Unternehmensverfassung: Corporate Governance im Spannungsfeld von Leitung, Kontrolle und Interessenvertretung (Springer-Lehrbuch) (German Edition) 3642039464, 9783642039461

Kaum ein Thema im Bereich unternehmerischen Managements wird seit Jahren so kontrovers diskutiert wie die Regelungen zur

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Unternehmensverfassung: Corporate Governance im Spannungsfeld von Leitung, Kontrolle und Interessenvertretung (Springer-Lehrbuch) (German Edition)
 3642039464, 9783642039461

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Springer-Lehrbuch

Gerhard Schewe

Unternehmensverfassung Corporate Governance im Spannungsfeld von Leitung, Kontrolle und Interessenvertretung Zweite, aktualisierte und erweiterte Auflage

1C

Univ.-Prof. Dr. Gerhard Schewe Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Organisation, Personal und Innovation Westfälische Wilhelms-Universität Münster Universitätsstraße 14-16 48143 Münster [email protected]

ISSN 0937-7433 ISBN 978-3-642-03946-1 e-ISBN 978-3-642-03947-8 DOI 10.1007/978-3-642-03947-8 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005, 2010 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)

Vorwort zur 2. Auflage EsȱgibtȱwohlȱkaumȱeinenȱBereichȱderȱUnternehmensführung,ȱderȱinȱdenȱ letztenȱJahrenȱderartȱvonȱpermanentenȱÄnderungenȱbetroffenȱist,ȱwieȱderȱ BereichȱderȱUnternehmensverfassungȱbzw.ȱderȱCorporateȱGovernance.ȱEsȱ sindȱ hierȱ nichtȱ nurȱ dieȱ regelmäßigenȱÄnderungenȱdesȱ DCGKȱzuȱ nennen,ȱ sondernȱ dieȱ Vielzahlȱ vonȱ neuenȱ Gesetzen,ȱ dieȱ dieȱ verfassungsmäßigeȱ Strukturȱ desȱ Unternehmensȱ nachhaltigȱ verändern.ȱ Einigeȱ zentraleȱ ÄndeȬ rungenȱderȱletztenȱJahreȱseienȱanȱdieserȱStelleȱbereitsȱgenannt:ȱ x NovelleȱdesȱGmbHGȱmitȱderȱEinführungȱderȱneuenȱRechtsformȱUnterȬ nehmergesellschaftȱ(UG),ȱ x Verabschiedungȱ desȱ VorstandsvergütungsȬOffenlegungsgesetzesȱ (VorstOG),ȱ x VerabschiedungȱdesȱGesetzesȱzurȱUnternehmensintegritätȱundȱModerȬ nisierungȱdesȱAnfechtungsrechtsȱ(UMAG).ȱ Mitȱ diesenȱ undȱ anderenȱ Änderungenȱ kamȱ esȱ zuȱ einerȱ umfangreichenȱ Neustrukturierungȱ vonȱ LeitungsȬ,ȱ KontrollȬȱ undȱ InformationskompetenȬ zenȱbeiȱderȱInstitutionalisierungȱderȱUnternehmensführung.ȱEntsprechendȱ warȱauchȱeineȱÜberarbeitungȱdesȱvorliegendenȱLehrbuchesȱunumgänglich.ȱ ȱ Münster,ȱimȱFrühjahrȱ2009ȱ ȱ

GerhardȱScheweȱ

Vorwort zur 1. Auflage Kaumȱ einȱ Bereichȱ unternehmerischenȱ Managementsȱ wirdȱ überȱ Jahreȱ hinwegȱ derartȱ kontroversȱ diskutiertȱ wieȱ derȱ Bereichȱ derȱ Regelungenȱ derȱ Unternehmensverfassung.ȱ Ausführungenȱ zurȱ Unternehmensverfassungȱ weisenȱeineȱdeutlichȱlängereȱTraditionȱaufȱalsȱdiesȱdieȱinȱdenȱletztenȱJahȬ renȱ geführteȱ Diskussionȱ unterȱ demȱ Schlagwortȱ „Corporateȱ Governance“ȱ vermutenȱließe.ȱEntsprechendȱwirdȱfürȱdasȱvorliegendeȱLehrbuchȱauchȱderȱ Titelȱderȱ„Unternehmensverfassung“ȱalsȱHaupttitelȱgewähltȱundȱnichtȱderȱ „modernere“ȱ Begriffȱ derȱ Corporateȱ Governance,ȱ welcherȱ vielfachȱ auchȱ deutlichȱ engerȱ inȱ derȱ Betrachtungȱ institutionellerȱ UnternehmensregelunȬ genȱ interpretiertȱ wirdȱ alsȱ diesȱ beiȱ demȱ Begriffȱ derȱ UnternehmensverfasȬ sungȱderȱFallȱist.ȱȱ Dieȱ Auseinandersetzungȱ mitȱ demȱ Problemȱ derȱ UnternehmensverfasȬ sungȱbzw.ȱderȱCorporateȱGovernanceȱbeschränktȱsichȱnichtȱnurȱaufȱVertreȬ terȱ derȱ Wissenschaft.ȱ Auchȱ dieȱ Politikȱ sowieȱ vielfältigeȱ gesellschaftlicheȱ Interessengruppenȱ sehenȱ sichȱ aufgerufen,ȱ zuȱ Problemfeldernȱ derȱ UnterȬ nehmensverfassungȱStellungȱzuȱnehmen.ȱDieȱfolgendenȱZitateȱmögenȱdiesȱ verdeutlichen:ȱ x „Dieȱ Vorstandsbezügeȱ allerȱ Aktiengesellschaftenȱ solltenȱ offenȱ gelegtȱ werden.“ȱ (Horstȱ Köhler,ȱ Bundespräsidentȱ derȱ Bundesrepublikȱ Deutschland,ȱin:ȱManagerȬMagazinȱvomȱ08.08.2004)ȱ x „Esȱgenügtȱvöllig,ȱwennȱdieȱGesamtbezügeȱeinesȱVorstandsȱveröffentȬ lichtȱwerden.“ȱ(MichaelȱRugowski,ȱBDIȬPräsident,ȱin:ȱSüddeutscheȱZeiȬ tungȱvomȱ02.07.2003)ȱ x „Wennȱ Aufsichtsräteȱ sichȱ mehrȱ umȱ dieȱ Geschäftspolitikȱ kümmernȱ würden,ȱwäreȱdieȱZahlȱderȱUnternehmensschieflagenȱgeringer.“ȱ(ChrisȬ tianȱ Strenger,ȱ Mitgliedȱ derȱ Regierungskommissionȱ Corporateȱ GoverȬ nance,ȱin:ȱnȬtv.deȱvomȱ05.02.2004)ȱ x „MitbestimmungȱimȱAufsichtsratȱwarȱeinȱIrrtumȱderȱGeschichte.“ȱ(MiȬ chaelȱRugowski,ȱBDIȬPräsident,ȱin:ȱWirtschaftswocheȱvomȱ21.10.2004)ȱ

Vorworte

VII

x „AllesȱinȱallemȱhabeȱichȱmitȱderȱMitbestimmungȱsehrȱguteȱErfahrungenȱ gemacht.“ȱ (Jürgenȱ Schrempp,ȱ Vorstandsvorsitzenderȱ vonȱ DaimlerȬ Chrysler,ȱin:ȱWirtschaftswocheȱvomȱ28.10.2004)ȱ x „Großeȱ Unternehmenȱ wissen,ȱ dassȱ dieȱ Mitbestimmungȱ zurȱ Stabilitätȱ ihresȱUnternehmensȱbeiträgt.“ȱ(WolfgangȱClement,ȱWirtschaftsministerȱ derȱ Bundesrepublikȱ Deutschland,ȱ in:ȱ Wirtschaftswocheȱ vomȱ 28.10.2004)ȱ Dieȱ zumȱ Teilȱ äußerstȱ kritischȱ undȱ kontroversȱ geführteȱ Diskussionȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ orientiertȱ sichȱ anȱ dreiȱ Kompetenzfeldern,ȱ dieȱ zentraleȱInstitutionenȱdesȱUnternehmensȱkennzeichnen:ȱdieȱLeitungskomȬ petenz,ȱ dieȱ Kontrollkompetenzȱ sowieȱ dieȱ InteressenvertretungskompeȬ tenz.ȱ DieȱRegelungen,ȱobȱnunȱgesetzlichȱfixiertȱoderȱunternehmensspezifischȱ autorisiert,ȱ dieȱ dieȱ faktischeȱ Ausgestaltungȱ dieserȱ dreiȱ Kompetenzfelderȱ imȱHinblickȱaufȱihreȱInstitutionalisierungȱbetreffen,ȱstellenȱdieȱGrundpfeiȬ lerȱderȱUnternehmensverfassungȱdar.ȱEntsprechendȱwerdenȱimȱvorliegenȬ denȱLehrbuchȱauchȱdieȱhierfürȱmaßgebendenȱRegelungenȱausführlichȱdarȬ gestellt.ȱ Nebenȱ dieserȱ Beschreibungȱ desȱ institutionellenȱ Rahmensȱ unterȬ nehmerischenȱManagementsȱundȱdenȱdamitȱinȱZusammenhangȱstehendenȱ FreiheitsgradenȱwirdȱjedochȱauchȱdieȱFrageȱnachȱeinerȱtheoretischenȱFunȬ dierungȱ desȱ Problemsȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ gestellt.ȱ Letztlichȱ istȱ esȱdasȱWissenȱumȱdieȱtheoretischeȱFundierung,ȱdasȱesȱerlaubt,ȱRegelungenȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ aufȱ ihreȱ ökonomischenȱ Konsequenzenȱ hinȱ zuȱbeurteilen.ȱAllerdingsȱbedeutetȱdiesȱnicht,ȱdassȱfürȱdenȱBereichȱderȱUnȬ ternehmensverfassungȱ eineȱ geschlosseneȱ Theorieȱ existiert.ȱ Zwarȱ weisenȱ vieleȱ Autorenȱ denȱ Ansätzenȱ derȱ sog.ȱ neuenȱ Institutionenökonomieȱ dieseȱ Funktionȱ zu,ȱ esȱ bleibenȱ jedochȱ Fragenȱ offen,ȱ dieȱ dieseȱ Ansätzeȱ aufgrundȱ ihresȱstrengenȱPrämissengerüstsȱnichtȱoderȱnurȱschwerȱbeantwortenȱkönȬ nen.ȱ Folglichȱ wirdȱ imȱ vorliegendenȱ Lehrbuchȱ einȱ eherȱ theoriepluralistiȬ scherȱ Ansatzȱ gewählt,ȱ derȱ nebenȱ ökonomischenȱ Theorienȱ auchȱ Ansätzeȱ derȱVerhaltenswissenschaftȱbzw.ȱderȱKonflikttheorieȱberücksichtigt.ȱ Nebenȱ derȱ Darstellungȱ derȱ Regelungenȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ sowieȱihrerȱtheoretischenȱDiskussionȱsollȱauchȱderȱBlickȱfürȱdieȱpraktischeȱ

VIII

Vorworte

UmsetzungȱderartigerȱRegelnȱundȱihrerȱKonsequenzenȱfürȱdasȱbetrieblicheȱ Handelnȱ geschärftȱ werden.ȱ Zuȱ diesemȱ Zweckȱ werdenȱ imȱ vorliegendenȱ BuchȱeineȱVielzahlȱvonȱPraxisbeispielenȱaufgenommen,ȱdieȱjeweilsȱversuȬ chen,ȱdenȱentsprechendenȱSachverhaltȱzuȱillustrieren.ȱDabeiȱwirdȱbewusstȱ daraufȱ verzichtet,ȱ derartigeȱ Beispieleȱ inhaltlichȱ zuȱ bearbeiten.ȱ Esȱ werdenȱ vielmehrȱ Originalzitateȱ ausȱ Unternehmenspublikationenȱ undȱ ManageȬ mentzeitschriftenȱ verwandt,ȱ umȱ soȱ denȱ realitätsnahenȱ Eindruckȱ derȱ BeiȬ spieleȱnichtȱzuȱbeeinträchtigen.ȱȱ Einȱ solchesȱ Lehrbuchȱ istȱ natürlichȱ niemalsȱ dasȱ Werkȱ einesȱ Einzelnen.ȱ VorȱdiesemȱHintergrundȱistȱesȱmirȱnichtȱnurȱeineȱVerpflichtung,ȱsondernȱ auchȱeinȱWunsch,ȱmichȱfürȱdieȱvielfältigenȱUnterstützungenȱzuȱbedanken.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ sindȱ sicherlichȱ dieȱ Mitarbeiterȱ meinesȱ LehrȬ stuhlsȱ zuȱ nennen,ȱ vonȱ denenȱ ichȱ Herrnȱ Dr.ȱ Sebastianȱ Kleistȱ besondersȱ nennenȱmöchte,ȱdaȱerȱmirȱüberȱJahreȱhinwegȱstetsȱwertvolleȱHinweiseȱzumȱ Themaȱ Unternehmensverfassungȱ gegebenȱ hat.ȱ Derȱ besondereȱ Dankȱ giltȱ HerrnȱProf.ȱDr.ȱDr.ȱh.ȱc.ȱJürgenȱHauschildt.ȱErȱwarȱes,ȱderȱmitȱseinenȱArȬ beitenȱzurȱUnternehmensverfassungȱdenȱGrundsteinȱfürȱdasȱBeschäftigenȱ mitȱ dieserȱ Thematikȱ legte.ȱ Dieȱ Ergebnisseȱ vielfältigerȱ intensiverȱ DiskusȬ sionenȱsowieȱdieȱzahlreichenȱAnregungenȱundȱkritischenȱKommentareȱzuȱ Einzelaspektenȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ findenȱ sichȱ letztlichȱ inȱ dieȬ semȱ Buchȱ wieder.ȱ Sieȱ habenȱ entscheidendȱ zumȱ Gelingenȱ diesesȱ Buchesȱ beigetragen.ȱ Gleichwohlȱ gehenȱ sämtlicheȱ Fehler,ȱ Unklarheitenȱ undȱ AusȬ lassungenȱnatürlichȱzuȱLastenȱdesȱAutors,ȱderȱfürȱentsprechendeȱHinweiseȱ dankbarȱ ist.ȱ Frauȱ Christinaȱ Semptnerȱ übernahmȱ dasȱ Anfertigenȱ derȱ DruckvorlageȱundȱdieȱLayoutgestaltung.ȱFrauȱMonikaȱTietzeȱhatȱmitȱgroȬ ßerȱ Sorgfaltȱ Korrekturȱ gelesen.ȱ Ihnenȱ beidenȱ giltȱ ebenfallsȱ meinȱ ganzȱ beȬ sondererȱDank.ȱOhneȱdieȱprofessionelleȱUmsetzungȱdieserȱArbeitenȱwäreȱ dasȱBuchȱwohlȱkaumȱzustandeȱgekommen.ȱ Münster,ȱimȱJanuarȱ2005ȱ ȱ

GerhardȱScheweȱ

Inhaltsübersicht 1 UnternehmensverfassungȱimȱbetriebswirtschaftlichenȱKontextȱ..........ȱ1 1.1 StaatsverfassungȱalsȱAusgangspunktȱ..................................................ȱ2 1.2 GegenstandȱderȱUnternehmensverfassungȱ........................................ȱ8 2 TheorieȱderȱUnternehmensverfassungȱ....................................................ȱ17 2.1 2.2 2.3 2.4

KoalitionstheorieȱalsȱtheoretischeȱAusgangsbasisȱ...........................ȱ18 KonfliktorientierungȱderȱUnternehmensverfassungȱ......................ȱ26 ÖkonomischeȱFundierungȱderȱUnternehmensverfassungȱ.............ȱ47 FazitȱderȱtheoretischenȱDiskussionȱ....................................................ȱ63

3 GrundstrukturenȱderȱUnternehmensverfassungȱ...................................ȱ65 3.1 Leitungsmodelleȱ...................................................................................ȱ66 3.2 Rechtsformenȱ........................................................................................ȱ92 3.3 BeispielȱverfassungsmäßigerȱGrundstrukturenȱ.............................ȱ121 4 LeitungsȬȱundȱKontrollkompetenzȱimȱRahmenȱderȱdeutschenȱ Unternehmensverfassungȱ........................................................................ȱ127 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7

LeitungskompetenzȱdesȱVorstandesȱ...............................................ȱ127 LeitungskompetenzȱimȱFallȱderȱInsolvenzȱ.....................................ȱ145 KontrollkompetenzȱdesȱAufsichtsratesȱ...........................................ȱ161 KontrollkompetenzȱderȱHauptversammlungȱ................................ȱ183 KontrollkompetenzȱdesȱAbschlussprüfersȱ.....................................ȱ203 KontrollkompetenzȱdurchȱInformationsversorgungȱ....................ȱ210 UnternehmensverfassungȱimȱUmbruch:ȱDieȱCorporateȬ GovernanceȬReform...........................................................................ȱ221

X

Inhaltsübersicht

5 InteressenvertretungskompetenzȱderȱArbeitnehmerȱimȱ RahmenȱderȱdeutschenȱUnternehmensverfassungȱ..............................ȱ257 5.1 GeschichtlicheȱEntwicklungȱderȱInstitutionalisierungȱderȱ InteressenvertretungskompetenzȱderȱArbeitnehmer....................ȱ258 5.2 InteressenvertretungskompetenzȱaufȱBetriebsebeneȱ....................ȱ265 5.3 InteressenvertretungskompetenzȱaufȱUnternehmensebeneȱ........ȱ303 5.4 Problemeȱderȱinstitutionalisiertenȱ Interessenvertretungskompetenzȱ....................................................ȱ335 6 Unternehmensverfassungȱ–ȱwohin?ȱ.......................................................ȱ347

ȱ

Inhaltsverzeichnis Vorworteȱ...............................................................................................................ȱVȱ Inhaltsübersichtȱ.................................................................................................ȱIXȱ Inhaltsverzeichnisȱ.............................................................................................ȱXIȱ Abbildungsverzeichnisȱ.................................................................................ȱXXIȱ Tabellenverzeichnisȱ....................................................................................ȱXXIIIȱ

1 UnternehmensverfassungȱimȱbetriebswirtschaftlichenȱKontextȱ..........ȱ1 1.1 StaatsverfassungȱalsȱAusgangspunktȱ..................................................ȱ2 1.1.1 SystembezugȱderȱVerfassungȱ....................................................ȱ3 1.1.2 WirkungsbezugȱderȱVerfassungȱ...............................................ȱ4 1.1.3 EffizienzbezugȱderȱVerfassungȱ.................................................ȱ6 1.2 GegenstandȱderȱUnternehmensverfassungȱ........................................ȱ8 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4

BegriffȱderȱUnternehmensverfassungȱ......................................ȱ8 SystembezugȱderȱUnternehmensverfassungȱ........................ȱ10 WirkungsbezugȱderȱUnternehmensverfassungȱ...................ȱ12 EffizienzbezugȱderȱUnternehmensverfassungȱ.....................ȱ14

2 TheorieȱderȱUnternehmensverfassungȱ....................................................ȱ17 2.1 KoalitionstheorieȱalsȱtheoretischeȱAusgangsbasisȱ...........................ȱ18 2.2 KonfliktorientierungȱderȱUnternehmensverfassungȱ......................ȱ26 2.2.1 GrundlegendeȱÜberlegungenȱ.................................................ȱ26 2.2.2 KonfliktparteienȱundȱihreȱInteressenȱ.....................................ȱ28 2.2.3 KonfliktlinienȱundȱInteressenkongruenzenȱzwischenȱ Interessengruppenȱ....................................................................ȱ32 2.2.3.1 ImȱVerhältnisȱUnternehmensleitungȱ–ȱ Eigenkapitalgeberȱ.......................................................ȱ32 2.2.3.2 ImȱVerhältnisȱUnternehmensleitungȱ–ȱ Fremdkapitalgeberȱ.....................................................ȱ34

XII

Inhaltsverzeichnis

2.2.3.3 ImȱVerhältnisȱUnternehmensleitungȱ–ȱ Arbeitnehmerȱ..............................................................ȱ35 2.2.3.4 ImȱVerhältnisȱEigenkapitalgeberȱ–ȱ Fremdkapitalgeberȱ.....................................................ȱ36 2.2.3.5 ImȱVerhältnisȱEigenkapitalgeberȱ–ȱ Arbeitnehmerȱ..............................................................ȱ37 2.2.3.6 ImȱVerhältnisȱFremdkapitalgeberȱ–ȱ Arbeitnehmerȱ..............................................................ȱ40 2.2.4 KonfliktlinienȱinnerhalbȱderȱInteressengruppen..................ȱ40 2.2.4.1 Interessenunterschiedeȱinnerhalbȱderȱ Unternehmensleitungȱ................................................ȱ40 2.2.4.2 Interessenunterschiedeȱinnerhalbȱderȱ Eigenkapitalgeberȱ.......................................................ȱ42 2.2.4.3 Interessenunterschiedeȱinnerhalbȱderȱ Fremdkapitalgeberȱ.....................................................ȱ44 2.2.4.4 Interessenunterschiedeȱinnerhalbȱderȱ Arbeitnehmerschaftȱ....................................................ȱ45 2.3 ÖkonomischeȱFundierungȱderȱUnternehmensverfassungȱ.............ȱ47 2.3.1 GrundlegendeȱÜberlegungenȱ.................................................ȱ49 2.3.2 UnternehmensverfassungȱvorȱdemȱHintergrundȱderȱ TheorieȱderȱVerfügungsrechteȱ................................................ȱ51 2.3.3 UnternehmensverfassungȱvorȱdemȱHintergrundȱderȱ Agenturtheorieȱ..........................................................................ȱ58 2.3.4 UnternehmensverfassungȱvorȱdemȱHintergrundȱderȱ Transaktionskostentheorieȱ......................................................ȱ61 2.4 FazitȱderȱtheoretischenȱDiskussionȱ...................................................ȱ63

Inhaltsverzeichnis

XIII

3 GrundstrukturenȱderȱUnternehmensverfassungȱ...................................ȱ65 3.1 Leitungsmodelleȱ...................................................................................ȱ66 3.1.1 FunktionȱvonȱLeitungsmodellenȱ............................................ȱ66 3.1.2 DasȱmonistischeȱSystemȱ...........................................................ȱ70 3.1.2.1 3.1.2.2 3.1.2.3 3.1.2.4

Grundstrukturȱ.............................................................ȱ70 ShareholderȱMeetingȱ..................................................ȱ71 BoardȱofȱDirectorsȱ.......................................................ȱ73 BeispielȱderȱBoardȬStrukturȱderȱGeneralȱ ElectricȱCompanyȱ.......................................................ȱ78

3.1.3 DasȱdualistischeȱSystemȱ...........................................................ȱ80 3.1.3.1ȱ 3.1.3.2ȱ 3.1.3.3ȱ 3.1.3.4ȱ

Grundstrukturȱ.............................................................ȱ80ȱ Hauptversammlungȱ...................................................ȱ81ȱ Aufsichtsratȱ.................................................................ȱ82ȱ Vorstandȱ.......................................................................ȱ87ȱ

3.1.4 VergleichendeȱBeurteilungȱdesȱmonistischenȱundȱdesȱ dualistischenȱSystemsȱ..............................................................ȱ89 3.2 Rechtsformenȱ........................................................................................ȱ92 3.2.1 FunktionȱvonȱRechtsformenȱ....................................................ȱ92 3.2.2 RechtsformenȱimȱÜberblickȱ.....................................................ȱ96 3.2.3 GesellschaftȱmitȱbeschränkterȱHaftungȱ(GmbH)ȱ................ȱ100 3.2.3.1 GegenstandȱderȱGmbHȱ............................................ȱ100 3.2.3.2 OrganeȱderȱGmbHȱ....................................................ȱ102 3.2.3.3 GründungȱeinerȱGmbHȱ...........................................ȱ105 3.2.4 Unternehmergesellschaftȱ(UG)ȱ.............................................ȱ108 3.2.5 KleineȱAktiengesellschaftȱ(AG)ȱ.............................................ȱ110 3.2.5.1 GegenstandȱderȱkleinenȱAktiengesellschaftȱ..........ȱ110 3.2.5.2 WertungȱderȱkleinenȱAktiengesellschaftȱ...............ȱ111 3.2.5.3 GründungȱeinerȱkleinenȱAktiengesellschaftȱ.........ȱ114

XIV

Inhaltsverzeichnis

3.2.6 EuropäischeȱAktiengesellschaftȱ(SE)ȱ....................................ȱ116 3.2.6.1 GegenstandȱderȱSEȱ...................................................ȱ116 3.2.6.2 VorteileȱderȱeuropäischenȱAktiengesellschaftȱ......ȱ118 3.2.6.3 MitbestimmungȱderȱArbeitnehmerȱinȱderȱ europäischenȱAktiengesellschaftȱ............................ȱ119 3.3 BeispielȱverfassungsmäßigerȱGrundstrukturenȱ............................ȱ121 4 LeitungsȬȱundȱKontrollkompetenzȱimȱRahmenȱderȱdeutschenȱ Unternehmensverfassungȱ........................................................................ȱ127 4.1 LeitungskompetenzȱdesȱVorstandesȱ...............................................ȱ127 4.1.1 StrukturȱderȱVorstandsarbeitȱ................................................ȱ128 4.1.2 ProzessȱderȱVorstandsarbeitȱ.................................................ȱ134 4.1.3 EinschränkungȱderȱgenerellenȱLeitungskompetenzȱ..........ȱ138 4.1.3.1 EntscheidungskompetenzenȱbeiȱgrundȬ legendenȱUnternehmensentscheidungenȱ..............ȱ138 4.1.3.2 Entscheidungskompetenzenȱbeiȱ zustimmungspflichtigenȱGeschäftenȱ.....................ȱ140 4.1.3.3 Entscheidungskompetenzenȱbeiȱ ThesaurierungȱundȱAusschüttungȱ.........................ȱ142 4.2 LeitungskompetenzȱimȱFallȱderȱInsolvenzȱ.....................................ȱ145 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5

Grundlagenȱ.............................................................................ȱ145 Insolvenzantragȱ......................................................................ȱ151 InsolvenzmasseȱundȱInsolvenzgläubigerȱ............................ȱ154 Insolvenzverwalterȱ.................................................................ȱ156 Insolvenzplanverfahrenȱ.........................................................ȱ158

Inhaltsverzeichnis

XV

4.3 KontrollkompetenzȱdesȱAufsichtsratesȱ...........................................ȱ161 4.3.1 AufgabenȱdesȱAufsichtsratesȱ................................................ȱ162 4.3.1.1 4.3.1.2 4.3.1.3 4.3.1.4

Bestellungskompetenzȱ.............................................ȱ163 Organisationskompetenzȱ.........................................ȱ165 Überwachungskompetenzȱ......................................ȱ166 Beratungskompetenzȱ...............................................ȱ168

4.3.2 WahrnehmungȱderȱKontrollkompetenzȱ..............................ȱ169 4.3.2.1 Idealtypologie:ȱAufgabenwahrnehmungȱ durchȱVorstandȱundȱAufsichtsratȱ..........................ȱ171 4.3.2.2 Realtypologie:ȱAufsichtsratsstrukturȱundȱ Aufgabenwahrnehmungȱ.........................................ȱ173 4.3.3 ProblemeȱbeiȱderȱWahrnehmungȱderȱ Kontrollkompetenzȱ.................................................................ȱ178 4.4 KontrollkompetenzȱderȱHauptversammlungȱ................................ȱ183 4.4.1 AufgabenȱderȱHauptversammlungȱ......................................ȱ183 4.4.2 DurchführungȱderȱHauptversammlungȱ..............................ȱ187 4.4.2.1 AblaufȱderȱSitzungȱ...................................................ȱ187 4.4.2.2 FunktionȱderȱSitzungsleitungȱ.................................ȱ189 4.4.2.3 BeispielȱderȱDurchführungȱeinerȱ Hauptversammlungȱ.................................................ȱ192 4.4.3 MachtverhältnisseȱinȱderȱHauptversammlungȱ..................ȱ196 4.4.3.1 AllgemeineȱRechteȱdesȱAktionärsȱ..........................ȱ197 4.4.3.2 StimmrechteȱderȱAktionäreȱ.....................................ȱ198 4.4.3.3 Minderheitenrechteȱ..................................................ȱ198 4.4.4 ProblemeȱbeiȱderȱWahrnehmungȱderȱ Kontrollkompetenzȱ.................................................................ȱ200 4.5 KontrollkompetenzȱdesȱAbschlussprüfersȱ.....................................ȱ203 4.5.1 AufgabenȱderȱAbschlussprüfungȱ.........................................ȱ203 4.5.2 ProblemeȱbeiȱderȱWahrnehmungȱderȱ Kontrollfunktionȱ.....................................................................ȱ207 4.6 KontrollkompetenzȱdurchȱInformationsversorgungȱ....................ȱ210

XVI

Inhaltsverzeichnis

4.6.1 RegelungenȱzumȱelektronischenȱAktionärsforumȱ.............ȱ210 4.6.2 RegelungenȱzurȱPublizitätȱ.....................................................ȱ212 4.6.3 RegelungenȱdesȱBörsenrechtsȱ...............................................ȱ216 4.6.3.1 Grundlagenȱ...............................................................ȱ216 4.6.3.2 ZulassungȱzumȱBörsenhandelȱ................................ȱ219 4.6.3.3 Börsenprospekthaftungȱ...........................................ȱ220 4.7 UnternehmensverfassungȱimȱUmbruch:ȱDieȱCorporateȬ GovernanceȬReformȱ..........................................................................ȱ221 4.7.1 Grundlagenȱ.............................................................................ȱ221 4.7.2 ÜberblickȱüberȱdenȱReformprozessȱ.....................................ȱ224 4.7.3 AuswirkungenȱdesȱKonTraGȱ................................................ȱ227 4.7.3.1 AuswirkungenȱdesȱKonTraGȱimȱHinblickȱaufȱ dieȱArbeitȱdesȱAufsichtsratesȱ..................................ȱ227 4.7.3.2 AuswirkungenȱdesȱKonTraGȱimȱHinblickȱaufȱ StimmrechteȱundȱAktienerwerbȱ.............................ȱ228 4.7.3.3 AuswirkungenȱdesȱKonTraGȱimȱHinblickȱaufȱ AbschlussprüferȱundȱAbschlussprüfungȱ..............ȱ229 4.7.3.4 AuswirkungenȱdesȱKonTraGȱimȱHinblickȱaufȱ dieȱRisikoberichterstattungȱundȱdasȱ Risikomanagementȱ...................................................ȱ231 4.7.4 AuswirkungenȱdesȱDeutschenȱCorporateȬ GovernanceȬKodexȱ(DCGK)ȱ.................................................ȱ235 4.7.5 AuswirkungenȱdesȱTransPuGȱ..............................................ȱ241 4.7.6 AuswirkungenȱdesȱBilReG/BilKoGȱ......................................ȱ245 4.7.7 AuswirkungenȱdesȱVorstOG.................................................ȱ248 4.7.8 AuswirkungenȱdesȱUMAGȱ...................................................ȱ250 4.7.8.1 AuswirkungenȱdesȱUMAGȱimȱHinblickȱaufȱ dieȱHaftungȱderȱFührungsorganeȱ..........................ȱ251 4.7.8.2 AuswirkungenȱdesȱUMAGȱimȱHinblickȱaufȱ dieȱAnfechtungȱvonȱHauptversammlungsȬ beschlüssenȱ................................................................ȱ252 4.7.8.3 AuswirkungenȱdesȱUMAGȱimȱHinblickȱaufȱ dieȱAnmeldungȱzurȱHauptversammlungȱ.............ȱ253 4.7.9 AuswirkungenȱdesȱBilMoGȱ...................................................ȱ254

Inhaltsverzeichnis

XVII

5 InteressenvertretungskompetenzȱderȱArbeitnehmerȱimȱ RahmenȱderȱdeutschenȱUnternehmensverfassungȱ..............................ȱ257 5.1 GeschichtlicheȱEntwicklungȱderȱInstitutionalisierungȱderȱ InteressenvertretungskompetenzȱderȱArbeitnehmerȱ....................ȱ258 5.2 InteressenvertretungskompetenzȱaufȱBetriebsebeneȱ....................ȱ265 5.2.1 DasȱBetriebsverfassungsgesetzȱ(BetrVG)ȱ............................ȱ265 5.2.1.1 Geltungsbereichȱ........................................................ȱ266 5.2.1.2 Institutionalisierungȱderȱ Interessenvertretungskompetenzȱ...........................ȱ267 5.2.1.2.1 5.2.1.2.2 5.2.1.2.3 5.2.1.2.4 5.2.1.2.5 5.2.1.2.6 5.2.1.2.7

Betriebsratȱ.................................................ȱ268 Gesamtbetriebsratȱ....................................ȱ277 Konzernbetriebsratȱ..................................ȱ278 EuropäischerȱBetriebsratȱ.........................ȱ279 Einigungsstelleȱ.........................................ȱ282 Betriebsversammlungȱ.............................ȱ284 Wirtschaftsausschussȱ..............................ȱ286

5.2.1.3 AusgestaltungȱderȱInteressenȬ vertretungskompetenzȱ.............................................ȱ288 5.2.1.3.1 Mitbestimmungsrechteȱ...........................ȱ289 5.2.1.3.2 Mitwirkungsrechteȱ..................................ȱ292 5.2.2 DasȱSprecherausschussgesetzȱ(SprAuG)ȱ.............................ȱ295 5.2.2.1 Geltungsbereichȱ........................................................ȱ297 5.2.2.2 Institutionalisierungȱderȱ Interessenvertretungskompetenzȱ...........................ȱ299 5.2.2.2.1 Sprecherausschussȱ...................................ȱ299 5.2.2.2.2 Versammlungȱderȱleitendenȱ Angestelltenȱ..............................................ȱ300 5.2.2.2.3 GesamtȬȱundȱKonzernsprecherȬ ausschussȱ..................................................ȱ300 5.2.2.3 AusgestaltungȱderȱInteressenȬ vertretungskompetenzȱ.............................................ȱ301

XVIII

Inhaltsverzeichnis

5.3 InteressenvertretungskompetenzȱaufȱUnternehmensebeneȱ........ȱ303 5.3.1 DasȱDrittelbeteiligungsgesetzȱ(DrittelbG)ȱ...........................ȱ303 5.3.1.1 GeltungsbereichȱundȱInstitutionalisierungȱ derȱInteressenvertretungskompetenzȱ....................ȱ304 5.3.1.2 AusgestaltungȱderȱInteressenvertretungsȬ kompetenzȱ.................................................................ȱ306 5.3.2 DasȱMitbestimmungsgesetzȱ(MitbestG)ȱ..............................ȱ307 5.3.2.1 Geltungsbereichȱ........................................................ȱ309 5.3.2.2 Institutionalisierungȱderȱ Interessenvertretungskompetenzȱ...........................ȱ310 5.3.2.2.1 Zusammensetzungȱdesȱ Aufsichtsratesȱ...........................................ȱ310 5.3.2.2.2 WahlȱderȱVertreterȱderȱArbeitȬ nehmerȱinȱdenȱAufsichtsratȱ....................ȱ312 5.3.2.3 AusgestaltungȱderȱInteressenvertretungsȬ kompetenzȱ.................................................................ȱ313 5.3.2.3.1 WahlȱdesȱAufsichtsratsvorsitzendenȱ undȱseinesȱStellvertretersȱ........................ȱ314 5.3.2.3.2 KonfliktregulierungȱimȱAufsichtsratȱ....ȱ315 5.3.2.3.3 WahlȱderȱVorständeȱbzw.ȱdesȱ Arbeitsdirektorsȱ.......................................ȱ316 5.3.3 DasȱMontanȬMitbestimmungsgesetzȱȱ (MontanȬMitbestG)ȱ.................................................................ȱ317 5.3.3.1 Geltungsbereichȱ........................................................ȱ318 5.3.3.2 Institutionalisierungȱderȱ Interessenvertretungskompetenzȱ...........................ȱ321 5.3.3.2.1 Zusammensetzungȱdesȱ Aufsichtsratesȱ...........................................ȱ321 5.3.3.2.2 WahlȱderȱVertreterȱderȱ ArbeitnehmerȱinȱdenȱAufsichtsrat.........ȱ324

Inhaltsverzeichnis

XIX

5.3.3.3 AusgestaltungȱderȱInteressenvertretungsȬ kompetenzȱ.................................................................ȱ324 5.3.3.3.1 Wahlȱdesȱneutralenȱweiterenȱ MitgliedsȱdesȱAufsichtsratesȱ..................ȱ324 5.3.3.3.2 WahlȱdesȱAufsichtsratsvorsitzendenȱ undȱseinesȱStellvertretersȱ........................ȱ326 5.3.3.3.3 BestellungȱderȱVorständeȱbzw.ȱdesȱ Arbeitsdirektorsȱ.......................................ȱ327 5.3.4 DasȱMontanȬMitbestimmungsgesetzȬ Ergänzungsgesetzȱ(MontanȬMitbestGErgG)ȱ.......................ȱ328 5.3.4.1 Geltungsbereichȱ........................................................ȱ330 5.3.4.2 PrüfungȱderȱRegelungenȱdesȱȱ MontanȬMitbestGErgGȱdurchȱdasȱ Bundesverfassungsgerichtȱ.......................................ȱ332 5.3.4.3 InstitutionalisierungȱundȱAusgestaltungȱderȱ Interessenvertretungskompetenzȱ...........................ȱ333 5.4 ProblemeȱderȱinstitutionalisiertenȱInteressenvertretungsȬ kompetenzȱ..........................................................................................ȱ335 5.4.1 VertretungȱvonȱunternehmensexternenȱInteressenȱ...........ȱ336 5.4.2 VerhältnisȱvonȱKontrollȬȱundȱInteressenvertretungsȬ kompetenzȱimȱAufsichtsratȱ...................................................ȱ341 6 Unternehmensverfassungȱ–ȱwohin?ȱ.......................................................ȱ347

Literaturverzeichnisȱ........................................................................................ȱ357ȱ Indexȱ..................................................................................................................ȱ381ȱ ȱ

Abbildungsverzeichnis Abb.ȱ2Ȭ1: KoalitionstheorieȱundȱUnternehmensverfassungȱ......................ȱ22 Abb.ȱ2Ȭ2: „Stakeholder“ȱderȱUnternehmungȱundȱihreȱBeziehungenȱ.......ȱ25 Abb.ȱ2Ȭ3: ZusammenhangȱderȱtheoretischenȱArgumentationȱ..................ȱ48 Abb.ȱ2Ȭ4: TheoretischerȱBezugsrahmenȱderȱUnternehmensȬ verfassungȱ.......................................................................................ȱ64 Abb.ȱ3Ȭ1: RechtsformȱundȱLeitungssystemȱalsȱFunktionȱderȱ Standortentscheidungȱ....................................................................ȱ66 Abb.ȱ3Ȭ2: KompetenzregelungenȱinȱLeitungsmodellenȱ.............................ȱ67 Abb.ȱ3Ȭ3: GrundstrukturȱdesȱmonistischenȱLeitungsmodellsȱ...................ȱ71 Abb.ȱ3Ȭ4: TypischeȱGovernanceȬStrukturȱeinerȱStockȱCorporation..........ȱ75 Abb.ȱ3Ȭ5: GrundstrukturȱdesȱdualistischenȱLeitungsmodellsȱ...................ȱ81 Abb.ȱ3Ȭ6: WesentlicheȱRechtsformenȱinȱDeutschlandȱ................................ȱ98 Abb.ȱ3Ȭ7: GesellschaftsstrukturȱdesȱKonzernsȱBorussiaȱDortmundȱ GmbHȱ&ȱCo.ȱKGaAȱimȱÜberblickȱ(Stand:ȱ08/2001)ȱ.................ȱ122 Abb.ȱ3Ȭ8: OrganstrukturȱderȱLeitungȱdesȱKonzernsȱBorussiaȱ Dortmundȱ(Stand:ȱ08/2001)ȱ.........................................................ȱ124 Abb.ȱ3Ȭ9: PersonelleȱBesetzungȱderȱGesellschaftsorganeȱ (Stand:ȱ08/2001)ȱ.............................................................................ȱ125 Abb.ȱ4Ȭ1: KontrollkompetenzȱdesȱAufsichtsratesȱ.....................................ȱ162 Abb.ȱ4Ȭ2: KontrollkompetenzenȱderȱHauptversammlungȱ......................ȱ184 Abb.ȱ4Ȭ3: CorporateȱGovernanceȱinȱDeutschlandȱ.....................................ȱ225 Abb.ȱ5Ȭ1: PraxisȱderȱBetriebsratstätigkeitȱimȱUnternehmenȱ....................ȱ295 ȱ

Tabellenverzeichnis Tab.ȱ1Ȭ1:

UnterschiedȱStaatsȬȱundȱUnternehmensverfassungȱ....................ȱ9

Tab.ȱ2Ȭ1:

ZielsetzungenȱunterschiedlicherȱInteressengruppenȱanȱ derȱGestaltungȱderȱUnternehmensverfassungȱ...........................ȱ20

Tab.ȱ2Ȭ2:

HeterogenitätȱderȱZusammensetzungȱvonȱ Interessengruppenȱ.........................................................................ȱ30

Tab.ȱ2Ȭ3:

VerfügungsrechteȱundȱihreȱEinschränkungȱinȱ AbhängigkeitȱvonȱderȱgewähltenȱUnternehmensformȱ.............ȱ54

Tab.ȱ3Ȭ1:

StärkenȱundȱSchwächenȱunterschiedlicherȱ Leitungssystemeȱ.............................................................................ȱ90

Tab.ȱ3Ȭ2:

RechtsformenȱausgewählterȱLänderȱimȱÜberblickȱ....................ȱ97

Tab.ȱ3Ȭ3:

InsolvenzȱundȱRechtsformȱ..........................................................ȱ102

Tab.ȱ4Ȭ1:

KompetenzenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱFestlegungȱvonȱ GeschäftsordnungȱundȱGeschäftsverteilungsplanȱ..................ȱ128

Tab.ȱ4Ȭ2:

TypologieȱderȱVorstandsarbeitȱ...................................................ȱ134

Tab.ȱ4Ȭ3:

EntwicklungȱderȱUnternehmensinsolvenzenȱinȱ Deutschlandȱ..................................................................................ȱ153

Tab.ȱ4Ȭ4:

AufsichtsratȬVorstandȱTypologieȱnachȱ Bleicher/Leberl/Paulȱ(1989)ȱ.........................................................ȱ172

Tab.ȱ4Ȭ5:

AufsichtsratstypologieȱnachȱGerumȱ(1991)ȱ..............................ȱ175

Tab.ȱ4Ȭ6:

GrößenmerkmaleȱderȱPublizitätȱbeiȱ Kapitalgesellschaftenȱ...................................................................ȱ213

Tab.ȱ4Ȭ7:

ÄnderungenȱdesȱKonTraGȱmitȱBlickȱaufȱdenȱ Aufsichtsratȱ...................................................................................ȱ228

Tab.ȱ4Ȭ8:

ÄnderungenȱdesȱKonTraGȱmitȱBlickȱaufȱdieȱStimmrechteȱ.....ȱ229

Tab.ȱ4Ȭ9:

ÄnderungenȱdesȱKonTraGȱmitȱBlickȱaufȱdenȱ AbschlussprüferȱundȱdieȱAbschlussprüfungȱ...........................ȱ230

XXIV

Tabellenverzeichnis

Tab.ȱ5Ȭ1:

KostenȱderȱBetriebsratstätigkeitȱproȱMitarbeiterȱȱ imȱJahrȱ2003/04ȱ.............................................................................ȱ273

Tab.ȱ5Ȭ2:

WesentlicheȱÄnderungȱderȱBetrVGȬNovelleȱȱ desȱJahresȱ2001ȱ..............................................................................ȱ274

Tab.ȱ5Ȭ3:

BetrieblicheȱMitbestimmungsrechteȱ..........................................ȱ292

Tab.ȱ5Ȭ4:

BetrieblicheȱMitwirkungsrechteȱ.................................................ȱ294

Tab.ȱ5Ȭ5:

Gewerkschaftseinflussȱbeiȱderȱunternehmerischenȱ Mitbestimmungȱ............................................................................ȱ337

1 Unternehmensverfassung im betriebswirtschaftlichen Kontext

BetrieblicheȱEntscheidungsȬȱundȱDurchsetzungsprozesseȱvollziehenȱsichȱ nichtȱimȱ„luftleerenȱRaum“,ȱsieȱfindenȱvorȱdemȱHintergrundȱeinesȱinstituȬ tionellenȱ Rahmensȱ statt.ȱ Dieserȱ Rahmenȱ betriebswirtschaftlichenȱ ManaȬ gementhandelnsȱ wirdȱ alsȱ Unternehmensverfassungȱ bezeichnet.ȱ Dieȱ UnȬ ternehmensverfassungȱ istȱ damitȱ eineȱ zentraleȱ Kontingenzvariableȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dasȱ betrieblicheȱ EntscheidungsȬȱ undȱ Durchsetzungssystem.1ȱ DieȱAusgestaltungȱdiesesȱRahmensȱistȱnichtȱnurȱinȱexistentenȱgesetzlichenȱ Vorschriftenȱ zuȱ sehen.ȱ Unternehmenȱ besitzenȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ hierȱ beȬ wusstȱoderȱunbewusstȱgestalterischȱtätigȱzuȱwerden.ȱDieȱRegelungenȱderȱ UnternehmensverfassungȱweisenȱdamitȱsowohlȱdenȱCharakterȱeinerȱinterȬ nenȱwieȱauchȱeinerȱexternenȱKontingenzvariableȱauf.ȱ ImȱRahmenȱdiesesȱLehrbuchesȱsollȱgezeigtȱwerden,ȱȱ x wieȱeinȱsolcherȱinstitutionellerȱRahmenȱgestaltetȱist,ȱȱ x welcheȱKräfteȱseineȱGestaltungȱbestimmen,ȱȱ x welcheȱGestaltungsspielräumeȱinnerhalbȱderȱGesetzgebungȱundȱinnerȬ halbȱderȱmarktwirtschaftlichenȱKräfteȱüberhauptȱvorhandenȱsindȱundȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱauchȱWerderȱ(1992),ȱSp.ȱ2172ȱff.ȱ

2

Unternehmensverfassung im betriebswirtschaftlichen Kontext

x welcheȱ Konsequenzenȱ vonȱ unterschiedlichenȱ Formenȱ derȱ Gestaltungȱ diesesȱ institutionellenȱ Rahmensȱ fürȱ dieȱ einzelnenȱ EntscheidungsȬȱ undȱ Durchsetzungsprozesseȱzuȱerwartenȱsind.1ȱȱ Dabeiȱ istȱ vonȱ besonderemȱ Interesse,ȱ welcherȱ Verhaltensspielraumȱ denȱ einzelnenȱUnternehmensangehörigenȱbzw.ȱdenȱsieȱvertretenenȱInteressenȬ gruppenȱinnerhalbȱderȱUnternehmensverfassungȱverbleibt.ȱȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ einerȱ derartȱ verstandenenȱ Problemstellungȱ gehtȱ dasȱ vorliegendeȱ Lehrbuchȱ inȱ seinemȱ Anspruchȱ deutlichȱ weiterȱ alsȱ vieleȱ andereȱ Schriften,ȱ dieȱ sichȱ diesemȱ Problemkreisȱ zuwenden.ȱ Esȱ sollȱ nichtȱ nurȱ dieȱ Weltȱ derȱ Gesetzeȱ beschriebenȱ undȱ erklärtȱ werden.ȱ Esȱ wirdȱ derȱ Versuchȱunternommen,ȱderartigeȱRegelwerkeȱ–ȱauchȱnichtȱstaatlichȱautoriȬ sierteȱ Regelwerkeȱ–ȱ inȱ einenȱ theoretischenȱ Bezugsrahmenȱ einzubetten.ȱ Esȱ sindȱ letztlichȱ theoretischeȱ Erwägungen,ȱ dieȱ esȱ erlauben,ȱ managementȬ orientierteȱImplikationenȱexistenterȱund/oderȱgeplanterȱrechtlicherȱ–ȱnichtȱ zwangsläufigȱ staatlichȱ autorisierterȱ–ȱ Vorschriftenȱ aufzuzeigen.ȱ Folglichȱ widmetȱ sichȱ dasȱ vorliegendeȱ Werkȱ nichtȱ nurȱ derȱ Ausgestaltungȱ entspreȬ chenderȱ Regelungen,ȱ sondernȱ zeigtȱ darüberȱ hinausȱ auchȱ Möglichkeitenȱ auf,ȱwieȱFragenȱderȱUnternehmensverfassungȱvorȱdemȱHintergrundȱanerȬ kannterȱökonomischerȱTheoriegebäudeȱzuȱdiskutierenȱsind.ȱ

1.1 Staatsverfassung als Ausgangspunkt Dieȱ Verfassungsdiskussionȱ –ȱgenauerȱ dieȱ Diskussionȱ derȱ UnternehȬ mensverfassungȱ–ȱ lässtȱ sichȱ nichtȱ ohneȱ einenȱ kurzenȱ historischenȱ RückȬ blickȱ aufȱ dasȱ Problemȱ derȱ Staatsverfassungȱ führen.ȱ Verfassungen,ȱ geȬ nauer:ȱ Verfassungenȱ vonȱ Staaten,ȱ sindȱ nichtȱ ohneȱ dieȱ Betrachtungȱ derȱ KonfliktaustragungsprozesseȱderȱletztenȱJahrhunderteȱzuȱerklären.ȱInȱderȱ Epocheȱ desȱ Konstitutionalismusȱ warȱ dieȱ Staatsverfassungȱ dasȱ Ergebnisȱ desȱ Konfliktaustragungsprozessesȱ zwischenȱ denȱ absolutistischenȱ Fürstenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱauchȱBackhaus/Plinkeȱ(1986)ȱoderȱHommelhoff/Mattheusȱ(2004),ȱSp.ȱ780ȱff.ȱ

1.1 Staatsverfassung als Ausgangspunkt

3

aufȱ derȱ einenȱ Seiteȱ undȱ demȱ Willenȱ derȱ Bürgerȱ aufȱ derȱ anderen.1ȱ Manȱ wehrteȱ sichȱ gegenȱ dieȱ Willkürȱ desȱ absolutenȱ Herrschers.ȱ Dieȱ Verfassungȱ dienteȱ dazu,ȱ eineȱ bewusstȱ gestaltete,ȱ dauerhafteȱ Regelungȱ vonȱ VerhalȬ tensweisenȱ derȱ Bürgerȱ undȱ desȱ Staatesȱ zuȱ festigen.ȱ Dieȱ Ideeȱ desȱ VerfasȬ sungsstaatesȱwurdeȱzuerstȱinȱdenȱUSAȱimȱJahreȱ1787ȱverwirklicht.ȱȱ UmȱdieȱWirkungsweiseȱeinerȱVerfassungȱjedochȱgenauerȱbestimmenȱzuȱ können,ȱmussȱmanȱdieȱeinzelnenȱVerfassungsaspekteȱ–ȱdenȱSystembezug,ȱ denȱ Wirkungsbezugȱ undȱ denȱ Effizienzbezugȱ–ȱ näherȱ betrachten.ȱ Nurȱ soȱ wirdȱ deutlich,ȱ woȱ undȱ inȱ welchemȱ Ausmaßȱ verfassungsmäßigeȱ OrdnunȬ genȱihrenȱRegelungscharakterȱzurȱSteuerungȱvonȱVerhaltensweisenȱentfalȬ ten.ȱ

1.1.1

Systembezug der Verfassung

EineȱVerfassung,ȱgenauerȱeineȱStaatsverfassung,ȱbeziehtȱsich,ȱwieȱesȱderȱ Nameȱ sagt,ȱ aufȱ einenȱ Staat.ȱ Einȱ Staatȱ istȱ dabeiȱ durchȱ einȱ räumlichȱ abgeȬ grenztesȱStaatsgebietȱebensoȱgekennzeichnetȱwieȱdurchȱeinȱStaatsvolkȱundȱ durchȱeineȱStaatsgewalt.ȱLegtȱmanȱeineȱsolcheȱsystemischeȱDefinitionȱzuȬ grunde,ȱ soȱ müssen,ȱ umȱ dieȱ Wirkungsweiseȱ einerȱ Verfassungȱ bestimmenȱ zuȱkönnen,ȱzweiȱFragenȱbeantwortetȱwerden:ȱ x WieȱsindȱdieȱSystemgrenzenȱgekennzeichnet,ȱinȱdenenȱeineȱVerfassungȱ dasȱVerhaltenȱregelt?ȱȱ x Welcheȱ Subjekteȱ innerhalbȱ derȱ Systemgrenzenȱ sindȱ vonȱ denȱ VerfasȬ sungsregelnȱbetroffen?ȱȱ Eineȱ Verfassungȱ kannȱ ihreȱ Wirkungsweiseȱ nurȱ dannȱ entfalten,ȱ wennȱ dieseȱ beidenȱ Fragenȱ beantwortetȱ werdenȱ können,ȱ d.ȱh.ȱ einȱ abgegrenztesȱ Verfassungssystemȱ vorhandenȱ ist.ȱ Dassȱ dieȱ Beantwortungȱ derartigerȱ FraȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ Krügerȱ (1961),ȱ S.ȱ 72;ȱ Baduraȱ (2003),ȱ S.ȱ 4.ȱ Vgl.ȱ fernerȱ auchȱ Mohnhaupt/ Grimmȱ(2002).ȱ

ȱ

4

Unternehmensverfassung im betriebswirtschaftlichen Kontext

genȱ nichtȱ trivialȱ ist,ȱ zeigtȱ nichtȱ zuletztȱ dieȱ Diskussionȱ derȱ StaatsbürgerȬ schaftsfrageȱoderȱaberȱdieȱFrageȱderȱdiplomatischenȱImmunität.ȱ

1.1.2

Wirkungsbezug der Verfassung

Derȱ Wirkungsbezug,ȱ d.ȱh.ȱ dieȱ Funktionenȱ einerȱ Verfassung,ȱ erstreckenȱ sichȱaufȱvierȱAspekte:1ȱȱ x Ordnungsfunktion:ȱHierȱgehtȱesȱinȱersterȱLinieȱumȱdieȱSchaffungȱundȱ Bewahrungȱ einerȱ Ordnung.ȱ Diesȱ geschiehtȱ dadurch,ȱ dassȱ bestimmteȱ KonfliktaustragungsformenȱverbindlichȱfürȱalleȱPersonen,ȱdieȱunterȱeiȬ neȱ Verfassungȱ fallen,ȱ vorgeschriebenȱ werden.ȱ DieȱVerfassungȱgibtȱ daȬ mitȱ einȱ geordnetesȱ Verfahrenȱ vor,ȱ welchesȱ denȱ KonfliktaustragungsȬ prozessȱ regelt.ȱ Eineȱ derartigeȱ Ordnungȱ gibtȱ fernerȱ auchȱ Auskunftȱ darüber,ȱ wieȱderȱ Konfliktaustragungsprozessȱ beiȱ derȱ Bestimmungȱ derȱ Verfassungsregelnȱzuȱgestaltenȱist.ȱȱ Nebenȱ derȱ explizitenȱ Vorgabeȱ bestimmterȱ Konfliktaustragungsformenȱ istȱesȱdementsprechendȱfürȱeineȱVerfassungȱunabdingbar,ȱdassȱmanȱunȬ terȱ ihrȱ auchȱ dieȱ möglichenȱ auftretendenȱ Konflikteȱ klassifiziert.ȱ Nurȱ wennȱfürȱmöglichstȱvieleȱdenkbarenȱKonflikteȱFormenȱderȱKonfliktausȬ tragungȱ vorgegebenȱ werden,ȱ werdenȱ dieȱ Verfassungssubjekteȱ bereitȱ sein,ȱdieȱVerfassungȱinsgesamtȱauchȱzuȱakzeptierenȱundȱsichȱdenȱdortȱ vorgegebenenȱKonfliktaustragungsformenȱauchȱzuȱunterwerfen.ȱDaȱesȱ nurȱ schwerȱ möglichȱ ist,ȱ sämtlicheȱ Konflikteȱ aȱ prioriȱ zuȱ klassifizieren,ȱ zeichnenȱsichȱverfassungsmäßigeȱRegelungenȱdurchȱeinȱgewissesȱMaßȱ anȱ Flexibilitätȱ undȱ Gestaltungsspielraumȱ aus.ȱ Nurȱ soȱ istȱ esȱ möglich,ȱ dassȱeineȱVerfassungȱauchȱdauerhaftȱOrdnungȱschafft.ȱ x Integrationsfunktion:ȱ Dieȱ Integrationsfunktionȱ einerȱ Verfassungȱ kommtȱdadurchȱzumȱAusdruck,ȱdassȱsieȱdenȱZusammenhaltȱzwischenȱ denȱ Betroffenenȱ betont.ȱ Dieȱ Gestaltungsabsichtȱ istȱ dabeiȱ primärȱ dasȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱKrügerȱ(1961),ȱS.ȱ72ȱff.ȱsowieȱWitteȱ(1978),ȱS.ȱ331ȱff.ȱVgl.ȱ fernerȱKatzȱ(2002),ȱS.ȱ45;ȱBaduraȱ(2003),ȱS.ȱ15ȱf.ȱ

1.1 Staatsverfassung als Ausgangspunkt

5

VerbindendeȱundȱnichtȱdasȱTrennende.ȱDieseȱIntegrationsleistungȱistȱinȱ ersterȱ Linieȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ äußerenȱ wieȱ auchȱ derȱ innerenȱ Bedrohungȱ zuȱ sehen,ȱ derȱ dasȱ Verfassungssystemȱ ausgesetztȱ ist.ȱ Dasȱ ZielȱliegtȱhierȱaufȱderȱDokumentationȱderȱEinheitȱundȱEinigkeitȱdesȱsoȬ zialenȱSystems,ȱwelcheȱalsȱnotwendigȱfürȱdasȱ„Überleben“ȱdesȱSystemsȱ angesehenȱwird.ȱȱ x Kontrollfunktion:ȱ Eineȱ Verfassungȱ besitztȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ GewaltenkontrolleȱzweiȱFunktionen:ȱSieȱverhindertȱdieȱunkontrollierteȱ Machtausübungȱ Einzelnerȱ gegenüberȱ demȱ Staatȱ wieȱ auchȱ umgekehrtȱ dieȱ unangemesseneȱ Machtausübungȱ desȱ Staatesȱ gegenüberȱ einzelnenȱ Staatsbürgern.ȱȱ DieȱDiskussionȱumȱdieȱStaatsverfassungȱlässtȱdabeiȱdieȱFrageȱallerdingsȱ offen,ȱobȱauchȱdurchȱVerfassungȱgeregeltȱseinȱmüsste,ȱwieȱdasȱVerhältȬ nisȱderȱIndividuenȱoderȱderȱGruppenȱzueinanderȱzuȱgestaltenȱsei.ȱDassȱ auchȱhierfürȱRegelungenȱnotwendigȱsind,ȱwirdȱsicherlichȱnichtȱbestritȬ ten.ȱ Obȱ sieȱ allerdingsȱ zuȱ denȱ Verfassungsregelungenȱ zuȱ zählenȱ sind,ȱ wirdȱ nichtȱ immerȱ eindeutigȱ beantwortet.ȱ Letztlichȱ spieltȱ esȱaberȱkeineȱ Rolle,ȱobȱderartigeȱformaleȱVerhaltensregelnȱnunȱunterȱderȱÜberschriftȱ Verfassungȱzuȱsubsumierenȱsindȱoderȱnicht.ȱEntscheidendȱist,ȱdassȱdeȬ rartigeȱ Regelnȱ dieȱ EntscheidungsȬȱ undȱ Durchsetzungsprozesseȱ inȱ denȱ jeweiligenȱ Systemenȱ beeinflussenȱ undȱ insofernȱ vonȱ diesenȱ Systemenȱ antizipiertȱwerdenȱmüssen.ȱȱ x Anpassungsfunktion:ȱÄußereȱEinflüsseȱundȱdasȱReagierenȱaufȱselbigeȱ sindȱ fürȱ einenȱ Staatȱ unumgänglich,ȱ willȱ erȱ aufȱ Dauerȱ existieren.ȱ Dieȱ Staatsverfassungȱ mussȱ insofernȱ daraufȱ ausgerichtetȱ werden,ȱ denȱ Staatȱ gegenȱ äußereȱ Einflüsseȱ ebensoȱ wieȱ gegenȱ innereȱ Spannungenȱ handȬ lungsȬȱ undȱ überlebensfähigȱ zuȱ machen.ȱ Eineȱ Staatsverfassungȱ –ȱinsb.ȱ eineȱerfolgreicheȱStaatsverfassungȱ–ȱistȱdamitȱnichtȱalsȱeinȱstatischerȱinȬ stitutionellerȱ Rahmenȱ zuȱ verstehen,ȱ sondernȱ alsȱ einȱ Rahmen,ȱ denȱ esȱ kontinuierlichȱweiterȱzuȱentwickelnȱgilt.ȱDamitȱmussȱeineȱStaatsverfasȬ sungȱ zwangsläufigȱ Elementeȱ inȱ sichȱ bergen,ȱ dieȱ dieseȱ auchȱ verändeȬ rungsfähigȱ macht.ȱ Derartigeȱ Elementeȱ dürfenȱ jetztȱ jedochȱ nichtȱ dazuȱ führen,ȱeineȱVerfassungȱanfälligȱzuȱmachenȱfürȱÄnderungen,ȱdieȱledigȬ

6

Unternehmensverfassung im betriebswirtschaftlichen Kontext

lichȱEinzelinteressenȱdienenȱundȱdieȱsomitȱdenȱVerfassungskonsensȱdesȱ Verfassungssystemsȱnachhaltigȱgefährden.ȱȱ EineȱVerfassungȱistȱdannȱhandlungsfähigȱundȱleistungsfähig,ȱwennȱesȱ ihrȱgelingt,ȱsichȱständigȱanzupassen,ȱd.ȱh.ȱwennȱesȱdenȱVerfassungsorȬ ganenȱgelingt,ȱdieȱVerfassungȱweiterȱzuȱentwickeln,ȱohneȱdabeiȱgleichȬ zeitigȱoffenȱzuȱseinȱfürȱzerstörerischeȱTendenzen,ȱdieȱvorȱdemȱHinterȬ grundȱ derȱ Existenzȱ vonȱ Individualinteressenȱ immerȱ wiederȱ auftretenȱ werden.ȱȱ

1.1.3

Effizienzbezug der Verfassung

Ihreȱ Rolleȱ alsȱ einȱ Instrumentȱ zurȱ Lösungȱ vonȱ Konfliktenȱ erbringtȱ eineȱ Verfassungȱnurȱdadurch,ȱdassȱsieȱbestimmteȱSachverhalteȱnichtȱnurȱkurzȬ fristigȱ oderȱ einmaligȱ reguliert,ȱ sondernȱ dassȱ hierȱ KonfliktaustragungsforȬ menȱvorgegebenȱwerden,ȱdieȱaufȱDauerȱgelten.ȱEineȱVerfassungȱhilftȱinsoȬ fernȱ beimȱ Abbauȱ subjektiverȱ Unsicherheit.ȱ Sieȱ dientȱ damitȱ derȱ Effizienz,ȱ indemȱ EntscheidungsȬȱ undȱ Durchsetzungsprozesseȱ aufȱ einemȱ Niveauȱ erȬ höhterȱ Sicherheitȱ stattfinden.ȱ Dieȱ unterȱ einerȱ Verfassungȱ agierendenȱ AkȬ teureȱkönnenȱsichȱdaraufȱverlassen,ȱdassȱesȱInstitutionenȱgibt,ȱdieȱihnenȱzuȱ ihremȱ Rechtȱ imȱ Konfliktfallȱ verhelfen.ȱ Einȱ zusätzlicherȱ RessourcenaufȬ wandȱ istȱ nichtȱ notwendig.ȱ Esȱ kommtȱ zuȱ einemȱinstitutionalisiertenȱ InterȬ essenausgleich.ȱEineȱVerfassungȱersetztȱdamitȱdieȱsubjektiveȱUnsicherheitȱ durchȱeineȱinstitutionalisierteȱSicherheit.ȱDreiȱAspekteȱsindȱinȱdiesemȱZuȬ sammenhangȱvonȱBedeutung:ȱ x DieȱBerechenbarkeit:ȱEineȱVerfassungȱgiltȱfürȱeinenȱlangenȱZeitraum.ȱ DieȱIndividuenȱmüssenȱdieseȱVerfassungȱinsofernȱbeiȱihren,ȱinsb.ȱlangȬ fristigen,ȱEntscheidungenȱberücksichtigen.ȱDiesȱimpliziertȱimȱRegelfall,ȱ dassȱeineȱVerfassungȱinȱschriftlicherȱFormȱvorliegt,ȱdamitȱsieȱvonȱjedemȱ Individuumȱ„nachzulesen“ȱist.ȱȱ x Dieȱ Stabilitätsgarantie:ȱ Verfassungenȱ lassenȱ sichȱ nurȱ schwerȱ ändern.ȱ Nurȱ dieseȱ Schwerfälligkeitȱ imȱ Änderungsprozessȱ –ȱnichtȱ dieȱ UnmögȬ lichkeitȱ–ȱführtȱdazu,ȱdassȱSicherheitȱinȱlangfristigerȱFormȱfürȱdieȱIndiȬ viduenȱexistiert.ȱȱ

1.1 Staatsverfassung als Ausgangspunkt

7

x Dieȱ Durchsetzungsgarantie:ȱ Esȱ existierenȱ Verfahrenȱ oderȱ Organe,ȱ durchȱ dieȱ sichergestelltȱ wird,ȱ dassȱ eineȱ Verletzungȱ derȱ VerfassungsȬ normenȱmitȱnegativenȱSanktionenȱbelegtȱwird.ȱEinȱsolchesȱSystemȱverȬ ringertȱ dieȱ subjektiveȱ Unsicherheit,ȱ daȱ esȱ sicherstellt,ȱ dassȱ dieȱ EinhalȬ tungȱ derȱ verfassungsmäßigenȱ Regelungenȱ auchȱ tatsächlichȱ durchȬ gesetztȱwirdȱundȱdieseȱ„nichtȱnurȱaufȱdemȱPapierȱstehen“.ȱNimmtȱmanȱ z.ȱB.ȱeinenȱnormalenȱGeschäftsvorfall,ȱsoȱerfolgtȱderȱÜbergangȱderȱWaȬ reȱvielfachȱzuȱdemȱZeitpunkt,ȱanȱdemȱdasȱGeldȱnochȱnichtȱeingetroffenȱ ist.ȱDieȱUnsicherheit,ȱobȱdasȱGeldȱwirklichȱeintrifft,ȱd.ȱh.ȱobȱdieȱvertragȬ lichȱ garantierteȱ Gegenleistungȱ wirklichȱ erfolgt,ȱ wirdȱ dadurchȱ verrinȬ gert,ȱ dassȱ manȱ sichȱ aufȱ einenȱ institutionellenȱ Rahmenȱ verlassenȱ kann,ȱ derȱ esȱ einemȱ ermöglicht,ȱ beiȱ Nichteingangȱ derȱ Gegenleistungȱ dieseȱ überȱdenȱRechtswegȱeinzufordern.ȱȱ Systeme,ȱ dieȱ überȱ einȱ funktionierendesȱ undȱ leistungsfähigesȱ VerfasȬ sungssystemȱ verfügen,ȱ sindȱ folglichȱ inȱ derȱ Lage,ȱ dasȱ gesellschaftlicheȱ Handelnȱdeutlichȱeffizienterȱzuȱgestalten,ȱdaȱAufwendungenȱzurȱReduktiȬ onȱ existenterȱ Unsicherheitȱ inȱ demȱ Maßeȱ entfallen,ȱ wieȱ esȱ derȱ Verfassungȱ gelingt,ȱUnsicherheitȱabzubauen.ȱ Unbeantwortetȱ bleibtȱ einstweilenȱ dieȱ Frage,ȱ werȱ dasȱ Zielȱ einerȱ VerfasȬ sungȱdefiniert.ȱIhreȱFunktionenȱkannȱeineȱVerfassungȱjedochȱnurȱdannȱerȬ füllen,ȱwennȱdasȱVerfassungszielȱnichtȱvonȱeinerȱGruppeȱgegenȱeineȱandeȬ reȱGruppeȱinnerhalbȱdesȱGeltungsbereichsȱeinerȱVerfassungȱdurchgesetztȱ wird.ȱ Verfassungsmäßigeȱ Regelungenȱ entfaltenȱ ihrenȱ Nutzenȱ nurȱ dann,ȱ wennȱsieȱvonȱeinemȱGrundkonsensȱderȱBeteiligtenȱgetragenȱwerden.1ȱDieȬ serȱ verfassungsbezogeneȱ Grundkonsensȱ mussȱ unabhängigȱ seinȱ vonȱ denȱ herrschendenȱ individuellenȱ Unterschiedenȱ undȱ denȱ höchstȱ unterschiedliȬ chenȱ Interessenlagenȱ derȱ beteiligtenȱ Personen.ȱ Entsprechendȱ dieserȱ VorȬ stellungȱ widersprichtȱ esȱ auch,ȱ eineȱ Verfassungȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ akȬ tuellerȱ Tagesereignisseȱ mitȱ „einfacherȱ Mehrheit“ȱ zuȱ ändern.ȱ Derȱ SicherȬ heitsaspektȱ einerȱ Verfassungȱ impliziert,ȱ dassȱ manȱ mitȱ derȱ Veränderungȱ vonȱ verfassungsmäßigenȱ Regelnȱ sehrȱ behutsamȱ umgehenȱ muss.ȱ Durchȱ Verfassungsänderungenȱ darfȱ derȱ Grundkonsensȱ derȱ Beteiligtenȱ nichtȱ beȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱKrügerȱ(1961),ȱS.ȱ81ȱf.;ȱKatzȱ(2002),ȱS.ȱ42;ȱBaduraȱ(2003),ȱS.ȱ8.ȱ

8

Unternehmensverfassung im betriebswirtschaftlichen Kontext

einträchtigtȱwerden.ȱAnderenfallsȱverliertȱeineȱVerfassungȱihreȱFunktionsȬ fähigkeit,ȱ daȱ eineȱ Verfassungȱ dannȱ nichtȱ mehrȱ denȱ Charakterȱ einerȱ zuȬ kunftsbezogenenȱOrientierungshilfeȱfürȱdieȱBeteiligtenȱbesitzt.ȱ

1.2 Gegenstand der Unternehmensverfassung

1.2.1

Begriff der Unternehmensverfassung

DefinitionenȱvonȱUnternehmensverfassung:ȱ „Unter der Unternehmensverfassung kann die Gesamtheit der grundlegenden (konstitutiven) und langfristig gültigen Strukturregelungen der Unternehmung verstanden werden.“ Quelle: Chmielewicz (1993), Sp. 4400.

„Unter Unternehmensverfassung wird hier das System gesetzlicher und vertraglicher Regelungen verstanden, das die Entscheidungs- und Anreizstruktur der Kerngruppe einer Unternehmung festlegt.“ Quelle: Frese (1993), Sp. 1286.

„Die UV [Unternehmensverfassung] ergibt sich aus gesetzlichen Regelungen, (...), aus kollektivvertraglichen Vereinbarungen (...) sowie privatautonomen Rechtssetzungen (...).“ Quelle: Gerum (1992), Sp. 2481.

Wähltȱ manȱ dieȱ Überlegungenȱ zurȱ Staatsverfassungȱ alsȱ AnknüpfungsȬ punktȱ fürȱ dieȱ Begriffsfestlegungȱ einerȱ Unternehmensverfassung,ȱ soȱ stelltȱ sichȱ dieȱ Frage,ȱ woȱ unterscheidenȱ sichȱ Staatȱ undȱ Unternehmenȱ bzw.ȱ inȱ welchenȱBereichenȱweisenȱsieȱGemeinsamkeitenȱauf.ȱWitte1ȱführtȱeineȱsolȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱWitteȱ(1978),ȱS.ȱ332.ȱ

1.2 Gegenstand der Unternehmensverfassung

9

cheȱ Gegenüberstellungȱ anhandȱ vonȱ vierȱ Kriterienȱ durch,ȱ dieȱ letztlichȱ dieȱ Gestaltungsabsichtȱ derȱ Staatsverfassungȱ bzw.ȱ derȱ UnternehmensverfasȬ sungȱcharakterisieren:ȱEsȱsindȱdiesȱdieȱeinzubeziehendenȱKräfte,ȱdieȱKanaȬ lisierungȱ dieserȱ Kräfte,ȱ dieȱ Integrationsabsichtȱ undȱ dasȱ Zusammenspielȱ vonȱStabilitätȱundȱAnpassung.ȱTab.ȱ1Ȭ1ȱzeigt,ȱwieȱsichȱanhandȱdieserȱKriteȬ rienȱStaatsverfassungȱundȱUnternehmensverfassungȱunterscheiden.ȱ Staatsverfassung Einzubeziehende Kräfte

Staatsvolk und Staatsgewalt

Unternehmensverfassung Unternehmensleitung, Anteilseigner und Arbeitnehmer

Kanalisierung der Kräfte Durch die Gewaltenteilung Errichtung von Organen zwischen Legislative, mit Leitungs- und Jurisdiktion & Exekutive Kontrollkompetenzen Integrationsabsicht

Prozedurale Verfassungsregelungen, z. B. Herbeiführung von Einigungsvorgängen der zwei Kammern

Verhinderung einer Pattsituation der einzelnen Organe

Stabilität und Anpassung

Einbindung der dynamischen Veränderung durch Fortschreibung des Verfassungsrechtes in einem geordneten Ablauf

Nicht Vermeidung des Konfliktes, sondern Ermöglichung eines geordneten Ablaufes auf dem Wege der Anpassung an neue Anforderungen

Tab.ȱ1Ȭ1:ȱ UnterschiedȱStaatsȬȱundȱUnternehmensverfassungȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ dieserȱ Gegenüberstellungȱ lässtȱ sichȱ dieȱ UnterȬ nehmensverfassungȱinȱAnlehnungȱanȱHauschildt1ȱwieȱfolgtȱdefinieren:ȱUnȬ terȱeinerȱUnternehmensverfassungȱwirdȱdieȱMengeȱallerȱgesetzlichenȱundȱbewusstȱ gesetztenȱ Regelmechanismenȱ verstanden,ȱ dieȱ dasȱ Verhaltenȱ desȱ Unternehmensȱ bzw.ȱ seinerȱ Repräsentantenȱ gegenüberȱ denȱ relevantenȱ Interaktionsgruppenȱ beȬ stimmen.ȱ Eineȱ derartigeȱ Definitionȱ legtȱ bewusstȱ denȱ Fokusȱ derȱ Betrachtungȱ aufȱ dasȱOrganisationsproblem,ȱwelchesȱsichȱvorȱdemȱHintergrundȱderȱVerfasȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱHauschildtȱ(2001),ȱS.ȱ8.ȱ

10

Unternehmensverfassung im betriebswirtschaftlichen Kontext

sungsdiskussionȱalsȱdasȱzentraleȱProblemȱdarstellt.1ȱAndereȱBereiche,ȱwieȱ z.ȱB.ȱdieȱMarktverfassungȱoderȱdieȱFinanzverfassungȱeinesȱUnternehmens,ȱ werdenȱhierȱnichtȱbetrachtet.ȱ

1.2.2

Systembezug der Unternehmensverfassung

Jedeȱ Unternehmensverfassungȱ weistȱ wieȱ jedeȱ Staatsverfassungȱ einenȱ spezifischenȱ Charakterȱ auf,ȱ d.ȱh.ȱ jedesȱ Unternehmenȱ besitztȱ seineȱ eigenȬ ständigeȱ Verfassung.ȱ Diesȱ schließtȱ allerdingsȱ nichtȱ aus,ȱ dassȱ einȱ Teilȱ derȱ verfassungsmäßigenȱRegelungȱzwischenȱUnternehmenȱidentischȱist.ȱȱ Willȱ manȱ vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ dieȱ Gesamtheitȱ derȱ aufȱ einȱ UnterȬ nehmenȱ bezogenenȱ verfassungsmäßigenȱ Regelnȱ betrachten,ȱ soȱ kommtȱ manȱnichtȱumhinȱfestzulegen,ȱwelcheȱElementeȱnochȱzuȱdemȱbetrachtetenȱ Unternehmenȱzählen,ȱwelcheȱhingegenȱnicht.ȱEsȱsindȱfolglichȱdieȱGrenzenȱ desȱ Unternehmensȱ festzulegen.ȱ Kriterienȱ derȱ Abgrenzungȱ könnenȱ jedochȱ höchstȱ unterschiedlichȱ sein.ȱ Jeȱ nachȱ Wahlȱ derȱ Kriterienȱ wirdȱ dasȱ Systemȱ Unternehmenȱ inȱ unterschiedlicherȱ Weiseȱ abgegrenzt.ȱ Diesȱ hatȱ zurȱ Folge,ȱ dassȱjeȱnachȱWahlȱderȱKriterienȱauchȱdieȱMengeȱderȱRegelungen,ȱdieȱunterȱ einerȱ Unternehmensverfassungȱ zuȱ subsumierenȱ sind,ȱ höchstȱ unterȬ schiedlichȱsind.ȱAlsȱAbgrenzungsmöglichkeitenȱbietenȱsichȱan:2ȱ x DieȱtechnischeȱEinheitȱalsȱAbgrenzungskriterium:ȱEsȱwerdenȱnurȱdieȬ jenigenȱRegelungenȱalsȱVerfassungsregelungenȱbetrachtet,ȱdieȱdenȱ„BeȬ trieb“ȱ alsȱ technischeȱ Einheitȱ einesȱ Unternehmensȱ betreffen.ȱ Derȱ GeȬ ltungsbereichȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ endetȱ beiȱ einerȱ derartigenȱ AbgrenzungȱimȱRegelfallȱamȱ„Fabrikzaun“.ȱ x DieȱrechtlicheȱEinheitȱalsȱAbgrenzungskriterium:ȱEsȱwerdenȱhierȱdieȬ jenigenȱRegelungenȱalsȱRegelungenȱderȱUnternehmensverfassungȱverȬ standen,ȱ dieȱsichȱaufȱdieȱRechtsformȱ desȱ Unternehmensȱ beziehen.ȱ Dieȱ Abgrenzungȱ istȱ hierȱ deutlichȱ weiterȱ alsȱ beiȱ derȱ technischenȱ AbgrenȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱChmielewiczȱ(1993),ȱSp.ȱ4405ȱf.ȱundȱFreseȱ(2000),ȱS.ȱ536ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱhierzuȱbereitsȱKosiol,ȱE.ȱ(1962),ȱSp.ȱ5540ȱff.ȱoderȱGutenbergȱ(1983),ȱS.ȱ457ȱff.ȱ

1.2 Gegenstand der Unternehmensverfassung

11

zung,ȱdaȱhierȱmehrereȱtechnischeȱEinheitenȱzurȱrechtlichenȱEinheitȱderȱ Firmaȱ zusammengefasstȱ werden.ȱ Dieseȱ Abgrenzungȱ istȱ dieȱ inȱ derȱ Theorieȱ derȱUnternehmensverfassungȱ fastȱ ständigȱverwandteȱ AbgrenȬ zung.ȱSieȱistȱmaßgeblichȱvonȱdemȱjuristischenȱSchrifttumȱgeprägt.ȱȱ x Dieȱ wirtschaftlicheȱ Selbstständigkeitȱ alsȱ Abgrenzungskriterium:ȱ Beiȱ dieserȱ Definitionȱ stehtȱ dieȱ Einheitlichkeitȱ derȱ Zielsetzungȱ desȱ UnterȬ nehmenssystemsȱimȱVordergrund,ȱwelcheȱrechtsformübergreifendȱaufȬ grundȱ vonȱ wirtschaftlichenȱ Abhängigkeitenȱ durchgesetztȱ wird.ȱHierinȱ kommtȱdieȱKonzernorientierungȱvielerȱUnternehmenȱzumȱAusdruck.ȱȱ x DasȱSystemȱUnternehmenȱalsȱAbgrenzungskriterium:ȱHierbeiȱhandeltȱ esȱ sichȱ umȱ dieȱ weitesteȱ Formȱ derȱ Abgrenzungȱ desȱ UnternehmenssysȬ tems,ȱ fürȱ welchesȱ dieȱ Unternehmensverfassungȱ Gültigkeitȱ besitzt.ȱ Sieȱ gehtȱ überȱ dasȱ einzelneȱ wirtschaftlichȱ selbstständigeȱ Unternehmenȱ hiȬ nausȱ undȱ betrachtetȱ mehrereȱ Unternehmen,ȱ dieȱ aufgrundȱ ganzȱ beȬ stimmterȱ Charakteristikaȱ einȱ gemeinsamesȱ Systemȱ bilden.ȱ Sämtlicheȱ Regelungen,ȱdieȱdiesesȱsoȱabgegrenzteȱSystemȱbetreffen,ȱfallenȱjetztȱunȬ terȱdieȱUnternehmensverfassung.ȱDieserȱBegriffȱwirdȱallerdingsȱinȱderȱ Verfassungsdiskussionȱ höchstȱ seltenȱ verwandt.ȱ Nichtsdestowenigerȱ gewinntȱ eineȱ solcheȱ Abgrenzungȱ zusehendsȱ anȱ Bedeutungȱ wieȱ dieȱ StichworteȱUnternehmenskooperation,ȱstrategischeȱAllianzenȱoderȱvirȬ tuelleȱUnternehmenȱzeigen.ȱHierȱgibtȱesȱeineȱFülleȱvonȱRegelungen,ȱdieȱ diesesȱ Systemȱ vonȱ Unternehmenȱ betreffen,ȱ dieȱ dieȱ Verhaltensweiseȱ diesesȱ Systemsȱ bestimmen,ȱ dieȱ maßgeblichȱ sindȱ fürȱ dieȱ einzelnenȱ unȬ ternehmensübergreifendenȱ EntscheidungsȬȱ undȱ DurchsetzungsprozesȬ se.1ȱ DieȱBegriffsabgrenzung,ȱwieȱsieȱdemȱvorliegendenȱLehrbuchȱzugrundeȱ liegt,ȱorientiertȱsichȱanȱderȱwirtschaftlichenȱSelbstständigkeitȱeinesȱUnterȬ nehmens.ȱ Eineȱ solcheȱ Festlegungȱ hatȱ natürlichȱ zurȱ Folge,ȱ dassȱ eineȱ beȬ stimmteȱ Gruppeȱ vonȱ Regelungenȱ ganzȱ bewusstȱ ausgeblendetȱ wird.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ hierbeiȱ umȱ Regelungen,ȱ dieȱ beiȱ einerȱ systemischenȱ AbgrenȬ zungȱ anȱ Bedeutungȱ gewinnen.ȱ Daȱ jedochȱ Systemeȱ nachȱ höchstȱ unterȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ beispielhaftȱ zurȱ Mitbestimmungȱ inȱ virtuellenȱ Unternehmenȱ Wehlingȱ (2000),ȱS.ȱ131ȱff.ȱ

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Unternehmensverfassung im betriebswirtschaftlichen Kontext

schiedlichenȱKriterienȱabgegrenztȱwerdenȱkönnen,ȱwürdeȱeineȱsystemischeȱ Begriffslegungȱzwangsläufigȱdazuȱführen,ȱdassȱgeneralisierendeȱAussagenȱ zumȱ Problembereichȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ nichtȱ mehrȱ möglichȱ sind.ȱ Insofernȱ wirdȱ hierȱ dieȱ engereȱ Fassungȱ derȱ wirtschaftlichenȱ SelbstȬ ständigkeitȱgewählt,ȱwennȱesȱdarumȱgeht,ȱdasȱSystemȱzuȱbeschreiben,ȱfürȱ welchesȱ dieȱ institutionalisiertenȱ Regelnȱ einerȱ Unternehmensverfassungȱ Gültigkeitȱbesitzen.ȱȱ

1.2.3

Wirkungsbezug der Unternehmensverfassung

Dieȱ Wirkungsweiseȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ richtetȱ sichȱ aufȱ dieȱ Mengeȱderȱ verfassungsmäßigenȱ Regelungen,ȱ durchȱdieȱVerhaltensweisenȱ unternehmensrelevanterȱ Individuenȱ undȱ Gruppenȱ bewusstȱ gestaltetȱ werȬ den.1ȱEsȱerhebtȱsichȱinsofernȱdieȱFrage,ȱwodurchȱsichȱderartigeȱRegelungenȱ auszeichnen.ȱ Sicherlichȱ unstrittigȱ istȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ esȱ sichȱ umȱ RegeȬ lungenȱhandelnȱmuss,ȱdieȱalsȱLeitlinienȱfürȱdasȱVerhaltenȱvonȱIndividuenȱ oderȱ Gruppenȱ maßgebendȱ sind.ȱ Diesȱ impliziert,ȱ dassȱ derartigeȱ RegelunȬ genȱ Dauergeltungȱ besitzen.ȱ Nurȱ soȱ bildenȱ sieȱ eineȱ Orientierungshilfeȱ fürȱ dasȱ individuelleȱ Verhalten.ȱ Verfassungsmäßigeȱ Regelnȱ bleibenȱ soȱ bereȬ chenbar.ȱ Darüberȱ hinausȱ dürfenȱ Verfassungsregelungenȱ nichtȱ nurȱ „aufȱ demȱPapierȱstehen“,ȱsieȱmüssenȱimȱtagtäglichenȱGeschäftȱauchȱpraktiziertȱ werden.ȱDerartigeȱRegelungenȱmüssenȱfreiȱvonȱWillkürȱundȱdenȱUnwägȬ barkeitenȱ derȱ Tagesaktualitätȱ angewandtȱ werden.ȱ Derartigeȱ Regelungenȱ geltenȱ fürȱ sämtlicheȱ Individuenȱ inȱ demȱ System,ȱ fürȱ welchesȱ dieȱ UnterȬ nehmensverfassungȱ Gültigkeitȱ besitzt.ȱ Hierȱ gibtȱ esȱ keineȱ Unterschiede,ȱ hierȱgibtȱesȱkeineȱprivilegiertenȱGruppen.ȱDasȱbedeutetȱaberȱauch,ȱdassȱdeȬ rartigeȱ Regelungenȱ imȱ Zeitablaufȱ gleichȱ bleibendȱ angewandtȱ werden.ȱ Auchȱdiesȱistȱzwingendȱerforderlich,ȱdamitȱeineȱUnternehmensverfassungȱ berechenbarȱ bleibtȱ undȱ vonȱ allenȱ Beteiligtenȱ auchȱ alsȱ solcheȱ akzeptiertȱ wird.ȱNurȱsoȱkannȱeineȱUnternehmensverfassungȱeineȱWirkungsweiseȱentȬ falten,ȱdieȱdenȱBegriffȱ„Verfassung“ȱauchȱverdient.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱAlbachȱ(1981),ȱS.ȱ53ȱff.ȱ

1.2 Gegenstand der Unternehmensverfassung

13

Dabeiȱistȱ jedochȱ zuȱ berücksichtigen,ȱdassȱ beiȱdenȱ externȱ vorgegebenenȱ RegelungenȱderȱZwangȱfürȱeineȱkonkordanteȱundȱkonsistenteȱAnwendungȱ derartigerȱ Regelungenȱ deutlichȱ höherȱ istȱ alsȱ erȱ beiȱ Regelungenȱ zuȱ verȬ zeichnenȱist,ȱdieȱvonȱdemȱUnternehmenȱselbstȱgesetztȱwerden.ȱDasȱUnterȬ nehmenȱ hatȱ sichȱ denȱ Vorgabenȱ desȱ Gesetzgebersȱ sehrȱ vielȱ stärkerȱ unterȬ zuordnenȱ alsȱ denȱ freiwilligȱ gegebenenȱ Regelungenȱ z.ȱB.ȱ inȱ Formȱ vonȱ UnternehmensȬȱ oderȱ Führungsleitlinien.1ȱ Beiȱ dieserȱ zweitenȱ Gruppeȱ vonȱ Regelungenȱ istȱ esȱ wichtig,ȱ dassȱ sieȱ auchȱ tatsächlichȱ praktiziertȱ werden.ȱ Manȱ sprichtȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ auchȱ vonȱ einerȱ gelebtenȱ UnterȬ nehmensverfassung.ȱȱ DieȱinȱdieserȱUnterscheidungȱzumȱAusdruckȱkommendeȱunterschiedliȬ cheȱRegelungsintensität2ȱvonȱVerfassungsregelnȱlässtȱsichȱnunȱnochȱweiterȱ untergliedern:3ȱNebenȱdenȱgesetzlichenȱBindungen,ȱd.ȱh.ȱdenȱexternȱauferȬ legtenȱRegelungen,ȱ wieȱ z.ȱB.ȱ dieȱVorschriftenȱ desȱArbeitsrechtesȱoderȱ derȱ Mitbestimmungsgesetze,ȱ gibtȱ esȱ nochȱ Regelungen,ȱ dieȱ ausȱ VertragsbinȬ dungenȱ herausȱ entstehen.4ȱ Derartigeȱ Bindungenȱ werdenȱ vielfachȱ ihrenȱ NiederschlagȱinȱBetriebsvereinbarungenȱfinden.ȱEineȱweitereȱGruppeȱvonȱ Regelungenȱbetrifftȱsolche,ȱdieȱzuȱeinerȱSelbstbindungȱdesȱUnternehmensȱ führen.ȱImȱRegelfallȱwerdenȱderartigeȱBindungenȱinȱderȱSatzungȱeinerȱGeȬ sellschaftȱ oderȱ einemȱ Gesellschaftsvertragȱ kodifiziertȱ undȱ schließlichȱ alsȱ letzteȱGruppeȱvonȱRegelungenȱmussȱmanȱaufȱbestimmtenȱTraditionenȱfuȬ ßendeȱRegelungenȱebenfallsȱunterȱdiejenigenȱsubsumieren,ȱdieȱalsȱVerfasȬ sungsregelungenȱzuȱbezeichnenȱsind.ȱ Nichtȱ nurȱ dieȱ Regelungsintensitätȱ istȱ beiȱ diesenȱ einzelnenȱ Formenȱ vonȱ Regelwerkenȱ unterschiedlich,ȱ esȱ istȱ auchȱ derȱ Gestaltungsspielraum,ȱ derȱ sichȱhöchstȱunterschiedlichȱdarstellt.ȱInsbesondereȱbeiȱRegelungen,ȱdieȱderȱ Vertragsbindungȱ undȱ derȱ Selbstbindungȱ dienen,ȱ besitztȱ dieȱ UnternehȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ Gabeleȱ (1982),ȱ S.ȱ 185ȱ ff.;ȱ Hoffmannȱ (1989),ȱ S.ȱ 167ȱ ff.;ȱ Bleicherȱ (1992ȱb),ȱS.ȱ59ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱBurrȱ(1998),ȱS.ȱ315ȱff.ȱ 3ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱWitteȱ(1978),ȱS.ȱ334ȱsowieȱChmielewiczȱ(1993),ȱSp.ȱ4402ȱf.ȱ 4ȱ Vgl.ȱWolffȱ(1995).ȱ

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Unternehmensverfassung im betriebswirtschaftlichen Kontext

mungȱ einenȱ erheblichenȱ Gestaltungsspielraum.ȱ Dieserȱ GestaltungsspielȬ raumȱistȱimȱRahmenȱdesȱrechtlichȱZulässigenȱzuȱnutzen.ȱZuȱnutzenȱheißtȱ dabei,ȱinsb.ȱsolcheȱRegelungenȱzuȱwählen,ȱdieȱnichtȱnurȱrechtlichȱzulässigȱ sind,ȱsondernȱauchȱökonomischȱsinnvollȱerscheinen.ȱ Einȱ Beispiel,ȱ wieȱ Satzungsbestimmungenȱ alsȱ Elementȱ einerȱ UnternehȬ mensverfassungȱ einenȱ aktivenȱ Beitragȱ zuȱ einemȱ stabilenȱ UnternehmensȬ umfeldȱ leitenȱ können,ȱ zeigtȱ dieȱ Satzungȱ desȱ imȱ Familienbesitzȱ befindliȬ chenȱBierbrauersȱBitburger:ȱ „Dietsch, der in der Eigentümerfamilie Simon einheiratete, übergab schließlich 64-jährig in diesem Mai die Geschäfte an den bisherigen Technikchef Axel Simon ab. Dietzsch hat nun wieder mehr Zeit für den Wald und kann als passionierter Jäger wieder mehr auf die Pirsch gehen. Dietzsch bleibt aber als Mitglied der Gesellschafterversammlung dem Unternehmen erhalten. In dem Gremium müssen die Interessen von 37 Angehörigen – aus drei Familienstämmen – unter einen Hut gebracht werden. (...) Eine Trennung der jeweiligen Gesellschafter vom Unternehmen ist praktisch nicht möglich. Einen Verkauf an Dritte verbietet die Satzung, nur die gesamte Gesellschafterversammlung kann das Unternehmen veräußern. Quelle: Scheele, M.: Geschlossene Mannschaftsleistung, in: www.manager-magazin.de/koepfe/unternehmerarchiv/0,2828,303552,00.html – letzter Zugriff am 08.09.2004

1.2.4

Effizienzbezug der Unternehmensverfassung

Wennȱ manȱ dieȱ Verfassungsdiskussionȱ unterȱ ökonomischenȱ GeȬ sichtspunktenȱ führt,ȱ soȱ istȱ zuȱ klären,ȱ wannȱ derartigeȱ Regelungenȱ fürȱ dasȱ Unternehmenȱ einenȱ Effizienzvorteilȱ inȱ sichȱ bergen.ȱ Einȱ derartigerȱ EffiȬ zienzvorteilȱ ergibtȱ sich,ȱ wennȱ esȱ ökonomischȱ sinnvollȱ erscheint,ȱ UnterȬ nehmenȱ mitȱ bestimmtenȱ verfassungsmäßigenȱ Regelungenȱ auszustattenȱ

1.2 Gegenstand der Unternehmensverfassung

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bzw.ȱwennȱesȱzwingendȱnotwendigȱerscheint,ȱdassȱmanȱsichȱinȱbestimmȬ tenȱSituationenȱaufȱderartigeȱVerfassungsregelungenȱzurückziehenȱkann.1ȱ NotwendigȱsindȱVerfassungsregelungenȱimmerȱdann,ȱwennȱeinȱeinheitȬ lichesȱVerhaltenȱeinesȱUnternehmensȱgegenüberȱeinerȱGruppeȱvonȱMarktȬ teilnehmernȱoderȱderȱÖffentlichkeitȱgebotenȱist.ȱEsȱhandeltȱsichȱhierȱmeistȱ umȱ Krisensituationenȱ einesȱ Unternehmens.ȱ Inȱ solchȱ einerȱ Situationȱ mussȱ sichergestelltȱsein,ȱdassȱdasȱUnternehmenȱeinheitlichȱnachȱaußenȱhinȱaufȬ trittȱ undȱ „nichtȱ mitȱ vielenȱ Zungenȱ gesprochenȱ wird“.ȱ Nurȱ soȱ istȱ einȱ effiȬ zientesȱ Krisenmanagementȱ möglich.ȱ Dieȱ Entscheidungsträgerȱ einesȱ UnȬ ternehmensȱdürfenȱsichȱmitȱihrenȱVerhaltensweisenȱnichtȱwidersprechen.ȱ Verfassungsregelnȱführenȱdazu,ȱdassȱinȱderartigenȱExtremsituationenȱdasȱ InformationsȬȱ undȱ Kommunikationsverhaltenȱ zentralisiertȱ vonstattenȱ geht.ȱNurȱsoȱbestehtȱdieȱMöglichkeitȱeinerȱeinheitlichenȱAußendarstellungȱ trotzȱ inȱ derȱ Regelȱ existenterȱ Interessenkonflikteȱ zwischenȱ denȱ RepräsenȬ tantenȱdesȱUnternehmens.ȱ DieȱNotwendigkeitȱeinerȱVerfassungȱistȱalsoȱimȱaußergewöhnlichenȱFallȱ gegeben.ȱDerȱNutzenȱeinerȱUnternehmensverfassungȱzeigtȱsichȱjedochȱimȱ Normalfallȱ desȱ Unternehmensgeschehens.ȱ Verfassungsregelungenȱ tragenȱ dazuȱ bei,ȱ Abläufeȱ undȱ Entscheidungenȱ zuȱ vereinheitlichen.ȱ Hierbeiȱ sindȱ Effizienzgewinneȱ zuȱ verzeichnen,ȱ dieȱ sichȱ z.ȱB.ȱ durchȱ RationalisierungsȬȱ oderȱKoordinationsvorteileȱergebenȱkönnen.ȱZuȱdenkenȱistȱhierȱz.ȱB.ȱanȱdieȱ allgemeinenȱ Geschäftsbedingungen,ȱ dieȱ soȱ formuliertȱ sind,ȱ dassȱ sieȱ fürȱ jedwedenȱGeschäftsvorfallȱAnwendungȱfinden.ȱJeȱhäufigerȱderartigeȱVorȬ fälleȱ auftreten,ȱ destoȱ lohnenderȱ werdenȱ mithinȱ auchȱ verfassungsmäßigeȱ Regeln.ȱ Vonȱ zentralerȱ Bedeutungȱ istȱ dieȱ Unternehmensverfassungȱ darüberȱ hiȬ nausȱfürȱdieȱDurchsetzungȱvonȱEntscheidungen.ȱDieȱUnternehmensverfasȬ sungȱ bzw.ȱ ihreȱ Regelungenȱ lassenȱ sichȱ hierȱ alsȱ einȱ zentralisiertesȱ FühȬ rungsinstrumentȱ verstehen.ȱ Dieȱ Regelungenȱ erlaubenȱ es,ȱ vieleȱ unterȬ schiedlicheȱ Durchsetzungsprozesseȱ inȱ einemȱ Unternehmenȱ nachȱ einemȱ gleichartigenȱ Grundkonzeptȱ auszurichten.ȱ Verfassungsregelnȱ tragenȱ inȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱHauschildtȱ(2001),ȱS.ȱ20ȱf.ȱ

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Unternehmensverfassung im betriebswirtschaftlichen Kontext

diesemȱZusammenhangȱdazuȱbei,ȱdassȱeinȱeinheitlichesȱVerhaltenȱdesȱUnȬ ternehmensȱnachȱinnenȱdeutlichȱwird.ȱUnternehmensverfassungȱhilftȱinsoȬ fernȱ beiȱ derȱ Institutionalisierungȱ einerȱ bestimmtenȱ Unternehmenskultur.ȱ WirdȱdieseȱKulturȱauchȱgelebtȱundȱstehtȱsieȱnichtȱnurȱaufȱdemȱPapierȱ–ȱwieȱ diesȱoftȱbeiȱUnternehmensgrundsätzen1ȱderȱFallȱistȱ–,ȱsoȱliefertȱdieȱUnterȬ nehmensverfassungȱauchȱhierȱeinenȱentscheidendenȱBeitragȱzurȱVerbesseȬ rungȱderȱEffizienzȱderȱbetrieblichenȱProzesse.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ ausführlichȱ Gabeleȱ (1981),ȱ S.ȱ 245ȱ ff.;ȱ Hoffmannȱ (1989),ȱ S.ȱ167ȱ ff.;ȱ Kühnȱ(1993),ȱSp.ȱ4286ȱff.;ȱBleicherȱ(1994)ȱundȱMatjeȱ(1996).ȱ

2 Theorie der Unternehmensverfassung

Dieȱ Diskussionȱ desȱ Begriffsȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ hatȱ gezeigt,ȱ dassȱ imȱ Zentrumȱ derȱ betriebswirtschaftlichenȱ Analyseȱ verfassungsmäßiȬ gerȱ Regelungenȱ ihrȱ Wirkungsbezugȱ steht.ȱ Vonȱ derȱ UnternehmensverfasȬ sungȱwerdenȱdieȱunternehmerischenȱEntscheidungsȬȱundȱDurchsetzungsȬ prozesseȱ nachhaltigȱ beeinflusst,ȱ wasȱ letztlichȱ nichtȱ ohneȱ Einflussȱ aufȱ dieȱ Effizienzȱ derartigerȱ Prozesseȱ bleibt.ȱ Wennȱ jedochȱ eineȱ derartigeȱ AbhänȬ gigkeitȱunterstelltȱwird,ȱmussȱauchȱdieȱFrageȱbeantwortetȱwerden,ȱwieȱdieȬ seȱtheoretischȱzuȱargumentierenȱist.ȱExistierenȱanerkannteȱTheoriemodelle,ȱ dieȱ fürȱ eineȱ ökonomischȱ orientierteȱ Verfassungsdiskussionȱ nutzbringendȱ angewandtȱwerdenȱkönnen?ȱȱ Imȱ Folgendenȱ sollȱ derȱ Versuchȱ unternommenȱ werden,ȱ eineȱ betriebsȬ wirtschaftlichȱ orientierteȱ theoretischeȱ Basisȱ zuȱ legen.ȱ Diesȱ nichtȱ zuletztȱ auchȱ vorȱ demȱ Hintergrund,ȱ dassȱ eineȱ Theorieȱ derȱ UnternehmensverfasȬ sungȱ meistȱ ausȱ höchstȱ unterschiedlichenȱ Richtungenȱ konzipiertȱ wird.1ȱ Ausgangspunktȱ derȱ hierȱ entwickeltenȱ Theorieȱ derȱ UnternehmensverfasȬ sungȱistȱdieȱAnnahme,ȱdassȱverfassungsmäßigeȱRegelungenȱnichtȱwillkürȬ lichȱ gesetztȱ werden,ȱ sondernȱ bestimmtenȱ Zielenȱ folgen,ȱ umȱ soȱ ihreȱ WirȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱGerumȱ(1992ȱc),ȱSp.ȱ2484ȱff.,ȱderȱinȱdiesemȱZusammenhangȱvonȱderȱliberaȬ lenȱ Theorie,ȱ derȱ Koalitionstheorie,ȱ derȱ ethischȬinstitutionellenȱ Theorie,ȱ derȱ neoinstitutionalistischenȱ Theorieȱ undȱ derȱ Unsicherheitsreduktionstheorieȱ spricht.ȱ Vgl.ȱ fernerȱ dieȱ theoretischeȱ Diskussionȱ beiȱ Freseȱ (1993),ȱ Sp.ȱ 1295ȱ ff.ȱ oderȱHauschildtȱ(1999),ȱS.ȱ63ȱff.ȱȱ

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Theorie der Unternehmensverfassung

kungsweiseȱ auchȱ tatsächlichȱ zuȱ entfalten.ȱ Esȱ stelltȱ sichȱ damitȱ dieȱ Frageȱ nachȱdenȱZielen,ȱdenenȱverfassungsmäßigeȱRegelungenȱfolgenȱebensoȱwieȱ dieȱ Frage,ȱ werȱ derartigeȱ Zieleȱ festlegtȱ bzw.ȱ autorisiertȱ ist,ȱ dieseȱ Zieleȱzurȱ Grundlageȱ fürȱ dieȱ Konzeptionȱ vonȱ Verfassungsregelnȱ zuȱ machen.ȱ Diesȱ könnenȱEinzelpersonenȱebensoȱseinȱwieȱPersonengruppenȱoderȱInstitutioȬ nen.ȱ Dieȱ sog.ȱ „zielgruppenorientierteȱ Koalitionstheorie“ȱ bildetȱ insofernȱ denȱAusgangspunktȱfürȱdieȱhierȱvorgestellteȱÜberlegungȱzuȱeinerȱTheorieȱ derȱ Unternehmensverfassung.ȱ Daȱ aberȱ nichtȱ davonȱ ausgegangenȱ werdenȱ kann,ȱdassȱeineȱZielorientierungȱbeiȱderȱSetzungȱvonȱVerfassungsnormenȱ stetsȱ konfliktfreiȱ erfolgt,ȱ dientȱ dieȱ Konflikttheorieȱ derȱ weitergehendenȱ KonkretisierungȱderȱTheorieȱderȱUnternehmensverfassung.ȱUmȱschließlichȱ eineȱAussageȱdarüberȱtreffenȱzuȱkönnen,ȱobȱverfassungsmäßigeȱRegelunȬ gen,ȱ dieȱ dasȱErgebnisȱ einesȱ zielorientiertenȱ Konfliktaustragungsprozessesȱ darstellen,ȱauchȱeinenȱökonomischenȱEffizienzvorteilȱbzw.ȱȬnachteilȱbesitȬ zenȱ wirdȱ eineȱ ökonomischeȱ Fundierungȱ derȱ Theorieȱ derȱ UnternehmensȬ verfassungȱmitȱHilfeȱderȱsog.ȱ„Neuen“ȱInstitutionenökonomikȱangestrebt.ȱ

2.1 Koalitionstheorie als theoretische Ausgangsbasis Beiȱ derȱ definitorischenȱ Abgrenzungȱ desȱ Begriffsȱ UnternehmensverfasȬ sungȱ wurdeȱ festgelegt,ȱ dassȱ hierunterȱ Regelungenȱ zuȱ verstehenȱ sind,ȱ dieȱ dasȱVerhaltenȱdesȱUnternehmensȱgegenüberȱvielfältigen,ȱfürȱsieȱrelevantenȱ Interessengruppenȱfestlegen.ȱDieseȱRegelnȱergebenȱsichȱnichtȱzufällig.ȱSieȱ werdenȱbewusstȱgesetzt.ȱȱ Autorisiertȱ zurȱ Setzungȱ derartigerȱ Regelungenȱ sindȱ unterschiedlicheȱ Einzelpersonenȱ bzw.ȱ Personengruppen,ȱ derenȱ Handlungenȱ dazuȱ dienen,ȱ ihreȱInteressenȱzuȱverwirklichen.ȱDerartigeȱGruppenȱreichenȱvomȱGesetzȬ geberȱ überȱ Marktpartnerȱ bisȱ hinȱ zurȱ Unternehmensleitungȱ bzw.ȱ denȱ EiȬ gentümernȱ einesȱ Unternehmens.ȱ Dieȱ bewussteȱ Gestaltungȱ derȱ verfasȬ sungsmäßigenȱ Regelnȱ durchȱ bestimmteȱ Gruppenȱ –ȱbesser:ȱ InteressenȬ

2.1 Koalitionstheorie als theoretische Ausgangsbasis

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gruppenȱ–ȱ impliziertȱ zugleichȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zielsetzung,1ȱ derȱ dieseȱ GruppenȱbeiȱderȱSetzungȱvonȱVerfassungsregelungenȱfolgen.ȱȱ BetrachtetȱmanȱdieȱZielsetzungenȱderartigerȱInteressengruppen,ȱsoȱwirdȱ manȱ feststellen,ȱ dassȱ dieseȱ nichtȱ zwangsläufigȱ konfliktärenȱ Charakterȱ aufweisenȱmüssen.ȱFolglichȱwerdenȱsichȱGruppenȱzuȱKoalitionenȱzusamȬ menȱ findenȱ bzw.ȱ ausȱ Koalitionenȱ austreten,ȱ umȱ ihreȱ Zieleȱ bestmöglichȱ umzusetzen.2ȱFürȱsieȱstelltȱdasȱUnternehmenȱsomitȱeinȱInstrumentȱdar,ȱumȱ dieȱeigenenȱInteressenȱdurchzusetzen.ȱMitȱHilfeȱdesȱSetzensȱvonȱRegelunȬ genȱ inȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ wirdȱ dasȱ Unternehmenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Durchsetzungȱ derȱ Gruppenzieleȱ instrumentalisiert.ȱ Einenȱ ÜberȬ blickȱüberȱmöglicheȱGruppenzieleȱliefertȱTab.ȱ2Ȭ1.ȱ Jeȱ nachȱ Machtpotenzialȱ gelingtȱ esȱ einzelnenȱ Interessengruppen,ȱ sichȱ hierȱ mehrȱ oderȱ minderȱ gutȱ durchzusetzenȱ beiȱ demȱ Bemühen,ȱ bestimmteȱ verfassungsmäßigeȱ Regelnȱ zuȱ fixieren.ȱ Derȱ Machtaspektȱ istȱ dabeiȱ insbeȬ sondereȱbeiȱsichȱwidersprechendenȱInteressenȱvonȱBedeutung.ȱAllerdingsȱ sollteȱ jedochȱ nichtȱ davonȱ ausgegangenȱ werden,ȱ dassȱ verfassungsmäßigeȱ Regelungenȱ ausschließlichȱeinȱ Abbildȱ existenterȱ Machtstrukturenȱ darstelȬ len.3ȱEineȱderartȱeinseitigeȱSichtȱwirdȱnichtȱnurȱfürȱStaatsverfassungenȱabȬ gelehnt,4ȱ sieȱ würdeȱ auchȱ demȱ ökonomischenȱ Charakter,ȱ denȱ eineȱ UnterȬ nehmensverfassungȱzumindestȱteilweiseȱaufweist,ȱdaȱsieȱvonȱökonomischȱ Handelndenȱgestaltetȱwird,ȱnichtȱgerecht.ȱDarüberȱhinausȱwirdȱeineȱderarȬ tigeȱFixierungȱderȱVerfassungsregelnȱimȱRegelfallȱnichtȱvonȱeinerȱInteresȬ sengruppeȱ alleinȱ vorgenommen.ȱ Hierfürȱ reichtȱ ihrȱ Machtpotenzialȱ meisȬ tensȱnichtȱaus.ȱEsȱwerdenȱsichȱvielmehrȱKoalitionenȱfinden,ȱdieȱbestimmteȱ Regelungenȱinstitutionalisieren.ȱȱEntsprechendȱlässtȱsichȱdieȱzielgruppenȬ orientierteȱKoalitionstheorieȱalsȱeinȱersterȱBausteinȱzurȱtheoretischenȱFunȬ dierungȱderȱUnternehmensverfassungȱbegreifen.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱOrtmannȱ(1976);ȱHauschildtȱ(1977);ȱHamelȱ(1992),ȱSp.ȱ2634ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ auchȱ Freseȱ (2000),ȱ S.ȱ 537ȱ f.,ȱ vgl.ȱ fernerȱ zurȱ interessengruppenbezogenenȱ FestlegungȱstrategischerȱZieleȱWelge/AlȬLahamȱ(2003),ȱS.ȱ166ȱff.ȱ 3ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱFriedbergȱ(1980),ȱS.ȱ123ȱff.ȱ 4ȱ Vgl.ȱKrügerȱ(1961),ȱS.ȱ75.ȱ

20

Theorie der Unternehmensverfassung Koalitionspartner

Typische Interessen

x Top-Management

Einfluss auf das Unternehmen und seine Umwelt (Macht); Prestige; hohes Einkommen; Verwirklichung schöpferischer Ideen

x Bereichsleitung/ Spezialisten

Einfluss auf den eigenen und andere Unternehmensbereiche sowie das Top-Management; Anwendung und Erweiterung professioneller Kenntnisse und Fähigkeiten; Prestige; hohes Einkommen

x Übrige Mitarbeiter

Hohes Einkommen; soziale Sicherheit; Selbstentfaltung am Arbeitsplatz; zufrieden stellende Arbeitsbedingungen und zwischenmenschliche Beziehungen

x Eigenkapitalgeber

Hohe Gewinnausschüttung; Teilnahme an Wertsteigerung durch Kursentwicklung und günstige Angebote bei Kapitalerhöhungen; Einfluss auf das Top-Management

x Fremdkapitalgeber (Gläubiger)

Hohe Verzinsung; pünktliche Rückzahlung und Sicherheit des zur Verfügung gestellten Kapitals

x Lieferanten

Günstige Lieferkonditionen; Zahlungsfähigkeit; anhaltende Liefermöglichkeiten

x Kunden

Qualitativ hoch stehende Leistungen zu günstigen Preisen; Nebenleistungen wie Konsumentenkredite, Service, Ersatzteile oder Beratung; gesicherte Versorgung

x Kommunalbehörden

Bereitstellung von Arbeitsplätzen; Beiträge zur Infrastruktur und zu Kultur- und Bildungsinstitutionen

x Staat

Einhaltung gesetzlicher Vorschriften; hohes Exportniveau; Steuereinnahmen

x Gewerkschaften

Anerkennung der Gewerkschaftsvertreter als Verhandlungspartner; Verhandlungsfairness; Möglichkeit, Gewerkschaftsanliegen im Unternehmen zu artikulieren und Mitglieder zu werben

x Arbeitgeberverbände

Ausrichtung unternehmerischer Entscheidungen an eigenen Interessen; Beitragszahlung

Quelle:ȱ Macharzina/Wolfȱ(2008),ȱS.ȱ13.ȱ Tab.ȱ2Ȭ1:ȱ ZielsetzungenȱunterschiedlicherȱInteressengruppenȱanȱderȱGestalȬ tungȱderȱUnternehmensverfassungȱ

2.1 Koalitionstheorie als theoretische Ausgangsbasis

21

Dieȱ Koalitionstheorieȱ unterstellt,ȱ dassȱ dieȱ Regelungenȱ derȱ UnternehȬ mensverfassungȱ letztlichȱ nurȱ dazuȱ dienen,ȱ individuelleȱ oderȱ gruppenbeȬ zogeneȱZieleȱdurchzusetzen.ȱDieseȱaufȱdieȱArbeitenȱvonȱCyertȱundȱMarch1ȱ zurückgehendeȱ Theorieȱ unterstellt,ȱ dassȱ einȱ Unternehmenȱ eineȱ Koalitionȱ ausȱ unterschiedlichenȱ Interessengruppenȱ darstelltȱ (Manager,ȱ Eigentümer,ȱ Arbeitnehmerȱ usw.).ȱ Dieseȱ Gruppenȱ einigenȱ sichȱ imȱ Rahmenȱ einesȱ VerȬ handlungsprozessesȱ aufȱ eineȱ unternehmensspezifischeȱ Zielfunktion,ȱ dieȱ dieȱeinzelnenȱ Gruppenzieleȱ mehrȱ oderȱminderȱgutȱwiderspiegelt.ȱ Einȱ deȬ rartigerȱ Verhandlungsprozessȱ wirdȱ durchȱ einȱ gruppenbezogenesȱ ökonoȬ mischesȱKalkülȱgeleitet,ȱbeiȱdemȱsichȱdieȱgeleistetenȱBeiträgeȱderȱGruppenȱ undȱ dieȱ dafürȱ gewährtenȱ Anreizeȱ imȱ Gleichgewichtȱ befindenȱ sollten,ȱ daȱ anderenfallsȱderȱAustrittȱvonȱTeilenȱderȱGruppenmitgliederȱausȱdemȱUnȬ ternehmenȱ droht.2ȱ Nebenȱ demȱ ökonomischenȱ Kalkülȱ beeinflusstȱ jedochȱ auchȱ dieȱ Machtverteilungȱ zwischenȱ denȱ Gruppenȱ dasȱ Ergebnisȱ desȱ VerȬ handlungsprozesses.ȱ Jeȱ mehrȱ esȱ einzelnenȱ Personenȱ bzw.ȱ PersonengrupȬ penȱ gelingt,ȱ ihreȱ IndividualȬȱ bzw.ȱ Gruppenzieleȱ zuȱ Zielenȱ desȱ UnternehȬ mensȱzuȱmachenȱundȱandereȱPersonenȱoderȱandereȱPersonengruppenȱzurȱ Akzeptanzȱ undȱ Verfolgungȱ dieserȱ Zieleȱ zuȱ veranlassen,ȱ destoȱ umfassenȬ derȱ kannȱ dasȱ Unternehmenȱ vonȱ ihnenȱ zurȱ Erfüllungȱ ihrerȱ individuellenȱ oderȱ kollektivenȱ Zieleȱ instrumentalisiertȱ werden.ȱ Entscheidendȱ fürȱ eineȱ derartigeȱkoalitionsbezogeneȱPerspektiveȱistȱdieȱExistenzȱvonȱMachtȱbzw.ȱ vonȱ Machtpotenzialenȱ beiȱ einzelnenȱ Personenȱ bzw.ȱ Personengruppen.ȱ Jeȱ nachȱMachtpotenzialȱ–ȱbesser:ȱperzipiertemȱMachtpotenzialȱ–ȱwerdenȱsichȱ bestimmteȱ Interessenȱ imȱ Zugeȱ derȱ unternehmensverfasstenȱ Regelungenȱ besserȱdurchsetzenȱlassenȱalsȱandereȱRegelungen.ȱImȱZentrumȱderȱDiskusȬ sionȱstehenȱmeistȱdreiȱInteressengruppen:ȱdieȱGruppeȱderȱEigentümer,ȱdieȱ GruppeȱderȱUnternehmensleitungȱundȱdieȱGruppeȱderȱArbeitnehmer.ȱSieȱ sollenȱ imȱ Folgendenȱ näherȱ betrachtetȱ werden.ȱ Ihreȱ Individualinteressenȱ bildenȱ denȱ Ausgangspunktȱ fürȱ dasȱ Koalitionsmodellȱ derȱ UnternehmensȬ verfassung,ȱwieȱesȱinȱAbb.ȱ2Ȭ1ȱzumȱAusdruckȱkommt.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱCyert/Marchȱ(1963).ȱ 2ȱ Vgl.ȱ March/Simonȱ (1958),ȱ dieȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ dieȱ BeitrittsentscheiȬ dungȱzuȱeinemȱorganisationalenȱSystemȱvonȱderȱLeistungsentscheidungȱinnerȬ halbȱdiesesȱSystemsȱunterscheiden.ȱ

22

Theorie der Unternehmensverfassung

Koalitionsperspektive

Eigentümerperspektive

Leitungsperspektive

Arbeitnehmerperspektive

Regelungen der Unternehmensverfassung

Interessengruppenperspektive

ȱ Abb.ȱ2Ȭ1:ȱKoalitionstheorieȱundȱUnternehmensverfassungȱ Dieȱ Eigentümerperspektiveȱ oderȱ auchȱ ShareholderȬPerspektiveȱ gehtȱ davonȱ aus,ȱ dassȱ Unternehmenȱ inȱ ersterȱ Linieȱ dazuȱ dienenȱ sollen,ȱ dieȱ EiȬ gentümerinteressenȱ zuȱ verwirklichen.ȱ Dasȱ zentraleȱ Zielȱ istȱ dabeiȱ dieȱ GeȬ winnerzielung.ȱ Dasȱ Unternehmenȱ wirdȱ alsȱ Instrumentȱ zurȱ GewinnerzieȬ lungȱverstanden.ȱEsȱistȱdiesȱderȱklassischeȱbetriebswirtschaftlicheȱAnsatz,ȱ derȱ nachȱ Jahrzehntenȱ derȱ Nichtbeachtungȱ inȱ jüngsterȱ Zeitȱ immerȱ wiederȱ propagiertȱwird.1ȱEsȱwirdȱunterstellt,ȱdassȱUnternehmenȱlangfristigȱnurȱefȬ fizientȱ sind,ȱ wennȱ sieȱ danachȱ trachten,ȱ denȱ ShareholderȬValueȱ zuȱ maxiȬ mieren.ȱDassȱeinȱderartigerȱAnsatzȱnichtȱohneȱKritikȱbleibt,ȱverwundertȱsiȬ cherlichȱ nicht.ȱ Dieȱ Diskussionȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Sinnhaftigkeitȱ derȱ ShareholderȬOrientierungȱ sollȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ allerdingsȱ nichtȱ geführtȱ werden.ȱ Unterȱ derȱ hierȱ vorzunehmendenȱ theoretischenȱ Erörterungȱ desȱ Unternehmensverfassungsproblemsȱ besagtȱ dieȱ Eigentümerperspektiveȱ leȬ diglich,ȱdassȱesȱdenȱEigentümernȱoderȱShareholdernȱgelungenȱist,ȱimȱZugeȱ derȱRegelungenȱderȱUnternehmensverfassungȱihreȱInteressenȱeindeutigȱzuȱ LastenȱderȱanderenȱInteraktionsgruppenȱdurchzusetzen.ȱDiesȱgiltȱinsb.ȱimȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Auseinandersetzungȱ mitȱ derȱ Unternehmensleitungȱ bzw.ȱ mitȱdenȱArbeitnehmern.2ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ Rappaportȱ (1986),ȱ vgl.ȱ fernerȱ Bühner/Tuschkeȱ (1997),ȱ S.ȱ 499ȱ ff.;ȱ HommelȬ hoffȱ(1997),ȱS.ȱ17ȱff.ȱsowieȱBackesȬGellner/Pullȱ(1999),ȱS.ȱ51ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱNienhüserȱ(1998),ȱS.ȱ239ȱff.ȱ

2.1 Koalitionstheorie als theoretische Ausgangsbasis

23

DieȱLeitungsperspektiveȱstelltȱdasȱManagementȱdesȱUnternehmensȱinsȱ Zentrumȱ derȱ Betrachtung.1ȱ Unternehmenȱ werdenȱ hierȱ alsȱ Instrumentȱ zurȱ Durchsetzungȱ derȱ Zieleȱ derȱ Unternehmensleitungȱ verstanden.ȱ Dieȱ hanȬ delndenȱManagerȱbestimmenȱdieȱentscheidendenȱEckpfeilerȱderȱRegelunȬ genȱ derȱ Unternehmensverfassung.ȱ Esȱ existierenȱ zwarȱ weiterhinȱ EigentüȬ merȱ mitȱ entsprechendenȱ Eigentumsrechtenȱ anȱ demȱ Unternehmen.ȱ Dieȱ Eigentümerȱ habenȱ jedochȱ dieȱ Kontrolleȱ überȱ dasȱ Unternehmenȱ weitgeȬ hendȱanȱdasȱManagementȱabgegeben.2ȱSelbstȱgesetzlicheȱRegelungenȱverȬ hindernȱ inȱ diesemȱ Fallȱ nicht,ȱ dassȱ dasȱ Managementȱ seineȱ Interessenȱ zuȱ Lastenȱ derȱ anderenȱ Interessengruppenȱ durchsetzt.ȱ Hauptannahmeȱ diesesȱ auchȱalsȱManagerialismustheorieȱbezeichnetenȱAnsatzesȱistȱdieȱAnnahme,ȱ dassȱ Managerȱ nichtȱ derȱ langfristigenȱ Gewinnmaximierungȱ imȱ Zugeȱ desȱ ShareholderȬValueȬKonzeptesȱ folgen,ȱ sondernȱ eherȱ WachstumsȬȱ oderȱ Nutzenzieleȱ anstreben,ȱ dieȱ derȱ Rentabilitätȱ desȱ Unternehmensȱ zuwiderȱ laufenȱkönnen.3ȱȱ DieȱArbeitnehmerperspektiveȱgehtȱdavonȱaus,ȱdassȱdasȱUnternehmen,ȱ d.ȱh.ȱ insb.ȱ dasȱ dortȱ geltendeȱ Regelwerk,ȱ daraufhinȱ ausgerichtetȱ ist,ȱ dassȱ Arbeitsplätzeȱ zurȱ Verfügungȱ gestelltȱ werden,ȱ umȱ dieȱ EinkommenserzieȬ lungȱ derȱ Arbeitnehmerȱ zuȱ sichern.ȱ Dieȱ Schaffungȱ vonȱ Arbeitsplätzenȱ beȬ sitztȱ obersteȱ Priorität.4ȱ Renditeüberlegungenȱ werdenȱ nurȱ insoweitȱ akzepȬ tiert,ȱ alsȱ sieȱ notwendigȱ erscheinen,ȱ dasȱ langfristigeȱ Überlebenȱ desȱ UnterȬ nehmensȱsicherzustellen.ȱImȱMittelpunktȱeinerȱderartigenȱArgumentationȱ stehtȱ vielfachȱ dieȱ Bedeutungȱ bzw.ȱ dieȱ Funktionȱ vonȱ Gewerkschaftenȱ beiȱ derȱ Durchsetzungȱ entsprechenderȱ Zielvorstellungenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ ReȬ gelnȱderȱUnternehmensverfassung.5ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱzusammenfassendȱGerumȱ(1995),ȱSp.ȱ1460ȱff.ȱoderȱKirchnerȱ(2004),ȱ Sp.ȱ805ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱSchreyöggȱ(1983),ȱS.ȱ153ȱff.ȱ 3ȱ Vgl.ȱShleifer/Vishnyȱ(1997),ȱS.ȱ737ȱff.,ȱwonachȱManagerȱi.ȱd.ȱR.ȱdasȱihnenȱüberȬ lasseneȱKapitalȱsuboptimalȱeinsetzen.ȱ 4ȱ Vgl.ȱhierzuȱbeispielhaftȱHartzȱ(1994).ȱ 5ȱ Vgl.ȱHirsch/Addisonȱ(1988);ȱHurrle/Schütteȱ(1990).ȱ

24

Theorie der Unternehmensverfassung

Dieȱ Koalitionsperspektiveȱ bzw.ȱ dasȱ StakeholderȬKonzept1ȱ gehtȱ davonȱ aus,ȱdassȱsichȱkeineȱderȱobenȱgenanntenȱGruppenȱbeiȱderȱInstitutionalisieȬ rungȱ derȱ Regelungenȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ nachhaltigȱ –ȱeinȬ seitigȱ–ȱdurchsetzenȱkann.2ȱDasȱUnternehmenȱwirdȱdabeiȱalsȱderȱOrtȱverȬ standen,ȱ beiȱ demȱ dieȱ Interessenȱ unterschiedlicherȱ Gruppenȱ zusammenȬ treffenȱundȱeinȱkollektiverȱAushandlungsprozessȱstattfindet,ȱwelcherȱdazuȱ führt,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ Interessenȱ einerȱ jedenȱ einzelnenȱ Gruppeȱ mehrȱ oderȱ minderȱ gutȱ verwirklichenȱ lassen.ȱ Einenȱ Überblickȱ überȱ dieȱ Vielzahlȱ derȱ Interessengruppen3ȱliefertȱAbb.ȱ2Ȭ2.ȱ DieȱEinflussnahmeȱderȱInteressengruppenȱmussȱdabeiȱnichtȱzwangsläuȬ figȱ direkterȱ Naturȱ sein.ȱ Dieȱ Koalitionsbildungȱ kannȱ auchȱ dazuȱ führen,ȱ dassȱbestimmteȱInteressengruppenȱsichȱinstrumentalisierenȱlassen.ȱFernerȱ istȱ zuȱ beachten,ȱ dassȱ Stakeholderȱ nichtȱ nurȱ Verfassungsregelnȱ beeinflusȬ sen,ȱsondernȱsieȱauchȱdurchȱdieseȱselbstȱinȱihrenȱVerhaltensweisenȱbeeinfȬ lusstȱwerden.ȱFürȱdieȱweitereȱAnalyseȱsollȱsichȱjedochȱaufȱdiejenigenȱInterȬ essengruppenȱ beschränktȱ werden,ȱ vonȱ denenȱ einȱ maßgeblicherȱ Einflussȱ aufȱ dieȱ Regelungenȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ zuȱ erwartenȱ ist.ȱ Diesȱ sindȱ nebenȱ derȱ Gesetzgebungȱ inȱ ersterȱ Linieȱ dieȱ Eigentümer,ȱ dasȱ ManaȬ gementȱundȱdieȱArbeitnehmer.4ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱFreeman/Wicks/Parmarȱ(2004),ȱS.ȱ354ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱSteinmannȱ(1969);ȱHillȱ(1996);ȱJones/Wicksȱ(1999).ȱ 3ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ fernerȱ Brickley/Smith/Zimmermannȱ (1997),ȱ S.ȱ 148;ȱ Portischȱ (1997),ȱ S.ȱ12ȱff.;ȱJostȱ(1999),ȱS.ȱ15ȱff.ȱ 4ȱ Vgl.ȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ auchȱ Post/Preston/Sachsȱ (2002),ȱ S.ȱ 10ȱ ff.,ȱ dieȱ zwischenȱ primärenȱ undȱ sekundärenȱ Stakeholdernȱ unterscheiden.ȱ Vgl.ȱ fernerȱ Scholzȱ(1987),ȱS.ȱ27ȱff.ȱundȱHattan/Hattanȱ(1988),ȱS.ȱ114ȱff.ȱ

2.1 Koalitionstheorie als theoretische Ausgangsbasis

25

Owners Political Groups

Financial Community

Activist Groups

Government

Firm

Suppliers

Customers

Customer Advocate Groups

Competitors

Trade Associates

Unions Employers

ȱ Quelle:ȱ Freemanȱ(1984),ȱS.ȱ55.ȱ Abb.ȱ2Ȭ2:ȱ„Stakeholder“ȱderȱUnternehmungȱundȱihreȱBeziehungenȱ Welcheȱ dieserȱ vorgetragenenȱ Perspektivenȱ letztlichȱ Gültigkeitȱ fürȱ dieȱ Gestaltungȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ besitzt,ȱ sollȱ undȱ kannȱ anȱ dieserȱ Stelleȱnichtȱbeantwortetȱwerden.ȱInȱderȱpraktischenȱUmsetzungȱwirdȱdiesȱ mitȱSicherheitȱauchȱeineȱFrageȱderȱvorhandenenȱMachtpotenzialeȱsein.1ȱSieȱ sindȱes,ȱdieȱdazuȱbeitragen,ȱdassȱsichȱbestimmteȱInteressengruppenȱbesserȱ gegenüberȱanderenȱInteressengruppenȱdurchsetzenȱkönnen.ȱDaȱsämtlicheȱ Interessengruppenȱ überȱ Machtpotenzialeȱ verfügen,ȱ istȱ esȱ unwahrscheinȬ lich,ȱ dassȱ eineȱ Einzelperspektiveȱ dominiert.ȱ Insofernȱ sprichtȱ vielȱ fürȱ dieȱ Sinnhaftigkeitȱ derȱ Koalitionsperspektive.ȱ Allerdingsȱ mussȱ auchȱ hierȱ kriȬ tischȱ gesehenȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ Beitrittsentscheidungȱ zuȱ einerȱ unternehȬ mensbezogenenȱ Koalitionȱundȱ dieȱ Austrittsentscheidungȱ ausȱ einerȱ KoaliȬ tionȱnichtȱgleichwertigȱsind.ȱEsȱexistierenȱmeistȱAustrittsbarrieren,ȱdieȱdasȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱJohnson/Scholesȱ(1993),ȱS.ȱ178ȱff.ȱ

26

Theorie der Unternehmensverfassung

VerbleibenȱauchȱinȱeinerȱalsȱteilweiseȱunvorteilhaftenȱKoalitionȱsicherȱstelȬ len.ȱDaȱderartigeȱAustrittsbarrierenȱnichtȱfürȱalleȱStakeholderȱinȱgleichemȱ Maßeȱgelten,ȱfolgtȱhierausȱeineȱnichtȱunerheblicheȱstrategischeȱOption,ȱdieȱ sichȱeinzelnenȱInteressengruppenȱeröffnet.ȱEsȱfälltȱAktionärenȱmeistȱleichtȬ er,ȱdurchȱVerkaufȱihrerȱAnteileȱamȱUnternehmenȱdenȱAustrittȱzuȱrealisieȬ renȱ –ȱinsbesondere,ȱ wennȱ sieȱ nochȱ überȱ Aktienpaketeȱ beiȱ anderenȱ UnterȬ nehmenȱ verfügenȱ–ȱ alsȱ Arbeitnehmernȱ dieȱ Kündigungȱ ihresȱ ArbeitsverȬ hältnisses.ȱ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

2.2.1

Grundlegende Überlegungen

Ausgangspunktȱ derȱ konflikttheoretischenȱ Fundierungȱ derȱ UnternehȬ mensverfassung1ȱistȱdieȱErkenntnis,ȱdassȱeinȱUnternehmenȱalsȱInstrumentȱ genutztȱ wird,ȱ umȱ wirtschaftlicheȱ EinzelȬȱ oderȱ Gruppeninteressenȱ durchȬ zusetzen.ȱ Dasȱ konflikttheoretischeȱ Konzeptȱ kannȱ damitȱ alsȱ eineȱ WeiterȬ entwicklungȱ derȱ koalitionstheoretischenȱ Herangehensweiseȱ anȱ dasȱ PhäȬ nomenȱUnternehmensverfassungȱverstandenȱwerden.ȱȱ Unterȱ konflikttheoretischerȱ Perspektiveȱ kannȱ dieȱ UnternehmensverfasȬ sungȱ jedochȱ nichtȱ nurȱ alsȱ dasȱ Ergebnisȱ einesȱ mehrȱ oderȱ minderȱ stabilenȱ AnreizȬBeitragsȬGleichgewichtsȱderȱInteressengruppenȱangesehenȱwerden.ȱ Austrittsbarrierenȱ sowieȱ vonȱ denȱ Interessengruppenȱ kaumȱ veränderbareȱ Verfassungsregelnȱ führenȱ dazu,ȱ dassȱ Unternehmenȱ alsȱ eineȱ zumindestȱ überȱeinenȱlängerenȱZeitraumȱstabileȱPlattformȱangesehenȱwerdenȱkönnen,ȱ aufȱ derȱ dieȱ Interessengruppenȱ versuchen,ȱ ihreȱ Ansprücheȱ zuȱ verwirkliȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱausführlichȱOechslerȱ(1992),ȱSp.ȱ1131ȱff.ȱsowieȱHauschildtȱ (1999),ȱ S.ȱ 74ȱ ff.ȱ sowieȱ Demskiȱ (2003),ȱ S.ȱ 51ȱ ff.ȱ Vgl.ȱ fernerȱ Hungenbergȱ (2000),ȱ S.ȱ134ȱff.ȱ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

27

chen.ȱDabeiȱistȱdavonȱauszugehen,ȱdassȱesȱsehrȱwohlȱmöglichȱist,ȱdassȱsichȱ dieȱIndividuen,ȱhinterȱdenenȱdieȱInteressengruppenȱstehen,ȱimȱExtremfallȱ komplettȱ austauschen,ȱ ohneȱ dassȱ dieȱ Existenzȱ desȱ Unternehmensȱ beeinȬ trächtigtȱwird,ȱdaȱeineȱInstitutionalisierungȱderȱGruppenȱimȱRegelfallȱfortȬ besteht.ȱ Dasȱ Unternehmenȱ wirdȱ geprägtȱ durchȱ eineȱ Vielzahlȱ vonȱ VerträȬ genȱ undȱ institutionellenȱ Regeln,ȱ dieȱ eineȱ gewisseȱ Dauerhaftigkeitȱ seinerȱ Existenzȱ sicherstellen.ȱ Sieȱ sindȱ inȱ letzterȱ Konsequenzȱ alsȱ dasȱ Ergebnisȱ eiȬ nesȱ Konfliktaustragungsprozessesȱ seitȱ Gründungȱ desȱ Unternehmensȱ zuȱ verstehen.ȱ Aufȱ dieserȱ soȱ institutionalisiertenȱ Plattformȱ findetȱ dieȱ AustraȬ gungȱ derȱ Interessenȱ statt.1ȱ Dasȱ existenteȱ VertragsȬȱ undȱ Regelwerkȱ führtȱ dazu,ȱdassȱsichȱinstitutionelleȱStrukturenȱimȱUnternehmenȱetablieren,ȱdeȬ renȱ Existenzȱ weitgehendȱ unabhängigȱ istȱ vonȱ denȱ jeweilsȱ hinterȱ diesenȱ Strukturenȱ stehendenȱ Personen.ȱ Derȱ Grundȱ hierfürȱ liegtȱ inȱ demȱ –ȱbereitsȱ obenȱgenanntenȱ–ȱfürȱVerfassungenȱtypischenȱUmstandȱderȱManifestation,ȱ d.ȱh.ȱ derȱ nurȱ schwerȱ möglichenȱ Veränderbarkeit.2ȱ Dieȱ UnternehmensverȬ fassungȱ kannȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ alsȱ einȱ Instrumentȱ zurȱ Lösungȱ vonȱ unternehmensbezogenenȱ Interessenkonfliktenȱ verstandenȱ werdenȱ undȱ stelltȱ fürȱ Oechslerȱ somitȱ dieȱ „formaleȱ Grundlageȱ desȱ KonfliktmanaȬ gementsȱdar“.3ȱȱ Imȱ Rahmenȱ einerȱ „konfliktbewussten“ȱ Unternehmensverfassungȱ kommtȱdenjenigenȱStrukturen,ȱdieȱdieȱLeitungsfunktionȱinnerhalbȱdesȱUnȬ ternehmensȱwahrnehmen,ȱeineȱbesondereȱBedeutungȱzu.ȱIhreȱManifestatiȬ onȱ führtȱ dazu,ȱ dassȱ dasȱ Unternehmenȱ nichtȱ denȱ Ansprüchenȱ derȱ unterȬ schiedlichstenȱInteressengruppenȱ„hilflos“ȱausgeliefertȱist.ȱSieȱgarantierenȱ damitȱdenȱBestandȱdesȱUnternehmensȱjenseitsȱderȱAustragungȱhöchstȱunȬ terschiedlicherȱInteressenkonflikte.ȱNurȱinȱAusnahmesituationenȱistȱdieserȱ Bestandȱgefährdet.ȱZuȱdenkenȱistȱhierȱbeispielsweiseȱanȱAspekteȱwieȱeineȱ UnternehmensfusionȱoderȱaberȱdieȱInsolvenz.ȱInȱdiesenȱSituationenȱistȱdieȱ Existenzȱ derȱ systemerhaltendenȱ Institutionenȱ selbstȱ inȱ Frageȱ gestellt.ȱ Derȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱdieȱDiskussionȱüberȱVermachtungsprozesseȱinȱderȱWirtschaft,ȱ wieȱsieȱbeiȱSteinmann/Schreyöggȱ(2000),ȱS.ȱ89ȱff.,ȱzusammenfassendȱdargestelltȱ ist.ȱ 2ȱ Vgl.ȱKrügerȱ(1961),ȱS.ȱ79ȱf.ȱ 3ȱ Oechslerȱ(1992),ȱSp.ȱ1133.ȱ

28

Theorie der Unternehmensverfassung

inȱeinemȱsolchenȱFallȱstattfindendeȱKonfliktaustragungsprozessȱwirdȱdannȱ möglicherweiseȱ dazuȱ führen,ȱ dassȱ dasȱ Unternehmenȱ selbstȱ undȱ damitȱ auchȱdasȱentsprechendeȱverfassungsmäßigeȱRegelwerkȱnichtȱmehrȱexistieȬ ren.ȱ DieȱUnternehmensverfassungȱstelltȱjedochȱnichtȱnurȱeinȱInstrumentȱzurȱ Regulierungȱ möglicherȱ Interessenkonflikteȱ imȱ Unternehmenssystemȱ dar.ȱ DieȱUnternehmensverfassungȱselbstȱkannȱauchȱalsȱeinȱErgebnisȱdesȱKonfȬ liktaustragungsprozessesȱ zwischenȱ denȱ relevantenȱ Interaktionsgruppenȱ verstandenȱwerden.ȱDieȱKonfliktaustragungȱhatȱsichȱhierbeiȱaufȱdieȱKonȬ zeptionȱderȱverfassungsmäßigenȱRegelungenȱverlagert.ȱJeȱnachȱfaktischenȱ bzw.ȱ perzipiertenȱ Machtpotenzialenȱ wirdȱ esȱ denȱ einzelnenȱ InteraktionsȬ gruppenȱ mehrȱ oderȱ minderȱ gutȱ gelingen,ȱ dieȱ verfassungsmäßigenȱ RegeȬ lungenȱ inȱ ihremȱ Sinneȱ –ȱd.ȱh.ȱ imȱ Sinneȱ einerȱ individuellenȱ NutzenȬ maximierungȱ–ȱ zuȱ beeinflussen,ȱ umȱ soȱ beiȱ derȱ zukünftigenȱ Austragungȱ vonȱ Interessenkonfliktenȱ möglicherweiseȱ imȱ Vorteilȱ zuȱ sein.ȱ Dieȱ UnterȬ nehmensverfassungȱ oderȱ besserȱ dieȱ Regelnȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ könnenȱinsofernȱsowohlȱalsȱabhängigeȱVariableȱwieȱauchȱalsȱunabhängigeȱ Variableȱ imȱ Rahmenȱ desȱ Konfliktaustragungsprozessesȱ derȱ Stakeholderȱ verstandenȱwerden.ȱ

2.2.2

Konfliktparteien und ihre Interessen

Gehtȱ manȱ vonȱ derȱ Vorstellungȱ aus,ȱ dassȱ dasȱ Unternehmenȱ durchȱ dasȱ Managementȱnachȱaußenȱhinȱrepräsentiertȱundȱvertretenȱwird,ȱsoȱexistiertȱ einȱ Kranzȱ vonȱ Interessenten,ȱ dieȱ –ȱnebenȱ demȱ Managementȱ selbstȱ–ȱ AnsȬ prücheȱanȱdasȱUnternehmenȱstellen.1ȱEsȱistȱvornehmlichȱAufgabeȱdesȱMaȬ nagements,ȱderartigeȱAnsprücheȱzuȱerkennenȱundȱsieȱbewusstȱzuȱmachen.ȱ Diesȱ istȱ notwendig,ȱ damitȱ dieȱ nichtȱ immerȱ klarȱ ersichtlicheȱ Zielrichtungȱ desȱ Anspruchesȱ deutlichȱ undȱ dieȱ dahinterȱ stehendeȱ Machtbasisȱ richtigȱ eingeschätztȱ wird.2ȱ Auchȱ hierȱ istȱ nichtȱ dieȱ faktischȱ existenteȱ Machtȱ vonȱ Bedeutung,ȱsondernȱdieȱperzipierteȱMacht.ȱDaȱnichtȱdavonȱauszugehenȱist,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱChmielewiczȱ(1995),ȱSp.ȱ2075ȱff.;ȱvgl.ȱfernerȱJostȱ(1999),ȱS.ȱ23ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱHauschildtȱ(2001),ȱS.ȱ15.ȱ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

29

dassȱ sämtlicheȱ Anspruchsgruppenȱ überȱ gleichȱ gerichteteȱ Ansprücheȱ verȬ fügen,ȱsondernȱdassȱsichȱderartigeȱAnsprücheȱimȱRegelfallȱwidersprechenȱ werden,ȱ sindȱ Konflikteȱ umȱ dieȱ Verwirklichungȱ derartigerȱ Ansprücheȱ unausweichlich.ȱInfolgedessenȱistȱdasȱUnternehmenȱbzw.ȱseineȱRepräsenȬ tantenȱ aufgerufen,ȱ derartigeȱ Konflikteȱ imȱ Rahmenȱ einesȱ effizientenȱ KonȬ fliktmanagementsȱ zuȱ lösen.1ȱ Eineȱ zentraleȱ Hilfestellungȱ hierbeiȱ sindȱ dieȱ existentenȱ Verhaltensregeln,ȱ dieȱ sichȱ aufgrundȱ derȱ UnternehmensverfasȬ sungȱergeben.ȱȱ Allerdingsȱsollteȱmanȱnichtȱdavonȱausgehen,ȱdassȱsämtlicheȱInteressenȬ gruppenȱ generellȱ konfliktäreȱ Ansprücheȱ besitzen.ȱ Esȱ sindȱ nebenȱ InteresȬ sendivergenzenȱauchȱvielfältigeȱInteressenkongruenzenȱmöglich.ȱDieseȱerȬ gebenȱ sichȱ zumȱ einenȱ sicherlichȱ dadurch,ȱ dassȱ dieȱ Interessenȱ gleichȱ gerichtetȱ sind,ȱ zumȱ anderenȱ jedochȱ auchȱ dadurch,ȱ dassȱ sichȱ Koalitionenȱ finden,ȱ mitȱ derenȱ Hilfeȱ manȱ versucht,ȱ zumindestȱ sichȱ nichtȱ fundamentalȱ widersprechendeȱ Interessenȱ gemeinschaftlichȱ durchzusetzen.ȱ Darüberȱ hiȬ nausȱlässtȱsichȱebenfallsȱfeststellen,ȱdassȱnachȱaußenȱhinȱeinheitlichȱauftreȬ tendeȱ Interessengruppenȱ sichȱ nichtȱ zwangsläufigȱ durchȱ homogeneȱ InterȬ essenȱ ihrerȱ Gruppenmitgliederȱ auszeichnenȱ müssen.ȱ Insofernȱ sindȱ nichtȱ nurȱ Konfliktfelderȱ zwischenȱ Interessengruppenȱ existent,ȱ sondernȱ auchȱ Konflikteȱ innerhalbȱ derȱ einzelnenȱ Gruppen,ȱ sog.ȱ Intragruppenkonflikte.2ȱ DerartigeȱIntragruppenkonflikteȱsindȱletztlichȱauchȱaufȱdieȱoftmalsȱheteroȬ geneȱ Zusammensetzungȱ derȱ einzelnenȱ Interessengruppenȱ undȱ dieȱ damitȱ einhergehendenȱ unterschiedlichenȱ Partialinteressenȱ zurückzuführen.ȱ Wieȱ heterogenȱeineȱderartigeȱZusammensetzungȱseinȱkann,ȱzeigtȱTab.ȱ2Ȭ2.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ umfassendȱ Krügerȱ (1972);ȱ Oechslerȱ (1979);ȱ Brownȱ (1983);ȱ Glaslȱ (1990);ȱDeDren/VanȱdeȱVliertȱ(1997).ȱ 2ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱdieȱMehrebenenanalyseȱvonȱKonfliktenȱimȱUnternehmen,ȱwieȱ sieȱvonȱKrügerȱ(1981),ȱS.ȱ915,ȱentwickeltȱwurde.ȱDieserȱAnsatzȱwurdeȱvonȱHauȬ schildtȱ (1999)ȱ konkretisiert,ȱ indemȱ einȱ zweidimensionalesȱ KonfliktȬ/KonsensȬ modellȱ entwickeltȱ wurde.ȱ Dieȱ nachfolgendenȱ Ausführungenȱ orientierenȱ sichȱ hieran.ȱ

30

Theorie der Unternehmensverfassung Funktion mit Leitungsfunktion

ohne Leitungsfunktion

Interessengruppe Anteilseigner

Arbeitnehmer

x Eigentümer/Unternehmer

x Kleinaktionär

x Konzernmutter

x Kommanditist

x Staat/Kommunen

x Kapitalanlagegesellschaft

x Top-Manager

x Arbeiter

x Leitende Manager

x Angestellte

x Mittlere und untere Manager

x Beamte

Quelle:ȱ InȱAnlehnungȱanȱChmielewiczȱ(1993),ȱSp.ȱ4405.ȱ Tab.ȱ2Ȭ2:ȱ HeterogenitätȱderȱZusammensetzungȱvonȱInteressengruppenȱ Vonȱ derȱ Vielzahlȱ derȱ Interessengruppen,ȱ dieȱ Ansprücheȱ anȱ dasȱ UnterȬ nehmenȱ stellen,ȱ sollenȱ dieȱ folgendenȱ vierȱ Gruppenȱ hierȱ näherȱ betrachtetȱ werden:1ȱdieȱUnternehmensleitung,ȱdieȱEigenkapitalgeber,ȱdieȱFremdkapiȬ talgeberȱundȱdieȱArbeitnehmer.ȱDabeiȱistȱjedochȱzuȱbeachten,ȱdassȱdieȱZieȬ leȱ dieserȱ Gruppenȱ oftmalsȱ nichtȱ klarȱ nachȱ außenȱ hinȱ artikuliertȱ werden,ȱ oftmalsȱ sindȱ sieȱ sogarȱ relativȱ diffusȱ undȱ wenigȱ akzentuiert.ȱ Auchȱ darfȱ nichtȱ verkanntȱ werden,ȱ dassȱzwischenȱ diesenȱ Gruppenȱ nichtȱ nurȱ InteresȬ sendivergenzenȱbestehen.ȱEsȱgibtȱebensoȱauchȱvielfältigeȱFelderȱderȱInterȬ essenkongruenzȱ wieȱ auchȱ Konflikte,ȱ dieȱ sichȱ innerhalbȱ einerȱ nachȱ außenȱ vergleichsweiseȱhomogenenȱInteressengruppeȱvollziehen.ȱDiesȱistȱletztlichȱ auchȱdaraufȱzurückzuführen,ȱdassȱdieȱIndividualziele,ȱdieȱsichȱhinterȱdieȬ senȱ Gruppeninteressenȱ verbergen,ȱ oftmalsȱ nichtȱ alsȱ harmonischȱ zuȱ beȬ zeichnenȱ sind.ȱ Nichtsdestowenigerȱ lassenȱ sichȱ fürȱ dieseȱ zentralenȱ GrupȬ penȱ derȱ Interessentenȱ anȱ demȱ Unternehmenȱ folgendeȱ grundlegendeȱ Interessenausrichtungȱ festȱ machen,ȱ dieȱ dieȱ Grundlageȱ fürȱ denȱ KonfliktȬ austragungsprozessȱdarstellt:2ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱWitteȱ(1978),ȱS.ȱ337ȱf.ȱ 2ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱChmielewiczȱ(1995),ȱSp.ȱ2075ȱff.;ȱHauschildtȱ(2001),ȱS.ȱ17ȱff.ȱ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

31

x Fürȱ dieȱ Unternehmensleitungȱ kannȱ unterstelltȱ werden,ȱ dassȱ nebenȱ demȱStrebenȱnachȱEinkommenȱebenfallsȱAspekteȱwieȱAnsehenȱundȱReȬ putationȱ verbundenȱ mitȱ machtpolitischenȱ Zielsetzungenȱ eineȱ zentraleȱ Rolleȱspielen.ȱDarüberȱhinausȱkannȱauchȱdavonȱausgegangenȱwerden,ȱ dassȱ Vorständeȱ imȱ Rahmenȱ ihrerȱ Tätigkeitȱ nachȱ Selbstverwirklichungȱ trachten.ȱ x BeiȱderȱGruppeȱderȱEigenkapitalgeberȱistȱdavonȱauszugehen,ȱdassȱsieȱ danachȱ trachten,ȱ dassȱ ihrȱ eingesetztesȱ Kapitalȱ aufȱ Dauerȱ gesichertȱ istȱ undȱ eineȱ gewisseȱ Mindestverzinsungȱ eintritt.ȱ Darüberȱ hinausȱ kannȱ manȱsicherlichȱauchȱdavonȱausgehen,ȱdassȱEigenkapitalgeberȱnichtȱnurȱ anȱderȱKapitalerhaltungȱinteressiertȱsind,ȱsondernȱauchȱanȱeinerȱWertȬ steigerungȱihresȱEigenkapitals.ȱ x Dieȱ Fremdkapitalgeberȱ strebenȱ vorȱ allemȱ danach,ȱ dassȱ dieȱ vereinbarȬ tenȱZinszahlungenȱwieȱdieȱvereinbarteȱRückzahlungȱdesȱFremdkapitalsȱ gesichertȱ ist.ȱ Darüberȱ hinausȱ kannȱ jedochȱ auchȱ davonȱ ausgegangenȱ werden,ȱdassȱdieȱFremdkapitalgeberȱnichtȱnurȱanȱeinmaligenȱGeschäfȬ tenȱinteressiertȱsind,ȱsondernȱauchȱanȱentsprechendenȱFolgegeschäften.ȱ x Fürȱ dieȱ Arbeitnehmerȱ kannȱ nebenȱ demȱ zentralenȱ Aspekt,ȱ dassȱ dasȱ EinkommenȱwieȱauchȱderȱArbeitsplatzȱgesichertȱist,ȱauchȱdavonȱausgeȬ gangenȱ werden,ȱ dassȱ zumindestȱ fürȱ gewisseȱ Teilbereicheȱ derȱ ArbeitȬ nehmerschaftȱAspekteȱwieȱSelbstverwirklichungȱoderȱsozialeȱKontakteȱ eineȱRolleȱspielen.ȱ Jedeȱ dieserȱ Gruppenȱ wirdȱ dieȱ jeweiligenȱ Interessenȱ mehrȱ oderȱ minderȱ klarȱ artikulieren.ȱ Eineȱ derartigeȱ Artikulationȱ erfolgt,ȱ siehtȱ manȱ vielleichtȱ vonȱ denȱ Vorständenȱ ab,ȱ imȱ Regelfallȱ immerȱ durchȱ Repräsentantenȱ derȱ einzelnenȱGruppen.ȱDabeiȱkannȱauchȱdannȱnichtȱdavonȱausgegangenȱwerȬ den,ȱdassȱdieȱInteressenȱimmerȱklarȱartikuliertȱwerden.ȱAufȱdieȱsichȱdabeiȱ konkretȱergebendenȱIntergruppenȬInteressenkongruenzenȱwieȱauchȱdieȱInȬ tragruppenȬInteressendivergenzenȱ sollȱ imȱ Folgendenȱ näherȱ eingegangenȱ werden,1ȱ wennȱ auchȱ sicherlichȱ nichtȱ imȱSinneȱ derȱFormulierungȱ vonȱ BeiȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱausführlichȱHauschildtȱ(1999),ȱS.ȱ77ȱff.ȱ

32

Theorie der Unternehmensverfassung

shornȱundȱPalmer:ȱ„(...)ȱundȱesȱscheint,ȱdassȱwirȱheuteȱmehrȱüberȱdasȱVerȬ haltenȱ einesȱ typischenȱ Berggorillasȱ wissen,ȱ alsȱ überȱ dasȱ einesȱ typischenȱ VorgesetztenȱoderȱVerkaufsmanagers.“1ȱDiesȱliegtȱzumȱeinenȱsicherlichȱanȱ derȱbereitsȱobenȱerwähntenȱTatsache,ȱdassȱMotivlagenȱundȱInteressenȱoftȬ malsȱ eherȱ diffusȱ sind.ȱ Derȱ Regelfallȱ wirdȱ esȱ jedochȱ sein,ȱ dassȱ Interessenȱ vorȱdemȱHintergrundȱderȱKonfliktaustragungȱaȱprioriȱnichtȱklarȱartikuliertȱ werden,ȱ damitȱ manȱ sichȱ beiȱ möglichenȱ Verhandlungenȱ strategischeȱ OpȬ tionenȱ offenȱ lässt.ȱ Nurȱ soȱ kannȱ letztlichȱ auchȱ einȱ Kompromissȱ gefundenȱ werden,ȱ derȱ sicherstellt,ȱ dassȱ dasȱ Unternehmenȱ imȱ Widerstreitȱ unterȬ schiedlicherȱInteressengruppenȱauchȱdauerhaftȱerfolgreichȱundȱdamitȱ„leȬ bensfähig“ȱbleibt.2ȱȱ

2.2.3

Konfliktlinien und Interessenkongruenzen zwischen Interessengruppen

2.2.3.1

Im Verhältnis Unternehmensleitung – Eigenkapitalgeber

InteressenkongruenzȱdieserȱbeidenȱGruppenȱbestehtȱimȱHinblickȱaufȱeiȬ nenȱ rentablenȱ Wachstumskursȱ desȱ Unternehmens.ȱ Sowohlȱ EigenkapitalȬ geberȱalsȱauchȱUnternehmensleitung,ȱinsb.ȱvorȱdemȱHintergrundȱgewährȬ terȱ Aktienoptionsprogramme,ȱ werdenȱ versuchen,ȱ dieȱ Entwicklungȱ desȱ Unternehmensȱ undȱ damitȱ auchȱ dieȱ Ausgestaltungȱ verfassungsmäßigerȱ RegelnȱinȱdiesemȱSinneȱzuȱbeeinflussen.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Beishorn/Palmerȱ(1979),ȱS.ȱ183.ȱ 2ȱ Vgl.ȱauchȱMadrianȱ(1998).ȱ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

33

Amȱ Beispielȱ derȱ geglücktenȱ Sanierungȱ derȱ Mobilcomȱ AGȱ wirdȱ deutlich,ȱ dassȱ sowohlȱ Aktionäreȱ alsȱ auchȱ Vorstandȱ derȱ rentablenȱ Entwicklungȱ desȱ UnternehmensȱhöchsteȱPrioritätȱeinräumen:ȱ „‚Es macht wieder Spaß, Aktionär von Mobilcom zu sein.’ An Vorstandschef Grenz gerichtet (...): ‚Ich wünsche mir im Interesse aller, halten Sie Kurs.’ (...) Hansgeorg Martius von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) würdigte Mobilcom als ‚gigantischen Sanierungserfolg, wie ich ihn in der deutschen Wirtschaftsgeschichte noch nicht gesehen habe.’ Er wünsche sich, ‚dass von Aktionärsseite endlich einmal Ruhe gegeben wird.’“ Quelle: o. V.: Aktionäre gespalten über Milliardenklage, in: www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,300697,00.html – letzter Zugriff am 28.05.2004

Nichtsdestowenigerȱ lässtȱ sichȱ auchȱ eineȱ Konfliktlinieȱ zwischenȱ diesenȱ beidenȱ Gruppenȱ feststellen.1ȱ Zuȱ denkenȱ istȱ hierbeiȱ insb.ȱ anȱ unterschiedliȬ cheȱ ZeitȬȱ bzw.ȱ Fristvorstellungen.ȱ Währendȱ Vorständeȱ imȱ Regelfallȱ mitȱ FünfjahresverträgenȱundȱderȱOptionȱihrerȱVerlängerungȱausgestattetȱsindȱ –ȱsieȱalsoȱeherȱeinenȱmittelfristigenȱHandlungshorizontȱaufweisenȱ–,ȱgehenȱ Eigenkapitalgeberȱ–ȱinsb.ȱwennȱsieȱsichȱalsȱdieȱEigentümerȱdesȱUnternehȬ mensȱverstehenȱ–ȱvonȱdeutlichȱlängerenȱZeithorizontenȱaus.ȱDaȱVorständeȱ imȱRegelfallȱnichtȱinȱdemȱMaßeȱamȱEigenkapitalȱdesȱUnternehmensȱbeteiȬ ligtȱ sindȱ wieȱ dieȱ Eigenkapitalgeber,ȱ istȱ ihreȱ Risikoneigungȱ auchȱ alsȱ deutȬ lichȱ progressiverȱ zuȱ bezeichnenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ zuȱ tätigendeȱ InvestitioȬ nen.ȱ Verfassungsregeln,ȱ wieȱ z.ȱB.ȱ dieȱ Aufnahmeȱ bzw.ȱ NichtȬAufnahmeȱ großerȱInvestitionenȱinȱdenȱKatalogȱzustimmungspflichtigerȱGeschäfteȱeiȬ nerȱ Aktiengesellschaft,ȱ könntenȱ dazuȱ beitragen,ȱ diesenȱ Konfliktȱ zuȱ lösen,ȱ indemȱ derȱ einenȱ oderȱ anderenȱ Seiteȱ eineȱ entsprechendeȱ EntscheidungsȬ kompetenzȱzugebilligtȱwird.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱinsbesondereȱauchȱdieȱZusammenfassungȱderȱmodelltheoretischenȱ AnsätzeȱzumȱKonfliktfeldȱUnternehmensleitungȱȬȱEigenkapitalgeberȱbeiȱKräkelȱ (2004),ȱS.ȱ274ȱff.ȱ

34

Theorie der Unternehmensverfassung

EsȱstelltȱsicherlichȱnichtȱdenȱRegelfallȱdar,ȱaberȱvorȱdemȱHintergrundȱeinerȱ Konfliktlinieȱ zwischenȱ Unternehmensleitungȱ undȱ Eigenkapitalgebernȱ kannȱesȱpassieren,ȱwieȱesȱdasȱBeispielȱdesȱfinnischenȱAutozulieferersȱValȬ metȱAutomotiveȱzeigt,ȱdassȱdasȱManagementȱaktivȱversucht,ȱdieȱEigenkaȬ pitalgeberȱauszuwechseln:ȱ „Der finnische Autohersteller Valmet Automotive strebt angesichts einer schwachen Auftragslage einen Eigentümerwechsel an. Das Unternehmen, das unter anderem für Porsche das Modell Boxster baut, fühlt sich bei seinem bisherigen Eigentümer, dem ebenfalls finnischen Metso-Konzern, nicht mehr gut aufgehoben.“ Quelle: Bomsdorf, C.: Exklusiv: Porsche-Monteur Valmet sucht neuen Eigner, in: Financial Times Deutschland, 24.08.2004. (http://www.ftd.de/ub/in/1093076498330.html - letzter Zugriff am 08.09.2004)

2.2.3.2

Im Verhältnis Unternehmensleitung – Fremdkapitalgeber

Konsensȱ zwischenȱ diesenȱ Gruppenȱ bestehtȱ sicherlichȱ auchȱ hierȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ eineȱ rentableȱ Unternehmensführung.ȱ Darüberȱ hinausȱ sindȱ beideȱ Gruppenȱ sicherlichȱ anȱ einerȱ verstärktenȱ Rücklagenbildungȱ wesentȬ lichȱ eherȱ interessiertȱ alsȱ einerȱ Maximierungȱ derȱ Gewinnausschüttungȱ anȱ dieȱAnteilseigner.ȱ Darüberȱ hinausȱ ergebenȱ sichȱ jedochȱ auchȱ hierȱ Konflikteȱ zwischenȱ beiȬ denȱ Gruppen.ȱ Anȱ ersterȱ Stelleȱ istȱ dieȱ unterschiedlicheȱ Risikoneigungȱ zuȱ sehen.ȱVorȱallemȱBankenȱzeichnenȱsichȱmeistȱdurchȱeinȱsehrȱrisikoaversesȱ Verhaltenȱaus.ȱDasȱFremdkapitalȱwirdȱvielfachȱanȱSicherheitenȱgebundenȱ sein.ȱ Demgegenüberȱ stehtȱ dieȱ eherȱ risikofreudigeȱ Verhaltensweiseȱ desȱ Vorstandes,ȱderȱinsb.,ȱwennȱerȱsichȱalsȱ„unternehmerischer“ȱVorstandȱimȱ SinneȱSchumpetersȱversteht,ȱbereitȱist,ȱRisikenȱeinzugehen,ȱdieȱeinȱFremdȬ kapitalgeberȱnurȱimȱAusnahmefallȱtragenȱmöchte.ȱJeȱnachȱMachtpotenzialȱ derȱFremdkapitalgeberȱ–ȱhierȱinsbesondereȱderȱHausbankȱ–ȱwirdȱauchȱeineȱ zweiteȱKonfliktlinieȱoffensichtlich.ȱSieȱbeziehtȱsichȱaufȱdasȱAutonomiestreȬ benȱ desȱ Vorstandes.ȱ Fremdkapitalgeberȱ werdenȱ versuchen,ȱ hieraufȱ EinȬ flussȱzuȱnehmen,ȱindemȱsieȱversuchenȱwerden,ȱüberȱsog.ȱNegativklauselnȱ dasȱGeschäftsverhaltenȱderȱUnternehmensleitungȱinȱbestimmteȱBahnenȱzuȱ lenken.ȱȱ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

35

InsbesondereȱinȱKrisenzeitenȱzeigtȱsich,ȱdassȱFremdkapitalgeberȱüberȱeineȱ deutlichȱ geringereȱ Risikoneigungȱ verfügenȱ alsȱ z.ȱB.ȱ dieȱ Vertreterȱ derȱ UnȬ ternehmensleitung.ȱAmȱBeispielȱderȱLoeweȱAGȱundȱseinemȱVorstandsvorȬ sitzenden,ȱ Rainerȱ Hecker,ȱ zeigtȱ sich,ȱ dassȱ dieȱ Kreditgeberȱ desȱ UnternehȬ mensȱnichtȱbereitȱsind,ȱlängerȱinsȱRisikoȱzuȱgehen:ȱ „Trotz aller Bemühungen. Es wird eng für Hecker. Ende Februar 2005 werden die Kredite der wichtigsten Gläubigerbanken fällig, darunter Deutsche Bank, HypoVereinsbank und Dresdner Bank. Ohne klare Trendwende bei Umsatz und Ertrag erscheine eine erneute Verlängerung der Kredite, wie zuletzt im Frühjahr 2004, zunehmend unwahrscheinlich.“ Quelle: Kuhn, T.: Gestörtes Programm, in: Wirtschaftswoche, Nr. 36 vom 26.08.2004, S. 66 - 67, hier S. 67.

2.2.3.3

Im Verhältnis Unternehmensleitung – Arbeitnehmer

Beideȱ Gruppenȱ sindȱ auchȱ hierȱ wiederȱanȱ einemȱ rentablenȱ WachstumsȬ pfadȱdesȱUnternehmensȱinteressiert.ȱDiesȱführtȱdazu,ȱdassȱsowohlȱArbeitȬ nehmerȱ alsȱ auchȱ Unternehmensleitungȱ dieȱ Thesaurierungȱ vonȱ Gewinnenȱ deutlichȱ präferierenȱ gegenüberȱ derenȱ Ausschüttungȱ anȱ dieȱ EigenkapitalȬ geber.ȱ Darüberȱ hinausȱ istȱ beiȱ diesenȱ beidenȱ Gruppenȱ auchȱ oftmalsȱ eineȱ KoalitionsbildungȱgegenüberȱdenȱFremdkapitalgebernȱzuȱbeobachten.ȱȱ DasȱBeispielȱderȱLoeweȱAGȱzeigt,ȱdassȱinsbesondereȱinȱKrisenzeitenȱKonȬ flikteȱ zwischenȱ Unternehmensleitungȱ undȱ Arbeitnehmernȱ unvermeidbarȱ sind:ȱ „Die Hoffnung, im Rahmen des ‚Taurus‘ genannten Restrukturierungsprogramms die Verluste 2004 zumindest einstellig zu halten, hat LoeweFinanzchef Burkhard Bamberger längst aufgegeben – trotz geplanter Einsparung von zwölf Millionen Euro, unter anderem durch einen zehnprozentigen Gehaltsverzicht vom Monteur bis zum Vorstand und der Streichung von jedem fünften Arbeitsplatz.“ Quelle: Kuhn, T.: Gestörtes Programm, in: Wirtschaftswoche, Nr. 36 vom 26.08.2004, S. 66 - 67, hier S. 66.

36

Theorie der Unternehmensverfassung

Esȱ existierenȱ jedochȱ auchȱ erheblicheȱ Konfliktfelderȱ zwischenȱ beidenȱ Gruppen.ȱImȱZentrumȱstehtȱhierbeiȱwenigerȱdieȱFrageȱnachȱderȱzuȱzahlenȬ denȱEinkommenshöheȱalsȱvielmehrȱAspekte,ȱdieȱaufȱdieȱSicherheitȱdesȱArȬ beitsplatzesȱ hinȱ abzielen.ȱ Fürȱ dieȱ Vorständeȱ spielenȱ RationalisierungsȬ maßnahmenȱ eineȱ zentraleȱ Rolle.ȱ Dieseȱ Rationalisierungsmaßnahmenȱ schließenȱ bewusstȱ denȱ Abbauȱ bzw.ȱ dieȱ Verlagerungȱ vonȱ Arbeitsplätzenȱ ein.ȱDamitȱistȱeinȱzentralerȱKonfliktȱvorgezeichnet.ȱDarüberȱhinausȱlassenȱ sichȱ aberȱ auchȱ unterschiedlicheȱ Risikoneigungenȱ dieserȱ beidenȱ Gruppenȱ feststellen.ȱ Mitgliederȱ derȱ Unternehmensleitungȱ sindȱ hierȱ deutlichȱ risikoȬ freudigerȱalsȱArbeitnehmer.ȱDiesȱistȱinsb.ȱvorȱdemȱHintergrundȱzuȱerkläȬ ren,ȱdassȱdieȱgezahlteȱRisikoprämieȱbeiȱdenȱVorständenȱimȱRegelfallȱdeutȬ lichȱhöherȱistȱalsȱbeiȱdenȱArbeitnehmern.ȱȱ Allianzenȱwerdenȱvielfachȱeingegangen,ȱumȱgemeinsamȱgegenȱeinenȱDritȬ tenȱvorzugehen.ȱDiesȱzeigtȱsichȱauchȱbeiȱGeneralȱMotors.ȱDortȱkonkurrieȬ renȱeinzelneȱeuropäischeȱProduktionsstandorteȱumȱdasȱÜberleben.ȱDieserȱ Umstandȱ führtȱ –ȱzumindestȱ beimȱ schwedischenȱ Standortȱ inȱ Trollhättanȱ–ȱ zuȱ einerȱ engenȱ Zusammenarbeitȱ vonȱ Unternehmensleitungȱ undȱ ArbeitȬ nehmern:ȱ „Die Betriebsgewerkschaften wollen mit dem örtlichen Management in Trollhättan zusammenarbeiten, um die eigene Produktionsanlage als ‚bessere Alternative für GM zu präsentieren’. Åkerlund forderte alle Beschäftigten bei der schwedischen GM-Tochter Saab zur Mithilfe auf, um die jetzt anstehende Herausforderung zu bewältigen. ‚Wir müssen zeigen, dass wir durch Investitionen in erhöhte Kapazitäten 60 Autos pro Stunde produzieren können.’“ Quelle: Sucher, J.: Standort Rüsselsheim in Gefahr, in: Spiegel online, 03.09.2004. (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,316399,00.html - letzter Zugriff am 06.09.2004)

2.2.3.4

Im Verhältnis Eigenkapitalgeber – Fremdkapitalgeber

Beiȱ beidenȱ Gruppenȱ bestehtȱ Einigkeitȱ darüber,ȱ dassȱ dasȱ Unternehmenȱ sichȱ aufȱ einemȱ rentablenȱ Wachstumspfadȱ bewegenȱ sollte.ȱ Dieserȱ WachȬ stumspfadȱ istȱ eherȱ langfristigȱ zuȱ sehen.ȱ Damitȱ einherȱ gehtȱ dasȱ Streben,ȱ dassȱ beideȱ Gruppenȱ versuchenȱ werden,ȱ eineȱ allzuȱ großeȱ Autonomieȱ derȱ Unternehmensleitungȱzuȱbegrenzen.ȱDiesȱgiltȱinsb.ȱimȱHinblickȱaufȱriskanȬ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

37

teȱInvestitionen.ȱEinigkeitȱbestehtȱsicherlichȱauchȱdahingehend,ȱdassȱmanȱ versucht,ȱ denȱ Einflussȱ derȱ Arbeitnehmerseiteȱ aufȱ dasȱ UnternehmensȬ geschehenȱeinzudämmen.ȱDiesȱistȱinsb.ȱvorȱdemȱHintergrundȱzuȱerklären,ȱ dassȱ sichȱ einȱ zuȱ starkerȱ Arbeitnehmereinflussȱ langfristigȱ negativȱ aufȱ dieȱ RenditeȱeinesȱUnternehmensȱauswirkenȱkönnte.ȱ Darüberȱ hinausȱ existierenȱ jedochȱ auchȱ Konflikteȱ zwischenȱ diesenȱ beiȬ denȱGruppen.ȱZumindestȱeinȱTeilȱderȱEigenkapitalgeberȱwirdȱdaranȱinterȬ essiertȱ sein,ȱ dassȱ einȱ möglichstȱ großerȱ Teilȱ desȱ Gewinnsȱ ausgeschüttetȱ wird.ȱ Diesȱ stehtȱ jedochȱ demȱ Sicherheitsstrebenȱ derȱ Fremdkapitalgeberȱ entgegen.ȱ Sieȱ sindȱ eherȱ anȱ einerȱ Thesaurierungȱ derȱ Gewinneȱ interessiert.ȱ Darüberȱ hinausȱ werdenȱ Eigenkapitalgeberȱ versuchtȱ sein,ȱ denȱ Anspruchȱ derȱ Fremdkapitalgeberȱ aufȱ Mitspracheȱ beiȱ unternehmenspolitischenȱ EntȬ scheidungenȱ soȱ weitȱ wieȱ möglichȱ einzudämmen.ȱ Diesȱ istȱ letztlichȱ daraufȱ zurückzuführen,ȱ dassȱ Eigenkapitalgeberȱ alsȱ risikofreudigerȱ eingestuftȱ werdenȱ alsȱ Fremdkapitalgeber.ȱ Entsprechendȱ wirdȱ denȱ EigenkapitalgeȬ bernȱauchȱeineȱdeutlichȱhöhereȱRisikoprämieȱzugebilligtȱalsȱdenȱFremdkaȬ pitalgebern.ȱȱ

2.2.3.5

Im Verhältnis Eigenkapitalgeber – Arbeitnehmer

Auchȱ hierȱ sindȱ sicherlichȱ dieȱ gleichgerichtetenȱ Interessenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ einȱ rentablesȱ Wachstumȱ inȱ derȱ Zukunftȱ unstrittig.ȱ Dasȱ Interesseȱ derȱ ArbeitnehmerȱanȱeinemȱlangfristigenȱÜberlebenȱdesȱUnternehmens1ȱdecktȱ sichȱhierȱmitȱdemȱInteresseȱderjenigenȱEigenkapitalgeber,ȱdieȱsichȱebenfallsȱ langfristigȱanȱdasȱUnternehmenȱgebundenȱfühlen.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱKräkelȱ(2004),ȱS.ȱ296.ȱ

38

Theorie der Unternehmensverfassung

Vielfachȱ istȱ beiȱ sog.ȱ Familienunternehmenȱ zuȱ beobachten,ȱ dassȱ dasȱ VerȬ hältnisȱ vonȱ Eigenkapitalgebernȱ undȱ Arbeitnehmernȱ deutlichȱ wenigerȱ konfliktbeladenȱ istȱ alsȱ beiȱ nichtȱ inȱ Familienbesitzȱ befindlichenȱ UnternehȬ men.ȱ Einȱsolchesȱ Beispielȱistȱ derȱ Lebensmittelherstellerȱ Bahlsenȱ GmbHȱ &ȱ Co.ȱKG:ȱ „Betriebsratschef Walter Windmann lobt in der ‚Welt’: ‚In Familienunternehmen gibt es oft ein höheres Verantwortungsgefühl für die Arbeitsplätze. Das spürt man auch bei uns’. Größere Entlassungswellen gab es bisher nicht. Auch soll der Schwerpunkt der Produktion weiterhin in Deutschland bleiben.“ Quelle: Weber, K./Scheele, M.: Jeder backt seinen eigenen Keks, in: www.manager-magazin.de/koepfe/unternehmerarchiv/0,2828,305047,00.html – letzter Zugriff am 08.09.2004

DasȱzentraleȱKonfliktfeldȱzwischenȱdiesenȱGruppenȱbestehtȱimȱHinblickȱ aufȱ dieȱ Verteilungȱ derȱ erwirtschaftetenȱ Wertschöpfung.1ȱ Währendȱ EigenȬ kapitalgeberȱ entwederȱ anȱ einerȱ verstärktenȱ Thesaurierungȱ oderȱ aberȱ anȱ einerȱ maximiertenȱ Ausschüttungȱ interessiertȱ sind,ȱ werdenȱ dieȱ ArbeitnehȬ merȱnebenȱdemȱInteresseȱanȱEinkommensmaximierungȱallenfallsȱnochȱdasȱ Interesseȱ verfolgen,ȱ Gewinneȱ zuȱ thesaurieren,ȱ umȱ ihrenȱ Arbeitsplatzȱ soȱ möglicherweiseȱ zuȱ sichern.ȱ Sieȱ werdenȱ aberȱ zumindestȱ danachȱ trachten,ȱ denȱBetragȱderȱAusschüttungȱmöglichstȱzuȱminimieren.ȱȱ Konflikteȱ zwischenȱ diesenȱ Gruppenȱ eskalierenȱ insb.ȱ inȱ Situationen,ȱ inȱ denenȱ sichȱ dasȱ Unternehmenȱ nichtȱ mehrȱ aufȱ einemȱ Wachstumspfadȱ beȬ findet.ȱ Inȱ Zeitenȱ derȱ Unternehmenskriseȱ sehenȱ Arbeitnehmerȱ ihrenȱ ArȬ beitsplatzȱundȱdamitȱihreȱExistenzȱbedroht.ȱDieseȱBedrohungȱistȱimȱRegelȬ fallȱ deutlichȱ gravierenderȱ einzustufenȱ alsȱ derȱ Verlustȱ desȱ Eigenkapitals.ȱ Diesȱ insb.ȱ vorȱ demȱ Hintergrund,ȱ dassȱ eineȱ Vielzahl,ȱ insb.ȱ dieȱ großenȱ EiȬ genkapitalgeber,ȱ überȱ deutlichȱ höhereȱ Substanzȱ verfügen,ȱ daȱ sieȱ vielfachȱ nichtȱnurȱanȱeinemȱUnternehmen,ȱsondernȱanȱmehrerenȱUnternehmenȱbeȬ teiligtȱsind.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱauchȱBackesȬGellner/Pullȱ(1999),ȱS.ȱ51ȱff.ȱVgl.ȱfernerȱSihlerȱ(2000),ȱS.ȱ146.ȱ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

39

Dieȱ Konfliktlinieȱ zwischenȱ Arbeitnehmernȱ undȱ Eigentümernȱ tratȱ beiȱ derȱ Hugoȱ Bossȱ AGȱ besondersȱ gravierendȱ zuȱ Tage,ȱ alsȱ dieȱ Entscheidungȱ anȬ stand,ȱ sichȱ fürȱ dieȱ Zahlungȱ einerȱ Sonderdividendeȱ nachhaltigȱ zuȱ verȬ schulden:ȱȱ „Es war kurz vor Mitternacht, als die Entscheidung schließlich feststand und Antonio Simina seinen Widerstand schließlich aufgab: Für das Geschäftsjahr 2007 sollen fünf Euro je Anteilsschein ausbezahlt werden – insgesamt rund 350 Millionen Euro. "Aus meiner Sicht als Betriebsrat war das keine glückliche Entscheidung", sagte Aufsichtsratsvize Antonio Simina. "Das ist natürlich viel Geld, besonders wenn man es aus schwäbischer Perspektive betrachtet", meint eine von Siminas Mitarbeiterinnen. "Aber vielleicht stimmt es ja, dass man in der Vergangenheit viel zu sehr auf seinem Geld gesessen hat." Die Beschlüsse der vergangenen Nacht bedeuten nicht weniger als eine Zeitenwende bei Boss. Immerhin muss der schwäbische Modekonzern seine Verschuldung deutlich erhöhen, um die Sonderdividende von rund 350 Millionen Euro an den Großaktionär Permira und die übrigen Aktionäre bezahlen zu können.“ Quelle: Michael Kröger: Sonderdividende weckt Argwohn der Experten, in: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,541103,00.html – letzter Zugriff am 12.03.2008

Insbesondereȱ inȱ denȱ Fällen,ȱ inȱ denenȱ dieȱ öffentlicheȱ Handȱ wichtigerȱ EiȬ genkapitalgeberȱ einesȱ Unternehmensȱ ist,ȱ sindȱ vielfältigeȱ InteressenkonȬ gruenzenȱzuȱdenȱArbeitnehmernȱzuȱbeobachten.ȱBesondersȱdeutlichȱwirdȱ diesȱanȱdenȱGesellschaften,ȱdieȱFlughäfenȱbetreiben:ȱ „Und wenn trotzdem Verlust anfiel? Auch egal. Selbst die weltweit rund zehn börsennotierten Airports haben in der Regel staatliche Mehrheitseigentümer, die sie mithilfe von Kapitalerhöhungen oder günstiger Darlehen vor dem Schlimmsten bewahren können. In den USA sind sogar fast alle Airports komplett in Staatsbesitz, weil die Stadtverwaltungen und Regierungen der Bundesstaaten sie als Teil der Wirtschaftsförderung ansehen. Denn Airports sind eine der wenigen zuverlässigen Jobmaschinen.“ Quelle: Schwarz, C.: Auf eigenen Beinen, in: Wirtschaftswoche, Nr. 36 vom 26.08.2004, S. 42 - 47, hier S. 43.

40

2.2.3.6

Theorie der Unternehmensverfassung

Im Verhältnis Fremdkapitalgeber – Arbeitnehmer

Zwischenȱ beidenȱ Gruppenȱ bestehtȱ Einigkeitȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ eineȱ verȬ gleichsweiseȱ hoheȱ Rücklagenbildung.ȱ Dieȱ Thesaurierungȱ vonȱ Gewinnenȱ wirdȱ imȱ Gegensatzȱ zurȱ Maximierungȱ derȱ Ausschüttungȱ eindeutigȱ präfeȬ riert.ȱ Zurȱ erklärenȱ istȱ diesȱ mitȱ derȱ beiȱ beidenȱ Gruppenȱ ähnlichenȱ RisikoȬ präferenz.ȱBeideȱGruppenȱsindȱanȱausreichendenȱRessourcenȱfürȱ„schlechȬ teȱZeiten“ȱinteressiert.ȱȱ DasȱzentraleȱKonfliktfeldȱzwischenȱdiesenȱGruppenȱtrittȱinsb.ȱinȱKrisenȬ situationenȱ zutage.ȱ Fremdkapitalgeberȱ stellenȱ dasȱ Zielȱ derȱ Befriedigungȱ ihrerȱAnsprücheȱ(ZinszahlungȱundȱRückzahlungȱdesȱFremdkapitals)ȱdeutȬ lichȱüberȱdasȱZielȱdesȱFortbestandesȱdesȱUnternehmensȱundȱdamitȱderȱSiȬ cherstellungȱ derȱ Arbeitsplätze.ȱ Insbesondereȱ RationalisierungsbestrebunȬ genȱ werdenȱ vonȱ denȱ Fremdkapitalgebernȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ unterstützt.ȱ Esȱ sindȱ dieȱ Arbeitnehmer,ȱ dieȱ hierȱ umȱ ihrenȱ Arbeitsplatzȱ fürchten.ȱHinzuȱkommt,ȱdassȱfürȱeinenȱFremdkapitalgeberȱderȱAusfallȱeiȬ nesȱ Kreditesȱ oftmalsȱ nichtȱ soȱ gravierendeȱ Folgenȱ besitztȱ wieȱ derȱ Verlustȱ desȱ Arbeitsplatzesȱ fürȱ einenȱ Arbeitnehmer.ȱ Kreditgeberȱ werdenȱ inȱ ihremȱ KreditportfolioȱnebenȱnotleidendenȱKreditenȱauchȱimmerȱhöchstȱprofitableȱ Krediteȱ besitzen.ȱ Derȱ Arbeitnehmerȱ imȱ Regelfallȱ wirdȱ nurȱ einenȱ ArbeitsȬ platzȱausfüllen.ȱȱ

2.2.4

Konfliktlinien innerhalb der Interessengruppen

2.2.4.1

Interessenunterschiede innerhalb der Unternehmensleitung

Primärȱ sindȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ sicherlichȱ dieȱ Ressortkonflikteȱ zuȱ nennen.ȱ Manȱ denkeȱ nurȱ anȱ dieȱ Konfliktlinieȱ zwischenȱ denȱ Bereichenȱ Controllingȱ sowieȱ Forschungȱ undȱ Entwicklung.1ȱ Vorstände,ȱ dieȱ dasȱ ForȬ schungsȬȱundȱEntwicklungsressortȱzuȱvertretenȱhaben,ȱsindȱoftmalsȱdeutȬ lichȱrisikofreudigerȱbeiȱderȱInvestitionȱzurȱVerfügungȱstehenderȱMittelȱalsȱ z.ȱB.ȱ Kollegen,ȱ dieȱ denȱ Bereichȱ Controllingȱ oderȱ Finanzenȱ vertreten.ȱ Hierȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱHauschildtȱ(2004),ȱS.ȱ168.ȱ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

41

wirdȱimȱRegelfallȱimmerȱwiederȱnachȱ(sicheren)ȱRenditenȱderȱinvestiertenȱ Mittelȱgefragt.ȱWährendȱimȱBereichȱvonȱForschungȱundȱEntwicklungȱauchȱ MittelȱfürȱeherȱgrundlegendeȱEntwicklungenȱverwandtȱwerden,ȱbeiȱdenenȱ dieȱRenditeversprechenȱoftmalsȱunsicher,ȱwennȱnichtȱgarȱunmöglichȱsind.ȱȱ Fernerȱ istȱ eineȱ Konfliktlinieȱ auchȱ nichtȱ unwahrscheinlich,ȱ dieȱ sichȱ imȱ HinblickȱaufȱdasȱAlterȱderȱVorstandsmitgliederȱergibt.ȱVorstände,ȱdieȱmitȱ Auslaufenȱ ihresȱ Vertragesȱ sicherȱ ausȱ demȱ Vorstandȱ ausscheidenȱ werden,ȱ werdenȱsichȱimȱHinblickȱaufȱihreȱZeitpräferenzȱwieȱauchȱihreȱRisikopräfeȬ renzȱdeutlichȱvonȱdenjenigenȱVorstandsmitgliedernȱunterscheiden,ȱdieȱreȬ lativȱ jungȱ inȱ denȱ Vorstandȱ hineingekommenȱ sindȱ undȱ begründeteȱ HoffȬ nungȱdaraufȱhaben,ȱdassȱihrȱVorstandsvertragȱweiterȱverlängertȱwird.ȱ OftmalsȱistȱesȱdasȱFührungsverhaltenȱdesȱVorstandsvorsitzenden,ȱwelchesȱ dazuȱ führt,ȱ dassȱ Konflikteȱ imȱ Vorstandȱ aufbrechen.ȱ Imȱ Fallȱ derȱ Infineonȱ AGȱ wirdȱ diesȱ alsȱ einȱ Grundȱ fürȱ dieȱ Entlassungȱ desȱ VorstandsvorsitzenȬ den,ȱUlrichȱSchumacher,ȱgesehen:ȱ „Die ‚Welt am Sonntag’ zitiert Siemens-Manager, nach denen der Sturz Schumachers auf direkte Intervention von Heinrich von Pierer erfolgt sei. Schumacher sei dem Siemens-Vorstandschef, schon lange ein Dorn im Auge gewesen. ‚Von Pierer hält Schumacher für einen Egomanen und hat schon seit langem auf eine Gelegenheit gewartet, ihn loszuwerden’. Schumacher hatte den Vorstandsvorsitz des Halbleiterherstellers, an dem Siemens noch zu 19 Prozent beteiligt ist, am Donnerstag nach einer kurzfristig einberufenen außerordentlichen Aufsichtsratssitzung überraschend niedergelegt. Zum Hintergrund der Demission heißt es, Schumacher habe sich nicht nur mit den Arbeitnehmern und Gewerkschaften angelegt, sondern mit seinen Plänen für eine weitere Auslagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland und seinem als selbstherrlich umschriebenen Führungsstil auch die Kollegen im eigenen Vorstand gegen sich aufgebracht. ‚Die Palastrevolution nahm ihren Lauf, als die Manager sich an den Aufsichtsrat wandten.’“ Quelle: o.V.: War Schumacher korrupt?, in: Spiegel online, 28.03.2004. (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,292861,00.html - letzter Zugriff am 29.03.2004)

42

Theorie der Unternehmensverfassung

2.2.4.2

Interessenunterschiede innerhalb der Eigenkapitalgeber

Dieȱ Konflikteȱ inȱ dieserȱ Gruppeȱ tretenȱ oftmalsȱ zwischenȱ GroßȬȱ undȱ Kleinaktionärenȱauf.ȱWährendȱKleinaktionäreȱinsb.ȱanȱeinerȱMaximierungȱ derȱ Ausschüttungȱ erzielterȱ Gewinneȱ interessiertȱ sind,ȱ werdenȱ GroßaktioȬ näreȱ eherȱ versuchen,ȱ dieseȱ Gewinneȱ zuȱ thesaurieren.1ȱ Fernerȱ werdenȱ Großaktionäreȱdaranȱinteressiertȱsein,ȱeinenȱBeherrschungseinflussȱaufȱdasȱ Unternehmenȱ auszuüben.ȱ Kleinaktionärenȱ istȱ diesȱ schonȱ alleinȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ desȱ geringenȱ Anteilsȱ amȱ Grundkapitalȱ nichtȱ möglich.ȱ EntȬ sprechendȱwerdenȱGroßaktionäreȱsichȱauchȱwesentlichȱlangfristigerȱanȱdasȱ Unternehmenȱbinden.ȱKleinaktionäreȱwerdenȱihrȱfinanziellesȱEngagementȱ primärȱvonȱderȱWertentwicklungȱderȱAktieȱabhängigȱmachen.ȱ Dieȱ Auseinandersetzungenȱ aufȱ derȱ Hauptversammlungȱ 2004ȱ derȱ MobilȬ comȱ AGȱ zeigen,ȱ dassȱ auchȱ zwischenȱ denȱ Aktionärenȱ erheblicheȱ InteresȬ sendivergenzenȱbestehenȱkönnen:ȱ „Vor gut einem Jahr war die Firma nach einem Streit zwischen den Hauptaktionären Schmid und France Telecom über den Ausbau des UMTSMobilfunks nur knapp der Pleite entgangen. Auch Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid kam während der Hauptversammlung zu Wort. Er unterstützt einen Antrag von Mobilcom-Aktionären, der sich gegen den einstmaligen UMTS-Partner France Telecom richtet. Prompt warfen einige Aktionäre Schmid vor, einen Rachefeldzug zu führen, der den Erfolg der Firma gefährde.“ Quelle: o. V.: Aktionäre gespalten über Milliardenklage, in: www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,300697,00.html – letzter Zugriff am 28.05.2004

Darüberȱ hinausȱ zeichnetȱ sichȱ vielfachȱ eineȱ Konfliktlinieȱ zwischenȱ denȱ Eigentümernȱ ab,ȱ wennȱ eineȱ Eigentümergruppeȱ alsȱ Bankȱ gleichzeitigȱ KreȬ ditbeziehungenȱzumȱUnternehmenȱunterhält.ȱUnterschiedlicheȱRisikopräȬ ferenzenȱ sindȱ zwischenȱ diesenȱ Gruppenȱ feststellbar,ȱ wasȱ letztlichȱ dazuȱ führt,ȱdassȱKonflikteȱimȱHinblickȱaufȱdieȱThesaurierungȱvonȱerwirtschafteȬ tenȱGewinnenȱwahrscheinlichȱsind.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱzumȱEinflussȱvonȱGroßaktionärenȱBethel/Liebeskindȱ(1993),ȱS.ȱ15ȱff.ȱ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

43

Dassȱ auchȱ aufȱ derȱ Seiteȱ derȱ Eigentümerȱ nichtȱ immerȱ einheitlichȱ abgeȬ stimmtȱwird,ȱzeigtȱdasȱBeispielȱdesȱVWȬAufsichtsrates:ȱ „Bei der Sitzung des VW-Aufsichtsrats hat Ferdinand Piëch den Arbeitnehmern einen Abstimmungsieg ermöglicht. Jetzt muss sich der Sportwagenhersteller alle Geschäfte mit Audi einzeln genehmigen lassen. Experten rätseln über Piëchs Motive. Wolfgang Porsche entrüstete sich nach der entscheidenden Sitzung in ungewohnter Offenheit: "Ich bin entsetzt über das Abstimmungsverhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden", sagte der Chef des Porsche-Kontrollgremiums, zum Vorgehen seines Cousins Ferdinand Piëch. Dieser hatte sich bei der Abstimmung über einen Antrag Antrag von VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh überraschend der Stimme enthalten. Piëch, der als Vorsitzender ein Doppelstimmrecht hat, war bei der Abstimmung selbst nicht anwesend. Seine Stimme hatte er symbolträchtig dem Gewerkschaftsfunktionär Jürgen Peters übertragen. Bei der Abstimmung enthielt sich Peters dann im Namen von Piëch. Entsprechend unterlag die Arbeitgeberseite mit neun gegen zehn Stimmen, und der Antrag wurde gegen die die Stimmen der Porsche-Vertreter Wolfgang Porsche, Wendelin Wiedeking und Holger Härter sowie aller übrigen Kapitalvertreter angenommen. Die Folge: Porsche muss sich in Zukunft alle Geschäfte mit Audi vom VW-Aufsichtsrat genehmigen lassen. Quelle: o.V.: Eklat im VW-Aufsichtsrat, in: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,577951,00.html – letzter Zugriff am 12.09.2008

Interessenunterschiedeȱ findetȱ manȱ auchȱ oftȱ aufȱ Seitenȱ derȱ Eigentümer,ȱ wennȱ esȱ sichȱ umȱ eineȱ Gesellschaftȱ imȱ Familienbesitzȱ handelt.ȱ Eineȱ nachȱ außenȱ oftȱ sehrȱ homogenȱ wirkendeȱ Eigentümergruppeȱ istȱ oftmalsȱ internȱ sehrȱ unterschiedlichȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Interessenȱ einzelnerȱ „FamilienȬ stämme“ȱaufgestellt.ȱDaȱsindȱz.ȱB.ȱFamilienmitglieder,ȱdieȱzuȱLastenȱandeȬ rerȱFamilienmitgliederȱeinenȱmassivenȱEinflussȱaufȱdieȱUnternehmensfühȬ rungȱausübenȱwollen,ȱebensoȱaktivȱwieȱFamilienmitglieder,ȱdieȱkaumȱeineȱ BindungȱanȱdasȱUnternehmenȱaufweisen,ȱaußerȱdassȱsieȱanȱeinerȱGewinnȬ ausschüttungȱinteressiertȱsind.ȱDieȱDrohung,ȱAnteileȱamȱUnternehmenȱzuȱ verkaufen,ȱ umȱ soȱ Drittenȱ denȱ Einstiegȱ zuȱ ermöglichen,ȱ istȱ inȱ diesemȱ ZuȬ sammenhangȱ einȱ immerȱ wiederȱ zuȱ beobachtendesȱ zentralesȱ MachtȬȱ undȱ damitȱDrohpotenzial.ȱ

44

Theorie der Unternehmensverfassung

InteressenkonflikteȱinȱFamilienunternehmenȱeskalierenȱoftmals,ȱwieȱesȱdasȱ BeispielȱdesȱAutomobilzulieferersȱBentelerȱAGȱzeigt:ȱ „Das Unternehmen, das zwei Familienstämmen zu je fünfzig Prozent gehört, kennt auch ganz andere Zeiten. ‚Dallas in Ostwestfalen’ prangte auf den Titeln der Gazetten in den frühen achtziger Jahren. Auslöser der vielfältigen Medienberichte war die dritte Familiengeneration, die damals so heftig aneinander geriet, dass ein Rechtsanwalt dem anderen die Klinke in die Hand gab. Sogar der Bundesgerichtshof musste sich mit den Auswüchsen der erbittert geführten Fehde beschäftigen. (...) Während die Nachfolge von der ersten auf die zweite Unternehmensgeneration noch in ruhigen Bahnen verlief, gestaltete sich der Wechsel von Eduard Benteler an seine beiden Söhne schwierig. Sehr schwierig sogar. Chefmanager Helmut Benteler traute Aufsichtsratschef Erich Benteler nicht über den Weg, und umgekehrt verhielt es sich genauso - es herrschten Intrigen, Misstrauen und Zwietracht an der Firmenspitze.“ Quelle: Scheele, M.: Krieg und Frieden, in: www.manager-magazin.de/koepfe/unternehmerarchiv/0,2828,309299,00.html – letzter Zugriff am 08.09.2004

2.2.4.3

Interessenunterschiede innerhalb der Fremdkapitalgeber

ZuȱunterscheidenȱsindȱinȱdiesemȱZusammenhangȱdieȱunterschiedlichenȱ InteressenȱvonȱBankenȱundȱNichtȬBanken.ȱWährendȱBankenȱausschließlichȱ daranȱ interessiertȱ sind,ȱ dassȱ ihreȱ Forderungȱ beglichenȱ wird,ȱ istȱ beiȱ LiefeȬ rantenȱ einȱ deutlichȱ stärkeresȱ Interesseȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ Folgegeschäfteȱ zuȱ verzeichnen.ȱ Lieferantenȱ sindȱ alsoȱ verstärkterȱ daranȱ interessiert,ȱ dassȱ dieȱ BonitätȱauchȱfürȱFolgegeschäfteȱgesichertȱist.ȱȱ FernerȱwirdȱauchȱzwischenȱderȱGruppeȱderȱgesichertenȱbzw.ȱderȱGrupȬ peȱderȱungesichertenȱFremdkapitalgeberȱeineȱKonfliktlinieȱbestehen.ȱWähȬ rendȱ derȱ gesicherteȱ Kapitalgeberȱ deutlichȱ risikofreudigerȱ seinȱ wird,ȱ wirdȱ derȱ nichtȱ gesicherteȱ Kapitalgeberȱ inȱ ersterȱ Linieȱ daranȱ interessiertȱ sein,ȱ dassȱ dasȱ Unternehmenȱ langfristigȱ erfolgreichȱ ist.ȱ Entsprechendȱ unterȬ schiedlichȱ wirdȱ manȱ sichȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ Fragenȱ derȱ Thesaurierungȱ undȱ desȱInvestmentsȱinȱriskanteȱGeschäfteȱverhalten.ȱȱ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

45

Dieȱ Uneinigkeitȱ vonȱ Kreditinstitutenȱ untereinanderȱ zeigtȱ sichȱ vielfachȱ inȱ ZeitenȱderȱInsolvenzgefahr,ȱwennȱbestimmteȱBankenȱnochȱbereitȱsind,ȱdieȱ Krediteȱzuȱ verlängern,ȱandereȱ hingegenȱ nicht.ȱEinȱBeispielȱ hierfürȱistȱ derȱ Insolvenzantragȱ derȱ Garantȱ Schuhȱ +ȱ Modeȱ AG,ȱ dieȱ nachȱ derȱ Übernahmeȱ derȱSalamanderȱAGȱdieȱhohenȱVerlusteȱnichtȱabbauenȱkonnte:ȱ „Die Düsseldorfer Garant Schuh + Mode AG hat am Dienstag beim Amtsgericht Düsseldorf Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt. Wie das Unternehmen mitteilte, wurde mit den finanzierenden Banken keine Einigung über die Abwendung eines kurzfristig eingetretenen Liquiditätsengpasses und zur längerfristigen Sicherung eines Finanzierungsrahmens erzielt. Von den insgesamt 18 Banken sei die niederländische Rabobank nicht zur Aufrechterhaltung der gewährten Kredite bereit gewesen.“ Quelle: o. V.: Abgang mit Lurchi?, in: www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,316984,00.html – letzter Zugriff am 08.09.2004

2.2.4.4

Interessenunterschiede innerhalb der Arbeitnehmerschaft

Konflikteȱ beiȱ dieserȱ Gruppeȱ könnenȱ darausȱ resultieren,ȱ dassȱ z.ȱB.ȱ einȱ Teilȱ derȱ Arbeitnehmerȱ gewerkschaftlichȱ organisiertȱ ist,ȱ einȱ andererȱ Teilȱ hingegenȱnicht.ȱWährendȱgewerkschaftlichȱorganisierteȱArbeitnehmerȱunȬ terȱUmständenȱdaranȱinteressiertȱsind,ȱauchȱallgemeineȱpolitischeȱVorstelȬ lungenȱ derȱ Gewerkschaftenȱ imȱ Unternehmenȱ durchzusetzen,ȱ mussȱ diesȱ beiȱ nichtȱ organisiertenȱ Arbeitnehmernȱ nichtȱ zwangsläufigȱ derȱ Fallȱ sein.ȱ Derartigeȱ politischeȱ Vorstellungenȱ richtenȱ sichȱ insb.ȱ aufȱ Fragenȱ derȱ MitȬ bestimmungȱvonȱUnternehmensentscheidungen.ȱȱ

46

Theorie der Unternehmensverfassung

„Bei der konstituierenden Sitzung des Aufsichtsrats der Deutschen Bank ist es zu einem Eklat gekommen: Erstmals haben sich Arbeitgeber und etliche Belegschaftsvertreter verbündet, um gemeinsam zu verhindern, dass ein Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di in einen Ausschuss des Kontrollgremiums gewählt wird. In diesen Gremien aber fallen die wichtigen Entscheidungen, vor allem im mächtigen Präsidial- und im Risikoausschuss. Auch der Posten des Vizechefs des Aufsichtsrats ging an Karin Ruck, eine Vertreterin des Deutschen Bankangestellten-Verbandes (DBV) - obwohl Ver.di im Aufsichtsrat mit vier Mitgliedern die stärkste Fraktion stellt. Das Quartett hat deshalb am vergangenen Freitag an alle Beschäftigten geschrieben. Es habe den Anschein, "dass sich die Deutsche Bank hier einen Aufsichtsrat nach eigenem Gusto schafft, dass sie keine kritischen Stimmen in wichtigen Aufsichtsratsfunktionen haben will", heißt es in dem Brief. Eine "hochproblematische Rolle" spiele dabei der DBV, der sich von der Kapitaleignerseite instrumentalisieren lasse, die Arbeitnehmerbank spalte und der Bank helfe, Ver.di auszugrenzen. Der Deutsche Bankangestellten-Verband "untergräbt faktisch das System der Mitbestimmung", heißt es in dem Schreiben weiter. Der DBV war am Freitag nicht zu einer Stellungnahme bereit.“ Quelle: o.V. Ver.di ausgebotet, in: DER SPIEGEL 25/2008 vom 16.06.2008, Seite 66

Darüberȱ hinausȱ sindȱ Konflikteȱ zwischenȱ Angestelltenȱ undȱ leitendenȱ Angestelltenȱ durchausȱ wahrscheinlich.ȱ Hierȱ existierenȱ oftmalsȱ unterȬ schiedlicheȱ Risikoneigungenȱ wieȱ auchȱ unterschiedlicheȱ Zeithorizonteȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Beschäftigung.ȱ Fernerȱ istȱ auchȱ daranȱ zuȱ denken,ȱ dassȱ insb.ȱinȱKrisenzeitenȱauchȱKonflikteȱzwischenȱdenȱBeschäftigtenȱinȱunterȬ schiedlichenȱ Betriebsteilenȱ ausbrechen.ȱ Diesȱ giltȱ insb.ȱ dann,ȱ wennȱ beȬ stimmteȱ Betriebsteileȱ geschlossenȱ werdenȱ sollen,ȱ andereȱ hingegenȱ nicht.ȱ Derȱ Kampfȱ umȱ dieȱ Arbeitsplätzeȱ wirdȱ dazuȱ führen,ȱ dassȱ auchȱ innerhalbȱ derȱBelegschaftȱeineȱstarkeȱKonfliktlinieȱanzutreffenȱist.ȱ

2.2 Konfliktorientierung der Unternehmensverfassung

47

Dasȱ Bestrebenȱ desȱ Automobilkonzernsȱ Generalȱ Motors,ȱ einigeȱ ProduktiȬ onsstandorteȱ zuȱ schließen,ȱ führtȱ dazu,ȱ dassȱ dieȱ Arbeitnehmerȱ derȱ einzelȬ nenȱStandorteȱaktuellȱinȱeinerȱhartenȱKonkurrenzsituationȱzueinanderȱsteȬ hen:ȱ „Fest steht demnach, dass GM beide Modelle der gehobenen Mittelklasse auf einer Plattform und nur an einem Ort fertigen will. Dem anderen Werk könnte dann das Aus drohen. Klaus Franz, Vorsitzender des europäischen GM-Betriebsrates und zugleich Gesamtbetriebsratschef von Opel, spricht von einer ernsten Situation. Die europäischen GM-Betriebsräte tagen derzeit in Trollhättan. Mit einer Erklärung der Arbeitnehmervertreter ist noch heute zu rechnen. ‚Rüsselsheim oder Trollhättan’: Die Schweden jedenfalls haben den GM-internen Wettkampf bereits begonnen. Unter der Schlagzeile ‚Rüsselsheim oder Trollhättan’ wandte sich die Gewerkschaft an die Belegschaft. ‚Wir müssen unsere Vorteile vorzeigen. Es ist wichtig, dass wir alle bei Saab dabei mithelfen, dass wir eine konkurrenzkräftige Alternative darstellen’, sagt der Gewerkschaftschef Paul Åkerlund.“ Quelle: Sucher, J.: Standort Rüsselsheim in Gefahr, in: Spiegel online, 03.09.2004. (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,316399,00.html – letzter Zugriff am 06.09.2004)

2.3 Ökonomische Fundierung der Unternehmensverfassung Ansatzpunktȱderȱ bisherigenȱ Überlegungenȱ zuȱ einerȱtheoretischenȱ FunȬ dierungȱderȱUnternehmensverfassungȱwarȱdieȱAnnahme,ȱdassȱInteressenȬ gruppenȱ überȱ einenȱ Prozessȱ derȱ Konfliktaustragungȱ bzw.ȱ derȱ KoalitionsȬ bildungȱ versuchenȱ werden,ȱ dieȱ verfassungsmäßigenȱ Regelungenȱ desȱ Unternehmensȱ inȱ ihremȱ Sinneȱ zuȱ beeinflussen.ȱ Letztlichȱ stelltȱ dieȱ UnterȬ nehmensverfassungȱdamitȱdasȱErgebnisȱexistenterȱMachtverhältnisseȱdar.1ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ zumȱ Problemȱ vonȱ Machtȱ inȱ Wirtschaftsbeziehungenȱ auchȱ Steinmann/ Schreyöggȱ(2000),ȱS.ȱ89ȱff.ȱ

ȱ

48

Theorie der Unternehmensverfassung

Zielgruppenorientierte Koalitionstheorie Unternehmensleitung Eigenkapitalgeber Fremdkapitalgeber Arbeitnehmer Sonstige Konfliktaustragung

Koalitionsbildung

Konfliktorientierte Interessenvertretung Zentrale Konfliktfelder • Gewinnverwendung • Unternehmensentwicklung • Unternehmensführung

Interessenkongruenz

Interessendivergenz

Ökonomische Fundierung Bewertungsaspekte • Verfügungsrechtsstruktur • Kontrolle und Anreize • Transaktionskosteneffizienz

Effizienz

Ineffizienz

ȱ Abb.ȱ2Ȭ3:ȱZusammenhangȱderȱtheoretischenȱArgumentationȱ

2.3 Ökonomische Fundierung der Unternehmensverfassung

49

EinȱsolchesȱErgebnisȱistȱjedochȱfürȱeineȱökonomischȱorientierteȱtheoretiȬ scheȱ Fundierungȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ unbefriedigend,ȱ daȱ eineȱ ökonomischeȱ Bewertungȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ unterbleibt.ȱ Diesȱ istȱinsbesondereȱvorȱdemȱHintergrundȱvonȱInteresse,ȱdaȱdavonȱausgeganȬ genȱ werdenȱ kann,ȱ dassȱ dieȱ obenȱ dargestelltenȱ Interessengruppenȱ überȱ höchstȱ unterschiedlicheȱ Machtpotenzialeȱ undȱ damitȱ auchȱ unterschiedliȬ chenȱ Einflussȱ verfügen.ȱ Findenȱ jedochȱ ökonomischeȱ Prozesseȱ beiȱ derartiȬ genȱ Machtungleichgewichtenȱ statt,ȱ soȱ bestehtȱ immerȱ dieȱ Gefahr,ȱ dassȱ esȱ zuȱ ineffizientenȱ ökonomischenȱ Lösungenȱ kommt.ȱ Indikatorenȱ hierfürȱ giltȱ esȱimȱFolgendenȱzuȱanalysieren.ȱDieȱökonomischeȱFundierungȱstelltȱ–ȱwieȱ Abb.ȱ 2Ȭ3ȱ zeigtȱ–ȱ damitȱ denȱ letztenȱ Schrittȱ zuȱ einerȱ theoretischenȱ FundieȬ rungȱderȱUnternehmensverfassungsdiskussionȱdar.ȱ

2.3.1

Grundlegende Überlegungen

Gehtȱ manȱ davonȱ aus,ȱ dassȱ dieȱ Regelungenȱ derȱ UnternehmensverfasȬ sungȱdasȱErgebnisȱeinesȱKonfliktaustragungsprozessesȱdarstellen,ȱsoȱwurȬ deȱ diesȱ bisherȱ ausschließlichȱ mitȱ machtpolitischenȱ Überlegungenȱ erklärt.ȱ EineȱderartigeȱErklärungȱgreiftȱjedochȱzuȱkurz.ȱDaȱinȱdiesemȱKontextȱIndiȬ viduenȱ bzw.ȱ dieȱ sieȱ vertretenenȱ Interessengruppenȱ alsȱ ökonomischȱ hanȬ delndeȱ Gruppenȱ zuȱ verstehenȱ sind,ȱ müssenȱ auchȱ ökonomischeȱ ÜberleȬ gungenȱ herangezogenȱ werden,ȱ willȱ manȱ dieȱ Unternehmensverfassungȱ inȱ ihremȱ Ergebnisȱ ökonomischȱ beurteilen.ȱ Derȱ zentraleȱ Ansatzpunkt,ȱ derȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ zuȱ wählenȱ ist,ȱ istȱ dieȱ sog.ȱ „neue“ȱ InstitutionenȬ ökonomie.ȱ DieȱneueȱInstitutionenökonomieȱbefasstȱsichȱmitȱderȱAnalyseȱvonȱInstiȬ tutionen,ȱ inȱ welchenȱ ökonomischeȱ Austauschbeziehungenȱ stattfinden.1ȱ DabeiȱwirdȱzumȱeinenȱdieȱStrukturȱderartigerȱInstitutionenȱanalysiert,ȱaberȱ auchȱ dieȱ Verhaltenswirkungenȱ derȱ agierendenȱ Individuenȱ undȱ Gruppen.ȱ Zielȱ derȱ Analyseȱ derartigerȱ Institutionenȱ istȱ dieȱ Erklärungȱ ihrerȱ Effizienzȱ bzw.ȱ ihresȱ Wandels.ȱ Folgtȱ manȱ Ordelheide,ȱ soȱ istȱ eineȱ Institutionȱ dabeiȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱausführlichȱzuȱdenȱȱunterschiedlichenȱAnsätzenȱderȱNeuenȱInstitutionenöȬ konomieȱPicot/Dietl/Franckȱ(2008),ȱS.ȱ45ȱff.ȱ ȱ

50

Theorie der Unternehmensverfassung

wieȱfolgtȱzuȱcharakterisieren:ȱ„EineȱInstitutionȱistȱeineȱMengeȱsanktionierȬ terȱ Verhaltensregeln,ȱ dieȱ inȱ mehrpersonellen,ȱ häufigȱ langfristigenȱ EntȬ scheidungsȬȱoderȱHandlungssituationenȱsoweitȱallg.ȱAnerkennungȱerlangtȱ hat,ȱ dassȱ dieȱ Individuenȱ daraufhinȱ bestimmteȱ wechselseitigeȱ VerhaltensȬ erwartungenȱ besitzen,ȱ weilȱ vonȱ denȱ Institutionenȱ vorhersehbareȱ Anreizeȱ zumȱHandelnȱoderȱUnterlassenȱausgehen.“1ȱVergleichtȱmanȱdieseȱDefinitiȬ onȱ mitȱ derȱ eingangsȱ vorgestelltenȱ Auslegungȱ derȱ UnternehmensverfasȬ sung,ȱ soȱ sindȱ dieȱ Parallelenȱ unübersehbar.ȱ Dieȱ neueȱ InstitutionenökonoȬ mieȱ analysiertȱ „sanktionierteȱ Verhaltensregeln“,ȱ d.ȱh.ȱ verfassungsmäßigeȱ RegelungenȱimȱHinblickȱaufȱihreȱökonomischeȱEffizienz.ȱ DieȱneueȱInstitutionenökonomieȱumschließtȱdreiȱtheoretischeȱArgumenȬ tationsstränge:ȱȱ x DieȱTheorieȱderȱVerfügungsrechteȱ(propertyȱrightsȱtheory),ȱ x dieȱPrinzipalȬAgentenȬTheorieȱ(agencyȱtheory)ȱundȱ x dieȱTransaktionskostentheorieȱ(transactionȱcostsȱanalysis).ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ Diskussionȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ bzw.ȱderȱökonomischenȱAnalyseȱderȱdamitȱimȱZusammenhangȱstehendenȱ RegelungenȱspielenȱdieȱerstenȱbeidenȱTheorienȱsicherlichȱdieȱzentraleȱRolȬ le.ȱ Umȱ dieȱ Argumentationȱ derȱ neuenȱ Institutionenökonomieȱ richtigȱ beurȬ teilenȱzuȱkönnen,ȱistȱesȱwichtig,ȱdieȱzentralenȱPrämissenȱderȱtheoretischenȱ Argumentationȱzuȱexplizieren.2ȱNurȱwennȱmanȱdieseȱakzeptiert,ȱerscheintȱ dieȱAnalyseȱschlüssig.ȱImȱEinzelnenȱwirdȱunterstellt:ȱ x BegrenzteȱRationalität:ȱDasȱVerhaltenȱderȱhandelndenȱIndividuenȱundȱ Gruppenȱ istȱ vonȱ begrenzterȱ Rationalitätȱ gekennzeichnet.ȱ Diesȱ wirdȱ damitȱ begründet,ȱ dassȱ keineȱ vollkommeneȱ Informationȱ überȱ dieȱ geȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Ordelheideȱ(1993),ȱSp.ȱ1839.ȱ 2ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱRichterȱ(1991),ȱS.ȱ395ȱff.ȱsowieȱRichter/Furubotnȱ(2003).ȱ

2.3 Ökonomische Fundierung der Unternehmensverfassung

51

genwärtigeȱSituationȱbzw.ȱdieȱzukünftigeȱEntwicklungȱvorliegtȱbzw.ȱzuȱ vertretbarenȱKostenȱbeschafftȱwerdenȱkann.ȱEntsprechendȱgründetȱsichȱ dasȱEntscheidungsverhaltenȱderȱAkteureȱimmerȱaufȱeinenȱaktuellȱvorȬ liegendenȱ Informationsstand,ȱ derȱ nichtȱ alsȱ optimalȱ anzusehenȱ ist.ȱ DaȬ mitȱkannȱdieȱgetroffeneȱEntscheidungȱauchȱnurȱeineȱbegrenzteȱRationaȬ litätȱaufweisen.ȱȱ x Opportunismus:ȱ Dasȱ Verhaltenȱ derȱ handelndenȱ Akteureȱ istȱ vonȱ indiȬ viduellerȱNutzenmaximierungȱgetrieben.ȱDamitȱeinherȱgehtȱdieȱBereitȬ schaftȱ derȱ einzelnenȱ Akteure,ȱ Normverletzungenȱ inȱ Kaufȱ zuȱ nehmen,ȱ solangeȱdiesȱzumȱindividuellenȱVorteilȱgereicht.ȱInȱdiesemȱZusammenȬ hangȱwirdȱregelmäßigȱaufȱeineȱEinperiodenbetrachtungȱverwiesen.ȱ x Asymmetrischeȱ Informationsverteilung:ȱ Zwischenȱ denȱ handelndenȱ Akteurenȱ kommtȱ esȱ zuȱ einerȱ aȱ prioriȱ ungleichenȱ InformationsverteiȬ lung.ȱ Damitȱ istȱ moralȱ hazardȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ postkontraktuellesȱ VerȬ haltenȱmöglich.ȱInformationsvorsprüngeȱwerdenȱdazuȱgenutzt,ȱdenȱinȬ dividuellenȱNutzenȱzuȱmaximieren.ȱ x Spezifität:ȱJedeȱgetätigteȱTransaktionȱistȱdurchȱeinenȱgewissenȱGradȱanȱ Spezifitätȱ gekennzeichnet.ȱ Dieseȱ Spezifitätȱ kannȱ alsȱQuasiȬRenteȱ interȬ pretiertȱwerden,ȱdieȱeinenȱWertverlustȱdarstellt,ȱwelcherȱeintritt,ȱwennȱ einȱVerfügungsrechtȱbzw.ȱeinȱTransaktionsobjektȱnichtȱimȱRahmenȱderȱ beabsichtigtenȱ Transaktion,ȱ sondernȱ inȱ seinerȱ nächstbestenȱ VerwenȬ dungsmöglichkeitȱeingesetztȱwird.ȱ

2.3.2

Unternehmensverfassung vor dem Hintergrund der Theorie der Verfügungsrechte

Dieȱ Theorieȱ derȱ Verfügungsrechteȱ versuchtȱ juristischeȱ Regelsetzungenȱ ökonomischȱ zuȱ erklären.1ȱ Ausgangspunktȱ istȱ dabeiȱ dieȱ Überlegung,ȱ dassȱ sichȱ derȱ Wertȱ einesȱ Gutesȱ wenigerȱ ausȱ seinenȱ physischenȱ Eigenschaftenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱausführlichȱRiekhoffȱ(1984),ȱS.ȱ123ȱff.;ȱGerumȱ(1992ȱb),ȱSp.ȱ2116ȱff.;ȱWengerȱ (1993),ȱSp.ȱ4495ȱff.ȱ

52

Theorie der Unternehmensverfassung

ergibt,ȱ sondernȱ ausȱ denȱ Verfügungsrechten,ȱ dieȱ mitȱ demȱ Gutȱ verbundenȱ sind.1ȱ Alsȱ Verfügungsrechteȱ werdenȱ dabeiȱalleȱ vertraglichȱ(nichtȱzwangsȬ läufigȱ schriftlich)ȱ vereinbartenȱ Rechteȱ angesehen,ȱ dieȱ gesetzlichȱ oderȱ satȬ zungsmäßigȱ bestimmtȱ sind.ȱ Dieseȱ Rechteȱ regelnȱ dieȱ VerfügungskompeȬ tenzȱ überȱ Inputfaktoren,ȱ d.ȱh.ȱ Produktionsfaktoren,ȱ sowieȱ überȱ dasȱ Ergebnisȱ derȱ Wertschöpfungȱ (Outputfaktoren).2ȱ Verfügungsrechteȱ knüpȬ fenȱ traditionellȱ immerȱ anȱ einerȱ Ressourceȱ an.ȱ Sieȱ kodifizierenȱ dasȱ Rechtȱ zurȱNutzungȱderȱRessourceȱebensoȱwieȱdasȱRechtȱderȱEinbehaltungȱderȱErȬ trägeȱausȱderȱRessourcennutzung,ȱdasȱRecht,ȱdieȱFormȱoderȱdieȱSubstanzȱ derȱRessourceȱzuȱändernȱundȱdasȱRecht,ȱalleȱvorstehendenȱRechteȱaufȱanȬ dereȱ zuȱ übertragen.ȱ Eineȱ derartigeȱ Übertragungȱ kannȱ dazuȱ führen,ȱ dassȱ sichȱdieȱ Verfügungsrechteȱ anȱ einerȱRessourceȱ aufȱ unterschiedlicheȱ PersoȬ nenȱoderȱInstitutionenȱaufteilen,ȱsieȱalsoȱnichtȱinȱeinerȱHandȱliegen.ȱVerfüȬ gungsrechteȱ legenȱ daherȱ fest,ȱ welcheȱ Personȱ bzw.ȱ Institutionȱ welcheȱ Handlungsmöglichkeitenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ eineȱ bestimmteȱ Ressourceȱ beȬ sitzt.ȱNegativȱformuliertȱlegenȱVerfügungsrechteȱfest,ȱfürȱwelcheȱPersonenȱ bzw.ȱ Institutionenȱ bestimmteȱ Handlungsmöglichkeitenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ eineȱRessourceȱausgeschlossenȱsind.ȱHaltenȱsichȱPersonenȱbzw.ȱInstitutioȬ nenȱnichtȱanȱdieseȱHandlungsbeschränkungen,ȱsoȱdefinierenȱVerfügungsȬ rechteȱ einȱSanktionspotenzial,ȱ welchesȱdemȱ Besitzer/Eigentümerȱ derȱ VerȬ fügungsrechteȱ zusteht,ȱ umȱ dieȱ Wirksamkeitȱ seinesȱ Verfügungsrechtesȱ gegenüberȱDrittenȱdurchzusetzen.ȱȱ Individuenȱ bzw.ȱ Gruppenȱ werdenȱ beiȱ gegebenenȱ institutionellenȱ RahȬ menbedingungenȱ eineȱ solcheȱ Formȱ derȱ Ressourcennutzungȱ wählen,ȱ wieȱ dieseȱdazuȱbeiträgt,ȱihrenȱNettonutzenȱzuȱmaximieren.ȱDasȱheißtȱesȱwirdȱ sichȱ eineȱ Verfügungsrechtsstrukturȱ etablieren,ȱ dieȱ amȱ Individualnutzenȱ derȱ Interessentenȱ orientiertȱ ist.ȱ Jeȱ höherȱ dieȱ Transaktionskostenȱ sind,ȱ dieȱ fürȱdieȱBestimmung,ȱÜbertragungȱundȱDurchsetzungȱderȱVerfügungsrechȬ teȱ anȱ einerȱ Ressourceȱ anfallen,ȱ destoȱ geringerȱ istȱ c.ȱp.ȱ derȱ ausȱ derȱ VerfüȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱKräkelȱ(2004),ȱS.ȱ46.ȱ 2ȱ Vgl.ȱHauschildtȱ(1999),ȱS.ȱ65.ȱVgl.ȱhierzuȱauchȱRickettsȱ(2002),ȱS.ȱ88ȱff.,ȱderȱzwiȬ schenȱ Privatrechtenȱ undȱ Gemeinschaftsrechtenȱ unterscheidet,ȱ oderȱ RichȬ ter/Furubotnȱ(2003),ȱS.ȱ95ȱff.,ȱdieȱzwischenȱabsolutenȱundȱrelativenȱRechtenȱunȬ terscheiden.ȱ

2.3 Ökonomische Fundierung der Unternehmensverfassung

53

gungȱüberȱdieȱRessourceȱerzielbareȱNettonutzenȱfürȱdasȱIndividuumȱbzw.ȱ dieȱInstitution.1ȱȱ AufgrundȱvonȱinstitutionellenȱRegelnȱ(gesetzlichenȱwieȱauchȱsatzungsȬ mäßigenȱRegelungenȱderȱUnternehmensverfassung)ȱkannȱesȱnunȱzuȱeinerȱ Einschränkungȱbzw.ȱeinerȱAushöhlungȱvonȱVerfügungsrechtenȱkommen.2ȱ Diesȱwirdȱdannȱproblematisch,ȱwennȱdieȱEinschränkungȱderȱVerfügungsȬ rechteȱ nichtȱ überȱ denȱ Preisȱ derȱ Verfügungsrechteȱ kompensiertȱ wird.ȱ DaȬ mitȱ erhöhenȱ sichȱ z.ȱB.ȱ dieȱ Transaktionskostenȱ derȱ Durchsetzungȱ derȱ VerȬ fügungsrechte.ȱ Esȱ kommtȱ zumȱ Auftretenȱ vonȱ Externalitäten,ȱ daȱ dieȱ NutzenfunktionȱdesȱEigentümersȱderȱVerfügungsrechteȱdurchȱAktivitätenȱ Dritterȱnegativȱbeeinflusstȱwird.ȱKostenȱundȱNutzenȱderȱVerfügungsrechȬ tenutzungȱwerdenȱnichtȱverursachungsrechtȱverteilt.ȱNurȱdieȱSituationȱderȱ uneingeschränktenȱ Nutzungȱ erworbenerȱ Verfügungsrechteȱ garantiertȱ dieȱ EffizienzȱeinesȱSystemsȱausȱVerfügungsrechten.ȱ Imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Institutionalisierungȱ unternehmensverfassungsȬ rechtlicherȱ Regelungenȱ istȱ esȱ insb.ȱ derȱ Gesetzgeber,ȱ derȱ hierȱ prägendȱ aufȱ dieȱ Verfügungsrechtsstrukturȱ anȱ unternehmensbezogenenȱ Ressourcenȱ Einflussȱnimmt.3ȱTab.ȱ2Ȭ3ȱzeigtȱdiesȱexemplarisch.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ zumȱ Zusammenhangȱ vonȱ Transaktionskostenȱ undȱ Verfügungsrechtenȱ auchȱKräkelȱ(2004),ȱS.ȱ47ȱf.ȱ 2ȱ Vgl.ȱPicotȱ(1981),ȱS.ȱ160ȱff.ȱundȱRiekhoffȱ(1984),ȱS.ȱ43ȱff.ȱ 3ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ auchȱ dieȱ empirischenȱ Untersuchungenȱ zurȱ Verteilungȱ vonȱ VerfüȬ gungsrechtenȱ inȱ deutschenȱ Unternehmenȱ vonȱ Schreyögg/Steinmannȱ (1981),ȱ S.ȱ533ȱff.;ȱSteinmann/Schreyögg/Dütthornȱ(1983),ȱS.ȱ4ȱff.;ȱPicot/Michaelisȱ(1984),ȱ S.ȱ252ȱff.ȱundȱEdwards/Niblerȱ(2000),ȱS.ȱ239ȱff.ȱ

54 Klassisches Unternehmen

Theorie der Unternehmensverfassung Publikumsgesellschaft

Mitbestimmtes Unternehmen

Verfügungsrechteverteilung Konzentration der Verfügungsrechte (Koordination, Aneignung des Gewinns, Veräußerung) beim Unternehmer

Trennung zwischen Eigentum in engerem Sinne (Veräußerungsrecht, Recht auf Gewinnaneignung) und Verfügungsmacht (Koordinationsrecht)

Koordinationsrecht ist zwischen eigentümer- und arbeitnehmerorientierten Entscheidungsträgern auf Aufsichtsrats- und Vorstandsebene aufgeteilt

x Spezialisierungsvorteile des Unternehmers hinsichtlich Koordinations-, Überwachungs- und Bewertungsaufgaben

x Eigentümer haben teilweise hohe Managerkontrollkosten (Organisation der Anteilseigner, Meinungsbildung, Informationsbeschaffung etc.)

x Beschränkung der Vertragsfreiheit

x Hohe ökonomische Motivation des Unternehmers durch konzentrierte Verfügungsrechtzuordnung

x Die Gefahr einer zu hohen Machtkonzentration x Auseinanderklaffen der Planungshorizonte sowie beim Management ist der Risikoneigung von aufgrund von WettbeArbeitnehmern und Unwerb am Absatzmarkt, ternehmern sowie der Möglichkeit der EiNichtmarktfähigkeit der gentümer, ihre Rechte Arbeitnehmerteilhabe am Unternehmen zu begünstigen kurzfristiveräußern sowie der ges, suboptimales HanKarrierekonkurrenz unter deln den Managern eingeschränkt x Mängel in der Entscheidungsqualität (Langsamkeit, Trennung von Kompetenz und Verantwortung)

Einzelbeurteilung

x Geringe Kontrollkosten x Minimierung der ökonomischen Effizienzverluste durch Reibungen im Koordinations- und Kontrollprozess Fazit Geringe Transaktionskosten führen zu Effizienzvorteilen

Deutliche Effizienzverluste entstehen nur unter speziellen Bedingungen wie ungenügendem arbeitsmarktlichen Wettbewerb, sehr breiter Kapitalstreuung, mangelhaftem Angebot an Führungskräften etc.

x Schmälerung der Eigentumsrechte an Kapitalgütern x Absinken des ökonomischen Leistungsniveaus

Erhebliche Effizienznachteile; die ökonomische Nachteiligkeit institutionalisierter Mitbestimmung zeigt sich schon daran, dass sie nicht freiwillig auf vertraglicher Basis entstanden ist

Quelle:ȱ Wolfȱ(2008),ȱS.ȱ338.ȱ Tab.ȱ2Ȭ3:ȱ Verfügungsrechteȱ undȱ ihreȱ Einschränkungȱ inȱ Abhängigkeitȱ vonȱ derȱgewähltenȱUnternehmensformȱ

2.3 Ökonomische Fundierung der Unternehmensverfassung

55

DieȱEinflussnahmeȱrichtetȱsichȱdabeiȱaufȱzweiȱAspekte:ȱzumȱeinenȱdefiȬ niertȱ derȱ Gesetzgeberȱ bestimmteȱ Bündelȱ vonȱ Verfügungsrechtenȱ imȱ HinȬ blickȱ aufȱ unternehmensbezogeneȱ Ressourcennutzung,ȱ beiȱ denenȱ denȱ poȬ tenziellenȱ Nutzernȱ einȱ Freiraumȱ verbleibtȱ imȱ Hinblickȱ darauf,ȱ welchesȱ BündelȱderȱVerfügungsrechteȱsieȱzuȱnutzenȱwünschen.ȱDieȱentsprechendeȱ AuswahlȱerfolgtȱdannȱvorȱdemȱHintergrundȱdesȱindividuellenȱbzw.ȱgrupȬ penbezogenenȱ Nutzenkalküls.ȱ Zumȱ anderenȱ kodifiziertȱ derȱ Gesetzgeberȱ bestimmteȱ Einschränkungenȱ ressourcenbezogenerȱ Verfügungsrechte.ȱ DeȬ rartigeȱ Einschränkungenȱ erfolgenȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ politischerȱ bzw.ȱ gesellschaftspolitischerȱÜberlegungen.ȱSieȱsindȱnichtȱökonomischȱdetermiȬ niert.1ȱ BeiȱderȱerstenȱGruppeȱ–ȱderȱDefinitionȱvonȱVerfügungsrechtsbündelnȱ–ȱ sindȱdieȱunterschiedlichenȱRechtsformenȱzuȱnennen,ȱdererȱsichȱeinȱUnterȬ nehmenȱ bedienenȱ kann.ȱ Jeȱ nachȱ Wahlȱ derȱ Rechtsformȱ wirdȱ dieȱ VerfüȬ gungsrechtsstrukturȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ unternehmensbezogenenȱ ResȬ sourcenȱ unterschiedlichȱ sein.ȱ Vergleichtȱ manȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ dieȱ beidenȱ Extremtypenȱ derȱ Rechtsformen,ȱ denȱ Einzelhandelskaufmannȱ undȱ dieȱ Aktiengesellschaft,ȱ soȱ wirdȱ dieȱ unterschiedlicheȱ VerfügungsȬ rechtsstrukturȱdeutlich.ȱȱ

x Derȱ Einzelunternehmerȱ besitztȱ dasȱ uneingeschränkteȱ Rechtȱ derȱ ResȬ sourcennutzungȱ ebensoȱ wieȱ dasȱ Rechtȱ derȱ Einbehaltungȱ derȱ Erträge,ȱ wieȱ auchȱ dasȱ Recht,ȱ dieȱ Formȱ oderȱ dieȱ Substanzȱ desȱ Unternehmensȱ bzw.ȱ derȱ Unternehmensressourceȱ zuȱ ändern.ȱ Erȱ kannȱ darüberȱ hinausȱ auchȱeinzelneȱRechteȱaufȱandereȱübertragen.ȱȱ

x Beiȱ derȱ Aktiengesellschaftȱ hingegenȱ kommtȱ esȱ zuȱ erheblichenȱ EinȬ schränkungenȱdieserȱvierȱzentralenȱArtenȱderȱVerfügungsrechteȱanȱderȱ Unternehmensressource.ȱDasȱRechtȱaufȱRessourcennutzungȱistȱvorȱdemȱ Hintergrundȱ derȱ Arbeitsteilungȱ zwischenȱ Vorstand,ȱ Aufsichtsratȱ undȱ Hauptversammlungȱeingeschränkt.ȱEineȱderartigeȱEinschränkungȱkannȱ inȱ unterschiedlicherȱ Formȱ stattfindenȱ (z.ȱB.ȱ Katalogȱ zustimmungsȬ pflichtigerȱGeschäfte).ȱDarüberȱhinausȱsindȱhierȱEinschränkungenȱaufȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱSchmid/Segerȱ(1998),ȱS.ȱ453ȱff.ȱ

56

Theorie der Unternehmensverfassung

grundȱ derȱ Arbeitnehmermitbestimmung,ȱ dieȱ fürȱ Kapitalgesellschaftenȱ gilt,ȱ festzustellen.ȱ Ebensoȱ existierenȱ Einschränkungenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱRechte,ȱdieȱsichȱausȱdenȱErträgenȱderȱRessourcennutzungȱergeben.ȱ Überȱ dieȱ Verwendungȱ derȱ Erträgeȱ kannȱ nichtȱ autonomȱ vonȱ denȱ AnȬ teilseignernȱ entschiedenȱ werden.ȱ Dasȱ Gleicheȱ giltȱ auchȱ fürȱ dasȱ Recht,ȱ dieȱFormȱundȱdieȱSubstanzȱderȱUnternehmensressourceȱzuȱverändern.ȱȱ ImȱHinblickȱaufȱeinzelfallbezogeneȱBeschränkungȱvonȱVerfügungsrechȬ tenȱ anȱ unternehmensbezogenenȱ Ressourcenȱ sindȱ eineȱ Fülleȱ vonȱ RegelunȬ genȱ zuȱ nennen.ȱ Derartigeȱ Einschränkungenȱ beziehenȱ sichȱ zumȱ einenȱ aufȱ dieȱ kapitalmarktbezogenenȱ Verfügungsrechteȱ undȱ zumȱ anderenȱ aufȱ dieȱ arbeitsmarktbezogenen.1ȱImȱHinblickȱaufȱdenȱKapitalmarktȱexistierenȱEinȬ schränkungen,ȱz.ȱB.ȱaufgrundȱvonȱStimmrechtsbeschränkungen,ȱderȱBegeȬ bungȱvonȱVorzugsaktien,ȱvonȱvinguliertenȱNamensaktienȱsowieȱaufgrundȱ desȱ Depotstimmrechtsȱ derȱ Bankenȱ oderȱ derȱ Regelungenȱ zurȱ ThesaurieȬ rung.ȱ Beiȱ denȱ arbeitsmarktbezogenenȱ Einschränkungenȱ derȱ VerfügungsȬ rechteȱ istȱ insb.ȱ anȱ dieȱ Regelungenȱ derȱ unternehmensȬȱ bzw.ȱ betriebsbezoȬ genenȱ Mitbestimmungȱ zuȱ denken,ȱ anȱ Streikrechteȱ oderȱ Rechte,ȱ dieȱ sichȱ aufgrundȱdesȱKündigungsschutzesȱergeben.ȱFolgtȱmanȱderȱArgumentationȱ derȱ neuenȱ Institutionenökonomie,ȱ soȱ führenȱ sämtlicheȱ dieserȱ EinschränȬ kungenȱ dazu,ȱ dassȱ externeȱ Effekteȱ entstehen,ȱ dieȱ nichtȱ überȱ denȱ Preisȱ kompensiertȱ werdenȱ undȱ dieȱ somitȱ letztlichȱ dieȱ effizienteȱ Allokationȱ derȱ unternehmensbezogenenȱ Ressourcenȱ beeinträchtigen.ȱ Esȱ wirdȱ argumenȬ tiert,ȱ dassȱ schonȱ alleinȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ derȱ Gesetzgeberȱ derartigeȱ EinȬ schränkungenȱ definierenȱ muss,ȱ einȱ Indizȱ fürȱ Ineffizienzȱ ist,ȱ daȱ anderenȬ fallsȱ dieȱ handelndenȱ Akteureȱ vonȱ sichȱ ausȱ entsprechendeȱ Regelungenȱ vereinbarenȱ würden.2ȱ Allerdingsȱ bleibtȱ unklar,ȱ obȱ eineȱ derartigeȱ EinȬ schränkungȱderȱ Verfügungsrechteȱ nichtȱ implizitȱ bereitsȱ imȱ Kaufpreisȱ derȱ Ressourceȱ enthaltenȱ istȱ –ȱzumindestȱ istȱ sichȱ derȱ Erwerberȱ überȱ dieȱ EinȬ schränkungenȱzumȱZeitpunktȱdesȱKaufesȱbewusst,ȱwennȱmanȱz.ȱB.ȱanȱdenȱ ErwerbȱvonȱAktienȱeinesȱmitbestimmtenȱUnternehmensȱdenkt.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱausführlichȱWengerȱ(1993),ȱSp.ȱ4503ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱJensen/Mecklingȱ(1979),ȱS.ȱ496ȱff.ȱ

2.3 Ökonomische Fundierung der Unternehmensverfassung

57

DieȱAnalyseȱdesȱEinflussesȱexistenterȱVerfügungsrechteȱimȱHinblickȱaufȱ dieȱNutzungȱunternehmensspezifischerȱRessourcenȱermöglichtȱsomitȱeineȱ ErklärungȱihrerȱökonomischenȱKonsequenzenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱeffizienȬ teȱStrukturierungȱinstitutionalisierterȱProzesse.1ȱȱ Dieȱ ökonomischeȱ Analyseȱ derȱ existentenȱ Verfügungsrechtsstrukturȱ geȬ staltetȱsichȱinȱderȱRealitätȱjedochȱäußerstȱschwierig.ȱDieȱEinschränkungȱderȱ ressourcenbezogenenȱ Verfügungsrechteȱ sindȱ zumȱ einenȱ aufȱ Aktivitätenȱ externerȱ Gruppenȱ (i.ȱd.ȱR.ȱ desȱ Gesetzgebers)ȱ zurückzuführen.ȱ Zumȱ andeȬ renȱ aufȱ Entscheidungenȱ derȱ unternehmensbezogenenȱ Interessengruppen,ȱ dieȱverfassungsmäßigeȱRegelnȱalsȱErgebnisȱeinesȱKonfliktaustragungsproȬ zessesȱinstitutionalisieren.ȱDieȱdirekteȱZurechenbarkeitȱderȱökonomischenȱ KonsequenzȱeinzelnerȱEinschränkungenȱistȱimȱRegelfallȱjedochȱnichtȱmögȬ lich.ȱ Amȱ Beispielȱ derȱ zustimmungspflichtigenȱ Geschäfteȱ durchȱ denȱ AufȬ sichtsratȱ seiȱ diesȱ verdeutlicht.ȱ Jeȱ umfangreicherȱ derȱ Katalogȱ derȱ zustimȬ mungspflichtigenȱGeschäfteȱist,ȱdestoȱwenigerȱistȱdasȱVerfügungsrechtȱderȱ AktionäreȱimȱHinblickȱaufȱdieȱNutzungȱihrerȱUnternehmensressourceȱeinȬ geschränkt.ȱEntsprechendȱmüssteȱsichȱhierausȱeinȱEffizienzvorteilȱergeben.ȱ Zwarȱ könnenȱ dieȱ Aktionäreȱ überȱ dieȱ Festlegungȱ derȱ Satzungȱ einenȱ entȬ sprechendenȱ Katalogȱ beschließenȱ (soweitȱ diesȱ nichtȱ Gegenstandȱ derȱ SatȬ zungȱ ist,ȱ kannȱ nachȱ §ȱ111ȱ Abs.ȱ4ȱ Satzȱ 2ȱ einenȱ solchenȱ Katalogȱ auchȱ derȱ Aufsichtsratȱ beschließen),ȱ dieȱ Zustimmungȱ erfolgtȱ jedochȱ nichtȱ durchȱ sieȱ direkt,ȱsondernȱdurchȱdenȱAufsichtsrat.ȱHierȱkannȱesȱjetztȱaberȱwiederȱzuȱ einerȱEinschränkungȱderȱVerfügungsrechteȱderȱAktionäreȱkommen,ȱwennȱ derȱAufsichtsratȱderȱparitätischenȱMitbestimmungȱunterliegtȱundȱderȱVorȬ standȱ nichtȱ explizitȱ einenȱ entsprechendenȱ Beschlussȱ derȱ HauptversammȬ lungȱverlangt.ȱ(Nachȱ§ȱ111ȱAbs.ȱ4ȱSatzȱ3ȱAktGȱkannȱderȱVorstandȱverlanȬ gen,ȱ dassȱ dieȱ Hauptversammlungȱ einemȱ Geschäftȱ zustimmt,ȱ wennȱ derȱ Aufsichtsratȱdiesȱabgelehntȱhat.)ȱZweiȱEffekteȱlaufenȱsomitȱimȱHinblickȱaufȱ dieȱeffizienteȱGestaltungȱderȱVerfügungsrechtsstrukturȱinȱentgegengesetzȬ teȱ Richtung.ȱ Insbesondereȱ mussȱ bezweifeltȱ werden,ȱ obȱ eineȱ Ausweitungȱ desȱ Katalogsȱ zustimmungspflichtigerȱ Geschäfteȱ inȱ Unternehmen,ȱ dieȱ derȱ paritätischenȱMitbestimmungȱunterliegen,ȱüberhauptȱdazuȱführt,ȱdassȱdieȱ VerfügungsrechteȱderȱAktionäreȱwenigerȱstarkȱeingeschränktȱwerden.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱPicot/Dietl/Franckȱ(2008),ȱS.ȱ262ȱff.ȱ

58

2.3.3

Theorie der Unternehmensverfassung

Unternehmensverfassung vor dem Hintergrund der Agenturtheorie

Derȱ Konfliktaustragungsprozessȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Fixierungȱ unterȬ nehmensverfassungsmäßigerȱRegelnȱzurȱinnerbetrieblichenȱArbeitsteilungȱ führtȱdazu,ȱdassȱbeiȱeinerȱVielzahlȱvonȱBeziehungenȱRechteȱundȱPflichtenȱ vonȱ Auftraggebernȱ (Principal)ȱ undȱ Auftragnehmernȱ (Agent)ȱ existieren.ȱ DerartigeȱStrukturenȱlassenȱsichȱimȱHinblickȱaufȱihreȱökonomischenȱKonȬ sequenzenȱ mitȱ HilfeȱdesȱPrincipalȬAgentȬAnsatzesȱ analysieren.1ȱ Derȱ auchȱ alsȱAgenturtheorieȱbezeichneteȱAnsatzȱuntersuchtȱdieȱvertraglicheȱGestalȬ tungȱ derartigerȱ Beziehungenȱ zwischenȱ Auftraggeberȱ undȱ Auftragnehmerȱ unterȱderȱBedingung,ȱdassȱasymmetrischeȱInformationsbeziehungen2ȱzwiȬ schenȱdenȱAkteurenȱexistieren.ȱDerȱAuftragnehmerȱverfügtȱüberȱentscheiȬ dungsrelevanteȱ Informationen,ȱ dieȱ demȱ Auftraggeberȱ nichtȱ zugänglichȱ sind.ȱ Fernerȱ kannȱ derȱ Auftragnehmerȱ Handlungenȱ durchführen,ȱ dieȱ fürȱ denȱAuftraggeberȱnichtȱerkennbarȱsind.ȱBeideȱAspekteȱführenȱdazu,ȱdassȱ derȱ Auftragnehmerȱ aufgrundȱ seinesȱ opportunistischȱ geprägtenȱ NutzenȬ maximierungsverhaltensȱ Optionenȱ ergreift,ȱ dieȱ denȱ Interessenȱ desȱ AufȬ traggebersȱzuwiderȱlaufen.ȱ Dieȱ Beispieleȱ derartigerȱ AuftraggeberȬAuftragnehmerȬKonstellationenȱ inȱ einemȱ Unternehmenȱ sindȱ vielfältig.ȱ Zuȱ denkenȱ wäreȱ hierȱ z.ȱB.ȱ anȱ dieȱ BeziehungȱvonȱArbeitgeberȱundȱArbeitnehmerȱoderȱaberȱvonȱEigentümerȱ undȱ Geschäftsführer,ȱ Aufsichtsratȱ undȱ Vorstand,ȱ Fremdkapitalgeberȱ undȱ GeschäftsführungȱsowieȱVorgesetzterȱundȱMitarbeiter.ȱȱ Dasȱ grundlegendeȱ Problemȱ einerȱ derartigenȱ Konstellationȱ ergibtȱ sichȱ daraus,ȱdassȱaȱprioriȱnichtȱdavonȱauszugehenȱist,ȱdassȱzwischenȱAuftragȬ geberȱ undȱ Auftragnehmerȱ identischeȱ Zieleȱ existieren.ȱ Zielkonflikteȱ sindȱ wahrscheinlich.ȱ Entsprechendȱ derȱ Verhaltensannahmeȱ desȱ OpportunisȬ musȱwirdȱjedeȱGruppeȱversuchen,ȱihreȱZieleȱauchȱaufȱKostenȱderȱanderenȱ Gruppeȱdurchzusetzen.ȱExistenteȱInformationsasymmetrienȱwieȱauchȱUnȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱJensen/Mecklingȱ(1976),ȱS.ȱ305ȱff.;ȱFamaȱ(1980),ȱS.ȱ288ȱff.;ȱ Pratt/Zeckhauserȱ (1985);ȱ Eisenhardtȱ (1989),ȱ S.ȱ 57ȱ ff.;ȱ Elschenȱ (1991);ȱ Frankeȱ (1993),ȱSp.ȱ37ȱff.ȱHutzschenreuterȱ(1998),ȱS.ȱ22ȱff.ȱundȱKräkelȱ(2004),ȱS.ȱ22ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱSpremannȱ(1990),ȱS.ȱ561ȱff.ȱ

2.3 Ökonomische Fundierung der Unternehmensverfassung

59

sicherheitenȱ verschärfenȱ diesesȱ Problem.ȱ Hierausȱ resultierenȱ dieȱ inȱ derȱ TheorieȱalsȱAgencyȬProblemeȱdiskutiertenȱPhänomeneȱderȱadversenȱSelekȬ tion,ȱ desȱ moralȱ hazardȱ sowieȱ –ȱinȱ derȱ mehrperiodigenȱ Betrachtungȱ–ȱ dasȱ sog.ȱ„holdȬup“ȬProblem.1ȱEntsprechendȱmussȱeinȱAuftraggeberȱsicherȱstelȬ len,ȱ dassȱ derȱ Auftragȱ inȱ seinemȱ Sinneȱ durchgeführtȱ wird.ȱ Eineȱ derartigeȱ SicherstellungȱverursachtȱKosten,ȱsog.ȱAgenturkosten.2ȱDieseȱergebenȱsichȱ daraus,ȱ dassȱ derȱ Auftraggeberȱ Sicherungsmaßnahmenȱ ergreift,ȱ umȱ denȱ Agentenȱ daranȱ zuȱ hindern,ȱ seineȱ Zieleȱ aufȱ Kostenȱ desȱ Auftraggebersȱ zuȱ verwirklichen.ȱKonkretȱlassenȱsichȱfolgendeȱArtenȱvonȱAgenturkostenȱunȬ terscheiden:ȱȱ x KostenȱderȱVertragsgestaltung,ȱȱ x KostenȱderȱInformationsbeschaffung,ȱȱ x Kosten,ȱdieȱaufgrundȱvonȱKontrollaktivitätenȱanfallenȱsowieȱ x Wohlfahrtsverluste,ȱ dieȱ sichȱ darausȱ ergeben,ȱ dassȱ dasȱ NutzenmaxiȬ mumȱdesȱPrincipalsȱverfehltȱwird.ȱ DerȱPrincipalȱwirdȱversuchen,ȱseineȱAgenturkostenȱzuȱminimieren.ȱDiesȱ erfolgtȱinȱersterȱLinieȱüberȱdieȱGestaltungȱvonȱVerträgenȱsowieȱdurchȱdieȱ EinführungȱvonȱKontrollsystemen.3ȱBetrachtetȱmanȱalsȱBeispielȱdieȱPrinciȬ palȬAgentȬBeziehungȱeinerȱAktiengesellschaftȱmitȱBlickȱaufȱdasȱVerhältnisȱ Vorstandȱ zuȱ Aufsichtsrat/Hauptversammlung,4ȱ soȱ ergebenȱ sichȱ unterȬ schiedlicheȱMöglichkeitenȱ derȱ Vertragsgestaltung.ȱ Sieȱ sindȱ daraufȱ gerichȬ tet,ȱdenȱVorstandȱ(Auftragnehmer)ȱdazuȱzuȱveranlassen,ȱseineȱAktivitätenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱArrowȱ(1985),ȱS.ȱ37ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱauchȱAng/Cole/Linȱ(2000),ȱS.ȱ81ȱff.,ȱdieȱzeigen,ȱdassȱdieȱStrukturȱderȱEigenȬ tümerȱnichtȱohneȱEinflussȱaufȱdieȱHöheȱderȱAgenturkostenȱist.ȱVgl.ȱfernerȱzurȱ Diskussionȱ derȱ Reichweiteȱ bzw.ȱ derȱ Grenzenȱ vonȱ Aufklärungspflichtenȱ FleiȬ scherȱ(2001).ȱ 3ȱ Vgl.ȱSchewe/Littkemannȱ(1999),ȱS.ȱ1483ȱff.ȱ 4ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ ausführlichȱ Hutzschenreuterȱ (1998),ȱ S.ȱ 99ȱ ff.ȱ sowieȱ fernerȱ Theisenȱ (1993),ȱSp.ȱ4219ȱff.ȱundȱMartensȱ(2000).ȱ

60

Theorie der Unternehmensverfassung

nichtȱimȱGegensatzȱzuȱdenȱZielenȱderȱAnteilseignerȱauszurichten.ȱFolgenȬ deȱ Möglichkeitenȱ derȱ Vertragsgestaltungȱ ergebenȱ sich:ȱ direkteȱ GewinnȬ beteiligung,ȱDurchschnittstantiemeȱaufȱUmsatzȱund/oderȱGewinnȱbezogenȱ sowieȱStockȱOptions.ȱImȱHinblickȱaufȱKontrollsystemeȱlassenȱsichȱVerfahȬ rensȬȱ undȱ Resultatskontrollenȱ voneinanderȱ unterscheiden.ȱ ResultatskonȬ trollenȱknüpfenȱanȱderȱMessungȱundȱBewertungȱeinzelnerȱErgebnisseȱundȱ Kennzahlenȱan,ȱwährendȱVerfahrenskontrollenȱversuchen,ȱdenȱLeistungsȬ prozessȱmitȱHilfeȱvonȱWirtschaftsprüfernȱoderȱähnlichenȱInstitutionenȱzuȱ kontrollieren.ȱȱ Auchȱhierȱistȱnatürlichȱwiederȱzuȱfragen,ȱobȱeinȱderartigerȱtheoretischerȱ Ansatzȱ esȱ wirklichȱ ermöglicht,ȱ ökonomischeȱ Konsequenzenȱ vonȱ verfasȬ sungsmäßigenȱ Regelungenȱ aufȱ Unternehmensebeneȱ zuȱ analysieren.ȱ Dieȱ KomplexitätȱderȱUnternehmensrealitätȱwirdȱdazuȱführen,ȱdassȱdieȱAnalyseȱ vonȱ PrincipalȬAgentenȬStrukturenȱ allenfallsȱ Anhaltspunkteȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ möglicheȱ Ineffizienzenȱ gibt.ȱ Umfangreicheȱ Hierarchienȱ mitȱ derȱ VielȬ zahlȱvonȱdarinȱenthaltenenȱPrincipalȬAgentenȬBeziehungenȱmachenȱesȱsiȬ cherlichȱ schwierig,ȱ eineȱ eindeutigeȱ Zurechnungȱ vonȱ ökonomischenȱ KonȬ sequenzenȱzuȱgewährleisten.1ȱDarüberȱhinausȱmussȱauchȱbeachtetȱwerden,ȱ dassȱ dieȱ Komplexitätȱ derȱ unternehmerischenȱ Aufgabenbewältigungȱ esȱ unumgänglichȱmacht,ȱdassȱPrincipalȬAgentenȬBeziehungenȱimȱZugeȱeinerȱ effizientenȱ Arbeitsteilungȱ existieren.ȱ Eineȱ PrincipalȬAgentenȬBeziehungȱ lässtȱsichȱalsoȱnichtȱvermeiden.ȱEsȱgiltȱsieȱbewusstȱherbeizuführenȱundȱimȱ ZugeȱderȱUnternehmensverfassungȱeffizientȱzuȱgestalten.2ȱ Vonȱ einemȱ gänzlichȱ anderenȱ Prämissenhintergrundȱ gehtȱ dieȱ sog.ȱ „SteȬ wardshipȬTheorie“ȱ aus,ȱ dieȱ ebenfallsȱ AuftraggeberȬAuftragnehmerȬBezieȬ hungenȱanalysiert.3ȱDerȱzentraleȱUnterschiedȱergibtȱsichȱimȱzugrundeȱgeȬ legtenȱ Menschenbild.ȱ Hierȱ unterscheidetȱ sichȱ dieȱ „StewardshipȬTheorie“ȱ diametralȱvonȱderȱ„AgencyȬTheorie“ȱundȱkommtȱinsofernȱimȱHinblickȱaufȱ dieȱökonomischeȱFundierungȱderȱKonfliktaustragungȱimȱRahmenȱderȱUnȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱHauschildtȱ(1999),ȱS.ȱ67.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ auchȱ Valcárcelȱ (2001),ȱ S.ȱ 210ȱ ff.,ȱ dieȱ dieȱ Überwachungȱ delegierterȱ EntscheidungenȱalsȱeinȱzentralesȱProblemȱderȱUnternehmensverfassungȱsieht.ȱ 3ȱ Vgl.ȱDavis/Schoorman/Donaldsonȱ(1997),ȱS.ȱ20ȱff.ȱ

2.3 Ökonomische Fundierung der Unternehmensverfassung

61

ternehmensverfassungȱ auchȱ zuȱ anderenȱ Lösungen.ȱ Manȱ kannȱ dieȱ „SteȬ wardshipȬTheorie“ȱ insofernȱ auchȱ alsȱ Gegenentwurfȱ zurȱ AgencyȬTheorieȱ mitȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Beziehungȱ Unternehmensleitungȱ –ȱ Eigenkapitalgeberȱ verstehen.1ȱ Dieȱ sichȱ darausȱ ergebendenȱ Problemeȱ sollenȱ jedochȱ anȱ dieserȱ Stelleȱnichtȱweiterȱvertieftȱwerden.ȱ

2.3.4

Unternehmensverfassung vor dem Hintergrund der Transaktionskostentheorie

Derȱ dritteȱ Teilbereichȱ derȱ neuenȱ Institutionenökonomikȱ istȱ derȱ sog.ȱ Transaktionskostenansatz.ȱDieȱökonomischeȱAnalyseȱderȱTransaktionskosȬ tenȱstelltȱdenȱKernȱderȱneuenȱInstitutionenökonomikȱdar.2ȱȱ Transaktionskostenȱ entstehenȱ beiȱ derȱ Bestimmung,ȱ Übertragungȱ undȱ DurchsetzungȱvonȱVerfügungsrechtenȱfürȱeinenȱbestimmtenȱLeistungsausȬ tausch.ȱ Soweitȱ esȱ zuȱ einerȱ Koordinationȱ derȱ Leistungȱ überȱ denȱ Marktȱ kommt,ȱfallenȱTransaktionskosten,ȱz.ȱB.ȱalsȱsog.ȱȱ x Anbahnungskostenȱ (Informationȱ überȱ potenzielleȱ Transaktionspartnerȱ oderȱderenȱKoalitionen),ȱȱ x Vereinbarungskostenȱ (Zeitkostenȱ fürȱ Verhandlungen,ȱ VertragsformuȬ lierungȱundȱEinigung),ȱȱ x Abwicklungskostenȱ(KostenȱderȱSteuerungȱundȱdesȱManagementsȱderȱ arbeitsteiligenȱAuftragsabwicklung),ȱȱ x Kontrollkostenȱ(KostenȱzurȱÜberwachungȱderȱTermintreueȱundȱQualiȬ tät)ȱsowieȱȱ x NachbesserungsȬȱbzw.ȱAnpassungskostenȱ(Kostenȱfürȱdieȱnachträglicheȱ qualitative,ȱquantitative,ȱpreislicheȱundȱterminlicheȱAnpassung)ȱ an.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱSundaramurthy/Lewisȱ(2003),ȱS.ȱ398ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱPicotȱ(1993),ȱSp.ȱ4194ȱff.ȱ

62

Theorie der Unternehmensverfassung

Dieȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Unternehmensverfassungsdiskussionȱ relevanterenȱ Kostenȱ tretenȱ alsȱ Koordinationskostenȱ beiȱ derȱ Koordinationȱ desȱ LeisȬ tungsaustauschesȱüberȱdieȱHierarchieȱauf.1ȱZuȱnennenȱsindȱhierȱȱ x Einrichtungskostenȱ (Kostenȱ fürȱ Kommunikationȱ undȱ Informationȱ soȬ wieȱInvestition),ȱȱ x Anlaufkostenȱ(Kosten,ȱdieȱdieȱHierarchieȱaufgrundȱihrerȱFunktionsweiȬ seȱverursacht),ȱȱ x Interaktionskostenȱ (prozessbezogeneȱ Kostenȱ desȱ InformationsaustauȬ schesȱbeiȱArbeitsteilung)ȱsowieȱȱ x Kontrollkostenȱ(Kosten,ȱdieȱimȱHinblickȱaufȱdieȱEinhaltungȱvonȱTermiȬ nen,ȱQualitätsstandards,ȱMengenȱundȱÄhnlichesȱresultieren).ȱ DieȱHöheȱdieserȱKostenȱwirdȱnachhaltigȱvonȱzweiȱFaktorenȱbeeinflusst.ȱ Zumȱ einenȱ derȱ Spezifitätȱ einerȱ Transaktionsbeziehungȱ undȱ zumȱ anderenȱ derȱ Unsicherheit,ȱ dieȱ mitȱ derȱ Transaktionsbeziehungȱ einhergeht.ȱ UnterȬ stelltȱmanȱweiter,ȱdassȱsichȱentsprechendeȱTransaktionskostenȱmessenȱlasȬ sen,ȱ soȱ kannȱ jedeȱ Transaktionȱ ökonomischȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ mitȱ ihrȱ inȱ Zusammenhangȱ stehendenȱ TransaktionsȬȱ bzw.ȱ Koordinationskostenȱ beȬ wertetȱwerden.ȱDasȱökonomischeȱKalkülȱzeigtȱdabei,ȱobȱdieȱgewählteȱOrȬ ganisationsformȱ fürȱ eineȱ Transaktionȱ alsȱ effizientȱ zuȱ bezeichnenȱ ist.ȱ Imȱ HinblickȱaufȱdieȱDiskussionȱderȱUnternehmensverfassungȱwürdeȱdiesȱbeȬ deuten,2ȱdassȱTransaktionen,ȱdieȱunterȱdemȱRegelwerkȱeinerȱgesetztenȱUnȬ ternehmensverfassungȱ stattfinden,ȱ nurȱ dannȱ ökonomischȱ alsȱ effizientȱ anȬ zusehenȱ sind,ȱ wennȱ dieȱ mitȱ ihnenȱ inȱ Zusammenhangȱ stehendenȱ TransȬ aktionskostenȱ niedrigerȱ sindȱ alsȱ imȱ Fall,ȱ dassȱ dieȱ Transaktionȱ überȱ denȱ Marktȱ oderȱ überȱ hybrideȱ Formenȱ koordiniertȱ wird.ȱ Dieȱ TransaktionskosȬ tenȱbzw.ȱihreȱökonomischeȱAnalyseȱgibtȱdamitȱeinenȱHinweisȱdarauf,ȱwoȱ dieȱ Regelungenȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ unterȱ EffizienzgesichtsȬ punktenȱbeginnenȱbzw.ȱendenȱsollten.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱHauschildtȱ(1997),ȱS.ȱ153ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱWilliamsonȱ(1979),ȱS.ȱ233ȱff.ȱundȱEhrmannȱ(1990),ȱS.ȱ837ȱff.ȱ

2.3 Ökonomische Fundierung der Unternehmensverfassung

63

Fürȱ dieȱ theoretischeȱ Fundierungȱ einerȱ ökonomischenȱ Analyseȱ unterȬ nehmensverfassungsrechtlicherȱ Regelungenȱ istȱ jedochȱ dieȱ TransaktionsȬ kostentheorieȱ imȱ Vergleichȱ zurȱ Theorieȱ derȱ Verfügungsrechteȱ undȱ demȱ PrincipalȬAgentȬAnsatzȱ nurȱ vonȱ nachrangigerȱ Bedeutung.ȱ Ihrȱ HauptauȬ genmerkȱrichtetȱsichȱaufȱdieȱFrage,ȱobȱTransaktionenȱzwischenȱMarktpartȬ nernȱdurchzuführenȱsindȱoderȱinnerhalbȱeinerȱhierarchischenȱOrganisationȱ bzw.ȱinȱetwaigenȱHybridformen.ȱUnterȱdemȱStichwortȱUnternehmensverȬ fassungȱ bietetȱ derȱ Transaktionskostenansatzȱ insofernȱ nurȱ Anhaltspunkteȱ fürȱeineȱökonomischeȱFundierungȱderȱMakeȬorȬbuyȬEntscheidung.1ȱEsȱlasȬ senȱsichȱallenfallsȱTransaktionskosten,ȱinterpretiertȱinȱderȱFormȱderȱKoorȬ dinationskosten,ȱimȱHinblickȱaufȱexistenteȱverfassungsmäßigeȱRegelnȱanaȬ lysieren.ȱȱ

2.4 Fazit der theoretischen Diskussion Abschließendȱ lässtȱ sichȱ festhalten,ȱ dassȱ eineȱ geschlosseneȱ Theorieȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ einstweilenȱ nochȱ nichtȱ existiert.ȱ Esȱ lassenȱ sichȱ aberȱdurchausȱBausteineȱidentifizieren,ȱdieȱesȱermöglichen,ȱeinenȱtheoretiȬ schenȱBezugsrahmenȱaufzuspannen.ȱEinenȱsolchenȱzeigtȱAbb.ȱ2Ȭ4.ȱ Dieȱ Unternehmungȱ –ȱhierȱ mehrȱ oderȱ minderȱ verstandenȱ alsȱ Ortȱ desȱ Austragensȱ vonȱ Interessenkonfliktenȱ–ȱ wirdȱ inȱ ihrerȱ Verhaltensweiseȱ durchȱexternȱbestimmteȱRegelnȱderȱUnternehmensverfassungȱmaßgeblichȱ beeinflusst.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ sindȱ insbesondereȱ dieȱ Vorgabenȱ desȱ Gesetzgebersȱ zuȱ nennen.ȱ Zwarȱ besitztȱ einȱ Unternehmenȱ hieraufȱ siȬ cherlichȱ auchȱ gewisseȱ Einflussmöglichkeitenȱ überȱ Verbändeȱ oderȱ ÄhnliȬ ches,ȱ jedochȱ sindȱ dieseȱ Einflussmöglichkeitenȱ bezogenȱ aufȱ dasȱ EinzelunȬ ternehmenȱderartȱgering,ȱdassȱsieȱhierȱzuȱvernachlässigenȱsind.ȱAuchȱsollȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ nichtȱ weiterȱ untersuchtȱ werden,ȱ welcheȱ ProȬ zesseȱ fürȱ dieȱ Ausgestaltungȱ derȱ „externen“ȱ Unternehmensverfassungȱ maßgebendȱsind.ȱDiesȱwürdeȱfürȱeineȱSchrift,ȱdieȱeinenȱbetriebswirtschaftȬ lichenȱFokusȱbesitzt,ȱsicherlichȱzuȱweitȱführen.ȱAllerdingsȱheißtȱdiesȱnicht,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱHauschildtȱ(1999),ȱS.ȱ68.ȱ

64

Theorie der Unternehmensverfassung

dassȱ derartigeȱ Regelungenȱ nichtȱ aufȱ ihreȱ ökonomischȱ relevantenȱ Effekteȱ hinȱzuȱuntersuchenȱsind.ȱFragen,ȱwieȱz.ȱB.ȱderȱEinflussȱderȱdeutschenȱMitȬ bestimmungsregelungenȱaufȱdenȱErfolgȱbzw.ȱdieȱeffizienteȱGestaltungȱderȱ betrieblichenȱEntscheidungsprozesse,ȱsindȱhierȱdurchausȱvonȱInteresse.ȱ

Unternehmen

Extern bestimmte Regelungen der Unternehmensverfassung

Interessengruppen Ziele

Intern bestimmte Regelungen der Unternehmensverfassung

Inter- und Intragruppenkonflikt

Ökonomische Fundierung verfassungsmäßiger Regelungen

ȱ Abb.ȱ2Ȭ4:ȱTheoretischerȱBezugsrahmenȱderȱUnternehmensverfassungȱ Imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ „internen“ȱ Regelnȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ kannȱ nichtȱ nurȱ davonȱ ausgegangenȱ werden,ȱ dassȱ dieseȱ denȱ KonfliktausȬ tragungsprozessȱderȱInteressengruppenȱmaßgeblichȱbeeinflussen,ȱesȱmussȱ auchȱ beachtetȱ werden,ȱ dassȱ esȱ ebenȱ dieserȱ Konfliktaustragungsprozessȱȱ –ȱbesser:ȱdasȱErgebnisȱdiesesȱProzessesȱ–ȱist,ȱwelcherȱdieȱ„interne“ȱUnterȬ nehmensverfassungȱ determiniert.ȱ Zwarȱ sindȱ auchȱ hierȱ Einflüsseȱ derȱ „exȬ ternen“ȱVerfassungȱvonȱRelevanz,ȱwennȱmanȱz.ȱB.ȱanȱdieȱUmsetzungȱdesȱ Deutschenȱ CorporateȬGovernanceȬKodexȱ überȱ denȱ §ȱ161ȱ AktGȱ imȱ UnterȬ nehmenȱ denkt,ȱ dieseȱ sindȱ imȱ Allgemeinenȱ jedochȱ alsȱ nichtȱ soȱ gravierendȱ zuȱbezeichnen.ȱDieȱ„externe“ȱVerfassungȱsetztȱmeistensȱdenȱRahmen,ȱderȱ durchȱdieȱ„interne“ȱVerfassungȱzuȱkonkretisierenȱist.ȱHierȱbestehenȱdeutliȬ cheȱFreiheitsgrade,ȱdieȱjeȱnachȱErgebnisȱdesȱKonfliktaustragungsprozessesȱ vomȱUnternehmenȱgenutztȱwerdenȱ Auchȱ dieȱ Regelungenȱ derȱ „internen“ȱ Unternehmensverfassungȱ giltȱ esȱ wiederumȱaufȱihreȱökonomischeȱQualitätȱhinȱzuȱprüfen.ȱDiesȱinsbesondereȱ vorȱdemȱHintergrund,ȱdassȱdieȱGefahrȱbesteht,ȱdassȱbestimmteȱInteressenȬ gruppenȱderartigeȱRegelungenȱnutzen,ȱumȱindividuelleȱökonomischeȱVorȬ teileȱzuȱLastenȱandererȱzuȱgenerieren.ȱ

3 Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

BeiȱdenȱgrundlegendenȱStrukturenȱderȱUnternehmensverfassungȱgiltȱesȱ zwischenȱ demȱ jeweiligenȱ Leitungssystemȱ undȱ derȱ gewähltenȱ Rechtsformȱ zuȱ unterscheiden.ȱ Beideȱ Aspekteȱ sindȱ nichtȱ unabhängigȱ voneinander.ȱ Sieȱ werdenȱvonȱderȱStandortentscheidungȱdesȱUnternehmensȱdeterminiert.ȱEsȱ istȱdiesȱdieȱnationaleȱGesetzgebung,ȱdieȱdieȱ„externen“ȱVerfassungsregelnȱ bestimmt.ȱ Jeȱ nachȱ Standortȱ desȱ Unternehmensȱ geltenȱ unterschiedlicheȱ RechtsformenȱsowieȱunterschiedlicheȱLeitungssysteme.ȱAbb.ȱ3Ȭ1ȱzeigtȱdiesȱ fürȱKapitalgesellschaftenȱimȱÜberblick.ȱ Jeȱ nachȱ Wahlȱ oderȱ Wechsel1ȱ derȱ Rechtsformȱ bzw.ȱ desȱ zulässigenȱ LeiȬ tungssystemsȱhatȱdiesȱEinflussȱimȱHinblickȱaufȱdieȱEinschränkungȱderȱLeiȬ tungsfunktion.ȱ Derȱ Umfangȱ derȱ Leitungskompetenzȱ desȱ UnternehmensȬ führungsorganesȱ kannȱ durchȱ dasȱ Einräumenȱ vonȱ Kontrollbefugnissenȱ bzw.ȱInteressenvertretungsbefugnissen,ȱdieȱanderenȱInstitutionenȱgewährtȱ werden,ȱinȱnichtȱunerheblichemȱMaßeȱeingeschränktȱwerden.ȱDerȱkonkreȬ teȱ Umfangȱ einerȱ derartigenȱ Einschränkungȱ wirdȱ durchȱ dieȱ Rechtsformȱ bzw.ȱdasȱdahinterȱstehendeȱLeitungssystemȱdeterminiert.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱausführlichȱzuȱdenȱvielfältigenȱProblemenȱimȱRahmenȱderartigerȱVerändeȬ rungsprozesseȱScheweȱ(2003);ȱSchewe/Littkemann/Schröterȱ(2004),ȱS.ȱ111ȱff.ȱ

66

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

Abb.ȱ3Ȭ1:ȱRechtsformȱ undȱ Leitungssystemȱ alsȱ Funktionȱ derȱ StandortȬ entscheidungȱ

3.1 Leitungsmodelle

3.1.1

Funktion von Leitungsmodellen

Leitungsmodelleȱ regelnȱ grundlegendeȱ Befugnisseȱ imȱ Zugeȱ derȱ UnterȬ nehmensverfassung.ȱ Leitungsmodelleȱwerdenȱ insofernȱ auchȱalsȱ„SpitzenȬ verfassung“ȱeinesȱUnternehmensȱbezeichnet.1ȱSieȱdienenȱderȱInstitutionaliȬ sierungȱderȱzentralenȱOrganeȱderȱUnternehmensführung.ȱMitȱihnenȱwirdȱ nichtȱnurȱfestgelegt,ȱwelcheȱOrganeȱmitȱderȱUnternehmensführungȱbetrautȱ sind,ȱ sondernȱ auchȱ überȱ welcheȱ grundlegendenȱ Befugnisseȱ dieseȱ Organeȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱBleicher/Wagnerȱ(1993),ȱS.ȱ1ȱff.ȱ

3.1 Leitungsmodelle

67

verfügen.1ȱDabeiȱistȱzuȱbeachten,ȱdassȱderartigeȱLeitungsmodelleȱnurȱdenȱ grobenȱ Rahmenȱ spezifizieren.ȱ Fürȱ dieȱ detaillierteȱ Ausgestaltungȱ ergebenȱ sichȱ fürȱ dieȱ Unternehmenȱ erheblicheȱ Gestaltungsspielräume,ȱ derenȱ AusȬ nutzungȱdenȱagierendenȱInteressengruppenȱobliegt.ȱAllerdings:ȱdieȱprimäȬ reȱEntscheidungskompetenzȱzurȱWahlȱeinesȱbestimmtenȱLeitungsmodellsȱ obliegtȱ denȱ Eigentümern.ȱ Sieȱ sindȱ es,ȱ dieȱ zumȱ Zeitpunktȱ derȱ UnternehȬ mensgründungȱ mitȱ ihrerȱ Standortentscheidungȱ dieȱ Weichenȱ fürȱ einȱ beȬ stimmtesȱ Leitungsmodellȱ stellen.ȱ Allerdingsȱ darfȱ inȱ diesemȱ ZusammenȬ hangȱ nichtȱ derȱ Fehlerȱ gemachtȱ werden,ȱ dieȱ Standortentscheidungȱ einzigȱ unterȱ demȱ Aspektȱ derȱ Wahlȱ desȱ Leitungsmodellsȱ zuȱ sehen.ȱ Andereȱ AsȬ pekte,ȱwieȱz.ȱB.ȱdasȱVorhandenseinȱspezifischerȱRessourcenȱoderȱdieȱNäheȱ zuȱKunden,ȱspielenȱhierȱoftmalsȱeineȱdeutlichȱstärkereȱRolle.ȱVielfachȱwirdȱ sichȱ auchȱ derȱ Fallȱ finden,ȱ dassȱ dieȱ Wahlȱ desȱ Leitungsmodellsȱ unbewusstȱ erfolgt.ȱSieȱergibtȱsichȱquasiȱzwangsläufigȱmitȱderȱEntscheidungȱfürȱeinenȱ bestimmtenȱStandort.ȱ Leitungsmodelleȱ regelnȱ unterschiedlicheȱ Kompetenzenȱ undȱ tragenȱ daȬ mitȱ zurȱ Institutionalisierungȱ derȱ Leitungsorganeȱ bei.ȱ Wieȱ Abb.ȱ 3Ȭ2ȱ zeigt,ȱ sindȱ hierbeiȱ prinzipiellȱ dreiȱ Kompetenzfelderȱ zuȱ unterscheiden:ȱ dieȱ LeiȬ tungskompetenz,ȱdieȱInteressenvertretungskompetenzȱsowieȱdieȱKontrollȬ kompetenz.ȱ Kompetenzregelungen in Leitungsmodellen

Leitungskompetenz

Interessenvertretungskompetenz

Kontrollkompetenz

Institutionalisierung der Leitungsorgane

ȱ Abb.ȱ3Ȭ2:ȱKompetenzregelungenȱinȱLeitungsmodellenȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱzuȱdenȱinȱdiesemȱZusammenhangȱsichȱergebendenȱMachtproblemeȱRemerȱ (1992),ȱSp.ȱ1279ȱff.ȱ

68

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

DieȱLeitungskompetenzȱregeltȱdieȱFrage,ȱwerȱbzw.ȱwelcheȱGruppeȱausȱ demȱKreisȱderȱInteressengruppen/Stakeholderȱbefugtȱbzw.ȱverpflichtetȱist,ȱ dieȱGeschäfteȱdesȱUnternehmensȱzuȱführenȱsowieȱdasȱUnternehmenȱnachȱ außenȱ hinȱ zuȱ vertreten.ȱ Dieȱ Kontrollkompetenzȱ –ȱwennȱ dasȱ LeitungsmoȬ dellȱeineȱsolcheȱvorsiehtȱ–ȱknüpftȱanȱdenjenigenȱOrganenȱan,ȱdieȱmitȱLeiȬ tungskompetenzenȱ ausgestattetȱ sind.ȱ Ihreȱ Handlungenȱ giltȱ esȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ einesȱ aȱ prioriȱ festgelegtenȱ Rahmensȱ kritischȱ zuȱ würdigen.ȱ Darüberȱ hinausȱkannȱ dieȱKontrollkompetenzȱ jedochȱ auchȱ soweitȱ reichen,ȱ dassȱvonȱihrȱdieȱpersonelleȱBesetzungȱderȱOrganeȱmitȱLeitungskompetenzȱ abhängigȱist.ȱȱ Dieȱ Institutionalisierungȱ derȱ LeitungsȬȱundȱ Kontrollkompetenzenȱ wirdȱ ggf.ȱ nochȱ durchȱ dasȱ Einräumenȱ speziellerȱ InteressenvertretungskompeȬ tenzenȱ limitiert.ȱ Dasȱ heißtȱ jeȱ nachȱ Leitungsmodellȱ existierenȱ bestimmteȱ Regelungen,ȱ dieȱ dieȱ Mitwirkungȱ bestimmterȱ Interessengruppenȱ beiȱ derȱ Besetzungȱ derȱ LeitungsȬȱ undȱ Kontrollorganeȱ zuȱ Lastenȱ andererȱ Gruppenȱ regeln.ȱZuȱdenkenȱistȱinȱdiesemȱZusammenhangȱz.ȱB.ȱanȱdieȱBesetzungȱderȱ Positionȱ desȱ Arbeitsdirektorsȱ nachȱ demȱ deutschenȱ MontanmitbestimȬ mungsgesetzȱ oderȱ anȱ generelleȱ Regelungenȱ zurȱ ArbeitnehmermitbestimȬ mungȱ aufȱ Unternehmensebene,ȱ wieȱ sieȱ sichȱ beiȱ immerhinȱ 13ȱ vonȱ 25ȱ EUȬ Mitgliedstaatenȱfinden.1ȱ InȱderȱPraxisȱhabenȱsichȱfürȱKapitalgesellschaftenȱunterschiedlicheȱLeiȬ tungsmodelleȱ etabliert,2ȱ dieȱ sichȱ imȱ wesentlichenȱ dadurchȱ unterscheiden,ȱ inwieweitȱKontrollȬȱundȱLeitungskompetenzȱaufȱmehrereȱvoneinanderȱgeȬ trennteȱ Institutionenȱ verteiltȱ sind.ȱ Dieȱ Extremtypenȱ hierbeiȱ sindȱ dasȱ imȱ angelsächsischenȱWirtschaftsraumȱexistenteȱsoȱgenannteȱmonistischeȱSysȬ temȱ undȱ dasȱ dualistischeȱ System,ȱ welchesȱ inȱ Deutschlandȱ praktiziertȱ wird.3ȱ Beideȱ späterȱ nochȱ erläutertenȱ Modelleȱ könnenȱ alsȱ Extremformenȱ derȱ Leitungsmodelleȱ verstandenȱ werden.ȱ Zwischenȱ ihnenȱ habenȱ sichȱ jeȬ dochȱnochȱvielfältigeȱMischformenȱherausgebildet.ȱAufȱzweiȱdieserȱMischȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱo.ȱV.ȱ(2004),ȱS.ȱ54.ȱ 2ȱ Vgl.ȱauchȱOstermeyerȱ(2001),ȱS.ȱ221ȱff.ȱ 3ȱ Vgl.ȱzumȱProblemȱderȱKonvergenzȱbeiderȱSystemeȱBleicherȱ(1981),ȱS.ȱ66ȱff.ȱ

3.1 Leitungsmodelle

69

formenȱsollȱhierȱkurzȱeingegangenȱwerden:ȱdasȱjapanischeȱModellȱundȱdasȱ schweizerischeȱModell.1ȱȱ Dasȱ japanischeȱ Modellȱ fußtȱ ursprünglichȱ aufȱ demȱ deutschenȱ HandelsȬȱ undȱ Gesellschaftsrechtȱ undȱ wurdeȱ nachȱ Endeȱ desȱ zweitenȱ Weltkriegesȱ durchȱ USȬamerikanischeȱ Vorschriftenȱ zumȱ Gesellschaftsrechtȱ ergänzt.ȱ EntsprechendȱexistiertȱergänzendȱzumȱTorishimariyakuȬKai,ȱwelcherȱüberȱ LeitungsȬȱundȱKontrollkompetenzenȱähnlichȱdemȱangelsächsischenȱBoardȱ ofȱ Directorsȱ verfügt,ȱ einȱ soȱ genannterȱ KansajakuȬKai,ȱ dessenȱ KontrollȬ kompetenzȱ sichȱ imȱ Gegensatzȱzumȱ dualistischenȱ Systemȱ aufȱ dieȱPrüfungȱ derȱ Rechnungslegungȱ beschränkt.ȱ Zuȱ berücksichtigenȱ istȱ ferner,ȱ dassȱ imȱ TorishimariyakuȬKaiȱ nurȱ soȱ genannteȱ „inside“ȱ Direktorenȱ vertretenȱ sind,ȱ wasȱ letztlichȱ dieȱ Wirksamkeitȱ derȱ Durchführungȱ derȱ Kontrolleȱ einȬ schränkt.ȱ Interessenvertretungskompetenzȱ besitzenȱ imȱ japanischenȱ LeiȬ tungsmodellȱnurȱdieȱAnteilseigner.ȱ DasȱschweizerischeȱLeitungsmodellȱistȱdurchȱeinenȱVerwaltungsratȱgeȬ kennzeichnet.ȱInȱihmȱistȱsowohlȱdieȱLeitungsȬȱalsȱauchȱdieȱKontrollkompeȬ tenzȱinstitutionalisiert.ȱEsȱscheintȱinsofernȱsehrȱähnlichȱzumȱmonistischenȱ System.ȱ Esȱ ergebenȱ sichȱ jedochȱ auchȱ wesentlicheȱ Unterschiede:ȱ Zuȱ denȱ gravierendstenȱ gehörtȱ sicherlichȱ dieȱ Regelung,ȱ dassȱ dieȱ Mitgliederȱ desȱ Verwaltungsratesȱ selbstȱ auchȱ Anteilseignerȱ derȱ Gesellschaftȱ seinȱ müssen.ȱ VorȱdemȱHintergrundȱderȱobenȱerörtertenȱPrincipalȬAgentenȬProblematikȱ stelltȱ dieseȱ Regelungȱ gänzlichȱ andereȱ Anforderungenȱ anȱ dieȱ AusgestalȬ tungȱ insbesondereȱ derȱ Kontrollkompetenz.ȱ Allerdingsȱ mussȱ hierȱ einȬ schränkendȱ festgestelltȱ werden,ȱ dassȱ esȱ dasȱ schweizerischeȱ LeitungsȬ modellȱ auchȱ zulässt,ȱ dassȱ derȱ Verwaltungsratȱ einȱ Organȱ zurȱ GeschäftsȬ leitungȱ institutionalisiert,ȱ welchesȱ nichtȱ ausȱ Personenȱ desȱ VerwaltungsȬ ratesȱbesteht.ȱEbensoȱwieȱimȱjapanischenȱLeitungsmodellȱbesitzenȱauchȱimȱ schweizerischenȱLeitungsmodellȱnurȱdieȱAnteilseignerȱeineȱInteressenverȬ tretungskompetenz.ȱ Esȱistȱjedochȱnichtȱzwingend,ȱdassȱimȱVerwaltungsratsmodellȱdieȱInterȬ essenvertretungskompetenzȱ generellȱ aufȱ dieȱ Anteilseignerȱ beschränktȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ ausführlichȱ Gerumȱ (1998ȱb),ȱ S.ȱ 135ȱ ff.ȱ sowieȱ Bleicher/Leberl/ Paulȱ (1989),ȱS.ȱ235ȱff.ȱVgl.ȱfernerȱauchȱSchewe/Kleist/Mahlstedtȱ(2004).ȱ ȱ

70

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

bleibt.ȱ Soȱkennenȱ z.ȱB.ȱ dasȱfürȱSchweden,ȱ Finnlandȱ oderȱ Luxemburgȱ präȬ gendeȱ Verwaltungsratsmodellȱ eineȱ Interessenvertretungskompetenzȱ auchȱ derȱArbeitnehmer.1ȱDasȱheißtȱderȱeingliedrigeȱVerwaltungsratȱunterliegtȱinȱ diesenȱLändernȱderȱArbeitnehmermitbestimmung.ȱ ImȱFolgendenȱwerdenȱdieȱGrundzügeȱdesȱmonistischenȱundȱdesȱdualisȬ tischenȱ Leitungssystemsȱ vorgestellt.ȱ Dabeiȱ wirdȱ sichȱ anȱ denjenigenȱ AusȬ prägungenȱ derȱ Leitungsmodelleȱ orientiert,ȱ wieȱ sieȱ fürȱ dieȱ USAȱ undȱ Deutschlandȱ Gültigkeitȱ besitzen.ȱ Allerdingsȱ geltenȱ dieȱ dargestelltenȱ EiȬ genheitenȱ derȱ beidenȱ Leitungsmodelleȱ soȱ oderȱ ähnlichȱ auchȱ inȱ anderenȱ Ländern,ȱdieȱeinesȱderȱbeidenȱLeitungsmodelleȱalsȱVerfassungsmodellȱfürȱ Kapitalgesellschaftenȱvorsehen.ȱ

3.1.2

Das monistische System

3.1.2.1

Grundstruktur

Dasȱ monistischeȱ Modellȱ istȱ dasȱ Modellȱ derȱ Unternehmensführungȱ imȱ angelsächsischenȱ Wirtschaftsraum.2ȱ Imȱ Gegensatzȱ zumȱ sog.ȱ dualistischenȱ Modellȱ istȱ beimȱ monistischenȱ Modellȱ dieȱ LeitungsȬȱ undȱ KontrollkompeȬ tenzȱzuȱeinemȱOrganȱzusammengefasst.ȱDasȱmonistischeȱModellȱkenntȱnurȱ einȱ Organȱ derȱ Unternehmensleitung,ȱ denȱ sog.ȱ „Boardȱ ofȱ Directors“.ȱ Derȱ BoardȱofȱDirectorsȱführtȱdieȱtäglichenȱGeschäfte.ȱDieȱMitgliederȱdesȱBoardȱ werdenȱ vomȱ Shareholderȱ Meetingȱ gewählt.ȱ Dieȱ InteressenvertretungsȬ kompetenzȱ bleibtȱ aufȱ dieȱ Anteilseignerȱ beschränkt.ȱ Eineȱ Vertretungȱ derȱ Arbeitnehmerȱ imȱ Führungsgremiumȱ desȱ Boardȱ ofȱ Directorsȱ istȱ imȱ USȬ amerikanischenȱundȱimȱbritischenȱSystemȱalsoȱnichtȱvorgesehen.ȱȱ AuchȱimȱdeutschenȱWirtschaftsraumȱfindetȱsichȱdasȱmonistischeȱModellȱ alsȱ Leitungsmodellȱ fürȱ Kapitalgesellschaften.ȱ Esȱ istȱ diesȱ dasȱ LeitungsmoȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱo.ȱV.ȱ(2004),ȱS.ȱ54.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ fernerȱ Bleicher/Leberl/Paulȱ (1989),ȱ S.ȱ 123ȱ ff.;ȱ Bleicherȱ (1992ȱa),ȱ Sp.ȱ 441ȱff.;ȱGerumȱ(1998ȱb),ȱS.ȱ141ȱff.ȱsowieȱausführlichȱMerkt/Göthelȱ(2006).ȱ

3.1 Leitungsmodelle

71

dell,ȱwieȱesȱimȱGmbHGȱkodifiziertȱist.ȱMitȱAusnahmeȱvonȱgroßenȱGmbHs1ȱ wirdȱ dieȱ Leitungskompetenzȱ vonȱ derȱ Geschäftsführungȱ wahrgenommenȱ (esȱ seiȱ denn,ȱ esȱ handeltȱ sichȱ umȱ imȱ Gesellschaftsvertragȱ kodifizierteȱ zuȬ stimmungspflichtigeȱ Geschäfte).ȱ Dieȱ Kontrollkompetenzȱ obliegtȱ ausȬ schließlichȱderȱGesellschafterversammlung.ȱDieseȱerstrecktȱsichȱdabeiȱauchȱ aufȱ dieȱ Kompetenzȱ zurȱ Bestellungȱ derȱ Geschäftsführung.ȱ Soweitȱ esȱ sichȱ umȱ denȱ hierȱbeschriebenenȱ Typȱ derȱ GmbHȱ handelt,ȱ besitzenȱ nurȱ dieȱ GeȬ sellschafterȱeineȱInteressenvertretungskompetenz.ȱAbb.ȱ3Ȭ3ȱzeigtȱdieȱGrobȬ strukturȱdesȱmonistischenȱModellsȱderȱUnternehmensleitung.ȱȱ USA: Public Company Limited by Shares

D: Gesellschaft mit beschränkter Haftung (außer große GmbH)

Board of Directors Inside Directors

Geschäftsführung

Outside Directors

Shareholder Meeting

Gesellschafterversammlung

ȱ Abb.ȱ3Ȭ3:ȱGrundstrukturȱdesȱmonistischenȱLeitungsmodellsȱ Eineȱ derartigȱ klarȱ gezogeneȱ Zuordnungȱ derȱ Kompetenzenȱ aufȱ dieȱ einȬ zelnenȱVerfassungsorgane,ȱwieȱsieȱdasȱGmbHGȱvorschreibt,ȱfindetȱsichȱimȱ Boardsystemȱallerdingsȱ nicht.ȱ Hierȱ sindȱdieȱ Kompetenzzuordnungenȱ wieȱ folgtȱgeregelt:ȱ

3.1.2.2

Shareholder Meeting

Dieȱ Funktionȱ desȱ Shareholderȱ Meetingsȱ ähneltȱ derjenigenȱ derȱ HauptȬ versammlungȱimȱdeutschenȱAktienrecht.ȱDasȱShareholderȱMeetingȱbesitztȱ Kontrollkompetenz,ȱ dieȱ auchȱ dieȱ BestellungsȬȱ bzw.ȱ AbberufungskompeȬ tenzȱimȱHinblickȱaufȱdieȱBoardmitgliederȱumschließt.ȱWesentlicheȱAufgaȬ beȱ desȱ Shareholderȱ Meetingȱ istȱ insofernȱ dieȱ Wahlȱ bzw.ȱ Abwahlȱ derȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱdieȱRegelungenȱdesȱ§ȱ77ȱAbs.ȱ1ȱBetrVGȱ1952.ȱ

72

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

Boardmitgliederȱ sowieȱ derȱ Erlassȱ derȱ sog.ȱ „byȬlaws“,ȱ derȱ Satzungȱ derȱ Corporation.ȱ Damitȱ einherȱ gehtȱ auchȱ dieȱ Entscheidungskompetenzȱ desȱ ShareholderȱMeetingsȱbeiȱwesentlichenȱFragenȱderȱUnternehmensführung,ȱ z.ȱB.ȱbeiȱFusionenȱoderȱähnlichenȱGeschäftsvorfällen.ȱȱ Dieȱ Stimmenkumulierungȱ (Stimmenübertragung)ȱ beiȱ Abstimmungenȱ imȱShareholderȱMeetingȱistȱmöglichȱfallsȱdiesȱdieȱSatzungȱgestattet.ȱEbensoȱ istȱauchȱderȱVerkaufȱdesȱStimmrechts,ȱohneȱdassȱeinȱEigentumȱanȱderȱGeȬ sellschaftȱerworbenȱwird,ȱanȱPrivatpersonenȱoderȱGruppenȱmöglich.ȱManȱ sprichtȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ vonȱ sog.ȱ ProxyȬStimmen.ȱ Dieȱ ProxyȬ Stimmenȱ ähnelnȱ damitȱ denȱ imȱ deutschenȱ Rechtȱ bekanntenȱ DepotstimmȬ rechten,ȱallerdingsȱmitȱeinemȱzentralenȱUnterschied:ȱderȱInhaberȱvonȱProȬ xyȬStimmenȱ mussȱ sichȱ beiȱ derȱ Abstimmungȱ imȱ Shareholdersȱ Meetingȱ nichtȱmitȱdemȱEigentümerȱdesȱPapiersȱabstimmen.ȱImȱGegensatzȱzumȱDeȬ potstimmrechtȱhandeltȱesȱsichȱalsoȱbeiȱeinerȱProxyȬStimmeȱnichtȱumȱeineȱ GeneralȬȱ bzw.ȱ Einzelvollmacht,ȱ dieȱ derȱ Aktionärȱ seinerȱ Depotbankȱ gibt.ȱ Durchȱ dieȱ Errichtungȱ derartigerȱ ProxyȬCommiteesȱ bestehtȱ fürȱ dasȱ Boardȱ eineȱguteȱMöglichkeit,ȱselbstȱfürȱdieȱeigeneȱWiederwahlȱzuȱsorgen,ȱindemȱ MittelȱzumȱAnkaufȱvonȱAktionärsstimmenȱzurȱVerfügungȱgestelltȱwerden.ȱ Esȱ istȱ dabeiȱ auchȱ zulässig,ȱ dassȱ dasȱ Unternehmenȱ demȱ ProxyȬCommitteeȱ seineȱ Infrastrukturȱ zurȱ Werbungȱ umȱ Aktionärsstimmenȱ zurȱ Verfügungȱ stellt.ȱ Dieȱ Kontrollkompetenzȱ desȱ Shareholderȱ Meetingȱ wirdȱ damitȱ fakȬ tischȱkonterkariert.ȱ

3.1 Leitungsmodelle

3.1.2.3

73

Board of Directors

„Nach massiver Aktionärskritik muss der Chef des schwer angeschlagenen Finanzkonzerns Bank of America, Kenneth Lewis, eines seiner beiden Spitzenämter abgeben - und es bleibt fraglich, wie lange er sich auch auf dem verbliebenen Posten noch halten kann. Die Anteilseigner entzogen ihm auf einer lebhaften Hauptversammlung am Mittwoch den Posten des Verwaltungsratsvorsitzenden. Kenneth Lewis bleibt aber Chef des Managements, wie die Bank mitteilte. Neuer Chairman wurde der 71-jährige emeritierte Präsident des Morehouse College in Atlanta (Georgia), Walter Massey. Er gehört seit 1998 dem Verwaltungsrat an. Nach der Teilentmachtung gilt allerdings als ungewiss, wie lange sich Lewis noch an der Spitze halten kann. (…) Lewis arbeitet seit 40 Jahren für die Bank und ihre Vorgänger. Er steht seit 2001 an der Spitze, baute den Konzern massiv aus und führte ihn in die Top-Liga der US-Banken. Sein Nachfolger als Chef des kontrollierenden Verwaltungsrats wird der bereits zuvor dem Gremium angehörende Walter Massey. Die Aktionäre erzwangen den Wechsel durch ein hauchdünnes Votum zur Trennung der beiden Spitzenämter. Diese sind in den USA sehr häufig in einer Hand - im Gegensatz zu den in Deutschland stets getrennten Ämtern des Vorstandschefs und des Aufsichtsratsvorsitzenden. Im ersten Quartal 2009 erzielte das mit insgesamt 45 Milliarden Dollar vom Staat gestützte Kreditinstitut nach Abzug der Dividenden für Vorzugsaktionäre dann wieder einen Gewinn von 2,81 Milliarden Dollar. Dies übertraf die Erwartungen der Analysten und reduzierte den Druck auf Lewis.“ Quelle: o.V.: Aktionäre entmachten Chef der Bank of America in: /www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,622185,00.html – letzter Zugriff am 30.04.2009

Dieȱ Leitungskompetenzȱ beiȱ derȱ USȬamerikanischenȱ StockȬCorporationȱ wirdȱvomȱsog.ȱBoardȱofȱDirectorsȱwahrgenommen.1ȱDarüberȱhinausȱbesitztȱ dieserȱ Boardȱ aberȱ auchȱ dieȱ Aufgabe,ȱ dieȱ Geschäftsführungstätigkeitȱ zuȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱzurȱFunktionȱdesȱBoardȱofȱDirectorsȱausführlichȱBleicherȱ(1992ȱa),ȱSp.ȱ441ȱ ff.ȱsowieȱThoméeȱ(1974),ȱS.ȱ185ȱff.ȱundȱTrickerȱ(2000).ȱ

74

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

kontrollieren.1ȱ Manȱ bezeichnetȱ dieseȱ beidenȱ Aufgabenȱ auchȱ alsȱ ManageȬ mentfunktionȱ undȱ TreuhandȬ(TrusteeȬ)Funktion.ȱ Zurȱ Durchführungȱ dieȬ serȱAufgabenȱbildetȱderȱBoardȱofȱDirectorsȱmeistȱmehrereȱAusschüsse,ȱsog.ȱ „Committees“.ȱ Diesenȱ Ausschüssenȱ werdenȱ bestimmteȱ Aufgabenȱ zugeȬ wiesen.ȱDasȱAuditȱCommitteeȱbesitztȱdabeiȱz.ȱB.ȱdieȱAufgabeȱderȱVorbereiȬ tungȱderȱAbschlussprüfung.ȱEsȱnimmtȱimȱWesentlichenȱKontrollaufgabenȱ wahr.ȱMitȱdenȱeigentlichenȱManagementaufgabenȱwirdȱdasȱsog.ȱExecutiveȱ Committeeȱbetraut.ȱDarüberȱhinausȱfindetȱsichȱmeistȱauchȱeinȱsog.ȱNomiȬ natingȱ Committeeȱ bzw.ȱ einȱ Compensationȱ Committee.ȱ Aufgabeȱ diesesȱ Ausschussesȱbzw.ȱdieserȱAusschüsseȱsindȱFragenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱErȬ nennungȱvonȱFührungspersonenȱinȱderȱUnternehmungȱsowieȱFragen,ȱdieȱ mitȱderȱEntlohnungȱdieserȱPersonenȱimȱZusammenhangȱstehen.ȱȱȱ Dieȱ Zusammensetzungȱ desȱ Boardȱ ofȱ Directorsȱ bestehtȱ ausȱ sog.ȱ unterȬ nehmensinternenȱbzw.ȱunternehmensexternenȱMitgliedern.ȱSieȱwerdenȱalsȱ InsideȬDirectorsȱ (auchȱ managementȱ director)ȱ bzw.ȱ OutsideȬDirectorsȱ (auchȱ independentȱ director)ȱ bezeichnet.ȱ Dieȱ OutsideȬDirektorenȱ nehmenȱ ihrȱAmtȱdabeiȱimȱRegelfallȱnurȱalsȱNebentätigkeitȱwahr,ȱwährendȱdieȱInsiȬ deȬDirektorenȱhauptamtlichȱtätigȱsind.ȱMeistȱumfasstȱderȱBoardȱofȱDirecȬ torsȱzwischenȱ10ȱundȱ15ȱMitglieder.ȱDieȱMehrheitȱdavonȱsindȱi.ȱd.ȱR.ȱOutȬ sideȬDirektoren.ȱ Dieȱ USȬamerikanischeȱ StockȬCorporationȱ wirdȱ imȱ RegelfallȱnurȱvonȱdreiȱbisȱfünfȱInsideȬDirektorenȱgeführt.ȱȱ Dieȱ zentraleȱ Führungspersönlichkeitȱ istȱ dabeiȱ derȱ sog.ȱ Chiefȱ Executiveȱ Officerȱ (CEO),ȱ derȱ kollegialȱ inȱ dasȱ Boardȱ eingebundenȱ ist.ȱ Erȱ wirdȱ vomȱ BoardȱofȱDirectorsȱernannt.ȱȱ Inȱ vielenȱ USȬamerikanischenȱ Unternehmenȱ wirdȱ derȱ CEOȱ auchȱgleichȬ zeitigȱ vonȱ demȱ Boardȱ inȱ dieȱ Funktionȱ desȱ Chairmanȱ ofȱ theȱ Boardȱ (COB)ȱ gewählt.ȱLetztlichȱunterstreichtȱdiesȱdieȱherausgehobeneȱStellung,ȱdieȱderȱ CEOȱinȱeinerȱStockȬCorporationȱinneȱhat.ȱDieȱtatsächlicheȱFührungsarbeitȱ inȱUSȬamerikanischenȱAktiengesellschaftenȱwirdȱvonȱsog.ȱOfficersȱdurchȬ geführt.ȱ Dieseȱ Officersȱ sindȱ unterhalbȱ desȱ Boardȱ ofȱ Directorsȱ angesiedeltȱ undȱ demȱ CEOȱ hierarchischȱ unterstellt.ȱ Manȱ kannȱ sieȱ alsȱ Mitgliederȱ desȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱauchȱGraziano/Luporiniȱ(2003),ȱS.ȱ495ȱff.ȱ

3.1 Leitungsmodelle

75

TopȬManagementsȱbezeichnen.ȱZuȱnennenȱsindȱhierȱz.ȱB.ȱdieȱPositionȱdesȱ Chiefȱ Financialȱ Officerȱ oderȱ dieȱ desȱ Chiefȱ Planningȱ Officer,ȱ dieȱ teilweiseȱ allerdingsȱ ebenfallsȱ demȱ Boardȱ ofȱ Directorsȱ angehörenȱ können.ȱ Damitȱȱ delegiertȱderȱBoardȱeinenȱTeilȱderȱLeitungsfunktionȱanȱdenȱCEOȱbzw.ȱdenȱ Führungsapparat,ȱ derȱ ihmȱ unterstelltȱ ist.ȱ Bestimmteȱ Entscheidungen,ȱ dieȱ insbesondereȱ inȱ denȱ „ByȬlaws“ȱ undȱ derȱ „Boardȱ Resolution“ȱ kodifiziertȱ sind,ȱ fallenȱ jedochȱ weiterhinȱ inȱ denȱ primärenȱ Zuständigkeitsbereichȱ desȱ Board.ȱ DieȱnachfolgendeȱAbb.ȱ3Ȭ4ȱzeigtȱdieȱtypischeȱGovernanceȬStrukturȱeinerȱ StockȱCorporation.ȱ Board of Directors Chairman of the Board (Officer I) Outside Director A

Inside Director (Officer II)

Outside Director B

Inside Director (Officer III)

Board Committee a A, B

Unternehmensleitung CEO Officer I (= Inside Director)

Board Committee b I, II, B

President z. B. COO Officer I (= Inside Director)

Teilbereichsleitung z. B. CFO

Teilbereichsleitung z. B. CIO

Officer II (= Inside Director)

Officer III (= Inside Director)

Abteilungsleitung

Abteilungsleitung

Abteilungsleitung

Abteilungsleitung

Officer IV

Officer V

Officer VI

Officer VII

Quelle:ȱ Macharzina/Wolfȱ(2008),ȱS.ȱ165.ȱ Abb.ȱ3Ȭ4:ȱTypischeȱGovernanceȬStrukturȱeinerȱStockȱCorporationȱ

ȱ

76

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

ZwarȱbesitztȱderȱBoardȱofȱDirectorsȱdieȱBestellungskompetenzȱimȱHinblickȱ aufȱdieȱBerufungȱdesȱCEO,ȱinȱderȱPraxisȱzeigtȱsichȱjedochȱhäufig,ȱdassȱauchȱ derȱehemaligeȱbzw.ȱnochȱamtierendeȱCEOȱeinerȱGesellschaftȱversucht,ȱeineȱ Personȱ seinesȱ Vertrauensȱ alsȱ seinenȱ Nachfolgerȱ berufenȱ zuȱ lassen.ȱ Diesȱ lässtȱsichȱaktuellȱamȱBeispielȱdesȱDisneyȬKonzernsȱbeobachten:ȱ „COO Robert Iger soll von Platz zwei an die Spitze des Disney-Konzerns rücken. So jedenfalls will es der amtierende Chef Michael Eisner. Der durch die Kritik zahlreicher Aktionäre zunehmend unter Druck geratene Eisner muss seinen Kandidaten nun gegen den Willen früherer Direktoren durchsetzen.“ Quelle: o. V.: Kronprinz als Wertehüter, in: www.manager-magazin.de/koepfe/artikel/0,2828,316813,00.html – letzter Zugriff am 08.09.2004

Bleicher1ȱ spricht,ȱ insbesondereȱ mitȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Positionȱ derȱ InsideȬ Direktoren,ȱ vonȱ einemȱ „doppeltenȱ Hut“,ȱ denȱ dieseȱ Personenȱ aufhaben.ȱ Ihnenȱ obliegtȱ dieȱ eigentlicheȱ Kontrollfunktion,ȱ sieȱ sindȱ aberȱ andererseitsȱ anȱderȱHandlungsautonomieȱdesȱBoardȱinteressiert.ȱDiesȱistȱnatürlichȱnichtȱ unproblematischȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Wahrnehmungȱ ihrerȱ LeitungsȬȱ undȱ derȱ Kontrollkompetenzen.ȱ Aufȱ derȱ einenȱ Seiteȱ ernennenȱ dieȱ BoardȬ Mitgliederȱ –ȱalsoȱ auchȱ dieȱ InsideȬDirektorenȱ–ȱ denȱ CEO,ȱ aufȱ derȱ anderenȱ SeiteȱsindȱdieȱInsideȬDirektorenȱ–ȱwasȱderȱRegelfallȱistȱ–ȱinȱihrerȱFunktionȱ alsȱMitgliederȱdesȱTopȬManagementsȱdemȱCEOȱteilweiseȱhierarchischȱunȬ terstellt.ȱZumindestȱimȱHinblickȱaufȱdieȱInsideȬDirektorenȱistȱdieȱKontrollȬ kompetenzȱsomitȱfaktischȱerheblichȱeingeschränkt.ȱDerȱeherȱkollegialeȱZuȬ schnittȱ desȱ Boardȱ ofȱ Directorsȱ mitȱ seinerȱ TrusteeȬȱ undȱ ManagementȬ FunktionȱwirdȱdurchȱdieȱteilweiseȱExistenzȱvonȱklarȱdefiniertenȱUnterstelȬ lungsbeziehungenȱstarkȱausgehöhlt.ȱInsofernȱistȱesȱauchȱnichtȱverwunderȬ lich,ȱdassȱdieȱInsideȬDirektorenȱimȱRegelfallȱnichtȱdenȱAusschüssenȱangeȬ hören,ȱ dieȱ denȱ Boardȱ beiȱ derȱ Wahrnehmungȱ seinerȱ Kontrollkompetenzȱ unterstützen.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱBleicherȱ(1992),ȱSp.ȱ446.ȱ

3.1 Leitungsmodelle

77

NebenȱderȱPositionȱdesȱCOBȱundȱdesȱCEOȱexistiertȱmeistȱnochȱeineȱweiȬ tereȱ herausgehobeneȱ Positionȱ imȱ Zugeȱ derȱ Leitungȱ USȬamerikanischerȱ StockȱCorporations:ȱdieȱPositionȱdesȱPresident,ȱdieȱoftmalsȱauchȱalsȱChiefȱ Operatingȱ Officerȱ (COO)ȱ bezeichnetȱ wird.ȱ Auchȱ dieseȱ Positionȱ kannȱ inȱ Personalunionȱ vomȱ CEOȱ wahrgenommenȱ werden,ȱ wasȱ seineȱ PositionsȬ machtȱletztlichȱnochȱweiterȱsteigert.1ȱ Dieȱ Zulässigkeitȱ vonȱ ProxyȬStimmenȱ führtȱ nunȱ dazu,ȱ dassȱ dieȱ InteresȬ senvertretungskompetenzȱebenfallsȱnichtȱsoȱklarȱgeregeltȱistȱwieȱdiesȱvielȬ fachȱ aufȱ denȱ erstenȱ Blickȱ vermutetȱ wird.ȱ Aȱ prioriȱ istȱ esȱ sicherlichȱ richtig,ȱ dassȱ nurȱ denȱ Anteilseignernȱ eineȱ Interessenvertretungskompetenzȱ zugeȬ standenȱwird.ȱFragenȱderȱMitbestimmungȱderȱArbeitnehmerȱsindȱdemȱUSȬ amerikanischenȱSystemȱgänzlichȱfremd.ȱAllerdingsȱermöglichtȱesȱdieȱExisȬ tenzȱ vonȱ ProxyȬStimmenȱ imȱ Prinzipȱ jedemȱ finanzkräftigenȱ Interessenten,ȱ seineȱ Interessenȱ imȱ Shareholderȱ Meetingȱ zuȱ vertreten.ȱ Diesȱ führtȱ dazu,ȱ dassȱdieȱInteressenvertretungskompetenzȱnichtȱaufȱeineȱInteressengruppeȱ beschränktȱ bleibenȱ muss,ȱ daȱ dasȱ Stimmrechtȱ ohneȱ Bindungȱ übertragenȱ werdenȱkann.ȱ Dieȱ Ausführungenȱ zeigen,ȱ dassȱ sichȱ imȱ USȬamerikanischenȱ LeitungsȬ modellȱeineȱFülleȱvonȱFreiheitsgradenȱergeben,ȱdieȱdazuȱführen,ȱdassȱdieȱ organisatorischeȱ Ausgestaltungȱ desȱ Boardȱ undȱ damitȱ dieȱ Verteilungȱ vonȱ LeitungsȬȱ undȱ Kontrollkompetenzenȱ höchstȱ unterschiedlichȱ seinȱ kann.2ȱ DieȱinȱderȱLiteraturȱinȱdiesemȱZusammenhangȱentwickeltenȱBoardtypoloȬ gienȱweisenȱdemȱBoardȱimȱPrinzipȱunterschiedlichȱstarkeȱKontrollfunktioȬ nenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱGeschäftsführungskompetenzȱdesȱCEOȱzu.3ȱAberȱ auchȱ Aspekteȱ wieȱ „Prestige“ȱ oderȱ „Fundraising“ȱ werdenȱ bestimmtenȱ Boardtypenȱzugeschrieben.4ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱBleicherȱ(1992ȱa),ȱSp.ȱ449,ȱwonachȱesȱnichtȱzwingendȱist,ȱdassȱ StockȱCorporationsȱdieseȱPositionenȱausweisen.ȱ 2ȱ Vgl.ȱauchȱRosenstein/Wyattȱ(1997),ȱS.ȱ229ȱff.;ȱKleinȱ(1998),ȱS.ȱ275ȱff.ȱsowieȱGraȬ ziano/Luporiniȱ(2003),ȱS.ȱ495ȱff.ȱ 3ȱ Vgl.ȱhierzuȱVanceȱ(1983),ȱS.ȱ8ȱff.ȱundȱBleicher/Leberl/Paulȱ(1989),ȱS.ȱ228ȱff.ȱ 4ȱ Vgl.ȱMintzbergȱ(1983),ȱS.ȱ91ȱff.ȱ

78

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

WelcheȱFreiheitsgradeȱUnternehmenȱbeiȱderȱAusgestaltungȱderȱBoardverȬ fassungȱbesitzen,ȱzeigtȱdasȱBeispielȱderȱCendantȱCorporation,ȱwelcheȱsichȱ imȱ Zugeȱ einesȱ Vergleichsȱ aufgrundȱ einerȱ Aktionärssammelklageȱ zusätzȬ lichȱzurȱZahlungȱeinerȱEntschädigungssummeȱauchȱzuȱÄnderungenȱihrerȱ Boardverfassungȱverpflichtete:ȱ „Zusätzlich zu den Entschädigungszahlungen verpflichtete sich Cendant zu folgenden Änderungen seiner Unternehmensstruktur: x Das Board of Directors musste spätestens zwei Jahre nach In-KraftTreten des Vergleichs mehrheitlich mit vom Unternehmen unabhängigen Mitgliedern besetzt sein. x Die Ausschüsse, die sich mit Wirtschaftsprüfung, Vergütung, und Nominierung von Führungskräften befassen (Audit, Compensation, Nominating Committees), dürfen nur mit unabhängigen Mitgliedern (Nonexecutive Directors) besetzt sein. x Cendant musste sicherstellen, dass alle Aufsichtsratsmitglieder jedes Jahr neu gewählt werden. x Cendant verpflichtete sich, Preisänderungen bei Aktienbezugsrechten für das Management (Stock Option Re-pricing) nur noch mit vorheriger Zustimmung der Aktionäre vorzunehmen.“ Quelle: Sturman, D.: Mit Klagen die Corporate Governance verbessern, in: www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,247860,00.html – letzter Zugriff am 08.09.2004

3.1.2.4

Beispiel der Board-Struktur der General Electric Company

DieȱStrukturȱdesȱmonistischenȱLeitungsmodellsȱundȱihreȱfaktischeȱAusȬ gestaltungȱ seiȱ amȱ Beispielȱ desȱ Unternehmensȱ Generalȱ Electricȱ (Stand:ȱ JaȬ nuarȱ2009)ȱverdeutlicht:ȱ x Boardȱ ofȱ Directors:ȱ Derȱ Boardȱ ofȱ Directorsȱ hatȱ 16ȱ Mitglieder.ȱ Davonȱ sindȱ dreiȱ Mitgliederȱ soȱ genannteȱ „Managementȱ Directors“ȱ undȱ 13ȱ Mitgliederȱ soȱ genannteȱ „Independentȱ Directors“.ȱ Chairmanȱ ofȱ theȱ BoardȱundȱgleichzeitigȱCEOȱistȱJeffreyȱR.ȱImmelt.ȱWeitereȱManagementȱ Directorsȱ sindȱ Sirȱ Williamȱ Castellȱ (Viceȱ Chairman)ȱ undȱ Rogerȱ S.ȱ PenȬ

3.1 Leitungsmodelle

79

ske.ȱ Alsȱ „Independentȱ Directors“ȱ fungierenȱ Jamesȱ I.ȱ Cashȱ jr.,ȱ Annȱ M.ȱ Fudge,ȱ Claudioȱ X.ȱ Gonzalez,ȱ Dr.ȱ SusanȱHockfield,ȱ AndreaȱJung,ȱA.ȱG.ȱ Lafley,ȱ Robertȱ L.ȱ Lane,ȱ Ralphȱ S.ȱ Larsen,ȱ Rochelleȱ B.ȱ Lazarus,ȱ Jamesȱ J.ȱ Mulva,ȱSamȱNunn,ȱRobertȱJ.ȱSwieringaȱundȱDouglasȱAȱWarnerȱIII.ȱ x Ausschüsse:ȱDerȱBoardȱofȱDirectorsȱhatȱfünfȱAusschüsseȱgebildet,ȱvonȱ denenȱdasȱ„AuditȱCommittee“ȱ(5ȱMitglieder),ȱdasȱ„ManagementȱDeveȬ lopmentȱ andȱ Compensationȱ Committee“ȱ (5ȱ Mitglieder)ȱ undȱ dasȱ „NoȬ minatingȱ andȱ Corporateȱ Governanceȱ Committeeȱ (7ȱ Mitglieder)ȱ ausȬ schließlichȱ mitȱ „Independentȱ Directors“ȱ besetztȱ sind.ȱ Aufgabeȱ dieserȱ Ausschüsseȱ istȱ es,ȱ denȱ Boardȱ beiȱ derȱ Wahrnehmungȱ seinerȱ KontrollȬ kompetenzȱ undȱ seinerȱ Bestellungskompetenzȱ zuȱ unterstützen.ȱ Esȱ istȱ insofernȱsinnvoll,ȱdassȱinȱdiesenȱAusschüssenȱkeineȱ„ManagementȱDiȬ rectors“ȱvertretenȱsind.ȱImȱviertenȱAusschuss,ȱdemȱ„PublicȱResponsibiȬ litiesȱ Committee“ȱ (8ȱ Mitglieder),ȱ sindȱ nebenȱ denȱ „Independentȱ DirecȬ tors“ȱ auchȱ dieȱ vierȱ „Managementȱ Directors“ȱ vertreten.ȱ Dieserȱ AusȬ schussȱ unterstütztȱ denȱ Boardȱ beiȱ seinerȱ Leitungsfunktion.ȱ Seineȱ Funktionȱ wirdȱ wieȱ folgtȱ umschrieben:ȱ „(...)ȱ reviewsȱ andȱ overseesȱ theȱ company’sȱ positionȱ onȱ corporateȱ socialȱ responsibilitiesȱ andȱ issuesȱ ofȱ publicȱ significanceȱ thatȱ affectȱ investorsȱ andȱ otherȱ GEȱ keyȱ stakeholdȬ ers.“ȱEsȱistȱinsofernȱsicherlichȱnotwendig,ȱdassȱauchȱ„ManagementȱDiȬ rectors“ȱ diesemȱ Ausschussȱ angehören.ȱ Dasȱ „GEȱ Riskȱ Committee“ȱ schließlichȱtrifftȱsichȱvierteljährlichȱundȱbeurteiltȱdieȱGeschäftsȬȱundȱFiȬ nanzrisiken.ȱ Ihmȱ gehörenȱ nebenȱ demȱ CEOȱ undȱ demȱ CFOȱ nochȱ vierȱ weitereȱPersonenȱan.ȱDieserȱAusschussȱwurdeȱvonȱGEȱneuȱeingerichtet.ȱ Betrachtetȱ manȱ dieȱ faktischeȱ Ausgestaltungȱ derȱ BoardȬBesetzungȱ beiȱ GeneralȱElectric,ȱsoȱkommtȱmanȱnichtȱumhin,ȱhierȱschonȱfastȱeineȱAnnäheȬ rungȱ anȱ dasȱ dualistischeȱ Systemȱ festzustellen.ȱ Derȱ konsequenteȱ AusȬ schlussȱderȱ„ManagementȱDirectors“ȱvonȱderȱArbeitȱdesȱ„AuditȱCommitȬ tee“,ȱ „Nominationȱ andȱ Corporateȱ Governanceȱ Committee“ȱ undȱ desȱ „Managementȱ Developmentȱ andȱ Compensationȱ Committee“ȱ legtȱ denȱ Schlussȱnahe,ȱdassȱderȱBoard,ȱeinemȱAufsichtsratȱähnlich,ȱhierȱeherȱkontȬ rolliertȱ alsȱ führendȱ wirkt.ȱ Dieȱ Unternehmensführungȱ wirdȱ gänzlichȱ denȱ dreiȱ „Managementȱ Directors“ȱ undȱ denȱ nichtȱ imȱ Boardȱ vertretenenȱ sog.ȱ „Executiveȱ Leaders“ȱ überlassen.ȱ Dieserȱ Trendȱ hinȱ zuȱ einemȱ „KontrollȬ Board“ȱistȱauchȱbeiȱanderenȱUSȬamerikanischenȱUnternehmenȱzuȱbeobachȬ

80

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

ten.ȱSoȱsindȱz.ȱB.ȱbeiȱderȱMicrosoftȱCorporationȱnurȱzweiȱvonȱachtȱPersoȬ nenȱdesȱBoardȱofȱDirectorsȱauchȱimȱExecutiveȱOfficeȱvertreten.1ȱ

3.1.3

Das dualistische System

3.1.3.1

Grundstruktur

Dasȱ dualistischeȱ Modellȱ istȱ dasȱ demȱ deutschenȱ Aktienrechtȱ zugrundeȱ liegendeȱ Konzeptȱ derȱ Unternehmensleitung.2ȱ Kennzeichnendȱ fürȱ diesesȱ Modellȱ istȱ dieȱ strikteȱ Trennungȱ derȱ Leitungsfunktion,ȱ dieȱ primärȱ vomȱ Vorstandȱ wahrgenommenȱ wird,ȱ vonȱ derȱ Kontrollfunktion,ȱ dieȱ demȱ AufȬ sichtsratȱ zugeordnetȱ ist.3ȱ Dieseȱ beidenȱ Funktionenȱ sindȱ imȱ monistischenȱ SystemȱnochȱinȱeinemȱOrganȱzentralisiert,ȱwährendȱimȱdualistischenȱMoȬ dellȱ hierȱ eineȱ dezentraleȱ Aufgabenverrichtungȱ vonstattenȱ geht.ȱ Dieseȱ deȬ zentraleȱAufgabenverteilungȱ erleichtertȱ anscheinendȱ auch,ȱ dassȱ dieȱ InterȬ essenvertretungskompetenzȱ imȱ dualistischenȱ Leitungsmodellȱ meistȱ nichtȱ aufȱ dieȱ Eigenkapitalgeberȱ beschränktȱ bleibt.ȱ Meistȱ werdenȱ denȱ ArbeitȬ nehmernȱ bestimmteȱ Mitbestimmungsrechteȱ eingeräumt.ȱ Soȱ kennenȱ z.ȱB.ȱ dieȱNiederlandeȱoderȱÖsterreichȱdieȱsoȱgenannteȱ„Drittelparität“,ȱwährendȱ inȱDeutschlandȱ–ȱwieȱspäterȱnochȱausführlichȱerläutertȱwirdȱ–ȱunterschiedȬ licheȱMitbestimmungsformenȱexistieren.ȱAbb.ȱ3Ȭ5ȱzeigtȱdieȱGrundstrukturȱ desȱdualistischenȱLeitungsmodells.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ dabeiȱ umȱ Williamȱ H.ȱ Gatesȱ III.ȱ (Chairmanȱ ofȱ theȱ Boardȱ undȱ ChiefȱSoftwareȱArchitect)ȱundȱStevenȱA.ȱBallmerȱ(CEO).ȱ 2ȱ Diesesȱ Modellȱ derȱ Unternehmensleitungȱ findetȱ sichȱ z.ȱB.ȱ nochȱ inȱ Italien,ȱ denȱ NiederlandenȱundȱÖsterreichȱsowieȱoptionalȱinȱFrankreich.ȱ 3ȱ Vgl.ȱzumȱdualistischenȱSystemȱChmielewiczȱ(1986),ȱS.ȱ3ȱff.;ȱTheisenȱ(1987);ȱLutȬ terȱ(1995),ȱS.ȱ5ȱff.ȱ

3.1 Leitungsmodelle

81

Aufsichtsrat

Vorstand

• Aufsichtsrats-

• Vorstands• •

vorsitzender Bereichsvorstände ggf. Arbeitsdirektor

Bestellung Kontrolle



vorsitzender Aufsichtsräte - Kapitalvertreter - Arbeitnehmervertreter

Wahl

Hauptversammlung

Wahl

Belegschaft

ȱ Abb.ȱ3Ȭ5:ȱGrundstrukturȱdesȱdualistischenȱLeitungsmodellsȱ DieȱEigentümerȱundȱdieȱBelegschaftȱwählenȱihreȱVertreterȱinȱdenȱAufȬ sichtsrat,ȱderȱseinerseitsȱdenȱVorstandȱbestelltȱundȱkontrolliert.ȱ

3.1.3.2

Hauptversammlung

DasȱOrganȱderȱHauptversammlungȱvertrittȱdieȱInteressenȱderȱAktionäȬ re. ȱSieȱistȱvergleichbarȱdemȱShareholderȱMeetingȱimȱmonistischenȱSystem.ȱ DieȱHauptversammlungȱtagtȱregelmäßigȱeinmalȱimȱGeschäftsjahr.ȱAnȱderȱ Hauptversammlungȱ nehmenȱ nebenȱ denȱ Aktionärenȱ auchȱ derȱ Vorstandȱ undȱderȱAufsichtsratȱteil.ȱDabeiȱistȱesȱjedochȱmeistȱüblich,ȱdassȱauchȱdiejeȬ nigenȱBanken,ȱbeiȱdenenȱdieȱAktionäreȱihreȱAktienȱdeponiertȱhaben,ȱebenȬ fallsȱ anȱ derȱ Hauptversammlungȱ teilnehmenȱ undȱ ihrȱ Depotstimmrechtȱ ausüben.ȱ Dieȱ Interessenvertretungsfunktionȱ istȱ damitȱ strengȱ genommenȱ nichtȱaufȱdieȱAnteilseignerȱbeschränkt.ȱ 1

JeȱnachȱArtȱderȱausgegebenenȱAktienȱbesitzenȱdieȱAktionäreȱunterȱUmȬ ständenȱunterschiedlicheȱRechte.ȱImȱRegelfallȱistȱeineȱStammaktieȱdadurchȱ gekennzeichnet,ȱdassȱmitȱihrȱeinȱStimmrechtȱundȱeinȱRechtȱaufȱAusschütȬ tungȱentsprechendȱihresȱWertesȱverbundenȱist.ȱDavonȱabweichendȱexistieȬ renȱ aberȱ auchȱ Vorzugsaktienȱ undȱ Aktienȱ mitȱ kumuliertemȱ Stimmrecht.ȱ VorzugsaktienȱsindȱimȱGegensatzȱzuȱStammaktienȱdadurchȱgekennzeichȬ net,ȱdassȱsieȱdenȱAktionärenȱeinenȱVorzugȱbeiȱderȱDividendeȱeinräumen,ȱ indemȱ dieseȱ etwasȱ höherȱ ausfällt.ȱ Quasiȱ alsȱ Gegenleistungȱ habenȱ VorȬ zugsaktionäreȱ dabeiȱ aufȱ ihrȱ Stimmrechtȱ inȱ derȱ Hauptversammlungȱ verȬ zichtet.ȱ Eineȱ Kumulierungȱ vonȱ Stimmrechtenȱ trittȱ oftmalsȱ beiȱ kommunaȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱJanschȱ(1999)ȱsowieȱfernerȱLutterȱ(2004),ȱSp.ȱ399ȱff.ȱ

82

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

lenȱ Eigentümernȱ auf,ȱ dieȱ einenȱ höherenȱ Stimmenanteilȱ inȱ derȱ HauptȬ versammlungȱbesitzenȱalsȱesȱihremȱKapitalanteilȱentsprechenȱwürde.ȱ ZuȱdenȱwesentlichenȱAufgabenȱderȱHauptversammlungȱgehörenȱsämtȬ licheȱ Fragen,ȱdieȱ dasȱ Aktienkapitalȱ undȱ denȱ verfassungsmäßigenȱAufbauȱ derȱGesellschaftȱbetreffen.ȱZuȱnennenȱsindȱhierȱinsbesondereȱdieȱEntscheiȬ dungenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱVerwendungȱdesȱBilanzgewinns,ȱSatzungsänȬ derungen,ȱ Fusionen,ȱ Auflösungȱ derȱ Gesellschaftȱ sowieȱ dieȱ Herabsetzungȱ bzw.ȱdieȱHeraufsetzungȱdesȱAktienkapitals.ȱInȱdiesenȱBereichenȱbesitztȱdieȱ HauptversammlungȱEntscheidungskompetenzen,ȱdieȱklarȱdaraufȱabzielen,ȱ dieȱ Leitungskompetenzenȱ desȱ Vorstandesȱ einzuschränken.ȱ Ohneȱ dieȱ ZuȬ stimmungȱ derȱ Hauptversammlungȱ lässtȱ sichȱ inȱ diesenȱ Fällenȱ keineȱ EntȬ scheidungȱdesȱVorstandesȱoderȱmöglicherweiseȱdesȱAufsichtsratesȱumsetȬ zen.ȱ Darüberȱ hinausȱ besitztȱ dieȱ Hauptversammlungȱ auchȱ KontrollfunktioȬ nen,ȱ indemȱ sieȱ denȱ Vorstandȱ undȱ denȱ Aufsichtsratȱ entlastetȱ bzw.ȱ denȱ GremienȱinsgesamtȱoderȱeinzelnenȱMitgliedernȱdieȱEntlastungȱverweigert.ȱ GestärktȱwirdȱdieseȱKontrollkompetenzȱnochȱdadurch,ȱdassȱderȱHauptverȬ sammlungȱdieȱWahlȱbzw.ȱAbwahlȱderȱKapitalvertreterȱimȱAufsichtsratȱobȬ liegt.1ȱ

3.1.3.3

Aufsichtsrat

Derȱ Aufsichtsratȱ stehtȱ alsȱ gesondertesȱ Organȱ zwischenȱ derȱ HauptverȬ sammlungȱundȱdemȱVorstand.ȱErȱistȱdamitȱdasȱwesentlicheȱMerkmalȱdesȱ dualistischenȱ Modellsȱ imȱ Vergleichȱ zumȱ monistischen.ȱ Dieȱ KontrollkomȬ petenzȱ wirdȱ insofernȱ vonȱ derȱ Leitungskompetenzȱ institutionellȱ getrenntȱ verankert.ȱDieȱGrößeȱdesȱAufsichtsratesȱundȱdessenȱBesetzungȱhängtȱvonȱ derȱAnzahlȱderȱimȱUnternehmenȱbeschäftigtenȱMitarbeiterȱebensoȱabȱwieȱ vonȱ derȱ Branche,ȱ inȱ derȱ dieȱ Unternehmungȱ tätigȱ ist.ȱ Esȱ greifenȱ hierȱ dieȱ Vorschriftenȱ derȱ Mitbestimmungȱ derȱ Arbeitnehmerȱ aufȱ UnternehmensȬ ebene.ȱDieseȱMitbestimmungȱistȱanȱdieȱZahlȱderȱBeschäftigtenȱgebunden.ȱ Soȱ giltȱ z.ȱB.ȱ dieȱ paritätischeȱ Mitbestimmungȱ erstȱ beiȱ Aktiengesellschaftenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱfernerȱFranks/Mayerȱ(2001),ȱS.ȱ943ȱff.ȱ

3.1 Leitungsmodelle

83

mitȱ mehrȱ alsȱ 2.000ȱ Arbeitnehmern.ȱ Dieȱ Montanmitbestimmungȱ giltȱ fürȱ Unternehmen,ȱ derenȱ hauptsächlichesȱ Tätigkeitsfeldȱ imȱ KohleȬȱ undȱ StahlȬ bereichȱzuȱfindenȱist.ȱȱ MitgliedȱimȱAufsichtsratȱkannȱnachȱ§ȱ100ȱAktGȱnurȱeineȱnatürliche,ȱunȬ beschränktȱgeschäftsfähigeȱPersonȱwerden.ȱExplizitȱvonȱderȱMitgliedschaftȱ imȱAufsichtsratȱausgeschlossenȱsindȱnatürlicheȱPersonen,ȱwennȱsieȱbereitsȱ inȱzehnȱAufsichtsrätenȱandererȱGesellschaftenȱeinȱMandatȱinnehabenȱoderȱ sieȱgesetzlicheȱVertreterȱeinesȱvonȱderȱGesellschaftȱabhängigenȱUnternehȬ mensȱsindȱoderȱsieȱgesetzlicherȱVertreterȱeinerȱanderenȱKapitalgesellschaftȱ sind,ȱ derenȱAufsichtsratȱeinȱVorstandsmitgliedȱ derȱ Gesellschaftȱstellt.ȱ BeȬ stelltȱwerdenȱdieȱMitgliederȱdesȱAufsichtsrates,ȱsoweitȱesȱsichȱumȱdiejeniȬ genȱhandelt,ȱdieȱvonȱderȱKapitalseiteȱzuȱbestellenȱsind,ȱvonȱderȱHauptverȬ sammlung.ȱ Dieȱ Vertreterȱ derȱ Arbeitnehmerȱ werdenȱ entsprechendȱ denȱ Vorschriftenȱ desȱ Mitbestimmungsgesetzesȱ bzw.ȱ desȱ MitbestimmungserȬ gänzungsgesetzes,ȱ desȱ Drittelbeteiligungsgesetzesȱ oderȱ desȱ MontanȬMitȬ bestimmungsgesetzesȱgewählt.ȱImȱZugeȱderȱMontanmitbestimmungȱwerȬ denȱdieȱArbeitnehmervertreterȱvonȱeinemȱWahlorganȱgewählt,ȱwelchesȱimȱ RegelfallȱdieȱHauptversammlungȱist.ȱAufgrundȱderȱentsprechendenȱRegeȬ lungenȱdieserȱFormȱderȱMitbestimmung1ȱergebenȱsichȱdadurchȱjedochȱkeiȬ neȱ Problemeȱ fürȱ dieȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ Arbeitnehmer.ȱ IstȱderȱAufsichtsratȱbestellt,ȱsoȱwähltȱerȱsichȱausȱseinerȱMitteȱeinenȱVorsitȬ zendenȱundȱmindestensȱeinenȱStellvertreter.ȱAuchȱhierȱgibtȱesȱwiederȱabȬ weichendeȱRegelungenȱbeimȱMontanȬMitbestimmungsgesetz.ȱ Nachȱ §ȱ 107ȱ Abs.ȱ 3ȱ AktGȱ kannȱ derȱ Aufsichtsratȱ ausȱ seinerȱ Mitteȱ einenȱ oderȱmehrereȱAusschüsseȱbilden.ȱDieseȱAusschüsseȱdienenȱinsb.ȱdazu,ȱBeȬ schlüsseȱdesȱAufsichtsratesȱvorzubereitenȱoderȱdieȱAusführungȱdieserȱBeȬ schlüsseȱ zuȱ überwachen.ȱ Imȱ Regelfallȱ bildetȱ einȱ Aufsichtsratȱ meistensȱ eiȬ nenȱAusschuss,ȱderȱalsȱAufsichtsratspräsidiumȱfungiert.ȱDieserȱAusschussȱ istȱ mitȱ demȱ Aufsichtsratsvorsitzendenȱ undȱ seinem(n)ȱ Stellvertreter(n)ȱ beȬ setztȱundȱführtȱdieȱtäglichenȱAufsichtsratsgeschäfteȱundȱistȱmeistȱauchȱfürȱ Fragenȱ derȱ Vergütungȱ derȱ Vorstandstätigkeitȱ zuständig.ȱ Darüberȱ hinausȱ wirdȱ inȱ derȱ Regelȱ auchȱ einȱ Prüfungsausschussȱ gebildet,ȱ derȱ dieȱ AbȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ ausführlichȱ dieȱ entsprechendenȱ Ausführungenȱ imȱ 5.ȱ Kapitelȱ desȱ vorliegendenȱBuches,ȱS.ȱ66ȱff.ȱ

84

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

schlussprüfungȱvorbereitetȱsowieȱeinȱVermittlungsausschussȱbzw.ȱeinȱBeȬ teiligungsausschussȱ entsprechendȱ derȱ Vorschriftenȱ desȱ MitbestimmungsȬ gesetzes.ȱȱ Zumȱ besserenȱ Verständnisȱ derȱ Aufgabenȱ derȱ einzelnenȱ Ausschüsseȱ einesȱ AufsichtsratesȱseiȱdiesȱamȱBeispielȱderȱSiemensȱAGȱerläutert.ȱBeiȱderȱChaȬ rakterisierungȱ derȱ Ausschussaufgabenȱ wurdenȱ dieȱ Formulierungenȱ derȱ Siemensȱ AGȱ verwandt.ȱ Zuȱ berücksichtigenȱ istȱ ferner,ȱ dassȱ inȱ sämtlichenȱ Ausschüssenȱ auchȱ Vertreterȱ derȱ „Arbeitnehmerbank“ȱ desȱ Aufsichtsratesȱ vertretenȱsindȱ(sieȱsindȱmitȱ*ȱgekennzeichnet).ȱ Aufsichtsratsausschüsse der Siemens AG (Stand: 2008) Ausschuss

Aufgaben

Mitglieder

AufsichtsratsPräsidium

Das Präsidium befasst sich mit grundlegenden Fragen der Geschäftspolitik und Geschäftsführung, insbesondere mit Vorstandsangelegenheiten; es unterbreitet dem Aufsichtsrat Vorschläge für die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern und bereitet die Beschlussfassung des Aufsichtsratsplenums über das Vergütungssystem für den Vorstand einschließlich der wesentlichen Vertragselemente vor. Im Rahmen dieser Beschlussfassung des Aufsichtsratsplenums schließt das Präsidium die Anstellungsverträge mit den Vorstandsmitgliedern ab und legt jährlich die Ziele fest, nach denen sich die Höhe der variablen Vergütung bemisst. (…)

Dr. Gerhard Cromme (AR-Vorsitzender)

Nominierungsausschuss

Ralf Heckmann* (1. stellv. ARVorsitzender) Dr. Josef Ackermann (2. stellv. AR-Vorsitzender) Berthold Huber*

Der Beteiligungsausschuss ist für Dr. Gerhard CromBeschlüsse über die Ausübung von me (Vorsitzender) Beteiligungsrechten an anderen UnDr. Hans Michael ternehmen zuständig. Gaul Dr. Josef Ackermann Dr. Albrecht Schmidt

3.1 Leitungsmodelle

85

Ausschuss

Aufgaben

Mitglieder

Prüfungsausschuss

Dem Prüfungsausschuss obliegen die Vorbereitung der Jahres- und Konzernabschlussprüfung durch den Aufsichtsrat, die Erörterung der Quartalsabschlüsse und des Halbjahresfinanzberichts, die Gestaltung der Beziehungen zum Abschlussprüfer (insbesondere Auftragserteilung, Festlegung der Prüfungsschwerpunkte und des Prüfungshonorars sowie die Kontrolle der Unabhängigkeit) und die Beziehungen zur unternehmensinternen Konzernrevision.ȱ

Dr. Hans Michael Gaul (AR-Vorsitzender) Dr. Gerhard Cromme Ralf Heckmann* (1. stellv. ARVorsitzender) Heinz Hawreliuk* Lord Iain Vallance of Tummel Dieter Scheitor*

ComplianceAusschuss

Vermittlungsausschuss §§ 27 Abs. 3, 31 Abs. 3, Abs. 5 MitbestG

Der Compliance-Ausschuss behandelt für die Dauer der laufenden Compliance-Untersuchung folgende Themen für den Aufsichtsrat: die Steuerung der laufenden Compliance-Untersuchung, die Berichte der Rechtsanwaltskanzlei Debevoise & Plimpton LLP über deren unabhängige Untersuchung und Überprüfung der internen Compliance- und Kontrollsysteme sowie die Überwachung der Einhaltung von Rechtsvorschriften, behördlichen Regelungen und von unternehmensinternen Richtlinien durch das Unternehmen.

Dr. Gerhard Cromme (Vorsitzender)

Der gesetzlich zu bildende Vermittlungsausschuss unterbreitet dem Aufsichtsrat Vorschläge für die Bestellung beziehungsweise den Widerruf der Bestellung von Vorstandsmitgliedern, wenn im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder nicht erreicht wird.

Dr. Gerhard Cromme (Vorsitzender)

Ralf Heckmann* Dr. Hans Michael Gaul Bettina Haller* Heinz Hawreliuk* Lord Iain Vallance of Tummel

Ralf Heckmann* Dr. Josef Ackermann Berthold Huber*

86

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

Ausschuss

Aufgaben

Mitglieder

Finanz- und Investitionsausschuss

Der Finanz- und Investitionsausschuss hat die Aufgabe, auf der Grundlage der Gesamtstrategie des Unternehmens, die Gegenstand einer jährlichen Strategiesitzung des Aufsichtsrats ist, die Verhandlungen und Beschlüsse des Aufsichtsrats über die finanzielle Lage und Ausstattung der Gesellschaft sowie über Sach- und Finanzinvestitionen vorzubereiten. Darüber hinaus beschließt der Finanz- und Investitionsausschuss anstelle des Aufsichtsrats über die Zustimmung zu zustimmungspflichtigen Geschäften und Maßnahmen, soweit nicht der Betrag von 600 Mio. EUR erreicht ist. (…)

Dr. Gerhard Cromme (Vorsitzender) Lothar Adler* Gerd von Brandenstein Håkan Samuelsson Dieter Scheitor* Birgit Steinborn*

Quelle: http://w1.siemens.com/annual/08/pool/downloads/pdf/de/pdf_d08_09_ mandate_ar.pdf – letzter Zugriff am 20.01.2009.

Nachȱ§ȱ113ȱAbs.ȱ1ȱAktGȱkannȱdenȱAufsichtsratsmitgliedernȱfürȱihreȱTäȬ tigkeitȱ eineȱ Vergütungȱ gewährtȱ werden.1ȱ Eineȱ derartigeȱ Vergütungȱ wirdȱ imȱ Regelfallȱ jedochȱ nurȱ beiȱ größerenȱ Aktiengesellschaftenȱ geleistet.ȱ Beiȱ kleinerenȱ Aktiengesellschaftenȱ hatȱ sichȱ eherȱ dasȱ Prozedereȱ etabliert,ȱ dassȱ hierȱ eineȱ Aufwandsentschädigungȱ fürȱ dieȱ Teilnahmeȱ anȱ denȱ AufsichtsȬ ratssitzungenȱgewährtȱwird.ȱUmȱdieȱHöheȱderȱVergütungȱdeutlichȱzuȱmaȬ chen,ȱseiȱdasȱBeispielȱderȱDaimlerChryslerȱAGȱgewählt.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱzuȱFragenȱderȱVergütungȱauchȱSchmidȱ(1997),ȱS.ȱ67ȱff.ȱ

3.1 Leitungsmodelle

87

Vergütungȱ derȱ Aufsichtsratstätigkeitȱ beiȱ Mandatenȱ imȱ Aufsichtsratȱ derȱ DaimerChryslerȱAGȱ(Standȱ2009):ȱ „Die Vergütung des Aufsichtsrates wird in der Satzung der DaimlerChrysler AG durch die Hauptversammlung festgelegt. Die Satzung der DaimerChrysler AG sieht derzeit vor, dass die Mitglieder des Aufsichtsrates zusätzlich zu einem Auslagenersatz nach Abschluss des Geschäftsjahres ein festes Honorar erhalten. Dieses Honorar beläuft sich auf je EUR 75.000,– für das einzelne Mitglied, das dreifache dieses Betrages für den Vorsitzenden, das zweifache dieses Betrages für den stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrats sowie den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses, das 1,5-fache dieses Betrages für Vorsitzende in sonstigen Ausschüssen und das 1,3-fache für in den Ausschüssen des Aufsichtsrats vertretene Mitglieder. Soweit ein Mitglied des Aufsichtsrats mehrere der genannten Funktionen ausübt, bemisst sich seine Vergütung ausschließlich nach der am höchsten vergüteten Funktion. Darüber hinaus erhalten die Mitglieder des Aufsichtsrats ein Sitzungsgeld von EUR 1.100,– pro Sitzung des Aufsichtsrats.“ Quelle: www.daimlerchrysler.com/dccom/0,,0-5-7160-49-67285-1-0-0-79600-00135-7145-0-0-0-0-0-0-0,00.html – letzter Zugriff am 26.01.2009.

3.1.3.4

Vorstand

DieȱLeitungskompetenzȱeinerȱAktiengesellschaftȱobliegtȱdemȱVorstand,ȱ derȱunterȱeigenerȱVerantwortungȱhandeltȱ(§ȱ76ȱAbs.ȱ1ȱAktG).1ȱBestehtȱeinȱ VorstandȱausȱmehrerenȱPersonen,ȱsoȱsindȱdieseȱnurȱbefugt,ȱgemeinschaftȬ lichȱdieȱGeschäftsführungȱwahrzunehmenȱ(§ȱ77ȱAbs.ȱ1ȱAktG).ȱSollȱvonȱdieȬ semȱ Grundsatzȱ derȱ gemeinschaftlichenȱ Geschäftsführungȱ abgewichenȱ werden,ȱsoȱbedarfȱdiesȱeinerȱKodifizierungȱinȱderȱSatzungȱoderȱinȱderȱGeȬ schäftsordnungȱ desȱ Vorstandes.ȱ Derartigeȱ Regelungenȱ dürfenȱ aberȱ nichtȱ soȱ weitȱ gehen,ȱ dassȱ Minderheitenȱ imȱ Vorstandȱ dieȱ Geschäftspolitikȱ desȱ Vorstandesȱinsgesamtȱfestlegenȱkönnen.ȱEineȱaȱprioriȱherausgehobeneȱStelȬ lung,ȱwieȱsieȱderȱCEOȱimȱmonistischenȱSystemȱeinnimmt,ȱkenntȱdasȱduaȬ listischeȱLeitungsmodellȱnicht.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱimȱÜberblickȱGrundeiȱ(2004),ȱSp.ȱ1442ȱff.ȱ

88

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

Bestehtȱ derȱ Vorstandȱ ausȱ mehrerenȱ Personen,ȱ soȱ istȱ nachȱ §ȱ84ȱ Abs.ȱ 1ȱ AktGȱeinȱMitgliedȱzumȱVorsitzendenȱdesȱVorstandesȱzuȱbenennen.ȱDieseȱ BenennungȱerfolgtȱdurchȱdenȱAufsichtsrat.ȱDasȱheißtȱderȱVorstandȱwähltȱ nichtȱausȱseinerȱMitteȱherausȱdenȱVorstandsvorsitzenden.ȱSoweitȱdasȱUnȬ ternehmenȱ unterȱ dasȱ Mitbestimmungsgesetzȱ fällt,ȱ istȱ zwingendȱ vorgeȬ schrieben,ȱdassȱeinȱMitgliedȱdesȱVorstandesȱalsȱArbeitsdirektorȱzuȱbestelȬ lenȱ ist.ȱ Dieserȱ Arbeitsdirektorȱ darf,ȱ soweitȱ dasȱ Unternehmenȱ unterȱ dieȱ Montanmitbestimmungȱ fällt,ȱ nichtȱ gegenȱ dieȱ Stimmenȱ derȱ Arbeitnehmerȱ imȱAufsichtsratȱernanntȱwerden.ȱ Dieȱ Geschäftsführungskompetenzȱ desȱ Vorstandesȱ gehtȱ einherȱ mitȱ derȱ Repräsentationsfunktionȱ (§ȱ 78ȱ AktG).ȱ Dasȱ heißtȱ derȱ Vorstandȱ vertrittȱ dieȱ Gesellschaftȱ gegenüberȱ Drittenȱ gerichtlichȱ undȱ außergerichtlich.ȱ Wirdȱ durchȱ eineȱ Satzungȱ nichtsȱ anderesȱ bestimmt,ȱ soȱ vertretenȱ sämtlicheȱ VorȬ standsmitgliederȱnurȱgemeinschaftlichȱdieȱGesellschaft.ȱFernerȱbesitztȱderȱ Vorstandȱ eineȱ Informationspflichtȱ gegenüberȱ demȱ Aufsichtsratȱ (§ȱ 90ȱ AktG).ȱ Esȱ werdenȱ soȱ dieȱ informatorischenȱ Grundlagenȱ fürȱ dieȱ WahrnehȬ mungȱ derȱ Kontrollfunktionȱ durchȱ denȱ Aufsichtsratȱ bzw.ȱ dieȱ HauptverȬ sammlungȱ geschaffen.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ hatȱ dieseȱ Informationspflichtȱ soȬ wohlȱ hinsichtlichȱ desȱ Informationsgegenstandesȱ alsȱ auchȱ hinsichtlichȱ desȱ Informationszeitpunktesȱ undȱ desȱ Informationsortesȱ imȱ Detailȱ festgelegt.ȱ DanachȱistȱdemȱAufsichtsratȱ x überȱdieȱzukünftigeȱGeschäftspolitik,ȱ x überȱgrundsätzlicheȱFragenȱderȱInvestitionsȬ,ȱFinanzȬȱundȱPersonalplaȬ nung,ȱ x überȱdieȱRentabilitätȱdesȱEigenkapitalsȱundȱderȱGesellschaft,ȱ x überȱdieȱUmsatzsituationȱundȱdieȱLageȱdesȱUnternehmensȱsowieȱ x überȱ Geschäfte,ȱ „dieȱ fürȱ dieȱ Rentabilitätȱ oderȱ Liquiditätȱ derȱ GesellȬ schaftȱvonȱerheblicherȱBedeutungȱseinȱkönnen“1ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ §ȱ90ȱAbs.ȱ1ȱNr.ȱ4ȱAktG.ȱ

3.1 Leitungsmodelle

89

zuȱ berichten.ȱ Derȱ Aufsichtsratȱ sollȱ insofernȱ rechtzeitigȱ unterrichtetȱ werȬ den,ȱ soȱ dassȱ erȱ gegebenenfallsȱ nochȱ Gelegenheitȱ besitzt,ȱ steuerndȱ einzuȬ greifen.ȱ Derȱ Vorstandȱ istȱ darüberȱ hinausȱ verpflichtet,ȱ denȱ Jahresabschlussȱ undȱ denȱLageberichtȱfürȱdasȱabgelaufeneȱGeschäftsjahrȱaufzustellenȱundȱdieseȱ unverzüglichȱnachȱAufstellungȱdemȱAufsichtsratȱvorzulegenȱ(§ȱ170ȱAbs.ȱ1ȱ AktG).ȱ Darüberȱ hinausȱ hatȱ derȱ Vorstandȱ seinenȱ Vorschlagȱ überȱ dieȱ VerȬ wendungȱdesȱBilanzgewinns,ȱwelchenȱerȱderȱHauptversammlungȱmachenȱ will,ȱebenfallsȱdemȱAufsichtsratȱzuzuleitenȱ(§ȱ170ȱAbs.ȱ2ȱAktG).ȱȱ

3.1.4

Vergleichende Beurteilung des monistischen und des dualistischen Systems

Esȱ sollȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ nichtȱ dieȱ Diskussionȱ dahingehendȱ geführtȱ werȬ den,ȱwelchesȱdieserȱbeidenȱVerfassungssystemeȱzuȱpräferierenȱȱsei.ȱDieseȱ Diskussionȱ istȱ inȱ derȱ Literaturȱ bereitsȱ hinlänglichȱ geführtȱ worden,ȱ ohneȱ dassȱsichȱdabeiȱeinȱeinheitlicherȱTenorȱergebenȱhat.ȱInsofernȱsollenȱanȱdieȬ serȱStelleȱauchȱnurȱdieȱVorteileȱundȱNachteile,ȱdieȱmitȱdenȱeinzelnenȱVerȬ fassungssystemenȱverbundenȱsind,ȱaufgezeigtȱwerden.1ȱȱ Tab.ȱ3Ȭ1ȱfasstȱdenȱStandȱderȱDiskussionȱzusammen.ȱEsȱseiȱanȱdieserȱStelȬ leȱdaraufȱverwiesen,ȱdassȱeinȱUnternehmenȱhinsichtlichȱeinesȱbestimmtenȱ VerfassungssystemsȱanȱsichȱkaumȱWahlmöglichkeitenȱbesitzt.ȱJeȱnachȱSitzȱ desȱ Unternehmensȱ geltenȱ dieȱ dortȱ gültigenȱ Vorschriften.ȱ Entsprechendȱ müssteȱ einȱ Unternehmen,ȱ willȱ esȱ vonȱ einemȱ Verfassungsmodellȱ zumȱ anȬ derenȱ Verfassungsmodellȱ wechseln,ȱ denȱ Hauptsitzȱ desȱ Unternehmensȱ inȱ einȱ entsprechendesȱ Landȱ verlegen.ȱ Diesȱ istȱ aufgrundȱ vielfältigerȱ LockȬinȬ Effekteȱallerdingsȱnurȱschwerȱmöglich.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱZappȱ(1985);ȱBleicher/Wagnerȱ(1993),ȱS.ȱ11ȱff.;ȱPotthoffȱ (1996),ȱS.ȱ253ȱff.;ȱTegtmeierȱ(1998)ȱsowieȱGötzȱ(2000).ȱ

90

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

Stärken Dualistisches x Autonome EntscheidungsLeitungsmodell kompetenz des Vorstands (keine Absprache mit Aufsichtsrat notwendig; Ausnahme: zustimmungspflichtige Entscheidungen). x Entscheidungsferne des Aufsichtsrates führt zu unabhängigerer Kontrolle (Outside-Direktoren sind in die Board-Entscheidungen eingebunden). x Vermeidung der Personenabhängigkeit des Vorstandes durch Gleichheit der Vorstandsmitglieder (Verhinderung von Machtpotenzialen). Monistisches x Hohe Flexibilität bei der Leitungsmodell Aufgabenverteilung im Hinblick auf die Ausgestaltung von Leitungs- und Kontrollkompetenz (z. B. Stärkung der OutsideDirektoren führt zum Ausbau der Kontrollkompetenz).

Schwächen x Geringere Sitzungsfrequenz des Aufsichtsrates im Vergleich zur Board-Sitzung führt zu schlechter informierten Aufsichtsräten. x Aufsichtsratsvorsitzender entwickelt ein unkontrolliertes Machtpotenzial. x Taktieren in mitbestimmten Aufsichtsräten weicht Kontrollfunktion auf (Koalition von Vorstand und Arbeitnehmervertretern gegen Anteilseigner).

x Kräfteverhältnisse im Board sind für Dritte nur schwer durchschaubar. x Neutralität der Kontrolle ist eingeschränkt, da OutsideDirektoren bei maßgeblichen Entscheidungen einbezogen werden.

x Machtposition des CEO er- x Machtmonopol des CEO schwer kontrollierbar, da möglicht schnelle und damit CEO über Stimmrechtsvolleffiziente Entscheidungsmachten die Wahl des strukturen. Board beeinflussen kann. x Anpassung des Board an Unternehmensgröße und Fähigkeiten der agierenden Direktoren flexibel möglich.

Tab.ȱ3Ȭ1:ȱ StärkenȱundȱSchwächenȱunterschiedlicherȱLeitungssystemeȱ

3.1 Leitungsmodelle

91

VonȱdenȱgenanntenȱStärkenȱundȱSchwächen,ȱdieȱbeideȱLeitungssystemeȱ auszeichnen,ȱ istȱ einȱ Aspektȱ sicherlichȱ derȱ bedeutsamste:ȱ Esȱ istȱ diesȱ dieȱ starkeȱ Stellungȱ desȱ CEOȱ imȱ monistischenȱ System.ȱ Dieseȱ starkeȱ Stellungȱ führtȱdazu,ȱdassȱEntscheidungenȱimȱmonistischenȱSystemȱdeutlichȱschnelȬ lerȱundȱauchȱeffizienterȱzuȱfällenȱsindȱalsȱimȱdualistischenȱSystem.ȱAufȱderȱ anderenȱSeiteȱbirgtȱnatürlichȱdieseȱMachtfülleȱdesȱCEOȱauchȱGefahrenȱinȱ sich.ȱDaȱhierȱeineȱKontrolleȱdesȱManagementhandels1ȱdeutlichȱschwierigerȱ ist,ȱ istȱ dieȱ Qualitätȱ desȱ Managementhandelsȱ ganzȱ entscheidendȱ vonȱ derȱ QualitätȱdesȱhandelndenȱCEOȱundȱseinerȱIntegritätȱabhängig.ȱZuȱdenkenȱ seiȱhierȱz.ȱB.ȱnurȱanȱdieȱSkandaleȱimȱZusammenhangȱmitȱdenȱFirmenȱEnȬ ronȱ oderȱ aberȱ Tycoȱ undȱ derȱ Verantwortlichkeitȱ derȱ dortȱ handelndenȱȱ CEOs.ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ omnipotentenȱ Stellungȱ desȱ CEOȱ –ȱdieȱ nochȱ verstärktȱwird,ȱwennȱerȱinȱPersonalunionȱdieȱFunktionȱdesȱCOBȱinneȱhatȱ–ȱ erhebtȱ sichȱ imȱ monistischenȱ Modellȱ wesentlichȱ eherȱ dieȱ Frageȱ nachȱ einerȱ effizientenȱ Kontrolleȱ desȱ Managementhandelnsȱ alsȱ imȱ dualistischenȱ SysȬ tem.ȱHierȱgiltȱesȱMaßnahmenȱzuȱergreifen,ȱdieȱesȱerlauben,ȱdassȱdieȱKonȬ trollkompetenzȱ durchȱ dieȱ OutsideȬDirektorenȱ auchȱ nachhaltigȱ wahrgeȬ nommenȱ wird.ȱ Aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ kannȱ dasȱ dualistischeȱ Systemȱ aufgrundȱ seinerȱ institutionalisiertenȱ Trennungȱ vonȱ LeitungsȬȱ undȱ KontȬ rollkompetenzȱnichtȱalsȱautomatischȱdemȱmonistischenȱSystemȱüberlegenȱ bezeichnetȱwerden.ȱAuchȱhierȱistȱdieȱQualitätȱderȱKontrollkompetenzȱentȬ scheidend.ȱ Dieȱ bloßeȱ institutionelleȱ Trennungȱ reichtȱ nichtȱ aus.ȱ Esȱ mussȱ KontrollkompetenzȱinȱderȱInstitutionȱAufsichtsratȱebensoȱvorhandenȱseinȱ wieȱ hinreichendeȱ Kontrollinformation.ȱ Inȱ diesenȱ Bereichenȱ giltȱ es,ȱ dasȱ dualistischeȱSystemȱzuȱstärken.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱGötzȱ(2000).ȱ

92

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

DieȱGefahr,ȱdieȱmitȱderȱmächtigenȱStellungȱdesȱCEOȱimȱmonistischenȱSysȬ temȱeinherȱgeht,ȱzeigenȱdieȱProzesseȱgegenȱehemaligeȱCEOsȱinȱdenȱUSA:ȱ „Kozlowski und Swartz sind wegen Betrug angeklagt. Den beiden wird vorgeworfen, ihren früheren Arbeitgeber Tyco um rund 600 Millionen Dollar erleichtert zu haben. Kozlowski war von 1992 bis Juni diesen Jahres Tyco-Vorstand und dabei wegen des Aufstiegs von Tyco zum zweitgrößten Mischkonzern weltweit einer der meist bewunderten Vorstände der USA. Nach den hartnäckigen Gerüchten über Bilanztricks, den damit einhergehenden Kursverfall der Tyco-Aktie und Berichten über persönliche Bereicherungen musste er seinen Hut nehmen und gilt daher neben dem ehemaligen Enron-Chef Kenneth Lay als Beispiel für die Maßlosigkeit amerikanischer Unternehmensvorstände.“ Quelle: Sturman, D.: Mit Klagen die Corporate Governance verbessern, in: www.manager-magazin.de/koepfe/artikel/0,2828,216221,00.html – letzter Zugriff am 13.09.2004

3.2 Rechtsformen

3.2.1

Funktion von Rechtsformen

DieȱDiskussionȱderȱUnternehmensverfassungȱwirdȱvielfachȱalsȱDiskusȬ sionȱ derȱRechtsformenȱ geführt.1ȱ Esȱ werdenȱ insofernȱnurȱ diejenigenȱ RegeȬ lungenȱbetrachtet,ȱbeiȱdenenȱausȱSichtȱdesȱUnternehmensȱnurȱeinȱgeringerȱ Gestaltungsspielraumȱ besteht.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ beiȱ denȱ Rechtsformenȱ umȱ Regelungen,ȱdieȱdenȱ„externen“ȱRegelungenȱderȱUnternehmensverfassungȱ zuzurechnenȱ sind.ȱ Allerdingsȱ darfȱ dieserȱ „externe“ȱ Charakterȱ derȱ RegeȬ lungenȱ nichtȱ dahingehendȱ verstandenȱ werden,ȱ dassȱ überhauptȱ keineȱ GeȬ staltungsmöglichkeitenȱexistieren.ȱAmȱauffälligstenȱwirdȱdiesȱdaran,ȱdassȱ derȱGesetzgeberȱnurȱbestimmteȱRechtsformenȱvorgibt,ȱandereȱwerdenȱvonȱ denȱ Unternehmenȱ selbstȱ erstȱ entwickelt.ȱ Amȱ deutlichstenȱ wirdȱ diesȱ beiȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱWerderȱ(1986).ȱ

3.2 Rechtsformen

93

denȱ soȱ genanntenȱ Mischformen,ȱ d.ȱh.ȱ beiȱ denȱ Kombinationenȱ vonȱ PersoȬ nenȬȱundȱKapitalgesellschaften.ȱSoȱwurdeȱz.ȱB.ȱdieȱRechtsformȱderȱGmbHȱ &ȱ Co.ȱ KGaAȱ erstȱ 1997ȱ aufgrundȱ einerȱ Entscheidungȱ desȱ BundesgerichtsȬ hofesȱüberhauptȱanerkannt.ȱ Insbesondereȱ beiȱ wachsendenȱ Unternehmenȱ zeigtȱ sich,ȱ dassȱ dieȱ RechtsȬ formȱ einesȱ Wandelsȱ bedarf.ȱ Rechtsformenȱ habenȱ ihreȱ ganzȱ spezifischenȱ Stärkenȱundȱ Schwächen,ȱ dieȱ esȱ inȱ denȱ unterschiedlichenȱ Stadienȱ desȱ UnȬ ternehmenswachstumsȱ zuȱ nutzenȱ gilt.ȱ Oftmalsȱ sindȱ esȱ UnternehmenskriȬ sen,ȱ dieȱ dannȱ denȱ Anstoßȱ zurȱ Änderungȱ derȱ Rechtsformȱ geben,ȱ wieȱ diesȱ beiȱderȱTengelmannȬGruppeȱderȱFallȱwar:ȱ „In dem Interview kündigte Haub [Geschäftsführer der TengelmannGruppe] gleichzeitig eine Änderung der Rechtsform von Tengelmann an. Den Eigentümern sei klar, dass die Konstruktion einer OHG langfristig nicht mehr trage, sagte Haub. Ein neues Modell, das auch Aspekte wie die Rolle der Familie im Management oder Ausstiegsklauseln einzelner Familiengesellschafter berücksichtigen soll, werde derzeit entwickelt. Tengelmann ist einer der größten Handelskonzerne Deutschland. Neben der Marke Tengelmann gehören Kaiser's, Plus, Obi, KiK und A + P zu dem Unternehmen. Die Familie Haub gilt als eine der reichsten in Deutschland.“ Quelle: Schlitt, P.: „Das hat uns keiner zugetraut“, in: www.manager-magazin.de/koepfe/artikel/0,2828,157981,00.html – letzter Zugriff am 31.08.2004

DerȱGesetzgeberȱhatȱhöchstȱunterschiedlicheȱVerfassungsangeboteȱkonȬ zipiert,ȱ dieȱ sichȱ jeȱ nachȱ Unternehmenȱ inȱ bestimmteȱ Richtungenȱ hineinȱ entwickelnȱ lassen.1ȱ Dieȱ vomȱ Gesetzgeberȱ festgelegtenȱ Rechtsformenȱ fürȱ wirtschaftlichesȱ Handelnȱ geltenȱ alsȱ Verfassungsangeboteȱ anȱ UnternehȬ men.ȱ Esȱ stelltȱ sichȱ insofernȱ fürȱ Unternehmenȱ dasȱ Entscheidungsproblem,ȱ eineȱbestimmteȱfürȱsichȱeffizienteȱRechtsformȱzuȱwählen.ȱInȱderȱRegelȱbeȬ stehtȱ keinȱ Rechtsformzwang.ȱ Ausnahmenȱ sindȱ hierȱ zumȱ Beispielȱ dieȱ RechtsformȱdesȱVersicherungsvereinsȱaufȱGegenseitigkeitȱalsȱeineȱtypischeȱ RechtsformȱausschließlichȱfürȱVersichererȱoderȱdieȱbergrechtlicheȱGewerkȬ schaftȱfürȱUnternehmen,ȱdieȱinȱdiesemȱIndustriezweigȱtätigȱsind.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱausführlichȱzuȱdenȱunterschiedlichenȱRechtsformenȱSchmidtȱ(2002).ȱ

94

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

Dieseȱ Bündelangeboteȱ desȱ Gesetzgebersȱ sindȱ jedochȱ inȱ ihrerȱ Strukturȱ nichtȱsoweitȱfixiert,ȱalsȱdasȱsieȱkeineȱMöglichkeitenȱderȱAusgestaltungȱfürȱ dasȱUnternehmenȱmehrȱbesitzen.ȱDieȱUnternehmenȱhabenȱdieȱFreiheit,ȱdieȱ Rechtsformȱjeweilsȱindividuellȱanzupassen.ȱZuȱdenkenȱistȱhierȱz.ȱB.ȱanȱdieȱ Möglichkeiten,ȱdieȱdieȱSatzungȱeinerȱAktiengesellschaftȱbieten.ȱȱ Dieȱ zentralenȱ Entscheidungsträgerȱ einesȱ Unternehmensȱ werdenȱ diejeȬ nigeȱRechtsformȱwählen,ȱdieȱausȱihrerȱSichtȱamȱbestenȱgeeignetȱist,ȱdieȱgeȬ setztenȱ Unternehmenszieleȱ zuȱ verwirklichen.ȱ Umȱ diesȱ zuȱ beurteilenȱ werȬ denȱinȱderȱLiteraturȱeineȱVielzahlȱvonȱKriterienȱgenannt.1ȱȱ DieȱwichtigstenȱKriterienȱsindȱhierbeiȱfolgende:ȱ x Haftungsverhältnisse:ȱRechtsformenȱunterscheidenȱsichȱdanach,ȱobȱdieȱ Eigentümerȱ beschränktȱ oderȱ unbeschränktȱ mitȱ ihremȱ Privatvermögenȱ imȱInsolvenzfallȱhaften.ȱEineȱbeschränkteȱHaftungȱbeziehtȱsichȱaufȱdieȱ Höheȱ derȱ geleistetenȱ Kapitaleinlage,ȱ eineȱ weitergehendeȱ Haftungȱ mitȱ BlickȱaufȱdasȱPrivatvermögenȱistȱausgeschlossen.ȱUnbeschränktȱistȱdieȱ Haftung,ȱwennȱsieȱsichȱauchȱaufȱdasȱPrivatvermögenȱerstreckt.ȱ x Fremdkapitalbeschaffung:ȱDasȱKriteriumȱderȱMöglichkeitȱderȱFremdȬ kapitalbeschaffungȱ istȱ engȱ mitȱ derȱ Haftungsfrageȱ verbunden.ȱ Beiȱ beȬ schränkterȱHaftungȱistȱdieȱMöglichkeitȱnaturgemäßȱwenigerȱgutȱgegeȬ benȱalsȱbeiȱunbeschränkterȱHaftung.ȱHierȱspieltȱdasȱSicherheitsdenkenȱ derȱFremdkapitalgeberȱdieȱentscheidendeȱRolle.ȱ x Eigenkapitalbeschaffung:ȱ Dieȱ Möglichkeitȱ derȱ Beschaffungȱ „neuen“ȱ Eigenkapitalsȱrichtetȱsichȱdanach,ȱobȱesȱleichtȱmöglichȱist,ȱneueȱGesellȬ schafterȱ undȱdamitȱ„neues“ȱ Gesellschaftskapitalȱfürȱdasȱ Unternehmenȱ zurȱVerfügungȱzuȱstellenȱbzw.ȱobȱdieȱ„Alt“ȬEigentümerstrukturȱinȱderȱ Lageȱist,ȱnennenswertesȱEigenkapitalȱzurȱVerfügungȱzuȱstellen.ȱ x GewinnȬȱundȱVerlustbeteiligung:ȱȱHierȱsindȱFragenȱzuȱklären,ȱdieȱsichȱ daraufȱ richten,ȱ inȱ welchemȱ Ausmaßȱ dieȱ einzelnenȱ Gesellschafterȱ anȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ auchȱ Kolbeckȱ (1993),ȱ Sp.ȱ 3741ȱ ff.ȱ Vgl.ȱ fernerȱ Dörnerȱ (1994);ȱ KessȬ ler/Schiffers/Teufelȱ(2002).ȱ

3.2 Rechtsformen

95

GewinnenȱundȱVerlustenȱderȱGesellschaftȱzuȱbeteiligenȱsind.ȱInsbesonȬ dereȱdieȱFrage,ȱobȱhierȱeineȱGleichbeteiligungȱvorherrschenȱsoll,ȱmussȱ beantwortetȱwerden.ȱ x LeitungsȬ,ȱ KontrollȬȱ undȱ Interessenvertretungskompetenz:ȱ Jeȱ nachȱ WahlȱderȱRechtsformȱsindȱdieseȱFunktionenȱinȱunterschiedlichȱstarkemȱ Ausmaßȱkodifiziert;ȱdiesȱgiltȱinsbesondereȱfürȱdieȱInstitutionalisierungȱ derȱFunktionen.ȱ x RechnungslegungsȬ,ȱPrüfungsȬȱundȱPublizitätspflicht:ȱMitȱderȱRechtsȬ formȱgehenȱauchȱunterschiedlicheȱVorschriftenȱeinher,ȱdieȱdasȱAusmaßȱ dieserȱPflichtenȱbetreffen.ȱInȱderȱKonsequenzȱzeichnenȱsichȱinsofernȱeiȬ nigeȱ Rechtsformenȱ durchȱ eineȱ wesentlichȱ größereȱ „Verschwiegenheit“ȱ ausȱalsȱandere.ȱ x Steuerbelastung:ȱ Jeȱ nachȱ Rechtsformȱ knüpftȱ dieȱ Besteuerungȱ derȱ GeȬ winneȱ anȱ unterschiedlicheȱ Steuergesetzeȱ an,ȱ wasȱ ausȱ Sichtȱ derȱ GesellȬ schafterȱzuȱunterschiedlichenȱSteuerbelastungenȱführenȱkann.1ȱ DieȱKriterienȱzurȱWahlȱeinerȱbestimmtenȱRechtsformȱsetzenȱletztlichȱanȱ denȱ Funktionenȱ derȱ einzelnenȱ Rechtsformȱ an.ȱ Eineȱ Rechtsformȱ setztȱ denȱ strukturellȬinstitutionellenȱ Rahmen,ȱ inȱ welchemȱ sichȱ dasȱ unternehmeriȬ scheȱHandelnȱvollzieht.ȱDabeiȱgehtȱdieȱFunktionȱderȱRechtsformȱdeutlichȱ weiter,ȱ alsȱ diesȱ beiȱ derȱ Frageȱ desȱ Leitungsmodellsȱ derȱ Fallȱ ist.ȱ Esȱ wirdȱ nichtȱnurȱ–ȱaberȱauchȱ–ȱfestgelegt,ȱwieȱdieȱLeitungsȬ,ȱKontrollȬȱundȱInteresȬ senvertretungskompetenzȱ zuȱ gestaltenȱ ist.ȱ Darüberȱ hinausȱ wirdȱ geregelt,ȱ wieȱinȱgrobenȱZügenȱderȱGeschäftsverkehrȱzwischenȱdenȱbeteiligtenȱInterȬ essengruppenȱ zuȱ gestaltenȱ ist.ȱ Fragenȱ derȱ Verteilungȱ derȱ Wertschöpfungȱ wieȱ auchȱ Fragenȱ derȱ Haftungȱ stehenȱ hierȱ sicherlichȱ imȱ Vordergrund.ȱ RechtsformenȱerfüllenȱdamitȱinȱErgänzungȱzuȱdenȱvorneȱdiskutiertenȱLeiȬ tungsmodellenȱeineȱweitereȱFunktion:ȱsieȱschaffenȱRechtssicherheitȱfürȱdieȱ beteiligtenȱ Interessengruppen.ȱ Dasȱ heißtȱ unterȱ verfassungstheoretischerȱ Perspektiveȱ werdenȱ überȱ dieȱ Rechtsformȱ fürȱ ausgewählteȱ Konfliktfelderȱ dieȱEckpunkteȱderȱKonfliktaustragungȱfestgelegt.ȱEsȱwirdȱz.ȱB.ȱbestimmtenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱJacobsȱ(2002);ȱHeinhold/Bachmann/Hüsingȱ(2004).ȱ

96

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

Gesellschafternȱ beiȱ einerȱ Kommanditgesellschaftȱ dieȱ (RechtsȬ)Sicherheitȱ gegeben,ȱdassȱsieȱimȱInsolvenzfallȱnurȱmitȱihrerȱEinlageȱhaften.ȱOderȱaber,ȱ dassȱGesellschafterȱeinerȱoffenenȱHandelsgesellschaftȱeinenȱAnspruchȱaufȱ einenȱ bestimmtenȱ Gewinnȱ besitzen.ȱ Dabeiȱ istȱ allerdingsȱ zuȱ berücksichtiȬ gen,ȱdassȱzumȱTeilȱdieȱFunktionȱderȱGewährungȱvonȱRechtssicherheitȱerstȱ überȱ dieȱ Kombinationȱ unterschiedlicherȱ Gesetzeswerkeȱ zumȱ Tragenȱ kommt.ȱ Zuȱ denkenȱ istȱ beispielsweiseȱ anȱ dieȱ Vorschriftenȱ desȱ PublizitätsȬ gesetzesȱ(PublG).ȱ Dieȱ Entscheidungȱ fürȱ eineȱ bestimmteȱ Rechtsformȱ wirdȱ oftmalsȱ anȱ derȱ steuerlichenȱBelastungȱfestgemacht.ȱDassȱdieȱsichȱhierbeiȱergebendenȱUnȬ terschiedeȱ oftmalsȱ nichtȱ leichtȱ zuȱ berechnenȱ sind,ȱ zeigtȱ dasȱ folgendeȱ BeiȬ spiel:ȱ „Nach einer aktuellen Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zahlt eine Personengesellschaft im verarbeitenden Gewerbe 3,27 Prozent weniger Steuern als eine bis auf die Rechtsform identische Kapitalgesellschaft. Als Grund für den Vorteil nennt das ZEW die im Jahr 2001 neu eingeführte Gewerbesteueranrechnung. Personengesellschaften und Einzelunternehmer profitieren von der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Diese reduziert die Gewerbesteuerbelastung erheblich. Im Ergebnis wird dadurch sogar der für die Personengesellschaft berechnete Belastungsnachteil bei der Einkommensteuer, der Kirchensteuer und dem Solidaritätszuschlag überkompensiert.“ Quelle: o. V.: Steuervorteil für Personengesellschaften, in: www.manager-magazin.de/unternehmen/mittelstand/0,2828,252665,00.html – letzter Zugriff am 31.08.2004

3.2.2

Rechtsformen im Überblick

Bereitsȱ obenȱ wurdeȱ gezeigt,ȱ dassȱ derȱ vomȱ Gesetzgeberȱ vorgegebeneȱ RahmenȱderȱUnternehmensverfassungȱsowohlȱimȱHinblickȱaufȱdieȱInstituȬ tionalisierungȱeinesȱbestimmtenȱLeitungssystemsȱalsȱauchȱmitȱBlickȱaufȱdieȱ Wahlȱ einerȱ bestimmtenȱ Rechtsformȱ abhängigȱ istȱ vomȱ UnternehmensȬ standort.ȱJeȱnachȱLand,ȱinȱwelchemȱeineȱGesellschaftȱansässigȱist,ȱsindȱunȬ terschiedlicheȱ Rechtsformenȱ möglich.ȱ Dabeiȱ istȱ allerdingsȱ zuȱ beachten,ȱ

3.2 Rechtsformen

97

dassȱdieseȱRechtsformenȱsichȱvonȱLandȱzuȱLandȱnichtȱfundamentalȱunterȬ scheiden,ȱsondernȱ–ȱwieȱdieȱTab.ȱ3Ȭ2ȱzeigtȱ–ȱdurchausȱvergleichbarȱsind.ȱ D/A/ CH F

OHG (D, A), Kollektivgesellschaft (CH)

KG

GmbH

AG

société en nom collectif

société en commandite simple

société à responsabilité limitée (S.A.R.L.)

société anonyme (S.A.)

(-)

(-)

(50.000 FFR)

(nicht börsennotiert: 250.000 FFR; börsennotiert: 1,5 Mio. FFR)

1. Kap. Art. 10 ff. 2. Kap. Art. 23 ff. 3. Kap. Art.34 ff. 4./5. Kap. Art. 70 ff. Code de Sociétés – Loi No 66 – 537 (24.07.1966) sur les sociétés commerciales, Dècret No 67 – 236 v. 23.03.1967

GB

I

NL

E

USA

J

ordinary partnership

limited partnership

(private) limited company (Ltd.)

(public) limited company (plc.)

(-)

(-)

(-)

(50.000 GBP)

Partnership Act 1890

Limited Partnership Act

società in nome collettivo

società in accomandita semplice

società a responsabità limitata (S.r.l.)

società per azioni (S.o.A.)

(-)

(-)

(20 Mio. ITL)

(200 Mio. ITL)

§§ 2291 ff. Codice civile

§§ 2313 ff. Codice civile

§§ 2472 ff. Codice civile

§§ 2325 ff. Codice civile

vennootschap onder firma (V.O.F.)

commanditaire vennootschap (C.V.)

beslotenen vennootschap met beperkte aansprakelijkheid (B.V.)

naamloze vennootschap (N.V.)

(-)

(-)

(40.000 NLG)

(100.000 NLG)

Art. 15 – 34 Wetboek van Koophandel

Art. 15 – 34 Wetboek van

Art. 2: 175 – 274 Burgerlijk Wetboek

Art. 2: 6 – 164 Burgerlijk Wetboek

compañia coleciva

sociedad comanditaria

sociedad de responsabilidad limitada (S.r.l.)

sociedad anónima (S.A)

(-)

(-)

(0,5 Mio. ESP)

(10 Mio. ESP)

Art. 125 ff. Código de comercio

Art. 145 ff. Código de comercio

Ley de sociedades de responsabilidad limitada

Ley de sociedades anónimas

general partnership

limited partnership

close corporation (Inc./Corp.)

public corporation (Inc./Corp.)

(-)

(-)

(-)

(-)

Uniform Partnership Act (UPA)

Revised Uniform Limited Partnership Act (RULPA)

Model Statutory Close Corporation Supplement (M.S.C.C.S.)

Revised Model Business Corporation Act (R.M.B.C.A.)

Gomei Kaisha

Goshi Kaisha

Yûgengaisha

Kabushiki Kaiska (Inc./Ltd.)

(-)

(-)

(3 Mio. JPY)

(10 Mio. JPY)

Shôhô

Shôhô

Yûgengaishahô

Shôhô

(-) keine Mindestkapitalvorschriften

in manchen Bundesstaaten 1.000 USD

Quelle:ȱ Kutschker/Schmidȱ(2004),ȱS.ȱ638.ȱ Tab.ȱ3Ȭ2:ȱ RechtsformenȱausgewählterȱLänderȱimȱÜberblickȱ

ȱ

98

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

DerȱGesetzgeberȱhatȱfürȱUnternehmen,ȱdieȱihrenȱFirmensitzȱinȱDeutschȬ landȱ haben,ȱ eineȱ Vielzahlȱ vonȱ Rechtsformenȱ zurȱ Wahlȱ gestellt.1ȱ Abb.ȱ 3Ȭ6ȱ zeigtȱ dieȱ wichtigstenȱ sowieȱ dieȱ sichȱ darausȱ ergebendenȱ Mischformenȱ imȱ Überblick.ȱ Personengesellschaften

• • • •

Kapitalgesellschaften

• • • • • •

Gesellschaft des bürgerlichen Rechts offene Handelsgesellschaft (oHG) Kommanditgesellschaft (KG) stille Gesellschaft

„kleine“ Aktiengesellschaft (AG) Aktiengesellschaft (AG) Europäische Aktiengesellschaft (SE) Bergrechtliche Gewerkschaft Unternehmergesellschaft (UG) Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Mischformen

• Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) • Aktiengesellschaft und Co. KG (AG & Co. KG)

• Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co. KG (GmbH & Co. KG)

• Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co. KGaA (GmbH & Co. KGaA)

Abb.ȱ3Ȭ6:ȱWesentlicheȱRechtsformenȱinȱDeutschlandȱ Grundsätzlichȱ werdenȱ Personenȱ undȱ Kapitalgesellschaftenȱ unterschieȬ den.ȱ Dieȱ wesentlichenȱ Merkmaleȱ beiderȱ Gruppenȱ lassenȱ sichȱ anhandȱ derȱ Ausgestaltungȱ derȱ Selbstorganschaft,ȱ derȱ Rechtsfähigkeitȱ undȱ derȱ GestalȬ tungsfreiheitȱfestmachen.ȱFürȱPersonengesellschaftenȱergebenȱsichȱfolgenȬ deȱCharakteristika:ȱȱ

x Selbstorganschaft:ȱPersonengesellschaftenȱwerdenȱalleinȱdurchȱdieȱGeȬ sellschafterȱvertreten,ȱdieȱÜbertragungȱvonȱGeschäftsführungȱundȱVerȬ tretungȱnurȱaufȱExterneȱistȱunzulässig.ȱ

x Rechtsfähigkeit:ȱDieȱGesellschafterȱsindȱdieȱTrägerȱallerȱgesellschaftliȬ chenȱ Rechteȱ undȱ Pflichten,ȱ d.ȱh.ȱ dieȱ Personengesellschaftenȱ sindȱ nichtȱ selbstȱrechtsfähig.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱHommelhoffȱ(1993),ȱSp.ȱ1435ȱff.ȱ

ȱ

3.2 Rechtsformen

99

x Gestaltungsfreiheit:ȱ Personengesellschaftenȱ weisenȱ eineȱ weitgehendeȱ Gestaltungsfreiheitȱauf,ȱd.ȱh.ȱesȱgibtȱlediglichȱVorschriftenȱzumȱSchutzeȱ desȱRechtsverkehrs.ȱȱ FürȱKapitalgesellschaftenȱergebenȱsichȱfolgendeȱCharakteristika:ȱ

x Selbstorganschaft:ȱBeiȱdenȱKapitalgesellschaftenȱstehtȱimȱGegensatzȱzuȱ denȱPersonengesellschaftenȱnichtȱmehrȱderȱpersönlicheȱEinsatzȱderȱGeȬ sellschafter,ȱ sondernȱ ihreȱ kapitalmäßigeȱ Beteiligungȱ imȱ Vordergrund.ȱ Willensbildung,ȱ Geschäftsführungȱ undȱ Vertretungȱ sindȱ vonȱ derȱ IndiȬ vidualitätȱ derȱ Gesellschafterȱ abgelöstȱ undȱ besonderenȱ Organenȱ überȬ tragen.ȱ

x Rechtsfähigkeit:ȱ Kapitalgesellschaftenȱ sindȱ stetsȱ juristischeȱ Personen,ȱ rechtlichȱselbständigȱundȱsomitȱTrägerȱvonȱRechtenȱundȱPflichten.ȱ

x Gestaltungsfreiheit:ȱ Kapitalgesellschaftenȱ sindȱ deutlichȱ engereȱ MögȬ lichkeitenȱ derȱ Gestaltungȱ derȱ Gesellschaftsstrukturȱ gesetztȱ alsȱ esȱ diesȱ beiȱ Personengesellschaftenȱ derȱ Fallȱ ist.ȱ Allerdingsȱ wirdȱ derȱ Wechselȱ derȱGesellschafterȱdeutlichȱvereinfacht.ȱ Beiȱ denȱ folgendenȱ detailliertenȱ Ausführungenȱ zuȱ einzelnenȱ RechtsforȬ menȱ erfolgtȱ eineȱ Beschränkungȱ aufȱ Kapitalgesellschaften.ȱ Sieȱ sindȱ es,ȱ beiȱ denenȱ derȱ Gesetzgeberȱ verfassungsmäßigeȱ Institutionenȱ geschaffenȱ hat,ȱ beiȱ denenȱ LeitungsȬ,ȱ KontrollȬȱ undȱ Interessenvertretungskompetenzȱ aufȱ mehrereȱInstitutionenȱverteiltȱsindȱbzw.ȱseinȱkönnten.ȱNichtȱnäherȱbetrachȬ tetȱwerdenȱinsofernȱsämtlicheȱPersonengesellschaftenȱsowieȱdieȱalsȱRechtsȬ formȱnurȱvereinzeltȱanzutreffendenȱGenossenschaften.ȱWennȱinȱdemȱnachȬ folgendenȱ Abschnittȱ dieȱ Aktiengesellschaftȱ nurȱ inȱ ihrerȱ Ausprägungȱ alsȱ „kleineȱ Aktiengesellschaft“ȱ behandeltȱ wird,ȱ soȱ istȱ diesȱ daraufȱ zurückzuȬ führen,ȱdassȱdieȱwesentlichenȱallgemeinenȱVerfassungselementeȱeinerȱAkȬ tiengesellschaftȱ bereitsȱ zurȱ Illustrationȱ desȱ dualistischenȱ Leitungsmodellsȱ herangezogenȱ wurdenȱ undȱ aufȱ eineȱ entsprechendeȱ Wiederholungȱ zumȱ Zweckȱ derȱ Vollständigkeitȱ verzichtetȱ wurde.ȱ Entsprechendȱ beschäftigtȱ sichȱderȱnächsteȱAbschnittȱmitȱden,ȱinsbesondereȱvonȱkleinenȱundȱmittleȬ renȱ Unternehmenȱ gewählten,ȱ Rechtsformenȱ derȱ Gesellschaftȱ mitȱ beȬ schränkterȱ Haftungȱ (GmbH),ȱ derȱ Unternehmergesellschaftȱ (UG)ȱ undȱ derȱ

100

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

sog.ȱ kleinenȱ Aktiengesellschaftȱ (AG)ȱ sowieȱ derȱ fürȱ Großunternehmenȱ konzipiertenȱEuropäischenȱAktiengesellschaftȱ(SE).ȱ

3.2.3

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

3.2.3.1

Gegenstand der GmbH

MitȱderȱGesellschaftȱmitȱbeschränkterȱHaftung1ȱ(GmbH)ȱhatȱderȱGesetzȬ geberȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ denȱ gängigenȱ anderenȱRechtsformenȱ wieȱderȱ AkȬ tiengesellschaft,ȱ derȱ Genossenschaftȱ oderȱ derȱ Personengesellschaftȱ dieȱ künstlicheȱ Schaffungȱ einerȱ Rechtsformȱ vorgenommen.ȱ Währendȱ dieȱ o.ȱg.ȱ Rechtsformenȱ bereitsȱ vorȱ derȱ Kodifizierungȱ durchȱ denȱ Gesetzgeberȱ entȬ standenȱsind,ȱentspringtȱdieȱGmbHȱderȱÜberlegung,ȱdassȱfürȱdieȱAbwickȬ lungȱ desȱ Wirtschaftsgeschehensȱ dieȱ beidenȱ zentralenȱ Rechtsformenȱ AkȬ tiengesellschaftȱ undȱ Personengesellschaftȱ ungeeignetȱ erscheinen.ȱ Esȱ warȱ Zielȱ desȱ 1892ȱ inȱ Kraftȱ getretenenȱ GmbHȬGesetzes,ȱ denȱ Vorteilȱ derȱ engenȱ Beziehungȱ vonȱ Unternehmenȱ undȱ Gesellschaftern,ȱ wieȱ erȱ beiȱ derȱ PersoȬ nengesellschaftȱderȱFallȱist,ȱmitȱdemȱVorteilȱderȱbeschränktenȱHaftungȱderȱ Aktiengesellschaftȱ zuȱ verbinden.ȱ Dieȱ Rechtsformȱ derȱ GmbHȱ erwiesȱ sichȱ alsȱäußerstȱattraktivȱundȱwurdeȱvonȱvielenȱUnternehmenȱgewählt.ȱDieȱweȬ sentlichenȱ verfassungsmäßigenȱ Regelungenȱ desȱ deutschenȱ GmbHGȱ wurȬ denȱ späterȱ vonȱ vielenȱ europäischenȱ undȱ außereuropäischenȱ Ländernȱ übernommen.ȱ Dieȱ GmbHȱ stelltȱ eineȱ Kapitalgesellschaftȱ mitȱ eigenerȱ RechtspersönlichȬ keitȱdar.ȱDieȱverfassungsmäßigenȱRegelungenȱsindȱimȱGmbHGȱniedergeȬ legt.ȱAlsȱKapitalgesellschaftȱkannȱdieȱGmbHȱausȱeinemȱoderȱmehrerenȱGeȬ sellschafternȱbestehen.ȱAlsȱRechtsformȱwirdȱsieȱvorȱallemȱvonȱkleinenȱundȱ mittlerenȱUnternehmenȱgewählt,ȱbeiȱdenenȱdieȱGesellschafterȱnichtȱgewilltȱ sind,ȱdieȱHaftungȱ fürȱ etwaigeȱ Verlusteȱ auchȱaufȱihrȱ Privatvermögenȱ ausȬ zudehnen.ȱ Dieȱ Haftungȱ derȱ GmbHȱ istȱ aufȱ dieȱ geleisteteȱ Kapitaleinlage,ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱausführlichȱzurȱRechtsformȱderȱGmbHȱBaumbachȱetȱal.ȱ(2000);ȱBartlȱetȱal.ȱ (2002)ȱsowieȱSchmidtȱ(2002),ȱS.ȱ983ȱff.ȱ

3.2 Rechtsformen

101

d.ȱh.ȱdasȱGesellschaftsvermögen,ȱbeschränkt.1ȱImȱHinblickȱaufȱdenȱUnterȬ nehmenszweckȱ wirdȱ vomȱ Gesetzgeberȱ keineȱ Einschränkungȱ vorgenomȬ men.ȱEntsprechendȱdesȱ§ȱ1ȱGmbHGȱkannȱdieȱGmbHȱzuȱjedemȱzulässigenȱ Zweckȱ–ȱseiȱerȱnunȱgewerblichȱoderȱnichtȱgewerblichȱ–ȱgegründetȱwerden.ȱ Unabhängigȱ vomȱ Geschäftszweckȱ unterliegtȱ dieȱ GmbHȱ jedochȱ denȱ fürȱ Vollkaufleuteȱ geltendenȱ Vorschriftenȱ (§ȱ 13ȱ Abs.ȱ 3ȱ GmbHG).ȱ Sieȱ istȱ damitȱ eineȱHandelsgesellschaftȱimȱSinneȱdesȱ§ȱ6ȱHGB.ȱ Dieȱ GmbHȱ istȱ fürȱ vieleȱ Unternehmerȱ diejenigeȱ Rechtsform,ȱ welcheȱȱ –ȱeinmalȱ vonȱ derȱ Gesellschaftȱ desȱ Einzelkaufmannsȱ abgesehenȱ–ȱ beiȱ UnȬ ternehmensgründungȱ gewähltȱ wird.ȱ Dabeiȱ istȱ allerdingsȱ zuȱ bedenken,ȱ dassȱ dieȱ GmbHȱ oftmalsȱ nichtȱ inȱ Reinformȱ gewähltȱ wird,ȱ sondernȱ inȱ derȱ FormȱderȱKomplementärȬGmbH,ȱwieȱsieȱGegenstandȱderȱGmbHȱ&ȱCo.ȱKGȱ ist.ȱ Allerdingsȱ führtȱ nichtȱ zuletztȱ dieȱ hoheȱ Insolvenzzahlȱ (Tab.ȱ 3Ȭ3),ȱ dieȱ UnternehmenȱderȱRechtsformȱGmbHȱaufweisen,ȱdazu,ȱdassȱderȱGmbHȱeinȱ eherȱ zweifelhaftesȱ Renommeeȱ imȱ Rechtsverkehrȱ eingeräumtȱ wird.2ȱ OftȬ malsȱsindȱesȱDefekteȱinȱderȱKontrolleȱderȱLeitungskompetenzȱderȱGmbH,ȱ dieȱesȱUnternehmenȱdieserȱRechtsformȱerleichtern,ȱGläubigerȱmitȱunseriöȬ senȱ Geschäftspraktikenȱ zuȱ schädigen.ȱ Letztlichȱ wirdȱ wohlȱ nurȱ eineȱ VerȬ schärfungȱderȱHaftungȱdazuȱbeitragenȱkönnen,ȱhierȱregulierendȱwirkenȱzuȱ können.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Dieseȱ imȱ Gesetzȱ geregelteȱ Beschränkungȱ derȱ Haftungȱ derȱ Gesellschafterȱ darfȱ jedochȱ nichtȱdarüberȱ hinwegȱ täuschen,ȱ dassȱ dieȱ Bankenȱ dieȱ Kreditgewährungȱ anȱdieȱGesellschaftȱvielfachȱmitȱeinerȱpersönlichenȱBürgschaftȱderȱGesellschafȬ terȱ verbinden.ȱInsofernȱ kannȱ vonȱ einerȱ beschränktenȱ Haftungȱ nurȱ bedingtȱ geȬ sprochenȱwerden.ȱ 2ȱ Vgl.ȱSchmidtȱ(2002),ȱS.ȱ991ȱff.ȱ

102

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

Insolvenzen

Rechtsform

Insolvenzhäufigkeit bezogen auf 10.000 Unternehmen

2006

2007

2006

2007

17.175

15.125

79

69

2.454

1.964

63

50

13.456

10.947

150

122

Aktiengesellschaften, KGaA

289

232

165

133

Sonstige Rechtsformen

763

892

129

151

Einzelunternehmen Personengesellschaften (oHG, KG) Gesellschaft m. b. H.

Quelle:ȱ StatistischesȱBundesamtȱ Tab.ȱ3Ȭ3:ȱ InsolvenzȱundȱRechtsformȱ Vergleichtȱ manȱ dieȱ Insolvenzhäufigkeitȱ bezogenȱ aufȱ 10.000ȱ UnternehȬ men,ȱsoȱistȱderȱUnterschiedȱzuȱdenȱvollȱhaftendenȱPersonengesellschaftenȱ eklatant.ȱWobeiȱjedochȱnichtȱübersehenȱwerdenȱsollte,ȱdassȱauchȱinnovatiȬ veȱGeschäftsideenȱeinerȱRechtsformȱbedürfen,ȱdieȱdasȱGeschäftsrisikoȱkalȬ kulierbarȱmacht.ȱ

3.2.3.2

Organe der GmbH

Mitȱ derȱ Organstrukturȱ orientiertȱ sichȱ dieȱ GmbHȱ amȱ monistischenȱ LeiȬ tungssystem.ȱNurȱfürȱgroßeȱGesellschaftenȱmitȱbeschränkterȱHaftungȱsiehtȱ derȱ Gesetzgeberȱ einȱ weiteresȱ Organȱ vor:ȱ denȱ Aufsichtsrat.ȱ Dieȱ GmbHȱ kannȱ alsȱ Rechtsformȱ alsoȱ sowohlȱ eineȱ monistischeȱ alsȱ auchȱ eineȱ dualistiȬ scheȱLeitungsstrukturȱaufweisen.ȱ DieȱzentralenȱOrganeȱderȱGesellschaftȱsindȱdieȱGesellschafterversammȬ lungȱundȱdieȱoderȱderȱGeschäftsführer.ȱDabeiȱwirdȱdieȱGesellschafterverȬ sammlungȱalsȱdasȱobersteȱOrganȱderȱWillensbildungȱderȱGesellschaftȱanȬ gesehen.ȱDieȱAufgabenȱderȱGesellschafterversammlungȱsindȱimȱ§ȱ46ȱNr.ȱ1ȱ

3.2 Rechtsformen

103

bisȱ 8ȱ GmbHGȱ festgelegt.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ vonȱ besondererȱ BeȬ deutungȱsind:1ȱ x dieȱ Feststellungȱ desȱ Jahresabschlussesȱ undȱ dieȱ Entscheidungȱ überȱ dieȱ Ergebnisverwendung,ȱ x dieȱBestellungȱundȱAbberufungȱvonȱGeschäftsführernȱsowieȱ x dieȱ Bestimmungȱ derȱ Regelnȱ zurȱ Prüfungȱ undȱ Überwachungȱ derȱ GeȬ schäftsführung.ȱ Darüberȱ hinausȱ könnenȱ nochȱ weitereȱ Zuständigkeitenȱ inȱ denȱ KompeȬ tenzbereichȱderȱGesellschafterȱbzw.ȱderȱGesellschafterversammlungȱfallen.ȱ Nachȱ§ȱ45ȱAbs.ȱ1ȱGmbHGȱkönnenȱderartigeȱBefugnisseȱallumfassendȱsein.ȱ Diesȱ richtetȱ sichȱ insbesondereȱ aufȱ dieȱ Kompetenzenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Führungȱ derȱ Geschäfteȱ derȱ Gesellschaft.ȱ Einzigeȱ Bedingungȱ ist,ȱ dassȱ entȬ sprechendeȱBefugnisseȱimȱGesellschaftsvertragȱfestgelegtȱsind.ȱDieȱGesellȬ schafterȱ ȱ bzw.ȱ dieȱ Gesellschafterversammlungȱ besitztȱ demnachȱ aȱ prioriȱ sowohlȱdieȱLeitungsȬȱalsȱauchȱdieȱKontrollkompetenzȱimȱHinblickȱaufȱdieȱ Geschäftsführungȱ derȱ Gesellschaft.ȱ Inȱ derȱ praktischenȱ Umsetzungȱ dieserȱ Kompetenzenȱ wirdȱ jedochȱ dieȱ Leitungskompetenzȱ teilweiseȱ oderȱ vollȬ ständigȱanȱdieȱGeschäftsführungȱabgetreten.ȱEineȱderartigeȱDelegationȱderȱ KompetenzȱkannȱjedochȱvonȱdenȱGesellschafternȱjederzeitȱrückgängigȱgeȬ machtȱwerden.ȱ AbstimmungenȱinȱderȱGesellschafterversammlungȱerfolgenȱmitȱderȱeinȬ fachenȱ Mehrheitȱ derȱ abgegebenenȱ Stimmenȱ (§ȱ47ȱ Abs.ȱ 1ȱ GmbHG).ȱ Dabeiȱ bemisstȱ sichȱ dieȱ jeweiligeȱ Stimmenzahlȱ derȱ Gesellschafterȱ nachȱ ihremȱ jeȬ weiligenȱ Geschäftsanteil.ȱ Fürȱ grundsätzlicheȱ Beschlüsse,ȱ wieȱ z.ȱB.ȱ ÄndeȬ rungenȱ desȱ Gesellschaftsvertragesȱ oderȱ dieȱ HeraufȬȱ bzw.ȱ Herabsetzungȱ desȱKapitalsȱsiehtȱderȱGesetzgeberȱqualifizierteȱMehrheitenȱvor.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Dabeiȱistȱzuȱbeachten,ȱdassȱdieȱGesellschafterȱzurȱFassungȱvonȱGesellschaftsbeȬ schlüssenȱnichtȱzwingendȱzuȱeinerȱGesellschaftsversammlungȱzusammentretenȱ müssen.ȱ§ȱ48ȱAbs.ȱ2ȱGmbHGȱsiehtȱhierȱauchȱdieȱZustimmung/Ablehnungȱvonȱ AnträgenȱdurchȱRundschreibenȱu.ȱä.ȱvor.ȱ

104

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

Dieȱ Gesellschaftȱ wirdȱ gerichtlichȱ undȱ außergerichtlichȱ vonȱ demȱ oderȱ denȱGeschäftsführernȱvertretenȱ(§ȱ35ȱAbs.ȱ1ȱGmbHG).ȱAllerdingsȱhandeltȱ esȱsichȱinȱdiesemȱFallȱumȱeineȱweisungsgebundeneȱVertretungȱderȱGesellȬ schaft,ȱderenȱBindungscharakterȱüberȱdenȱGesellschaftsvertragȱgeregeltȱistȱ (§ȱ35ȱ Abs.ȱ 2ȱ GmbHG).ȱ Hierȱ liegtȱ einȱ zentralerȱ Unterschiedȱ zurȱ AktiengeȬ sellschaft.ȱDortȱleitetȱnachȱ§ȱ76ȱAbs.ȱ1ȱAktGȱderȱVorstandȱdieȱGesellschaftȱ inȱeigenerȱVerantwortung,ȱd.ȱh.ȱerȱistȱnichtȱweisungsabhängig.ȱEineȱderartȱ schwacheȱ Stellungȱ desȱ Geschäftsführersȱ istȱ insbesondereȱ dannȱ zuȱ verȬ zeichnen,ȱ wennȱ eineȱ Fremdorganschaftȱ imȱ Sinneȱ desȱ §ȱ6ȱ Abs.ȱ 2ȱ GmbHGȱ vorliegt,ȱ d.ȱh.ȱ einȱ Gesellschafterȱ nichtȱ gleichzeitigȱ auchȱ Geschäftsführerȱ derȱGesellschaftȱist.ȱ InȱderȱRechtsformȱderȱGmbHȱbesitztȱderȱMehrheitsgesellschafterȱdamitȱ eineȱherausragendeȱStellung.ȱAuchȱohneȱdassȱerȱdenȱGeschäftsführerȱstellt,ȱ bestimmtȱerȱdieȱGeschäftsführung.ȱInsofernȱkommtȱesȱbeiȱderȱGmbHȱnichtȱ nurȱ zuȱ einerȱ engenȱ Verzahnungȱ vonȱ LeitungsȬȱ undȱ Kontrollkompetenz,ȱ sondernȱ auchȱ zuȱ einerȱ erheblichenȱ Einschränkungȱ derȱ InteressenvertreȬ tungskompetenzȱ vonȱ Minderheitsgesellschaftern.ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱVerteilungȱbzw.ȱbesserȱKumulierungȱderȱzentralenȱKompetenzenȱderȱ Unternehmensverfassungȱ istȱ esȱ auchȱ nichtȱ verwunderlich,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ Rechtsformȱ derȱ GmbH,ȱ insbesondereȱ inȱ HoldingȬOrganisationen,ȱ großerȱ Beliebtheitȱ erfreut.ȱ Sieȱ ermöglichtȱ dieȱ Führungȱ derȱ Gesellschaftȱ „mitȱ unȬ sichtbarerȱHand“.1ȱ Nebenȱ denȱ beidenȱ Organenȱ derȱ Gesellschafterversammlungȱ undȱ derȱ Geschäftsführungȱkannȱbzw.ȱmussȱeineȱGmbHȱauchȱeinenȱAufsichtsratȱinȬ stitutionalisieren.ȱWirdȱeinȱAufsichtsratȱvomȱGesetzgeberȱnichtȱgefordert,ȱ aberȱ vomȱ Gesellschaftsvertragȱ vorgeschrieben,ȱ soȱ sprichtȱ manȱ vonȱ einemȱ fakultativenȱAufsichtsratȱ(§ȱ52ȱAbs.ȱ1ȱGmbHG).ȱDieȱKompetenzȱsowieȱdieȱ ZusammensetzungȱdesȱfakultativenȱAufsichtsratesȱergebenȱsichȱdamitȱausȱ denȱ entsprechendenȱ Regelungenȱ desȱ Gesellschaftsvertrages.ȱ Derȱ GesetzȬ geberȱtrifftȱsomitȱkeineȱFestlegungȱimȱHinblickȱaufȱdieȱAusgestaltungȱderȱ Kontrollkompetenzen.ȱDiesȱfälltȱinȱdenȱKompetenzbereichȱderȱGesellschafȬ ter,ȱ dieȱ hierȱ entsprechendeȱ Regelungenȱ imȱ Gesellschaftsvertragȱ treffen.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Schmidtȱ(2002),ȱS.ȱ1069.ȱ

3.2 Rechtsformen

105

FolglichȱkönnenȱdieȱKompetenzenȱdesȱfakultativenȱAufsichtsratesȱvonȱGeȬ sellschaftȱzuȱGesellschaftȱhöchstȱunterschiedlichȱsein.ȱ EinȱetwasȱanderesȱBildȱergibtȱsichȱfürȱdenȱFall,ȱdassȱdieȱGesellschaftȱgeȬ zwungenȱ istȱ einenȱ Aufsichtsratȱ zuȱ bilden.ȱ Daȱ dieserȱ Zwangȱ vonȱ denȱ unȬ ternehmensbezogenenȱ Mitbestimmungsregelungenȱ desȱ MontanMitbestG,ȱ desȱDrittelbGȱoderȱdesȱMitbestGȱausgehtȱwirdȱdieserȱAufsichtsratȱauchȱalsȱ „mitbestimmterȱ Aufsichtsrat“ȱ bezeichnet.ȱ Daȱ sämtlicheȱ MitbestimmungsȬ gesetzeȱ denȱ Zwangȱ zurȱ Mitbestimmungȱ anȱ derȱ Zahlȱ derȱ Beschäftigtenȱ festmachen,ȱ istȱ einȱ solcherȱ zwangsweiseȱ einzurichtenderȱ Aufsichtsratȱ beȬ reitsȱabȱeinerȱBeschäftigtenzahlȱvonȱ500ȱzuȱbilden.ȱHierȱgreiftȱdieȱRegelungȱ desȱ§ȱ1ȱAbs.ȱ1ȱZifferȱ3ȱDrittelbG.ȱȱ Dieȱ Kompetenzenȱ (Rechteȱ undȱ Pflichten)ȱ desȱ „mitbestimmten“ȱ AufȬ sichtsratesȱrichtenȱsichȱnachȱdenȱeinschlägigenȱVorschriftenȱdesȱAktiengeȬ setzes.ȱD.ȱh.ȱesȱgeltenȱhierȱdieȱVorschriftenȱdesȱ§ȱ90ȱAbs.ȱ3,ȱ4,ȱ5ȱSatzȱ1ȱundȱ 2,ȱ§§ȱ95ȱbisȱ114,ȱ116,ȱ118ȱAbs.ȱ2,ȱ§ȱȱ125ȱAbs.ȱ3,ȱ§ȱȱ171ȱsowieȱdesȱ268ȱAbs.ȱ2ȱ AktG.ȱ Dieȱ GmbHȬVerfassungȱ ändertȱ sichȱ entsprechendȱ zwingendȱ imȱ HinblickȱaufȱdieȱBestellungȱundȱAbberufungȱderȱGeschäftsführer.ȱDieȱentȬ sprechendeȱKompetenzȱgehtȱvonȱderȱGesellschafterversammlungȱaufȱdenȱ Aufsichtsratȱ über.ȱ Soweitȱ dieȱ Gesellschaftȱ demȱ §ȱ25,ȱ 31ȱ MitbestGȱ unterȬ liegt,ȱkannȱderȱGesellschaftsvertragȱinȱdieserȱHinsichtȱkeineȱanderweitigeȱ Vorgehensweiseȱ festlegen.ȱ Dieseȱ Kompetenzverlagerungȱ darfȱ jetztȱ jedochȱ nichtȱdahingehendȱinterpretiertȱwerden,ȱdassȱdieȱGeschäftsführungȱeigenȬ verantwortlichȱimȱSinneȱeinesȱVorstandesȱeinerȱAktiengesellschaftȱagierenȱ kann.ȱDieȱWeisungsgebundenheitȱderȱGeschäftsführungȱanȱBeschlüsseȱderȱ Gesellschafterversammlungȱbleibtȱauchȱweiterhinȱbestehen.1ȱȱ

3.2.3.3

Gründung einer GmbH

ZurȱGründungȱeinerȱGmbHȱsindȱeinȱoderȱmehrereȱPersonenȱnotwendigȱ (§ȱ1ȱGmbHG).ȱDieȱErrichtungȱderȱGmbHȱerfolgtȱdurchȱdieȱnotarielleȱBeurȬ kundungȱdesȱvonȱsämtlichenȱGründernȱunterzeichnetenȱGesellschaftsverȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱSchmidtȱ(2002),ȱS.ȱ1110ȱundȱdieȱdortȱzitierteȱkommentierendeȱLiteratur.ȱ

106

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

tragesȱ (§ȱ2ȱ Abs.ȱ 1ȱ GmbHG).1ȱ Dieȱ Mindestanforderungenȱ anȱ denȱ GesellȬ schaftsvertragȱsindȱfolgendeȱ(§ȱ3ȱGmbHG):ȱ x EsȱmussȱdieȱFirmaȱundȱderȱSitzȱderȱFirmaȱgenanntȱwerden.ȱ x Ebensoȱ istȱ derȱ Gegenstandȱ desȱ Unternehmensȱ imȱ Gesellschaftsvertragȱ anzugeben.ȱ x Nebenȱ demȱ Betragȱ desȱ Stammkapitalsȱ istȱ auchȱ dieȱ vonȱ jedemȱ GesellȬ schafterȱaufȱdasȱStammkapitalȱzuȱleistendeȱEinlageȱzuȱnennen.ȱ x SchließlichȱhatȱderȱGesellschaftsvertragȱauchȱAuskunftȱdarüberȱzuȱgeȬ ben,ȱ obȱ dieȱ Gesellschaftȱ nurȱ fürȱ eineȱ bestimmteȱ Dauerȱ existierenȱ sollȱ oderȱobȱGesellschafternȱnebenȱderȱLeistungȱihrerȱEinlageȱnochȱweitereȱ Verpflichtungenȱauferlegtȱwurden.ȱ Vergleichtȱ manȱ dieȱ Freiheitȱ derȱ Gestaltungȱ desȱ Gesellschaftsvertragesȱ eiȬ nerȱ GmbHȱ mitȱ denȱ entsprechendenȱ Regelungenȱ fürȱ eineȱ AktiengesellȬ schaft,ȱsoȱbesitztȱdieȱGmbHȱeineȱdeutlichȱhöhereȱGestaltungsfreiheit.ȱDiesȱ istȱinsbesondereȱaufȱdasȱimȱGmbHȬRecht,ȱimȱGegensatzȱzumȱAktienrecht,ȱ nichtȱvorhandeneȱPrinzipȱderȱformellenȱSatzungsstrengeȱzurückzuführen.2ȱ Soȱ darfȱ nachȱ §ȱ23ȱ Abs.ȱ 5ȱ AktGȱ dieȱ Satzungȱ einerȱ Aktiengesellschaftȱ nurȱ dannȱ vonȱ denȱ Vorschriftenȱ desȱ Aktiengesetzesȱ abweichen,ȱ wennȱ esȱ ausȬ drücklichȱ imȱ Gesetzȱ zugelassenȱ ist.ȱ Damitȱ dieȱ beschränkteȱ Haftungȱ derȱ Gesellschaftȱ auchȱ nachȱ außenȱ hinȱ sichtbarȱ wird,ȱ mussȱ derȱ Firmennameȱ zwingendȱmitȱdemȱZusatzȱGmbHȱversehenȱwerdenȱ(§ȱ4ȱGmbHG).ȱ Dasȱ haftendeȱ Stammkapitalȱ istȱ vonȱ denȱ Gesellschafternȱ aufzubringen.ȱ AlsȱEinlageȱistȱeineȱGeldeinlageȱebensoȱmöglichȱwieȱeineȱSacheinlage,ȱwoȬ beiȱ anȱ dieȱ Sacheinlageȱ allerdingsȱ bestimmteȱ Bedingungenȱ geknüpftȱ sindȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Nebenȱ derȱ Gründungȱ einerȱ Gründungȱ einerȱ GmbHȱ kannȱ eineȱ GmbHȱ auchȱ durchȱ Formwechselȱ oderȱ durchȱ Verschmelzungȱ bzw.ȱ Spaltungȱ entstehen.ȱ Dieȱ hierfürȱ relevantenȱ Regelungenȱ findenȱ sichȱ imȱ Umwandlungsgesetzȱ (UmwG).ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱSchmidtȱ(2002),ȱS.ȱ331ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱSchmidtȱ(2004),ȱS.ȱ1004.ȱ

3.2 Rechtsformen

107

(§ȱ5ȱ Abs.ȱ 4ȱ GmbHG).ȱ Inȱ jedemȱ Fallȱ mussȱ dasȱ Stammkapitalȱ mindestensȱ 25.000ȱEuroȱbetragen.ȱBetrachtetȱmanȱdieseȱvomȱGesetzgeberȱfixierteȱHöheȱ desȱMindeststammkapitals,ȱsoȱkommtȱmanȱnichtȱumhinȱfestzustellen,ȱdassȱ dieȱHaftungȱderȱGmbHȱsichȱsukzessiveȱüberȱdieȱJahreȱverringertȱhat.ȱVorȱ derȱ Umstellungȱ derȱ DȬMarkȱ aufȱ denȱ Euroȱ betrugȱ dieȱ Höheȱ derȱ MindestȬ einlageȱ 50.000ȱ DM.ȱ Dieseȱ Grenzeȱ galtȱ seitȱ 1981.ȱ Bezogenȱ aufȱ diesenȱ ZeitȬ punktȱhatȱsichȱderȱWertȱderȱhaftendenȱMindesteinlageȱdamitȱmehrȱalsȱhalȬ biert.ȱ FernerȱistȱdieȱGesellschaftȱzurȱEintragungȱinȱdasȱHandelsregisterȱanzuȬ meldenȱ(§ȱ7ȱAbs.ȱ1ȱGmbHG).ȱAngemeldetȱwerdenȱdarfȱdieȱGmbHȱjedochȱ erst,ȱ wennȱ jedeȱ Bareinlageȱ zuȱ mindestensȱ 25ȱ Prozentȱ undȱ dieȱ StammeinȬ lageȱvollständigȱgeleistetȱist.ȱDabeiȱmussȱsichȱdieȱGesamtsummeȱderȱEinȬ lagenȱaufȱmindestensȱ12.500ȱEuroȱbelaufen.ȱZurȱAnmeldungȱsindȱfolgendeȱ Unterlagenȱbeizubringenȱ(§ȱ8ȱGmbHG):ȱ x DerȱGesellschaftsvertrag,ȱ x dieȱLegitimationȱderȱGeschäftsführer,ȱ x eineȱ unterschriebeneȱ Listeȱ derȱ Gesellschafterȱ (inklusiveȱ Name,ȱ GeȬ burtsdatum,ȱWohnortȱundȱHöheȱderȱübernommenenȱEinlage),ȱ x Unterlagen,ȱ ausȱ denenȱ derȱ Wertȱ derȱ ggf.ȱ geleistetenȱ Sacheinlageȱ herȬ vorgeht,ȱsowieȱ x dieȱ Abgabeȱ einerȱ Versicherung,ȱ dassȱ dieȱ eingebrachtenȱ Sacheinlagenȱ sichȱinȱderȱfreienȱVerfügungȱderȱGeschäftsführerȱbefinden.ȱ x Fernerȱ habenȱ dieȱ Geschäftsführerȱ eineȱ Versicherungȱ abzugeben,ȱ dassȱ keineȱ Umständeȱ vorliegen,ȱ dieȱ ihrerȱ Bestellungȱ nachȱ §ȱ6ȱ Abs.ȱ 2ȱ Satzȱ 3ȱ undȱ4ȱGmbHGȱentgegenstehenȱ x undȱesȱistȱanzugeben,ȱwelcheȱVertretungsbefugnisseȱdieȱGeschäftsfühȬ rerȱhaben.ȱ

108

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

x Schließlichȱ habenȱ dieȱ Geschäftsführerȱ ihreȱ Unterschriftȱ beiȱ Gerichtȱ zuȱ hinterlassen.ȱ Nachdemȱ dieȱ registergerichtlicheȱ Prüfungȱ derȱ Unterlagenȱ erfolgtȱ ist,ȱ wirdȱ dieȱ Gesellschaftȱ insȱ Handelsregisterȱ eingetragenȱ undȱ dieseȱ bekanntȱ gemacht.ȱ Derȱ Umfangȱ derȱ Eintragungȱ inȱ dasȱ Handelsregisterȱ istȱ inȱ §ȱ10ȱ GmbHGȱ geregelt.ȱ Eineȱ Eintragungȱ istȱ insbesondereȱ dannȱ abzulehnen,ȱ wennȱ dieȱ Sacheinlagenȱ überbewertetȱ wurdenȱ (§ȱ9ȱcȱ GmbHG).ȱ Allerdingsȱ istȱ nachȱ herrschenderȱ Meinungȱ dieȱ dortȱ getroffeneȱ Vorschriftȱ ungenauȱ formuliert.1ȱȱ

3.2.4

Unternehmergesellschaft (UG)

Beiȱ derȱ Unternehmergesellschaftȱ (UG)ȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ dieȱ jüngsteȱ vomȱ deutschenȱ Gesetzgeberȱ geschaffeneȱ Rechtsform.ȱ Sieȱ wirdȱ umgangsȬ sprachlichȱauchȱalsȱ„MiniȬGmbH“ȱoderȱ„EinȬEuroȱGmbH“ȱbezeichnet.ȱDieȱ Unternehmergesellschaftȱ wurdeȱ imȱ Zugeȱ desȱ Gesetzesȱ zurȱ ModernisieȬ rungȱdesȱGmbHȬRechtsȱundȱzurȱBekämpfungȱvonȱMissbräuchenȱ(MoMiG)ȱ eingeführt,ȱwelchesȱzumȱ1.ȱNovemberȱ2008ȱinȱKraftȱtrat.ȱDieȱentsprechenȬ denȱgesetzlichenȱGrundlagenȱfindenȱsichȱinȱ§ȱ5ȱaȱGmbHG.ȱ DieȱUGȱwurdeȱgeschaffen,ȱumȱesȱinsbesondereȱUnternehmensgründernȱ mitȱ einerȱ geringenȱ Stammkapitalausstattungȱ zuȱ ermöglichen,ȱ sichȱ ebenȬ fallsȱeinerȱhaftungsbeschränktenȱGesellschaftsformȱzuȱbedienen.ȱAuslöserȱ fürȱdieȱSchaffungȱeinerȱsolchenȱRechtsformȱwarȱeineȱEntscheidungȱdesȱEuȬ ropäischenȱ Gerichtshofesȱ zurȱ Niederlassungsfreiheitȱ vonȱ AuslandsgesellȬ schaften.ȱDamitȱstandȱauchȱdeutschenȱUnternehmenȱdieȱMöglichkeitȱoffen,ȱ sichȱ einerȱ ausländischenȱ Rechtsformȱ zuȱ bedienen.ȱ Geradeȱ beiȱ kapitalȬ schwachenȱ Unternehmensgründungenȱ führteȱ diesȱ zuȱ einerȱ starkenȱ ZuȬ nahmeȱderȱWahlȱderȱenglischenȱ„privateȱlimitedȱcompanyȱ(Ltd.)“,ȱzuȱdeȬ renȱ Gründungȱ keinȱ Stammkapitalȱ notwendigȱ ist,ȱ beiȱ derȱ aberȱ trotzdemȱ eineȱ Haftungsbeschränkungȱ besteht.ȱ Manȱ kommtȱ insofernȱ nichtȱ umhinȱ festzustellen,ȱdassȱdieȱUGȱdasȱErgebnisȱeinesȱwettbewerblichenȱProzessesȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱSchmidtȱ(2004),ȱS.ȱ1008.ȱ

3.2 Rechtsformen

109

zwischenȱ unterschiedlichenȱ Rechtsformenȱ inȱ denȱ Ländernȱ derȱ EUȱ darȬ stellt.ȱ Derȱ Umstand,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ gesetzlichenȱ Regelungenȱ derȱ UGȱ imȱ GmbHGȱ befinden,ȱ zeigtȱ bereits,ȱ dassȱ dieȱ UGȱ strukturellȱ derȱ GmbHȱ sehrȱ ähnlichȱist.ȱD.ȱh.ȱauchȱdieȱUGȱistȱhaftungsbeschränktȱundȱeineȱKapitalgeȬ sellschaftȱmitȱeigenerȱRechtspersönlichkeit,ȱdieȱerstȱzuȱdemȱZeitpunktȱexisȬ tiert,ȱ zuȱ demȱ sieȱ insȱ Handelsregisterȱ eingetragenȱ wurde.ȱ Dieȱ UGȱ verfügtȱ fernerȱwieȱdieȱ(kleine)ȱGmbHȱüberȱeineȱGeschäftsführungȱundȱeineȱGesellȬ schafterversammlung.ȱ Derȱ zentraleȱ Unterschiedȱ findetȱ sichȱ beimȱ StammȬ kapital.ȱ Beiȱ derȱ UGȱ istȱ einȱ Mindestkapitalȱ vonȱ 1ȱEuroȱ möglichȱ (SacheinȬ lagenȱsindȱentsprechendȱnichtȱzulässig).ȱ DaȱesȱaberȱerklärtesȱZielȱdesȱGesetzgebersȱist,ȱdieȱUGȱbeiȱerfolgreicherȱ Geschäftsführungȱ inȱ eineȱ GmbHȱ zuȱ überführen,ȱ wirdȱ dieȱ UGȱ mitȱ einemȱ Gewinnausschüttungsverbotȱ versehen.ȱ Esȱ wirdȱ zwingendȱ vorgeschriebenȱ (§ȱ5ȱaȱAbs.ȱ3ȱGmbHG),ȱdassȱvomȱausgewiesenenȱJahresüberschussȱ25ȱ%ȱinȱ dieȱ Rücklagenȱ einzustellenȱ sind.ȱ Diesȱ hatȱ soȱ langeȱ zuȱ erfolgen,ȱ bisȱ dasȱ StammkapitalȱderȱGmbHȱerreichtȱist.ȱDannȱkommtȱesȱzuȱeinemȱautomatiȬ schenȱWechselȱvonȱderȱUGȱzurȱGmbH.ȱDerȱGesetzgeberȱweistȱdamitȱkapiȬ talschwachenȱ Existenzgründernȱ einenȱ probatenȱ Wegȱ hinȱ zurȱ klassischenȱ GmbH.ȱ Zumȱ heutigenȱ Zeitpunktȱ lässtȱ sichȱ allerdingsȱ nochȱ nichtȱ beurteiȬ len,ȱ obȱ dieȱ UGȱ tatsächlichȱ zumȱ Erfolgȱ wird.ȱ Manȱ kannȱ jedochȱ erwarten,ȱ dassȱ insbesondereȱ imȱ Dienstleistungssektor,ȱ daȱ dortȱ zurȱ Durchführungȱ desȱ Geschäftszwecksȱ oftmalsȱ nurȱ wenigȱ Kapitalȱ notwendigȱ ist,ȱ dieseȱ RechtsformȱbeiȱGründungenȱstarkeȱVerbreitungȱfindenȱwird,ȱdennȱschließȬ lichȱ fallenȱ nurȱ ca.ȱ 30ȱ Euroȱ Notariatskostenȱ undȱ 100ȱ Euroȱ fürȱ dieȱ EintraȬ gungȱbeimȱRegistergerichtȱan.ȱ

110

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

3.2.5

Kleine Aktiengesellschaft (AG)

3.2.5.1

Gegenstand der kleinen Aktiengesellschaft

HelmutȱBaurȱhatteȱlangeȱdaraufȱgewartet.ȱ„IchȱbrauchteȱdieȱAktiengesellȬ schaft,ȱumȱdieȱBinderȱOptikȱsicherȱinȱdieȱZukunftȱzuȱführen.“ȱDochȱwasȱerȱ fürȱseinȱFamilienunternehmenȱnichtȱbrauchte,ȱwarȱdieȱMitbestimmung,ȱbisȱ dahinȱfürȱjedeȱAktiengesellschaftȱ(AG)ȱobligatorisch.ȱ „Heute sieht es so aus, als hätten viele ebenso wie Helmut Baur und seine Böblinger Firma auf die Einführung der kleinen Aktiengesellschaft gewartet. Diese AGs, noch nicht börsennotiert und „klein“ hinsichtlich der Zahl ihrer Aktionäre, erlebten jedenfalls einen regelrechten Boom, als das Gesetz, das Unternehmen bis 500 Mitarbeiter von der Mitbestimmungspflicht befreit, vom Bundestag im August 1994 seinen Segen bekam.“ Quelle: Münster, T. C.: Passender Rahmen, in: Wirtschaftswoche, Nr. 25 vom 12.06.1997, S. 86 - 88.

Dieȱ kleineȱ Aktiengesellschaftȱ (dasȱ Gesetzȱ fürȱ kleineȱ AktiengesellschafȬ tenȱ undȱ zurȱ Deregulierungȱ desȱ Aktienrechtsȱ tratȱ amȱ 10.08.1994ȱ inȱ Kraft)ȱ oderȱauchȱMittelstandsȬAG1ȱwurdeȱvomȱGesetzgeberȱgeschaffen,ȱweilȱsichȱ gezeigtȱ hatte,ȱ dassȱ dieȱ herkömmlicheȱ Aktiengesellschaftȱ imȱ Mittelstandȱ nurȱ vergleichsweiseȱ wenigȱ gewähltȱ wurde.ȱ Alsȱ Gründeȱ hierfürȱ wurdenȱ immerȱwiederȱgenannt:ȱdieȱBenachteiligungȱderȱAktiengesellschaftȱbeiȱderȱ SchenkungsȬȱ undȱ Erbschaftsteuerȱ oderȱ aberȱ dieȱ anȱ dieȱ Aktiengesellschaftȱ gebundenenȱ Regelungenȱ derȱ Arbeitnehmermitbestimmung.ȱ Insofernȱ sahȱ sichȱ derȱ Gesetzgeberȱ aufgerufen,ȱ eineȱ Rechtsformȱ zuȱ schaffen,ȱ dieȱ genauȱ genommenȱnichtȱalsȱneue,ȱeigenständigeȱRechtsformȱzuȱbezeichnenȱist,ȱdieȱ sichȱjedochȱdadurchȱauszeichnet,ȱdassȱVorschriftenȱdesȱAktGȱdahingehendȱ verändertȱ wurden,ȱ dassȱ sieȱ fürȱ kleine,ȱ nichtȱ börsennotierteȱ Unternehmenȱ keineȱGültigkeitȱmehrȱbesitzen.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ ausführlichȱ Seibert/Kiemȱ (2000).ȱ Vgl.ȱ fernerȱ zumȱ Wesenȱ undȱ zurȱ Gründungȱ derȱ kleinenȱ Aktiengesellschaftȱ Korts/Kortsȱ (1997);ȱ Bartoneȱ (2002);ȱ Hölters/Deilmann/Buchtaȱ(2002).ȱ

3.2 Rechtsformen

111

DieȱZiele,ȱdieȱderȱGesetzgeberȱmitȱseinerȱNovelleȱverfolgte,ȱwarenȱzumȱ einenȱ einȱ bessererȱ Zugangȱ kleinerȱ undȱ mittelständischerȱ Unternehmenȱ zumȱ Kapitalmarktȱ sowieȱ eineȱ Gleichstellungȱ mitȱ derȱ Rechtsformȱ derȱ GmbH.ȱManȱwollteȱeineȱTrennungȱvonȱGeschäftsführungȱundȱKapitaleigȬ nernȱinstitutionalisieren,ȱwasȱzuȱbesserenȱRekrutierungsmöglichkeitenȱfürȱ leitendeȱ Managerȱ führt.ȱ Schließlichȱ sollteȱ esȱ auchȱ möglichȱ sein,ȱ dassȱ MiȬ tarbeiterȱvonȱkleinenȱundȱmittelständischenȱUnternehmenȱdieȱMöglichkeiȬ tenȱhaben,ȱAktienȱihresȱUnternehmensȱzuȱerwerben.ȱ DassȱinȱdiesemȱBereichȱoffensichtlichȱeinȱDefizitȱbestand,ȱzeigtȱnichtȱzuȬ letztȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ nachȱ Inkrafttretenȱ desȱ Gesetzesȱ dieȱ Anzahlȱ derȱ kleinenȱ Aktiengesellschaftenȱ deutlichȱ gestiegenȱ ist.ȱ Allerdingsȱ sindȱ auchȱ mitȱ dieserȱ Rechtsformȱ nichtȱ nurȱ Vorteileȱ verbunden.ȱ Insofernȱ sindȱ VorȬȱ undȱNachteileȱwieȱbeiȱjederȱRechtsformȱgegeneinanderȱabzuwägen.ȱȱ

3.2.5.2

Wertung der kleinen Aktiengesellschaft

WelcheȱVorteileȱbesitztȱdieȱkleineȱAktiengesellschaft?ȱ x Einfacheȱ Kapitalbeschaffung:ȱ Durchȱ dieȱ Ausgabeȱ vonȱ Aktienȱ kannȱ sichȱdieȱAGȱleichterȱEigenkapitalȱbeschaffen.1ȱSieȱistȱdamitȱdeutlichȱweȬ nigerȱaufȱFremdkapitalȱangewiesenȱalsȱdiesȱbeiȱanderenȱRechtsformenȱ derȱFallȱwäre.ȱDiesȱkommtȱderȱimȱMittelstandȱvielfachȱanzutreffendenȱ Orientierungȱ anȱ Unabhängigkeitȱ deutlichȱ entgegen.ȱ Manȱ scheutȱ sichȱ davor,ȱ sichȱ inȱ dieȱ Abhängigkeitȱ vonȱ Kreditinstitutenȱ zuȱ begeben.ȱ Aufȱ derȱanderenȱSeiteȱistȱesȱbeiȱRechtsformenȱwieȱderȱGmbHȱoderȱderȱKGȱ deutlichȱ schwieriger,ȱ aufgrundȱ derȱ vergleichsweiseȱ großenȱ GesellȬ schaftsanteileȱ Gesellschafterȱ zuȱ finden.ȱ Beiȱ einerȱ Aktiengesellschaftȱ sindȱ selbstȱ kleinsteȱ Anteileȱ inȱ Höheȱ vonȱ 1ȱEuroȱ möglich.ȱ Insofernȱ beȬ stehtȱ hierȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ durchȱ dieȱ Emissionȱ vonȱ Anteilsscheinenȱ auchȱ Bekannte,ȱ Freundeȱ oderȱ Geschäftspartnerȱ anȱ demȱ Unternehmenȱ mitȱeinerȱkleinenȱTrancheȱzuȱbeteiligen.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱBrinkmannȱ(1998).ȱ

112

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

x TrennungȱvonȱManagementȱundȱKapital:ȱEsȱistȱinsbesondereȱeinȱProȬ blemȱvonȱfamiliengeführtenȱmittelständischenȱUnternehmen,ȱdassȱsichȱ dasȱManagementȱi.ȱd.ȱR.ȱausȱFamilienmitgliedernȱrekrutiertȱundȱesȱfürȱ externeȱManagerȱnichtȱsoȱattraktivȱerscheint,ȱhierȱinȱeineȱGeschäftsfühȬ rungspositionȱ einzutreten.ȱ Externeȱ Geschäftsführerȱ scheuenȱ denȱ EinȬ flussȱ derȱ Familie.ȱ Daȱ aberȱ dieȱ Managementkapazitätȱ derȱ Familienȱ i.ȱd.ȱR.ȱbeschränktȱist,ȱtretenȱinsb.ȱbeiȱNachfolgeregelungenȱregelmäßigȱ Problemeȱ auf.ȱ Dasȱ Unternehmenȱ istȱ dannȱ zwangsläufigȱ aufȱ externeȱ Managerȱ angewiesen.ȱ Dieȱ Rekrutierungȱ derartigerȱ Managerȱ istȱ beiȱ eiȬ nerȱ Aktiengesellschaftȱ einfacherȱ alsȱ beiȱ einerȱ GmbHȱ oderȱ PersonenȬ gesellschaft,ȱ daȱ derȱ Vorstandȱ beiȱ einerȱ Aktiengesellschaftȱ deutlichȱ auȬ tonomerȱ handelnȱ kann.ȱ Erȱ istȱ nichtȱ inȱ demȱ Maßeȱ anȱ Weisungenȱ derȱ GesellschafterȱgebundenȱwieȱdiesȱbeispielsweiseȱbeiȱeinerȱGmbHȱoderȱ einerȱ Kommanditgesellschaftȱ derȱ Fallȱ ist.ȱ Insofernȱ gewinntȱ dieȱ kleineȱ AktiengesellschaftȱanȱAttraktivitätȱfürȱexterneȱManager.ȱ x Mitarbeiterbeteiligung:ȱ Alsȱ einȱ effizientesȱ Führungsinstrumentȱ hatȱ esȱ sichȱzusehendsȱerwiesen,ȱMitarbeiterȱamȱUnternehmen,ȱinȱwelchemȱsieȱ beschäftigtȱ sind,ȱ zuȱ beteiligen.ȱ Diesȱ insbesondereȱ vorȱ demȱ HinterȬ grund,ȱdassȱdieȱEntlohnungȱderȱMitarbeiterȱzumindestȱzumȱTeilȱdavonȱ abhängigȱ seinȱ sollte,ȱ wieȱ sichȱ derȱ Unternehmenserfolgȱ langfristigȱ entȬ wickelt.ȱ Auchȱ hierȱ weistȱ dieȱ Aktiengesellschaftȱ klareȱ Vorteileȱ gegenȬ überȱ derȱ GmbHȱ auf,ȱ daȱ dieȱ einzelnenȱ Anteileȱ deutlichȱ fungiblerȱ sindȱ alsȱ beiȱ derȱ GmbHȱ undȱ sieȱ sichȱ insofernȱ fürȱ MitarbeiterbeteiligungsȬ programmeȱoderȱOptionspläneȱeignen.ȱȱ x ÜberwachungȱderȱGeschäftsführung:ȱDieȱkleineȱAGȱistȱandersȱalsȱdieȱ GmbHȱ oderȱ eineȱ Personengesellschaftȱ dadurchȱ gekennzeichnet,ȱ dassȱ vomȱ Gesetzgeberȱ zwingendȱ eineȱ Trennungȱ derȱ Unternehmensorganeȱ Vorstandȱ undȱ Aufsichtsratȱ vorgeschriebenȱ wird.ȱ Derȱ Eigentümerȱ desȱ UnternehmensȱhatȱinsofernȱbeiȱderȱAGȱdieȱMöglichkeit,ȱdieȱGeschäftsȬ führungȱanȱexterneȱManagerȱabzugebenȱohneȱaberȱdenȱÜberblickȱüberȱ dasȱUnternehmenȱzuȱverlieren.ȱDerȱUnternehmerȱkannȱsichȱsoȱausȱdemȱ Tagesgeschäftȱzurückziehen,ȱohneȱdassȱdemȱUnternehmenȱjedochȱseinȱ Einflussȱverlorenȱgeht,ȱdaȱz.ȱB.ȱeinȱumfassenderȱKatalogȱzustimmungsȬ pflichtigerȱGeschäfteȱinȱderȱSatzungȱverankertȱist.ȱEsȱerfolgtȱeineȱKonȬ zentrationȱaufȱdieȱwesentlichenȱstrategischenȱEntscheidungen.ȱHierȱistȱ

3.2 Rechtsformen

113

derȱ Unternehmerȱ weiterhinȱ informiert.ȱ Dasȱ Unternehmen,ȱ d.ȱh.ȱ dasȱ Management,ȱkannȱaufȱdieȱKenntnisseȱdesȱUnternehmersȱjederzeitȱzuȬ rückgreifen.ȱȱ Nebenȱ diesenȱ Vorteilenȱ dürfenȱ jedochȱ auchȱ einigeȱ Nachteile,ȱ dieȱ dieȱ kleineȱAGȱimȱVergleichȱmitȱderȱGmbHȱ(dieȱUGȱkannȱhierȱaufgrundȱihrerȱ deutlichȱniedrigerenȱKapitalausstattungȱnichtȱalsȱVergleichȱherangezogenȱ werden)ȱaufweist,ȱnichtȱübersehenȱwerden:ȱ x Geringereȱ Gestaltungsmöglichkeiten:ȱ Dieȱ Gesellschaftȱ istȱ aufgrundȱ derȱsog.ȱSatzungsstrengeȱanȱdieȱVorschriftenȱdesȱAktGȱgebunden.ȱNurȱ inȱsehrȱwenigenȱFällenȱkannȱhiervonȱabgewichenȱwerden.ȱ x Einrichtungȱ einesȱ Aufsichtsrates:ȱ Fürȱ eineȱ Aktiengesellschaftȱ istȱ esȱ zwingendȱnotwendig,ȱdassȱnebenȱdemȱVorstandȱauchȱeinȱAufsichtsratȱ eingerichtetȱ wird.ȱ Hierfürȱ müssenȱ geeigneteȱ Personenȱ gefundenȱ werȬ den.ȱDerȱGesetzgeberȱschreibtȱeineȱMindestzahlȱvonȱdreiȱPersonenȱvor,ȱ fürȱ dieȱ entsprechendȱ auchȱ eineȱ Vergütung,ȱ zumindestȱ aberȱ eineȱ AufȬ wandsentschädigung,ȱzuȱzahlenȱist.ȱDieȱvomȱGesetzgeberȱkodifiziertenȱ RechteȱdesȱAufsichtsratesȱkönnenȱnichtȱbeschränktȱwerden.ȱ x Organisationsaufwandȱ undȱ Stammkapital:ȱ Dasȱ AktGȱ schreibtȱ vor,ȱ dassȱ mindestensȱ einmalȱ imȱ Jahrȱ eineȱ ordentlicheȱ Hauptversammlungȱ durchzuführenȱ ist.ȱ Derȱ damitȱ imȱ Zusammenhangȱ stehendeȱ Aufwandȱ istȱdeutlichȱhöherȱalsȱderȱeinerȱGesellschafterversammlung,ȱwieȱsieȱz.ȱB.ȱ fürȱdieȱGmbHȱtypischȱist.ȱAuchȱdasȱStammkapitalȱbeiȱderȱAktiengesellȬ schaftȱ istȱ höherȱ alsȱ beiȱ derȱ GmbH.ȱ Fürȱ dieȱ GmbHȱ beläuftȱ esȱ sichȱ aufȱ 25.000ȱEuro,ȱbeiȱderȱAktiengesellschaftȱaufȱ50.000ȱEuro.ȱȱ Trotzȱ dieserȱ eherȱ imȱ finanziellenȱ Aufwandȱ zuȱ sehendenȱ Nachteileȱ derȱ AktiengesellschaftȱüberwiegenȱsicherlichȱdieȱVorteile.ȱEsȱistȱinsofernȱauchȱ nichtȱ verwunderlich,ȱ dassȱ dieȱ kleineȱ Aktiengesellschaftȱ sichȱ beiȱ familienȬ geführten,ȱ mittelständischenȱ Unternehmenȱ großerȱ Beliebtheitȱ erfreut.ȱ Dieȱ immerȱ wiederȱ inȱ dieȱ Diskussionȱ gebrachtenȱ kritischenȱ Punkte,ȱ wieȱ z.ȱB.ȱ dieȱGefahr,ȱdassȱunbemerktȱAnteileȱderȱAktiengesellschaftȱvonȱDrittenȱbeȬ schafftȱwerdenȱoderȱaberȱdassȱderȱVorstandȱzuȱmächtigȱwird,ȱstellenȱkeineȱ größerenȱProblemeȱdar.ȱLetztlichȱstehtȱesȱderȱAktiengesellschaftȱfrei,ȱüberȱ

114

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

dieȱSchaffungȱsog.ȱNamensaktienȱdieȱÜbertragungsmöglichkeitenȱanȱDritȬ teȱ einzuschränken.ȱ Darüberȱ hinausȱ stehtȱ esȱ Großaktionärenȱ frei,ȱ auchȱ imȱ Vorstandȱtätigȱzuȱwerden.ȱWennȱjedochȱdieȱEntscheidungȱgetroffenȱwird,ȱ sichȱ ausȱ demȱ tagtäglichenȱ Geschäftȱ zurückzuziehen,ȱ soȱ gehtȱ diesȱ zwangȬ släufigȱ mitȱ einerȱ größerenȱ Unabhängigkeitȱ desȱ Vorstandesȱ einher.ȱ LetztȬ lichȱistȱderȱSchrittȱzurȱGründungȱeinerȱkleinenȱAktiengesellschaftȱmitȱdemȱ bewusstenȱ Eintrittȱ inȱ eineȱ klassischeȱ PrincipalȬAgentenȬBeziehungȱ verȬ bunden.ȱDiesȱmitȱallenȱProblemen,ȱdieȱeinemȱPrincipalȱausȱdemȱHandelnȱ desȱAgentenȱherausȱerwachsenȱkönnen.ȱ

3.2.5.3

Gründung einer kleinen Aktiengesellschaft

UnabhängigȱvonȱderȱWahlȱderȱRechtsformȱsindȱbeiȱderȱGründungȱmehȬ rereȱrechtsformspezifischeȱSchritteȱzuȱabsolvieren.ȱAmȱdetailliertestenȱsindȱ dieseȱ sicherlichȱ fürȱ dieȱ Aktiengesellschaftȱ bzw.ȱ dieȱ kleineȱ AktiengesellȬ schaftȱ vomȱ Gesetzgeberȱ vorgeschriebenȱ worden.ȱ Diesȱ nichtȱ zuletztȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ dortȱ existentenȱ potenziellenȱ Interessenkonflikte.ȱ Ausȱ diesemȱ Grundȱ sollenȱ imȱ Folgendenȱ dieȱ wichtigstenȱ Fragen,ȱ dieȱ sichȱ beiȱderȱGründungȱeinerȱ(kleinen)ȱAGȱergeben,ȱkurzȱerläutertȱwerden.1ȱ FürȱdieȱGründungȱeinerȱAktiengesellschaftȱstehenȱzweiȱWegeȱzurȱVerȬ fügung.ȱ Zumȱ einenȱ kannȱ eineȱ Aktiengesellschaftȱ durchȱ Umwandlungȱ eiȬ nerȱ bestehendenȱ Gesellschaftȱ gegründetȱ werden,ȱ zumȱ anderenȱ gibtȱ sichȱ dieȱMöglichkeitȱderȱNeugründung.ȱFürȱdieȱUmwandlungȱistȱdieȱentspreȬ chendeȱ Vorgehensweiseȱ imȱ Umwandlungsgesetzȱ (UmwG)ȱ geregelt.ȱ Beiȱ einerȱNeugründungȱsindȱfolgendeȱAspekteȱzuȱberücksichtigen:ȱ

x SowohlȱjuristischeȱalsȱauchȱnatürlicheȱPersonenȱkönnenȱeineȱAGȱgrünȬ den.ȱBeiȱeinerȱAktiengesellschaftȱistȱauchȱdieȱEinmanngründungȱzuläsȬ sigȱ(§ȱ2ȱAktG).ȱInȱderȱGründungsurkundeȱmussȱaufgegliedertȱwerden,ȱ wieȱhochȱderȱAnteilȱderȱübernommenenȱAktienȱdurchȱdenȱGründerȱist.ȱȱ

x Dieȱ derȱ Gründungsurkundeȱ alsȱ Anlageȱ beigefügteȱ Satzungȱ mussȱ folȬ gendeȱAngabenȱenthaltenȱ(§ȱ23ȱAbs.ȱ2ȱAktG):ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱHahnȱ(1995);ȱHorstigȱ/Jaschinski/OssolaȬHaringȱ(2002)ȱ

3.2 Rechtsformen

Ȭ Ȭ Ȭ Ȭ Ȭ Ȭ Ȭ

115

FirmaȱundȱSitzȱderȱFirmaȱ GegenstandȱderȱunternehmerischenȱTätigkeitȱ HöheȱdesȱGrundkapitalsȱ AufteilungȱdesȱGrundkapitalsȱinȱAktienȱ Angabe,ȱobȱNamensȬȱoderȱInhaberaktienȱ ZahlȱderȱVorstandsmitgliederȱ BekanntmachungȱderȱGesellschaftȱ

x Dieȱ Gründerȱ einerȱ Aktiengesellschaftȱ müssenȱ denȱ erstenȱ Aufsichtsratȱ derȱ Gesellschaftȱ bestellenȱ (§ȱ 30ȱ AktG).ȱ Darüberȱ hinausȱ istȱ vonȱ denȱ GründernȱauchȱderȱAbschlussprüferȱfürȱdasȱersteȱGeschäftsjahrȱzuȱbeȬ stellen.ȱ Beidesȱ bedarfȱ einerȱ notariellenȱ Beurkundung.ȱ Derȱ Wahlȱ derȱ AufsichtsratsmitgliederȱkommtȱdabeiȱbesondereȱBedeutungȱzu.ȱDaȱdieȱ Gründerȱ nichtȱ denȱ Vorstandȱ ernennenȱ dürfenȱ –ȱdiesȱ istȱ Aufgabeȱ desȱ Aufsichtsratesȱ–,ȱ mussȱ sichergestelltȱ sein,ȱ dassȱ imȱ Aufsichtsratȱ PersoȬ nenȱvertretenȱsind,ȱdieȱdieȱInteressenȱderȱGründerȱnachhaltigȱvertreten.ȱ AnȱdieserȱStelleȱhabenȱdieȱGründerȱdieȱEntscheidungȱzuȱtreffen,ȱobȱsieȱ möglicherweiseȱ selbstȱ inȱ denȱ Aufsichtsratȱ hineinȱ wollen,ȱ dannȱ istȱ fürȱ sieȱeineȱFunktionȱimȱVorstandȱnichtȱmöglich.ȱȱ

x NachdemȱdieȱOrganeȱderȱGesellschaftȱbestelltȱsindȱ–ȱalsoȱauchȱderȱVorȬ standȱ ernanntȱ wurdeȱ–,ȱ habenȱ dieȱ Gründerȱ einenȱ schriftlichenȱ Berichtȱ überȱdieȱGründungȱzuȱerstattenȱ(§ȱ32ȱAktG).ȱDieserȱGründungsberichtȱ wirdȱdannȱvonȱdenȱMitgliedernȱdesȱVorstandesȱundȱdesȱAufsichtsratesȱ geprüft.ȱInȱbestimmtenȱFällenȱverlangtȱderȱGesetzgeberȱdarüberȱhinausȱ eineȱexterneȱPrüfungȱdurchȱdenȱsog.ȱGründungsprüfer.ȱDieserȱwirdȱaufȱ AntragȱvomȱzuständigenȱAmtsgerichtȱbestellt.ȱ

x Dieȱ Gesellschaftȱ istȱ imȱ Handelsregisterȱ vomȱ Aufsichtsrat,ȱ denȱ GrünȬ dernȱ undȱ demȱ Vorstandȱ anzumeldenȱ (§ȱ 36ȱ AktG).ȱ Dabeiȱ istȱ aufȱ jedeȱ AktieȱmindestensȱeinȱViertelȱihresȱNennbetragesȱeinzuzahlen.ȱLiegtȱderȱ Fallȱ einerȱ EinmannȬAktiengesellschaftȱ vor,ȱ mussȱ außerdemȱ derȱ nichtȱ eingezahlteȱ Teilȱ derȱ Einlageȱ durchȱ eineȱ Bankbürgschaftȱ abgesichertȱ werden.ȱȱ

x DerȱEintragȱimȱHandelsregisterȱerfolgtȱnachȱderȱgerichtlichenȱPrüfungȱ derȱ zurȱ Anmeldungȱ beigefügtenȱ Unterlagenȱ (§ȱ 38ȱ AktG).ȱ Esȱ wirdȱ geȬ prüft,ȱ obȱ dieȱ gesetzlichenȱ Voraussetzungenȱ eingehaltenȱ wurden.ȱ Istȱ

116

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

diesȱderȱFall,ȱwerdenȱimȱHandelsregisterȱfolgendeȱAngabenȱzurȱGesellȬ schaftȱeingetragenȱ(§ȱ39ȱAktG):ȱ

Ȭ Ȭ Ȭ Ȭ Ȭ Ȭ

FirmaȱundȱSitzȱdesȱUnternehmensȱ GegenstandȱdesȱUnternehmensȱ HöheȱdesȱGrundkapitalsȱ TagȱderȱFeststellungȱderȱSatzungȱ VorstandsmitgliederȱundȱderenȱVertretungsbefugnisȱ BestimmungȱüberȱdieȱDauerȱderȱGesellschaftȱoderȱüberȱdasȱgenehȬ migteȱKapitalȱ

3.2.6

Europäische Aktiengesellschaft (SE)

3.2.6.1

Gegenstand der SE

DieȱeuropäischeȱAktiengesellschaftȱ(SE)ȱ–ȱlateinischeȱAbkürzungȱfürȱSoȬ cietasȱEuropaeaȱ–ȱistȱeineȱderȱjüngstenȱRechtsformenȱinȱDeutschland.1ȱIhreȱ Grundlageȱ istȱ dasȱ europäischeȱ Gemeinschaftsrechtȱ (Verordnungȱ Nr.ȱ 2157/2001ȱdesȱRates).ȱSeitȱdemȱ8.ȱOktoberȱ2004ȱistȱerstmalsȱeineȱGründungȱ derartigerȱ Gesellschaftenȱ möglich.2ȱ Damitȱ gehtȱ einȱ Prozessȱ zuȱ Ende,ȱ derȱ mehrȱalsȱeinȱVierteljahrhundertȱgedauertȱhat.ȱBereitsȱimȱJahrȱ1970ȱlegteȱdieȱ EUȬKommissionȱdemȱEUȬMinisterratȱeinenȱEntwurfȱfürȱeinȱSEȬStatutȱvor.ȱ Aufgrundȱ derȱ unüberbrückbarenȱ Differenzenȱ inȱ Fragenȱ derȱ MitbestimȬ mungȱ derȱ Arbeitnehmerȱ inȱ denȱ Unternehmensorganenȱ wurdenȱ entspreȬ chendeȱBeratungenȱabgebrochenȱundȱerstȱ1982ȱwiederȱaufgenommen.ȱ1988ȱ fassteȱ dieȱ EUȬKommissionȱ einȱ entsprechendesȱ Memorandumȱ zumȱ EUȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ ausführlichȱ zurȱ verfassungsrechtlichenȱ Diskussionȱ dieserȱ Rechtsformȱ MiȬ nuthȱ(2003)ȱsowieȱfernerȱWerderȱ(1993),ȱS.ȱ82ȱff.;ȱBuchheimȱ(2001);ȱHommelhoffȱ (2001),ȱS.ȱ279ȱff.;ȱTheisen/Wenzȱ(2002).ȱ 2ȱ DieȱEUȬVerordnungȱwurdeȱmitȱdemȱ„GesetzȱzurȱEinführungȱderȱEuropäischenȱ Gesellschaftȱ (SEEG)“ȱ vomȱ 22.12.2004ȱ inȱ deutschesȱ Rechtȱ überführt.ȱ Imȱ allgeȬ meinenȱSprachverständnisȱwerdenȱ„EuropäischeȱAktiengesellschaft“ȱundȱ„EuȬ ropäischeȱ Gesellschaft“ȱ synonymȱ verwandt.ȱ Inȱ diesemȱ Buchȱ wirdȱ sichȱ fürȱ dieȱ ersteȱFormȱentschieden,ȱdaȱlangfristigȱgeplantȱist,ȱauchȱeineȱ„EuropäischeȱPriȬ vatgesellschaft“ȱzuȱerlauben.ȱ

3.2 Rechtsformen

117

Statutȱab.ȱImȱJahrȱ1989ȱpräsentierteȱdieȱEUȬKommissionȱerneutȱeinenȱVorȬ schlag,ȱderȱjetztȱjedochȱOptionenȱfürȱunterschiedlicheȱLeitungsmodelleȱwieȱ auchȱunterschiedlicheȱMitbestimmungsmodelleȱ beinhaltete.ȱ Dasȱ jetztȱ gülȬ tigeȱ SEȬStatutȱ basiertȱ imȱ Kernȱ aufȱ diesemȱ Vorschlag.ȱ Allerdingsȱ bedurfteȱ esȱnochȱeinigerȱNachbesserungenȱbisȱaufȱdemȱEUȬGipfelȱ2000ȱinȱNizzaȱderȱ DurchbruchȱzuȱeinerȱentsprechendenȱEUȬRichtlinieȱgelang.ȱȱ DieȱAusführungenȱzurȱGründungȱeinerȱSEȱsindȱinȱArtikelȱ1ȱAbschnittȱ1ȱ SEEGȱfestgehalten.ȱWieȱdieȱdeutscheȱAktiengesellschaftȱsoȱistȱauchȱdieȱSEȱ eineȱjuristischeȱPersonȱmitȱinȱAktienȱeingeteiltemȱKapitalȱvonȱmindestensȱ 120.000ȱEuro.ȱDieȱAusführungsbestimmungenȱzurȱSEȱorientiertenȱsichȱamȱ AktienrechtȱdesȱjeweiligenȱSitzstaatesȱderȱGesellschaft.ȱDiesȱgiltȱinsbesonȬ dereȱ fürȱ dieȱ Kapitalaufbringung,ȱ dieȱ Kapitalerhaltung,ȱ dieȱ KapitalmaßȬ nahmenȱundȱdieȱAusgabeȱvonȱWertpapieren.ȱȱ Artikelȱ1ȱAbschnittȱ1ȱSEEGȱregeltȱdieȱallgemeinenȱVorschriften:ȱDerȱSitzȱ einerȱ SEȱ mussȱ inȱ demȱ Mitgliedstaatȱ derȱ EUȱ liegen,ȱ inȱ welchemȱ sichȱ dieȱ Hauptverwaltungȱ derȱ Gesellschaftȱ befindet.ȱ Entsprechendȱ wirdȱdieȱSEȱ inȱ dasȱ Registerȱ desȱ jeweiligenȱ Sitzstaatesȱ eingetragen.ȱ Inȱ Deutschlandȱ wäreȱ diesȱ dasȱ Handelsregister.ȱ Darüberȱ hinausȱ mussȱ auchȱ dieȱ Abkürzungȱ SEȱ Firmenbestandteilȱsein.ȱ Hinsichtlichȱ derȱ Organstrukturȱ derȱ SEȱ (Artikelȱ 1ȱ Abschnittȱ 4ȱ SEEG)ȱ wirdȱ lediglichȱ vorgeschrieben,ȱ dassȱ dieȱ SEȱ eineȱ Hauptversammlungȱ derȱ Aktionäreȱeinrichtenȱmuss.ȱDarüberȱhinausȱorientierenȱsichȱdieȱOrganeȱamȱ jeweiligenȱ Aktienrechtȱ desȱ Sitzstaates,ȱ d.ȱh.ȱ sowohlȱ dasȱ monistischeȱ alsȱ auchȱ dasȱ dualistischeȱ Modellȱ derȱ Unternehmensführungȱ sindȱ hierȱ anȬ wendbar.ȱImȱHinblickȱaufȱdieȱsteuerlicheȱBehandlungȱwirdȱeineȱSEȱgenauȬ soȱbehandeltȱwieȱjedesȱandereȱmultinationaleȱUnternehmen.ȱDasȱheißtȱdieȱ SEȱwirdȱaufȱEbeneȱderȱGesellschaftȱoderȱderȱZweigniederlassungȱnachȱdenȱ geltendenȱ innerstaatlichenȱ Steuervorschriftenȱ behandelt.ȱ Esȱ istȱ insofernȱ vorteilhaft,ȱ wennȱ manȱ eineȱ SEȱ durchȱ Verschmelzungȱ vorherȱ rechtlichȱ selbstständigerȱ Gesellschaftenȱ gründet,ȱ dieȱ inȱ mehrerenȱ Mitgliedstaatenȱ ansässigȱ sind.ȱ Dieseȱ SEȱ wirdȱ inȱ einemȱ Mitgliedstaatȱ eingetragenȱ undȱ unȬ terhältȱinȱmehrerenȱMitgliedstaatenȱZweigniederlassungen.ȱDerȱMitgliedȬ staat,ȱ inȱ demȱ dieȱ SEȱ ihrenȱ Sitzȱ hat,ȱ wirdȱ dasȱ Welteinkommenȱ derȱ GesellȬ schaftȱ besteuern.ȱ Dabeiȱ könnenȱ jedochȱ dieȱ Verlusteȱ undȱ Gewinneȱ derȱ

118

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

ZweigniederlassungenȱaufȱdieȱSteuerschuldȱangerechnetȱwerden.ȱDiesȱistȱ einȱentscheidenderȱVorteilȱderȱRechtsformȱderȱeuropäischenȱAktiengesellȬ schaftȱimȱVergleichȱzuȱderȱbisherȱmöglichenȱnationalenȱAktiengesellschaft,ȱ daȱdortȱbeiȱrechtlichȱselbstständigenȱTochtergesellschaftenȱeineȱsolcheȱAnȬ rechnungȱ inȱ derȱ Praxisȱ kaumȱ möglichȱ war.ȱ Diesȱ schließtȱ allerdingsȱ nichtȱ aus,ȱdassȱinȱdenjenigenȱMitgliedstaaten,ȱinȱdenenȱdieȱSEȱeineȱBetriebsstätteȱ unterhält,ȱsieȱauchȱweiterhinȱsteuerpflichtigȱist.ȱȱ

3.2.6.2

Vorteile der europäischen Aktiengesellschaft

Dieȱ Vorteileȱ derȱ europäischenȱ Aktiengesellschaftȱ liegenȱ inȱ ersterȱ Linieȱ imȱ administrativenȱ Bereich.ȱ Fürȱ multinationaleȱ Unternehmen,ȱ dieȱ inȱ EuȬ ropaȱ tätigȱ sind,ȱ ergebenȱ sichȱ Vorteileȱ insbesondereȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ denȱ ZeitȬȱundȱKostenaufwand,ȱderȱbeiȱderȱGründungȱvonȱTochtergesellschafȬ tenȱ entsteht,ȱ dieȱ unterschiedlichenȱ nationalenȱ Vorschriftenȱ unterliegen.ȱ Unternehmenȱ mitȱ Niederlassungenȱ inȱ mehrerenȱ Mitgliedstaatenȱ könnenȱ aufȱ derȱ Grundlageȱ einesȱ einheitlichenȱ Rechtsȱ fusionierenȱ undȱ mitȱ einemȱ einheitlichenȱManagementȱundȱBerichtssystemȱüberallȱimȱGeltungsbereichȱ derȱeuropäischenȱUnionȱtätigȱwerden.ȱDieȱVorteileȱschlagenȱsichȱinsofernȱ insbesondereȱ imȱ Bereichȱ derȱ deutlichȱ geringerenȱ VerwaltungsȬȱ undȱ RechtskostenȱniederȱsowieȱinȱderȱEinheitlichkeitȱdesȱBerichtssystems.ȱLänȬ derspezifischeȱ Anpassungenȱ entfallenȱ hierbei,ȱ wasȱ insbesondereȱ fürȱ denȱ Fallȱ vonȱ Fusionenȱ undȱ Akquisitionenȱ nichtȱ unerheblichȱ ist.1ȱ Darüberȱ hiȬ nausȱ ermöglichtȱ dieȱ europäischeȱ Aktiengesellschaftȱ eineȱ höchstȱ flexibleȱ Verlegungȱ desȱ Firmensitzes.ȱ Möchteȱ einȱ Unternehmenȱ inȱ derȱ Rechtsformȱ derȱSEȱseinenȱGesellschaftssitzȱvonȱStaatȱAȱnachȱStaatȱBȱverlegen,ȱsoȱistȱesȱ jetztȱnichtȱmehrȱnotwendig,ȱdieȱGesellschaftȱinȱStaatȱAȱaufzulösenȱundȱinȱ StaatȱBȱneuȱzuȱgründen.ȱDieȱUnternehmenȱbesitzenȱdadurchȱeineȱerhöhteȱ Flexibilitätȱ inȱ derȱ Möglichkeit,ȱ aufȱ bestimmteȱ länderspezifischeȱ GegebenȬ heitenȱzuȱreagieren.ȱDerȱWettbewerbȱderȱRegionenȱwirdȱdurchȱdieȱRechtsȬ formȱ derȱ europäischenȱ Aktiengesellschaftȱ deutlichȱ gefördert.ȱ UnternehȬ menȱ werdenȱ langfristigȱ ihrenȱ Sitzȱ immerȱ dorthinȱ verlegen,ȱ woȱ dieȱ attraktivstenȱ Rahmenbedingungenȱ inȱ derȱ europäischenȱ Unionȱ vorherrȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱSchewe/Gerdsȱ(2001),ȱS.ȱ75ȱff.ȱsowieȱGerds/Scheweȱ(2009).ȱ

3.2 Rechtsformen

119

schen.ȱ Dieȱ Rechtsformȱ derȱ SEȱ stelltȱ beiȱ einemȱ möglichenȱ Länderwechselȱ somitȱkeinenȱHinderungsgrundȱmehrȱdar.ȱȱ Dabeiȱ darfȱ allerdingsȱ nichtȱ übersehenȱ werden,ȱ dassȱ keinȱ Zwangȱ zurȱ Umwandlungȱ einerȱ Gesellschaftȱ inȱ eineȱ SEȱ besteht.1ȱ Diesȱ giltȱ auchȱ nichtȱ fürȱUnternehmen,ȱdieȱinȱmehrerenȱMitgliedstaatenȱZweigniederlassungenȱ haben.ȱEsȱmussȱvorȱdiesemȱHintergrundȱkritischȱfestgestelltȱwerden,ȱdassȱ esȱ vielfachȱ höchstȱ zweifelhaftȱ erscheint,ȱ obȱ Unternehmenȱ aufgrundȱ ihrerȱ bisherigenȱ Gesellschaftsstrukturȱ überhauptȱ inȱ derȱ Lageȱ sind,ȱ dieseȱ UmȬ wandlungȱ hinȱ zurȱ SEȱ vorzunehmen.ȱ Dieȱ existentenȱ Interessenkonflikteȱ zwischenȱdenȱStakeholdernȱwirkenȱhierȱzementierend.ȱBesondersȱschwieȬ rigȱ dürfteȱ diesȱ fürȱ Unternehmenȱ werden,ȱ beiȱ denenȱ dieȱ öffentlicheȱ Handȱ nennenswerteȱAnteileȱhältȱundȱbeiȱdenenȱdieȱunternehmensbezogeneȱMitȬ bestimmungȱstarkȱausgeprägtȱist.ȱBeiȱderȱSEȱbestehtȱdieȱGefahr,ȱdassȱdieseȱ InteressengruppenȱanȱEinflussȱverlieren.ȱ

3.2.6.3

Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der europäischen Aktiengesellschaft

„Um der Überwachungsfunktion des Verwaltungsrats gerecht zu werden, muss die Mehrheit der Verwaltungsratsmitglieder allerdings aus NichtDirektoren bestehen. In Deutschland kann damit erstmals eine Kapitalgesellschaft mit monistischer Struktur gegründet werden. Die SE-Gründungen in der EU zeigen, dass jeweils das SE-Verfassungssystem präferiert wird, das die nationalen Kapitalgesellschaften des Gründungslandes kennzeichnet. Dennoch lässt sich vereinzelt bei Eigentümerunternehmen in Deutschland erstmalig auch eine Entscheidung für das monistische System beobachten - etwa bei der Mensch und Maschine SE und der Conrad Electronic SE.“ Quelle: Finzer, P: Mitbestimmen in der Europa-AG, in: www.wiwo.de/unternehmer-maerkte/mitbestimmen-in-der-europa-ag-394131 – letzter Zugriff am 13.05.2009

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱzurȱUmwandlungȱauchȱRuhwinkelȱ(2004).ȱ

120

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

DieȱRichtlinieȱüberȱdieȱStellungȱderȱArbeitnehmerȱinȱderȱSEȱ(Richtlinieȱ 2001/86/EGȱdesȱRates)1ȱlegtȱfest,ȱdassȱbeiȱGründungȱeinerȱSEȱVerhandlunȬ genȱmitȱdenȱArbeitnehmernȱimȱHinblickȱaufȱdieȱInstitutionalisierungȱeinesȱ Gremiumsȱ vorzunehmenȱ sind,ȱ dieȱ dieȱ Mitwirkungȱ derȱ Arbeitnehmerȱ amȱ Unternehmensgeschehenȱ sicherstellt.2ȱ Kommtȱ beiȱ diesenȱ Verhandlungenȱ keineȱ fürȱ beideȱ Seitenȱ zufriedenȱ stellendeȱ Einigungȱ zustande,ȱ soȱ schreibtȱ derȱGesetzgeberȱvor,ȱdassȱdieȱGeschäftsleitungȱderȱSEȱdazuȱverpflichtetȱist,ȱ regelmäßigȱ überȱ Unternehmensvorgängeȱ zuȱ berichtenȱ undȱ dieȱ ArbeitȬ nehmervertretungȱaufȱderȱGrundlageȱdieserȱBerichteȱzuȱunterrichtenȱundȱ zuȱ konsultieren.ȱ Explizitȱ angesprochenȱ werdenȱ hierbeiȱ ProduktionsȬȱ undȱ Verkaufszahlenȱ sowieȱ derenȱ Auswirkungenȱ aufȱ dieȱ Belegschaft.ȱ Darüberȱ hinausȱ giltȱ es,ȱ dasȱ Arbeitnehmergremiumȱ überȱ Änderungenȱ inȱ derȱ GeȬ schäftsleitungȱzuȱinformieren,ȱüberȱZusammenschlüsse,ȱVeräußerungȱvonȱ Unternehmenȱ oderȱ Unternehmensteilungȱ sowieȱ möglicheȱ Schließungenȱ undȱEntlassungen.ȱ Vonȱ besondererȱ Bedeutungȱ istȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ dasȱ ZusamȬ menspielȱ mitȱ derȱ deutschenȱ Mitbestimmung.ȱ Fürȱ denȱ Fall,ȱ dassȱ esȱ beiȱ GründungȱeinerȱSEȱzuȱkeinerȱzufriedenȱstellendenȱVereinbarungȱzwischenȱ denȱArbeitnehmervertreternȱundȱderȱUnternehmensleitungȱgekommenȱist,ȱ geltenȱdieȱStandardvorschriftenȱüberȱdieȱArbeitnehmermitbestimmungȱsoȱ wieȱsieȱvorȱderȱGründungȱanzuwendenȱwaren.ȱDurchȱdieȱUmwandlungȱinȱ eineȱ SEȱ lässtȱ sichȱ somitȱ dasȱ bisherȱ geltendeȱ Mitbestimmungsrechtȱ nichtȱȱ komplettȱ unterlaufen.ȱ Hattenȱ dieȱ Mehrzahlȱ derȱ Arbeitnehmerȱ vorȱ GrünȬ dungȱ einerȱ SEȱ einȱ Mitwirkungsrechtȱ beiȱ Unternehmensbeschlüssen,ȱ soȱ kannȱ diesesȱ Mitwirkungsrechtȱ nichtȱ dadurchȱ ausgeschaltetȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ SEȱ alsȱ Holdinggesellschaftȱ oderȱ Gemeinschaftsunternehmenȱ inȱ einenȱ Mitgliedstaatȱ verlegtȱ wird,ȱ inȱ welchemȱ dieseȱ Mitspracherechteȱ nichtȱ geȬ lten.ȱEsȱbleibtȱallerdingsȱzuȱfragen,ȱobȱeinȱderartigerȱFallȱbeiȱeinerȱgrenzȬ überschreitendenȱ Fusionȱ alsȱ realistischȱ angesehenȱ werdenȱ kann,ȱ daȱ beiȱ vielenȱ europäischenȱ Ländernȱ dieȱ umfangreichenȱ deutschenȱ Regelungenȱ derȱ unternehmensbezogenenȱ Mitbestimmungȱ unbekanntȱ sind.ȱ Insofernȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ DieseȱRichtlinieȱwurdeȱmitȱArtikelȱ2ȱSEEGȱzumȱ22.12.2004ȱinȱdeutschesȱRechtȱ überführt.ȱ 2ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱMäversȱ(2002).ȱ

3.2 Rechtsformen

121

wirdȱsichȱdieȱdeutscheȱMitbestimmungȱsicherlichȱnurȱschwerȱnachȱEuropaȱ exportierenȱlassen.ȱEinȱSzenario,ȱwonachȱnurȱnochȱfürȱdieȱdeutscheȱTochȬ tergesellschaftȱ einerȱ europäischenȱ HoldingȬAGȱ dieȱ unternehmensbezogeȬ neȱMitbestimmungȱgilt,ȱistȱnichtȱunwahrscheinlich.ȱWirdȱdieseȱTochtergeȬ sellschaftȱ nochȱ inȱ derȱ Rechtsformȱ derȱ GmbHȱ geführt,ȱ soȱ wirdȱ aufgrundȱ derȱ Weisungsbefugnisȱ derȱ Holdingȱ dieȱ unternehmensbezogeneȱ MitbesȬ timmungȱweiterȱeingeschränkt.ȱȱ

3.3 Beispiel verfassungsmäßiger Grundstrukturen DasȱZusammenwirkenȱvonȱLeitungsmodellȱundȱRechtsformȱalsȱGrundȬ pfeilerȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ sollȱ imȱ Folgendenȱ amȱ Beispielȱ derȱ RechtsformȱderȱBorussiaȱDortmundȱGmbHȱ&ȱCo.ȱKGaAȱerläutertȱwerden.ȱ Dabeiȱ beziehtȱ sichȱ dieȱ Darstellungȱderȱgewähltenȱ Verfassungsregelungenȱ aufȱ denȱ Zeitpunktȱ desȱ Börsengangsȱ desȱ Unternehmensȱ imȱ Jahrȱ 2001.ȱ Inȱ derȱZwischenzeitȱhabenȱsichȱhierȱzwarȱeinigeȱÄnderungenȱergeben,ȱdieȱjeȬ dochȱ nichtȱ soȱ gravierendȱ sind,ȱ dassȱ sieȱ zwangsläufigȱ berücksichtigtȱ werȬ denȱmüssen.ȱZielȱistȱesȱzuȱzeigen,ȱwieȱkomplexȱdieȱzentralenȱFunktionenȱ derȱLeitung,ȱderȱKontrolleȱundȱderȱInteressenvertretungȱgestaltetȱwerdenȱ undȱwelchenȱEffektȱdieȱArtȱderȱpersonellenȱBesetzungȱderȱverfassungsmäȬ ßigenȱInstitutionenȱfürȱdieȱUnternehmensführungȱbesitzt.ȱ ImȱAprilȱ2000ȱgliedertȱderȱVereinȱBVBȱ09ȱe.ȱV.ȱDortmundȱseinenȱsteuerȬ pflichtigenȱ wirtschaftlichenȱ Geschäftsbetriebȱ aufȱ dieȱ Borussiaȱ Dortmundȱ GmbHȱ &ȱ Co.ȱ KGaAȱ aus.ȱ Dieȱ Strukturȱ desȱ Konzernsȱ Borussiaȱ Dortmundȱ zeigtȱAbb.ȱ3Ȭ7ȱimȱÜberblick.ȱ

122

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

Ballspielverein Borussia 09 e. V. Dortmund

Streubesitz

100 %

30,8 %

Borussia Dortmund Geschäftsführungs GmbH

69,2 %

Kommanditaktionäre 100 %

0%

Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA 100 % gool.de Sportswear GmbH

75 % WestfalenStadion Dortmund GmbH & Co. KG

51 % B. E. S. T. Borussia Euro Lloyd Sports Travel GmbH

50 % Sport & Bytes

33,4 % Orthomed GmbH

Abb.ȱ3Ȭ7:ȱGesellschaftsstrukturȱ desȱ Konzernsȱ Borussiaȱ Dortmundȱ GmbHȱ &ȱCo.ȱKGaAȱimȱÜberblickȱ(Stand:ȱ08/2001)ȱ Fürȱ dieȱ Führungȱ desȱ Konzernsȱ Borussiaȱ Dortmundȱ vonȱ besonderemȱ Interesseȱ istȱ dasȱ Zusammenspielȱ undȱ dieȱ Kompetenzenȱ derȱ jeweiligenȱ EinzelorganeȱderȱGesellschaften.ȱȱ

x ZentralesȱOrganȱderȱKonzernsteuerungȱistȱdieȱBorussiaȱDortmundȱGeȬ schäftsführungsȱGmbH.ȱSieȱistȱmitȱeinemȱStammkapitalȱvonȱ30.000ȱEuȬ roȱ alsȱ persönlichȱ haftendeȱ Gesellschafterinȱ (Komplementärin)ȱ derȱ BoȬ russiaȱDortmundȱGmbHȱ&ȱCo.ȱKGaAȱausgestattet.ȱSieȱistȱjedochȱnichtȱ amȱKapitalȱderȱGesellschaftȱbeteiligt.ȱȱ

x Dieȱ GeschäftsführungsȬGmbHȱ istȱ zuȱ 100ȱ %ȱ imȱ Besitzȱ desȱ Vereinsȱ BoȬ russiaȱ Dortmund,ȱ derȱ darüberȱ hinausȱ auchȱ nochȱ 30,8ȱ Prozentȱ derȱ KommanditanteileȱanȱderȱBorussiaȱDortmundȱGmbHȱ&ȱCo.ȱKGaAȱhält.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ dabeiȱ umȱ Inhaberstammaktienȱ ohneȱ Nennbetragȱ (Stückaktien),ȱ dieȱ anȱ derȱ Frankfurterȱ Wertpapierbörseȱ zumȱ amtlichenȱ Handelȱzugelassenȱsind.ȱ BeiȱderȱBorussiaȱDortmundȱGmbHȱ&ȱCo.ȱKGaAȱhandeltȱesȱsichȱumȱeineȱ „doppelte“ȱ Mischungȱ derȱ Rechtsformenȱ mitȱ nichtȱ unerheblichenȱ KonseȬ

ȱ

3.3 Beispiel verfassungsmäßiger Grundstrukturen

123

quenzenȱ fürȱ dieȱ Ausgestaltungȱ derȱ LeitungsȬ,ȱ KontrollȬȱ undȱ InteressenȬ vertretungskompetenz.ȱȱ

x ZumȱeinenȱdieȱMischungȱderȱKGȱundȱderȱAGȱmitȱihremȱCharakteristiȬ kum,ȱ wonachȱ derȱ Komplementärȱ nichtȱ nurȱ fürȱ eineȱ bestimmteȱ Zeit,ȱ sondernȱ aufȱ Dauerȱ dieȱ Geschäftsführungȱ derȱ Gesellschaftȱ inneȱ hat.ȱ Damitȱ entfälltȱ dasȱ beiȱ derȱ AGȱ üblicheȱ Rechtȱ derȱ Bestellungȱ derȱ GeȬ schäftsführungȱaufȱZeitȱdurchȱdenȱAufsichtsratȱbzw.ȱindirektȱüberȱdieȱ Hauptversammlung,ȱwasȱletztlichȱdieȱKontrollkompetenzȱdieserȱOrgaȬ neȱ starkȱ einschränkt.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ mussȱ auchȱ beachtetȱ werden,ȱ dassȱ außerȱ denȱ bereitsȱ inȱ derȱ Satzungȱ verankertenȱ zustimȬ mungspflichtigenȱ Geschäftenȱ keinȱ neuerȱ Zustimmungskatalogȱ vomȱ Aufsichtsratȱ (§ȱ111ȱ Abs.ȱ4ȱ Satzȱ2ȱ AktG)ȱ bzw.ȱ derȱ Hauptversammlungȱ (§ȱ119ȱAbs.ȱ1ȱAktG)ȱverabschiedetȱwerdenȱkann.ȱDiesȱfälltȱalleinȱinȱdenȱ ZuständigkeitsbereichȱdesȱKomplementärs.ȱDieȱLeitungskompetenzȱistȱ damitȱextremȱzentralisiert.ȱ

x Zumȱ anderenȱ dieȱ Mischungȱ derȱ KGȱ mitȱ derȱ Rechtsformȱ derȱ GmbH.ȱ Entgegenȱ demȱ Grundgedankenȱ derȱ KG,ȱ wonachȱ derȱ Komplementärȱ quasiȱ alsȱ Preisȱ fürȱ seineȱ unbeschränkteȱ Geschäftsführungskompetenzȱ auchȱ unbeschränktȱ persönlichȱ haftet,ȱ wähltȱ dieȱ Borussiaȱ Dortmundȱ GmbHȱ &ȱ Co.ȱ KGaAȱ keineȱ natürlicheȱ Personȱ alsȱ Komplementär,ȱ sonȬ dernȱeineȱGmbHȱmitȱderȱdarausȱresultierendenȱbeschränktenȱHaftung;ȱ eineȱRechtsformkonstruktion,ȱdieȱvomȱBundesgerichtshofȱübrigensȱerstȱ 1997ȱinȱseinerȱEntscheidungȱanerkanntȱwurde.ȱ Dieseȱ Formȱ derȱ doppeltenȱ Mischungȱ derȱ Rechtsformenȱ hatȱ zurȱ Folge,ȱ dassȱderȱVereinȱBorussiaȱDortmundȱaufgrundȱseinerȱStellungȱalsȱalleinigerȱ GesellschafterȱderȱBorussiaȱDortmundȱGeschäftsführungsȬGmbHȱeineȱheȬ rausgehobeneȱStellungȱbeiȱderȱKontrolleȱundȱBestellungȱderȱKomplemenȬ tärinȱderȱGmbHȱ&ȱCo.ȱKGaAȱbesitzt.ȱIhmȱobliegtȱdieȱeigentlicheȱKontrollȬ kompetenzȱ undȱ nichtȱ demȱ Aufsichtsratȱ bzw.ȱ derȱ Hauptversammlung.ȱ DiesȱzeigtȱsichȱinsbesondereȱbeiȱderȱVerzahnungȱdesȱVereinsȱmitȱderȱGeȬ schäftsführungsȬGmbHȱundȱderȱKommanditgesellschaft,ȱwieȱsieȱAbb.ȱ3Ȭ8ȱ verdeutlicht.ȱȱ

124

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

Abb.ȱ3Ȭ8:ȱOrganstrukturȱ derȱ Leitungȱ desȱ Konzernsȱ Borussiaȱ Dortmundȱ (Stand:ȱ08/2001)ȱ DieȱGeschäftsführerȱderȱBorussiaȱDortmundȱGeschäftsführungsȬGmbHȱ werdenȱvomȱBeiratȱderȱGesellschaftȱbestellt.ȱDerȱBeiratȱwirdȱgebildetȱausȱ denȱMitgliedernȱdesȱVorstandesȱundȱdesȱWirtschaftsratesȱ(mindestensȱsieȬ benȱMitglieder)ȱdesȱVereinsȱBorussiaȱDortmund.ȱSollteȱdabeiȱderȱFallȱeinȬ treten,ȱdassȱMitgliederȱdesȱVorstandesȱoderȱdesȱWirtschaftsratesȱgleichzeiȬ tigȱGeschäftsführerȱderȱGmbHȱsind,ȱsoȱdürfenȱdieseȱnichtȱalsȱMitgliederȱinȱ denȱBeiratȱderȱGmbHȱentsandtȱwerden.ȱ UnübersehbarȱbeiȱderȱgewähltenȱStrukturȱdesȱKonzernsȱBorussiaȱDortȬ mundȱ istȱ insofernȱ dieȱ starkeȱ Stellungȱ derȱ Geschäftsführung.ȱ Dieseȱ gehtȱ weitȱ überȱ dasȱ hinaus,ȱ wasȱ derȱ Gesetzgeberȱ z.ȱB.ȱ demȱ Vorstandȱ einerȱ AkȬ tiengesellschaftȱeinräumt.ȱDieȱstarkeȱStellungȱergibtȱsichȱinȱersterȱLinieȱausȱ derȱ Kompetenzverteilungȱ zwischenȱ denȱ Gesellschaftsorganenȱ beiȱ derȱ ReȬ krutierungȱ undȱ Überwachungȱ derȱ Geschäftsleitung.ȱ Dieȱ gewählteȱ KonȬ struktionȱführtȱdazu,ȱdassȱsichȱdieȱGeschäftsführungȱquasiȱselbstȱrekrutiertȱ undȱüberwacht.ȱErschwerendȱkommtȱhinzu,ȱdassȱvielfältigeȱFunktionenȱinȱ denȱ einzelnenȱ Gremienȱ i.ȱ d.ȱ R.ȱ inȱ Personalunionȱ übernommenȱ werden.ȱ Abb.ȱ3Ȭ9ȱzeigtȱdieȱpersonelleȱBesetzungȱderȱeinzelnenȱGesellschaftsorgane.ȱ

3.3 Beispiel verfassungsmäßiger Grundstrukturen Vorstand • Niebaum • Meyer • Reibert

Geschäftsführer • Niebaum • Meyer

Personalunion

überwacht

Personalunion bestellt

beruft

Wirtschaftsrat • • • • • • • • • • • • • • •

125

Schulte (V) Burghard (SV) Kottmann Michalski Puller Aden Buse Heidel Materna Pieper Stadelhofer Ziegler Brickenstein Gaul Watzke

Ballsportverein Borussia 09 e. V. Dortmund

überwacht

Beirat

Personalunion

• • • • • • • • • • • • • •

Schulte Burghard Kottmann Michalski Puller Aden Buse Heidel Materna Pieper Stadelhofer Ziegler Brickenstein Freundlieb

Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH

Aufsichtsrat

Personalunion

• • • • • •

Schulte Burghard Kottmann Michalski Puller Reibert

Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA

Abb.ȱ3Ȭ9:ȱPersonelleȱBesetzungȱderȱGesellschaftsorganeȱ(Stand:ȱ08/2001)ȱ Imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ effizienteȱ Wahrnehmungȱ vonȱ LeitungsȬ,ȱ KontrollȬȱ undȱ Interessenvertretungskompetenzȱ istȱ dieȱ Strukturȱ derȱ Borussiaȱ DortȬ mundȱGmbHȱ&ȱCo.ȱKGaAȱinsofernȱwieȱfolgtȱzuȱbeurteilen:ȱ Dasȱ hierȱ gewählteȱ Rekrutierungsmodellȱ sichertȱ eineȱ weitgehendȱ autoȬ nomeȱFührungȱdesȱKonzernsȱBorussiaȱDortmund.ȱEsȱstelltȱdamitȱauchȱsiȬ cher,ȱdassȱimȱZweifelsfallȱdieȱInteressenȱdesȱVereinsȱdieȱInteressenȱderȱAkȬ tionäreȱ dominieren.ȱ Letztlichȱ sindȱ dieȱ Personenȱ desȱ Vorstandesȱ nurȱ derȱ MitgliederversammlungȱdesȱVereinsȱverantwortlich,ȱdieȱüberȱWiederwahlȱ oderȱAbwahlȱentscheidet.ȱDieȱInteressenvertretungsfunktionȱderȱAktionäȬ reȱistȱstarkȱeingeschränkt.ȱObwohlȱsieȱdasȱKapitalȱstellen,ȱkönnenȱsieȱihreȱ InteressenȱdeutlichȱwenigerȱstarkȱvertretenȱalsȱdieȱMitgliederȱdesȱVereins.ȱ DamitȱstehtȱundȱfälltȱdieȱQualitätȱderȱKonzernführungȱmitȱderȱQualitätȱ derȱhandelndenȱPersonenȱimȱVereinsvorstandȱbzw.ȱderȱGeschäftsführung.ȱ DieȱStrukturȱistȱdurchausȱgeeignet,ȱeinȱkompetentesȱundȱengagiertesȱMaȬ nagementȱ ohneȱ gesellschaftsrechtlicheȱ „Fesseln“ȱ agierenȱ zuȱ lassen.ȱ AllerȬ dings,ȱ undȱ diesesȱ wurdeȱ bereitsȱ imȱ Börseneinführungsprospektȱ herausȬ

ȱ

126

Grundstrukturen der Unternehmensverfassung

gestellt1,ȱmachtȱesȱdenȱKonzernȱBorussiaȱDortmundȱextremȱabhängigȱvonȱ denȱ aktuellȱ handelndenȱ zentralenȱ Entscheidungsträgern.ȱ Letztlichȱ mussȱ dieȱ Geschäftsführungȱ dieȱ Unterstützungȱ derȱ Vereinsmitgliederȱ besitzenȱ undȱnichtȱdieȱUnterstützungȱderȱKommanditaktionäre.ȱ AufgrundȱdieserȱKonstellationȱkannȱvermutetȱwerden,ȱdassȱdieȱAttrakȬ tivitätȱ derȱ Aktieȱ „Borussiaȱ Dortmund“ȱ einerȱ Vorzugsaktieȱ ähnelt,ȱ ohneȱ dassȱjedochȱderȱfehlendeȱEinflussȱaufȱdieȱGeschäftstätigkeitȱdurchȱeineȱerȬ höhteȱDividendeȱkompensiertȱwird.ȱȱ Allerdings,ȱ undȱ diesȱ mussȱ zumindestȱ ausȱ Sichtȱ desȱ Vereinsȱ Borussiaȱ Dortmundȱ konstatiertȱ werden,ȱ machtȱ dieȱ gewählteȱ Strukturȱ derȱ UnterȬ nehmensverfassungȱ denȱ Konzernȱ Borussiaȱ Dortmundȱ unangreifbarȱ fürȱ feindlicheȱÜbernahmen.ȱDieȱStrukturȱträgtȱdamitȱdemȱSicherheitsempfinȬ denȱ derȱ Vereinsmitgliederȱ Rechnung,ȱ dieȱ überȱ dieȱ MitgliederversammȬ lungȱ letztlichȱ dasȱ einzigeȱ relevanteȱ Kontrollgremiumȱ darstellt.ȱ Fernerȱ erȬ gebenȱsichȱmitȱdieserȱKonstruktionȱnatürlichȱauchȱVorteileȱimȱHinblickȱaufȱ Kapitalerhöhungen.ȱEineȱKapitalerhöhungȱistȱhierȱmöglich,ȱohneȱdassȱderȱ Vereinȱ hierzuȱ Mittelȱ aufbringenȱ muss,ȱ umȱ nichtȱ dieȱ Leitungskompetenzȱ zuȱ verlierenȱ –ȱ eineȱ imȱ Übrigenȱ wichtigeȱ Voraussetzungȱ mitȱ Blickȱ aufȱ dieȱ LizenzerteilungȱdurchȱdieȱDFLȱ(sog.ȱ50ȱ+ȱ1ȬȱRegel).ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ Deutscheȱ Bankȱ (2000),ȱ S.ȱ18:ȱ „Derȱ künftigeȱ wirtschaftlicheȱ Erfolgȱ derȱ GeȬ sellschaftȱhängtȱnebenȱderȱsportlichenȱEntwicklungȱwesentlichȱvomȱkontinuierȬ lichenȱ Einsatzȱ undȱ derȱ Leistungȱ derȱ Führungskräfteȱ ab.ȱ (...)ȱ Dasȱ Ausscheidenȱ einerȱ Personȱ inȱ einerȱ Schlüsselfunktionȱ könnteȱ sichȱ deutlichȱ negativȱ aufȱ dasȱ GeschäftȱundȱdenȱAktienkursȱauswirken.“ȱ

4 Leitungs- und Kontrollkompetenz im Rahmen der deutschen Unternehmensverfassung

DieȱimȱFolgendenȱdargestelltenȱRegelungenȱbeziehenȱsichȱinȱersterȱLinieȱ aufȱgroße,ȱinȱDeutschlandȱansässigeȱKapitalgesellschaften.ȱFürȱsieȱschreibtȱ derȱ Gesetzgeberȱ dasȱ dualistischeȱ Leitungsmodellȱ explizitȱ vor.ȱ VerfasȬ sungsmäßigeȱRegelungen,ȱwieȱsieȱsichȱz.ȱB.ȱfürȱdieȱmonistischenȱLeitungsȬ modelleȱderȱKommanditgesellschaftȱoderȱderȱkleinenȱGmbHȱfinden,ȱwerȬ denȱanȱdieserȱStelleȱnichtȱbetrachtet.ȱ

4.1 Leitungskompetenz des Vorstandes Dieȱ Leitungskompetenzȱ desȱ Vorstandesȱ wirdȱ unterȱ verfassungsrechtliȬ cherȱ Perspektiveȱ entscheidendȱ vonȱ denȱ organisatorischenȱ Vorgabenȱ desȱ Gesetzgebersȱgeprägt.ȱDabeiȱistȱjedochȱwiederumȱzuȱbeachten,ȱdassȱinstiȬ tutionelleȱVorgabenȱnichtȱzwangsläufigȱdieȱWirklichkeitȱderȱVorstandsarȬ beitȱ widerspiegelnȱ müssen,1ȱ daȱ handelndeȱ Individuenȱ undȱ InteressenȬ gruppenȱ versuchenȱ werden,ȱ hierȱ prägendȱ Einflussȱ zuȱ nehmen.ȱ Sieȱ verȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierȱ dieȱ Analysenȱ zurȱ faktischenȱ Organisationȱ derȱ Vorstandsarbeitȱ beiȱ Trenkleȱ(1983);ȱBleicher/Leberl/Paulȱ(1989);ȱHoffmannȬBeckingȱ(1998),ȱS.ȱ497ȱff.;ȱ Bernhardt/Wittȱ(1999),ȱS.ȱ825ȱff.;ȱOesterleȱ(1999);ȱOesterleȱ(2003),ȱS.ȱ199ȱff.ȱ

128

Leitungs- und Kontrollkompetenz

suchenȱ denȱ Gestaltungsspielraumȱ zuȱ nutzen,ȱ denȱ ihnenȱ derȱ Gesetzgeberȱ einräumt.ȱ ZuȱbeachtenȱistȱinȱdiesemȱZusammenhangȱauch,ȱdassȱdieȱLeitungskomȬ petenzȱ desȱ Vorstandesȱ nichtȱ unabhängigȱ istȱ vonȱ derȱ faktischenȱ Stellungȱ desȱ Aufsichtsratesȱ imȱ Machtgefügeȱ derȱ Institutionen.ȱ Einȱ Beispielȱ hierfürȱ istȱdieȱKompetenzregelungȱimȱHinblickȱaufȱdieȱFestlegungȱderȱGeschäftsȬ ordnungȱundȱdesȱGeschäftsverteilungsplansȱfürȱdieȱVorstandsarbeit:ȱ Erlass Geschäftsordnung

Erlass Geschäftsverteilungsplan

Aufsichtsrat

Vorstand

Aufsichtsrat

112 (41 %)

11 (4 %)

Vorstand

60 (22 %)

89 (33 %)

Quelle:ȱ Gerumȱ(2007),ȱS.ȱ263.ȱ Tab.ȱ4Ȭ1:ȱ KompetenzenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱFestlegungȱvonȱGeschäftsordȬ nungȱundȱGeschäftsverteilungsplanȱ ImmerhinȱlegtȱbeiȱeinemȱDrittelȱderȱbetrachtetenȱ272ȱAktiengesellschafȬ tenȱderȱVorstandȱseineȱeigeneȱGeschäftsordnungȱwieȱauchȱdenȱGeschäftsȬ verteilungsplanȱfest.ȱ

4.1.1

Struktur der Vorstandsarbeit

DerȱGesetzgeberȱschreibtȱvor,ȱdassȱderȱVorstandȱvonȱeinerȱoderȱmehreȬ renȱ Personenȱ gebildetȱ werdenȱ kann.ȱ Gibtȱ dieȱ Satzungȱ einerȱ AktiengesellȬ schaftȱ keineȱ andereȱ Regelungȱ vor,ȱ soȱ wirdȱ dieȱ Geschäftsleitungȱ beiȱ einerȱ Aktiengesellschaftȱmitȱmehrȱalsȱ3ȱMio.ȱEuroȱGrundkapitalȱvonȱmindestensȱ zweiȱVorständenȱwahrgenommenȱ(§ȱ76ȱAbs.ȱ2ȱAktG).ȱDamitȱergibtȱsichȱfürȱ dieȱ Mehrzahlȱ derȱ Aktiengesellschaftenȱ dieȱ Frageȱ nachȱ einerȱ hierarchischȱ strukturiertenȱOrganisationȱdesȱmultipersonalenȱVorstandes.ȱEineȱderartiȬ geȱ hierarchischeȱ Organisationȱ desȱ Vorstandesȱ istȱ vomȱ Gesetzgeberȱ nichtȱ vorgesehen.ȱ §ȱ 77ȱ Abs.ȱ1ȱ AktGȱ führtȱ aus,ȱ dassȱ fürȱ denȱ Fall,ȱ dassȱ derȱ VorȬ

4.1 Leitungskompetenz des Vorstandes

129

standȱausȱmehrerenȱPersonenȱbesteht,ȱdieseȱnurȱgemeinschaftlichȱzurȱGeȬ schäftsführungȱ befugtȱ sind.ȱ Alleȱ Mitgliederȱ sindȱ insofernȱ gleich.ȱ Nachȱ demȱ Kollegialprinzipȱ tragenȱ alleȱ Vorstandsmitgliederȱ dieȱ Verantwortungȱ fürȱdieȱVorstandsentscheidungenȱgemeinschaftlich.1ȱȱ Ausdruckȱeinerȱ„ungeschriebenen“ȱHierarchieȱistȱoftmalsȱdasȱpraktizierteȱ FührungsverhaltenȱdesȱVorstandsvorsitzenden,ȱwieȱdiesȱauchȱdasȱBeispielȱ derȱInfineonȱTechnologiesȱAGȱzeigt:ȱ „Fünf Jahre regierte Schumacher den Konzern aus absoluter Machtvollkommenheit und mit totaler Autorität. Arbeitnehmervertreter und Vorstandskollegen monierten regelmäßig seine Alleingänge, Volten und kraftwort-unterlegten Tobsuchtsanfälle. Vorwürfe und Einsprüche hat Schumacher weggedrückt, hart in der Sache, rhetorisch geschliffen, danach blieb stets nur noch ein Satz im Raum hängen: Ich kann’s, ihr nicht. Mit eisernem Willen und unerschütterlicher Selbstsicherheit hat der Rheinländer dafür gesorgt, dass Infineon und Schumacher zu einem Synonym verschmolzen. Kein anderes Dax-Unternehmen war so eng mit dem Namen seines ersten Angestellten verknüpft.“ Quelle: Kroker, M./Schnaas, D.: Das Komplott, in: Wirtschaftswoche, Nr. 15 vom 01.04.2004, S. 42 - 45, hier S. 42.

TrotzȱdiesesȱvomȱGesetzgeberȱvorgeschriebenenȱKollegialprinzipsȱweistȱ derȱ§ȱ84ȱAbs.ȱ2ȱAktGȱdaraufȱhin,ȱdassȱfürȱdenȱFall,ȱdassȱmehrereȱPersonenȱ zuȱ Vorstandsmitgliedernȱ bestelltȱ wurden,ȱ derȱ Aufsichtsratȱ einȱ Mitgliedȱ zumȱVorsitzendenȱdesȱVorstandesȱernennenȱkann.ȱEsȱwerdenȱjedochȱkeineȱ weitergehendenȱ Ausführungenȱ dahingehendȱ gemacht,ȱ dassȱ demȱ VorȬ standsvorsitzendenȱ besondereȱ Rechteȱ einzuräumenȱ sind.2ȱ Lediglichȱ §ȱ 77ȱ Abs.ȱ 2ȱ AktGȱ führtȱ aus,ȱ dassȱ Einzelfragenȱ derȱ Geschäftsführungȱ desȱ VorȬ standesȱ inȱ einerȱ Geschäftsordnungȱ geregeltȱ werdenȱ können.ȱ Dieseȱ GeȬ schäftsordnungȱkannȱsichȱentwederȱderȱVorstandȱselbstȱerlassenȱoderȱaberȱ sieȱwirdȱimȱRahmenȱderȱSatzungȱdurchȱdenȱAufsichtsratȱbeschlossen.ȱFürȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱdieȱempirischenȱBefundeȱbeiȱGerumȱ(2007),ȱS.ȱ134,ȱderȱbeiȱ275ȱ deutschenȱAktiengesellschaftenȱermittelt,ȱdassȱnurȱ13ȱihrenȱVorsitzendenȱbzw.ȱ SprecherȱmitȱeinerȱRichtlinienkompetenzȱausstattenȱ(Standȱ2004).ȱ 2ȱ Vgl.ȱBezzenbergerȱ(1996),ȱS.ȱ661ȱff.ȱ

130

Leitungs- und Kontrollkompetenz

denȱ Fall,ȱ dassȱ derȱ Vorstandȱ entsprechendeȱ Beschlüsseȱ zurȱ GeschäftsordȬ nungȱ fasst,ȱ soȱ müssenȱ dieseȱ einstimmigȱ gefasstȱ werden.ȱ Damitȱ eröffnetȱ sichȱjetztȱjedochȱdieȱMöglichkeit,ȱüberȱeineȱGeschäftsordnungȱdasȱVerhältȬ nisȱ derȱ Vorstandsmitgliederȱ zueinanderȱ zuȱ hierarchisieren.ȱ Inȱ derȱ Praxisȱ habenȱsichȱfolgendeȱBereicheȱherausgebildet,ȱbeiȱdenenȱderȱVorstandsvorȬ sitzendeȱ gegenüberȱ denȱ anderenȱ Vorstandsmitgliedernȱ eineȱ herausgehoȬ beneȱRolleȱbesitzt,ȱd.ȱh.ȱerȱüberȱbestimmteȱKompetenzenȱverfügt:1ȱȱȱ x Federführungskompetenz:ȱ Hierunterȱ istȱ zuȱ verstehen,ȱ dassȱ derȱ VorȬ standsvorsitzendeȱbefugtȱist,ȱVorstandssitzungenȱeinzuberufen.ȱErȱlegtȱ dieȱ Tagesordnungȱ fest,ȱ insb.ȱ dieȱ Reihenfolgeȱ derȱ einzelnenȱ TagesordȬ nungspunkte.ȱ Ihmȱ obliegtȱ dieȱ Verhandlungsführungȱ sowieȱ dieȱ ProtoȬ kollierungȱderȱSitzungen.ȱ x Koordinationskompetenz:ȱ DerȱVorstandsvorsitzendeȱ besitztȱ dieȱ MögȬ lichkeitȱ derȱ Koordinationȱ zwischenȱ denȱ denȱ jeweiligenȱ VorstandsmitȬ gliedernȱ zugewiesenenȱ Geschäftsbereichen.ȱ Dasȱ heißtȱ erȱ besitztȱ dieȱ Kompetenzȱ derȱ aktivenȱ Einwirkungȱ aufȱ andereȱ Vorstände.ȱ Dabeiȱ beȬ sitztȱ erȱ allerdingsȱ imȱ Regelfallȱ keinȱ hierarchischesȱ Potenzial,ȱ umȱ eineȱ bestimmteȱEntscheidungȱnachhaltigȱdurchzusetzen.ȱAuchȱhierȱistȱerȱanȱ dieȱMehrheitsbeschlüsseȱdesȱVorstandesȱinsgesamtȱgebunden.ȱ x Passivesȱ Informationsrecht:ȱ Derȱ Vorstandsvorsitzendeȱ kannȱ vonȱ seiȬ nenȱ Vorstandskollegenȱ jederzeitȱ undȱ rechtzeitigȱ Auskünfteȱ überȱ dieȱ einzelnenȱ Vorstandsbereicheȱ anfordernȱ oderȱ weitergehend:ȱ Dieseȱ InȬ formationenȱ werdenȱ selbstständigȱ anȱ denȱ Vorstandsvorsitzendenȱ abȬ gegebenȱundȱnichtȱnurȱnachȱdessenȱAufforderung.ȱ x Richtlinienkompetenz:ȱ Derȱ Vorstandsvorsitzendeȱ bestimmtȱ dieȱ weȬ sentlicheȱstrategischeȱAusrichtungȱderȱUnternehmenspolitik.ȱErȱvertrittȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ auchȱ dieȱ empirischenȱ Befundeȱ beiȱ Leker/Salomoȱ (1998),ȱ S.ȱ156ȱ ff.,ȱ undȱ Salomoȱ (2001),ȱ dieȱ zeigen,ȱ dassȱ neuȱ bestellteȱ Vorstandsvorsitzendeȱ entȬ scheidendenȱ Einflussȱ aufȱ dieȱ Wahlȱ desȱ bilanzpolitischenȱ Instrumentariumsȱ nehmen.ȱAusȱdiesemȱBefundȱlässtȱsichȱdaraufȱschließen,ȱdassȱVorstandsvorsitȬ zendeȱsichȱimȱRegelfallȱdurchȱeinȱdeutlichȱhöheresȱMachtpotenzialȱauszeichnenȱ alsȱdieȱübrigenȱVorstandsmitglieder.ȱ

4.1 Leitungskompetenz des Vorstandes

131

dieseȱgegenüberȱdemȱAufsichtsratȱbzw.ȱdemȱAufsichtsratsvorsitzendenȱ undȱ nachȱ außen.ȱ Letztlichȱ istȱ hierȱ jedochȱ dasȱ Benehmenȱ mitȱ demȱ GeȬ samtvorstandȱunumgänglich.ȱ x Dispositionskompetenz:ȱ Beiȱ unternehmensspezifischenȱ Engpässenȱ inȱ einzelnenȱBereichenȱistȱ derȱ Vorstandsvorsitzendeȱ oftmalsȱ befugt,ȱüberȱ zentraleȱRessourcenȱzuȱverfügen,ȱumȱderartigeȱEngpässeȱzuȱbeseitigen.ȱ x Ordnungskompetenz:ȱ Derȱ Vorstandsvorsitzendeȱ bestimmtȱ überȱ denȱ Geschäftsverteilungsplan.ȱ Dasȱ heißtȱ erȱ schneidetȱ letztlichȱ dieȱ Ressortsȱ derȱanderenȱVorstandsmitgliederȱzu.ȱAuchȱhierȱistȱjedochȱimȱRegelfallȱ einȱBenehmenȱmitȱdemȱAufsichtsratȱbzw.ȱdemȱAufsichtsratsvorsitzenȬ denȱherzustellen.ȱ DieseȱKompetenzenȱdesȱVorstandsvorsitzendenȱkönnenȱisoliertȱoderȱinȱ Kombinationȱ auftreten.ȱ Dieȱ Machtȱ einesȱ Vorstandsvorsitzendenȱ bemisstȱ sichȱ insofernȱ nachȱ demȱ Ausmaßȱ derartigerȱ Kompetenzenȱ undȱ derȱ NachȬ haltigkeitȱihrerȱNutzung.ȱDasȱAusmaßȱderȱWahrnehmungȱdieserȱKompeȬ tenzenȱ kannȱ nunȱ –ȱwieȱ einigeȱ Autorenȱ vermuten1ȱ–ȱ auchȱ dahingehendȱ interpretiertȱ werden,ȱ dassȱ beiȱ deutschenȱ Aktiengesellschaftenȱ dasȱ vomȱ GesetzgeberȱkodifizierteȱKollegialprinzipȱderȱVorstandsorganisationȱzuseȬ hendsȱ durchȱ einȱ sichȱ faktischȱ etablierendesȱ Direktorialprinzipȱ abgelöstȱ wird.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierȱ insbesondereȱ Erleȱ (1987),ȱ S.ȱ 7ȱ ff.;ȱ Oesterleȱ (1999),ȱ S.ȱ 204ȱ ff.;ȱ Oesterleȱ (2003),ȱS.ȱ203ȱff.ȱ

132

Leitungs- und Kontrollkompetenz

AmȱBeispielȱderȱaktuellenȱGeschäftsordnungȱdesȱVorstandesȱderȱSiemensȱ AGȱ werdenȱ dieȱ herausgehobenenȱ Befugnisseȱ desȱ Vorstandsvorsitzendenȱ deutlich.ȱDieseȱBefugnisseȱkonzentrierenȱsichȱinȱersterȱLinieȱaufȱdieȱFederȬ führungskompetenzȱsowieȱaufȱdieȱkodifiziertenȱInformationsrechte.ȱ „§ 5 Abs. 1: Dem Vorsitzenden des Vorstands obliegt die sachliche Koordination aller Vorstandsressorts. Er hat darauf hinzuwirken, dass die Führung aller Vorstandsressorts einheitlich auf die durch die Beschlüsse des Vorstands festgelegten Ziele ausgerichtet wird. § 5 Abs. 2: Der Vorsitzende kann von den Mitgliedern des Vorstands jederzeit Auskunft über Angelegenheiten ihrer Vorstandsressorts verlangen und bestimmen, dass er über bestimmte Arten von Geschäften im Vorhinein unterrichtet wird. Er kann darüber hinaus jederzeit von den Leitern der Divisions („Division CEO“) Auskunft über Angelegenheiten der Division verlangen; das für den jeweiligen Sector zuständige Vorstandsmitglied („Sector CEO“) ist davon zu unterrichten. Der Vorsitzende des Vorstands ist befugt, der Konzernrevision Prüfungsaufträge zu erteilen; der für die Konzernrevision zuständige Leiter des Vorstandsressorts Finance and Controlling ist davon zu unterrichten. § 5 Abs. 3: Der Vorsitzende des Vorstands repräsentiert den Vorstand und das Unternehmen gegenüber der Öffentlichkeit, insbesondere gegenüber Behörden, Verbänden, Wirtschaftsorganisationen und Publikationsmedien. Er kann diese Aufgabe für bestimmte Arten von Angelegenheiten oder im Einzelfall auf ein anderes Mitglied des Vorstands übertragen. § 5 Abs. 4: Dem Vorsitzenden des Vorstands obliegt die Federführung für den Vorstand in der Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat und dessen Mitgliedern. Er unterrichtet den Vorsitzenden des Aufsichtsrats regelmäßig über den Gang der Geschäfte und die Lage des Unternehmens. Bei wichtigen Anlässen und bei geschäftlichen Angelegenheiten, die auf die Lage des Unternehmens von erheblichem Einfluss sein können, hat er dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats unverzüglich zu berichten. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats kann darüber hinaus jederzeit von den Vorstandsmitgliedern Auskunft über Angelegenheiten ihrer Vorstandsressorts verlangen; der Vorstandsvorsitzende ist davon umgehend und umfassend zu unterrichten. Ein Aufsichtsratsmitglied kann über den Aufsichtsratsvorsitzenden vom Vorstandsvorsitzenden erreichen, dass Auskünfte über Angelegenheiten der Vorstandsressorts erteilt werden.

4.1 Leitungskompetenz des Vorstandes

133

§ 6 Abs. 1: Die Sitzungen des Vorstands werden durch den Vorstandsvorsitzenden einberufen. Jedes Mitglied kann die Einberufung einer Sitzung unter Angabe der zu behandelnden Gegenstände verlangen. Der Vorstand legt den Sitzungskalender („Board Calendar“) fest. § 6 Abs. 3: Der Vorstandsvorsitzende leitet die Sitzungen. Er bestimmt die Reihenfolge, in der die Gegenstände der Tagesordnung behandelt werden, sowie die Art und Reihenfolge der Abstimmungen. Der Vorsitzende kann die Beratung und Beschlussfassung zu einzelnen Punkten der Tagesordnung verlangen. § 6 Abs. 4: Der Vorstandsvorsitzende kann bestimmen, dass Personen, die nicht dem Vorstand angehören, zur Beratung über einzelne Gegenstände zugezogen werden. Der Vorstandsvorsitzende bestimmt den Protokollführer. § 6 Abs. 6: Beschlüsse des Vorstands sollen möglichst einstimmig gefasst werden. Wenn dies nicht erreichbar ist, bedarf der Vorstandsbeschluss der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorstandsvorsitzenden den Ausschlag.“ Quelle: Geschäftsordnung für den Vorstand der Siemens Aktiengesellschaft, Fassung vom 29. Juli 2008.

Folgtȱ manȱ derȱ Typisierungȱ derȱ Strukturȱ derȱ Vorstandsarbeit,ȱ dieȱ vonȱ vonȱ Werder1ȱ entwickeltȱ wurde,ȱ soȱ giltȱ es,ȱ nebenȱ derȱ Frage,ȱ obȱ dieȱ VorȬ standsstrukturȱeherȱdemȱKollegialȬȱoderȱeherȱdemȱDirektorialmodellȱfolgt,ȱ auchȱ dieȱ Frageȱ zuȱ stellen,ȱ welcheȱ Entscheidungskompetenzenȱ dieȱ einzelȬ nenȱ Vorständeȱ inȱ ihremȱ spezifischenȱ Vorstandsbereichȱ besitzen.ȱ Dürfenȱ VorständeȱEntscheidungenȱinȱdenȱihnenȱzugewiesenenȱBereichenȱautonomȱ entscheidenȱ oderȱ dürfenȱ sieȱ entsprechendeȱ Entscheidungenȱ nurȱ fürȱ denȱ Gesamtvorstandȱvorbereiten?ȱVorȱdemȱHintergrundȱdieserȱbeidenȱFragenȱ lassenȱ sichȱ folgendeȱ Grundtypenȱ derȱ Strukturȱ derȱ Vorstandsarbeitȱ ableiȬ ten:ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱWerderȱ(2008),ȱS.ȱ173ȱff.ȱ

134

Leitungs- und Kontrollkompetenz Rolle des Vorstandsvorsitzenden

Entscheidungskompetenz der Einzelvorstände Entscheidungsvorbereitungskompetenz mit Blick auf den eigenen Vorstandsbereich Entscheidungskompetenz mit Blick auf den eigenen Vorstandsbereich

Kollegialprinzip

Direktorialprinzip

Sprecher-Modell

Stabs-Modell

(z. B. Siemens AG, Stand 2007)

(z. B. Nestlé S. A., Stand 2007)

Ressort-Modell (z. B. Deutsche Post World Net, Stand 2007)

Hierarchie-Modell (z. B. Familien-AG)

Quelle:ȱ InȱAnlehnungȱanȱWerderȱ(2008),ȱS.ȱ176.ȱ Tab.ȱ4Ȭ2:ȱ TypologieȱderȱVorstandsarbeitȱ Ausȱ Tab.ȱ 4Ȭ2ȱ wirdȱ bereitsȱ deutlich,ȱ dassȱ esȱ beimȱ inȱ Deutschlandȱ überȬ wiegendȱpraktiziertenȱKollegialmodellȱinȱersterȱLinieȱdarumȱgeht,ȱdieȱEntȬ scheidungskompetenzȱderȱeinzelnenȱVorständeȱzuȱdefinieren.ȱ

4.1.2

Prozess der Vorstandsarbeit

Dieȱ bereitsȱ obenȱ angesprochenenȱ Instrumenteȱ derȱ Geschäftsordnungȱ undȱdesȱGeschäftsverteilungsplanesȱ(GVP)ȱerfüllenȱnichtȱnurȱdieȱFunktionȱ einerȱ Hierarchisierungȱ derȱ Vorstandsarbeit,ȱ sondern,ȱ undȱ dasȱ istȱ ihrȱ eiȬ gentlicherȱ Zweck,ȱ sieȱ dienenȱ derȱ Strukturierungȱ desȱ Prozessesȱ derȱ GeȬ schäftsführungsȬȱ undȱ damitȱ derȱ Vorstandstätigkeit.ȱ Geschäftsordnungȱ undȱGeschäftsverteilungsplanȱsindȱwichtigeȱDokumenteȱderȱBinnenstrukȬ turȱdesȱVorstandes.ȱDieȱGeschäftsordnungȱregeltȱdabeiȱdieȱFunktionsweiseȱ desȱOrgansȱVorstand.ȱDerȱGeschäftsverteilungsplanȱlegtȱdieȱRessortverteiȬ lungȱ undȱ damitȱ dieȱ Kompetenzenȱ undȱ Aufgabenȱ derȱ einzelnenȱ VorȬ standsmitgliederȱdurchȱdetaillierteȱAuflistungȱundȱBeschreibungȱfürȱjedesȱ Ressortȱfest.1ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ auchȱ dieȱ empirischenȱ Befundeȱ beiȱ Gerumȱ (2007),ȱ S.ȱ 124,ȱ wonachȱ vonȱ387ȱuntersuchtenȱdeutschenȱAktiengesellschaftenȱ64ȱ%ȱderȱGeschäftsverteiȬ lungȱimȱVorstandȱeherȱfunktionalorientiertȱstrukturiertȱhaben.ȱ

4.1 Leitungskompetenz des Vorstandes

135

DenȱEinflussȱderȱGeschäftsordnungȱaufȱdieȱStellungȱdesȱVorstandsvorsitȬ zendenȱzeigtȱdasȱfolgendeȱBeispielȱderȱSiemensȱAG:ȱ „Es sind entscheidende Befugnisse, die sich der Siemens-Chef gesichert hat: Durch die geänderte Geschäftsordnung verfügt Peter Löscher künftig über das Vorschlagsrecht für Ernennung und Abberufung von Finanzchefs der drei großen Konzernsektoren, schreibt die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) heute. Das gilt auch für alle wichtigen Führungspositionen auf der darunter liegenden Ebene der Divisionen und Business Units. Auch die Ernennung und Abberufung von Chefs der Landes- und Regionalgesellschaften sowie der Chefs ihrer Rechtsabteilungen werde Löscher künftig entscheidend beeinflussen können, schreibt die Zeitung weiter. Grundlage sei eine neue Geschäftsordnung für den Vorstand, die der Zeitung vorliege. Um den zum Jahreswechsel geplanten Konzernumbau nicht zu gefährden, habe der Aufsichtsrat trotz Bedenken das Papier verabschiedet - allerdings nur als Übergangslösung. In seiner April-Sitzung wolle das Kontrollgremium die Vorlage erneut diskutieren und über Veränderungen beschließen, berichtet die SZ. Bei Siemens war zunächst niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Nicht bei allen stößt die neuen Befugnisse allerdings auf große Begeisterung: Teile des Aufsichtsrats sorgen sich laut dem Blatt über eine zu große Machtfülle für den Konzernchef. Die neue Geschäftsordnung sei wegen der weitreichenden Kompetenzen für den 50-Jährigen umstritten, zitiert die Zeitung eine nicht genannte Quelle. Aufsichtsräte forderten demnach in der Sitzung am vergangenen Mittwoch eine Überarbeitung des Papiers. In dieser Sitzung hatte das Kontrollgremium den Umbau des Konzerns beschlossen inklusive der daran hängenden Personalien. So wird der Vorstand von elf auf acht Mitglieder verkleinert. Jeder der drei Sektoren Energie, Industrie und Gesundheit bekommt ein verantwortliches Vorstandsmitglied an der Spitze. Quelle: o.V.: Löscher baut seine Macht aus www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,521222,00.html04 – letzter Zugriff am 04.12.2007

ImȱHinblickȱaufȱdenȱRegelungsgradȱderȱGeschäftsordnungȱmussȱbeachȬ tetȱwerden,ȱdassȱeinȱhoherȱRegelungsgradȱmeistȱzuȱLastenȱderȱFlexibilitätȱ beiȱderȱAnwendungȱderȱGeschäftsordnungȱgeht.ȱInȱKonfliktfällenȱgibtȱsieȱ jedochȱ nichtȱ immerȱ eineȱ Auskunftȱ darüber,ȱ wieȱ zuȱ prozedierenȱ ist.ȱ Manȱ sollteȱsichȱjedochȱdavorȱhüten,ȱeineȱderartigeȱGeschäftsordnungȱzuȱdetailȬ

136

Leitungs- und Kontrollkompetenz

liertȱzuȱverabschieden.ȱUnflexibilitätȱundȱdamitȱSchwerfälligkeitȱderȱVorȬ standsarbeitȱwärenȱdieȱFolgen.ȱGeradeȱdieȱVorstandsarbeitȱistȱoftmalsȱdaȬ durchȱ gekennzeichnet,ȱ dassȱ Vorständeȱ aufȱ fürȱ dasȱ Unternehmenȱ neueȱ Sachverhalteȱzuȱreagierenȱhaben.ȱEsȱistȱinȱsoȱeinemȱFallȱhöchstȱkontraproȬ duktiv,ȱ wennȱ hieraufȱ nichtȱ adäquatȱ reagiertȱ werdenȱ kann,ȱ sondernȱ manȱ sichȱerstȱeinmalȱmitȱderȱGeschäftsordnungȱ„herumschlagen“ȱmuss.ȱȱ Fürȱ denȱ Prozessȱ derȱ Vorstandsarbeitȱ habenȱ sichȱ inȱ derȱ Zwischenzeitȱ vielfältigeȱ Spielregelnȱ etabliert,ȱ dieȱ oftmalsȱ ihrenȱ Niederschlagȱ inȱ einerȱ schriftlichȱ fixiertenȱ Geschäftsordnungȱ fürȱ dieȱ Vorstandsarbeitȱ finden.ȱ Sieȱ tragenȱ dazuȱ bei,ȱ dassȱ imȱ Regelfallȱ dasȱ kodifizierteȱ Kollegialprinzipȱ derȱ Vorstandsarbeitȱgesichertȱist.ȱNurȱimȱAusnahmefallȱergebenȱsichȱhierȱReȬ gelungen,ȱdieȱeherȱanȱeinȱDirektorialprinzipȱdenkenȱlassen.ȱDieȱwichtigsȬ tenȱ„Spielregeln“ȱsindȱdieȱfolgenden:ȱ x BeschlüsseȱwerdenȱnachȱMöglichkeitȱeinstimmigȱgefällt.ȱBeiȱMeinungsȬ verschiedenheitenȱ werdenȱ Beschlüsseȱ aufgeschobenȱ bisȱ sieȱ „entscheiȬ dungsreif“ȱ sind.ȱ Mussȱ aufgrundȱ vonȱ Zeitdruckȱ trotzdemȱ eineȱ EntȬ scheidungȱ gefälltȱ werden,ȱ soȱ wirdȱ dasȱ Abstimmungsverhältnisȱ imȱ Regelfallȱprotokolliert.ȱMeistȱistȱbeiȱMehrheitsentscheidungenȱauchȱeiȬ neȱ qualifizierteȱ Mehrheitȱ vorgeschrieben.ȱ Nurȱ imȱ Ausnahmefallȱ wirdȱ demȱ Vorstandsvorsitzendenȱ dasȱ Rechtȱ eingeräumt,ȱ mitȱ seinerȱ Stimmeȱ eineȱPattsituationȱaufzulösen.ȱ x Sindȱ Vorständeȱ bestimmterȱ Ressortbereicheȱ beiȱ derȱ Vorstandssitzungȱ verhindert,ȱsoȱwerdenȱinȱderȱRegelȱkeineȱEntscheidungenȱgetroffen,ȱdieȱ massiveȱ Auswirkungenȱ aufȱ dieȱ vonȱ ihnenȱ vertretenenȱ Ressortsȱ besitȬ zen.ȱ Ausnahmenȱ ergebenȱ sichȱ auchȱ hierȱ nurȱ wiederȱ beiȱ eiligenȱ EntȬ scheidungen.ȱDaȱesȱjedochȱüblichȱist,ȱmitȱeinerȱgewissenȱZeitfristȱunterȱ NennungȱderȱTagesordnungspunkteȱzurȱVorstandssitzungȱeinzuladen,ȱ wirdȱsoȱjedemȱVorstandsmitgliedȱdieȱGelegenheitȱgeboten,ȱanȱentspreȬ chendenȱSitzungenȱteilzunehmen.ȱ x IstȱkeinȱstellvertretenderȱVorstandsvorsitzenderȱinstitutionalisiertȱworȬ den,ȱsoȱübernimmtȱdieseȱFunktionȱinȱderȱRegelȱdasȱältesteȱVorstandsȬ mitglied.ȱ

4.1 Leitungskompetenz des Vorstandes

137

x Derȱ Vorstandȱ kannȱ fürȱ dieȱ Behandlungȱ besondererȱ Aufgabenȱ AusȬ schüsseȱbilden,ȱdieȱi.ȱd.ȱR.ȱvomȱVorstandsvorsitzendenȱgeleitetȱwerdenȱ undȱdenenȱauchȱNichtȬVorstandsmitgliederȱangehörenȱkönnen.ȱ InteressanterweiseȱwirdȱinȱderȱtagtäglichenȱDiskussionȱdemȱGeschäftsȬ verteilungsplanȱwesentlichȱmehrȱBedeutungȱzugebilligtȱalsȱderȱGeschäftsȬ ordnung.ȱHierȱmögenȱvordergründigeȱMachtüberlegungenȱeineȱRolleȱspieȬ len.ȱ Leiderȱ wirdȱ hierbeiȱ oftmalsȱ verkannt,ȱ dassȱ fürȱ denȱ Erfolgȱ oderȱ Misserfolgȱ einerȱ Gesellschaftȱ derȱ Vorstandȱ insgesamtȱ dieȱ Verantwortungȱ trägt.ȱ Dieȱ Qualitätȱ derȱ Vorstandsarbeitȱ wirdȱ insofernȱ inȱ ersterȱ Linieȱ vonȱ derȱ Qualitätȱ derȱ getroffenenȱ Entscheidungenȱ desȱ Vorstandesȱ bestimmtȱ undȱ nichtȱ soȱ sehrȱ vonȱ derȱ Artȱ undȱ Weise,ȱ wieȱ Aufgabenȱ aufȱ bestimmteȱ Vorstandskollegenȱ verteiltȱ sind.ȱ Letztlichȱ istȱ esȱ eineȱ Funktionȱ derȱ Machtȱ desȱ Vorstandsvorsitzenden,ȱ inwieweitȱ ihmȱ überȱ dieȱ Geschäftsordnungȱ spezifischeȱKompetenzenȱzugebilligtȱwerden.ȱ GenerellȱsollteȱdieȱFixierungȱderȱGeschäftsordnungȱvonȱfolgendenȱZieȬ lenȱgeleitetȱwerden:ȱ x Imȱ Konfliktfallȱ istȱ einȱ schnellesȱ Handelnȱ immerȱ dannȱ möglich,ȱ wennȱ RegelungenȱderȱKonfliktaustragungȱimȱVorausȱbereitsȱkodifiziertȱsind.ȱ x EineȱGeschäftsordnungȱwieȱauchȱderȱGeschäftsverteilungsplanȱmussȱesȱ ermöglichen,ȱdieȱ laufendenȱ Geschäfteȱderȱ Einzelressortsȱ soȱ abzuarbeiȬ ten,ȱdassȱesȱverhindertȱwird,ȱdassȱEinzelentscheidungenȱderȱGeschäftsȬ bereiche,ȱ dieȱdasȱUnternehmenȱ alsȱ Ganzesȱ treffen,ȱ derȱ gesamtstrategiȬ schenȱAusrichtungȱderȱUnternehmenspolitikȱzuwiderlaufen.ȱDasȱheißtȱ dasȱ Gesamtgremiumȱ desȱ Vorstandesȱ darfȱ nichtȱ durchȱ EinzelentscheiȬ dungenȱderȱRessortsȱgebundenȱwerden.ȱUmgekehrtȱistȱjedochȱauchȱsiȬ cherzustellen,ȱdassȱeinȱMinderheitenschutzȱderȱEinzelressortsȱnichtȱverȬ letztȱwird.ȱ x Eineȱ Geschäftsordnungȱ darfȱ mitȱ ihrenȱ Vorgabenȱ nichtȱ dazuȱ führen,ȱ dassȱ Kreativitätȱ undȱ Gestaltungsspielraumȱ aufȱ einȱ Minimumȱ beȬ schränktȱbleiben.ȱVorstandstätigkeitȱistȱeherȱimȱAusnahmefallȱRoutineȬ tätigkeit.ȱDerȱRegelfallȱsindȱherausforderndeȱTätigkeiten,ȱbeiȱdenenȱeinȱ Gestaltungsspielraumȱbesteht,ȱderȱaktivȱgenutztȱwerdenȱsollte.ȱ

138

Leitungs- und Kontrollkompetenz

x Schließlichȱ darfȱ derȱ Gedankeȱ derȱ Gesamtverantwortungȱ desȱ VorstanȬ desȱ–ȱsoȱwieȱihnȱderȱGesetzgeberȱauchȱfixiertȱhatȱ–ȱdurchȱdieȱGeschäftsȬ ordnungȱ nichtȱ beeinträchtigtȱ werden.ȱ Letztlichȱ stehtȱ jedesȱ einzelneȱ Vorstandsmitgliedȱ damitȱ auchȱ fürȱ Fehlentscheidungenȱ einesȱ anderenȱ Vorstandsmitgliedesȱ ein.ȱ Derȱ inȱ derȱ Organisationsforschungȱ vielfachȱ postulierteȱ Anspruchȱ derȱ Einzelverantwortlichkeitȱ findetȱ hierȱ nichtȱ statt.ȱȱ

4.1.3

Einschränkung der generellen Leitungskompetenz

4.1.3.1

Entscheidungskompetenzen bei grundlegenden Unternehmensentscheidungen

Grundlegendeȱ Unternehmensentscheidungenȱ zeichnenȱ sichȱ dadurchȱ aus,ȱdassȱsieȱfürȱdenȱlangfristigenȱBestandȱdesȱUnternehmensȱvonȱerhebliȬ cherȱ Bedeutungȱ sind.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ beschränktȱ inȱ diesemȱ Bereichȱ dieȱ LeitungskompetenzȱdesȱVorstandesȱundȱräumtȱdenȱEigenkapitalgebernȱinȱ derȱ institutionalisiertenȱ Formȱ derȱ Hauptversammlungȱ entsprechendeȱ Kompetenzenȱein.ȱ Beiȱ denȱ Entscheidungskompetenzenȱ derȱ Hauptversammlung,ȱ dieȱ dieȱ LeitungskompetenzȱdesȱVorstandesȱeinschränken,ȱistȱzwischenȱausschließȬ lichenȱ Entscheidungenȱ undȱ substitutivenȱ Entscheidungenȱ zuȱ differenzieȬ ren.ȱ Dieȱ regelmäßigeȱ Entscheidungskompetenzȱ besitztȱ dieȱ HauptverȬ sammlungȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Verwendungȱ desȱ Bilanzgewinnsȱ (§ȱ 174ȱ AktG).ȱ Dieȱ Hauptversammlungȱ istȱ hierbeiȱ anȱ denȱ festgestelltenȱ JahresabȬ schlussȱ gebunden.ȱ Dieȱ Entscheidungskompetenzȱ erstrecktȱ sichȱ aufȱ dieȱ Höheȱ desȱ Bilanzgewinns,ȱ d.ȱh.ȱ denȱ anȱ dieȱ Aktionäreȱ auszuschüttendenȱ Betrag,ȱdieȱEinstellungȱinȱdieȱGewinnrücklagen,ȱdenȱGewinnvortragȱsowieȱ denȱ zusätzlichenȱ Aufwandȱ aufgrundȱ desȱ Beschlusses.ȱ Imȱ Regelfallȱ wirdȱ dieȱ Hauptversammlungȱ dabeiȱ einemȱ Vorschlagȱ desȱ Vorstandesȱ bzw.ȱ desȱ Aufsichtsratesȱfolgen.ȱȱ Nebenȱ diesen,ȱ einmalȱ imȱ Geschäftsjahrȱ zuȱ treffendenȱ Entscheidungenȱ besitztȱ dieȱ Hauptversammlungȱ ebenfallsȱ eineȱ ausschließlicheȱ EntscheiȬ

4.1 Leitungskompetenz des Vorstandes

139

dungskompetenzȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ unregelmäßigȱ anfallendeȱ EntscheidunȬ gen.ȱImȱWesentlichenȱsindȱdiesȱgrundlegendeȱEntscheidungenȱderȱȱ x Kapitalerhöhungȱ (§ȱ 182ȱ AktG):ȱ Beiȱ denȱ Entscheidungenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ eineȱ Erhöhungȱ desȱ Grundkapitalsȱ istȱ eineȱ qualifizierteȱ Mehrheitȱ vonȱ75ȱProzentȱdesȱGrundkapitalsȱnotwendig.ȱ x Kapitalherabsetzungȱ(§ȱ222ȱAktG):ȱAuchȱhierȱistȱwiederumȱeineȱqualiȬ fizierteȱ Mehrheitȱ inȱ Höheȱ vonȱ 75ȱ Prozentȱ desȱ Grundkapitalsȱ notwenȬ dig.ȱȱ x Satzungsänderungȱ(§ȱ179ȱAktG):ȱBeiȱÄnderungenȱderȱSatzungȱistȱebenȬ fallsȱeineȱqualifizierteȱMehrheitȱvonȱ75ȱProzentȱdesȱGrundkapitalsȱnotȬ wendig.ȱ Eineȱ derartigeȱ Mehrheitȱ istȱ beiȱ jederȱ Satzungsänderungȱ notȬ wendig,ȱ esȱ seiȱ dennȱ sieȱ betreffenȱ nurȱ dieȱ Fassungȱ derȱ Satzung.ȱ Änderungenȱ hierbeiȱ kannȱ dieȱ Hauptversammlungȱ demȱ Aufsichtsratȱ übertragen.ȱȱ x Auflösungȱ derȱ Gesellschaftȱ (§ȱ262ȱ AktG):ȱ Sollȱ dieȱ Gesellschaftȱ aufgeȬ löstȱwerden,ȱohneȱdassȱdiesȱbereitsȱinȱderȱSatzungȱderȱGesellschaftȱzuȱ einemȱbestimmtenȱZeitpunktȱfestgelegtȱwurdeȱoderȱdassȱeinȱInsolvenzȬ verfahrenȱ eröffnetȱ wurde,ȱ soȱ bedarfȱ auchȱ dieseȱ Entscheidungȱ wiedeȬ rumȱ einerȱ qualifiziertenȱ Mehrheitȱ vonȱ 75ȱ Prozentȱ desȱ Grundkapitals.ȱ Dabeiȱ istȱ esȱ jedochȱ zulässig,ȱ dassȱ dieȱ Satzungȱ eineȱ größereȱ KapitalȬ mehrheitȱfestschreibtȱbzw.ȱweitereȱErfordernisse,ȱdieȱeintretenȱmüssen,ȱ damitȱeineȱGesellschaftȱsichȱauflöst,ȱbestimmt.ȱ Substitutiveȱ Entscheidungskompetenzȱ besitztȱ dieȱ Hauptversammlungȱ inȱ denȱ Fällen,ȱ inȱ denenȱ dieȱ vomȱ Gesetzgeberȱ vorgesehenenȱ EntscheiȬ dungsorganeȱ aufȱ ihreȱ Entscheidungskompetenzȱ verzichten.ȱ Einȱ solcherȱ Fallȱwirdȱmeistȱnurȱdannȱauftreten,ȱwennȱEntscheidungenȱzuȱtreffenȱsind,ȱ dieȱ sichȱ durchȱ einenȱ hohenȱ Konfliktgehaltȱ auszeichnen.ȱ Imȱ Regelfallȱ steȬ henȱ dahinterȱ Probleme,ȱ dieȱ dasȱ Unternehmenȱ grundlegendȱ beeinflussen.ȱ ImȱEinzelnenȱwärenȱhierȱfolgendeȱKompetenzfelderȱzuȱnennen:ȱ x Dieȱ Hauptversammlungȱ kannȱ auchȱ überȱ Fragenȱ derȱ laufendenȱ GeȬ schäftsführungȱ entscheiden.ȱ Diesȱ istȱ jedochȱ nurȱ dannȱ möglich,ȱ wennȱ

140

Leitungs- und Kontrollkompetenz

derȱVorstandȱesȱverlangtȱ(§ȱ119ȱAbs.ȱ2ȱAktG).ȱDerȱVorstandȱhatȱdamitȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ sichȱ beiȱ bestimmtenȱ Entscheidungenȱ „RückenȬ deckung“ȱdurchȱdieȱAktionäreȱzuȱverschaffen.ȱDiesȱistȱsicherlichȱnichtȱ unproblematisch,ȱ wennȱ manȱ bedenkt,ȱ dassȱ beiȱ großenȱ AktiengesellȬ schaftenȱ damitȱ dieȱ Mitbestimmungsmöglichkeiten,ȱ dieȱ sichȱ überȱ denȱ Aufsichtsratȱergeben,ȱeingeschränktȱwerdenȱkönnen.ȱ x Eineȱ weitereȱ substitutiveȱ Kompetenzȱ besitztȱ dieȱ Hauptversammlungȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Feststellungȱ desȱ Jahresabschlusses,ȱ durchȱ dieȱ derȱȱ –ȱwennȱ erforderlichȱ –ȱ zuvorȱ geprüfteȱ Jahresabschlussȱ rechtswirksamȱ wird.ȱ Nachȱ §ȱ173ȱ Abs.ȱ 1ȱ AktGȱ könnenȱ Vorstandȱ undȱ Aufsichtsratȱ beȬ schließen,ȱ dieȱ Feststellungȱ desȱ Jahresabschlussesȱ derȱ HauptversammȬ lungȱ zuȱ überlassen.ȱ Dieȱ Hauptversammlungȱ hatȱ damitȱ denȱ JahresabȬ schlussȱautomatischȱgebilligt.ȱDieȱKompetenzȱzurȱFeststellungȱdesȱJahȬ resabschlussesȱ durchȱ dieȱ Hauptversammlungȱ istȱ darüberȱ hinausȱ auchȱ dannȱ gegeben,ȱ wennȱ derȱ Aufsichtsratȱ denȱ Jahresabschluss,ȱ denȱ derȱ Vorstandȱvorlegt,ȱnichtȱbilligt.ȱ

4.1.3.2

Entscheidungskompetenzen bei zustimmungspflichtigen Geschäften

DieȱhierȱrelevantenȱRegelungenȱergebenȱsichȱausȱdenȱsoebenȱdargelegȬ tenȱ grundlegendenȱ Unternehmensentscheidungen.ȱ Zuȱ diesenȱ gehörtȱ dieȱ Verabschiedungȱbzw.ȱÄnderungȱderȱSatzungȱderȱGesellschaft.ȱInȱihrȱoderȱ aberȱ auchȱ durchȱ direktenȱ Beschlussȱ desȱ Aufsichtsratesȱ wirdȱ oftmalsȱ einȱ Katalogȱ vonȱ Geschäftsvorfällenȱ definiert,ȱ welcheȱ aufgrundȱ ihrerȱ KonseȬ quenzenȱfürȱdasȱFortbestehenȱdesȱUnternehmensȱnichtȱvomȱVorstandȱgeȬ fälltȱ werdenȱ dürfen.ȱ Sieȱ fallenȱ inȱ dieȱ Entscheidungskompetenzȱ desȱ AufȬ sichtsrates.ȱ Dieȱ Entscheidungskompetenzȱ desȱ Aufsichtsratesȱ ergibtȱ sichȱ nebenȱ derȱ auchȱ alsȱ Kontrollkompetenzȱ zuȱ interpretierendenȱ EntscheidungskompeȬ tenzȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Rekrutierungȱ bzw.ȱ Abberufungȱ vonȱ VorstandsȬ mitgliedern,ȱ alsoȱ auchȱ ausȱ denȱ inȱ derȱ Satzungȱ oderȱ durchȱ Beschlussȱ desȱ Aufsichtsratesȱfixiertenȱsog.ȱzustimmungspflichtigenȱGeschäftenȱnachȱ§ȱȱ11ȱ Abs.ȱ4ȱAktG.ȱMitȱihnenȱgehtȱeineȱEinschränkungȱderȱLeitungskompetenzȱ

4.1 Leitungskompetenz des Vorstandes

141

desȱVorstandesȱeinher.1ȱDerartigeȱEntscheidungenȱrichtenȱsichȱinȱersterȱLiȬ nieȱ aufȱ Sachverhalte,ȱ dieȱ fürȱ dieȱ langfristigeȱ Existenzȱ desȱ Unternehmensȱ vonȱ erheblicherȱ Relevanzȱ sind.ȱ Zumȱ Beispielȱ Beteiligungserwerbeȱ oderȱ Ȭverkäufe,ȱErrichtungȱvonȱFabrikationsanlagenȱundȱähnliches.ȱȱ DerȱAufsichtsratȱkannȱdabeiȱjedochȱnichtȱzumȱGegenpolȱdesȱVorstandesȱ mutieren.ȱIhmȱobliegtȱnichtȱdieȱletztlicheȱEntscheidungskompetenz.ȱNachȱ §ȱ 111ȱ Abs.ȱ 4ȱ Satzȱ 3ȱ AktGȱ kannȱ derȱ Vorstandȱ fürȱ denȱ Fall,ȱ dassȱ derȱ AufȬ sichtsratȱ seineȱ Zustimmungȱ zuȱ zustimmungspflichtigenȱ Geschäftenȱ verȬ weigert,ȱverlangen,ȱdassȱdieȱHauptversammlungȱüberȱdieseȱZustimmungȱ beschließt.ȱ Dieȱ Hauptversammlungȱ kannȱ dannȱ mitȱ einerȱ Mehrheitȱ vonȱ mindestensȱ dreiȱ Viertelnȱ derȱ abgegebenenȱ Stimmenȱ dasȱ Votumȱ desȱ AufȬ sichtsratesȱüberstimmen.ȱEntscheidendȱistȱinȱdiesemȱZusammenhang,ȱdassȱ dieȱ Satzungȱ einerȱ Aktiengesellschaftȱ diesesȱ Prozedereȱ nichtȱ verändernȱ kann.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱfernerȱFonkȱ(2006),ȱS.ȱ841ȱff.ȱ

142

Leitungs- und Kontrollkompetenz

BeiȱderȱSiemensȱAGȱbedarfȱderȱVorstandȱderȱZustimmungȱdesȱAufsichtsȬ ratesȱfürȱfolgendeȱGeschäfte:ȱ „§ 4 Abs. 3: Der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen: a) die Jahresplanung einschließlich der Finanz- und Investitionsplanung und der daraus abgeschätzten Personalentwicklung der Gesellschaft; b) Erwerb, Veräußerung und Umwandlung von Unternehmen, Unternehmensbeteiligungen und Unternehmensteilen, soweit im Einzelfall der Verkehrswert oder in Ermangelung des Verkehrswerts der Buchwert den Betrag von Euro 300 Mio. erreicht oder übersteigt. Soweit im Einzelfall der Verkehrswert oder in Ermangelung des Verkehrswerts der Buchwert den Betrag von Euro 600 Mio. nicht erreicht, beschließt der Finanz- und Investitionsausschuss an Stelle des Aufsichtsrats über die Zustimmung. c) Finanzmaßnahmen, soweit deren Wert im Einzelfall den Betrag von Euro 300 Mio. erreicht oder übersteigt; unter diese Zustimmungsbedürftigkeit fallen nicht Finanztransaktionen aus dem Tagesgeschäft, die der Steuerung der Liquidität und übriger Finanzrisiken, wie z. B. des Devisen-, Zins- und ggf. Aktienrisikos dienen, sowie der Rückkauf von eigenen Fremdkapitalemissionen im Einklang mit den Emissionsbedingungen. Soweit der Wert im Einzelfall den Betrag von Euro 600 Mio. nicht erreicht, beschließt der Finanz- und Investitionsausschuss an Stelle des Aufsichtsrats über die Zustimmung. d) Einschränkung oder Aufgabe bestehender Geschäftsfelder, soweit ein Umsatz in Höhe von 4 % des im letzten abgeschlossene Geschäftsjahr erzielten Konzernumsatzes betroffen ist.“ Quelle: Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat der Siemens Aktiengesellschaft, Fassung vom 29. Juli 2008.

4.1.3.3

Entscheidungskompetenzen bei Thesaurierung und Ausschüttung

ImȱZentrumȱderȱhierȱrelevantenȱRegelungenȱstehtȱdasȱKonfliktfeldȱzwiȬ schenȱdenȱGroßaktionärenȱbzw.ȱdemȱManagementȱaufȱderȱeinenȱSeiteȱ(beiȱ ihnenȱ bestehtȱ inȱ diesemȱ Fallȱ eineȱ Interessenkongruenz)ȱ undȱ denȱ sog.ȱ

4.1 Leitungskompetenz des Vorstandes

143

KleinaktionärenȱaufȱderȱanderenȱSeite.1ȱEsȱwirdȱimȱRegelfallȱdavonȱausgeȬ gangen,ȱ dassȱ Großaktionäreȱ undȱ dieȱ Unternehmensleitungȱ dasȱ Zielȱ derȱ Gewinnthesaurierungȱverfolgen.ȱEinȱerhöhtesȱSelbstfinanzierungspotenziȬ alȱ zumȱ Ausbauȱ desȱ Geschäftesȱ istȱ dasȱ Ziel,ȱ demȱ dieseȱ Gruppenȱ folgen.ȱ Hintergrundȱist,ȱdassȱmanȱsichȱeherȱlangfristigȱ(dieȱVerträgeȱderȱVorstänȬ deȱlaufenȱimȱRegelfallȱfünfȱJahreȱmitȱderȱOptionȱderȱVerlängerung)ȱanȱdasȱ Unternehmenȱgebundenȱfühlt.ȱUnterȱderȱBedingung,ȱdassȱdiesȱkeineȱnegaȬ tivenȱEinflüsseȱaufȱdieȱKursentwicklungȱbesitzt,ȱpräferierenȱKleinaktionäreȱ vielfachȱdieȱAusschüttungȱstattȱderȱGewinnthesaurierung.ȱManȱfühltȱsichȱ eherȱkurzfristigȱanȱdasȱUnternehmenȱgebunden.ȱManȱistȱbereitȱzumȱjederȬ zeitigenȱ Wechselȱ derȱ Aktienanlage.ȱ Manȱ kannȱ seineȱ Aktienȱ inȱ derȱ Regelȱ verkaufen,ȱohneȱdassȱdiesȱdenȱAktienkursȱnachhaltigȱbeeinflusst.ȱȱȱ Dieseȱ unterschiedlichenȱ Zielsetzungenȱ derȱ Interessengruppenȱ führenȱ nunȱdazu,ȱdassȱdieȱFrage,ȱwelcherȱBetragȱletztlichȱinȱdieȱGewinnrücklagenȱ einzustellenȱist,ȱnichtȱimmerȱkonfliktfreiȱvonstattenȱgeht.ȱDaȱimȱPrinzipȱjeȬ derȱAktionärȱinȱderȱHauptversammlungȱeinȱStimmengewichtȱbesitzt,ȱwelȬ chesȱseinemȱAnteilȱamȱGrundkapitalȱentspricht,ȱbestehtȱnatürlichȱdieȱGeȬ fahr,ȱ dassȱ Großaktionäreȱ ihreȱ Interessenȱ –ȱdasȱ Interesseȱ anȱ derȱ GewinnȬ thesaurierungȱ–ȱ zuȱ Lastenȱ derȱ Kleinaktionäreȱ durchsetzen.ȱ Vorȱ diesemȱ HintergrundȱsiehtȱsichȱderȱGesetzgeberȱaufgerufen,ȱhierȱeinenȱMinderheiȬ tenschutzȱfürȱdieȱKleinaktionäreȱimȱAktGȱaufzunehmen.ȱDieȱentsprechenȬ denȱRegelungenȱfindenȱsichȱimȱ§ȱ58ȱAktG.ȱȱ FolgendesȱProzedereȱschreibtȱ§ȱ58ȱAktGȱimȱHinblickȱaufȱdieȱEinstellungȱ inȱ dieȱ Gewinnrücklagenȱ vorȱ (allerdingsȱ bestehtȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ dassȱ inȱ derȱSatzungȱveränderteȱProzentsätzeȱfestgeschriebenȱwerden):ȱ x Zuȱ Beginnȱ derȱ Entscheidungȱ überȱ dieȱ Verwendungȱ desȱ JahresüberȬ schussesȱ giltȱ einȱ Ausschüttungsverbotȱ fürȱ einenȱ Teilȱ desȱ JahresüberȬ schussesȱ inȱ Höheȱ vonȱ 5ȱ Prozent.ȱ Dieserȱ Betragȱ istȱ notwendig,ȱ umȱ dieȱ gesetzlichenȱRücklagenȱaufzufüllen.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱMöllerȱ(1993),ȱSp.ȱ782ȱff.ȱ

144

Leitungs- und Kontrollkompetenz

x WennȱkeinȱZwangȱzurȱEinstellungȱinȱdieȱgesetzlichenȱRücklagenȱmehrȱ besteht,ȱ dannȱ dürfenȱ höchstensȱ 50ȱ Prozentȱ desȱ Jahresüberschussesȱ inȱ dieȱGewinnrücklagenȱeingestelltȱwerden.ȱ x Daȱ inȱ derȱ Hauptversammlungȱ Satzungsänderungenȱ beschlossenȱ werȬ denȱ können,ȱ dieȱ dieȱ vomȱ Gesetzgeberȱ vorgegebenenȱ Prozentsätzeȱ zuȱ GunstenȱderȱMehrheitȱderȱAnteilseignerȱ(diesȱwerdenȱimȱRegelfallȱdieȱ Großaktionäreȱsein)ȱverändern,ȱsiehtȱsichȱderȱGesetzgeberȱgezwungen,ȱ potenzielleȱ Minderheitenȱ zuȱ schützen.ȱ Diesȱ erfolgtȱ überȱ dieȱ sog.ȱ AnȬ fechtungstatbeständeȱ (§§ȱ 243ȱ ff.ȱ AktG).1ȱ Durchȱ Klageȱ kannȱ einȱ BeȬ schlussȱ derȱ Hauptversammlungȱ angefochtenȱ werden.ȱ Dieseȱ AnfechȬ tungȱ kannȱ daraufȱ gestütztȱ sein,ȱ dassȱ einȱ Aktionärȱ mitȱ derȱ Ausübungȱ seinesȱ Stimmrechtesȱ fürȱ sichȱ oderȱ einenȱ Drittenȱ Sondervorteileȱ zumȱ Schadenȱ derȱ Gesellschaftȱ oderȱ andererȱ Aktionäreȱ zuȱ erlangenȱ suchtȱ undȱ derȱ Beschlussȱ derȱ Hauptversammlungȱ geeignetȱ erscheint,ȱ diesemȱ Zweckȱ zuȱ dienen.ȱ Wirdȱ jedochȱ alsȱ Ausgleichȱ fürȱ diesenȱ Schadenȱ denȱ anderenȱ Aktionärenȱ einȱ angemessenerȱ Ausgleichȱ gewährt,ȱ soȱ bestehtȱ keinȱAnfechtungstatbestandȱ(§ȱ243ȱAbs.ȱ2ȱSatzȱ2ȱAktG).ȱȱ x Dieȱ Befugnisȱ zurȱ Anfechtungȱ einesȱ Hauptversammlungsbeschlussesȱ hatȱnachȱ§ȱ245ȱAktGȱjederȱinȱderȱHauptversammlungȱerschieneneȱAkȬ tionär,ȱwennȱerȱgegenȱdenȱBeschlussȱWiderspruchȱzurȱNiederschriftȱerȬ klärtȱhat.ȱIstȱeinȱAktionärȱnichtȱzurȱHauptversammlungȱerschienen,ȱsoȱ hatȱ erȱ nurȱ dannȱ dasȱ Rechtȱ aufȱ Anfechtung,ȱ wennȱ erȱ zurȱ HauptverȬ sammlungȱzuȱUnrechtȱnichtȱzugelassenȱwordenȱistȱoderȱdieȱVersammȬ lungȱnichtȱordnungsgemäßȱeinberufenȱwurdeȱbzw.ȱderȱGegenstandȱderȱ Beschlussfassungȱ nichtȱ ordnungsgemäßȱ bekanntȱ gemachtȱ wordenȱ ist.ȱ DavonȱunberührtȱistȱjedochȱderȱAnfechtungstatbestandȱnachȱ§ȱ243ȱAbs.ȱ 2ȱ AktG:ȱ Dieȱ Erzielungȱ vonȱ Sondervorteilenȱ zumȱ Schadenȱ derȱ GesellȬ schaftȱoderȱandererȱAktionäreȱdurchȱeinzelneȱAktionäre.ȱȱ Imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Höheȱ derȱ Gewinnthesaurierungȱ istȱ dieȱ LeitungsȬ kompetenzȱ desȱ Vorstandesȱ alsoȱ ebenfallsȱ eingeschränkt.ȱ Zwarȱ wirdȱ derȱ Jahresabschlussȱ vomȱ Vorstandȱ aufgestellt,ȱ dieȱ Kompetenzȱ zurȱ VerwenȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ auchȱ dieȱ Novellierungenȱ imȱ Zugeȱ desȱ UMAG,ȱ aufȱ dieȱ imȱ Kapitelȱ 4.7.8ȱausführlichȱeingegangenȱwird.ȱ

4.1 Leitungskompetenz des Vorstandes

145

dungȱ desȱ Überschussesȱ besitztȱ erȱ jedochȱ nicht.ȱ Hierȱ hatȱ derȱ Gesetzgeberȱ Regelnȱ geschaffen,ȱ dieȱ sicherstellen,ȱ dassȱ Minderheitenȱ mitȱ ihrenȱ InteresȬ senȱ geschütztȱ werden,ȱ daȱ inȱ derȱ AgencyȬBeziehungȱ zwischenȱ Vorstandȱ undȱKleinaktionärȱdemȱPrincipalȱkaumȱMöglichkeitenȱgegebenȱsind,ȱseineȱ InteressenȱgegenüberȱdenȱHandlungsweisenȱderȱAgentenȱzuȱschützen.ȱ

4.2 Leitungskompetenz im Fall der Insolvenz „In angelsächsischen Ländern erntet ein Pleiteunternehmer Bewunderung, wenn er wieder aufsteht und eine neue Firma gründet. Die Wirtschaftsgeschichte ist voll von erfolgreichen Unternehmern, die Bankrott anmelden mussten. Henry Ford legte vier Pleiten hin, der Regisseur Francis Ford Coppola („Der Pate“) drei. Auch Walt Disneys erste Firma war knapp ein Jahr nach der Gründung am Ende.“ Quelle: Lothar Schnitzler, Was zahlungsunfähige Unternehmer erleiden, in: www.wiwo.de/unternehmer-maerkte/was-zahlungsunfaehige-unternehmererleiden-392249/ – letzter Zugriff am 12.05.2009

Dieȱ sicherlichȱ gravierendsteȱ Formȱ derȱ Einschränkungȱ derȱ LeitungsȬ kompetenzȱdesȱVorstandesȱergibtȱsichȱimȱaußergewöhnlichenȱFallȱderȱInȬ solvenz.ȱ Inȱ diesemȱ Fallȱ istȱ derȱ Vorstandȱ weitestgehendȱ nurȱ nochȱ ausfühȬ rendesȱ Organ.ȱ Dieȱ LeitungsȬȱ undȱ Kontrollfunktionenȱ sindȱ inȱ diesemȱ Fallȱ neuȱ gestaltet.ȱ Dieȱ entsprechendenȱ Regelungenȱ findenȱ sichȱ imȱ InsolvenzȬ recht.ȱSieȱwerdenȱinȱdenȱfolgendenȱAbschnittenȱimȱDetailȱerläutert.ȱ

4.2.1

Grundlagen

„95 Prozent der Pleiteunternehmen in Deutschland werden sofort liquidiert, der Rest meist innerhalb eines Jahres.“ Quelle: Schumacher, H.: Wie Don Camillo und Peppone, in: Wirtschaftswoche, Nr. 34 vom 12.08.2004, S. 50 - 52, hier S. 51.

146

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Währendȱ dasȱ Schuldrechtȱ dieȱ konkreteȱ Einzelforderungȱ einesȱ GläubiȬ gersȱ schützt,ȱ richtetȱ sichȱ dasȱ Insolvenzrechtȱ anȱ alleȱ Gläubigerȱ undȱ erfülltȱ damitȱfolgendeȱFunktionen:ȱȱ x Signalfunktion:ȱ Esȱ wirdȱ beiȱ derȱ Insolvenzanzeigeȱ allenȱ Gläubigernȱ signalisiertȱ (auchȱ denȱ potenziellenȱ Gläubigern),ȱ dassȱ Forderungenȱ geȬ fährdetȱsind.ȱ x Schutzfunktion:ȱ Dieȱ Insolvenzanzeigeȱ schütztȱ denȱ Schuldnerȱ vorȱ eiȬ genmächtigenȱZugriffenȱvonȱGläubigernȱaufȱdieȱInsolvenzmasse.ȱȱ x Fortführungsfunktion:ȱ Durchȱ dieȱ Anzeigeȱ derȱ Insolvenzȱ wirdȱ sicherȬ gestellt,ȱ dassȱ dasȱ Unternehmenȱ erstȱ einmalȱ ohneȱ Eingriffeȱ vonȱ außenȱ aufȱdieȱInsolvenzmasseȱfortgeführtȱwerdenȱkann.ȱManȱversuchtȱso,ȱeineȱ möglicheȱSanierungȱnichtȱvonȱvornhereinȱauszuschließen.ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ Verfassungsdiskussionȱ verstehtȱ sichȱ dasȱ InȬ solvenzrechtȱdamitȱalsȱeinȱSystemȱvonȱRegelungen,ȱdieȱdaraufȱabzielen,ȱimȱ FallȱderȱExistenzkriseȱeinesȱUnternehmensȱdieȱzentralenȱInteressenkonflikȬ teȱ zuȱ lösen.ȱ Dieȱ Lösungȱ ergibtȱ sichȱ dadurch,ȱ dassȱ dieȱ Kompetenzenȱ derȱ LeitungsorganeȱderȱGesellschaftȱneuȱgestaltetȱwerden.ȱȱ DasȱInsolvenzrechtȱlegtȱfürȱdieȱExistenzȱeinerȱsolchenȱKriseȱdreiȱTatbesȬ tändeȱzugrunde.ȱSieȱsignalisieren,ȱdassȱeinȱUnternehmenȱsichȱinȱeinerȱKriȬ sensituationȱ befindet.1ȱ Fürȱ dieȱ Gläubigerȱ bedeutetȱ dies,ȱ dassȱ ihreȱ FordeȬ rungenȱgefährdetȱsind.ȱImȱEinzelnenȱsindȱdies:ȱ x DieȱZahlungsunfähigkeitȱ(Illiquidität),ȱ x dieȱÜberschuldungȱundȱ x dieȱdrohendeȱZahlungsunfähigkeit.ȱ Liquiditätȱ wirdȱ dabeiȱ alsȱ dieȱ Fähigkeitȱ einesȱ Unternehmensȱ verstanden,ȱ jederzeitȱseinenȱfinanziellenȱVerpflichtungenȱnachkommenȱzuȱkönnen.ȱIlȬ liquiditätȱzeigtȱsichȱdadurch,ȱdassȱeinȱUnternehmenȱdieȱfälligenȱVerbindȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱzuȱweiterenȱKrisensignalenȱSchewe/Lekerȱ(1998),ȱS.ȱ877ȱff.ȱ

4.2 Leitungskompetenz im Fall der Insolvenz

147

lichkeitenȱ nichtȱ mehrȱ befriedigenȱ kann.ȱ Dieȱ Illiquiditätȱ äußertȱ sichȱ dabeiȱ häufigȱinȱȱ x Verbindlichkeitenȱ gegenüberȱ Sozialversicherungsträgern,ȱ dieȱ nichtȱ oderȱ nurȱ verspätetȱ beglichenȱ werden.ȱ Manȱ gehtȱ davonȱ aus,ȱ dassȱ inȱ DeutschlandȱüberȱzweiȱDrittelȱallerȱInsolvenzenȱdurchȱForderungsausȬ fälleȱbeiȱSozialversicherungsträgernȱverursachtȱwerden.ȱȱ x NichteinlösenȱvonȱWechseln.ȱ x Nichtzahlenȱ vonȱ Steuern,ȱ wobeiȱ allerdingsȱ zuȱ bedenkenȱ ist,ȱ dassȱ dieȱ Steuerzahlungȱ relativȱ langeȱ ausgesetztȱ werdenȱ kann.ȱ Derȱ Fiskusȱ istȱ damitȱnurȱseltenȱAuslöserȱeinerȱInsolvenz.ȱȱ x Nichtzahlenȱ bestimmterȱ Rechnungen.ȱ Hierȱ zeigtȱ esȱ sich,ȱ dassȱ UnterȬ nehmenȱ oftmalsȱ imȱ Rückstandȱ sindȱ mitȱ ihrerȱ Schuldbegleichungȱ geȬ genüberȱdenȱEnergieversorgernȱoderȱdenȱTelefonanbietern.ȱ Überschuldungȱliegtȱvor,ȱwennȱdasȱVermögenȱdesȱSchuldnersȱdieȱVerȬ bindlichkeitenȱ nichtȱ mehrȱ deckt.1ȱ Allerdingsȱ werdenȱ dieȱ meistenȱ InsolȬ venzverfahrenȱaufgrundȱnichtȱgegebenerȱLiquiditätȱeingeleitet.ȱDerȱÜberȬ schuldungstatbestandȱ spieltȱ inȱ derȱ Insolvenzpraxisȱ eineȱ eherȱ unterȬ geordneteȱRolle.ȱ Dasȱ deutscheȱ Insolvenzrechtȱ istȱ durchȱ dieȱ Insolvenzrechtsreformȱ vomȱ 01.01.1999ȱgekennzeichnet.ȱDieȱheuteȱgültigenȱRegelungenȱorientierenȱsichȱ dabeiȱstarkȱamȱUSȬamerikanischenȱKonkursrecht.ȱDasȱalteȱdeutscheȱKonȬ kursrechtȱkannteȱkeinenȱSchutzȱderȱInsolvenzmasse.ȱInsofernȱwarȱeinzigesȱ ZielȱderȱKonkursabwicklungȱdieȱBefriedigungȱderȱGläubigerinteressen.ȱInȱ diesemȱ Zusammenhangȱ kamȱ esȱ meistȱ zuȱ einerȱ Zerschlagungȱ desȱ UnterȬ nehmens.ȱDiesȱselbstȱdann,ȱwennȱerstȱeinmalȱnurȱeinȱVergleichsantragȱgeȬ stelltȱwurdeȱundȱnochȱberechtigteȱHoffnungȱbestand,ȱdassȱdasȱUnternehȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱzurȱÜberschuldungsprüfungȱMöhlmannȬMahlauȱ(2005),ȱS.ȱ4ȱff.ȱ

148

Leitungs- und Kontrollkompetenz

menȱweiterȱbestehenȱkonnte.ȱFolgendeȱKritikȱwurdeȱimmerȱwiederȱamȱalȬ tenȱdeutschenȱKonkursrechtȱgeäußert:1ȱ x Zerschlagungsgedankeȱ dominierteȱ denȱ Fortführungsgedanken:ȱ Esȱ herrschteȱ einȱ Zwangȱ zurȱ frühenȱ Festlegungȱ aufȱ einȱ Verfahren:ȱ KonȬ kursȬȱoderȱVergleichsordnung.ȱȱ x Frühzeitigeȱ Eröffnungȱ verhindertȱ Massearmutȱ nicht:ȱ Dieȱ frühzeitigeȱ Konkurseröffnungȱ sollteȱ sicherstellen,ȱ dassȱ nochȱ Konkursmasseȱ vorȬ handenȱist.ȱAber:ȱ75ȱProzentȱallerȱKonkurseȱbliebenȱmasselos,ȱd.ȱh.ȱdasȱ restlicheȱVermögenȱdeckteȱnichtȱdieȱVerfahrenskosten.ȱȱ x UngleichbehandlungȱderȱGläubiger:ȱGläubigerȱmitȱhohenȱSchutzrechȬ tenȱ werdenȱ zuerstȱ befriedigt.ȱ Diesȱ beschleunigtȱ dieȱ Zerschlagungȱ desȱ Unternehmens.ȱȱ x KonkursverfahrenȱalsȱWertvernichter:ȱDerȱVerkaufȱderȱVermögensgeȬ genständeȱfindetȱunterȱZeitdruckȱstatt,ȱd.ȱh.ȱderȱKonkursverwalterȱistȱinȱ ersterȱLinieȱalsȱLiquidatorȱzuȱsehenȱundȱnichtȱalsȱSanierer.ȱȱ DasȱreformierteȱdeutscheȱInsolvenzrechtȱorientiertȱsichȱamȱBundeskonȬ kursgesetzȱ (Bankruptcyȱ Code)ȱ derȱ USA.2ȱ Diesesȱ Gesetzȱ istȱ dadurchȱ geȬ kennzeichnet,ȱ dassȱ esȱ denȱ Konkursȱ nichtȱ nurȱ fürȱ Unternehmenȱ vorsieht,ȱ sondernȱauchȱfürȱPrivatpersonen.ȱDasȱGesetzȱfolgtȱdabeiȱderȱAnsicht,ȱdassȱ esȱdurchausȱmöglichȱseinȱmuss,ȱauchȱhoheȱunternehmerischeȱRisikenȱeinȬ zugehen,ȱ ohneȱ dassȱ beiȱ einemȱ Scheiternȱ diesȱ fürȱ dieȱ beteiligtenȱ Personenȱ zuȱ einemȱ dauerhaftenȱ Stigmaȱ wird.ȱ Dasȱ sog.ȱ FreshȬStartȬModellȱ untersȬ tellt,ȱ dassȱ einȱ Scheiternȱ imȱ Konkursȱ esȱ nichtȱ verhindernȱ darf,ȱ dassȱ manȱ nachȱ einerȱ gewissenȱ Zeitȱ wiederȱ neuȱ startenȱ darf.ȱ Dieseȱ KonkurszielsetȬ zungȱführtȱauchȱdazu,ȱdassȱinȱdenȱUSAȱderȱKonkursȱwesentlichȱ„normaȬ ler“ȱistȱalsȱz.ȱB.ȱinȱDeutschland.ȱSchautȱmanȱsichȱbeispielsweiseȱdieȱZahlenȱ derȱ GeschäftsȬȱ undȱ Privatkonkurseȱ desȱ Jahresȱ 2000ȱ inȱ denȱ USAȱ anȱ undȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ beispielhaftȱ Albachȱ (1984),ȱ S.ȱ 773ȱ ff.;ȱ Bitzȱ (1986);ȱ Engelhardȱ (1986),ȱ S.ȱ 492ȱ ff.;ȱHesselmannȱ(1990).ȱ 2ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱKlöckerȱ(1988);ȱMöhlmannȱ(1998ȱa),ȱS.ȱ1ȱff.ȱ

4.2 Leitungskompetenz im Fall der Insolvenz

149

vergleichtȱdieseȱmitȱdenȱZahlenȱderȱInsolvenzenȱinȱDeutschland,ȱsoȱzeigtȱ sich,ȱdassȱbezogenȱaufȱdieȱEinwohnerzahlȱinȱdenȱUSAȱeinȱKonkursȱaufȱ215ȱ Einwohnerȱ entfiel,ȱ inȱ Deutschlandȱ hingegenȱ einȱ Konkursȱ aufȱ 2.050ȱ EinȬ wohner.ȱ ImȱUSȬamerikanischenȱBundeskonkursgesetzȱsindȱdieȱfürȱUnternehmenȱ maßgeblichenȱRegelnȱimȱRahmenȱeinesȱKonkursverfahrensȱimȱsog.ȱChapȬ terȱ11ȱkodifiziert.ȱDabeiȱistȱzuȱbeachten,ȱdassȱimȱUSȬamerikanischenȱKonȬ kursrechtȱ keineȱ Pflichtanmeldungenȱ vorgesehenȱ sind.ȱ Dieȱ Anmeldungȱ kannȱ durchȱ denȱ Schuldnerȱ oderȱ denȱ Gläubigerȱ erfolgen.ȱ Überȱ dieȱ KonȬ kursanmeldungȱwirdȱerreicht,ȱdassȱeineȱeinheitlicheȱKonkursmasseȱgebilȬ detȱ wird,ȱ dieȱ dasȱ gesamteȱ inländischeȱ undȱ ausländischeȱ Vermögenȱ desȱ Schuldnersȱ umfasst.ȱ Dieseȱ Konkursmasseȱ istȱ gegenȱ alleȱ Eingriffeȱ vonȱ auȬ ßenȱ geschützt.ȱ Imȱ Detailȱ siehtȱ dasȱ Verfahrenȱ nachȱ Chapterȱ 11ȱ wieȱ folgtȱ aus:ȱ Dasȱ Konkursverfahrenȱ startetȱ mitȱ derȱ Konkursanmeldungȱ durchȱ denȱ SchuldnerȱoderȱdenȱGläubiger.ȱDiesȱhatȱzurȱFolge,ȱdassȱdieȱKonkursmasseȱ geschütztȱistȱundȱdieȱGeschäfteȱdurchȱdasȱalteȱManagementȱweitergeführtȱ werdenȱ können.ȱ Vomȱ Gerichtȱ wirdȱ einȱ Prüferȱ bestellt,ȱ derȱ dieȱ finanzielleȱ LageȱdesȱSchuldnersȱuntersuchenȱsoll.ȱ AnschließendȱwirdȱeinȱGläubigerausschussȱgebildet.ȱSeinȱZielȱistȱes,ȱdieȱ Interessenȱ derȱ ungesichertenȱ Gläubigerȱ zuȱ vertreten.ȱ Allerdingsȱ gehörenȱ demȱ Gläubigerausschussȱnurȱ dieȱsiebenȱ größtenȱ ungesichertenȱ Gläubigerȱ an.ȱAufgabeȱdesȱGläubigerausschussesȱistȱggf.ȱdieȱErarbeitungȱeinesȱSanieȬ rungsplansȱbzw.ȱdieȱMitwirkungȱanȱderȱErarbeitungȱeinesȱsolchen.ȱ Inȱdenȱerstenȱ120ȱTagenȱnachȱderȱKonkursanmeldungȱhatȱderȱSchuldnerȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ einenȱ Sanierungsplanȱ vorzulegen,ȱ derȱ Wegeȱ aufzeigenȱ soll,ȱ wieȱ dieȱ Gläubigerinteressenȱ zuȱ befriedigenȱ sindȱ undȱ wieȱ dasȱ UnterȬ nehmenȱ anschließendȱ weitergeführtȱ werdenȱ kann.ȱ Nachdemȱ derȱ SchuldȬ nerȱeinenȱsolchenȱPlanȱvorgelegtȱhatȱbzw.ȱdieȱ120ȬTageȬFristȱverstrichenȱistȱ habenȱ auchȱ dieȱ Gläubigerȱ bzw.ȱ derȱ Gläubigerausschussȱ dasȱ Recht,ȱ einenȱ solchenȱSanierungsplanȱvorzulegen.ȱȱ

150

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Kernȱ desȱ Sanierungsplanesȱ istȱ dieȱ Bildungȱ vonȱ Klassenȱ vonȱ ForderunȬ genȱ einzelnerȱ Gläubiger.ȱ Zielȱ dieserȱ Klassenbildungȱ istȱ es,ȱ aufȱ derȱ einenȱ Seiteȱ möglichstȱ homogeneȱ Klassenȱ zuȱ bilden,ȱ aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ dieȱ ZahlȱderȱKlassenȱaberȱnichtȱzuȱgroßȱwerdenȱzuȱlassen.ȱȱ Inȱ jederȱ dieserȱ imȱ Sanierungsplanȱ gebildetenȱ Klassenȱ mussȱ nunȱ demȱ Sanierungsplanȱzugestimmtȱwerden,ȱdaȱdieserȱimȱRegelfallȱfürȱjedeȱKlasseȱ einenȱ bestimmtenȱ Forderungsverzichtȱ vorsieht.ȱ Diejenigenȱ Klassen,ȱ dieȱ vomȱSanierungsplanȱnichtȱbetroffenȱsindȱ–ȱdiesȱimȱRegelfallȱdeshalb,ȱweilȱ aufȱ sieȱ keinȱ Forderungsverzichtȱ zukommtȱ oderȱ aberȱ weilȱ sieȱ eineȱ BarabȬ findungȱ erhaltenȱ–,ȱ werdenȱ alsȱ automatischȱ zustimmendeȱ Klasseȱ gezählt.ȱ AlsȱautomatischȱablehnendeȱKlasseȱgezähltȱwerdenȱdiejenigenȱGläubiger,ȱ fürȱdieȱderȱSanierungsplanȱeinenȱ100Ȭ%igenȱForderungsausfallȱvorsieht.ȱȱ NachdemȱdieȱeinzelnenȱKlassenȱdemȱSanierungsplanȱzugestimmtȱbzw.ȱ ihnȱ abgelehntȱ haben,ȱ mussȱ dieserȱ durchȱ dasȱ zuständigeȱ Gerichtȱ bestätigtȱ werden.ȱEineȱsolcheȱBestätigungȱistȱunproblematisch,ȱwennȱalleȱGläubigerȱ bzw.ȱ alleȱ Klassenȱ derȱ Gläubigerȱ demȱ Sanierungsplanȱ zustimmen.ȱ Imȱ ReȬ gelfallȱwirdȱesȱjedochȱGläubigerklassenȱgeben,ȱdieȱdenȱSanierungsplanȱabȬ lehnen.ȱ Inȱ diesemȱ Fallȱ greiftȱ dieȱ sog.ȱ„CramȬDownȬRegel”.ȱ Sieȱ kannȱ vomȱ Gerichtȱangewandtȱwerdenȱundȱbesagt,ȱdassȱderȱSanierungsplanȱbestätigtȱ werdenȱkann,ȱselbstȱwennȱnichtȱalleȱGläubigerklassenȱzugestimmtȱhaben,ȱ wennȱ durchȱ denȱ Sanierungsplanȱ keineȱ derȱ Gläubigerklassenȱ unfairȱ disȬ kriminiertȱwird.ȱDieseȱFairnessȱbzw.ȱUnfairnessȱmussȱvomȱGerichtȱfestgeȬ stelltȱwerden.ȱȱ NachȱerfolgterȱBestätigungȱdesȱSanierungsplansȱdurchȱdasȱGerichtȱwirdȱ dieȱKonkursmasseȱaufgelöst.ȱSieȱgehtȱwiederȱinȱdasȱEigentumȱdesȱSchuldȬ nersȱüber.ȱDieȱGeschäfteȱkönnenȱnormalȱweitergeführtȱwerden.ȱ DasȱalsȱdeutlichȱeffizienterȱimȱHinblickȱaufȱdieȱUnternehmenssanierungȱ angeseheneȱUSȬamerikanischeȱKonkursrechtȱwarȱnunȱderȱAnsatzpunktȱfürȱ dieȱReformȱderȱentsprechendenȱdeutschenȱRegelungen.ȱDiesȱführteȱzuȱeiȬ nerȱZusammenführungȱderȱKonkursordnungȱundȱderȱVergleichsordnungȱ zuȱeinerȱeinheitlichenȱInsolvenzordnung.ȱSieȱregeltȱfürȱdenȱaußergewöhnȬ lichenȱFallȱderȱUnternehmensinsolvenzȱdieȱ(vorübergehende)ȱNeustruktuȬ rierungȱvonȱLeitungsȬȱundȱKontrollkompetenzen.ȱ

4.2 Leitungskompetenz im Fall der Insolvenz

4.2.2

151

Insolvenzantrag

Nachȱ §ȱ 1ȱ InsOȱ istȱ Zielȱ desȱ Insolvenzverfahrens,ȱ dieȱ gemeinschaftlicheȱ Befriedigungȱ derȱ Gläubigerȱ entwederȱ durchȱ Verwertungȱ undȱ Verteilungȱ desȱ Schuldnervermögensȱ zuȱ erreichenȱ oderȱ durchȱ eineȱ einvernehmlicheȱ Regelungȱ zwischenȱ Schuldnernȱ undȱ Gläubigern.1ȱ Diesȱ erfolgtȱ überȱ denȱ sog.ȱ Insolvenzplan.ȱ Allerdingsȱ bestehtȱ imȱ reformiertenȱ deutschenȱ InsolȬ venzrechtȱauchȱweiterhinȱdasȱPrimatȱderȱGläubigerbefriedigung.ȱDasȱheißtȱ dieȱSanierungȱdesȱUnternehmensȱundȱdamitȱdieȱFortführungȱistȱdemȱZielȱ derȱ bestmöglichenȱ Gläubigerbefriedigungȱ weiterhinȱ untergeordnet.ȱ Esȱ wirdȱ nurȱ saniert,ȱ wennȱ esȱ fürȱ denȱ oderȱ dieȱ Gläubigerȱ vorteilhaftȱ ist.ȱ Dieȱ EntscheidungȱüberȱdieȱbeidenȱOptionenȱdesȱInsolvenzrechtsȱliegtȱalsoȱausȬ schließlichȱbeiȱdenȱGläubigern,ȱeinmalȱunterstellt,ȱdassȱderȱSchuldnerȱauȬ tomatischȱanȱeinerȱ Geschäftsfortführungȱ interessiertȱ ist.ȱ Öffentlicheȱ InterȬ essenȱ könnenȱ hierȱ allenfallsȱ indirektȱ eingreifen,ȱ indemȱ derȱ Fiskusȱ beispielsweiseȱeinenȱbesonderenȱBeitragȱzurȱSanierungȱdesȱUnternehmensȱ leistet.ȱȱ DieȱInsOȱsiehtȱfürȱdasȱVerfahrenȱderȱInsolvenzȱfolgendesȱProzedereȱvor:ȱȱ DasȱInsolvenzverfahrenȱkannȱnachȱ§ȱ13ȱInsOȱüberȱdasȱVermögenȱjederȱ natürlichenȱundȱjuristischenȱPersonȱeröffnetȱwerden.ȱGestelltȱwerdenȱkannȱ einȱEröffnungsantragȱsowohlȱvomȱGläubigerȱalsȱauchȱvomȱSchuldner.ȱDerȱ Gläubigerantragȱ erfolgt,ȱ wennȱ dieserȱ einȱ rechtlichesȱ Interesseȱ anȱ derȱ Eröffnungȱ desȱ Verfahrensȱ hatȱ undȱ derȱ Schuldnerȱ seinenȱ ZahlungsverȬ pflichtungenȱnichtȱnachkommt.ȱȱ AlsȱEröffnungsgrundȱsiehtȱdieȱInsOȱallgemeinȱdieȱZahlungsunfähigkeitȱ (§ȱ17ȱInsO)ȱvor.ȱAlsȱzusätzlicherȱEröffnungsgrundȱfürȱjuristischeȱPersonenȱ istȱdieȱÜberschuldungȱinȱ§ȱ19ȱInsOȱaufgeführt.2ȱNachȱ§ȱ19ȱAbs.ȱ2ȱInsOȱliegtȱ eineȱ Überschuldungȱ dannȱ vor,ȱ wennȱ dasȱ Vermögenȱ desȱ Schuldnersȱ dieȱ bestehendenȱ Verbindlichkeitenȱ nichtȱ mehrȱ deckt.ȱ Beiȱ derȱ Bewertungȱ desȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱausführlichȱFunkeȱ(1995),ȱS.ȱ27ȱff.;ȱDornbach/ Mackh/Langȱ (1999),ȱS.ȱ28ȱff.ȱ ȱ

2ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱMöhlmannȱ(1998ȱc),ȱS.ȱ1843ȱff.ȱ

152

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Vermögensȱ desȱ Schuldnersȱ istȱ dieȱ Fortführungȱ desȱ Unternehmensȱ zuȬ grundeȱ zuȱ legen,ȱ wennȱ diesesȱ nachȱ denȱ Umständenȱ überwiegendȱ wahrȬ scheinlichȱerscheint.ȱȱ Alsȱ drittenȱ Eröffnungsgrundȱ siehtȱ derȱ Gesetzgeberȱ dieȱ drohendeȱ ZahȬ lungsunfähigkeitȱ nachȱ §ȱ 18ȱ InsO.1ȱ Eineȱ drohendeȱ Zahlungsunfähigkeitȱ liegtȱvor,ȱwennȱderȱSchuldnerȱvoraussichtlichȱnichtȱinȱderȱLageȱseinȱwird,ȱ dieȱ bestehendenȱ Zahlungsverpflichtungenȱ imȱ Zeitpunktȱ derȱ Fälligkeitȱ zuȱ erfüllen.ȱ Alsȱ Beispieleȱ fürȱ dasȱ Auftretenȱ einerȱ drohendenȱ ZahlungsunfäȬ higkeitȱsindȱdieȱSperrungȱvonȱKrediten,ȱderȱAusfallȱeinesȱwichtigenȱKunȬ den,ȱdasȱAuftretenȱvonȱerheblichenȱSchadensansprüchenȱoderȱaberȱplötzȬ lichȱ gestellteȱ Steuerforderungenȱ zuȱ sehen.ȱ Denȱ Grundȱ derȱ drohendenȱ ZahlungsunfähigkeitȱkannteȱdasȱalteȱKonkursrechtȱnicht.ȱȱ IstȱeinȱInsolvenzantragȱgestelltȱworden,ȱsoȱprüftȱdasȱzuständigeȱGerichtȱ zumȱeinenȱdieȱZulässigkeitȱdesȱAntrages.ȱDasȱheißtȱesȱwirdȱgeprüft,ȱobȱeinȱ gesetzlicherȱ Insolvenzgrundȱ vorliegtȱ undȱ obȱ derȱ Antragstellerȱ berechtigtȱ ist,ȱ dasȱ Insolvenzverfahrenȱ zuȱ verlangen.ȱ Zumȱ anderenȱ wirdȱ geprüft,ȱ obȱ genügendȱMasseȱvorhandenȱist,ȱumȱdieȱDurchführungȱeinesȱInsolvenzverȬ fahrensȱsicherȱzuȱstellen.ȱ Liegtȱ einȱ gesetzlicherȱ Insolvenzgrundȱ vorȱ undȱ istȱ eineȱ ausreichendeȱ MasseȱzurȱDurchführungȱdesȱInsolvenzverfahrensȱvorhanden,ȱsoȱeröffnetȱ dasȱ zuständigeȱ Gerichtȱ dasȱ Insolvenzverfahren.ȱ Fürȱ dieȱ Eröffnungȱ istȱ einȱ sog.ȱEröffnungsbeschlussȱnachȱ§ȱ27ȱInsOȱnotwendig.ȱ Imȱ Eröffnungsbeschlussȱ sindȱ nachȱ §ȱ 28ȱ InsOȱ dieȱ Gläubigerȱ aufzuforȬ dern,ȱ ihreȱ Forderungenȱ innerhalbȱ einerȱ bestimmtenȱ Fristȱ anzumelden.ȱ Fernerȱhabenȱsieȱunverzüglichȱmitzuteilen,ȱwelcheȱSicherungsrechteȱsieȱanȱ beweglichenȱSachenȱoderȱRechtenȱdesȱSchuldnersȱinȱAnspruchȱnehmen.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱMöhlmannȱ(1998ȱb),ȱS.ȱ947ȱff.ȱ

4.2 Leitungskompetenz im Fall der Insolvenz

153 mangels Masse abgelehnt

Jahr

Insolvenzverfahren

1999

26.620

18.803

70,6

2000

27.930

16.502

59,1

2001

32.390

17.763

54,8

2002

37.620

16.310

43,4

2003

39.470

16.530

41,9

2004

39.270

15.660

39,9

2005

36.850

13.590

36,9

2006

30.680

10.190

33,2

2007

29.150

8.690

29,8

2008

29.800

8.100

27,2

absolut

in Prozent

Quelle:ȱ Creditreform.ȱ Tab.ȱ4Ȭ3:ȱ EntwicklungȱderȱUnternehmensinsolvenzenȱinȱDeutschlandȱ DarüberȱhinausȱwirdȱdasȱzuständigeȱGerichtȱbeiȱderȱEröffnungȱdesȱInȬ solvenzverfahrensȱ einenȱ Insolvenzverwalterȱ nachȱ §ȱ 56ȱ InsOȱ bestimmen.ȱ DerȱInsolvenzverwalterȱhatȱMaßnahmenȱzurȱKontrolleȱundȱSicherungȱdesȱ VermögensȱdesȱSchuldnersȱdurchzuführenȱsowieȱdieȱFortführungȱdesȱUnȬ ternehmensȱ zuȱ prüfen.ȱ Damitȱ erlöschenȱ dieȱ Leitungskompetenzȱ desȱ VorȬ standesȱsowieȱdieȱKontrollkompetenzenȱderȱAnteilseigner.ȱ Dieȱ Abwicklungȱ einesȱ Insolvenzverfahrensȱ erstrecktȱ sichȱ oftmalsȱ überȱ mehrereȱJahre,ȱwieȱdieȱnachfolgendenȱBeispieleȱzeigen:ȱ „Acht Jahre überdauerte der Kamerahersteller Minox unter dem Frankfurter Insolvenzverwalter Dirk Pfeil im Konkurs, bis Leica ihn 1995 übernahm. Auch das Buchenfurnierwerk Valentin im hessischen Mittenaar mit 30 Beschäftigten führt Pfeil schon im achten Jahr. Sieben Jahre dauerte es, bis der (...) Insolvenzverwalter Grub den Schneeräumgerätehersteller Schmidt im baden-württembergischen St. Blasien 1997 an den Mann gebracht hatte.“ Quelle: Schumacher, H.: Wie Don Camillo und Peppone, in: Wirtschaftswoche, Nr. 34 vom 12.08.2004, S. 50 - 52, hier S. 52.

154

4.2.3

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Insolvenzmasse und Insolvenzgläubiger

ÜberȱdieȱInsolvenzmasseȱerfolgtȱeineȱEinteilungȱderȱGläubigerȱinȱunterȬ schiedlicheȱ Kategorien.ȱ Dieȱ entsprechendenȱ Regelungenȱ findenȱ sichȱ inȱ §§ȱ35ȱbisȱ55ȱInsO.ȱȱ Insolvenzgläubigerȱsindȱ nachȱ §ȱ38ȱ InsOȱ persönlicheȱ Gläubiger,ȱdieȱ zurȱ Zeitȱ derȱ Eröffnungȱ desȱ Insolvenzverfahrensȱ einenȱ begründetenȱ VermöȬ gensanspruchȱ gegenȱ denȱ Schuldnerȱ besitzen.ȱ Hiervonȱ zuȱ unterscheidenȱ sindȱdieȱsog.ȱnachrangigenȱInsolvenzgläubigerȱ(§ȱ39ȱInsO).ȱInsolvenzgläuȬ bigerȱwerdenȱalsȱnachrangigȱbezeichnet,ȱwennȱihreȱForderungenȱfolgendeȱ Merkmaleȱaufweisen:ȱ x EsȱhandeltȱsichȱumȱlaufendeȱForderungszinsen,ȱdieȱerstȱnachȱderȱEröffȬ nungȱdesȱInsolvenzverfahrensȱanfallen.ȱ x Forderungen,ȱdieȱsichȱausȱKostenȱergeben,ȱdieȱimȱZusammenhangȱmitȱ derȱTeilnahmeȱamȱInsolvenzverfahrenȱentstehen.ȱ x Verpflichtungen,ȱ dieȱ ausȱ Geldstrafen,ȱ Geldbußen,ȱ Ordnungsgeldernȱ oderȱZwangsgeldernȱherausȱresultieren.ȱ x Forderungen,ȱ dieȱ sichȱ ausȱ unentgeltlichenȱ Leistungenȱ desȱ Schuldnersȱ herausȱergeben.ȱ x ForderungenȱaufȱRückgewährȱeinesȱkapitalersetzendenȱDarlehensȱeinesȱ GesellschaftersȱoderȱeineȱentsprechendeȱForderung.ȱ Forderungen,ȱ dieȱ zumȱ Zeitpunktȱ derȱ Eröffnungȱ desȱ InsolvenzverfahȬ rensȱnochȱnichtȱfälligȱwaren,ȱgeltenȱnachȱderȱEröffnungȱalsȱfälligȱ(§ȱ41ȱAbs.ȱ 1ȱInsO).ȱ AusȱderȱInsolvenzmasseȱebenfallsȱausgeschlossenȱsindȱGegenstände,ȱfürȱ dieȱ einȱ Gläubigerȱ einȱ dinglichesȱ oderȱ persönlichesȱ Rechtȱ geltendȱ machenȱ kannȱ(§ȱ47ȱInsO).ȱDasȱheißtȱjedochȱnicht,ȱdassȱderȱGläubigerȱeinesȱausgeȬ sondertenȱ Vermögensgegenstandesȱ diesenȱ Gegenstandȱ sofortȱ abziehenȱ kann.ȱAuchȱausgesonderteȱVermögensgegenständeȱfallenȱunterȱdenȱInsolȬ venzschutz.ȱ Dasȱ Unternehmenȱ kannȱ bisȱ zumȱ Endeȱ derȱ Abwicklungȱ desȱ

4.2 Leitungskompetenz im Fall der Insolvenz

155

Insolvenzverfahrensȱ mitȱ diesenȱ Gegenständenȱ weiterȱ wirtschaften.ȱ Ausȱ derȱ Insolvenzmasseȱ ebenfallsȱ abgesondertȱ sindȱ Ansprüche,ȱ dieȱ PfandȬ gläubigerȱbesitzenȱ(§ȱ50ȱAbs.ȱ1ȱInsO).ȱȱ Bevorrechtigtȱ unterȱ demȱ Kreisȱ derȱ Gläubigerȱ istȱ derȱ sog.ȱ MassegläubiȬ gerȱ(§ȱ53ȱInsO).ȱDasȱheißtȱausȱderȱInsolvenzmasseȱsindȱdieȱKosten,ȱdieȱimȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ Durchführungȱ desȱ Insolvenzverfahrensȱ entsteȬ hen,ȱ sowieȱ dieȱ sonstigenȱ Masseverbindlichkeitenȱ vorwegȱ zuȱ entrichten.ȱ AlsȱKostenȱinȱdiesemȱZusammenhangȱnenntȱderȱ§ȱ54ȱInsOȱexplizitȱdieȱimȱ Rahmenȱ desȱ Insolvenzverfahrensȱ anfallendenȱ Gerichtskostenȱ sowieȱ dieȱ VergütungȱundȱdieȱAuslagenȱdesȱvorläufigenȱInsolvenzverwalters,ȱdesȱInȬ solvenzverwaltersȱundȱderȱMitgliederȱdesȱGläubigerausschusses.ȱAngabenȱ zuȱdenȱsonstigenȱMasseverbindlichkeitenȱfindenȱsichȱimȱ§ȱ55ȱInsO.ȱZuȱdenȱ MasseverbindlichkeitenȱzählenȱimȱGegensatzȱzumȱaltenȱKonkursrechtȱjetztȱ auchȱdieȱVerbindlichkeitenȱausȱeinemȱSozialplan,ȱwobeiȱdieȱHöheȱderȱSoȬ zialplanverpflichtungenȱ nichtȱ mehrȱ alsȱ einȱ Drittelȱ derȱ gesamtenȱ MasseȬ verpflichtungenȱbetragenȱdarf.ȱEsȱwirdȱhierȱalsoȱexplizitȱeineȱRegelungȱfürȱ dieȱ Lösungȱ einesȱ zentralenȱ Konfliktesȱ zwischenȱ Arbeitnehmernȱ undȱ Fremdkapitalgebernȱ bzw.ȱ Eigenkapitalgebernȱ imȱ Fallȱ einerȱ Insolvenzȱ geȬ schaffen.ȱEineȱSanierungȱüberȱbetriebsbedingteȱKündigungenȱistȱnurȱdannȱ möglich,ȱwennȱdieȱKapitalgeberȱEinbußenȱzugunstenȱeinesȱSozialplansȱakȬ zeptieren.ȱ Dieȱ Prüfung,ȱ obȱ dieȱ soȱ ermittelteȱ Insolvenzmasseȱ ausreichendȱ ist,ȱ umȱ einȱ ordentlichesȱ Insolvenzverfahrenȱ abzuwickeln,ȱ wirdȱ nachȱ §ȱ 22ȱ InsOȱ vomȱsog.ȱvorläufigenȱInsolvenzverwalterȱvorgenommen.ȱDieserȱvorläufigeȱ Insolvenzverwalterȱ wirdȱ durchȱ dasȱ Amtsgerichtȱ bestimmt.ȱ Ihmȱ obliegenȱ folgendeȱAufgaben:ȱ x ErȱhatȱdasȱVermögenȱdesȱSchuldnersȱzuȱsichernȱundȱzuȱerhalten.ȱ x ErȱhatȱdasȱUnternehmenȱfortzuführen,ȱumȱzuȱverhindern,ȱdassȱeineȱerȬ heblicheȱ Verminderungȱ desȱ Vermögensȱ aufgrundȱ desȱ Antragesȱ aufȱ EröffnungȱeinesȱInsolvenzverfahrensȱstattfindet.ȱ x Erȱhatȱzuȱprüfen,ȱobȱdasȱVermögenȱdesȱSchuldnersȱdieȱKostenȱdesȱVerȬ fahrensȱdeckenȱwird.ȱ

156

Leitungs- und Kontrollkompetenz

x Erȱ istȱ berechtigt,ȱ dieȱ Geschäftsräumeȱ desȱ Schuldnersȱ zuȱ betretenȱ undȱ dortȱNachforschungenȱanzustellen.ȱErȱkannȱdabeiȱEinsichtnahmeȱinȱdieȱ BücherȱdesȱSchuldnersȱsowieȱinȱdessenȱGeschäftspapiereȱverlangen.ȱ KommtȱderȱvorläufigeȱInsolvenzverwalterȱzuȱdemȱUrteil,ȱdassȱdasȱnochȱ vorhandeneȱVermögenȱdesȱSchuldnersȱdieȱKostenȱdesȱInsolvenzverfahrensȱ nichtȱdeckt,ȱsoȱkommtȱesȱzuȱeinerȱAbweisungȱdesȱAntragsȱaufȱEröffnungȱ desȱInsolvenzverfahrensȱdurchȱdasȱInsolvenzgerichtȱmangelsȱMasseȱ(§ȱ26ȱ InsO).ȱȱ

4.2.4

Insolvenzverwalter

„Der 1954 geborene Horst Piepenburg soll als vorläufiger Insolvenzverwalter die Bücher der angeschlagenen Textilhandelskette SinnLeffers überprüfen, entschied am Donnerstag das Hagener Amtsgericht. Am Freitag wird er in einer ersten Pressekonferenz in Düsseldorf über seine neue Rolle bei SinnLeffers sprechen. Bei der Pin Group sitzt Piepenburg weiterhin im Verwaltungsrat, so ein Sprecher der Firma, und ist weiter in das Verfahren involviert. Es sei gängig, dass Insolvenzanwälte in etlichen Verfahren gleichzeitig tätig seien. Interessant für SinnLeffers könnte vor allem Piepenburgs Zeit bei Ihr Platz sein. Die Osnabrücker Drogeriekette hatte 2005 selbst einen Insolvenzplan vorgelegt. Dieser wurde erfolgreich zum Abschluss gebracht. Als eine große Leistung Piepenburgs gilt seine Übernahme des Chefsessels beim Oberhausener Babcock-Konzern im Sommer 2002. Ihm gelang es, den insolventen Maschinenbauer in gut einem Jahr in Einzelteilen zu verkaufen und so 18.000 von 21.000 Jobs zu erhalten.“ Quelle: o. V.: Horst Piepenburg – Mann für schwere Fälle, in: www.manager-magazin.de/koepfe/portraets/0,2828,570722,00.html – letzter Zugriff am 14.04.2009

4.2 Leitungskompetenz im Fall der Insolvenz

157

Istȱ dasȱ Insolvenzverfahrenȱ eröffnetȱ worden,ȱ soȱ wirdȱ vomȱ InsolvenzgeȬ richtȱ einȱ Insolvenzverwalterȱ bestelltȱ (§ȱ 56ȱ InsO).1ȱ Beiȱ demȱ InsolvenzverȬ walterȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ eineȱ natürlicheȱ Person,ȱ dieȱ unabhängigȱ vomȱ Gläubigerȱ undȱ vomȱ Schuldnerȱ ist.ȱ Unterȱ bestimmtenȱ Bedingungenȱ (§ȱ 57ȱ InsO)ȱ könnenȱ jedochȱ auchȱ dieȱ Gläubigerȱ aufȱ derȱ erstenȱ GläubigerverȬ sammlungȱeineȱandereȱPersonȱalsȱInsolvenzverwalterȱwählen.ȱȱ Esȱ istȱ Aufgabeȱ desȱ Insolvenzgerichtes,ȱ denȱ Insolvenzverwalterȱ zuȱ beȬ aufsichtigenȱ (§ȱ 58ȱ InsO).ȱ Diesȱ kannȱ soweitȱ gehen,ȱ dassȱ dasȱ InsolvenzgeȬ richtȱ beiȱ entsprechenderȱ Nichteignungȱ desȱ Insolvenzverwaltersȱ diesenȱ auchȱ entlässtȱ (§ȱ 59ȱ InsO).ȱ Derȱ Insolvenzverwalterȱ übernimmtȱ damitȱ dieȱ Leitungskompetenzȱ desȱ Vorstandes,ȱ dasȱ Insolvenzgerichtȱ dieȱ KontrollȬ kompetenzȱdesȱAufsichtsrates.ȱ DerȱInsolvenzverwalterȱistȱbeiȱschuldhafterȱPflichtverletzungȱschadensȬ ersatzpflichtigȱ(§ȱ60ȱInsO).ȱErȱhatȱdarüberȱhinausȱeinenȱAnspruchȱaufȱVerȬ gütungȱfürȱseineȱGeschäftsführungstätigkeitȱ(§ȱ63ȱInsO).ȱHierfürȱexistierenȱ Regelsätzeȱ inȱ Abhängigkeitȱ vomȱ Wertȱ derȱ Insolvenzmasse.ȱ Dasȱ zentraleȱ RechtȱdesȱInsolvenzverwaltersȱistȱdasȱVerwaltungsȬȱundȱVerfügungsrechtȱ überȱdasȱVermögenȱderȱInsolvenzmasseȱ(§ȱ90ȱInsO).2ȱ AlsȱeineȱersteȱMaßnahmeȱhatȱderȱInsolvenzverwalterȱmitȱderȱEröffnungȱ desȱ Insolvenzverfahrensȱ sämtlicheȱ Arbeitsverträgeȱ derȱ Arbeiterȱ undȱ AnȬ gestelltenȱdesȱinsolventenȱUnternehmensȱzuȱkündigen.ȱDabeiȱkommtȱesȱzuȱ einerȱ Verkürzungȱ derȱ imȱ Kündigungsschutzgesetzȱ vorgesehenenȱ KündiȬ gungsfristen.ȱ Manȱ willȱ verhindern,ȱ dassȱ zuȱ langeȱ Kündigungsfristenȱ dieȱ Masseverbindlichkeitenȱ derartȱ anwachsenȱ lassen,ȱ dassȱ eineȱ InsolvenzȬ eröffnungȱ unmöglichȱ wird.ȱ Entsprechendȱ beläuftȱ sichȱ dieȱ längsteȱ KündiȬ gungsfristȱaufȱdreiȱMonate.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱHaberbauer/Meehȱ(1995),ȱS.ȱ2005ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ fernerȱ Littkemann/Madrianȱ (2000),ȱ S.ȱ 75ȱ ff.,ȱ dieȱ dieȱ AgencyȬ ProblematikȱimȱHinblickȱaufȱdieȱRolleȱdesȱInsolvenzverwaltersȱdiskutieren.ȱ

158

Leitungs- und Kontrollkompetenz

DieȱFunktionȱdesȱInsolvenzverwaltersȱistȱoftmalsȱmitȱderȱeinesȱVorstandsȱ aufȱ Zeitȱ zuȱ vergleichen,ȱ wieȱ dasȱ folgendeȱ Beispielȱ derȱ Universalȱ MaschiȬ nenfabrikenȱGmbHȱzeigt:ȱ „Viel verdient hat der Insolvenzverwalter mit seinem UniversalEngagement bisher nicht. Nach der komplizierten Vergütungsordnung erhielt er für 72 Monate Arbeit bisher 150 000 Euro und deckt damit, sagt er, gerade mal die Kosten. Finanziell rentieren wird sich sein UniversalEngagement erst, wenn er einen Käufer findet. Und das, meint Pluta, hängt ‚vom Investitionsklima in Deutschland ab’. Ein Neubesitzer bekäme, so Pluta, einen fast schuldenfreien Betrieb, einen guten Markennahmen und eine hoch motivierte Belegschaft. Die allerdings betrachtet seit 1998 das 1947 gegründete Unternehmen quasi als ihr Eigentum. Einen Kaufpreis von 7,5 Millionen Euro hält Pluta zurzeit für angemessen. Weitere 850 000 Euro davon stünden ihm nach der Insolvenzordnung zu, 6,5 Millionen den 400 Gläubigern.“ Quelle: Schumacher, H.: Wie Don Camillo und Peppone, in: Wirtschaftswoche, Nr. 34 vom 12.08.2004, S. 50 - 52, hier S. 52.

4.2.5

Insolvenzplanverfahren

Nachȱ §ȱ 218ȱ InsOȱ wirdȱ derȱ Insolvenzplanȱ vomȱ Insolvenzverwalterȱ vorȬ gelegt.1ȱ Allerdingsȱ istȱ auchȱ derȱ Schuldnerȱ berechtigt,ȱ einenȱ solchenȱ Planȱ vorzulegen.ȱDieȱVorlageȱerfolgtȱbeimȱInsolvenzgericht.ȱBeiȱderȱAufstellungȱ desȱInsolvenzplansȱdurchȱeinenȱInsolvenzverwalterȱwirkenȱderȱGläubigerȬ ausschuss,ȱ derȱ Betriebsratȱ undȱ derȱ Sprecherausschussȱ derȱ leitendenȱ AnȬ gestelltenȱsowieȱderȱSchuldnerȱberatendȱmit.ȱDiesenȱGruppenȱwirdȱalsoȱimȱ Rahmenȱ desȱ Insolvenzverfahrensȱ eineȱ Interessenvertretungskompetenzȱ zugebilligt.ȱ Eineȱ Entscheidungskompetenzȱ besitzenȱ sieȱ nicht.ȱ Dieȱ EntȬ scheidungskompetenzȱderȱGläubigerȱbeziehtȱsichȱnichtȱaufȱdenȱGläubigerȬ ausschuss,ȱsondernȱ–ȱwieȱgleichȱnochȱzuȱerläuternȱseinȱwirdȱ–ȱaufȱeinzelneȱ Gläubigerklassen.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ ausführlichȱ Braunȱ (1998),ȱ S.ȱ 87ȱ ff.;ȱ Littkemann/Möhlmannȱ (1999),ȱ S.ȱ648ȱff.ȱ

4.2 Leitungskompetenz im Fall der Insolvenz

159

Derȱ Insolvenzplanȱ bestehtȱ ausȱ zweiȱ Teilen:ȱ einemȱ darstellendenȱ Teilȱ undȱeinemȱgestaltendenȱTeil.ȱDerȱdarstellendeȱTeilȱ(§ȱ220ȱInsO)ȱbeschreibt,ȱ welcheȱ Maßnahmenȱ nachȱ derȱ Eröffnungȱ desȱ Insolvenzverfahrensȱ getrofȬ fenȱwordenȱsindȱbzw.ȱwelcheȱMaßnahmenȱnochȱbeabsichtigtȱsind,ȱumȱdieȱ Grundlagenȱ fürȱ dieȱ geplanteȱ Gestaltungȱ derȱ Rechteȱ derȱ Beteiligtenȱ zuȱ schaffen.ȱZuȱdenkenȱistȱinȱdiesemȱZusammenhangȱz.ȱB.ȱanȱVergleichsrechȬ nungen,ȱinȱdenenȱdeutlichȱwird,ȱwieȱhochȱdieȱBefriedigungȱderȱGläubigerȬ interessenȱ ausfallenȱ würdeȱ beiȱ Betriebsfortführungȱ imȱ Vergleichȱ zurȱ ZerȬ schlagung.ȱ Durchȱ denȱ gestaltendenȱ Teilȱ (§ȱ 221ȱ InsO)ȱ desȱ Insolvenzplansȱ wirdȱ festgelegt,ȱ wieȱ sichȱ durchȱ denȱ Insolvenzplanȱ dieȱ Rechtsstellungȱ derȱ Beteiligtenȱverändernȱsoll.ȱHierȱgehtȱesȱinsb.ȱumȱMaßnahmen,ȱdieȱdaraufȱ abzielen,ȱdemȱUnternehmenȱnachȱBeendigungȱdesȱInsolvenzverfahrensȱeiȬ neȱStartpositionȱzuȱverschaffen,ȱdieȱesȱihmȱermöglicht,ȱinȱabsehbarerȱZeitȱ wiederȱ rentabelȱ zuȱ wirtschaften.ȱ Vonȱ besondererȱ Bedeutungȱ sindȱ inȱ dieȬ semȱ Zusammenhangȱ sicherlichȱ Forderungsverzichteȱ bzw.ȱ UmschuldunȬ gen.ȱ Umȱ hierfürȱ eineȱ entsprechendeȱ Informationsgrundlageȱ zuȱ schaffen,ȱ schreibtȱ derȱ §ȱ 229ȱ InsOȱ vor,ȱ dassȱ eineȱ Vermögensübersichtȱ ebensoȱ zuȱ erȬ stellenȱistȱ wieȱ eineȱ ErgebnisȬȱundȱ eineȱ Finanzplanung.ȱ Hiermitȱwirdȱ eineȱ solideȱEntscheidungsgrundlageȱfürȱdieȱFortführungsentscheidungȱgelegt.ȱȱ Darüberȱ hinausȱ sindȱ imȱ Zugeȱ desȱ Insolvenzplanverfahrensȱ InteressenȬ gruppenȱderȱGläubigerȱzuȱbildenȱ(§ȱ222ȱInsO).ȱGläubigergruppenȱmitȱgleiȬ chenȱ wirtschaftlichenȱ Rechtenȱ undȱ gleichenȱ wirtschaftlichenȱ Interessenȱ sindȱzusammenzufassen.ȱEsȱhandeltȱsichȱhierbeiȱumȱdieȱabsonderungsbeȬ rechtigtenȱGläubiger,ȱdieȱnichtȱnachrangigenȱInsolvenzgläubigerȱsowieȱdieȱ einzelnenȱ Rangklassenȱ derȱ nachrangigenȱ Insolvenzgläubiger.ȱ Nachdemȱ derȱInsolvenzplanȱaufgestelltȱwurde,ȱwirdȱerȱdemȱInsolvenzgerichtȱzugeȬ leitet.ȱ Diesesȱ kannȱ ihnȱ unterȱ bestimmtenȱ Bedingungenȱ zurückweisenȱ (§ȱ231ȱInsO).ȱWirdȱderȱInsolvenzplanȱdurchȱdasȱInsolvenzgerichtȱnichtȱzuȬ rückgewiesen,ȱsoȱwirdȱderȱPlanȱanȱdenȱGläubigerausschuss,ȱdenȱBetriebsȬ ratȱ undȱ denȱ Sprecherausschussȱ derȱ leitendenȱ Angestelltenȱ zurȱ StellungȬ nahmeȱweitergeleitet.ȱLegtȱderȱInsolvenzverwalterȱdenȱInsolvenzplanȱvor,ȱ soȱ wirdȱ dieserȱ auchȱ demȱ Schuldnerȱ zurȱ Stellungnahmeȱ ausgehändigt.ȱ Umgekehrt,ȱwennȱderȱSchuldnerȱdenȱInsolvenzplanȱvorlegt,ȱsoȱwirdȱdieserȱ demȱInsolvenzverwalterȱzurȱStellungnahmeȱvorgelegt.ȱ

160

Leitungs- und Kontrollkompetenz

InȱeinemȱnächstenȱSchrittȱbestimmtȱdasȱInsolvenzgerichtȱeinenȱTermin,ȱ anȱ demȱ derȱ Insolvenzplanȱ erörtertȱ undȱ verabschiedetȱ wirdȱ (§ȱ235ȱ InsO).ȱ Dasȱ Stimmrechtȱ derȱ Insolvenzgläubigerȱ istȱ dabeiȱ unterschiedlichȱ (§§ȱ 237ȱ undȱ 238ȱ InsO).ȱ Soȱ habenȱ z.ȱB.ȱ Gläubiger,ȱ derenȱ Forderungȱ durchȱ denȱ InȬ solvenzplanȱnichtȱbeeinträchtigtȱwurde,ȱkeinȱStimmrecht.ȱJedeȱGruppeȱderȱ stimmberechtigtenȱGläubigerȱstimmtȱgesondertȱüberȱdenȱInsolvenzplanȱabȱ (§ȱ243ȱInsO).ȱ§ȱ244ȱInsOȱschreibtȱvor,ȱdassȱesȱzurȱAnnahmeȱdesȱInsolvenzȬ plansȱdurchȱdieȱGläubigerȱerforderlichȱist,ȱdassȱinȱjederȱGruppeȱdieȱMehrȬ heitȱ derȱ abstimmendenȱ Insolvenzgläubigerȱ demȱ Planȱ zustimmtȱ undȱ dieȱ Summeȱ derȱAnsprücheȱ derȱ zustimmendenȱ Gläubigerȱ mehrȱalsȱdieȱ Hälfteȱ derȱSummeȱderȱAnsprücheȱderȱabstimmendenȱGläubigerȱbeträgt.ȱTrittȱderȱ Fallȱ ein,ȱ dassȱ beiȱ einerȱ Abstimmungsgruppeȱ derȱ Insolvenzplanȱ keineȱ Mehrheitȱfindet,ȱsoȱlegtȱ§ȱ245ȱInsOȱfest,ȱdassȱdieȱZustimmungȱdieserȱAbȬ stimmungsgruppeȱtrotzdemȱerteiltȱist,ȱwennȱ x dieȱ Gläubigerȱ dieserȱ Gruppeȱ durchȱ denȱ Insolvenzplanȱ voraussichtlichȱ nichtȱschlechterȱgestelltȱwerdenȱalsȱsieȱohneȱdenȱPlanȱstünden,ȱ x dieȱGläubigerȱdieserȱGruppeȱangemessenȱanȱdemȱwirtschaftlichenȱWertȱ beteiligtȱ werden,ȱ derȱ aufȱ derȱ Grundlageȱ desȱ Plansȱ denȱ Beteiligtenȱ zuȬ fließenȱsoll,ȱ x dieȱMehrheitȱderȱabstimmendenȱGruppenȱdemȱPlanȱmitȱdenȱerforderliȬ chenȱ Mehrheitenȱ zugestimmtȱ hat.ȱ Dieȱ Regelungȱ fürȱ dieȱ Zustimmungȱ derȱnachrangigenȱInsolvenzgläubigerȱfindenȱsichȱimȱ§ȱ246ȱInsO.ȱ InȱeinemȱnächstenȱSchrittȱistȱderȱInsolvenzplanȱvomȱInsolvenzgerichtȱzuȱ bestätigenȱ(§ȱ248ȱInsO).ȱDabeiȱhatȱdasȱInsolvenzgerichtȱnichtȱnurȱdaraufȱzuȱ achten,ȱdassȱderȱInsolvenzplanȱvonȱdenȱInsolvenzgläubigernȱmitȱMehrheitȱ verabschiedetȱ wurde,ȱ sondernȱ auch,ȱ dassȱ derȱ Schuldnerȱ demȱ InsolvenzȬ planȱnichtȱwidersprochenȱhat.ȱDieserȱBestätigungsbeschlussȱistȱnachȱ§ȱ252ȱ InsOȱ bekanntȱ zuȱ geben.ȱ Hierdurchȱ sollȱ erreichtȱ werden,ȱ dassȱ alleȱ InsolȬ venzgläubiger,ȱ dieȱ Forderungenȱ angemeldetȱ haben,ȱ überȱ dieȱ Regelungenȱ desȱInsolvenzplansȱinformiertȱsind.ȱ IstȱdieȱBekanntgabeȱerfolgt,ȱsoȱtretenȱdieȱimȱgestaltendenȱTeilȱdesȱInsolȬ venzplansȱ festgelegtenȱ Maßnahmenȱ inȱ Kraft.ȱ Sobaldȱ dieȱ Bestätigungȱ desȱ

4.2 Leitungskompetenz im Fall der Insolvenz

161

Insolvenzplansȱrechtskräftigȱist,ȱbeschließtȱnachȱ§ȱ258ȱInsOȱdasȱInsolvenzȬ gerichtȱ dieȱ Aufhebungȱ desȱ Insolvenzverfahrens.ȱ Mitȱ derȱ Aufhebungȱ desȱ InsolvenzverfahrensȱerlöschenȱdieȱÄmterȱdesȱInsolvenzverwaltersȱundȱderȱ Mitgliederȱ desȱ Gläubigerausschussesȱ (§ȱ 259ȱ InsO).ȱ Derȱ Schuldnerȱ erhältȱ dasȱ Rechtȱ zurück,ȱ überȱ dieȱ Insolvenzmasseȱ freiȱ zuȱ verfügen.ȱ Erȱ istȱ dabeiȱ allerdingsȱanȱdieȱVorschriftenȱdesȱInsolvenzplansȱimȱHinblickȱaufȱdenȱgeȬ stalterischenȱTeilȱgebunden.ȱ Imȱ Regelfallȱ wirdȱ derȱ Insolvenzplanȱ fordern,ȱ dassȱ eineȱ Überwachungȱ derȱPlanerfüllungȱnachȱ§ȱ260ȱInsOȱvorzunehmenȱist.ȱEsȱistȱdannȱwiederumȱ Aufgabeȱ desȱ Insolvenzverwalters,ȱ dieseȱ Überwachungsfunktionȱ wahrzuȬ nehmenȱ(§ȱ261ȱInsO).ȱEntsprechendȱbestehenȱauchȱdieȱÄmterȱderȱMitglieȬ derȱ desȱ Gläubigerausschussesȱ ebensoȱ weiterȱ wieȱ dieȱ Aufsichtȱ desȱ InsolȬ venzgerichtes.ȱ Dieȱ Aufhebungȱ derȱ Überwachungȱ mussȱ nachȱ §ȱ 268ȱ InsOȱ vomȱ Insolvenzgerichtȱ beschlossenȱ werden.ȱ Sieȱ erfolgt,ȱ wennȱ dieȱ AnsprüȬ che,ȱ derenȱ Erfüllungȱ überwachtȱ werden,ȱ erfülltȱ sindȱ oderȱ dieȱ Erfüllungȱ dieserȱAnsprücheȱgewährleistetȱistȱoderȱwennȱseitȱderȱAufhebungȱdesȱInȬ solvenzverfahrensȱ dreiȱ Jahreȱ verstrichenȱ sindȱ undȱ keinȱ Antragȱ aufȱ EröffȬ nungȱ einesȱ neuenȱ Insolvenzverfahrensȱ vorliegt.ȱ Erstȱ jetztȱ sindȱ dieȱ LeiȬ tungsȬȱ undȱ Kontrollkompetenzenȱ inȱ ihrerȱ ursprünglichenȱ Formȱ wiederȱ hergestellt.ȱȱ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates Josefȱ Hermannȱ Abs,ȱ ehemaligerȱ Vorstandsvorsitzenderȱ derȱ Deutschenȱ Bankȱ AGȱ undȱ Mitgliedȱ inȱ zahlreichenȱ deutschenȱ Aufsichtsräten,ȱ zurȱ BeȬ deutungȱdesȱAufsichtsrates:ȱȱ „Die Hundehütte ist für den Hund, der Aufsichtsrat ist für die Katz’.“ Quelle: Ortmann, G.: Alle Macht den Aufsichtsräten, in: Zeitschrift Führung + Organisation 73 (2004), S. 110 - 111, hier S. 110.

162

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Walterȱ Deuss,ȱ ehemaligerȱ Chefȱ derȱ KarstadtQuelleȱ AG,ȱ zurȱ Kritikȱ vonȱ VorstandȱundȱAufsichtsratȱamȱVerhaltenȱdesȱehemaligenȱManagements:ȱȱ „Ein guter Hund macht nicht in die Hütte – auch wenn er ausgezogen ist.“ Quelle: Bönisch, J. M.: Ein guter Hund macht nicht in die eigene Hütte, in: Spiegel online, 01.10.2004. (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,320849,00.html - letzter Zugriff am 01.10.2004)

4.3.1

Aufgaben des Aufsichtsrates

Dieȱ Aufgabenȱ desȱ Aufsichtsrates1ȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Ausgestaltungȱ undȱWahrnehmungȱseinerȱKontrollkompetenzenȱsindȱwieȱfolgtȱzuȱsehen:ȱȱ Kontrollkompetenzen des Aufsichtsrats

Bestellungskompetenz

Organisationskompetenz

Überwachungskompetenz

Beratungskompetenz

ȱ Abb.ȱ4Ȭ1:ȱKontrollkompetenzȱdesȱAufsichtsratesȱ VonȱeinerȱnachhaltigenȱKontrollkompetenzȱdesȱAufsichtsratesȱkannȱnurȱ dannȱ gesprochenȱ werden,ȱ wennȱ dieserȱ seineȱ Kontrollaktivitätenȱ auchȱ imȱ Konfliktfallȱ gegenȱ dieȱ zuȱ kontrollierendeȱ Institutionȱ –ȱinȱ diesemȱ Fallȱ denȱ Vorstandȱ–ȱ auchȱ durchsetzenȱ kann.ȱ Insofernȱ bedarfȱ esȱ nebenȱ demȱ kritiȬ schenȱNachvollziehenȱderȱeigentlichenȱVorstandsarbeitȱ–ȱhierȱalsȱÜberwaȬ chungskompetenzȱ bezeichnetȱ–ȱ nochȱ weitererȱ Kompetenzen,ȱ umȱ derȱ ÜberwachungskompetenzȱGewichtȱzuȱverschaffen.ȱZuȱnennenȱsindȱinȱdieȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ ausführlichȱ z.ȱB.ȱ Semlerȱ (1996);ȱ Potthoff/Trescherȱ (2001).ȱ Vgl.ȱ fernerȱ dieȱ empirischeȱUntersuchungȱzurȱPraxisȱderȱAufsichtsratsorganisationȱvonȱDeloitteȱ &ȱ Toucheȱ (2004)ȱ sowieȱ dieȱ Untersuchungȱ vonȱ Ruhwedel/Epsteinȱ (2003),ȱ S.ȱ161ȱff.ȱ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates

163

semȱZusammenhangȱdieȱBestellungskompetenz,ȱdieȱOrganisationskompeȬ tenzȱ sowieȱ dieȱ Beratungskompetenz.ȱ Dieseȱ vierȱ Teilkompetenzenȱ wirkenȱ nichtȱ immerȱ direktȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Kontrolleȱ derȱ LeitungsinstitutioȬ nen.ȱVielfachȱerschließtȱsichȱdieȱKontrollwirkungȱeherȱindirekt,ȱwennȱmanȱ z.ȱB.ȱanȱdieȱSanktionswirkungenȱdenkt,ȱdieȱvonȱderȱKompetenzȱzurȱAbbeȬ rufungȱ vonȱ Vorständenȱ ausgeht.ȱ Imȱ Folgendenȱ werdenȱ dieseȱ TeilkompeȬ tenzenȱimȱDetailȱerläutert.ȱ „Leicht hat es Gerhard Cromme nun wirklich nicht. ‚Hochkomplex und zeitintensiv’ sei sie, die Arbeit eines Aufsichtsrats. Die schwere Tätigkeit verlange deshalb ‚ihren Preis’. Hochkomplex muss es für Cromme vor allem sein, Sitzungen so zu legen, dass er auch wirklich daran teilnehmen kann: Er ist Chefkontrolleur bei Siemens und Thyssen-Krupp, soll als Aufsichtsrat die Allianz, den Axel-Springer-Verlag und den französischen Baukonzern Saint-Gobain überwachen. Zudem ist er Vize-Chef des Kuratoriums der Essener Krupp-Stiftung – und bei Siemens amtiert er, über seinen Job als Aufsichtsratschef hinaus, in fünf weiteren Ausschüssen.“ Quelle: Schürmann, C.: Heikles Amt, in: Wirtschaftswoche, Nr. 8 vom 16.02.2009, S. 112 - 116, hier S. 113.

4.3.1.1

Bestellungskompetenz

Demȱ Aufsichtsratȱ obliegtȱ dieȱ Bestellungȱ undȱ dieȱ Abberufungȱ desȱ VorȬ standes.ȱ Dabeiȱ sindȱ dieȱ Vorschriftenȱ desȱ Mitbestimmungsgesetzesȱ bzw.ȱ desȱMontanmitbestimmungsgesetzesȱzuȱbeachten.ȱȱ MitȱderȱBestellungskompetenzȱeinherȱgehtȱebenfallsȱdieȱFestlegungȱdesȱ Arbeitsvertragesȱ mitȱ denȱ einzelnenȱ Vorständen.ȱ Konkretȱ werdenȱ dieseȱ AufgabenȱmeistȱvomȱPräsidiumȱdesȱAufsichtsratesȱbzw.ȱdemȱsog.ȱPräsidiȬ alausschussesȱ wahrgenommen.ȱ Imȱ Regelfallȱ sindȱ diesȱ derȱ AufsichtsratsȬ vorsitzendeȱundȱseinȱStellvertreterȱbzw.ȱseineȱStellvertreter.ȱDabeiȱistȱdasȱ AufsichtsratspräsidiumȱanȱdieȱVorschriftenȱdesȱ§ȱ87ȱAktGȱgebunden.ȱDasȱ bedeutetȱkonkret,ȱ x dassȱ dieȱ Bezügeȱ derȱ einzelnenȱ Vorständeȱ (Gehalt,ȱ Gewinnbeteiligung,ȱ Aufwandsentschädigung,ȱVersicherungsentgelte,ȱ Provisionenȱundȱ NeȬ benleistungenȱ jederȱ Art)ȱ inȱ einemȱ angemessenenȱ Verhältnisȱ zuȱ denȱ

164

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Aufgabenȱ dieserȱ Vorstandsmitgliederȱ ebensoȱ stehenȱ wieȱ zurȱ Lageȱ derȱ Gesellschaft,1ȱ x dassȱdieȱVorstandsbezügeȱimȱFallȱeinerȱVerschlechterungȱderȱVerhältȬ nisseȱdesȱUnternehmensȱherabgesetztȱwerdenȱkönnen.ȱUmȱeineȱsolcheȱ Variabilitätȱ derȱ Vorstandsbezügeȱ sicherzustellen,ȱ wirdȱ vielfachȱ derȱ Wegȱ gewählt,ȱ eineȱ fixeȱ Gehaltstantiemeȱ mitȱ einerȱ variablenȱ ErfolgsȬ komponenteȱ zuȱ versehen.ȱ Jeȱ höherȱ derȱ fixeȱ Anteilȱ anȱ derȱ GehaltszahȬ lungȱdestoȱgeringerȱfälltȱdieȱBezügereduktionȱinfolgeȱeinerȱdramatischȱ verschlechtertenȱ Ertragslageȱ desȱ Unternehmensȱ aus.ȱ Dasȱ Problemȱ beiȱ derȱFestsetzungȱderȱfixenȱundȱvariablenȱGehaltsbestandteileȱergibtȱsichȱ imȱ Regelfallȱ daraus,ȱ dassȱ esȱ imȱ Sinnȱ derȱ potenziellenȱ VorstandsmitȬ gliederȱist,ȱbeiȱEintrittȱinȱdieȱVorstandstätigkeitȱeinenȱmöglichstȱhohenȱ fixenȱ Anteilȱ festzuschreiben.ȱ Sieȱ werdenȱ imȱ Regelfallȱ nurȱ dannȱ bereitȱ sein,ȱaufȱdiesenȱhohenȱfixenȱGehaltsanteilȱzuȱverzichten,ȱwennȱderȱvaȬ riableȱ Bestandteilȱ derȱ Vergütungȱ inȱ Erfolgszeitenȱ auchȱ extremȱ hoheȱ Verdienstmöglichkeitenȱeröffnet.ȱ Ebenfallsȱ zurȱ Bestellungskompetenzȱ desȱ Aufsichtsratesȱ imȱ Verhältnisȱ zumȱVorstandȱistȱdieȱKompetenzȱzurȱAufhebungȱdesȱWettbewerbsverboȬ tesȱbeiȱVorstandsmitgliedernȱnachȱ§ȱ88ȱAktGȱzuȱsehen.ȱOhneȱEinwilligungȱ desȱAufsichtsratesȱdürfenȱVorstandsmitgliederȱwederȱeinȱHandelsgewerbeȱ betreibenȱnochȱimȱGeschäftszweigȱderȱGesellschaftȱfürȱeigeneȱoderȱfremdeȱ Rechnungȱ Geschäfteȱ machen.ȱ Sieȱ dürfenȱ darüberȱ hinausȱ auchȱ nichtȱ MitȬ gliedȱ desȱVorstandesȱ oderȱGeschäftsführerȱ oderȱ persönlichȱ haftenderȱ GeȬ sellschafterȱ einerȱ anderenȱ Handelsgesellschaftȱ sein.ȱ Ausnahmenȱ hiervonȱ bedürfenȱderȱausdrücklichenȱEinwilligungȱdesȱAufsichtsrates.ȱȱ Einȱ weitererȱ Punktȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Bestellungskompetenzȱ beziehtȱ sichȱ aufȱ dieȱ Bereitstellungȱ vonȱ Unternehmenskreditenȱ anȱ dieȱ VorstandsmitȬ glieder.ȱ Eineȱ Aktiengesellschaftȱ darfȱ nachȱ §ȱ 89ȱ Abs.ȱ 1ȱ AktGȱ ihrenȱ VorȬ standsmitgliedernȱeinȱDarlehenȱnurȱaufgrundȱeinesȱAufsichtsratsbeschlusȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱdieȱÄnderungenȱimȱZugeȱdesȱVorstOGȱvonȱ2005,ȱdieȱeineȱinȬ dividualisierteȱ Offenlegungȱ derȱ Vorstandsbezügeȱ festschreibtȱ undȱ damitȱ dieȱ Aktionäreȱ inȱ dieȱ Lageȱ versetztȱ zuȱ prüfen,ȱ obȱ dieȱ vomȱ Aufsichtsratȱ gewährtenȱ Bezügeȱangemessenȱsind.ȱ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates

165

sesȱ gewähren.ȱ Einȱ solcherȱ Beschlussȱ mussȱ sämtlicheȱ Modalitäten,ȱ dieȱ imȱ ZusammenhangȱmitȱderȱKreditgewährungȱzuȱregelnȱsind,ȱumfassen.ȱ BeiȱderȱSiemensȱAGȱobliegtȱdieȱBestellungskompetenzȱdemȱPräsidiumȱdesȱ Aufsichtsrates,ȱwelchesȱeinenȱVorschlagȱüberȱdieȱBestellungȱderȱVorständeȱ demȱGesamtaufsichtsratȱvorlegt,ȱaberȱfürȱdieȱkonkreteȱAusgestaltungȱderȱ VorstandsverträgeȱdieȱalleinigeȱKompetenzȱbesitzt.ȱ „§ 5 Abs. 2: Der Vorsitzende, die Stellvertreter und ein weiteres, vom Aufsichtsrat zu wählendes Mitglied der Arbeitnehmer bilden das Präsidium des Aufsichtsrats. Das Präsidium ist für die ihm in der Geschäftsordnung für das Präsidium zugewiesenen Aufgaben zuständig, insbesondere für Vorschläge für die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern, den Abschluss von Verträgen und die Festlegung der Beschäftigungsbedingungen und der Vergütung sowie für Corporate Governance-Fragen.“ Quelle: Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat der Siemens Aktiengesellschaft, Fassung vom 29. Juli 2008.

4.3.1.2

Organisationskompetenz

Dieȱ Organisationskompetenzȱ desȱ Aufsichtsratesȱ ergibtȱ sichȱ nachȱ §ȱ77ȱ Abs.ȱ 2ȱ AktG.ȱ Hiernachȱ istȱ derȱ Aufsichtsratȱ autorisiert,ȱ dieȱ GeschäftsordȬ nungȱ undȱ denȱ Geschäftsverteilungsplanȱ fürȱ denȱ Vorstandȱ festzulegen.ȱ Dabeiȱ kannȱ dieȱ Satzungȱ derȱ Gesellschaftȱ Einzelfragenȱ derȱ GeschäftsordȬ nungȱ bindendȱ fürȱ denȱ Vorstandȱ regeln.ȱ Derȱ Aufsichtsratȱ gibtȱ damitȱ denȱ prozessualenȱ Rahmenȱ fürȱ dieȱ eigentlicheȱ Vorstandsarbeitȱ vor.ȱ Letztlichȱ führenȱ derartigeȱ Vorgabenȱ zuȱ einerȱ Limitierungȱ derȱ Leitungskompetenzȱ desȱ Vorstandes.ȱ Hierȱ ergebenȱ sichȱ bereitsȱ Ansatzpunkteȱ fürȱ dieȱ WahrȬ nehmungȱderȱKontrollkompetenzȱdurchȱdenȱAufsichtsrat.ȱ

166

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Ausgestaltungȱ derȱ Organisationskompetenzȱ desȱ Aufsichtsratesȱ beiȱ derȱ Siemensȱ AG:ȱ Währendȱ eineȱ entsprechendeȱ Kompetenzȱ 2003ȱ nochȱ inȱ derȱ GeschäftsordnungȱdesȱAufsichtsratesȱgeregeltȱwurde,ȱ „§ 4 Abs. 4: Der Aufsichtsrat bestimmt die Bereiche und Zentralabteilungen, in die sich die Siemens Aktiengesellschaft gliedert. Die vom Zentralvorstand im Einzelnen vorgenommene Abgrenzung der Bereiche und der Zentralabteilungen wird dem Aufsichtsrat zur Kenntnis gegeben.“ Quelle: Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat der Siemens Aktiengesellschaft, Fassung vom 26. November 2003.

findetȱsichȱdieseȱaktuellȱinȱderȱGeschäftsordnungȱdesȱVorstandes:ȱ „§ 3 Abs. 2: Im Übrigen ergibt sich die Verteilung der Geschäfte auf die Mitglieder des Vorstandes aus dem vom Aufsichtsrat auf Vorschlag des Präsidiums festgelegten Geschäftsverteilungsplan.“ Quelle: Geschäftsordnung für den Vorstand der Siemens Aktiengesellschaft, Fassung vom 29. Juli 2008.

4.3.1.3

Überwachungskompetenz

Dieȱ Überwachungskompetenzȱ desȱ Aufsichtsratesȱ erstrecktȱ sichȱ aufȱ dieȱ ArbeitȱdesȱVorstandes.1ȱDieȱRegelungenȱimȱEinzelnenȱsindȱimȱ§ȱ111ȱAktGȱ kodifiziert.ȱ Daȱ oftmalsȱangenommenȱ werdenȱ muss,ȱ dassȱ derȱ Aufsichtsratȱ beiȱbestimmtenȱPrüfungsangelegenheitȱnichtȱüberȱdenȱnotwendigenȱSachȬ verstandȱverfügt,ȱistȱerȱbefugt,ȱauchȱeinzelneȱMitgliederȱoderȱfürȱbestimmȬ teȱ Aufgabenȱ besondereȱ Sachverständigeȱ mitȱ derȱ Prüfungȱ zuȱ beauftragen.ȱ GenerellȱerteiltȱderȱAufsichtsratȱdenȱPrüfungsauftragȱfürȱdenȱJahresȬȱbzw.ȱ Konzernabschlussȱgem.ȱ§ȱ290ȱHGBȱanȱdenȱAbschlussprüfer.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱTheisenȱ(1993),ȱSp.ȱ4224ȱff.ȱsowieȱGrotheȱ(2006).ȱ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates

167

FolgendeȱAufgabenȱsindȱimȱZugeȱderȱÜberwachungskompetenzȱdemȱAufȬ sichtsratȱderȱSiemensȱAGȱexplizitȱvorgegeben:ȱ „§ 3 Abs. 2: Der Aufsichtsrat achtet darauf, dass für Vorstände und Mitarbeiter im Unternehmen Verhaltensmaßstäbe (Business Conduct Guidelines) gelten. Ferner achtet der Aufsichtsrat darauf, dass für den Vorstandsvorsitzenden und den Finanzvorstand sowie bestimmte Mitarbeiter ein Ethikkodex für Finanzangelegenheiten gilt. Die Mitglieder des Aufsichtsrats beachten diese Regeln in deren jeweils geltenden Fassung, soweit sie sich auf Aufsichtsratsmitglieder übertragen lassen. § 4 Abs. 2: Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns sowie den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht zu prüfen. Dabei legt er die Ergebnisse der Prüfung durch den Prüfungsausschuss zugrunde. Der Abschlussprüfer nimmt an den Beratungen des Aufsichtsrats über diese Vorlagen teil und berichtet über die wesentlichen Ergebnisse seiner Prüfung. Der Aufsichtsrat stellt den Jahresabschluss und den Konzernabschluss fest. Er beschließt über den Vorschlag des Vorstands für die Verwendung des Bilanzgewinns und den Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung.“ Quelle: Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat der Siemens Aktiengesellschaft, Fassung vom 29. Juli 2008.

Vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ inȱ Deutschlandȱ geltendenȱ MitbestimmungsȬ regelungenȱistȱinsb.ȱderȱ§ȱ116ȱAbs.ȱ2ȱAktGȱvonȱBedeutung,ȱderȱdetailliertȱ vorschreibt,ȱ dassȱ Aufsichtsratsmitgliederȱ zurȱ Verschwiegenheitȱ überȱ erȬ halteneȱ vertraulicheȱ Berichteȱ undȱ vertraulicheȱ Beratungenȱ verpflichtetȱ sind.ȱ Vertraulicheȱ Informationen,ȱ dieȱ nurȱ demȱ Aufsichtsratȱ zugänglichȱ sind,ȱ dürfenȱ somitȱ auchȱ nichtȱ weitergegebenȱ werden.ȱ Diesȱ giltȱ insb.ȱ imȱ HinblickȱaufȱdieȱWeitergabeȱderȱInformationenȱanȱdieȱBelegschaftȱundȱdieȱ imȱ Betriebȱ agierendenȱ Betriebsräte.ȱ Dassȱ diesȱ inȱ derȱ praktischenȱ UmsetȬ zungȱ höchstȱ problematischȱ ist,ȱ wirdȱ nichtȱ zuletztȱ dadurchȱ unterstrichen,ȱ dassȱvielfachȱBetriebsräteȱund/oderȱKonzernbetriebsräteȱinȱPersonalunionȱ auchȱ Mitgliederȱ desȱ Aufsichtsratesȱ sind.ȱ Letztlichȱ istȱ jedochȱ dieseȱ VerȬ schwiegenheitspflichtȱ notwendig,ȱ willȱ dasȱ deutscheȱ dualistischeȱ UnterȬ nehmensverfassungsmodellȱ auchȱ internationalȱ bestehen.ȱ Insbesondereȱ inȱ denȱUSAȱwirdȱdieȱinȱDeutschlandȱpraktizierteȱMitbestimmungȱinȱzentraȬ lenȱOrganenȱderȱUnternehmensführungȱhöchstȱskeptischȱgesehen.ȱ

168

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Wieȱ kritischȱ dasȱ Problemȱ derȱ Verschwiegenheitȱ zumȱ Teilȱ gesehenȱ wird,ȱ zeigtȱdasȱBeispielȱderȱInfineonȱAG:ȱ „Max Dietrich Kley, kommissarischer Chef von Infineon, will Dieter Scheitor aus dem Aufsichtsrat werfen lassen. Der IG-Metall-Vertreter im Aufsichtsrat soll gegen die Schweigepflicht verstoßen haben. Nach Angaben des Magazins ‚Capital’ hat Kley dem Aufsichtsrat in einem Schreiben ein Amtsenthebungsverfahren und Schadenersatzforderungen angekündigt. Der Infineon-Chef ärgere sich darin über Äußerungen Scheitors im Anschluss an die Ablösung des früheren Infineon-Vorstandsvorsitzenden Ulrich Schumacher. Nach dem Rauswurf Ende März ließ sich der IG-Metall-Mann mit den Worten zitieren: ‚Schumachers polarisierende Art und seine unbedachten Prognosen haben in den vergangenen Jahren viel Porzellan zerschlagen’. Der geschasste Chef sei berüchtigt gewesen ‚für seinen selbstherrlichen Führungsstil’.“ Quelle: o. V.: Wir sind keine Geheim-Räte, in: www.manager-magazin.de/koepfe/artikel/0,2828,297468,00.html – letzter Zugriff am 06.09.2004

4.3.1.4

Beratungskompetenz

Derȱ Gesetzgeberȱ schreibtȱ explizitȱ vor,ȱ dassȱ demȱ Aufsichtsratȱ MaßnahȬ menȱderȱGeschäftsführungȱnichtȱübertragenȱwerdenȱkönnenȱ(§ȱ111ȱAbs.ȱ4ȱ Satzȱ 1ȱ AktG).ȱ Esȱ wirdȱ jedochȱ nichtȱ ausgeschlossen,ȱ dassȱ derȱ Aufsichtsratȱ demȱ Vorstandȱ inȱ Einzelfragenȱ beratendȱ zurȱ Seiteȱ stehenȱ kann.ȱ Inȱ vielenȱ Gesellschaftenȱversuchtȱmanȱdiesȱdadurchȱsicherzustellen,ȱindemȱmanȱdenȱ AufsichtsratȱhochrangigȱundȱfachkundigȱmitȱExpertenȱbesetzt,ȱmitȱdenenȱ derȱ Vorstandȱ Einzelentscheidungenȱ beratenȱ kann.ȱ Dieȱ Aufgabeȱ desȱ AufȬ sichtsratesȱ bestehtȱ inȱ diesemȱ Fallȱ wenigerȱ darin,ȱ Lösungenȱ zuȱ präsentieȬ ren,ȱ alsȱ vielmehrȱ kritischeȱ Fragenȱ zuȱ stellen,ȱ umȱ denȱ EntscheidungsproȬ zessȱvoranȱzuȱbringen.ȱLetztlichȱtragenȱderartigeȱFragenȱauchȱzurȱStärkungȱ derȱ Überwachungskompetenzȱ bei.ȱ Eineȱ herausgehobeneȱ Rolleȱ spieltȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ sicherlichȱ derȱ Aufsichtsratsvorsitzende,ȱ derȱ alsȱ Bindegliedȱ zwischenȱ Vorstandȱ undȱ Aufsichtsratȱ fungiertȱ undȱ vonȱ daherȱ imȱRegelfallȱalsȱersterȱberatenderȱAnsprechpartnerȱfürȱdenȱVorstandȱist.ȱȱ Eineȱ derartigeȱ Beratungskompetenzȱ istȱ sicherlichȱ nichtȱ unproblemaȬ tisch.ȱFürȱdenȱGesetzgeberȱsollȱderȱAufsichtsratȱdieȱGeschäftsführungȱdesȱ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates

169

Vorstandesȱ kontrollierenȱ undȱ überwachen.ȱ Istȱ jedochȱ derȱ Aufsichtsratȱ bzw.ȱ einzelneȱ Aufsichtsräteȱ überȱ ihreȱ Beratungskompetenzȱ aktivȱ inȱ dasȱ Unternehmenshandelnȱeingebunden,ȱsoȱwirdȱeineȱentsprechendeȱKontrolȬ leȱdiesesȱHandelnsȱdeutlichȱerschwert.ȱInsofernȱsollteȱaufȱdieseȱBeratungsȬ kompetenzȱ nurȱ imȱ Ausnahmefallȱ zurückgegriffenȱ werden.ȱ Imȱ täglichenȱ Geschäftȱistȱdaraufȱzuȱverzichten.ȱ DieȱBeratungskompetenzȱistȱbeiȱderȱSiemensȱAGȱwieȱfolgtȱkodifiziert:ȱ „§ 4 Abs. 1 Satz 2: Er [der Vorstand] erörtert mit ihm [dem Aufsichtsrat] in regelmäßigen Abständen den Stand der Strategieumsetzung und geht auf Abweichungen des Geschäftsverlaufs von den aufgestellten Plänen und Zielen unter Angabe von Gründen ein. § 10 Abs. 1 Satz 1: An den Sitzungen des Aufsichtsrats nehmen die Mitglieder des Vorstands in der Regel teil, sofern nicht der Vorsitzende des Aufsichtsrats im Einzelfall eine abweichende Anordnung trifft. Der Aufsichtsrat sollte mindestens einmal pro Geschäftsjahr ohne den Vorstand tagen.“ Quelle: Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat der Siemens Aktiengesellschaft, Fassung vom 29. Juli 2008.

4.3.2

Wahrnehmung der Kontrollkompetenz

Dieȱ verfassungsrechtlichenȱ Gestaltungsmöglichkeitenȱ derȱ Ausübungȱ derȱKontrollkompetenzȱdurchȱdenȱAufsichtsratȱsowieȱdieȱfaktischȱexistenȬ tenȱMachtpotenzialeȱderȱagierendenȱInteressengruppenȱführenȱdazu,ȱdassȱ jeȱnachȱUnternehmenȱdieȱKontrollkompetenzȱinȱeinemȱhöchstȱunterschiedȬ lichenȱ Lichtȱ erscheint.ȱ Jeȱ nachȱ Machtverteilungȱ zwischenȱ Aufsichtsrat,ȱ Vorstand,ȱ Hauptversammlungȱ istȱ einȱ Aufsichtsratȱ mehrȱ oderȱ minderȱ gutȱ geeignet,ȱ dieȱ vomȱ Gesetzgeberȱ vorgegebeneȱ Kontrollverantwortungȱ auchȱ wirklichȱ wahrzunehmen.1ȱ Dieȱ existenteȱ Machtverteilungȱ hängtȱ dabeiȱ imȱ RegelfallȱvonȱdenȱvorherrschendenȱsituativenȱGegebenheitenȱab.ȱAlsoȱz.ȱB.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱauchȱWengerȱ(1996),ȱS.ȱ175ȱff.ȱsowieȱfernerȱGrotheȱ(2006).ȱ

170

Leitungs- und Kontrollkompetenz

vonȱderȱFrage,ȱobȱhinterȱdemȱAufsichtsratȱeinȱGroßaktionärȱstehtȱoderȱobȱ esȱ sichȱ eherȱ umȱ eineȱ Publikumsgesellschaftȱ handelt.ȱ Derartigeȱ situativeȱ Rahmengrößenȱ versuchtȱ manȱ nunȱ mitȱ Hilfeȱ soȱ genannterȱ Typologienȱ inȱ einȱ trennscharfesȱ Grobrasterȱ zuȱ überführen,ȱ umȱ darausȱ Erklärungenȱ fürȱ bestimmteȱEinflüsseȱundȱAbhängigkeitenȱzuȱgewinnen.ȱ Ehemaligeȱ Manager,ȱ dieȱ inȱ vielenȱ Aufsichtsrätenȱ Mandateȱ wahrnehmen,ȱ müssenȱnichtȱzwangsläufigȱinȱjedemȱAufsichtsratȱeineȱmachtvolleȱPositionȱ einnehmen,ȱwieȱdasȱBeispielȱvonȱKlausȱLiesenȱzeigt:ȱ „Ein paar Tage hat Klaus Liesen ausgespannt in den Schweizer Bergen. Seit den Siebzigerjahren besitzt er in Tavanasa im noblen Engadin eine Eigentumswohnung. Ausgedehnte Spaziergänge, Skilanglauf und, immer noch, schnelle Pistenabfahrten schaffen Ausgleich vom Geschäft. Gleich nach der Rückkehr sitzt er wieder im VW-Jet und fliegt nach Wolfsburg. Formal ist der 68-Jährige der mächtigste Manager Deutschlands. Er ist Aufsichtsratschef und damit oberster Repräsentant von zwei Weltkonzernen: Allianz und Volkswagen. Auch bei der Ruhrgas steht er an der Spitze des Kontrollgremiums, demnächst wird auch die fusionierte Veba-Viag hinzukommen. Bei Mannesmann, Preussag und der Deutschen Bank ist er Mitglied. Nur Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle und WestLB-Lenker Friedel Neuber haben ähnlich viele Mandate. Doch seine Macht ist nicht ungebrochen. Manchmal besteht sie nur auf dem Papier. Gewaltigen Einfluss besitzt er bei Ruhrgas. Als Chefkontrolleur kann er es sich dort leisten, ein Machtwort zu sprechen (‚Das Unternehmen kenne ich besonders gut’). Schwankend ist seine Macht bei VW, schwach bei der Allianz. Als Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle die Fusion von Deutscher und Dresdner Bank verhandelte, war Liesen im Urlaub.“ Quelle: Wildhagen, A.: Eine Allianz für Liesen, in: Wirtschaftswoche, Nr. 13 vom 23.03.2000, S. 114 - 116, hier S. 114.

Inȱ derȱ Literaturȱ existierenȱ eineȱ Vielzahlȱ vonȱ sog.ȱ Typologien,ȱ dieȱ sichȱ zumȱZielȱsetzen,ȱunterschiedlicheȱAusprägungenȱdesȱVerhaltensȱbzw.ȱdesȱ Auftretensȱ desȱ Aufsichtsratesȱ zuȱ charakterisieren.ȱ Dabeiȱ istȱ zwischenȱ IdealȬȱ undȱ Realtypenȱ zuȱ unterscheiden.ȱ Idealtypenȱ werdenȱ anhandȱ vonȱ theoretischȱ deduziertenȱ Kriterienȱ entwickelt.ȱ Eineȱ empirischeȱ ÜberprüȬ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates

171

fungȱ derartigerȱ Typologienȱ findetȱ nichtȱ statt.ȱ Imȱ Gegensatzȱ dazuȱ sindȱ Realtypenȱ zuȱ sehen.ȱ Beiȱ ihnenȱ stehtȱ ihreȱ empirischeȱ Evidenzȱ imȱ VorderȬ grund.ȱ Dasȱ heißtȱ esȱ wirdȱ derȱ Versuchȱ unternommen,ȱ eineȱ Typenbildungȱ soȱvorzunehmen,ȱwieȱsieȱsichȱinȱderȱRealitätȱzeigt.ȱDabeiȱistȱesȱunerheblich,ȱ welcheȱtypenbildendenȱFaktorenȱGrundlageȱfürȱeineȱTypologieȱsind.ȱEntȬ scheidendȱist,ȱdassȱsichȱdieȱdeduziertenȱTypenȱsignifikantȱvoneinanderȱunȬ terscheiden.ȱInsofernȱsindȱRealtypenȱeherȱbeschreibenderȱNatur,ȱwohingeȬ genȱIdealtypenȱbereitsȱerklärendeȱElementeȱinȱsichȱvereinigen.ȱȱ ZweiȱausgewählteȱTypologienȱsollenȱnachfolgendȱkurzȱvorgestelltȱwerȬ den.1ȱ

4.3.2.1

Idealtypologie: Aufgabenwahrnehmung durch Vorstand und Aufsichtsrat

Bleicher/Leberl/ Paul2ȱanalysierenȱdasȱVerhaltenȱvonȱVorstandȱundȱAufȬ sichtsrat.ȱ Sieȱ untersuchenȱ dabeiȱ inwieweitȱ Vorstandȱ undȱ Aufsichtsratȱ dieȱ ihnenȱ vomȱ Gesetzgeberȱ zugeordnetenȱ Aufgabenȱ auchȱ wirklichȱ wahrnehȬ men.ȱ Sieȱ messenȱ alsoȱ dieȱ Intensitätȱ derȱ Aufgabenwahrnehmung.ȱ Dieȱ VaȬ riablenausprägungȱ inȱ ihrerȱ Typologieȱ istȱ dabeiȱ dichotom,ȱ d.ȱh.ȱ Aufgabenȱ werdenȱ entwederȱ mitȱ einerȱ starkenȱ Intensitätȱ wahrgenommenȱ oderȱ sieȱ werdenȱmitȱeinerȱschwachenȱIntensitätȱwahrgenommen.ȱDieȱIntensitätȱderȱ Aufgabenwahrnehmungȱ istȱ vonȱ situativenȱ Faktorenȱ abhängig,ȱ wieȱ z.ȱB.ȱ demȱ Einflussȱ derȱ Eigentümerfamilie,ȱ derȱ wirtschaftlichenȱ Situationȱ desȱ Unternehmensȱ undȱ derȱ Persönlichkeitsstrukturȱ derȱ einzelnenȱ Vorständeȱ bzw.ȱAufsichtsräteȱ(handeltȱesȱsichȱz.ȱB.ȱumȱeinenȱcharismatischenȱUnterȬ nehmenslenkerȱ oderȱ möglicherweiseȱ umȱ eineȱ graueȱ Eminenz).ȱ Bleicher/ȱ Leberl/Paulȱ entwickelnȱ entsprechendȱ dieserȱ Variablenȱ vierȱ Idealtypen.ȱ Tab.ȱ4Ȭ4ȱzeigtȱdieseȱimȱÜberblick.ȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ zuȱ weiterenȱ Typologienȱ Vogelȱ (1980),ȱ S.ȱ 271ȱ ff.ȱ undȱ Gerum/Steinmann/ Feesȱ(1988),ȱS.ȱ147ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱBleicher/Leberl/Paulȱ(1989),ȱS.ȱ117ȱff.ȱ

ȱ

172

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Aufsichtsrat

Vorstand schwach

stark

schwach

FALL 1

FALL 2

stark

FALL 3

FALL 4

Tab.ȱ4Ȭ4:ȱ AufsichtsratȬVorstandȱ Typologieȱ nachȱ Bleicher/Leberl/Paulȱ (1989)ȱ ImȱFallȱ1ȱistȱsowohlȱdieȱIntensitätȱderȱAufgabenwahrungȱaufseitenȱdesȱ VorstandesȱalsȱauchȱaufseitenȱdesȱAufsichtsratesȱschwachȱausgeprägt.ȱDasȱ heißtȱ dieȱ Vorschriftenȱ imȱ AktGȱ scheinenȱ nurȱ Alibicharakterȱ zuȱ besitzen,ȱ möglicherweiseȱagierenȱimȱHintergrundȱgraueȱEminenzen,ȱdieȱdasȱUnterȬ nehmensgeschehenȱbeeinflussen.ȱȱ Imȱ Fallȱ 2ȱ istȱ derȱ Vorstandȱ dasȱ alleinigeȱ Machtzentrumȱ desȱ UnternehȬ mens.ȱ Derȱ Aufsichtsratȱ kommtȱ seinenȱ Verpflichtungen,ȱ dieȱ ihmȱ derȱ GeȬ setzgeberȱ vorschreibt,ȱ nurȱ inȱ sehrȱ begrenztemȱ Maßȱ nach.ȱ Esȱ istȱ diesȱ derȱ Fall,ȱbeiȱdemȱhinterȱdemȱAufsichtsratȱkeineȱgroßenȱAktionäreȱstehen,ȱsonȬ dernȱ dasȱ Aktienkapitalȱ aufȱ vieleȱ Köpfeȱ verteiltȱ ist.ȱ Demȱ Vorstandȱ fälltȱ esȱ insofernȱleicht,ȱeineȱdominanteȱRolleȱzuȱspielen.ȱMöglicherweiseȱgehtȱdieȬ seȱRolleȱsoȱweit,ȱdassȱderȱVorstandȱganzȱgezieltȱsichȱ„seinenȱAufsichtsrat“ȱ aussuchtȱundȱihnȱperȱAkklamationȱdurchȱdieȱHauptversammlungȱbringt.ȱ Allenfallsȱ dieȱ Regelungenȱ derȱ Mitbestimmungȱ könntenȱ hierȱ nochȱ alsȱ ReȬ gulativȱ wirken.ȱ Einȱ starkerȱ Vorstandȱ undȱ einȱ schwacherȱ Aufsichtsratȱ erȬ gibtȱsichȱauchȱfürȱdenȱFall,ȱdassȱeinȱoderȱmehrereȱVorstandsmitgliederȱzuȬ gleichȱGroßaktionärȱderȱGesellschaftȱsind.ȱZuȱdenkenȱistȱhierȱz.ȱB.ȱanȱvieleȱ StartȬUpȬUnternehmenȱ sowieȱ anȱ Wirtschaftsprüfungsunternehmen.ȱ Derȱ VorstandȱsuchtȱsichȱhierȱpraktischȱseinenȱAufsichtsratȱselbstȱaus.ȱDasȱeinȬ zigeȱMachtpotenzial,ȱdasȱdemȱAufsichtsratȱinȱdieserȱSituationȱnochȱbleibt,ȱ istȱderȱImageschadenȱfürȱdasȱUnternehmen,ȱwennȱderȱoderȱdieȱAufsichtsȬ räteȱ vonȱ ihrenȱ Postenȱ aufgrundȱ vonȱ unüberbrückbarenȱ Konfliktenȱ mitȱ demȱVorstandȱzurücktreten.ȱ ImȱFallȱ3ȱistȱdasȱMachtverhältnisȱgenauȱumgekehrt.ȱDerȱVorstandȱistȱreȬ lativȱschwach,ȱderȱAufsichtsratȱhingegenȱsehrȱstark.ȱEsȱistȱdiesȱimȱRegelfallȱ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates

173

dieȱ Situationȱ einerȱ konzernabhängigenȱ Aktiengesellschaft.ȱ Aberȱ auchȱ dieȱ FamilienȬAktiengesellschaftȱ würdeȱ manȱ beiȱ diesemȱ Typȱ wohlȱ ansiedeln.ȱ Erȱistȱgenerellȱdadurchȱgekennzeichnet,ȱdassȱdieȱzentralen,ȱwichtigenȱEntȬ scheidungenȱimmerȱimȱAufsichtsratȱfallen.ȱDasȱbedeutetȱnicht,ȱdassȱsämtȬ licheȱdieserȱEntscheidungstatbeständeȱauchȱimȱRahmenȱeinerȱSatzungȱalsȱ zustimmungspflichtigeȱ Geschäfteȱ zuȱ kodifizierenȱ sind.ȱ Oftmalsȱ wirdȱ derȱ Aufsichtsratȱauchȱ„umȱRatȱgefragt“.ȱErȱgibtȱdannȱdemȱVorstandȱvor,ȱwieȱ zuȱentscheidenȱist.ȱȱ DerȱvierteȱFallȱistȱderȱmitȱdemȱhöchstenȱKonfliktpotenzial.ȱSowohlȱVorȬ standȱalsȱauchȱAufsichtsratȱnehmenȱihreȱAufgabenȱsehrȱintensivȱwahr.ȱEsȱ istȱ diesȱ derȱ Idealfallȱ einerȱ effizientenȱ Steuerungȱ imȱ Rahmenȱ derȱ UnterȬ nehmensverfassung.ȱDerȱVorstandȱistȱfürȱdasȱtagtäglicheȱGeschäftȱzustänȬ dig,ȱderȱAufsichtsratȱnimmtȱseineȱKontrollkompetenzȱaktivȱwahr.ȱȱ LeiderȱbleibtȱbeiȱdieserȱTypologieȱungeklärt,ȱinwieweitȱdieseȱeinzelnenȱ Typenȱ auchȱ wirklichȱ inȱ derȱ Realitätȱ anzutreffenȱ sind.ȱ Diesȱ giltȱ insb.ȱ fürȱ denȱ Fallȱ 1,ȱ beiȱ demȱ sowohlȱ derȱ Vorstandȱ alsȱ auchȱ derȱ Aufsichtsratȱ ihreȱ Aufgabenȱnurȱschwachȱwahrnehmen.ȱEsȱmussȱhierȱimmerȱwiederȱüberlegtȱ werden,ȱobȱeinȱsolcherȱFallȱüberhauptȱauftritt.ȱDarüberȱhinausȱbleibtȱauchȱ dieȱ Frageȱ unbeantwortet,ȱ beiȱ welchemȱ Typȱ dieȱ höchsteȱ Effizienzȱ inȱ derȱ Unternehmensführungȱzuȱerwartenȱist.ȱIstȱdiesȱwirklichȱimȱFallȱ4ȱderȱFall,ȱ beiȱdemȱsowohlȱderȱVorstandȱalsȱauchȱderȱAufsichtsratȱihreȱRolleȱimȱSinneȱ desȱGesetzgebersȱsehrȱintensivȱwahrnehmen,ȱoderȱaberȱsindȱdochȱdieȱTyȬ penȱ2ȱoderȱ3ȱdeutlichȱerfolgreicher,ȱdaȱbeiȱihnenȱeinȱvergleichsweiseȱniedȬ rigeresȱ Konfliktpotenzialȱ anzutreffenȱ ist?ȱ Entwederȱ führtȱ derȱ Vorstandȱ oderȱaberȱesȱführtȱderȱAufsichtsrat.ȱȱ

4.3.2.2

Realtypologie: Aufsichtsratsstruktur und Aufgabenwahrnehmung

DerȱvonȱGerum1ȱeingeschlageneȱWegȱversucht,ȱeineȱTypologieȱderȱAufȬ sichtsräteȱaufzuzeigen,ȱwieȱsieȱsichȱinȱderȱUnternehmensrealitätȱderȱdeutȬ schenȱAktiengesellschaftenȱzeigt.ȱGerumȱbeziehtȱsichȱhierbeiȱaufȱunabhänȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱGerumȱ(1991),ȱS.ȱ719ȱff.ȱ

174

Leitungs- und Kontrollkompetenz

gige,ȱprivate,ȱmitbestimmteȱAktiengesellschaften.ȱNichtȱeinbezogenȱinȱdieȱ Untersuchungȱ werdenȱ daherȱ kleineȱ Aktiengesellschaftenȱ undȱ konzernabȬ hängigeȱ Aktiengesellschaften.ȱ Insofernȱ istȱ hierȱ einȱ Unterschiedȱ zuȱ sehenȱ imȱVergleichȱzurȱsoebenȱvorgestelltenȱTypologieȱvonȱBleicher/Leberl/ Paul,ȱ dieȱ fürȱ ihreȱ Typologieȱ Allgemeingültigkeitȱ fürȱ sämtlicheȱ AktiengesellȬ schaftenȱbeanspruchen.ȱ ȱ

GerumȱunterscheidetȱzweiȱDimensionen:ȱDieȱersteȱDimensionȱwirdȱalsȱ unternehmenspolitischeȱKompetenzȱbezeichnet.ȱSieȱgibtȱan,ȱinwieweitȱeinȱ Vorstandȱ unabhängigȱ vomȱ Aufsichtsratȱ agierenȱ kann.ȱ Konkretȱ lässtȱ sichȱ dasȱablesenȱamȱKatalogȱzustimmungspflichtigerȱGeschäfte.ȱIstȱdieserȱumȬ fangreich,ȱ istȱ dieȱ unternehmenspolitischeȱ Kompetenzȱ desȱ Aufsichtsratesȱ relativȱ hochȱ bzw.ȱ dieȱ desȱ Vorstandesȱ vergleichsweiseȱ gering.ȱ Dieȱ zweiteȱ Dimensionȱ wirdȱ alsȱ personelleȱ Zusammensetzungȱ bezeichnet.ȱ Hierȱ wirdȱ untersucht,ȱ inwieweitȱ dieȱ Mitgliederȱ desȱ Aufsichtsratesȱauchȱ wirklichȱ EiȬ gentümerȱ desȱ Unternehmensȱ sind.ȱ Gerumȱ bezeichnetȱ einenȱ Aufsichtsratȱ alsȱaktionärsdominant,ȱwennȱsichȱdieserȱimȱHinblickȱaufȱdieȱVertreterȱderȱ Eigentümerȱ dadurchȱ auszeichnet,ȱ dassȱ dieȱ Aufsichtsräteȱ auchȱ kapitalmäȬ ßigȱ amȱ Unternehmenȱ beteiligtȱ sind.ȱ Darüberȱ hinausȱ wirdȱ vonȱ derȱ DomiȬ nanzȱvonȱNichtȬBeteiligtenȱgesprochen,ȱwennȱaufȱderȱAktionärsseiteȱAufȬ sichtsräteȱ gewähltȱ wurden,ȱ beiȱ denenȱ eineȱ Kapitalbeteiligungȱ nichtȱ vorliegt.ȱ Esȱ istȱ diesȱ derȱ typischeȱ Fallȱ derȱ Publikumsgesellschaft,ȱ woȱ SchlüsselpersonenȱimȱAufsichtsratȱsitzen,ȱdieȱaberȱnichtȱüberȱeineȱKapitalȬ beteiligungȱdemȱUnternehmenȱverbundenȱsind.ȱDerȱVorstandȱkooptiertȱinȱ diesemȱ Fallȱ durchȱ dieȱ Vergabeȱ derȱ Aufsichtsratsmandate.ȱ Einȱ AufsichtsȬ ratsmandatȱ verstehtȱ sichȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ auchȱ alsȱ Instrumentȱ desȱeffizientenȱBeziehungsmanagements.ȱȱ AuchȱbeiȱdieserȱTypologieȱergebenȱsichȱwiederȱvierȱTypen,ȱdieȱdiesmalȱ jedochȱalsȱRealtypenȱzuȱbezeichnenȱsind.ȱTab.ȱ4Ȭ5ȱzeigtȱsieȱimȱÜberblick.ȱ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates

Personelle Zusammensetzung des Aufsichtsrats

175

Unternehmenspolitische Kompetenz des Aufsichtsrats Hoch Niedrig

Aktionärsdominanz

Leitungsaufsichtsrat [13 %]

Kontrollaufsichtsrat [23 %]

Dominanz von NichtBeteiligten

Unternehmenspolitischer Aufsichtsrat [37 %]

Repräsentationsaufsichtsrat [27 %]

Tab.ȱ4Ȭ5:ȱ AufsichtsratstypologieȱnachȱGerumȱ(1991)ȱ1ȱ Amȱ häufigstenȱ mitȱ 37ȱ %ȱ derȱ untersuchtenȱ Fälleȱ trittȱ derȱ sog.ȱ „unterȬ nehmenspolitischeȱ Aufsichtsrat“ȱ inȱ Erscheinung.ȱ Dieserȱ Typȱ istȱ dadurchȱ gekennzeichnet,ȱ dassȱ aufȱ derȱ einenȱ Seiteȱ einȱ großerȱ Katalogȱ zustimȬ mungspflichtigerȱ Geschäfteȱ existiert,ȱ aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ aberȱ derȱ VorȬ standȱ sichȱ nichtȱ mitȱ einemȱ aktionärsdominiertenȱ Aufsichtsratȱ auseinanȬ dersetzenȱ muss.ȱ Dasȱ heißtȱ derȱ Vorstandȱ kannȱ hierȱ nichtȱ alsȱ prinzipiellȱ schwachȱimȱVergleichȱzumȱAufsichtsratȱeingestuftȱwerden.ȱInȱdiesemȱFallȱ wirdȱ sichȱ vielfachȱ dieȱ Situationȱ ergeben,ȱ dassȱ derȱ Aufsichtsratȱ undȱ derȱ VorstandȱaktivȱdieȱUnternehmenspolitikȱbestimmen.ȱDurchȱdieȱTeilnahmeȱ desȱ Aufsichtsratesȱ anȱ derȱ Unternehmenspolitikȱ gelingtȱ esȱ demȱ Vorstand,ȱ seineȱ eigeneȱ Tätigkeitȱ abzusichern.ȱ Zuȱ kurzȱ kommtȱ inȱ diesemȱ Fallȱ ganzȱ klarȱ dieȱ Kontrollfunktionȱ desȱ Aufsichtsratesȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ VorȬ standstätigkeit.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱeineȱneuereȱempirischeȱUntersuchungȱbeiȱGerumȱ(2007),ȱS.ȱ231ȱ undȱ277,ȱdieȱallerdingsȱdieȱunternehmenspolitischeȱKompetenzȱsowieȱdieȱperȬ sonelleȱZusammensetzungȱgetrenntȱanalysiert.ȱ

176

Leitungs- und Kontrollkompetenz

EinȱBeispielȱfürȱeinenȱunternehmenspolitischenȱAufsichtsratȱwarȱseinerzeitȱ derȱ Aufsichtsratȱ derȱ Continentalȱ AG,ȱ dessenȱ Vorsitzenderȱ derȱ VerwalȬ tungsratspräsidentȱdesȱschweizerischenȱIndustriekonzernsȱABB,ȱHubertusȱ vonȱGrünberg,ȱwar:ȱ „Er trat zwar 1999 überraschend vom CEO-Posten zurück – übernahm aber gleichzeitig den Vorsitz des Aufsichtsrates. Von dort zieht der Netzwerker eifrig weiter die Strippen und gilt als das eigentliche Machtzentrum des Konzerns, wie Insider berichten. Stephan Kessel, Grünbergs direkter Nachfolger als Vorstandschef und sein früherer Zögling, hielt sich nur zweieinhalb Jahre im Amt. Die Chemie habe bald nicht mehr gestimmt, Grünberg habe sich über diverse Fehler Kessels geärgert, beim Umbau des Vertriebs oder beim geplanten Verkauf der Sparte Contitech. Kessel verzog sich schließlich zum Private-Equity-Haus Investcorp.“ Quelle: Ruschmann, D./Wildhagen, A.: Der weiße Hai, in: Wirtschaftswoche, Nr. 3 vom 14.01.2008, S. 56 - 58, hier S. 58.

Mitȱ 27ȱ %ȱ istȱ derȱ „Repräsentationsaufsichtsrat“ȱ derȱ amȱ zweithäufigstenȱ auftretendeȱ Typ.ȱ Erȱ istȱ dadurchȱ gekennzeichnet,ȱ dassȱ derȱ Vorstandȱ verȬ gleichsweiseȱ mächtigȱ ist.ȱ Esȱ gibtȱ nurȱ einenȱ sehrȱ kleinenȱ Katalogȱ zustimȬ mungspflichtigerȱ Geschäfte.ȱ Darüberȱ hinausȱ dominierenȱ auchȱ NichtȬ BeteiligteȱimȱAufsichtsrat.ȱDasȱheißtȱderȱVorstandȱhatȱhierȱdieȱMöglichkeit,ȱ sichȱdenȱAufsichtsratȱ„selbstȱzuȱwählen“ȱ–ȱzumindestȱsoweitȱesȱdieȱVertreȬ terȱ derȱ Anteilseignerȱ betrifft.ȱ Derȱ Vorstandȱ steuertȱ insofernȱ dasȱ UnterȬ nehmenȱalleine,ȱKontrolleȱfindetȱsoȱgutȱwieȱnichtȱstatt.ȱAuchȱeineȱMitentȬ scheidungȱ desȱ Aufsichtsratesȱ istȱ allenfallsȱ beiȱ denȱ wenigenȱ nochȱ verȬ bliebenenȱ zustimmungspflichtigenȱ Geschäftenȱ derȱ Fall.ȱ Dieȱ KontrollȬ funktionȱ desȱ Aufsichtsratesȱ reduziertȱ sichȱ insofernȱ aufȱ dieȱ Kontrolle,ȱ dieȱ möglicherweiseȱdurchȱdieȱVertreterȱderȱMitarbeiterȱimȱAufsichtsratȱwahrȬ genommenȱwird.ȱȱ Amȱdritthäufigstenȱtrittȱderȱ„Kontrollaufsichtsrat“ȱinȱErscheinung.ȱErȱistȱ dadurchȱ gekennzeichnet,ȱ dassȱ zwarȱ nurȱ einȱ sehrȱ geringerȱ Katalogȱ anȱ zuȬ stimmungspflichtigenȱGeschäftenȱexistiert,ȱaberȱderȱAufsichtsratȱalsȱaktioȬ närsdominantȱ bezeichnetȱ werdenȱ kann.ȱ Esȱ istȱ diesȱ imȱ Prinzipȱ dieȱ klassiȬ scheȱ Situation,ȱ beiȱ derȱ sichȱ dieȱ Eigentümerȱ ausȱ derȱ Geschäftsleitungȱ zurückgezogenȱhabenȱundȱnurȱnochȱihrerȱKontrollfunktionȱnachkommen.ȱ Dieseȱ Kontrollfunktionȱ wirdȱ aberȱ imȱ Regelfallȱ sehrȱ intensivȱ wahrgenomȬ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates

177

men.ȱ Derȱ Aufsichtsratȱ istȱ insofernȱ vergleichsweiseȱ mächtig,ȱ daȱ sichȱ zuȬ mindestȱ dieȱ Vertreterȱ aufȱ derȱ Kapitalseiteȱ sicherȱ seinȱ können,ȱ dassȱ ihreȱ EntscheidungenȱvollȱundȱganzȱauchȱvonȱderȱHauptversammlungȱgetragenȱ werden.ȱȱ DerȱamȱwenigstenȱanzutreffendeȱTypȱdesȱAufsichtsratesȱistȱderȱdesȱsog.ȱ „Leitungsaufsichtsrates“.ȱ Dieserȱ Typȱ istȱ dadurchȱ gekennzeichnet,ȱ dassȱ zumȱ einenȱ einȱ umfangreicherȱ Katalogȱ zustimmungspflichtigerȱ Geschäfteȱ existiertȱ undȱ dassȱ aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ derȱ Aufsichtsratȱ aktionärsdomiȬ nantȱ zusammengesetztȱ ist.ȱ Diesȱ wirdȱ vielfachȱ beiȱ sog.ȱ FamilienȬ Aktiengesellschaftenȱ derȱ Fallȱ sein.ȱ Dieȱ Geschäftsführungȱ desȱ Vorstandesȱ istȱ dabeiȱ allenfallsȱ nochȱ Fiktion.ȱ Sämtlicheȱ wichtigenȱ strategischenȱ EntȬ scheidungenȱwerdenȱvonȱdenȱEigentümern,ȱdieȱimȱAufsichtsratȱvertretenȱ sind,ȱgetroffen.ȱEineȱKontrolleȱderȱUnternehmensleitungȱfindetȱsomitȱfakȬ tischȱ nichtȱ statt,ȱ daȱ derȱ Aufsichtsratȱ seineȱ Kontrollkompetenzȱ zugunstenȱ derȱ Leitungskompetenzȱ aufgegebenȱ hat.ȱ Ganzȱ imȱ Gegensatzȱzuȱdenȱ VorȬ stellungenȱ desȱ Gesetzgebers.ȱ Diesȱ wirdȱ umsoȱ eherȱ derȱ Fallȱ sein,ȱ wennȱ esȱ sichȱ beiȱ Unternehmen,ȱ dieȱ inȱ dieseȱ Gruppeȱ derȱ Aufsichtsräteȱ fallen,ȱ umȱ Unternehmenȱhandelt,ȱfürȱdieȱdieȱMitbestimmungȱimȱRahmenȱdesȱMitbeȬ stimmungsgesetzesȱ bzw.ȱ desȱ Montanmitbestimmungsgesetzesȱ nichtȱ gilt.ȱ InȱdiesemȱFallȱfindetȱeineȱKontrolleȱfaktischȱnichtȱmehrȱstatt.ȱ MitȱseinerȱTypologieȱgelangȱesȱGerum,ȱfastȱ90ȱProzentȱderȱuntersuchtenȱ Aktiengesellschaftenȱ zuȱ klassifizieren,ȱ allerdingsȱ werdenȱ insgesamtȱ auchȱ nurȱ62ȱAktiengesellschaftenȱuntersucht.ȱEsȱzeigtȱsichȱdabei,ȱdassȱeineȱVielȬ zahlȱ derȱ deutschenȱ Aktiengesellschaftenȱ nichtȱ bzw.ȱnurȱ unzureichendȱ imȱ Sinneȱ derȱ Vorstellungenȱ desȱ Gesetzgebersȱ gesteuertȱ wurden.ȱ Esȱ istȱ insoȬ fernȱ auchȱ nichtȱ verwunderlich,ȱ dassȱ insb.ȱ seitȱ denȱ 90erȱ Jahrenȱ vehementȱ diskutiertȱ wurde,ȱ überȱ welcheȱ Defekteȱ dieȱ Aufsichtsratstätigkeit,ȱ insb.ȱ inȱ Deutschland,ȱverfügt.ȱȱ

178

4.3.3

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Probleme bei der Wahrnehmung der Kontrollkompetenz

VieleȱProblemeȱbeiȱgroßenȱAktiengesellschaftenȱsindȱaufȱdieȱunzureichenȬ deȱWahrnehmungȱderȱKontrollkompetenzȱdurchȱdenȱAufsichtsratȱzurückȬ zuführen.ȱ Höchstwahrscheinlichȱ ließenȱ sichȱ derartigeȱ Problemeȱ beiȱ einerȱ besserenȱ Wahrnehmungȱ derȱ Kontrollkompetenzȱ nichtȱ gänzlichȱ verhinȬ dern,ȱihreȱnegativenȱAuswirkungenȱwärenȱaberȱmöglicherweiseȱgeringer.ȱ EinȱentsprechendesȱBeispielȱhierfürȱistȱderȱFallȱderȱȱMetallgesellschaftȱAGȱ inȱdenȱJahrenȱ1991ȱbisȱ1994:ȱ „Auf der Herbstpressekonferenz im November 1993 über das Geschäftsjahr 1992/93 bezifferte der Vorstandsvorsitzende der Metallgesellschaft AG den Konzernverlust mit 347 Mio. DM und führte dabei aus ‚das vergleichbare Vorjahresergebnis (1991/92 sei geschönt und mit effektiv 650 Mio. DM negativ gewesen’. Gleichzeitig prognostizierte er für das nächste Geschäftsjahr eine ‚Rückkehr in die Gewinnzone’. Was im Dezember 1993 als Liquiditätsengpaß im Kontext mit Öltermingeschäften an der New York Mercantile Exchange bezeichnet wurde, entwickelte sich zu dem bekannten Unternehmensskandal mit den sich abzeichnenden gravierenden Verlusten. In einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung im Dezember 1993 wurde der Vorstandsvorsitzende und einige seiner Kollegen abgelöst. Sondersitzungen wurden einberufen und ein Sanierer zum Vorstandsvorsitzenden bestellt. [...] Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Aufsichtsrat vor Abberufung des Vorstandsvorsitzenden im Dezember 1993, also einen Monat vorher, dessen Vertrag um eine weitere volle Amtsperiode verlängerte. Das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren endete mit einem Vergleich und bestätigt, dass Regressansprüche an Vorstände auch in Fällen eindeutigen Missmanagements kaum durchsetzbar sind.“ Quelle: Hofmann, R./Hofmann, I.: Corporate Governance – Überwachungseffizienz und Führungskompetenz in Kapitalgesellschaften, München/Wien 1998, S. 172 - 174.

Nichtȱ zuletztȱ spektakuläreȱ Managementfehlerȱ beiȱ großenȱ AktiengesellȬ schaftenȱ sindȱ Ausgangspunktȱ fürȱ eineȱ umfassendeȱ Kritikȱ anȱ derȱ UnterȬ nehmensaufsicht,ȱ wieȱ sieȱ aktuellȱ stattfindet.ȱ Inȱ Deutschlandȱ wirdȱ inȱ dieȬ semȱZusammenhangȱvielfachȱdieȱRolleȱbzw.ȱdasȱVerhältnisȱdesȱAufsichtsȬ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates

179

ratesȱ zumȱ Vorstandȱ kritisiert.ȱ Folgendeȱ Problemaspekteȱ giltȱ esȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱnäherȱzuȱbetrachten:1ȱȱ x Auswahlȱ derȱ Aufsichtsratsmitglieder:ȱ Dieȱ Qualitätȱ derȱ Aufsichtsräteȱ bzw.ȱ derȱ Arbeitȱ desȱ Aufsichtsratesȱ insgesamtȱ hängtȱ nichtȱ zuletztȱ vonȱ denȱhandelndenȱPersonenȱab.ȱBeiȱgroßenȱdeutschenȱAktiengesellschafȬ tenȱsindȱdiesȱzweiȱGruppenȱvonȱPersonen,ȱdieȱKapitalvertreterȱundȱdieȱ Arbeitnehmervertreter.ȱ Inȱ Umkehrungȱ derȱ Gesetzesnormȱ scheintȱ derȱ VorstandȱdieȱAufsichtsratsmitgliederȱzuȱbestellen.ȱDieserȱEindruckȱentȬ steht,ȱwennȱerȱsieȱderȱHauptversammlungȱvorschlägt.ȱAufȱderȱSeiteȱderȱ Arbeitnehmervertreterȱ dominierenȱ dieȱ Betriebsräteȱ bzw.ȱ unternehȬ mensexterneȱ Vertreterȱ derȱ Gewerkschaft.ȱ Esȱ werdenȱ alsoȱ nichtȱ PersoȬ nenȱ fürȱ denȱ Aufsichtsratȱ rekrutiert,ȱ vonȱ denenȱ manȱ annehmenȱ kann,ȱ dassȱ vonȱ ihnenȱ eineȱ nachhaltigeȱ Kontrolleȱ derȱ Vorstandstätigkeitȱ ausȬ geht.ȱEsȱwerdenȱmöglicherweiseȱAufsichtsratsmitgliederȱrekrutiert,ȱdieȱ Zieleȱ externerȱ Interessengruppenȱ vertreten.ȱ Dieseȱ Interessenȱ sindȱ oftȬ malsȱeherȱallgemeinpolitischerȱNatur,ȱalsȱdassȱsieȱsichȱanȱdemȱzuȱkonȬ trollierendenȱUnternehmenȱorientieren.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱbereitsȱGutenbergȱ(1970),ȱS.ȱ1ȱff.;ȱAlbachȱetȱal.ȱ(1988)ȱsowieȱWerderȱ (1998),ȱS.ȱ1193ȱff.ȱ

180

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Vielfältigeȱ Aussagenȱ machenȱ deutlich,ȱ dassȱ dasȱ Problemȱ derȱ ZusammenȬ setzungȱ desȱ Aufsichtsratsȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dessenȱ Kontrollfunktionȱ hinȬ länglichȱbekanntȱist.ȱInsbesondereȱdieȱInteressenkongruenzȱvonȱVorstandȱ undȱArbeitnehmervertreternȱscheintȱhierȱeineȱzentraleȱRolleȱzuȱspielen:ȱ „Henkel [ehemaliger Präsident des BDI] verweist darauf, dass es in Pressemitteilungen über Vorstandsbestellungen häufig heiße, sie seien einstimmig erfolgt. Er kommentiert dies so: ‚Natürlich ist in der Regel Konsens anzustreben. Aber es könnte auch sein, dass in Deutschland ab und zu Entscheidungen nicht optimal getroffen werden, weil man ein Auge auf die Arbeitnehmerbank haben muss, auf der neben den Betriebszugehörigen meist auch noch drei externe Gewerkschaftsmitglieder sitzen’. Theodor Baums, Aktienrechtsexperte und Vorsitzender Regierungskommission Corporate Governance, erklärt die Zufriedenheit vieler Manager mit der Mitbestimmung damit, dass sie ihnen eine wirksame Kontrolle vom Hals hält. Rolf Breuer, Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, räumt ein, dass man in Gegenwart der Arbeitnehmervertreter ungern den Vorstand rüffelt. Wolfgang Kaden, Chefredakteur des Manager-Magazins hat in seiner Dankesrede für den Ludwig-Erhard-Preis gesagt, er sei immer wieder verblüfft gewesen, wenn er in Gesprächen mit den Vorstandsvorsitzenden großer Unternehmen so gut wie nie Kritik an der Mitbestimmung gehört habe, selbst in vertraulichen Gesprächen nicht. Im Gegenteil: Die meisten hätten ausdrücklich die so genannte paritätische Mitbestimmung gelobt. Allmählich dämmerte Kaden, warum das so ist: ‚Die Mitbestimmung schwächt die Position des Kontrollorgans und stärkt somit die Position des Vorstands; sie erfreut sich vor allem deswegen so hoher Wertschätzung bei den Topmanagern, weil sie deren Macht ausweitet.’" Quelle: Nahrendorf, R.: Zeit für einen Tabubruch, in: www.trend-zeitschrift.de/trend95/9510.html – letzter Zugriff am 29.06.2004

x Fragwürdigeȱ Rekrutierungskriterien:ȱ Esȱ istȱ nichtȱ dieȱ KontrollkompeȬ tenz,ȱ dieȱ dieȱ Auswahlȱ derȱ Mitgliederȱ desȱ Aufsichtsratesȱ lenkt,ȱ esȱ sindȱ andereȱAspekte,ȱdieȱinȱdiesemȱZusammenhangȱeineȱRolleȱspielen,ȱwieȱ z.ȱB.ȱ dieȱ Präferenzȱ fürȱ Schlüsselpersonenȱ imȱ Verflechtungsnetzwerkȱ derȱ Unternehmen.ȱ Esȱ wirdȱ hierȱ nichtȱ umsonstȱ immerȱ wiederȱ derȱ BeȬ griffȱ derȱ „DeutschlandȬAG“ȱ inȱ dieȱ Diskussionȱ geworfen.ȱ Aufgrundȱ existenterȱÜberkreuzbeteiligungenȱgroßerȱUnternehmenȱdominierenȱimȱ AufsichtsratȱvielfachȱManagerȱundȱnichtȱsoȱsehrȱ„echte“ȱUnternehmer,ȱ dieȱinȱnennenswerterȱWeiseȱmitȱ„eigenemȱGeld“ȱamȱUnternehmenȱbeȬ teiligtȱ sind.ȱ Esȱ findetȱ sichȱ darüberȱ hinausȱ auchȱ oftmalsȱ derȱ Fall,ȱ dassȱ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates

181

ehemaligeȱVorstandsvorsitzendeȱbzw.ȱVorstandsmitgliederȱnachȱErreiȬ chenȱ derȱ Altersgrenzeȱ inȱ denȱ Aufsichtsratȱ überwechseln.ȱ Esȱ wirdȱ hierȱ immerȱwiederȱargumentiert,ȱdassȱsoȱdieȱErfahrungȱundȱdasȱWissenȱimȱ Unternehmenȱbleibt.ȱAllerdingsȱmussȱzumindestȱdieȱFrageȱerlaubtȱsein,ȱ obȱPersonen,ȱdieȱinȱderȱVergangenheitȱManagementverantwortungȱgeȬ tragenȱ haben,ȱ jetztȱ Kontrollverantwortungȱ tragenȱ können.ȱ Eineȱ KonȬ trollverantwortung,ȱ dieȱ möglicherweiseȱ dazuȱ führt,ȱ dassȱ eigene,ȱ verȬ gangeneȱ Entscheidungenȱ höchstȱ kritischȱ zuȱ hinterfragenȱ wären.ȱ Schließlichȱ istȱ auchȱ dasȱ Depotstimmrechtȱ bzw.ȱ dieȱ Hausbankfunktionȱ alsȱkritischȱimȱHinblickȱaufȱdieȱRekrutierungȱderȱAufsichtsratspersonenȱ zuȱwerten.ȱWirdȱdiesesȱDepotstimmrechtȱdazuȱgenutzt,ȱbestimmteȱPerȬ sonen,ȱdieȱdenȱInteressenȱderȱvertretenenȱBankenȱnaheȱstehen,ȱfürȱdenȱ Aufsichtsratȱ zuȱ bestellen,ȱ soȱ istȱ dieȱ Wahrscheinlichkeit,ȱ dassȱ hierȱ dasȱ Vorsichtsprinzipȱ derȱ Bankenȱ dieȱ Innovationsfreudeȱ derȱ Unternehmerȱ dominiert,ȱhöchstȱwahrscheinlich.ȱ Trotzȱ vielfacherȱ Kritikȱ scheintȱ esȱ immerȱ nochȱ üblichȱ zuȱ sein,ȱ direktȱ vomȱ Vorstandsvorsitzȱ zumȱ Aufsichtsratsvorsitzȱ zuȱ wechseln,ȱ wieȱ dasȱ Beispielȱ derȱMünchenerȱRückversicherungȱzeigt:ȱ „Die Regeln der Corporate Governance scheinen für den Münchener Versicherungskonzern nicht zu gelten. Trotz massiver Kritik einzelner Aktionäre wurde Ex-Chef Hans-Jürgen Schinzler zum neuen Vorsitzenden des Kontrollgremiums gewählt. (...) Bei der Hauptversammlung am Mittwoch in München hatten Aktionärsvertreter den Wechsel an die Aufsichtsratsspitze als ‚Automatismus’ kritisiert und Schinzler nahe gelegt, auf das Amt zu verzichten.“ Quelle: o. V.: Schinzler wird Aufsichtsratschef, in: www.manager-magazin.de/koepfe/artikel/0,2828,301656,00.html – letzter Zugriff am 31.08.2004

x Einbindungȱ desȱ Aufsichtsratsvorsitzenden:ȱ Dieȱ Informationenȱ zwiȬ schenȱ Vorstandȱ undȱ Aufsichtsratȱ sindȱ undȱ könnenȱ auchȱ nichtȱ gleichȱ verteiltȱsein.ȱEsȱgibtȱhierȱeineȱVielzahlȱvonȱAsymmetrien,ȱdieȱsichȱnichtȱ unbedingtȱ positivȱ aufȱ dieȱ Wahrnehmungȱ derȱ Kontrollkompetenzȱ desȱ Aufsichtsratesȱ auswirken.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ istȱ dieȱ überraȬ gendeȱ Rolleȱ desȱ Aufsichtsratsvorsitzendenȱ bzw.ȱ seinesȱ Stellvertretersȱ vonȱ besondererȱ Bedeutung,ȱ daȱ sieȱ alsȱ primäreȱ Ansprechpartnerȱ desȱ

182

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Vorstandesȱ fungieren.ȱ Sieȱ sindȱ deutlichȱ besserȱ informiertȱ alsȱ dieȱ übriȬ genȱAufsichtsratsmitglieder.ȱEsȱbestehtȱdabeiȱdieȱGefahr,ȱdassȱderȱAufȬ sichtsratsvorsitzendeȱbzw.ȱseinȱStellvertreterȱdurchȱdenȱintensivenȱDiaȬ logȱ mitȱ demȱ Vorstandȱ inȱ bestimmteȱ unternehmenspolitischeȱ EntscheiȬ dungenȱ bereitsȱ eingebundenȱ sind.ȱ Insofernȱ wirdȱ hierȱ dieȱ KontrollȬ verantwortungȱ desȱ Aufsichtsratesȱ insgesamtȱ beeinträchtigt.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ mussȱ auchȱ alsȱ kritischȱ gesehenȱ werden,ȱ dassȱ oftmalsȱ einȱintensiverȱKontaktȱzumȱAbschlussprüferȱnichtȱstattfindet.ȱAllenfallsȱ derȱ Aufsichtsratsausschuss,ȱ derȱ mitȱ derȱ Vorbereitungȱ derȱ AbschlussȬ prüfungȱbefasstȱist,ȱwirdȱhierȱinȱeinenȱentsprechendenȱDialogȱeintreten.ȱ DiesȱgiltȱjedochȱnichtȱfürȱsämtlicheȱMitgliederȱdesȱAufsichtsrates.ȱȱ x DurchführungȱderȱAufsichtsratssitzung:ȱLetztlichȱführtȱdieȱasymmetȬ rischeȱInformationsverteilungȱzwischenȱVorstandȱundȱAufsichtsratȱdaȬ zu,ȱ dassȱ dieȱ eigentlicheȱ Aufsichtsratstätigkeitȱ sehrȱ ritualisiertȱ abläuft.ȱ Esȱ istȱ eineȱ einseitigeȱ Informationsversorgungȱ zuȱ beobachten.ȱ Oftmalsȱ findetȱ keinȱ freierȱ Dialogȱ statt,ȱ esȱ werdenȱ Standardfragenȱ gestelltȱ undȱ Standardantwortenȱ gegeben.ȱ Dasȱ Konsensstrebenȱ imȱ Gremiumȱ domiȬ niertȱeindeutig.ȱ InȱdiesemȱZusammenhangȱwirdȱimmerȱwiederȱargumentiert,ȱdassȱeineȱ wirksameȱ Tätigkeitȱ desȱ Aufsichtsratesȱ nurȱ dannȱ sichergestelltȱ seinȱ kann,ȱwennȱdieȱeinzelnenȱMitgliederȱimȱAufsichtsratȱsichȱdieserȱTätigȬ keitȱ auchȱ nachhaltigȱ widmenȱ können.ȱ Dieseȱ Nachhaltigkeitȱ beziehtȱ sichȱzumȱeinenȱdarauf,ȱdassȱguteȱKenntnisseȱüberȱdasȱUnternehmensȬ geschehenȱebensoȱvorliegenȱwieȱdieȱBereitschaft,ȱsichȱzeitlichȱintensivȱ mitȱdemȱUnternehmenȱauseinanderzusetzen.ȱDassȱdieseȱBedingungenȱ erfülltȱ sind,ȱ wirdȱ vielfachȱ bezweifelt.ȱ Esȱ wirdȱ diesȱ anȱ mehrerenȱ IndiȬ zienȱ festgemacht:ȱ zuȱ großeȱ Aufsichtsräte,ȱ zuȱ selteneȱ Sitzungen,ȱ zuȱ knappeȱ Sitzungsdauernȱ sowieȱ unzureichendeȱ Vorabinformationen.ȱ Darüberȱ hinausȱ wirdȱ immerȱ wiederȱ bemängelt,ȱ dassȱ dieȱ eigentlichenȱ AufgabenȱdesȱAufsichtsratesȱzunehmendȱaufȱdieȱAusschüsseȱverlagertȱ werden.ȱ Diesȱ inȱ ersterȱ Linieȱ aufȱ denȱ Präsidialausschuss,ȱ inȱ demȱ derȱ AufsichtsratsvorsitzendeȱundȱseinȱStellvertreterȱbzw.ȱseineȱStellvertreȬ terȱsitzen.ȱDieȱübrigenȱAufsichtsratsmitgliederȱsindȱentsprechendȱvomȱ laufendenȱ Geschäftȱ desȱ Aufsichtsratesȱ ausgeschlossen.ȱ Letztlichȱ führtȱ diesȱ dazu,ȱ dassȱ vielfachȱ beklagtȱ wird,ȱ dassȱ dieȱ eigentlicheȱ AufsichtsȬ

4.3 Kontrollkompetenz des Aufsichtsrates

183

ratssitzungȱ–ȱinsbesondereȱbeiȱgroßenȱmitbestimmtenȱAufsichtsrätenȱ–ȱ eherȱ einemȱ sozialenȱ Ereignisȱ ähneltȱ undȱ wenigerȱ einerȱ ArbeitskonfeȬ renz,ȱaufȱderȱdieȱTätigkeitȱdesȱVorstandesȱnachhaltigȱkontrolliertȱwird.ȱ InȱjüngsterȱZeitȱscheintȱsichȱjedochȱauchȱinȱdiesemȱBereichȱeinȱWandelȱzuȱ vollziehen.ȱ Dieȱ Arbeitȱ derȱ Mitgliederȱ desȱ Aufsichtsratsȱ wandeltȱ sichȱ vonȱ einerȱ bloßenȱ Repräsentationsfunktionȱ hinȱ zuȱ einerȱ evaluiertenȱ ManageȬ mentleistung,ȱwieȱdasȱBeispielȱderȱCelaneseȱAGȱzeigt:ȱ „Ob der Aufsichtsrat auch tatsächlich für den Erfolg von Celanese arbeitet, wird in einer Effizienzanalyse geprüft: Jedes Mitglied muss – auf einem ausführlichen Fragebogen – seinen eigenen Beitrag in den Ausschüssen und im Kontrollgremium sowie die Arbeit der gesamten Runde beurteilen. 2002 startete Celanese mit dem so genannten Board Audit zunächst im Finanz- und Auditausschuss. In diesem Jahr nehmen erstmals alle Aufsichtsratsmitglieder daran teil.“ Quelle: Schaudwet, C./Ruess, A.: Offene Tür, in: Wirtschaftswoche, Nr. 39 vom 18.09.2003, S. 88 - 96, hier S. 91.

4.4 Kontrollkompetenz der Hauptversammlung

4.4.1

Aufgaben der Hauptversammlung

Dieȱ Kontrollkompetenzȱ derȱ Hauptversammlungȱ entfaltetȱ sichȱ eherȱ aufȱ indirektemȱ Wege,ȱ daȱ sieȱ sichȱ imȱ Prinzipȱ aufȱ dieȱ Bestellungskompetenzȱ undȱ dieȱ Entlastungskompetenzȱ beschränkt.ȱ Eineȱ ÜberwachungskompeȬ tenz,ȱ wieȱ sieȱ z.ȱB.ȱ explizitȱ fürȱ denȱ Aufsichtsratȱ vorgesehenȱ ist,ȱ existiertȱ nichtȱ(sieheȱAbb.ȱ4Ȭ2).ȱ

184

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Kontrollkompetenzen der Hauptversammlung

Bestellungskompetenz

Entlastungskompetenz

ȱ

Abb.ȱ4Ȭ2:ȱKontrollkompetenzenȱderȱHauptversammlungȱ IhreȱKontrollwirkungenȱentfaltenȱdieseȱKompetenzenȱnurȱdadurch,ȱdassȱ dieȱzuȱbestellendenȱbzw.ȱzuȱentlastendenȱInstitutionenȱdieȱhierausȱmögliȬ cherweiseȱ resultierendenȱ negativenȱ Konsequenzenȱ antizipierenȱ undȱ diesȱ beiȱderȱAusübungȱihrerȱKompetenzenȱberücksichtigen.ȱ Konkretȱ umschließtȱ dieȱ BestellungsȬȱ bzw.ȱ Entlastungskompetenzȱ derȱ HauptversammlungȱfolgendeȱAufgaben:ȱZentraleȱAufgabeȱderȱHauptverȬ sammlungȱ istȱ sicherlichȱ dieȱ Bestellungȱ derȱ Mitgliederȱ desȱ Aufsichtsratesȱ (§ȱ119ȱ Abs.ȱ 1ȱ AktG).ȱ Diesȱgiltȱallerdingsȱ nurȱfürȱdenjenigenȱ Teilȱderȱ AufȬ sichtsratsmitglieder,ȱdieȱnichtȱnachȱdemȱMitbestimmungsgesetzȱoderȱdemȱ Mitbestimmungsergänzungsgesetzȱ oderȱ demȱ DrittelbGȱ zuȱ wählenȱ sind.ȱ DasȱheißtȱfürȱdieȱAufsichtsratsmitglieder,ȱdieȱdieȱKapitalseiteȱvertreten.ȱ DassȱauchȱdieȱBestellungȱdesȱAufsichtsratesȱdurchȱdieȱHauptversammlungȱ oftmalsȱkontroversȱerfolgt,ȱzeigtȱdasȱBeispielȱderȱTUIȱAG:ȱ „Im Ringen um die Macht beim Touristikkonzern TUI hat sich die Konzernführung behauptet. Chefkontrolleur Jürgen Krumnow bleibt oberster Aufseher von TUI. Vorstandschef Michael Frenzel konnte bei der Hauptversammlung in Hannover die Mehrheit der Aktionäre für sich gewinnen: 57,24 Prozent der Anteilseigner stimmten am späten Mittwochabend gegen den Ablösungsantrag von TUI-Einzelaktionär John Fredriksen. Dies sei eine klare Niederlage für Fredriksen, sagte ein TUI-Sprecher nach Ende der Stimmauszählung. Gleichzeitig wurde auch darüber abgestimmt, Frenzel das Vertrauen zu entziehen. Auch dieser Antrag scheiterte mit 71,6 Prozent Gegenstimmen.“ Quelle: o.V.: Frenzel setzt sich durch – Krumnow bleibt Chefkontrolleur, in: Spiegel online, 07.05.2008. (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,552151,00.html – letzter Zugriff am 08.05.2008)

4.4 Kontrollkompetenz der Hauptversammlung

185

Desȱ Weiterenȱ wirdȱ vonȱ derȱ Hauptversammlungȱ derȱ Abschlussprüferȱ bzw.ȱderȱGründungsprüferȱbestellt.ȱHierbeiȱistȱdieȱHauptversammlungȱalȬ lerdingsȱ anȱ denȱ Vorschlagȱ desȱ Aufsichtsratesȱ gebunden.ȱ Daȱ dieserȱ beiȱ großenȱKapitalgesellschaftenȱparitätischȱbesetztȱist,ȱwirdȱderȱVorschlagȱaufȱ einenȱ Prüferȱ fallen,ȱ derȱ beidenȱ Interessengruppenȱ entgegenȱ kommt.ȱ EntȬ sprechendȱistȱderȱVorschlagȱdesȱAufsichtsratesȱauchȱnichtȱalsȱeinȱzentralesȱ KontrollinstrumentȱderȱAnteilseignerȱinȱihrerȱFunktionȱalsȱPrinzipaleȱzumȱ Schutzȱvorȱsoȱgenanntenȱ„hiddenȱactions“ȱoderȱ„hiddenȱinformations“ȱderȱ beauftragtenȱAgenten,ȱd.ȱh.ȱdesȱVorstandes,ȱzuȱsehen.ȱInsofernȱistȱesȱauchȱ nichtȱverwunderlich,ȱdassȱeineȱstrengeȱ„shareholderȬvalue“ȬPrüfungȱvomȱ Prüferȱnichtȱzuȱerwartenȱist.ȱZumalȱauchȱeinȱentsprechenderȱPrüfungsaufȬ tragȱvomȱGesetzgeberȱnichtȱfixiertȱwird.ȱ Inȱ denȱ erstenȱ achtȱ Monatenȱ einesȱ Geschäftsjahresȱ hatȱ dieȱ HauptverȬ sammlungȱ überȱ dieȱ Entlastungȱ derȱ Mitgliederȱ desȱ Vorstandesȱ undȱ überȱ dieȱ Entlastungȱ derȱ Mitgliederȱ desȱ Aufsichtsratesȱ zuȱ beschließenȱ (§ȱ 120ȱ AktG).ȱDerȱRegelfallȱistȱdabeiȱdieȱkollektiveȱEntlastungȱdesȱGremiums.ȱEsȱ kommtȱ zuȱ keinerȱ Einzelentlastungȱ einzelnerȱ Mitgliederȱ desȱ Vorstandesȱ bzw.ȱ desȱ Aufsichtsrates.ȱ Wirdȱ jedochȱ eineȱ solcheȱ Einzelentlastungȱ geȬ wünscht,ȱ soȱ istȱ hierüberȱ einȱ Beschlussȱ derȱ Hauptversammlungȱ herbeizuȬ führen.ȱDiesemȱBeschlussȱmüssenȱmindestensȱ10ȱProzentȱdesȱGrundkapiȬ talsȱ zustimmen.ȱ Nurȱ wennȱ diesesȱ Quorumȱ erreichtȱ wird,ȱ istȱ eineȱ EinzelentlastungȱderȱMitgliederȱmöglich.ȱȱ NichtȱgeregeltȱwirdȱvomȱGesetzgeberȱdieȱEntlastungȱdesȱAbschlussprüȬ fers.ȱ Obwohlȱ dieserȱ wieȱ derȱ Vorstandȱ undȱ derȱ Aufsichtsratȱ vonȱ derȱ Hauptversammlungȱ bestelltȱ wird,ȱ findetȱ eineȱ Entlastungȱ nichtȱ statt.ȱ Esȱ fehltȱalsoȱeineȱValidierungȱderȱArbeitsleistungȱdesȱAbschlussprüfersȱdurchȱ dieȱHauptversammlung.ȱVorȱdemȱHintergrund,ȱdassȱdieȱHauptversammȬ lungȱ beiȱ derȱ Bestellungȱ desȱ Abschlussprüfersȱ anȱ denȱ Vorschlagȱ desȱ AufȬ sichtsratesȱ gebundenȱ ist,ȱ istȱ dieȱ nichtȱ vorhandeneȱ Entlastungskompetenzȱ gegenüberȱ demȱ Abschlussprüferȱ alsȱ problematischȱ zuȱ werten.ȱ Sieȱ beeinȬ trächtigtȱdarüberȱhinausȱauchȱdasȱMachtgleichgewichtȱvonȱPrinzipalȱundȱ Agent,ȱ daȱ Sanktionspotenzialȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ eineȱ effizienteȱ Kontrolleȱ nichtȱbesteht.ȱ

186

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Wennȱ manȱ sichȱ dieȱ Kontrollkompetenzenȱ derȱ Hauptversammlungȱ anȬ schaut,ȱsoȱfälltȱauf,ȱdassȱdieȱHauptversammlung,ȱobwohlȱsieȱdenȱVorstandȱ zuȱ entlastenȱ hat,ȱ keineȱ Kompetenzȱ derȱ Bestellungȱ besitzt.ȱ Dasȱ zentraleȱ Sanktionspotenzialȱ fehltȱ derȱ Hauptversammlungȱ damit.ȱ Esȱ kommtȱ insoȬ fernȱauchȱhierȱzuȱeinerȱEinschränkungȱderȱVerfügungsrechteȱderȱAnteilsȬ eigner.ȱ Dassȱ derȱ Ablaufȱ derȱ Hauptversammlungȱ vielfachȱ kritischȱ gesehenȱ wird,ȱ zeigenȱdieȱnachfolgendenȱÄußerungen.ȱ „In einem Gastbeitrag für die ‚Börsen-Zeitung’ sprach sich der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Breuer, für massive Änderungen bei den jährlichen Aktionärstreffen aus. ‚Für einen großen Teil der deutschen Hauptversammlungen gilt leider: Die Veranstaltung ist in ihrer derzeitigen Form historisch überholt und wenig effizient’, so Breuer wörtlich. Durch Pflichtmitteilungen und Quartalsberichte haben die Hauptversammlungen ihre frühere Aufgabe als Informationsveranstaltung verloren, schrieb der frühere Deutsche-Bank-Chef. Auf vielen Hauptversammlungen werde zudem ‚die Unsitte gepflegt, dass Aktionäre Reden in epischer Breite und oftmals zu Themen halten, die nichts mit der Gesellschaft zu tun haben’. Seiner Ansicht ist die Aktionärsdemokratie mittlerweile zu einer ‚Diktatur der Minderheiten’ geworden. ‚Die Aktionäre sollten sich darauf beschränken, Fragen zur Tagesordnung zu stellen’, verlangte Breuer.“ Quelle: o.V.: Breuer will lästige Aktionäre ausbremsen, in: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,266955,00.html – letzter Zugriff am 24.09.2003)

4.4 Kontrollkompetenz der Hauptversammlung

4.4.2

Durchführung der Hauptversammlung

4.4.2.1

Ablauf der Sitzung

187

Hauptversammlungenȱ deutscherȱ Aktiengesellschaftenȱ verlaufenȱ nachȱ einemȱ starkȱ standardisiertenȱ Prozedere.ȱ Diesesȱ beginntȱ mitȱ derȱ EinberuȬ fungȱderȱHauptversammlungȱdurchȱdenȱVorstand.1ȱZugleichȱwirdȱdieȱTaȬ gesordnungȱbekanntȱgemacht.ȱInȱderȱBekanntmachungȱderȱTagesordnungȱ sindȱbereitsȱVorschlägeȱzurȱBeschlussfassungȱdurchȱdenȱVorstandȱundȱdenȱ Aufsichtsratȱzuȱmachen.ȱBeiȱTagesordnungspunkten,ȱdieȱsichȱaufȱdieȱWahlȱ desȱ Abschlussprüfersȱ beziehen,ȱ sindȱ dieseȱ Vorschlägeȱ zurȱ BeschlussfasȬ sungȱnurȱvomȱAufsichtsratȱvorzulegen.ȱȱ Nachȱ§ȱ124ȱAbs.ȱ4ȱAktGȱdürfenȱkeineȱBeschlüsseȱüberȱGegenständeȱderȱ Tagesordnungȱgefasstȱwerden,ȱdieȱnichtȱordnungsgemäßȱbekanntȱgemachtȱ wordenȱsind.ȱAnträgeȱvonȱAktionären,ȱdieȱdaraufȱabzielen,ȱinȱderȱHauptȬ versammlungȱeinemȱVorschlagȱdesȱVorstandesȱbzw.ȱdesȱAufsichtsratesȱzuȱ widersprechen,ȱundȱdieȱdaraufȱabzielen,ȱdieȱanderenȱAktionäreȱzuȱveranȬ lassen,ȱfürȱdiesenȱ Gegenantragȱ zuȱ stimmen,ȱ sindȱ nachȱ §ȱ126ȱ Abs.ȱ 1ȱ AktGȱ jedemȱ Aufsichtsratsmitgliedȱ undȱ jedemȱ Aktionärȱ zugänglichȱ zuȱ machen.ȱ Hiervonȱ kannȱ nurȱ Abstandȱ genommenȱ werden,ȱ wennȱ einȱ Gegenantragȱ undȱ dessenȱ Begründungȱ aufgrundȱ derȱ inȱ §ȱ126ȱ Abs.ȱ 2ȱ AktGȱ genanntenȱ Gründeȱzutrifft.ȱȱ Dieȱ Leitungȱ derȱ Hauptversammlungȱ übernimmtȱ derȱ Vorsitzendeȱ desȱ Aufsichtsrates.ȱ Dieȱ anȱ derȱ Hauptversammlungȱ teilnehmendenȱ Aktionäreȱ bzw.ȱihreȱVertreterȱhabenȱsichȱinȱeinȱVerzeichnisȱderȱerschienenenȱAktioȬ näreȱ einzutragen.ȱ Diesesȱ Verzeichnisȱ enthältȱ Angabenȱ überȱ Name,ȱ WohȬ nortȱundȱSummeȱderȱvertretenenȱAktienȱunterȱAngabeȱderȱGattung.ȱDieȬ sesȱVerzeichnisȱistȱnachȱ§ȱ129ȱAbs.ȱ4ȱAktGȱdenȱTeilnehmernȱvorȱderȱerstenȱ Abstimmungȱzugänglichȱzuȱmachen.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Nachȱ§ȱ123ȱAbs.ȱ2ȱAktGȱkannȱdieȱSatzungȱderȱGesellschaftȱdabeiȱfordern,ȱdassȱ sichȱTeilnehmerȱanȱderȱHauptversammlungȱbisȱspätestensȱsiebenȱTageȱvorȱderȱ VersammlungȱunterȱNennungȱihrerȱAdresseȱanzumeldenȱhaben.ȱ

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Leitungs- und Kontrollkompetenz

DassȱderartigeȱDiskussionenȱnichtȱfreiȱvonȱTumultenȱbleibenȱkönnen,ȱzeigtȱ dasȱBeispielȱderȱHauptversammlungȱderȱDidierȬWerkeȱAGȱimȱJahreȱ1997:ȱ „Wenn es ums liebe Geld geht, steigen Aktionäre auch schon einmal auf die Barrikaden. Einen solchen Aufstand der Kleinkapitalisten erlebten Management und Aufsichtsrat der Didier-Werke AG auf der außerordentlichen Hauptversammlung (HV) im Oktober des vergangenen Jahres [1997]. Höhepunkt des Tumults: Ein Aktionär erklärte lauthals den Versammlungsleiter für abgesetzt, der Vorstandschef wurde mit Beleidigungen – ‚notorischer Lügner und Betrüger’ – überschüttet, Kleinaktionäre empörten sich lauthals, sie seien ‚primitiv und skrupellos für einen Judaslohn verkauf worden’. Hintergrund der Revolution: Der Baustofflieferant Didier, der vor allem feuerfeste Keramik herstellt, sollte vom österreichischen Konzern RadexHeraklith (RH) übernommen werden. Die freien Aktionäre fühlten sich vom neuen Großaktionär über den Tisch gezogen, das Abfindungsangebot war in ihren Augen viel zu niedrig. Deshalb verlangten einige größere Kleinaktionäre eine Sonderprüfung. Ihr einziges Problem: Sie besaßen zwar eine ausreichende Zahl Aktien, konnten diesen Besitz jedoch nicht für die erforderlichen drei Monate vor der Hauptversammlung nachweisen. Als Ausweg blieb ihnen nur ein raffiniert ausgeklügelter Sabotageakt. Sie mussten die Hauptversammlung so lange hinauszögern, dass vor Mitternacht keine Beschlüsse gefasst werden konnten. Dann muß die Veranstaltung zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden. Die Überrumpelung des offensichtlich überforderten österreichischen Versammlungsleiters Walter Ressler glückte. Der Vorstandsvorsitzende der RH-Industrieholding und Didier-Aufsichtsratschef wurde zunächst stundenlang mit Anträgen zur Geschäftsordnung bombardiert. Dann kam er viel zu spät auf die Idee, die Redezeit der Aktionäre, die sich zu Wort gemeldet hatten, zu verkürzen. Als er gegen 21 Uhr schließlich ankündigte, er wolle die Rednerliste schließen, prasselte nochmals eine Fragenlawine auf den Notar hernieder. Gegen 23 Uhr unternahm Ressler dann einen Abstimmungsversuch. Doch zuvor waren nicht alle schriftlich angemeldeten Redner zu Wort gekommen. Es brach wieder Tumult aus, jeder brüllte oder krächzte, sogar Prügel wurden angedroht. 20 Minuten später musste der sichtlich ramponierte Ressler aufgeben. Keine Abstimmung, Verlegung der Hauptversammlung, die Aufständler hatten ihr Ziel erreicht." Quelle: Henry, A./Spegel, H.: Mit Thermoskanne und Henkelmann, in: Wirtschaftswoche, Nr. 17 vom 16.04.1998, S. 210 - 218, hier S. 210.

4.4 Kontrollkompetenz der Hauptversammlung

189

Anȱ einerȱ Hauptversammlungȱ sollenȱ ebenfallsȱ dieȱ Mitgliederȱ desȱ VorȬ standesȱ undȱ desȱ Aufsichtsratesȱ teilnehmen.ȱ Allerdings:ȱ Guteȱ Gründeȱ erȬ laubenȱhierȱdieȱAbwesenheit.ȱDarüberȱhinausȱistȱesȱauchȱmöglich,ȱdassȱinȱ bestimmtenȱFällenȱvonȱderȱTeilnahmeȱvonȱMitgliedernȱdesȱAufsichtsratesȱ abgesehenȱ werdenȱ kann,ȱ wennȱ sieȱ imȱ Wegeȱ einerȱ TonȬȱ bzw.ȱ BildüberȬ tragungȱzurȱSitzungȱzugeschaltetȱwerdenȱkönnenȱ(§ȱ118ȱAbs.ȱ2ȱAktG).ȱDerȱ gesamteȱ Sitzungsverlaufȱ einerȱ Hauptversammlungȱ wirdȱ notariellȱ beurȬ kundet.ȱȱ Imȱ Zentrumȱ derȱ Hauptversammlungȱ stehtȱ dieȱ Vorlageȱ desȱ JahresȬ abschlussesȱdurchȱdenȱVorstand.ȱDerȱVorstandȱberichtetȱüberȱdasȱabgelauȬ feneȱGeschäftsjahrȱundȱumreißtȱdieȱzukünftigeȱEntwicklung.ȱZurȱVorlageȱ desȱ Jahresabschlussesȱ wieȱ auchȱ zuȱ denȱ anderenȱ Tagesordnungspunktenȱ schließtȱsichȱimȱRegelfallȱeineȱDiskussionȱimȱPlenumȱan.ȱEineȱsolcheȱDisȬ kussionȱ folgtȱ dabeiȱ vielfachȱ altȱ eingeübtenȱ Ritualen.ȱ Esȱ existiertȱ dieȱ schweigendeȱ Mehrheitȱ ebensoȱ wieȱ derȱ professionelleȱ Analytiker.ȱ Ebensoȱ findetȱsichȱdasȱpflichtmäßigeȱBekundenȱabweichenderȱMeinungenȱimȱAufȬ tragȱeinzelnerȱAktionäre.ȱGroßaktionäreȱnutzenȱdasȱForumȱderȱHauptverȬ sammlungȱalsȱDiskussionsbasisȱinȱderȱRegelȱnicht.ȱIhnenȱstehenȱmeistȱdiȬ rektereȱ Wegeȱ derȱ Kommunikationȱ mitȱ demȱ Vorstandȱ zurȱ Verfügung.ȱ Auchȱ institutionelleȱ Finanzanalystenȱ greifenȱ meistȱ aufȱ andereȱ Wegeȱ imȱ ZugeȱdesȱInvestorȬRelationsȬManagementsȱzurück.ȱDarüberȱhinausȱfindenȱ sichȱjedochȱauchȱKritiker,ȱdieȱdasȱForumȱderȱHauptversammlungȱnutzen,ȱ umȱunternehmensexterneȱGruppeninteressenȱzuȱpropagieren.ȱȱ

4.4.2.2

Funktion der Sitzungsleitung

HitzigeȱHauptversammlungenȱsindȱsomitȱdieȱStundeȱdesȱVorsitzendenȱ derȱ Hauptversammlung,ȱ alsoȱ desȱ Aufsichtsratsvorsitzenden.ȱ Prinzipiellȱ hatȱjederȱAktionärȱeinȱRederecht.ȱBedingungȱistȱallerdings,ȱdassȱerȱzurȱTaȬ gesordnungȱ spricht,ȱ wobeiȱ esȱ zulässigȱ ist,ȱ dieȱ Redezeitȱ generellȱ zuȱ beȬ schränken.ȱImȱAllgemeinenȱwirdȱhierbeiȱvonȱzehnȱMinutenȱausgegangen.ȱ Eineȱ spezielleȱ Beschränkungȱ darfȱ beiȱ fünfȱ Minutenȱ liegen.ȱ Entsprechendȱ istȱvorȱderȱHauptversammlungȱzuȱüberlegen,ȱwelcheȱStrategieȱgegenüberȱ „allzuȱ giftigen“ȱ Kritikernȱ einzuschlagenȱ ist.ȱ Folgendeȱ Punkteȱ könntenȱ hierbeiȱberücksichtigtȱwerden:ȱ

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Leitungs- und Kontrollkompetenz

x GenerellȱkönntenȱHauptversammlungen,ȱbeiȱdenenȱverstärkteȱKritikȱzuȱ erwartenȱ ist,ȱ nichtȱ nurȱ fürȱ einenȱ Tagȱ anberaumtȱ werden,ȱ sondernȱ esȱ könnteȱ nachȱ Möglichkeitȱ bereitsȱ fürȱ zweiȱ Tageȱ geladenȱ werden.ȱ Manȱ erspartȱ sichȱ soȱ eineȱ Verlegungȱ derȱ Hauptversammlungȱ mitȱ denȱ dafürȱ notwendigenȱneuenȱEinladungenȱzuȱeinemȱentsprechendenȱTermin.ȱȱ x DieȱGestaltungȱderȱRednerlisteȱzeichnetȱebenfallsȱeinenȱerfahrenenȱVerȬ sammlungsleiterȱ aus.ȱ Soȱ hatȱ esȱ sichȱ herausgestellt,ȱ dassȱ esȱ durchausȱ sinnvollȱist,ȱ„Lobreden“ȱnachȱvorneȱaufȱdieȱRednerlisteȱzuȱsetzenȱundȱ dieȱRedebeiträgeȱvonȱ„Querulanten“ȱnachȱhinten.ȱOftmalsȱerlöschtȱdieȱ AufmerksamkeitȱdesȱAuditoriumsȱbeiȱlangenȱRedebeiträgen,ȱdieȱWirtȬ schaftspresseȱ hatȱ ihreȱ Fotosȱ gemachtȱ undȱ dieȱ Artikelȱ geschrieben,ȱ daȬ mitȱdieseȱnochȱamȱnächstenȱTagȱgedrucktȱwerden.ȱȱ x Darüberȱ hinausȱ besitztȱ derȱ Versammlungsleiterȱ auchȱ dasȱ Recht,ȱ KritiȬ ker,ȱ wennȱ sieȱ z.ȱB.ȱ ihreȱ Redezeitȱ nachhaltigȱ überziehen,ȱ ausȱ demȱ VerȬ sammlungssaalȱ zuȱ verweisen.ȱ Allerdingsȱ sollteȱ manȱ vonȱ derartigenȱ HandlungenȱAbstandȱnehmen.ȱSieȱwirkenȱsichȱoftmalsȱnegativȱaufȱdasȱ Imageȱ einesȱUnternehmensȱ aus.ȱSoȱ fandenȱ sichȱz.ȱB.ȱ dieȱFotosȱdesȱ HiȬ nauswurfsȱvonȱKritikernȱaufȱderȱHauptversammlungȱderȱDaimlerȬBenzȱ AGȱ1993ȱdurchȱdenȱAufsichtsratsvorsitzenden,ȱHilmarȱKopper,ȱamȱTagȱ daraufȱ inȱ vielenȱ Medienȱ wieder.ȱ Diesȱ trotzȱ einesȱ Fotografierverbotes,ȱ welchesȱfürȱdieȱHauptversammlungȱgalt.ȱ x Darüberȱ hinausȱ sindȱ natürlichȱ auchȱ „Ablenkungsmanöver“ȱ denkbar.ȱ Dieseȱ reichenȱ vonȱ unerträglichenȱ Versammlungsbedingungenȱ bisȱ hinȱ zuȱ einemȱ reichhaltigenȱ Buffet,ȱ welchesȱ parallelȱ zurȱ Versammlungȱ inȱ denȱVorräumenȱgereichtȱwird.ȱ

4.4 Kontrollkompetenz der Hauptversammlung

191

Dasȱ nachfolgendenȱ Beispieleȱ zeigen,ȱ wieȱ versuchtȱ wurde,ȱ dieȱ HauptverȬ sammlungȱimȱSinneȱvonȱVorstandȱundȱAufsichtsratȱdurchzuführen:ȱ „Beruhigungspillen fürs Aktionärsvolk verfehlen ihre Wirkung nicht. Auf der Hauptversammlung der Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte AG in Saarbrücken im vergangenen Jahr hätte der schwächelnde Aktienkurs die Anteilseigner eigentlich auf die Palme bringen müssen. Seit der Emission vor gut zwei Jahren zu 47 Mark ist der Kurs auf rund 24 Mark gefallen. Doch eine großzügige Naturaldividende besänftigte die Gemüter. Der Vorstand ließ ein üppiges Buffet mit Spießbraten, Tortellini, Fischfilet und Mousse au Chocolat auffahren. Da ein Großteil der Aktionäre aus der Region kommt, ‚wäre es aus unserer Sicht falsch verstandener ‚ShareholderValue’, darauf nicht in angemessener Weise einzugehen’, teilt Praktiker mit. Außerdem deckten sich die Heimwerker unter den Aktionären im Foyer mit Werkzeugkoffern, Sägeblättern und Schleifscheiben ein, die der Vorstand dort ‚zur Begutachtung’ hatte aufbauen lassen. ‚Zum Trost eine Zange’, titelte am folgenden Tag die ‚Saarbrücker Zeitung’. Quelle: Henry, A./Spegel, H.: Mit Thermoskanne und Henkelmann, in: Wirtschaftswoche, Nr. 17 vom 16.04.1998, S. 210 - 218, hier S. 218.

Aushungern. Die entgegengesetzte Strategie gilt sogar in Militärkreisen als verpönt – das Aushungern. Doch rücksichtslose Großaktionäre schrecken offenbar sogar davor nicht zurück. Auf die Spitze getrieben wurde diese Taktik vor einigen Jahren beim Hamburger Pharmahandelsunternehmen F. Reichelt AG. Dort standen einige Verträge mit Protestpotential auf der Tagesordnung. Wohl damit der Widerstand gegen den Großaktionär im Rahmen bliebe, gab es von morgens 10 bis abends 23 Uhr bei subtropischen Saaltemperaturen weder Speis noch Trank – für die Aktionäre. ‚Die Offiziellen verschanzten sich derweil auf dem Podium hinter ihren Getränkevorräten’, erinnert sich Professor Wenger. Trotzdem scheiterte die Taktik: Das genötigte Aktionärsvolk organisierte eine Nachschublinie in den nächsten Fastfood-Shop und hielt so die Stellung. Sie boten Vorstand und Aufsichtsrat sogar noch Pommes an.“ Quelle: Henry, A./Spegel, H.: Mit Thermoskanne und Henkelmann, in: Wirtschaftswoche, Nr. 17 vom 16.04.1998, S. 210 - 218, hier S. 218.

192

Leitungs- und Kontrollkompetenz

4.4.2.3

Beispiel der Durchführung einer Hauptversammlung

DasȱerfolgreicheȱDurchführenȱeinerȱHauptversammlungȱistȱinsbesondeȬ reȱ immerȱ dannȱ gefährdet,ȱ wennȱ sichȱ imȱ Vorwegeȱ bereitsȱ Konflikteȱ zwiȬ schenȱ zentralenȱ Interessengruppenȱ andeuten,ȱ dieȱ überȱ erheblicheȱ MachtȬ potenzialeȱ verfügen.ȱ Einȱ Beispielȱ hierfürȱ istȱ dieȱ Hauptversammlungȱ derȱ CommerzbankȱAGȱimȱJahrȱ2001.ȱȱ DieȱAusgangssituationȱbeiȱderȱCommerzbankȱAGȱwirdȱdabeiȱwieȱfolgtȱbeȬ schrieben:ȱȱ „Die Commerzbank versucht offenbar 40 widerspenstige Aktionäre vor ihrer Hauptversammlung am kommenden Freitag einzuschüchtern. Sie droht damit, alle 40 Namen zu veröffentlichen. In einem Brief deutet ein Anwalt der Bank an, man könne auf Nachfrage dazu gezwungen sein, berichtet das ‚Handelsblatt’. Die Aktionäre hatten im Vorfeld der Aktionärsversammlung eine Ergänzung der Tagesordnung durchgesetzt. Sie beantragen die Bestellung von Sonderprüfern und eine Satzungsänderung. Auch wollen sie dem Vorstand das Vertrauen entziehen. Am Markt rechnet man damit, dass einige prominente Aktionäre zu den Initiatoren gehören. Vermutlich wäre eine Veröffentlichung ihres Namens nicht in ihrem Interesse. Von den 40 Aktionären sind bislang nur zwei bekannt, Clemens Vedder und Klaus Peter Schneidewind. Beide stecken auch hinter dem Finanzinvestor Cobra, der offiziell knapp zehn Prozent der Commerzbank-Aktien hält. Cobra versucht seit mehr als einem Jahr, die Commerzbank-Anteile mit Gewinn an einen Investor zu veräußern. Um sicher zu gehen, dass die Aktionäre auf der Hauptversammlung in ihrem Interesse abstimmen, bemüht sich die Bank intensiv, große Investoren fest auf ihre Seite zu holen. Sorgen macht dem Vorstand der hohe Streubesitzanteil von rund 80 Prozent und die in der Vergangenheit geringe Präsenz von Aktionären auf den Hauptversammlungen.“ Quelle: o. V.: Commerzbank droht Aktionären, in: Spiegel online, 21.05.2001. (http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,135118,00.html - letzter Zugriff am 21.05.2001)

4.4 Kontrollkompetenz der Hauptversammlung

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DieȱzentraleȱKonfliktlinieȱverliefȱhierȱzwischenȱdemȱVorstandȱbzw.ȱdemȱ AufsichtsratȱaufȱderȱeinenȱSeiteȱundȱeinemȱ„neuen“ȱGroßaktionärȱaufȱderȱ anderenȱ Seite.ȱ Dieȱ Bedeutungȱ einesȱ erfolgreichenȱ Managementsȱ derȱ Hauptversammlungȱ durchȱ Vorstandȱ undȱ Aufsichtsratȱ ergabȱ sichȱ insbeȬ sondereȱ dadurch,ȱ dassȱ dasȱ Abstimmungsverhaltenȱ derȱ HauptversammȬ lungȱimȱVorwegeȱschlechtȱkalkulierbarȱerschien,ȱdaȱsichȱca.ȱ80ȱProzentȱdesȱ Aktienkapitalsȱ inȱ Streubesitzȱ befanden.ȱ Dieȱ vielfachȱ zuȱ beobachtendeȱ SiȬ cherungȱ derȱStimmenmehrheitȱ durchȱ frühzeitigeȱ Einbindungȱ derȱ InteresȬ senȱ derȱ Großaktionäreȱ inȱ dieȱ zuȱ beschließendenȱ Sachverhalteȱ warȱ inȱ dieȬ semȱFallȱalsoȱnichtȱmöglich.ȱȱ Dassȱ derȱ Aufsichtsratȱ derȱ Commerzbankȱ AGȱ unterȱ Umständenȱ mitȱ eiȬ nerȱturbulentenȱHauptversammlungȱrechnete,ȱzeigtȱsichȱauchȱanhandȱderȱ EinladungȱzuȱdieserȱHauptversammlung:ȱ x Dieȱ Tagesordnungȱ derȱ Hauptversammlungȱ weistȱ nichtȱ nurȱ dieȱ übliȬ chenȱ Punkteȱ derȱ Vorlageȱ desȱ Jahresabschlussesȱ undȱ derȱ GewinnverȬ wendungȱ auf.ȱ Esȱ findenȱ sichȱ inȱ denȱ Ergänzungenȱ zurȱ Tagesordnungȱ auchȱdiejenigenȱGegenständeȱderȱBeschlussfassung,ȱdieȱvonȱeinerȱMinȬ derheitȱbeantragtȱwordenȱsindȱundȱdieȱimȱGegensatzȱzurȱAbsichtȱvonȱ VorstandȱundȱAufsichtsratȱstehen.ȱ x Esȱ wirdȱ dieȱ Hauptversammlungȱ nichtȱ nurȱ fürȱ einenȱ Tagȱ anberaumt,ȱ sondernȱfürȱdenȱFall,ȱdassȱdieȱTagesordnungȱnichtȱvollständigȱabgearȬ beitetȱ werdenȱ kann,ȱ wirdȱ gleichzeitigȱ zurȱ Fortsetzungȱ derȱ HauptverȬ sammlungȱamȱdaraufȱfolgendenȱTagȱgeladen.ȱ x Teilnahmerechtȱ undȱ Stimmrechtȱ beiȱ derȱ Hauptversammlungȱ besitzenȱ nichtȱ sämtlicheȱ Aktionäre,ȱ dieȱ amȱ Tagȱ derȱ Versammlungȱ Eigentümerȱ derȱ Aktienȱ sind.ȱ Derȱ Aktienbesitzȱ mussȱ mindestensȱ vierȱ Monateȱ vorȱ demȱ Hauptversammlungsterminȱ nachgewiesenȱ werden.ȱ Manȱ möchteȱ damitȱ verhindern,ȱ dassȱ nurȱ gezieltȱ zurȱ Hauptversammlungȱ AktienbeȬ ständeȱ aufgebautȱ werden,ȱ umȱ dasȱ Stimmengewichtȱ inȱ derȱ HauptverȬ sammlungȱnachhaltigȱzuȱbeeinflussen.ȱ Nichtȱ nurȱ dieȱ professionelleȱ Vorbereitungȱ derȱ Hauptversammlung,ȱ sondernȱ auchȱ Gesprächeȱ zwischenȱ denȱ Beteiligtenȱ imȱ Vorwegeȱ derȱ

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Leitungs- und Kontrollkompetenz

Hauptversammlungȱ führtenȱ dazu,ȱ dassȱ derȱ allgemeinȱ erwarteteȱ Konfliktȱ aufȱ derȱ Hauptversammlungȱ ausblieb.ȱ Nichtȱ zuletztȱ dasȱ äußereȱ ErscheiȬ nungsbildȱ einerȱ Gesellschaftȱ sowieȱ dasȱ davonȱ abhängigeȱ Vertrauenȱ derȱ Investorenȱführtenȱdazu,ȱdassȱdaraufȱverzichtetȱwurde,ȱdieȱvergleichsweiȬ seȱöffentlicheȱPlattformȱderȱHauptversammlungȱzurȱAustragungȱzentralerȱ Konflikteȱzuȱnutzen.ȱ EinladungȱzurȱHauptversammlungȱderȱCommerzbankȱAGȱimȱJahrȱ2001:ȱ EINLADUNG Wir laden unsere Aktionäre zu der am Freitag, dem 25. Mai 2001, ab 10.00 Uhr, in der Jahrhunderthalle Frankfurt, Frankfurt am Main-Höchst, Pfaffenwiese, stattfindenden ordentlichen Hauptversammlung ein. Sollte die Tagesordnung an diesem Tag nicht abschließend behandelt werden können, wird die Hauptversammlung am Samstag, dem 26. Mai 2001, ab 10.00 Uhr, an gleicher Stelle fortgesetzt. TAGESORDNUNG 1.

Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses und des Lageberichts der Commerzbank AG für das Geschäftsjahr 2000 mit dem Bericht des Aufsichtsrats, Vorlage des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts für das Geschäftsjahr 2000 2. Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns [...] 3. Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2000 [...] 4. Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2000 [...] 5. Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2001 [...] 6. Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 7 Aktiengesetz [...] 7. Zustimmung der Hauptversammlung zu einem Unternehmensvertrag der Commerzbank AG mit einer Tochtergesellschaft [...] 8. Ergänzungswahl zum Aufsichtsrat [...] 9. Anpassung der Hinterlegungsvorschriften und Satzungsänderung [...] 10. Anpassung bestehender Ermächtigungen [...]

4.4 Kontrollkompetenz der Hauptversammlung

195

ERGÄNZUNG DER TAGESORDNUNG Auf Verlangen von 40 Aktionären, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Thomas Heidel aus der Rechtsanwaltskanzlei Meilicke Hoffmann & Partner, Bonn, wird die vorstehende Tagesordnung durch Bekanntmachung der nachfolgenden Tagesordnungspunkte 11, 12, 13 und 14 zur Beschlussfassung ergänzt. Der vollständige Text hierzu ist als Anlage zu den Tagesordnungspunkten 11 bis 14 abgedruckt. 11. Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 1 AktG zur Prüfung von Vorgängen der Geschäftsführung, namentlich Maßnahmen der Kapitalbeschaffung unter Ausschluss des Bezugsrechts, gegenüber bestimmten Aktionären der Gesellschaft [...] 12. Vertrauensentzug gegenüber dem Vorstand im Hinblick auf sein Verhalten bei den Kapitalerhöhungen aus genehmigtem Kapital unter Bezugsrechtsausschluss der Altaktionäre [...] 13. Satzungsänderungen [...] 14. Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie den in § 117 Abs. 1 und Abs. 3 AktG genannten Personen auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses der Hauptversammlung oder eines Minderheitsverlangens von Aktionären [...] Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind diejenigen Aktionäre berechtigt, die – gemäß § 123 Abs. 3 Satz 1 Aktiengesetz in der durch das am 25. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (NaStraG) geänderten Fassung – spätestens am 18. Mai 2001 während der üblichen Geschäftsstunden bei einer Hinterlegungsstelle ihre Aktien für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung hinterlegen und die Ausstellung einer Eintrittskarte beantragen. Hinterlegungsstellen sind [...] Aktionäre können ihr Stimmrecht in der Hauptversammlung auch durch einen Bevollmächtigten, beispielsweise ein Kreditinstitut oder eine Aktionärsvereinigung, ausüben lassen. Frankfurt am Main, im April 2001 COMMERZBANK Aktiengesellschaft Der Vorstand

196

4.4.3

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Machtverhältnisse in der Hauptversammlung

„Europas größter Fotoentwickler CeWe Color hat seinem Großaktionär M2 Capital vorgeworfen, das Unternehmen erpressen und ihm "massiv" Kapital entziehen zu wollen. Nach Firmenangaben drängt der Hedge-Fonds auf eine Sonderdividende, obwohl sich Cewe derzeit in einem tief greifenden Umbauprozess befinde und die flüssigen Mittel dringend für Investitionen benötige. Es seien kreditfinanzierte Sonderausschüttungen in Höhe von 37 bis 120 Mio. Euro gefordert worden bei einem Eigenkapital von 113 Mio. Euro, teilte das im SDax gelistete Unternehmen am Dienstag mit. Der New Yorker Hedge-Fonds M2 Capital ist den Angaben zufolge mit 8,97 Prozent an Cewe Color beteiligt und damit zweitgrößter Aktionär. "Mit mir wird es keine Sonderausschüttung geben, wenn zugleich Mitarbeiter entlassen und Sozialplanverhandlungen geführt werden", erklärte Vorstandschef Rolf Hollander. Wegen des Siegeszugs der Digitalfotografie und des rückläufigen Geschäfts mit klassischen Bildern befindet sich das Unternehmen in einer Umstrukturierung. Umsatz und Vorsteuergewinn gingen im vergangenen Jahr deutlich zurück. M2 Capital habe mit der Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung gedroht, hieß es. Dort wolle der Investor vier der sechs Aufsichtsräte abwählen und den Vorständen das Misstrauen aussprechen. "Wir haben uns nicht erpressen lassen und werden uns auch zukünftig nicht erpressen lassen", machte Hollander deutlich. Cewe Color benötige Kapital für Investitionen und die Sicherung der verbleibenden Arbeitsplätze. In diesem Punkt sei sich der Vorstand mit dem größten Aktionär einig, den Erben des Unternehmensgründers Heinz Neumüller. Sie halten den Angaben zufolge gemeinschaftlich 27,1 Prozent des Grundkapitals. Quelle: o.V.: Investor setzt Cewe unter Druck http://www.n-tv.de/759664.html – letzter Zugriff am 30.01.2007

UnabhängigȱvomȱVerlaufȱderȱHauptversammlungȱsindȱunterschiedlicheȱ RechteȱderȱAktionäre1ȱvoneinanderȱzuȱtrennen.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ istȱ aufȱ dieȱ Regelungenȱ imȱ Rahmenȱ desȱ UMAGȱ zuȱ verweisenȱ (vgl.ȱ hierzuȱ ausführlichȱ Kapitelȱ 4.7.8.3),ȱ wonachȱ jetztȱ auchȱ großeȱ FondsgesellschaftenȱverstärktȱanȱHauptversammlungenȱteilnehmenȱwerden,ȱdaȱ

4.4 Kontrollkompetenz der Hauptversammlung

4.4.3.1

197

Allgemeine Rechte des Aktionärs

Hierȱ istȱ inȱ ersterȱ Linieȱ dasȱ Rederechtȱ zuȱ nennenȱ mitȱ denȱ bereitsȱ obenȱ genanntenȱBeschränkungen.ȱDarüberȱhinausȱbesitztȱderȱAktionärȱauchȱeinȱ Auskunftsrechtȱ entsprechendȱ §ȱ131ȱ AktG.ȱ Diesesȱ Auskunftsrechtȱ beȬ schränktȱsichȱallerdingsȱaufȱAspekte,ȱdieȱzurȱsachgemäßenȱBeurteilungȱdesȱ GegenstandesȱderȱTagesordnungȱerforderlichȱsind.ȱImȱZugeȱdesȱ„Gesetzesȱ zurȱUnternehmensintegritätȱundȱModernisierungȱdesȱAnfechtungsrechts“ȱ (UMAG)ȱ findetȱ diesesȱ Rechtȱ derȱ Aktionäreȱ eineȱ nachhaltigeȱ EinschränȬ kung.ȱ Imȱ §ȱ 131ȱ Abs.ȱ 2ȱ AktGȱ wirdȱ dieȱ Möglichkeitȱ eröffnet,ȱ dassȱ dieȱ SatȬ zungȱderȱGesellschaftȱoderȱaberȱdieȱGeschäftsordnungȱgemäßȱ§ȱ129ȱAktGȱ denȱ Versammlungsleiterȱ derȱ Hauptversammlungȱ ermächtigenȱ kann,ȱ dasȱ FrageȬȱundȱRederechtȱderȱAktionäreȱangemessenȱzuȱbeschränken.ȱ1ȱ Dabeiȱistȱjedochȱzuȱbeachten,ȱdassȱnachȱ§ȱ131ȱAbs.ȱ3ȱAktGȱderȱVorstandȱ inȱ bestimmtenȱ Fällenȱ auchȱ dieȱ Auskunftȱ verweigernȱ darf.ȱ Diesȱ giltȱ insb.ȱ dann,ȱwennȱausȱderȱAuskunftȱeinȱnichtȱunerheblicherȱNachteilȱfürȱdieȱGeȬ sellschaftȱ resultiert.ȱ Wirdȱ eineȱ solcheȱ Auskunftsverweigerungȱ protokolȬ liert,ȱsoȱbleibtȱdemȱAktionärȱnurȱdieȱMöglichkeit,ȱdieȱAuskunftȱüberȱeineȱ gerichtlicheȱEntscheidungȱ(§ȱ132ȱAktG)ȱzuȱerzwingen.ȱȱ EbenfallsȱimȱZugeȱdesȱUMAGȱerfuhrȱdasȱAuskunftsverweigerungsrechtȱ desȱVorstandesȱeineȱzusätzlicheȱErweiterung.ȱDerȱ§ȱ131ȱAbs.ȱ3ȱNr.ȱ7ȱAktGȱ siehtȱvor,ȱdassȱdieȱAuskunftȱdannȱverweigertȱwerdenȱkann,ȱwennȱdieȱbeȬ treffendeȱ Informationȱ überȱ mindestensȱ siebenȱ Tageȱ vorȱ derȱ HauptverȬ sammlungȱ überȱ dieȱ Internetseiteȱ derȱ Gesellschaftȱ zugänglichȱ gemachtȱ wurde.2ȱEinȱletztesȱallgemeinesȱRechtȱderȱAktionäreȱistȱdasȱAntragsrecht,ȱ ihreȱAktienȱjetztȱnichtȱmehrȱfürȱdieȱZeitȱzwischenȱderȱAnmeldungȱzurȱHauptȬ versammlungȱundȱdemȱTagȱderȱHauptversammlungȱgesperrtȱsind.ȱ 1ȱ MitȱdieserȱRegelungȱsollȱinsbesondereȱverhindertȱwerden,ȱdassȱdasȱFragerechtȱ inȱHauptversammlungenȱdazuȱmissbrauchtȱwird,ȱumȱVerfahrensfehlerȱzuȱproȬ vozieren,ȱdieȱesȱdannȱermöglichen,ȱbestimmteȱBeschlüsseȱanzufechten.ȱ 2ȱ MitȱdieserȱNeuregelungȱsollȱerreichtȱwerden,ȱdassȱsichȱdieȱHauptversammlungȱ vorȱ allemȱ derȱ nachhaltigenȱ Auseinandersetzungȱ mitȱ unternehmensstrategiȬ schenȱ Fragenȱ widmetȱ undȱ dasȱ zeitraubendeȱ Vorlesenȱ vonȱ Tabellenȱ u.ȱÄ.ȱ unȬ terbleibt,ȱwasȱinȱderȱRegelȱimmerȱzuȱLastenȱeinerȱintensivenȱStrategiediskussiȬ onȱgeht.ȱ

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Leitungs- und Kontrollkompetenz

d.ȱh.ȱdasȱRechtȱaufȱAufnahmeȱvonȱDiskussionsȬȱundȱEntscheidungspunkȬ tenȱ aufȱ dieȱ Tagesordnung.ȱ Dabeiȱ istȱ zuȱ berücksichtigen,ȱ dassȱ inȱ derȱ SatȬ zungȱderȱGesellschaftȱmöglicherweiseȱVorschriftenȱdahingehendȱbestehen,ȱ dassȱ eineȱ bestimmteȱ Zeitdauerȱ vorgeschriebenȱ ist,ȱ inȱ derȱ dieȱ Aktienȱ vorȱ Ladungȱ zurȱ Hauptversammlungȱ bereitsȱ gehaltenȱ werdenȱ müssen,ȱ damitȱ einȱsolchesȱAntragsrechtȱbesteht.ȱȱ

4.4.3.2

Stimmrechte der Aktionäre

Allgemeinȱ üblichȱ istȱ dasȱ gewichteteȱ Stimmrecht,ȱ d.ȱh.ȱ dieȱ Höheȱ derȱ Stimmrechteȱ ergibtȱ sichȱ ausȱ derȱ jeweiligenȱ Höheȱ derȱ Aktiennennbeträge.ȱ Imȱ Regelfallȱ werdenȱ Entscheidungenȱ mitȱ einfacherȱStimmenmehrheitȱ derȱ Anwesendenȱ getroffen.ȱ Vomȱ Gesetzgeberȱ bzw.ȱ vonȱ derȱ Satzungȱ vorgeȬ schriebenȱ könnenȱ qualifizierteȱ Mehrheitenȱ beiȱ bestimmtenȱ EntscheidunȬ genȱ sein.ȱ Ebensoȱ findetȱ sichȱ derȱ Fall,ȱ dassȱ dasȱ Stimmrechtȱ nachȱ obenȱ hinȱ beschränktȱ ist,ȱ d.ȱh.ȱ esȱ gibtȱ sog.ȱ Höchststimmrechte.ȱ Sieȱ sollenȱ davorȱ schützen,ȱdassȱdieȱGesellschaftȱüberfremdetȱwird.ȱSieȱstärkenȱletztlichȱdasȱ Unternehmenȱ alsȱ Institutionȱ undȱ schwächenȱ dieȱ Anteilseignerȱ alsȱ AktioȬ näre.ȱDasȱsicherlichȱbekanntesteȱUnternehmen,ȱwelchesȱsichȱdieserȱverfasȬ sungsrechtlichenȱ Konstruktionȱ bedient,ȱ istȱ dieȱ Volkswagenȱ AG.ȱ Fernerȱ existiertȱ inȱ einerȱ Hauptversammlungȱ auchȱ dasȱ AuftragsȬȱ oderȱ DepotȬ stimmrecht.ȱHierbeiȱwirdȱdasȱStimmrechtȱderȱAktionäreȱdurchȱdieȱKreditȬ instituteȱ aufgrundȱ einerȱ Vollmachtȱ oderȱ einerȱ Weisungȱ desȱ Aktionärsȱ wahrgenommen.ȱ Schließlichȱ istȱ auchȱ derȱ Stimmrechtsausschlussȱ vorgeseȬ hen.ȱDieserȱbestehtȱinsb.ȱbeiȱVorzugsaktien.ȱȱ

4.4.3.3

Minderheitenrechte

Zumȱ Schutzȱ vonȱ Kleinaktionärenȱ gegenüberȱ Großaktionärenȱ hatȱ derȱ GesetzgeberȱbeiȱbestimmtenȱkritischenȱEntscheidungenȱMinderheitenrechȬ teȱ vorgesehen.ȱ Soȱ reichenȱ bereitsȱ 10ȱ Prozentȱ desȱ Aktienkapitalsȱ aus,ȱ umȱ eineȱ Abstimmungȱ überȱ dieȱ individuelleȱ Entlastungȱ einzelnerȱ Mitgliederȱ vonȱVorstandȱundȱAufsichtsratȱzuȱerreichenȱ(§ȱ120ȱAbs.ȱ1ȱAktG).ȱDarüberȱ hinausȱ istȱ auchȱ dasȱ Quorumȱ fürȱ eineȱ außerordentlicheȱ HauptversammȬ lungȱsehrȱgering.ȱBereitsȱ5ȱProzentȱdesȱKapitalsȱbzw.ȱderȱanteiligeȱBetragȱ vonȱ 500.000ȱEuroȱ reichenȱ fürȱ denȱ Antragȱ aufȱ Einberufungȱ einerȱ außerorȬ

4.4 Kontrollkompetenz der Hauptversammlung

199

dentlichenȱ Hauptversammlungȱ ausȱ (§ȱ122ȱ Abs.ȱ2ȱ AktG).ȱ Diesȱ giltȱ insb.ȱ wennȱGefahrȱfürȱdieȱGesellschaftȱbesteht.ȱ Imȱ§ȱ142ȱAktGȱwirdȱMinderheitenȱfernerȱdasȱRechtȱaufȱBestellungȱeinesȱ Sonderprüfersȱ zugestanden.ȱ Nachȱ §ȱ 142ȱ Abs.ȱ2ȱ AktGȱ reichenȱ bereitsȱ einȱ Prozentȱ desȱ Grundkapitalsȱ bzw.ȱ einȱ anteiligerȱ Betragȱ vonȱ 100.000ȱ Euroȱ aus,ȱumȱeineȱSonderprüfungȱzuȱbeantragen.ȱ1ȱDabeiȱistȱesȱallerdingsȱerforȬ derlich,ȱ dassȱ Tatsachenȱ vorliegen,ȱ „dieȱ denȱ Verdachtȱ rechtfertigen,ȱ dassȱ beiȱ demȱ Vorgangȱ Unredlichkeitenȱ oderȱ grobeȱ Verletzungenȱ desȱ Gesetzesȱ oderȱ derȱ Satzungȱ vorgekommenȱ sind“ȱ (§ȱ142ȱ Abs.ȱ2ȱ Satzȱ 1ȱ AktG).ȱ Eineȱ SonderprüfungȱsollȱimȱRegelfallȱimmerȱhelfen,ȱSachverhalteȱaufzudecken,ȱ dieȱbeiȱeinerȱspäterenȱHaftungsklageȱVerwendungȱfindenȱkönnen.ȱ Imȱ Zugeȱ desȱ UMAGȱ istȱ einȱ weiteresȱ Minderheitenrechtȱ hinzugekomȬ men:ȱdasȱKlagezulassungsverfahren,ȱwelchesȱinȱdenȱ§§ȱ148ȱundȱ149ȱAktGȱ geregeltȱist.ȱAuchȱhierfürȱistȱwiederȱdasȱQuorumȱeinȱProzentȱbzw.ȱ100.000ȱ Euroȱnotwendig.ȱIstȱdiesesȱQuorumȱerreicht,ȱkönnenȱAktionäreȱimȱeigenenȱ Namenȱ Ersatzansprücheȱ nachȱ §ȱ147ȱ Abs.ȱ1ȱ Satzȱ1ȱ AktGȱ gegenȱ dieȱ GesellȬ schaftȱstellen.ȱUmȱmissbräuchlicheȱKlagenȱauszuschließen,ȱentscheidetȱjeȬ dochȱ dasȱ zuständigeȱ Landgerichtȱ überȱ dieȱ Zulässigkeitȱ derȱ Klageȱ (§ȱ148ȱ Abs.ȱ2ȱAktG).ȱDochȱauchȱdieseȱVorschriftenȱdesȱUMAGȱbedürfenȱinȱeinemȱ Punktȱ offensichtlichȱ nochȱ einerȱ Präzisierung.ȱ Imȱ Novemberȱ 2008ȱ verabȬ schiedeteȱdieȱBundesregierungȱdenȱGesetzentwurfȱzurȱUmsetzungȱderȱAkȬ tionärsrechterichtlinieȱ(ARUG).ȱHierinȱwirdȱu.ȱa.ȱdasȱsog.ȱFreigabeverfahȬ ren,ȱwieȱesȱimȱZugeȱdesȱUMAGȱeingeführtȱwurde,ȱpräzisiertȱundȱergänzt.ȱ Soȱ wirdȱ denȱ Gerichtenȱ fürȱ dieȱ Interessenabwägungȱ eineȱ klareȱ EntscheiȬ dungslinieȱanȱdieȱHandȱgegeben,ȱumȱeinenȱMissbrauchȱderȱAktionärsklaȬ genȱzuȱverhindern.ȱFernerȱwerdenȱRegelungenȱaufgenommen,ȱdieȱsicherȬ stellen,ȱdassȱentsprechendeȱVerfahrenȱschnellȱbeendetȱwerden.ȱ SchützenswertȱsindȱMinderheitenȱfernerȱimȱHinblickȱaufȱeineȱzuȱgerinȬ geȱ Beteiligungȱ anȱ derȱ Gewinnausschüttungȱ sowieȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ eineȱ überproportionaleȱ Haftungȱ imȱ Insolvenzfall.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ hatȱ beideȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ DiesesȱQuorumȱwurdeȱdurchȱdasȱUMAGȱdrastischȱgesenkt.ȱVorherȱwarenȱfürȱ eineȱ Sonderprüfungȱ nochȱ 10ȱProzentȱ desȱ Grundkapitalsȱ bzw.ȱ 1.000.000ȱ Euroȱ notwendig.ȱ

200

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Problemfelderȱ geregelt:ȱ Überȱ dieȱ Gewinnverwendungȱ beschließtȱ dieȱ Mehrheitȱ derȱ Aktionäreȱ inȱ derȱ Hauptversammlung.ȱ Dieserȱ Beschlussȱ istȱ fürȱalleȱAktionäreȱbindend.ȱNachȱ§ȱ174ȱAbs.ȱ1ȱHGBȱistȱdieȱHauptversammȬ lungȱ dabeiȱ anȱ denȱ festgestelltenȱ Jahresabschlussȱ gebunden.ȱ Esȱ istȱ alsoȱ nichtȱ möglich,ȱ Minderheitenȱ vonȱ einerȱ Gewinnausschüttungȱ auszuschlieȬ ßen.ȱ Jederȱ Aktionärȱ istȱ anȱ demȱ ausgeschüttetenȱ Betragȱ entsprechendȱ derȱ HöheȱseinesȱAnteilsȱamȱAktienkapitalȱbeteiligt.ȱDieȱHaftungȱderȱAktiengeȬ sellschaftȱistȱbeschränktȱaufȱdasȱGesellschaftsvermögen,ȱwelchesȱjederȱAkȬ tionärȱ bereitsȱ anteiligȱ eingezahltȱ hatȱ (§ȱ1ȱ Abs.ȱ1ȱ AktG).ȱ Auchȱ hierȱ istȱalsoȱ eineȱDiskriminierungȱbestimmterȱAktionärsgruppenȱnichtȱmöglich.ȱȱ JeȱstärkerȱdieȱMachtungleichgewichteȱsind,ȱdestoȱwahrscheinlicherȱistȱdasȱ Aufbrechenȱ vonȱ entsprechendenȱ Konflikten,ȱ wieȱ dasȱ Beispielȱ Aventisȱ zeigt:ȱ „Der gerade fusionierte Pharmariese Sanofi-Aventis will als Mehrheitseigner bei Hoechst die verbliebenen Aktionäre unter Börsenwert abfinden. Nur noch zwei Prozent der Aktien sind im Streubesitz. Aventis wolle beim geplanten Squeeze-out lediglich ‚rund 50 Euro’ pro Aktie zahlen, berichtet die Tageszeitung ‚Die Welt’ vorab aus ihrer Montagausgabe. Sie beruft sich auf interne Unterlagen. Sanofi-Aventis hatte vor einer Woche die Zwangsabfindung der restlichen Hoechst-Aktionäre – das so genannte squeeze out – beschlossen, aber noch keine Beträge genannt. Am Freitag wurde das Papier an der Börse mit 53,10 Euro gehandelt, nachdem am Wochenanfang mit 55,10 Euro ein neues 52-Wochen-Hoch erreicht worden war.“ Quelle: o. V.: Aventis will Hoechst-Aktionäre unter Börsenwert abfinden, in: Financial Times Deutschland, 29.08.2004. (http://www.ftd.de/ub/in/1093671005940.html - letzter Zugriff am 08.09.2004)

4.4.4

Probleme bei der Wahrnehmung der Kontrollkompetenz

Fragtȱmanȱsich,ȱwieȱdieȱStellungȱderȱHauptversammlungȱalsȱForumȱzurȱ Austragungȱ vonȱ Interessenkonfliktenȱ imȱ Rahmenȱ derȱ UnternehmensverȬ fassungȱzuȱwertenȱist,ȱsoȱgiltȱesȱfolgendeȱPunkteȱzuȱerwähnen:ȱ

4.4 Kontrollkompetenz der Hauptversammlung

201

x Dieȱ Hauptversammlungȱ besitztȱ nurȱ einenȱ indirektenȱ Einflussȱ aufȱ denȱ Vorstandȱ undȱ äußertȱ sichȱ imȱ Regelfallȱ nichtȱ zuȱ unternehmenspoliȬ tischenȱ Fragen.ȱ Ausnahmenȱ sindȱ hierȱ sicherlichȱ besondereȱ Ereignisseȱ wieȱz.ȱB.ȱeineȱbeabsichtigteȱUnternehmensfusion.ȱȱ x Zuȱ beachtenȱ istȱ jedochȱ dieȱ substitutiveȱ Kompetenzȱ derȱ HauptȬ versammlungȱ alsȱ letzteȱ Instanz,ȱ fallsȱ sichȱ Aufsichtsratȱ undȱ Vorstandȱ nichtȱ einigenȱ können,ȱz.ȱB.ȱ überȱ dieȱ Höheȱ derȱ Ausschüttungȱ bzw.ȱ GeȬ winnverwendung.ȱDaȱesȱhierȱumȱeineȱfürȱdasȱUnternehmenȱessenzielleȱ Entscheidungȱ geht,ȱ hatȱ derȱ Gesetzgeberȱ einenȱ EntscheidungsmechaȬ nismusȱfestgelegt,ȱderȱeinenȱEntschlussȱaufȱjedenȱFallȱgarantiert.ȱ x DieȱzentraleȱFunktionȱderȱHauptversammlungȱistȱdieȱHerstellungȱvonȱ Öffentlichkeit.ȱÖffentlichkeitȱimȱHinblickȱaufȱpositiveȱwieȱauchȱnegatiȬ veȱ Aspekteȱ desȱ Unternehmensgeschehens.ȱ Dabeiȱ mussȱ wohlȱ inȱ Kaufȱ genommenȱwerden,ȱdassȱausuferndeȱLobpreisungenȱaufȱVorstandȱundȱ Aufsichtsratȱ ebensoȱ anȱ derȱ Tagesordnungȱ sindȱ wieȱ dieȱ ausuferndenȱ KlagenȱvonȱenttäuschtenȱMinderheiten.ȱ LeiderȱkannȱmanȱsichȱoftmalsȱdesȱEindrucksȱnichtȱerwähren,ȱdassȱinȱderȱ Hauptversammlungȱ vorgefertigteȱ Entscheidungenȱ nurȱ nochȱ „abgenickt“ȱ werden.ȱ Diesȱ trifftȱ insb.ȱ immerȱ dannȱ zu,ȱ wennȱ Aktiengesellschaftenȱ vonȱ wenigenȱ Großaktionärenȱ dominiertȱ werdenȱ undȱ bereitsȱ imȱ Vorfeldȱ alleȱ wichtigenȱEntscheidungenȱabgeklärtȱwurden.ȱȱ Ausȱ denȱ zentralenȱ Aufgabenȱ derȱ Hauptversammlung,ȱ d.ȱh.ȱ derȱ Wahlȱ undȱAbberufungȱderȱVertreterȱdesȱKapitalsȱimȱAufsichtsratȱsowieȱderȱEntȬ lastungȱ desȱ Vorstandesȱ undȱ derȱ Aufsichtsratsmitglieder,ȱ erwächstȱ derȱ Hauptversammlungȱ imȱ Prinzipȱ einȱ schlagkräftigesȱ Sanktionsrecht,ȱ welȬ chesȱsicherstellenȱsoll,ȱdassȱdieȱKontrollfunktionȱeffizientȱwahrgenommenȱ wird.ȱ Nichtȱ ohneȱ Grundȱ wirdȱ dieȱ Hauptversammlungȱ vielfachȱ auchȱ alsȱ dasȱ obersteȱ Organȱ imȱ dualistischenȱ Leitungsmodellȱ angesehen.ȱ Inȱ derȱ praktischenȱUmsetzungȱderȱverfassungsmäßigenȱRegelungenȱfallenȱjedochȱ derȱIdealtypȱundȱderȱRealtypȱoftmalsȱweitȱauseinander.ȱȱ

202

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Esȱ wirdȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ immerȱ wiederȱ dieȱ „Inkompetenz“ȱ desȱAktionärsȱgegeißelt.1ȱDiesȱgiltȱinsbesondereȱfürȱdenȱFall,ȱdassȱdasȱAkȬ tienkapitalȱdurchȱeinenȱhohenȱAnteilȱStreubesitzȱgekennzeichnetȱist.ȱEineȱ wirksameȱKontrolleȱwirdȱmeistȱnurȱvonȱsoȱgenanntenȱinstitutionellenȱAnȬ legernȱ wahrgenommen,ȱ dieȱ imȱ Regelfallȱ überȱ andereȱ EinflussmöglichkeiȬ tenȱ verfügenȱ alsȱ esȱ dieȱ Plattformȱ derȱ Hauptversammlungȱ bietet.ȱ Hinzuȱ kommt,ȱdassȱdieȱInteressenlageȱzwischenȱdiesenȱAktionärsgruppenȱhöchstȱ unterschiedlichȱist,ȱwasȱletztlichȱauchȱKonsequenzenȱfürȱdieȱArtȱundȱWeiȬ seȱderȱAusübungȱderȱKontrollfunktionȱbesitzt.ȱ DieȱWahrnehmungȱderȱKontrollfunktionȱdurchȱdieȱEigentümerȱwirdȱnochȱ dadurchȱ erschwert,ȱ dassȱ esȱ äußerstȱ schwierigȱ ist,ȱ denȱ Vorstandȱ fürȱ seinȱ HandelnȱzurȱVerantwortungȱzuȱziehen.ȱDasȱfolgendeȱBeispielȱmagȱeinȱBeȬ legȱdafürȱsein:ȱ „In der Praxis ist es allerdings ausgesprochen schwierig, bei den Organen einer Gesellschaft Regress zu nehmen. Das musste zuletzt die Berlin Hyp, eine Tochter der Bankgesellschaft Berlin, erfahren. Sie scheiterte beim Landgericht Berlin mit dem Versuch, sich bei ihren früheren Vorständen wegen einer ‚fahrlässigen’ Kreditvergabe verlorenes Geld zurückzuholen. Der Grund: Sowohl der Vorstand (nach Paragraf 93 Aktiengesetz) als auch der Geschäftsführer (nach Paragraf 43 GmbH-Gesetz) müssen ‚nur’ mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters operieren.“ Quelle: Rölz, P.: Plumper Versuch, in: www.manager-magazin.de/magazin/artikel/0,2828,296350,00.html – letzter Zugriff am 08.09.2004

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱGerum/Steinmann/Feesȱ(1988),ȱS.ȱ25ȱoderȱTheisenȱ(1987),ȱS.ȱ67ȱff.ȱ

4.5 Kontrollkompetenz des Abschlussprüfers

203

4.5 Kontrollkompetenz des Abschlussprüfers

4.5.1

Aufgaben der Abschlussprüfung

DerȱAbschlussprüferȱbesitztȱeinenȱPrüfungsauftragȱ(§§ȱ316ȱff.ȱHGB)ȱfürȱ denȱ Jahresabschlussȱ undȱ denȱ Konzernabschluss.ȱ Derȱ JahresȬȱ bzw.ȱ KonȬ zernabschlussȱ wirdȱ vomȱ Vorstandȱ aufgestelltȱ (§ȱ264ȱ Abs.ȱ 1ȱ HGB).ȱ Derȱ Aufsichtsratȱ hatȱ dieȱ Aufgabe,ȱ dieȱ Geschäftsführungȱ desȱ Vorstandesȱ zuȱ überwachenȱ(§ȱ111ȱAbs.ȱ1ȱAktG).ȱDerȱgeprüfteȱAbschlussȱstelltȱdabeiȱeineȱ zentraleȱInformationsquelleȱfürȱdieȱWahrnehmungȱderȱKontrollkompetenzȱ dar.ȱ Daȱ derȱ Aufsichtsratȱ zurȱ Vorbereitungȱ derȱ Prüfungȱ desȱ JahresȬȱ bzw.ȱ Konzernabschlussesȱ durchȱ denȱ Abschlussprüferȱ einenȱ entsprechendenȱ Ausschussȱ einrichtet,ȱ istȱ esȱ nurȱ konsequent,ȱ dassȱ derȱ Aufsichtsratȱ auchȱ denȱPrüfungsauftragȱanȱdenȱAbschlussprüferȱerteiltȱ(§ȱ111ȱAbs.ȱ2ȱAktG).1ȱ BestelltȱwirdȱderȱAbschlussprüferȱallerdingsȱvonȱderȱHauptversammlungȱ (§ȱ119ȱAbs.ȱ1ȱSatzȱ4ȱAktG).2ȱInteressantȱistȱinȱdiesemȱZusammenhang,ȱdassȱ dieȱ Hauptversammlungȱ zwarȱ denȱ Abschlussprüferȱ bestellt,ȱ esȱ aberȱ nichtȱ zuȱ einerȱ Entlastungȱ desȱ Abschlussprüfersȱ kommt.ȱ Dasȱ heißtȱ dieȱ Qualitätȱ derȱ Arbeitȱ desȱ Abschlussprüfersȱ wirdȱ quasiȱ nichtȱ „zertifiziert“.ȱ Diesȱ istȱ umsoȱverwunderlicherȱalsȱdieȱHauptversammlungȱsowohlȱdenȱAufsichtsȬ ratȱalsȱauchȱdenȱVorstandȱentlastet.ȱDerȱAbschlussprüferȱhängtȱinsofernȱinȱ derȱLuft.ȱȱ Indirektȱ kommtȱ eineȱ Qualitätssicherungȱ dadurchȱ zustande,ȱ dassȱ derȱ Abschlussprüferȱ jährlichȱ neuȱ bestelltȱ wird.ȱ Esȱ istȱ insofernȱ denkbar,ȱ dassȱ fürȱ denȱ Fall,ȱ dassȱ dieȱ Hauptversammlungȱ oderȱ derȱ Aufsichtsratȱ mitȱ derȱ Prüfungsleistungȱ unzufriedenȱ sind,ȱ esȱ zuȱ einemȱ Wechselȱ desȱ AbschlussȬ prüfersȱkommt.ȱAllerdingsȱlässtȱderȱGesetzgeberȱdieȱWiederbestellungȱdesȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱTheisenȱ(1994),ȱS.ȱ809ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ zurȱ Bestellungȱ desȱ Abschlussprüfersȱ inȱ anderenȱ europäischenȱ Ländernȱ Kaasȱ(1996),ȱS.ȱ453ȱff.ȱ

204

Leitungs- und Kontrollkompetenz

AbschlussprüfersȱohneȱWeiteresȱzu.ȱDieȱWiederbestellungȱdesȱAbschlussȬ prüfersȱ istȱ beiȱ Aktiengesellschaftenȱ sogarȱ dieȱ Regel.ȱ Nachȱ siebenȱ Jahrenȱ ununterbrochenerȱ Prüfungstätigkeitȱ schreibtȱ jedochȱ derȱ Gesetzgeberȱ denȱ Wechsel1ȱderȱWirtschaftsprüfungsgesellschaftȱ(§ȱ319ȱAbs.ȱ3ȱHGB)ȱbzw.ȱdesȱ Abschlussprüfersȱ(§ȱ319ȱaȱAbs.ȱ1ȱHGB)ȱvor.2ȱȱȱ Folgendeȱ Funktionenȱ werdenȱ derȱ Abschlussprüfungȱ imȱ Regelfallȱ zuȬ gewiesen:ȱ x Prüfungsfunktion:ȱ Derȱ Gegenstandȱ undȱ derȱ Umfangȱ derȱ Prüfungȱ istȱ imȱ§ȱ317ȱHGBȱgeregelt.ȱGeprüftȱwerdenȱderȱJahresabschluss,ȱderȱLageȬ bericht,ȱ derȱ Konzernabschluss,ȱ derȱ Konzernlageberichtȱ undȱ derȱ AbȬ hängigkeitsbericht.ȱ Geprüftȱ wirdȱ aufȱ formaleȱ Richtigkeitȱ derȱ AufstelȬ lung,ȱd.ȱh.ȱesȱwirdȱgeprüft,ȱobȱdieȱGesetzȬȱundȱOrdnungsmäßigkeitȱderȱ Rechnungslegungȱsichergestelltȱist.ȱ3ȱNachȱ§ȱ317ȱAbs.ȱ4ȱHGBȱistȱbeiȱbörȬ sennotiertenȱAktiengesellschaftenȱ–ȱzuȱfragenȱistȱwarumȱnurȱdortȱ–ȱauȬ ßerdemȱzuȱbeurteilen,ȱobȱderȱVorstandȱeinȱÜberwachungssystem,ȱwieȱ esȱ§ȱ91ȱAbs.ȱ2ȱAktGȱ–ȱfürȱalleȱAktiengesellschaftenȱ–ȱvorsieht,ȱeingerichȬ tetȱ hat,ȱ welchesȱ inȱ derȱ Lageȱ ist,ȱ gefährlicheȱ Entwicklungenȱ fürȱ denȱ FortbestandȱdesȱUnternehmensȱfrühzeitigȱzuȱerkennen.ȱ x Informationsfunktionȱ überȱ dasȱ Prüfungsergebnis:ȱ Dieȱ InformationsȬ funktionȱ kommtȱ darinȱ zumȱ Ausdruck,ȱ dassȱ derȱ Abschlussprüferȱ überȱ dasȱErgebnisȱseinerȱPrüfungstätigkeitȱinȱeinemȱschriftlichenȱPrüfungsȬ berichtȱAuskunftȱgebenȱmuss.ȱÜberȱdieȱArtȱderȱInformationen,ȱdieȱGeȬ genstandȱdesȱPrüfungsberichtesȱsind,ȱwurdenȱvomȱGesetzgeberȱdetailȬ lierteȱVorschriftenȱerlassen.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ auchȱ Martenȱ (1995),ȱ S.ȱ 703ȱ ff.;ȱ Summerȱ (1998),ȱ S.ȱ 327ȱ ff.;ȱ Niehusȱ (2003),ȱ S.ȱ 1637ȱ ff.ȱ undȱ Quickȱ (2004),ȱ S.ȱ 488ȱ ff.ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ bereitsȱ Luikȱ (1976),ȱ S.ȱ237ȱff.ȱ 2ȱ DieȱVorschriftȱdesȱ§ȱ319ȱaȱHGBȱtratȱzumȱ1.ȱJanuarȱ2005ȱinȱKraft.ȱSieȱistȱGegenȬ standȱdesȱBilanzrechtsreformgesetzes.ȱ 3ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱEwertȱ(1990).ȱ

4.5 Kontrollkompetenz des Abschlussprüfers

205

WennȱderȱAufsichtsratȱdenȱPrüfungsauftragȱerteilt,ȱistȱerȱauchȱderȱAdȬ ressatȱ desȱ Prüfungsberichtes.ȱ Allerdingsȱ istȱ demȱ Vorstandȱ vorȱ ZuleiȬ tungȱdesȱPrüfungsberichtesȱanȱdenȱAufsichtsratȱGelegenheitȱzuȱgeben,ȱ zuȱdiesemȱStellungȱzuȱnehmenȱ(§ȱ321ȱAbs.ȱ5ȱHGB).ȱȱ Zurȱ besserenȱ Illustrationȱ derȱ vomȱ Gesetzgeberȱ vorgeschriebenenȱ InhaltsȬ bestandteileȱ desȱ Prüfungsberichtesȱ wirdȱ imȱ Folgendenȱ derȱ §ȱ321ȱ Abs.ȱ 2ȱ HGBȱinȱseinemȱWortlautȱzitiert:ȱ „Im Hauptteil des Prüfungsberichts ist festzustellen, ob die Buchführung und die weiteren geprüften Unterlagen, der Jahresabschluss, der Lagebericht, der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht den gesetzlichen Vorschriften und den ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung entsprechen. In diesem Rahmen ist auch über Beanstandungen zu berichten, die nicht zur Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerks geführt haben, soweit dies für die Überwachung der Geschäftsführung und des geprüften Unternehmens von Bedeutung ist. Es ist auch darauf einzugehen, ob der Abschluss insgesamt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanzund Ertragslage der Kapitalgesellschaft oder des Konzerns vermittelt. Dazu ist auch auf wesentliche Bewertungsgrundlagen sowie darauf einzugehen, welchen Einfluss Änderungen in den Bewertungsgrundlagen einschließlich der Ausübung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten und der Ausnutzung von Ermessensspielräumen sowie sachverhaltsgestaltende Maßnahmen insgesamt auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage haben. Hierzu sind die Posten des Jahres- und des Konzernabschlusses aufzugliedern und ausreichend zu erläutern, soweit diese Angaben nicht im Anhang enthalten sind. Es ist darzustellen, ob die gesetzlichen Vertreter die verlangten Aufklärungen und Nachweise erbracht haben.“ Quelle: Handelsgesetzbuch in der Fassung vom 12. August 2008.

x Beglaubigungsfunktion:ȱ Nachȱ §ȱ 322ȱ Abs.ȱ 1ȱ HGBȱ hatȱ derȱ AbschlussȬ prüferȱ dasȱ Ergebnisȱ derȱ Prüfungȱ mitȱ einemȱ Bestätigungsvermerkȱ zuȱ versehen.ȱ Derȱ Bestätigungsvermerkȱ lässtȱ sichȱ alsȱ zusammenfassendesȱ Ergebnisȱ derȱ Prüfungȱ interpretieren.ȱ Einȱ solcherȱ Bestätigungsvermerkȱ besagtȱ lediglich,ȱ dassȱ keineȱ Einwändeȱ gegenȱ dieȱ verfasstenȱ RechenȬ werkeȱ bestehen.ȱ Derȱ Bestätigungsvermerkȱ istȱ nichtȱ mitȱ einemȱ QualiȬ

206

Leitungs- und Kontrollkompetenz

tätssiegelȱimȱHinblickȱaufȱdieȱGeschäftsführungȱzuȱverwechseln.ȱDarüȬ berȱ wirdȱ vomȱ Abschlussprüferȱ keineȱ Aussageȱ gemacht.ȱ Derȱ BeȬ stätigungsvermerkȱdientȱinȱersterȱLinieȱderȱÖffentlichkeit,ȱumȱdeutlichȱ zuȱ machen,ȱ dassȱ keineȱ Einwändeȱ gegenȱ dieȱ Artȱ undȱ Weise,ȱ wieȱ derȱ JahresȬȱ bzw.ȱ derȱ Konzernabschlussȱ sowieȱ dieȱ entsprechendenȱ LagebeȬ richteȱaufgestelltȱwurden,ȱbestehen.ȱȱ EineȱzentraleȱAufgabeȱbeiȱderȱAbschlussprüfungȱstelltȱnichtȱerstȱseitȱderȱ Neufassungȱ desȱ §ȱ321ȱ HGBȱ dieȱ Anfertigungȱ desȱ Prüfungsberichtesȱ dar.ȱ Derȱ Prüfungsberichtȱ dientȱ primärȱ derȱ Informationȱ desȱ Aufsichtsrates.ȱ Imȱ Prüfungsberichtȱ sindȱ dieȱ zuȱ berichtendenȱ Sachverhalteȱ klarȱ vorgegeben.ȱ Dieȱ Prüfungspflichtenȱ desȱ Abschlussprüfersȱ sindȱ damitȱ umrissen.ȱ Derȱ Prüfungsberichtȱ stehtȱ somitȱ imȱ Diensteȱ derȱ Wahrnehmungȱ derȱ KontrollȬ kompetenzȱ durchȱ denȱ Aufsichtsrat,ȱ indemȱ erȱ geeigneteȱ KontrollinformaȬ tionenȱbereitstellt.ȱAnscheinendȱistȱsichȱderȱGesetzgeberȱdarüberȱbewusst,ȱ dassȱohneȱgenaueȱVorgabenȱdieȱQualitätȱdesȱPrüfungsberichtesȱeherȱdürfȬ tigȱ ausfallenȱ wird.ȱ Nichtȱ andersȱ istȱ esȱ zuȱ erklären,ȱ dassȱ derȱ Gesetzgeberȱ sehrȱ kleinlichȱ diejenigenȱ Aspekteȱ auflistet,ȱ überȱ dieȱ derȱ Prüfungsberichtȱ Auskunftȱ gebenȱ soll.ȱ Nebenȱ demȱ Hauptteilȱ desȱ Prüfungsberichtesȱ (§ȱ321ȱ Abs.ȱ2ȱHGB),ȱderȱsichȱimȱWesentlichenȱaufȱdieȱPrüfungȱderȱRechnungsleȬ gungȱ erstreckt,ȱ werdenȱ darüberȱ hinausȱ vomȱ Gesetzgeberȱ dieȱ folgendenȱ Aspekteȱgenannt,ȱüberȱdieȱzuȱberichtenȱist:ȱ x Abgabeȱ einerȱ Stellungnahmeȱ zurȱ imȱ Lageberichtȱ vomȱ Vorstandȱ skizȬ ziertenȱBeurteilungȱderȱwirtschaftlichenȱLageȱdesȱUnternehmens.ȱDabeiȱ istȱ aufȱ dieȱ Beurteilungȱ desȱ Fortbestandesȱ desȱ Unternehmensȱ undȱ desȬ senȱzukünftigeȱEntwicklungȱeinzugehen.ȱDiesȱallerdingsȱnurȱinsoweit,ȱ alsȱ dieȱ geprüftenȱ Unterlagenȱ eineȱ entsprechendeȱ Beurteilungȱ ermögliȬ chen.ȱ x BerichtȱüberȱVerstößeȱoderȱUnrichtigkeitenȱimȱHinblickȱaufȱgesetzlicheȱ VorschriftenȱsowieȱüberȱTatsachen,ȱdieȱdenȱBestandȱoderȱdieȱEntwickȬ lungȱ desȱ Unternehmensȱ wesentlichȱ beeinträchtigenȱ können.ȱ Fernerȱ istȱ überȱerkannteȱVerstößeȱeinzelnerȱPersonenȱimȱUnternehmenȱgegenȱGeȬ setz,ȱGesellschaftsvertragȱoderȱSatzungȱzuȱberichten.ȱ

4.5 Kontrollkompetenz des Abschlussprüfers

207

x AbgabeȱeinerȱStellungnahme,ȱwieȱeinȱvomȱVorstandȱnachȱ§ȱ317ȱAbs.ȱ4ȱ HGBȱzuȱinstitutionalisierendesȱinternesȱÜberwachungssystemȱzuȱbeurȬ teilenȱ ist.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ istȱ daraufȱ einzugehen,ȱ obȱ MaßȬ nahmenȱ notwendigȱ erscheinen,ȱ dieȱ daraufȱ abzielen,ȱ diesesȱ ÜberwaȬ chungssystemȱzuȱverbessern.ȱ Bevorȱ derȱ Prüfungsberichtȱ demȱ Aufsichtsratȱ vorgelegtȱ wird,ȱ istȱ demȱ VorstandȱGelegenheitȱzuȱgeben,ȱhierzuȱStellungȱzuȱnehmenȱ(§ȱ321ȱAbs.ȱ5ȱ Satzȱ2ȱHGB).ȱ Dieȱ Ausführungenȱ desȱ Gesetzgebersȱ zeigen,ȱ dassȱ manȱ gewilltȱ ist,ȱ dieȱ QualitätȱdesȱPrüfungsberichtesȱdeutlichȱzuȱstärken.ȱErȱsollȱeinesȱderȱzentȬ ralenȱInstrumenteȱzurȱSicherstellungȱderȱnachhaltigenȱWahrnehmungȱderȱ Kontrollkompetenzȱ desȱ Aufsichtsratesȱ sein.ȱ Mittlerweileȱ habenȱ sichȱ aufȬ bauendȱ aufȱ dieȱ gesetzlichenȱ Regelungenȱ Standardsȱ entwickelt,ȱ dieȱ dieȱ Qualitätȱ derȱ Prüfungȱ undȱ damitȱ auchȱ desȱ Prüfungsberichtesȱ stärkenȱ solȬ len.ȱ Esȱ sindȱ diesȱ inȱ ersterȱ Linieȱ dieȱ vomȱ Institutȱ derȱ Wirtschaftsprüferȱ (IDW)ȱfestgestelltenȱ„deutschenȱGrundsätzeȱordnungsmäßigerȱAbschlussȬ prüfung“ȱsowieȱdieȱ„InternationalȱStandardsȱonȱAuditing“.ȱ

4.5.2

Probleme bei der Wahrnehmung der Kontrollfunktion

Dieȱ Kritikȱ anȱ derȱ Praxisȱ derȱ Abschlussprüfung1ȱ wirdȱ meistȱ anȱ zweiȱ Punktenȱgeübt:ȱZumȱeinenȱanȱderȱQualitätȱdesȱBestätigungsvermerksȱdesȱ Abschlussprüfersȱ undȱ zumȱ anderenȱ anȱ derȱ Artȱ derȱ Geschäftsbeziehungȱ desȱAbschlussprüfersȱzumȱzuȱprüfendenȱUnternehmen.ȱȱ ImȱHinblickȱaufȱdenȱBestätigungsvermerkȱwirdȱimmerȱwiederȱmoniert,ȱ dassȱ hierȱ allenfallsȱ einȱ Gütesiegelȱ fürȱ dieȱ formelleȱ Korrektheitȱ derȱ RechȬ nungslegungȱ abgegebenȱ wird,ȱ nichtȱ jedochȱ fürȱ dieȱ Qualitätȱ desȱ ManageȬ mentsȱimȱabgelaufenenȱGeschäftsjahr.ȱInsbesondereȱwirdȱbemängelt,ȱdassȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱSchildbachȱ(1996),ȱS.ȱ1ȱff.;ȱOrthȱ(2000);ȱEwertȱ(2002),ȱSp.ȱ2386ȱ ff.ȱundȱStefaniȱ(2002).ȱ

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Leitungs- und Kontrollkompetenz

dasȱRederechtȱzurȱKrisenwarnungȱvonȱdenȱAbschlussprüfernȱkaumȱwahrȬ genommenȱwird.ȱNurȱseltenȱwirdȱderȱBestätigungsvermerkȱmitȱZusätzenȱ versehen.ȱ Nochȱ seltenerȱ findetȱ manȱ denȱ Fall,ȱ dassȱ derȱ BestätigungsverȬ merkȱeingeschränktȱoderȱsogarȱgänzlichȱversagtȱwird.ȱȱ DerȱGesetzgeberȱgibtȱimȱ§ȱ322ȱAbs.ȱ3ȱHGBȱdieȱwesentlichenȱEckpunkteȱzurȱ Formulierungȱ desȱ Testatsȱ vorȱ undȱ trägtȱ somitȱ nichtȱ unerheblichȱ zuȱ einerȱ FehlinterpretationȱdesȱBestätigungsvermerksȱbei,ȱinȱdemȱderȱuninformierȬ teȱLeserȱhierausȱleichtȱdenȱEindruckȱgewinnenȱkann,ȱdassȱgegenȱdieȱQualiȬ tätȱ derȱ Unternehmensführungȱ insgesamtȱ keineȱ Einwändeȱ bestehen.ȱ Zurȱ Verdeutlichungȱ seiȱ dieȱ entsprechendeȱ Gesetzespassageȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ wiedergegeben:ȱ „In einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk (Absatz 2 Satz 1 Nr. 1) hat der Abschlussprüfer zu erklären, dass die von ihm nach § 317 durchgeführte Prüfung zu keinen Einwendungen geführt hat und dass der von den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft aufgestellte Jahres- oder Konzernabschluss aufgrund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse des Abschlussprüfers nach seiner Beurteilung den gesetzlichen Vorschriften entspricht und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens oder des Konzerns vermittelt. Der Abschlussprüfer kann zusätzlich einen Hinweis auf Umstände aufnehmen, auf die er in besonderer Weise aufmerksam macht, ohne den Bestätigungsvermerk einzuschränken.“ Quelle: Handelsgesetzbuch in der Fassung vom 12. August 2008.

Imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ organisatorischeȱ Verflechtungȱ zwischenȱ demȱ AbȬ schlussprüferȱ undȱ demȱ zuȱ prüfendenȱ Unternehmenȱ wirdȱ immerȱ wiederȱ bemängelt,ȱ dassȱ vielfältigeȱ Interessenverbindungenȱ bestehen,ȱ dieȱ einerȱ sachgerechtenȱPrüfungȱbzw.ȱTestierungȱzuwiderȱlaufen.1ȱDasȱManagementȱ bzw.ȱderȱVorstandȱeinerȱAktiengesellschaftȱistȱdaranȱinteressiert,ȱdassȱderȱ BestätigungsvermerkȱohneȱZusätzeȱerfolgt.ȱDaȱanderenfallsȱnegativeȱKonȬ sequenzenȱ vonseitenȱ desȱ Aufsichtsratesȱ bzw.ȱ vonseitenȱ derȱ HauptverȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱStefaniȱ(2002).ȱVgl.ȱfernerȱQuickȱ(2002),ȱS.ȱ622ȱff.ȱ

4.5 Kontrollkompetenz des Abschlussprüfers

209

sammlungȱ zuȱ erwartenȱ wären.ȱ Aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ istȱ dasȱ WirtȬ schaftsprüfungsunternehmenȱ daranȱ interessiert,ȱ seinenȱ Mandantenȱ nichtȱ zuȱ verlieren.ȱEsȱ möchteȱzumindestȱinȱ demȱ Maße,ȱ wieȱ esȱ derȱ Gesetzgeberȱ erlaubt,ȱfürȱeinȱUnternehmen,ȱinsb.ȱwennȱdiesȱeinȱbedeutenderȱKundeȱist,ȱ tätigȱ werden.ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ dieserȱ Interessenkonstellationȱ istȱ esȱ imȱHinblickȱaufȱdieȱQualitätȱderȱAbschlussprüfungȱwichtig,ȱdassȱderȱAufȬ sichtsratȱ undȱ dieȱ Hauptversammlungȱ imȱ Verhältnisȱ zumȱ Vorstandȱ eineȱ starkeȱStellungȱeinnehmen.ȱSieȱsindȱes,ȱdieȱletztlichȱdarüberȱbefinden,ȱwelȬ cherȱAbschlussprüferȱdenȱAuftragȱzurȱAbschlussprüfungȱerhält.ȱSindȱhinȬ gegenȱ beideȱ Institutionenȱ vergleichsweiseȱ schwachȱ imȱ Machtgefügeȱ zumȱ Vorstand,ȱ soȱ bestehtȱ dieȱ Gefahr,ȱ dassȱ derȱ Vorstandȱ „seinen“ȱ WirtschaftsȬ prüferȱimȱAufsichtsratȱwieȱinȱderȱHauptversammlungȱ„durchdrückt“.ȱ DarüberȱhinausȱkannȱesȱsicherlichȱauchȱalsȱwenigȱdienlichȱimȱHinblickȱ aufȱ dieȱ Qualitätȱ derȱ Abschlussprüfungȱ bezeichnetȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ Hauptversammlungȱ einenȱ Abschlussprüferȱ zwarȱ bestellt,ȱ aberȱ ihnȱ nichtȱ entlastet,ȱwieȱdiesȱnochȱbeimȱAufsichtsratȱundȱbeimȱVorstandȱderȱFallȱist.ȱ WürdeȱeineȱEntlastungȱauchȱdesȱAbschlussprüfersȱgreifen,ȱsoȱwäreȱbeiȱeiȬ nerȱ Nichtentlastungȱ desȱ Abschlussprüfersȱ Öffentlichkeitȱ dahingehendȱ hergestellt,ȱdassȱhierȱdieȱQualitätȱderȱAbschlussprüfungȱgerügtȱwird.ȱȱ Betrachtetȱ manȱ dieȱ Honorare,ȱ dieȱ fürȱ dieȱ Abschlussprüfungȱ berechnetȱ werden,ȱsoȱdieseȱnichtȱunerheblich:ȱ „Siemens ist schließlich selbst für einen Giganten wie die KPMG, die 2007 in Deutschland 1,2 Milliarden Euro Umsatz machte, ein Kunde, den man ungern vergrätzt. 87 Millionen Euro zahlte der Mischkonzern den Prüfern allein im vergangenen Jahr an Honoraren.“ Quelle: Fischer, S./Seith, A.: Wirtschaftsprüfer im Siemens-Sumpf, in: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,560529,00.html – letzter Zugriff am 18.06.2008)

210

Leitungs- und Kontrollkompetenz

4.6 Kontrollkompetenz durch Informationsversorgung Dieȱ Leitungskompetenzȱ desȱ Vorstandesȱ wirdȱ nichtȱ nurȱ durchȱ KompeȬ tenzenȱ verfassungsbezogenerȱ Institutionenȱ kontrolliert,ȱ sondernȱ auchȱ durchȱnichtȱinstitutionalisierteȱKontrollkompetenzen.ȱEntsprechendeȱVorȬ schriftenȱrichtenȱsichȱinȱersterȱLinieȱaufȱdieȱBereitstellungȱeinesȱunternehȬ mensbezogenenȱ Informationsangebotes.ȱ Dieseȱ Informationenȱ sollenȱ esȱ Interessengruppenȱermöglichen,ȱinȱbestimmterȱ–ȱmehrȱoderȱwenigerȱstarkȱ institutionalisierterȱ–ȱ Formȱ „kontrollierend“ȱ tätigȱ zuȱ werden.ȱ Inwieweitȱ derartigeȱKontrollinformationenȱauchȱzuȱentsprechendenȱSanktionenȱfühȬ ren,ȱbleibtȱausȱSichtȱdesȱGesetzgebersȱjedochȱmeistensȱoffen.ȱHierȱsindȱdieȱ Interessengruppenȱgefordert,ȱdenenȱimȱZweifelsfallȱnurȱdasȱSanktionspoȬ tenzialȱ derȱ „Kündigungȱ derȱ Beziehung“ȱ zumȱ Unternehmenȱ bleibt.ȱ Denktȱ manȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ z.ȱB.ȱ anȱ dieȱ Gruppeȱ derȱ Kapitalgeber,ȱ soȱ kannȱeinȱRückzugȱhierȱdurchausȱalsȱeineȱsehrȱnachhaltigeȱSanktionsmaßȬ nahmeȱgewertetȱwerden.ȱ ZuȱdenȱgesetzlichȱkodifiziertenȱRegelungen,ȱdieȱihrenȱFokusȱaufȱdieȱInȬ formationsversorgungȱ richten,ȱ sindȱ insbesondereȱ dasȱ neuȱ geschaffeneȱ elektronischeȱ Aktionärsforumȱ undȱ dieȱ Vorschriftenȱ zurȱ UnternehmensȬ publizitätȱvonȱBedeutung,ȱdieȱexplizitȱregeln,ȱwelcheȱInformationen,ȱwannȱ undȱinȱwelcherȱFormȱdenȱInteressengruppenȱzurȱVerfügungȱgestelltȱwerȬ denȱsollen.ȱDarüberȱhinausȱsindȱjedochȱauchȱdieȱRegelungenȱdesȱBörsenȬ rechtsȱ zuȱ nennen,ȱ daȱ hierȱ inȱ Abhängigkeitȱ vomȱ jeweiligenȱ HandelssegȬ mentȱ bestimmteȱ vonȱ Unternehmenȱ zuȱ erfüllendeȱ Informationsstandardsȱ geregeltȱ sind.ȱ Aufȱ beideȱ Aspekteȱ –ȱdieȱ Publizitätsvorschriftenȱ undȱ dasȱ Börsenrechtȱ–ȱsollȱimȱFolgendenȱdetaillierterȱeingegangenȱwerden.ȱ

4.6.1

Regelungen zum elektronischen Aktionärsforum

Imȱ Zugeȱ derȱ Regelungenȱ desȱ „Gesetzesȱ zurȱ Unternehmensintegritätȱ undȱModernisierungȱdesȱAnfechtungsrechts“ȱ(UMAG)ȱwurdeȱ2005ȱimȱZuȬ

4.6 Kontrollkompetenz durch Informationsversorgung

211

sammenhangȱ mitȱ demȱ Inkrafttretenȱ derȱ Aktionärsforumsverordnungȱ (AktFoV)ȱ eineȱ neueȱ Informationsplattformȱ geschaffen,ȱ dasȱ elektronischeȱ Aktionärsforumȱ (www.ebundesanzeiger.de).ȱ Dieȱ rechtlichenȱ Regelungenȱ hierzuȱfindenȱsichȱimȱneuȱgeschaffenenȱ§ȱ127ȱaȱAktG.ȱ DasȱelektronischeȱAktionärsforumȱdientȱinȱersterȱLinieȱdazu,ȱdieȱInforȬ mationsversorgungȱ derȱ Kleinaktionäreȱ zuȱ stärken.ȱ Diesȱ sollȱ insbesondereȱ mitȱ Blickȱ aufȱ anstehendeȱ Hauptversammlungenȱ erfolgen.ȱ Imȱ elektroniȬ schenȱ Aktionärsforumȱ habenȱ Aktionäreȱ oderȱAktionärsvereinigungenȱ dieȱ Möglichkeit,ȱsichȱzuȱorganisieren,ȱumȱsoȱMehrheitenȱfürȱHauptversammȬ lungsanträge,ȱ dieȱ Einberufungȱ einerȱ außerordentlichenȱ HauptversammȬ lungȱoderȱaberȱeineȱHaftungsklageȱgegenȱMitgliederȱdesȱVorstandesȱoderȱ desȱAufsichtsratesȱzuȱfinden.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ erwartetȱ sichȱ vonȱ dieserȱ Informationsplattformȱ eineȱ StärkungȱderȱKontrollkompetenzȱderȱAktionäre.ȱDiesȱgiltȱinsbesondereȱfürȱ PublikumsgesellschaftenȱmitȱeinemȱhohenȱAnteilȱStreubesitz.ȱHierȱbestehtȱ jetztȱdieȱMöglichkeit,ȱdurchȱeineȱbessereȱInformationsversorgungȱStimmenȱ zuȱ bündeln,ȱ umȱ soȱ wirkungsvollȱ Interessenȱ durchzusetzen.ȱ Letztlichȱ sollȱ diesȱ auchȱ zuȱ einerȱ verbessertenȱ Corporateȱ Governanceȱ derȱ Unternehmenȱ beitragen.ȱ AllerdingsȱistȱdasȱAktionärsforumȱnichtȱmitȱlandläufigenȱChatroomsȱzuȱ vergleichen,ȱwieȱsieȱsichȱvielfachȱimȱInternetȱfinden.ȱDieȱEintragungenȱinȱ dasȱ Aktionärsforumȱ sindȱ anȱ bestimmteȱ Voraussetzungenȱ gebunden.ȱ Nurȱ Aktionäreȱ oderȱ Aktionärsvereinigungenȱ imȱ Sinneȱ desȱ §ȱ135ȱ Abs.ȱ9ȱ AktGȱ könnenȱ unterȱ Zahlungȱ vonȱ 20ȱ Euroȱ Eintragungenȱ inȱ dasȱ Forumȱ vornehȬ men.ȱ Allerdingsȱ darfȱ derȱ Eintragȱ nurȱ einenȱ bestimmtenȱ Vorschlagȱ oderȱ Antragȱenthalten.ȱBegründungenȱhierfürȱsindȱnichtȱerlaubt,ȱallerdingsȱeinȱ Verweisȱ aufȱ andereȱ Internetadressen,ȱ beiȱ denenȱ dannȱ natürlichȱ eineȱ BeȬ gründungȱverzeichnetȱseinȱdarf.ȱDieȱbetroffeneȱAktiengesellschaftȱdarfȱaufȱ denȱEintragȱreagieren.ȱ WirftȱmanȱaktuellȱeinenȱBlickȱaufȱdasȱelektronischeȱAktionärsforum,ȱsoȱ kommtȱ manȱ nichtȱ umhinȱ festzustellen,ȱ dassȱ Einträgeȱ inȱ denȱ Jahrenȱ 2006ȱ bisȱ2008ȱsoȱgutȱwieȱnichtȱstattgefundenȱhaben.ȱAllenfallsȱeinȱbisȱdreiȱAntȬ

212

Leitungs- und Kontrollkompetenz

rägeȱproȱAktiengesellschaft.ȱInsofernȱkannȱmanȱnurȱhoffen,ȱdassȱsichȱdieȬ sesȱForumȱüberȱdieȱZeitȱnochȱetabliert.ȱ

4.6.2

Regelungen zur Publizität

Damitȱsichȱ(potenzielle)ȱEigenȬȱundȱFremdkapitalgeberȱeinȱBildȱvonȱderȱ BonitätȱdesȱUnternehmensȱmachenȱkönnen,1ȱschreibtȱderȱGesetzgeberȱdieȱ Offenlegungȱ derȱ Rechnungslegungȱ inȱ bestimmtemȱ Umfangȱ vor.ȱ Diesȱ schließtȱ nichtȱ aus,ȱ dassȱ auchȱ freiwilligȱ Informationenȱ publiziertȱ werden.ȱ Dasȱ heißtȱ unterȱ Publizitätȱ wirdȱ damitȱ allgemeinȱ dieȱ Offenlegungȱ vonȱ InȬ formationenȱfürȱeineȱVielzahlȱvonȱAdressatenȱverstanden.ȱEsȱhandeltȱsichȱ umȱInformationen,ȱdieȱausȱwirtschaftlicherȱSichtȱvonȱBedeutungȱsind.ȱDieȬ seȱ Offenlegungȱ kannȱ freiwilligȱ erfolgenȱ oderȱ aberȱ istȱ obligatorischȱ aufȬ grundȱ vonȱ gesetzlichenȱ Vorschriften.ȱ Anȱ dieserȱ Stelleȱ erfolgtȱ jedochȱ eineȱ BeschränkungȱaufȱdieȱVorschriftenȱzurȱOffenlegungȱderȱRechnungslegungȱ (§§ȱ325ȱbisȱ329ȱHGB).2ȱȱ DerȱUmfang,ȱinȱdemȱüberȱdieȱRechnungslegungȱzuȱberichtenȱist,ȱrichtetȱ sichȱ zumȱ einenȱ danach,ȱ welcheȱ Größeȱ dasȱ Unternehmenȱ aufweistȱ undȱ zumȱanderen,ȱinȱwelcherȱRechtsformȱesȱgeführtȱwird.ȱDabeiȱhatȱallerdingsȱ dasȱKriteriumȱRechtsformȱnachȱEinführungȱdesȱKapitalgesellschaftenȬȱundȱ CoȬRichtlinieȬGesetzȱ (KapCoRiLiG)ȱ anȱ Bedeutungȱ verloren,ȱ daȱ hiernachȱ fürȱhaftungsbeschränkteȱPersonengesellschaftenȱdieselbenȱKriterienȱgeltenȱ wieȱfürȱKapitalgesellschaften.ȱȱ FürȱalleȱnichtȱhaftungsbeschränktenȱPersonengesellschaftenȱrichtetȱsichȱ dieȱPublizitätȱderȱRechnungslegungȱnachȱ§ȱ1ȱbzw.ȱ§ȱ9ȱdesȱPublG.ȱ§ȱ1ȱführtȱ aus,ȱ inwieweitȱ nichtȱ haftungsbeschränkteȱ Personengesellschaftenȱ zurȱ Rechnungslegungȱverpflichtetȱsind.ȱDieseȱVerpflichtungȱknüpftȱanȱdieȱUnȬ ternehmensgrößeȱan.ȱ Hiernachȱ sindȱ ȱ Unternehmenȱzurȱ Rechnungslegungȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱMilgrom/Robertsȱ(1992),ȱS.ȱ495ȱff.ȱundȱBreuerȱ(1998),ȱS.ȱ177ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ fernerȱ zurȱ Publizitätȱ undȱ ausgewähltenȱ Problemaspektenȱ KPMGȱ (2000);ȱ Theileȱ (2000),ȱ S.ȱ 215ȱ ff.;ȱ Feinendegen/Nowakȱ (2001),ȱ S.ȱ 371ȱ ff.;ȱ Pellens/Fülbierȱ (2002),ȱS.ȱ631ȱff.ȱundȱHellermannȱ(2004).ȱ

4.6 Kontrollkompetenz durch Informationsversorgung

213

verpflichtet,ȱwennȱfürȱdenȱTagȱdesȱAblaufsȱeinesȱGeschäftsjahresȱ–ȱdenȱsoȱ genanntenȱ Abschlussstichtagȱ–ȱ undȱ fürȱ dieȱ zweiȱ daraufȱ folgendenȱ AbȬ schlussstichtageȱjeweilsȱmindestensȱzweiȱderȱdreiȱnachfolgendenȱMerkmaȬ leȱzutreffenȱ(§ȱ1ȱAbs.ȱ1ȱPublG):ȱ x DieȱBilanzsummeȱübersteigtȱdenȱBetragȱvonȱ65ȱMio.ȱEuro.ȱ x DieȱUmsatzerlöseȱdesȱUnternehmensȱimȱGeschäftsjahrȱübersteigenȱdenȱ Wertȱvonȱ130ȱMio.ȱEuro.ȱ x DieȱAnzahlȱderȱBeschäftigtenȱimȱGeschäftsjahrȱbetrugȱimȱDurchschnittȱ mehrȱalsȱ5.000ȱArbeitnehmer.ȱ Nachȱ §ȱ 9ȱ Abs.ȱ 1ȱ PublGȱ sindȱ diejenigenȱ Unternehmen,ȱ dieȱ zurȱ RechȬ nungslegungȱ verpflichtetȱ sind,ȱ gezwungen,ȱ denȱ Jahresabschlussȱ undȱ dieȱ entsprechendenȱUnterlagen,ȱwieȱsieȱimȱ§ȱ325ȱAbs.ȱ1ȱHGBȱbezeichnetȱwerȬ den,ȱ zuȱ publizieren.ȱ Dieȱ Publizitätȱ erfolgt,ȱ indemȱ dasȱ Unternehmenȱ dieȱ entsprechendenȱ Unterlagenȱ zumȱ Handelsregisterȱ desȱ Sitzesȱ desȱ UnterȬ nehmensȱeinreicht.ȱȱ Fürȱ Kapitalgesellschaftenȱ undȱ entsprechendȱ denȱ Regelungenȱ desȱȱ KapCoRiLiGȱauchȱfürȱhaftungsbeschränkteȱPersonenhandelsgesellschaftenȱ geltenȱ ähnlicheȱ Größenvorschriftenȱ wieȱ fürȱ Personengesellschaftenȱ (§ȱ267ȱ HGB):ȱȱ Größe der Kapitalgesellschaften

Bilanzsumme (BS) in Mio. Euro

Umsatzerlöse (UE) in Mio. Euro

Beschäftigtenzahl (BZ)

klein

BS d 4,015

UE d 8,030

BZ d 50

mittel

4,015 < BS d 16,060 8,030 < UE d 32,120 50 < BZ d 250

groß

BS > 16,060

UE > 32,120

BZ > 250

Tab.ȱ4Ȭ6:ȱ GrößenmerkmaleȱderȱPublizitätȱbeiȱKapitalgesellschaften1ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱKapitelȱ4.7.9ȱdesȱvorliegendenȱBuchesȱundȱdieȱsichȱänderndenȱ GrößenmerkmaleȱimȱZugeȱderȱUmsetzungȱdesȱBilMoG.ȱ

214

Leitungs- und Kontrollkompetenz

JeȱnachȱUnternehmensgrößeȱistȱderȱPublizitätȱinȱunterschiedlichemȱUmȬ fangȱnachzukommen.ȱDabeiȱistȱjedochȱgenerellȱzuȱbeachten,ȱdassȱ–ȱsoweitȱ sieȱ offenȱ zuȱ legenȱ sindȱ–ȱ dieȱ Rechnungslegungsunterlagenȱ unverzüglichȱ nachȱ Vorlageȱ beiȱ denȱ Gesellschaftern,ȱ jedochȱ spätestensȱ zwölfȱ Monateȱ nachȱdemȱAbschlussstichtagȱzuȱpublizierenȱsind.ȱBetrachtetȱmanȱdenȱmaȬ ximalenȱZeithorizont,ȱsoȱistȱesȱallerdingsȱfraglich,ȱobȱbeiȱderartȱ„alten“ȱInȬ formationenȱ nochȱ vonȱ einerȱ nichtȱ institutionellenȱ Kontrollkompetenzȱ geȬ sprochenȱwerdenȱkann.ȱ ImȱWesentlichenȱgiltȱesȱdabei,ȱzweiȱGrundartenȱderȱPublizitätȱzuȱunterȬ scheiden:ȱȱ x RegisterȬȱundȱHinweispublizität:ȱDieseȱFormȱderȱPublizitätȱfindetȱsichȱ beiȱ kleinenȱ undȱ mittlerenȱ Kapitalgesellschaftenȱ bzw.ȱ haftungsbeȬ schränktenȱPersonengesellschaften.ȱInȱeinemȱerstenȱSchrittȱwerdenȱdieȱ erforderlichenȱ Unterlagenȱ zumȱ Handelsregisterȱ desȱ Sitzesȱ desȱ UnterȬ nehmensȱeingereicht.ȱInȱeinemȱzweitenȱSchrittȱwirdȱdieȱEinreichungȱimȱ Bundesanzeigerȱbekanntȱgemacht.ȱȱ x Bundesanzeigerpublizität:ȱDieseȱFormȱderȱPublizitätȱgiltȱfürȱgroßeȱUnȬ ternehmen.ȱMitȱInkrafttretenȱdesȱGesetzesȱüberȱelektronischeȱHandelsȬ registerȱ undȱ Genossenschaftsregisterȱ sowieȱ dasȱ Unternehmensregisterȱ (EHUG)ȱ zumȱ 1.ȱ Januarȱ 2007ȱ istȱ jetztȱ derȱ Betreiberȱ desȱ elektronischenȱ Bundesanzeigersȱ –ȱ dieȱ Bundesanzeigerȱ Verlagsgesellschaftȱ mbHȱ inȱ Kölnȱ–ȱfürȱdieȱEntgegennahmeȱundȱVeröffentlichungȱderȱinȱ§ȱ325ȱHGBȱ spezifiziertenȱ Datenȱ derȱ Unternehmensrechnungslegungȱ verantwortȬ lich.ȱDieȱAmtsgerichteȱsindȱinsofernȱhierfürȱnichtȱmehrȱzuständigȱundȱ werdenȱinsofernȱvonȱjustizfremdemȱVerwaltungsaufwandȱentlastet.ȱȱ Beiȱ denȱ zuȱ publizierendenȱ Unterlagenȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ dieȱ Bilanz,ȱ dieȱ GewinnȬȱundȱ Verlustrechnung,ȱdenȱ Anhang,ȱ denȱ Lagebericht,ȱdenȱ BestäȬ tigungsȬȱ oderȱ Versagensvermerkȱ desȱ Abschlussprüfers,ȱ denȱ Berichtȱ desȱ Aufsichtsrates,ȱdasȱErgebnis,ȱdieȱBeteiligungslisteȱundȱ–ȱsoweitȱdiesȱnichtȱ bereitsȱimȱJahresabschlussȱenthaltenȱistȱ–ȱderȱVorschlagȱundȱderȱBeschlussȱ überȱdieȱErgebnisverwendung.ȱKleineȱundȱmittlereȱGesellschaftenȱmüssenȱ hierȱ nichtȱ sämtlicheȱ dieserȱ Unterlagenȱ veröffentlichen.ȱ Fürȱ sieȱ existierenȱ Offenlegungserleichterungen.ȱ Dieseȱ beziehenȱ sichȱ insb.ȱ aufȱ ihreȱ GewinnȬȱ

4.6 Kontrollkompetenz durch Informationsversorgung

215

undȱVerlustrechnungȱundȱdenȱLagebericht.ȱDieȱGründeȱhierfürȱsindȱdarinȱ zuȱ sehen,ȱ dassȱ esȱ insb.ȱ beiȱ kleinenȱ Unternehmenȱ vergleichsweiseȱ einfachȱ erscheint,ȱ ausȱ denȱ Datenȱ derȱ Erfolgsrechnungȱ aufȱ unternehmensstrategiȬ scheȱVerhaltensweisenȱzuȱschließen.ȱ DieȱPublizitätȱerfülltȱihreȱFunktionȱimȱRahmenȱderȱKontrollkompetenzȱ allerdingsȱnur,ȱwennȱsieȱauchȱtatsächlichȱbefolgtȱwird.ȱSchautȱmanȱsichȱdieȱ Praxisȱ deutscherȱ Unternehmenȱ imȱ Hinblickȱaufȱ dieȱ Publizitätȱ ihrerȱ RechȬ nungslegungȱ an,ȱ soȱ istȱ dasȱ Ergebnisȱ geradezuȱ erschreckend.ȱ Esȱ wirdȱ daȬ vonȱausgegangen,ȱdassȱimȱJahrȱ2001ȱnurȱ5ȱProzentȱderȱpublizitätspflichtiȬ genȱUnternehmenȱihrerȱPublizitätspflichtȱüberhauptȱnachkommen.ȱAndeȬ reȱ europäischeȱ Länder,ȱ wieȱ z.ȱB.ȱ Großbritannien,ȱ weisenȱ eineȱ deutlichȱ höhereȱPublizitätsrateȱauf,ȱdieȱinȱderȱGrößenordnungȱvonȱ90ȱProzentȱliegt.ȱȱ AlsȱGründeȱfürȱdieseȱextremȱmangelhafteȱPublizitätȱwirdȱvonȱdenȱUnȬ ternehmenȱ oftmalsȱ Unkenntnisȱ überȱ dieȱ Publizitätspflichtenȱ bzw.ȱ techniȬ scheȱProblemeȱbeiȱderenȱUmsetzungȱangegeben.ȱManȱkannȱsichȱaufgrundȱ desȱ geringenȱ Anteilsȱ anȱ publiziertenȱ Rechnungslegungsunterlagenȱ allerȬ dingsȱ desȱ Eindrucksȱ nichtȱ erwehren,ȱ dassȱ vonȱ Seitenȱ derȱ Unternehmenȱ systematischȱdieȱPublizitätȱverweigertȱwird.ȱUnternehmenȱscheinenȱWettȬ bewerbsnachteileȱdurchȱdieȱPublizitätȱzuȱbefürchten.ȱInsbesondereȱderȱFallȱ derȱ Informationsasymmetrieȱ istȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ vonȱ BedeuȬ tung.ȱManȱgibtȱkeineȱInformationenȱpreis,ȱdaȱauchȱderȱWettbewerbȱkeineȱ InformationenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱRechnungslegungȱpubliziert.ȱȱ DieȱKonsequenzen,ȱdieȱeinȱUnternehmenȱzuȱerwartenȱhat,ȱwennȱesȱderȱ Offenlegungȱ nichtȱ nachkommt,ȱ sindȱ vergleichsweiseȱ gering.ȱ §ȱ 334ȱ Abs.ȱ 1ȱ Ziff.ȱ 5ȱ HGBȱ stuftȱ dasȱ Nichtnachkommenȱ derȱ Offenlegungsverpflichtungȱ alsȱOrdnungswidrigkeitȱein,ȱdieȱnachȱ§ȱ334ȱAbs.ȱ3ȱHGBȱmitȱeinerȱGeldbuȬ ßeȱvonȱbisȱzuȱ50.000ȱEuroȱgeahndetȱwerdenȱkann.ȱDieȱHöchstsummeȱderȱ Geldbußeȱ vonȱ 50.000ȱ Euroȱ erscheintȱ vergleichsweiseȱ gering,ȱ wennȱ manȱ sichȱvorȱAugenȱführt,ȱdassȱalsȱmittelgroßeȱKapitalgesellschaftȱnochȱeinȱUnȬ ternehmenȱ bezeichnetȱ wird,ȱ dasȱ 32ȱ Mio.ȱ Euroȱ Umsatzȱ imȱ Geschäftsjahrȱ erwirtschaftet.ȱȱ

216

Leitungs- und Kontrollkompetenz

4.6.3

Regelungen des Börsenrechts

4.6.3.1

Grundlagen

Dieȱ verfassungsmäßigenȱRegelungenȱzurȱ Informationsversorgungȱ imȱ ZuȬ geȱdesȱBörsenrechtsȱhabenȱsichȱseitȱdemȱ19.ȱJuliȱ2004ȱentscheidendȱveränȬ dert:ȱȱ „Da entschied der Bundesgerichtshof (BGH) eine Klage gegen die Gründer des Internetunternehmens Infomatec, Alexander Häfele und Gerhard Harlos: Anleger können jetzt von Vorständen, die falsche Pflichtmitteilungen herausgegeben haben, Schadensersatz verlangen. ‚Jeder, der den Kapitalmarkt bewusst fehlerhaft informiert, muss künftig damit rechnen, dass er persönlich Schadensersatz leisten muss’, sagt der Münchner Anwalt Klaus Rotter, der das Urteil erstritten hat. Aktien- und Börsengesetze machten Schadensersatzklagen bisher fast unmöglich. Industrie- und Bankenlobby haben bei der Gesetzgebung fleißig mitgearbeitet. Ihr Argument, Schadensersatzansprüche machten unternehmerisches Handeln unmöglich und vergraulten die Unternehmen vom Finanzplatz Deutschland, beeindruckte den Gesetzgeber. Anlegeranwälte scheiterten regelmäßig bei dem Versuch, aus dem Börsen- und Wertpapierhandelsgesetz eine Haftung der Vorstände abzuleiten. Die Vorschriften schützen allein den Kapitalmarkt als Abstraktum, keine Einzelpersonen, so die deutschen Gerichte übereinstimmend.“ Quelle: Kusitzky, A./Reimer, H.: Cash abnehmen, in: Wirtschaftswoche, Nr. 31 vom 22.07.2004, S. 140 - 143, hier S. 140 f.

DasȱBörsengesetzȱ(BörsG)ȱregeltȱvorȱallemȱdieȱOrganisationȱderȱalsȱBörȬ seȱzugelassenenȱMarktveranstaltungen,ȱdenȱHandelȱanȱderȱBörseȱundȱdieȱ Fragenȱ derȱ Börsentermingeschäfte.ȱ Dasȱ Börsenrechtȱ regeltȱ damitȱ denȱ Handelȱ sämtlicherȱ Wertpapiere,ȱ dieȱ vonȱ potenziellenȱ Eigenkapitalgebernȱ zuȱerwerbenȱsind.1ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ allgemeinȱ zumȱ Börsenrechtȱ Großȱ (2002);ȱ Claussenȱ (2003)ȱ undȱ Kümpel/ Hammenȱ(2003).ȱ

ȱ

4.6 Kontrollkompetenz durch Informationsversorgung

217

Vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ CorporateȬGovernanceȬDiskussionȱ inȱ DeutschlandȱistȱdasȱgesamteȱBörsenrechtȱreformiertȱworden.ȱDieȱdortȱgeȬ machtenȱÄnderungenȱgehenȱdeutlichȱüberȱdasȱhinaus,ȱwasȱanȱdieserȱStelleȱ unterȱdemȱAspektȱderȱUnternehmensverfassungȱzuȱbetrachtenȱist,ȱdaȱdortȱ insbesondereȱ derȱ Handelȱ mitȱ Wertpapierenȱ neuȱ geregeltȱ wurde.ȱ Dieȱ entȬ sprechendenȱ Änderungenȱ findenȱ sichȱ imȱ Wertpapierhandelsgesetzȱ (WpHG)ȱ ausȱ demȱ Jahreȱ 2001.ȱ Fernerȱ ergabenȱ sichȱ Änderungenȱ desȱ BörȬ sengesetzesȱ (BörsG)ȱ aufgrundȱ desȱ FinanzmarktrichtlinieȬUmsetzungsȬ gesetzesȱ (FRUG)ȱ ausȱ demȱ Jahreȱ 2007ȱ sowieȱ desȱ TransparenzrichtlinieȬ Umsetzungsgesetzesȱ(TUG)ȱebenfallsȱausȱdemȱJahrȱ2007ȱ EineȱzentraleȱRolleȱkommtȱinȱdiesemȱZusammenhangȱderȱneuȱgeschafȬ fenenȱBundesanstaltȱfürȱFinanzdienstleistungsaufsichtȱ(BaFin)ȱinȱBonnȱzu,ȱ sieȱwurdeȱanalogȱzurȱUSȬAufsichtsbehördeȱSECȱentwickelt.ȱȱ DieȱBaFinȱstelltȱihreȱAufgabenȱwieȱfolgtȱdar:ȱ „Die BaFin ist im öffentlichen Interesse tätig. Ihr Hauptziel ist es, ein funktionsfähiges, stabiles und integres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten. Bankkunden, Versicherte und Anleger sollen dem Finanzsystem vertrauen können. Die 1.600 Beschäftigten der BaFin arbeiten in Bonn und Frankfurt am Main. Sie beaufsichtigen 2.079 Banken, 718 Finanzdienstleistungsinstitute, 633 Versicherungsunternehmen, 26 Pensionsfonds sowie 6.000 Fonds und 78 Kapitalanlagegesellschaften (Stand: Januar 2008). Im Rahmen ihrer Solvenzaufsicht sichert die BaFin die Zahlungsfähigkeit von Banken, Finanzdienstleistungsinstituten und Versicherungsunternehmen. Durch ihre Marktaufsicht setzt die BaFin zudem Verhaltensstandards durch, die das Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte wahren. Zum Anlegerschutz gehört es auch, dass die BaFin unerlaubt betriebene Finanzgeschäfte bekämpft.“ Quelle: http://www.bafin.de/cln_109/nn_722838/DE/BaFin/Aufgaben/ aufgaben__node.html?__nnn=true – letzter Zugriff am 12.05.2009

Dieȱ Einhaltungȱ derȱ Bestimmungenȱ desȱ WpHGȱ unterliegtȱ derȱ ÜberwaȬ chungȱderȱBAFin.ȱDieȱBAFinȱsetztȱdurch,ȱdassȱkursrelevante,ȱneueȱNachȬ richtenȱ ausȱ börsennotiertenȱ Unternehmenȱ sofortȱ veröffentlichtȱ werdenȱ

218

Leitungs- und Kontrollkompetenz

undȱ verfolgtȱ sog.ȱ Insiderverstöße.ȱ Weitereȱ Aufgabenȱ desȱ BAFinȱ sindȱ dieȱ Überwachungȱ derȱ Einhaltungȱ derȱ sog.ȱ Wohlverhaltensregelnȱ derȱ MarktȬ teilnehmer.ȱ Darüberȱ hinausȱ sorgtȱ dieȱ Bundesanstaltȱ fürȱ Publizitätȱ beimȱ ErwerbȱwesentlicherȱBeteiligungenȱbeiȱbörsennotiertenȱUnternehmen.ȱDieȱ Errichtungȱ desȱ BAFinȱ undȱ dieȱ Aktivitätenȱ derȱ Bundesanstaltȱ habenȱ insb.ȱ dazuȱgeführt,ȱdasȱdieȱTransparenzȱdesȱWertpapierhandelsȱinȱDeutschlandȱ deutlichȱ zugenommenȱ hat.ȱ Obȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ bereitsȱ vonȱ eiȬ nemȱ fairenȱ Handelȱ gesprochenȱ werdenȱ kann,ȱ sollȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ nichtȱ weiterȱerörtertȱwerden.ȱ ObwohlȱdieȱUSȬAufsichtsbehördeȱSECȱimȱAllgemeinenȱalsȱsehrȱschlagkräfȬ tigȱmitȱBlickȱaufȱdieȱEinhaltungȱderȱBörsenregelnȱcharakterisiertȱwird,ȱistȱ sieȱoffensichtlichȱnichtȱinȱderȱLage,ȱgroßeȱBetrugsfälleȱzuȱverhindern:ȱȱ „In den Jahren danach, zuletzt im April 2008, hatte er immer größere Informationspakete an die Aufseher geschickt, in denen er Madoffs System ein Schneeballsystem und den größten Betrugsfall aller Zeiten nannte. Doch bei der SEC lief er immer wieder ins Leere. Heute steht die 3500 Mitarbeiter starke Behörde, die sicherstellen soll, dass an der Wall Street alles mit rechten Dingen zugeht, wie eine Horde ahnungsloser Bürokraten da. ‚Die SEC‘, sagt Markopolos, ‚das sind 3500 Hühner, die den Auftrag haben, Füchse zu jagen und zu fangen, die schneller, stärker und schlauer sind.‘“ Quelle: Henry, A.: Nur noch aufwärts, in: Wirtschaftswoche, Nr. 8 vom 16.02.2009, S. 118 - 119, hier S. 118

ImȱRahmenȱderȱfolgendenȱAusführungenȱwerdenȱnurȱdiejenigenȱRegeȬ lungenȱ betrachtet,ȱ dieȱ fürȱ eineȱ institutionaleȱ Informationsversorgungȱ durchȱ dasȱ Unternehmenȱ vonȱ Bedeutungȱ sind.ȱ Nurȱ sieȱ sindȱ Gegenstandȱ derȱ Unternehmensverfassung.ȱ Entsprechendeȱ Regelungenȱ findenȱ sichȱ imȱ BörsG.ȱ Dabeiȱ istȱ allerdingsȱ zuȱ beachten,ȱ dassȱ dasȱ BörsGȱ wieȱ auchȱ dasȱ WpHGȱinȱersterȱLinieȱdenȱHandelȱmitȱWertpapierenȱregeln.ȱInsofernȱwerȬ denȱ hierȱ primärȱ Regelungenȱ festgelegt,ȱ dieȱ dieȱ Verfassungȱ desȱ HandelsȬ platzesȱderȱWertpapiereȱbestimmenȱundȱnichtȱ–ȱbisȱaufȱdieȱimȱFolgendenȱ vorgestelltenȱ Regelungenȱ–ȱ Regelungen,ȱ dieȱ dieȱ Verfassungȱ desȱ UnterȬ nehmensȱbestimmen.ȱ

4.6 Kontrollkompetenz durch Informationsversorgung

4.6.3.2

219

Zulassung zum Börsenhandel

DieȱRegelungenȱdesȱBörsGȱlegenȱQualitätsstandardsȱzurȱZulassungȱvonȱ WertpapierenȱzumȱWertpapierhandelȱfest.ȱDieȱÜberwachungȱdieserȱQualiȬ tätsstandardsȱistȱAufgabeȱderȱsog.ȱZulassungsstelle.ȱStrengȱgenommenȱgiltȱ dieseȱ Überwachungȱ jedochȱ nurȱ fürȱ Wertpapiere,ȱ dieȱ imȱ sog.ȱ amtlichenȱ Handelȱgehandeltȱwerden.ȱ Jeȱ nachȱ Handelsartȱ sindȱ unterschiedlicheȱ Qualitätsstandardsȱ zuȱ erfülȬ len:ȱ Denȱ höchstenȱ Qualitätsstandardȱ weistȱ derȱ Börsenhandelȱ imȱ regulierȬ tenȱMarktȱauf.ȱDieȱBedingungenȱfürȱdieȱZulassungȱzumȱreguliertenȱMarktȱ sindȱimȱ4.ȱAbschnittȱdesȱBörsGȱzuȱfinden.ȱDabeiȱlässtȱderȱGesetzgeberȱerȬ heblicheȱ Freiräumeȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Regelungsdichte.ȱ Manȱ möchteȱ damitȱinȱderȱLageȱsein,ȱmitȱRechtsverordnungenȱschnellȱaufȱÄnderungenȱ imȱ Handelsgebarenȱ anȱ denȱ Wertpapierbörsenȱ reagierenȱ zuȱ können.ȱ Überȱ RechtsverordnungenȱhatȱdieȱBundesregierungȱVorschriftenȱzuȱerlassenȱimȱ Hinblickȱaufȱ x dieȱVoraussetzungȱderȱZulassung,ȱinsb.ȱȱ

Ȭ dieȱAnforderungenȱanȱdenȱEmittenten,ȱ Ȭ dieȱAnforderungenȱanȱdieȱzuzulassendenȱWertpapiere,ȱ Ȭ denȱMindestbetragȱderȱEmission,ȱ Ȭ dasȱ Erfordernis,ȱ denȱ Zulassungsantragȱ aufȱ alleȱ Aktienȱ derselbenȱ Gattungȱ oderȱ aufȱ alleȱ Schuldverschreibungenȱ derselbenȱ Emissionȱ zuȱerstrecken,ȱ x dieȱSpracheȱundȱdenȱInhaltȱdesȱProspektes,ȱderȱimȱWeiterenȱnachȱverȬ schiedenenȱAnforderungenȱzuȱkonkretisierenȱist,ȱ x denȱZeitpunktȱderȱVeröffentlichungȱdesȱProspektesȱundȱ x dasȱZulassungsverfahren.ȱ DieȱZulassungsvoraussetzungenȱfürȱdieȱTeilnahmeȱamȱFreiverkehrȱfinȬ denȱ sichȱ imȱ §ȱ 48ȱ BörsG.ȱ Dieȱ letztlicheȱ Überwachungȱ derȱ ZulassungsȬ voraussetzungenȱobliegtȱderȱBörsenaufsichtsbehördeȱ(§ȱ3ȱAbs.ȱ4ȱBörsG).ȱ

220

Leitungs- und Kontrollkompetenz

OffenbarȱwerdenȱvonȱeinigenȱUnternehmenȱdieȱPflichten,ȱwieȱsieȱdieȱZuȬ lassungȱzumȱBörsenhandelȱvorsehen,ȱnichtȱinȱdemȱMaßeȱeingehalten,ȱwieȱ sieȱdasȱGesetzȱvorsieht:ȱ „Namhafte ausländische Konzerne, die in Deutschland offiziell an der Börse notiert sind, verstoßen laufend gegen das Wertpapierrecht. Unternehmen wie Agfa-Gevaert, Coca-Cola, Colgate-Palmolive, Fiat, General Motors, Gillette, IBM, McDonald’s, Unilever oder Telecom Italia haben in Deutschland noch nie eine Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht. Als Unternehmen, die in den Börsensegmenten amtlicher Handel oder geregelter Markt notiert werden, sind sie aber verpflichtet, kursrelevante Nachrichten zu melden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ermahnte 2003 zwar US-Unternehmen, unternahm aber sonst nichts.“ Quelle: o. V.: Meldepflicht ignoriert, in: Wirtschaftswoche, Nr. 37 vom 02.09.2004, S. 8.

4.6.3.3

Börsenprospekthaftung

Dieȱ Informationen,ȱ dieȱ notwendigȱ sind,ȱ umȱ eineȱ ZulassungȱzumȱreguȬ liertenȱ Marktȱ zuȱ erlangen,ȱ werdenȱ beiȱ Emissionȱ desȱ Wertpapiersȱ imȱ sog.ȱ Börsenprospektȱ niedergelegt.1ȱ Dieserȱ Börsenprospektȱ wirdȱ i.ȱd.ȱR.ȱ vonȱ eiȬ nemȱ Emissionskonsortiumȱ derjenigenȱ Bankenȱ erlassen,ȱ dieȱ dieȱ Emissionȱ desȱWertpapiersȱbetreiben.ȱ§ȱ44ȱAbs.ȱ1ȱBörsGȱnimmtȱdiesesȱEmissionskonȬ sortiumȱ nebenȱ demȱ eigentlichenȱ Emittentenȱ desȱ Wertpapiersȱ nunȱ inȱ dieȱ VerantwortungȱfürȱdieȱRichtigkeitȱderȱAngabenȱimȱBörsenprospekt.ȱȱ Derȱ Erwerberȱ vonȱ Wertpapierenȱ kannȱ vonȱ denjenigen,ȱ dieȱ fürȱ denȱ Prospektȱ dieȱ Verantwortungȱ übernommenȱ haben,ȱ undȱ vonȱ denjenigen,ȱ vonȱ denenȱ derȱ Erlassȱ desȱ Prospektesȱ ausgeht,ȱ alsȱ Gesamtschuldnerȱ dieȱ ÜbernahmeȱderȱWertpapiereȱgegenȱErstattungȱdesȱErwerbspreisesȱundȱdesȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Mitȱ demȱ Inkrafttretenȱ desȱ Anlegerschutzverbesserungsgesetzesȱ (AnSVG)ȱ zumȱ 30.10.2004ȱ wirdȱ eineȱ Prospektpflichtȱ auchȱ erstmalsȱ fürȱ nichtȱ inȱ Wertpapierenȱ verbriefteȱ Unternehmensbeteiligungenȱ eingeführt.ȱ Damitȱ giltȱ dieȱ ProspektȬ pflichtȱ jetztȱ auchȱ fürȱ Beteiligungenȱ anȱ Personenhandelsgesellschaften,ȱ GenosȬ senschaften,ȱ stillenȱ Beteiligungen,ȱ BGBȬGesellschaften,ȱ GmbHȬAnteilenȱ sowieȱ anȱausländischenȱUnternehmenȱandererȱRechtsformen.ȱ

4.6 Kontrollkompetenz durch Informationsversorgung

221

Ausgabepreisesȱ verlangen.ȱ Diesȱ giltȱ fürȱ Wertpapiere,ȱ dieȱ aufgrundȱ einesȱ ProspektsȱzumȱBörsenhandelȱzugelassenȱsind,ȱinȱdemȱfürȱdieȱBeurteilungȱ derȱWertpapiereȱwesentlicheȱAngabenȱunrichtigȱundȱunvollständigȱsind,ȱȱ Dieȱ Emissionsbankenȱ werdenȱ alsoȱ mitȱ inȱ dieȱ Haftungȱ genommen,ȱ daȱ manȱunterstellt,ȱdassȱnurȱsieȱdieȱfachlicheȱKompetenzȱundȱdieȱMarktmachtȱ besitzen,ȱdieȱAngabenȱdesȱEmittentenȱaufȱihrenȱWahrheitsȬȱundȱVollstänȬ digkeitsgehaltȱhinȱzuȱüberprüfen.ȱBegründetȱwirdȱdiesȱauchȱmitȱderȱHöheȱ desȱ Umsatzes,ȱ derȱ beiȱ denȱ Bankenȱ aufgrundȱ derȱ Wertpapieremissionenȱ anfällt.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch: Die Corporate-Governance-Reform

4.7.1

Grundlagen

Dieȱ institutionalisiertenȱ Regelungenȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ beȬ findenȱsichȱseitȱeinigenȱJahrenȱverstärktȱimȱUmbruch.ȱNichtȱzuletztȱspekȬ takuläreȱ Unternehmenskrisenȱ warenȱ derȱ Anstoßȱ dafür,ȱ dassȱ unterȱ demȱ Stichwortȱ „Corporateȱ Governance“ȱ eineȱ vielschichtigeȱ Diskussionȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ eineȱ Stärkungȱ derȱ Leistungsfähigkeitȱ derȱ UnternehmensverȬ fassungȱgeführtȱwird.ȱDieȱaktuelleȱGovernanceȬDebatteȱistȱinsofernȱalsȱeiȬ neȱ Etappeȱ aufȱ demȱ langȱ andauerndenȱ Wegȱ derȱ Bestimmungȱ derȱ UnterȬ nehmensverfassungȱ zuȱ interpretieren.ȱ Soȱ erstreckteȱ sichȱ dieȱ Diskussionȱ z.ȱB.ȱinȱdenȱsiebzigerȱJahrenȱaufȱFragenȱderȱUnternehmensmitbestimmungȱ oderȱinȱdenȱsechzigerȱJahrenȱaufȱdieȱReformȱdesȱAktiengesetzes:ȱHeutzuȬ tageȱstehtȱbeiȱderȱCorporateȬGovernanceȬDiskussionȱdieȱOrganisationȱderȱ unternehmerischenȱLeitungsȬȱundȱKontrollkompetenzenȱimȱVordergrund.1ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ Keasey/Thompson/Wrightȱ (1997),ȱ S.ȱ 2.ȱ Vgl.ȱ fernerȱ zurȱ Begriffslegungȱ derȱ CorporateȱGovernanceȱWerderȱ(2004ȱa),ȱSp.ȱ160ȱf.ȱVgl.ȱfernerȱkritischȱzurȱGovȬ ernanceȬDiskussionȱHarmȱ(2000).ȱ

222

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Vorȱ demȱ Hintergrundȱ desȱ konflikttheoretischenȱ Ansatzesȱ derȱ UnternehȬ mensverfassungȱ verfolgtȱ dieȱ CorporateȬGovernanceȬDiskussionȱ dasȱ Ziel,ȱ einenȱ Interessenausgleichȱ zwischenȱ denȱ beteiligtenȱ Anspruchsgruppenȱ herzustellen.ȱ Soȱ verstandenȱ gehtȱ dieȱ CorporateȬGovernanceȬProblematikȱ allerdingsȱdeutlichȱweiterȱalsȱsieȱvonȱeinigenȱAutorenȱverstandenȱwird,ȱdieȱ imȱModellȱderȱneuenȱInstitutionenökonomieȱargumentierenȱundȱdasȱCorȬ porateȬGovernanceȬProblemȱ vielfachȱ aufȱ dieȱ AgencyȬProblematikȱ vonȱ ManagernȱundȱAktionärenȱreduzieren.1ȱDerȱKranzȱderȱrelevantenȱInteresȬ sengruppenȱistȱwieȱobenȱausgeführtȱdeutlichȱweiter.ȱAuchȱsieȱbesitzenȱeinȱ Kontrollinteresse,ȱwelchesȱnichtȱnurȱdarausȱresultiert,ȱdassȱsieȱEigenkapiȬ talȱ zurȱ Verfügungȱ stellen.ȱ Nichtȱ zuletztȱ fürȱ dieȱ deutscheȱ CorporateȬ GovernanceȬDiskussionȱ istȱ eineȱ Verengungȱ aufȱ dieȱ AgencyȬProblematikȱ wenigȱ hilfreich,ȱ daȱ vomȱ inȱ Deutschlandȱ kodifiziertenȱ dualistischenȱ MoȬ dell,ȱ welchesȱ eineȱ ausgeprägteȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ ArȬ beitnehmerȱkennt,ȱdieȱAustragungȱderȱInteressenkonflikteȱdeutlichȱkompȬ lexerȱ institutionalisiertȱ istȱ alsȱ diesȱ z.ȱB.ȱ imȱ USȬamerikanischenȱ LeitungsȬ systemȱderȱFallȱist.ȱȱ Dieȱ zentralenȱ Fragestellungenȱ derȱ CorporateȬGovernanceȬDiskussionȱ sindȱfolgende:ȱ x Inwieweitȱ werdenȱ handelndeȱ Managerȱ fürȱ ihreȱ Entscheidungenȱ undȱ HandlungenȱvonȱunterschiedlichenȱInteressengruppenȱzurȱVerantworȬ tungȱgezogen?2ȱ x Wieȱ kannȱ sichergestelltȱ werden,ȱ dassȱ Managerȱ nichtȱ nurȱ ihreȱ IndiviȬ dualzieleȱverfolgen?ȱ x Wieȱkannȱgewährleistetȱwerden,ȱdassȱnurȱqualifiziertesȱManagementȱinȱ Führungspositionenȱgelangt?ȱ Zielȱ derȱ Corporateȱ Governanceȱ istȱ esȱ alsoȱ zuȱ verhindern,ȱ dassȱ MachtȬ dominanzenȱ entstehen,ȱ daȱ sieȱ verhindern,ȱ dassȱ eineȱ effizienteȱ UnternehȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱHartȱ(1995),ȱS.ȱ678ȱff.ȱundȱShleifer/Vishnyȱ(1997),ȱS.ȱ737ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ zumȱ Problemȱ derȱ Haftungȱ vonȱ Vorstandȱ undȱ Aufsichtsratȱ Dilgerȱ (2004),ȱ S.ȱ441ȱff.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

223

mensführungȱ möglichȱ wird.ȱ Nurȱ wennȱ Machtȱ gleichȱ verteiltȱ ist,ȱ istȱ dieȱ KontrolleȱderȱMachtȱauchȱgewährleistet.ȱȱ WieȱleichtȱesȱoffenbarȱSpitzenmanagernȱfällt,ȱdieȱRessourcenȱeinesȱUnterȬ nehmensȱfürȱpersönlicheȱZweckeȱzuȱverwenden,ȱzeigtȱdasȱBeispielȱdesȱUSȬ amerikanischenȱZeitungskonzernsȱHollinger:ȱ „Im November 2003 war Black als Vorstandsvorsitzender von Hollinger International, einem der größten Zeitungskonzerne weltweit, zurückgetreten. Damals war ihm vorgeworfen worden, acht Millionen Dollar für private Zwecke verwendet zu haben. Jetzt veröffentlichte eine Kommission unter der Leitung von Richard Breeden, ehemaliger Vorsitzender der US-Börsenaufsicht SEC, genaue Untersuchungsergebnisse. Luxus, private Exzesse, Vetternwirtschaft: Der Untersuchungsbericht schildert auf über 500 Seiten peinliche Vorwürfe. 23 Millionen Dollar habe Hollinger für private Flüge der Blacks bezahlt, darunter eine Reise nach Bora Bora. Für die Geburtstagsfeier seiner Frau in einem New Yorker Edelrestaurant habe Black der Firma knapp 43.000 Dollar in Rechnung gestellt. Drei Abendessen für den ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger und seine Frau habe sich die Firma 28.480 Dollar kosten lassen.“ Quelle: Rettig, D.: Lord Nimmersatt, in: www.manager-magazin.de/koepfe/artikel/0,2828,316095,00.html – letzter Zugriff am 08.09.2004

Feindlicheȱ Übernahmenȱ undȱ Bilanzskandaleȱ habenȱ dieȱ Frageȱ derȱ UnȬ ternehmensführungȱ undȱ derȱ Unternehmenskontrolleȱ inȱ denȱ Mittelpunktȱ desȱ öffentlichenȱ Interessesȱ gerücktȱ undȱ damitȱ Corporateȱ Governanceȱ zuȱ einemȱaktuellenȱThemaȱgemacht.ȱInternationalȱwirdȱheuteȱvonȱCorporateȱ Governanceȱ gesprochen,ȱ wennȱ esȱ umȱ dieȱ tatsächlicheȱ undȱ umȱ dieȱ vomȱ GesetzgeberȱgewünschteȱVerteilungȱderȱAufgabenȱzwischenȱAufsichtsrat,ȱ VorstandȱundȱEigentümernȱgeht.ȱȱ DasȱCorporateȬGovernanceȬProblemȱistȱhöchstȱvielschichtig.ȱDieȱLiteraȬ turȱ hierzuȱ istȱ schonȱ fastȱ nichtȱ mehrȱ zuȱ überschauen.ȱ Diesȱ insbesondere,ȱ weilȱ eineȱ Vielzahlȱ vonȱ Fragestellungenȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ diskuȬ

224

Leitungs- und Kontrollkompetenz

tiertȱwird.1ȱDaȱsichȱdieȱvorliegendeȱSchriftȱimȱKernȱmitȱFragenȱderȱUnterȬ nehmensverfassungȱ beschäftigt,ȱ sollȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ primärȱ derȱ Prozessȱ derȱdeutschenȱCorporateȬGovernanceȬAktivitätenȱnachgezeichnetȱwerden.ȱ AllerdingsȱstellenȱdieseȱAktivitätenȱvielfachȱnurȱeinenȱReflexȱaufȱinternaȬ tionaleȱMaßnahmenȱzurȱVerbesserungȱderȱCorporateȱGovernanceȱdar,ȱwieȱ z.ȱB.ȱ dieȱ Errichtungȱ derȱ Regierungskommissionȱ „Corporateȱ Governance“ȱ alsȱReaktionȱaufȱdieȱOECDȬPrinciples.ȱ

4.7.2

Überblick über den Reformprozess

DieȱDiskussionȱumȱdieȱDefekteȱderȱCorporateȱGovernanceȱhatȱauchȱvorȱ demȱ Wirtschaftsstandortȱ Deutschlandȱ nichtȱ Haltȱ gemacht.2ȱ Internationalȱ sindȱhierȱz.ȱB.ȱderȱSarbanesȬOxleyȬActȱinȱdenȱUSA,ȱderȱLoiȱdeȱSécuritéȱFiȬ nancièreȱinȱFrankreichȱoderȱderȱTabaksblatȱReportȱinȱdenȱNiederlandenȱzuȱ erwähnen.ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ zunehmenderȱ Globalisierungȱ undȱ derȱ damitȱ inȱ Zusammenhangȱ stehendenȱ Internationalisierungȱ derȱ KapitalȬ strömeȱ sahȱ sichȱ auchȱ derȱ deutscheȱ Gesetzgeberȱ aufgerufen,ȱ hierȱ entspreȬ chendeȱ Modifikationenȱ anȱ denȱ einschlägigenȱ Gesetzestextenȱ vorzunehȬ men.ȱ Manȱ versuchteȱ soȱ dieȱ Corporateȱ Governanceȱ deutscherȱ AktienȬ gesellschaftenȱzuȱverbessern,ȱumȱsieȱvergleichbarȱzuȱmachenȱzuȱderjenigenȱ USȬamerikanischerȱ StockȬCorporations.3ȱ Derȱ Reformprozessȱ durchliefȱ mehrereȱSchritte.1ȱAbb.ȱ4Ȭ3ȱzeigtȱihnȱimȱÜberblick.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ Daily/Dalton/Cannellaȱ (2003),ȱ S.ȱ 371ȱ ff.,ȱ dieȱ einenȱ umfassendenȱ ÜberblickȱüberȱdenȱStandȱderȱForschungȱzumȱCorporateȬGovernanceȬProblemȱ inȱdenȱUSAȱliefern.ȱVgl.ȱfernerȱTrickerȱ(2000)ȱundȱdenȱdortigenȱWiederabdruckȱ zahlreicherȱ Veröffentlichungenȱ zumȱ Problemȱ derȱ Corporateȱ Governance.ȱ Vgl.ȱ auchȱLearmountȱ(2002);ȱHommelhoffȱ(2003)ȱundȱMallinȱ(2004).ȱVgl.ȱfernerȱauchȱ Osterloh/Freyȱ(2005),ȱS.ȱ333ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ z.ȱB.ȱ Hommelhoffȱ (1997),ȱ S.ȱ 17ȱ ff.;ȱ Malikȱ (1999);ȱ Berrarȱ (2001);ȱ Wentgesȱ (2002);ȱ Hackethal/Schmidt/Tyrellȱ (2003),ȱ S.ȱ 664ȱ ff.;ȱ Wittȱ (2003)ȱ undȱ Aurichȱ (2006).ȱ 3ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ fernerȱ dieȱ Vielzahlȱ vonȱ Studien,ȱ dieȱ sichȱ zumȱ Zielȱ gesetztȱ haben,ȱ dasȱ Problemȱ derȱ Corporateȱ Governanceȱ theoretischȱ zuȱ analysieren,ȱ wieȱ z.ȱB.ȱ Werderȱ(1995),ȱS.ȱ2177ȱff.;ȱAndretsch/Weigandȱ(2001),ȱS.ȱ83ȱff.;ȱValcárcelȱ(2002),ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

Gesetzgebung Deutsches dualistisches System der Unternehmensverfassung, verankert im AktG, MitbestG, BetrVG etc. 1998: KonTraG Anpassungen des dualistischen Systems

2001: Regierungskommission „Corporate Governance – Unternehmensführung – Unternehmenskontrolle – Modernisierung des Aktienrechts“ (Baums-Kommission „Empfehlung als Basis für DCGK und TransPuG“) 2002: TransPuG Aufnahme der Entsprechenserklärung sowie Anpassung der einschlägigen Vorschriften mit Ziel der Erhöhung der Transparenz

225

Verhaltensrichtlinien Unterschiedliche unternehmensspezifische Verhaltensrichtlinien, Satzungen, Geschäftsordnungen etc. Internationale Gesetzgebung & Richtlinien

1999: OECD-Principles Unverbindliche, international übergeordnete Mindeststandards der Corporate Governance 2000: Frankfurter Grundsatzkommission „Code of Best Practice“

2000: Berliner Initiativkreis „German Code of Corporate Governance“

2002: Deutscher Corporate Governance-Kodex (DCGK) („Cromme-Kommission“) 2003: Anpassung des DCGK

2004: BilReG und BilKoG Stärkung der Unabhängigkeit der Abschlussprüfer, Schaffung eines neuen Bilanzkontrollverfahrens, Einführung der IAS/IFRS Mai 2005: VorstOG Gesetzliche Fixierung der Pflicht zur Offenlegung der individualisierten Vorstandsvergütungen September 2005: UMAG Gesetz zur Regelung der Haftung der Führungsorgane einer AG sowie der Anfechtungsklage in der Hauptversammlung Frühjahr 2009: BilMoG Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts

ȱ

Abb.ȱ4Ȭ3:ȱCorporateȱGovernanceȱinȱDeutschlandȱ S.ȱ141ȱff.ȱsowieȱOesterleȱ(2007),ȱS.ȱ28ȱff.,ȱderȱsichȱmitȱdemȱProblemȱderȱCorporaȬ teȱGovernanceȱbeiȱFamilienunternehmenȱbefasst.ȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱTheisenȱ(2003),ȱS.ȱ441ȱff.ȱ

226

Leitungs- und Kontrollkompetenz

EinȱersterȱSchrittȱimȱaktuellȱdiskutiertenȱReformprozessȱerfolgteȱimȱJahȬ reȱ1998ȱmitȱderȱVerabschiedungȱdesȱGesetzesȱzurȱKontrolleȱundȱTranspaȬ renzȱimȱUnternehmensbereichȱ(KonTraG).ȱ Dieȱ OECDȱ veröffentlichteȱ 1999ȱ aufȱ internationalerȱ Ebeneȱ dieȱ „GrundȬ sätzeȱderȱUnternehmensführungȱundȱȬkontrolle“.1ȱDieseȱGrundsätzeȱführȬ tenȱ dazu,ȱ dassȱ auchȱ derȱ deutscheȱ Gesetzgeberȱ sichȱ mitȱ diesenȱ Vorgabenȱ beschäftigte.ȱ Nachȱ einigenȱ privatenȱ Ansätzenȱ setzteȱ dieȱ Bundesregierungȱ imȱJahrȱ2000ȱeineȱRegierungskommissionȱunterȱdemȱVorsitzȱvonȱProf.ȱDr.ȱ TheodorȱBaumsȱein,ȱentsprechendeȱRichtlinienȱzuȱerarbeiten.ȱImȱJuliȱ2001ȱ übergabȱ dieseȱ Kommissionȱ demȱ Bundeskanzlerȱ ihrenȱ Berichtȱ mitȱ ca.ȱ 150ȱ Empfehlungen.ȱ Grundsätzlichȱ unangetastetȱ bliebȱ dabei,ȱ dassȱ deutscheȱ dualistischeȱSystemȱderȱUnternehmensverfassung.ȱEsȱwurdeȱhierȱnichtȱfürȱ einȱmonistischesȱSystemȱoptiert,ȱauchȱfürȱÄnderungenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱ Unternehmensmitbestimmungȱ sahȱ dieȱ Kommissionȱ keinenȱ Anlass.ȱ Dieseȱ Entscheidungȱ wurdeȱ nichtȱ zuletztȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ getroffen,ȱ dassȱ Änderungenȱ inȱ diesenȱ beidenȱ Bereichenȱ zurzeitȱ politischȱ inȱ Deutschlandȱ nichtȱ durchsetzbarȱsind.ȱManȱ hätteȱ anderenfallsȱ denȱ Erfolgȱ derȱ gesamtenȱ Kommissionsarbeitȱ gefährdet.ȱ Derȱ größteȱ Anteilȱ derȱ Empfehlungenȱ imȱ HinblickȱaufȱdieȱVerbesserungȱderȱCorporateȱGovernanceȱrichteteȱsichȱaufȱ dieȱBedingungenȱzurȱArbeitȱdesȱAufsichtsrates.ȱȱ Alsȱ Ergebnisȱ derȱ Kommissionsarbeitȱ setzteȱ dasȱ BundesjustizministeȬ riumȱ imȱ Sommerȱ 2001ȱ eineȱ weitereȱ Kommissionȱ unterȱ Vorsitzȱ desȱ ThysȬ senȬKruppȬAufsichtsratsvorsitzenden,ȱDr.ȱGerhardȱCromme,ȱein.ȱSieȱhatteȱ dieȱkonkreteȱAufgabe,ȱaufbauendȱaufȱdieȱEmpfehlungenȱeinenȱdeutschenȱ CorporateȬGovernanceȬKodexȱ zuȱ erarbeiten.ȱ Imȱ Februarȱ 2002ȱ wurdeȱ einȱ solcherȱKodexȱveröffentlichtȱundȱdurchȱdasȱneueȱTransparenzȬȱundȱPubliȬ zitätsgesetzȱ(TransPuG)ȱimȱSommerȱ2002ȱfürȱbörsennotierteȱAktiengesellȬ schaftenȱverbindlich.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱGerumȱ(2004),ȱSp.ȱ175.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

227

DamitȱwarȱderȱReformprozessȱjedochȱnochȱnichtȱbeendet.ȱEineȱVielzahlȱ weitererȱGesetzesänderungenȱwurdeȱvorgenommen,ȱaufȱdieȱimȱFolgendenȱ insoweitȱ eingegangenȱ wird,ȱ wieȱ sieȱ Auswirkungenȱ fürȱ dieȱ VerfassungsȬ diskussionȱdesȱUnternehmensȱbesitzen.ȱ

4.7.3

Auswirkungen des KonTraG

Alsȱ einȱ erstesȱ Ergebnisȱ derȱ aktuellȱ geführtenȱ CorporateȬGovernanceȬ DiskussionȱmüssenȱdieȱgesetzlichenȱRegelungen,ȱdieȱsichȱausȱderȱNovelleȱ imȱRahmenȱdesȱKonTraGȱherausȱergebenȱhaben,ȱgesehenȱwerden.ȱ ImȱVergleichȱzumȱ„alten“ȱAktienrechtȱergabenȱsichȱdurchȱdasȱKonTraGȱ dieȱ folgendenȱ Änderungen.ȱ Sieȱ beziehenȱ sichȱ nichtȱ nurȱ aufȱ dieȱ Tätigkeitȱ desȱ Aufsichtsrates,ȱ sieȱ beziehenȱ sichȱ ebensoȱ aufȱ Stimmrechte,ȱ aufȱdieȱArȬ beitȱ desȱ Abschlussprüfersȱ bzw.ȱ derȱ Abschlussprüfungȱ sowieȱ imȱ Hinblickȱ aufȱdieȱRisikoberichterstattungȱundȱdasȱRisikomanagement.ȱ

4.7.3.1

Auswirkungen des KonTraG im Hinblick auf die Arbeit des Aufsichtsrates

DieȱwesentlichenȱÄnderungen,ȱdieȱsichȱhierȱergeben,ȱzeigtȱTab.ȱ4Ȭ7:ȱ

228

Leitungs- und Kontrollkompetenz „altes“ Recht

KonTraG

Mehrfachmandate sind auf 10 begrenzt

Mehrfachmandate sind auf 10 begrenzt, aber Mandate als Vorsitzender werden doppelt gerechnet

Name, Beruf, Wohnort des Aufsichtsratsmitgliedes sind anzugeben

wie vorher, jedoch zusätzlich sind die hauptberufliche Tätigkeit und weitere Mandate anzugeben

Mindestens zwei Pflichtsitzungen des Aufsichtsrates pro Jahr

Mindestens vier Aufsichtsratssitzungen bei börsennotierten Unternehmen, Offenlegung der Sitzungshäufigkeiten und der Ausschussbildung

Schadensersatzansprüche gegen den Aufsichtsrat verlangen 10 Prozent-Quorum der Anteile

Senkung des Quorums auf 5 Prozent oder 500.000 Euro, gilt aber nur bei „grober“ Pflichtverletzung

keine Regelung zur Transparenz der Mandate

börsennotierte Unternehmen müssen alle Mandate ihrer Organmitglieder in anderen Kontrollgremien offen legen

keine Regelung zu Berichtsinhalten des Vorstandes

Vorstand muss Aufsichtsrat über Finanz-, Investitions- und Personalplanung informieren

Tab.ȱ4Ȭ7:ȱ ÄnderungenȱdesȱKonTraGȱmitȱBlickȱaufȱdenȱAufsichtsratȱ Imȱ Zentrumȱ derȱ Regelnȱ stehtȱ hier,ȱ dassȱ fürȱ dieȱ eigentlicheȱ AufsichtsȬ ratsarbeitȱdeutlichȱmehrȱZeitȱverwandtȱwerdenȱmuss.1ȱInȱderȱKonsequenzȱ führteȱ dasȱ dazu,ȱ dassȱ dieȱ Zahlȱ derȱ Mandateȱ begrenztȱ undȱ dassȱ dieȱ FreȬ quenzȱ derȱ Aufsichtsratssitzungenȱ erhöhtȱ wurde.ȱ Mitȱ denȱ Reformenȱ desȱ KonTraGȱ stehtȱ somitȱ denȱ Aufsichtsrätenȱ eineȱ deutlichȱ erhöhteȱ Kapazitätȱ zurȱVerfügung,ȱumȱihremȱKontrollauftragȱgerechtȱzuȱwerden.ȱObȱvonȱderȱ erhöhtenȱ Kapazitätȱ auchȱ gleichȱ aufȱ eineȱ höhereȱ Qualitätȱ derȱ Arbeitȱ zuȱ schließenȱist,ȱseiȱdahinȱgestellt.ȱ

4.7.3.2

Auswirkungen des KonTraG im Hinblick auf Stimmrechte und Aktienerwerb

DieȱwesentlichenȱÄnderungenȱzuȱdiesemȱBereichȱfasstȱTab.ȱ4Ȭ8ȱzusamȬ men:ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱTheisenȱ(1999),ȱS.ȱ203ȱff.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch „altes“ Recht Höchststimmrechte: satzungsgemäß zulässig Mehrfachstimmrechte: mit behördlicher Genehmigung im Ausnahmefall erlaubt Wechselseitig beteiligte Unternehmen: dürfen Stimmrechte nicht ausüben, wenn ihr Anteil 25 Prozent übersteigt Erwerb eigener Aktien: verboten, einige Ausnahmeregelungen Bezugsrechte für Führungskräfte: nur bei Optionsanleihen und Wandelschuldverschreibungen

229 KonTraG

verboten, alte Rechte verfallen nach 2 Jahren verboten, alte Rechte verfallen nach 5 Jahren Verbot der Ausübung des Stimmrechts bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern erlaubt bis zu 10 % durch Beschluss der Hauptversammlung erlaubt als sog. „naked warrants“ (Optionsscheine ohne zugrundeliegende Schuldverschreibung)

Tab.ȱ4Ȭ8:ȱ ÄnderungenȱdesȱKonTraGȱmitȱBlickȱaufȱdieȱStimmrechteȱ ZielsetzungȱdesȱKonTraGȱinȱdiesemȱBereichȱwarȱesȱsicherzustellen,ȱdassȱ Anteilseignerȱ generellȱ nurȱ nochȱ inȱ demȱ Maßeȱ dieȱ Geschickeȱ desȱ UnterȬ nehmensȱmitbestimmenȱsollten,ȱwieȱsieȱauchȱwirklichȱEigentümerȱdesȱUnȬ ternehmensȱ sind.ȱ Dasȱ heißtȱ dasȱ Auseinanderfallenȱ vonȱ Stimmenzahlȱ undȱ AnteilȱamȱGrundkapitalȱsollteȱsoweitȱmöglichȱvermiedenȱwerden.ȱDiesȱtrafȱ insb.ȱ aufȱ dasȱ Mehrfachstimmrechtȱ zu,ȱ welchesȱ inȱ vielenȱ Gesellschaften,ȱ insb.ȱfürȱEinrichtungenȱderȱöffentlichenȱHand,ȱgalt.ȱ

4.7.3.3

Auswirkungen des KonTraG im Hinblick auf Abschlussprüfer und Abschlussprüfung

Dieȱ wesentlichenȱ Änderungenȱ fürȱ diesenȱ Bereichȱ stelltȱ Tab.ȱ 4Ȭ9ȱ imȱ Überblickȱdar:ȱ

230

Leitungs- und Kontrollkompetenz „altes“ Recht

Unabhängigkeit: kein Mandat, wenn Umsatz mit einem Klienten über 50 Prozent des Gesamtumsatzes beträgt Prüferwechsel: keine Regelung

Haftung des Abschlussprüfers: auf 250.000 Euro begrenzt Bestellung: Vorschlag durch den Vorstand, Wahl durch Hauptversammlung

KonTraG kein Mandat, wenn in den vergangenen 5 Jahren Umsatzanteil über 30 Prozent lag Prüferwechsel (Person bzw. Gesellschaft) vorgeschrieben, wenn binnen 10 Jahren mehr als 6-mal geprüft wurde je nach Größe der AG zwischen 1 und 4 Mio. Euro Vorschlag durch Aufsichtsrat, Wahl durch Hauptversammlung

Teilnahme an der Aufsichtsratssitzung zur Feststellung des Jahresabschlusses: fakultativ, Einladung des Aufsichtsrates obligatorisch Prüfungsbericht: Aushändigung an alle Mitglieder kann durch Aufsichtsratsbeschluss ausgeschlossen werden

Aushändigung obligatorisch

Tab.ȱ4Ȭ9:ȱ ÄnderungenȱdesȱKonTraGȱmitȱBlickȱaufȱdenȱAbschlussprüferȱundȱ dieȱAbschlussprüfungȱ Dieȱ Reformenȱ inȱ diesemȱBereichȱ wurdenȱ vonȱ denȱ Überlegungenȱ geleiȬ tet,ȱ dassȱ manȱ hierȱ eineȱ zuȱ engeȱ Verbindungȱ zwischenȱ Vorstandȱ undȱ AbȬ schlussprüferȱvermeidenȱwollte.1ȱDiesȱgiltȱinsb.ȱimȱHinblickȱaufȱdieȱRekruȬ tierungȱdesȱAbschlussprüfers.ȱWährendȱimȱaltenȱRechtȱderȱVorschlagȱnochȱ vomȱVorstandȱkam,ȱwirdȱdasȱVorschlagsrechtȱimȱKonTraGȱjetztȱdemȱAufȬ sichtsratȱzugewiesen.ȱEsȱistȱjetztȱdiejenigeȱInstanzȱzuständig,ȱderȱvomȱGeȬ setzgeberȱdieȱzentraleȱKontrollkompetenzȱzugewiesenȱwurde.ȱDarüberȱhiȬ nausȱwirdȱdieȱAbhängigkeitsbeziehungȱzwischenȱAbschlussprüferȱundȱzuȱ prüfendemȱ Unternehmenȱ gelockert.ȱ Diesȱ beziehtȱ sichȱ insb.ȱ aufȱ dieȱ VorȬ schriftenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ denȱ Prüferwechsel.2ȱ Allerdingsȱ kannȱ manȱ auchȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱBaetge/Lutterȱ(2003).ȱ 2ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ kritischȱ Herzig/Watrinȱ (1995),ȱ S.ȱ 775ȱ ff.;ȱ Weißenbergerȱ (1997),ȱ S.ȱ2315ȱff.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

231

nichtȱ sagen,ȱ dassȱ eineȱ generelleȱ Unabhängigkeitȱ zwischenȱ AbschlussprüȬ ferȱundȱzuȱprüfendemȱUnternehmenȱgesichertȱist.ȱAuchȱhierȱgibtȱesȱwiederȱ Interessen,ȱdieȱu.ȱU.ȱdieȱPrüfungsleistungȱbeeinträchtigen.ȱ DasȱProblemȱderȱHaftungȱderȱWirtschaftsprüfungȱfürȱdieȱQualitätȱdesȱTesȬ tatsȱ findetȱ inȱ jüngsterȱ Zeitȱ immerȱ häufigerȱ seinenȱ Niederschlagȱ inȱ SchaȬ denersatzklagen,ȱ wieȱ diesȱ auchȱ dasȱ Beispielȱ derȱ Insolvenzȱ desȱ thüringerȱ BaustoffhändlersȱMühlȱzeigt.ȱ Obȱ sichȱ derartigeȱ Forderungenȱ auchȱ durchȬ setzenȱlassen,ȱistȱjedochȱkeineswegsȱsicher:ȱ „Er habe Klage wegen ‚erheblicher Zweifel an den Bilanzen und an der Bilanzprüfung’ gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) beim Landgericht Frankfurt eingereicht, sagte MühlInsolvenzverwalter Rolf Rombach am Donnerstag in Erfurt. ‚Es geht um einen zweistelligen Millionenbetrag’, bestätigte er damit einen Bericht von ‚Börse Online’. Termin für die mündliche Verhandlung ist laut Rombach in der zweiten Juni-Hälfte. (...) Laut Klageschrift sollen Ende der 90er Jahre mehr als 100 Millionen Mark als ‚künstliche Erträge’ ausgewiesen worden sein. Die Ex-Vorstände des Unternehmens haben das laut ‚Börse Online’ bestritten. Die Gewinne seien durch den Warenumschlag tatsächlich realisiert worden. Die Schadenersatzforderung von Rombach gegen PwC soll sich auf 39 Millionen Euro belaufen. Die Dauer des Insolvenzverfahrens ist laut Rombach auch durch den Prozess noch völlig offen. ‚Das Vermögen der Gesellschaft wird nach wie vor verwertet’, sagte er. Das Geschäft am früheren Konzernsitz in Kranichfeld bei Weimar sowie in einer Niederlassung im hessischen Hungen sei vom früheren Vorstandschef Thomas Wolf aus der Insolvenzmasse gekauft und weitergeführt worden.“ Quelle: o. V.: Klage gegen PwC, in: www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,298629,00.html – letzter Zugriff am 28.05.2004

4.7.3.4

Auswirkungen des KonTraG im Hinblick auf die Risikoberichterstattung und das Risikomanagement

Imȱ „alten“ȱ AktGȱ (nachȱ derȱ Aktienrechtsreformȱ vonȱ 1965)ȱ gabȱ esȱ keineȱ HinweiseȱaufȱeineȱRisikoberichterstattungȱbzw.ȱaufȱMaßnahmenȱdesȱRisiȬ komanagements.ȱ Esȱ kannȱ insofernȱ auchȱ alsȱ einȱ „Schönwettergesetz“ȱ beȬ zeichnetȱ werden.ȱ Diesȱ änderteȱ sichȱ erstȱ mitȱ Inkrafttretenȱ desȱ KonTraG.ȱ §ȱ289ȱ Abs.ȱ 1ȱ HGBȱ schreibtȱ nunȱ zwingendȱ vor,ȱ dassȱ imȱ Lageberichtȱ auchȱ

232

Leitungs- und Kontrollkompetenz

aufȱ dieȱ Risikenȱ derȱ zukünftigenȱ Entwicklungȱ einzugehenȱ ist.ȱ §ȱ 91ȱ Abs.ȱ 2ȱ AktGȱfordertȱdarüberȱhinaus,ȱdassȱderȱVorstandȱgeeigneteȱMaßnahmenȱzuȱ treffenȱhat,ȱdamitȱderȱFortbestandȱderȱGesellschaftȱnichtȱdurchȱunerkannteȱ Entwicklungenȱ gefährdetȱ ist.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ schreibtȱ explizitȱ vor,ȱ dassȱ einȱ entsprechendesȱ Risikoüberwachungssystemȱ einzurichtenȱ ist,ȱ welchesȱ frühzeitigȱaufȱgefährdendeȱEntwicklungenȱaufmerksamȱmacht.ȱȱ Dasȱ Problemȱ dieserȱ Vorschriftenȱ istȱ jetztȱ jedoch,1ȱ dassȱ derȱ Begriffȱ desȱ Risikosȱ nichtȱ eindeutigȱ definiertȱ wurde.ȱ Konkretisiertȱ wurdeȱ derȱ RisikoȬ begriffȱerstȱzumȱ03.04.2001,ȱalsoȱdreiȱJahreȱnachȱInkrafttretenȱdesȱKonTraGȱ durchȱ dieȱ Regelungenȱ desȱ DRSȱ 5ȱ (Deutscherȱ RechnungslegungsȬStanȬ dard).ȱ Nachȱ DRSȱ 5.9ȱ wirdȱ Risikoȱ alsȱ dieȱ „Möglichkeitȱ vonȱ negativenȱ zuȬ künftigenȱ Entwicklungenȱ derȱ wirtschaftlichenȱ Lageȱ desȱ Konzerns“ȱ verȬ standen.ȱUnzulässigȱnachȱDRSȱ5.26ȱistȱdabeiȱeineȱSaldierungȱvonȱChancenȱ undȱ Risiken.ȱ Esȱ sindȱ detailliertȱ dieȱ Risikenȱ fürȱ dieȱ VermögensȬ,ȱ FinanzȬȱ undȱ Ertragslageȱ anzugeben.ȱ Dieseȱ Risikenȱ könnenȱ jedochȱ nachȱ bestimmȬ tenȱ Risikokategorienȱ aufgeschlüsseltȱ werden.ȱSoȱkönnenȱ z.ȱB.ȱ BranchenriȬ siken,ȱ leistungswirtschaftlicheȱ Risikenȱ oderȱ Personalrisikenȱ angegebenȱ werden.ȱInteressantȱbeiȱdieserȱBestimmungȱdesȱRisikobegriffesȱistȱjetztȱjeȬ doch,ȱ dassȱ derȱ deutscheȱ RechnungslegungsȬStandardȱ primärȱ dieȱ BerichtȬ erstattungȱüberȱdieȱRisikenȱderȱzukünftigenȱEntwicklungȱdesȱKonzernsȱimȱ Konzernlageberichtȱ regeltȱ undȱ nichtȱ dieȱ Risikoberichterstattung,ȱ wieȱ sieȱ fürȱ denȱ allgemeinenȱ Jahresabschlussȱ bzw.ȱ Lageberichtȱ gilt.ȱ NichtsdestoȬ wenigerȱ wirdȱ eineȱ entsprechendeȱ Anwendungȱ diesesȱ Risikobegriffesȱ fürȱ alleȱUnternehmenȱempfohlen.ȱ Beiȱ diesemȱ juristischȱ geprägtenȱ Risikobegriffȱ istȱ zuȱ beachten,ȱ dassȱ erȱ sichȱ nurȱ bedingtȱ mitȱ demȱ betriebswirtschaftlichenȱ Risikoverständnisȱ verȬ trägt,ȱ daȱ keineȱ Angabenȱ zuȱ denȱ Eintrittswahrscheinlichkeitenȱ gefordertȱ werden.ȱ Esȱ gehtȱ demȱ Gesetzgeberȱ lediglichȱ darum,ȱ unsichereȱ Ereignisseȱ aufzulisten.ȱDieȱfürȱbetrieblicheȱEntscheidungenȱnotwendigeȱAbschätzungȱ derȱ(zumindestȱrelativen)ȱWahrscheinlichkeitȱdesȱEintrittsȱdesȱEreignissesȱ unterbleibt.ȱEinȱderartȱeingeengtesȱRisikoverständnisȱkannȱmöglicherweiȬ seȱ damitȱ erklärtȱ werden,ȱ dassȱ eineȱ solcheȱ Abschätzungȱ derȱ WahrscheinȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱBaetge/Kirsch/Thieleȱ(2003),ȱS.ȱ732ȱff.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

233

lichkeitenȱ nurȱ schwerȱ möglichȱ ist.ȱ Aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ schreibtȱ jedochȱ derȱ Gesetzgeberȱ dieȱ Prüfungȱ einesȱ betrieblichenȱ Überwachungssystemsȱ (unterȱdenȱBedingungenȱdesȱ§ȱ317ȱAbs.ȱ4ȱHGB)ȱvor.ȱDassȱeinȱleistungsfäȬ higesȱ Überwachungssystemȱ ohneȱ dieȱ Abschätzungȱ vonȱ EintrittswahrȬ scheinlichkeitenȱ auskommt,ȱ istȱ höchstȱ zweifelhaft.ȱ Zumindestȱ dieȱ AbȬ schätzungȱ relativerȱ Wahrscheinlichkeitȱ desȱ Eintrittsȱ unterschiedlicherȱ SzenarienȱwirdȱinȱderȱRegelȱstattfinden.ȱ ZielȱimȱSinneȱeinerȱleistungsfähigenȱCorporateȱGovernanceȱmussȱesȱferȬ nerȱsein,ȱeineȱderartigeȱRisikoberichterstattungȱnichtȱnurȱfürȱdenȱLagebeȬ richtȱ zuȱ produzieren,ȱ sondernȱ einȱ integriertesȱ Risikomanagementsystemȱ zuȱ etablieren,ȱ welchesȱ quasiȱ „automatisch“ȱ dieȱ entsprechendenȱ Angabenȱ imȱ Lageberichtȱ produziert.ȱ Einȱ solchesȱ Risikomanagementsystemȱ findetȱ sichȱinȱdenȱUnternehmenȱoftmalsȱnicht.ȱDerȱRegelfallȱist,ȱdassȱmitȱderȱErȬ stellungȱdesȱRisikoberichtsȱzumȱJahresendeȱbegonnenȱwird,ȱohneȱdassȱdieȬ seȱ eineȱ systematischeȱ Einbindungȱ desȱ Risikomanagementsȱ inȱ dieȱ GeȬ schäftsprozesseȱnachȱsichȱzieht.ȱHierȱmüssteȱsichergestelltȱsein,ȱdassȱdiesesȱ Risikomanagementsystemȱ mitȱ denȱ betrieblichenȱ Prozessenȱ engȱ verzahntȱ ist.ȱ Derartigeȱ Risikoinformationenȱ solltenȱ bereitsȱ zurȱ Grundlageȱ fürȱ beȬ trieblicheȱ Entscheidungenȱ genommenȱ werdenȱ undȱ nichtȱ nurȱ fürȱ dieȱ Komplettierungȱ desȱ Lageberichtes.ȱ Risikenȱ dürfenȱ nichtȱ nurȱ erfasstȱ werȬ den,ȱsieȱmüssenȱauchȱbewertetȱundȱausgewertetȱwerden.ȱNurȱsoȱkannȱsiȬ chergestelltȱwerden,ȱdassȱdieȱbetrieblichenȱProzesseȱauchȱvorȱdemȱHinterȬ grundȱderȱexistentenȱRisikenȱadäquatȱgesteuertȱwerden.ȱDieȱRisikoberichtȬ erstattungȱimȱLageberichtȱwäreȱdannȱquasiȱnurȱnochȱeinȱ„Nebenprodukt“ȱ desȱ Risikomanagements.ȱ Dasȱ Risikomanagementȱ besitztȱ damitȱ eineȱ zentȬ raleȱ Funktionȱ fürȱ dieȱ Steuerungȱ betrieblicherȱ Entscheidungenȱ undȱ nichtȱ nurȱeineȱFunktionȱbeiȱderȱAufstellungȱdesȱLageberichtes.ȱ

234

Leitungs- und Kontrollkompetenz

DieȱSiemensȱAGȱverweistȱinȱihrerȱRisikoberichterstattungȱaufȱdieȱVerzahȬ nungȱihrerȱRisikopolitikȱmitȱanderenȱInstrumentenȱderȱGeschäftsplanungȱ undȱ gibtȱ insofernȱ Hinweiseȱ aufȱ einȱ funktionierendesȱ RisikomanagementȬ system.ȱ „Unsere Risikopolitik entspricht unserem Bestreben, nachhaltig zu wachsen und den Unternehmenswert zu steigern, wobei wir versuchen, unangemessene Risiken weitestgehend zu vermeiden oder zu steuern. Da das Risikomanagement ein integraler Bestandteil der Planung und Ausführung unserer Geschäftsstrategien ist, wird unsere Risikopolitik durch den Vorstand vorgegeben. Entsprechend der Organisations- und Verantwortungshierarchie bei Siemens sind die Zentralen, die operativen Einheiten und die Regionalgesellschaften verpflichtet, ein Risikomanagementsystem vorzuhalten, das auf ihr spezifisches Geschäft und ihre Verantwortlichkeit zugeschnitten ist und den übergreifenden Grundsätzen des Vorstands entspricht. Wir bedienen uns einer Reihe aufeinander abgestimmter Risikomanagement- und Kontrollsysteme, die uns unterstützen, Entwicklungen, die den Fortbestand des Unternehmens gefährden, frühzeitig zu erkennen. Besonderes Gewicht haben dabei unsere konzernweiten Prozesse für die strategische Unternehmensplanung und für das interne Berichtswesen. Die strategische Unternehmensplanung soll uns helfen, potenzielle Risiken lange vor wesentlichen Geschäftsentscheidungen zu berücksichtigen. Das Berichtswesen dagegen ermöglicht es uns, solche Risiken während der Durchführung und Abwicklung von Unternehmensprozessen angemessen zu überwachen. Zudem kontrolliert die Interne Revision in regelmäßigen Zeitabständen die Angemessenheit und Effizienz unseres Risikomanagementsystems. Dabei werden Mängel aufgedeckt und Maßnahmen zu deren Beseitigung initiiert. Auf diese Weise wollen wir sicherstellen, dass Vorstand und Aufsichtsrat vollständig und zeitnah über wesentliche Risiken informiert werden. Wir verweisen hierzu auf unsere ausführlichen Erläuterungen im Abschnitt „Corporate-Governance-Bericht“.“ Quelle: Siemens AG (Hrsg.): Geschäftsbericht 2008, München 2009, S. 103.

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

4.7.4

235

Auswirkungen des Deutschen CorporateGovernance-Kodex (DCGK)

ZurȱErarbeitungȱdesȱvorgeschlagenenȱKodexesȱwurdeȱimȱSeptemberȱ2001ȱ dieȱ Regierungskommissionȱ „Deutscherȱ CorporateȬGovernanceȬKodex“ȱ eingesetzt.ȱAmȱ26.02.2002ȱlegteȱdieȱKommissionȱdenȱdeutschenȱCorporateȬ GovernanceȬKodexȱ vor.ȱ Dasȱ Zielȱ ihrerȱ Arbeitȱ fasstȱ ihrȱ Vorsitzenderȱ Crommeȱwieȱfolgtȱzusammen.ȱ „Lassen Sie mich ganz zu Beginn erläutern, was das Ziel unserer Arbeit war: Wir wollen mit dem Corporate Governance-Kodex den Standort Deutschland für internationale – und nationale – Investoren attraktiver machen, in dem wir alle wesentlichen – vor allem internationalen – Kritikpunkte an der deutschen Unternehmensverfassung und -führung aufgegriffen und einer Lösung zugeführt haben. Diese Kritikpunkte sind:

x mangelhafte Ausrichtung auf Aktionärsinteressen; x duale Unternehmensverfassung mit Vorstand und Aufsichtsrat; x mangelnde Transparenz deutscher Unternehmensführung; x mangelnde Unabhängigkeit deutscher Aufsichtsräte; x und eingeschränkte Unabhängigkeit des Abschlussprüfers.“ Gerhard Cromme (Vorstand Thyssen-Krupp und Vorsitzender der Regierungskommission) bei der Vorstellung des Deutschen CorporateGovernance-Kodex

DieȱimȱKodexȱenthaltenenȱRegelungenȱsind,ȱsoweitȱsieȱüberȱdieȱgesetzliȬ chenȱ Vorschriftenȱ hinausȱ gehen,ȱ nichtȱ rechtsverbindlich.ȱ Gleichwohlȱ erȬ hofftȱsichȱdieȱRegierungskommission,ȱdassȱsichȱdieȱUnternehmenȱeinerȱBeȬ folgungȱ desȱ Kodexesȱ aufgrundȱ desȱ Drucksȱ derȱ Anlegerȱ nichtȱ entziehenȱ können.ȱ Manȱ empfahlȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ demȱ Gesetzgeberȱ eineȱ sog.ȱ Entsprechungserklärungȱ inȱ dieȱ einschlägigenȱ Gesetzeȱ mitȱ aufzunehȬ men,ȱsoȱdassȱUnternehmenȱverpflichtetȱwerdenȱzuȱerklären,ȱobȱsieȱdieȱimȱ KodexȱgemachtenȱEmpfehlungenȱumsetzenȱbzw.ȱanȱwelcherȱStelleȱsieȱdieȬ senȱ Empfehlungenȱ nichtȱ folgen.ȱ Diesȱ setzteȱ derȱ Gesetzgeberȱ mitȱ derȱ NoȬ velleȱ desȱ §ȱ161ȱ AktGȱ imȱ Rahmenȱ desȱ TransPuGȱ um.ȱ Dementsprechendȱ

236

Leitungs- und Kontrollkompetenz

wirdȱdemȱKodexȱeineȱQualitätssicherungsfunktionȱundȱeineȱKommunikaȬ tionsfunktionȱ zugesprochen.1ȱ Esȱ werdenȱ alsoȱ nichtȱ nurȱ Mindeststandardsȱ einerȱ „guten“ȱ Corporateȱ Governanceȱ definiert,ȱ sondernȱ darüberȱ hinausȱ auchȱ dieseȱ Standardsȱ potenziellenȱ Investorenȱ –ȱ vorȱ allemȱ ausȱ demȱ AusȬ landȱ–ȱkommuniziert.2ȱ DerȱDCGKȱwirdȱjährlichȱüberprüft3ȱundȱggf.ȱanȱnationaleȱundȱinternaȬ tionaleȱEntwicklungenȱangepasst.ȱErȱrichtetȱsichȱprimärȱanȱbörsennotierteȱ Unternehmen.ȱ Nichtsdestowenigerȱ wirdȱ auchȱ nichtȱ börsennotiertenȱ UnȬ ternehmenȱdieȱBeachtungȱdesȱKodexesȱempfohlen.ȱ DieȱRegelungenȱdesȱKodexesȱumfassenȱFragenȱzuȱfolgendenȱBereichen:ȱ x zumȱAktionärsrechtȱundȱzurȱHauptversammlungȱ(Tz.ȱ2ȱDCGK)ȱ x zumȱZusammenwirkenȱvonȱVorstandȱundȱAufsichtsratȱ(Tz.ȱ3ȱDCGK)ȱ x Einzelfragenȱ zuȱ Vorstandȱ undȱ Aufsichtsratȱ (u.ȱa.ȱ Aufgabenȱ undȱ ZuȬ ständigkeiten,ȱ Zusammensetzungȱ undȱ Vergütung,ȱ Interessenkonflikte,ȱ AusschussbildungȱimȱAufsichtsrat)ȱ(Tz.ȱ4ȱundȱ5ȱDCGK)ȱ x GrundsätzeȱderȱTransparenzȱ(Tz.ȱ6ȱDCGK)ȱ x AspekteȱderȱRechnungslegungȱundȱAbschlussprüfungȱ(Tz.ȱ7ȱDCGK)ȱ BeispielhaftȱseienȱanȱdieserȱStelleȱeinigeȱEinzelempfehlungenȱdesȱKodeȬ xesȱgenannt,ȱdieȱgegenüberȱderȱbisherigenȱFührungspraxisȱinȱDeutschlandȱ beachtenswerteȱNeuerungenȱdarstellen:ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱWerder/Talaulicarȱ(2003),ȱS.ȱ17ȱf.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ zumȱ Zusammenhangȱ vonȱ Unternehmenserfolgȱ undȱ DCGKȱ Bassenȱ etȱ al.ȱ (2006),ȱS.ȱ375ȱff.;ȱsowieȱGoncharov/Werner/Zimmermannȱ(2006),ȱS.ȱ432ȱff.ȱ 3ȱ Fürȱ dieȱ folgendenȱ Ausführungenȱ wirdȱ aufȱ denȱ DCGKȱ inȱ derȱ Fassungȱ vomȱ 6.ȱJuniȱ2008ȱzurückgegriffen.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

237

x EmpfehlungȱzurȱZwischenberichterstattungȱ x Aufstellungȱ desȱ Konzernabschlussesȱ undȱ derȱ Zwischenberichteȱ innerȬ halbȱvonȱ90ȱbzw.ȱ45ȱTagenȱ x keineȱ Aktienȱ mitȱ Mehrfachstimmrechten,ȱ Vorzugsstimmrechtenȱ oderȱ Höchststimmrechtenȱ x individualisierteȱOffenlegungȱderȱVergütungȱvonȱVorstandsȬȱundȱAufȬ sichtsratsmitgliedernȱ x leistungsbezogeneȱ Vergütungȱ nichtȱ nurȱ fürȱ Vorstände,ȱ sondernȱ auchȱ fürȱAufsichtsräteȱ x ForderungȱnachȱeinemȱintensivenȱZusammenwirkenȱvonȱVorstandȱundȱ Aufsichtsratȱ x Aufstellungȱ vonȱ Konzernabschlussȱ undȱ Zwischenberichtenȱ unterȱ BeȬ achtungȱinternationalȱanerkannterȱRechnungslegungsgrundsätzeȱ DieȱEmpfehlungen,ȱdieȱhierȱimȱKodexȱfestgeschriebenȱsind,ȱstellenȱdasȱ Ergebnisȱ auchȱ einesȱ Konfliktaustragungsprozessesȱ inȱ derȱ RegierungsȬ kommissionȱdar.ȱInsofernȱwerdenȱimȱRahmenȱdesȱKodexesȱdieȱEckpfeilerȱ derȱ deutschenȱ Unternehmensverfassungȱ nichtȱ angetastet.ȱ Diesȱ giltȱ insb.ȱ fürȱ dasȱ dualistischeȱ Führungsmodellȱ undȱ fürȱ dieȱ Rechnungslegungȱ deutscherȱ Unternehmen,ȱ dieȱ sichȱ amȱ TrueȬandȬFairȬViewȬPrinzipȱ orienȬ tiertȱundȱdieȱeinȱdenȱtatsächlichenȱVerhältnissenȱentsprechendesȱBildȱderȱ VermögensȬ,ȱ FinanzȬȱ undȱ Ertragslageȱ desȱ Unternehmensȱ vermittelnȱ soll.ȱ Letztlichȱistȱjedochȱnichtȱzuȱübersehen,ȱdassȱauchȱElementeȱderȱangelsächȬ sischenȱUnternehmensverfassungȱinȱdenȱKodexȱeingeflossenȱsind,ȱobwohlȱ sieȱ zumȱ Teilȱ imȱ Widerspruchȱ zurȱ deutschenȱ Gesetzgebungȱ stehen.ȱ Wennȱ z.ȱB.ȱimȱKodexȱgefordertȱwird,ȱdassȱVorstandȱundȱAufsichtsratȱzumȱWohlȱ desȱ Unternehmensȱ engȱ zusammenarbeitenȱ sollen,ȱ dannȱ verträgtȱ sichȱ dasȱ nurȱ bedingtȱ mitȱ denȱ Vorschriftenȱ desȱ Aktiengesetzes.ȱ Hierȱ schreibtȱ derȱ §ȱ111ȱ Abs.ȱ 1ȱ AktGȱ vor,ȱ dassȱ derȱ Aufsichtsratȱ dieȱ Geschäftsführungȱ desȱ Vorstandesȱ zuȱ überwachenȱ hat.ȱ Dieȱ Wahrnehmungȱ einerȱ solchenȱ KonȬ trollkompetenzȱgestaltetȱsichȱeherȱschwierig,ȱwennȱmanȱanȱderȱGeschäftsȬ führungȱbereitsȱdurchȱdieȱengeȱZusammenarbeitȱmitȱdemȱVorstandȱaktivȱ beteiligtȱist.ȱInsofernȱkannȱeineȱsolcheȱRegelungȱnurȱalsȱReflexȱaufȱdasȱmoȬ nistischeȱ Systemȱ gewertetȱ werden,ȱ inȱ welchemȱ alleȱ Boardmitgliederȱ eineȱ

238

Leitungs- und Kontrollkompetenz

einheitlicheȱ Aufgabeȱ haben,ȱ dieȱ sichȱ sowohlȱ aufȱ dieȱ UnternehmensfühȬ rungȱalsȱauchȱaufȱdieȱKontrolleȱderȱUnternehmensführungȱbezieht.ȱȱ DaȱderȱDCGKȱselbstȱnichtȱgesetzlichȱfixiertȱist,ȱbestehtȱdieȱMöglichkeit,ȱ ihnȱalsȱeinȱinnovativesȱundȱflexiblesȱInstrumentȱschnellȱanȱzukünftigeȱVerȬ änderungenȱ anzupassen.ȱ Dassȱ derartigeȱ Anpassungenȱ sicherlichȱ notwenȬ digȱ sind,ȱ zeigtȱ z.ȱB.ȱ dieȱ Empfehlungȱ zuȱ einerȱ leistungsbezogenenȱ VergüȬ tungȱderȱAufsichtsratstätigkeit.ȱDieȱvomȱdeutschenȱAktieninstitutȱundȱvonȱ Towersȱ Perrin1ȱ gemachtenȱ Empfehlungenȱ zurȱ Aufsichtsratsvergütungȱ werdenȱz.ȱB.ȱvonȱFallgatterȱhöchstȱkritischȱbewertet.2ȱDaȱdieȱvariableȱVerȬ gütungȱvonȱAufsichtsrätenȱundȱVorständenȱanȱunterschiedlichenȱBezugsȬ größenȱanzuknüpfenȱhat,ȱführt,ȱsoȱFallgatter,ȱderȱgemachteȱVorschlagȱunȬ terȱanreiztheoretischerȱPerspektiveȱzuȱkeinerȱverbessertenȱUnternehmensȬ überwachungȱdurchȱdieȱAufsichtsräte.ȱ Bereitsȱzumȱ04.06.2003ȱwurdeȱderȱKodexȱerstmalsȱüberarbeitet,ȱumȱakȬ tuelleȱ Veränderungenȱ aufzugreifen.ȱ Dieȱ wesentlichenȱ Überarbeitungenȱ findenȱsichȱhierbeiȱinȱTz.ȱ4.2ȱDCGK.ȱDieserȱAbschnittȱbeinhaltetȱAnregunȬ genȱundȱEmpfehlungenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱZusammensetzungȱundȱVerȬ gütungȱvonȱVorständen.ȱEsȱwurdeȱdieȱursprünglicheȱAnregung,ȱdieȱVorȬ standsvergütungȱ imȱ Anhangȱ desȱ Konzernabschlussesȱ individualisiertȱ zuȱ publizieren,ȱinȱdieȱEmpfehlungenȱderȱTz.ȱ4.2.4ȱDCGKȱaufgenommen.ȱFerȬ nerȱ wurdenȱ folgendeȱ Empfehlungenȱ inȱ Tz.ȱ 4.2.3ȱ DCGKȱ wieȱ folgtȱ veränȬ dert:ȱ x Esȱ müssenȱ sämtlicheȱ Vergütungsbestandteileȱ fürȱ sichȱ alleineȱ genomȬ menȱsowieȱinȱderȱSummeȱangemessenȱsein.ȱȱ x Esȱ sollȱ einȱ Indexierungȱ vonȱ Aktienoptionenȱ undȱ vergleichbarenȱ AusȬ gestaltungenȱ aufȱ anspruchsvolle,ȱ relevanteȱ Vergleichsparameterȱ erfolȬ gen.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱTowersȱPerrinȱ(2004).ȱ 2ȱ Vgl.ȱ Fallgatterȱ (2003),ȱ S.ȱ 703ȱ ff.ȱ Vgl.ȱ fernerȱ zumȱ Problemȱ derȱ AufsichtsratsȬ vergütungȱ Knoll/Knoesel/Probstȱ (1997),ȱ S.ȱ 236ȱ ff.;ȱ Ziegler/Kramarschȱ (2003),ȱ S.ȱ20ȱff.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

239

x Fürȱ außergewöhnlicheȱ nichtȱ vorhergeseheneȱ Entwicklungenȱ sollȱ derȱ AufsichtsratȱeineȱBegrenzungsmöglichkeitȱ(Cap)ȱvereinbaren.ȱ x Aufȱ derȱ Internetseiteȱ derȱ Gesellschaftȱ sollȱ inȱ allgemeinȱ verständlicherȱ Formȱ veröffentlichtȱ undȱ imȱ Geschäftsberichtȱ erläutertȱ werden,ȱ welcheȱ Grundzügeȱ dasȱ Vergütungssystemȱ aufweistȱ bzw.ȱ wieȱ dieȱ konkreteȱ AusgestaltungȱderȱlangfristigenȱvariablenȱVergütungȱaussieht.ȱ x Imȱ Geschäftsberichtȱ sollenȱ fernerȱ Angabenȱ zumȱ Wertȱ vonȱ Optionenȱ veröffentlichtȱwerden.ȱ x ÜberȱdieȱGrundzügeȱdesȱVergütungssystemsȱundȱdessenȱVeränderungȱ sollȱderȱAufsichtsratsvorsitzendeȱdieȱHauptversammlungȱinformieren.ȱ InȱseinerȱÄnderungȱvomȱ20.ȱJuliȱ2007ȱerfuhrȱderȱDCGKȱzweiȱwesentliȬ cheȱÄnderungen,ȱdieȱletztlichȱauchȱwiederȱAusdruckȱexistenterȱProblemeȱ derȱ Unternehmensführungȱ darstellen.ȱ Esȱ sindȱ diesȱ zumȱ einenȱ dieȱ AufȬ nahmeȱderȱComplianceȬPflichtȱdesȱVorstandesȱundȱzumȱanderenȱdieȱEinȬ führungȱ einesȱ AbfindungsȬCaps.ȱ Lautȱ Tz.ȱ 3.4ȱ Abs.ȱ2ȱ DCGKȱ sollȱ derȱ VorȬ standȱ denȱ Aufsichtsratȱ regelmäßig,ȱ zeitnahȱ undȱ umfassendȱ auchȱ überȱ ComplianceȬFragenȱ informieren.ȱ Unterȱ Complianceȱ wirdȱ dabeiȱ nachȱ Tz.ȱ 4.1.3ȱ DCGKȱ Folgendesȱ verstanden:ȱ „Derȱ Vorstandȱhatȱ fürȱ dieȱ Einhaltungȱ derȱ gesetzlichenȱ Bestimmungenȱ undȱ derȱ unternehmensinternenȱ RichtliȬ nienȱ zuȱ sorgenȱ undȱ wirktȱ aufȱ derenȱ Beachtungȱ durchȱ dieȱ KonzernunterȬ nehmenȱhinȱ(Compliance).“ȱInȱTz.ȱ4.2.3ȱDCGKȱwirdȱfernerȱdieȱEinführungȱ einesȱ soȱ genanntenȱ AbfindungsȬCapsȱ angeregt.ȱ Hiernachȱ solltenȱ AbfinȬ dungenȱ beiȱ einerȱ vorzeitigenȱ Auflösungȱ derȱ Vorstandsverträgeȱ zweiȱ JahȬ resvergütungenȱnichtȱübersteigen.ȱErgänzendȱzuȱdiesenȱÄnderungenȱwirdȱ fernerȱ empfohlen,ȱ einenȱ sogenanntenȱ Nominierungsausschlussȱ (Tz.ȱ 5.3.3ȱ DCGK)ȱundȱeinenȱPrüfungsausschussȱ(Tz.ȱ5.3.2ȱDCGK)ȱzuȱbilden.ȱ DieȱbeiȱDrucklegungȱdesȱBuchesȱletzteȱÄnderungȱwurdeȱimȱDCGKȱvomȱ 6.ȱ Juniȱ 2008ȱ vorgenommen.ȱ Folgendeȱ wesentlicheȱ Änderungenȱ wurdenȱ hierbeiȱvorgenommen:ȱ

240

Leitungs- und Kontrollkompetenz

x Derȱ Aufsichtsratȱ sollȱ „dasȱ Vergütungssystemȱ fürȱ denȱ Vorstandȱ einȬ schließlichȱ derȱ wesentlichenȱ Vertragselementeȱ beschließenȱ undȱ sollȱ esȱ regelmäßigȱüberprüfen.“ȱ(Tz.ȱ4.2.2ȱAbs.ȱ1ȱDCGK)ȱ x „HalbjahresȬȱundȱetwaigeȱQuartalsfinanzberichteȱsollenȱvomȱAufsichtsȬ ratȱ oderȱ seinemȱ Prüfungsausschussȱ vorȱ derȱ Veröffentlichungȱ mitȱ demȱ Vorstandȱerläutertȱwerden.“ȱ(Tz.ȱ7.1.2ȱAbs.ȱ1ȱSatzȱ2ȱDCGK)ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ weltweitenȱ Finanzkriseȱ undȱ derȱ inȱ diesemȱ ZusammenhangȱhöchstȱkontroversȱdiskutiertenȱVergütungsȬȱundȱBonisysȬ temeȱistȱesȱnichtȱunwahrscheinlichȱzuȱvermuten,ȱdassȱesȱinȱnaherȱZukunftȱ erneutȱzuȱeinerȱÄnderungȱdesȱDCGKȱkommenȱwird.ȱ Eineȱ Bewertungȱ desȱ DCGKȱ mitȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Güteȱ derȱ UnternehmensȬ führungȱfälltȱunterschiedlichȱaus.ȱSoȱzeigenȱbeispielsweiseȱGraf/Stiglbauer1ȱ inȱ ihrerȱ empirischenȱ Untersuchung,ȱ dassȱ zwischenȱ Aktiengesellschaften,ȱ dieȱ imȱ DAXȱ30ȱ gelistetȱ sind,ȱ undȱ solchen,ȱ dieȱ demȱ TecDAXȱ angehören,ȱ sichȱ signifikanteȱ Unterschiedeȱ inȱ derȱ Befolgungȱ derȱ Empfehlungenȱ desȱ DCGKȱ ergeben.ȱ Dieȱ DAXȱ30ȬUnternehmenȱ entsprechenȱ diesenȱ deutlichȱ häufiger.ȱ EinȱBlickȱaufȱdieȱAussagenȱdeutscherȱVorständeȱzeigt,ȱdassȱzuȱBeginnȱseiȬ nerȱEinführungȱderȱDCGKȱ–ȱzumindestȱaberȱeinzelneȱEmpfehlungenȱbzw.ȱ Anregungenȱ–ȱhöchstȱunterschiedlichȱbeurteiltȱwerden:ȱ „Wir werden die Gehälter [der Vorstände] nicht offen legen, so lange es irgend geht.“ Wolfgang Reitzle, Vorstandsvorsitzender der Linde AG (Quelle: Wirtschaftswoche, Nr. 25 vom 10.06.2004, S. 82.)

„[Es besteht die Gefahr einer unerwünschten] Nivellierung von Vergütungsdifferenzen“ Wolfgang Bernotat, Vorstandsvorsitzender der E.On AG (Quelle: Wirtschaftswoche, Nr. 25 vom 10.06.2004, S. 82.) ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱGraf/Stiglbauerȱ(2007),ȱS.ȱ288ȱff.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

241

„Durch ein Zuviel an Corporate-Governance-Regeln [wird] eine Wertevernichtung durch Bürokratie stattfinden.“ Max Dietrich Kley, Vorstandsvorsitzender der Infineon AG (Quelle: Wirtschaftswoche, Nr. 25 vom 10.06.2004, S. 82.)

„Eine kodexkonforme, verantwortungsvolle und transparente Unternehmensführung [wird] auf Dauer zu einer Steigerung des Unternehmenswertes [beitragen].“ Harry Roels, Vorstandsvorsitzender der RWE AG (Quelle: Wirtschaftswoche, Nr. 25 vom 10.06.2004, S. 83.)

4.7.5

Auswirkungen des TransPuG

Dasȱ TransparenzȬȱ undȱ Publizitätsgesetzȱ (TransPuG)ȱ wurdeȱ amȱ 19.07.2002ȱ verkündet.ȱ Kernpunktȱ desȱ TransPuGȱ istȱ unterȱ GovernanceȬ Gesichtspunktenȱ dieȱ rechtlicheȱ Einbindungȱ desȱ vonȱ einerȱ RegierungsȬ kommissionȱ erarbeitetenȱ DCGKȱ fürȱ börsennotierteȱ Aktiengesellschaftenȱ mittelsȱderȱsog.ȱEntsprechungserklärungȱgem.ȱ§ȱ161ȱAktGȱ(„complyȱorȱexȬ plain“).ȱDieseȱEntsprechungserklärungȱgiltȱfürȱalleȱbörsennotiertenȱGesellȬ schaftenȱ undȱ mussȱeinmalȱ jährlichȱabgegebenȱ werden.ȱ Esȱistȱ explizitȱ aufȬ zulisten,ȱinȱwelchenȱBereichenȱdenȱEmpfehlungenȱdesȱDCGKȱgefolgtȱwirdȱ bzw.ȱ inȱ welchenȱ Bereichenȱ davonȱ abgewichenȱ wird.ȱ Dieseȱ Erklärungȱ istȱ denȱAktionärenȱdauerhaftȱzugänglichȱzuȱmachen.ȱImȱDCGKȱwerdenȱEmpȬ fehlungenȱ mitȱ demȱ Modalverbȱ „soll“ȱ kenntlichȱ gemacht,ȱ beiȱ denenȱ eineȱ Abweichungȱzuȱerklärenȱist.ȱDieȱModalverbenȱ„sollte“ȱoderȱ„kann“ȱkennȬ zeichnenȱ Anregungen,ȱ beiȱ denenȱ vonȱ einerȱ Offenlegungȱ abgesehenȱ werȬ denȱkann.ȱȱ Betrachtetȱ manȱ dieȱ großenȱ deutschenȱ börsennotiertenȱ AktiengesellȬ schaften,ȱsoȱzeigtȱsich,ȱdassȱdieseȱinȱihrenȱEntsprechungserklärungenȱgem.ȱ §ȱ 161ȱ AktGȱ demȱ DCGKȱ imȱ Wesentlichenȱ folgen.ȱ Eineȱ Untersuchungȱ derȱ Entsprechungserklärungenȱ beiȱ sämtlichenȱ DAXȬȱ bzw.ȱ MDAXȬUnterȬ nehmenȱzeigt,1ȱdassȱdenȱwesentlichenȱAbschnittenȱdesȱDCGKȱentsprochenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱTowersȱPerrinȱ(2004).ȱ

242

Leitungs- und Kontrollkompetenz

wird.ȱAbweichungenȱvonȱdenȱdortigenȱEmpfehlungenȱinȱnennenswertemȱ Umfangȱgabȱesȱanfangsȱ(AuswertungȱderȱAbschlüsseȱdesȱJahresȱ2003)ȱbeiȱ folgendenȱAbschnittenȱ(GrundlageȱderȱdamalsȱgültigeȱDCGK):ȱ x Tz.ȱ4.2.2ȱDCGK:ȱDerȱKodexȱempfiehltȱhier,ȱdassȱdieȱVorstandsverträgeȱ undȱdieȱStrukturȱdesȱVergütungssystemsȱfürȱdenȱVorstandȱimȱgesamȬ tenȱAufsichtsratȱberatenȱundȱregelmäßigȱüberprüftȱwerdenȱsollen.ȱVonȱ dieserȱ Regelungȱ weichenȱ eineȱ nennenswerteȱ Zahlȱ vonȱ Unternehmenȱ ab.ȱSieȱweisenȱdieseȱAufgabenȱmeistȱnurȱihremȱPräsidialausschussȱzu.ȱ Dasȱ Ergebnisȱ wirdȱ nichtȱ imȱ Aufsichtsratȱ insgesamtȱ diskutiert.ȱ Daȱ imȱ Präsidialausschussȱ desȱ Aufsichtsratesȱ imȱ Regelfallȱ auchȱ dieȱ Vertreterȱ derȱ Arbeitnehmerseiteȱ sitzen,ȱ istȱ hierȱ nichtȱ nachzuvollziehen,ȱ warumȱ einigeȱUnternehmenȱdenȱEmpfehlungenȱderȱTz.ȱ4.2.2ȱDCGKȱnichtȱentȬ sprechen.ȱ x Tz.ȱ 4.2.3ȱ DCGK:ȱ Dieȱ Abweichungenȱ vonȱ diesemȱ Abschnittȱ desȱ Kodexȱ beziehenȱ sichȱ imȱ Regelfallȱ sämtlichȱ aufȱ dieȱ Indexierungȱ derȱ variablenȱ VergütungspläneȱdesȱVorstandes.ȱEsȱgibtȱhierȱAktiengesellschaften,ȱdieȱ prinzipiellȱ überȱ keineȱ derartigenȱ Optionspläneȱ verfügen.ȱ Einȱ andererȱ Teilȱargumentiert,ȱdassȱesȱinternationalȱunüblichȱwäre,ȱAktienoptionsȬ pläneȱmitȱeinemȱErfolgszielȱzuȱverbinden.ȱ x Tz.ȱ4.2.4ȱundȱ4.2.5ȱDCGK:ȱDerȱKernȱdieserȱEmpfehlungȱrichtetȱsichȱdarȬ auf,ȱ dieȱ Vergütungȱ derȱ Vorstandsmitgliederȱ individualisiertȱ imȱ AnȬ hangȱ desȱ Konzernabschlussesȱ zuȱ veröffentlichen.ȱ Dieserȱ Empfehlungȱ wirdȱ vonȱ einemȱ Teilȱ derȱ Unternehmenȱ nichtȱ nachgekommen.ȱ Esȱ werȬ denȱ hierfürȱ unterschiedlicheȱ Erklärungenȱ abgegeben.ȱ Zumȱ Beispiel,ȱ dassȱdieȱIndividualisierungȱderȱGehälterȱdenȱPersönlichkeitsschutzȱundȱ damitȱdieȱPrivatsphäreȱderȱVorstandsmitgliederȱgefährdet.ȱDarüberȱhiȬ nausȱwirdȱdaraufȱverwiesen,ȱdassȱdieȱAngabeȱderȱGesamtvergütungȱanȱ alleȱVorstandsmitgliederȱausreichendȱist,ȱumȱzuȱbeurteilen,ȱobȱdieȱVorȬ standsgehälterȱangemessenȱsind.ȱȱ x Tz.ȱ5.4.5ȱDCGK:ȱDerȱKernȱdieserȱEmpfehlungȱrichtetȱsichȱdarauf,ȱdassȱ analogȱzuȱderȱVergütungȱderȱVorständeȱauchȱdieȱVergütungȱderȱAufȬ sichtsratsmitgliederȱ individualisiertȱ imȱ Anhangȱ desȱ KonzernabschlusȬ sesȱausgewiesenȱwerdenȱsoll.ȱAuchȱhierȱfindenȱsichȱUnternehmen,ȱdieȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

243

mitȱ ähnlicherȱ Argumentationȱ wieȱ obenȱ dieserȱ Empfehlungȱ nichtȱ entȬ sprechen.ȱȱ x Tz.ȱ6.6ȱDCGK:ȱDieseȱEmpfehlungȱbeziehtȱsichȱaufȱdieȱAngabeȱvonȱAkȬ tientransaktionenȱvonȱOrganmitgliedernȱundȱihnenȱnaheȱstehendeȱPerȬ sonen.ȱ Diejenigenȱ Unternehmen,ȱ dieȱ vonȱ dieserȱ Empfehlungȱ abweiȬ chen,ȱ verzichtenȱ darauf,ȱ entsprechendeȱ Aktientransaktionenȱ imȱ AnȬ hangȱ desȱ Konzernabschlussesȱ zuȱ veröffentlichen.ȱ Nichtsdestowenigerȱ entsprechenȱdieseȱUnternehmenȱdenȱgesetzlichenȱForderungenȱdesȱ§ȱ15ȱ WpHG.ȱȱ Trotzȱ dieserȱ anfänglichenȱ Abweichungenȱ vonȱ denȱ Empfehlungenȱ desȱ DCGKȱmussȱfestgestelltȱwerden,ȱdassȱderȱüberwiegendeȱAnteilȱderȱgroßenȱ deutschenȱ börsennotiertenȱ Aktiengesellschaftenȱ denȱ Empfehlungenȱ desȱ DCGKȱentspricht.ȱȱ VonȱdiesenȱAbweichungenȱstehtȱsicherlichȱdieȱOffenlegungȱderȱindiviȬ dualisiertenȱ Vorstandsvergütungenȱ imȱ Zentrumȱ derȱ Kritik.ȱ Daȱ derȱ GeȬ setzgeberȱinȱdiesemȱPunktȱnichtȱweiterȱaufȱdenȱEmpfehlungscharakterȱdesȱ DCGKȱ bauenȱ wollte,ȱ wurdeȱ imȱ Maiȱ 2005ȱ dasȱ „Gesetzȱ überȱ dieȱ OffenleȬ gungȱ derȱ Vorstandsvergütungen“ȱ (VorstOG)ȱ beschlossen.ȱ Diesesȱ schreibtȱ verpflichtendȱvor,ȱdassȱfürȱjedesȱeinzelneȱVorstandsmitgliedȱeinerȱbörsenȬ notiertenȱ Aktiengesellschaftȱ dieȱ gesamtenȱ Bezügeȱ (aufgeschlüsseltȱ nachȱ Vergütungsbestandteilen)ȱunterȱNamensnennungȱanzugebenȱsindȱ(NovelȬ lierungȱdesȱ§ȱ285ȱSatzȱ1ȱNr.ȱ9ȱHGB).ȱAllerdingsȱkönnenȱAktionäreȱmitȱeiȬ nerȱ¾ȬMehrheitȱdesȱvertretenenȱGrundkapitalsȱvonȱderȱsoȱgenanntenȱ„OpȬ tingȬOutȬKlausel“ȱ Gebrauchȱ machen,ȱ wonachȱ fürȱ maximalȱ fünfȱ Jahreȱ aufȱ dieȱ individualisierteȱ Offenlegungȱ derȱ Vorstandsbezügeȱ verzichtetȱ wirdȱ (Novellierungȱ desȱ §ȱ286ȱ Abs.ȱ4ȱ HGB).ȱ Kommtȱ einȱ solcherȱ Beschlussȱ zuȬ stande,ȱsoȱstehtȱzuȱvermuten,ȱdassȱdiesȱvorȱallemȱaufȱAntragȱdominanterȱ Großaktionäreȱerfolgt.ȱDaȱdieseȱmeistȱauchȱimȱAufsichtsratȱvertretenȱsind,ȱ liegtȱ ihnenȱ dieseȱ Informationȱ inȱ derȱ Regelȱ vor.ȱ Lediglichȱ dieȱ „nichtȬ investierte“ȱÖffentlichkeitȱoderȱaberȱKleinaktionäreȱsindȱhierbeiȱnurȱeingeȬ schränktȱinformiert.ȱ

244

Leitungs- und Kontrollkompetenz

NebenȱdieserȱzentralenȱVorschriftȱdesȱ§ȱ161ȱAktGȱwerdenȱimȱTransPuGȱ weitereȱ Empfehlungenȱ derȱ Regierungskommission,ȱ dieȱ zuȱ einerȱ Reformȱ desȱAktienȬȱundȱBilanzrechtsȱsowieȱzuȱgrößererȱTransparenzȱundȱPubliziȬ tätȱbeitragenȱsollen,ȱumgesetzt.ȱImȱEinzelnenȱsindȱhierbeiȱfolgendeȱAspekȬ teȱzuȱerwähnen:ȱ x Stärkungȱ derȱ Rechteȱ desȱ Aufsichtsrates,ȱ derȱ künftigȱ vomȱ Vorstandȱ darüberȱ unterrichtetȱ werdenȱ muss,ȱ inwieweitȱ dieȱ GeschäftsentwickȬ lungȱvonȱderȱzugrundeȱliegendenȱPlanungȱabweichtȱ(§ȱ90ȱAbs.ȱ1ȱZiff.ȱ1ȱ AktG).ȱFernerȱistȱdemȱAufsichtsratȱregelmäßigȱüberȱdieȱArbeitȱderȱAufȬ sichtsratsausschüsseȱ zuȱ berichtenȱ (§ȱ 107ȱ Abs.ȱ 3ȱ Satzȱ 3ȱ AktG).ȱ Fernerȱ sindȱ mindestensȱ vierȱ Aufsichtsratssitzungenȱ (zweiȱ proȱ Halbjahr)ȱ durchzuführenȱ(§ȱ110ȱAbs.ȱ3ȱAktG).ȱȱȱ x Nebenȱ derȱ Barausschüttungȱ istȱ jetztȱ auchȱ dieȱ Sachdividendeȱ inȱ Formȱ vonȱWertpapierenȱzugelassenȱ(§ȱ179ȱAbs.ȱ2ȱZiff.ȱ2ȱAktG).ȱ x Gesellschaftenȱbesitzenȱnachȱ§ȱ118ȱAbs.ȱ3ȱAktGȱjetztȱeinȱWahlrechtȱimȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Formȱ derȱ Öffentlichkeit,ȱ dieȱ sieȱ beiȱ derȱ HauptverȬ sammlungȱanstreben.ȱInȱdiesemȱZusammenhangȱistȱinsb.ȱdieȱTonȬȱundȱ BildübertragungȱderȱHauptversammlungȱvonȱBedeutung.ȱȱ x DieȱBerichtspflichtȱdesȱAbschlussprüfersȱnachȱ§ȱ321ȱAktGȱwirdȱdahinȬ gehendȱ angepasst,ȱ dassȱ überȱ Beanstandungen,ȱ dieȱ nichtȱ zuȱ einerȱ EinȬ schränkungȱoderȱVersagungȱdesȱBestätigungsvermerkesȱgeführtȱhaben,ȱ aberȱ fürȱ dieȱ Überwachungȱ desȱ geprüftenȱ Unternehmensȱ gleichwohlȱ vonȱBedeutungȱsind,ȱzuȱberichtenȱist.ȱ x BeiȱallenȱbörsennotiertenȱGesellschaftenȱistȱnachȱ§ȱ91ȱAbs.ȱ2ȱAktGȱdasȱ einzurichtendeȱRisikofrüherkennungssystemȱebenfallsȱGegenstandȱderȱ Jahresabschlussprüfung.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

245

DassȱdieȱRegelnȱzurȱCorporateȱGovernanceȱwohlȱeherȱZwangȱalsȱFreiwilȬ ligkeitȱdarstellen,ȱzeigtȱeineȱUntersuchungȱvonȱPricewaterhouseCoopers:ȱ „Zwar hat die Einführung von Richtlinien für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung das Risikomanagement börsennotierter Unternehmen weltweit verbessert. Die Mehrheit der Topmanager aber sieht die Erfüllung der Corporate-Governance-Regeln als lästige Pflicht, um Ärger mit Aufsichtsbehörden zu vermeiden. Die eigentlichen Ziele, mehr Transparenz, besseres Management und stärkerer Dialog mit wichtigen Interessengruppen, werden kaum beachtet. Das belegt eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers unter mehr als 200 Unternehmen weltweit.“ Quelle: Katzensteiner, T. (Red.): Lästige Pflichtübung, in: Wirtschaftswoche, Nr. 19 vom 29.04.2004, S. 80.

4.7.6

Auswirkungen des BilReG/BilKoG

„Mit dem Strom zu schwimmen fällt ihnen in Deutschland auch deshalb leicht, weil ihre zivilrechtliche Haftung hier anders als in vielen Ländern per Gesetz auf vier Millionen Euro pro Fall begrenzt ist. IN den USA müssen Prüfunternehmen bei gravierenden Fehlern mit bis zu dreistelligen Millionensummen haften. Das kostete Arthur Andersen Ende 2001 nach der Enron-Pleite die Existenz.“ Quelle: Welp, C./Leendertse, J.: Konflikt der Interessen, in: Wirtschaftswoche, Nr. 47 vom 19.11.2007, S. 112 - 116, hier S. 114.

Amȱ 29.ȱ Oktoberȱ 2004ȱ wurdenȱ dasȱ Bilanzrechtsreformgesetzȱ (BilReG)ȱ undȱdasȱBilanzkontrollgesetzȱ(BilKoG)ȱvomȱBundestagȱverabschiedet.ȱBeiȬ deȱGesetzeswerkeȱtretenȱzumȱ1.ȱJanuarȱ2005ȱinȱKraft.ȱImȱZugeȱderȱDiskusȬ sionȱ derȱ Corporateȱ Governanceȱ sindȱ zweiȱ Änderungenȱ vonȱ besondererȱ Bedeutung:ȱDieȱ Stärkungȱ derȱ Unabhängigkeitȱ derȱAbschlussprüferȱ sowieȱ dieȱSchaffungȱeinesȱneuenȱBilanzkontrollverfahrens.ȱȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ Empfehlungenȱ derȱ deutschenȱ CorporateȬ GovernanceȬKommissionȱ undȱ derȱ EUȬKommissionsempfehlungȱ zurȱ Unabhängigkeitȱ derȱ Abschlussprüferȱ wurdeȱ imȱ Zugeȱ desȱ BilReGȱ dieȱ

246

Leitungs- und Kontrollkompetenz

UnabhängigkeitȱderȱWirtschaftsprüferȱbeiȱderȱAbschlussprüfungȱnachhalȬ tigȱgestärkt.ȱEsȱsollteȱinsbesondereȱgesichertȱwerden,ȱdassȱderȱWirtschaftsȬ prüferȱ nichtȱ nebenȱ derȱ Abschlussprüfungȱ auchȱ nochȱ Interessenvertreterȱ desȱzuȱprüfendenȱUnternehmensȱist.ȱȱ Fernerȱ sollȱ ausgeschlossenȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ Abschlussprüfungȱ sichȱ nichtȱaufȱvorangegangeneȱDienstleistungenȱdesȱWirtschaftsprüfersȱrichtetȱ (Selbstprüfungsverbot).ȱ Dieȱ entsprechendenȱ gesetzlichenȱ Regelungenȱ finȬ denȱ sichȱ imȱ novelliertenȱ §ȱ319ȱ HGBȱ sowieȱ imȱ neuȱ geschaffenenȱ §ȱ319ȱaȱ HGB.ȱVonȱderȱAbschlussprüfungȱistȱdanachȱeinȱWirtschaftsprüferȱauszuȬ schließen,ȱ wennȱ aufgrundȱ geschäftlicher,ȱ finanziellerȱ oderȱ persönlicherȱ Beziehungenȱ dieȱ Besorgnisȱ derȱ Befangenheitȱ bestehtȱ (§ȱ319ȱ Abs.ȱ 2ȱ HGB).ȱ Eineȱ solcheȱ Abhängigkeitȱ istȱ nachȱ §ȱ319ȱ Abs.ȱ 3ȱ HGBȱ insbesondereȱ beimȱ VorliegenȱfolgenderȱSachverhalteȱzuȱvermuten:ȱ x BesitzȱvonȱAnteilenȱanȱderȱzuȱprüfendenȱGesellschaft,ȱ x gesetzlicherȱVertreter,ȱArbeitnehmerȱoderȱAufsichtsratsmitgliedȱdesȱzuȱ prüfendenȱUnternehmens,ȱ x MitwirkungȱanȱderȱBuchhaltung,ȱderȱAufstellungȱdesȱJahresabschlussesȱ oderȱderȱinternenȱRevisionȱdesȱzuȱprüfendenȱUnternehmens.ȱ Besondereȱ Gründeȱ desȱ Ausschlussesȱ desȱ Wirtschaftsprüfersȱ vonȱ derȱ Abschlussprüfungȱliegenȱnachȱ§ȱ319ȱaȱAbs.ȱ1ȱHGBȱinsbesondereȱvor,ȱwennȱ x mehrȱ alsȱ 15ȱ Prozentȱ derȱ Gesamteinnahmenȱ desȱ Abschlussprüfersȱ inȱ denȱ letztenȱ fünfȱ Jahrenȱ vonȱ derȱ zuȱ prüfendenȱ Kapitalgesellschaftȱ stammen.ȱ UnterȱUnternehmensverfassungsgesichtspunktenȱtragenȱdieseȱRegelunȬ genȱ insofernȱ dazuȱ bei,ȱ dieȱ Wahrnehmungȱ derȱ Kontrollkompetenzenȱ desȱ Abschlussprüfersȱzuȱstärken.ȱInteressenkonflikteȱsollenȱzumindestȱteilweiȬ seȱvermiedenȱwerden.ȱObȱjedochȱsomitȱeineȱvollständigeȱUnabhängigkeitȱ desȱ Abschlussprüfersȱ vomȱ zuȱ prüfendenȱ Unternehmenȱ sichergestelltȱ ist,ȱ lässtȱsichȱnurȱschwerȱbeantworten.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

247

DassȱentsprechendeȱRegelungen,ȱwieȱsieȱderȱ§ȱ319ȱundȱderȱ§ȱ319ȱaȱHGBȱ vorsehen,ȱhöchstwahrscheinlichȱnochȱnichtȱdieȱQualitätȱderȱAbschlussprüȬ fungȱ garantieren,ȱ istȱ wohlȱ auchȱ demȱ Gesetzgeberȱ bewusst.ȱ Andersȱ istȱ esȱ nichtȱ zuȱ erklären,ȱ dassȱ mitȱ demȱ BilKoGȱ eineȱ neueȱ Institutionȱ geschaffenȱ wird,ȱdieȱsichȱderȱQualitätssicherungȱderȱAbschlussprüfungȱannimmt.ȱ Dasȱ BilKoGȱ führtȱ einȱ zweistufigesȱ „EnforcementȬVerfahren“ȱ ein,ȱ welȬ chesȱzumȱZielȱhat,ȱdieȱRechtmäßigkeitȱgeprüfterȱUnternehmensabschlüsseȱ zuȱ kontrollieren.ȱ Diesesȱ Verfahrenȱ sollȱ fürȱ alleȱ kapitalmarktorientiertenȱ Unternehmen1ȱabȱdemȱ1.ȱJuliȱ2005ȱgelten.ȱȱ x InȱeinerȱerstenȱStufeȱwirdȱeineȱprivatrechtlichȱorganisierteȱPrüfstelleȱfürȱ Rechnungslegungȱ tätig,ȱ wennȱ Hinweiseȱ aufȱ Unregelmäßigkeitenȱ oderȱ Fehlerȱ beiȱ derȱ Aufstellungȱ desȱ Jahresabschlussesȱ bestehen.ȱ Hierzuȱ wurdeȱamȱ14.ȱMaiȱ2004ȱdieȱ„DeutscheȱPrüfstelleȱfürȱRechnungslegungȱ (DPR)ȱe.ȱV.“ȱgegründet.ȱȱ x Verweigertȱ einȱ Unternehmenȱ dieȱ Zusammenarbeitȱ mitȱ derȱ Prüfstelle,ȱ soȱgehtȱinȱeinerȱzweitenȱStufeȱdieȱPrüfkompetenzȱaufȱdieȱBundesanstaltȱ fürȱFinanzdienstleistungsaufsichtȱ(BaFin)ȱüber.ȱDieȱPrüfungȱkannȱjetztȱ mitȱhoheitlichenȱMittelnȱdurchgesetztȱwerden.ȱȱ Obȱeinȱsolchesȱ„EnforcementȬVerfahren“ȱtatsächlichȱzuȱeinerȱqualitativȱ hochwertigerenȱAufstellungȱderȱJahresabschlüsseȱführt,ȱkannȱzurzeitȱnochȱ nichtȱabschließendȱbeurteiltȱwerden.2ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Esȱ sindȱ hierȱ diejenigenȱ Unternehmenȱ gemeint,ȱ derenȱ Wertpapiereȱ anȱ einerȱ deutschenȱ Börseȱ zumȱ Handelȱ imȱ amtlichenȱ oderȱ geregeltenȱ Marktȱ zugelassenȱ sind.ȱ 2ȱ Vgl.ȱweiterführendȱhierzuȱauchȱBaetge/Thiele/Matenaȱ(2004),ȱS.ȱ201ȱff.ȱ

248

Leitungs- und Kontrollkompetenz

4.7.7

Auswirkungen des VorstOG

„Der Weihnachtsmann kam in diesem Jahr schon im November zu Wendelin Wiedeking: Weil der Porsche-Chef den Eigentümern des Sportwagenbauers einen Rekordgewinn von 5,9 Milliarden Euro präsentierte, überwiesen die ihm zusätzlich zu seinem stattlichen Gehalt von sieben Millionen Euro im Jahr noch eine satte Gewinnbeteiligung von 53 Millionen. Damit ist Wiedeking nicht nur der höchstbezahlte Angestellte Deutschlands, sondern auch einer der am besten entlohnten Unternehmenslenker weltweit – und damit Symbolfigur in der mit immer härteren Bandagen geführten Debatte um die Gehälter der Top-Manager hierzulande.“ Quelle: Klesse, H.-J./Voss, O.: Fremder Leute Geld, in: Wirtschaftswoche, Nr. 51 vom 17.12.2007, S. 78 - 86, hier S. 78.

Amȱ 3.ȱ Augustȱ 2005ȱ wurdeȱ dasȱ VorstandsvergütungsȬOffenlegungsȬ gesetzȱ(VorstOG)ȱverabschiedet.ȱEsȱkannȱalsȱeinȱReflexȱaufȱdieȱnichtȱerfolgȬ reicheȱUmsetzungȱderȱNormȱdesȱDCGKȱzurȱfreiwilligenȱOffenlegungȱderȱ Vorstandsbezügeȱ verstandenȱ werden.ȱ Daȱ einȱ Großteilȱ derȱ deutschenȱ UnȬ ternehmenȱdieserȱAngabeȱnichtȱnachgekommenȱist,ȱsahȱsichȱderȱGesetzgeȬ berȱ gezwungen,ȱ einȱ eigenständigesȱ Gesetzeswerkȱ zuȱ schaffen:ȱ dasȱ VorȬ stOG.ȱ Mitȱ denȱ Vorschriftenȱ desȱ VorstOGȱ wirdȱ dieȱ Kontrollkompetenzȱ derȱ Hauptversammlungȱ durchȱ eineȱ verbesserteȱ Informationsversorgungȱ geȬ stärkt.ȱDieȱHauptversammlungȱsollȱinȱdieȱLageȱversetztȱwerdenȱzuȱprüfen,ȱ obȱ derȱ Aufsichtsratȱ dieȱ Vergütungȱ derȱ Vorständeȱ „angemessen“ȱ festgeȬ setztȱ hat.ȱ Dieȱ entsprechendenȱ gesetzlichenȱ Regelungenȱ findenȱ sichȱ unterȱ denȱsonstigenȱPflichtangabenȱdesȱ§ȱ285ȱHGB.ȱ§ȱ285ȱSatzȱ1ȱNr.ȱ9ȱBuchstabeȱ aȱHGBȱführtȱhierȱsehrȱdetailliertȱaus,ȱdassȱpersonenindividuellȱdieȱgewährȬ tenȱGesamtbezüge,ȱd.ȱh.ȱ x x x x x x

Gehälter,ȱ Gewinnbeteiligungen,ȱ BezugsrechteȱundȱsonstigeȱaktienbasierteȱVergütungen,ȱ Aufwandsentschädigungen,ȱ Versicherungsentgelteȱsowieȱ ProvisionenȱundȱNebenleistungenȱjederȱArtȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

249

anzugebenȱsind.ȱInȱdieȱGesamtbezügeȱsindȱauchȱnichtȱausgezahlteȱBezügeȱ einzurechnen,ȱ dieȱ inȱ Ansprücheȱ andererȱ Artȱ gewandeltȱ oderȱ zurȱ ErhöȬ hungȱ andererȱ Ansprücheȱ verwendetȱ werden.ȱ Fernerȱ sindȱ Bezugsrechteȱ undȱandereȱaktienbasierteȱVergütungenȱanzugeben.ȱ DieȱzentraleȱNeuerungȱdesȱVorstOGȱbeziehtȱsichȱdabeiȱwenigerȱaufȱdieȱ detaillierteȱAuflistungȱderȱBezügeȱalsȱvielmehrȱaufȱdieȱForderung,ȱdassȱdeȬ rartigeȱ Angabenȱ fürȱ jedesȱ einzelneȱ Vorstandsmitgliedȱ zuȱ erfolgenȱ haben.ȱ ImȱGegensatzȱzuȱdenȱMitgliedernȱimȱAufsichtsratȱoderȱBeiratȱfordertȱ§ȱ285ȱ Satzȱ1ȱNr.ȱ9ȱBuchstabeȱaȱHGBȱbeiȱeinerȱbörsennotiertenȱAktiengesellschaftȱ explizit,ȱ dassȱ „unterȱ Namensnennungȱ dieȱ Bezügeȱ jedesȱ VorstandsmitȬ glieds,ȱ aufgeteiltȱ nachȱ erfolgsunabhängigenȱ undȱ erfolgsbezogenenȱ KomȬ ponentenȱsowieȱKomponentenȱmitȱlangfristigerȱAnreizwirkungȱgesondertȱ anzugebenȱ [sind].ȱ Diesȱ giltȱ auchȱ fürȱ Leistungen,ȱ dieȱ demȱ VorstandsmitȬ gliedȱfürȱdenȱFallȱderȱBeendigungȱseinerȱTätigkeitȱzugesagtȱwordenȱsind.“ȱ DieȱsoȱgewählteȱAufteilungȱderȱAngabenȱorientiertȱsichȱfolglichȱanȱdenȱ Empfehlungenȱ desȱ DCGK.ȱ Allerdingsȱ handelteȱ esȱ sichȱ dortȱ imȱ Prinzipȱ nochȱumȱeineȱfreiwilligeȱAngabe.ȱInteressantȱistȱinȱdiesemȱZusammenhangȱ ferner,ȱ dassȱ derȱ Gesetzgeberȱ dasȱ VorstOGȱ auchȱ dazuȱ genutztȱ hat,ȱ denȱ WertansatzȱfürȱAktienoptionenȱzuȱregeln.ȱSieȱsindȱmitȱdemȱbeizulegendenȱ Zeitwertȱ zumȱ Zeitpunktȱ ihrerȱ Gewährungȱ anzugeben,ȱ wobeiȱ „spätereȱ Wertveränderungen,ȱdieȱaufȱeinerȱÄnderungȱderȱAusübungsbedingungenȱ beruhen,ȱzuȱberücksichtigen“ȱsind.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ hatȱ insofernȱ dieȱ Informationskompetenzȱ derȱ HauptȬ versammlungȱ deutlichȱ gestärkt.ȱ Dieȱ Individualisierungȱ derȱ BezügeveröfȬ fentlichungȱ führtȱ dazu,ȱ dassȱ insbesondereȱ Unterschiedeȱ zwischenȱ denȱ Vergütungenȱ einzelnerȱ Vorstandsmitgliederȱ jetztȱ offenȱ liegen.ȱ Jetztȱ kannȱ nichtȱnurȱeinȱindividuellerȱPerformanceȬVergleichȱ–ȱzumindestȱtheoretischȱ –ȱdurchgeführtȱwerden.ȱEsȱkannȱvielmehrȱauchȱderȱAufsichtsratȱdahingeȬ hendȱ kontrolliertȱ werden,ȱ obȱ erȱ angemesseneȱ Vergütungsvereinbarungenȱ mitȱ denȱ einzelnenȱ Vorständenȱ getroffenȱ hat.ȱ Entsprechendȱ führtȱ diesȱ neȬ benȱ derȱ obenȱ bereitsȱ angesprochenenȱ Stärkungȱ derȱ InformationskompeȬ tenzȱ auchȱzuȱ einerȱ Stärkungȱ derȱ Kontrollkompetenzȱ derȱ HauptversammȬ lungȱundȱdamitȱderȱAktionäreȱgegenüberȱdemȱAufsichtsrat.ȱ

250

Leitungs- und Kontrollkompetenz

Zuȱ einerȱ solchenȱ Stärkungȱ derȱ Kompetenzenȱ gehörtȱ jetztȱ aberȱ auch,ȱ dassȱdieȱHauptversammlungȱdieȱFreiheitȱhat,ȱaufȱdieseȱFormȱderȱOffenleȬ gungȱ zuȱ verzichten.ȱ Derȱ §ȱ286ȱ Abs.ȱ5ȱ HGBȱ wirdȱ dahingehendȱ geändert,ȱ dassȱdieȱHauptversammlungȱmitȱeinerȱ¾ȬMehrheitȱbeschließenȱkann,ȱdassȱ aufȱ eineȱ individualisierteȱ Veröffentlichungȱ derȱ Vorstandsbezügeȱ verzichȬ tetȱ wird.ȱ Inwieweitȱ vonȱ einerȱ solchenȱ Regelungȱ Gebrauchȱ gemachtȱ wird,ȱ lässtȱ sichȱ aktuellȱ nurȱ schwerȱ abschätzen.ȱ Esȱ istȱ jedochȱ zuȱ vermuten,ȱ dassȱ insbesondereȱbörsennotierteȱAktiengesellschaftenȱmitȱwenigenȱGroßaktioȬ närenȱ sichȱ dieserȱ Regelungȱ bedienenȱ werden,ȱ zumalȱ ihnenȱ imȱ Regelfallȱ ganzȱandereȱMöglichkeitenȱderȱInformationȱundȱKontrolleȱzurȱVerfügungȱ stehen.ȱ

4.7.8

Auswirkungen des UMAG

Imȱ Septemberȱ 2005ȱ istȱ dasȱ „Gesetzȱ zurȱ Unternehmensintegritätȱ undȱ Modernisierungȱ desȱ Anfechtungsrechts“ȱ (UMAG)ȱ imȱ Bundesgesetzblattȱ verkündetȱ worden.ȱ Esȱ stelltȱ quasiȱ eineȱ Weiterentwicklungȱ desȱ TransPuGȱ sowieȱ derȱ Empfehlungenȱ derȱ „CrommeȬKommission“ȱ dar.ȱ Dasȱ Gesetzȱ konzentriertȱsichȱaufȱfolgendeȱBereiche:ȱ x DieȱHaftungȱderȱFührungsorganeȱeinerȱAktiengesellschaft.ȱ x Dieȱ Durchführungȱ einerȱ Anfechtungsklageȱ gegenȱ Beschlüsseȱ einerȱ HauptversammlungȱderȱAG.ȱ x Denȱ Nachweisȱ derȱ Berechtigungȱ zurȱAnmeldungȱ zurȱ HauptversammȬ lungȱderȱAG.ȱ Mitȱ diesenȱ Aspektenȱ verändertȱ derȱ Gesetzgeberȱ dieȱ RahmenbedingunȬ genȱfürȱbörsennotierteȱAktiengesellschaftenȱmitȱdemȱZielȱeinerȱverbesserȬ tenȱ Corporateȱ Governance,ȱ indemȱ dieȱ denȱ einzelnenȱ Interessengruppenȱ zugewiesenenȱMachtpotenzialeȱverändertȱwerden.ȱGestärktȱwurdenȱinsbeȬ sondereȱdieȱMinderheitenrechteȱderȱAktionäre.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

4.7.8.1

251

Auswirkungen des UMAG im Hinblick auf die Haftung der Führungsorgane

Beiȱ derȱ Neuregelungȱ derȱ Haftungȱ derȱ Führungsorganeȱ stehtȱ nichtȱ dieȱ VerschärfungȱderȱHaftungȱimȱZentrumȱderȱReform,ȱsondernȱvielmehrȱdieȱ Erleichterungȱ derȱ Klagedurchsetzungȱ fürȱ Minderheitsaktionäreȱ (§ȱ148ȱ AktG),ȱwasȱletztlichȱaufȱindirektemȱWegeȱdieȱHaftungȱinsofernȱverschärft,ȱ alsȱ esȱ jetztȱ wahrscheinlicherȱ wird,ȱ dassȱ Führungsorganeȱ auchȱ tatsächlichȱ zurȱHaftungȱherangezogenȱwerden.ȱEsȱkommtȱalsoȱzuȱeinerȱStärkungȱderȱ Kontrollkompetenzȱ derȱ Minderheitenȱ inȱ derȱ Hauptversammlung.ȱ Damitȱ dieseȱErleichterungȱnunȱaberȱnichtȱmissbrauchtȱwird,ȱmussȱdasȱzuständigeȱ Landgerichtȱ dieȱ Zulässigkeitȱ derȱ Klageȱ feststellen.ȱ Dieȱ Voraussetzungenȱ hierfürȱregeltȱ§ȱ148ȱAbs.ȱ1ȱSatzȱ2ȱAktG.ȱDasȱGerichtȱhatȱdieȱKlageȱzuzulasȬ sen,ȱwennȱ x dieȱAktionäreȱnachweisen,ȱdassȱsieȱihreȱAktienȱschonȱlängerȱhaltenȱalsȱ sieȱKenntnisȱvonȱdenȱbehauptetenȱPflichtverstößenȱhabenȱkonnten,ȱ x dieȱ Aktionäreȱ nachweisen,ȱ dassȱ sieȱ dieȱ Gesellschaftȱ bereitsȱ vergeblichȱ aufgefordertȱhaben,ȱselbstȱKlageȱzuȱerheben,ȱ x dieȱ Aktionäreȱ Indizienȱ geltendȱ machenȱ können,ȱ dieȱ denȱ Verdachtȱ rechtfertigen,ȱ dassȱ derȱ Gesellschaftȱ durchȱ Unredlichkeitȱ oderȱ grobeȱ VerletzungȱdesȱGesetzesȱoderȱderȱSatzungȱSchadenȱentstandenȱist,ȱundȱ schließlichȱ x durchȱ dieȱ Geltendmachungȱ desȱ Ersatzanspruchesȱ keineȱ überwiegenȬ denȱGründeȱdesȱGesellschaftswohlsȱentgegenstehen.ȱ UnterstütztȱwirdȱdiesesȱVerfahrenȱderȱKlagezulassungȱauchȱdurchȱeineȱ imȱZugeȱdesȱUMAGȱverbesserteȱInformationsversorgung.ȱÜberȱdieȱNovelȬ lierungȱ desȱ §ȱ142ȱ Abs.ȱ2ȱ AktGȱ wurdeȱ dasȱ Quorumȱ zurȱ Einleitungȱ einerȱ Sonderprüfungȱ drastischȱ gesenktȱ (einȱ Prozentȱ desȱ Grundkapitalsȱ bzw.ȱ 100.000ȱ€).ȱ Minderheitenȱ habenȱ nunȱ deutlichȱ verbesserteȱ Möglichkeiten,ȱ sichȱüberȱeineȱSonderprüfungȱInformationenȱzuȱbeschaffen,ȱdieȱfürȱdieȱZuȬ lässigkeitsprüfungȱeinerȱKlageȱdurchȱdasȱzuständigeȱLandgerichtȱvonȱBeȬ deutungȱsind.ȱ

252

Leitungs- und Kontrollkompetenz

EbenfallsȱalsȱStärkungȱderȱPositionȱderȱMinderheitsaktionäreȱistȱdieȱEinȬ richtungȱ einesȱ Aktionärsforumsȱ nachȱ §ȱ127ȱaȱ AktGȱ zuȱ werten.ȱ Imȱ AktioȬ närsforumȱ desȱ elektronischenȱ Bundesanzeigersȱ könnenȱ Aktionäreȱ andereȱ Aktionäreȱ auffordern,ȱ bestimmteȱ Anträgeȱ o.ȱÄ.ȱ mitzutragen,ȱ umȱ soȱ z.ȱB.ȱ dieȱ notwendigeȱ Mehrheitȱ inȱ derȱ Hauptversammlungȱ zuȱ erhalten.1ȱ Quasiȱ alsȱ Gegengewichtȱ zurȱ Erleichterungȱ derȱ Haftungsklageȱ wurdenȱ dieȱ VorȬ schriftenȱ zurȱ Sorgfaltspflichtȱ undȱ zurȱ Verantwortlichkeitȱ derȱ VorstandsȬ mitgliederȱ (§ȱ93ȱ AktG)ȱ dahingehendȱ geändert,ȱ dassȱ eineȱ expliziterȱ HafȬ tungsausschlussȱ inȱ dasȱ Gesetzȱ aufgenommenȱ wurde.ȱ Nachȱ §ȱ93ȱ Abs.ȱ1ȱ Satzȱ2ȱ AktGȱ istȱ dieserȱ wieȱ folgtȱ definiert:ȱ „Eineȱ Pflichtverletzungȱ liegtȱ nichtȱ vor,ȱ wennȱ dasȱ Vorstandsmitgliedȱ beiȱ einerȱ unternehmerischenȱ EntȬ scheidungȱ vernünftigerweiseȱ annehmenȱ durfte,ȱ aufȱ derȱ Grundlageȱ angeȬ messenerȱInformationȱzumȱWohlȱderȱGesellschaftȱzuȱhandeln.“ȱ

4.7.8.2

Auswirkungen des UMAG im Hinblick auf die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen

EinȱzentralesȱProblemȱbeiȱderȱAnfechtungȱvonȱHauptversammlungsbeȬ schlüssenȱergibtȱsichȱaufȱderȱeinenȱSeiteȱdadurch,ȱdassȱdasȱRechtȱdesȱAnȬ fechtendenȱzuȱschützenȱist,ȱaufȱderȱanderenȱSeiteȱdieserȱSchutzȱnichtȱdazuȱ führenȱ darf,ȱ dassȱ dieȱ Gesellschaftȱ inȱ ihrerȱ Handlungsfähigkeitȱ nachhaltigȱ beeinträchtigtȱwird,ȱindemȱz.ȱB.ȱzuȱwartenȱist,ȱbisȱüberȱdieȱAnfechtungȱabȬ schließendȱgerichtlichȱentschiedenȱwurde.ȱDerȱGesetzgeberȱwarȱalsoȱauchȱ hierȱ gezwungen,ȱ einenȱ Konfliktschlichtungsmechanismusȱ zuȱ entwickeln,ȱ derȱ beidenȱ Seitenȱ gerechtȱ wird,ȱ derȱ alsoȱ dieȱ Leitungskompetenzȱ undȱ dieȱ Kontrollkompetenzȱgegeneinanderȱabwägt.ȱ Imȱ Zugeȱ desȱ UMAGȱ führteȱ derȱ Gesetzgeberȱ alsȱ einenȱ solchenȱ MechaȬ nismusȱdasȱbereitsȱausȱ§ȱ16ȱUmwGȱbekannteȱFreigabeverfahrenȱein.ȱDiesesȱ wirdȱimȱneuȱgeschaffenenȱ§ȱ246ȱaȱAktGȱnäherȱspezifiziert.ȱZentralȱinȱdieȬ semȱ Zusammenhangȱ istȱ sicherlichȱ dasȱ Rechtȱ derȱ Gesellschaft,ȱ beimȱ zuȬ ständigenȱ Gerichtȱ zuȱ beantragen,ȱ dassȱ derȱ angefochteneȱ Beschlussȱ trotzȬ demȱ inȱ dasȱ Handelsregisterȱ eingetragenȱ wirdȱ undȱ damitȱ ausgeführtȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ ZurȱausführlichenȱDarstellungȱdesȱelektronischenȱAktionärsforumsȱvgl.ȱKapitelȱ 4.6.1.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

253

werdenȱkann.ȱDiesȱgiltȱfürȱHauptversammlungsbeschlüsseȱzurȱKapitalbeȬ schaffungȱoderȱzurȱKapitalherabsetzungȱbzw.ȱzuȱeinemȱUnternehmensverȬ tragȱ (§ȱ246ȱaȱ Abs.ȱ1ȱ AktG).ȱ Beiȱ diesenȱ Sachverhaltenȱ könnteȱ eineȱ zeitlicheȱ VerzögerungȱzuȱgravierendenȱNachteilenȱfürȱdasȱUnternehmenȱführen.ȱ DemȱzuständigenȱGerichtȱkommtȱbeiȱdiesenȱFreigabeverfahrenȱeineȱerȬ heblicheȱ Verantwortungȱ zu.ȱ Dieseȱ ergibtȱ sichȱ daraus,ȱ dassȱ einmalȱ eingeȬ trageneȱBeschlüsseȱausgeführtȱwerdenȱdürfenȱundȱauchȱnachträglichȱnachȱ Abschlussȱ desȱ Hauptverfahrensȱ nichtȱ mehrȱ rückgängigȱ gemachtȱ werdenȱ dürfen.ȱDerȱAnfechtungsklägerȱerhältȱalsoȱselbstȱnachȱerfolgreicherȱDurchȬ führungȱderȱHauptverhandlungȱ„nur“ȱSchadensersatz.ȱ Lehntȱ dasȱ Gerichtȱ dieȱ Eintragungȱ desȱ Beschlussesȱ insȱ Handelsregisterȱ ab,ȱ soȱ mussȱ dieȱ Gesellschaftȱ wartenȱ bisȱ inȱ demȱ Hauptverfahrenȱ abschlieȬ ßendȱentschiedenȱwurde.ȱ

4.7.8.3

Auswirkungen des UMAG im Hinblick auf die Anmeldung zur Hauptversammlung

Mitȱ derȱ Novellierungȱ desȱ §ȱ 123ȱ AktGȱ imȱ Zugeȱ desȱ UMAGȱ wurdeȱ dieȱ Berechtigungȱ zurȱ Teilnahmeȱ anȱ derȱ Hauptversammlungȱ zeitgemäßȱ gereȬ gelt.ȱ Fürȱ Aktionäre,ȱ dieȱ ihrȱ Stimmrechtȱ aufȱ derȱ Hauptversammlungȱ ausȬ übenȱwollten,ȱgaltȱdieȱRegelung,ȱdassȱsieȱihreȱAktienȱ„zuȱhinterlegen“ȱhatȬ ten.ȱInȱZeiten,ȱinȱdenenȱAktienȱkaumȱnochȱalsȱverbriefteȱStückeȱvorhandenȱ sind,ȱ erschienȱ eineȱ solcheȱ Regelungȱ wenigȱ zeitgemäß.ȱ Imȱ §ȱ123ȱ Abs.ȱ3ȱ AktGȱwirdȱnunȱexplizitȱdieȱHinterlegungȱderȱAktienȱnichtȱmehrȱgefordert.ȱ DerȱNachweisȱdesȱAnteilsbesitzesȱdurchȱdasȱdepotführendeȱKreditinstitutȱ reichtȱjetztȱausȱundȱmussȱsichȱaufȱdenȱ21.ȱTagȱvorȱderȱHauptversammlungȱ beziehen.ȱ Entsprechendȱ gewinntȱ dieȱ Satzungȱ einerȱ Aktiengesellschaftȱ diesbezüglichȱ anȱ Bedeutung,ȱ daȱ inȱ ihrȱ geregeltȱ werdenȱ kann,ȱ dassȱ eineȱ AnmeldungȱzurȱHauptversammlungȱnotwendigȱist.ȱWirdȱdiesȱverlangt,ȱsoȱ hatȱdieȱAnmeldungȱspätestensȱsiebenȱTageȱvorȱderȱHauptversammlungȱzuȱ erfolgenȱ(dieȱSatzungȱkannȱhierȱauchȱeineȱandereȱFristȱsetzen).ȱ MitȱdieserȱneuȱgefasstenȱBerechtigungȱzurȱStimmrechtsausübungȱinȱderȱ Hauptversammlungȱ istȱ jetztȱ auchȱ derȱ Fallȱ denkbar,ȱ dassȱ Stimmrechteȱ wahrgenommenȱwerden,ȱohneȱdassȱamȱTagȱderȱHauptversammlungȱnochȱ

254

Leitungs- und Kontrollkompetenz

einȱAktienbesitzȱvorliegt.ȱEsȱistȱjetztȱeinȱVerkaufȱderȱAktienȱauchȱinȱdemȱ ZeitraumȱzwischenȱderȱAnmeldungȱzurȱHauptversammlungȱundȱdemȱTagȱ derȱ Hauptversammlungȱ möglich.ȱ Diesȱ warȱ beiȱ derȱ altenȱ Regelungȱ nichtȱ möglich,ȱwasȱinsbesondereȱgroßeȱFondsȱdazuȱveranlasste,ȱsichȱnichtȱzuȱderȱ HauptversammlungȱanzumeldenȱausȱAngst,ȱinȱderȱZwischenzeitȱihreȱAkȬ tienȱnichtȱhandelnȱzuȱkönnen.ȱDaȱdiesesȱHemmnisȱjetztȱentfallenȱist,ȱistȱzuȱ erwarten,ȱdassȱauchȱVertreterȱvonȱFondsȱverstärktȱihrȱStimmrechtȱausübenȱ werden,ȱwasȱnichtȱohneȱEinflussȱaufȱdieȱMachtverhältnisseȱinȱderȱHauptȬ versammlungȱbleibenȱwird.ȱ

4.7.9

Auswirkungen des BilMoG

MitȱBlickȱaufȱdenȱReformprozessȱimȱZugeȱeinerȱverbessertenȱCorporateȱ Governanceȱ istȱ alsȱ vorläufigȱ letzteȱ gesetzlicheȱ Änderungȱ dasȱ Gesetzȱ zurȱ Modernisierungȱ desȱ Bilanzrechtsȱ (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzȱ –ȱ BilMoG)ȱzuȱsehen.ȱDiesesȱGesetzȱwirdȱvoraussichtlichȱimȱLaufeȱdesȱJahresȱ 2009ȱ verabschiedet.ȱ Folgtȱ manȱ demȱ Gesetzentwurfȱ derȱ Bundesregierung,ȱ soȱ istȱ mitȱ derȱ Novelleȱ folgendeȱ Zielsetzungȱ verbunden:ȱ „Zielȱ desȱ BilanzȬ rechtsmodernisierungsgesetzesȱ istȱ esȱ daher,ȱ dasȱ bewährteȱ HGBȬBilanzȬ rechtȱ zuȱ einerȱ dauerhaftenȱ undȱ imȱ Verhältnisȱ zuȱ denȱ internationalenȱ Rechnungslegungsstandardsȱ vollwertigen,ȱ aberȱ kostengünstigerenȱ undȱ einfacherenȱ Alternativeȱ weiterȱ zuȱ entwickeln,ȱ ohneȱ dieȱ Eckpunkteȱ desȱ HGBȬBilanzrechtsȱ (…)ȱ undȱ dasȱ bisherigeȱ Systemȱ derȱ Grundsätzeȱ ordȬ nungsmäßigerȱ Buchführungȱ aufzugeben.ȱ Darüberȱ hinausȱ sollenȱ dieȱ UnȬ ternehmenȱ–ȱwoȱmöglichȱ–ȱvonȱunnötigenȱKostenȱentlastetȱwerden.“1ȱHierȬ ausȱ wirdȱ deutlich,ȱ dassȱ dasȱ BilMoGȱ primärȱ zuȱ Veränderungenȱ desȱ deutschenȱBilanzrechtesȱführt,ȱaufȱdieȱanȱdieserȱStelleȱallerdingsȱnichtȱweiȬ terȱ eingegangenȱ werdenȱ soll.ȱ Darüberȱ hinausȱ sindȱ imȱ BilMoGȱ aberȱ auchȱ Veränderungenȱenthalten,ȱdiesȱsichȱinsbesondereȱaufȱdieȱRegelungȱderȱInȬ formationskompetenzȱundȱaufȱdieȱUmsetzungȱderȱKontrollkompetenzȱimȱ RahmenȱderȱCorporateȱGovernanceȱauswirken.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱȱ Referentenentwurfȱ zumȱ Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzȱ (BilMoG)ȱ desȱ BundesministeriumsȱderȱJustizȱ(BMJ)ȱvomȱ08.11.2007.ȱ

4.7 Unternehmensverfassung im Umbruch

255

FolgendeȱRegelungenȱsindȱmitȱBlickȱaufȱdieȱInstitutionalisierungȱderȱInȬ formationskompetenzȱundȱderȱKontrollkompetenzȱvonȱbesondererȱBedeuȬ tung:ȱ x DieȱStrengeȱderȱInformationspflichten,ȱdieȱeinȱUnternehmenȱzuȱerfüllenȱ hat,ȱ richtetȱ sichȱ primärȱ nachȱ dessenȱ Größe.ȱ Dasȱ BilMoGȱ verändertȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ dieȱ entsprechendenȱ Grenzwerteȱ fürȱ dieȱ UmȬ satzerlöseȱ undȱ dieȱ Bilanzsumme:ȱ Dieȱ entsprechendenȱ Schwellenwerteȱ desȱ §ȱ 267ȱ HGBȱ werdenȱ umȱ 20ȱ Prozentȱ erhöht.ȱ Diesȱ führtȱ dazu,ȱ dassȱ nachȱ Inkrafttretenȱ desȱ BilMoGȱ mehrȱ Unternehmenȱ alsȱ bisherȱ dieȱ entȬ sprechendenȱ Erleichterungenȱ beiȱ derȱ Informationspflichtȱ beiȱ kleinenȱ undȱ mittelgroßenȱ Kapitalgesellschaftenȱ nutzenȱ können.ȱ Hierzuȱ istȱ alȬ lerdingsȱ zuȱ bemerken,ȱ dassȱ dieȱ altenȱ Grenzwerteȱ bereitsȱ derartȱ langeȱ Gültigkeitȱbesaßen,ȱdassȱvieleȱUnternehmenȱschonȱalleinȱaufgrundȱderȱ allgemeinenȱ Teuerungsrateȱ ausȱ denȱ ursprünglichenȱ Größenklassenȱ „herausgewachsen“ȱsind.ȱȱ x Ebenfallsȱ anȱ dieȱ Regelungenȱ zurȱ Informationskompetenzȱ knüpfenȱ dieȱ ergänzendenȱ Regelungenȱ zumȱ Prüfungsberichtȱ desȱ Abschlussprüfersȱ nachȱ§ȱ321ȱAktGȱan.ȱHierȱwirdȱderȱAbsatzȱ4ȱaȱneuȱaufgenommen,ȱwoȬ nachȱ inȱ einemȱ besonderenȱ Abschnittȱ desȱ Prüfungsberichtsȱ derȱ AbȬ schlussprüferȱ schriftlichȱ seineȱ Unabhängigkeitȱ zuȱ erklärenȱ hat.ȱ Dieseȱ PflichtȱzurȱUnabhängigkeitȱwarȱbereitsȱinȱdenȱvorangegangenenȱNovelȬ lenȱ geregeltȱ worden.ȱ Imȱ Zugeȱ desȱ BilMoGȱ werdenȱ dieseȱ Regelungenȱ nochmalsȱ bekräftigt,ȱ indemȱ derȱ Abschlussprüferȱ nunȱ eineȱ rechtsverȬ bindlicheȱErklärungȱimȱRahmenȱdesȱPrüfungsberichtesȱabzugebenȱhat.ȱ Zumȱ heutigenȱ Zeitpunktȱ kannȱ allerdingsȱ nurȱ darüberȱ spekuliertȱ werȬ den,ȱ obȱ mitȱ dieserȱ Regelungȱ dieȱ Unabhängigkeitȱ desȱ Prüfersȱ vomȱ zuȱ prüfendenȱUnternehmenȱgestärktȱwirdȱoderȱnicht.ȱ x Zuȱ einerȱ nachhaltigenȱ Stärkungȱ derȱ Kontrollkompetenzȱ führtȱ dieȱ NoȬ vellierungȱdesȱ§ȱ107ȱAktG,ȱwelcherȱdieȱinnereȱOrdnungȱderȱAufsichtsȬ ratsarbeitȱregelt.ȱ§ȱ107ȱAbs.ȱ3ȱSatzȱ2ȱAktGȱsiehtȱnunȱvor,ȱdassȱeinȱPrüȬ fungsausschussȱnebenȱdenȱanderenȱAufsichtsratsausschüssenȱzuȱbildenȱ ist.ȱ Aberȱ auchȱ fürȱ Unternehmen,ȱ dieȱ bereitsȱ überȱ einenȱ PrüfungsausȬ schussȱ verfügen,ȱ ergebenȱ sichȱ ggf.ȱ erheblicheȱ Änderungen,ȱ daȱ esȱ mitȱ derȱ Einrichtungȱ einesȱ solchenȱ Ausschussesȱ alleinȱ nichtȱ getanȱ ist.ȱ VielȬ

256

Leitungs- und Kontrollkompetenz

mehrȱmussȱderȱAusschussȱauchȱüberȱeinȱvomȱGesetzgeberȱfestgelegtesȱ Kompetenzprofilȱ verfügen.ȱ Mitȱ demȱ neuȱ geschaffenenȱ Absatzȱ 5ȱ desȱ §ȱ100ȱAktGȱwirdȱvorgeschrieben,ȱdassȱmindestensȱeinȱMitgliedȱdesȱPrüȬ fungsausschussesȱ bilanzielleȱ Fachkenntnisseȱ aufweisenȱ sollȱ undȱ sichȱ gleichzeitigȱ durchȱ seineȱ Unabhängigkeitȱ vomȱ Vorstandȱ undȱ ggf.ȱ vonȱ etwaigenȱ Großaktionärenȱ auszeichnenȱ soll.ȱ Mitȱ diesenȱ Regelungenȱ werdenȱ dieȱ Unabhängigkeitȱ undȱ dieȱ Qualitätȱ derȱ Kontrollaktivitätenȱ desȱAufsichtsratesȱnachhaltigȱgestärkt.ȱObȱsichȱdiesȱauchȱtatsächlichȱinȱ derȱpraktischenȱArbeitȱdesȱAufsichtsratesȱzeigenȱwird,ȱbleibtȱabzuwarȬ ten,ȱ daȱ beiȱ derȱ Bestellungȱ desȱ Aufsichtsratesȱ möglicheȱ Großaktionäreȱ einenȱ erheblichenȱ Einflussȱ besitzenȱ undȱ beiȱ Aktiengesellschaften,ȱ dieȱ keineȱGroßaktionäreȱbesitzen,ȱderȱVorstandȱnichtȱohneȱEinflussȱaufȱdieȱ BestellungȱdesȱAufsichtsratesȱist.ȱ „Dass die Kontrolleure ihre Vorstände bei gewagten Geschäften nicht stoppen, liegt häufig daran, dass die Bezahlung der Aufsichtsräte an Unternehmensgewinn oder Dividende gekoppelt ist. Geht der Vorstand zu hohe Risiken ein oder hübscht er über eine laxe Bilanzierung den Gewinn auf, profitieren auch die Boni für den Aufsichtsrat. Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutionelle Privatanleger sagt, es gebe ‚vielfältige Interessenkonflikte, wenn Aufsichtsräte in hohem Maß in Abhängigkeit vom Unternehmensgewinn bezahlt werden‘.“ Quelle: Schürmann, C.: Ämterhäufung bei Aufsichtsräten, in: WiWo online, 18.02.2009. (http://www.wiwo.de/finanzen/aemterhaeufung-bei-aufsichtsraeten387257/print/ - letzter Zugriff am 24.04.2009)

5 Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer im Rahmen der deutschen Unternehmensverfassung

Nebenȱ derȱ LeitungsȬȱ undȱ Kontrollkompetenz,ȱ dieȱ imȱ Zugeȱ derȱ UnterȬ nehmensverfassungȱ geregeltȱ werden,ȱ kenntȱ dieȱ deutscheȱ UnternehmensȬ verfassungȱ auchȱ eineȱ Interessenvertretungskompetenz,ȱ dieȱ nichtȱ aufȱ dieȱ Eigenkapitalgeberȱ beschränktȱ ist,ȱ sondernȱ auchȱ denȱ imȱ Unternehmenȱ beȬ schäftigtenȱ Mitarbeiternȱ bzw.ȱ denȱ imȱ Unternehmenȱ vertretenenȱ GewerkȬ schaftenȱeingeräumtȱwird.ȱBeiȱdenȱBeziehungenȱzuȱdenȱMitarbeiternȱhanȬ deltȱesȱsichȱumȱeinȱdauerhaftesȱVerhältnis,ȱbeiȱwelchemȱdieȱArbeitnehmerȱ einȱausgeprägtesȱInteresseȱamȱFortbestandȱdesȱUnternehmensȱbesitzen.ȱEsȱ istȱletztlichȱdasȱInteresseȱanȱeinemȱgesichertenȱArbeitsplatzȱinȱVerbindungȱ mitȱderȱSicherungȱdesȱEinkommens,ȱwelchesȱdieȱBeziehungȱUnternehmenȱ zuȱseinenȱArbeitnehmernȱauchȱzuȱeinemȱpolitischenȱProblemȱwerdenȱlässt.ȱ DieȱBeziehungȱ„Unternehmer“ȱ–ȱ„Arbeitnehmer“ȱstelltȱeinesȱderȱzentralenȱ KonfliktfelderȱimȱRahmenȱderȱUnternehmensverfassungȱdarȱundȱwarȱüberȱ einȱJahrhundertȱlangȱimmerȱwiederȱAnlassȱfürȱvielfältige,ȱzumȱTeilȱhöchstȱ kontroverseȱpolitischeȱAuseinandersetzungen.ȱEntsprechendȱsiehtȱderȱGeȬ setzgeberȱ sichȱ hierȱ aufgerufen,ȱ auchȱ diesesȱ Verhältnisȱ mitȱ einemȱ verfasȬ sungsmäßigenȱRegelwerkȱzuȱsteuern.ȱȱ Inȱ Deutschlandȱ gehtȱ dieseȱ Steuerungȱ dabeiȱ soȱ weit,ȱ dassȱ denȱ ArbeitȬ nehmernȱeineȱzentraleȱKompetenzȱzurȱVertretungȱihrerȱInteressenȱselbstȱinȱ denȱLeitungsorganenȱderȱGesellschaftȱeingeräumtȱwurde.ȱAndereȱLänder,ȱ wieȱ z.ȱB.ȱ dieȱ USA,ȱ kennenȱ entsprechendeȱ Kompetenzenȱ nicht.ȱ Allerdingsȱ

258

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

istȱ dieȱ deutscheȱ Regelungȱ auchȱ keinȱ Einzelfall.ȱ Inȱ Europaȱ existierenȱ eineȱ Vielzahlȱ vonȱ Ländern,ȱ beiȱ denenȱ denȱ Mitarbeiternȱ InteressenvertretungsȬ kompetenzenȱeingeräumtȱwerden.1ȱ ImȱRahmenȱderȱfolgendenȱAusführungenȱwirdȱsichȱdaraufȱbeschränkt,ȱ dieȱ deutschenȱ Regelungenȱ derȱ Arbeitnehmermitbestimmungȱ nachzuȬ zeichnen.ȱ Esȱ wirdȱ hierȱ nichtȱ derȱ Versuchȱ unternommen,ȱ einzelneȱ dieserȱ Regelungenȱ einerȱ detailliertenȱ ökonomischenȱ Effizienzanalyseȱ zuȱ unterȬ ziehen.ȱHierzuȱexistierenȱinȱderȱLiteraturȱbereitsȱeineȱVielzahlȱvonȱUnterȬ suchungen,ȱ dieȱ allerdingsȱ zuȱ keinemȱ –ȱ undȱ dasȱ verwundertȱ sicherlichȱ nichtȱ–ȱeinheitlichenȱUrteilȱkommen.2ȱJeȱnachȱpolitischemȱStandortȱwerdenȱ dieȱexistentenȱMitbestimmungsregelungenȱentwederȱalsȱeffizientȱoderȱaberȱ alsȱineffizientȱimȱHinblickȱaufȱdieȱUnternehmensführungȱangesehen.ȱ

5.1 Geschichtliche Entwicklung der Institutionalisierung der Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer DieȱverfassungsmäßigeȱEtablierungȱvonȱRegelungenȱzurȱWahrnehmungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ durchȱ dieȱ Beschäftigtenȱ desȱ UnterȬ nehmensȱ lässtȱ sichȱ alsȱ dasȱ Ergebnisȱ einesȱ Konfliktaustragungsprozessesȱ zwischenȱ Arbeitnehmernȱ undȱ Arbeitgebernȱ begreifen.ȱ Sieȱ hatȱ ihrenȱ UrȬ sprungȱ inȱ derȱ geschichtlichenȱ Entwicklung.ȱ Dieȱ Regelungenȱ sindȱ dabeiȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱOECDȱ(1994);ȱHölandȱ(2000);ȱAltmeyerȱ(2003ȱa),ȱS.ȱ64ȱf.;ȱ Altmeyerȱ(2003ȱb),ȱS.ȱ68ȱff.;ȱAltmeyerȱ(2003ȱc),ȱS.ȱ66ȱf.;ȱGohdeȱ(2003ȱa),ȱS.ȱ64ȱff.;ȱ Gohdeȱ(2003ȱb),ȱS.ȱ60ȱff.;ȱKirrȱ(2003),ȱS.ȱ64ȱff.ȱVgl.ȱfernerȱzurȱeuropäischenȱPersȬ pektiveȱGerumȱ(1992ȱa),ȱS.ȱ147ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱhierzuȱbeispielhaftȱdieȱArbeitenȱvonȱJensen/Mecklingȱ(1979),ȱS.ȱ469ȱff.;ȱGeȬ rumȱ (1998ȱ a);ȱ Schmid/Segerȱ (1998),ȱ S.ȱ 453ȱ ff.;ȱ Frick/Kluge/Streeckȱ (1999);ȱ Frick/Speckbacher/Wentgesȱ (1999),ȱ S.ȱ 745ȱ ff.;ȱ Dilgerȱ (2002ȱ b)ȱ sowieȱ Werderȱ (2003).ȱ Vgl.ȱ fernerȱ dieȱ detaillierteȱ Übersichtȱ zumȱ Standȱ derȱ Forschungȱ imȱ BeȬ reichȱ derȱ betrieblichenȱ Mitbestimmungȱ beiȱ Fregeȱ (2002),ȱ S.ȱ 221ȱ ff.;ȱ Osterlohȱ (1992),ȱSp.ȱ1362ȱff.;ȱOsterlohȱ(1993).ȱ

5.1 Geschichtliche Entwicklung

259

vielfachȱ dasȱ Ergebnisȱ geänderterȱ gesellschaftspolitischerȱ RahmenbedinȬ gungen.ȱManȱwirdȱvieleȱErscheinungenȱnichtȱrichtigȱinterpretieren,ȱwennȱ manȱdieseȱgeschichtlicheȱEntwicklungȱnichtȱberücksichtigt.ȱȱ Wieȱ dasȱ nachfolgendeȱ Beispielȱ zeigt,ȱ reichtȱ dieȱ Diskussionȱ derȱ unternehȬ merischenȱMitbestimmungȱbisȱweitȱinsȱ19.ȱJahrhundertȱhinein.ȱ „Der Arbeiter ist nicht der gleichberechtigte Teilhaber des Arbeitgebers ... er ist dessen Untergebener, dem er Gehorsam schuldig ist ... die Zwischenschiebung einer regelmäßigen Instanz zwischen Arbeitgeber und Arbeiter ist unzulässig.“ Quelle: Denkschrift des „Centralverbands deutscher Industrieller“ aus dem Jahre 1887, in: www.bundesregierung.de/top/dokumente/Artikel/ix_30723.htm ?template=single&id=30723&script=1&ixef=_30723 – letzter Zugriff am 25.10.2004

FolgendeȱMeilensteineȱaufȱdemȱWegȱzurȱheutigenȱInstitutionalisierungȱ einerȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ Arbeitnehmerȱ lassenȱ sichȱ festȬ machen:1ȱ x 1848:ȱ Dieȱ verfassungsgebendeȱ Nationalversammlungȱ inȱ derȱ PaulskirȬ cheȱberätȱüberȱdenȱEntwurfȱeinerȱGewerbeordnung,ȱinȱdemȱu.ȱa.ȱauchȱ dieȱGründungȱvonȱFabrikausschüssenȱvorgesehenȱist.ȱ x 1891:ȱImȱRahmenȱderȱNovelleȱderȱGewerbeordnungȱdesȱdeutschenȱReiȬ chesȱwirdȱesȱArbeitgebernȱfreigestellt,ȱArbeiterausschüsseȱeinzurichten.ȱ x 1905:ȱAufgrundȱdesȱArbeitskräfteengpassesȱimȱSteinkohlebergbauȱwarȱ esȱ denȱ Arbeitnehmernȱ undȱ ihrenȱ Gewerkschaftenȱ möglich,ȱ mitȱ Hilfeȱ vonȱgroßenȱArbeitskämpfenȱ(inȱdenȱJahrenȱ1899ȱundȱ1905)ȱeineȱNovelȬ lierungȱdesȱpreußischenȱBerggesetzesȱzuȱerreichen.ȱDieseȱNovelleȱlegteȱ dieȱEinführungȱvonȱArbeiterausschüssenȱinȱBergbaubetriebenȱmitȱmehrȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ Hamelȱ (1993),ȱ Sp.ȱ 425ȱ f.;ȱ Oesterleȱ (1996),ȱ S.ȱ 451ȱ ff.ȱ sowieȱ Halbachȱ etȱ al.ȱ (1997),ȱ S.ȱ 362ȱff.ȱ Vgl.ȱ zurȱ Entwicklungȱ undȱ zumȱ Aufbauȱ vonȱ Gewerkschaftenȱ undȱ Arbeitgeberorganisationenȱ inȱ Deutschlandȱ Hentze/Kammelȱ (2001),ȱ S.ȱ139ȱff.ȱ

260

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

alsȱ100ȱBeschäftigtenȱverbindlichȱfest.ȱInȱsozialenȱFragenȱerhieltenȱdieseȱ AusschüsseȱeingeschränkteȱInformationsȬȱundȱAnhörungsrechte.ȱ x 1916:ȱVorȱdemȱHintergrundȱdesȱErstenȱWeltkriegesȱverschärfteȱsichȱderȱ Arbeitskräfteengpassȱ inȱ denȱ deutschenȱ Industriebetrieben.ȱ Manȱ gabȱ hierȱdemȱDrängenȱvonȱGewerkschaftenȱnach,ȱumȱStreiksȱundȱArbeitsȬ kämpfeȱ zuȱ verhindern.ȱ Dasȱ vaterländischeȱ Hilfsdienstgesetzȱ sahȱ vor,ȱ dassȱinȱBetriebenȱmitȱmehrȱalsȱ50.000ȱBeschäftigtenȱArbeiterȬȱundȱAnȬ gestelltenausschüsseȱ zuȱ bildenȱ sind.ȱ Dieseȱ Ausschüsseȱ besitzenȱ einȱ Anhörungsrechtȱ inȱ vorwiegendȱ sozialenȱ Angelegenheiten.ȱ Diesȱ istȱ jeȬ dochȱ nichtȱ alsȱ Interessenvertretungskompetenzȱ imȱ heutigenȱ Sinnȱ zuȱ werten.ȱ Allerdingsȱ führtenȱ dieseȱ Ausschüsseȱ dazu,ȱ dassȱ dasȱ KonfliktȬ potenzialȱzwischenȱArbeitgebernȱundȱArbeitnehmernȱdeutlichȱgesenktȱ wurde,ȱdaȱjetztȱeineȱInstitutionȱgeschaffenȱwurde,ȱinȱderȱArbeitnehmerȱ ihreȱWünscheȱundȱBeschwerdenȱvortragenȱkonnten.ȱ x 1920:ȱ Nachȱ demȱ Endeȱ desȱ Erstenȱ Weltkriegesȱ undȱ denȱ damitȱ inȱ Deutschlandȱ einhergehendenȱ politischenȱ Umwälzungenȱ warȱ dieȱ ArȬ beitnehmerseiteȱ imȱ politischenȱ Konfliktaustragungsprozessȱ deutlichȱ gestärkt.ȱ Diesȱ zeigtȱ sichȱ insb.ȱ amȱ Betriebsrätegesetzȱ vomȱ 04.02.1920.ȱ DiesesȱGesetzȱverlangt,ȱdassȱinȱBetriebenȱmitȱmehrȱalsȱ20ȱBeschäftigtenȱ einȱBetriebsratȱgebildetȱwird.ȱDieserȱbesitztȱMitbestimmungsrechteȱbeiȱ bestimmtenȱ sozialen,ȱ personellenȱ undȱ wirtschaftlichenȱ AngelegenheiȬ ten.ȱDarüberȱhinausȱschriebȱdasȱBetriebsrätegesetzȱauchȱvor,ȱdassȱeineȱ Entsendungȱvonȱ Betriebsratsmitgliedernȱ inȱdenȱAufsichtsratȱ einerȱ AkȬ tiengesellschaftȱ möglichȱist.ȱ Mitȱ diesemȱ Gesetzȱ wurdeȱ somitȱ erstmaligȱ denȱ Arbeitnehmernȱ eineȱ nennenswerteȱ InteressenvertretungskompeȬ tenzȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Regelungenȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ eingeȬ räumt.ȱLetztlichȱ sindȱ dieseȱ Regelungenȱnurȱ dadurchȱzuȱerklären,ȱdassȱ inȱdenȱZeitenȱnachȱdemȱErstenȱWeltkriegȱstarkeȱrevolutionäreȱTendenȬ zenȱdasȱpolitischeȱKlimaȱinȱDeutschlandȱprägten.ȱȱ x 1922:ȱ Alsȱ konsequenteȱ Weiterentwicklungȱ derȱ Mitbestimmungȱ wirdȱ dasȱ Gesetzȱ überȱ dieȱ Entsendungȱ vonȱ Betriebsratsmitgliedernȱ inȱ denȱ Aufsichtsratȱ verabschiedet.ȱ Esȱ siehtȱ eineȱ Mitbestimmungȱ aufȱ UnterȬ nehmensebeneȱ vor,ȱ indemȱ einȱ bisȱ zweiȱ Betriebsräteȱ zusätzlichȱ einȱ MandatȱimȱAufsichtsratȱvonȱKapitalgesellschaftenȱbesitzen.ȱAuchȱdieseȱ

5.1 Geschichtliche Entwicklung

261

Regelungȱ istȱ sicherlichȱ einȱ Reflexȱ derȱ damaligenȱ allgemeinenȱ politiȬ schenȱLageȱinȱDeutschland.ȱ x 1933:ȱNachȱderȱMachtergreifungȱderȱNationalsozialistenȱwirdȱderȱEntȬ wicklungsprozessȱ desȱ Einräumensȱ einerȱ InteressenvertretungskompeȬ tenzȱderȱArbeitnehmerȱunterbrochen.ȱDasȱGesetzȱzurȱOrdnungȱderȱnaȬ tionalenȱArbeitȱsetztȱdasȱBetriebsrätegesetzȱaußerȱKraft.ȱEbensoȱwerdenȱ Gewerkschaftenȱ undȱ Arbeitgeberverbändeȱ aufgelöst.ȱ Arbeitnehmerȱ undȱ Arbeitgeberȱ werdenȱ inȱ derȱ Deutschenȱ Arbeitsfrontȱ zusammengeȬ fasst.ȱ x 1945:ȱNachȱEndeȱdesȱZweitenȱWeltkriegesȱwerdenȱinȱUnternehmenȱBeȬ triebsräteȱinȱAnlehnungȱanȱdasȱBetriebsrätegesetzȱvonȱ1920ȱgebildet.ȱȱ x 1946:ȱ Derȱ gesetzlicheȱ Rahmenȱ zurȱ Bildungȱ vonȱ Betriebsrätenȱ wirdȱ anȬ schließendȱdurchȱdasȱKontrollratsgesetzȱNr.ȱ22ȱgeschaffen.ȱIhmȱfolgtenȱ dannȱeinzelneȱLändergesetze.ȱ x 1951:ȱVorȱdemȱHintergrundȱumfangreicherȱStreikdrohungenȱinȱdenȱInȬ dustrienȱ desȱ Bergbausȱ undȱ derȱ Stahlȱ verarbeitendenȱ Industrieȱ undȱ nachȱ konfliktträchtigenȱ außerȬȱ undȱ innerparlamentarischenȱ AuseinanȬ dersetzungenȱwurdeȱamȱ21.05.1951ȱdasȱMontanȬMitbestimmungsgesetzȱ (MontanȬMitbestG)ȱ verabschiedet,ȱ welchesȱ eineȱ paritätischeȱ MitbeȬ stimmungȱ derȱ Arbeitnehmerȱ inȱ denȱ Aufsichtsratsgremienȱ derȱ UnterȬ nehmenȱ vorsieht.ȱ Dieseȱ Formȱ derȱ Mitbestimmungȱ giltȱ allerdingsȱ nurȱ fürȱUnternehmenȱdesȱBergbausȱundȱderȱEisenȬȱundȱStahlȱerzeugendenȱ Industrieȱmitȱmehrȱalsȱ1.000ȱBeschäftigten.ȱHierȱwirdȱdenȱBeschäftigtenȱ eineȱ weiterȱ reichendeȱ Interessenvertretungskompetenzȱ eingeräumt.ȱ VorȱdemȱHintergrundȱderȱVerstrickungȱderȱdeutschenȱSchwerindustrieȱ inȱdieȱNSȬPolitikȱundȱdamitȱinȱdenȱZweitenȱWeltkriegȱgabȱesȱmassiveȱ politischeȱ Bestrebungen,ȱ nichtȱ nurȱ derȱ Siegermächte,ȱ dieseȱ „kriegsȬ wichtigen“ȱIndustrienȱgesellschaftlichȱzuȱkontrollieren.ȱDiesȱführteȱletzȬ tlichȱ dazu,ȱ dassȱ auchȱ „externe“ȱ Personenȱ inȱ denȱ Leitungsgremienȱ derȱ Unternehmenȱvertretenȱwaren.ȱ x 1952:ȱ Bisherȱ fehlteȱ inȱ Deutschlandȱ einȱ einheitlichesȱ BetriebsverfasȬ sungsgesetz.ȱEsȱexistierenȱnurȱeinzelneȱLändergesetze.ȱInsofernȱsahȱsichȱ

262

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

derȱ Gesetzgeberȱ aufgerufen,ȱ einȱ neuesȱ Betriebsverfassungsgesetzȱ (BetrVG)ȱ zuȱ verabschieden.ȱ Dasȱ BetrVGȱ regeltȱ dieȱ InteressenvertreȬ tungskompetenzenȱ derȱ Arbeitnehmerȱ inȱ sozialen,ȱ personellenȱ undȱ wirtschaftlichenȱ Angelegenheiten.ȱ Esȱ kodifiziertȱ darüberȱ hinausȱ dieȱ sog.ȱDrittelbeteiligungȱderȱArbeitnehmerȱamȱAufsichtsratȱbeiȱAktiengeȬ sellschaftenȱ oderȱ Kommanditgesellschaftenȱ aufȱ Aktienȱ sowieȱ beiȱ GeȬ sellschaftenȱ mitȱ beschränkterȱ Haftungȱ undȱ bergrechtlichenȱ GewerkȬ schaftenȱmitȱmehrȱalsȱ500ȱArbeitnehmern.ȱȱȱ x 1955:ȱ Dieȱ bisherȱ geltendenȱ Regelungenȱ derȱ Betriebsverfassungȱ geltenȱ nichtȱfürȱdenȱöffentlichenȱDienst.ȱDiesȱholteȱdasȱPersonalvertretungsgeȬ setzȱnach.ȱȱ x 1956:ȱ Verabschiedungȱ desȱ MontanȬMitbestimmungsgesetzȬErgänȬ zungsgesetzȱ(MontanȬMitbestGErgG)ȱzurȱSicherungȱderȱMontanmitbeȬ stimmungȱ inȱ herrschendenȱ Konzernobergesellschaftenȱ (sog.ȱ HoldingȬ Novelle).ȱ x 1967/1971:ȱ Dieȱ Tendenzȱ vielerȱ Montanunternehmen,ȱ nachȱ Möglichkeitȱ dieȱ Montanmitbestimmungȱ zuȱ verlassen,ȱ veranlasstȱ denȱ Gesetzgeberȱ zurȱ Verabschiedungȱ derȱ sog.ȱ MontanȬMitbestimmungsȬFortgeltungsȬ gesetzeȱ zurȱ befristetenȱ Sicherungȱ derȱ Mitbestimmungȱ inȱ denȱ MontanȬ betrieben.ȱ x 1972:ȱInȱdiesemȱJahrȱkommtȱesȱzuȱeinerȱNovelleȱdesȱBetrVG,ȱwobeiȱdieȱ innerbetrieblicheȱ Interessenvertretungskompetenzȱ erheblichȱ ausgeweiȬ tetȱwird.ȱDiesȱistȱvorȱdemȱHintergrundȱderȱverändertenȱpolitischenȱSiȬ tuationȱ inȱ Deutschlandȱ zuȱ erklären.ȱ Aufgrundȱ derȱ RegierungsbeteiliȬ gungȱ derȱ SPDȱ inȱ derȱ großenȱ Koalitionȱ bzw.ȱ anschließendȱ imȱ Rahmenȱ derȱsozialȬliberalenȱKoalitionȱwarenȱdieȱGewerkschaftenȱmitȱihrenȱpoliȬ tischenȱ Forderungenȱ deutlichȱ gestärktȱ worden.ȱ Insofernȱ istȱ esȱ auchȱ nichtȱverwunderlich,ȱdassȱesȱhierȱzuȱeinerȱentsprechendenȱNovelleȱderȱ Betriebsverfassungȱkam.ȱ x 1974:ȱ Entsprechendȱ derȱ Änderungenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ BetriebsverȬ fassungȱ wirdȱ auchȱ dasȱ Personalvertretungsgesetzȱ fürȱ denȱ öffentlichenȱ Dienstȱgeändert.ȱȱ

5.1 Geschichtliche Entwicklung

263

x 1976:ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ harterȱ Auseinandersetzungenȱ mitȱ denȱ Verbändenȱ derȱ Arbeitgeberȱ wurdeȱ dasȱ Mitbestimmungsgesetzȱȱ (MitbestG)ȱ verabschiedet.ȱ Diesesȱ Gesetzȱ brachteȱ dieȱ paritätischeȱ MitȬ bestimmungȱ derȱ Arbeitnehmerȱ imȱ Aufsichtsratȱ fürȱ alleȱ KapitalgesellȬ schaftenȱmitȱmehrȱalsȱ2.000ȱBeschäftigten.ȱȱ x 1981/88:ȱ Mitȱ demȱ Gesetzȱ zurȱ Sicherungȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ kamȱesȱzuȱeinerȱNovelleȱdesȱMontanȬMitbestGErgGȱmitȱdemȱZiel,ȱAusȬ stiegsregelnȱ ausȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ beiȱ KonzernobergesellȬ schaftenȱfestzuschreiben.ȱDasȱ1988ȱverabschiedeteȱGesetzȱlösteȱdieȱ1981ȱ verabschiedeteȱÜbergangslösungȱab.ȱ x 1988:ȱÜberȱeineȱNovelleȱzumȱBetrVGȱkamȱesȱzurȱKlärungȱderȱStellungȱ derȱleitendenȱAngestellten.ȱAufȱeineȱsolcheȱKlärungȱwarȱbisherȱverzichȬ tetȱworden.ȱDarüberȱhinausȱändertȱdieȱNovelleȱdieȱAmtsdauerȱdesȱBeȬ triebsrates.ȱInȱdiesemȱZusammenhangȱkamȱesȱzurȱVerabschiedungȱdesȱ Sprecherausschussgesetzesȱ (SprAuG),ȱ welchesȱ eineȱ InteressenvertreȬ tungskompetenzȱderȱleitendenȱAngestelltenȱinstitutionalisiert.ȱȱ x 1996:ȱUmsetzungȱeinerȱentsprechendenȱEUȬRichtlinieȱdurchȱdasȱGesetzȱ überȱEuropäischeȱBetriebsräte,ȱwonachȱArbeitnehmernȱeineȱInteressenȬ vertretungskompetenzȱ aufȱ „europäischer“ȱ Ebeneȱ eingeräumtȱ wird,ȱ wennȱ dasȱ sieȱ beschäftigendeȱ Unternehmenȱ inȱ mehrerenȱ MitgliedstaaȬ tenȱderȱEUȱaktivȱist.ȱ x 2001:ȱ Ebenfallsȱ wiederȱ unterȱ demȱ Eindruckȱ geänderterȱ politischerȱ RahmenbedingungenȱwirdȱdasȱBetrVGȱabermalsȱnovelliert.ȱDieȱNovelȬ leȱ beziehtȱ sichȱ hierȱ insb.ȱ aufȱ dieȱ Wahlmodalitätenȱ fürȱ denȱ Betriebsrat.ȱ ZielȱderȱNovelleȱistȱdieȱErleichterungȱderȱBildungȱeinesȱBetriebsratesȱinȱ kleinenȱBetrieben.ȱ x 2004:ȱDieȱvormalsȱimȱBetrVGȱ1952ȱgeregelteȱDrittelbeteiligungȱvonȱArȬ beitnehmernȱ amȱ Aufsichtsratȱ beiȱ Aktiengesellschaftenȱ oderȱ KommanȬ ditgesellschaftenȱaufȱAktienȱsowieȱbeiȱGesellschaftenȱmitȱbeschränkterȱ Haftungȱ undȱ bergrechtlichenȱ Gewerkschaftenȱ mitȱ mehrȱ alsȱ 500ȱ undȱ wenigerȱ alsȱ 2.000ȱ Arbeitnehmernȱ wirdȱ jetztȱ Gegenstandȱ einesȱ eigenȬ ständigenȱGesetzes,ȱdesȱDrittelbeteiligungsgesetzesȱ(DrittelbG).ȱ

264

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Dieȱ historischeȱ Entwicklungȱ derȱ Institutionalisierungȱ einerȱ InteressenȬ vertretungskompetenzȱ derȱ Arbeitnehmerȱ konzentriertȱ sichȱ aufȱ zweiȱ EbeȬ nen.ȱ Zumȱ einenȱ dieȱ Betriebsebeneȱ undȱ zumȱ anderenȱ dieȱ UnternehmensȬ ebene.ȱDasȱMitbestimmungsgesetzȱundȱdasȱBetrVGȱ–ȱdieȱbeidenȱzentralenȱ GesetzeȱzurȱInstitutionalisierungȱderȱInteressenvertretungskompetenzȱderȱ Arbeitnehmerȱ–ȱgreifenȱdabeiȱwirkungstechnischȱineinander:ȱ x DasȱBetrVGȱkonzentriertȱsichȱaufȱdieȱStellungȱderȱArbeitnehmerȱimȱBeȬ trieb,ȱ alsoȱ aufȱ konkreteȱ Einzelfragenȱ undȱ Schutzmechanismenȱ („beȬ trieblicheȱMitbestimmung“).ȱ x Dasȱ MitbestGȱ betrachtetȱ praktischȱ nurȱ dieȱ Beteiligungȱ derȱ ArbeitnehȬ merȱ inȱ denȱ Aufsichtsräten,ȱ alsoȱ dieȱ Mitwirkungȱ amȱ oberstenȱ KontrolȬ lorganȱsowieȱdieȱMitwirkungȱimȱVorstandȱdurchȱdenȱsog.ȱArbeitsdirekȬ torȱ(„unternehmensbezogeneȱMitbestimmung“).ȱ Dieȱ Institutionalisierungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ imȱ Zugeȱ derȱ Mitbestimmungȱ aufȱ Unternehmensebeneȱ orientiertȱ sichȱ dabeiȱ anȱ denȱ gesellschaftlichenȱOrganenȱdesȱUnternehmensȱundȱschafftȱnichtȱneueȱOrȬ gane,ȱ wieȱ diesȱ beiȱ derȱ betrieblichenȱ Mitbestimmungȱ derȱ Fallȱ ist.ȱ Unterȱ konflikttheoretischerȱ Perspektiveȱ istȱ diesȱ einȱ bedeutenderȱ Unterschied:ȱ Währendȱ sichȱ aufȱ Betriebsebeneȱ Unternehmensleitung1ȱ undȱ ArbeitnehȬ mervertretungȱ alsȱ institutionalisierteȱ Konfliktparteienȱ gegenüberstehen,ȱ sindȱsieȱbeiȱderȱMitbestimmungȱaufȱUnternehmensebeneȱMitgliederȱeinesȱ gemeinsamenȱGremiums,ȱd.ȱh.ȱsieȱsindȱgezwungen,ȱhierȱeineȱgemeinsameȱ Entscheidungȱnachȱaußenȱhinȱzuȱtragen.ȱDerȱKonfliktȱwirdȱdamitȱ„inȱdieȱ Person“ȱ verlagert.ȱ Dieȱ Mitbestimmungȱ aufȱ Unternehmensebeneȱ istȱ somitȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ InȱdiesemȱZusammenhangȱseiȱdaraufȱhingewiesen,ȱdassȱdasȱBetrVGȱdenȱBegriffȱ derȱUnternehmensleitungȱnichtȱkenntȱundȱentsprechendȱimmerȱvomȱArbeitgeȬ berȱspricht.ȱDaȱesȱjedochȱunterȱbetriebswirtschaftlicherȱPerspektiveȱwenigȱsinnȬ vollȱ erscheint,ȱdieȱ Funktionȱ derȱ Geschäftsleitungȱ bzw.ȱ desȱ Vorstandesȱ aufȱ dieȱ Rolleȱ einesȱ Vertragspartnersȱ beiȱ Arbeitsverträgenȱ zuȱ reduzieren,ȱ wirdȱ imȱ GeȬ gensatzȱ zuȱ denȱ entsprechendenȱ Ausführungenȱ desȱ Gesetzestextesȱ derȱ umfasȬ sendereȱ Begriffȱ derȱ Unternehmensleitungȱ verwandt.ȱ Dieseȱ Bezeichnungȱ wirdȱ auchȱ wesentlichȱ eherȱ derȱ interessengruppenorientiertenȱ Perspektiveȱ derȱ UnȬ ternehmensverfassungȱgerecht.ȱ

5.1 Geschichtliche Entwicklung

265

vomȱ Gesetzgeberȱ deutlichȱ stärkerȱ aufȱ Konsensȱ getrimmtȱ alsȱ diesȱ beiȱ derȱ betrieblichenȱMitbestimmungȱderȱFallȱist.ȱȱ Dieȱ Institutionalisierungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ ArȬ beitnehmerȱwirdȱüberȱfolgendeȱgesetzlicheȱRegelungenȱerreicht:ȱ x aufȱ Betriebsebene:ȱ Betriebsverfassungsgesetz,ȱ Gesetzȱ überȱ EuropäȬ ischeȱBetriebsräte,ȱSprecherausschussgesetzȱ x aufȱ Unternehmensebene:ȱ DrittelbG,ȱ Mitbestimmungsgesetz,ȱ MontanȬ Mitbestimmungsgesetz,ȱ MontanȬMitbestimmungsgesetzȬErgänzungsȬ gesetzȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

5.2.1

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

Mitȱ demȱ BetrVGȱ wirdȱ derȱ Versuchȱ unternommen,ȱ dasȱ Bestrebenȱ nachȱ einerȱ Interessenvertretungskompetenzȱ aufȱ Seitenȱ derȱ Arbeitnehmerȱ mitȱ demȱ Interesseȱ desȱ Arbeitgebersȱ nachȱ freierȱ unternehmerischerȱ EntscheiȬ dungȱ inȱ Einklangȱ zuȱ bringen.1ȱ Unterȱ derȱ Perspektiveȱ derȱ UnternehmensȬ verfassungȱ dientȱ dasȱ BetrVGȱ dazu,ȱ ausgewählteȱ betrieblicheȱ EntscheiȬ dungsprozesseȱ inȱ gewisserȱ Weiseȱ zuȱ beeinflussen.ȱ Dieseȱ Vorprägungȱ richtetȱsichȱdarauf,ȱdassȱinȱbestimmtenȱBereichenȱdenȱArbeitnehmernȱeineȱ Interessenvertretungskompetenzȱ eingeräumtȱ wird.ȱ Damitȱ einherȱ gehtȱ ebenfallsȱ dieȱ Festlegungȱ derȱ Artȱ undȱ Weise,ȱ wieȱ eineȱ solcheȱ InteressenȬ vertretungskompetenzȱ zuȱ institutionalisierenȱ ist.ȱ Nurȱ eineȱ solideȱ InstituȬ tionalisierungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ stelltȱ letztlichȱ sicher,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ auchȱ denȱ Überblickȱ überȱ theoretischeȱ Erklärungsansätzeȱ zurȱ beȬ trieblichenȱMitbestimmungȱbeiȱFrickȱ(2004),ȱSp.ȱ872ȱff.ȱ

266

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

dassȱ esȱ denȱ Arbeitnehmernȱ möglichȱ ist,ȱ ihreȱ InteressenvertretungsȬ kompetenzȱauchȱdurchzusetzen.ȱ Imȱ Zentrumȱ desȱ BetrVGȱ stehenȱ daherȱ nebenȱ derȱ Abgrenzungȱ desȱ BeȬ reichsȱderȱInteressenvertretungskompetenzȱvorȱallemȱRegelungen,ȱdieȱsichȱ mitȱ institutionellenȱ Fragenȱ beschäftigen.ȱ Anȱ ersterȱ Stelleȱ sindȱ hierȱ sicherȬ lichȱ dieȱ Ausführungenȱ zumȱ Betriebsratȱ zuȱ sehen.ȱ Aberȱ auchȱ andereȱ ForȬ menȱderȱInstitutionalisierungȱspielenȱeineȱRolle,ȱwieȱz.ȱB.ȱdieȱOrganisationȱ derȱ Einigungsstelleȱ oderȱ derȱ Betriebsversammlung.ȱ Aufȱ sieȱ wirdȱ imȱ FolȬ gendenȱ weiterȱ einzugehenȱ sein.ȱ Ebenfallsȱ Gegenstandȱ desȱ BetrVGȱ sindȱ FragenȱderȱJugendȬȱundȱAuszubildendenvertretung,ȱaufȱdieȱallerdingsȱimȱ Weiterenȱ nichtȱ eingegangenȱ wird,ȱ daȱ dieȱ dortigenȱ Regelungenȱ fürȱ dieȱ Ausgestaltungȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ vonȱ eherȱ untergeordneterȱ Bedeutungȱsind.ȱ Obwohlȱ imȱ BetrVGȱ keineȱ Angabenȱ zurȱ Institutionalisierungȱ einesȱ sog.ȱ Europäischenȱ Betriebsratesȱ gemachtȱ werden,ȱ werdenȱ dieȱ entsprechendenȱ AusführungenȱdesȱEuropäischenȱBetriebsrätegesetzesȱ(EBRG)ȱebenfallsȱinȱ diesemȱKapitelȱbehandelt.ȱDerȱEuropäischeȱBetriebsratȱistȱdieȱkonsequenteȱ Fortentwicklungȱ desȱ Gedankensȱ desȱ GesamtȬȱ bzw.ȱ Konzernbetriebsratesȱȱ –ȱwieȱsieȱimȱBetrVGȱgeregeltȱsindȱ–ȱaufȱeuropäischerȱEbene.ȱDaȱzwischenȱ diesenȱGremienȱdarüberȱhinausȱnochȱvielfältigeȱ–ȱvomȱGesetzgeberȱvorgeȬ gebeneȱ–ȱorganisatorischeȱVerbindungenȱexistieren,ȱwürdeȱesȱwenigȱSinnȱ machen,ȱdieseȱFormenȱderȱInstitutionalisierungȱderȱInteressenvertretungsȬ kompetenzȱgetrenntȱvoneinanderȱzuȱbehandeln.ȱ

5.2.1.1

Geltungsbereich

Dieȱ Institutionalisierungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ ArȬ beitnehmerȱ erfolgtȱ überȱ dieȱ Bildungȱ einesȱ Betriebsratesȱ nachȱ denȱ VorȬ schriftenȱ desȱ BetrVG.ȱ Derȱ Geltungsbereichȱ desȱ BetrVGȱ erstrecktȱ sichȱ aufȱ denȱBetriebȱundȱnichtȱaufȱdasȱUnternehmen.ȱAlsȱorganisatorischeȱEinheiȬ tenȱ unterscheidenȱ sichȱ beideȱ anhandȱ ihresȱ spezifischenȱ Zweckes.1ȱ WähȬ rendȱimȱBetriebȱvorwiegendȱleistungsspezifischeȱZweckeȱverfolgtȱwerden,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱHalbachȱetȱal.ȱ(1997),ȱS.ȱ366.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

267

wieȱz.ȱB.ȱ dieȱProduktionȱvonȱGüternȱoderȱdieȱErbringungȱvonȱDienstleisȬ tungen,ȱdientȱeinȱUnternehmenȱzusätzlichȱnochȱwirtschaftlichenȱZwecken,ȱ wieȱderȱErzielungȱvonȱGewinn.ȱDabeiȱistȱjedochȱzuȱberücksichtigen,ȱdassȱ esȱ sichȱ beiȱ einemȱ Betriebȱ umȱ einenȱ selbstständigenȱ Betriebȱ handelt,ȱ d.ȱh.ȱ dassȱ erȱ eineȱ organisatorischeȱ Einheitȱ mitȱ einerȱ selbstständigenȱ Leitungȱ darstellt,ȱalsoȱz.ȱB.ȱeinȱProduktionswerkȱmitȱeinerȱverantwortlichenȱWerksȬ leitung.ȱ Alsȱ Kriteriumȱ fürȱ dieȱ Errichtungȱ einesȱ Betriebsratesȱ fungiertȱ dieȱ Unternehmensgröße.ȱ §ȱ1ȱ Abs.ȱ 1ȱ BetrVGȱ führtȱ aus,ȱ dassȱ inȱ Betriebenȱ mitȱ mindestensȱfünfȱständigȱwahlberechtigtenȱArbeitnehmern,ȱvonȱdenenȱdreiȱ wählbarȱ sind,ȱ Betriebsräteȱ gewähltȱ werdenȱ können.ȱ Esȱ bestehtȱ alsoȱ keinȱ ZwangȱzurȱWahlȱeinesȱBetriebsrates.ȱErgreifenȱdieȱBeschäftigtenȱeinesȱUnȬ ternehmensȱ nichtȱ dieȱ Initiativeȱ zurȱ Bildungȱ einesȱ Betriebsrates,ȱ soȱ kannȱ dieserȱ auchȱ nichtȱ vonȱ außenȱ –ȱ z.ȱB.ȱ durchȱ Gewerkschaftenȱ –ȱ erzwungenȱ werden.ȱȱ Derȱ Gesetzgeberȱ antizipiertȱ beiȱ seinerȱ Regelungȱ jedochȱ denȱ Umstand,ȱ dassȱ dieȱ Bereitschaftȱ vonȱ Arbeitgeberseite,ȱ Betriebsräteȱ zuȱ dulden,ȱ nichtȱ starkȱausgeprägtȱist.ȱWürdeȱmanȱandereȱKriterienȱwieȱz.ȱB.ȱdieȱRechtsformȱ alsȱ Grundlageȱ fürȱ dieȱ Bildungȱ einesȱ Betriebsratesȱ wählen,ȱ soȱ würdeȱ manȱ denȱUnternehmenȱdeutlichȱmehrȱMöglichkeitȱlassen,ȱüberȱzumȱBeispielȱdieȱ VeränderungȱderȱRechtsform,ȱdemȱZwangȱzurȱErrichtungȱeinesȱBetriebsraȬ tesȱzuȱentgehen.ȱ Zuȱ denȱ Arbeitnehmernȱ einesȱ Betriebesȱ werdenȱ sämtlicheȱ Arbeiterȱ undȱ Angestellteȱ einschließlichȱ derȱ Auszubildendenȱ gezählt.ȱ Diesȱ unabhängigȱ davon,ȱobȱsieȱimȱBetriebȱeingesetztȱsindȱoderȱimȱAußendienstȱoderȱmitȱTeȬ leȬ/Heimarbeitȱbeschäftigtȱsind.ȱVomȱGesetzgeberȱexplizitȱnichtȱalsȱArbeitȬ nehmerȱ bezeichnetȱ (§ȱ 5ȱ Abs.ȱ 2ȱ BetrVG)ȱ werdenȱ imȱ Betriebȱ tätigeȱ GesellȬ schafterȱ oderȱ Ehegattenȱ undȱ Verwandteȱ desȱ Arbeitgebersȱ sowieȱ leitendeȱ Angestellte.ȱȱ

5.2.1.2

Institutionalisierung der Interessenvertretungskompetenz

Dieȱ Institutionalisierungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ beziehtȱ sichȱaufȱfolgendeȱOrgane:ȱ

268

x x x x x x

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Betriebsrat,ȱ Gesamtbetriebsrat,ȱ Konzernbetriebsrat,ȱ EuropäischerȱBetriebsrat,ȱ Einigungsstelle,ȱ Betriebsversammlung.ȱ SieȱgiltȱesȱimȱFolgendenȱzuȱerläutern.ȱ

5.2.1.2.1

Betriebsrat

Zentralesȱ Organȱ derȱ Institutionalisierungȱ derȱ InteressenvertretungsȬ funktionȱderȱArbeitnehmerȱistȱderȱsog.ȱBetriebsrat.1ȱErȱistȱderȱwesentlicheȱ Trägerȱ allerȱ Rechteȱ undȱ Pflichtenȱ hinsichtlichȱ derȱ Wahrnehmungȱ derȱ InteressenvertretungskompetenzȱderȱArbeitnehmerȱaufȱBetriebsebene.ȱȱ MitȱderȱBetrVGȬNovelleȱausȱdemȱJahrȱ2001ȱhabenȱsichȱvieleȱDetailsȱimȱ HinblickȱaufȱdieȱInstitutionalisierungȱderȱInteressenvertretungskompetenzȱ geändert.ȱ Hauptzielsetzungȱ derȱ Novelleȱ warȱ dieȱ Erleichterungȱ derȱ BilȬ dungȱ vonȱ Betriebsrätenȱ inȱ kleinenȱ undȱ mittelständischenȱ Unternehmenȱ sowieȱ dieȱ Stärkungȱ derȱ Arbeitsfähigkeitȱ desȱ Betriebsrates.ȱ Tab.ȱ 5Ȭ2ȱ zeigtȱ dieȱwesentlichenȱÄnderungenȱderȱBetrVGȬNovelleȱausȱdemȱJahrȱ2001.ȱ Dieȱ Größeȱ desȱ zuȱ bildendenȱ Betriebsratesȱ richtetȱ sichȱ nachȱ derȱ Anzahlȱ derȱwahlberechtigtenȱArbeitnehmerȱimȱBetrieb.ȱDerȱGesetzgeberȱgibtȱhierȬ zuȱ unterschiedlicheȱ Größenklassenȱ vor.ȱ Unterȱ fünfȱ Wahlberechtigtenȱ istȱ keinȱ Betriebsratȱ zuȱ bilden,ȱ beiȱ 5ȱ bisȱ 20ȱ Wahlberechtigtenȱ istȱ genauȱ eineȱ Personȱ zumȱ Betriebsratȱ zuȱ wählen,ȱ manȱ sprichtȱ inȱ diesemȱ Fallȱ vomȱ sog.ȱ Betriebsobmann.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱSchaub/Kreftȱ(2002).ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

269

SelbstȱgroßeȱbörsennotierteȱAktiengesellschaftenȱkommenȱüberȱlangeȱZeitȱ ohneȱeinenȱBetriebsratȱimȱSinneȱdesȱBetrVGȱaus,ȱwieȱdasȱdasȱBeispielȱderȱ SAPȱAGȱzeigt:ȱ „Beim Software-Riesen SAP beginnen heute zum ersten Mal in der Firmengeschichte Betriebsratswahlen. Ein Unternehmenssprecher sagte in Walldorf bei Heidelberg, es gebe 415 Kandidaten auf zehn Listen. Aufgerufen zur Wahl seien rund 11.000 Mitarbeiter an den deutschen Standorten des Unternehmens. Das Ergebnis wird morgen erwartet. Seit der Unternehmensgründung 1972 hatten Vorstand und Beschäftigte eine Arbeitnehmervertretung immer wieder abgelehnt. Noch am 2. März hatten 91 Prozent der Mitarbeiter in Walldorf und St. Leon Rot einem Betriebsrat eine Absage erteilt. Anschließend erklärten die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat aber, die Wahl eines Betriebsrates selbst zu organisieren. Hintergrund waren drohende Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht, mit denen die Initiatoren der Wahlmöglicherweise einen Betriebsrat hätten durchsetzen können. Vorstandssprecher Henning Kagermann sagte damals: "Wenn es einen Betriebsrat bei SAP geben muss, dann einen Betriebsrat aus unserer Mitte, der sich unserer besonderen Firmenkultur und unseren Werten verpflichtet fühlt." Es sei für das Unternehmen wichtig, dass kein fremdbestimmter Wahlvorstand per Gerichtsbeschluss eingesetzt werde, sondern dass die Mitarbeiter selbst über die Zusammensetzung des Wahlvorstands und des Betriebsrats befinden würden. SAP ist das einzige börsennotierte Großunternehmen, das bislang über keinen Betriebsrat verfügt.“ Quelle: o.V.: SAP – einziges börsennotierte Großunternehmen ohne Betriebsrat, in: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,422624,00.html – letzter Zugriff am 21.06.2006.

Beiȱ derȱ Zusammensetzungȱ desȱ Betriebsratesȱ istȱ daraufȱ zuȱ achten,ȱ dassȱ möglichstȱ Arbeitnehmerȱ ausȱ allenȱ Organisationsbereichenȱ einesȱ Betriebesȱ imȱBetriebsratȱvertretenȱsind.ȱDarüberȱhinausȱsollenȱsichȱnachȱMöglichkeitȱ auchȱ verschiedeneȱ Beschäftigungsartenȱinȱ derȱ Zusammensetzungȱdesȱ BeȬ triebsratesȱwiederfindenȱ(§ȱ15ȱAbs.ȱ1ȱBetrVG).ȱDieȱBetriebsräteȱwerdenȱaufȱ vierȱJahreȱgewählt.ȱDerȱGesetzgeberȱschreibtȱhierbeiȱexplizitȱvor,ȱdassȱdieȱ Wahlenȱzwischenȱdemȱ1.ȱMärzȱundȱdemȱ31.ȱMaiȱstattzufindenȱhabenȱ(§ȱ13ȱ Abs.ȱ 1ȱ BetrVG).ȱ Manȱ willȱ damitȱ erreichen,ȱ dassȱ esȱ denȱ Gewerkschaftenȱ möglichȱ ist,ȱ betriebsübergreifendȱ Wahlkampfȱ zuȱ betreiben.ȱ Letztlichȱ beȬ

270

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

nachteiligtȱjedochȱdieseȱzeitlicheȱFixierungȱgewerkschaftsunabhängigeȱLisȬ ten,ȱ dieȱ sichȱnurȱinȱ einzelnenȱ Betriebenȱ zurȱ Wahlȱ stellen.ȱ Sieȱkönnenȱ denȱ VorteilȱeinesȱbetriebsübergreifendenȱWahlkampfesȱnichtȱnutzen.ȱNachȱeiȬ nerȱ Erhebungȱ desȱ DGB1ȱ gehörtenȱ immerhinȱ 21ȱ Prozentȱ derȱ inȱ denȱ BeȬ triebsratswahlenȱ vonȱ 1994ȱ gewähltenȱ Betriebsräteȱ nichtȱ DGBȬGewerkȬ schaftenȱ an.ȱ Fürȱ dieȱ Betriebsratswahlenȱ vonȱ 2002ȱ wirdȱ vonȱ einemȱ vorläufigenȱ Anteilȱ nichtȱ gewerkschaftlichȱ organisierterȱ Betriebsräteȱ vonȱ 16,4ȱProzentȱberichtet.2ȱ Dasȱ abnehmendeȱ Gewichtȱ derȱ großenȱ Gewerkschaftenȱ zeigtȱ sichȱ beiȬ spielsweiseȱbeiȱderȱjüngstenȱWahlȱderȱArbeitnehmervertreterȱbeiȱderȱLuftȬ hansaȱAG:ȱ „Wichtigster Ver.di-Vertreter des Ende April neu zu bildenden LufthansaAufsichtsrats wird weiterhin Gewerkschaftsboss Frank Bsirske sein. Doch durch das heutige Abstimmungsergebnis könnte seine Machtposition bei der Lufthansa empfindlich geschwächt werden. Bsirske fungiert im Kontrollgremium bislang als Stellvertreter von Konzern-Chefüberwacher Jürgen Weber. Weil Ver.di im Aufsichtsrat künftig nur noch drei Mandatsträger stellt und in dem Gremium neben einem Entsandten der Leitenden Angestellten ab Ende April gleich sechs Angehörige gegnerischer Organisationen sitzen, gilt es als fraglich, ob Bsirske wieder zum Vizechef bestellt wird. Auf die frei werdenden Plätze rücken Angehörige kleinerer Konkurrenten um die Gunst der Lufthansa-Angestellten nach, darunter Vertreter der Kabinengewerkschaft UFO, der Vereinigung Boden oder der erst kürzlich neu gegründeten Organisation ‘Mitarbeiter für Mitarbeiter’. Auch die Pilotengewerkschaft Cockpit konnte ihren Einfluss im Lufthansa-Aufsichtsrat mit Hilfe von Stimmen der Boden- oder Kabinenbeschäftigten ausbauen und stellt demnächst sogar zwei Angehörige auf der zehnköpfigen Arbeitnehmerbank.“ Quelle: Deckstein, D.: Schlappe für Ver.di bei Lufthansa, in: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,538811,00.html – letzter Zugriff am 03.03.2008)

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱHalbachȱetȱal.ȱ(1997),ȱS.ȱ390.ȱ 2ȱ Vgl.ȱRudolph/Wassermannȱ(2002).ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

271

Dasȱ BetrVGȱ schreibtȱ darüberȱ hinausȱdasȱ Verfahrenȱ zurȱ Wahlȱdezidiertȱ vorȱ(§§ȱ14,ȱ16ȱbisȱ20ȱBetrVG).ȱDieȱWahlȱdesȱBetriebsratesȱorientiertȱsichȱdaȬ beiȱanȱfolgendenȱEckpunkten:ȱ x EsȱfindetȱeineȱgeheimeȱundȱunmittelbareȱWahlȱstatt.ȱ x DieȱWahlȱerfolgtȱnachȱdenȱGrundsätzenȱderȱVerhältniswahl.ȱ x Wahlvorschlägeȱ könnenȱ nichtȱ nurȱ vonȱ denȱ Wahlberechtigtenȱ ArbeitȬ nehmernȱeingebrachtȱwerden,ȱsondernȱauchȱvonȱdenȱimȱBetriebȱvertreȬ tenenȱGewerkschaften.ȱ x EinȱWahlvorschlagȱmussȱdabeiȱspezifischenȱKriterienȱgenügen.ȱ Umȱ eineȱ effizienteȱ Geschäftsführungȱ desȱ Betriebsratesȱ sicherzustellen,ȱ wähltȱdieserȱausȱseinerȱMitteȱeinenȱVorsitzendenȱundȱeinenȱStellvertreter.ȱ Derȱ Betriebsratsvorsitzendeȱ bzw.ȱ fürȱ denȱ Fall,ȱ dassȱ dieserȱ verhindertȱ ist,ȱ seinȱStellvertreterȱsindȱdieȱzentralenȱRepräsentantenȱdesȱBetriebsrates.ȱSieȱ vertretenȱdieȱgefasstenȱBeschlüsseȱnachȱaußenȱhin.ȱSieȱsindȱbefugt,ȱErkläȬ rungenȱ entgegenzunehmen,ȱ dieȱ insb.ȱ vonȱ derȱ Unternehmensleitungȱ demȱ Betriebsratȱgegenüberȱabgegebenȱwerden.ȱȱ HatȱeinȱBetriebsratȱneunȱoderȱmehrȱMitglieder,ȱsoȱgestaltetȱsichȱdieȱtagȬ täglicheȱ Betriebsratsarbeitȱalsȱ vergleichsweiseȱ schwierig.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ schreibtȱinȱdiesemȱFallȱvor,ȱdassȱderȱBetriebsratȱeinenȱBetriebsausschussȱzuȱ bildenȱhatȱ(§ȱ27ȱBetrVG).ȱDieserȱBetriebsausschussȱbestehtȱausȱdemȱVorsitȬ zendenȱ desȱ Betriebsrates,ȱ demȱ stellvertretendenȱ Betriebsratsvorsitzendenȱ undȱbeiȱBetriebsräten,ȱdieȱ9ȱbisȱ15ȱMitgliederȱumfassen,ȱausȱdreiȱweiterenȱ Ausschussmitgliedern.ȱ Dieȱ Zahlȱ derȱ weiterenȱ Mitgliederȱ erhöhtȱ sichȱ entȬ sprechendȱbeiȱgrößerenȱBetriebsräten.ȱDerȱBetriebsausschussȱführtȱdieȱlauȬ fendenȱGeschäfteȱdesȱBetriebsrates.ȱIstȱderȱBetriebsausschussȱentsprechendȱ ermächtigt,ȱsoȱkannȱerȱbestimmteȱAufgabenȱselbstständigȱerledigen.ȱAllerȬ dingsȱgreiftȱdieseȱBefugnisȱnichtȱsoȱweit,ȱdassȱderȱBetriebsausschussȱautoȬ risiertȱ ist,ȱ Betriebsvereinbarungenȱ mitȱ derȱ Unternehmensleitungȱ abzuȬ schließen.ȱ Derȱ Betriebsausschussȱ sollȱ letztlichȱ dieȱ Funktionsfähigkeitȱ undȱ dieȱSchlagkräftigkeitȱdesȱBetriebsratesȱsichern.ȱȱ Dieȱ Kostenȱ derȱ Betriebsratstätigkeitȱ trägtȱ derȱ Arbeitgeber.ȱ Ebensoȱ denȱ Sachaufwandȱ(§ȱ40ȱBetrVG).ȱDasȱheißtȱderȱArbeitgeberȱhatȱdemȱBetriebsratȱ fürȱ dieȱ Sitzungen,ȱ dieȱ Betriebsratssprechstundenȱ undȱ dieȱ laufendeȱ BeȬ

272

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

triebsratstätigkeitȱ inȱ erforderlichemȱ Maßeȱ Räume,ȱ sachlicheȱ Mittel,ȱ InforȬ mationsȬȱundȱKommunikationstechnikȱsowieȱBüropersonalȱzurȱVerfügungȱ zuȱstellen.ȱȱ Derȱ Arbeitgeberȱ hatȱ darüberȱ hinausȱ zumȱ Teilȱ auchȱ dieȱ Personalkostenȱ zuȱ tragen.ȱ Einȱ Teilȱ derȱ Betriebsräteȱ istȱ vonȱ derȱ eigentlichenȱ betrieblichenȱ Arbeitȱfreizustellen.ȱ Dieseȱ Regelungȱgreiftȱabȱ einerȱBeschäftigtenzahlȱ vonȱ 200ȱArbeitnehmern.ȱBeiȱBetriebenȱinȱeinerȱGrößenordnungȱvonȱ200ȱbisȱ500ȱ ArbeitnehmernȱistȱeinȱBetriebsratsmitgliedȱvomȱtagtäglichenȱGeschäftȱfreiȬ zustellen,ȱ beiȱ einerȱ Größenordnungȱ vonȱ 501ȱ bisȱ 900ȱ Arbeitnehmernȱ zweiȱ Betriebsratsmitgliederȱ usw.ȱ Dieseȱ Zahlȱ derȱ freizustellendenȱ BetriebsratsȬ mitgliederȱ bzw.ȱ dieȱ entsprechendenȱ Größenkategorienȱ sindȱ erstȱ mitȱ derȱ NovelleȱdesȱBetrVGȱinȱ2001ȱzuȱGunstenȱderȱArbeitnehmerȱverändertȱworȬ den.ȱȱ MitȱdieserȱNeufassungȱderȱFreistellungskontingenteȱsollȱdieȱLeistungsȬ fähigkeitȱ derȱ Institutionȱ Betriebsratȱ gestärktȱ werden.ȱ Diesȱ trifftȱ sicherlichȱ aufȱBetriebeȱzu,ȱdieȱzwischenȱ200ȱundȱ300ȱArbeitnehmernȱbeschäftigen.ȱImȱ ZugeȱderȱaltenȱRegelungȱkamȱesȱhierȱzuȱkeinerȱFreistellung.ȱDieȱneueȱReȬ gelungȱsiehtȱdieȱFreistellungȱeinesȱBetriebsratesȱvonȱseinerȱbisherigenȱTäȬ tigkeitȱvor.ȱObȱallerdingsȱbeiȱgroßenȱBetriebsrätenȱeineȱErhöhungȱderȱFreiȬ stellungȱ vonȱ 5ȱ aufȱ 6ȱ Betriebsrätenȱ dieȱ Leistungsfähigkeitȱ derȱ Institutionȱ Betriebsratȱ wirklichȱ nennenswertȱ verbessert,ȱ istȱ zumindestȱ umstritten.ȱ Unstrittigȱ istȱ hingegen,ȱ dassȱ eineȱ Erhöhungȱ derȱ Anzahlȱ derȱ freizustellenȬ denȱ Betriebsräteȱ dieȱ Kostenȱ desȱ Unternehmensȱ erhöht.ȱ Esȱ mussȱ insofernȱ dieȱFrageȱerlaubtȱsein,ȱobȱderȱNutzen,ȱderȱvonȱdiesenȱRegelungenȱausgeht,ȱ dieȱKostensteigerungȱaufȱSeitenȱdesȱUnternehmensȱrechtfertigt.ȱInsbesonȬ dereȱ fürȱ mittelständischeȱ Unternehmenȱ sindȱ dieȱ Kostenȱ hierȱ sicherlichȱ inȱ einerȱGrößenordnung,ȱdieȱnichtȱvernachlässigbarȱerscheinen.ȱ Tab.ȱ5Ȭ1ȱzeigtȱdieȱErgebnisseȱeinerȱUntersuchungȱdesȱInstitutsȱderȱdeutȬ schenȱ Wirtschaftȱ zuȱ denȱ Kostenȱ derȱ Betriebsratsarbeitȱ proȱ Mitarbeiterȱ imȱ Jahrȱ2003/04.1ȱDabeiȱistȱzuȱberücksichtigen,ȱdassȱdieȱKostenȱinsgesamtȱimȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱfernerȱauchȱDilgerȱ(2003),ȱS.ȱ512ȱff.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

273

Zeitraumȱvonȱ1997/98ȱbisȱ2003/04ȱvonȱ265,41ȱEuroȱaufȱ337,95ȱEuroȱproȱMitȬ arbeiterȱgestiegenȱsind.ȱDasȱistȱeineȱSteigerungsrateȱvonȱ27,3ȱProzent.ȱ Art der Kosten Volle Freistellung von der Arbeit Teilweise Freistellung von der Arbeit Zeitlicher Aufwand des Arbeitgebers oder seiner Vertreter für Verhandlungen mit dem Betriebsrat Einrichtung von Arbeitsgruppen durch den Betriebsrat Büropersonal Zeitlicher Aufwand des Arbeitgebers oder seiner Vertreter für die gemeinsamen Sitzungen mit dem Betriebsrat Schulungs- und Weiterbildungskosten Sachverständige bei Betriebsänderungen Besprechungen zur Beschäftigungssicherung Ermittlung des Berufsbildungsbedarfs durch den Arbeitgeber und Beratung mit dem Betriebsrat Zeitlicher Aufwand des Arbeitgebers oder seiner Vertreter für die Unterrichtung des Betriebsrats Reisekosten Büroräume Sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen für den Betriebsrat Rechtsstreitigkeiten Büroeinrichtung Sitzungsräume Sachverständige Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung Büromaterial Drucksachen Internet- und Intranetnutzung Bewirtung Literatur Schwarzes Brett/Information

Kosten pro Mitarbeiter in Euro 180,77 126,99 31,85 20,60 25,76 18,77 18,20 17,60 16,74 16,24 13,35 12,39 10,60 9,32 7,24 5,86 4,96 4,50 4,15 3,71 2,61 2,36 1,77 1,66 1,58 0,43

Quelle:ȱ Informationsdienstȱ desȱ Institutsȱ derȱ deutschenȱ Wirtschaftȱ 30ȱ (2004),ȱS.ȱ5.ȱ Tab.ȱ5Ȭ1:ȱ KostenȱderȱBetriebsratstätigkeitȱproȱMitarbeiterȱimȱJahrȱ2003/04ȱ ȱ

200 Arbeitnehmern.

Ab 300 Arbeitnehmern. Ab welcher Betriebsgröße sind Betriebsratsmitglieder von ihrer Arbeit freizustellen?

Zweistufiges Wahlverfahren Auf einer ersten Wahlversammlung wird ein Wahlvorstand gewählt. Eine Woche später wird. Auf einer zweiten Wahlversammlung der Betriebsrat gewählt (geheim und unmittelbar). In Betrieben mit 51 – 100 Arbeitnehmern können Wahlvorstand und Arbeitgeber dieses zweistufige Wahlverfahren miteinander vereinbaren.

Wie in anderen Betrieben auch (Wahlversammlung, Bildung eines Wahlvorstands der die Wahl vorbereitet – Vorschlaglisten, etc. – und durchführt). Ein Sonderverfahren war nicht vorgesehen.

Wie wird in Kleinbetrieben (5 bis 50 Arbeitnehmer) gewählt?

Ab 201 Arbeitnehmern.

Auch Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden.

Alle Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Wer ist wahlberechtigt?

Ab wie vielen ArbeitAb 301 Arbeitnehmern. nehmern kann ein Betriebsausschuss gebildet werden?

In Betrieben mit in der Regel fünf wahlbe- Nach längerer Diskussion und Unklarheiten verrechtigten Arbeitnehmern (18. Lebensjahr bleibt es bei der erforderlichen Zahl von vollendet), von denen drei wählbar sind 5 wahlberechtigten Arbeitnehmern. (wahlberechtigt und sechs Monate im Betrieb).

In welchen Betrieben kommt die Errichtung eines Betriebsrats in Betracht?

geltendes Recht

zuvor geltendes Recht

Regelung zur/zum

274 Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Quelle:ȱ IHKȱSaarlandȱ(Hrsg.),ȱArbeitsrechtȱ–ȱAȱ10ȱ„ReformȱderȱBetriebsȬ verfassungsgesetzes,ȱSaarbrückenȱ

Tab.ȱ5Ȭ2:ȱ WesentlicheȱÄnderungȱderȱBetrVGȬNovelleȱdesȱJahresȱ2001ȱ

(FortsetzungȱderȱTab.ȱ5Ȭ2)ȱ

Hat der Betriebsrat ein In Betrieben mit mehr als 1000 ArbeitForderungsrecht zur nehmern. Erstellung von Auswahlrichtlinien bei Einstellungen, etc.?

In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern.

1 2 3 4

200 – 500 Arbeitnehmer 501 – 900 Arbeitnehmer 901 – 1500 Arbeitnehmer 1501 – 2000 Arbeitnehmer usw. in Tausenderschritten

1 2 3 4

35

1 3 5 7 9 11 13 15 17

Zahl der freizustellenden 300 – 600 Arbeitnehmer Betriebsratsmitglieder 601 – 1000 Arbeitnehmer 1001 – 2000 Arbeitnehmer 2001 – 3000 Arbeitnehmer usw. in Tausenderschritten

5 – 20 Wahlberechtigte 21 – 50 Wahlberechtigte 51 – 100 Wahlberechtigte 101 – 200 Wahlberechtigte 201 – 400 Wahlberechtigte 401 – 700 Wahlberechtigte 701 – 1000 Wahlberechtigte 1001 – 1500 Wahlberechtigte 1501 – 2000 Wahlberechtigte usw. in Fünfhunderterschritten um je Zwei ab 5000 Wahlberecht. in Tausenderschritten 7001 – 9000 Wahlberechtigte usw. in Dreitausenderschritten um je Zwei Das Geschlecht, das im Betrieb in der Minderheit ist, muss künftig mindestens entsprechend seinem Anteil in der Belegschaft im Betriebsrat vertreten sein.

5 – 20 Wahlberechtigte 1 21 – 50 Wahlberechtigte 3 51 – 150 Wahlberechtigte 5 151 – 300 Wahlberechtigte 7 301 – 600 Wahlberechtigte 9 601 – 1000 Wahlberechtigte 11 1001 – 2000 Wahlberechtigte 15 2001 – 3000 Wahlberechtigte 19 3001 – 4000 Wahlberechtigte 23 4001 – 5000 Wahlberechtigte 27 5001 – 7000 Wahlberechtigte 29 7001 – 9000 Wahlberechtigte 31 usw. in Dreitausenderschritten um je Zwei

Wie groß ist ein Betriebsrat?

geltendes Recht

Wie setzt der Betriebsrat Paritätisch nach Arbeitnehmergruppen. sich zusammen?

zuvor geltendes Recht

Regelung zur/zum

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene 275

276

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Dassȱ dieȱ Wahlȱ einesȱ Betriebsratesȱ auchȱ scheiternȱ kann,ȱ zeigtȱ dasȱ Beispielȱ desȱReiseunternehmensȱAlltours:ȱ „Beim Reiseunternehmen Alltours sind drei Mitarbeiter mit dem Versuch gescheitert, einen Betriebsrat zu gründen. Ihre Kollegen waren einstimmig dagegen. (…) "Das deutliche Ergebnis zeigt, dass die Mitarbeiter zu mir Vertrauen haben und dass wir bei Alltours eine Einheit sind", ließ Alltours-Chef Willi Verhuven direkt nach der Abstimmung verkünden: "Uns verbindet, dass wir mit Freude und Spaß arbeiten und alle gut leben wollen." Zuvor hatten die Angestellten auf einer Betriebsversammlung einstimmig gegen die Gründung eines Betriebsrates gestimmt. "Die Betriebsversammlung war eine Show", wettert dagegen Christiane Sabolcec. Seit einigen Monaten hatte sie sich innerhalb des Unternehmens für einen Betriebsrat stark gemacht. "Den Leuten wurde hier schon im Vorfeld Angst gemacht", so Sabolcec. So soll das Gerücht verbreitet worden sein, Urlaubs- und Weihnachtgeldsgeld würden gestrichen, wenn der Betriebsrat eingesetzt wird. (…) Trotzdem ging sie am vergangenen Dienstag zur Betriebsversammlung. Diese sei laut Sabolcec von Anfang an nicht fair abgehalten worden. Zwei Gewerkschaftsvertreter von Ver.di hätten nicht an der Betriebsversammlung teilnehmen können, weil der Sicherheitsdienst ihnen den Zutritt verwehrte. Weil so keine ordentliche Sitzung möglich gewesen wäre, habe man die Sitzung eröffnet und gleich wieder geschlossen. Gemeinsam mit ihren zwei Mitstreitern habe sie dann das Gebäude verlassen. Danach sei alles abgelaufen, "als habe es die Geschäftsleitung schon im Voraus geplant". Man habe eine Sitzungsführerin gewählt und über einen Wahlausschuss abgestimmt - per Handzeichen. Als Kandidaten wurden die abwesenden Initiatoren aufgestellt, obwohl diese nie persönlich eine Kandidatur angekündigt hatten. Mitarbeiter berichteten, dass Alltours-Chef Verhuven zusehen konnte, wer für einen Betriebsrat stimmt. Keiner der Kandidaten erhielt eine Stimme. Das Unternehmen bestreitet die Vorwürfe (…). Quelle: Bay, L.: Den Leuten wurde Angst gemacht, in: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,druck-436912,00.html – letzter Zugriff am 14.09.2006.

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

5.2.1.2.2

277

Gesamtbetriebsrat

BestehtȱeinȱUnternehmenȱausȱmehrerenȱBetriebenȱundȱistȱinȱdiesenȱBeȬ triebenȱ jeweilsȱ einȱ Betriebsratȱ gebildetȱ worden,ȱ soȱ schreibtȱ §ȱ47ȱ BetrVGȱ vor,ȱdassȱeinȱGesamtbetriebsratȱzuȱerrichtenȱsei.ȱJederȱBetriebsratȱmitȱmehrȱ alsȱ dreiȱ Mitgliedernȱ entsendetȱ zweiȱ seinerȱ Mitgliederȱ inȱ denȱ GesamtbeȬ triebsrat.ȱBeiȱkleinerenȱBetriebsrätenȱwirdȱnurȱeinȱMitgliedȱentsandt.1ȱ Esȱ stehtȱ denȱ Unternehmenȱ jedochȱ frei,ȱ dieȱ Zahlȱ derȱ Mitgliederȱ imȱ GeȬ samtbetriebsratȱzuȱverändern.ȱHierfürȱistȱimȱRegelfallȱeineȱBetriebsvereinȬ barungȱnotwendig.ȱEsȱkannȱdiesȱaberȱauchȱdurchȱdenȱTarifvertragȱgeregeltȱ werden.ȱ Letztlichȱ istȱ demȱ Gesetzgeberȱ aberȱ daranȱ gelegen,ȱ dassȱ derȱ GeȬ samtbetriebsratȱ arbeitsfähigȱ bleibt.ȱ Fürȱ denȱ Fall,ȱ dassȱ keineȱ tarifvertragliȬ cheȱ Regelungȱ vorgesehenȱ istȱ undȱ auchȱ keineȱ Betriebsvereinbarungȱ geȬ schlossenȱwurdeȱundȱderȱGesamtbetriebsratȱeineȱMitgliederzahlȱvonȱmehrȱ alsȱ 50ȱ Personenȱ aufweisenȱ würde,ȱ siehtȱ derȱ Gesetzgeberȱ eineȱ Reduktionȱ derȱMitgliederzahlenȱdurchȱBetriebsvereinbarungenȱexplizitȱvorȱ(§ȱ47ȱAbs.ȱ 4ȱbisȱ6ȱBetrVG).ȱImȱDissensfallȱentscheidetȱdieȱEinigungsstelle.ȱ Imȱ Gegensatzȱ zumȱ Betriebsratȱ hatȱ derȱ Gesamtbetriebsratȱ keineȱ festeȱ Amtszeit.ȱ Erȱ kannȱ quasiȱ alsȱ eineȱ Dauereinrichtungȱ mitȱ jeweilsȱ wechselnȬ denȱPersonenȱverstandenȱwerden.ȱLetztlichȱlöstȱsichȱderȱGesamtbetriebsratȱ nurȱdannȱauf,ȱwennȱdieȱVoraussetzungenȱfürȱseineȱBildungȱentfallen.ȱȱ ImȱHinblickȱaufȱdieȱZuständigkeitȱbzw.ȱdieȱzuȱerledigendenȱAufgabenȱ istȱderȱGesamtbetriebsratȱdenȱeinzelnenȱBetriebsrätenȱnichtȱübergeordnet.ȱ Nachȱ§ȱ50ȱAbs.ȱ1ȱBetrVGȱistȱderȱGesamtbetriebsratȱnurȱfürȱsolcheȱAufgaȬ benȱzuständig,ȱdieȱdasȱUnternehmenȱalsȱGanzesȱoderȱzumindestȱmehrereȱ Teilbetriebeȱdavonȱbetreffen.ȱDasȱheißtȱesȱmussȱeinȱzwingendesȱErforderȬ nisȱfürȱeineȱeinheitlicheȱRegelung2ȱaufȱGesamtunternehmensebeneȱvorlieȬ gen,ȱ damitȱ derȱ Gesamtbetriebsratȱ dieȱ Interessenvertretungskompetenzȱ wahrnehmenȱ darf.ȱ Dieȱ Aufgabenvielfaltȱ desȱ Gesamtbetriebsratesȱ hängtȱ damitȱentscheidendȱvonȱderȱverfolgtenȱGesamtunternehmensstrategieȱab.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ auchȱ Behrens/Kramerȱ (1994),ȱ S.ȱ 94ȱ ff.;ȱ Heilmannȱ (1995),ȱ S.ȱ48ȱ ff.;ȱ Grimberg/Peterȱ(1999),ȱS.ȱ617ȱff.;ȱLöwischȱ(2002),ȱS.ȱ1366ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱJüngstȱ(2001),ȱS.ȱ19ȱff.ȱ

278

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Beiȱ einemȱ sehrȱ zentralȱ gesteuertenȱ Unternehmenȱ werdenȱ dieȱ Aufgabenȱ desȱ Gesamtbetriebsratesȱ vergleichsweiseȱ umfangreichȱ sein.ȱ Beiȱeinemȱ deȬ zentralȱ geführtenȱ Unternehmenȱ reduziertȱ sichȱ derȱ Aufgabenbereichȱ desȱ GesamtbetriebsratesȱaufȱeinȱMinimum.ȱEsȱistȱinȱdiesemȱFallȱWilleȱdesȱGeȬ setzgebers,ȱ dassȱ imȱ Zweifelsfallȱ derȱ Kompetenzbereichȱ desȱ Betriebsratesȱ zuȱ Lastenȱ desjenigenȱ desȱ Gesamtbetriebsratesȱ zuȱ stärkenȱ ist.ȱ Diesȱ betontȱ letztlichȱ dasȱ Primatȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ aufȱ BetriebsebeȬ neȱgegenüberȱderȱInteressenvertretungskompetenzȱaufȱUnternehmensebeȬ ne.ȱȱ

5.2.1.2.3

Konzernbetriebsrat

FürȱeinenȱKonzernȱimȱSinneȱdesȱ§ȱ18ȱAbs.ȱ1ȱAktG,ȱd.ȱh.ȱfürȱdieȱZusamȬ menfassungȱ mehrererȱ rechtlichȱ selbstständigerȱ Unternehmenȱ unterȱ einȬ heitlicheȱ Leitungȱ einesȱ herrschendenȱ Unternehmens,ȱ kannȱ durchȱ BeȬ schlüsseȱ derȱ einzelnenȱ Gesamtbetriebsräteȱ einȱ Konzernbetriebsrat1ȱ erȬ richtetȱ werdenȱ (§ȱ 54ȱ Abs.ȱ 1ȱ BetrVG).ȱ Dasȱ Problemȱ beiȱ derȱ Bildungȱ einesȱ KonzernbetriebsratesȱresultiertȱausȱderȱTatsache,ȱdassȱesȱsichȱbeiȱdenȱKonȬ zerntochterunternehmenȱ nichtȱ immerȱ umȱ eineȱ 100%igeȱ Beteiligungȱ hanȬ delnȱ muss.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ schreibtȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ verbindȬ lichȱvor,ȱdassȱdieȱZustimmungȱderȱGesamtbetriebsräteȱderȱKonzernunterȬ nehmenȱ vorliegenȱ muss,ȱ inȱ denenȱ mindestensȱ 50ȱ Prozentȱ derȱ ArbeitȬ nehmerȱderȱKonzernunternehmenȱbeschäftigtȱsind.2ȱDabeiȱistȱesȱjedochȱunȬ erheblich,ȱ obȱ inȱ denȱ jeweiligenȱ Unternehmenȱ einȱ Gesamtbetriebsratȱ gebildetȱwurdeȱoderȱEinzelbetriebsräteȱbestehen.ȱȱ InȱseinerȱStellungȱundȱhinsichtlichȱseinerȱAufgabenȱentsprichtȱderȱKonȬ zernbetriebsratȱ demȱ Gesamtbetriebsrat.ȱ Nachȱ §ȱ 58ȱ BetrVGȱ hatȱ sichȱ derȱ KonzernbetriebsratȱnurȱmitȱsolchenȱFragenȱzuȱbeschäftigen,ȱbeiȱdenenȱeineȱ konzernweiteȱ Lösungȱ unumgänglichȱ ist.ȱ Auchȱ hierȱ existiertȱ wiederȱ keineȱ hierarchischeȱÜberȬȱbzw.ȱUnterordnung,ȱesȱliegtȱlediglichȱeineȱSpezialisieȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱRichardiȱ(1995),ȱS.ȱ607ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ zuȱ entsprechendenȱ Änderungenȱ aufgrundȱ derȱ BetrVGȬNovelleȱ vonȱ 2001ȱ Fischerȱ(2001),ȱS.ȱ565ȱff.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

279

rungȱ derȱ Wahrnehmungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ vor.1ȱ EntȬ sprechendȱhängenȱdieȱAufgabenȱdesȱKonzernbetriebsratesȱauchȱstarkȱvonȱ derȱFührungsphilosophieȱdesȱGesamtkonzernsȱab.ȱBeiȱeinemȱdezentralȱgeȬ führtenȱKonzern,ȱbeiȱdemȱdieȱeinzelnenȱTochterunternehmenȱeineȱweitgeȬ hendeȱ Autonomieȱ besitzen,ȱ wirdȱ derȱ Aufgabenbereichȱ desȱ KonzernbeȬ triebsratesȱ vergleichsweiseȱ kleinȱ sein.ȱ Beiȱ einemȱ eherȱ zentralistischȱ geführtenȱ Konzernȱ wirdȱ derȱ Aufgabenbereichȱ vergleichsweiseȱ umfangȬ reichȱsein.ȱ

5.2.1.2.4

Europäischer Betriebsrat

Dasȱ Europäischeȱ Betriebsräteȱ Gesetzȱ (EBRG)ȱ räumtȱ Unternehmenȱ mitȱ Sitzȱ inȱ Deutschlandȱ dieȱ Möglichkeitȱ ein,ȱ eineȱ Betriebsvereinbarungȱ überȱ dieȱ Errichtungȱ einesȱ Europäischenȱ Betriebsratesȱ (EBR)ȱ zuȱ treffen,2ȱ wennȱ folgendeȱVoraussetzungenȱvorliegenȱ(§§ȱ2,ȱ3ȱEBRG):ȱ x Dasȱ Unternehmenȱ bzw.ȱ derȱ Konzernȱ mussȱ gemeinschaftsweitȱ tätigȱ sein.ȱ Diesȱ istȱ dannȱ derȱ Fall,ȱ wennȱ mindestensȱ 1.000ȱ Arbeitnehmerȱ inȱ denȱ Mitgliedstaatenȱ beschäftigtȱ sind,ȱ vonȱ denenȱ mindestensȱ 150ȱ inȱ mindestensȱ2ȱMitgliedstaatenȱbeschäftigtȱsind.ȱ x AlsȱMitgliedstaatenȱgeltenȱdieȱMitgliedstaatenȱderȱEuropäischenȱUnionȱ imȱ Sinneȱ derȱ entsprechendenȱ „EUȬRichtlinieȱ 94/95ȱ desȱ Europäischenȱ Rates“,ȱ d.ȱh.ȱ dieȱ Staatenȱ Belgien,ȱ Dänemark,ȱ Deutschland,ȱ Finnland,ȱ Frankreich,ȱGriechenland,ȱGroßbritannien,ȱIrland,ȱLuxemburg,ȱNiederȬ lande,ȱ Österreich,ȱ Portugal,ȱ Schwedenȱ undȱ Spanien.ȱ Alsȱ MitgliedstaaȬ tenȱ geltenȱ fernerȱ nochȱ dieȱ weiterenȱ Unterzeichnerȱ desȱ Abkommensȱ überȱdenȱeuropäischenȱWirtschaftsraum,ȱalsoȱIsland,ȱLiechtensteinȱundȱ Norwegen.ȱ x Einȱ Unternehmenȱ desȱ gemeinschaftsweitȱ tätigenȱ UnternehmensverȬ bundesȱmussȱeinȱherrschendesȱUnternehmenȱsein,ȱallerdingsȱmussȱderȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱzurȱKompetenzabgrenzungȱKunzȱ(2000),ȱS.ȱ360ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ ausführlichȱ Halbachȱ etȱ al.ȱ (1997),ȱ S.ȱ 472ȱ ff.;ȱ Seefried/Kunzȱ (1998),ȱ S.ȱ310ȱff.;ȱNiedenhoffȱ(2000),ȱS.ȱ319ȱff.ȱsowieȱver.diȱ(2004).ȱ

280

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Sitzȱ desȱ herrschendenȱ Unternehmensȱ nichtȱ inȱ einemȱ Mitgliedstaatȱ lieȬ gen.ȱ Dasȱ Besondereȱ anȱ derȱ Errichtungȱ einesȱ Europäischenȱ Betriebsratesȱ imȱ VergleichȱzumȱGesamtȬȱoderȱKonzernbetriebsratȱliegtȱinȱderȱvomȱGesetzȬ geberȱpropagiertenȱVereinbarungslösungȱ(§§ȱ8ȱbisȱ20ȱEBRG),ȱd.ȱh.ȱdieȱBeȬ triebsräteȱ desȱ Unternehmensverbundesȱ bildenȱ nichtȱ „automatisch“ȱ einenȱ Europäischenȱ Betriebsrat,ȱ sondernȱ esȱ istȱ aufȱ Arbeitnehmerseiteȱ einȱ „beȬ sonderesȱ Verhandlungsgremium“ȱ zuȱ bilden,ȱ dasȱ eineȱ Vereinbarungȱ zurȱ Errichtungȱ einesȱ Europäischenȱ Betriebsratesȱ auszuhandelnȱ hat.ȱ Dasȱ „beȬ sondereȱVerhandlungsgremium“ȱschließtȱdieȱBetriebsvereinbarungȱeigenȬ verantwortlich,ȱd.ȱh.ȱohneȱdassȱdieȱjeweiligenȱBetriebsräte,ȱdieȱdieȱMitglieȬ derȱ desȱ Verhandlungsgremiumsȱ entsenden,ȱ zustimmenȱ müssen.ȱ Dieȱ entsendendenȱ Betriebsräteȱ müssenȱ allerdingsȱ gehörtȱ werden.ȱ Dieȱ EigenȬ ständigkeitȱ desȱ Verhandlungsgremiumsȱ istȱ derart,ȱ dassȱ selbstȱ dieȱ MögȬ lichkeitȱ besteht,ȱ einȱ anderesȱ Verfahrenȱ zurȱ Unterrichtungȱ undȱ Anhörungȱ derȱ Arbeitnehmerȱ zuȱ vereinbarenȱ alsȱ dieȱ Errichtungȱ einesȱ Europäischenȱ Betriebsrates.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ gewährtȱ einenȱ weitenȱ VerhandlungsspielȬ raum,ȱ dessenȱ Ergebnisȱ sowohlȱ dazuȱ führenȱ kann,ȱ dassȱ dieȱ Regelungenȱ überȱwieȱauchȱunterȱdemȱNiveauȱderȱgesetzlichenȱRegelungenȱnachȱ§ȱ21ȱff.ȱ EBRGȱliegen.1ȱ Beiȱ demȱ „besonderenȱ Verhandlungsgremium“ȱ orientiertȱ sichȱ dieȱ AnȬ zahlȱ derȱ ausȱ denȱ Einzelbetriebenȱ entsandtenȱ Vertreterȱ anȱ derȱ Größeȱ derȱ Unternehmen.ȱDabeiȱistȱdaraufȱzuȱachten,ȱdassȱalleȱbetroffenenȱLänderȱimȱ Gremiumȱ vertretenȱ sindȱ undȱ dieȱ Zahlȱ derȱ Mitgliederȱ 20ȱ Arbeitnehmerȱ nichtȱübersteigt.ȱInteressantȱist,ȱdassȱderȱGesetzgeberȱauchȱdieȱMöglichkeitȱ eröffnet,ȱdassȱleitendeȱAngestellteȱinȱdasȱVerhandlungsgremiumȱentsandtȱ werden.ȱObȱdiesȱallerdingsȱauchȱfaktischȱderȱFallȱseinȱwird,ȱmussȱbezweiȬ feltȱ werden.ȱ Soȱ empfiehltȱ z.ȱB.ȱ dieȱ Gewerkschaftȱ ver.di,ȱ dassȱ „wegenȱ derȱ großenȱ Bedeutungȱ desȱ besonderenȱ Verhandlungsgremiumsȱ (...)ȱ diesȱ [dieȱ Entsendungȱ leitenderȱ Angestellter]ȱ normalerweiseȱ nichtȱ geschehenȱ [sollȬ te]“2.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱSandmannȱ(1996).ȱ 2ȱ ver.diȱ(2004),ȱS.ȱ2.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

281

DieȱUnternehmensleitungȱbesitztȱ6ȱMonateȱZeit,ȱumȱmitȱdemȱ„besondeȬ renȱ Verhandlungsgremium“ȱ eineȱ entsprechendeȱ Vereinbarungȱ zuȱ schlieȬ ßen.ȱKommtȱinȱdieserȱZeitȱkeineȱVereinbarungȱzustande,ȱsoȱgreiftȱdasȱVerȬ fahrenȱ „Europäischerȱ Betriebsratȱ kraftȱ Gesetz“ȱ (§§ȱ 21ȱ bisȱ 37ȱ EBRG).ȱ Diesȱ besagt,ȱdassȱeinȱeuropäischerȱBetriebsratȱzuȱerrichtenȱist.ȱDieȱletztlicheȱInȬ stitutionalisierungȱ desȱ Europäischenȱ Betriebsratesȱ erfolgtȱ allerdingsȱ erstȱ dreiȱ Jahreȱ nachȱ Antragȱ aufȱ Bildungȱ einesȱ „besonderenȱ VerhandlungsgreȬ miums“,ȱd.ȱh.ȱinȱdieserȱZeitȱkönnteȱmanȱsichȱweiterhinȱumȱeineȱVerhandȬ lungslösungȱbemühen.ȱ Fürȱ denȱ Europäischenȱ Betriebsratȱ kraftȱ Gesetzȱ siehtȱ derȱ Gesetzgeberȱ folgendeȱMindestregelungenȱvor:ȱ x DieȱAnzahlȱderȱMitgliederȱistȱaufȱ30ȱbeschränkt,ȱwobeiȱjedesȱLandȱverȬ tretenȱseinȱsollȱundȱdieȱEinzelunternehmenȱVertreterȱimȱVerhältnisȱzurȱ Beschäftigtenzahlȱentsenden.ȱ x DieȱKostenȱderȱTätigkeitȱdesȱEuropäischenȱBetriebsratesȱsindȱvomȱUnȬ ternehmenȱzuȱtragen.ȱ x DieȱInteressenvertretungskompetenzȱbeschränktȱsichȱaufȱInformationsȬ ansprücheȱ gegenüberȱ derȱ Unternehmensleitungȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ europaweitenȱ Aktivitätenȱ desȱ Unternehmens.ȱ Derȱ Europäischeȱ BeȬ triebsratȱistȱdenȱBetriebsrätenȱderȱEinzelbetriebeȱ–ȱanalogȱzumȱVerhältȬ nisȱ Konzernbetriebsratȱ zuȱ Einzelbetriebsratȱ–ȱ hierarchischȱ nichtȱ überȬ geordnet.ȱ x DieȱAmtszeitȱdesȱEuropäischenȱBetriebsratesȱbeträgtȱvierȱJahre.ȱ Derȱ Europäischeȱ Betriebsratȱ besitztȱ alsoȱ keineȱ MitbestimmungsfunktiȬ on,ȱwieȱsieȱnochȱfürȱdenȱBetriebsratȱkennzeichnendȱist.1ȱDerȱCharakterȱdesȱ EuropäischenȱBetriebsratesȱähneltȱdamitȱstarkȱdemȱdesȱweiterȱuntenȱerläuȬ tertenȱ Wirtschaftsausschussesȱ (§ȱ106ȱ BetrVG).2ȱ Esȱ werdenȱ hierȱ übergreiȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱNiedenhoffȱ(1997),ȱS.ȱ53ȱff.ȱsowieȱfernerȱJaichȱ(2001),ȱS.ȱ70ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱLercheȱ(1997).ȱ

282

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

fendeȱ Informationenȱ desȱ Unternehmensȱ denȱ Arbeitnehmervertreternȱ zuȬ gänglichȱgemacht,ȱdieȱsieȱdannȱerstȱinȱdieȱLageȱversetzen,ȱihreȱInteressenȬ vertretungskompetenzȱ vorȱ Ortȱ inȱ denȱ Einzelbetriebenȱ auchȱ umfassendȱ wahrzunehmen.ȱ

5.2.1.2.5

Einigungsstelle

Dieȱ demȱ Betriebsratȱ vomȱ Gesetzgeberȱ eingeräumtenȱ InteressenvertreȬ tungskompetenzenȱ könnenȱ dazuȱ führen,ȱ dassȱ beiȱ bestimmtenȱ EntscheiȬ dungenȱ eineȱ Konfliktsituationȱ zwischenȱ derȱ Unternehmensleitungȱ undȱ demȱBetriebsratȱentsteht.ȱDaȱeinȱsolcherȱKonfliktȱdieȱFortentwicklungȱdesȱ Unternehmensȱbeeinträchtigenȱwürde,ȱhatȱderȱGesetzgeberȱeinenȱKonfliktȬ lösungsmechanismusȱinstitutionalisiert.ȱDieserȱfindetȱsichȱinȱFormȱderȱEiȬ nigungsstelle,1ȱwelcheȱimȱ§ȱ76ȱbzw.ȱ76ȱaȱBetrVGȱkodifiziertȱwurde.ȱImȱtagȬ täglichenȱ Unternehmensgeschehenȱ istȱ esȱ dieȱ Einigungsstelle,ȱ inȱ derȱ dieȱ zentralenȱ Konflikteȱ zwischenȱ Unternehmensleitungȱ undȱ Betriebsrat,ȱ soȬ weitȱsieȱmitbestimmungspflichtigeȱAspekteȱbetreffen,ȱgelöstȱwerden.2ȱDerȱ Spruchȱ derȱ Einigungsstelleȱ ersetztȱ dabeiȱ dieȱ Einigungȱ zwischenȱ UnterȬ nehmensleitungȱundȱBetriebsrat.ȱSieȱfindetȱimȱRegelfallȱihrenȱNiederschlagȱ inȱ entsprechendenȱ Betriebsvereinbarungen.3ȱ Dieȱ Einigungsstelleȱ istȱ einȱ zentralesȱ Instrumentȱ zurȱ Durchsetzungȱ derȱ Mitbestimmungȱ derȱ ArbeitȬ nehmerȱ aufȱ Betriebsebene.4ȱ Diesȱ ergibtȱ sichȱ daraus,ȱ dassȱ derȱ Gesetzgeberȱ demȱBetriebsratȱeinȱInitiativrechtȱimȱHinblickȱaufȱdasȱTätigwerdenȱderȱEiȬ nigungsstelleȱzubilligt.ȱDasȱheißtȱdieȱUnternehmensleitungȱkannȱnichtȱverȬ suchen,ȱüberȱdieȱManifestationȱdesȱKonfliktesȱeineȱentsprechendeȱVereinȬ barungȱzuȱverhindern.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱauchȱBurdichȱ(1995),ȱS.ȱ412ȱff.;ȱNiedenhoffȱ(2000),ȱS.ȱ86ȱff.;ȱNiedenhoff/ReiȬ terȱ(2001);ȱRuppȱ(2002),ȱS.ȱ247ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ Oechsler/Schönfeldȱ (1989);ȱ GrotmannȬHöflingȱ (1995);ȱ Feudnerȱ (1997),ȱ S.ȱ826ȱff.ȱ 3ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱGotthardtȱ(2002),ȱS.ȱ50ȱff.ȱ 4ȱ Vgl.ȱHalbachȱetȱal.ȱ(1997),ȱS.ȱ424;ȱvgl.ȱfernerȱAbelnȱ(2000),ȱS.ȱ62ȱff.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

283

Dieȱ Einigungsstelleȱ istȱ nurȱ imȱ Bedarfsfallȱ zuȱ bilden.ȱ Sieȱ istȱ alsoȱ keinȱ ständigesȱ Gremiumȱ zurȱ Wahrnehmungȱ derȱ InteressenvertretungskompeȬ tenzȱderȱArbeitnehmer.ȱAllerdingsȱbestehtȱdieȱMöglichkeit,ȱdurchȱeineȱBeȬ triebsvereinbarungȱeinȱständigesȱGremiumȱzuȱschaffen.ȱ Unternehmensleitungȱ undȱ Arbeitnehmerȱ besetzenȱ dieȱ Einigungsstelleȱ paritätisch.ȱDarüberȱhinausȱwirdȱeinȱunabhängigerȱVorsitzenderȱderȱEiniȬ gungsstelleȱernannt.ȱBeideȱSeitenȱmüssenȱsichȱhierbeiȱaufȱeineȱPersonȱeiniȬ gen.ȱ Kommtȱ eineȱ Einigungȱ nichtȱ zustande,ȱ soȱ wirdȱ derȱ Vorsitzendeȱ derȱ EinigungsstelleȱvomȱzuständigenȱArbeitsgerichtȱbestellt.ȱKönnenȱsichȱdarȬ überȱhinausȱUnternehmensleitungȱundȱBetriebsratȱnichtȱüberȱdieȱZahlȱderȱ Personenȱ inȱ derȱ Einigungsstelleȱ einigen,ȱ soȱ entscheidetȱ ebenfallsȱ dasȱ ArȬ beitsgericht.ȱ Darüberȱ hinausȱ erlaubtȱ esȱ derȱ Gesetzgeber,ȱ dassȱ mittelsȱ BeȬ triebsvereinbarungȱ weitereȱ Einzelheitenȱ desȱ Verfahrensȱ vorȱ derȱ EiniȬ gungsstelleȱgeregeltȱwerden.ȱ Beiȱ derȱ Konfliktlösungȱ imȱ Zugeȱ derȱ Einigungsstelleȱ istȱ zuȱ beachten,ȱ dassȱ derȱ letztlicheȱ Spruchȱ derȱ Einigungsstelleȱ nurȱ dannȱ bindendȱ fürȱ dieȱ UnternehmensleitungȱundȱdenȱBetriebsratȱist,ȱwennȱsichȱbeideȱSeitenȱdemȱ SpruchȱimȱVorausȱunterworfenȱhabenȱoderȱihnȱnachträglichȱannehmen.ȱȱ ImȱHinblickȱaufȱdenȱBeschlussȱderȱEinigungsstelleȱwirdȱzuerstȱvonȱeinerȱ gütlichenȱEinigungȱausgegangen.ȱDasȱheißtȱUnternehmensleitungȱundȱBeȬ triebsratȱ versuchenȱ sichȱ aufȱ eineȱ Lösungȱ zuȱ einigen.ȱ Sieȱ versuchen,ȱ dieseȱ Lösungȱ durchȱ Abstimmungȱ mehrheitsfähigȱ zuȱ machen.ȱ Dabeiȱ besitztȱ anȬ fangsȱderȱunabhängigeȱVorsitzendeȱderȱEinigungsstelleȱkeineȱStimme.ȱIhmȱ kommtȱlediglichȱmoderierendeȱFunktionȱzu.ȱErȱsollȱversuchen,ȱdieȱbeidenȱ Konfliktparteienȱ zuȱ einerȱ gütlichenȱ Lösungȱ zuȱ bewegen.ȱ Erstȱ wennȱ diesȱ nichtȱmöglichȱist,ȱwirdȱsichȱderȱVorsitzendeȱderȱEinigungsstelleȱanȱderȱAbȬ stimmungȱ beteiligen.ȱ Dieȱ Pattsituationȱ zwischenȱ Unternehmensleitungȱ undȱBetriebsratȱistȱdamitȱaufgelöst.ȱȱ DieȱKostenȱderȱEinigungsstelle,ȱinsb.ȱdieȱSachkostenȱundȱdieȱHonorare,ȱ trägtȱ derȱ Arbeitgeber.ȱ Esȱ giltȱ hierȱ dasȱ gleicheȱ Prozedereȱ wieȱ beiȱ derȱ BeȬ triebsratstätigkeit.ȱȱ

284

5.2.1.2.6

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Betriebsversammlung

Dieȱ Belegschaftȱ einesȱ Unternehmensȱ istȱ einmalȱ imȱ Vierteljahrȱ vomȱ BeȬ triebsratȱüberȱwichtigeȱFragenȱimȱRahmenȱeinerȱBetriebsversammlung1ȱzuȱ informierenȱ(§§ȱ 42ȱ bisȱ46ȱBetrVG).2ȱ DieȱBetriebsversammlungȱ dientȱ darüȬ berȱhinausȱauchȱderȱAusspracheȱzwischenȱBetriebsratȱundȱBelegschaft.ȱAlȬ lerdingsȱ besitztȱ dieȱ Betriebsversammlungȱ keineȱ Beschlusskompetenzȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Aktivitätenȱ desȱ Betriebsrates.ȱ Selbstȱ eineȱ Entlastungȱ desȱ Betriebsratesȱ –ȱanalogȱ zumȱ Aufsichtsratȱ–ȱ istȱ nichtȱ vorgesehen.ȱ Derȱ BeȬ triebsratȱunterliegtȱkeinerleiȱimperativemȱMandat.ȱInsofernȱbesitztȱdieȱBeȬ triebsversammlungȱ nurȱ eineȱ reinȱ informatorischeȱ Funktion.ȱ Sieȱ kannȱ jeȬ dochȱ dazuȱ genutztȱ werden,ȱ demȱ Betriebsratȱ imȱ Vorwegȱ schwierigerȱ VerhandlungenȱmitȱderȱUnternehmensleitungȱ„denȱRückenȱzuȱstärken“.ȱ FolgendeȱEckpunkteȱsindȱbeiȱderȱBetriebsversammlungȱvonȱBedeutung:ȱȱ x Dieȱ Betriebsversammlungȱ bestehtȱ ausȱ denȱ Arbeitnehmernȱ desȱ BetrieȬ bes.ȱ x DerȱVorsitzendeȱdesȱBetriebsratesȱleitetȱdieȱBetriebsversammlung.ȱ x DieȱBetriebsversammlungȱistȱnichtȱöffentlich.3ȱ x MindestensȱeinmalȱinȱjedemȱKalendervierteljahrȱhatȱderȱBetriebsratȱzuȱ einerȱBetriebsversammlungȱeinzuladen.ȱ x Dieȱ Betriebsversammlungȱ findetȱ währendȱ derȱ Arbeitszeitȱ stattȱ soweitȱ nichtȱdieȱEigenartȱdesȱBetriebesȱeineȱandereȱRegelungȱzwingendȱerforȬ dert.ȱ Entsprechendȱ istȱ denȱ Arbeitnehmernȱ dieȱ Zeitdauerȱ derȱ BetriebsȬ versammlungȱalsȱArbeitszeitȱzuȱvergüten.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱPoppȱ(1999),ȱS.ȱ622ȱff.;ȱNiedenhoffȱ(2000),ȱS.ȱ120ȱff.;ȱCox/GrimȬ bergȱ(2001),ȱS.ȱ706ȱff.;ȱFuchsȱ(2002),ȱS.ȱ242ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ zumȱ Problemȱ desȱ Verbotsȱ einerȱ Betriebsversammlungȱ Renkerȱ (2001),ȱ S.ȱ701ȱff.ȱVgl.ȱfernerȱBroetzmannȱ(1990),ȱS.ȱ1055ȱff.ȱ 3ȱ Vgl.ȱzumȱProblemȱderȱNichtȬÖffentlichkeitȱHammȱ(1999),ȱS.ȱ306ȱff.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

285

x DerȱBetriebsratȱhatȱeinenȱTätigkeitsberichtȱfürȱdasȱabgelaufeneȱQuartalȱ derȱBetriebsversammlungȱzuȱerstatten.ȱ x Einȱ Vertreterȱ derȱ Unternehmensleitungȱ istȱ zurȱ Betriebsversammlungȱ unterȱMitteilungȱderȱTagesordnungȱeinzuladen.ȱ x Einȱ Vertreterȱ derȱ Unternehmensleitungȱ istȱ berechtigt,ȱ inȱ derȱ BetriebsȬ versammlungȱzuȱsprechen.ȱ x MindestensȱeinmalȱinȱjedemȱKalenderjahrȱhatȱdieȱUnternehmensleitungȱ inȱeinerȱBetriebsversammlungȱüberȱfolgendeȱSachverhalteȱzuȱinformieȬ ren:ȱ

Ȭ dasȱPersonalȬȱundȱSozialwesen,ȱ Ȭ denȱ Standȱ derȱ Gleichstellungȱ vonȱ Frauenȱ undȱ Männernȱ imȱ Betriebȱ (neuȱseitȱderȱNovelleȱdesȱBetrVGȱvonȱ2001),ȱ

Ȭ dieȱ Integrationȱ derȱ imȱ Betriebȱ beschäftigtenȱ ausländischenȱ ArbeitȬ nehmer,ȱ

Ȭ überȱdieȱwirtschaftlicheȱLageȱundȱEntwicklungȱdesȱBetriebesȱsowieȱ Ȭ denȱ betrieblichenȱ Umweltschutzȱ (neuȱ seitȱ derȱ Novelleȱ desȱ BetrVGȱ vonȱ2001).ȱ BetriebsȬȱ undȱ Geschäftsgeheimnisseȱ dürfenȱ diesenȱ Informationenȱ jeȬ dochȱnichtȱentgegenstehen.ȱ Alsȱ unternehmensexterneȱ Personenȱ könnenȱ Beauftragteȱ derȱ imȱ Betriebȱ vertretenenȱGewerkschaftenȱberatendȱteilnehmenȱ(§ȱ46ȱAbs.ȱ1ȱBetrVG).ȱIhȬ reȱ Teilnahmeȱ bedarfȱ dabeiȱ nichtȱ derȱ Zustimmungȱ desȱ Betriebsratesȱ oderȱ derȱUnternehmensleitung.ȱDenȱimȱBetriebȱvertretenenȱGewerkschaftenȱistȱ insofernȱ derȱ Zeitpunktȱ undȱ dieȱ Tagesordnungȱ einerȱ beabsichtigtenȱ BeȬ triebsversammlungȱ mitzuteilen.ȱ Nimmtȱ einȱ Vertreterȱ derȱ UnternehmensȬ leitungȱ anȱ einerȱ Betriebsversammlungȱ teil,ȱ soȱ kannȱ erȱ einenȱ Beauftragtenȱ derȱVereinigungȱderȱArbeitgeber,ȱdemȱdasȱUnternehmenȱangehört,ȱzurȱBeȬ triebsversammlungȱhinzuziehen.ȱȱ Nebenȱ denȱ ordentlichenȱ Betriebsversammlungenȱ sindȱ auchȱ zusätzlichȱ außerordentlicheȱ Betriebsversammlungenȱ möglich.ȱ Sieȱ findenȱ außerhalbȱ derȱ Arbeitszeitȱ stattȱ undȱ werdenȱ entsprechendȱ auchȱ nichtȱ vergütet.ȱ Derȱ

286

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Betriebsratȱistȱverpflichtet,ȱeineȱsolcheȱaußerordentlicheȱBetriebsversammȬ lungȱ einzuberufen,ȱ wennȱ diesȱ derȱ Arbeitgeberȱ wünschtȱ oderȱ mindestensȱ 25ȱ Prozentȱ derȱ zurȱ Betriebsratswahlȱ wahlberechtigtenȱ Arbeitnehmerȱ diesȱ verlangen.ȱDerȱBetriebsratȱmussȱinȱdiesemȱFallȱdemȱVotumȱfolgenȱundȱdenȱ beantragtenȱGegenstandȱaufȱ dieȱ Tagesordnungȱ derȱ Betriebsversammlungȱ setzen.ȱAllerdingsȱistȱdasȱStattfindenȱeinerȱaußerordentlichenȱBetriebsverȬ sammlungȱhöchstȱselten.ȱDaȱbereitsȱvierȱordentlicheȱBetriebsversammlunȬ genȱ imȱ Jahrȱ möglichȱ sind,ȱ müssenȱ schonȱ erheblicheȱ Ereignisseȱ passieren,ȱ damitȱesȱzuȱeinerȱEinberufungȱeinerȱaußerordentlichenȱBetriebsversammȬ lungȱkommt.ȱ

5.2.1.2.7

Wirtschaftsausschuss

Beiȱ Unternehmenȱ mitȱ mehrȱ alsȱ 100ȱ ständigȱ beschäftigtenȱ ArbeitnehȬ mernȱistȱeinȱsog.ȱWirtschaftsausschuss1ȱzuȱbildenȱ(§ȱ106ȱBetrVG).ȱImȱWirtȬ schaftsausschussȱ beratenȱ Vertreterȱ derȱ Unternehmensleitungȱ –ȱderȱ GeȬ setzgeberȱ sprichtȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ vomȱ Unternehmerȱ–ȱ sowieȱ Vertreterȱ desȱ Betriebsratesȱ wirtschaftlicheȱ Angelegenheitenȱ desȱ UnterȬ nehmens.ȱ Alsȱ wirtschaftlicheȱ Angelegenheitenȱ klassifiziertȱ derȱ GesetzgeȬ berȱfolgende:ȱ x DieȱwirtschaftlicheȱundȱfinanzielleȱLageȱdesȱUnternehmens,ȱ x dieȱProduktionsȬȱundȱAbsatzlage,ȱ x dasȱProduktionsȬȱundȱInvestitionsprogramm,ȱ x Rationalisierungsvorhaben,ȱ x FabrikationsȬȱ undȱ Arbeitsmethoden,ȱ insb.ȱ dieȱ Einführungȱ neuerȱ ArȬ beitsmethoden,ȱ x FragenȱdesȱbetrieblichenȱUmweltschutzes,ȱ x dieȱ Einschränkungȱ oderȱ Stilllegungȱ vonȱ Betriebenȱ oderȱ vonȱ BetriebsȬ teilen,ȱ x dieȱVerlegungȱvonȱBetriebenȱoderȱBetriebsteilen,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱauchȱNeumannȬCosel/Ruppȱ(1996);ȱHalbachȱetȱal.ȱ(1997),ȱS.ȱ454ȱf.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

287

x derȱ Zusammenschlussȱ oderȱ dieȱ Spaltungȱ vonȱ Unternehmenȱ oderȱ BeȬ trieben,ȱ x dieȱÄnderungȱderȱBetriebsorganisationȱoderȱdesȱBetriebszwecks,ȱ x sonstigeȱ Vorgängeȱ undȱ Vorhaben,ȱ welcheȱ dieȱ Interessenȱ derȱ ArbeitȬ nehmerȱdesȱUnternehmensȱwesentlichȱberühren.ȱ BeimȱWirtschaftsausschussȱhandeltȱesȱsichȱumȱeinȱvergleichsweiseȱkleiȬ nesȱ Gremium.ȱ Esȱ bestehtȱ ausȱ mindestensȱ dreiȱ undȱ höchstensȱ siebenȱ MitȬ gliedern,ȱ dieȱ sämtlichȱ demȱ Unternehmenȱ angehörenȱ müssen.ȱ Darunterȱ mussȱmindestensȱeinȱMitgliedȱsein,ȱwelchesȱzugleichȱBetriebsratsmitgliedȱ ist.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ schreibtȱ darüberȱ hinausȱ (§ȱ 107ȱ Abs.ȱ 1ȱ BetrVG)ȱ vor,ȱ dassȱ dieȱ Mitgliederȱ desȱ Wirtschaftsausschussesȱ fachlichȱ undȱ persönlichȱ geeignetȱ seinȱ müssen,ȱ dieȱ Aufgabenȱ desȱ Wirtschaftsausschussesȱ wahrzuȬ nehmen.ȱ Dasȱ heißtȱ sieȱ müssenȱ dieȱ Kompetenzȱ aufweisen,ȱ dieȱ notwendigȱ ist,ȱ damitȱ dieȱ o.ȱg.ȱ Aufgabenbereicheȱ desȱ Wirtschaftsausschussesȱ sachgeȬ rechtȱ diskutiertȱ werdenȱ können.ȱ Imȱ Regelfallȱ wirdȱ derȱ Betriebsratȱ einenȱ Ausschussȱbenennen,ȱderȱdieȱAufgabenȱdesȱWirtschaftsausschussesȱwahrȬ nimmt.ȱ Inȱ diesemȱ Ausschussȱ istȱ oftmalsȱ auchȱ derȱ Vorsitzendeȱ desȱ BeȬ triebsratesȱvertreten.ȱ Imȱ Wirtschaftsausschussȱ werdenȱ keineȱ Beschlüsseȱ gefasst.ȱ Erȱ dientȱ leȬ diglichȱ derȱ Informationȱ desȱ Betriebsrates.ȱ Derȱ Wirtschaftsausschussȱ hatȱ aberȱeinȱpassivesȱInformationsrechtȱgegenüberȱderȱUnternehmensleitung,ȱ soweitȱ hiervonȱ nichtȱ BetriebsȬȱ undȱ Geschäftsgeheimnisseȱ betroffenȱ sind.1ȱ Darüberȱ hinausȱ besitztȱ derȱ Wirtschaftsausschussȱ eineȱ aktiveȱ InformatiȬ onspflichtȱ gegenüberȱ demȱ Betriebsrat.ȱ Fürȱ denȱ Fall,ȱ dassȱ eineȱ Auskunftȱ überȱ wirtschaftlicheȱ Angelegenheitenȱ desȱ Unternehmensȱ imȱ Sinneȱ desȱ §ȱ106ȱBetrVGȱausȱSichtȱdesȱBetriebsratesȱnurȱungenügendȱerteiltȱwurde,ȱsoȱ kannȱdieȱEinigungsstelleȱangerufenȱwerden.ȱDerȱSpruchȱderȱEinigungsstelȬ leȱersetztȱauchȱhierȱdieȱEinigungȱzwischenȱUnternehmensleitungȱundȱBeȬ triebsrat.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱauchȱLahnsenȱ(1989),ȱS.ȱ1399ȱff.ȱ

288

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Derȱ Wirtschaftsausschussȱ tagtȱ einmalȱ proȱ Monat.ȱ Imȱ WirtschaftsausȬ schussȱwirdȱderȱBetriebsratȱalsoȱrelativȱhäufigȱundȱkontinuierlichȱüberȱweȬ sentlicheȱBelangeȱdesȱUnternehmensgeschehensȱinformiert.ȱȱ EsȱstelltȱsichȱallerdingsȱdieȱFrage,ȱwiesoȱderȱGesetzgeberȱeinȱderartȱverȬ schachteltesȱ Systemȱ desȱ Informationsflussesȱ zwischenȱ derȱ GeschäftsleiȬ tungȱ undȱ demȱ Betriebsratȱ institutionalisiertȱ hat.ȱ Inȱ seinerȱ organisatoriȬ schenȱ Verankerungȱ istȱ derȱ Wirtschaftsausschussȱ alsȱ KommunikationsȬ ausschussȱ zwischenȱ Betriebsratȱ undȱ Geschäftsführungȱ geschaltet.ȱ Zielȱ istȱ es,ȱhierȱeineȱbesondersȱvertrauenswürdigeȱundȱvonȱFachkompetenzȱgetraȬ gene,ȱ nichtȱ zwangsläufigȱ durchȱ andereȱ betrieblicheȱ Konflikteȱ gestörteȱ KommunikationȱaufȱhöhererȱEbeneȱzuȱerreichen.ȱImȱRegelfallȱwerdenȱsichȱ dieȱInformationenȱaufȱSachverhalteȱdesȱUnternehmensȱinsgesamtȱbeziehenȱ undȱ nichtȱ nurȱ aufȱ Informationenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ einzelneȱ Betriebe.ȱ Umȱ diesȱ zuȱ erreichen,ȱ wurdeȱ derȱ Wirtschaftsausschussȱ vergleichsweiseȱ kleinȱ gehalten.ȱDieȱMöglichkeit,ȱdassȱauchȱNichtbetriebsratsmitgliederȱaufseitenȱ derȱArbeitnehmerȱimȱWirtschaftsausschussȱvertretenȱsind,ȱsollȱesȱermögliȬ chen,ȱ dassȱ dieȱ Arbeitȱ bzw.ȱ dieȱ Diskussionȱ imȱ Wirtschaftsausschussȱ nichtȱ vonȱ bereitsȱ imȱ Betriebȱ manifestiertenȱ Konfliktenȱ überlagertȱ wird.ȱ PersoȬ nen,ȱdieȱinȱdieȱtagtäglicheȱKonfliktaustragungȱzwischenȱUnternehmensleiȬ tungȱ undȱ Betriebsratȱ involviertȱ sind,ȱ müssenȱ nichtȱ zwangsläufigȱ auchȱ Mitgliederȱ desȱ Wirtschaftsausschussesȱ sein.ȱ Manȱ hatȱ insofernȱ dieȱ MögȬ lichkeit,ȱfreiȱvonȱbisherigenȱKonfliktenȱzuȱdiskutieren.ȱLeiderȱwirdȱjedochȱ imȱUnternehmensalltagȱdieseȱvomȱGesetzgeberȱeröffneteȱMöglichkeitȱnurȱ seltenȱ wahrgenommen.ȱ Imȱ Wirtschaftsausschussȱ sindȱ oftmalsȱ dieselbenȱ Personenȱ vertreten,ȱ dieȱ auchȱ sonstȱ strittigeȱ Punkteȱ zwischenȱ UnternehȬ mensleitungȱundȱBetriebsratȱdiskutieren.ȱȱ

5.2.1.3

Ausgestaltung der Interessenvertretungskompetenz

Dieȱ Interessenvertretungskompetenzȱ ergibtȱ sichȱ durchȱ dasȱ Einräumenȱ vonȱ sog.ȱ MitbestimmungsȬȱ undȱ Mitwirkungsrechten.1ȱ MitbestimmungsȬȱ undȱMitwirkungsrechteȱsindȱdabeiȱpräziseȱvoneinanderȱzuȱunterscheiden.ȱ Vonȱ einemȱ Mitbestimmungsrechtȱ wirdȱ gesprochen,ȱ wennȱ gegenȱ dieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱauchȱSchaub/Kreftȱ(2002).ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

289

Stimmeȱ desȱ Betriebsratesȱ dieȱ Unternehmensleitungȱ ihreȱ Entscheidungȱ nichtȱ durchsetzenȱ kann.ȱ Imȱ Konfliktfallȱ entscheidetȱ dannȱ dieȱ sog.ȱ EiniȬ gungsstelle.ȱVonȱeinemȱMitwirkungsrechtȱwirdȱgesprochen,ȱwennȱdieȱUnȬ ternehmensleitungȱ dieȱ Arbeitnehmer,ȱ d.ȱh.ȱ dieȱ sieȱ vertretendeȱ Institutionȱ (derȱBetriebsrat),ȱinȱentsprechenderȱArtȱundȱWeiseȱamȱEntscheidungsproȬ zessȱbeteiligenȱmuss.ȱFürȱdieȱfinaleȱEntscheidungȱistȱdieȱZustimmungȱdesȱ Betriebsratesȱjedochȱnichtȱmehrȱnotwendig.ȱ

5.2.1.3.1

Mitbestimmungsrechte

DerȱharteȱKernȱderȱbetrieblichenȱMitbestimmungȱistȱimȱ§ȱ87ȱBetrVGȱgeȬ regelt.ȱDieseȱMitbestimmungsrechteȱbeziehenȱsichȱinsb.ȱaufȱsozialeȱAngeȬ legenheiten.ȱ Umȱ dieȱ Tragweiteȱ derȱ Mitbestimmungsrechteȱ zuȱ verdeutlichen,ȱ wirdȱ imȱ Folgendenȱ dieȱ entsprechendeȱ Regelungȱ desȱ §ȱ 87ȱ Abs.ȱ 1ȱ BetrVGȱ inȱ ihremȱ vollenȱWortlautȱwiedergegeben:ȱ Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: (1)

Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;

(2)

Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;

(3)

vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;

(4)

Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;

(5)

Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;

(6)

Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;

290

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

(7)

Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;

(8)

Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;

(9)

Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;

(10) Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung; (11) Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren; (12) Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen; (13) Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt (seit BetrVG-Novelle von 2001). Quelle: Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung vom 13. Juni 2001.

Beispieleȱ fürȱ betrieblicheȱ Entscheidungen,ȱ beiȱ denenȱ derartigeȱ MitbeȬ stimmungsrechteȱzuȱberücksichtigenȱwären,ȱsindȱz.ȱB.ȱfolgende:ȱ x Regelungenȱ derȱ BetriebsȬȱ oderȱ Hausordnungȱ wieȱ z.ȱB.ȱ einȱ generellesȱ RauchverbotȱinȱGebäuden.ȱ x ÜbergangȱvonȱfesterȱArbeitszeitȱzuȱgleitenderȱArbeitszeit.ȱ x ÄnderungenȱbeiȱderȱArtȱderȱErfassungȱderȱArbeitszeit.ȱ x ErrichtungȱundȱVerwaltungȱeinesȱBetriebskindergartens.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

291

NebenȱdenȱVorschriftenȱdesȱ§ȱ87ȱAbs.ȱ1ȱBetrVGȱexistierenȱnochȱweitereȱ Bereiche,ȱ inȱ denenȱ denȱ Arbeitnehmernȱ einȱ Mitbestimmungsrechtȱ aufȱ beȬ trieblicherȱEbeneȱeingeräumtȱwird:1ȱ Fürȱ denȱ Fall,ȱ dassȱ sichȱ durchȱ dieȱ Änderungȱ derȱ Arbeitsplätzeȱ desȱ ArȬ beitsablaufesȱ undȱ derȱ Arbeitsumgebungȱ Belastungenȱ fürȱ dieȱ ArbeitnehȬ merȱergeben,ȱsoȱkannȱderȱBetriebsratȱangemesseneȱMaßnahmenȱzuȱderenȱ Abwendung,ȱ Milderungȱ oderȱ zumȱ Ausgleichȱ derȱ Belastungȱ verlangen.ȱ Entscheidendȱ hierbeiȱ istȱ jedoch,ȱ dassȱ dieseȱ Änderungenȱ denȱ gesichertenȱ arbeitswissenschaftlichenȱ Erkenntnissenȱ überȱ dieȱ menschengerechteȱ GeȬ staltungȱ derȱ Arbeitsplätzeȱ offensichtlichȱ widersprechenȱ (§ȱ 91ȱ BetrVG).ȱ Dieseȱ Regelungȱ wirdȱ vielfachȱ alsȱ Innovationsbremseȱ imȱ Unternehmenȱ interpretiert,ȱdaȱsieȱesȱerschwert,ȱdassȱneueȱProduktionsȬȱundȱFertigungsȬ verfahrenȱ mitȱ einemȱ verändertenȱ Belastungsprofilȱ fürȱ dieȱ Mitarbeiterȱ inȱ denȱBetriebȱEinzugȱhalten.ȱ FernerȱbedürfenȱPersonalfragebögenȱderȱZustimmungȱdesȱBetriebsratesȱ (§ȱ94ȱAbs.ȱ1ȱBetrVG).ȱAuchȱdieseȱRegelungȱwirdȱvonȱderȱUnternehmensleiȬ tungȱoftȱkritischȱgesehen,ȱdaȱsieȱgegebenenfallsȱdenȱAufbauȱeinesȱeffizienȬ tenȱ Personalinformationssystems,ȱ welchesȱ Auskunftȱ überȱ spezifischeȱ EiȬ genschaftenȱundȱFähigkeitenȱderȱMitarbeiterȱgibt,ȱbehindert.ȱ Existierenȱ Richtlinienȱ überȱ dieȱ personelleȱ Auswahlȱ beiȱ Einstellungen,ȱ Versetzung,ȱ Umgruppierungȱ undȱ Kündigungen,ȱ soȱ bedürfenȱ auchȱ dieseȱ derȱZustimmungȱdesȱBetriebsratesȱ(§ȱ95ȱAbs.ȱ1ȱBetrVG).ȱScheutȱdieȱUnterȬ nehmensleitungȱdieȱAuseinandersetzungȱmitȱdemȱBetriebsratȱimȱHinblickȱ aufȱdasȱAufstellenȱvonȱAuswahlrichtlinien,ȱsoȱgehtȱdiesȱunterȱUmständenȱ zuȱ Lastenȱ derȱ Einheitlichkeitȱ beiȱ derȱ Personalrekrutierung.ȱ Allerdingsȱ kannȱ sichȱ einȱ Unternehmen,ȱ wennȱ esȱ mehrȱ alsȱ 1.000ȱ Arbeitnehmerȱ beȬ schäftigt,ȱ nichtȱ demȱ Anliegenȱ desȱ Betriebsratesȱ entziehenȱ entsprechendeȱ Auswahlrichtlinienȱaufzustellenȱ(§ȱ95ȱAbs.ȱ2ȱBetrVG).ȱDerartigeȱAuswahlȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ auchȱ dieȱ Arbeitenȱ vonȱ FitzRoy/Kraftȱ (1990);ȱ Schnabel/Wagnerȱ (1992);ȱ Sadowski/BackesȬGellner/Frickȱ (1995),ȱ S.ȱ 493ȱ ff.;ȱ Addison/Wagnerȱ (1997);ȱDilgerȱ(2002ȱa)ȱsowieȱZieglerȱ(2003),ȱdieȱsichȱmitȱdenȱKonsequenzenȱdeȬ rartigerȱ Mitbestimmungsrechteȱ fürȱ dasȱ Unternehmenȱ befassen,ȱ dieȱ inȱ ihremȱ ErgebnisȱjedochȱkeinȱeinheitlichesȱBildȱliefern.ȱ

292

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

richtlinienȱbeziehenȱsichȱnichtȱnurȱaufȱfachlicheȱVoraussetzungenȱderȱBeȬ werber,ȱ sondernȱ könnenȱ auchȱ persönlicheȱ Voraussetzungenȱ ebensoȱ kodiȬ fizierenȱ wieȱ sozialeȱ Gesichtspunke.ȱ Aufȱ dieȱ Einbeziehungȱ sämtlicherȱ deȬ rartigerȱAspekteȱinȱeinerȱAuswahlrichtlinieȱkannȱderȱBetriebsratȱdrängen.ȱ EinenȱÜberblickȱüberȱsämtlicheȱ–ȱauchȱhierȱnichtȱnäherȱerläuterteȱ–ȱbeȬ trieblicheȱMitbestimmungsrechteȱdesȱBetriebsratesȱzeigtȱTab.ȱ5Ȭ3.ȱ Art des Mitbestimmungsrechtes

Gesetzliche Grundlage

Stellenausschreibung

§ 93 BetrVG

Aufstellung von Auswahlrichtlinien

§ 95 Abs. 2 BetrVG bei Betrieben mit mehr als 1.000 ständig beschäftigten Arbeitnehmern

Sozialplan bei Betriebsänderungen

§ 112 BetrVG bei Betrieben mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern

Soziale Angelegenheiten

§ 87 Abs. 1 BetrVG

Personalfragenbogen und Beurteilungsrichtlinien

§ 94 BetrVG

Personelle Einzelmaßnahmen

§ 99 Abs. 2 BetrVG bei Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern und § 102 Abs. 3 BetrVG

Bestellung und Abberufung eines betrieblichen Ausbilders

§ 98 Abs. 2 BetrVG

Tab.ȱ5Ȭ3:ȱ BetrieblicheȱMitbestimmungsrechteȱ 5.2.1.3.2

Mitwirkungsrechte

Mitwirkungsrechteȱzeichnenȱsichȱdadurchȱaus,ȱdassȱsieȱformalerȱNaturȱ sind.ȱImȱGegensatzȱzuȱdenȱMitbestimmungsrechtenȱbesitzenȱsieȱkeinenȱinȬ haltlichenȱCharakter,ȱd.ȱh.ȱfürȱdenȱinhaltlichenȱKernȱeinesȱEntscheidungsȬ problemsȱsindȱsieȱohneȱBedeutung.ȱLediglichȱimȱHinblickȱaufȱdenȱformaȬ lenȱ Rahmen,ȱ vorȱ demȱ eineȱ Entscheidungȱ zuȱ treffenȱ ist,ȱ besitzenȱ MitȬ wirkungsrechteȱ Relevanz.ȱ Beispieleȱ fürȱ Mitwirkungsrechteȱ –ȱauchȱ unabȬ hängigȱ vonȱ derȱ Diskussionȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ–ȱ sindȱ z.ȱB.ȱ Anhörungsrechteȱ oderȱ Beratungsrecht.ȱ Ihreȱ Wahrnehmungȱ besitztȱ keineȱ präjudizierendeȱ Wirkungȱ fürȱ dieȱ zuȱ treffendeȱ Entscheidung.ȱ Derȱ EntȬ scheiderȱistȱweiterhinȱfreiȱinȱderȱWahlȱderȱAlternative.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

293

Dieȱ Mitwirkungsrechteȱ desȱ Betriebsratesȱ beziehenȱsichȱ aufȱ wesentlicheȱ MaßnahmenȱimȱRahmenȱdesȱPersonalmanagements.1ȱSieȱbetreffenȱRechteȱ imȱHinblickȱaufȱdieȱEinstellung,ȱEingruppierung,ȱVersetzung,ȱUmgruppieȬ rungȱ undȱ Kündigungȱ vonȱ Mitarbeitern.ȱ Vorȱ einerȱ Kündigungȱ einesȱ ArȬ beitnehmersȱhatȱderȱArbeitgeberȱdenȱBetriebsratȱzuȱhören.ȱErȱhatȱihmȱdieȱ Gründeȱ mitzuteilen,ȱ dieȱ fürȱ dieȱ Kündigungȱ maßgebendȱ sind.ȱ Ohneȱ eineȱ AnhörungȱdesȱBetriebsratesȱsindȱausgesprocheneȱKündigungen,ȱauchȱeineȱ fristloseȱKündigung,ȱnichtȱrechtswirksamȱ(§ȱ102ȱAbs.ȱ1ȱBetrVG).ȱEbenfallsȱ hatȱderȱBetriebsratȱdaraufȱzuȱachten,ȱdassȱdieȱzugunstenȱderȱArbeitnehmerȱ geltendenȱBetriebsvereinbarungen,ȱTarifverträgeȱundȱGesetzeȱeingehaltenȱ bzw.ȱangewandtȱwerdenȱ(§ȱ80ȱAbs.ȱ1ȱBetrVG).ȱDieseȱhauptsächlichenȱFelȬ derȱ derȱ Mitwirkungȱ desȱ Betriebsratesȱ anȱ Unternehmensentscheidungenȱ charakterisierenȱdenȱNormalfallȱderȱMitwirkungsrechte.ȱȱ DarüberȱhinausȱbesitztȱderȱBetriebsratȱaberȱauchȱMitwirkungsrechteȱimȱ außergewöhnlichenȱFall,ȱd.ȱh.ȱimȱFallȱderȱBetriebsänderung.ȱȱȱ EineȱBetriebsänderungȱistȱnachȱ§ȱ111ȱBetrVGȱwieȱfolgtȱdefiniert:ȱ Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten (1)

Einschränkung und Stillegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,

(2)

Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,

(3)

Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,

(4)

grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,

(5)

Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren. Quelle: Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung vom 13. Juni 2001.

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱauchȱBoppȱ(2002).ȱ

294

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Entscheidendȱ beiȱ Betriebsänderungenȱ ist,ȱ dassȱ derȱ Betriebsratȱ vonȱ AnȬ fangȱanȱinȱdenȱProzessȱDurchführungȱderȱBetriebsänderungȱeingebundenȱ ist.ȱ Andernfallsȱ ergebenȱ sichȱ Beeinträchtigungenȱ fürȱ dieȱ Abwicklungȱ derȱ hinterȱeinerȱsolchenȱBetriebsänderungȱstehendenȱEntscheidungsprozesse.ȱ Tab.ȱ5Ȭ4ȱstelltȱnochmalsȱsämtlicheȱbetrieblichenȱMitwirkungsrechteȱdesȱ Betriebsratesȱ–ȱauchȱdieȱhierȱnichtȱimȱDetailȱbetrachtetenȱRegelungenȱ–ȱinȱ derȱÜbersichtȱdar:ȱ Art des Mitwirkungsrechtes

Gesetzliche Grundlage

Allgemeine Aufgaben

§ 80 Abs. 1 BetrVG

Personalplanung

§ 92 BetrVG

Stellenausschreibung

§ 93 BetrVG

Einstellung, Versetzung, Umgruppierung § 91 Abs. 1 BetrVG bei Betrieben mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern Wirtschaftliche Angelegenheiten

§ 106 Abs. 2 BetrVG

Betriebsänderungen

§ 111 BetrVG bei Unternehmen mit mehr als 1.000 ständig beschäftigten Arbeitnehmern

Berufsbildung

§ 96 Abs. 1 und § 97 BetrVG

Kündigungen

§ 102 Abs. 1 BetrVG

Tab.ȱ5Ȭ4:ȱ BetrieblicheȱMitwirkungsrechteȱ WirftȱmanȱeinenȱBlickȱaufȱdieȱbetrieblicherȱPraxis,ȱsoȱistȱdasȱZusammenȬ spielȱ vonȱ Betriebsratȱ undȱ Unternehmensleitungȱ höchstȱ unterschiedlichȱ ausgeprägt.ȱNebenȱUnternehmen,ȱdieȱsämtlicheȱMöglichkeitenȱnutzen,ȱdieȱ Bildungȱ einesȱ Betriebsratesȱ zuȱ unterbinden,ȱ existierenȱ auchȱ eineȱ Vielzahlȱ vonȱUnternehmen,ȱdieȱeinenȱsehrȱintensivenȱundȱkonstruktivenȱDialogȱmitȱ demȱ Betriebsratȱ pflegen.ȱ Dieserȱ Dialogȱ istȱ letztlichȱ auchȱ daraufȱ gerichtet,ȱ denȱ Betriebsratȱ inȱ dieȱ betrieblichenȱ Entscheidungenȱ einzubinden,ȱ umȱ soȱ zuȱverhindernȱdasȱhierȱunnötigeȱKonflikteȱdasȱbetrieblicheȱGeschehenȱbeȬ einträchtigen.ȱ Inȱ einerȱ Befragungȱ desȱ deutschenȱ Institutsȱ derȱ Wirtschaftȱ gabenȱManagerȱAuskunftȱdarüber,ȱwieȱweitȱundȱüberȱwelcheȱThemenȱsieȱ mitȱdenȱBetriebsrätenȱdiskutieren,ȱd.ȱh.ȱsieȱinȱderȱeinenȱoderȱanderenȱWeiȬ seȱ amȱ Entscheidungsprozessȱ teilhabenȱ lassen.ȱ Dieȱ Ergebnisseȱ zeigtȱ Abb.ȱ 5Ȭ1.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

295

So viel Prozent der Betriebsräte und der Manager diskutieren diese Themen ... ... oft

... selten

Personalfragen

1 4

22 25

71

Umstrukturierungen

Entgeltfragen

... keine Antwort

73

Arbeitszeit

Aus- und Weiterbildung

... nie

1 3 10

35

49

18

66

Sonstiges

2

47

22

4

13

72

11 8

6

8

28

Bedeutung des Betriebsrats - in Prozent sehr hoch

aus Sicht des Managements aus Sicht des Betriebsrates

hoch

mittelmäßig

19,8 10,0

gering

11,5

63,5 54,0

3,1

34,0

ȱ

Quelle:ȱ InstitutȱderȱdeutschenȱWirtschaft.ȱ Abb.ȱ5Ȭ1:ȱPraxisȱderȱBetriebsratstätigkeitȱimȱUnternehmenȱ DieseȱErgebnisseȱzeigen,ȱdassȱsicherlichȱdieȱBereicheȱinȱderȱDiskussionȱ vonȱ Betriebsratȱ undȱ Managementȱ dominieren,ȱ dieȱ primärȱ vomȱ GesetzgeȬ berȱaufgeführtȱwerden.ȱAuffälligȱistȱjedoch,ȱdassȱFragenȱwieȱz.ȱB.ȱdieȱAusȬȱ undȱWeiterbildung,ȱdieȱebenfallsȱGegenstandȱderȱVorschriftenȱdesȱBetrVGȱ sind,ȱhierȱrelativȱseltenȱbesprochenȱwerden.ȱ Interessantȱ istȱ auch,ȱ undȱ dasȱ insb.ȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ KonfliktȬ austragungȱ imȱ Unternehmen,ȱ dassȱ ausȱ Sichtȱ desȱ Managementsȱ derȱ BeȬ triebsratȱeineȱdeutlichȱhöhereȱBedeutungȱfürȱdieȱbetrieblichenȱProzesseȱbeȬ sitztȱalsȱdiesȱausȱderȱEigenwahrnehmungȱderȱBetriebsräteȱhervorgeht.ȱȱ

5.2.2

Das Sprecherausschussgesetz (SprAuG)

Dieȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ imȱ Unternehmenȱ beschäftigȬ tenȱ Arbeitnehmerȱ erstrecktȱ sichȱ imȱ Prinzipȱ aufȱ alleȱ Arbeitnehmer.ȱ Einerȱ GruppeȱderȱArbeitnehmerȱwirdȱjedochȱeineȱSonderstellungȱeingeräumt.ȱEsȱ handeltȱ sichȱ dabeiȱ umȱ dieȱ sog.ȱ „leitendenȱ Angestellten“.ȱ Sieȱ werdenȱ beȬ reitsȱimȱMitbestimmungsgesetzȱvonȱ1976ȱalsȱeineȱSondergruppeȱdefiniert,ȱ

296

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

dieȱ unabhängigȱ vonȱ denȱ anderenȱ Beschäftigtenȱ einȱ separatesȱ Rechtȱ aufȱ Vertretungȱ ihrerȱ Interessenȱ besitzen.ȱ Allerdingsȱ versäumtȱ esȱ derȱ GesetzȬ geberȱ bereitsȱ anȱ dieserȱ Stelle,ȱ eineȱ entsprechendeȱ Begriffsabgrenzungȱ fürȱ denȱ leitendenȱ Angestelltenȱ zuȱ liefern.ȱ Dieseȱ wirdȱ mitȱ derȱ Novelleȱ desȱ BetrVGȱ vonȱ 1988ȱ nachgereicht,ȱ daȱ dortȱ explizitȱ festgelegtȱ wird,ȱ dassȱ dieȱ Interessenvertretungskompetenzen,ȱ dieȱ dasȱ BetrVGȱ denȱ Arbeitnehmernȱ einräumt,ȱ nichtȱ fürȱ dieȱ leitendenȱ Angestelltenȱ gelten.ȱ Ihreȱ InteressenvertȬ retungskompetenzenȱsindȱimȱ1989ȱinȱKraftȱgetretenenȱSprecherausschussȬ gesetzȱ(SprAuG)ȱgeregeltȱworden.1ȱȱ Derȱ Gesetzgeberȱ istȱ derȱ Ansicht,ȱ dassȱ dieȱ leitendenȱ Angestelltenȱ eineȱ SonderstellungȱinȱderȱGruppeȱderȱAngestelltenȱbesitzen.ȱDiesesȱkannȱwieȱ folgtȱbegründetȱwerden:2ȱ x LeitendeȱAngestellteȱbesitzenȱnachȱdemȱBetrVGȱwederȱeinȱaktivesȱnochȱ einȱpassivesȱWahlrechtȱbeiȱdenȱWahlenȱzumȱBetriebsrat.ȱDasȱheißtȱleiȬ tendeȱAngestellteȱwerdenȱzwarȱalsȱAngestellteȱklassifiziert,ȱihnenȱwirdȱ imȱ Rahmenȱ desȱ BetrVGȱ jedochȱ keineȱ Interessenvertretungskompetenzȱ gegenüberȱ derȱ Unternehmensleitungȱ bzw.ȱ denȱ Eigentümernȱ eingeȬ räumt.ȱ Diesȱ hatȱ bereitsȱ vorȱ demȱ Inkrafttretenȱ desȱ SprAuGȱ dazuȱ geȬ führt,ȱ dassȱ sichȱ inȱ etwaȱ 400ȱ Betriebenȱ bzw.ȱ Unternehmenȱ kollektiveȱ Vertretungen,ȱsog.ȱfreiwilligeȱSprecherausschüsse,ȱgebildetȱhaben.ȱIhreȱ Aufgabeȱ warȱ es,ȱ dieȱ Interessenȱ derȱ leitendenȱ Angestelltenȱ gegenüberȱ derȱUnternehmensleitungȱzuȱvertreten.3ȱFernerȱexistierenȱaufȱderȱEbeneȱ derȱleitendenȱAngestelltenȱanalogȱzuȱdenȱGewerkschaftenȱderȱnichtȱleiȬ tendenȱ Angestelltenȱ undȱ Arbeiternȱ Interessenverbändeȱ (VAA,ȱ VdF,ȱ VAFȱundȱVDL),ȱdieȱinȱderȱUnionȱderȱleitendenȱAngestelltenȱ(ULA)ȱzuȬ sammengefasstȱ wurden,ȱ umȱ eineȱ entsprechendeȱ Interessenvertretungȱ sicherȱzuȱstellen.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱausführlichȱHackerȱ(1995);ȱHalbachȱetȱal.ȱ(1997),ȱS.ȱ378ȱff.ȱundȱNieȬ denhoffȱ(2000),ȱS.ȱ369ȱff.ȱ 2ȱ Vgl.ȱ zurȱ historischenȱ Entwicklungȱ derȱ Sprecherverfassungȱ Wiegräbe/BorgȬ wardtȱ(1990),ȱS.ȱ5ȱff.ȱ 3ȱ Vgl.ȱauchȱNebelȱ(1990),ȱS.ȱ1512ȱff.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

297

x Fürȱ leitendeȱ Angestellteȱ giltȱ dasȱ Arbeitszeitgesetzȱ nicht.ȱ Sieȱ habenȱ alȬ lerdingsȱAnspruchȱaufȱBezahlungȱvonȱÜberstunden,ȱwennȱsieȱtariflichȱ bezahltȱwerdenȱbzw.ȱgeringfügigȱüberȱTarif.ȱ x ZwarȱgiltȱfürȱleitendeȱAngestelltȱauchȱdasȱKündigungsschutzgesetz,ȱdieȱ Anforderungenȱ anȱ denȱ Kündigungsschutzȱ sindȱ beiȱ dieserȱ Gruppeȱ derȱ Angestelltenȱjedochȱwesentlichȱgeringer.ȱSoȱkannȱz.ȱB.ȱderȱArbeitgeberȱ unterȱ Zahlungȱ einerȱ Abfindungȱ dasȱ Arbeitsverhältnisȱ lösen,ȱ obwohlȱ derȱleitendeȱAngestellteȱdamitȱnichtȱeinverstandenȱist.ȱȱ x ImȱRegelfallȱunterliegenȱleitendeȱAngestellteȱnichtȱdenȱimȱBetriebȱabgeȬ schlossenenȱTarifverträgen.ȱ x ImȱRahmenȱdesȱMitbestGȱwirdȱdenȱleitendenȱAngestelltenȱeineȱSonderȬ rolleȱzugebilligt.ȱIhnenȱwirdȱvomȱGesetzgeberȱexplizitȱeinȱPlatzȱaufȱderȱ sog.ȱ„Arbeitnehmerbank“ȱimȱAufsichtsratȱzugewiesen.ȱȱ Trotzȱ dieserȱ besonderenȱ Eigenschaften,ȱ dieȱ dieȱ leitendenȱ Angestelltenȱ auszeichnen,ȱkommtȱmanȱjedochȱnichtȱumhin,ȱdassȱauchȱeinȱleitenderȱAnȬ gestellterȱ einȱ Angestellterȱ desȱ Unternehmensȱ ist.ȱ Insofernȱ besitztȱ auchȱ erȱ einȱ legitimesȱ Bedürfnisȱ nachȱ Interessenvertretung.ȱ Vorȱ diesemȱ HinterȬ grundȱ lässtȱ sichȱ auchȱ erklären,ȱ warumȱ dieȱ InteressenvertretungskompeȬ tenzȱ derȱ leitendenȱ Angestelltenȱ inȱ einemȱ eigenständigenȱ Gesetzȱ –ȱdemȱ SprAuGȱ–ȱ kodifiziertȱ wurde.ȱ DasȱSprAuGȱ istȱ zumȱ 01.01.1989ȱ inȱKraftȱ geȬ treten.ȱȱȱ

5.2.2.1

Geltungsbereich

DerȱGeltungsbereichȱdesȱSprAuGȱbeziehtȱsichȱaufȱalleȱimȱInlandȱgelegeȬ nenȱ Betriebe.ȱ Dabeiȱ spieltȱ esȱ keineȱ Rolle,ȱ welcheȱ Staatsangehörigkeitȱ derȱ Inhaberȱ desȱ Betriebesȱ besitzt.ȱ Auchȱ spieltȱ dieȱ Staatsangehörigkeitȱ derȱ leiȬ tendenȱ Angestelltenȱ keineȱ Rolle.ȱ Allerdingsȱ findetȱ dasȱ SprAuGȱ nachȱ §ȱ 1ȱ Abs.ȱ 3ȱ Satzȱ 1ȱ keineȱ Anwendungȱ aufȱ Verwaltungen,ȱ Betriebeȱ desȱ Bundes,ȱ derȱ Länderȱ oderȱ derȱ Gemeindenȱ sowieȱ aufȱ Religionsgemeinschaften.ȱ InteressanterweiseȱwerdenȱimȱSprAuGȱzwarȱdieȱRechteȱderȱleitendenȱAnȬ gestelltenȱ kodifiziert,ȱ esȱ wirdȱ jedochȱ nichtȱ definiert,ȱ wasȱ unterȱ einemȱ leiȬ tendenȱAngestelltenȱzuȱverstehenȱist.ȱDiesȱerfolgtȱalsȱNegativdefinitionȱimȱ

298

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

BetrVG,ȱundȱzwarȱdortȱinȱderȱNovelleȱausȱdemȱJahrȱ1988.ȱDanachȱwirdȱalsȱ leitenderȱAngestellterȱimȱPrinzipȱeinȱangestellterȱArbeitnehmerȱdannȱklasȬ sifiziert,ȱwennȱerȱArbeitgeberaufgabenȱwahrzunehmenȱhat.1ȱDieseȱArbeitȬ geberaufgabenȱsindȱimȱDetailȱimȱ§ȱ5ȱAbs.ȱ3ȱBetrVGȱkodifiziert.ȱȱ Dieȱ Aufgabenȱ einesȱ leitendenȱ Angestelltenȱ werdenȱ inȱ §ȱ 5ȱ Abs.ȱ 3ȱ BetrVGȱ wieȱfolgtȱbeschrieben:ȱ „Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb 1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder 2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder 3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflußt; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere auf Grund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.“ Quelle: Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung vom 13. Juni 2001.

Bestehenȱaufgrundȱdesȱ§ȱ5ȱAbs.ȱ3ȱBetrVGȱnochȱZweifelȱimȱHinblickȱaufȱ dieȱ Klassifikationȱ alsȱ leitenderȱ Angestellter,ȱ soȱ nimmtȱ §ȱ5ȱ Abs.ȱ 4ȱ BetrVGȱ hierȱeineȱweitereȱKonkretisierungȱvor.ȱDieseȱKonkretisierungȱknüpftȱdabeiȱ letztlichȱanȱderȱkonkretenȱHöheȱdesȱJahresarbeitseinkommensȱan,ȱwelchesȱ beiȱ leitendenȱ Angestelltenȱ dasȱ Dreifacheȱ derȱ Bezugsgrößeȱ desȱ SozialgeȬ setzbuchesȱ(§ȱ18ȱSGB4)ȱüberschreitet.2ȱAktuellȱfürȱdasȱJahrȱ2004ȱwürdeȱdiesȱ eineȱ Einkommensgrenzeȱ vonȱ 86.940ȱ EURȱ fürȱ leitendeȱ Angestellteȱ inȱ denȱ sog.ȱ„alten“ȱBundesländernȱbedeuten.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱbereitsȱWitte/Bronnerȱ(1974).ȱ 2ȱ DieseȱGrößenordnungȱgehtȱaufȱdieȱArbeitȱvonȱWitte/Bronnerȱ(1974)ȱzurück,ȱdieȱ insofernȱprägendenȱCharakterȱimȱHinblickȱaufȱdieȱentsprechendeȱGesetzespasȬ sageȱbesitzt.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

5.2.2.2 5.2.2.2.1

299

Institutionalisierung der Interessenvertretungskompetenz Sprecherausschuss

Nachȱ§ȱ1ȱAbs.ȱ1ȱSprAuGȱwerdenȱinȱBetriebenȱmitȱmindestensȱzehnȱleiȬ tendenȱ Angestelltenȱ Sprecherausschüsseȱ gewählt.1ȱ Wahlberechtigtȱ sindȱ dabeiȱalleȱleitendenȱAngestellten,ȱsoweitȱsieȱlängerȱalsȱsechsȱMonateȱdemȱ Betriebȱangehörenȱ(§ȱ3ȱAbs.ȱ2ȱSprAuG).ȱDerȱSprecherausschussȱwirdȱnachȱ §ȱ6ȱSprAuGȱinȱgeheimerȱundȱunmittelbarerȱWahlȱgewählt.ȱȱ Dieȱ Zahlȱ derȱ Sprecherausschussmitgliederȱ bemisstȱ sichȱ nachȱ derȱ Zahlȱ derȱimȱUnternehmenȱbeschäftigenȱleitendenȱAngestellten.ȱ x Beiȱ 10ȱ bisȱ 20ȱ leitendenȱ Angestelltenȱ istȱ einȱ Sprecherausschussmitgliedȱ zuȱwählen.ȱ x Beiȱ 21ȱ bisȱ 100ȱ leitendenȱ Angestelltenȱ sindȱ dreiȱ SprecherausschussmitȬ gliederȱzuȱwählen.ȱ x Beiȱ101ȱbisȱ300ȱleitendenȱAngestelltenȱsindȱfünfȱSprecherausschussmitȬ gliederȱzuȱwählen.ȱ x Beiȱüberȱ300ȱleitendenȱAngestelltenȱsindȱsiebenȱSprecherausschussmitȬ gliederȱzuȱwählen.ȱ DieȱAmtsdauerȱdesȱSprecherausschussesȱbeträgtȱnachȱ§ȱ5ȱSprAuGȱvierȱ Jahre.ȱDieȱWahlenȱzumȱSprecherausschussȱsindȱzeitgleichȱmitȱdenenȱzumȱ Betriebsratȱabzuhalten.ȱȱ Derȱ Sprecherausschussȱ wähltȱ ausȱ seinerȱ Mitteȱ einenȱ Vorsitzenden.ȱ Dieȱ RechteȱdesȱSprecherausschussvorsitzendenȱundȱseineȱFunktionenȱsindȱdeȬ nenȱdesȱBetriebsratsvorsitzendenȱvergleichbar.ȱȱ Soweitȱ esȱ zurȱ ordnungsgemäßenȱ Durchführungȱ ihrerȱ Aufgabenȱ erforȬ derlichȱist,ȱsindȱdieȱMitgliederȱdesȱSprecherausschussesȱvonȱihrerȱberufliȬ chenȱ Tätigkeitȱ ohneȱ Minderungȱ ihresȱ Gehaltesȱ zuȱ befreien.ȱ Allerdingsȱ istȱ eineȱ generelleȱ Befreiungȱ einzelnerȱ Sprecherausschussmitglieder,ȱ wieȱ diesȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱausführlichȱauchȱBorgwardtȱ(1989),ȱS.ȱ2224ȱff.ȱ

300

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

nochȱbeiȱeinzelnenȱMitgliedernȱdesȱBetriebsratesȱderȱFallȱist,ȱnichtȱvorgeȬ sehen.ȱ

5.2.2.2.2

Versammlung der leitenden Angestellten

Nachȱ§ȱ15ȱSprAuGȱ sollȱ derȱ Sprecherausschussȱ einmalȱimȱ Kalenderjahrȱ eineȱVersammlungȱderȱleitendenȱAngestelltenȱeinberufenȱundȱinȱihrȱseinenȱ Tätigkeitsberichtȱ erstatten.ȱ Eineȱ außerordentlicheȱ Versammlungȱ derȱ leiȬ tendenȱAngestelltenȱkannȱaufȱAntragȱdesȱArbeitgebersȱoderȱaufȱAntragȱeiȬ nesȱViertelsȱderȱleitendenȱAngestelltenȱeinberufenȱwerden.ȱStattfindenȱsollȱ dieȱVersammlungȱwährendȱderȱArbeitszeit.ȱDieȱVersammlungȱderȱleitenȬ denȱ Angestelltenȱ kannȱ alsoȱ analogȱ zurȱ Betriebsversammlungȱ gesehenȱ werden.ȱ

5.2.2.2.3

Gesamt- und Konzernsprecherausschuss

Nachȱ §ȱ 16ȱ Abs.ȱ 1ȱ SprAuGȱ istȱ einȱ Gesamtsprecherausschussȱ bzw.ȱ einȱ Konzernsprecherausschussȱ zuȱ errichten,ȱ wennȱ inȱ einemȱ Unternehmenȱ mehrereȱSprecherausschüsseȱbestehen.ȱJederȱSprecherausschussȱentsendetȱ einesȱ seinerȱ Mitgliederȱ inȱ diesenȱ Gesamtausschuss.ȱ Dabeiȱ hatȱ jedesȱ MitȬ gliedȱdesȱGesamtausschussesȱsoȱvieleȱStimmen,ȱwieȱinȱdemȱBetrieb,ȱinȱdemȱ esȱgewähltȱwurde,ȱleitendeȱAngestellteȱinȱdieȱWählerlisteȱeingetragenȱsind.ȱ Derȱ Gesamtsprecherausschussȱ istȱ zuständigȱ fürȱ dieȱ Behandlungȱ vonȱ Angelegenheiten,ȱdieȱdasȱUnternehmenȱoderȱmehrereȱBetriebeȱdesȱUnterȬ nehmensȱ betreffenȱ undȱ dieȱ nichtȱ durchȱ einzelneȱ Sprecherausschüsseȱ inȬ nerhalbȱ ihresȱ Betriebesȱ verhandeltȱ werdenȱ können.ȱ Auchȱ hierȱ istȱ ähnlichȱ wieȱ beimȱ Gesamtbetriebsratȱ bzw.ȱ Konzernbetriebsratȱ keineȱ hierarchischeȱ ÜberordnungȱdesȱGesamtȬȱbzw.ȱdesȱKonzernsprecherausschussesȱüberȱdieȱ einzelnenȱSprecherausschüsseȱvorgesehen.ȱAuchȱhierȱkommtȱesȱwiederumȱ nurȱ zuȱ einerȱ spezialisiertenȱ Zuweisungȱ vonȱ InteressenvertretungskompeȬ tenzen,ȱ jeȱ nachdemȱ obȱ sieȱ unternehmensȬȱ bzw.ȱ konzernweitȱ vonȱ BedeuȬ tungȱsindȱoderȱaberȱsichȱnurȱaufȱeinzelneȱBetriebeȱbeziehen.ȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

5.2.2.3

301

Ausgestaltung der Interessenvertretungskompetenz

ImȱGegensatzȱzumȱBetrVGȱsiehtȱdasȱSprAuGȱkeineȱeigenenȱMitbestimȬ mungsrechteȱ derȱ leitendenȱ Angestelltenȱ vor.ȱ Insofernȱ reduziertȱ sichȱ dieȱ Rolle,ȱdieȱdieȱSprecherausschüsseȱspielen,ȱaufȱeineȱInformationsȬȱundȱBeȬ ratungsfunktion.ȱ Diesȱ schließtȱ jedochȱ nichtȱ aus,ȱ dassȱ derȱ SprecherausȬ schussȱ mitȱ derȱ Unternehmensleitungȱ Vereinbarungenȱ trifft,ȱ dieȱ unterȱ beȬ stimmtenȱ Bedingungenȱ fürȱ dieȱ Unternehmensleitungȱ auchȱ zwingendenȱ Charakterȱbesitzen.ȱ Dieȱ InformationsȬȱ undȱ Beratungsfunktionȱ desȱ Sprecherausschussesȱ bezwecktȱvorȱallem:ȱ x Eineȱ hinreichendeȱ Informationȱ derȱ leitendenȱ Angestelltenȱ überȱ ihrenȱ Aufgabenbereich,ȱȱ x dieȱSicherstellungȱangemessenerȱArbeitsbedingungen,ȱ x dieȱ Nutzungȱ desȱ Fachwissensȱ derȱ leitendenȱ Angestelltenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ wirtschaftlichenȱ undȱ organisatorischenȱ Prozesseȱ imȱ UnternehȬ men.ȱ DieȱkonkretenȱAufgabenȱdesȱSprecherausschussesȱsindȱwieȱfolgtȱumrisȬ sen:ȱ x DerȱSprecherausschussȱistȱverpflichtet,ȱeinzelneȱleitendeȱAngestellteȱbeiȱ derȱ Wahrnehmungȱ ihrerȱ Interessenȱ gegenüberȱ derȱ UnternehmensleiȬ tungȱzuȱunterstützenȱ(§ȱ26ȱSprAuG).ȱ x Sowohlȱ dieȱ Unternehmensleitungȱ alsȱ auchȱ derȱ Sprecherausschussȱ haȬ benȱdarüberȱzuȱwachen,ȱdassȱdieȱleitendenȱAngestelltenȱeinesȱBetriebesȱ gleichȱbehandeltȱwerden.ȱFernerȱhabenȱsieȱdieȱfreieȱEntfaltungȱderȱPerȬ sönlichkeitȱzuȱschützenȱundȱzuȱfördernȱ(§ȱ27ȱSprAuG).ȱ x Nachȱ §ȱ 28ȱ SprAuGȱ könnenȱ dieȱ Unternehmensleitungȱ undȱ derȱ SpreȬ cherausschussȱRichtlinienȱüberȱdenȱInhalt,ȱdenȱAbschlussȱoderȱdieȱBeȬ endigungȱ vonȱ Arbeitsverhältnissenȱ derȱ leitendenȱ Angestelltenȱ schriftȬ lichȱvereinbaren.ȱȱ

302

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Darüberȱ hinausȱ existierenȱ eineȱ Vielzahlȱ vonȱ Informationsrechtenȱ desȱ Sprecherausschusses.ȱZuȱnennenȱsindȱhierȱfolgende:ȱ x DieȱUnternehmensleitungȱhatȱdenȱSprecherausschussȱrechtzeitigȱbeiȱeiȬ nerȱ Änderungȱ derȱ Gehaltsgestaltungȱ undȱ sonstigerȱ allgemeinerȱ ArȬ beitsbedingungenȱ sowieȱ beiȱ derȱ Einführungȱ oderȱ Änderungȱ allgemeiȬ nerȱ Beurteilungsgrundsätzeȱ zuȱ informieren.ȱ Dieseȱ Maßnahmenȱ sindȱ mitȱdemȱSprecherausschussȱauchȱzuȱberatenȱ(§ȱ30ȱSprAuG).ȱ x BeiȱderȱEinstellungȱoderȱeinerȱpersonellenȱVeränderungȱeinesȱleitendenȱ AngestelltenȱistȱderȱSprecherausschussȱrechtzeitigȱzuȱinformierenȱ(§ȱ31ȱ Abs.ȱ1ȱSprAuG).ȱ x Derȱ Sprecherausschussȱistȱ vorȱ jederȱ Kündigungȱ einesȱ leitendenȱ AngeȬ stelltenȱ zuȱ hören.ȱ Ihmȱ sindȱ darüberȱ hinausȱ auchȱ dieȱ Gründeȱ fürȱ dieȱ Kündigungȱmitzuteilen.ȱOhneȱeineȱsolcheȱAnhörungȱdesȱSprecherausȬ schussesȱ istȱ dieȱ Kündigungȱ einesȱ leitendenȱ Angestelltenȱ unwirksamȱ (§ȱ31ȱAbs.ȱ2ȱSprAuG).ȱ x Überȱ dieȱ wirtschaftlichenȱ Angelegenheitenȱ istȱ derȱ Sprecherausschussȱ mindestensȱ einmalȱ imȱ Kalenderjahrȱ imȱ Sinneȱ desȱ §ȱ106ȱ BetrVGȱ (WirtȬ schaftsausschuss)ȱzuȱunterrichtenȱ(§ȱ32ȱAbs.ȱ1ȱSprAuG).ȱȱ x Beiȱ Betriebsänderungen,ȱ vonȱ denenȱ einȱ wesentlicherȱ Nachteilȱ fürȱ dieȱ leitendenȱAngestelltenȱausgehenȱkann,ȱistȱderȱSprecherausschussȱebenȬ fallsȱzuȱunterrichtenȱ(§ȱ32ȱAbs.ȱ2ȱSprAuG).ȱ Esȱ istȱ sicherlichȱ nichtȱ zuȱ übersehen,ȱ dassȱ dasȱ SprAuGȱ zumindestȱ imȱ HinblickȱaufȱdieȱInformationsrechteȱstarkȱdenȱRechtenȱderȱBetriebsräteȱimȱ BetrVGȱ ähnelt.ȱ Damitȱ istȱ dieȱ Stellungȱ derȱ leitendenȱ Angestelltenȱ imȱ VerȬ gleichȱ zurȱ Situationȱ vorȱ Inkrafttretenȱ desȱ SprAuGȱ deutlichȱ gestärktȱ worȬ den.ȱ Dieȱ leitendenȱ Angestelltenȱ sindȱ jetztȱ nichtȱ mehrȱ daraufȱ angewiesen,ȱ dassȱderȱBetriebsratȱauchȱihreȱInteressenȱvertritt.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ sollteȱ jedochȱ nichtȱ übersehenȱ werden,ȱ dassȱ insbesondereȱ leitendenȱ Angestellten,ȱ dieȱ inȱ denȱ oberenȱ hierarchischenȱ Ebenenȱ angesiedeltȱ sind,ȱ deutlichȱ bessereȱ Wegeȱ desȱ Austauschesȱ mitȱ derȱ

5.2 Interessenvertretungskompetenz auf Betriebsebene

303

UnternehmensleitungȱzurȱVerfügungȱstehenȱalsȱdiesȱsonstȱderȱFallȱist.ȱEntȬ sprechendȱ istȱ esȱ auchȱ zuȱ erklären,ȱ warumȱ dieȱ Regelungenȱ derȱ SprecherȬ verfassungȱdeutlichȱhinterȱdenenȱderȱBetriebsverfassungȱzurückȱbleiben.ȱȱ EineȱFormȱdieserȱ„anderenȱMöglichkeitenȱdesȱAustausches“ȱzeigtȱdasȱfolȬ gendeȱBeispielȱausȱdemȱHauseȱDaimlerChrysler:ȱ „Konzernchef Jürgen Schrempp hatte seinen Vorstand und die wichtigsten Asien-Manager zum Grillen eingeladen. Der Grund: Schrempp wollte sich bei seinen einst nach Japan und Korea entsandten Getreuen für ihren Einsatz in Fernost bedanken und nach dem Nahezu-Ausstieg bei der japanischen Mitsubishi Motors Corp. (MMC) sowie dem Verkauf eines 10Prozent-Paketes am koreanischen Automobilhersteller Hyundai Motor Co. einen offiziellen Schlussstrich ziehen. 80 Gäste waren erschienen (...) Was für den Autokonzern ein abruptes Bremsmanöver auf dem Weg zur Welt AG bedeutete, erschien für Dutzende nach Asien entsandte DaimlerManager zunächst als Karriereknick: Wohnung kündigen, Schreibtisch räumen, Koffer packen und ab in den Flieger. Doch Schrempp hatte für seine zurückgeholten Topmanager auf dem Lämmerbuckel frohe Botschaft: Der Beschluss des Vorstandes werde ohne Abstriche umgesetzt und allen Ex-Asien-Managern ein neuer Job bei Daimler angeboten. Sie alle hätten in Asien schwer gearbeitet und einen prima Job gemacht, lobte Schrempp seine Getreuen.“ Quelle: Nölting, A.: Grillen mit Jürgen Schrempp, in: www.manager-magazin.de/koepfe/artikel/0,2828,315347,00.html – letzter Zugriff am 28.05.2004

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

5.3.1

Das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG)

Dieȱ schwächsteȱ Formȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ aufȱ UnterȬ nehmensebeneȱ wirdȱ imȱ DrittelbGȱ kodifiziert.ȱ Dasȱ Inkrafttretenȱ desȱȱ DrittelbGȱ imȱ Juliȱ 2004ȱ darfȱ nunȱ nichtȱ dahingehendȱ interpretiertȱ werden,ȱ

304

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

dassȱesȱsichȱbeiȱdieserȱDrittelbeteiligungȱderȱArbeitnehmerȱamȱAufsichtsȬ ratȱ umȱ dieȱ jüngsteȱ Formȱ derȱ Mitbestimmungȱ aufȱ Unternehmensebeneȱ handelt.ȱDasȱDrittelbGȱersetztȱlediglichȱdasȱBetrVGȱ1952,ȱdessenȱ§§ȱ76ȱȱbisȱ 77ȱa,ȱ81,ȱ85ȱundȱ87ȱnachȱ§ȱ1ȱSatzȱ1ȱBetrVGȱtrotzȱderȱNovellenȱdesȱBetrVGȱ bisȱ 2004ȱ Bestandȱ hatten.ȱ Dieseȱ etwasȱ sperrigeȱ juristischeȱ Kodifizierungȱ wurdeȱ 2004ȱ bereinigt,ȱ indemȱ dasȱ DrittelbGȱ dieȱ Regelungenȱ desȱ BetrVGȱ 1952ȱ aufnahmȱ undȱ esȱ damitȱ ersetzte.ȱ Inȱ ihnenȱ wirdȱ dieȱ InteressenvertreȬ tungskompetenzȱ derȱ Arbeitnehmerȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ Entscheidungen,ȱ dieȱ dasȱgesamteȱUnternehmenȱbetreffen,ȱgeregelt.ȱȱ ObwohlȱdieȱMitbestimmungsregelungenȱdesȱDrittelbGȱalsȱdieȱschwächȬ steȱ Formȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ Arbeitnehmerȱ aufȱ UnȬ ternehmensebeneȱangesehenȱwird,ȱdarfȱnichtȱübersehenȱwerden,ȱdassȱderȱ Gesetzgeberȱ dieȱ Wahrnehmungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ zwingendȱvorschreibt.ȱImȱGegensatzȱzurȱInteressenvertretungskompetenzȱ aufȱ Betriebsebene,ȱ woȱ derȱ Gesetzgeberȱ denȱ Arbeitnehmernȱ dieȱ Freiheitȱ lässt,ȱ einenȱ Betriebsratȱ zuȱ wählen,ȱ bestehtȱ aufȱ Unternehmensebeneȱ keineȱ Wahlfreiheitȱmehr.ȱDieȱentsprechendenȱLeitungsorganeȱderȱUnternehmenȱ müssenȱ –ȱwennȱ dieȱ entsprechendenȱ Voraussetzungenȱ erfülltȱ sindȱ–ȱ auchȱ mitȱVertreternȱderȱArbeitnehmerȱbesetztȱwerden.ȱ

5.3.1.1

Geltungsbereich und Institutionalisierung der Interessenvertretungskompetenz

Soweitȱeineȱȱ x x x x x x

Aktiengesellschaft,ȱ KGaA,ȱ GmbH,ȱ bergrechtlicheȱGewerkschaft,ȱ VersicherungsvereinȱaufȱGegenseitigkeit,ȱ ErwerbsȬȱundȱWirtschaftsgenossenschaftenȱ

mehrȱ alsȱ 500ȱ Beschäftigteȱ aufweist,ȱ istȱ sieȱ nachȱ §ȱ1ȱ Abs.ȱ1ȱ DrittelbGȱ denȱ Mitbestimmungsregelungenȱ desȱ DrittelbGȱ unterworfen.ȱ Dieȱ sog.ȱ kleineȱ AGȱ istȱ folglichȱ vonȱ dieserȱ Formȱ derȱ Mitbestimmungȱ aufȱ UnternehmensȬ ebeneȱnichtȱbetroffen.ȱȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

305

Fürȱ Unternehmen,ȱ dieȱ demȱ DrittelbGȱ unterliegen,ȱ giltȱ nachȱ §ȱ4ȱ Abs.ȱ1ȱȱ DrittelbG,ȱdassȱderȱAufsichtsratȱzuȱeinemȱDrittelȱmitȱArbeitnehmervertreȬ ternȱ besetztȱ seinȱ muss.ȱ §ȱ4ȱ Abs.ȱ4ȱ DrittelbGȱ regeltȱ ferner,ȱ dassȱ unterȱ denȱ Arbeitnehmervertreternȱ Frauenȱ undȱ Männerȱ entsprechendȱ ihremȱ zahlenȬ mäßigenȱ Verhältnisȱ imȱ Unternehmenȱ vertretenȱ sind.ȱ Imȱ Gegensatzȱ zumȱ MitbestGȱfindenȱsichȱimȱDrittelbGȱkeineȱVorschriftenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱ soȱgenanntenȱleitendenȱAngestellten.ȱ Mitbestimmungsfreiȱ aufȱ Unternehmensebeneȱ sindȱ somitȱ nurȱ nochȱ dieȱ folgendenȱRechtsformen,ȱwennȱdasȱUnternehmenȱmehrȱalsȱ500ȱBeschäftigȬ teȱaufweist:ȱ x UnternehmenȱeinesȱEinzelkaufmanns,ȱ x offeneȱHandelsgesellschaftȱ(oHG),ȱ x Kommanditgesellschaften,ȱwennȱsieȱnurȱnatürlicheȱPersonenȱalsȱKompȬ lementäreȱaufweist,ȱ x wirtschaftlicheȱVereine,ȱ x Stiftungen,ȱ x BGBȬGesellschaft.ȱ Esȱ stelltȱ sichȱ damitȱ dieȱ Frage,ȱ warumȱ derȱ Gesetzgeberȱ derȱ Ansichtȱ ist,ȱ dieȱFrageȱderȱInteressenvertretungskompetenzȱnichtȱnurȱvonȱderȱZahlȱderȱ Beschäftigtenȱ abhängigȱ zuȱ machen,ȱ sondernȱ inȱ sehrȱ vielȱ stärkeremȱ Maßeȱ vonȱ derȱ Wahlȱ derȱ Rechtsform.ȱ Dieȱ Gründeȱ fürȱ eineȱ derartigeȱ Festlegungȱ sindȱfolgende:ȱ x Zielȱ desȱ Einräumensȱ vonȱ Interessenvertretungskompetenzenȱ warȱ esȱ immer,ȱ dieȱ Arbeitnehmerȱ verstärktȱ beiȱ derȱ Bestellungȱ undȱ beiȱ derȱ KontrolleȱderȱUnternehmensleitungȱmitwirkenȱzuȱlassen.ȱEsȱwarȱnichtȱ dasȱ Anliegenȱ derȱ Unternehmensmitbestimmung,ȱ dassȱ Arbeitnehmerȱ direktȱ inȱ dieȱ Unternehmensleitungȱ mitȱ eingreifenȱ bzw.ȱ sichȱ anȱ ihrȱ beȬ teiligenȱ sollten.ȱ Insofernȱ schiedenȱ Rechtsformenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ UmsetzungȱderȱUnternehmensmitbestimmungȱaus,ȱdieȱnebenȱdemȱOrȬ ganȱderȱUnternehmensführungȱkeinȱweiteresȱOrganȱmitȱKontrollfunkȬ tionȱ aufwiesen,ȱ wieȱ diesȱ z.ȱB.ȱ beiȱ denȱ Personengesellschaftenȱ derȱ Fallȱ ist.ȱBeiȱAktiengesellschaftenȱmitȱdenȱOrganenȱVorstandȱundȱAufsichtsȬ ratȱließȱsichȱhingegenȱdiesesȱZielȱderȱEinflussnahmeȱaufȱdieȱBestellungȱ

306

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

derȱVorständeȱsowieȱaufȱdieȱKontrolleȱihrerȱArbeitȱrelativȱunproblemaȬ tischȱ dadurchȱ erreichen,ȱ dassȱ einȱ Teilȱ derȱ Aufsichtsratsmitgliederȱ vonȱ denȱimȱBetriebȱbeschäftigtenȱArbeitnehmernȱzuȱbestimmenȱist.ȱȱ x DieȱDiskussionȱderȱInteressenvertretungskompetenzȱderȱArbeitnehmerȱ aufȱUnternehmensebeneȱwirdȱtraditionellȱaufȱGroßunternehmenȱbezoȬ gen.ȱ Esȱ wurdeȱ argumentiert,ȱ dassȱ esȱ insb.ȱ dasȱ Großunternehmenȱ sei,ȱ beiȱ welchemȱ dieȱ Tendenzȱ zurȱ Verselbstständigungȱ deutlichȱ stärkerȱ ausgeprägtȱistȱalsȱbeiȱkleinenȱoderȱmittlerenȱUnternehmen.ȱGroßunterȬ nehmen,ȱ insb.ȱ wennȱ sieȱ überȱ einenȱ weitȱ gestreutenȱ Anteilseignerkreisȱ verfügen,ȱ tendierenȱ dazu,ȱ dassȱ sieȱ letztlichȱ denȱ Interessenȱ desȱ ManaȬ gementsȱfolgen,ȱohneȱdassȱhierȱeineȱnennenswerteȱKontrolleȱvonseitenȱ derȱ Anteilseignerȱ bzw.ȱ derȱ Arbeitnehmerȱ möglichȱ wäre.ȱ Vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ wurdeȱ argumentiert,ȱ dassȱ esȱ insb.ȱ dieȱ Großunternehmenȱ sind,ȱ beiȱ denenȱ eineȱ unternehmensbezogeneȱ Mitbestimmungȱ greifenȱ sollte.ȱDaȱGroßunternehmenȱimȱRegelfallȱinȱderȱRechtsformȱeinerȱKapiȬ talgesellschaftȱgeführtȱwerden,ȱlagȱesȱnahe,ȱdieȱRegelungenȱzurȱunterȬ nehmerischenȱMitbestimmungȱhieranȱanknüpfenȱzuȱlassen.ȱ x FernerȱistȱesȱsicherlichȱnichtȱvereinbarȱmitȱderȱunbeschränktenȱpersönȬ lichenȱ Haftungȱ desȱ Gesellschaftersȱ beiȱ einerȱ Personengesellschaft,ȱ wennȱ manȱ ihmȱ imȱ Gegenzugȱ nichtȱ dieȱ uneingeschränkteȱ Kontrolleȱ überȱ dasȱ Managementhandelnȱ zubilligt.ȱ Vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ verȬ bietetȱ sichȱ eineȱ unternehmensbezogeneȱ InteressenvertretungsȬ kompetenzȱ derȱ Arbeitnehmerȱ inȱ Personengesellschaften.ȱ Esȱ wirdȱ hierȱ argumentiert,ȱdassȱdieȱTätigkeitȱdesȱoderȱderȱGesellschafterȱimȱUnterȬ nehmenȱ immerȱ davonȱ geleitetȱ seinȱ wird,ȱ dassȱ imȱ Krisenfallȱ derȱ oderȱ dieȱ Gesellschafterȱ unbeschränktȱ mitȱ ihremȱ Vermögenȱ haftenȱ müssen.ȱ VorȱdiesemȱHintergrundȱistȱeineȱeffizienteȱUnternehmenspolitikȱwahrȬ scheinlich.ȱ Dieȱ Effizienzȱ wirdȱ hierȱ meistȱ mitȱ derȱ Zentralisierungȱ derȱ Verfügungsrechteȱbegründet.ȱ

5.3.1.2

Ausgestaltung der Interessenvertretungskompetenz

Dieȱ Interessenvertretungskompetenzenȱ ergebenȱ sichȱ ausȱ denȱ einschläȬ gigenȱGesetzenȱfürȱdieȱeinzelnenȱRechtsformen,ȱinȱdenenȱdieȱkonkreteȱArȬ beitsweiseȱ derȱ Unternehmensorganeȱ geregeltȱ ist.ȱ Dasȱ heißtȱ imȱ Zentrumȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

307

stehenȱ hierȱ alsoȱ dieȱ Vorschriftenȱ derȱ §§ȱ 95ȱ bisȱ 116ȱ AktG,ȱ aufȱ dieȱ bereitsȱ obenȱausführlichȱeingegangenȱwurde.ȱȱ Willȱ manȱ vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ dieȱ Qualitätȱ derȱ Ausgestaltungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ beurteilen,ȱ soȱ kommtȱ manȱ umȱ eineȱ machtpolitischeȱ Analyseȱ nichtȱ umhin.ȱ Esȱ istȱ hierȱ dieȱ legitimeȱ Machtȱ vonȱ derȱ Informationsmachtȱ zuȱ trennen.ȱ Dieȱ legitimeȱ Machtȱ istȱ asymmetrischȱ zuȱ Ungunstenȱ derȱ Arbeitnehmer,ȱ währendȱ dieȱ Informationsmachtȱ ausȱ Sichtȱ derȱ Arbeitnehmerȱ sicherlichȱ nichtȱ unbeträchtlichȱ ist.ȱ Überȱ dieȱ TeilȬ nahmeȱanȱdenȱSitzungenȱdesȱAufsichtsratesȱsindȱdieȱVertreterȱderȱArbeitȬ nehmerȱüberȱalleȱwesentlichenȱAspekteȱderȱUnternehmenspolitikȱ–ȱsoweitȱ dieseȱGegenstandȱderȱAufsichtsratssitzungenȱsindȱ–ȱinformiert.ȱAufgrundȱ derȱeinschlägigenȱVorschriftenȱdesȱAktienrechtsȱistȱesȱnichtȱmöglich,ȱeinenȱ Teilȱ desȱ Aufsichtsratesȱ vonȱ derȱ Informationsversorgungȱ auszuschließen.ȱ DieȱMitbestimmungȱnachȱdemȱDrittelbGȱführtȱdazu,ȱdassȱauchȱdieȱArbeitȬ nehmervertreterȱimȱAufsichtsratȱinȱderȱLageȱsind,ȱdieȱArbeitȱdesȱVorstanȬ desȱzuȱbeurteilenȱundȱkritischȱzuȱhinterfragen.ȱ DieȱAsymmetrieȱderȱlegitimenȱMachtȱergibtȱsichȱausȱderȱTatsache,ȱdassȱ dieȱArbeitnehmervertreterȱnurȱeinȱDrittelȱderȱAufsichtsratsmitgliederȱstelȬ len.ȱ EineȱweitergehendeȱEinflussnahmeȱderȱArbeitnehmerȱaufȱdieȱBesetzungȱ derȱUnternehmensleitungȱsiehtȱdasȱDrittelbGȱnichtȱvor.ȱDasȱheißtȱauchȱbeiȱ derȱFunktionȱdesȱsog.ȱ„Arbeitsdirektors“ȱbesitztȱdieȱArbeitnehmerseiteȱimȱ AufsichtsratȱkeineȱSperrminorität,ȱwieȱdiesȱz.ȱB.ȱbeiȱderȱweiterȱuntenȱdarȬ gestelltenȱFormȱderȱMontanmitbestimmungȱderȱFallȱist.ȱDasȱDrittelbGȱgehtȱ dabeiȱ nochȱ hinterȱ dieȱ Regelungenȱ desȱ MitbestGȱ zurück,ȱ daȱ dieȱ Positionȱ desȱ Arbeitsdirektorsȱ alsȱ Vorstandsmitgliedȱ imȱ Gesetzȱ anȱ keinerȱ Stelleȱ erȬ wähntȱwird.ȱ

5.3.2

Das Mitbestimmungsgesetz (MitbestG)

Dasȱ Mitbestimmungsgesetzȱ (MitbestG)ȱ ausȱ demȱ Jahrȱ 1976ȱ istȱ dasȱ ErȬ gebnisȱeinesȱintensivenȱpolitischenȱKonfliktaustragungsprozesses.ȱDieȱdortȱ niedergelegtenȱ Regelungenȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ sindȱ es,ȱ

308

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

dieȱ imȱ Regelfallȱ gemeintȱ sind,ȱ wennȱ vonȱ derȱ deutschenȱ Formȱ derȱ UnterȬ nehmensmitbestimmungȱgesprochenȱwird.ȱȱ Insofernȱ besitztȱ heutzutageȱ dieseȱ paritätischeȱ Mitbestimmungȱ zumindestȱ aufȱderȱpolitischenȱSeiteȱimmerȱnochȱeinenȱsehrȱhohenȱStellenwertȱwieȱdasȱ ZitatȱdesȱehemaligenȱdeutschenȱBundespräsidenten,ȱJohannesȱRau,ȱzeigt:ȱȱ „Für mich lag und liegt die gesellschaftspolitische Bedeutung der Mitbestimmung in der Abkehr von der Vorstellung, im Unternehmen bestimme allein der Eigentümer, der Menschen dafür bezahlt, dass sie für ihn und zu den von ihm allein festgelegten Bedingungen arbeiten. Jede Mitbestimmung, am deutlichsten die paritätische, steht für den Grundsatz, dass die arbeitenden Menschen nicht als Anhängsel des ‚toten Kapitals’ behandelt werden dürfen. Arbeitnehmer sind im demokratischen Staat nicht nur Staatsbürger mit gleichen Rechten und Pflichten, sie dürfen auch in den Betrieben nicht Objekt, sondern sie müssen Subjekt sein. Das ist nach wie vor aktuell und gültig. Mitbestimmung hat also ganz viel zu tun mit der Würde des arbeitenden Menschen.“ Johannes Rau (Auszug aus der Rede des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland Johannes Rau anlässlich der Feierlichkeiten zu „50 Jahre“ Montanmitbestimmung 2001. Quelle: Gewerkschaftliche Monatshefte 7/2001.

Dieȱ vielfältigenȱ Gründeȱ undȱ Rechtfertigungen,ȱ dieȱ inȱ demȱ politischenȱ Prozessȱgebrauchtȱwurden,ȱsollenȱanȱdieserȱStelleȱwederȱwiederholtȱnochȱ entsprechendȱ diskutiertȱ werden.1ȱ Esȱ wirdȱ darüberȱ hinausȱ vielfachȱ unterȬ stellt,ȱdassȱvonȱderȱInteressenvertretungskompetenz,ȱdieȱdasȱMitbestGȱeinȬ räumt,ȱfolgendeȱWirkungenȱausgehen:2ȱ x DaȱderȱmitbestimmteȱAufsichtsratȱdenȱVorstandȱeinerȱAGȱbestelltȱbzw.ȱ abberuft,ȱwirdȱunterstellt,ȱdassȱdieseȱAbhängigkeitȱdesȱVorstandesȱdaȬ zuȱführt,ȱeineȱsozialeȱUnternehmenspolitikȱzuȱfördern.ȱObȱdiesȱwirklichȱ soȱist,ȱseiȱdahingestellt.ȱEsȱgibtȱjedochȱeineȱVielzahlȱvonȱBeispielen,ȱdieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ beispielhaftȱdieȱBeiträgeȱ beiȱ Abel/Ittermannȱ (2001).ȱ Vgl.ȱ fernerȱ dieȱ ÜbersichtȱbeiȱStreeckȱ(2004),ȱSp.ȱ885ȱf.ȱ 2ȱ Vgl.ȱauchȱHalbachȱetȱal.ȱ(1997),ȱS.ȱ476ȱff.ȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

309

anȱ derȱ Umsetzungȱ dieserȱ Zielrichtungȱ sicherlichȱ Zweifelȱ aufkommenȱ lassen.ȱ Aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ mussȱ betontȱ werden,ȱ dassȱ sichȱ ähnlichȱ wieȱbeiȱdenȱMitbestimmungsregelungenȱdesȱDrittelbGȱkeinȱUnternehȬ menȱderȱMitbestimmungȱnachȱdemȱMitbestGȱentziehenȱkann.ȱDerȱAufȬ sichtsratȱ mussȱ mitȱ Vertreternȱ derȱ Arbeitnehmerȱ besetztȱ werden.ȱ Esȱ existiertȱkeineȱ„KannȬVorschrift“,ȱwieȱsieȱnochȱfürȱdieȱInstitutionalisieȬ rungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ aufȱ Betriebsebeneȱ typischȱ ist.ȱ x KonflikttheoretischȱbedeutsamȱistȱdieȱTatsache,ȱdassȱArbeitnehmerȱundȱ Kapitalvertreterȱ inȱ einemȱ Organȱ gemeinsamȱ Verantwortungȱ tragen.ȱ Entsprechendȱsindȱsieȱgezwungen,ȱzusammenȱzuȱarbeiten.ȱDieȱVertreȬ terȱderȱKapitalseiteȱmüssenȱinsofernȱversuchen,ȱdieȱübrigenȱAufsichtsȬ ratsmitgliederȱ inȱ dieȱ Entscheidungenȱ desȱ Aufsichtsratesȱ einzubinden.ȱ Dieseȱ Zusammenarbeitȱ wirdȱ nochȱ dadurchȱ gestärkt,ȱ wennȱ derȱ AufȬ sichtsratȱ insgesamtȱ seineȱ Funktionȱ alsȱ Kontrollorganȱ wahrnimmt.ȱ Inȱ diesemȱFallȱbesitzenȱdieȱVertreterȱderȱArbeitnehmerschaftȱ–ȱdiesȱinsbeȬ sondere,ȱwennȱesȱsichȱumȱVertreterȱhandelt,ȱdieȱzusätzlichȱimȱBetriebsȬ ratȱ vertretenȱ sindȱ–ȱ einenȱ entscheidendenȱ Informationsvorsprungȱ aufȬ grundȱihrerȱTätigkeitȱimȱUnternehmen.ȱSieȱsindȱanȱderȱDurchführungȱ derȱ tagtäglichenȱ betrieblichenȱ Prozesseȱ beteiligt.ȱ Sieȱ verfügenȱ somitȱ quasiȱüberȱ„Insiderkenntnisse“.ȱDiesȱgiltȱinsb.ȱfürȱdieȱVertreterȱderȱleiȬ tendenȱAngestellten.ȱDerartigeȱinterneȱInformationenȱsindȱdenȱVertreȬ ternȱderȱKapitalseiteȱimȱRegelfallȱnichtȱoderȱnurȱschwerȱzugänglich.ȱInȬ sofernȱ istȱ hierȱ dieȱ Kapitalseiteȱ auchȱ aufȱ dieȱ Arbeitnehmerseiteȱ angewiesen,ȱwennȱesȱdarumȱgeht,ȱdieȱKontrollfunktionȱnachhaltigȱausȬ zuführen.ȱDieseȱgegenseitigeȱAbhängigkeitȱführtȱdazu,ȱdassȱbeideȱSeiȬ tenȱ dieȱ Notwendigkeitȱ zurȱ Zusammenarbeitȱ nichtȱ nurȱ erkennen,ȱ sonȬ dernȱsicherlichȱauchȱvielfachȱschätzenȱlernen.ȱ

5.3.2.1

Geltungsbereich

WennȱUnternehmenȱregelmäßigȱmehrȱalsȱ2.000ȱArbeitnehmerȱbeschäftiȬ genȱundȱihrenȱrechtlichenȱSitzȱinȱderȱBundesrepublikȱDeutschlandȱhaben,ȱ dannȱ unterliegenȱ sieȱ nachȱ §ȱ 1ȱ Abs.ȱ 1ȱ MitbestGȱ denȱ Regelungenȱ desȱ MitȬ bestG,ȱ wennȱ sieȱ z.ȱB.ȱ dieȱ Rechtsformȱ einerȱ Aktiengesellschaftȱ oderȱ einerȱ KGaAȱoderȱeinerȱGmbHȱoderȱeinerȱbergrechtlichenȱGewerkschaftȱaufweiȬ

310

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

sen.ȱ Esȱ werdenȱ aberȱ auchȱ kleinereȱ Unternehmenȱ inȱ einerȱ derȱ genanntenȱ Rechtsformenȱ erfasst,ȱ wennȱ sieȱ herrschendesȱ Unternehmenȱ einesȱ KonȬ zernsȱ sindȱ undȱ wennȱ dieȱ inländischenȱ Unternehmenȱ diesesȱ Konzernsȱ inȬ sgesamtȱ mehrȱ alsȱ 2.000ȱ Arbeitnehmerȱ beschäftigenȱ (§ȱ5ȱ Abs.ȱ 1ȱ MitbestG).ȱ EbenfallsȱdenȱRegelungenȱdesȱMitbestGȱunterliegenȱkleinereȱUnternehmenȱ inȱ einerȱ derȱ genanntenȱ Rechtsformen,ȱ wennȱ sieȱ persönlichȱ haftenderȱ GeȬ sellschafterȱ(Komplementär)ȱeinerȱKommanditgesellschaftȱsindȱ(GmbHȱ&ȱ Co.ȱ KG)ȱ undȱ beiȱ Zuziehungȱ derȱ Arbeitnehmerȱ dieserȱ KommanditgesellȬ schaftȱdasȱUnternehmenȱinsgesamtȱmehrȱalsȱ2.000ȱinländischȱbeschäftigteȱ Arbeitnehmerȱaufweistȱ(§ȱ5ȱAbs.ȱ1ȱMitbestG).ȱȱ Durchȱ dasȱ MitbestGȱ werdenȱ nachȱ §ȱ 1ȱ Abs.ȱ 1ȱ undȱ 3ȱ MitbestGȱ MitbeȬ stimmungsregelungenȱ nichtȱ beeinflusst,ȱ wieȱ sieȱ sichȱ aufgrundȱ desȱȱ DrittelbG,ȱ desȱ MontanȬMitbestimmungsgesetzesȱ oderȱ desȱ MontanȬMitbeȬ stimmungsgesetzȬErgänzungsgesetzesȱ ergeben.ȱ Fürȱ Unternehmenȱ desȱ Montanbereichesȱ geltenȱ dieȱ Mitbestimmungsregelungenȱ desȱ MontanȬ Mitbestimmungsgesetzesȱbzw.ȱdesȱMontanȬMitbestimmungsgesetzȬErgänȬ zungsgesetzesȱ soȱ langeȱ wieȱ dieseȱ Unternehmenȱ dieȱ entsprechendenȱ AnȬ forderungsvoraussetzungenȱ aufweisen.ȱ Nurȱ wennȱ Unternehmenȱ wenigerȱ alsȱ2.000ȱMitarbeiterȱbeschäftigenȱundȱnichtȱimȱMontanbereichȱihreȱHauptȬ geschäftstätigkeitȱaufweisen,ȱgiltȱfürȱsieȱdieȱ„schwächste“ȱFormȱderȱUnterȬ nehmensmitbestimmungȱnachȱdemȱDrittelbG.ȱȱ

5.3.2.2 5.3.2.2.1

Institutionalisierung der Interessenvertretungskompetenz Zusammensetzung des Aufsichtsrates

FürȱUnternehmen,ȱdieȱunterȱdasȱMitbestGȱfallen,ȱgiltȱderȱGrundsatzȱderȱ paritätischenȱ Mitbestimmungȱ imȱ Aufsichtsrat.ȱ Nachȱ §ȱ 7ȱ Abs.ȱ 1ȱ MitbestGȱ setzenȱ sichȱ dieȱ Aufsichtsräteȱ derȱ demȱ MitbestGȱ unterliegendenȱ UnterȬ nehmenȱ jeȱ zurȱ Hälfteȱ ausȱ Vertreternȱ derȱ Anteilseignerȱ undȱ derȱ ArbeitȬ nehmerȱ zusammen.ȱ Dieȱ Größeȱ desȱ Aufsichtsratesȱ istȱ dabeiȱ abhängigȱ vonȱ derȱ Anzahlȱ derȱ imȱ Unternehmenȱ beschäftigtenȱ Arbeitnehmer.ȱ Derȱ zahȬ lenmäßigȱkleinsteȱAufsichtsrat,ȱdenȱderȱGesetzgeberȱzulässt,ȱumschließtȱ12ȱ Aufsichtsräte.ȱ Eineȱ derartigeȱ Größeȱ istȱ fürȱ Unternehmenȱ mitȱ wenigerȱ alsȱ 10.000ȱArbeitnehmernȱvorgeschrieben.ȱErhöhtȱsichȱdieȱZahlȱderȱbeschäftigȬ tenȱ Arbeitnehmerȱ aufȱ 10.001ȱ bisȱ 20.000,ȱ soȱ sindȱ fürȱ denȱ Aufsichtsratȱ 16ȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

311

Aufsichtsratsmitgliederȱzuȱ wählen,ȱ beiȱUnternehmenȱ mitȱ mehrȱ alsȱ20.000ȱ Arbeitnehmernȱ wirdȱ einȱ Aufsichtsratȱ vonȱ 20ȱ Mitgliedernȱ vorgeschrieben.ȱ Eineȱ weitereȱStaffelungȱ nachȱ obenȱ siehtȱ derȱ Gesetzgeberȱ nichtȱ vor.ȱ AllerȬ dingsȱistȱesȱzulässig,ȱdassȱdieȱSatzungȱeinerȱAktiengesellschaftȱeineȱandereȱ Größenordnungȱ vorschreibt.ȱ Dieseȱ Größenordnungȱ mussȱ esȱ jedochȱ geȬ währleisten,ȱdassȱdieȱparitätischeȱMitbestimmungȱnichtȱbeeinträchtigtȱist.ȱȱ Darüberȱ hinausȱ schreibtȱ derȱ Gesetzgeberȱ vor,ȱ dassȱ einȱ Teilȱ derȱ AufȬ sichtsratssitze,ȱ dieȱ derȱ Arbeitnehmerbankȱ zuzurechnenȱ sind,ȱ fürȱ dieȱ imȱ Unternehmenȱ vertretenenȱ Gewerkschaftenȱ zuȱ reservierenȱ sind.ȱ Beiȱ AufȬ sichtsräten,ȱdieȱ12ȱoderȱ16ȱPersonenȱumfassen,ȱsindȱdiesȱzweiȱSitze,ȱbeiȱeiȬ nemȱ 20Ȭköpfigenȱ Aufsichtsratȱ sindȱ diesȱ dreiȱ Sitze.ȱ Dieȱ Sitzverteilungȱ derȱ Arbeitnehmervertreterȱ berücksichtigtȱ damitȱ nichtȱ nurȱ dieȱ spezifischenȱ InteressenȱderȱimȱUnternehmenȱbeschäftigtenȱArbeitnehmer.ȱEsȱwirdȱauchȱ externenȱ Gruppen,ȱ inȱ diesemȱ Fallȱ denȱ imȱ Betriebȱ vertretenenȱ GewerkȬ schaften,ȱ eineȱ Interessenvertretungskompetenzȱ eingeräumt.ȱAllerdingsȱistȱ dabeiȱ zuȱ berücksichtigen,ȱ dassȱ nichtȱ sämtlicheȱ imȱ Unternehmenȱ vertreteȬ nenȱ Gewerkschaftenȱ einenȱ Sitzȱ imȱ Aufsichtsratȱ erhaltenȱ können.ȱ Manȱ istȱ hierȱ anȱ eineȱ Höchstzahlȱ gebunden.ȱ Fürȱ sehrȱ breitȱ diversifizierteȱ UnterȬ nehmenȱbzw.ȱinȱSituationen,ȱinȱdenenȱmehrereȱGewerkschaftenȱimȱUnterȬ nehmenȱaktivȱsind,ȱmüssenȱentsprechendeȱAbstimmungsaktivitätenȱerfolȬ gen.ȱ Schließlichȱ mussȱ beiȱ derȱ Zusammensetzungȱ derȱ Arbeitnehmerbankȱ nochȱ einȱ weitererȱ Aspektȱ berücksichtigtȱ werden:ȱ Nachȱ §ȱ 15ȱ Abs.ȱ 2ȱȱ MitbestGȱ istȱ daraufȱ zuȱ achten,ȱ dassȱ bestimmteȱ Mitarbeitergruppenȱ ebenȬ fallsȱ imȱ Aufsichtsratȱ vertretenȱ sind.ȱ Genanntȱ werdenȱ inȱ diesemȱ ZusamȬ menhangȱ explizitȱ dieȱ Gruppeȱ derȱ Arbeiter,ȱ dieȱ Gruppeȱ derȱ Angestelltenȱ undȱ dieȱ Gruppeȱ derȱ leitendenȱ Angestelltenȱ imȱ Sinneȱ desȱ §ȱ 5ȱ Abs.ȱ 3ȱ BetrVG.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ schreibtȱ fürȱ dieseȱ Gruppenȱ explizitȱ eineȱ MinȬ deststärkeȱvor.ȱImȱAufsichtsratȱmussȱsichȱdanachȱmindestensȱeinȱVertreterȱ befinden,ȱderȱdieȱGruppeȱderȱArbeiterȱrepräsentiert,ȱeinȱVertreter,ȱderȱdieȱ GruppeȱderȱAngestelltenȱrepräsentiert,ȱundȱeinȱVertreter,ȱderȱdieȱGruppeȱ derȱ leitendenȱ Angestelltenȱ repräsentiert.ȱ Dasȱ heißtȱ allenȱ diesenȱ Gruppenȱ werdenȱimȱZugeȱderȱparitätischenȱMitbestimmungȱnichtȱnurȱeineȱInteresȬ senvertretungskompetenzȱeingeräumt,ȱesȱwirdȱauchȱdaraufȱgeachtet,ȱdassȱ

312

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

dieseȱ wahrgenommenȱ werdenȱ kann,ȱ indemȱ eineȱ Formȱ derȱ InstitutionaliȬ sierungȱgefordertȱwird.ȱ AnȱdieserȱStelleȱwirdȱinsbesondereȱvonȱGewerkschaftsseiteȱimmerȱwieȬ derȱargumentiert,ȱdassȱmitȱZurechnungȱderȱleitendenȱAngestelltenȱzurȱArȬ beitnehmerseiteȱ dieȱ paritätischeȱ Mitbestimmungȱ entscheidendȱ aufgeȬ weichtȱwird,ȱdaȱlautȱderȱDefinitionȱdesȱleitendenȱAngestelltenȱdieserȱeherȱ derȱUnternehmensleitungȱzuzurechnenȱseiȱundȱnichtȱdenȱArbeitnehmern.ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ obenȱ ausführlichȱ diskutiertenȱ AgencyȬ Problematikȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dasȱ Verhältnisȱ vonȱ Aufsichtsratȱ undȱ VorȬ standȱ istȱ eineȱ solcheȱ Argumentationȱ jedochȱ nichtȱ schlüssig.ȱ Dieȱ VerankeȬ rungȱderȱleitendenȱAngestelltenȱaufȱderȱSeiteȱderȱArbeitnehmerȱwirdȱvorȱ diesemȱ Hintergrundȱ eherȱ zuȱ einerȱ Beeinträchtigungȱ derȱ Wahrnehmungȱ derȱKontrollkompetenzȱdesȱAufsichtsratesȱführenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱAkȬ tivitätenȱ desȱ Vorstandsȱ alsȱ zuȱ einerȱ Beeinträchtigungȱ derȱ Paritätȱ beiȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ vonȱ Arbeitnehmernȱ undȱ Anteilseignernȱ imȱAufsichtsrat.ȱȱ

5.3.2.2.2

Wahl der Vertreter der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat

FürȱdieȱWahlȱderȱAufsichträteȱaufȱArbeitnehmerseiteȱsindȱvomȱGesetzȬ geberȱ zweiȱ Variantenȱ vorgesehen:ȱ Dieȱ direkteȱ (UrȬ)Wahlȱ durchȱ dieȱ BeȬ schäftigenȱoderȱdieȱindirekteȱWahlȱdurchȱDelegierteȱ(Wahlmänner).ȱNachȱ §§ȱ 9ȱ ff.ȱ MitbestGȱ werdenȱ inȱ Unternehmenȱ mitȱ mehrȱ alsȱ 8.000ȱ ArbeitnehȬ mernȱ Aufsichtsratsvertreterȱ derȱ Arbeitnehmerȱ durchȱ Delegierteȱ gewählt,1ȱ inȱUnternehmenȱmitȱwenigerȱalsȱ8.000ȱArbeitnehmernȱerfolgtȱdieȱUrwahl.ȱ AllerdingsȱkönnenȱbeiȱjedemȱdieserȱWahlverfahrenȱdieȱArbeitnehmerȱmitȱ MehrheitȱdasȱjeweilsȱandereȱWahlsystemȱbeschließen.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ DieȱAnforderungȱanȱdieȱWahlvorschlägeȱfürȱDelegierteȱsindȱimȱ§ȱ12ȱMitbestGȱ geregelt.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ istȱ jedochȱ zuȱ beachten,ȱ dassȱdieȱAnfordeȬ rungenȱdesȱ§ȱ12ȱAbs.ȱ1ȱSatzȱ2ȱMitbestGȱnachȱderȱEntscheidungȱdesȱBundesverȬ fassungsgerichtesȱ vomȱ 12.ȱ Oktoberȱ 2004ȱ (1BvRȱ2130/98)ȱ gegenȱ denȱ Grundsatzȱ derȱ Allgemeinheitȱ undȱ Gleichheitȱ derȱ Wahlȱ (Art.ȱ 3ȱ Abs.ȱ 1ȱ GG)ȱ verstoßen,ȱ daȱ kleineȱGewerkschaftenȱverfassungswidrigȱbenachteiligtȱwürden.ȱDerȱGesetzgeȬ berȱistȱaufgerufen,ȱhierȱbisȱzumȱ31.ȱDezemberȱ2005ȱeineȱentsprechendeȱÄndeȬ rungȱvorzunehmen.ȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

313

InȱderȱWahlordnungȱzumȱMitbestG1ȱwirdȱdasȱWahlverfahrenȱimȱDetailȱ geregelt.ȱ Unabhängigȱ vonȱ derȱ Artȱ derȱ Wahlȱ (Urwahlȱ bzw.ȱ DelegiertenȬ wahl)ȱ istȱ diesesȱ Verfahrenȱ äußerstȱ komplexȱ sowieȱ zeitȬȱ undȱ kostenaufȬ wändig.ȱDiesȱliegtȱnichtȱzuletztȱdaran,ȱdassȱbevorȱdieȱeigentlicheȱWahlȱderȱ Aufsichtsratsmitgliederȱdurchgeführtȱwerdenȱkann,ȱeineȱVielzahlȱvonȱEntȬ scheidungenȱ zuȱ treffenȱ undȱ Fristenȱ einzuhaltenȱ sind.2ȱ Zuȱ nennenȱ istȱ hierȱ beispielsweiseȱdieȱVorabstimmungȱdarüber,ȱobȱeineȱGruppenwahlȱdurchȬ geführtȱwerdenȱsollȱoderȱobȱinȱgemeinsamerȱWahlȱgewähltȱwerdenȱsollȱ(§§ȱ 41ȱ bisȱ 47ȱ WOȱ MitbestG).ȱ Beiȱ einerȱ Gruppenwahlȱ sindȱ dannȱ stetsȱ vierȱ Wahlgängeȱ notwendig.ȱ Ähnlichȱ verhältȱ esȱ sichȱ auchȱ mitȱ demȱ Aufstellenȱ derȱeinzelnenȱWahllisten.ȱAuchȱdabeiȱsindȱvielfältigeȱVoraussetzungenȱzuȱ erfüllen,ȱaufȱdieȱhierȱnichtȱimȱEinzelnenȱeingegangenȱwerdenȱsoll.ȱBeiȱeiȬ nerȱ Delegiertenwahlȱ istȱ nichtȱ nurȱ zuȱ klären,ȱ wieȱ hochȱ dieȱ Zahlȱ derȱ DeleȬ giertenȱseinȱsollȱ(i.ȱd.ȱR.ȱentfälltȱaufȱjeȱ60ȱArbeitnehmerȱeinȱDelegierter),ȱesȱ mussȱauchȱgeklärtȱwerden,ȱwie,ȱd.ȱh.ȱinȱwelchemȱzahlenmäßigenȱVerhältȬ nis,ȱsichȱdieȱDelegiertenȱaufȱdieȱeinzelnenȱBeschäftigtengruppenȱverteilenȱ sowieȱdieȱEntscheidung,ȱwelcheȱPersonȱalsȱDelegierterȱfungiert.ȱȱ

5.3.2.3

Ausgestaltung der Interessenvertretungskompetenz

DieȱAusgestaltungȱderȱInteressenvertretungskompetenzȱderȱArbeitnehȬ merȱ aufȱ Unternehmensebeneȱ beziehtȱ sichȱ imȱ paritätischȱ besetztenȱ AufȬ sichtsratȱaufȱfolgendeȱAspekte:ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Dieȱ Wahlordnungȱ zumȱ MitbestGȱ (WOȱ MitbestG)ȱ tratȱ zumȱ 23.06.1977ȱ inȱ Kraftȱ undȱsollȱdenȱBeteiligtenȱalsȱHilfestellungȱbeiȱderȱDurchführungȱderȱWahlȱdieȬ nen.ȱInȱderȱWahlordnungȱsindȱfolglichȱFragenȱgeregelt,ȱwieȱz.ȱB.ȱdieȱBestellungȱ desȱ Wahlvorstandesȱ (§§ȱ 3,ȱ 6,ȱ 8ȱ WOȱ MitbestG),ȱ Aufstellungȱ undȱ Auslageȱ derȱ Wählerlisteȱ(§§ȱ9,ȱ10ȱWOȱMitbestG)ȱoderȱdieȱBekanntgabeȱdesȱWahlergebnissesȱ (§§ȱ50,ȱ54,ȱ56ȱWOȱMitbestG).ȱ 2ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ ausführlichȱ dieȱ tabellarischeȱ Übersichtȱ beiȱ Niedenhoffȱ (2002),ȱ S.ȱ415ȱff.ȱ

314

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

x Dieȱ Kompetenzȱ zurȱ Bestimmungȱ desȱ stellvertretendenȱ AufsichtsratsȬ vorsitzenden.ȱ x DieȱKompetenzenȱbeiȱkonfliktärenȱEntscheidungenȱimȱAufsichtsrat.ȱ x DieȱKompetenzȱbeiȱderȱBestellungȱdesȱVorstandes.ȱ

5.3.2.3.1

Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters

Derȱ Gesetzgeberȱ legtȱ inȱ §ȱ 27ȱ Abs.ȱ 1ȱ MitbestGȱ fest,ȱ dassȱ derȱ AufsichtsȬ ratsvorsitzendeȱundȱderȱstellvertretendeȱAufsichtsratsvorsitzendeȱausȱderȱ Mitteȱ desȱ Aufsichtsratesȱ zuȱ rekrutierenȱ sindȱ undȱ beideȱ mitȱ jeweilsȱ einerȱ ZweidrittelmehrheitȱvomȱAufsichtsratȱinsgesamtȱzuȱwählenȱsind.ȱȱ Aufgrundȱ derȱ paritätischenȱ Besetzungȱ desȱ Aufsichtsratesȱ istȱ esȱ nichtȱ unwahrscheinlich,ȱdassȱeineȱderartigeȱZweidrittelmehrheitȱperȱseȱnichtȱerȬ reichtȱ wird,ȱ daȱ insb.ȱ dieȱ Positionȱ desȱ Aufsichtsratsvorsitzendenȱ eineȱ heȬ rausgehobeneȱ Stellungȱ imȱ Aufsichtsratȱ besitzt.ȱ Entsprechendȱ hatȱ derȱ GeȬ setzgeberȱ fürȱ denȱ Fall,ȱ dassȱ eineȱ Zweidrittelmehrheitȱ beiȱ derȱ Wahlȱ derȱ beidenȱ Aufsichtsratspositionenȱ nichtȱ erreichtȱ wird,ȱ dieȱ weitereȱ VerfahȬ rensweiseȱklarȱvorgeschriebenȱ(§ȱ29ȱAbs.ȱ2ȱMitbestG).ȱWirdȱdieȱZweitdritȬ telmehrheitȱ nichtȱ erreicht,ȱ dannȱ wählenȱ dieȱ Aufsichtsratsmitgliederȱ derȱ Anteilseignerȱ denȱ Aufsichtsratsvorsitzendenȱ undȱ dieȱ Mitgliederȱ derȱ ArȬ beitnehmerȱ denȱ stellvertretendenȱ Aufsichtsratsvorsitzendenȱ mitȱ jeweilsȱ einfacherȱMehrheitȱderȱabgegebenenȱStimmen.ȱDarausȱergibtȱsich,ȱdassȱimȱ RegelfallȱderȱstellvertretendeȱAufsichtsratsvorsitzendeȱimmerȱeinȱVertreterȱ derȱ Arbeitnehmerseiteȱ ist.ȱ Diesȱ istȱ insofernȱ vonȱ Bedeutung,ȱ daȱ derȱ stellȬ vertretendeȱ Aufsichtsratsvorsitzendeȱ Mitgliedȱ desȱ Präsidialausschussesȱ desȱAufsichtsratesȱist,ȱinȱwelchemȱeineȱVielzahlȱvonȱEntscheidungenȱvorȬ bereitetȱbzw.ȱexklusivȱgetroffenȱwerden.ȱDieȱArbeitnehmerseiteȱkannȱvonȱ diesemȱwichtigenȱAusschussȱalsoȱnichtȱausgeschlossenȱwerden.ȱ Dieȱ starkeȱ Stellung,ȱ dieȱ dieȱ Anteilseignerȱ beiȱ derȱ Wahlȱ desȱ AufsichtsȬ ratsvorsitzendenȱ besitzen,ȱ lässtȱ sichȱ mitȱ derȱ Eigentumsgarantieȱ desȱ Grundgesetzesȱ (Art.ȱ 14ȱ GG)ȱ erklären.ȱ Hintergrundȱ hierfürȱ istȱ dieȱ starkeȱ Stellung,ȱdieȱderȱGesetzgeberȱdemȱAufsichtsratsvorsitzendenȱbeiȱderȱKonfȬ liktregulierungȱimȱAufsichtsratȱzuweist.ȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

5.3.2.3.2

315

Konfliktregulierung im Aufsichtsrat

Betrachtetȱ manȱ dieȱ paritätischeȱ Zusammensetzungȱ desȱ Aufsichtsrates,ȱ soȱ istȱ eineȱ Pattsituation,ȱ beiȱ derȱ sichȱ dieȱ Vertreterȱ derȱ Anteilseignerȱ undȱ dieȱVertreterȱderȱArbeitnehmerȱgegenüberstehen,ȱzumindestȱbeiȱsehrȱkritiȬ schenȱEntscheidungenȱnichtȱunwahrscheinlich.ȱȱ DaȱjedochȱdemȱGesetzgeberȱanȱeinerȱfunktionierendenȱAufsichtsratsarȬ beitȱgelegenȱist,ȱwurdeȱ(ähnlichȱwieȱbeiȱdenȱRegelungenȱzurȱEinigungsstelȬ leȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Regelungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ aufȱ BeȬ triebsebene)ȱ auchȱ hierȱ einȱ Konfliktschlichtungsmechanismusȱ vorgegeben:ȱ InȱeinemȱerstenȱWahlgangȱwerdenȱEntscheidungenȱdesȱAufsichtsratesȱgeȬ nerellȱmitȱderȱMehrheitȱderȱabgegebenenȱStimmenȱgefasstȱ(einfacheȱStimȬ menmehrheit).ȱFürȱdenȱFallȱderȱStimmengleichheitȱwirdȱeinȱzweiterȱWahlȬ gangȱ durchgeführt.ȱ Beiȱ diesemȱ besitztȱ derȱ Aufsichtsratsvorsitzendeȱ eineȱ sog.ȱ Zweitstimmeȱ (§ȱ 29ȱ Abs.ȱ 2ȱ MitbestG).ȱ Entscheidendȱ hierbeiȱ ist,ȱ dassȱ dieseȱ Zweitstimmeȱ anȱ denȱ Aufsichtsratsvorsitzendenȱ gebundenȱ ist.ȱ Dasȱ heißtȱ istȱ derȱ Aufsichtsratsvorsitzendeȱ beiȱ einerȱ Abstimmungȱ verhindert,ȱ gehtȱ dieȱ Zweitstimmeȱ nichtȱ anȱ denȱ stellvertretendenȱ AufsichtsratsvorsitȬ zendenȱ über.ȱ Dieseȱ Zweitstimmeȱ desȱ Aufsichtsratsvorsitzendenȱ stelltȱ daȬ mitȱeineȱentscheidendeȱAufweichungȱdesȱParitätsgrundsatzesȱimȱKonfliktȬ fallȱdar.ȱȱ Bemerkenswertȱ anȱ diesemȱ Konfliktregulierungsmechanismusȱ istȱ allerȬ dings,ȱ dassȱ dieserȱ soȱ imȱ erstenȱ Regierungsentwurfȱ desȱ MitbestG,ȱ derȱ amȱ 20.ȱFebruarȱ1974ȱvomȱArbeitsministerȱ(WalterȱArendt,ȱSPD)ȱderȱsoziallibeȬ ralenȱKoalitionȱvorgelegtȱwurde,ȱnichtȱvorgesehenȱwar.ȱAufȱDrängenȱderȱ FDPȱwurdeȱamȱ8.ȱDezemberȱ1975ȱ–ȱalsoȱfastȱeinȱJahrȱspäterȱ–ȱeinȱzweiterȱ modifizierterȱ Regierungsentwurfȱ vorgelegt,ȱ derȱ dasȱ Doppelstimmrechtȱ desȱAufsichtsratsvorsitzendenȱvorsah.ȱ Fürȱ dieȱ Konfliktregulierungȱ imȱ Aufsichtsratȱ weiterhinȱ vonȱ Bedeutungȱ istȱ derȱ §ȱ 28ȱ MitbestG.ȱ Danachȱ istȱ derȱ Aufsichtsratȱ nurȱ beschlussfähig,ȱ wennȱmindestensȱdieȱHälfteȱderȱMitglieder,ȱausȱdenenȱerȱinsgesamtȱzuȱbeȬ stehenȱ hat,ȱ anȱ derȱ Beschlussfassungȱ teilnimmt.ȱ Dieseȱ Beschlussfähigkeitȱ kannȱdurchȱdieȱSatzungȱeinerȱAktiengesellschaftȱnichtȱverändertȱwerden.ȱ Soȱhatȱz.ȱB.ȱderȱBundesgerichtshofȱ1982ȱentschieden,ȱdassȱesȱnichtȱzulässigȱ ist,ȱdassȱeinȱAufsichtsratȱnurȱdannȱbeschlussfähigȱsei,ȱwennȱdieȱHälfteȱderȱ

316

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

anwesendenȱ Mitgliederȱ Vertreterȱ derȱ Arbeitgeberseiteȱ seienȱ undȱ zusätzȬ lichȱ auchȱ derȱ Vorsitzendeȱ desȱ Aufsichtsratesȱ anwesendȱ sei.ȱ Hierȱ wurdenȱ derȱAufweichungȱderȱparitätischenȱMitbestimmungȱGrenzenȱaufgezeigt.1ȱȱ

5.3.2.3.3

Wahl der Vorstände bzw. des Arbeitsdirektors

EineȱzentraleȱAufgabeȱdesȱAufsichtsratesȱistȱdieȱBestellungȱderȱMitglieȬ derȱ desȱVorstandesȱ (§ȱ 31ȱMitbestG).ȱ Derȱ Aufsichtsratȱ bestelltȱ dieȱ MitglieȬ derȱ desȱ Vorstandesȱ mitȱ einerȱ Mehrheit,ȱ dieȱ mindestensȱ zweiȱ Drittelȱ derȱ Stimmenȱ seinerȱ Mitgliederȱ umfasst.ȱ Wirdȱ dieseȱ Mehrheitȱ nichtȱ erreicht,ȱ wirdȱderȱVermittlungsausschussȱeingeschaltet.ȱȱ Demȱ Vermittlungsausschussȱ gehörenȱ derȱ Vorsitzendeȱ desȱ AufsichtsraȬ tesȱundȱseinȱStellvertreterȱsowieȱjeȱeinȱweiteresȱMitgliedȱderȱArbeitnehmerȱ bzw.ȱderȱAnteilseignerȱanȱ(§ȱ27ȱAbs.ȱ3ȱMitbestG).ȱDieserȱVermittlungsausȬ schussȱhatȱdemȱAufsichtsratȱdannȱeinenȱVorschlagȱüberȱdieȱBestellungȱdesȱ Vorstandesȱzuȱmachen.ȱ ÜberȱdiesenȱVorschlagȱentscheidetȱdannȱderȱAufsichtsratȱmitȱeinfacherȱ Stimmenmehrheit.ȱ Dabeiȱ istȱ allerdingsȱ zuȱ berücksichtigen,ȱ dassȱ auchȱ anȬ dereȱVorschläge,ȱdieȱvonȱMitgliedernȱdesȱAufsichtsratesȱgemachtȱwerden,ȱ dieȱ nichtȱ demȱ Vermittlungsausschussȱ angehören,ȱ ebenfallsȱ zurȱ AbstimȬ mungȱgestelltȱwerdenȱkönnen.ȱȱ Inȱ einemȱ sehrȱ konfliktträchtigenȱ Fallȱ istȱ esȱ nichtȱ ungewöhnlich,ȱ dassȱ auchȱ beiȱ dieserȱ Zweitabstimmungȱ einȱ Vorschlagȱ überȱ dieȱ Bestellungȱ desȱ Vorstandesȱ nichtȱ dieȱ erforderlicheȱ Mehrheitȱ erhält.ȱ Istȱ diesȱ derȱ Fall,ȱ siehtȱ derȱGesetzgeberȱeinenȱdrittenȱWahlgangȱvor.ȱBeiȱdiesemȱWahlgangȱbesitztȱ derȱ Vorsitzendeȱ desȱ Aufsichtsratesȱ eineȱ Zweitstimmeȱ nachȱ §ȱ 29ȱ Abs.ȱ 2ȱ MitbestG.ȱ Mitȱ dieserȱ Zweitstimmeȱ sollteȱ sichȱ eineȱ Mehrheitȱ fürȱ eineȱ BeȬ schlussvorlageȱergeben.ȱȱ Dieȱ Mitgliederȱ desȱ zurȱ gesetzlichenȱ Vertretungȱ desȱ Unternehmensȱ beȬ fugtenȱ Organsȱ (derȱ Vorstand)ȱ werdenȱ vomȱ Aufsichtsratȱ bestellt.ȱ Zuȱ dieȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱauchȱGriegerȱ(2001),ȱS.ȱ62ȱff.ȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

317

semȱ Organȱ gehörtȱ alsȱ gleichberechtigtesȱ Mitgliedȱ auchȱ einȱ sog.ȱ ArbeitsȬ direktorȱ (§ȱ 33ȱ MitbestG).ȱ Hierbeiȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ einȱ gewöhnlichesȱ Vorstandsmitgliedȱ mitȱ speziellerȱ Zuständigkeitȱ fürȱ dieȱ personellenȱ undȱ sozialenȱ Angelegenheitenȱ derȱ Belegschaft,ȱ soweitȱ dieseȱ nichtȱ derȱ Gruppeȱ derȱleitendenȱAngestelltenȱzuzurechnenȱsind.ȱAllerdingsȱbedarfȱdieȱBestelȬ lungȱdesȱArbeitsdirektorsȱnichtȱderȱZustimmungȱderȱArbeitnehmervertreȬ terȱimȱAufsichtsratȱwieȱdasȱimȱMontanȬMitbestimmungsgesetzȱderȱFallȱist.ȱ Zuȱ berücksichtigenȱ istȱ ferner,ȱ dassȱ beiȱ einerȱ KGaA,ȱ obwohlȱ dieseȱ demȱ MitbestGȱ unterliegt,ȱ sieȱ keinenȱ Arbeitsdirektorȱ bestellenȱ muss.ȱ Esȱ stehtȱ demȱAufsichtsratȱjedochȱfrei,ȱeineȱsolcheȱPositionȱzuȱschaffen.ȱȱ

5.3.3

Das Montan-Mitbestimmungsgesetz (MontanMitbestG)

Derȱ ehemaligeȱ Bundeskanzlerȱ Konradȱ Adenauerȱ inȱ derȱ Retrospektiveȱ zuȱ demȱunterȱseinerȱRegierungȱverabschiedetenȱMontanȬMitbestG:ȱ „Man hat der Regierung verargt, dass sie gemeinsam mit dem DGB das Mitbestimmungsrecht für Kohle und Eisen in dieser Form zum Gesetz erhoben hat. Ich bin nicht dafür, dass dies ein Modellgesetz für die gesamte Wirtschaft ist. Kohle und Eisen ist aber ein Sonderfall, und ich verantworte dieses Gesetz nach wie vor. Bei der Behandlung der generellen Mitbestimmung muss aber die CDU festbleiben und darf nicht nachgeben.“ Quelle: Mitbestimmung, 47. Jg. (2001), Heft 5, S. 19.

Beiȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ dieȱ stärksteȱ Formȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ Arbeitnehmerȱ aufȱ UnternehȬ mensebene.ȱSieȱistȱalsȱeinȱErgebnisȱderȱEreignisseȱdesȱZweitenȱWeltkriegesȱ zuȱverstehen.ȱEsȱwarȱdasȱBestrebenȱderȱAlliierten,ȱnichtȱnurȱdieȱpolitischenȱ Machtstrukturenȱ zuȱ zerschlagenȱ undȱ zuȱ reformieren,ȱ sondernȱ auchȱ dieȱ wirtschaftlichenȱMachtstrukturen.ȱLetztlichȱwurdeȱeineȱumgestalteteȱWirtȬ schaftsordnungȱ angestrebt.ȱ Hinzuȱ kamenȱ Forderungenȱ derȱ Gewerkschaftȱ nachȱVertretungȱderȱArbeitnehmerȱinȱdenȱVorständenȱundȱAufsichtsrätenȱ derȱvonȱderȱBesatzungsmachtȱbeschlagnahmtenȱundȱzurȱEntflechtungȱbeȬ stimmtenȱ Ruhrzone.ȱ Dieserȱ Veränderungsdruckȱ führteȱ dazu,ȱ dassȱ selbstȱ UnternehmerȱderȱbetroffenenȱIndustrienȱsignalisierten,ȱdassȱsieȱbereitȱseiȬ

318

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

en,ȱ dieȱ Arbeitnehmerȱ anȱ derȱ Unternehmensführungȱ zuȱ beteiligen.ȱ Soȱ schriebenȱ z.ȱB.ȱ amȱ 21.01.1947ȱ dieȱ Vorständeȱ derȱ Gutehoffnungshütteȱ (Reusch),ȱ derȱ Klöckerwerkeȱ (Jarres)ȱ undȱ vonȱ Ottoȱ Wolffȱ (Hehemann)ȱ anȱ dasȱ Verwaltungsamtȱ fürȱ Wirtschaftȱ inȱ derȱ britischenȱ Besatzungszone:ȱ „WirȱwollenȱunsȱdenȱForderungenȱeinerȱneuenȱZeitȱnichtȱverschließenȱundȱ stimmenȱ einerȱ Beteiligungȱ auchȱ derȱ Arbeitnehmerschaftȱ anȱ derȱ Planungȱ undȱ Lenkungȱ sowieȱ anȱ denȱ Aufsichtsorganenȱ fürȱ dieȱ großenȱ ErwerbsgeȬ sellschaftenȱderȱEisenȬȱundȱStahlindustrieȱvollȱundȱganzȱzu.“ȱ NachdemȱbereitsȱinȱdenȱJahrenȱ1946ȱundȱ1947ȱentsprechendeȱKontrollȬ ratsgesetzeȱverabschiedetȱwurden,ȱkamȱesȱ1951ȱdannȱzurȱVerabschiedungȱ desȱMontanȬMitbestG.ȱDiesesȱGesetzȱfielȱzusammenȱmitȱdemȱVertragȱzurȱ sog.ȱ MontanȬUnion,ȱ beiȱ demȱ Frankreichȱ aufȱ dieȱ Regelungȱ derȱ Saarfrageȱ vorȱeinemȱFriedensvertragȱverzichtete.ȱ Wennȱ auchȱ dasȱ MontanȬMitbestGȱ vonȱ einerȱ breitenȱMehrheitȱ getragenȱ wurde,ȱsoȱwarȱderȱWegȱdorthinȱnichtȱebenȱeinfach.ȱSoȱsprachenȱsichȱz.ȱB.ȱ inȱUrabstimmungenȱüberȱ90ȱ%ȱderȱArbeitnehmerȱinȱUnternehmenȱderȱEiȬ senȬȱundȱStahlindustrieȱfürȱeinenȱStreikȱzurȱDurchsetzungȱderȱMitbestimȬ mungȱ imȱ Aufsichtsratȱ aus.ȱ Imȱ Aprilȱ 1951ȱ wurdeȱ dannȱ dasȱ MontanȬ MitbestGȱ vomȱ Bundestagȱ inȱ dritterȱ Lesungȱ mitȱ großerȱ Mehrheitȱ (nurȱ 50ȱ Gegenstimmen)ȱverabschiedet.ȱ Damals,ȱ imȱ Jahreȱ 1951,ȱ galtȱ dieȱ Montanmitbestimmungȱ fürȱ insgesamtȱ 105ȱUnternehmen.ȱ34ȱUnternehmenȱwarenȱderȱEisenȬȱundȱStahlerzeugungȱ zuzurechnenȱ undȱ 71ȱ Unternehmenȱ demȱ Bergbau.1ȱ Allerdingsȱ bliebenȱ dieȱ weitreichendenȱ Interessenvertretungskompetenzenȱ desȱ MontanȬMitbestGȱ aufȱ dieȱ Montanindustrieȱ beschränkt.ȱ Esȱ warȱ politischȱ nichtȱ durchsetzbar,ȱ diesesȱMitbestimmungsmodellȱauchȱaufȱandereȱIndustrienȱzuȱübertragen.ȱȱ

5.3.3.1

Geltungsbereich

DieȱVoraussetzungenȱfürȱdieȱAnwendungȱdesȱMontanȬMitbestGȱsind,ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱ hierzuȱ auchȱ Spieker/Strohauerȱ (1982).ȱ Vgl.ȱ fernerȱ Lompe/Weisȱ (2001),ȱ S.ȱ408ȱff.ȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

319

x dassȱesȱsichȱbeiȱdemȱUnternehmenȱumȱeinȱsolchesȱmitȱeigenerȱRechtsȬ persönlichkeitȱhandelt,ȱȱ x welchesȱinȱdenȱRechtsformenȱderȱAGȱoderȱGmbHȱoderȱbergrechtlichenȱ Gewerkschaftȱgeführtȱwird.ȱ x DassȱesȱsichȱfernerȱumȱeinȱUnternehmenȱderȱMontanindustrieȱhandeltȱ undȱȱ x imȱ Unternehmenȱ mehrȱ alsȱ 1.000ȱ Arbeitnehmerȱ regelmäßigȱ beschäftigtȱ sind.ȱȱ DerȱUnternehmenszweckȱ„Montanunternehmen“ȱistȱinȱ§ȱ1ȱAbs.ȱ1ȱMonȬ tanȬMitbestGȱ geregelt.ȱ Danachȱ istȱ einȱ Unternehmenȱ derȱ Montanindustrieȱ zuzurechnen,ȱwennȱderȱüberwiegendeȱUnternehmenszweckȱinȱderȱFördeȬ rungȱvonȱKohleȱoderȱinȱderȱFörderungȱvonȱEisenerz,ȱinȱderȱAufarbeitungȱ derȱ Kohleȱ (Verkokung,ȱ Brikettierung,ȱ Verschwelung)ȱ oderȱ inȱ derȱ EisenȬȱ undȱStahlerzeugungȱliegt.ȱȱ UnterliegtȱeinȱUnternehmenȱerstȱeinmalȱderȱMontanmitbestimmung,ȱsoȱ kannȱ esȱ sichȱ ihrȱ nurȱ schwerȱ entziehen.ȱ Diesȱ istȱ nurȱ möglichȱ (§ȱ 1ȱ Abs.ȱ 3ȱ MontanȬMitbestG),ȱ wennȱ inȱ sechsȱ aufeinanderȱ folgendenȱ Geschäftsjahrenȱ eineȱderȱBedingungenȱdesȱ§ȱ1ȱAbs.ȱ1ȱundȱ2ȱMontanȬMitbestGȱnichtȱmehrȱ vorliegt.ȱDasȱheißtȱdassȱentwederȱdieȱZahlȱderȱBeschäftigtenȱunterȱdieȱkriȬ tischeȱGrenzeȱvonȱ1.000ȱArbeitnehmernȱsinkt,ȱnichtȱeineȱderȱangesprocheȬ nenȱ Rechtsformenȱ mehrȱ zutrifftȱ oderȱ sichȱ derȱ überwiegendeȱ UnternehȬ menszweckȱ verändertȱ hat.ȱ Allerdingsȱ wärenȱ unternehmenspolitischeȱ Entscheidungen,ȱ dieȱ aufȱ eineȱ solcheȱ Änderungȱ derȱ Voraussetzungenȱ fürȱ dieȱ Anwendungȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ hinauslaufen,ȱ meistȱ anȱ dieȱ Zustimmungȱ desȱ Aufsichtsratesȱ gebunden.ȱ Esȱ istȱ hierȱ zuȱ bezweifeln,ȱ obȱ eineȱ solcheȱ Zustimmungȱ zustandeȱ kommenȱ würde.ȱ Nichtsdestowenigerȱ hatȱ sichȱ dieȱ Zahlȱ derȱ Unternehmen,ȱ dieȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ inȱ Deutschlandȱ unterliegen,ȱ vonȱ überȱ 100ȱ imȱ Jahrȱ 1951ȱ aufȱ nichtȱ einmalȱ 30ȱ Unternehmenȱ imȱ Jahrȱ 2000ȱ vermindert.ȱ Allerdingsȱ mussȱ berücksichtigtȱ werden,ȱdassȱesȱnichtȱzuletztȱdieȱkrisenhaftenȱErscheinungenȱinȱderȱBergȬ bauindustrieȱ undȱ inȱ derȱ Stahlindustrieȱ waren,ȱ dieȱ zuȱ einemȱ Niedergangȱ undȱzuȱeinerȱgewaltigenȱFusionswelleȱinȱdiesenȱBereichenȱgeführtȱhaben,ȱ

320

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

soȱdassȱhierȱinȱersterȱLinieȱdieȱErklärungȱliegtȱfürȱdenȱRückgangȱderȱZahlȱ derȱ Unternehmen,ȱ dieȱ unterȱ dieȱ Montanmitbestimmungȱ fallen.ȱ Nurȱ imȱ Ausnahmefallȱ wurdenȱ unternehmenspolitischeȱ Entscheidungenȱ dahingeȬ hendȱ getroffen,ȱ dassȱ manȱ versuchte,1ȱ bewusstȱ Montanmitbestimmungȱ zuȱ verlassen.ȱ Einȱ Beispielȱ hierfürȱ wäreȱ vielleichtȱ dasȱ Unternehmenȱ MannesȬ mann,ȱ welchesȱ sichȱ mitȱ seinerȱ Unternehmenspolitikȱ sukzessiveȱ ausȱ demȱ Montanbereichȱ zurückgezogenȱ undȱ andereȱ Geschäftsfelder,ȱ wieȱ z.ȱB.ȱ denȱ TelekomȬBereich,ȱnachhaltigȱaufgebautȱhat.ȱȱ Dabeiȱistȱallerdingsȱzuȱberücksichtigen,ȱdassȱdieȱRegelungȱdesȱ§ȱ1ȱAbs.ȱ3ȱ MontanȬMitbestGȱ erstȱ imȱ Zugeȱ derȱ Novelleȱ desȱ MontanȬMitbestGȱ vonȱ 1981ȱ aufgenommenȱ wurde.2ȱ Ursprünglichȱ gingȱ derȱ Gesetzgeberȱ davonȱ aus,ȱdassȱmanȱsichȱderȱMontanmitbestimmungȱnurȱdannȱentziehenȱkonnȬ te,ȱwennȱesȱzuȱeinerȱvölligenȱAufgabeȱderȱMontanȬProduktionȱkam,ȱnichtȱ aberȱwennȱihrȱrelativerȱAnteilȱanȱderȱWertschöpfungȱinȱFolgeȱdesȱAusbausȱ andererȱGeschäftsfelderȱzurückgeht.ȱVomȱGesetzgeberȱwarȱinȱdiesemȱZuȬ sammenhangȱ fürȱ dieȱ Jahreȱ 1971ȱ bisȱ 1975ȱ überȱ dasȱ MontanȬMitbeȬ stimmungsȬFortgeltungsgesetzȱpraktischȱeineȱVeränderungssperreȱverfügtȱ worden.ȱManȱwarȱderȱAnsicht,ȱdassȱesȱgelingenȱwürde,ȱeineȱderȱMontanȬ mitbestimmungȱfolgendeȱMitbestimmungsregelungȱfürȱalleȱUnternehmenȱ inȱ Kraftȱ zuȱ setzen.ȱ Diesȱ warȱ jedochȱ politischȱ nichtȱ durchsetzbar.ȱ Mitȱ InȬ krafttretenȱ desȱ MitbestGȱ imȱ Jahrȱ 1976ȱ undȱ derȱ nichtȱ mehrȱ bestehendenȱ VeränderungssperreȱwarȱesȱjetztȱfürȱUnternehmenȱmöglich,ȱdieȱMontanakȬ tivitätenȱ imȱ Konzernȱ aufȱ selbstständigeȱ Tochtergesellschaftenȱ zuȱ verlaȬ gern.ȱ Diesȱ hatteȱ zurȱ Konsequenz,ȱ dassȱ inȱ denȱ Unternehmenȱ dieȱ MontanȬ mitbestimmungȱ nurȱ nochȱ inȱ denȱ rechtlichȱ selbstständigenȱ TochtergesellȬ schaftenȱ gilt,ȱ nichtȱ jedochȱ imȱ Gesamtkonzern.ȱ Vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ kamȱesȱdannȱzurȱNovelleȱdesȱMontanȬMitbestGȱimȱJahrȱ1981,ȱinȱwelchemȱ festgeschriebenȱ wurde,ȱ dassȱ beiȱ Wegfallȱ derȱ AnwendungsvoraussetzunȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱLompeȱ(2003).ȱ 2ȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱHalbachȱetȱal.ȱ(1997),ȱS.ȱ494.ȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

321

genȱ nochȱ fürȱ weitereȱ sechsȱ Geschäftsjahreȱ dieȱ Regelungȱ derȱ MontanmitȬ bestimmungȱzuȱgeltenȱhaben.1ȱ

5.3.3.2 5.3.3.2.1

Institutionalisierung der Interessenvertretungskompetenz Zusammensetzung des Aufsichtsrates

Nachȱ §ȱ 4ȱ Abs.ȱ 1ȱ MontanȬMitbestGȱ bestehtȱ derȱ Aufsichtsratȱ i.ȱd.ȱR.ȱ ausȱ elfȱMitgliedern.ȱErȱsetztȱsichȱzusammenȱausȱȱ x vierȱVertreternȱderȱAnteilseignerȱundȱeinemȱweiterenȱMitglied,ȱ x vierȱVertreternȱderȱArbeitnehmerȱundȱeinemȱweiterenȱMitgliedȱsowieȱ x einemȱweiterenȱMitglied.ȱ EsȱstehtȱdenȱUnternehmenȱallerdingsȱfrei,ȱdieseȱZahlȱderȱAufsichtsratsȬ mitgliederȱ durchȱ eineȱ entsprechendeȱ Satzungsänderungȱ zuȱ erhöhen.ȱ §ȱ 9ȱ Abs.ȱ 1ȱ MontanȬMitbestGȱ schreibtȱ vor:ȱ „Beiȱ Gesellschaftenȱ mitȱ einemȱ Nennkapitalȱvonȱmehrȱalsȱ10ȱMio.ȱEuroȱkannȱdurchȱSatzungȱoderȱGesellȬ schaftsvertragȱbestimmtȱwerden,ȱdassȱderȱAufsichtsratȱausȱ15ȱMitgliedernȱ besteht.ȱ (...)ȱ Beiȱ Gesellschaftenȱ mitȱ einemȱ Nennkapitalȱ vonȱ mehrȱ alsȱ 25ȱ Mio.ȱ Euroȱ kannȱ durchȱ Satzungȱ oderȱ Gesellschaftsvertragȱ bestimmtȱ werȬ den,ȱdassȱderȱAufsichtsratȱausȱ21ȱMitgliedernȱbesteht.“ȱDabeiȱistȱjedochȱzuȱ berücksichtigen,ȱ dassȱ sichȱ dasȱ Verhältnisȱ derȱ Vertreterȱ derȱ Anteilseignerȱ bzw.ȱ derȱ Arbeitnehmerȱ sowieȱ derȱ weiterenȱ Mitgliederȱ nichtȱ verändernȱ darf.ȱ DarüberȱhinausȱmachtȱderȱGesetzgeberȱauchȱgenaueȱVorgaben,ȱwerȱdieȱ Arbeitnehmerbankȱzuȱvertretenȱhat.ȱ§ȱ6ȱAbs.ȱ1ȱMontanȬMitbestGȱschreibtȱ vor,ȱ dassȱ unterȱ denȱ inȱ §ȱ 4ȱ Abs.ȱ 1ȱ Buchst.ȱ bȱ bezeichnetenȱ Mitgliedernȱ desȱ AufsichtsratesȱsichȱzweiȱArbeitnehmerȱbefindenȱmüssen,ȱdieȱinȱeinemȱBeȬ triebȱ desȱ Unternehmensȱ beschäftigtȱ sind.ȱ Dieseȱ Mitgliederȱ werdenȱ durchȱ dieȱBetriebsräteȱderȱBetriebeȱdesȱUnternehmensȱnachȱBeratungȱmitȱdenȱinȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱdieȱRegelungenȱdesȱMontanȬMitbestGErgG,ȱwelcheȱinȱKapitelȱ 5.3.4ȱausführlichȱerläutertȱwerden.ȱ

322

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

denȱ Betriebenȱ desȱ Unternehmensȱ vertretenenȱ Gewerkschaftenȱ undȱ derenȱ Spitzenorganisationȱ vorgeschlagen.ȱ Dieȱ Freiheitȱ derȱ Wahlȱ derȱ ArbeitnehȬ mervertreterȱ wirdȱ jedochȱ nochȱ weiterȱ eingeschränkt.ȱ §ȱ 6ȱ Abs.ȱ 2ȱ MontanȬ MitbestGȱ legtȱ fest:ȱ „Jedeȱ Spitzenorganisationȱ [derȱ imȱ Betriebȱ vertretenenȱ Gewerkschaften]ȱ kannȱ binnenȱ zweiȱ Wochenȱ nachȱ Zugangȱ derȱ Mitteilungȱ EinspruchȱbeiȱdenȱBetriebsrätenȱeinlegen,ȱwennȱderȱbegründeteȱVerdachtȱ besteht,ȱȱ x dassȱeinȱVorgeschlagenerȱnichtȱdieȱGewährȱbietet,ȱzumȱWohleȱdesȱUnȬ ternehmensȱ x undȱderȱgesamtenȱVolkswirtschaftȱverantwortlichȱimȱAufsichtsratȱmitȬ zuarbeiten.“ȱ LehnenȱdieȱBetriebsräteȱdenȱEinspruchȱmitȱeinfacherȱStimmenmehrheitȱ ab,ȱ soȱ könnenȱ dieȱ Betriebsräteȱ oderȱ dieȱ Spitzenorganisation,ȱ welcheȱ denȱ Einspruchȱ eingelegtȱ hat,ȱ demȱ Bundesministerȱ fürȱ Arbeitȱ undȱ SozialordȬ nungȱanrufen,ȱdieserȱentscheidetȱendgültig.ȱ FernerȱlegtȱderȱGesetzgeberȱauchȱfest,ȱwerȱalsȱsog.ȱweiteresȱMitgliedȱinȱ denȱAufsichtsratȱentsandtȱwerdenȱdarf.ȱNachȱ§ȱ4ȱAbs.ȱ2ȱMontanȬMitbestGȱ dürfenȱdieȱweiterenȱMitgliederȱnichtȱ x RepräsentantȱeinerȱGewerkschaftȱoderȱeinerȱVereinigungȱderȱArbeitgeȬ berȱoderȱeinerȱSpitzenorganisationȱdieserȱVerbändeȱseinȱoderȱzuȱdiesenȱ inȱeinemȱständigenȱDienstȬȱoderȱGeschäftsbesorgungsverhältnisȱstehen,ȱ x imȱ Laufeȱ desȱ letztenȱ Jahresȱ vorȱ derȱ Wahlȱ eineȱ obenȱ bezeichneteȱ StelȬ lungȱinnegehabtȱhaben,ȱ x inȱ demȱ Unternehmenȱ alsȱ Arbeitnehmerȱ oderȱ Arbeitgeberȱ tätigȱ seinȱ oderȱ x anȱdemȱUnternehmenȱwirtschaftlichȱwesentlichȱinteressiertȱsein.ȱ Betrachtetȱ manȱ dieseȱ Vorschriftenȱ zurȱ Zusammensetzungȱ desȱ AufȬ sichtsrates,ȱsoȱwirdȱdeutlich,ȱdassȱderȱGesetzgeberȱmitȱseinenȱRegelungenȱ nichtȱ nurȱ unternehmenspolitischeȱ Zielsetzungenȱ verfolgt.ȱ Dasȱ Ziel,ȱ überȱ dieȱ Montanmitbestimmungȱ eineȱ gesellschaftlicheȱ Kontrolleȱ überȱ dieȱ BeȬ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

323

triebeȱdesȱMontanbereichesȱzuȱerlangen,ȱistȱunübersehbar.ȱNurȱzweiȱAufȬ sichtsratsmitglieder,ȱdieȱdieȱInteressenȱderȱArbeitnehmerȱvertretenȱsollen,ȱ stammenȱ überhauptȱ nochȱ ausȱ demȱ Unternehmenȱ selbst.ȱ Diesȱ auchȱ nur,ȱ wennȱ esȱ gelingt,ȱ überȱ sieȱ einenȱ Konsensȱ vonȱ Betriebsrat,ȱ Gewerkschaftȱ bzw.ȱSpitzenverbandȱderȱGewerkschaftȱzuȱerzielen.ȱDieserȱKonsensȱerforȬ dert,ȱ dassȱ einȱ Vorgeschlagenerȱ nichtȱ nurȱ dieȱ Gewährȱ dafürȱ bietet,ȱ zumȱ Wohleȱ desȱ Unternehmensȱ zuȱ agieren,ȱ sondernȱ ebensoȱ fürȱ dieȱ gesamteȱ VolkswirtschaftȱverantwortlichȱimȱAufsichtsratȱmitzuarbeiten.ȱEsȱsindȱimȱ Zweifelsfallȱ alsoȱ nichtȱ dieȱ Interessenvertreterȱ derȱ beschäftigtenȱ ArbeitȬ nehmer,ȱ denenȱ eineȱ Interessenvertretungskompetenzȱ zugebilligtȱ wird,ȱ sondernȱ unternehmensexterneȱ Personen.ȱ Beiȱ diesenȱ Personenȱ wirdȱ vomȱ Gesetzgeberȱexplizitȱvorgeschrieben,ȱdassȱsieȱkeineȱwirtschaftlichenȱInterȬ essenȱ amȱ Unternehmenȱ habenȱ dürfen.ȱ Zuȱ denkenȱ wäreȱ hierȱ z.ȱB.ȱ anȱ dasȱ Zielȱ derȱ Einkommenserzielungȱ oderȱ derȱ Dividendenausschüttung.ȱ Manȱ fragtȱ sichȱ insofern,ȱ welcheȱ Interessenȱ dieseȱ Personenȱ dannȱ amȱ UnternehȬ menȱ habenȱ sollen,ȱ umȱ eineȱ erfolgreicheȱ Wahrnehmungȱ derȱ KontrollkomȬ petenzȱsicherȱzuȱstellen.ȱZumalȱeigentlichȱdavonȱauszugehenȱseinȱmüsste,ȱ dassȱ jedesȱ Aufsichtsratsmitgliedȱ dasȱ Wohl,ȱ alsoȱ insbesondereȱ dasȱ wirtȬ schaftlicheȱWohlergehen,ȱdesȱUnternehmensȱalsȱzentralesȱZielȱseinesȱAufȬ sichtsratshandelnsȱverfolgt.ȱ Manȱkommtȱnichtȱumhin,ȱzuȱfragen,ȱobȱesȱsichȱbeiȱdenȱRegelungenȱdesȱ MontanȬMitbestGȱüberhauptȱnochȱumȱRegelungenȱhandelt,ȱdieȱsicherstelȬ len,ȱdassȱArbeitnehmer,ȱdieȱinȱeinemȱMontanbetriebȱbeschäftigtȱsind,ȱüberȱ eineȱnachhaltigeȱInteressenvertretungskompetenzȱaufȱUnternehmensebeneȱ verfügen.ȱÜberspitztȱformuliertȱkönnteȱmanȱinsofernȱfragen,ȱobȱdieȱRegeȬ lungenȱdesȱMitbestGȱüberhauptȱimȱInteresseȱderȱimȱBetriebȱbeschäftigtenȱ Arbeitnehmerȱsind.ȱDaranȱändertȱauchȱdieȱ„AlibiȬRegelung“ȱdesȱ§ȱ4ȱAbs.ȱ3ȱ MontanȬMitbestGȱ nichts,ȱ derȱ dieȱ Weisungsbeziehungenȱ regelt.ȱ Danachȱ habenȱ alleȱ Aufsichtsratsmitgliederȱ dieȱ gleichenȱ Rechteȱ undȱ Pflichten.ȱ Sieȱ sindȱ nichtȱ anȱ Aufträgeȱ undȱ Weisungenȱ gebunden.ȱ Betrachtetȱ manȱ jedochȱ denȱgroßenȱexternenȱEinflussȱaufȱdieȱNominierungȱderȱPersonen,ȱdieȱzurȱ Wahlȱ derȱ Arbeitnehmervertreterȱ imȱ Aufsichtsratȱ vorgeschlagenȱ werden,ȱ soȱstelltȱsichȱnatürlichȱschonȱdieȱFrage,ȱobȱPersonen,ȱdieȱeineȱWiederwahlȱ inȱdenȱAufsichtsratȱanstreben,ȱnichtȱdochȱinȱgewisserȱWeiseȱvonȱexternenȱ Gruppenȱabhängigȱsind.ȱ

324

5.3.3.2.2

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Wahl der Vertreter der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat

Dieȱ Mitgliederȱ desȱ Aufsichtsratesȱ werdenȱ vonȱ einemȱ imȱ Gesetzȱ nichtȱ näherȱ spezifiziertenȱ Wahlorganȱ gewähltȱ (§ȱ 5ȱ MontanȬMitbestG),ȱ welchesȱ durchȱdieȱSatzungȱderȱGesellschaftȱzuȱkonkretisierenȱist.ȱȱ Inȱ denȱ meistenȱ Gesellschaftenȱ nimmtȱ dieȱ Hauptversammlungȱȱ –ȱalsoȱ dieȱ Vertreterȱ derȱ Anteilseignerȱ–ȱ dieseȱ Funktionȱ wahr.ȱ Eineȱ solcheȱ Regelungȱ scheintȱ nurȱ aufȱ denȱ erstenȱ Blickȱ widersinnigȱ zuȱ sein,ȱ dennȱ §ȱ 6ȱ Abs.ȱ 6ȱ MontanȬMitbestGȱ schreibtȱ vor,ȱ dassȱ dasȱ Wahlorganȱ grundsätzlichȱ anȱdieȱVorschlägeȱderȱBetriebsräteȱgebundenȱist.ȱEineȱfreieȱWahlȱimȱeigentȬ lichenȱSinnȱfindetȱalsoȱnichtȱstattȱȱ Dieseȱ Formȱ derȱ Institutionalisierungȱ derȱ InteressenvertretungskompeȬ tenzȱ schließtȱ dieȱ Arbeitnehmerȱ einesȱ Unternehmensȱ alsoȱ faktischȱ ausȱ beiȱ derȱ Bestimmungȱ derjenigenȱ Vertreter,ȱ dieȱ ihreȱ Interessenȱ imȱ Aufsichtsratȱ vertretenȱsollen.ȱAllenfallsȱüberȱdieȱBetriebsratswahlenȱistȱhierȱeineȱ–ȱwennȱ auchȱ eherȱ schwacheȱ–ȱ indirekteȱ Einflussnahmeȱ möglich.ȱ Esȱ istȱ derȱ BeȬ triebsratȱundȱdieȱhinterȱihmȱstehendenȱGewerkschaften,ȱdieȱletztlichȱfestȬ legen,ȱwelcheȱVertreterȱimȱAufsichtsratȱdieȱInteressenȱderȱBeschäftigtenȱzuȱ vertretenȱ haben.ȱ Böswilligȱ könnteȱ manȱ hierȱ sogarȱ formulieren,ȱ dassȱ dieȱ Beschäftigtenȱ beiȱ dieserȱ Entscheidungȱ entmündigtȱ werden,ȱ zumindestȱ istȱ ihreȱ Kompetenzȱ zurȱ Vertretungȱ ihrerȱ Interessenȱ aufȱ Unternehmensebeneȱ überȱ dasȱ imȱ Rahmenȱ desȱ MontanȬMitbestGȱ praktiziertenȱ RekrutierungsȬ verfahrensȱstarkȱeingeschränkt.ȱInteressantȱistȱinȱdiesemȱZusammenhang,ȱ dassȱ derȱ Gesetzgeberȱ imȱ Rahmenȱ desȱ sog.ȱ MontanȬMitbestGErgGȱ (i.ȱd.ȱF.ȱ 1988)ȱdasȱWahlverfahrenȱinȱBezugȱaufȱdieȱVertreterȱderȱArbeitnehmerȱimȱ Aufsichtsratȱ einerȱ herrschendenȱ Konzerngesellschaftȱ demȱ Wahlverfahrenȱ desȱMitbestGȱangepasstȱhatȱ(§§ȱ7ȱff.ȱMontanȬMitbestGErgG).ȱHierdurchȱistȱ dieȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ imȱ Unternehmenȱ beschäftigtenȱ Arbeitnehmerȱnachhaltigȱgestärktȱworden.ȱ

5.3.3.3 5.3.3.3.1

Ausgestaltung der Interessenvertretungskompetenz Wahl des neutralen weiteren Mitglieds des Aufsichtsrates

Nachȱ §ȱ 8ȱ Abs.ȱ 1ȱ MontanȬMitbestGȱ wirdȱ dasȱ neutraleȱ weitereȱ Mitgliedȱ desȱAufsichtsratesȱdurchȱdasȱWahlorgan,ȱd.ȱh.ȱi.ȱd.ȱR.ȱdurchȱdieȱHauptverȬ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

325

sammlung,ȱ aufȱ Vorschlagȱ derȱ übrigenȱ Aufsichtsratsmitgliederȱ gewählt.ȱ DerȱVorschlagȱwirdȱdurchȱdieȱAufsichtsratsmitgliederȱmitȱderȱMehrheitȱalȬ lerȱ Stimmenȱ beschlossen.ȱ Allerdingsȱ istȱ imȱ Konfliktfallȱ eineȱ Pattsituationȱ durchausȱdenkbar,ȱdaȱohneȱdasȱneutraleȱweitereȱMitgliedȱderȱAufsichtsratȱ imȱRegelfallȱnurȱausȱzehnȱMitgliedernȱbesteht,ȱd.ȱh.ȱvierȱVertreterȱderȱArȬ beitnehmerȱplusȱeinȱweiteresȱMitgliedȱsowieȱvierȱVertreterȱderȱAnteilseigȬ nerȱplusȱeinȱweiteresȱMitglied.ȱȱȱ Nachȱ§ȱ8ȱAbs.ȱ2ȱMontanȬMitbestGȱistȱfürȱdieȱNichteinigungȱ(PattsituatiȬ on)ȱeinȱVermittlungsausschussȱzuȱbilden,ȱderȱausȱvierȱMitgliedernȱbesteht.ȱ Jeȱ zweiȱ Mitgliederȱ werdenȱ vonȱ denȱ Arbeitnehmernȱ gewähltȱ undȱ zweiȱ Mitgliederȱ vonȱ denȱ Anteilseignern.ȱ Findetȱ auchȱ derȱ Vorschlagȱ desȱ VerȬ mittlungsausschussesȱ keineȱ Mehrheitȱ imȱ Wahlorgan,ȱ soȱ greiftȱ nachȱ §ȱ 8ȱ Abs.ȱ 3ȱ MontanȬMitbestGȱ dasȱ fürȱ dasȱ Unternehmenȱ zuständigeȱ OberlanȬ desgerichtȱ inȱ denȱ Prozessȱ ein.ȱ Derȱ Gesetzgeberȱ siehtȱ hierfürȱ folgendesȱ Prozedereȱvor:ȱ x DerȱVermittlungsausschussȱschlägtȱinnerhalbȱeinesȱMonatsȱdemȱWahlȬ organȱ –ȱi.ȱd.ȱR.ȱ derȱ Hauptversammlungȱ–ȱ dreiȱ Personenȱ zurȱ Wahlȱ vor,ȱ ausȱ denenȱ dasȱ Wahlorganȱ dasȱ Aufsichtsratsmitgliedȱ wählenȱ soll.ȱ KommtȱdieȱWahlȱaufgrundȱdesȱVorschlagesȱdesȱVermittlungsausschusȬ sesȱ ausȱ wichtigenȱ Gründenȱ nichtȱ zustande,ȱ d.ȱh.ȱ dasȱ neutraleȱ weitereȱ MitgliedȱfindetȱinȱderȱHauptversammlungȱkeineȱMehrheit,ȱsoȱmussȱdieȱ Ablehnungȱ durchȱ Beschlussȱ festgestelltȱ werden.ȱ Dieserȱ Beschlussȱ istȱ mitȱGründenȱzuȱversehen.ȱ x Überȱ dieȱ Berechtigungȱ derȱ Ablehnungȱ derȱ Wahlȱ –ȱdurchȱ i.ȱd.ȱR.ȱ dieȱ Hauptversammlungȱ–ȱ entscheidetȱ aufȱ Antragȱ desȱ VermittlungsausȬ schussesȱdasȱfürȱdasȱUnternehmenȱzuständigeȱOberlandesgericht.ȱ x Imȱ Falleȱ derȱ Bestätigungȱ derȱ Ablehnungȱ hatȱ derȱ VermittlungsausȬ schussȱdemȱWahlorganȱ–ȱi.ȱd.ȱR.ȱderȱHauptversammlungȱ–ȱdreiȱweitereȱ Personenȱvorzuschlagen.ȱȱ x Wirdȱ dieȱ Ablehnungȱ derȱ Wahlȱ fürȱ unberechtigtȱ erklärt,ȱ soȱ hatȱ dasȱ Wahlorganȱ–ȱi.ȱd.ȱR.ȱdieȱHauptversammlungȱ–ȱeinenȱderȱVorgeschlageȬ nenȱzuȱwählen.ȱ

326

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

x Wirdȱ derȱ zweiteȱ Wahlvorschlagȱ vomȱ Wahlorganȱ –ȱi.ȱd.ȱR.ȱ dieȱ HauptȬ versammlungȱ–ȱerneutȱabgelehnt,ȱsoȱsindȱdieȱGründeȱerneutȱvomȱOberȬ landesgerichtȱzuȱprüfen.ȱ x Wirdȱ dieȱ Ablehnungȱ derȱ Wahlȱ ausȱ demȱ zweitenȱ Wahlvorschlagȱ vonȱ demȱGerichtȱfürȱberechtigtȱerklärtȱoderȱerfolgtȱkeinȱWahlvorschlag,ȱsoȱ wähltȱ dasȱ Wahlorganȱ –ȱi.ȱd.ȱR.ȱ dieȱ Hauptversammlungȱ–ȱ vonȱ sichȱ ausȱ dasȱneutraleȱweitereȱMitglied.ȱȱ Letztlichȱ habenȱ esȱ zumindestȱ beiȱ Bestätigungȱ derȱ Ablehnungsgründeȱ durchȱdasȱOberlandesgerichtȱdieȱAnteilseignerȱinȱderȱHandȱzuȱbestimmen,ȱ werȱdasȱneutraleȱweitereȱMitgliedȱimȱAufsichtsratȱseinȱwird.ȱDiesȱdarfȱjeȬ dochȱnichtȱdahingehendȱverstandenȱwerden,ȱdassȱesȱhierȱüberȱdasȱimȱ§ȱ8ȱ Abs.ȱ3ȱMontanȬMitbestGȱvorgeschriebeneȱProzedereȱzuȱeinerȱAushöhlungȱ derȱ Mitbestimmungsregelungenȱ kommt.ȱ Dieȱ Einschaltungȱ desȱ zuständiȬ genȱ Oberlandesgerichtsȱ undȱ dieȱ dortigeȱ Prüfungȱ derȱ Ablehnungsgründeȱ istȱ eineȱ enormeȱ Hürdeȱ aufȱ demȱ Wegȱ zurȱ Bestellungȱ desȱ Aufsichtsrates.ȱ LetztlichȱkönnenȱauchȱdieȱAnteilseignerȱnichtȱdaranȱinteressiertȱsein,ȱdassȱ dasȱ Prozedereȱ zurȱ Bestellungȱ desȱ neutralenȱ Mitgliedesȱ imȱ Aufsichtsratȱ nichtȱzuȱeinemȱErgebnisȱführt.ȱSolangeȱeinȱAufsichtsratȱnichtȱinstitutionaȬ lisiertȱist,ȱkannȱauchȱkeinȱVorstandȱbestelltȱwerden.ȱDasȱheißtȱdieȱGeschäfȬ teȱ derȱ Gesellschaftȱ könnenȱ nichtȱ geführtȱ werden.ȱ Dieserȱ Zustandȱ istȱ mitȱ Sicherheitȱ nichtȱ imȱ Interesseȱ derȱ Anteilseigner.ȱ Vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ wirdȱesȱ–ȱundȱdiesȱistȱderȱRegelfallȱ–ȱimmerȱzuȱeinerȱamȱKonsensȱorientierȬ tenȱ Lösungȱ beiȱ derȱ Bestellungȱ desȱ weiterenȱ Aufsichtsratsmitgliedesȱ komȬ men.ȱ

5.3.3.3.2

Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters

ImȱMontanȬMitbestGȱfindenȱsichȱimȱGegensatzȱzumȱMitbestGȱvonȱ1976ȱ hierzuȱ keineȱ Regelungen.ȱ Insofernȱ giltȱ derȱ §ȱ 107ȱ Abs.ȱ 1ȱ AktG.ȱ Dasȱ heißtȱ ausȱderȱMitteȱdesȱAufsichtsratesȱwerdenȱderȱAufsichtsratsvorsitzendeȱundȱ seinȱ Stellvertreterȱ gewählt,ȱ wobeiȱ nachȱ §ȱ 4ȱ Abs.ȱ 3ȱ MontanȬMitbestGȱ alleȱ AufsichtsratsmitgliederȱdieȱgleichenȱRechteȱ–ȱalsoȱauchȱStimmrechteȱ–ȱundȱ Pflichtenȱbesitzen.ȱȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

327

AufgrundȱderȱZusammensetzungȱdesȱAufsichtsratesȱistȱdieȱWahlȱselbstȱ imȱKonfliktfallȱnichtȱproblematisch.ȱAufgrundȱdesȱweiterenȱMitgliedesȱimȱ Aufsichtsratȱ istȱ dieserȱ immerȱ mitȱ einerȱ ungeradenȱ Zahlȱ vonȱ Mitgliedernȱ besetzt.ȱInsofernȱwirdȱsichȱ–ȱsiehtȱmanȱvonȱdemȱFallȱderȱStimmenthaltungȱ einmalȱ abȱ–ȱ immerȱ eineȱ Mehrheitȱ findenȱ lassenȱ fürȱ dieȱ Wahlȱ einesȱ AufȬ sichtsratsvorsitzendenȱbzw.ȱfürȱdieȱWahlȱseinesȱStellvertreters.ȱȱ Daȱ imȱ MontanȬMitbestGȱ entsprechendeȱ Regelungenȱ fehlen,ȱ istȱ auchȱ nichtȱfestgelegt,ȱdassȱdieȱArbeitnehmerseiteȱzumindestensȱdenȱstellvertreȬ tendenȱ Aufsichtsratsvorsitzendenȱ stellt.ȱ Zwarȱ istȱ diesȱ inȱ derȱ Praxisȱ meistȱ derȱFall,ȱtheoretischȱvorstellbarȱistȱjedochȱauchȱeineȱSituation,ȱdassȱsowohlȱ Vorsitzenderȱ wieȱ auchȱ Stellvertreterȱ desȱ Aufsichtsratesȱ vonȱ derȱ AnteilȬ seignerseiteȱbzw.ȱvonȱderȱArbeitnehmerseiteȱgestelltȱwerden.ȱ

5.3.3.3.3

Bestellung der Vorstände bzw. des Arbeitsdirektors

Fürȱ dieȱ Bestellungȱ desȱ Vorstandesȱ geltenȱ auchȱ fürȱ Unternehmen,ȱ dieȱ derȱ Montangesetzgebungȱunterliegen,ȱdieȱRegelungenȱdesȱAktG.ȱDasȱheißtȱderȱ AufsichtsratȱbestelltȱmitȱMehrheitȱdieȱeinzelnenȱVorstände.ȱ BesondersȱgeregeltȱhatȱderȱGesetzgeberȱdieȱBestellungȱdesȱsog.ȱArbeitsȬ direktors:ȱ Nachȱ §ȱ13ȱ Abs.ȱ 1ȱ MontanȬMitbestGȱ istȱ alsȱ gleichberechtigtesȱ Mitgliedȱ desȱ zurȱ gesetzlichenȱ Vertretungȱ berufenenȱ Organsȱ –ȱalsoȱ desȱ Vorstandesȱ–ȱeinȱArbeitsdirektorȱzuȱbestellen.ȱDieserȱArbeitsdirektorȱkannȱ nichtȱgegenȱdieȱMehrheitȱderȱStimmenȱderȱArbeitnehmervertreterȱbestelltȱ werden.ȱ Derȱ Arbeitsdirektorȱ hatȱ insb.ȱ dieȱ wirtschaftlichenȱ undȱ sozialenȱ InteressenȱderȱArbeitnehmerȱzuȱwahren.ȱȱ Dieȱ Regelungenȱ desȱ MontanȬMitbestGȱ beschränkenȱ sichȱ alsoȱ nichtȱ nurȱ darauf,ȱ eineȱ arbeitnehmerbezogeneȱ Mitbestimmungȱ beiȱ demȱ KontrollorȬ ganȱ sicherzustellen,ȱ sieȱ gehenȱ deutlichȱ weiter.ȱ Dieȱ InteressenvertretungsȬ kompetenzȱderȱArbeitnehmerȱsetztȱdamitȱauchȱamȱLeitungsorganȱderȱGeȬ sellschaftȱ an.ȱ Esȱ wirdȱ ihnenȱ dasȱ Rechtȱ eingeräumt,ȱ eineȱ Personȱ ihresȱ Vertrauensȱ inȱ denȱ Vorstandȱ zuȱ entsenden,ȱ dieȱ überȱ dieȱ gleichenȱ Rechteȱ verfügtȱ wieȱ dieȱ übrigenȱ Vorstände.ȱ Dieȱ Interessenvertretungskompetenzȱ kannȱ insofernȱ alsȱ besondersȱ starkȱ beurteiltȱ werden,ȱ daȱ vonȱ ihrȱ auchȱ einȱ Einflussȱ aufȱ dieȱ Entscheidungenȱ desȱ Vorstandesȱ ausgeht.ȱ Inwieweitȱ eineȱ

328

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

derartigeȱ Ausweitungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ ArbeitȬ nehmerȱ auchȱ zuȱ einemȱ ökonomischȱ effizientenȱ Entscheidungsverhaltenȱ beiträgt,ȱ sollȱ hierȱ nichtȱ weiterȱ erörtertȱ werden.ȱ Dieȱ theoretischenȱ ÜberleȬ gungen,ȱ wieȱ sieȱ dieȱ PrinzipalȬAgentenȬTheorie,ȱ aberȱ insbesondereȱ dieȱ TheorieȱderȱVerfügungsrechteȱnaheȱlegen,ȱlassenȱhieranȱjedochȱerheblicheȱ Zweifelȱaufkommen.1ȱ

5.3.4

Das Montan-MitbestimmungsgesetzErgänzungsgesetz (Montan-MitbestGErgG)

Dasȱ MontanȬMitbestimmungsgesetzȬErgänzungsgesetzȱ (MontanȬ MitbestGErgG)ȱbesitztȱinȱseinerȱheutigenȱFassungȱeineȱdoppelteȱFunktion.ȱ UrsprünglichȱwurdeȱesȱimȱJahrȱ1956ȱverabschiedet,ȱumȱKonzernmuttergeȬ sellschaften,ȱ dieȱ nichtȱ dieȱ Anforderungenȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ aufwiesen,ȱdieȱnichtsdestowenigerȱaberȱdurchȱVertragȱoderȱfaktischȱeinenȱ Konzernȱ beherrschten,ȱ fürȱ dessenȱ Konzerntöchterȱ dieȱ Bedingungenȱ desȱ MontanȬMitbestGȱ gelten,ȱ ebenfallsȱ denȱ MontanmitbestimmungsregelunȬ genȱzuȱunterwerfen.ȱȱ Mitȱ derȱ Novelleȱ imȱ Jahrȱ 1988ȱ kamȱ eineȱ weitereȱ Funktionȱ hinzu.ȱ Überȱ dasȱ„GesetzȱzurȱSicherungȱderȱMontanmitbestimmung“ȱwurdeȱfestgelegt,ȱ dassȱ Unternehmenȱ dannȱ nichtȱ aufȱ dieȱ imȱ MontanȬMitbestGȱ festgeschrieȬ benenȱ Auslauffristenȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ zurückgreifenȱ können,ȱ wennȱ dieȱ Montanproduktionȱ alsȱ überwiegenderȱ Betriebszweckȱ weiterhinȱ Gültigkeitȱ besitzt.ȱ Dasȱ heißtȱ inȱ dasȱ Gesetz,ȱ welchesȱ imȱ Prinzipȱ aufȱ KonȬ zernobergesellschaftenȱzugeschnittenȱwar,ȱkommenȱjetztȱElementeȱhinein,ȱ dieȱ fürȱ einzelneȱ Tochtergesellschaftenȱ Gültigkeitȱ besitzen.ȱ Offensichtlichȱ warȱ esȱ demȱ Gesetzgeberȱ wichtig,ȱ hierȱ eineȱ entsprechendeȱ Regelungȱ festȬ zuschreiben,ȱdieȱdenȱÜbergangȱvonȱderȱMontanmitbestimmungȱzurȱpariȬ tätischenȱ Mitbestimmungȱ bzw.ȱ denȱ umgekehrtenȱ Wegȱ regelt.ȱ Allerdingsȱ hatȱsichȱinȱderȱPraxisȱgezeigt,ȱdassȱderȱGrundȱfürȱdasȱAusscheidenȱausȱderȱ MontanmitbestimmungȱimȱRegelfallȱnichtȱdieȱÄnderungȱdesȱBetriebszweȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱauchȱGanskeȱ(1996).ȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

329

ckesȱ ist,ȱ sondernȱ vielmehrȱ massiveȱ Betriebsstilllegungenȱ bzw.ȱ Fusionenȱ aufgrundȱderȱStrukturkriseȱimȱMontanbereich.ȱȱȱ Dieȱ Novelleȱ desȱ MontanȬMitbestGErgGȱ bzw.ȱ dieȱ Übergangsregelungȱ ausȱdemȱJahrȱ1981ȱwirdȱoftmalsȱauchȱalsȱ„LexȱMannesmann“ȱbezeichnet.1ȱ Dieȱ Mannesmannȱ AGȱ hatteȱ dieȱ MannesmannȬHüttenwerke,ȱ welcheȱ derȱ Montanmitbestimmungȱunterlagen,ȱanȱdieȱMannesmannröhrenwerkeȱverȬ pachtet.ȱDerȱVorstandȱbegründeteȱdiesȱmitȱeinerȱverbessertenȱKostenstrukȬ tur,ȱwährendȱdieȱGewerkschaftenȱdarinȱnurȱdenȱVersuchȱsahen,ȱdurchȱdieȱ Verpachtungȱ dieȱ Montanquotenȱ zuȱ verändern,ȱ umȱ soȱ derȱ MontanmitbeȬ stimmungȱzuȱentfliehen.ȱ Nachdemȱ derȱ Gesetzgeberȱ anfangsȱ nochȱ versuchtȱ hatte,ȱ mitȱ VerändeȬ rungssperrenȱ bzw.ȱ Übergangsregeln2ȱ dasȱ Auslaufenȱ derȱ MontanmitbeȬ stimmungȱ beiȱ Unternehmenȱ zuȱ verhindern,ȱ dieȱ aufgrundȱ vonȱ unternehȬ mensstrukturellenȱVeränderungenȱdieȱBedingungenȱfürȱdieȱMontanmitbeȬ stimmungȱ nichtȱ mehrȱ erfüllten,ȱ bliebȱ esȱ derȱ amȱ 1.ȱ Dezemberȱ 1988ȱ vomȱ Bundestagȱ beschlossenenȱ Novelleȱ zumȱ MontanȬMitbestGErgGȱ vorbehalȬ ten,ȱdieseȱ„provisorischen“ȱRegelungenȱinȱverfassungsmäßigeȱRegelungenȱ zumȱ Einstiegȱ inȱ dieȱ bzw.ȱ Ausstiegȱ ausȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ überȬ führtȱzuȱhaben.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱMacharzina/Wolfȱ(2008),ȱS.ȱ151.ȱ 2ȱ VomȱGesetzgeberȱwurdenȱ1967ȱundȱ1971ȱsog.ȱSicherungsgesetzeȱverabschiedet,ȱ dieȱdasȱAuslaufenȱderȱMontanmitbestimmungȱverzögernȱsollten,ȱdaȱinsbesonȬ dereȱaufȱSeitenȱderȱGewerkschaftenȱundȱderȱsieȱimȱParlamentȱunterstützendenȱ KräfteȱdasȱBestrebenȱbestand,ȱdieȱMontanmitbestimmungȱstattȱderȱMitbestimȬ mungsregelungenȱ desȱ BetrVGȱ 1952ȱ bzw.ȱ aktuellȱ desȱ DrittelbGȱ aufȱ alleȱ UnterȬ nehmenȱzuȱübertragen.ȱDaȱdiesȱjedochȱpolitischȱnichtȱmehrheitsfähigȱwarȱundȱ entsprechendȱ1976ȱdasȱMitbestGȱverabschiedetȱwurde,ȱdrohteȱdieȱMontanmitȬ bestimmungȱaufgrundȱstrukturellerȱVeränderungenȱderȱUnternehmenȱendgülȬ tigȱ auszulaufen.ȱ 1981ȱ wurdeȱ insofernȱ nochȱ eineȱ Übergangsregelungȱ verabȬ schiedet,ȱdieȱfestschrieb,ȱdassȱauchȱUnternehmen,ȱbeiȱdenenȱdieȱVoraussetzunȬ genȱfürȱdieȱMontanmitbestimmungȱnichtȱmehrȱgegebenȱsind,ȱnochȱsechsȱJahreȱ nachȱWegfallȱderȱVoraussetzungenȱdieȱRegelungenȱderȱMontanmitbestimmungȱ anwendenȱmüssen.ȱ

330

5.3.4.1

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Geltungsbereich

Generellȱ giltȱ dieȱ Montanmitbestimmungȱ auchȱ fürȱ herrschendeȱ KonȬ zerngesellschaften,ȱ wennȱ beiȱ ihnenȱ derȱ überwiegendeȱ Betriebszweckȱ dieȱ Voraussetzungȱ fürȱ dieȱ Anwendungȱ desȱ MontanȬMitbestGȱ schafftȱ (§ȱ 2ȱ MontanȬMitbestGErgG).ȱ Liegtȱ hingegenȱ eineȱ Holdingstrukturȱ derȱ KonȬ zernorganisationȱzugrunde,ȱsoȱwirdȱderȱBetriebszweckȱderȱHoldinggesellȬ schaftȱ nichtȱ dieȱ Voraussetzungenȱ fürȱ dieȱ Anwendungȱ desȱ MontanȬ MitbestGȱerfüllen.ȱDieȱHoldingȱbeschränktȱsichȱaufȱManagementaufgaben,ȱ derȱ eigentlicheȱ Montanumsatzȱ wirdȱ vonȱ einzelnenȱ Tochtergesellschaftenȱ erzielt.ȱDerȱGesetzgeberȱistȱjedochȱderȱAnsicht,ȱdassȱunterȱbestimmtenȱBeȬ dingungenȱ auchȱ inȱ diesemȱ Fallȱ dieȱ Montanmitbestimmungsregelungenȱ aufȱdieȱKonzernobergesellschaftenȱ(Holding)ȱanzuwendenȱsind.ȱ DasȱMontanȬMitbestGErgGȱ(§ȱ3ȱAbs.ȱ2)ȱschreibtȱdieȱMontanmitbestimȬ mungȱfürȱherrschendeȱKonzernobergesellschaftenȱvor,ȱȱ x dieȱzwarȱselbstȱkeineȱMontanunternehmenȱsind,ȱ x jedochȱeinenȱKonzernȱbeherrschen,ȱȱ x inȱdemȱdieȱMontanquoteȱimȱGesamtkonzernȱmindestensȱ20ȱProzentȱbeȬ trägtȱoderȱ x inȱ denȱ Tochterunternehmen,ȱ dieȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ unterlieȬ genȱ undȱ inȱ denenȱ regelmäßigȱ mehrȱ alsȱ 20ȱ Prozentȱ derȱ Arbeitnehmerȱ desȱGesamtkonzernsȱbeschäftigtȱsind.ȱ Montanquoteȱ 20ȱ Prozentȱ heißt:ȱ Mindestensȱ einȱ Fünftelȱ derȱ Umsätzeȱ sämtlicherȱ Konzernunternehmenȱ undȱ abhängigerȱ Unternehmenȱ jeweilsȱ vermindertȱumȱdieȱinȱdenȱUmsätzenȱenthaltenenȱKostenȱfürȱfremdbezogeȬ neȱ RohȬ,ȱ HilfsȬȱ undȱ Betriebsstoffeȱ undȱ fürȱ Fremdleistungenȱ werdenȱ imȱ Montanbereichȱerzielt.ȱBeiȱderȱMontanquoteȱhandeltȱesȱsichȱalsoȱumȱeineȱ Wertschöpfungsquote.ȱȱ Nachȱ§ȱ4ȱMontanȬMitbestGErgGȱbesitztȱderȱAbschlussprüferȱdieȱAufgaȬ be,ȱdieȱMontanquoteȱfestzustellenȱundȱdarüberȱbereitsȱsechsȱMonateȱnachȱ EndeȱdesȱjeweiligenȱGeschäftsjahresȱBerichtȱzuȱerstatten.ȱȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

331

Nebenȱ diesenȱ grundlegendenȱ Anwendungsvoraussetzungenȱ desȱ MonȬ tanȬMitbestGErgGȱsindȱdurchȱdasȱ„GesetzȱzurȱSicherungȱderȱMontanmitȬ bestimmung“ȱvomȱ20.12.1988ȱzweiȱFallgruppenȱebenfallsȱinȱdiesemȱGesetȬ zeswerkȱgeregeltȱworden,ȱdieȱsichȱaufȱdenȱWechselȱderȱMitbestimmungsȬ formȱbeziehen.ȱȱ x Inȱ seinerȱ ursprünglichenȱ Formulierungȱ wurdeȱ festgelegt,ȱ dassȱ demȱ MontanȬMitbestGȱ unterliegendeȱ Konzernobergesellschaftenȱ dieȱ MonȬ tanmitbestimmungȱnurȱdannȱzuȱGunstenȱderȱMitbestimmungȱnachȱdenȱ MitbestGȱvonȱ1976ȱverlassenȱkönnen,ȱwennȱsechsȱJahreȱlangȱdieȱMonȬ tanquoteȱ unterȱ 20ȱ Prozentȱ imȱ Gesamtkonzernȱ liegtȱ undȱ dieȱ derȱ MonȬ tanmitbestimmungȱ unterliegendenȱ Konzerntöchterȱ insgesamtȱ sechsȱ Jahreȱ langȱ wenigerȱ alsȱ 2.000ȱ Arbeitnehmerȱ beschäftigen.1ȱ Derȱ GesetzȬ geberȱhatȱalsoȱnebenȱdemȱKriteriumȱdesȱBetriebszwecksȱnochȱeinȱweiȬ teresȱ Kriteriumȱ hinzugefügtȱ (dieȱ Unternehmensgröße),ȱ welchesȱ deutȬ lichȱschwierigerȱzuȱbeeinflussenȱistȱalsȱderȱBetriebszweck.ȱDamitȱwirdȱ einȱ Wechselȱ herausȱ ausȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ erheblichȱ erȬ schwert.ȱ x FürȱdenȱumgekehrtenȱFall,ȱdassȱKonzernobergesellschaften,ȱdieȱbisherȱ nichtȱmontanmitbestimmtȱwaren,ȱunterȱdieȱMontanmitbestimmungȱfalȬ len,ȱgeltenȱdeutlichȱstrengereȱAnwendungsvoraussetzungen.ȱNachȱ§ȱ16ȱ Abs.ȱ 1ȱ Ziff.ȱ 1ȱ MontanȬMitbestGErgGȱ sindȱ dieȱ Regelungenȱ derȱ MonȬ tanmitbestimmungȱaufȱdasȱherrschendeȱUnternehmenȱerstȱdannȱanzuȬ wenden,ȱ wennȱ inȱ sechsȱ aufeinanderȱ folgendenȱ Geschäftsjahrenȱ dieȱ Montanquoteȱ imȱ Konzernȱ mehrȱ alsȱ 50ȱ Prozentȱ beträgt.ȱ Dieȱ Quoteȱ fürȱ denȱ Neueintrittȱ einesȱ Unternehmensȱ inȱ dieȱ Montanmitbestimmungȱ liegtȱdamitȱdeutlichȱhöherȱalsȱdieȱQuote,ȱdieȱfürȱdenȱAustrittȱmaßgebȬ lichȱist.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱNiedenhoffȱ(2000),ȱS.ȱ402,ȱderȱimȱHinblickȱaufȱdenȱ„LexȱManȬ nesmann“ȱ ausführt,ȱ dassȱ bezogenȱ aufȱ dieȱ seinerzeitigenȱ Größenverhältnisseȱ derȱMannesmannȱAGȱdieseȱRegelungȱbedeutet,ȱdassȱ2.000ȱBeschäftigteȱnurȱ2,5ȱ ProzentȱderȱGesamtbelegschaftȱausmachen.ȱObȱeinȱderartȱgeringerȱAnteilȱnochȱ etwasȱüberȱdenȱMontanbezugȱeinesȱKonzernsȱaussagt,ȱistȱjedochȱsehrȱfraglich.ȱ Insofernȱ istȱ esȱ auchȱ nichtȱ verwunderlich,ȱ dassȱ dieseȱ Regelungȱ derȱ Prüfungȱ beimȱBundesverfassungsgerichtȱnichtȱStandȱgehaltenȱhat.ȱ

332

5.3.4.2

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Prüfung der Regelungen des Montan-MitbestGErgG durch das Bundesverfassungsgericht

Hintergrundȱ derȱ Prüfungȱ derȱ Regelungenȱ desȱ MontanȬMitbestGErgGȱ durchȱ dasȱ Bundesverfassungsgerichtȱ (BVerfG)ȱ warȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ beiȱ dreiȱ Unternehmenȱ inȱ DeutschlandȱdieȱMontanquoteȱ bereitsȱ unterȱ 20ȱ ProȬ zentȱgesunkenȱwar,ȱdieseȱUnternehmenȱaberȱaufgrundȱderȱTatsache,ȱdassȱ sieȱ konzernweitȱ mehrȱ alsȱ 2.000ȱ Arbeitnehmerȱ (inȱ derȱ 1999ȱ vorȱ derȱ EntȬ scheidungȱ desȱ BVerfGȱ gültigenȱ Fassungȱ desȱ MontanȬMitbestGErgGȱ warȱ nochȱexplizitȱvonȱ2.000ȱArbeitnehmernȱdieȱRedeȱundȱnichtȱwieȱaktuellȱ20ȱ ProzentȱderȱKonzernbeschäftigten)ȱinȱTochtergesellschaftenȱbeschäftigten,ȱ fürȱ dieȱ dieȱ Voraussetzungenȱ fürȱ dieȱ Anwendungȱ desȱ MontanȬMitbestGȱ nochȱ erfülltȱ waren,ȱ beschäftigtȱ hatten,ȱ dieȱ Montanmitbestimmungȱ nichtȱ verlassenȱkonnten.ȱZuȱprüfenȱgaltȱdieȱFrage,ȱobȱesȱzumȱeinenȱzulässigȱist,ȱ dassȱ auchȱ Anwendungsvoraussetzungenȱ fürȱ dieȱ Montanmitbestimmungȱ genanntȱwerden,ȱdieȱunabhängigȱsindȱvomȱBetriebszweckȱundȱzumȱzweiȬ tenȱ dieȱ Tatsache,ȱ obȱ esȱ zulässigȱ istȱ fürȱ denȱ Eintrittȱ bzw.ȱ denȱ Austrittȱ ausȱ demȱGeltungsbereichȱdesȱMontanȬMitbestGȱunterschiedlicheȱMontanquoȬ tenȱzuȱdefinieren.ȱȱ DerȱersteȱSenatȱdesȱBundesverfassungsgerichtesȱentschiedȱinȱseinemȱUrȬ teilȱvomȱ02.03.1999ȱfolgendermaßen:1ȱȱ x Generellȱ istȱ dieȱ Beibehaltungȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ alsȱ SonderȬ formȱ derȱ Unternehmensmitbestimmungȱ alsȱ sicherungswürdigȱ einzuȬ stufen.ȱ x Derȱ Montanbezugȱ alsȱ Differenzierungsmerkmalȱ fürȱ dieȱ Einbeziehungȱ vonȱ Konzernobergesellschaftenȱ inȱ dieȱ Montanmitbestimmungȱ istȱ verȬ fassungsgemäß.ȱ x DieȱMontanquoteȱinȱHöheȱvonȱ20ȱProzentȱdesȱUmsatzesȱallerȱkonzernȬ abhängigenȱ Unternehmenȱ istȱ mitȱ demȱ Grundgesetzȱ Art.ȱ 3ȱ Abs.ȱ 1ȱ verȬ einbar.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱBVerfGȱ1.ȱSenatȱUrteilȱvomȱ02.03.1999,ȱAz.:ȱ1Bvl2/99.ȱ

5.3 Interessenvertretungskompetenz auf Unternehmensebene

333

x UnterschiedlicheȱMontanquotenȱfürȱdenȱAustrittȱausȱderȱundȱdenȱEinȬ trittȱinȱdieȱMontanmitbestimmungȱsindȱebenfallsȱverfassungsgemäß.ȱȱ x NichtȱvereinbarȱmitȱdemȱGrundgesetzȱistȱhingegenȱdieȱEinführungȱderȱ Beschäftigtenzahlȱ vonȱ 2.000ȱ Arbeitnehmernȱ alsȱ Rechtfertigungȱ fürȱ dieȱ FortgeltungȱderȱMontanmitbestimmung.ȱȱ MitȱdieserȱEntscheidungȱstelltȱdasȱBVerfGȱklar,ȱdassȱdieȱTatsache,ȱdassȱ einȱUnternehmenȱderȱMontanmitbestimmungȱunterliegtȱbzw.ȱihrȱnichtȱunȬ terliegt,ȱ einzigȱ undȱ alleinȱ durchȱ denȱ Betriebszweck,ȱd.ȱh.ȱ durchȱ dieȱ MonȬ tanquote,ȱ bestimmtȱ wird.ȱ Dieȱ höchstrichterlicheȱ Entscheidungȱ gehtȱ alsoȱ zurückȱzuȱdenȱWurzelnȱderȱMontanmitbestimmung,ȱdieȱganzȱklarȱamȱInȬ dustriezweigȱ Kohleȱ undȱ Stahlȱ festgemachtȱ wurde.ȱ Inȱ derȱ Konsequenzȱ istȱ damitȱfürȱdieȱwenigenȱverbliebenenȱUnternehmen,ȱaufȱdieȱdieȱRegelnȱderȱ Montanmitbestimmungȱ nochȱ zutreffen,ȱ derȱ Wegȱ frei,ȱ sichȱ diesesȱ MitbeȬ stimmungsmodellsȱzuȱGunstenȱderȱRegelungenȱdesȱMitbestGȱvonȱ1976ȱzuȱ entledigen.ȱ Hierfürȱ istȱ esȱ jetztȱ „nur“ȱ notwendig,ȱ dassȱ dieȱ konzernweiteȱ MontanquoteȱüberȱsechsȱJahreȱhinwegȱunterȱ20ȱProzentȱbeträgt.ȱBetrachtetȱ manȱdenȱStrukturwandel,ȱderȱsichȱgeradeȱinȱdenȱIndustriezweigenȱKohleȱ undȱStahlȱbereitsȱvollzogenȱhatȱbzw.ȱsichȱnochȱweiterȱvollziehenȱwird,ȱsoȱ kannȱsicherlichȱmitȱFugȱundȱRechtȱbehauptetȱwerden,ȱdassȱselbstȱohneȱakȬ tiveȱstrategischeȱEinflussnahmeȱdesȱManagementsȱdieȱMontanquoteȱinȱdenȱ betroffenenȱ Unternehmenȱ weiterȱ sinkenȱ wird.ȱ Letztlichȱ wirdȱ damitȱ dieȱ Montanmitbestimmungȱ inȱ Deutschlandȱ nurȱ nochȱ aufȱ demȱ Papierȱ stehen.ȱ SieȱistȱeinȱAuslaufmodell.1ȱ

5.3.4.3

Institutionalisierung und Ausgestaltung der Interessenvertretungskompetenz

Dieȱ Zusammensetzungȱ undȱ dieȱ Wahlȱ derȱ Aufsichtsratsmitgliederȱ beiȱ Konzernobergesellschaften,ȱ dieȱ unterȱ dasȱ MontanȬMitbestGErgGȱ fallen,ȱ unterscheidenȱsichȱinteressanterweiseȱvonȱdenjenigenȱRegelungen,ȱdieȱfürȱ Gesellschaftenȱgelten,ȱdieȱunterȱdasȱMontanȬMitbestGȱfallen.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱVgl.ȱhierzuȱauchȱdieȱgegenteiligeȱAuffassungȱz.ȱB.ȱbeiȱLompeȱ(2003).ȱ

334

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

§ȱ5ȱAbs.ȱ1ȱMontanȬMitbestGErgGȱführtȱaus:ȱDerȱAufsichtsratȱbestehtȱausȱ 15ȱMitgliedern.ȱErȱsetztȱsichȱzusammenȱausȱ7ȱVertreternȱderȱAnteilseigner,ȱ 7ȱ Vertreternȱ derȱ Arbeitnehmerȱ undȱ einemȱ weiterenȱ Mitglied.ȱ Beiȱ UnterȬ nehmenȱ mitȱ einemȱ Gesellschaftskapitalȱ vonȱ mehrȱ alsȱ 25ȱ Mio.ȱ Euroȱ kannȱ durchȱSatzungȱoderȱGesellschaftsvertragȱbestimmtȱwerden,ȱdassȱderȱAufȬ sichtsratȱausȱ21ȱMitgliedernȱbesteht.ȱȱ Dasȱ weitereȱ (neutrale)ȱ Aufsichtsratsmitgliedȱ wirdȱ gem.ȱ denȱ BestimȬ mungenȱdesȱ§ȱ8ȱMontanȬMitbestGȱbestellt.ȱDasȱ„GesetzȱzurȱSicherungȱderȱ Montanmitbestimmung“ȱvomȱ20.12.1988ȱführteȱjedochȱdazu,ȱdassȱdieȱZuȬ sammensetzungȱ derȱ Arbeitnehmerbankȱ imȱ Aufsichtsratȱ ausȱ BelegschaftsȬ vertreternȱ undȱ Gewerkschaftsvertreternȱ sowieȱ dieȱ entsprechendenȱ WahlȬ vorschriftenȱ imȱ Vergleichȱ zumȱ MontanȬMitbestGȱ geändertȱ wurden.ȱ Sieȱ wurdenȱimȱWesentlichenȱanȱdieȱentsprechendenȱRegelungenȱdesȱMitbestGȱ vonȱ 1976ȱ angepasst.ȱ Allerdingsȱ wurdeȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ daraufȱ verzichtet,ȱ denȱ leitendenȱ Angestelltenȱ eineȱ Sonderrolleȱ aufȱ derȱ ArbeitȬ nehmerbankȱ imȱ Aufsichtsratȱ zuzubilligen.ȱ Dieȱ leitendenȱ Angestelltenȱ werdenȱ imȱ Rahmenȱ desȱ MontanȬMitbestGErgGȱ alsȱ normaleȱ Angestellteȱ behandelt.ȱSieȱnehmenȱinsofernȱanȱderȱWahlȱzurȱGruppeȱderȱAngestelltenȱ teil.ȱTheoretischȱistȱesȱsogarȱmöglich,ȱdassȱmanȱeinenȱleitendenȱAngestellȬ tenȱalsȱVertreterȱinȱdenȱAufsichtsratȱwählt.ȱObȱsichȱdiesȱinȱderȱRealitätȱalȬ lerdingsȱdurchsetzenȱlässt,ȱmussȱmitȱFugȱundȱRechtȱbezweifeltȱwerden.ȱInȬ sofernȱ bleibtȱ dieȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ leitendenȱ Angestelltenȱ beiȱ Montanunternehmenȱ starkȱ eingeschränkt.ȱ Diesȱ istȱ umsoȱ bemerkenswerter,ȱ alsȱ ihnenȱ dieȱ Interessenvertretungskompetenzen,ȱ dieȱ dasȱ BetrVGȱ denȱ übrigenȱ Arbeitnehmernȱ einräumt,ȱ fürȱ sieȱ ebenfallsȱ nichtȱ gelten.ȱ BeiȱderȱAusgestaltungȱderȱInteressenvertretungskompetenzȱderȱArbeitȬ nehmerȱ aufȱ Unternehmensebeneȱ (hierȱ Konzernebene)ȱ imȱ Zugeȱ desȱ MonȬ tanȬMitbestGErgGȱbesitzenȱdieȱArbeitnehmerȱdieselbenȱKompetenzen,ȱwieȱ sieȱimȱMontanȬMitbestGȱgeregeltȱsindȱ(§ȱ5ȱAbs.ȱ4ȱMontanȬMitbestGErgG).ȱ DiesȱgiltȱinsbesondereȱimȱHinblickȱaufȱdasȱEinräumenȱgleicherȱRechteȱundȱ PflichtenȱfürȱalleȱAufsichtsratsvertreterȱ(§ȱ4ȱAbs.ȱ3ȱMontanȬMitbestG).ȱInȬ sofernȱ kannȱ auchȱ hierȱ derȱ Fallȱ eintreten,ȱ dassȱ derȱ stellvertretendeȱ AufȬ sichtsratsvorsitzendeȱ auchȱ gegenȱ dieȱ Stimmenȱ derȱ Arbeitnehmervertreterȱ gewähltȱwird.ȱ

5.4 Probleme der institutionalisierten Interessenvertretungskompetenz

335

Darüberȱ hinausȱ regeltȱ §ȱ 13ȱ MontanȬMitbestGErgGȱ dieȱ Bestellungȱ desȱ Arbeitsdirektors.ȱ Analogȱ zurȱ Regelungȱ imȱ MontanȬMitbestGȱ (§ȱ13ȱ Abs.ȱ1ȱ MontanȬMitbestG)ȱ istȱ imȱ Vorstandȱ dieȱ Positionȱ desȱ Arbeitsdirektorsȱ zuȱ schaffen.ȱDerȱArbeitsdirektorȱkannȱdabeiȱvomȱAufsichtsratȱnichtȱgegenȱdieȱ MehrheitȱderȱStimmenȱderȱArbeitnehmervertreterȱgewähltȱwerden.ȱ

5.4 Probleme der institutionalisierten Interessenvertretungskompetenz Dieȱ institutionalisierteȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ ArbeitnehȬ merȱ inȱ Deutschlandȱ istȱ Ansatzpunktȱ vielfältigerȱ Kritik.ȱ Dabeiȱ entzündetȱ sichȱ dieȱ Kritikȱ wenigerȱ anȱ derȱ betrieblichenȱ Ebeneȱ derȱ InteressenvertreȬ tungskompetenzȱ alsȱ vielmehrȱ anȱ derȱ unternehmensbezogenenȱ Ebene.1ȱ DieseȱKritikȱistȱnichtȱzuletztȱvorȱdemȱHintergrundȱdesȱVergleichsȱmitȱdemȱ angelsächsischenȱWirtschaftsraumȱzuȱsehen,ȱfürȱdenȱeineȱInteressenvertreȬ tungskompetenzȱderȱMitarbeiterȱaufȱUnternehmensebeneȱalsȱnichtȱakzepȬ tabelȱerscheint.ȱAusȱSichtȱderȱInteressenvertreterȱderȱArbeitgeberseiteȱentȬ zündetȱsichȱdieȱKritikȱanȱderȱInteressenvertretungskompetenzȱderȱArbeitȬ nehmerȱ vorȱ allemȱ anȱ demȱ starkenȱ Einflussȱ derȱ Gewerkschaftenȱ undȱ wenigerȱanȱderȱRolleȱderȱBetriebsräte:ȱ„Esȱwürdeȱnichtȱausreichen,ȱdiesesȱ denȱ Gewerkschaftenȱ zugestandeneȱ Reformgesetzȱ [BetrVGȬNovelleȱ vonȱ 2001]ȱwiederȱzurückzunehmen,ȱsondernȱesȱbedarfȱeinerȱechtenȱReformȱderȱ MitbestimmungȱinȱDeutschland.ȱDurchȱdieseȱmussȱdieȱMachtȱwiederȱvonȱ denȱ Gewerkschaftenȱ aufȱ dieȱ Mitarbeiterȱ imȱ Betriebȱ undȱ ihreȱ Betriebsräteȱ zurückverlagertȱ werden.“2ȱ Insofernȱ sollȱ sichȱ imȱ Folgendenȱ auchȱ aufȱ AsȬ pekteȱbeschränktȱwerden,ȱdieȱsichȱvorȱdemȱHintergrundȱderȱVerfassungsȬ diskussionȱ alsȱ Problembereicheȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ ArbeitnehmerȱaufȱUnternehmensebeneȱdarstellen.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Soȱkritisiertȱz.ȱB.ȱderȱBundesverbandȱderȱdeutschenȱIndustrieȱ(BDIȱ(2001),ȱS.ȱ17)ȱ primärȱ dieȱ Kostenȱ derȱ betrieblichenȱ Ebeneȱ derȱ Interessenvertretungȱ alsȱ dieȱ Interessenvertretungȱanȱsich.ȱ 2ȱ BDIȱ(2001),ȱS.ȱ18.ȱ

336

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Inȱ diesemȱ Zusammenhang1ȱ werdenȱ zweiȱ Punkteȱ immerȱ wiederȱ kritiȬ siert:ȱ x Zumȱ einenȱ derȱ Einflussȱ unternehmensexternerȱ Interessenvertreterȱ –ȱinȱ diesemȱ Fallȱ dieȱ Vertreterȱ derȱ Gewerkschaftȱ–ȱ aufȱ dieȱ Arbeitȱ desȱ AufȬ sichtsrates.ȱ x ZumȱanderenȱdieȱTatsache,ȱdassȱsichȱdieȱInteressenvertretungskompeȬ tenzȱ derȱ Arbeitnehmerȱ imȱ Aufsichtsratȱ nichtȱ mitȱ derȱ KontrollkompeȬ tenzȱdesȱAufsichtsratesȱverträgt.ȱ BeideȱBereicheȱgiltȱesȱimȱFolgendenȱzuȱbetrachten.ȱ

5.4.1

Vertretung von unternehmensexternen Interessen

Dieȱ verfassungsmäßigenȱ Regelungenȱ desȱ MitbestGȱ garantierenȱ denȱ Gewerkschaftenȱ bisȱ zuȱ dreiȱ Mandateȱ imȱ Aufsichtsrat.2ȱ Dieseȱ Möglichkeitȱ derȱEntsendungȱwirdȱvonȱdenȱArbeitnehmernȱbeiȱderȱWahlȱihrerȱVertreterȱ imȱAufsichtsratȱauchȱweitgehendȱgenutzt.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱbeispielhaftȱWerderȱ(2004ȱb),ȱS.ȱ229ȱff.ȱ 2ȱ Dieȱ weiterȱ gehendenȱ Vorschriftenȱ desȱ MontanȬMitbestGȱ bzw.ȱ desȱ MontanȬ MitbestGErgGȱwerdenȱanȱdieserȱStelleȱnichtȱbetrachtet,ȱdaȱsieȱnurȱaufȱeineȱkleiȬ neȱMinderheitȱdeȱUnternehmenȱzutreffen.ȱ

5.4 Probleme der institutionalisierten Interessenvertretungskompetenz Gesetz

Anzahl der Unternehmen, die unter das Gesetz fallen*

DrittelbG

ca. 3.500

10.500

3.500 Arbeitnehmer

MitbestG (2.000 10.000 Beschäftigte)

504

3.024

1.008 Arbeitnehmer 1.008 Funktionäre

MitbestG (10.000 20.000 Beschäftigte)

95

760

380 Arbeitnehmer 190 Funktionäre

MitbestG (mehr als 20.000 Beschäftigte)

147

1.470

735 Arbeitnehmer 441 Funktionäre

50

250

100 Arbeitnehmer 100 Funktionäre

Montan-MitbestG

Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat*)

337

Davon: Mitglieder des DGB*)

*) Stand: 2004

Quelle:ȱ Informationsdienstȱ desȱ Institutsȱ derȱ deutschenȱ Wirtschaftȱ 35ȱ (2006),ȱS.ȱ4.ȱ Tab.ȱ5Ȭ5:ȱ Gewerkschaftseinflussȱ beiȱ derȱ unternehmerischenȱ MitbestimȬ mungȱ Vonȱdenȱca.ȱ16.000ȱArbeitnehmervertreternȱinȱdeutschenȱAufsichtsrätenȱ sindȱ ca.ȱ 7.500ȱ Gewerkschaftsvertreter,ȱ vonȱ denenȱ lediglichȱ ca.ȱ 5.700ȱ auchȱ inȱdemȱUnternehmenȱbeschäftigtȱsind,ȱdessenȱInteressenȱsieȱimȱAufsichtsȬ ratȱ vertretenȱ sollen.ȱ Dasȱ heißtȱ einȱ erheblicherȱ Teilȱ derȱ InteressenvertreȬ tungskompetenzȱderȱArbeitnehmerȱwirdȱsomitȱvonȱunternehmensexternenȱ Vertreternȱ wahrgenommen.ȱ Prozentualȱ sindȱ alsoȱ ca.ȱ 47ȱ Prozentȱ derȱ ArȬ beitnehmervertreterȱinȱdeutschenȱAufsichtsrätenȱgewerkschaftlichȱorganiȬ siert.ȱ Dieserȱ Prozentsatzȱ istȱ damitȱ mehrȱ alsȱ doppeltȱ soȱ hochȱ wieȱ derȱ derȱ gewerkschaftlichȱ organisiertenȱ Mitarbeiterȱ insgesamt.ȱ Fürȱ dasȱ Jahrȱ 2004ȱ weistȱ dasȱ Institutȱ derȱ deutschenȱ Wirtschaftȱ einenȱ Organisationsgradȱ vonȱ 21,2ȱ Prozentȱ ausȱ (1980ȱ warenȱ diesȱ nochȱ 32,5ȱ Prozent).1ȱ Mitȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Umsetzungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ istȱ diesȱ sicherlichȱ nichtȱ unproblematisch.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱBiebeler/Leschȱ(2006),ȱS.ȱ4.ȱ

338

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

GewerkschaftsfunktionäreȱinȱDAXȬGesellschaftenȱ(Standȱ2003):ȱ „DGB: Deutsche Telekom (1 Vertreter) Thyssen-Krupp (1 Vertreter) Volkswagen (1 Vertreter) IG BCE: Adidas (2 Vertreter) Altana (1 Vertreter) BASF (3 Vertreter) Bayer (2 Vertreter) EON (1 Vertreter) Fresenius Medical Care (2 Vertreter) Henkel (2 Vertreter) Linde (1 Vertreter) RWE ( 1 Vertreter) Schering (1 Vertreter) TUI (1 Vertreter) IG Metall: BMW (2 Vertreter) DaimlerChrysler (2 Vertreter) Infineon (2 Vertreter) Linde (1 Vertreter) MAN (3 Vertreter) RWE (1 Vertreter) Siemens (2 Vertreter) Thyssen-Krupp (1 Vertreter) Volkswagen (2 Vertreter) Verdi: Allianz (1 Vertreter) Commerzbank (1 Vertreter) Deutsche Bank (2 Vertreter) Deutsche Börse (1 Vertreter) Deutsche Post (2 Vertreter) Deutsche Telekom (2 Vertreter) EON (2 Vertreter) HypoVereinsbank (2 Vertreter) Lufthansa (2 Vertreter) Metro (3 Vertreter) RWE (1 Vertreter) TUI (2 Vertreter)“ Quelle: http://www.wertpapier.de/nest/index.php?render=artikel&rubrik= anlegerschutz&art=118 – letzter Zugriff am 08.09.2004

ZumȱProblemȱkönnteȱsichȱdieȱPräsenzȱvonȱGewerkschaftsvertreternȱinsȬ besondereȱ dannȱ erweisen,ȱ wennȱ ihreȱ Unabhängigkeitȱ beiȱ derȱ WahrnehȬ mungȱderȱKontrollkompetenzȱnichtȱgewährleistetȱwäre.ȱDiesȱistȱvorȱallemȱ fürȱ inȱ denȱ USAȱ anȱ derȱ Börseȱ gelisteteȱ Unternehmenȱ vonȱ Bedeutung,ȱ daȱ dortȱ derȱ „SarbanesȬOxleyȬAct“ȱ eineȱ entsprechendeȱ Unabhängigkeitȱ forȬ dert.1ȱ Allerdingsȱ mussȱ man,ȱ wennȱ manȱ sichȱ z.ȱB.ȱ dieȱ Zusammensetzungȱ desȱAufsichtsratesȱderȱDaimlerChryslerȱAGȱansieht,ȱwohlȱannehmen,ȱdassȱ offensichtlichȱkeineȱProblemeȱmitȱderȱUnabhängigkeitȱderȱGewerkschaftsȬ vertreterȱ zuȱ verzeichnenȱ sind,ȱ daȱ zweiȱ Aufsichtsratsmitgliederȱ vonȱ denȱ Gewerkschaftenȱentsandtȱwerden.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱLanfermann/Maulȱ(2002),ȱS.ȱ1725ȱff.;ȱKerstingȱ(2003),ȱS.ȱ233ȱff.ȱ

5.4 Probleme der institutionalisierten Interessenvertretungskompetenz

339

Insofernȱbleibtȱnochȱzuȱfragen,ȱobȱdurchȱdenȱGewerkschaftseinflussȱdieȱ InteressenvertretungskompetenzȱderȱArbeitnehmerȱnichtȱzuȱstarkȱvonȱunȬ ternehmensexternenȱInteressenȱbestimmtȱwird.ȱAuchȱdiesȱmussȱsicherlichȱ verneintȱwerden,ȱdaȱdeutlichȱmehrȱalsȱdieȱHälfteȱderȱArbeitnehmervertreȬ terȱkeineȱexternenȱVertreterȱsind.ȱDiesȱwirdȱallenfallsȱdannȱzuȱeinemȱProbȬ lem,ȱ wennȱ einȱ Gewerkschaftsvertreterȱ auchȱ gleichzeitigȱ dieȱ Positionȱ desȱ stellvertretendenȱ Aufsichtsratsvorsitzendenȱ wahrnimmtȱ undȱ erȱ damitȱ alsȱ „Externer“ȱ imȱ „mächtigen“ȱ Präsidialausschussȱ desȱ Aufsichtsratesȱ vertreȬ tenȱist.ȱHierbeiȱsollteȱallerdingsȱnichtȱverkanntȱwerden,ȱdassȱaufȱderȱKapiȬ talseiteȱvielfachȱauchȱAufsichtsräteȱvertretenȱsind,ȱdieȱnichtȱbestimmteȱAnȬ teilseignerȱdesȱUnternehmensȱrepräsentieren.ȱInsofernȱistȱdasȱProblemȱderȱ externenȱ Einflussnahmeȱ –ȱwennȱ überhauptȱ–ȱ nichtȱ nurȱ einȱ Problemȱ derȱ Arbeitnehmerbank,ȱsondernȱeinȱgenerellesȱProblemȱderȱVergabeȱderȱAufȬ sichtsratsmandate.ȱȱ Dabeiȱistȱallerdingsȱzuȱbeachten,ȱdassȱderȱexterneȱEinflussȱnurȱdannȱzuȱ einemȱ Problemȱ wird,ȱ wennȱ gravierendeȱ Interessengegensätzeȱ zwischenȱ denȱVertreternȱundȱdenȱzuȱVertretendenȱzuȱvermutenȱsind.ȱEinȱschwachesȱ Regulativȱ stelltȱ –ȱzumindestȱ zuȱ bestimmtenȱ Zeitfensternȱ–ȱ dieȱ Wahlȱ derȱ Vertreterȱ inȱ denȱ Aufsichtsratȱ dar,ȱ selbstȱ unterȱ derȱ gesetzlichenȱ Garantie,ȱ dassȱ Sitzeȱ imȱ Aufsichtsratȱ fürȱ dieȱ imȱ Unternehmenȱ vertretenenȱ GewerkȬ schaftenȱzuȱreservierenȱseien.ȱAberȱdiesesȱRegulativȱschütztȱnichtȱzwangȬ släufigȱ davor,ȱ dassȱ gegebenenfallsȱ externeȱ Interessenȱ auchȱ imȱ Gegensatzȱ zumȱ Unternehmensinteresseȱ stehen,ȱ demȱ derȱ Aufsichtsratȱ beiȱ derȱ WahrȬ nehmungȱseinerȱKompetenzenȱverpflichtetȱist.ȱInsbesondereȱbeiȱtarifpolitiȬ schenȱAuseinandersetzungenȱsindȱProblemeȱzuȱerwarten,ȱwennȱbeispielsȬ weiseȱAufsichtsratsvertreterȱinȱihrerȱFunktionȱalsȱGewerkschaftsführerȱzuȱ Streiksȱ beiȱ Unternehmenȱ aufrufen,ȱ inȱ denenȱ sieȱ einȱ Aufsichtsratsmandatȱ wahrnehmen.ȱ

340

Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

Derȱ sicherlichȱ auffälligsteȱ Fallȱ einesȱ derartigenȱ Interessenkonfliktsȱ vonȱ Aufsichtsratsmandatȱ undȱ Gewerkschaftsmandatȱ zeigteȱ sichȱ amȱ Beispielȱ derȱLufthansaȱAG:ȱ „Am 17.12.2002 rief die Gewerkschaft ver.di durch ihren Vorsitzenden Frank Bsirske unter anderem zum Warnstreik auf den großen deutschen Verkehrsflughäfen auf. Es ging darum, den Lohnforderungen im öffentlichen Dienst Nachdruck zu verleihen. Ganz gezielt wurden mit Frankfurt und München die beiden Hauptdrehkreuze der Lufthansa bestreikt. Flughäfen wie Hahn oder Köln, von denen aus Wettbewerber starten, blieben von den Warnstreiks verschont. Nun ist Bsirske aber nicht nur ver.di-Chef und Streikorganisator, sondern als Gewerkschaftsvertreter gemäß Mitbestimmungsgesetz auch Lufthansa-Aufsichtsrat und damit dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet. Er nimmt nach guter deutscher Tradition in dem Aufsichtsrat der Lufthansa sogar den stellvertretenden Vorsitz ein.“ Quelle: http://www.wertpapier.de/nest/index.php?render=artikel&rubrik= anlegerschutz&art=118 – letzter Zugriff am 08.09.2004

„Ausgerechnet ein Gewerkschafter hat die deutsche Unternehmensmitbestimmung wieder ins Gerede gebracht: Frank Bsirske, der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Auf der Hauptversammlung der Deutschen Lufthansa im Juni verweigerten ihm die Aktionäre die Entlastung. Sie nahmen es Bsirske übel, dass er dem Aufsichtsrat des Unternehmens angehört, im vergangenen Dezember aber zu Streiks im öffentlichen Dienst aufgerufen und damit auch der Fluggesellschaft geschadet habe.“ Quelle: Bohl, E.: Mitbestimmung irritiert ausländische Investoren (Teil 4), in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.09.2003, S. 14.

InteressantȱinȱdiesemȱZusammenhangȱistȱfernerȱauchȱdieȱRolleȱderȱGeȬ werkschaftsvertreterȱ nichtȱ nurȱ imȱ Aufsichtsrat,ȱ sondernȱ auchȱ beiȱ derȱ BeȬ setzungȱ desȱ Vorstandspostensȱ desȱ Arbeitsdirektors.ȱ Soȱ wechselteȱ beiȬ spielsweiseȱimȱMaiȱ2008ȱderȱstellvertretendeȱAufsichtsratsvorsitzendeȱderȱ Deutschenȱ Bahnȱ AGȱ undȱ gleichzeitigȱ Vorsitzenderȱ derȱ größtenȱ BahngeȬ werkschaft,ȱTRANSNET,ȱNorbertȱHansen,ȱalsȱArbeitsdirektorȱinȱdenȱVorȬ standȱderȱDeutschenȱBahnȱAG.ȱEsȱkannȱsicherlichȱnurȱspekuliertȱwerden,ȱ obȱdamitȱanschließendȱauchȱunternehmensexterneȱInteressenȱimȱVorstandȱ vertretenȱwerdenȱoderȱobȱmöglicherweiseȱvorherȱGewerkschaftsinteressenȱ überhauptȱ nichtȱ nachhaltigȱ durchgesetztȱ wurden.ȱ Offensichtlichȱ istȱ dieȱ

5.4 Probleme der institutionalisierten Interessenvertretungskompetenz

341

Interessenvertretungȱ oftmalsȱ nichtȱ soȱ klarȱ wieȱ sieȱ aufȱ denȱ erstenȱ Blickȱ scheint.ȱ „Tatsächlich sind Personalwechsel von der einen zur anderen Seite keine Seltenheit:

x Beispiel Vattenfall: Der Energiekonzern machte den IG-BCE-Funktionär Alfred Geißler zu seinem Personalvorstand.

x Beispiel Post: Für die Mitarbeiterpolitik des Unternehmens ist ExGewerkschafter Walter Scheuerle zuständig.

x Beispiel ThyssenKrupp: Der Stahlkonzern hat mit Ralph Labonte einen Arbeitsdirektor, der zuvor jahrelang Gewerkschaftssekretär der IG Metall war.

x Beispiel Telekom: Das Unternehmen berief jahrelang Arbeitnehmervertreter in den Vorstand. Dass der jetzige Personalchef keine Gewerkschaftsvergangenheit hat, gilt geradezu als Ausnahme.

x Beispiel E.on: Der Stromgigant beschäftigte bis 2002 den ehemaligen IG-Chemie-Mann Manfred Krüper als Personalvorstand. Dabei sind das nur die ‚normalen‘ Fälle. In anderen Unternehmen ging die Verquickung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen noch viel weiter. Volkswagen zum Beispiel schickte seine Betriebsräte zu Lustreisen nach Brasilien – selbstverständlich auf Firmenkosten. Und Siemens baute sich gleich eine eigene Gewerkschaft auf: Die Betriebsräteorganisation AUB, die nach derzeitigem Ermittlungsstand mit Konzerngeldern aufgepäppelt wurde, verhielt sich stets loyal zum Vorstand.“ Waldermann, A.: Bahn-Gewerkschafter werfen Überläufer Hansen Verrat vor, in: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,553723,00.html – letzter Zugriff am 20.04.2009)

5.4.2

Verhältnis von Kontroll- und Interessenvertretungskompetenz im Aufsichtsrat

Deutlichȱ problematischerȱ alsȱ derȱ externeȱ Einflussȱ aufȱ dieȱ WahrnehȬ mungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ istȱ dieȱ möglicherweiseȱ gegeȬ beneȱ Beeinträchtigungȱ derȱ Kontrollkompetenzȱ desȱ Aufsichtsratesȱ durchȱ

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Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

dieȱ Wahrnehmungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ aufȱ Seitenȱ derȱ Arbeitnehmer.ȱ Zentraleȱ Forderungȱ fürȱ eineȱ leistungsfähigeȱ Kontrolleȱ istȱ dasȱ Interesseȱ zurȱWahrnehmungȱderȱKontrollkompetenzȱdurchȱdieȱMitgliederȱdesȱAufȬ sichtsrates.ȱEsȱgibtȱAnhaltspunkte,ȱdassȱdiesesȱKontrollinteresseȱaufȱSeitenȱ derȱArbeitnehmerȱzumindestȱnichtȱinȱdemȱMaßeȱausgeprägtȱist,ȱwieȱmanȱ esȱ sichȱ eigentlichȱ wünschenȱ würde.ȱ Ihrȱ Kontrollinteresseȱ richtetȱ sichȱ nurȱ aufȱdieȱBereiche,ȱdieȱzumȱoriginärenȱInteressenfeldȱderȱArbeitnehmerȱgeȬ hören:1ȱalsoȱvornehmlichȱpersonalwirtschaftlicheȱFragen.ȱ Überȱ dieȱ Themenȱ derȱ Fragestellungen,ȱ dieȱ inȱ derȱ Vergangenheitȱ imȱ AufȬ sichtsratȱ derȱDaimlerChryslerȱ AGȱ diskutiertȱ wurden,ȱ wirdȱ inȱ diesemȱ ZuȬ sammenhangȱwieȱfolgtȱberichtet:ȱ „Im Aufsichtsrat von DaimlerChrysler beispielsweise hat nach unserer Kenntnis seit Jahren keine Debatte mehr darüber stattgefunden, ob ein Konzern, der gleichzeitig auf drei Kontinenten mit eigenen Marken agiert, überhaupt führbar ist. Für die Arbeitnehmerbank ist es ungleich wichtiger, Fragen zur Arbeitszeitregelung im Werk Wörth an den Vorstand zu richten. So trägt die unternehmerische Mitbestimmung wesentlich dazu bei, dass überlebenswichtige Themen weitgehend ausgeblendet werden. Die Wettbewerbssituation des Unternehmens, Fragen der Portfoliostrategie, die Position auf den Finanzmärkten - alles existenziell wichtige Fragen. Aber alles Fragen, die für die Hälfte der Aufsichtsräte ohne Belang sind.“ Quelle: Kaden, W.: Der deutsche Weg, in: www.manager-magazin.de/magazin/artikel/0,2828,240968,00.html – letzter Zugriff am 23.09.2004

Dasȱ Interessenfeldȱ decktȱ sichȱ damitȱ mitȱ demȱ Kompetenzbereich,ȱ denȱ derȱ Gesetzgeberȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Betriebsverfassungȱ demȱ Betriebsratȱ zuȬ weist.ȱ Diesȱ istȱ auchȱ nichtȱ verwunderlich,ȱ daȱ esȱ imȱ Regelfallȱ nebenȱ denȱ Gewerkschaftsvertreternȱ dieȱ Betriebsräteȱ sind,ȱ dieȱ dieȱ Interessenȱ derȱ ArȬ beitnehmerȱ imȱ Aufsichtsratȱ vertreten.ȱ Vielfachȱ wirdȱ inȱ diesemȱ ZusamȬ menhangȱauchȱargumentiert,ȱdassȱdenȱVertreternȱderȱArbeitnehmerȱnebenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱHamelȱ(1982),ȱS.ȱ78ȱff.ȱ

5.4 Probleme der institutionalisierten Interessenvertretungskompetenz

343

demȱ Interesseȱ anȱ derȱ Wahrnehmungȱ einerȱ allumfassendenȱ KontrollkomȬ petenzȱ auchȱ dasȱ dazuȱ gehörigeȱ Wissenȱ fehlt.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ mussȱ sicherlichȱ festgestelltȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ Arbeitnehmervertreterȱ imȱ AufsichtsratȱvielfachȱkeineȱmanagementorientierteȱErstausbildungȱaufweiȬ sen.ȱAufȱderȱanderenȱSeiteȱhandeltȱesȱsichȱbeiȱdenȱArbeitnehmervertreternȱ meistȱumȱerfahreneȱMitarbeiter,ȱdieȱanȱeinerȱVielzahlȱvonȱentsprechendenȱ Weiterbildungsmaßnahmenȱ teilgenommenȱ haben.ȱ Nichtȱ zuletztȱ derȱ BeȬ richtȱ derȱ Regierungskommissionȱ Corporateȱ Governanceȱ führtȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱaus:ȱ„InȱderȱPraxisȱwirdȱdieȱfürȱdieȱAufsichtsratsarbeitȱerȬ forderlicheȱ Qualifikationȱ derȱ ArbeitnehmervertreterInnenȱ durchȱ entspreȬ chendeȱ Schulungenȱ sichergestellt,ȱ soweitȱ sieȱ nichtȱ aufgrundȱ entsprechenȬ derȱAusbildungȱundȱErfahrungȱvorhandenȱist.“1ȱȱ Insgesamtȱ mussȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ jedochȱ auchȱ angemerktȱ werden,ȱ dassȱ eineȱ Qualitätsprüfungȱ vorȱ Antrittȱ einesȱ AufsichtsratsmanȬ datsȱgenerellȱnichtȱstattfindet.ȱFolglichȱkannȱzumindestȱfürȱdiejenigenȱBeȬ reiche,ȱinȱdenenȱdieȱArbeitnehmervertreterȱeinȱausgeprägtesȱKontrollȬȱundȱ Interessenvertretungsinteresseȱbesitzen,ȱnichtȱdavonȱausgegangenȱwerden,ȱ dassȱ sieȱ überȱ Wissensdefiziteȱ verfügen.ȱ Inȱ allenȱ anderenȱ Bereichenȱ wirdȱ höchstwahrscheinlichȱ dasȱ mangelndeȱ Interessenvertretungsinteresseȱ dieȱ WahrnehmungȱderȱKontrollkompetenzȱdeutlichȱstärkerȱbeeinflussen.ȱVielȬ fachȱistȱhierȱzuȱbeobachten,ȱdassȱmanȱsichȱinȱdiesenȱBereichenȱderȱStimmeȱ enthält.ȱDerȱnachfolgendeȱKastenȱzeigtȱeinȱentsprechendesȱBeispiel:ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Baumsȱ(2001),ȱS.ȱ40.ȱVgl.ȱfernerȱOsterloh/Freyȱ(2006),ȱS.ȱ325ȱff.ȱ

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Interessenvertretungskompetenz der Arbeitnehmer

ImȱProzessȱumȱdieȱHöheȱderȱAbfindungen,ȱdieȱehemaligenȱManagernȱderȱ Mannesmannȱ AGȱ beiȱ derȱ Übernahmeȱ durchȱ denȱ britischenȱ TelekomkonȬ zernȱ Vodafoneȱ erhaltenȱ haben,ȱ schildertȱ derȱ ehemaligeȱ IGȬMetallȬChefȱ undȱehemaligeȱstellvertretendeȱAufsichtsratsvorsitzendeȱderȱMannesmannȱ AG,ȱ Klausȱ Zwickel,ȱ dasȱ Verhaltenȱ derȱ Arbeitnehmerȱ imȱ Aufsichtsratȱ wieȱ folgt:ȱ „Wenn er [Klaus Zwickel] den Gehaltsforderungen neuer Vorstandsmitglieder zustimme, bekomme er Ärger mit den Gewerkschaftsmitgliedern. Denn denen sei die Höhe der geforderten Bezüge einfach nicht vermittelbar. Lehne er sich aber im Aufsichtsrat dagegen auf, werde ihm vorgeworfen, dem Unternehmensinteresse zuwider zu handeln. Denn die Arbeitgeberseite würde zu Recht argumentieren, dass die Forderungen angemessen seien und internationalen Gepflogenheiten entsprächen. Infolgedessen sei es über Jahrzehnte „Mitbestimmungspraxis“ in deutschen Aufsichtsräten gewesen, dass der Gewerkschaftsvertreter sich der Stimme enthält.“ Quelle: Kläsgen, M.: Abnicken im Aufsichtsrat, in: Süddeutsche Zeitung vom 23.01.2004.

Dasȱ eingeschränkteȱ Interesseȱ anȱ derȱ Wahrnehmungȱ derȱ InteressenverȬ tretungskompetenzȱ führtȱ nunȱ zuȱ einemȱ weiterenȱ Problem,ȱ welchesȱ dieȱ Wahrnehmungȱ derȱ Kontrollkompetenzȱ nachhaltigȱ beeinträchtigt:ȱ dieȱ InteressenkongruenzȱvonȱVorstandȱundȱArbeitnehmervertreterȱinȱFragen,ȱ dieȱ zuȱ Lastenȱ derȱ Anteilseignerȱ gehen.ȱ Fürȱ denȱ Vorstandȱ istȱ esȱ durchausȱ nützlich,ȱeineȱderartigeȱAllianzȱeinzugehen,ȱdaȱsieȱdenȱAufsichtsratȱbeiȱderȱ UmsetzungȱseinerȱKontrollkompetenzȱschwächt.ȱ

5.4 Probleme der institutionalisierten Interessenvertretungskompetenz

345

AmȱBeispielȱDaimlerChryslerȱkönnteȱmanȱvorȱdemȱHintergrundȱdesȱfehlȬ geschlagenenȱ Engagementsȱ beiȱ Mitsubishiȱ eineȱ solcheȱ Interessenallianzȱ vermuten:ȱ „Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat von Daimler-Chrysler bekennen sich zum umstrittenen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp. ‚Aus unserer Sicht gibt es keinen Grund, den Vorstandsvorsitzenden auszuwechseln’, sagte der Betriebsratschef des Motorenwerks Untertürkheim, Helmut Lense, dem Tagesspiegel. Lense, der seit 1998 im Daimler-ChryslerAufsichtsrat sitzt, stellte sich auch ausdrücklich hinter die Asienstrategie Schrempps. ‚Die Kooperationen, die es in Asien gibt, sichern auch Arbeitsplätze in Deutschland.’ Nicht zuletzt aus Sorge um die deutschen Arbeitsplätze hatten die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat dazu beigetragen, den bereits nominierten Mercedes-Chef Wolfgang Bernhard Ende der vergangenen Woche zu stürzen.“ Quelle: Tagesspiegel – Zeitung für Berlin und Deutschland vom 07.05.2004.

Vorȱ demȱ Hintergrundȱ dieserȱ Kritikpunkteȱ istȱ esȱ nichtȱ verwunderlich,ȱ dassȱ inȱ jüngsterȱ Zeitȱ auchȱ vonȱ Seitenȱ derȱ Wissenschaftȱ wiederȱ vehementȱ überȱ dasȱ Fürȱ undȱ Widerȱ derȱ Unternehmensmitbestimmungȱ gestrittenȱ wird.1ȱObȱsichȱhieranȱjedochȱetwasȱändernȱwird,ȱmussȱbezweifeltȱwerden,ȱ daȱdieȱ„politischeȱEnergie“,ȱdieȱnotwendigȱseinȱwürde,ȱumȱhierȱgravierenȬ deȱVeränderungenȱdurchzusetzen,ȱaktuellȱnichtȱvorhandenȱist.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱWerderȱ(2004ȱb).ȱ

6 Unternehmensverfassung – wohin?

Willȱ manȱ dieȱ Frageȱ beantworten,ȱ inȱ welcheȱ Richtungȱ sichȱ dieȱ UnterȬ nehmensverfassungȱ entwickelt,ȱ soȱ fälltȱ diesȱ sicherlichȱ nichtȱ leicht.ȱ Manȱ siehtȱsichȱmitȱeinerȱVielzahlȱvonȱGesetzenȱundȱVerordnungenȱkonfrontiert,ȱ dieȱmitȱimmerȱhöhererȱÄnderungsgeschwindigkeitȱdieȱRegelnȱderȱUnterȬ nehmensverfassungȱbestimmen.ȱEsȱsindȱinȱdiesemȱZusammenhangȱweniȬ gerȱdieȱRegeln,ȱdieȱsichȱdasȱUnternehmenȱselbstȱsetzt,ȱalsȱvielmehrȱdieȱReȬ geln,ȱ dieȱ externȱ vorgegebenȱ werden,ȱ dieȱ dasȱ Unternehmensgeschehenȱ nachhaltigȱ prägen.ȱ Unternehmenȱ werdenȱ inȱ immerȱ stärkeremȱ Maßeȱ vonȱ juristischenȱ Sachverhaltenȱ inȱ ihremȱ Verhaltenȱ bestimmt.ȱ Esȱ hatȱ fastȱ denȱ Anscheinȱ alsȱ würdeȱ ökonomischerȱ Sachverstandȱ vorȱ juristischenȱ SachȬ zwängenȱkapitulieren.ȱDieȱBeispieleȱhierfürȱsindȱvielfältig.ȱSoȱwerdenȱz.ȱB.ȱ unüberschaubareȱ undȱ damitȱ schwerȱ zuȱ steuerndeȱ Konglomerateȱ vonȱ „Kleinstfirmen“ȱ geschaffen,ȱ umȱ überȱ dieȱ Aufspaltungȱ desȱ Unternehmensȱ dieȱ Ausübungȱ derȱ Interessenvertretungskompetenzȱ derȱ Arbeitnehmerȱ imȱ Rahmenȱ derȱ betrieblichenȱ Mitbestimmungȱ zuȱ verhindern.ȱ Hommelhoff/ Mattheusȱ führenȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ aus:ȱ „Rechtȱ kannȱ bewirken,ȱ dassȱEffizienzgesichtspunkteȱbeimȱManagementȱzugunstenȱandererȱKriteȬ rienȱoderȱInteressenȱinȱdenȱHintergrundȱtretenȱ(müssen).“1ȱ ȱ

Vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ istȱ zuȱ fragen,ȱ warumȱ geradeȱ derȱ Bereichȱ derȱ UnternehmensverfassungȱinȱdenȱletztenȱJahrenȱdermaßenȱstarkȱimȱFokusȱ gesetzlicherȱ Neuregelungenȱ standȱ undȱ immerȱ nochȱ steht.ȱ Derartigeȱ NeuȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Hommelhoff/Mattheusȱ(2004),ȱSp.ȱ781.ȱ

348

Unternehmensverfassung – wohin?

regelungenȱgehenȱsogarȱsoȱweit,ȱdassȱnichtȱnurȱbestehendeȱRegelungenȱreȬ formiertȱwerden,ȱsondernȱauchȱkomplettȱneuartigeȱInstitutionenȱvomȱGeȬ setzgeberȱgeschaffenȱwerden,ȱwieȱz.ȱB.ȱdasȱBundesaufsichtsamtȱfürȱFinanzȬ dienstleistungsaufsichtȱ(BaFin).ȱ DieȱNeuregelungenȱsindȱvordergründigȱsicherlichȱeinȱReflexȱderȱaktuellȱ sehrȱ intensivȱ geführtenȱ CorporateȬGovernanceȬDebatte.ȱ Dieseȱ Diskussionȱ wirdȱ nichtȱ nurȱ vonȱ Juristenȱ bestritten,ȱ sondernȱ ebensoȱ intensivȱ auchȱ vonȱ SeitenȱderȱWirtschaftswissenschaften.ȱEsȱerhebtȱsichȱdabeiȱjedochȱdieȱFraȬ ge,ȱ warumȱ ausgerechnetȱ inȱ denȱ letztenȱ Jahrenȱ derȱ Stellenwertȱ derȱ RegeȬ lungenȱderȱUnternehmensverfassungȱderartigȱhochȱist,ȱdassȱeineȱVielzahlȱ vonȱ Gesetzesnovellenȱ verabschiedetȱ wurden,ȱ umȱ hierȱ Veränderungenȱ zuȱ initiieren.ȱ UmȱhieraufȱeineȱAntwortȱzuȱgeben,ȱdieȱesȱdannȱauchȱerlaubenȱwürde,ȱ Abschätzungenȱ überȱ dieȱ zukünftigeȱ Entwicklungȱ derȱ UnternehmensverȬ fassungȱzuȱmachen,ȱerscheintȱesȱsinnvoll,ȱdieȱtheoretischeȱFundierungȱderȱ aktuellenȱ Debatteȱ zuȱ untersuchen.ȱ Arbeiten,ȱ dieȱ imȱ wirtschaftswissenȬ schaftlichenȱUmfeldȱangesiedeltȱsind,ȱargumentierenȱinȱderȱRegelȱimȱKonȬ zeptȱderȱneuenȱInstitutionenökonomie.ȱEsȱwirdȱdavonȱausgegangen,ȱdassȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ unternehmensbezogenenȱ Interessengruppenȱ GoverȬ nanceȬProblemeȱ existieren,ȱ dieȱ darausȱ resultieren,ȱ dassȱ zwischenȱ denȱ BeȬ teiligtenȱunvollständigeȱVerträgeȱgeschlossenȱwerden.ȱDieseȱliefernȱAnreiȬ zeȱfürȱopportunistischeȱVerhaltensweisen.1ȱAllerdings:ȱDiesesȱProblemȱistȱ nichtȱneu.ȱSoȱbeschäftigteȱsichȱz.ȱB.ȱEugenȱSchmalenbachȱbereitsȱ1911ȱmitȱ derȱ Überwachungspflichtȱ desȱ Aufsichtsrates,2ȱ ohneȱ allerdingsȱ imȱ PrämisȬ senkonzeptȱderȱneuenȱInstitutionenökonomikȱzuȱargumentieren.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱWerderȱ(2004ȱa),ȱSp.ȱ160.ȱ 2ȱ Vgl.ȱSchmalenbachȱ(1911),ȱS.ȱ271ȱff.ȱ

Unternehmensverfassung – wohin?

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Probleme,ȱdieȱheutzutageȱzumȱTeilȱkontroversȱunterȱdemȱStichwortȱ„CorȬ porateȱ Governance“ȱ diskutiertȱ werden,ȱ sindȱ offensichtlichȱ nichtȱ neu.ȱ BeȬ reitsȱ 1911ȱ stellteȱ Eugenȱ Schmalenbachȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Qualifikationȱ derjenigenȱ Personen,ȱ dieȱ imȱ Aufsichtsratȱ einerȱ Aktiengesellschaftȱ dieȱ Überwachungsfunktionȱwahrnehmen.ȱErȱbeantwortetȱdieseȱwieȱfolgt:ȱ „Aufsichtsratsstellen sind auch heute noch in allererster Linie Sinekuren. Daß das Gesetz diesen ungesetzlichen Zustand durch eine Tantiemesteuer offiziell als berechtigt anerkannte, ist zwar ein Zeichen gedankenloser Gesetzesmacherei, aber diese Tatsache beleuchtet den Zustand wie er ist. An zweiter Stelle unter den Motiven, die die Aufsichtsratswahlen beherrschen, steht die Eitelkeit. Es ist das eine üble Eigenschaft, die nach Bismarck auf der Passivseite als ein Subtrahendum des Vermögens steht; dieses Passivum ist einer gewissen nach vielerlei Ehren und Abzeichen lechzenden Kaufmannskategorie recht sehr eigentümlich. Drittens kommt ein etwas konsistenteres Motiv: Man will wirklich Interessen vertreten, reale Interessen. Allerdings sind es nicht die Interessen der zu überwachenden Gesellschaft. Und viertens hat der Mann einen Titel. Er hat vielleicht sonst nichts, weder Geld noch Verstand, aber er ist Speck für die Mäuse. Es sind der Motive noch einige. Zuweilen, sehr zuweilen, fällt es einem weltfremden Aktionär ein, sich zu fragen, ob der zu wählende Aufsichtsrat auch für die Überwachungspflicht besondere Eignung besitzt. Da alle Welt mit geringer Mühe Geld verdienen möchte, da fast alle Welt zugleich eitel ist, und da auf die weniger verbreitete Eignung für die Aufsichtsratspflicht so wenig ankommt, ist es vornehmlich eine Frage der wirtschaftlichen Macht, ob man Aufsichtsratsmitglied wird oder nicht.“ Quelle: Schmalenbach (1911), S. 275.

SeitȱfastȱeinhundertȱJahrenȱscheintȱalsoȱbereitsȱdasȱProblemȱderȱvonȱInȬ dividualinteressenȱ geleitetenȱ Wahrnehmungȱ derȱ Kontrollkompetenzȱ erȬ kanntȱ zuȱ sein.ȱ Daȱ dieseȱ Problemerkenntnisȱ insofernȱ nichtȱ neuȱ ist,ȱ fälltȱ esȱ schwer,ȱAnhaltspunkteȱzuȱfinden,ȱdieȱdaraufȱhindeutenȱwürden,ȱdassȱsichȱ derȱ Gradȱ derȱ Unvollständigkeitȱ derȱ Verträgeȱ zwischenȱ denȱ Stakeholdernȱ

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Unternehmensverfassung – wohin?

inȱ jüngsterȱ Zeitȱ dermaßenȱ verändertȱ hat,ȱ dassȱ verstärktȱ versuchtȱ wird,ȱ überȱVerfassungsänderungenȱAnreizeȱzuȱopportunistischemȱVerhaltenȱzuȱ beseitigen,ȱzumindestȱjedochȱeinzuschränken.ȱFolglichȱführtȱdieȱinstitutioȬ nenökonomischeȱ Argumentationȱ nurȱ dazuȱaufzuzeigen,ȱ warumȱ RegelunȬ genȱ –ȱinsbesondereȱ externȱ erzwungeneȱ Regelungenȱ–ȱ fürȱ dieȱ UnternehȬ mensverfassungȱ notwendigȱ erscheinen.ȱ Sieȱ gibtȱ keineȱ Antwortȱ aufȱ dieȱ Frage,ȱ warumȱ aktuellȱ inȱdiesemȱ Bereichȱ vomȱ Gesetzgeberȱ besondereȱ AnȬ strengungenȱunternommenȱwerden.ȱ EineȱandereȱErklärungȱmussȱinsofernȱgesuchtȱwerden,ȱwillȱmanȱdieȱUrȬ sachenȱfürȱdieȱaktuellȱstattfindendeȱReformdebatteȱundȱderenȱzukünftigeȱ Entwicklungȱerklären.ȱAnȱdieserȱStelleȱsollȱversuchtȱwerden,ȱeineȱentspreȬ chendeȱErklärungȱzuȱformulieren,ȱdieȱsichȱaufȱdieȱobenȱausführlichȱdargeȬ legteȱkonflikttheoretischeȱFundierungȱderȱUnternehmensverfassungȱstützt.ȱ Dortȱwurdeȱargumentiert,ȱdassȱUnternehmensverfassungȱnichtȱnurȱRegeȬ lungenȱ schafftȱ zurȱ Austragungȱ vonȱ Konflikten1ȱ undȱ damitȱ zurȱ VerhindeȬ rungȱ derȱ Ausnutzungȱ opportunistischerȱ Spielräume.ȱ Esȱ wurdeȱ auchȱ geȬ zeigt,ȱdassȱUnternehmensverfassungȱ–ȱgenauer:ȱdieȱRegelungenȱderȱUnterȬ nehmensverfassungȱ ȱ–ȱ dasȱ Ergebnisȱ einesȱ Konfliktaustragungsprozessesȱ zwischenȱdenȱbeteiligtenȱInteressengruppenȱdarstellt.ȱVerfolgtȱmanȱdiesenȱ Gesichtspunktȱweiter,ȱsoȱlässtȱsichȱdieȱEntwicklungȱderȱUnternehmensverȬ fassungȱ grobȱ wieȱ folgtȱ skizzieren:ȱ Dieȱ existentenȱ Vertragsbeziehungenȱ zwischenȱdenȱunternehmensspezifischenȱInteressengruppenȱzeichnenȱsichȱ durchȱ Unvollständigkeitȱ undȱ damitȱ demȱ Anreizȱ zuȱ opportunistischemȱ Verhaltenȱaus.ȱRegelungen,ȱdieȱhierȱsteuerndȱeingreifen,ȱwerdenȱjedochȱalsȱ Verfassungsregelungenȱ nurȱ dannȱ institutionalisiert,ȱ wennȱ dieȱ MachtpoȬ tenzialeȱeinzelnerȱInteressengruppenȱbzw.ȱeinzelnerȱInteressenkoalitionenȱ derartȱ gestärktȱ sind,ȱ dassȱ entsprechendeȱ Regelungenȱ gegenȱ denȱ WiderȬ standȱ vonȱ anderenȱ Interessengruppenȱ durchgesetztȱ werdenȱ können,ȱ dieȱ Nutznießerȱ derartigerȱ opportunistischerȱ Spielräumeȱ sind.ȱ Betrachtetȱ manȱ dieȱ wesentlichenȱ Entwicklungsstadienȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ inȱ denȱletztenȱJahrzehnten,ȱsoȱsprichtȱeinigesȱfürȱdieseȱÜberlegung.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱhierzuȱauchȱHommelhoff/Mattheusȱ(2004),ȱSp.ȱ781,ȱdieȱhierinȱdenȱzentraȬ lenȱAntriebȱfürȱJuristenȱsehen,ȱsichȱmitȱFragenȱderȱUnternehmensverfassungȱzuȱ beschäftigen.ȱ

Unternehmensverfassung – wohin?

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Dasȱ „Wirtschaftswunder“ȱ nachȱ demȱ zweitenȱ Weltkriegȱ führteȱ zuȱ steiȬ gendenȱ Gewinnen,ȱ dieȱ vornehmlichȱ zwischenȱ Managementȱ undȱ ArbeitȬ nehmernȱverteiltȱwurden.ȱManagerȱbestimmtenȱprimärȱdenȱWiederaufbau,ȱ nichtȱdieȱKapitalgeber.ȱDieȱGewinnthesaurierungȱdominierteȱdieȱGewinnȬ ausschüttung.ȱKnappȱwarȱinȱdieserȱZeitȱwenigerȱdasȱKapitalȱalsȱvielmehrȱ dieȱ Arbeitskräfte.ȱ Entsprechendȱ machtvollȱ konntenȱ auchȱ dieȱ InteressenȬ vertreterȱ derȱ Arbeitnehmerȱ Einflussȱ nehmenȱ aufȱ dieȱ Gestaltungȱ derȱ UnȬ ternehmensverfassung.ȱ Dieȱ Regelungenȱ derȱ Montanmitbestimmungȱ undȱ derȱ DrittelȬParitätȱ imȱ Aufsichtsratȱ wurdenȱ inȱ denȱ fünfzigerȱ Jahrenȱ sogarȱ unterȱeinerȱ„bürgerlichen“ȱRegierungȱverabschiedet.ȱ Anȱ derȱ vergleichsweiseȱ machtvollenȱ Stellungȱ derȱ ArbeitnehmervertreȬ terȱänderteȱsichȱauchȱweiterhinȱwenig.ȱDerȱArbeitskräfteengpassȱbliebȱbeȬ stehen,ȱwieȱnichtȱzuletztȱdasȱAnwerbenȱderȱsog.ȱ„Gastarbeiter“ȱzeigt.ȱInsoȬ fernȱsetztenȱdieȱGewerkschaftenȱihreȱBemühungenȱauchȱweiterhinȱerfolgȬ reichȱum,ȱdieȱRegelungenȱderȱUnternehmensverfassungȱinȱihremȱSinneȱzuȱ beeinflussen.ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ ihrerȱ Traditionȱ liefertenȱ sichȱ dieȱ GeȬ werkschaftenȱ dabeiȱ eherȱ Auseinandersetzungenȱ mitȱ denȱ Anteilseignernȱ derȱ Unternehmenȱ alsȱ mitȱ demȱ handelndenȱ Management.ȱ Diesesȱ konnteȱ vielfachȱ unberührtȱ vonȱ denȱ Auseinandersetzungenȱ überȱ dieȱ Regelungenȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ agieren.ȱ Fürȱ sieȱ warȱ esȱ wenigerȱ entscheiȬ dend,ȱinȱwelchemȱAusmaßȱeinȱAufsichtsratȱmitbestimmtȱwar.ȱFürȱsieȱentȬ scheidendȱ warȱ dieȱ Frage,ȱ inwieweitȱ ihreȱ Leitungskompetenzȱ durchȱ dieȱ Kontrollkompetenzȱ desȱ Aufsichtsratesȱeingeschränktȱ wird.ȱ Inȱ denȱ sechziȬ gerȱ undȱ siebzigerȱ Jahrenȱ entstandȱ somitȱ auchȱ dieȱ soȱ genannteȱ „DeutschȬ landȱ AG“.ȱ Managerȱ dominiertenȱ dieȱ Aufsichtsräte.ȱ ÜberkreuzbeteiligunȬ genȱ warenȱ dieȱ Regel.ȱ Dieȱwirtschaftlicheȱ Situationȱließȱ esȱzu,ȱ denȱ ArbeitȬ nehmernȱ großzügigeȱ Pensionsversprechungenȱ zuȱ machen.ȱ Dieȱ PensionsȬ verpflichtungenȱ derȱ Unternehmenȱ stiegen.ȱ Dieȱ Kapitalgeberȱ wurdenȱ allenfallsȱüberȱDividendenzahlungenȱanȱdiesemȱErfolgȱbeteiligt.ȱDieȱKurseȱ derȱ Aktiengesellschaftenȱ machtenȱ keineȱ großenȱ Sprünge.ȱ Diesȱ nichtȱ zuȬ letztȱ auchȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ vonȱ derȱ Politikȱ institutionalisiertenȱ unternehmerischenȱMitbestimmung.ȱ Diesȱ änderteȱ sichȱ erstȱ inȱ denȱ achtzigerȱ undȱ neunzigerȱ Jahren.ȱ Esȱ entȬ brannteȱ zusehendsȱ einȱ Kampfȱ derȱ Standorteȱ umȱ internationaleȱ KapitalȬ ströme.ȱ Diesȱ auchȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ desȱ gewaltigenȱ InvestitionsbeȬ

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darfsȱinȱneueȱTechnologien.ȱDieseȱEntwicklungȱführteȱschließlichȱzuȱenorȬ menȱGewinnenȱanȱdenȱinternationalenȱBörsen,ȱdieȱinsbesondereȱbeimȱsog.ȱ „Goingȱ Public“ȱ auftraten.ȱ Dassȱ hierbeiȱ vielfältigeȱ opportunistischeȱ SpielȬ räumeȱ vonȱ denȱ beteiligtenȱ Akteurenȱ ausgenutztȱ wurden,ȱ istȱ hinlänglichȱ bekannt.ȱ Dieȱ vermeintlicheȱ Koalitionȱ vonȱ Managementȱ undȱ ArbeitnehȬ mernȱ wurdeȱ vonȱ einerȱ Koalitionȱ vonȱ Kapitalȱ undȱ Managementȱ abgelöst.ȱ Hoheȱ Kursgewinneȱ paartenȱ sichȱ mitȱ hohenȱ Managergehältern.ȱ Aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ konnteȱ vonȱ einemȱ Arbeitskräfteengpassȱ keineȱ Redeȱ mehrȱ sein.ȱ Derȱ Einsatzȱ neuerȱ Technologienȱ imȱ unternehmerischenȱ LeistungsȬ erstellungsprozessȱführteȱzuȱenormenȱProduktivitätszuwächsenȱinȱdenȱInȬ dustrieländernȱ undȱ zuȱ einerȱ Auslagerungȱ vonȱ Arbeitsplätzenȱ inȱ sog.ȱ „Niedriglohnländern“.ȱ Dieȱ Machtverhältnisseȱ verändertenȱ sichȱ insofernȱ dramatischȱ zuȱ Ungunstenȱ derȱ Arbeitnehmer.ȱ Ihrȱ Einflussȱ aufȱ dieȱ GestalȬ tungȱderȱRegelungenȱderȱUnternehmensverfassungȱsank.ȱ Dieseȱ Machtverhältnisseȱ ändertenȱ sichȱ erstȱ mitȱ derȱ weltweitenȱ FinanzȬȱ undȱWirtschaftskriseȱimȱJahreȱ2008ȱundȱ2009.ȱDerȱKapitalbedarfȱderȱBanȬ kenȱ undȱ derȱ Industrie,ȱ derȱ inȱ diesemȱ Ausmaßeȱ nurȱ vonȱ derȱ öffentlichenȱ Handȱ gedecktȱ werdenȱ konnte,ȱ führteȱ zuȱ einerȱ Schwächungȱ vonȱ ManageȬ mentȱ undȱ Kapitalgebern.ȱ Nichtȱ allerdingsȱ zuȱ einerȱ Stärkungȱ derȱ ArbeitȬ nehmerseite,ȱ dieȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ ansteigenderȱ Arbeitslosenzahlenȱ undȱ umfangreicherȱ Kapazitätsanpassungenȱ vonȱ diesemȱ Machtverlustȱ nichtȱprofitierenȱkonnten.ȱȱȱ Wirftȱ manȱ einenȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Entwicklungȱ derȱ UnternehmensverfasȬ sungȱinȱdenȱletztenȱzehnȱbisȱfünfzehnȱJahren,ȱsoȱfälltȱauf,ȱdassȱinȱjüngsterȱ Zeitȱ –ȱ undȱ nichtȱ erstȱ seitȱ derȱ FinanzȬȱ undȱ Wirtschaftskriseȱ –ȱ einȱ weitererȱ Akteurȱ einȱ Interesseȱ entwickelt,ȱ verstärktȱ gestalterischȱ aufȱ dieȱ UnternehȬ mensverfassungȱ einzuwirken:ȱ esȱ istȱ diesȱ derȱ Gesetzgeber.ȱ Diesȱ magȱ aufȱ denȱerstenȱBlickȱverwundern,ȱdaȱesȱimȱRegelfallȱnurȱderȱGesetzgeberȱseinȱ kann,ȱderȱexterneȱRegelungenȱderȱUnternehmensverfassungȱinstitutionaliȬ siert,ȱ umȱ denȱ Konfliktaustragungsprozessȱ zwischenȱ denȱ unternehmensȬ spezifischenȱInteressengruppenȱzuȱregeln.ȱAberȱauchȱderȱGesetzgeberȱunȬ terliegtȱexternenȱZwängen,ȱdieȱihnȱdazuȱveranlassen,ȱsichȱmitȱbestimmtenȱ Fragenȱ zuȱ befassenȱ undȱ andereȱ Fragenȱ bewusstȱ oderȱ unbewusstȱ auszuȬ klammern.ȱInȱderȱDiskussionȱderȱletztenȱJahreȱspielteȱdabeiȱdieȱStandortȬ

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debatteȱvorȱdemȱHintergrundȱzunehmenderȱGlobalisierungȱderȱWirtschaftȱ dieȱentscheidendeȱRolle.ȱ Dieȱ Standortdebatteȱ wirdȱ starkȱ vonȱ derȱ Frageȱ geleitet,ȱ welcheȱ Anreizeȱ dafürȱ verantwortlichȱ zeichnen,ȱ dassȱ Kapitalströmeȱ inȱ einȱ Landȱ fließenȱ bzw.ȱausȱeinemȱLandȱabfließen.ȱDieȱKonkurrenzȱderȱStandorteȱumȱinternaȬ tionalesȱ Kapitalȱ wirdȱ alsȱ entscheidendȱ fürȱ dasȱ Wachstumȱ derȱ einzelnenȱ Volkswirtschaftenȱ angesehen.ȱ Regierungenȱ undȱ damitȱ derȱ Gesetzgeberȱ siehtȱ sichȱ aufgerufen,ȱ u.ȱa.ȱ überȱ Regelnȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ einȱ Systemȱ zuȱ schaffen,ȱ welchesȱ esȱ möglichstȱ verhindert,ȱ dassȱ dasȱ Kapitalȱ „Opfer“ȱ desȱ Ausnutzensȱ opportunistischerȱ Spielräumeȱ wird.ȱ Inȱ diesemȱ Szenarioȱ„mutiert“ȱderȱGesetzgeberȱzurȱInteressengruppe.ȱDieȱhinterȱdemȱ Gesetzgeberȱ stehendenȱ politischenȱ Parteienȱ sehenȱ imȱ Fallȱ einerȱ stagnieȬ rendenȱVolkswirtschaftȱihrȱprimäresȱZielȱderȱWiederwahlȱgefährdet.ȱȱ LetztlichȱerklärtȱdiesȱjedochȱnurȱzumȱTeil,ȱwarumȱderȱGesetzgeberȱverȬ stärktȱimȱRahmenȱderȱUnternehmensverfassungȱvonȱseinerȱgestalterischenȱ KompetenzȱGebrauchȱmacht,ȱnichtȱaberȱinȱBereichen,ȱdieȱebenfallsȱfürȱeineȱ prosperierendeȱVolkswirtschaftȱverantwortlichȱzeichnen.ȱEinȱweitererȱAsȬ pektȱ mussȱ insofernȱ hinzukommen:ȱ Esȱ bildenȱ sichȱ Interessenkoalitionen,ȱ dieȱesȱdemȱGesetzgeberȱerleichtern,ȱtätigȱzuȱwerden.ȱȱ Schautȱ manȱ sichȱ dieȱaktuelleȱ Situationȱnichtȱ nurȱ inȱDeutschlandȱan,ȱsoȱ fälltȱauf,ȱdassȱeineȱInteressengruppeȱaugenblicklichȱerheblichȱinȱdieȱDefenȬ siveȱgedrängtȱist.ȱEsȱistȱdiesȱdieȱGruppeȱderȱUnternehmensleitung.ȱSpekȬ takuläreȱ Fälleȱ vonȱ Missmanagementȱ –ȱ nichtȱ zuletztȱ auchȱ imȱ Zugeȱ derȱ weltweitenȱFinanzȬȱundȱWirtschaftskriseȱ–ȱwieȱauchȱdasȱBeziehenȱextremȱ hoherȱVergütungenȱnichtȱnurȱimȱErfolgsfall,ȱsondernȱauchȱimȱMisserfolgsȬ fallȱhabenȱnichtȱnurȱdieȱInteressengruppenȱderȱArbeitnehmerȱundȱderȱKaȬ pitalgeberȱ gegenȱ dasȱ Managementȱ aufgebracht,ȱ sondernȱ ebensoȱ dieȱ „öfȬ fentlicheȱ Meinung“,ȱ aufȱ dieȱ dieȱ Politikȱ besondersȱ sensibelȱ reagiert.ȱ Eineȱ derartigeȱInteressengruppenkonstellationȱerleichtertȱesȱsomitȱdemȱGesetzȬ geber,ȱentsprechendeȱVerfassungsregelungenȱohneȱgroßenȱWiderstandȱzuȱ institutionalisieren.ȱ Zielrichtungȱ derȱ Regelungenȱ istȱ dieȱ Stärkungȱ desȱ eiȬ genenȱStandortesȱinȱderȱinternationalenȱStandortdebatte,ȱumȱsoȱauchȱweiȬ terhinȱfürȱdasȱinternationalȱagierendeȱKapitalȱattraktivȱzuȱsein.ȱDiesȱwirdȱ erreicht,ȱ indemȱ manȱ opportunistischeȱ Spielräumeȱ desȱ Managementsȱ zuȱ

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Ungunstenȱ desȱ Kapitalsȱ einschränkt.ȱ Aufgrundȱ derȱ defensivenȱ Stellungȱ desȱManagementsȱimȱKonfliktaustragungsprozessȱfälltȱdiesȱvergleichsweiȬ seȱ leicht.ȱ Esȱ istȱ alsoȱ wenigerȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ sichȱ hierȱ eineȱ vonȱ identiȬ schenȱInteressenȱgeleiteteȱKoalitionȱgebildetȱhat,ȱumȱderartigeȱRegelungenȱ durchzusetzen,ȱalsȱvielmehrȱderȱUmstand,ȱdassȱeineȱKonfliktparteiȱenormȱ anȱ (moralischer)ȱ Stärkeȱ imȱ öffentlichenȱ Auftrittȱ eingebüßtȱ hat.ȱ Insofernȱ darfȱmanȱauchȱdieȱFähigkeitȱderȱBindungȱderȱInteressengruppenȱdesȱKapiȬ tals,ȱ derȱ Arbeitnehmerȱ undȱ desȱ Gesetzgebersȱ zuȱ einerȱ starkenȱ Koalitionȱ nichtȱüberbewerten.ȱ Willȱ manȱ vorȱ diesemȱ soebenȱ skizziertenȱ Szenarioȱ einenȱ Ausblickȱ aufȱ zukünftigeȱEntwicklungenȱderȱUnternehmensverfassungȱwagen,ȱsoȱorienȬ tiertȱsichȱdieserȱnatürlichȱauchȱanȱdenȱzuȱerwartendenȱInteressenkoalitioȬ nenȱ bzw.ȱ denȱ sichȱ veränderndenȱ Machtpotenzialenȱ einzelnerȱ InteressenȬ gruppen.ȱ Inȱ naherȱ Zukunftȱ werdenȱ dieȱ Beteiligtenȱ derȱ UnternehmensȬ leitungȱ sicherlichȱ nochȱ fürȱ eineȱ geraumeȱ Zeitȱ inȱ derȱ Defensiveȱ bleiben.ȱ AnstrengungenȱzuȱeinerȱweitergehendenȱStärkungȱderȱKontrollkompetenȬ zenȱwerdenȱsicherlichȱebensoȱstattfindenȱwieȱdasȱBemühenȱfürȱdieȱVertreȬ terȱ derȱ Unternehmensleitung,ȱ einȱ Konzeptȱ zurȱ Evaluierungȱ derȱ Qualitätȱ derȱ Wahrnehmungȱ derȱ Leitungskompetenzȱ zuȱ entwickeln.ȱ Dieserȱ Trendȱ wirdȱsichȱerstȱdannȱumkehren,ȱwennȱsichȱÄnderungenȱanȱderȱKonstellatiȬ onȱderȱInteressenkoalitionenȱergeben.ȱ Fragtȱmanȱsich,ȱwoȱderartigeȱÄnderungenȱmöglicherweiseȱzuȱerwartenȱ sind,ȱdannȱrücktȱderȱGesetzgeberȱinȱseinerȱRolleȱalsȱInteressengruppeȱverȬ stärktȱ insȱ Blickfeld.ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ desȱ globalenȱ Wettbewerbsȱ umȱ Kapitalȱ werdenȱ sichȱ dieȱ Systemeȱ regionalȱ unterschiedlicherȱ GovernanceȬ Strukturenȱ einanderȱ höchstwahrscheinlichȱ annähern.1ȱ Obȱ diesȱ imȱ Sinneȱ einesȱ „Raceȱ toȱ theȱ top“ȱ oderȱ einesȱ „Raceȱ toȱ theȱ bottom“ȱ –ȱalsoȱ demȱ HeȬ rausbildenȱineffizienterȱGovernanceȬStrukturenȱaufgrundȱvonȱPfadabhänȬ gigkeitenȱ–ȱderȱFallȱseinȱwird,2ȱseiȱeinstweilenȱdahingestellt;ȱobwohlȱnatürȬ lichȱ immerȱ zuȱ befürchtenȱ steht,ȱ dassȱ dieȱ letztgenannteȱ Entwicklungȱ eintritt.ȱ Imȱ Ergebnisȱ wirdȱ sichȱ einȱ Effektȱ einstellen,ȱ derȱ inȱ anderemȱ ZuȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ Vgl.ȱWittȱ(2003).ȱ 2ȱ Vgl.ȱGerumȱ(2004),ȱSp.ȱ177.ȱ

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sammenhangȱ auchȱ alsȱ „Tribüneneffekt“1ȱ bezeichnetȱ wird.ȱ Dieȱ KapitalȬ strömeȱwerdenȱfolglichȱnichtȱmehrȱnachhaltigȱvonȱdenȱSystemenȱderȱCorȬ porateȱ Governanceȱ bestimmt.ȱ Dieȱ Interessenkoalitionenȱ werdenȱ sichȱ entȬ sprechendȱ verändern.ȱ Möglicherweiseȱ erlischtȱ dasȱ Interesseȱ desȱ GesetzȬ gebers,ȱ imȱ Bereichȱ derȱ Unternehmensverfassungȱ gesetzgeberischȱ tätigȱ zuȱ werden.ȱȱ Damitȱ werdenȱ dannȱ auchȱ sämtlicheȱ aktuellȱ nochȱ getätigtenȱ AnstrenȬ gungenȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Einschränkungȱ derȱ unternehmerischenȱ MitȬ bestimmungȱ zumȱ Scheiternȱ verurteiltȱ sein.ȱ Wennȱ derȱ Druckȱ derȱ GlobaliȬ sierungȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Angleichungȱ derȱ GovernanceȬSystemeȱ nichtȱ mehrȱ existiert,ȱ wirdȱ sichȱ derȱ Gesetzgeberȱ aufȱ diejenigenȱ InteressengrupȬ penȱkonzentrieren,ȱdieȱfürȱihnȱ„wahlentscheidend“ȱseinȱkönnen.ȱVorȱdemȱ HintergrundȱderȱrelativenȱGrößeȱwirdȱdiesȱsicherlichȱdieȱGruppeȱderȱArȬ beitnehmerȱ sein.ȱ Insofernȱ kannȱ einȱ Szenarioȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ eineȱ EinȬ schränkungȱ derȱ unternehmerischenȱ Mitbestimmungȱ inȱ Deutschlandȱ nurȱ solangeȱ Bestandȱ haben,ȱ wieȱ sichȱ dieȱ GovernanceȬSystemeȱ derȱ relevantenȱ Wirtschaftsregionenȱnochȱnichtȱangeglichenȱhaben.ȱDabeiȱscheintȱesȱjedochȱ uninteressantȱ zuȱ sein,ȱ inȱ welcheȱ Richtungȱ sichȱ dieȱ GovernanceȬSystemeȱ aufeinanderȱzuȱbewegen.2ȱȱ ObȱeinȱsolchesȱSzenarioȱtatsächlichȱeintritt,ȱbleibtȱabzuwarten.ȱEsȱwäreȱ fürȱdieȱUnternehmenȱsowieȱfürȱdieȱhandelndenȱAkteureȱsicherlichȱpositivȱ zuȱsehen,ȱwennȱdieȱPeriodeȱderȱsichȱschnellȱänderndenȱVerfassungsregelnȱ zuȱEndeȱgehenȱwürde,ȱdamitȱsichȱdasȱManagementhandelnȱwiederȱaufȱdieȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱ InȱeinemȱFußballstadionȱwirdȱsichȱeinȱZuschauerȱvonȱseinemȱSitzplatzȱerheben,ȱ umȱeineȱbessereȱSichtȱaufȱdasȱSpielfeldȱzuȱhaben.ȱDiesemȱBeispielȱfolgenȱandereȱ Zuschauerȱfreiwilligȱoderȱnotgedrungen,ȱweilȱihnenȱjetztȱdieȱSichtȱversperrtȱist.ȱ Diesesȱ„RennenȱumȱdieȱbesteȱSicht“ȱgehtȱsoȱlange,ȱbisȱsichȱalleȱZuschauerȱerhoȬ benȱhabenȱundȱdieȱrelativeȱQualitätȱderȱSichtȱdenȱAnfangszustandȱerreichtȱhat.ȱ Dieȱ Qualitätȱ desȱ Stadionbesuchsȱ hatȱ sichȱ jedochȱ verschlechtert,ȱ daȱ alleȱ ZusȬ chauerȱjetztȱstehenȱmüssen,ȱumȱdasȱSpielgeschehenȱverfolgenȱzuȱkönnen.ȱVgl.ȱ hierȱauchȱPrinzȱ(2002).ȱ 2ȱ Vgl.ȱhierzuȱGerumȱ(1998ȱb),ȱS.ȱ135ȱff.,ȱderȱinȱdiesemȱZusammenhangȱvonȱeinerȱ KonvergenzȱtrotzȱexistenterȱVarianzȱspricht.ȱ

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DynamikȱderȱMärkteȱrichtenȱkannȱundȱnichtȱsoȱsehrȱaufȱdieȱDynamikȱderȱ Gesetzgebungsaktivitätenȱrichtenȱmuss.ȱ ȱ

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Index Arbeitsdirektorȱȱ307,ȱ316–17,ȱ318,ȱ

Aȱ Abschlussprüferȱȱ166,ȱ181–82,ȱȱ

327,ȱ334–35ȱ Arbeitswissenschaftȱȱ291ȱ

184–85,ȱ230–31,ȱ244,ȱ245,ȱ330ȱ

Arbeitszeitgesetzȱȱ297ȱ

Ȭwechselȱȱ203–4ȱ

AuditȱCommitteeȱȱ73–74ȱ

Abschlussstichtagȱȱ212–13ȱ AgencyȬBeziehungȱȱ144–45ȱ

Aufsichtsratȱȱ55–56,ȱ82–83,ȱ140–41,ȱ 163,ȱ227,ȱ304,ȱ305–6,ȱ334ȱ

AgencyȬKostenȱȱ58–59ȱ

Berichtȱȱ214–15ȱ

AktFoVȱȱSieheȱ

WeiteresȱMitgliedȱimȱȱ324–25ȱ

Aktionärsforumsverordnungȱ Aktiengesellschaftȱȱ55–56,ȱ304ȱ Europäischeȱȱ116–17ȱ Kleineȱȱ110,ȱ304ȱ Aktienoptionsplanȱȱ242ȱ Aktionärsforum,ȱElektronischesȱȱ 210–12ȱ Aktionärsforumsverordnungȱȱ211ȱ AmtlicherȱHandelȱȱ219ȱ Anfechtungstatbestandȱȱ144ȱ

Aufsichtsratsausschussȱȱ244ȱ Aufsichtsratspräsidiumȱȱ83–84ȱ Aufsichtsratstätigkeit,ȱVergütungȱ derȱȱ87ȱ Aufsichtsratsvorsitzenderȱȱ83–84,ȱ 163,ȱ168,ȱ181–82,ȱ239–40,ȱ314,ȱ326ȱ Aufsichtsratsvorsitzender,ȱ Stellvertretenderȱȱ314ȱ AufsichtsratswahlȱȱSieheȱWahlȱdesȱ Aufsichtsratesȱ

Angelegenheiten,ȱSozialeȱȱ289ȱ

Auskunftsrechtȱȱ197–98ȱ

Angelegenheiten,ȱWirtschaftlicheȱȱ

Auskunftsverweigerungȱȱ197–98ȱ

302ȱ Angestellterȱȱ311–12ȱ

Ausschüttungȱȱ38–39,ȱ142–43ȱ Auswahlrichtlinieȱȱ291–92ȱ

Angestellter,ȱLeitenderȱȱ295–97,ȱ309,ȱ



311–12,ȱ334ȱ Anhangȱȱ214–15ȱ Anlegerschutzverbesserungsgesetzȱȱ 220ȱ AnSVGȱȱSieheȱAnlegerschutzȬ verbesserungsgesetzȱ

BaFinȱȱSieheȱBundesanstaltȱfürȱ Finanzdienstleistungsaufsichtȱ BankruptcyȱCodeȱȱ148–49ȱ Barausschüttungȱȱ244ȱ Beiratȱȱ124ȱ

Antragsrechtȱȱ197–98ȱ

Beratungskompetenzȱȱ168–69ȱ

Arbeiterȱȱ311–12ȱ

Berggesetz,ȱPreußischesȱȱ259–60ȱ

Arbeitgeberverbandȱȱ20ȱ

BergrechtlicheȱGewerkschaftȱȱ304ȱ

Arbeitnehmerȱȱ31,ȱ267ȱ

Beschäftigtenanzahlȱȱ213ȱ

Arbeitnehmerperspektiveȱȱ23ȱ

Bestätigungsvermerkȱȱ205–6,ȱ207–8ȱ

382

Bestellungskompetenzȱȱ163,ȱ183ȱ Betriebȱȱ266–67ȱ

Index

Börseneinführungsprospektȱȱ125–26,ȱ 220ȱ

Betriebsänderungȱȱ293,ȱ302ȱ

Börsenrechtȱȱ210ȱ

Betriebsausschussȱȱ271ȱ

Börsentermingeschäftȱȱ216ȱ

Betriebsobmannȱȱ268ȱ

BundesanstaltȱfürȱFinanzȬ

Betriebsratȱȱ159,ȱ179,ȱ268–72,ȱ288ȱ

dienstleistungsaufsichtȱȱ217–18ȱ

BetriebsratȱkraftȱGesetz,ȱ

Bundesanzeigerpublizitätȱȱ214ȱ

Europäischerȱȱ281ȱ

Bundesverfassungsgerichtȱȱ332ȱ

Betriebsrat,ȱEuropäischerȱȱ279–82ȱ



Betriebsrat,ȱFreistellungȱdesȱȱ272ȱ Betriebsrätegesetzȱȱ260–61ȱ

ChairmanȱofȱtheȱBoardȱȱ74–75ȱ

Betriebsrätegesetz,ȱEuropäischesȱȱ

Chapterȱ11ȱȱ149ȱ

279–80ȱ Betriebsratstätigkeit,ȱKostenȱderȱȱ 271–72ȱ Betriebsratsvorsitzenderȱȱ271,ȱ299ȱ

ChiefȱExecutiveȱOfficerȱȱ74ȱ ChiefȱOperatingȱOfficerȱȱ77ȱ CompensationȱCommitteeȱȱ73–74ȱ Controllingȱȱ40–41ȱ

Betriebsratswahlȱȱ269–71,ȱ324ȱ

CorporateȱGovernanceȱȱ221–22ȱ

Betriebsvereinbarungȱȱ271,ȱ282ȱ

CorporateȬGovernanceȬKodexȱȱ227ȱ

Betriebsverfassungsgesetzȱ1952ȱȱȱ 303–4ȱ

Deutscherȱȱ64,ȱ235,ȱ241ȱ CramȬDownȬRegelȱȱ150ȱ

Betriebsversammlungȱȱ284–86,ȱ300ȱ Betriebszweckȱȱ333ȱ BetrVGȱȱSieheȱ Betriebsverfassungsgesetzȱ Beurteilungsgrundsatzȱȱ302ȱ BezugsgrößeȱdesȱSozialgesetzbuchesȱ (§ȱ18ȱSGB4)ȱȱ298ȱ BGBȬGesellschaftȱȱ305ȱ Bilanzȱȱ214–15ȱ Bilanzkontrollgesetzȱȱ245ȱ Bilanzrechtsreformgesetzȱȱ245ȱ Bilanzsummeȱȱ213ȱ BilKoGȱȱSieheȱBilanzkontrollgesetzȱ BilReGȱȱSieheȱBilanzrechtsȬ reformgesetzȱ BoardȱofȱDirectorsȱȱ70ȱ Börseȱȱ216ȱ

Dȱ Delegiertenwahlȱȱ313ȱ Depotstimmrechtȱȱ56,ȱ81,ȱ180–81,ȱ198ȱ DeutscherȱRechnungslegungsȬ Standardȱȱ232ȱ Direktorialprinzipȱȱ131ȱ Dispositionskompetenzȱȱ131ȱ Drittelbeteiligungsgesetzȱȱ263,ȱ303–7ȱ DrittelbGȱȱSieheȱDrittelbeteiligungsȬ gesetzȱ

Index

383

Geschäftsführungȱȱ70–71,ȱ102–3,ȱ104,ȱ



124,ȱ128–29ȱ

Eigenkapitalgeberȱȱ20,ȱ31ȱ

GeschäftsführungsȬGmbHȱȱ123ȱ

Eigentümerȱȱ174ȱ

Geschäftsordnungȱȱ129–30,ȱ137–38ȱ

EinȬEuroȱGmbHȱȱ108ȱ

Geschäftsverteilungsplanȱȱ134ȱ

Einigungsstelleȱȱ277,ȱ282–83,ȱ287,ȱ315ȱ

Gesellschaftȱmitȱbeschränkterȱ

Einzelentlastungȱȱ185ȱ

Haftungȱȱ100–108ȱ

Einzelkaufmannȱȱ305ȱ

Gesellschaft,ȱAuflösungȱderȱȱ139ȱ

Einzelunternehmerȱȱ55ȱ

Gesellschafterversammlungȱȱ70–71,ȱ

Emissionskonsortiumȱȱ220ȱ

102–3ȱ

EnforcementȬVerfahrenȱȱ247–56ȱ

Gesellschaftskapitalȱȱ94ȱ

Entlastungskompetenzȱȱ183ȱ

GesetzȱüberȱEuropäischeȱ

Entsprechungserklärungȱȱ235–36,ȱ

Betriebsräteȱȱ263ȱ GesetzȱzurȱModernisierungȱdesȱ

241ȱ Eröffnungsbeschlussȱȱ152ȱ

GmbHȬRechtsȱundȱzurȱBeȬ

EUȬKommissionȱȱ116–17ȱ

kämpfungȱvonȱMissbräuchenȱȱ108ȱ

EUȬMinisterratȱȱ116–17ȱ

GesetzȱzurȱOrdnungȱderȱnationalenȱ Arbeitȱȱ261ȱ

Fȱ Fabrikausschussȱȱ259ȱ Federführungskompetenzȱȱ130ȱ Fertigungsverfahrenȱȱ291ȱ Finnlandȱȱ69–70ȱ

GesetzȱzurȱSicherungȱderȱMontanȬ mitbestimmungȱȱ263,ȱ328–29ȱ GesetzȱzurȱUnternehmensintegritätȱ undȱModernisierungȱdesȱ Anfechtungsrechtsȱȱ197–200,ȱ210,ȱ 250–54ȱ

Firmensitzȱȱ98ȱ ForschungȱundȱEntwicklungȱȱ40–41ȱ Fremdkapitalgeberȱȱ20,ȱ31ȱ FreshȬStartȬModellȱȱ148–49ȱ



Gestaltungsfreiheitȱȱ98ȱ Gewaltenkontrolleȱȱ5ȱ Gewerkschaftȱȱ20,ȱ23,ȱ179,ȱ285,ȱ311,ȱ 321–22,ȱ324ȱ GewinnȬȱundȱVerlustrechnungȱȱȱ 214–15ȱ

Genossenschaftȱȱ304ȱ

Gewinnrücklageȱȱ143ȱ

GeregelterȱFreiverkehrȱȱ219ȱ

Gewinnthesaurierungȱȱ142–43ȱ

Gesamtbetriebsratȱȱ277–78,ȱ300ȱ

Gewinnverwendungȱȱ199–200ȱ

Gesamtsprecherausschussȱȱ300ȱ

Gläubigerȱȱ20,ȱ146ȱ

Geschäft,ȱZustimmungspflichtigesȱȱ

Gläubigerausschussȱȱ149,ȱ158ȱ

140–41,ȱ174ȱ

GmbHȱȱ304ȱ Großaktionärȱȱ189ȱ

384

Index



Gründungȱȱ114ȱ Gründungsberichtȱȱ115ȱ Gründungsprüferȱȱ115,ȱ184–85ȱ Gruppenwahlȱȱ313ȱ

Jahresabschlussȱȱ89,ȱ203ȱ Japanȱȱ69ȱ JugendȬȱundȱAuszubildendenȬ



vertretungȱȱ266ȱ



Haftungȱȱ94,ȱ100–101,ȱ199–200,ȱ306ȱ Handelsgesellschaft,ȱOffeneȱȱ305ȱ Handelsregisterȱȱ115–16,ȱ213ȱ Hauptversammlungȱȱ55–56,ȱ81,ȱ138,ȱ 179,ȱ239–40,ȱ244,ȱ324ȱ Einberufungȱeinerȱȱ187–88ȱ Hilfsdienstgesetz,ȱVaterländischesȱȱ 260ȱ Höchststimmrechtȱȱ198ȱ



KansajakuȬKaiȱȱ69ȱ Kapitalerhöhungȱȱ139ȱ Kapitalgesellschaftȱȱ213ȱ Kapitalherabsetzungȱȱ139ȱ Kleinaktionärȱȱ142–43ȱ Koalitionspartnerȱȱ20ȱ Koalitionsperspektiveȱȱ24ȱ Koalitionstheorieȱȱ17–18,ȱ21ȱ Kollegialprinzipȱȱ128–29,ȱ136ȱ Kommanditgesellschaftȱȱ305ȱ

Idealtypȱȱ170–71,ȱ201ȱ

Kommunalbehördenȱȱ20ȱ

Informationsrechtȱȱ130ȱ

Konfliktaustragungȱȱ26–27,ȱ258–59ȱ

Informationsverteilungȱȱ51ȱ

Konflikttheorieȱȱ17–18,ȱ26–27ȱ

Insolvenzȱȱ27–28,ȱ94,ȱ145ȱ

Konkursanmeldungȱȱ149ȱ

Insolvenzanzeigeȱȱ146ȱ

Konkursmasseȱȱ149ȱ

Insolvenzgläubigerȱȱ154ȱ

Konkursrechtȱȱ147–48ȱ

Insolvenzmasseȱȱ146,ȱ154ȱ

Konstitutionalismusȱȱ2–3ȱ

Insolvenzplanȱȱ151,ȱ158ȱ

Kontrollkompetenzȱȱ68ȱ

Insolvenzrechtȱȱ151ȱ

KontrollratsgesetzȱNr.ȱ22ȱȱ261ȱ

Insolvenzverfahrenȱȱ151ȱ

Konzernabschlussȱȱ203,ȱ242ȱ

Insolvenzverwalterȱȱ153,ȱ156–57ȱ

Konzernbetriebsratȱȱ278,ȱ300ȱ

Institutionenökonomikȱȱ17–18,ȱ49–50ȱ

Konzernlageberichtȱȱ232ȱ

Interessenȱȱ20ȱ

Konzernobergesellschaftȱȱ330ȱ

Interessengruppenȱȱ18–19ȱ

Konzernsprecherausschussȱȱ300ȱ

Interessenvertretungskompetenzȱȱ68,ȱ 334ȱ InvestorȬRelationsȱȱ189ȱ

Koordinationskompetenzȱȱ130ȱ Kreditgeberȱȱ40ȱ Kundenȱȱ20ȱ Kündigungȱȱ293,ȱ302ȱ Kündigungsschutzȱȱ56ȱ Kündigungsschutzgesetzȱȱ297ȱ

Index

385

Lȱ Lageberichtȱȱ89,ȱ214–15ȱ Leitungskompetenzȱȱ68ȱ Leitungsmodellȱȱ66–67ȱ Leitungsmodell,ȱDualistischesȱȱȱ 68–69,ȱ80,ȱ201ȱ Leitungsmodell,ȱMonistischesȱȱȱ 69,ȱ70,ȱ237–38ȱ Leitungsperspektiveȱȱ23ȱ Lieferantenȱȱ20ȱ

Mittelstandȱȱ111ȱ MittelstandsȬAGȱȱ110ȱ Mitwirkungsrechtȱȱ288–89,ȱ292–95ȱ MoMiGȱȱSieheȱGesetzȱzurȱ ModernisierungȱdesȱGmbHȬ RechtsȱundȱzurȱBekämpfungȱvonȱ Missbräuchenȱ MontanȬMitbestGȱȱSieheȱMontanȬ Mitbestimmungsgesetzȱ MontanȬMitbestGErgGȱȱSieheȱ MontanȬMitbestimmungsȬ

Liquiditätȱȱ146–47ȱ LoiȱdeȱSécuritéȱFinancièreȱȱ224ȱ Luxemburgȱȱ69–70ȱ



Ergänzungsgesetzȱ Montanmitbestimmungȱȱ307,ȱ317–28ȱ MontanȬMitbestimmungsȬ Ergänzungsgesetzȱȱ262,ȱ310,ȱ328ȱ MontanȬMitbestimmungsȬ

Machtȱȱ19,ȱ21,ȱ28–29ȱ MakeȬorȬbuyȱȱ63ȱ Managementȱȱ28–29ȱ

Fortgeltungsgesetzȱȱ262,ȱ320–21ȱ MontanȬMitbestimmungsgesetzȱȱ261,ȱ 310ȱ

Managementkapazitätȱȱ112ȱ

Montanquoteȱȱ330,ȱ333ȱ

Managerialismusȱȱ23ȱ

MontanȬUnionȱȱ318ȱ

Minderheitenrechtȱȱ199–200ȱ MiniȬGmbHȱȱ108ȱ Mitarbeiterȱȱ20ȱ MitbestGȱȱSieheȱ Mitbestimmungsgesetzȱ Mitbestimmungȱȱ45–46,ȱ56,ȱ120–21,ȱ 304ȱ Mitbestimmung,ȱGeschichtlicheȱ

Nȱ Namensaktieȱȱ56ȱ Nationalversammlungȱȱ259ȱ Negativklauselȱȱ35ȱ NichtȱgeregelterȱFreiverkehrȱȱ219ȱ NominatingȱCommitteeȱȱ73–74ȱ

Entwicklungȱȱ259–63ȱ



Mitbestimmung,ȱParitätischeȱȱ307–8,ȱ 310–11ȱ Mitbestimmungsergänzungsgesetzȱȱ 184ȱ Mitbestimmungsgesetzȱȱ184,ȱ263,ȱ 307–8ȱ Mitbestimmungsrechtȱȱ288–89,ȱȱ 289–92,ȱ301ȱ

OHGȱȱSieheȱHandelsgesellschaft,ȱ Offeneȱ Opportunismusȱȱ51ȱ Ordnungskompetenzȱȱ131ȱ

386

Index

Pȱ Personalbeschaffungȱȱ291–92ȱ

Risikofrüherkennungssystemȱȱ244ȱ Risikomanagementȱȱ231–32ȱ

Personalfragebogenȱȱ291ȱ



Personalinformationssystemȱȱ291ȱ Personalmanagementȱȱ293ȱ

Sachdividendeȱȱ244ȱ

Personalrichtlinieȱȱ291–92ȱ

Sanierungsplanȱȱ149ȱ

Personalvertretungsgesetzȱȱ262ȱ

SarbanesȬOxleyȬActȱȱ224ȱ

Personengesellschaftȱȱ212–13ȱ

SatzungȱeinerȱAktiengesellschaftȱȱ

Persönlichkeitsstrukturȱȱ171ȱ Präsidialausschussȱȱ163,ȱ182–83,ȱ242,ȱ

310–11ȱ Satzungsänderungȱȱ139ȱ Satzungsstrengeȱȱ113ȱ

314ȱ privateȱlimitedȱcompanyȱȱ108ȱ

Schuldrechtȱȱ146ȱ

Privatvermögenȱȱ100–101ȱ

Schwedenȱȱ69–70ȱ

ProxyȬStimmeȱȱ72,ȱ77ȱ

Schweizȱȱ69ȱ

Prozessinnovationȱȱ291ȱ

Selbstorganschaftȱȱ98ȱ

Prüfungsauftragȱȱ203ȱ

Selbstprüfungsverbotȱȱ245–46ȱ

Prüfungsausschussȱȱ83–84ȱ

ShareholderȱMeetingȱȱ70,ȱ71–72ȱ

Prüfungsberichtȱȱ204ȱ

ShareholderȬPerspektiveȱȱ22ȱ

Publikumsgesellschaftȱȱ179ȱ

SocietasȱEuropaeaȱȱ116–17ȱ

Publizitätȱȱ212ȱ

Sozialplanȱȱ155ȱ Spezifitätȱȱ51,ȱ62ȱ

Rȱ Rationalisierungsvorhabenȱȱ286ȱ Rationalitätȱȱ50–51ȱ Realtypȱȱ170–71,ȱ201ȱ Rechnungslegungȱȱ212ȱ Rechtsfähigkeitȱȱ98ȱ Rechtsformȱȱ92–93,ȱ212,ȱ309–10ȱ Rederechtȱȱ189,ȱ197–98ȱ Redezeitȱȱ189ȱ Registerpublizitätȱȱ214ȱ RegulierterȱMarktȱȱ219ȱ Ressortkonfliktȱȱ40–41ȱ Resultatskontrolleȱȱ59–60ȱ Richtlinienkompetenzȱȱ130–31ȱ Risikoȱȱ37,ȱ41,ȱ232ȱ Risikoberichterstattungȱȱ231–32ȱ

Spitzenverfassungȱȱ66–67ȱ SprAuGȱȱSieheȱ Sprecherausschussgesetzȱ Sprecherausschussȱȱ159,ȱ299ȱ Sprecherausschussgesetzȱȱ263,ȱȱ 295–96ȱ Sprecherausschussvorsitzenderȱȱ299ȱ Staatȱȱ20ȱ Staatsverfassungȱȱ3ȱ StakeholderȬKonzeptȱȱ24ȱ Stammaktieȱȱ81–82ȱ Stammkapitalȱȱ113ȱ Standortentscheidungȱȱ66–67ȱ StewardshipȬTheorieȱȱ60–61ȱ Stiftungȱȱ305ȱ StilllegungȱvonȱBetriebenȱȱ286ȱ

Index

387

Stimmenübertragungȱȱ72ȱ

Unternehmensleitungȱȱ31ȱ

Stimmrechtȱȱ198ȱ

Unternehmenspublizitätȱȱ210ȱ

Stimmrechtsausschlussȱȱ198ȱ

Unternehmergesellschaftȱȱ108–9ȱ

Stimmrechtsbeschränkungȱȱ56ȱ

Urwahlȱȱ313ȱ

Streikrechtȱȱ56ȱ



Strukturwandelȱȱ333ȱ



Vereinȱȱ305ȱ Vereinbarungslösungȱȱ280ȱ

TabaksblatȱReportȱȱ224ȱ

Verfahrenskontrolleȱȱ59–60ȱ

Tagesordnungȱȱ187–88ȱ

Verfassungȱȱ2–3ȱ Funktionȱderȱȱ4ȱ

Thesaurierungȱȱ37ȱ TopȬManagementȱȱ20ȱ

Verfügungsrechteȱȱ55–56ȱ

TorishimariyakuȬKaiȱȱ69ȱ

Vergütungȱȱ238ȱ

Transaktionskostenȱȱ61–62ȱ

Vergütungssystemȱȱ242ȱ

TrueȬandȬFairȬViewȬPrinzipȱȱ237–38ȱ

Verhandlungsgremium,ȱBesonderesȱȱ

TrusteeȬFunktionȱȱ73–74ȱ

280ȱ VerlegungȱvonȱBetriebenȱȱ286ȱ

Uȱ Überschuldungȱȱ146,ȱ151–52ȱ Überwachungskompetenzȱȱ166ȱ ULAȱȱSieheȱUnionȱderȱleitendenȱ Angestelltenȱ UMAGȱȱSieheȱGesetzȱzurȱ

Vermittlungsausschussȱȱ316,ȱ325ȱ Versammlungȱderȱleitendenȱ Angestelltenȱȱ300ȱ Verschwiegenheitspflichtȱȱ167ȱ Versicherungsvereinȱaufȱ Gegenseitigkeitȱȱ304ȱ

Unternehmensintegritätȱȱ

Verwaltungsratȱȱ69ȱ

undȱModernisierungȱdesȱ

Vorstandȱȱ55–56,ȱ87,ȱ128–29,ȱ305–6,ȱ

Anfechtungsrechtsȱ

308–9,ȱ316ȱ

Umsatzerlösȱȱ213ȱ

Vorstandsbezügeȱȱ164ȱ

Umweltschutzȱȱ285,ȱ286ȱ

Vorstandsvorsitzenderȱȱ129–30ȱ

UnionȱderȱleitendenȱAngestelltenȱȱ

Vorzugsaktieȱȱ56,ȱ81–82,ȱ126,ȱ198ȱ

296ȱ



Unsicherheitȱȱ62ȱ Unternehmenȱȱ266–67ȱ

WahlȱdesȱAufsichtsratesȱȱ312–13ȱ

Unternehmensfusionȱȱ27–28ȱ

Wahlkampfȱȱ269–70ȱ

Unternehmensgrößeȱȱ212,ȱ266–67,ȱ

Wahlordnungȱȱ313ȱ

331ȱ Unternehmensgrundsätzeȱȱ15–16ȱ Unternehmenskriseȱȱ55–56ȱ

Wahlorganȱȱ324ȱ Wahlvorschriftȱȱ334ȱ

388

Index



WeiteresȱMitgliedȱimȱAufsichtsratȱȱ 322ȱ Wertschöpfungȱȱ38–39ȱ Wirtschaftsausschussȱȱ281–82,ȱȱ 286–88ȱ

Zahlungsunfähigkeitȱȱ146,ȱ151–52ȱ Drohendeȱȱ146ȱ Zeitpräferenzȱȱ41ȱ Zieleȱȱ18–19ȱ Zulassungsstelleȱȱ219ȱ Zwischenberichterstattungȱȱ237ȱ

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