Weibliche Jugendstrafgefangene in Deutschland: Eine bundesweite Bestandsaufnahme mit vollzugspolitischen Reformvorschlägen [1 ed.] 9783428580958, 9783428180950

Die Arbeit beschäftigt sich mit einer sehr kleinen und damit in Wissenschaft und Praxis wenig sichtbaren Gruppe im deuts

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German Pages 204 [205] Year 2021

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Weibliche Jugendstrafgefangene in Deutschland: Eine bundesweite Bestandsaufnahme mit vollzugspolitischen Reformvorschlägen [1 ed.]
 9783428580958, 9783428180950

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Kriminologische und sanktionenrechtliche Forschungen Band 24

Weibliche Jugendstrafgefangene in Deutschland Eine bundesweite Bestandsaufnahme mit vollzugspolitischen Reformvorschlägen

Von

Johanna Beecken

Duncker & Humblot · Berlin

JOHANNA BEECKEN

Weibliche Jugendstrafgefangene in Deutschland

Kriminologische und sanktionenrechtliche Forschungen Begründet als „Kriminologische Forschungen“ von Prof. Dr. Hellmuth Mayer Herausgegeben von Prof. Dr. Kirstin Drenkhahn

Band 24

Weibliche Jugendstrafgefangene in Deutschland Eine bundesweite Bestandsaufnahme mit vollzugspolitischen Reformvorschlägen Von

Johanna Beecken

Duncker & Humblot · Berlin

Die Hohe Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahr 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0933-078X ISBN 978-3-428-18095-0 (Print) ISBN 978-3-428-58095-8 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Danksagung Ich danke Prof. Dr. Neubacher für sein Vertrauen, mir dieses Thema und die dazugehörigen Projektdaten zu verantworten. Seine stetige Ermutigung und großzügige Förderung des wissenschaftlichen Austausches von Beginn der Promotion an waren nicht selbstverständlich und haben mir die Gelegenheit gegeben, meine Arbeit entscheidend voran zu bringen. Prof. Dr. Kubink danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und seine Bereitschaft, die Disputation unter erschwerten Bedingungen der Corona-Pandemie zu ermöglichen. Meinen Kolleginnen und Kollegen am Institut für Kriminologie der Universität zu Köln gebührt ein großer Dank für ihre Diskussionsfreude bei allen erdenk­ lichen Themen, ihre Ermutigung und ihr bereitwilliger Erfahrungsaustausch. Insbesondere danke ich Frau Dr. Verena Boxberg für die nicht nur geduldige, sondern immer interessierte und engagierte Beantwortung aller meiner Fragen. Ihr Wissen und Erfahrungsschatz waren mir eine unentbehrliche Hilfe. Herrn Dr. Mario Bachmann danke ich für die zahlreichen konstruktiven Gespräche, seine wertvollen Anmerkungen und die seltene Fähigkeit, ermutigende und gleichzeitig ehrliche Kritik zu üben. Der größte Dank schließlich gebührt meinem Mann, der sowohl meine Begeisterungsstürme als auch meinen Frust mitgelebt und diese Arbeit als aufmerksamer Zuhörer von Anfang an mitbegleitet hat. Würzburg, Mai 2020

Johanna Beecken

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I.

Zielsetzung und Forschungsfrage der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

II. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 B. Forschungsstand zum Jugendstrafvollzug an Frauen in Deutschland . . . . . . . . . 20 I.

Die Studien zu weiblichen Jugendstrafgefangenen im Überblick . . . . . . . . . . . . 20

II. Unterbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Herkunft und Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 IV. Bildungs- und Ausbildungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 V. Behandlungsangebote während der Haftzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 VI. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 VII. Suchtmittelabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 VIII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 C. Datengrundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I.

Das Projekt „GEWUSST“ des Institutes für Kriminologie der Universität zu Köln 30 1. Beschreibung des Projektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Methodisches Vorgehen bei der Auswertung der Projektdaten . . . . . . . . . . . 33 a) Auswahl der verwendeten Falldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 b) Analyse der Teilnahmequote des Angebots der Anstalten . . . . . . . . . . . . 34 c) Gruppenbildung bei der Teilnahmequote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 d) Datenberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3. Stichprobenbeschreibung der Kontrastgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4. Bisherige Ergebnisse des Projektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

II. Anfrage bei den Justizministerien der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 III. Die Auswahl der analysierten Jugendstrafvollzugsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen in Gesetz und Praxis . 42 I.

Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung der weiblichen Jugendstraf­ gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

8

Inhaltsverzeichnis 1. Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 a) Trennungsprinzipien im Vollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Verfassungsmäßigkeit länderübergreifender Vollzugsgemeinschaften nach Art. 3 II, III Var. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 aa) Zwei wesentlich gleiche Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 bb) Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 cc) Anknüpfung an das Merkmal „Geschlecht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 dd) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 c) Unterbringung innerhalb der Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2. Zuständige Anstalten und Unterbringung in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 a) Geringe Anzahl weiblicher Jugendstrafgefangener . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 b) Die räumliche Zuständigkeit der Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 c) Die fachliche Zuständigkeit der Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 d) Die Unterbringung innerhalb der Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 1. Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 a) Vorschriften zum familiären Umfeld der Jugendstrafgefangenen . . . . . . . 65 aa) Ausländische Gefangene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 bb) Gefangene mit Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 cc) Rechte der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 b) Vorschriften zum Kontakt mit Menschen außerhalb des Gefängnisses . . 67 aa) Persönlicher Kontakt der Jugendstrafgefangenen . . . . . . . . . . . . . . . 68 bb) Briefe, Pakete und Telefonkontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Familiäres Umfeld vor der Inhaftierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 a) Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 b) Herkunftsfamilie und Aufwachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 aa) Nationalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) Religionszugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 cc) Orte und Bezugspersonen in der Kindheit und Jugend . . . . . . . . . . . 75 dd) Wohnung vor Inhaftierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 ee) Elterliche Gewalt und Misshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 c) Partnerschaft und Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3. Kontakt zum sozialen Umfeld während der Inhaftierung . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Umfang und Zufriedenheit mit dem Kontakt insgesamt . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Modalitäten und Umfang des Besuchskontaktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Inhaltsverzeichnis

9

c) Häufigkeit des Brief- und Telefonkontaktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 d) Vollzugslockerungen – Freigang, Ausgang, Ausführung und Hafturlaub

87

4. Sozialpädagogische / therapeutische Angebote im Jugendstrafvollzug . . . . . . 89 a) Angebotsspektrum im weiblichen Jugendstrafvollzug . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Nutzung der Angebote durch die jungen Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit . . 93 1. Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Kaum verpflichtende Mindeststandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 b) Mitwirkungspflicht der Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Länge der Haftstrafe und der Bildungsmaßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 d) Koedukation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 e) Arbeitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Bildungs- und Berufssituation der jungen Frauen vor der Inhaftierung . . . . 97 3. Bildungs- und Berufsangebote der zuständigen Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . 100 4. Nutzung der Angebote durch die jungen Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Teilnahme insgesamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Teilnahme an Schulmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) Teilnahmequote bei Schulmaßnahmen differenziert nach bereits vorhandenem Schulabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 bb) Teilnahmequote bei Schulmaßnahmen differenziert nach Alter . . . . 106 cc) Teilnahmequote bei Schulmaßnahmen differenziert nach Strafmaß . 107 dd) Teilnahmequote bei Schulmaßnahmen differenziert nach Staatsbürgerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Teilnahme an beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . 109 d) Teilnahme an Arbeitsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 aa) Anteil der arbeitenden Frauen differenziert nach bereits vorhandenem Schulabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 bb) Anteil der arbeitenden Gefangenen differenziert nach dem Alter . . . 112 e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 IV. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung der Jugendstrafgefangenen . . . . . . . . . . . . 115 1. Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Vorstrafen der jungen Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 3. Aktuelle Inhaftierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 V. Suchtmittelkonsum der jungen Frauen vor und während der Inhaftierung . . . . . 120 1. Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 2. Drogenkonsum vor der Inhaftierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

10

Inhaltsverzeichnis a) Einstiegsalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Art der Drogen und Häufigkeit des Konsums vor der Inhaftierung . . . . . 123 c) Polytoxikomaner Drogengebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Drogenkonsum während der Inhaftierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 a) Umfang des Drogenkonsums in Haft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Hilfeangebote bei Drogenkonsum und Teilnahmequoten . . . . . . . . . . . . 131

E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug . . . . . . . . . . . . . 133 I.

Zuständigkeit und Unterbringung der Jugendstrafgefangenen . . . . . . . . . . . . . . 133 1. Ausweitung der Zuständigkeiten auf alle Anstalten mit Strafhaft für Frauen 134 2. Ausweitung der Zuständigkeit auf alle Jugendanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . 136 3. Eine zentrale Anstalt in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4. Aufteilung des weiblichen Jugendstrafvollzuges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Jugendstrafvollzug in freier Form für geeignete und sehr junge Gefangene 141 b) Offener Vollzug bei Haftstrafen unter einem Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 c) Anspruch auf Therapieplatz bei suchtkranken Jugendstrafgefangenen . . 144 d) Gemeinsame Inhaftierung mit jungen Strafgefangenen . . . . . . . . . . . . . . 145 e) Umgang mit den „übrig gebliebenen“ jungen Frauen . . . . . . . . . . . . . . . 146 5. Einordnung der vorgeschlagenen Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1. Besondere Regelungen für ausländische Gefangene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 a) Verpflichtende Deutschkurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Pflege der Muttersprache und Kultur des Heimatlandes . . . . . . . . . . . . . 149 c) Übersetzung der Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 d) Erweiterung der Kontaktmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 2. Besondere Regelungen für Gefangene mit Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Grundsätzlicher Vollstreckungsaufschub bei Schwangerschaft . . . . . . . . 151 b) Kindgerecht gestaltete Besuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 c) Begleitung der Kinder zu den Besuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 d) Ausbau der Kontaktmöglichkeiten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 e) Einrichtung von Mutter-Kind-Stationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 3. Verbesserung der Kontaktmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 a) Unterstützung der Gefangenen mit wenig Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 b) Arbeitnehmerfreundliche Besuchszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 c) Elternspezifische Kontaktförderung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 d) Ausweitung der Kontaktmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

Inhaltsverzeichnis

11

4. Großzügige Vergabe von Vollzugslockerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 5. Ausbau des therapeutischen Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit . . 161 1. Gesetzliche Mindeststandards für schulische und berufsqualifizierende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2. Förderung koedukativer Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 3. Sonderpädagogische Ausrichtung der Schulmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . 164 4. Flächendeckende Einführung von Realschulkursen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 5. Kurze berufsqualifizierende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 6. Mehr männertypische Berufsqualifikationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 7. Vorrang der Bildungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 IV. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung der Jugendstrafgefangenen . . . . . . . . . . . . 167 1. Vollzugspläne bei kurzen Haftstrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Maßnahmenprogramm für Gewaltstraftäter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 V. Suchtmittelkonsum vor und während der Inhaftierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Akzeptierende Drogenarbeit statt Ziel der absoluten Drogenabstinenz . . . . . 168 2. Ausbau des drogenspezifischen Hilfeangebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Maßnahmen für Cannabiskonsumentinnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 b) Maßnahmen für Heroinkonsumentinnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 c) Andere Formen des Konsums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 F. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 I.

Zuständigkeit und Unterbringung der weiblichen Jugendstrafgefangenen . . . . . 173

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Gefangene mit ausländischer Nationalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Schwangere Frauen und Frauen mit Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 3. Kontakt der jungen Frauen zu ihrem sozialen Umfeld außerhalb der Anstalt 177 4. Vollzugslockerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 5. Bedarf an therapeutischer Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit . . 179 1. Schulische Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Berufsqualifizierende Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 3. Arbeitsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

12

Inhaltsverzeichnis IV. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 V. Suchtmittelkonsum der jungen Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 VI. Zusammenfassung der Ergebnisse der Gruppenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 VII. Bestehende Forschungsdesiderate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 VIII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Internetquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1:

Anzahl weiblicher Jugendstrafgefangener 2000–2018 . . . . . . . . . . . . . 57

Abbildung 2:

Altersverteilung der weiblichen Jugendstrafgefangenen . . . . . . . . . . . . 72

Abbildung 3:

Altersgruppen im Jugendstrafvollzug an Frauen 2007–2018 . . . . . . . . . 72

Abbildung 4:

Wohnung vor der Inhaftierung in Prozent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

Abbildung 5:

Verteilung der Schulabschlüsse in Prozent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

Abbildung 6:

Tätigkeit vor der Inhaftierung in Prozent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

Abbildung 7:

Länge der aktuellen Haftstrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Abbildung 8:

Häufigkeit des Alkoholkonsums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Abbildung 9:

Häufigkeit des Cannabiskonsums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Abbildung 10: Anteil Drogenkonsumentinnen mit und ohne Alkohol . . . . . . . . . . . . . . 126 Abbildung 11: Anzahl der konsumierten Drogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Abbildung 12: Anzahl der konsumierten Drogen ohne Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

Tabelle 1:

Forschungsarbeiten über den Jugendstrafvollzug an Frauen . . . . . . . . . 22

Tabelle 2:

Verwendete Jugendstrafvollzugsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Tabelle 3:

Regionale Verteilung der weiblichen Jugendstrafgefangenen zum 31.3.2018 58

Tabelle 4:

Zuständigkeit der Anstalten (neben Jugendstrafvollzug Frauen) . . . . . . 60

Tabelle 5:

Haftplatzkapazität (Normalbelegung) der Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . 62

Tabelle 6:

Belegung im Jugendstrafvollzug an Frauen nach Bundesland in Prozent 63

Tabelle 7:

Besuchszeiten für weibliche Jugendstrafgefangene in den Anstalten . . 82

Tabelle 8:

Häufigkeit des Besuchskontaktes in den Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Tabelle 9:

Häufigkeit des Briefkontaktes in den Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Tabelle 10:

Vollzugslockerungen in den einzelnen Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

Tabelle 11:

Pädagogische oder therapeutische Angebote in den Anstalten . . . . . . . 90

Tabelle 12:

Teilnahme an pädagogischen / therapeutischen Maßnahmen . . . . . . . . . 91

Tabelle 13:

Angebote im Bereich Schule, berufliche Qualifikation und Arbeit . . . . 101

14

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Tabelle 14:

Teilnahme an einem Angebot aus dem Leistungsbereich . . . . . . . . . . . 104

Tabelle 15:

Logistische Regression zum Einfluss der Anstalten und des Alters auf die Teilnahme an Schulmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

Tabelle 16:

Logistische Regression zum Einfluss der Anstalten und der Staatsangehörigkeit auf die Teilnahme an Schulmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

Tabelle 17:

Teilnahme an beruflichen Qualifikationsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . 109

Tabelle 18:

Teilnahme an Arbeitsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

Tabelle 19:

Anteil arbeitender Gefangener nach Altersgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . 112

Tabelle 20:

Logistische Regression zum Einfluss der Anstalten und des Alters auf den Anteil der arbeitenden Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

Tabelle 21:

Teilnahmequoten im Bereich Schule, Berufsqualifikation und Arbeit . . 114

Tabelle 22:

Angaben zu Vorstrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

Tabelle 23:

Anteil der unter 12-Jährigen als Erstkonsumentinnen von Zigaretten, ­Alkohol oder Drogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Tabelle 24:

Drogenspezifische Angebote in den Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

A. Einleitung I. Zielsetzung und Forschungsfrage der Arbeit Gemäß § 3 III JStVollzG NRW werden bei der Vollzugsgestaltung „die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der Gefangenen, insbesondere in Hinblick auf [das] Geschlecht […] in angemessenem Umfang berücksichtigt“. Diese oder ähnliche Formulierungen finden sich in fast allen der seit 2007 erlassenen Jugendstrafvollzugsgesetze.1 Der neu geschaffene Gestaltungsgrundsatz formuliert das Ziel eines geschlechterspezifischen bzw. geschlechtersensiblen Strafvollzuges. Die spezifischen Bedürfnisse der weiblichen Jugendstrafgefangenen sollen bei der Gestaltung des Vollzuges berücksichtigt werden. Dabei stellt sich allerdings die ganz grundlegende Frage, welche Besonderheiten die jungen Frauen im Jugendstrafvollzug haben. Wie sieht ihr Lebenshintergrund aus, den sie mit in Haft bringen und in den sie nach der Haft zurückkehren? Welche Bedürfnisse stellen sie an den Vollzug und an ihre Wiedereingliederung? Wie geht der Jugendstrafvollzug mit dieser speziellen Vollzugsgruppe um? Kann er diesen Anforderungen gerecht werden? Weibliche Jugendstrafgefangene stellen eine sehr kleine Gruppe im Strafvollzug dar. Zum Stichtag 31.3.2018 waren deutschlandweit gerade einmal 144 junge Frauen im Jugendstrafvollzug inhaftiert. Sie machen damit 0,3 % der gesamten Vollzugspopulation in Deutschland aus.2 Forschungsvorhaben, die sich mit ihnen und ihrer Situation beschäftigen, gibt es wenige und sie beschränken sich größtenteils auf jeweils eine einzige Anstalt. Das empirische Wissen über die jungen Frauen ist damit begrenzt. Die vorhandenen Untersuchungen zeigen allerdings eine hochbelastete Klientel mit oft mehrfachen Problemlagen. Die vorliegende Arbeit möchte daher den Jugendstrafvollzug an jungen Frauen und seine Insassinnen in Deutschland erstmals umfassend beschreiben. Im Gegensatz zu den meisten bisherigen Forschungsprojekten beschränkt sie sich nicht auf eine Anstalt bzw. ein Bundesland, sondern nimmt die Situation bundesweit in den Blick. Ermöglicht wird dies durch die Daten des Projektes „Gewalt und Suizid unter weiblichen und männlichen Jugendstrafgefangenen  – Entstehungsbedingungen und Entwicklungsverläufe im Geschlechtervergleich“3 des Institutes für Kriminologie der Universität zu Köln. Im Rahmen dieses Projektes wurden mit 1

§ 2 VIII JVollzGB IV; § 3 VIII JStVollzG Bln; § 7 IV BbgJVollzG; § 3 IV BremJStVollzG; § 3 III HmbJStVollzG; § 3 III HessJStVollzG; § 2 II JStVollzG NRW; § 7 III JVollzGB LSA; § 3 VII SLStVollzG; § 7 III LJVollzG; § 7 III ThürJVollzGB. 2 Eigene Berechnung anhand: Statistisches Bundesamt, 2018c, S. 11. 3 Boxberg / Neubacher 2019; Neubacher / Boxberg 2018.

16

A. Einleitung

tels eines Fragebogens Daten von insgesamt 882 männlichen und 269 weiblichen Jugendstrafgefangenen sowie von zwei Vergleichsgruppen aus 212  männlichen Bewährungsprobanden und 715 Schülerinnen und Studentinnen aus NordrheinWestfalen erhoben. Für die vorliegende Untersuchung werden die Datensätze von 260 weiblichen Jugendstrafgefangenen4 und der Schülerinnen und Studentinnen als Vergleichsgruppe herangezogen. Die Daten der weiblichen Gefangenen stammen aus neun der zehn zuständigen Anstalten in Deutschland, was einer Vollerhebung des Jugendstrafvollzuges an Frauen sehr nahekommt. Diese umfangreiche Datengrundlage erlaubt erstmals eine ausführliche deutschlandweite Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an jungen Frauen. So können grundlegende – von lokalen Einflüssen unabhängige – Aussagen über weibliche Jugendstrafgefangene getroffen und gleichzeitig die Besonderheiten einzelner Anstalten bzw. Bundesländer im Vergleich verdeutlicht werden. Auf Basis dieser Bestandsaufnahme bewertet die Arbeit die aktuelle Situation und entwickelt daraus strafvollzugspolitische Reformvorschläge. Dies ermöglicht eine bessere Ausrichtung des Jugendstrafvollzugs an den Bedürfnissen der jungen Frauen und erhöht ihre Chancen auf eine erfolgreiche Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Gleichzeitig wird in dieser Arbeit eine Basis für weitere frauenspezifische Fragestellungen im Jugendstrafvollzug geschaffen.

II. Gang der Darstellung Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel. Nach einer Einführung in die Thematik in diesem Kapitel erläutert Kapitel B den Forschungsstand für den Jugendstrafvollzug an jungen Frauen in Deutschland. Hier wird die Lückenhaftigkeit der Forschung sichtbar. Gleichzeitig veranschaulicht dieses Kapitel sowohl die unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen des Jugendstrafvollzuges an jungen Frauen und Männern als auch, dass der Vollzug an Frauen auf deren sehr spezifische Lebenshintergründe und Problemlagen eingehen muss. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, die weiblichen Jugendstrafgefangenen als eigenständiges wissenschaftliches Forschungsgebiet wahrzunehmen. Für dieses Vorhaben bestand nun die Möglichkeit, auf den Datensatz des Projektes „Gewalt und Suizid unter männlichen und weiblichen Jugendstrafgefangenen – Entstehungsbedingungen und Entwicklungsverläufe im Geschlechtervergleich“ des Institutes für Kriminologie der Universität zu Köln zuzugreifen. Kapitel C stellt dieses Projekt eingehend vor, erläutert die methodische Vorgehensweise und beschreibt den daraus gewonnenen Datensatz. Verwendet werden die Daten von insgesamt 260 weiblichen Jugendstrafgefangenen sowie einer Vergleichsgruppe von 715 Schülerinnen und Studentinnen aus Nordrhein-Westfalen. Hinzu kommt 4

Die Datensätze von neun weiblichen Untersuchungshäftlingen wurden nicht berücksichtigt, da es sich um eine Untersuchung des Jugendstrafvollzuges handelt.

II. Gang der Darstellung

17

eine schriftliche Befragung von verschiedenen Landesjustizministerien sowie der kriminologischen Dienste der Länder zur Unterbringungssituation der weiblichen Jugendstrafgefangenen. Kapitel D und Kapitel E bilden den inhaltlichen Hauptteil der Arbeit. In Kapitel D wird anhand von fünf zentralen Themengebieten eine Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an jungen Frauen vorgenommen. Zum einen wird mit der Behandlung dieser fünf Themengebiete eine möglichst umfangreiche Bestandsaufnahme erreicht. Zum anderen werden damit wichtige Themen aufgegriffen, die sich in anderen Arbeiten als problembehaftet herauskristallisiert haben. Alle fünf Gebiete werden in der Weise behandelt, dass zunächst die rechtlichen Vorgaben der Jugendstrafvollzugsgesetze zu dem entsprechenden Gebiet dargestellt und erläutert werden. Denn die Jugendstrafvollzugsgesetze schaffen den rechtlichen Rahmen und bilden die Grenzen und Spielräume für die Vollzugspraxis. Gleichzeitig werden so erstmals die Jugendstrafvollzugsgesetze der Länder unter einem frauenspezifischen Blickwinkel betrachtet. Ebenso werden diese Regelungen mit Blick auf verfassungsrechtliche Gesichtspunkte sowie im Lichte internationaler Regelwerke der Vereinten Nationen und des Europarates untersucht.5 Da sich seit dem Zeitpunkt der Datenerhebung einige Jugendstrafvollzugsgesetze geändert haben, werden bei der Analyse der rechtlichen Situation sowohl die zum Zeitpunkt der Erhebung geltenden als auch die aktuellen (Stand: 1.1.2019) Jugendstrafvollzugsgesetze berücksichtigt. Nach der Darstellung der Rechtslage erfolgt die Beschreibung der tatsächlichen vollzuglichen Situation. Dazu werden die Daten des Projektes, die Antworten der Justizministerien sowie der kriminologischen Dienste auf die schriftliche Anfrage, Daten des Statistischen Bundesamtes und Informationen der Internetauftritte der zuständigen Anstalten verwendet. Das erste Themengebiet des Kapitels D ist die Unterbringungssituation im weiblichen Jugendstrafvollzug. Das Unterkapitel beschreibt auf gesetzlicher und praktischer Ebene welche Anstalten für die jungen Frauen zuständig sind, wie sich die Unterbringungssituation in den einzelnen Anstalten darstellt und welche Probleme damit verbunden sind.

5 Die EMRK, der IPBPR oder die UN-Kinderrechtskonvention sind ratifizierte völkerrechtliche Verträge, die durch ein Zustimmungsgesetz nach Art. 59 GG in den Rang eines einfachen Bundesgesetzes gehoben worden sind und insoweit rechtliche Verbindlichkeit haben. Die European Rules for Juvenile Offenders Subject to Sanctions or Measures (ERJOSSM) des Europarates und diverse Empfehlungen der Vereinten Nationen wie die Richtlinien der Vereinten Nationen für die Prävention von Jugendkriminalität (Riyad-Richtlinien), die Regeln der Vereinten Nationen für den Schutz von Jugendlichen, denen ihre Freiheit entzogen ist (Havanna-Rules), die Grundsätze der Vereinten Nationen für die Behandlung weiblicher Gefangener und für nicht freiheitsentziehende Maßnahmen für weibliche Straffällige (Bangkok-Rules), die Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für die Jugendgerichtsbarkeit (Beijing-Rules) und die Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für nicht-freiheitsentziehende Maßnahmen (­Tokyo-Rules) sind hingegen unverbindlich und entfalten keine zwingende Wirkung. Sie müssen aber bei der Auslegung des deutschen Rechts herangezogen und berücksichtigt werden.

18

A. Einleitung

Der zweite Abschnitt des Kapitels D widmet sich dem sozialen und familiären Hintergrund der jungen Frauen. Die gesetzliche Ebene betreffen Sondervorschriften zu ausländischen Gefangenen und zu Kindern und Eltern der Inhaftierten sowie den Kontaktmöglichkeiten zu Personen außerhalb des Gefängnisses. Der praktische Teil dieses Kapitels gliedert sich in drei Themenschwerpunkte. Als Erstes werden der familiäre und soziale Hintergrund beschrieben. Es folgt eine Analyse der Art und des Umfangs des Kontaktes der Jugendstrafgefangenen mit ihrem sozialen Umfeld während der Inhaftierung. Der letzte Teil beschreibt die zur Verfügung stehenden sozialpädagogischen und therapeutischen Angebote der Anstalten und untersucht die jeweiligen Teilnahmequoten. Das dritte Unterkapitel des Kapitels D behandelt die Themen Bildung, Ausbildung und Arbeit im Jugendstrafvollzug. Es folgt eine Darstellung der gesetzlichen Vorschriften zur Einrichtung von Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeitsbetrieben und zur Durchführung der Maßnahmen im Leistungsbereich. Der praktische Teil untersucht die Bildungs- und Berufssituation der jungen Frauen vor der Inhaftierung. Daran schließt sich eine Beschreibung der von den Anstalten angebotenen Maßnahmen im Bereich Schule, Ausbildung und Arbeit und deren Teilnahmezahlen an. Im vierten Unterkapitel geht es um die Vorstrafen und die strafprozessrecht­ lichen Daten der aktuellen Inhaftierung. Das fünfte und letzte Unterkapitel befasst sich mit dem Drogenkonsum der jungen Frauen. Nach einem Überblick über die gesetzlichen Regelungen zum Umgang mit Drogen im Jugendstrafvollzug wird im praktischen Teil das Konsumverhalten vor und während der Inhaftierung untersucht. Den Abschluss bildet die Beschreibung der drogenspezifischen Hilfeangebote in den verschiedenen Haftanstalten. Kapitel  E führt die vorangegangenen Kapitel zusammen. Es wird überprüft, ob die in Kapitel D beschriebene gesetzliche und praktische Lage des weiblichen Jugendstrafvollzuges den Lebenshintergründen und Problemlagen der weiblichen Jugendstrafgefangenen gerecht wird. Es wird die Frage gestellt, ob die rechtlichen Rahmenbedingungen und praktischen Voraussetzungen vorliegen, einen Vollzug optimal auf die Resozialisierung der jungen Frauen auszurichten. Dieser Vergleich macht notwendige Änderungsbedarfe sichtbar. Wird eine Veränderung für notwendig erachtet, werden auf Grundlage der Erkenntnisse aus Kapitel D sowie des Forschungsstandes strafvollzugspolitische Reformvorschläge erarbeitet. Die Umsetzung dieser Vorschläge soll dazu dienen, den Jugendstrafvollzug besser an den Bedürfnissen der jungen Frauen auszurichten und so ihre Chancen auf eine Wiedereingliederung in unserer Gesellschaft zu erhöhen. So werden beispielsweise verschiedene Alternativvorschläge zur Unterbringungssituation der weiblichen Jugendstrafgefangenen vorgestellt und durchgedacht oder für einen grundsätzlichen Vollstreckungsaufschub für schwangere Jugendstrafgefangene plädiert. Kapitel E gliedert sich parallel zu Kapitel  D und skizziert für alle dort bearbeiteten fünf Themengebiete Vorschläge. Die Reformvorschläge wurden bewusst in ein eigenes

II. Gang der Darstellung

19

Kapitel gefasst, um alle Erkenntnisse der „Bestandsaufnahme“ für die Vorschläge berücksichtigen zu können. Kapitel F fasst alle Ergebnisse zusammen, sammelt die in der Arbeit deutlich gewordenen Forschungsdefizite und gibt ein abschließendes Fazit zu den Erkenntnissen dieser Arbeit.

B. Forschungsstand zum Jugendstrafvollzug an Frauen in Deutschland Bei der grundlegenden Frage, welches empirische Wissen über weibliche Jugend­ strafgefangene und ihren Jugendstrafvollzug vorhanden ist, finden sich nur wenige Arbeiten. Die meisten Studien zum Jugendstrafvollzug beschränken sich auf junge Männer,1 inhaftierte junge Frauen finden höchstens am Rande Erwähnung. Forschungsprojekte über weibliche Gefangene konzentrieren sich wiederum häufig auf die erwachsenen Frauen.2 Werden Daten weiblicher Jugendstrafgefangener in einem Projekt miterhoben, erfolgt nur in einzelnen Fällen eine gesonderte Auswertung für diese Vollzugsgruppe.3 Die gewonnenen Aussagen zu männlichen Jugendstrafgefangenen oder weiblichen Strafgefangenen lassen sich aber nicht auf die weiblichen Jugendstrafgefangenen übertragen. Die wenigen Arbeiten, die sich explizit mit dieser Vollzugsgruppe beschäftigen,4 beschränken sich größtenteils auf eine einzige Anstalt. Allgemeine, von den Besonderheiten der jeweiligen Anstalt oder des jeweiligen Bundeslandes unabhängige Aussagen über weibliche Jugendstrafgefangene lassen sich nicht aus ihnen ziehen und Besonderheiten dieser Anstalten werden nicht deutlich. Auf Grund dieser Einschränkungen ist der empirische gesicherte Wissensstand über Mädchen und Frauen im Jugendstrafvollzug insgesamt äußerst begrenzt.

I. Die Studien zu weiblichen Jugendstrafgefangenen im Überblick Die vorhandenen Studien werden in diesem Kapitel vorgestellt und die Ergebnisse zusammengefasst berichtet. Die Darstellung gliedert sich dabei nicht nach den einzelnen Forschungsprojekten. In den meisten Fällen sind thematisch ähnliche Daten erhoben worden. Bei getrennter Vorstellung der einzelnen Projekte entstünde 1

Dolde / Griebel, in: Kerner 1996; Frankenberg 1999; Geissler 1991; Giebel / Ritter 2012; Hartenstein / Hinz 2014; Lang 2007; Lobitz / Giebel / Suhling 2013; Maetze et al., in: Kerner 1996; Neubacher / Oelsner / Schmidt, in: Dölling 2013; Wirth 2013. 2 Dünkel 1992; Fischer-Jehle 1991; Franze 2001; Haverkamp 2011; Maelicke 1995; Prätor 2013; Zolondek 2007. 3 Bieneck / Pfeiffer 2012; Dünkel / Rosner 1982; Dünkel 1992; Dünkel / Geng 2012; FischerJehle 1991; Funk 2008; Hinz / Hartenstein 2010; Koch / Suhling 2005; Müller / Schröttle 2004. 4 Beer 2014; Jansen 1999; Jansen, in: Kawamura-Reindl 2007; Jansen / Schreiber  1994. Einige Diplomarbeiten thematisieren bestimmte Gebiete des weiblichen Jugendstrafvollzugs. So beschreibt Thom Mutter-Kind-Einrichtungen für inhaftierte weibliche Jugendliche (Thom 2010). Hollenstein untersucht das Hafterleben im österreichischen Jugendstrafvollzug (Hollenstein 2009).

I. Die Studien zu weiblichen Jugendstrafgefangenen im Überblick

21

dann eine Aneinanderreihung von sich wiederholenden und ähnelnden Ergebnissen. Stattdessen folgt die Gliederung dem Gedankengang dieser Arbeit, soweit die einzelnen Themengebiete bereits Gegenstand der Forschung waren. Schon älter sind die Arbeiten von Einsele, Memminger und Herrfahrdt.5 So beschreibt Einsele die 69 jungen Frauen der Entlassungsjahrgänge 1956/57 aus der JVA Frankfurt am Main.6 Memminger untersucht alle 1958/59 aus der Frauenhaftanstalt Gotteszell in Schwäbisch-Gmünd entlassenen Frauen und Mädchen bis einschließlich 23 Jahre.7 Herrfahrdt analysiert 200 Personalakten von jungen Frauen, die zwischen 1960 und 1964 eine Jugendstrafe von mindestens sechs Monaten in der JVA Frankfurt, Köln, Berlin oder Lübeck verbüßten.8 Viele der sozialen und persönlichen Merkmale der jungen Frauen sowie die daraus folgenden Interpretationen sind stark zeitgeprägt (z. B.: die Merkmale „Zigeunerehe“,9 „Schwachbegabte und Grenzdebile“,10 „sittlich retardiert“ oder „sexuell verwahrlost“11). Unabhängig von diesen zeitgebundenen Wertungen beschreiben alle drei Autoren eine sehr belastete Lebenssituation der inhaftierten jungen Frauen. Sie sind in schwierigen Familienverhältnissen groß geworden, viele mit dem damaligen Makel der „Unehelichkeit“ geboren, haben Heimaufenthalte,12 die Trennung ihrer Eltern13 oder den Tod eines Elternteils erlebt.14 Ihre Schulbildung und Ausbildungssituation sind oft schlecht oder nicht vorhanden.15 Viele junge Frauen sind arbeitslos und / oder arbeiten als Prostituierte.16 Den Schwerpunkt der begangenen Delikte analysieren alle drei Arbeiten bei den Vermögensdelikten.17 Diese Studien liegen jedoch bereits über 50 Jahre zurück, wodurch ihre Ergebnisse nur noch historischen Wert und für die Einordnung der aktuellen Situation im Jugendstrafvollzug keine Relevanz mehr haben. Folglich werden sie in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt. Als aktuelle Forschungsarbeiten über weibliche Jugendstrafgefangene sind  – neben studentischen Abschlussarbeiten18 – die Arbeiten von Irmgard Jansen, Karin Franze, Jochen Werner und Jenny Beer und die Evaluationen der Kriminologischen Dienste der Länder zu nennen. Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Eckdaten 5

Einsele 1968; Memminger 1970; Herrfahrdt 1971. Einsele 1968, S. 334. 7 Memminger 1970, S. 6. 8 Herrfahrdt 1971, S. 1. 9 Memminger 1970, S. 100. 10 Herrfahrdt 1971, S. 39. 11 Herrfahrdt 1971, S. 31. 12 Herrfahrdt 1971, S. 22, 24. 13 Memminger 1970, S. 61. 14 Herrfahrdt 1971, S. 20; Memminger 1970, S. 62. 15 Einsele 1968, S. 347; Memminger 1970, S. 77; Herrfahrdt 1971, S. 44. 16 Einsele 1968, S. 348; Memminger 1970, S. 80, 105. 17 Einsele 1968, S. 336; Memminger 1970, S. 121; Herrfahrdt 1971, S. 36. 18 Hollenstein 2009; Thom 2010. 6

22

B. Forschungsstand zum Jugendstrafvollzug an Frauen in Deutschland 

der Studien zusammen, um bei der gewählten Darstellungsweise die Einordnung der Ergebnisse in den Kontext des jeweiligen Projektes zu erleichtern. Tabelle 1 Forschungsarbeiten über den Jugendstrafvollzug an Frauen Autor

Kurztitel

n

Erhebungs­ instrument

Erhebungszeitraum

JVA

Irmgard Jansen19

Mädchen in Haft

/

Beobachtung

/

Vechta

Karin Franze20

Resozialisierung unter den Bedingungen des Frauenstrafvollzugs

30

Aktenanalyse

1.10.1995

Aichach

Jochen Werner21

Jugendstrafvollzug in Deutschland

243

Fragebogen

31.3.2005 oder 31.8.2005

alle

Jenny Beer22

Schulische und berufliche Voraussetzungen von weiblichen Jugendstrafgefangenen

153

Interviews Fragebogen

April bis November 2012

alle

Evaluation in Baden – Württemberg23

Evaluation des Jugend-strafvollzugs in Baden-Württemberg – Bericht 2013/2014

25

Daten und Statistiken der Abteilungen, Fachdienste, externen Dienstleister und des Statistischen Landesamts

31.3.2014

SchwäbischGmünd

Evaluation in Bayern

Evaluationsbericht des bayerischen Jugendstrafvollzugs. Auswertungen für die Jahre 2013/2014

120

Dokumentation mit vier Erhebungsbögen

1.1.2013 bis 31.12.2014

Aichach

Evaluation in Sachsen24

Evaluation des Jugendstrafvollzugs

143

Fragebogen

2011 bis 2015

Chemnitz

Quelle: Eigene Darstellung.

19

Jansen 1999. Franze 2001. 21 Werner 2012. 22 Beer 2014. 23 Stelly / Thomas 2015. 24 Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016. 20

I. Die Studien zu weiblichen Jugendstrafgefangenen im Überblick

23

Jansen beschreibt und dokumentiert seit Jahren die Lebens- und Gefühlswelt junger Frauen im Jugendstrafvollzug.25 Sie stützt sich dabei auf Erfahrungen und Beobachtungen, die sie im Rahmen ihrer professionellen Tätigkeit als Sozialpädagogin in der JVA Vechta gesammelt hat.26 Franze beschäftigte sich in ihrer Dissertation mit der JVA Aichach, in der die meisten weiblichen Gefangenen und alle weiblichen Jugendstrafgefangenen aus Bayern inhaftiert sind. Dabei wertete sie zum Stichtag 1.10.1995 unter anderem 30 Gefangenenpersonalakten von Frauen aus der Jugendabteilung aus.27 Werner befragte die Justizvollzugsanstalten, in denen weibliche Jugendstrafgefangene untergebracht waren, mittels eines standardisierten Fragebogens zum Stichtag  31.3.2005 oder  31.8.2005 zur Kapazität der Anstalt, Unterbringung der Gefangenen, Ausbildung des Vollzugspersonals sowie zu Therapie, Bildungs- und Ausbildungsangeboten.28 Beer führte von April bis November 2012 in neun Justizvollzugsanstalten insgesamt 56 Interviews mit weiblichen Jugendstrafgefangenen zu ihrer Motivation für schulische und berufliche Integration. Zusätzlich wertete sie 153 Fragebögen von weiblichen Jugendstrafgefangenen zu diesem Thema aus.29 Hinzu kommen in jüngerer Zeit die Evaluationen des Jugendstrafvollzuges durch die Kriminologischen Dienste der Länder. In einer Anfrage an die Kriminologischen Dienste der Bundesländer gaben Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen eine Evaluation des Jugendstrafvollzugs an. Nur in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen bezog diese Evaluation aber auch die weiblichen Jugendstrafgefangenen mit ein. Die Falldokumentationen des 4. Evaluationsberichts zum Jugendstrafvollzug in BadenWürttemberg zum Stichtag  31.3.2014 erstrecken sich allerdings nicht auf die weiblichen Jugendstrafgefangenen in der JVA Schwäbisch-Gmünd, wodurch die Evaluation für die Vollzugsgruppe nur sehr rudimentäre soziodemographische Daten enthält.30 In Bayern wurde der Jugendstrafvollzug im Zeitraum  1.1.2013 bis 31.12.2014 umfassend evaluiert. Neben den Straf- und Stammdaten sind durch vier Erhebungsbögen, die sich über die gesamte Haftzeit erstrecken, die Biographie, der Behandlungsbedarf, die Behandlungsmaßnahmen während der Haft und die Entlassungssituation der jungen Strafgefangenen erfasst.31 Diese Daten liegen auch für 120 weibliche Jugendstrafgefangene in der JVA Aichach vor,32 allerdings ist eine gesonderte Auswertung nicht veröffentlicht.33 Der Kriminologische Dienst 25

Jansen / Schreiber 1994; Jansen 1999; Jansen, in: Zander 2006; Jansen, in: KawamuraReindl 2007; Jansen 2010. 26 Jansen 1999, S. 13, 21. 27 Franze 2001, S. 34, 35. 28 Werner 2012, S. 11, 15. 29 Beer 2014, S. 358. 30 Stelly / Thomas 2015, S. 7. 31 Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs 2015, S. 12. 32 Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs 2015, S. 14. 33 Auswertungen zu männlichen und weiblichen Jugendstrafgefangenen: Endres / Breuer / Nolte 2016; Endres / Nolte 2016.

24

B. Forschungsstand zum Jugendstrafvollzug an Frauen in Deutschland 

in Sachsen führte ebenfalls von 2011 bis 2015 eine Evaluation der weiblichen Jugendstrafgefangenen in der einzigen in Sachsen für diese Vollzugsgruppe zuständigen JVA in Chemnitz durch. Sie erhoben unter anderem Daten zur schulischen, beruflichen und strafrechtlichen Vorgeschichte von insgesamt 143 Neuzugängen. Die Daten basieren auf Angaben des Personals zu den Jugendstrafgefangenen und auf einem Zugangs- und Abgangsfragebogen, den die Gefangenen ausfüllten.34

II. Unterbringung Auf Grund der geringen Anzahl35 werden die weiblichen Jugendstrafgefangenen überwiegend nicht in gesonderten Anstalten inhaftiert (wie ihre männlichen Altersgenossen), sondern pro Bundesland in einer ausgewählten Anstalt des weiblichen Erwachsenenstrafvollzuges.36 Dadurch sind viele junge Frauen weit von ihrem Zuhause entfernt inhaftiert,37 was den Kontakt zu ihrem sozialen Umfeld und externen Hilfeeinrichtungen, die auch nach der Haftentlassung Unterstützung bieten könnten, erschwert. Trotz des großen Zuständigkeitsgebietes bilden die jungen Frauen in allen Anstalten nur eine sehr kleine Haftgruppe, deren Belange bei der Vollzugsgestaltung häufig zurücktreten müssen.38 Jansen und Werner beobachten zusätzlich meist nur eine unzureichende Einhaltung des in den Jugendstrafvollzugsgesetzen normierten Trennungsgrundsatzes39 zwischen Jugendlichen und Erwachsenen bei der Unterbringung, im Haftalltag40 und bei den therapeutischen, schulischen und beruflichen Angeboten.41 Zudem ist das Personal häufig sowohl für den Jugendstrafvollzug als auch für den Frauenstrafvollzug zuständig.42

34

Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016, S. 376. Zum Stichtag 31.3.2018 befanden sich 144 junge Frauen im Jugendstrafvollzug (Statis­ tisches Bundesamt 2018c, S. 11). 36 Eine Ausnahme bilden Mecklenburg-Vorpommern und seit 2018 auch Nordrhein-Westfalen, wo die jungen Frauen gemeinsam mit den männlichen Jugendstrafgefangenen in der JA Neustrelitz bzw. der JVA Iserlohn inhaftiert werden. 37 Jansen, in: Zander 2006, S. 274. 38 In Berlin betrug der Anteil der weiblichen Jugendstrafgefangenen immerhin noch 10,8 %. In Zweibrücken lag er lediglich bei 0,9 % (fünf weibliche Jugendliche bei 550 Gefangenen), insgesamt: Werner 2012, S. 215. 39 § 3 IV JVollzGB I; § 17 I Nr. 2 BbgJVollzG; § 68 I 1 HessJStVollzG; § 170 II NJVollzG; § 17 I Nr. 2 LJVollzG; § 98 I 1 SächsJStVollzG. 40 Werner 2012, S. 217 ff. 41 Werner 2012, S. 220; Jansen 1999, S. 25. 42 Werner 2012, S. 239. 35

III. Herkunft und Familie

25

III. Herkunft und Familie Bei der Altersstruktur liegt der Schwerpunkt je nach Studie bei der Gruppe der Heranwachsenden (18–21 Jahre)43 oder sogar bei den jungen Erwachsenen (über 21 Jahre)44. Im rechtlichen Sinne Jugendliche sind nur eine Minderheit der Inhaftierten. Nach der Untersuchung von Werner gehörten beispielsweise jeweils 43,6 % der Gruppe der Heranwachsenden oder jungen Erwachsenen an. Nur 12,9 % waren noch jugendliche Frauen.45 Bei Franze besaß ein ungewöhnlich hoher Anteil von gut 50 % der Jugendstrafgefangenen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit.46 In der Evaluation des bayerischen Kriminologischen Dienstes waren es mit 29,2 % deutlich weniger.47 Im sächsischen Jugendstrafvollzug besitzen lediglich 2 % der Gefangenen eine andere Staatsangehörigkeit.48 Diese große Differenz zwischen der JVA Aichach und der JVA Chemnitz beruht vermutlich hauptsächlich auf dem unterschiedlich hohen Ausländeranteil in den Bundesländern Bayern und Sachsen.49 In Bayern betrug der Anteil von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit in den Jahren 2013 bis 2015 zwischen 10 % und 12 %, während er in Sachsen im gleichen Zeitraum nur zwischen 2,6 % und 4,0 % lag.50 Studienübergreifend wird von einer belasteten Situation in der Herkunftsfamilie der Jugendstrafgefangenen berichtet. Die Evaluation in Bayern ergab, dass bei 55 % der Jugendstrafgefangenen die Eltern nie oder nicht mehr zusammenlebten, bei 25,8 % waren die Eltern arbeitslos und 28,3 % berichteten von Kriminalität sowie von Misshandlungen und Vernachlässigungen in ihren Herkunftsfamilien.51 Ein großer Teil der jungen Frauen war vor der Haft bereits stationär oder ambulant aufgrund psychischer Probleme behandelt worden.52 Auch Jansen betont die häufig schwierige familiäre Situation. Die Eltern sind mit der Pflege und Erziehung ihrer Kinder oft überfordert. So wachsen viele der Mädchen bei den Großeltern oder im Heim auf. In ihren Herkunftsfamilien erleben sie körperliche und sexuelle Gewalt gegen sich oder die Mutter durch männliche Familienangehörige. Viele haben drogen-, alkohol- oder tablettenabhängige Eltern und sind früh auf sich alleine gestellt. Die finanzielle Lage der Familien ist oft prekär. Auf der Suche nach Geborgenheit schließen sich viele Mädchen kriminellen und gewaltbereiten Cliquen an. Sie 43

Stelly / Thomas 2015, S. 69. Franze 2001, S. 133. 45 Werner 2012, S. 195. 46 Franze 2001, S. 140. 47 Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzuges 2015, S. 109. 48 Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016, S. 377. 49 Ausländer wird definiert als Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Statistisches Bundesamt 2017a, S. 6. 50 Statistisches Bundesamt 2017a, S. 31. 51 Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs 2015, S. 116–119. 52 Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs 2015, S. 124, 125. 44

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B. Forschungsstand zum Jugendstrafvollzug an Frauen in Deutschland 

werden früh drogenabhängig und beginnen, sich zu prostituieren.53 Während der Haft beobachtet Jansen wiederum häufig eine Idealisierung der Beziehung zu den Eltern oder dem Partner.54

IV. Bildungs- und Ausbildungssituation Alle vorliegenden Studien beschreiben  –  wenn auch vom Ausmaß her unterschiedlich, so doch im Ergebnis einheitlich – die schlechte Bildungs- und Ausbildungssituation von weiblichen Jugendstrafgefangenen. Je nach Studie haben zwischen 29,2 %55 und 66 %56 der Jugendstrafgefangenen (noch) keinen Schulabschluss. Einen Hauptschulabschluss erreichten zwischen 29 %57 und 41,6 %58. Höhere Bildungsabschlüsse sind sehr selten. In der Untersuchung von Franze hatte keine Frau einen Realschulabschluss oder die Hochschulreife erreicht.59 Die Evaluation des sächsischen Jugendstrafvollzugs ergab einen Anteil von 5,3 % von Frauen mit einem höheren Bildungsabschluss.60 Dieser eher niedrige Bildungsgrad ermöglicht oft nur den Zugang zu gering qualifizierten und oft schlecht bezahlten Berufen. Zusätzlich weist Beer auf eine erhebliche Diskontinuität in den Schulbiographien hin.61 Eng mit der schlechten Schulbildungssituation ist auch die ganz überwiegend schlechte Berufsausbildung verknüpft. Im bayerischen Jugendstrafvollzug haben 83,3 % der Jugendstrafgefangenen keine Berufsausbildung.62 In Sachsen traf das sogar auf 97 % der jungen Frauen zu.63 Beer berichtet in ihrer Studie, dass 16 % der Jugendstrafgefangenen zwar eine Berufsausbildung begannen, fast die Hälfte diese aber wieder abbrach.64 Wohl daraus resultierend, war der überwiegende Anteil der Jugendstrafgefangenen vor der Haft arbeitslos (54,3 %).65

53

Jansen / Schreiber 1994, S. 138; Jansen 1999, S. 60. Jansen / Schreiber 1994, S. 139; Jansen 1999, S. 35. 55 Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs 2015, S. 113. Franze berichtet zum Stichtag 1.10.1995 von 71,4 % weiblichen Jugendstrafgefangenen ohne Schulabschluss. Franze 2001, S. 152. 56 Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016, S. 379. 57 Beer 2014, S. 359. 58 Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs 2015, S. 113. 59 Franze 2001, S. 152. 60 Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016, S. 379. 61 Beer 2014, S. 359. 62 Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs 2015, S. 114. 63 Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016, S. 379. 64 Beer 2014, S. 360. 65 Franze 2001, S. 158. 54

V. Behandlungsangebote während der Haftzeit

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V. Behandlungsangebote während der Haftzeit In ihrer Untersuchung weist Franze auf die Problematik fehlender Vollzugspläne bei allen Jugendstrafgefangenen hin.66 Inwieweit dies auch auf andere Anstalten zutrifft, kann nicht geprüft werden. Die meisten Anstalten bieten Hauptschul- und Realschulkurse sowie daneben auch zeitlich kürzere Bildungskurse an. Werner dokumentiert in seiner Arbeit allerdings große quantitative Unterschiede der Ausbildungsangebote. Während die JVA Halle keine Ausbildung anbietet, können die Frauen in der JVA Köln oder der JVA Schwäbisch-Gmünd zwischen vier verschiedenen Möglichkeiten wählen.67 In der Befragung von Beer gaben fast alle Mädchen konkrete Berufswünsche an.68 Die in Haft besuchten Ausbildungsmaßnahmen entsprachen jedoch nur selten den geäußerten Wünschen, da die tatsächlich absolvierten Maßnahmen stark vom Angebot der jeweiligen Anstalt abhängen.69 In vier der von Werner untersuchten Anstalten gab es teilweise koedukative Bildungsangebote.70 Diese Möglichkeit sieht Jansen sehr zwiespältig. Auf der einen Seite stünden so mehr Angebote zur Verfügung. Ihrer Beobachtung nach verfallen die jungen Frauen in überwiegend männlichen Gruppen71 jedoch schnell in klischeehaft weibliche Rollenstrukturen und halten ihre eigene Leistungsfähigkeit zurück.72 Die hauptsächlich in Haft angebotene Gesprächstherapie hält Jansen für Jugendstrafgefangene kaum geeignet. Die von ihr präferierten erlebnispädagogischen Angebote sind jedoch marginal.73 Zusätzlich sieht sie die „Komm“-Struktur der Hilfeangebote als problematisch an. Jugendliche würden selten planvoll um ein Gespräch über grundsätzliche Probleme bitten, sondern in dringenden Fällen Hilfe bei Stationsbediensteten suchen.74 Außerdem hätten die Inhaftierten keine freie Wahl der Therapeutin, sondern es stehe nur die vollzugsinterne Fachkraft zur Verfügung.75 Wenn die junge Frau mit dieser nicht zurechtkämen, werde sie nicht bereit sein, mit der Therapeutin zu reden. Die Behandlung der jungen Frauen richte sich insgesamt weniger nach dem Bedarf, sondern vielmehr nach dem vorhandenen Angebot der Anstalten.76

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Franze 2001, S. 186. Werner 2012, S. 230 ff. 68 Beer 2014, S. 359. 69 Beer 2014, S. 362. 70 Werner 2012, S. 236. 71 Jansen 1999, S. 23, 25. 72 Jansen, in: Zander 2006, S. 288; Jansen 2010, S. 64. 73 Jansen 1999, S. 27. 74 Jansen, in: Kawamura-Reindl 2007, S. 225. 75 Jansen 1999, S. 28. 76 Jansen, in: Kawamura-Reindl 2007, S. 220. 67

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B. Forschungsstand zum Jugendstrafvollzug an Frauen in Deutschland 

VI. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung Es überwiegt der Anteil der kurzen Haftstrafen. In der Untersuchung von Werner waren 41 % zu einer Jugendstrafe von maximal einem Jahr verurteilt worden.77 Der Schwerpunkt (je nach Studie zwischen 40 % und 60 %) liegt auf den Eigentums- und Vermögensdelikten.78 Während bei Franze der Anteil der Delikte gegen Leib und Leben relativ gering ist (10,0 %),79 sind in den Evaluationen in BadenWürttemberg80 und Sachsen81 Körperverletzungen die zweithäufigste Deliktsgruppe. Der Anteil der Jugendstrafgefangenen, die wegen Verstößen gegen das BtMG inhaftiert sind, schwankt zwischen 6 %82 und 20 %83. Die meisten Frauen sind das erste Mal zu einer Jugendstrafe ohne Bewährung verurteilt worden,84 ein großer Anteil von ihnen saß aber bereits mindestens einmal im Jugendarrest.85

VII. Suchtmittelabhängigkeit Franze stellt in ihrer Untersuchung einen hohen Anteil Drogenabhängiger fest.86 Auch Jansen sieht in der weit verbreiteten Suchtmittelabhängigkeit im Strafvollzug ein akutes Problem. Sie beschreibt den sichtbaren körperlichen Verfall der Mädchen und berichtet von motorischen und psychischen Beeinträchtigungen infolge aktuellen Konsums.87 Die Evaluation in Bayern ermittelte hingegen nur ein geringes Problem bei der Suchtmittelabhängigkeit.88

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Werner 2012, S. 198. Franze 2001, S. 164 (60,1 % Vermögensdelikte mit und ohne Gewalt); Stelly / Thomas 2015, S. 68 (48 % Diebstahls-, Betrugs- oder Fälschungsdelikte); Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016, S. 378; Werner 2012, S.  197 (38,2 % Diebstahl / Unterschlagung / Betrug / Untreue). 79 Franze 2001, S. 164. 80 Stelly / Thomas 2015, S. 68 (21 % Körperverletzungen). 81 Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016, S. 378. 82 Stelly / Thomas 2015, S. 68. 83 Franze 2001, S. 164. 84 Franze 2001, S. 170. 85 In Bayern waren 27,3 % vorher bereits zu einer Jugendstrafe ohne Bewährung und 59,2 % zu Jugendarrest verurteilt worden. Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs 2015, S. 127, 128; Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016, S. 378. 86 Franze 2001, S. 209. 87 Jansen 1999, S. 54. 88 Auf einer Skala von eins bis fünf liegt der Durchschnittswert bei 1,97. Dies ist etwas ungenau, da im Bereich „Alkoholproblematik“ und „Drogenproblematik“ Werte von 2,28 bzw. 2,48 gemessen wurden und lediglich das Merkmal „Spielsucht“ mit 1,15 sehr gering ausgeprägt war, wodurch der niedrige Durchschnittswert entsteht. Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs 2015, S. 44, 53. 78

VIII. Fazit

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VIII. Fazit Die Erkenntnisse über weibliche Jugendstrafgefangene beschränken sich größtenteils auf oberflächliche Daten, die über eine bloße Feststellung eines Ergebnisses, z. B. des Anteils der Hauptschulabsolventinnen, nicht hinausgehen. Spezifische Untersuchungen fehlen ebenso wie eine umfangreiche deutschlandweite Erhebung. An dieser Forschungslücke setzt die vorliegende Arbeit an. Dafür werden Daten aus einem bundesweiten Projekt über weibliche Jugendstrafgefangene herangezogen, ergänzt durch offizielle Statistiken des Statistischen Bundesamtes und Auskünfte der jeweiligen Ministerien. Diese Datenquellen sowie die Methodik der Auswertung werden im folgenden Kapitel beschrieben.

C. Datengrundlagen und Methodik Für die vorliegende Arbeit werden verschiedene Datenquellen ausgewertet. Die Beschreibung der praktischen Situation erfolgte ganz überwiegend anhand der Daten, die im Rahmen des Projektes „Gewalt und Suizid unter weiblichen und männlichen Jugendstrafgefangenen – Entstehungsbedingungen und Entwicklungsverläufe im Geschlechtervergleich“ des Institutes für Kriminologie der Universität zu Köln erhoben worden sind (Kapitel C. I.). Zur Ergänzung werden Daten aus den Strafvollzugsstatistiken des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2000 herangezogen und Informationen aus dem Internetauftritt verschiedener Anstalten genutzt. Zusätzlich werden eine Anfrage an die Justizministerien der Länder sowie eine an die Kriminologischen Dienste der Länder ausgewertet (Kapitel C. II.). Die Analyse der rechtlichen Situation bezieht sich im Grundsatz auf die Jugendstrafvollzugsgesetze der Länder mit einigen verfassungsrechtlichen Bezügen. Die Auswahl der dafür verwendeten Ländergesetze beschreibt Kapitel C. III.

I. Das Projekt „GEWUSST“ des Institutes für Kriminologie der Universität zu Köln Zunächst werden Organisation und Durchführung des Projektes „Gewalt und Suizid unter weiblichen und männlichen Jugendstrafgefangenen – Entstehungsbedingungen und Entwicklungsverläufe im Geschlechtervergleich“ beschrieben. Der zweite Abschnitt legt das methodische Vorgehen bei Auswahl und Auswertung der Daten dar. Aus systematischen Gründen gibt der dritte Abschnitt eine kurze Stichprobenbeschreibung der ebenfalls erhobenen Kontrastgruppe. Da die bisherigen Erkenntnisse des Projektes in diese Arbeit einfließen, werden sie für eine bessere Orientierung in Kapitel C. IV. zusammengefasst. 1. Beschreibung des Projektes Das Institut für Kriminologie der Universität zu Köln führte von 2013 bis 2017 eine Studie zu Gewalt und Suizid unter weiblichen Jugendstrafgefangenen durch.1 Mittels eines Fragebogens wurden junge Frauen in insgesamt neun Justizvollzugs 1

Zu dem Vorgängerprojekt „Gewalt und Suizid im Jugendstrafvollzug – Phänomen, Ursachen, Prävention“ siehe: Neubacher et al. 2011; Boxberg / Wolter / Neubacher, in: Dessecker & Egg 2013; Neubacher / Oelsner / Schmidt, in: Dölling 2013; Häufle / Schmidt / Neubacher 2013; Neubacher 2014; Neubacher, in: DVJJ 2015; Boxberg et al. 2016.

I. Das Projekt „GEWUSST“ 

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anstalten befragt. Da in Deutschland nur zehn Anstalten für die Vollstreckung der Jugendstrafe an jungen Frauen zuständig sind, kommt dies einer Vollerhebung des weiblichen Jugendstrafvollzugs sehr nahe. In der JA Neustrelitz konnte auf Grund der geringen Anzahl an teilnahmebereiten Frauen und des organisatorischen Aufwandes keine Erhebung durchgeführt werden. In Frankfurt, Vechta, Luckau-Duben, Berlin und Zweibrücken erfolgte die Erhebung einmalig im Frühjahr 2015. In Köln, Aichach, Chemnitz und Schwäbisch-Gmünd fand im Abstand von drei Monaten zu jeweils sechs Messzeitpunkten eine Datenerhebung statt. Ursprünglich waren lediglich vier Messzeitpunkte in diesen vier Anstalten geplant. Die stetig sinkenden Belegungszahlen machten jedoch eine Erweiterung sinnvoll, um eine ausreichende Stichprobengröße zu erhalten. So wurden in Köln, Aichach, Chemnitz und Schwäbisch-Gmünd zwei Messzeitpunkte im dreimonatigen Abstand angefügt und die sechste Erhebungswelle auf Anstalten in ganz Deutschland ausgedehnt.2 Die Messzeitpunkte erstreckten sich folglich von November 2013 bis April 2015. Die Gefangenen konnten an allen sechs oder nur an einigen Messzeitpunkten teilnehmen.3 Abhängig von der Anzahl ihrer Teilnahme wurden ihnen unterschiedliche Fragebögen ausgeteilt. Diese waren mit einem Pseudonym versehen. Dadurch konnten die Antworten bei den mehrfach Befragten einander zugeordnet werden. Durch diese Art der Datenerhebung sind bei der Auswertung sowohl längs- als auch querschnittliche Analysen möglich.4 Die Fragebögen umfassen ungefähr 50 Seiten und bestehen zum überwiegenden Teil aus Ankreuzfragen sowie einigen offenen Fragestellungen. Neben den Themengebieten „familiäre Herkunft“, „Aufwachsen in der Kindheit“ und „Bildungs- und Berufssituation“ wurden die Gefangenen auch nach ihren Vorstrafen und zur aktuellen Inhaftierung befragt. Ein Schwerpunkt bestand aus Fragen zu aktiv oder passiv erlebter und ausgeübter psychischer oder physischer Gewalt im Gefängnis sowie Fragen zu vergangenen oder aktuellen Suizidgedanken und -versuchen. Sehr ausführlich wurden die jungen Frauen auch zu dem Thema „Drogenkonsum vor und während der Haft“ befragt.5 Um die jungen Frauen für die Erhebung zu gewinnen, erhielten die Anstalten Informationsmaterial in Form von Flyern und Plakaten, die sie dann unter den Gefangenen verteilten. Einen Tag vor jeder Erhebung veranstaltete das Projektteam eine Informationsveranstaltung mit allen Interessierten. Sie stellten das Projekt vor und die Gefangenen hatten Gelegenheit, Fragen zu stellen und Bedenken zu 2

An der ersten Welle nahmen 77 Frauen, an der zweiten Welle 85 Frauen, an der dritten Welle 82 und an der vierten Welle 73 Frauen teil. An den zusätzlichen Wellen 4 und 5 nahmen 63 bzw. 94 Frauen teil. 3 Am ersten Messzeitpunkt nahmen 269 Frauen, am zweiten Messzeitpunkt 127 Frauen, am dritten Messzeitpunkt 58 Frauen, am vierten Messzeitpunkt 15 Frauen, am fünften Messzeitpunkt 5 Frauen und am sechsten Messzeitpunkt eine Frau teil. 4 Diese Arbeit enthält jedoch keine längsschnittliche, sondern nur querschnittliche Analysen, s. C. I. 2. a. 5 Dazu im Erscheinen: Dissertation von Esther Bäumler.

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C. Datengrundlagen und Methodik

äußern. Diese Informationsveranstaltungen waren ausgesprochen wichtig, um das Vertrauen der Frauen zu gewinnen und Bedenken bezüglich der Vertraulichkeit der Erhebung entgegenzutreten. Das Projektteam bekräftigte, dass weder die Fragebögen noch einzelne Antworten an die Anstalt weitergegeben würden. Mit der Anstaltspsychologin wurde vereinbart, diese bei einem bestimmten Antwortverhalten zu aktuellen Suizidgedanken zum Schutz der Frauen zu informieren. Auch in diesem Fall erfolgte jedoch keine Weitergabe einzelner Antworten, sondern lediglich der Hinweis auf das Eintreten des Antwortmusters. Auf diese Ausnahme wurden die Frauen ebenfalls hingewiesen. Die Gefangenen hatten auch während der Beantwortung des Fragebogens jederzeit die Möglichkeit abzubrechen. Die Einverständniserklärung, freiwillig an der Studie teilgenommen zu haben, wurde daher erst am Ende getrennt von den Fragebögen eingesammelt. Während der Erhebung war kein Personal mit im Raum. Ebenso achtete das Projektteam darauf, dass die Gefangenen nicht zu dicht beieinandersaßen. Diese Maßnahmen dienten dazu, die Beantwortung des Fragebogens frei von Beobachtungen und dem Druck anderer zu ermöglichen. Etwaige Hilfestellungen von Seiten des Projektteams wurden auf den Fragebögen vermerkt. Als Dank für die Teilnahme bekamen die Gefangenen fünf Euro auf ihr Hausgeldkonto gutgeschrieben und durften sich eine Schokolade aussuchen. Insgesamt konnten so 269 weibliche Jugendstrafgefangene (darunter neun Untersuchungshäftlinge) teils wiederholt befragt werden. Von den jungen Frauen waren 26,2 % (n = 68) in der JVA Köln, 26,9 % (n = 70) in der JVA Aichach, 12,3 % (n = 32) in der JVA Chemnitz, 20,0 % (n = 52) in der JVA Schwäbisch-Gmünd und 14,6 % (n = 38) in den anderen fünf Anstalten inhaftiert. Zusätzlich zu den Fragebögen wurde mit 16 Jugendstrafgefangenen problemzentrierte, leitfadengestützte Interviews geführt. Da die vorliegende Arbeit die Interviews jedoch nicht berücksichtigt, werden Planung und Durchführung hier nicht näher erläutert.6 Die dritte Säule der Datenerhebung war die Auswertung der Gefangenenpersonalakten. Dafür wurden die jungen Frauen nach der Beantwortung des Fragebogens um eine schriftliche Einverständniserklärung gebeten, die auch von allen erteilt wurde. Für die Auswertung der Gefangenenpersonalakten wurden drei verschiedene Codierbögen verwendet. Der erste Bogen umfasste alle Formaldaten, während die zwei anderen Bögen speziell für die Erhebung von Gewalttaten während der Haft und Vorkommnisse mit Suizidbezug entwickelt worden waren. Um eine möglichst große Vergleichbarkeit trotz mehrerer auswertenden Personen zu erreichen, wurden die Mitarbeiter vorher gezielt geschult.7 Da einige Akten aus organisatorischen Gründen nicht zur Verfügung standen, konnten insgesamt nur 187 Gefangenenpersonalakten ausgewertet werden. 6 Zur Auswertung der Interviews der männlichen Jugendstrafgefangenen siehe: Schmidt 2014, 2015; Schmidt, in: Reeves 2016; Schmidt 2019. 7 Siehe dazu: Wolter / Häufle 2014, S. 286.

I. Das Projekt „GEWUSST“ 

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Parallel zu den Erhebungen im Gefängnis wurden die Daten einer Kontrastgruppe erhoben. Schülerinnen und Studentinnen aus Nordrhein-Westfalen, die zum Zeitpunkt der Erhebung unter 25 Jahre alt waren, konnten online einen Fragebogen ausfüllen. Dieser war an den Fragebogen der Gefangenen angelehnt. Der Link zur Erhebung wurde über den zentralen Verteiler der Universität zu Köln an alle Studentinnen verschickt. So konnten 606 Studentinnen aus allen Fakultäten in unterschiedlichen Fachsemestern erreicht werden. Die Erhebung bei den Schülerinnen gestaltete sich bedeutend schwieriger. Um diese Gruppe zu erreichen, wurde Informationsmaterial über die Direktionen an Schulen im Raum Köln verteilt. Die Flyer enthielten Informationen zum Projekt und den Link zum Online-Fragebogen. Immerhin 109 Schülerinnen aus unterschiedlichen Schulformen und Jahrgangsstufen füllten den Fragebogen online aus. Insgesamt kam so eine Kontrastgruppe von 715 jungen Frauen zu Stande. 2. Methodisches Vorgehen bei der Auswertung der Projektdaten Von den erhobenen Daten sind einige Fälle aus systematischen oder inhaltlichen Gründen bei der folgenden Analyse nicht berücksichtigt. Der folgende Abschnitt erläutert die Auswahl und Bearbeitung der Daten. a) Auswahl der verwendeten Falldaten Die Datenauswertung umfasst keine längsschnittlichen, sondern nur querschnittliche Analysen. Deswegen werden nur die Fragebögen berücksichtigt, die die Inhaftierten jeweils zu ihrem persönlich ersten Messzeitpunkt beantwortet haben. Da es sich um eine Analyse des Jugendstrafvollzuges handelt, werden die erhobenen Fragebögen von neun Untersuchungshäftlingen nicht mit einbezogen. Somit bleibt eine Grundgesamtheit von 260 Jugendstrafgefangenen. Die Fragebögen der Kon­ trastgruppe (n = 715) wurden vollständig in die Analyse aufgenommen. Die Angaben der Gefangenenpersonalakten werden nur in ausgewählten Fällen berichtet. Zum einen, wenn es sich um Informationen handelt, die nicht im Fragebogen abgefragt wurden, oder wenn sich ein Unterschied zwischen den Angaben im Fragebogen und in den Akten ergibt, der diskussionsbedürftig ist. Grundsätzlich sind alle Angaben den Fragebögen entnommen, stammt eine Information aus der Auswertung der Gefangenenpersonalakten, wird darauf hingewiesen. Um einige Besonderheiten der weiblichen Jugendstrafgefangenen zu unterstreichen, wird in ausgewählten Fällen die Kontrastgruppe herangezogen. Nicht immer können aus dem Vergleich sinnvolle Erkenntnisse über die inhaftierten Frauen gewonnen werden. Es handelt sich bei der Kontrastgruppe gerade nicht um einen allgemeinen Bevölkerungsquerschnitt, sondern wiederum um einen sehr ausgewählten Personenkreis. Ein Vergleich beider Gruppen zeigt damit nicht, inwie-

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C. Datengrundlagen und Methodik

fern weibliche Jugendstrafgefangene von der Bevölkerungsmehrheit abweichen, sondern er kann veranschaulichen, wie grundlegend anders der biographische Hintergrund gleichaltriger Mädchen und junger Frauen in Deutschland sein kann. Nur wenn das Aufzeigen eines Unterschiedes das Verständnis für die besondere Lebenssituation der jungen Gefangenen verstärkt, wird der Vergleich auch berichtet. Einige Unterschiede sind zudem allein dem beabsichtigten Kontrast der Gruppen geschuldet (z. B. die Unterschiede bei den Schulabschlüssen durch den hohen Anteil an Studentinnen). Hierbei handelt es sich um gezielt produzierte, nicht um erklärungsbedürftige Gegensätze. Um den Fokus auf den weiblichen Jugendstrafgefangenen zu behalten, werden diese Unterschiede in diesem Kapitel ebenfalls nicht berichtet. b) Analyse der Teilnahmequote des Angebots der Anstalten In Kapitel D wird die Teilnahmequote der Jugendstrafgefangenen an verschiedenen Angeboten der Anstalten untersucht. Um die Frauen nach ihrer Teilnahme an Bildungs-, Therapie- und Freizeitangeboten der Anstalten zu befragen, wurde in Aichach, Chemnitz, Köln und Schwäbisch-Gmünd vorher das entsprechende Angebot erfragt und die einzelnen Maßnahmen in den Fragebögen aufgelistet. Die Angaben von schulischen oder berufsqualifizierenden Maßnahmen und Arbeitsmöglichkeiten wurden dabei jeweils unter diesem Stichpunkt zusammengefasst. Dadurch ist den Daten nur zu entnehmen, ob die Inhaftierten an irgendeiner Schulmaßnahme teilgenommen haben. Nicht erkennbar ist, ob sie beispielsweise den Hauptschul- oder den Realschulkurs besucht haben. Die Gefangenen konnten so bei allen vorhandenen Angeboten einzeln ankreuzen, ob sie daran teilnehmen oder nicht. In den anderen fünf Anstalten wurde die Teilnahme durch eine offene Fragestellung ermittelt. Daher mussten die Frauen selbstständig überlegen, welche Angebote in der Anstalt sie nutzen. Durch diese Art der Befragung ist es wahrscheinlich, dass einige Angaben vergessen wurden, weshalb die Teilnahmequote dementsprechend hier etwas geringer ausfällt. In diesen fünf Anstalten ist die Anzahl der Teilnehmerinnen an der Befragung insgesamt sehr gering. Daher werden sie aus Gründen des Datenschutzes nicht getrennt ausgewertet, sondern unter dem Stichwort „andere Anstalten“ berichtet. Die Gefangenen konnten angeben, ob sie ein Angebot „nicht“, „ja, regelmäßig“ oder „ja, unregelmäßig“ besuchen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und weil in vielen Fällen ansonsten sehr kleine Gruppen entstehen, wurden die Antworten „Ja, regelmäßig“ und „Ja, unregelmäßig“ bei der Darstellung zusammengefasst und als Teilnahme an dem jeweiligen Angebot gewertet. Nur wenn die Gruppe der unregelmäßigen Teilnehmer auffällig hoch oder niedrig ist, erfolgt eine getrennte Darstellung.

I. Das Projekt „GEWUSST“ 

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c) Gruppenbildung bei der Teilnahmequote Weiterhin wird analysiert, ob bestimmte Gefangenengruppen signifikant öfter oder seltener an den Angeboten der Anstalten teilnehmen. Dafür wurden die Gefangenen nach vier verschiedenen Merkmalen aufgeteilt, um zu überprüfen, ob bestimmte Gruppen überdurchschnittlich häufig durch bestimmte Angebote erreicht werden. Das erste Kriterium war das Alter. Die Unterscheidung erfolgte nach den in § 1 II JGG vorgegebenen relevanten Gruppen „Jugendliche“ („vierzehn, aber noch nicht achtzehn“), „Heranwachsende“ („achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre“) und „junge Erwachsene“ (einundzwanzig Jahre und älter). Dieser Aufteilung liegt die Überlegung zu Grunde, dass jüngere Gefangene mit den organisatorischen Gegebenheiten der Anstalt überfordert sind und daher grundsätzlich seltener die Angebote für sich nutzen können. Gleichzeitig wird bei jüngeren Gefangenen ein häufigerer Schulbesuch erwartet. Sie unterliegen noch der Schulpflicht und ein Schulbesuch liegt zeitlich noch näher. Dadurch lassen sie sich eventuell leichter motivieren. Als zweiter Punkt wurde untersucht, ob der Umstand eines bereits erreichten Schulabschlusses Einfluss auf die Teilnahmequote hatte. Frauen mit Schulabschluss könnten insgesamt disziplinierter sein und sich in einem organisatorischen System besser zurechtfinden. Daher ist bei dieser Gruppe eine häufigere Teilnahme an Maßnahmen zu erwarten als bei Frauen ohne Schulabschluss. Allerdings dürfte diese Gruppe seltener die Schule und öfter eine berufsqualifizierende Maßnahme besuchen bzw. arbeiten, da bei bereits vorhandenem Schulabschluss der Fokus der Ausbildung eher auf weiterführenden Qualifikationen liegen sollte. Weiterhin wurden die Inhaftierten nach der Länge des Strafmaßes in drei Gruppen (Strafmaß „unter 12 Monaten“, „13–24 Monate“ und „ab 25 Monaten“) unterteilt. Hier ist fraglich, ob sich eine lange Haftstrafe positiv oder negativ auf die Teilnahmequote auswirkt. Je höher das Strafmaß ist, desto mehr längerfristige Maßnahmen stehen der jungen Frau zur Verfügung. Auf der anderen Seite könnten Frauen mit kurzen Haftstrafen auch motivierter sein, an Angeboten in Haft teilzunehmen. Ihr Leben außerhalb der Haft erscheint näher und greifbarer und so sind sie eher bereit, für einen Neubeginn nach Entlassung zu arbeiten. Demgegenüber könnten Gefangene mit langen Haftstrafen resignieren und keinen Sinn darin sehen, Angebote in Haft für eine Verbesserung ihrer Situation nach der Entlassung zu absolvieren. Abschließend wurde noch überprüft, ob die Staatsangehörigkeit einen Einfluss auf die Teilnahmequote der Angebote hat. Gefangene mit nicht-deutscher Nationalität könnten durch Sprachprobleme vermehrt Schwierigkeiten haben, sich im System des Vollzuges zurechtzufinden, und daher seltener an Maßnahmen teilnehmen.

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C. Datengrundlagen und Methodik

d) Datenberechnung Die Auswertung der Fragebögen und der Gefangenenpersonalakten erfolgte mittels der Statistik-Software SPSS und beschränkt sich größtenteils auf deskriptive Statistik. Unterschiede zwischen verschiedenen Gefangenen- und Deliktsgruppen oder den einzelnen Anstalten wurden mittels einer Kreuztabelle ermittelt und das Signifikanzniveau der Unterschiede mit einem Chi-Quadrat-Test berechnet. Bei sehr kleinen Gruppengrößen wurde zusätzlich der Fisher’s Exact Test durchgeführt. Um bei den Unterschieden zwischen verschiedenen Gefangenengruppen den Einfluss der unterschiedlichen Anstalten ausschließen zu können, wurde in Kapitel  D. III. der Einfluss des jeweiligen Gruppenmerkmals und der Anstalten mit einer binären logistischen Regression überprüft. 3. Stichprobenbeschreibung der Kontrastgruppe Die Studentinnen und Schülerinnen sind durchschnittlich 20,82 Jahre alt. Die Altersspanne erstreckt sich von 14 bis 25 Jahren. Der Gruppe der Jugendlichen (noch nicht 18 Jahre alt) im strafrechtlichen Sinne gehören nur 9,8 % (n = 67) an. Gut ein Viertel (26,5 %, n = 182) zählt zu den Heranwachsenden (18, aber noch nicht 21 Jahre) und 63,8 % (n = 438) sind bereits erwachsen (über 21 Jahre). Der überwiegende Anteil (90,9 %, n  =  650) besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft, 26,0 % (n  =  186) haben einen Migrationshintergrund (mindestens ein Elternteil ist im Ausland geboren). Fast zwei Drittel (73,4 %, n = 525) der Frauen gehören einer christlichen Religionsgemeinschaft an, 20,4 % (n = 146) sind Musliminnen. So gut wie alle Befragten (97,3 %, n = 696) waren ledig, aber 54,0 % (n = 386) hatte einen festen Partner / eine feste Partnerin. Von den Schülerinnen besuchten 11,0 % (n = 12) die Hauptschule, 44,0 % (n = 48) die Realschule, 22,0 % (n = 24) das Gymnasium und 18,3 % (n = 20) gingen auf die Berufsschule. Sie verteilten sich auf die Jahrgangsstufen acht bis 13.8 Von den Studentinnen studierte jeweils ein knappes Drittel an der Rechtswissenschaftlichen (31,5 %, n = 191) oder der Philosophischen Fakultät (31,0 %, n = 188) und je knapp über 10 % an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät (10,2 %, n = 62), der Medizinischen Fakultät (13,0 %, n = 79) oder der Humanwissenschaftlichen Fakultät (10,7 %, n = 65). Über die Hälfte (58,3 %, n = 351) befand sich in den ersten drei Fachsemestern, ein Viertel (22,5 %, n  =  137) im vierten bis sechsten Semester und knapp 20 % (n = 116) studierten in einem höheren Fachsemester. Lediglich 19  junge Frauen hatten in ihrem Leben bereits Kontakt zu Polizei und / oder Jugendamt. Nur ein sehr geringer Anteil (n = 3) war bereits einmal straf 8

33,0 % waren in der 8. oder 9. Klasse, 47,7 % in der 10. oder 11. Klasse und 10,1 % in der 12. oder 13. Klasse.

I. Das Projekt „GEWUSST“ 

37

rechtlich verurteilt worden. Keiner aus der Kontrastgruppe befand sich schon mal im Jugendarrest oder war zu einer bedingten oder unbedingten Jugendstrafe verurteilt worden. 4. Bisherige Ergebnisse des Projektes Das vorgestellte Projekt widmet sich im Schwerpunkt der ausgeübten und erlebten Gewalt im Jugendstrafvollzug sowie Suizidgedanken und -taten der jungen Frauen. Da diese Themen in der vorliegenden Arbeit nicht explizit untersucht werden, soll hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten Ergebnisse gegeben werden, um diese in der Diskussion zu Veränderungsvorschlägen berücksichtigen zu können. Eines der wichtigsten Erkenntnisse des Projektes ist die Allgegenwärtigkeit von Gewalt auch im Jugendstrafvollzug an jungen Frauen. So gaben 80 % der jungen Frauen an, in den letzten Monaten Täterin und 76 % Opfer von Gewalt gewesen zu sein.9 Am häufigsten wurde dabei von psychischer Gewalt berichtet. Aber auch 19 % berichteten, Täterin, und 26 % Opfer einer Körperverletzung geworden zu sein.10 Diese hohen Angaben blieben für die meisten Gewaltarten über alle Erhebungswellen stabil, sodass ein von aktuellen Belegungszahlen oder einzelnen Personen unabhängig hohes Gewaltniveau konstatiert werden kann.11 Gleich­zeitig wurde aber überwiegend angegeben, Gewalt nur selten zu erleben. Gewalt im Jugendstrafvollzug an jungen Frauen hat demnach eine hohe Prävalenz bei niedriger Inzidenz.12 Neben den Nichtinvolvierten (44 %) machte die größte Gruppe der Frauen sowohl Täterinnenangaben als auch Opferangaben (20 %).13 Zudem kann die Zuordnung als Täterin, Opfer, Täterin-Opfer und Nichtinvolvierte zu den verschiedenen Messzeitpunkten unterschiedlich sein. Der Status von „Täterin“ oder „Opfer“ ist damit weder eindeutig festgelegt noch unabänderlich festgeschrieben.14 Anders als bei den männlichen Jugendstrafgefangenen lässt sich bei den jungen Frauen im Längsschnitt kein Zusammenhang zwischen subkulturellen Einflüssen und physischem Gewalthandeln beobachten.15 Grundsätzlich ist sowohl die Akzeptanz subkultureller Normen als auch das Vorkommen von physischen Gewalttaten bei den jungen Frauen geringer. Gleichzeitig empfinden die weiblichen Jugendstrafgefangenen das Verhalten der Bediensteten häufiger als fair und respektvoll (sog. Verfahrensgerechtigkeit).16 Neubacher und Boxberg sehen den 9

Neubacher / Boxberg 2018, S. 200, 201; Boxberg / Neubacher 2019, S. 451. Boxberg / Neubacher 2019, S. 451, 452. 11 Boxberg / Neubacher 2019, S. 454. 12 Neubacher / Boxberg 2018, S. 201. 13 Boxberg / Neubacher 2019, S. 452. 14 Boxberg / Neubacher 2019, S. 454. 15 Neubacher / Boxberg 2018, S. 205. 16 Boxberg / Neubacher 2019, S. 456. 10

38

C. Datengrundlagen und Methodik

Grund dafür hauptsächlich in der grundlegend anderen Unterbringungsstruktur der weiblichen Jugendstrafgefangenen. Die kleinen Einheiten führen zu einer besseren Beziehung zu den Bediensteten und einem höheren Maß an erlebter Verfahrensgerechtigkeit. Dies ist insofern für die Gestaltung des Vollzuges wichtig, als erlebte Verfahrensgerechtigkeit maßgeblichen Einfluss auf die Akzeptanz von subkulturellen Normen hat.17 Der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Jugendstrafgefangenen bei physischem Gewalthandeln beruht also nicht auf einem Geschlechterunterschied, sondern auf Unterschiede bei den Faktoren „Verfahrensgerechtigkeit“ und „Subkultur“.18 Diese Faktoren wiederum werden maßgeblich durch strukturelle Unterschiede bei der Unterbringung beeinflusst.19 Des Weiteren wurde im Projekt auch nach Suizidgedanken und -versuchen gefragt.20 Ein knappes Fünftel der Frauen berichtete über Suizidgedanken, 6 % der Frauen über Suizidversuche während der Haftzeit.21 Die Gefangenen wurden gefragt, an welchem subjektiv empfundenen Zeitpunkt der Haft sie sich befanden, als sie über Suizid nachdachten. Die Auswertung zeigt, dass Suizidgedanken auch nach dem Inhaftierungsschock ein Thema für die jungen Frauen sind.22 Suizidprävention ist damit über die gesamte Haftzeit wichtig und notwendig.23

II. Anfrage bei den Justizministerien der Länder Im März 2017 wurden die Justizministerien der Länder mittels einer schriftlichen Anfrage zur Unterbringungssituation der weiblichen Jugendstrafgefangenen befragt. Es sind nur die Bundesländer berücksichtigt, in denen diese inhaftiert sind (Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, MecklenburgVorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen). Die Ministerien wurden gebeten, die Haftplatzkapazitäten der entsprechenden Anstalten für die einzelnen in der Anstalt inhaftierten Gefangenengruppen in eine Tabelle einzutragen. In einer zweiten Frage sollte angegeben werden, ob die Jugendstrafgefangenen während der Ruhezeit räumlich getrennt von anderen Gefangenen untergebracht sind. Als Antwortmöglichkeiten waren „ja, eigenes Hafthaus“, „ja, eigener Flügel“, „ja, eigene Abteilung“, „ja, eigener Gang“, „nein“ und „Sonstiges“ vorgegeben. Außer Sachsen sendeten alle Justizministerien die Antwortbögen auch zurück. In Nordrhein-Westfalen wechselte 2018 die Zuständigkeit für die weiblichen Jugendstrafgefangenen. Diese Gruppe zog von der gemischten 17

Boxberg / Neubacher 2019, S. 457. Boxberg & Neubacher 2019, S. 457. 19 Neubacher / Boxberg 2018, S. 205, 206; Boxberg / Neubacher 2019, S. 457. 20 Zur Konzeption der Befragung dieses sensiblen Themas siehe Boxberg / Neubacher 2019, S. 458, 459. 21 Boxberg / Neubacher 2019, S. 459. 22 Boxberg / Neubacher 2019, S. 461. 23 Boxberg / Neubacher 2019, S. 463. 18

III. Die Auswahl der analysierten Jugendstrafvollzugsgesetze

39

Anstalt Köln in die Jugendanstalt Iserlohn. Wegen des Wechsels der Zuständigkeiten wurden die entsprechenden Informationen für die neue Anstalt in einem persönlichen Gespräch ermittelt. Die zweite Anfrage erging im März 2017 an die Justizministerien der Bundesländer (Bremen, Hamburg, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen), die weibliche Jugendstrafgefangene im Rahmen einer Vollzugsgemeinschaft in einem anderen Bundesland inhaftieren. Darin wurde gefragt, ob für diese jungen Frauen das Jugendstrafvollzugsgesetz des abgebenden oder des aufnehmenden Bundeslandes gilt. Alle Bundesländer beantworteten diese Anfrage.

III. Die Auswahl der analysierten Jugendstrafvollzugsgesetze Das Jahr 2006 war wegweisend für den Jugendstrafvollzug in Deutschland. Im Mai erklärte das Bundesverfassungsgericht die fehlende gesetzliche Grundlage für verfassungswidrig. Der Eingriff in die Grundrechte der jungen Gefangenen bedürfe einer Rechtsgrundlage, die den verfassungsrechtlichen Besonderheiten des Strafvollzugs an Jugendlichen ausreichend Rechnung trage.24 Ein Rückgriff auf die Rechtsgedanken des Strafvollzugsgesetzes sei nicht möglich,25 da die „Ausgangsbedingungen und Folgen strafrechtlicher Zurechnung bei Jugendlichen in wesentlichen Hinsichten anders als bei Erwachsenen“ seien.26 Das Bundesverfassungsgericht verlangte bis Ende 2007 die Schaffung eines eigenständigen Jugendstrafvollzugsgesetzes,27 das den im Urteil detailliert dargelegten jugendstrafvollzugsrechtlichen Mindestanforderungen entspreche.28 Im August 2006 wurde im Zuge der Föderalismusreform die Gesetzgebungskompetenz für den gesamten Strafvollzug und damit auch für die neu zu schaffenden Jugendstrafvollzugsgesetze auf die Bundesländer übertragen.29 Ungeachtet vielfach geäußerter Kritik30 haben die Bundesländer bis Ende 2007 eigene Jugendstrafvollzugsgesetze erlassen. Um einer Rechtszersplitterung entgegenzuwirken, schlossen sich zunächst Brandenburg, Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen für eine gemeinsame Ausarbeitung zusammen.31 Der gemeinsame Entwurf wurde aber oftmals vor oder nach Inkrafttreten individuell abgeändert. Dadurch haben mittlerweile 24

BVerfGE 116, 69 (80, 81). BVerfGE 116, 69 (82). 26 BVerfGE 116, 69 (83). 27 BVerfGE 116, 69 (80, 93). 28 Kühl 2012, S. 21. 29 Laubenthal / Baier / Nestler 2015, S. 23. 30 Calliess et al. 2005, S. 147; Dünkel / Schüler-Springorum 2006, S. 145; Höynck / Hosser 2007, S. 387; Klingner 2007, S. 104; Maelicke 2007a, S. 9; Prantl 2007, S. 22; Laubenthal 2019, S. 94; Cornel 2005a, S. 2; Cornel 2005b, S. 42; Müller-Dietz 2005, S. 38 ff. Zusammenfassung der Contra-Argumente: Kreuzer 2006, S. 138. 31 Laubenthal 2019, S. 743. 25

40

C. Datengrundlagen und Methodik

nur noch Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland und Schleswig-Holstein annähernd ähnliche Jugendstrafvollzugsgesetze. Die anderen Bundesländer erarbeiteten von Anfang an eigene Gesetze. So existieren nun 16 verschiedene Jugendstrafvollzugsgesetze, die bei einer deutschlandweiten Betrachtung des Vollzuges zu berücksichtigen sind. Nicht alle dieser 16 Jugendstrafvollzugsgesetze gelten allerdings zurzeit auch für weibliche Jugendstrafgefangene. Einige Länder haben für diese Vollzugsgruppe Vollzugsgemeinschaften gegründet. Solch eine Vollzugsgemeinschaft besteht zwischen Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein, zwischen Sachsen-Anhalt und Brandenburg, zwischen Sachsen und Thüringen und zwischen Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Nach Auskunft der jeweiligen Ministerien auf die Anfrage im März 2017 gilt für Jugendstrafgefangene aus dem Saarland das Justizvollzugsgesetz von Rheinland-Pfalz, für junge Frauen aus Sachsen-Anhalt das Brandenburgische Justizvollzugsgesetz und für weibliche Jugendstrafgefangene aus Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein das Justizvollzugsgesetz Niedersachsen. Die Jugendstrafvollzugsgesetze von Bremen, von Hamburg, des Saarlandes, von Sachsen-Anhalt und von Schleswig-Holstein gelten damit derzeit für keine weiblichen Jugendstrafgefangenen und werden deswegen in der folgenden Analyse dieser Arbeit nicht berücksichtigt. Diese bezieht sich folglich auf die Jugendstrafvollzugsgesetze von Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Da sich die Beschreibung der Vollzugspraxis auf eine Datenerhebung zwischen November 2013 und April 2015 stützt, werden die zu dieser Zeit gültigen Jugendstrafvollzugsgesetze herangezogen. Änderungen der Gesetze während der Erhebung (in Bayern und Nordrhein-Westfalen) sind ohne Auswirkungen auf die behandelten Vorschriften. Gesetzesänderungen nach der Erhebung sind bis zum 1.1.2019 berücksichtigt. Bei einer entsprechenden Änderung werden sowohl der Paragraph alter Fassung als auch der Paragraph neuer Fassung zitiert und in die Diskussion miteinbezogen. Durch die Berücksichtigung der gesetzlichen Änderungen wird sichergestellt, dass die praktische Situation nicht durch ein erst später geltendes Gesetz als rechtswidrig eingestuft wird. Da in Mecklenburg-Vorpommern keine Erhebungen des Projektes stattfanden, wird das aktuellste Gesetz verwendet. Tabelle zwei zeigt die Übersicht über die verwendeten Jugendstrafvollzugsgesetze.

III. Die Auswahl der analysierten Jugendstrafvollzugsgesetze

41

Tabelle 2 Verwendete Jugendstrafvollzugsgesetze Bundesland

Während der Erhebung geltende Gesetze

Baden-Württemberg

Gesetzbuch über den Justizvollzug in Baden-Württemberg vom 10. November 2009 Buch I und IV, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.2012

Bayern

Welle 1–3: Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe vom 10. Dezember 2007 zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.5.2013 (GVBl. 295). Welle 4–6 Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe vom 10. Dezember 2007 zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.7.2014 (GVBl. 323).

Berlin

Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe in Berlin vom 15. Dezember 2007 zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2011

Brandenburg

Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe und der Untersuchungshaft im Land Brandenburg vom 24. April 2013 zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Juli 2014

Hessen

Hessisches Jugendstrafvollzugsgesetz vom 1.1.2008 zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. März 2013

Mecklenburg-Vorpommern

Jugendstrafvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern. Vom 14. Dezember 2007. Zuletzt geändert vom 27. Mai 2016

Niedersachsen

Niedersächsisches Justizvollzugsgesetz in der Fassung vom 8. April 2014

Nordrhein-Westfalen

Welle 1–5: Gesetz zur Regelung des Jugendstrafvollzugs in NordrheinWestfalen vom 20. November 2007 zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Dezember 2009 Welle 6: Gesetz zur Regelung des Jugendstrafvollzugs in NordrheinWestfalen vom 20. November 2007 zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Januar 2015

Rheinland-Pfalz

Landesjustizgesetz vom 8. Mai 2013

Sachsen

Sächsisches Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe vom 12. Dezember 2007 in der Fassung vom 1.6.2013

Quelle: Eigene Darstellung.

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen in Gesetz und Praxis Das folgende Kapitel untersucht die gesetzliche und praktische Situation des Jugendstrafvollzuges an jungen Frauen. Behandelt werden die Themenkomplexe „Unterbringung der weiblichen Jugendstrafgefangenen“, „familiärer und sozialer Hintergrund“, „Bildungs- und Ausbildungssituation“, „Vorstrafen“ und „Drogenkonsum der jungen Frauen“. Diese Bestandsaufnahme ist die Grundlage für die in Kapitel E dargelegten Veränderungsvorschläge.

I. Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung der weiblichen Jugendstrafgefangenen Der erste Abschnitt beschäftigt sich mit der Frage, wo und wie die weiblichen Jugendstrafgefangenen zu inhaftieren sind. Es wird dargestellt, welche Anstalt für diese Vollzugsgruppe zuständig ist und wie die Unterbringung innerhalb einer Anstalt organisiert ist. 1. Gesetzliche Regelungen In welcher Anstalt die jungen Frauen inhaftiert werden, bestimmt sich im Wesentlichen durch die in den Jugendstrafvollzugsgesetzen normierten Trennungsprinzipien. In vielen Bundesländern beeinflussen zudem die durch Staatsverträge gegründeten Vollzugsgemeinschaften die Zuständigkeit für die weiblichen Jugendstrafgefangenen. Die Vollzugsgemeinschaften werden auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft. Für die Unterbringung innerhalb der Anstalten existieren einige Vorgaben zu Wohngruppen und zur Ausgestaltung des Haftraumes. a) Trennungsprinzipien im Vollzug Grundsätzlich ordnen alle Ländergesetze eine getrennte Unterbringung von Jugendstrafgefangenen und erwachsenen Strafgefangenen an.1 Diese organisatori­sche Trennung ist eine wichtige Voraussetzung für einen Vollzug, der sich an den Be 1

§ 3 IV JVollzGB I; § 17 I Nr. 2 BbgJVollzG; § 68 I 1 HessJStVollzG; § 170 II NJVollzG; § 17 I Nr. 2 LJVollzG; § 98 I 1 SächsJStVollzG. Dies entspricht auch den bindenden Vorgaben von Art. 10 IPBPR und Art. 37 der UN-Kinderrechtskonvention.

I. Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung 

43

dürfnissen und Besonderheiten von Jugendlichen orientiert2 und daher auch im internationalen Regelwerk verankert ist. So ordnen Art. 10 III IPBPR, Art. 37 c S. 3 UN-Kinderrechtskonvention sowie Abschnitt 18.8 c der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze bei Inhaftierung eine Trennung von jugendlichen und erwachsenen Straftätern an. Eine möglicherweise ungünstige (kriminelle) Beeinflussung junger Menschen durch erwachsene Straftäter soll so vermieden werden.3 Eine gemeinsame Inhaftierung birgt insbesondere für sehr junge oder auch wenig durchsetzungsstarke Jugendliche die Gefahr, in einer stark hierarchisierten Subkultur von erwachsenen Straftätern unterdrückt und ausgebeutet zu werden. Zusätzlich müssen weibliche und männliche Jugendstrafgefangene getrennt voneinander inhaftiert werden.4 Auch dieser Trennungsgrundsatz findet auf internationaler Ebene zahlreiche Entsprechungen, z. B. in Abschnitt 18.8  b der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze oder Regel 11 a der UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen. Die Geschlechtertrennung dient neben dem Schutz der Intimsphäre beider Geschlechter hauptsächlich dem Schutz der inhaftierten Frauen.5 Ein Großteil ist bereits Opfer männlicher Gewalt geworden oder lebte in Abhängigkeit zu männlichen Familienangehörigen.6 Für beide Trennungsprinzipien gelten jedoch – insbesondere für weibliche Jugendstrafgefangene  –  einige Ausnahmen und Konkretisierungen. Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen ordnen den Vollzug der Jugendstrafe in eigenständigen Jugendstrafanstalten oder in getrennten Abteilungen einer Erwachsenenstrafvollzugsanstalt an.7 Das badenwürttembergische JVollzGB 1 präzisiert die Trennungsvorschriften dahingehend, dass weibliche Jugendstrafgefangene nach § 4 IV JVollzGB 1 in einer Abteilung einer JVA für Frauen oder in einer Abteilung einer Jugendstrafanstalt für männliche Jugendstrafgefangene untergebracht werden können. In Niedersachsen kann nach § 171 II 2 NJVollzG die Jugendstrafe auch in einer Jugendarrestanstalt vollzogen werden oder nach § 171 II 3 NJVollzG unter bestimmten Voraussetzungen auch in einer für andere Vollzugsarten bestimmten Anstalt erfolgen. Auch Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen erlauben eine gemeinsame Unterbringung verschiedener Haftarten gemäß § 17 III BbgJVollzG, § 17 III LJVollzG bzw. § 98 I 2 SächsJStVollzG, wenn die geringe Anzahl eine getrennte Unterbringung nicht zulässt und 2

Walter, in: Ostendorf, 2016a, S. 699, 700; Werner 2012, S. 30. Laubenthal 2019, S. 748; Werner 2012, S. 30. 4 § 4 I JVollzGB I; Art. 166 III BayStVollzG; § 23 JStVollzG Bln (jetzt: § 13 JStVollzG Bln); § 17 I Nr. 1 BbgJVollzG; § 68 I 2 HessJStVollzG; § 171 I, 172 I 1 NJVollzG; § 25 V JStVollzG NRW (jetzt: § 17 III JSTVollzG NRW); § 17 Nr. 1 LJVollzG; § 23 SächsJStVollzG. 5 Laubenthal, in: Laubenthal & Nestler et al. 2015c, Rn. 7; Weßels / Böning, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 1; Zolondek 2007, S. 58. 6 Jansen, in: Zander 2006, S. 279; Steinhilper, in: Schwind, Jehle / Laubenthal 2013, Rn. 9. 7 § 3 IV JVollzGB I; § 17 I Nr. 2 BbgJVollzG; § 68 I 1 HessJStVollzG; § 170 II NJVollzG; § 17 I Nr. 2 LJVollzG; § 98 I 1 SächsJStVollzG. In Baden-Württemberg und Sachsen ist die Unterbringung nach § 3  IV  JVollzGB  1 bzw. § 98 I SächsJStVollzG auch in getrennten Teilanstalten möglich. 3

44

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

das Vollzugsziel nicht gefährdet ist. Dabei muss die erzieherische Gestaltung des Vollzugs gewährleistet sein. In Berlin soll die Jugendstrafe grundsätzlich in einer Jugendstrafanstalt vollzogen werden und nur dann in einer Abteilung innerhalb einer Anstalt für Erwachsene, wenn dies wegen der geringen Anzahl der Gefangenen organisatorisch unumgänglich ist.8 Mecklenburg-Vorpommern erlaubt in § 98 I JStVollzG den Vollzug der Jugendstrafe nur in Jugendstrafvollzugsanstalten oder deren Teilanstalten. In Nordrhein-Westfalen und Bayern wird die Unterbringung Jugendstrafgefangener grundsätzlich in eigenen Anstalten angeordnet.9 Für weibliche Jugendstrafgefangene erlauben beide Länder jedoch explizit die Unterbringung in einer Abteilung des Strafvollzugs für erwachsene Frauen.10 Außer in Mecklenburg-Vorpommern können folglich in allen Bundesländern weibliche Jugendstrafgefangene in einer Anstalt für erwachsene Strafgefangene untergebracht werden. Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen lassen dies nur als eine Abteilung innerhalb des Strafvollzugs für Frauen zu. Die Ausnahmeregelung in Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen, die eine gemeinsame Inhaftierung verschiedener Vollzugsgruppen auf Grund der geringen Anzahl einer Gruppe erlaubt, ist vermutlich (auch) für die weiblichen Jugendstrafgefangenen geschaffen worden. Die Voraussetzung der geringen Anzahl dürfte in diesen Bundesländern immer gegeben sein. Mit dieser Ausnahmeregel können die jungen Frauen dementsprechend nicht nur innerhalb einer eigenen Abteilung, sondern vollkommen ohne räumliche Trennung von den erwachsenen Frauen inhaftiert werden. Art. 10 III 2 IPBPR und Art. 37 c der UN-Kinderrechtskonvention verbieten jedoch strikt die gemeinsame Inhaftierung von Kindern (jünger als 18 Jahre) und Erwachsenen außer aus Gründen des Kindeswohls. Inwieweit die gemeinsame Inhaftierung von Jugendstrafgefangenen und Strafgefangenen dem Kindeswohl zu dienen vermag, bedürfte einer sorgfältigen Begründung. Die Ausnahmevorschriften für die Unterbringung weiblicher Jugendstrafgefangener von Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Sachsen11 sind für jugendliche Gefangene völkerrechtlich zumindest bedenklich. In Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen können weibliche Jugendstrafgefangene zudem in Abteilungen einer Anstalt für männliche Jugendstrafgefangene untergebracht werden. Die Trennungsprinzipien sind damit gerade für die weiblichen Jugendstrafgefangenen von vielen Ausnahmevorschriften durchbrochen. Der Grundsatz der strikten Trennung von jugendlichen und erwachsenen Straftätern in separaten Anstalten verschwindet so fast vollständig. Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen begründen diesen Schritt mit der sonst drohenden Vereinzelung und Isolation der

8

§ 98 I 1, 2 JStVollzG Bln (jetzt: § 104 I JStVollzG Bln). Art. 166 I BayStVollzG; § 112 I JStVollzG NRW (jetzt: § 59 I JStVollzG NRW). 10 Art. 139 II BayStVollzG; § 112 II JStVollzG NRW (jetzt: § 59 II JStVollzG NRW). 11 § 17 III BbgJVollzG, § 171 II 3 NJVollzG, § 17 III LJVollzG, § 98 I 2 SächsJStVollzG. 9

I. Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung 

45

Gefangenen.12 Einige Bundesländer betonen, dass sich der Vollzug der Jugendstrafe nach den Vorschriften des Jugendstrafvollzugsgesetzes richtet, auch wenn die jungen Frauen in Abteilungen des Erwachsenenvollzuges untergebracht sind.13 In Nordrhein-Westfalen muss sich der innere Sicherheitsstandard für weibliche Jugendstrafgefangene gemäß § 71 JStVollzG NRW (jetzt: § 7 III JStVollzG NRW) an ihrem Sicherungsbedarf orientieren. b) Verfassungsmäßigkeit länderübergreifender Vollzugsgemeinschaften nach Art. 3 II, III Var. 1 GG Um auf die geringe Anzahl weiblicher Jugendstrafgefangener zu reagieren, haben viele Bundesländer Vollzugsgemeinschaften gegründet. Innerhalb einer solcher Gemeinschaft ist für alle jungen Frauen aus dem Einzugsgebiet eine Anstalt in einem der beteiligten Bundesländer zuständig. Diese Vollzugsgemeinschaften werden zwischen den Bundesländern per Staatsvertrag gegründet. Länderstaatsverträge sind Ausdruck der föderalen Struktur der Bundesrepublik und in allen Bereichen, in denen die Bundesländer die Gesetzgebungskompetenz haben – also auch im Strafvollzug – möglich.14 Wie oben ausgeführt haben einige Länder Vollzugsgemeinschaften gegründet, in denen für alle weiblichen Jugendstrafgefangenen das Gesetz des aufnehmenden Bundeslandes gilt. Damit wird die Jugendstrafe in Bundesländern, die im Rahmen einer Vollzugsgemeinschaft Gefangene an andere Bundesländer abgeben, für Männer und Frauen nach verschiedenen (das des Herkunftsbundeslandes und das des aufnehmenden Bundeslandes) Gesetzen vollzogen.15 Diese unterschiedliche Gesetzesanwendung könnte eine unzulässige geschlechtsabhängige Ungleichbehandlung zweier gleicher Gruppen darstellen, die gemäß Art. 3 II, III GG einer Rechtfertigung bedürfte. Dies soll im Folgenden überprüft werden. Die Jugendstrafe bei männlichen Jugendstrafgefangenen nach dem Gesetz des Heimatbundeslandes und bei weiblichen Jugendstrafgefangenen nach dem Gesetz des im Rahmen einer Vollzugsgemeinschaft aufnehmenden Bundeslandes zu vollziehen, könnte in Konflikt mit Art. 3 II, III GG stehen. Art. 3 GG garantiert, rechtlich Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu

12

Landtag von Nordrhein-Westfalen 2016. Drucksache 16/13470, S. 286; Landtag Rheinland-Pfalz 2012. Drucksache 16/1910, S. 122. 13 § 4  V  JVollzGB  I; Art. 139  II  4  BayStVollzG; § 98  I  6  JStVollzG  Bln (jetzt: § 104  I JStVollzG Bln); § 112 II 2 JStVollzG NRW (jetzt: § 59 II JStVollzG NRW); § 98 1 4 ­SächsJStVollzG. 14 Menzenbach / Lämmerzahl 2007, S. 1. 15 Bei anderen Vollzugsgemeinschaften, z. B. für sozialtherapeutische Anstalten oder die Sicherungsverwahrung, knüpft die Ungleichbehandlung nicht an das Merkmal „Geschlecht“ an, sondern an das Merkmal „Vollzugsart“ (z. B. Strafgefangene und Sicherungsverwahrte), weswegen hier eine Rechtfertigung nach Art. 3 I GG zu prüfen wäre.

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D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

behandeln.16 Die Absätze II und III normieren dabei spezielle Diskriminierungsverbote. Eine Ungleichbehandlung anhand der dort genannten Kriterien begründet einen besonders hohen Rechtfertigungsaufwand. In Betracht kommen daher in diesem Fall die speziellen Gleichheitssätze Art. 3 II GG und Art. 3 III Var. 1 GG. Das Verhältnis von Art. 3 II GG zu Art. 3 III Var. 1 GG ist umstritten, die überwiegende Auffassung sieht beide Abschnitte jedoch zumindest auch als sich inhaltlich überschneidende Differenzierungsverbote an,17 die gemeinsam geprüft werden. Darüber hinaus umfassen sowohl Art. 3 II GG als auch Art. 3 I GG weitere, selbstständige Regelungsbereiche, die für den zu untersuchenden Fall jedoch nicht relevant sind.18 In einem ersten Schritt ist somit zu prüfen, ob es sich hier um zwei wesentlich gleiche Gruppen handelt, die wegen des Geschlechts unterschiedlich behandelt werden. Anschließend stellt sich gegebenenfalls die Frage, ob und wie diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden könnte. aa) Zwei wesentlich gleiche Gruppen Zunächst müsste es sich um zwei wesentlich gleiche Gruppen handeln. Zwei Gruppen sind niemals vollkommen gleich. Es kann also immer nur um eine Gleichheit bezüglich eines bestimmten Oberbegriffs gehen.19 Beide Gruppen müssen sich anhand eines Unterscheidungsmerkmals unter diesen Oberbegriff trennen lassen.20 Im Folgenden sind alle in einem Bundesland wegen einer Straftat nach dem JGG zu einer unbedingten Jugendstrafe verurteilten jungen Menschen, die zum Zeitpunkt der Tat zwischen 14 und 21 Jahre alt waren, einbezogen. Es ist also von einer rechtlich wesentlich gleichen Gruppe auszugehen, die sich unter dem Oberbegriff der Jugendstrafgefangenen eines Bundeslandes subsumieren lässt. Das Unterscheidungsmerkmal Geschlecht teilt diese Gruppe in weibliche und männliche Jugendstrafgefangene. bb) Ungleichbehandlung Die Mitglieder dieser Gruppe müssten nun unterschiedlich behandelt werden. Junge Männer werden in ihrem Heimatbundesland inhaftiert, in dem die Jugendstrafe nach dem dort geltenden Jugendstrafvollzugsgesetz vollzogen wird. Junge Frauen werden in einem anderen Bundesland inhaftiert, in dem die Jugendstrafe nach dem Gesetz des aufnehmenden Bundeslandes vollzogen wird. Die Jugendstrafe wird also für eine wesentlich gleiche Gruppe nach zwei verschiedenen Ju 16

Heun, in: Dreier 2013, Rn. 20; BVerfGE 58 (135 f.); BVerfGE 42, 64 (72). Heun, in: Dreier 2013, Rn. 100; Nußberger, in: Sachs & Battis 2018, Rn. 259. 18 Vgl. zusammenfassend: Heun, in: Dreier 2013, Rn. 102 ff. 19 Heun, in: Dreier 2013, Rn. 19; Nußberger, in: Sachs & Battis 2018, Rn. 13,14; Kingreen  / ​ Poscher 2018, S. 140. 20 Heun, in: Dreier 2013, Rn. 24. 17

I. Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung 

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gendstrafvollzugsgesetzen vollzogen. Damit liegt eine Ungleichbehandlung vor. Nach überwiegender Auffassung verbieten Art. 3  II,  III  GG nicht grundsätzlich jede Differenzierung. Problematisch ist vielmehr eine Unterscheidung, mit der eine rechtliche Benachteiligung verbunden ist.21 Ein geringer Nachteil kann dabei ausreichend sein.22 Um dies für männliche oder weibliche Jugendstrafgefangene darzulegen, genügt es, sich die Besuchsregelungen der verschiedenen Bundesländer einer Vollzugsgemeinschaft genauer anzusehen. In der Vollzugsgemeinschaft Bremen / Hamburg / Niedersachsen / Schleswig-Holstein legen Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein eine Regelbesuchszeit von vier Stunden im Monat fest,23 während Niedersachsen eine Regelbesuchszeit von sechs Stunden im Monat gewährt.24 In den ersten drei Ländern werden dagegen Besuche von Kindern nicht auf die Regelbesuchszeit angerechnet,25 während das niedersächsische Justizvollzugsgesetz keine entsprechende Regelung kennt. In Niedersachsen wiederum sind Langzeitbesuche grundsätzlich möglich,26 in Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein nicht. In der Vollzugsgemeinschaft Saarland / Rheinland-Pfalz sind ebenfalls Unterschiede bei den Besuchszeiten vorhanden. Im Saarland werden die Besuche von Kindern gemäß § 47 II SJStVollzG nicht auf die Regelbesuchszeit angerechnet, während dies in Rheinland-Pfalz nach § 33 II LJVollzG nur im Umfang von zwei Stunden im Monat möglich ist. Ähnlich verhält es sich in der Vollzugsgemeinschaft Sachsen / Thüringen. Sachsen sieht nach § 47 I SächsJStVollzG neben der Regelbesuchszeit zwei weitere Besuchsstunden für Angehörige vor. In Thüringen wird wiederum die gesamte Besuchszeit von Kindern nicht auf die Regelbesuchszeit angerechnet.27 Auch in der Vollzugsgemeinschaft Brandenburg / Sachsen-Anhalt gibt es unterschiedliche Besuchsregelungen. In Brandenburg beträgt die Regelbesuchszeit sechs Stunden im Monat,28 in Sachsen-Anhalt hingegen nur vier Stunden.29 Dafür werden hier im Gegensatz zu Brandenburg die Besuche von Kindern nicht auf die Regelbesuchszeit angerechnet.30 Durch diese unterschiedlichen Regelungen kann sich der gesetzliche Anspruch der Inhaftierten auf Besuche in den einzelnen Bundesländern quantitativ stark unterscheiden. Ein Anspruch auf weniger Besuchszeiten stellt einen Nachteil für die Jugendstrafgefangenen dar. Der Vollzug nach unterschiedlichen Gesetzen führt also für eine Gruppe zu einer rechtlichen Schlechterstellung. Weibliche und männliche Jugendstrafgefangene werden unterschiedlich behandelt.

21

Heun, in: Dreier 2013, Rn. 119. Nußberger, in: Sachs & Battis 2018, Rn. 84. 23 § 47 I BremJStVollzG; § 26 I HmbJStVollzG; § 47 I JStVollzG S-H. 24 § 123 II NJVollzG. 25 § 47 II BremJStVollzG; § 26 II HmbJStVollzG; § 47 II JStVollzG S-H. 26 § 123 III 2 i. V. m. § 25 II 2 NJVollzG. 27 § 47 II ThürJStVollzG. 28 § 34 I BbgJVollzG. 29 § 33 I JVollzGB LSA. 30 § 33 II JVollzGB LSA. 22

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D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

cc) Anknüpfung an das Merkmal „Geschlecht“ Diese Ungleichbehandlung müsste nun auch auf Grund des Geschlechts erfolgen. Wie die Beziehung zwischen der Ungleichbehandlung und dem Merkmal „Geschlecht“ sein muss, ist umstritten.31 Der Meinung eines lediglich finalen Zusammenhangs ist das Bundesverfassungsgericht mittlerweile ausdrücklich entgegengetreten.32 Würde Art. 3 III GG nur einen finalen Zusammenhang verbieten, könnte der Schutzzweck zu leicht unterlaufen werden und insbesondere mittelbare Diskriminierungen nicht erfassen.33 Sähe man hingegen in Art. 3 III GG ein absolutes Anknüpfungsverbot, das jede Verwendung eines verpönten Merkmals als Voraussetzung einer Rechtsfolge ausschließt, könnten wiederum verdeckte Diskriminierungen kaum erfasst werden.34 Das Bundesverfassungsgericht sowie die herrschende Meinung vertreten daher ein modifiziertes Anknüpfungsverbot.35 Das Geschlecht darf nicht der Anknüpfungspunkt für rechtliche Ungleichbehandlungen sein, wenn eine Differenzierung nicht durch biologische Unterschiede oder kollidierendes Verfassungsrecht gerechtfertigt ist.36 Wie dargelegt richtet sich der Vollzug der Jugendstrafe nach dem Gesetz des eigenen oder des aufnehmenden Bundeslandes nach dem Geschlecht der Inhaftierten. Die Unterscheidung knüpft damit an das Merkmal Geschlecht an. Ein anderer Anknüpfungspunkt für die ungleiche Behandlung ist nicht ersichtlich. dd) Rechtfertigung Die Ungleichbehandlung könnte jedoch durch biologische Unterschiede oder kollidierendes Verfassungsrecht gerechtfertigt sein. Biologische Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Jugendstrafgefangenen, die den Vollzug in verschiedenen Bundesländern und nach verschiedenen Jugendstrafvollzugsgesetzen rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Möglich wäre aber eine Rechtfertigung durch kollidierendes Verfassungsrecht. In Betracht kommen die Grundsätze des Berufsbeamtentums nach Art. 33 V GG und das Resozialisierungsprinzip, abgeleitet aus dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 I GG, der Menschenwürde nach Art. 1 I GG und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 1 i. V. m. 2 GG.37

31

Heun, in: Dreier 2013, Rn. 120 ff. Nußberger, in: Sachs & Battis 2018, Rn. 255; Heun, in: Dreier 2013, Rn. 122; BVerfGE 85, 191 (206); BVerfGE 114, 357 (364). 33 Nußberger, in: Sachs & Battis 2018, Rn. 256. 34 Heun, in: Dreier 2013, Rn. 123, 124. 35 Starck, in: Starck, Mangoldt & Klein 2010, Rn. 321; Heun, in: Dreier 2013, Rn. 125. 36 BVerfGE 92, 91 (109); BVerfGE 114, 357 (364). 37 Gerhold, in: Graf 2017, Rn. 9; Leyendecker 2002, S. 96, 99. 32

I. Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung 

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Die Ungleichbehandlung könnte durch die verfassungsrechtlich geschützten Grundsätze des Berufsbeamtentums nach Art. 33 V GG gerechtfertigt sein. Diesen unbestimmten Rechtsbegriff beschreibt das Bundesverfassungsgericht als „jenen Kernbestand von Strukturprinzipien, die allgemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind“.38 Dazu gehören nach heutiger Auffassung die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses als öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, das Recht der Beamten auf angemessene Alimentation und die Pflicht des Beamten zur Verfassungstreue und Befolgung der Anweisungen des Vorgesetzten.39 Würde der Vollzug in der aufnehmenden Anstalt nach dem Gesetz des Heimatbundeslandes der jungen Frauen vollzogen, müssten die verbeamteten Gefängnismitarbeitenden des einen Bundeslandes Gesetze eines anderen Bundeslandes vollziehen. Dies könnte gegen das öffentlich-rechtliche Treueverhältnis verstoßen. Dazu müsste es zum Treueverhältnis gehören, dass Landesbeamte nur die Landesgesetze ihres Bundeslandes vollziehen dürfen. Das Treueverhältnis enthält zwar das Bekenntnis zur und die Erhaltung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes.40 Eine Verpflichtung auf bestimmte Landes- oder Bundesgesetze wird hingegen nicht erfasst und ist damit zumindest verfassungsrechtlich nicht geschützt. Für diese Auffassung kann auch ein systematisches Argument herangezogen werden. So ist in Art. 84 I GG die Ausführung von Bundesgesetzen durch Landesbeamte im Rahmen der Landeseigenverwaltung geregelt. Folglich liegt kein Verstoß gegen die Grundsätze des Berufsbeamtentums vor, wenn Landesbeamte Gesetze vollziehen, die nicht von ihrem (Landes)dienstherrn, sondern vom Bundesgesetz­ geber erlassen worden sind. Die vorliegende Situation lässt damit folgenden analogen Schluss zu: Es kann nicht gegen Art. 33 V GG verstoßen, wenn Beamte Gesetze anwenden, die von einem anderen Landesgesetzgeber verabschiedet worden sind. Da Beamte gemäß § 35 BeamtStG weisungsgebunden sind, kann ihr Dienstherr die Weisung erteilen, für die weiblichen Jugendstrafgefangenen aus einem fremden Bundesland auch das fremde Landesrecht anzuwenden. Der Vollzug der Jugendstrafe nach einem fremden Jugendstrafvollzugsgesetz würde damit nicht gegen die Grundsätze des Berufsbeamtentums verstoßen. Die ungleiche Gesetzesanwendung weiblicher und männlicher Jugendstrafgefangener eines Bundeslandes kann nicht mit Art. 33 V GG gerechtfertigt werden. Eine Rechtfertigung könnte sich aber aus dem Resozialisierungsprinzip ergeben. Dieses hat, wie schon durch die drei Anknüpfungspunkte Art. 20 I GG, Art. 1 I GG und Art. 2 I i. V. m. 1 I GG ersichtlich ist, verschiedene Facetten. Die Achtung der Menschenwürde und des Persönlichkeitsrechts gebietet es, den Strafvollzug auf die Resozialisierung der Gefangenen hin auszurichten. Aus dem Sozialstaatsprinzip leitet sich die Verpflichtung des Staates ab, „für eine gerechte Sozialordnung 38

BVerfGE 8, 332 (343); BVerfGE 15, 167 (196). Bull, in: van Ooyen & Möllers 2015, S. 807, 808. 40 Jachmann, in: Mangoldt, Klein & Starck 2010, Art. 33 V GG, Rn 46. 39

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D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

zu sorgen“41 und Schwächere zu schützen.42 Für den Strafvollzug bedeutet dies konkret, vor allem die notwendigen Ressourcen zur Resozialisierung zur Verfügung zu stellen.43 Das Sozialstaatsprinzip selbst eignet sich kaum zur Grundrechtsbegrenzung.44 Es gewährt dem Bürger keine subjektiven Rechte und ist eher als Staatszielbestimmung zu sehen, die ihre Wirkung erst im Zusammenspiel mit anderen (Verfassungs-)normen entfaltet.45 Zudem hat der Gesetzgeber eine weite Einschätzungsprärogative bei der konkreten Ausgestaltung einer gerechten Sozialordnung.46 Weibliche Jugendliche nach einem anderen Gesetz zu inhaftieren, ist auch nicht als Versuch anzusehen, soziale Benachteiligungen auszugleichen, sondern eine scheinbar praktikable Lösung für die geringe Anzahl der jungen Frauen. Eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung mit dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 I GG scheint daher nicht möglich. Das Resozialisierungsgebot leitet sich jedoch auch aus der Menschwürde in Art. 1 GG und dem Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 I i. V. m. 1 I GG ab. Nur ein Strafvollzug, der auf soziale Integration ausgerichtet ist, entspricht der Achtung der Menschenwürde.47 Zusätzlich schützt das Persönlichkeitsrecht den Menschen in seiner personalen und sozialen Identität.48 Dazu gehört im Strafvollzug insbesondere der soziale Kontakt des Gefangenen mit anderen Menschen.49 Aus diesen Aspekten lässt sich schließen, dass Resozialisierung im Sinne des Grundgesetzes immer auch bedeutet, den Gefangenen als Teil eines sozialen Systems sowohl in der Gefangenengemeinschaft als auch außerhalb im Familien- und Freundeskreis zu bewahren und zu stärken. Ein Vollzug, der Gefangene sozial isoliert, kann nicht resozialisieren und ist damit verfassungswidrig. Um mit dieser Voraussetzung nun die Ungleichbehandlung weiblicher und männlicher Jugendstrafgefangener zu rechtfertigen, müssen die Folgen in den Blick genommen werden, die daraus entstehen würden, dass die unterschiedliche Gesetzesanwendung als verfassungswidrig eingestuft wird. Muss jede Jugendstrafgefangene nach dem Jugendstrafvollzugsgesetz ihres Heimatbundeslandes inhaftiert werden, haben die Bundesländer der Vollzugsgemeinschaften zwei Möglichkeiten. Entweder werden die jungen Frauen in ihren Heimatbundesländern inhaftiert oder innerhalb der Vollzugsgemeinschaften wird die Jugendstrafe nach unterschiedlichen Jugendstrafvollzugsgesetzen vollzogen.

41

BVerfGE 94, 241 (263); BVerfGE 97, 169 (185); BVerfGE 110, 412 (445). BVerfGE 26, 16 (37); BVerfGE 45, 376 (387 f.); Sachs, in: Sachs & Battis 2018, Rn. 46. 43 Laubenthal 2019, S. 113; BVerfGE 35, 202 (236); BVerfGE 98, 169 (200); BVerfGE 116, 85. 44 Sachs, in: Sachs & Battis 2018, Rn. 50. 45 Grzeszick, in: Maunz & Dürig 2007, Rn. 18. 46 Grzeszick, in: Maunz & Dürig 2007, Rn. 31 ff. 47 Laubenthal 2019, S. 114. 48 Jarass / Pieroth 2016, Art. 2, Rn. 39. 49 BVerfGE 57, 170 (179); BVerfG-K, NJW 95, 1478. 42

I. Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung 

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Entschiede man sich für die erste Variante, wäre angesichts der geringen Anzahl50 in einigen Bundesländern die Inhaftierung von lediglich zwei bis drei Gefangenen nicht unwahrscheinlich. Diese Frauen wären sozial isoliert, ihr Kontakt zu anderen Gleichaltrigen extrem reduziert. In vielen Anstalten könnte keine sinnvolle Wohngruppe gebildet werden, in der das soziale Miteinander eingeübt und Kompetenzen trainiert wird. Die Schaffung eines differenzierten Behandlungsangebotes wäre nicht möglich. Diese isolierte Inhaftierung könnte die psychische Gesundheit der Frauen und ihr Sozialverhalten negativ belasten und würde dem Resozialisierungsauftrag, der eben auch eine (Re-)Integration in die Gemeinschaft umfasst, widersprechen.51 Eine isolierte Inhaftierung von einzelnen oder sehr wenigen Jugendstrafgefangenen wäre damit als verfassungswidrig einzustufen. Nach der zweiten Variante vollziehen die Länder die Jugendstrafe innerhalb der Vollzugsgemeinschaften, wodurch sich zum einen der Verwaltungs- und Zeitaufwand für das Vollzugspersonal erheblich erhöhen würde. Es ist zweifelhaft, ob die Länder ihren Vollzugsbediensteten diese zusätzliche Belastung zumuten wollen. Wahrscheinlicher ist eine Aufkündigung der Vollzugsgemeinschaft, wodurch die im vorangegangenen Absatz verfassungswidrige Situation eintreten würde. Aber auch wenn die Vollzugsangestellten den Aufwand der unterschiedlichen Gesetzesanwendung tragen würden, ergäben sich verfassungsrechtliche Probleme. Zum einen könnte es ebenfalls eine Verletzung nach Art. 3 I GG darstellen, wenn Jugendstrafgefangene, die in der gleichen Anstalt inhaftiert werden, nach unterschiedlichen Gesetzen behandelt werden. Art. 3 III GG ist hier nicht vorrangig zu prüfen, da der Wohnort nicht unter das Merkmal „Heimat“ oder „Herkunft“ fällt.52 Art. 3 I GG erfasst nicht nur Ungleichbehandlung von Gleichem, sondern untersagt ebenso eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung von Ungleichem. Zum anderen könnte die verschiedene Gesetzesanwendung für Jugendstrafgefangene aus unterschiedlichen Bundesländern, die in der gleichen Anstalt inhaftiert sind, ebenfalls der Resozialisierung der Jugendstrafgefangenen widersprechen. Für eine Verletzung von Art. 3 I GG müssten zwei wesentlich ungleiche Gruppen ohne Rechtfertigung gleichbehandelt werden. Dies erfordert zwei Gruppen, die sich unter einem gemeinsamen Oberbegriff subsumieren und anhand eines Kriteriums unterscheiden lassen. Der Oberbegriff sind hier die Jugendstrafgefangenen, die in einer Anstalt gemeinsam inhaftiert sind. Das Unterscheidungsmerkmal ist der Wohnort, der sich in zwei verschiedenen Bundesländern befindet. Dieser Umstand kann als rechtlich relevanter Unterschied gesehen werden, da sich bestimmte Rechte und Pflichten an die Bundesländerzugehörigkeit knüpfen können. Wie oben bereits erläutert ist auch nicht jede Gleichbehandlung rechtfertigungsbedürftig, sondern nur wenn sich daran ein rechtlicher Nachteil knüpft. Dazu 50

In der JVA Vechta z. B. befanden sich zum Stichtag 31.3.2018 nur 8 junge Frauen, die aus insgesamt vier verschiedenen Bundesländern kamen (Statistisches Bundesamt 2018c, S. 12). 51 Vgl. auch: Bachmann 2015, S. 152. 52 Nußberger, in: Sachs & Battis 2018, Rn. 296.

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D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

kann auf die Herausarbeitung des Nachteils zu unterschiedlichen Besuchsregelungen weiter oben im Text verwiesen werden. Obwohl die Heimatbundesländer für ihre Jugendstrafgefangenen jeweils eigene Besuchsregelungen geschaffen haben, unterliegen alle jungen Frauen einer Anstalt unabhängig vom Herkunftsbundesland den Besuchsregelungen des Bundeslandes, in dem sich die zuständige Anstalt befindet. Es handelt sich hier also um zwei wesentlich ungleiche Gruppen. Diese Gruppen müssten gleichbehandelt werden. Unabhängig von ihrem Wohnort wird die Jugendstrafe nach dem Jugendstrafvollzugsgesetz des Landes vollzogen, in dem sich die Anstalt befindet. Eine Gleichbehandlung, die einer Rechtfertigung bedarf, liegt vor. Dafür sind die Interessen der Inhaftierten sowie der Vollzugsanstalten gegeneinander abzuwägen. Grundsätzlich haben die Länder eigene Jugendstrafvollzugsgesetze erlassen, um regionale Besonderheiten besser berücksichtigen und eigene inhaltliche Schwerpunkte setzen zu können. Dementsprechend wäre es folgerichtig, wenn alle Jugendstrafgefangenen den Regeln und Vergünstigungen unterworfen wären, die ihr Bundesland für seine Jugendstrafgefangenen als die besten entworfen hat. Dies hätte innerhalb einer Vollzugsgemeinschaft allerdings einen enormen Verwaltungsaufwand zur Folge. Der Vollzugsdienst und die Fachdienste müssten mit zwei bzw. sogar vier Jugendstrafvollzugsgesetzen vertraut sein und bei allen Maßnahmen den Wohnort der Jugendlichen berücksichtigen. Diese zeitlichen und personellen Ressourcen fehlen dann in der praktischen Arbeit und gingen damit auch zu Lasten der Jugendlichen. Gleichzeitig käme es zu einer Ungleichbehandlung der weiblichen Jugendstrafgefangenen innerhalb einer Abteilung. Großzügigere Besuchsregelungen oder andere Vergünstigungen, die nur ein Teil der Frauen erhalten kann, könnten zu Neid und Aggressionen innerhalb der Gruppe führen und sich negativ auf das soziale Klima auswirken. Dies wiederum widerspräche einem konstruktiven Behandlungsvollzug und würde der Resozialisierung der jungen Frauen schaden. Zusätzlich werden ihnen durch die Inhaftierung nach einem anderen Gesetz nicht nur die Privilegien des Heimatbundeslandes genommen, sondern sie profitieren auch von den weitreichenderen Regelungen des aufnehmenden Bundeslandes. Daher sprechen die besseren Gründe gegen den Vollzug der Jugendstrafe nach zwei Vollzugsgesetzen innerhalb einer Anstalt. Das Interesse der weiblichen Jugendstrafgefangenen, die Vergünstigungen des Jugendstrafvollzugsgesetzes ihres Heimatbundeslandes zu erhalten, muss hinter den Argumenten des enormen Verwaltungsaufwandes und der negativen Auswirkungen auf einen resozialisierungsfreundlichen Vollzug zurücktreten. Die Gleichbehandlung weiblicher Jugendstrafgefangener innerhalb einer Anstalt aus zwei verschiedenen Bundesländern kann damit gerechtfertigt werden und verstößt nicht gegen Art. 3 I GG. Die Ungleichbehandlung der weiblichen und männlichen Jugendstrafgefangenen eines Bundeslandes durch unterschiedliche Gesetzesanwendung kann nicht mit der sonst drohenden verfassungswidrigen Gleichbehandlung weiblicher Jugendstrafgefangener aus zwei verschiedenen Bundesländern innerhalb einer Anstalt gerechtfertigt werden.

I. Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung 

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In der Rechtfertigung der Gleichbehandlung nach Art. 3 I GG liegt aber bereits auch die Argumentation für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung nach Art. 3 II, III GG. Würde die Jugendstrafe innerhalb einer JVA nach verschiedenen Jugendstrafvollzugsgesetzen vollzogen, würde dies – wie oben erläutert –den Resozialisierungsbemühungen enorm schaden. Die unterschiedlichen Rechte und Pflichten wären für die Inhaftierten nur schwer nachvollziehbar und würden Neid und Aggressionen innerhalb der Gruppe wecken, wodurch gemeinsame Behandlungsmaßnahmen unterlaufen würden. Würde man also darauf bestehen, die jungen Frauen nach dem Jugendstrafvollzugsgesetz ihres Heimatbundeslandes zu inhaftieren, wären beide sich bietenden Lösungsalternativen schädlich für die Resozialisierungsbemühungen. Inhaftiert man sie in ihrem Heimatbundesland, besteht die Gefahr einer resozialisierungsfeindlichen Isolationshaft, wird die Jugendstrafe nach unterschiedlichen Vollzugsgesetzen innerhalb derselben Abteilung vollzogen, kann sich das negativ auf ein resozialisierungsfreundliches Klima unter den jungen Frauen und damit auf ihre Resozialisierung selbst auswirken. Die Resozialisierung als alleiniges Vollzugsziel53 und Ausformung der Menschenwürde nach Art. 1  I  GG und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kann damit als Rechtfertigung dienen, weibliche und männliche Jugendstrafgefangene eines Bundeslandes nach Art. 3 II, III GG ungleich zu behandeln. ee) Ergebnis Eine Verletzung von Artikel 3 II, III GG durch den Vollzug der unbedingten Jugendstrafe nach unterschiedlichen Jugendstrafvollzugsgesetzen bei weiblichen und männlichen Jugendstrafgefangenen desselben Bundeslandes liegt damit nicht vor. Die von den Ländern gegründeten Vollzugsgemeinschaften für den Jugendstrafvollzug sind damit nach der hier vertretenen Ansicht nicht verfassungswidrig. Ergeben sich jedoch Möglichkeiten, die jungen Frauen in ihren Heimatbundesländern zu inhaftieren, ohne dass eine Isolationshaft droht, müsste die Verfassungsmäßigkeit der Vollzugsgemeinschaften neu geprüft werden. c) Unterbringung innerhalb der Anstalten Neben der grundsätzlichen Zuständigkeit sind auch die Regelungen für die Unterbringung innerhalb einer Anstalt zu betrachten. Während der Ruhezeiten sind die Jugendstrafgefangenen in allen Bundesländern in einem Einzelhaftraum 53 § 2  I  JVollGB  I; § 2  I  JStVollzG  Bln; § 2  I  BbgJStVollzG; § 2  I  HessJStVollzG; § 2 JStVollzG M-V; § 5 NJVollzG; § 2 I JStVollzG NRW; § 2 LJVollzG; § 2 SächsJStVollzG.

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D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

unterzubringen.54 Dieser bietet einen Rückzugsraum, in dem die Privatsphäre geschützt ist und die Gefangenen vor Übergriffen durch Mitgefangene sicher sind.55 Entgegen der Regel Nr. 63.1 der European Rules for Juvenile Offenders Subject to Sanctions or Measures (im Folgenden „ERJOSSM“ abgekürzt) gibt es in keinem Bundesland konkrete Mindestanforderungen für Bodenfläche, Luftmenge, Beleuchtung, Heizung und Belüftung. Die ERJOSSM sind Empfehlungen des Europarates zu Gestaltung von freiheitsentziehenden Maßnahmen bei Jugendlichen, um die Rechte und die Sicherheit der Jugendlichen zu sichern.56 Als Empfehlungen des Europarates sind sie so genanntes internationales „soft law“ und begründen keine einklagbaren Rechte der Gefangenen.57 Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts müssen sie bei der Auslegung des deutschen Rechts herangezogen und berücksichtigt werden, da ein Verstoß gegen die ERJOSSM ein Indiz für die Verfassungswidrigkeit der nationalen Regelung sein könne.58 Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seinen bisherigen Urteilen allerdings ebenfalls nicht auf konkrete, verbindliche Haftraumgrößen etc. festgelegt.59 Durch verschiedene Einzelentscheidungen hat sich im Lauf der Zeit aber eine Kasuistik gebildet, die bestimmte verfassungsrechtliche Grenzen bei der Ausgestaltung des Haftraums setzt.60 Dennoch wären gesetzlich geregelte Vorgaben für den Haftraum wünschenswert, um den Gefangenen einen durchsetzbaren Anspruch auf menschenwürdige Unterbringung zu gewähren. Auch von der Einzelunterbringung der Gefangenen sind verschiedene Ausnahmen zugelassen,61 die kritisch zu bewerten sind.62 Alle Bundesländer lassen eine gemeinsame Unterbringung ohne Zustimmung des Gefangenen zu, wenn die Jugendstrafgefangenen hilfebedürftig sind oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit der Gefangenen besteht. Brandenburg erlaubt darüber hinaus auch eine gemeinsame vorübergehende Unterbringung, um eine unvorhersehbare Notlage zu überwinden. In Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen können Gefangene vorübergehend aus zwingenden Gründen und in Nordrhein-Westfalen

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§ 12  IV  JVollGB  IV; Art. 20  I  1  BayStVollzG; § 25  I  JStVollzG  Bln (jetzt: § 14  I JStVollzG Bln); § 18 I BbgJStVollzG; § 18 IV HessJStVollzG; § 25 I 1 JStVollzG M-V; § 20 I 1 NJVollzG; § 25  I  JStVollzG  NRW (jetzt: § 17  I  JStVollzG  NRW); § 18  I  LJVollzG; § 24  I ­SächsJStVollzG. 55 Landtag von Nordrhein-Westfalen 2016, Drucksache 16/13470, S. 257; Sonnen, in: Diemer, Schatz & Sonnen 2015a, Rn. 1. 56 Dünkel / Baechtold & van Zyl Smit 2009, S. 297, 300. 57 Laubenthal 2019, S. 37. 58 Vgl.: BVerfGE 116, 69 (90). 59 Bachmann 2015, S. 225 ff. 60 BVerfG NJW 1993, 3190; BVerfG NJW 2002, 2699; BVerfGK 12; 417; BVerfGK 17; 420. 61 § 12  IV  JVollGB  IV; Art. 20  I  2,  II,  III  BayStVollzG; § 25  I,  II  JStVollzG  Bln (jetzt: § 14  II  JStVollzG  Bln); § 18  II,  III  BbgJStVollzG; § 18  IV  HessJStVollzG; § 25  I  2,  II JStVollzG M-V; § 20 I 2, II NJVollzG; § 25 II JStVollzG NRW (jetzt: § 17 I JStVollzG NRW); § 18 II, III LJVollzG; § 24 II, III SächsJStVollzG. 62 So auch: Ostendorf, S. 3; Streng 2007, S. 1; für Bayern: Kerner / Eißer 2007, S. 4.

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vorübergehend wegen eines unvorhersehbaren Ereignisses aus zwingenden Gründen gemeinsam untergebracht werden. Die weitreichendsten Ausnahmen haben Bayern und Niedersachsen. In Bayern ist nach Art. 20 I 2, III BayStVollzG eine Unterbringung von bis zu acht Gefangenen erlaubt und in Niedersachsen ist eine gemeinsame Unterbringung ohne zeitliche Begrenzung und ohne Zustimmung der Gefangenen nach § 20 II NJVollzG möglich, wenn die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern. Innerhalb der Anstalt wird die Unterbringung der Jugendlichen in Wohngruppen als besonders geeignet angesehen.63 Brandenburg schreibt die Unterbringung in einer Wohngruppe nach § 23 IV BbgJVollzG vor. In Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen werden die Gefangenen regelmäßig in Wohngruppen untergebracht.64 Niedersachsen und Rheinland-Pfalz sehen dies in § 120 I 3 NJVollzG bzw. § 20 III LJVollzG als Soll-Regelung und Bayern in Art. 140 BayStVollzG als Kann-Regelung vor. Insbesondere die Vorschriften von Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz stehen im Wiederspruch zur Regel Nr. 53.4 der ERJOSSM, die die Unterbringung in kleinen Wohngruppen zwingend vorsieht. Die optimale Größe einer Wohngruppe ist umstritten.65 Gesetzliche Mindestoder Maximalgrößen existieren nur in Hessen und Sachsen. Hessen geht von bis zu acht, Sachsen von bis zu zwölf Gefangenen aus.66 Die fehlenden Vorgaben in den anderen Bundesländern werden damit begründet, dass die Größe der Wohngruppe sich am Betreuungsbedarf der Inhaftierten orientieren solle. Gefangene, die soziale Kompetenzen erst noch erlernen müssen, seien betreuungsintensiver als Gefangene kurz vor der Entlassung.67 Ohne Größenvorgaben könne auf die individuellen Bedürfnisse besser eingegangen und kriminologische Forschungsergebnisse berücksichtigt werden.68 Auch eine Differenzierung nach Alter, Herkunft etc. wurde bewusst vermieden, um praktische Gegebenheiten und Entwicklungsmöglichkeiten zu berücksichtigen.69 Trotz oder wegen dieser Argumentation kann der Eindruck nicht ganz vermieden werden, dass eine Festschreibung vor allem unterlassen wird, damit die bestehenden Anstalten nicht kostenintensiv umgebaut werden müssen. Ohne Größenvorgaben können auch Unterbringungseinheiten von über 20 Gefangenen als Wohngruppe bezeichnet werden, unabhängig davon, ob mit dieser Anzahl der Sinn und Zweck einer Wohngruppe erreicht

63

BVerfGE 116, 69 (88). § 12 I JVollzGB IV; § 26 JStVollzG Bln (jetzt: § 16 I JStVollzG Bln); § 18 I HessJStVollzG; § 26 JStVollzG M-V; § 25 IV JStVollzG NRW (jetzt: § 17 IV JStVollzG NRW); § 26 SächsJStVollzG. 65 Walter, in: Ostendorf 2016b, S. 218, 219. 66 § 68 IV HessJStVollzG; § 26 SächsJStVollzG. 67 Walter, in: Ostendorf 2016b, S. 219. 68 Landtag von Sachsen-Anhalt 2015, Drucksache 6/3799, S. 15. 69 Sonnen, in: Diemer, Schatz & Sonnen, 2015b, Rn. 1. 64

56

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

werden kann.70 Es besteht daher die Gefahr, die Wohngruppengröße nicht den Erkenntnissen der Forschung, sondern vielmehr den vorhandenen baulichen Gegebenheiten anzupassen. 2. Zuständige Anstalten und Unterbringung in der Praxis Aus den erläuterten Vorgaben der Jugendstrafvollzugsgesetze bestimmen sich die Vollstreckungspläne, die die konkrete Zuständigkeit der Anstalten für einzelne Gefangenengruppen festschreiben. Während sich für männliche Jugendstrafgefangene und Strafgefangene die Zuständigkeit nach räumlichen oder inhaltlichen Gesichtspunkten ergibt, werden weibliche Jugendstrafgefangene eines Bundeslandes unabhängig von Wohnort und sachlichen Erwägungen jeweils einer einzigen Anstalt zugewiesen. Dies ist vor allem der geringen Anzahl weiblicher Jugendstrafgefangener geschuldet, wie der folgende erste Abschnitt deutlich macht. Im Anschluss werden im zweiten und dritten Abschnitt die räumlichen und fachlichen Zuständigkeiten der Anstalten beschrieben, in denen die jungen Frauen nach den aktuellen Vollstreckungsplänen inhaftiert sind. Der vierte Abschnitt enthält eine Darstellung der Unterbringung der Gefangenen innerhalb der Anstalten. a) Geringe Anzahl weiblicher Jugendstrafgefangener In ganz Deutschland gibt es sowohl relativ als auch absolut gesehen nur sehr wenige weibliche Jugendstrafgefangene. Nach einem Anstieg zu Beginn der 2000er Jahre erreichte ihre Zahl in den Jahren 2004 bis 2007 mit jeweils 304 weiblichen Jugendstrafgefangenen zum Stichtag 31.3. ihren Höhepunkt.71 Seitdem verkleinert sich diese Vollzugsgruppe stetig.72 Am 31.3.2018 waren 144 Frauen wegen einer unbedingten Jugendstrafe inhaftiert.73 Damit sind im Jahr 2018 nur 3,9 % aller Jugendstrafgefangenen weiblich. Ihr Anteil an der gesamten Vollzugspopulation liegt damit nur bei 0,3 %.74 Dies macht deutlich, dass es sich um eine absolute Randgruppe des bundesdeutschen Strafvollzuges handelt.

70

Walter, in: Ostendorf 2016, S. 219. Statistisches Bundesamt 2007, S. 12. 72 Statistisches Bundesamt 2014, S. 10; Statistisches Bundesamt 2017b, S. 11; Statistisches Bundesamt 2018c, S. 11. 73 Statistisches Bundesamt 2018c, S. 11. 74 Eigene Berechnung anhand: Statistisches Bundesamt 2018c, S. 11. 71

57

I. Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung  350 304

304 300

290 277

250

232 204

200

266

284

264 242

237 205

212 184 181 139 144

150

143

144

100

50

0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Eigene Darstellung anhand: Statistisches Bundesamt 2007, S. 12, Statistisches Bundesamt 2017b, S. 11; Statistisches Bundesamt 2018c, S. 11.

Abbildung 1: Anzahl weiblicher Jugendstrafgefangener 2000–2018

b) Die räumliche Zuständigkeit der Anstalten Als Folge ist in acht Bundesländern nur eine zentrale Anstalt für den Vollzug der Jugendstrafe an Frauen zuständig. Junge Frauen aus Baden-Württemberg kommen in die Frauenhaftanstalt Schwäbisch-Gmünd,75 aus Berlin in die JVA für Frauen Berlin-Lichtenberg.76 Bayern bringt seine weiblichen Jugendstrafgefangenen in der Frauenhaftanstalt Aichach unter,77 Hessen in einer Abteilung der JVA für Frauen in Frankfurt am Main III.78 In Nordrhein-Westfalen waren die weiblichen Jugendstrafgefangenen in der JVA Köln inhaftiert, mittlerweile (seit Frühjahr 2018) liegt die Zuständigkeit bei der JVA Iserlohn. Ebenfalls in einer Jugendstrafanstalt werden die jungen Frauen aus Mecklenburg-Vorpommern in der JA Neustrelitz79 inhaftiert. Brandenburg80 und Sachsen-Anhalt81 vollziehen die Jugendstrafe an jungen 75 Vollstreckungsplan für das Land Baden-Württemberg. In der Fassung vom 14. April 2015. 5. 2. 3. 76 Vollstreckungsplan für das Land Berlin. Vom 12. Februar 2016. III. A. 5. 1. c. 77 Vollstreckungsplan für den Freistaat Bayern in der Fassung vom 1. Juni 2015. Nr. 11. Anlage 3/1–3/5. 78 Vollstreckungsplan für das Land Hessen in der vom 1. Mai 2016 geltenden Fassung. Abschnitt 2. 5. (1) i. V. m.. 29. Einweisungsplan-Jugendstrafe. 79 Vollstreckungsplan für das Land Nordrhein-Westfalen. Stand: 1.4.2010.2 III. 80 Vollstreckungsplan für das Land Brandenburg (Stand: 15. März 2015). III. 1. (1). 81 Vollstreckungsplan für das Land Sachsen-Anhalt. In der Fassung vom 3. August 2015. Nr. 25.

58

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Frauen gemeinsam in der JVA Luckau-Duben. Bremen,82 Hamburg83 SchleswigHolstein84 und Niedersachsen85 inhaftieren weibliche Jugendliche im Rahmen ihrer Vollzugsgemeinschaft in der JVA Vechta in Niedersachsen. Für die jungen Frauen aus dem Saarland86 und Rheinland-Pfalz87 ist die JVA  Zweibrücken zuständig. Deutschlandweit sind weibliche Jugendstrafgefangene folglich in zehn Anstalten inhaftiert. Trotzdem bleibt die Gruppe innerhalb der einzelnen Anstalten sehr klein. Eine externe Differenzierung der Jugendstrafgefangenen ist dadurch nicht möglich. Tabelle 3 Regionale Verteilung der weiblichen Jugendstrafgefangenen zum 31.3.2018 Anstalt

Aichach

Berlin

Chemnitz

Frankfurt

Köln

BL

BY

BE

SN, THÜ

HE

NRW

Anzahl

27

9

14

8

40

Anstalt

Luckau-­ Duben

Neustrelitz

SchwäbischGmünd

Vechta

Zwei­ brücken

BL

BB, LSA

MV

BW

NDS, BR; HH; SH

RLP, SL

5

6

15

8

12

Anzahl

Quelle: Eigene Darstellung anhand: Statistisches Bundesamt 2018c, S. 12.

In sechs der zehn Anstalten werden nur um die zehn Jugendstrafgefangene inhaftiert. Bedenklich ist die Unterbringungssituation in Mecklenburg-Vorpommern, wo zum Stichtag 31.3.2017 nur eine Jugendstrafgefangene inhaftiert war.88 Ein Jahr später war es eine kleine Gruppe von sechs Inhaftierten.89 Der Umgang mit so wenigen weiblichen Jugendstrafgefangenen stellt die Jugendanstalten vor ein Dilemma. Eine Teilnahme an den Angeboten der Anstalt gemeinsam mit den männlichen Jugendstrafgefangenen scheint auf Grund der singulären Stellung der Frauen äußerst bedenklich. Die Teilnahme an keinem Angebot ist aber ebenfalls nicht wünschenswert.

82 Vollstreckungs- und Einweisungsplan für das Land Bremen vom 31.3.2013. IV. C. i. V. m. dem Vollstreckungs- und Einweisungsplan für das Land Niedersachsen (Stand: 1.12.2016). Teil 3. 83 Vollstreckungsplan. AV der Justizbehörde Nr. 4/2016 vom 22. Februar 2016. III. 84 Vollstreckungsplan für das Land Schleswig-Holstein vom 18. Februar 1998. 4. 1. 2. 85 Vollstreckungs- und Einweisungsplan für das Land Niedersachsen (Stand:  1.12.2016). Teil 3. 86 Vollstreckungsplan für das Saarland. 18. August 2.4.2016. 87 Vollstreckungsplan für das Land Rheinland-Pfalz (vom  19.11.1976 in der Fassung vom 21.7.1997, GVBl. S. 289). 88 Statistisches Bundesamt 2017b, S. 12. 89 Statistisches Bundesamt 2018c, S. 12.

I. Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung 

59

Selbst in Bayern und Nordrhein-Westfalen liegt die Zahl weiblicher Jugendstrafgefangener gerade einmal bei 31 (BY) bzw. 33 (NRW) Frauen. Außer in der JVA Aichach und der JVA Köln / JVA Iserlohn ist damit in allen anderen Anstalten eine differenzierte Unterbringung in mindestens zwei Wohngruppen oder ein differenziertes Behandlungsangebot für die weiblichen Jugendstrafgefangenen fast unmöglich. Für diese Vollzugsgruppe ist damit neben der fehlenden externen Differenzierung auch eine interne Differenzierung kaum umsetzbar. Alle weiblichen Jugendstrafgefangenen eines Gebietes werden unabhängig von Alter, Vorstrafen oder Strafmaß in derselben Abteilung inhaftiert. Den Bedürfnissen aller gerecht zu werden, stellt den Vollzug angesichts dieser heterogenen Gruppe vor einige Herausforderungen. Das unterschiedliche Strafmaß und die große Altersspanne müssen bei der Entwicklung von Bildungs- und Therapiemaßnahmen berücksichtigt werden. Junge Gefangene oder erstmals Inhaftierte bedürfen eines besonderen Schutzes.90 Die gemeinsame Inhaftierung Drogenabhängiger und bereits substituierter oder entwöhnter Frauen gefährdet den eventuell bereits erreichten Behandlungserfolg.91 Durch die wenigen zuständigen Anstalten ist zudem das jeweilige Einzugs­ gebiet sehr groß. Viele junge Frauen sind dadurch in einiger Entfernung zu ihrem Heimatort inhaftiert. Dies gestaltet sowohl den Kontakt zum sozialen Umfeld als auch das Übergangsmanagement schwierig. Es besteht die Gefahr, dass Besuche von Freunden und Familie aus Zeit- und Kostengründen nur sehr selten stattfinden können. Umgekehrt reduziert sich durch lange Anfahrten die Zeit zu Hause, die im Rahmen von Lockerungsmaßnahmen gewährt wird. Dieses Problem stellt sich ebenfalls bei der Kontaktaufnahme zu ambulanten Hilfemaßnahmen am Heimatort, der Suche nach einem Arbeitsplatz oder einer Wohnung für die Zeit nach der Haftentlassung. Auch angesichts der Regel Nr. 55 der ERJOSSM, nach der Jugendliche in Einrichtungen untergebracht werden sollen, die so nah wie möglich an ihrem Wohnort sind, ist es dringend notwendig, über eine andere Struktur der Inhaftierung weiblicher Jugendstrafgefangener nachzudenken. c) Die fachliche Zuständigkeit der Anstalten Wie die Zahlen in Tabelle drei schon vermuten lassen, ist keine der zehn Justizvollzugsanstalten ausschließlich für weibliche Jugendstrafgefangene zuständig. Neun (mittlerweile acht) der zehn Anstalten sind sogar primär Justizvollzugsanstalten für Erwachsene und keine gesonderten Jugendanstalten.

90 91

Vorwort der Herausgeber und Autoren, in: Albrecht & Schüler-Springorum 1983, S. 8. Jansen 1999, S. 25.

60

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen  Tabelle 4 Zuständigkeit der Anstalten (neben Jugendstrafvollzug Frauen)

Anstalt

Zuständigkeit

JVA Aichach92

Strafhaft Frauen und Männer Untersuchungshaft Frauen

JVA Berlin93

Untersuchungshaft drogenabhängige Frauen Strafhaft und Sicherungsverwahrung Frauen

JVA Chemnitz94

Strafhaft und Untersuchungshaft Frauen

JVA Frankfurt

Strafhaft, Sicherungsverwahrung und Untersuchungshaft Frauen

95

JVA Iserlohn96

Jugendstrafe Männer Untersuchungshaft männliche Jugendstrafgefangene

JVA Köln97 (bis 2018)

Strafhaft Männer und Frauen Untersuchungshaft Männer und Frauen Untersuchungshaft Jugendstrafgefangene

JA Iserlohn (ab 2018)

Jugendstrafe Männer

JA Neustrelitz98

Jugendstrafe und Jugendarrest Männer

JVA Luckau-Duben

99

Strafhaft Männer (über drei Jahre) und Frauen

JVA Schwäbisch-Gmünd100

Strafhaft, Sicherungsverwahrung und Untersuchungshaft Frauen

JVA Vechta101

Strafhaft Frauen Untersuchungshaft Frauen und Männer

JVA Zweibrücken102

Strafhaft Männer (bis vier Jahre) und Frauen Jugendstrafe Männer

Quelle: Eigene Darstellung.

92 Vollstreckungsplan für den Freistaat Bayern in der Fassung vom 1. Juni 2015. Anlage 1/1 und 2. 93 Vollstreckungsplan für das Land Berlin. Vom 12. Februar 2016. III. A. 5. 1. 94 VwV-Vollstreckungsplan vom 18. Mai 2015. II. 1; III. 1.a; V. 1 und 2. 95 Vollstreckungsplan für das Land Hessen in der vom 1. Mai 2016 geltenden Fassung. 26, 28 und 29. 96 http://www.jva-iserlohn.nrw.de/aufgaben/zustaendigkeiten/index.php. 97 Vollstreckungsplan für das Land Nordrhein-Westfalen. Stand 1.4.2010.2  I  11; 2  I  12; 2 II 11; 2 II 12. Die Zuständigkeit für die weiblichen Jugendstrafgefangenen liegt mittlerweile nicht mehr bei der JVA Köln, sondern bei der JVA Iserlohn. 98 Verordnung über den Vollstreckungsplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Vom 20. September 2011. § 2, 3, 6, 9, 16. 99 Vollstreckungsplan für das Land Brandenburg (Stand: 15. März 2015). II. 1, II. 3. 100 Vollstreckungsplan für das Land Baden-Württemberg. In der Fassung vom 14. April 2015. 2. 1. 14. 101 Vollstreckungs- und Einweisungsplan für das Land Niedersachsen (Stand:  1.12.2016). Teil 2 und Teil 3. 102 Landesverordnung über den Vollstreckungsplan. Vom 19. November  1976. § 2  Nr.  9; § 3 Nr. 3; § 4 I Nr. 6; § 4 I.

I. Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung 

61

Mit der JVA Schwäbisch-Gmünd, der JVA Aichach, der JVA Berlin-Lichtenberg, der JVA Frankfurt am Main III, der JVA Vechta und der JVA Chemnitz sind sechs Vollzugsanstalten primär für Frauen zuständig und vollziehen neben der Jugendstrafe weitere Haftarten an erwachsenen Frauen. Die JVA Aichach hat zusätzlich eine kleinere Abteilung für männliche Strafgefangene. Die JA Neustrelitz und die JVA Iserlohn sind Jugendanstalten, die sowohl für weibliche als auch für männliche Jugendstrafgefangene zuständig sind. Die JVA Luckau-Duben, die JVA Köln und die JVA Zweibrücken sind gemischte Anstalten, die hauptsächlich Strafhaft an erwachsenen Männern vollstrecken. Daneben vollziehen sie auch die Strafhaft an weiblichen Erwachsenen und die Jugendstrafe an jungen Frauen. Auch wenn alle zuständigen Anstalten den gesetzlichen Vorgaben der Jugendstrafvollzugsgesetze entsprechen, ist insbesondere die Unterbringung in einer gemischten Anstalt wie der JVA Luckau-Duben und der JVA Zweibrücken sehr kritisch zu sehen. In diesen Anstalten sind beide Trennungsprinzipien eingeschränkt, wodurch die Gefahr besteht, dass für die weiblichen Jugendstrafgefangenen sowohl ein jugendspezifischer als auch ein frauenspezifischer Vollzug nur schwer umgesetzt werden kann. Grundsätzlich besteht aber auch in den anderen Bundesländern bei der Inhaftierung von Jugendstrafgefangenen in einer Anstalt für Erwachsene die Gefahr, die Trennung der einzelnen Vollzugsgruppen (wenn auch nur für kurze Zeit) aufzuheben und damit die Sonderstellung des Jugendstrafvollzuges nur für die männlichen Jugendstrafgefangenen in eigenen Jugendstrafanstalten umzusetzen und die jungen Frauen in den Justizvollzugsanstalten für Erwachsene zu vergessen.103 In allen zehn Anstalten bilden die jungen Frauen eine deutliche Minderheit. In einer Anfrage vom 23.3.2017 wurden die zuständigen Ministerien gebeten die Haftplatzkapazitäten und die Haftplatzverteilung innerhalb der zuständigen Anstalten mitzuteilen. Die Angaben sollten der Einschätzung dienen, welche (organisatorische) Bedeutung die Gruppe der weiblichen Jugendstrafgefangenen innerhalb der Anstalt einnimmt. Die Umfrage ergab: Außer Berlin, Neustrelitz und Iserlohn erfüllen alle Anstalten die von der Literatur geforderte Idealgröße von 200–240 Plätzen104 bei weitem nicht. Die JVA Köln hat mit 1163 Haftplätzen eine fast fünfmal größere Kapazität. Zum anderen wurde ersichtlich, dass der Jugendstrafvollzug an Frauen in allen Anstalten nur eine untergeordnete Rolle spielt. Der Anteil der Haftplätze für weibliche Jugendstrafgefangene lag zwischen 3,79 % in Zweibrücken und 23,42 % in Berlin bzw. 27,0 % in Iserlohn. In allen anderen Anstalten machten die Haftplätze unter 11 % der gesamten Anstalt aus. In den Strafvollzugsanstalten mit einer gemischten Zuständigkeit (Köln, Luckau-Duben, Zweibrücken) ist der Anteil der Haftplätze allerdings im Schnitt (5,71 %) deutlich geringer als in einer Strafvollzugsanstalt für Frauen (12,44 %). Dies ist ein weiteres Argument gegen die Unterbringung 103 104

Jansen, in: Zander 2006, S. 274, 275. Walkenhorst 2007, S. 8; Walter, in: Ostendorf 2016, S. 704.

62

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen  Tabelle 5 Haftplatzkapazität (Normalbelegung) der Anstalten

Anstalt

Insgesamt

Frauen Strafhaft

Männer Strafhaft

Frauen Jugendstrafe

JVA Aichach n

100 % 587

65,4 % 384

23,9 % 140

10,7 % 63

JVA Berlin n

100 % 111105

78,4 % 87

/

23,4 % 26

JVA Chemnitz

/

/

/

/

JVA Frankfurt n

100 % 336

65,5 % 220107

JVA Köln n

100 % 1163

23,4 % 272108

69,8 % 812

6,8 % 79

JVA Luckau-Duben n

100 % 275

18,2 % 50

73,5 % 202

6,6 % 18

JVA Schwäbisch-Gmünd109 n

100 % 341

73,6 % 251

/

9,4 % 32

JVA Vechta110 n

100 % 304111

80,3 % 244

/

8,6 % 26

JVA Zweibrücken n

100 % 396

22,2 % 88

74,0 % 293

3,8 % 15

Insgesamt

Männer Jugendstrafe

Frauen Jugendstrafe

JA Neustrelitz n

100 % 282

94,7 % 267112

5,3 % 15

JA Iserlohn n

100 % 282

206 73,0 %

76 27,0 %

106

10,1 % 34

Quelle: Eigene Darstellung.

105

Davon 24 Plätze im Aufnahmebereich. Weitere 82 Plätze (24,4 %) für Untersuchungshäftlinge. 107 Einschließlich 5 Plätzen für weibliche Sicherungsverwahrte. 108 Davon sind 37 Plätze in der Außenstelle für den offenen Vollzug weiblicher Gefangener (Erwachsene und Jugendliche). 109 Weitere 44 Haftplätze stehen für Untersuchungsgefangene zur Verfügung. 110 Weitere 34 Plätze (11,1 %) stehen für weibliche Untersuchungshäftlinge zur Verfügung. 111 Die Haftplatzkapazität bezieht sich auf den 15. April 2017. Zu diesem Zeitpunkt war die Kapazität aufgrund von Baumaßnahmen in der JVA Vechta stark reduziert. 112 Davon 30 Plätze für Untersuchungshäftlinge. 106

63

I. Zuständigkeiten der Anstalten und Unterbringung 

weiblicher Jugendstrafgefangener in diesen Anstalten. Die Gestaltung des Vollzu­ ges orientiert sich vermutlich an der größten Haftgruppe. Dadurch werden die Bedürfnisse der kleineren Haftgruppen umso weniger berücksichtigt, je kleiner die Vollzugsgruppe ist. Der Sicherheitsstandard orientiert sich an der gefährlichsten Vollzugsgruppe. Unabhängig davon, ob diese Maßnahmen für die weiblichen Jugendstrafgefangenen notwendig sind,113 werden sie den damit verbundenen Kontrollen und Einschränkungen unterworfen. Auch bei den Behandlungsmaßnahmen liegt der Fokus auf der größten Vollzugsgruppe. Kleinere Vollzugsgruppen sind also entweder von vorneherein ausgeschlossen oder nehmen an Behandlungsprogrammen teil, die nicht für sie konzipiert wurden.114 Vergleicht man die Haftplatzkapazitäten mit den Inhaftierungszahlen vom Stichtag 31.3.2018,115 so lässt sich die ungefähre Belegungsquote errechnen. Tabelle 6 Belegung im Jugendstrafvollzug an Frauen nach Bundesland in Prozent Bundesland

BW

BY

BE

BB

HE

Quote

46,9

42,9

Bundesland

MV

NDS

34,6

27,8

23,6

NRW

RLP

SN

Quote

40,0

30,8

50,6

80,0

/

Quelle: Eigene Berechnung anhand eigener Umfrage und Statistisches Bundesamt 2018c, S. 12.

Die Belegungsquoten liegen zwischen 23,6 % in Hessen und 80,0 % in Rheinland-Pfalz. Erst ab einer Quote von um die 85 % gilt eine Anstalt als ausgelastet.116 In den übrigen Anstalten liegt die Belegungsquote zwischen 23,1 % und 53,1 %. Insgesamt muss der Jugendstrafvollzug – im Gegensatz zum übrigen weiblichen Justizvollzug117  –  also außer in Rheinland-Pfalz nicht mit einer Überbelegung kämpfen. Im Gegenteil steht stichtagsbezogen ein Großteil der Haftplätze für weibliche Jugendstrafgefangene leer. Angesichts dieses Leerstandes im Jugendstrafvollzug und der im weiblichen Strafvollzug immer wieder drohenden Überbelegung besteht die Gefahr, die weiblichen Strafgefangenen aus praktischen Erwägungen in diese freien Zellen zu verlegen und so den Trennungsgrundsatz zwischen Jugendstrafvollzug und Strafhaft auch in der Praxis immer weiter aufzuweichen. Inwieweit die Trennungsgrundsätze in der Vollzugsrealität weiter, und damit auch in rechtlich bedenklicher Weise, aufgeweicht werden, bedürfte einer genaueren Untersuchung.

113

Werner 2012, S. 279; Haverkamp, in: Schweder 2015, S. 401. Haverkamp 2015, S. 313. 115 Statistisches Bundesamt 2018c, S. 12. 116 Dünkel 2005, S. 53; Funk 2009, S. 52. 117 Haverkamp 2011, S. 263, 264. 114

64

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

d) Die Unterbringung innerhalb der Anstalten Um den Besonderheiten des Jugendstrafvollzuges trotz der fehlenden eigenständigen Anstalten gerecht zu werden, wäre eine klare Trennung der weiblichen Jugendlichen und der anderen Vollzugsgruppe innerhalb der Anstalt wichtig.118 Die Umfrage vom 23.3.2017 ergab jedoch, dass diese Trennung in den meisten Anstalten nur sehr unzureichend vollzogen wird. Nur in Neustrelitz ist für die weiblichen Jugendlichen ein eigenes Hafthaus vorgesehen. In Schwäbisch-Gmünd gab es zwar ursprünglich auch ein eigenes Hafthaus, aufgrund von Platzproblemen werden mittlerweile jedoch einige Zellen mit weiblichen Erwachsenen belegt, wobei jedoch weiterhin auf eine strenge Trennung von Jugendlichen und Erwachsenen geachtet wird. In Aichach und Luckau-Duben befinden sich die jungen Frauen in einem eigenen Flügel innerhalb der Anstalt. In Berlin, Köln, Frankfurt, Vechta119 und Zweibrücken gibt es lediglich eine eigene Abteilung getrennt von den anderen Gefangenen. Wie die besondere Stellung des Jugendstrafvollzuges in einer Abteilung innerhalb einer großen Anstalt umgesetzt werden soll, ist mehr als fraglich. Obwohl alle Jugendstrafvollzugsgesetze den Grundsatz der Einzelunterbringung normieren,120 gaben lediglich 65,6 % (n = 168) der Inhaftierten an, eine Einzelzelle zu haben. Fast ein Viertel (24,6 %, n = 63) waren zu zweit und 9,8 % (n = 25) zu dritt untergebracht. Damit liegt die Quote der Einzelunterbringung im Jugendstrafvollzug an Frauen noch unter der Quote im gesamten Strafvollzug (zum Stichtag 30.11.2018: 74,5 %).121 e) Zusammenfassung Die Unterbringungssituation der weiblichen Jugendstrafgefangenen ist geprägt durch ihre geringe Anzahl, die weder eine externe noch eine interne Differenzierung ermöglicht. Dadurch bilden sie in allen Anstalten eine sehr kleine Gruppe, 118

Siehe auch: Laubenthal 2019, S. 748. Für die JVA Vechta liegen widersprüchliche Informationen vor. Das Justizministerium Niedersachsen beantwortete die Frage nach der Unterbringung der weiblichen Jugendstrafgefangenen, dass es eine eigene Abteilung geben würde. Auf der Internetseite der JVA ist von einem Hafthaus die Rede (https://www.jva-fuer-frau-en.niedersachsen.de/startseite/wir_ueber_uns/ jugendabteilung_zitadelle/jugendabteilung-zitadelle--115676.html). Die unterschiedlichen Informationen beruhen möglicher-weise auf einer unterschiedlichen Definition von „Hafthaus“ oder „Abteilung“. Möglicherweise waren zum Zeitpunkt der Anfrage die Kapazitäten für weibliche Jugendstrafgefangene auch auf eine Abteilung reduziert. 120 § 12  IV  JVollGB  IV; Art. 20  I  1  BayStVollzG; § 25  I  JStVollzG  Bln (jetzt: § 14  I JStVollzG Bln); § 18 I BbgJStVollzG; § 18 IV HessJStVollzG; § 25 I 1 JStVollzG M-V; § 20 I 1 NJVollzG; § 25  I  JStVollzG  NRW (jetzt: § 17  I  JStVollzG  NRW); § 18  I  LJVollzG; § 24  I ­SächsJStVollzG. 121 Eigene Berechnung anhand: Statistisches Bundesamt 2018a, S. 5. 119

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

65

deren Interessen gegenüber der Hauptvollzugsgruppe in den Hintergrund gedrängt zu werden droht. Die räumliche Trennung zu anderen Vollzugsgruppen gestaltet sich in der Praxis unzureichend. Obwohl fast alle Anstalten weit von einer Auslastung der Haftplatzkapazitäten entfernt sind, sind nur circa zwei Drittel der Frauen in einem Einzelhaftraum untergebracht.

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen Dieses Kapitel behandelt den zweiten großen Komplex: den familiären und sozialen Hintergrund der jungen Frauen. In den Jugendstrafvollzugsgesetzen gibt es dazu keinen gesonderten inhaltlichen Abschnitt. Daher werden hier die Regelungen zusammengefasst, die sich im weiteren Sinne mit diesem Thema befassen. Der praktische Teil dieses Kapitels gliedert sich in drei verschiedene Unterkapitel. Das erste beschreibt die familiäre Situation der Gefangenen, was sowohl die Herkunftsfamilie als auch die eigene Familie der jungen Frauen umfasst. Anschließend wird untersucht, wie und in welchem Umfang während der Inhaftierung Kontakt mit dem sozialen Umfeld besteht. Das dritte Unterkapitel beschäftigt sich mit den sozialpädagogischen / therapeutischen Angeboten der Anstalten und deren Nutzung durch die jungen Frauen. 1. Gesetzliche Regelungen Zu den Normen, die sich mit dem familiären und sozialen Umfeld der Gefangenen beschäftigen, gehören zum einen spezielle Vorschriften für ausländische Gefangene, Regeln bezüglich der Kinder und Eltern der Inhaftierten und als umfangreichsten Regelungskomplex die Vorschriften, die den Kontakt der Gefangenen mit der Außenwelt bestimmen. a) Vorschriften zum familiären Umfeld der Jugendstrafgefangenen aa) Ausländische Gefangene Einige Bundesländer haben rudimentäre Vorschriften für ausländische Gefangene in ihre Gesetze aufgenommen. In Baden-Württemberg wurde Ende 2015 in § 6 II JVollzGB I der Satz eingefügt, die besonderen soziokulturellen und religiösen Belange von Gefangenen mit Migrationshintergrund zu berücksichtigen. Sehr allgemein fordern Brandenburg und Rheinland-Pfalz in § 7 IV BbgJVollzG bzw. § 7 III LJVollzG die Bedürfnisse der Gefangenen im Hinblick auf ihre Herkunft bei der Vollzugsgestaltung zu berücksichtigen.

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D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

In Berlin, Niedersachsen und Sachsen ist beim Aufnahmeverfahren bei Bedarf ein Sprachmittler hinzuzuziehen.122 In Nordrhein-Westfalen ist gemäß § 10 II JStVollzG NRW (jetzt: § 10 I JStVollzG NRW) das Zugangsgespräch „in einer ihnen verständlichen Sprache“ zu führen. Aus dieser Formulierung kann nicht zweifelsfrei geschlossen werden, ob das Zugangsgespräch bei mangelhaften Deutschkenntnissen in einer anderen Sprache geführt werden muss oder nur durch die (eventuell einfache und klare) Wortwahl die Verständlichkeit des Gespräches sichergestellt werden muss. Nur in Baden-Württemberg soll gemäß § 15 III JVollzGB I die Hausordnung in der Muttersprache der wesentlichen Gefangenengruppen vorliegen. In den anderen Bundesländern haben die Gefangenen dementsprechend bei unzureichenden Deutschkenntnissen keinen Anspruch auf einen Dolmetscher. Wenige Länder sehen Deutschkurse zur Integration und / oder Förderung der Sprachkompetenz vor.123 Die Regel Nr. 104.5 der ERJOSSM fordert für Jugendliche ausländischer Staatsangehörigkeit längere Besuchszeiten oder andere Kontaktmöglichkeiten, wenn dies erforderlich ist, um sozialer Vereinsamung entgegenzuwirken. Derartige Regelungen finden sich jedoch in keinem der Jugendstrafvollzugsgesetze. Briefe dürfen grundsätzlich in fremder Sprache verfasst werden, wenn der Absender oder der Empfänger die deutsche Sprache nicht oder nur eingeschränkt beherrscht. Der Schriftwechsel kann im Zweifel mit Hilfe eines Übersetzers überwacht werden.124 bb) Gefangene mit Kindern Für Gefangene mit Kindern finden sich, neben längeren Besuchszeiten (siehe Kapitel D. II. 3.), Vorschriften zum Umgang und zur medizinischen Versorgung bei Schwangerschaft und Entbindung.125 Für Gefangene mit Kindern bis zum dritten Lebensjahr bzw. bis zur Schulpflicht126 besteht die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen in einer Eltern-Kind-Abteilung untergebracht zu werden.127 Alle Bundesländer haben zudem die Regelung, die Gefangenen bei der Versorgung hilfsbedürftiger Angehöriger außerhalb der Anstalt zu unterstützen.128 122

§ 12 I BbgJVollzG; § 8 III NJVollzG; § 6 II SächsJStVollzG. § 43 II JVollzGB I; § 27 IV HessJStVollzG. 124 Laubenthal, in: Laubenthal & Nestler et al. 2015b, Rn. 92. 125 § 71 I, II NJVollzG. 126 § 10 I JVollzGB I; Art. 86 I BayStVollzG; § 27 I JStVollzG Bln (jetzt: § 17 I JStVollzG Bln); § 21  I  BbGJVollzG; § 70  I  HessJStVollzG; § 73  I  NJVollzG; § 117  JStVollzG  NRW (jetzt: § 18 I JStVollzG NRW); § 21 I LJVollzG; § 27 SächsJStVollzG. 127 § 10 I JVollzGB I; Art. 139 II 2, 86 I 1 BayStVollzG; § 27 I JStVollzG Bln (jetzt: § 17 I JStVollzG  Bln); § 21  I  BbgJVollzG; § 70  HessJStVollzG; § 117  JStVollzG  NRW (jetzt: § 18 JStVollzG NRW); § 27 I JStVollzG M-V; § 21 I LJVollzG; § 27 SächsJStVollzG. Näheres zu Jugendlichen in Mutter-Kind-Abteilungen: Thomas, 2004. 128 § 39 I JVollzGB IV; Art. 77 I BayStVollzG; § 9 V JStVollzG Bln (jetzt: § 9 IV JstVollzG Bln); § 12  IV BbgJVollzG; § 8  IV  HessJStVollzG; § 9 V  JStVollzG  M-V; § 69  I  NJVollzG; 123

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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cc) Rechte der Eltern Einige Inhaftierte sind zum Zeitpunkt ihrer Haft noch minderjährig. Bei ihnen müssen die Rechte der Eltern bzw. Personensorgeberechtigten beachtet werden. Viele Jugendstrafvollzugsgesetze sehen eine Mitteilung des Förderplans / Vollzugsplans vor (in einigen Gesetzen nur auf Verlangen).129 In Bayern, BadenWürttemberg und Nordrhein-Westfalen können sie sich in die Vollzugsplanung einbringen.130 Weiterhin müssen sie über die Aufnahme in Haft131 und über eine Verlegung132 des Jugendlichen unterrichtet werden und können den Kontakt zu bestimmten Personen außerhalb des Vollzuges untersagen.133 In Bayern, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen werden sie auch von der Entlassung des Jugendlichen unterrichtet.134 b) Vorschriften zum Kontakt mit Menschen außerhalb des Gefängnisses Die Pflege von sozialen Beziehungen der Jugendlichen zu Menschen außerhalb des Gefängnisses kann ein emotional stützender Faktor für die Zeit des Vollzuges und für ihre soziale Eingliederung nach der Haftentlassung sein.135 Im Kontakt mit vertrauten Menschen außerhalb des Gefängnisses kann die Gefangene ihre Hafterfahrungen verarbeiten, emotionale Unterstützung erhalten und ein Verhältnis gegenseitiger Zuneigung pflegen, ohne das im Vollzug oft vorhandene Misstrauen gegenüber dem Gesprächspartner / der Gesprächspartnerin. Zudem kehren nach der Haftentlassung die meisten Gefangenen in ihr altes soziales Umfeld zurück. Umso § 9 I JStVollzG NRW (im aktuellen Gesetz findet sich keine vergleichbare Regelung); § 12 IV LJVollzG; § 9 II, VI SächsJStvollzG. 129 § 5  VII  JStVollzGB  IV; Art. 130  II  BayStVollzG; § 11  IV  JStVollzG  Bln (§ 8  VIII JStVollzG  Bln); § 14 VIII  BbgJStVollzG; § 10 VI  HessJStVollzG; § 11  IV  JStVollzG  M-V; § 117 VII NJVollzG; § 12 V JStVollzG NRW (jetzt: § 12 VI JStVollzG NRW); § 11 VIII SächsJStVollzG. 130 § 5 VI JStVollzGB IV; Art. 130 II BayStVollzG; § 12 IV JStVollzG NRW (jetzt: §§ 6 III, 12 V JStVollzG NRW); § 14 VIII LJStVollzG. 131 § 9 IV JStVollzG Bln (jetzt: § 9 V JstVollzG Bln); § 12 VI BbgJStVollzG; § 8 III HessJStVollzG; § 12  II  JStVollzG  M-V; § 11  NJVollzG; § 10  IV  JStVollzG  NRW (jetzt: § 10  III JStVollzG NRW); § 12 VI LJStVollzG; § 9 V SächsJStVollzG. 132 Art. 131 IV 2 BayStVollzG; § 12 II JStVollzG Bln (jetzt: § 19 III JStVollzG Bln); § 24 V BbgJStVollzG; § 11 IV HessJStVollzG, § 9 IV JStVollzG M-V; § 13 II JStVollzG NRW (jetzt: § 13 II JStVollzG NRW); § 23 V LJStVollzG; § 12 II SächsJStVollzG. 133 Art.  144  II  BayStVollzG; § 48  Nr.  3  JStVollzG  Bln (jetzt: § 32  Nr.  4  JStVollzG  Bln); § 35 Nr. 4 BbgJStVollzG; § 32 II Nr. 4 HessJStVollzG, § 48 Nr. 3 JStVollzG M-V; § 123 IV NJVollzG; § 31 c JStVollzG NRW (jetzt: § 27 Nr. 5 JStVollzG NRW); § 12 Nr. 4 LJStVollzG; § 48 Nr. 4 SächsJStVollzG. 134 Art. 136 I BayStVollzG; § 19 I JStVollzG Bln (jetzt: keine Regelung im aktuellen JStVollzG Bln); § 119 I NJVollzG; § 119 I JStVollzG NRW (jetzt: § 45 I JStVollzG NRW); § 19 II SächsJStVollzG. 135 Hosser, in: Bereswill & Greve 2001, S. 319.

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D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

wichtiger ist es, den Kontakt über die Haftzeit hinweg aufrechtzuerhalten, damit nach Haftentlassung intakte und stabile soziale Beziehungen vorhanden sind.136 Die Förderung von Außenkontakten gehört daher auch zum verfassungsrechtlich gebotenen Resozialisierungsauftrag.137 Der Kontakt mit Familienangehörigen steht zudem unter dem besonderen Schutz des Art. 6 GG, der uneingeschränkt auch im Strafvollzug gilt.138 Dies umfasst sowohl den Austausch der Gefangenen mit ihren Eltern und, wenn vorhanden, ihren Kindern und ihrem Ehemann als auch der Eltern mit ihren Kindern in Haft.139 Als Kontaktmöglichkeiten sehen die Ländergesetze im geschlossenen Vollzug den Empfang von Besuchen, Briefen und Paketen, das Führen von Telefonaten und bestimmte Formen der Vollzugslockerung wie Ausgang, Ausführung und Hafturlaub vor. aa) Persönlicher Kontakt der Jugendstrafgefangenen Persönlicher Kontakt der Jugendstrafgefangenen mit Freunden und Familien ist im Rahmen eines Besuches in der Anstalt oder durch Ausgang, Ausführung bzw. Hafturlaub der Gefangenen möglich. Die Regelbesuchszeit für Jugendstrafgefangene beträgt in fast allen Bundesländern vier Stunden im Monat.140 Eine Ausnahme bilden Brandenburg und mittlerweile auch Niedersachsen, die nach § 34 I BbgJVollzG bzw. § 123 II NJVollzG n. F. sechs Stunden im Monat als Regelbesuchszeit festlegen. Thiele merkt an, eine Besuchszeit von vier Stunden stelle eher ein absolutes Minimum an menschlicher Kommunikation dar und dürfte für die Aufrechterhaltung partnerschaftlicher Beziehungen kaum ausreichen. Im Lichte des Art. 6 I GG müssten Partner- und / oder Kinderbesuche erheblich gefördert werden.141 Dementsprechend haben auch einige Bundesländer Sonderregelungen für Angehörige geschaffen. In Sachsen können Angehörige zusätzlich zwei weitere Stunden Besuchszeit erhalten und Besuche von Kindern sollen über die Regelbesuchszeit hinaus zugelassen werden.142 Bayern (Kann-Regelung), Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz (im Umfang von bis zu zwei Stunden) rechnen die Besuche von Kindern ebenfalls nicht 136

Kühl 2012, S. 209; Thiele 2016, S. 311; Walkenhorst / Roos / Kaplan, in: Ostendorf 2016, S. 407. Leyendecker 2002, S. 208; BVerfG, Beschluss vom 6.4.1976–2 BvR 61/76; NJW 1976, S. 1313; BVerfG, Beschluss vom 12.11.1997–2 BvR 615/97, NStZ-RR 1998, S. 123; BVerfG, Beschluss vom  13.12.1997–2  BvR  1404/96; NJW  1998, S. 1133; BVerfG, Beschluss vom 22.3.1998–2 BvR 77/97; NStZ 1998, S. 375. 138 Siehe auch: Thiele 2016, S. 19. 139 BVerfGE 116, 69 (87); Thiele 2016, S. 126. 140 § 17 II JVollzGB IV; Art. 144 II BayStVollzG; § 47 I JStVollzG Bln (jetzt § 31 I JStVollzG Bln); § 33 I HessJStVollzG; § 47 I JStVollzG M-V; § 123 II NJVollzG; § 33 I JStVollzG NRW (jetzt: § 23 I JStVollzG NRW); § 33 I LJVollzG; § 47 I SächsJStVollzG. 141 Thiele 2016, S. 126, 127. 142 § 47 I, II SächsJStVollzG. 137

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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auf die Regelbesuchszeit an.143 In Baden-Württemberg, Niedersachsen, NordrheinWestfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen besteht zudem die Möglichkeit, Langzeitbesuche von Familienangehörigen zu gewähren.144 In Baden-Württemberg werden diese gemäß § 17 V JVollzGB IV ebenfalls nicht auf die Regelbesuchszeit angerechnet. Mit Blick auf den Ehe- und Familienschutz des Art. 6 I GG wären Langzeitbesuche in allen Bundesländern verfassungsrechtlich geboten.145 Im Jugendstrafvollzug bezieht sich dies vor allem auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Familie, da die wenigsten jungen Frauen bereits verheiratet sind. Für den Strafvollzug ergibt sich laut Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Verpflichtung, negative Auswirkungen des mit dem Freiheitsentzug verbundenen seltenen Kontaktes auszugleichen.146 Dies betrifft auch die im Schutzbereich des Art. 6 GG eingeschlossenen Kinder und Eltern der Jugendstrafgefangenen. Um einen Raum zu bieten, in dem familiäre Beziehungen ungestört gepflegt werden können, wären Langzeitbesuche eine wichtige Maßnahme. Auch auf internationaler Ebene fordern die Regeln 86.1 und 86.2 der ERJOSSM, dass Jugendlichen die Möglichkeit des längerdauernden Kontaktes zu ihrer Familie gewährt wird. Dies kann entweder durch Ausgang, Ausführung oder die Möglichkeit von Langzeitbesuchen verwirklicht werden. Alle Bundesländer, die für Jugendliche keine Langzeitbesuche vorsehen, müssten im Lichte internationaler Vorgaben ihren jugendlichen Gefangenen in regelmäßigen Abständen Ausgang oder Ausführung ermöglichen.147 Grundsätzlich sehen auch alle Ländergesetze die Möglichkeit von Ausgang148, Ausführung149 oder Hafturlaub150 vor.151 Kein Jugendstrafvollzugsgesetz normiert allerdings einen Anspruch der Gefangenen auf vollzugsöffnende Maßnahmen. In fast allen Bun 143

Art. 144 III BayStVollzG; § 47 II 2 JStVollzG Bln (jetzt: § 31 I JStVollzG Bln); § 33 II 3 HessJStVollzG, § 47 II JStVollzG M-V; § 30 II JStVollzG NRW (jetzt: § 23 II JStVollzG NRW); § 33 II LJVollzG. 144 § 17 V JVollzGB IV; § 34 IV BbgJVollzG; § 123 III 2 NJVollzG; § 29 S. 3 JStVollzG NRW (jetzt: § 23 IV JStVollzG NRW); § 33 V LJVollzG; § 47 III SächsJStVollzG. 145 Argumentation im Rahmen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe: Bachmann 2015, S. 255; Thiele 2016, S. 146. 146 BVerfGE 42, 95 (101). 147 Kühl 2012, S. 218, 219. 148 § 9 I Nr. 2 JVollzGB III; Art. 144 VIII i. V. m. Art. 13 I Nr. 2 BayStvollzG; § 15 I Nr. 1 JStVollzG Bln (jetzt: § 44 I Nr. 1–3); § 46 I Nr. 1 BbgJStVollzG; § 13 III Nr. 4 HessStVollzG; § 15  I  Nr.  1  JStVollzG  M-V; § 13  I  Nr.  2  NJVollzG; § 16  I  Nr.  2  JStVollzG  NRW (jetzt: § 42 II Nr. 2 JStVollzG NRW); § 45 I Nr. 1, 2 LJVollzG; § 15 I Nr. 2 SächsJStVollzG. 149 § 9 I Nr. 2 JVollzGB III; Art. 144 VIII i. V. m. Art. 13 I Nr. 2 BayStvollzG; § 15 III JStVollzG Bln (jetzt: § 47  I  JStVollzG  Bln); § 46  I  Nr. 1  BbgJStVollzG; § 13  III  Nr.  4  HessStVollzG; § 15  I  Nr.  1  JStVollzG  M-V; § 13  I  Nr.  2  NJVollzG; § 16  I  Nr.  2  JStVollzG  NRW (jetzt: § 42 II Nr. 1 JStVollzG NRW); § 48 I LJVollzG; § 15 I Nr. 1 SächsJStVollzG. 150 § 9 I Nr. 3 JVollzGB III; Art. 135 BayStvollzG; § 46 I Nr. 1 BbgJStVollzG; § 13 III Nr. 5 HessStVollzG; § 16  I  JStVollzG  M-V; § 17  I  NJVollzG; § 13  I  Nr.  3  JStVollzG  NRW (jetzt: § 42 II Nr. 3 JStVollzG NRW); § 45 I Nr. 3 LJVollzG; § 15 I Nr. 3 SächsJStVollzG. 151 Die Terminologie ist hier uneinheitlich. Einige Ländergesetze, z. B. § 42 I JStVollzG NRW, sprechen auch von „vollzugsöffnenden Maßnahmen“ statt „Lockerungen“ und von „Langzeitausgang“ statt „Hafturlaub“. Da diese Gesetze (noch) in der Minderheit sind, wird hier einheitlich die Formulierung „Lockerungen“ und „Urlaub“ verwendet.

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D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

desländern ist die Gewährung von Vollzugslockerung eine Kann-Vorschrift. Diese wird durch den Zusatz eingeschränkt, Vollzugslockerungen nur dann zu gewähren, wenn verantwortet werden kann zu erproben, dass die Gefangenen sich dabei nicht der Jugendstrafe entziehen und keine Straftaten begehen. Lediglich in Sachsen ist die Vorschrift liberaler als Soll-Vorschrift normiert. Ob diese Lockerungen in einem den ERJOSSM entsprechenden Umfang gewährt werden, wird in Kapitel D. II. 3. analysiert. Insgesamt kann in den Bundesländern durch die unterschiedlichen Regelungen der Umfang des Kontaktes eines Gefangenen stark variieren, was sich durch Unterschiede in der Vollzugspraxis noch verstärken dürfte. Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts, die Besuchsmöglichkeiten für Familien von Jugendstrafgefangenen müssten „um ein Mehrfaches“ über denen im Erwachsenenvollzug liegen,152 ist insgesamt aber wohl ausreichend umgesetzt worden.153 bb) Briefe, Pakete und Telefonkontakte Weiterhin ist es den Gefangenen gestattet, auf eigene Kosten Briefe zu schreiben und zu empfangen.154 Daneben gibt es die sehr eingeschränkte Möglichkeit, Pakete zu empfangen und zu versenden. Deren Bedeutung als Zeichen der Zunei­ gung und emotionaler Verbundenheit ist für die Gefangenen sehr hoch.155 Der Empfang bedarf jedoch immer der Erlaubnis der Anstalt.156 Alle Ländergesetze, außer Brandenburg, verbieten mittlerweile aus Sicherheitsgründen den Empfang von Nahrungs- und Genussmitteln.157 Bayern und Sachsen lassen stattdessen dreimal im Jahr einen Sondereinkauf zu.158 Laut Gesetzesbegründung soll damit der Transport illegaler Substanzen und Gegenstände unterbunden werden. Die Versorgung des Gefangenen sei anderweitig sichergestellt.159 Dieses absolute Verbot ist auf viel Kritik gestoßen. Gerade zum Geburtstag oder zu Weihnachten sei der emotionale Wert eines selbstgebackenen Geburtstagskuchens oder von Weihnachtsplätzchen

152

BVerfGE 116, 69 (88). Die Regelbesuchszeit im Erwachsenenvollzug beträgt überwiegend zwei Stunden im ­Monat. 154 Art.  31  I  BayStVollzG; § 21  I  JVollzGB  IV; § 39  I  BbgJVollzG; § 51  JStVollzG  Bln (jetzt: § 36  I  JStVollzG  Bln); § 34  I  HessJStVollzG; § 51  I  JStVollzG  M-V; § 29  I  NJVollG; § 34 I JStVollzG NRW (jetzt: § 24 JStVollzG NRW); § 38 I LJVollzG; § 52 I SächsJStVollzG. 155 Walkenhorst / Roos / Kaplan, in: Ostendorf 2016, S. 464. 156 § 26 I JVollzGB IV; Art. 36 I BayStVollzGB; § 56 I JStVollzG Bln (jetzt: § 43 I JStVollzG Bln); § 45 I BbgJVollzG; § 36 HessJStVollzG; § 56 I JStVollzG M-V; § 34 I NJVollzG; § 39 I JStVollzG NRW (jetzt: § 26 JStVollzG i. V. m. § 28 StVollzG NRW); § 44 I LJVollzG, § 56 I SächsJStVollzG. 157 § 26 I JVollzGB IV; § 35 I BayStVollzG; § 56 I JStVollzG Bln (jetzt: § 43 I JStVollzG Bln); § 36  HessJStVollzG; § 56  I  JStVollzG  M-V; § 34  I  NJVollzG; § 39  I  JStVollzG  NRW (jetzt: § 26 JStVollzG i. V. m. § 28 StVollzG NRW); § 44 I LJVollzG, § 56 I SächsJStVollzG. 158 § 25 I BayStVollzG; § 31 V SächJStVollzG. 159 Landtag von Sachsen-Anhalt 2015, Drucksache 6/3799, S. 23, 24. 153

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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nicht durch einen Sondereinkauf zu ersetzen.160 Für ausländische Gefangene besteht durch das Verbot zudem nicht mehr die Möglichkeit, landestypische Lebensmittel zu erhalten.161 Im Sinne des Gegensteuerungsgrundsatzes wäre es hier sicher wünschenswert gewesen, den Empfang von Nahrungs- und Genussmitteln als Ermessensregelung auszugestalten. Eine weitere Kontaktmöglichkeit besteht darin, Telefongespräche zu führen.162 Kein Bundesland gewährt allerdings einen verbindlichen Anspruch auf Telefonkontakt. Die Möglichkeit, Telefongespräche zu erlauben, ist in allen Jugendstrafvollzugsgesetzen als Kann-Regelung ausgestaltet. Eine Ausnahme bilden Bayern und Niedersachsen. In Bayern ist selbst die Ermessensvorschrift auf dringende Fälle reduziert. In Niedersachsen hingegen ist die Regelung in dringenden Fällen als Soll-Vorschrift geschaffen und nur in allen anderen Fällen als Kann-Regelung. 2. Familiäres Umfeld vor der Inhaftierung Im ersten praktischen Abschnitt dieses Kapitels wird die familiäre Situation der jungen Frauen vor der Inhaftierung beschrieben. Dabei stehen zunächst das Elternhaus und die Bedingungen des kindlichen Aufwachsens im Mittelpunkt. Anschließend werden Partnerschaft und Mutterschaft behandelt. Den beiden Themenkomplexen voraus geht eine kurze Beschreibung der Altersverteilung im weiblichen Jugendstrafvollzug. a) Alter Die Jugendstrafgefangenen waren zum Zeitpunkt der Erhebung zwischen 15 und 26 Jahre alt. Das durchschnittliche Alter betrug 19,6 Jahre.163 Die Einteilung in die drei jugendstrafrechtlich relevanten Gruppen164 ergibt einen Anteil an minderjährigen Jugendlichen von 18,6 % (n = 47). Fast die Hälfte (48,6 %, n = 123) der Inhaftierten ist zwischen 18 und noch nicht 21 Jahre alt und daher nach dem Gesetz Heranwachsende. Ein Drittel (32,8 %, n = 83) ist über 21 Jahre alt und gehört damit zu der Gruppe der jungen Erwachsenen. Wie Abbildung zwei verdeutlicht, bilden die 19-  und 20-Jährigen die größte Gruppe im Vollzug. Folglich ist der absolut 160 Maelicke 2007b, S. 5; Ostendorf, S. 5; Streng 2007, S. 2; Walkenhorst / Roos / Kaplan, in: Ostendorf 2016, S. 465. 161 Sonnen, in: Diemer, Schatz & Sonnen 2015d, Rn. 1. 162 § 25 I JVollzGB IV; § 35 I BayStVollzG; § 55 JStVollzG Bln (jetzt: § 35 I JStVollzG Bln); § 38 I BbgJVollzG; § 35 I HessJStVollzG; § 55 I JStVollzG M-V; § 33 NJVollzG; § 38 JStVollzG NRW (jetzt: § 25  JStVollzG  NRW i. V. m. § 24  StVollzG  NRW); § 37  I  LJVollzG; § 51  I ­SächsJStVollzG. 163 In der Untersuchung von Werner aus dem Jahr 2005 lag der Altersdurchschnitt um fast ein Jahr höher bei 20,7 Jahren. Werner 2012, S. 208. 164 Jugendliche (14–17 Jahre); Heranwachsende (18–20 Jahre) und Erwachsene (ab 21 Jahre).

72

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen  50 45 40

Gefangenenzahlen

35 30 25 20 15 10 5 0

15

16

17

18

19

20 21 Alter in Jahren

22

23

24

25

26

2017

2018

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 2: Altersverteilung der weiblichen Jugendstrafgefangenen 60

Gefangenenanzahl in Prozent

50

40

30

20

10

0

2007

2008

2009

2010

2011

Jugendliche

2012 2013 Jahreszahlen Heranwachsende

2014

2015

2016

Erwachsene

Quelle: Eigene Berechnung anhand: Statistisches Bundesamt 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017b, S. 14, 2018c, S. 17.

Abbildung 3: Altersgruppen im Jugendstrafvollzug an Frauen 2007–2018

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

73

überwiegende Teil (81,4 %, n = 206) während seiner Inhaftierung bereits volljährig. Nur wenige (6,3 %, n = 16) gehören der Gruppe der sehr jungen Gefangenen an und sind zum Zeitpunkt der Inhaftierung 14–16 Jahre alt. Diese Altersverteilung ist auch aus der Strafvollzugsstatistik ablesbar. Schaut man sich die Altersverteilung der weiblichen Jugendstrafgefangenen in den letzten zehn Jahren an, bilden die Jugendlichen (zwischen 14 und noch nicht 18 Jahre alt) eine Minderheit, die fast immer weniger als ein Fünftel ausmacht.165 Die Gruppe der Heranwachsenden und Erwachsenen war bis 2014 ähnlich groß. Seitdem steigt der Anteil der Heranwachsenden und die jungen Erwachsenen werden prozentual weniger. Der Verlauf könnte ein Hinweis auf eine restriktivere Vollzugspraxis sein, junge Erwachsene öfter gemäß § 89b JGG aus dem Jugendstrafvollzug auszunehmen.166 Eine andere Möglichkeit wäre eine veränderte Urteilspraxis, Heranwachsende seltener nach Jugendstrafrecht zu verurteilen.167 Dadurch wären weniger ältere Gefangene im Jugendstrafvollzug inhaftiert, die bei einer längeren Haftstrafe der Gruppe der jungen Erwachsenen angehören. b) Herkunftsfamilie und Aufwachsen Um die Herkunftsfamilie der jungen Frauen zu charakterisieren, werden die Nationalität, die Religionszugehörigkeit, die Orte des Aufwachsens und die vor der Inhaftierung aktuelle Wohnsituation sowie elterliche Gewalt- und Misshandlungserlebnisse dargestellt. aa) Nationalität Der überwiegende Anteil der Jugendstrafgefangenen (82,0 %, n = 209) besaß die deutsche,168 18,0 % (n = 46) eine andere Staatsangehörigkeit.169 In der Gesamtbevölkerung liegt der Anteil der Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit im 165

Statistisches Bundesamt 2007, S. 14; 2008, S. 14; 2009, S. 14; 2010, S. 14; 2011, S. 14; 2012, S. 14; 2013, S. 12; 2014, S. 12; 2015, S. 13; 2016, S. 13; 2017b, S. 13; Statistisches Bundesamt 2018c, S. 17. 166 Bis jetzt finden sich keine Belege, um diese Vermutung zu unterstützen. 167 Bis zum Jahr 2011 ist eher eine Ausweitung der Anwendungspraxis von Jugendstrafrecht auf Heranwachsende zu beobachten (Laubenthal / Baier / Nestler 2015, S. 58; Pruin 2007, S. 59 [bis zum Jahr 2004]). Für die Frage, ob sich diese Praxis verändert hat, gibt es (noch) keine aktuellen Untersuchungen. 168 Im Vergleich dazu besaßen bei der Evaluation in Sachsen 98 % der Frauen die deutsche Staatsangehörigkeit. Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016, S. 377. Der Ausländeranteil unter weiblichen Inhaftierten (Jugendstrafe und Freiheitsstrafe) liegt bundesweit hingegen ebenfalls bei 18,2 %. Graebsch, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 3. 169 In den Gefangenenpersonalakten war die Quote der Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit etwas höher bei 23,8 %.

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D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Jahr 2016 bei 11,2 %.170 Ausländerinnen sind damit im weiblichen Jugendstrafvollzug, wie im gesamten Strafvollzug,171 überrepräsentiert. Selbstverständlich ist die Staatsangehörigkeit an sich dabei jedoch kein kriminologisch relevantes Merkmal. Gründe für diese Überrepräsentanz sind vielmehr eine andere sozialstrukturelle Zusammensetzung, eine unterschiedliche Anzeige- und Verfolgungspraxis und bestimmte Delikte, die lediglich von Nicht-Deutschen begangen werden können.172 Der Anteil der ausländischen Frauen ist dabei in den Anstalten signifikant unterschiedlich (p = .000) verteilt. Die Anteile in der JVA Aichach (21,4 %, n = 15), der JVA Köln (23,1 %, n = 15) und der JVA Schwäbisch-Gmünd (21,6 %, n = 11) sind dabei nahezu identisch. Lediglich in der JVA Chemnitz (3,1 %, n = 1) sind kaum ausländische Jugendstrafgefangene inhaftiert. Die durchschnittliche Quote entspricht auch den Angaben in der Strafvollzugsstatistik. Betrachtet man die Angaben der Strafvollzugsstatistiken der letzten zehn Jahre, so ist ein leichter Anstieg der Inhaftierten ohne deutsche Staatsangehörigkeit zu sehen. Auf Grund der geringen absoluten Fallzahlen ist diese Entwicklung jedoch noch nicht sehr aussagekräftig.173 Aus der Gruppe der deutschen Staatsangehörigen hatten 34,5 % (n = 88) einen Migrationshintergrund (mindestens ein Elternteil kam nicht aus Deutschland). Insgesamt hat damit gut die Hälfte (52,5 %, n = 134) der jungen Frauen auch ausländische familiäre Bezüge.174 Für diese Gruppe kann eine Inhaftierung mit erheblichen zusätzlichen Schwierigkeiten verbunden sein. Bei mangelnden Sprachkenntnissen fehlt die Möglichkeit, sich mit den Rechten und Pflichten des Jugendstrafvollzugsgesetzes oder der Hausordnung vertraut zu machen. Wie oben dargestellt, sehen nur wenige Bundesländer einen Anspruch der Gefangenen vor, bei unzureichenden Deutschkenntnissen das Aufnahmegespräch im Beisein eines Dolmetschers zu führen. Es besteht die Gefahr von Missverständnissen mit anderen Gefangenen oder dem Vollzugspersonal, der Abhängigkeit gegenüber Mitgefangenen als Dolmetscherinnen oder der sozialen Isolation. Wenn die Familie und Angehörige im Ausland wohnen, lässt sich der Kontakt nur sehr schwer und eingeschränkt halten. Dies kann die soziale Vereinsamung der jungen Frauen verstärken.175 Insgesamt gaben die Inhaftierten 29 verschiedene Nationalitäten an. Die größte Gruppe bildeten sowohl bei den Frauen mit Migrationshintergrund als auch bei den Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit die türkischstämmigen Gefangenen. Die kulturelle Vielfalt innerhalb des weiblichen Jugendstrafvollzuges ist damit, auch 170

Statistisches Bundesamt 2018b. Walter 2007, S. 128; Abraham, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 443. 172 Graebsch, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 3; Walter, in: Schweder 2015, S. 379, 380. 173 Statistisches Bundesamt 2007, S. 15; 2008, S. 15; 2009, S. 15; 2010, S. 15; 2011, S. 15; 2012, S. 15; 2013, S. 12; 2014, S. 12; 2015, S. 14; 2016, S. 14; 2017b, S. 14; Statistisches Bundesamt 2018c, S. 14. 174 Zu dieser Thematik für den bayerischen Jugendstrafvollzug: Endres / Nolte 2016. 175 Schott 2004, S. 385; Graebsch, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 77. 171

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

75

angesichts ihrer geringen absoluten Zahl, sehr hoch und kann zu zusätzlichen Problemen und Spannungen unter den Gefangenen führen. Betrachtet man das Alter der drei Gruppen, stellt man fest, dass die Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit ohne Migrationshintergrund signifikant älter (20,25 Jahre) waren als diejenigen mit deutscher Staatsbürgerschaft mit Migrationshintergrund (19,1 Jahre, p = .001) und diejenigen ohne deutsche Staatsangehörigkeit (19,0 Jahre, p = .003). Der Unterschied zwischen Deutschen mit Migrationshintergrund und ohne deutsche Staatsbürgerschaft ist hingegen nur sehr klein und auch nicht signifikant (p = .983). Dieser Altersunterschied könnte ein Hinweis darauf sein, dass junge Frauen mit Migrationshintergrund oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit auf Grund ihrer Herkunft einer härteren Sanktionspraxis unterworfen sind und daher schon in jüngeren Jahren inhaftiert werden.176 Möglicherweise schätzen Jugendrichter und -richterinnen die Sozialprognose auf Grund der Verwurzelung in einem fremden soziokulturellen Milieu häufiger negativer ein als bei jungen Frauen ohne Migrationshintergrund. Eine belastbare Aussage zu dieser Vermutung lässt sich diesen Daten jedoch nicht entnehmen. bb) Religionszugehörigkeit Ungefähr die Hälfte der Jugendstrafgefangenen (51,4 %, n = 129) bekennt sich zu einer christlichen Religionsgemeinschaft.177 Weitere 9,2 % (n = 23) der Inhaftierten gaben an, einer muslimischen Glaubensrichtung (Aleviten, Schiiten oder Sunniten) anzugehören. Unter dem Item „Sonstiges“ (10,4 %, n = 26) schrieben allerdings zusätzlich sehr viele „Muslima“, „Islam“ oder Ähnliches. Rechnet man diese Angaben hinzu, verdoppelt sich der Anteil auf 16,8 % (n = 42). Ungefähr ein Viertel (27,9 %, n = 70) zählte sich zu keiner Religionsgemeinschaft. cc) Orte und Bezugspersonen in der Kindheit und Jugend Die Kindheit der jungen Frauen ist vielfach geprägt von Diskontinuität. Viele mussten in der Kindheit und Jugend Wechsel des Aufenthaltsortes und ihrer Bezugspersonen erleben.178 Bei der Frage, wo sie überwiegend aufgewachsen sind, fehlen teilweise bis zu 50 % der Angaben in den Fragebögen, daher basieren die Aussagen nur auf einer sehr kleinen Stichprobe. Am häufigsten, wenn auch ins 176

Verschiedene Studien kamen zu dem Ergebnis, dass Ausländer sowohl häufiger zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt werden (Schott 2004, S. 388), als auch, dass die Freiheitsstrafen länger waren (allerdings für erwachsene Straftäter: Pfeiffer / Kleimann et al. 2005, S. 83). 177 Abgefragt wurden: katholisch, evangelisch, christlich-orthodox und christliche Freikirche. 178 So auch: Neuber / Apel / Zühlke 2011, S. 373; Kraft 2011, S. 381.

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D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

gesamt in der Unterzahl, berichteten die Inhaftierten überwiegend bei beiden Elternteilen (38,3 %, n  =  67) aufgewachsen zu sein, gefolgt vom überwiegenden Aufwachsen bei der Mutter (36,0 %, n = 63).179 Nur 5,7 % (n = 10) der Jugendstrafgefangenen lebte die meiste Zeit beim Vater.180 Weitere 9,1 % (n = 16) gaben an, ihre Kindheit hauptsächlich bei einem Elternteil mit dessen Partner verbracht zu haben. Laut der Gefangenenpersonalakten lebten bei über der Hälfte (56,7 %, n = 106) der Frauen die Eltern getrennt. Dies dürfte den geringen Anteil derjenigen erklären, die mit beiden Elternteilen zusammengelebt haben. Insgesamt 10,9 % (n = 19) der Inhaftierten sind überwiegend nicht bei einem leiblichen Elternteil aufgewachsen. Hier zeigt sich ein auffälliger Unterschied zu der Kontrastgruppe. Von den Schülerinnen und Studentinnen gaben mehr als doppelt so viele (81,0 %, n = 579) an, überwiegend bei beiden Elternteilen aufgewachsen zu sein. Weitere 18,4 % (n = 131) lebten bei einem ihrer beiden Elternteile (Mutter, Vater oder ein Elternteil mit neuem Partner). Damit waren in der Kontrastgruppe 99,3 % (n = 710) bei einem ihrer Elternteile aufgewachsen und so gut wie keine (0,7 %, n = 5) ohne die leiblichen Eltern. Ein Großteil der Jugendstrafgefangenen (61,6 %, n = 109) hat bereits mindestens einmal in einem Heim gelebt, fast ein Drittel (32,8 %, n = 58) von ihnen sogar länger als ein Jahr.181 Deutlich weniger (17,5 %, n = 31) waren zeitweise in einer Pflegefamilie untergebracht.182 Insgesamt mussten 63,3 % (n  =  112) der jungen Frauen eine Fremdunterbringung (Heim oder Pflegefamilie) während der Kindheit erleben. In den Gefangenenpersonalakten ist zusätzlich bei fast der Hälfte (41,2 %, n = 77) vor der Inhaftierung bereits ein Aufenthalt in der Psychiatrie vermerkt. Ganz anders sieht das Bild bei den Schülerinnen und Studentinnen aus. In dieser Gruppe war unter einem Prozent im Heim und nur 1,0 % schon einmal in einer Pflegefamilie untergebracht. Damit lassen sich deutliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen erkennen. Die inhaftierten Frauen sind halb so oft bei (beiden) leiblichen Eltern aufgewachsen und hatten deutlich häufiger bereits in einem Heim oder einer Pflege­familie gewohnt. Ihre Kindheit und Jugend ist damit vielfach belastet von Wechseln oder Wegfallen der Bezugspersonen und Wohnorte. Die hohe Anzahl der Fremdunterbringungen forderte von vielen Jugendstrafgefangenen die Anpassung an neue Lebenssituationen und lässt zudem auf konfliktbehaftete Situationen in ihren Herkunftsfamilien schließen.

179

Es fehlen 93 Angaben. Vgl. die Ergebnisse bei: Bieneck / Pfeiffer 2012, S. 24. 181 Es fehlen 91 Angaben. 182 Die Analyse der Gefangenenpersonalakten ergab, dass 40,6 % zeitweise im Heim und 12,8 % in einer Pflegefamilie untergebracht waren. Eine Erklärung für die Diskrepanz könnte sein, dass die jungen Frauen bei ihrer Inhaftierung eine Fremdunterbringung nicht angegeben haben oder dass ein entsprechender Vermerk vergessen oder als unwichtig unterlassen wurde. Zur Problematik der Auswertung von Gefangenenpersonalakten: Wolter / Häufle 2014. 180

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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dd) Wohnung vor Inhaftierung Die größte Gruppe wohnte vor der Inhaftierung noch bei ihren Eltern (40,2 %, n  =  103). In einer eigenen Wohnung oder Wohngemeinschaft lebte ein Viertel (27,3 %, n = 70), bei ihrem Partner 9,8 % (n = 25) der Frauen. Ein kleiner Teil (4,3 %, n = 11) berichtete, „auf der Straße“ gelebt zu haben oder (6,3 %, n = 16) „bei Freunden untergekommen“ zu sein.

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 4: Wohnung vor der Inhaftierung in Prozent

In den Gefangenenpersonalakten ist der Anteil derer, die noch bei den Eltern gewohnt haben, etwas höher (46,1 %, n = 70), während deutlich weniger in einer eigenen Wohnung (11,2 %, n  =  17) gewohnt haben. Eventuell sind viele junge Frauen noch bei ihren Eltern gemeldet, während sie aber bereits in einer anderen Wohnung ihren Lebensmittelpunkt haben. Dies könnte die Diskrepanz erklären. Ähnlich ist die Zahl derer, bei denen in den Akten kein fester Wohnsitz vermerkt war (7,9 %, n = 12). ee) Elterliche Gewalt und Misshandlung Jansen beschreibt, dass viele weibliche Jugendstrafgefangene aus schwierigen Elternhäusern stammten und bereits früh Gewalt gegen sich oder andere Familienangehörige erlebt haben.183 Der Zusammenhang zwischen elterlichem Gewaltverhalten auf die Straffälligkeit und die Gewalttätigkeit der Kinder ist bereits widerholt

183

Jansen / Schreiber 1994, S. 138; Jansen 1999, S. 60.

78

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

untersucht und bestätigt worden.184 Auf Grund des großen Einflusses elterlichen Gewalthandelns sind die jungen Frauen im Fragebogen nach Gewalt- oder Misshandlungserfahrungen befragt worden. Elterliche Gewalt ist im Folgenden definiert als „geschlagen“, „gestoßen“ oder „mit Gegenständen beworfen“ zu werden. Elterliche Misshandlung liegt vor, wenn sie angaben, von den Eltern „gewürgt“ oder „mit einer Waffe bedroht“ worden zu sein oder dass ihnen „absichtlich Verbrennungen zugefügt“ wurden. Ungefähr die Hälfte (48,3 %, n = 86) der Jugendstrafgefangenen berichtet, eine der als elterliche Gewalt definierten Handlungen schon einmal gegen sich erlebt zu haben. Zieht man nun in einem Vergleich die Angaben der Kontrastgruppe heran, so berichten mit 38,5 % (n = 275) der Schülerinnen und Studentinnen zwar deutlich weniger, aber auch noch ein großer Anteil von elterlicher Gewalt. Bei den Angaben zur körperlichen Misshandlung gehen die Angaben dann allerdings weit auseinander. Knapp ein Drittel (30,9 %, n = 55) der Inhaftierten berichtete, elterlicher Misshandlung ausgesetzt gewesen zu sein. Hier liegt der Wert der Kontrastgruppe lediglich bei 4,2 % (n = 30). Alle Frauen, die von elterlicher Misshandlung berichtet hatten, gaben auch an elterliche Gewalt erlebt zu haben. Insgesamt hat damit die Hälfte der Inhaftierten (48,3 %, n = 86) leichte oder schwere Gewalttaten durch ihre Eltern erfahren. In der Kontrastgruppe existiert damit ein starker Unterschied zwischen dem Anteil derer, die elterliche Gewalt, und derer, die elterliche Misshandlung erlebt haben. Die Schülerinnen und Studentinnen mussten daher vermutlich eher leichtere Formen elterlicher Gewalt erleben. c) Partnerschaft und Kinder Zum Zeitpunkt der Befragung waren fast alle jungen Frauen (95,2 %, n = 239) ledig, knapp die Hälfte (46,0 %, n = 116) hatte einen festen Partner / eine feste Partnerin. Ob die Jugendstrafgefangenen bereits Mutter sind, wurde im Fragebogen nicht direkt gefragt. Sie sollten aber angeben, ob und wie häufig sie Kontakt zu ihren Kindern hätten oder ob sie keine hätten. Zur Auswahl waren die Antwortmöglichkeiten „nie“, „selten“, „manchmal“, „oft“ und „habe ich nicht (mehr)“ vorgegeben. Daraus lässt sich indirekt berechnen, wie viele bereits Mutter sind. Berücksichtigt man diejenigen Frauen, die angekreuzt haben „nie“, „selten“, „manchmal“ oder „oft“ Kontakt zu ihren Kindern zu haben, sind 36,0 % (n  =  85) bereits Mutter mindestens eines Kindes. Da es sein könnte, dass Frauen ohne Kinder statt „habe ich nicht (mehr)“ die Antwort „nie“ gewählt haben, werden diese Antworten in einer erneuten Rechnung herausgenommen. Danach sind deutlich weniger (16,9 %, n = 40) Mutter eines Kindes. Die Angabe in den Gefangenenpersonalakten liegt prozentual in der Mitte. Hier ist bei 20,9 % (n = 39) ein Kind vermerkt. Von den absoluten Zahlen ähneln sich zwar die Angaben in den Akten und die Antworten aus den Fragebogen, wenn die Kontaktangabe „nie“ herausgerechnet ist. Aller 184

Baier / Pfeiffer / Thoben 2013; Pfeiffer / Wetzels / Enzmann 1999.

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

79

dings liegen die Gefangenenpersonalakten nur von vier Anstalten vor. Auch in den anderen fünf Anstalten dürften Gefangene mit Kindern inhaftiert sein. Es scheint daher vertretbar, einen Mütteranteil von 20 % im Jugendstrafvollzug als die untere Grenze anzusehen. Zusätzlich gaben 7,2 % (n = 18) an, zum Zeitpunkt der Befragung schwanger zu sein. In den Gefangenenpersonalakten war lediglich bei 3,7 % (n = 7) eine Schwangerschaft vermerkt. Über diesen verhältnismäßig großen Unterschied in den Angaben kann nur spekuliert werden. Möglicherweise wussten die Frauen zu Beginn der Haft nichts von ihrer Schwangerschaft und die Gefangenenpersonalakten sind seitdem nicht aktualisiert worden. Vielleicht versuchen einige auch, aus unterschiedlichen Gründen, ihre Schwangerschaft vor der Anstalt zu verheimlichen. Während der Haftzeit der Mutter müssen die Kinder von einer anderen Person betreut werden. Die Trennung von ihrem Kind und die mit einer Fremdunterbringung verbundenen Probleme können die jungen Frauen im Vollzug psychisch stark belasten. Neben den Vorwürfen, als Mutter versagt zu haben,185 werden sie in eine ohnmächtige Rolle gedrängt, indem sie durch die räumliche Trennung von Erziehungsfragen ihres Kindes ausgeschlossen sind. Auch die Kinder leiden psychisch und körperlich unter der Inhaftierung eines Elternteils.186 Diese Probleme können die Mütter zwar wahrnehmen, aber wenig zur Lösung oder Linderung beitragen. Hinzu kommt, sowohl den eigenen Trennungsschmerz als auch den der Kinder ertragen zu müssen und die Schwierigkeiten, den Kontakt aufrechtzuerhalten.187 Mutterschaft während der Haftzeit ist also mit erheblichen organisatorischen Problemen und emotionalen Belastungen verbunden. Dies muss in den pädagogischen und therapeutischen Angeboten der Anstalten aufgegriffen und thematisiert werden. 3. Kontakt zum sozialen Umfeld während der Inhaftierung Eine Inhaftierung reißt die jungen Frauen aus ihrem gewohnten sozialen Umfeld heraus. Der Kontakt zu vertrauten Menschen ist plötzlich durch räumliche und organisatorische Hindernisse auf ein Minimum begrenzt. Im Rahmen des verfassungsrechtlichen Resozialisierungsauftrags ist es Aufgabe der Anstalten, die Jugendstrafgefangenen trotz der Hindernisse dabei zu unterstützen, Kontakt mit Familie und Freunden zu halten.188 Der Austausch mit außenstehenden Personen 185

Balzer-Ickert / Ostermann-Schur 2003, S. 151; Böning / Weßels, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 22. 186 Birtsch / Rosenkranz, in: Birtsch 1988, S. 133; Sandmannn / Knapp, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 179. 187 Balzer-Ickert / Ostermann-Schur 2003, S. 151, 152. 188 Leyendecker 2002, S. 208; BVerfG Beschluss vom 6.4.1976–2 BvR 61/76, NJW 1976, S. 1313; BVerfG, Beschluss vom 12.11.1997–2 BvR 615/97, NStZ-RR 1998, S. 123; BVerfG, Beschluss vom  13.12.1997–2  BvR  1404/96, NJW  1998, S. 1133; BVerfG, Beschluss vom 22.3.1998–2 BvR 77/97, NStZ 1998, S. 375; Thiele 2016, S. 113.

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D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

gibt den Gefangenen die Möglichkeit, das Erlebnis der Inhaftierung mit vertrauten Personen zu besprechen und Unterstützung zu erfahren. Zudem kehren die jungen Frauen nach der Haftentlassung meistens in ihr altes Umfeld und vor allem zu ihren Familien zurück. Damit sich die Gefangenen nach der Haftentlassung auf die Unterstützung und Hilfe ihres sozialen Umfeldes verlassen können, bedarf es der Kontaktpflege während der Inhaftierung.189 Dieses Kapitel behandelt zunächst, wie viel Kontakt die Gefangenen nach eigener Einschätzung zu Personen außerhalb des Gefängnisses haben und wie zufrieden sie mit dem Umfang des Kontaktes sind. Anschließend werden die Modalitäten und der Umfang des Besuches sowie die Häufigkeit des Brief- und Telefonkontaktes dargestellt. Der letzte Abschnitt widmet sich den gewährten Vollzugslockerungen. a) Umfang und Zufriedenheit mit dem Kontakt insgesamt Die Frauen konnten im Fragebogen angeben, zu wem und in welchem Umfang sie Kontakt während der Inhaftierung halten. Es waren die Antwortmöglichkeiten „oft“, „manchmal“, „selten“, „nie“ und „betrifft mich nicht“ vorgegeben. Bei dieser Fragestellung wurde nicht zwischen den einzelnen Kontaktarten differenziert, sondern allgemein nach der subjektiven Häufigkeit des gesamten Kontaktes zu Personen außerhalb des Gefängnisses gefragt. Der häufigste Kontakt bestand zu ihrer Mutter. Mit ihr standen 83,5 % (n = 213) während der Haft in Verbindung. Über die Hälfte (60,4 %, n = 154) gab dabei an, oft mit der Mutter zu kommunizieren. Lediglich bei einem Viertel (25,1 %, n = 64) existiert kein oder nur selten Kontakt. Die Väter der Jugendstrafgefangenen spielen eine deutlich geringere Rolle. Nur die Hälfte (52,2 %, n = 132) steht während der Haftzeit überhaupt in Verbindung zum Vater. Eine relativ große Gruppe (15,8 %, n = 40) gab an, gar keinen Vater (mehr) zu haben (keine Mutter hatten nur 5,1 % [n = 13] der jungen Frauen). Lediglich ein knappes Drittel (29,2 %, n = 74) hat oft Kontakt zu ihrem Vater. Die zweitgrößte Gruppe der Kontaktpersonen sind die Geschwister. Fast drei Viertel (74,5 %, n = 190) der jungen Frauen halten während der Inhaftierung die Verbindung zu Brüdern und Schwestern. Großeltern (40,5 %, n = 101) und andere Familienangehörige (42,5 %, n = 105) spielen hingegen eine untergeordnete Rolle. Zu ihrem Partner / ihrer Partnerin hat über die Hälfte (60,0 %, n = 150) der Frauen Kontakt. Der überwiegende Teil von ihnen (46,8 %, n = 117) bezeichnet den Austausch als häufig. Wenige gaben an, nie (10,8 %, n = 27) bis selten (6,0 %, n = 15) mit ihrem Partner zu kommunizieren. Ein knappes Drittel (29,2 %, n = 73) hatte nach eigenen Angaben keinen Partner. Nach der Auswertung der Kontaktangaben 189

Sandmannn / Knapp, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 180.

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

81

haben 36,0 % (n = 85) der Gefangenen bereits ein Kind. Allerdings gab über die Hälfte von ihnen (22,5 %, n = 53) an, nie bis selten mit diesem in Verbindung zu sein. Nur 11,4 % (n = 27) hatten oft Kontakt. Überhaupt irgendeine kommunikative Verbindung zu den eigenen Kindern hatten 16,9 % (n = 40) der Inhaftierten. Zu Freunden ist der Kontakt deutlich reduzierter. Weniger als die Hälfte (41,6 %, n = 106) steht oft und ein Fünftel (21,6 %, n = 55) manchmal im Austausch mit Freunden außerhalb des Gefängnisses. Fast ein Drittel (31,4 %, n = 80) gab an, nie oder selten Kontakt mit Freunden zu haben. Dabei muss berücksichtigt werden, dass das Item „Freunde“ im Gegensatz zu den meisten anderen abgefragten Items eine aus mehreren Personen bestehende Gruppe darstellt. Dementsprechend hätte hier durchaus mit höheren Werten gerechnet werden können. Diese relativ geringe Anzahl lässt aber darauf schließen, dass während der Inhaftierung die Familie eine deutlich höhere Bedeutung hat als der alte Freundeskreis. Fast die Hälfte der Gefangenen (48,3 %, n = 124) ist (sehr) zufrieden mit dem bestehenden Kontakt. Ungefähr ein Viertel (23,7 %, n = 61) ist unzufrieden oder sehr unzufrieden. Die dritte Gruppe (28,0 %, n = 72) sah den vorhandenen Kontakt gemischt und kreuzte „teils-teils“ an. b) Modalitäten und Umfang des Besuchskontaktes Neben den gesetzlichen Vorgaben für den Besuchskontakt spielen die Hausordnungen der jeweiligen Anstalten zu den Besuchsmodalitäten eine entscheidende Rolle. Diese dürfen nicht dazu führen, die Rechte des Gefangenen „in wesentlichem Ausmaß“ einzuschränken.190 Dennoch kann die Festlegung der Besuchszeiten innerhalb dieses Spielraums wesentlich dazu beitragen, den Kontakt der Gefangenen mit den Angehörigen zu unterstützen oder zu erschweren. Wie nachfolgende Tabelle sieben zeigt, haben die Anstalten die Besuchszeiten sehr unterschiedlich festgelegt. Die JVA Schwäbisch-Gmünd und die JVA Frankfurt haben für die weiblichen Jugendstrafgefangenen nur Besuchszeiten am Wochenende vorgesehen. Während ein Besuch in der JVA  Schwäbisch-Gmünd ganztägig möglich ist, steht in der JVA  Frankfurt nur Samstagnachmittag und Sonntagvormittag jeweils ein Zeitraum von je zwei Stunden zur Verfügung. Zusätzlich besteht die Einschränkung, dass die jungen Frauen lediglich alle zwei Wochen für jeweils zwei Stunden Besuch erhalten können.191 Die JVA Berlin und die JVA Zweibrücken wiederum haben nur Besuchszeiten unter der Woche. In der JVA Zweibrücken ist die Zeit sogar auf zwei Stunden am Montagmittag und drei Stunden am Freitagmorgen begrenzt. In Berlin wiederum gehen die Besuchszeiten Montag und Dienstag bis 19:30 Uhr. Alle anderen JVAen ermöglichen sowohl 190 191

Laubenthal, in: Laubenthal & Nestler et al. 2015a, Rn.17. https://justizvollzug.hessen.de/justizvollzug/jva-frankfurt-m-iii/einlass.

82

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen  Tabelle 7 Besuchszeiten für weibliche Jugendstrafgefangene in den Anstalten

Anstalt

Besuchszeit unter der Woche

Besuchszeit am Wochenende

Sonstige Besuche

JVA Aichach192

Mo–Fr: ­8:00–16:00 Uhr

Jeden zweiten Sa im Monat: ­8:00–16:00 Uhr

/

JVA Berlin193

Mo, Di: ­12:00–19:30 Uhr; Do, Fr: ­08:00–15:30 Uhr

/

/

JVA Chemnitz194

Mo–Do: ­08:00–11:30; ­12:30–15:30 Uhr Fr: 08:00–11:30 Uhr

Jeden 1., 2. und 4. Sa im Monat: 09:00–11:30; ­12:30–16:00 Uhr Jeden 3. So im Monat: 09:00–11:00; 12:30–16:00 Uhr

Montag bis Donnerstag können Angehörige die Gefangenen besuchen, ohne dass dies auf das Besuchskontingent angerechnet wird

JVA Frankfurt195

/

Sa: 13:00–15.00 Uhr So: 10:00– 12:00 Uhr

/

JVA Köln196

Mo–Do: ­08:05–16:45 Uhr

Für Familienangehörige jeden 1. und 2. Sa im Monat: 08:30–15:15 Uhr

Langzeitbesuche Montag bis Donnerstag: ­08:30–11:30 Uhr und ­13:00–16:00 Uhr

JVA LuckauDuben

k.A.

k.A.

k.A.

JA Neustrelitz197

Mi 16:30–18:30 Uhr Do 16:30–17:30 Uhr

Zweimal im Monat Sa: ­08:00–9.00; 10:00–11:00; ­12:30–14:30; ­15:30–16:30 Uhr

/

192

https://www.justiz.bayern.de/justizvollzug/anstalten/jva-aichach/. https://www.berlin.de/justizvollzug/anstalten/jva-fuer-frauen-berlin/erste-informationen/ artikel.565440.php. 194 https://www.justiz.sachsen.de/jvac/content/655.htm. 195 https://justizvollzug.hessen.de/justizvollzug/jva-frankfurt-m-iii/besuchstermine. 196 http://www.jva-koeln.nrw.de/infos/merkblatt_besucher.pdf. 197 http://www.justiz-in-mv.de/jantz/Jugendanstalt/Informationen/Besuch/. 193

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

83

Anstalt

Besuchszeit unter der Woche

Besuchszeit am Wochenende

Sonstige Besuche

JVA SchwäbischGmünd198

/

Sa und So: ­08:30–18:30 Uhr

Zweimal im Monat Kinderbesuch; Langzeitbesuche von vier Stunden, vierteljährlich (außer bei leiblichen Kindern zur Hälfte auf Besuchszeit angerechnet)

JVA Vechta199

Mo–Fr: 13:30– 16:30 Uhr

Sa: 09:00–17:00 Uhr So: 09:00– 15:00 Uhr

Langzeitbesuche Di–Fr: 13:15– 17:15 Uhr und So 12:00–16:00 Uhr

JVA Zweibrücken200

Mo: ­13:30–16:00 Uhr Fr: 08:30–11:30 Uhr

/

/

Quelle: Eigene Darstellung.

unter der Woche als auch am Wochenende Besuche. Dabei haben die JVA Vechta und die JVA Chemnitz wohl die großzügigsten Regelungen mit langen Zeiten unter der Woche und häufigen Terminen am Wochenende. Die JVA Schwäbisch-Gmünd, die JVA Vechta und die JVA Köln ermöglichen grundsätzlich Langzeitbesuche. In der JVA Chemnitz können Angehörige Montag bis Donnerstag die Gefangenen besuchen, ohne dass dies auf die Besuchszeit angerechnet wird. Sobald die Gefangenen Lockerungen erhalten, reduziert sich der Besuchsanspruch allerdings auf eine Stunde im Monat.201 Die Anzahl der Personen ist in den meisten Anstalten auf drei Besucher / Besucherinnen begrenzt.202 Sie können innerhalb der Anstalt Getränke und Süßigkeiten für den Besuch innerhalb der JVA einkaufen. In der JVA Vechta dürfen Angehörige auch 1,5 kg Frischobst zum Besuch mitbringen.203 198 http://www.jva-schwaebisch-gmuend.de/pb/site/jum2/get/documents/jum1/JuM/Justiz​ vollzugsanstalt%20Schw%C3%A4bisch%20Gm%C3%BCnd/Informa‍‌tionsbl‍‍att%20f%C3%​ BCr%20Strafhaft.pdf 199 https://www.justizvollzugsanstalt-vechta.niedersachsen.de/service/besucherinformation/ besucherinformation-82904.html. 200 https://jvazw.justiz.rlp.de/de/service-informationen/besuchsreglung/. 201 https://www.justiz.sachsen.de/jvac/content/615.htm. 202 https://www.justiz.bayern.de/justizvollzug/anstalten/jva-aichach/; http://www.jvaschwaebisch-​gmuend.de/pb/site/jum2/get/documents/jum1/JuM/Justiz‌​vollzugsanstalt%20 Schw%C3%​A4bisch%20Gm%C3%BCnd/Informationsblatt%20f%C3%​BCr%20Strafhaft.pdf http://www.jva-koeln.nrw.de/infos/merkblatt_besucher.pdf; https://www.berlin.de/justizvoll​ zug/anstalten/jva-fuer-frauen-berlin/erste-informationen/#besuch; http://www.justiz-in-mv.de/ jantz/Jugendanstalt/Informationen/Besuch/. 203 https://www.justizvollzugsanstalt-vechta.niedersachsen.de/service/besucherinfor‌mation/ besucherinformation-82904.html.

84

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Auch die Länge der einzelnen Besuche wird nicht im Gesetz, sondern durch die Anstalt vorgegeben. Die JVA Aichach vergibt die Besuchszeit z. B. nur stundenweise.204 In der JVA Schwäbisch-Gmünd und der JVA Zweibrücken kann der Besuch eine, maximal zwei Stunden dauern.205 In der JVA Berlin beträgt die Besuchszeit in der Regel eine Stunde, in Sonderfällen (z. B. Anreise von über 50 Kilometern) kann auf zwei Stunden verlängert werden. Werden die Inhaftierten gefragt, wie häufig sie nach eigener Einschätzung Besuch erhalten, zeigen sich jedoch trotz der sehr unterschiedlichen Besuchszeiten keine gravierenden und vor allem keine signifikanten (p = .969) Unterschiede zwischen der JVA Aichach, der JVA Chemnitz, der JVA Köln und der JVA Schwäbisch-Gmünd. Allerdings bieten außer der JVA Schwäbisch-Gmünd auch alle drei Anstalten sowohl Besuche unter der Woche als auch am Wochenende an. Die Anstalten mit sehr restriktiven Besuchszeiten, wie z. B. die JVA Zweibrücken, können auf Grund der geringen Fallzahl nicht sinnvoll getrennt ausgewertet werden. Eine weitere Erklärung wäre, dass die subjektive Einschätzung nach der Besuchshäufigkeit stark vom Umfang der Besuche der anderen Inhaftierten abhängt. Erhalten also alle Gefangenen einer Anstalt nach objektiven Kriterien wenig Besuch, kann der Besuchsumfang derjenigen mit dem relativ meisten Besuch dennoch subjektiv als häufig eingestuft werden. Tabelle 8 Häufigkeit des Besuchskontaktes in den Anstalten nie

selten

manchmal

oft

Insgesamt n

13,2 % 33

17,2 % 43

22,0 % 55

47,6 % 119

JVA Aichach n

12,1 % 8

21,2 % 14

22,7 % 15

43,9 % 29

JVA Chemnitz n

9,7 % 3

12,9 % 4

25,8 % 8

51,6 % 16

JVA Köln n

16,4 % 11

14,9 % 10

22,4 % 15

46,3 % 31

JVA Schwäbisch-Gmünd n

10,2 % 5

20,4 % 10

22,4 % 11

46,9 % 23

Andere Anstalten n

16,2 % 6

13,5 % 5

16,2 % 6

54,1 % 20

Quelle: Eigene Darstellung.

204

https://www.justiz.bayern.de/justizvollzug/anstalten/jva-aichach/. http://www.jva-schwaebisch-gmuend.de/pb/site/jum2/get/documents/jum1/JuM/Jus‌tiz​ vollzugsanstalt%20Schw%C3%A4bisch%20Gm%C3%BCnd/Informationsblatt%20f%C3%​ BCr%20Strafhaft.pdf; https://jvazw.justiz.rlp.de/de/service-informationen/besuchsreglung/. 205

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

85

Ungefähr die Hälfte der Frauen bekommt nach eigener Einschätzung oft Besuch, die Unterschiede zwischen den Anstalten sind von 43,9 % in der JVA Aichach bis zu 54,1 % in den zusammengefassten Anstalten nicht sehr hoch. Insgesamt erhalten 13,2 % nie und 17,2 % der Jugendstrafgefangenen selten Besuch. Dieser Wert liegt bei allen Anstalten außer der JVA Chemnitz (20,6 %) jeweils um die 30 %. Die JVA Chemnitz hat damit sowohl die geringste Anzahl an Frauen, die wenig Besuch erhalten, als auch von den einzeln erhobenen Anstalten die meisten Jugendstrafgefangenen mit viel Besuch. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die relativ großzügigen Besuchszeiten am Wochenende die Häufigkeit des Besuches durchaus beeinflussen. Der Umfang des Kontaktes nach den selbstberichteten Angaben ist abhängig von der Nationalität der Jugendstrafgefangenen. Während es zwischen Frauen mit deutscher Nationalität mit oder ohne Migrationshintergrund kaum Unterschiede gibt, erhalten Inhaftierte ohne deutsche Staatsangehörigkeit signifikant (p = .030) seltener Besuch. Während fast die Hälfte der Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit (46,5 %) nie oder selten Besuch erhält, ist es bei den deutschen Gefangenen nur ein Viertel (26,7 %). Von den Jugendstrafgefangenen mit deutscher Nationalität bekommt die Hälfte (49,5 %) oft Besuch, bei den ausländischen Inhaftierten sind es nur 39,5 %. Die Unterschiede zwischen der Besuchshäufigkeit sind nach dem Chi-QuadratTest signifikant. Da hier die Zellengrößen sehr klein sind, wurde die Signifikanz zusätzlich mit dem Fisher’s Exact Test geprüft, der bei kleinen Gruppengrößen zuverlässiger ist. Auch dieser ergab ein Signifikanzniveau von p = .038. Für Gefangene mit ausländischer Nationalität scheint es daher zusätzliche Hindernisse bei der Organisation von Besuchen durch Familie und Freunde zu geben. Vielleicht leben die Angehörigen hauptsächlich im Ausland. Dadurch sind die Anfahrtswege für einen kurzen Besuch zu weit. Als weitere Möglichkeit kämen Sprachprobleme der Gefangenen oder der Angehörigen in Betracht, die die Anmeldung und Durchführung eines Besuches in der Anstalt erschweren. c) Häufigkeit des Brief- und Telefonkontaktes Abschließend wurden die jungen Frauen nach der Häufigkeit ihres Brief- und des Telefonkontaktes befragt. Zwei Drittel der Gefangenen (68,1 %) hat oft Briefkontakt. Der Anteil ist damit deutlich höher als der Anteil derjenigen, die oft Besuch erhalten (47,6 %). Keine Briefe schreiben nur 5,9 % der Gefangenen. Fast doppelt so viele gaben an (13,2 %), keinen Besuch zu erhalten. Der Brief ist damit das wichtigste Kommunikationsmittel mit dem sozialen Umfeld außerhalb der Anstalt.

86

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen  Tabelle 9 Häufigkeit des Briefkontaktes in den Anstalten nie

selten

manchmal

Oft

Insgesamt n

5,9 % 15

8,3 % 21

17,7 % 45

68,1 % 173

JVA Aichach n

6,0 % 4

4,5 % 3

17,9 % 12

71,6 % 48

JVA Chemnitz n

3,2 % 1

/

9,7 % 3

87,1 % 27

JVA Köln n

10,3 % 7

11,8 % 8

19,1 % 13

58,8 % 40

JVA Schwäbisch-Gmünd n

4,0 % 2

12,0 % 6

18,0 % 9

66,0 % 33

Andere Anstalten n

2,6 % 1

10,5 % 4

21,1 % 8

65,8 % 25

Quelle: Eigene Darstellung.

Die Unterschiede zwischen den Anstalten sind hier stärker ausgeprägt als bei den Angaben zur Häufigkeit des Besuches. Auch hier werden die Unterschiede zwischen den Anstalten jedoch nicht signifikant (p = .331). Während in der JVA Köln nur 58,8 % angaben, oft Briefe zu empfangen oder zu schreiben, waren es in der JVA Chemnitz mit 87,1 % deutlich mehr. In der JVA Chemnitz gab nur eine Gefangene (3,2 %) an, nie oder selten Briefkontakt zu haben. In den anderen Anstalten lagen die Gruppen zwischen 10,5 % (JVA Aichach) und 22,1 % (JVA Köln). Diese Angaben sind auf Grund der geringen Gruppengrößen vorsichtig zu interpretieren. Allerdings hat wieder die JVA Chemnitz die höchste Anzahl der Frauen mit viel Briefkontakt und die niedrigste Anzahl mit kaum Briefkontakt. Für die Frauen ohne deutsche Nationalität zeigt sich bei den Briefkontakten das gleiche Bild wie bei den Besuchskontakten. Inhaftierte mit deutscher Nationalität erhalten nach eigener Einschätzung öfter Briefe als Frauen mit einer anderen Staatsbürgerschaft. Der Unterschied ist sowohl nach dem Chi-Quadrat-Test (p = .000) als auch dem Fisher’s Exact Test (p = .000) signifikant. Die Gruppe derer, die nie oder selten Briefe erhalten, ist insgesamt in beiden Gruppen geringer als beim Besuchskontakt. Der Unterschied zwischen den Frauen mit deutscher Nationalität (9,3 %) und denen mit ausländischer Nationalität (36,3 %) ist dennoch deutlich ausgeprägt. Während fast drei Viertel der Deutschen (71,7 %) oft Briefkontakt haben, sind es bei den ausländischen Frauen nur die Hälfte (54,5 %). Sowohl bei den Besuchs-  als auch bei den Briefkontakten existieren keine signifikanten Unterschiede zwischen den Anstalten. Deren Einfluss bei den Unterschieden kann also ausgeschlossen werden. Während sich für

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

87

den reduzierten Besuchskontakt plausible Gründe finden lassen, ist der geringere Briefkontakt nur schwer nachzuvollziehen und bedürfte einer genaueren Untersuchung. Insgesamt scheint der Kontakt zum sozialen Umfeld außerhalb der Anstalt aber für junge Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit deutlich schwieriger zu halten zu sein als für Gefangene mit deutscher Nationalität. Der Telefonkontakt hingegen spielt insgesamt eine eher untergeordnete Rolle. Lediglich ein Viertel führte häufig Telefonate. Über die Hälfte (55 %, n = 137) der weiblichen Jugendstrafgefangenen telefonierte nie oder selten. Der Unterschied zwischen den Anstalten ist hier gravierend und auch signi­ fikant (p = .000). In der JVA Aichach darf über die Hälfte (58,5 %) nie telefonieren. Wenige junge Frauen (7,7 %) gaben an, oft Kontakt per Telefon zu haben. Ähnlich ist die Situation in der JVA Köln. In der JVA Chemnitz hingegen zeigt sich das umgekehrte Bild. Hier berichten nur 12,9 %, nie mit jemandem telefonieren zu dürfen, während 41,9 % oft Kontakt per Telefon hatten. Die großen Unterschiede zwischen der JVA  Aichach und der JVA  Chemnitz dürften vor allem auf den restriktiven Regelungen des bayerischen Strafvollzugsgesetzes beruhen. Warum die JVA Chemnitz auch gegenüber den anderen Anstalten einen erhöhten Anteil Gefangener hat, die telefonieren können, kann demgegenüber nicht an unterschiedlichen gesetzlichen Vorschriften liegen, sondern vermutlich an einer liberaleren Entscheidungspraxis. Ob den Jugendstrafgefangenen die Möglichkeit offensteht, per Telefon Kontakt mit Familienangehörigen oder Freunden zu halten, ist damit abhängig von der Praxis der jeweiligen Anstalten bzw. des Bundeslandes. d) Vollzugslockerungen – Freigang, Ausgang, Ausführung und Hafturlaub Im Rahmen von Vollzugslockerungen bietet sich die Gelegenheit, Angehörige und Freunde außerhalb der Anstalt zu treffen. Die gewährten Vollzugslockerungen bewegen sich jedoch in allen Anstalten insgesamt auf einem eher niedrigen Niveau. Nur ein gutes Viertel (28,3 %, n = 53) der Jugendstrafgefangenen wird laut den Personalakten von den Anstalten für lockerungsgeeignet gehalten. Die Einschätzung der Anstalten variieren von 19,7 % (n = 12) Lockerungsgeeigneten in Aichach bis zu 35,1 % (n = 20) in Köln. Über ein Drittel (38,5 %, n = 72) erhält tatsächlich Lockerungsmaßnahmen und damit deutlich mehr junge Frauen, als von den Anstalten für Lockerungen geeignet gehalten werden. Zwei Drittel (61,5 %, n = 115) können hingegen während der Inhaftierung nicht von Lockerungsmaßnahmen profitieren.

88

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen  Tabelle 10 Vollzugslockerungen in den einzelnen Anstalten Insgesamt

JVA Aichach

JVA Chemnitz

JVA Köln

JVA SchwäbischGmünd

Lockerungsgeeignet n

28,3 % 53

19,7 % 12

28,0 % 7

35,1 % 20

31,8 % 14

Lockerung erhalten n

38,5 % 72

45,9 % 28

36,0 % 9

38,9 % 21

31,8 % 14

Ausgang n

23,0 % 43

19,7 % 12

16,0 % 4

29,8 % 17

22,7 % 10

Ausführung n

15,5 % 29

29,5 % 18

24,0 % 6

3,5 % 2

6,8 % 3

Freigang n

0,5 % 1

/

/

1,8 % 1

/

Hafturlaub n

5,3 % 10

4,9 % 3

4,0 % 1

10,5 % 6

/

Quelle: Eigene Darstellung.

Am auffälligsten ist die Diskrepanz in der JVA Aichach. Hier werden prozentual die wenigsten Frauen als lockerungsgeeignet eingestuft (19,7 %), aber im Verhältnis den meisten Lockerungen gewährt (45,9 %). In den anderen beiden Anstalten sind die Quoten der gewährten Lockerungen nahezu identisch (von 31,8 % in der JVA  Schwäbisch-Gmünd bis 38,9 % in der JVA  Köln). Die JVA  SchwäbischGmünd nutzt insgesamt am seltensten die Möglichkeit von vollzugsöffnenden Maßnahmen. Die etwas liberalere gesetzliche Regelung im sächsischen Jugendstrafvollzugsgesetz zur Gewährung von Lockerungen schlägt sich offensichtlich nicht in einer großzügigeren Vergabepraxis in der JVA Chemnitz (36,0 %) nieder. Die am häufigsten gewährte Lockerung ist Ausgang (insgesamt 23,0 %), gefolgt von der Ausführung (15,5 %). Am häufigsten Ausgang erhalten die Jugendstrafgefangenen in der JVA Köln (31,5 %), Ausführungen finden hier allerdings nur selten statt. Am häufigsten nutzt die JVA  Aichach (29,5 %) diese Art der Vollzugslockerung. Freigang wird nur in der JVA Köln gewährt – allerdings auch nur in minimalem Umfang (1,9 %). Hafturlaub genehmigen alle Anstalten, bis auf die JVA Schwäbisch-Gmünd – allerdings nur in einem sehr geringen Umfang (5,3 %).

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

89

4. Sozialpädagogische / therapeutische Angebote im Jugendstrafvollzug Der vierte Abschnitt stellt Angebote der Anstalten dar, die im weiteren Sinne dem sozialpädagogischen oder therapeutischen Bereich zugeordnet werden können. Wie bereits berichtet, mussten viele junge Frauen in ihrer Kindheit oder Jugend die Trennung der Eltern, Fremdunterbringung und elterliche Gewalthandlungen erleben. Der Bedarf an therapeutischen oder sozialpädagogischen Hilfeangeboten ist folglich hoch. Zunächst wird erläutert, welche pädagogischen und therapeutischen Angebote im Vollzug den Jugendstrafgefangenen zur Verfügung stehen, anschließend wird untersucht, in welchem Maß die jungen Frauen diese Angebote annehmen. a) Angebotsspektrum im weiblichen Jugendstrafvollzug Das Angebot an therapeutischen Maßnahmen ist – wie Tabelle 11 zeigt – in den einzelnen Anstalten sehr unterschiedlich ausgestaltet. Einige Angebote wurden erst nach der Erhebung bei einer erneuten Kontaktaufnahme von den Anstalten mitgeteilt und können bei der Auswertung der Teilnehmerzahlen dementsprechend nicht berücksichtigt werden. Diese Angebote aus den Anstalten von Aichach, Chemnitz, Köln und Schwäbisch-Gmünd sind kursiv abgebildet. Bei den Angeboten aus den anderen fünf Anstalten handelt es sich nicht um eine systematische Aufstellung aller Angebote, sondern um diejenigen, die von den Inhaftierten im Fragebogen oder von der Anstalt in einem Telefonat mitgeteilt wurden. Die einzige Maßnahme, die in allen Anstalten angeboten wird, ist eine psychologische Beratung im Einzelgespräch. Leider beschäftigt kaum eine Anstalt dafür einen ausgebildeten Therapeuten. Die meisten Angebote werden in diesem Bereich von Psychologen oder Sozialpädagogen geleitet. Fünf der acht Anstalten bieten zudem Maßnahmen an, die sich mit dem Gewaltverhalten der Inhaftierten beschäftigen. Drei Anstalten haben (therapeutische)  Kunstgruppen. Daneben gibt es sehr unterschiedliche Angebote von Selbsthilfegruppen (JVA  Aichach) und autogenem Training (JVA  Chemnitz) über Selbstsicherheitstraining (JVA Zweibrücken) bis hin zu Schuldnerberatung (JVA Luckau-Duben). Kritisch anzumerken ist zum einen, dass es in vielen Anstalten keine qualifizierten therapeutischen Angebote zu geben scheint. Zum anderen wirken viele Angebote nicht als Teile eines langfristig angelegten, konzeptorientierten Behandlungsangebotes, sondern als ob sie einzeln geplant und durchgeführt werden. Negativ sticht die JVA Schwäbisch-Gmünd hervor, die für die Jugendabteilung offenbar nur Gruppen- und Einzelgespräche anbietet und keine langfristigen Maßnahmen mit frauenspezifischen Themenschwerpunkten. Relativ vielfältig ist hingegen das Programm in der JVA Aichach oder der JVA Chemnitz.

90

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen  Tabelle 11 Pädagogische oder therapeutische Angebote in den Anstalten Therapeutische Angebote

JVA Aichach

Einzelgespräche beim sozialpädagogischen bzw. psychologischen Fachdienst Gespräch mit externer Therapeutin Selbsthilfegruppen Trainingsmaßnahme „Gewaltfreie Kommunikation“ Kunstgruppe Anti-Gewalt-Training, Anti-Aggressionstraining

JVA Berlin

Psychologische Beratung Sozialpädagogische Themengruppen und Gespräche Seelsorge Anti-Gewalt-Training Soziales Kompetenztraining Themengruppen Ernährungsgruppen

JVA Chemnitz

Achtsamkeitstraining im Rahmen von Therapiegruppen Soziales Skill Training (Programm R&R; Kompetenztraining; JugendMotivationsgruppe, Problemlösungstraining) Angebot mit Tieren im Rahmen der Sozialtherapie Einzeltherapie Gespräch mit Psychologen / Psychologin Kunsttherapie Gesprächskreis Christliche Straffälligenhilfe Autogenes Training Behandlung für Gewaltstraftäter Familienorientiertes Programm, z. B. Mutter-Kind-Begegnungstage

JVA Köln

Kunsttherapie Soziales Training Anti-Gewalt-Kurs Gruppenmaßnahmen und Einzelgespräche Club 16 therapeutisches Programm für intensive Gewalttäter (9 Monate Laufzeit)

JVA LuckauDuben

Sprechstunde der Caritas „soziales Kompetenztraining“ Psychologische Tataufbereitung Schuldnerberatung von „Schuldner in Not“ e. V. Psychologische Gespräche „Denkzeit“

JVA Schwäbisch-Gmünd

Gruppengespräche Einzelgespräche

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

91

Therapeutische Angebote JVA Vechta

Psychologische Beratung Seelsorge Sozialarbeitersprechstunden Antiaggressionstraining Essgestörtengruppe (nach Bedarf)

JVA Zwei­ brücken

Psychologische Beratung im Einzel- und Gruppengespräch Gruppen für Kommunikation und Interaktion Selbstsicherheitstraining Kompetenztraining

Quelle: Eigene Darstellung.

b) Nutzung der Angebote durch die jungen Frauen Der zweite Teil untersucht nun, wie viele Frauen ein Angebot aus diesem Bereich nutzen, welche Angebote in welchem Umfang besucht werden und ob es Gefangenengruppen gibt, die häufiger an einem Angebot teilnehmen. Wie schon bei den Angeboten selbst zeigen sich auch bei der Nutzung der sozialpädagogischen / therapeutischen Angebote signifikante (p = .020) Unterschiede zwischen den Anstalten. Insgesamt nehmen 59,9 % (n = 145) der Jugendstrafgefangenen ein Angebot aus diesem Bereich wahr. Tabelle 12 Teilnahme an pädagogischen / therapeutischen Maßnahmen Anstalt

Teilnahme

Keine Teilnahme

Insgesamt n

59,9 % 145

40,1 % 97

JVA Aichach n

71,6 % 48

28,4 % 19

JVA Chemnitz n

65,6 % 21

34,4 % 11

JVA Köln n

63,6 % 35

36,4 % 20

JVA Schwäbisch-Gmünd n

50,0 % 25

50,0 % 25

Andere Anstalten n

42,1 % 16

57,9 % 22

Quelle: Eigene Darstellung.

92

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Am niedrigsten ist der Wert in den zusammengefassten anderen Anstalten. Wegen der beschriebenen unterschiedlichen Erhebungsmethode kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Anzahl der vergessenen besuchten Angebote relativ hoch ist. Dies dürfte insbesondere auf niedrigschwellige Angebote, wie z. B. Gespräche mit der Seelsorgerin, zutreffen. Der Unterschied wäre bei gleicher Vorgehensweise also wohl nicht sehr gravierend. Daneben hat die JVA SchwäbischGmünd die geringste Teilnahmequote (50,0 %). Dies ist vermutlich hauptsächlich mit dem begrenzten Angebot dieser Anstalt zu erklären. Die höchste Quote findet sich in der JVA Aichach (71,6 %). Das relativ umfangreiche Programm schlägt sich also auch in einer erhöhten Teilnahmequote nieder. Einzelgespräche finden in allen Anstalten statt, daher sollen diese hier nochmal getrennt betrachtet werden. Anstaltsübergreifend ist es das von den Frauen am häufigsten genutzte Angebot. Insgesamt nimmt die Hälfte aller Inhaftierten (50,3 %, n = 98) dieses Angebot wahr. Die Teilnahmequoten zwischen den Anstalten unterscheiden sich dabei nicht stark. In allen Anstalten gab ungefähr die Hälfte an, (psychologische) Einzelgespräche zu führen. Den niedrigsten Wert hat die JVA Köln (42,6 %, n = 23), die meisten Frauen nehmen in der JVA  Aichach (53,7 %, n  =  36) daran teil. Offen bleibt die Frage, ob dieses Angebot am häufigsten wahrgenommen wird, weil es ihren Bedürfnissen entspricht oder weil es das regelmäßigste und am leichtesten zu erreichende Angebot darstellt. Die anderen angebotenen pädagogischen oder therapeutischen Angebote werden von deutlich weniger Jugendstrafgefangenen besucht. In der JVA Köln nimmt etwas über ein Viertel am Sozialen Training teil.206 Die Kunsttherapie207, Gruppenmaßnahmen208 und das Anti-Gewalt-Training209 besuchen hingegen nur einige Frauen. In der JVA Aichach wiederum nimmt über ein Drittel an der Kunstgruppe teil (es handelt sich dabei jedoch nicht um eine Therapiegruppe, wodurch leichter mehr Plätze angeboten werden können).210 Die Selbsthilfegruppe211 und die „Maßnahme gewaltfreie Kommunikation“212 spielen zahlenmäßig so gut wie keine Rolle für die Jugendabteilung. Dies liegt vermutlich auch daran, dass die „Trainingsmaßnahme gewaltfreie Kommunikation“ ein Angebot im Erwachsenenstrafvollzug ist. Jugendstrafgefangene nehmen daran nur teil, wenn noch Plätze frei sind. Die JVA Schwäbisch-Gmünd bietet neben den Einzelgesprächen nur noch Gruppengespräche an.213 Diese besucht ein Drittel der jungen Frauen, der überwiegende 206

29,1 % (n = 16). 13,0 % (n = 7). 208 18,2 % (n = 10). 209 9,4 % (n = 5). 210 36,4 % (n = 24). 211 6,1 % (n = 4). 212 3,0 % (n = 2). 213 33,3 % (n = 15). 207

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit 

93

Teil jedoch nur unregelmäßig (22,2 %, n = 10). Die JVA Chemnitz hat das größte Angebot in diesem Bereich. Gemessen an der grundsätzlichen Gruppengröße nehmen viele Inhaftierte an dem Angebot mit Tieren,214 der Kunsttherapie215 und dem Sozialen Skill Training216 teil. Das Achtsamkeitstraining und das autogene Training stoßen dagegen nur bei wenigen Frauen auf Interesse.217. Am Gesprächskreis Christliche Straffälligenhilfe nehmen alle nur unregelmäßig teil.218 Dieser findet daher vermutlich nur selten statt. Abschließend wurde untersucht, ob bestimmte Gefangenengruppen (differenziert nach Alter, Schulabschluss, Nationalität oder Strafmaß) häufiger an Angeboten aus dem sozialpädagogischen / therapeutischen Bereich teilnehmen. Hierbei ergaben sich jedoch keinerlei signifikante Unterschiede. Die Bereitschaft der Frauen, an einem dieser Angebote teilzunehmen, wird damit nicht durch die gewählten Parameter entscheidend beeinflusst.

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit Bildung, berufsqualifizierende Maßnahmen und Arbeit haben für den Jugendstrafvollzug einen hohen Stellenwert. Verschiedene Studien bestätigen die rückfallvermindernde Wirkung von Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen.219 Der Besuch der Schule, Ausbildung oder die Arbeit bestimmen den Tages- und Wochenrhythmus während der Haftzeit. Nach der Haftentlassung helfen die erworbenen Abschlüsse eine Arbeit zu finden und somit ein finanziell unabhängiges und strukturiertes Leben führen zu können. Auf gesetzlicher Ebene nimmt das Thema daher einen großen Raum ein. Der praktische Teil dieses Kapitels beschäftigt sich mit der Bildungs- und Ausbildungssituation der jungen Frauen vor der Inhaftierung, dem Maßnahmenangebot der Anstalten im Leistungsbereich und der Frage, wie viele und welche Gefangene diese Angebote nutzen. 1. Gesetzliche Regelungen Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 31.5.2006 die besondere Verantwortung des Staates gegenüber den Jugendstrafgefangenen betont, den Jugendstrafvollzug so auszugestalten, dass den jungen Menschen die Möglichkeit

214

20,0 % (n = 6). 23,3 % (n = 7). 216 23,3 % (n = 7). 217 Jeweils 10,3 % (n = 3). 218 13,3 % (n = 4). 219 Sonnen, in: Diemer, Schatz & Sonnen, 2015c, Rn. 11. 215

94

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

geboten wird, „Fähigkeiten und Kenntnisse“ zu erlangen, die der „künftigen, beruflichen Integration dienen“.220 Dementsprechend heben die meisten Jugendstrafvollzugsgesetze die Bedeutung von schulischer und beruflicher Bildung für den Jugendstrafvollzug und die erfolgreiche Resozialisierung hervor.221 Die Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeitsmaßnahmen der Gefangenen sind wichtiger Bestandteil des Vollzugs- und Wiedereingliederungsplans.222 Im Folgenden werden die wichtigsten Regelungen zur schulischen und beruflichen Bildung sowie Arbeitsmöglichkeiten in Haft vorgestellt. a) Kaum verpflichtende Mindeststandards Grundsätzlich verpflichten sich alle Bundesländer zu Bildungseinrichtungen und Arbeitsbetrieben in den Vollzugsanstalten.223 Bis auf einige Ausnahmen fehlen allerdings konkrete Mindeststandards und verbindliche Vorgaben. So schreibt, bis auf Hessen,224 kein Bundesland eine Mindestanzahl an Bildungs- und Ausbildungsplätzen verbindlich vor. Ebenso fehlen größtenteils Vorgaben, welche Schulangebote zur Verfügung stehen müssen. Lediglich in Baden-Württemberg und Bayern ist nach Art. 145  II  BayStVollzG bzw. § 41  I  JVollzGB  IV die Einrichtung von Haupt-, Förder-  und Berufsschulunterricht zwingend vorgesehen. Die Möglichkeit, andere Schulabschlüsse, Berufsausbildung und Weiterbildung zu absolvieren, ist nach Art. 145 III, 146 I BayStVollzG bzw. § 41 II JVollzGB IV lediglich eine Soll-Regelung. Andere Landesgesetze äußern sich gar nicht verbindlich zur Ausgestaltung des Schulangebotes, was für die Sicherung der Qualität der schulischen Ausbildung in Haft ein Problem darstellen kann.

220

BVerfGE 116, 69 (86). Art.  145  I  BayStVollzG; §§ 9  IV,  29  I  BbgJStVollzG; § 37  I  JStVollG  Bln; § 27  I ­HessJStVollzG; § 37 I JStVollzG M-V; §§ 114 I 3, 124 I NJVollzG; §§ 5 III, 40 I JStVollzG NRW (jetzt: § 9 IV), 28 I, LJVollzG; §§ 5 II, 37 I SächsJStVollzG. 222 § 5  II  Nr.  4  JVollzGB  IV; Art. 130  I  BayStVollzG; § 15  I  Nr.  12,  13,  14  BbgJVollzG; § 10 IV Nr. 3 HessJStVollzG; § 11 III JStVollzG M-V; § 117 I Nr. 4, 5 NJVollzG; § 13 III Nr. 4 JStVollzG NRW, § 15 I Nr. 11, 12, 13 LJVollzG; § 11a I Nr. 11, 12 SächsJStVollzG. 223 § 11 JVollzGB I; § 107 II BbgJStVollzG; § 99 JStVollzG Bln (jetzt: § 104 II JStVollzG Bln); § 69 I HessJStVollzG; § 100 I JStVollzG M-V; § 112 VII JStVollzG NRW (§ 29 I JStVollzG NRW); § 104 II LJVollzG; § 100 I SächsJStVollzG. 224 § 69 I HessJStVollzG. 221

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit 

95

b) Mitwirkungspflicht der Gefangenen Stattdessen wird in allen Jugendstrafvollzugsgesetzen, mit Ausnahme des sächsischen,225 eine Pflicht der Jugendstrafgefangenen normiert, vorrangig an schulischen und beruflichen Bildungsmaßnahmen teilzunehmen226. Diese Verpflichtung begegnet zwar nicht den starken inhaltlichen Bedenken, wie die allgemeinere Mitwirkungspflicht zur Resozialisierung,227 sie ist aber gleichwohl abzulehnen. Pflichtvorschriften können gerade im Jugendstrafvollzug eine jugendtypische Auflehnungshaltung provozieren und sich damit eher kontraproduktiv auf die Mitwirkungsbereitschaft der Jugendlichen auswirken.228 Durch die einseitige Betonung droht zudem die Pflicht der Bediensteten unterzugehen, die Gefangenen auch zur Teilnahme an Bildungsmaßnahmen zu motivieren.229 Kühl versucht in seiner Dissertation Bedenken gegen die Mitwirkungspflicht zu entschärfen. Die Pflicht zur Teilnahme an Ausbildungsangeboten werde durch das Resozialisierungsziel und das Sozialstaatsprinzip begrenzt. Eine resozialisierende (Arbeits-)pflicht könne nur so ausgestaltet sein, dass ein motivierendes Umfeld geschaffen und das Interesse der Gefangenen an einer freiwilligen Teilnahme geweckt werde.230 Dieser Aussage ist grundsätzlich zuzustimmen. Allerdings hätte es der Normierung einer Mitwirkungspflicht der Gefangenen nicht bedurft, wenn sie als Pflicht der Bediensteten interpretiert wird, die Gefangenen zur Teilnahme zu motivieren. Folglich kann auch dieses Argument die Bedenken gegenüber einer Mitwirkungspflicht nicht zerstreuen. c) Länge der Haftstrafe und der Bildungsmaßnahme Einige Bundesländer betonen, dass sich die im Vollzug angebotenen Maßnahmen an der Länge der Haftstrafe orientieren sollen.231 Zudem besteht in allen Bundesländern unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die im Vollzug begonnenen Bildungsmaßnahmen nach der Haftentlassung fortzuführen,232 womit eine 225

Dies liegt vermutlich auch daran, dass Sachsen allgemein keine differenzierten Regelungen zur Bildung und Ausbildung der Jugendstrafgefangenen normiert. 226 § 40  II,  41  I  JVollzGB  IV; Art. 123  III  BayStVollzG; § 37  II  1,  2  JStVollzG  Bln  (im aktuellen Gesetz widmen sich die §§ 22–29  JStVollzG  Bln ausführlicher diesem Thema); § 29  III,  30  I  BbgJVollzG; § 27  II  HessJStVollzG; 37  II  JSVollzG  M-V; § 124  II  NJVollzG; § 40 II JStVollzG NRW (jetzt: § 29 II JStVollzG NRW); § 28 II LJVollzG. 227 Siehe unter anderem: Eisenberg 2008, S. 252, 253; Ostendorf, S. 2; Markgraf, S. 2; Streng 2007, S. 2; Strafverteidigertag 2007, S. 223. 228 Ostendorf, in: Ostendorf 2016, S. 136. 229 Neubacher, in: Bundesministerium der Justiz 2009, S. 294. 230 Kühl 2012, S. 183. 231 § 29 VII BbgJVollzG; § 27 III HessJStVollzG; § 125 NJVollzG; § 28 VI LJVollzG. 232 § 85 IV JVollzGB IV; Art. 137 II BayStVollzG; § 22 JStVollzG Bln (jetzt: § 23 II JStVollzG Bln: die Anstalt soll zusammen mit außervollzuglichen Trägern die Beendigung der Maßnahme sicherstellen); § 53 II BbgJStVollzG; § 28 HessJStVollzG; § 22 I JStVollzG M-V; § 126 NJVollzG; § 24 JStVollzG NRW (jetzt: § 48 I JStVollzG NRW); § 52 II LJVollzG; § 22 I SächsJStVollzG.

96

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts explizit umgesetzt wurde.233 Die ausgestell­ ten Schul- und Ausbildungszeugnisse dürfen keinen Hinweis auf den Jugendstrafvollzug enthalten.234 d) Koedukation Gemeinsame Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen sowohl von Jugendstrafgefangenen und / oder erwachsenen (männlichen und weiblichen) Strafgefangenen235 als auch von weiblichen und männlichen Jugendstrafgefangenen sind in allen Bundesländern gesetzlich möglich.236 In Bayern und Hessen sind nach Art. 123 IV BayStVollzG bzw. § 69 III HessJStVollzG Maßnahmen nur mit Gefangenen gleichen Geschlechts erlaubt. Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern erwähnen nach § 25 V 2 JStVollzG NRW (jetzt: § 17 III JStVollzG NRW) bzw. § 23 JStVollzG M-V nur gemeinsame Bildungsmaßnahmen von männlichen und weiblichen Jugendstrafgefangenen. e) Arbeitspflicht Außer Sachsen und Rheinland-Pfalz sehen alle Bundesländer eine der Pflicht zur Teilnahme an Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen nachrangige Arbeitspflicht vor.237 Mit Ausnahme von Berlin (und vermutlich Mecklenburg-Vorpommern238) soll dem Gefangenen dabei die Arbeit zugewiesen werden,239 in Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen jedoch nur mit Zustimmung oder auf Antrag des Gefangenen.240 Die Arbeitspflicht der Gefangenen ist grundsätzlich mit Art. 12 GG vereinbar, findet ihre Grenzen aber im Resozialisierungsziel und im Sozialstaats­

233

BVerfGE 116, 69 (90). Art.  41  BayStVollzG; § 37  III  JStVollzG  Bln (jetzt: § 23  IV  JStVollzG  Bln); § 29 VIII BbgJVollzG; § 27 VII HessJStVollzG; § 37 NJVollzG; § 40 III JStVollzG NRW (jetzt: § 29 III JStVollzG NRW); § 28 VII LJVollzG; § 37 II SächsJStVollzG. 235 § 4 VI  JVollzGB  I; Art. 123  IV  BayStVollzG; § 98  I  4  JStVollzG  Bln (jetzt: § 104  I  4 JStVollzG Bln „in geeigneten Fällen“); § 17 V BbgJVollzG; §§ 171 II 3 Nr. 2, 172 I 2 NJVollzG; § 17 V LJVollzG; § 98 I 3 SächsJStVollzG. 236 § 4 VI JVollzGB I; Art. 138 I 2 BayStVollzG; § 23 S. 2 JStVollzG Bln (jetzt: § 13 JStVollzG Bln); § 17 V BbgJVollzG; § 172 I 2 NJVollzG; § 17 V LJVollzG; § 23 S. 2 SächsJStVollzG. 237 § 40  II  JVollzGB  IV; Art. 123  III  2  BayStVollzG; § 37  II  1,  2  JStVollzG  Bln (im aktuellen Gesetz widmen sich die §§ 22–29 JStVollzG Bln ausführlicher diesem Thema); § 27 II HessJStVollzG; § 37 II 2 JStVollZ M-V; § 124 IV NJVollzG; § 40 II JStVollzG NRW (jetzt: 29 II JStVollzG NRW). 238 Insofern etwas unklar: § 37 I 2 JStVollzG M-V. 239 § 40  III  JVollzGB  IV; Art. 146  III  i. V. m. Art.  39  II  BayStVollzG; § 30  I  BbgJVollzG; § 27 V  HessJStVollzG; § 124  II  NJVollzG; § 40  II  JStVollzG  NRW (jetzt: § 29  II  JStVollzG NRW); § 29 I LJVollZG; § 37 III SächsJStVollzG. 240 § 30 I BbgJVollzG bzw. § 29 I LJVollzG bzw. § 37 III SächsJStVollzG. 234

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit 

97

prinzip.241 Arbeitende Gefangene haben Anspruch auf Bezahlung242 und Urlaub243. Der Tagessatz beträgt in allen Bundesländern 1/250 von neun von Hundert der Bezugsgröße nach § 18  SGB  IV.244 Die Anzahl der Urlaubstage variiert von 15  Urlaubstagen in Nordrhein-Westfalen bis 24  Urlaubstage in Niedersachsen. Zusätzlich können sich Gefangene in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen für einen oder zwei Tage (Hessen) von der Arbeit freistellen lassen, wenn Sie einen (Berlin), zwei (Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen) oder drei Monate (Hessen) zusammenhängend gearbeitet haben.245 Diese Tage können außer in Niedersachsen auch auf den Entlassungstermin angerechnet werden. 2. Bildungs- und Berufssituation der jungen Frauen vor der Inhaftierung Der Erwerb von Bildungsabschlüssen ist eine „wesentliche Entwicklungsaufgabe im Jugend- und jungen Erwachsenenalter“. Schulabschlüsse und Ausbildun­ gen stellen eine immer wichtiger werdende Voraussetzung für das Ergreifen eines Berufes und damit für ein finanziell unabhängiges Leben dar.246 Umso problematischer ist die in vielen Studien berichtete defizitäre Situation der jungen Frauen im Leistungsbereich,247 die sich auch in der vorliegenden Untersuchung bestätigt. Fast die Hälfte (44,2 %, n = 115) der Gefangenen hat zum Zeitpunkt der Inhaftierung (noch) keinen Schulabschluss erworben (in den Gefangenenpersonalakten lag der Anteil noch höher bei 58,0 % (n = 105). Von ihnen hatten 46,9 % (n = 39) ein 241

BVerfGE 98, 169 (199); Bachmann 2015, S. 277–279; Kühl 2012, S. 182. § 44 II JVollzGB III; Art. 149 I i. V. m. Art. 46 II BayStVollzG; § 57 II JStVollzG Bln (jetzt: § 64 I Nr. 2 JStVollzG Bln); § 66 II BbgJVollzG; § 37 II HessStVollzG; § 57 II, III JStVollzG M-V; § 40 I NJVollzG; § 42 I JStVollzG NRW (jetzt: § 30 I JStVollzG); § 65 I Nr. 3, II LJVollzG; § 57 I, II SächsJStVollzG. 243 § 50 I JVollzGB III (18 Urlaubstage); Art. 45 I BayStVollzG (18 Urlaubstage); § 37 V Bln (18 Urlaubstage) (jetzt: § 29 I JSTVollzG Bln [20 Arbeitstage]); § 32 I BbgJVollzG; § 27 VIII HessJStVollzG (20  Urlaubstage; § 37 V  JStVollzG  M-V (18  Urlaubstage); § 39  I  NJVollzG (Mindesturlaub nach § 3  I  BUrlG: 24  Urlaubstage); § 41  JStVollzG  NRW (15  Urlaubstage) (jetzt: § 31  I  JStVollzG  NRW [20 Arbeitstage]); § 31  I  LJVollzG (20  Urlaubstage); § 37 V ­SächsJStVollzG (20 Urlaubstage). 244 Im Jahr 2020 liegt der maximale monatliche Verdienst von Gefangenen damit bei 302,40 €, in: West- und 264,60 €, in: Ostdeutschland. (Eigene Berechnungen anhand § 18 I SGB IV; Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 11. September 2017.) 245 § 44  VI,  VII  JVollzGB  IV; Art. 46,  VI,  VII  BayStVollzG; § 58  I,  II JStVollzG  Bln (jetzt: § 66  I  JStVollzG  Bln); § 38  II  HessJStVollzG; § 42,  IV,  VII  JStVollzG  NRW (jetzt: § 32 I JStVollzG NRW: Anspruch auf zwei Tage Freistellung nach drei Monaten Beschäftigung); § 40 V NJVollzG. 246 Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016, S. 377; Neubacher / Schmidt, in: Dollinger & Schmidt-Semisch 2018, S. 775; Theine / Elgeti-Starke, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 111. 247 Beer 2014, S. 359; Franze 2001, S. 152; Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs 2015, S. 113. 242

98

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Abschlusszeugnis der Jahrgangsstufen sechs bis acht. Die andere Hälfte (53,0 %, n = 44) beendete die Klassen neun bis elf. Bei den Frauen ohne Schulabschluss, die noch zur Schule gehen, ist der fehlende Abschluss nicht problematisch, da sie diesen noch anstreben. Insgesamt gaben 15,3 % (n = 38) der Inhaftierten an, zwar noch keinen Abschluss erworben zu haben, aber noch zur Schule zu gehen. Der fehlende Schulabschluss dürfte bei dieser Gruppe also vor allem dem Alter der Jugendlichen und der Unterbrechung des Schulbesuches durch die Inhaftierung geschuldet sein. So ist der Anteil der Frauen mit Schulabschluss bei der Gruppe der Jugendlichen (33,3 %, n = 15) signifikant geringer (p = .003) als bei den Heranwachsenden (58,7 %, n = 71) und den Erwachsenen (63,9 %, n = 53). Schwieriger ist die Situation für die Frauen, die keinen Schulabschluss erreicht haben und auch nicht mehr zur Schule gehen. Dies war bei gut einem Viertel (28,4 %, n = 70) der Fall. Hier sind die Chancen geringer, dass sie den Schulbesuch wieder aufnehmen und in naher Zukunft einen Abschluss erreichen.

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 5: Verteilung der Schulabschlüsse in Prozent

Die Frauen mit Schulabschluss haben die Schule überwiegend (38,8 %, n = 101) mit dem Hauptschulabschluss248 abgeschlossen. Wenige (8,5 %, n = 22) erreichten einen Realschulabschluss oder das Abitur.249 Der Schwerpunkt liegt damit auf niedrigen Bildungsabschlüssen, die in den meisten Fällen nur Zugang zu gering qualifizierten und schlecht bezahlten Berufen ermöglichen. 248 249

In den Gefangenenpersonalakten mit 31,5 % (n = 59) etwas weniger. In den Gefangenenpersonalakten deutlich weniger (3,4 %, n = 9).

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit 

99

Nach Auswertung der Gefangenenpersonalakten haben 87,7 % (n = 164) keine Berufsqualifikation. Aus dieser Gruppe hat fast ein Fünftel (19,3 %, n = 36) zwar eine Berufsausbildung begonnen, diese aber wieder abgebrochen. Lediglich 2,7 % (n = 5) hatten vor der Inhaftierung eine Berufsausbildung abgeschlossen.

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 6: Tätigkeit vor der Inhaftierung in Prozent

Nach ihrer Tätigkeit vor der Inhaftierung gefragt, gaben 30,1 % (n  =  75) an, noch Schülerin gewesen zu sein.250 Eine kleine Gruppe (10,8 %, n = 27) war vor der Inhaftierung angestellt.251 Wenige junge Frauen (8,8 %, n = 22) befanden sich in einer Lehre oder Ausbildung.252 Ein Drittel (33,3 %, n = 83) berichtete, vor der Inhaftierung arbeitssuchend gewesen zu sein. Unter dem Item „Sonstiges“ wurde am häufigsten „Hausfrau und / oder Mutter“ als aktuelle Tätigkeit vor der Haft genannt. Vermutlich auch als Folge der schlechten Berufssituation vermerken die Personalakten bei 40,6 % (n = 76) eine Schuldenproblematik. Die Angaben in den Fragebögen und den Gefangenenpersonalakten weichen insofern deutlich voneinander ab, als sich die Bildungs- und Berufssituation anhand der Daten des Fragebogens besser als in den Gefangenenpersonalakten darstellt. Möglicherweise wollten die jungen Frauen trotz der Anonymität des Fragebogens ihre Situation im Sinne der sozialen Erwünschtheit vorteilhafter darstellen, als es der Wirklichkeit entspricht. Bei den Schulabschlüssen bietet sich ebenfalls die

250

In den Gefangenenpersonalakten sind nur 18,3 % (n = 36) noch Schülerin. Gefangenenpersonalakten: 5,3 % (n = 10). 252 Laut den Gefangenenpersonalakten befanden sich nur 2,7 % in einer Lehre / Ausbildung. 251

100

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Vermutung an, dass einige ihre Abschlüsse von Sonderschulen haben, die von der Anstalt nicht als vollwertige Schulabschlüsse anerkannt, von den Frauen aber als solche gesehen werden. So ähnlich könnte sich auch die Diskrepanz bei den Angaben erklären, wer vor der Inhaftierung angestellt bzw. in einer Lehre gewesen war. Diese Frauen könnten sich in geringfügig bezahlten Jobs oder niedrigschwelligen Schulungsangeboten befunden haben und daher ihre Tätigkeit anders bewerten als die Anstalt. 3. Bildungs- und Berufsangebote der zuständigen Anstalten Wie im ersten Abschnitt dargelegt wurde, sind die für die Jugendstrafe zuständigen Anstalten verpflichtet Schulbildung und Berufsqualifizierung während der Haftzeit zu ermöglichen. Die folgende Tabelle zeigt die Maßnahmen, die von den Anstalten für die Fragebogenkonzipierung mitgeteilt wurden. Flächendeckend besteht in allen Anstalten, abgesehen von der JVA  LuckauDuben, die Möglichkeit, an einem Hauptschulkurs teilzunehmen. Die JVA Luckau-Duben hingegen ermöglicht den jungen Frauen nur Grundlagen- und Ergänzungsunterricht. Realschulkurse hingegen finden in deutlich weniger Anstalten statt (Köln, Schwäbisch-Gmünd, Zweibrücken). In einigen Anstalten kann die Realschule jedoch extern besucht werden (Aichach, Vechta, Berlin, Luckau-Duben). Um dieses Angebot nutzen zu können, müssen die jungen Frauen Freigang erhalten. In Kapitel D. II. 3. wurde festgestellt, dass Freigang so gut wie keiner Frau gewährt wird. Daher dürfte der Besuch eines externen Realschulkurses nur für sehr wenige in Betracht kommen. Die Kategorie „berufliche Qualifizierungsmaßnahmen“ ist deutlich unein­ heitlicher, wie auch die Untersuchung von Werner zeigte253. Hierunter werden sowohl dreijährige Ausbildungen als auch niedrigschwellige Angebote gezählt. Daher ist hier das Angebot der Anstalten auch deutlich unterschiedlicher als bei den Schulbildungsangeboten. Die Möglichkeit, während der Haftzeit eine Ausbildung zu absolvieren, ist in allen Anstalten – mit Ausnahme der JVA Berlin – gegeben. Die JVA Berlin kann – nach eigenen Angaben – auf Grund ihrer Größe lediglich ein Kursangebot zur Verfügung stellen, das keine anerkannte Qualifikation darstellt. Daneben haben die Frauen in fast allen Anstalten die Möglichkeit, Teilqualifikationen zu erwerben. Eine Ausnahme bildet die JVA Aichach, hier werden nur vier Ausbildungsgänge als Berufsqualifikationen angeboten, wodurch ein großer Teil der Inhaftierten von einer Weiterbildung in diesem Bereich ausgeschlossen ist.

253

Werner 2012, S. 230 ff.

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit  101 Tabelle 13 Angebote im Bereich Schule, berufliche Qualifikation und Arbeit Anstalt

Schulische Maßnahmen

Berufliche Qualifikationsmaßnahmen

Arbeit

JVA Aichach

Hauptschulkurs Mittlere Reife in Fernschule

Bäckerin, Friseurin, Schneiderin, Köchin; Andere Ausbildungen in Kooperation mit Berufsschule möglich

Industriebetrieb Jugendabteilung, Montagearbeit, Arbeitstherapie

JVA Berlin

Hauptschulkurs Vorbereitung auf externen Abschluss nach Entlassung, Schulvorbereitungsangebote, Deutschkurse, Workshop „Wahlen“

Malerkurs, Nähkurs, Kochkurs, Gartenkurs Berufseignungstest, Bewerbungstraining

Nicht näher beschrieben

JVA Chemnitz

Hauptschulabschluss

Malerei, Näherei /  Stickerei, Garten- und Landschaftsbau, BfW, BSW, Berufsvorbereitungsjahr, Bewerbungstraining

Federnwerke, Komplettierung, Wäscherei, Küche Reichenhain

JVA Köln

Hauptschulabschluss Realschulabschluss Fachhochschulreife (in Einzelfällen)

Textilreinigerin, Friseurin, Friseurassistentin, Modenäherin, Bürokommunikation, Berufsvorbereitende Maßnahme in den Bereichen Metall, Holz und Hauswirtschaft

Reinigung, Hilfstätigkeiten, Hausmädchen, Waschküche

JVA LuckauDuben

Grundlagenunterricht in Deutsch, Mathe, politischer Bildung Hauswirtschaft, Ergänzungsunterricht zum Hauptschulabschluss, Mittlere Reife (extern), Lernwerkstatt (niedrigschwelliges Angebot, um Kompetenzen der Gefangenen zu aktivieren)

Berufsvorbereitende Maßnahmen, Ausbildungen im Gastgewerbe, Gebäudereinigerin (auch modulare Zertifikate), ComputerFührerschein

Druckerei, Schreinerei, Wäscherei, Gärtnerei, Kfz-Pflegebetrieb, Hauswerkstatt, Arbeitsorientierte Werkstatt, Anstaltsküche

102

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Anstalt

Schulische Maßnahmen

Berufliche Qualifikationsmaßnahmen

Arbeit

JVA SchwäbischGmünd

Hauptschulabschluss, Realschulabschluss, PC-Kurs, Deutschkurs, Aids-Infogruppe, Bewerbungstraining, Berufswahl Gruppe

Modenäherin, Assistentin in der Modefertigung, Hauswirtschafterin, Berufliche Einstiegsqualifizierung, Bauten und Objektbeschichtung, Anstricharbeiten innen / außen, Malerin / Lackiererin, Wäscherei-, Textilreinigerin, Gebäudereinigerin

Nicht näher beschrieben

JVA Vechta

Hauptschulkurs, Realschulabschluss (extern)

Ausbildung zur Köchin oder Malermeisterin (auch Teilausbildung), weitere Ausbildungen extern

Nicht näher beschrieben

JVA Zwei­ brücken

Hauptschulkurs, Realschulkurs, Fernstudiengänge, Sprachkurse, Führerschein

Buchfertigerin, Elektroanlagemonteurin, Elektronikerin für Betriebstechnik, Fräserin, Holzmechanikerin, Kraftfahrzeug-Servicemechanikerin, Schweißerin, Technische Produktdesignerin, Maurerin, Hochbaufacharbeiterin, Werkzeugmechanikerin, Hauswirtschafterin, Europäischer Computer-Führerschein

Nicht näher beschrieben

Quelle: Eigene Darstellung.

Die bereits mehrfach geübte Kritik, die berufsqualifizierenden Angebote würden nur auf schlecht bezahlte und teilweise nicht mehr nachgefragte frauentypische Berufe abzielen,254 bleibt angesichts der aufgelisteten Angebote aktuell. Bis auf wenige Ausnahmen umfassen die Angebote ausschließlich klassisch weiblich konnotierte Tätigkeiten. Technische oder handwerkliche Angebote fehlen genauso wie 254

Jansen 1999, S. 19, 22; Zolondek 2007, S. 235.

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit  103

im Berufsleben mittlerweile unentbehrliche Qualifikationen im IT-Bereich. Stattdessen sind Qualifikationen wie Modenäherin oder Textilreinigerin weit verbreitet. Neben Weiterbildung kann auch eine Arbeit innerhalb der Anstalt eine Möglichkeit der Beschäftigung darstellen. Grundsätzlich gibt es auch in allen Anstalten die Möglichkeit zu arbeiten. Informationen, welche Arbeit zur Verfügung steht, liegen nur für wenige Anstalten vor. Bei den angegebenen Tätigkeiten handelt es sich überwiegend um einfache, monotone Arbeiten, wie z. B. Arbeit in der Wäscherei. Diese Tätigkeiten bedeuten keinen Zugewinn an Fähigkeiten oder Kenntnissen für die jungen Frauen. 4. Nutzung der Angebote durch die jungen Frauen Die weitergehende Frage ist nun, in welchem Maße die jungen Frauen die Angebote an Schulbildung, Berufsqualifizierung und Arbeit nutzen (können). Oben wurde die schwierige Bildungsbiografie vieler Inhaftierter deutlich. Bereits erlebtes Scheitern in Schule oder Ausbildung kann eine gewisse Verweigerungshaltung hervorrufen. Im Rahmen des Resozialisierungsauftrages ist es Aufgabe der Anstalten,255 die Jugendstrafgefangenen trotz eventuell negativer Erfahrungen im Bildungssystem dazu zu motivieren, fehlende Bildungsabschlüsse nachzuholen und Berufsqualifikationen zu erwerben. Dies erhöht nach der Haftentlassung die Chancen auf eine Arbeitsstelle und kann zu einem geregelten Tagesablauf, Teilhabe an der Gesellschaft und damit zu einem straffreien Leben beitragen.256 In diesem Kapitel wird zunächst die Teilnahmequote insgesamt im Leistungsbereich und anschließend für Schulbildungsmaßnahmen, Berufsqualifikation und Arbeit getrennt dargestellt. Dabei sind Mehrfachantworten möglich. Es wird auch untersucht, ob bestimmte Gefangenengruppen öfter oder seltener an diesen Maßnahmen teilnehmen. a) Teilnahme insgesamt Eines der Angebote aus dem gesamten Bereich Schule, Berufsqualifikation oder Arbeit nutzen mehr als drei Viertel (79,4 %) der jungen Frauen. Ein Fünftel (20,6 %) von ihnen nimmt dementsprechend nicht an einem Angebot im Leistungsbereich teil. Diese Gruppe kann die Haftzeit nicht dazu nutzen, sich weiter zu qualifizieren und so die Chancen auf einen Arbeitsplatz zu erhöhen.

255 256

Theine / Elgeti-Starke, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 109. Zusammenfassend: Theine / Elgeti-Starke, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 110.

104

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen  Tabelle 14 Teilnahme an einem Angebot aus dem Leistungsbereich Teilnahmen

Keine Teilnahme

Insgesamt n

79,4 % 196

20,6 % 51

JVA Aichach n

92,5 % 62

7,5 % 5

JVA Chemnitz n

59,4 % 19

40,6 % 13

JVA Köln n

88,1 % 52

11,9 % 7

JVA Schwäbisch-Gmünd n

70,6 % 36

29,4 % 15

Andere Anstalten n

71,1 % 27

28,9 % 11

Quelle: Eigene Darstellung.

Zwischen den einzelnen Anstalten gibt es große, signifikante (p = .000) Unterschiede. Während in der JVA Aichach und der JVA Köln um die 90 % an einem Angebot im Leistungsbereich teilnehmen, sind es in der JVA Chemnitz nur etwas mehr als die Hälfte. Die JVA Schwäbisch-Gmünd und die anderen Anstalten liegen im Mittelfeld. Die Wahrscheinlichkeit, während der Haftzeit zu arbeiten oder sich weiter zu qualifizieren, hängt folglich in hohem Maße von der zuständigen Anstalt ab. Für eine plausible Erklärung dieser Unterschiede müssen zunächst die Teilnahmequoten in den einzelnen Anstalten in den drei Teilbereichen untersucht werden. b) Teilnahme an Schulmaßnahmen Die Schule besucht in Haft weniger als die Hälfte (41,6 %) der Jugendstrafgefangenen. In den Gefangenenpersonalakten liegt der Schnitt mit 47,1 % (n = 88) etwas höher. Auch bei den Teilnahmequoten der Schulmaßnahmen zeigen sich signifikante (p = .000) Unterschiede zwischen den einzelnen Anstalten. Während in der JVA Chemnitz und der JVA Aichach nur um die 20 % regelmäßig die Schule besuchen, sind es in der JVA Schwäbisch Gmünd 44,4 % und in der JVA Köln sogar 77,2 %. Die Teilnahmequote der JVA Schwäbisch-Gmünd ist jedoch nicht sehr aussagekräftig. Dort werden, im Gegensatz zu den anderen Anstalten, neben Haupt-  und Realschulkursen auch z. B. ein PC-Kurs und das Bewerbungstraining unter die Schulmaßnahmen gezählt. Sie sind in den übrigen Anstalten eher unter „berufliche Qualifizierungsmaßnahmen“ gelistet. Die Gruppengröße ist daher mit den anderen Anstalten nicht vergleichbar. Positiv fällt der

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit  105

hohe Anteil der Schülerinnen in der JVA Köln auf, was auf ein umfangreiches Schulprogramm schließen lässt. In allen Anstalten wurde bei der Frage nach dem Schulbesuch die Antwortmöglichkeit „ja, unregelmäßig“ nur sehr selten (maximal vier Gefangene) gewählt. Wenn die jungen Frauen in Haft die Schule besuchten, taten sie dies also auch mit einer gewissen Regelmäßigkeit.

aa) Teilnahmequote bei Schulmaßnahmen differenziert nach bereits vorhandenem Schulabschluss Es wird untersucht, ob es signifikante Unterschiede bei der Teilnahmequote bei den Schulmaßnahmen gibt. Dies erfolgt zunächst abhängig davon, ob die Jugendstrafgefangenen bereits einen Schulabschluss erreicht hatten oder nicht. Hierbei zeigt sich ein interessanter Unterschied zwischen den Angaben des Fragebogens und der Akten. Die Auswertung der Antworten aus den Fragebögen ergab, dass Gefangene ohne Schulabschluss zwar häufiger zur Schule (47,5 %, n = 48) gehen als Gefangene mit Schulabschluss (36,7 %, n = 47). Der Unterschied ist allerdings nicht signifikant (p = .099). Dies ist zunächst widersprüchlich. Es würde den Schluss nahelegen, dass es vollkommen unabhängig von bereits erreichten Schulabschlüssen ist, ob die jungen Frauen in Haft die Schule besuchen. Legt man jedoch die Angaben der Gefangenenpersonalakten zu Grunde, zeigen sich zum einen deutlich größere, zum anderen auch signifikante (p = .001) Unterschiede. Nach der Auswertung dieser Daten besuchen 59,0 % (n = 62) der Frauen ohne Abschluss in Haft die Schule, während aus der anderen Gruppe nur ein Drittel (34,2 %, n = 26) zur Schule geht. Aus dieser Beobachtung lassen sich nun mehrere Schlüsse ziehen. Auch von den Frauen ohne Schulabschluss besucht nur etwas über die Hälfte in Haft die Schule. Sie haben damit nicht die Möglichkeit, fehlende Bildungsabschlüsse nachzuholen. Angesichts der hohen Bedeutung eines Schulabschlusses für das Ergreifen eines Berufes ist dieser relativ niedrige Wert kritisch zu sehen. Sowohl in den Fragebögen als auch in den Akten ist der Anteil derjenigen, die die Schule besuchen, bei den Gefangenen ohne Abschluss höher als bei den Frauen mit Abschluss. Dieser Unterschied wird jedoch nur bei den Daten der Akten signifikant. Diese Tatsache spricht dafür, dass die Anstalten bemüht sind die Inhaftierten auf Grundlage ihres offiziellen Wissens, also des in den Akten protokollierten Wissensstandes, für die passenden Angebote zu motivieren. Ist eine junge Frau in den Gefangenenpersonalakten also noch ohne Schulabschluss verzeichnet und damit für die Anstaltsmitarbeiter und -Mitarbeiterinnen in diesem Bereich Nachholbedarf erkennbar, hat sie eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit, in Haft eine Schulmaßnahme zu besuchen. Eine Erklärung, warum die Unterschiede nach den Angaben der Fragebögen nicht signifikant geworden sind, könnte wiederum in der Selbsteinschätzung der

106

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Inhaftierten nach Schulabschluss liegen. Vergleicht man die Angaben des Fragebogens und der Akten in Hinblick auf einen erreichten Schulabschluss, ergibt sich eine relativ große Gruppe, die im Fragebogen einen Schulabschluss angab, in den Personalakten aber als noch ohne Abschluss vermerkt war. Eine Verzerrung durch soziale Erwünschtheit dürfte auf Grund der Art der Befragung nur eine geringe Rolle gespielt haben. Bei der Befragung mittels eines Fragebogens ist die Distanz zwischen Fragestellerin und Befragter deutlich größer als beispielsweise in einem Interview. Hinzu kommt die Pseudonymisierung während der Befragung. Möglich bleibt natürlich der Umstand, dass die Frauen vor sich selbst besser dastehen wollen, als es der Wahrheit entspricht. Eine weitere Erklärung wäre aber auch eine unterschiedliche Interpretation von „Schulabschluss“. Eventuell werden gerade sehr niedrige Abschlüsse – wie der Abschluss einer Sonderschule oder der Abschluss niedrigschwelliger Lernangebote – von der Anstalt als „kein Abschluss“ gewertet. Die Frauen interpretierten diesen aber als Schulabschluss im Sinne der Fragestellung. Aus diesen unterschiedlichen Einstellungen könnte die fehlende Signifikanz bei den selbstberichteten Daten resultieren. bb) Teilnahmequote bei Schulmaßnahmen differenziert nach Alter Auch bei der Gruppierung nach Alter lassen sich signifikante Unterschiede finden. So gehen jüngere Inhaftierte signifikant öfter (p = .000) während der Haft in die Schule als ältere Gefangene. Während von den Jugendlichen 67,5 % (n = 27) an einer Schulmaßnahme teilnehmen, sind es bei den Heranwachsenden 42,0 % (n = 47) und bei den Erwachsenen nur 29,9 % (n = 23). Trotz der in allen Bundesländern bestehenden Schulpflicht gehen damit nur gut zwei Drittel der Minderjährigen zur Schule. Bei dieser Beobachtung stellt sich nun zunächst die Frage, ob die beobachteten signifikanten Unterschiede tatsächlich auf dem Alter beruhen. Sie könnten auch Folge des enormen Unterschiedes zwischen den einzelnen Anstalten bei der Teilnahmequote der Schulmaßnahmen sein. Hätten die Anstalten eine unterschiedliche Altersstruktur, könnten die Unterschiede allein auf der Differenz zwischen den einzelnen Anstalten beruhen. Um den verzerrenden Einfluss der Anstalten auszuschließen, wurde eine binäre logistische Regression gerechnet, bei der alle Variablen berücksichtigt wurden. Die Rechnung zeigt, dass die einzelnen Anstalten einen messbaren Einfluss auf die Frage haben, ob die jungen Frauen in Haft zur Schule gehen. Aber auch das Alter der Gefangenen beeinflusst davon unabhängig die Teilnahmequote. Allerdings wird nur der Unterschied zwischen den Jugendlichen und den Heranwachsenden und nicht auch zwischen Jugendlichen und Erwachsenen signifikant. Zusätzlich liegt auch bei ersterer Gruppe das Signifikanzniveau nicht sehr hoch. Der Einfluss des Alters auf die Teilnahme an Schulmaßnahmen zeigt sich also nicht sehr eindeutig und sollte daher nicht überschätzt werden.

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit  107 Tabelle 15 Logistische Regression zum Einfluss der Anstalten und des Alters auf die Teilnahme an Schulmaßnahmen Regressionskoeffizient B

Standardfehler

1,367

,486

,910

,369

Altersgruppen Jugendliche / Heranwachsende Jugendliche / Erwachsene Anstalten

df

Signifikanz

2

.009

1

.005

1

.014

4

.000

Andere Anstalten / Köln

–,398

,475

1

.402

Andere Anstalten / Aichach

1,597

,465

1

.001

Andere Anstalten / Chemnitz Andere Anstalten / Schwäbisch-Gmünd Konstante

–,902

,460

1

.050

–1,063

,574

1

.064

–,146

,599

1

.807

Quelle: Eigene Darstellung.

Betrachtet man zum Schluss noch die Angaben in den Gefangenenpersonalakten zur Teilnahmequote der Schulmaßnahmen im Vergleich zu den Angaben in den Fragebögen, zeigen sich bei den Jugendlichen (68,6 %, n = 24) und den Heranwachsenden (41,1 %, n = 37) sehr ähnliche Werte. Die Teilnahmequote bei den Erwachsenen ist in den Akten jedoch deutlich höher (45,6 %, n = 26). Auch dies könnte ein Hinweis sein, dass ältere Gefangene einen Schulbesuch in der Außendarstellung eher negativ bewerten und dazu neigen, diesen in der Befragung nicht anzugeben. cc) Teilnahmequote bei Schulmaßnahmen differenziert nach Strafmaß Bei der Aufteilung nach dem Strafmaß zeigt sich sowohl in den Daten des Fragebogens als auch in den Akten, dass Gefangene mit einem Strafmaß über zwölf Monate etwas häufiger an Schulmaßnahmen teilnehmen als Frauen mit einer niedrigeren Haftstrafe. Die Unterschiede sind jedoch weder bei den Daten der Fragebögen (p = .415) noch bei den Daten der Akten signifikant. dd) Teilnahmequote bei Schulmaßnahmen differenziert nach Staatsbürgerschaft Abschließend wurde nach dem Merkmal differenziert, ob die Inhaftierten die deutsche oder eine andere Staatsbürgerschaft hatten. Frauen mit deutscher Staatsbürgerschaft wurden nochmals unterteilt in Gefangene ohne und mit Migrations-

108

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

hintergrund (mindestens ein Elternteil ist im Ausland geboren). Für die Gefangenen mit deutscher Staatsbürgerschaft macht es keinen Unterschied, ob sie einen Migrationshintergrund haben oder nicht (beide um die 38 %, n = 30 bzw. n = 42). Frauen ohne deutsche Staatsbürgerschaft besuchen jedoch signifikant häufiger (p = .014) in Haft die Schule (63,2 %, n = 24). Bei der Interpretation der Ergebnisse sind die relativ kleinen Gruppengrößen zu beachten. Um die Aussagen belastbarer zu machen, wurde das Signifikanzniveau daher nicht nur mit dem Chi-Quadrat-Test, sondern auch mit dem Fisher’s Exact Test überprüft, der auf kleine Gruppen ausgerichtet ist. Auch mit diesem Test blieb der Unterschied zwischen den gewählten Gruppen signifikant (p = .015). Ebenfalls könnte die unterschiedliche Teilnehmerquote nicht mit dem Kriterium der Staatsbürgerschaft, sondern mit unterschiedlichen Ausländerquoten in den Anstalten zu erklären sein. Der Unterschied würde dann nur durch die Anstaltsunterschiede entstehen. Daher wurde der Einfluss der Anstalten mittels einer binären logistischen Regression überprüft. Tabelle 16 Logistische Regression zum Einfluss der Anstalten und der Staatsangehörigkeit auf die Teilnahme an Schulmaßnahmen Regressionskoeffizient B

Standardfehler

df

Signifikanz

–1,043

,415

1

.012

4

.000

–,341

,464

1

.711

Andere Anstalten / Aichach

1,532

,451

1

.001

Andere Anstalten / Chemnitz

–1,028

,438

1

.019

Andere Anstalten /  Schwäbisch-Gmünd

–1,038

,553

1

.061

–,432

,317

1

.172

Staatsangehörigkeit Anstalt Andere Anstalten / Köln

Konstante Quelle: Eigene Darstellung.

Die Rechnung zeigt, dass der Einfluss der Staatsbürgerschaft auf die Teilnahmequote bei schulischen Maßnahmen unabhängig von der anderen gewählten Variablen bestehen bleibt. Wie dieser Unterschied zwischen deutschen und nichtdeutschen Jugendstrafgefangenen entsteht, lässt sich nicht ganz nachvollziehen. Möglicherweise bieten die Anstalten für ausländische Gefangene häufig Deutschkurse an und die Frauen subsumieren diese dann unter die Schulangebote. Eine weitere Erklärung wäre, dass ausländische Gefangene einer Schulmaßnahme zugeteilt werden, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Eventuell ist es im Unterricht einfacher, Sprachprobleme zu kompensieren, als bei berufsqualifizierenden

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit  109

Weiterbildungen, da die Schülerinnen im Unterricht primär zuhören können und aktive Mitarbeit kein notwendiges Kriterium ist. Legt man wiederum die Angaben der Akten zu Grunde, ergibt sich allerdings kein signifikanter Unterschied (p = .811), ob die Inhaftierten deutsche Staatsangehörige sind (Teilnahmequote bei Schulmaßnahmen: 47,5 %, n = 67) oder nicht (Teilnahmequote bei Schulmaßnahmen: 45,5 %, n = 20). Diese Erkenntnis könnte den oben genannten Erklärungsversuchen widersprechen, da die Anstaltsmitarbei­ ter und -mitarbeiterinnen die jungen Frauen offensichtlich nicht anhand der offiziellen Angaben zur Staatsangehörigkeit zum Schulbesuch einteilen, sondern – wenn überhaupt – eher danach, wie gut die ausländischen Gefangenen die deutsche Sprache beherrschen. Ohne weitere Informationen (z. B. die Sprachkenntnis, die Dauer des Aufenthaltes in Deutschland)  lässt sich der Unterschied somit nicht nachvollziehbar erklären. c) Teilnahme an beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen An beruflichen Qualifikationsmaßnahmen haben mit insgesamt 21,3 % nur halb so viele Frauen teilgenommen wie an schulischen Maßnahmen. In den Gefangenenpersonalakten sind solche Maßnahmen sogar nur bei 13,4 % (n = 25) der Inhaftierten vermerkt.257 Die Teilnahmequoten unterscheiden sich auch bei diesen Angeboten von Anstalt zu Anstalt signifikant (p = .000). Tabelle 17 Teilnahme an beruflichen Qualifikationsmaßnahmen Teilnahme

Keine Teilnahme

Insgesamt n

21,3 % 48

78,7 % 177

JVA Aichach n

6,5 % 4

93,5 % 58

JVA Chemnitz n

53,3 % 16

46,7 % 14

JVA Köln n

20,0 % 10

80,0 % 40

JVA Schwäbisch-Gmünd n

20,0 % 9

80,0 % 36

Andere Anstalten n

23,7 % 9

76,3 % 29

Quelle: Eigene Darstellung.

257

Dieser Unterschied zwischen den Angaben der Fragebögen und der Akten könnte durch eine unterschiedliche Definition, was unter Berufsqualifikationen zu verstehen ist, entstanden sein.

110

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Während in der JVA Aichach nur 6,5 % an einer berufsqualifizierenden Maßnahme teilnehmen, sind es in der JVA  Chemnitz über die Hälfte (53,4 %). Der niedrige Wert in der JVA Aichach dürfte vor allem der Tatsache geschuldet sein, dass hier lediglich die vier Ausbildungen als berufsqualifizierende Maßnahme aufgelistet wurden. Für eine Ausbildung in Haft steht auf Grund des Bildungsgrades und der dafür notwendigen langen Haftstrafe nur ein sehr kleiner potenzieller Bewerberinnenkreis zur Verfügung. In der JVA Chemnitz wiederum zählten auch Bewerbungstraining oder das Berufsvorbereitungsjahr zu den berufsqualifizierenden Maßnahmen. Deren Voraussetzungen werden von deutlich mehr Gefangenen erfüllt, wodurch die Teilnahmequote höher liegt. Teilt man nun wiederum nach den Kriterien „vorhandener Schulabschluss“, „Altersgruppe“, „Nationalität“ und „Strafmaß“ ein, ergeben sich bei keinem Kriterium – weder bei den Daten des Fragebogens noch bei den Daten der Akten – signifikante Unterschiede. Dies dürfte vor allem an der heterogenen Definition von beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen liegen (von dreijährigen Ausbildungen bis zum Bewerbungstraining). Für eine aussagekräftige Analyse müssten Gruppen von sich ähnelnden Maßnahmen gebildet werden. Dies ist anhand der vorliegenden Daten jedoch nicht möglich.

d) Teilnahme an Arbeitsmöglichkeiten Abschließend wird nun noch die Nutzung des Arbeitsangebotes untersucht. Die meisten Frauen (51,6 %) im Jugendstrafvollzug gaben an, während der Inhaftierung zu arbeiten. Bei Auswertung der Akten liegt ihr Anteil sogar deutlich über der Hälfte (59,9 %, n = 112). Damit sind die arbeitenden Gefangenen die größte Gruppe im Leistungsbereich. Auch die Anzahl der arbeitenden Gefangenen unterscheidet sich von Anstalt zu Anstalt signifikant (p = .000). Den höchsten Anteil hat die JVA Aichach, wo 80,3 % der Gefangenen während der Haft einer Arbeit nachgehen. Den geringsten Anteil haben die zusammen­ gefassten Anstalten (18,4 %). Die JVA Chemnitz kann wegen zu geringer Anzahl von Antworten nicht sinnvoll einbezogen werden. Der hohe Anteil der arbeitenden Gefangenen ist angesichts des in den Jugendstrafvollzugsgesetzen normierten Vorranges von Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen äußerst kritisch zu sehen. Den jungen Frauen eine Beschäftigung zuzuweisen, anstatt sie beschäftigungslos ihre Jugendstrafe verbüßen zu lassen, ist grundsätzlich sehr positiv zu werten. Angesichts der hohen Zahl an Arbeiterinnen entsteht allerdings die Befürchtung, dass der Vollzug die einfacher zu organisierende Arbeit den personal- und kostenintensiveren Bildungs-  und Ausbildungsmaßnahmen vorzieht. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Gefangenen nicht ausreichend motiviert werden konnten, statt zu arbeiten eine eventuell anstrengendere Qualifizierungsmaßnahme zu absolvieren.

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit  111 Tabelle 18 Teilnahme an Arbeitsmöglichkeiten Teilnahme

Keine Teilnahme

Insgesamt n

51,6 % 111

48,4 % 104

JVA Aichach n

80,3 % 53

19,7 % 13

JVA Chemnitz n

28,6 % 2

71,4 % 5

JVA Köln n

53,7 % 29

46,3 % 25

JVA Schwäbisch-Gmünd n

40,0 % 20

60,0 % 30

Andere Anstalten n

18,4 % 7

81,6 % 31

Quelle: Eigene Darstellung

Abschließend wurde auch für die arbeitenden Frauen untersucht, ob es signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen, differenziert nach „Schulabschluss“, „Alter“, „Strafmaß“ und „Staatsbürgerschaft“, gibt. aa) Anteil der arbeitenden Frauen differenziert nach bereits vorhandenem Schulabschluss Für die arbeitenden Gefangenen ergaben sich bei dem Kriterium des Schulabschlusses signifikante Unterschiede. Frauen mit Schulabschluss arbeiten in Haft signifikant häufiger (55,4 %, n = 67) als Frauen ohne Schulabschluss (46,1 %, n = 41). Dieses Verhältnis zeigt sich auch in den Gefangenenpersonalakten.258 Diese Beobachtung ist positiv, da Frauen ohne Schulabschluss vorzugsweise schulische Qualifizierungsmaßnahmen besuchen sollten, während mit bereits erreichtem Schulabschluss Arbeitserfahrung sinnvoll ist. Der Unterschied zwischen arbeitenden Gefangenen mit und ohne Schulabschluss wird allerdings nur bei den Daten der Akten auch signifikant (p = .030). Für die Fragebogenangaben zeigt sich kein signifikanter Zusammenhang. Eine Erklärung wäre, wie bereits im vorangegangenen Abschnitt erläutert, dass es maßgeblich auf das offizielle Wissen des Vollzugspersonals ankommt (dokumentiert in den Ge-

258

Anteil der arbeitenden Frauen mit Schulabschluss: 68,4 %. Anteil der arbeitenden Frauen ohne Schulabschluss: 52,4 %.

112

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

fangenenpersonalakten), welche Maßnahmen im Leistungsbereich die Inhaftierten absolvieren. Nur wenn der Schulabschluss auch den Akten zu entnehmen ist, führt dies zu einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit, in Haft zu arbeiten. bb) Anteil der arbeitenden Gefangenen differenziert nach dem Alter Ein signifikanter Unterschied (p = .020) bei den Fragebogenangaben ergab sich bei den arbeitenden Gefangenen differenziert nach dem Alter. Je älter die Frauen waren, desto häufiger gingen sie in Haft einer Arbeit nach. Tabelle 19 Anteil arbeitender Gefangener nach Altersgruppen Jugendliche

Heranwachsende

Erwachsene

insgesamt

Arbeit n

34,2 % 13

60,0 % 60

47,9 % 35

51,2 % 108

Keine Arbeit n

65,8 % 25

40,0 % 40

52,1 % 38

48,8 % 103

Quelle: Eigene Darstellung.

Während bei den Jugendlichen nur ein Drittel in Haft zur Arbeit ging, waren es bei den Heranwachsenden 60 % und bei den Erwachsenen fast die Hälfte. Da zwischen den Anstalten signifikante Unterschiede zwischen den arbeitenden Frauen bestehen, könnte auch hier die vom Alter der Gefangenen abhängige unterschiedliche Teilnahmequote allein auf den Anstaltsunterschieden beruhen. Daher wurde erneut eine binäre logistische Regression gerechnet. Die Rechnung zeigt, dass zwischen den Altersgruppen keine signifikanten Unterschiede bei den arbeitenden Gefangenen bestehen. Hingegen zeigt sich ein signifikanter Unterschied zwischen den einzelnen Anstalten. Ob eine junge Frau während der Haftzeit einer Arbeit nachgeht, wird also maßgeblich von der Anstalt beeinflusst, in der sie inhaftiert wird. Das Kriterium der Altersgruppe beeinflusst die Teilnahmequote nicht allein. Der Unterschied zwischen den Altersgruppen ist nur auf die unterschiedliche Altersstruktur in den Anstalten zurückzuführen.

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit  113 Tabelle 20 Logistische Regression zum Einfluss der Anstalten und des Alters auf den Anteil der arbeitenden Gefangenen Regressions­ koeffizient B

Standardfehler

df 2

.089

–,485

,449

1

.280

,450

,348

2

.196

4

.000

–1,231

,519

1

.018

Altersgruppen Jugendliche / Heranwachsende Jugendliche / Erwachsene Andere Anstalt JVA Köln JVA Aichach

Signifikanz

,533

,406

1

.189

JVA Chemnitz

1,563

,434

1

.000

JVA Schwäbisch-Gmünd

–,689

,897

1

.443

Konstante

–,431

,362

1

.234

Quelle: Eigene Darstellung.

e) Zusammenfassung Insgesamt nimmt der überwiegende Teil von 79,4 % der Frauen während der Haftzeit an einem der Angebote teil. Die Gruppe der Arbeiterinnen ist dabei am größten (51,6 %), gefolgt von denjenigen, die in Haft die Schule besuchen (41,6 %). Eine berufsqualifizierende Maßnahme nutzen verhältnismäßig wenige (21,3 %). Bei der Frage nach der Teilnahme im Leistungsbereich waren Mehrfachantworten möglich. Die Teilnahmequoten machen deutlich, dass einige Frauen Angebote aus verschiedenen Bereichen nutzen. In allen drei Bereichen existieren signifikante Unterschiede zwischen den Anstalten. Die Teilnahme an einem Angebot aus diesem Bereich wird also maßgeblich durch die Anstalt beeinflusst, in der die jungen Frauen inhaftiert sind. Die Anstalten haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. In der JVA Aichach arbeiten über zwei Drittel der jungen Frauen. Dieser Anteil der Arbeiterinnen ist sowohl unter allen Anstalten am höchsten als auch innerhalb der JVA Aichach die mit Abstand größte Gruppe. Zur Schule geht hingegen nur ein Fünftel der Gefangenen, eine Ausbildung absolvieren nur sehr wenige Frauen. Das umgekehrte Bild zeigt sich in der JVA Köln. Hier gehen zwei Drittel der Inhaftierten während der Haftzeit zur Schule. Daneben gab die Hälfte der Frauen an, auch während der Haft zu arbeiten, und ein Fünftel besuchte eine berufsqualifizierende Maßnahme. Die JVA Chemnitz wiederum hat den höchsten Anteil der Frauen, die

114

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen  Tabelle 21 Teilnahmequoten im Bereich Schule, Berufsqualifikation und Arbeit Schule

Berufs­ qualifikation

Arbeit

insgesamt

JVA Aichach

22,6 %

6,5 %

80,3 %

92,5 %

JVA Chemnitz

19,4 %

53,3 %

28,6 %

59,4 %

JVA Köln

77,2 %

20,0 %

53,7 %

88,1 %

JVA Schwäbisch-Gmünd

44,4 %

20,0 %

40,0 %

70,6 %

Andere Anstalten

34,2 %

23,7 %

18,4 %

71,1 %

Quelle: Eigene Darstellung.

eine Berufsqualifikation in Haft absolvieren. Sie stellen auch innerhalb der Anstalt die größte Gruppe dar. Eine Schulmaßnahme besuchen hier ähnlich wenige wie in der JVA Aichach. Der Anteil der Arbeiterinnen ist hier der geringste unter allen Anstalten. Während die hohe Teilnahmequote im Leistungsbereich in der JVA Aichach also hauptsächlich auf die Arbeitenden zurückzuführen ist, entsteht die positive Quote in der JVA Köln größtenteils durch die große Zahl der Frauen, die in Haft zur Schule gehen. In der JVA Chemnitz hingegen geht nur knapp über die Hälfte überhaupt einer Beschäftigung im Leistungsbereich nach. Diese niedrige Beschäftigungszahl ist angesichts der Bedeutung einer regelmäßigen Beschäftigung für eine gelingende Resozialisierung äußerst kritisch zu sehen und bedürfte einer anstaltsspezifischen Ursachensuche. In allen Anstalten ist der Anteil der Arbeitenden sehr hoch. In der JVA Aichach liegt dieser deutlich über der Teilnahmequote schulischer Maßnahmen. In der JVA Schwäbisch-Gmünd gehen fast ebenso viele Inhaftierte zur Arbeit wie zur Schule. Auch in der JVA Köln gaben über 50 % der Frauen an, zu arbeiten. Nach den Vorgaben der Jugendstrafvollzugsgesetze sollten den Schulbildungs- und Ausbildungsmaßnahmen der Vorrang gegenüber der Arbeit eingeräumt werden. Diese Vorrangstellung scheint in der Praxis oftmals nicht umgesetzt zu werden. Am gravierendsten zeigt sich dies in der JVA Aichach. Zur Gruppenbildung lässt sich zusammenfassend sagen, dass die gewählten Parameter bei der Frage, welche Gefangene an berufsqualifizierenden Maßnahmen teilnehmen oder arbeiten, kaum einen entscheidenden Einfluss haben. Bei den berufsqualifizierenden Angeboten dürfte dies hauptsächlich auf die Heterogenität der Maßnahmen zurückzuführen sein, die unter dem Punkt „Berufsqualifikation“ zusammengefasst werden. Lediglich bei der Frage, ob die Frauen in Haft zur Schule gehen, fanden sich anhand der gewählten Kriterien signifikante Unterschiede. Nach Datenlage der Fragebögen und der Akten gehen Gefangene häufiger in Haft zur Schule, wenn sie noch keinen Schulabschluss erreicht haben. Dieser Unterschied wird jedoch nur bei den Auswertungen der Akten signifikant. Genau

IV. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung der Jugendstrafgefangenen 

115

der umgekehrte Trend zeigt sich bei den arbeitenden Gefangenen. Gefangene, die bereits einen Schulabschluss erreicht haben, arbeiten signifikant öfter als Frauen ohne Schulabschluss. Allerdings wird auch hier der Unterschied nur bei den Daten der Akten signifikant. Zusätzlich besuchen jüngere Gefangene signifikant häufiger in Haft die Schule als ältere. Das Strafmaß hat hingegen bei keiner Maßnahme Einfluss auf die Teilnahmewahrscheinlichkeit. Schließlich konnte bei den Schulangeboten noch festgestellt werden, dass Gefangene ohne deutsche Nationalität signifikant häufiger zur Schule gehen als Inhaftierte mit deutscher Staatsbürgerschaft.

IV. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung der Jugendstrafgefangenen Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Vorstrafen und den strafprozessrechtlich relevanten Eckdaten der aktuellen Inhaftierung. 1. Gesetzliche Regelungen Die wenigen Vorschriften der Jugendstrafvollzugsgesetze zu diesem Thema beschäftigen sich mit der Auseinandersetzung der Jugendstrafgefangenen mit den Tatfolgen und Sonderregelungen bei der Erstellung des Vollzugsplanes bei kurzen Haftstrafen. Das delinquente Handeln der Jugendstrafgefangenen wird in den Jugendstrafvollzugsgesetzen kaum differenziert thematisiert.259 Die im Vollzug durchgeführten Maßnahmen sollen den Gefangenen ermöglichen, sich mit der Straftat und deren Ursachen und Folgen auseinanderzusetzen.260 Die Inhaftierte soll des Weiteren von der Anstalt darin unterstützt werden, den Schaden wiedergutzumachen.261 Außer in Bayern und Niedersachsen ist der Ausgleich von Tatfolgen auch Teil des Vollzugs- und Wiedereingliederungsplans.262

259 Die DVJJ Sachsen kritisierte in ihrer Stellungnahme die fehlende Konkretisierung dieser Regelungen und regte an, bestimmte Maßnahmen, wie den Täter-Opfer-Ausgleich oder soziale Trainingskurse, beispielhaft aufzuzählen (Markgraf, S. 3). 260 Art. 74 BayStVollzG; § 5 III JStVollzG Bln (jetzt: §§ 3 II,8 JStVollzG Bln); § 8 I BbgJVollzG; § 5 III HessJStVollzg; § 5 III JStVollzG NRW (im aktuellen Gesetz finden sich dazu umfangreichere Regelungen, in: § 8 JStVollzG NRW); §§ 8 I, 9 IV LJVollzG; § 5 II SächsJStVollzG. 261 § 39 II JVollzGB IV; § 8 I JStVollzG Bln (jetzt: § 8 III JSTVollzG Bln); § 11 II BbgJVollzG; § 26 I HessJStVollzG; § 7 I JStVollzG M-V; § 6 JStVollzG NRW (jetzt: § 8 II JStVollzG NRW); § 11 II LJVollzG. 262 § 5  II  Nr.  5  JVollzGB  IV; § 15  I  Nr.  21  Bbg  JVollzG; § 11  III  Nr.  10  JStVollzG  Bln (jetzt: § 12 I Nr. 20 JStVollzG Bln); § 15 I Nr. 20 LJVollzG; § 10 IV Nr. 11 HessJStVollzG; § 11 III Nr. 10 JStVollzG; § 13 III Nr. 10 JStVollzG NRW (jetzt: § 12 II Nr. 10 JStVollzG NRW); § 11a I Nr. 20 SächsJStVollzG.

116

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

In zwei Bundesländern werden bei kurzen Haftstrafen vollzugsplanerische Rechte der Gefangenen gekürzt. So kann in Bayern nach Art. 8 I 2 BayJStVollzG von einem Vollzugsplan abgesehen werden, wenn dies die Vollzugsdauer rechtfertigt. In Rheinland-Pfalz kann das Diagnoseverfahren nach § 13  V  LJVollzG bei voraussichtlicher Vollzugsdauer von unter einem Jahr eingeschränkt werden. Dagegen stehen die Vorschriften ebenfalls in Rheinland-Pfalz und in Sachsen. In diesen Bundesländern muss bei einer voraussichtlichen Vollzugsdauer von 12 Monaten nach § 14 II LJVollzG bzw. § 11 II SächsJStVollzG der Vollzugsplan innerhalb von vier Wochen erstellt werden. Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen haben keine genauen zeitlichen Vorgaben für die Erstellung eines Vollzugsplanes. Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern setzen eine Frist von sechs Wochen, Hessen normiert für alle Gefangenen eine Frist von vier Wochen.263 2. Vorstrafen der jungen Frauen Für kaum eine Jugendstrafgefangene ist die Jugendstrafe die erste Verurteilung. Lediglich 2,0 % (n = 5) der jungen Frauen gaben an, vor der aktuellen Inhaftierung noch nie von einem Gericht verurteilt worden zu sein. Ein knappes Drittel (30,5 %, n = 78) hat bereits eine oder zwei Vorstrafen erhalten. Die größte Gruppe (40,2 %, n = 103) bilden diejenigen mit drei bis fünf vorangegangenen Verurteilungen. Gut ein Viertel (27,3 %, n = 70) der Jugendstrafgefangenen ist bereits öfter als fünfmal verurteilt worden. In den Akten stellt sich die Situation etwas anders dar. Ebenfalls 2,1 % (n = 4) hat noch keine vorhergehende Verurteilung. Ein Drittel (34,2 %, n = 64) erhielt bereits eine oder zwei Vorstrafen. Weniger als ein Drittel (29,9 %, n = 56) hatte drei bis fünf Vorstrafen. Öfter als fünfmal wurden 3,7 % (n = 7) verurteilt. In den Gefangenenpersonalakten sind folglich weniger Vorstrafen registriert, als von den jungen Frauen selbst angegeben werden. Möglicherweise nehmen die Gefangenenpersonalakten aus Effizienzgründen nur schwerwiegende Vorstrafen auf bzw. berücksichtigen bereits getilgte Vorstrafen nicht mehr. Eine andere Erklärung wäre, dass die jungen Frauen bestimmte repressive Maßnahmen seitens der Polizei oder des Jugendamtes fälschlicherweise als Strafen im strafrechtlichen Sinne deuten. Auch bei der Frage, zu welchen Strafen sie bereits verurteilt wurden, sind die Angaben in den Fragebögen sehr hoch.264 Hier waren ebenfalls Mehrfachantworten möglich. Die meisten jungen Frauen berichteten von unterschiedlichen Verurteilungen. 263

§ 11 I BbgJVollzG; § 11 I JStVollzG Bln (jetzt: § 6 II JStVollzG Bln); § 10 I HessJStVollzG; § 11 I JStVollzG M-V. 264 Siehe dazu die Evaluation in Sachsen, die ergab, dass hier zwar knapp 50 % bereits einen Jugendarrest verbüßten, aber jeweils unter 10 % schon mal zu einer Jugendstrafe mit oder ohne Bewährung verurteilt worden waren. Hinz / Meschner-Al-Mousawi / Hartenstein 2016, S. 378.

117

IV. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung der Jugendstrafgefangenen 

Der ganz überwiegende Teil (80,9 %, n = 169) befand sich demnach schon einmal im Jugendarrest. Eine noch größere Anzahl (86,7 %, n = 202) gab an, bereits eine unbedingte Jugendstrafe verbüßt zu haben. Ebenso hatten 82,5 % (n = 165) vor der aktuellen Inhaftierung bereits eine Jugendstrafe auf Bewährung erhalten. Zu einer anderen Strafe waren 57,9 % (n = 73) verurteilt worden. Diese Angaben sind zweifelhaft hoch. Zieht man die Angaben der Gefangenenpersonalakten heran, verringern sich die Zahlen deutlich. Tabelle 22 Angaben zu Vorstrafen Jugendarrest

Bedingte Jugendstrafe

Unbedingte Jugendstrafe

Andere Strafen

Fragebögen n

80,9 % 169

82,5 % 202

86,7 % 165

57,9 % 73

Gefangenenpersonalakten n

58,3 % 109

34,2 % 64

18,7 % 35

9,6 % 18

Quelle: Eigene Darstellung.

Danach befand sich nur etwas mehr als die Hälfte (58,3 %) der Inhaftierten schon einmal im Jugendarrest. Weniger als ein Fünftel (18,7 %) hatte vor der aktuellen Inhaftierung eine Jugendstrafe ohne Bewährung und ein Drittel (34,2 %) eine Jugendstrafe mit Bewährung erhalten. Nur 9,6 % waren zu einer anderen Strafe verurteilt worden. Wie diese extreme Diskrepanz zwischen selbstberichteten Angaben und den offiziellen Angaben zu Stande kommt, kann nur vermutet werden. Viele Jugendstrafgefangene könnten ihre aktuelle Jugendstrafe bei der Antwort als „unbedingte Jugendstrafe“ miteingerechnet haben. Insbesondere dann, wenn es sich um einen Bewährungswiderruf handelt, könnte die widerrufene Jugendstrafe als eigenständige Strafe angegeben werden. Auch die im Jugendstrafvollzug vorgegebene Gesamtstrafenbildung dürfte die Unterscheidung verschiedener verurteilter Strafen erschweren. Zu untersuchen wäre allerdings auch, ob einige Jugendstrafgefangene die erhaltenen Strafen nicht präzise benennen können bzw. verschiedene hoheitliche Reaktionen miteinander verwechseln oder zwangsläufig als „Strafe“ einstufen. So könnten beispielsweise Frauen, die im Fragebogen angaben, bereits im Jugendarrest gewesen zu sein, dies mit einer Disziplinarmaßnahme „Arrest“ im Jugendvollzug oder einem Polizeigewahrsam im Rahmen von Ermittlungen verwechselt haben.

118

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

3. Aktuelle Inhaftierung Bezüglich ihrer aktuellen Verurteilung wurden die Gefangenen nach dem Strafmaß und dem begangenen Delikt befragt. Im Durchschnitt betrug die Jugendstrafe 19,2  Monate. Der Median liegt bei 15 Monaten und deutet damit auf einen Schwerpunkt bei den kürzeren Haftstrafen hin. In den Gefangenenpersonalakten liegt der Durchschnitt der Haftstrafe um drei Monate niedriger bei 16,3 Monaten. Der Median liegt bei 14,0 Monaten. 40

Anzahl der Gefangenen in Prozent

35

30

25

20

15

10

5

0

bis sechs Monate

sieben bis zwölf Monate

13 bis 24 Monate

25 bis 36 Monate

über 36 Monate

Länge der Jugendstrafe in Monaten

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 7: Länge der aktuellen Haftstrafen

Schlüsselt man die Haftstrafen weiter auf, so bestätigt sich dieses Bild. 10,4 % (n = 26) der Frauen haben die niedrigste Haftzeit von sechs Monaten Jugendstrafe. Eine Jugendstrafe zwischen sieben und zwölf Monaten verbüßen 31,9 % (n = 80). Insgesamt ist damit fast die Hälfte (42,3 %, n = 106) zu einer Haftstrafe bis zu einem Jahr verurteilt. Bei weiteren 35,5 % (n = 89) lag das Strafmaß zwischen 13 und 24 Monaten. Nur 15,9 % (n = 40) hatten eine Jugendstrafe zwischen zwei und drei Jahren erhalten und 6,4 % (n = 16) der jungen Frauen waren über drei Jahre inhaftiert.265

265

Die Angaben stimmten erstaunlich exakt mit denen aus den Gefangenenpersonalakten überein. Danach waren 17,3 % zu einer Haftstrafe von maximal sechs Monaten, 31,4 % zwischen sieben und zwölf Monaten, 34,1 % zwischen ein und zwei Jahren, 14,1 % zwischen zwei und drei Jahren und 3,2 % über drei Jahren verurteilt.

IV. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung der Jugendstrafgefangenen 

119

In einer offenen Frage sollten die Inhaftierten angeben, wegen welches Deliktes sie aktuell inhaftiert waren. Einige machten sehr präzise Angaben, die meisten gaben jedoch nur das ungefähre Delikt an (z. B. „Diebstahl“, „BtMG“ oder „kv“). Manche Antworten konnten zudem nicht sinnvoll eingeordnet werden (z. B. „Bewährungswiderruf“, insg. ca. 6 % aller Angaben) und wurden im Folgenden nicht berücksichtigt. Dadurch variiert auch die Anzahl der angegebenen Delikte stark. Dies beruht in einigen Fällen sicherlich auf einer tatsächlichen Verurteilung wegen verschiedener Delikte. In einigen Fällen dürfte die unterschiedliche Anzahl aber auch dem Umstand geschuldet sein, dass einige alle Delikte angaben, andere aber eventuell nur das schwerwiegendste oder das, woran sie sich am schnellsten erinnerten. Der Aussagegehalt dieser Auswertungen sollte wegen der genannten Verzerrungen daher nicht überschätzt werden. Insgesamt wurden von den 260 jungen Frauen 394 Straftaten angegeben. Diese Delikte wurden in die vier Kategorien „Gewaltdelikte“, „Eigentums- und Vermögensdelikte“, „Drogendelikte“ und „sonstige Delikte“ aufgeteilt. Als Gewaltdelikte zählen Mord, Totschlag, alle Arten der Körperverletzung, Raub und räuberische Erpressung. Vermögens- und Eigentumsdelikte sind Diebstahl, Betrug, Unterschlagung und Hehlerei sowie einige wenige weitere Delikte. Als Drogendelikte wurden alle Angaben zum BtMG oder Angaben mit dem Hinweis „Drogen“, „Drogenschmuggel“, „Verkauf / Handel von / mit Drogen“ gewertet. Sonstige Delikte sind unter anderem Brandstiftung, Fahren ohne Führerschein oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Die größte Gruppe entfällt auf die Eigentums- und Vermögensdelikte mit 42,4 % (n = 167), wobei der Diebstahl mit 21,8 % (n = 85) die häufigste Straftat in dieser Kategorie darstellt. Die zweitgrößte Gruppe sind die Gewaltdelikte mit 38,6 % (n  =  152). Hier überwiegen die Körperverletzungsdelikte mit 22,59 % (n  =  89) deutlich. Wegen Mordes waren nur 2,8 % (n = 11) inhaftiert. Der Anteil der Gewaltdelikte weicht auf Grund unterschiedlicher Einteilung der Delikte gegenüber anderen Publikationen des Projektes ab.266 Drogendelikte machten lediglich 7,6 % (n = 30) aller angegebenen Delikte aus. Weitere 11,0 % (n = 43) der Angaben werden unter „Sonstiges“ zusammengefasst. Die Anteile verändern sich etwas, wenn man nun nicht den Anteil der Deliktsgruppe an allen angegebenen Delikten betrachtet, sondern den Anteil der Delinquentinnengruppen an der Grundgesamtheit. Eine Gefangene kann mehrere Delikte einer Kategorie begangen bzw. angegeben haben und wäre dann nach der obigen Zählung deutlich überrepräsentiert. Daher werden nun die jungen Frauen in die vier Gruppen „Eigentums- und Vermögensdelinquentinnen“, „Gewaltdelinquentinnen“, „Drogendelinquentinnen“ und „Sonstige“ eingeteilt. Da eine Frau Delikte aus zwei verschiedenen Gruppen begangen haben kann, also z. B. sowohl

266

Boxberg / Neubacher 2019, S. 450.

120

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Gewalt- als auch Drogendelinquentin sein kann, übersteigen die Anteile zusammen die 100 %-Marke. Bei dieser Zählweise steigt die Zahl der Gewaltdelinquentinnen (47,1 %) gegenüber dem Anteil der begangenen Gewaltdelikte (38,6 %) um ca. 10 %. Fast die Hälfte ist folglich – entgegen früheren Untersuchungen267 – wegen eines Gewaltdeliktes verurteilt. Dieser hohe Anteil sollte bei der Frage nach dem bestehenden Therapiebedarf berücksichtigt werden. Die Gruppe, die auch wegen eines Vermögensdeliktes (49,6 %, n = 129) verurteilt wurde, steigt gegenüber dem Anteil der Vermögensdelikte weniger stark (42,4 %). Der Anteil der Frauen, die auch ein Drogendelikt begangen hatten, spielt weiterhin eine untergeordnete Rolle (11,5 %, n = 30). Einige wollten eine Verurteilung in diesem Bereich vermutlich allerdings auch nicht offenlegen. Eventuell spielten Drogendelikte auch nur eine untergeordnete Rolle gegenüber gleichzeitig abgeurteilten Vermögens- oder Gewaltdelikten, sodass sie seltener in Erinnerung blieben. Ein „sonstiges Delikt“ hatten 17,3 % (n = 45) begangen.

V. Suchtmittelkonsum der jungen Frauen vor und während der Inhaftierung Der Gebrauch von Suchtmitteln ist nach bisherigen Untersuchungen im Jugendstrafvollzug an jungen Frauen ein allgegenwärtiges Thema.268 Im ersten Abschnitt werden die Vorschriften der Jugendstrafvollzugsgesetze dargestellt, die den Umgang mit Drogen im Vollzug regeln. Der praktische Teil beschäftigt sich mit dem Drogenkonsum vor und während der Inhaftierung und den im Jugendstrafvollzug zur Verfügung stehenden Angeboten. 1. Gesetzliche Regelungen Angesichts der vielfachen Hinweise269 auf die erhebliche Problematik von Drogenkonsum in Haft wird das Thema in den Jugendstrafvollzugsgesetzen verhältnismäßig knapp und mit dem Fokus auf Kontroll- und Sanktionsmaßnahmen behandelt. Als Hilfestellung für suchtmittelabhängige Jugendliche normiert Bayern die Zusammenarbeit der Anstalten nach Art. 126 I 2 BayStVollzG mit Suchtberatungsstellen, während Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen speziell zugeschnittene Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsangebote für junge

267 Franze 2001, S. 164; Stelly / Thomas 2015, S. 68; Werner 2012, S. 197; in Bayern lag der Anteil der früheren und aktuellen Körperverletzungsdelikte hingegen ebenfalls bei 39,7 %. Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs 2015, S. 38. 268 Jansen 1999, S. 54. 269 Franze 2001, S. 208 f.; Jansen 1999, S. 54; Werner 2012, S. 201.

V. Suchtmittelkonsum der jungen Frauen vor und während der Inhaftierung 

121

Suchtmittelabhängige vorschreiben.270 In Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen sollen die Jugendlichen über die schädlichen Folgen des Suchtmittelkonsums aufgeklärt werden.271 Die weiteren Regelungen beschäftigen sich ausschließlich mit der Durchsetzung des Konsumverbotes in Haft. Alle Bundesländer (außer Niedersachsen) erlauben ausdrücklich Maßnahmen zur Kontrolle des Suchtmittelkonsums von Gefangenen.272 Wird ein solcher Konsum festgestellt, können die Kosten der Maßnahme in Bayern, Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen den Gefangenen auferlegt werden.273 In Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen gelten Gefangene als nicht suchtmittelfrei, wenn sie die Mitwirkung an den Kontrollen verweigern.274 Dies wird mit der Argumentation begründet, dass auf die zwangsweise Kontrolle verzichtet werden solle. Eine Verweigerung der Gefangenen bliebe damit ohne Folgen und könnte weitere Inhaftierte ermuntern, die Kontrolle zu verweigern.275 In Hessen wurde mit § 46 VI HessJStVollzG ein Absatz hinzugefügt. Bei einer positiven Kontrolle müssen Gefangene den Suchtmittelkonsum einräumen. Ansonsten wird ihre Probe in einem Fachlabor untersucht und die Kosten dafür bei einem positiven Bescheid dem Gefangenen in Rechnung gestellt. Diese Regelungen scheinen aus pädagogischer Sicht fragwürdig und aus verfassungsrechtlicher Perspektive zumindest prüfenswert. Nicht suchtmittelfreie Gefangene gelten im Vollzug grundsätzlich als nicht lockerungsfähig und können im Vollzugsalltag durch Disziplinarmaßnahmen276 starken Einschränkungen unterworfen werden.277 Da die Weigerung, an den Kontrollen mitzuwirken, auch andere Gründe als aktueller Drogenkonsum (zum Beispiel Schamgefühle wegen der Urinabgabe oder eine jugendliche Trotzreaktion gegen die Autorität der Anstalt) haben kann, ist diese pauschale Einstufung mit den weitreichenden Konsequenzen als äußerst bedenklich einzustufen.

270

§ 39 II JVollzGB IV; § 60 II JStVollzG NRW (jetzt: § 35 II JStVollzG NRW). § 30 I JVollGB IV; § 23 I 2 HessJStVollzG; § 60 II JStVollzG NRW (jetzt: § 35 II JStVollzG NRW). 272 § 60 IV 1 JVollzGB; Art. 94 I BayStVollzG; § 68 I JStVollzG Bln (jetzt: § 86 JStVollzG Bln); § 88 I BbgJVollzG; § 46 I HessJStVollzG; § 68 I JStVollzG M-V; § 77 I JStVollzG NRW (jetzt: § 50 JStVollzG NRW i. V. m. § 65 I StVollzG NRW); § 86 I LJVollzG; § 69 I SächsJStVollzG. 273 Art. 94 II BayStVollzG; § 68 II JStVollzG Bln (das aktuelle Gesetz enthält keine vergleichbare Regelung); § 88 III BbgJVollzG; § 68 I JStVollzG M-V; § 77 II JStVollzG NRW (jetzt: § 50 JStVollzG NRW i. V. m. § 65 II StVollzG NRW); § 86 III LJVollzG; § 69 III SächsJStVollzG. 274 § 60 IV 2 JVollzGB IV; § 88 II BbgJVollzG; § 46 III HessJStVollzG; § 86 II LJVollzG; § 69 II SächsJStVollzG. 275 Landtag Rheinland-Pfalz 2012, Drucksache 16/1910, S. 146. 276 § 100  I  Nr.  5  BbgJVollzG; § 55  II  Nr.  5  HessJStVollzG; § 97  I  Nr.  5  LJVollzG; § 82  II Nr. 5 SächsJStVollzG. 277 Stöver, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 40, 41. 271

122

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

2. Drogenkonsum vor der Inhaftierung Auf das kritische Konsumverhalten weiblicher Jugendstrafgefangener ist bereits öfter hingewiesen worden.278 Der Konsum von (illegalen) Drogen kann neben Abhängigkeit auch zu psychischen Problemen – von sozialem Rückzug bis hin zu psychischen Störungen  – führen. Körperliche Beeinträchtigungen sowohl durch die konsumierten Stoffe als auch durch die Übertragung von Infektionskrankheiten durch verunreinigtes Spritzenbesteck können als weitere Schwierigkeit für die Drogenkonsumentinnen hinzukommen.279 Gleichzeitig fördern Beschaffungsdruck und die Finanzierung des Drogenkonsums deviante Verhaltensweisen.280 Das Risiko, straffällig zu werden, erhöht sich damit durch den Drogenkonsum erheblich.281 Auf sozialer Ebene besteht die Gefahr, durch drogenbedingte Verhaltensweisen von der Teilhabe am sozialen Leben ausgeschlossen zu werden.282 Eine genaue Betrachtung des Drogenkonsums ist daher für eine gelingende Resozialisierungsarbeit unentbehrlich. In diesem Abschnitt werden das Alter bei Erstkonsum, die Art der Drogen und die Häufigkeit des Konsums dargestellt. Anschließend wird der Mischkonsum der jungen Frauen näher analysiert. a) Einstiegsalter Bei der Untersuchung des Einstiegsalters zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Jugendstrafgefangenen und der Kontrastgruppe. Jugendstrafgefangene kommen deutlich früher in Kontakt mit legalen oder illegalen Drogen als die gleichaltrige Kontrastgruppe. Fast die Hälfte (43,4 %, n  =  111) der Jugend­ strafgefangenen rauchte vor dem 12. Lebensjahr das erste Mal Zigarette, während der Anteil bei den Schülerinnen und Studentinnen in dieser Altersgruppe lediglich bei 7,3 % (n = 52) liegt. Auch in der größten Gruppe der 12- bis 15-Jährigen liegt der Anteil der Erstkonsumenten bei den Inhaftierten (42,6 %, n  =  109) deutlich über dem Anteil der Kontrastgruppe (34,3 %, n = 245). Von den jungen Inhaftierten hatten zudem 17,6 % (n = 45) vor dem 12. Lebensjahr bereits Alkohol konsumiert, von den Schülerinnen und Studentinnen lediglich 4,8 % (n = 34). Auch hier bilden die größte Gruppe der Erstkonsumenten die 12-  bis 15-Jährigen.283 Am problematischsten ist der Konsum illegaler Drogen von 10,6 % (n = 27) der Inhaftierten vor dem 12. Lebensjahr. Ein früher Drogenkonsum kann massive Auswirkungen

278

Franze 2001, S. 209; Jansen 1999, S. 54. Eder 2012, S. 28 f. 280 Häßler / Suhling 2017, S. 17. 281 Häßler / Maiwald, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 425. 282 Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2017, S. 20; Eder 2012, S. 36. 283 Jugendstrafgefangene: 54,7 % (n = 140); Kontrastgruppe: 62,2 % (n = 445). 279

V. Suchtmittelkonsum der jungen Frauen vor und während der Inhaftierung 

123

auf die psychische Gesundheit haben.284 In der Kontrastgruppe kommt ein Erstkonsum vor dem 12. Lebensjahr quasi nicht vor. Während fast die Hälfte (47,5 %, n = 121) der inhaftierten Frauen zwischen dem 12. und dem 15. Lebensjahr illegale Drogen konsumierte, waren es bei den Schülerinnen und Studentinnen nur 9,0 % (n = 64). Tabelle 23 Anteil der unter 12- Jährigen als Erstkonsumentinnen von Zigaretten, Alkohol oder Drogen Zigaretten

Alkohol

Illegale Drogen

insgesamt

Jugendstraf­ gefangene n

43,4 %

17,6 %

10,6 %

45,3 %

111

45

27

183

Kontrast­gruppe n

7,3 % 52

4,8 % 34

/

11,0 % 86

Quelle: Eigene Darstellung.

Die weiblichen Jugendstrafgefangenen konsumierten folglich im Schnitt deutlich früher legale oder illegale Drogen. Insgesamt kamen von den Frauen in Haft viermal so viele (45,3 %) vor dem zwölften Lebensjahr in Kontakt mit Zigaretten, Alkohol und / oder Drogen wie bei den Schülerinnen und Studentinnen (11,0 %).285 b) Art der Drogen und Häufigkeit des Konsums vor der Inhaftierung Im Fragebogen wurden die jungen Frauen zu ihrem Konsum von acht verschiedenen Drogengruppen befragt.286 Sie konnten angeben, ob sie die Droge „nie“, „1–2-mal“, „monatlich“, „wöchentlich“ oder „täglich“ konsumierten. Der Gebrauch von Alkohol und Cannabis wurde am häufigsten angegeben, daher werden diese Stoffe gesondert dargestellt.

284

Schay 2011, S. 17. Auch Praktiker berichten von einem sehr frühen Erstkonsum der weiblichen Inhaftierten: Kraft 2011, S. 381; Jansen, in: Zander 2006, S. 275. 286 1) Alkoholische Getränke (Bier, Wein, Spirituosen usw.); 2) Cannabis, Marihuana, Gras, Haschisch usw.; 3) Kokain, Koks, Crack usw.; 4) Speed, Crystal Meth, Amphetamine, ­Ecstasy usw.; 5) Klebstoff, Benzin, Lösungsmittel usw.; 6) Valium, Benzodiazepin, Rohypnol usw.; 7) LSD, Acid, Pilze, Angel Dust, Ketamin usw.; 8) Heroin, Morphium, Methadon, Codein usw. 285

124

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

Von den Jugendstrafgefangenen gaben 15,5 % (n = 40) an, noch nie Alkohol getrunken zu haben. Bei den Schülerinnen und Studentinnen waren es nur fast halb so viele (8,7 %, n = 62). In beiden Gruppen konsumierte der überwiegende Anteil mindestens monatlich Alkohol. Der Anteil in der Kontrastgruppe war hier höher (79,4 %, n = 568) als bei den Inhaftierten (63,5 %, n = 164). Die Jugendstrafgefangenen konsumierten jedoch in kürzeren Abständen. Bei den Schülerinnen und Studentinnen lag der Schwerpunkt auf monatlichem (51,2 %, n = 366) und schon deutlich seltener auf wöchentlichem (27,4 %, n = 196) Konsum. Täglich trank kaum einer aus der Kontrastgruppe. Bei den Inhaftierten hingegen gaben nur 18,2 % (n  =  47) an, monatlich Alkohol zu konsumieren. Ein Fünftel (20,5 %, n = 53) trank wöchentlich, ein Viertel (24,8 %, n = 64) fast täglich Alkohol. Es ist daher von einem deutlich höheren Maß an Alkohol bei den Jugendstrafgefangenen auszugehen. Extrem unterschiedlich ist der Cannabiskonsum in den beiden Gruppen ausgeprägt. Während zwei Drittel (67,1 %, n = 480) der Kontrastgruppe noch nie Cannabis konsumiert hatten, lag der Anteil der Nicht-Konsumenten bei den Gefangenen nur bei einem Viertel (27,0 %, n = 70). Von den Jugendstrafgefangenen gaben fast zwei Drittel (62,9 %, n = 163) mindestens monatlichen Cannabiskonsum an. Bei den Schülerinnen und Studentinnen lag der Anteil bei nur 9,5 % (n = 68). Unterteilt man diese Gruppen in wöchentlichen und täglichen Konsum, verschärft sich dieser Unterschied weiter. Von täglichem Cannabiskonsum berichten 40,5 % (n = 105), von wöchentlichem Konsum 9,3 % (n = 24) der Inhaftierten. In der Kontrastgruppe hingegen konsumierte so gut wie keine Frau täglich oder wöchentlich Cannabis. Die Schülerinnen und Studentinnen konsumierten also größtenteils kein Cannabis und wenn, dann nur gelegentlich. Bei den Frauen in Haft hingegen scheint der Cannabiskonsum für die Hälfte vor der Haft zum Alltag gehört zu haben. Der Konsum anderer Drogen spielt in der Kontrastgruppe kaum eine Rolle.287 Bei den Jugendstrafgefangenen hingegen berichteten viele Frauen von mindestens monatlichem Kokainkonsum (39,4 % n = 98), davon 15,3 % (n = 38) fast täglich. Ebenfalls gab fast die Hälfte (48,1 %, n = 124) an, mindestens monatlich Speed zu konsumieren. Ein großer Teil von ihnen fast täglich (20,2 %, n = 52). Der Heroinkonsum liegt mit 16,8 % (n = 43) der Frauen, die mindestens monatlich konsumieren, deutlich geringer. Angesichts der großen psychischen und physischen Auswirkungen von Heroin288 ist die Zahl aber ebenfalls als hoch einzustufen. Für die Frage, wie viele Jugendliche regelmäßig irgendeine der Drogen konsumierten, wurden die Items dichotomisiert. Gaben die Jugendlichen an, eine Droge „nie“ oder erst „1–2-mal“ konsumiert zu haben, wurde dies als kein Konsum gewer-

287

Der Anteil derer, die noch nie eine der abgefragten Substanzen konsumiert hatte, lag immer über 95 %. 288 Geschwinde 2018, S. 455 f.

V. Suchtmittelkonsum der jungen Frauen vor und während der Inhaftierung  90 80

Anzahl der Personen in Prozent

70 60 50 40 30 20 10 0

täglich

wöchentlich Jugendstrafgefangene

monatlich

insgesamt

Kontrastgruppe

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 8: Häufigkeit des Alkoholkonsums 70

Anzahl der Personen in Prozent

60

50

40

30

20

10

0

täglich

wöchentlich Jugendstrafgefangene

monatlich Kontrastgruppe

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 9: Häufigkeit des Cannabiskonsums

insgesamt

125

126

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

tet. Gaben Sie hingegen an, eine Droge „monatlich“, „wöchentlich“ oder „täglich“ zu konsumieren, wurde dies als Drogenkonsum gewertet. 120

Anzahl der Personen in Prozent

100

80

60

40

20

0

Drogenkonsum Jugendstrafgefangene insgesamt

Drogenkonsum Kontrastgruppe insgesamt Drogenkonsum

Drogenkonsum Jugendstrafgefangene ohne Alkohol

Dogenkonsum Kontrastgruppe ohne Alkohol

kein Drogenkonsum

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 10: Anteil Drogenkonsumentinnen mit und ohne Alkohol

Daraus ergab sich, dass 81,9 % (n = 213) der Jugendstrafgefangenen vor der Inhaftierung und 79,9 % (n = 571) der Schülerinnen und Studentinnen mindestens monatlich irgendeine Droge konsumierten. Die beiden Gruppen haben damit gesamt betrachtet ein nahezu identisch hohes Niveau. Rechnet man den Alkoholkonsum heraus, verändert sich das Bild allerdings drastisch. Außer Alkohol konsumierten immer noch 68,1 % (n = 177) der Jugendstrafgefangenen irgendeine Droge, aber nur 9,9 % (n = 71) der Schülerinnen und Studentinnen. Der hohe Anteil der Drogenkonsumentinnen ist bei der Kontrastgruppe also hauptsächlich auf den Alkoholkonsum zurückzuführen, während bei den Jugendstrafgefangenen deutlich mehr neben Alkohol auch irgendeine illegale Droge konsumieren.

V. Suchtmittelkonsum der jungen Frauen vor und während der Inhaftierung 

127

c) Polytoxikomaner Drogengebrauch Auch bei der Frage, wie viele Drogen die Jugendlichen konsumierten, zeigen die Jugendstrafgefangenen einen deutlich riskanteren Konsum. Dazu wurden die jungen Frauen in die vier Konsumentinnengruppen „keine Drogen“, „eine Droge“, „zwei bis vier Drogen“ und „mindestens fünf Drogen“ eingeteilt. Das Konsumieren mehrerer Drogen ist äußerst problematisch, da körperliche Verfallserscheinungen potenziert werden289 und die Risiken von Wechselwirkungen verschiedener Substanzen den Konsumentinnen nicht bekannt oder unterschätzt werden.290 120

Anzahl der Personen in Prozent

100

80

60

40

20

0

Anzahl der Drogen Jugendstrafgefangenen insgesamt keine Drogen

eine Droge

Anzahl der Drogen Kontrastgruppe insgesamt

zwei bis vier Drogen

mindestens fünf Drogen

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 11: Anzahl der konsumierten Drogen

Von den Jugendstrafgefangenen konsumierten 17,3 % (n = 45) nur eine Droge mindestens monatlich, zwei Drittel (64,6 %, n  =  168) mehrere Substanzen. Ein knappes Fünftel (18,4 %, n = 48) nimmt sogar mindestens fünf verschiedene Substanzen. Bei den Schülerinnen und Studentinnen konsumierte der Großteil (70,3 %, n = 503) nur eine Droge, lediglich 9,5 % (n = 68) konsumierten zwei bis vier verschiedene Drogen. Schon hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Jugendstrafgefangenen und der Kontrastgruppe. Die Anzahl derer, die Drogen nehmen, ist zwar nahezu identisch, von den Jugendstrafgefangenen nehmen aber deutlich mehr verschiedene Drogen. Ein Mischkonsum bei den Schülerinnen und Studentinnen kommt nur selten vor. 289 290

Vgl.: Haverkamp, in: Schweder 2015, S. 395. Stöver, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 25.

128

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

120

Anzahl der Personen in Prozent

100

80

60

40

20

0

Anzahl der Drogen Jugendstrafgefangenen ohne Alkohol keine Drogen

eine Droge

Anzahl der Drogen Kontrastgruppe ohne Alkohol

zwei bis vier Drogen

mindestens fünf Drogen

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 12: Anzahl der konsumierten Drogen ohne Alkohol

Dieser Unterschied verstärkt sich, wenn der Alkoholkonsum nicht berücksichtigt wird. Fast ein Drittel (31,9 %, n = 83) der Jugendstrafgefangenen konsumierte keine illegalen Drogen. Bei den Schülerinnen und Studentinnen sind es fast dreimal so viele (90,1 %, n = 644). Eine illegale Droge nahmen 12,3 % (n = 32) der Inhaftierten und 9,2 % (n = 66) der Kontrastgruppe. Aber über die Hälfte der Jugendstrafgefangenen (55,8 %, n = 145) konsumiert mehrere illegale Substanzen mindestens monatlich, davon 10,4 % (n = 27) mindestens fünf verschiedene Drogen. In der Kontrastgruppe nehmen knapp 10 % eine und unter einem Prozent zwei verschiedene illegale Drogen. Ein regelmäßiger Mischkonsum illegaler Drogen kommt damit bei den Schülerinnen und Studentinnen nicht vor. Bei den Jugendstrafgefangenen geben jedoch über die Hälfte dieses äußerst problematische Konsummuster an. d) Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich sagen, dass viele Jugendstrafgefangene bereits auffällig früh in Kontakt mit legalen und illegalen Substanzen kommen. Der Anteil der Alkoholkonsumentinnen ist bei den Schülerinnen und Studentinnen insgesamt höher (Kontrastgruppe: 79,4 %, Gefangene: 63,5 %), die inhaftierten Frauen konsumieren aber in kürzeren Abständen und damit vermutlich auch höhere Mengen an Alkohol. Fast die Hälfte der Jugendstrafgefangenen konsumierte (fast) täglich Can-

V. Suchtmittelkonsum der jungen Frauen vor und während der Inhaftierung 

129

nabis (40,5 %). Der Konsum von Kokain und Speed liegt etwas unter dem Niveau des Cannabiskonsums. Heroin konsumieren 16,8 % der Jugendstrafgefangenen. Um die 80 % der beiden Gruppen konsumieren mindestens monatlich Drogen. Der Anteil der Konsumentinnen illegaler Drogen ist bei den Inhaftierten (68,1 %) aber fast sieben Mal höher als in der Kontrastgruppe (9,9 %). Zusätzlich konsumierten von den Jugendstrafgefangenen (64,6 %) mehr als sechs Mal so viele mehrere Substanzen gleichzeitig wie in der Kontrastgruppe (9,5 %). Während über die Hälfte der Jugendstrafgefangenen mehrere illegale Substanzen konsumiert, kommt ein Mischkonsum illegaler Drogen in der Kontrastgruppe nur sehr selten vor. 3. Drogenkonsum während der Inhaftierung Der Konsum illegaler Drogen ist außerhalb des Gefängnisses mit zahlreichen Problemen verbunden. Diese werden durch eine Inhaftierung noch einmal gesteigert. Die vor der Haft angewöhnten Konsummuster werden durch die Inhaftierung zwar verändert (z. B. werden unterschiedliche Drogen nebeneinander konsumiert, weil die präferierte Substanz gerade nicht verfügbar oder nicht finanzierbar ist291), aber nicht zwingend unterbrochen, denn illegale Drogen sind im gesamten Strafvollzug im Umlauf.292 Dies hat sowohl für die (weiter) konsumierenden Gefangenen als auch für die abstinent lebenden Gefangenen zahlreiche Konsequenzen. Am schwersten wiegen die Probleme, Behandlungsangebote erfolgreich durchführen zu müssen, obwohl für die Frauen permanent Drogen verfügbar sind.293 Drogenabhängige Gefangene leiden unter den zusätzlichen haftbedingten Schwierigkeiten, sich Drogen zu beschaffen und zu finanzieren,294 sowie unter der Stigmatisierung durch Mitgefangene.295 Der Konsum in Haft birgt zudem einige zusätzliche Gesundheitsrisiken. Zum einen können die Drogen verunreinigt oder von den Dealern absichtlich gestreckt worden sein. Durch das fehlende sterile Besteck erhöht sich die Gefahr von Infektionskrankheiten.296 Und schließlich steigt die Gefahr einer Überdosierung, wenn die Gefangene nach längerer (haftbedingter) Drogenabstinenz eine verminderte Toleranz gegenüber der Droge hat, die bei der Dosierung nicht berücksichtigt wird.297 Für Frauen, die im Gefängnis einen Drogenentzug machen wollen oder bereits entzogen haben, stellen die kursierenden Drogen eine ständige Versuchung dar und gefährden bereits erreichte Behandlungserfolge. Die 291

Stöver, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 25. Bögelein / Meier / Neubacher 2016, S. 260; Eder 2012, S. 97; Häßler / Maiwald, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 424; Stöver 2002, S. 136. 293 Bögelein / Meier / Neubacher 2016, S. 260. 294 Häßler / Maiwald, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 424; Stöver, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 1. 295 Stöver, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 10. 296 Stöver 2002, S. 137; Eder 2012, S. 99. 297 Häßler / Maiwald, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 424; Stöver, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 36; Stöver 2012, S. 75. 292

130

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

abstinent Lebenden müssen wiederum die Entzugs- oder drogeninduzierten Ausfallerscheinungen ihrer Mithäftlinge und die Kontrollen und Sicherungsvorkehrungen der Anstalt ertragen. a) Umfang des Drogenkonsums in Haft Im Fragebogen wurden die Inhaftierten nach ihrem Drogenkonsum der letzten drei Monate gefragt. Berücksichtigt man nun nur diejenigen, die sich seit mindestens 92 Tagen in Haft befinden,298 kann man den Drogenkonsum in Haft berechnen. Einige Jugendstrafgefangene dürften allerdings trotz zugesicherter Anonymität und Vertraulichkeit der Daten ihren Drogenkonsum nicht angegeben haben, weil sie unbegründeterweise Konsequenzen von Seiten der Anstalt befürchteten. Der angegebene Konsum legaler und illegaler Drogen verringert sich drastisch. Lediglich 5,9 % (n = 8) der jungen Frauen gaben an, mindestens monatlich Alkohol zu konsumieren (vor der Haft: 63,5 %), nur noch 8,8 % (n = 12) berichteten von mindestens monatlichem Cannabiskonsum (vor der Haft: 62,9 %).299 Der Konsum anderer Drogen wurde nur noch sehr vereinzelt berichtet. Fasst man alle Angaben zusammen, konsumieren fast zwei Drittel (63,7 %, n = 86) der Inhaftierten in Haft keine Drogen. Etwas über einem Drittel (36,3 %, n = 49) der Jugendstrafgefangenen berichtete, mindestens eine Droge zu konsumieren.300 Betrachtet man nun die Angaben aller zu ihrem Konsum der letzten drei Monate, ohne diejenigen auszufiltern, die sich seit mindestens 92 Tagen in Haft befinden, erhöht sich der Konsum etwas. Von monatlichem (oder häufigerem) Alkoholkonsum berichten 18,1 % (n  =  46) und mindestens monatlich konsumieren 20,6 % Cannabis (n = 53). Dies legt die Vermutung nahe, dass die Gefangenen weniger ein Problem damit haben, aktuellen Drogenkonsum im Allgemeinen anzugeben, als vielmehr den Drogenkonsum in Haft verschweigen wollen. In den Gefangenenpersonalakten wurde vermerkt, ob und wie viele Urinkontrollen durchgeführt worden sind. Bei 73,8 % (n = 128) der Frauen wurde mindestens eine Kontrolle durchgeführt. Diese war bei 32,5 % (n = 41) positiv. Damit ist der Wert der offiziell bekannt gewordenen Drogenkonsumentinnen und derer, die in den Fragebögen Drogenkonsum in Haft angegeben haben, ungefähr ähnlich. Vergleicht man nun diejenigen, bei denen der Drogenkonsum der Anstalt durch eine positive Urinkontrolle bekannt war, und diejenigen, die in der Erhebung Drogenkonsum angegeben haben, finden sich jedoch keine auffälligen Überschneidungen 298 Das sind 53,8 % der Stichprobe. Die Anzahl 92 Tage wurde gewählt, da es die maximale Anzahl an Tagen sein kann, die eine Gefangene innerhalb des Dreimonatszeitraums in Haft verbracht haben kann. 299 Vgl. dazu auch die Befunde bei: Klatt / Baier 2017, S. 10. 300 Studien zu anderen Vollzugsgruppen ergaben eine ähnlich hohe Anzahl an Drogenkonsumenten, Klatt / Baier 2017, S. 10; Häßler / Suhling 2017, S. 27.

V. Suchtmittelkonsum der jungen Frauen vor und während der Inhaftierung 

131

der Gruppen. Die Frauen, bei denen bereits eine positive Urinkontrolle vermerkt war, haben in den Fragebögen zur Hälfte Drogenkonsum angegeben und zur Hälfte verneint. Ein Drittel der Inhaftierten, bei denen die Urinkontrollen bis jetzt negativ ausfielen, berichteten in den Fragebögen von Drogenkonsum während der Haftzeit. Folglich haben nicht nur die Gefangenen Drogenkonsum angegeben, die der Anstalt sowieso bereits bekannt waren. Der Anteil von Drogenkonsumentinnen von gut einem Drittel (36,3 %) ist damit als unterster Wert anzusehen. Mehr als doppelt so viele Frauen (81,9 %) gaben an, vor der Inhaftierung Drogen konsumiert zu haben. Ein so starker Rückgang ist angesichts der Verfügbarkeit von Drogen im Vollzug zumindest unwahrscheinlich. Zusätzlich ist davon auszugehen, dass viele Gefangene auf Grund befürchteter Reaktionen seitens der Anstalt den Konsum in Haft lieber verschweigen. Die tatsächliche Anzahl an Drogenkonsumentinnen dürfte eher höher liegen. b) Hilfeangebote bei Drogenkonsum und Teilnahmequoten Angebote, die sich mit dem Drogenkonsum der jungen Frauen beschäftigen, sind fast in allen Anstalten vorhanden, beschränken sich aber immer auf eine Drogenberatung durch interne oder externe Fachkräfte.301 Tabelle 24 Drogenspezifische Angebote in den Anstalten Anstalt

Drogenspezifisches Angebot

JVA Aichach

Externe Suchtberatung Prop e. V.

JVA Berlin

Drogen- und Suchtberatung Therapievorbereitungsgruppe

JVA Chemnitz

Externe Suchtberatung Motivationsstation

JVA Frankfurt

Keine Informationen

JVA Köln

Kein Angebot

JVA Luckau-Duben

Interne Drogen- und Suchtberatung

JVA Schwäbisch-Gmünd

Anonyme-Alkoholiker-Gruppe

JVA Vechta

Suchtberatung Externe Alkohol-Gesprächsgruppe

JVA Zweibrücken

Drogenberatung

Quelle: Eigene Darstellung.

301

Zur Erklärung der kursiv gedruckten Angebote siehe Kapitel E. IV. 1.

132

D. Bestandsaufnahme des Jugendstrafvollzuges an Frauen 

In der JVA  Aichach gibt es ein Hilfeangebot der Externen Suchtberatung Prop e. V., das 13,6 % (n = 9) regelmäßig und 19,7 % (n = 13) der Frauen unregelmäßig wahrnehmen. Weitere 7,5 % stehen hier auf der Warteliste. Die Suchtberatung ist freiwillig und die Teilnahme keine Voraussetzung für andere Angebote und Maßnahmen. Die JVA Schwäbisch-Gmünd bietet für die jungen Frauen lediglich die Teilnahme an der Anonymen-Alkoholiker-Gruppe an. Dies nutzen gerade einmal 6,8 % (n = 3) der Jugendstrafgefangenen. Die JVA Köln und die JVA Chemnitz teilten für den Fragebogen mit, kein suchtspezifisches Therapieangebot zu haben. In einem späteren Gespräch wurde von der JVA Chemnitz eine externe Drogenberatung und die Einrichtung einer interdisziplinär betreuten „Motivationsstation“ mit 10 Frauen angegeben. Die Teilnahmequote für dieses Angebot konnte dadurch nicht ermittelt werden. In den fünf zusammengefassten Anstalten wird jeweils eine freiwillige Drogenberatung angeboten (nur in der JVA Vechta verpflichtend), die ungefähr von einem Fünftel der Frauen wahrgenommen wird. In der JVA Vechta ist die Suchtberatung die Vorbereitung auf eine Therapie und die Voraussetzung, an therapeutischen Maßnahmen teilnehmen zu können. In der JVA Zweibrücken liegt der Fokus der Suchtberatung auf der Beantragung von Therapiemaßnahmen nach der Haftstrafe. In der JVA Berlin findet neben einer Suchtberatung auch eine Therapievorbereitungsgruppe statt, die hauptsächlich für die weiblichen Strafgefangenen konzipiert ist, an der bei Bedarf aber auch Jugendliche teilnehmen können. Angesichts des hohen und oftmals kritischen Konsums der jungen Frauen von legalen und illegalen Drogen vor der Haft dürfte das Angebot kaum ausreichen, um diesem Problem gerecht zu werden.

E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug Das vorangegangene Kapitel enthielt eine Bestandsaufnahme des weiblichen Jugendstrafvollzuges. Es wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen, der biographische Hintergrund und die Vollzugspraxis für die weiblichen Jugendstrafgefangenen dargestellt. Dieses Kapitel führt die Erkenntnisse der vorigen Kapitel zusammen und entwickelt daraus Veränderungsvorschläge sowohl auf gesetzlicher als auch auf praktischer Ebene. Sie sollen dazu beitragen, den Jugendstrafvollzug der Lebensrealität der Insassen besser anzupassen. Nur so kann die bestmögliche Hilfe für die Rückkehr in ein straffreies Leben in der Mitte der Gesellschaft angeboten werden. Die Struktur dieses Kapitels ist parallel zu der Struktur der bisherigen Arbeit angelegt. Zunächst werden Möglichkeiten für die Umstrukturierung der Zuständigkeit und Unterbringung der Jugendstrafgefangenen diskutiert (Kapitel E. I.). Der zweite Abschnitt (Kapitel E. II.) beschäftigt sich mit den verschiedenen Aspekten des sozialen und familiären Hintergrundes der Gefangenen. Empfehlungen zur Veränderung des Bildungs-, Ausbildungs-  und Arbeitsangebotes enthält Kapitel E. III. Nach einem kurzen Abschnitt zum Umgang mit den prozessrechtlichen Aspekten der Jugendstrafgefangenen (Kapitel E. IV.) plädiert das letzte Kapitel für einen grundsätzlich anderen Umgang mit dem Thema Drogenkonsum und Suchtmittelabhängigkeit im Jugendstrafvollzug (Kapitel E. V.).

I. Zuständigkeit und Unterbringung der Jugendstrafgefangenen Die Frage der Unterbringung weiblicher Jugendstrafgefangener scheint einen nicht auflösbaren Widerspruch zu enthalten oder, wie Michels es formuliert, „ein klarer Zielkonflikt zwischen der Forderung der heimatnahen Unterbringung und jener nach einem differenzierten Behandlungsangebot“1 zu sein. Nach der aktuellen Situation gibt es nur wenige zuständige Anstalten. Dies bedeutet für viele junge Frauen eine heimatferne Inhaftierung. Trotz des räumlich weiten Zuständigkeitsbereiches stellt diese Vollzugsgruppe immer nur eine kleine Minderheit unter allen Gefangenen dar. Organisation und Behandlungsangebote sind damit überwiegend nicht auf sie, sondern auf die jeweilige Hauptvollzugsgruppe ausgerichtet. Würden die Jugendstrafgefangenen nun nahe an ihrem Heimatort inhaftiert, entstünden Gruppen von zwei bis drei Gefangenen. Ein jugendspezifisches An 1

Michels, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 385.

134

E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

gebot wäre nicht durchführbar. Um bei dieser Aufteilung eine isolierende Haft der Jugendlichen zu vermeiden, müsste ein Trennungsprinzip aufgehoben oder stark eingeschränkt werden. Damit verknüpft ist die Frage, ob es sinnvoller wäre, das Trennungsgebot zwischen weiblichen und männlichen Jugendstrafgefangenen oder zwischen weiblichen Jugendstrafgefangenen und weiblichen Strafgefangenen aufzuheben. Hierbei sind ebenfalls die internationalen Trennungsgebote zu berücksichtigen. Der Gegenentwurf wäre eine drastische Verringerung der zuständigen Anstalten, um so eine größere Gruppe gemeinsam zu inhaftieren. Dies würde eine interne Differenzierung ermöglichen. Neben der Frage, welche Anstalten dafür ausgewählt werden sollten, verschärft diese Form der Unterbringung wiederum die Probleme einer heimatfernen Inhaftierung. Diese knappen Überlegungen machen bereits deutlich, dass die derzeit nicht zufriedenstellende Unterbringungssituation nicht mit einer einfachen Antwort, sondern nur durch ein sorgfältiges Abwägen gelöst werden kann. Dabei muss darauf geachtet werden, dass keine der bestehenden Schwierigkeiten zu groß wird. Im Folgenden werden vier Varianten diskutiert, wo und wie die Jugendstraf­ gefangenen inhaftiert werden könnten, damit dieser Kompromiss am besten gelingt. Die ersten beiden Möglichkeiten sehen eine Ausweitung der Zuständigkeiten für weibliche Jugendstrafgefangene auf mehr Anstalten vor. Dabei kommen entweder alle Justizvollzugsanstalten, die weibliche Strafgefangene inhaftieren, oder alle Jugendstrafanstalten in Betracht. Die dritte Möglichkeit spielt die Variante durch, die Anzahl der zuständigen Anstalten auf eine einzige zu verringern. Der letzte Vorschlag wiederum sieht eine Auflösung des weiblichen Jugendstrafvollzuges und die Verteilung auf andere Einrichtungen vor. 1. Ausweitung der Zuständigkeiten auf alle Anstalten mit Strafhaft für Frauen Als Erstes wird die Möglichkeit betrachtet, die Zuständigkeiten für weibliche Jugendstrafgefangene auf alle Anstalten auszuweiten, in denen auch weibliche Strafgefangene inhaftiert sind. In Berlin, Brandenburg (JVA Luckau-Duben), Mecklenburg-Vorpommern (JVA Bützow), Niedersachsen (JVA Vechta), Rheinland-Pfalz (JVA Zweibrücken), dem Saarland (JVA Zweibrücken), Sachsen (JVA Chemnitz), Sachsen-Anhalt (JVA Luckau-Duben) und Thüringen (JVA Chemnitz) würde diese Umstrukturierung aktuell allerdings keine Veränderung bringen. In diesen Bundesländern stehen auch für die weiblichen Erwachsenen nicht mehr Anstalten zur Verfügung als für die weiblichen Jugendstrafgefangenen. Die Vollzugsgemeinschaften Brandenburg / Sachsen-Anhalt, Thüringen / Sachsen und Rheinland-Pfalz / Saarland würden durch die veränderte Zuständigkeit bestehen bleiben. In Bayern wären hingegen statt einer Anstalt (JVA Aichach) sieben Anstalten zuständig (JVA Aichach,

I. Zuständigkeit und Unterbringung der Jugendstrafgefangenen

135

JVA Bamberg, JVA Memmingen, JVA München, JVA Nürnberg, JVA Regensburg und die JVA Traunstein). Auch in Nordrhein-Westfalen wäre der Vollzug der Jugendstrafe so in vier Städten möglich (JVA Willich II, JVA Köln, JVA BielefeldSenne und Bielefeld-Brackwede und die JVA Gelsenkirchen). In Baden-Württemberg und Hessen wären statt einer immerhin jeweils zwei Anstalten zuständig.2 Die größte Vollzugsgemeinschaft, jene zwischen Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, könnte aufgelöst werden. Die jungen Frauen wären in der JVA Bremen, der JVA Billwerder, der JVA Vechta und der JVA Lübeck inhaftiert. Statt zehn Anstalten wären deutschlandweit 24 Anstalten zuständig, wodurch viele Frauen deutlich näher an ihrem Wohnort inhaftiert wären. Es muss allerdings die Inhaftierung von nur ein oder zwei Jugendstrafgefangenen in einer Anstalt verhindert werden. Für diese kann kein sinnvolles Behandlungsangebot gemacht werden. Daher müsste gleichzeitig das Trennungsgebot zwischen weiblichen Jugendstrafgefangenen und weiblichen Strafgefangenen aufgehoben werden. Die Jugendstrafe muss selbstverständlich weiterhin nach den Jugendstrafvollzugsgesetzen vollzogen werden. Für die gemeinsame Inhaftierung mit weiblichen Straftäterinnen spricht, dass den weiblichen Jugendstrafgefangenen damit das komplette Angebot für die weiblichen Strafgefangenen zur Verfügung stünde. Sie haben die Möglichkeit, an frauenspezifischen Maßnahmen wie z. B. speziellen Therapieangeboten oder Geburtsvorbereitungskursen teilzunehmen. Die starken Bedenken gegen gemischtgeschlechtliche Schul-  und Ausbildungsangebote existieren bei gemeinsamen Maßnahmen von Jugendlichen und Erwachsenen nicht in gleichem Umfang. Der von Praktikern immer wieder geforderte Schutzraum für die jungen Frauen vor männlichen Inhaftierten könnte so sowohl in der Ruhe- als auch in der Aktivitätszeit eingehalten werden. Gegen diese Überlegungen wiegt die Aufhebung des Trennungsgrundsatzes schwer. Dieser erhält durch zahlreiche internationale Bekräftigungen zusätzliches Gewicht.3 Jugendstrafgefangene, für die bewusst ein Sondervollzug geschaffen wurde, werden gemeinsam mit erwachsenen Frauen inhaftiert. Dieser Trennungsgrundsatz soll hauptsächlich die Beeinflussung der noch jungen Gefangenen durch erwachsene Strafgefangene verhindern und dem besonderen Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts Rechnung tragen.4 Allerdings sind die wenigsten Jugendstrafgefangenen tatsächlich noch Jugendliche. Der ganz überwiegende Teil ist bereits volljährig. Dahingegen befinden sich auch im Strafvollzug junge Frauen bis 25 Jahren, die entweder aus dem Jugendstrafvollzug ausgenommen oder nicht nach Jugendstrafrecht verurteilt worden sind. Zum Stichtag 31.3.2018 waren es 143 junge 2 JVA Karlsruhe und JVA Schwäbisch-Gmünd in Baden-Württemberg und JVA Frankfurt am Main III und JVA Kassel in Hessen. 3 Art. 10 III IPBPR, Art. 37 c S. 3 UN-Kinderrechtskonvention, 18.8 c der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze. 4 Laubenthal 2019, S. 748.

136

E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

Frauen.5 Umgekehrt können nach § 114 JGG geeignete junge Erwachsene bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres in Jugendstrafanstalten inhaftiert werden. Eine strikte Trennung nach dem Alter existiert damit auch in der heutigen Situation nicht. Inhaftiert man nun alle Gefangenen bis zum 25. Lebensjahr in einer gemeinsamen Wohngruppe für Jungtäterinnen, wäre der Altersunterschied nicht größer als aktuell im Jugendstrafvollzug. Für die Ausweitung der Zuständigkeit spricht aber vor allem eine Betrachtung, wie die Trennungsgrundsätze aktuell umgesetzt und eingehalten werden. Eine strenge Trennung wird in der Praxis nur in der JA Neustrelitz umgesetzt. In allen anderen Anstalten sind die weiblichen Jugendstrafgefangenen in abgetrennten Flügeln und Abteilungen einer Anstalt für Erwachsene untergebracht. Nach Werner gelang es keiner Anstalt, die Jugendstrafgefangenen bei Schule, Ausbildung, Arbeit und Freizeit von den Erwachsenen zu trennen, da sich viele Angebote an beide Gruppen richten.6 Die Forderung nach einer strengen Umsetzung des Trennungsgrundsatzes geht also schon jetzt an der Vollzugswirklichkeit vorbei. Trotz dieser nachteiligen Unterbringungssituation erhalten die Jugendlichen in der aktuellen Situation nicht auch die Vorteile dieser Unterbringung. Sie sind nur in ausgewählten Frauenanstalten inhaftiert, anstatt in der wohnortnähesten untergebracht zu werden. Dort können sie teilweise nur eingeschränkt am Maßnahmenangebot der Erwachsenen teilnehmen, jugendspezifische Angebote kommen auf Grund der geringen Gruppengröße häufig nicht zu Stande. Die Nachteile der Aufhebung des Trennungsgrundsatzes haben die jungen Frauen daher oftmals schon mit der jetzigen Situation. Es wäre also sinnvoll, ihnen wenigstens auch die Vorteile zu gewähren. Die Probleme einer heimatfernen Inhaftierung wären durch diesen Vorschlag zumindest entschärft und gleichzeitig wäre eine zu kleine Gruppengröße verhindert. Dies stellte damit eine erhebliche Verbesserung der aktuellen Situation dar. Außer in Mecklenburg-Vorpommern sehen alle Jugendstrafvollzugsgesetze bereits jetzt die Möglichkeit vor, weibliche Jugendstrafgefangene bei weiblichen Strafgefangenen zu inhaftieren. Ebenfalls erlauben fast alle Bundesländer (ausdrücklich dagegen nur Mecklenburg-Vorpommern) die gemeinsame Teilnahme von Jugendlichen und Erwachsenen an Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen. Einer Gesetzesänderung zur Umsetzung dieses Vorschlages bedürfte es also nicht. 2. Ausweitung der Zuständigkeit auf alle Jugendanstalten Die zweite Möglichkeit ist dem ersten Vorschlag von der Struktur her ähnlich. Statt den Trennungsgrundsatz zwischen dem Jugendstrafvollzug und der Strafhaft aufzugeben, wird der Trennungsgrundsatz zwischen weiblichen und männlichen

5 6

Statistisches Bundesamt 2018c, S. 15. Werner 2012, S. 220.

I. Zuständigkeit und Unterbringung der Jugendstrafgefangenen

137

Jugendstrafgefangenen aufgehoben und alle Jugendanstalten für männliche Jugendstrafgefangene ebenfalls für die jungen Frauen zuständig. Diese Variante würde die Anzahl der zuständigen Anstalten mehr als verdoppeln von aktuell zehn auf 24 Jugendanstalten. Für Baden-Württemberg (JA Adelsheim), Berlin, Mecklenburg-Vorpommern (JA Neustrelitz), Niedersachsen (JA Hameln), Sachsen (JA  Regis-Breitlingen) und Rheinland-Pfalz (JA  Schifferstadt) würde diese Variante zwar zu keiner Erhöhung der zuständigen Anstalten führen. In Bayern wären aber mit der JA Laufen-Lebenau, der JA Ebrach und der JA Neuburg-Herrenwörth drei Anstalten statt der JVA Aichach zuständig. Dabei müsste überlegt werden, ob die sachliche Zuständigkeit der drei Jugendstrafanstalten auch für die weiblichen Jugendstrafgefangenen gilt. Hessen hätte zwei zuständige Anstalten,7 Nordrhein-Westfalen sogar fünf.8 Die Vollzugsgemeinschaften könnten ebenfalls vollständig aufgelöst werden, sodass Brandenburg (JA Wriezen), Bremen, Hamburg, das Saarland (JA Ottweiler), Sachsen-Anhalt (JA Raßnitz), SchleswigHolstein (JA Neumünster) und Thüringen (JA Arnstadt) eigene Anstalten für weibliche Jugendstrafgefangene hätten. Die jungen Frauen wären also in vielen Fällen näher an ihrem Wohnort inhaftiert. Auch wenn sich Lebenslagen und bestimmte Bedürfnisse weiblicher Jugendstrafgefangener und Strafgefangener ähneln, stellt das jugendliche Alter mit den damit verknüpften jugendspezifischen Verhaltensweisen ein gewichtiges Unterscheidungskriterium dar.9 Bei einer Inhaftierung in den Jugendstrafanstalten würden die jungen Frauen von all den Privilegien, insbesondere des guten Bildungs- und Ausbildungsangebotes der Jugendstrafanstalten, profitieren. Diese Möglichkeit sah auch ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz im Jahr 1991 für ein Jugendstrafvollzugsgesetz vor.10 Stöckle-Niklas plädiert in ihrer Arbeit – allerdings für den Erwachsenenstrafvollzug – ebenfalls für eine Aufhebung des Trennungsgrundsatzes. Die Geschlechtertrennung sei eingeführt worden, um die Gefangenen leichter lenken zu können und um die Resozialisierung durch totale Besinnung auf sich selbst zu erreichen. Das Argument der leichteren Lenkbarkeit sei mit einem mündigen Gefangenen jedoch nicht zu vereinbaren. Reintegration sei nach heutiger Auffassung nicht durch Isolation, sondern nur innerhalb einer Gruppe möglich.11 Gegen diesen gemischtgeschlechtlichen Vollzug kommen jedoch berechtigte Bedenken aus der Praxis. Es wird befürchtet, dass sich die jungen Frauen auch auf Grund ihres Lebenshintergrundes gegenüber den männlichen Jugendstrafgefangenen nicht durchsetzen könnten und ausgebeutet und ausgenutzt werden würden.12 7

Rockenberg und Wiesbaden. Iserlohn, Hövelhof, Heinsberg, Herford und Wuppertal-Ronsdorf. 9 Haverkamp 2015, S. 314. 10 Thom 2010, S. 87. 11 Stöckle-Niklas 1989, S. 46, 47. 12 Thom 2010, S. 88; Böning / Weßels, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 20. 8

138

E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

Frauen würden in geschlechterklischeehaftes Rollenverhalten zurückfallen und emanzipatorische Bestrebungen des Vollzuges zerstört werden.13 Viele kommen aus Familien, in denen sie Gewalt und Abhängigkeit von Männern erfahren haben. In gemeinsamen Maßnahmen könnten sie sich nicht behaupten oder würden schlimmstenfalls erneut traumatisiert. Allerdings würde diese Art der Unterbringung am ehesten dem Angleichungsgrundsatz entsprechen. Außerhalb des Vollzuges existiert auch kein „eingeschlecht­ licher Schonraum“. Es ist daher fraglich, ob die Zeit des Vollzuges nicht besser dafür genutzt werden sollte, einen normalen Umgang mit dem anderen Geschlecht einzuüben.14 Dem wird entgegengehalten, der Angleichungs-  und Gegensteuerungsgrundsatz könne erst umgesetzt werden, wenn die Frauen genug Selbstbewusstsein und Durchsetzungskraft gewonnen hätten. Sie gemeinsam zu inhaftieren sei der zweite Schritt vor dem ersten. Von gemeinsamen Maßnahmen könnten dementsprechend nur die Starken profitieren, den Schwächeren würde diese Unterbringungsform zum Nachteil gereichen.15 Auch Werner argumentiert, in einer Jugendstrafanstalt mit jungen Männern wären die Frauen wiederum in der Minderheit, ein frauenspezifischer Jugendstrafvollzug wäre so auch nicht möglich.16 Grundsätzlich muss bei einer gemeinsamen Inhaftierung von männlichen und weiblichen Jugendstrafgefangenen sorgfältiger geprüft werden, in welchen Bereichen der Trennungsgrundsatz aufgehoben werden kann. Auf internationaler Ebene fordert z. B. Regel 11 a der Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen zur Behandlung der Gefangenen eine vollständige Trennung der Räumlichkeiten und 18.8  b  der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze eine getrennte Unterbringung von weiblichen und männlichen Gefangenen. Unstrittig ist daher, die Jugendstrafgefangenen während der Ruhezeiten getrennt unterzubringen. Ebenso scheint es sinnvoll, bei gruppentherapeutischen Maßnahmen zu trennen, da sehr belastende Themen wie sexueller Missbrauch in gemischtgeschlechtlichen Gruppen nicht behandelt werden können. Gemeinsamer Schulbesuch und Ausbildungsangebote hingegen eignen sich gut als gemeinsame Maßnahme und dürften dem Wortlaut nach nicht gegen die internationalen Trennungsgebote verstoßen. Dem Problem, dass die jungen Frauen zu wenig auf schulische Leistungen und zu sehr auf die jungen Männer bedacht sind, sollte durch kleine Gruppengrößen und intensiv geschulte pädagogische Fachkräfte begegnet werden. Gerade in diesem Bereich bietet der Vollzug eine gute Chance – sollten die weiblichen Jugendstrafgefangenen stärker als nichtinhaftierte Altersgenossen zu diesem Verhalten neigen –, Verhal 13 Michels, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 391; Weßels / Böning, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 9. 14 Stöckle-Niklas 1989, S. 180, mit weiteren Vorteilen bezogen auf die US-amerikanischen Gefängnisse Fort Worth und Lexington, S. 178–187. 15 Böning / Weßels, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 21. 16 Werner 2012, S. 279.

I. Zuständigkeit und Unterbringung der Jugendstrafgefangenen

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tensweisen zu reflektieren und zu ändern. In Schulklassen oder Ausbildungsbetrieben außerhalb des Gefängnisses werden schwieriges Verhalten und schlechte Leistungen kaum damit entschuldigt werden, sondern eher zu weiteren negativen Erlebnissen im Leistungsbereich führen. Der geforderte Schutzraum innerhalb des Jugendstrafvollzuges für den Leistungsbereich könnte sich daher eher als Nachteil denn als Vorteil erweisen. Damit die weiblichen Jugendstrafgefangenen von dieser veränderten Form der Unterbringung profitieren können, ist aber eine ausreichend große Gruppe in den Jugendstrafanstalten erforderlich. Wenn es in einigen Bereichen sinnvoll oder sogar notwendig ist, die männlichen und die weiblichen Jugendstrafgefangenen zu trennen, müssen genügend weibliche Jugendstrafgefangene gemeinsam inhaftiert sein, um eingeschlechtliche Behandlungsmaßnahmen zu ermöglichen. Allerdings ist dies schon innerhalb der Vollzugsgemeinschaften mit unter 10 Jugendstrafgefangenen teilweise nicht möglich. Erhöht man nun die Zahl der zuständigen Anstalten, würden sich (genau wie bei dem ersten Vorschlag) sehr kleine Gruppen weiblicher Jugendstrafgefangener bilden, die differenzierte eingeschlechtliche Maßnahmen nicht zulassen. Damit alle von der Inhaftierung in einer Jugendstrafanstalt profitieren können, müsste eine Gruppe von mindestens 20 bis 30  Jugendstrafgefangenen in einer Anstalt gewährleistet sein. Außer in Bayern und Nordrhein-Westfalen würde das zu einem sehr großen und mehrere Bundesländer umfassenden Zuständigkeitsbereich führen. Das Problem einer wohnortfernen Inhaftierung träte umso stärker auf und würde die gewonnenen Vorteile einer jugendspezifischen Inhaftierung stark reduzieren. Insgesamt entspricht es dem Prinzip eines Jugendstrafvollzuges als Sonderform zum Strafvollzug am ehesten, die jungen Frauen auch in den Jugendstrafanstalten zu inhaftieren. Eine pädagogische Ausrichtung und die Vielfalt an Angeboten dürften in Abteilungen von Strafanstalten für Erwachsene schlicht nicht zu erreichen sein. Für Bundesländer mit nur sehr wenigen jungen Frauen im Jugendstrafvollzug überwiegen allerdings die negativen Begleiterscheinungen, sodass diese Unterbringungsform nur für Bayern und Nordrhein-Westfalen mit einer sehr großen Gruppe an weiblichen Jugendstrafgefangenen erstrebenswert scheint. 3. Eine zentrale Anstalt in Deutschland Zu den beiden vorherigen Vorschlägen konträr ist die dritte Möglichkeit, in ganz Deutschland nur eine einzige, zentral gelegene Anstalt für alle weiblichen Jugendstrafgefangenen einzurichten.17 Diese müsste eine Haftplatzkapazität von maximal 17 Mehrere zentrale Anstalten mit jeweils 50–70 Plätzen für junge Frauen und weibliche Jugendstrafgefangene, wie Werner sie fordert (Werner 2012, S. 280), scheinen kaum umsetzbar zu sein. Zum einen wären dies nach aktuellen Zahlen auch lediglich drei bis vier Anstalten in

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

200 Haftplätzen haben, was auch den alten Vorgaben des § 143 III StVollzG a. F. für sozialtherapeutische Anstalten und Justizvollzugsanstalten für Frauen entspräche. In dieser ausschließlich für weibliche Jugendstrafgefangene zuständigen Anstalt könnten Behandlungsmaßnahmen ganz auf die Bedürfnisse der jungen Frauen ausgerichtet werden. Gemeinsame Maßnahmen mit männlichen Jugendstrafgefangenen oder weiblichen Erwachsenen wären nicht notwendig. Durch die deutschlandweite Zuständigkeit wäre die Gruppe ausreichend groß, um intern zu differenzieren und neben einem allgemeinen jugendspezifischen Angebot auch spezielle Hilfeangebote für einzelne Gefangenengruppen zu entwickeln. Die JVA könnte den geforderten Schutz- und Entwicklungsraum bieten,18 ohne dass dies auf Kosten eines vielfältigen Angebotes geht. Durch eine zentrale Anstalt würde allerdings der Großteil der Jugendstrafgefangenen in größerer Entfernung zu ihrem Wohnort inhaftiert sein, als es in der aktuellen Lage der Fall ist. Diesen Nachteil auszugleichen könnte durch weitreichende Maßnahmen zur Förderung von Außenkontakten, wie längere Besuchszeiten, Reisekostenübernahme für Angehörige und Inhaftierte bei sehr langen Reisewegen,19 Haftraumtelefone oder die Kontaktaufnahme per Internet, versucht werden. Ob dies jedoch gelingt, ist mehr als fraglich. Der regelmäßige persönliche Kontakt mit Freunden und Familie ist ein wichtiger Stabilisationsfaktor während der Haftzeit und eine entscheidende Hilfe für die Zeit nach der Haftentlassung. Ob dieser durch die erweiterten Kontaktmöglichkeiten ausgeglichen werden kann, bleibt ungewiss. Der Schaden ist allerdings für die jungen Frauen, sollte dieser Ausgleich nicht funktionieren, sehr hoch. Ebenso wäre eine persönliche Kontaktaufnahme von ambulanten Hilfemaßnahmen am Wohnort der Inhaftierten sowohl für die junge Frau als auch für die Mitarbeiter der Maßnahmen aus zeitlichen und finanziellen Gründen nicht umsetzbar. Ohne persönlichen Kontakt bereits während der Haftzeit sinkt jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass die jungen Frauen nach der Haft auch die Hilfeangebote aufsuchen. Hinzu kommt, dass die Projektdaten zeigen, dass die momentan bestehenden kleinen Unterbringungseinheiten die Akzeptanz subkultureller Normen und Vorkommnisse physischer Gewalt reduzieren.20 In einer großen Jugendstrafanstalt für Frauen würden daher vermutlich vermehrt Probleme mit einer Gefangenensubkultur und vermehrten Gewalthandlungen von Seiten der Gefangenen entstehen. Insgesamt betrachtet ist fraglich, ob die Vorteile eines eigenständigen Jugendstrafvollzuges diese erheblichen Schwierigkeiten rechtfertigen könnten. Eine Deutschland, eine Vermeidung der stärkeren Zentralisierung, wie Werner sie gleichzeitig anstrebt, scheint so nicht möglich. 18 Böning / Weßels, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 20. 19 Grundsätzlich für diesen Vorschlag: Thiele 2016, S. 303, 304. 20 Boxberg / Neubacher 2019, S. 457.

I. Zuständigkeit und Unterbringung der Jugendstrafgefangenen

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deutschlandweite Einrichtung ersetzt durch diese extreme Zentralisierung vermutlich nur bestehende Problematiken durch andere. Zudem würde dieser Vorschlag eine umfangreiche Kooperationsbereitschaft der Bundesländer untereinander voraussetzen, die jedoch bereits bei der Erarbeitung der Jugendstrafvollzugsgesetze nicht zu erkennen war. Eine zentrale Anstalt für alle weiblichen Jugendstrafgefangenen ist daher abzulehnen. 4. Aufteilung des weiblichen Jugendstrafvollzuges Als vierte Möglichkeit käme eine grundlegende Umstrukturierung des weiblichen Jugendstrafvollzuges in Betracht. Die Jugendstrafgefangenen werden auch in Zukunft eine zu kleine Gruppe darstellen, um die Einrichtung einer eigenständigen Vollzugsanstalt oder zumindest einer eigenständigen Teilanstalt innerhalb eines Bundeslandes mit einer angemessenen Binnendifferenzierung zu ermöglichen. Die beiden ersten Vorschläge gehen immer zu Lasten eines nur an den Bedürfnissen der jungen Frauen ausgerichteten Vollzuges und stellen daher nur eine Möglichkeit dar, das kleinere Übel zu wählen. Der dritte Vorschlag ist mit der oben geführten Argumentation gänzlich abzulehnen. Um diese gegensätzlichen Konflikte aufzulösen, könnte es hilfreich sein, die Jugendstrafgefangenen nicht als homogene Gruppe zu betrachten und gemeinsam zu inhaftieren, sondern aufzuteilen und sie nach anderen inhaltlichen Merkmalen als dem der „Jugendstrafgefangenen“ zu gruppieren. Als Kriterien kommen dabei das Alter (sehr junge Gefangene unter 16 Jahren und die jungen Erwachsenen über 21 Jahre), die Länge der Haftstrafe, die Eignung für den offenen Vollzug oder den Jugendstrafvollzug in freier Form in Betracht. a) Jugendstrafvollzug in freier Form für geeignete und sehr junge Gefangene Sehr junge Gefangene unter 16 Jahren sollten grundsätzlich nicht in einem Gefängnis inhaftiert werden. Bereits die Justizministerkonferenz machte 1980 den Vorschlag, die 14- und 15-Jährigen aus dem Jugendstrafvollzug auszunehmen und der Jugendhilfe zuzuordnen. Diese Vollzugsgruppe ist noch leicht zu beeinflussen und daher für subkulturelle Einflüsse und die gewaltgeneigte Atmosphäre besonders sensibel. Für eine Resozialisierung der sehr jungen Gefangenen scheinen Vollzugsanstalten daher ein denkbar ungeeigneter Ort zu sein.21 Unabhängig von Straftat und Strafmaß muss daher eine andere Unterbringungsform gefunden werden. Die Übergabe in den Verantwortungsbereich der Jugendhilfe ist dabei ein sinnvoller Vorschlag. Eine Möglichkeit der Ausgestaltung dieser Verantwortungsübergabe wäre, die 14- und 15-Jährigen in Wohngruppen von stationären Einrichtungen der 21 So auch: Vorwort der Herausgeber und Autoren, in: Albrecht & Schüler-Springorum 1983, S. 7, 8.

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

Jugendhilfe nach §§ 34, 35 SGB VIII unterzubringen. Die Jugendhilfe wird es mit ihrem Selbstverständnis allerdings nur schwer vereinbaren können, in ihren Einrichtungen repressive Aufgaben der Justiz zu übernehmen,22 und die Unterbringung als Missbrauch der Heimerziehung als „Straflager“ ablehnen.23 Alternativ würde es sich – gerade für die weiblichen Jugendstrafgefangenen – anbieten, deutschlandweit den Jugendstrafvollzug in freier Form einzuführen. Gefangene unter 16 Jahren sollten ausnahmslos von Beginn der Haftzeit an in diesen Einrichtungen untergebracht werden. Auch für junge Frauen mit Kind könnte dieses Konzept sehr gut für eine gemeinsame Unterbringung genutzt werden. Ebenfalls sinnvoll wäre die Unterbringung geeigneter älterer Gefangener. Jugendstrafvollzug in freier Form ist neben dem offenen und geschlossenen Vollzug eine dritte Form der Unterbringung und wird bereits von einigen Bundesländern erprobt.24 In Nordrhein-Westfalen wurde ein entsprechendes Modellprojekt nach schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten wieder beendet.25 Diese Einrichtungen können ebenfalls von Trägern der Jugendhilfe betrieben werden26 und orientieren sich daher an deren pädagogischen Standards.27 In den zurzeit existierenden Modellprojekten ist Platz für 15 bis 21 Jugendliche. Diese kleine Gruppengröße ist insbesondere für den Jugendstrafvollzug an Frauen von Vorteil, da so – trotz der geringen Anzahl weiblicher Jugendstrafgefangener – eine eigenständige Einrichtung nur für diese Vollzugsgruppe geschaffen werden könnte. Die Jugendlichen wohnen mit den Mitarbeitern in familienähnlichen Strukturen, der Tagesablauf ist durch verpflichtende Teilnahme an Schulbildung / Ausbildung, pädagogischem Programm sowie Freizeitmaßnahmen streng geregelt.28 Auch wenn es sich um geschlossene Einrichtungen handelt, haben die Gebäude keine Vorrichtungen gegen Entweichen der Jugendlichen. Gerade für die jungen Gefangenen sind eine Unterbringung in familiären Strukturen und ein fest vorgegebener Tagesrhythmus wünschenswert. Jugendliche unter 16 Jahren leben unter normalen Umständen auch außerhalb des Vollzuges noch innerhalb ihrer Familie mit einem im Wesentlichen von den Eltern vorgegebenen Tagesablauf. Auch junge Frauen mit ihren kleinen Kindern würden optimal in diese Unterbringungsform passen. Hier könnte der familiäre Alltag über die gesamte Haftzeit hinweg eingeübt und von den Betreuern begleitet und unterstützt werden. Auch für die Kinder wäre diese Form der Unterbringung mit weniger negativen Begleiterscheinungen verbunden. Aber 22 8. JBericht BT-Drs. 11/6576, S. 153, zitiert nach: Schmid-Obkirchner, in: Wiesner 2015, Rn. 18. 23 Schmid-Obkirchner, in: Wiesner 2015, Rn. 20b. 24 https://seehaus-ev.de/konzept/. 25 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/GB_II/II.1/Pressemitteilungen-Information‌enAufmacher/Pressemitteilungen-Informationen/Pressemitteilungen/2014/02/Aufmacher140840. jsp. 26 Biendl 2005, S. 42, 43. 27 Walter 2009, S. 192, 193. 28 https://seehaus-ev.de/konzept/.

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ebenso kann für ältere Gefangene das familiär geprägte gemeinsame Leben positiv sein, insbesondere wenn sie aus schwierigen Familienverhältnissen kommen und so vielleicht das erste Mal das Leben in stabilen, familiären Strukturen erleben. Durch die kleine Gruppengröße der Einrichtung kann eine Subkulturbildung vermieden werden, unter der insbesondere die jüngeren Frauen leiden würden. Die bestehenden Projekte haben auf Grund des beschriebenen Konzeptes allerdings auch Kriterien, die eine Unterbringung verhindern. Gefangene können auf Grund der fehlenden Sicherungsmaßnahmen nur aufgenommen werden, wenn sie die Freigabe für den offenen Vollzug haben. Weitere Ausschlusskriterien sind gesundheitliche Gründe (Sport ist Pflichtprogramm), akute Suchtgefährdung sowie eine Verurteilung wegen eines Sexualdeliktes oder wegen Brandstiftung.29 Die Anwendung unmittelbaren Zwangs ist durch Mitarbeiter der Jugendhilfe nicht erlaubt und wohl auch nicht gewollt. Hält sich ein Gefangener dauerhaft nicht an die Regeln, besteht bis jetzt nur die Möglichkeit, ihn in den Regelvollzug zurückzuverlegen.30 Für die älteren Gefangenen können diese oder ähnliche Regelungen weiterhin aufgestellt werden. So könnten nur geeignete junge Frauen aufgenommen werden, die das Konzept des Jugendstrafvollzugs in freier Form nicht gefährden. Sollen allerdings ausnahmslos alle Jugendstrafgefangenen unter 16 Jahren in einer der Einrichtungen untergebracht werden, müssten einige Punkte neu geregelt werden. Dabei ist das Problem weniger das Ausschlusskriterium der einschlägigen Delikte oder eine akute Suchtgefährdung in jungen Jahren als vielmehr eine nicht auszuschließende Fluchtgefahr. Auch um die Akzeptanz solcher Einrichtungen in der Öffentlichkeit nicht zu gefährden, müsste hier ein Konzept der ausreichenden Sicherung erarbeitet werden – auch wenn ein Entweichen nie absolut ausgeschlossen werden kann. Das zweite bedenkenswerte Problem ist, dass wiederholte oder massive Regelverletzungen bei den sehr jungen Gefangenen nicht mit der Rück­ verlegung geahndet werden können. Für eine angemessene Reaktion auf wiederholte Regelverstöße müsste ein pädagogisches Konzept durch Vertreter der verschiedenen Fachdisziplinen erst noch erarbeitet werden. Für die Umsetzung des Vorschlages bedürfte es zunächst auf gesetzlicher Ebene in den meisten Bundesländern einiger Änderungen. Bis jetzt normieren nur BadenWürttemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen den Jugendstrafvollzug in freier Form als Alternative zum offenen und geschlossenen Vollzug.31 In allen anderen Ländern müssten die entsprechenden Regelungen noch geschaffen werden. Für die Frauen ab 16 Jahren könnte die Zuständigkeit an bestimmte Voraussetzungen geknüpft sein, für die unter 16-Jährigen sollte die zwingende Zuständigkeit festgeschrieben werden. 29

Walter 2009, S. 193. Walter 2009, S. 196. 31 § 7  I  JVollzG  IV, § 13  III  Nr.  1  HessJStVollzG; § 15  I  JStVollzG  NRW (jetzt: § 59  I JStVollzG NRW), § 13 III SächsJStVollzG. 30

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

b) Offener Vollzug bei Haftstrafen unter einem Jahr Von den zum Stichtag 31.3.2018 inhaftierten weiblichen Jugendstrafgefangenen befanden sich 11 Gefangene im offenen Vollzug. Dies entspricht einer Quote von 7,6 %.32 Gleichzeitig zeigt Kapitel D. II. 3., dass nach den Angaben des hier ausgewerteten Projektes im geschlossenen Vollzug fast die Hälfte (42,3 %) zu einer Jugendstrafe von unter einem Jahr verurteilt worden ist. Für diese sehr große Gruppe sollte daher intensiv geprüft werden, ob nicht die Unterbringung in einem offenen Vollzug von Beginn der Haft an möglich ist. Berücksichtigt man die meistens gewährte vorzeitige Haftentlassung zum Zweidrittelzeitpunkt, befinden sich diese jungen Frauen vermutlich nur ca. acht Monate in Haft. Bei einer so kurzen Haftstrafe verursachen die problematischen Übergänge von der Freiheit in die Haft und zurück in die Freiheit deutlich mehr Schwierigkeiten als innerhalb der kurzen verbleibenden Zeit im Jugendstrafvollzug durch pädagogische Maßnahmen aufgewogen werden könnte. Durch eine Inhaftierung im offenen Vollzug nahe dem Wohnort von Beginn an würden die biographischen Brüche weniger schwer wiegen. Für Frauen mit Haftstrafen unter einem Jahr sollte das Übergangsmanagement deswegen ab dem ersten Tag in Haft beginnen. Die Unterbringung im offenen Vollzug ermöglicht den Besuch der gleichen Schule oder Ausbildung wie vor der Haftstrafe. Frauen, die vor der Inhaftierung beschäftigungslos waren, können sofort in eine Bildungsmaßnahme oder Arbeit vermittelt werden, die sie nach der Entlassung weiterführen können. Großzügigere Umgangsregelungen vermeiden im offenen Vollzug die Entfremdung von der Familie und anderen sozialen Kontakten. Gleichzeitig können die jungen Frauen innerhalb des Vollzuges in Kontakt mit ambulanten Hilfeeinrichtungen vor Ort in Kontakt gebracht werden, um so das Hilfenetz nach der Entlassung zu erweitern. Auf Grund der geringen Anzahl ist es sinnvoll, die Jugendstrafgefangenen in Einrichtungen des offenen Vollzugs für erwachsene Frauen unterzubringen. Grundsätzlich wäre es auch eine Überlegung, diejenigen mit kurzen Haftstrafen ebenfalls im Jugendstrafvollzug in freier Form unterzubringen. Für diese Einrichtungen gelten Gefangene mit Haftstrafen unter einem Jahr aus konzeptionellen Erwägungen jedoch als weniger geeignet.33 c) Anspruch auf Therapieplatz bei suchtkranken Jugendstrafgefangenen Aus den vorliegenden Daten kann nicht genau ermittelt werden, bei wie vielen tatsächlich eine Suchterkrankung vorliegt. Die Daten zeigen aber unter anderem einen hohen Alkoholkonsum und einen problematischen polytoxikomanen Drogen­

32 33

Eigene Berechnung anhand: Statistisches Bundesamt 2018c, S. 13. Walter 2009, S. 193.

I. Zuständigkeit und Unterbringung der Jugendstrafgefangenen

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gebrauch. Illegaler Drogenkonsum erhöht das Risiko, straffällig zu werden.34 Der Konsum, ob krankhaft oder nicht, birgt erhebliche Gesundheitsrisiken35 und fördert den Ausschluss vom gesellschaftlichen sozialen Leben.36 Die Jugendstrafgefangenen mit einer bestehenden Suchterkrankung müssen daher einen Anspruch auf einen Therapieplatz erhalten. Der genaue Bedarf an Drogentherapieplätzen für Strafgefangene ist nicht bekannt, nach Schätzungen besteht jedoch eine erhebliche Unterversorgung.37 Der Weg in ein straffreies Leben in der Gesellschaft kann für die suchtkranken Frauen jedoch nur über eine Behandlung ihres Drogenkonsums führen. Erst wenn für dieses Problem ein ausreichender Behandlungsplan besteht, ergibt es Sinn, über Schulbildung oder andere Maßnahmen nachzudenken. Schon jetzt kann im Rahmen des § 35 I BtMG die Freiheitsstrafe zurückgestellt werden, wenn der Gefangene eine Drogentherapie absolviert. Voraussetzung ist allerdings, dass die Tat auf Grund der Betäubungsmittelabhängigkeit begangen wurde. Diesen Zusammenhang herzustellen wird in der Rechtsprechung restriktiv gehandhabt, wodurch sich diese Möglichkeit nur für wenige Gefangene eröffnet.38 Die Einweisung in eine therapeutische Einrichtung erfolgt selbstverständlich nur mit deren Einverständnis. Die Motivation zu wecken, an einer entsprechenden Maßnahme teilzunehmen, sollte von den Mitarbeitern des Jugendstrafvollzuges aktiv gefördert werden. Inhaftierte mit bestehender Suchterkrankung, die sich keiner Therapie unterziehen wollen, gelten regelmäßig als nicht geeignet für den offenen Vollzug oder den Jugendstrafvollzug in freier Form. Sie müssen daher dann im Regelvollzug untergebracht werden. Allerdings sollte die Option, jederzeit auf einen Therapieplatz zu wechseln, immer offengelassen werden. d) Gemeinsame Inhaftierung mit jungen Strafgefangenen Bei Jugendstrafgefangenen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, sollte darüber nachgedacht werden, diese mit jungen Strafgefangenen (bis zum Alter von 30 Jahren) in einer gemeinsamen Wohngruppe innerhalb des Erwachsenenvollzuges zu inhaftieren. Solche Wohngruppen kämen auch nicht in Konflikt mit internationalen Trennungsgeboten, da diese sich häufig nur auf minderjährige Gefangene beziehen und eine gemeinsame Inhaftierung von über 21-jährigen mit jungen Strafgefangenen nicht untersagen. Laut der Strafvollzugsstatistik zum Stichtag 31.3.2018 würden für diese Wohngruppen beispielsweise 580 junge Strafgefangene (143 Frauen zwischen 18 und 25 Jahren; 437 Frauen zwischen 25 und 30 Jahren) 34

Häßler / Maiwald, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 425. Eder 2012, S. 27. 36 Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2017, S. 21; Eder 2012, S. 36. 37 Häßler / Maiwald, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 424. 38 Häßler / Maiwald, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 425. 35

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

und 52 Jugendstrafgefangene in Betracht kommen.39 Durch die Zusammenfassung dieser beiden Gruppen könnten Wohngruppen mit 10 bis 15 Bewohnerinnen gebildet werden. Die Altersunterschiede innerhalb der Wohngruppen sind nicht sehr groß. Eine kriminelle Beeinflussung der jüngeren Gefangenen durch die älteren ist damit nicht stärker zu befürchten als grundsätzlich im Jugendstrafvollzug. Bei beiden Gefangenengruppen handelt es sich vielmehr um Frauen, bei denen die Inhaftierung in einen ähnlichen Lebensabschnitt fällt. Eine solche Wohngruppe hat daher unter Umständen mehr gemeinsame Themen und einen ähnlicheren Bedarf an bestimmten Behandlungsangeboten als die Jugendstrafgefangenen untereinander. Alle Mitglieder einer Wohngruppe sollten die Möglichkeit haben, an den Angeboten des Strafvollzugs teilzunehmen. So wird die schwer nachvollziehbare Situation vermieden, dass Jugendstrafgefangene von einem Behandlungsangebot mit Gleichaltrigen ausgeschlossen werden, weil dieses ausschließlich für die erwachsenen Strafhäftlinge zugelassen ist. Dabei ist es wichtig, dass die Wohngruppe in einer Jugendanstalt oder im Jugendbereich angesiedelt wird, da sonst die Gefahr besteht, die jugendstrafrechtlichen Sonderregelungen, die für einen Teil der Wohngruppe weiterhin gelten müssen, zu unterlaufen. e) Umgang mit den „übrig gebliebenen“ jungen Frauen Wenn Jugendstrafgefangene aus dem geschlossenen Jugendstrafvollzug heraus an andere Einrichtungen verwiesen werden, gibt es immer junge Frauen, die durch das oben aufgezeigte Raster fallen. Inhaftierte zwischen 16 und 21 Jahren, die für den offenen Vollzug oder den Jugendstrafvollzug in freier Form nicht geeignet erscheinen und der Unterbringung in einer therapeutischen Einrichtung nicht bedürfen oder sie nicht wollen. Diese jungen Frauen könnten nun in einer Abteilung des geschlossenen Vollzuges entweder in Jugendstrafanstalten oder in Anstalten für weibliche Strafgefangene untergebracht werden. In kleinen Abteilungen kann eine gute und stabile Beziehung von den Gefangenen zu den Bediensteten zu einer positiven Behandlungsatmosphäre beitragen. Dies scheint subkulturelle Werte und gewalttätige Auseinandersetzung unter Gefangenen zu verringern.40 Allerdings verschärfen sich dadurch die bereits existierenden Probleme weiter. Durch die Aufteilung der weiblichen Jugendstrafgefangenen wäre die Gruppe, die im geschlossenen Vollzug verbleiben muss, deutlich reduziert und ihre Belange hätten bei der Vollzugsgestaltung vermutlich noch weniger Gewicht. Für diese Gruppe müssen daher kleine intensiv betreute Wohngruppen innerhalb einer Anstalt für weibliche Straftäterinnen geschaffen werden. Ziel dieser Wohngruppen sollte sein, die Jugendlichen auf den offenen Vollzug oder auf eine Einrichtung des freien Jugendvollzugs vorzubereiten. Diese Wohngruppen müssen bei den weiblichen Straf­ gefangenen angesiedelt werden. Wie oben ausgeführt, sind viele Maßnahmen nicht 39 40

Statistisches Bundesamt 2018c, S. 13. Boxberg / Neubacher 2019, S. 457.

I. Zuständigkeit und Unterbringung der Jugendstrafgefangenen

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gemischtgeschlechtlich möglich. Im Ergebnis ist es daher weniger problematisch, junge Frauen an Maßnahmen für erwachsene Frauen teilnehmen zu lassen. Da es sich bei den nach dieser Idee im geschlossenen Vollzug Befindlichen nur noch um sehr wenige handelt, ist es wichtiger, dass diese auch einzeln an Maßnahmen teilnehmen können. Wären sie bei den männlichen Jugendstrafgefangenen inhaftiert, könnten sie ein Angebot nur zu mehreren besuchen, da eine Teilnahme einer einzelnen Frau nicht wünschenswert erscheint. 5. Einordnung der vorgeschlagenen Modelle Die letzte vorgeschlagene Möglichkeit würde den Jugendstrafvollzug an Frauen am stärksten verändern. Zum einen müsste der Jugendstrafvollzug in freier Form erheblich ausgeweitet und die dafür notwendige gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Für suchtkranke Frauen müsste eine erweiterte Form des Konzeptes „Therapie statt Strafe“ geschaffen werden. Die Einrichtung der vorgeschlagenen intensiv betreuten Wohngruppen bedürfte einer deutlichen Erhöhung der pädagogischen Fachkräfte. Diese Umstrukturierung des Jugendstrafvollzugs würde auch die Zuweisung erheblich erschweren, da nicht mehr nur die zwei Alternativen offener oder geschlossener Vollzug zur Verfügung stehen, sondern eine Vielzahl an im Gesetz möglichst als gleichwertig normierten Möglichkeiten bestünde. Die Jugendrichter(innen) hätten nach der Entscheidung, eine unbedingte Jugendstrafe zu verhängen, weitere Überlegungen (gemeinsam mit der Jugendhilfe) anzustellen, in welcher Einrichtung die Jugendlichen ihre Haftstrafen am besten antreten sollen. Dies wäre zwar ein zusätzlicher Arbeitsschritt, aber so könnte für jeden Einzelfall eine Entscheidung getroffen werden, welche Unterbringungsform am geeignetsten ist und die größten Chancen auf Resozialisierung bietet. Insgesamt scheint das letzte Konzept, die weiblichen Jugendstrafgefangenen auf möglichst viele verschiedene andere Institutionen aufzuteilen, aber am besten dazu geeignet zu sein, den Bedürfnissen dieser kleinen, aber sehr heterogenen Vollzugsgruppe gerecht zu werden und das Vollzugsziel der Resozialisierung umzusetzen. In ihm werden vorherige Vorschläge integriert, ohne alle damit verbundenen Schwierigkeiten zu übernehmen. Gleichzeitig bietet es den Vorteil, dass die Umsetzung schrittweise erfolgen kann. Der Jugendstrafvollzug in freier Form und suchttherapeutische Angebote können langsam ihre Kapazitätsgrenzen erhöhen und dabei immer wieder überprüft und korrigiert werden. Bis zum Erreichen der maximalen Kapazitätsgrenze kann das aktuelle System des Jugendstrafvollzuges aufrechterhalten werden. Die einzelnen Bundesländer könnten in der ihr sinnvoll erscheinenden Geschwindigkeit der Umstrukturierung vorgehen und im Sinne der „best practice“ die Erfahrungsberichte zu einzelnen Teilkonzepten der anderen Bundesländer aufnehmen oder mit ihnen zusammenarbeiten.

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen Wie in Kapitel D. II. werden auch in diesem Abschnitt sehr unterschiedliche Bereiche behandelt. Die ersten beiden Punkte widmen sich der besonderen Situation der ausländischen jungen Frauen und den Frauen, die Mutter werden oder bereits sind. Das folgende Kapitel entwickelt Ideen für den Ausbau und die Verbesserung der Kontaktmöglichkeiten der Jugendstrafgefangenen zu ihrem Umfeld außerhalb der Anstalt. Abschließend wird für eine Ausweitung von Vollzugslockerungen und die Erarbeitung eines frauenspezifischen Konzeptes sozialpädagogischer und therapeutischer Angebote für den Jugendstrafvollzug plädiert. 1. Besondere Regelungen für ausländische Gefangene Für ausländische Gefangene kann der Vollzug der Jugendstrafe mit zusätzlichen Schwierigkeiten verbunden sein. Die Auswertung ergab, dass ungefähr die Hälfte der Frauen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt oder einen Migrationshintergrund hat. Diese grobe Einteilung enthält selbstverständlich keine Aussagen über die individuellen Verhältnisse. Für diese relativ große Gruppe können aber mangelhafte Deutschkenntnisse, fehlende Bezugspersonen oder -orte in Deutschland und weit entfernt lebende Verwandte die Bemühungen zur Resozialisierung erschweren. Demgegenüber stehen marginale Regelungen der Jugendstrafvollzugsgesetze, die angesichts der Anzahl der potentiell betroffenen Inhaftierten und der damit verbundenen Probleme kritisch zu sehen sind. Für diese Vollzugsgruppe wären verbindliche Regelungen wichtig, die sich mit möglichen Sprachbarrieren, Schwierigkeiten im Kontakt mit Angehörigen und ausländerspezifischen Resozialisierungsmaßnahmen auseinandersetzen. a) Verpflichtende Deutschkurse Beherrschen die jungen Frauen die deutsche Sprache nicht oder nur unzureichend, kann dies die Erklärung des Vollzugsablaufes, ihrer Rechte und Pflichten deutlich erschweren. Die Vollzugsmitarbeitenden können mit diesen Gefangenen nicht oder nur selten in deren Muttersprache kommunizieren und die Hausordnung liegt neben einer deutschen Fassung nur in sehr wenigen Sprachen vor. Diejenigen mit wenig Deutschkenntnissen haben damit noch größere Schwierigkeiten, sich im System des Gefängnisses zurechtzufinden und getroffene Entscheidungen nachzuvollziehen. Sie sind auf andere Gefangene ihrer Nationalität angewiesen, die als Dolmetscherinnen fungieren, wodurch sie zum einen Informationen nur gefiltert erhalten und zum anderen in eine Abhängigkeit zu Mitgefangenen geraten. Die Kommunikation mit Mithäftlingen wiederum ist stark eingeschränkt, was das Risiko der sozialen Vereinsamung erhöht. Die Teilnahme an Bildungs- und Therapieangeboten, aber auch an Freizeitangeboten setzt ein Verstehen und Kommu-

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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nizieren in deutscher Sprache voraus. Ist dies nicht möglich, sind viele Angebote für die jungen Frauen unzugänglich. Ein Jugendstrafvollzug, dessen Abläufe und Entscheidungen die Gefangene nicht versteht, in dem sie keine Möglichkeit hat, ihre Bedürfnisse einzubringen, und bei dem sie auf Grund der Sprache von vielen Maßnahmen ausgeschlossen ist, kann niemals resozialisierend wirken. Für eine gelingende Wiedereingliederung in die deutsche Gesellschaft ist das Erlernen der deutschen Sprache daher eine wesentliche Voraussetzung. Wird bei einer Jugendstrafgefangenen mangelnde Sprachkompetenz festgestellt, sollte der Besuch eines Deutschkurses daher gesetzlich verpflichtend vorgeschrieben sein. In der vorliegenden Untersuchung gaben allerdings nur drei von neun Anstalten an, Deutschkurse anzubieten. Dies ist angesichts der großen Gruppe der ausländischen Gefangenen zu wenig. Dementsprechend wäre auch eine gesetzliche Verpflichtung der Anstalten notwendig, Deutschkurse in ausreichender Anzahl zur Verfügung zu stellen.41 b) Pflege der Muttersprache und Kultur des Heimatlandes Parallel zum Erlernen der deutschen Sprache sollte den Frauen aber auch die Möglichkeit gegeben werden, ihre Muttersprache und die Kultur des Heimatlandes zu pflegen.42 So können sie eine kulturelle Identität aufbauen, die weder das Herkunftsland noch Deutschland verleugnet.43 In Betracht kommen hier Gesprächsgruppen, die in der Muttersprache der Gefangenen stattfinden und sich mit ihren spezifischen Themen beschäftigen. Da gerade bei den nur selten vertretenen Nationalitäten vermutlich kein Mitarbeiter der Anstalt die Sprache beherrscht und die Frauen für eine Gesprächsgruppe eventuell zu wenige sind, wäre die Kooperation mit Vereinen oder Privatpersonen außerhalb des Gefängnisses sinnvoll. Deren Mitglieder könnten die Gruppe ergänzen, die Themen auswählen und die Gruppe anleiten. So kämen die Inhaftierten zusätzlich in Kontakt mit Personen außerhalb des Gefängnisses (wie sich gezeigt hat, haben ausländische Jugendstrafgefangene signifikant weniger Kontakt zur Außenwelt) und könnten diese bereits bekannten positiven Kontakte nach der Haftentlassung aufrechterhalten. c) Übersetzung der Informationen Solange die jungen Frauen keine ausreichenden Deutschkenntnisse haben, muss der Vollzug auf diese Sprachprobleme eingehen. Nach einer Untersuchung von Werner besteht auch hier jedoch noch ein enormes Defizit. Demnach waren nur

41

So auch: Graebsch, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 88. Werner 2012, S. 168. 43 Walter, in: Schweder 2015, S. 387. 42

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

in jeder zweiten Jugendstrafanstalt zweisprachige Hausordnungen oder Informationsblätter vorhanden.44 Das Aufnahmegespräch ist in einer der Jugendstrafgefangenen verständlichen Sprache zu organisieren. In allen Jugendstrafvollzugsgesetzen sollte ein verbindlicher Anspruch der jungen Frauen auf einen Dolmetscher / eine Dolmetscherin während des Aufnahmegespräches festgeschrieben werden, wenn die Gefangene die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrscht. Die Hausordnung und die wichtigsten Informationen über die Abläufe des Vollzuges, insbesondere über die Besuchsregelungen, sollten in den Sprachen der Hauptgefangenengruppen zur Verfügung gestellt werden.45 d) Erweiterung der Kontaktmöglichkeiten Die Regel Nr. 104. 5 der ERJOSSM fordert für Jugendliche ausländischer Staatsangehörigkeit längere Besuchszeiten oder andere Kontaktmöglichkeiten, wenn dies erforderlich ist, um sozialer Vereinsamung entgegenzuwirken. Bei Gefangenen, deren Familien im Ausland wohnen, besteht die Gefahr, dass die klassischen Besuche aus Zeit- und Kostengründen unterlassen werden, gerade wenn nur ein bis zwei Stunden Besuchszeit zur Verfügung stehen. Diese Befürchtung wird durch die vorliegenden Auswertungen gestützt. Frauen mit ausländischer Nationalität erhalten signifikant seltener Besuch als deutsche Inhaftierte. Um dem entgegenzuwirken, böte sich für ausländische Gefangene die Durchführung von Langzeitbesuchen an. Angehörige mit einer langen Anreise hätten so die Möglichkeit, weniger oft, dafür aber über einen längeren Zeitraum mit der Inhaftierten zusammen zu sein.46 Dies würde eventuell die Bereitschaft erhöhen, die junge Frau im Gefängnis zu besuchen. Daneben sollten verstärkt alternative Kontaktmöglichkeiten geschaffen werden. Diese sind grundsätzlich für alle Gefangenen wünschenswert. Bei Gefangenen, deren Familie nicht in Deutschland leben, sind sie aber umso wichtiger. Dafür wären zum einen Haftraumtelefone oder ein großzügiger Umgang mit Telefonerlaubnissen eine Möglichkeit. Zum anderen könnten Video-Telefonate zwar persönliche Besuche nicht adäquat ersetzen, aber zumindest etwas mehr Nähe schaffen, als durch Briefe oder normale Telefonate möglich ist.

44

Werner 2012, S. 168. So auch: Abraham, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 448. 46 So auch: Graebsch, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 102. 45

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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2. Besondere Regelungen für Gefangene mit Kindern Eine weitere Gruppe, die gesonderter Regelungen für den Vollzug der Jugendstrafe bedarf, sind die jungen Frauen, die bereits Kinder haben oder während der Inhaftierung schwanger sind. a) Grundsätzlicher Vollstreckungsaufschub bei Schwangerschaft Wie viele Kinder von Inhaftierten jährlich geboren werden, lässt sich ebenso wenig einer offiziellen Statistik entnehmen wie die Frage, wie viele Kinder von der Jugendstrafe ihrer Mutter betroffen sind. Linnartz und Sütterlin-Müsse berichten von 65 schwangeren Frauen in der JVA Köln (Jugendliche und Erwachsene) im Jahr 2012.47 In der vorliegenden Untersuchung schwanken die Angaben, wie viele Schwangere inhaftiert sind, zwischen den selbstberichteten Angaben (7,2 %, n = 18) und den Angaben aus den Akten (3,7 %, n = 7). Schwangere Frauen in Haft sind damit keinesfalls Einzelfälle. Eine Schwangerschaft in Haft bedeutet jedoch eine enorme zusätzliche physische und psychische Belastung,48 auf die die Anstalten kaum ausreichend vorbereitet sind. Auch wenn dies absolut gesehen nur eine sehr kleine Gruppe in Haft betrifft, stellt sie den Vollzug doch vor große Herausforderungen. Die Frauen müssen medizinisch intensiver betreut werden. Bei Drogenabhängigen treten nicht selten zusätzliche gesundheitliche Komplikationen auf.49 Zudem ist eine Schwangerschaft während der Inhaftierung psychisch und emotional schwierig. Die Jugendstrafgefangenen sind mit eigenen und fremden Schuldzuweisungen konfrontiert, dem Kind als straffällige Inhaftierte keine gute Mutter sein zu können. Hinzu kommt in den meisten Fällen die belastende Situation, ihr Neugeborenes sofort nach der Geburt in fremde Obhut geben zu müssen. Auf Grund der geringen Anzahl haben Schwangere vermutlich nur in den größeren Haftanstalten die Möglichkeit, sich mit anderen werdenden Müttern in Haft über allgemeine und haftspezifische Sorgen und Probleme auszutauschen. Geburtsvorbereitungskurse innerhalb der Haft dürften überall an zu wenigen Teilnehmerinnen scheitern. Ob der geschlossene Vollzug die für eine schwangere Frau notwendige nährstoffreiche Verpflegung und ausreichend Bewegungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen kann, ist zweifelhaft.50 Die gynäkologische Versorgung entspricht nicht dem Standard außerhalb des Gefängnisses.51 Zum einen haben die Frauen auch hier keine 47

Linnartz / Sütterlin-Müsse 2013, S. 408. Kerwien, in: Halhuber-Gassner & Pravda 2013, S. 56. 49 Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2017, S. 105 f. 50 Weltgesundheitsorganisation 2009, Nr. 59, S. 37. 51 In der JVA Köln kommen alle zwei Wochen abwechselnd zwei Gynäkologen in die Anstalt. Diese Regelung bietet keine Möglichkeit einer kurzfristigen ärztlichen Betreuung (Kubink 2016, S. 73). 48

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

freie Wahl der Ärztin, zum anderen ist mehr als fraglich, ob eine schnelle medizinische Versorgung bei Komplikationen oder einsetzenden Wehen, insbesondere in der Nacht oder am Wochenende, flächendeckend gewährleistet werden kann. Neben der allgemeinen Pflicht der Anstalten, die medizinische Versorgung der Gefangenen zu leisten, steht die Schwangere zusätzlich unter dem grundrechtlichen Schutz des Artikel 6 IV GG. Jede Mutter, auch die Gefangene als Grundrechtsträgerin,52 hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Art. 6 IV GG enthält einen Anspruch der Mutter gegen den Staat, nicht auf Ausgleich jeglicher Belastung, aber auf Schutz vor Belastungen und Risiken in ihrer Lebenssituation, die mit der biologischen Mutterschaft zusammenhängen. Den Schutzauftrag zu konkretisieren ist Aufgabe des Gesetzgebers. Dabei muss sowohl die Lebenssituation der Mutter in körperlicher und seelischer Hinsicht53 als auch die berufliche und wirtschaftliche Lage berücksichtigt werden.54 Der Vollzug kann bei einer Inhaftierung keine adäquate medizinische und psychosoziale Betreuung der Mutter gewährleisten. Um dem grundrechtlichen Schutz der Mutter nach Art. 6  IV  GG gerecht zu werden, sollte daher grundsätzlich ein Vollstreckungsaufschub bei Schwangerschaft angeordnet werden55 bzw. die Haft für die Dauer der Schwangerschaft und Entbindung unterbrochen werden. Der wiederkehrende Einwand, dass Frauen absichtlich schwanger werden, um die Haft zu vermeiden, ist bis jetzt empirisch nicht bewiesen. Da bei einem Vollstreckungsaufschub die Haft verspätet aber dennoch angetreten werden muss, scheint es bei der Abwägung der Interessen vertretbar, zusätzliche Vollstreckungsaufschübe durch beabsichtigte Schwangerschaften zu riskieren, um vielen Frauen eine Schwangerschaft in Haft mit allen psychischen Belastungen und medizinischen Risiken zu ersparen. Eine Ausnahme könnte sein, wenn die Haftstrafe so gering ist, dass die Jugendstrafgefangene vor der Geburt entlassen wird. In diesen Fällen wäre es eventuell sinnvoller, die Schwangerschaft in Haft zu verbringen, als die ersten Monate vom Säugling getrennt zu sein. Möglich wäre ein Vollstreckungsaufschub gemäß § 455 III StPO als Ermessensregelung. Bis jetzt entspricht es jedoch der einhelligen Meinung, schwangere Frauen davon nicht zu erfassen, da der Vollzug ausreichend auf deren Zustand eingehen könnte.56 Dieser Einschätzung kann, wie oben dargelegt, nicht gefolgt werden. Der Vollzug kann den körperlichen und emotionalen Bedürfnissen einer Schwangeren nicht ausreichend Rechnung tragen. Ein Vollstreckungsaufschub nach § 455 III StPO ist 52

Lindemann, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 2. So kann sich aus dem Grundrecht der Anspruch einer vor Gericht stehenden Mutter auf Berücksichtigung ihrer Risikoschwangerschaft bei der Terminierung der Hauptverhandlung im Strafprozess ergeben (Badura, in: Maunz & Dürig 2019, S. 164). 54 Badura, in: Maunz & Dürig 2015, Rn. 162. 55 Dies entspräche auch einer der zentralen Forderungen der WHO zu schwangeren Frauen in Haft (Weltgesundheitsorganisation 2009, Nr. 58, S. 37). 56 Graalmann-Scheerer, in: Löwen / Rosenberg 2010, Rn. 12; Hanft, in: Satzger / Schlucke­ bier / Wiedmann 2019, Rn.  4; Nestler, in: Münchner Kommentar 2019, § 455, Rn. 16. 53

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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nach dieser Einschätzung daher grundsätzlich möglich. Wünschenswert wäre allerdings darüber hinaus die Schaffung einer zwingenden Regelung, parallel zu § 455 I, II  StPO. Für Frauen, die erst in der Haft schwanger werden bzw. die Schwangerschaft bemerken, müssen Regelungen für eine Vollstreckungsunterbrechung geschaffen werden. Eine Unterbrechung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe kann nach aktueller Gesetzeslage nur wegen der in § 455 IV StPO aufgezählten Gründe erfolgen. Eine Schwangerschaft lässt sich unter keinen der genannten Gründe subsumieren. Für die Möglichkeit einer Vollstreckungsunterbrechung wegen Schwangerschaft ist damit eine Gesetzesänderung notwendig, die die Aufzählung in § 455 IV StPO ergänzt. b) Kindgerecht gestaltete Besuche Der Anteil der Mütter lag in dieser Untersuchung bei etwa 20 %. Den Kindern von Inhaftierten wird in vielen Jugendstrafvollzugsgesetzen bei den Besuchszeiten eine privilegierte Stellung eingeräumt, indem sie (in bestimmtem Umfang) nicht auf die Regelbesuchszeit angerechnet werden.57 Bei den Kindern der jungen Frauen dürfte es sich auf Grund des Alters der Mutter ausschließlich um Kleinkinder handeln. Diese sind noch nicht in der Lage, für die Besuchszeit allein zur Anstalt zu kommen. Zudem sind die „normalen“ Besuchsmodalitäten für sie wenig geeignet sind. Die Durchsuchung zu Beginn des Besuches, der Weg durch abgeschlossene Türen und vergitterte Fenster vom Wartezimmer zum Besuchsraum, die uniformierten Vollzugsbediensteten und der große, laute Besuchsraum können für Kinder sehr bedrohlich und verängstigend wirken. Deshalb wollen sie ihre Mutter aus Angst vor der Situation vielleicht nicht mehr besuchen oder machen sich große Sorgen um die Mutter, die in diesem beängstigenden Raum zurückbleiben muss. Auch der Ablauf eines Besuches, gemeinsam an einem Tisch zu sitzen und zu reden, ist für kleine Kinder nicht adäquat. Zwar versuchen einige Anstalten, die Besuchsräume kindgerecht auszugestalten. Nach Thiele bedeutet dies allerdings in den meisten Gefängnissen die Einrichtung einer Spielecke.58 Um die Kinder durch die Besuche nicht zu verängstigen beziehungsweise um einen Kontaktabbruch zwischen Mutter und Kind zu vermeiden, wird dafür plädiert, eigene Kinderbesuchsräume einzuführen. Diese sollten idealerweise nicht innerhalb der JVA liegen, sondern dem Hauptgebäude vorgelagert sein. Sie könnten zum Beispiel an einen offenen Vollzug angegliedert werden. So müssen die Kinder nicht das bedrohlich erscheinende Gefängnis durchqueren, sondern können direkt in den Besuchsraum gelangen. Die Gefangene wird von Vollzugsbediensteten zu dem Raum gebracht. Die Überwachung kann hier, um dem Sicherheitsbedürf 57

Art.  144  III  BayStVollzG; § 47  II  2  JStVollzG  Bln (jetzt: § 31  I  JStVollzG  Bln); § 33 II 3 HessJStVollzG; § 47 II JStVollzG M-V; § 30 II JStVollzG NRW (jetzt: § 23 II JStVollzG); § 33 II LJVollzG. 58 Thiele 2016, S. 254.

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

nis der Anstalten gerecht zu werden, wie im herkömmlichen Besuchsraum durch eine anwesende Vollzugsbedienstete gewährleistet werden. Der Raum sollte hell und freundlich gestaltet sein und Möglichkeiten der gemeinsamen kreativen oder sportlichen Betätigung von Mutter und Kind bieten. Zudem sollte jede Mutter einen gesetzlichen Anspruch auf längere zusammenhängende Besuche von mindestens drei Stunden mit ihren Kindern haben. Aktuell lässt die JVA Aichach nur stundenweise Besuche zu.59 In der JVA SchwäbischGmünd, der JVA Frankfurt und der JVA Berlin sind zwei Stunden (Kinder)besuch möglich.60 In der JA Iserlohn dürfen Besucher 90 Minuten lang bleiben.61 Diese kurzen Besuchszeiten reichen insbesondere für kleine Kinder, die Zeit benötigen, um sich an die Umgebung und die Personen zu gewöhnen, nicht aus. Durch Langzeitbesuche erhält die junge Frau außerdem die Möglichkeit, Alltagssituationen mit dem Kind nachzuempfinden. Es kann beispielsweise gemeinsam gekocht, gespielt und vorgelesen werden. Besonders begrüßenswert wäre es, wenn ein Teil der Zeit pädagogisch begleitet wird. Sozialpädagoginnen können den Umgang der jungen Frauen mit ihrem Kind unterstützen, in Erziehungsfragen beraten und Schwierigkeiten oder Unsicherheiten besprechen. Durch diese Maßnahmen kann die Zeit nach der Haft, wenn die junge Frau wieder mit dem Kind zusammenlebt und für dieses verantwortlich ist, sinnvoll vorbereitet werden. c) Begleitung der Kinder zu den Besuchen Können Verwandte oder Freunde die regelmäßigen Fahrten des Kindes zur Mutter nicht leisten, sollten die jungen Mütter professionelle Unterstützung bekommen. Als gutes Beispiel ist hier das Projekt „kid mobil“ der Beratungsstelle Tamar des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Berlin zu nennen, bei dem Ehrenamtliche die Kinder von Inhaftierten zu der Spielstunde der JVA begleiten.62 Durch diese Hilfestellung kann ein regelmäßiger Kontakt von Mutter und Kind sichergestellt werden. Es ist allerdings davon auszugehen, dass in Flächenbundesländern die Besuchsbegleitung nicht so einfach durch ehrenamtliche Helfer geleistet werden kann, da der Zeitaufwand für einen Besuch hier um ein Vielfaches höher liegt. Daher ist die Einrichtung eines professionellen Begleitdienstes wahrscheinlich unumgänglich, um regelmäßige Besuchszeiten sicherzustellen.

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https://www.justiz.bayern.de/justizvollzug/anstalten/jva-aichach/. http://www.jva-schwaebisch-gmuend.de/pb/site/jum2/get/documents/jum1/JuM/ Jus‌tiz​vollzugsanstalt%20Schw%C3%A4bisch%20Gm%C3%BCnd/Informationsblatt%20 ‌f%C3%BCr%20Strafhaft.pdf; https://justizvollzug.hessen.de/justizvollzug/jva-frankfurt-miii/besuchstermine; https://www.berlin.de/justizvollzug/anstalten/jva-fuer-frauen-berlin/ersteinformationen/. 61 http://www.jva-iserlohn.nrw.de/infos/besuchszeiten/index.php. 62 Thiele 2016, S. 287. 60

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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d) Ausbau der Kontaktmöglichkeiten? Fraglich ist, ob für den Kontakt mit Kindern der Ausbau von Telefonerlaubnis­ sen und Kommunikationsformen über das Internet wünschenswert ist. Birtsch und Rosenkranz berichten, dass der Telefonkontakt für die Kinder sehr schwierig war.63 Gerade für Kleinkinder ist es nicht verständlich, wenn sie zwar mit ihrer Mutter telefonieren können, diese aber nicht zu ihnen kommen kann. Skype dürfte dieses Problem nicht lösen. Es erscheint daher sinnvoller (zumindest bei Kleinkindern), die Besuche zu stärken und zu verbessern, anstatt alternative Kontaktformen einzurichten.64 e) Einrichtung von Mutter-Kind-Stationen? Die Einrichtung oder der Ausbau von Mutter-Kind-Stationen ist zwiespältig zu sehen. Grundsätzlich würden sich diese Einrichtungen für weibliche Jugendstrafgefangene anbieten. Aufgrund des eigenen Alters haben sie oft noch kleinere Kinder, die von den Mutter-Kind-Einrichtungen theoretisch aufgenommen werden können. Wegen der Kürze der Haftstrafen dürften die Kinder während der Haftzeit auch in den seltensten Fällen während der Inhaftierung zu alt für diese Unterbringungsform werden. Eine psychisch schwer zu verkraftende Trennung könnte so vermieden werden.65 Gerade junge Mütter, die Schwierigkeiten mit der Erziehung der Kinder haben und unsicher sind, können hier durch Erzieherinnen und Sozialpädagoginnen bei der Pflege und im Umgang mit den Kindern unterstützt werden. Allerdings gibt es auch Stimmen, die sich gegen die gemeinsame Unterbringung von Müttern mit ihren Kindern richten. Die Vorstellung einer Mutter-Kind-Station idealisiere die Vorstellung einer heilen Familienbindung und ignoriere die Tatsache, dass viele Inhaftierte aus zerrütteten Familienverhältnissen kommen. Durch die Unterbringung mit dem Kind werde ein Weiblichkeitsbild festgeschrieben, das die Frauen hauptsächlich als Mutter definiere.66 Bereswill beschreibt auch den inneren Zwiespalt der Mütter. Sie müssen sowohl die Erwartungen des Kindes an seine Mutter (und das unter den erschwerten Bedingungen eines Gefängnisses) gerecht werden als auch die Erwartungen der Gefängnismitarbeiterinnen an eine gute Mutterrolle erfüllen.67 Zudem darf auch der Einfluss der Inhaftierung auf das Kind nicht außer Acht gelassen werden. Die gemeinsame Inhaftierung von Mutter und Kind ist damit nicht zwangsläufig für beide Beteiligten die beste Unterbringungsmöglichkeit. Hier sollte sehr genau abgewogen werden, wie sich

63

Birtsch / Rosenkranz, in: Birtsch 1988, S. 135. Birtsch / Rosenkranz, in: Birtsch 1988, S. 135. 65 Kerwien, in: Halhuber-Gassner & Pravda 2013, S. 58. 66 Michels, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 395. 67 Bereswill / Hellwig 2012, S. 209. 64

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

die Unterbringungssituation in einer Mutter-Kind-Station und außerhalb des Gefängnisses für das Kind darstellt. 3. Verbesserung der Kontaktmodalitäten Für alle Gefangenen muss an der Verbesserung der Kontaktmöglichkeiten gearbeitet werden. Wie beschrieben unterscheiden sich die Rahmenbedingungen für Besuche und Telefonate zwischen den einzelnen Anstalten stark. Zusätzlich ist der Kontakt einzelner Gefangenengruppen zu bestimmten Personen unterschiedlich ausgeprägt. Der folgende Abschnitt stellt daher drei Möglichkeiten vor, in welchen Bereichen Veränderungen zu einer Verbesserung des Kontaktes mit dem sozialen Umfeld außerhalb der Anstalt führen können. Die Vorschläge für diesen Themenkomplex beruhen auf der Überzeugung, dass eine möglichst frühe und umfassende Einbindung von Angehörigen und Freunden in den Jugendstrafvollzug die Chancen auf eine gelingende Resozialisierung der Jugendstrafgefangenen maßgeblich erhöht. Umfassender Kontakt zu vertrauten Personen außerhalb des Gefängnisses kann dazu beitragen, den belastenden Vollzugsalltag zu verarbeiten, und schafft das soziale Netz, das die jungen Frauen nach der Haftentlassung auffangen kann. Für die spezielle Gruppe der ausländischen Frauen und der Frauen mit Kindern wurden in den vorangegangenen Abschnitten bereits Ideen zur Verbesserung des Besuches entwickelt, sie werden daher nicht noch einmal gesondert erwähnt. a) Unterstützung der Gefangenen mit wenig Kontakt Ein knappes Fünftel der Inhaftierten hat nur selten Austausch mit Menschen außerhalb des Gefängnisses durch Briefe, Telefonate oder Besuch. Fast ein Drittel erhält nach eigenen Angaben keinen oder nur selten Besuch. Bei dieser Gruppe ist die Gefahr der sozialen Isolation während und nach der Inhaftierung hoch. Um eine Vereinsamung zu vermeiden, müssen die Anstaltsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen auf die Kontakthäufigkeit der Jugendstrafgefangenen achten. Fällt dabei eine Frau mit kaum Kontakt zu Menschen außerhalb der Anstalt auf, könnten im Gespräch die Gründe gesucht, über eine Lösung bestehender Kontakthindernisse nachgedacht und eventuell andere Kontaktformen wie (Video-)Telefonate gesucht werden. Stehen Angehörige oder Freunde aus verschiedenen Gründen nicht für einen Besuch bereit, wäre eine Vermittlung von ehrenamtlichen Kontaktpersonen eine Möglichkeit. Natürlich ersetzen diese nicht die Verbindung mit der Familie, aber sie könnten dennoch die Funktion einer Vertrauensperson übernehmen, die außerhalb des Vollzugsgeschehens steht. Durch ein Handlungskonzept sollte unbedingt vermieden werden, dass es Gefangene gibt, die kaum oder nie Besuch erhalten und so den Kontakt zur Außenwelt zu verlieren drohen.

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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b) Arbeitnehmerfreundliche Besuchszeiten Viele Anstalten bieten keine (JVA Berlin und JVA Zweibrücken) oder nur in größeren Abständen (JVA Aichach, JVA Köln, JA Neustrelitz) Besuchszeiten am Wochenende an. Dies stellt für berufstätige Angehörige eine zusätzliche Hürde dar.68 Durch die großen Einzugsbereiche der Anstalten speziell im weiblichen Jugendstrafvollzug können lange Anfahrtswege für einen Besuch notwendig sein. Mit An- und Abreise, Warte- und Besuchszeit können die Besuche je nachdem, wo die Familien leben, einen halben bis ganzen Tag in Anspruch nehmen. Wenn die Besuchszeiten nur unter der Woche angeboten werden, müssen sich die Angehörigen immer einen Tag Urlaub nehmen, um die Inhaftierte zu besuchen. Besuche könnten dadurch aus Zeit- und Kostengründen deutlich reduziert werden. Daher sollten alle Anstalten die Besuchszeiten so legen, dass es berufstätigen Angehörigen möglich ist, die Inhaftierte zu besuchen, ohne sich einen Tag Urlaub nehmen zu müssen. Das bedeutet zum einen regelmäßige Zeiten am Wochenende, insbesondere am Sonntag, und / oder Besuchszeiten bis in den späten Abend hinein, damit Angehörige, die in der Nähe der JVA wohnen, die Inhaftierte nach der Arbeit besuchen können. Das neue Jugendstrafvollzugsgesetz in Nordrhein-Westfalen schreibt dementsprechend in § 23 I 2 JStVollzG NRW Besuchsmöglichkeiten an mindestens zwei Wochenenden vor. c) Elternspezifische Kontaktförderung? Kapitel D. II. 3. untersucht auch den Kontakt der jungen Frauen zu ihren Eltern. Zum einen haben einige Gefangene während der Inhaftierung gar keine Verbindung zu ihnen. Zum anderen gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Elternteilen. Während nur ein Fünftel der Jugendstrafgefangenen keinen Austausch mit ihrer Mutter pflegt, hält fast die Hälfte keinen Kontakt zum Vater. Gründe für diese Differenz lassen sich den vorliegenden Daten nicht sicher entnehmen. Da aber deutlich mehr angaben, während ihrer Kindheit und Jugend überwiegend bei der Mutter als beim Vater aufgewachsen zu sein, lässt sich vermuten, dass der Kontakt zum Vater schon vor der Inhaftierung bei vielen reduziert war. Auf Grund ihres jungen Alters sind die Jugendstrafgefangenen aber häufig noch auf ihre Eltern als Unterstützung und Ansprechpartner angewiesen. Bereits vor der Inhaftierung haben 40 % bei den Eltern gewohnt. Eine eigene Wohnung oder ein Zimmer innerhalb einer Wohngemeinschaft kann selten während der Inhaftierung gehalten werden. Viele ziehen daher nach der Haftentlassung (zumindest vorübergehend) wieder bei ihren Eltern ein.69 Auch bei den Angaben, mit wem die jungen Frauen während der Inhaftierung Kontakt haben, geben mit Abstand die meisten Frauen ihre Mutter an. 68

Thiele 2016, S. 300. Auch aus anderen Untersuchungen ist bekannt, dass der Großteil der Gefangenen nach der Haftentlassung zu ihren Familien zurückkehrt (Ostendorf, in: Ostendorf 2016, S. 143). 69

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

Insbesondere für die Zeit nach der Haftentlassung dürften die Eltern als erste Anlaufstation daher vermutlich eine große Rolle spielen. Folglich ist es im Interesse des Jugendstrafvollzuges, eine stabile Beziehung zwischen Eltern und Kindern mit gezielten Angeboten zu fördern. In Betracht kommen pädagogisch begleitete Gruppen, in denen bestimmte Themen und typische Problemfelder in der Zeit nach der Haftentlassung angesprochen werden, oder angeleitete Gespräche zwischen der Gefangenen und ihren Eltern. d) Ausweitung der Kontaktmöglichkeiten Für Gefangene, deren Angehörige aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen oder wegen der räumlichen Entfernung nicht zum Besuch in die JVA kommen können oder die nur wenige Briefe erhalten, müssen alternative Kontaktmöglichkeiten geschaffen werden. Dafür bieten sich zum einen klassische Telefonanrufe, aber auch Kommunikationsformen über das Internet, z. B. Video-Anrufe, an. Ob und in welchem Umfang Telefonanrufe möglich sind, wird in den einzelnen Anstalten sehr unterschiedlich geregelt. Während in der JVA Aichach nur wenige Gefangene überhaupt regelmäßig telefonieren dürfen, gaben in der JVA  Chemnitz zwei Drittel an, manchmal oder oft zu telefonieren. Grundsätzlich sollte der restriktive Umgang mit Telefonanrufen aufgehoben werden.70 Die Möglichkeit, regelmäßig und ungehindert mit Familie und Freunden telefonieren zu können, kann eine Normalität des Kontaktes bewirken, die über die eingeschränkten Besuche niemals erreicht werden kann. Diese zusätzliche Form des Austausches könnte viel Anspannung aus den seltenen Besuchen nehmen. In der eingeschränkten Besuchszeit werden Probleme oftmals nicht angesprochen, um die kurze zur Verfügung stehende Zeit nicht zu belasten. Dadurch können dies Probleme nach der Entlassung konzentriert auftreten und die labile Übergangsphase weiter erschweren. Durch regelmäßiges mündliches Austauschen über den Alltag der Familie und der Gefangenen kann eine Entfremdung beider Seiten verhindert werden. Die präferierte Möglichkeit wäre, allen Jugendstrafgefangenen eigene Haftraumtelefone zur Verfügung zu stellen, wie es z. B. in der JVA Berlin-Heidering praktiziert wird.71 Eine Kontrolle der Anrufe ermöglicht entweder eine „black list“ (bestimmte Nummern sind für die Gefangenen gesperrt) oder eine „white list“ (nur bestimmte Nummern sind zum Telefonieren freigegeben). Die Einrichtung eines Haftraumtelefons bedürfte  – außer in Bayern72  – keiner Änderung der Jugendstrafvollzugsgesetze, sondern lediglich einer Veränderung der Haftraumausstattung. Wird die Einrichtung eines Haftraumtelefons aus finanziellen Gründen oder Sicherheitsbedenken abgelehnt, sollte zumindest für alle Jugendstrafgefangenen 70

Vgl. auch: Walkenhorst / Roos / Kaplan, in: Ostendorf 2016, S. 459. Stein 2014, S. 152. 72 In Bayern sind Telefonate bis jetzt nur in dringenden Fällen gestattet. 71

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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die Möglichkeit bestehen, in regelmäßigen Abständen Telefonate über ein Stationstelefon zu führen. Zusätzlich sollten Gefangene, die wenig Besuch bekommen, als Ausgleich die Möglichkeit haben, Telefonate im Umfang des sonst gewährten Besuchskontaktes zu führen. Eine noch weitergehende Möglichkeit praktizieren die JVA Lingen73 und die JVA Detmold.74 In einem einjährigen Modellprojekt konnten Gefangene in einem extra eingerichteten Besuchsraum Kontakt zu Angehörigen per Skype aufnehmen. Diese Möglichkeit bietet sich insbesondere für Gefangene an, deren Familien sie nicht in der JVA besuchen können. Es wäre wünschenswert, diese Möglichkeit der Kommunikation in verschiedenen Anstalten zu testen und die Erfahrungen der Gefangenen und Vollzugsmitarbeiter auszuwerten. Insgesamt sollen alle Gefangenen einen gesetzlichen Anspruch auf regelmäßige Telefonate erhalten. Welche Möglichkeit sich dabei in der Praxis bewährt, könnte durch verschiedene wissenschaftlich begleitete Pilotprojekte untersucht werden. Mindestens muss aber für die Gefangenen, die aus verschiedenen Gründen keine oder nur wenig Besuche bzw. Briefe empfangen, ein Anspruch auf das Führen von Telefonaten in dem Umfang des normalerweise gewährten Besuchskontaktes in die Jugendstrafvollzugsgesetze eingeführt werden. 4. Großzügige Vergabe von Vollzugslockerungen Lediglich etwas über ein Drittel (38,5 %, n = 72) der Gefangenen erhält Vollzugslockerungen. Am häufigsten werden Ausführung oder Ausgang gewährt, Freigang oder Hafturlaub erhält so gut wie keine junge Frau. Zwar kann empirisch die resozialisierende Wirkung von Vollzugslockerungen nur schwer nachgeprüft werden, da die Gruppe der gelockerten Gefangenen und derjenigen, denen die Lockerungen verweigert werden, vom Grundsatz her vorselektiert sind. Ihre Legalbewährung ist damit nur eingeschränkt vergleichbar.75 Vollzugslockerungen stellen aber in jedem Fall eine gute Gelegenheit dar, das Leben nach der Haftentlassung zu erproben.76 Lockerungen fördern außerdem den Kontakt der jungen Frauen zu ihren sozialen Netzwerken, auf die sie nach der Haftentlassung zurückgreifen können. Betrachtet man die Ausschlussgründe, die in verschiedenen Verwaltungsvorschriften77 für die 73

Holt 2014, S. 149, 150. Kubink 2016, S. 150, 151. 75 Dolde, in: Jung 1994, S. 107 f. 76 Burkhardt / Feest, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 2. 77 Bedingungen bei den Bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschriften zum Jugendstrafvollzug (VVJug) vom 20. März 1991; Verwaltungsvorschriften zum Bayerischen Strafvollzugsgesetz (VVBayStVollzg); Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 1. Juli 2008 Az: 4430 – VIIa – 4696/80 (JMBl S. 89 BayVV Gliederungsnummer 3122.2.2-J; Nr. 36 Verwaltungsvorschriften zu den Hessischen Vollzugsgesetzen (HVV); RdErl. D. HMdJ v. 13.11.2012 (Az.: 4400 – IV / D1 – 2010/4343 – IV / B) – JMBl. S. 695 – Gült.-Verz. Nr. 245 –; 74

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

Gewährung von Vollzugslockerungen verschriftlicht wurden, eignen sich weibliche Jugendstrafgefangene in der Regel gut, um Lockerungen zu erproben. Hiernach unterliegen Vollzugslockerungen hauptsächlich dann einer besonderen Prüfung oder sind ganz ausgeschlossen, wenn die Gefangene staatsgefährdende Straftaten, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder schwere Gewaltdelikte begangen hat. Dies ist bei der ganz überwiegenden Anzahl der weiblichen Jugendstrafgefangenen nicht der Fall. Auch anhängige Ausweisungs-, Auslieferungs-, Ermittlungs- oder Strafverfahren dürften die wenigsten betreffen. Dass während der Lockerungen Fluchtversuche unternommen oder Straftaten begangen werden, was ebenfalls ein Hinderungsgrund für weitere Lockerungen wäre, kann erst nach Erprobung ausgeschlossen werden. Grundsätzlich muss aber betont werden, dass der Missbrauch von Vollzugslockerungen für alle Gefangenen betrachtet in einem sehr geringen Bereich liegt.78 Insgesamt handelt es sich damit bei den jungen Frauen nach einer oberflächlichen Einschätzung um eine Vollzugsgruppe, die für Vollzugslockerungen grundsätzlich gut geeignet scheint. Der niedrige Anteil der gewährten Lockerungen ist damit nicht nachvollziehbar. Daher sollten Vollzugslockerungen insgesamt deutlich großzügiger gewährt werden. Zudem fordern die Regeln 86.1 und 86.2 der ERJOSSM die Möglichkeit des längerdauernden Kontaktes von inhaftierten Jugendlichen zu ihrer Familie. Dabei werden Ausgang, Ausführung oder Langzeitbesuche als gute Möglichkeiten gesehen. Obwohl nur in der JVA Schwäbisch-Gmünd und der JVA Köln Langzeitbesuche überhaupt angeboten werden, kann in der JVA Aichach und der JVA Chemnitz keine erhöhte Anzahl gewährter Vollzugslockerungen festgestellt werden. Es ist damit davon auszugehen, dass die meisten Anstalten längeren Kontakt zwischen den jungen Gefangenen und ihren Familien nicht ermöglichen. Dies stellt einen Verstoß gegen die ERJOSSM dar. Die reinen Ermessensregelungen bei der Vergabe von Vollzugslockerungen führen offensichtlich zu einer sehr restriktiven Vergabe, die nicht den Vorgaben der ERJOSSM entspricht. Daher scheint es sinnvoll, die Regelungen in den Jugendstrafvollzugsgesetzen um verpflichtende Anteile zu ergänzen. So sollte im Rahmen der Entlassungsvorbereitung eine bestimmte Anzahl an Ausführungen oder Ausgängen zwingend vorgeschrieben werden. Ebenso sollten junge Gefangene einen Anspruch auf regelmäßigen längerdauernden Kontakt mit ihren Familien in Form von Langzeitbesuchen oder Lockerungen erhalten. Eine andere Möglichkeit wäre, das Regel-Ausnahme-Verhältnis auf gesetzlicher Ebene umzukehren. Gefangene gelten grundsätzlich als lockerungsgeeignet. Die Verweigerung von Lockerungen bedarf hingegen einer stichhaltigen Begründung von Seiten der Anstalt. Grundsätzlich wäre ein auf diesen Themenbereich spezifiziertes Forschungsvorhaben interessant, das die Vergabepraxis von Vollzugslockerungen genauer Ausführungsvorschriften zum Berliner Jugendstrafvollzugsgesetz – JstVollzG Bln. Vom 13. Januar 2014 (ABl. S. 266). 78 Burkhardt und Feest sprechen von einer Versagensquote im Promillebereich (Burkhardt  / ​ Feest 2017, Rn. 4).

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit  161

untersucht. Interessant wäre dabei auch, warum in einigen Anstalten mehr Frauen Lockerungen erhalten, als vorher als lockerungsgeeignet eingestuft worden sind. 5. Ausbau des therapeutischen Angebots Die Beschreibung der Herkunftsfamilie und des Aufwachsens der jungen Frauen lässt auf einen hohen therapeutischen Bedarf schließen. Ebenso hat das Projekt gezeigt, dass ein knappes Fünftel der Frauen während der Haftzeit Suizidgedanken hat79 und folglich ein Bedarf an psychologischer Behandlung besteht. Darauf reagieren die meisten Anstalten mit der Möglichkeit der (psychologischen / therapeutischen) Einzelgespräche. Diese Fokussierung ist bereits von Jansen kritisiert worden, da sie den Bedürfnissen dieser Vollzugsgruppe wenig entspricht. Besser wären erlebnispädagogische Maßnahmen.80 Diese finden sich jedoch nicht im Angebot. Neben den überall angebotenen Einzelgesprächen und einem Angebot zur Behandlung von Gewaltstraftäterinnen im weitesten Sinne fällt das Angebotsspektrum in den einzelnen Anstalten sehr unterschiedlich aus. Gerade in diesem Bereich, in dem es keine gesetzlich verbindlichen Vorgaben zu Inhalt und Umfang gibt, richtet sich das Angebot vermutlich mehr nach den bereits vorhandenen Kompetenzen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen als nach den Bedürfnissen der jungen Frauen. Welches sozialpädagogische oder therapeutische Konzept für diese sehr spezielle Gruppe der weiblichen Jugendstrafgefangenen sinnvoll und notwendig ist, kann hier nicht erarbeitet werden. Dafür ist die Kompetenz der dafür ausgebildeten Fachdisziplinen notwendig. Die im Moment in den Anstalten angebotenen Maßnahmen entsprechen aber nicht den Bedürfnissen der jungen Frauen. Die Ausarbeitung eines professionellen Konzeptes (unter Mitarbeit der im Jugendstrafvollzug Tätigen) ist daher angesichts der schwierigen Lebenskonstellationen der Inhaftierten dringend notwendig.

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit Während die gesetzlichen Vorschriften für den Leistungsbereich im Jugendstrafvollzug in allen Bundesländern recht ähnlich sind, ist die tatsächliche Praxis sehr unterschiedlich. Daher wird für diesen Themenbereich auf gesetzlicher Ebene die Einführung von Mindeststandards für Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen gefordert. Die anderen Vorschläge beschäftigen sich mit Ideen, die helfen, das bestehende Angebot besser an den Bedürfnissen der weiblichen Jugendstrafgefangenen auszurichten. Zudem sollte der Bildungsvorrang im Jugendstrafvollzug konsequent in der Praxis umgesetzt werden. 79 80

Boxberg / Neubacher 2019, S. 459. Jansen 1999, S. 27.

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

1. Gesetzliche Mindeststandards für schulische und berufsqualifizierende Maßnahmen Die tatsächliche Bildungs- und Ausbildungssituation bleibt in einigen Bundesländern hinter dem Bekenntnis der Jugendstrafvollzugsgesetze zur hohen Bedeutung von Schule und Bildung für den Jugendstrafvollzug zurück. Daher wäre die Einführung von Mindeststandards für die Anzahl und den Inhalt der Angebote wünschenswert. Wie die Auswertungen in Kapitel  D. III. zeigen, unterscheiden sich sowohl die Teilnahmequote als auch das Angebot der einzelnen Anstalten. So gehen in der JVA Aichach nur 22,6 % der Jugendstrafgefangenen zur Schule, während der Anteil in der JVA Köln bei 77,2 % liegt. In Köln können die Inhaftierten den Hauptschulabschluss, den Realschulabschluss und in Einzelfällen auch die Fachhochschulreife erwerben. In der JVA Luckau-Duben wiederum gibt es mit den Angeboten Grundlagenunterricht bzw. Ergänzungsunterricht keine Möglichkeit, intern einen Schulabschluss zu erwerben. Diese Möglichkeit darf jedoch nicht willkürlich von den Gegebenheiten der Anstalt abhängen. Die vom Bundesverfassungsgericht betonte Verpflichtung der staatlichen Gewalt zur Bildung von Jugendstrafgefangenen81 gilt für alle Bundesländer. Um überall einen gewissen Standard zu erreichen, sollte daher in allen Jugendstrafvollzugsgesetzen eine Quote festgelegt werden, für wie viele Jugendstrafgefangene ein Schulplatz vorgehalten werden muss. Alle Bundesländer entscheiden im Rahmen ihrer föderalen Eigenständigkeit selber, welche Richtwerte sie als dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts angemessen betrachten. Die 75 %-Quote, die das hessische Jugendstrafvollzugsgesetz für Bildung, Ausbildung und Arbeitstherapie vorsieht,82 kann dabei als ein guter Orientierungswert gesehen werden. Des Weiteren muss als absoluter Mindeststandard zumindest ein Hauptschulkurs verpflichtend von den Anstalten angeboten werden. Wenn dieser mit Hinweis auf die geringe Anzahl der jungen Frauen nicht durchgeführt werden kann, muss über koedukative Maßnahmen mit den weiblichen Strafgefangenen oder männlichen Jugendstrafgefangenen nachgedacht werden, um eine minimale schulische Förderung sicherzustellen. 2. Förderung koedukativer Maßnahmen Alle Jugendstrafvollzugsgesetze erlauben koedukative Maßnahmen, entweder gemeinsam mit weiblichen Strafgefangenen oder männlichen Jugendstrafgefangenen. Durch diese Möglichkeit können den weiblichen Jugendstrafgefangenen mehr Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. So wird auch in der Begründung zum bayerischen Justizvollzugsgesetz betont, dass 81 82

BVerfGE 116, 69 (86). § 69 I HessJStVollzG.

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit  163

den jungen Frauen trotz ihrer geringen Anzahl kein Nachteil bei den Bildungs- und Ausbildungsangeboten erwachsen darf.83 Die Koedukation stelle dabei eine Möglichkeit dar, allen Jugendstrafgefangenen ein qualitativ gleichwertiges Bildungsangebot zur Verfügung zu stellen.84 Insbesondere gegen gemischtgeschlechtliche Maßnahmen gibt es in der Praxis jedoch starke Vorbehalte. Die jungen Frauen würden in diesen Gruppen in klischeehafte „Weiblichkeitsrollen“ schlüpfen und sich eher mit ihrer Wirkung auf das andere Geschlecht beschäftigen anstatt mit ihren schulischen Leistungen.85 In der Wissenschaft wiederum wird die Koedukation als gute Möglichkeit gesehen, das Weiterbildungsangebot zu erweitern und den jungen Frauen den Zugang zu anspruchsvollen und männertypischen Ausbildungen zu gewähren.86 Hinzu kommt die Überlegung, dass die Frauen nach der Haftentlassung in Schulen oder Weiterbildungsmaßnahmen vermittelt werden, die ganz selbstverständlich gemischtgeschlechtlich sind. Die Trennung und der Schutz vor dem anderen Geschlecht sind also immer nur auf eine mehr oder weniger kurze Zeit angelegt. Daher erscheint es sinnvoller, die Zeit in Haft eher dafür zu nutzen, das Verhalten in gemischtgeschlechtlichen Gruppen gemeinsam zu reflektieren und einen normalen Umgang mit den männlichen Klassenkameraden zu üben. Anhand des täglichen Unterrichts können die jungen Frauen erlernen, sich auf ihre eigenen schulischen Leistungen zu konzentrieren und nicht auf das Verhalten der männlichen Jugendstrafgefangenen. Diese begleitenden Maßnahmen bereiten die meisten damit besser auf das Leben nach der Haftzeit vor. Koedukative Maßnahmen dürfen sich dabei selbstverständlich nicht alleine auf die gemeinsame Durchführung beschränken. Zum einen muss in allen Gruppen auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis geachtet werden. Für jede Teilnehmerin (und jeden Teilnehmer) muss im Einzelfall entschieden werden, ob sie (oder er) für koedukative Maßnahmen geeignet ist oder ob auf Grund des biographischen Hintergrundes getrennte Maßnahmen vorzuziehen sind. Die gemeinsamen Maßnahmen müssen im Bedarfsfall von Sozialpädagogen / Sozialpädagoginnen oder Therapeuten / Therapeutinnen begleitet und einzeln nachbesprochen werden. Nur unter diesen Voraussetzungen scheint eine koedukative Erziehung sowohl für Frauen als auch für Männer eine sinnvolle Möglichkeit, das Bildungsangebot zu erweitern. So bietet sich aber auch eine Chance für männliche und weibliche Jugendstrafgefangene, einen normalen Umgang mit dem anderen Geschlecht während der Haftzeit aufrechtzuerhalten oder zu erlernen.

83

Bayerischer Landtag 2007, Drucksache 15/8101, S. 82. Bayerischer Landtag 2007, Drucksache 15/8101, S. 80. 85 Jansen 2010, S. 64; Jansen 1999, S. 24. 86 Dünkel 1990, S. 137; abwägend: Franze 2001, S. 264; Haverkamp, in: Schweder 2015, S. 399. 84

164

E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

3. Sonderpädagogische Ausrichtung der Schulmaßnahmen Bei der Konzeption der Schulmaßnahmen in Haft ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den meisten Jugendstrafgefangenen nicht um durchschnittliche Normalschülerinnen handelt. Über ein Viertel (28,1 %) hat keinen Schulabschluss erreicht und diesen auch zum Zeitpunkt der Inhaftierung nicht angestrebt. Über ein Drittel (38,0 %) wird in den Gefangenenpersonalakten als Schulverweigerinnen / Schulschwänzerinnen geführt. Schule ist für viele Jugendstrafgefangene dementsprechend oft verbunden mit negativen Erfahrungen, Frust und Niederlagen.87 Hier bedarf es besonderer pädagogischer Unterstützung, um diese Frauen zu motivieren und ihnen die Schule als positiven Ort zu vermitteln. Zusätzlich zu dem normalen Lernstoff müssen in der Schule auch Konzentrationsvermögen und Selbstdisziplin geübt werden.88 Dafür bedarf es alternativer Zugangsformen zu Wissen und Lernen. Die Schuldidaktik muss an die brüchige Schulbiographie der meisten Mädchen angepasst werden.89 Die Entwicklung einer sonderpädagogischen, frauenspezifischen Schuldidaktik für den Unterricht in Haft und eine entsprechende regelmäßige Fortbildung der Lehrkräfte wären wünschenswert. 4. Flächendeckende Einführung von Realschulkursen Neben der großen Gruppe an Gefangenen ohne Schulabschluss hat über ein Drittel (38,8 %) schon den Hauptschulabschluss erreicht. Für diese Frauen wäre zu überlegen, ob ihre Berufssituation nicht durch den Erwerb eines Realschulabschlusses maßgeblich verbessert werden kann. Dies ermöglicht den Zugang zu besser bezahlten Berufen. Während der Hauptschulabschluss flächendeckend angeboten wird, steht der Realschulabschluss allerdings nur in Köln, SchwäbischGmünd und Zweibrücken intern zur Verfügung. Angesichts der großen Gruppe, die für einen Realschulabschluss in Betracht kommt, wäre es wünschenswert, diesen in allen Anstalten intern anzubieten. So können auch Frauen ohne Freigang daran teilnehmen. Eventuell könnten die Kurse als koedukative Maßnahme konzipiert werden, wenn eine Durchführung sonst an einer zu geringen Teilnehmerinnenzahl scheitert.

87

Jansen, in: Zander 2006, S. 282; Theine / Elgeti-Starke, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 116. Willsch, in: Ostendorf 2016, S. 260; Theine / Elgeti-Starke, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 116. 89 Jansen, in: Zander 2006, S. 280, 281. 88

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit  165

5. Kurze berufsqualifizierende Maßnahmen Insbesondere die berufsqualifizierenden Maßnahmen müssen sich an der Länge der Haftstrafen orientieren. Der Besuch der Schule muss nicht zwingend nur zu Beginn des Schuljahres begonnen und kann nach der Inhaftierung außerhalb der Anstalt in Regelschulen leichter fortgeführt werden. Berufsqualifizierende Maßnahmen bestehen im Idealfall aus aufeinander aufgebaut Modulen. Diese sind deutlich schwieriger so zu konzipieren, dass Frauen querein- und -aussteigen können, ohne dass dies zu Lasten der anderen Teilnehmerinnen geht. Endet die Haftzeit vor Abschluss der Maßnahme, hilft diese ohne Zertifikat für die Berufssuche nur bedingt weiter. Viele Qualifizierungsmaßnahmen sind zudem speziell für den Vollzug konzipiert, sodass es außerhalb der Anstalt kein Äquivalent gibt, bei dem die Jugendlichen einsteigen könnten. Während 42,3 % der Jugendstrafgefangenen eine maximale Haftstrafe von zwölf Monaten erhielten, haben nur 6,4 % ein Strafmaß von über drei Jahren. Zudem bedarf es einiger Vorlaufzeit, um eine Ausbildung in Haft zu beginnen, und die Haftzeit verkürzt sich durch vorzeitige Entlassung auf Bewährung oftmals. Der Kreis, der für eine dreijährige Ausbildung in Frage kommt, ist also äußerst begrenzt. Die in den Jugendstrafvollzugsgesetzen gegebene Möglichkeit, die Ausbildung nach der Entlassung innerhalb des Gefängnisses abzuschließen, kommt auf Grund der heimatfernen Inhaftierung der meisten weiblichen Jugendstrafgefangenen wohl nur selten in Betracht. Den Ausbau von Ausbildungsplätzen zu fordern, geht damit an dem Bedarf des ganz überwiegenden Teils der weiblichen Jugendstrafgefangenen vorbei. Stattdessen ist ein erheblicher Bedarf an Teilqualifikationen vorhanden. Dies lässt sich gut an der Teilnahmequote der JVA  Aichach und der JVA  Chemnitz erkennen. Während in der JVA Aichach nur Ausbildungen unter „berufsqualifizierende Maßnahmen“ subsumiert wurden, bot die JVA Chemnitz auch kürzere berufsvorbereitende Maßnahmen an und erreicht damit zehnmal mehr Gefangene. Daher scheint es sinnvoll, für den Jugendstrafvollzug an Frauen Teilqualifikationen anzubieten, die ca. ein Jahr dauern. Daneben käme auch in Betracht, mehrere (je nach Länge der Haftstrafe) zwei- bis dreimonatige aufeinander bezogene Schnupperpraktika in den jeweiligen Betrieben und Werkstätten der Anstalt anzubieten, um den jungen Frauen Einblick in möglichst viele Berufsfelder zu geben und sie anschließend darin zu unterstützen, nach der Haftzeit eine Ausbildung oder Weiterbildung in diesem Bereich zu machen. Berufseignungstests, wie sie z. B. die JVA Berlin anbietet, sind dabei sicherlich hilfreich, insgesamt für eine Entscheidungsfindung bei der Berufswahl aber zu wenig.

166

E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

6. Mehr männertypische Berufsqualifikationen? Die vielfache Forderung, der Frauenstrafvollzug müsse verstärkt männertypische Berufe anbieten,90 wird von Michels in Frage gestellt. Viele inhaftierte Frauen hätten ein eher traditionell geprägtes Rollenverständnis, auf das in der krisenhaften Situation der Inhaftierung „zur Stabilisierung der eigenen Identität“ zurückgegriffen werde. Es sei fraglich, ob und wie dieses Rollenverständnis durch attraktive männertypische Ausbildungsangebote ausgerechnet in der als unsicher erlebten Inhaftierungszeit aufgehoben werden könne.91 In der Untersuchung von Beer nannte nur eine Minderheit männertypische Berufe wie KFZ-Mechatronikerin oder Tischlerin als Berufswunsch. Die meisten Frauen wollten gerne einen Beruf im Gesundheits-, Dienstleistungs- oder sozialen Bereich aufnehmen.92 Es ist sicherlich wichtig, den Frauen Alternativvorschläge zu klassischen weiblichen Berufswünschen anzubieten und ihnen – eventuell durch die oben vorgeschlagenen Schnupperpraktika – andere Berufe näher zu bringen. Vielleicht sollte aber akzeptiert werden, dass eine Loslösung von einem traditionellen Weiblichkeitsverständnis und dem damit verknüpften Berufsbild gerade während der belastenden Haftzeit eine Überforderung für die Frauen darstellt. Daher kann die Forderung nach mehr männertypischen Berufsqualifikationen nur eingeschränkt unterstützt werden. 7. Vorrang der Bildungsmaßnahmen Der Anteil der Gefangenen, die während der Inhaftierung arbeiten, ist in allen Anstalten sehr hoch. In der JVA Aichach und der JVA  Chemnitz liegt er sogar über dem Anteil der Frauen, die in Haft zur Schule gehen. Dies ist angesichts des eindeutigen gesetzlichen Vorrangs von Bildungs- und Ausbildungsangeboten als äußerst problematisch einzustufen. Grundsätzlich haben die Analysen gezeigt, dass Frauen ohne Schulabschluss häufiger in Haft zur Schule und seltener zur Arbeit gehen. Die Anstalten scheinen also tendenziell bemüht bei diesen Inhaftierten den Vorrang der Bildungsmaßnahmen umzusetzen. Dennoch gehen 40 % derjenigen ohne Schulabschluss in Haft nicht zur Schule. Den vorliegenden Daten kann nicht entnommen werden, ob die hohe Zahl der arbeitenden Frauen auf fehlenden Bildungsangeboten und den in größerer Anzahl zur Verfügung stehenden Arbeitsmöglichkeiten beruht oder ob die Frauen selbst die Möglichkeit zu arbeiten dem Schulbesuch vorziehen. Im ersten Fall müssten die schulischen Angebote erweitert werden. Liegt die geringe Teilnehmerzahl aber an der fehlenden Motivation, sollten die Anstalten deutlich mehr Motivations- und Überzeugungsarbeit bei den Frauen leisten. Auch wenn eine Arbeit in Haft kurzfristig lukrativer erscheint, ist es auch Aufgabe der Mitarbeiterinnen und 90

Jansen 1999, S. 19, 22. Michels, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 389. 92 Beer 2014, S. 359. 91

IV. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung der Jugendstrafgefangenen 

167

Mitarbeiter, die langfristige Bedeutung von Bildungsabschlüssen überzeugend zu vermitteln und bestehende Ängste oder Zweifel abzubauen. Hier wären weiterführende Untersuchungen zur Motivation, in Haft zu arbeiten oder zur Schule zu gehen, dringend notwendig, um den Vorrang der Bildung im Jugendstrafvollzug auch in die Praxis umsetzen zu können.

IV. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung der Jugendstrafgefangenen Für den Themenkomplex Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung gibt es kaum Veränderungsvorschläge. Dieses Gebiet wird hauptsächlich durch die Sanktionierungsund Verurteilungspraxis der Jugendgerichte bestimmt und liegt damit außerhalb des Einflusses der Anstalten. Dieses Kapitel umfasst daher nur zwei Empfehlungen im Umgang mit den vorgegebenen Voraussetzungen. 1. Vollzugspläne bei kurzen Haftstrafen Ein großer Anteil der Frauen (42,3 %, n  =  106) hat eine relativ kurze Haftstrafe von maximal einem Jahr erhalten. Bei dieser Gruppe ist – wenn man das Entlassungs­datum auf den Zweidritteltermin festlegt – nicht viel Zeit für Bildungsangebote oder therapeutische Unterstützung. Wenn diese Zeit durch langes Warten auf den Vollzugsplan zusätzlich verkürzt wird, stehen den Frauen viele Maßnahmen allein aus Zeitgründen nicht zur Verfügung. Es wäre daher wünschenswert, wenn die anderen Länder dem Beispiel von Sachsen und Rheinland-Pfalz folgen und ebenfalls ein Zeitlimit bei dem Erstellen von Vollzugsplänen bei kurzen Haftstrafen gesetzlich festschreiben. 2. Maßnahmenprogramm für Gewaltstraftäterinnen Entgegen früheren Untersuchungen93 hat ein Großteil der Frauen auch ein Gewaltdelikt begangen. In den meisten Fällen handelt es sich hier um Körperver­ letzungen. Verschiedene Maßnahmen, von niedrigschwelligen Angeboten zur Thematisierung und Reflexion des eigenen Gewaltverhaltens bis hin zu evaluierten Gewalttäterbehandlungsprogrammen, scheinen daher sinnvoll. Als Grundvoraussetzung für erfolgreiche Maßnahmen steht das Ziel eines gewaltfreien Klimas innerhalb des Strafvollzuges. Für die Umsetzung bedarf es nach Neubacher und Boxberg weniger der Sanktionierung von Gewalthandlungen durch Disziplinarmaßnahmen.94 Wichtiger sei es, dass Gefangene einen respektvollen Umgang und 93 94

Franze 2001, S. 164; Stelly / Thomas 2015, S. 68; Werner 2012, S. 197. Neubacher / Boxberg 2018, S. 209.

168

E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

Verfahrensgerechtigkeit erleben. Mit dieser Erfahrung können konstruktive Lernprozesse und Reflexionen des eigenen Gewaltverhaltens angestoßen werden.95

V. Suchtmittelkonsum vor und während der Inhaftierung Der Gebrauch von Suchtmitteln ist in der Gruppe der Jugendstrafgefangenen deutlich höher und problematischer als in der Kontrastgruppe. Für viele hat der Konsum von Drogen vor der Inhaftierung zum Alltag gehört. Daher wird im letzten Abschnitt der Veränderungsvorschläge für einen grundsätzlich anderen Umgang mit dem Thema Drogen im Jugendstrafvollzug plädiert. 1. Akzeptierende Drogenarbeit statt Ziel der absoluten Drogenabstinenz Zunächst sollte sich der Vollzug von dem in den Jugendstrafvollzugsgesetzen propagierten Ziel der absoluten Drogenfreiheit in Haft verabschieden. Über zwei Drittel der Frauen haben vor der Inhaftierung mindestens monatlich eine illegale Substanz konsumiert. Die Vorstellung, dieser Konsum könne durch die Haft vollständig unterbunden werden, ist utopisch. Gegen dieses Ziel spricht auch, dass eine erzwungene Drogenabstinenz während der Haft, ohne therapeutische Begleitung, nicht zwangsläufig zu einem suchtmittelfreien Leben außerhalb der Anstalt führt.96 Im Gegenteil birgt dies zusätzliche Gefahren, wenn nach verbüßter Haftzeit der Drogenkonsum fortgesetzt wird. Wenn die Anstalten von dem Druck befreit werden, die absolute Abstinenz durchsetzen zu müssen, eröffnen sich Räume für spezifische Drogenpräventionsmaßnahmen und eine begleitende und akzeptierende Drogenarbeit in Haft.97 2. Ausbau des drogenspezifischen Hilfeangebotes Bei der Frage, wie die Anstalten mit dem Drogenkonsum der jungen Frauen umgehen sollen, ist zu differenzieren. Viele Frauen zeigen vor der Inhaftierung ein in Art und Umfang problematisches Konsumverhalten illegaler und legaler Drogen. Dieser vielschichtigen Problematik werden die Anstalten durch ihr begrenztes und einseitiges Angebot – in den meisten Fällen wird nur eine Drogenberatung angeboten – nicht gerecht. Die in dieser Arbeit vorliegenden Daten lassen Gruppen von Konsumentinnen erkennen, bei denen ein spezifisches Hilfeangebot wichtig wäre.

95

Neubacher / Boxberg 2018, S. 211, 212. Häßler / Maiwald, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 432. 97 Stöver, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 79, 80. 96

V. Suchtmittelkonsum vor und während der Inhaftierung

169

a) Maßnahmen für Cannabiskonsumentinnen Hier fällt insbesondere die hohe Anzahl der Cannabiskonsumentinnen auf. Fast die Hälfte der Frauen hat vor der Haft mindestens wöchentlich Cannabis konsumiert, 40 % von ihnen fast täglich. Der Cannabiskonsum ist damit ein bedeutendes und allgegenwärtiges Thema des weiblichen Jugendstrafvollzugs. Hoher Cannabiskonsum bereits in jungen Jahren kann zu Wesensveränderungen und Reifungsdefiziten führen, die das Leistungsverhalten in späteren Jahren beeinflussen und den Konsum stärkerer Drogen begünstigen können.98 Cannabis führt nach aktuellem Forschungsstand nicht zu einer körperlichen und nur selten zu einer psychischen Abhängigkeit, wobei Konsumbeginn in der Adoleszenz sowie täglicher Konsum das Risiko einer Abhängigkeit erheblich erhöhen.99 Die weiblichen Jugendstrafgefangenen gehören damit in eine abhängigkeitsgefährdete Gruppe, da viele von ihnen beide Risikomerkmale aufweisen. Umso wichtiger ist es, dass die Anstalten Angebote aufnehmen, die sich gezielt mit dem Cannabiskonsum der Frauen beschäftigen, um jahrzehntelangen Konsum und Abhängigkeiten mit ihren sozialen und gesundheitlichen Folgen zu verhindern. Keinesfalls sollten die Daten so gedeutet werden, dass bereits die Inhaftierung an sich zu einer dauerhaften Unterbrechung des Cannabiskonsums führen könnte, obwohl sich der Cannabiskonsum durch die Haft extrem (von 62,9 % mindestens monatlichem Konsum vor der Haft zu 8,8 % während der Haft) reduziert. Wie erläutert, sind die Angaben zum Konsum in der Haft wohl verzerrt, sodass die Reduzierung geringer ausfallen dürfte. Zum anderen bedeutet eine erzwungene Abstinenz während der Haft ohne therapeutische Begleitung und kritische Reflexion des eigenen Konsums keine wirkliche Verhaltensänderung. Die Gefahr des Rückfalls in alte Muster nach der Haftentlassung ist damit extrem hoch. Programme zur Reduzierung oder Aufgabe des Cannabiskonsums ließen sich in Haft sehr gut umsetzen. Erstens ist eine medizinische Begleitung des Entzugs, der die Kapazitätsgrenzen des Vollzuges oft übersteigt, nicht erforderlich. Zweitens handelt es sich um relativ kurze Interventionen. Programme außerhalb des Vollzuges veranschlagen 10–12 Wochen zur Aufgabe des Cannabiskonsums.100 Diese Maßnahmen sind damit  – selbst wenn man für die Inhaftierten wegen schwieriger Lebensumstände den doppelten Zeitraum kalkuliert – optimal für den Jugendstrafvollzug geeignet, da sie auch für Frauen mit relativ kurzen Haftstrafen abschließbar sind. Im männlichen Jugendstrafvollzug hat z. B. das verhaltenstherapeutisch orientierte Trainingsprogramm „CAN Stop intramural“ gute Erfolge erzielen können. Angestellte der Anstalten werden zu Trainerinnen ausgebildet, um die Gruppenmaßnahme mit den Gefangenen durchzuführen.101 Die Anstalten könnten auf diesem Weg relativ einfach ein Angebot für 98

Geschwinde 2018, S. 99, 100. Geschwinde 2018, S. 96, 97. 100 https://candis-projekt.de. Zuletzt abgerufen am 12.9.2019; https://www.quit-the-shit.net/ qts/public/singleFaq.do?faq_id=1025. Zuletzt abgerufen am: 12.9.2019. 101 Baldus / Thomasius 2017, S. 10, 40. 99

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

Cannabiskonsumierende aufbauen, da keine Finanzierung und Koordinierung mit externen Fachkräften notwendig ist. Eine andere Möglichkeit wäre, den Gefangenen die Teilnahme an internetgestützten Programmen, wie z. B. „quit the shit“ zu ermöglichen. Dieses Angebot arbeitet mit Beratungsangeboten und Aufgaben per Chat. Würde den Gefangenen ein Internetzugang zur Verfügung gestellt, könnten sie ohne Probleme an diesem Programm teilnehmen. Ein weiterer Vorteil davon wäre, dass die Maßnahme durch die Haftentlassung nicht unterbrochen werden würde. Zudem bestünde bei einem Rückfall außerhalb des Gefängnisses bereits der Kontakt zu einem Beratungsangebot, das gegebenenfalls erneut in Anspruch genommen werden könnte. Diese kurzfristigen Programme scheinen daher für den Jugendstrafvollzug gut geeignet. Eine Erprobung ist daher sehr zu befürworten. b) Maßnahmen für Heroinkonsumentinnen Eine deutlich kleinere, aber umso problematischere Gruppe sind die Heroinkonsumentinnen. Der Konsum von Heroin führt schnell zu psychischer und physischer Abhängigkeit und hat erhebliche gesundheitliche Risiken. Für viele Heroinkonsumentinnen hat der Konsum auch gesellschaftliche Folgen. Um die hohen Kosten des Heroinbedarfs zu decken, sind viele Frauen gezwungen, kriminell zu werden oder sich zu prostituieren. Da Heroin aus Kostengründen und zur Wirkungssteigerung in den meisten Fällen mit einer Spritze injiziert wird, besteht zudem eine erhebliche Infektionsgefahr.102 Dies wird in der aktuellen Situation innerhalb eines Gefängnisses gesteigert, da nur wenig Spritzbesteck zur Verfügung steht und dieses dann oft unter den Gefangenen geteilt und nicht oder nur unzureichend gereinigt wird. Der Umgang der Anstalten mit Heroinkonsumentinnen muss also auf mehreren Ebenen ansetzen. Um die Ausbreitung von Infektionen, vor allem von AIDS und Hepatitis C, zu verhindern, sollten Impfungen niedrigschwellig angeboten werden und insbesondere Spritzenaustauschprogramme eingeführt werden.103 Die Weigerung fast des gesamten deutschen Strafvollzuges, sterile Spritzen auszugeben, ist mit dem Angleichungsgrundsatz nur schwer vereinbar. Außerhalb des Vollzuges ist steriles Spritzbesteck in Apotheken und Drogenberatungsstellen erhältlich.104 Heroinabhängige werden ihren Konsum kaum einstellen, nur weil keine sterilen Spritzen vorhanden sind. Stattdessen werden Spritzen untereinander geteilt. Der Vollzug sollte sich zum Schutz der Gefangenen daher dem Standard in Freiheit anpassen. Beide Maßnahmen sind natürlich nur eine Symptombehandlung, um gefährliche Begleiterscheinungen zu minimieren. Daneben müssen verschiedene Programme zur Behandlung des Heroinkonsums zur Verfügung stehen. Eine Möglichkeit ist 102

Geschwinde 2018, S. 483, 484, 508. Stöver, in: Feest, Lesting & Lindemann 2017, Rn. 70, 71. 104 So auch: Eder 2012, S. 254. 103

V. Suchtmittelkonsum vor und während der Inhaftierung

171

eine „echte“ Drogentherapie mit dem Ziel der Abstinenz, in der die Gefangene zunächst entgiftet und anschließend psychotherapeutisch begleitet wird.105 Auf Grund der geringen Zahl an Drogentherapieplätzen außerhalb des Vollzuges für Strafgefangene und der kurzen Haftstrafen der jungen Frauen ist diese Möglichkeit in der Vollzugspraxis jedoch meistens keine Option. Daher bleibt den Inhaftierten – neben dem kalten Entzug – nur die Wahl, sich einer Entzugsbehandlung oder einer Substitutionsbehandlung zu unterziehen.106 Bei einer Entzugsbehandlung erhalten die Frauen einen Ersatzstoff, der schrittweise reduziert und dann komplett abgesetzt wird, um Entzugserscheinungen während der Entwöhnung zu mildern.107 Substitution als Therapieform hingegen hat nicht zwingend das Ziel der absoluten Drogenfreiheit, sondern ersetzt die illegale Substanz durch einen legal verabreichten Ersatzstoff, um die körperlichen und sozialen Folgen des illegalen Konsums einzudämmen.108 Der häufigste Ersatzstoff in Haft, sowohl bei Entzugs- als auch bei Substitutionsbehandlung, ist Methadon.109 Bei Frauen sollte jedoch (solange keine anderen Gründe dagegensprechen) darüber nachgedacht werden, Buprenorphin als Standardsubstitut zu verwenden, da bei diesem Stoff auch bei Substitution während der Schwangerschaft keine oder kaum Entzugserscheinungen bei Neugeborenen auftreten. Buprenorphin wird allerdings bis jetzt in deutschen Anstalten wenig eingesetzt, da das Herausschmuggeln der Tabletten aus dem Behandlungsraum schwer zu kontrollieren ist.110 Häßler / Maiwald kritisieren, dass Substitution im Gefängnis oft nicht als Therapieform verwendet wird, sondern ebenfalls nur als Überbrückungsmittel zur Erreichung der Suchtmittelfreiheit, also als Entzugsbehandlung.111 Eine Entzugsbehandlung ohne therapeutische Begleitung stellt für viele Gefangene jedoch keine nachhaltige Lösung dar, die zur dauerhaften Abstinenz führt.112 Am erfolgversprechendsten bei Heroinabhängigen scheint nach heutigem Stand eine klinische Entgiftung mit anschließender sechs- bis neunmonatiger Motivationsphase in einer Entziehungsanstalt und eine Langzeittherapie in einer offenen Einrichtung zu sein.113 Gerade bei weiblichen Jugendstrafgefangenen stehen auf Grund der Länge der Haftstrafen solche langen Zeiträume aber nicht zur Verfügung. Anstatt auf kurzfristige, aber wenig dauerhafte Erfolge zu setzen, wäre es sinnvoller, die Haftzeit durch Substitution zu über 105

Eder 2012, S. 193, 194. Auf die Möglichkeit einer Therapievermittlung nach §§ 35 III Nr. 2, 38 BtmG oder der vorzeitigen Haftentlassung verknüpft mit der Weisung, sich in eine Entzugstherapie zu begeben, gemäß § 57 StGB, § 88 JGG i. V. m.. § 56 c III StGB wird hier bewusst nicht eingegangen, auch wenn beide Wege sinnvolle Alternativen zum geschlossenen Jugendstrafvollzug darstellen. Diese Arbeit beschränkt sich jedoch auf die Maßnahmen, die innerhalb des geschlossenen Vollzuges zur Verfügung stehen. 107 Eder 2012, S. 192; Fritzsche, in: Fritzsche 2016, S. 139. 108 Eder 2012, S. 198. 109 Eder 2012, S. 197. 110 Keppler, in: Stöver 2007, S. 28. 111 Häßler / Maiwald, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 434. 112 Fritzsche, in: Fritzsche 2016, S. 139; Eder 2012, S. 194. 113 Geschwinde 2018, S. 534. 106

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E. Veränderungsvorschläge für den weiblichen Jugendstrafvollzug 

brücken, um den jungen Frauen den Suchtdruck zu nehmen. Gleichzeitig sollte Motivationsarbeit geleistet werden, nach der Haft eine Entzugstherapie zu beginnen, und bei Bedarf bei der Suche nach einem Therapieplatz geholfen werden.114 Der Einwand, dass die wenigsten nach einer Haftstrafe bereit sein werden, sich erneut in eine fremdbestimmte und freiheitsbeschränkende Maßnahme zu begeben, ist sicherlich richtig. Da der Jugendstrafvollzug aber zurzeit nicht genügend interne Drogentherapieplätze zur Verfügung stellen kann, scheint dieser Weg immer noch erfolgversprechender als kurzfristige Entzugsbehandlungen ohne therapeutische Begleitung, die keine nachhaltige Verhaltensänderung bewirken. c) Andere Formen des Konsums Um Aussagen über die sehr große Gruppe der Kokainkonsumentinnen (40 % der Frauen mit mindestens monatlichem Konsum) zu treffen, bedürfte es zunächst weiterer Untersuchungen. Zum einen ist bei Kokain das Konsumverhalten sehr unterschiedlich. Zum anderen ist die Konsumform hier aber entscheidend. Die gesundheitlichen Folgen und die Gefahr der Abhängigkeit unterscheiden sich erheblich, je nachdem ob Kokain geschnupft oder injiziert wird.115 Zudem wird Kokain häufig gemeinsam mit Heroin konsumiert, sodass detailliertere Angaben für eine Analyse notwendig wären. Ebenso verhält es sich mit der Gruppe der Frauen, die mehrere Stoffe konsumieren (fast die Hälfte konsumierte mehrere Substanzen mindestens monatlich). Dieses Konsumverhalten birgt enorme Risiken und angesichts der großen Zahl der Betroffenen wäre ein Hilfeangebot innerhalb der Anstalten dringend notwendig. Außer der Feststellung eines weit verbreiteten riskanten Konsums unter weiblichen Jugendstrafgefangenen können diesen Daten aber keine genaueren Analysen des Mehrfachkonsums entnommen werden. Dazu wäre ein gesondertes Forschungsvorhaben notwendig.

114 115

Häßler / Maiwald, in: Maelicke & Suhling 2018, S. 428. Geschwinde 2018, S. 639 f., 647.

F. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit Im letzten Kapitel werden alle inhaltlichen Ergebnisse dieser Arbeit, sortiert nach Themengebieten, knapp zusammengefasst. Dabei werden die Veränderungsvorschläge des Kapitels E nicht geschlossen im letzten Abschnitt dargestellt, sondern in die Zusammenfassung der jeweiligen inhaltlichen Kapitel mit einbezogen.

I. Zuständigkeit und Unterbringung der weiblichen Jugendstrafgefangenen Die als Grundsatz normierten Trennungsprinzipien gelten de facto wegen zahlreicher Ausnahmevorschriften für den weiblichen Jugendstrafvollzug nicht. In allen Bundesländern – außer in Mecklenburg-Vorpommern – können weibliche Jugendstrafgefangene in einer Unterabteilung innerhalb des Erwachsenenstrafvollzuges untergebracht werden. Mit Ausnahme von Bayern ist dabei in allen Bundesländern eine Unterbringung in einer Anstalt für männliche Straftäter möglich. In Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Sachsen ist unter bestimmten Voraussetzungen sogar eine noch weitergehende Aufhebung der Trennungsprinzipien gesetzlich erlaubt. Dementsprechend sind weibliche Jugendstrafgefangene auch nur in Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern in Jugendanstalten inhaftiert. Auf Grund der geringen Anzahl der weiblichen Jugendstrafgefangenen bestimmt sich die Zuständigkeit der Anstalten in einigen Bundesländern innerhalb von Vollzugsgemeinschaften. Dabei gilt das Jugendstrafvollzugsgesetz des aufnehmenden Bundeslandes. Dies stellt eine nach Art. 3 II, III GG rechtfertigungsbedürftige geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung von rechtlich Gleichem dar. Es werden Jugendstrafgefangene aus einem Bundesland abhängig vom Geschlecht nach dem Gesetz ihres Herkunftsbundeslandes (männliche Jugendstrafgefangene) oder dem Gesetz des im Rahmen der Vollzugsgemeinschaft aufnehmenden Bundeslandes (weibliche Jugendstrafgefangene) inhaftiert. Diese Ungleichbehandlung kann im Ergebnis mit dem Resozialisierungsprinzip gerechtfertigt werden. Innerhalb der Anstalten sind die Jugendlichen grundsätzlich (je nach Bundesland mit unterschiedlich weiten Ausnahmevorschriften) in Einzelhafträumen innerhalb einer Wohngruppe unterzubringen. In fast allen Bundesländern fehlen dabei konkrete Mindestanforderungen bei der Gestaltung des Haftraumes und der Wohngruppe. In ganz Deutschland werden nur in zehn Haftanstalten weibliche Jugendstrafgefangene inhaftiert. Ihr Einzugsgebiet ist damit sehr groß. Viele sind folglich weit entfernt von ihrem Heimatort untergebracht. Innerhalb dieses Gebietes haben die

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

Anstalten die ausschließliche Zuständigkeit für alle weiblichen Jugendstrafgefangenen. Dennoch ist die Gruppe in sechs der zehn Anstalten so klein, dass keine differenzierte Unterbringung oder Behandlung von bestimmten Gefangenengruppen möglich ist. Für die weiblichen Jugendstrafgefangenen kann daher weder extern noch intern differenziert werden. Die meisten Anstalten sind neben den weiblichen Jugendstrafgefangenen noch für weitere Vollzugsgruppen, meistens weibliche Strafgefangene, zuständig. Der Anteil der Haftplätze, der für weibliche Jugendstrafgefangene pro Anstalt vorgesehen ist, beträgt durchschnittlich 9,4 % der ganzen Anstaltskapazität (3,79 % in Zweibrücken und 23,42 % in Berlin). Diese Vollzugsgruppe spielt also auch in den Anstalten unter organisatorischen Gesichtspunkten nur eine kleine Rolle. Innerhalb ihrer Abteilungen ist der weibliche Jugendstrafvollzug eher von Leerstand als von Überbelegung betroffen. Eine klare Trennung des Jugendstrafvollzuges von den übrigen Haftstrafen durch ein eigenes Hafthaus existiert nur in der JA Neustrelitz. Der erste Vorschlag zur Umstrukturierung des weiblichen Jugendstrafvollzuges sieht die Ausweitung der Zuständigkeiten auf alle Anstalten vor, in denen weibliche Strafgefangene inhaftiert werden. Gleichzeitig bedarf es einer Aufhebung des Trennungsgrundsatzes zwischen Jugendstrafgefangenen und Strafgefangenen. Die weiblichen Jugendlichen können so heimatnäher inhaftiert werden und haben die Möglichkeit, am größeren Behandlungsangebot der erwachsenen Frauen teilzunehmen. Zusätzlich kann so der von Praktikern immer wieder geforderte eingeschlechtliche Schonraum aufrechterhalten werden. Durch die Einrichtung von altersdifferenzierten Wohngruppen wird die Gefahr von zu großen Altersunterschieden unterbunden. Als Zweites wird die Möglichkeit durchgespielt, die Zuständigkeit für die weiblichen Jugendstrafgefangenen auf alle Jugendstrafanstalten auszudehnen. Der Trennungsgrundsatz könnte bei diesem Vorschlag allerdings nur teilweise aufgehoben werden. Während der Ruhezeiten und bestimmter therapeutischer Maßnahmen müsste er zum Schutz der jungen Frauen oder der jungen Männer zwingend aufrechterhalten werden. Praktiker berichten, dass viele junge Frauen auf Grund ihres Lebenshintergrundes von gemischtgeschlechtlichen Maßnahmen nicht profitieren können. Auch diesen Frauen ist jedoch in Anstalten mit überwiegend männlichen Inhaftierten ein differenziertes eingeschlechtliches Angebot an Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Die Gruppe der weiblichen Jugendstraf­ gefangenen muss dadurch sehr groß sein, was wiederum eine Ausdehnung des Zuständigkeitsbereiches bedeutet. Möchte man sehr große Vollzugsgemeinschaften vermeiden, die das Problem der Heimatferne verschärfen, käme diese Variante der Unterbringung damit nur in den bevölkerungsreichen Bundesländern wie Bayern und Nordrhein-Westfalen in Betracht.1 1 In Nordrhein-Westfalen wird diese Form der Unterbringung seit Anfang 2018 praktiziert. Die jungen Frauen sind in einer Abteilung der JVA Iserlohn untergebracht.

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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Die Überlegung einer einzigen deutschlandweit zentralen Anstalt für alle weiblichen Jugendstrafgefangenen ist wegen erheblicher Konsequenzen für den Kontakt zum alten sozialen Umfeld und ambulanten Hilfemaßnahmen vor Ort abzulehnen. Der letzte Vorschlag, die Zuständigkeiten für die jungen Frauen günstiger zu gestalten, ist der komplexeste. Er sieht vor, die weiblichen Jugendstrafgefangenen auf möglichst viele andere Einrichtungen zu verteilen, sodass im geschlossenen Jugendstrafvollzug nur noch eine sehr kleine Gruppe bleibt, die intensiv pädagogisch betreut wird. Alle Gefangenen unter 16 Jahren sowie ältere, geeignete Frauen werden in den Jugendstrafvollzug in freier Form verlegt. Bei Gefangenen, die eine Haftstrafe unter einem Jahr verbüßen müssen, sollte eine Verlegung in den offenen Vollzug intensiv geprüft und nur mit ausreichender Begründung verweigert werden können. Suchtkranke Gefangene müssen leichtere Möglichkeiten erhalten, statt der Haftstrafe eine Entzugstherapie zu absolvieren. Gefangene über 21 Jahren wiederum sind in Wohngruppen des weiblichen Erwachsenenstrafvollzuges gemeinsam mit jungen Strafgefangenen (unter 30 Jahren) zu inhaftieren. Diese Aufteilung der jungen Frauen scheint die beste Möglichkeit zu sein, den Bedürfnissen dieser kleinen, aber sehr heterogenen Vollzugsgruppe gerecht zu werden.

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen Kapitel D. II. setzt sich mit der Frage auseinander, welchen biographischen Hintergrund die jungen Frauen haben, bevor sie inhaftiert werden. Die Jugendstrafvollzugsgesetze haben zu diesem Themenkomplex nur sehr verstreut Regelungen geschaffen. Die Frauen sind im Durchschnitt 19,6 Jahre alt. Nur 18,6 % (n = 47) von ihnen gehören noch zu der strafrechtlichen Gruppe der Jugendlichen. Der überwiegende Anteil ist dementsprechend bereits volljährig (81,4 %, n = 206). 1. Gefangene mit ausländischer Nationalität Einige Sondervorschriften existieren für ausländische Gefangene, die die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen. Ungefähr ein Drittel hat einen Migrationshintergrund und knapp ein Fünftel nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, sodass etwas über die Hälfte ausländische Wurzeln besitzt. Deren Herkünfte befanden sich in über zwanzig verschiedenen Ländern. Angesichts der Größe dieser Vollzugsgruppe und der zusätzlichen Schwierigkeiten bei einer Inhaftierung sind die Regeln sehr knapp und werden ihnen kaum gerecht. Das Beherrschen der deutschen Sprache ist eine grundlegende Voraussetzung für die Teilnahme am sozialen Leben innerhalb der Anstalt und vor allem für eine erfolgreiche Resozialisierung in die deutsche Gesellschaft. Daher wird dafür plädiert, die Anstalten zur Bereitstellung von Deutschkursen und die Gefangenen mit mangelnden Sprachkenntnissen

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

zu einer Teilnahme daran zu verpflichten. Gleichzeitig sollte den ausländischen Inhaftierten in speziellen Gruppen oder Veranstaltungen die Möglichkeit gegeben werden, die Sprache und Kultur ihres Heimatlandes zu pflegen. Solange die jungen Frauen die deutsche Sprache noch unzureichend beherrschen, muss ein verpflichtender Anspruch bestehen, das Aufnahmegespräch mit einem Dolmetscher stattfinden zu lassen und die Hausordnung sowie die wesentlichen Informationsblätter mindestens in den Sprachen der größten Gefangenengruppen vorliegen zu haben. Zusätzlich sollte ein Anspruch auf besondere Kontaktmöglichkeiten wie z. B. Video-Telefonate geschaffen werden, wenn Familie und Freunde die junge Frau auf Grund zu weiter Anreise nicht regelmäßig besuchen können. 2. Schwangere Frauen und Frauen mit Kindern Des Weiteren finden sich spezielle Besuchszeiten für die Kinder von Inhaftierten, die medizinische Versorgung bei Schwangerschaft und Geburt und die Einrichtung von Mutter-Kind-Stationen. Einige Vorschriften binden auch die Eltern der inhaftierten Frauen in die Vollzugsplanung ein. Mindestens 15,4 % (n = 40) der Inhaftierten haben bereits ein Kind, das durch die Inhaftierung der Mutter bei einer anderen Person untergebracht werden muss. Weitere 7,2 % (n = 18) sind während der Inhaftierung schwanger. Für diese Gruppe sollten zusätzliche Sondervorschriften in die Jugendstrafvollzugsgesetze aufgenommen werden. Bei Schwangeren wird für einen grundsätzlichen Vollstreckungsaufschub plädiert. Dieser könnte entweder nach § 455  III  StPO erfolgen bzw. bedürfte einer neu zu erlassenden gesetzlichen Grundlage. Auch wenn, wie oft befürchtet, die Zahl der absichtlichen Schwangerschaften steigen sollte, um die Haft aufzuschieben, scheinen die Bedingungen des Jugendstrafvollzuges für die Gesundheit von Mutter und Kind nicht zumutbar. Für die Besuche der Kinder von Inhaftierten wird vorgeschlagen, eigene Kinderbesuchsräume zu schaffen, die außerhalb der Anstalt liegen. Zudem wäre es sinnvoll, dass die Inhaftierte längere Zeit (eventuell teilweise mit pädagogischer Unterstützung) als die übliche Stunde Besuchsdauer mit dem Kind verbringen kann, um Alltagssituationen zu üben. Durch professionelle oder ehrenamtliche Helfer sollte der Besuch von Kindern in der JVA sichergestellt werden, wenn die Familie regelmäßige Fahrten zur Anstalt mit dem Kind nicht leisten kann oder will. Vermehrter Telefonkontakt scheint nach bisherigen Untersuchungen gerade für kleine Kinder keine sinnvolle zusätzliche Kontaktform zu sein. Die Unterbringung in Mutter-Kind-Stationen kann schmerzhafte Trennungen zwischen Mutter und Kind vermeiden, ist aber in der jetzigen Form auch kritisch zu sehen und sollte in jedem Einzelfall sorgfältig abgewogen werden.

II. Der familiäre und soziale Hintergrund der jungen Frauen

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3. Kontakt der jungen Frauen zu ihrem sozialen Umfeld außerhalb der Anstalt Als Kontaktmöglichkeiten zum sozialen Umfeld außerhalb der Anstalt sehen die Ländergesetze im geschlossenen Vollzug den Empfang von Besuchen, Briefen und Paketen, das Führen von Telefonaten und bestimmte Formen der Vollzugslockerungen wie Ausgang / Ausführung und Hafturlaub vor. Briefe dürfen die Gefangenen auf eigene Kosten unbegrenzt versenden. Der Empfang von Paketen und das Führen von Telefonaten sind hingegen in den meisten Bundesländern restriktiv und nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Besuche dürfen mindestens im Umfang von vier Stunden pro Monat empfangen werden. Daneben sehen viele Ländergesetze zusätzliche Kontingente für Angehörige und insbesondere Kinder der Inhaftierten vor. In allen Bundesländern besteht die Möglichkeit, Ausgang, Ausführung oder Hafturlaub als Vollzugslockerung zu gewähren, in deren Rahmen die Frauen Kontakt mit ihren Angehörigen oder Freunden aufnehmen können. Am häufigsten haben die Inhaftierten während der Inhaftierung Kontakt zur Mutter (83,5 %, n = 213), gefolgt vom Partner / von der Partnerin (60,0 %, n = 150). Deutlich weniger halten die Verbindung zum Vater (52,2 %, n = 132). Knapp die Hälfte der jungen Frauen ist (sehr) zufrieden mit den bestehenden Kontakten. Die Zeiten, in denen Besuch zugelassen ist, sind in den einzelnen Anstalten sehr unterschiedlich geregelt. Die restriktivste Regelung hat die JVA Zweibrücken, die keine Besuche am Wochenende ermöglicht und lediglich Montag und Freitag für wenige Stunden Besucher und Besucherinnen zulässt. Die flexibelsten Zeiten haben die JVA Chemnitz und die JVA Vechta mit langen Zeiten unter der Woche und regelmäßigen Besuchszeiten am Wochenende. Nach eigenen Angaben erhalten 47,6 % oft Besuch. Die Häufigkeit des Briefkontaktes liegt deutlich über den Angaben zum Besuchskontakt. Über zwei Drittel (68,1 %) haben häufig Kontakt per Brief. Zwischen den Anstalten existieren deutliche Unterschiede. Der Umfang des Telefonkontaktes hängt stark vom jeweiligen Bundesland ab. Während in der JVA Aichach und der JVA Köln die meisten Gefangenen angaben, nie telefonieren zu können, waren es in der JVA Chemnitz nur 12,9 %. Hingegen telefonierte deutlich mehr als ein Drittel oft. Problematisch ist, dass Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit signifikant seltener Besuch erhalten und weniger häufig in Briefkontakt mit Angehörigen oder Freunden stehen. Hier sind Maßnahmen für eine gezielte Unterstützung notwendig. Der Kontakt von Gefangenen mit dem sozialen Umfeld außerhalb der Anstalt sollte umfangreich unterstützt werden. Grundsätzlich ist es wichtig, Besuchszeiten anzubieten, die von arbeitenden Angehörigen wahrgenommen werden können, ohne sich dafür Urlaub nehmen zu müssen. Ein besonderes Augenmerk ist bei der Kontaktförderung auf die Frauen zu richten, die nur wenig Kontakt haben.

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

4. Vollzugslockerungen Vollzugslockerungen werden insgesamt nur etwa einem Drittel gewährt. In der JVA Aichach und der JVA Chemnitz besteht dabei eine Differenz zwischen denen, die als lockerungsgeeignet eingestuft wurden, und der deutlich höheren Anzahl Frauen, die tatsächlich Lockerungen erhalten haben. Am häufigsten werden Ausgang und Ausführung gewährt, wobei der Schwerpunkt in den einzelnen Anstalten unterschiedlich ausgeprägt ist. Auf Grund der überwiegend guten Voraussetzungen für Vollzugslockerungen sollten diese umfangreicher vergeben werden. Dafür sollte daher eine verpflichtende Mindestanzahl von gewährten Vollzugslockerungen für jede Jugendstrafgefangene gesetzlich festgeschrieben werden. 5. Bedarf an therapeutischer Unterstützung Nur knapp 40 % der Jugendstrafgefangenen ist in der Kindheit bei beiden Elternteilen aufgewachsen. Fast zwei Drittel der jungen Frauen waren während des Aufwachsens mindestens einmal in einem Heim oder einer Pflegefamilie untergebracht. Fast die Hälfte berichtet von elterlichen Gewalt- und / oder Misshandlungserlebnissen. Für viele Jugendstrafgefangene war das Elternhaus in der Kindheit und Jugend also kein stabiler und beschützender Faktor. Der Bedarf an therapeutischer Unterstützung ist dabei insbesondere für familienbezogene Maßnahmen hoch. Das Angebot an sozialpädagogischen und therapeutischen Angeboten ist in den einzelnen Anstalten qualitativ und quantitativ sehr unterschiedlich. Insgesamt nimmt mehr als die Hälfte der Frauen ein Angebot aus diesem Bereich wahr. Die Teilnahmequoten sind jedoch in den einzelnen Anstalten sehr unterschiedlich, was wohl teilweise auch auf die Anzahl und Vielfältigkeit der Angebote zurückzuführen ist. Weit verbreitet sind Einzelgespräche, die in allen Anstalten das am meisten genutzte Angebot darstellen. Ebenfalls häufig werden Kurse oder Gruppen angeboten, die sich mit Gewaltausübung der jungen Frauen beschäftigen. Die anderen Kurse beschäftigen sich mit verschiedenen Themen, wie Achtsamkeitstraining oder Schuldnerberatung. Diese Angebote werden fast immer nur von einer Handvoll Inhaftierter genutzt. Angesicht der Unterschiedlichkeit des Angebotes besteht der Verdacht, dass sich das Angebot weniger am Bedarf der Frauen als an den Mitarbeitenden zur Verfügung stehenden Kompetenzen orientiert. Um das Behandlungsprogramm besser an den Bedürfnissen der jungen Frauen zu orientieren, wird für die Erarbeitung eines therapeutischen und sozialpädagogischen Konzeptes durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Vollzuges und Vertreter der anderen Fachdisziplinen plädiert, das in den Jugendstrafvollzugsgesetzen verankert wird.

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit  179

III. Bildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit vor und während der Haftzeit Das Thema der Bildung, Ausbildung und Arbeit nimmt auch in den Jugendstrafvollzugsgesetzen einen großen Raum ein. Neben der grundsätzlichen Verpflichtung, Betriebe dafür einzurichten, fehlt es jedoch in fast allen Bundesländern an gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststandards für Art und Umfang der Angebote. Insgesamt nehmen drei Viertel der jungen Frauen an einem der Angebote im Leistungsbereich teil, wobei signifikante Unterschiede zwischen den Anstalten bestehen, die sich in allen drei Bereichen (Schule, Ausbildung, Arbeit) wiederfinden. Angesichts des unterschiedlichen Angebotes und der unterschiedlichen Teilnahmequoten zwischen den Anstalten wird dringend für die Verankerung quantitativer und qualitativer Mindeststandards in den Jugendstrafvollzugsgesetzen plädiert. Koedukative Maßnahmen für weibliche und männliche Jugendstrafgefangene oder weibliche Jugend- und Strafgefangene sind grundsätzlich nach allen Jugendstrafvollzugsgesetzen möglich. Der Ausbau koedukativer Maßnahmen kann, unter bestimmten Bedingungen, zu einer Verbesserung des Angebotes für die weiblichen Jugendstrafgefangenen führen und sollte daher in geeigneten Fällen erprobt und wissenschaftlich evaluiert werden. Nach eigenen Angaben hat fast die Hälfte der Jugendstrafgefangenen noch keinen Schulabschluss erreicht. Bei einem Teil von ihnen dürfte das aber auch dem jungen Alter und der Unterbrechung durch die Inhaftierung geschuldet sein. Ungefähr ein Drittel der Frauen war vor der Inhaftierung noch Schülerin. Der Schwerpunkt der absolvierten Schulabschlüsse liegt auf dem Hauptschulabschluss. Kaum eine junge Frau hat vor der Inhaftierung eine Berufsqualifikation erworben. Ein Drittel gab an, vor der Inhaftierung arbeitssuchend gewesen zu sein. Wenige arbeiteten als Angestellte oder gingen in die Lehre. 1. Schulische Bildung In fast allen Anstalten besteht die Möglichkeit, einen Hauptschulkurs zu besuchen, in vielen Anstalten werden zudem intern oder extern Realschulkurse angeboten. Angesichts der großen Gruppe von Inhaftierten mit Hauptschulabschluss wäre es wünschenswert, auch Realschulkurse flächendeckend anstaltsintern anzubieten. Grundsätzlich sollte für den Schulunterricht eine an den spezifischen Bedürfnissen der Jugendstrafgefangenen orientierte Sonderpädagogik entwickelt und die Lehrkräfte entsprechend fortgebildet werden. In der JVA Chemnitz und der JVA  Aichach gehen nur um die 20 % während der Haftzeit zur Schule, in der JVA Köln hingegen liegt die Teilnahmequote bei knapp 80 %. Gründe für diese unterschiedliche Teilnahmequote sind auf den ersten Blick nicht ersichtlich.

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

Jüngere Gefangene gehen signifikant öfter in Haft zur Schule als Heranwachsende und Erwachsene. Durch eine binäre logistische Regression wurde der Einfluss der Anstalten auf diesen Unterschied ausgeschlossen. Der Unterschied zwischen jüngeren und älteren Gefangenen bezüglich des Schulbesuches könnte zum einen an der Schulpflicht liegen. Eventuell lassen sich jüngere Gefangene eher dazu motivieren, die Schule zu besuchen, als ältere Inhaftierte, bei denen der Schulbesuch schon länger zurückliegt. Ebenso gehen Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit signifikant häufiger zur Schule als Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Eine logistische Regression bestätigt den Einfluss der Staatsbürgerschaft unabhängig von der Anstalt. Dieser Unterschied beim Schulbesuch zeigt sich allerdings nicht in den Akten. Eine Erklärung dieser Beobachtung bedürfte weiterer Untersuchungen. 2. Berufsqualifizierende Angebote Das Angebot an berufsqualifizierenden Maßnahmen ist sehr unterschiedlich ausgeprägt, von vier Ausbildungsmöglichkeiten, aber keinen kürzeren Teilqualifikationen in der JVA Aichach bis zur JVA Berlin, wo lediglich verschiedene Kurse ohne Abschlusszertifizierung zur Verfügung stehen. Insbesondere die berufsqualifizierenden Angebote sollten sich an den überwiegend kurzen Haftstrafen der Frauen orientieren. Die Forderung nach weniger frauentypischen und mehr männertypischen Berufsqualifikationen kann nach der hier vertretenen Einschätzung nur eingeschränkt unterstützt werden. An den berufsqualifizierenden Angeboten nimmt nur ein Fünftel der Gefangenen teil. Die signifikanten Unterschiede bei den Teilnahmequoten zwischen den Anstalten reichen von nur einer Handvoll Frauen, die in der JVA Aichach eine solche Maßnahme absolviert, bis zur JVA Chemnitz, wo ungefähr die Hälfte ein Angebot aus diesem Bereich nutzt. Diese Differenz ist vermutlich hauptsächlich auf das unterschiedliche Angebot der Anstalten zurückzuführen. Die gewählten Gruppenbildungen ergeben bei den berufsqualifizierenden Angeboten keine signifikanten Unterschiede. 3. Arbeitsmöglichkeiten Arbeitsmöglichkeiten sind ebenfalls in jeder Anstalt vorhanden. Wenn diese näher beschrieben werden, handelt es sich oft um einfache, wenig abwechslungsreiche Tätigkeiten. Die arbeitenden Jugendstrafgefangenen bilden die größte Gruppe im Leistungsbereich. Gut die Hälfte geht in Haft zur Arbeit, wobei auch hier große Unterschiede zwischen den Anstalten bestehen. Die Gruppenbildung ergab, dass Gefangene, die bereits einen Schulabschluss erreicht haben, während der Inhaftierung signifikant häufiger zur Arbeit gehen als

IV. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung 

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Gefangene ohne Schulabschluss. Ebenso zeigte sich, dass ältere Gefangene signifikant häufiger in Haft arbeiten als jugendliche Gefangene. Dieser Unterschied ist jedoch vollständig auf den großen signifikanten Unterschied bei der Teilnahmequote zwischen den Anstalten zurückzuführen. 4. Zusammenfassung Der Schwerpunkt der Teilnahmequoten im Leistungsbereich ist in den einzelnen Anstalten sehr unterschiedlich ausgeprägt. Daher scheinen länderübergreifende Mindeststandards für die Einrichtung von Bildungseinrichtungen geboten. Während in der JVA Aichach fast drei Viertel der Gefangenen arbeiten, gehen in der JVA Köln drei Viertel zur Schule. Die JVA Chemnitz hat den höchsten Anteil derer, die eine berufsqualifizierende Maßnahme absolvieren. Der in den Jugendstrafvollzugsgesetzen normierte Bildungsvorrang muss konsequenter in die Praxis umgesetzt werden. Signifikante Unterschiede zwischen den gewählten Gruppen finden sich hauptsächlich beim Besuch der schulischen Maßnahmen.

IV. Vorstrafen und aktuelle Inhaftierung Außer der Regelung, dass sich die Jugendlichen mit ihrer Tat und den Folgen auseinandersetzen, finden sich keine Vorschriften zum Umgang mit bisherigen oder aktuellen Straftaten. Fast alle jungen Frauen sind bereits vorbestraft. Die Angaben, welche Strafen die Inhaftierten vor der aktuellen Jugendstrafe bereits erhalten haben, unterscheiden sich in den Fragebögen und Akten jedoch ganz erheblich. Während in den Fragebögen 87 % angaben, schon einmal zu einer unbedingten Jugendstrafe verurteilt worden zu sein, war eine vorangegangene Inhaftierung nur in 19 % der Akten vermerkt. Diese unterschiedlichen Angaben bei allen abgefragten Strafen sind vermutlich auf eine Fehlinterpretation sowohl des Fragebogens als auch der erhaltenen staatlichen Reaktionen zurückzuführen. Die durchschnittliche Jugendstrafe lag bei 19 Monaten. Der Median ist etwas niedriger, was auf das Überwiegen der kurzen Haftstrafen hindeutet. Etwas weniger als die Hälfte hat eine Haftstrafe von unter einem Jahr erhalten. Ein nicht unerheblicher Anteil hat zudem lediglich das Mindestmaß der Jugendstrafe von sechs Monaten erhalten. Nur ungefähr ein Fünftel verbüßt eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren. Der Anteil der Gewaltdelinquentinnen und der Vermögensdelinquentinnen liegt jeweils ungefähr bei 50 %. Der hohe Anteil an Gewaltstraftäterinnen lässt es sinnvoll erscheinen, verschiedene spezifische Angebote für diese Gruppe in den Anstalten zur Verfügung zu stellen. Der Anteil der Drogendelinquentinnen ist hingegen eher gering.

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

In Bayern und Rheinland-Pfalz können bei einer kurzen Haftstrafe die Anforderungen an den Vollzugsplan gesenkt werden. Rheinland-Pfalz und Sachsen schreiben aber auch eine verkürzte Frist für die Erstellung des Vollzugsplanes bei einer Haftstrafe unter einem Jahr vor. Diese Regelung wäre für alle Bundesländer wünschenswert, da relativ viele Frauen eine Haftstrafe von unter 12 Monaten verbüßen.

V. Suchtmittelkonsum der jungen Frauen Verpflichtende Vorschriften über drogenspezifische Hilfeangebote finden sich trotz der immer wieder angemahnten Dringlichkeit des Problems nur in wenigen Jugendstrafvollzugsgesetzen. Die überwiegende Anzahl der Regelungen zu diesem Thema beschäftigt sich mit der Durchführung von Kontrollmaßnahmen und der Ahndung von festgestelltem Drogenkonsum. Als äußerst bedenklich ist die Regelung einiger Bundesländer einzustufen, die Gefangenen bei Verweigerung der Kontrolle als nicht suchtmittelfrei einzustufen. So sind auch die Angebote meist auf interne oder externe Drogenberatung beschränkt – und auch diese wird nicht in allen Anstalten angeboten. Die Teilnahmezahlen sind auf Grund der spärlichen Angebotssituation nicht sehr aussagekräftig. Fast die Hälfte der Jugendstrafgefangenen konsumierte bereits vor dem zwölften Lebensjahr das erste Mal Zigaretten, Alkohol oder Drogen, wobei der Erstkonsum von Zigaretten die größte Rolle spielt. Vergleicht man, wie viele junge Frauen mindestens monatlich Alkohol trinken, so liegt der Anteil bei den Jugendstrafgefangenen ungefähr bei zwei Dritteln und in der Kontrastgruppe etwas höher. Während bei den Schülerinnen und Studentinnen der Schwerpunkt jedoch ganz überwiegend auf dem monatlichen Konsum liegt, gab je fast ein Viertel der Inhaftierten wöchentlichen oder täglichen Alkoholkonsum an. Ebenfalls zwei Drittel der Inhaftierten berichtete von mindestens monatlichem Cannabiskonsum. Allerdings liegt hier der Anteil der täglichen Konsumentinnen bei 40 %. In der Kontrastgruppe liegt der mindestens monatliche Cannabiskonsum unter 10 %. Insbesondere für diese Gruppe der Cannabiskonsumentinnen sollten dringend niedrigschwellige Hilfeangebote im Jugendstrafvollzug angeboten werden. Ein großer Teil der Gefangenen konsumierte mindestens monatlich Speed oder Kokain. Circa 17 % berichten zudem von regelmäßigem Heroinkonsum. Für diese kleine, aber sehr gefährdete Gruppe sollten langfristige therapeutische Unterstützungskonzepte über die Zeit der Jugendstrafe hinaus entwickelt werden. Sowohl in der Kontrastgruppe als auch bei den Jugendstrafgefangenen konsumieren um die 80 % monatlich mindestens irgendeine Droge. Der hohe Anteil ist in der Kontrastgruppe jedoch bei 70 % auf den monatlichen Alkoholkonsum zurückzuführen. Von den Jugendstrafgefangenen hingegen nahmen knapp 70 % eine andere Droge außer Alkohol mindestens monatlich zu sich.

VI. Zusammenfassung der Ergebnisse der Gruppenbildung

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Über die Hälfte der inhaftierten Frauen konsumiert mindestens monatlich mehrere illegale Substanzen. Mischkonsum illegaler Drogen kommt in der Kontrastgruppe hingegen quasi nicht vor. Angesichts dieser Zahlen scheint ein drogenfreier Jugendstrafvollzug kaum durchsetzbar. Daher wäre es sinnvoll, das strafvollzugspolitische Ziel der absoluten Drogenfreiheit durch eine drogenakzeptierende Sozialarbeit zu ersetzen. Die Angaben zu Drogenkonsum in Haft sind um ein Vielfaches geringer. Jeweils unter 10 % der Jugendstrafgefangenen konsumiert in Haft Alkohol oder Cannabis. Andere Drogen werden nur sehr vereinzelt angegeben. Insgesamt berichtet lediglich etwas über ein Drittel der Frauen von Drogenkonsum in Haft.

VI. Zusammenfassung der Ergebnisse der Gruppenbildung Für die Teilnahme der jungen Frauen an verschiedenen Angeboten der Anstalt wurde untersucht, ob sich zwischen verschiedenen Gefangenengruppen signifikante Unterschiede bei den Teilnahmequoten finden lassen. Dabei wurden die Parameter „Alter“, „Schulabschluss“, „Nationalität“ und „Strafmaß“ gewählt. Abschließend sollen die Ergebnisse nun zusammengefasst und die getroffenen Vorannahmen überprüft werden. Insgesamt zeigen die Gruppenbildungen keine gravierenden Unterschiede bei den Teilnahmequoten. Eine Differenzierung nach dem Strafmaß hat bei keiner der untersuchten Angebotsgruppen signifikante Unterschiede gezeigt. Damit zeigt sich zumindest in diesem Projekt weder eine positive noch eine negative Auswirkung der Haftstrafenlänge auf die Teilnahmebereitschaft der jungen Frauen. Die anderen Parameter produzieren hauptsächlich bei den schulischen Angeboten berichtenswerte Unterschiede. So gehen Frauen mit Schulabschluss in Haft seltener zur Schule, dafür aber häufiger zur Arbeit als Gefangene, die noch keinen Schulabschluss erreicht haben. Diese Unterschiede werden aber nur bei den Angaben in den Gefangenenpersonalakten signifikant. Zudem gehen jüngere Gefangene häufiger als ältere und Gefangene ohne deutsche Staatsbürgerschaft häufiger als deutsche Frauen in Haft zur Schule. Bei den berufsqualifizierenden Angeboten sowie den sozialpädagogischen / therapeutischen Angeboten zeigten sich keinerlei signifikante Unterschiede. Die Angebote zur Behandlung des Drogenkonsums waren zu uneinheitlich, um sinnvoll miteinander verglichen zu werden. Die Vermutung, dass jüngere Gefangene und Gefangene ohne Schulabschluss häufiger zur Schule gehen, wurde somit bestätigt und lässt sich vermutlich hauptsächlich auf die für viele noch geltende Schulpflicht zurückführen. Die ebenfalls getroffene Annahme, dass diese beiden Gruppen an anderen Angeboten eher weniger teilnehmen, da sie insgesamt mit der Organisation im Gefängnis überfordert

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

sein könnten, bestätigt sich jedoch nicht. Bei der Differenzierung nach der Nationalität wurde vermutet, Frauen ohne deutsche Nationalität würden sich schwerer zurechtfinden und daher seltener an den Angeboten teilnehmen. Auch diese Vermutung wurde nicht bestätigt. Für diese Gruppenbildung fanden sich kaum signifikante Unterschiede. Bei den Schulbesuchen zeigte sich das Gegenteil. Ausländische Gefangene besuchen signifikant häufiger in Haft die Schule. Genaue Gründe für diese Beobachtungen bedürften weiterer Untersuchungen.

VII. Bestehende Forschungsdesiderate Kapitel B verdeutlichte den lückenhaften Forschungsstand bezüglich weiblicher Jugendstrafgefangener. Die in dieser Arbeit vorgenommene „Bestandsaufnahme“ hat zusätzlich zu den weiterhin bestehenden Forschungsfragen (z. B. zum Übergangsmanagement oder zur Legalbewährung der jungen Frauen) weitere Fragen aufgeworfen, die im Folgenden stichpunktartig skizziert werden: Weibliche Jugendstrafgefangene sind immer gemeinsam mit anderen Vollzugsgruppen (weiblichen Strafgefangenen oder männlichen Jugendstrafgefangenen) in einer Anstalt inhaftiert. Es finden sich Hinweise, dass trotz der bestehenden Trennungsgebote auch im Haftalltag keine strenge Trennung der Gefangenen erfolgt oder erfolgen kann. Wichtig wären daher eine Überprüfung der Trennungsgrundsätze in der Vollzugspraxis und eine rechtliche Prüfung ihrer Zulässigkeit. Bei der Gefangenenstruktur fällt auf, dass der Anteil der jungen Erwachsenen seit einigen Jahren abnimmt. Es sollte beobachtet werden, ob es eine veränderte Praxis gibt, Heranwachsende seltener nach Jugendstrafrecht zu verurteilen oder bereits früher aus dem Jugendstrafvollzug herauszunehmen. Es ist deutlich geworden, dass die jungen Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit erheblich weniger Brief- und Besuchskontakt haben als deutsche Jugendstrafgefangene. Eine spezifische Erhebung über das Ausmaß und die Gründe des fehlenden Kontaktes wäre wünschenswert. Im Leistungsbereich zeigen die vorliegenden Daten einen größeren Anteil an Frauen, die in Haft arbeiten, als an Frauen, die schulische oder berufliche Maßnahmen besuchen. Aufgrund des gesetzlich vorgeschriebenen Vorrangs der Bildung wären weitere Untersuchungen sinnvoll, ob sich diese Beobachtung bestätigt und welche Gründe sich dafür finden lassen. Schließlich hat die Arbeit gezeigt, dass viele weibliche Jugendstrafgefangene einen riskanten polytoxikomanen Drogengebrauch haben. Um diesen gesundheitlich und gesellschaftlich stark gefährdeten Frauen zu helfen, bedürfte es einer Analyse ihrer Konsummuster und einer Betrachtung über Umfang und Grenzen der Hilfsmöglichkeiten im Vollzug.

VIII. Fazit

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VIII. Fazit In der Arbeit ist deutlich geworden, wie heterogen die Vollzugsgruppe der weiblichen Jugendstrafgefangenen ist. Ein knappes Fünftel ist noch minderjährig und bedarf daher eines intensiven Schutzes. Fast ebenso viele haben nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, was Besonderheiten für den Kontakt nach außen und die Eingliederung nach der Haftentlassung bedeuten kann. Ein Viertel der Gefangenen ist bereits Mutter und / oder schwanger. Für diese Frauen sind der Kontakt zu den Kindern und die Versorgung während der Schwangerschaft ein aufmerksamkeitsbedürftiges Thema. Fast die Hälfte der Jugendstrafgefangenen hat noch keinen Schulabschluss. Sie benötigen eine besondere Förderung, um nach der Haftentlassung Chancen auf eine Berufsausbildung oder eine Arbeit zu haben. Mit dieser Heterogenität weichen die weiblichen Jugendstrafgefangenen nicht gravierend von anderen Vollzugsgruppen ab. Der entscheidende Unterschied ist allerdings, dass sie eine so kleine Vollzugsgruppe sind. Die oben aufgezählten besonders förderungsbedürftigen Gruppen stellen damit nur eine sehr kleine absolute Anzahl. Hinzu kommt die Verteilung auf neun Anstalten in ganz Deutschland. Pro Anstalt sind ganz überwiegend nicht mehr als 15 junge Frauen gemeinsam inhaftiert. Diese kommen nun mit so unterschiedlichen Lebenshintergründen, Förderungsbedarfen und Problematiken in Haft, dass jede Gefangene in ihrer Anstalt einen singulären Sonderfall darstellt. Der professionell angeleitete oder informelle Austausch mit anderen jungen Frauen über diese spezifischen Themen ist damit kaum möglich. Um diesen jungen Frauen trotzdem gerecht zu werden und den Resozialisierungsauftrag adäquat umsetzen zu können, scheint die einzige Möglichkeit, diese Gruppe nicht mehr als einheitliche Vollzugsgruppe zu sehen, sondern sie – anhand verschiedener Kriterien des Förderbedarfes – auf andere Einrichtungen aufzuteilen. Wie in dieser Arbeit skizziert, könnten für diese Vollzugsgruppe Einrichtungen des Jugendstrafvollzuges in freier Form, Jungtäterinnengruppen und intensiv betreute Kleingruppen im geschlossenen Vollzug geschaffen werden. Für jede Jugendstrafgefangene müsste individuell entschieden werden, welche der Einrichtungen ihrem individuellen Förderbedarf am besten entspricht. Um diesen Vorschlag umzusetzen, wäre es sinnvoll, entsprechende Versuchsprojekte zu starten. Praktiker und Wissenschaftler verschiedener Fachdisziplinen erarbeiten gemeinsam ein Konzept für einen Jugendstrafvollzug in freier Form, die Jungtäterinnengruppen, die intensiv betreuten Gruppen und weitere Gruppen, die ihnen notwendig erscheinen. Diese beginnen dann mit einer kleinen Anzahl junger Frauen und werden dabei wissenschaftlich begleitet. Erkenntnisse und Erfahrungen werden sofort dokumentiert und für eine Verbesserung genutzt. Diese Angebote können dadurch langsam verändert und ausgebaut werden, bis sie flächendeckend in ganz Deutschland zur Verfügung stehen.

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

Dieses Konzept würde für die weiblichen Jugendstrafgefangenen die Chancen erhöhen, die Haftzeit für eine Verbesserung ihrer Lebenssituation nutzen und ein straffreies Leben führen zu können. Gleichzeitig kann diese sehr kleine Vollzugsgruppe zu einem Pilotprojekt für den gesamten deutschen Strafvollzug werden. Die vorgeschlagene Umstrukturierung kann auch für andere Vollzugsgruppen Ideen und Beispiele liefern, den Strafvollzug stärker auszudifferenzieren und ein System jenseits des geschlossenen Vollzuges zu entwickeln.

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Anhang – Fragebogen Für die Datenerhebung wurden mehrere Varianten eines circa 50-Seitigen Fragebogens verwendet. Aus Platzgründen wird daher von einem Abdruck abgesehen. Bei Interesse können die Fragebögen über das Sekretariat des Institutes für Kriminologie der Universität zu Köln bezogen werden ([email protected]). – Codierbogen für die Gefangenenpersonalakten – Antwortbogen für die Justizministerien der Länder zur Unterbringungssituation der weiblichen Jugendstrafgefangene

Stichwortverzeichnis Ausländische Jugendstrafgefangene – Altersstruktur 75 – gesetzliche Regelungen  65 f., 71 – reduzierter Kontakt  70, 85, 86 – Teilnahme an Behandlungsangeboten ​ 107 f., 110, 183 – Veränderungsvorschläge  148 ff. – verf.rechtl. und internat. Vorgaben  66, 150 Berufsausbildung – in Haft  27, 100 f., 103 f., 109 – Veränderungsvorschläge  165 f. – vor der Haft  26, 95 Berufsbeamtentum  48 ff. Berufstätigkeit – gesetzliche Arbeitspflicht in Haft  96 – in Haft  101, 110 – Veränderungsvorschläge 166 – vor der Haft  26, 99 Eltern – elterliche Gewalt und Misshandlung  78 – Elternhaus  25, 74, 76 – Kontakt während der Haftzeit  69, 80 – Rechte während der Inhaftierung  67 – Vorschläge zur Beziehungsförderung ​ 157 Gefangenenpersonalakten – Auswahl 32 – Differenzen Akten-Fragebögen  76 f., 79, 99, 105, 116 – Vergleich Akten-Fragebögen  73, 76 ff., 97 ff., 104 ff., 116 ff. Gesetzesgrundlage Jugendstrafvollzug  39 Gesetzgebungskompetenz Strafvollzug  39 Gewaltstraftäterinnen  119, 161, 167, 181 Gruppengröße weibliche Jugendstraf­ gefangene – Entwicklung  56 f.

– Veränderungsvorschläge  132, 142, 144 – vollzugsorganisatorische Auswirkungen ​ 24, 43 f., 59 Haftstrafenlänge – gesetzliche Vorschriften  95, 116 – Teilnahme an Behandlungsangeboten ​ 107, 183 – Überblick  28, 118 – Veränderungsvorschläge  144, 165, 167, 169, 171 – Vollzugsorganisatorische Probleme  95, 110, 116 Herausnahme Jugendstrafvollzug  73 Internationale Regelungen – ausländische Jugendstrafgefangene  66, 150 – ERJOSSM  17, 54, 55, 59, 66, 69, 150 – europäische Strafvollzugsgrundsätze  43, 135, 138 – IPBPR  17, 42 ff., 135 – Kontakt zu Angehörigen  59, 69 – UN-Kinderrechtskonvention  17, 42 ff., 135 – UN-Mindestgrundsätze  17, 43, 138 – Unterbringung Haft  42 ff., 54, 55, 59, 138 – Rechtsprechung Bundesverfassungs­ gericht ​39, 54 Junge Gefangene (14–15-jährig) – Anzahl  72 ff. – Jugendstrafvollzug in freier Form  141 f. – Probleme  43, 59 – Teilnahme an Behandlungsangeboten ​ 106, 110, 112, 183 Kontakte zu Angehörigen während der Haft – Besuche  81, 84, 150, 153 f., 157 – Briefe  66 ,68, 86

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Stichwortverzeichnis

– gesetzliche Vorgaben  67 ff. – Langzeitbesuche  69, 81 f., 150 – Telefon  71, 87, 150, 155 f., 158 f. – Zufriedenheit 80 Koedukation  27, 96, 138 f., 162 ff., 179 Kontrastgruppe – Bedeutung 33 – Stichprobenbeschreibung 36 – Vergleiche  76, 78, 122 ff. Lockerungen  69 f., 87 ff., 121, 159 Männliche Jugendstrafgefangene  32, 37 f., 56, 169 Mutterschaft – gesetzliche Regelungen  66, 68 – Jugendstrafvollzug in freier Form  142 – Kontakt zu den Kindern  68, 81, 83 – Mutter-Kind-Stationen  66, 155 – Veränderungsvorschläge für Kinder­ besuche  153 f. – verfassungsrechtliche und internationale Vorgaben  68 f. Projekt GEWUSST – ausgewählte Daten  33 f. – Projektbeschreibung  30 ff. – publizierte Ergebnisse  37, 119, 140, 146, 161, 167 Resozialisierung  48 ff., 79, 94 ff., 103, 141, 156 Schulbildung – gesetzliche Vorgaben  93 ff. – Schulbildung in Haft  27, 100, 104 ff. – Schulabschluss und Teilnahmequoten ​ 105, 110, 111, 183 – Schulbildung vor der Haft  21, 26, 97 f. – Veränderungsvorschläge  162 ff. – Vorrang der Schulbildung  95, 114, 166

Schwangerschaft – Drogengebrauch und Substitution  151, 171 – gesetzliche Vorgaben  66 – Unterschied Akten-Fragebögen  79 – Vollstreckungsaufschub  151 f. Sozialstaatsprinzip  49 f., 95, Suchtmittelkonsum – Alkoholkonsum  122, 124, 130, – Cannabiskonsum  124 f., 130, 169 – Drogendelinquentinnen  119 f. – gesetzliche Vorgaben  121 – Heroinkonsum  124, 170 – Konsum in Haft  129 – Konsum vor der Haft  122 – polytoxikomaner Drogengebrauch  127 – Therapieplätze  145, 171 Trennungsprinzipien – gesetzliche und internationale Vorgaben ​ 42 ff., 135 f. – Veränderungsvorschläge  134 ff. – Vollzugspraxis  24, 61 ff. Verfassungsrecht – Art. 1 iVm Art. 2 GG  50 – Art. 3 GG  45 ff. – Art. 6 GG  68 f., 152 – Art. 12 GG  96 – Art. 20 GG  50 – Art. 33 V GG  49 – Art. 84 GG S.  49 Vollzugsgemeinschaften – bestehende Vollzugsgemeinschaften  40 – internationale Vorgaben  59 – verfassungsrechtliche Prüfung  45 – vollzugsorganisatorische Probleme  59, 133 – Vorschlag Neubildung  134, 137 Wohngruppen  55, 135 f., 145