Travail national - Nationale Arbeit: Die handelspolitische Gesetzgebung in Frankreich und Deutschland vor dem Hintergrund der Debatte über Freihandel und Schutzzoll 1818-1892 [1 ed.] 9783428504404, 9783428104406

Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die vergleichende Darstellung der handelspolitischen Gesetzgebung und ihrer ideen

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Travail national - Nationale Arbeit: Die handelspolitische Gesetzgebung in Frankreich und Deutschland vor dem Hintergrund der Debatte über Freihandel und Schutzzoll 1818-1892 [1 ed.]
 9783428504404, 9783428104406

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JENS-PETER HORNBOGEN

Travail national- Nationale Arbeit

Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht Herausgegeben von Thomas Oppermann in Gemeinschaft mit Heinz-Dieter Assmann, Burkhard Heß Kristian Kühl, Hans v. Mangoldt Wernhard Möschel, Martin Nettesheim Wolfgang Graf Vitzthum sämtlich in Tübingen

Band 58

Travail national - Nationale Arbeit Die handelspolitische Gesetzgebung in Frankreich und Deutschland vor dem Hintergrund der Debatte über Freihandel und Schutzzoll 1818 - 1892

Von Jens-Peter Hornbogen

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme

Hornbogen, Jens-Peter:

Travail national- nationale Arbeit : die handelspolitische Gesetzgebung in Frankreich und Deutschland vor dem Hintergrund der Debatte über Freihandel und Schutzzoll 1818-1892 I von Jens-Peter Hornbogen.Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht ; Bd. 58) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-428-10440-4

D21 Alle Rechte vorbehalten

© 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7654 ISBN 3-428-10440-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

.,Ich halte es eher mit Faulkner, der sagt: ,Das Vergangene ist niemals tot, es ist nicht einmal vergangen' - und zwar aus dem einfachen Grund, weil die Welt, in der wir leben, in jedem Augenblick auch die Welt der Vergangenheit ist; sie besteht aus den Zeugnissen und Überresten dessen, was Menschen im Guten wie im Schlechten getan haben; ihre Fakten sind immer das, was geworden ist (wie es die lateinische Herkunft jenes Begriffs andeutet: fieri factum est). Mit anderen Worten, es ist wahrhaftig so, daß uns die Vergangenheit heimsucht; es ist die Funktion der Vergangenheit, uns Lebende nicht loszulassen, die wir in der Welt, so wie sie wirklich ist, leben wollen, das heißt in einer Welt, die zu dem, was sie jetzt ist, geworden ist." Hannah Arendt

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Juli 2000 von der Juristischen Fakultät der Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Für die Anregung zu dem Thema sowie für die mannigfache Unterstiitzung danke ich meinem Doktorvater, Herrn. Prof. Dr. Dr. h. c. Knut Wolfgang Nörr. Den größten Teil der Quellenbasis für den französischen Teil der Arbeit konnte ich während eines Forschungsaufenthalts an der französischen Nationalbibliothek, Paris, zusammentragen, der durch ein Stipendium der Fritz Thyssen Stiftung, Köln, ermöglicht wurde. Einen nicht unerheblichen Anteil am erfolgreichen Abschluß haben auch meine beiden "Arbeitgeber" in den Jahren 1997 bis 1999, Herr Rechtsanwalt Dr. Dirk Gunst und Herr Prof. Dr. Wernhard Möschel, die mir stets den nötigen Freiraum für die Arbeit an der Dissertation gewährt haben. Für das Korrekturlesen in der turbulenten Endphase habe ich meinen Freund(-inn)en Anja Gattnar, Frank Zwicker und Reinhard Marek zu danken. Vielfältige moralische Unterstiitzung habe ich von meiner Frau Andrea sowie von meinen Freunden Florian Feucht und Gundhard Racki erhalten. Tübingen, im Oktober 2001

Jens-Peter Hornbogen

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

1. Teil Die Durchsetzung des Freibandeis

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A. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

I. Wissenschaft . .. . . . .. . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

1. Freihändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . .. . . . . . .. . . .. . . . .

18

a) Frederic Bastiat (1801-1850) . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . .

18

b) Michel Chevalier (1806-1879) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

2. Protektionisten- Louis Say (1774-1840) . . . . .. . . . .. .. .. . .. . .. .. . . . . . . . . . . ..

29

Il. Interessengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

1. Freihändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

2. Protektionisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

a) Die Entwicklung der Interessengruppen in der Freihandelsära . . . . . . . . . . . . .

38

b) Das Konzept des "Schutzes der nationalen Arbeit" (defense du travail national) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

3. Arbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

4. Landwirtschaft

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III. Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

1. Die Ursprünge des Schutzsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

2. Beibehaltung des Schutzsystems unter der Juli-Monarchie und der II. Republik.. . .. .. ... . .......... . ... . ............ . ....... . .................... .. .. . ..

54

3. Der Beginn der Liberalisierung im 2. Kaiserreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

10

Inhaltsverzeichnis a) Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen

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b) Zollsenkungen im industriellen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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c) Senkung der Zölle auf Nahrungsmittel und Konsumgüter . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

4. Der Durchbruch zum Freihandel: Der Handelsvertrag von 1860 . . . . . . . . . . . . . .

67

a) Das wirtschaftspolitische Programm Napoleons III. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

b) Der Inhalt des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

c) Die Zielsetzungen der Unterhändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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d) Die Festlegung des Vertragstarifs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

5. Der Ausbau des Reformsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

a) Die weiteren Reduzierungen des allgemeinen Tarifs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

b) Die Ausdehnung des Vertragstarifs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Deutschland . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .

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I. Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Freihändler- John Prince-Smith (1809-1874)..... . .................. . .. . . ..

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2. Protektionisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

a) Friedrich List (1789-1846) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

b) Friedrich Benedikt Wilhelm v. Hermann (1795-1868) . . . . . . . . . . .. . .. .. . .

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II. Interessengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Freihändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

a) Die Freihändler im Vormärz und in der Revolution von 1848 . . . . . . . . . . . . .

84

b) Der Kongreß deutscher Volkswirte . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . .

88

2. Protektionisten . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

a) Der Deutsche Handels- und Gewerbsverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

b) Der Allgemeine deutsche Verein zum Schutze der vaterländischen Arbeit .

93

c) Industriellenverbände der fiinfziger und sechziger Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

3. Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Arbeiter . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .

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11

Inhaltsverzeichnis

Illo Gesetzgebung

100

I. Das preußische Zollgesetz von 1818 .. .......... .. .. .... .. ...... ............ 0 101

a) Das Zollgesetz als Teil der preußischen Reformen oooooo000•• ooooooooooooo 101 b) Die Ausgangslage 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000 101 c) Die Vorbereitung des Gesetzes .. o.. o.... oo0 o ooo 00 0 00

d) Der Inhalt des Gesetzes vom 260 Mai 1818 e) Bewertung

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000 00.... 108 00

20 Der preußische Tarif bis zur Gründung des Zollvereins 000000o0. 00. o. ooooo0000 109 30 Der Zollvereinstarif bis zum Abschluß des Handelsvertrages von 1862 o0oo000 110 a) Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen 000000000000000000000000000000 110 b) Zollgesetzgebung und Tarifpolitik in der Gründungsphase ( 1834- 1838) 00 111 c) Protektionistische Tendenzen in den vierziger Jahren 000000000000000000000 112 d) Stagnation und Krise in den fünfziger Jahren 00000000000000000000000000000 115

40 Der Handelsvertrag mit Frankreich von 1862 o

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ooo oo.. 117 00

a) Der Ablauf der Verhandlungen 0000000000000000000000 0000000000000000000 117 00

b) Derinhalt des Vertrages

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0000 00 0 118 00

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c) Der Vertrag im preußischen Abgeordnetenhaus 00000000000000. 000000000000 119 d) Die Reaktionen der anderen Zollvereinsstaaten 000000000000000000000000000 124

5o Die Fortsetzung der Reformpolitik bis zur Reichsgründung 000000000000000000 130 a) Die institutionelle Reform des Zollvereins von 1867 0000000000000000000000 130 b) Die Freihändler in der Exekutive

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0 130

c) Die Haltung der Parteien und Gruppierungen im Zollparlament 00000000000 131 d) Fortsetzung der Freihandelspolitik 1868-1870

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132

60 Die Freihandelspolitik nach der Reichsgründung 00000000000000000000000000000 136 a) Die verfassungsrechtlichen Vorgaben

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136

b) Der Höhepunkt der Freihandelspolitik: Die Tarifreform von 1873 000000000 136

Zusammenfassung I. Teil

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00 140

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Inhaltsverzeichnis 2. Teil

Die Rückkehr zum Protektionismus

144

A. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 I. Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

1. Protektionisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

a) Henry Charles Carey (1793 -1879) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) GustavSchrnoller(l838-1917) . ........... . .. . .... . ............ .. . . .. . .. 147 2. Freihändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 li. Interessengruppen

152

1. Protektionisten

152

2. Freihändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Landwirte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 4. Sozialdemokraten

162

III. Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Erste Anzeichen für die Abkehr von der Freihandelspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Bismarcks Schreiben an den Bundesrat vorn 15. 12. 1878 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 3. DerTarifvon1879 ........ . ....... . ..... .. ... . ... . ......... . ...... .. .. . .... . 167 a) Haltung der einzelnen Parteien/Gruppen von Abgeordneten . . . . ..... . . .. . 167 b) Gesetzentwurf...... . ... . .............. . . . ..... . .. . .............. .. .. .. .. . 167 c) Die Änderungen des Entwurfs während der parlamentarischen Beratungen 169 4. Fortführung der nationalistischen Handelspolitik in den achtziger Jahren . . . . . 172 B. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 I. Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Protektionisten - Paul Cauwes ( 1843 - 1917) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

2. Freihändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

Inhaltsverzeichnis

13

II. Interessengruppen

180

I . Protektionisten

180

2. Freihändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 3. Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . .. . . . .. . .. . .. 186 4. Arbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 III. Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 I. Die ersten Angriffe auf das Freihandelssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

a) Die Interpellation von 1868 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Die Reformversuche der Regierung Thiers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 2. Die Reformen von 1881 I 1882 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Die Enquete des Handelsministeriums in den Jahren 1875/1876. . .. . . . . . . 197 b) Der Regierungsentwurf . . .. . . . . . . . .. . . .. . . . . . .. . . .. . . .. . .. . . .. . . . . .. . . .. . . 199 c) Der Kommissionsentwurf .. .. . . .. .. . . .. . .. . . .. . .. . . . .. . .. . . .. . .. . .. . . .. . . 20 I d) Die Generaldiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 e) Der Gesetzentwurf vor dem Senat .. . .. . .. . . .. . . . .. . . .. .. .. .. . . . . . .. .. . .. . 205 t) Die Neuauflage des Vertragssystems. . . .. . . . . . . . . .. . . .. . ... ... .. . . .. . . .. .. 206 3. Die Erhöhung der Landwirtschaftszölle 1884-1887 ............... . .... . ... . 207 4. DerTarifvon 1892 (Meline-Tarit) ............ .. .. .. .................... .. .. . 208 a) Der Regierungsentwurf ... ......... . ... .... . ... . . .. . ... . ........ . ... . ... . . 208 b) Der Kommissionsentwurf . ........... .. .. ... ....................... . .. .. . 210 c) Generaldiskussion in der Chambre des deputes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 d) Diskussion im Senat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Zusammenfassung 2. Teil ... .. .. ... .. . ...... ... .. .. .. ... . ....... . .... ... ........ . .. . .. . 213 Quellen- und Literaturverzeichnis ............... .. ....................... . ... .. . .. .. 216 Sachverzeichnis .. . . .. . . . .. . . . .. .. . . .. . . . .. .. . . . .. .. . .. . . .. . .. .. .. . . .. . . .. . . .. . . . .. . .. . 223

Einleitung Der Begriff .,Schutz der nationalen Arbeit" steht in der deutschen Geschichtswissenschaft vor allem für den grundlegenden wirtschaftspolitischen Kurswechsel, den Bismarck Ende der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts einleitete. Dieser Umschwung wird allgemein als Abkehr vom wirtschaftlichen Liberalismus und Hinwendung zum staatlichen Interventionismus beschrieben. 1 Im Zentrum der neuen Politik stand die Einführung eines alle interessierten Wirtschaftsbereiche umfassenden Schutzzollsystems. Im gleichen Zusammenhang werden aber auch die Bemühungen Bismarcks um die Verstaatlichung des Eisenbahn- und Kanalnetzes, die Einrichtung von Staatsmonopolen und nicht zuletzt die Sozialgesetzgebung genannt. In allen diesen Bereichen wurde der Begriff ,,Nationale Arbeit" gebraucht, um die Bedeutung der Nation als wirtschaftliche und nicht bloß politische Interessengemeinschaft hervorzuheben. Das Verständnis der Nation als Wirtschaftsgemeinschaft legte auch eine Neudefinition des Verhältnisses von Staat und Wirtschaft nahe. Der Staat konnte als Sachwalter der Interessen der ,,Nationalen Arbeit" auftreten und so die Ausdehnung seiner Tätigkeit rechtfertigen. Die Ursprünge des Begriffs gehen auf die handelspolitischen Auseinandersetzungen während der europäischen Freihandelsära zurück. In Großbritannien hatte sich mit dem Komzollgesetz von 1846 erstmals der Freihandel als Prinzip durchgesetzt. Nach dem Vorbild der britischen Anti Corn Law League wurden daraufhin auch in Frankreich Freihandelsvereine ins Leben gerufen. Hierauf reagierten die am bestehenden Schutzzollsystem interessierten Industriellen mit der Gründung von Associations pour Ia detense du travail national. Den Protektionisten gelang es zunächst, die Angriffe auf das Schutzsystem abzuwehren. Erst nach dem Staatsstreich Napoleons III. im Jahre 1851 fand das Freihandelsprinzip Eingang in die Gesetzgebung. Der endgültige Durchbruch erfolgte mit dem Abschluß des britisch-französischen Handelsvertrages von 1860. In den sechziger Jahren wurde Frankreich durch den Abschluß weiterer Handelsverträge zum Zentrum eines europäischen Freihandelssystems. Auch in Deutschland entstanden in den vierziger Jahren Freihandelsvereine und Schutzzöllnerische Interessengruppen. Hervorzuheben sind der "Berliner Freihandelsverein" und der ,,Allgemeine deutsche Verein zum Schutze vaterländischer Arbeit". Beide organisierten 1848/1849 eine Kampagne von Petitionen an die Frankfurter Nationalversammlung. Im Laufe der sechziger Jahre setzte sich auch in Deutschland das Freihandelsprinzip weitgehend durch. 1862/1865 schlossen sich I

Huber, Bd. 4, S. 986; Rosenberg, S. 80; Gall, S. 78 f.

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Einleitung

Preußen und der Zollverein dem französischen Vertragssystem an. 1873 beschloß der Reichstag die völlige Abschaffung der Eisenzölle bis zum Jahre 1877. Der scharfe Konjunktureinbruch, der nach dem Wiener Börsenkrach von 1873 den Wirtschaftsboom der Gründerjahre beendete, gab den Protektionisten neuen Auftrieb. 1876 entstand mit dem Zentralverband deutscher Industrieller zum Schutze nationaler Arbeit der bis dahin schlagkräftigste wirtschaftliche Interessenverband. Gestützt auf eine Koalition aus konservativen Agrariern und Interessenvertretern der Industrie gelang es Bismarck, mit dem Tarif von 1879 eine zollpolitische Wende zurück zum Protektionismus einzuleiten. In Frankreich wurden in den siebziger Jahren ebenfalls neue protektionistische Vereinigungen gegründet, die den "Schutz der nationalen Arbeit" auf ihre Fahnen schrieben. An ihrer Spitze standen die Association de l'industrie fran~aise und die Societe des agriculteurs de France. Mit dem Tarif von 1881 wurde dann auch hier die Rückkehr zum Schutzzollsystem eingeleitet, die 1892 mit dem sogenannten "Meline-Tarif' abgeschlossen war. Eine wissenschaftliche Fundierung hat das Konzept des "Schutzes der nationalen Arbeit" nie erfahren. Wohl aber bedienten sich die protektionistischen Interessenvertreter in ihrer Argumentation einzelner Versatzstücke wirtschaftswissenschaftlicher Theorien. Bei den Freihändlern stand dagegen die Umsetzung der theoretischen Erkenntnisse der klassischen Nationalökonomie klar im Vordergrund. Dies hinderte sie freilich nicht daran, im Hinblick auf die praktische Durchsetzbarkeit ihrer Ziele im Einzelfall Zugeständnisse an verschiedene Interessengruppen zu machen. Der Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist es, die Entwicklung der handelspolitischen Gesetzgebung in Frankreich und Deutschland darzustellen und einen historischen Vergleich zwischen beiden Ländern zu ziehen. Dabei sollen die wirtschaftspolitischen Konzepte aufgezeigt werden, die für die Gesetzgebung bestimmend waren. Das Hauptaugenmerk liegt auf der "Karriere" der Schutzzöllnerischen Parole von der "Nationalen Arbeit". Die freihändlerischen Gegenmodelle werden als Bezugspunkte der protektionistischen Argumentation ebenfalls ausführlich dargestellt. Über ihre Aussagen zur Handelspolitik hinaus sollen die Stellungnahmen der Freihändler und der Schutzzöllner schließlich auch auf ihr allgemeines Verständnis des Verhältnisses von Staat und Wirtschaft untersucht werden. Insgesamt versteht sich die Arbeit damit als ein Beitrag zur Geschichte der Wirtschaftsverfassung.Z Der Zeitraum der Untersuchung erstreckt sich vom Beginn der Freihandelsära, der Aufhebung der britischen Kornzölle, bis zur endgültigen Rückkehr zum Schutzprinzip in Frankreich. Dem Kapitel über die deutsche Gesetzgebung ist ein Abschnitt über die Entstehungsgeschichte des preußischen Zollgesetzes von 1818 vorangestellt, da die darin niedergelegten Grundsätze bis zum Abschluß des Han2

Zum weiteren Zusammenhang vgl. Nörr; S. 437.

Einleitung

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delsvertrages von 1862/1865 und auch noch darüber hinaus in der freihändlerischen wie in der Schutzzöllnerischen Argumentation eine wichtige Rolle spielten. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich primär auf den handelspolitischen Aspekt der Zollgesetzgebung; gelegentliche Ausblicke auf die Finanzpolitik sind jedoch wegen des engen Sachzusammenhangs unvermeidbar. Grundsätzlich sind Finanz- und Schutzzölle zu unterscheiden. Unter Finanzzöllen versteht man solche Zölle, die der Einnahmeerzielung dienen. Hier kommt es aus der Sicht des Gesetzgebers an erster Stelle auf den optimalen Ertrag an; im Einzelfall sind allenfalls noch sozialpolitische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Schutzzölle sind dagegen auf die Eindämmung der Einfuhr solcher Waren gerichtet, die im Inland produziert werden oder aber nach der Intention des Gesetzgebers produziert werden sollen. Überschneidungen ergeben sich dort, wo Schutzzölle zugleich der Einnahmeerzielung dienen. In diesem Fall ziehen handelspolitisch motivierte Tarifänderungen Konsequenzen für das gesamte Gefüge der staatlichen Einnahmen nach sich. Die Akteure der Handelspolitik mußten daher in vielen Fällen auch finanzpolitische Erwägungen anstellen. Erklärungsbedürftig ist auch der Begriff der Differentialzölle. Er wird in der zeitgenössischen Literatur und auch in der vorliegenden Arbeit in zwei verschiedenen Bedeutungen verwendet. In der französischen Diskussion verstand man hierunter die Bevorzugung der eigenen Handelsmarine durch den Zolltarif. Für die Einfuhr von Waren auf französischen Schiffen galten niedrigere Sätze als für die auf Schiffen von Drittstaaten. In Deutschland sprach man von einem Differentialtarif dagegen auch im Zusammenhang mit Handelsverträgen. In der Freihandelsära war es gängige Praxis, den Tarif, der in einem Handelsvertrag vereinbart worden war, im Wege der autonomen Gesetzgebung auf die Beziehungen mit sämtlichen anderen Staaten auszudehnen. Geschah dies nicht, entstand ein Differentialtarif, das heißt die Höhe des Einfuhrzolls war je nach Herkunftsland unterschiedlich. Das klassische Beispiel hierfür ist der Handelsvertrag mit Österreich von 1853. Von diesen handelspolitischen Erscheinungen abzugrenzen sind schließlich noch die Differentialtarife bei den Eisenbahnen. Hierbei handelte es sich um die Bevorzugung des grenzüberschreitenden Verkehrs gegenüber dem inländischen bei der Festsetzung der Frachttarife. Gegen diese Praxis wandte sich vor allem in Deutschland die Schutzzöllnerische Agitation.

2 Hornbogen

1. Teil

Die Durchsetzung des Freihandels A. Frankreich I. Wissenschaft

1. Freihändler

a) Frederic Bastiat (1801-1850) Frederic Bastiat kann als die herausragende Persönlichkeit der freihändlerisch gesinnten Wissenschaftler der vierziger Jahre gelten. Der in Bayonne geborene Bastiat stammte aus einer Kaufmannsfamilie. 3 Nach seinem Schulabschluß ging er zunächst ebenfalls dem Kaufmannsberuf nach, bis er 1825 das Landgut seines Großvaters erbte. Nach der Julirevolution 1830 übte er in seiner Heimat, dem Departement des Landes, das Amt eines Friedensrichters aus. Schon in jungen Jahren las Bastiat die Werke von Jean-Baptiste Say und Charles Comte. Bedeutenden Einfluß sollen auch die populären Schriften Benjamin Franklins in dessen "Poor Richard's Almanack"4 auf ihn ausgeübt haben. 5 Den entscheidenden Anstoß zu seiner publizistischen Tätigkeit erhielt er jedoch erst mit über vierzig Jahren von der britischen Anti Corn Law League unter ihren charismatischen Führern Richard Cobden und lohn Bright. Die Entwicklung dieser Bewegung verfolgte er in der britischen Zeitung "Globe", die er eigens über Paris abonniert hatte. Im Oktober 1844 veröffentlichte das ,,Journal des economistes" einen Artikel Bastiats mit dem Titel "De l'influence des tarifs fram;ais et anglais sur l'avenir des deux peuples", der großes Aufsehen erregte. 6 In dem Pamphlet verglich Bastiat die neue Handelspolitik der englischen Regierung unter Sir Robert Peel mit der hergebrachten französischen. Aufgrund einer ausführlichen Analyse kam er zu dem Schluß, daß Frankreich wirtschaftlich unweigerlich gegenüber Großbritannien ins Hintertreffen gerate, wenn es die Herausforderung nicht annehme und an dem bestehenden 3 Zur Biographie vgl. de Foville, A., Bastiat, in: Chailley/Say (Hrsg.), Bd. I, S. 170 ff.; Reybaud, S. 108 ff.; Gide/Rist, S. 371 ff.; Doering, S. 14 ff. 4 Franklin gab den Almanach zwischen 1733 und 1758 heraus. In seinen Beiträgen popularisierte er die bürgerlichen Tugenden der Sparsamkeit, des Fleißes und der Anpassungsfähigkeit. Max Weber dienten diese Schriften als Beleg für den Zusammenhang zwischen den puritanischen Tugenden und dem Frühkapitalismus, Kindlers Literaturle.xikon, S. 10157 f. 5 Gide/ Rist, S. 371. 6