Verkehrsaufteilung in Flughafensystemen: Rechtliche Möglichkeiten zur Nachfragelenkung bei öffentlichen Leistungen am Beispiel von Flughäfen [1 ed.] 9783428492046, 9783428092048

Für den seit Jahren wachsenden Luftverkehr werden auch über die Jahrtausendwende hinaus weitere Steigerungsraten prognos

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Verkehrsaufteilung in Flughafensystemen: Rechtliche Möglichkeiten zur Nachfragelenkung bei öffentlichen Leistungen am Beispiel von Flughäfen [1 ed.]
 9783428492046, 9783428092048

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Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht Band 40

Verkehrsaufteilung in Flughafensystemen Rechtliche Möglichkeiten zur Nachfragelenkung bei öffentlichen Leistungen am Beispiel von Flughäfen

Von

Thomas Zielke

Duncker & Humblot · Berlin

THOMAS ZIELKE

Verkehrsaufteilung in Flughafensystemen

Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht Herausgegeben von Wolfgang Graf Vitzthum in Gemeinschaft mit Martin Heckel, Karl-Hermann Kästner Ferdinand Kirchhof, Hans von Mangoldt Thomas Oppermann, Günter Püttner Michael Ronellenfitsch sämtlich in Tübingen

Band 40

Verkehrsaufteilung in Flughafensystemen Rechtliche Möglichkeiten zur Nachfragelenkung bei öffentlichen Leistungen am Beispiel von Flughäfen

Von Thomas Zielke

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Zielke, Thomas: Verkehrsaufteilung in Flughafensystemen : rechtliche Möglichkeiten zur Nachfragelenkung bei öffentlichen Leistungen am Beispiel von Flughäfen / von Thomas Zielke. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht ; Bd. 40) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09204-X

D 21 Alle Rechte vorbehalten © 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: W. März, Tübingen Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-6061 ISBN 3-428-09204-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Vorwort Für den seit Jahren wachsenden Luftverkehr werden auch über die Jahrtausendwende hinaus weitere Steigerungsraten prognostiziert. Das vorliegende Buch beleuchtet rechtliche Möglichkeiten einer Verkehrsaufteilung zwischen den Flughäfen in Ballungsgebieten, um eine ausgewogene und Ressourcen schonende Nutzung zu erreichen. Es wurde im März 1997 als Dissertation von der Juristischen Fakultät der Universität Tübingen angenommen. Die Untersuchung geht von der Sach- und Rechtslage bis Ende Oktober 1996 aus. Danach waren nur noch geringfügige Änderungen möglich. Der Anhang enthält aktualisierte Statistiken und Materialien auf dem Stand von Mitte 1997. Die sachlichen Feststellungen blieben davon unberührt. Meinen besonderen Dank möchte ich Herrn Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch aussprechen, der die Dissertation betreut hat. Durch seine unbürokratische und motivierende Unterstützung war es möglich, die Arbeit berufsbegleitend zu vollenden. Ich danke auch Herrn Prof. Dr. Günter Püttner für die Erstattung des Zweitgutachtens sowie Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Graf Vitzthum fur die Aufnahme der Arbeit in die „Tübinger Schriften zum Staatsund Verwaltungsrecht". Herr Dr. Wolfgang März und Frau Rechtsanwältin Karin Göbel haben mich bei den redaktionellen Abschlußarbeiten tatkräftig unterstützt. New York/Bonn, im Oktober 1997

Thomas Zielke

Inhaltsverzeichnis Einleitung I. Allgemeine Problemstellung

17 17

Π. Probleme von Flughafensystemen

19

ΙΠ. Gang der Untersuchung

21 Teil I

Tatsächliche und rechtliche Reglementierungen der Luftfreiheit; das Flughafenbenutzungsverhältnis I. Die Entwicklung des Flugplatzrechts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1. Die Entwicklung des Luftverkehrs in Deutschland

22 22 22

a) Passagier- und Luftpostverkehr

23

b) Ausgewählte Flugplätze (Bremen, Köln-Bonn, Stuttgart)

24

2. Zuständigkeiten und Gesetze des Luftverkehrs a) Vom ersten Entwurf eines LuftVG bis 1918

26 27

aa) Der Entwurf von 1913

27

bb) Die Verordnung vom 26. November 1918 betreffend die vorläufige Regelung der Luftfahrt

28

b) Das Luftverkehrsrecht in der Weimarer Republik

29

aa) Das LuftVG vom 1. August 1922

29

bb) Die Verordnung über Luftverkehr vom 19. Juli 1930

32

c) Vom Reichskommissar für Luftfahrt bis zum Verbot jeglichen Luftverkehrs 3. Fragen der Flughafenbenutzung

33 34

a) Vom allgemeinen Landerecht zum Flugplatzzwang

34

b) Nachbar- und Bauschutz

35

c) Benutzungsordnung und Gebühren

36

nsverzeichnis

8

II. Die geltende Rechtslage

37

1. Der Flughafen als öffentliche Sache

40

a) Gemeingebrauch aufgrund § 1 LuftVG?

41

b) Benutzung ohne mediatisierende Zwischeninstanz?

43

2. Kontrahierungszwang zum Landevertrag a) Keine hoheitliche Gewaltausübung kraft Betriebsgenehmigung

45 ...

46

b) Inhalt des Kontrahierungszwangs

47

3. Betriebspflicht und Benutzungsanspruch

48

4. Flughafengebühren und Entgelte, Kostenverordnung

50

a) Allgemeine Gebühren, Start- und Landegebühren

51

aa) Rechtsnatur der Gebühren-/ Entgeltordnungen

52

bb) Die Praxis der Gebührenfestsetzung

53

cc) Die Stellung der Flughäfen im internationalen Wettbewerb . . .

57

b) Entgelte im engeren Sinne

59

c) Kostenverordnung der Luftfahrtverwaltung (LuftKostV)

60

5. Zwischenergebnis

60

III. Internationale Regelungen und EU-Recht

61

1. Flughafenbenutzung nach internationalen Abkommen

61

2. Flughafenbenutzung nach dem Gemeinschaftsrecht

63

a) Marktzugang und Slotverteilung

63

b) Flugsicherungskontrolle

64

c) Beziehung zwischen Flughäfen und Benutzern

65

3. Verkehrsaufteilungslösungen im Ausland

67

a) USA: Washington D.C

68

b) Großbritannien: London - BAA plc

70

c) Frankreich: Paris - Aéroports des Paris (ADP)

71

d) Italien: Mailand

72 Teil I I

Bewertung möglicher Lösungsansätze I. Einschränkung von Verkehrsarten durch partielle Befreiung von der Betriebspflicht

73 74

nsverzeichnis

9

1. Begriffsbestimmung

74

a) Einschränkung nach Halter des Flugzeugs

76

b) Einschränkung nach Zwecken (Charter, Post, Fracht)

77

2. Voraussetzungen der Befreiung von der Betriebspflicht, § 45 I LuftVZO

80

a) Antragserfordernis

81

b) Die Rechtsprechung zu § 45 I 3 LuftVZO

'.

c) Konsequenzen und Bewertung

85 88

aa) Konsequenzen aus dem Inkrafttreten der §§ 27a und 27b LuftVG bb) Faktische Widmungsänderung durch Betriebspflichtbefreiung . .

88 89

cc) Auswirkungen einer Betriebspflichtbefreiung auf die Genehmigung

90

Π. Betriebszeitregelung, Privatverkehr in Vollaststunden III. Größenbegrenzungen, § 6 I 1, IV 2 LuftVG

91 92

IV. Teilwiderruf und Genehmigungsänderung gem. § 6 Π LuftVG oder § 48 I LuftVZO

95

1. Widerrufsvoraussetzungen nach §§ 48 I 2 LuftVZO, 6 ΠΙ LuftVG

96

2. Widerrufsvoraussetzungen nach § 6 Π 3 LuftVG V. Flugplankoordinierung gem. §§ 27a-d LuftVG 1. Die Koordinierungspflicht nach § 27a LuftVG

100 101 103

a) Anordnung der Flugplankoordinierung nach §§ 27d I, 27a II 1. Altn. LuftVG

103

b) Anordnung der Flugplankoordinierung nach § 27a II 2. Altn. LuftVG

104

2. Die Vorrangregelung nach § 27b LuftVG VI. Aufteilungsmodell für die Region Berlin, §§ 21, 22 LuftVG

105 108

1. Die Untersagung von Linienverkehr gem. §§ 21 I 5 und 6, 20 I 3 LuftVG

109

2. Die Untersagung von Gelegenheitsverkehr gem. § 22 LuftVG

112

3. Teil widerruf einer Linienoder modifizierende Auflage

114

oder

Gelegenheitsverkehrsgenehmigung

VII. Sperrung von Luftstraßen und Beschränkungen für bestimmte Luftraumnutzer, §§ 26 LuftVG, 11 LuftVO

116

nsverzeichnis

10

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach der Gemeinnützigkeit . .

119

1. Anpassung gängiger Statistikkriterien

122

2. Tatsächliche Aufteilung von Flugbewegungen nach Flugarten

124

3. Gebühren- und entgeltrechtliche Spielräume

126

a) Voraussetzungen für die Anpassung der Gebührenordnungen, Billigkeitsbegriff

128

aa) Begriff der Gebühr

131

bb) Das Äquivalenzprinzip als Bemessungsgrundlage

137

(1) Kostendeckungsprinzip

139

(2) Nutzenprinzip

142

cc) Wirklichkeits- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab

145

dd) Zulässigkeit verkehrspolitischer Motive

149

b) Nicht genehmigungspflichtige Entgelte 4. Mögliche Beschränkungen der Verkehrslenkung durch Vorgaben der EU-Kommission

151 153

a) Hinsichtlich der Bodenverkehrsdienste

153

b) Hinsichtlich der Start- und Landegebühren

155

5. Mögliche Beschränkungen durch Wettbewerbsvorschriften

159

a) Auf nationaler Ebene

159

b) Auf EU-Ebene

159

IX. Zwischenergebnis

160 Teil Ι Π

Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen I. Raum Berlin

162 162

1. Situationsbericht

162

2. Gebührenstruktur

163

3. Schlußfolgerung

164

II. Raum Düsseldorf, Köln-Bonn

165

1. Situationsbericht

165

2. Gebührenstruktur

166

3. Schlußfolgerung

167

nsverzeichnis

ΙΠ. Mögliche Rechtsmittel gegen neue Gebührenordnungen

11

168

1. Aus der Sicht der Benutzer

168

2. Aus der Sicht der Anlieger

169

3. Aus der Sicht des Flughafens und der Fluggesellschaften

170

Ergebnis und Zusammenfassung

171

Literaturverzeichnis

173

Anhang

179

Sachverzeichnis

207

Abkürzungsverzeichnis a.A.

anderer Ansicht

a.a.O.

am angegebenen Ort

ABl. EG

Amtsblatt der EG

ACI

Airport Council International

ADL

Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrtunternehmen

ADP

Aéroports des Paris

ADV

Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen

AG

Aktiengesellschaft

AGBG

Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Altern./Altn.

Alternative

amtl.

amtlich

Anm.

Anmerkung

AOM

Airplane Operating Manual

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

AWG

Außenwirtschaftsgesetz

Β

Boeing

BAA

British Airports Authority

BayVBl

Bayerische Verwaltungsblätter

BayVGH

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

BB

Betriebs-Berater

BDI

Bundesverband der Deutschen Industrie

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BMA

Bundesminister für Arbeit

BMF

Bundesminister der Finanzen

BMI

Bundesminister des Innern

BMJ

Bundesminister der Justiz

Abkürzungsverzeichnis

BMV

Bundesminister fur Verkehr

BMWi

Bundesminister fur Wirtschaft

BT

Bundestag

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

bzw.

beziehungsweise

CTMO

Central Flow Air Management Organization

D.C.

District of Columbia

DFS

Deutsche Flugsicherung GmbH

d.h.

das heißt

DLR

Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung

DOT

US-Department of Transportation

Drs.

Drucksache

13

DVB1.

Deutsches Verwaltungsblatt

ebda.

ebenda

ECAC

European Civil Aviation Conference

EG

Europäische Gemeinschaften

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. März 1957

EnWG

Energiewirtschaftsgesetz

etc.

et cetera

EU

Europäische Union

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EU-KOM

EU-Kommission

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

f.

folgende

FAA

US-Federal Aviation Administration

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

ff

fortfolgende

FG

Finanzgericht

Fn.

Fußnote

GebG

Gebührengesetz

GebO

Gebührenordnung

gem.

gemäß

GewO

Gewerbeordnung

GG

Grundgesetz

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

14

Abkürzungsverzeichnis

h.M.

herrschende Meinung

Hrsg.

Herausgeber

IATA

International Air Transport Association

ICAO

International Civil Aviation Organization

i.d.R.

in der Regel

IHK

Industrie- und Handelskammer

insbes.

insbesondere

i.V.m.

in Verbindung mit

KAG

Kommunalabgabengesetz

kg

Kilogramm

km

Kilometer

LH

Lufthansa

LM

Lindenmaier

/Möhring,

Nachschlagewerk des Bundesge-

richtshofs LTU

Lufttransport-Unternehmen GmbH & Co KG

LuftKostV

Kostenverordnung der Lufitfahrtverwaltung

LuftVG

Luftverkehrsgesetz

LuftVO

Luftverkehrs-Ordnung

LuftVZO

Luftverkehrszulassungsordnung

LVO

Luftverkehrsordnung 1930

m.a.W.

mit anderen Worten

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

MinBl.

Ministerialblatt für die gesammte innere Verwaltung in den Königlich Preußischen Staaten

Mio.

Millionen

MTOW

Maximum Permitible Take-off Weight

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

NfL

Nachrichten für Luftfahrer

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

Nr.

Nummer

NRW / NW

Nordrhein-Westfalen

n.v.

nicht veröffentlicht

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NVwZ-RR

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungsreport

NZV

Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht

OLG

Oberlandesgericht

OVG

Oberverwaltungsgericht

Abkürzungsverzeichnis

OVGE

Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte

OWiG

Ordnungswidrigkeitengesetz

PersBefG

Personenbeförderungsgesetz

PONYA

Port Authority of New York & New Jersey

15

PrOVGE

Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts

PVG

(Preußisches) Polizeiverwaltungsgesetz

RdNr.

Randnummer

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

S.

Seite

StVO

Straßenverkehrsordnung

StVZO

Straßenverkehrszulassungsordnung

to

Tonnen

u.a.

unter anderem

UPR

Umwelt- und Planungsrecht

USA

United States of America

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

VA

Verwaltungsakt

VerwKostG

Verwaltungskostengesetz des Bundes

VG

Verwaltungsgericht

VGH

Verwaltungsgerichtshof

vgl.

vergleiche

VkBl.

Verkehrsblatt

VO

Verordnung

VV

Versailler Vertrag

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

WRV

Weimarer Reichsverfassung

z.B.

zum Beispiel

Ziff.

Ziffer

ZLR

Zeitschrift für Luftrecht (bis 1960)

ZLW

Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht

ZPO

Zivilprozeßordnung

zzgl.

zuzüglich

Einleitung I. Allgemeine Problemstellung Der Luftverkehr expandiert — von zeitlich begrenzten Einbrüchen aufgrund politischer Ereignisse abgesehen - in den letzten Jahren um mindestens 5% jährlich 1 . Das Fluggastaufkommen der 16 deutschen internationalen Verkehrsflughäfen (davon 3 in Berlin) stieg im Jahr 1995 um 8,5% auf 110,4 Mio. Passagiere2. Im ersten Halbjahr 1996 wurden bereits wieder über 53 Mio. Passagiere erreicht, was (ohne die im zweiten Halbjahr voll einsetzenden Ferienflüge) einer Steigerungsrate von 2,6% entspricht 3. Nach einer BoeingMarktstudie wird selbst im Nordatlantik-Verkehr bis zum Jahr 2000 noch eine Steigerung von 5,1% jährlich prognostiziert, wenn auch die Steigerungen im pazifischen Raum höher ausfallen werden 4. Das Passagieraufkommen an den deutschen Flughäfen hat sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) geht davon aus, daß sich die Zahl der Fluggäste bis zum Jahr 2010 noch einmal verdoppeln wird 5 . Von den ca. 110,4 Mio. Passagieren in 1995 flogen 79,2 Mio. von/nach nur 4 Städten6. Auch fur den Frachtverkehr werden in den nächsten Jahren deutliche Steigerungen erwartet. Der Weltverband der Linienfluggesellschaften (IATA) geht von einem jährlichen Wachstum von rund 9% weltweit aus. Für den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der ebenfalls beträchtliche Steigerungen im Frachtverkehr erwartet, ist die Luftfrachtinfrastruktur ein wichtiger Standortfaktor zur Sicherung der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft 7. 1 Bericht der Bundesregierung zur Lage der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie vom 28.03.1996, zugeleitet durch den Bundesminister für Wirtschaft am 20.03.1996, BTDrs. 13/4244, S. 5; Luftfahrtkonzept 2000 des Bundesministers für Verkehr vom 27.07.1994, S. 7; Schätzungen der Air Transport Action Group (ATAG), in: Luft- und Raumfahrt 2/94, S. 7; vgl. auch Wolf, Die Weltwirtschaft 1991, S. 191 m.w.N. 2

ADV, Verkehrsergebnisse der internationalen Verkehrsflughäfen 1995, Pressemitteilung Nr. 1/1996 vom 13.02.1996. 3

ADV-Pressemitteilung Nr. 8/1996 vom 30.07.1996.

4

Müller, Luftfahrt - Aviation International 3/1993, S. 46; Fortune, 16.05.1994, S. 11.

5

Angaben der ADV, in: Wirtschaftsspiegel 5/95, S. 23.; ADV-Jahresbericht 1994, S. 8.

6

Frankfurt: 38,2 Mio., Düsseldorf: 15,1 Mio., München: 14,9 Mio., Berlin (Tegel, Schönefeld und Tempelhof zusammen): 11,0 Mio. 2 Zielke

Einleitung

18

Da die Fluggesellschaften aus Wettbewerbsgründen ihr erweitertes Angebot auf diejenigen Flughäfen konzentrieren, von denen sie ohnehin schon akzeptable Weiter- oder Zubringerverbindungen anbieten können, bleiben die Flughäfen mit Kapazitätsreserven oftmals unberücksichtigt 8. Dies erzeugt Kostendruck bei den unzureichend genutzten Flughäfen und erhöhte Umweltbelastungen an den Flughäfen, die schon am Rande ihrer Kapazität operieren und deshalb weiter ausbauen müßten9. Weil die dazu notwendigen Planfeststellungsverfahren oftmals nur eine um Jahre verspätete Anpassung an die tatsächlichen Verhältnisse erlauben, ist die Erfüllung der Versorgungsfiinktion 10 wichtiger Flughäfen ständig gefährdet: Während vollbesetzte Jets mancherorts Warteschleifen fliegen müssen, weil fast jeder große Verkehrsflughafen beispielsweise auch Verkehr der Allgemeinen Luftfahrt (General Aviation) aufnimmt, liegen wenige Kilometer entfernt oftmals die Abfertigungskapazitäten brach. Dies fuhrt (zusammen mit anderen Faktoren) zu erheblichen Verspätungen und volkswirtschaftlichen Schäden durch Vergeudung von Ressourcen (Treibstoff etc.), aber auch Arbeitszeit. 1986 wiesen nur 12% der innereuropäischen Flüge eine Verspätung von über 15 Minuten auf. 1988 betrug dieser Wert schon 20% und 1989 sogar 25%. Nach einer Entspanung bis 1993 (12%) betrug der Anteil der Flüge mit einer Verspätung von über 15 Minuten im Jahr 1995 bereits wieder 18,4% n . Um eine ausgewogene Nutzung zwischen den verschiedenen Flughäfen einer Region zu erreichen, können daher verkehrslenkende Maßnahmen mit dem Ziel der Entlastung bestimmter Flughäfen und der Verlagerung von Verkehr auf weniger belastete Airports sinnvoll sein. Dies könnte auch positive Effekte auf die Wirtschaftsstruktur haben. Die wirtschaftliche Ausstrahlungswirkung eines zusätzlichen wöchentlichen Interkontinentaldienstes kann nach Schätzungen rund 100 Mio. D M jährlich für die Flughafenregion betragen 12.

7

Zu den Frachtprognosen: Luftfracht Integriert - Perspektivpapier des BDI zur Entwicklung der Luftfrachtmärkte, Köln 1995, S. 4. 8

Vgl. DLR-Studie, erster Zwischenbericht, S. 1.

9

Giemulla, Z L W 1996, S. 245 ff.

10

Zur Versorgungsfunktion Salzer, S. 96.

11

Weißbuch der EG-Kommission „Flugverkehrsmanagement" vom 06.03.1996, KOM (96)57 endg., veröffentlicht als BT-Drs. 13/5525, S. 7. 12

Die Summe setzt sich zusammen aus den Ausgaben der Airline und der Passagiere auf dem Flughafen, den Ausgaben der Passagiere am Sitz des Flughafens und im Umland, induzierte Ausgabenwirkungen durch höhere Einnahmen bei den Geschäftspartnern der Airline und der Passagiere, Exportausweitung, Zunahme an Auslandsinvestitionen und sonstige Auswirkungen, Reuter/Hamacher, in: Flugrevue 2/96, S. 14 ff.

II. Probleme von Flughafensystemen

19

Die Verlagerung von Verkehr innerhalb einer Flughafenregion kann grundsätzlich durch freiwilliges Verhalten oder mit verwaltungsrechtlichen Maßnahmen erfolgen. Allerdings wird das freiwillige Verhalten der Fluggesellschaften durch die Marktgesetze begrenzt. Allen mit dem Ziel der Verkehrsentzerrung vorgesehenen Maßnahmen steht die grundsätzliche Freiheit des Luftraumes gem. § 1 LuffcVG gegenüber, die dirigistische Maßnahmen rechtlich begrenzt. Da sich das gewerbliche Flugangebot zudem im Rahmen der freiheitlichen Wirtschaftsverfassung der Bundesrepublik am Spiel von Angebot und Nachfrage ausrichten muß, kommt es nicht zuletzt mit Blick auf Art. 12 und Art. 14 GG darauf an, die verkehrslenkenden Maßnahmen einerseits mit nur möglichst geringfügigen Beeinträchtigungen für die Gewerbefreiheit der Flugunternehmen und die freie Wahl des Verkehrsmittels sowie des Abflugortes der Passagiere zu treffen und andererseits den Umweltschutz zu gewährleisten. Es sind auch die sogenannten „Großvaterrechte", d.h. hergebrachte und nicht ohne weiteres entziehbare Start- und Landerechte besonders auch ausländischer Fluggesellschaften zu berücksichtigen, deren Entzug nachteilige Folgen für deutsche Fluggesellschaften hätte. Zudem können die Auswirkungen des EU-Binnenmarktes einem lenkenden Verwaltungseingriff entgegenstehen. Vorliegend sollen bestehende rechtliche Möglichkeiten geprüft oder neue erschlossen werden, die zu einer Entzerrung des Luftverkehrs beitragen können.

II. Probleme von Flughafensystemen Die Probleme von Städten oder städtischen Ballungsgebieten mit mehreren Flughäfen sind dadurch gekennzeichnet, daß bei hohem Verkehrsaufkommen ein hoher Abfertigungsbedarf besteht, der sich aber aus betriebswirtschaftlichen Gründen an dem von mehreren Flughäfen als optimal eingeschätzten Flughafen (beispielsweise wegen kurzer Entfernung zur City) konzentriert. Die übrigen Flughäfen ringen um Fluggäste und können notwendige Investitionen oft nicht vornehmen, weil ja „kein Bedarf 4 besteht. Dies zeigt sich beispielhaft an der Flughafenregion Berlin 13 , aber auch in den Regionen Frankfurt oder Düsseldorf/Köln-Bonn. In diesen Fällen stehen einem hochbelasteten Flughafen in der jeweiligen Region einer oder mehrere Flughäfen (bzw. Verkehrslandeplätze) im Umkreis von ca. 50 km oder weniger gegenüber, die unausgelastet sind.

13

2*

Vgl. Wilken, DLR-Forschungsbericht, S. 11 ff.

Einleitung

20

Von den vier deutschen Städten mit dem höchsten Passagieraufkommen (Frankfurt/Main, Düsseldorf, München und Berlin) konnte bisher nur die Stadt München ihre Kapazitäten durch den Bau eines neuen Flughafens entscheidend steigern. Die übrigen Regionen werden auf unabsehbare Zeit hinaus ihre Verkehrsprobleme aber nicht durch Neubauten lösen können. Selbst wenn in Berlin der Ausbau von Schönefeld als neuer Großflughafen alsbald begonnen wird, wird die Stadt wegen der zu erwartenden finanziellen und rechtlichen Probleme noch auf Jahre hinaus mit den 3 vorhandenen Flughäfen auskommen müssen. Da die Probleme in den genannten Regionen vielfach durch bloße Umverteilung von Verkehr innerhalb der Region lösbar wären, soll hier die Verkehrsverteilung bzw. -lenkung in Regionen mit mehreren Flughäfen (sog. Flughafensystemen) im Vordergrund stehen. Die Verkehrslenkung oder -aufteilung stellt die schnellste und kostengünstigste Möglichkeit im Vergleich zu Neu- oder Erweiterungsbauten dar. Eine Verlagerung von Flügen durch Verkehrslenkungsmaßnahmen setzt Rechtsgrundlagen voraus, mit der bestehende verkehrswissenschaffciche Lösungsvorschläge realisiert werden könnten. Eine Möglichkeit, wenigstens die vorhandenen Kapazitäten optimal zu nutzen, ist es, Differenzierungen zwischen den Flugverkehrsteilnehmern vorzunehmen. Dabei bietet sich eine gewichtsbezogene Differenzierung zwischen der Fliegerei bis 5,7 to, über 5,7 to bis 25 to und dem Großflugzeugverkehr über 25 to an. Weiterhin ist zwischen der gewerblichen Luftfahrt und der nicht gewerblichen Luftfahrt zu unterscheiden. Gelingt es beispielsweise, den nicht gewerblichen Verkehr (zeitlich oder generell) zu verlagern, wäre eine Anhebung des Kontingents für den gewerblichen Verkehr möglich, ohne daß die Zahl der Gesamtflugbewegungen zunehmen müßte. Dasselbe gilt für die Verlagerung bestimmter Betriebsformen zugunsten des Passagier-Linienverkehrs. Solche Probleme existieren in allen Regionen mit mehreren Flughäfen, insbesondere auch in Berlin, wo die Präferenzen aller Bewerber um Landerechte beim Flughafen Tegel liegen 14 . Gelingt es nicht, die vorhandenen Flughafenkapazitäten optimal zu nutzen, hat dies nachteilige Auswirkungen u.a. auch auf das Arbeitsplatzangebot. Allein auf den internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland gingen 1994 ca. 130.000 Personen einer Beschäftigung nach. Die A D V geht von ca. 1.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen je Million zusätzlicher Passagiere aus15.

14 15

Vgl. unten Teil III, I, S. 163.

ADV-Jahresbericht 1994, S. 24 f.; ähnlich, unter Hinweis auf verschiedene europäische Flughäfen, EuroBusiness, Sept. 1994, S. 40 ff.: „In search of a runway success

III. Gang der Untersuchung

21

I I I . Gang der Untersuchung Die vorliegende Arbeit soll zur Problemlösung eine zusammenfassende Darstellung der Möglichkeiten geben, wie mit rechtlichen Mitteln auf den Verkehrsablauf Einfluß genommen werden kann. Diese Möglichkeiten werden auf ihre rechtliche und praktische Anwendbarkeit hin überprüft. Hierzu wird in 3 Arbeitsschritten vorgegangen. -

Zunächst wird eine aktuelle Bestandsaufnahme der rechtlichen Grundlagen des Flughafenbenutzungsverhältnisses vorgenommen. Hierzu ist auch auf die historische Entwicklung des Flugplatzrechts in Deutschland einzugehen.

-

Der zweite Arbeitsschritt beleuchtet rechtliche Möglichkeiten, wie eine Verkehrsaufteilung vorgenommen werden könnte und fuhrt sie einer Wertung zu. Dabei wurden Besonderheiten und problemträchtige Schwerpunkte, wie der Frachtflugverkehr, Postflüge, die sog. Allgemeine Luftfahrt sowie der Charterverkehr als Vertriebsform berücksichtigt. Ziel dieses Abschnitts ist es, praktikable und rechtlich zulässige Möglichkeiten der Verkehrsaufteilung zu erarbeiten und ungeeignete zu verwerfen. Dabei erscheint ein gebührenrechtlicher Ansatz diskussionswürdig. Es ist bei den Gebühren und Entgelten der Billigkeitsbegriff auszufüllen und bei den Gebühren die Frage nach geeigneten Bemessungsgrundsätzen zu stellen.

-

Der dritte Arbeitsschritt soll die gewonnenen Ergebnisse daraufhin überprüfen, ob sie geeignet sind, in den problematischen Regionen mit mehreren Flughäfen eine Entlastung herbeizufuhren. Das erfolgt am Beispiel ausgewählter Flughafenregionen. Hierzu werden die Benutzungs- und Gebührenordnungen herangezogen. Schließlich ist der Rechtsschutz gegen die vorgeschlagenen Maßnahmen zu beleuchten und eine Gesamtbewertung abzugeben.

Teil I

Tatsächliche und rechtliche Reglementierungen der Luftfreiheit; das Flughafenbenutzungsverhältnis Um feststellen zu können, ob und wie rechtliche Maßnahmen mit verkehrsaufteilender Zielsetzung die geschilderte Problematik entschärfen können, müssen zuerst die rechtlichen Bedingungen aufgezeigt werden, unter denen Flughafenbetreiber und Flughafenbenutzer zueinander in Beziehung stehen: Wenn z.B. ein Flughafenbetreiber gezwungen wäre, prinzipiell jeden Benutzer aufzunehmen, würde dies den Spielraum für verkehrslenkende Maßnahmen erheblich verkleinern. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, daß sich das Rechtsverhältnis zwischen den Flugplätzen und ihren Benutzern nicht - wie etwa das Zivilrecht stetig entwickelt hat, sondern schubweise verändert wurde. Die Ursachen liegen in der Einflußnahme verschiedener Rechtsträger auf das Luftfahrtrecht, das sowohl vom ehemaligen Deutschen Reich wie auch durch die Länder, die Siegermächte des Ersten Weltkrieges, die Besatzungsmächte, den Bund und neuerdings teilweise auch von der Europäischen Union bestimmt wurde.

I. Die Entwicklung des Flugplatzrechts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1. Die Entwicklung des Luftverkehrs in Deutschland Nachdem sich am 3. Oktober 1785 in Frankfurt /Main zum ersten Mal ein Mensch mit einem Ballon in die Luft erhoben hatte1, blieb die Ballonfahrt fast im gesamten 19. Jahrhundert die einzige Form der Fortbewegung in der Luft. Das änderte sich erst mit der Erfindung des Verbrennungsmotors und des Luftschiffs. Die Luftfahrt wurde zunächst als Sport betrieben, dann aber schnell auch in ihrer militärischen Bedeutung erkannt 2. 1 2

Flughafen Frankfurt / Main AG, Ein Flughafen stellt sich vor, Frankfurt 1995, S. 3.

Weck, S. 190 f.; Meyer, Das Luftrecht im Jahre 1913 (Sonderabdruck aus „Jahrbuch des Völkerrechts"), München 1913, S. 1013.

I. Das Flugplatzrecht bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

23

Der erste Motorflug der Welt dauerte 12 Sekunden3. Am 17. Dezember 1903 gelang den Brüdern Wright der erste kontrollierte Flug 4 . Bereits im Juli 1909 überflog Blériot erstmals den Ärmelkanal. Im gleichen Jahr wurde in Paris das „Comité International Juridique de l'Aviation" als eine internationale rechtswissenschaftliche Vereinigung gegründet, die es sich zur Aufgabe gestellt hatte, den Entwurf eines umfassenden völkerrechtlichen Regelungswerks fur das Luftrecht - den Code International de l'Air - zu erarbeiten 5. 1910 wurde als eine der ersten Luftverkehrsgesellschaften der Welt (fur Zeppeline) die „Deutsche Luftschiffahrts-Aktiengesellschaft" (DELAG) in Frankfurt gegründet 6. Kurz darauf entstanden in Frankreich und Deutschland die ersten Entwürfe einer Luftfahrtgesetzgebung, die durch den steigenden Betrieb mit Luftschiffen und Flugzeugen notwendig wurden 7. Hervorzuheben ist, daß die am Comité Juridique beteiligten Rechtswissenschaftler trotz der nationalistischen Staatsraison in dieser Zeit bei ihren Tagungen 1911 und 1912 sogleich die kommende Internationalität der Luftfahrt erkannt hatten und teilweise die Rechtsgemeinschaft der Völker als einzig berufenen Gesetzgeber für das Luftfahrtrecht ansahen8. Die Arbeiten an einem allgemeingültigen Entwurf eines Luftgesetzbuches wurden bedingt durch den Ersten Weltkrieg abgebrochen. Zwar wurde die technische Entwicklung durch die militärischen Erfordernisse des Weltkrieges bedeutend „gefördert". Aber auch im Zivilluftverkehr setzte nach 1910 eine stürmische Entwicklung ein, die mit der PostbefÖrderung begann. a) Passagier- und Luftpostverkehr Die zunächst vom Deutschen Luftfahrerverband geführte Statistik wies Ende 1913 über 800 lizensierte Freiballonführer, 35 Luftschifführer und 357 Flugzeugführer aus, die von 54 Flugplätzen (größtenteils auch militärisch genutzt) aus operierten 9. Schon seit August 1913 bestand zwischen Frankreich und Deutschland ein Abkommen über den gegenseitigen Verkehr mit Luftfahrzeugen, nach dem für ein nichtmilitärisches Luftfahrzeug ein freies Landungsrecht im grenz3

Luftfahrt - Aviation International 1/1993, S. 64.

4

Bittlinger/Benkö,

S. 11.

5

Ebda., S. 11.

6

Flughafen Frankfurt/Main AG, a.a.O., S. 3.

7

Meyer, a.a.O., S. 1014.

8

Weck, S. 189.

9

Weck, S. 190.

24

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

überschreitenden Verkehr bestand, sofern für das Luftfahrzeug eine Zulassungsbescheinigung von der zuständigen Behörde erteilt worden war 10 . Im März 1918 wurde der erste planmäßige internationale Luftpostdienst der Welt zwischen Wien und Kiew aufgenommen. 1919 begann der regelmäßige internationale Linienverkehr im Personentransport zwischen Key West/Florida und Havanna auf Kuba 11 . Damit war die zivile Nutzung des Luftraumes eingeleitet12, die in den folgenden Jahren zu immer größerer wirtschaftlicher Bedeutung kam und damit auch Regelungsbedarf durch den Gesetzgeber zur Folge hatte. Um diese Entwicklung zu verdeutlichen, soll folgend kurz auf die Verkehrsentwicklung an einigen ausgewählten traditionsreichen deutschen Flughäfen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges eingegangen werden. Kennzeichnend ist, daß der gesetzliche Fortschritt mit der Entwicklung der Flughäfen historisch bedingt nicht synonym erfolgte, sondern durch zahlreiche Brüche gekennzeichnet war, deren Auswirkungen für das Recht der Flughäfen zum Teil bis heute spürbar sind.

b) Ausgewählte Flugplätze (Bremen, Köln-Bonn, Stuttgart) Als ältester Airport Deutschlands und damit einer der ältesten der Welt gilt der Flughafen Bremen, der 1913 als „Flugstation Bremen" eröffnet wurde. 1920 fand der erste internationale Linienflug von Bremen aus statt und zwar auf der Route Kopenhagen, Hamburg, Bremen, Amsterdam nach London. Die Finanzierung des Flugplatzes erfolgte zum Teil durch Bürger der Stadt, den Bremer Verein für Luftfahrt. Wegen Bedenken der ansässigen Landwirte gegen den Flugbetrieb kam es auch alsbald zu den ersten Flugverboten wegen Motorenlärms zum Schutz der Kühe 13 . Inzwischen gehört der Flughafen mit ca. 51.000 Flugbewegungen und rund 1,3 Mio. Fluggästen 10

Meyer, Das Luftrecht im Jahre 1913, S. 1014.

11

Bittlinger/Benkö,

S. 11.

12

So legte das im Jahre 1911 in Düsseldorf stationierte Luftschiff „Schwaben" auf 234 Fahrten 28.000 Kilometer zurück und beförderte dabei mehr als 4.500 Fahrgäste (Flughafen Düsseldorf im Wandel. Eine Dokumentation von 1909 bis 1990, S. 5). Ab 1912 bestand auch ein Luftschiffdienst zwischen Frankfurt und Baden-Baden durch das Luftschiff „Victoria Luise". Der nach dem Ersten Weltkrieg 1924 in Frankfurt wieder aufgenommene Flugbetrieb verzeichnete schon im ersten Jahr 234 Starts und Landungen mit 536 Fluggästen und 1.102 kg Luftpost (Frankfurt / Main Flughafen AG, Ein Flughafen stellt sich vor, Frankfurt/Main 1995, S. 3). Der Berliner Flughafen Tempelhof ging aus den Flugschauen hervor, die die Gebrüder Wright auf dem Gelände des späteren Flughafens 1909 veranstalteten (Senat von Berlin [Hrsg.], Flughafen Tempelhof, Berlin 1994). 13

Luftfahrt - Aviation International 1 /93, S. 64.

I. Das Flugplatzrecht bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

25

(1994) zwar zu den kleineren, aber regional bedeutsamen Flughäfen in Deutschland14. Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Flugplätzen begann die Geschichte des Flugverkehrs in Köln nicht am Standort des heutigen Flughafens, sondern in einem linksrheinischen Vorort von Köln. Der vom „Club für Luftschiffahrt" schon 1906 geförderte Zeppelinverkehr wurde auf dem Flugplatz Butzweilerhof aufgebaut. Das im Ersten Weltkrieg militärisch genutzte Gelände wurde ab 1926 wieder zu zivilen Zwecken angeflogen und verzeichnete damals schon 25 Starts und Landungen am Tag. Bedient wurden vor allem Strecken von und nach Frankreich, England und der Schweiz15. 1936 galt der Flugplatz Köln nach Berlin und gemeinsam mit Frankfurt als zweitgrößter in Deutschland. Der Zweite Weltkrieg stoppte die Entwicklung, die erst 1950 auf dem Gelände des heutigen Flughafens in der Wahner Heide fortgesetzt werden konnte. Nahe des heutigen Stuttgarter Flughafens landete am 4. August 1908 erstmals ein Zeppelin, der LZ 4. Für die ersten Motorflugversuche zwischen 1909 und 1911 wurde das Gelände des Cannstatter Wasens gewählt. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges erhielt die Militärfliegerei ein Areal bei Böblingen, das dadurch Militärflugplatz und Garnisonsstadt wurde. Weil infolge der Bestimmungen des Versailler Vertrages der Flugbetrieb in Böblingen eingestellt werden mußte, wichen die Zivilflieger wieder zum Cannstatter Wasen aus, der im Jahr 1919 Ausgangspunkt der ersten Linienflugverbindung von Stuttgart aus, nämlich nach Friedrichshafen und Konstanz, war. Der steigende Flugbetrieb erforderte alsbald den erneuten Umzug nach Böblingen, wo 1925 zum ersten Mal ein planmäßiges Verkehrsflugzeug vom Typ Dornier Merkur landete. Im Jahr zuvor war die Luftverkehr Württemberg Aktiengesellschaft gegründet worden, deren Anteilseigner das Land, die Stadt Stuttgart und württembergische Firmen waren. Für den heutige Zivilflughafen in Echterdingen hatten die Bauarbeiten 1937 begonnen. Nach der Inbetriebnahme 1939 fand kriegsbedingt zunächst nur Militärluftverkehr statt, dem nach dem Frankreichfeldzug 1940 dann der Zivilflugzeug verkehr folgte. Ende Oktober 1944 wurde der letzte Verkehrsflugbetrieb eingestellt und erst 1948 wieder aufgenommen 16.

14

Zahlenmaterial gem. ADV-Statistik.

15

Flughafen Köln-Bonn GmbH (Hrsg), Der Airport, Köln 1992, S. 16.

16

Hierzu: Flughafen Stuttgart GmbH: Der Flughafen Stuttgart. Geschichte und wirtschaftliche Bedeutung, Informationsblatt, Stuttgart, o.J.

26

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; FlughafenbenutzungsVerhältnis

2. Zuständigkeiten und Gesetze des Luftverkehrs Die Luftfahrtgesetzgebung in Deutschland bzw. in Preußen hielt bis zum Ersten Weltkrieg mit der internationalen Rechtsentwicklung nicht nur Schritt, sondern befand sich sogar in einer Vorreiterrolle. Dies entsprach Deutschlands Stellung als einer der ersten und fuhrenden Luftfahrtnationen. Da der Luftverkehr durch und in Folge des Ersten Weltkriegs aber weitgehend zum Erliegen gekommen und überdies wegen des Versailler Vertrages stark beschränkt war, wurde die Entwicklung des Luftrechts zurückgeworfen. Bei den ersten gesetzlichen Regelungen in Frankreich und Deutschland kann noch nicht vom „Flugplatzrecht" gesprochen werden, weil es Flugplätze im heutigen Sinne noch nicht gab. Zu den ersten gesetzlichen Regelungen zählte z.B. eine französische örtliche Verordnung von 1784, welche Ballonaufstiege von einer vorherigen Genehmigung abhängig machte und eine entsprechende Verordnung aus dem Jahre 1819. In Deutschland existierte seit 1892 ein Zirkular (Erlaß) des Preuß. Min. des Innern an die Regierungspräsidenten betreffend den Betrieb der Luftschiffahrt 17. Zu den ersten amtlichen Akten des 20. Jahrhunderts aus der Zeit vor 1911 gehören die vom Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg bzw. vom Polizeipräsidenten in Berlin herausgegebenen Erlasse betreffend die Regelungen des Luftverkehrs mit Flugmaschinen18. Nach 1911 begann die Arbeit an einem Entwurf fur ein Luftverkehrsgesetz (LuftVG), der im Januar 1913 fertiggestellt war und vom Bundesrat im Januar 1914 dem Reichstag vorgelegt wurde, der ihn im März an den zuständigen Ausschuß verwies 19 . Das Gesetz ist jedoch wegen des Kriegsausbruchs nicht in Kraft getreten. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Luftverkehr zunächst provisorisch durch die Verordnung betreffend die vorläufige Regelung der Luftfahrt vom 26. November 1918 geregelt (RGBl. S. 1337). 1920 folgte das Gesetz betreffend die vorläufige Regelung der Luftfahrt (Gesetz vom 3. Januar 1920, RGBl. I S. 14).

17

MinBl. 1892, S. 211; Meyer, Luftrecht in fünf Jahrzehnten, S. 40.

18

Meyer, Luftrecht, a.a.O., S. 41.

19 Die Zuständigkeit des Reiches konnte sich nur analog aus Art. 4 Ziff. 8 für das Verkehrsrecht (naturgemäß ohne Nennung des Luftverkehrs) bzw. den straf- und gewerberechtlichen Gesetzgebungskompetenzen der Art. 4 Ziff. 1 und 13 der Bismarckschen Reichsverfassung von 1871 ergeben. Vgl. auch Hofmann/Grabherr, LuftVG, Einleitung, S. 2; Zu den unterschiedlichen Berührungspunkten vgl. Jurisch, Das Luftrecht 1905, S. VI.

I. Das Flugplatzrecht bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

27

Eine in sich geschlossene und nicht mehr nur vorläufige Regelung schaffte erst das Luftverkehrsgesetz vom 10. August 1922 (RGBl. I S. 681), das durch die Luftverkehrsordnung (LVO) vom 19. Juli 1930 (RGBl. I S. 363) ergänzt wurde 20 . Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde das Gesetz verschiedentlich geändert und am 21. August 1936 neu bekanntgemacht (RGBl. I S. 653). Das LuftVG galt nach dem Zweiten Weltkrieg gem. Art. 123, 124 i.V.m. Art. 73 Nr. 6 GG als Bundesrecht fort, sofern es dem Grundgesetz nicht widersprach 21.

a) Vom ersten Entwurf eines LuftVG bis 1918 aa) Der Entwurf von 1913 Während der erste Entwurf eines LuftVG von den Reichsorganen Bundesrat und Reichstag beraten wurde, wäre die Ausführung des Gesetzes Ländersache gewesen22. Dementsprechend wies der Entwurf den Vollzug des geplanten Gesetzes den Bundesstaaten zu. Ohne das Gesetz galten jedoch die Länderregelungen weiter, wie z.B. die Preußische Ministerialverfügung vom 22. Oktober 1910. Diese und andere Verfügungen enthielten Vorschriften über den Aufstieg und die Fahrt von Luftfahrzeugen (gemeint sind in der Regel Ballone und Zeppeline) sowie Zulassungsvoraussetzungen für Luftfahrer 23. Flugzeuge durften im allgemeinen überall aufsteigen. Die Polizei war berechtigt, in bestimmten Bezirken den Aufstieg zu beschränken. Für Luftschiffe waren Beschränkungen nicht gegeben. Es war Luftfahrzeugen verboten, bestimmte Anlagen, insbesondere Festungsanlagen oder Hochspannungsnetzanlagen zu überfliegen 24. Der bereits erwähnte Entwurf für ein Luftgesetzbuch enthielt dagegen in Art. 11 und 14 schon Schadensersatzvorschriften für durch das Hinabwerfen von Gegenständen und die Landung hervorgerufene Schäden. Die Landung 20 Drei Jahre nach der Verabschiedung des LuftVG wurde an der Universität Königsberg das erste Institut der Welt gegründet, das sich speziell mit den Rechtsfragen des Luftverkehrs befaßte, Bittlinger/Benkö, S. 14. 21 Vgl. zum Überblick und hinsichtlich der Änderungsgesetze zum LuftVG Hofmann/ Grabherr, LuftVG, Einleitung, S. 2 ff., sowie Koffka, LuftVG, Einleitung, S. 9. 22

Darsow, Neuordnung, S. 222; Menger, Rn. 294.

23

Weck, S. 240 ff.

24

Weck,, S. 241 f.

28

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

sollte nach Art. 9 auf freiem Feld grundsätzlich gestattet sein und war innerhalb bewohnter Orte nur auf den durch die öffentliche Behörde bestimmten Plätzen erlaubt 25. bb) Die Verordnung vom 26. November 1918 betreffend die vorläufige Regelung der Luftfahrt Die Verordnung des Rates der Volksbeauftragten betreffend die vorläufige Regelung der Luftfahrt vom 26. November 1918 übertrug die Aufgaben der Luftfahrtregelung zunächst dem Reichsamt des Innern, das seinerseits - wie vorgesehen - durch Erlaß ein Reichsluftfahrtamt errichtete. Es folgte eine weitere Verordnung zur Regelung des Luftfahrtrechts vom 7. Dezember 1918, die durch das von der Deutschen Nationalversammlung beschlossene Übergangsgesetz vom 4. März 1919 (RGBl. S. 285) bestätigt wurde. 1920 ging die Zuständigkeit für das Luftfahrtwesen auf das neu gebildete Reichsverkehrsministerium über 26 . Nach der Amtsübergabe durch den Reichskanzler Prinz Max von Baden am 9. November 1918 an den späteren Reichspräsidenten Friedrich Ebert war der Rat der Volksbeauftragten gegründet worden. Ebert erhielt den Vorsitz. Der Rat war bis zur Konstituierung der Nationalversammlung zur Ausarbeitung der Weimarer Verfassung sowohl von den Arbeiter- und Soldatenräten wie auch durch die Verwaltung anerkannt 27. Die Luftfahrt in Deutschland war durch den Vertrag von Versailles strengen Beschränkungen unterworfen 28. Alle Luftschiffe wurden zerstört oder mußten an die Siegermächte abgeliefert werden, die ein freies Nutzungsrecht des deutschen Luftraumes und Landungsrecht für ihre Luftfahrzeuge erhielten. Nach Art. 201 und 202 V V durfte Flugzeugbedarf für 6 Monate weder hergestellt noch eingeführt werden. Auch fast alle Flugzeughallen wurden zerstört. In den besetzten Gebieten und der neutralisierten Rheinlandzone durften gem. Art. 198 ff. V V keine Flugplätze angelegt werden. Die VO des Rates der Volksbeauftragten war somit von den Tatsachen gewissermaßen „abgehoben" erlassen worden, weil der entsprechende Luftverkehr gar nicht stattfand. Dennoch dokumentierte sie den Willen des Rei25

Weck, S. 244 f.; Böckstiegel/Krämer,

ZLW 1993, S. 345.

26

Meyer, Luftrecht, S. 46; Rehm, DÖV 1961, S. 216; Hofmann/Grabherr, LuftVG, Einleitung, S. 2; Koffka, S. 9; Bredow/Müller, Einleitung, S. 1 f.; Darsow, ZLW 1961, S. 222, 223. 27 28

Menger, Rn. 336 ff.

Vgl. hierzu Bartz, Deutsche Luftrechtspolitik seit Versailles, Berlin 1927; Bredow/ Müller, Luftverkehrsgesetz, S. 3 ff.

I. Das Flugplatzrecht bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

29

ches, trotz der umfassenden Rechte der Siegermächte die Lufthoheit über Deutschland zu erhalten. Sie muß somit zunächst als politische Reaktion auf die tatsächlichen Gegebenheiten und völkerrechtlichen Verhältnisse angesehen werden. Ihr kommt allerdings auch deshalb besondere Bedeutung zu, weil der Luftverkehr durch die in der Verordnung und den Folgeregelungen erlassenen Vorschriften zur Reichssache wurde und die Länder damit von der Luftverkehrsverwaltung ausgeschlossen waren. So durfte das Reichsluftfahrtamt nach seinem Ermessen Luftfahrzeuge, Luftfahrer, Flugplätze, Luftfahrtunternehmen und Luftfahrtveranstaltungen zulassen29. Schließlich übertrug Art. 7 WRV die Gesetzgebung über den „Verkehr mit Kraftfahrzeugen in der Luft" dem Reich 30 . Der Weg für eine formal einheitliche Gesetzgebung über den Luftverkehr und damit auch über die Flugplätze war damit frei. Der Gesetzgeber erarbeitete seit 1920 das erste Luftverkehrsgesetz, das am 10. August 1922 verkündet wurde und nach einer speziellen Regelung in Teilen bis zum 1. September 1923 in Kraft getreten ist. Somit war es gerade noch gelungen, in der Zeit des nun beginnenden zivilen Motorflugverkehrs rechtzeitig eine gesetzliche Regelung zu treffen, die eine Weiterentwicklung des Luftverkehrs und der Flugplätze in Deutschland ermöglichen konnte. b) Das Luftverkehrsrecht in der Weimarer Republik aa) Das LuftVG vom 1. August 1922 Das Luftverkehrsgesetz von 1922 basierte in weiten Teilen auf den Vorarbeiten zum Entwurf von 1913/14. Obwohl Deutschland zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes dem Pariser Luftverkehrsabkommen noch nicht beigetreten war, hatte man das Gesetz in einigen Teilen den dortigen Regelungen schon angepaßt, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit, später im internationalen Verkehr die in dem Abkommen vorgesehenen zwischenstaatlichen Luftverkehrsverträge abzuschließen31. Das Luftverkehrsrecht wurde durch das Gesetz allerdings nur in seinen Grundzügen festgelegt und die nähere Ausgestaltung einer noch zu erlassenden Verordnung, der LuftVO, überlassen. Dazu kam es aber aufgrund der

29

Koffka,

30

Darsow, ZLW 1961, S. 223.

31

Bredow/Müller,

LuftVG, Einleitung, S. 9. LuftVG, Einleitung, S. 10.

30

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

häufigen Regierungskrisen in der Weimarer Republik erst einige Jahre später, nämlich 1930. Inhaltlich ist zum LuftVG 1922 hervorzuheben, daß es eine Haftpflicht des Luftfahrzeughalters gab, die über die noch im Entwurf von 1913 vorgesehene Haftung hinausging, so daß nicht mehr auf die allgemeinen Regelungen des BGB zurückgegriffen werden mußte32. Hinzu traten verschiedene Strafbestimmungen zu luftfahrtspezifischen Tatbeständen. Die drei Abschnitte des Gesetzes waren dem Luftverkehr, der Haftpflicht sowie den Strafbestimmungen und den Schlußvorschriften gewidmet. Die § § 1 - 6 LuftVG im ersten Abschnitt galten den Luftfahrzeugen und den Luftfahrern. Für Flieger und Flugplätze gleichermaßen bedeutsam war § 1 LuftVG, nach dem die Benutzung des Luftraumes grundsätzlich frei war 33 . Der Unterabschnitt B. des ersten Abschnitts enthielt die Vorschriften über die Flugplätze in seinen §§ 7 - 1 0 LuftVG, der Unterabschnitt C. die Regelungen für Luftfahrtunternehmen und -Veranstaltungen. Nach § 7 LuftVG bedurften Flughäfen einer Genehmigung der Reichsregierung und der zuständigen Landesbehörde, die zu versagen war, wenn das in Aussicht genommene Gelände ungeeignet war oder Tatsachen dafür vorlagen, daß der Betrieb unzuverlässig geführt wurde. Diese Genehmigungsvoraussetzungen galten nach § 7 S. 3 LuftVG allerdings nicht für Reichs- und Staatsbetriebe, die im öffentlichen Interesse lagen. Hierzu wurden solche zur Befriedigung eines „allgemeinen Bedürfnisses" gezählt, insbesondere Flughäfen, die der Personen- und Güterbeförderung im Rahmen der Reichsverkehrsverwaltung oder zu Postzwecken dienten 34 . § 8 LuftVG sah eine sog. - später durch die LuftVO auf einen Umkreis von 10 km festgesetzte - Flughafenzone vor, die nicht etwa dem Schutz der Anwohner diente, sondern dem zulassungsfreien Verkehr Übungsflüge mit behördlich nicht zugelassenen Luftfahrzeugen ermöglichen sollte 35 . Nachbarschutz wurde lediglich durch den Verweis in § 10 LuftVG auf die Rechte der Anlieger nach § 26 GewO gewährt. Danach waren die Rechte der 32

Ebda., S. 10.

33

Das heute geltende LuftVG vom 14.01.1981 (BGBl. I S. 61) enthält in seinem § 1 eine weitgehend wortgleiche Vorschrift. 34

Bredow /Müller,

35

Schleicher, § 8 LuftVG, S. 64; Bredow/Müller,

§ 7 LuftVG, S. 136. § 8 LuftVG, S. 137.

I. Das Flugplatzrecht bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

31

Nachbarn zur Abwehr nachteiliger Einwirkungen der Anlage (also des Flughafens) auf deren Grundstücke, wie z.B. Abwehransprüche gem. § 906 BGB nur auf die Einhaltung geeigneter Schutzmaßnahmen oder Schadensersatz gerichtet, nicht aber auf Unterlassung oder Beschränkung des Flughafenbetriebs. Störungen durch die Luftfahrzeuge aus dem Flugbetrieb selbst waren nicht umfaßt 36. Hinsichtlich der Ausführung des Gesetzes ist bemerkenswert, daß die dem Gesetz vorausgegangenen vorläufigen Regelungen nicht konsequent weitergeführt wurden. So war das Reichsluftfahrtamt seit 1918 für alle Verwaltungsakte im Luftverkehrsbereich zuständig. Der Entwurf von 1913 war hingegen noch von der Ausführung des Gesetzes durch die Länder ausgegangen. Auch Art. 14 WRV sah dann den grundsätzlichen Vollzug von Reichsgesetzen durch die Länder vor, so daß es im LuftVG einer Regelung bedurft hätte, welche die Ausführung dieses Reichsgesetzes bei den Reichsbehörden beließ. Eine solche Regelung wurde aber nicht getroffen, von wenigen Ausnahmen, die Tatbestände mit Auslandsberührung betrafen (z.B. § 11 I I LuftVG) abgesehen37. Bis zum Erlaß der LuftVO 1930 hatten die Länder allerdings auf ihre Verwaltungskompetenzen bei der Ausführung des LuftVG verzichtet, zum Teil, weil sie die damit verbundenen erheblichen Kosten fürchteten, aber auch, weil die aufkommende Internationalität des Luftverkehrs eine eigene Luftverkehrsverwaltung jedes Landes unpraktikabel gemacht hätte38. Zu einem Verfassungskonflikt kam es daher über diese Frage nicht. Auch in der LuftVO von 1930 wurde eine entsprechende Länderkompetenz nicht begründet. Vielmehr verzichteten die Länder durch ihre trotzdem erteilte Zustimmung zur VO insoweit auf ihre Rechte und ließen diese Abweichung von der verfassungsgemäßen Regelung mit einer amtlichen Erläuterung der LuftVO durch den Reichsrat erklären, nach der die nicht verfassungskonforme Kompetenzregelung bei der Ausführung des Gesetzes wegen der Eigenart der Flugzeuge als grenzübergreifendes Schnellverkehrsmittel akzeptiert wurde 39 .

36

Bredow /Müller,

37

Darsow, ZLW 1961, S. 222.

3B

Ebda., S. 223.

39

§ 10 LuftVG, S. 139.

Darsow, ZLW 1961, S. 223; Ziff. 2 der Begründung zur VO über den Luftverkehr vom 19.07.1930 (RGBl. I S. 363), zitiert nach Schleicher, LuftVG, S. 140.

32

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis bb) Die Verordnung

über Luftverkehr

vom 19. Juli 1930

Die LuftVO lieferte erst 8 Jahre nach Inkrafttreten des LuftVG konkret ergänzende Vorschriften wie z.B., daß die Größe der Flughafenzone nach § 8 LuftVG gem. § 36 LuftVO 10 km um den Mittelpunkt des Flughafens betragen sollte. Die Flughäfen und Verkehrslandeplätze betreffenden Vorschriften finden sich in den §§ 3 5 - 4 8 LuftVO. Hinzu traten 12 Anlagen mit technischen Bestimmungen. Trotz der Ermächtigung in § 17 Nr. 1 LuftVG enthielt die VO keine Vorschriften zur Ausführung des § 15 LuftVG über die Enteignung zum Zwecke der Luftfahrt. Die landesrechtlichen Enteignungsverfahren sollten insoweit bestehen bleiben 40 . Die VO regelte den Verlauf des Genehmigungsverfahrens und das Verhältnis zum örtlichen Baurecht in den §§ 37-41. Wesentliche Bestimmungen, die heute in der LuftVZO enthalten sind, finden sich bereits in der LuftVO von 1930, wie die Vorschriften über Auflagen zur Genehmigung und die Rücknahme bzw. den Widerruf der Genehmigung (§§ 41, 44 LuftVO 1930, § 48 LuftVZO, Auflagen allerdings gem. § 6 I LuftVG 1981) oder die Aufstellung einer Benutzungs- und Gebührenordnung (§ 42 LuftVO 1930, § 43 LuftVZO). Eine dem heutigen § 45 LuftVZO entsprechende Betriebspflicht des Flughafenbetreibers fehlt jedoch im Pflichtenkatalog des dieser Vorschrift entsprechenden § 45 LuftVO 1930. Allerdings wurde eine beschränkte Betriebsführungspflicht des Flughafenunternehmens angenommen41. Adäquates Pendant zur heutigen Regelung über die Aufteilung der Flugplätze in Flughäfen und Verkehrslandeplätze ist die Kategorisierung in § 35 LuftVO 1930 in Flughäfen erster und zweiter Ordnung 42. Die Verordnung kennt auch bereits die Unterscheidung zwischen Flughäfen des öffentlichen Verkehrs und Sonderflughäfen (Privatflughäfen) in § 35 LuftVO 1930 bzw. § 47 LuftVO 1930 (entspr. § 38 LuftVZO). Wegen des angesprochenen Verzichts der Länder auf Ihre Verwaltungskompetenzen war das Genehmigungsverfahren zwar so ausgestaltet, daß die Anträge an die Landesbehörden zu richten waren, die auch berechtigt waren, den Antrag abzulehnen, §§ 38, 39 LuftVO. Im Gegensatz zur heutigen Regelung nach § 39 LuftVZO, der eine Alleinzuständigkeit der Länder vorsieht, konnte die Flughafengenehmigung nach der LuftVO 1930 aber nur nach Zu40

Ziff. 6 der Allgemeinen amtlichen Begründung zur LuftVO.

41

Kofflca,

42

Amtl. Begründung zu § 35 LuftVO, zitiert nach Schleicher, § 35 LuftVG, S. 166.

§ 7 LuftVG, S. 49.

I. Das Flugplatzrecht bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

33

Stimmung durch den Reichsverkehrsminister ergehen, §§ 39, 40 LuftVO 1930. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die wesentlichen Grundlagen des Luftverkehrsrechts und insbesondere des Flugplatzrechts durch die Gesetzgebung der Weimarer Republik mit den genannten Vorschriften gelegt wurden. Bestimmte Einzelfragen werden im folgenden noch dargestellt 43. Noch vor der formalen Gleichschaltung der Reichsluftfahrtverwaltung durch das nationalsozialistische Regime war die Luftverkehrsverwaltung durch die starke Stellung des Reiches im Grundsatz zu einer Reichsangelegenheit geworden 44 . c) Vom Reichskommissar für Luftfahrt bis zum Verbot jeglichen Luftverkehrs Im Rahmen der Gleichschaltung wurde die Luftfahrtverwaltung durch die Verordnung vom 2. Februar 1933, das Gesetz über die Reichsluftfahrtverwaltung vom 15. Dezember 1933 und die Verordnung über das Reichsluftfahrtministerium endgültig in Reichshand zentralisiert. Durch diese Vorschriften wurde zunächst ein Reichsluftfahrtkommissar bestellt und die verbliebenen Aufgaben der Landeszentralbehörden auf das neu gebildete Reichsluftfahrtministerium übertragen 45. Nachdem durch das Gesetz über den Neuaufbau des Reiches vom 30. Januar 1934 (RGBl. I S. 75) alle Hoheitsaufgaben der Länder auf das Reich übernommen worden waren, wurde auch für die Reichsluftfahrtverwaltung ein selbständiger Unterbau geschaffen 46. Materiell brachte die Zeit bis zum Ende des zweiten Weltkrieges nur noch wenige bedeutsame Veränderungen. Zu nennen ist die Einführung des Flugplatzzwanges durch die Aufhebung des bis dahin noch bestehenden freien Landungsrechtes außerhalb von Flughäfen durch das Änderungsgesetz zum LuftVG vom 19. Dezember 1935 und die Einfügung der §§ l O a - h LuftVG, durch die Flughäfen unter besonderes Bau- und Nachbarrecht gestellt wurden, mit dem Änderungsgesetz zum LuftVG vom 27. September 1938.

43

Vgl. unten S. 34 ff.

44

Darsow, ZLW 1961, S. 223.

45

Hofmann/Grabherr, LuftVG, Einleitung, S. 2a; Darsow, ZLW 1961, S. 223; Meyer, 25 Jahre Luftrecht, S. 47; Kofjka, LuftVG, Einleitung, S. 10 f. 46

Darsow, ZLW 1961, S. 223 f; Hofmann/Grabherr,

3 Zielke

LuftVG, Einleitung, S. 2a f.

34

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungserhältnis

Zuvor war das LuftVG am 21. August 1936 in neuer Fassung bekannt gemacht worden, um die seit dem Zeitpunkt seiner Verkündung vorgenommenen Änderungen zusammenfassend darstellen zu können47. Noch 1943 wurden die Haftungsbestimmungen im LuftVG an die entsprechenden internationalen Abkommen von Rom (29. März 1933) und Warschau (12. Oktober 1929) angepaßt. Mit Kriegsende 1945 ging die Luftfahrthoheit vollständig auf die Besatzungsmächte über, die sie durch eigene besatzungsrechtliche Vorschriften und ihre Erklärung vom 5. Juni 1945 selbst ausübten48. Dem Chicagoer Abkommen vom 7. Dezember 1944, das mit der Vereinbarung der „Fünf Freiheiten der Luft" die künftigen zwischenstaatlichen Grundlagen für den internationalen Luftverkehr legte, trat die Bundesrepublik Deutschland 1956 bei 49 .

3. Fragen der Flughafenbenutzung a) Vom allgemeinen Landerecht zum Flugplatzzwang Wie bereits in den vorangegangenen Abschnitten dargestellt, war es in den ersten Jahren der Fliegerei erlaubt, überall zu starten und zu landen, wobei über Festungsanlagen und bewohnten Gebieten polizeiliche oder gesetzliche Einschränkungen bestanden50. Ansonsten bedurfte es weder einer öffentlichrechtlichen Genehmigung noch der Zustimmung des Grundstückseigentümers 51. In dem möglichst weitgehend interpretierten Start- und Landerecht wurde die Konkretisierung des Grundsatzes der Freiheit der Luft verstanden, wie sie auch von § 1 LuftVG von 1922 gesetzlich festgeschrieben worden war 52 . Bis zum späteren Ansteigen des Aufkommens der zivilen Luftfahrt waren Flugzeuge allerdings auch verhältnismäßig klein und selten, so daß größere Schäden von ihnen nicht zu befürchten waren. Auch die Zeit nach dem ersten Weltkrieg brachte zunächst keine gesetzliche Änderung. Auch die umfassenden Regelungen des LuftVG von 1922 sahen eine weitgehende Start- und Landefreiheit vor, § 12 LuftVG. Obwohl nun innerhalb geschlossener Ortschaften die Verpflichtung bestand, einen 47

Vgl. zu den Änderungen Hofmann /Grabherr,

4K

Darsow, ZLW 1961, S. 224.

49

Dollinger, S. 27.

50

Weck, S. 241.

51

Schwenk, Handbuch, S. 355.

52

Böckstiegel /Krämer,

S. 345.

LuftVG, Einleitung, S. 3.

I. Das Flugplatzrecht bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

35

Flughafen zu benutzen (Flugplatzzwang), war es außerhalb noch zulässig, überall auf nicht eingefriedetem Besitztum zu landen. Allerdings war die Besatzung verpflichtet, zum Zwecke der Feststellung etwaiger Schäden dem Berechtigten Auskunft über den Flugzeughalter zu geben, § 12 S. 3 LuftVG 1922. Diese Regelung beruhte jedoch nicht auf einer besonderen Liberalität dem Flugverkehr gegenüber, sondern war eine politische Folge des Versailler Vertrages, der den ausländischen Luftfahrzeugen das Recht einräumte, im Reichsgebiet uneingeschränkte Landungsrechte wahrzunehmen 53. Die deutschen Luftfahrer sollten durch die deutschen Gesetze nicht schlechter gestellt werden als ausländische Flieger 54 . Die in § 12 S. 2 LuftVG 1922 den Verwaltungsbehörden eingeräumte Möglichkeit, für einzelne Gebiete Landungsverbote zu verhängen, wurde zunächst nur im staatlichen Sicherheitsinteresse verstanden, mehr und mehr setzte sich aber auch der Gedanke des Eigentums- und Gesundheitsschutzes für Grundstückseigentümer und die Bevölkerung durch 55 . Mit der Änderung des LuftVG 1935 wurde in § 12 das Landungsrecht auf Privatgrundstücken von einer entsprechenden Genehmigung abhängig gemacht und der Verstoß unter Strafe gestellt56. Damit war der bis heute bestehende und ausgebaute Flugplatzzwang eingeführt, der sich jetzt in § 25 LuftVG 1981 findet.

b) Nachbar- und Bauschutz Bereits § 10 LuftVG 1922 regelte in beschränktem Umfang den Nachbarschutz für die Anlieger eines Flughafens, indem er auf die Anliegerrechte nach § 26 GewO verwies. Der später abgeschaffte § 26 GewO eröffnete aber nur einen rudimentären Schutz, denn er verwehrte es den Anliegern, gegen die Anlage selbst vorzugehen. Er besagte lediglich, daß privatrechtliche Ansprüche gegen eine genehmigte Anlage nicht auf Einstellung des Betriebs, sondern nur auf Errichtung geeigneter Schutzmaßnahmen gerichtet sein konnten. Unter Berufung auf den Grundsatz der Freiheit der Luft nach § 1 LuftVG wurde darüber hinaus vertreten, daß Anspruchsgegner nur der Flughafenbetreiber selbst, nicht aber der Luftfahrzeughalter sein konnte. Damit

3*

53

Schwenk, Handbuch, S. 355; Böckstiegel/Krämer,

54

Bredow /Müller,

55

Böckstiegel/Krämer,

56

Kofjka,

S. 347.

LuftVG, Einleitung, S. 8. S. 347.

LuftVG, Einleitung, S. 11; Böckstiegel/Krämer,

S. 345.

36

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

entfielen zur Begründung des Anspruchs alle Tatsachen, die unmittelbar aus dem Flugbetrieb herrührten 57. Nach anderer Auffassung war Störer im Sinne von § 10 LuftVG i.V.m. § 26 GewO nicht der Flughafenunternehmer, sondern der Luftfahrzeughalter, der aber wiederum wegen § 1 LuftVG nicht schadensersatzpflichtig gemacht werden könne 58 . Dafür wurde den Anliegern von dieser vertretenen Auffassung aber unter Berufung auf ein schon vor Inkrafttreten des LuftVG 1922 ergangenes RG-Urteil vom 18. Oktober 191959 zugestanden, die Klage gegen den Flughafenunternehmer zu richten, weil dieser durch die Bereitstellung des Flughafens selbst die Ursache für die Belästigung durch Flugzeuge und deren Lärm gesetzt habe60. Weitere Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex ist - bis auf die zitierte Entscheidung des Reichsgerichts - nicht ersichtlich. Die das Anlegen von Flugplätzen begünstigenden Regelungen wurden ergänzt durch § 28 I LuftVO 1930, der einen Bauschutzbereich um einen Flughafen vorsah. In diesem Bereich durften genehmigungs- oder anzeigepflichtige Anlagen, die geeignet waren, den Luftverkehr zu stören, nur errichtet werden, wenn die zuständige Genehmigungsbehörde vor ihrer Entscheidung das Luftamt angehört hatte61. Ob die Bedenken des Luftamtes zu einem Bauverbot führten, richtete sich nach dem jeweiligen Landesbaupolizeirecht 62. Bauschutzvorschriften wurden mit dem Änderungsgesetz vom 27. September 1938 (RGBl. I S. 1246) durch die §§ l O a - h LuftVG auch in das Luftverkehrsgesetz selbst eingefügt 63. c) Benutzungsordnung und Gebühren In der Betriebsgenehmigung des Flughafens nach § 7 LuftVG 1922 wurde gleichzeitig die Widmung zum öffentlichen Verkehr gesehen, die einerseits einen Benutzungsanspruch des Luftfahrers, insbesondere mit Rücksicht auf völkerrechtliche Verträge, beinhaltete. Andererseits wurde aus der Widmung 57

Bredow/Müller,

58

Döring, § 10 LuftVG, lb, S. 37.

59

RGZ 97, 25 (26).

§ 10 LuftVG, S. 139 f.

60

Döring, § 10 LuftVG, lb, S. 37; Schleicher, § 10 LuftVG, S. 64; Kofjka, § 10 LuftVG, S. 55; RGZ 97, 25 (26). Zu beachten ist, daß der Flughafenunternehmer in dem entschiedenen Fall aber gleichzeitig eine Fliegerschule betrieb, so daß offenbleiben konnte, ob die Störereigenschaft gem. § 1004 BGB aus der Tätigkeit als Flugschulunternehmer oder als Flughafenunternehmer hergeleitet werden konnte. 61

Kofjka,

§ 8 LuftVG, III, S. 53.

62

Koffka,

§ 8 LuftVG, III, S. 54.

63

Hofmann/Grabherr,

LuftVG, Einleitung, S. 3.

37

II. Die geltende Rechtslage

auch auf eine gewisse Betriebspflicht geschlossen, die in der alten Fassung des § 45 LuftVO aber explizit noch nicht enthalten war (wie jetzt in § 45 I 1 LuftVZO) 64 . Der Flughafenbetreiber hatte eine Benutzungs-, nicht aber eine Gebührenordnung zu erlassen, die von der zuständigen Behörde zu genehmigen war. Das Benutzungsverhältnis - so wurde 1937 vertreten — sei nicht vertraglich, sondern öffentlich-rechtlich und folge unmittelbar aus der Betriebsordnung. Das gelte auch fur den öffentlich-rechtlichen Charakter der Benutzungsgebühren 65. Noch wenige Jahre zuvor waren v. Unruh und Schleicher vom privatrechtlichen Charakter der Gebühren für die Inanspruchnahme der Flughafeneinrichtungen ausgegangen. Das ergebe sich aus dem Kriterium, welcher individuellen Rechtssphäre das Verhältnis zwischen den beteiligten Parteien entstamme und insbesondere aus dem Umstand, daß der Flughafenunternehmer mit der Verfolgung des Gebührenanspruches nur sein wirtschaftliches Ausgleichsinteresse für die Inanspruchnahme des Flughafens geltend mache66. Diese Auffassung hat sich heute durchgesetzt. Die Flughafengebühren für die Benutzung der Landeeinrichtungen stellen sich nach heute fast einhelliger Meinung als privatrechtliches Entgelt dar 67 .

II. Die geltende Rechtslage Die luftverkehrsrechtlichen Vorschriften dienen in erster Linie der Gefahrenabwehr, während die aktuelle Problematik des Luftverkehrs durch die Knappheit von Luftraum und Lande- bzw. Startkapazität gekennzeichnet ist 68 . Es stellt sich daher zunächst die Frage, ob es ein allgemeines subjektives Recht jedes potentiellen Luftfahrers auf uneingeschränkte Flughafenbenutzung — von den sicherheits- und lärmschutzrechtlichen Bestimmungen abgesehen - gibt. Dadurch wäre es Flughäfen erst bei Kapazitätsüberschreitung möglich, Luftfahrzeuge abzuweisen. Der Begriff des Flughafens wurde vom Gesetz zunächst nicht näher ausgeführt. Er wurde erst durch die LuftVO von 1930 legaldefiniert, nach deren 64

Schleicher, § 7 LuftVG, 3c, S. 60; wohl auch Kofjka,

65

Kofjka,

66

von Unruh, Flughafenrecht 1934, S. 67 ff.; Schleicher, § 42 LuftVO, 1, S. 171.

§ 7 LuftVG, S. 47, 49.

§ 7 LuftVG, S. 50.

67

BGH, LM 1973 Bl. 818, Nr. 1 zu § 45 LuftVZO; BGH, ZLW 1974, S. 77 ff.; ZLW 1978, S. 140; FG München, ZfL 1954, S. 381 f; Schwenk., Handbuch, S. 419 ff. m.w.N.; Hofmann/Grabherr, § 6 LuftVG, Rn. 158, 166 ff.; Giemulla/Lau, § 43 LuftVZO, Rn. 3. 68

Schwenk, ZLW 1988, S. 302 f.

38

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

§ 35 ein Flughafen eine Anlage war, die durch Einrichtungen fur Anflug und Landung von Luftfahrzeugen dem allgemeinen Luftverkehr oder Sonderzwekken zu dienen bestimmt war 69 . Im LuftVG selbst existiert eine Definition des Flugplatzes — gemeint sind Flughäfen und Verkehrslandeplätze - bis heute nicht. Annex 14 zum Chicagoer Abkommen bezeichnet als Flugplatz ein „festgelegtes Gebiet auf dem Lande oder Wasser, das ganz oder teilweise fur Ankunft, Abflug und Bewegungen von Luftfahrzeugen bestimmt ist". Vor dem Chicagoer Abkommen wurde in der Literatur als Flughafen ein zum Abflug und zur Landung bestimmtes Gelände verstanden, zu dem auch das Abfertigungsvorfeld, die sonstigen Anlagen und die Flughafenzone gehörte 70. Die mehrfache, jedoch nicht regelmäßige Landung auf einem Gelände konnte noch keine Flugplatzqualität begründen, die dann eine Betriebsgenehmigung erfordert hätte71. Ein Flughafensystem liegt dann vor, wenn mehrere Flughäfen von einem Eigentümer betrieben werden (z.B. Flughafen-Holding Berlin-Brandenburg 72). Allerdings müssen die Flughäfen auch geografisch verhältnismäßig nahe beieinander liegen. Die Eigentümereigenschaft eines Rechtsträgers bei mehreren Flughäfen reicht nicht aus73. Faktisch liegt ein Flughafensystem aber auch dann vor, wenn mehrere Flughäfen wegen ihrer räumlichen Nähe gegenseitige Entlastungsfunktion wahrnehmen könnten, ohne daß sie in einheitlicher Trägerschaft betrieben werden. Entscheidend ist dabei, ob sich die Einzugsbereiche der betreffenden Flughäfen überschneiden, so daß die Einwohner der fraglichen Region manchmal sowohl den einen wie auch den anderen Flughafen in Anspruch nehmen74. Von rechtlichem Interesse ist diese Frage allein dann, wenn es dar69

Böckstiegel /Krämer,

70

Wegerdt,

71

Bredow/Müller,

72

Vgl. unten S. 162.

S. 351; Schleicher, LuftVG, S. 166; Kofjka, L u f t V G , S. 47.

S. 29. § 7 LuftVG, S. 134; Böckstiegel /Krämer,

S. 351.

73 So ist der Bund z.B. unter anderem an den Flughäfen Frankfurt/Main, München oder Köln als Anteilseigner beteiligt, ohne daß deshalb von einem Flughafensystem gesprochen werden kann. Andererseits umfaßt die Berliner Flughafen-Holding nur die Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof, aber nicht den Flughafen Berlin-Schönefeld, obwohl die genannten Flughäfen geografisch nahe beieinander liegen und faktisch gegenseitige Entlastungsfunktion wahrnehmen könnten. Dasselbe gilt fur die Flughäfen Düsseldorf und Köln-Bonn, die keine Eigentümeridentität haben und dennoch nur ca. 40 km auseinander liegen. Die Reihe der Beispiele ließe sich fortsetzen. 74 Die kritische Entfernungsschwelle dürfte dann überschritten sein, wenn der Verkehr zwischen beiden Orten seinerseits durch Linienflüge vorgenommen werden kann. So wird man die Flughäfen Köln und Frankfurt / Main nicht mehr als einer Stadtregion zugehörig bezeichnen können. Andererseits kommt es auf das Verkehrssegment an. So wie z.B. die

II. Die geltende Rechtslage

39

um geht, eine mögliche marktbeherrschende Stellung des betreffenden Flughafens zu prüfen 75. Die hier verwendete Definition ist etwas weiter als die EU-rechtliche Terminologie. Danach ist ein Flughafensystem eine Gruppe von Flughäfen, die zur Bedienung derselben Stadt oder desselben Ballungsgebietes zusammengeschlossen sind 76 . Für die Annahme eines Flughafensystems ist aber der formale Zusammenschluß nicht erforderlich. Es kommt bei der Bewertung, ob der gegenseitige Entsatz von Flughafenkapazitäten in Engpaßsituationen möglich und zumutbar ist auf die gemeinsame Trägerschaft der beteiligten Flughäfen nicht an. Für den Flieger ist entscheidend, ob es zumutbar und verhältnismäßig ist, die geplante Landung nicht am gewünschten Ort, sondern auf einem benachbarten Flughafen vorzunehmen. In ihrem Richtlinienentwurf zu den Bodenverkehrsdiensten hat die Kommission die Definition aus der Richtlinie 2408 / 92 bestätigt. Die von der EU-Kommission verwendete Begriffsbestimmung ist notwendigerweise an den Tatbestand eines formellen Zusammenschlusses der fraglichen Flughäfen geknüpft, weil aus ihrem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein auf eine mögliche marktbeherrschende Stellung in der betreffenden Region geschlossen werden kann. Für die vorliegende behandelten Fragen der Verkehrsaufteilung in Regionen mit unterschiedlich stark belasteten Flughäfen kann aber auch auf die faktischen Verhältnisse abgestellt werden, weil es wirkliche Zusammenschlüsse von Flughäfen im Sinne der EU-Definition in Deutschland (abgesehen von Berlin und Düsseldorf/Mönchengladbach) bislang nicht gibt. Die Verkehrsaufteilung in einer Flughafenregion mit nicht zusammenwirkenden Flughäfen kann auch von einem einzelnen Flughafen in Angriff genommen werden, wenn es das Luftverkehrsrecht rechtlich ermöglicht.

häufig in Kauf genommenen Anreisezeiten fur Interkontinentalflüge zum Flughafen Frankfurt lohnend im Verhältnis zur Flugzeit sein können, könnte beispielsweise der Flughafen Köln interessant sein, um von Frankfurt aus anzureisen. Die Grenzziehung muß sich ähnlich wie bei Verkehrsverbünden im öffentlichen Personennahverkehr - aus der konkreten Bedarfssituation ergeben. 75 76

Vgl. hierzu unten S. 153 ff.

Verordnung (EWG) Nr. 2408/92, Anhang II; Richtlinienvorschlag der EU-KOM über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft vom 13.12.1994 KOM(94)590 endg., S. 22; bestätigt durch Richtlinie 96/67/EG des Rates über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft, Abi. EG L 272/36 vom 25.10.1996, Art. 2 b).

40

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

1. Der Flughafen als öffentliche Sache Gem. §§ 38, 49 LuftVZO unterscheidet das Gesetz zwischen Verkehrsflughäfen (-landeplätzen) des allgemeinen Verkehrs und Sonderflughäfen (-landeplätzen) für besondere Zwecke. Verkehrsflughäfen stehen dabei grundsätzlich allen zugelassenen Luftfahrzeugen offen, Sonderflughäfen nur ihrem Halter 77 . Diese Unterscheidung bedeutet aber nur, daß kein Flieger beliebig auf einem Verkehrsflughafen abgewiesen werden darf, noch nicht aber, daß sich das Landerecht damit schon auf einen bestimmten Verkehrsflughafen seiner Wahl konkretisieren ließe. Das Gesetz trifft hier nur eine Typenunterscheidung. Ein Sonderflughafen steht der Allgemeinheit eben nicht prinzipiell offen, § 40 I Ziff. 11 LuftVZO 78 . Die Flughäfen des „allgemeinen Verkehrs" stehen dagegen begrifflich der Allgemeinheit offen, d.h. sie sind insoweit öffentlich. Auch wenn alle bedeutenden deutschen Verkehrsflughäfen in privatrechtlicher Form bewirtschaftet 79 werden, schließt das nicht aus, sie als öffentliche Sache anzusehen. Denn ob eine Sache öffentlich ist, wird durch die Widmung, d.h. die Errichtung eines öffentlich-rechtlichen Regimes bestimmt. Die Widmung kann auch gegenüber privatrechtlichen Eigentümern ergehen, so daß es unerheblich ist, wer Eigentümer der gewidmeten Sache ist 80 . Die Widmung liegt dabei im Planfeststellungsbeschluß bzw. in der Betriebsgenehmigung, da keine besondere Rechtsform für den Widmungsakt vorgeschrieben ist 81 . In Betracht kommt insbesondere der nach § 9 LuftVG erforderliche Planfeststellungsbeschluß, der in personeller Hinsicht die Rechtsstellung des Flughafenunternehmens festlegt und sachenrechtlich die öffentliche Zweckbestimmung der Flughafenanlage gestaltet82. Im Ergebnis kommt es dabei nicht darauf an, ob das öffentlich-rechtliche Regime über die Anlage durch die Genehmigung nach § 6 oder den Planfest-

77

Salzer, Das Rechtsverhältnis zwischen Verkehrsflughafen und Luftfahrern, Göttingen 1991, S. 96. 78

Ebda.

79

Hofmann/Grabherr, § 6 LuftVG, Rn. 149; z.B. Berliner Flughafengesellschaft mbH (Tegel und Tempelhof), Flughafen Berlin Schönefeld GmbH, Flughafen Frankfurt / Main AG, Flughafen Düsseldorf GmbH, Flughafen Köln-Bonn GmbH, Flughafen Stuttgart GmbH etc. 80

Salzwedel, § 42 II, Rn. 6.

81

Ebda., Rn. 6; Axer , S. 90.

82

Hofmann/Grabherr,

§ 8 LuftVG, Rn. 8; Axer , S. 90.

II. Die geltende Rechtslage

41

stellungsbeschluß nach §§9, 10 LuftVG 83 errichtet wird. Entscheidend ist, daß Verkehrsflughäfen wie beispielsweise auch Straßen oder in privatrechtlicher Form betriebene gemeindliche Versorgungsbetriebe ein Teil der staatlichen Daseinsvorsorge sind und Ihre Betreiber — gleich welcher Rechtsform die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsprivatrechts zu beachten haben84. Letztlich gewährleistet die Widmung, nach der ein Flughafen als öffentliche Sache anzusehen ist, keinen subjektiven Anspruch des einzelnen Luftfahrers auf Start oder Landung. Sie sorgt lediglich abstrakt für die öffentliche Nutzungsmöglichkeit.

a) Gemeingebrauch aufgrund § 1 LuftVG? Insbesondere leitet auch der aus § 1 LuftVG folgende Gemeingebrauch am Luftraum 85 noch kein subjektives Landerecht auf bestimmte Orte konkretisiert ab 86 . Zutreffend bewirkt § 1 LuftVG zwar die Möglichkeit des Gemeingebrauchs am Luftraum 87 , der aber durch vielfältige Einschränkungen aus (sicherheitsrelevanten) polizeilichen Gründen, den Flugplatzzwang, die Flugplankoordinierung auf Flughäfen im Instrumentenflugbetrieb oder kollidierende Rechte Dritter (z.B. Lärmschutz) beschränkt und geregelt ist 88 . Um den Luftraum bestimmungsgemäß benutzen zu können, bedarf es auch der garantierten Zugangsmöglichkeit über die vorhandenen Start- und Landebahnen89. Ob jedoch die Ausstrahlungswirkung des Gemeingebrauchs am Luftraum soweit geht, daß sie in ebensolchem Umfang (durch einen „überwirkenden Gemeingebrauch") auch die Benutzbarkeit der Flughäfen garantiert 90 , muß aus folgenden Gründen bezweifelt werden: 83 Die in § 6 III LuftVG verwendete Formulierung bezeichnet Flughäfen, die dem „allgemeinen Verkehr" dienen sollen. § 9 I 2 LuftVG spricht von denjenigen „öffentlich-rechtlichen Beziehungen", die zwischen Unternehmer und Planbetroffenen rechtsgestaltend geregelt werden. 84

Vgl. BGH, MDR 1970, S. 214, ZLW 1978, S. 140; Schwenk, S. 416, 718 ff. m.w.N.; Salzer, S. 27, 29 m.w.N. 85

Giemulla, § 1 LuftVG m.w.N.

86

BayVGH vom 02.04.1992 - 20 A 91.40052 u.a. (n.v.) - , S. 17 unter Hinweis auf BVerwGE 69, 256 (259); Greiner, BayVBl. 1994, S. 449, 454; Giemulla/Schmidt, LuftVG, § 1 Rn. 3. 87

Lübben, S. 94, 132 ff.; Böckstiegel/Krämer,

88

Ebda., S. 122-132.

89

Böckstiegel /Krämer,

90

So aber Lübben, S. 138 ff.

S. 349.

S. 349.

42

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

Der Möglichkeit für den Flughafen und die Luftaufsichtsbehörden und insbesondere den Flugplankoordinator, die Landeerlaubnis aus Sicherheitsgründen91 zu verweigern bzw. zuzuteilen, tritt die kapazitätsbedingte Abweisungsmöglichkeit des Flughafens zur Seite. Insbesondere kann der Staat nicht verpflichtet werden, soviele Landemöglichkeiten zu errichten, bis der Bedarf gedeckt ist 92 . Er ist - soweit es um Teilhaberechte geht, wie dies bei § 1 LuftVG als Ausprägung von Art. 11 I, 12 I, 2 II 2 GG der Fall ist 93 - nicht verpflichtet, solange Kapazitäten zur Ausübung des Rechtes zu schaffen, bis auch der gesamte Bedarf befriedigt ist 94 . Teilhaberechte stehen unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann. Der Gesetzgeber hat dabei im Rahmen seiner Verantwortung bei der Haushaltswirtschaft auch andere Gemeinschaftsbelange zu berücksichtigen und dazu beispielsweise das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht zu wahren 95 , Art. 109 II GG. Insoweit kann auch der sog. „überwirkende Gemeingebrauch" nur dazu fuhren, daß ein Flughafen gem. § 1 LuftVG sowie im Interesse einer geordneten Erfüllung seiner Aufgaben im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge nur verpflichtet sein kann, seine Kapazitäten dann zur Verfügung zu stellen, wenn solche überhaupt noch vorhanden sind. Er muß keine Abwägung zwischen dem Neubewerber und dem Inhaber eines Landerechts treffen und ein grundrechtskonformes Ausschlußverfahren nur dann durchführen, wenn zwei Bewerber sich zur gleichen Zeit über seine Einrichtungen um den Zugang zum Luftraum bewerben. Die Fortsetzung des Gemeingebrauchs am Luftraum auch als Gemeingebrauch am Flugplatz muß aber auch deshalb verneint werden, weil der Flugplatz schon per definitionem begrifflich nicht mehr Teil des Luftraumes ist. Luftraum ist nämlich ausdrücklich nur der Bereich über der Erdoberfläche, der in einer Höhe von ca. 80-100 km in den Weltraum übergeht 96. Ferner fehlt für die Benutzung des Erdbodens eine dem § 1 LuftVG entsprechende Regelung nicht zufällig. Eine begriffliche Ausdehnung der Freiheit des Luftraumes in Form eines „überwirkenden Gemeingebrauchs" auch auf die Benutzung des Erdbodens würde ausdrücklich der bewußten Aufhe91

Wie bei Lübben als allein akzeptabel dargestellt, S. 140.

92

So aber Lübben, a.a.O., S. 143.

93

BVerfGE 22, 21 (26); 43, 203 (211); Lübben, S. 116.

94

BVerfGE 33, 303 (333) - numerus clausus.

95

BVerfGE 33, 303 (333 f.).

96

Greiner, a.a.O., S. 454; Giemulla/Schmidt,

LuftVG, § 1 Rn. 3.

II. Die geltende Rechtslage

43

bung der Landefreiheit durch Novellierung des Luftrechts im Jahre 1935 zuwiderlaufen 97. Auch der Gemeingebrauch findet darüber hinaus seine Grenze in den Verkehrsvorschriften, die den Begriff näher ausgestalten, so z.B. im Wasser- und Straßenrecht 98. Im Luftverkehrsbereich ist dies beispielsweise die LuftVZO und die von der Aufsichtsbehörde genehmigte Benutzungsordnung eines Flughafens.

b) Benutzung ohne mediatisierende Zwischeninstanz? Schließlich sind auch die allgemeinen Flughäfen selbst keine Sachen im Gemeingebrauch. Nach Salzer 99 fuhrt die Widmung für sich noch nicht zur Zulassung „zum Gemeingebrauch", sondern entscheidet im Falle der Flughäfen nur über die Eigenschaft des Flughafens als öffentliche Sache100. Inwieweit dabei auch der Gemeingebrauch mitgewährleistet werde, könne weder aus der Betriebsgenehmigung noch aus der jeweiligen Benutzungsordnung entnommen werden. Die Benutzung des Flughafens sei somit auch nicht zulassungsfrei 101. Dem ist zuzustimmen. Denn ein individuelles Recht auf Gemeingebrauch einer öffentlichen Sache zeichnet sich - unabhängig von der Frage, in welchen Grenzen die Widmung den Gemeingebrauch zuläßt und von einer etwaigen gleichfalls möglichen Sondernutzungsmöglichkeit trennt — dadurch aus, daß es dem Einzelnen ohne Zwischeninstanz ermöglicht, zulassungsfrei und unmittelbar Zugriff auf die öffentliche Sache zu nehmen 102 . Die Flughäfen sind aber weder unmittelbar noch zulassungsfrei benutzbar. Rein technisch muß ein Flughafen „betrieben" werden. Er unterliegt konsequenterweise daher auch einer Betriebspflicht gem. § 45 LuftVZO. Zudem werden weite Teile der gewerblichen Flüge von dem Flugplankoordinator der Bundesrepublik Deutschland durch die Vergabe sog. Slots reglementiert 103. 97

Greiner, a.a.O., S. 454; Böckstiegel /Krämer,

98

Salzwedel, § 43 I I Rn. 10.

S. 345.

99 Salzer, a.a.O., S. 46 ff. und dort zutreffender Auseinandersetzung mit den Auffassungen von v. Unruh und Schmidt-Ott (1942). 100 Salzer, a.a.O., S. 47 ff.; generell in bezug auf die Rechtsfolgen der Widmung und die h.M. s. Wolff/ Bachof I, § 56 I. 101

Salzer, a.a.O., S. 50.

102

Vgl. Salzwedel, § 43 I I Rn. 11.

103

Vgl. die Darstellung bei Holz, S. 232 ff.

44

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

Die Benutzung eines Flughafens ist somit gerade nicht unmittelbar und ohne mediatisierende Zwischeninstanz möglich. Das kommt auch darin zum Ausdruck, daß die Flughafenunternehmen in ihren nach § 43 LuftVZO aufzustellenden Benutzungsordnungen die Benutzung ausdrücklich an eine Gestattung knüpfen 104 . Dabei sind nach den Benutzungsordnungen die Zugangs- und Erlaubnis Voraussetzungen für Landungen zu beachten, welche im Luftfahrthandbuch Deutschland niedergelegt sind 105 . Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme im Rahmen der Widmung werden dadurch konkretisiert. Sie setzen begrifflich einen Zulassungsakt voraus. Allein daraus ergibt sich, ob und in welchem Umfang ein Anspruch auf Zulassung besteht. Die Benutzungsordnungen regeln im Zusammenwirken mit dem Widmungsinhalt, daß die Inanspruchnahme eines Verkehrsflughafens nicht als zulassungsfreier Gemeingebrauch erfolgt 106 . Es ist im übrigen grundsätzlich auch zulässig, den Gebrauch an einer öffentlichen Sache zu bewirtschaften, das heißt angemessen zu beschränken, wenn Knappheit herrscht 107. Das ist beim Hochschulzugang seit Jahren gängige Praxis. Die Reglementierungen der Zulassung müssen allerdings grundrechtskonform sein 108 . Es besteht mithin trotz der Eigenschaft der Flughäfen als öffentliche Sachen kein subjektiv-öffentliches Benutzungsrecht, allenfalls das Recht auf ein faires, d.h. grundrechtskonformes Ausschlußverfahren.

104 Salzer, a.a.O., S. 49 f.; exemplarisch die Benutzungsordnung der Flughafen BerlinSchönefeld GmbH vom 26.03.1991, Ziff. II. 2.1.1. 105

Vgl. insbes. die Vorschriften des Teiles A. des Luftfahrthandbuches Deutschland (AIP Germany) gem. § 2 VI, VII, §§ 20 ff. LuftVG, §§ 90-100 LuftVZO. Diese Vorschriften gelten für den Auslandsverkehr, setzen aber insoweit begrifflich einen Zulassungsakt voraus. 106 Etwas anderes mag für den Luftraum selbst gelten - vgl. Lübben, S. 124 ff. - , der danach dem freien Gebrauch unterliegt, aufgrund § 1 LuftVG. Dieser steht jedoch unter dem Regime des Flugplatzzwangs, der sich - a.a.O. zutreffend beschrieben - als Regelung des Gemeingebrauchs am Luftraum darstellt. Auch im Straßenrecht mag die Widmung allein ausreichen, einen subjektiven Anspruch auf Benutzung der Straße zu gewährleisten, so Axer , S. 135 f., entgegen der h.M. Allerdings enthalten die Straßen- und Wegegesetze der Länder durchweg eine Vorschrift, die den Gebrauch der Straße im Wege des Gemeingebrauches garantieren, so z.B. § 14 I 1 StrWGNW. An einer entsprechenden Vorschrift im LuftVG in bezug auf die Flughäfen fehlt es allerdings. 107

BVerfGE 33, 303, 333 ff.; Salzwedel, Rn. 12 m.w.N.; Lübben, S. 117. 108

§ 41 II, Rn. 8; Wolff /Bachof

Für den Luftverkehr: Giemulla, ZLW 1992, H. 3, S. 3 ff.

II, § 99 III,

II. Die geltende Rechtslage

45

2. Kontrahierungszwang zum Landevertrag Der Luftverkehr findet somit im Spannungsfeld zwischen dem öffentlichen Recht der Leistungsverwaltung einerseits und der mehrheitlich privatrechtlichen Organisationsform seiner Teilnehmer (wie der Flug- und der Flughafenbetreibergesellschaften) andererseits statt. Der Luftverkehr ist - insofern vielleicht ähnlich wie die Seefahrt - traditionell auch Ausdruck der nationalen Identität, Souveränität und Nationalität 109 . So unterhalten in Europa über 20 Staaten eine teilweise erheblich verlustsubventionierte nationale Fluggesellschaft als „flag-carrier" 110 . Der privatrechtlich organisierten Form öffentlicher Daseinsvorsorge korrespondieren rechtliche Bindungen für die Anbieter und Nutzer in Form von Anschluß- und Benutzungszwängen bzw. einem Kontrahierungszwang 111. Diese Grundsätze konkretisieren sich im Luftverkehrsrecht durch den Flugplatzzwang gem. § 25 LuftVG und §§ 15, 16 LuftVO, also der Pflicht, Abflüge und Landungen nur auf bestimmten Bodenflächen vorzunehmen 112. Ein Kontrahierungszwang für die in der Regel privatrechtlich organisierten Flughäfen wird durchweg nach den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts auf der Grundlage von Art. 3 I GG angenommen113. Da sich Anlage und Betrieb von Verkehrsflughäfen als Aufgaben auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge darstellen, ist es dem Träger der öffentlichen Verwaltung nämlich nicht erlaubt, „die Flucht in das Privatrecht" anzutreten, um sich von Teilhaberechten der Allgemeinheit befreien zu können. Dies gilt auch für Flughäfen 114. Es

109

Guldimann,

1.0

Ehleben, cards, Aug. 1993, S. 34.

Z L W 1993, S. 371.

1.1

Wolff/

112

Böckstiegel/Krämer,

Bachof, § 99 I I I c, S. 323.

113

Z L W 1993, S. 343.

BGH, VkBl 1970, S. 730; BGH, LM 1975 Nr. 14 vor § 145 BGB; Giemulla/Lau, LuftVZO § 43, Rn. 2; Schwenk, Handbuch, S. 416; Hofmann/Grabherr, § 6 Rn. 153; Salzer, S. 103; a.A. Ossenbühl, DVB1. 1974 S. 541, 542: Danach ergibt sich der Nutzungsanspruch wegen der Qualifikation des Betriebs von Flughäfen als Staatsaufgabe schon öffentlich-rechtlich im Wege der Anstaltsnutzung. In neuerer Zeit wieder: Wolff/ Bachof II, § 99 III, Rn. 15 („als Beliehene"), allerdings ohne weitere Begründung und unter Hinweis auf § 25 I LuftVG und 29 II LuftVG. Zu § 29 II LuftVG vgl. unten in diesem Abschnitt. Hinsichtlich § 25 I LuftVG ist zum einen einzuwenden, daß diese Vorschrift lediglich die Befugnis zum Außenstart und zur Außenlandung regelt (Vgl. hierzu: Böckstiegel/Krämer, ZLW 1993, S. 343). Zum anderen geht der Wortlaut von § 25 I LuftVG gerade von einer behördlichen und davon getrennten privatrechtlichen Gestattung des Eigentümers zum Außenstart- bzw. zur Außenlandung aus. Kennzeichnend für die Beleihung ist aber die Übertragung der hoheitlichen Aufgabe durch die zuständige Behörde, vgl. unten in diesem Abschnitt, S. 46. 114

Salzer, S. 101 ff.

46

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

handelt sich also um sog. „schlicht verwaltende" Tätigkeit 115 . Es liegt keine öffentlich-rechtliche Anstaltsnutzung vor. Das wäre nur der Fall, wenn die Flughäfen hoheitliche Gewalt (z.B. als Beliehene) ausübten. a) Keine hoheitliche Gewaltausübung kraft Betriebsgenehmigung Die Flughäfen üben indes gerade keine hoheitliche Gewalt aus. Bis in die neuere Zeit hinein wurde zwar die Stellung des Flughafenbetreibers als „Beliehener" aus der Betriebsgenehmigung nach § 6 LuftVG abgeleitet116. Dabei wird argumentativ jedoch durchweg aus der tatsächlichen Stellung des Flughafenbetreibers auf seine Rechtsstellung geschlossen117. Als Grundlage für eine Beleihung wird teilweise die Betriebspflicht herangezogen 118. Der Betrieb eines Flughafens werde schon deshalb durch „beliehene Unternehmer" durchgeführt, weil es sich um eine öffentliche Aufgabe handele, die der Staatsaufsicht unterliege 119. Entscheidend ist aber, ob der mit öffentlichen Aufgaben Befaßte auch Hoheitsgewalt ausübt 120 . Kennzeichnend ist, daß der Beliehene an der Stelle einer Behörde die Behördenfunktion wahrnimmt 121 , wie es zum Beispiel bei Erteilung der Prüfplakette nach § 29 StVZO der Fall ist. Im Luftverkehrsrecht ergeben sich die Kriterien, ob die Betriebsgenehmigung schon als Akt der Beleihung anzusehen ist, aus dem Gesetz selbst. Aufgaben der Luftaufsicht können beispielsweise gem. § 29 II LuftVG nur ausdrücklich übertragen werden. Man kann daher nicht davon ausgehen, daß der Gesetzgeber demgegenüber durch die Genehmigung nach § 6 LuftVG den Flughafenbetreibern quasi inzidenter eine „Generalbeleihung" als Träger öffentlicher Hoheitsaufgaben zuschreiben wollte. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum der Gesetzgeber in § 6 LuftVG anderes gemeint haben sollte als in § 29 II LuftVG, wo er für einzelne ho-

1,5

BGH, VkBl. 1970, S. 730.

116

Ruhwedel, BB 1965, S. 1093 ff.; Ossenbühl, DVB1. 1974, S. 542; „wie ein Beliehener": BGH, MDR 1970, S. 214; weitere Nachweise aus der Literatur vor 1945 bei Salzer, S. 31, Fn. 1; Wolff/ Bachof II, § 99 III Rn. 15; vgl. auch in diesem Abschnitt oben S. 45. 1.7

Ruhwedel, BB 1965, S. 1093.

1.8

Ebda.

119

Ossenbühl, a.a.O., S. 542; BGH, MDR 1970, S. 214.

120

BVerwGE 29, 166, 169 f.; OVG Münster, NJW 1980, S. 1406 ff.; Salzer, S. 36 ff.; Hofmann/Grabherr, § 6 LuftVG, Rn. 152. 121

OVG Münster, NJW 1980, S. 1406 ff; BayVGH, DÖV 1975, S. 210 ff.

II. Die geltende Rechtslage

47

heitliche Aufgaben, wie die bestimmter Luftaufsichtmaßnahmen, die konkrete und ausdrückliche Übertragung voraussetzt. Der Zugang zum Flughafen wird demnach nicht durch öffentlich-rechtlichen Zulassungsakt begründet, sondern kann nur zivilrechtlich, aber von einem Kontrahierungszwang gestützt, erfolgen. b) Inhalt des Kontrahierungszwangs Andererseits besagt der Zulassungsanspruch über das Verwaltungsprivatrecht in Form des Kontrahierungszwanges nicht, daß schlechthin jeder Landewunsch zu respektieren ist 122 . Insbesondere folgt ein Kontrahierungszwang nicht unmittelbar aus der Betriebspflicht des § 45 I 3 LuftVZO 1 2 3 . Wie auch beim originären öffentlich-rechtlichen Benutzungsanspruch findet die Zulassungsmöglichkeit ihre Grenzen in den tatsächlichen Gegebenheiten, beispielsweise bei Kapazitätsengpässen. Somit besteht trotz der privatrechtlichen Organisationsform des Flughafens nicht die Möglichkeit, nach den Grundsätzen der Privatautonomie den Landevertragsabschluß beispielsweise mit nicht gewerblichen Luftfahrern, für Flugzeuge unter 5,7 to oder für Frachtflüge einfach zu verweigern. Einschränkungen sind nur nach genehmigten Betriebsordnungen gem. § 43 LuftVZO möglich 1 2 4 . Ein angenommener Kontrahierungszwang würde also nur besagen, daß der Zugang zum Flughafen gem. Art. 3 I GG nicht aus sachfremden und willkürlichen Erwägungen verweigert werden darf. Das öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen zivilen gewerblichen Verkehrsluftfahrt dürfte hierfür bereits ausreichen, zumal ein zivilrechtlicher Kontrahierungszwang stets nur den sachfremden Ausschluß einzelner Benutzer verhindern soll. Dies gilt umso mehr, wenn ein adäquates Ersatzangebot gemacht werden kann. Ist kein adäquates Ersatzangebot vorhanden, kann die mit sachfremden Gründen versehene Verweigerung der Benutzung zu Schadensersatzansprüchen fuhren 125 . Denn die Pflicht zum Vertragsabschluß hat ihren Grund in der gemeinwirtschaftlichen verkehrspolitischen Bedeutung der Flughafeneinrichtungen und ihrer rechtlich begründeten Monopolstellung 126 . Damit sind jedoch zwei Fragen noch nicht beantwortet. 122

Vgl. Salzer, ebda.

123

Giemulla, LuftVZO, § 45 I; Salzer, S. 98 f.

124

BGH, VkBl, a.a.O.; Schwenk., Handbuch, S. 718 ff.

125

BGH LM 1975 Nr. 14 vor § 145 BGB.

126

BGH a.a.O.; Heinze, NVwZ 1993, S. 1145, 1149 m.w.N.

48

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

Zum einen ergibt sich die Frage nach den Auswahlkriterien innerhalb des Abschlußzwanges, wenn zur gleichen Zeit mehrere Luftfahrzeuge landen oder starten wollen. Zum anderen besteht gerade in Städten und Regionen mit mehreren Flughäfen die Besonderheit, daß ein örtlicher Flughafen nicht ohne weiteres eine Monopolstellung haben muß. Zudem hat der Vertragspartner, wenn er durch Bildung einer FlughafenHolding oder Kooperationsabkommen zwischen mehreren Flughäfen auf eine adäquate andere Landemöglichkeit verweisen kann 127 , möglicherweise seinen gemeinwirtschaftlichen und verkehrspolitischen Pflichten bereits genügt. Der Kontrahierungszwang würde dann nur für das jeweilige Flughafensystem, nicht aber für einen bestimmten Flughafen gelten. Ein genereller Kontrahierungszwang gegenüber jedem Luftfahrer, zu jeder Zeit einen bestimmten Flughafen eines Flughafensystems in Anspruch nehmen zu können, besteht nicht, sofern der Ausschluß aus sachgerechten und nicht willkürlichen Erwägungen erfolgt. Dabei ist in erster Linie die Kapazitätsauslastung relevant. Der Kontrahierungszwang steht damit möglichen Maßnahmen zur Verkehrslenkung nicht a priori entgegen.

3. Betriebspflicht und Benutzungsanspruch Gem. § 45 I 1 LuftVZO ist der Flughafenbetreiber verpflichtet, den Flughafen wie genehmigt auch zu betreiben 128. Diese Betriebspflicht ergibt sich aus der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung der Flughäfen als Teil der Daseins Vorsorge 129. Die Betriebspflicht beinhaltet, zu den Betriebszeiten entsprechend dem genehmigten Flughafenbetrieb den Flughafen zum Starten, Landen und Abstellen zur Verfügung zu stellen und Flugbewegungen zu ermöglichen 130 . Ein Verstoß hiergegen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, § 108 Nr. 7a LuftVZO. Zwar ist eine Befreiung von der Betriebspflicht möglich, §§ 45 I 3, 53 I LuftVZO. Ein Rechtsanspruch des Flughafenhalters besteht darauf aber nicht, zumal das Gesetz auch keine Befreiungsgründe nennt 131 . 127

In Berlin oder der Region Düsseldorf-Köln-Bonn finden sich im Umkreis von 50 km z.B. bis zu 3 Verkehrsflughäfen aller Klassifizierungen. 128

Lübben, S. 140 ff.

129

Salzer, S. 97 ff.; Ossenbühl, DVB1. 1974, S. 542.

130

Giemulla, § 45 LuftVZO, Rn. 2.

131

Schwenk, Handbuch, S. 412 f.

II. Die geltende Rechtslage

49

Dennoch eröffnet auch die öffentlich-rechtliche Betriebspflicht keinen individuellen Benutzungsanspruch des einzelnen Luftfahrers. Das wäre nur der Fall, wenn die Betriebspflicht Individualinteressen schützen sollte. Einen solchen Schutz bezweckt das Gesetz allerdings nicht. Nach übereinstimmender Auffassung besteht die Betriebspflicht als Kontrollinstrument des Staates, der sich eines Teils der Daseinsvorsorge durch die Übertragung auf Private entledigt hat. Weiterhin besteht ein allgemeines Interesse an einer gleichmäßigen Versorgung im Luftverkehr 132 , die nur durch den Betrieb aller genehmigten „Flughäfen des Allgemeinen Verkehrs" gewährleistet werden kann. Dieses Interesse konkretisiert sich rechtlich aber nur im Verhältnis zur staatlichen Genehmigungs- bzw. Aufsichtsbehörde. Die Erteilung und Ausübung der Genehmigung führt zur Betriebspflicht 133. Ihre Rechtfertigung findet sie in der Überwachungsfunktion, die dem Staat dann zukommt, wenn er Aufgaben der Daseinsvorsorge von Privaten ausführen läßt. Demgemäß kann sich ein Luftfahrer gerichtlich nicht mit Erfolg auf die Betriebspflicht berufen, wenn er meint, willkürlich von der Flughafenbenutzung ausgeschlossen worden zu sein. 134 Dagegen stellt sich ein Verstoß des Flughafenunternehmers gegen die Betriebspflicht aus der Sicht des Luftfahrers lediglich als ein Verstoß gegen den Kontrahierungszwang dar 135 , mit der Folge, daß der Zivilrechtsweg, nicht der Verwaltungsrechtsweg eröffnet wäre. Auch eine behördliche Befreiung von der Betriebspflicht gem. § 45 I 3 LuftVZO berührt nur dann Individualrechte, wenn dadurch planungsrechtliche Konsequenzen entstehen, z.B. weil die Einschränkung der Betriebspflicht die ursprüngliche Flughafenkonzeption mehr als unerheblich verändert 136. Dann ergibt sich der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz für benachteiligte Luftfahrer aber nicht aus der Betriebspflicht, sondern aus dem rechtswidrigen Unterlassen eines notwendigen Planfeststellungsverfahrens, § 8 II LuftVG.

132

Salzer, S. 100, m.w.N.; VGH Mannheim, NZV 1995, S. 296.

133

Salzer, S. 98 f., m.w.N.; Achtnich, Anmerkungen zum Urteil des FG München vom 07.04.1954, ZLR 1954, S. 381, 386; Ob daneben der Verzicht auf die Genehmigung keine weitere Betriebspflicht mehr zur Folge hat: offen gelassen durch Bay VGH vom 15.05.1992 - 20 CS 92.1445 u.a. - (n.v.), S. 17. 134

Salzer, a.a.O., S. 101.

135

BHG, L M 1975, Nr. 14 vor § 145 BGB, Bl. 10.

136

Bay VGH vom 02.04.1992 - 20 A 91.40052 u.a. - (n.v.), S. 16; VGH Mannheim, NZV 1995, S. 296. 4 Zielke

50

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

Die Betriebspflicht des § 45 I LuftVZO wirkt demnach nur zwischen Flughafenbetreiber und Genehmigungsbehörde und begründet kein subjektives Zugangsrecht 137.

4. Flughafengebühren und Entgelte, Kostenverordnung Für das Starten, Landen, Abstellen und Benutzen der Fluggasteinrichtungen kann der Flughafen Entgelte erheben. Die Entgeltordnung muß gem. § 43 I LuftVZO der Genehmigungsbehörde vorgelegt werden. Wie oben dargestellt, übernehmen die Flughäfen Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge. Es ist daher naheliegend, die für die Inanspruchnahme der Flughafenleistungen verlangten Zahlungen (Gebühren und Entgelte) in diesem Zusammenhang dem Gebührenrecht zu- und unterzuordnen. Charakteristisch für eine öffentlich-rechtliche Gebühr ist, daß sie als Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme der Verwaltung erhoben wird 1 3 8 . Da Verwaltungsleistungen, die im Bereich der allgemeinen Daseinsvorsorge erbracht werden, deshalb noch nicht kostenlos sein müssen139 und vorliegend die Entgelte einer öffentlich-rechtlichen „Genehmigung" vorbehalten sind, war es nur konsequent, wenn in der Literatur zum Teil der öffentlichrechtliche Bezug der Flughafenbenutzung hervorgehoben wurde und die Flughafenbenutzung ausschließlich nach öffentlichem Recht zu beurteilen sein sollte 140 . Demnach wären die vom Flughafenunternehmen verlangten Entgelte als „Gebühren" im rechtstechnischen Sinne anzusehen gewesen mit der Folge, daß sie grundsätzlich den gebührenrechtsspezifischen Einschränkungen unterlegen wären, wie zum Beispiel dem Kostendeckungsprinzip, dem Äquivalenzprinzip und dem speziellen Entgeltlichkeitsprinzip 141 . Damit wären auch etwaige Versuche, Verkehrslenkungsmaßnahmen durch Gebührenpolitik vorzunehmen an den Hürden der genannten Gebührenrechtsgrundsätze zu messen. Eine Besonderheit besteht hier allerdings darin, daß die „Gebühren" vorliegend durch Privatrechtssubjekte erhoben werden, während Verwaltungsgebühren in der Regel für die Ausübung hoheitlicher Gewalt verlangt werden 142 . Gebühren sind nach der Rechtsprechung öffentlich-rechtliche Geldlei137

So auch VGH Mannheim, NZV 1995, S. 296.

138

BVerfGE 18, 392 (396); BVerwGE 2, 246 (247); Nirschl, S. 18.

139 Dies gilt schließlich für die Abfallentsorgung ebenso wie für den öffentlichen Nahverkehr, die Straßenreinigung und andere gemeinschaftsdienliche Aufgaben. 140

Ossenbühl, DVB1. 1974, S. 541, 542 m.w.N.

141

Vgl. Darstellung bei Nirschl, S. 18, 31 ff.

142

Nirschl, S. 20 m.w.N. aus den Landesgebührengesetzen.

II. Die geltende Rechtslage

51

stungen, die aus Anlaß individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken 143 . Da die Flughäfen nicht Beliehene sind, üben sie, wie oben gezeigt, auch keine hoheitliche Gewalt aus. Darüber hinaus ist die Erhebung der Landegebühren auch nicht in dem soeben beschriebenen Sinne durch, sondern bestenfalls aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm vorgesehen, denn § 43 LuftVZO spricht nur von einer Vorlagepflicht für eine aufzustellende Entgeltregelung. In der Besatzungszeit waren die Landegebühren beispielsweise von der amerikanischen Aufsichtsbehörde festgesetzt worden 144 . Die jetzigen rechtlichen Rahmenbedingungen der Flughafenbenutzung sind privatrechtlich geprägt, was von Rechtsprechung und Literatur zu Anlaß genommen wurde, den im Luftverkehrsrecht geltenden Gebührenbegriff in die Richtung eines vertraglichen Entgeltes auszulegen145. Dabei ist zwischen den verschiedenen Leistungsangeboten eines Flughafens zu unterscheiden. Insbesondere wird im folgenden zu klären sein, welche Auswirkungen die gebührenrechtlichen Rahmenbedingungen der Flughafenbenutzung auf Lösungsansätze zur Verkehrsverlagerung haben können, insbesondere, ob mit der Gebührenpolitik auch Verkehrspolitik praktiziert werden kann. Nicht genehmigungspflichtige Entgelte werden dagegen für andere Dienstleistungen des Flughafens verlangt. So kann er z.B. für die langfristige Unterstellung von Luftfahrzeugen in Hangars oder auf Stellflächen Mieten erheben 146 . Zur Klarstellung wird in Anlehnung an die übliche Diktion im folgenden von „Gebühren" die Rede sein, wenn Start- und Landegebühren oder Abstellgebühren gemeint sind. Als „Entgelte" werden die Vergütungen für die übrigen Leistungen der Flughäfen bezeichnet. a) Allgemeine Gebühren, Start- und Landegebühren Die Gebühren für das Starten und Landen gliedern sich in einen fixen und einen variablen Teil. Der fixe Teil wird für das Fluggerät selbst erhoben, der 143

BVerfGE 7, 244 (254); 18, 392 (396); 20, 257 (269); 28, 66 (86); 50, 217 (226); BVerwGE 2, 246 (247); 4, 342 (346); 5, 136 (141); 12, 162 (170); 13, 214 (219).

4*

144

FG München, a.a.O., S. 382.

145

Vgl. sogleich unten S. 52 ff.

146

So z.B. Ziff. l f der Flughafenbenutzungsordnung Mönchengladbach, s.a. unten S. 59.

52

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

variable Teil bezieht sich auf die Zahl der abgefertigten Passagiere. Die Abstellgebühren beziehen sich auf das Abstellen des Fluggeräts und die damit verbundenen Nebenleistungen wie Schlepp-, Schiebedienste etc. 147 . aa) Rechtsnatur der Gebühren-/Entgeltordnungen Obwohl die Gebührenordnung öffentlich-rechtlich zu genehmigen ist, stellen sich die Gebühren nach heute fast einhelliger Auffassung als privatrechtliches Entgelt dar 148 . Die Überlassung des Rollfeldes wird dabei als Mietvertrag, allerdings mit Dienst- und werkvertraglichen Elementen, angesehen, so daß die Gebühr nichts anderes als der Mietzins gem. § 535 BGB sei 149 . Die Entgeltregelung unterliegt lediglich einer eingeschränkten richterlichen Kontrolle unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit. Bei der Frage, nach welchen Kriterien diese Billigkeit zu ermitteln ist, bieten sich zunächst die gebührenrechtlichen Grundsätze an, wie das Kostendeckungsprinzip und das Äquivalenzprinzip, das im Wesentlichen von dem Wert der erbrachten Leistung für den Empfanger ausgeht150. Dafür spricht zunächst die öffentlich-rechtliche Genehmigungspflicht, die aber nur unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses, also ebenfalls wieder unter Billigkeitskriterien angewandt wird 1 5 1 . Nach der Rechtsprechung ist die Gebührengenehmigung aber nicht konstitutiv für die Wirksamkeit der Gebührenordnung 152. Schon in den 70er Jahren wurde erkannt, daß die Flughafengebühr nur dann als öffentlich-rechtliche Gebühr auch den öffentlich-rechtlichen Gebührengrundsätzen unterliegt, wenn das Recht, Gebühren erheben zu dürfen, als Ermächtigungsgrundlage bei einer Beleihung des Flughafenunternehmens mit öffentlichen Aufgaben 147

Vgl. Schwenk,, Handbuch, S. 719.

148

BGH, L M 1973 Bl. 818, Nr. 1 zu § 45 LuftVZO, BGB Vorbem. zu § 145; BGH, ZLW 1974, S. 77 ff.; BGH, ZLW 1978, S. 140; FG München, ZfL 1954, S. 381, 382; Abraham, § 6 Rn. 24 ff.; Schwenk, Handbuch, S. 420 ff.; Hofmann/Grabherr, §6 Rn. 158, 166 ff.; Giemulla/Lau, § 43 LuftVZO, Rn. 3; Ruhwedel, a.a.O., S. 1094; Salzer, S. 45; offengelassen in BVerwG, Buchholz 1977 Nr. 4 zu § 44 LuftVZO mit der Maßgabe, daß die Genehmigung nach § 43 LuftVZO öffentlich-rechtlich nur zwischen Flughafenbetreiber und Genehmigungsbehörde wirkt; Heinze, NVwZ 1993, S. 1145 ff.; a.A. Ossenbühl, DVB1. 1974, S. 541. 149

Schwenk, S. 299; Giemulla/Lau, LuftVZO, § 43 Rn. 3.

150

Salzwedel, § 41 V Rn. 22. In NRW gilt dabei beispielsweise das Kostendeckungsprinzip über § 6 1 3 KAG und § 5 KAG, sofern eine öffentlich-rechtliche Natur der Nutzungsordnung vorliegt; vgl. unten Teil S. 126 ff. 151

Schwenk, Handbuch, S. 421.

152

BGH, ZLW 1979, S. 140.

II. Die geltende Rechtslage

53

gleichfalls übertragen worden wäre. § 43 I LuftVZO setzt aber die Existenz einer Gebührenordnung schon voraus, so daß er nicht als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kommt 153 . Die Gebührenordnungen sind daher letztlich privatrechtlich mit der Folge, daß das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip keine direkte Anwendung finden. Es ist lediglich eine willkürliche Erhebung der Gebühren und die gleichheitswidrige Benachteiligung Einzelner verboten, was auch den Hauptzweck der Genehmigungspflicht darstellen dürfte. Das ergibt sich als Reflex aus der Freiheit des Luftraumes, § 1 LuftVG. bb) Die Praxis der Gebührenfestsetzung Die nach § 43 LuftVZO zu genehmigenden Entgeltordnungen unterliegen auch im Falle ihrer Anpassung der Genehmigungspflicht. Genehmigungsbehörde ist die Luftfahrtbehörde des Landes, in dem das Flughafengelände liegt, § 39 LuftVZO. Aufgrund der in Art. 73 Nr. 6 GG geregelten ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnis des Bundes über den Luftverkehr 154 bildet § 32 LuftVG die Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß der LuftVZO. Die Ausführung der luftverkehrsrechtlichen Vorschriften liegt gem. Art. 87d GG in bundeseigener Verwaltung, die mit dem Gesetz über die Zuständigkeit in der Luftverkehrsverwaltung vom 8. Februar 1961 (BGBl. I S. 69) aufgrund § 31 LuftVG auf die Länder übertragen wurde. Soweit damit die Ausführung des LuftVG und insbesondere der LuftVZO gem. Art. 87d II GG durch Bundesgesetz auf die Länder übertragen wurde, unterliegen die Länderbehörden im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung der Fach- und Rechtsaufsicht des Bundes gem. Art. 85 III GG. Die Änderungsanträge für Gebührenordnungen werden von den zuständigen Landesbehörden entgegengenommen und den Beteiligten über die betroffenen Verbände 155 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Stellungnahmen erfolgen unter dem Gesichtspunkt der kosten- und leistungsangemessenen Vertretbarkeit einer Gebührenerhöhung. Dabei können die Interessen der Flugunternehmen insofern voneinander abweichen, als sich die vorwiegend im Auslandsgeschäft tätigen „Charterunternehmen" durch Gebührenerhöhungen im Auslandsflug stärker benachteiligt fühlen als „Liniengesellschaften" 156 . 153

Ruhwedel, S. 1094 m.w.N.

154

BVerwG, NVwZ 1994, S. 1102.

155

Z.B. ADL - Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrtunternehmen.

156 Die Unterscheidung in Charter- und Liniengesellschaften ist seit der Liberalisierung des Ticketmarktes eigentlich obsolet, wird hier aber wegen der tatsächlich bestehenden

54

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

Die nach Fixkosten (pro Flugzeug) und variablen Kosten (pro Passagier) differenzierten Gebührenmodelle sind nach Flugzeugtypen gegliedert 157 . Die Änderungsanträge enthalten eine Begründung der geplanten Erhöhungen gegenüber der Luftaufsichtsbehörde und den beteiligten Luftfahrtunternehmen bzw. deren Fachverband unter dem Gesichtspunkt der realen Kostensteigerung z.B. im Bereich der Personalkosten, Instandhaltungskosten, Einnahmenzuwachs durch Verkehrsausweitung, Schallschutzkosten etc. 158 . Von Verbandsseite wurde dabei in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, daß die auf praktischer Übung beruhende Anhörung der Nutzer in einigen Fällen nicht oder nicht regelmäßig vorgenommen wird 1 5 9 . Das Gesetz sieht eine solche Anhörung allerdings auch nicht vor. Bei beantragten grundlegenden Änderungen der Gebührenstruktur einzelner Flughäfen greift der B M V in das Genehmigungsverfahren durch fachaufsichtliche Stellungnahmen direkt ein und fuhrt selbst eine Abstimmung mit den Beteiligten herbei 160 . Die Gebühren der deutschen Verkehrsflughäfen weisen Unterschiede auf und lagen z.B. 1995 bei den variablen Kosten zwischen D M 6,60 (BerlinTegel und Berlin-Tempelhof) und D M 12,— (Frankfurt/M.) je Passagier im Inlandsverkehr und D M 10,50 (Berlin-Tegel u. Berlin-Tempelhof) und D M 17,50 (Frankfurt/M.) im Auslandsverkehr 161. Die Fixkosten werden je 1.000 kg berechnet. Gerade bei der gewichtsbezogenen Gebühr, aber auch im übrigen stellt die Vergleichbarkeit der Gebührenkomponenten und die Kostentransparenz bei den verschiedenen Flughafenunternehmen ein größer werdendes Problem dar 162 . wirtschaftlichen Interessenlage der immer noch vornehmlich als Ferienflieger tätigen ehemaligen Chartergesellschaften aufrecht erhalten; vgl. z.B. Stellungnahme der ADL zum 1993er Erhöhungsantrag der Flughafen Frankfurt/Main AG vom 30.04.1993. 157

Vgl. Gebührenordnung fur den Verkehrsflughafen Düsseldorf vom 01.04.1992.

158

Z.B. Änderungsanträge der Flughafen Köln-Bonn GmbH vom 19.12.1991 oder der Flughafen Frankfurt/Main AG vom 25.03.1993. 159 Z.B. Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bremen gem. Rundschreiben der ADL vom 08.01.1992 an ihre Mitgliedsunternehmen. 160 Z.B. im Falle eines Vorschlages, einen 5%-Lärmzuschlag nach Messungen des Flughafens Frankfurt/Main zu erheben bzw. stattdessen einen Flugzeugtyp-bezogenen Lärmdifferenzierungsvorschlag im Sinne des BMV-Listenverfahrens zu prüfen, so BMV LR 11 / 62.11.08/74 BL 93 an den Hessischen Min. für Wirtschaft, Verkehr und Technologie vom 26.05.1993. 161

NfL 1-74/95, S. I l l ; 1-86/94, S. 159; Vergleichende Aufzeichnungen werden von den Verbänden gefuhrt, z.B. ADL und ADV. 162 Z.B. bei lärmbezogenen Gebührendifferenzierungen außerhalb der ICAO-Regelungen, Deutsche LH an den BMV vom 01.10.1992.

II. Die geltende Rechtslage

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Dabei ist z.B. die Frage von Relevanz, welche Gewichtsangaben für die Bemessung der gewichtsbezogenen Gebühr zu Grunde gelegt werden können. Es war in der Vergangenheit zur Diskussion zwischen den Luftfahrtunternehmen und dem Luftfahrtbundesamt darüber gekommen, ob als Grundlage der Gebührenbemessung die Gewichtsangaben der im Gerätekennblatt angegebenen Werte MTOW (Maximum Permitible Take-off Weight) oder die im internationalen — insbesondere amerikanischen Verkehr - üblichen Werte des A O M (Airplane Operating Manual), das teilweise erheblich geringere operationelle Gewichtsgrenzen beinhaltet, angenommen werden sollen. Dabei können sich beispielsweise im Falle einer Β 737-300 Unterschiede in der Bemessung der gewichtsbezogenen Gebührengrundlage von über 4 to ergeben und zwar dann, wenn für ein konkretes Flugzeug vom Hersteller ein niedrigeres Operationsgewicht zugelassen ist, als das technisch-konstruktive Höchstgewicht beträgt 163 . Ähnliche Probleme bestanden bei der Erhebung von Flugsicherungsgebühren für die Tätigkeit der Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) nach § 27c LuftVG 1 6 4 . Daneben wird die Gebührenpolitik auch als Instrument der Lärmminimierung genutzt. Sinn der Gebührenstaffelung nach Lärmgesichtspunkten ist es, die Geschäftspolitik der Fluggesellschaften dahin zu beeinflussen, daß sie möglichst nur leise Flugzeuge, welche die Zertifizierung nach Annex 16 IC AO besitzen, einsetzen165. Danach tritt neben die Gebührenerhebung nach Höchstabfluggewicht eine spezifische Staffelung der Gebührensätze, basierend auf der Lärmklasse des Flugzeugs nach Chapter II oder III Annex 16 ICAO 1 6 6 . Für die Flughäfen ist dies ein Mittel, die Lärmsituation an den Flughäfen zu verbessern und so eine breitere Akzeptanz bei der Bevölkerung zu finden 167. Der fluglärmorientierte Teil der Gebührenpolitik enthält allerdings somit Tatbestände, die nicht dem gebührenrechtlichen Kostendeckungsprinzip zuzuordnen sind. Sie sind zwar im Hinblick auf das Gesetz zum Schutz gegen den Fluglärm vom 30. März 1971, insbesondere aber auch wegen §§ 19a, 163

So ein Briefwechsel zwischen ADL, LH und BMV vom April und Juni 1993 (liegt dem Verfasser vor); danach wären nach Eigenberechnungen der LH weltweit rd. 33 Mio. DM mehr an Landegebühren zu zahlen gewesen, weil für die Gebührenbemessung auf ausländischen Flughäfen die Einstufung des Gewichts in dem jeweiligen Herkunftsland des Flugzeuges maßgeblich ist. 164

Z.B. BMV vom 31.03.1993 an Luftfahrtverbände und LH (liegt dem Verf. vor).

165

Hochgürtel,

S. 73.

166

Vgl. ebda, S. 74, und z.B. Gebührenordnung des Verkehrsflughafens Düsseldorf vom 01.04.1992, genehmigt vom Min. für Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW vom 10.03.1992-11 1-16-00/2-. 167

Hochgürtel,

S. 73.

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Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

29b LuftVG mit Ihrer Pflicht zur Vornahme von Lärmmessungen und Verminderung des Fluglärms durch die Flughafenbetreiber in gesetzlichen Wertungen fixiert. Bei strenger Anlegung der Maßstäbe des Äquivalenzprinzips und des Kostendeckungsprinzips begegnet es jedoch Bedenken, die genannten Zwecke bei der Gebührenerhebung zu berücksichtigen. Die Kriterien stellen weder auf den Wert der Leistung für den Gebührenschuldner ab, noch sind sie Kompensation für besondere Kosten des Flughafenbetreibers im Zusammenhang mit dem konkreten Landevorgang. Sie könnten allenfalls als Kostenbeitrag für die Pflicht der Flughafenbetreiber nach § 19a LuftVG angesehen werden, Anlagen zur Lärmmessung anzulegen und zu betreiben. Ihre Rechtmäßigkeit ist jedenfalls - soweit ersichtlich — bislang nicht angezweifelt worden. Dieser Umstand muß im Folgenden bei der Erörterung der Frage, welche gebühren- und entgeltrechtlichen Spielräume bestehen, um beispielsweise Verkehrslenkungsgesichtspunkte in die Gebührenbemessung in vom Verkehrskollaps bedrohten Flughafenregionen einzubeziehen, Berücksichtigung finden 168. Auch die vom Fluggast durch Einziehung über die Flugunternehmen erhobene Luftsicherheitsgebühr ist nach einer Entscheidung des BVerwG aus dem Jahre 1994 bifunktional. Da die zum Schutz vor Flugzeugentführungen und Sabotageakten von den Flugunternehmen einzuziehende Gebühr diesen Unternehmen in besonderer Weise zugute komme, sei es auch nicht sachfremd, sie mit den Kosten der Einziehung zu belasten. Daß die Sicherheitsmaßnahmen daneben auch im allgemeinen staatlichen Interesse lägen, stehe aber der Gebührenerhebung nicht entgegen169. Es kann somit auch im Fall der Sicherheitsgebühr nicht von einer strikten Anwendung des Äquivalenzprinzips gesprochen werden. Das Interesse an einem sicheren Flugverkehr ist allgemein und nicht auf die Transporteure, die Fluggäste oder Flughafenbetreiber begrenzt. Einerseits findet also im Falle der lärmorientierten Gebührenerhebung ein die reinen Kosten der Landung und Abfertigung erweiterndes Kriterium in die Gebührenbemessung Eingang. Andererseits wird bei den Kosten für Sicherungsmaßnahmen durch das BVerwG streng auf die (vermeintlich alleinige) Kostenverursachung durch die an der Luftfahrt direkt Beteiligten abgestellt.

168

Vgl. unten S. 126 ff.

169

BVerwG vom 03.03.1994 - 4 C 1.93

57

II. Die geltende Rechtslage

Dies zeigt nur, daß im Luftfahrtgebührenrecht längst eine Aufweichung der hergebrachten Gebührenerhebungs- und Bemessungsgrundsätze stattgefunden hat. Folgerichtig forderte auch der Bundesminister für Verkehr schon 1992 die Flughafengesellschaften auf, durch Differenzierungen ihrer Landegebührenordnungen den Einsatz leisen Fluggeräts zu fördern 170. Er hat dies in seinem Luftfahrtkonzept 2000 vom 27. Juli 1994 wiederholt 171 . Dabei sollen die Flughafengesellschaften aber auch die Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrs innerhalb Europas erhalten und dennoch ihre Kosten selbst voll erwirtschaften 172. Es ist somit festzustellen, daß eine einheitliche Dogmatik auf dem Gebiet der Luftverkehrsgebühren letztlich nicht mehr besteht. Die Praxis der Gebührenbemessung auf Flughäfen bewegt sich zwischen wettbewerbsorientierten wirtschaftlichen Erwägungen, Kosten- und Verursacherkriterien und umweltpolitischen Zielen. Die Rechtsnatur der Entgelte bzw. Gebühren ist anerkannt privatrechtlich, ihre Genehmigung - wenn auch nicht konstitutiv - öffentlichrechtlich. cc) Die Stellung der Flughäfen im internationalen

Wettbewerb

Gebühren und ihre Auswirkungen auf die Stellung der deutschen Flughäfen im internationalen Wettbewerb sowie als Faktor im Wettbewerb um Standortvorteile sind seit langem ein Diskussionsthema173. Begünstigt durch die (inzwischen aufgehobene) Freistellung von der Anwendung des § 99 II GWB, konnten sich durch ein weitgehend vereinheitlichtes und mit vielfältigen Abstimmungsmechanismen ausgestattetes Gebührenerhöhungsverfahren oligopolartige Strukturen unter den Anbietern von Flughafendienstleistungen herausbilden 174. Während in der Nachkriegszeit noch davon ausgegangen werden konnte, daß wegen freier Kapazitäten auf den Flughäfen günstige Gebühren neuen

170

Flughafenkonzept des BMV vom 08.09.1992 - LR 11/20.00.50-00 - , S. 8.

171

BMV, Luftfahrtkonzept 2000 vom 27.07.1994, S. 29.

172

Ebda., S. 9.

173

Vgl. grundlegend: Christiansen, Verkehrsflughäfen im Wettbewerb, Göttingen 1977; als Gegenstand der öffentlichen Diskussion: Handelsblatt vom 27.07.1994, 28.07.1994, 11.08.1994; FAZ vom 19.09.1994; Der Spiegel 31/1994, S. 40; IHK Düsseldorf, Unsere Wirtschaft 4/1992; EuroBusiness, Sep. 1994, S. 40 ff.; BMV, Luftfahrtkonzept 2000 vom 27.07.1994; Triller, Check-In 3-4/1990. 174

Vgl. Christiansen,

S. 104 ff.

58

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungserhältnis

Verkehr auf die eigenen Landeplätze bringen konnte 175 , sind solche Erwägungen in den heutigen Zeiten der Kapazitätskrise nicht mehr maßgeblich. Zudem war wegen der starken Reglementierung des Luftverkehrs innerhalb Europas auch kaum eine Möglichkeit gegeben, durch Gebühren die Verkehrsströme zu beeinflussen. Die Marktmacht lag wegen der starken Stellung der National-Carrier und dem erst langsamen Anwachsen des Charterverkehrs im Massentourismus eindeutig auf der Nachfragerseite, d.h. auf Seiten der Fluggesellschaften 176. Demnach waren die Flughafenunternehmen bestrebt, gegenüber dieser Marktmacht geschlossen auftreten zu können, um „unerwünschte Verkehrsverlagerungen" (im Falle stark unterschiedlicher Landegebühren) zu verhindern 177 . Inzwischen liegen die Interessen der Flughafenunternehmen eher darin, zur optimalen Ausnutzung von inzwischen knappen Kapazitäten „unerwünschten" Flugverkehr, wie z.B. den der General Aviation, möglichst vom Flughafen fernzuhalten 178. In dem nicht genehmigungspflichtigen Teil der Flughafenleistungen, den Bodenverkehrsdiensten, war der Wettbewerb unter den Flughafenunternehmen hingegen schon immer stärker ausgeprägt, weil diese Leistungen nicht von der erwähnten Anwendungsfreistellung des § 99 II GWB ausgenommen waren. Auf internationaler Ebene differieren die Flughafengebühren erheblich. Nach der Chicago Convention 1944, Art. 15, sind die Staaten ermächtigt, die Gebühren in der jeweiligen Landeswährung einzuziehen. Dabei existieren an bestimmten Orten Sonderregelungen (wie z.B. Quarantänegebühren, Beleuchtungsgebühren, Passagiersteuern etc.) 179 . Die Wettbewerbsstellung der europäischen - und damit auch der deutschen Flughäfen — verändert sich z.Zt. aber in zweierlei Hinsicht: Zum einen ist seit 1992 mit der EG-Marktzugangsverordnung 180 im Bereich des Luftverkehrs das allgemeine Zugangsrecht eines Mitgliedsstaates zu allen anderen Flughäfen in der Union gewährleistet, wobei in sog. „Flughafensystemen", d.h. Städten mit mehreren Flughäfen, Verkehrsverteilungsbefugnisse des Betreiberstaates bestehen blieben. 175

Ebda., S. 105.

176

Ebda., S. 107.

177

Vgl. Laun, Die Finanzierung der Flughäfen, zit. nach: Christiansen, S. 107 Fn. 3.

178

Beispiel München: BVerwG, ZLW 1990, S. 118 ff.

179

Beispiele bei Triller,

180

ABl. EG Nr. L 14 vom 22.01.1993; VO EWG Nr. 2408/92.

Check-In 3 - 4 / 1 9 9 0 , S. 23.

II. Die geltende Rechtslage

59

Nachdem die Kommission aber entschieden hat, daß im Falle Paris auch von solchen Verteilungslösungen verbotene Diskriminierungen ausgehen können, wenn ihnen keine zwingenden Gründe des Allgemeininteresses zur Seite stehen181, ist davon auszugehen, daß Verkehrsverteilung qua Organisationsakt in Flughafensystemen zukünftig wesentlich erschwert sein wird 1 8 2 . Zum anderen wackelt das Bodenverkehrsdienstrecht der Flughafenbetreiber, also die Befugnis, außerhalb der genehmigungspflichtigen Start- und Landegebühren als alleiniger Anbieter von Bodenverkehrsdiensten z.B. im Bereich der Vorfeldabfertigung aufzutreten. Eine entsprechende Richtlinie des Rates über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft wurde am 15. Oktober 1996 erlassen 183. Die zukünftige Gebührenpolitik der Flughafenunternehmen muß sich an den EU-rechtlichen Gegebenheiten, insbesondere dem Erfordernis des freien Marktzugangs orientieren und andererseits die Möglichkeit eröffnen, verfügbare Slot-Kapazitäten unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten anbieten zu können 184 . b) Entgelte im engeren Sinne Die Erhebung von Entgelten im engeren Sinne, d.h. für nicht von der Genehmigungspflicht nach § 43 LuftVZO umfaßte Leistungen eines Flughafenunternehmens, ist keiner öffentlich-rechtlichen Beschränkung unterworfen und findet ihre Grenzen allerdings in den Bestimmungen des AGBG, UWG sowie den allgemeinen Regeln (beispielsweise der §§ 138, 242, 315 III, 816 BGB). Es handelt sich dabei im wesentlichen um solche Leistungen des Flughafenbetreibers, die nicht zur unmittelbaren Betriebspflicht zählen und als Zusatzleistungen vorgehalten werden. In Betracht kommen z.B. zivilrechtliche Mietverträge über Räume im Flughafengebäude für Schalter, Verkaufsbüros und Lounges oder die langfristige Unterstellung von Flugzeugen in einem Hangar, die Vermietung an Gewerbetreibende und Einzelhändler sowie Gastronomie etc. Ihre Festsetzung ist frei, jedoch müssen die wirtschaftlichen Interessen beider Seiten berücksichtigt werden 185 . 181

Handelsblatt vom 10.08.1994, S. 10.

182

Zu den bisherigen Aufteilungslösungen vgl. unten S. 67 ff.

183

FAZ vom 19.09.1994, S. 20; Richtlinie 96/67/EG, Abi. EG Nr. L 272/36 vom 25.10.1996; vgl. auch unten S. 67 ff. und S. 126 ff. 184 Zu den wettbewerbsrechtlichen Grenzen der Verkehrslenkung durch Gebühren in Flughafensystemen vgl. unten S. 153 ff. 185

BGH, ZLW 1974, S. 80; Schwenk, Handbuch, S. 421, 720.

60

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis c) Kostenverordnung der Luftfahrtverwaltung (LuftKostV)

Volle Anwendung finden die gebührenrechtlichen Grundsätze im Luftverkehrsrecht allein in der LuftKostV (BGBl. 1984 I S. 346). Hier wird die Verwaltung ermächtigt, unter Anwendung des Verwaltungskostengesetzes fur ihre Amtshandlungen - im wesentlichen Genehmigungen und Prüfungen Gebühren (§ 2 LuftKostV) und Auslagen (§ 3 LuftKostV) zu erheben. Zum Beispiel ist gem. Ziff. 8 der Anlage zur LuftKostV auch die Genehmigung der Benutzungsordnung und der Regelung der Entgelte oder eine entsprechende Änderungsgenehmigung ihrerseits für die Flughafenbetreiber gebührenpflichtig. Es sind feste Sätze und Rahmengebühren vorgesehen. Dabei gelten das Kostendeckungsprinzip und das Äquivalenzprinzip gleichermaßen 186. Das erstreckt sich auch auf alle Bundesländer, denn § 1 VerwKostG geht als Bundesrecht den landesrechtlichen Gebührenregelungen vor.

5. Zwischenergebnis Weder die Eigenschaft eines Flughafens als öffentliche Sache noch ein nach privatrechtlichen Grundsätzen bestehender Kontrahierungszwang für den Abschluß von Landeverträgen schließen verkehrslenkende Maßnahmen aus. Auch die öffentlich-rechtliche Betriebspflicht für den Flughafenbetreiber führt zu keinem anderen Ergebnis, weil sie nicht individualrechtsschützend ist. Damit erweisen sich auch die Gebühren- und Entgeltregelungen im Flugwesen als durchaus variabel und keineswegs so starr, wie es die Genehmigungspflicht der „Entgeltordungen" zunächst vermuten läßt. Im folgenden wird deshalb u.a. zu prüfen sein, wie diese Grundsätze Anwendung finden können, wenn bestimmte Flugarten durch gebührenrechtliche Maßnahmen auf andere, weniger belastete Flugplätze verwiesen werden sollen. Gebührenregelungen werden als Instrument der Verkehrspolitik im Bereich des Straßenverkehrs beispielsweise bereits angewandt. Die seit 1. Januar 1995 eingeführte Autobahngebühr für Lastkraftwagen bezweckt nicht nur die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Spediteure, sondern soll die Attraktivität des Güterverkehrs auf den Autobahnen durch eine entsprechende Verteuerung dieser Verkehrsart verringern und durch eine entsprechende Gebührenhöhe zu allgemeinen Abwanderungsbewegungen und damit auch zur Verminderung des Verkehrsinfarktrisikos beitragen 187.

186

Schwenk, Handbuch, S. 555.

187

Eickhof/Franke,

S. 246.

III. Internationale Regelungen und EU-Recht

61

I I I . Internationale Regelungen und EU-Recht Verkehrslenkende oder gebührenrelevante Vorschriften auf internationaler Ebene können den einschlägigen internationalen Abkommen, bilateralen Regelungen zwischen den Staaten oder dem Gemeinschaftsrecht entstammen. Von Interesse sind desweiteren auch die Regelungen, die andere Staaten bei der Verkehrsaufteilung innerhalb dort bestehender Flughafensysteme in Stadtregionen getroffen haben. Sie betreffen zum einen regelmäßig auch deutsche Fluggesellschaften und könnten zum anderen als Muster für Deutschland dienen.

1. Flughafenbenutzung nach internationalen Abkommen Die grundlegenden internationalen Abkommen aus dem Jahre 1919 (Pariser Abkommen) und 1944 (Abkommen von Chicago) hatten zum Ziel, Rechte der Staaten betreffend den Luftraum über ihrem Territorium festzuschreiben und Einigung über Themen der Flugsicherheit, Kommunikation und Technologieaustausch zu erzielen 188. Hinsichtlich der Überflug- sowie Start- und Landerechte zwischen verschiedenen Staaten bestand das Ergebnis der Abkommen aber im wesentlichen darin, die Ausgestaltung dieser Rechte zwischenstaatlichen Vereinbarungen vorzubehalten 189. Mehr war auf internationaler Ebene wegen Bedenken der Unterzeichnerstaaten vor der überlegenen Vormachtstellung der amerikanischen Luftfahrtindustrie und -unternehmen nicht zu erreichen 190. Die 1945 gegründete IATA (International Air Transport Association) erhielt die Aufgabe, Forum für die Festlegung von Transporttarifen zu sein. Prominentestes Abkommen unter den in Folge der Chicago Convention geschlossenen bilateralen Vereinbarungen war das Bermuda I-Abkommen zwischen den USA und Großbritannien aus dem Jahr 1946, dem über 2.300 bilaterale Verträge zwischen 200 Nationen - dabei 16.000 Flughäfen betreffend — folgten 191 . 1996 bestanden zwischen der Bundesrepublik Deutschland und ca. 100 anderen Staaten bilaterale Luftverkehrsabkommen, von denen 81 in Kraft sind. Weitere 23 Abkommen sind paraphiert 192. Gebührenregelungen auf Flughäfen spielen dabei keine Rolle. Insbesondere konnten und können die 188

Kark, S. 72 f.

189

Ebda, S. 73, f., sowie Oppermann, Rn. 1356.

190

Crush , S. 21; Lübben, S. 40.

191

Kark, S. 76; Stand: 05.01.1995, ZLW 1/1995, S. 105.

192

Aufstellung in ZLW 1996, S. 185 ff., zusammengestellt von Graumann.

62

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

Staaten souverän über die Verkehrslenkung auf ihren internationalen Flughäfen entscheiden. Die von der EU-Kommission vertretene Auffassung, nach Art. 113 EWGVertrag diese staatliche Souveränität der EU-Mitgliedsländer im Verhältnis zu Drittstaaten für den Abschluß von Luftverkehrsabkommen in die Zuständigkeit der Union zu überfuhren, findet unter den anderen EU-Organen und den Mitgliedsstaaten im Ergebnis keine Zustimmung 193 , so daß es praktisch bei der geltenden Rechtslage bleibt. Die Abwicklung des gewerblichen Luftverkehrs im Bereich der Bundesrepublik Deutschland erfolgt aufgrund §§ 27a und 27b LuftVG durch den Flugplankoordinator für die der Koordinierungspflicht unterliegenden Flughäfen. Sie bezieht sich auf die Start- und Landezeiten. Die internationale Verkehrsflußregelung in der Luft im Bereich Westeuropas wird durch die CTMO (Central Flow Air Management Organization) i.e. durch die Deutsche Flugsicherung GmbH wahrgenommen. Für die nach § 25 I LuftVO flugplanpflichtigen Flüge gilt ein spezielles Zuweisungsverfahren, das die Auflösung von Stausituationen gewährleisten soll 194 . Die Luftraumnutzungszentrale ist berechtigt, wenige Stunden vor der zuvor angemeldeten Überflugszeit im fraglichen Kontrollgebiet die Vergabe der Überflugzeiten zu regeln. Dabei gilt grundsätzlich das Prioritätsprinzip 195 . Insbesondere werden dabei alle Luftverkehrsarten gleichberechtigt behandelt 196 . Es ist unerheblich, ob es sich um ein großes oder kleines Flugzeug, einen Linien- oder Charterflug, ein gewerbliches oder privates Fluggerät handelt. Mithin handelt es sich auch nicht um ein Verteilungsverfahren, sondern nur um eine Verkehrsregelung. Sie dient letztlich nur dazu, die Abstände zwischen den in den Kontrollraum einfliegenden Flugzeugen sicherheitsrelevant zu koordinieren und so den Luftraum möglichst günstig zu nutzen. Insbesondere nehmen weder der Flugplankoordinator noch die Luftraumnutzungszentrale flugplangestaltende Maßnahmen, d.h. Zuweisungen zu bestimmten Flughäfen vor. Ihre Tätigkeit ist allein auf die Koordinierung der konkret vom Luftfahrzeugführer angemeldeten Start- und Landeplätze bzw. Lufträume gerichtet und insoweit reaktiv. Sie dient damit auch nicht der optimalen Kapazitätsausnutzung von Flughafensystemen, weil es dazu an Regelungsbefugnissen fehlt. 193

Meier, ZLW 1993, S. 3, 6 ff., s.a. Dawson , International Bar News 1990, S. 3, 5.

194

Beschreibung des technischen Ablaufs bei Krämer, S. 156 ff.

195

Krämer, a.a.O., S. 160.

196

Krämer, ebda. u. Fn. 487, 488.

III. Internationale Regelungen und EU-Recht

63

2. Flughafenbenutzung nach dem Gemeinschaftsrecht a) Marktzugang und Slotverteilung Mit den Verordnungen Nr. 2408/92 (EWG) 1 9 7 und 2409/92 (EWG) wurde das sog. „Dritte Liberalisierungspaket" verabschiedet, mit dem der Binnenmarkt auch im Luftverkehrsbereich hergestellt werden sollte. Danach können die Gesellschaften innerhalb der Gemeinschaft ohne besondere Luftverkehrsabkommen Beförderungen auch innerhalb eines Landes vornehmen, das nicht ihr Herkunftsland ist. Voraussetzung ist lediglich, daß der Flug im jeweiligen Heimatstaat der Gesellschaft begonnen oder beendet wird. Das uneingeschränkte Kabotagerecht 198, d.h. die Möglichkeit, Passagiere oder Fracht auch dann zu befördern, wenn Beginn und Ende des Fluges beide außerhalb des Herkunftsstaates der Fluggesellschaft liegen (5.Freiheit), wird erst ab dem 1. April 1997 gewährleistet. Parallel hierzu wurde auch die Tarifgestaltung liberalisiert 199 . Die Flugplankoordination und damit die Frage der Zugangsberechtigung zu den Flughäfen - also der Slotvergabe - wurde allerdings zunächst weiter in den jeweiligen Ländern nach den IATA-Prioritätsregeln ausgeführt 200. Der von der EU-Kommission gewollte Wettbewerb konnte aber ohne einheitliche verbindliche Regeln der Slotvergabe nicht in vollem Umfang hergestellt werden 201 . Dennoch hatte die Intensität des Preiswettbewerbs in einzelnen Segmenten zugenommen202. Die Herstellung binnenmarktgerechter Wettbewerbsverhältnisse ist eine Aufgabe der gemeinschaftlichen Verkehrspolitik nach Art. 74, 84a I I EGV 2 0 3 . Hierzu gehört auch die Beseitigung der Engpaßsituationen im europäischen Luftraum durch eine effektivere Luftverkehrskontrolle. Sie wurde erst mit der Verordnung Nr. 95/93 erlassen, die erst die Voraussetzungen dafür schafft, auch neuen Fluggesellschaften Marktchancen offen zu lassen204. Sie regelt 197

ABl. EG Nr. L 240/8 vom 23.07.1992.

198

Darstellung der „5 Freiheiten der Luft" bei Lübben, S. 41 ff.

199 Flugpreisangebote einer Fluggesellschaft werden nur dann nicht wirksam, wenn beide Regierungen der betroffenen Länder ihre Zustimmung versagen („Double Disapproval");

vgl. Gischer, S. 268. 200

Wolf,

201

Giemulla/Schmidt,

202

Gischer, S. 268.

203

Oppermann,

204

S. 188 ff.

Europ. LuftverkehrsR, Β I VIII, Rn. 83.

Rn. 1357.

VO des Rates vom 18.01.1993 über die gemeinsame Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen der Gemeinschaft, ABl. EG Nr. L 14 vom 22.01.1993; Baumann, S. 143; Krämer, S. 170 f.

64

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

das Zusammenspiel der von den Mitgliedsstaaten einzusetzenden Flugplankoordinatoren fur die Slotverteilung in der Luft an den koordinierten Flughäfen. Die Regelungen schaffen allerdings nur ansatzweise Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsgeprägte Ausgestaltung des Luftverkehrs. Sie dienen insofern nicht der Kapazitätserweiterung an Flughäfen 205. Allerdings bleibt es den Mitgliedsstaaten möglich, trotz des in Art. 3 I der VO (EWG) Nr. 2408/92 festgelegten Grundsatzes der freien Ausübung des Luftverkehrs innerhalb der europäischen Gemeinschaft diese Freiheit in Flughafensystemen nach Art. 8 I der VO zu beschränken. Als Grund gelten Überlastungsprobleme und die damit verbundenen Restriktionen durch Aufteilungslösungen auf verschiedene Flughäfen des Systems, wenn sie darauf abzielen, die beschränkten Kapazitäten eines Flughafens zu optimieren und auf einen anderen Flughafen des Systems zu lenken, der noch ein bedeutendes Potential für zusätzliche Kapazitäten aufweist. Diese Regeln müssen den Grundsätzen der Dienstleistungsfreiheit genügen206. Bei der Begründung solcher Beschränkungen sind nach dieser Entscheidung aber korrekte Maßstäbe bei der Ermittlung des Jahresverkehrsaufkommens in dem betreffenden System anzulegen. b) Flugsicherungskontrolle Die im Jahre 1960 getroffene Vereinbarung zwischen den Staaten Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg und den Niederlanden zur Implementierung von EUROCONTROL sollte eine gemeinschaftliche Flugsicherung der Mitgliedsstaaten in den oberen Lufträumen gewährleisten 207 . Sie wäre ein erster Schritt zu einer späteren gemeinsamen Flugsicherung im europäischen Luftraum gewesen. Eine am amerikanischen System angelehnte Kontrollösung könnte heute Steigerungen der Luftraumkapaziät von 110 bis 150% bewirken 208 . Nachdem wegen mangelnder Bereitschaft zum Verzicht auf Hoheitsrechte zwischen den Unterzeichnerstaaten im Jahre 1981 eine rückführende Kompetenzbeschreibung der EUROCONTROL stattgefunden hatte, mußte der Versuch, eine einheitliche Flugsicherung zu schaffen, vorläufig als gescheitert betrachtet werden 209 . 205

Baumann, S. 149 f.

206

So die Entscheidung der Kommission vom 14.03.1995 in der Sache V I I / A M A / 9 / 9 4 - Französische Verkehrsaufteilungsregeln für das Pariser Flughafensystem, ABl. EG Nr. L 162/25 vom 13.07.1995, S. 25, 32 f. 207

BGBl. 1962 II S. 2273 ff.

208

Krämer, S. 175.

209

Zur Entwicklung von EUROCONTROL vgl. Krämer, S. 172- 175.

III. Internationale Regelungen und EU-Recht

65

Erst seit Beginn der 90er Jahre werden wieder Überlegungen zur Harmonisierung der europäischen Luftraumkontrolle angestellt, die bisher aber noch nicht zu greifbaren Verbesserungen gefuhrt haben 210 . Von einer EU-weiten Regelung der Flugverkehrskontrolle ist man dementsprechend bis auf weiteres noch weit entfernt. c) Beziehung zwischen Flughäfen und Benutzern Anderes als bei der Flugverkehrskontrolle verhält es sich in bezug auf die Flughäfen. In ihrem „Vorschlag für eine Verordnung über die Beziehungen zwischen Flughäfen und ihren Benutzern" hat die EU-Kommission regelmäßige Konsultationen zwischen Betreibern und Benutzern vorgesehen 211. Hinsichtlich der Gebühren hält sie es für wünschenswert, allgemeine Richtlinien oder Grundsätze für die Gebühren von Großflughäfen festzulegen und erkennt dabei aber auch an, daß es wirtschaftlich und betrieblich durchaus gerechtfertigt sein kann, wenn in einem Flughafensystem ein größerer Flughafen die Verluste kleinerer und nicht ausgelasteter Flughäfen, die dieselbe Region bedienen, ausgleicht212. Ob allerdings auf einem Flughafen höhere Gebühren in den Hauptbetriebszeiten festgesetzt werden, sollte nach Ansicht der Kommission den einzelnen Flughafenbetreibern und -benutzern überlassen bleiben. Die Preisgestaltung soll kostenbezogen sein, kann aber einen angemessenen Gewinn ermöglichen 213 . Der beschriebene „Vorschlag für eine Verordnung über die Beziehungen zwischen Flughäfen und ihren Benutzern" wurde aber vom EU-Ministerrat nicht angenommen. Neue Vorschläge hatte die Kommission zunächst mit ihrem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste vom 13. Dezember 1994" präzisiert 214. Damit sollte zum einen der freie Marktzugang für alle Anbieter von Dienstleistungen auf Flughäfen gewährleistet werden und zwar nicht nur für den in Deutschland durch die Erhebung von Entgelten gekennzeichneten landseitigen Abfertigungsbetrieb, sondern auch für den in Deutschland allein von den Flughäfen selbst angebotenen luftseitigen Service wie das Lotsen des Flugzeugs bei der Ankunft und

210

Krämer, S. 174 f; Giemulla / Schmid, Europ. Luftverkehrsrecht, Einfuhrung X, Rn. 86; Baumann, S. 159 ff. 211

KOM(90)100 endg., Rats-Dok. Nr. 6860/90 = BT-Drs. 12/1771.

212

Ebda., S. 6; vgl. auch unten S. 153 ff.

213

KOM(90)100 endg., a.a.O., S. 6; unten S. 153 ff.

214

KOM(94)590 endg. vom 13.12.1994; Rittner, NVwZ 1994, S. 429.

5 Zielke

66

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

beim Abflug 215 . Dabei ging es im wesentlichen darum, die „Flughafenverwaltungen" zu einer Öffnung des Marktes auch für externe Anbieter zur Erbringung von Bodenverkehrsdiensten (Ground Handling) zu zwingen. Die (umsetzungsbedürftige) Richtlinie hierzu liegt seit dem 15. Oktober 1996 vor 2 1 6 . Dabei hat der Rat u.a. den noch im Entwurf enthaltenen Begriff der „Flughafenverwaltung" als Adressat der sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen präzisiert. Er trug damit dem Umstand Rechnung, daß in einigen Mitgliedstaaten (darunter auch Deutschland) gar keine (öffentliche) „Verwaltung" der Flughäfen im hergebrachten Sinne stattfindet, weil die Flughäfen dort - wennauch unter staatlicher Aufsicht und i.d.R. auch Anteilseignerschaft - in privatrechtlicher Form bewirtschaftet werden. Stattdessen ergeben sich die Verpflichtungen hinsichtlich der Marktöffnung und des Zugangs neuer Anbieter von Bodenverkehrsdiensten nun für die „Leitungsorgane" der Flughäfen. Nach Art. 3 und Art. 4 der Richtlinie sind jetzt alle Stellen angesprochen, die den Betrieb oder die Verwaltung des Flughafens besorgen sowie die Aufsichtsbehörden, sofern sie nach nationalem Recht die Kontrolle von Flughafenleitungsorganen wahrnehmen. Bietet die Leitung eines Flughafens selbst Bodenabfertigugsdienste an, so muß sie diese gem. Art. 4 der Bodenabfertigungsdienstrichtlinie buchmäßig von ihren übrigen Tätigkeiten trennen. Damit wird eine Vergleichbarkeit der Marktmacht aller gegenwärtigen und zukünftigen Anbieter von Bodenverkehrsdiensten angestrebt. Hinsichtlich der Gebühren plant die Kommission zum anderen, anstelle der vom Ministerrat nicht angenommenen Vorschläge aus dem Jahre 1990 Regelungen für ein gemeinsames Rahmenwerk der Flughafengebühren innerhalb der Union. Diese hat sie in einem neuen Konsultationspapier zu den Flughafengebühren niedergelegt und mit Schreiben vom 22. Juni 1995 den Mitgliedsstaaten zur Stellungnahme zugeleitet.217. Insbesondere hält die Kommission unterschiedliche Gebühren nach Flugherkunft und Ziel (Inland/Ausland) sowie verschiedene Gebührenerlaßtatbestände in den Mitgliedsländern für diskriminierend 218 . Wesentlicher Kern ist, daß alle Flughafengebühren künftig gemeinschaftseinheitlich nichtdiskriminierend, kostenbezogen und transparent sein sollen.

215 Ebda., Anhang, Verzeichnis der Bodenabfertigungsdienste; Rittner, S. 429; vgl. unten S. 153 ff. 216 Abi. EG Nr. L 272/36 vom 25.10.1996. Zu den möglichen Auswirkungen der geplanten Regelung auf die Entgeltgestaltung der Flughäfen beim Ground-Handling mit dem Ziel der Verkehrslenkung vgl. unten S. 151, S. 153-160. 217 Schreiben des BMV an die beteiligten Ressorts und die Verbände und Unternehmen der deutschen Luftfahrt - LR 11 /23.63.36-13/5 E 95 - vom 30.06.1995; vgl. unten S. 153-160. 218

Ebda., S. 7.

III. Internationale Regelungen und EU-Recht

67

Die ersten Anhörungen hierzu haben in Deutschland im Spätsommer 1995 stattgefunden. Die European Civil Aviation Conference (ECAC, die regionale Organisation der ICAO) hat zu den Vorschlägen der Kommission eine gemeinsame Stellungnahme erarbeitet. Die ECAC äußert sich darin insbesondere kritisch zu dem Vorhaben, Start- und Landegebühren nach kostenbezogenen Kriterien zu erheben, weil es in der Praxis für die Flughäfen nicht möglich sei, exakte Kosten für die angebotenen gebührenpflichtigen Leistungen auf individueller Basis zu ermitteln 219 . Darauf wird später noch einzugehen sein 220 . Damit bleibt klargestellt, daß ein EU-rechtliches Regime über die Gestaltung der Start- und Landegebühren (noch) nicht errichtet ist und dies nach wie vor den Flughafenunternehmen in den Mitgliedsstaaten nach deren Rechtsgrundlagen überlassen bleibt.

3. Verkehrsaufteilungslösungen im Ausland Probleme mit der Aufteilung des Flugverkehrs in Metropolen oder Stadtregionen mit hoher Bevölkerungsdichte und mehreren Flughäfen bestehen nicht nur in Deutschland. Selbst eine Stadt wie Atlanta - Sitz von Coca Cola, Delta und CNN sowie Austragungsort der XXVI. Olympischen Spiele 1996 — mit einem der verkehrsreichsten Flughäfen der Welt 221 ohne Kapazitätsprobleme wird im nächsten Jahrtausend den Verkehr auf 2 Flughäfen aufteilen 222 . Allerdings gilt in Deutschland der durch eine politische Entscheidung getragene ordnende Eingriff durch Verkehrslenkungsmaßnahmen in Flughafensystemen — nicht zuletzt wegen § 1 LuftVG — als nicht praktikabel 223 . Ob diese These verifizierbar ist, wird unten noch zu untersuchen sein. Sinnvoll ist es in jedem Fall, den Blick auf die in ausländischen Metropolen mit Flughafensystemen und Kapazitätsproblemen getroffenen Aufteilungslösungen zu richten.

219

Vgl. Report of the ECAC Task Force on Airport Charges vom 27.03.1996 (n.v.).

220

Vgl. unten S. 153 ff.

221

42 Mio. Passagiere 1992, 4 Start- und Landebahnen bis zu 3.624 Metern Länge zzgl. einer geplanten fünften Bahn.

5*

222

Airport Portrait Hartsfield Atlanta, in: Luftfahrt 2/1993.

223

Vgl. Reimer, Z L W 1992, S. 142, 150 f.

68

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

a) USA: Washington D.C. Während in New York und New Jersey die PONYA (Port Authority of New York & New Jersey) bereits seit 1921 die Seehafenanlagen, Eisenbahnen, Tunnels, Brücken sowie auch die Flughäfen und diverse Heliports betreibt und organisiert 224, werden die drei wichtigsten Verkehrsflughäfen in und um Washington D.C. 225 von der Metropolitan Washington Airports Authority verwaltet. Dabei ist Washington-National wegen seiner zentralen Lage in nur 7 km Entfernung vom Stadtzentrum naturgemäß besonders begehrt und entsprechend belastet226. Es besteht daher ein besonderes Interesse, Verkehr auch auf die weiter entfernt liegenden ( 4 0 - 5 0 km) anderen Flughäfen ohne Kapazitätsprobleme zu lenken. Die Verkehrsaufteilung wird zum Teil durch eingreifende Verwaltungsmaßnahmen, aber auch nach marktwirtschaftlichen Kriterien vorgenommen. Nach einer vom US-Verkehrsministerium auf dem Verordnungswege erlassenen „Perimeter Rule" sind Nonstop-Flüge über eine Distanz von mehr als 1.000 Meilen von Washington-National aus nicht zulässig. Der Verkehr von den anderen Flughäfen ist nicht reglementiert 227. Die auf dem Federal Aviation Act of 1958, §§ 103, 307 (a), 312 (a), 313 (a) beruhende Regelung besteht bereits seit 1981 und war Gegenstand gerichtlicher Verfahren 228. Sie diente weniger dem Lärmschutz 229 , sondern sollte die Akzeptanz des bis dahin unpopulären und relativ weit außerhalb liegenden Flughafens Washington Dulles-International fördern 230. Nach der Rechtsprechung hatte die Luftaufsichtsbehörde FAA (eine Abteilung des Department of Transportation - DOT) das Recht, hinsichtlich der verschiedenen Flughäfen im Räume Washington Benutzungsregelungen zu treffen, die im öffentlichen Interesse liegen.

224

Aufgabenbeschreibung bei Reimer, ZLW 1989, S. 345, 354 f.

225

Washington-National, Dulles-International und Baltimore-Washington-International.

226

Wilken,

S. 139.

227

Wilken,

S. 139 f.

228

Abschließend: United States Court of Appeals vom 09.07.1982 - Nos. 80-2030, 802251, 81-4194 (City of Houston and American Airlines v. Federal Aviation Administration [FAA] et al.), 679 Federal Reporter, 2d Series, S. 1184 ff. 229

Lärmschutz war vielmehr einer der Gründe, die den Bau des zweiten Flughafens Dulles International, der 1962 fertiggestellt wurde, veranlaßte, U.S. Court of Appeals vom 09.07.1982, a.a.O., S. 1186 f. 230

U.S. Court of Appeals vom 09.07.1982, a.a.O., S. 1194.

III. Internationale Regelungen und EU-Recht

69

Das sei insbesondere der Fall, wenn sie aus Gründen der Sicherheit erlassen werden oder der effizienten Nutzung der Flughäfen dienen 231 . Das erkennende Gericht hielt die Regelungen unter Anwendung von Section 1303 Federal Aviation Act 2 3 2 für ausgewogen und konnte auch keine Diskriminierung der nun vom Nonstop-Flugverkehr mit Washington-National abgeschnittenen Bundesstaaten ausmachen233. Die volle Nutzung eines bestimmten Flughafens innerhalb eines Flughafensystems wurde damit erneut 234 als ein Kriterium für administrative Eingriffe in das auch in den USA geltende Recht auf freie Nutzung des Luftraumes zum Zweck der effizienten Nutzung von Flughafenfacilitäten anerkannt. Außerdem ist am Flughafen Washington-National der Slot-Handel zulässig, so daß betriebswirtschaftlich sinnvoll ausgelastete Anbieter eher zum Zuge kommen und das Horten von Slots allein aus Konkurrenzausschlußgründen erschwert wird. Auch die 1984 am Flughafen New York-La Guardia eingeführte „Perimeter Rule" 2 3 5 wurde von den Gerichten bestätigt. Die Einführung von Flugbeschränkungen auf Entfernungsbasis verstoße weder gegen die Verfassung noch sei sie diskriminierend und gehöre zu den Eigentümerrechten des Flughafeneigentümers, insbesondere, wenn der Flughafeneigentümer mehrere Flughäfen als „multi-airport proprietor" betreibt 236 . 231

U.S. Court of Appeals vom 09.07.1982, a.a.O., S. 1195.

232

Section 1303 U.S. Federal Aviation Act of 1958 lautet: „In the exercise and performance of his powers and duties under this Act the (Secretary of Transportation) shall consider the following, among other things, as being in the public interest: ... (c) The control of the use of the navigable airspace of the United States and the regulation of both civil and military operations in such airspace in the interest of the safety and efficiency of both." 233

U.S. Court of Appeals vom 09.07.1982, a.a.O., S. 1195.

234

Nach der Entscheidung zur Änderung der Gebührenstruktur an den New Yorker Flughäfen mit dem Ziel der Verkehrsverlagerung aus dem Jahr 1969 - U.S. District Court E.D. New York, Aircraft Owners and Pilots Association v. Port Authority of New York No. 68 C 775 vom 09.09.1969 - , 305 Federal Supplement 93 (1969), S. 93 ff., vgl. unten S. 119 ff., 127 Fn. 232. 235 Die Regelung sah vor, daß Nonstop-Flüge über die Entfernung von 1.500 Meilen hinaus von La Guardia nicht mehr durchgeführt werden durften, enthielt aber eine Ausnahmeregelung unter Berücksichtigung bestehender „Großvaterrechte" für diejenigen Gesellschaften, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Regelung Flüge nach Denver/Colorado anboten, das ca. 1.600 Meilen von La Guardia entfernt liegt, U.S. District Court S.D. New York vom 03.09.1986 (Western Air Lines v. Port Authority of New York and New Jersey) - No. 86 Civ. 6259 (JMC) - , 658 Federal Supplement (S.D. N.Y. 1986), S. 952 ff. 236

U.S. District Court S.D. New York vom 03.09.1986, a.a.O., S. 953, 957 f.; United States Court of Appeals, Second Circuit vom 22.04.1987, 817 Federal Reporter, 2d Series (1987); S. 222, 226 f.

70

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

Interessant an diesen Urteilen ist, daß die bekanntermaßen den freien Wettbewerb fördernde Rechtsordnung der USA es aufgrund der Gesetzeslage und der Rechtsprechung erlaubt, verhältnismäßig direkte Eingriffe in das System von Angebot und Nachfrage vorzunehmen, wenn die Funktion des Marktes zu Ergebnissen fuhrt, die das (als solches erkannte) öffentliche Wohl gefährden. Während allerdings die Rechtsprechung hinsichtlich der Washingtoner Flughäfen noch direkt auf die mangelnde Ausnutzung des mit erheblichen Investitionen erbauten, aber vom Publikum nicht angenommenen Flughafens Dulles-International abstellte, zeigen die Urteile im Falle New Yorks eine veränderte Tendenz. Im Vordergrund stand hier das Recht des Flughafeneigentümers und -betreibers als Eigentümer mehrerer Flughäfen, das Angebot an Start- und Landemöglichkeiten im Rahmen seines Systems zu variieren, wenn für die an einem Flughafen ausgeschlossenen Flüge adäquate Ersatzmöglichkeiten bestehen und keine willkürlichen Ausschlüsse erfolgen. Ob solche Erwägungen auch im deutschen Recht eine Chance haben, wird noch zu zeigen sein 237 . Mit der Situation aufkommender Engpässe im Luftraum und bei den Flughafenkapazitäten waren die am Flugverkehr beteiligten Behörden, Flughäfen und Flugzeugbetreiber in den USA schon einige Jahre früher konfrontiert als das in Deutschland der Fall war. b) Großbritannien: London - BAA plc Die Londoner Flughäfen werden von der privatisierten British Airports Authority BAA plc betrieben, die aufgrund des „Airport Act 1986" und der „Traffic Distribution Rules 1986 for Airports Serving the London Area" fur die Flughäfen Heathrow und Gatwick Verkehrseinschränkungen mit dem Ziel der Verkehrsaufteilung in Anspruch nehmen konnte. Gatwick und Stansted hatten nämlich noch Kapazitätsreserven, während Heathrow bereits voll ausgelastet war. Die Aufteilungsregelungen sahen im wesentlichen Zugangsbeschränkungen für neue Luftverkehrsgesellschaften im Inlands- und Auslandsverkehr, Charterflüge sowie Nurfrachtflüge, Geschäftsreiseflüge und die General Aviation in Gestalt von generellen Verboten bzw. eines Erlaubnisvorbehalts zu stark frequentierten Zeiten vor 2 3 8 .

237 Hinsichtlich administrativer Maßnahmen s.u. S. 73-119; bezüglich der Verkehrslenkung durch Veränderung der Gebührenstruktur s.u. S. 119 ff., auch unter Bezug auf die in den Fällen New York und Boston in den USA ergangenen Entscheidungen zu den Landegebühren. 238

Darstellung bei Wilken, S. 131 ff.

III. Internationale Regelungen und EU-Recht

71

Sie sind inzwischen teilweise aufgehoben, um in verkehrsschwachen Zeiten ein vielfaltigeres Verkehrsangebot zu erreichen und den stärksten Nutzer der genannten Flughäfen - British Airways - einem größeren Konkurrenzdruck auszusetzen. Die Beschränkungsvorschriften ergingen durch Anordnung des Verkehrsministeriums. Die Verwaltungsgesellschaft kann jedoch in vollem Umfang als privates Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht agieren 239. c) Frankreich: Paris - Aéroports de Paris (ADP) Die bereits im Jahre 1945 gegründete Verwaltungsgesellschaft für die Pariser Flughäfen hat die Aufgabe, um Umkreis von 50 km von Notre Dame die Entwicklung der staatlichen Zivilflughäfen voranzutreiben. Neben den kleineren Landeplätzen und dem Héliport de Paris hat sie durch die Entwicklung der flughafennahen Verkehrsinfrastruktur ihre Vorstellungen von einer arbeitsteiligen Verkehrsaufteilung zwischen den Großflughäfen Charles de Gaulle und Orly verwirklicht 240 . Beide Flughäfen zusammen bewältigten 1992 ca. 50 Mio. Passagiere und sind für die Entwicklung ins nächste Jahrtausend mit einem geplanten Investitionsvolumen von 2,4 Mrd. US-$ ausgestattet241. Die Entscheidungsbefugnis für die Verkehrsaufteilung liegt bei der „Direction Générale de l'aviation Civile" (Zivilluftfahrtbehörde), die nach Abstimmung mit der ADP und den französischen Luftverkehrsgesellschaften handelt. Ihre Regelungen sind nicht starr, sondern folgen seit 1989 einem Katalog von Prinzipien, die beispielsweise eine Verlegung von Flugangeboten von einem Großflughafen zum anderen unter der Bedingung gestatten, daß auch bestehende Verbindungen vom Ausgangsflughafen aufrecht erhalten bleiben 242 . Die von beiden beteiligten Institutionen verantwortete Verkehrspolitik hat außerdem zum Ziel, gleiche Wettbewerbsbedingungen für französische und ausländische Luftverkehrsgesellschaften zu schaffen 243. Die Verkehrsaufteilungsregelungen waren allerdings 1995 Gegenstand eines Verfahrens vor der EU-Kommission wegen ihrer Vereinbarkeit mit der EG-Verordnung Nr. 2408 / 92 und wurden dort als zwar grundsätzlich zulässig, im konkreten Fall 239

Reimer, Z L W 1989, S. 345, 351.

240

Reimer, Z L W 1989, S. 353 f.

241

Ministère de l'Economie et de Finances de France (Hrsg.), France Today. Facts and Figures, Paris 1993. 242 Wilken, S. 134 ff. Intensive Restriktionen dürften z.Zt. hauptsächlich deshalb ausbleiben, weil beide Großflughäfen noch nicht unter wirklich drängenden Kapazitätsproblemen leiden. Die fast gleichmäßige Auslastung in der Vergangenheit - Reimer, ZLW 1989, S. 354 - ist somit als Erfolg der Verkehrslenkungspolitik zu werten. 243

Wilken,

S. 135.

72

Teil I: Reglementierungen der Luftfreiheit; Flughafenbenutzungsverhältnis

aber wegen unzutreffender Ermittlung des Verkehrsaufkommens auf beiden Flughäfen als nicht vereinbar mit der VO angesehen244. d) Italien: Mailand In Italien besteht Regelungsbedarf für Verkehrsaufteilungslösungen weniger in bezug auf Roms Flughäfen Fiumicino / Leonardo da Vinci und die Betreibergesellschaft „Aeroporti di Roma", sondern für das Wirtschaftszentrum Mailand mit seinen Hauptflughäfen (neben Bergamo-Orio al Serio) Linate und Malpensa. Der stadtnahe Flughafen Linate ist stark ausgelastet, während Malpensa auf eine Kapazität von 18 Mio. Passagieren ausgebaut wird (Malpensa 2000) 245 . Ab 1995 gilt aufgrund eines gesetzlich geregelten Generalentwicklungsplans aus dem Jahre 1986, daß Linate nur noch für den Inlandsverkehr und Malpensa für den internationalen sowie den inländischen Zubringerverkehr offen ist. In beiden Fällen ist die Allgemeine Luftfahrt stark eingeschränkt 246.

244 EU-KOM, ABl. EG vom 13.07.1995, S. L 162/25 ff., vgl. auch oben S. 63 ff. zur Flughafenbenutzung nach Gemeinschaftsrecht. 245

Wilken,

246

Ebda., S. 138.

S. 137 f.

Teil I I

Bewertung möglicher Lösungsansätze Verkehrsaufteilungsregelungen in Metropolen oder Stadtregionen mit mehreren Flughäfen sind - wie soeben gezeigt - international üblich und weit verbreitet 1. Lediglich einige zum „Megahub" ausgebaute Flughäfen ohne Platzprobleme wie Chicago O'Hare, Hartsfield Atlanta oder Dallas International können noch alle Destinationen „aus einer Hand" anbieten2. Selbst dort jedoch wird für die Zeit nach der Jahrtausendwende an die Errichtung von Zweitflughäfen gedacht3, so daß auch beispielsweise in Atlanta Aufteilungsmechanismen zu entwickeln wären. Es fragt sich, welche rechtlichen Möglichkeiten das deutsche Luftverkehrsrecht bietet, um betriebswirtschaftlich sinnvolle aber auch umweltgerechte Aufteilungslösungen zu finden. Dabei müssen auch Besonderheiten und problemträchtige Schwerpunkte, wie der Frachtflugverkehr, Postflüge, die sog. Allgemeine Luftfahrt sowie der Charterverkehr als Vertriebsform Berücksichtigung finden. Insbesondere sollen auch die ausdrücklich unter Ausschluß der rechtlichen Aspekte gewonnenen Ergebnisse des Forschungsberichts der Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR) zur Aufteilung des Flugverkehrs auf die Flughäfen der Region Berlin vom 21. November 19914 einer rechtlichen Würdigung unterzogen und erweitert werden. Schon der erste Zwischenbericht zur Studie aus dem Jahr 19905 zeigt eine Optionensammlung für die Lösung der Kapaziätskrise auf, die in der Endfassung konkretisiert wird. Genannt werden Regelungsmöglichkeiten durch die IATA-Flugplankoordinierung, den Slot-Handel, den Ausschluß von Flugarten, 1 Vgl. z.B. für die Regionen London, Paris, Mailand, Washington D.C.; vgl. Wilken, S. 131 ff. 2

Morgenstern, Luftfahrt - Aviation International - 2/93, S. 52.

3

Ebda.

4

Wilken, Möglichkeiten einer Aufteilung des Luftverkehrs auf die Flughäfen der Region Berlin, Köln 1991, S. 111. 5

Wilken, Theoretische Möglichkeiten einer Regelung zur Verkehrsaufteilung auf mehrere Flughäfen einer Stadtregion. Erster Zwischenbericht vom 22.08.1990, hrsg. von der Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt - DLR - (n.v.).

74

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

die Funktions- und Marktteilung, die Staffelung der Flughafengebühren, die Begrenzung der Bedienungshäufigkeit, Größenbegrenzungen des Fluggeräts sowie lärmbezogene und Betriebszeitregelungen 6. Unterschieden wird weiterhin nach luftraumbezogenen und flugplatzbezogenen Maßnahmen7. Zu den luftraumbezogenen Maßnahmen zählen beispielsweise die Ausdehnung kontrollierter Lufträume, die Verminderung der Sicherheitsabstände (Staffelungswerte), die Einschränkung des Sichtflugbetriebs, die Verlagerung von Flügen bestimmter (z.B. nicht gewerblicher) Luftraumnutzer, Maßnahmen der Flugplankoordination, die Verbesserung der zivil-militärischen Zusammenarbeit und die Wiederbelebung von EUROCONTROL 8 . Von besonderem Interesse sind hier die flugplatzbezogenen Maßnahmen mit ihren planungs- und genehmigungsrechtlichen Aspekten wie etwa dem Teilwiderruf der Genehmigung, der Benutzerkreiseinschränkung, der bauartbedingten Zulassungsbeschränkung gegenüber bestimmten Luftfahrzeugen, die Betriebszeitregelung und die Verkehrslenkung durch Flughafengebühren 9. Nachfolgend werden diese und weitere Ansätze aufgegriffen, systematisiert und in rechtlicher sowie tatsächlicher Hinsicht bewertet.

I. Einschränkung von Verkehrsarten durch partielle Befreiung von der Betriebspflicht 1. Begriffsbestimmung Einige der diskutierten Möglichkeiten, innerhalb der bestehenden Kapazitätsgrenzen eine Verschiebung des Verkehrsaufkommens zugunsten einzelner Flughäfen zu erreichen, beziehen sich darauf, bestimmten Verkehrsarten den Vorzug zu geben und die anderen Verkehrsarten auf andere Flughäfen zu verweisen 10. Die in der Literatur und vom Gesetz verwendeten terminologischen Abgrenzungen der Verkehrsarten, namentlich zwischen Allgemeiner Luftfahrt und gewerblichem (Air-Carrier-) Verkehr 11, sind vorliegend allerdings nur eingeschränkt brauchbar, weil sie für die Bildung von Auswahlkriterien nicht 6

Ebda., S. 3.; Wilken, S. 37 ff.

7

Schwenk, ZLW 1988, S. 302 ff.

8

Ebda., S. 303-310.

9

Ebda., S. 311-315.

10

Wilken, S. 46 ff.; Schwenk, ZLW 1988, S. 302.

11

Lindenlaub, S. 23 ff. m.w.N.; Desel, S. 2 ff.

I. Einschränkung von Verkehrsarten durch Betriebspflichtbefreiung

75

zweckmäßig sind. Sie sind auch nicht zum Zweck der Verkehrslenkung entwickelt worden 12 . Die gesetzlich vorgenommene Aufteilung durch §§ 2 0 - 2 2 LuftVG und §§61 ff. LuftVZO orientiert sich abgestuft nach gewerbsmäßiger Linienbeförderung, gewerbsmäßigem Gelegenheitsverkehr und nicht gewerbsmäßigem Verkehr an gewerberechtlichen Kriterien der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie dem Zuverlässigkeitsbegriff, § 20 II LuftVG. Sie dient dazu, Kriterien fur eine notwendige Unternehmergenehmigung zu normieren. Die Motivation einer Unternehmergenehmigung ist prinzipiell polizeirechtlich 13 . Zur Identifizierung und Abgrenzung von Verkehrsarten sind die vom Gesetz verwandten Begriffen somit ebenfalls nur bedingt tauglich. Weiter wird in Anlehnung an die amtliche Statistik unterschieden zwischen dem Linienverkehr, Charterverkehr, sonstigem Gelegenheitsverkehr und nicht gewerblichem Verkehr 14. Die sogenannte Allgemeine Luftfahrt besteht allerdings nicht nur aus Vergnügungsflügen. Die Geschäftsfliegerei findet beispielsweise mit verhältnismäßig kleinem Fluggerät, aber durchaus zu wirtschaftlichen Zwecken statt15. Eher geeignet für eine praxisorientierte Betrachtungsweise sind daher wirtschaftliche Kriterien, die sich nicht allein an rechtlichen oder technischen Größen orientieren. Anderenfalls würde das Effizienzziel verfehlt 16 . Ein an falschen Kriterien orientierter Ausschluß ganzer Flugverkehrssegmente kann die Berufsausübungsfreiheit der Betroffenen berühren und - wie im Falle München-Riem/München II - zu erheblichen rechtlichen Bedenken wegen einer ausgesprochenen Befreiung von der Betriebspflicht führen 17. Die unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsverlagerung durch Einschränkung bestimmter Flugarten entwickelten Ansätze lassen sich daher folgendermaßen differenzieren: -

nach dem Halter (Firmenflugverkehr, Air-Carrier oder privat), oder nach dem Zweck des Fluges (gewerblich oder privat).

12

Vgl. unten S. 119 ff.

13

Ronellenfitsch,

Verfahrensrechtliche Reformfragen, S. 316; ders., DVB1. 1984, S. 501,

503. 14

Wilken, S. 46.

15

Deutscher Bundestag/ Ausschuß fur Verkehr, 11. Wahlperiode, Protokoll Nr. 27 (Az. 744-2450), S. 27. Dieser Verkehr wird aber statistisch dem nicht gewerblichen Verkehr, d.h. dem Verkehr „ohne Flugschein" bzw. Entgelt zugerechnet. 16

17

Vgl. Wolf,

S. 191.

BVerwGE 69, 256 (259); 82, 246; BVerwG vom 11.06.1992 - 4 Β 302.92 u.a. (n.v.); BVerwG vom 11.06.1992 - 4 Β 108.92 u.a. - (n.v.); Greiner, S. 449, 456.

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

76

Es ist denkbar, Flughäfen in Stadtregionen partiell von ihrer Betriebspflicht zu befreien und sie so in die Lage zu versetzen, nach wirtschaftlichen Kriterien zu handeln oder Flugbeschränkungen für bestimmte Luftraumnutzer überhaupt auszusprechen. Dafür kommen insbesondere Teile des Schul- und Ausbildungsverkehrs aus dem Bereich der gewerblichen Luftfahrt sowie der sonstige allgemeine nicht gewerbliche Luftverkehr über und unter 5,7 to in Betracht. Grundsätzlich hat ein Flughafen allerdings nicht das Recht, bestimmten Verkehrsarten den Vorzug zu geben, wenn die Benutzungsordnung den allgemeinen Zugang zum Flughafen erlaubt und der Benutzer die Benutzungsordnung einhält 18 . Die möglichen Lösungen sind unter diesem Gesichtspunkt auf ihre Durchführbarkeit kritisch zu beleuchten. Sie lassen sich ohne Rücksicht auf die herkömmlichen Unterscheidungen zwischen Allgemeiner Luftfahrt und gewerblicher Luftfahrt prüfen. Denn diese führen nur auf Nebenkriegsschauplätze, weil die Grenzen zwischen Linienund Charterverkehr, aber auch zwischen privatem und gewerblichem Verkehr fließend sind 19 . Einerseits erweitern die Linienluftfahrtunternehmen ihre Zielgebiete ständig und fliegen verstärkt auch in die klassischen Ferienzielgebiete, um so ihrerseits vermehrt Urlauber zu befördern. Andererseits haben die Charterfluggesellschaften durch die teilweise erfolgte Einführung computergesteuerter Einzelplatzbuchungssysteme neue und schnelle Verkaufsmöglichkeiten über die noch verfügbaren Sitzplätze geschaffen. Charterunternehmen beantragen auch immer häufiger Linienverkehrsrechte und führen Linienverkehr durch 20 . a) Einschränkung nach Halter des Flugzeugs Eine Regelung, die bestimmten Haltern von Flugzeugen — beispielsweise Privatpersonen — die Benutzung des Flughafens verwehrt, böte zwar weiterhin die Möglichkeit, privaten Firmenflugverkehr zuzulassen. Sie begegnet jedoch zwei durchgreifenden Bedenken: Zum einen setzt sie rechtlich - zumindest — eine Änderung der Betriebsordnung voraus. Diese ist nach § 43 LuftVZO genehmigungspflichtig, denn die Änderung müßte, um effektiv zu sein, auch einen ausreichend großen Kreis von Luftfahrern umfassen. Sie würde - insoweit als Einschränkung der

18

BGH, VkBl. 1970, S. 730; Schwenk, Handbuch, S. 416.

19

Gansfort, S. 18.

20

Ebda., S. 19.

I. Einschränkung von Verkehrsarten durch B e t r i e b s p f l i c h t b e f r e i u n g 7 7

Betriebspflicht nach § 45 LuftVZO verstanden - mit hoher Wahrscheinlichkeit die Gesamtgenehmigung des Flughafens (§ 6 LuftVG) berühren 21. Zum anderen wäre eine solche Regelung weitgehend unpraktikabel, denn der Halter eines Flugzeuges läßt sich leicht ändern. Schon einer Betreibergemeinschaft in Form einer juristischen Person könnte man nicht mehr ohne weiteres ansehen, ob sie privater oder gewerblicher Natur ist. Zwar sind die Angaben über die Eigentümer/Halter und den Verwendungszweck eines Flugzeugs und ihre Änderung anzeigepflichtig und konstitutiv für die Verkehrszulassung, § 8 I Ziff. 1, 5 und § 11 LuftVZO. Die jeweilige Überprüfung vor oder nach der Landung zu dem Zweck, die konkrete Berechtigung festzustellen, würde die Flughafenunternehmen jedoch zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zwingen. Die rechtswidrige Zurückweisung könnte zu zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen führen. Sie wäre außerdem ein Verstoß gegen die Betriebspflicht nach § 45 LuftVZO, der gem. § 108 Ziff. 7 LuftVZO als Ordnungswidrigkeit zu ahnden wäre. Eine effektive Verkehrsverlagerung könnte unter diesen Umständen wohl kaum zustande kommen. Die Verkehrszulassung nach §§ 6 ff. LuftVZO und die Eintragung in die Luftfahrzeugrolle nach §§ 14 ff. LuftVZO beim Luftfahrtbundesamt käme fortan einer vom Gesetzgeber nicht intendierten Klassifizierung mit Ausschlußwirkung für bestimmte Flughäfen gleich. Da der Inhalt der Eintragung wegen dieser Ausschlußwirkung unmittelbare Rechtswirkungen für den Antragsteller hätte, wäre er nach § 43 VwGO der Feststellungsklage zugänglich, wenn ein Antrag mit dem gewünschten Inhalt zurückgewiesen würde. Auch diese Folge wäre fur eine effektivere Abwicklung des Luftverkehrs nicht hilfreich. Die Differenzierung nach Haltern bzw. Eigentümern ist damit untauglich. Mögliche Differenzierungen nach Gewicht erweisen sich letztlich als Größenbegrenzungen, die in Abschnitt III. besonders behandelt werden. b) Einschränkung nach Zwecken (Charter, Post, Fracht) Wenn die Aufteilung von Flugverkehr auf mehrere Flughäfen einer Stadtregion nicht halter- bzw. eigentümerbezogen vorgenommen werden kann, kommt möglicherweise der Ausschluß einzelner Luftverkehrsteilnehmer nach zweckbezogenen Kriterien in Betracht. 21

Vgl. unten S. 80 ff.

78

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Ein überlasteter Flughafen wäre nur noch für Flüge zu einem bestimmten Zweck - beispielsweise dem der gewerblichen Personenbeförderung - geöffnet. Alle anderen Flüge müßten auf die umliegenden Flughäfen der Region mit weniger Verkehrsaufkommen verwiesen werden. Ansatzpunkt ist also nicht der Zweck des Flughafens, sondern der Zweck des Fluges. Das Gesetz spricht von „Zwecken" im Luftverkehr nur im Zusammenhang mit der Zweckbestimmung von Flugplätzen gem. §§ 38, 49, 40 I Ziff. 11 LuftVZO 2 2 . Danach wird unterschieden zwischen Flughäfen des allgemeinen Verkehrs (Verkehrsflughäfen) gem. § 38 II Ziff. 1 LuftVZO und Flughäfen für besondere Zwecke (Sonderflughäfen) nach § 38 II Ziff. 2 LuftVZO. Die Zweckbestimmung des Flughafens bezieht sich auf den in der Genehmigung zu bestimmenden Kreis der möglichen Flughafenbenutzer 23. Die Flughäfen für „besondere Zwecke" nach § 38 II Ziff. 2 LuftVZO sind nur für einen bestimmten öffentlichen Kreis (z.B. Militärflughafen) oder privaten Benutzerkreis (z.B. Firmenflughafen) zugänglich24. Diese Unterscheidung ist aber vorliegend nicht gemeint. Sie bezieht sich allein auf das Herrschaftsregime über den Flughafen, also die Frage, ob der Flughafenbetreiber schon durch die in der Genehmigung vorgenommene Klassifizierung des Flughafens berechtigt ist, den Flughafen nur für bestimmte Kreise betriebsbereit zu halten. Ist der Flughafen aber zum öffentlichen Verkehr gewidmet, also ein Flughafen „des allgemeinen Verkehrs", so entfällt eine konkrete Zweckbestimmung schon aus begriffsimmanenten Gründen. Fraglich bleibt, ob auch ein Flughafen des allgemeinen Verkehrs bestimmte Luftraumnutzungsarten privilegieren darf. Damit ist die Beschränkung eines Flughafens etwa auf die Abfertigung von Linienverkehr unter Ausschluß der Allgemeinen Luftfahrt oder/und der Ausschluß des gewerblichen Gelegenheitsluftverkehrs zu Gunsten des Linienflugverkehrs gemeint25 . Dieses Modell der Verkehrslenkung geht von der Unterscheidung zwischen Linienverkehr, Charterverkehr, sonstigem Gelegenheitsverkehr und nicht gewerblichem Verkehr aus. Verfeinernd läßt sich eine Funktionsteilung nach Zielen innerhalb des Linienbetriebs durchführen 26.

22

Vgl. oben S. 37 ff.

23

Schwenk,, ZLW 1988, S. 302, 312.

24

Greiner, BayVBl. 1994, S. 449, 450.

25

Krämer, S. 152 f.; Lübben, S. 145.

26

Wilken, S. 46-48.

I. Einschränkung von Verkehrsarten durch Betriebspflichtbefreiung

79

Sie könnte auch den Post- bzw. Frachtverkehr einschließen. So ist daran zu denken, Frachtverkehr zu verlagern. Beispielsweise verursacht der Güterverkehr auf einem vom Passagierverkehr geprägten Flughafen wie Düsseldorf Verkehrsprobleme 27. Das Frachtaufkommen wird sich bis zum Jahr 2005 mehr als verdoppeln. Damit wird sich die Zahl der Nur-Fracht-Bewegungen trotz größerer Frachtflugzeuge entsprechend deutlich anpassen28. Der Frachtanteil am Flugverkehr stellt sich auch als Standortfaktor für Gewerbe und Industrie im Umland eines Flughafens dar. Es kann somit selbst bei Bestehen von rechtlichen Möglichkeiten, Verlagerungen zwangsweise anzuordnen sinnvoll sein, ein gewisses Frachtkontingent zuzulassen; in welchem Ausmaß das geschehen müßte, kann nur die betriebliche Verkehrswissenschaft beantworten. Die Praktikabiliät dieses Modells wird aber selbst vom Verfasser der Studie für die untersuchte Flughafenregion Berlin in Zweifel gezogen. Sie habe „den Makel einer gewissen Willkürlichkeit" an sich. Überdies merkt er ausdrücklich an, daß die rechtlichen Gesichtspunkte der verkehrswirtschaftlichen Überlegungen bewußt ausgeklammert seien29. Auch die angesprochenen Verkehrsarten bzw. Flüge zu bestimmten Zwekken unterliegen der Freiheit des Luftraumes. Ihre Zulassung ergibt sich aus dem Schutz der Art. 12 I und 14 GG, soweit die auszuschließenden Benutzer gewerbsmäßig bzw. in Ausübung ihres Berufes tätig sind sowie aus der Betriebspflicht nach § 45 I LuftVZO 30 . Allerdings sieht das Gesetz in § 45 I 3 LuftVZO die Möglichkeit vor, einen Flughafen von seiner Betriebspflicht zu befreien. Sowohl die generelle Befreiung eines Flughafens von der Betriebspflicht (mit der Folge der Schließung - München-Riem) wie auch die teilweise Befreiung von der Betriebspflicht (für den gesamten Sichtflugbetrieb und Flugzeuge bis 2 to Abfluggewicht — München II) wurden bereits praktiziert und waren Gegenstand von verwaltungsgerichtlichen Verfahren 31. Diese endeten vor dem BVerwG Mitte September 1993 mit einem Vergleich 32 , so daß über die Frage, ob bestimmte Flugzwecke im Wege der par27

Luftfracht für die Straße, Rheinische Post vom 30.1.1991.

28

Luftfracht, Größtes Wachstumspotential ..., Handelsblatt, 24.6.1992.

29

Wilken, S. 111, und unten S. 108 ff.

30

Lübben, S. 145; Krämer, S. 152, der aber die Privilegierung jedenfalls nicht an völkerrechtlichen Bestimmungen scheitern sieht. 31 Vgl. zum Sachverhalt, zu den Verwaltungsentscheidungen und zum Verfahrensverlauf dezidiert Greiner, a.a.O., S. 454 ff. 32 Zum Inhalt und den Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz und der Nichtzulassungsbeschwerde Greiner, a.a.O., S. 455 ff.

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

80

tiellen Befreiung von der Betriebspflicht ausgeschlossen werden können, noch nicht letztgültig entschieden wurde. Die Befreiung muß jedenfalls den Voraussetzungen des § 45 I LuftVZO genügen.

2. Voraussetzungen der Befreiung von der Betriebspflicht, § 45 I LuftVZO Entlastung könnte die erwähnte Befreiung von der Betriebspflicht bringen, wenn es dem Flughafen dadurch ermöglicht wäre, nur noch bestimmte Flugarten zuzulassen und den Rest auf andere Flughäfen oder Landeplätze zu verweisen. § 45 I LuftVZO schreibt dem Flughafenhalter generell vor, den Flughafen wie genehmigt auch zu betreiben. Konkrete Rechtsgrundlage der Betriebspflichtbefreiung ist § 45 I 3 LuftVZO. Grundlage der angesprochenen Differenzierung zwischen Flugarten können ganze Flugarten oder einzelne Verkehrssegmente sein33. Bei der Aufteilung nach Flugarten kann auf einem stadtnahen Flughafen ausschließlich Linienund Regionalluftverkehr abgewickelt werden, während auf dem zweiten (oder dritten) Flughafen Charter- und andere Flugarten betrieben werden. Ebenso kann bei der Abwicklung des gewerblichen und des nicht gewerblichen Verkehrs verfahren werden 34. Wird die Unterteilung nach Verkehrssegmenten vorgenommen, so bedeutet dies, daß der inländische Verkehr beispielsweise von einem stadtnahen Flughafen und der grenzüberschreitende Verkehr von einem weiter außerhalb liegenden Flughafen abgewickelt wird, um so auch den für lohnende Inlandsflüge nur begrenzt akzeptablen Zeitspielräumen für die An- und Abfahrt vom Flughafen Rechnung zu tragen. Ein Nachteil solcher Lösungen liegt in dem zwingend erforderlichen Umsteigeverkehr für Fluggäste, die von einem Inlandsflug (als Zubringerflug) zu einem internationalen Flug wechseln wollen 35 . Hier helfen allein Lösungen wie die für Mailand beschriebene weiter 36 . So unterliegen die von der DLR untersuchten Flughäfen Berlins wie alle allgemeinen Verkehrsflughäfen einer umfassenden Betriebspflicht für alle Luftraumnutzer. Jedoch könnte eine partielle Befreiung im Hinblick auf Mindestabfluggewichte oder gewerbliche Zwecke dazu fuhren, daß die von der

33

Wilken,

34

Ebda., S. 45.

S. 46 f.

35

Ebda., S. 47.

36

Vgl. oben S. 72.

I. Einschränkung von Verkehrsarten durch B e t r i e b s p f l i c h t b e f r e i u n g 8 1

Befreiung umfaßten Luftraumnutzer sich insoweit auf die weniger belasteten Nachbarflughäfen und Landeplätze orientieren müßten. Wie bereits dargelegt 37, eröffnet die Pflicht des Flughafenbetreibers, den Flughafen zu den festgesetzten Betriebszeiten zum Starten, Landen und Abstellen zur Verfügung zu stellen38 noch keinen individuellen Benutzungsanspruch des einzelnen Luftfahrers. Sie soll als öffentlich-rechtliches Rechtsinstitut im Interesse der Allgemeinheit die Erfüllung der Versorgungsaufgaben des Flughafens sicherstellen 39. Zur Betriebspflicht zählt auch die Unterhaltungspflicht des Flughafens 40. Die Befreiung von der Betriebspflicht kann gem. § 45 I 3 LuftVZO auf Dauer oder vorübergehend für den Betrieb im Ganzen oder in Teilen erfolgen 41 . Sie ist zu unterscheiden von der Regelung der Betriebszeiten 42 eines Flughafens, die als Regelungen des Flughafenbetriebs und nicht des Flugbetriebs als „betriebsbezogene Regelungen" Teil der Genehmigung nach § 6 LuftVG oder des Planfeststellungsbeschlusses sind 43 . a) Antragserfordernis § 45 I LuftVZO ist eine Ermessensvorschrift, so daß die Befreiung einen Antrag voraussetzt, über den lediglich ermessensfehlerfrei entschieden werden muß. Ein Anspruch des Flugplatzhalters auf Befreiung besteht somit nicht 44 . Antragsberechtigt ist allein der Flughafenunternehmer, auch wenn das Gesetz nach seinem Wortlaut gar keinen Antrag vorsieht; es heißt dort nämlich nur: „Die Genehmigungsbehörde kann den Flughafenunternehmer von der Betriebspflicht befreien". Fraglich ist angesichts des Wortlauts der Vorschrift zunächst einmal, ob die Befreiung überhaupt einen Antrag voraussetzt. Sollte dies gar nicht der Fall sein, käme eine „Befreiung" von der Betriebspflicht auch von Amts wegen in Betracht. 37

Vgl. oben S. 48 ff.

38

Greiner,

S. 450.; Lübben, S. 141; Giemulla/Schmidt,

L u f t V Z O , § 45 Rn. 2; Bäumler,

S. 46. 39

Greiner, S. 453 m.w.N.

40

Giemulla/Schmidt,

41

Greiner, S. 451; Giemulla/Schmidt,

42

Vgl. unten S. 91 ff.

43

BVerwG, BayVBl. 1987, S. 563 ff.; Greiner, S. 451; Steinberg/Bidinger,

44

So auch Schwenk, Handbuch, S. 412; Giemulla, LuftVZO, § 45 Rn. 2.

6 Zielke

LuftVZO, § 45 Rn. 2. L u f t V Z O , § 45 Rn. 2.

S. 282.

82

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Ob in einem Verwaltungsverfahren ein Antrag erforderlich ist, ergibt sich nach der Unterscheidung, ob die handelnde Behörde nach dem Offizialprinzip (d.h. „von Amts wegen") oder kraft Gesetzes nur auf Antrag tätig werden kann, § 22 VwVfG. Dabei macht man es sich allerdings zu einfach, wenn man annimmt, daß zumindest eine Begünstigung - und als solche könnte die Befreiung von einer Pflicht ja verstanden werden - immer einen Antrag voraussetzen müßte45. Gilt das Offizialprinzip normalerweise im Bereich der Gefahrenabwehr, kommt das Antragserfordernis hauptsächlich dort in Betracht, wo es um Erlaubnisse oder Leistungen - also Begünstigungen - geht 46 . Dabei stellen sich Maßnahmen der Luftfahrtbehörden grundsätzlich als Maßnahmen zur Gefahrenabwehr dar, § 29 LuftVG. Beides führt vorliegend nicht weiter. Einerseits haben die Bayerischen Luftaufsichtsbehörden die Befreiung der Flughafen München GmbH von der Betriebspflicht deren Flughafens München II hinsichtlich des Betriebes von Flugzeugen der Allgemeinen Luftfahrt mit Kapazitäts- und Sicherheitserwägungen (also solchen der Gefahrenabwehr) begründet 47. Das spricht für die Annahme des Offizialprinzips mit der Folge, daß ggf. eine Befreiung von der Betriebspflicht auch ohne Antrag des Flughafenbetreibers ergehen könnte 48 . Andererseits hat die Befreiung von der Betriebspflicht einen begünstigenden Charakter insoweit, als sie den Adressaten von einer Pflicht eben „befreit". Allerdings braucht das Antragserfordernis bei einem Verwaltungsverfahren nicht explizit vom Gesetz ausgesprochen zu werden. Es genügt unter Umständen, wenn sich die Antragspflicht aus der Sache ergibt 49 . Das Offizialprinzip des § 22 S. 1 VwVfG gilt als Grundsatz, sofern durch Rechtsvorschriften nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist oder, wenn sich nach dem Sinn und Zusammenhang, in dem eine Vorschrift steht, etwas anderes ergibt. Dabei ist die Intention des fraglichen Verwaltungsverfahrens zu beachten.50.

45 Beispielsweise ist die Gewährung der Sozialhilfe (also eines begünstigenden Verwaltungsakts) nicht von einem Antrag des Bedürftigen abhängig, § 5 BSHG. 46

Β adura, Das Verwaltungs verfahren, § 36 Rn. 1 - 4 , 8.

47

BVerwG vom 11.06.1992 - 4 ER 302.92 u.a. - (n.v.), S. 4.

48

Allerdings wurde das Verwaltungsverfahren durch eine Antrag der Flughafen München GmbH eingeleitet, BayVGH vom 02.04.1992 - 20 A 91.40052 u.a. - (n.v.), S. 6. 49

Badura, a.a.O., § 36 Rn. 1.

50

Kopp, VwVfG, § 22, Rn. 5 ff., 9; Knack-C/aw^/7, § 22 VwVfG Rn. 3.3.

I. Einschränkung von Verkehrsarten durch Betriebspflichtbefreiung

83

Die Lösung ergibt sich mithin aus der gesetzessystematischen Stellung der Befreiung von der Betriebspflicht sowie aus der finalen Interpretation des Wortlauts der Vorschrift. Hinsichtlich des Wortlauts zeigt die Verwendung des Wortes „kann" in § 45 I 2 LuftVZO an, daß der Verwaltung ein Ermessen über die Entscheidung eröffnet ist 51 . Sie hat somit auch Ermessenserwägungen bei ihrer Entscheidung anzustellen. Diese müssen zunächst einmal den Sachvortrag des Adressaten berücksichtigen. Das ergibt sich unmittelbar aus dessen Stellung als Verfahrensbeteiligter, §§ 13, 28 VwVfG. Weiter hat die Verwaltung bei der Ausübung ihres Ermessens pflichtgemäß, d.h. im Sinne des Gesetzes zu handeln52. Im Sinne des Gesetzes bedeutet vorliegend, daß die gesetzlichen Wertungen heranzuziehen sind. Wie oben gezeigt, ergibt sich die in § 45 I 1 LuftVZO geregelte Betriebspflicht aus der öffentlichen Daseinsvorsorgefunktion der Flughäfen. Die gesetzliche Wertung spricht also für eine möglichst allgemeinheitsbezogene Auslegung der Einschränkung der Betriebspflicht. Hierzu muß auch gehören, den Betrieb der Flughäfen durch die Flughafengesellschaften im Sinne dieser Gesetzesfunktion möglichst umfassend vornehmen zu lassen. Dieser Wertung würde es geradezu entgegenstehen, wenn die Einschränkung der Betriebspflicht allein aufgrund des pflichtgemäßen Ermessens der Verwaltung, also ohne Antrag, erfolgen könnte. Wenn nicht einmal die Flughafengesellschaft selbst der Auffassung ist, daß ihre Betriebspflicht eingeschränkt werden sollte, wäre jedes selbständiges Tätigwerden der Luftaufsichtsbehörden schon ermessensfehlerhaft, weil den gesetzlichen Wertungen widersprechend. Nach der finalen Auslegung des Gesetzes kann also die Befreiung von der Betriebspflicht nur aufgrund eines Antrages erfolgen. Gesetzessystematisch steht § 45 LuftVZO als Verordnungsrecht aufgrund der Ermächtigung in § 32 LuftVG als gegenüber dem LuftVG niederrangigem Recht unter den Wertungsentscheidungen des LuftVG. Die Betriebspflicht bedeutet, den Flughafen, wie in der Genehmigung nach § 6 LuftVG vorgesehen, auch zu betreiben 53.

51 Vgl. BVerfGE 9, 137 (147 f.), hier allerdings für einen Eingriff in den Rechtskreis der Betroffenen.

6*

52

BVerfGE 9, 137 (147).

53

Greiner, S. 450.

84

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Die Befreiungsmöglichkeit nach § 45 LuftVZO gewinnt schon dadurch einen ultima ratio-Charakter, weil sie den Inhalt der aufgrund eines gesetzlich geregelten Verfahrens ergangenen Genehmigung modifiziert 54 . Die daraus folgenden besonderen Probleme sind sogleich noch zu erörtern. Die Luftfahrtverwaltung würde sich jedenfalls systemwidrig in Widerspruch zu den gesetzlichen Wertungen und vor allen Dingen zur Bestandskraft der rechtsgültig zuvor ergangenen Flughafengenehmigung setzen, wenn es ihr ermöglicht würde, in den Regelungsgehalt der Genehmigung hinsichtlich des vorgeschriebenen Betriebsumfang aufgrund eigenen Antriebs einzugreifen. Das gilt insbesondere, wenn nicht einmal der Inhaber der Genehmigung um eine Erleichterung seiner Pflichten nachgesucht hat. Auch danach setzt die Befreiung von der Betriebspflicht somit einen Antrag des Flughafenbetreibers voraus. § 45 LuftVZO ist also zu lesen: „Die Genehmigungsbehörde kann den Flughafenunternehmer auf Antrag von der Betriebspflicht befreien". Ein Antragsrecht Dritter (beispielsweise von Luftfahrtunternehmen) ist nicht ersichtlich. Soweit keine gesetzliche Bestimmung über die Antragsberechtigung getroffen ist, gilt, daß sich die Frage der Antragsberechtigung aus dem den Verfahrensgegenstand bildenden Rechtsverhältnis ergibt 55 . Wie oben gezeigt56, besteht das Rechtsverhältnis bei der Ausübung der Betriebspflicht aufgrund deren öffentlich-rechtlichen Charakters bei der Erfüllung der staatlichen Daseinsvorsorgeaufgaben allein zwischen dem Flughafenbetreiber und dem Staat. Dritte sind daran nicht im Rechtssinne unmittelbar beteiligt und folglich auch nicht antragsberechtigt 57. Sie können aber Verfahrensbeteiligte im Sinne des VwVfG sein und über Anhörungsrechte nach § 28 VwVfG sowie die Klagebefugnis nach § 42 VwGO verfugen.

54 Exkurs: Ob sie sich dabei als Auflage i.S. von § 6 I 3 LuftVG darstellt, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Die Genehmigung nach § 6 LuftVG ist eine Begünstigung, weil sie ein „mehr" an Recht verschafft. Ihre Auflagen sind Einschränkungen der Begünstigung. Unter den gegebenen Umständen wird die „Befreiung" von der Betriebspflicht ebenfalls als eine Art Begünstigung anzusehen sein, weil sie die mit der begünstigenden Genehmigung verbundene „lästige" Pflicht des Betreibens erleichtert und somit den Rechtskreis des Adressaten erweitert. Sie kann somit begrifflich schon keine Auflage i.S. v. § 35 VwVfG i.V.m. § 6 I 3 LuftVG sein. 55

Badura, a.a.O., § 39 I, II.

56

Vgl. oben S. 48 ff.

57

VGH Mannheim, NZV 1995, S. 296.

I. Einschränkung von Verkehrsarten durch Betriebspflichtbefreiung

85

b) Die Rechtsprechung zu § 45 I 3 LuftVZO Relevant war die Befreiung von der Betriebspflicht in der Vergangenheit vor allem, wenn sie vorübergehend beispielsweise für die Vornahme von Ausbesserungsarbeiten an den Flughafenanlagen vorgenommen wurde 58 . In neuerer Zeit sind die auf Dauer angelegten partiellen Befreiungen zugunsten der Flughafen München GmbH bemerkenswert. Für den Flughafen München-Riem hatte das zuständige Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr zunächst die dauernde Freistellung von der Betriebspflicht 59 mit dem Zeitpunkt der In-Betriebnahme des Flughafens München II ausgesprochen. Die Flughafen München GmbH stellte am 17. Mai 1992, 0.00 Uhr den Betrieb auf dem Flughafen München-Riem ein 60 . Zugleich hatte die Luftaufsichtbehörde (mit Bescheiden vom 18. November 1991 und 5. März 1992) unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Flughafen München II von der Betriebspflicht für den gesamten Sichtflugverkehr und für Flugzeuge unter 2.000 kg befreit. Damit bestand für die betroffenen Flieger der Allgemeinen Luftfahrt - darunter auch mehrere ansässige Flugschulen - weder die Möglichkeit auf dem Flughafen München-Riem noch auf München II zu starten oder zu landen61. Der Bay VGH wies die Klagen der insgesamt 10 Kläger gegen die Befreiung von der Betriebspflicht des Flughafens München II für die betroffenen Flugsegmente wegen Unzulässigkeit am 2. April 1992 ab 62 . Er begründete dies im wesentlichen mit verschiedenen Mängeln bei der Klagebefugnis der Kläger 63 . Das allein zwischen der Genehmigungsbehörde und dem Flughafenbetreiber bestehende Rechtsverhältnis hinsichtlich des neuen Flughafens eröffne den potentiellen Benutzern keine rechtlich abgesicherte Chance auf dessen Benutzung. Daher seien auch keine nach Art. 12 und 14 GG geschützten Rechte berührt, für die die Kläger auch keinen Ver58 Greiner, S. 452; Giemulla/Lau, LuftVZO, § 45 Rn. 2; VGH Mannheim, NZV 1995, S. 296. 59

Ursprünglich in Form einer zeitlichen Beschränkung der Genehmigung bis auf einen Zeitraum von 3 Monaten nach dem Tag der Gestattung der Betriebsaufnahme auf dem neuen Flughafen München, ab dem 04.05.1992 unter Einräumung der Möglichkeit, den Flughafen München-Riem auch schon vorher zu schließen, BayVGH vom 15.05.1992 - 20 CS 92.1445 u.a. - (n.v.), S. 3; Greiner, S. 455. 60

Zum Verlauf des Verwaltungsverfahrens vgl. die Beschreibung bei Greiner, S. 455 ff. 61

Greiner, a.a.O., S. 454 ff.

62

BayVGH vom 02.04.1992 - 20 A 91.40052 u.a. - (n.v.).

a.a.O.,

63 Zur fehlenden Klagebefugnis eines Flugunternehmens gegen eine Betriebspflichtbefreiung vgl. auch VGH Mannheim, NZV 1995, S. 296.

86

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

trauensschutz in Anspruch nehmen könnten. Die Revision wurde nicht zugelassen. Einige der Kläger gingen daraufhin gegen die Befreiung von der Betriebspflicht für den Flughafen München-Riem vor. Das VG München ordnete durch Urteil und Beschluß vom 14. Mai 199264 zunächst die Aufrechterhaltung des Betriebs auf dem Flughafen München-Riem für die betroffenen Teile der Allgemeinen Luftfahrt unter Aufhebung der Befreiung von der Betriebspflicht an und begründete dies mit Verstößen gegen das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und unzulässigen Eingriffen in die Berufsfreiheit. Auf die Beschwerde des beklagten Freistaats Bayern hob der BayVGH am 15. Mai 1992 die Beschlüsse des VG nach §§ 80 und 123 VwGO hinsichtlich des Flughafens München-Riem wieder auf 65 . Die Klagerechte der Kläger seien verwirkt, denn die beabsichtigte Schließung des Flughafens MünchenRiem sei bereits seit nahezu zehn Jahren bekannt gewesen. Der Beklagte und Antragsgegner habe darauf vertrauen können, daß nach einer so langen Zeit der Untätigkeit die Schließung von den Klägern nicht mehr angegriffen werde. Ausschlaggebend für den Ausschluß der Kläger vom Flugverkehr im Raum München sei insbesondere die Befreiung von der Betriebspflicht für den neuen Flughafen München II. Ausdrücklich offen gelassen hat das Gericht die Frage, ob die gänzliche Schließung eines Flughafens unter gleichzeitiger Neuerrichtung an anderer Stelle sich im Einzelfall als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, weil es sich dabei möglicherweise um einen mit der Einziehung einer Straße vergleichbaren Vorgang handeln könne. Andererseits verneint das Gericht aber, daß sich die rechtlichen Beziehungen, die sich im Hinblick auf den Flughafen München-Riem gebildet hatten, in ihrer Gesamtheit auf den neuen Flughafen übertragen lassen66. Nahezu zeitgleich (am 11. Juni 1992) half das BVerwG den Beschwerden eines Teils der betroffenen Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Verfahren um den Flughafen München II ab und stellte durch einen weiteren Beschluß (ebenfalls am 11. Juni 1992) die aufschiebende Wirkung der Klagen für die insoweit noch Betroffenen gegen die partielle Befreiung des Flughafens München II von der Betriebspflicht wieder her 67 . Die Erfolgsaussich64

VG München vom 14.05.1992 - M 17 E 92.1860, M 17 S 92.2114 - (n.v.).

65

BayVGH vom 15.05.1992 - 20 CS 92.1445/1446 - (n.v.).

66

BayVGH vom 15.05.1992 - 20 CS 92.1445 u.a. - (n.v.).

67

BVerwG vom 11.06.1992 - 4 Β 108.92 - (n.v.) und vom 11.06.1992 - 4 ER 302.92 u.a. - (n.v.).

I. Einschränkung von Verkehrsarten durch B e t r i e b s p f l i c h t b e f r e i u n g 8 7

ten im Hauptsacheverfahren seien nach Ansicht des Gerichts nicht als gering einzustufen. Das Bundesverwaltungsgericht bleibt in seiner Begründung zwar bei seiner Rechtsprechung, wonach die künftigen Benutzer eines neuen Flughafens keine rechtlich geschützte Stellung haben. Dennoch stehe aber die Befreiung von der Betriebspflicht in einem engen sachlichen Zusammenhang zu den zuvor ergangenen planerischen Entscheidungen, wonach zunächst von einer uneingeschränkten Betriebspflicht ausgegangen worden sei. Wäre der faktische Ausschluß einzelner Nutzungsarten im Rahmen eines Änderungsplanfeststellungsbeschlusses ergangen, so wären die Belange der Flugunternehmen mit in die Abwägung einzustellen gewesen68. Schließlich bezweifelt das BVerwG, ob die Befreiung nicht eigentlich eine planerische Entscheidung ist, jedenfalls dann, wenn der Planfeststellungsbeschluß - wie im Streitfall - von einer uneingeschränkten Betriebspflicht ausgeht. Schließlich hat die Befreiung insofern auch Auswirkungen auf die durch den Planfeststellungsbeschluß vorgenommene Widmung eines Flughafens zum öffentlichen Verkehr 69. Außerdem äußert das BVerwG Zweifel daran, ob § 45 I 3 LuftVZO überhaupt als Rechtsgrundlage für eine Befreiung der vorliegenden Art in Betracht kommt. Es beruft sich dabei auf seine Rechtsprechung zu § 6 LuftVG 7 0 . Schon damals hatte das Gericht erklärt, daß eine Änderung der Betriebsgenehmigung aus Kapazitätsgründen wegen der hohen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung des Luftverkehrs eine parlamentarische Grundentscheidung des Gesetzgebers erfordere. Die geltend gemachten Kapazitätsprobleme in Form von Verzögerungen beim Linien- und Charterverkehr müßten gegenüber der drohenden Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz für die ausgeschlossenen Flughafenbenutzer zurückstehen 71. Die Parteien beendeten das Verfahren Mitte September 1993 durch einen Vergleich, nach dem ein fest umrissener Kreis von Betroffenen den Flughafen München I I nutzen könne, bis für sie ein neuer Heimatflughafen gefunden sei 72 .

68

BVerwG vom 11.06.1992 - 4 Β 108.92 - (n.v.), S. 11 ff.

69

Sojedenfalls das BVerwG, a.a.O., S. 14.

70

BVerwG, ZLW 1990, S. 118 ff.

71

BVerwG vom 11.06.1992 - 4 ER 302.92 - (n.v.), S. 17.

72

Greiner, S. 457.

88

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

c) Konsequenzen und Bewertung Der bisherige Stand der Rechtsprechung befriedigt im Hinblick auf das Problem, in welchem Umfang von § 45 LuftVZO zur Regelung von Kapazitätsproblemen Gebrauch gemacht werden kann, nicht. Zu viele Fragen sind offen geblieben, und bezeichnenderweise endeten beide Verfahren nicht durch Urteil. Ob die vom BVerwG geforderte rasche „allgemeinpolitische Grundentscheidung" fur das vorliegende Problem durch das 10. Änderungsgesetz zum LuftVG vom 23. Juli 1992 wirklich eine Lösung schafft 73, ist zu bezweifeln. Sie bestand im wesentlichen aus der Einfügung der §§ 2 7 a - d LuftVG in das Luftverkehrsgesetz. aa) Konsequenzen aus dem Inkraftreten

der §§ 27a und 27b LuftVG

Die neuen §§ 27a und 27b LuftVG sehen für die Flugplankoordination zwar erstmals eine gesetzlich verankerte Prioriätenfolge nach bestimmten Vorrangkriterien vor 74 . Sie sagen aber nichts über die Betriebspflicht der betroffenen Flughäfen aus. Es geht lediglich um die optimale Ausnutzung des Luftraumes hinsichtlich geplanter Start- und Landezeiten75, § 27a I LuftVG. Ist ein Flughafen partiell von der Betriebspflicht befreit, kann der Flugplankoordinator konsequenterweise auch keine Koordinierung für das betroffene Verkehrssegment vornehmen. Zudem kann von den Vorrangregelungen des § 27b I LuftVG nach § 27b II LuftVG aus Gründen öffentlicher Interessen oder öffentlicher Verkehrsinteressen abgewichen werden. Die betroffenen Flughäfen können sich also nicht auf Dauer darauf einstellen, daß ihnen bestimmte Verkehrssegmente, wie z.B. Flüge nach Sichtflugregeln gem. § 27b I Ziff. 4 LuftVG, nicht zugewiesen werden. Außerdem unterliegen nicht alle Flughäfen einer Koordinierungspflicht, so daß für viele Flughäfen die Prioritätenregelungen über den Flugplankoordinator keine Anwendung finden. Schließlich ist der Flugplankoordinator nicht ermächtigt, Verkehr von einem Flughafen auf einen anderen rechtsverbindlich zu verweisen 76.

73

Wie von Greiner, BayVBl. 1994, S. 449, 457 gemutmaßt.

74

Hierzu unten S. 95 ff.

75

Vgl. oben S. 62.

76

Zu der Frage, ob die neuen Vorschriften im übrigen einen Beitrag zur Verkehrsaufteilung leisten können, vgl. unten S. 101 ff.

I. Einschränkung von Verkehrsarten durch Betriebspflichtbefreiung

bb) Faktische Widmungsänderung

89

durch Betriebspflichtbefreiung

Das BVerwG hat auch die Frage aufgeworfen, ob eine etwaige Betriebspflichtbefreiung faktisch einer Widmungsänderung gleichkommt und Zweifel daran geäußert, ob § 45 LuftVZO hierfür eine geeignete Rechtsgrundlage sei 77 . Eine Klärung durch die Rechtsprechung steht bislang aus. Unter Hinweis auf die Zweckbestimmung im Hinblick auf das öffentliche Verkehrsinteresse sind Giemulla/Lau der Auffassung, daß eine dauernde Befreiung einer Umwidmung des Flughafens von einem Verkehrsflughafen in einen Sonderflughafen gleichkomme78. Wie oben gezeigt79, sind die Flughäfen nicht zum Gemeingebrauch gewidmet. Ihre Benutzung setzt den Abschluß eines Landevertrages, die Unterwerfung unter die Benutzungsordnung und ggf. die Slotzuteilung durch den Flugplankoordinator voraus. Das LuftVG sieht keine „Widmung" im Rechtssinne vor, wohl aber eine Genehmigung und Planfeststellung. Genehmigung/Planfeststellung und Widmung sind mithin zu unterscheiden: Die Genehmigung richtet sich an den Flugplatzbetreiber, während sich eine Widmungsverfügung an den Eigentümer des Flugplatzgeländes richten müßte. Beide müssen nicht identisch sein. Soweit die Flughäfen der öffentlichen Daseinsvorsorge dienen, sind sie öffentliche Sachen. Ob und inwieweit ihre Benutzung zulässig ist, regelt das Gesetz typisiert danach, ob es sich um einen Flughafen des allgemeinen Verkehrs oder einen Sonderflughafen handelt. Insofern kann ein Flugplatz zum „Flughafen des allgemeinen Verkehrs" auch „gewidmet" sein, wenn man den Ausspruch der Widmung in die Genehmigung bzw. Planfeststellung hineinliest und der Eigentümer zustimmt. Läßt man die Frage einmal außer acht, ob die Widmung konkludent durch die Genehmigung unausgesprochen erteilt werden kann oder nicht, so erstreckt sich der sogenannte „Gemeingebrauch am Flughafen" also nur auf diejenigen Nutzungen, die ein Flughafen des allgemeinen Verkehrs eröffnet. Diese Nutzungen unterliegen den verkehrsrechtlichen Bestimmungen, z.B. denen der LuftVO und LuftVZO. Die Befreiung von der Betriebspflicht ist eine der Verkehrsvorschriften der LuftVZO.

77

BVerwG vom 11.06.1992 - 4 ER 302.92 u.a. - (n.v.), S. 14.

78

Giemulla /Lau, LuftVZO, § 45 Rn. 2.

79

Vgl. oben S. 40 ff.; Salzer, a.a.O., S. 46 ff.; Greiner, S. 452.

90

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Ihre Bedeutung ist also vergleichbar mit einem die Benutzung einer Straße regelnden Verkehrszeichen nach der StVO, das die Straße fur bestimmte Nutzer, z.B. Zweiräder, sperrt. Dadurch wäre die betreffende Straße aber noch längst nicht in ihrer Eigenschaft als öffentlicher Verkehrsweg „entwidmet". Dies kann im Straßenrecht nur durch eine Einziehung erfolgen. Nichts anderes kann im Luftverkehrsrecht gelten. Die partielle Befreiung von der Betriebspflicht stellt sich somit nicht als Problem einer etwaigen Widmungsänderung dar. cc) Auswirkungen

einer Betriebspflichtbefreiung

auf die Genehmigung

Allerdings stellt sich die Frage, ob ein auf Dauer für alle möglichen Verkehrsarten befreiter Flughafen des allgemeinen Verkehrs nicht faktisch zu einem Sonderflughafen wird. Das könnte in der Tat Genehmigung und Planfeststellungsbeschluß berühren. Nach dem Beschluß des BVerwG zum Flughafen München I I 8 0 steht die Befreiung von der Betriebspflicht in einem engen sachlichen Zusammenhang zu den vorangegangenen planerischen Entscheidungen. Das Gericht meint damit, daß der Ausschluß einzelner Verkehrsarten durch Betriebspflichtbefreiung dem zuvor ergangenen Planfeststellungsbeschluß und der Betriebsgenehmigung widerspricht, wenn diese von einer uneingeschränkten Betriebspflicht ausgehen. Wenn der faktische Ausschluß eines Teils der Allgemeinen Luftfahrt durch Änderungsplanfeststellungsbeschluß erfolgt wäre, so hätten die Belange der betroffenen Luftfahrer in die Abwägung der planerischen Entscheidung eingestellt werden müssen. Geschieht der Ausschluß durch eine Befreiungsverfügung, so ist eine Abwägung unter den Voraussetzungen eines formellen Verwaltungsverfahrens hingegen nicht notwendig. Die Rechte der Betroffenen würden also verkürzt. Das Gericht wiederholt damit seine Bedenken, die es auch schon in seiner Entscheidung betreffend die Kapazitätsbeschränkungen beim Flughafen München-Riem im Jahre 1987 geäußert hatte81. Im dort entschiedenen Fall sollte die Betriebsgenehmigung des Flughafens gem. § 6 I 1, IV 2 LuftVG dahingehend geändert werden, daß Flugzeuge unter 2 to die Hauptstart- und Landebahn nicht mehr benutzen durften.

80

BVerwG vom 11.06.1992 - 4 ER 302.92 u.a. - , a.a.O., S. 11.

81

BVerwG, ZLW 1990, S. 118 ff.; vgl. unten S. 92 ff.

II. Betriebszeitregelung, Privatverkehr in Vollaststunden

91

Die dauerhafte Regelung des Flughafenbetriebs ist Gegenstand der Betriebsgenehmigung bzw. der Planfeststellung 82. Die dort erörterte umstrittene Frage, ob jegliche Art von Nutzungs- und Betriebsregelung allein der Genehmigung nach § 6 LuftVG zuzuordnen ist oder auch Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens nach §§8 ff. LuftVG sein kann, ist hier ohne Belang. Zutreffend gehen nämlich sowohl Literatur wie auch die Rechtsprechung davon aus, daß eine dauerhafte kapaziätsmindernde oder ändernde Regelung des Flughafenbetriebs dann nur planungsrechtlich zu bewältigen ist, wenn Genehmigung und Planfeststellungsbeschluß fur einen Flughafen von einer uneingeschränkten Betriebspflicht ausgehen. Es kommt also vorliegend nicht darauf an, ob die Regelung des Flughafenbetriebes der Planfeststellung oder der Genehmigung zuzuordnen ist. Rein praktisch hätte ein Flughafen auch nur dann eine Chance, seine Kapazitätsprobleme auf Antrag durch eine Befreiungsverfugung zu lösen, wenn die Luftaufsichtsbehörde das ihr nach § 45 LuftVZO eingeräumte Ermessen nur noch in Richtung auf die beantragte Befreiung betätigen könnte, mithin also Ermessensreduzierung auf Null eingetreten wäre. Anderenfalls drohen langwierige Gerichtsverfahren, die den praktischen Nutzwert einer so gewonnenen Befreiung weitgehend neutralisieren dürften. Die Befreiung auf Antrag des Flughafenbetreibers nach § 45 I LuftVZO erweist sich damit nur als provisorischer „Notanker" für einen begrenzten Zeitraum vorübergehender Engpässe unter der Voraussetzung, daß die Versorgungsfunktion eines Flughafens ohne die partielle Befreiung von der Betriebspflicht in Frage gestellt wäre. Für die Verkehrsaufteilung auf mehrere Flughäfen einer Stadtregion taugt sie hingegen nicht.

II. Betriebszeitregelung, Privatverkehr in Vollaststunden Flughäfen unterliegen einer stark schwankenden Auslastung während der täglichen Betriebszeit. Während die Betriebsspitzen in den Morgen- und späten Nachmittagsstunden liegen, sind der späte Vormittag und der frühe Nachmittag verhältnismäßig wenig gefragte Betriebszeiten 83. Dementsprechend konzentriert sich auch die Nachfrage nach Infrastrukturleistungen der Flughäfen auf die verkehrsstärksten Zeiten. Eine Änderung der Aufteilung von Flugbewegungen auf die Flughäfen einer Region kann nur durch eine unterschiedliche Regelung der Betriebs82

Bäumler, S. 47; Steinberg, S. 282 f.

83

Hardaway,

S. 202.

92

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

zeiten auf den Flughäfen erfolgen. Der Verlagerungseffekt ist allerdings begrenzt und betrifft in erster Linie den Charter- oder Frachtverkehr 84. Grundsätzlich hat ein Flughafen im Rahmen seiner Betriebspflicht eine ganztägige uneingeschränkte Betriebszeit 85. Betriebszeitregelungen finden sich in Form von Nachtflugverboten unterschiedlicher Ausformung 86 . Die Nachtflugverbote sind als Betriebszeitfestlegungen Gegenstand des Genehmigungsbescheides bzw. des Planfeststellungsbeschlusses und als solche keine Befreiung von der Betriebspflicht 87. Sie folgen aus der Abwägung der betroffenen Nachbarinteressen mit denjenigen des Flugbetriebes, § 29b I 2 LuftVG. Die Betriebszeit ist danach derjenige Zeitraum, in dem der Flughafen seiner Betriebspflicht nachkommen muß, ihn also offen zu halten hat. Die Veränderung der gesamten Betriebszeit ist daher eine planerische Entscheidung, während die Einschränkung der Betriebszeit fur bestimmte Flüge (z.B. Geschäftsflugzeuge, Charter, Fracht, Allgemeine Luftfahrt) nichts anderes als eine Befreiung von der Betriebspflicht wäre. Denn sie beträfe entweder nur den gesamten Verkehr auf einem Flughafen (Veränderung der gesamten Betriebszeit) und hätte dort keine Entlastungswirkung, oder sie wäre nur auf bestimmte Flugarten bezogen und damit in Wahrheit gar keine „Betriebszeitregelung", sondern eine Betriebspflichtänderung. Somit gelten für diese Form der administrativen Verkehrslenkung mit dem Ziel, die genannten Flugarten auf andere Flughäfen der Region mit anderen Betriebszeiten zu dirigieren, die obigen Ausführungen zur Befreiung von der Betriebspflicht. Als Mittel der Verkehrsaufteilung sind Betriebszeitregelungen daher nicht tauglich.

I I I . Größenbegrenzungen, § 6 I 1, I V 2 LuftVG Größenbegrenzungen für das verwendete Fluggerät sind aus verkehrswirtschaftlicher Sicht sinnvolle Maßnahmen zur Verkehrsaufteilung, wenn es darum geht, einen Flughafen ohne bestimmte Verkehrsarten zu betreiben 88. 84

Wilken, S. 53.

85

Schwenk, Handbuch, S. 413; Lübben, S. 141.

86 I.d.R. zwischen 22.00 Uhr und 07.00 Uhr bzw. 23.00 Uhr und 06.00 Uhr; Greiner, S. 451; Steinberg, S. 282; Hochgürtel, S. 56. 87

BVerwG, BayVBl. 1987, S. 567 ff.; Lübben, S. 142; Steinberg, S. 451. 88

Wilken, S. 52.

S. 282; Greiner,

III. Größenbegrenzungen, § 6 I 1, I V 2 LuftVG

93

Damit kann indirekt die Bedienung gewisser Verkehrsmärkte von einem oder mehreren Flughäfen ausgeschlossen werden. Hintergrund sind die unterschiedlich langen Verweilzeiten im An- und Abflug, auf der Start- und Landebahn und bei den Rollvorgängen bei Groß- und Kleinflugzeugen. In Betracht kommen daher gewichts- bzw. sitzplatzzahlbezogene Kriterien. Verkehrswirtschaftlich werden bei solchen Begrenzungslösungen, die von Gewichtsgrenzen zwischen 2 to und 5,7 to (Kleinflieger) über 25 to (Regionalliner) oder über 150 to ausgehen89, allerdings auch Effizienzbedenken geäußert. Technische Größen allein seien nicht marktkonform, weil es den Fluggesellschaften nicht immer gelingen könne, durch den Einsatz größeren Fluggeräts den Bedarf ausreichend zu bündeln90. Allerdings wurde eine gewichtsbezogene Begrenzung nach § 6 I 1, IV S. 2 LuftVG bereits 1987 einmal durch das Bayerische Wirtschafts- und Verkehrsministerium für den Flughafen München-Riem angeordnet. Danach durften Flugzeuge bis 2 to die Hauptstart- und Landebahn weitgehend nicht mehr benutzen. Ziel dieser mit Erwägungen des öffentlichen Verkehrsinteresses begründeten Maßnahme war es erklärtermaßen, die Belange der Allgemeinen Luftfahrt - ausgenommen des Geschäftsreise- und Werkluftverkehrs - hinter das öffentliche Interesse der regelmäßigen und pünktlichen Linien- und Charterverkehrsverbindungen zurücktreten zu lassen. Der allgemeine Flugverkehr sollte zum Ausweichen auf andere Flugplätze gezwungen werden 91. Rechtsgrundlage ist § 6 IV S. 2 LuftVG. Danach ist eine Änderung der Genehmigung erforderlich, wenn die Anlage oder der Betrieb des Flugplatzes wesentlich erweitert oder geändert werden soll. Vorliegend geht es um den Betrieb des Flughafens. Es handelt sich nicht um eine Modifikation der bestehenden Genehmigung, wie es der Wortlaut des § 6 IV S. 2 LuftVG nahelegen könnte92. Vielmehr muß für die wesentliche Änderung des Betriebs eine weitere Genehmigung erteilt werden, die ergänzend neben die bereits bestehende Genehmigung tritt 93 .

89

Vgl. Beispiele bei Wilken,

90

Wolf S. 191.

91

Bescheid vom 09.12.1987.

S. 52, und Wolf,

S. 191.

92 § 6 IV 2 LuftVG lautet: „Eine Änderung der Genehmigung ist auch erforderlich, wenn die Anlage oder der Betrieb des Flughafens wesentlich erweitert oder geändert werden soll." 93

BVerwG, Z L W 1980, S. 69, 75; Hartmann,

mann/Grabherr,

S. 93 f.; Beine, Z L W 1961, S. 9; Hof-

LuftVG, § 6 Rn. 61; Giemulla /Lau, LuftVG, § 6 Rn. 9.

94

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Das ergibt sich aus der klarstellenden Vorschrift des § 44 III LuftVZO. Danach sind die Vorschriften über die Genehmigung sinngemäß auch auf wesentliche Erweiterungen oder Änderungen der Anlage und des Betriebes anzuwenden. Die Genehmigung nach § 6 IV 2 LuftVG ist daher nur unter den Voraussetzungen des § 6 I LuftVG i.V.m. § 44 I LuftVZO zu erteilen. Demgemäß ist ein Antrag des Flughafenbetreibers erforderlich. Die Genehmigungsbehörde hat ein Anhörungsverfahren nach § 28 VwVfG durchzuführen 94. Wesentlich ist die Änderung, wenn sie die durch das Genehmigungserfordernis geschützten Belange in rechtserheblicher Weise berühren kann 95 . Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich im Jahre 1989 mit der Genehmigungsänderung für den Flughafen München-Riem zu befassen 96. Danach ist bei einer Genehmigungsänderung wie hier zunächst eine Abwägung aller schutzwürdigen Belange vorzunehmen, wenn kein Planfeststellungsverfahren nachfolgt 97. § 6 LuftVG sei möglicherweise keine gesetzliche Grundlage, um Kapazitätsprobleme an Flughäfen zu lösen. Vielmehr sei eine parlamentarische Grundentscheidung zu der Frage, welche Kapazitäten dem Flugverkehr in Deutschland zur Verfügung stehen sollten, erforderlich 98. Soweit es sich bei den Klägern um ansässige Flugschulen handelte, sieht das BVerwG deren Tätigkeit vom Schutzbereich des Art. 12 GG erfaßt. Zwar habe die Funktionsfahigkeit eines internationalen Flughafens ein hohes Gewicht. Lokale und regionale Flugschulen oder Charterunternehmen müßten insoweit möglicherweise Beeinträchtigungen durch kapazitätsbedingte Regelungen hinnehmen99. Einer Differenzierung zwischen dem Geschäftsreiseverkehr und der sonstigen Allgemeinen Luftfahrt steht das Gericht zudem kritisch gegenüber. Damit ist jedenfalls vorläufig einer dauerhaften Problemlösung über § 6 IV 2 LuftVG der Boden entzogen. Allerdings hat das BVerwG zu der Frage nicht Stellung genommen, ob durch die genannte Regelung auch nicht gewerbliche Belange der Allgemeinen Luftfahrt rechtswidrig beeinträchtigt wurden. Kläger waren allein die ansässigen Flugschulen. Inwieweit die vorlie94

BVerwG, ZLW 1990, S. 118, 126.

95

BVerwG, ZLW 1980, S. 69, 75.

96

BVerwG, ZLW 1990, S. 118 ff.

97

BVerwG, a.a.O., S. 122.

98

Das BVerwG hat diese Auffassung später zur Frage der Befreiung von der Betriebspflicht eines Flughafens wiederholt, BVerwG vom 11.06.1992 - 4 ER 302.92 u.a. - (n.v.), S. 17. 99

BVerwG, a.a.O., S. 127 f.

IV. Teilwiderruf und Genehmigungsänderung

95

gende Regelung gegenüber der Allgemeinen Luftfahrt unter 5,7 to oder auch bis 25 to Bestand hätte, bleibt demnach offen. Gegen ihre Zulässigkeit spricht, daß der Ausschluß dieser Flugarten auch für weniger stark belastete Betriebsstunden galt. Die erforderliche Abwägung der Gewichtsbeschränkung mit dem allgemeinen Interesse an der umfassenden Versorgungsfunktion der Flughäfen läßt eine derartige Benachteiligung der Allgemeinen Luftfahrt nicht zu. Dient die Betriebsänderung dazu, mehr Möglichkeiten für den Betrieb von Großflugzeugen zu schaffen (und davon ist auszugehen), spielen wegen der deshalb erhöhten Lärmbelastung auch Umweltverträglichkeitsgesichtspunkte eine Rolle. Das Vorhaben wäre dann gem. § 8 LuftVG planfeststellungspflichtig. Die richterlichen Erwägungen zusammen mit dem geforderten umfassenden Abwägungsgebot bei Erlaß einer Regelung über § 6 IV 2 LuftVG und die daraus resultierenden Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Luftfahrer erschweren praktisch die Verkehrsaufteilung auf diesem Wege erheblich. Wegen der daraus angesichts des Urteils fast zwangsläufig folgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren taugt der Weg über § 6 IV 2 LuftVG aus heutiger Sicht kaum noch als Übergangslösung. Wie einige der vorstehend beschriebenen Möglichkeiten setzt auch dieser Lösungsweg die federführende Mitwirkung der Verwaltung voraus.

IV. Teilwiderruf und Genehmigungsänderung gem. § 6 I I LuftVG oder § 48 I LuftVZO Das LuftVG und die LuftVZO bieten zwei Widerrufstatbestände, mit denen der rechtliche Bestand eines Flughafens verändert werden kann. Gem. § 6 II 3 LuftVG kann eine erteilte Flughafengenehmigung von der Verwaltungsbehörde widerrufen werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet wird. Nach § 48 I 2 LuftVZO hingegen muß ein Widerruf dann erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung nachträglich entfallen sind 100 .

100

Giemulla /Lau, LuftVZO, § 48 Rn. 1.

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

96

1. Widerrufsvoraussetzungen nach §§ 48 I 2 LuftVZO, 6 I I I LuftVG Betrachtet man zunächst den Widerruf ohne Ermessenseröffnung des § 48 I 2 LuftVZO, so kommt es darauf an, ob die für eine Verkehrsaufteilung auf mehrere Flughäfen einer Stadtregion sprechenden Gründe genehmigungsrelevant sein können. Für die in Betracht kommenden Flughäfen wäre zu prüfen, ob sie — z.B. hinsichtlich ihrer umfassenden Betriebspflicht — in der bestehenden Form zum Zeitpunkt der Prüfung noch genehmigungsfahig sind. Die Genehmigungsvoraussetzungen ergeben sich aus § 6 LuftVG. Insbesondere ist die Genehmigung zu versagen, wenn durch den Betrieb des beantragten Flughafens die öffentlichen Interessen in unangemessener Weise beeinträchtigt werden 101 , § 6 III LuftVG. Demnach müßte ein Widerruf also auch dann erfolgen, wenn der Betrieb des Flughafens nachträglich den öffentlichen Interessen in unangemessener Weise nicht mehr entspricht. Unter diesem Gesichtspunkt könnte, so ein Vorschlag von Schwenk aus dem Jahre 1988, durch einen - zulässigen - Teilwiderruf 102 bezogen auf bestimmte Arten von zugelassenen Luftfahrzeugen der für die Funktion eines Verkehrsflughafens hinderliche Flugverkehr entfernt werden. Dabei spielt konkret die Überlegung eine Rolle, ausschließlich nur noch Flugzeuge über einer gewissen Größenklasse zuzulassen, wenn an einer bestimmten Verkehrsart ein höheres öffentliches Interesse besteht, das durch den uneingeschränkten Betrieb mit allen Flugarten gefährdet wäre 103 . Die Genehmigung für den Betrieb mit anderen Flugarten wäre zu widerrufen. Die Begründung müsse auf den Versagungsgrund des § 6 III LuftVG gestützt werden. Denn bei einem dem allgemeinen Verkehr dienenden Flughafen seien die öffentlichen Interessen in unangemessener Weise beeinträchtigt, wenn z.B. wegen der uneingeschränkten Nutzungsmöglichkeit ohne Verkehrsaufteilung ein geordneter Luftverkehr nicht mehr möglich sei 104 . Somit wäre die Genehmigung zu widerrufen, wenn eine hypothetische Priifung ergäbe, daß die Flughafengenehmigung in der ursprünglichen Form zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr erteilt würde. Wenn demnach die Genehmigung fur einen Flughafen nur noch ohne Zulassung für die General Aviation oder Flugzeuge unterhalb gewisser Gewichts- und Größenklassen erteilt werden könnte, ohne daß anderenfalls ein 101

Ronellenfitsch,

102

Kopp, VwVfG, § 36 Rn. 44.

DVB1. 1984, S. 501, 504.

103

Schwenk, ZLW 1988, S. 313; zum Begriff des öffentlichen Interesses in diesem Zusammenhang s. Beine, ZLW 1961, S. 7. 104

Schwenk, a.a.O., S. 313 f.

IV. Teilwiderruf und Genehmigungsänderung

97

geordneter Flugbetrieb nicht mehr möglich wäre, käme insoweit ein Teilwiderruf in Betracht. Das hätte die mittelbare Folge, daß die nicht mehr zugelassenen Verkehrsarten auf andere Flugplätze ausweichen müßten. Auch dort müßte bezogen auf alle Flughäfen der entsprechenden Stadtregion eine Prüfung stattfinden und die Genehmigung „passend" widerrufen werden. Der erwähnte Vorschlag von Schwenk zielte auf eine Verkehrsaufteilung zwischen Linien- und Charterverkehr bei den Flughäfen Düsseldorf und Köln-Bonn ab. Wie Schwenk schon selbst einräumt, liegen die Schwierigkeiten dieser Lösung darin, das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen des Widerrufs geltend zu machen. Das wirkliche Ziel ist es ja nicht, die Genehmigung des Flughafens zu widerrufen, sondern darzulegen, warum es für die Rechtmäßigkeit der Flughafengenehmigung erforderlich sein soll, bestimmte Flugarten auszuschließen. Mit anderen Worten: Es müßte behauptet werden, daß nur die alleinige Genehmigung gewerblichen Verkehrs einen geordneten Flughafenbetrieb gewährleistet. Denn allenfalls die Beeinträchtigung eines im öffentlichen Interesses liegenden geordneten Flugbetriebes kann die Notwendigkeit eines Teilwiderrufs der Genehmigung begründen. Dazu heißt es bei Schwenk: „Daß es schwierig sein dürfte, die Voraussetzungen für den Widerruf der Genehmigungen nachzuweisen, sei nur am Rande bemerkt." 105

Davon abgesehen, sind noch weitere Fallstricke zu beachten: Die dirigistische Lenkung des Verkehrs über das Genehmigungsrecht ist ordnungspolitisch bedenklich, weil sie unter Berufung auf öffentliche Interessen das repressive Instrument des Widerrufs für den Eingriff in Marktmechanismen instrumentalisiert. Hier fragt sich, ob der freie Zugang zu den Flughäfen nach marktwirtschaftlichen Regeln nicht ebenfalls im öffentlichen Interesse liegt. Es lohnt sich somit, den Begriff des öffentlichen Interesses in § 6 III LuftVG näher zu beleuchten. Im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht sind die öffentlichen Interessen an der Rücknahme bzw. dem Widerruf eines Verwaltungsakts gem. §§ 48 II 1, 49 II Ziff. 4 VwVfG als Ansatzpunkt von Bedeutung. Sie sind Gegenstand einer Abwägung zwischen den Gesichtspunkten, die für die Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes sprechen gegen das öffentliche Interesse

105

Schwenk., Z L W 1988, S. 314.

7 Zielke

98

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

an der Herstellung des gebotenen Rechtszustandes, wobei sie auch die fiskalischen Interessen an einer sparsamen Haushaltsführung umfassen können 106 . Die Interessen sind also durchaus auch wirtschaftlich zu verstehen. Konkretisiert auf das Luftverkehrsrecht sind „öffentliche Interessen" die von der Allgemeinheit dem Luftverkehr entgegengebrachten Interessen an einem geordneten, sicheren, regelmäßigen und preisangemessenen Luftverkehr 107 . Sie ähneln insofern den Interessen der Allgemeinheit an einer sicheren, billigen Energieversorgung, wie es nach §§ 5, 2 En WG Voraussetzung für die Genehmigung zur Aufnahme der Energieversorgung ist. Das neue Unternehmen darf die Versorgungsstruktur nicht beeinträchtigen und muß insbesondere die Energieversorgung als öffentliche Aufgabe sicherstellen helfen 108 . Überträgt man diese Grundsätze auf das Luftverkehrsrecht, so bestehen die öffentlichen Interessen demnach zum einen im „öffentlichen Verkehrsinteresse" 109 und zum anderen in dem allgemeinen wirtschaftlich/fiskalischen Interesse daran, keinen Flughafenbau zu fordern, der wirtschaftlich nicht den öffentlichen Verkehrsinteressen entspricht 110. In Flughafensystemen verlangt das öffentliche Verkehrsinteresse als Teil des öffentlichen Interesses demgemäß, daß bei der Genehmigung eines Flughafens seine Einordnung in das bestehende Luftverkehrssystem berücksichtigt werden muß. Dazu gehört auch die Frage, wie die Verkehrsverhältnisse zweier benachbarter Flughäfen im Hinblick auf eine Verbesserung des gesamten Flugverkehrs in Einklang zu bringen sind 111 . Allerdings muß eine „unangemessene" Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen vorliegen, § 6 III LuftVG. Einfache Beeinträchtigungen des öffentlichen Verkehrsinteresses genügen somit also nicht, um den (Teil-)Widerruf der Genehmigung zu begründen 112. Beachtet man, daß das öffentliche Verkehrsinteresse ohnehin nur ein Teilbereich des öffentlichen Interesses ist 113 und die Freiheit des Luftraums nach 106

BVerfGE 59, 169; BVerwG, DVB1. 1982, S. 797.

107

Beine, Z L W 1961, S. 3, 7; Hofmann/Grabherr,

108

BVerfGE 66, 248 (258).

109

Beine, Z L W 1961, S. 3, 7.

110

Beine, Z L W 1961, S. 3, 8; Hofmann /Grabherr,

111

§ 6 Rn. 60.

§ 6 Rn. 60.

Schwenk, ZLW 1988, S. 302, 314 unter Hinweis auf die große Bedeutung des öffentlichen Interesses, die der Gesetzgeber schon bei der Novelle des LuftVG 1959 hinsichtlich der Koordinierung von Infrastrukturmaßnahmen im Luftverkehr im Auge gehabt habe. 112

Beine, Z L W 1961, S. 3, 8.

113

Hofmann/Grabherr,

§ 6 Rn. 60.

IV. Teilwiderruf und Genehmigungsänderung

99

§ 1 LuftVG ebenfalls im öffentlichen Interesse liegt, so ist eine umfassende Abwägung der verschiedenen Interessen erforderlich, um eine „unangemessene" Beeinträchtigung in einer bestimmten Hinsicht feststellen zu können 114 . Dabei sind — wie bei allen Abwägungsvorgängen — die Wertentscheidungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen. Bei der Frage, ob die Verteilung von Slots durch eine Änderung der Genehmigung nach § 6 IV LuftVG beeinflußt werden kann, sah das BVerwG den Schutzbereich von Art. 12 GG verletzt, soweit von der Genehmigungsänderung gewerbliche Flieger betroffen waren 115 . Nichts anderes kann gelten, wenn es um die Abwägung der Frage geht, ob eine „wesentliche" Beeinträchtigung öffentlicher Verkehrsinteressen gegeben ist. Bejaht man dies und schließt daraus auf die Zulässigkeit eines Teilwiderrufs der Betriebsgenehmigung des betroffenen Flughafens, so stellt sich dieser Teilwiderruf jedenfalls im Ergebnis auch als Genehmigungsänderung dar 116 . Denn der Flughafen besteht nach dem Teilwiderruf mit gegenüber dem vorherigen Zustand geänderter Genehmigung. Der Teilwiderruf der Genehmigung mit dem Ziel der Verkehrslenkung ist daher hinsichtlich der erforderlichen Abwägung berührter Interessen nur unter denselben Voraussetzungen zulässig (bzw. unzulässig), wie es eine Genehmigungsänderung wäre. Diese ist nämlich notwendig, wenn die in § 6 II, III LuftVG genannten Belange berührt sind 117 . Hinzu kommt, daß die Betriebsgenehmigung sich als Unternehmergenehmigung darstellt, nach deren Neuerteilung ein etwaiges Planfeststellungsverfahren nach §§ 8 ff. LuftVG durchzuführen wäre 118 . Die daraus folgenden praktischen Probleme wegen der zeitintensiven Beteiligung von Betroffenen sind evident. Eine Lösung der aktuellen Probleme ist durch den Teilwiderruf der Flughafengenehmigung nach §§ 48 I 2 LuftVZO, 6 III LuftVG nicht zu erzielen.

114

Schwenk,, ZLW 1988, S. 302, 313.

1.5

BVerwG, ZLW 1990, S. 118 unter Hinweis auf BVerfGE 33, 125 (157); 33, 303 (346); 62, 260 (275). Hierzu wurde bereits oben (S. 92) Stellung genommen. 1.6

Schwenk,, ZLW 1988, S. 302, 312.

117

BVerwG, NJW 1980, S. 718, 720; BVerwG; DVB1. 1989, S. 363.

,1K

Ronellenfitsch, DÖV 1991, S. 771, 779; BVerwGE 56, 110 (135); BVerwG, Buchholz Nr. 13 zu § 6 LuftVG. 7*

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

100

2. Widerrufsvoraussetzungen nach § 6 I I 3 LuftVG Der Widerruf kann erfolgen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß durch den Flugplatz die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet wird 1 1 9 . Ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit liegt vor, wenn die Rechtsordnung verletzt wird 1 2 0 . Das gilt auch im Luftverkehrsrecht, wo insbesondere andere Normen des LuftVG und Schutznormen gegen die spezifischen Gefahren des Luftverkehrs zu prüfen sind 121 . Ebenso wie beim Widerruf nach § 48 I 2 LuftVZO ist der Teilwiderruf möglich 122 . Einschlägig sind z.B. Regelungen zur Sicherheit des Straßenverkehrs in unmittelbaren Überflugsgebieten, Lärmschutzvorschriften wie § 2 I Ziff. 4 LuftVG, Brandschutz nach den Landesfeuerwehrgesetzen usw. 123 . Die Gefahr der Überlastung eines Flughafens kann hingegen einen Eingriff nach § 6 II 3 LuftVG nicht rechtfertigen. Die Vorschrift ist eine Norm zur Abwehr solcher Gefahren, die anderen Rechtsgütern aus dem Flugbetrieb drohen. Die aus Kapazitätsmängeln entstehenden Probleme sind solche der Verkehrsregelung nach der LuftVO bzw. der Flugplankoordinierung, wie sie in den neuen §§ 27a—c LuftVG vorgesehen ist. Zwar könnte man daran denken, ein aus § 1 LuftVG folgendes Rechtsgut des umfassenden Rechts auf Versorgung der Bevölkerung mit angemessenen Flugverbindungen zu konstruieren. Im Gegensatz zu dem „öffentlichen Interesse" des § 6 III LuftVG an einem möglichst weitreichenden gewerblichen Angebot durch Luftfahrtunternehmen, gilt die Freiheit der Luft aber für alle Verkehrsteilnehmer, also auch die Privatflieger. Auch deren Interessen sind durch § 1 LuftVG geschützt. Die Kapazitätskrise verstößt nicht schlechthin gegen § 1 LuftVG, so daß ein darauf gestützter Teilwiderruf der Flughafengenehmigung rechtswidrig wäre. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß auch ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung bei Kapazitätsengpässen nicht ersichtlich ist, weil es an 119 Giemulla/Lau, L u f t V Z O , § 48 Rn. 1; Schwenk, Z L W 1988, S. 302, 312; Beine, Z L W 1961, S. 3, 6; Ronellenfitsch, DVB1. 1984, S. 501, 504; Hofmann/Grabherr, § 6 LuftVG,

Rn. 58. 120 Die polizeirechtliche Definition des Begriffs der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat sich in langer Tradition seit dem Kreuzbergurteil (PrOVG vom 14.06.1882, PrOVGE 9, 353) über das Preußische Polizeiverwaltungsgesetz (§ 14 PVG) und den „Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder" der Länderinnenministerkonferenz vom 10./11.06.1976 herausgebildet; Drews/Wacke, S. 233 ff. 121

Beine, Z L W 1961, S. 3, 6; Hofmann/Grabherr,

122

Schwenk, Z L W 1988, S. 302, 312.

123

Beine, Z L W 1961, S. 3, 6 f.; Hofmann/Grabherr,

§ 6 L u f t V G , Rn. 55.

§ 6 L u f t V G , Rn. 58 f.

V. Flugplankoordinierung (§§ 2 7 a - d LuftVG)

101

der dafür erforderlichen allgemeinen Überzeugung fehlt, daß Flugverkehr ohne Kapazitätsengpässe zu den unerläßlichen Voraussetzungen menschlichen Zusammenlebens gehört. Das ist hinreichend durch den teilweise erheblichen Widerstand gegen Flughafenneubauten bewiesen124.

V. Flugplankoordinierung gem. §§ 27 a—d LuftVG Soweit das BVerwG in seinem Urteil zur Genehmigungsänderung am Flughafen München-Riem 125 auch zur rechtlichen Stellung des Flugplankoordinators kritisch Stellung genommen und eine gesetzgeberische Leitentscheidung gefordert hatte, plante die Bundesregierung in ihrem Änderungsentwurf zum LuftVG vom 21. März 1990 126 eine gesetzliche Ausgestaltung der Startund Landezeiten durch Flugplankoordination. Nachdem das Gesetz aus Gründen, die für die vorliegende Thematik nicht von Bedeutung sind, vom Bundespräsidenten nicht ausgefertigt wurde 127 , sind inzwischen u.a. die §§ 27a—d LuftVG im 6. Unterabschnitt des LuftVG zur Flugplankoordinierung in das Gesetz eingefügt worden 128 . Hiernach gilt bei der Bewilligung von Slots die Vorrangregelung nach § 27b I LuftVG, die lautet: „Vorrang haben: 1. Flüge zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen oder Sachen vor anderen Flügen, 2. bereits früher koordinierte Flüge vor erstmals geplanten Flügen, 3. häufige vergleichbare Flüge vor weniger häufigen Flügen während der gesamten Flugplanperiode, 4. Flüge nach Instrumentenflugregeln vor Flügen nach Sichtflugregeln." Ziel der Gesetzesänderung war es, die Flugsicherungsaufgaben in eine privatrechtliche Organisationsform zu überführen und die Flugplankoordination auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen 129 .

124 Zeiträume zwischen Antragstellung und Planfeststellungsbeschluß von 10 und mehr Jahren sind wegen der Vielzahl von Einwänden in den Anhörungsverfahren und den anschließenden Gerichtsverfahren keine Seltenheit; s. Hochgürtel, S. 91. 125

BVerwG vom 26.07.1989 - 4 C 35.88 - , ZLW 1990, S. 118 ff.

126

BT-Drs. 11/6745.

127

Vgl. hierzu Giemulla/ Schmid, ZLW 1992, H. 1, März 1992; BT-Drs. 12/67: Der Bundespräsident sah sich aus verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Privatisierung der Flugsicherung außerstande, das Zehnte Gesetz zur Änderung des LuftVG auszufertigen. 128

Zehntes Änderungsgesetz zum LuftVG vom 23.07.1992, BGBl. I S. 1370, 1376.

129

BT-Drs. 12/1801, S. 1 f.; Giemulla, LuftVG, Vorbem. zu §§ 27a-d Rn. 8 ff.

102

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Die Prioritätsregeln scheinen es erstmals zu ermöglichen, den überlasteten internationalen Verkehrsflughäfen durch den Vorrang des gewerbsmäßigen Verkehrs Entlastung zu verschaffen und bestimmte Verkehrsarten so mittelbar auf Ausweichflughäfen zu verweisen. Der Entwurf zum Änderungsgesetz bezeichnet die Vorrangregelung als das „Kernstück" der Flugplankoordinierung 130 . Eine nähere Betrachtung zeigt aber, daß der grundsätzlich positive Ansatz, gesetzliche Kriterien für den Vorrang bestimmter Flüge vor anderen aufzustellen, für die Allokation von Flügen in regionalen Flughafensystemen nur bedingt geeignet ist. Zunächst hat der Gesetzgeber nicht vorrangig den Schutz betriebswirtschaftlicher Interessen der Fluguntemehmen und Flughäfen beabsichtigt, sondern nennt in seinen Motiven nur den volkswirtschaftlichen Aspekt einer optimalen Nutzung knapper werdender Ressourcen im Luftraum sowie die öffentlichen Interessen am Markteintritt neuer Wettbewerber und Umweltschutzgesichtspunkte 1 3 1 . Aufgabe der Flugplankoordination ist es nicht, neue Kapazitäten auf stark belasteten Flughäfen zu schaffen und brachliegende auf benachbarten Flughäfen stärker zu nutzen. Denn § 27a I LuftVG sieht die Koordinierung der nachgefragten Start- und Landezeiten auf die vorhandenen Flugplatzkapazitäten vor. Planbare Flugplatzkapazität ist die Anzahl der in einer Zeiteinheit im voraus planbaren Starts und Landungen (Koordinierungseckwert), § 27a IV 1 LuftVG. Der Koordinierungseckwert kann allerdings auf verschiedene Luftverkehrsarten aufgeteilt werden, § 27a IV 2 LuftVG. Dies muß gem. § 27a IV 1 LuftVG im Einvernehmen mit den Landesluftfahrtbehörden und nach Anhörung des betreffenden Flugplatzunternehmers erfolgen. Dabei sind nach der Intention des Gesetzgebers die öffentlichen Interessen zu berücksichtigen. Insbesondere sind damit Flüge der Allgemeinen Luftfahrt gemeint 132 . Mit anderen Worten verringert sich danach die Zahl der planbaren Starts und Landungen für die nach dem Prioritätenkatalog des § 27b LuftVG genannten vorrangigen Flüge um die Zahl der gleichfalls noch zu berücksichtigenden Flüge der Allgemeinen Luftfahrt.

130

BT-Drs. 12/1801, S. 16.

131

Begründung zum Gesetzesentwurf, S. 16 f.; Giemulla-Schmid, ZLW 1992, H. 1; Giemulla, LuftVG, § 27a Rn. 18. 132 BT-Drs. 12/1801, S. 16: Genannt sind Taxi-Flüge, Geschäftsflüge und Flüge nach Sichtflugregeln.

V. Flugplankoordinierung (§§ 2 7 a - d LuftVG)

103

Damit erweist sich § 27a IV LuftVG im Ergebnis als Ausnahmeregelung in bezug auf die Vorrangregelung des § 27b LuftVG und fuhrt somit nicht zu einer Kapazitätssteigerung zugunsten der vorrangig zu koordiniernden Flüge. Die Anwendung der genannten Vorrangregelung setzt voraus, daß für den betreffenden Flughafen die Flugplankoordinierung angeordnet wurde.

1. Die Koordinierungspflicht nach § 27a LuftVG Die Koordinierung ist zulässig für die in § 27d I i.V.m. § 27a II 1. Altn. LuftVG und § 27a II 2. Altn. LuftVG genannten Flughäfen. Das sind zum einen diejenigen Flughäfen, bei denen der Bundesminister für Verkehr einen Bedarf aus Gründen der Sicherheit und aus verkehrspolitischen Interessen anerkennt, §§ 27d I, 27a I I 1. Altn. LuftVG. Zum anderen ist die Anordnung zulässig für Flugplätze, bei denen die Nachfrage nach Start- und Landezeiten die Flugplatz- und Flugsicherungskapazität voraussichtlich zumindest zeitweise übersteigt, § 27a I I 2. Altn. LuftVG 1 3 3 . a) Anordnung der Flugplankoordinierung nach §§ 27d I, 27a I I 1. Altn. LuftVG Die nach den kumulativ geltenden Voraussetzungen des § 27d I LuftVG zu koordinierenden Flughäfen („Bedarf aus Gründen der Sicherheit und aus verkehrspolitischen Interessen") sind ausschließlich von der Koordinierungspflicht betroffen 134 . Der Flugplankoordinator kann keinen Flug zu einem etwaigen benachbarten, nicht koordinierungspflichtigen Flughafen verweisen. Selbst wenn an der Koordination ein verkehrspolitisches Interesse besteht, kann der B M V einen solchen Flughafen nur dann in die Koordinierungspflicht einbeziehen, wenn gleichzeitig Sicherheitsgründe gegeben sind. Die Koordinierung der geplanten Flüge ist daher kein Beitrag zur Verkehrsaufteilung, sondern nur zur Verteilung der zur Verfugung stehenden Slots an einem bestimmten Flughafen. Die spezifischen Interessen des betroffenen Flughafens oder der Flugunternehmen sind dabei nur dann in die Abwägung über die Einfuhrung der Koor133

Giemulla, LuftVG, § 27a Rn. 7; Koordinierung bisher nur für Frankfurt, München und die Kontrollzone Berlin. 134 Nach der Anordnung der Flugplankoordination haben die Luftverkehrsteilnehmer den Bedarf vor einer neuen Flugplanperiode anzumelden. Der Slot muß sodann beantragt werden. Das Verfahren schließt mit der Zuweisung, § 27a I, III 1, IV LuftVG. Zum Verfahren zwischen Flugplankoordinator und Luftverkehrsteilnehmern nach der Anordnung vgl. Giemulla, LuftVG § 27a Rn. 9 - 1 6 .

104

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

dinierungspflicht einzustellen, wenn sie vom B M V zuvor ausdrücklich als Bundesinteressen qualifiziert worden sind. Denn mit „verkehrspolitischen Interessen" im Sinne der Vorschrift sind nach dem Willen des Gesetzgebers nur Bundesinteressen gemeint 135 . Solche den regionalen Interessen übergeordnete „Bundesinteressen" können z.B. bei Verhandlungen des Bundes mit anderen Staaten über den Abschluß von Luftverkehrsabkommen vorliegen. Mit diesen Abkommen werden Start- und Landerechte durch bilaterale Vereinbarungen geregelt. So besteht ein Bundesinteresse daran, daß der künftige Regierungssitz Berlin von den Fluggesellschaften möglichst vieler Staaten angeflogen werden kann, ohne daß dies an Kapazitätsengpässen scheitern müßte. b) Anordnung der Flugplankoordinierung nach § 27a I I 2. Altn. LuftVG Für den B M V ist die Anordnung der Flugplankoordinierung schließlich dann zulässig, wenn die Nachfrage nach Start- und Landezeiten die Flugplatz- und Flugsicherungskapazität voraussichtlich zumindest zeitweise übersteigt. Die zeitweise Erschöpfung der Kapazität nach § 27a II LuftVG bedeutet jedoch nach den Gesetzesmaterialien noch nicht die obligatorische Anordnung der Koordinierungspflicht. Sie ist lediglich conditio sine qua non für eine Entscheidung136. Diese ergeht nach Ermessensausübung und durch Verwaltungsakt gegenüber den betroffenen Flughäfen und wird in den NfL veröffentlicht 137 . Da mit der Entscheidung für die Einführung der Koordinierungspflicht die Vorrangregelungen des § 27b LuftVG zur Wirkung kommen, wäre daran zu denken, ob von dadurch betroffenen Dritten, die keinen Vorrangtatbestand erfüllen, der Klageweg beschritten werden kann: Schutznorm wäre § 1 LuftVG, der grundsätzlich allen Luftverkehrsteilnehmern die Teilnahme am Verkehr ermöglichen soll. Sämtliche einschränkenden Vorschriften des LuftVG sind nämlich nichts anderes als Ausnahmen vom Prinzip der „Freiheit der Lüfte" 138 .

135

BT-Drs. 12/1801, S. 17.

136

BT-Drs. 12/1801, S. 16; Giemulla, LuftVG, § 27a Rn. 6; ders., ZLW 1996, S. 245, 247 in bezug auf Art. 8 I c) der EU-Rats-Verordnung Nr. 95/93, ABl. EG Nr. L 14 vom 22.01.1993, S. 1. 137

Vgl. Giemulla, LuftVG, § 27a Rn. 7.

138

Giemulla, LuftVG, § 27a Rn. 33.

V. Flugplankoordinierung (§§ 2 7 a - d LuftVG)

105

Jedoch sind die Luftverkehrsteilnehmer durch die Anordnung der Koordinierungspflicht allein noch nicht in einer die Klagebefugnis nach § 42 VwGO begründenden Weise beschwert. Die Koordinierungspflicht richtet sich nur an den Flughafenbetreiber. Die dadurch für die Flieger ausgelösten Rechtswirkungen bestehen hauptsächlich darin, daß für die Zuweisung einer Start- und Landezeit gem. § 27a I I I LuftVG ein Antrag an den Flugplankoordinator erforderlich ist. Die Erlaubnis oder Versagung des Start-/Landerechts ergeht durch VA 1 3 9 . Die Versagung des Landerechts aufgrund der Koordinierungspflicht ist somit gerichtlich überprüfbar. Luftverkehrsteilnehmer haben also die sachnähere und direktere Möglichkeit, Rechtsverletzungen, die durch die Anordnung der Koordinierungspflicht bei ihnen entstehen könnten, dann zu rügen, wenn sie selbst unmittelbar betroffen sind. Inzidenter muß dabei auch geprüft werden, ob die Anordnung der Koordinierungspflicht selbst rechtmäßig erfolgt ist. Für Rechtsschutz lediglich wegen mittelbarer Betroffenheit der Luftverkehrsteilnehmer ist dabei kein Raum. Offen bleibt nach der Regelung des § 27a II 2. Altn, LuftVG, ob ein zeitweiser Kapazitätsengpaß schon gegeben ist, wenn die Kapazität des Flughafens zu bestimmten Tagesspitzenzeiten überschritten ist, oder ob die Überschreitung beispielsweise auf eine Flugplanperiode oder Saison insgesamt bezogen gemeint ist 140 . Das ist letztlich eine Frage der Verwaltungspraxis, die sich an der Zielrichtung des Gesetzes zu orientieren hat. 2. Die Vorrangregelung nach § 27b LuftVG Ist die Koordinierung angeordnet, wird schließlich der Koordinationsspielraum des Flugplankoordinators durch die Vorrangregelung des § 27b I Ziff. 2 LuftVG 1 4 1 bedeutend eingeschränkt, weil danach bereits früher koordinierte Flüge Vorrang gegenüber erstmals geplanten Flügen genießen (sog. Großvaterrechte) 142. Über 90% der gesamten zur Verfügung stehenden Slots sind durch Großvaterrechte gebunden143. Die Vorschrift mußte mit Rücksicht auf die in internationalen Abkommen geregelte bevorzugte Behandlung bereits früher durchgeführter Flüge vor neuen Flügen aufgenommen werden 144 . 139

Giemulla, LuftVG, § 27a Rn. 13.

140

Das kann z.B. an Flughäfen mit einem hohen Aufkommen an Gelegenheitsflugverkehr in den Sommermonaten der Fall sein. 141

Inhalt der Vorrangregelung: s.o. S. 101 f.

142

Vgl. oben Einleitung, I und II.

143

Vgl. Holz, S. 234.

144

BT-Drs. 12/1801, S. 16; Steinberg,, scher/König, NVwZ 1991, S. 223.

UPR 1993, S. 284 f.; Holz, S. 232; Tschent-

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

106

Außerdem kann von der Vorrangregelung aus den in § 27b II LuftVG genannten Gründen der öffentlichen Interessen abgewichen werden (VorrangAbweichungsklausel). Die Klausel formuliert also die Ausnahme zur Vorrangregelung des § 27b I LuftVG 1 4 5 . Das Gesetz nennt insbesondere hoheitliche Interessen, öffentliche Verkehrsinteressen, Verpflichtungen aus völkerrechtlichen Verträgen, Erfordernisse des regionalen Luftverkehrs und des Geschäftsflugverkehrs, § 27b II LuftVG. Interessant ist die Vorschrift im Hinblick auf die Interessen derjenigen Luftfahrer, die unter einen der Vorrangtatbestände des § 27b I LuftVG fallen und wegen der Vorrangabweichungsklausel nicht zum Zuge kommen. Die Gesetzesmaterialien nennen zwar einige Vorstellungen des Gesetzgebers hinsichtlich der hoheitlichen Interessen, z.B. den absoluten Vorrang für Regierungsflüge, Bundeswehr, Bundesgrenzschutz oder Meßflüge 146 . Zu den öffentliche Interessen zählen auch Fragen des Markteintritts neuer Wettbewerber oder des Umweltschutzes147. In Wahrheit aber handelt es sich um eine Kollision von Interessen. Denn die Vorrangregelungen der §§ 2 7 a - d LuftVG sind ein einziges Regelungsgeflecht der verschiedenen aufeinanderprallenden Interessen. Sie wurden überhaupt erst geschaffen, um das öffentliche Interesse an einem funktionierenden Flugverkehr weiter Geltung zu verschaffen. Denn - wie erwähnt - liegt der volkswirtschaftliche Aspekt der möglichst optimalen Nutzung der knappen Ressourcen im Luftraum im öffentlichen Interesse. Andererseits besteht ein öffentliches Interesse an einem funktionierenden Wettbewerb im Luftverkehr. Begünstigt von der Vorrangabweichungsklausel ist die Gruppe derjenigen Luftfahrtunternehmen, die den freien Marktzutritt in Anspruch nehmen wollen, aber auch die Gesamtheit der Flugpassagiere, deren Gruppeninteressen der Zugang neuer Wettbewerber und neuer Verbindungen entspricht 148. Im Falle der Kollision von Interessen ist dabei dem allgemeinen öffentlichen Interesse nicht automatisch der Vorrang vor Gruppeninteressen einzuräumen, wenn diese ebenfalls im öffentlichen Interesse liegen 149 . Vielmehr kommt es aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips auf die Abwägung der

145

Giemulla /Schmid, ZLW 1995, S. 258, 262.

146

BT-Drs. 12/1801, S. 17.

147

Ebda., S. 17.

148

Giemulla, ZLW 1996, S. 245, 252.

149

Wolff/

Bachofl § 29 Rn. 8-12.

V. Flugplankoordinierung (§§ 2 7 a - d LuftVG)

107

Interessen im konkreten Einzelfall an. Jeder Fall der Vorrangabweichungsklausel bedarf daher eines besonderen Abwägungsvorganges. Dennoch sind die Abwägungskriterien weiter konkretisierungsbedürftig, wenn sie im Hinblick auf die Rechtsschutzmöglichkeiten abgewiesener Antragsteller praktikabel bleiben sollen 150 . Dies erfolgt im Interesse der Rechtssicherheit. Erst wenn Gründe des öffentlichen Interesses vorliegen, kann von der Vorrangregelung abgewichen werden. Es handelt sich bei § 27b II LuftVG somit um einen „Mischtatbestand", also um eine Kombination zwischen einem unbestimmten Rechtsbegriff und einer Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar ist 151 . Denn nur bei Vorliegen des öffentlichen Interesses ist der Verwaltung das Ermessen darüber eröffnet, ob sie von der Vorrangabweichungsklausel Gebrauch machen will oder nicht. Dabei besteht eine eingeschränkte Beurteilungsermächtigung für die Verwaltung (d.h. den Flugplankoordinator) hinsichtlich der Prognose, ob die wirtschaftliche Entwicklung tatsächlich so verlaufen wird, daß sich das Interesse am Wettbewerb der Luftfahrtunternehmen auch als ein öffentliches Interesse konkretisiert. Das ist z.B. auch der Fall bei der Frage nach den handels- und sonstigen wirtschaftspolitischen Erfordernissen des § 12 AWG, regionalwirtschaftlichen Gegebenheiten nach dem Investitionszulagengesetz, Gründen des öffentlichen Wohls bei Maßnahmen der Gebietsreform oder öffentlichen Verkehrsinteressen nach § 13 PersBefG 152. Das Verhalten des Flugplankoordinators muß an diesen Maßstäben gemessen werden. Angesichts der langen Vorlaufzeiten bei der Fluplankoordinierung von bis zu 6 Monaten 153 und der erheblichen Bedeutung der Slotzuteilung für die gewerblichen Interessen der Luftverkehrsgesellschaften muß das Verhalten des Flugplankoordinators weitestgehend im voraus einschätzbar sein. Nur so wird 150 Vgl. Giemulla, LuftVG, § 27b Rn. 14 mit dem Vorschlag, auf den koordinierten Flughäfen Prozentanteile fur Luftfahrer festzulegen, die über die Vorrangabweichungsklausel Zutritt zum Flughafen erhalten können. 151 In welchem Umfang sog. unbestimmte Rechts- (oder Gesetzes-) begriffe gerichtlich überprüfbar sind, ist schon seit langem umstritten. Vgl. zum Streitstand Stern, Verwaltungsprozessuale Probleme, S. 145 f f ; Kopp, VwGO, § 114 Rn. 26 m.w.N. - Die Auffassungen darüber, wer das „Recht zur Letzterkenntnis" (VGH München, DVB1. 1967, S. 91) hat, reichen von einer extensiven Interpretation im Lichte von Art. 19 IV GG zugunsten einer möglichst weitreichenden gerichtlichen Kontrollfunktion bis zur Annahme eines weiten Beurteilungsspielraums der Verwaltung zu Lasten der verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte, insbesondere, wenn der unbestimmte Gesetzesbegriff bei der Verwaltungsentscheidung von einem nach bestimmten Kriterien zusammengesetzten Gremium ausgefüllt wird (BVerwGE 39, 203). 152

Redeker/v.

153

BT-Drs. 12/1801, S. 16.

Oertzen, VwGO, § 114 Rn. 22 m.w.N.

108

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

sich im Kampf um die Slotzuteilung mit den Vorschriften der §§ 2 7 a - d LuftVG eine gewisse Befriedung erreichen lassen. Die §§ 27a—d LuftVG sind ein Instrument der Mangelverwaltung. Sie können ein erster Schritt sein, um auf lange Sicht dem gewerblichen vor dem privaten Flugverkehr oder anderen Kombinationen - jedenfalls an den koordinierten Flugplätzen - den Vorrang einzuräumen. Dennoch darf nicht verkannt werden, daß die Aufteilung in bezug auf die nicht koordinierten Flughäfen einer Region auch nach der Gesetzesnovelle nicht geregelt bleibt.

VI. Aufteilungsmodell für die Region Berlin, §§ 21, 22 LuftVG Wie der Berliner Senat am 18. März 1992 schriftlich gegenüber dem Bundesminister für Verkehr angeregt hatte, sollte dieser eine Verkehrslenkung auf den Berliner Flughäfen über die §§21, 22 LuftVG vornehmen. Nach Auffassung des Senats ermöglichten diese Vorschriften eine Verkehrsaufteilung im Rahmen der Erteilung bzw. des Widerrufs von Fluglinienverkehrsgenehmigungen154. §§21 und 22 LuftVG beziehen sich auf die Erteilung und ggf. Modifizierung von Linien- bzw. Gelegenheitsverkehrsgenehmigungen. Sie regeln dabei auch Fragen der Beförderungsentgelte und -bedingungen. Insbesondere bedarf eine Linienfluggesellschaft nach § 21 I 1 LuftVG für jede Fluglinie einer besonderen Genehmigung. Nach Erteilung der Genehmigung unterliegt sie der Betriebspflicht gem. § 21 II LuftVG. Nach § 2 1 1 5 LuftVG i.V.m. § 20 II LuftVG ist die Genehmigung zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet werden kann. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Antragsteller oder verantwortliche Personen nicht zuverlässig sind. Außerdem kann die Beeinträchtigung öffentlicher Interessen die Versagung einer bestimmten Liniengenehmigung begründen, § 21 I 6 LuftVG. Die Genehmigung kann auch unter Auflagen erteilt werden, §§ 21 I 5, 20 I 3 LuftVG. Die Untersagung von gewerblichem Gelegenheitsverkehr oder die Festsetzung von Auflagen kann hingegen nur dann erfolgen, wenn durch ihn die 154 Berliner Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe - II E 2 - an den BMV - LR 13 - vom 18.03.1992. Der BMV geht inzwischen von einer Steigerung des Passagieraufkommens in Berlin auf 22-25 Mio. Passagiere im Jahr 2010 bei einer prognostizierten Steigerungsrate von 4,8 bis 5,3% jährlich aus; vgl. die Ergebniszusammenfassung der Staatssekretärsrunde Neue Bundesländer beim Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer am 21.03.1995, BMWi L-D vom 21.03.1995.

VI. Aufteilungsmodell für die Region Berlin (§§21, 22 LuftVG)

109

öffentlichen Verkehrsinteressen nachhaltig beeinträchtigt werden, § 22 LuftVG. 1. Die Untersagung von Linien verkehr gem. § 21 I 5 und 6, 20 I 3 LuftVG Der Widerruf einer Linienverkehrsgenehmigung ist gem. § 21 I 5 LuftVG unter den Voraussetzungen des § 20 II LuftVG ebenfalls aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung möglich. Weiterhin ist die Genehmigung einer Fluglinie gem. § 63 II 2 LuftVZO zwingend zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nachträglich nicht nur vorübergehend entfallen sind. Voraussetzung für die Erteilung ist auch, daß durch die Genehmigung der Fluglinie öffentliche Interessen nicht beeinträchtigt werden, § 21 I 6 LuftVG. Die Beeinträchtigung öffentlicher Interessen kann nämlich die Versagung der Genehmigung begründen. Allerdings ist § 21 16 LuftVG wegen der Verwendung des Wortes „kann" eine Ermessensvorschrift. § 21 I 6 LuftVG geht als höherrangiges Gesetzesrecht der LuftVZO vor. Ein auf § 63 II 2 LuftVZO i.V.m. § 21 I 6 LuftVG gestützter Widerruf ist somit keine gebundene Entscheidung, so daß die Genehmigungsbehörde auch bei Vorliegen einer Beeinträchtigung öffentlicher Interessen positiv über den Antrag entscheiden kann. Die Genehmigungsbehörde hat also bei ihrer Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen eine Ermessensabwägung hinsichtlich der beeinträchtigten öffentlichen Interessen und der Interessen des betroffenen Unternehmens vorzunehmen. So ist daran zu denken, in Flughafensystemen die Genehmigung von Fluglinien auf dem überlasteten Flughafen zu widerrufen und sich dabei auf Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder insbesondere auf die Beeinträchtigung öffentlicher Interessen zu stützen. Es könnte nämlich beispielsweise ein öffentliches Interesse daran bestehen, die vorgehaltene Flughafenkapazität des Flughafensystems möglichst gleichmäßig auszunutzen und dem betroffenen Unternehmen eine Genehmigung für einen weniger belasteten Flughafen des Systems anzubieten. Es ist schon zweifelhaft, ob der Wortlaut der Vorschriften und ihre systematische Stellung im Gesetz überhaupt eine Handhabe bieten, Liniengenehmigungen mit dem Ziel einer Verkehrslenkung zu erteilen, zu versagen oder zu widerrufen. Die §§ 21, 21a und 22 LuftVG richten sich an gewerbliche Luftfahrtunternehmen, die Fluglinienverkehr oder Gelegenheits-, also Charterverkehr, betreiben. Sie stellen die ordnungsgemäße Beförderung von Personen unter ge-

110

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

regelten Flugplänen und Entgelten sowie von Post sicher, § 21 IV LuftVG. Der nicht gewerbliche Verkehr ist nicht Gegenstand der Regelungen. Auf §§21 ff. LuftVG gestützte Verkehrslenkungsmaßnahmen können daher keine Auswirkungen auf die Allgemeine Luftfahrt haben155. Gesetzessystematisch stehen die Vorschriften im 3. Unterabschnitt „Luftfahrtunternehmen und -Veranstaltungen" zum 1. Abschnitt des LuftVG. Die Verkehrsvorschriften selbst finden sich hingegen im 4. Unterabschnitt, wie zum Beispiel die Regelungen für Luftsperrgebiete und Gebiete mit Flugbeschränkungen, § 26 LuftVG. Diese gesetzessystematischen Gründe sprechen bereits gegen eine Anwendung der §§ 21 ff. LuftVG und damit gegen die Erteilung oder Versagung von Flugliniengenehmigungen zum Zweck der Verkehrslenkung. Sieht man davon einmal ab, ergibt sich folgendes: Der Widerruf einer Flugliniengenehmigung aus Gründen der Verkehrslenkung wegen eines Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit gem. § 21 I 5 i.V.m. § 20 II LuftVG scheidet aus, weil das Ausnutzen einer zuvor rechtmäßig erteilten Genehmigung ein erlaubtes Verhalten ist und schon deswegen keinen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit beinhalten kann 156 . Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung liegt nicht vor, weil es keine allgemein gültige Überzeugung darüber gibt, daß genehmigter Fluglinienverkehr zum Zweck der Verkehrslenkung untersagt werden sollte. Vielmehr ist dieses Thema in der Öffentlichkeit stark umstritten. In Betracht kommt daher allenfalls der Widerruf einer Genehmigung nach § 63 II 2 LuftVZO i.V.m. § 21 I 6 LuftVG, wenn durch den Luftverkehr in der vorgenommenen Form öffentliche Interessen beeinträchtigt werden 157 . Dem betroffenen Unternehmen bliebe dann nichts übrig, als den benachbarten Flughafen anzufliegen oder den Fluglinienbetrieb in die Region für die betreffende Linie einzustellen. Dem stehen allerdings verschiedene Hindernisse entgegen. So mag es zwar im „öffentlichen Interesse" stehen, aus verkehrspolitischen Erwägungen Genehmigungen zu erteilen oder zu versagen 158. Das soll na155

Das sind auf einem Flughafen wie Köln-Bonn ca. 14,8% aller Flugbewegungen im Jahr 1993, Flughafen Köln-Bonn GmbH, Geschäftsbericht 1993. 156 157

Giemulla /Schmid, § 21 LuftVG, Rn. 14.

Hofmann/Grabherr, Rn. 13-15.

§ 2 1 LuftVG, Rn. 7; Giemulla/ Schmid,

§ 2 1 LuftVG,

158 BVerfGE 13, 97 (113); 17, 232 (243); Hofmann/Grabherr, § 21 LuftVG, Rn. 10; so auch VGH Mannheim, NZV 1995, S. 296: Danach ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die für die Befreiung (hier von der Betriebspflicht, d. Verf.) zuständige Behörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen fur die Bevorzugung des öffentlichen Interesses an der Anbindung einer Landeshauptstadt im Linienluftverkehr und gegen die Interessen der Ferienreisebranche und der Ferienreisenden entschieden hat.

VI. Aufteilungsmodell für die Region Berlin (§§21, 22 L u f t V G ) 1 1 1

mentlich dann zulässig sein, wenn Verkehr mit vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend betreut werden kann oder der beantragte Verkehr durch andere Unternehmen bereits angeboten wird 1 5 9 . Hiergegen ist schon einzuwenden, daß im Lichte von Art. 12 GG und der Freiheit des Luftraumes gem. § 1 LuftVG der Hinweis auf andere Unternehmen, die den beantragten Verkehr durchführen könnten, nicht tragfahig ist. Im öffentlichen Interesse liegt nämlich auch das freie Spiel von Angebot und Nachfrage in bezug auf Linienverbindungen, da für die potentiellen Nutzer der Fluglinie auch Fragen wie der Ruf der Fluggesellschaft, ihr Sicherheitsund Servicestandard, die angebotenen Anschlußverbindungen und andere Komponenten von Interesse sind. Da der Regulierungsbedarf vornehmlich die Verkehrsspitzenzeiten betrifft, reicht es für die Annahme öffentlicher Interessen (als Versagungsgrund) auch nicht aus, wenn ein anderes Unternehmen eine vergleichbare Verbindung bereits anbietet. Kennzeichnend ist gerade, daß Verkehrsspitzen dort entstehen, wo ein erhöhter Bedarf zeitnah oder zeitgleich liegender Slots besteht, um den Fluggästen eine ausreichende Zahl von Verbindungsalternativen anzubieten. Somit liegt gerade die Vielzahl angebotener Verbindungen im öffentlichen Interesse. Das ist auch unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu begrüßen, da verschiedene angebotene Verbindungen geeignet sind, den Wettbewerb zu fördern. Der Widerruf bestehender Verbindungen muß zudem unter anderen Prämissen gesehen werden. Er bedeutet den Entzug einer Rechtsposition aus Gründen öffentlicher Interessen, aber zugunsten Dritter. Denn Ziel der auf §§ 21, 20 gestützten Regelungsmaßnahme wäre es ja gerade, an die Stelle der widerrufenen Genehmigung eine andere Linienverkehrsgenehmigung zu setzen. Welche davon nun eher „im öffentlichen Interesse" liegt, dürfte rechtsfehlerfrei schon kaum zu subsumieren sein. Selbst wenn aber ein öffentliches Interesse am Widerruf bestimmter Flugliniengenehmigungen konstatiert werden könnte, hat die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihres Ermessens eine Güterabwägung vorzunehmen, in die auch die Auswirkungen auf die Berufsausübung des betroffenen Unternehmens einzustellen wäre. Da es sich bei der Versagung bzw. dem Widerruf der Genehmigung aus den genannten Gründen zumindest um einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit handelt 160 , könnte der Widerruf nur unter Berücksichtigung von ver159 160

Hofmann/Grabherr,

§ 21 LuftVG, Rn. 10.

Nach Hofmann / Grabherr, § 21 LuftVG, Rn. 9 ist die Versagung der Genehmigung aus Gründen des öffentlichen Interesses sogar als objektive Zugangsvoraussetzung anzusehen, weil sie vom Antragsteller nicht beeinflußbar und von seiner persönlichen Qualifikation unabhängig sei.

112

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

nünftigen Erwägungen des Gemeinwohls161 begründet werden. Besteht also ein öffentliches Interesse daran, die Verkehrslenkung in einem Flughafensystem durch Entzug von einer oder mehreren Liniengenehmigungen vorzunehmen, so sind bei der Ermessensabwägung noch zusätzliche Gesichtspunkte des Gemeinwohls zu prüfen, wie etwa die durch einen Genehmigungsentzug hervorgerufenen Störungen bei den Anschlußmöglichkeiten der betroffenen Linie. Diese berühren auch die Interessen der Fluggäste. Weiterhin wäre die Genehmigung für solche (grenzüberschreitenden) Flüge nicht entziehbar, die aufgrund von internationalen Luftverkehrsabkommen zu garantieren sind. Objekt des Widerrufs wären somit zu einem großen Teil Inlandsflugverbindungen, die wegen ihrer Zubringerfunktion in vielen Fällen aber eine wichtige Funktion für die Verkehrsversorgung wahrnehmen. Flüge der Allgemeinen Luftfahrt wären nicht berührt, sondern allein Linienflüge, an denen grundsätzlich aber ein höheres öffentliches Interesse besteht. Gerade Liniengesellschaften, die eine regelmäßige Versorgungsfunktion mit Flugangeboten vorhalten, wären als erste von Maßnahmen getroffen, die dem Schutz des öffentlichen Verkehrsinteresses dienen sollen. Die genannten Faktoren sprechen grundsätzlich gegen die Widerrufsmöglichkeit von Linienverbindungen mit dem Ziel der Verkehrsaufteilung 162.

2. Die Untersagung von Gelegenheitsverkehr gem. § 22 LuftVG Auch der Gelegenheitsverkehr kann untersagt werden und zwar, wenn durch diesen Luftverkehr die öffentlichen Verkehrsinteressen nachhaltig beeinträchtigt werden, § 22 LuftVG. Im Gegensatz zu § 21 I 6 und § 63 II LuftVZO, die für den Widerruf eine (einfache) Beeinträchtigung öffentlicher Interessen verlangen, muß die Beeinträchtigung nach § 22 LuftVG eine „nachhaltige", also stärkere sein. Sie ist erst dann gegeben, wenn der Gelegenheitsverkehr die Fortführung eines geordneten Linienbetriebes zu vereiteln droht 163 . Nachhaltig ist eine Beeinträchtigung durch Gelegenheitsverkehr dann, wenn deshalb der Betrieb auf einer Fluglinie vollständig eingestellt werden muß 164 .

161

BVerfGE 7, 377 (405).

162

Ebenso Giemulla / Schmid, § 21 LuftVG, Rn. 15 unter Hinweis auf die Gefahr, daß eine administrative Verlagerung einer Linienverbindung sogar zu ihrer Einstellung fuhren könnte, wenn sie betriebswirtschaftlich nicht tragfahig ist. 163

So im Ergebnis auch Giemulla / Schmid, § 10 LuftVG, Rn. 10.

164

VG Köln, ZLW 1982, 176, 182.

VI. Aufteilungsmodell für die Region Berlin (§§21, 22 LuftVG)

113

Nicht nachhaltig ist die Beeinträchtigung, wenn die geplante Passagierbeförderung lediglich einem kleinen Bruchteil derjenigen Passagierzahlen entspricht, die auf derselben Route durch eine Linienverbindung befördert werden 165 . Innerhalb des gewerblichen Verkehrs wird die Unterscheidung nach Linien- und Gelegenheitsverkehr allerdings inzwischen dadurch erschwert, daß viele Liniengesellschaften ihr Fluggerät in betriebsschwachen Zeiten verchartern, während die sog. Chartergesellschaften in einigen Fällen auch Liniendienste betreiben 166. Dadurch bleibt zwar die einzelne Fluglinie und auch die einzelne Charterverbindung immer noch identifizierbar. Soweit aber Liniengesellschaften auch Charterverkehr betreiben und umgekehrt, kann man nicht mehr vorbehaltlos davon sprechen, daß die Unterscheidung zwischen Linien- und Charterverkehr auch eine gesetzliche Priorität für die eine oder andere Betriebsform ausdrückt. Die Realität hat die gesetzliche Typisierung inzwischen überholt, so daß es zunehmend schwieriger wird, den Grad des öffentlichen Interessen an der einen oder der anderen Betriebsform zu lokalisieren. Die Verkehrslenkung über das Mittel der Untersagung von Gelegenheitsverkehr erweist sich daher wegen der strengeren Untersagungsvoraussetzungen und der problematischen Abgrenzung zwischen Gelegenheits- und Linienverkehr ebenfalls nicht als wirksames Instrument zur Verkehrsentlastung. Sowohl im Linienverkehr wie auch beim Gelegenheitsverkehr wäre außerdem im Falle des Widerrufs der Genehmigung bzw. der Untersagung eines Gelegenheitsfluges im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zunächst an einen Teilwiderruf zu denken. So könnte die Genehmigung hinsichtlich der Tarife, des Zielflughafens usw. bestehen bleiben und würde nur hinsichtlich des Lande- bzw. Startpunktes der Linie widerrufen. Das Flugunternehmen könnte dann insoweit einen Antrag stellen, einen benachbarten Flughafen als End- bzw. Ausgangspunkt der Linie bzw. des Gelegenheitsfluges zu wählen.

165

VG Köln, ZLW 1969, 257, 261.

166

Der Gelegenheitsverkehr wird vom Verband dieser Unternehmen (ADL - Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen) als Vertriebsform mit gewissen Auflagen und Möglichkeiten verstanden, so die ADL in ihrer Stellungnahme gegenüber dem BMV zur DLR-Studie über die Möglichkeiten einer Verkehrsaufteilung in Berlin vom 31.08. 1990. Tatsächlich bieten sog. Chartergesellschaften wie z.B. die LTU auch Flüge im planmäßigen Linienflugverkehr mit der Möglichkeit der Selbstbuchung bei der Fluggesellschaft an; vgl. zur begrifflichen Unklarheit auch Hofmann /Grabherr, § 22 LuftVG, Rn. 3 ff; Gansfort, S. 18. 8 Zielke

114

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Soweit nicht die Genehmigung bereits mit einem Widerrufsvorbehalt versehen war, ist ein Teilwiderruf aber nur dann möglich, wenn auch der Widerruf der gesamten Genehmigung zulässig wäre 167 . Der Teilwiderruf wäre dann das mildere Mittel. Zu den Voraussetzungen gilt das oben Gesagte entsprechend. Ist die Linien Verkehrsgenehmigung nicht mit einer Auflage nach §§ 21 I 5, 20 I 3 LuftVG versehen worden und enthält sie auch keinen Auflagen vorbehält nach § 36 II Ziff. 5 VwVfG, stellt sich die weitere Frage, ob ihr nachträglich trotzdem eine Auflage hinsichtlich des Anfangs- bzw. Endpunktes der Fluglinie hinzugefugt werden kann.

3. Teilwiderruf einer Linien- oder Gelegenheitsverkehrsgenehmigung oder modifizierende Auflage Ausgangspunkt und Zielflughafen einer Fluglinie sind essentielle Bestandteile der Genehmigung für das Unternehmen. Eine nachträgliche Änderung dieser Genehmigungsinhalte kann daher nur dann zulässig sein, wenn sie für den Betroffenen im Vergleich zum gänzlichen Widerruf den weniger belastenden Eingriff darstellt 168 . Somit ist eine derartige Nebenbestimmung wiederum nur bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Widerrufs zulässig. Ist das der Fall, hat die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung zu entscheiden, ob anstelle des Widerrufs ein Teilwiderruf oder der Erlaß einer nachträglichen Nebenbestimmung angezeigt ist. Schließlich ist daran zu denken, bei neu beantragten Fluglinien die Verkehrslenkung dadurch vorzunehmen, daß anstelle der beantragten Route durch eine „modifizierende Auflage" ein anderer Ziel- bzw. Ausgangsflughafen genehmigt wird und die Genehmigung im übrigen antragsgemäß erteilt wird 1 6 9 . Wird statt der beantragten Erlaubnis ein aliud genehmigt, so ist jedenfalls insoweit ein anderer VA ergangen als beantragt 170.

167 Giemulla /Schmid, § 21 LuftVG, Rn. 14; Kopp, VwVfG, § 49 Rn. 7, § 48 Rn. 10, § 36 Rn. 33; Knack-Henneke, VwVfG, § 49 Rn. 4.4., § 36 Rn. 7.1.3. 168

Kopp, VwVfG, § 36 Rn. 44 f.

169

Vgl. Giemulla /Schmid, LuftVG, § 21 Rn. 13.

170

Die inhaltlich vom Antrag - in der Regel einschränkend - abweichende Genehmigung stellt sich insoweit nicht als Genehmigung mit einer Auflage, sondern als eine andere Genehmigung dar. Es wird etwas gewährt, was nicht beantragt wurde, während das Beantragte nur teilweise gewährt wird. Sie ist daher eine Inhaltsbestimmung und keine Nebenbestimmung. Der Rechtsweg auf voll umfängliche Erteilung der Genehmigung wie auch beantragt bleibt eröffnet, vgl. Kopp, VwVfG, § 36 Rn. 37 ff.

VI. Aufteilungsmodell für die Region Berlin (§§21, 22 LuftVG)

115

Zu beachten ist, daß eine Liniengenehmigung nicht nur aus den Start- und Landepunkten, sondern einer Vielzahl voneinander in Abhängigkeit stehenden Komponenten besteht, wie z.B. Flugplan, Preise, Flugzeugtyp etc. 171 . Der Eingriff in einen der Kernbestandteile der beantragten Fluglinie ist daher keineswegs nur eine „Modifikation". Er berührt die Entscheidung des Unternehmens, eine bestimmte Linie von hier und nur von hier aus zu eröffnen. Diese Entscheidung ist durch betriebswirtschaftliche Erwägungen begründet. Eine „Modifizierung" in dem beschriebenen Sinne zum Zweck der Verkehrslenkung wäre daher nichts anderes als die Versagung der beantragten Genehmigung verbunden mit der „aufgedrängten Bereicherung" hinsichtlich einer nicht beantragten Genehmigung, für die dann auch noch die Betriebspflicht gem. § 21 II LuftVG gelten soll. So eine modifizierte Genehmigung wäre rechtlich als ein behördlicher Vorschlag auf einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt zu sehen, der bis zu seiner Akzeptanz durch den Antragsteller schwebend unwirksam wäre. Eine „modifizierende Auflage", die Anfangs- oder Endpunkt der beantragten Linie abändert, ist daher nicht zulässig172. Im Falle Berlins beauftragte das Bundesverkehrsministerium am 7. Dezember 1990 die Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt mit einer Studie, mögliche verkehrslenkende Maßnahmen zur Verkehrsaufteilung auf den Berliner Flughäfen zusammenzustellen173. Die Studie befaßt sich unter verkehrswissenschaftlicher Sichtweise mit den Möglichkeiten, wie eine Funktionsteilung oder Rangordnung für bestimmte Flugarten vorgenommen werden kann. Auch die Begrenzung von Bedienungshäufigkeit (einer Liniengesellschaft bezogen auf ein Flugziel), Größe und Lärm könnten danach eine Rolle spielen. Weiterhin bilden nach der DLR-Studie eine Regelung der Betriebszeit und insbesondere eine Neufassung der Flughafengebührenordnungen eine günstige Handhabe174. Die DLR kritisiert dabei, daß die Gestaltung der Landegebühren bislang einheitlich erfolgte und den örtlichen Gegebenheiten zu wenig Rechnung 171

Vgl. Giemula-Schmid, LuftVG, § 21 Rn. 13.

172

So auch Giemulla /Schmid, LuftVG, § 21 Rn. 13; Knack-Henneke, VwVfG, § 36 Rn. 3.2.4. m.w.N. 173 Wilken, u.a., Möglichkeiten einer Aufteilung des Luftverkehrs auf die Flughäfen der Region Berlin. Forschungsbericht der Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR), Köln 1991. 174 Zustimmend Reimer, ZLW 1992, S. 142, 150: Das Tabu der Verkehrslenkung im Luftverkehr durch politische Entscheidung müsse gebrochen werden. Allein Flughafensysteme anstelle von Großflughäfen gewährleisteten eine elastische Reaktion auf Zwischenfalle an einem Flughafen, durch die wegen der Netzknotenstruktur vieler Fluggesellschaften europaweite Folgen ausgelöst werden könnten.

8*

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

116

trug 175 . Für den Flughafen Tegel wird eine Gebührenstaffelung nach Spitzenund Schwachlaststunden empfohlen. Dies erscheint ein vielversprechender Ansatzpunkt. Insbesondere im Kreis der Flugunternehmen wird demgegenüber die dirigistische Verlagerung von Flügen als juristisch problematisch angesehen176. Dem schließt sich auch die diesbezügliche Stellungnahme des Planungsbüros Luftraumnutzer an. Auch hier wird die Gebührenpolitik als geeignete Maßnahme zur Verlagerung von Luftverkehr eingeschätzt177. Soweit für die Flughäfen Berlins die Gebührenpolitik als erfolgversprechende Maßnahme angesehen wird, um Verkehrslenkungen vorzunehmen, muß auch überprüft werden, ob dieses Mittel rechtlich tauglich ist 178 .

V I I . Sperrung von Luftstraßen und Beschränkungen für bestimmte Luftraumnutzer, §§ 26 LuftVG, 11 LuftVO Ein weiterer Ansatz zur Lenkung der Verkehrsströme in der Luft ist es, Flüge aus stark belasteten Lufträumen in weniger stark belastete zu verlagern. Dies könnte erfolgen, indem beispielsweise für Flüge des nicht gewerblichen Verkehrs oder Flüge, die nicht Linienflüge sind, bestimmte Luftstraßen gesperrt werden 179 . Die ausgeschlossenen Flüge müßten andere Flughäfen benutzen, während für die erwünschten Flüge neue Kapazität geschaffen würde. Die Beschränkungen könnten zeitlich gestaffelt ausgesprochen werden. Dafür kommen als Ansatzpunkt §§26 LuftVG, 11 LuftVO in Betracht. Nach § 26 I LuftVG können Lufträume vorübergehend oder dauernd für den Luftverkehr gesperrt werden. Sie dürfen dann generell nicht durchflogen werden, § 11 I I 1 LuftVG 1 8 0 . Sie sind von Gefahren- und Tieffluggebieten zu militärischen Zwecken zu unterscheiden. Diese dürfen zwar durchflogen werden, verlangen vom Piloten aber erhöhte Vorsichtsmaßregeln, § 3a LuftVO 1 8 1 . Die Sperrung von Lufträumen dürfte wegen ihrer generellen Wirkung wohl kaum zur Entschärfung der Verkehrssituation beitragen. 175

Wilken,

S. 89 ff.

176

Vgl. Stellungnahme der Dt. Lufthansa zur Anhörung des Verkehrsausschusses des Landtages NRW fur die „Fortschreibung des Luftverkehrskonzeptes", S. 4. 177

Zuschrift 11 /1435 zur Anhörung a.a.O., S. 15.

178

Vgl. unten S. 119 ff.

179

So der Vorschlag von Schwenk, ZLW 1988, S. 302, 305.

180

Giemulla /Schmid,

181

Giemulla /Schmid, § 26 LuftVG, Rn. 5; Hofmann-Grabherr,

§ 26 L u f t V G , Rn. 3.

§ 26 LuftVG, Rn. 6.

VII. Sperrung von Luftstraßen und Nutzungsbeschränkungen

117

Gem. § 26 II LuftVG kann der Durchflug von Luftfahrzeugen in bestimmten Lufträumen besonderen Beschränkungen unterworfen werden (Flugbeschränkungsgebiete). Der B M V kann Gebiete mit Flugbeschränkungen festlegen, wenn dies zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Sicherheit des Luftverkehrs erforderlich ist, § 1 1 1 LuftVO. Der Ausspruch einer solchen Beschränkung ist ein Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung 182 . In Betracht kommt damit zum einen die vollständige Sperrung eines Luftgebietes (für bestimmte Nutzer) , zum anderen die zeitliche Beschränkung von Durchflügen. Die §§26 II LuftVG und 11 LuftVO eröffnen die Möglichkeit, diese Beschränkungen zeitlich unbegrenzt anzuordnen, z.B. mit einem Durchflugverbot oder Einschränkungen für den nicht gewerblichen Verkehr. Dies war beim „go slow" der Fluglotsen 1971 auch erfolgt 183 . Denkbar ist aber auch eine Flugbeschränkung für Kurzstreckenflüge. Problematisch ist bei der Einrichtung eines Flugbeschränkungsgebietes in jedem Fall aber, wie die Bevorzugung des gewerblichen Personen- und Firmenflugverkehrs auf Kosten der Privat- und Kleinfliegerei unter den Begriff der öffentlichen Sicherheit nach § 11 I LuftVO zu subsumieren ist. Es wird in der Literatur zwar vertreten, daß unter Umständen auch die Gefahrdung privater Rechtsgüter bei der Festsetzung von Flugbeschränkungsgebieten eine Rolle spielen kann 184 . Unabhängig von der Frage, ob diese Auffassung noch haltbar ist, sprechen jedoch einige rechtliche und tatsächliche Gründe gegen die Übertragbarkeit dieser im Zusammenhang mit dem Schutz von Kurorten vorgetragener Argumentation auf den Schutz des fließenden Flugverkehrs: Schutzgut im Falle der Kurortbewohner wäre deren körperliche Integrität im Hinblick auf die gesundheitlichen Folgen des Fluglärms. Diese stellt ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit dar, was durch die gesetzlichen Regelungen zur Fluglärmbegrenzung auch dokumentiert ist. Im Falle des Ausschlusses bestimmter Verkehrsarten durch Verhängung eines Flugbeschränkungsgebietes sind die in § 1 LuftVG geschützten Interessen (d.h. die grundsätzlich freie ungehinderte Benutzung des Luftraumes) der ausgeschlossenen Luftfahrer betroffen. Sie stellen ihrerseits ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit dar. Die Benutzung des Luftraumes ist grundsätz182 BVerfG, ZLW 1974, S. 141; Hess. VGH, DÖV 1966, S. 871; OLG Celle, NJW 1972, S. 767, 768; Giemulla /Schmid, § 26 LuftVG, Rn. 10; Hofmann/Grabherr, § 26 LuftVG, Rn. 3 werfen - allerdings ohne dies näher auszuführen - die Frage auf, ob es sich auch um einen Akt materieller Rechtsetzung handeln könne. 183 184

Schwenk, ZLW 1988, S. 305.

Überflugverbot fur Kurorte. Vgl. Giemulla, LuftVG, § 26 Rn. 7 - 9 m.w.N.; a.A. Hofmann/Grabherr, § 26 LuftVG, Rn. 3. Dies wurde allerdings lediglich zum Schutz der Bewohner von Kurorten erörtert.

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

118

lieh ein erlaubtes Verhalten. Deshalb können Gründe der öffentlichen Sicherheit nach § 11 I LuftVO nur solche Gründe sein, die zur Gefährdung von Rechtsgütern außerhalb des Luftverkehrs durch den Luftverkehr führen. Beispielsweise sind Flugbeschränkungen über Kernforschungsanlagen ausgesprochen worden 185 . Die Freiheit des Luftraumes wird in diesen Fällen beschränkt, um außerhalb des Luftverkehrs angesiedelte Rechtsgüter - wie die körperliche Integrität von Anwohnern der Kernforschungsanlagen vor aus dem Flugverkehr drohenden Gefahren - zu schützen. Diese Auslegung wird durch den Gesetzeswortlaut gestützt. Denn der Gesetzgeber nennt in § 11 I 1 LuftVO als einziges luftverkehrsbezogenes Rechtsgut der öffentlichen Sicherheit explizit die „Sicherheit des Luftverkehrs" insgesamt. Die Einrichtung von Flugbeschränkungsgebieten ist somit im Hinblick auf Rechtsgüter, die sich auf die Luftfahrt beziehen, nur dann zulässig, wenn sie zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs insgesamt erfolgt. Das schließt aber die Einrichtung solcher Beschränkungsgebiete aus, wenn dadurch nur der fließende Verkehr einzelner Luftfahrtsegmente oder die Interessen der Flughäfen geschützt werden sollen. Dagegen spricht auch nicht die Einrichtung von Flugbeschränkungen beim „go slow" der Fluglotsen 1971 186 . Diese Beschränkung war erforderlich, weil wegen der besonderen Situation, deren Ende im Falle einer Einigung der beteiligten Parteien vorhersehbar und damit nicht auf Dauer angelegt war, nur der Flugbetrieb überhaupt aufrecht erhalten werden mußte. Die Einrichtung einer Vielzahl von Flugbeschränkungsgebieten mit unterschiedlichen Regelungen könnte hingegen kontraproduktiv sein, weil sie den Luftverkehr zusammendrängt und die Flugsicherung wegen der dann notwendigen Kontrolldichte hinsichtlich der Durchflugsberechtigung solcher Zonen überfordern dürfte 187 . Problematisch ist weiterhin die Auswahl derjenigen Luftfahrer, die von den Beschränkungen betroffen sein sollen. Deren Grundrechte sind bei der Ausübung des Auswahlermessens durch den B M V zu berücksichtigen 188 . Schließlich dürfen nach Art. 9 des ICAO-Abkommens keine Flugbeschränkungsgebiete eingerichtet werden, welche die Luftfahrt unnötig behindern. Aufgrund des Diskriminierungsverbotes müssen Flugbeschränkungen und 185

Beispiele bei Giemulla / Schmid, § 26 LuftVG, Rn. 6.

186

Vgl. ebda., § 21 LuftVG, Rn. 13.

187 Vgl. auch Giemulla /Schmid, § 26 LuftVG, Rn. 7; Hofmann/Grabherr, § 26 LuftVG, Rn. 3; Krämer, S. 188; unter Hinweis auf die große Tragweite solcher Regelungen für die betroffenen Luftfahrer auch Schwenk, ZLW 1988, S. 302, 305. 188

Krämer,

S. 187.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

119

Ausnahmen davon für Luftfahrzeuge aller Nationalitäten gelten 189 . Bei ausländischen Luftraumnutzern darf insbesondere kein Unterschied gemacht werden in bezug auf den Zweck der Luftraumnutzung 190. Auch das schränkt den Spielraum für Verkehrslenkungsmaßnahmen durch die Verhängung von Flugbeschränkungsgebieten weiter ein. Fraglich ist auch, wie die Festlegung von „Schutzzonen" für den Betrieb eines Verkehrsflughafens und den gewerblichen Luftverkehr aus der Sicht der Flughäfen durchgesetzt werden kann. So besteht kein Antragsrecht der überlasteten Flughäfen auf eine Ordnungs- oder Allgemeinverfugung der beschriebenen Art, weil sie als eingreifender Verwaltungsakt der Ordnungsbehörden anzusehen ist. Ein Rechtsanspruch auf das Einschreiten von Ordnungsbehörden findet nach den allgemeinen ordnungs- und polizeirechtlichen Grundsätzen wiederum nur dann eine Grundlage, wenn eine Ermessenreduzierung auf Null eingetreten ist. Für einen einzelnen überlasteten Flughafen oder gar ein einzelnes Unternehmen bestehen damit ähnlich gelagerte Probleme wie bei der Befreiung von der Betriebspflicht 191 . Praktisch erweist sich der verkehrslenkende Eingriff über § 26 LuftVG i.V.m. § 11 LuftVO angesichts der Fülle der damit verbundenen Probleme als wertlos 192 .

V I I I . Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach der Gemeinnützigkeit Es bleibt die Möglichkeit, den Zugang zum Flughafen als das zu behandeln, was er tatsächlich ist: Ein knappes Wirtschaftsgut, das über die Gebührenpolitik der Kapitalisierung bedarf 193 . Überlegungen hierzu liegen für den Slothandel und teilweise auch für die Gebührenfestsetzung bereits vor 194 . Es stellt sich somit die Frage, ob und - wenn ja unter welchen Prämissen - eine Verkehrslenkung über Gebühren und Entgelte möglich ist. 189

Giemulla /Schmid.

190

Krämer, S. 187 f.

191

Vgl. oben S. 80 ff.

192

Im Ergebnis so auch Krämer, S. 188.

193

§ 26 LuftVG, Rn. 9; Krämer, S. 187.

In die Knappheitsrelation bei der Preisbildung im Luftverkehr muß nach Auffassung des Koordinators für die Deutsche Luft- und Raumfahrt auch der Umweltgesichtspunkt einfließen. Das betreffe auch den Kurzstreckenflugverkehr, so Pari. Staatssekretär im BMWi Norbert Lammert in der Frankfurter Rundschau am 10.07.1995. 194

Wolf,

S. 187 ff.

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

120

Bereits in den 70er Jahren waren die Auswirkungen der Gebühren- und Entgeltpolitik der Flughäfen Gegenstand der Diskussion; allerdings unter anderen Vorzeichen als heute. Seinerzeit wurde eine einheitliche Gebührenpolitik der Flughäfen damit begründet, daß nur so die Nachfrager, von Kostendifferenzen unbeeinflußt, alle Flughäfen gleichmäßig in ihren Streckenplanungen berücksichtigen könnten 195 . Der damalige Vorstandssprecher der Flughafen / Main AG, Laun, stellte dazu fest: „Es ist ... bisher Auffassung der deutschen Flughäfen und, soweit bekannt, auch der zuständigen deutschen Bundesstellen gewesen, daß für alle Flughäfen gleich hohe Landegebühren gelten sollten. Unterschiedliche Landegebühren könnten zu unerwünschten Verkehrsverlagerungen führen." 196 .

Wenn demnach die betriebswirtschaftlichen und verkehrstechnischen Folgen der Gebührenbemessung zu unerwünschten Verkehrsverlagerungen führen können, müßten sie auch für erwünschte Verkehrslenkung geeignet sein. Denn Gebührenänderungen können eine Auswirkung auf die Kostenstruktur der Fluggesellschaften haben und sie so zu angepaßtem Verhalten in eine gewünschte Richtung anregen. Auf der Basis von IATA-Statistiken errechnete Werte gehen von einem durchschnittlichen Anteil der fixen Kosten bei den großen Fluggesellschaften bzw. dem IATA-Mitgliederdurchschnitt der letzten Jahre in Höhe von 70% bis 75% aus 197 . Der Anteil der Flughafengebühren an den Flugbetriebskosten der Fluggesellschaften ist international betrachtet jedoch seit einem langen Zeitraum fast identisch. Er lag 1978 bei 4%, 1984 bei 3% und 1993 bei 4,1% 198 . Die Flughafengebühren gelten trotz ihres vergleichsweise (z.B. gegenüber den Personalkosten) niedrigen Anteils als ein wichtiger Kostenfaktor bei den Fluggesellschaften. Sie werden in der EU auf 4-6% der Betriebskosten (einschließlich Flugsicherungsgebühren) bei den Luftverkehrsgesellschaften geschätzt199. Ein stärkerer Wettbewerb im Flughafensektor könnte in einigen Fällen zu höheren, in anderen Fällen dagegen zu niedrigeren Gebühren führen. Eine 195

Christiansen,

196

Zit. nach Christiansen, S. 107 Fn. 3.

197

Vgl. Gischer, Wirtschaftsdienst 1995/V, S. 267, 271.

S. 107.

I9X

Zahlenmaterial des „Airport Council International" (ACI) auf der Basis von Statistiken der ICAO. Der Council betrachtet sich als die internationale Interessenvertretung der Verkehrsflughäfen. Der ACI wurde 1991 durch einen Zusammenschluß des Airport Operators Council International (AOCI) mit der International Civil Airports Association (ICAA) und dem Airport Associations Coordinating Council (AACC) gegründet. Der Council hat seinen Hauptsitz in Genf und unterhält Vertretungen in 6 geografischen Weltregionen. Das vorliegende Material stammt aus dem Büro fur Nord-Amerika mit Sitz in Washington. 199

EU-KOM, Abi. EG Nr. L 216/8 vom 12.09.1995.

V I I I . Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

121

Existenzgefahrdung von Fluggesellschaften ist bei dem verhältnismäßig geringen Anteil, den die Landegebühren in der Kostenstruktur ausmachen, nicht ersichtlich. Wie in den siebziger Jahren wird auch heute noch der Verkehrslenkung, d.h. der Steuerung des Flugbetriebes, durch Landegebühren eine wichtige Rolle zugemessen200. Die Gebührenpolitik gilt im Bereich der Verwaltungsleistungen seit jeher als eine Möglichkeit, mit der eine individuell oder einer Gruppe zurechenbare Leistungsabnahme so gesteuert werden kann, daß der gewünschte Zweck eintritt 201 . Insbesondere ist es denkbar, aus luftverkehrspolitischen Gründen an einem übermäßig stark benutzen Flughafen höhere als die von anderen Flughäfen geforderten Entgelte festzusetzen und zu genehmigen, um auf dem Weg „über die Kosten" Luftfahrtunternehmen oder Fliegern der Allgemeinen Luftfahrt die Benutzung anderer, billigerer Flughäfen schmackhaft zu machen 202 . Aus volkswirtschaftlicher und verkehrswissenschaftlicher Sicht müßte ein System knappheitsorientierter Benutzergebühren (bzw. -entgelte) aufgebaut werden. Dies wurde als ein System aus modifizierten'Prioritätenregeln und differenzierten Flughafenbenutzungsgebühren beschrieben 203. Dabei sind sowohl die zeitliche Staffelung der Gebühren als auch die Differenzierung nach Allgemeiner und gewerblicher Luftfahrt interessant. Jedoch ist die Differenzierung der Gebührenhöhe zur Entzerrung des Verkehrs bislang nicht vorgesehen. Die Differenzierungen bestehen vielmehr aus Lärmschutzgründen oder orientieren sich an betriebswirtschaftliche Kostengrößen, wie z.B. den Nachtzuschlägen für das Flughafenpersonal 204. Dadurch schlagen sich unterschiedliche Knappheitssituationen bei der Flughafennutzung in den Kostenrechnungen der Luftfahrtunternehmen nicht nieder 205 . Diese Knappheitssituationen bestehen in Europa — etwa im Gegensatz zu Amerika - in vergleichsweiser hoher Intensität, weil die Flugstrecken innerhalb Europas häufig kurz genug sind, um Geschäftsreisenden Hin- und Rück-

200

Steinberg/Bidinger,

201

UPR 1993, S. 281, 283; Holz, S. 231 f.

Hansmeyer/Fürst, S. 43; Kloepfer, Lau, § 43 LuftVZO, Rn. 11.

S. 237; Leisner, S. 734; Wolf,

202

Giemulla /Lau, § 43 LuftVZO, Rn. 11.

203

Holz, S. 231 f.

S. 193; Giemulla/

204 Vgl. Wolf, S. 193 sowie die in den „Nachrichten für Luftfahrer" veröffentlichten Gebührenordnungen der deutschen Verkehrsflughäfen. 205

Wolf,

S. 193.

122

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Aug an einem Tag zu ermöglichen 206. Die Fluggesellschaften sind folglich an den günstigen und umsatzträchtigen Morgen- und Abendterminen interessiert. Wird die Gebühren- und Entgeltpolitik als verkehrslenkende Maßnahme eingesetzt, bedarf es „gerichtsfester" Kriterien für die Gebühren- bzw. Entgeltbemessung. Diese sind zu erarbeiten: Wie bei den schon erörterten Formen möglicher Verkehrslenkung 207, sind die Gebühren- und entgeltrechtlichen Spielräume zu entwickeln, indem zunächst eine Bestandsaufnahme der tatsächlichen Gebührensituation vorgenommen wird 2 0 8 . Eine besondere Rolle spielt dabei die Unterscheidung zwischen Allgemeiner Luftfahrt und gewerblichem Verkehr. Denn dem gewerblichen Verkehr fallt der weitaus größte Teil der Personen- und Frachtbeförderung zu. So könnte eine höhere Gebührenbelastung einzelner Verkehrsarten (z.B. der Allgemeinen Luftfahrt = General Aviation) zu deren Abwanderung an einen nahe gelegenen anderen Flugplatz führen und Entlastung auf überfüllten Flughäfen schaffen. Fraglich ist dabei, ob die gebührenrechtliche Benachteiligung von Flugarten mit dem geltenden Gebührenrecht im Einklang steht.

1. Anpassung gängiger Statistikkriterien Will man die Gebühren in nicht diskriminierender Weise und nachvollziehbar differenzieren, so bedarf es zunächst vernünftiger Abgrenzungskritierien. Die Unterscheidung zwischen der Allgemeinen Luftfahrt und dem gewerblichen Verkehr spielt bei der Gebührenbemessung also eine gewichtige Rolle 209 . Dabei wird der Begriff der „Allgemeinen Luftfahrt" als Abgrenzungskriterium namentlich oder indirekt immer wieder herangezogen, wenn es um die „Verbannung des Regionalluftverkehrs und/oder der Allgemeinen Luftfahrt von den hochbelasteten Flughäfen" geht 210 . „Regionalluftverkehr" ist danach der Luftverkehr mit kleinerem Fluggerät (maximal 70 Sitze oder 30 to) über kurze bis mittlere Distanzen211. Unter „Allgemeiner Luftfahrt" wird nach ei206

Gischer, a.a.O., S. 271.

207

Vgl. oben S. 73-119.

208

Zur Praxis der Gebührenbemessung vgl. oben S. 53 ff.

209

Hierzu wurde im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Verkehrsarten mit dem Ziel einer Betriebspflichtbefreiung der Flughäfen von einzelnen Verkehrsarten bereits Stellung genommen; vgl. oben S. 74 ff. mit dem Ergebnis, daß für die Frage einer Verkehrsbeschränkung nach Flugzwecken allein eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angezeigt ist. 210

Wolf

S. 191 f.

2,1

Wolf

S. 190.

V I I I . Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

123

ner Definition der nicht gewerbliche Motorflugverkehr einschließlich der Arbeitsluftfahrt und der Lufttaxidienste mit Luftfahrzeugen bis 5,7 to max. Startgewicht verstanden 212. Nach einer anderen Definition wird das Kriterium der Gewerblichkeit des Verkehrs nicht angewandt und erlaubt, zur „Allgemeinen Luftfahrt" den gewerblichen und nicht gewerblichen Schulflugverkehr insgesamt zu zählen 213 . Der Begriff „Allgemeine Luftfahrt" ist eine wortgetreue Übersetzung des amerikanischen Terminus „General Aviation", der aber in Deutschland gesetzlich weder verwendet noch definiert wird 2 1 4 . Danach ist der Begriff der „General Aviation" in den USA zum einen Abgrenzungskriterium fur kleine und größere Flughäfen. Flughäfen mit weniger als 2.500 Passagieren jährlich sind als „General Aviation-Airports" kategorisiert. Zur „General Aviation" in fliegerischer Hinsicht zählen alle nicht nach Flugplan durchgeführten Flüge, gleich ob gewerblich oder nicht gewerblich, wie z.B. „pipeline patrol, search and rescue operations, medical transport, business and executive flying in both fixed-wing aircraft and helicopters, charters, airtaxi, flight training, personal transportation, and the many other industrial, commercial, and recreational uses of airplanes and helicopters" 215 . Die Statistik der A D V stellt auf die Unterscheidung zwischen gewerblichem und nicht gewerblichem Verkehr ab. Zur Allgemeinen Luftfahrt zählen dabei in aller Regel alle Kleinflieger bis 5,7 to und der nicht gewerbliche Verkehr. Der gewerbliche Verkehr wird statistisch nach Linienverkehr, Pauschalflugreiseverkehr und kommerziellem Verkehr (= gewerblicher Verkehr und Werkverkehr einschließlich dem Anforderungsverkehr und Überführungsflügen) gegliedert 216. Ebenso wird grundsätzlich in den Verkehrsstatistiken der Flughäfen verfahren 217. Im Bereich der Flughafengebühren werden die Differenzierungen weder nach dem Zweck des Fluges noch nach dem Halter des Flugzeugs vorgenommen. Sie sind vielmehr nach Gewichten, In- und Auslandsverkehr, Antriebs212 Wölf; S. 191. Im einzelnen fallen danach unter diese Kategorie: Sport- bzw. Privatluftverkehr, Geschäftsreiseverkehr, Arbeitsluftfahrt, Lufttaxidienste, Schulflug und Werkverkehr. 213

DeseU S. 2.

214

DeseU S. 2.

215 Eigene Zusammenfassung von Tabellenmaterial des Airport Council International und der U.S. Federal Aviation Administration FAA zur Verkehrsstatistik „U.S. Landing Areas 1970-1990" und „General Aviation Activity Indicators". 216 A D V (Hrsg.), „Verkehrsergebnisse der internationalen Verkehrsflughäfen Januar bis Juni 1995" und „Flugzeugbewegungen und Fluggäste auf den Regionalflugplätzen der ADV mit Linienverkehr im 1. Halbjahr 1995", Stuttgart 1995. 217 Exemplarisch: Flughafen Nürnberg GmbH Jahresbericht 1995; Geschäftsbericht der Flughafen Köln-Bonn GmbH 1993.

124

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

art und Lärmentwicklung sowie danach, ob es sich um gewerblichen oder nicht gewerblichen Verkehr handelt, bemessen218. Somit greift die in Flugverkehrsstatistiken vorgenommene Unterscheidung zwischen Allgemeiner Luftfahrt und gewerblichem (Air-Carrier) Verkehr 219 für die Entwicklung von Kriterien zum Zweck einer differenzierten Gebührenregelung zu kurz. Sie wurde auch nicht zum Zweck der Verkehrslenkung entwickelt 220 . Es sind somit weitere Kriterien zu suchen. Allen geschilderten Kategorisierungsversuchen ist gemeinsam, daß die gewerbliche Beförderung von Passagieren oder Fracht mit Fluggerät über 5,7 to nicht der Allgemeinen Luftfahrt zugerechnet wird. Die Gebührenordnungen der Flughäfen tragen dem Rechnung, indem sie kombiniert gewichts- und passagierbezogene Gebühren vorsehen. Ob ein Flug zu gewerblichen Zwekken (z.B. Firmenflugzeuge oder Überführungsflüge von Passagiermaschinen) durchgeführt wird oder nicht, kann ein Hilfskriterium sein, um weitere Gebührendifferenzierungen vorzunehmen. Es ist also einer kombinierten gewichts- und zweckbezogenen Gebührendifferenzierung der Vorzug zu geben.

2. Tatsächliche Aufteilung von Flugbewegungen nach Flugarten Von den zuletzt jährlich ca. 886.000 Flugbewegungen im ersten Halbjahr 1995 entfielen auf den 16 internationalen deutschen Verkehrsflughäfen rund 123.000 auf den nicht gewerblichen Verkehr 221 . Hierzu zählt auch der Werksoder Firmenflugverkehr, d.h. jeder Flugverkehr ohne Flugschein bzw. Entgelt. Das sind ca. 13,9% des Gesamtflugverkehrs. Der gewerbliche Verkehr beförderte rund 51,7 Mio. Fluggäste. Dabei stieg die Zahl der Flugbewegungen im 1. Halbjahr 1995 im gewerblichen Verkehr um 5,3% und die Zahl der Fluggäste um 10,9% gegenüber dem Voijahreszeitraum. Im Jahr 1994 hatten die Steigerungsraten (bezogen auf das gesamte Jahr 1994 im Verhältnis zu 1993) bei den Flugbewegungen im gewerblichen Verkehr 3,2% und bei den Passagieren 7,3% betragen 222. Die Flughäfen in den neuen Bundesländern wiesen überproportionale Steigerungsraten auf. So stieg die Zahl der Fluggäste in Berlin im ersten Halb218

So z.B. die Gebührenordnungen fur die Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof vom 14.03.1994 - NfL 1-86/94 - oder Frankfurt/Main vom 01.04.1995 - NfL 1-74/95 - . 219

Lindenlaub, S. 23 ff. m.w.N.; Desel, S. 2 ff.

220

Lindenlaub, S. 23.

221

ADV-Verkehrsergebnisse 1. Halbjahr 1995.

222

Ebda., Verkehrsergebnisse 1994. Zu den Steigerungsraten 1996 (1. Halbjahr 2,6%), vgl. oben Einleitung I, und Tabellenanhang.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

125

jähr 1995 um über 11% (1. Halbjahr 1996: 1,7%) 223 . Das entspricht einer deutlich höheren Steigerungsrate als im Jahr 1994 (ca. 4,4% bezogen auf das ganze Jahr). 1991 war für Berlin ausgehend von 7,7 Mio. Fluggästen auf den Berliner Flughäfen im Jahr 1990 ein Anstieg auf ca. 18 Mio. im Jahr 2000 prognostiziert worden 224 . Dabei spielt insbesondere die Zunahme von Direktverbindungen mit europäischen Auslandsdestinationen eine Rolle 225 . Das bedeutet, daß auch die Zahl der Flugbewegungen steigen wird, denn unter den beschriebenen Umständen ergibt sich die Steigerung des Passagieraufkommens nicht durch den Einsatz größerer Flugzeuge allein, sondern durch die erhöhte Vielfalt an angebotenen (und geforderten) Zielen. 1995 verzeichnete der Flughafen Berlin-Tegel, obwohl schon hoch belastet und ohne S-Bahnanschluß ausgestattet, mit 22,3% noch einmal eine deutliche Steigerung der Flugbewegungen (1. Halbjahr 1996: +4,1%), während die Zahl der Bewegungen in Schönefeld und Tempelhof rückläufig war 226 . Es besteht danach in Berlin, aber auch andernorts, eine Tendenz, die ohnehin stark frequentierten Flughäfen weiter zu belasten, während andere Kapazitäten nur schwache oder gar keine Steigerungsraten aufweisen. Die Luftfrachtbeförderung auf den genannten Flughäfen machte im Jahr 1994 insgesamt 1.766.171 to aus. Bereits im 1. Halbjahr 1995 wurden schon 919.073 to Luftfracht befördert. Die Steigerungsrate gegenüber dem Vorjahr wurde damit zwar nicht erreicht (1994: 11,0% zu 1993; 1. Halbjahr 1995: 8,5% gegenüber dem Voijahreszeitraum, 1. Halbjahr 1996: +7,4%). Sie zeigt aber dennoch weiterhin deutlich nach oben. Das gilt insbesondere für frachtintensive Flughäfen wie Köln-Bonn 227 .) Ein ähnliches Bild bietet die Postbeförderung, die allerdings i.d.R. keine zusätzlichen Flugbewegungen erzeugt, weil z.B. die deutschen Liniengesellschaften gem. § 21 IV LuftVG verpflichtet sind, auf Verlangen der Deutschen Post AG mit jedem planmäßigen Flug Postsendungen gegen angemessene Vergütung zu befördern, welche die im Weltpostvertrag festgelegten Vergütungshöchstsätze nicht übersteigen darf. Die Luftpost wies 1994 Steigerungsraten von 1,8% (auf 355.796 to) und 1995 (1. Halbjahr) von 8,2% (182.630 to) auf 228 . 223

ADV-Verkehrsergebnisse 1. Halbjahr 1996.

224

Wilken,

225

Wilken, S. 29 f.

S. 38.

226

ADV-Verkehrsergebnisse der internationalen Verkehrsflughäfen 1995 und 1. Halbjahr 1996, Stuttgart 1996. 227

ADV-Verkehrsergebnisse 1994 und 1995, Stuttgart 1995; 1. Halbjahr 1996, Stuttgart

1996. 228

Ebda., Luftpoststatistik der internationalen Verkehrsflughäfen.

126

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Da der Flugverkehr zum Zweck der Passagierbeförderung nahezu vollständig mit Gerät über 10 to erfolgt 229 , bleibt als Spielraum für Verlagerungslösungen der gewerbliche Verkehr unter 10 to und der nicht gewerbliche Verkehr bis 10 to. Denn effektive Verlagerungslösungen sind nur zu erwarten, wenn sie mehr Spielraum für die Beförderung von Passagieren und Fracht ermöglicht, die mit größerem Fluggerät durchgeführt wird. Nicht gewerblicher Verkehr über 10 to dürfte demgegenüber kaum ins Gewicht fallen. So entfielen in Köln ca. 17,4% der Flugbewegungen auf den nicht gewerblichen Verkehr. Jedoch benötigen auch die Flugzeuge unter 5,7 to bzw. 10 to wertvolle Rollzeiten auf den Start-, Lande- und Rollbahnen. Für die genannten Gruppen müßten die Gebühren demgemäß erhöht werden. Sie müßten deutlich höher liegen als auf den benachbarten und weniger begehrten Flughäfen. Sie müßten weiter einen Modus enthalten, der es ermöglicht, den Firmenflugverkehr wie den gewerblichen Verkehr zu behandeln und für den gewerblichen Verkehr unter 5,7 to so beschaffen sein, daß die Berufung auf Willkür ausgeschlossen ist, wie es von der Rechtsprechung verlangt wird 2 3 0 . 3. Gebühren- und entgeltrechtliche Spielräume Die Landegebühr setzt sich einerseits zusammen aus einem fixen Teil, der sich nach dem zulässigen Höchstabfluggewicht bemißt. Der variable andere Teil wird nach der Anzahl der jeweiligen Passagiere berechnet. Daneben gibt es die Abfertigungsentgelte, mit denen im Wesentlichen das Be- und Entladen der Maschine, Versorgungs-, Reinigungs- und Sicherheitsleistungen des Flughafens abgedeckt werden 231 . Damit ergibt sich, daß einmal bei den fixen Gebühren etwas geändert werden kann, denn das Vorhalten bestimmter Einrichtungen ist erforderlich, egal, ob ein 200 to-Jet oder ein Sportflugzeug landet. Da die nicht gewerbliche Fliegerei keine Passagiere befördert, bedürfen Teile der Abfertigungsentgelte einer entsprechenden Anpassung, während die Gewichtsgebühr für kleinere Flugzeuge überproportional erhöht werden könnte. Ein Gebührenzuschlag in den Spitzenzeiten wäre denkbar, je weniger Passagiere ein Flugzeug befördern kann, so daß auf 2 Personen in einem 3-Personenflugzeug mehr Gebühr entfallen müßte als auf 2 Passagiere in ei229 Exemplarisch: Gebührenordnung für den Flughafen Köln-Bonn vom 16.02.1995 NfL 1-56/95-, S. 79 ff. 230

Vgl. oben S. 50 ff.

231

Vgl. Darstellung bei Triller,

S. 22 f.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

127

nem m i t 100 Personen besetzten Jet. Damit ließe sich auch der Werk- und Firmenflugverkehr berücksichtigen 2 3 2 . Flughäfen gewähren in der Regel i m Rahmen ihrer jeweiligen Gebührenordnung Ermäßigung für Propellerflugzeuge oder lärmarme Jets nach Annex 16 IC A O , wenn bestimmte Lärmschutzvoraussetzungen erfüllt werden. Die besonderen Abfertigungsentgelte werden nicht immer, häufig aber bei größeren Flughäfen erhoben. Die Gebühren werden von den Flughäfen oft als „ E n t g e l t " bezeichnet. Landegebühren werden für Propellerflugzeuge und Strahlflugzeuge auch j e nach Inlands- oder Auslandsflügen differenziert

aber

erhoben oder für

Schul- und Einweisungsflüge Ermäßigungen gewährt. Daneben gibt es eine fluggastabhängige

Landegebühr j e Fluggast. Weiter sind bestimmte Sonder-

leistungen entgeltpflichtig 2 3 3 .

232 Exkurs: Gebührenregelungen zum Zweck der Verkehrslenkung waren in den USA schon 1969 eingeführt worden. Die Port Authority of New York hatte für Flugzeuge mit weniger als 25 Sitzen eine zusätzliche Startgebühr von US-$ 2 5 a u f den 3 Hauptflughäfen während der Spitzenzeiten eingeführt und bezweckte damit, die kleineren Flugzeuge und die General Aviation auf den Flugplatz Teterboro zu verweisen. Diese Flugbewegungen machten auf dem John F. Kennedy-Airport 16,6% und auf La Guardia 32% des Verkehrs aus. Die Klage der Flugzeugeigentümer-Vereinigung hiergegen wurde abgewiesen; s. United States District Court E.D. New York No. 68 C 775 vom 09.09.1969, 305 Federal Supplement 93 (1969), S. 93 ff. Die Airport Authority als Eigentümer der Flughäfen habe demnach das Recht, die Gebühren festzusetzen. Differenzierungen seien im Interesse der effektiven Luftraumnutzung zulässig, wenn sie die jeweils betroffenen Gruppen gleich behandelten. Auch wenn durch die zusätzliche Gebühr die Zahl der Flüge nicht erhöht werden konnte, sei die Gebührenregelung dennoch tauglich, weil sie es vermocht habe, mehr Flugpassagiere abzufertigen. - Eine ähnliche Regelung der Massachusetts Port Authority (Massport) für den Boston-Logan International Airport aus dem Jahr 1988, die eine kombinierte Methode zwischen Einheitstarif und Gewicht zum Zweck der Verkehrslenkung vorgesehen hatte, wurde letztinstanzlich hingegen verworfen; s. United States Court of Appeals, First Circuit Nos. 88-1971 to 88-1973 and 88-2227 vom 17.08.1989, Federal Reporter 2d Series 157 (1st Cir.1989), S. 157 ff. - Die Luftaufsichtbehörde hatte sich zuvor schon entsprechend geäußert; s. FAA Docket 13-88-2 Department of Transportation vom 22.12. 1988, Investigation Into Massport's Landing Fees. Die Gebührenregelung hätte dazu gefuhrt, daß die Gebühr für kleinere Flugzeuge von US-$ 25,- auf US-S 101,47 gestiegen und die Gebühr für einen Jumbo-Jet Β 747 von US-S 823,99 auf US-S 450,31 pro Landung gesunken wäre. Das Gericht sah allerdings eine unzulässige Diskriminierung bestimmter Flüge nicht wegen der Motivation der Gebührenregelung als gegeben an, sondern stellte zur Begründung auf die unzureichende Methode der Kostenumlage durch die Flughafengesellschaft ab, die bei einem durch öffentliche Mittel geforderten Flughafen nicht gerechtfertigt sei (US Court of Appeals vom 17.08.1989, a.a.O., S. 170). 233

Vgl. exemplarisch: Gebührenordnung (GebO) für den Verkehrslandeplatz Mönchengladbach vom 01.07.1994, GebO für den Verkehrsflughafen Stuttgart vom 01.04.1995 NfL 1-76/95 - , S. 116.

128

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

a) Voraussetzungen für die Anpassung der Gebührenordnungen, Billigkeitsbegriff Eine Anpassung der Gebühren- und Entgeltsätze hat nach der Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit gem. § 315 BGB zu erfolgen 234 . Dabei sind die wirtschaftlichen und sonstigen Interessen der (Gebühren- bzw. Entgelt-) Vertragspartner zu beachten. Diese Anpassung kann also nur dadurch erfolgen, daß nach Maßgabe der gesetzlichen Wertungen ein Gebühren- und Entgeltmaßstab gefunden wird, der auch den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Billigkeitskontrolle gerecht wird. Dagegen ist die Billigkeitsschwelle bei den Entgelten für die Bodenverkehrsdienste wesentlich variabler, denn diese unterliegen als rein privatrechtliche Entgelte weder der Genehmigungspflicht noch einer gerichtlichen Kontrolle, die über den Maßstab der Sittenwidrigkeit hinausgeht235. Kennzeichnend für die Gebührenbestimmung nach dem Kriterium der Billigkeit des § 315 BGB ist, daß sie den Berechtigten (also die Flughafenunternehmer) an die Ausübung billigen Ermessens bindet (§ 315 I BGB) und daß eine unbillige Bestimmung durch richterliches Urteil abgeändert und angepaßt werden kann (§ 315 III 2 BGB). Die Versuche, den Billigkeitsbegriff mit Inhalt zu erfüllen sind zahlreich. Weitgehende Übereinstimmung besteht zunächst darin, daß die Festsetzung der Vergütungen für die Flughafenbenutzung vom Anwendungsbereich des §315 BGB umfaßt ist 236 . Was dem „billigen Ermessen" entspricht, ist unter Berücksichtigung der Interessen der beteiligten Parteien zu ermitteln. Dabei sind die Verkehrssitte, die konkreten Bedürfhisse der Parteien und der Geschäftszweck heranzuziehen. Billiges Ermessen heißt nicht, daß die Leistungsbemessung in das freie Belieben des Bestimmenden gestellt ist 237 . Die Rechtsprechung hat zur Konkretisierung in einigen Fällen die Verbindung zur öffentlich-rechtlichen Vorlagepflicht der Gebührenordnungen nach § 43 LuftVZO hergestellt. So sei die zivilrechtliche Überprüfung der Gebüh234

BGH, ZLW 1974, S. 77 ff.; BGH, ZLW 1978, S. 140 ff.

235

Vgl. oben S. 50 ff.

236

BGH, L M 1973, 16-18, Bl. 818 zu § 43 LuftVZO, Nr. 2 zu § 315 III BGB; BGH, DVB1. 1974, S. 558, 561 = ZLW 1974, S. 74, 78; BGH, ZLW 1979, S. 140; BVerwG, Buchholz Nr. 4 zu § 43 LuftVZO, Dez. 1977, S. 13, 15 f.; Palandt-Heinrichs, BGB, § 315 Rn. 9 m.w.N.; Hofmann/Grabherr, § 6 LuftVG, Rn. 163-167; Ruhwedel, S. 1094; v. Unruh, S. 67 ff. (nicht ganz eindeutig); Schwenk, Handbuch, S. 416 f f , 718 f.; a.A. Ossenbühl, DVB1. 1974, S. 541. 237 Palandt -Heinrichs, BGB, § 315 Rn. 9 f. m.w.N.; Erman -Battes, BGB, § 315 Rn. 2, 5, 7 m.w.N.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

129

ren nach § 315 BGB auch dann noch möglich, wenn die Genehmigung nach § 43 LuftVZO erfolgt ist 238 . Allerdings müsse bei der im Rahmen des § 315 BGB erfolgenden Abwägung zwischen den widerstreitenden wirtschaftlichen Interessen der beteiligten Luftfahrer und der Flughäfen auch das öffentliche Interesse beachtet werden. Öffentliche Interessen sind danach z.B. der reibungslose Verkehrsfluß insgesamt und das Interesse der Passagiergesamtheit daran. Die privatautonome erwerbswirtschaftliche Entscheidungsbefugnis des Gebührengläubigers brauche deshalb nicht - wie bei reinen Behördenleistungen - in den Hintergrund zu treten 239 . In einer späteren Entscheidung brachte der BGH auch Maßstäbe des öffentlichen Gebührenrechts in die Prüfung der Billigkeit nach § 315 BGB ein. So betonte der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 24.11.1977 zwar wiederum, daß die Änderung einer Gebührenordnung verbunden mit einer neuen Flugzeugklasseneinteilung am Flughafen München-Riem auch dann nach § 315 III BGB zu überprüfen sei, wenn die Genehmigung der Luftaufsichtsbehörde vorliege 240 . Für die Meßbarkeit des jeweiligen Anteils der Kostenverursachung eines Flugzeuges könne jedoch auch auf den im öffentlichen Gebührenrecht verwendeten „Wahrscheinlichkeitsmaßstab" zurückgegriffen werden 241 . In dem entschiedenen Fall hatte die Flughafengesellschaft die Gebühren für Kleinflugzeuge deutlich erhöht, nachdem gleichzeitig eine neue Gewichtsklasseneinteilung für die Gebührenbemessung eingeführt worden war. Die Flughafengesellschaft sei mit Rücksicht auf den fixen Kostenbestandteil jeder Flugzeugbewegung nicht daran gehindert, auch im Bereich der Allgemeinen Luftfahrt bestehende Gewinnchancen auszuschöpfen, wenn dies ein Schritt in Richtung auf ein mehr kostenorientiertes System der Flughafenentgelte bedeute. Die öffentliche Zweckbindung als Unternehmen der Daseinsvorsorge schließe die Ausschöpfung der Gewinnchancen ebenfalls nicht aus, solange der Flughafen das ihm eingeräumte weite Gestaltungsermessen nicht überschreite 242. Da die Rechtsprechung neben allgemeinen Billigkeitserwägungen bei der Überprüfung der Gebührenordnungen den Flughafenunternehmen auch die Wahrnehmung von Gewinnchancen einräumt, öffentliche Interessen des Luftverkehrs hinzuzieht und die wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten in den 238

BGH, DVB1. 1974, S. 558, 561.

239

BGH, LM 1973, B1.818, Nr. 2 zu § 43 LuftVZO; BGH, DVB1. 1974, S. 558, 561.

240

BGH, ZLW 1978, S. 140 ff.

241

Ebda., S. 144.

242

Ebda, S. 145 ff.

9 Zielke

130

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Abwägungsvorgang einbezieht, könnten die Gebührenordnungen unter den genannten Gesichtspunkten auch zur Verkehrslenkung eingesetzt werden. Wie bereits oben dargestellt 243, werden Gebühren auch als Instrument der Lärmminimierung genutzt. Es spricht nichts dagegen, daß neben diesem Aspekt des öffentlichen Interesses nicht auch andere Erwägungen, die ebenso im öffentlichen Interesse liegen - wie z.B. die des reibungslosen öffentlichen Flugverkehrs - bei der Gebührenbemessung eine Rolle spielen können. Wie soeben dargelegt wurde, hat die Rechtsprechung Schritte in diese Richtung bereits unternommen. Das BVerwG hat zudem das öffentliche Interesse an funktionierenden Verkehrsflughäfen anerkannt, dem in bestimmten Fällen auch die gewerblichen Interessen regionaler Flugunternehmen weichen müßten 244 . Argumentum a majore ad minus muß dies auch für den nicht gewerblichen Verkehr gelten. Aufgrund der bisherigen Rechtsprechung bestehen grundsätzlich keine Bedenken, als Abwägungsmaßstab im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 315 III BGB auch öffentliche Interessen heranzuziehen. Auch im Verwaltungsverfahren zur Flughafenplanung wurde die Gebührenpolitik als Maßnahme der Flugverkehrsregulierung bereits in Betracht gezogen, so zum Beispiel im Rahmen der Verkehrsverteilung zwischen den Flughäfen Düsseldorf und Köln-Bonn 245 . Die wissenschaftliche Literatur geht zwar einhellig auch von der Anwendung des § 315 BGB bei der Gebührenbemessung aus. Jedoch finden auch hier Argumente Eingang, welche die öffentlich-rechtliche Herkunft der Flughafenbenutzungsgebühren berücksichtigen. So müsse nach Hofmann/Grabherr in die Abwägung der Interessen von Flughafenunternehmen und Benutzern auch die Aufgabe der Flughäfen als Teil der Daseinsvorsorge einbezogen werden. Andererseits gehe es nicht nur um einen gerechten Preis, sondern auch um die objektiven wirtschaftlichen Interesse der Beteiligten und die Verhältnisse zwischen den Nutzern. Dem Flughafenunternehmen komme ein weiter Gestaltungsspielraum zu, wobei nicht jede Ungleichbehandlung der Gebührenschuldner auch gleichheitswidrig sei 246 . Auch andere Autoren halten eine indirekte Steuerung des Flugbetriebs durch die Staffelung von Benutzungsgebühren für denkbar 247 . 243

Vgl. oben S. 50 ff.

244

BVerwG, ZLW 1990, S. 127.

245

Planfeststellungsbeschluß fur den Flughafen Düsseldorf vom 16.12.1983, S. 68 ff.

246

Hofmann/Grabherr,

247

§ 6 LuftVG, Rn. 151, 163, 167 f.

Steinberg,, S. 283, unter bezug auf das Urteil des BVerwG, NVwZ 1991, S. 601, 604, das sich aber mit den Flugsicherungsgebühren der (damaligen) Bundesanstalt für Flugsicherung befaßt; Giemulla/Lau, § 43 LuftVZO, Rn. 11.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

131

Im Ergebnis läßt sich festhalten, daß sich die allgemeinen Kriterien der Billigkeit nach § 315 BGB als zu pauschal erwiesen haben, um den spezifischen Bedürfnissen der Gebührenbemessung im Luftverkehr gerecht werden zu können. Sie sind durch Rechtsprechung und Wissenschaft zutreffend um weitere Gesichtspunkte erweitert worden, die sowohl den privatrechtlichen Charakter der Gebühr berücksichtigen, aber andererseits die öffentliche Versorgungsaufgabe der Flughäfen nicht außer Acht lassen. Bei der Frage, ob diese Kriterien geeignet sind, auch Verkehrslenkung mit der Gebührenpolitik betreiben zu können, müssen die öffentlich-rechtlichen Hintergründe der Flughafenbenutzungsgebühr beachtet werden. Gebühren müssen nach den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts jedenfalls den Mindestanforderungen an die Grundrechtskonformität genügen. Sie dürfen insbesondere nicht gleichheitswidrig sein 248 . Die Meßlatte ist dabei tiefer anzulegen, als es in einem rein privatrechtlichen synallagmatischen Verhältnis zwischen normalen Vertragspartnern, die keine Daseinsvorsorgeaufgaben erfüllen, der Fall wäre 249 . Sowohl Rechtsprechung als auch Wissenschaft ziehen öffentlich-rechtliche Gebührengrundsätze, wie etwa das Kostendeckungsprinzip, zur Ausfüllung des Begriffs der „Billigkeit" heran. Es ist daher nur konsequent, dann auch die übrigen gesetzlich oder gewohnheitsrechtlich anerkannten Gebührengrundsätze auf den Billigkeitsbegriff des § 315 I I I BGB im Flughafengebührenrecht anzuwenden. Einfallstor ist Art. 3 I GG, der im Verwaltungsprivatrecht die Grundnorm für den Interessenausgleich zwischen dem staatlichen Leistungsanbieter und dem Benutzer bietet, wenn die Benutzung der Einrichtung nach privatrechtlichen Grundsätzen erfolgt. Zu fragen ist daher, ob die öffentlich-rechtlichen Gebührengrundsätze eine Verkehrslenkung über die Gebührenerhebung rechtfertigen könnten oder nicht. Ist das der Fall, wäre damit auch den Anforderungen des § 315 III BGB genügt. aa) Begriff der Gebühr Zunächst fragt sich, welche Grundsätze aus dem Gebührenrecht zur Ausfüllung des Billigkeitsbegriffs heranzuziehen sind. Unter einer Gebühr versteht man im allgemeinen die Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung 250 . Zwar ist die vom Flughafen 248

Wolff/

249

Salzwedel, § 41 V Rn. 20 ff.

250

Bachof § 23 Rn. 32.

BVerfGE 7, 244 (254); 50, 217 (226); BVerwGE 2, 246 (247); 13, 214 (219); Leis-

ner, S. 730; Hansmeyer/Fürst, S. 14 ff.; Ruhwedel, S. 1043; Kloepfer, § 41 V Rn. 20 ff.; Nirschl, S. 20 ff. 9*

S. 246; Salzwedel,

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

132

angebotene Leistung öffentlich, weil sie in den Bereich der Daseinsvorsorge fallt. Ob sie in privatrechtlicher Form erfolgt, ist irrelevant. Es handelt sich auch um ein Gegenleistungsverhältnis, denn das vom Flughafenbenutzer entrichtete Entgelt bezieht sich auf die tatsächliche Nutzung der Flughafeneinrichtungen wie Lande- und Startbahn, Vorfeld, Schleppdienste etc.. Welche Kriterien fur die Bemessung der Flughafengebühren heranzuziehen sind, wird dadurch aber nicht beantwortet, weil die Art der Gebührenbemessung der Art der Gebühr folgt. Man könnte die Kriterien des Kommunalabgabenrechts für Verwaltungsgebühren anlegen 251 , wenn die Flughafengebühren Ähnlichkeit mit Verwaltungsgebühren hätten. Voraussetzung für die Qualifikation einer Kostenerhebung als Verwaltungsgebühr nach dem Kommunalabgabenrecht ist, daß die Kosten als Gegenleistung für eine besondere Leistung anzusehen sind 252 . Leistung in diesem Sinne ist eine Amtshandlung, die dem Adressaten etwas erbringt, was anderen ohne weiteres nicht zusteht. Dabei geht es im wesentlichen um Geldleistungen für Erlaubnisse, Beglaubigungen, Auskünfte, Ausstellung von Bescheinigungen usw. 253 . Die Landemöglichkeit auf einem Flughafen hingegen ist wegen der in § 1 LuftVG gewährten Freiheit des Luftraumes keine Leistung, die anderen nicht ohne weiteres auch zusteht. Grundsätzlich sind die Flughäfen vorbehaltlich ihrer Kapazität und ihrer Einstufung als Flughafen des Allgemeinen Verkehrs frei für die Benutzung. Die Leistung des Anbieters ist vorliegend eben keine behördliche Sonderleistung, sondern Hauptleistungsangebot eines Flughafens. Gebührenbemessungskriterien aus dem Recht der Verwaltungsgebühren lassen sich auf die Flughäfen folglich nicht übertragen. Die Flughafengebühren sind auch nicht mit Beiträgen 254 vergleichbar, die für die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben werden 255 . Denn die Inanspruchnahme eines Flughafens geschieht nicht mitgliedschaftlich. Die größte Gemeinsamkeit zwischen den Flughafengebühren und einem öffentlichen Abgabentypus findet sich bei den Benutzungsgebühren für die

251

So z.B. § 4 III, 5 I KAGNW.

252

So sieht es § 4 II 1. Altn. KÀGNW vor.

253

Burghartz, § 1, S. 42.

254

Etwa gem. § § 2 1 1 , 8 KAGNW.

255

Bauernfeind,

§ 1 Rn. 9.

V I I I . Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

133

Inanspruchnahme von Einrichtungen, die durch die öffentliche Hand angeboten werden 256 . Auch Benutzungsgebühren werden erhoben, um die Vorteile einzelner, die aus der öffentlichen Einrichtung Nutzen ziehen, abzugleichen. Während Verwaltungsgebühren in Zusammenhang mit einer Amtshandlung entstehen können - im Anstaltsrecht z.B. auch mit der Zulassung zur Benutzung oder der Ablehnung des Antrages - , sollen Benutzungsgebühren gewissermaßen ein öffentlich-rechtliches Synallagma herstellen, was sie vom Erhebungszweck her sehr nahe an die bürgerlich-rechtlichen Entgelte heranbringt 257 . Die Funktion der Gebühren besteht aber nicht allein darin, den finanziellen Ausgleich zwischen dem Staat und seinen Aufwendungen für eine öffentliche Einrichtung und deren Nutzern herbeizuführen. Erste Reflektionen über das Wesen der Gebühren stammen bereits aus dem 17. Jahrhundert 258. Schon früh wurde den Gebühren neben dem Zweck der Einnahmenerzielung für staatliche Leistungen zusätzlich die Funktion attestiert, dem staatlichen politischen Ordnungswillen zu dienen. Verbunden damit ist der Gedanke, die Gebühr weder nach Kosten der Einzelleistung noch nach dem individuellen Nutzen zu bemessen. Entscheidend sei vielmehr die Belastbarkeit der Gebührenpflichtigen unter dem Aspekt einer Steigerung der volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (d.h. niedrige Gebühren für volkswirtschaftlich als sinnvoll erachtete Leistungen, höhere für mehr individualnützliche Leistungen des Staates)259. Mit der wachsenden sozialpolitischen Tätigkeit des Staates rücken im 19. Jahrhundert die öffentlichen Anstalten in den Vordergrund und mit ihnen die Benutzungsgebühren. Es kommt zu einer Trennung zwischen Benutzungsgebühren und Verwaltungsgebühren. Ein subjektives Element - der Äquivalenzgedanke — wird eingeführt, indem die Beurteilung der Gebühr nicht nur die Kostendeckung und den Nutzen der Leistung für den Staat, sondern auch den Nutzen für den Privaten (Privates Interesse, Nutzentheorie) berücksichtigt.260.

Der Spielraum des Gebührengesetzgebers bzw. des aufgrund von Gebührengesetzen tätigen Gebührengläubigers wurde infolgedessen von der Wissen256

Z.B. gem. §§ 4 I I 2. Altn., 6 I KAGNW.

257

Bauernfeind, § 1 Rn. 9; Salzwedel, § 41 V Rn. 22; Burghartz, § 3 Rn. 1, 5; vgl. auch §§ 3, 4, 9 I GebGNW. 258

Borhorn, Disquisitiones politicae, Amstel 1663, zitiert nach Hansmeyer/Fürst,

259

S. 9.

Justi, Staatswirthschaft oder systematische Abhandlung aller ökonomischen und Kameralwissenschaften, die zur Regierung eines Landes erforderlich werden, 2. Aufl. Leipzig 1758, zitiert nach Hansmeyer/Fürst, S. 9. 260

Hansmeyer/Fürst,

S. 30.

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

134

schafl unterschiedlich weit definiert. Hansmeyer und Fürst versuchten, aus der Entwicklung des Gebührenbegriffs ein Instrumentarium zur Nachfragelenkung bei öffentlichen Leistungen zu destillieren. Die Gebühr steht danach auf der Nahtstelle zwischen staatswirtschaftlichen und marktwirtschaftlichen Prinzipien als „Abgabe mit einem Anspruch auf Gegenleistung"261. Die Gebührenpolitik sei die Möglichkeit, mit der eine individuell oder einer Gruppe zurechenbare Leistungsabnahme so gesteuert werden kann, daß der (vom Staat) gewünschte Zweck erreicht wird, zum Beispiel mit dem Ziel der Nachfragedrosselung für bestimmte Leistungen 262 . Die Benutzer öffentlicher Daseinsvorsorgeeinrichtungen sollen mit dem Instrument der Gebühren „umerzogen" werden können, z.B. bei der Alternative öffentlicher Parkplätze und öffentlicher Verkehrsmittel. Bei Verzicht auf notwendige Kapazitätserweiterungen soll die Gebührenpolitik als Mittel dienen, das Problem des Nachfrageüberhanges zu lösen 263 . Kloepfer konstatierte, daß in der Verwaltungspraxis lenkende Aspekte im Bereich der Verwaltungsgebühren unübersehbar sind. Auch bei den Benutzungsgebühren sei die Steuerungsfunktion im Sinne einer Wirtschaftslenkung erkennbar. So könne etwa das Instrumentarium von Straßenbenutzungsgebühren zu einem äußerst wirksamen Mittel der Durchsetzung Verkehrs-, wirtschafts- und außenpolitischer Ziele werden 264 . Leisner sieht demgegenüber die Gefahr, einer staatlichen „Flucht aus der Steuergewalt in die Gebührenhoheit", wenn von der Gebühr Nebenwirkungen ausgehen — oder sogar ausgehen sollen —, die über den Zweck der Gebührenerhebung hinausgehen265. Die Gebühr als Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung müsse einen unmittelbaren Bezug zur Amtshandlung haben, keine Nebenwirkungen entfalten, dürfe keine Abschreckungsfunktion ausüben und sei insbesondere auch kein Interventionsinstrument. Diese Funktionen seien allein den Steuern vorbehalten 266. Angesichts der traditionellen Entwicklung des Gebührenbegriffs und der Rechtspraxis läßt sich ein puristisches allein auf den Kostenersatzzweck fixiertes Verständnis der Gebühren nicht mehr halten. Rechtsprechung und Wissenschaft waren gezwungen, einen eigenen Gebührenbegriff zu entwickeln, weil das Grundgesetz einen abschließend geprägten Gebührenbegriff nicht enthält 267 . Lediglich Art. 74 Ziff. 22 und 261

Ebda., S. 32.

262

Ebda., S. 43, 93 ff.

263

Ebda., S. 93.

264

Kloepfer,

265

Leisner, S. 732, 734.

266

Ebda., S. 732.

267

BVerfGE 50, 217 (225); BVerwG, ZLW 1995, S. 232, 238 = NVwZ 1994, 1102 ff.

Die lenkende Gebühr, S. 236 f.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

135

Art. 80 I I GG enthalten Kompetenzvorschriften für das Gebührenrecht, ohne den Begriff selbst zu definieren. Während bei dem Versuch, die Gebühr begrifflich näher auszugestalten zum Teil jede über den Gebührenzweck hinausgehende Nebenwirkung von Gebühren schlechthin für unzulässig erklärt wurde, gesteht die Rechtsprechung inzwischen dem Gebührengesetzgeber einen weiten Ermessens- und Gestaltungsspielraum zu, welche Leistungen einer Gebührenpflicht unterworfen werden sollen, welche Maßstäbe dafür gelten sollen und insbesondere, welche über die Kostendeckung hinausreichenden Zwecke er dabei mit anstreben will 2 6 8 . So hatte die Einführung der Autobahngebühr für Lastkraftwagen zum 1. Januar 1995 erklärtermaßen zum Ziel, eine stärkere Beteiligung des grenzüberschreitenden Verkehrs sowie des Transitverkehrs an den deutschen Wegekosten zu gewährleisten, eine Verbesserung der Wettbewerbsposition der deutschen Transportunternehmen herbeizuführen und zur Vermeidung von Verkehrsinfarkten auf den deutschen Autobahnen beizutragen 269. Was für den Gebührengesetzgeber im Rahmen hoheitlicher Gebührenfestsetzung für hoheitliche Aufgaben oder für in öffentlich-rechtlicher Form bewirtschaftete Anstalten recht ist, muß für den in privatrechtlicher Form agierenden Anbieter öffentlicher Dienstleistungen und Anstaltsnutzungen billig sein. Die in privatrechtlicher Form offerierte Daseinsvorsorge hat gerade den Sinn, sich alle Gestaltungen des Privatrechts nutzbar zu machen, vor allem auch die Elastizität der Preisgestaltung. Das wird auch durch die eine restriktive Gebührenfunktion vertretende Auffassung anerkannt 270. Dies muß aber erst recht dort gelten, wo nicht bloß ein öffentlicher Träger Daseinsvorsorgeaufgaben in privatrechtlicher Form erbringt, sondern auch dann, wenn die Versorgungsaufgabe selbst vom Staat oder der Kommune zur Ausführung auf ein Privatrechtssubjekt übertragen wurde, wie es bei der Flughafenbenutzung und den entsprechenden Gebühren bzw. Entgelten der Fall ist. Andererseits ist der privatrechtliche Träger der Daseinsvorsorgeaufgabe deshalb nicht vollständig von denjenigen Bindungen befreit, die für das Verhältnis zwischen Anbieter und Kunde im Verwaltungsprivatrecht gelten. Kennzeichnend für das Verwaltungsprivatrecht ist vielmehr die Gemengelage von Rechtsvorschriften, bei der das Privatrecht modifiziert, ergänzt und überlagert wird 2 7 1 .

268

Restriktiv noch BVerwGE 12, 162 (170); inzwischen für einen weiten Gestaltungsspielraum BVerwG, ZLW 1995, S. 232, 238 = NVwZ 1994, 1102 ff.; Kloepfer, S. 234, 239. 269

Eickhof/Franke,

270

Leisner, S. 733.

271

Ronellenfitsch,

Wirtschaftsdienst 1994, S. 244; BT-Drs. 12/7896, S. 8. HdbStR III, § 84 Rn. 47; Wolff /Bachof I, § 23 Rn. 32 m.w.N.

136

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Für das Flughafengebührenrecht bedeutet dies, daß trotz der privatrechtlichen Trägerschaft und Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses, aber wegen seines Ursprungs als öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge gewisse Mindeststandards aus dem Verwaltungsgebührenrecht einzuhalten sind. Anderenfalls wäre jede öffentlich-rechtliche Bindung gegenüber der Luftaufsichtsbehörde wie z.B. die des § 43 LuftVZO bloße Makulatur. Diese Bindung bedeutet, daß die öffentliche Verwaltung in privatrechtlicher Form keine weiteren Rechtsbeschränkungen auferlegen darf, als sie bei öffentlich-rechtlicher Gestaltung zulässig wären 272 . Insbesondere muß sie das Willkürverbot beachten. Die Flughäfen sind kein „normaler Anbieter" von Leistungen, der in vollem Umfang privatwirtschaftlicher Konkurrenz ausgesetzt ist. Die Zahl der Anbieter von Flughafenleistungen ist durch die geringe Zahl der Flughäfen begrenzt, die nur beschränkt Ausweichmöglichkeiten bietet. Andererseits stimmen Literatur und Rechtsprechung weitgehend darin überein, daß die Gebührenhöhe nicht in der Weise begrenzt ist, daß sie die aufgewendeten Kosten nicht übersteigen oder unterschreiten darf 273 . Betriebswirtschaftliche Differenzierungen von Tarifen sind zulässig. Tatsächliche Benachteiligungen oder Bevorzugungen bei der Verteilung quantitativ beschränkter Leistungen können unvermeidlich sein 274 . Wesentliches Element des öffentlichen Gebührenrechts ist das Äquivalenzprinzip 275 . Danach müssen der Gebührensatz und der Gebührenmaßstab entweder am Kostenprinzip oder am Nutzenprinzip orientiert sein 276 . Die durch die Gemengelage zwischen Verwaltungsprivatrecht und Privatrecht bestehende Situation im Flughafenrecht erfordert deshalb zumindest, daß die öffentlich-rechtliche Ausstrahlungswirkung des Äquivalenzprinzips auch dort Geltung erlangt, wo die öffentliche Aufgabe mit Hilfe eines privaten Rechtsträgers und privatrechtlichen Mitteln erfüllt wird. Alles andere wäre gerade diejenige Form der Entledigung öffentlich-rechtlicher Bindungen im Bereich der Daseinsvorsorge, die man gemeinhin als „Flucht in das Privatrecht" bezeichnet.

272

Wolff/

273

Nirschl, S. 34.

274

Wolff/

Bachofl § 23 Rn. 32. Bachof I, § 23 Rn. 32.

275

BVerfGE 20, 257 (269); BVerwGE 2, 246 (249); 5, 136 (141); 12, 162 (166); 26, 305 (308); ZLW 1995, 232, 241 = NVwZ 1994, S. 1102 ff.; BVerwG, Buchholz Nr. 4 zu § 43 LuftVZO; BGH, LM 1973, Bl. 818 zu § 43 LuftVZO; BGH, DVB1. 1974, S. 558, 561; VG Frankfurt, NVwZ-RR 1994, S. 415; Hansmeyer/Fürst, S. 117 f.; Salzwedel, § 41 V Rn. 22, S. 535; Leisner, S. 740; Kloepfer, S. 248; Nirschl, S. 33. 276

Salzwedel, § 41 V Rn. 22, S. 535.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

bb) Das Äquivalenzprinzip

137

als Bemessungsgrundlage

Das Verhältnis zwischen Leistung und Gebühr bei öffentlichen Leistungen ist dann äquivalent, wenn beides zueinander in einem angemessenen Verhältnis steht. Dieser Grundsatz beruht auf dem Gleichheitsgebot des Art. 3 I GG und rechtfertigt sich aus dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip 277 . Es besagt, daß öffentliche Gebühren nicht völlig unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Leistung festgesetzt werden dürfen 278 . Das heißt aber nicht, daß die Gebühr in jedem Fall nur auf die Kosten bezogen erhoben werden darf. Vielmehr muß ein angemessenes synallagmatisches Verhältnis auch in bezug auf die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten bestehen 279 . Der verfassungsmäßige Verhältnismäßigkeitsgrundsatz läßt einen weiten Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbare Leistung gebührenpflichtig sein soll, welche Gebührenmaßstäbe dabei anzulegen sind und welche über die Kostendeckung hinausreichenden Zwecke der Gebührengläubiger anstreben will 2 8 0 . So besteht bei der Gebührengesetzgebung ein erheblicher gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum 281. Insbesondere muß das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht in jedem Einzelfall gewahrt sein. Es genügt, wenn auf das im Regelfall eintretende wahrscheinliche Leistungsverhältnis abgestellt wird. Dabei kann auch der Wert des Gegenstandes, auf den sich die Leistung bezieht, zur Bemessungsgrundlage gemacht werden 282 . Bezieht sich die gebührenpflichtige Amtshandlung auf Objekte, deren Wert feststellbar ist, bietet sich dieser Wert als Grundlage der Gebührenbemessung an 283 . Andererseits darf die Gebühr nicht so hoch sein, daß sie von der Inanspruchnahme der öffentlichen Leistung abschreckt 284. Die Gebühren dürfen auch nicht so bemessen sein, daß sie in unverhältnismäßiger Weise die Kosten der Leistung übersteigen 285. Das hindert den Gebührengläubiger aber nicht, auch Gewinne zuzulassen286. 277

BVerfGE 20, 257 (270); 50, 217 (227); BVerwGE 12, 162 (166); 22, 299 (305).

278

Nirschl, S. 33.

279

Leisner, S. 740.

280

BVerwG, NVwZ 1994, S. 1102.

281

Salzwedel, § 41 V Rn. 21.

282

BVerwGE 2, 246 (249).

283

BVerwGE 12, 162 (169); gemeint sind Baugenehmigungen oder Einfuhrerlaubnisse.

284

BVerwGE, a.a.O.; Kloepfer,

285

BGH, ZLW 1978, S. 140, 147 f.; Hofmann/Grabherr,

S. 34.

S. 256 f. § 6 LuftVG, Rn. 169; Nirschl,

138

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Die genannten Grundsätze beinhalten sowohl kostenbezogene wie auch nutzenorientierte Kriterien zur Ausformung des Äquivalenzprinzips. Sie sind im Bundesrecht und im Landesrecht anzuwenden287. Die Luftaufsichtsbehörden der Länder haben sie demnach bei der Vorlage nach § 43 I LuftVZO zu beachten. Da die Flughäfen Leistungen der Daseinsvorsorge erbringen, die den verfassungsmäßigen Grundlagen des Verwaltungsprivatrechts entsprechen müssen, ist das Äquivalenzprinzip entsprechend auch durch die Zivilgerichte im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB einzubeziehen. Soweit Rechtsprechung und Wissenschaft dem Gebührengesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum einräumen, ist aber darauf hinzuweisen, daß die Flughäfen bei der Schaffung und Bezifferung ihrer Gebührentatbestände nicht mit dem Gesetzgeber gleichgesetzt werden können. Hier gilt zunächst, was der Gesetzgeber selbst geregelt hat, namentlich die aufgrund § 32 LuftVG erlassene LuftVZO. Das Äquivalenzprinzip fordert, daß Gebührenmaßstab oder Gebührensatz entweder am Kostenprinzip oder am Nutzenprinzip orientiert sein müssen288. So ist zu prüfen, ob der Gesetzgeber nicht bereits selbst Gebührengrundsätze für die Flughafengebührenerhebung geregelt hat, welche die Anwendung bestimmter Aspekte des Äquivalenzprinzips ausschließen. Insbesondere wäre eine am Wert der Leistung orientierte Bemessung der Landegebühren durch die Anwendung des Kostenprinzip in der Weise begrenzt, daß die Einnahmen aus den Gebühren nicht die Gesamtheit der Kosten übersteigen dürfen. Dabei wären zu Nachweiszwecken detaillierte Kostenrechnungen erforderlich. Wäre hingegen die Gebührenerhebung nicht durch die Anwendung des Kostenprinzips begrenzt, so hätten die Flughäfen einen größeren Spielraum, um mit der Gebührenerhebung auch über die Kostendeckung hinausgehende Ziele zu verfolgen. Das Kostendeckungsprinzip begrenzt auch Absichten zur bloßen Gewinnmaximierung. Zwar könnten innerhalb eines rein kostendekkenden Gebührensystems verkehrslenkende Maßnahmen durch Bevorzugung bestimmter Verkehrsarten, sofern willkürfrei begründet, noch einbezogen werden. Der Wert des Landerechts für die Flughafenbenutzer könnte aber nur bis zur Höhe der Kostendeckung insgesamt bei der Tarifstruktur berücksichtigt werden. Gelingt es der Flughafengesellschaft nicht, Kostensteigerungen hinreichend nachzuweisen und den einzelnen Gebührentatbeständen zuzuordnen, müßte sie bei der Gebührenerhöhung unter Anwendung des Kostenprinzips selbst dann scheitern, wenn feststeht, daß sich der Wert des Landerechts 286 BVerwGE 2, 246 (251 f.); z.B. ist das der Fall, wenn in den Haushaltsplan schon ein regelmäßiger Überschuß aus der Gebührenerhebung für eine bestimmte Handlung in Höhe von 14% über den Kosten eingestellt wird; s. Hofmann /Grabherr, § 6 LuftVG, Rn. 169. 287

BVerwGE 5, 136 (141); 12, 162 (170).

288

Vgl. oben S. 128; Salzwedel, § 41 V Rn. 22, S. 535.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

139

für die Flughafenbenutzer in dem fraglichen Zeitraum aufgrund der Marktverhältnisse (z.B. wegen größerer Nachfrage und dadurch bedingter besserer Flugzeugauslastung und entsprechend höherer Gewinne) deutlich erhöht hat. (1) Kostendeckungsprinzip Gilt bei der Vergütung für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung das Kostendeckungsprinzip, so sind die Gebührenschuldner an der Gesamtheit der von dem Leistungsträger aufgewandten Kosten in dem Ausmaß zu beteiligen, wie sie die Kosten durch die Inanspruchnahme verursachen. Das Gebührenaufkommen darf insgesamt nicht über den realen Verwaltungsaufwand hinausgehen289. Nicht jede Gebühr für die Nutzung einer öffentlichen Anstalt muß jedoch nach dem Kostendeckungsprinzip berechnet werden. Weder der tradierte Gebührenbegriff als solcher noch das Grundgesetz oder sonstiges Bundesrecht sehen die automatische Geltung des Kostendeckungsprinzips vor. Vielmehr muß die Gebührenerhebung mit dem Ziel und der Begrenzung der Kostendeckung durch den Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen sein 290 . So sehen beispielsweise § 80 II 1 GWB oder § 6 I 3 KAGNW die Gebührenerhebung nach dem Kostendeckungsprinzip vor. Nach § 3 S. 2 VwKostG des Bundes sind Gebühren nur zur Deckung des Verwaltungsaufwandes an eine entsprechende gesetzliche Regelung geknüpft. Besteht so eine Regelung nicht, ist der Gebührensatz nach § 3 S. 1 VwKostG so zu bemessen, daß zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht. Die Gebührenerhebung hat dann also nach dem Nutzenprinzip zu erfolgen. Das Kostendeckungsprinzip gilt also nur dort, wo es ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist. Dem scheint die Auffassung von Leisner zu widersprechen, der die allgemeine Geltung des Kostendeckungsprinzips auch dort annimmt, wo es nicht ausdrücklich erwähnt ist 291 . Dafür spreche, daß Kostendeckung immer häufiger in neueren Verwaltungsgesetzen zur Pflicht gemacht werde. Deren Anwendung könne auf andere Tatbestände auch analog erfolgen. Die Notwendigkeit der Kostendeckung könne überdies aus einem Verbot der unentgeltlichen Staatsleistung gefolgert werden. Dieses Verbot wiederum folge aus 289

Salzwedel, § 41 V Rn. 22, f.; Leisner, S. 736; Burghartz, S. 51.

290

BVerwGE 12, 162 (168 f.); 13, 214 (221); Salzwedel, § 41 V Rn. 23; Bauernfeind, Einfuhrung, S. XVII; Nirschl, S. 34. 291

Leisner, S. 738-740.

140

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

dem Gleichheitssatz, der unentgeltliche Leistungen nur auf ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage ermögliche 292 . Hiergegen ist einzuwenden, daß die analoge Anwendung von Gesetzen, die eine Gebührenerhebung nach dem Kostendeckungsprinzip vorsehen, auf Tatbestände, bei denen das der Gebührenerhebung zugrunde liegende Gesetz die Geltung des Kostendeckungsprinzips nicht vorschreibt, unzulässig wäre. Es mangelt an der für eine analoge Anwendung erforderlichen Gesetzeslücke. Sieht ein Gesetz Benutzungsgebühren vor, ohne für ihre Bemessung das Kostendeckungsprinzip anzulegen, so gilt jedenfalls das Nutzenprinzip im Rahmen des Äquivalenzprinzips. Die Gebührenerhebung erfolgt dann nach den für das Nutzenprinzip von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Kriterien im Rahmen der Verfassungskonformität. Es kann daher von einer die analoge Anwendung anderer Vorschriften rechtfertigenden Gesetzeslücke bei solchen Gebührentatbeständen nicht die Rede sein. Auch ist kein allgemeines Verbot unentgeltlicher Staatsleistungen ersichtlich. Im Gegenteil: Es erfolgt im Bereich der Sozialleistungen und im Zuwendungsrecht eine Vielzahl von Leistungen unentgeltlich, die allerdings durch das jeweilige Sach- (wie z.B. das Sozialhilfegesetz) oder Haushaltsgesetz legitimiert sein müssen. Dabei ist der Gesetzgeber aufgrund der Finanzverfassung nicht an ein Prinzip gebunden, das ein Verbot unentgeltlicher oder ungenügend entgoltener Leistungen zum Inhalt hat. Vielmehr haben Bund und Länder bei ihrer Haushaltsführung gem. Art. 109 II GG dem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht Rechnung zu tragen 293 . Dies kann auch durch die Gewährung von Zuwendungen oder sonstiger Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der Wirtschaftspolitik geschehen, wie es zum Beispiel §§ 6 II 1, 8 Stabilitätsgesetz vorsehen. Das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft ist in Folge von Art. 109 II GG ergangen 294 . Es ist daher kein Grundsatz ersichtlich, der den Gesetzgeber oder die Verwaltung verpflichtet, allein nach dem Kostendeckungsprinzip vorzugehen. Ferner sieht § 3 S. 1 VerwKostG des Bundes eine Regelung zur Anwendung der verschiedenen Gebührenbemessungsprinzipien ausdrücklich vor. Danach kommt das Kostendeckungsprinzip dort zur Anwendung, wo es von dem jeweiligen Gebühren- oder Kostengesetz auch explizit geregelt ist 295 . Der Bundesgesetzgeber selbst hat die Frage der Anwendung der verschiedenen 292

Ebda., S. 738-740.

293

Kloepfer, S. 247.

294

§ 1 S. 1 Stabilitätsgesetz lautet in Anlehnung an den Wortlaut des Art. 109 II GG: „Bund und Länder haben bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten." 295

Zur Notwendigkeit der konkreten Anordnung des Kostendeckungsprinzips auch BVerwGE 13, 214 (221).

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

141

Gebührenprinzipien somit aufgegriffen, so daß auch unter diesem Gesichtspunkt kein Raum für eine Analogie bleibt. Allerdings sieht auch Leisner das Prinzip der Kostendeckung nur in dem Umfang als generell verbindlich an, soweit das Minimum der erhobenen Gebühr gemeint ist. Die Gebühr müsse mindestens immer die Kosten decken, darüber hinaus könne auch das Äquivalenzprinzip zur Anwendung kommen 296 . Dem Sinn der beiden Berechnungsmöglichkeiten entspreche es aber, daß grundsätzlich die Äquivalenz obere, die Kostendeckung untere Grenze der Gebührenhöhe sei 297 . Hiergegen sind dieselben Argumente vorzubringen, wie gegen die generelle Geltung des Kostendeckungsprinzips. Wenn, wie Leisner es annimmt, die „richtige Gebühr" zwischen der minimalen Kostendeckungsgrenze und dem nach dem Äquivalenzprinzip angesetzten Wert der Leistung liegt, besteht im Ergebnis nur größere Unsicherheit über die Höhe der Gebühr. Zunächst wäre danach unklar, ob die Gebühr nach dieser Formel dann genau in der Mitte zwischen dem nach dem Äquivalenzprinzip zulässigen Höchstsatz und dem Mindestsatz liegen soll. Dies würde voraussetzen, daß sowohl Höchstsatz wie insbesondere auch der Mindestsatz zur Kostendeckung richtig ermittelt wären. Anderenfalls wäre die Gebühr danach rechtswidrig. Die dann erforderliche betriebswirtschaftliche Kostenrechnung bei den Trägern öffentlicher Verwaltung wäre zwar zu begrüßen, ist nach den gegebenen Umständen und auch nach den Zwängen des Haushaltsrechts zur Zeit aber noch unrealistisch 298 . Da die Auffassung, die eine allgemeine Geltung des Kostendekkungsprinzips annimmt, nicht zu „gerechteren Gebühren" führt, ist sie im Ergebnis abzulehnen. Das Kostendeckungsprinzip im Gebührenrecht gilt nur dort, wo es das der Gebührenerhebung zu Grunde liegende Gesetz ausdrücklich anordnet. Für die Gebühren und Entgelte der Flughäfen gelten das LuftVG und die aufgrund von § 32 I Nr. 13 LuftVG ergangene LuftVZO. § 32 I Nr. 13 LuftVG sieht für Prüfungen und Untersuchungen nach dem LuftVG die Bemessung der Gebühren in Anwendung des Kostendeckungsprinzips vor. Bei begünstigenden Amtshandlungen können daneben die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen für den Gebührenschuldner angemessen berücksichtigt werden (Nutzenprinzip). Die entsprechenden Regelungen werden gem. § 32 I 1 LuftVG durch Rechtsverordnung erlassen.

296

Leisner, S. 739 f.

297

Leisner, a.a.O., S. 743.

298

So auch Nirschl, S. 36.

142

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Einschlägig ist zunächst die LuftKostV 299 für die Amtshandlungen der Luftfahrtverwaltung. § 32 I Nr. 13 LuftVG ist beispielsweise auch Rechtsgrundlage fur die neue Luftsicherheitsgebühr 300. Die Flughafenentgelte sind allerdings keine Gebühren für Amtshandlungen der Luftfahrtverwaltung. Amtshandlung wäre allenfalls die Genehmigung einer vorgelegten Entgeltregelung durch die Luftaufsichtsbehörde gegenüber einem Flughafen. Hierfür sieht Ziff. 8 der Anlage zur LuftKostV auch eine entsprechende Gebühr vor. Für die Entgeltregelung selbst gelten § 32 I Nr. 13 LuftVG und die LuftKostV hingegen nicht. Der für die Flughafenbenutzungsordnung und die entsprechende Entgeltregelung maßgebliche § 43 LuftVZO enthält keine Vorschrift darüber, ob und unter Anwendung welcher gebührenrechtlicher Prinzipien die Flughafenunternehmen bei Erlaß einer Entgeltordnung gebunden sind. Das Kostendeckungsprinzip ist jedenfalls nicht vorgeschrieben. Die übrigen Kosten im Zusammenhang mit Amtshandlungen nach der LuftVZO, zu denen die eine Gebührenpflicht auslösende Landung auf einem Flughafen aber nicht gehört, sind in § 107 LuftVZO geregelt. Danach ist wiederum die LuftKostV anzuwenden, für die gem. § 32 I Nr. 13 unter anderem das Kostendeckungsprinzip gilt. Da hingegen für die Entgelte der Flughäfen nach § 43 LuftVZO keine gebührenrechtlichen Einschränkungen vorgenommen wurden, gilt in diesem Zusammenhang das Kostendeckungsprinzip nicht. (2) Nutzenprinzip Bei der Ausfüllung des Billigkeitsbegriffs des § 315 BGB können allein die nutzenbezogenen Aspekte des Äquivalenzprinzips herangezogen werden. Dabei orientiert sich die Bemessung der Gebühren an dem Ausmaß des wirtschaftlichen Nutzens oder Vorteils, der für die Benutzer mit der Inanspruchnahme der Einrichtung verbunden ist 301 . Je höher der wirtschaftliche Nutzen ist, desto höher kann der potentielle Flughafenbenutzer auch belastet werden. Es würde jedoch zu kurz greifen, wollte man annehmen, daß ausschließlich der Nutzen der Luftfahrer zu berücksichtigen ist. Für eine Fluggesellschaft besteht der Nutzen eines Slots auf dem Flughafen — verbunden mit den entsprechenden Abfertigungsleistungen - darin, daß dadurch erst die mit der Fluglinie oder dem Charterflug erzielbaren Gewinne ermöglicht werden. Die für die Flughafenbenutzung erhobenen Gebühren und Entgelte sind Kostenstellen in der Kostenrechnung des Unternehmens. Erbrin299

Vgl. oben S. 60.

300

Nirschl, S. 186.

301

Salzwedel, § 41 V Rn. 22, S. 536.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

143

gen Flüge langfristig Verluste, so werden sie über kurz oder lang eingestellt werden. Für Schulflüge besteht der Nutzen in dem durch die Flugstunde erzielbaren Gewinn. Dasselbe gilt für Rundflüge etc. Bei Firmenflügen ist der Nutzen schon bedeutend schwerer zu beschreiben. Er besteht im wesentlichen in dem schwer bezifferbaren Zeitgewinn, der für die Firmenangehörigen durch Benutzung eines firmeneigenen Flugzeugs erzielt werden kann. Reine Privatoder Hobbyflüge entziehen sich ebenfalls weitgehend der Kapitalisierung. Überführungsflüge nach Wartungsarbeiten verursachen möglicherweise lediglich Kosten für die Flieger. Es ist daher auch der Nutzen für den anderen Vertragspartner, nämlich den Flughafen zu betrachten. Die Einnahmen aus dem Flugbetrieb sind bei einer kombinierten gewichts- und passagierbezogenen Gebührenerhebung davon abhängig, wieviele Flugzeuge mit welchem Gewicht und wievielen Passagieren an Bord den Flughafen anfliegen und verlassen. Daraus resultiert auch die Inanspruchnahme der übrigen Leistungsangebote eines Flughafens wie Schleppdienste, Nutzung der Fluggastbrücken, Pendelbusse und des Vorfeldraumes usw. Die für das Vorhalten dieser Flughafenleistungen erforderlichen Aufwendungen sind Kostenstellen in der Kostenrechnung der Flughafengesellschaft. Es ist daher für die Flughäfen wichtig, in welchem Ausmaß die zur Verfügung gestellten Facilitäten auch genutzt werden und welche Gebühreneinnahmen pro Flugbewegung sich damit erzielen lassen. Die Qualität der angebotenen Infrastruktur auf einem Flughafen hängt somit vom Kreis der Nutzer ab. Ein gelegentlicher Privatflieger erbringt weniger als ein regelmäßiger Schulflug, ein kleineres Regionalflugzeug weniger als ein großer Passagieijet. Der Nutzen eines Fluges ist für die beteiligten Vertragspartner also durchaus zweiseitig. Deshalb besteht die Nutzenermittlung nicht in einer einseitigen Betrachtung des Flughafenbenutzers, sondern muß die Interessen beider Seiten berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung besteht demgemäß die Nutzenermittlung für den angemessenen Gebührenbereich in einer typisierten Abwägung der widerstreitenden wirtschaftlichen Interessen beider potentiellen Vertragsparteien unter dem weiteren Gesichtspunkt der Wahrung öffentlicher Interessen 302. Nach Hansmeyer/Fürst muß der Tarif die unterschiedliche Motivation der Nutzer sowie die jeweilige Relation des Nutzungswertes zu anderen Nutzern einbeziehen. Der Einsatz von Gebühren und Entgelten als Steuerungsinstru302 BGH, LM 1973 Nr. 2 zu § 43 LuftVZO; ebd., § 315 BGB (Bl. 818); DVB1. 1974, S. 558, 561; Allgemein BVerwGE 2, 246 (247); „... angemessenes Verhältnis nach der Bedeutung der Angelegenheit fur alle Beteiligte", Leisner, S. 740.

144

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

ment müsse wirtschaftsordnungskonform sein und hänge aber auch davon ab, ob Nachfrager Unternehmen oder private Nutzer seien. Sind Nutzer der Leistung primär Unternehmen, könne das Entgelt so bemessen sein, daß nur die Leistungsfähigsten in den Genuß des Produkts kommen. Im privaten Bereich müsse ein einfaches Verfahren für Härtefälle gewährleisten, daß auch Minderbemittelte berücksichtigt werden können 303 . Die Gebührenerhebung nach Nutzengesichtspunkten muß den jeweiligen Gesetzeszielen unterworfen sein, darf aber die Nutzung nicht verhindern. Ungleichbehandlungen in Form von verschiedenen Gebührensätzen müssen sachlich gerechtfertigt sein; der unterschiedliche Wert der Leistung für die Vertragspartner kann aber einen Differenzierungsgrund darstellen 304. Beispielsweise wäre die Erhöhung der Landegebühren für kleinere Flugzeuge während der nutzungsintensiven Morgen- und Abendstunden in Flughafensystemen wirtschaftsordnungskonform, weil sie der erhöhten Nachfrage Rechnung trägt. Der Vorteil für größere Flugzeuge wäre nämlich nichts weiter als ein bedarfsorientierter „Mengenrabatt". Die Erhöhung hätte trotzdem keine Ausschlußwirkung, wenn in angemessener Entfernung ein weiterer wenig genutzter oder vom Betreiber beider Flughäfen durch eine niedrigere Gebühr bevorzugter Flughafen zur Verfügung steht. Es entspricht auch dem Wert der nachgefragten Leistung, wenn kostbare Start- und Landezeiten in den nutzungsintensiven Stunden vom Flughafen möglichst optimal verwertet werden, indem sie durch die Gebührengestaltung mehr Kapazität für die „Großkunden" aus der gewerblichen Verkehrsluftfahrt schaffen. Eine Lösung der Verkehrsprobleme durch Gebührengestaltung wäre auch im öffentlichen Interesse, weil sie die volkswirtschaftlichen Kosten der Überbeanspruchung von Flughäfen minimieren hilft und möglicherweise eine größere Bedarfsdeckung ermöglicht. Ebenfalls im öffentlichen Interesse ist die optimale Ausnutzung der Kapazitäten in Stadtregionen mit mehreren Flughäfen. Eine solche Gebührenanpassung würde auch nicht gegen die Betriebspflicht verstoßen, weil jeder Luftfahrer nach wie vor selbst entscheiden kann, ob er trotz erhöhter Kosten in den Stoßzeiten den Flughafen noch nutzen will oder stattdessen auf den Nachbarflughafen ausweicht. Sie würde auch der Tendenz entgegenwirken, Slots zu „horten", um attraktive Mitbewerber auszuschließen. Dabei sind an Flughäfen mit geringen oder gar keinen Ausweichmöglichkeiten strengere Maßstäbe anzulegen als in Regionen mit mehreren Flughäfen in kleinem Umkreis. Werden aufgrund geänderter Gebühren höhere Gewinne 303

Hansmeyer/Fürst,

304

Kloepfer,

S. 50, 141 ff.

S. 246, 269.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

145

erzielt, muß ein Teil der Mehreinnahmen zur Erweiterung der Kapazität eingesetzt werden. Das folgt aus der Daseinsvorsorgefunktion der Flughäfen. Es ist auch an eine Anpassung der passagierbezogenen Gebühren zu denken, die die Abflugzeit berücksichtigt. Damit kann Fluggesellschaften mit weniger abflugzeitorientierten Fluggästen (z.B. Urlauber) ein Anreiz geboten werden, die betriebsärmeren Stunden stärker zu nutzen. Schwierigkeiten dürfte die Bemessung des Nutzens bei den gewerblichen Flugunternehmen machen, deren legitime Gewinninteressen mit den Optimierungsinteressen der Flughafenunternehmen in Einklang zu bringen wären. Eine „Abschreckungsgebühr" könnte in die Rechte der Unternehmen aus Art. 12 GG eingreifen. Die Offenlegung der Kosten- und Gewinnkalkulation für eine bestimmte Fluglinie kann kaum erwartet werden. Insofern läßt sich der Wert der Flughafenleistung hier schwer ermitteln. Eine gewisse Erleichterung ist durch die Liberalisierung des Luftverkehrsmarktes gegeben, die es erlaubt, Flugpreise frei zu kalkulieren und Flugleistungen in Zeiten von Kapazitätsengpässen entsprechend den Kosten zu verteuern oder in betriebsärmeren Zeiten zu verbilligen. Nach den dargestellten Grundsätzen muß die Gebührenbemessung lediglich nachvollziehbar, willkürfrei und innerhalb der jeweiligen Gebührengruppe einheitlich erfolgen. cc) Wirklichkeits-

oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab

Um den Nutzen oder die Kosten der Inanspruchnahme einer Einrichtung festzustellen, ist es oft unmöglich, exakte oder nachweisbare Angaben zu erhalten. Die Rechtsprechung hat deshalb aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Maßstäbe für das richtige Verhältnis von Leistung und Gegenleistung entwickelt. Danach ist die Gebühr entweder nach der tatsächlichen Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen (Wirklichkeitsmaßstab) oder anhand von Korrelationsgrößen indirekt auf den Umfang der Leistungsentnahme zu schließen (Wahrscheinlichkeitsmaßstab) 305. Gegenstand des Wirklichkeitsmaßstabes ist nicht allein die möglichst konkrete Kostenerfassung der für die Bereitstellung der Leistung erbrachten Aufwendungen und deren tatsächliche Zurechnung gegenüber den einzelnen Benutzern. Darüber hinaus geht es um die möglichst genaue Erfassung aller für die Kostenzurechnung maßgeblichen Bestimmungsgrößen im Einzelfall 306 . Ist 305 BVerfGE 31, 119 (130); BVerwGE 2, 246 (249); 12, 162 (169); 48, 1 (4); BGH, ZLW 1979, S. 140, 144; OVG Münster, OVGE 25, 254 (261); 28, 253 (270); Salzwedel,

§ 41 V Rn. 24, S. 536; Hansmeyer /Fürst, 306

Hansmeyer/Fürst,

10 Zielke

S. 46 f.

S. 45 f.

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

146

beispielsweise feststellbar, ob ein instrumentenflugtaugliches Flugzeug im Sichtflugverfahren oder nach Instrumentenflugregeln den Flugplatz angeflogen hat, kann die Gebühr für Flugsicherungsmaßnahmen nicht pauschal nach den höheren Tarifen für den Instrumentenflug festgelegt werden 307 . Es entspricht also dem Wirklichkeitsmaßstab, das Flugzeug nach seiner tatsächlichen Inanspruchnahme des Flugplatzes zu belasten und es deshalb nicht mit den Gebühren für instrumentengestützte Anflüge zu belegen, nur weil es die technischen Voraussetzungen für den Instrumentenflug mitbringt. Andererseits ist der Wirklichkeitsmaßstab nur dort anzuwenden, wo es für den Gebührengläubiger zumutbar ist. Wäre die Anwendung des Wirklichkeitsmaßstabes technisch nicht möglich, aus wirtschaftlichen Gründen unrentabel oder aus anderen sachlichen Gründen nicht zumutbar, kann auf den Wahrscheinlichkeitsmaßstab zurückgegriffen werden 308 . Bei dieser pauschalierten Betrachtungsweise werden einzelne oder alle Komponenten der synallagmatischen Leistungsverbindung aufgrund von Erfahrungs- oder Schätzwerten erfaßt und einer gerechten Bewertung zugeführt. Er gilt sowohl für die Höhe der umzulegenden Kosten, die Verursachung der Kosten durch die Benutzer und den Grad der Inanspruchnahme einzelner Leistungskomponenten innerhalb einer Gesamtleistung. Die angelegten Maßstäbe müssen auf Erfahrungswerten basieren. Der umgelegte Kostenanteil muß im Durchschnitt der allgemeinen regelmäßigen Benutzung entsprechen, wobei Gruppenbildung bei den einzelnen Benutzungsarten zulässig ist. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist nicht leistungsfähigkeitsbezogen, weil er nicht an persönliche Verhältnisse oder die Umstände des Einzelfalles anknüpft, sondern eine differenzierende Korrelation zwischen Leistung und Gegenleistung bei den verschiedenen Leistungen schafft. Er muß, um seinen Vorzug vor dem Wirklichkeitsmaßstab rechtfertigen zu können, möglichst universell auf alle Sachverhalte unter Anwendung möglichst einfacher Kriterien entsprechende Gebührentatbestände umfassen 309. Der Vorteil schneller und preiswerter Abrechnung, billigerer Gebühren und höherer Effizienz durch weniger intensive Einzelfallbearbeitung wird also mit einer Reduzierung bei der Genauigkeit erkauft. Die Unterscheidung zwischen Wirklichkeitsmaßstab und Wahrscheinlichkeitsmaßstab wird vornehmlich dort relevant, wo Gebühren nach dem Kostenprinzip erhoben werden 310 . 307

VG Frankfurt, NVwZ-RR 1994, S. 415.

308

BGH, ZLW 1978, S. 140, 144; VG Frankfurt, a.a.O., S. 415; Hansmeyer/Fürst,

S. 46 f. 309

Hansmeyer/Fürst,

3,0

Salzwedel 41 V Rn. 24, S. 536 f.

S. 47 ff.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

147

Für Verkehrslenkungsmaßnahmen durch Gestaltung der Entgelte über gebührenrechtliche Kriterien im Rahmen des § 315 III BGB sind aber nur Nutzengesichtspunkte geeignet. Denn sie allein erlauben es, die Gebühren zielgruppen- und zweckorientiert zu bemessen. Allerdings wird bei den Gebührenerhöhungsverfahren auch mit Kostengesichtspunkten argumentiert 311. Hiergegen bestehen auch keine Bedenken, denn die Gebührengläubiger haben ein freies Gestaltungsermessen, ob sie das Kosten- oder Nutzenprinzip oder eine Kombination von Bemessungsgrundsätzen anwenden wollen, wenn die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage nicht die Anwendung eines bestimmten Prinzips vorschreibt. Es entspricht daher grundsätzlich auch der Billigkeit, wenn ein Flughafenunternehmen seine Entgeltordnung auf kostenbezogener Basis erarbeitet. Das Unternehmen kann dabei nach dem Wirklichkeits- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab vorgehen. Geht der Gebührengläubiger aber nach dem Nutzenprinzip vor, so stellt sich auch hier die Frage, wie der Nutzen der Beteiligten zu beziffern ist, damit ein angemessenes Gegenleistungsverhältnis entsteht bzw. dieses Verhältnis nicht durch die Einbeziehung zweckgebundener verkehrspolitischer Motive zerstört wird. Auch wenn der Wirklichkeitsmaßstab seinen Hauptanwendungsbereich bei der kostenbezogenen Methode der Gebührenerhebung haben dürfte, besteht aber dennoch bei der nutzenorientierten Gebührenabstufung grundsätzlich ebenfalls die Alternative, den Wert der Benutzung nach Wahrscheinlichkeitsoder Wirklichkeitskriterien zu bemessen. Zwar reicht beim Nutzenprinzip der Spielraum spekulativer Bewertung so weit, daß es sich nicht lohnt, an die Indikatoren für größeren oder geringeren wirtschaftlichen Vorteil besonders hohe Ansprüche zu stellen 312 . Allerdings wird in einem zivilgerichtlichen Verfahren zwischen Fluggesellschaft und Flughafenunternehmen über die Gebührenhöhe der Wirklichkeitsmaßstab jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen selbst dann anzuwenden sein, wenn die Gebührensystematik auf Wahrscheinlichkeitswerten beruht. Die Darlegungs- und Beweislast liegt gem. § 138 ZPO zunächst beim Gebührengläubiger, der vortragen muß, daß seine nach dem Wahrscheinlich311 So berücksichtigt der Flughafen Münster-Osnabrück in seiner Information an alle internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland vom 30.11.1992 zu einem beabsichtigten Gebührenerhöhungsantrag ausdrücklich auch die Kostengesichtspunkte. Auch der Flughafen Köln-Bonn begründete seinen Antrag auf Genehmigung einer Änderung der Gebührenordnung des Verkehrsflughafens Köln-Bonn an das Ministerium fur Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19.12.1991 mit Kostendeckungsschwierigkeiten. Der Antrag bezieht sich im wesentlichen auf das Kostendeckungsprinzip, indem er dem Wunsch nach einer Gebührenerhöhung die Entwicklung der Personalaufwendungen, Investitionskosten, Instandhaltungskosten, Schallschutzaufwendungen und den Unterhalt der Start- und Landeanlagen gegenüberstellt. 312

10*

Salzwedel, § 41 V Rn. 24, S. 537.

148

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

keitsmaßstab errechneten Annahmen über den Nutzen seiner Leistungen (wie z.B. die Gewinnerwartungen) bei den Gebührenschuldnern realistisch sind. Gelingt es dem Flugunternehmen aber, diese Annahmen substantiiert zu bestreiten, indem es die tatsächlichen Wertverhältnisse von Leistung und Gegenleistung durch Darlegung seiner Kalkulation offenlegt, muß auch bei der nutzenorientierten Gebührenbemessung nach dem konkreten Wirklichkeitsverhältnis im Einzelfall vorgegangen werden. Allein dadurch sind die Gestaltungsmöglichkeiten der Flughafenunternehmen hinsichtlich einer Wert- und nutzenbezogenen Gebührenermittlung zur Erreichung von Verkehrsverlagerungseffekten eingeschränkt. Sonst genügt es aber, wenn auf das im Regelfall wahrscheinliche Leistungsverhältnis abgestellt wird. Dabei kann der Wert des Gegenstandes zur Bemessungsgrundlage gemacht werden. Das Wahrscheinlichkeitsprinzip ist also auch bei der nutzenbezogenen Gebührenerhebung anwendbar 313. So ergibt sich der Wert einer Einfuhrgenehmigung aus der Handelsspanne nach Durchführung der Einfuhr. Ist diese bei unterschiedlichen Warengattungen voneinander abweichend, so kann auch eine differenzierte Gebühr festgelegt werden 314 . Tatsächlich handelt es sich bei diesem System um eine kombinierte Anwendung des Wirklichkeits- und des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes. Die Handelsspanne entspräche vorliegend der Gewinnspanne bei der Durchführung von Flügen und wäre nach dem Wirklichkeitsmaßstab entwikkelt. Geht man davon aus, daß die Gewinnspanne bei einem durchschnittlichen Flug auf der fraglichen Linie auch erreicht wird, also wahrscheinlich ist, erfolgt insoweit und bis zur Darlegung des Gegenteils die Gebührenbemessung nach festen Sätzen unter Berücksichtigung des wahrscheinlich mit dem Flug erzielbaren Gewinns auf beiden Seiten (Wahrscheinlichkeitsmaßstab) 315. Ebenso ist bei den Gewinnerwartungen der Flughafenunternehmen zu verfahren. Die so ermittelte Gebühr bildet den Maßstab für den entgeltrelevanten Wert des Slots. Soll ein verkehrspolitisch erwünschter Effekt erreicht werden, so darf die Gebühr für die verkehrspolitisch nicht oder nicht zu der entsprechenden Tageszeit erwünschten Flüge die wertbezogene Gebühr zwar erreichen, aber nicht überschreiten. Ausnahmen und Ermäßigungen für Sonderfalle sind aufgrund des Gleichheitsgebots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorzunehmen und in die Entgelt- bzw. Gebührenordnung aufzunehmen.

3.3

BVerwGE 2, 246 (249); BVerwGE 12, 162 (169).

3.4

So BVerwGE 2, 246 (250).

3.5

Eine Kombination von Wahrscheinlichkeits- und Wirklichkeitsmaßstab wendet auch an BGH, ZLW 1978, S. 140.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

149

Die nach dem Nutzen der Leistung erhobene Gebühr kann daher durch eine kombinierte Anwendung von Wahrscheinlichkeits- und Wirklichkeitskriterien ermittelt werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, dann bewegt sich die Flughafengebühr auch im Rahmen der Billigkeit nach § 315 I I I BGB. dd) Zulässigkeit verkehrspolitischer

Motive

Kennzeichnend für die nutzen- und damit wertbezogene Gebühr ist, daß der Wert der Flughafenleistung oder des konkreten Slots für beide Seiten berücksichtigt wird. Die Gebühr muß mit anderen Worten auch für den Flughafen ein „billiges Entgelt" sein. In Zeiten großen Andrangs oder auf bevorzugten Flughäfen eines Flughafensystems muß für den Flughafenbetreiber ein Interesse daran bestehen, die vielfaltig nachgefragten Flughafenleistungen preislich so anzubieten, daß neben der Versorgungsfünktion auch die Interessen des Flughafens an möglichst optimierten Einkünften gewahrt bleiben. Hierzu kann die Einführung einer zeitgestaffelten Gebühr dienen, denn die statische Gebührenberechnung nach Gewicht und Passagierzahl reicht nicht aus, den Flughafenbenutzer mit dem wahren Wert des Slots zu belasten. Das gilt insbesondere für jene Flüge, die aufgrund des Kontrahierungszwanges oder bestehender „Großvaterrechte" anderen für die Versorgungsaufgabe des Flughafens möglicherweise besser geeigneten Verkehr verhindern. Der überlastete Flughafen wird dann unter Umständen noch mit der geringeren Gebühreneinnahme aus diesen Flügen „bestraft". Die Flughafenbetreiber eines Flughafensystems müssen diese Nutzenrelation schon im Interesse der optimalen Ausnutzung ihrer Anlagen bei der Gebührengestaltung berücksichtigen dürfen. Sie müssen die starren gewichtsund passagierbezogenen Gebühren so ändern, daß eine Landung oder Abfertigung preislich in etwa dem nahekommt, was durch die Gebühreneinnahme mit einem verkehrspolitisch erwünschten Flug zu erzielen wäre. Grundsätzlich bedeutet so ein Gebührenverhalten allerdings eine Benachteiligung des „unerwünschten" und somit zu verlagernden Flugverkehrs 316. Entscheidend ist, ob diese Benachteiligung in Form einer willkürlichen Ungleichbehandlung erfolgt und damit als gleichheitswidrig und auch unbillig anzusehen wäre. Hierfür kommt es darauf an, ob die angesprochene Differenzierung zwischen den Flughafennutzern sachlich begründet ist.

316

Giemulla /Lau, § 43 LuftVZO, Rn. 11.

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

150

Wie bereits dargelegt, ist der Lärmschutz ein anerkannter Differenzierungsgrund. Er ist durch die Lärmschutzvorschriften gesetzlich legitimiert 317 . Den Flughäfen wird außerdem zugestanden, angemessene Gewinne zu erwirtschaften, um eine Kapitalverzinsung bzw. Rückstellungen für die Wiederbeschaffung verbrauchter Anlagen oder Erweiterungsbauten zu erreichen 318. Ebenso wie der Lärmschutz ist die Wahrung öffentlicher Verkehrsinteressen in Form eines öffentlichen Interesses an funktionierenden Verkehrsflughäfen und günstigen Flugverbindungen gesetzlich legitimiert 319 . Die neuen Vorrangregelungen der §§ 2 7 a - d LuftVG stellen für den Luftraum eine Prioritätenabfolge auf, wie sie auch am Boden zur Verkehrslenkung notwendig wäre. Sie wäre inhaltlich zwar nicht in vollem Umfang geeignet, Verkehrslenkungsmaßnahmen in Flughafensystemen einzuleiten, weil der Gesetzgeber mit ihnen nicht die betriebswirtschaftlichen Interessen der Flughafenbetreiber schützen, sondern den knappen Luftraum ökonomischer verteilen wollte. Trotzdem sind die vorstehend schon beschriebenen Vorrangregelungen (1. gewerbsmäßige Flüge, 2. früher koordinierte vor erstmals geplanten Flügen, 3. planmäßige vor weniger häufigen Flügen, 4. Instrumentenflug vor Sichtflug) von Interesse für die Abstufung von Gebühren 320. Denn die vom Gesetz vorgesehenen Differenzierungskriterien sind sachliche Gründe, die auch für eine Differenzierungslösung bei den Gebühren am Boden angewandt werden könnten. Der durch die §§ 27a—d LuftVG in die Freiheit des Luftraumes nach § 1 LuftVG vorgenommene Eingriff ist sogar stärker, als es dieselbe Regelung bei der Flughafenbenutzung am Boden wäre. Während der Gemeingebrauch am Luftraum gesetzlich garantiert ist, besteht eine ähnlich starke Rechtsposition unter den Flughafenbenutzern am Boden mangels gesetzlicher Regelung nicht. Sieht man folglich die in §§ 2 7 a - d LuftVG genannte Prioritätenregelung für einzelne Flüge und Flugarten als sachlich begründete Differenzierungsregelung an, muß man dies erst recht für ähnliche Regelungen am Boden anerkennen. Die Flughäfen könnten also bei einer differenzierenden Gebührenregelung auf Prioritätskriterien zurückgreifen, wie sie der Gesetzgeber in den §§27 a - d LuftVG bereits mit der sachlich zutreffenden Begründung, daß der Luftraum optimal genutzt werden muß, aufgestellt hat 321 .

317

Hochgürtel

318

BGH, L M 1973 Nr. 2 zu § 43 LuftVZO, S. 16-18; BGH, DVB1. 1974, S. 558, 561;

Hofmann /Grabherr,

S. 73. § 6 L u f t V G , Rn. 169.

3,9

BVerwG, ZLW 1990, S. 127.

320

Vgl. auch oben S. 101 ff.

321

Vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf, BT-Drs. 12/1801, S. 16.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

151

Dennoch darf dieser Rückgriff keine grundsätzliche Ausschlußfunktion fur einzelne Benutzer haben. Denn dies wäre mit der Daseinsvorsorgefunktion der Flughäfen nicht vereinbar. Damit ist auch gleichzeitig die Grenze der lenkenden Gebührenfestsetzung aufgezeigt. Eine Vertreibungsgebühr ist unzulässig 322 . Die Gebühr muß vielmehr im Rahmen einer legitimen Anreizbildung zu einem erwünschten Verhalten bleiben 323 . Auch der Kleinflieger muß tendenziell noch in der Lage sein, eine freie Entscheidung zu treffen, ob er ein erhöhtes Entgelt entrichten oder stattdessen auf einen benachbarten Flughafen, bei dem die Gebühren innerhalb des Systems vielleicht sogar gesenkt werden konnten, ausweichen will. So wäre es sicher nicht sachgerecht, ein Kleinflugzeug bis 5,7 to mit den gleichen Landegebühren wie einen JumboJet zu belasten, um seine Abwanderung zu erreichen. Trotz dieser Einschränkungen erscheint die Verkehrslenkung durch Gebührenstaffelung unter den diskutierten Alternativen als eine relativ vielversprechende Methode, die zum Ziel der Entlastung überbeanspruchter Flughäfen beitragen könnte. Bei der Genehmigung der Gebührentarife ist ein gemeinsames Vorgehen der Genehmigungsbehörden bzw. der Flughäfen nicht zwingend 324 . Denn wenn die Gebühren letztlich privatrechtlichen Charakter haben und insofern ihre behördliche Anerkennung nur deklaratorischen Charakter hat, gelten sie auch ohne Genehmigung325. Die Steuerung des Flugverkehrs durch isoliertes Vorgehen einzelner Flughäfen bei der Gebührenneugestaltung ist somit auch unter diesem Aspekt rechtlich möglich. Allerdings müssen die Gebühren auch im Einklang mit EU-rechtlichen Vorgaben stehen und dürfen insbesondere nicht gegen kartellrechtliche Regelungen (z.B. Art. 85, 86 EGV) verstoßen 326. b) Nicht genehmigungspflichtige Entgelte Die nicht genehmigungspflichtigen Entgelte umfassen diejenigen Leistungen, die nicht von der gebührenrechtlichen Genehmigungspflicht berührt sind, wie z.B. Entgelte für Hangarmieten oder das Abstellen von Flugzeugen. Diese sog. Bodenverkehrsdienste umfassen alle Leistungen, die nicht der Entgeltbzw. Gebührengenehmigung nach § 43 I LuftVZO unterliegen 327. 322

Kloepfer,

323

Hansmeyer-Fürst,

324

Schwenk, Handbuch, S. 420.

S. 246. S. 93 ff.

325

BGH, ZLW 1979, S. 140.

326

Hierzu vgl. unten S. 153-160.

327

Hofmann/Grabherr,

§ 6 LuftVG, Rn. 170.

152

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Hier gilt das Äquivalenzprinzip, das entsprechend weiter als der gebührenrechtliche Ansatzpunkt für Landegebühren ist, nicht. Dies bedeutet, daß die Entgelte weitgehend frei festzulegen sind 328 . Da einige dieser Dienste aber nicht nur von den Flughäfen, sondern auch von anderen Unternehmen oder von den Fluggesellschaften selbst vorgenommen werden (z.B. das Einchekken von Passagieren oder Gepäck), handelt es sich um eine „normale", d.h. dem Wettbewerb zugängliche Dienstleistung. Die Erhebung von Entgelten ist damit - wie bereits oben ausgeführt - keiner öffentlich-rechtlichen Beschränkung unterworfen. Sie findet allerdings ihre Grenzen in den allgemeinen Bestimmungen des AGBG, UWG und des BGB, z.B. in den §§ 138, 242, 315 III BGB. Jedoch müssen im Rahmen der zivilrechtlichen Vorschriften bei der Entgeltbemessung die wirtschaftlichen Interessen beider Seiten (d.h. der Flughafenunternehmen und der Flughafenbenutzer) berücksichtigt werden 329 . Dabei kommt es im Einzelfall darauf an, welche Stellung der jeweilige Flughafen (oder das Flughafensystem) im Wettbewerb mit anderen Flughäfen (oder Flughafensystemen) einnimmt. Wettbewerber sind die Flughäfen, sofern sie, was die Regel ist, diese Dienste selbst anbieten und die übrigen am Flughafen tätigen Unternehmen der Bodenabfertigung. Als Markt für diese Leistungen ist der jeweilige Flughafen anzusehen, so daß die Flughafenunternehmen eine etwaige marktbeherrschende Stellung nicht dazu mißbrauchen dürfen, Verkehrslenkungsmaßnahmen vorzunehmen. Dort, wo für eine Leistung aus dem Bereich der Bodenverkehrsdienste mehrere Anbieter zur Verfügung stehen, wäre eine an Verkehrslenkungsmotiven orientierte Preispolitik der flughafeneigenen Anbieter zwar kartellrechtlich zulässig, aber wegen der vorhandenen Konkurrenz im Ergebnis praktisch aussichtslos. Wie sogleich zu erörtern sein wird, drängte die EU-Kommission mit ihrem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste" vom 13.12.1994 darauf, diesen Markt den Erfordernissen des Binnenmarktes anzupassen und sowohl die luftseitigen wie auch die landseitigen Dienste weiteren Anbietern zugänglich zu machen 330 . Davon sind auch einige der nach § 43 I LuftVZO genehmigungspflichtigen Dienstleistungen umfaßt. Nachdem dieser Richtlinienvorschlag Geltung erlangt hat, ist einer Verkehrslenkung durch eine gestaffelte Anpassung der nicht genehmigungspflichtigen Entgelte - unabhängig von der nationalen Rechtslage und der praktischen Aussichtslosigkeit solcher Maßnahmen - endgültig der Boden entzogen. 328

Burghartz, Kommentar zum GebG und VerwKostG NW, § 3.

329

BGH, ZLW 1974, S. 80; Schwenk, Handbuch, S. 419 ff.

330

KOM(94)590 endg. vom 13.12.1994, S. 5, ABl. EG L 272/36 vom 25.10.1996; Rittner, NVwZ 1994, S. 429.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

153

4. Mögliche Beschränkungen der Verkehrslenkung durch Vorgaben der EU-Kommission a) Hinsichtlich der Bodenverkehrsdienste Zur geltenden Rechtslage bei den Bodenverkehrsdiensten wurde oben bereits Stellung genommen331. Es wurde dabei festgestellt, daß die Verkehrslenkung über die Anpassung der Entgelte bei den Bodenverkehrsdiensten wegen des schon bestehenden und wegen des infolge der EU-Bodenabfertigungsdienstrichtlinie 332 noch erweiterten Wettbewerbs nicht praktizierbar ist. Die genannte, auf Art. 84 II EGV gestützte333 EU-Richtlinie wird auch Auswirkungen auf die Verkehrslenkung mittels Gebührenerhebung bei den bislang nach deutschem Recht genehmigungspflichtigen Entgelten nach § 43 LuftVZO haben. Diese umfassen auch Vorfelddienste, wie sie heute von den Flughafenunternehmen geleistet werden, z.B. beim Landen, Starten und Abstellen der Flugzeuge und der Benutzung der Fluggasteinrichtungen. Die EU-Richtlinie bezieht sich unter Hinweis auf die IATA-Unterteilungen der 11 Bodenabfertigungsdienste 334 ausdrücklich auf alle Dienstleistungen auf einem Flughafen, die für die Luftverkehrsunternehmen bei der Ausübung ihrer Beförderungstätigkeit unerläßlich sind, mit Ausnahme der Tätigkeiten, die überhaupt nichts mit dem Flugbetrieb zu tun haben, wie Konzessionen, Vermietung oder Nutzung der Gewerbeflächen auf dem Flughafen 335 . Insofern werden auch einige Leistungen, die nach deutschem Recht einer Entgeltgenehmigung nach § 43 LuftVZO unterliegen, wie z.B. die Vorfelddienste, von der Richtlinie umfaßt sein. Auch hier ist in Zukunft also mit einem Wettbewerb verschiedenen Anbieter zu rechnen, auch wenn die Kommission in ih331

Vgl. oben S. 65 ff, und im vorangegangenen Abschnitt, S. 152.

332

Abi. EG Nr. L 272/36 vom 25.10.1996.

333

Rittner, NVwZ 1994, S. 429; Geiger, EG-Vertrag, Art. 84 Rn. 4. Während die Kommission sich in ihrem Vorentwurf für eine Richtlinie zu den Bodenverkehrsdiensten zunächst noch auf ihre Kompetenz gegenüber öffentlichen und monopolartigen Unternehmen und Versorgungsbetrieben gem. Art. 90 III EGV gestützt hatte und dabei auf Kritik gestoßen war, gehen der Vorschlag vom 13.12.1994 und die Richtlinie 96/67 vom 15.10.1996 von der Kompetenz nach Art. 84 II EGV aus. Das folgt aus Art. 7a Einheitliche Europäische Akte, der den Anwendungsbereich des gesamten Art. 84 EGV hinsichtlich der Binnenmarktgrundsätze auch auf den Luftverkehr ausdehnt. 334

Administrative Abfertigung am Boden / Überwachung, Passagierabfertigung, Gepäckabfertigung, Fracht- und Postabfertigung, Vorfelddienste, Reinigungsdienste, Betankungsdienste, Stationswartungsdienste, Flugbetriebs- und Crewdienste, Transportdienste am Boden und Bordverpflegungsdienste. 335 Ziff. 4 der Präambel zur Bodenabfertigungsdienstrichtlinie, Abi. EG Nr. L 272/36; KOM 590 endg. vom 13.12.1994, S. 4.

154

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

rem Vorschlag für einige der Bodenabfertigungsdienste anerkennt, daß sie aus technischen und räumlichen Gründen auf den Flughäfen nicht mehrfach vorgehalten werden können (z.B. bei der Gepäckbandbeförderung) 336. Die Bodenabfertigungsdienstrichtlinie sieht im einzelnen vor: -

Ab 1. Januar 1998 Freigabe der landseitigen Selbstabfertigung (d.h. der Selbstabfertigung durch die Fluggesellschaften im wesentlichen im Empfangsgebäude) auf allen Flughäfen und der luftseitigen Selbstabfertigung (d.h. der Abfertigung durch die Fluggesellschaften im wesentlichen auf dem Vorfeld) auf Flughäfen mit jährlich mindestens 1 Mio. Fluggastbewegungen oder 25.000 to Fracht, Art. 1 I und Art. 7 II.

-

Ab 1. Januar 1999 freier Zugang zur land- und luftseitigen Drittabfertigung auf Flughäfen mit entweder jährlich mindestens 3 Mio. Passagieren oder 75.000 to Fracht oder bei Saisonflughäfen mit mindestens 2 Mio. Passagieren oder 50.000 to Fracht in einem vorausgehenden Zeitraum von 6 Monaten, Art. 1 I und Art. 6.

-

Die luftseitige Drittabfertigung kann in bestimmten Bereichen auf 2 Anbieter je Dienstleistungsart begrenzt werden. Dabei ist ab 1. Januar 2001 zumindest ein vom Flughafenbetreiber oder der dominierenden Fluggesellschaft unabhängiger Anbieter zuzulassen. Auf Antrag eines Mitgliedsstaates kann die Kommission diesen Zeitraum bis zum 31. Dezember 2001 aufschieben, Art. 6 III.

-

Die luftseitige Selbstabfertigung kann auf zwei Nutzer beschränkt werden, Art. 7 II.

-

Für eine Übergangsfrist von 2 Jahren, die auf Antrag eines Mitgliedsstaates von der Kommission um weitere 2 Jahre verlängert werden kann, kann ein Mitgliedsstaat ausnahmsweise bei Kapazitätsengpässen die luftseitige Drittabfertigung einem einzigen Anbieter vorbehalten und die luftseitige Selbstabfertigung gänzlich untersagen, Art. 9 VI.

Die Richtlinie enthält ferner Vorschriften über bestimmte zentrale Infrastruktureinrichtungen, die dem Flughafenbetreiber vorbehalten werden können. Außerdem werden Einzelheiten des Verfahrens zur Auswahl der Dienstleister sowie seiner Zulassung geregelt. Für den Zugang zu Flughafeneinrichtungen kann ein Entgelt (einschl. Konzessionsabgaben) erhoben werden. Der Spielraum für die Verkehrslenkung durch Gebührenerhebung und ihre Anpassung dürfte sich damit in Zukunft auf die unmittelbaren Start- und Landegebühren und eventuell die Abstellgebühren reduzieren, weil diese Leistungen eines Flughafenunternehmens nicht zu den Bodenabfertigungsdien336 Ebda., S. 6; Ziff. 11 der Präambel der Bodenabfertigungsdienstrichtlinie; Art. 8 Bodenabfertigungsdienstrichtlinie.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

155

sten gehören. Die Benutzung der Fluggasteinrichtungen (z.B. der Landungsbrücken) nach § 43 LuftVZO ist dann ebenfalls dem Wettbewerb zugänglich zu machen, denn diese ist den Bodenabfertigungsdiensten zuzurechnen. b) Hinsichtlich der Start- und Landegebühren Die EU-Kommission hatte in ihrem „Vorschlag für eine Verordnung über Gebührengrundsätze von Flughäfen" vom 22. Mai 1992 337 zu erkennen gegeben, daß von Seiten der EU-Kommission eine europaweite Harmonisierung der Flughafengebühren weder wünschenswert noch möglich sei. Insoweit sollte die Gebührenhoheit des Flughafens erhalten bleiben. Aber die unterschiedliche Behandlung von Inlands- und Auslandsflügen wurde „für gänzlich untragbar" gehalten, so daß in dieser Hinsicht wohl in absehbarer Zeit neue Gebührenordnungen mit entsprechende Kriterien zu schaffen sind. Zum Januar 1993 hat die EU durch die Verordnungen Nr. 2409/92 (EWG) und 2408/92 (EWG) die Voraussetzungen geschaffen, im Binnenmarkt die freie Flugpreisgestaltung einzuführen sowie das Kabotagerecht zu gewährleisten (d.h. das Recht, Passagiere und Fracht in einem EU-Mitgliedsstaat, der nicht Heimatstaat der Gesellschaft ist, aufzunehmen und zu einem anderen Flughafen innerhalb dieses Staates zu befördern). Die Fragen der Slot-Verteilung innerhalb von Flughafensystemen sind jedoch bislang unberührt geblieben 338 . Nach dem Verordnungsvorschlag aus dem Jahre 1990 der EU 3 3 9 sollten Flughafengebühren in angemessenem Verhältnis zwischen Aufwand und Kosten der erbrachten Dienstleistung stehen und eine angemessene Gewinnmarge berücksichtigen. Eine gesetzliche Regelung besteht bislang aber noch nicht. Trotz des Grundsatzes, daß Flughafengebühren in angemessenem Verhältnis zwischen Aufwand und Kosten stehen sollen, hat die Kommission im Jahre 1995 das am Flughafen Brüssel bestehende Rabattsystem bei den Startund Landegebühren als EG-vertragswidrig erklärt. Das Rabattsystem sei mit Art. 86 EGV nicht vereinbar, weil dadurch für die Luftverkehrsgesellschaften ungleiche Bedingungen für gleichwertige Start- und Landedienstleistungen und so Wettbewerbsnachteile entstünden340. Durch die Rabattregelung, die im Ergebnis die häufigste von Brüssel aus startende Gesellschaft SABENA be337

EG-Kommission, in BT-DRs. 12/1771.

338

Giemulla/ Schmid, Europäisches Luftverkehrsrecht, Neuwied 1993, Einfuhrung, S. 51,

57. 339

KOM(90)100, ABl. EG Nr. C 147 vom 16.6.1990, zit. nach ebda., S. 61.

340

EU-KOM vom 28.06.1995, ABl. EG L 216/8 vom 12.09.1995.

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

156

günstigte, seien kleinere Flugzeuge und Gesellschaften mit weniger BrüsselVerbindungen benachteiligt. Die Entscheidung berührt allerdings nicht die grundsätzliche Frage der Zulässigkeit einer Verkehrslenkung in Flughafensystemen durch Gebühren. Denn Brüssel ist aufgrund seines Verkehrsaufkommens als Flughafen von gemeinschaftsweiter Bedeutung und somit als wesentlicher Teil des gemeinsamen Marktes gem. Art. 86 S. 1 EGV anzusehen341. Einen wesentlichen Teil des gemeinsamen Marktes können nämlich auch die einzelnen Mitgliedsstaaten bilden 342 . Das gilt auch dann, wenn es sich nur um einen einzelnen kleineren Mitgliedsstaat handelt. Entscheidend ist allein Umfang und Struktur von Angebot und Nachfrage in dem betreffenden Markt 343 . Brüssel bildet insofern bei den Flughafenleistungen deshalb einen wesentlichen Teil des gemeinsamen Marktes, weil es in Belgien der einzige Flughafen mit nennenswerten internationalen und EU-weiten Verbindungen ist. Für die betroffenen Fluggesellschaften bietet sich im Umkreis von über 100 km keine realistische Alternative an. Die Kommission hat folgerichtig in diesem Fall die Frage gar nicht erst geprüft, ob ein Rabattsystem auch dann als eine mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung anzusehen wäre, wenn Brüssel Teil eines Flughafensystems mit verschiedenen Gebührenstaffeln und Rabatten wäre. Auch innerhalb eines Flughafensystems ist jedoch das Mißbrauchsverbot des Art. 86 EGV zu beachten. Allerdings liegt die Mißbrauchsschwelle dann höher als bei Einzelflughäfen. So kann z.B. durch ein (zulässiges) Treuerabattsystem der Betreiber des Flughafensystems erreichen, daß diejenigen Nutzer, die einem vom Systembetreiber favorisierten Flughafen innerhalb des Systems „die Treue halten", mit Rabatten „belohnt" werden. 344 . Die Kommission bemüht sich seit 1995, ein gemeinsames Rahmenwerk für Flughafengebühren innerhalb der Gemeinschaft zu schaffen und hat ihre Vorstellungen in einem im Juni 1995 an die Mitgliedstaaten versandten „Konsultationspapier" konkretisiert 345 . Sie stellt darin fest, daß innerhalb der Union verschiedene Gebührensysteme und Gebührentatbestände existieren und die Gebühren eine Funktion als Lenkungsinstrument hinsichtlich der In341

EU-KOM, a.a.O., S. 10.

342

Geiger, Art. 86 Rn. 8; Oppermann, Rn. 903, 908 f.; Grabitz-Koc/*, Art. 86 Rn. 41

m.w.N. 343

Grabitz-tocA, a.a.O.; Oppermann, Rn. 909.

344

Zu Treuerabattsystemen vgl. EU-KOM vom 28.06.1995, a.a.O., m.w.N.

345 Consultation Paper Airport Charges vom 22.06.1995, das vom BMV mit Schreiben vom 30.06.1995 den anderen beteiligten Ressorts (BMWi, BMF, BMA, BMI und BMJ), dem Bundeskanzleramt sowie den obersten Luftfahrtbehörden der Länder und den Verbänden und Unternehmen der deutschen Luftfahrt zur Stellungnahme zugeleitet wurde.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

157

frastrukturnutzung und der Auswirkungen des Flugverkehrs auf die Umwelt innehaben. Dabei existierten beträchtliche Unterschiede in der Gebührenhöhe und beim Informationsaustausch zwischen Flughafenbetreibern und Benutzern. Unter Hinweis auf die schon 1990 verabschiedeten Vorschläge für ein Konsultationsverfahren strebt die Kommission Gebührensysteme an, die von den Prinzipien der Nichtdiskriminierung, des Kostenbezugs und der Transparenz geleitet sind. Insbesondere im Hinblick auf die häufigen Kapazitätsengpässe an Flughäfen stellt die Kommission in ihrem Konsultationspapier aber auch fest, daß die kostenbezogene Gebührenerhebung durchaus Spielräume aufweisen sollte. Durch die Möglichkeit, bestimmte Gebühren entsprechend den Bewegungen flexibel anzupassen, würde der Preis der Leistung vom Grad der Nachfrage bestimmt. Indem in nachfrageintensiven Zeiträumen die Abfertigung größerer Flugzeuge begünstigt werde, könnten Anreize geschaffen werden, die Flugzeugbewegungen insgesamt zu reduzieren 346. Reinen Rabattsystemen oder Ausnahmeregelungen steht die Kommission aus Wettbewerbsgründen kritisch gegenüber 347. Ihre legislative Zuständigkeit sieht die EU-Kommission durch Art. 84 II EGV gegeben. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip sollte es nach Auffassung der EU-Kommission den Mitgliedstaaten ermöglicht werden, innerhalb des gemeinsamen Rahmens die Art und Höhe der Gebühren jedoch selbst festzulegen und sie an die bestehenden Sachzwänge und Anforderungen anzupassen. Sie schlägt deshalb vor, das Regelungswerk im Rahmen einer umsetzungsbedürftigen Richtlinie zu fassen 348. Bis Ende des Jahres 1995 haben die Mitgliedstaaten und die Verbände der am Flugverkehr beteiligten Unternehmen (Flughäfen wie Fluggesellschaften) im Rahmen einer „Task Force to Consider the Question of Airport Charges at Airports in ECAC Member States" der European Civil Aviation Conference (ECAC, die regionale Organisation der ICAO) gegenüber der Kommission Stellung genommen. Grundlegende Bedenken gegen eine Regelung der Gebührengrundsätze wurden von Österreich geäußert, das eine allgemeinere Regelung aller monopolartigen Märkte vorziehen würde. Eine konkretere Definition der „Gebühren" wurde von den Niederlanden, Österreich und dem Sekretariat der ECAC gewünscht. Auch die Einbeziehung der Investitionskosten in die Ermittlung der Kostengrundlagen für die kostenbezogene Gebührenerhebung wurde kriti346

EU-KOM, a.a.O. (deutsche Fassung), S. 12.

347

EU-KOM, a.a.O., S. 13.

348

EU-KOM, a.a.O., S. 14 f.

158

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

siert (Niederlande, Österreich, ECAC, IATA). Unterschiedliche Auffassungen existieren auch darüber, ob innerhalb von Flughafensystemen der einzelne Flughafen (so Österreich und Großbritannien) oder das gesamte System in seiner Gebührenstruktur betrachtet werden sollte (so Finnland, Norwegen, Spanien, Schweden und ECAC). Eine mögliche Gebührendifferenzierung zu Spitzenzeiten wird von Großbritannien favorisiert, das im übrigen sein System beibehalten will. Der ACI-Europa (Airport Council International) betont den Charakter der Gebühren als Lenkungsinstrument, um den Flughafenbetrieb den Markterfordernissen anzupassen. Das von der Kommission angestrebte Verbot, zwischen Inlandsflügen und innergemeinschaftlichen Flügen zu differenzieren, stößt hingegen nicht auf Widerspruch 349. Die ECAC hat daraufhin zu den Vorschlägen der Kommission eine gemeinsame Stellungnahme erarbeitet. Die ECAC äußert sich darin insbesondere kritisch zu dem Vorhaben, Start- und Landegebühren nach kostenbezogenen Kriterien zu erheben, weil es in der Praxis für die Flughäfen nicht möglich sei, exakte Kosten für die angebotenen gebührenpflichtigen Leistungen auf individueller Basis zu ermitteln 350 . Um Flughafengebühren bzw. -entgelte (nach der deutschen Terminologie) von Steuern zu unterscheiden schlägt die ECAC eine Definition vor, die für eine künftig mögliche Gebührenrichtlinie der EU gelten solle. Der Vorschlag lautet: „Airport charges are those levies on users for services / facilities that are essential for operations of air services and for which the airport is the sole supplier." 351 .

Zu den essentiellen Leistungen sollen nach Vorstellung des ECAC die Lande- und Beleuchtungsgebühren (Startbahnbefeuerung etc.), Park- und Abstellgebühren sowie die Passagierabfertigungs- und Frachtgebühren gehören. Ob damit in absehbarer Zeit eine EU-einheitliche Regelung bestehen wird, bleibt somit einstweilen offen. In jedem Fall wird die Verkehrslenkung durch national gelenkte administrative Maßnahmen eher noch schwieriger werden, da im europäischen Binnenmarkt jede der europäischen Luftverkehrsgesellschaften für sich in Anspruch nehmen kann, daß das Territorium der Staaten der Gemeinschaft ihr natürlicher Heimatmarkt ist 352 . Andererseits lassen der bisherige Verfahrensstand und die vertretenen Auffassungen der Beteiligten erkennen, daß eine verkehrspolitisch motivierte Anpassung von Gebührensät349 So auch vgl. im übrigen ACTF/2 No. l ACTF/3-WP/3 26.01.1996. 350

nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrtunternehmen, European Civil Aviation Conference Responces to EC Consultation Paper a), 2, 3, 4 und WP/3 vom 19.12.1995, ACTF/3-WP/2 vom 15.01.1996, vom 22.01.1996, ACTF/3-WP/4 vom 24.01.1996, ACTF/3 No. 1 vom

Vgl. Report of the ECAC Task Force on Airport Charges vom 27.03.1996 (n.v.).

351

Ziffer 11 des „Report".

352

Reimer, S. 150.

VIII. Staffelung der Gebühren- und Entgeltsätze nach Gemeinnützigkeit

159

zen innerhalb und außerhalb von Flughafensystemen weder explizit ausgeschlossen noch indirekt erschwert werden wird. Allerdings dürften die angestrebten Gebührengrundsätze und die strikte Anwendung wettbewerblicher Vorschriften der Verkehrslenkung durch Gebühren auch Grenzen setzen. Diese sind auch nach den nationalen rechtlichen Vorgaben in Deutschland bereits gegeben; die Einführung des „Flughafensystems" in die luftverkehrsrechtliche Terminologie durch das EU-Recht könnte eine gesetzliche Möglichkeit für die flexiblere Gebührenerhebung deshalb insgesamt eher begünstigen. Die Umsetzung der geplanten Richtlinie in nationales Recht würde die Chance eröffnen, Flughafensysteme im Rahmen der EU-rechtlichen Spielräume so zu privilegieren, daß sie ihr Gebührensystem den verkehrspolitischen Erfordernissen anpassen könnten. Damit wäre sowohl den Nutzern als auch der Versorgungsfunktion der Flughäfen gedient.

5. Mögliche Beschränkungen durch Wettbewerbsvorschriften a) Auf nationaler Ebene Mit der 5. GWB-Novelle, die zum 1. Januar 1990 in Kraft getreten ist, wurde die bislang in § 99 I I Nr. 2 GWB enthaltene Freistellung für Verträge der Flugplatzunternehmer aufgehoben. Absprachen der Flughäfen über die Flughafenentgelte sind somit nicht mehr freistellungsfahig, es sei denn, daß sie als Konditionenkartelle bzw. -empfehlungen gem. §§ 2, 38 II Nr. 3 GWB legalisiert werden 353 . b) Auf EU-Ebene Für nicht verbundene Flughafenunternehmen einer Stadtregion gilt das Kartellverbot des Art. 85 EGV direkt, sofern etwaige Absprachen wettbewerbsverhindernde, -einschränkende oder -verfälschende Wirkung haben 354 . Für zusammengeschlossene Unternehmen, die ein Flughafensystem bilden, gilt Art. 86 EGV mit seinem Verbot der mißbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Relevanter Markt kann dabei auch der Markt für Verkehrsdienstleistungen in einer Region oder sogar an einem Ort sein 355 . Denn die Regeln der Art. 85 und 86 EGV gelten grundsätzlich auch im Bereich der Verkehrspolitik (Art. 84 EGV) 3 5 6 . 353 Hofmann/Grabherr, LuftVG, § 6 Rn. 155; Bechthold, Einfuhrung, Rn. 13, § 99 Rn. 5 f., 37; Heinze, S. 1150; Bechtold, NJW 1995, S. 1936, 1941; Rittner, § 6 Rn. 71, 84 ff. 354 Geiger, EGV, Art. 85 Rn. 6 - 1 0 ; Bechtold, Einfuhrung, Rn. 30-32, 37; Heinze, S. 1150. 355

Vgl. oben im vorherigen Abschnitt; Oppermann, Rn. 908 f.; Geiger, EGV, Art. 86 Rn. 8; EuGH 1994 I, 1812 - Lotsendienste Genua. 356

Geiger, EGV, Art. 85 Rn. 4.

160

Teil II: Bewertung möglicher Lösungsansätze

Durch die Richtlinienentwürfe der EU-Kommission im Bereich der Bodenverkehrsdienste und der Flughafengebühren, die auf Art 84 II EGV gestützt sind bzw. im Falle der Flughafengebühren gestützt sein werden, werden die Handlungsspielräume der Flughafenunternehmen für die Bemessung der Flughafengebühren und ihre Beurteilung nach Art. 85 und 86 EGV in Zukunft präzisiert. Dies war auch notwendig, weil die entsprechende gem. Art. 85 III EGV erlassene Gruppenfreistellungsverordnung am 31. Dezember 1992 außer Kraft getreten ist 357 . Eine Gestaltung, die den zu erwartenden Richtlinien entspricht, kann demnach nicht gegen diese EGV-Artikel verstoßen. Dies gilt auch hinsichtlich der besonderen Pflichten von Mitgliedsstaaten, keine wettbewerbswidrigen Maßnahmen zu Gunsten solcher Unternehmen zu treffen, die gem. Art. 90 I EGV als öffentliche Unternehmen mit besonderen Rechten ausgestattet sind. Denn hierzu gehören auch Unternehmen, die im Rahmen der Daseinsvorsorge Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen, namentlich Verkehrsflughäfen 358. Die Privilegierung solcher Unternehmen durch Art. 90 I I EGV könnte deren Spielräume eher noch etwas erweitern. Denn nach Art. 90 II EGV gelten die Wettbewerbs- und Beihilfevorschriften der Art. 8 5 - 9 4 EGV für sie nur, soweit dadurch nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben (z.B. der Daseinsvorsorge) rechtlich oder tatsächlich verhindert wird. Die möglichen Spielräume wurden oben bereits aufgezeigt. Bestimmend ist demnach der Grundsatz der Nichtdiskriminierung. Die Gebührenregelung zum Zweck der Verkehrslenkung kann daher zulässigerweise erfolgen, wenn sie alle Marktteilnehmer gleich behandelt und keinen Mißbrauch der in einem Flughafensystem dem oder den Unternehmen gegebenen Marktmacht darstellt. Ein solcher Mißbrauch ist nicht gegeben, wenn das Flughafensystem ausschließlich bezweckt, seine Kapazitäten nachfragegerecht zu optimieren. Denn diese Motivation wäre rechtmäßig, weil sie den Daseinsvorsorgeaufgaben der Flughäfen entspricht.

IX. Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, daß die meisten der aufgezeigten Lösungsvorschläge entweder aufgrund mangelndes Durchsetzbarkeit oder wegen materiell-rechtlicher Bedenken kaum praktikabel erscheinen.

357

Verordnung (EWG) Nr. 82/91 der Kommission vom 05. Dezember 1990 zur Anwendung von Art.85 III EGV auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen in bezug auf Versorgungsleistungen auf Flughäfen, Abi. EG Nr. L 10/7. 358

Geiger, EGV, Art. 90 Rn. 4, 9 m.w.N.

IX. Zwischenergebnis

161

Erfolgversprechend erscheint lediglich die Verkehrslenkung über eine optimierte Gebühren- und Entgeltstaffelung unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsentzerrung. Sie bedeutet den verhältnismäßig geringsten Eingriff in die Rechte der Luftfahrer und ist auch unter EU-rechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten bedenkenfrei.

11 Zielke

Teil I I I

Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen Wie oben1 gezeigt, differenzieren die Gebührenordnungen der Flughäfen nach Gewicht des Flugzeuges, Lärmentwicklung, Antriebsart, Landezeit und zum Teil noch nach inländischem und grenzüberschreitenden Verkehr. Ebenso werden durchweg eine personenbezogene Passagiergebühr und eine Abstellgebühr für das Parken von Flugzeugen erhoben. Beide hier beispielhaft gewählten Flughafenregionen (Raum Berlin und Düsseldorf/ Köln-Bonn) machen dabei keine Ausnahme. Insbesondere werden keine weiteren Differenzierungskriterien nach dem Zweck oder Ziel des Fluges vorgenommen. Es ist nicht Aufgabe dieses Abschnittes, eine betriebswirtschaftliche Analyse der Gebührenstruktur vorzunehmen. Entscheidend für eine Gebührendifferenzierung können aber die Verhältnisse der Gebühren innerhalb des Flughafensystems und die Verhältnisse zwischen Klein- und Großflugzeugen sowie der Abstellgebühren sein. Daher soll im folgenden primär auf diese Kriterien eingegangen werden. Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, sind Gebührendifferenzierungen rechtlich zulässig und zur Verkehrslenkung in Flughafensystemen geeignet. Der Blick auf einige ausgewählte Gebührenordnungen zeigt, daß hier noch beträchtliche Spielräume bestehen.

I. Raum Berlin 1. Situationsbericht Die Berliner Flughäfen werden von der 1991 gegründeten Berlin Brandenburg Flughafen Holding GmbH betrieben, die sich aus der Flughafengesellschaft Berlin-Schönefeld GmbH und der Berliner Flughafen-Gesellschaft mbH Tegel-Tempelhof zusammensetzt. Gesellschafter der Holding sind mit je 37% der Geschäftsanteile die Länder Berlin und Brandenburg sowie mit 26% die Bundesrepublik Deutschland2. Während nach den Verkehrsergeb1 2

S. 50 ff.

Berlin Brandenburg Flughafenholding GmbH (BBF), Verkehrsbericht 1995, Berlin 1996.

I. Raum Berlin

163

nissen 1995 im Flughafensystem insgesamt eine Steigerung des Passagieraufkommens um 7,3%, der Flugbewegungen um 3,2% und der Luftfrachttonnage um 11,2% zu verzeichnen war, konzentrierte sich der Verkehr weiterhin zunehmend auf den Flughafen Tegel zu Lasten der übrigen Flughäfen, wo sich der Verkehr verringerte. Lediglich in Schönefeld hat sich die Zahl der Passagiere geringfügig (+3,7%) und die Frachttonnage deutlich (+55,3%) erhöht3. Der Trend setzte sich im ersten Halbjahr 1996 mit einer Steigerungsrate von 1,7% beim Passagieraufkommen fort 4. Die Berliner Flughafenholding geht von einer Gesamtkapazität ihrer Flughäfen von 15,5 Mio. Passagieren aus5, so daß auch nach der Entscheidung für den Bau eines neuen Großflughafens auf dem Gelände des Flughafens Schönefeld die Kapazitätsgrenzen noch innerhalb der Bauzeit erreicht sein könnten. Umso mehr stellt sich die Frage nach einer optimierten Verkehrsaufteilung zwischen den Flughäfen. Da somit nicht von einer günstigen Verkehrsverteilung ausgegangen werden kann, dürften die Kapazitätsobergrenzen schon wesentlich früher erreicht werden als es bei einer optimierten Nutzung aller 3 Flughäfen der Fall wäre. Die Verkehrslenkung durch Gebührenmaßnahmen müßten bei der bestehenden Gebühren- und Entgeltstruktur ansetzen. Vorliegend ist bei den gewichtsbezogenen Gebühren von dem Betrag je angefangene 1.000 kg Höchstabfluggewicht auszugehen, der allen Gebührenordnungen gemeinsam ist. Weiterhin wird exemplarisch ein lärmgünstiges Strahlturbinenflugzeug gem. ICAO Annex 16, Chapter 3 (wie Boeing 737400 etc.) zum Vergleich gewählt.

2. Gebührenstruktur Nach den in den veröffentlichten Gebührenordnungen 6 für Berlin-Tegel und Tempelhof einerseits und Berlin-Schönefeld andererseits betrugen die Gebühren 1994 pro 1.000 kg in Schönefeld D M 19,90 im grenzüberschreitender Verkehr und D M 14,90 im innerdeutscher Verkehr, in Tegel und Tempelhof hingegen jeweils D M 21,25/DM 16,107. 3

Ebda., Verkehrsergebnisse 1995.

4

ADV-Monatsstatistik März 1996, kumulierte Monatswerte Januar-März und Erstes Halbjahr 1996, Stuttgart 1996; vgl. auch den aktualisierten Tabellenanhang. 5

BBF-Verkehrsbericht 1995, a.a.O.

6

NfL-I 84/94, NfL 1-86/94.

7 Bzw. DM 25,-/DM 18,50 fur Chapter 3-Flugzeuge, die nicht einer entsprechenden Liste in der Gebührenordnung angehören. Die preisgünstigere Variante der in der Liste enthaltenen Flugzeugtypen gilt allerdings für fast alle gängigen Flugzeugmuster im Berlin-

11*

164

Teil III: Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen

Die Landegebühren für Propellerflugzeuge betrugen zwischen D M 1 7 und D M 3 4 - für Flugzeuge unter 2.000 kg und D M 19,90 (Auslandsverkehr) bzw. D M 14,90 (Inlandsverkehr) für Flugzeuge über 2.000 kg in Schönefeld sowie D M 21,25/DM 16,10 in Tegel/Tempelhof, wo keine zusätzliche Differenzierung für Flugzeuge unter 2.000 kg besteht. Eklatante Unterschiede bestehen bei den Flughäfen also nur bei Propellerflugzeugen bis 2.000 kg mit über D M 10,- pro 1.000 kg. Das Gros der Flüge wird aber von den größeren Maschinen absolviert. Es können also insgesamt keine erheblichen Unterschiede bei der Gebührenbemessung zwischen den Flughäfen festgestellt werden. Die passagierbezogene Landegebühr betrug in Schönefeld D M 9,50/DM 5,50 Auslandsverkehr/Inlandsverkehr gegenüber D M 10,50/DM 6,50 in Tegel und Tempelhof. Auch hier zeigt sich kein spürbares Preisgefälle zwischen den Flughäfen. Die Abstellgebühren sind ebenfalls gewichtsbezogen und betragen mindestens D M 3,30 je angefangene 24 Stunden und 1.000 kg Höchstabfluggewicht in Schönefeld. Der entsprechende Wert in Tegel und Tempelhof beträgt D M 3,35. Wiederum liegt die Gebührenhöhe bei den 3 Systemflughäfen also in vergleichbarer Größenordnung. 3. Schlußfolgerung Im Ergebnis findet eine Gebührendifferenzierung im Berliner Flughafensystem nur nach Lärmwerten und Gewichten statt. Innerhalb des Systems sind die Gebühren wenig unterschiedlich, so daß sie keinerlei Anreiz bilden, von einem hoch belasteten Flughafen auf einen weniger belasteten auszuweichen. Es ergeben sich also noch beträchtliche Spielräume, um mit einer differenzierteren Regelung oder geänderten Differenzierungskriterien Verkehrslenkung vorzunehmen. Dies dürfte in Zeiten größerer Konkurrenz unter den Fluggesellschaften und bei insgesamt höherem Kostenbewußtsein auch erfolgversprechend sein. So wäre es z.B. denkbar, auch die passagierbezogenen Abflug- bzw. Landegebühren nach Flugzeuggröße zu staffeln, insbesondere ab einer bestimmten Größe zu verringern, um Fluggesellschaften, die bevorzugt größeres und gut ausgelastetes Fluggerät einsetzen (wie die Ferienfluggesellschaften) zum Wechsel nach Schönefeld zu ermuntern. Auch eine stärkere Differenzierung nach Tageszeiten scheint angezeigt und möglich.

Verkehr, wie z.B. fast alle Typen der Firmen Boeing, Airbus und MacDonnel Douglas, so daß vorliegend von den niedrigeren Preisen ausgegangen wird.

II. Raum Düsseldorf, Köln-Bonn

165

II. Raum Düsseldorf, Köln-Bonn 1. Situationsbericht Die Flughäfen Düsseldorf, Köln-Bonn und Mönchengladbach liegen von Düsseldorf aus betrachtet in einem Umkreis von jeweils ca. 30 bis 40 km. Sie nehmen Versorgungsfünktionen für das Ruhrgebiet, dessen linksrheinischen Raum und die Rheinschiene bis Koblenz wahr. Mit einem Vertrag aus dem Jahr 1993 ist die Flughafen Düsseldorf GmbH mit 70% an der Flughafengesellschaft Möchengladbach beteiligt8. Kooperationsbemühungen zwischen den Flughäfen Düsseldorf und KölnBonn waren zwar oftmals geplant, sind aber bis heute nicht verwirklicht worden9. Allerdings ist jetzt die Anbindung des Flughafens Köln-Bonn an das Schienennetz der Bahn vorgesehen, die nach Fertigstellung zusammen mit dem bestehenden S-Bahn-Anschluß des Düsseldorfer Flughafens und einem neu geplanten Fernbahnhof am Düsseldorfer Flughafen eine schnelle Schienenverbindung zwischen beiden Flughäfen gewährleisten wird. Die Grundvoraussetzungen für eine gegenseitige Entlastungsfünktion ist damit erfüllt. Mit über 15 Mio. Fluggästen 1995 und einer Steigerungsrate von 8,2% hält Düsseldorf nach Frankfurt/Main wie vor seine Stellung als zweitgrößter deutscher Flughafen. Trotz des Brandes in den Abfertigungsgebäuden im Frühjahr 1996 stieg das Gesamtverkehrsaufkommen in Düsseldorf im ersten Vierteljahr 1996 erneut um 10,8%10. Köln-Bonn wies mit einer Steigerungsrate um 19,9% auf ca. 4,7 Mio. Fluggäste eine der höchsten Verkehrszunahmen unter den deutschen Verkehrsflüghäfen auf. Bei der Luftfracht rangiert Köln-Bonn nach Frankfurt auf Platz 2 der deutschen Flughäfen 11. Der Flughafen Mönchengladbach erlebte hingegen 1994 mit 65.040 Fluggästen im Gesamtverkehr einen Rückgang um 11,4%12. Eine unmittelbare Kooperationsmöglichkeit im Sinne eines Flughafensystems ergibt sich somit zunächst zwischen den Flugplätzen in Düsseldorf und Mönchengladbach. Faktisch gehört jedoch auch der Köln-Bonner Flughafen 8

Flughafen Düsseldorf GmbH, Geschäftsbericht 1994, Düsseldorf 1995, S. 10.

9

Reimer, Deutsche Flughafenpolitik, ZLW 1992, S. 142, 145.

10 ADV-Monatsstatistik März 1996, Stuttgart, 1996. Die Werte bezogen auf das erste Halbjahr (Düsseldorf -6,3%, Köln +17,9%, Mönchengladbach +13,3%) sind wegen der Auswirkungen des Brandunglücks verzerrt und geben den generellen Trend nur bedingt wider, ADV-Pressemitteilung Nr. 8/1996 vom 30.07.1996; s.a. den Tabellenanhang. 11

ADV-Verkehrsergebnisse 1995, a.a.O.

12

ADV-Flugzeugbewegungen auf den Regionalflugplätzen im Jahr 1994, Stuttgart 1995.

166

Teil III: Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen

zum System, weil sich die Versorgungsfunktionen der beiden großen Flughäfen überschneiden.

2. Gebührenstruktur Nach den in den Nachrichten für Luftfahrer 13 und durch die Flughafengesellschaft Mönchengladbach veröffentlichten Gebührenordnungen für Düsseldorf, Köln-Bonn und Mönchengladbach betrugen die Gebühren 1994/95 in Düsseldorf zwischen D M 75,- und D M 250,- pro Landung abhängig von der Gewichtsklasse zuzüglich pro 1.000 kg D M 14,30 bzw. D M 21,45 14 . In Köln-Bonn erreichte der Wert D M 19,95 pro 1.000 kg Höchstabfluggewicht im grenzüberschreitenden Verkehr, sonst D M 16,30 ohne eine flugzeugbezogene Pauschalgebühr wie in Düsseldorf. In Möchengladbach wurden für Propeller- und Strahlflugzeuge gleichermaßen unabhängig, ob Inlands- oder Auslandsverkehr D M 9,20 pro 1.000 kg für Flugzeuge über 2.000 kg Höchstabfluggewicht und bis zu D M 17,10 für Flugzeuge zwischen 1.401 und 2.000 kg Höchstabfluggewicht, jeweils nach den günstigsten Lärmkategorien verlangt. Die Landegebühren für Propellerflugzeuge betrugen zwischen D M 19,und D M 37,90 für Flugzeuge unter 2.000 kg und D M 75,- für Flugzeuge über 2.000 kg in Düsseldorf sowie D M 19,10 (unter 2.000 kg) und D M 19,95 (über 2.000 kg) in Köln-Bonn. Eklatante Unterschiede zwischen allen 3 Flughäfen bestehen bei Strahtriebwerkflugzeugen. Diese resultieren aus der flugzeugbezogenen Landegebühr in Düsseldorf, während die Werte pro 1.000 kg Höchstabflugewicht in etwa vergleichbar sind. Auffallend ist weiterhin, daß die Werte für Propellerflugzeuge unter 2.000 kg in Mönchengladbach nicht wesentlich niedriger als in Düsseldorf oder Köln-Bonn lagen. Die passagierbezogene Landegebühr betrug in Düsseldorf D M 1 0 , - / D M 7,50 für den Auslands-/bzw. Inlandsverkehr gegenüber D M 9,60/DM 7,55 in Köln-Bonn, während in Mönchengladbach keine passagierbezogene Gebühr erhoben wurde. Wesentliche Unterschiede bestehen also mit Ausnahme von Möchengladbach nicht. Die Abstellgebühren am Flughafen Düsseldorf sind ebenfalls gewichtsbezogen und betragen mindestens D M 3,45 je angefangene 24 Stunden und 1.000 kg Höchstabfluggewicht. Die entsprechenden Werte liegen in Köln13

NfL-I 56/95, NfL 1-294/94.

14

Maßgeblich ist eine nach Typen sortierte Flugzeugmusterliste und die Lärmqualifika-

tion.

II. Raum Düsseldorf, Köln-Bonn

167

Bonn bei D M 3,70 sowie in Mönchengladbach bei D M 3,85. Die gebührenfreien Abstellzeiten machen in Düsseldorf und Köln-Bonn jeweils 4 Stunden und in Mönchengladbach 8 Stunden aus. Die Gebühren sind also - abgesehen von der längeren gebührenfreien Abstellzeit in Mönchengladbach — nahezu gleichartig. 3. Schlußfolgerung Die Gebührenstruktur bei den festen Landegebühren zwischen Düsseldorf und Köln-Bonn bietet wegen ihrer unterschiedlichen Berechnungsweise bereits gewisse Anreize für alle Flieger, den Flughafen Köln-Bonn zu benutzen. Offensichtlich sind die Unterschiede aber nicht hoch genug, um wirksam Verkehrsverlagerung zu bewirken 15 . Zu beachten ist dabei, daß sich beide Flughäfen bislang nicht auf eine entsprechende Aufgabenverteilung einigen konnten und sich deshalb in einer Konkurrenzsituation befinden, die die bestehenden Verhältnisse eher verfestigt. Um wirksam Regionalflugverkehr und Allgemeine Luftfahrt zu verlagern, müßten allerdings innerhalb des Flughafensystems Düsseldorf/Mönchengladbach die Gebühren für Propellerflugzeuge in Mönchengladbach niedriger ausfallen. Dies würde den Anreiz, Mönchengladbach anzufliegen erhöhen. Will man den Verkehr der Allgemeinen Luftfahrt verlagern, müßten auch die Abstellgebühren auf den beiden großen Verkehrsflughäfen deutlich höher ausfallen oder nach Flugzeuggröße stärker differenziert werden, d.h. kleinere Flugzeuge stärker belasten, um einen Anreiz für das Ausweichen auf kleinere Landeplätze in der Umgebung (z.B. Bonn-Hangelar) oder Mönchengladbach zu bieten. Es fragt sich in diesem Zusammenhang auch, ob ein Verkehrsflughafen generell Absteilflächen zu einem verhältnismäßig günstigen Preis anbieten muß, die in ihrer Funktion über die normale Abfertigung hinaus „Parkplätzen" gleichkommen. Auch die öffentlich-rechtliche Widmung einer Straße verpflichtet den Träger der Straßenbaulast nicht, gleichzeitig Parkplätze bereitzustellen. Diese sind in Innenstädten auf stadteigenem Grund oder in Parkhäusern vielmehr teuer zu bezahlen. Sie werden sogar zur Entlastung der Innenstädte von Verkehr oftmals künstlich verknappt, um einen Verkehrsverlagerungserfolg zu erzielen. Die Frage ist im Ergebnis zu verneinen. Das Abstellen von Flugzeugen bindet (ähnlich wie im Straßenverkehr) Verkehrs15

Eine entsprechende Kooperation ohne oder innerhalb eines Flughafensystems wäre in Nordrhein-Westfalen im öffentlichen Interesse, da die Flugverlagerung zu weniger belasteten Flughäfen oder Verkehrslandeplätzen namentlich von der Landesregierung durch die Funktionsbestimmung einzelner Flughäfen oder Verkehrslandeplätze als Entlastungsflughafeii innerhalb ihrer Luflverkehrskonzeption befürwortet wird. So die NRW-Luftverkehrskonzeption des Ministers fur Stadtentwicklung und Verkehr, Düsseldorf 1991, S. 43.

168

Teil III: Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen

flächen auf dem Flughafen. Ihre Verteilung muß ebenso marktgerecht erfolgen können, wie es bei den Start- und Landekapazitäten der Fall ist. Für die passagierbezogenen Abfluggebühren gelten dieselben Ausführungen wie für das Flughafensystem Berlin, nämlich dahingehend, daß die gewichts- und lärmbezogenen Bemessungsgrundlagen um ein passagierzahlbezogenes Kriterium ergänzt werden sollte. Generell erscheint die Differenzierung nach Tageszeiten bei allen genannten Flughäfen als nicht fein genug. Lediglich zu Nachtzeiten oder für nur nach ICAO Chapter 2 kategorisierte - also mit höheren Lärmwerten belastete — Flugzeuge finden sich in den Gebührenordnungen zeitliche Differenzierungen. Dieser Verkehr bildet aber inzwischen nicht mehr die Mehrheit der landenden Flugzeuge.

I I I . Mögliche Rechtsmittel gegen neue Gebührenordnungen 1. Aus der Sicht der Benutzer Die von der Gebührenneuordnung betroffenen Benutzer könnten unter Berufung auf Unbilligkeit der Gebührensätze oder auf das AGBG zivilrechtlich gegen die vorgeschlagenen Maßnahmen vorgehen 16. Insbesondere können sie sich auf dem Zivilrechtsweg unter Berufung auf Unbilligkeit der Gebührenerhebung gegen die Landegebühr oder sonstige Entgelte im Einzelfall wenden. Die Flughafen könnten somit auch gezwungen sein, Entgelte und Gebühren vom Benutzer einzuklagen, sofern dieser sich weigert, die neuen Sätze zu entrichten. Materiell können die Benutzer dem aber nicht entgegenhalten, daß der Landevertrag hinsichtlich der Gebühren nicht verbindlich sei, da er konkludent durch die Landung zustande kommt und auch die Gebührenerhebung umfaßt. Es bleibt also nur der Einwand der Unbilligkeit. Sollten die neuen Gebührenordnungen behördlich genehmigt werden, steht den betroffenen Luftfahrtunternehmen keine Drittwiderspruchsklage gem. § 42 VwGO zur Seite, da sie durch die den Flughafen begünstigende Genehmigung der Gebührenordnung nicht in ihren Rechten betroffen sein können 17 . Denn Inhalt der behördlichen Abwägung nach § 43 LuftVZO sind nur die öffentlichen Interessen an einem sicheren und zuverlässigen öffentlichen 16 17

Vgl. Schwenk,, Handbuch, S. 720.

BVerwG, DÖV 1978, S. 619, 620 = Buchholz 442.41 LuftVZO Nr. 4; Stelkens-Sachs, VwVfG, 50 Rn. 26; Giemulla/Lau, §43 LuftVZO, Rn. 4; a.A. Kopp, VwGO, §42 Rn. 86.

III. Mögliche Rechtsmittel gegen neue Gebührenordnungen

169

Luftverkehr. Die Interessen der Luftfahrtunternehmen sind damit nicht notwendigerweise identisch18. Den betroffenen Luftfahrtunternehmen steht dagegen zivilgerichtlicher Rechtsschutz gegen die Gebührenerhebung im Einzelfall zu, da die Gebührenerhebung als solche für die Luftfahrtunternehmen oder Flieger der Allgemeinen Luftfahrt erst bei der konkreten Benutzung ein Rechtsverhältnis zwischen dem Flughafen und seinen Benutzern begründet. Die Benutzer sind somit nicht ohne Rechtsschutz, so daß daneben kein Raum mehr für ein Vorgehen gegen die abstrakt generelle Genehmigung einer Gebührenordnung durch die Luftaufsichtsbehörde bleibt 19 . 2. Aus der Sicht der Anlieger Die Anlieger haben für verwaltungsgerichtliche Klagen gem. § 42 VwGO keine Klagebefugnis, denn die Erhebung der Gebühren stellt sich weder als Verwaltungsakt noch als Satzung dar, die ihrerseits auch nur inzidenter auf die Klage eines von ihr im Einzelfall Betroffenen überprüfbar wäre. Zwar sind in einem Zulassungsverfahren für eine Flugplatzgenehmigung nach § 6 LuftVG auch Belange der Nachbarn zu berücksichtigen, sofern sie durch den Genehmigungsbescheid in ihren nachbarlichen Interessen betroffen sind 20 . Wie oben gezeigt21, kommt jedoch schon den Flughafenbenutzern kein Rechtsschutz gegen die Genehmigung der Flughafengebührenordnung durch die Luftaufsichtsbehörde zu. Wenn schon die Gebührenschuldner keinen unmittelbaren Rechtsschutz gegen den Erlaß der Gebührenordnung genießen, muß dies erst recht für lediglich mittelbar betroffene Dritte gelten. Bei der Genehmigung der Gebührenordnungen sind keine nachbarlichen Belange mit einzubeziehen. § 43 LuftVZO ist somit nicht drittschützend und kann deshalb auch keine verwaltungsrechtliche Klagebefugnis aus Drittbetroffenheit begründen. Allerdings kann eine Gebührenordnung oder insbesondere die Gebührenerhebung im Einzelfall auf dem Zivilrechtsweg angreifbar sein. In Betracht käme eine Feststellungsklage gegen die jeweilige Gebührenordnung gem. § 256 ZPO. An einem hierfür erforderlichen Rechtsverhältnis zwischen den jeweiligen Anliegern und dem Flughafen wegen der Gebührenordnung fehlt es aber, da sich die Gebührenordnung nur an die Benutzer richtet. 18

BVerwG, Buchholz, a.a.O., S. 18. So wird beispielsweise auch die Klagebefugnis eines Unternehmens gegen eine zeitweise Befreiung von der Betriebspflicht eines Flughafens gem. § 45 I 3 LuftVZO verneint, s. VGH Mannheim, NZV 1995, S. 296. 19

Vgl. auch BVerwG, a.a.O., S. 620, 621.

20

Hartmann, S. 231 m.w.N.

21

Vgl. oben S. 168 sowie S. 50 ff.

170

Teil III: Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen

Zwar kann Gegenstand einer Feststellungsklage auch ein Rechtsverhältnis zwischen Dritten sein. Auch hierzu muß der Kläger aber ein besonderes begründetes rechtliches Interesse an der Feststellung gerade gegenüber dem Beklagten haben22. Solch ein Interesse kann allenfalls dann gegeben sein, wenn durch die Änderung der Gebührenordnung Rechte unbeteiligter Anlieger berührt sein könnten, so z.B. Rechte aus § 1004 BGB aufgrund des Fluglärms. Allerdings würde eine Änderung der Gebührenordnung nur eine Umverteilung des Verkehrs bewirken, nicht jedoch eine lärmrelevante Steigerung. Dem stehen ja die geltenden Lärmvorschriften entgegen. Ein besonderes über die Einhaltung des Lärmschutzes hinausgehendes - Rechtsschutzbedürfnis läßt sich somit nicht begründen. Sollten somit bestimmte Flüge wegen erhöhter Gebühren nicht mehr stattfinden und stattdessen innerhalb der bestehenden Begrenzungen andere Flugzeuge starten und landen, ist dies für den Bestand von Rechten nach § 1004 BGB ohne Bedeutung. Sie sind somit nicht berührt. Ein Feststellungsinteresse für eine Klage nach § 256 ZPO gegen eine Gebührenänderung ist nicht gegeben, da es schon an dem erforderlichen Rechtsverhältnis fehlt. 3. Aus der Sicht des Flughafens und der Fluggesellschaften Im Hinblick auf die Fluggesellschaften gilt für die Versagung der Genehmigung dasselbe wie bei der Klage gegen eine erteilte Genehmigung. Die Betroffenheit ist in beiden Fällen nur mittelbar und wird erst dann Gegenstand eines zivilgerichtlichen Verfahrens, wenn ein Luftfahrer durch die Inanspruchnahme der Flughafenleistung direkt betroffen ist. Ein Flughafenbetreiber kann die Versagung der Genehmigung für eine neue Gebührenordnung allerdings vor dem Verwaltungsgericht angreifen. Denn zwischen dem Flughafenbetreiber und der Luftaufsichtsbehörde besteht wegen des Genehmigungserfordernisses nach § 43 LuftVZO ein öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis 23. Auch wenn die Erhebung der Landegebühr durch den Flughafen gegenüber einem Luftverkehrsteilnehmer privatrechtliche Wirkung entfaltet und zivilrechtlich hinsichtlich ihrer Billigkeit überprüfbar ist 24 , ändert dies an dem Rechtsverhältnis des Flughafens zur Aufsichtsbehörde nichts. Da die Genehmigung aufgrund § 43 LuftVZO einzuholen ist, kann ihre rechtswidrige Versagung den Flughafenbetreiber in seinen Rechten verletzen. Die Genehmigung ist daher vor den Verwaltungsgerichten einklagbar.

22

Thomas /Putzo, ZPO, § 256 Rn. 13 ff.

23

Vgl. oben S. 51 f.; BGH, ZLW 1979, S. 140, 143.

24

BGH, ebda.

Ergebnis und Zusammenfassung 1. Flughafensysteme sind Gruppen von Flughäfen, die zur Bedienung derselben Stadt oder desselben Ballungsgebietes zusammengeschlossen sind oder faktisch fur dieselbe Stadt oder Region Versorgungsaufgaben wahrnehmen. 2. Ein subjektives Landerecht folgt weder aus der Widmung noch aus einem überwirkenden Gemeingebrauch am Luftraum oder der Betriebspflicht, sondern ergibt sich allein aus einem Kontrahierungszwang nach einem grundrechtskonformen Ausschlußverfahren, falls mehrere zeitgleiche Wünsche für einen Slot vorliegen. 3. Die Versuche, überlastete Flughäfen durch restriktive Maßnahmen aufgrund des LuftVG zu entlasten, sind aus zutreffenden Rechtsgründen kritisch zu betrachten. Insbesondere sind weder Befreiungen von der Betriebspflicht noch Betriebszeitregelungen, Größenbegrenzungen für Flugzeuge oder der Teilwiderruf der Genehmigung hierzu geeignet; die genannten Maßnahmen wären entweder rechtlich unzulässig oder nicht praktikabel. 4. Auch die Anwendung von Restriktionsvorschriften, die nicht unmittelbar auf den Flughafenbetrieb bezogen sind, scheitert im Ergebnis. Die Flugplankoordinierung für den Verkehr am Himmel, der Entzug von Linienverkehrs- oder Gelegenheitsverkehrsgenehmigungen oder die Sperrung von Luftstraßen bzw. die Bildung von Flugbeschränkungsgebieten können nicht für die Verkehrslenkung in Flughafensystemen herangezogen werden. 5. Flughafengebühren sind als zivilrechtliche Entgelte aufgrund eines ausdrücklich oder konkludent geschlossenen Landvertrages anzusehen. Sie können neben ihrer Funktion zur Einnahmenerzielung auch andere Zwecke verfolgen, darunter den der Verkehrslenkung durch marktkonforme Preise. 6. Allein die Anpassung der Preise bei den Start- und Landegebühren ist bedingt geeignet und rechtlich zulässig, um innerhalb eines Flughafensystems marktgerechtes Verhalten bei den Flugverkehrsteilnehmern zu fördern und so indirekt den Flugverkehr in die Verkehrs- und geschäftspolitisch gewünschte Richtung zu lenken. 7. Die Verkehrslenkung durch Preisanpassung findet ihre Grenzen, wenn ihre Gestaltung zum faktischen Ausschluß ganzer Verkehrsgruppen führt und den Charakter einer Vertreibungsgebühr annimmt. Die Entschlußfreiheit der

172

Ergebnis und Zusammenfassung

Flugverkehrsteilnehmer muß grundsätzlich gewährleistet sein. Die Preisgestaltung muß weiterhin den erwarteten Gebührenregelungen durch die Europäische Union und dem Wettbewerbsrecht Rechnung tragen. 8. Einer marktkonformen Preisanpassung zum Zweck der Verkehrslenkung steht das bestehende und de lege ferenda geltende EU-Recht grundsätzlich nicht entgegen. 9. Eine beispielsbezogene Prüfung der Gebührenordnungen in deutschen Flughafensystemen zeigt, daß eine stärker nach Startzeiten oder Flugarten differenzierende Änderung der Gebühren innerhalb der rechtlichen Grenzen möglich und zweckmäßig wäre. Sie bedingt nicht notwendigerweise das Zusammenwirken der Flughäfen eines Systems. 10. Effektiver Rechtsschutz gegen Gebührenanpassungen für die Betroffenen ist gegeben und gewährleistet, daß auch zur Verkehrslenkung angepaßte Gebühren gerichtlich überprüfbar bleiben.

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Rolf: Verwaltungsrecht I, 10. Aufl. München

Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. München 1987 (zitiert: Wolff /Bachof II)

12 Zielke

Karte online abrufbar unter: https://www.duncker-humblot.de/9783428092048_Karte

Anhang

I. Verkehrsergebnisse der deutschen internationalen Verkehrsflughäfen im Jahr 1996

180

Π. Verkehrsergebnisse der deutschen internationalen Verkehrsflughäfen im Jahr 1997 (1. Halbjahr)

182

ΙΠ. Flugzeugbewegungen und Fluggäste auf deutschen internationalen Verkehrsflughäfen und RVV-Regionalflugplätzen im Jahr 1996

184

IV. Flugzeugbewegungen und Fluggäste auf deutschen internationalen Verkehrsflughäfen und RVV-Regionalflugplätzen im Jahr 1997 (1. Halbjahr)

186

V. Die größten Verkehrsflughäfen der Welt im Jahr 1994 VI. Verkehrsleistungen europäischer Großflughäfen im Jahr 1994 VII. Beispiele für Gebührenordnungen eines Verkehrsflughafens

12*

188 190 192

1. Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof

192

2. Flughafen Stuttgart

197

3. Flughafen Düsseldorf

202

Anhang

180

I. Verkehrsergebnisse der internationalen Verkehrsflughäfen im Jahr 1996

Flugzeugbewegungen Flughäfen Gewerblich

%

Gesamtverkehr

Flug-

%

Lokalaufkommen An + Ab

%

Berlin gesamt - Tegel — Tempelhof - Schönefeld

187.869 118.599 36.428 32.842

1,9 4,1 -2.9 -0.3

219.861 121.673 49.098 49.090

-0,4 3,3 -5,4 -3,7

10.776.208 8.298.736 711.020 1.766.452

-0,4 1,4 -7,4 -5,1

Bremen Dresden Düsseldorf Frankfurt

39.463 36.255 169.317 380.012

2,6 -4,2 -2,7 2,0

50.201 46.514 177.881 384.971

0.3 -6,2 -3,3 1,7

1.553.457 1.616.409 14.292.550 38.097.201

6,8 -0,3 -4,8 1,7

Hamburg Hannover Köln / Bonn Leipzig/ Halle

122.451 73.732 126.567 43.302

1,2 -3,6 7.7

148.696 90.283 139.339 50.088

-0,2 -5,4 4,5 -6,4

8.126.649 4.313.316 5.149.945 2.083.568

0,2 4,3 10,4 4,1

München Münster / Osnabrück Nürnberg Saarbrücken Stuttgart

220.962 33.188 58.071 14.435 109.284

9,4 8,9 0,8 -11,2 11,4

233.254 58.342 78.836 22.098 135.253

9.0 -4,5 -0,7 -11,9 8,1

15.440.998 987.956 2.151.656 363.176 6.361.872

5,6 13,1 -0,9 4.0 25,2

1.614.908

2,7

1.835.617

0,9

111.314.961

2,7

Gesamt * = soweit erfaßbar

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), Abt. Verkehr, Stuttgart

I. Verkehrsergebnisse 1996

gäste

Luftfracht

181

(t)

Luftpost (t)

Gesamt inkl. Trucking *

Gesamt

%

10.949.718 8.373.952 718.254 1.857.512

-0,6 1,2 -7,2 -5,7

33.783 18.747 325 14.711

10,2 2,1 -47,0 26,0

39.713 24.324 325 15.064

14,4 10,1 —47,0 25,4

20.642 17.577 3.065

-6,5 8.0 -100,0 -46,7

1.580.484 1.671.393 14.422.169 38.761.174

7,4 -0,9 -4,8 1,5

2.643 1.476 58.697 1.366.400

20,9 13,5 1,6 2,9

26.873 4.327 109.048

17,6 14,8 -2,6

5.561 7.049 5.784 161.541

-2,4 15,8 -7,2 -2,9

8.194.877 4.420.875 5.227.035 2.177.472

-0,1 3,5 10,3 4,0

36.467 11.478 322.521 3.069

-3,0 12,5 14,7 23,3 17,6

65.252 356.290 4.500 150.248

11,5 39,7 9,7

20.943 12.863 28.541 17.910 35.102

15.686.095 1.027.349 2.225.005 394.535 6.515.223

5,5 11,1 -1,1 5,0 26,3

82.948 704 45.364 740 18.994

-9,0 -19,8 -9,8 -18,6 -1,9

31,1 12,8 13,5 34,6

13.186 75.760 2.420 72.505

10,2 7,2 4,5 4,7

5.455 11.385

-13,0 -6,7

113.253.404

2,6

1.985.284

Gesamt

%

5,7





%



-8,0 —

Gesamt





%



18.845

4,1

351.621

-5,4

182

Anhang

II. Verkehrsergebnisse der internationalen Verkehrsflughäfen im Jahr 1997 (1. Halbjahr)

Flug-

Flugzeugbewegungen Flughäfen Gewerblich

Berlin gesamt - Tegel - Tempelhof - Schönefeld

%

Gesamtverkehr

%

Lokalaufkommen An + Ab

%

92.693 58.754 19.514 14.425

0,6 0,0 IM -8,9

108.477 60.173 25.885 22.419

-0,3 -0,2 6,9 -7,6

5.269.293 4.087.757 380.112 801.424

1,6 1,2 9,0 0.7

17.927 16.841 86.074 187.808

-11,2 -7.8 9,7 0,6

23.024 21.087 90.011 190.052

-9.3 -11,1 8.4 0,4

740.475 732.041 7.074.956 18.603.837

-0,1 -3,6 9,3 3,8

61.746 38.925 65.574 19.640

2,8 5,6 6,0 -7,7

74.869 46.902 71.750 22.490

2,7 3,5 5,1 -9,1

4.018.761 2.194.403 2.415.513 922.586

3,1 8,9 -2,2 -0,7

München Münster / Osnabrück Nürnberg Saarbrücken Stuttgart

123.157 14.716 29.980 6.668 53.101

16,3 -11,3 9,8 -8,7 0,5

128.847 28.794 40.176 10.139 65.548

15,3 -3,7 4.7 -10,6 -0,2

8.200.994 464.708 1.039.635 161.930 3.061.748

12,4 5,5 10,8 0,6 4,6

Gesamt

814.850

3,7

922.166

2,6

54.900.880

5,2

Bremen Dresden Düsseldorf Frankfurt Hamburg Hannover Köln / Bonn Leipzig/Halle

* = soweit erfaßbar Quelle: Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), Abt. Verkehr, Stuttgart

II. Verkehrsergebnisse 1997 (1. Halbjahr)

gäste

Gesamt

Luftfracht

%

Gesamt

%

(t)

183

Luftpost (t)

Gesamt inkl. Trucking *

%

Gesamt

%

5.358.251 4.130.939 381.632 845.680

1,7 1,4 8,5 0,7

17.668 9.876 133 7.659

14,5 3,8 -21,8 33,1

20.264 12.314 133 7.817

11,7 2,1 -21,8 32,0

9.958 8.604 1.354

-15,3

751.237 753.940 7.139.338 18.892.472

0,1 -3,9 9,2 3,5

1.279 662 33.252 674.000

2,4 -2,1 27,9 2,8

14.282 1.804 54.880

18,5 -9,8 5,7

2.590 3.158 1.738 72.943

-12,9 -14,2 -32,4 -11,0

4.054.603 2.246.508 2.448.898 967.351

3,2 8,9 -2,1 -0,5

17.472 5.168 179.649 1.218

-3,6 2,5 13,4 -24,4

31.988 189.104 1.904

8,9 -17,7

9.816 5.684 12.945 7.754

-9.5 -14,9 -12,7 -17,7

8.325.458 484.694 1.073.831 176.774 3.127.290

12,4 6,2 10,8 2,2 4,5

47.913 279 25.692 146 9.430

26,3 -13,1 16,4 -75,3 4,2

6.394 40.509 524 36.346

-0,5 9,3 -60,1 3,9

15.547 2.127 5.357

-13,5 -27,0 -6,2

55.800.645

5,2

1.013.828

6,5







1,2 —





-5,0 -3,2 —



9.085

-4,6

158.702

-11,6

184

Anhang

I I I . Flugbewegungen, Fluggäste, Luftfracht und Luftpost auf den Internationalen Verkehrsflughäfen und Regionalflugplätzen der ADV-Mitgliedergruppe RVV mit Linien und/oder Pauschalflugreiseverkehr (mindestens 1.000 Passagiere) im Jahr 1996

Linienverkehr

Kommerzieller

Pauschalflugreiseverkehr

Flugplatz Bewegungen

96/95

Fluggäste

%

96/95

%

Bewegungen

96/95

%

478

8,6

4.748

60,7

36

(4)

Augsburg

6.390

3,7

109.826

11,8

298

41,9

Bayreuth

2.578

5,1

9.620

21,0





Altenburg-Nobitz

Braunschweig



172

18.546

22,1

424.687

18,0



Erfurt

5.046

-7,8

30.593

-24,2

2.746

2,8

Friedrichshafen

6.916

-12,3

154.745

4,3

1.561

21,6

138

35,3





Dortmund

Hahn Heringsdorf









118

1,7 -2,5

Hof Kassel

1.380

Kiel Lübeck Mönchengladbach

3.652





-2,4











616,7 —

Fluggäste

29.766

-6,0

6.794

-24,6

17.416

-14,1



8.610



1.650,0 —

32.969

6,4

272.733

4,3

11.827

133.021 11.624

40,8

12.789

-17,1 -25,3

45,1

6.242 3.440 4.364 10.844

-29,1 -29,8

8.512 7.242

-24,3 43,1



580

9,4

44.408



132

135,7

10.707

6,5





30



-17,2

11.128

33,7

-4,1

400,0

%

9.030

18.933



96/95

2.234

402,6

83.890

% (4)

2.694 —

Bewegungen

96/95





2.090



24.0 148,6 —

115,5

-13,7 -4,6

4.646

(4)

102.394

(4)



48.234

5,7

Paderborn / Lippstadt

7.016

23,3

130.947

-1,4

2.950

25,9

382.193

32,2

30.926

13,9

Rostock-Laage Westerland/Sylt

2.008 2.114

2,7

5.674

—44,4

324

(4)

33.460

(4)

11.122

115,9

-13,9

31.076

-2,1

70

20,7

1.996

62,0

8.498

-12,1

60.888

6,0

1.109.827

8,1

9.037

22,9

912.106

29,4

262.113

-5,0

Gesamt





Erläuterungen: (1) Kommerzieller Verkehr ist gewerblicher Verkehr und Werkverkehr (2) Gesamtbewegungen und Gesamtfluggastzahl im gewerblichen und nichtgewerblichen Verkehr (3) In Klammern: einschließlich Trucking (4) 1995 keine einschlägige Verkehrsleistung (5) Veränderungsraten bereinigt Quelle: Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), Abt. Verkehr, Stuttgart



III. Flugbewegungen, Fluggäste etc. 1996

Gesamt

Verkehr Fluggäste

96/95

%

Bewegungen

96/95

Luftfracht

Fluggäste

%

96/95

Tonnen

185

3)

Luftpost

96/95

%

Tonnen

96/95

%

%

14.462

60,5

17.536

-8,3

23.322

17,9

9,6

(4)



136.938

7,3

49.554

-8,3

180.782

3,9

19,9

(4)





12.780

-4,4

11.976

-8,9

16.762

-5,0





104.686 463.227

6,5 15,2 0,2







67.038

16,0

35.268

-9,2

449.005

16,6

39.413

308.388

0,4

16.608 29.244

2,1 -20,3 -10,7

320.172

2,9

99,4

10.598 8.196

-20,0 -35,5

16.469

11,8 -24,2

1.275.5

11.664

-16,9 -9,6 -19,6

295.077

9,0

13.746 8.782

20,0

70.641 18.231 91.696

-28,1 11,7 39,8

25.616 21.544 43.408

126.172

5,2 -18,0 322,0

535.605

14.842

312.848

21.673 86.067 44.967

24,9

-25,9 —39,1 275,4(4)









95,3





127,9





















41,0

(4)

146.586

-2,7 -33,1 145,5

9,0

(4)

5,7

546.480

18,2

46,0 (1946,0)

-42,5 (18,7)

49,7

46.416

136,8

-9,3

79.724

-2,1

162,0

8,0

2.581.398

7,4

1936,6 (4.260,0)

73,0 (37,6)

59.696

5,3 -4,9

20,8

48.631

41.646

262,2

57.110

-1,6

14.292 15.706

2,292.159

13,1

458.950

-6,4

111.077 60.140

1,0

140,6 5,6 (409,6) 128,0 (147,4)





40,0

(4)









— —





8,2

2,5

3.175,0

10,8



3.223,2



10,8

Anhang

186

IV. Flugbewegungen, Fluggäste, Luftfracht und Luftpost auf den Internationalen Verkehrsflughäfen und Regionalflugplätzen der ADV-Mitgliedergruppe RVV mit Linien- und/oder Pauschalflugreiseverkehr (mindestens 500 Passagiere) im Jahr 1997 (1. Halbjahr)

Linienverkehr

Kommerzieller

Pauschalflugreiseverkehr

Flugplatz Bewegungen

Altenburg-Nobitz Augsburg Baden-Airport Bayreuth Braunschweig Dortmund

97/96

Fluggäste

%

97/96

%

232

-9,0

1.968

-25,9

4.622

52,7

72.964

50,3



1.374



3,6



11.158





4.192



-11,9





22,6

242.169

15,1

Bewegungen

97/96

Fluggäste

%

Bewegungen

97/96

% -100,0

4.956

-7,5

24,4

4.490

-2,1

16.950

17,8

10

(4)

1.143

(4)

3.436

(4)

3.156

-16,2

8.886

-1,3 21,8



-100,0





-4,0

48 —







2.368 —



-21,1 —

19.831

Erfurt

3.162

35,8

21.656

53,9

1.048

—13,1

112.448

-8,7

73.901

3,4

455

-36,5

50.508

1,0 -9,6

6.308

3.153

54

-10,0

5.714

7,1 —

1.406 2.340

3,7 83,8

2.170 3.026



4.376

Hof Kassel



40 688 —

Kiel Lübeck

1.880

Mönchengladbach

2.428

Neubrandenburg Paderborn/









566,7

590

0,9

7.750



2,3 —

9,1 —



5.800,0 -8,3



44.804 —

80.090







240 103

90,7

8,1







52

128,7

1,7

1.200,0







17.686 8.018 —

5.022 —

1.161,8 —

5.644

-10,0 11,7 1,0

3.996

-33,2 16,4

136.693

-3,9

(4)

34,0

1.580

20,1

202.226

22,3

3.386 15.516

196,9

36.236

161,8

4.274

39,9

77.679

1.058 942

7,1 7,8

3.412

27,5

386

13.290

22,2



34.884

19,9

644.465

26,7

-44,7

22.576

563

4.147

-69,2 53,1 5,2 -3,6 43,8

(4)



10,7 -14,8

4.460

12



%

194

Friedrichshafen Hahn Heringsdorf

97/96

Lippstadt Rostock-Laage Westerland/Sylt Summe(5)

4.182



3,5

Erläuterungen: (1) Kommerzieller Verkehr ist gewerblicher Verkehr und Werkverkehr (2) Gesamtbewegungen und Gesamtfluggastzahl im gewerblichen und nichtgewerblichen Verkehr (3) In Klammern: einschließlich Trucking (4) Im Vergleichszeitraum 1996 keine einschlägige Verkehrsleistung (5) Veränderungsraten bereinigt Quelle: Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), Abt. Verkehr, Stuttgart



446.422



15,1

IV. Flugbewegungen, Fluggäste etc. 1997 (1. Halbjahr)

Gesamt 2*

Verkehr Fluggäste

97/96

%

Bewegungen

97/96

Fluggäste

%

Luftfracht 97/96

187

3)

Luftpost

97/96

Tonnen

Tonnen

%

%

97/96

%

5.888

1,0

8.354

0,9

10.264

8,9

17,5

2.400,0





86.634

39,9

27.718

9,7

108.456

29,1

14,8

46,5





5.456

(•4)

6.696

(4)

(4)









5.966 30.070

-11,7

5.460









-10,9

17.112

-17,3 -2,8

12.126 8.892 47.840



14,7

22.957

15,2

263.047

-7,7 14,0



255.792

25,3 (28,0)





136.458

6,9

7.660

-3,5

136.860

5,6

101,9(104,8)





126.646

4,9 4,4

16.898

20,7

145.767

-4,5

0,4

3.888 4.624

-41,7 39,6

6,7

785,8

5.602 9.544

-13,0 -23,6

7.628 8.396 36.274

6.292 3.852 28.212 8.720

48,3 2,0 15,6

48.996 13.372 90.982

8,0 136,1 92,6

7.023 287.482

12.034 20.574

9,9

18.747

0,8

17,1 -1,3 -8,3 10,4

53,5

6,1 (-3,1) -99,0 266,7







— —























































27.672

-8,1 -11,9

60.192 39.810 99.962

75,4 20,4

5.479 25.756

18,5 3,6

12.814 290.914

79,2 18,8

40.204 26.164

129,0

6.122 7.334

-24,3 22,6

42.810 37.485

112,6 32,4

(0,5)

24,9

1.214.209

18,1

241.484

-1,2

1.388.284

15,6

1.024,0 (2.227,6)

27,0 71,7

-1,7 803,6