Urkunde und Untersuchungen zur Geschichte des delisch-attischen Bundes [Reprint 2021 ed.]
 9783112522264

Table of contents :
Vorwort.
I. Abschnitt. Texte
I. Erstes Steindenkmal, Quotenlisten von Ol. 81, 3—85, 1
II. Zweites Steindenknial, Quotenlisten von Ol. 85, 2— 88, 1
III. Quotenlisten aus Ol. 88, 2. 3
IV. Schätzungsurkunde aus Ol. 88, 4
V. Quotenlisten aus der Zeit zwischen Ol. 88, 3 und 90, 1
VI. Zusammenhangslose Bruchstücke
II. Abschnitt. Untersuchungen
1. Kapitel. Der delische Bund von seiner Gründung an bis zur Verlegung nach Athen. 01.75,4/76,1—81,3
2. Kapitel. Die Tempelquote und deren Listen
3. Kapitel. Das Bundesgebiet und dessen Eintheilung
4. Kapitel. Die Tributbeträge von Ol. 81, 3—85, 4
5. Kapitel. Die Tributbeträge von Ol. 85, 4 —88, 4
6. Kapitel. Die Schätzung von Ol. 88, 4
Städteverzeichnisse
Verzeichniss der in den Urkunden vorkommenden Personennamen
Nachträge
Übersicht des Inhaltes
Tafeln

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Urkunden und Untersuchungen zur

Geschichte des

delisch-attischen Bundes von

Ulrich Köhler.

Aus den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1869.

Mit zehn Tafeln enthaltend die Grundtexte.

Berlin. Buchdruckerei der Königlichen Akademie der Wissenschaften (G. Vogt). Universitätsstrasse

8.

1870. In Commissiun bei F . D i i m m l e r s V e r l a g s - B u c h h a n d l u n g . {Harrwitz und Gossimmn.)

Vorgelegt in der Akademie der Wissenschaften am 25. October 1869. Die Seitenzahl bezeichnet die laufende Pagina des Jahrgangs 1869 in den Abhandlungen der philosophisch-historischen Klasse (zweite Abtheilung) der Königl. Akademie der Wissenschaften.

Vorwort. D en Gegenstand der nachstehenden Untersuchungen werden die sogenannten Tributlisten bilden. Dieselben sind, nachdem eine Anzahl bereits P i t t a k i s in seinem Buche Fancienne Athénes mitgetheilt hatte, zuerst von R a n g a b é in den antiquités Helléniques I p. 236—311 und 404, dann mit Benutzung der Abschriften von K r a m e r , Otf. Müller und Rofs von Böckh in der Staatshaushaltung der Athener II S. 369—747 im Zusammenhang behandelt worden. Einen neuen Abdruck vermehrt um einige Stücke hat sodann P i t t a k i s in seiner 1853 Nr. 32 gegeben. Derselbe ist trotz der gegentheiligen Versicherungen des Herausgebers mit wenigen Ausnahmen eine Wiederholung der älteren Abschriften und hat daher unberücksichtigt bleiben können. Unter den später zum Vorschein gekommenen Fragmenten ist das wichtigste der zuerst von mir in den Berichten der Berl. Akademie der Wissenschaften 1865 S. 210 mitgetheilte Anfang der 34. Liste, durch welchen es möglich gewesen ist, das Anfangsjahr dieser Listen und das Verhältnifs der in denselben verrechneten Quoten zu den vollen Tributsummen zu bestimmen. Nr. 61 aus der Liste des 10. Jahres ist das einzige bisher unedirte Stück. Die Reste der Schätzungsurkunde von Ol. 88, 4 auf Taf. VI sind hier zum ersten Mal vereinigt. So grofse Verdienste sich R a n g a b é und B ö c k h um die Gesammtauffassung der Tributquotenlisten und die Herstellung im Einzelnen erworben haben, so wenig hält die von ihnen gegebene Anordnung und chronologische Fixirung der zahlreichen Fragmente, durch welche die Abh.

der philos.-histor.

Kl. (2 t e Abthl.) 1869.

Nr. 1.

1

2 Benutzung dieser Urkunden für die historische Forschung bedingt ist, eine ernstliche Probe aus. Aufsere und innere Gründe sprechen gegen die Richtigkeit der von R a n g a b e getroffenen, von Böckh trotz hier und da geäufserter Bedenken und mit manchen Änderungen im Einzelnen in den Grundlinien adoptirten Anordnung. Die ersteren lassen sich nur Angesichts der Originale geltend machen, von den letzteren begnüge ich mich hier einen anzuführen, welcher mir allein entscheidend zu sein scheint. Nach der zuverlässigen Angabe in der kleinen Schrift über den Staat der Athener III 5 wurden die Bundesstädte in der Regel von vier zu vier Jahren neu geschätzt und nach anderen Nachrichten, auf welche in der Folge zurückzukommen sein wird, hatte zu wiederholten Malen eine erhebliche Erhöhung der Tribute, einmal um den dritten Theil, später um das Doppelte stattgefunden, wodurch dieselben von 460 Talenten zuletzt auf 1200—1300 Talente gebracht wurden. Mit diesen mehr oder weniger gut beglaubigten Angaben befinden sich die Tributquotenlisten in den bisherigen Bearbeitungen im Widerspruch, indem dieselben weder jene vierjährigen Schätzungsperioden noch überhaupt diejenige Regelmäfsigkeit der Beträge, welche der Natur der Sache nach vorauszusetzen war, aufweisen. Die Zusammensetzung und Anordnung der Tributlisten mufste, wenn sie mit Aussicht auf Erfolg unternommen werden sollte, von der äufseren Beschaffenheit und dem Schriftcharakter der einzelnen Bruchstücke ausgehen und konnte nur Angesichts der Originale gemacht werden. Letztere befinden sich bis auf einige kleine Verletzungen wesentlich in demselben Zustande, in welchem sie von den früheren Herausgebern gesehen worden sind, auf der Akropolis, ein kleines Fragment besitzt die archäologische Gesellschaft. Dank dem freundlichen Entgegenkommen des Königlich Griechischen General-Conservator der Alterthümer Herrn E v s t r a t i a d i s habe ich dieselben mit Ausnahme einiger unbedeutender Bruchstücke, die sich nicht auffinden liefsen und bereits von R a n g a b e vermifst worden waren, neu abschreiben und wiederholt untersuchen können 1 ). Ein verläufiger Bericht über die neue Bearbeitung der Tributlisten ist der K. Akademie der Wissenschaften in der Sitzung vom 25. Febr. 1869 vorgelegt und in dem Monatsbericht abgedruckt worden.

3 Die Quotenlisten waren theils auf rechteckigen Marmorpfeilern aufgezeichnet, welche auf vier Seiten beschrieben waren, theils auf einfachen Marmorplatten, jene ist die frühere Art der Aufzeichnung. Das Material aller bis jetzt zum Vorschein gekommenen Fragmente ist pentelischer Marmor 1 ). Die anliegenden Tafeln geben die Grundtexte nach meinen Abschriften, wobei selbstverständlich die früheren Kopien überall zu Rathe gezogen und die jetzt fehlenden Stücke aus diesen ergänzt sind. Die Anordnung ist so getroffen worden, dafs die Zusammengehörigkeit der einzelnen Stücke auch äufserlich ins Auge springt. Ich lasse zunächst die hergestellten Texte folgen. In den beigefügten Anmerkungen habe ich nach möglichster Kürze gestrebt; die zahlreichen Abweichungen der früheren Herausgeber, deren Arbeiten Jedermann zugänglich sind, anzuführen, wäre ebenso mühsam als zwecklos gewesen. Die an die Texte sich anschliefsenden Untersuchungen habe ich um so weniger unterdrücken wollen, als sie namentlich durch den Nachweis der Schätzungsperioden die Beweise für die Richtigkeit der Anordnung enthalten.

Die älteste öffentliche attische Urkunde auf hymettischem Marmor, die einzige voreuklideische ist der Volksbeschluis zu Ehren der Mörder des Phrynichos aus Ol. 92, 3, am vollständigsten herausgegeben in dem Monatsbericht der Akademie 1861 S. 601 ff., wo unrichtig angegeben ist, das Material sei pentelischer Marmor. Unter den datirbaren Volksbeschlfissen des 4. Jahrhunderts rührt der älteste auf hymettischem Marmor aus Ol. 109,1 oder einem der zunächst folgenden Jahre her ('E. ¿3%. 411 = Rang. 408), seit der Mitte des 4. Jahrhunderts wird der Gebrauch jenes Materials zu Inschriftensteinen häufiger. Der wegen seiner dunkeln Färbung zur Aufnahme von Inschriften wenig geeignete eleusinische Stein findet sich nur zu Basen von Bildwerken und auch für solche nach meiner Erfahrung erst seit römischer Zeit verwandt.

1*

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I.

Abschnitt.

Texte. i.

E r s t e s Steindenkmal. Quotenliste von Ol. 81, 3 — 85, 1.

Die Tributquotenlisten der ersten 15 Jahre waren auf einem der erwähnten, auf vier Seiten beschriebenen Marmorpfeiler eingegraben, der, wie die Bruchstücke lehren, aus einem einzigen Blocke bestand. Von diesem Steindenkmal sind bis jetzt 89 Stücke wieder aufgefunden worden (Taf. I—IV), von denen mehrere bereits aus kleineren Stücken zusammengesetzt sind. Die Breitseiten enthielten fünf, die Schmalseiten in der Regel zwei Spalten. Auf der Vorderseite standen die Listen der ersten sechs Jahre, auf der rechten Schmalseite die des vierzehnten und fünfzehnten Jahres. Von jeder dieser Jahreslisten sind gröfsere und kleinere Partien, einige sind annähernd vollständig erhalten, so dafs sich die Zahl der fehlenden Namen mit Bestimmtheit angeben läfst. Die Zusammengehörigkeit und Anordnung der gedachten Fragmente ergiebt sich am sichersten aus der Schrift. Während die späteren Denkmäler und Platten, abgesehen von kleineren, von der Individualität des Steinmetzen abhängigen Nüancen, den gleichmäfsigen Schrifttypus des jüngeren attischen Alphabets aufweisen, fallen die ersten 15 Listen in das Stadium des Uberganges aus dem älteren Alphabet in das jüngere. Die Buchstabenformen £ S © /W V -f- kommen in den Tributlisten bereits nicht mehr vor, die Formen A A fc /V f £ ® am ausgeprägtesten in der ersten, zweiten, vierten und fünften Liste. 1 ) Die dritte Liste (Ol. 82, 1. 425) zeigt bereits einen fortgeschritteneren Charakter als die unmittelbar folgenden und hat namentlich neben 0 überall P, welche letztere Form erst am Ende der Periode im zwölften Jahr wiedererscheint. — Die jünGamma hat in den Tributlisten überall die gewöhnliche Form mit bis zur Basis herabgezogenem rechten Schenkel (A). Die in Drucken vielfach angewandte Form mit kürzerem rechten Schenkel kommt in attischen Inschriften meines Wissens überhaupt nicht vor.

5 gere Form des Sigma (£) ist zum ersten Mal, aber nur ein Mal und in der Überschrift, in der zweiten Liste (Ol. 81, 4) gebraucht, dann, und zwar durchgehend, in der sechsten Liste. Die siebente und achte List© haben wieder ausschliefslich die alte Form; von der neunten Liste (Ol. 83, 8) an ist der Gebrauch der jüngeren Form constant.1) Die dritte Liste hat das ältere Sigma in einer von der gewöhnlichen etwas abweichenden Form, indem der untere Schenkel sehr weit nach oben gezogen ist, so dafs die zu jener Liste gehörigen Stücke an diesem Buchstaben leicht zu erkennen sind. — Die Form R statt f* oder P ist nur ausnahmsweise in den Uberschriften der vierten und fünften Liste gebraucht. — Am Längsten haben die Buchstaben Alpha und Rho archaische, wenn auch den späteren sich bereits nähernde Formen bewahrt. Während nämlich bei den übrigen der oben angeführten Buchstaben bereits seit dem sechsten Jahr die jüngeren Formen eintreten, ist für Alpha und Rho das Gleiche zum ersten Male in der zwölften Liste (Ol. 84, 2) der Fall, welche das jüngere Alphabet durchgängig und in allen Buchstaben aufweist und somit die Übergangsperiode definitiv abschliefst. Es ist offenbar, dafs dieser Wechsel nicht zufällig, sondern durch den gleichzeitigen Aufschwung des öffentlichen Lebens in Athen und den ausgedehnteren Gebrauch der Schrift für öffentliche Urkunden veranlafst worden ist, welcher zur Ausbildung einfacherer und gefälligerer Zeichen führte. Von anderen Kennzeichen, welche aufser der Schrift für die Anordnung mafsgebend gewesen sind, begnüge ich mich, Beispiels halber noch folgende anzuführen. Nur in der ersten Liste stehen die Zahlen links von den Namen, in allen späteren hinter den letzteren. — In der zweiten und fünften und einige Male in der sechsten Liste hat das Zahlzeichen P die seltenere Form H. — In der fünften Liste sind die Zahlen von den Namen durch Striche getrennt. — In der achten Liste sind die Namen in derselben Ordnung aufgeführt, wie in der sechsten, eine ähnliche Übereinstimmung zeigen die neunte und elfte, und die zwölfte und dreizehnte Liste. — Die zur rechten Schmalseite gehörigen Stücke sind an der gedrängten R a n g a b e und B ö c k h hatten den Wechsel des Sigma in das elfte Jahr gesetzt und danach geordnet.

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und unregelmäfsigen Stellang der Buchstaben leicht erkennbar, auf der gegenüberliegenden Seite sind die Buchstaben kleiner gemacht und dadurch mehr Raum gewonnen worden. Auf dem oberen Theil der rechten Schmalseite ist vorübergehend einmal der Versuch gemacht worden, drei Spalten zu setzen, hieraus ist die äufsere Beschaffenheit von Nr. 89 a (im 7. Jahr) und die sehr kleine Schrift dieses Stückes zu erklären. Dagegen ist der von B ö c k h aufgestellte, aber auch von ihm in der Praxis nicht durchgeführte Grundsatz, dafs dieselbe Stadt in derselben Liste nicht mehrmals aufgeführt sein könne, dahin zu beschränken, dafs am Ende von Schätzungsperioden einige Male Restzahlungen aus früheren Jahren neben der Zahlung des laufenden Jahres besonders aufgeführt sind. Dieses Letztere ist der Fall in den Listen des fünften und achten Jahres, von denen jene den Anfang, diese den Schlufs einer Schätzungsperiode bildet. In den späteren Listen kommen indefs dergleichen Restzahlungen nicht mehr vor, worauf weiterhin zurückzukommen sein wird. Nachdem auf die angegebene Weise die Bruchstücke gruppirt waren, hat sich herausgestellt, dafs bei weitem mehrere entweder unmittelbar aneinander stofsen, oder durch sichere Ergänzungen verbunden werden können, wie diefs die anliegenden Tafeln veranschaulichen. Erstes Jahr.

Ol. 81, 3 (454 v. Ch.).

[Ta& toC cpoqcv tou 7raj]rt TUV ['E]AA|VoT]ajutcui', o[f? ] [sy^a^ßaTSVEv , ci ] r^id>co[vTa -rijc Q]EOU ttv(£)-$£[s-a]i> [ cma^y- ] [-^y tm 'A^icrruivcg a]p%c vrog ['A^vjaiaig • ¡xvctv [ «t; t c v ] \ T d k a v r o v \

(I)

(II)

(III)

[Mao]c«i/tViw HP [Ot]f«Toi iu 'I HAAAl-hhfll] Hxxioi H N£«VSf6V]

(II)

(III)

(IV)

Ol H-Hl 'E [i;]e HHH KoXo[ S • 03 eS O r 03 Vy. S, ^ "S ,5 5 /« ^