. Von Göschen, 26.1.1798
168. An Göschen, 27.1.1798
169. An Göschen, 3.2.1798
170. An Göschen, 7. 2.1798
171. Von Göschen, 9.2.1798
172. Von Göschen, 13.2.1798
173. Von Carl Friedrich Cramer, 16.2.1798
174. Von Göschen, vor dem oder am 26.2.1798
175. Von Böttiger, 26.2.1798
176. An Göschen, 3.3.1798
177. An Göschen, 7.3.1798
178. Von Göschen, 8.3.1798
179. Von Gleim, 13.3.1798
180. Von Göschen, 13.3.1798
181. Von Carl Friedrich Cramer, 19.3.1798
182. Von Clodius, nach dem 13.2. und vor dem 21.3.1798
183. An Göschen, 21.3.1798
184. Von Heinze, 25.3.1798
185. Von Gleim, 29.3.1798
186. Von Göschen, 30.3.1798
187. An Göschen, 4.4.1798
188. An Göschen, 7.4.1798
189. Von Böttiger, 16.4.1798
190. Von La Tresne, 16.4.1798
191. Von Schönborn, 17.4.1798
192. An Göschen, 18.4.1798
193. Von Göschen, 27.4.1798
194. Von Gleim, 30.4.1798
195. Von Gleim, 30.4.1798
196. An Böttiger, 5.5.1798
197. An Christian Günther Bernstorff, 8.5.1798
198. An Böttiger, 11.5.1798
199. Von Böttiger, 18.5.1798
200. Von Gleim, 20.5.1798
201. Von Göschen, 22.5.1798
202. An Böttiger, 23.5.1798
203. An Gleim, 4.6.1798
204. Von Christian Günther Bernstorff, 5.6.1798
205. Von Böttiger, 6. 6.1798
206. Von Gleim, 11. 6.1798
207. An Göschen, vor dem oder am 29. 6.1798
208. Von Göschen, 4. 7.1798
209. An Gerning, 7., 8.7.1798
210. Von Gleim, 13.7.1798
211. Von Füger, vor dem 18. 7.1798
212. An Gleim, 18.7.1798
213. Von Gleim, 25.7.1798
214. Von Therese Mathilde Amalie, Prinzessin von Thurn und Taxis, 30.7.1798
215. An Füger, 15.8.1798
216. An Göschen, zwischen dem 15. und dem 18.8.1798
217. Von Göschen, 25.8.1798
218. Von Basset, 26.9.1798
219. Von Böttiger, 11.10.1798
220. An Göschen, 13.10.1798
221. Von Göschen, 17.10.1798
222. An Clodius, 3.11.1798
223. An Göschen, 3.11.1798
224. Von Göschen, 16.11.1798
225. Von Eschenburg, 20.11.1798
226. Von Carl Friedrich Cramer, 28.11.1798
227. Von Gleim, 8.12.1798

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Hamburger Klopstock-Ausgabe

FRIEDRICH GOTTLIEB

KLOPSTOCK

W E R K E UND B R I E F E HISTORISCH-KRITISCHE

AUSGABE

Begründet von Adolf Beck, Karl Ludwig Schneider und Hermann Tiemann Herausgegeben von Horst Gronemeyer, Elisabeth Höpker-Herberg, Klaus Hurlebusch und Rose-Maria Hurlebusch f Verlag Walter de Gruyter in Berlin und New York

Abteilung Briefe: I X ι

Friedrich Gottlieb Klopstock Briefe 1795 - 1798 Herausgegeben von Rainer Schmidt Band 1: Text Walter de Gruyter Berlin, New York 1993

W G DE

Nr ι I.

AN C A R L

FRIEDRICH

CRAMER,

HAMBURG,

8. F e b r u a r

1795

8. F E B R U A R

I

1795

Schicken Sie mir, 1. Cr. meine grammatischen Blätter zuriik. Ich habe etwas darin geändert, das ich gern eintragen wollte Alte Leute sind schwach, u werden daher leicht erschüttert. So ging mir's gestern, als Sie mir erzählten, daß unsre Freunde gar zu gern Staatsbürger bleiben möchten. Das Aderblut erstarrte mir vor Verwundrung, u es wurde mir schwarz vor den Gesichtsaugen vor Erstaunen, daß man das unlogische Wort, oder mit Herrn Garve zu reden, das unlogikalische, so in Schuz nähme. Ich rükerinnere mich, daß mich meine Rükureltermutter einmal schlug, weil ich die Sprache durch ein solches Wort vervollkommnern wolte. Wenn unsre Freunde den Staatsbürger wirkl. beybehalten wollen, weil des Menschen Wille sein Himmelreich ist; so wünsche ich daß sie wenigstens in einem Punkte Nachsicht mit mir haben, u den civis romanus mit der Verdeutschung Stabürger verschonen Ihr Kl.

2.

VON

FRIEDRICH

8. F E B R U A R

LEOPOLD

STOLBERG,

EUTIN,

1795

Eutin d: 8ten Febr. 1795. Alles was mich betrift muß mein Klopstok wissen! An jeder Freude muß der ewige Jüngling Theil haben! Sie sehen zween Gründe aus welchen Sie gleich erfahren müssen, daß meine Frau, so leicht als möglich, gestern früh, von einem gesunden Knaben entbunden worden. Sie läßt Sie u: die liebe Windeme herzlich grüssen! Ich schicke Ihnen hier eine Ode, liebster Klopstok, weil es mir so vorkommen will, als verdiene sie auch von Ihnen gelesen zu werden. Wenn nun, wie den homerischen Glaukos, die Götter Sie auf einen Augenblick der Sinne berauben, daß Sie Gold für Erz geben wollen, so senden Sie mir dafür auch eine Ode, u: ich will hiermit Windeme (doch leise daß Sie es nicht hören) gebeten haben, Ihnen die vom Sklaven u: Henkerstaat in den Wurf zu legen.

2

Nr 3

3. M ä r z 1 7 9 5

Ich habe mich herzlich gefreut aus einem Briefe meines Bruders gesehen zu haben, daß er Sie wohl gefunden hat. Leben Sie wohl bester Klopstock! Sophia u: Kätchen umarmen mit mir Sie und die liebe Windeme FLStolberg

3.

VON GÖSCHEN,

LEIPZIG,

3. MÄRZ

I795

Verehrungswürdiger Herr! Herr Gerning hat mir einen Antrag von Seiten Ew Wohlgebohrnen gemacht, welcher einen Wunsch begünstiget den ich schon lange im Herzen trage, den ich aber aus Delicateße nie habe laut werden laßen. Sölten Dieselben würcklich geneigt seyn mir den Verlag der neuen Ausgabe Ihrer Oden zu überlaßen, so bestätige ich das Honorar, welches Herr Gerning Ihnen melden wird, und gebe Ihnen die Versicherung im Voraus, daß ich aus Hochachtung für den unsterblichen Sänger alle meine Kräfte aufbieten werde, um diese Oden in Rücksicht der Typographie zu einem Denkmal meines Vaterlandes zu machen. Es kann vielleicht mancher meiner Collegen mehr mit Reichthum zwingen als ich; aber gewiß Übertrift mich keiner in den Enthusiasmus für unsere Litteratur und in der thätigen Achtung für die Männer denen unser Deutschland seine Würde verdankt. Ich würde bitten mir zu erlauben diese Oden mit lateinischen Lettern zu drucken, Weil 1) Wenn man mit Engländern und Franzosen weteifern will man auch eben so schöne Formen zu den Lettern nehmen muß wie sie. Unsere deutschen Lettern werden immer eckigt bleiben und entfernen sich von den runden- und Schlangen-Linien weit mehr als die lateinischen 2) Weil die Ausländer gewohnt sind lateinische Lettern zu lesen. Gesner war der erste Schriftsteller, welcher mit lateinischen Lettern gedruckt wurde und er ist im Auslande am bekantesten geworden Ich würde 2 Ausgaben eine in Quarto und eine in 8° auf dem schönsten Velin Papier sehr splendid und von jeder nur wenige Exemplaria für die Begüterten drucken. Überdieses eine Ausgabe für die unbemittelte größere Claße von Lesern sehr wohlfeil um den Nachdruck zu steuern. Eine Probe von den schönen Ausgaben füge ich hierbey

Nr 4

18. April 1795

3

Ich habe Herrn Gerning gleich 4 Ld'or gesagt. Bey diesem Honorar werde ich mir aber aus bedingen: Daß ehe diese Ausgabe vergriffen ist, keine neue veranstaltet werden darf; und daß so lange ich für eine neue Ausgabe 5 Rthlr. für den Bogen zahle, Ew Wohlgebohrnen keinem andern Verleger eine neue Ausgabe, sondern blos meiner Handlung geben dürfen. Im Fall Sie einmal Ihre sämtlichen Werke herausgeben; so darf der Verleger derselben diese Oden nicht darin aufnehmen sondern mir bleibt das Recht, solche als besondere Theile zu den sämtlichen Werken in gleicher Form und Gestalt gegen ein billiges Honorar zu drucken. Sölten Sie verehrungswürdiger Herr meine Vorschläge genehmigen, so bitt ich, mir die Zeit der Erscheinung zu bestimmen, um die Papierbestellung machen zu können und damit ich mich nicht mit andern Dingen einlaße Mit der grösten Verehrung bin ich Dero gehorsamster Diener Georg Joachim Göschen Leipzig den 3 März 1795.

4.

AN F R A U E N H O L Z ,

HAMBURG,

28. APRIL

I795

Hamburg den z8ten Apr. — 95 Ew. Wohlgebohrn Brief vom 3ten Aug — 94 kann ich erst jezo beantworten. Ohmacht ein junger sehr guter Künstler hat ein Brustbild von mir im Geschmacke der Alten gemacht. (Sie finden in den jenaischen Literatur Zeit. Nachricht davon) Diese Abbildung werde ich Ew. Wohlgeb. unter folgenden Bedingungen zuschicken: 1) Sie lassen es von Müller in Kupfer stechen. Ausser dem können Sie auch Gipsbilder davon machen lassen. Von diesen bekomme ich zehn. 2) Sie schicken mir Ohmachts Brustbild, so bald Sie den angezeigten Gebrauch davon gemacht haben, zurück. 3) Sie bezahlen an Ohmacht vierzig holländische Dukaten 4) Ich lasse von dem zurük erhaltenen Originale keine Kopien in Gips machen. Wenn ich aus irgendeiner Ursache fünf oder sechs machen

4

Nr 5

ζ 8 . April 1795

liesse; so würden diese nur Freunde, unter der strengen Verbindlichkeit, bekommen, sie nie aus der Hand zu geben. Wollen Ew. Wohlgeb. diese Bedingungen eingehn; so schicken Sie mir die vierzig Dukaten für Ohmacht. Ich werde Ihnen, gleich nach dem Empfange, das Brustbild, von dem Künstler selbst eingepakt, übersenden. Haben Sie die Güte mir, auch in dem Falle, daß Sie die Bedingungen nicht eingehn, bald zu antworten. Um die Sache so bald wie mögl. abzuthun, erkläre ich Ihnen hierdurch, daß ich von den Bedingungen nicht abgehe. Ew. Wohlgebohren gehorsamster Diener Klopstock

5.

AN H E R D E R ,

HAMBURG,

28. APRIL

I795

Hamburg den z8ten Apr. 95 Ihr junger Frankfurter, liebster Herder, (sein Name fällt mir nicht gleich ein) schrieb mir, daß Sie ihn vielleicht diesen Frühling hierher begleiten würden Herr von Stein, denke ich, hat mit Ihnen, nach meinem Auftrage, von meinem Wunsche mit Ihnen g e s p r o c h e n e Dieser ist, daß Sie auf meinem Garten (ich ziehe heute hinaus) bey mir wohnen. Wir wollen da, wenn Sie das auch so wollen, gewöhnl. als Einsiedler leben. S e h e n soll man Sie zwar von Zeit zu Zeit einmal; aber b e s e h e n nur sehr selten. Jakobi ist jezt hier, oder vielmehr in Wandsbek; aber er wird bald wieder zu den Stollbergen gehn. Wenn Sie kommen, u diese liebe Hofnung habe ich, so kommen Sie so bald Sie nur können. Ihr Klopstock

6.

VON H E R D E R , W E I M A R ,

1 4 . MAI

1795

Außerordentlich freute mich, liebster Klopstock, Ihre Zuschrift, ob sie gleich durch eine vor der Hand falsche Sage Gernings veranlaßt ward. Er hatte gehört, daß ich meinen Sohn nach Hamburg begleiten würde, der dort auf ein Comtoir soll. Brun in Koppenhagen hat sich freundschaftlich

Nr 6

14. Mai

1795

5

erboten, ihm eins auszumachen, u. von der Gräfin Baudis wißen Sie schon, daß diese trefliche Frau für ihn Sorge trägt. Jetzt ist er noch in der Schweiz, der französischen Sprache wegen; wenn alles ausgemacht ist u. ich ihn hinüber begleite, wird mir Ihr Wiedersehen eine frohe Jugenderscheinung seyn. Auch bin ich überzeugt, daß wenn Sie mittelbar oder unmittelbar etwas zu seinem Unterkommen beitragen können, Sie es gerne thun werden. Er ist ein Jüngling, der, wie ich glaube, zum guten Fortkommen geschaffen ist, u. den Sie sowohl als Mad. Klopstock, wenn Sie ihn sehen, liebgewinnen werden. Gebe der Himmel ihm einen guten Gang durchs Leben. Statt meiner sende ich Ihnen eine Muse, eine Muse mit der Leier, die Muse unsres Landsmannes. Bei Orpheus u. Ihrer eignen Lyra beschwöre ich Sie, liebster Klopstock, daß Sie mir in einigen Reihen Ihre Meinung von ihm sagen, u. falls er Ihren Beifall verdient, daß Sie seine Aufnahme mit Ihrer Stimme unterstützen. Unser Publicum hat eine so verächtliche u. unwürdige Meinung von der lyrischen Poesie, die doch meiner Ueberzeugung nach Eine der würdigsten der Welt ist, daß ich glaube, man müße diesem Unverstände kräftig entgegenreden. Meinen Versuch hierüber werden Sie in den beigefügten Abhandlungen »Die Lyra« u. »Alcäus u. Sappho« sehen. Gerning hat mir zu einer vollständigen Ausgabe Ihrer Oden Hoffnung gemacht. Wie sehr ich sie erwarte, darf ich nicht bezeugen. Leben Sie aufs beste wohl u. genießen alle des Guten, das Ihnen meine ganze Seele wünschet. Die Stunden, die ich mit Ihnen zubrachte, sind mir noch eine angenehme Erinnerung, u. das »Schalle, liebes Ciavier« tönt mir noch im Ohre. Mein Sohn, der mich damals begleitete, u. der Ihnen allen lieb war, studirt jetzt Medicin in Jena. Meinen ergebensten Gruß an Ihre Gattinn. Leben Sie wohl, u. singen uns bald den Frieden. Herder W. den 14. Mai 95. Für die grammat. Gespräche, u. neulich noch für das Antikantische im A r c h i v , das zu Berlin erscheint, vielen Dank. Die Herren haben sich eingebildet, daß nur sie die Sprache erfunden haben, oder noch erfinden sollen; ja daß Niemand vor ihnen gewußt hat, was Sprache sei. — Aufs herzlichste danke ich Ihnen aber für Ihren Brief. Ich weiß, er ist bei Ihnen von Sterlings-Werth, wie Swift von seinen Poesien sagte. Valeto.

6 7·

Nr7 ΑΝ

3-J

u n

'I795

FRIEDRICH

HEINRICH

JACOBI,

HAMBURG,

3. JUNI

I795

Konzept Hierbey Herders Brief. — Ich lege Ihnen auch die E r s c h e i n u n g bey. Als ich sie in die Zeitung setzen ließ, standen die Namen zwar nicht über den Versen, aber ich hatte die redenden Personen, eine durch das Zeichen: S , eine andere durch das Zeichen: //, u die dritte dadurch unterschieden, daß sie nicht bezeichnet war. Man konte sich nicht herausfinden; u so sezte ich denn die Namen. Bey Horazens Archytas stehen weder Zeichen, noch Namen; u doch mache ich jenem deßwegen keinen Vorwurf; mir aber würde man gewiß einen gemacht haben, wenn ich in der ersten Ausgabe die mir überfliessig scheinenden Zeichen weggelassen hätte; ich nenne sie überfliessig, weil die Personen in der E r s c h . sehr genau unterschieden werden, durch das was sie selbst sagen, u was ihnen gesagt wird. (Bey Archytas sind Zweifel mögl.) — Nun noch ein paar Worte in Beziehung auf unsre gestrige Unterredung über das Bild des Künstlers. Wenn nicht nur meine guten, sondern selbst meine besten Leser dunkle Stellen bey mir finden; so komt zulezt alles darauf an, an wem die Schuld liege, an ihnen, oder an mir. Ihnen, L. J . etwas darüber zu sagen, daß ich unpartheyisch, u selbst streng gegen mich bin, scheint mir überfliessig zu seyn. Wenn ich mich also in irgend einer Sache für unschuldig halte, so ist es sehr wahrscheinlich, daß ich es bin. Doch diese Wahrscheinlichkeit soll jezt für nichts gelten, u ich will meine Unschuld erweisen. — ist Bild des Künstlers Umschreibe ich in Prosa so:

Ungethanes Gesez ist einem Bilde gleich,

durch welches ein Künstler Jemanden vorgestelt hat, der fortzueilen scheint, der aber gleichwohl nicht fortkomt. Sie werden die Richtigkeit der Umschreibung zugestehn. Diesen Gedanken hätte ich zwar, als Dichter, noch etwas anders sagen können, als ich ihn gesagt habe; aber ich glaube ihn durch: ist Bild Bild

am besten gesagt zu haben. Was vor: ist

vorhergeht, nämlich: ungethanes Gesez ist l e e r e r S c h a l l ist

nicht so genau bestirnt, als das lezte. Denn die Worte des ungethanen Gesezes haben eine Bedeutung; sie sind also kein leerer Schall. Gleichwohl wird Niemand ist l e e r e r S c h a l l für dunkel erklären. Die Ursach hiervon ist: So etwas wie: ist l e e r e r S c h a l l hat man oft gehört, aber: B i l d d e s K ü n s t l e r s ist neu. Wenn Ihnen von der Strophe, welche die Herder ... nur einige Worte einfallen; so schicken Sie sie mir. Ich finde die Strophe dann gewiß; u

Nr 8

2 3 . Juni 1 7 9 5

7

thue meine Unschuld durch eine Umschreibung dar. Solte ich indeß durch diese Strophe schuldig seyn, so sage ichs. Je besser meine Leser sind, je mehr Verantwortung laden sie auf sich, wenn sie mich der Dunkelheit beschuldigen; die besten also die schwerste. Ihr Klopstock den 3ten Jun — 95 Meine Singvögel sind lose Vögel. Meta hält sich gewaltig darüber auf, daß Sie die Lehrstunde nicht haben hören wollen.

8.

AN N I C O L A I , H A M B U R G ,

2 3 . JUNI

I795

Hr. Nikolai kent Herrn Dampmartin, welcher Ihm diesen Brief bringt, aus der Schrift: Essai de Literature à l'usage des Dames. Es ist ein rechtschafner geselschaftlicher Mann. Wenn ich mich recht erinnere, so hat ihn Mad. Levi, der ich mich empfehle, bey mir kennen gelernt. Ich habe Ihn gebeten, sich Ihnen über seine Lage anzuvertraun. Klopstock Hamburg den 23 Jun. — 95

Am linken Rand, neben dem Text von Zeile 1—3: wohnt unter den Linden bey Topfern.

9.

VON

FRIEDRICH

LEOPOLD

STOLBERG,

EUTIN,

I 9 . JULI

I795

Eutin d: i9ten July 1795. Jacobi kam erst Donnerstag Abend, bester Klopstok! und ich wolte nicht schreiben, bis ich ihm die Frage vorgelegt hätte welche Sie mir an ihn aufgaben. Er weiß daß die Genlis mündlich u: in Schriften, dagegen daß vor der Revolution den Protestanten ein état civil in Frankreich solte eingeräumet werden, geeifert habe. Von einem Buche der Genlis gegen die Inquisition, oder daß irgend eine ihrer Schriften in Madrid verbrandt worden, weiß er nichts. — Vielleicht hat sie gelogen; vielleicht hat man i h r beydes

weißgemacht. I h r traue ich selbst das zu. Même l'impossible, nemlich dans ce genre. Nicolovius sagt mir daß er schon mit voriger Post an Sie geschrieben habe. So fabelhaft auch die Erzählung von Ihrem Schwefelloche scheinen mag, eine Erzählung welche sich auf Aussage u: Erfahrung meiner seeligen Mutter gründet, hat sie doch nun, durch das herrliche, nun erst gefundne Fragment aus dem i8ten Gesang des Messias, alle nur mögliche Authenticität der Geschichte bekommen. Sie selbst müssen als Zeuge für diese von Ihnen nie ganz eingestandne Wahrheit, auftreten. Denn was anders als ein solches Schwefelloch kann Sie entschuldigen dieses Fragment izt erst mitzutheilen? Ich bedarf nicht Ihnen zu sagen, allerliebster Klopstok, wie lieb es mir sey! Aber ich wünsche daß Sie mir Einen Wunsch erlauben u: gewähren mögen, den nemlich, die Verse — »Da der Staub noch nicht war — — dem Allerheiligsten Hosianna!« S. 577, nicht auszustreichen. Wen solte diese Wiederholung nicht freuen? Und warum soll des spät gefundnen herrlichen Fragments wegen, diese frühre Stelle solche Schönheiten verlieren? Gefesselter als ich es je war, bin ich seit verschiednen Monaten. Wie hätt ich sonst Sie zu besuchen unterlassen können? Heute erwarte ich Reventlau u: Julchen. Der Mut mit welchem diese beyden Erzkranken die grosse Reise antreten, giebt auch mir Mut, u: Hofnung daß ihnen die Reise bekommen werde. Noch einmal herzlichen Dank für die Mittheilung des herrlichen Fragments. Kühn darf ich sagen, daß sowohl in Absicht auf den göttlichen Sänger selbst, als auch in Absicht auf dessen Gesänge, kein Mensch solcher Mittheilungen werther sey als ich. Und hierinnen wird die liebe Windeme, welcher Sie einen neuen unsterblichen Namen noch immer tückisch vorenthalten, mir Recht geben. So auch die liebe junge Nachtigall. Meine Haußgenossen, einheimische sowohl als Zugvögel, grüssen herzlich. Sie wissen mit welcher Liebe Sie umarmt Ihr FLStolberg O daß ich Ihr Schwefelloch durchsuchen dürfte! Was würde ich nicht alles finden! Fragmente des Mess. Schauspiele, Oden, Lieder etc.

Nr i o

2. August 1 7 9 5

9

Quam multa in silvis autumni frigore primo Lapsa cadunt folia, aut ad terram gurgite ab alto Quam multas glomerantur aves, ubi frigidus annus Trans pontum fugat, et terris immittit apricis. — N. S. Die Reventl. haben heut nicht kommen können, sondern sind in Preez geblieben, weil Julchen sehr angegriffen war. Morgen

Mittag

hoffen wir sie zu sehen.

IO.

VON H E R D E R ,

WEIMAR, 2 . AUGUST

I795

Darf ich Ihnen, liebster Klopstock, nur mit drei Worten den Ueberbringer dieses, der Ihnen entweder schon bekannt ist, oder in weniger Zeit auf eine sehr gefällige Weise bekannt seyn wird, Hrn. O.ConsistorialRath B ö t t i g e r empfehlen? Einen M a n n von ausgebreiteter klaßischer Gelehrsamkeit, der in Griechenland zu Hause ist, u. mit seltnen Känntnißen eine noch seltnere Gegenwart des Geistes u. Lebendigkeit verbindet. Er freuet sich auf Ihre Bekanntschaft, als auf ein Ziel seiner Reise; wie gern wäre ich an seiner Stelle u. säße Ihnen gegenüber! — Die Terpsichore werden Sie empfangen haben. — Leben Sie wohl, liebster Klopstock, u. schenken Sie uns bald Ihre Oden. An M a d . Klopstock meine Ergebenheit. Leben Sie beide wohl. Herder. Weimar, den z. Aug.

95.

II.

HAMBURG,

VON B Ö T T I G E R ,

I5.

AUGUST

I795

Verehrungswürdiger! Mein erster Gedanke, als ich in Hamburg f e s t e n Fuß gefaßt hatte, war Ihnen meine innige, mit mir aufgewachsene Ehrerbietung persönlich bezeugen zu dürfen. Allein ich erhielt gestern Nachmittags, als ich anfragen ließ, von Ihrem Bedienten die Antwort, daß Sie mit einem Fremden allein wären, und bleiben wollten. Jetzt fahre ich mit meinem

IO

Nr 12

19. August 1795

wackern Wirth, Schröder, aufs Land, und komme morgen zu spät zurück, um meinen sehnlichsten Wunsch befriedigen zu können. Erhalte ich also keinen abordnenden Wink: so bin ich Montags früh vor einer Thüre, die nicht bloß zur verschönten Gartennatur, sondern auch zu meinem Heiligen in Hamburg führt. Hier ist vorläufig mein Creditiv von H e r d e r n ! Mit gefühltester Verehrung Böttiger. d. i5ten August, früh um 8 Uhr.

12.

A N A M A L I E M ÜN S T E R - Μ E I Ν HÖ V E L ,

19. AUGUST

HAMBURG,

1795

Amalia Ompteda, Julie Münster, u Carolina Rudolphi werden von Klopstock auf das freundschaftlichste gebeten, so bald Sie können zu Ihm auf den Garten zu kommen; er wird Ihnen dann von den Ursachen seines gestrigen Aufenthalts Rechenschaft geben. Er würde, anstatt zu schreiben, hineingekommen seyn, wenn er nicht Jakobi bey sich erwartete. Er wird sich sehr gern von den Damen mit nach Ham nehmen lassen. den i9ten Aug. 95.

13.

VON B Ö T T I G E R ,

HAMBURG,

30. AUGUST

1795

Die Athener fragten den Kaufmann Solon bei seiner Rükkunft von einer langen Länderbeschauung: wie viel Talente er mitbrächte? »O ihr Goldsclaven, rief der Weise, schämt euch dieser Frage! Ich bringe mehr mit: Ich bringe die Gesänge Homers, die ich in Jonien fand!« — Wenn mich die Weimeraner fragen sollten: was bringst du aus der zweiten Handelsstadt unsers Welttheils, aus diesem Tyros der Nordsee mit? Wo sind die Caffeesäcke, die Zuckerhüte, die Theekörbchen, die Specereien und Kostbarkeiten, die du erhandelt hast? Was meinen Sie, ehrwürdiger Freund! daß ich diesen Fragern antworten würde?

Nr 14

30. O k t o b e r 1 7 9 5

II

Der Mensch ist ein nimmersattes Geschöpf! Indem ich Ihnen diese drei U n v e r w e l k l i c h e n i n Ihrem lyrischen Kranze zurückschicke, und dafür noch einmal die Hand drücke, die sie schrieb, kann ich den Wunsch nicht unterdrücken: o möchte ich schon den ganzen Kranz, oder, weil dieß gar zu unverschämt ist, wenigstens die Prachtblume noch besitzen, die in ihrem Kelche so viel Dichterbotanik umschließt, als Apollo selbst kaum zu nennen vermag, u. die mir gestern in aller ihrer Schönheit von Ihnen aufgethan wurde! Mit der innigsten Ehrerbietung und Liebe Ihr Böttiger. d: 30ten August, früh.

14.

AN F R I E D R I C H HEINRICH JACOBI,

30. OKTOBER

HAMBURG,

1795

Sie sehen L. J. daß beygelegter Brief an Jansen ist. Ich hoffe, daß Sie diese Sache einrichten können. Der Übersezer des Mess, ist als französischer Husarenleutenant nach Cork Ληλ Irland gereist. Er hat mir nur den ersten Ges. zurükgelassen. Er glaubt fortarbeiten zu können. — Ich habe vor kurzem einen sehr angenehmen Abend bey unsrer lieben alten Schimmelman zugebracht. Denn Sie sprach mehr als wir alle, u sprach mit Vergnügen. Ich möchte mir gar zu gern Hofnung machen. — Was haben Sie vor Nachrichten seit dem die Franz. wieder in Düsseldorf sind? — Ich habe heut eine Ode vollendet, die Sie nächstens haben sollen. Sie fängt an: Endlich kam auch Carrier an. Die Seelen der Todten Hielten im Fluge vor Graun. Ihr Klopstock Hamb, den 30ten Oct. — 95.

15.

VON GLEIM, H A L B E R S T A D T ,

30. OKTOBER

I795

Halberstadt den 30ten Octobr 1795. Eben les ich in Eschenburgs Übersetzung der Wercke Meilhans den Gottheitswilligen Gesang meines, m e i n e s Klopstocks!

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Nr 16

7. N o v e m b e r

1795

Wer hätt' ihn da gesucht? Flehend bat ich längst schon Klopstocks Bruder um die Blätter seiner neuen Zeitung, in welcher Etwas von meinem Klopstock sich befände! bat Voßen, bat alle Welt, bat, glaub' ich, meinen Klopstock selbst, des Bittens und flehens war so viel, daß ichs wohl vergeßen konnte. Nun endlich hört' ich, die neuen Oden würden erscheinen, nun wieder sie würden nicht erscheinen, weil Nikolovius so viel als Klopstock verlange, nicht geben wolle! Wie viel, Klopstock! verlangen Sie! Dißeits dem Grabe noch will ich meines Klopstocks Oden lesen! Was Sie verlangen, wenn's meine Kräfte nicht übersteigt, geb' ich, und laße, für hundert Freunde Klopstocks nur, sie drucken! Antworten Sie, Klopstock! wieder nicht, so sind Sie der alte gute liebe Klopstock, der Sie vor dreyßig Jahren waren, nicht mehr! Gleim

16.

AN G L E I M , H A M B U R G , 7 . N O V E M B E R

I795

Hamb, den 7ten Nov. — 95 Mein zu langes Stillschweigen, bester Gleim, ist durch nichts gut zu machen! Hierauf macht also auch die V e r g e l t u n g keine Ansprüche. Indeß hat diese Ode (ausser meiner Frau) noch Niemand gesehn. Wenn dieser Umstand mir bey Ihnen nüzlich seyn kan; so ist mir's lieb: denn ich habe allerhand Beystand bey Ihnen nötig. — Die beygelegten gedrukten habe ich, nach langem Suchen, unter meinen Papieren gefunden. Die eine hat das kleine Verdienstchen der beygeschriebnen Ändrungen. — Nikolovius bot mir 1000 Rthlr. für die Oden. Hiermit war ich zufrieden. Die Verzögerung des Druks hatte eine andere Ursache. Diese hat jezo aufgehört. Aber, Gleim, warum unterstehn Sie sich denn, daß Sie so lange leben, da Sie doch nicht reiten? Dieses Kunststük hätte ich Ihnen nicht nachmachen können. Dieß will unter andern sagen, daß ich Sie bitte, das Reiten wieder anzufangen. Damit müssen Sie mir nicht kommen, daß Sie mir sagen, daß Sie zu alt dazu sind. Sie erinnern sich, daß Juba noch in seinem 95ten Jahre ritt, nur daß er sich auf das Pferd helfen ließ. — Unser Ebert lebte noch; wenn ihn nicht seine übertriebne Gefälligkeit

Nr 17

8. N o v e m b e r

1795

I3

(die der langsamen Leichenbegleitung in einem solchen Winter) in das Grab gebracht hätte. Jener Götzin hatte er in seinem ganzen Leben geopfert. Sein Tod machte aus dieser Ursache einen besondern Eindruk auf mich. Erst fühlte ich tiefen Schmerz über seinen Verlust; u hierauf war ich beynah wider ihn aufgebracht, daß er sich durch jene Gefälligkeit hingeopfert hatte. — Die la Fayette ist, auf ihrer Reise zu ihrem Manne ins Gefängnisse, bey mir gewesen. Ich habe nie tieferen u mänlicher ertragenen Schmerz gesehn. Die Großmutter, die Mutter, u eine einzige sehr geliebte Schwester auf der G— u Sie selbst von einem Gefängnisse in das andere geschleppt, u wohl vornäml. durch das, was wir Zufall nennen, gerettet. — Wenn Sie das Berliner Archiv lesen; so haben Sie auch meine zwey Worte über die kantische Philos, gesehn. Ich hatte sehr ernsthafte Ursachen dieses zu schreiben. In Berlin u Weimar ist man sehr zufrieden damit gewesen. Was sagt man bey Ihnen davon? Ich frage nicht, was Kantianer davon sagen. — Ich habe Ihnen doch »die grammatischen Gespräche« zugeschikt? J a , ich habe. Sie wissen also, daß unsere Sprache mit der griechischen u lateinischen einen nicht unglüklichen Wettstreit, in Ansehung der Kürze, gehalten hat. Wenn Ihnen das Freude gemacht hat; so sollen Sie, zur Belohnung, etwas von den ferneren Hergängen dieses Kampfes, vor dem Drucke, zu sehn bekommen. — Wie viele Schlafröcke u Mützen haben Sie jezo an, u auf? Salzen Sie Ihre Speisen jezt, oder salzen Sie sie nicht? Wollen Sie Ihre Tollkühnheit des Nichtreitens fortsezen? Ihr Klopstock N.S. Den Anfang Ihres Briefes verstehe ich nicht, weil ich den Nahmen dessen nicht lesen kann, den Eschenburg übersezt.

17.

VON

FRIEDRICH

8. NOVEMBER

HEINRICH

JACOBI,

EUTIN,

I795

Eutin den 8ten November 1795 Ihren Auftrag nach Paris, mein liebster Klopstock, habe ich ausgerichtet, und an Jansen, mit dem Briefe Ihres Klienten, auch den Ihrigen geschickt, um der Sache mehr Nachdruck zu geben. Ich hatte von diesem eben einen Brief erhalten, worin er mir schrieb: J e Vous remercie beaucoup

14

Nr ι 8

1 4 . November 1 7 9 5

de vos soins auprès de l'illustre auteur de la Meßiade. Si j'imprime cet ouvrage, d'après le jugement que vous pourrez porter de la traduction; j'en donnerai une belle édition avec gravures. Ich habe ihm nun gemeldet wie es um diese Uebersetzung steht. — Wir haben die ganze vergangene Woche nichts gethan als Geburtstage gefeyert u Hochzeit gehalten: mir ist der Kopf ganz wüste davon. In der Woche nach der heute angefangenen komme ich mit meinen jungen Leuten nach Hamburg. Ich freue mich auf Ihre neue Ode, die Sie mir wohl vorab schicken könnten. — Von Düßeldorf habe ich öfter Briefe gehabt während die Franzosen dort sind. Sie haben anfangs übel gehauset, hernach aber zu keiner Beschwerde mehr Anlaß gegeben. Seit dem i8ten war man dort in großer Angst. Meine jüngsten Nachrichten sind vom 22ten Oct — — Leben Sie wohl, mein Theuerster! Bald seh ich Sie! Ihr eigenster Jacobi

18.

VON

FRIEDERIKE

TREMSBÜTTEL,

Luise

LUISE UND C H R I S T I A N

I4. NOVEMBER

STOLBERG,

I795

Stolberg: Tr. 14. nov. 95

Einen Brief von Ihnen, lieber, ewiger Jüngling! grosse Freude hat uns dieser Brief verursacht, durch seinen Anblick u. Gehalt. Daß Sie in Geschäften Stunden lang in der Stadt herum gehen u. in Geschäften Briefe schreiben, das alles zeugt von Ihren Wohl sein u. von Ihrer Heiterkeit, mit einem Worte von Ihrer ewigen Jugend, für die wir Gott von Herzen danken. Die beantwortung Ihrer Fragen, wird mir, lieber Klopstock, schwer, denn ich bin nicht au fait. Stolberg will aber daß ich sagen soll was ich weiß, u. will dann eine Nachschrift mit noten zum text machen. Alles was ich weiß ist: daß meine Schwägerin ihren Antheil an den französischen fonds ihren Bruder überlassen um damit nach seiner besten einsieht zu verfahren. Sie hat ihm ihr Geld nicht geliehen, sondern ihm nur das placiren dieses Geldes überlassen, u. theilt also mit ihm gewinn u. verlust. Graf Redern hat mit seinem Freund Cidevant Duc de

Nr ι8

14. November

1795

I5

St. Simon Grosse Güter um Peronne herum gekauft. Diese Güter, vormals der Geistlichkeit gehörig, sind auf seines Freundes u. einiger Bürger aus Peronne namen geschrieben, weil Red. als Preussischer Unterthan nicht genannt werden durfte. Seit den Frieden hat Red. die Absicht nach Frankr: zu reisen, ist aber, so viel ich weiß noch in Neapel. St. Simon hat lange im Gefängnis geschmachtet, nach Robesp: fall kam er aber heraus u. obschon er alles in Unordnung fand so hat er doch bald alles wieder aufs reine gebracht, u. verlangt nur sehr nach Gr. Red:. Gr. Luckner hat St. Simon gesehen u. von ihm gehört daß die Güter vortrefl. wären Der H. v. Hompesch den Sie vieleicht kennen u. der ein Jahr in Paris gefangen u. 6 Monathe im Luxenbg saß, kennt St. Simon und sagt er habe den ruf eines sehr ehrl. u. biedern Mannes. Nun habe ich Ihnen gesagt was ich weiß, lieber Klopstock, nun mag Stolberg seine anmerkungen hinzu fügen. Ich fürchte daß so lange Redern nicht nach Fr. gehet die Sache nicht ins reine zu bringen ist, indessen glaube ich doch das Geld Sicher so bald man auf St. Simon rechnen kann. muß sehr interessant sein.

Ihren Eaton mögte ich wohl sehen, er Nun lieber Klopstock gebe ich Stolberg

die Feder nachdem ich Ihnen ein herzl. lebe wohl gesagt habe, Sie wissen wie herzl. ich Ihnen ergeben bin. Montag schreibe ich Ihrer Frau. — Luise Stolberg

Christian Stolberg: Ich bin nicht, Liebster, Theuerster Klopstok, der Ödipus der Ihr Sfinxisches Räthsel zu lösen weiß, u noch weniger kann ich Ihnen Aufschlüße über eine Sache geben, die für mich, w o nicht im Dunkeln doch in der Dämmerung liegt. Meine Schwiegerin hat, für sich selbst keine Güter in Frankreich, sie hat ihrem Bruder ihren damaligen Antheil an dem Redersche Vermögen in den dortigen Fonds, zu gleichem Gewinn u Verlust übergeben, diser hat große Güter gekauft, da es aber eben zu den Zeiten des Krieges u er Preußischer Unterthan war, so durften dise nicht auf seinen Namen geschrieben werden. Ich weiß nur daß vieles auf St. Simons u manches auf dem Namen einzelner Bürger in Peronne stehet.

Re-

dern wollte schon seit Monathen von Neapel über Basel nach Paris reisen. Sein Freund St. Simon treibt ihn an, u hat mich durch Gr: Luckner sehr bitten laßen ihn anzutreiben. Ob er izt auf dem Wege, oder gar schon dort ist, das weiß ich nicht. Und ich weiß noch weniger was man

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Nr 19

zz. November 1 7 9 5

eigentlich für ihn thun kann. Wie ließen sich auch izt die Güter verkaufen ohne daß man eine Handels-Speculation anfinge, um statt der Assignate Waaren heraus zu bekommen? Sehr, sehr begierig bin ich zu hören, wo Sie hin steuren, u wie rührt mich dieser Ihr Eifer. Auch für ihn umarme ich Sie so dankbar! C.St.

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VON GLEIM, H A L B E R S T A D T , 2 2 . N O V E M B E R

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Halberstadt den 22ten Nov. 1795. Ihr langes Stillschweigen, Klopstock! hat Ihr langes Schreiben, hat die Vergeltung gut gemacht! Wollen Sie sehn, wie hoch der Adler über die Lerche sich erhebt, so lesen Sie, was Gleim über den Teufel, dessen Nahmen man nicht aussprechen sollte, vor Ihnen, vermuthlich gesungen hat!* Denn Gleim singt alle Tage, so wie Zeitungen ankommen, Nachts, bey Tage hat er die Zeit nicht, seine Zeitgedichte. J a wohl ist die Vergeltung eben so schrecklich als lieblich in Jakobi's Tagebuche Hemis und Talon Was von Anakreons —Ode Dacier sagte, sag' ich von dieser unsers Klopstocks! O daß ichs doch noch erlebte, daß diese seines einzigen Geistes Meisterstücke, nicht mehr, in Allmanachen, Tagebüchern, in Findelhäusern aufzusuchen wären! Nikolovius gäbe bey weiten nicht genug, wenn er die Oden uns bald zu geben verstände! so nur, wie ich zu leben verstehe! Daß ichs bester Klopstock, wie Sie, verstehe, hat seine gute Richtigkeit! Sie reiten, und brauchen doch schon lange den Brill! Um des längern Lebens willen fang' ich das reiten nicht wieder an. Um des Vergnügens Willen, das das Reiten sonst mir machte, mögte ichs wieder anfangen, werd' es aber nicht thun, ich fahre nun schon, wie unser seel. Arnold Schmidt, mit Vergnügen, der, wegen dieses Vergnügens zum Himmel fahren, und nicht hinein kommen wollte! Man leugnet itzt, daß Ebert durch eine Leichenbegleitung sein Leben verkürtzt habe! Der la Fayette Schicksal ist entsetzlich! Ihren Mann lernt ich auf seiner Reise nach Magdeburg kennen! J'ai été pour la liberté, non pas pour la

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1 6 . November 1 7 9 5

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licence, war das beste, das er sprach! Z u Magdeburg hat er, wie man gelästert hat, in keinem Kerker gesessen! Köpke hat, auf meine Veranlassung ihn mit Büchern versehn. Er durfte lesen, und schreiben, der Commendant speiste mit ihm! M a n muß doch, etwas, das wir nicht wissen, gegen ihn haben, er wäre sonst gewiß schon in Freyheit. Er wäre glaub' ich gern in unsrer Gewahrsam geblieben. Man hatte vor der Revolution als einen guten Mann ihn kennen gelernt! Schwärmgeist hat er doch wohl! In einer franz. Schrift (Ma republique) die ich, ohnwissend, daß sie von einen seiner Gegner sey, ihm zusandte, wird er als solcher beschrieben! Mich verlangt, Ihre Meinung wegen der Kantischen Philosophie, in Archiv, zu lesen! Meine Meinung ist, daß sie nicht baut, sondern zerstört! Die grammattischen Gespr. haben mir manchen angenehmen Sommertag gemacht, ich nahm sie mit in den Garten, und laß aus ihnen den Gerechten etwas vor. Von fernem Hergange des qu: Kampfs lassen Sie doch ja vor dem Drucke noch Etwas sehn. Ich hab' es durch die Liebe zu allen was Klopstock schreibt, mehr als andre wohl verdient! Ich trage weder Schlafrock, noch Mütze, die letzte Mütze warf ich vorm Jahre den abreisenden lieben Herder an den Kopf, er nahm sie mit, seit dem hab ich keine wieder mir angeschaft, ist auch nicht nöthig, denn die Weggeworfene behielt ich doch des Nachts nicht auf! Meine Speisen salz ich nicht selbst, schelte aber mit der Köchin, wenn sie zu wenig gesalzt hat, und Tante Nichte, die sich zu Gnaden empfehlen läßt, schilt dann mit dem Oheim, daß er zu schelten nicht aufhört! Ich bin, Klopstock! mehr als alle Klopstockianer, Ihr Gleim. * Die Zeit zur Abschrift hat gefehlt sie kommt nach.

20.

VON C A R L FRIEDRICH C R A M E R , PARIS, Ζ6. N O V E M B E R

I795

Paris, den ζ6 Nov. 95. Ich spare alle Entschuldigungen gegen Sie, bester Klopstock, wegen des Nichtfrüherschreibens; da ich weis, wie gut, wie billig Sie sind, wie Sie sich in anderer Stelle versetzen können, und in dem Ü b e l , der K r a n k h e i t , oder, wie Sie es nennen, der G e s u n d h e i t der Unlust zum Brief-

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Nr 20

26. N o v e m b e r

1795

schreiben nicht unerfahren .. non ignarus (ich muß hier den Hexameter verderben,) malis, miseris i g n o s c e r e discis! — Sie haben meinen Brief von lezten Posttage an Ihren Bruder ohnstreitig gelesen; der alle meine Longueurs von Entschuldigungen enthält. Meine Sünde muß mir hauptsächlich wegen der Furcht verziehen werden, in der ich bis vor ein Paar Posttagen gelebt, daß alle meine Briefe in eine Winkel eines Biireaus vermoderten, und nicht ankämen. Endlich ward ich aus ihr durch die besten Nachrichten von Hause erlöst; und mir war wirklich so dabey zu Muth, wie Vaillanten, als ihm mitten im Hottentotten Lande ein Schreiben seiner Frau ward; eine Situation, in die ich mich oft hineingesezt. So sehr auch unter den humanissimesten Menschen, (sie sinds wenigstens gegen mich,) ich hier lebe, so kamen sie mir doch, bis ich diese Nachrichten erhielt, als eben so viele Nackte und schwarze Wilden vor. — Und so wäre ich denn wirklich nun, nicht blos Fremdling und Gast, sondern Einwohner, Mitbürger, Angesessener sogar, in der Stadt, nach der, um endlich meinen Geist von dem Drucke zu befreyn, unter dem er unter dem Scepter der dänischen Tyranney bisher geseufzt, seit Jahren getrachtet, wie Ihr Hermann über die Gebirge nach Rom? Ich kanns noch selber kaum glauben; es kommt mir noch vor wie ein Traum. Das Glück, das mir ein Haus entgegen beynah w a r f , und gehörige Ansicht der Dinge, haben sich wunderbarlich die Hände geboten, und mir gedient. Eine einzige Viertheistunde, (denn längere Bedenkzeit zu dem Handel hatte ich nicht) hat meine Habe, durch diesen Fund, mit, ich kann sicher rechnen, ein 16000 Rthlr. vermehrt, und mir Mittel in die Hände gespielt, einen Plan auszuführen, den ich wohl vor mir liegen sah, allein ohne Hofnung, ihn je realisiren zu können. Dieser Plan ist nichts Geringers, als — immerfort D e u t s c h e r in F r a n k r e i c h , und als solcher, V e r m i t t l e r m e h r e r e s , j e z t g a n z g e h e m m t e n , vielmehr gar nicht existirenden Vereins und Verkehrs

oder der

L i t t e r a t u r e n d i e s e r b e y d e n V ö l k e r zu seyn. Sie werden meinen Entschluß billigen, den Rest meines Lebens frey und unabhängig von A m t , zu seyn, und auf diesem hiesigen glitschrigem Boden, wo ein Vergniaud und Brissot seinen Untergang fand, keine andre als vorsichtige Elephantenschritte zu thun; bey denen keine Concurrenz oder Jalousie, mich unter die Guilliottine bringen kann, die indeß, hoffe ich überhaupt abgeschaft wird. Mein Plan ist für Seele und Leib, für Geistesthätigkeit und Erwerb, Aussichten reich; ohne Furcht, läßt er mich, bey der höhern

N r zo

z6. N o v e m b e r

1795

19

Schriftstellernützlichkeit, die ich stets der beschränkten Amtsnuzbarkeit vorzog, alles Gute genießen, was Freundschaft, Natur; was Deutschland und Frankreich vereinigt, mir beut; politischer Ehrgeiz folterte mich nie; und mein Plan überhebt mich der traurigen Nothwendigkeit, nach dem 4osten Jahre noch anfangen zu müssen, ein Candidat und Ansucher um Beförderungen zu seyn. Da ich sehe, daß es in diesem Puñete hier ist tout comme chez nous; so trage ich seitdem meine Stirn noch eins so hoch. Jener Ehrgeiz, den zu sättigen, es immer im Grunde ein wenig Niederträchtigkeit bedarf, hätte mich ganz von den Wissenschaften abgelenkt; der Fall ist jezt anders; denken Sie: mein Haus liegt nur ein paar Hundert Schritte von der u n g e h e u r e n N a t i o n a l b i b l i o t h e k , dem Caroussel, den Séances der beyden Conseils, vom Opern und andern Schauspielhäusern, und dem Musalo, dem Sitze aller schönen Künste, ab; des Palais royal nicht zu gedenken, in dem sich aller Luxus von Frankreich u Europa concentrirt. Ingleichen, obgleich dieß Ninive zum Umgehen, durch seine Weitläuftigkeit, eines ganzen Tages bedarf, wohnen alle Berühmten oder Freundschaftlichen, nach deren Umgange mich verlangt, ziemlich dicht um mich herum; ich kann also wohl sagen daß ich: r e m a c u tetigi. Aber das Schönste ist dabey, daß mir mein Entwurf Freyheit, ja Bedürfniß häufiger Reisen verschaff; daß, nur Einmal mein Nest hier etablirt, Nichts mich abhalten kann, jährlich, und vielleicht halbe Jahre lang in Hamburg zu seyn; denn wie hätte ich den Gedanken einer steten Trennung von Ihnen aushalten können!, und Allen, die ich so herzlich liebe und geliebt! Die i z o Meilen von hier bis zur Elbe, sollen wills Gott nicht mehr als sonst die 12. zwischen Kiel und Hamburg mir seyn! - Noch heute wohl beendige ich einen Handel über die Anschaffung einer der vollständigsten Buchdruckereyen in Paris, die ich eben so für einen leichten Preis f i n d e , wie das Haus; und so bald ich über die einen treuen Aufseher entdeckt, bin ich wiederum mein H e r r . Im März denke ich Sie zu sehn! Meine Gesundheit, die auf der Reise über Holland so elend als möglich war, hat sich durch Ihr simples Mittel, die nectarische Traubencur, sehr gebessert; und ich hoffe, das schöne Clima, (zur Noth leben wir hier noch ohne Ofen und Camin, da Sie schon, wie ich höre, Eis u Schnee vor drey Wochen gehabt,) das s a i n e Wasser der S e i n e (wie man hier wortspielt) und (was hier in Paris nicht leicht eben ist,) meine Mäßigkeit u frühes Zubettgehn, stellt mich wieder her. Ich wünsche nur, daß es von Dauer seyn mag.

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2.6. N o v e m b e r

1795

Doch nun genug von m i r s e l b s t . Aber, wer die W a h l hat, sagt das Sprüchwort, hat die Q u a a l ; und indem ich, den kleinen Punct des I c h s verlassend, von der unermeßlichen Peripherie des mich Umgebenden zu reden anfangen will; so weis ich warhaftig nicht w o ich beginnen und wo ich endigen soll. Vom Politischen sage ich Ihnen lieber nichts, weil sich das besser durch Ihr Urtheil aus den öffentlichen Blättern abnehmen läßt. Ich stehe zu nahe vor diesem Pallast; der Blick verwirrt sich; man wird die Dimensionen der einzelnen Theile nicht mehr gewahr. Den Character der Nation im Ganzen finde ich, wie ich ihn immer mir gedacht, leicht und doch izt ernst; edel, und über alle Beschreibung a m ö n ; mehr feurig und s c h n e l l als tief; und dadurch zum Englischen und Teuflischen aufgelegt; doch so, daß Jenes, (Zeit und Raum und Umstände verglichen,) prädominirt. Wenn ich nicht blind durch Vorurtheil bin, so ist hier des Sittenverderbnisses, der Liederlichkeit, Eigennutzes, Ehrgeizes, Betrugs, nicht mehr, als in Coppenhagen, Hamburg, oder Berlin; seit dem