Transformationen paganer Religion in der römischen Kaiserzeit: Rahmenbedingungen und Konzepte 3110559544, 9783110559545, 9783110561036

Am 19. und 20.02.2015 fand in Münster die Tagung 'Transformationen paganer Religion in der Kaiserzeit. Konzepte – O

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Transformationen paganer Religion in der römischen Kaiserzeit: Rahmenbedingungen und Konzepte
 3110559544, 9783110559545, 9783110561036

Table of contents :
Michael Blömer und Benedikt Eckhardt / Transformationen paganer Religion in der Kaiserzeit: Probleme und Perspektiven 1
Urs Wohlthat / Kaiser und 'Bubastiacae': Netzwerke als Teil sozio-religiöser Transformationen. Prolegomena zur Interdependenzforschung in den Orientalischen Kulten 21
Benedikt Eckhardt und Andrew Lepke / Mystai und Mysteria im kaiserzeitlichen Westkleinasien 39
Michael Blömer / Zu Ikonographischen Austauschprozessen translokaler Kulte in der römischen Kaiserzeit 81
Benedikt Eckhardt / 'Religionis causa'? Zur rechtlichen Lage der Vereine 'fremder' Götter in der römischen Kaiserzeit 113
Meret Strothmann / Überlegungen zum Feriale Cumanum. Zur kommunikativen Nähe einer mittelitalischen Inschrift zur Herrschaft des Augustus 153
Marlis Arnhold / Republikanische Heiligtümer im kaiserzeitlichen Rom 175
Klaus Zimmermann / 'Small Gods'? Transformationen griechischer Religiosität im Spiegel kaiserzeitlicher Orakelpraxis 199
Jan N. Bremmer / Transformations and Decline of Sacrifice in Imperial Rome and Late Antiquity 215
Register
1. Moderne Autoren 259
2. Quellenregister 267
3. Namen, Orte, Sachen 277

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Transformationen paganer Religion in der römischen Kaiserzeit

Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten

Herausgegeben von Jörg Rüpke und Christoph Uehlinger

Band 72

Transformationen paganer Religion in der römischen Kaiserzeit Rahmenbedingungen und Konzepte Herausgegeben von Michael Blömer und Benedikt Eckhardt

ISBN 978-3-11-055954-5 e-ISBN (PDF) 978-3-11-056103-6 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-055964-4 ISSN 0939-2580 Library of Congress Control Number: 2018012829 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Vorwort der Herausgeber Am 19. und 20.02. 2015 fand in Münster die Tagung „Transformationen paganer Religion in der Kaiserzeit. Konzepte – Organisationsformen – Rechtliche Grundlagen“ statt. Die Idee dazu war im Rahmen des Habilitandenkollegs des Münsteraner Exzellenzclusters 212 „Religion und Politik“ entstanden, das während unserer gemeinsamen Zeit in Münster eine fruchtbare Plattform für interdisziplinären Austausch bot und in vorbildlicher Weise eigenständige Forschungsideen seiner Mitglieder förderte. Für uns bot das Habilitandenkolleg eine hervorragende Möglichkeit, unserem gemeinsamen Interesse an der Religion der römischen Kaiserzeit nachzugehen. Aus unterschiedlichen Richtungen kommend teilten wir das Gefühl, dass trotz der großen Zahl von Publikationen, die sich in den letzten 20 Jahren diesem Thema gewidmet haben, zentrale Fragen noch nicht hinreichend beantwortet waren bzw. noch nicht genug Beachtung gefunden haben. Als Defizite hatten wir etwa die häufig zu beobachtende Konzentration auf bestimmte Quellengattungen oder die Privilegierung von Fragen christlich-jüdischer Religion in Publikationen zum religiösen Wandel der römischen Kaiserzeit empfunden. Es erschien uns daher vielversprechend, ein Forum zu schaffen, in dem der intellektuelle Diskurs über Religion ebenso wie das epigraphische und archäologische Material Berücksichtigung finden und „pagane“ Kulte im Mittelpunkt stehen. Dank der großzügig gewährten finanziellen Unterstützung durch das Habilitandenkolleg des Exzellenzclusters 212 war es uns möglich, ein solches Forum zu schaffen und Spezialisten aus den Bereichen Klassische Archäologie, Alte Geschichte, Epigraphik und Religionswissenschaft in Münster zu versammeln. Der vorliegende Band versammelt die meisten der in Münster gehaltenen Vorträge. Ein besonderer Dank gilt Meret Strothmann und Urs Wohlthat, die zusätzliche Beiträge verfasst haben. Zu danken haben wir aber auch Christoph Auffarth, Andreas Bendlin und Miguel John Versluys, deren Vorträge hier nicht enthalten sind, für ihre wichtigen Diskussionsbeiträge. Bei Jörg Rüpke und Christoph Uehlinger möchten wird uns sowohl für die Aufnahme des Bandes in die Reihe der Religionsgeschichtlichen Versuche und Vorarbeiten als auch für die hilfreichen Kommentare bedanken. Bremen und Aarhus, Juni 2017

https://doi.org/10.1515/9783110561036-001

Inhalt Michael Blömer und Benedikt Eckhardt Transformationen paganer Religion in der Kaiserzeit: Probleme und Perspektiven 1 Urs Wohlthat Kaiser und Bubastiacae: Netzwerke als Teil sozio-religiöser Transformationen Prolegomena zur Interdependenzforschung in den Orientalischen 21 Kulten Benedikt Eckhardt und Andrew Lepke Mystai und Mysteria im kaiserzeitlichen Westkleinasien

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Michael Blömer Zu Ikonographischen Austauschprozessen translokaler Kulte in der römischen Kaiserzeit 81 Benedikt Eckhardt Religionis causa? Zur rechtlichen Lage der Vereine „fremder“ Götter in der römischen 113 Kaiserzeit Meret Strothmann Überlegungen zum Feriale Cumanum Zur kommunikativen Nähe einer mittelitalischen Inschrift zur Herrschaft 153 des Augustus Marlis Arnhold Republikanische Heiligtümer im kaiserzeitlichen Rom

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Klaus Zimmermann „Small Gods“? Transformationen griechischer Religiosität im Spiegel kaiserzeitlicher Orakelpraxis 199 Jan N. Bremmer Transformations and Decline of Sacrifice in Imperial Rome and Late Antiquity 215

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Inhalt

Register 259

1 Moderne Autoren 2 Quellenregister

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3 Namen, Orte, Sachen

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Michael Blömer und Benedikt Eckhardt

Transformationen paganer Religion in der Kaiserzeit: Probleme und Perspektiven 1 Von der Dekadenz zur Transformation Die Frage nach Veränderungsprozessen im „römischen Paganismus“¹ der Kaiserzeit ist wissenschaftsgeschichtlich eng mit den Versuchen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts verbunden, den Erfolg des Christentums historisch zu erklären. In diesem Zusammenhang entstand bekanntermaßen das Konzept der „orientalischen Religionen“, die als Gegenpol zur etablierten griechischen und römischen Religion gesehen wurden. Auf Grundlage der literarischen Quellen sowie der gerade in dieser Zeit ständig wachsenden Menge archäologischer und epigraphischer Zeugnisse sind damals diverse Kulte, deren Ursprung im Nahen Osten und Ägypten verortet worden war, als einheitliches Phänomen klassifiziert worden. Von der traditionellen griechischen und römischen Religion unterschieden sich diese Kulte vermeintlich durch eine deutliche soteriologische und eschatologische Ausrichtung, die sie wiederum in die Nähe des Judentums und des Christentums rückte. Diese Gruppe von Religionen konnte auf die sich wandelnden Bedürfnisse der Menschen reagieren, bot Emotionen, Spiritualität und Erlösung in einer sich verändernden und als zunehmend bedrohlich empfundenen Umwelt. Die klassischen Kulte in ihrer Erstarrung vermochten dies vermeintlich nicht. Der religionsgeschichtlichen Forschung galten sie als leere Hüllen, die kein echtes religiöses Empfinden mehr hervorrufen konnten. Die Genese dieses Axioms und die durchaus kontrovers geführten Debatten dieser Zeit, an denen neben dem in vieler Hinsicht maßgeblichen Franz Cumont zahlreiche Forscher verschiedener Konfessionen beteiligt waren, sind inzwischen mustergültig aufgearbeitet und historiographisch verortet worden.² Genauso gründlich ist inzwischen das Cumontsche Modell der „orientalischen Religionen“ dekonstruiert worden.³ Die von ihm unter diesem Begriff subsumierten Kulte erwiesen sich als weit weniger konsistent als behauptet, ihre chronologische Verortung und ihre Beziehung zum Orient stellten sich vielfach als falsch bzw. bereits  So im Titel von Cumont (1907).  Bendlin/Bonnet (2006); Bonnet/Van Haeperen (2009).  Die Literatur zu diesen Fragen ist Legion. Hier sei nur verwiesen auf die vorzüglichen Sammelpublikationen Bonnet/Rüpke/Scarpi (2006); Bonnet/Ribichini/Steuernagel (2007); Bonnet/ Pirenne-Delforge/Praet (2009); Bonnet/Bricault (2013). https://doi.org/10.1515/9783110561036-002

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in der Antike konstruiert heraus, und auch der unterstellte Heilsgedanke hat sich nicht konsistent bestätigen lassen. Vor allem aber ist gezeigt worden, dass diese Kulte in keinem dichotomischen Verhältnis zur offiziellen Religion standen, sondern nur innerhalb des Systems römischer Religion verstanden werden können. Dass zuletzt klassische Kategorien des Cumontschen Modells wie etwa die Emotion unter griechisch-römischen Vorzeichen wieder neu in die Forschung eingeführt worden sind, kann diesen forschungsgeschichtlichen Wandel illustrieren.⁴ An die Stelle einer durch den Transfer neuer religiöser Ideen von Ost nach West in Gang gebrachten Umwandlung und Ersetzung „erstarrter“ Religion ist daher die Vorstellung eines systemimmanenten Wandels getreten. Dass es in der Kaiserzeit zu Veränderungen kam, wird nicht bestritten; man denkt sie aber nicht mehr teleologisch, sondern kontingent, und spricht statt von Niedergang und Dekadenz eher von Transformation.⁵ Geeignet scheint der Transformationsbegriff vor allem, weil er neutral ist. Er bewertet die Prozesse des Wandels nicht und lässt offen, welche Akteure an ihnen beteiligt waren, welche Intentionen sie hatten oder mit welchen Praktiken sie verknüpft waren. Freilich birgt auch der Transformationsbegriff die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung – wenn man ihn nämlich so versteht, dass ein religiöses System von einem fixen Zustand A in einen Aggregatzustand B wechselt. Dies träfe auf die kaiserzeitliche Religion keineswegs zu; vielmehr liefen auf vielen Ebenen zugleich teils miteinander korrespondierende, teils völlig unverbundene Transformationsprozesse ab, die verschiedene Kulte und Konzepte zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlicher Weise betreffen konnten und auch in je eigener Weise ältere Formen integrierten. Unumgänglich erscheint daher der Plural „Transformationen“. Es handelt sich um ein Ensemble von Wandlungsprozessen mit unterschiedlichen Start- und Endpunkten, die allerdings gerade in der römischen Kaiserzeit in besonderer Weise sichtbar werden und teilweise miteinander interagieren. Dazu zählt die Transformation einzelner Kulte und religiöser Vorstellungen als Ergebnis eines verstärkten Austausches von religiösen Konzepten, Repräsentationsformen und Kultpraktiken innerhalb der Grenzen des römischen Reiches. Diese Phänomene sind seit längerem Gegenstand einer intensiven und fruchtbaren Debatte vor dem Hintergrund der post-colonial studies, die auf eine Konzeptualisierung religiöser

 Zur Emotion vgl. jetzt Chaniotis (2011); Chaniotis (2012); Chaniotis/Ducrey (2013).  Programmatisch wird der Begriff bereits im Titel von Bonnet/Bricault (2013) verwendet.

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Austauschprozesse im Römischen Reich abzielt.⁶ Derartige Entwicklungen sind zwar an sich nicht spezifisch für die römische Kaiserzeit, werden aber hier besonders stark sichtbar – was kaum ohne Berücksichtigung des durch die Reichskonsolidierung ermöglichten Mobilitätsschubs, womöglich gar der nun gelegentlich behaupteten Globalisierungsprozesse erklärt werden kann.⁷ Eine Wiederaufnahme der Frage, welchen Transformationsprozessen „pagane Religion“ – der Begriff wird hier als Reminiszenz an Cumonts Programm beibehalten⁸ – in ihren vielen Facetten in der Kaiserzeit unterworfen war, ist also unter gewandelten Vorzeichen möglich, denn das historische Problem bleibt bestehen. Sie kann aber nicht losgelöst von der historischen Realität des römischen Reichs, seiner Infrastruktur, seiner sozialen Beziehungsmodelle und seinen ideologischen Vorgaben betrieben werden.⁹ Dabei ist es wohl kein Zufall, dass derselbe forschungsgeschichtliche Wandel, der für die Religionsgeschichte festzustellen ist, auch das römische Reich selbst betrifft. Auch hier ist die Forschung spätestens in den 1990er Jahren von Dekadenzmodellen („decline and fall“) zum Transformationsbegriff übergegangen.¹⁰ Der mit einer gewissen Verzögerung vollzogene Anschluss der Religionsgeschichte an allgemeine historiographische Entwicklungen beinhaltet also eine Aufforderung: Viele Transformationen von Religion in der Kaiserzeit sind ohne die Berücksichtigung der Transformationen des Reiches nicht zu verstehen. Hier das richtige Maß zwischen allzu einfachen Kausalitätsbezügen und einer zu starken Fokussierung auf die Innenansicht von Religion zu finden, ist eine der vordringlichsten Aufgaben der nach-Cumontschen Religionsgeschichte des römischen Reiches.

 Verschiedene Modelle, diese Austauschprozesse neu zu fassen, sind entwickelt worden, vor allem unter dem Gesichtspunkt, das Romanisierungsparadigma zu überwinden; vgl. etwa Woolf (1997); Webster (2001); Hingley (2005); Hales/Hodos (2010); Versluys (2013).  Siehe dazu Pitts/Versluys (2015).  Dass der Begriff im christlichen Kontext vor allem pejorativ gebraucht worden ist und Einheitlichkeit unterstellt, wo Diversität zu beobachten ist, bedarf beim heutigen Stand der Debatte keiner näheren Erläuterung; siehe aber zu Geschichte und Praktikabilität des Begriffs Cameron (2011), 14– 32. Bei Cumont wie auch in diesem Band ist mit dem Begriff kein analytischer Anspruch verbunden; er drückt lediglich die Tatsache aus, dass Juden- und Christentum nicht Thema der hier versammelten Beiträge sind.  Das Fehlen jeglicher historischer Bezüge kennzeichnet dagegen etwa den Band von Rosenblum/Vuong/DesRosiers (2014).  Vgl. etwa Kagan (1992); Webster/Brown (1997); Mathisen/Shanzer (2011); ferner die Brill-Reihe „Transformation of the Roman World“. Dezidiert anders allerdings der neue britische Außenminister Johnson (2007), 198: „In the end, Rome fell. It was not a ‘transformation’. It was not an ‘evolution’. […] It was a political, economic and cultural disaster on an unparalleled scale, and quite without any compensations“.

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2 Trägerkreise und Verbreitungswege Gerade wenn an der Dichotomie zwischen lebendiger (neuer) und erstarrter (alter) Religion nicht mehr festgehalten werden soll, bedarf die Verbreitung religiöser Ideen und neuer Kulte in der Kaiserzeit einer neuen Erklärung. Wie konnten sich neue religiöse Ideen verbreiten, wenn die Vitalität der städtischen Kulte ungebrochen war? Die stärkere Berücksichtigung des historischen Kontexts legt dabei zunächst ganz praktische Fragen nahe: Man kann untersuchen, wie und auf welchen Wegen diese Verbreitung erfolgte, welche Akteure sie verantworteten und aus welchen Gründen sie das taten. Dabei ist – wiederum in Parallelentwicklung zur historischen Forschung zum Imperium Romanum – auch stärker als früher die Frage in den Blick zu nehmen, ob diese Ideen der Form nach einem einheitlichen Muster folgten und wenn ja, wie diese Einheitlichkeit erreicht und bewahrt wurde. Hinsichtlich der Vermittlung religiöser Ideen über große Distanzen wird häufig ein eher diffuses Bild von Soldaten und Beamten, reisenden Händlern, Sklaven und allgemein Migranten entworfen, die hinter ihrer Verbreitung vermutet werden. Dabei sind durchaus interessante Einzelbeobachtungen gemacht worden, vieles bleibt aber vage. Die erhöhte Mobilität und die Etablierung von Kultlokalen durch Migranten etwa führte keineswegs automatisch zur Ausbreitung von Kulten. Im Gegenteil blieben die meisten „nationalen“ Heiligtümer, ob in Rom oder in den Provinzen, nur für die Migrantengruppen (und deren Nachfahren) attraktiv. Beispiele sind die Palmyrenischen Götter in Dakien, Elagabal, in gewisser Weise auch Iuppiter Heliopolitanus. Einen ganz anderen, da systematischeren und theoretisch fundierten Zugang verspricht hier die Netzwerkanalyse, die sich in jüngster Zeit zu einem beliebten Hilfsmittel historischer und archäologischer Forschung entwickelt hat. Einen wichtigen Beitrag hat erst vor kurzem A. Collar geleistet, die als erste die Ausbreitung verschiedener Kulte mittels des Einsatzes aus der Mathematik gewonnener netzwerktheoretischer Modelle zu erklären versucht hat.¹¹ Vielversprechend dabei ist die rein analytische Herangehensweise. Sie verspricht die Aufdeckung von strukturellen Gegebenheiten wie eben Verbreitungswegen, ohne dafür einen ideologischen Überbau entwickeln oder die der Verbreitung inhärenten Prozesse inhaltlich erklären zu müssen. Schlussendlich kann das Versprechen jedoch nur sehr bedingt eingehalten werden.¹² Das Problem ist dabei weniger die Methode an sich, sondern die Beschaffenheit des Datensets, auf dem die Untersuchung beruht. Die relativ geringe Datenmenge und die Zufälligkeit der Überlieferung sind zentrale Probleme his Dazu Collar (2012), vor allem aber Collar (2013).  Dazu Eckhardt (2016d); Woolf (2016).

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torischer Forschung, auf die kein mathematisches Modell (das auf Vollständigkeit der Daten angewiesen ist und nur für diesen Fall Erfolg verspricht) antworten kann. Hinzu kommt, dass nicht nur die Datierung sehr vieler Denkmäler umstritten oder schlichtweg unklar ist, sondern darüber hinaus oft strittig ist, mit welchem Kult sie überhaupt verbunden sind.¹³ Trotz des innovativen Potentials der Methode bleiben ihr heuristischer Wert und damit die Relevanz der mit ihr gewonnenen Ergebnisse also gering. So bleibt vorerst nichts anderes übrig, als sich G. Woolf anzuschließen, der jüngst konstatierte, dass Netzwerkdenken momentan ergiebiger sei als Netzwerkanalysen, zumindest wenn es um die Verbreitung religiöser Ideen geht.¹⁴ Aber auch ohne das Werkzeug der Netzwerkanalyse lassen sich Transportwege und Trägerkreise gewinnbringend untersuchen, zumal außer Frage steht, dass die gesteigerten Möglichkeiten der Zirkulation von Menschen und Informationen im römischen Reich eine zentrale Voraussetzung für die Transformationen paganer Religion waren.¹⁵ Konnektivität allein ist jedoch noch kein Kriterium, und es stellt sich die Frage, wie Bilder und Konzepte mancher Kulte über zahlreiche Stationen transportiert werden konnten, ohne dass es zu signifikanten Alterationen kam. Wie besonders die relative Gleichförmigkeit etwa bei Mithras, Jupiter Dolichenus oder Isis ist, wird sehr deutlich, wenn man sie mit den Zeugnissen des ähnlich verbreiteten Silvanuskultes kontrastiert.¹⁶ Letztere zeigen sehr starke regionale Abweichungen und Eigenheiten, die auf ganz andere Formen der Ausbreitung und fehlende transregionale Verknüpfung hindeuten.¹⁷ Für überregionale Übereinstimmungen von Ikonographie und Kultorganisation können schwerlich wandernde Soldaten oder Händler verantwortlich gemacht werden, und auch kognitionswissenschaftliche Modelle, die etwa dem Mithraskult als „imagistischer“ Religion eine andere Wirkung auf menschliche Mnemostrukturen zuschreiben als der traditionellen Religion,¹⁸ bleiben eine Erklärung dafür schuldig, wie unterschiedliche Menschen zur immer selben Erin-

 So bezieht Collar, darin der älteren Forschung folgend, zahlreiche Stelen aus Nordsyrien auf den Iuppiter Dolichenus-Kult und konstruiert mit ihnen ein frühes Cluster der Dolichenus-Verehrung in dieser Region. Die Interpretation dieser Denkmäler wie auch ihre Datierung sind allerdings sehr umstritten, vgl. Blömer (2009). Die weiteren Beispiele – die vermeintliche Ausbreitung des „rabbinischen“ Judentums und der Theos Hypsistos Kult – sind noch problematischer; vgl. dazu Eckhardt (2016d).  Woolf (2016), 54.  Rüpke (2007); Auffarth (2007). Darauf aufbauend Witschel (2012). Siehe auch Price (2015).  Dészpa (2012).  Anders Dorcey (1992), der die Ausbreitung des Silvanuskultes als Beispiel für die Romanisierung des Balkanraums wertet.  So Martin (2015), 89 – 106.

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nerung kamen und wie sie ihre Erfahrungen austauschten. Müssen wir also für manche Kulte von Priestern ausgehen, die zwischen Heiligtümern verkehrten und dafür sorgten, dass eine gewisse religiöse Einheitlichkeit gewahrt blieb? Oder gab es, wie bereits häufiger ins Spiel gebracht wurde, Musterbücher, die Bilder und ggfs. sogar erläuternde Texte enthielten? Hier berühren sich Fragen der Verbreitung von Kulten mit denen nach deren Organisationsformen, da die Existenz einer vernetzten Priesterschaft, und sei es auch nur regional, Konsequenzen für das Verständnis translokaler Kulte hätte. Wichtig für ein besseres Verständnis der Verbreitung religiöser Ideen sind aber nicht nur die Verbreitungswege, sondern auch der Blick auf die den Kult tragenden Akteure, zumal die Teilnahme eine aktive und häufig auch individuelle Entscheidung voraussetzte.¹⁹ Bereits früh hat Richard Gordon in einem wichtigen Beitrag die Popularität des Mithras als soziales Phänomen gedeutet, das auf gesellschaftlichen Transformationen beruhte.²⁰ Stark anwachsende sub-elitäre Gruppen in Rom wie in den Provinzen, darunter viele Freigelassene und Migranten, suchten Möglichkeiten, im religiösen Leben ihrer Stadt aktiver zu werden. Hier boten die Mysterienkulte und die translokalen Kulte häufig aussichtsreichere Perspektiven als die städtischen Kulte. J. Rüpke hat diese Kulte daher als Gruppenreligionen bezeichnet und sie somit weniger über religiöse Inhalte als über ihre soziale Bedeutung zu definieren versucht.²¹ Ein Weg der Verbreitung von Kulten waren dementsprechend die sozialen Netzwerke der Kultteilnehmer. U. Wohltat stellt in seiner Studie zur Verehrung der Isis Bubastis heraus, dass er vorwiegend von Freigelassen getragen wurde und in besonderer Weise für Frauen attraktiv war.²² Er geht zudem einen Schritt weiter und vermutet, dass eine auffällige Präsenz kaiserlicher Freigelassener als Indikator für einen gezielten Versuch kaiserlicher Einflussnahme auf den Kult gesehen werden kann. Da für die imperialen Eliten gerade im 1. und 2. Jh. n.Chr. keine Option bestand, selbst an den neuen Kulten teilzuhaben, versuchten sie, über die Freigelassenen Einfluss zu nehmen. Damit ist die Frage angesprochen, ob und in welcher Form die Zentralregierung Ordnungsmuster anbot, die dann für bestimmte Trägerkreise entweder normativ wurden oder von ihnen selbst zur Entwicklung neuer religiöser Ideen genutzt wurden. Diese Trägerkreise kann man gerade auch auf lokaler Ebene suchen – nicht alles, was im Reich geschah, war für alle Bewohner in gleicher  North (1992); Beard/North/Price (1998); Price (2015). Zur Debatte um Konversion im antiken Polytheismus jetzt Bøgh (2015).  Gordon (1972).  Zum Konzept der Gruppenreligion vgl. z. B. Rüpke (2007)  Unten S. 21– 37.

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Weise relevant. Neben der Reichsebene steht die Geschichte der Städte im Reich, deren sozialgeschichtliche Entwicklung sich auf Begriffe wie „Aristokratisierung“ bringen lässt, letztlich aber nur in Regionalstudien wirklich greifbar wird. B. Eckhardt und A. Lepke zeigen am Beispiel der Städte Kleinasiens, wie eine ehrwürdige Tradition griechischer Religion, die Mysterien, in der Kaiserzeit zu einer Kommunikationsform umgestaltet wurde, die einer lokalen und auf Rom hin orientierten Elite als Ausdruck ihrer Überlegenheit diente.²³ Die kaiserliche Wertschätzung für Mysterienkulte, allen voran Eleusis, führte hier nicht zu normativen Setzungen, wohl aber zu einer regional begrenzten Aufwertung, teils wohl auch Erfindung lokaler Mysterientraditionen. Das Beispiel zeigt zugleich, wie die Repräsentationsformen städtischer Eliten auch auf die unteren Schichten und die Landbevölkerung ausstrahlten. So ergibt sich das Gesamtbild einer tiefgreifenden Transformation des religiösen Diskurses auf lokaler Ebene, die gerade nicht zentral gesteuert wurde, aber auf andere Weise eng mit der sozialen Dynamik der römisch gewordenen Städte Kleinasiens verbunden war.

3 Attraktivität und rechtliche Grundlagen Die Verbreitung neuer Kulte und Ideen, die zuvor im römischen Pantheon nicht heimisch waren, erscheint also auch ein Jahrhundert nach Cumont nach wie vor als das Kernproblem der Religionsgeschichte der Kaiserzeit. Gegen die Etikettierung dieser Kulte als „orientalische Religionen“ sind viele Einwände vorgebracht worden. Vielleicht ist man aber in den Bemühungen, sich von überholten religionsgeschichtlichen Modellen zu lösen, gelegentlich zu weit gegangen. Der Orient als Konzept und die orientalischen Charakteristika der früher sogenannten „Erlösungsreligionen“ sind fraglos konstruiert – aber es war nicht erst Cumont, der diese Konstruktionen vornahm. Dass man bereits in der Kaiserzeit Mithras mit Persien, Isis mit Ägypten, Jupiter Dolichenus mit Syrien und Attis mit Phrygien verband, ist eine Tatsache, an der man auch dann nicht vorbeikommt, wenn man einen Einfluss dieser Regionen auf Kultpraxis und Mythologie völlig in Abrede stellt. Die „orientalischen Kulte“ (in der Tat nicht: Religionen) sind ein historisches Phänomen gerade in ihrer arbiträren Zusammensetzung, in der etwa die aus Zypern stammende Aphrodite anders behandelt wird als der letztlich wohl weitgehend römische Mithras.²⁴ M. Blömer zeigt, wie die Konstruktion eines imagi-

 Unten S. 39 – 79.  Auffarth (2008), 334 f zeigt am Beispiel der Aphrodite die willkürlichen Grenzziehungen auf, die aber eben u. E. schon römisch sind.

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nierten Orients nicht nur einen Austausch von ikonographischen Motiven innerhalb der „orientalischen“ Kulte motivierte, sondern selbst noch eine wahrlich nicht orientalische Gottheit wie Silvanus in ihren Dunstkreis zog und gleichsam „orientalisierte“.²⁵ Was die Attraktivität solcher Kulte ausmachte, ist nicht leicht zu sagen. Blömers Analysen weisen auf das „orientalische“ Element selbst als wesentlichen Faktor – doch soll man es bei einem Faible für kontrollierte (da selbst hergestellte) Exotik belassen? Sicherlich ist das Konzept der „Erlösungsreligionen“ zu einfach und auch zu stark von christlichen Vorstellungen bestimmt. Aber dass man mit der Initiation in den Isiskult eine grundlegende persönliche Transformation verbinden konnte, die das weitere Leben wesentlich bestimmte, scheint aus dem natürlich fiktiven Szenario in Apuleius’ Metamorphosen doch unzweideutig hervorzugehen,²⁶ und dass im Mithraeum von Santa Prisca in Rom eine der Wandinschriften möglicherweise Mithras als Erlöser feiert, der „das Blut vergossen“ habe, kann bei einer allein auf die Dekonstruktion älterer Konzepte abstellenden Beobachtungsweise ebenfalls leicht aus dem Blick geraten.²⁷ Zumindest einige der in der Kaiserzeit erfolgreichen Kulte boten zudem Erfahrungen, die es anderswo nicht gab. Diese Attraktivität – und die Werbestrategien, die auf sie aufmerksam machten – näher zu bestimmen, ist eine der Aufgaben auch künftiger religionsgeschichtlicher Versuche. Ansätze liegen vor: Plausibel ist vermutet worden, dass erfolgreiche Kulte verschiedene ursprünglich getrennte Formen der Kommunikation über Religion miteinander verknüpften;²⁸ auch die Aufladung alltäglicher Handlungen mit religiöser Semantik und ihre mediale Vermittlung ist für einige Kulte gut nachzuvollziehen;²⁹ neuere Ansätze erlauben zudem die Überlegung, dass in einem ohnehin als exotisch markierten Rahmen auch die Bereitschaft der Teilnehmer wuchs, bekannte Pfade zu verlassen. Zuletzt wieder stärker in den Blick geratene Konzepte wie Individualisierung oder „persönliche

 Unten S. 81– 111.  Apul. met. 11; vgl. den Kommentar von Keulen et al. (2014).  Vermaseren/van Essen (1965), 217 mit fig. 69: et nos servasti eternali sanguine fuso. Speziell an eternali haben sich einige Spekulationen geknüpft; vgl. besonders Simon (1976). Panciera (1979), 103 – 105 hat aber bei seiner Untersuchung des Textes eternali für unmöglich und auch den Rest (außer sanguine fuso) für zweifelhaft gehalten. Das dürfte heute Forschungsstand sein; vgl. etwa Alvar (2008), 134 f. Pancieras Lesung beruht aber nicht nur auf einem „gesäuberten“ (so Alvar), sondern vor allem auch auf einem weiter verwitterten Text, wie Vermaseren (1981), 110 in seiner wenig beachteten Replik betont.  Rüpke (2001), 20.  Eckhardt (2016a) am Beispiel des Mahls.

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Religion“³⁰ legen jedenfalls nahe, dass gerade an der Schnittstelle zwischen den je persönlichen Erwartungen der Teilnehmer und den von ihnen entwickelten Formen der Gemeindeorganisation das größte Innovationspotential der „neuen Kulte“ zu suchen ist. Ein weiterer Faktor könnte der oben notierte translokale Charakter einiger Kulte sein. Er setzt zumindest Ansätze einer translokalen Infrastruktur voraus, deren Details und Leistungsfähigkeit allerdings bisher kaum abgeschätzt werden können. Die Bestimmung des Verhältnisses von rein lokal agierenden, auf die Stadt und ihr religiöses Feld bezogenen Kultvereinen zu den reichsweit einheitlichen Entwicklungen im Mithras- oder Dolichenuskult bleibt ein Forschungsproblem, das etwa auch aus der Geschichte des Frühen Christentums bekannt ist.³¹ Es eröffnet sich hier die Perspektive einer Parallelentwicklung von Reich und Kult, von der Entstehung translokaler Strukturen bei gleichzeitiger Diversität und Autonomie im Detail, die gegenüber den örtlich gebundenen Kultvereinen des Hellenismus eine grundlegende Neuigkeit darstellte.³² Dass solche Konzepte gerade in einer Zeit entwickelt und verbreitet wurden, in der ein großer Teil der antiken Welt politisch-ideologisch als Einheit unter der Herrschaft des Kaisers konstruiert wurde, kann kaum Zufall sein. Eine solche Verbreitung unkontrollierter, womöglich sogar miteinander vernetzter Organisationen kann aber auch Angst machen. Römischen Verwaltungsidealen lief sie jedenfalls zuwider. Der durch die literarische Verarbeitung des Livius zum Erinnerungsort gewordene Bacchanalienskandal (186 v.Chr.) hatte die möglichen Parallelen zwischen Staats- und Kultformation in einer Weise vor Augen geführt, die allein auf die damit verbundenen Gefahren fokussierte. Man erkannte in den Bacchusgruppen eine Organisation mit Magistraten und eigenen Versammlungen, die im Senatus Consultum de Bacchanalibus effektiv zerschlagen wurde.³³ Livius macht daraus in augusteischer Zeit eine Geschichte über die Einführung eines fremden, den Vorfahren unbekannten Gottes, dem sich eine Menschenmasse „wie ein zweites Volk“ zugewandt habe.³⁴ Und in der Maecenasrede bei Cassius Dio wird Augustus ermahnt, die Einführung fremder Götter

 Zum Verhältnis Individuum/Netzwerk vgl. Rüpke (2013); zum Fokus auf Individuen Rüpke (2014). Persönliche Religion: Kindt (2015).  Siehe etwa Ascough (1997).  Ansätze bei Eckhardt (2016b), 82– 86.  CIL I² 581.  Liv. 39,13,14 (alterum iam prope populum esse); 39,15,2– 3 zur Unterscheidung von echten und falschen Göttern.

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gar nicht erst zu gestatten – zu groß sei die Gefahr, dass daraus staatsgefährdende Organisationen entstünden.³⁵ Das römische Recht reagierte auf diese und ähnliche Erfahrungen mit Regulierungen, die letztlich darauf hinauslaufen, dass es Sache des Staates sei, welche Gruppen als staatsähnlich (ad exemplum rei publicae) akzeptiert und welche als staatsgefährdend verboten werden sollten.³⁶ Vielleicht schon seit dem Zwölftafelgesetz, jedenfalls aber seit der späten Republik existierte eine restriktive Gesetzgebung zu Vereinen und Versammlungen, die im Laufe der Kaiserzeit gewissen Modifikationen unterlag, nie jedoch den umfassenden Kontrollanspruch aufgab. Bestimmte Gruppen wurden als nützlich anerkannt und erlaubt, andere verboten. Religion spielt in diesen juristischen Überlegungen in der Regel keine Rolle, wie ja überhaupt die erhaltenen Texte römischer Rechtsexperten diesen zentralen Bereich des antiken Lebens nur ganz gelegentlich behandeln. Die justinianische Redaktion dürfte zu diesem Befund wesentlich beigetragen haben, indem Hinweise auf nichtchristliche Kulte systematisch entfernt wurden.³⁷ Dieses rigorose System der Rechtstexte steht indes in einem evidenten Spannungsverhältnis zu der Vielfalt, die sich durch die Verbreitung der „orientalischen“ Kulte gerade auch auf Organisationsebene zeigt. Die Frage nach der rechtlichen Grundlage der Verbreitung „neuer Kulte“ ist dementsprechend häufig gestellt und meist mit dem Hinweis beantwortet worden, es hätten eben die Mithras-, Isis- und Dolichenusgruppen als „nützlich“ gegolten – wie ja überhaupt aus römischer Sicht die Verehrung der Götter zu den wichtigsten Bereichen des öffentlichen wie privaten Lebens zählte. Die in den Digesten erhaltene Ansicht, „um der religio willen“ dürfe man sich vorbehaltlos versammeln, bot für dieses Verständnis eine naheliegende Grundlage.³⁸ In jüngerer Zeit hat jedoch A. Bendlin gezeigt, dass man sie keineswegs für eine solch weitreichende Theorie zur „Nützlichkeit“ bzw. zur staatlichen Anerkennung von Religion gleich welcher Art heranziehen darf; eine solche Deutung entspringt modernen Überlegungen zum Verhältnis von Staat und Kirche, hat aber mit der römischen Konzeption legitimer Organisationsbildung wenig zu tun.³⁹ Damit ist eine einfache Lösung der mit Mithras-, Isis-, Dolichenus- und anderen Gruppen verbundenen Rechtsfragen vom Tisch, was indes wieder nur an den Ausgangspunkt zurückführt. Man kann nun die kaiserzeitlichen Rechtstexte als für die Praxis irrelevant verwerfen, muss dann aber erklären, warum sowohl     

Cass. Dio 52,36,2; s.u. S. 113. Dig. 3,4,1,1 (ad exemplum rei publicae). Vgl. dazu – und zu dem, was dennoch zu erkennen ist – Haensch (2006). Dig. 47,22,1,1. Bendlin (2005).

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die positiven Aspekte dieser Regelungen (also die Anerkennung bestimmter Gruppen und ihre Privilegierung) als auch die potentiellen Strafmaßnahmen gegen unerlaubte Gruppen eben doch relativ gut bezeugt sind. Die „orientalischen“ Kulte der Kaiserzeit werfen also nach wie vor Fragen nach der rechtlichen Absicherung ihrer Mitglieder auf, die gewiss für viele religionsgeschichtliche Problemstellungen unerheblich ist, aber bei der Analyse ihrer Verbreitung nicht ganz außen vorbleiben kann. Da die üblichen Lösungen unbefriedigend sind, könnte ein neuer Ansatz Erfolg versprechen, der zwischen einem modernen Vereinsverständnis und dem, was die Römer für eine Organisation hielten, unterscheidet. B. Eckhardt unternimmt unten den Versuch, in der Vereinsgesetzgebung selbst eine Grauzone nachzuweisen, die von den „orientalischen“ Kulten genutzt werden konnte: Nicht jede „Versammlung“ und nicht jeder Ansatz zu formalen Strukturen war aus römischer Sicht gleich ein Verein.⁴⁰ Diese Idee, die in erster Linie auf eine bessere Übereinstimmung der Rechtstexte mit der vorzufindenden Realität abzielt und insofern eine vermittelnde Position einnimmt, postuliert einen eher indirekten Einfluss des römischen Rechts, schreibt ihm aber keinen positiven Erklärungswert zu. Über die Bedeutung von Rechtsfragen bei der kaiserzeitlichen Transformation von Religion muss dennoch nachgedacht werden, denn dass das Recht zum Reich gehört und das Leben in der kaiserzeitlichen Gesellschaft wesentlich mitbestimmt, ist gerade aus der zeitgenössischen Perspektive heraus kaum zu bestreiten.

4 Kontinuität und Wandel Die Suche nach Transformationen setzt eine Vorstellung von historischem Wandel notwendig voraus. Als Gegenbegriff bietet sich dann augenscheinlich „Kontinuität“ an: Wo Wandel ist, fehlt es an Kontinuität, wo Kontinuität zu beobachten ist, gibt es keinen Wandel. Gerade der Transformationsbegriff kann aber dabei helfen, diese offenkundig fehlgeleitete Dichotomie zu überwinden, denn Ausgang und Ende eines Transformationsprozesses lassen sich nur bestimmen, wenn man eine zumindest rudimentäre Vorstellung von Kontinuität zugrunde legt. Selbst die zugespitzte Aussage, A sei zu B geworden, hat einen Aussagewert nur dann, wenn man in B noch ein ursprüngliches A erkennt. Die Realität ist dann noch einmal komplexer als ein simples A/B-Schema. Transformationen sind also immer auch Aushandlungsprozesse zwischen der Bewahrung von Identität und dem Übergang in etwas Neues, und nur die Zusammenschau beider Elemente (system-

 Unten S. 113 – 152.

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theoretisch: die Einheit der Differenz) erlaubt überhaupt das Reden von Transformationen. Bricht man den Transformationsbegriff auf in die Unterscheidung von Kontinuität und Wandel, ist man auf bekanntem und bewährtem Terrain. Für die Provinzen lassen sich Kontinuität und Wandel unter römischen Vorzeichen oft sehr gut untersuchen. Gerade da, wo es auch vorrömische Überlieferung gibt, kann man fragen, wie die Eingliederung einer Region in das Reich und das „Römischwerden“ ihrer Bewohner religiöse Traditionen – oder jedenfalls ihre Repräsentationsformen – beeinflusst haben. Untersuchungen zur Religion in einzelnen Provinzen tragen dazu ebenso bei wie die neuere Frage nach Sinn und Nutzen des Konzepts „Reichsreligion“ für Studien zur römischen Zeit.⁴¹ Religionsgeschichtliche Fragen lassen sich auf diese Weise mit allgemeinhistorischen Problemen verknüpfen, etwa zur Einbindung lokaler Eliten oder allgemein zum umstrittenen Konzept der „Romanisierung“.⁴² Manche Modelle umfassen sowohl Kontinuität als auch Wandel: Bei der Entwicklung von „Reichsidentitäten“ kann nach C. Ando gerade auch die „celebration of the local“ dem „embedding of the local in the imperial“ dienen.⁴³ Man konnte lokale Traditionen als solche bewahren oder auch erfinden, um sie sodann gerade als lokale Eigenarten in ein Geflecht von römischen Erwartungen einzuordnen. Die Verbreitung von Mystai und Mysteria im kaiserzeitlichen Kleinasien ist nur eines von vielen Beispielen für die Transformation (echter oder erfundener) lokaler Traditionen in ein unzweideutiges Bekenntnis zur römischen Ordnung. Bei all dem gerät die Frage leicht aus dem Blick, welchen Transformationsprozessen eigentlich in Rom und Italien selbst die Institutionen römischer Religion ausgesetzt waren. Religiöser Wandel beschränkte sich ja auch im römischen Kernland keineswegs darauf, dass Religion immer „fremder“ oder exotischer wurde. Der Kaiserkult etwa war, wie überhaupt die Orientierung religiöser Praxis auf den Kaiser hin, für alle Bewohner des Reiches eine Neuerung – für Menschen in Italien sogar noch eher als für die mit dem Herrscherkult seit langem bekannten Bewohner des griechischen Ostens. Er erforderte Anpassungsleistungen gerade auch von Seiten althergebrachter Institutionen. M. Strothmann zeigt dies am Beispiel der Festkalender und speziell des frühkaiserzeitlichen Feriale Cumanum.⁴⁴ Die Auswirkungen der Orientierung auf den Princeps auf die Festkultur lassen sich hier zu einem frühen Zeitpunkt beobachten – gleichzeitig macht  Provinzen: Etwa Spickermann (2003); Spickermann (2008); Kunz (2006); Tsochos (2012). Reichsreligion: Rüpke (2011).  Dazu etwa Woolf (1998); Alföldy (2005); Eckhardt (2016c).  Ando (2010), 18 und 45 für die Zitate.  CIL X 8375; unten S. 153 – 173.

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Strothmann deutlich, dass das Stichwort der „Orientierung auf den Princeps“ für sich genommen nicht ausreicht, um religiöse Transformationen zu beschreiben. Die Auswahl der Festtermine und der zu erinnernden Ereignisse erforderte einige Überlegung und ein gleichsam historiographisches Konzept, in dem manchen Wendepunkten des Bürgerkriegs größere Bedeutung zugeschrieben wird als anderen. Und auch in Rom selbst waren religiöse Institutionen keineswegs erstarrt (wie es etwa das Bild der emotionalisierungsbedürftigen römischen Religion bei Cumont und anderen erforderte), sondern blieben lebendig und wandelbar. M. Arnhold kann dies für die stadtrömischen Heiligtümer aus republikanischer Zeit nachweisen.⁴⁵ Dass sie in der Kaiserzeit weiter genutzt wurden, ist einerseits Ausdruck von Kontinuität und dürfte von vielen Beobachtern auch so bewertet worden sein. Doch die gewandelten Machtstrukturen und Ideologien führten auch hier zu Nutzungsänderungen und Bedeutungsverschiebungen, die sich ähnlich auch in den Provinzen beobachten lassen. Stadtrömische Kulte waren also zumindest partiell denselben Transformationsprozessen unterworfen wie Kulte außerhalb Roms. Gleichzeitig zeigen sich hier teilweise dieselben Entwicklungslinien wie in den Heiligtümern der „neuen“ Kulte, was zwar letztere nicht weniger neu macht, aber doch einen deutlichen Hinweis darauf gibt, dass auch die oben so stark hervorgehobene Unterscheidung alter und neuer Kulte eine (freilich bereits antike) Zuspitzung ist, die Gemeinsamkeiten leicht verdeckt. Doch auch hinter betonter Kontinuität und dem Wiederbeleben alter Traditionen können gewandelte Interessen stecken, gerade in einer Zeit, in der die „celebration of the local“ als ubiquitäres Phänomen erscheint. K. Zimmermann zeigt am Beispiel der Orakelpraxis, wie eine alte griechische Tradition gerade in der Hohen Kaiserzeit noch einmal aufblühte – und damit ganz ähnlich wie die „Mysterien“ Kleinasiens den Verdacht auf sich zieht, eher Objekt einer Prestigekonkurrenz denn ernsthaftes Medium religiöser Kommunikation zu sein.⁴⁶ Auch wenn sichere Kriterien für eine solche Bewertung kaum zu gewinnen sind, lässt sich doch feststellen, dass Kontinuitätsbehauptungen hier notdürftig einen Wandel in Organisation und Inhalt verdecken, der wiederum mit anderen Entwicklungen der Kaiserzeit gerade auch auf nichtreligiösem Gebiet in Einklang steht. Nicht jedes Revival zeigt Vitalität an, und nicht jede Transformation ist zukunftsfähig – man muss das Modell einer „erstarrten“ paganen Religion, die nur noch leere Hülle ist, nicht rehabilitieren, um gelegentlich auch diesen Schluss plausibel zu finden.

 Unten S. 175 – 198.  Unten S. 199 – 214.

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In diesen allgemeinen Fragehorizont zu Kontinuität und Wandel ist schließlich noch das Reden und Schreiben über Religion einzuordnen, das oftmals ganz andere Akzente setzt, als die epigraphisch und archäologisch fassbaren Entwicklungen suggerieren. Die literarische Auseinandersetzung mit Religion in der Kaiserzeit ist vielfältig und kann kaum auf einen einfachen Nenner gebracht werden. Neben klassischen Dekadenzmodellen finden sich Kataloge von Lokaltraditionen und Exotika, Parodien auf Neuerscheinungen und traditionelle Vorstellungen, ferner auch hochkomplexe Konzeptualisierungen alter wie neuer Kulte, die mit dem tatsächlichen Kultgeschehen kaum noch etwas zu tun haben.⁴⁷ Derartige Diskurse repräsentieren notwendigerweise nur eine kleine Gruppe von Intellektuellen. Man kann ihnen aus kognitionswissenschaftlicher Sicht unterstellen, dass sie Religion absichtlich verkomplizieren, indem sie ein kontraintuitives Verständnis von Texten und Ritualen entwickeln, das sie als Experten gegenüber der Masse von Unwissenden heraushebt.⁴⁸ Derartige Modelle dürften aber die Akteursperspektive kaum zutreffend wiedergeben. In jedem Fall eröffnet die literarische Tradition zwei Möglichkeiten der Erforschung von Kontinuität und Wandel: Zum einen gibt es Texte, die selbst diese Unterscheidung anwenden, etwa indem sie die Gegenwart als defizitär gegenüber einem idealisierten Urzustand abwerten. Zum anderen lassen sich literarische Überlieferungen zu bestimmten Themenkomplexen in Serie setzen und – womöglich auch im Verbund mit den epigraphischen und archäologischen Quellen – ihrerseits als Quellen für Kontinuität und Wandel heranziehen. Wohl kein Aspekt antiker Religion eignet sich als Objekt einer solchen Untersuchung besser als ihre zentrale Institution, das Tieropfer. J. Bremmer skizziert in seiner Rekonstruktion der historischen Entwicklung des Opfers gleich drei Transformationsgeschichten: Die Transformation des Rituals selbst, die Transformation seiner Konzeptualisierung in der Antike, und die Transformation der modernen Historiographie des Opfers.⁴⁹ Die Institution des Opfers ist ein Beispiel für Jahrtausende alte Kontinuität, die gleichzeitig kontinuierlichen Neudefinitionen und Neubeschreibungen unterworfen ist. Die bedeutendste Transformation ist in diesem Fall die Abkehr vom tatsächlichen Vollzug und die Spirituali-

 Gelehrsamkeit verbunden mit Kritik an der gegenwärtigen religiösen Praxis bietet etwa Athen. deipn. 8,363 f–364d; exotische Traditionen katalogisiert neben Athenaios etwa auch Pausanias (etwa 7,18,12); Parodien bietet Lukian (Alex. zu einer Neuerscheinung, sacr. zu einer klassischen Institution); komplexe Erklärungen von Kulten findet man etwa bei Plutarch (v. a. Is. zu Isis und Osiris) und Porphyrios (antr. zu Mithras); vgl. zum letzteren Aspekt auch Turcan (1975); Richter (2001).  So Ullucci (2014).  Unten S. 215 – 256.

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sierung des Rituals. Wie sich in der Kaiserzeit einerseits der Herrscherkult an traditionelle Opfervorstellungen band und gleichzeitig in Intellektuellendiskursen mit neuer Vehemenz auf die Möglichkeit „blutloser Opfer“ verwiesen wurde, zeigt exemplarisch die Komplexität der kaiserzeitlichen Transformationsprozesse an, die eben auch zu – in der Rückschau – paradoxen Entwicklungen führen konnte. Es wäre mehr zu tun, insbesondere dann, wenn man – den Bereich der „Versuche und Vorarbeiten“ verlassend – eine Synthese der religionsgeschichtlichen Entwicklungen der Kaiserzeit anstreben wollte, die dann notwendigerweise auch Juden und Christen zu berücksichtigen hätte. Ob eine derartige Synthese beim heutigen Kenntnisstand überhaupt noch möglich ist, soll hier nicht entschieden werden. Vielleicht ist es das bleibende Verdienst Cumonts, das alles einmal geleistet – und damit zugleich die Unmöglichkeit des Projekts erwiesen zu haben. Erforderlich wäre in jedem Fall – dies durchaus in Cumontscher Tradition – eine im besten Sinne interdisziplinäre Herangehensweise, die den archäologischen mit dem inschriftlichen, den geistes- mit dem rechtsgeschichtlichen Befund und das alles dann noch mit der Ausbreitung und Konsolidierung der römischen Herrschaft plausibel verknüpft. Neue, datenbankgestützte Methoden ermöglichen ganz andere Blicke auf alte Fragen etwa zu Verbreitung und Einheitlichkeit neuer Kulte; Konzepte und Methoden werden kontinuierlich aus anderen Disziplinen in die Altertumswissenschaft eingeführt und dort weiterentwickelt; Bausteine für eine neue Gesamtsicht sind also vorhanden. Wichtig wäre in jedem Fall der Wille, hier noch einmal grundsätzlich weiterzukommen, also die forschungsgeschichtliche Aufarbeitung des Cumontschen Erbes nicht mit der instinktiven Absage an Modellbildung und Entwicklungsgeschichten zu verbinden, die sich in jüngeren Arbeiten gelegentlich findet. Die hier versammelten Überlegungen können ihrerseits nur als Vorarbeiten für ein solches Projekt dienen. In ihrer Mischung aus neuen Ansätzen und alten (doch nicht veralteten) Fragestellungen sollen sie aber zumindest die Richtung angeben, in der man künftig suchen könnte.

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Urs Wohlthat

Kaiser und Bubastiacae: Netzwerke als Teil sozio-religiöser Transformationen Prolegomena zur Interdependenzforschung in den Orientalischen Kulten In den letzten Jahren hat die geschichtswissenschaftliche Untersuchung der paganen Kulte selbst einen Transformationsprozess erlebt. Vermehrt schaut die Wissenschaft auf die vielen Vereine der in der Kaiserzeit immer beliebter werdenden Mysterien-Kulte nicht mehr nur aus der Sicht der Eliten und ihrer philosophischen oder historiographischen Schriften. Stattdessen entstehen neue Untersuchungen von Räumen, Vereinen oder Ritualen. Dabei werden oft verschiedene Perspektiven miteinander verknüpft. Hierbei spielen die Vergesellschaftungsformen, allen voran die Mysterienvereine, eine zentrale Rolle.¹ Dieses Vorgehen ist für das Verständnis der antiken Gesellschaften äußerst hilfreich, denn so erhalten auch große Strömungen in der Forschung Zugriff auf die unschätzbar wertvollen Erkenntnisse über die Sub-Eliten,² wie sie die Spezialisten aus Epigraphik, Onomastik und Papyrologie bereits seit Jahrzehnten gewinnen. Verwunderlich dabei ist aber, dass es wenige Untersuchungen gibt, die einen sozialen Querschnitt durch Kulte bestimmter Götter wagen, wie dies etwa M. Clauss vor längerer Zeit bereits für den Mithras-Kult getan hat.³ Als Folge davon bleiben Untersuchungen zur Religionssoziologie und Religionstransformationen oft unverbunden mit anderen zentralen Prozessen kaiserzeitlicher Sozialgeschichte.⁴

Ich danke den Veranstaltern für die Möglichkeit, hier einen interessanten Sonderfall aus meinem Studium der Kulte der Götter Ägyptens zu publizieren, obwohl ich bei dem Workshop lediglich als Gast anwesend war.  Vgl. etwa Nielsen (2014) oder Rohde (2012). Zu Ritualen erscheinen vor allem kleinere Untersuchungen und seltener Monographien; vgl. Chaniotis (2011).  Der Begriff wurde von D. Rohde in die Altertumswissenschaften eingeführt und bezeichnet all diejenigen Mitglieder der Gesellschaft, „die nicht zu dem Kreis der überdurchschnittlich qualifizierten, politisch aktiven Personen zuzurechnen sind“, aber dennoch ökonomisch leistungsfähig genug waren, um Überreste, insbesondere selbstreferentielle, zu hinterlassen; vgl. Rohde (2012), 32.  Clauss (1992).  Eine Ausnahme bilden hier lediglich einzelne Arbeiten zum Christentum, die aber oft spätere Zeiträume abdecken; vgl. insbesondere Hübner (2005). https://doi.org/10.1515/9783110561036-003

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Urs Wohlthat

Insbesondere die Bedeutung der Freigelassenen innerhalb der sogenannten Orientalischen Kulte wird meiner Meinung nach noch immer unterschätzt. Denn trotz der Werke von H. Mouritsen und anderen werden die Netzwerke der Freigelassenen für die römische Gesellschaft der Kaiserzeit noch nicht im Wechselspiel mit anderen sozialhistorischen Prozessen der griechisch-römischen Antike gesehen.⁵ Die Freigelassenen stellten dabei für die römische Gesellschaft eine besondere Herausforderung dar, denn sie schienen die gewohnten sozialen Normen zu sprengen. Als Hybride zwischen den gänzlich unfreien servi und den ingenui, also freigeborenen Bürgern Roms, waren sie oft nicht akzeptiert von den Eliten. Zugleich stellten die Freigelassenen eine besonders aktive politische und soziale Gruppe dar, die ihren Patronen als Klienten äußerst nützlich waren, boten sie doch indirekten Zugang zu Netzwerken, die den Eliten ansonsten verschlossen waren. Insbesondere die Mysterienvereine zeichneten sich ja durch eine geringe Teilnehmerschaft der Eliten, aber eine Dominanz der Freigelassenen aus. Die Geschichte der Freigelassenen ist also auch immer Religionsgeschichte. Und in der Geschichte der Transformation antiker Religionen haben die Freigelassenen daher ebenfalls einen besonderen Platz: auch hier sind sie Bindeglieder zwischen „oben und unten“, zwischen Bürgern und Fremden oder Fremdem. Ich möchte an dem Beispiel einiger Inschriften zeigen, wie sich verschiedene Stränge kaiserzeitlicher Sozialgeschichte zusammenführen lassen. Meine Beschäftigung mit den kaiserzeitlichen Kulten der Götter Ägyptens entspringt meiner Dissertation, in der ich versucht habe, die Lücke zwischen Sozial- und Religionsgeschichte dieser Kulte zu schließen.⁶ Im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen Inschriften von Bubastiacae, also Frauen, die sich in die Mysterien von Bubastis haben einweihen lassen. Die Bubastiacae stellten meiner Meinung nach einen neuen Typus kultisch aktiver Personen dar: Während im Sinne der polis-Religion vormals Kulte das gemeinsame Bemühen der Bewohner einer polis (oder hier civitas) um den Frieden und die Gunst der Götter darstellten, boten die Mysterienkulte bekanntermaßen vor allem auch die Möglichkeit einer privaten Vorsorge für die Zeit nach dem Tode. Diese Vorsorge allein aber war keine Neuerung, der Gedanke findet sich schon im homerischen Demeter-Hymnos.⁷ Die homerische Tradition ermöglichte hier aber ein Anknüpfen der „neuen“ sogenannten orientalischen Kulte an indigene Überlieferungen. Dieses Anknüpfen mag in der oft-

 So nicht nur Mouritsen (2011), sondern vor allem auch der weniger beachtete Aufsatz Mouritsen (2007).  Meine Dissertation De civitatibus Isidis. Ägyptische Kulte in der Zweiten Sophistik zwischen Diskursen, Vergesellschaftungsformen und Identitäten wurde im März 2016 verteidigt und befindet sich in der Druckvorbereitung.  Hom. h. 2,480 – 489.

Kaiser und Bubastiacae: Netzwerke als Teil sozio-religiöser Transformationen

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mals archaisierenden Kaiserzeit, besonders im zweiten Jahrhundert, den Kulten der Götter Ägyptens bei der Ausbreitung besonders nützlich gewesen sein, bedenkt man etwa Plutarchs Schrift De Iside et Osiride, wo er die Kultpraktiken und -vorstellungen mittels platonischer, also über ein halbes Jahrtausend alter Ideen zu erklären sucht. Neu bei den kaiserzeitlichen Mysterienkulten war jedoch, insbesondere für den lateinischen Westen, dass kleine Gruppen, die weit unterhalb der Ordnungsgröße von polis oder civitas in Vereinen vergesellschaftet und durchaus bewusst auch baulich abgeschottet waren, versuchten, für die Zeit nach dem Tode vorzusorgen. So beschreibt Apuleius in seinen Metamorphosen Libri XI, dass allein die Hocheingeweihten, Pastophoren,⁸ das Allerheiligste des Tempels betreten durften. Dass aber auch schon weniger bedeutsame Dienste im Kult der Gottheit das ewige Leben versprachen, wusste etwa der Bithynier Meniketes, der die im Mysterienritus gebrauchten Klinen gespendet hatte.⁹ Damit wich man, vermutlich seit den letzten Jahrzehnten vor der Zeitenwende, von dem traditionellen Modell der Mysterienkulte, wie dem des Athenischen Demeter-Kultes, ab: dort war die Initiation eine Staatsangelegenheit, keine Sache privater Vereine.¹⁰ Die im Folgenden besprochenen Inschriften aus dem Bubastis-Kult gehören in den Kontext dieses neuen Typs privater Vereine.

1 Ägypten und seine Kulte in der Forschung Die Kulte der Götter Ägyptens in Griechenland und Rom unterliefen ab dem späten Hellenismus eine Reihe von Transformationen, so etwa in der Selbstbezeichnung der Mitglieder. Dass sich die ehemals als Isiastai und Sarapiastai firmierenden Mitglieder von Kultvereinen seit Augustus als Isiaci (bzw. Isiakoi und analog mit anderen theophoren Elementen) bezeichneten, lässt sich spätestens ab dem ersten Jahrhundert vor Christus direkt auf ägyptische Vorbilder zurückführen.¹¹ Diese Bezugnahme auf Ägypten lässt sich mit der Bedeutung Ägyptens

 Apul. met. 11,7,2; s. auch 11,30,4.  RICIS 308/1201.  Vgl. Clinton (2007), 343 – 345 und Clinton (1994).  Zu Isiastai und Sarapiastai s. für den späteren Hellenismus RICIS 204/0339 – 42; RICIS 204/ 1003; RICIS 204/1008; RICIS 204/1101; RICIS 305/1902. Die häufigsten Vereine sind Sarapiastai. Auch Anubiastai und Oseiriastai sind bekannt: RICIS 304/0201. Vgl. auch Kleibl (2009), 164 f. Hier verzeichnet K. Kleibl aber fälschlich RICIS 113/0530 als Anubiastai. Es handelt sich vielmehr um hagiaphoroi der Isis. Zu der neueren Bezeichnung Isiakos u. a. vgl. Vidman (1970), 90.

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als „cultural concept“ der oikumene, wie es M. Versluys jüngst definierte, begründen. Demnach war Ägypten in der Gesellschaft der kaiserzeitlichen oikumene vor allem ein imaginierter Ort, der zu vielfältigen Narrativen anregte: kulturelle Überlegenheit, Exotik und insbesondere Magie.¹² Durch die Rezeption dieser Narrative entstanden in der gesamten oikumene Kult-Amalgame, die tatsächlich Ägyptisches, Ägyptisierendes und indigene Traditionen lokal zu eigenen Kulten dieser Götter mischten. In der deutschen Forschung hat sich der unhandliche Begriff der „gräco-ägyptischen Götter“ eingebürgert,¹³ um die Kulte ägyptischer Götter außerhalb Ägyptens von denen innerhalb Ägyptens zu unterscheiden. Da dies äußerst umständlich ist und zudem originär Römisches unterschlägt, spreche ich im Folgenden von den Ægyptischen Kulten und Göttern, wenn es um die griechisch-römischen Interpretationen und Praktiken im Kult der aus Ägypten stammenden Gottheiten geht. Im Unterschied dazu meint „ägyptisch“, was tatsächlich im Land Ägypten praktiziert wurde. Dass dabei unterschlagen wird, welche Wandlungen die Kulte auch in Ägypten selbst durchliefen, ist zweitrangig. Es wird hier vor allem um die Kulte außerhalb Ägyptens gehen. Besondere Zeugnisse dieser Ägypten-Rezeption sind neben vielen Schriften, allen voran Plutarchs De Iside et Osiride und Apuleius’ Roman Metamorphoseon Libri XI, die zahlreichen Inschriften der Kultteilnehmer.¹⁴ Unter ihnen stechen die Inschriften der Eingeweihten besonders hervor. Im Gegensatz zum Mithras-Kult, für den M. Clauss in seiner Analyse aus dem Jahr 1992 eine zwar geringe, aber deutlich sichtbare Beteiligung auch der römischen nobilitas im Westen ausmachen konnte, fehlt diese für die Ægyptischen Kulte praktisch völlig. Nur ein einziger römischer Ritter ist im Westen des Reiches in den Reihen des Isis-Kultes nachweisbar, Senatoren finden sich gar keine.¹⁵ Die Kultvereine entstammten beinahe überall dem Umfeld der Freigelassenen und Sklaven. Damit sind die Kultvereine der Isis und anderer Ægyptischer Götter nicht nur für das Studium religiöser Transformationsprozesse interessant. Sie geraten vielmehr schlagartig auch in den Blick der breiteren Sozialgeschichte, die sich um Freigelassene und die von ihnen beeinflussten gesellschaftlichen Transformationen allgemein bemüht. Das gilt selbstverständlich auch für die bereits erwähnten zeitgenössischen Schriften über den Isis-Kult: Keine Apuleius-

 Versluys (2013); Versluys (2010), 9 – 20 und davor Versluys (2002), 353 – 355. Vgl. auch Quack (2003), 58.  Bereits im Titel: Kleibl (2009). Vgl. auch Kleibl (2014).  Zu Plutarch s. Görgemanns (2003), 136 – 273. Zu Apuleius ist die neueste Edition die von M. Zimmerman. Maßgeblich ist zudem der Kommentar zu Buch elf, vgl. Keulen et al. (2014).  RICIS 513/0101. Der dort genannte Herennianus war equus publicus, eine besonders privilegierte Form der equites; vgl. Duncan-Jones (2006), 183 – 186.

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Lektüre mehr, ohne die Cena Trimalchonis Petrons mitzudenken. Insbesondere H. Mouritsens kulturgeschichtliche Studie The Freedman in the Roman World soll daher als Bezugspunkt bei der Betrachtung der Bubastiacae dienen.¹⁶ Denn auch die Eingeweihten von Bubastis entstammten dem Freigelassenenmilieu.

2 Inschriften von Bubastiacae Die beiden Belege für Bubastiacae stammen aus dem zweiten Jahrhundert aus Rom bzw. Ostia und weisen jeweils einen ähnlichen Kontext auf. Beide Bubastiacae waren dem Namen nach römische Bürgerinnen. Allgemein ist zu bemerken, dass Rom und Ostia die beiden wichtigsten Fundorte für die Ægyptischen Kulte im Westen des Römischen Reiches waren. Die Inschriften lauten im Einzelnen: D(is) [M(anibus)]. Cornelia Mo[‐-‐] Bubastiaca fe[cit sibi et] M. Ulpio Aug(usti) lib(erto) A[‐-‐] marito qu[(i) vixit—et] [li]bert[is] libertabus posterisque eorum]. ¹⁷

Und: Isidi Bubas[ti] Vener(em) arg(enteam) p(ondo) (unum semissem), cor(onam) aur(eam) p(ondo) (uncias tres, scriptula tria) cor(onam) anal(empsiacam) p(ondo) (uncias quinque, scriptula octo), Caltil(ia) Diodora Bubastiaca testament(o) dedit. ¹⁸

Mindestens Caltilia Diodora führte demnach ein griechisches cognomen. Für Cornelia Mo[‐-‐] ist dies nicht mehr eindeutig feststellbar. Allerdings ließe sich bei dem Namensfragment Mo[‐-‐] an den Namen Moschis denken. Dies ist vor allem daher plausibel, weil aus Rom eine Grabinschrift des zweiten Jahrhunderts erhalten ist, die ein gewisser L. Caltilius Stephanus – ebenfalls ein Freigelassener –

 Mouritsen (2011).  RICIS 501/0169, aus Rom in der Zeit Trajans oder danach.  RICIS 503/1113, aus Ostia im zweiten Jahrhundert.

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und seine Frau Caltilia Moschis aufstellen ließen.¹⁹ Die Caltilii wiederum waren eng mit den ägyptischen Kulten in Ostia verknüpft, wie nicht nur die Inschrift Caltilia Diodoras oben bezeugt. Am 24. Januar 127, dem einundfünfzigsten Geburtstag Hadrians und in dessen zehntem Regierungsjahr, ließ ein gewisser Caltilius P[…] den aus eigenen Mitteln errichteten Sarapis-Tempel Ostias einweihen.²⁰ Man darf vermuten, dass die Bubastiaca Caltilia Diodora zu seinem unmittelbaren sozialen Umfeld gehörte. Die also wohl zu Cornelia Moschis zu rekonstruierende Bubastiaca war mit einem Freigelassenen Trajans verheiratet, dessen cognomen bis auf die Initiale nicht mehr erhalten ist.²¹ Die Inschrift kann damit frühestens zu Beginn des zweiten Jahrhunderts gesetzt worden sein, wahrscheinlich erfolgte seine Freilassung aber erst im Laufe der Regierungszeit Trajans, da sich Cornelias Mann erst dem Kaiser erweisen musste, bevor er auf die Freilassung hoffen konnte. Vor dem vollendeten dreißigsten Lebensjahr des Sklaven war eine Freilassung zudem juristisch heikel.²² Sollte Caltilia Diodora die Frau des Caltilius P[…] sein, der den Sarapis-Tempel 127 n.Chr. einweihen ließ, dann wäre Cornelia wohl mindestens eine Generation früher, vielleicht als Tante, zu vermuten. Die Nähe der Akteure im Bubastis-Kult zu kaiserlichen Freigelassenen bestätigt auch die Inschrift einer Priesterin der Göttin aus Rom. Hier hatte eine gewisse Ostoria Successa in oder nach flavischer Zeit den kaiserlichen Freigelassenen Titus Flavius Ampliatus geheiratet.²³ Auffällig ist, zu welchen Gaben Caltilia Diodora ökonomisch im Stande war. Testamentarisch vermacht sie der Isis Bubastis eine silberne Venus-Statuette und zwei Kronen. Das erscheint im reinen Materialwert über den zeitgenössischen Geschenken von Freigelassenen aus dem Isis-Kult zu liegen. So weihte etwa Victorinus, ein Freigelassener und Isiacus sowie Anubiacus aus Ostia, der sich in die Stadtverwaltung Ostias hochgedient hatte (er war decurialis scriba) lediglich eine Statuette des Mars mit einem Pferdchen (signum Martis cum equiliolo).²⁴ Auch andere Eingeweihte weihten ihren Schutzgottheiten ähnlich dimensionierte Ga-

 JPGM.L.83.AA.209 und CIL VI 14259; vgl. Grossman (2003), 7.  RICIS 503/1102. Die Caltilii sind aus trajanischer und hadrianischer Zeit als Familie einflussreicher Freigelassener bestens dokumentiert. Eine Zusammenstellung der Inschriften der Caltilii liefert: Torres (2008), 37– 44. Zu Moschis, s. auch Guerrini (1982), 173 f.  RICIS 501/0169: M. Ulpio Aug(usti) lib(erto) A[‐-‐].  Zu Altersbeschränkungen bei der Freilassung s. lex Aelia Sentia kommentiert in Gai. inst. 1,13; 18 – 19; 36 – 41; 70; 3, 72– 76.  RICIS 501/0162.  RICIS 503/1118.

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ben.²⁵ Demgegenüber wirken die Geschenke der Caltilia Diodora zwar üppiger, aber nicht ausschweifend. Auch hier waren Bubastiacae gemessen am Wert ihrer Spenden wohl kein Teil der Eliten Ostias oder gar Roms. Im Kontext der Kultvereine spricht D. Rohde daher von Sub-Eliten, womit der inschriftlich fassbare Teil der Bevölkerung unterhalb der ökonomisch signifikant leistungsfähigeren Eliten gemeint ist. Mochte Cornelias Mann auch kaiserlicher Freigelassener gewesen sein, ein Trimalchio war er ganz sicher nicht. Caltilia Diodora konnte aber dennoch ihren Status gebührend mit Gaben aus Gold und Silber verdeutlichen, denn selbst für eine Tochter der gens Caltilia war eine eheliche Verbindung in die familia Caesaris und das Patronagenetzwerk Kaiser Trajans nicht selbstverständlich. Unter Trajan war die Zahl der kaiserlichen Freigelassenen, die Frauen nicht-imperialer gentes heirateten, auf einem historischen Tiefstand. In nachaugusteischer Zeit war es für kaiserliche Freigelassene zwar zunächst üblicher geworden, außerhalb der familia Caesaris zu heiraten. Unter Trajan setzte jedoch eine Re-Imperialisierung der Eheverhältnisse kaiserlicher Freigelassener eing.Wie P. Weaver 1972 herausarbeitete, trugen nur gut ein Drittel aller Ehefrauen kaiserlicher Freigelassener des Trajan keine imperialen nomina. ²⁶ Es ist daher Zeit, die Bubastiacae und Trajans Beziehungen zu Bubastis genauer zu beleuchten.

3 Die Bubastiacae: Isis-Eingeweihte ohne Isis? Zunächst fällt die seltsame Denomination der Bubastiacae auf. Anders als die männlichen und weiblichen Isiaci bezeichnen sich die Bubastiacae wohl nicht direkt nach einer Gottheit. Viel mehr ist Bubastis der Name der Stadt, in der sich der wichtigste Tempel der ägyptischen Gottheit Bastet befand. Die Stadt war mindestens bis in die Zeit Herodots noch Zentrum eines aktiven und weithin bekannten Kultes, der für sein ausgiebig mit Wein gefeiertes Hochfest bekannt war.²⁷ In der Zeit nach Herodot wurde der Name der Stadt im Griechischen – und später im Lateinischen – auch auf die Göttin übertragen. Daher kann man auch außerhalb Ägyptens von Bubastis-Kulten sprechen: bei ihnen handelt es sich um den Kult für die Hauptgottheit der Stadt Bubastis. Zeugnisse dieser BubastisVerehrung stammen mehrheitlich aus der Kaiserzeit und treten regelmäßig in Verbindung mit dem Isis-Kult auf. Dabei sind die nachweisbaren Kultgeräte oft mit denen des Isis-Kultes identisch. Nicht selten wurde auch direkt eine synkretisti-

 Siehe RICIS 308/1201; 503/1221.  Weaver (1972), 122 – 129 Vgl. dort Tabelle III.  Hdt. 2,59 – 60; 137– 138. Vgl. auch Ez. 30,17.

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sche Gottheit Isis-Bubastis in den Mittelpunkt der Verehrung gerückt, sodass in der Forschung die Verehrung der Bubastis in der Kaiserzeit häufig als Aspekt des Isis-Kultes gesehen wurde. Ein gutes Beispiel dafür ist die oben erwähnte Inschrift RICIS 503/1113 der Caltilia Diodora. Dennoch waren Isis und Bubastis in der Kultpraxis außerhalb Ägyptens nicht stets ein und dieselbe Gottheit. Wie auch bei der Integration anderer Gottheiten „in das Konzept ‚Isis‘“²⁸ blieb die gemeinsame Nennung mit einem trennenden „und“ ebenso häufig wie ohne. Gemeinsame Anrufungen beider Gottheiten, etwa das Isidi Aug(ustae) et Bubasti auf einem Altar in Pannonien, waren dabei Teil überall in der oikumene stattfindender Hybridisierungsprozesse, bei denen nicht nur die Namen sondern auch Kult und Ritual transkulturalisiert wurden.²⁹ Regelmäßig fällt aber auf, dass Stifter solcher Inschriften Bezüge zum Kaiserhaus und zum römischen Staatswesen in den Inschriften deutlich machen: sei es über die eigene Familie oder wie in der gerade genannten Inschrift durch die Weihung an Isis Augusta.³⁰ Ob aber im pannonischen Scarbantia oder in Latium, die Zeugnisse der Bubastis-Verehrung stammen stets aus dem Freigelassenenmilieu. Hierin ähneln sie den Inschriften der Isiaci und sacrorum Isidis, den beiden wichtigsten Denominationen für Eingeweihte der Isis im Westen. Es besteht also sowohl in den Kultpraktiken, bezeugt durch die überlieferten Instrumente, als auch im Milieu ein Bezug zu den Isis-Kulten. Ein näherer Blick auf die Inschriften der Bubastiacae, der weiblichen Eingeweihten der Bubastis, mag bei der Binnendifferenzierung der Ægyptischen Kulte helfen. Wo lag für Freigelassene der Kaiserzeit der Unterschied zwischen der Partizipation im Isis-Kult und der im Bubastis-Kult? Und welche Rückschlüsse lässt dies auf die Transformation kaiserzeitlicher Kulte unter einer geschlechtergeschichtlichen Perspektive zu? Ich möchte versuchen, die beiden Zeugnisse von Bubastiacae mit anderen Zeugnissen des BubastisKultes, der Ægyptischen Kulte und zeitgenössischer Netzwerke zu einem schlüssigen Bild zu verknüpfen. Dabei hilft, dass die Inschriften Ähnlichkeiten hinsichtlich der Datierung und regionalen Herkunft aufweisen. Zudem fallen sie in eine Zeit, in der Bubastis als Ort imperialen Euergetismus dem Kult der Bubastis auch fernab Ägyptens einen neuen Stellenwert gegeben haben könnte.

 Nagel (2013), 157, vgl. auch 158 – 162.  RICIS 613/0601. Vgl. generell dazu Nagel (2013) sowie Hölbl (1981), 179 f.  Unter den Inschriften zu Ehren der Isis Augusta finden sich so auch Seviri Augustales (RICIS 515/0802; 605/0201; 706/0201) und ein Schatzmeister aus dem Umfeld der servi publici (RICIS 515/ 1401). Eine genauere Untersuchung der Inschriften zu Ehren der Isis Augusta erscheint lohnend, vor allem unter Einbeziehung der archäologischen Erkenntnisse über die jeweiligen Orte.

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4 Warum Bubastis? Über die Hinweise auf ihre sozio-ökonomische Stellung hinaus geben die in der Inschrift genannten Geschenke Diodoras vielleicht auch einen Einblick in den Ägypten-Diskurs des zweiten Jahrhunderts und verknüpfen die beiden Bubastiacae auf der einen Seite mit den ägyptischen Kulten – besonders Isis – und andererseits mit dem griechisch-römischen Pantheon, vor allem Artemis und Venus. Während Isis nämlich ihr prominentestes Heiligtum in Memphis hatte, wie auch der Verweis darauf im Text der Aretalogie von Kyme verdeutlicht,³¹ sagt die Göttin in just dieser Selbstoffenbarung, dass ihr Βούβαστος πόλις ᾠκοδομήθη,³² also „die Stadt Bubastis errichtet“ worden sei. Das Heiligtum im unterägyptischen Bubastis war allerdings ursprünglich Teil des Bastet-Kultes. Diese Gottheit und ihr seit Herodot auch bei den Griechen berühmtes Heiligtum³³ waren demnach im Laufe der Zeit mehr und mehr mit dem Isis-Kult verschmolzen. Bastet war andererseits aber bereits von Herodot mit Artemis gleichgesetzt worden. Wie R. May und L. LiDonnici herausarbeiteten, unterschieden sich Bubastis und Artemis allerdings in ihrem Charakter. Im Gegensatz zur ausschweifenden Bubastis war Artemis-Diana traditionell eine keusche, weil jungfräuliche, Göttin. In der Kaiserzeit trat mit Aphrodite-Venus allerdings eine weitere Gottheit ins Bild, die mit Artemis-Diana verbunden wurde. Die Annäherung von Artemis-Diana an Aphrodite-Venus könnte dabei über unkonventionelle Artemiskulte wie den von Ephesos ermöglicht worden sein: hier war Artemis-Diana insbesondere als Fruchtbarkeitsgottheit verehrt worden und hatte Ähnlichkeiten mit anderen Göttinnen Kleinasiens, wie Mater Magna und Kybele. Allgemein ist davon auszugehen, dass im zweiten Jahrhundert Vorstellungen einer weiblichen „Allgottheit“ existierten. Bubastis wie auch diverse griechischrömische sowie kleinasiatische Göttinnen können jeweils als Ausprägungen dieser „Allgottheit“ gedeutet werden. Sie alle folgten ähnlichen Konzepten und hatten einen ähnlichen Charakter, obwohl sie mit verschiedenen Namen angerufen wurden. Dabei galt wohl, dass jede Kultgemeinschaft für sich reklamierte, dass die jeweils eigene Benennung die wahrhaftig der Gottheit entsprechende

 RICIS 302/0204. Vgl. auch Streete (2000).  RICIS 302/0204. Die Aretalogie hat sich fragmentarischer außerdem in Thessalonike (RICIS 113/0545), auf Ios (RICIS 202/1101) und in Telmessos (RICIS 306/0201) erhalten. Zur Verschmelzung von Isis und Bubastis vgl. auch Vaelske (2009), 492 f.  Hdt. 2,59 – 60; 137– 138; 154; 158. Herodot berichtet, Bastet sei der ägyptische Name für Artemis (2,137) und ihr Tempel in Bubastis sei von allen ägyptischen der schönste (2,138), das jährlich dort gefeierte Fest zu Ehren der Gottheit das wichtigste und am prächtigsten gefeierte (2,59).

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sei.³⁴ Ein Echo dieses Konzepts der weiblichen Allgottheit findet sich sowohl bei Plutarch als auch bei Apuleius. Plutarch spricht von Isis in seinem Traktat De Iside et Osiride immer wieder sowohl geschlechtsneutralisierend wie auch konzeptionell monotheistisch als die Gott (ἡ θεός).³⁵ Apuleius in seinem Roman hingegen lässt Isis sich selbst dem Protagonisten Lucius wie folgt vorstellen: ³⁶ Dort nennen mich die Erstgeborenen der Menschen, die Phryger, die Pessinuntische Göttermutter, hier die Urbewohner ihres Landes, die Attiker, die kekropische Minerva, dort die meerumfluteten Kyprier die Paphische Venus, die pfeiltragenden Kreter die Diktynnische Diana, die dreisprachigen Sikuler die stygische Proserpina, die Eleusinier die alte Göttin Ceres, andere Juno, andere Bellona; diese dort Hekate, jene Rhamnusia, und, die von den beginnenden Strahlen der aufgehenden Sonne beleuchtet werden, die Äthiopier beider Länder und die durch uralte Weisheit ausgezeichneten Ägypter, durch eigene Bräuche mich ehrend, mit meinem wahren Namen Königin Isis.³⁷

Ob Bubastiacae also Eingeweihte einer eigenen Gottheit – eben der Bubastis – waren, wie L.Vidman schrieb,³⁸ war sicher schon in der Antike Ansichtssache. Sie hatten sich vielmehr der Isis von Bubastis verschrieben und konnten damit zwischen Isis allgemein und Bubastis im Besonderen changieren. Während die IsisAretalogie in den beiden Fragmenten, deren Anfang erhalten ist (RICIS 302/0204 und 306/0201), einen deutlichen Bezug auf Memphis nimmt, bezogen sich die Bubastiacae eben nicht auf das wichtigste ägyptische Heiligtum des Isis-Kultes, sondern auf das erst in der Zeit nach Herodot mit dem Isis-Kult verbundene Bu-

 LiDonnici (1992). Vgl. auch May (2005), 50 f basierend auf Oster (1990), 1725 f. Isis, Artemis/ Diana (besonders in der ephesischen Ausprägung) und Bastet gehörten damit zu den wichtigsten Fruchtbarkeitsgöttinnen, die besonders auch von Frauen verehrt wurden. Dabei wurde Isis-Bubastis nicht nur in Rom als eigenständige Akteurin neben der Isis Pelagia gedacht, wie z. B. RICIS 305/1402 aus Iasos in Karien von einem römischen Ehepaar zeigt.Vgl. Heyob (1975), 70 f und Hölbl (1981), 179 f. Zur keuschen Artemis und lustvollen Aphrodite vgl. May (2005). Zur Verbindung mit den kleinasiatischen Gottheiten vgl. auch Beard (1996), und zum „weiblichen Henotheismus“ Turcan (2007).  So in Plut. Is. 351e; 352a; 355d; 357e u. a. Hier war Plutarch dem Begriff nach bereits Vertreter oder gar Vorreiter eines Konzepts, das in den letzten 20 Jahren als pagan monotheism prominent diskutiert wurde; vgl. West (1999); Nuffelen (2010); Sfameni Gasparro (2010).  Apul. met. 11,5,1– 3; vgl auch Belayche (2010).  Siehe Apul. met. 11,5,1– 3: Inde primigenii Phryges Pessinuntiam deum matrem, hinc autocthones Attici Ceeropiam Mineruam, illinc fluctuantes Cyprii Paphiam Venerem, Cretes sagitliferi Dictynnam Dianam, Sieuli trilingues Stygiam Proserpinam, Eleusinii uetusti Actaeam Cererem, Iunonem alii, Bellonam alii, Hecatam isti, Rhamnusiam illi, et qui nascentis dei Solis inchoantibus inlustrantur radiis Aethiopes utrique priscaque doetrina pollentes Aegyptii, caerimoniis me propriis pereolentes, appellant uero nomine reginam Isidem. Lat. nach Keulen et al. (2014); Übs. R. Helm.  Vidman (1969), 248.

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bastis. Sie proklamierten damit, einem eigenen Kult zu folgen und unterstrichen dies durch die Selbstbenennung, bei der jeder Hinweis auf Isis fehlte. Für Außenstehende, die nicht mit den Feinheiten Ægyptischer Kulte vertraut waren, wird dies aber kaum erkennbar gewesen sein. Die Nähe der Bubastiacae zu den kaiserlichen liberti und ihre deutliche Abgrenzung von der memphitischen Tradition der Isiakoi ist bei den Bubastiacae damit zunächst erstaunlich. Zwei Inschriften konstruieren noch keine historische Realität, aber sie passen in den Trend. Ebenfalls in diesen Trend passt, dass die einzige bezeugte sacerdos der Bubastis mit einem kaiserlicher Freigelassenen verheiratet war.³⁹ Auch andernorts war Bubastis eine Göttin für Freigelassene: Den einzigen gesicherten Tempel des Westens macht L. Bricault ausgerechnet in Nemi aus,⁴⁰ wo nur ehemalige Sklaven als rex Nemorensis den Kult der Diana Nemorensis ausführen durften. Hier wird die bereits erwähnte Nähe von Artemis-Diana und IsisBubastis noch einmal besonders deutlich. Und auch in Nemi hatte es spätestens seit Caligula kaiserliche Eingriffe in die Kultpraxis gegeben, wie Sueton berichtete: Denn Caligula erzwang die Ablösung des damals bereits lang amtierenden rex Nemorensis durch einen, vermutlich selbst ausgesuchten, neuen Priester, der ihn im traditionell geforderten Zweikampf bezwang.⁴¹ Diese Einmischung Caligulas in den Kult der Diana von Nemi ist besonders interessant, da es sich um einen sichtbaren Eingriff in einen Kult handelt, der von Freigelassenen dominiert wird. Die Freigelassenen waren bereits seit Augustus immer wieder eine soziale Gruppe, die aus Sicht der Kaiser einer eigenen Steuerung in politischer, rechtlicher und eben auch kultischer Hinsicht bedurfte. Dies ergab sich allein schon aus ihrer Allgegenwärtigkeit und der rechtlich hybriden Stellung, die sie zwischen den freigeborenen Bürgern (ingenui) und den noch unfreien Sklaven, sowie den freien nicht-Bürgern (perigrini) einnahmen. Die sehr auf Selbstdarstellung bedachten erfolgreichen Freigelassenen verdrängten schon in der frühen Kaiserzeit die niedere nobilitas, allen voran die Dekurionen, aus einer Reihe von zunächst von ingenui besetzten prestigereichen Funktionen, etwa den Seviri Augustales. ⁴² Auch interagierten und wandelten sich die epigraphic habits der beiden Gruppen: Die einzigartige Erfahrung der Freilassung, die nicht an die Nachfahren weitergegeben werden konnte, veranlasste die Freigelassenen zu einer eigenen Kultur von Funeralinschriften.

 RICIS 501/0162.  RICIS 503/0301.  Suet. Calig. 35,3: Nemorensi regi, quod multos iam annos poteretur sacerdotio, validiorem adversarium subornavit.  Mouritsen (2007), 247 f.

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Da die Freigelassenen aufgrund ihres oft hohen ökonomischen und sozialen Kapitals schnell in Konkurrenz zu den Dekurionen traten, waren die Wechselwirkungen zwischen den beiden Gruppen besonders stark. Dies erzeugte offenbar soziale Spannungen, die kaiserliche Eingriffe erforderlich machten, sodass Tiberius mit der lex Visellia Freigelassenen den Zutritt zum ordo decurionum verbat, wobei dem Kaiser vorbehalten blieb, Ausnahmen einzurichten.⁴³ Damit konnten die Kaiser direkt die Zusammensetzung munizipaler Eliten kontrollieren. Freigelassene konnten nun also nicht länger aus eigenem Kapital den Aufstieg in die nobilitas schaffen. Wie aber das Beispiel des Freigelassenen N. Popidius Ampliatus aus Pompeji zeigt, konnten Freigelassene über ihre Partizipation an Kulten noch immer die Ausgangslage für ihre Kinder optimieren. Nach dem Erdbeben von 62 n.Chr. lies Ampliatus den dortigen Isis-Tempel wiederaufbauen und erwirkte damit wohl die Aufnahme seines erst sechsjährigen Sohnes in den ordo decurionum. ⁴⁴ Wenn sich also aus dem oberpannonischen Scarbantia eine Weihinschrift des Freigelassenen Gaius Pomponius Philinus samt Altar an Isis Augusta und Bubastis erhalten hat,⁴⁵ dann ist es meines Erachtens angebracht, hellhörig zu werden. Denn die seit Caligula einsetzende und seit Vespasian nicht mehr zu übersehende Einflussnahme der Kaiser auf die Ægyptischen Kulte darf auch als Steuerungsversuch gelesen werden. Die von Augustus erwirkten Repressionen der Kulte aus Ägypten, die Eroberung und die anschließende Phase der langsamen Annäherung der Kaiser an die Kulte führte offenbar zu parallelem Verhalten bei den Eliten und Sub-Eliten: Je näher die eigenen Geschicke mit denen der Kaiser verknüpft waren, desto mehr folgte man deren Ablehnung von oder Partizipation an der Kultur und den Kulten Ägyptens. Erst langsam entkamen die Ägyptischen Kulte seit Caligula der Meidung durch die Eliten. Unter Nero wurden die Feste der Ägyptischen Götter in den römischen Festkalender übernommen; Otho soll dann bereits selbst öffentlich am Isis-Kult teilgenommen haben.⁴⁶ Aber der Kaiser und die nobilitas hatten mit den  Mouritsen (2011), 72– 74.  RICIS 504/0202. Vgl. Egelhaaf-Gaiser (2000), 197 f sowie Mouritsen (2005), 61.  RICIS 613/0601.  Suet. Otho 12: Tanto Othonis animo nequaquam corpus aut habitus competit. Fuisse enim et modicae staturae et male pedatus scambusque traditur, munditiarum vero paene muliebrium, vulso corpore, galericulo capiti propter raritatem capillorum adaptato et adnexo, ut nemo dinosceret; quin et faciem cotidie rasitare ac pane madido linere consuetum, idque instituisse a prima lanugine, ne barbatus umquam esset; sacra etiam Isidis saepe in lintea religiosaque veste propalam celebrasse. Meiner Meinung nach deutet die Beschreibung Suetons von Othos Entfernung der Körperbehaarung und Leinengewandung, sofern sie akkurat wäre, nicht auf Effemination, sondern auf eine Befolgung ägyptischer Kulttraditionen hin, wie sie auch Plutarch beschrieb; s. Plut. Is. 352c-d.

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Maßnahmen Augustus’ die unmittelbare Verbindung zu den Ægyptischen Kulten verloren. Das war weder aus politischer Sicht wünschenswert, noch dem Selbstverständnis der Kaiser als pontifices maximi, als obersten Priester Roms angemessen. Der Kontakt zu den Kulten musste erst mühsam wiedergefunden werden, was nur über Einflussnahmen auf die soziale Gruppe, die jene Kulte mittlerweile dominierte, gelingen konnte: die Freigelassenen. Möglicherweise etablierte sich also eine eigene, spezifisch bei den liberti des Kaisers zu verortende Tradition der Bubastis-Verehrung. Sie vereinnahmte die memphitischen Isis-Überlieferungen zwar am Rande, umging es aber, sich direkt auf Memphis zu beziehen.⁴⁷ Dazu würde passen, dass die Episode von Caligula in Nemi und die Hochzeit der Bubastiacae eine weitere Gemeinsamkeit teilen. Caligula, der den Ægyptischen Kulten ebenfalls große Aufmerksamkeit schenkte, besuchte Nemi im Zuge seiner dortigen Bauprojekte, nicht zuletzt der luxuriösen Schiffe. Mindestens von Trajan ist bekannt, dass er den Kanal von Bubastis zum Roten Meer erneuern ließ. Daher verwundert es kaum, dass V. Vaelske es für wahrscheinlich hält, dass der Tempel von Bubastis in der Kaiserzeit „als öffentlicher Raum innerhalb der Stadt weiterhin in Funktion war.“⁴⁸

5 Conclusio Es scheint mir sehr wahrscheinlich, dass die Förderung des Bubastis-Kultes und seiner Akteure eine gezielte Einflussnahme von Kaisern wie Vespasian und Trajan darstellte. Der geringe Einfluss, den die Kaiser auf einen der bedeutendsten Mysterienkulte noch in der Mitte des ersten Jahrhunderts ausübten, passte nicht zum Selbstanspruch der pontifices maximi. Hinsichtlich der Theologie war die oikumene zu diesem Zeitpunkt bereits von dem beeinflusst, was P. van Nuffelen und andere als pagan monotheism bezeichnen.⁴⁹ Auch hier spielten die Ægyptischen Kulte eine besondere Rolle. Sie zeigen die zeitige Einflussname der Kaiser auf eine Gruppe von Kulten mit immer stärkeren monotheistischen Zügen. Auf

Einen kurzen Abriss über die römische Politik gegenüber den Ägyptischen Kulten bietet: Kleibl (2009), 38 – 42.  Interessant ist hier der Hinweis von E. Reymond, dass sich offenbar seit dem Hellenismus die alexandrinische und die memphitische Priesterschaft gegenseitig in der Deutungskompetenz über die ägyptischen Götter auszubooten suchten. Ob dies in der Kaiserzeit noch so war, scheint nicht erforscht; vgl. Reymond/Barns (1977), 26 – 33. Immerhin hatte sich nach Herodot kaum noch ein Autor substantiell zu Bubastis geäußert.  Vaelske (2009), 498.  Nuffelen (2010), 27– 33.

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dem Weg der Transformation antiker Religionen als multipolares Gefüge hellenistischer poleis mit lokal ausdifferenzierten Traditionen hin zur monarchischen und monotheistischen Reichsreligion mit dem Kaiser als göttlich beschütztem Herrscher wie von Konstantin I. und Theodosius I. verkörpert, stellen die Ægyptischen Kulte einen evolutionären Zwischenschritt dar, der auf die ägyptische Tradition des Priesterkaisers zurückgreifen konnte. Dass die ägyptischen Pharaonen nicht nur Monarchen, sondern auch Priester und damit Regenten, Mittler und Statthalter zugleich waren, war auch außerhalb Ägyptens und der Ægyptischen Kulte bekannt. Plutarch propagierte dieses Modell sogar idealisierend in seinem Traktat De Iside et Osiride: Die Könige wurden aus der Klasse der Priester oder der Krieger ausgewählt; die eine besaß durch Tapferkeit, die andere durch Weisheit Ansehen und Rang. Wer aus den Kriegern zum König bestimmt war, wurde sogleich Mitglied der Priesterklasse und erhielt Kenntnis von deren Philosophie. Diese war zum großen Teil in Mythenerzählungen verborgen, welche die Wahrheit undeutlich spiegelten und durchscheinen ließen […].⁵⁰

Kaum verdeckt finden sich bei Plutarchs Beschreibung Parallelen zu Platos idealer Herrschaft der Philosophen, denn für Plutarch waren ideale Philosophen auch Priester, weil die Suche nach der Wahrheit ein Dienst an der Gottheit war.⁵¹ Zugleich waren die Pharaonen in Plutarchs Sinne auch Krieger. Eine idealisiertere Beschreibung römischer Kaiser als Gelehrte, Priester und Krieger ist kaum denkbar und eng mit zeitgenössischen Vorstellungen der „höchsten Gottheit“ verbunden, denkt man an die sogenannten Orientalischen Kulte und ihre Gottheiten: So ist Isis gemäß der Aretalogie von Kyme Wissensspenderin, Rechtsetzerin und Herrin des Krieges.⁵² Man kann daher die Ægyptischen Kulte als evolutionären Zwischenschritt hin zu einem vollständigen, reichsweiten Monotheismus, als preadaptive advances im Sinne Niklas Luhmanns, bezeichnen. Aber der Begriff der Evolution mahnt zugleich auch zur Vorsicht, denn die ex post logisch scheinenden Entwicklungsschritte waren zu ihrer Zeit keine selbstverständliche, alternativlose Entwicklung. Ein reichsweiter Monotheismus, wie er im vierten Jahrhundert existierte, war nicht unausweichlich. Im Gegenteil: zwar begünstigen preadaptive advances eine bestimmte Entwicklung, aber die Einflussnahme von Kaisern wie Trajan auf einen Kult, der dezidiert eine weibliche Allgottheit in den Mittelpunkt stellte – eine Gott – wie Plutarch schrieb, steht im krassen Widerspruch zu der Verdrängung

 Plut. Is. 354c.  Plut. Is. 351e-f.  RICIS 302/0204, Übersetzung nach Kleibl (2009), 21 f.

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weiblicher Akteure aus dem Kultbetrieb im spätantiken Christentum. Kannte man zu Zeiten von Paulus, Plutarch und Apuleius noch weibliche Kultakteure von höchstem Ansehen in vielen bedeutenden Kulten, sowohl in den exotischen wie dem der Isis, als auch in den indigenen, wie dem der Vesta, so verschwanden im Laufe der späteren Antike nicht nur die Frauen aus den prominenten Positionen. Mit den Priesterinnen verschwanden auch die weiblichen Gottheiten. Die Bubastiaca stellten damit zwar im abstrakten Sinne einer Investition politischen und kultischen Kapitals in die Religion durch den Kaiser zwar einen Schritt in Richtung Spätantike dar. Aber ihre Existenz und ihre Stellung im politischen Gefüge der Zeit im Dreieck von sozialen Aufsteigern, Kaiserhaus und weiblicher, kultischer Akteurschaft stellte den Höhepunkt weiblicher Partizipation im religiösen Raum der römischen Gesellschaft dar. Nie wieder würden Frauen so viel an der öffentlich sichtbaren Religion partizipieren wie zwischen dem späten ersten und späten zweiten Jahrhundert nach Christus. Die Untersuchung dieser Hochzeit religiöser Partizipation von Frauen in den Orientalischen Kulten unter Einbeziehung der gender studies wäre für die Forschung sicher ein großer Gewinn. Dabei sollten jedoch nicht nur Kulte und weibliche Akteure bedacht werden, sondern auch interdependente Kategorien der Identitätsbildung wie Ethnizität und soziale Rangzugehörigkeiten. Ein ebenso großes Desiderat stellt das Studium des Wandels der spätantiken Gesellschaft hin zu einer religiösen Landschaft, in der Frauen signifikant weniger Einfluss hatten dar. Was führte diesen misogynen turn herbei?

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Benedikt Eckhardt und Andrew Lepke

Mystai und Mysteria im kaiserzeitlichen Westkleinasien 1 Einleitung Etwa ab der zweiten Hälfte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts nimmt die Anzahl inschriftlich bezeugter Mysterien-Feierlichkeiten und Mysten-Gruppen im westlichen Teil Kleinasiens drastisch zu. Aus fast jeder größeren Stadt sind Inschriften überliefert, die Mystai, Mysteria oder Kultfunktionäre mit mysterienspezifischen Titeln – etwa Hierophanten – erwähnen. Dieser Befund ist erklärungsbedürftig, steht er doch in deutlichem Gegensatz zu den wenigen hellenistischen Belegen für Mysterienterminologie in Inschriften aus Kleinasien.¹ Hier allein mit der für die Kaiserzeit deutlich verbesserten Quellenlage zu argumentieren und das Phänomen somit auf die Zufälligkeit unserer Überlieferung zu reduzieren, greift sicherlich zu kurz. Stattdessen ist davon auszugehen, dass der epigraphische Befund konkrete Entwicklungen der Zeit reflektiert. Wie aber sind sie zu erklären? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wollte Poland die Verbreitung von Mystengruppen gerade in Kleinasien darauf zurückführen, dass sie „eben nur einheimische religiöse Vorstellungen in griechischer Form widerspiegelten“.² Der Niedergang von Stadtkultur und Polisreligion habe zu einem Wiedererstarken vorgriechischer Kulte geführt. Die griechische Form „Mysterienkult“ sei demnach von den indigenen „religiösen Vorstellungen“ zu unterscheiden. Man wird fragen müssen, wie diese Differenzierung an einem Material nachgewiesen werden kann, das in aller Regel weder Gebete noch Rituale erwähnt. Der einzige Hinweis auf „religiöse Vorstellungen“ hängt zumeist am Götternamen, doch von hier aus lässt sich die These nicht erhärten. Die große Mehrheit der relevanten Inschriften weist keine erkennbare Affinität zu indigenen

 Poland (1909), 38 geht zu weit, wenn er pauschal feststellt, Mystenvereine gehörten der Zeit nach Christi Geburt an. Die Konzentration der Belege auf das kaiserzeitliche Kleinasien stellt er jedoch korrekt dar. Unverständlich sind demgegenüber die tabellarischen Aufstellungen bei Sommer (2006), 180. Keine der dort gegebenen Zahlen ist korrekt; wie sie zustande kommen, ist angesichts fehlender Nachweise nicht zu erkennen. Sommer schließt aus seiner Tabelle: „Der Drang, sich als Vereinigung zu präsentieren, war, wie die Zahl der bisher bekannten Mysterienvereinigungen in der Kaiserzeit bezeugt, nicht so groß wie im Hellenismus“ (182). Das Gegenteil ist richtig.  Poland (1909), 37. https://doi.org/10.1515/9783110561036-004

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Kulten auf. Es braucht also andere Erklärungen, und tatsächlich bietet die gegenwärtige Forschung zwei Modelle an, die in eine andere Richtung weisen. Das erste ist die Annahme einer „Transformation von Religion durch Mysterisierung in der römischen Kaiserzeit“.³ In kaiserzeitlichen literarischen Texten wird die symbolische Bedeutung bekannter Mysterienkulte in einer so vorher nicht belegten Form diskutiert (etwa von Plutarch und Porphyrios, aber auch noch im 4. Jh. von Jamblichus, Sallustius und Julian). Gleichzeitig wird Mysterienterminologie für die Formulierung innovativer religiöser Modelle herangezogen. Hier könnte man unseren Befund einordnen; Bezugspunkt der These sind aber ausschließlich die Äußerungen von Intellektuellen. Sie zeigt also wichtige ideengeschichtliche Trends und religiöse Differenzierungen auf, ist aber auf Quellen ausgerichtet, die nur einen sehr spezifischen Kreis von Menschen repräsentieren. Ob man hier den direkten Transfer zwischen doch sehr verschiedenen Quellengattungen vornehmen kann, erscheint fraglich. Neben diesem religionsgeschichtlichen Modell ist zuletzt ein sozialgeschichtliches präsentiert worden. Mysterienterminologie könnte einer städtischen Elite dazu gedient haben, ihre soziale Sonderstellung durch religiöse Exklusivität symbolisch hervorzuheben.⁴ Damit einher geht die Annahme einer inflationären Verwendung der Begriffe: Die in Frage stehenden Mysterien sind demnach keine „echten“ Mysterien mit Initiationsriten und Geheimhaltung mehr gewesen, sondern eine inhaltsleere Inszenierung von sozialer Überlegenheit. Diese Wendung in ein religionsgeschichtliches Dekadenzargument ist ihrerseits problematisch, denn Argumente für die Unterscheidung zwischen „echten“ und „unechten“ Mysterien lassen sich aus den Inschriften kaum gewinnen. Was diesbezüglich angeboten worden ist, erscheint wenig überzeugend – so besonders der Versuch, die Existenz von Hierophanten zum Kriterium dafür zu erheben, ob ein Mysterienkult „echt“ gewesen sei.⁵ Wenn ein Myste kein Initiierter mehr sein muss, muss wohl auch ein Hierophant nicht mehr derjenige sein, der das Heilige enthüllt.⁶ Die eigentliche Stärke des sozialgeschichtlichen Modells liegt gerade darin, dass man es auch anwenden kann, ohne abwertende Aussagen über religiöse Inhalte zu treffen. So ergibt sich dann auch erst der zugespitzte Kontrast zwischen einem auf die Mysterisierung religiöser Vorstellungen konzentrierten religionsgeschichtli-

 Auffarth (2013), 433.  Belayche (2013).  Jaccottet (2006), 220.  Das Kriterium wird gänzlich fragwürdig, wenn man mit Belayche (2016), 53 den Begriff aus dem eleusinischen Kontext löst und davon ausgeht, dass er „pouvait désigner de façon extensive celui qui enseigne les rites et le culte“. Dafür spricht zum Beispiel die gelegentliche Übersetzung von pontifex mit ἱεροφάντης (etwa bei Dion. Hal. 2,73,3), die van Haeperen (2004) diskutiert.

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chen und einem auf Statusrepräsentation konzentrierten sozialgeschichtlichen Modell. Vor diesem Hintergrund wollen wir uns im Folgenden erneut den epigraphischen Zeugnissen zu Mystai, Mysteria und Hierophanten aus dem kaiserzeitlichen Kleinasien zuwenden. Anstatt dabei auf einer Mikroebene jeden einzelnen Beleg für Mysterienterminologie auf ihre kommunikative Leistung hin zu untersuchen, wollen wir stattdessen auf einer breiteren Grundlage fragen, inwiefern sich die Mysterisierung der Kultterminologie in kleinasiatischen Inschriften als Ausdruck von Elitenrepräsentation auffassen lässt, und welche Auswirkungen eine solche Deutung auf das Verständnis von μύσται-Gruppen hat. Im Fokus steht also weniger eine Aufschlüsselung des jeweiligen epigraphic habits der einzelnen kleinasiatischen Städte – ein Unterfangen, das durch die ungleichmäßige Überlieferungssituation, mit zahlreichen Belegen in einzelnen Städten und einem fast vollständigen Schweigen der Inschriften in anderen, prinzipiell erschwert wird – sondern die Anwendung eines Modells, um ein überregional bedeutsames Repräsentationsphänomen zu erklären. Hierfür ist es notwendig, insbesondere das Verhältnis der μύσται zu anderen Gruppen und Institutionen zu hinterfragen.Während Poland vor dem Hintergrund seiner Theorie der Gräzisierung indigener Kulte einen größeren Teil der μύσταιInschriften für Priesterkollegien gehalten hat, gelten sie in der gegenwärtigen Forschung in der Regel als private Vereine.⁷ Die Grenzziehungen sind hier notorisch problematisch;⁸ dennoch macht es auch für die Analyse von Repräsentationsstrategien einen Unterschied, ob sie innerhalb anerkannter Institutionen des Stadt- bzw. Provinzialkultes oder im Rahmen privater Organisationsbildung angewendet wurden. Gleichzeitig kann die Unterscheidung von Stadt- und Vereinskult dabei helfen, hinter einem terminologisch weitgehend einheitlichen Quellenbefund differenziertere Verhältnisse zu rekonstruieren. Wir konzentrieren uns dabei ausschließlich auf die genannte Terminologie, verzichten also auf eine pauschale Berücksichtigung etwa von Isis- oder Sar-

 Poland (1909), 39 – 41. Vgl. dagegen die unten unter 3. zitierte Literatur; ferner die pauschale Berücksichtigung von μύσται in den von Ascough, Harland und Kloppenborg verantworteten Quellensammlungen (online zugänglich unter http://philipharland.com/greco-roman-associati ons).  Die Rückkehr zum Begriff „privater Verein“ begründen Gabrielsen/Thomsen (2015) mit einem neuen Verständnis von „privat“: „Private here means essentially non-state rather than non-public“ (12). Natürlich ist auch der Staatsbegriff oft problematisiert worden, aber die Lösung kann nicht darin liegen, die Unterscheidung zwischen Stadt- und Vereinskulten aus Mangel an konsensfähigen Begriffen überhaupt nicht mehr zu diskutieren. Der ansonsten oft bevorzugte Begriff der „voluntary association“ ist seinerseits problematisch, wie etwa auch Harland (2009), 28 f betont.

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apiskulten, sofern sie nicht ausdrücklich als μυστήρια bzw. ihre Anhänger als μύσται bezeichnet werden. Alles andere wäre eine Vermischung von religionsund sozialgeschichtlichen Kategorien. Um die historische Entwicklung abbilden zu können, wird zunächst eine systematische Behandlung der hellenistischen Belege für μύσται und μυστήρια in Kleinasien vorangestellt. Anschließend fragen wir nach Trägern der „Mysterisierung“, ihrem Verhältnis zum Stadtkult und möglichen Nachahmungseffekten. Am Ende soll darüber hinaus versucht werden, die Bedeutung der römischen Herrschaft in Kleinasien für die hier zu untersuchenden Prozesse zu definieren.

2 Die hellenistischen Voraussetzungen Im epigraphischen Befund des Hellenismus begegnen μύσται nur selten. Zwei Anwendungskontexte lassen sich dabei unterscheiden: Der Begriff bezeichnet entweder einen Initiationsgrad in Samothrake oder dient als Name von organisierten Gruppen mit unklarem religiösem Profil. Auf Samothrake selbst verzeichnen verschiedene Listen unter dem Oberbegriff μύσται Personen, die sich in die Mysterien der Theoi Megaloi hatten einweihen lassen.⁹ Wer die teils erheblichen Kosten und Mühen der Anreise auf sich genommen und die Initiationsrituale durchlaufen hatte, konnte sich auf diese Weise als μύστης verewigen lassen. Einen organisatorischen Zusammenhang der verzeichneten Personen zeigen die Listen dagegen nicht an. Es gibt zwar hierarchische Unterscheidungen, doch dabei geht es teils um unterschiedliche Initiationsgrade (μύσται und ἐπόπται), teils um verschiedene Funktionen innerhalb einer Festgesandtschaft.Vergleichbare Listen finden sich außerhalb Samothrakes, konnten dort aber in anderem Maße als Grundlage für mitgliedschaftsbasierte Vereinigungen dienen. So bildeten sich an verschiedenen Orten Gruppen von Samothrakiasten, die sich auf Rhodos nach einer allerdings wohl erst frühkaiserzeitlichen Inschrift auch συμμύσται nannten.¹⁰ Auf Chios lässt ein von μύσται und ἐφόπται beschlossenes Ehrendekret für einen Wohltäter den Schluss zu, dass sich die örtlichen Eingeweihten unter eben diesem Namen zu einem Verein zusammengeschlossen hatten.¹¹

 Vgl. das Material bei Dimitrova (2008).  ASAA n.s. 1– 2 (1939/40), 153 Nr. 13 (1. Jh. n.Chr.?); vgl. Dimitrova (2008), 258 Nr. 1, Z. 2– 4: [τὸ κοινὸ]ν τὸ Σαμοθρα[ι]κιαστᾶν | [Νικο?σ]τρατείων συνμυστᾶν | [συνστρα]τευσαμένων. Vgl. allgemein zu Samothrakiastai Cole (1984), 83 – 86.  SEG 41,717 (2./1. Jh. v.Chr.); Dimitrova (2008), 123 Nr. 49. Es handelt sich um ein fragmentarisches Ehrendekret und drei Listen von Eingeweihten; ihre Organisation als Verein hängt an der

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Aus Kleinasien gibt es nur drei Belege für μύσται, die sich nicht in den terminologisch weitgehend einheitlichen Kontext der samothrakischen Mysterien einfügen lassen. Der am längsten bekannte stammt aus Teos, wo im zweiten Viertel des 2. Jh. v.Chr. eine Gruppe von μύσται zusammen mit sechs anderen Gruppen einen Kranz für einen offenbar prominenten Verstorbenen stiftete.¹² Neben den Mystai stehen Archonten, ein Thiasos, eine Gruppe von Orgeonen, Paraprytaneis, Samothrakiastai und Attalistai, jeweils wird auch der Vorsteher genannt. Beamtenkollegien und Kultgruppen agierten also in diesem Zusammenhang gemeinsam; eine Konstellation, die in Teos häufiger belegt ist.¹³ Orgeonen, Samothrakiastai und Mystai sind dabei um Athenodotos Sohn des Metrodoros gruppiert; der Vorsteher des Archontenkollegiums ist wohl dessen Bruder. Gut bekannt ist der Vorsteher der Attalistai, Kraton Sohn des Zotichos, der offenbar in verschiedenen Vereinen, darunter auch bei den dionysischen Techniten, den attalidischen Herrscherkult eingeführt hat.¹⁴ Es handelt sich wohl bei allen vier Vereinsvorstehern um Angehörige einer gegenüber dem pergamenischen Herrscherhaus loyalen Elite. Was für „Eingeweihte“ Athenodotos in diesem Zusammenhang versammelt hat, wissen wir nicht.Von den Samothrakiastai sind sie jedenfalls klar unterschieden; man könnte an Demeter und Kore ebenso denken wie an Dionysos Kathegemon, was zum potentiell „loyalistischen“ Charakter der Gruppe gut passen würde.¹⁵ Die Organisationsform der συμμύσται [Πο]〈ι〉μ[αν]ηνῶ[ν], die bei Kyzikos eine Grabinschrift errichteten, ist unklar. Die Benennung nach dem Ort widerspricht einer Deutung der Gruppe als privater Vereinigung nicht, lässt jedoch die hellenistische Datierung unsicher erscheinen.¹⁶ Sicher hellenistisch ist dagegen das Dossier der μύσται des Apollon Pleurenos aus der Umgebung von Sardeis.

Annahme, dass μύσται καὶ ἐφόπται in Z. 10 f noch zum Ehrenbeschluss gehört und nicht Überschrift der (später hinzugefügten) ersten Liste ist.  BCH 4 (1880), 164 Nr. 21.  Vgl. zur Rolle der Vereine in der „société civique“ von Teos Suys (2005), 217; Boulay (2013) mit den Belegen. Die Zahl der beteiligten Gruppen ist allerdings in keinem anderen Fall so hoch wie hier.  Vgl. zu ihm OGIS 325; OGIS 326; CIG 3071; Le Guen (2007).  Der Kult des Dionysos Kathegemon und derjenige des Zeus Sabazios werden in Briefen des Attalos III. mit dem Begriff μυστήρια beschrieben: RC 66 – 67 (135 v.Chr.). Zur Verbindung von Herrscher- und Dionysoskult bei den Attaliden vgl. Michels (2011).  IK Kyzikos 312. Vgl. Poland (1909), 84; Suys (2005), 207 mit Anm. 26. Die schon bei Poland versammelten Parallelen für die Benennung von μύσται nach dem Ort stammen sämtlich aus der Kaiserzeit; die vermutete Datierung der Inschrift ins 3./2. Jh. v.Chr. ist nicht nur vor diesem Hintergrund unsicher.

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Drei Inschriften aus attalidischer und frührömischer Zeit zeigen a) die Bitte des Priesters Kadoos erst an den seleukidischen ἀρχιερεύς Nikanor, dann an seinen attalidischen Nachfolger Euthydemos um Erlaubnis zur Aufstellung einer Liste, die den Namen des jeweiligen ἀρχιερεύς, den des Kadoos und diejenigen der Mystai enthalten und deren genauen Ort (offenbar im Heiligtum) der Oikonomos bestimmen sollte;¹⁷ b) die Ehrung eines ἐπὶ τῶν ἱερῶν προσόδων durch den Priester Apollonios Sohn des Kadoos und die μύσται;¹⁸ c) eine Weihung für Apollon Pleurenos, datiert nach den Priestern der Roma und des Zeus Polieus von Sardeis, durch den Priester Hermogenes Sohn des Kadoos und die μύσται.¹⁹ Aus der Datierung des letzten Textes lässt sich womöglich schließen, dass der Kult – im Zusammenhang mit der Errichtung der Provinz Asia? – unter sardische Kontrolle geraten war.²⁰ Der Kult ist sonst unbekannt, sieht man von der Nachricht ab, dass Apollon Mystes in Daldis offenbar einen offiziellen Kult hatte.²¹ Über die Zusammensetzung der Gruppe ist, da die von Kadoos aufgestellte Liste nicht erhalten ist, keine sichere Aussage möglich. Man kann aber vermuten, dass es sich um Menschen handelte, die daran interessiert waren, sichtbar in einen Zusammenhang mit der Reichsadministration gestellt zu werden. Weder aus dem Seleukiden- noch aus dem Attalidenreich gibt es weitere Hinweise darauf, dass ἀρχιερεῖς eine derart ins Detail gehende Kontrolle über lokale Heiligtümer ausübten; dass Kadoos den Verfahrensgang in dieser Form dokumentierte, weist weniger auf ein Kontrollbedürfnis der Reichsadministration denn auf ein spezielles Interesse der μύσται und ihres Priesters an einem solchen Kontakt hin.²² Auch die spätere Ehrung eines Reichsbeamten passt in dieses Bild.

 SEG 46,1519 (bald nach 188 v.Chr.).  SEG 32,1237 (ca. 150 v.Chr.). Der Text galt bis zur Publikation der Kadoosinschrift aufgrund der Buchstabenform als frühkaiserzeitlich; so bei Robert (1987), 323 – 329; Herrmann (1996), 319. Herrmann bringt ebd., 319 f auch die in SEG 46,1528 belegten μύσται des Apollon mit denen des Apollon Pleurenos in Zusammenhang; wenn es sich tatsächlich um dieselbe Gruppe handeln sollte, wäre die nach Buchstabenform geschätzte Datierung (1. Jh. n.Chr.) wohl ebenfalls herabzusetzen.  SEG 46,1520 (1. Jh. v.Chr.).  Vgl. zum Dossier und zur Entwicklung des Kultes Herrmann (2004).  Artem. onirocr. 2,70; vgl. den Hinweis bei Herrmann (1996), 320.  Erwogen bereits bei Boffo (2007), 107. Die übliche Deutung (engmaschige Kontrolle auch kleinster Heiligtümer durch die ἀρχιερεῖς und ihr Personal) etwa bei Müller (2000), 521– 527; Sartre (2006), 174 f; Capdetrey (2007), 325; Ma (2012), 75.

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Ebenso spärlich wie für μύσται sind die hellenistischen Belege für sonstige Mysterienterminologie. Ein recht einheitliches und für das hellenistische Kleinasien spezifisches Corpus von Inschriften enthält allerdings einige eindeutige Hinweise auf Initiationshandlungen (τελεῖν). Es handelt sich um die als διαγραφαί bezeichneten Urkunden zum Verkauf von Priestertümern.²³ Noch Nilsson hatte den Verkauf eines Priestertums als „für Mysterien wenig passend“ empfunden;²⁴ inzwischen sind aber eine ganze Reihe von διαγραφαί aus verschiedenen Städten Kleinasiens bekannt, die dieses Urteil in Frage stellen. Neben fragmentarisch erhaltenen Urkunden zu den Priestertümern der Theoi Megaloi auf Kos²⁵ und eines unbekannten Mysterienkults in Mylasa²⁶ zählen eine Reihe von διαγραφαί auch die Durchführung von Initiationen zum Kerngeschäft der (meist weiblichen) Käufer. Sie betreffen die Kulte für die Korybanten in Erythrai,²⁷ für Dionysos Bakchios in Milet,²⁸ für Dionysos Thyllophoros auf Kos²⁹ und neuerdings für die Meter Phrygia in Priene.³⁰ Die Einweihung wird lediglich mit τελεῖν bezeichnet. In Priene wird mit einem rein weiblichen Interessentenkreis gerechnet;³¹ in Erythrai, Milet und Kos bleibt das der Formulierung nach unklar. Die Initiation gilt als Vorgang, den neben den „öffentlichen“ (δημόσιος, πρὸ πόλεως) Priestern auch andere vollziehen können, die dann aber Gebühren an die Käufer des Priestertums zahlen müssen. Von besonderen Anforderungen an die Käufer von solchen Priestertümern mit Initiationsbezug berichten die Inschriften nicht. An-

 Dazu generell Wiemer (2003); Dignas (2003); Buraselis (2008).  Nilsson (1974), 100 (zu Erythrai).  IG XII,4 323 (SEG 55,933; Ende 2./Anfang 1. Jh. v.Chr.).  IK Mylasa 305. Eine weitere Inschrift, die über ein Psephisma in Bezug auf (dieselben?) Mysterien informiert hat (IK Mylasa 604), ist zu schlecht erhalten, um weitere Aufschlüsse zu ermöglichen, und überdies kaiserzeitlich.  Erhalten sind zwei Urkunden, von denen die ältere (Ende 4. Jh. v.Chr.) aus zwei Teilen besteht. Seit langem bekannt war IK Erythrai 206; der zweite Teil des Steins wurde fälschlich mit der Herkunftsangabe Pergamon versehen und ist erst spät von Himmelmann (1997) publiziert worden. Die jüngere διαγραφή (SEG 52,1146; 2. Jh. v.Chr.) sollte angeblich aus dem nördlichen Kleinasien stammen und ist nach Samos gelangt, doch die Nähe zum vorgenannten Text spricht für eine Herkunft aus Erythrai; vgl. Herrmann (2002); dort auch (165 f) der zusammengesetzte Text der älteren διαγραφή; vgl. auch – mit teilweise anderen Ergänzungen – Dignas (2002), 29 f.  Milet VI,3 1222 (LSAM 48; 276/275 v.Chr.).  IG XII,4 304 (1. Hälfte 2. Jh. v.Chr.); 326 (1. Hälfte 1. Jh. v.Chr.). In IG wird allerdings die Formulierung μὴ ἐξέστω δὲ ἄλλαν ἱερᾶσθαι μηδὲ τελεῖν τῶι Θυλλοφόρωι Διονύσωι übersetzt: „Einer anderen sei nicht erlaubt, Priesteramt und Kult dem Dionysos Thyllophoros auszuüben“. Die Parallelen legen eine Deutung von τελεῖν als „Einweihungen vornehmen“ näher.  SEG 61,946 = IK Priene 145. Wiemer/Kah (2011), 16 datieren die Inschrift vorsichtig in das 2. Jh. v.Chr. (16).  Z. 15: ὅσαι δ’ ἂν θέλωσιν τελεῖσθαι; Z. 17: ἡ τελουμένη.

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zunehmen ist immerhin, dass man in der Regel selbst eingeweiht sein musste, um das Amt antreten zu können; die koische Regelung für das Priestertum der Theoi Megaloi scheint allerdings auch einem „Nichteingeweihten“ (ἀμύητος) den Kauf zu gestatten.³² Oft ist aus diesen Texten geschlossen worden, dass mit der Neuordnung und Monopolisierung des Initiationswesens eine bis dahin unkontrolliert wuchernde, als bedrohlich empfundene, private Kultpraxis unter die Kontrolle der Stadt gestellt werden sollte.³³ Dies ist allerdings mehr als fraglich. Die Inschriften bezeugen einen punktuellen Zustand der Organisation öffentlicher Kulte in den jeweiligen Städten und erlauben keine Rekonstruktion der Vorgeschichte. Es ist völlig plausibel anzunehmen, dass auch vorher schon Initiationen in erster Linie durch die von der Stadt eingesetzten Priester und Priesterinnen vollzogen wurden; allenfalls könnte man vermuten, dass die Art der Einsetzung modifiziert wurde. Dass es daneben „Subunternehmer“ gab, die etwa auf Kos direkt von der offiziellen Priesterin ernannt wurden, sagt über eine vermeintliche Schwemme privater Initiationsspezialisten nichts aus. Wenn es in der Inschrift aus Priene heißt, die Priesterin solle „nicht mehr“ für die Initiation nehmen, als angegeben, zielt die implizierte Abgrenzung kaum auf private Charismatiker, sondern auf frühere städtische Priesterinnen, die also auch schon das Monopol auf Initiationen innegehabt haben dürften.³⁴ Auch die angebliche Kontrolle der Dionysospriesterin von Milet über private Kultvereine kann keineswegs als gesichert gelten.³⁵ Die These einer weitgehend gleichzeitig an verschiedenen Orten im kleinasiatischen Raum erfolgten Ersetzung privater Mysterienpraxis durch staatliche Organisation ist daher aufzugeben. Eine Reihe weiterer, oftmals herangezogener Belege für Mysten und Mysterien im hellenistischen Kleinasien ist zweifelhaft bzw. in der hier gewählten Perspektive nicht relevant. Die Ergänzung von μυστήρια in einer Inschrift aus Philadelphia zur Einrichtung eines Hauskultes ist zu unsicher, um daraus weitere

 IG XII,4 323, Z. 8:—πρίαται ἀμύητος, ἐξέστω α[ὐτῶι –‐]. Nicht hierher gehört die in einigen Inschriften erwähnte Priesterweihung vor Amtsantritt; vgl. zu dieser Wiemer/Kah (2011), 12 f.  So Burkert (1993), 275 zu Kos; Himmelmann (1997), 121 und Chaniotis (2008), 30 f zu Erythrai; Wiemer/Kah (2011), 31 f zu Priene.  Anders Wiemer/Kah (2011), 31: „Indem die Priener der öffentlichen Priesterin das Monopol auf Initiationen in den Kult der Phrygischen Mutter verliehen, verdrängten sie solche privaten Anbieter vom religiösen Markt“.  Anders etwa Cole (2007), 337; Chaniotis (2008), 29 f. Zu fragen wäre vor allem, ob θίασος hier tatsächlich einen Kultverein bezeichnet; mit Blick auf Milet VI,2 733 ist eher an eine Prozession zu denken. Unter den verschiedenen, anlässlich eines Festes gebildeten Prozessionszügen hätte demnach der von der Priesterin angeführte δημόσιος θίασος den Vorrang.

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Schlüsse abzuleiten.³⁶ Das sogenannte „Epitaph eines Isismysten“ aus Prusa ad Olympum mag man mit Initiation in Verbindung bringen; es erwähnt jedoch weder Mysterien noch eine entsprechende Organisationsform.³⁷ Andere Belege sind zwar inhaltlich einschlägig, stammen aber erst aus der Kaiserzeit und nutzen Mysterienterminologie, um ältere Kulte in einen neuen, an aktuelle Entwicklungen anknüpfenden Rahmen zu stellen. So veröffentlichte im 1. Jh. n.Chr. ein „alter Myste“ (ἀρχαῖος μύστης) in Magnesia am Mäander einen „alten Ausspruch“ des Apollon inschriftlich, der meist für hellenistisch gehalten wird.³⁸ Es geht darin um die Gründung der drei dionysischen θίασοι Magnesias durch thebanische Mänaden. Von Mysterien ist in der Aitiologie allerdings nicht die Rede.³⁹ Erst die Selbstbezeichnung des kaiserzeitlichen Verfassers der Inschrift benutzt den Begriff. Ein vergleichbares Phänomen unter anderen Vorzeichen findet sich im Droaphernes-Brief aus Sardeis: An ein perserzeitliches Schreiben ist hier offenbar in römischer Zeit eine Regelung angefügt worden, die einer bestimmten Gruppe von Kultbeamten verbietet, an den Mysterien des Sabazios, der Angdistis und der Ma teilzunehmen.⁴⁰ Und selbst die bekannten Mysterien der Artemis von Ephesos werden in hellenistischen Inschriften nicht mit diesem Begriff bezeichnet. Eine Inschrift aus der Zeit des Commodus schreibt zwar bereits Lysimachos die Einrichtung von „Mysterien und Opfern“ anlässlich der Stadtgründung zu, doch die Authentizität dieser historischen Überlieferung und erst recht der verwendeten Terminologie ist zweifelhaft.⁴¹ Fasst man den in der Sache vielfältigen, aber insgesamt doch überschaubaren Befund zum hellenistischen Westkleinasien zusammen, ergeben sich vier wesentliche Punkte:  TAM V,3 1539 = LSAM 20 (2./1. Jh. v.Chr.). Z. 12– 14: [τούς τε ἁ]γνισμοὺς καὶ τοὺς καθαρμοὺς κα[ὶ τὰ μυστήρια (?) ἐπι]τελεῖν; Z. 41: μηδὲ ὁρᾶν ἐπιτελούμ[ενα τὰ μυστήρια (?)]. Vgl. zur Inschrift Barton/Horsley (1981) (dort 23 für die Ergänzung μυστήρια); Stowers (1998) (mit dem richtigen Hinweis darauf, dass es sich offensichtlich nicht um einen offenen Kultverein mit freiwilliger Mitgliedschaft handelt; gegen die Ergänzung μυστήρια dort 291 mit Anm. 31).  IK Prusa ad Ol. 1054 + 1028. Allein aus dem ἄρρητα βεβήλοις in Z. 4 ist ein Mysterienkontext nicht sicher zu erschließen. Die Ἰσιακοί in Z. 6 – 7 sind kaum eine lokal organisierte Gruppe. Für eine Datierung der Inschrift ins frühe 2. Jh. v.Chr. siehe Catling/Kanavou (2007), 108 f.  I. Magn. Mai. 215.  Gegen eine Verbindung mit I. Magn. Mai. 117 (2. Jh. n.Chr.) vgl. bereits Poland (1909), 198 f mit Anm. Vgl. zum offiziellen Charakter der dionysischen θίασοι Suys (2005), 207 f.  SEG 29,1205; von Robert (1975) für ein authentisches perserzeitliches Dekret gehalten. Vgl. dagegen Briant (1998) und zuletzt Rigsby (2014).  IK Ephesos 26; ausführlich dazu Rogers (2012), 75 – 83. An der Authentizität des Textes wird dort nicht gezweifelt; gerade angesichts der sehr starken Evidenz für Mysterienterminologie in der Kaiserzeit ist aber die Möglichkeit zu bedenken, dass es sich auch hier um eine nachträgliche Eintragung von μυστήρια in eine vielleicht partiell authentische Überlieferung handelt.

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Die samothrakischen Mysterien bilden einen Sonderfall, da hier ein überregional bedeutender Kult an verschiedenen Orten weitgehend gleichartige Formen der Identifikation begünstigen konnte. Die vereinsartigen Strukturen von Samothrakiasten sowie der μύσται καὶ ἐφόπται auf Chios zeigen das Gruppenbildungspotential solcher Identifikationsmöglichkeiten. Zwei, vielleicht drei weitere Belege zeigen unabhängig von Samothrake die Verwendung von μύσται für gemeinsam agierende, organisierte Gruppen. Die beiden sicher hellenistischen Beispiele weisen dabei auf das Potential hin, das diese Strukturen für Elitenrepräsentation und Loyalitätsbekundungen hatten; die Identifikation mit dem übergeordneten politischen Kontext ist in beiden Fällen stark ausgeprägt. Es handelt sich allerdings noch nicht um ein breit belegtes Phänomen. Die gut belegte Praxis des Verkaufs von Priestertümern mit Initiationsbezug legt den Schluss nahe, dass Mysterien – oder jedenfalls Kulte, die Einweihungen anboten – in hellenistischer Zeit fest in die Religion der Stadt eingebettet waren. Der vorgenannte Befund kann insofern kaum überraschen: Einen subversiven Aspekt hatten Mysterien in hellenistischer Zeit jedenfalls nicht. Schließlich zeigen die Beispiele für eine Eintragung von Mysterienterminologie in ältere Kultkontexte eine Tendenz zur jedenfalls terminologischen „Mysterisierung“ der epigraphischen Repräsentation von Religion in der römischen Kaiserzeit. Diesem Phänomen wollen wir uns im Folgenden zuwenden.

3 Mystai und Mysteria in der Kaiserzeit In der Kaiserzeit ändert sich die Beleglage für alle Bereiche des kleinasiatischen Stadtlebens grundlegend. Gerade für μύσται und μυστήρια verändern sich sowohl die Zahl der Belege als auch die Anwendungsbereiche aber in einem Maße, das allein mit dem epigraphic habit nicht zu erklären ist. Vereinigungen von anderswo, etwa in Samothrake „Eingeweihten“ spielen dabei in der Kaiserzeit keine erkennbare Rolle mehr. Dagegen verbreiteten sich die für die hellenistische Zeit kaum belegten Gruppen von μύσται mit lokalen Bezügen nahezu flächendeckend. Der städtische Charakter der Mysterienkulte ging dabei keineswegs verloren, sondern wurde ebenfalls intensiviert. Der Eindruck einer umfassenden „Mysterisierung“ städtischer und privater Kultpraxis drängt sich auf. Mit den folgenden Überlegungen ist kein Anspruch auf Vollständigkeit der Materialerfassung verbunden. Es geht vielmehr darum, auf Basis eines relativ großen Datenpools einige Schneisen zu schlagen, die bei der Bewertung eines auf

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den ersten Blick entmutigend gleichförmigen Phänomens helfen können. Wir gehen dabei vom Stadtkult aus und fragen nach den Trägern der Mysterisierung (3.1); von hier aus lässt sich dann eine Reihe weiterer Belege für μύσται und μυστήρια entweder demselben Erklärungsmuster unterordnen (3.2) oder mit Ausstrahleffekten erklären (3.3).

3.1 Stadtkult und soziale Elite Der – auch dank der Apostelgeschichte – bekannteste Stadtkult Kleinasiens sind die Mysterien der Artemis von Ephesos. Ursprünge und Anfänge des Kultes lassen sich nicht sicher erhellen, sind aber für die hier diskutierten Fragen von geringer Relevanz. Vielleicht basiert der bei Strabon überlieferte Mythos auf älteren Informationen; der Mysteriencharakter des Kultes wird jedoch erst in der Kaiserzeit greifbar. Fragt man nach dem Potential dieses international bekannten Kultes, Gruppenbildung und Elitenrepräsentation vor Ort anzuregen, geht der Blick vorbei an den Silberschmieden des Demetrios und vergleichbaren Berufsgruppen – die vom Kult lebten, aber weder als Eliten noch als Mystai auftraten⁴² – und richtet sich auf Kureten und Prytanen. Was genau die Aufgabe der Kureten gewesen ist, wissen wir nicht. Strabon schreibt ihnen die Durchführung von „mystischen Opfern“ zu.⁴³ Es ist nicht ganz deutlich, ob sie schon im Hellenismus wichtige Funktionen in der Stadt ausübten; spätestens in der frühen Kaiserzeit begegnen sie allerdings in wichtiger Rolle am Prytaneion.⁴⁴ Wie schon Fritz Graf vermutete, dürften sie mit der Initiation der jungen Männer in die Bürgergemeinde betraut gewesen sein.⁴⁵ Hier interessant sind die zahlreichen Kuretenlisten, die sich von der frühen Kaiserzeit bis hinein ins 3. Jh. am Prytaneion gefunden haben. In ihnen werden Einzelne als Inhaber bestimmter kultischer Funktionen bezeichnet, die sich zwar nicht ausschließlich, aber doch häufig im Rahmen von Mysterienkulten finden (ἱεροφάντης, ἱεροκήρυξ, ἱεροσκόπος). Speziell die Einführung des Hierophanten ist dabei erst eine Entwicklung des späteren 1. Jh. n.Chr. Offenbar griff ein bereits bestehendes Kolle-

 Siehe Apg 19,23 – 40 (Protest der Silberschmiede gegen die Lehre des Paulus); ferner SEG 34,1124 (Walker und Bleicher im Dienst der Artemis).  Strab. 14,1,20: τότε δὲ καὶ τῶν Κουρήτων ἀρχεῖον συνάγει συμπόσια καί τινας μυστικὰς θυσίας ἐπιτελεῖ.  Zur Datierung siehe jetzt – gegen den von Knibbe (1981), bes. 74– 76 etablierten Konsens – Scherrer (2015), der die These einer Reform unter Augustus in Frage stellt und mit der Datierung in die Zeit des Claudius hinaufgeht.  Graf (1999), 258 – 261; vgl. jetzt auch Scherrer (2015).

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gium von Kultfunktionären hier erst relativ spät auf einen Begriff aus der traditionellen, etwa durch das Modell Eleusis gleichsam „normativen“ Mysteriensprache zurück.⁴⁶ Die in den Listen genannten Funktionen wurden teilweise über Jahrzehnte hinweg von denselben Personen ausgeführt.⁴⁷ Die in manchen Fällen belegte Weitergabe der Ämter innerhalb der Familie führte zu quasidynastischen Verhältnissen. Die Weitergabe ritueller Expertise hat dabei zweifelsohne eine Rolle gespielt, kann aber kaum als treibender Faktor angesehen werden. Wenn ein ἱεροφάντης und ἱεροσκόπος diese Titel vor allem trug, weil bereits sein Vater sie innegehabt hatte, hat man es offensichtlich mit Statusmerkmalen zu tun. Die Amtsinhaber dürften nach Art von Liturgien einen erheblichen Eigenanteil geleistet haben und perpetuierten im Gegenzug das mit der Position verbundene Prestige; ganz ähnliche Entwicklungen findet man etwa in der kaiserzeitlichen Gymnasiarchie.⁴⁸ Die Erblichkeit von statusanzeigenden Titeln und Funktionen ist ein typisches Merkmal des kaiserzeitlichen Honoratiorenregimes. Es kann nicht überraschen, dass sich unter den Koureten überproportional viele römische Bürger und Bouleuten befinden; die Reichen, die den Kult letztlich auch zu nicht unerheblichen Teilen finanzierten, blieben hier unter sich.⁴⁹ Die enge Verbindung der Kureten mit dem sozialen und politischen Zentrum der Stadt fand einen direkten Ausdruck in der Verschiebung ihres Sitzes aus Ortygia (?) in das in der frühen Kaiserzeit neu errichtete Prytaneion.⁵⁰ Die enge Vergesellschaftung mit dem Prytaneion bedingte zweifelsohne einen stärkeren administrativen Anschluss an die Stadt.⁵¹ Wie stark Prytanen und Kureten gemeinsam in den Stadtkult eingebunden waren, illustriert eine hochkaiserzeitliche Inschrift, die im Pflaster des Theatervorplatzes gefunden wurde.⁵² Als κεφάλαιον νόμου πατρίου ausgewiesen fordert sie von den Prytanen verschiedene Opfer-

 Die Entwicklung der Hierophantie untersucht Belayche (2016).  Vgl. die Tabelle bei Belayche (2016), 68 f.  Siehe dazu Scholz (2015).  Vgl. zum 1. Jh. Rogers (2012), 162– 169.  Vgl. hierzu Raja (2012), 65 – 71; zum Transfer der Kureten vgl. Knibbe (1981), 75, der in dieser Maßnahme eine bewusste Machtbeschneidung des Artemisions und eine stadtbauliche Strategie zur Erschaffung eines neuen „römischen“ Zentrums der Stadt sieht; Rogers (2012), 188 – 192. Anders jetzt Scherrer (2015), 798, der den ursprünglichen Sitz der Kureten nicht beim Artemision, sondern in Ortygia verortet.  Die zahlreichen Kuretenlisten, die spätestens seit tiberianischer Zeit auf Baugliedern des Prytaneions angebracht wurden und nach dem Prytanen des Jahres datieren, geben hiervon Zeugnis.  IK Ephesos 10; Knibbe (1981), 57– 59 D 1; vgl. Rogers (2012), 207– 209. Zum Ausweis als lex sacra vgl. Zimmermann (2016).

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handlungen. Für die täglichen Tieropfer mussten sie aus eigenen Mitteln sorgen, benötigten aber die Expertise eines δημοτελής ἱεροφάντης, der ihnen anzeigen sollte, auf welche Weise welchem Gott zu opfern war. Als Geschenk für diesen Dienst (διὰ τὴν ἐνπειρίαν καὶ τὸ μέγεθος αὐτοῦ τῆς ὑπαιρεσίας) sollte der Prytane dem Hierophanten⁵³ den Kopf, die Zunge und das Fell überlassen und weiteren Kultfunktionären, unter denen sich u. a. ein weiterer Hierophant und ein sogenannter „siebter Kuret“ befindet, Anteile des Opferfleisches zukommen lassen. Wenn er auch nur eine dieser Bestimmungen übertrat, sollte er zur Schmückung der im Prytaneion aufgestellten Statue der Demeter Karpophoros und zur Reparatur des Prytaneions zehn Dareiken bezahlen, die von den Kureten und dem Hierophanten einzufordern seien. Die Kureten erscheinen also gleichsam als erste Kultdiener der Stadt, Kultspezialisten und Garanten dafür, dass sich der Prytane an die von alters her gegebenen Gesetze hielt.⁵⁴ Dass das die Kulthandlungen begleitende Gebet dem geheiligten römischen Senat, dem römischen Volk und dem Demos der Ephesier galt, illustriert zudem, wie eng hier mystische Terminologie und römische Herrschaft nebeneinandergestellt werden. In Ephesos ging also die „Mysterisierung“ eines zentralen Stadtkults einher mit der Formierung oder Restitution eines Elitenkollegiums, das in sich wiederum funktional differenziert und, wie man annehmen muss, hierarchisiert war. Mysterien erscheinen so als Herrschaftswissen, das die Autorität seiner Träger auch in Bezug auf andere Kulte begründet. Das darin angelegte Potential für Konflikte und Konkurrenz innerhalb der Elite ist in dieser Form spezifisch ephesisch; manche Elemente finden sich jedoch auch anderswo. Insbesondere die Prytanenlisten von Kyzikos erlauben ähnliche Beobachtungen.⁵⁵ Innerhalb der einzelnen PrytanenKollegien wird allmonatlich ein rundes Dutzend Männer durch besondere Funktionsbezeichnungen hervorgehoben. Neben Prytanarchen und Phylarchen werden hier fast ausschließlich kultische Aufgaben genannt, unter denen sich wie in den Kuretenlisten aus Ephesos auch Amtsträger mit eindeutigem Mysterienbezug

 Auch sonst werden die Prytanen in Weih- und Ehreninschriften immer wieder eng mit Mysterienzeremoniell und -terminologie assoziiert. Sie richten die Mysterien und Opfer aus und bezahlen bestimmte kultische Angebote aus eigenen Mitteln. Vgl. nur IK Ephesos 1060, 1069, 1077 u.w.m.  Zur Bedeutung, die den „väterlichen Gesetzen“ der Prytanen in Ephesos zukam, vgl. IK Ephesos 1201b, einen Text, der vermutlich die Rede eines Prytanis mit dem Versprechen wiedergibt, sich nach diesen Gesetzen genau zu richten.  Bisher sind 26 kaiserzeitliche Listen dokumentiert, einschließlich der von Salomies (2002) plausibel nach Kyzikos verlegten Inschrift IK Prusa ad Ol. 52.Wir danken E. Schwertheim für seine Unterstützung beim Erschließen des Materials. Er bereitet zur Zeit ein neues Corpus der Inschriften von Kyzikos für die Publikation vor.

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finden: die Mystarchen.⁵⁶ In Kyzikos findet sich darüber hinaus in einigen Fällen eine zusätzliche Kolumne, die mit μύσται überschrieben ist.⁵⁷ Ob diese „Eingeweihten“ zu den Prytanen gehören, ist nur eine der zahlreichen offenen Fragen, die diese Texte aufwerfen.⁵⁸ Der fragmentarische Zustand der meisten Inschriften erschwert die Rekonstruktion der Größe des Prytanenkollegiums. Dass sich in den Prytanenlisten aber Mystarchen und Mystai finden, ist ein klarer Indikator dafür, dass auch hier mit einer vergleichbaren Verbindung von Mysterienkult und Stadtkult zu rechnen ist wie in Ephesos. Die mit allgemeinen Vorstellungen von μυστήρια verbundene Idee des Geheimwissens konnte demnach Autorität begründen, die dann nicht ausschließlich auf die unmittelbaren Belange des Kultes beschränkt bleiben musste. Ein weiteres Beispiel in kleinerem Rahmen bietet eine frühkaiserzeitliche Inschrift aus Pisidien.⁵⁹ Sie illustriert nicht nur die Übertragung der Artemis Ephesia in andere Regionen, sondern verwendet auch Wissenstransfer als genealogisches Argument: Asyrios, Osaeis, Trokondas, Pia und Hermasta, die Kinder des Herpias, (ehren) ihren eigenen Großvater und ihre eigene Mutter wegen ihrer Frömmigkeit und Verdienste: Trokondas, Sohn des Osaeis und Enkel des Hermaios, der in der erblichen Nachfolge derjenigen Familie das Priestertum der Artemis Ephesia übernommen hat, die den Tempel und die Statue errichtet hat, der rein und in der Gottheit angemessener Weise die gefundenen und überlieferten feierlichen Mysterien der Göttin bewahrt und zu größerem Wachstum geführt hat, und Artemeis, Tochter des Trokondas, seine eigene Tochter, die auch selbst das Priestertum übernommen und in gleicher Weise Frömmigkeit gezeigt hat.

Auch wenn wir nicht wissen, welches Ausmaß der von der Familie des Hermaios eingeführte Kult bereits angenommen hatte,⁶⁰ zeigt die Inschrift doch deutlich,  ΙΜΤ Κyz Kapu Dağ 1459 – 1461, 1464, 1467, 1476, IK Prusa ad Ol. 52 mit Salomies (2002).  ΙΜΤ Κyz Kapu Dağ 1455, 1457, 1459 – 1460, 1463 – 1464, 1468.  Denkbar wäre etwa, dass die kultischen Aufgaben der Prytanen u.U. und gegen entsprechende finanzielle Leistungen Mystai hervorbrachten – die Mystarchen der Prytanen also Kulthandlungen abhielten, die bestimmten Mitgliedern der Stadtbevölkerung eine Selbstbezeichnung als Mystes ermöglichten.  IK Central Pisidia 31: Τροκονδαν Οσαειτος τοῦ Ἑρμαίου | τὸν παρειληφότα κατὰ διαδοχὴν ἱε|ρέα ᾿Aρτέμιδος Ἐφεσίας διὰ γένους, | οἵτινες κατεσκεύασαν τόν τε να|ὸν καὶ τὸ ἄγαλμα, τετηρηκότα ἁγ|νῶς καὶ θεοπρεπῶς τὰ εὑρεθέντα| καὶ παραδοθέντα ἱεροτελῆ μυστή|ρια τῆς θ〈ε〉οῦ καὶ εἰς αὔξησιν πλείονα | ἀγειωχότα, καὶ Ἄρτεμειν Τροκονδου | τὴν ἑαυτοῦ θυγατέρα τὴν καὶ αὐτὴν | παραλαμβάνουσαν τὴν ἱερατείαν | αὶ ὁμοίως εὐσεβοῦσαν· ᾿Aσύριος καὶ | Οσαεις καὶ Τροκονδας καὶ Πία καὶ Ἑρμαστα | οἱ Ερπιου τὸν ἑαυτῶν πάπον καὶ τὴν ἑαυ|τῶν μητέρα εὐσεβείας καὶ τειμῆς ἕνεκεν.  Im 3. Jahrhundert ist in Kremna – ein vermuteter Herkunftsort der Inschrift – Artemis Ephesia als Stadtkult belegt, was freilich andere Gründe haben kann.

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wie eine entstehende Priesterdynastie ihren Status auch auf das Auffinden und Überliefern der Mysterien zurückführen konnte. Bedenkt man die Verbindung von Stadtkult, Mysterien und Honoratiorenregime, liegt auf der Hand, dass ein großer Teil des inschriftlichen Quellenmaterials der Statusrepräsentation städtischer Eliten zugeordnet werden muss. Die „Mysterisierung“ städtischer Feste und Kulte ging mit der Einrichtung von Ämtern und Funktionen einher, die naturgemäß von Angehörigen der lokalen Eliten bekleidet wurden und ihnen weitere Betätigungsfelder eröffneten. Oft belegt ist die Verbindung von Prytanie und Mysterien. So ehrte die Stadt Kyme um die Zeitenwende einen Prytanen, der unter anderem als Priester „die von der Stadt gegründeten Mysterien“ für Dionysos Pandamos zur allgemeinen Zufriedenheit durchgeführt und finanziell bezuschusst hatte.⁶¹ Das Priestertum ist von der Prytanie zwar unterschieden, zieht aber denselben Personenkreis an. Dasselbe Phänomen zeigt eine Ehrung aus Pergamon für eine Prytanin, die als Priesterin der Thesmophorengöttinnen die Mysterien geleitet hat.⁶² Und auch das Amt des Hierophanten wurde in der Regel aus den höchsten Kreisen der Stadt besetzt. Aus Selge in Pisidien ist eine ins 3. Jh. datierte Ehrung für Aurelia Xenoniana Maidate überliefert, die aus einer der reichsten Familien Selges stammte; sie war Priesterin der städtischen Tyche auf Lebenszeit und bekleidete gemeinsam mit ihrem Mann die Agonothesie, doch noch vor diesen Funktionen wird die Hierophantie genannt.⁶³ Ein besonders eindrückliches Beispiel für diese Zusammenhänge hat unlängst Nicole Belayche ausführlich besprochen.⁶⁴ In Stratonikeia waren die großen Mysterienfeiern – Panamareia, Heraia und Komyria – nicht nur Anlässe zur Interaktion mit den Nachbarstädten, die von den Priestern bzw. von Zeus Panamaros selbst zu den Feiern eingeladen wurden.⁶⁵ Um die Mysterien herum bildete sich eine städtische Elite von Priestern und Mystagogen, deren Ehreninschriften einen beachtlichen Teil des epigraphischen Gesamtbestands der Region ausmachen. Die Zugehörigkeit zu dieser Elite war weitestgehend erblich, wie die häufige Erwähnung von Verwandtschaftsbeziehungen zeigt; Ehepaare und Geschwister amtierten oft gemeinsam, Kinder wurden frühzeitig in den Kult eingebunden.⁶⁶ Der Dienst im Mysterienkult des Zeus und der Hera kam einer Kaderschmiede

 SEG 32,1243.  Ath. Mitt. 1912, 298 Nr. 24 (1/2. Jh. n.Chr.).  IK Selge 15.  Belayche (2013), 37– 39.  IK Stratonikeia 22– 39.  Siehe etwa IK Stratonikeia 205 (Ehepaar); 248 (Vater und Sohn); 249 (Brüder); 310 (Bruder und Schwester); 527 (eine ganze Familie) u.w.m.

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gleich und qualifizierte für künftige Führungspositionen. Gleichzeitig zeigt sich hier auch der Blick nach Griechenland zu den eleusinischen Mysterien.⁶⁷ Nicht überall sind diese Entwicklungen ähnlich klar nachzuvollziehen. Eine etwas rätselhafte Inschrift aus dem lydischen Philadelphia illustriert bereits das gleich näher zu behandelnde Problem der Unterscheidung von Stadt- und Vereinskulten. Eine unbekannte Institution ehrte hier den Titus Aelius Glykon Papias Antonianus, der zwar der Sohn eines Hohepriesters und λογιστής des Rates war, dessen eigenes Verdienst sich aber darin erschöpfte, μύστης ἐκ τῆς διατάξεως zu sein.⁶⁸ Um die Aufstellung der Stele kümmern sich die μύσται des Dionysos Kathegemon. Im jüngsten Kommentar zur Inschrift gilt als gesichert, dass διάταξις das „Statut des Mystenvereins“ meint, der auch die Stele errichtet habe.⁶⁹ Dafür gibt es jedoch keine Parallelen. Eher schon könnte man an eine „Abteilung“ denken,⁷⁰ doch dem steht entgegen, dass die διάταξις dann hätte konkretisiert werden müssen (welcher Abteilung von μύσται gehörte der Geehrte an?). Es empfiehlt sich daher, διάταξις im herkömmlichen Sinne als „Anordnung“ zu verstehen. Auf dieser Basis lässt sich ein plausibles Szenario entwerfen: Die Inschrift vermittelt den Eindruck, dass es primär um den Vater geht, der seinen Sohn „per Anordnung“ in ein städtisches Gremium zur Verwaltung des Dionysoskultes hat aufnehmen lassen und ihn in dieser Funktion ehren lässt. Aufschlüsse über die Organisation des Kults für Dionysos Kathegemon in Philadelphia gibt noch ein weiterer Text: Mitte des 3. Jh. n.Chr. ehrten Rat und Volk den Hierophanten des Dionysos Kathegemon, M. Aurelius Artemon.⁷¹ Dieser war auch γραμματεύς der heiligen Agone der Dia Haleia und begegnet in einer anderen Inschrift als ἐπὶ τῶν ἔργων, also als Verantwortlicher für das städtische Bauwesen.⁷² Die Mysterienterminologie ist in beiden Fällen eingebettet in den Kontext der städtischen Verwaltung eines Kultes, dessen Konzentration auf Dionysos Kathegemon sich aus der attalidischen Gründungsgeschichte der Stadt erklärt. Die Inschriften bezeugen einen städtischen Mysterienkult, der durch μύσται unter Leitung eines Hierophanten im städtischen Auftrag organisiert wird, wobei mit einem liturgieähn IK Stratonikeia 147 ist eine Weihung für die eleusinischen Gottheiten durch einen Mysten, der zugleich „Kaiserfreund“ und „Sohn der Stadt“ ist; der Vater war Priester (IK Stratonikeia 146), der Weihende ist auch in einer Inschrift für Zeus Panamaros und Hera belegt (IK Stratonikeia 148).  TAM V,3 1462 (2. Jh. n.Chr.): [– – –] | ἐτείμησεν Τ. Αἴλ(ιον) Γλύκωνα Παπί|αν ᾿Aντωνιανὸν, υἱ|ὸν Τ. Αἱλ(ίου) Γλύκωνος | Παπίου, ἀρχιερέως | καὶ λογιστοῦ τῆς | ἱερᾶς βουλῆς, τὸν | ἐκ τῆς διατάξεως | μύστην, ἐπιμελη|θέντων τῶν πε|ρὶ τὸν Καθηγεμόνα | Διόνυσον μυστῶν. Als ehrende Instanz kann man die βουλή ergänzen (siehe TAM ad loc.).  TAM ad loc. unter Hinweis auf Keils Notizen.  So Slavova (2002), 142.  TAM V,3 1497.  TAM V,3 1500.

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lichen Eigenanteil zu rechnen ist, der dann auch die Ehrung eines μύστης rechtfertigt.

3.2 Mehrdeutige Korporationen Die enge Verbindung zu städtischen Kultstrukturen dürfte auch für eine weitere Gruppe von Belegen entscheidend sein, die man in der Regel im Kontext des privaten Vereinswesens diskutiert. Von besonderer Bedeutung sind dabei die μύσται einer Gottheit mit dem Zusatz πρὸ πόλεως, die sich vor allem in Ephesos und Smyrna finden.⁷³ Der Zusatz πρὸ πόλεως kann bekanntlich zwei Bedeutungen haben. Es kann damit ein Heiligtum „vor der Stadt“ gemeint sein, aber auch eine Person oder Gottheit, die „für die Stadt“ agiert – also zu ihrem Schutze, oder in ihrem Auftrag.⁷⁴ So findet sich etwa bei Pollux die schlichte Bemerkung τὰ πρὸ πόλεως· τὰ ἔξω πόλεως, während die zahlreichen Priester πρὸ πόλεως in kleinasiatischen Städten am besten als „offizielle“ Priester des jeweiligen Kultes verstanden werden können.⁷⁵ Zu fragen ist, welche Bedeutung für die Mysten angemessen ist. In Smyrna finden sich zwei Mystengruppen, die Gottheiten mit dem Zusatz πρὸ πόλεως verehren, nämlich Demeter und Dionysos Breiseus. Bei den Demetermysten ergibt sich allerdings ein Identifikationsproblem. Erhalten sind eine Ehreninschrift der σύνοδος τῶν μυστῶν τῆς μεγάλης θεᾶς πρὸ πόλεως θεσμοφόρου Δήμητρος sowie zwei weitere Inschriften, die sich einer σύνοδος τῶν τῆς θεοῦ μυστῶν zuweisen lassen.⁷⁶ Diese letztere wird von einem Teil der Forschung mit der ebenfalls in Smyrna belegten σύνοδος der Koremysten identifiziert; von den Mysten der Demeter πρὸ πόλεως hätte sich dann nur eine Inschrift erhalten.⁷⁷ Diese Zuweisung ist möglich, aber unwahrscheinlich.⁷⁸ Auch die von Rat, Volk und Mysten gemeinsam beschlossenen Ehrungen von Theologinnen, die sich um

 Vgl. für die folgenden Überlegungen zu πρὸ πόλεως auch Eckhardt (im Druck 1).  Dazu grundsätzlich Robert/Robert (1983), 171– 176.  Pollux 9,14; zu den Priestern vgl. Schuler (2010).  IK Smyrna 653 – 655.  Die Koremysten IK Smyrna 726. Zur Identifikation mit den Demetermysten tendiert wohl auch Schipporeit (2013), 198 f. Für Detaildiskussionen vgl. die Einträge von Eckhardt in der Datenbank des Copenhagen Associations Project.  Die Koregruppe nennt sich σύνοδος τῶν μυστῶν καὶ ἐνβάτων ἐν Σμύρνῃ. Die Annahme einer Identität mit der σύνοδος τῶν τῆς θεοῦ μυστῶν erfordert also den Wegfall eines wichtigen Namens- und Organisationsbestandteils. Wenn man die Gruppe dagegen mit den Mysten der Demeter πρὸ πόλεως identifiziert, muss man lediglich annehmen, dass der Name der Göttin (als im Kontext evident) weggefallen ist.

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ein Fest der μύσται verdient gemacht haben, sind vielmehr mit Demeter πρὸ πόλεως zu verbinden. Die Einbeziehung von Rat und Volk wäre höchst ungewöhnlich, wenn es sich um einen Verein ohne nähere Beziehung zum Stadtkult handeln würde. Die Bezeichnung des Kultes als πρὸ πόλεως kann diesen Sonderfall erklären, wenn nämlich damit nicht ein Kultverein vor der Stadt, sondern ein im Namen und zum Wohle der Stadt agierendes Gremium gemeint ist. Ebenso dürften die Theologinnen städtische Funktionen erfüllt haben.⁷⁹ Hier kann man tatsächlich an Polands Priesterkollegien denken. Epigraphisch deutlich besser dokumentiert ist die Synodos der Techniten und Mysten des Dionysos Breiseus, die ebenfalls das Attribut πρὸ πόλεως im Titel führt. Wie bei Technitenvereinen üblich, übertrifft ihr Aktionsradius den eines gewöhnlichen Vereins bei weitem. Die σύνοδος legte ein regelrechtes Archiv zur Dokumentation ihrer weitreichenden Kontakte zur römischen Provinzverwaltung und selbst zum Kaiserhaus an; so gratulierte sie beispielsweise Marc Aurel zur Geburt eines Sohnes und erhielt auch eine freundliche Antwort (wenngleich der Sohn inzwischen verstorben war).⁸⁰ In Smyrna waren die Mysten und Techniten durch Ehrungen für Kaiser, Asiarchen und Agonotheten sowie durch die Beteiligung an städtischen Festen sehr präsent.⁸¹ Über interne Strukturen wissen wir wenig. Mitglieder bezahlten ein Eintrittsgeld; die Summe dürfte geringer gewesen sein, wenn schon der Vater ein Myste gewesen war (darauf weist die Bezeichnung πατρομύσται in einigen Listen hin).⁸² Das Heiligtum des Dionysos Breiseus ist nicht lokalisiert. Man sucht nach einem Ort außerhalb der Stadtmauern,⁸³ aber angesichts der engen Verzahnung von Stadt- und Gruppeninteressen bietet sich die alternative Deutung von πρὸ πόλεως an: Die Mysten wären dann nicht ein Kultverein vor der Stadt, sondern ein Gremium, das anerkanntermaßen zum Wohle der Stadt agierte. Das Attribut πρὸ πόλεως qualifiziert in den smyrnäischen Inschriften des 2. Jh. grammatisch allerdings nicht die Mysten, sondern die Gottheit. Umso auffälliger ist ein Bronzesiegel aus dem späteren 3. Jh., in dem die Gruppe sich μύσται πρὸ πόλεως Βρεισεῖς nennt.⁸⁴ Es ist also nunmehr die Gruppe selbst, nicht mehr der Gott, die πρὸ πόλεως agiert; gleichzeitig ist das Epitheton des Gottes zur

 Ähnlich Harland (2014), 310; anders Sommer (2006), 217; Schipporeit (2013), 441 f.  Archiv: IK Smyrna 598, 731 mit Petzl (1974), 81 f. Brief Marc Aurels: IK Smyrna 600; vgl. dazu Krier (1980); Petzl (1983).  Siehe zu den Festen IK Smyrna 598, Z. 24– 25 mit Petzl (1974), 83 – 85.  IK Smyrna 731, Z. 17– 18; 732, Z. 1; vgl. Tod (1915), 2. Eintrittsgeld: IK Smyrna 706, Z. 6; 731, Z. 14– 15.  Vgl. etwa Hasluck (1912/13), 93 f; Hirsch (2001), 269 f; zu Ephesos etwa Merkelbach (1979).  ΙK Smyrna 729; zur Datierung vgl. Klose (1983).

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Gruppenbezeichnung geworden. Die Mysten und Techniten waren vielleicht kein „Priesterkollegium“, prägten aber doch das religiöse und politische Erscheinungsbild der Stadt. In Ephesos bezieht sich das Attribut im Falle der πρὸ πόλεως Δημητριασταὶ καὶ Διονύσου Φλέω μύσται und der πρὸ πόλεως μύσται (die wiederum Identifikationsprobleme bereiten) bereits im 2. Jh. auf die Mysten selbst.⁸⁵ Dasselbe gilt wohl für eine neue Inschrift aus Kyme, deren offizielle Publikation noch aussteht.⁸⁶ Auch wenn diese Gruppen in der Regel im Kontext des privaten Vereinswesens diskutiert werden, spricht also einiges dafür, in ihnen Institutionen des Stadtkults zu sehen.⁸⁷ Über den sozialen Rang der Mitglieder wissen wir in diesem Fall nicht viel; die Techniten des Dionysos Breiseus dürften in erster Linie Schauspieler versammelt haben. Ihre herausgehobene Stellung verdankte sich dem kaiserlichen Interesse an dieser Form von Organisation, von der die Dionysostechniten generell profitierten, und ihrer Mittlerfunktion zwischen Reichsund Stadtinteressen. Die Belege für μύσται πρὸ πόλεως beschränken sich weitgehend auf Ephesos und Smyrna; der neue Text aus Kyme zeigt jedoch, dass mit derartigen Organisationen auch andernorts zu rechnen ist. Es gibt darüber hinaus noch weitere Gruppen mit Mysterienbezug, deren Verhältnis zum städtischen Kult einer genaueren Betrachtung bedarf. Von besonderem Interesse sind mit Blick auf die Literatur zum Vereinswesen die Hymnoden von Pergamon. Eine Inschrift aus hadrianischer Zeit enthält einen Festkalender und weitere Regelungen zum inneren Aufbau dieser Gruppe; sie kommt damit von allen kleinasiatischen Inschriften der Idee einer „Vereinssatzung“, wie wir sie aus Griechenland kennen, am nächsten.⁸⁸ Die Hymnoden haben dementsprechend von je her einen festen Platz in Studien zum antiken Vereinswesen.⁸⁹ Dabei wird nur selten berücksichtigt, dass wesentliche Elemente ihrer Gruppenidentität wohl nicht von ihnen selbst bestimmt wurden. Kaiserliches Eingreifen in die Angelegenheiten der Hymnoden ist explizit bezeugt, und auch die Finanzierung der Hymnoden dürfte

 IK Ephesos 275, 1268, 1595, 1600 – 1602, 4337. Zur Unterscheidung der Gruppen und zu einer möglichen Vereinigung im Laufe des 2. Jh. vgl. die Einträge von Eckhardt in der Datenbank des Copenhagen Associations Project.  La Marca (2015), 95 (Foto); seine Übersetzung (97) lautet allerdings „mystai di [Dioniso] Kathegemon e pro poleos“. Für einen anderen Ergänzungs- und Übersetzungsvorschlag vgl. Eckhardt (im Druck 1).  Als Vereine wie andere erscheinen sie dagegen etwa bei Suys (2005), 208 f (deren Argumentation aber bereits in die hier vorgeschlagene Richtung weist); Hirschmann (2006); Harland (2009), 49 – 51.  I. Pergamon 374.  Etwa Ziebarth (1896), 90 – 92; Sommer (2006), 187 f; Harland (2014), 128 – 140. Berechtigte Skepsis bereits bei Poland (1909), 47– 49.

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sich nicht in den Mitgliedsbeiträgen erschöpft haben.⁹⁰ Wenn man sich auf abstrakter Ebene für mögliche Gruppenstrukturen in der Antike interessiert, sind diese Beobachtungen nicht entscheidend, und dass jedes Priesterkollegium einen privaten Aspekt hat, ist bereits herausgestellt worden. Für die hier verfolgte Fragestellung ist die Unterscheidung von städtischen und privaten Institutionen jedoch wichtig. Die Hymnoden sind dabei deshalb interessant, weil zu ihrem Festkalender auch Mysterien gehören. Welcher Art die mehrtägigen, im Monat Loos gefeierten Mysterien waren, ist unklar. An den Kaiserkult kann man am ehesten denken, zumal der dritte Tag auf den „Augustustag“ fällt; der Kult für den Kaiser und seine Frau wird allerdings mehrfach auch ohne Mysterienbezug erwähnt.⁹¹ An den genannten Tagen sollen die Funktionäre der Gruppe Brot und Wein bereitstellen, was auf interne Feiern hinweist, die womöglich im Anschluss an die öffentlichen Auftritte der Hymnoden im Rahmen des Kaiserkults stattfanden. Deutlich wird aus der Inschrift, dass die Hymnoden eine sozial exklusive Gruppe bildeten. Die Zahl der Hymnoden war offenbar beschränkt: In einer allerdings umstrittenen Passage wird eine Regelung dafür getroffen, dass jemand an Stelle eines Verstorbenen in die Gruppe eintritt,⁹² und der Eintritt selbst wird an anderer Stelle auf eine „Ernennung“ bzw. „Einsetzung“ zum Hymnoden zurückgeführt.⁹³ Das Eintrittsgeld betrug 100 Denare, wie vielleicht auch bei den pergamenischen πρεσβύτεροι; hinzu kamen allerdings erhebliche Zahlungen an die anderen Hymnoden.⁹⁴ Söhne bestehender Mitglieder durften zum halben Preis eintreten; ihre frühe Einführung in das öffentliche Leben wurde also ausdrücklich befürwortet.⁹⁵ Der Altar, auf dem diese Informationen zu finden sind, ist von der Familie der Castricii geweiht worden; in der nicht vollständig erhaltenen Namensliste finden sich fast ausschließlich römische Bürger.⁹⁶ Das alles erweckt den Eindruck einer elitären, in den lokalen und womöglich auch regionalen Kaiserkult eingebundenen Organisation. Dass sich hier

 Kaiserliche Regulierung: IK Ephesos 17– 19. Vgl. zum finanziellen Aspekt Edelmann-Singer (2012), 167– 169, die allerdings die persönlichen Beiträge der Mitglieder gar nicht berücksichtigt. Allein auf diese fokussiert dagegen Harland (2015), 12 f.  An Kaiserkultmysterien, die an bestehende Mysterien anknüpfen, denkt etwa Frija (2012), 155.  I. Pergamon 374 B 21– 23: τοῖς δὲ ἀναπαυομένοις εἰς λίβανον προχρήσει | ὁ ἄρχων (Den.) ιε, ἃ ἀπολήψεται παρὰ τοῦ εἰς τὸν τόπον | αὐτοῦ εἰσιόντος.  D 13: ὁ κατασταθεὶς ὑμνῳδός.  D 13 – 17; vgl. Ath. Mitt. 1907, 293 – 296 Nr. 18 (die Identifikation des σύστημα mit den πρεσβύτεροι ist allerdings nicht gesichert).  Das ist wohl mit ὁ δὲ πατρῷον διαδεξάμενος ὕμνον in D 17 gemeint.  Vgl. zu der Liste, auf der sich wohl auch ein pergamenischer στρατηγός befindet, Harland (2014), 134.

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dann auch Mysterien finden, kann nach dem oben Dargelegten nicht überraschen. Noch eine andere Gruppe aus Pergamon lässt sich – bei allen bereits angesprochenen Kategorisierungsproblemen – womöglich eher dem Stadtkult als dem Bereich privater Kultvereinigungen zuordnen. Bereits in hellenistischer Zeit hatten die Attaliden den Kult des Dionysos Kathegemon explizit als Mysterienkult protegiert.⁹⁷ Daran schlossen spätestens seit der frühen Kaiserzeit die Boukoloi an, von deren Aktivitäten wir durch mehrere Inschriften und die Identifikation ihres „Vereinslokals“ Kenntnis haben.⁹⁸ Alle Hinweise auf Kultpraxis, einschließlich des Hinweises auf Mysterien in der längsten erhaltenen Inschrift, lassen sich auf die Trieteriden, also das städtische Dionysosfest, beziehen.⁹⁹ Die übliche Deutung der Boukoloi als in den Stadtkult involvierte private Vereinigung ist daher problematisch, wenn daraus ein Paradigma für die Interaktion zwischen städtischen Institutionen und unabhängigen Gruppen abgeleitet wird. Nichts spricht dagegen, im Stadtkult den primären Zweck der Boukoloi zu sehen und sie eher mit den Hymnoden als mit privat organisierten Thiasoi zu vergleichen.¹⁰⁰ Aus den archäologischen Funden und den Namen hat man eine Verortung in der oberen Mittelschicht Pergamons abgeleitet; die bereits im 1. Jh. relativ hohe Anzahl römischer Bürger spricht jedenfalls für eine gehobene Stellung.¹⁰¹ Die pergamenischen Inschriften zeigen zudem, dass lokale Eliten und höher gestellte Personen in mehrere Organisationskontexte zugleich eingebunden sein konnten, als deren Schnittmenge Mysterien- und Kaiserkult erscheinen. So war Lucius Aninius Flaccus nicht nur bei den Boukoloi, sondern auch bei den Hymnoden Mitglied.¹⁰² Die Familie der Castricii stellte mindestens ein Mitglied der Hymnoden, während sich ein anderes im Heiligtum der Demeter als „Myste“ verewigte.¹⁰³ „Myste“ kann in solchen Kontexten als Titel betrachtet werden, der Zugehörigkeit zu einer nicht nur religiös exklusiven Gruppe anzeigt.¹⁰⁴

 S.o. Teil 2, Anm. 15. Vgl. Hirsch (2001), 246 f; Bremmer (2014), 109: „… the Dionysiac Mysteries in their late Hellenistic form may well have been an important, albeit usually overlooked, legacy of the Attalid kingdom to the Roman Empire“.  Zur Identifikation des Podiensaals als Vereinsgebäude der Boukoloi siehe Schwarzer (2008).  I. Pergamon 485, Z. 4– 6; Ath. Mitt. 1899, 179 f Nr. 31.  Anders aber Suys (2005), 209 f; Schwarzer (2007); Schäfer (2007), 166 f; Harland (2014), 118 – 126.  Obere Mittelschicht: Schwarzer (2007); mögliche Identifikationen mit Amtsträgern diskutiert Harland (2014), 124 f.  I. Pergamon 374 A 11; Ath. Mitt. 1899, 179 f Nr. 31.  I. Pergamon 374 A 16 (A. Castricius Paulus); Ath. Mitt. 1910, 459 – 461 Nr. 41– 42 (L. Castricius Paulus); RevPhil 1967, 65 – 68 (Castricius Paulus).

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3.3 Mysten jenseits des Stadtkults Die bisher diskutierten Fälle decken bereits ein großes Spektrum der Belege für μύσται und μυστήρια in Westkleinasien ab. Dennoch wäre es verfehlt, deshalb auch alle weiteren Belege in das so entstandene Modell pressen zu wollen. Zweifellos gab es auch jenseits des Stadtkults und jenseits der Repräsentationsstrategien von Elitenfamilien μύσται. Zu fragen ist daher zumindest kurz nach dem Ausmaß des Phänomens, seinem Organisationscharakter und seinem Verhältnis zu den bisher diskutierten Entwicklungen. Ein grundsätzliches Problem besteht dabei darin, dass wir über μύσται außerhalb des Stadtkults nahezu zwangsläufig schlechter informiert sind. In einigen Fällen kann aufgrund fehlender Informationen schlicht nicht entschieden werden, ob ein Mysterienkult mit den oben entwickelten Kategorien zu erfassen ist oder aus diesem Muster herausfällt. Der einzige Beleg für einen Hierophanten im phrygischen Hierapolis etwa könnte auf einen bis in die attalidische Zeit zurückreichenden Stadtkult ebenso hindeuten wie auf einen Verein.¹⁰⁵ Die μύσται, die im karischen Kidrama gemeinsam mit Demos, Boule und den γεραιοί einen Heros und ἱεροκήρυξ ehrten, wird man am ehesten als städtische Institution verstehen.¹⁰⁶ Wenn aber im Gebiet von Apollonia in Pisidien οἱ μύσται einen Alexandros ehren,¹⁰⁷ lässt sich über die Gruppe ebenso wenig eine nähere Aussage treffen wie über die μύσται des Dionysos Setaneios, die in Teos dem Asiarchen Tiberius Claudius Pius Pisoninus als ihrem Wohltäter eine Statue und einen Altar weihen,¹⁰⁸ oder die unter der Leitung eines ἀρχιμύστης stehenden μύσται von Magnesia, die im Monat Lenaion Riten für verstorbene Stifter durchführten.¹⁰⁹ In Daskyleion weihten die θίασοι der Stadt einem verstorbenen Mysten ein Portrait – wie die Kooperation zustande kam und ob es sich um privat organisierte oder, wie in Magnesia oder Teos, um städtische θίασοι handelt, ist unklar.¹¹⁰ Die μύσται des Zeus Sabazios auf dem Territorium von Kibyra schlossen den Demos der Ormeleis und zwei Mitglieder der Reichselite in ihre Bitte um σωτηρία ein; man hat

 So ehren etwa die Thesmotheten einen Mysten: Ath. Mitt. 1910, 476 Nr. 63. Ath. Mitt. 1912, 287 Nr. 16 ist eine Weihung durch einen Mysten und seine Tochter, die den Titel ὑμνήστρια trägt.  SEG 53,1466 (2. Jh. n.Chr.); zu den Deutungsmöglichkeiten vgl. Miranda (2003), 170, die zum Verein tendiert. Im reichen epigraphischen Befund von Hierapolis sind allerdings keine μύσται belegt.  McCabe, Kidrama 8.  MAMA IV 167 (1./2. Jh. n.Chr.); vgl. jetzt Iversen (2015), 58 f Nr. 51.  IGRR IV 1567 (hadrianisch); vgl. jetzt Boulay (2013), 253 f.  I. Magn. Mai. 117 (1. Hälfte 2. Jh. n.Chr.).  IK Kyzikos 540.

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sie als Tagelöhner auf dem Besitz der letzteren gedeutet, doch andere Erklärungen bleiben möglich.¹¹¹ Und auch ein umfangreicher Text wie die Stiftungsregelungen für das Grab der Kyrilla, Tochter des Antipatros, aus Amorion in Phrygien wirft Fragen auf, denn die dort mit der Pflege des Grabs beauftragten φυλῆς Διὸς μύσται hat man ganz unterschiedlich erklären wollen.¹¹² Eine einigermaßen systematische Behandlung des Phänomens lässt sich am ehesten erreichen, wenn man erneut von den Städten ausgeht, deren offizielle Kulte bereits diskutiert worden sind, und anschließend nach möglichen Ausstrahleffekten auf die ländlicheren Regionen fragt. In Smyrna gab es neben den oben behandelten Gruppen noch drei weitere, bei denen eine Beziehung zum Stadtkult oder zu lokalen Eliten nicht zu zeigen ist. Unergiebig ist ein Fragment, das die Weihung eines μάγαρον durch—ραιται μύσται belegt, die womöglich unter der Leitung eines lebenslang amtierenden Hierophanten standen.¹¹³ Bei den συνβιωταὶ καὶ συνμύσται, die eine Grabinschrift für Zotion Sohn des Artemidoros errichteten, weist alles auf eine private Gruppe hin, deren Organisationsgrad und sozialen Status wir allerdings kaum einschätzen können.¹¹⁴ Von besonderem religionsgeschichtlichem Interesse ist die bekannte lex sacra für das τέμενος und den νάος des (Dionysos) Bromios, in der ein Theophant in der hohen Kaiserzeit verschiedene Reinheits- und Verhaltensregeln festlegte.¹¹⁵ Der Text, der unter anderem von „bakchischen Mahlzeiten“ handelt, bei denen Eier verboten sind (was auf einen orphischen Kontext hinweisen mag), bricht gerade da ab, wo es um die von μύσται vollzogenen Kulthandlungen geht.¹¹⁶ Man kann aber aus der Forderung, beim Opfer der μύσται keinen Lärm zu erzeugen, vielleicht schließen, dass nicht alle Adressaten μύσται sind. Von den übrigen Belegen unterscheidet sich dieser schon durch die metrische Sprache, so

 SEG 48,1585a (206/7 n.Chr.); vgl. den Kommentar ebd.  REG 2 (1889), 17– 23 Nr. 1; Laum (1914), Nr. 175 – 176 (1. Jh. n.Chr.?). Poland (1909), 154 hält es für möglich, dass die Mysten „zu einer größeren Gruppe von Mystenvereinen gehörten, die eine Art Verband bildeten“. Das wäre allerdings ohne Parallele. Möglich wäre eine städtische φυλὴ Διός; Kunnert (2012), 26 – 28 schließt diese Möglichkeit aus Prinzip aus, da μύσται immer eine exklusive Gruppe bezeichne. Aber es müssen ja nicht alle Phylenmitglieder μύσται gewesen sein, und die alternative Deutung, es handle sich um einen Zeusverein, krankt daran, dass die offenbar gerade erst entstandene Gruppe zwar die Mithrakana feiert, aber in keiner Beziehung zu einem Zeuskult zu stehen scheint. Vgl. die Diskussion bei Eckhardt (2016), 163.  IK Smyrna 734. Die Ergänzung [ἱεροφαν]τοῦντος in Z. 4 ist nicht sicher.  IK Smyrna 330.  IK Smyrna 728; LSAM 84 (2. Hälfte 2. Jh. n.Chr.?). Der Text ist oft behandelt worden; vgl. ausführlich Nilsson (1957), 133 – 143; kürzer zuletzt Turcan (2003), 32 f; Eckhardt (2017), 1774.  Z. 16 – 19: … προλέγειν μύσταις̣ [– –] | καὶ καλάμοισι κροτεῖν οὐ θέσ[μιον εἶναι – –] | ἤμασιν, οἷς μύσται θυσί̣ [ας – –] | [μηδ]ὲ φορεῖν ΣΥ[– –].

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dass ein direkter Vergleich mit den anderen μύσται-Inschriften aus Smyrna schwer fällt. Auch die Besitzverhältnisse und den Status des dionysischen Heiligtums kennen wir nicht; es ist aber immerhin möglich, dass es sich um eine vom Stadtkult unabhängige Institution handelte. Auch in Philadelphia erschöpft sich der Befund nicht in den oben genannten Belegen. Aus dem Territorium der Stadt stammt auch eine Altarweihung für Dionysos, die von einem Hierophanten gemeinsam mit dem ἀρχιβούκολος einer σπεῖρα finanziert wurde.¹¹⁷ Es gab also – wenn die Lokalisierung richtig ist – am selben Ort neben den u. E. städtischen μύσται noch eine weitere Dionysosgruppe, die als privater Verein identifiziert werden könnte und entweder mit dem städtischen Hierophanten gemeinsam auftrat oder einen eigenen Hierophanten hatte. Sie hieß dann aber eben gerade nicht μύσται. In Pergamon bezeichnet sich ein gewisser Secundus als μύστης der Meter Basileia, der allerdings ein städtischer Kult gewidmet war.¹¹⁸ In Kyme nennt eine interessante, aber sehr fragmentarisch erhaltene Kaufurkunde für ein Kultgebäude „vor der Stadt“ (πρὸ πόλεως hier einmal im örtlichen Sinne) mehrfach diejenigen, „die an den Mysterien teilhaben“; die Namen suggerieren hier keineswegs einen gehobenen Status, wobei aber doch immerhin jedes Mitglied der Gruppe 103 Denare zum Kauf beigetragen hat.¹¹⁹ An Loyalitätserweisen gegenüber dem Kaiserhaus scheint es auch hier nicht gefehlt zu haben.¹²⁰ Eine sehr späte Inschrift bezeugt eine gemeinsame Weihung durch einen Schmied und einen ἀρχιμύστης, ohne dass indes der Kontext näher beleuchtet werden könnte.¹²¹ Für manch andere Städte bieten die Inschriften nur Schlaglichter an, die das vollständige Bild eher verdecken. In Prusa ad Olympum gab es Mysterien des Kaiserkults (zu ihnen s.u.), aber auch eine Gruppe von μύσται καὶ δεκατισταί, die um einen Priester gruppiert war und Sarapis und Isis verehrte.¹²² Es handelt sich um einen der ganz wenigen Belege dafür, dass eine der früher so genannten

 Jaccottet (2003), 114 (2. Jh. n.Chr.). Dass nur der ἀρχιβούκολος mit dem Zusatz τῆς σπείρης versehen wird, könnte auf differenzierte Verhältnisse hinweisen. Unklar bleibt die Natur des beschließenden [κατ]αζώσμα.  I. Pergamon 334; vgl. die Ehrung einer Priesterin der Meter Basileia durch das Volk I. Pergamon 481– 483. Die Inschrift CIG 3538 nennt μυηθέντες καὶ ἐνβατεύσαντες, stammt aber wohl aus Klaros.  IK Kyme 37; vgl. jetzt Harland (2014), 86 – 94. Die Hinweise auf μυστήρια in Z. 27 und 37– 38 scheinen sicher ergänzt; unsicher ist dagegen [μύσ]τα[ις] in Z. 30.  Z. 28 – 30: [εἰς αἰωνίαν] διαμον[ὴν] | τῶν Σ[εβαστ]ῶ[ν β]α[σιλέων καὶ τοῦ δ]ήμου [Ῥω]|μ[αίω]ν κα[ὶ δή]μου [Κυμ]αίων.  IK Kyme 40 (nach 212 n.Chr.).  IK Prusa ad Ol. 48 (Mitte 2. Jh. n.Chr.). Zu den Kaiserkultmysterien siehe IK Prusa ad Ol. 16.

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„orientalischen“ Religionen mit einer Organisation von μύσται korrelierte;¹²³ angesichts der Zahlenverhältnisse sollte man von einem Zufall ausgehen. Eine weitere Gruppe von συνμύσστε [sic] ehrte in bescheidenem Rahmen einen Verstorbenen und kann kaum als potentes Honoratiorenkollegium aufgefasst werden.¹²⁴ Eine ganze Reihe von Belegen gibt es ferner aus Sardeis.¹²⁵ Städtische Mysterienkulte muss es dort gegeben haben, wie nicht zuletzt die Brunnenliste zeigt, die gleich zwei Brunnen gegenüber von Mysteriengebäuden lokalisiert.¹²⁶ Unklar ist, wie sich dazu die μύσται des Apollon (identisch mit den oben diskutierten μύσται des Apollon Pleurenos?),¹²⁷ die μύσται καὶ θεραπεύται des Zeus¹²⁸ und eine nicht weiter spezifizierte Gruppe von μύσσται [sic] verhalten,¹²⁹ über die wir insgesamt zu wenig wissen. In Thyateira gewährt eine Grabinschrift seltene Einblicke in religiöse Vorstellungen: Die Kinder der Priesterin Ammia errichteten zusammen mit den „Mysten der Götter“ einen Altar, an dem man die Verstorbene zur Orakelbefragung konsultieren konnte.¹³⁰ Robert hält die Inschrift vielleicht mit Recht für ein wichtiges Zeugnis der „atmosphère religieuse“ in Mystenvereinen,¹³¹ es ist allerdings auch das einzige. Einschlägiges Material findet sich schließlich auch in den ländlichen Regionen. Aus Bayat in der unteren Kaikos-Ebene stammt eine Gedenkinschrift für den ἀρχιμύστης Alexandros, errichtet von einem θίασος.¹³² Der Begriff ist in römischer Zeit selten, begegnet aber auch im Höhlenkomplex im pamphylischen Karain, wo ein θίασος der Meter Oreia unter der Leitung eines ἀρχιθιασείτης und eines ἀρχιμύστης ein Anauliterion errichtete und ein Verein von Fischern von einem μυστηριάρχης unterstützt wurde.¹³³ In den Hochgebieten Nordostphrygiens fanden sich mehrere Altäre für Dionysos, die offenbar nach einem bestimmten Muster angefertigt wurden und die Bezeichnung μύσται teilweise mit topogra-

 Ein weiteres wäre womöglich die oben Anm. 112 genannte Gruppe aus Amorion, die immerhin die Mithrakana feierte.  IK Prusa ad Ol. 159 (2. Jh. n.Chr.).  Siehe dazu Herrmann (1996), dessen Datierungen allerdings inzwischen teilweise revidiert worden sind (s. auch oben Anm. 18).  Sardis VII,1 17 (ca. 200 n.Chr.), Z. 2– 3: [κρήνη] | μυστηρίοις δυσὶ[ν ἐναντία]; Z. 6: κρήνη μυστηρίῳ Ἄττει ἐνα[ντία]  SEG 46,1528 (1. Jh. n.Chr.).  SEG 46,1529 (1./2. Jh. n.Chr.). Vgl. die Therapeuten des Zeus in Sardis VII,1 22 (1. Jh. v.Chr.?).  SEG 46,1527 (1. Jh. n.Chr.).  TAM V,2 1055 (2. Jh. n.Chr.?).  Robert (1937), 131. Die Sonderstellung des Textes betont Robert selbst („à peu près unique en son genre“).  BCH 11 (1887), 483 Nr. 70.  SEG 41,1329 – 1330; vgl. Şahin (1991), 126 – 132.

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phischen Zuordnungen verbinden.¹³⁴ Anstatt diese Inschriften aus dem 2. und 3. Jh. als Beleg für uralte Kultformen der Region heranzuziehen, sollte man erwägen, sie in das auch sonst gelegentlich beobachtete Phänomen der Übernahme städtischer Trends in die ländliche Religion bzw. ihre Darstellung einzuordnen.¹³⁵ Was diese Begriffe aber dort in der Praxis bedeuteten, ist nicht leicht zu klären. Die μύσται fügen sich gut in die auch sonst in Phrygien zu beobachtende Tendenz, regionalen Identitäten durch die Formierung von Kultgemeinden eine korporative Form zu geben, die an bekannte Vereinsterminologie anknüpft.¹³⁶ Die Motive dafür dürften allerdings andere gewesen sein als in den Städten. Auch in den Dorfgemeinden Lydiens und Phrygiens gab es Äquivalente zu städtischen Kulten, womöglich sogar mit Partizipationspflicht. So lässt sich jedenfalls eine Beichtinschrift aus dem 1. oder 2. Jh deuten:¹³⁷ Ein gewisser C. Antonius Apellas aus Blaundos hatte nicht „am μυστήριον“ teilgenommen, obwohl er dazu aufgefordert worden war, und wurde vom Gott bestraft. Die Strafe bezieht sich hier auf das generelle Versäumnis, einen Befehl des Gottes zu achten,¹³⁸ was aber voraussetzt, dass zumindest für den Sühnenden, dessen römisches Bürgerrecht¹³⁹ einen gewissen sozialen Stand anzeigt, eine empfundene Notwendigkeit der Partizipation bestanden hat. Anwesenheitsverpflichtungen für Erwachsene kennt man aus Vereinen eher als aus dem Stadtkult,¹⁴⁰ aber ob diese Parallelen im lydisch-phrygischen Grenzgebiet wirklich weiterhelfen, erscheint fraglich. Der Singular μυστήριον ist ungewöhnlich, wird aber auch von den Techniten in Ankyra für einen von Hadrian gestifteten „mystischen Wettkampf“ benutzt;¹⁴¹ gegen eine Beeinflussung durch die Entwicklungen der großen Stadtkulte spricht also auch hier nichts. Der sicher nicht vollständige Überblick zeigt zur Genüge, dass sich μύσται und μυστήρια in der Kaiserzeit nicht allein vor dem Hintergrund der oben ausgeführten Überlegungen zu Stadtkult und Elitenbildung verstehen lassen. Eine

 SEG 20,37; 26,1187; 41,1171; Haspels (1962), 286; MAMA V KB 6. Die Belege werden diskutiert bei Cole (1991); Jaccottet (2003), 152– 160; Eckhardt (2016), 162 f.  Für hohes Alter plädiert Haspels (1962), 287. Zur Übertragung städtischer Trends auf das Land siehe etwa Chiai (2009); Schuler (2012).  Vgl. dazu Eckhardt (2016), 162 f.  MAMA IV 281 = Petzl (1994), 126 Nr. 108.  In diesem Sinne Chaniotis (1997), 354 Anm. 6 mit weiteren Beispielen für den Zusammenhang von Ungehorsam und Strafe.  Dies ist kein häufiges Phänomen in den griechischen Beichtinschriften. Vgl. hierzu einführend Chiai (2007).  Dazu Eckhardt (im Druck 2).  I. Ancyra 141; vgl. dazu unten Teil 4. Die Verwendung des Begriffs im Singular ist also nicht rein christlich, wie Borgeaud (2013), 144 meint.

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Reihe von Belegen lässt sich relativ sicher dem Bereich des privat organisierten Vereinswesens zuweisen. Oft ist diese Zuordnung allerdings auch unklar, und auch die Charakteristika formaler Organisation (etwa Mitgliedschaftsstrukturen und Ämter) lassen sich oft nicht nachweisen. Wir wissen über diese Gruppen deutlich weniger als über die meist ebenfalls als private Vereine gedeuteten, von uns aber als Stadtkultkollegien erklärten Vereinigungen. Festzuhalten ist immerhin, dass sich keine nennenswerte Vorliebe von μύσται für „orientalische“ oder indigene (altanatolische) Kulte zeigen lässt. Aus der Natur bestimmter Religionsformen oder aus alter Tradition sollte man also auch diese Gruppen nicht ableiten. Plausibel lässt sich hingegen von Ausstrahleffekten der großen Stadtkulte ausgehen. Man muss zudem damit rechnen, dass sich auch unterhalb der Elite Gruppen formierten, die das Repräsentationsverhalten der Eliten nachahmten. Dabei kam es speziell in den ländlichen Regionen, wo Elitenzugehörigkeit auf anderen Voraussetzungen beruhte und auch Religion anders organisiert wurde, zweifellos zu Adaptionen und Neuschöpfungen, deren Details sich allerdings hinter der weitgehend gleichförmigen epigraphischen Überlieferung kaum noch ausmachen lassen.

4 Der Einfluss Roms In vielen der oben diskutierten Fälle geht die Verbindung von städtischen Eliten und Mysterien einher mit einer sichtbaren Orientierung auf Rom und den Kaiserkult. Bis zu einem gewissen Grade ist das kaum überraschend. Die enge Verbindung der städtischen Honoratiorenschicht Kleinasiens mit der römischen Herrschaft schlug sich naturgemäß auch in den Repräsentationsstrategien von Elitenfamilien nieder.¹⁴² Bereits bestehende Mysterientraditionen könnten von Eliten übernommen und auf Rom hin neu ausgerichtet worden sein, wie es ja etwa auch für die Gymnasien gezeigt werden kann.¹⁴³ Der magere Befund für Mystai und Mysteria in hellenistischer Zeit erlaubt aber auch weiterführende Überlegungen, die ein neues Licht auf die „Mysterisierung“ des griechischen Ostens werfen können. Es ist zu fragen, ob der Prozess nicht gerade umgekehrt abgelaufen ist – ob also lokale Eliten einem Trend folgten, den römische Kaiser und Provinzverwalter vorgaben, indem sie Mystai und Mysteria gegenüber anderen Organisations- und Kultformen privilegierten.

 Vgl. zur Entwicklung der Honoratiorenschicht Quaß (1993).  Dazu zuletzt etwa Scholz (2015).

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Anhaltspunkte finden sich bereits in der literarischen Überlieferung. Über verschiedene Kaiser seit Augustus wird berichtet, sie seien in die eleusinischen Mysterien eingeweiht worden,¹⁴⁴ und auch wenn nicht in jedem Fall eine tatsächliche Einweihung angenommen werden muss, lässt sich doch die Publikation solcher Nachrichten kaum ohne ein kaiserliches Interesse an solchen Darstellungen erklären. Der exklusive Charakter, der mit Einweihungsriten notwendig verbunden ist, dürfte dabei ebenso eine Rolle gespielt haben wie die öffentlichkeitswirksame Bewahrung griechischer Traditionen. Hadrians Maßnahmen zur Revitalisierung der Mysterien von Eleusis lassen sich in ein größeres Programm zur Förderung geschichtsträchtiger griechischer Institutionen einordnen.¹⁴⁵ Eine fragmentarisch erhaltene Ehrung für Tiberius durch den Damos von Mytilene scheint dagegen zu zeigen, dass der Kaiser „neue Mysterien“ erlaubte oder unterstützte; hier fehlen allerdings nähere Informationen.¹⁴⁶ Und auch in Ephesos ist die Reorganisation – und womöglich auch Mysterisierung – des Artemiskults mit einer Initiative vielleicht bereits Octavians zu verbinden.¹⁴⁷ Dass die Kaiser Mysterienkulte nicht als geheime Versammlungen negativ werteten, sondern als

 Octavian: Cass. Dio 51,4,1; Suet. Aug. 93; Claudius: Suet. Claud. 25 (wo aber konkret nur vom Versuch berichtet wird, den Eleusiskult nach Rom zu überführen); Hadrian: Cass. Dio 69,11,1; SHA Hadrian 13,1 (dazu Kuhlmann [2002], 72– 76, 128 – 132).Vgl. IG II² 3620 zur Einweihung von Lucius Verus, Marc Aurel und Commodus.  Vgl. Antonetti (1995).  IG XII,2 205: [ὁ δᾶμος] | Αὐτοκράτορα Τιβέριον Καίσαρα, εὐ[ε]ρ[γέταν] | θέο[ν], Σέβαστον, [π]α[ρ]έχο[ντ]α [ταῖ]ς ὐ[– – –] θέαισ[ι | – — – ν]έα μυστήρια, [π]ά[ν]τ[ω]ς(?) [τ]ᾶ πόλει φίλιον. Nilsson (1974), 370 sieht darin Mysterien des Kaiserkults; dazu passen aber die beiden Göttinnen eher nicht. Frija (2012), 155 unterscheidet diese Mysterien wohl mit Recht von den in IG XII,2 484 belegten Kaisermysterien.  Ein sehr frühes Datum könnte der bereits oben diskutierte Text IK Ephesos 10 bieten. Im Gebet für den Demos und den Senat Roms fehlt der Kaiser. Da der Text nach Buchstabenformen in das 2. oder sogar 3. Jh. n.Chr. datiert, bieten sich zwei Erklärungen an: Entweder war der städtische Kult so eng mit den Kaisern verbunden, dass die domus Augusti hier nicht als Rezipient der Gebete evoziert werden konnte, ohne eine irritierende Doppelung zu provozieren – oder die Inschrift basiert auf einer erheblich älteren Textgrundlage. Sollte die zweite Interpretation zutreffen, erinnert der Verzicht auf ein Gebet für den amtierenden Kaiser und seine Familie an die programmatischen Einschränkungen, die Cassius Dio zur Einrichtung des provinzialen Kaiserkults in Asia und Bithynia überliefert (51,20,6 – 7): Auf die Anfrage im Jahr 30/29 v.Chr. habe der Princeps den in den beiden Provinzen lebenden Römern einen gemeinsamen Kult der Dea Roma und des Divus Iulius in Ephesos und Nikaia gestattet und den Hellenen einen heiligen Bezirk in Nikomedia und Pergamon gewährt. Vielleicht reflektiert auch das Fehlen des Kaisers auf der ephesischen Stele diese frühe Problematik der Vergöttlichung; sie wäre somit in einen inhaltlichen Kontext mit den Baumaßnahmen der oberen Agora zu rücken, die das Kuretenkollegium eng ans Prytaneion koppelten.

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städtisches Phänomen mit Potential zur Elitenbildung unterstützten, muss auch für die Zeitgenossen erkennbar gewesen sein. Ein in unserem Zusammenhang wichtigeres, aber auch ambivalentes Phänomen ist die „Mysterisierung“ des kleinasiatischen Kaiserkults.¹⁴⁸ Die Verbreitung von Kaisermysterien ist vor allem an der Existenz von Sebastophanten abzulesen. Das Amt ist praktisch ausschließlich in Ehrungen für Angehörige der städtischen Eliten bezeugt, die in aller Regel auch andere hohe Ämter bekleideten. Es gab standardisierte Kombinationen; typisch ist die Verbindung mit einem Hohepriestertum (Asias, des galatischen Koinons, etc.) und der Agonothesie.¹⁴⁹ Dass die Neuschöpfung σεβαστοφάντης den Kaiserkult als Mysterienkult ausweisen soll, ist kaum zu bezweifeln.¹⁵⁰ Dass gelegentlich daneben noch die Hierophantie steht,¹⁵¹ widerspricht dieser Vermutung nicht, sondern stärkt sie eher. Wenn μύσται bzw. συμμύσται „der Göttin“ in Pessinus den örtlichen Sebastophanten ehren, zeigt sich zugleich, dass die Durchdringung des Kaiserkults mit Mysterienterminologie auch Querbeziehungen zwischen verschiedenen Kulten

 Vgl. grundlegend Pleket (1965); ferner (mit sehr negativer Wertung) Nilsson (1974), 370 f; Chaniotis (2003), 18 f (im Kontext der Beobachtung einer partiellen „Verinnerlichung“ auch der Religion des Kaiserkults); und neuerdings Bremmer (2016).  Vgl. etwa I. Aph. 2007 8.23 (Mitte 1. Jh. n.Chr.): ἀρχιερεὺς τῆς ᾿Aσίας, σεβαστοφάντης und ἀγωνοθέτης; IK Smyrna 591 (neronisch): ἀρχιερεύς, σεβαστοφάντης und ἀγωνοθέτης; IK Prusias ad Hyp. 5, 17, 19, 46, 47 für die Stellung der Sebastophantie in einer Ämterlaufbahn, die regelmäßig Bithyniarchie und Helladarchie einschloss; SEG 46,1627 (Pessinus, ca. 100 n.Chr.): ἀρχιερεὺς τοῦ κοινοῦ Γαλατῶν, σεβαστοφάντης und ἀγωνοθέτης; SEG 57,1220 (Silandos): ᾿Aσιάρχης und σεβαστοφάντης (aber doch kaum bereits im 1. Jh. v.Chr., wie SEG und EBGR verzeichnen?); I. Ancyra 88 (Zeit des Antoninus Pius): ἀρχιερεύς, ἀγωνοθέτης τοῦ κοινοῦ τῶν Γαλατῶν, γαλατάρχης, σεβαστοφάντης, ἱεροφάντης διὰ βίου τῶν θεῶν Σεβαστῶν. Vgl. die Ämterreihungen in SEG 58,1417 (Klaudiupolis, hadrianisch): τρίς ἀρχιερεύς, δὶς πρῶτος ἄρχων, γυμνασιάρχης, ἀγωνοθέτης, σεβαστοφάντης; IK Prusa ad Ol. 16 (hadrianisch): σεβαστοφάντης, ἄρχων, ἀγορανόμος.  Vgl. etwa Pleket (1965); Chaniotis (2003), 19; Belayche (2013), 36. Belayche sieht darin freilich „un emploi inflationniste d’une terminologie mystérique“ und fokussiert damit – wie etwa auch Jaccottet (2006) – auf die Unterscheidung zwischen echten und unechten Mysterien, die wir hier aber mangels valider Kriterien nicht weiter verfolgen wollen. Die Argumentation von Strubbe (2006), wonach σεβαστοφάντης und σεβαστοφόρος dasselbe Amt bezeichneten, stellt einen Mysterienbezug in Abrede, ist aber angesichts der terminologischen Parallele und der übrigen Belege für die Verbindung von Kaiserkult und Mysterien nicht überzeugend. – Wir gehen hier davon aus, dass jeder σεβαστοφάντης eine „Mysterisierung“ des Kaiserkults zumindest suggeriert (ohne dass wir im Einzelfall das Kultgeschehen kennen); das relativiert die von Bremmer (2016), 28 notierte Beschränkung der „imperial mysteries“ auf Pergamon, Galatien und Bithynien.  Etwa I. Ancyra 8 (unterschiedliche Personen); 88 (derselbe Mann) u. ö.; die Sebastophantie erscheint hier als das wichtigere Amt, vgl. Bremmer (2016), 26 f. Vgl. IK Prusias ad Hyp. 5, 17, 47; hier ist womöglich ein bestehender Mysterienkult mit den Kaiserkultmysterien verknüpft worden.

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innerhalb einer Stadt ermöglichte.¹⁵² Ausgangspunkt dieser Entwicklung dürfte die lokale bzw. allgemein griechische Tradition gewesen sein; vermutlich projizierten die oben besprochenen lokalen Eliten ihr Mysterieninteresse auch auf den Kaiserkult. Anders lässt sich kaum erklären, dass der Kaiserkult in den Westprovinzen keine derartige Transformation durchlaufen hat, während im Osten etwa der Antinooskult nach sehr ähnlichem Muster eingeführt wurde.¹⁵³ Die Elitenkonkurrenz, die die Einführung hierarchisierter Kultformen begünstigte, ist ein plausibles Modell. Angesichts der Orientierung kleinasiatischer Eliten auf Rom hin ist aber das Interesse der Kaiser an Mysterien und speziell Eleusis für die Frage, welche konkreten Formen das waren, nicht ohne Bedeutung.¹⁵⁴ Diese Vorsicht beim Postulieren direkter römischer Eingriffe empfiehlt sich nicht zuletzt mit Blick auf generelle Einsichten zum Kaiserkult und seiner Verbreitung, die einen „Top-Down-Approach“ eher als Ausnahme denn als Normalfall erscheinen lassen.¹⁵⁵ Dass die Mysterisierung des Kaiserkults in einigen Städten Kleinasiens allerdings auch aktiv durch Kaiser oder kaiserliche Beamte gefördert wurde, lässt sich an einem traditionellen Bereich kaiserlichen Sponsorings ersehen, nämlich dem Wettkampfwesen. Für Ankyra und Side sind „mystische Agone“ belegt; zumindest im erstgenannten Fall scheint Hadrian den Wettkampf eingesetzt zu haben. Die Techniten ehrten hier im Jahr 128 ausführlich den Organisator und Geldgeber Ulpius Aelius Pompeianus, der nicht nur Agonothet, sondern auch Helladarches gewesen ist; eine imago clipeata aus Ankyra zeigt womöglich sein Portrait.¹⁵⁶ Für Side ist die früheste belegte Durchführung des μύστικος ἀγών um das Jahr 180 herum anzusetzen.¹⁵⁷ Eine ähnliche Verbindung von Agon und Mysterien ist auch für andere Städte vorgeschlagen

 IK Pessinous 17– 18. Die nähere Bezeichnung der Mysten als ᾿Aτταβοκαιοί könnte auf Attis verweisen; vgl. aber die vorsichtige Behandlung bei Lancellotti (2002), 108 f. Der Status der Gruppe ist unklar; Harland (2014), 425 notiert mit Recht die Möglichkeit, dass es sich um „a board of functionaries in the temple“ handelt.  Vgl. zu Antinoos Kuhlmann (2002), 197– 239.  Belayche (2016) führt den „Aufstieg des Hierophanten“ in Ephesos plausibel auf Statuskonkurrenz innerhalb der lokalen Elite zurück. Gleichzeitig notiert sie zurecht, dass nicht jeder Hierophant Beleg für einen Kult nach eleusinischem Vorbild ist. Der Titel dürfte aber doch durch die literarische Überlieferung und die Bekanntheit des Kultes durchaus mit Eleusis assoziiert gewesen sein. Die erkennbare Präferenz etwa Hadrians für Eleusis und mystische Agone dürfte für die konkrete Ausgestaltung der lokalen Elitenkonkurrenz eine Rolle gespielt haben.  Vgl. etwa Price (1984); Herz (2011).  I. Ancyra 141 (128 n.Chr.); zum möglichen Portrait des Ulpius Aelius Pompeianus vgl. Mitchell (2014).  IK Side 130 belegt ihn für einen Zeitpunkt zw. 205 – 212 n.Chr., aber vgl. Nollés Kommentare.

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worden.¹⁵⁸ Diese zumindest teilweise vom Kaiser gestifteten Agone konnten einige Bedeutung für die kollektive Identität der Stadt annehmen, und zwar gerade auch vor dem Hintergrund der Städtekonkurrenz. Im Ehrendekret der Techniten von Ankyra heißt es, nur wenige Städte seien auf diese Weise begünstigt worden, und unter den Stadttiteln Sides findet sich ab Mitte des 3. Jh. auch der Titel μύστις.¹⁵⁹ Nur für Ankyra gestattet das Material detailliertere Einblicke. Postulieren lässt sich – jedenfalls hier – eine Verbindung zwischen der „Mysterisierung“ des Wettkampfwesens und der „Mysterisierung“ des Kaiserkults, denn gerade in Ankyra finden sich zahlreiche Sebastophanten; das Amt ist hier regelmäßig mit der Archierosyne und der Agonothesie verbunden. Der mysterisierte Kaiserkult konnte wiederum zur Formierung von vereinsartigen Gruppenidentitäten führen: Zur Zeit des Antoninus Pius publizierte eine Gruppe von ἱερουργοί eine Namensliste, datiert nach dem Statthalter, dem ἀρχιερεύς, der Sebastophantin und dem lebenslang amtierenden Hierophanten.¹⁶⁰ Die 92 Mitglieder der Gruppe waren größtenteils römische Bürger, einige lassen sich noch in anderen Inschriften aus Ankyra wiederfinden.¹⁶¹ Wie für Vereine durchaus typisch ist die eigentliche Weihung, um die es geht (ein Kultbild des Kaisers), ebenso wie die Aufstellung der Inschrift von einem Mitglied – Tiberius Claudius Stratonikos – im Namen der Gruppe besorgt worden.¹⁶² Ob die in Ankyra sonst nicht belegten ἱερουργοί eine im Kaiserkult fest verankerte Funktion innehatten, muss offen bleiben. Jedenfalls bot aber auch hier der Kaiserkult einer lokalen Elite die Möglichkeit, sich eine neue Form korporativer Repräsentation zu schaffen, die in sich wiederum hierarchisiert war, Loyalität zum Kaiserhaus zum Ausdruck brachte und eine Bezeichnung erhielt, die jedenfalls in Ephesos eng mit dem dortigen Mysterienkult verbunden war. Unter Umständen konnte auch die Finanzierung von Kulten zu einem Fall für die römische Provinzverwaltung werden. Besonders deutlich wird das in drei Texten aus Sardeis und Ephesos, die als Dossiers die aus Sicht der jeweiligen

 Ikonion: IGRR III 210 bei allerdings fragwürdiger Ergänzung der Zeile i 9; Sardeis: Herrmann (1996), 337– 339.  I. Ancyra 141, Z. 10 – 12: τὸν ἀ|γῶνα τὸν μυστικὸν δοθέντα ὑπὸ τοῦ Αὐ|τοκράτορος ἐν ὀλίγαις τῇ πόλει. Unser Verständnis von ἐν ὀλίγαις unterscheidet sich von dem in I. Ancyra gebotenen („at very short notice“). Zu Mystis als Stadttitel in Side vgl. IK Side 44.  I. Ancyra 8. Ob man in dieser Reihung tatsächlich aktive „supervision“ durch die genannten Amtsträger sehen muss (I. Ancyra, p. 159), wäre zu fragen.  Vgl. den Kommentar in I. Ancyra, p. 160.  Z. 64– 68: τὴν εἰκόνα τοῦ κυρίου Σεβα|στοῦ καὶ τὸν τίτλον σὺν ταῖς | γράφαις τοῖς ἱερουργοῖς | Τιβ. Κ. Στρατόνεικος ἐκ τῶν | ἰδίων ἀνέστησε. Er erscheint auch in der Mitgliederliste (Z. 24).

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Antragsteller erfolgreiche Lösung von Finanzierungskonflikten dokumentieren.¹⁶³ Jeweils hatten sich Bürger der Städte an römische Provinzverwalter gewandt, um das Recht eines Kultes auf Finanzierung durch die Stadt offenbar gegen den Widerstand leitender städtischer Beamten durchzusetzen; in allen Fällen folgen die römischen Beamten dem Antrag. Wie nachhaltig solche Entscheidungen waren, ist eine andere Frage. In Sardeis ist offenbar über einen erheblichen Zeitraum hinweg mindestens dreimal dasselbe Problem entstanden. Hermogenes schrieb im Jahr 188/89 an den Prokonsul Arrius Antoninus, weil die städtischen Archonten die Finanzierung des Kultes des Men Askenos eingestellt hatten; er zitierte dabei eine ältere römische Antwort des Prokurators Venuleius Valens auf eine wohl ähnliche Anfrage, und auch der Prokonsul Asprenas hatte sich schon mit der Frage auseinandersetzen müssen.¹⁶⁴ Die römische Reaktion war dabei, sofern die zweckgebundene Publikation des Dossiers das Resultat nicht verfälscht, stets dieselbe; Hermogenes betont denn auch die „seit sehr vielen Jahren“ bestehende Kontinuität der Verbindung von Demeter- und Kaisermysterien.¹⁶⁵ Es gibt aus Kleinasien überhaupt nur vier Texte dieser Art. Drei davon nennen Mysterien; der vierte (aus Milet) verwendet den Begriff nicht, betrifft aber mit dem Kabirenkult einen der bekanntesten Mysterienkulte der Antike.¹⁶⁶ Der Kontext solcher Anfragen ist nicht ganz leicht zu verstehen. Oft wird wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass es sich bei den Verfassern der Briefe um Vereinsfunktionäre handle.¹⁶⁷ Aber dass private Kultvereine ein Anrecht auf Finanzierung durch die Stadt erhalten und dieses bei der kaiserlichen Verwaltung einklagen konnten, ist unwahrscheinlich. Es handelte sich wohl in allen vier Fällen um städtische Kulte, deren Organisation (vielleicht durch Verkauf?) in die Verantwortung von Priestern ausgelagert worden war, die naturgemäß ein Interesse

 IK Ephesos 213 (88/89 n.Chr.); SEG 49,1676 (Sardeis, 188/189 n.Chr.); SEG 59,1396 (Sardeis, 221 n.Chr.). Alle Texte werden bei Petzl (2009) besprochen.  SEG 49,1676. Der Konflikt lässt sich damit bis in die Zeit Vespasians zurückverfolgen. Die neue Inschrift SEG 59,1396 ist zu fragmentarisch erhalten, um sichere Schlüsse zu ermöglichen; die Ergänzung μυστήρια scheint jedoch sicher; möglicherweise handelt es sich um denselben Kult.  Z. 8: ἀπὸ πλείστων ἐτῶν – nicht „in most years“, wie Ascough/Harland/Kloppenborg (2012), Nr. 163 gefolgt von Pachis (2013), 173 und Bremmer (2016), 23 übersetzen.  Milet VI,1 125 – 126 + 214.  Etwa Harland (2003), 118; Petzl (2009), 377, 382; Frija (2012), 155; Pachis (2013), 173. Im Fall von IK Ephesos 213 geht dies einher mit der Identifizierung der μύσται mit den πρὸ πόλεως Δημητριασταί, die aber nicht zu belegen ist; vgl. dazu den Eintrag von Eckhardt in der Datenbank des Copenhagen Associations Project.

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daran hatten, den finanziellen status quo zu wahren.¹⁶⁸ Man kann daher eher von Konflikten innerhalb der Elite sprechen, in denen beide Seiten unterschiedliche Ansichten dazu vertraten, zu welchen Privilegien der positive Bezug auf Mysterien berechtigte. In ihren Protestnoten an die römische Verwaltung stellten die Akteure in Sardeis und Ephesos jedenfalls heraus, dass es sich um Mysterienkulte handelte. Dies taten sie kaum ohne Grund, sondern sie gingen davon aus, dass eine solche Verortung die Wahrscheinlichkeit römischer Unterstützung erhöhte. Im ephesischen Schreiben des Apollonios wird der Mysteriencharakter zweimal betont; auffällig ist hier zudem die bereits genannte Verschränkung von Demeterund Kaisermysterien: „Jedes Jahr werden in Ephesos Mysterienfeiern und Opfer durchgeführt für die Fruchtbringende Demeter und für die Gesetzgebende und für die Divi Augusti von Mysten unter strikter religiöser Observanz und mit traditionellen Gebräuchen“.¹⁶⁹ Im Fall der Mysterien des Men waren die Verfasser des Briefes in der glücklichen Lage, dass ein römischer Prokurator bereits den Mysteriencharakter des Kultes offiziell festgestellt hatte.¹⁷⁰ Auffällig ist nämlich hier, dass nur in dem Zitat aus dem Schreiben des Venuleius Valens der fragliche Kult mit dem Begriff μυστήρια bezeichnet wird. Wenn man Rom in stadtinterne Streitigkeiten um die angemessene Finanzierung eines Kultes einbeziehen wollte, war es offenbar hilfreich, wenn diesem Kult Mysteriencharakter zugeschrieben werden konnte.

5 Fazit Unsere Überlegungen hatten zum Ziel, einige Annahmen zu kaiserzeitlichen Mysterienkulten am epigraphischen Befund Westkleinasiens zu prüfen. Dabei waren manche Fehlentwicklungen zu korrigieren. So hat das in den letzten zwanzig Jahren stark gestiegene Forschungsinteresse an antiken Vereinen zu einer Zuordnung aller μύσταi-Gruppen und selbst noch der meisten Hinweise auf

 Ein fragmentarisch erhaltenes Edikt des Prokonsuls P. Fabius Persicus (IK Ephesos 17– 19, ca. 44 n.Chr.) zeigt eine Regulierung des Verkaufs von Priestertümern, aber kein Verbot dieser Praxis; vgl. Buraselis (2008), 129.  IK Ephesos 213, Z. 3 – 7: μυστήρια καὶ θυσίαι, κύριε, καθ’ ἕκαστον | ἐνιαυτὸν ἐπιτελοῦνται ἐν Ἐφέσῳ Δήμητρι | Καρποφόρῳ καὶ Θεσμοφόρῳ καὶ θεοῖς | Σεβαστοῖς ὑπὸ μυστῶν μετὰ πολλῆς | ἁγνείας καὶ νομίμων ἐθῶν (Übs. Petzl). Bremmer (2016), 24 nimmt an, dass der Kult nach dem Vorbild von Eleusis gestaltet war.  SEG 49,1676, Z. 25 – 29: Οὐενουλήϊος Βάλης | ἐπίτροπος Αὐτοκράτορος Οὐεσπασιανοῦ | Σαρδιανῶν ἄρχουσι χαίρειν · τὰ ἐξ ἔθους | εἰς τὰ τοῦ Μηνὸς μυστήρια χορηγούμενα | εὔλογόν ἐστιν δίδοσθαι ἑκάστου ἔτους.

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μυστήρια zum Bereich des privaten Vereinswesens geführt,¹⁷¹ die in vielen Fällen nicht sehr plausibel ist. Eine Reihe von Belegen ließ sich zudem nur schwer in ein einfaches Schema privat/städtisch einordnen, da es einerseits Mitgliedschaftsstrukturen gibt, die ein privates Engagement voraussetzen, andererseits aber verschiedene Indikatoren die Zugehörigkeit der Gruppe zum Inventar des Stadtkults anzeigen. Wir haben argumentiert, dass solche Organisationen als Kaderschmiede für lokale Eliten dienten. In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage nach der Rolle Roms. Dass es eine reichsweite Mysterisierung etwa des Kaiserkults nicht gegeben hat, heißt nicht, dass die Kaiser nicht ihren Teil zur Mysterisierung von Kultformen gerade in dieser Region beigetragen haben; einige Indizien dafür ließen sich immerhin finden. Man muss sich dabei zweifellos einen von beiden Seiten getragenen Vorgang vorstellen. Mysterienterminologie wurde im kaiserzeitlichen Westkleinasien zu einer von Herrschern und Städten gleichermaßen geschätzten Form, über Religion zu reden. Wer dieses Kommunikationsangebot zuerst gemacht hat, kann nicht sicher gesagt werden. Von unserer Argumentation her liegt aber wohl die Hypothese nahe, dass die städtischen Eliten sich zunächst Mysterienkulte als Instrument der Statusmarkierung schufen und diese Logik dann auf die Kaiser übertrugen. Die recht frühen Belege für kaiserliches Wohlwollen gerade gegenüber Mysterienkulten müssten dann als Reaktion verstanden werden: Der Kaiser verstand und akzeptierte die Begriffe μυστήρια und μύσται als Nachweis der Zugehörigkeit zu einer loyalen städtischen Elite. Die Frage nach den Gründen für den Erfolg gerade dieser Form der Kommunikation führt zwangsläufig auf die Frage der Kontinuität. Polands These einer indigenen, d. h. altanatolischen Renaissance lässt sich anhand des Materials nicht belegen und ist auch mit Blick auf die vermuteten Trägerkreise kaum plausibel. Zu berücksichtigen sind aber die – Poland mehrheitlich noch nicht bekannten – Hinweise darauf, dass bereits in hellenistischer Zeit und speziell im Attalidenreich zumindest Ansätze einer ähnlichen Entwicklung existierten. Neben den zahlreichen Stadtkulten, die bereits im Hellenismus Mysterien und Einweihungen vollzogen, gab es bereits vereinzelt μύσται-Gruppen. Lässt sich die kaiserzeitliche Entwicklung als Intensivierung und Weiterentwicklung eines Kommunikationsmodells verstehen, das bereits in attalidischer Zeit von Herrschern und Eliten zumindest getestet worden war? So ließe sich jedenfalls er-

 Selbst die Brunnenliste aus Sardeis (oben Anm. 126) erscheint bei Ascough/Harland/Kloppenborg (2012), 86 Nr. 127 ohne weiteren Kommentar als „list of fountains used by mystery associations, a synagogue, and others“.

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klären, dass sich in anderen Regionen des Römischen Reiches keine vergleichbare Entwicklung feststellen lässt. Was die eingangs skizzierte Dichotomie zwischen einem religions- und einem sozialgeschichtlichen Zugang betrifft, so waren die Gewichte wohl von vornherein ungleich verteilt. Ein erheblicher Teil unseres Materials enthält kaum religionsgeschichtlich interessante Informationen, auch wenn manches auffällige Detail einer näheren Analyse bedarf. Insbesondere lässt sich keine auffällige Korrelation zwischen den Belegen für μύσται und μυστήρια und den in der älteren Forschung als „Mysterienreligionen“ betrachteten Kulten nachweisen. Sicher lässt sich dagegen sagen, dass die Rede von μύσται und μυστήρια eine Kommunikationsform war, mit der städtische Eliten in Kleinasien ihre soziale Überlegenheit symbolisch absichern und mit Kaisern und Provinzverwaltern in Kontakt treten konnten. Der sozialgeschichtliche Zugang hat uns also weiter geführt, als es der religionsgeschichtliche vermocht hätte. Mit dieser Aussage zur Funktionalität der Form ist allerdings kein Präjudiz über den Inhalt verbunden. Ob das, was hinter dem Begriff μυστήρια stand, in der Mehrheit der Fälle ein Mysterienkult mit Initiation und Geheimhaltung war, wissen wir nicht. Vielleicht könnten die literarischen Quellen, die ja auch von Eliten verfasst sind und auf denen das eingangs geschilderte Mysterisierungsmodell beruht, den Eindruck einer inhaltslosen Inflation von Begriffen korrigieren. Zumindest partielle Übereinstimmungen der Trägerkreise sollte man jedenfalls erwarten. Der Vorschlag einer Identifikation des Apollonios, der dem ephesischen Mysterienkult der Demeter und der Divi Augusti gegenüber der römischen Verwaltung zu seinem Recht verhelfen wollte, mit Apollonios von Tyana weist bereits in diese Richtung,¹⁷² wenn sie auch kaum zu beweisen ist. Eine Verbindung beider Ansätze steht daher als Möglichkeit im Raum. Man müsste dann aber sehr unterschiedliches Material miteinander verbinden und verliert vielleicht aus den Augen, wie spezifisch der Gebrauch von μύσται und μυστήρια im kaiserzeitlichen Kleinasien oftmals ist.

 Jones (2006). Er hat den oben diskutierten Brief (IK Ephesos 213) daher auch in seine LCLAusgabe der Briefe des Apollonios von Tyana aufgenommen.

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Michael Blömer

Zu Ikonographischen Austauschprozessen translokaler Kulte in der römischen Kaiserzeit Um 165 n.Chr. verfasste Lukian den satirischen Text deorum concilium. Darin ruft Zeus die Götter auf dem Olymp zusammen, um zu beraten, wie mit Gottheiten umzugehen sei, die zu Unrecht am Tisch der Götter sitzen.¹ Kern des Textes ist ein Dialog zwischen Zeus und Momos. Letzterer wirft zahlreichen der anwesenden Götter vor, dass sie unrechtmäßig einen Platz auf dem Olymp eingenommen hätten. Die Argumente, die er vorbringt, sind unterschiedlicher Natur. Zunächst wendet sich Momos gegen Götter, die menschlicher Geburt sind, wobei er auch Zeus selbst kritisiert, da viele Halbgötter auf dessen Affären mit menschlichen Frauen zurückgingen. Anschließend wendet er sich gegen fremde, ungriechische Kulte. Er fragt: Und wie kommt es denn, dass dieser Attis da, und Korybas und Sabazios, und dort der Meder Mithras in seiner Kandys, mit der Tiara auf den Kopf, in unsere Mitte gekommen sind? Dieser Mithras versteht nicht einmal Griechisch, und weiß nicht, was man will, wenn man auf seine Gesundheit trinkt.²

Im gleichen Zusammenhang werden auch Zamolxis und schließlich die ägyptischen Götter erwähnt.³ In dieser Passage der Götterversammlung findet ein Phänomen Widerhall, das zu den prägnantesten Merkmalen von Transformation paganer Religion in der Kaiserzeit zählt. Es ist die Ausbreitung neuer, vermeintlich fremder Kulte, die sich durch einen translokalen Charakter auszeichnen. Mit translokal ist gemeint, dass sie grundsätzlich entbunden waren von einem spezifischen lokalen Kontext und

 Versuche der Einordnung des Textes in das Religionsverständnis Lukians sind Spickermann (2009) und Berdozzo (2011).  Lucian. deorum conc. 9. ἀλλ᾽ ὁ Ἄττης γε, ὦ Ζεῦ, καὶ ὁ Κορύβας καὶ ὁ Σαβάζιος, πόθεν ἡμῖν ἐπεισεκυκλήθησαν οὗτοι, ἢ ὁ Μίθρης ἐκεῖνος, ὁ Μῆδος, ὁ τὸν κάνδυν καὶ τὴν τιάραν, οὐδὲ ἑλληνίζων τῇ φωνῇ, ὥστε οὐδ᾽ ἢν προπίῃ τις ξυνίησι; τοιγαροῦν οἱ Σκύθαι ταῦτα ὁρῶντες, οἱ Γέται αὐτῶν, μακρὰ ἡμῖν χαίρειν εἰπόντες αὐτοὶ ἀπαθανατίζουσι καὶ θεοὺς χειροτονοῦσιν οὓς ἂν ἐθελήσωσι, τὸν αὐτὸν τρόπον ὅνπερ καὶ Ζάμολξις δοῦλος ὢν παρενεγράφη οὐκ οἶδ᾽ ὅπως διαλαθών.  Lucian. deorum conc. 10. Er stellt sie wegen ihrer Tiergesichtigkeit als lächerlich dar. Damit kommt seine Argumentation der christlichen Reaktion auf die Kultbilder ägyptischer Götter nahe. Allgemein dazu Kristensen (2013). https://doi.org/10.1515/9783110561036-005

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unter Beibehaltung erkennbarer Gemeinsamkeiten in verschiedenen Regionen des Römischen Reiches Anhänger fanden. Lukian erwähnt mit Mithras, Attis und Sabazios drei prominente männliche Gottheiten, die im Zentrum solcher Kulte standen. Andere Beispiele wären etwa Kybele, Iuppiter Dolichenus, Dea Syria oder Iuppiter Heliopolitanus. Lange Zeit hat man viele dieser Kulte als „orientalische Kulte“ bezeichnet, da ihre Wurzeln in Kleinasien, Syrien, Ägypten oder Iran verortet wurden. Zudem war angenommen worden, dass ihnen ähnliche religiöse Konzepte zugrunde lägen. Verbreitet war insbesondere die Vorstellung, dass sie sich durch eine besondere Betonung individueller Gläubigkeit und persönlicher Entscheidung, einen Mysteriencharakter, aber auch durch eine eschatologische Ausrichtung von den „klassischen“ griechischen und römischen Kulten unterschieden hätten. Sie sind als Ausdruck einer „orientalischen“ Religiosität gewertet worden, die auch die jüdische und schließlich die christliche Religion geprägt haben soll, und sie wurden als Antwort auf einen Wandel religiöser Bedürfnisse während der römischen Kaiserzeit gesehen, dem die überkommene griechisch-römischen Religion nicht gerecht geworden sei. Diese Kategorisierung und Charakterisierung, die bekanntermaßen in wesentlichen Teilen auf Franz Cumont und seine berühmte Schrift Les religions orientales dans le paganisme romain zurückgeht, war freilich stets umstritten und hat von Beginn an Widerspruch hervorgerufen.⁴ Trotz anhaltender Kritik prägte das Konzept jedoch über Jahrzehnte die Vorstellung von der Entwicklung römischer Religion, nicht zuletzt auch wegen der Etablierung der Schriftenreihe der Études Preliminaires aux Religions Orientales dans l‘Empire Romain. ⁵ In den letzten 20 Jahren sind die „orientalischen Religionen“ dann Gegenstand einer weitgespannten und fruchtbaren Debatte geworden, die einen grundlegenden Paradigmenwechsel zur Folge hatte. Eine große Zahl einschlägiger Publikationen, vor allem Tagungs- und Sammelbände, sind inzwischen vorgelegt worden, die sich an ihnen abarbeiten und sie sehr vorbildlich forschungsgeschichtlich verorten.⁶ Das Konzept der „orientalischen Religionen“ wurde dabei nachhaltig dekonstruiert. Gleichzeitig ist verstärkt versucht worden, die spezifischen Eigenheiten der ein-

 Cumont (1929). Prominent unter den Gegnern der Thesen Cumonts etwa Toutain (1911).  Zu dieser Reihe und ihrer Agenda jetzt Bonnet/Bricault (2013). – Gerade in der anglophonen Forschung hatte das Konzept der Orientalischen Religionen bereits deutlich zuvor aufgehört, im Diskurs um römische Religion eine Rolle zu spielen; vgl. etwa MacMullen (1981).  Bonnet/Motte (1999); Bonnet/Rüpke/Scarpi (2006); Bonnet/Ribichini/Steuernagel (2007); Bonnet/Pirenne-Delforge/Praet (2009); Bonnet/Bricault (2013); Witschel (2012); Nagel/Quack/ Witschel (2017). – Zur historiographischen Verortung des Cumontschen Werkes s. auch die Beiträge in Bendlin/Bonnet (2006); Bonnet/Van Haeperen (2009); Praet (2014).

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zelnen Kulte stärker herauszuarbeiten und ihre Kohärenz mit den religiösen Vorstellungen der hellenistisch-römischen Zeit aufzuzeigen.⁷ Diese komplexe und oft auch kontrovers geführte Debatte hat wesentliche neue Erkenntnisse zur römischen Religionsgeschichte allgemein und zu einzelnen Kulten im Besondern erbracht. Sie hat aber in mancher Hinsicht auch in eine Aporie geführt: Auf der einen Seite gibt es einen neuen Konsens darüber, dass der Begriff „orientalische Kulte“ und die dem Cumontschen Entwurf zugrundeliegenden Vorstellungen nicht mehr zu gebrauchen seien.⁸ Dem gegenüber steht dann freilich die Wahrnehmung, dass manche der translokalen Kulte aller berechtigten Einwände gegen die Cumontschen Theorien zum Trotz innerhalb der religiösen Welt des Römischen Reiches eine distinkte Gruppe bilden. Wieso nehmen einige wenige Gottheiten einen geradezu universellen, translokalen Charakter an und verbreiten sich in weiten Teilen des römischen Reiches? Was unterscheidet sie von den vielen lokalen Kulten, die diesen Schritt nicht tun? Anstatt auf Zufall und Kontingenz zu verweisen, scheint es hier naheliegender, erneut auch wieder die Möglichkeit übereinstimmender Vorstellungen und Konzepte in Betracht zu ziehen, welche zumindest manchen der translokalen Kulte gemeinsam waren und sie zu einer distinkten Form von Kulten innerhalb römischen Religion machten. Hier gibt es noch reichlich Potential für weiterführende Forschungen. Die Aufgabe kann dabei sicherlich nicht mehr sein, sich weiter mit den von Cumont und seinen Nachfolgern aufgestellten Thesen und Paradigmen auseinanderzusetzen. Im Gegenteil scheint es gerade notwendig, diese Debatten hinter sich zu lassen, um neue Erklärungsmodelle für das Phänomen der translokalen Kulten in der Kaiserzeit entwickeln zu können, für die das Cumontsche Modell der Orientalischen Religionen eben nicht mehr als Bezugspunkt dienen muss. Dabei kommt etwa Fragen nach der sozialen Stellung der Trägerschaften, nach Organisationsformen und Kultpraxen, nach Verbreitungswegen eine besonders Rolle zu.⁹ Aber auch die archäologische Forschung, nicht zuletzt die

 Hervorzuheben ist hier vor allem Alvar (2008), der das Konzept der Orientalischen Kulte zu rehabilitieren versucht, indem er die zentralen Kulte – Mithras, Isis, Kybele – als Konstrukte römischer Religion interpretiert.  Eine Ausnahme stellt Alvar (2008) dar, der den Begriff der orientalischen Religionen, wenn auch unter geänderten Vorzeichen, zu rehabilitieren sucht.  Neue Wege der Forschung aufzuzeigen versucht bereits Witschel (2012). Er fasst sie in den Kategorien „Religious Flows“, „Netzwerke“ und „Praxeologische Ansätze“ zusammen. Auch Richard Gordon hat erst vor kurzem in einem sehr scharfsinnigen Rezensionsartikel den status quo der Forschung resümiert und versucht, Felder aufzuzeigen, die er als erfolgversprechend für zukünftige Forschungen ansieht, vgl. Gordon (2014). In diesem Zusammenhang von Bedeutung sind auch die neu entwickelten Modelle der Gruppenreligionen und Reichsreligion, die eine

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komparatistische ikonographische Analyse, ist hier von heuristischem Wert, zumal dann, wenn andere Quellen nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen oder korrupt sind.¹⁰ Vergleichen lassen sich zum Beispiel die Strategien medialer Repräsentation.¹¹ In dieser spielt für viele translokale Kulte der Orient als Bezugspunkt eine wichtige Rolle. M. J. Versluys hat dies erst kürzlich sehr klar herausgearbeitet.¹² Zum einen hat er das Paradigma der „orientalischen Religionen“ erstmals konzise forschungsgeschichtlich in den Kontext der Orientalismusdebatte eingebettet. Zum anderen hat Versluys aber auch auf neue Perspektiven der Betrachtung mancher translokaler Kulte aufmerksam gemacht, auf einen artifiziellen Orientbezug, dessen Zweck die Generierung von Alterität war, jedoch innerhalb des akzeptierten Rahmens römischer Religion.¹³ Daran möchte ich im Folgenden anschließen und versuchen zu zeigen, welches Potential die ikonographische Analyse im Ringen um ein Verständnis der Transformationen paganer Religion in der Kaiserzeit hat.

1 Orientalische Götter – Orientalische Tracht? Die Bedeutung des Orientbezugs im Kontext translokaler Kulte klingt auch in Lukians Götterversammlung an. In der eingangs zitierten Passage werden mit Attis, Korybas und Sabazios zunächst drei Götter erwähnt, deren Heimat ge-

Konzeptualisierung translokaler Kulten jenseits der Cumont’schen Traditionen erlauben, vgl. (Rüpke 2007); Cancik/Rüpke (2009); (Rüpke 2011).  Einen sehr guten Überblick über die Rollen der Archäologie in der Erforschung antiker Religion bietet jetzt Raja/Rüpke (2015).  Die Grundlage solcher Unternehmen bilden zwangsläufig die Corpora und Denkmälerlisten, die insbesondere im Rahmen der Reihe EPRO geschaffen wurden. Diese wertvollen Arbeiten sind im Rahmen der Debatte um die Orientalischen Religionen in die Kritik geraten, da sie maßgeblich dazu beigetragen haben, ein Bild kohärenter reichsweiter Kulte entstehen zu lassen, vgl. Gordon (2014), 665. In der Tat sind die Sammlungen häufig unkritisch und vermeiden Diskussionen, zudem enthalten sie häufig eine große Zahl zweifelhafter Denkmäler. Gleichwohl sind die Corpora, gerade auch wegen ihres Anspruchs, alle Zeugnisse eines Kultes versammeln zu wollen – Denkmäler, Texte und Inschriften –, auch heute noch unverzichtbare Werkzeuge, ohne die keine vernünftige Diskussion über translokale Kulte geführt werden könnte. Umso bedauerlicher ist es, dass keines der großen Corpora in aktualisierter Form neu aufgelegt wurde, obwohl die Zahl der Zeugnisse für manche Kulte zum Teil rapide gestiegen n ist. Lediglich für ägyptische Kulte ist die Tradition in Teilbereichen fortgesetzt worden, vgl. RICIS; Bricault (2008); Veymiers (2009).  Versluys (2013). Miguel John Versluys leistet in diesem Artikel unter anderem eine sehr konzise Einbindung des Begriffs der Orientalischen Religionen in die Orientalismus-Debatte.  Versluys (2013), 257– 259.

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meinhin in Kleinasien verortet wird, ohne dass Momos näher auf sie eingeht.¹⁴ Ausführlicher ist er bei Mithras. Er stamme aus Medien, heißt es, einer iranischen Landschaft also, die jenseits der Grenzen des römischen Reiches liegt. Er spreche zudem kein Griechisch, was impliziert, dass ihm auch jedes Verständnis von Kultur fehlt. Die Fremdheit des Mithras wird hier also als Rückständigkeit und Minderwertigkeit qualifiziert. Interessant ist aber vor allem, dass er die Kleidung des Gottes erwähnt: Er trage die Kandys, bei der es sich ursprünglich um einen langen medisch-persischen Mantel handelt, und eine Tiara, eine persisch-armenische Mütze aus Leder oder Filz.¹⁵ Indem Momos diese Trachtelemente hervorhebt, will er offenkundig den Eindruck des Ungriechisch-Fremden des Gottes steigern. Sie stehen im Kontext der Erzählung Lukians pejorativ-zeichenhaft für die Verortung des Gottes außerhalb der griechisch-römischen Welt. Inzwischen ist nun aber weitgehend akzeptiert, dass der römische Mithraskult in keinem unmittelbaren Bezug zum iranischen Gott Mithras steht, der Stand der Forschung diesbezüglich muss an dieser Stelle nicht wiederholt werden.¹⁶ Entweder hatte sich der römische Kult im Zuge eines Transformationsprozesses, dessen einzelne Stufen und Stationen uns unbekannt sind, seit der hellenistischen Zeit so weit verändert, dass er mit dem persischen Kult kaum noch Gemeinsamkeiten aufwies, oder der römische Kult geht sogar auf eine Neuschöpfung zurück, die in Rom oder im griechischen Osten ihren Ursprung hat. In jedem Falle ist der römische Mithras daher kaum als ein tatsächlich fremder Gott zu verstehen. Trotzdem ist zu konstatieren, dass Mithras als fremdartig empfunden werden konnte. Das bringt schließlich Lukians Text sehr deutlich zum Ausdruck, der sicherlich einen Standpunkt vertrat, der seinem Leserkreis geläufig war – unabhängig davon, was die Intention des Textes war und gegen wen sich der Spott des Autors richtet. Dass Lukian die Kleidung des Gottes hervorhebt, um seine Fremdartigkeit zur Schau zu stellen, kann dabei nicht verwundern. Nimmt man die sehr zahlreichen bildlichen Darstellungen des Gottes in den Blick, unterscheidet sich seine Tracht bekanntlich in der Tat von der Kleidung klassischer griechischer und römischer

 Dass Lukian mit Attis und Korybos zwei Begleiter der Kybele anführt, die Göttin selbst aber nicht explizit erwähnt, ist auf den ersten Blick erstaunlich, doch mag es sein, dass er wegen der vielgestaltigen Erscheinungsformen des Kybelekultes, darunter auch die offizielle Kybeleverehrung in Rom, bewusst darauf verzichtet hat, sie direkt zu nennen. Der Leser muss sie jedoch mitgedacht haben.  Zur persischen Kandys vgl. Curtis (1998).  Zum römischen Ursprung des Mithraskultes vgl. Merkelbach (1984); Jacobs (1999); Clauss (2000); Clauss (2012); Gordon (2007). Letzterer mit etwas anderem Schwerpunkt.

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Götter.¹⁷ Mithras trägt zumeist eine Hose, die entweder eng anliegt oder weit geschnitten sein kann, und einem tunikaartigen Leibgewand mit langen Ärmeln. Häufig weist dieses eine doppelte Gürtung mit Überfall auf (Abb. 1). Wo farbige Fassungen der Darstellung erhalten sind, sind häufig farblich abgesetzte Zierstreifen zu erkennen, sowohl auf dem Leibgewand als auch auf den Hosen. Auf manchen Denkmälern kommt seine Bekleidung der zeitgenössischen „parthischen“ Tracht recht nahe, wie sie etwa aus Nordmesopotamien oder Palmyra bekannt ist.¹⁸ Darüber trägt Mithras einen langen Mantel, der auf der rechten Schulter gefibelt ist, wobei er nicht der persischen Kandys entspricht, die Lukian erwähnt. Den Kopf bedeckt die sogenannte phrygische Mütze, bei der es sich bekanntlich um eine Form der iranisch-armenischen Tiara handelt.¹⁹ Diese Tracht wird reichsweit weitgehend identisch wiedergegeben. Sie findet sich auf britannischen Denkmälern des Mithras genauso wie auf solchen aus Syrien. Offenbar wurden also die Trachtelemente zentral für die Identität des Gottes erachtet und im Gegensatz zu anderen Details der komplexen Kultbilder kaum variiert.²⁰ Gleichwohl handelt es sich bei dieser Tracht bekanntermaßen nicht um eine spezifische Tracht, die für sich genommen die Identifizierung einer Figur als Mithras erlaubt. So sind auf den mithrischen Reliefs selbst z. B. auch die die zwei Begleiter des Gottes, Cautes und Cautopates, identisch gekleidet und tragen Hosen, ein gegürtetes langärmliges Leibgewand, einen langen Mantel sowie die phyrgische Mütze als Kopfbedeckung. Das gleiche trifft auch auf viele der Darstellungen des Attis und des Sabazios zu, die Momos in Lukians Götterversammlung vor Mithras als Fremde und Eindringlinge erwähnt hatte. Attis gehört in den mythischen Zirkel um die große

 Die nach wie vor umfassendste Sammlung von Mithrasdenkmälern ist das hoffnungslos veraltete CIMRM und Vollkommer (1992). Vgl. ansonsten auch etwa Clauss (2012). Eine richtiggehende Analyse der Tracht und der Trachtvariationen steht allerdings aus. Oberflächlich bleibt der jüngst erschienene Beitrag Sanchez (2012), der sich der Tracht des Mithras widmet.  Zur sogenannten parthischen Tracht immer noch grundlegend ist Seyrig (1939). Zur Frage, ob diese Tracht tatsächlich als parthisch zu bezeichnen ist oder ob sie vor allem mit nomadischen und semi-nomadischen Gruppen Zentralsyriens und Nordmesopotamiens verbunden werden muss, vgl. Jacobs (2014).  Bezeichnend ist, dass umfassende Studien zu dieser Kopfbedeckung in römischer Zeit noch fehlen. Im Fokus der Forschung stehen fast ausschließlich die persischen und hellenistischen Ausprägungen der Tiara, vgl. etwa von Gall (1990); Goldmann (1993); Tuplin (2007).  Allerdings lassen sich zahlreiche lokale Ausprägungen dieser universalen Ikonografie fassen, die nicht nur dem Umstand geschuldet sind, dass die Entwicklung lokaler Formen von Kultpraxis zu Variationen führen konnten, sondern auch den regionalen Modi der der Repräsentation von Kult im Bild; dazu jüngst Dirven/McCarty (2014).

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anatolische Göttermutter Kybele.²¹ Ursprünglich war er gar nicht als göttliches Wesen, sondern als Hirtenjunge, der durch Selbstkastration ums Leben kam, verstanden worden. Sein Tod wurde zunehmend als fruchtbarkeitsspendender Akt interpretiert und seit der frühen Kaiserzeit ist er als vollgültiger Gott neben Kybele zu fassen. Diese Erhöhung steht allerdings nicht in einer genuin kleinasiatisch-anatolischen Tradition, sondern stellt das Ergebnis einer wohl im römischen Westen erfolgten Umdeutung dar.²² Bilder des Gottes Attis sind in mehreren unterschiedlichen Fassungen überliefert, die jeweils unterschiedliche Aspekte seines göttlichen Wesens zum Ausdruck bringen.²³ Am besten bezeugt ist aber ein Bildnistypus, der hinsichtlich der Trachtmerkmale den Mithrasdarstellungen stark ähnelt (Abb. 2). Der Gott trägt ebenfalls Hosen, ein tunikaartiges Leibgewand mit langen Ärmeln und eine phrygische Mütze. Hinzu kommen als distinktive Zeichen Attribute wie das Pedum und die Syrinx. Im Gegensatz zu Mithras und Attis sind Darstellungen des Sabazius selten. Sabazius ist wie Attis ein Gott, dessen Ursprünge im Inneren Kleinasiens vermutet werden, doch sind viele Fragen bezüglich seiner Frühgeschichte und Herkunft nach wie vor unbeantwortet. Bereits in klassischer Zeit trat er dann aber auch in Griechenland in Erscheinung.²⁴ Eine grundlegende Umgestaltung erfuhr sein Kult wie der des Mithras in späthellenistisch-frührömischer Zeit. In der Folge muss dann zwischen den weiterhin bestehenden lokalen Formen der Verehrung des Sabazios vor allem in Kleinasien und dem neuen, translokalen Kult des Gottes unterschieden werden.²⁵ Letzterer ist vor allem in Italien und dann im 1./2. Jh. n.Chr. selbst in Spanien und Germanien mehrfach bezeugt.²⁶  Zum Kult des Attis s. Sfameni Gasparro (1985) und in jüngerer Zeit Lancellotti (2001), die allerdings sehr stark entlang der schriftlichen Überlieferung argumentiert. Vgl. Rieger (2007) zu Transferprozessen zwischen Kleinasien, Rom und den Provinzen.  Gordon (2012) zeigt anhand von Fluchinschriften, wie weit die Rolle des Attis im gelebten Kult von seiner Bedeutung im Mythos entfernt sein konnte. Wichtige Beobachtungen zum Wandel der Attis-Vorstellungen macht zudem North (2013).  Die nach wie vor umfangreichste Sammlung von Denkmälern gibt das CCCA; zur Typologie auch Vermaseren (1986).  Zu den Evidenzen s. Fellmann (1981), 317; Simms (1985), 124– 143; CCIS III,1– 10.  Dass dieser reichsweite Kult in keiner direkten Verbindung zu kleinasiatischen Traditionen steht, ist jüngst in einer ausgezeichneten Studie des römischen Sabazioskultes von Pailler (2009) gezeigt worden. Dagegen vertritt etwa Tassignon (1998) noch eine tatsächliche Überlieferung anatolisch-hethitischer Vorstellungen. Ganz der Cumont’schen Idee einer Ost-West-Wanderung verhaftet ist Fellmann (1981) und auch E. N. Lane geht von einem einheitlichen Sabazioskult aus, vgl. CCIS III.  Die Zeugnisse der Sabaziosverehrung sind im CCIS I-II gesammelt, wo allerdings nicht klar zwischen den verschiedenen Ausprägungen des Kultes verschieden wird, dazu Pailler (2009).

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Die Bildfassungen des Gottes, die in römischer Zeit zu fassen sind, entsprechen hinsichtlich ihrer Trachtmotive vielfach dem bereits gesehenen. Auch Sabazios ist häufig in enge Hosen, ein gegürtetes langärmliges Leibgewand sowie einen langen Mantel gewandet und trägt fast immer die phrygische Mütze (Abb. 3).²⁷ Dabei ist es wichtig zu betonen, dass diese orientalische Bildfassung gerade in Kleinasien, also in der Heimat des Kultes, nicht besonders verbreitet war. Die wenigen von dort stammenden Denkmäler zeigen den Gott zumeist angelehnt an die Darstellungskonventionen griechischer Hochgötter. Hier deutet sich bereits an, dass die orientalische Tracht des Gottes eng mit der Transformation seines Kultes verbunden war. Noch deutlicher abzulesen ist das bei Iuppiter Dolichenus, einer Gottheit, die Lukian in seiner Götterversammlung zwar nicht erwähnt, die aber in den Kreis der translokalen Gottheiten mit Orientbezug gehört. Sein Kult verbreitete sich seit dem frühen 2. Jh. n.Chr. in weiten Teilen des römischen Reiches, vor allem entlang der Grenzen.²⁸ Zahlreiche Darstellungen zeigen den Gott auf einem Stier stehend, wie er drohend eine Axt hebt und ein Blitzbündel vorstreckt. Er ist zwar üblicherweise in ein militärisches Kostüm gekleidet, was ihn von den bisher gesehenen Gottheiten deutlich unterscheidet, dazu trägt er aber regelmäßig die phrygische Mütze und häufig auch eine enganliegende Hose (Abb. 4).²⁹ Bei Iuppiter Dolichenus lässt sich sehr einfach nachweisen, dass diese beiden Trachtelemente nicht Teil der Bildfassung sind, die in seinem heimatlichen Heiligtum, das im Norden der Provinz Syria lag, also tatsächlich im „Orient“, üblich war. Ursprünglich war Iuppiter Dolichenus der lokale Hauptgott der Kleinstadt Doliche.³⁰ Darstellungen des Gottes aus dem seinem Dolichener Heiligtum sind bekannt und lassen sich auf eisenzeitlichen, luwisch-aramäischen Sturmgott-

 Zu Abweichungen kommt es allerdings mehrfach, wenn die Sabaziosikonografie mit Zeichen und Motiven anderer Gottheiten verbunden wird, etwa Zeus, dem Sonnengott oder Men.  Zum Kult und seiner Verbreitung vgl. z. B. Speidel (1978); Blömer/Winter (2012); Collar 2015.  Die umfassendste Sammlung der Dolichenus-Denkmäler ist das CCID. Wie im Falle des Mithraskultes gilt aber auch hier, dass die Zahl der Zeugnisse in den 30 Jahren seit dem Erscheinen des CCID enorm gestiegen ist, zum anderen zahlreiche zweifelhafte Denkmäler in das Corpus aufgenommen wurden; vgl. dazu auch Blömer (2017).  Zum Heiligtum des Iuppiter Dolichenus in Doliche und den dort durchgeführten Ausgrabungen vgl. Blömer (2013); Winter (2017). Durch die Existenz eines einzelnen bestimmbaren und noch in römischer Zeit aktiven Ursprungsortes und durch das nachgewiesen hohe Alter des Heiligtums sticht der Kult des Iuppiter Dolichenus aus der Gruppe der hier besprochenen Gottheiten hervor, vgl. Blömer (2012). Allerdings ist nach wie vor noch weitgehend unklar, in welchem Maß und auf welche Weise der reichsweite Kult mit dem Heiligtum von Doliche in Verbindung stand.

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darstellungen des frühen 1. Jt. v.Chr. zurückführen.³¹ Wichtiges Zeugnis ist hier eine gut erhaltene Basaltstele, die bei den Ausgrabungen im Heiligtum entdeckt wurde (Abb. 5).³² Sie datiert in die römische Zeit, wahrscheinlich in das 2./3. Jh. n.Chr., und ist damit zeitglich mit dem Gros der Darstellungen des Gottes, die mit dem reichsweiten Kult verbunden sind. Auf der Stele steht der Gott zwar ebenfalls auf einem Stier und hält Blitzbündel und Axt, doch fehlen neben der Panzertracht auch die Hose und die phrygische Mütze. Stattdessen trägt er die altorientalische gehörnte Götterkrone und knielanges gewickeltes Gewand. Zudem ist sein Haar zu einem langen Zopf gebunden, der am Ende eingerollt ist. Damit entspricht die Darstellung des Gottes sehr genau den eisenzeitlichen Darstellungskonventionen von Sturmgöttern, und es ist davon auszugehen, dass tatsächlich in der Eisenzeit geschaffene Bilder noch in der römischen Kaiserzeit im Heiligtum präsent waren.³³ Der nordsyrische Iuppiter Dolichenus-Typus in altorientalischer Tradition ist im Westen des Reiches jedoch, wenn man vom ikonischen Motiv des Stehens auf dem Stier und der Ausrüstung mit Blitzbündel und Doppelaxt absieht, nur bedingt rezipiert worden. Lediglich aus Rom sind zwei Reliefs bekannt, die aus dem Dolichenum auf dem Aventin stammen und eine engere Verbindung zum Bild des Gottes, wie es aus Doliche selbst bekannt ist, zeigen (Abb. 6).³⁴ Sie zeichnen sich vor allem durch die Angabe eines langen, in den Rücken fallenden Haarstrangs aus, der sich auf die eisenzeitliche Haartracht des Sturmgottes bezieht. Auf dem Relief CCID 428 trägt der Gott zudem eine Kopfbedeckung, die nicht als phrygische Mütze verstanden werden kann, sondern einer Tiara Orthe oder einer Federkrone gleicht, was wiederum an vorrömische Traditionen der Sturmgottdarstellungen in Syrien anknüpft.³⁵ In beide Reliefs sind daher Informationen eingeflossen, die auf eine Form direkten Kontakts zum Dolichener Heiligtum hinweisen, anders lassen sich die ikonographischen Details kaum erklären.³⁶ Hier

 Zum altorientalischen Sturmgott allgemein vgl. Green (2003). Einen guten Überblick über die eisenzeitliche Ikonografie bietet Bunnens (2006).  Die Stele ist ausführlich besprochen worden in Blömer (2011).  Zum eisenzeitlichen Ursprung des Heiligtums und der Kontinuität des Kultbetriebes vgl. z. B. Blömer (2015). Zu betonen ist allerdings, dass in Doliche auch die „römische“ Ikonographie des Gottes bekannt war, so dass Iuppiter Dolichenus dort in beiden Erscheinungsformen präsent war. Überhaupt ist davon auszugehen, dass dort sehr verschiedene Vorstellungen vom Wesen des Gottes und seines Kultes aufeinandertrafen.  CCID 371.428.  Vgl. zur Tiara Orthe Tuplin (2007); zu ähnlichen Kopfbedeckungen auf römerzeitlichen Sturmgottstelen aus Nordsyrien vgl. Blömer (2009).  Zur Frage der Verbindungen der stadtrömischen Dolichena nach Syrien und der Rolle von Syrern im Kult vgl. Fowlkes-Childs (2012).

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kann die Bildanalyse also zeigen, dass die Stifter der Reliefs, die mit dem Dolichenum auf dem Aventin verbunden waren, entweder selbst aus Doliche stammten, über einen direkten Kontakt zum Heiligtum in Doliche verfügten und sich dadurch von den anderen Gruppen von Dolichenus-Verehrern im Römischen Reich unterschieden oder andere mediale Strategien verfolgten.³⁷ Die übrigen Darstellungen des Iuppiter Dolichenus folgen, wie gesagt, zwar dem gleichen Grundschema, der Gott ist jedoch meist mit Hosen und phrygische Mütze bekleidet dargestellt, während die spezifischen nordsyrisch-altorientalischen Trachtelemente weggefallen sind. Durch diese Transformation der Gottesbild gleicht Iuppiter Dolichenus den Bildnissen des Mithras, des Attis und Sabazios. Hinter diesem Prozess ist eine mediale Strategie zu vermuten, deren Ziel es nicht war, das Alter und die Authentizität des originalen Kultbildes in den Fokus der Repräsentation zu rücken – zumal dessen Authentizität sich den Kultteilnehmern wahrscheinlich sowieso nicht erschlossen hätte –, sondern die Zugehörigkeit des Gottes zu einer bestimmten Kategorie von Gottheiten sichtbar zu machen. Ein weiteres zentrales Element der kanonischen Kleidung des Iuppiter Dolichenus ist seine militärische Tracht, die sich auf den meisten Denkmälern an römischer Militärtracht orientiert. Auch sie ist nicht in einer lokalen nordsyrischen Tradition verwurzelt, sondern ebenfalls das Ergebnis eines Transformationsprozesses.³⁸ Dieser Prozess der „Militarisierung“ des Kultbilds ist jedoch in andere Diskurse eingeschrieben als seine „Orientalisierung“. Zwar liegt es nahe zu vermuten, dass die Panzertracht die Attraktivität des Gottes für westliche Rezipienten erhöhte, zumal der Kult ja gerade unter Angehörigen des römischen

 Ein ähnlicher und besonders interessanter Fall sind die Kultstandartenaufsätze, die im Dolichenuskult des pannonisch-dakischen Raums mehrfach vorkommen, vgl. CCID, 80.103.202.295.327.475.512. Hinzu kommt ein Aufsatz aus Egeta, vgl. Pop-Lazić (1977), 41– 44, ein Aufsatz in der Prähistorische Staatssammlung, München, vgl. Töpfer 2011, 409 Cat. No. VD 5. Sie zeigen die beiden Begleiter des Iuppiter Dolichenus, die sogenannten Castores Dolicheni, die in anderen Regionen nicht bezeugt sind und auch in Doliche selbst bislang nicht nachzuweisen sind. Ihre Ikonografie zeigt jedoch unzweideutig, dass sie von bronze- und eisenzeitlichen Berggottdarstellungen abgeleitet sind, vgl. Merlat (1951); Calmeyer (1999). Als Begleiter von Sturmgöttern sind Berggötter in Anatolien und im Nahen Osten vielfach bezeugt. Somit muss man zwingend davon ausgehen, dass die Castores Dolicheni aus Dolichener Kult übernommen wurden, was wiederum auf einen separaten Traditionsstrang hinweist, der Doliche und Pannonien/Dakien verbindet.  Zu bedenken ist allerdings, dass die Wehrhaftigkeit ein zentrales Element in der Ikonographie des altorientalischen Wettergottes war und auf mannigfaltige Weise ins Bild gesetzt werden konnte, vgl. Bunnens (2006).

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Militärs viele Anhänger fand.³⁹ Allerdings ist die Übernahme der Panzertracht durch lokale Gottheiten ein Phänomen, das in Anatolien und im Nahen Osten bereits in hellenistischer Zeit weit verbreitet war.⁴⁰ Zu vermuten ist daher, dass auch für den Gott von Doliche bereits vor seiner Verbreitung nach Westen eine Bildfassung in militärischer Tracht entwickelt worden war, die dann für das Bild des Gottes im translokalen Kult verbindlich blieb.

2 Der imaginierte Orient Allgemein kann man sagen, dass die Darstellungen aller hier behandelter Götter Ergebnisse eines Transformationsprozesses sind. Ihre Darstellungskonventionen folgen nicht einer Urfassung, die in Kleinasien, Iran oder Syrien entstanden war und sich dann sukzessive im Westen des Imperiums verbreitete. In der Regel scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Die Gottheiten wurden hinsichtlich ihrer Tracht ent-individualisiert und einem topischen „Orientalenbild“ angeglichen, das bereits im klassischen Griechenland etabliert worden war und in der römischen Zeit, vor allem unter der Herrschaft des Augustus, weiter verfeinert worden ist.⁴¹ In der römischen Bildkunst sind einschlägige Beispiele in großer Zahl erhalten. Sie stammen aus sehr unterschiedlichen Kontexten und sind vor allem sehr unterschiedlich konnotiert. Auf der einen Seite sind es mythische Figuren wie Ganymed, Perseus und Paris, die in einem östlichen Kontext verortet wurden (Abb. 7), auf der anderen Seite waren „Orientalendarstellungen“ auf römischen Triumphdarstellungen seit augusteischer Zeit verbreitet, sowohl im öffentlichen Raum als auch im Kontext von privater Repräsentation (Abb. 8). Aber auch in anderen Bereichen sind Orientalendarstellungen anzutreffen, besonders häufig in sepulkralem Zusammenhang, wo trauernden „Orientalen“, manchmal als „Attis tristis“ bezeichnet, in großer Zahl belegt sind (Abb. 9). Diese Gestalten sind vor allem auf Grabmälern der Westprovinzen recht verbreitet, ihre genaue Bedeutung  Entsprechende Deutungen der Panzertracht des Gottes sind auch verschiedentlich vorgebracht worden, vgl. Merlat (1960), 33 f.  Vgl. dazu allgemein Seyrig (1970); Seyrig (1971); Laube (2006), 70 – 72; Kropp (2013), 192– 195. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Verschmelzung von Ependytes und Panzertracht bei Iuppiter Heliopolitanus, vgl. Kropp (2010), 236 – 237. Kropp glaubt, dass die militärische Tracht der Götter von Darstellungen hellenistischer Könige übernommen wurde.  Dieses Phänomen hat in jüngerer Zeit viel Aufmerksamkeit erfahren, nicht zuletzt angestoßen durch die Orientalismus-Debatte. Die wichtigsten Studien zu Darstellungen von Orientalen in der römischen Bildkunst sind Schneider (1986); Schneider (1998); Landskron (2005); Schneider (2012). Zur Darstellung der östlichen Nachbarn in der römischen Literatur vgl. auch Lerouge (2007).

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ist allerdings nach wie vor nicht abschließend geklärt.⁴² Insgesamt gilt, dass topische Orientalenbilder in zahlreichen Zusammenhängen auftreten und durchaus unterschiedlich konnotiert sind. Die orientalische Tracht ist dabei keinesfalls zwingend als negativ besetztes Zeichen von Fremdheit zu verstehen. Die Bilder besiegter Feinde und die die Darstellungen etwa des Iulus Ascanius, einer zentralen Gestalt des römischen Gründungsmythos, unterschieden sich kaum, nur der Kontext ermöglicht eine Sinnzuweisung.⁴³ Die Übereinstimmungen dieser Bildnisse mit den Darstellungen des Mithras, des Attis, des Sabazios, des Iuppiter Dolichenus liegen auf der Hand.⁴⁴ Das unterstreicht zum einen, dass deren vermeintlich charakteristische Erscheinungsweise nicht einer originären, den einzelnen Kulten inhärenten ikonographischen Tradition geschuldet ist. Im Gegenteil lässt sich feststellen, dass kein Interesse daran bestand, die „authentische“ Gestalt eines exotischen Gottesbildes zu kopieren. Im Falle des Iuppiter Dolichenus, wo die Übernahme einer indigenen Ikonografie ohne weiteres möglich gewesen wäre, ist sie nur teilweise vollzogen worden. Seine Darstellungen zeigen recht deutlich, dass es zu einer Neufassung des Gottesbildes gekommen ist, die sich von dem „originalen“ Kultbild im Heiligtum von Doliche entfernte. In diesem Prozess wurden bekannte Bildformeln, die figurativ für einen idealen Orient stehen, auf das Gottesbild übertragen. Es wurde damit gleichsam gemäß römischen Vorstellungen „orientalisiert“. Dass dies in Doliche selbst geschah, ist allerdings nach jetzigem Kenntnisstand in hohem Maße unwahrscheinlich. Auch dorthin gelangt das neue Bild des Gottes zwar, aber wohl als transformierter Re-Import aus dem Westen.⁴⁵ Der Orient, auf den hier Bezug genommen wird, ist ein imaginierter, ein lediglich gedachter Raum, der nicht mit der tatsächlichen Topographie des Nahen und Mittleren Ostens korreliert. In diesem Zusammenhang ist eben auch zu betonen, dass, sieht man von Mithras ab, die Heimatlandschaften der translokalen Kulte zur der Zeit, als sie besonders erfolgreich waren, teilweise bereits seit Jahrhunderten Teile des Römischen Imperiums waren und keinesfalls ferne oder

 Sfameni Gasparro (1985), 92 f.; Hesberg (2009), 161– 172.  Diese Ambiguität der Orientalenbildnisse ist konzise beschrieben in Schneider (2012). Die Darstellungen von Göttern in orientalischer Tracht berücksichtigt Schneider in diesem Zusammenhang allerdings nicht.  Bezeichnend ist, dass die ikonographische und manchmal auch motivische Verwandtschaft zwischen Figuren aus dem Umfeld mancher translokaler Kulte und den verschiedenen anderen Orientalenfiguren in der Neuzeit zu Missdeutungen geführt hat. So ist etwa eine CautopatesStatue in der Sammlung Wallmoden im 18. Jh. als Statue des Paris aufgefasst und entsprechend ergänzt worden, vgl. Fittschen (2015), 75 – 77.  Vgl. hierzu Blömer (2012) und Blömer (2017).

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exotische Regionen. Anatolien und die Levante waren integraler Teil des römischen Reiches und keine exotische Gegenwelten. Ziel der visuellen Strategie, die sich hier deutlich fassen lässt, war offenbar zum einen, die Gottheiten in diesem imaginierten Orient zu verorten und diese Verortung vor allem lesbar und allgemein verständlich zu machen. Zum anderen, und das scheint mir besonders wichtig, wird durch diese Adaption eine Verbindung zwischen den Kulten konstruiert. Der antike Betrachter konnte durch die Übereinstimmungen in der Tracht sehr leicht Beziehungen zwischen den Gottheiten Mithras, Sabazios, Attis und Iuppiter Dolichenus herstellen.

3 Der „orientalische“ Silvanus Wie wenig der imaginierte Orient, der als Heimat einer Gruppe translokaler Kulte fungierte, mit echten geographischen Bezügen in Zusammenhang steht, zeigt sich besonders eindrucksvoll, wenn man berücksichtigt, dass auch Gottheiten, die in gar keiner Verbindung mit dem Nahen Osten standen, durch ihre Ikonografie in diesem imaginierten Orient angesiedelt werden konnten. Wichtigstes Beispiel ist hier Silvanus. Er war ein italischer Gott, dessen Verbreitung zunächst wohl auf Rom und Latium beschränkt war, als ein Gott der Wälder und des Wildlebens, der aber auch für Ackerbau und Feldfrüchte zuständig sein konnte.⁴⁶ Über Genese und Frühgeschichte des Kultes ist nicht viel bekannt. Erst seit augusteischer Zeit ist sein Kult in Rom dann besser bezeugt, allerdings zunächst nur in der literarischen Überlieferung und in wenigen Inschriften.⁴⁷ Das ändert sich erst im 2. Jh. n.Chr., als der Kult in verschiedener Hinsicht eine rasante Entwicklung nahm, die schließlich dazu führte, dass die Silvanusverehrung in weiten Teilen des römischen Reiches zu fassen ist. Vor allem in Italien und den Donauprovinzen erlangte der Kult eine enorme Popularität, wobei die Ausprägungen des Kultes sich regional stark unterscheiden.⁴⁸ In Dakien war

 Wichtige Studien zum Kult des Silvanus sind vor allem die beiden monographischen Abhandlungen Dorcey (1992) und Dészpa (2012), wobei letztere sich auf die Ausprägungen und die Rolle des Silvanuskultes im Balkanraum konzentriert.  Ovid Met. 1,192– 193; Vergil Eclog. 10,24; Vergil, Ger. 1,20; 2,494; Aen. 8,601. Horaz, Oden 3,29,21– 23; Epist. 2,1,143; Epodes 2,21. Für eine Liste mit allen Erwähnungen des Silvanus in der antiken Literatur vgl. Dorcey (1992), 153 mit den Ergänzungen von Nagy (1995), 763. Der früheste Altar datiert in das Jahr 2 v.Chr., vgl. Schraudolph (1988), Nr. S 7.  Zur Verbreitung Dészpa (2012), der als wichtigen Grund für die lokalen Adaptionen des Silvanus-Kultes die Möglichkeit sieht, über den Kult den lokalen Kontext im Römische Reich zu verorten.

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Silvanus schließlich so bedeutend, das die Zahl der Weihungen an ihn nur von denen an Iuppiter übertroffen wird.⁴⁹ Er gehörte seit dem frühen 2. Jh. n.Chr. zu den am besten bezeugten Kulten der römischen Welt.⁵⁰ Weder aus der republikanischen Zeit noch aus der frühen Kaiserzeit liegen Bildzeugnisse vor, die sich auf Silvanus beziehen lassen. Die ersten Darstellungen des Gottes entstanden im frühen 2. Jh. n.Chr. Dabei lassen sich verschiedene Darstellungsschemata unterscheiden, die sich durch motivische und ikonographische Abweichungen auszeichnen.⁵¹ Das in Rom und Italien geläufigste Schema zeigt den Gott als reifen, muskulösen Mann mit Bart. Das Haupt ist bekränzt. Er ist nackt bis auf ein um die Schulter gebundenes Fellmantel. In diesem transportiert er Früchte und Pinienzapfen. Zudem trägt er Stiefel. Seine weiteren Attribute sind zum einen das Sichelmesser, die falx, zum anderen ein Pinienzweig. Begleitet wird er häufig von einem Hund. ⁵² Daneben steht eine deutlich geringere Zahl von Darstellungen, die grundsätzlich diesem Schema entsprechen, den Gott aber mit einer Tunika und einer Chlamys oder dem Fellmantel bekleidet zeigen.⁵³ Diese Figuration des Gottes bringt Eigenschaften und Wirkungsbereiche zum Ausdruck, die in der literarischen Überlieferung seit der republikanischen Zeit mit dem Gott verbunden waren. Silvanus agiert sowohl in der wilden als auch in der geordneten Natur. Das wilde Element seines Charakters spiegelt sich im Fellmantel wie in der sehnigen Muskulösität wieder. Anders als bei generisch verwandten Gottheiten wie Pan oder Faunus treten allerdings in der Bildfassung des Silvanus die wilden, ungezähmten Züge stark in den Hintergrund. In den Vordergrund gerückt sind seine kultivierende und ordnungsstiftende Rolle sowie seine fruchtbarkeitsspendende Aspekte. Das zeigt sich am deutlichsten Schuhwerk. Aber auch die falx, also ein Winzer- oder Gartenmesser drückt die Rolle des Gottes als Kultivator aus, der die Natur beherrscht und formt, um ihrer Produktivität zu steigern und Ernteerträge zu erhöhen. Worin liegt aber nun die sprunghaft gestiegene Bedeutung des Gottes seit dem frühen 2. Jh. n.Chr. begründet und wie kam es dazu, dass dem Gottesbild erst kurz vor dem plötzlichen Erfolg des Kultes eine distinktive Form verliehen wurde,

 Dészpa (2012).  Über die Stationierung von Soldaten erreicht der Kult schließlich sogar den Euphrat, wo er bei Zeugma mehrfach bezeugt ist, vgl. Stoll (1998).  Zur Unterscheidung der verschiedenen Schemata Nagy (1994). Wie Schraudolph (1995), 438 – 440 zu Recht darlegt, ist die Identifizierung einzelner Typen allerdings mit vielen Problemen behaftet.  Nagy (1994), 763 – 766 (Typen A–C); dazu auch Schraudolph (1995), 438 – 439.  Nagy (1994), 766 – 767 (Typen D–F). Zu der problematischen Identifizierung dieses Typs als Silvanus vgl. Schraudolph (1995), 438 – 439.

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nachdem der Kult offenbar über Jahrhunderte bildlos geblieben war? Hier ist interessant, dass der entscheidende Katalysator für beide Entwicklungen relativ verlässlich bestimmt werden kann. Es ist offenbar die Einbeziehung des Gottes in die kaiserliche Propaganda während der Herrschaft der Kaiser Trajan und Hadrian. Silvanus wurde in der medialen Inszenierung römischer Herrschaft zu einem Repräsentanten der Kultivierung der wilden Natur und der Ordnung der Welt. Innerhalb kurzer Zeit erscheint der Gott in dieser Rolle auf prominenten Staatsdenkmälern. Das früheste Beispiel für die Einbindung des Gottes in die imperiale Bildsprache auf dem Bogen von Benevent ist zugleich die früheste Darstellung des Gottes überhaupt.⁵⁴ Ein weiteres Staatsdenkmal, das Silvanus zeigte, war ein stadtrömischer Ehrenbogen für Hadrian, der zwar verloren ist, Teile dessen aber bekanntermaßen im Konstantinsbogen wiederverwendet wurden. Darunter befindet sich ein Tondo, der den Kaiser beim Opfer vor Silvanus zeigt. Den bei Silvanus zu beobachtende Bildschöpfungsakt kann man als ein gutes Beispiel für die Entstehung einer lange wirksamen medialen Figuration an der Schnittstelle zwischen Religion und Politik sehen. Dem womöglich zwar alten, aber kaum fassbaren und offenbar formal nicht definierten Gott wurde eine Gestalt verliehen, die als verbindliche Fassung der dem Gott inhärenten Werte in Rom und Italien 200 Jahre lang Gültigkeit behielt. Besonders interessant ist dabei, dass offenbar die mediale Inszenierung des Gottes in der Staatskunst diesen Prozess in Gang setzte. Sie prägte und legitimierte das Bild des Gottes. Das steht in einem starken Gegensatz zu der Betonung des volkstümlichen Charakters des Kultes in der Silvanus-Forschung. Gerade Dorcey hat Silvanus als Beispiel eines volkstümlichen Kultes dargestellt, der infolge demographischer und sozialer Entwicklungen seit der späten Republik auch den urbanen Raum besetzte. Der Gott wurde zum Paradebeispiel privater Religiosität. Diese Sichtweise muss allerdings kritisch hinterfragt werden. Auch wenn der Silvanus-Kult nicht in den offiziellen Festkalendern vorkam und weder in Rom noch in den Kolonien über öffentliche Priester oder Heiligtümer verfügte, sondern in der Regel von privaten Kollegien verehrt wurde, nahm der Gott einen ausgesprochenen staatstragenden Charakter an. Bald nach der Aufnahme in die kaiserliche Propaganda beginnen die Weihinschriften für Silvanus, dem Gott einen omnipotenten Charakter zuzuschreiben. Er wird zu einem conservator des Römischen Reiches. Mit dem Waldund Wiesengott der spätrepublikanischen und augusteischen Epoche hatte er zu diesem Zeitpunkt nichts mehr gemein.

 Zum Bogen von Benevent und seinem Bildprogramm vgl. allgemein Hassel (1966); Fittschen (1972); Gauer (1974); Simon (1981).

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Nur kurze Zeit nach der ersten Bildfassung in Italien werden auch außerhalb Italiens Bildnisse des Silvanus hergestellt, vor allem in den Donauprovinzen. Dabei entstanden in manchen Regionen Varianten des Silvanusbildes, die sich vom italischen Urbild stark unterscheiden. Ein Beispiel ist etwa das Verschmelzen von Pan und Silvanus in Dalmatien.⁵⁵ In Pannonien und vor allem in Dakien war eine andere Transformation des Silvanusbildes verbreitet. Dort trägt er häufig Hosen, Tunika, Mantel und phrygische Mütze, also eine orientalische Tracht. Gleichzeitig ist er mit typischen Attributen des italischen Kultes ausgestattet, etwa der Falx oder einem Hund, der ihn begleitet (Abb. 10).⁵⁶ Die erstaunliche Orientalisierung der Ikonographie des Silvanus wirft Fragen auf. E. Schraudolph hat für die Variationen in den Bildfassungen des Gottes die späte Fixierung des Gottes im Bild verantwortlich gemacht. Sie habe dazu geführt, dass die Menschen in den Provinzen mit dem Bilde des Gottes schlichtweg nicht vertraut gewesen seien und es entsprechend ihrer eigenen Sicht auf Silvanus nachempfunden hätten.⁵⁷ Allerdings ist hier L. Dézpa zuzustimmen, der diese These mit dem Argument zurückwies, dass ein Teil der italischen Bildelemente sehr wohl detailgetreu übernommen wurde,⁵⁸ was auf einen bewussten Akt der Umformung hindeutet. Dészpa selbst denkt in eine andere Richtung und sieht den Grund für die Orientalisierung in den Konventionen der regionalen Bildsprache, wo eben Gottheiten wie Mithras, Iuppiter Dolichenus oder Attis sehr präsent waren. Ihre Ikonografie sei mit Fremdheit assoziiert gewesen, weshalb man sie für Silvanus verwendet habe, den man damit als fremden, aber gleichzeitig vertrauten Gott inszeniert habe. Diese Annahme ist jedoch ebenfalls problematisch, da bezweifelt werden muss, dass besagte Gottheiten in Pannonien und Dakien, wo sie das religiöse Leben maßgeblich prägten, tatsächlich als fremd, als außerhalb des Systems stehend wahrgenommen wurden. Vielmehr ist davon auszugehen geradezu als typisch römisch wahrgenommen wurden.⁵⁹ Als Mittel der Verfremdung kann die orientalische Tracht dort daher nicht gedient haben.⁶⁰

 Zu Silvanus in Dalmatien speziell Dzino (2013). Einen kognitionswissenschaftlichen Ansatz zum Verständnis des Silvanus-Kultes in Dalmatien versucht Lulić (2013) zu entwickeln.  Dorcey (1988); Nagy (1995).  Schraudolph (1988), 34– 41.  Dészpa (2012), 256.  Dass Mithras in den Provinzen gerade nicht als fremd, sondern als römisch aufgefasst wurde, hat bereits Gordon (1994) 465 festgestellt.  Hier ist prinzipiell Dorcey (1988), 134 zuzustimmen, wenn er, allerdings ohne dies irgendwie zu begründen, schreibt „Silvanus’ iconography in Dacia was also completely Roman in spirit and execution“.

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Trotzdem liegt auf der Hand, dass der Grund für die Wandlung des Silvanusbildes in Verbindung mit den orientalischen Kulten steht. In einer Phase, in der das religiöse Feld in Dakien nach der römischen Eroberung noch nicht konsolidiert und ausdifferenziert war, schien es den Akteuren im Silvanuskult naheliegend, den Gott an die „orientalischen“ Gottheiten anzupassen.⁶¹ Diese spielten in den gerade neu entstehenden Städten und Garnisonsorten der Region eine bedeutende Rolle, so dass die Assoziation mit ihnen als lohnenswert erscheinen musste. Inwiefern die ikonografische Angleichung aber auch bedeutete, dass sie die Praxis der Silvanusverehrung wandelte, bleibt freilich offen.

4 Schlussbemerkungen Um abschließend noch einmal auf das eingangs besprochene Lukian-Zitat zurückkommen, lässt sich konstatieren, dass die dort als Fremden geschilderten Gottheiten, die als von außen kommende Eindringlinge präsentiert werden, tatsächlich nach römischen Vorstellungen geformt sind. Sie waren viel weniger fremd, als es vordergründig scheint. Ihre Ikonografie ist das Ergebnis einer inszenierten Orientalisierung, welche die Häme, die bei Lukian durchscheint, billigend in Kauf nimmt, wohl wissend, dass diese Häme außerhalb eines gelehrten Elitediskurses nicht viel Gewicht hatte, zumal in den Provinzen.⁶² Dass verschiedene Götter durch ihre Tracht bzw. durch einzelne Trachtelemente in einem imaginierten Orient angesiedelt worden sind und aneinander angeglichen wurden, ist dabei zunächst eine rein äußerliche Beobachtung ohne einen intrinsischen explikativen Wert. Allerdings setzen diese Figurations- und die Austauschprozesse bewusste Entscheidungen voraus und werfen damit auch ein kurzes Schlaglicht auf die Akteure, die diese Entscheidung trafen. Eine Evolution der Bildersprache translokaler Kulte ist kaum fassbar. Soweit dies nachvollzogen werden kann, waren die zentralen Bildthemen mit dem Beginn der Ausbreitung der betreffenden Kulte in flavisch-traianischer Zeit voll entwickelt. Es handelt sich also wohl um Ergebnisse zentraler Bildschöpfungsakte, die mit ihrem Vollzug bereits so sehr mit Autorität aufgeladen waren, dass sie danach über bis zu 300 Jahren nicht mehr wesentlich verändert wurden. Dies ist ein interessantes Phänomen, zumal es eben nicht nur einen Kult betraf, sondern innerhalb eines überschaubaren Zeitraums mehrfach nachvollzogen werden kann. Und  Einen Versuch, das komplexe kultische Gefüge einer dakischen Stadt umfassend zu analysieren, hat Schäfer (2007) unternommen, bleibt dabei aber weitgehend auf einer deskriptiven Ebene.  Zum Elitendiskurs in Abgrenzung zur populären Religion vgl. Bendlin (2006).

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auch wenn das Hauptaugenmerk der Forschung inzwischen auf dem Herausarbeiten regionaler Varianzen liegt, und das lange vorherrschende Bild reichsweit einheitlich strukturierter Kulte mit stets identischen religiösen Gehalt zurecht in Frage gestellt wird, sollte man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Die weite Verbreitung aller hier erwähnten Kulte in großen Teilen des römischen Reiches bei einem hohen Maß an Konformität in der Kultpraxis und in den Bildzeichen lässt sich wohl kaum bestreiten. Auf welchen Wegen die Verbreitung dieser Zeichen und das Bewahren ihrer Kohärenz vollzogen wurden, ist eine nach wie vor nicht überzeugend beantwortete Frage.⁶³ Bei dieser Feststellung sollte man es jedoch nicht belassen. Über ikonographische und motivgeschichtliche Untersuchungen hinaus ist zu fragen, wie es kommt, dass die Orientfiguration in der Repräsentation einer prominenten Gruppe von Kulten im Römischen Reich eine so maßgebliche Rolle spielte. Die gegenwärtig favorisierte These, dass sie lediglich zur Inszenierung einer gesteigerten Exotik orientalisiert wurden, scheint mir nicht ausreichend, zumal zu fragen ist, in welchem Maß sie vor allem außerhalb Roms als exotisch empfunden wurden. Vielmehr scheint hier in erster Linie weniger Abgrenzungsprozesse erkennbar zu sein als Versuche, sich affirmativ einer Gruppe von Kulten zugehörig zu zeigen. Offenbar war der Orientbezug ein Zeichen einer besonderen Qualität, und für manche Kulte bzw. den Protagonisten, die diesen Kulten Gewicht verliehen, war es offenbar wichtig, das Bild ihres Gottes in diese Gruppe einzureihen. Vielleicht kann oder sollte man in diesem Sinne die Idee von den orientalischen Kulten bewahren, dass man sie als es eine Gruppe neuer und grundsätzlich verwandter Kulte versteht, für die ein Orientbezug konstitutiv war – was freilich weder bedeuten kann, dass man an der Vorstellung einer Ost-West-Wanderung dieser Kulte festhalten sollte, noch dass sie tatsächlich aus dem Nahen Osten stammen und dort entwickeltes Gedankengut in sich tragen.⁶⁴ Der Orient der translokalen Kulte war ein imaginierter Raum, dessen Wurzeln grundsätzlich in westlichen Vorstellungen vom Osten zu suchen sind. Bestand hatte er nur auf einer kognitiven Karte.

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 Gute, aber auch disparate Gedanken zu den Verbreitungswegen z. B. bei Rüpke (2007); Auffarth (2007); Witschel (2012). Vgl. zu diesen Fragen auch Blömer/Eckhardt in diesem Band.  Ganz ähnlich ja eben auch schon Alvar (2008), 3 mit Anm. 11.

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Abb. 1: Mithras, Tauroktonie, Ny Carlsberg Glyptothek Kopenhagen Inv. 716

Abb. 2: Liegender Attis nach der Entmannung, Ostia, 2. Jh. n. Chr., Ostia, Museo Ostiense

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Abb. : Bronzehand aus dem Kult des Sabazius mit Dastellungen des thronenden Sabazius, Pompeii, II , , . Jh. n. Chr., H , m (ohne Sockel), Inv. 

Abb. : Bronzestatuette des Iuppiter Dolichenus, Mauer an der Url, . Jh. n. Chr., H , m (mit Basis), Kunsthistorisches Museum Wien Inv. M 

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Abb. 5: Weihrelief für Iuppiter Dolichenus, Basalt, Dülük Baba Tepesi, 1.–3. Jh. n. Chr., H 1,30 m, Museum Gaziantep

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Abb. 6: Weihrelief für Iuppiter Dolichenus, Marmor, Rom, 2. Jh. n. Chr., H 0,59 m, Kapitolinische Museen Inv. 9744

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Abb. 7: Parisurteil, Sarkophagfragment, Marmor, Rom, 2. Jh. n. Chr., Palazzo Altemps, Inv. 8563

Abb. 8: Kniender Orientale, Marmor, Rom, 1. Jh. v. Chr., Ny Carlsberg Glyptothek Kopenhagen Inv. 104

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Abb. 9: Attis tristis, Grabmonument der Concordii, Brixellum, 1. Jh. n. Chr., Reggio nell‘Emilia

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Abb. 10: Weihrelief für Silvanus, Aquincum, 2./3. Jh. n. Chr., H 0,39 m, Museum Aquincum 64.11.134

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Religionis causa? Zur rechtlichen Lage der Vereine „fremder“ Götter in der römischen Kaiserzeit

1 Fremde Kulte und ihre Vereine In der langen Rede, mit der Maecenas nach dem Bericht Cassius Dios Octavian im Jahr 29 v.Chr. zur Errichtung einer dauerhaften Alleinherrschaft geraten haben soll, geht es nicht nur um die Vorzüge der verschiedenen Verfassungsformen, sondern an einer Stelle auch um fremde Religion und ihre Organisation: Τοὺς δὲ δὴ ξενίζοντάς τι περὶ αὐτὸ [sc. τὸ θεῖον] καὶ μίσει καὶ κόλαζε, μὴ μόνον τῶν θεῶν ἕνεκα, ὧν ὁ καταφρονήσας οὐδ’ ἄλλου ἄν τινος προτιμήσειεν, ἀλλ’ ὅτι καὶ καινά τινα δαιμόνια οἱ τοιοῦτοι ἀντεσφέροντες πολλοὺς ἀναπείθουσιν ἀλλοτριονομεῖν, κἀκ τούτου καὶ συνωμοσίαι καὶ συστάσεις ἑταιρεῖαί τε γίγνονται, ἅπερ ἥκιστα μοναρχίᾳ συμφέρει. Diejenigen, die in Bezug auf das Göttliche fremde Bräuche einführen wollen, sollst du hassen und bestrafen, nicht nur wegen der Götter – wer sie verachtet, wird auch niemand anderen ehren –, sondern weil solche Leute, indem sie irgendwelche neuen Gottheiten vorziehen, viele davon überzeugen, fremde Bräuche anzunehmen, und daraus entstehen dann Verschwörungen, Vereinigungen und Parteiungen, die der Monarchie am allerwenigsten nützen.¹

Für Maecenas ist die Ablehnung fremder Kulte nicht in erster Linie mit deren religiösem Gehalt, also Ritualen, Göttervorstellungen oder Wahrheitsansprüchen zu begründen. Er fokussiert vielmehr auf ihr Potential, politisch nicht erwünschte Organisationsbildung anzuregen. Die Anhänger fremder Götter gründen Vereine, die staatlichen Interessen zuwiderlaufen. Für ihre Bezeichnung bedient sich Dio einer Zusammenstellung von negativem Vereinsvokabular, das sich einerseits bereits bei den attischen Rednern der klassischen Zeit findet, andererseits aber auch genaue Entsprechungen im römischen Rechtsdiskurs um coniurationes, coetus und hetaeriae hat.²

 Cass. Dio 52,36,2. Alle Quellenübersetzungen vom Verf.  Vgl. etwa Lys. or. 12,43: πέντε ἄνδρες ἔφοροι κατέστησαν ὑπὸ τῶν καλουμένων ἑταίρων, συναγωγεῖς μὲν τῶν πολιτῶν ἄρχοντες δὲ τῶν συνωμοτῶν, ἐναντία δὲ τῷ ὑμετέρῳ πλήθει πράττοντες; Isokr. or. 3,54: ἑταιρείας μὴ ποιεῖσθε μηδὲ συνόδους ἄνευ τῆς ἐμῆς γνώμης: αἱ γὰρ https://doi.org/10.1515/9783110561036-006

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Natürlich ist die Rede nie gehalten worden, und es spricht auch nichts dafür, dass Dio sie aus einer Quelle entnommen hat. Sie ist also vor dem Hintergrund der Severerzeit zu lesen; was Maecenas Augustus rät, wäre aus Sicht Dios womöglich viel eher vom gegenwärtig amtierenden Kaiser (Alexander Severus?) umzusetzen.³ An Kulten, die man als „fremd“ bezeichnen konnte, mangelte es im frühen dritten Jahrhundert ebenso wenig wie zur Zeit des Augustus.⁴ Kulte für Mithras, die ägyptischen Gottheiten, Attis oder Jupiter Dolichenus waren reichsweit verbreitet, und die Anhänger dieser und ähnlicher Kulte trafen sich zweifellos in geschlossenen Gruppen mit mehr oder weniger formaler Organisation, brachten also in der Tat „ihre Vereine“ mit. Nicht jeder Angehörige der Reichsaristokratie dürfte bereit gewesen sein, diese Entwicklung mit so neutralen Begriffen wie „religiöser Markt“, „Verbreitung neuer Ideen“ oder „Transformation“ zu beschreiben. Der Hinweis auf die mit dem Kult einhergehenden Strukturen formaler Organisation kann aber noch vor einem anderen Hintergrund gelesen werden, denn gerade auf dem Gebiet des Vereinsrechts wurden in der Severerzeit einige Weichenstellungen vorgenommen. Dazu zählt weniger die Neuorganisation der stadtrömischen collegia durch Alexander Severus, deren Bedeutung sich nicht recht einschätzen lässt.⁵ Von höherer Relevanz sind einige Passagen severischer Juristen (Ulpian, Marcian, Callistratus) in den Digesten, die den Eindruck vermitteln, dass gerade in diese Zeit eine Systematisierung älterer Rechtsnormen zu collegia vel corpora fiel, an der sich auch Septimius Severus mit mindestens einem Reskript beteiligte. In diesem Kontext steht auch ein vielbehandeltes Fragment Marcians, in dem man die rechtliche Grundlage für die Verbreitung fremder Kulte und ihrer Vereinigungen hat erkennen wollen: religionis causa coire non prohibentur, „des Kultes wegen zusammenzukommen, ist ihnen nicht verboten“.⁶ Sollte Cassius Dio also in eine zu seiner Zeit virulente juristische Debatte um den Stellenwert religiöser Organisationsformen eingreifen wollen, indem er Maecenas explizit vor den Vereinen fremder Kulte warnen lässt?

τοιαῦται συστάσεις ἐν μὲν ταῖς ἄλλαις πολιτείαις πλεονεκτοῦσιν, ἐν δὲ ταῖς μοναρχίαις κινδυνεύουσιν; zum Hintergrund vgl. Baslez (1996). Coniuratio: FIRA I 21 Kap. 106; coetus: ebd. und AE 1986, 332 Kap. 74; hetaeria: Plin. ep. 10,34; vgl. I. Ephesos 215, Z. 6–7: συνέρχεσθαι … καθ’ ἑταιρίαν.  Einen Überblick über die Datierungsfrage gibt Reinhold (1988), 180 – 182. Vgl. aber die skeptische Perspektive von Schmidt (1999): Viele konkrete Aspekte der Rede wären jedenfalls als Handlungsaufruf im 3. Jh. verfehlt, da unmöglich umzusetzen. Das disqualifiziert sie indes nicht als Zeitkritik.  Vgl. aus augusteischer Zeit Dion. Hal. 2,18 – 19.  SHA Severus Alexander 33. Die Reform scheint sich auf Berufsvereine in Rom beschränkt zu haben.  Dig. 47,22,1,1 (Marcianus 3 inst.).

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Die Interpretationsgeschichte der scheinbar harmlosen Formulierung Marcians ist zu komplex, um hier eine vollständige Aufarbeitung anzustreben; ebenso wenig ist zu hoffen, dass die zahlreichen Probleme einer konsensfähigen Lösung zugeführt werden können. Angeboten werden im Folgenden vielmehr Bausteine zu einer Lösung. Sie betreffen das genaue Textverständnis (2.), den Ursprung der religionis causa-Regelung (3.) und ihre mögliche Relevanz für „fremde“ Kulte im römischen Reich (4.)

2 Zum Verständnis des Textes Mandatis principalibus praecipitur praesidibus provinciarum, ne patiantur esse collegia sodalicia neve milites collegia in castris habeant. sed permittitur tenuioribus stipem menstruam conferre, dum tamen semel in mense coeant, ne sub praetextu huiusmodi illicitum collegium coeat. quod non tantum in urbe, sed et in italia et in provinciis locum habere divus quoque severus rescripsit. (1) Sed religionis causa coire non prohibentur, dum tamen per hoc non fiat contra senatus consultum, quo illicita collegia arcentur. Die Statthalter der Provinzen werden durch kaiserliche Anordnungen angewiesen, dass sie weder dulden, dass Vereine oder Genossenschaften bestehen, noch dass Soldaten Vereine in den Lagern haben. Den einfachen Leuten wird aber gestattet, einen monatlichen Beitrag zu sammeln, solange sie sich nur einmal im Monat versammeln, so dass nicht unter einem solchen Vorwand ein gesetzeswidriger Verein zusammentritt. Dass dies nicht nur in Rom, sondern sowohl in Italien als auch in den Provinzen gilt, hat auch der vergöttlichte Severus geantwortet. (1) Aber sich des Kultes wegen zu versammeln, ist ihnen nicht verboten, sofern dadurch nicht gegen den Senatsbeschluss verstoßen wird, mit dem illegitime Vereine verhindert werden.⁷

§ 1pr enthält zunächst ein allgemeines Vereinsverbot. Es ist zwar häufig vermutet worden, dass es sich bei collegia sodalicia um eine besondere Form von politisch gefährlichen Vereinen handle, und so hat auch die griechische Übersetzung der Basilika den Text verstanden.⁸ Sodalicium ist aber ebenso wie collegium eine eigenständige Bezeichnung für einen Verein; wahrscheinlicher ist daher die Deu-

 Dig. 47,22,1pr–1 (Marcianus 3 inst.).  Basilika 60,32,1,1: Οἱ ἄρχοντες πανταχοῦ κωλυέτωσαν ἐν πόλεσι καὶ κώμαις ἰδιώτας ἢ στρατιώτας ἐν τοῖς κάστροις αὐτῶν ἔχειν ἑταιρικὰ συστήματα· τοῖς δὲ μετρίοις ἐφεῖται συνεισφορὰν ἅπαξ μόνον ποιεῖν τοῦ μηνός. Καὶ χάριν εὐχῆς θεμιτῶς ἔξεστι συνιέναι. An politische Gruppen (Hetairien) denken etwa Mommsen (1843), 32 Anm. 1 (der aber 87 Anm. 1 aus unklaren Gründen und ausgerechnet unter Hinweis auf die Basilika von dieser Meinung Abstand zu nehmen scheint); Cohn (1873), 103 – 105; Schiess (1888), 3; Ausbüttel (1982), 24; Sommer (2006), 59 f. De Ligt (2001), 355 f sieht collegia sodalicia als Bezeichnung für private Vereine ohne utilitas publica an.

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tung, dass es sich bei collegia sodalicia um eine Aufzählung zweier gleichwertiger Einheiten handelt.⁹ Es folgt eine mit sed eingeleitete Ausnahmeregelung für tenuiores: Sie dürfen einen Monatsbeitrag erheben und sich einmal im Monat versammeln. Das übliche Verständnis der Stelle bezieht sie auf die Gründung von collegia tenuiorum: Arme Menschen seien demnach unter der genannten Einschränkung vom Vereinsverbot befreit gewesen. Als Grund wird primär die Notwendigkeit der gemeinschaftlichen Begräbnisvorsorge betrachtet („Sterbeversicherung“), auch wenn die Mommsensche Kategorie des collegium funeraticium längst Forschungsgeschichte ist.¹⁰ Ausschlaggebend dafür bleibt die bekannte Inschrift der cultores Dianae et Antinoi aus Lanuvium: Die im Jahr 136 n.Chr. inschriftlich aufgezeichnete lex collegii regelt detailliert Verfahrensfragen zum Begräbnis, zu dessen Zweck ein monatlicher Beitrag eingesammelt wird.¹¹ Sie ist überschrieben mit einem Ausschnitt aus einem Senatus Consultum, das wesentliche Übereinstimmungen mit Marcians wohl zw. 217 und 235 n.Chr. verfasstem Text¹² aufweist und konkret die Erlaubnis erteilt, einen Verein zu haben, zu Begräbniszwecken Geld zu sammeln und sich einmal im Monat zu treffen. Das Wort tenuiores findet sich hier aber nicht und ist wohl auch nicht in einer der Lücken zu rekonstruieren.¹³ Marcians Text jedenfalls enthält keine Hinweise auf eine Zweckbindung. Die einzige Parallele, die das Konzept eines Vereins von tenuiores vielleicht in Ansätzen greifbar macht, hat mit Begräbnissen nichts zu tun: Trajan versichert Plinius, die ἔρανοι in Amisos seien nicht zu verbieten, zumal sie ad sustinendam tenuiorum inopiam gebildet worden

 So jetzt auch wieder Groten (2015), 268 f, der unter Hinweis auf ältere Vorschläge und die lex Irnitana in collegia sodalicia eine asyndetische Aufzählung sieht, und Bendlin (2016), 459 – 461, der Textkorruption annimmt: Marcian habe collegia sodaliciave geschrieben. Mit Blick auf das Fehlen vergleichbarer Asyndeta bei Marcian ist letztere Lösung plausibler. Beide Autoren eliminieren auch die epigraphischen Parallelen, die man für das hapax collegium sodalicium hat anführen wollen (CIL VI 10231; XI 2722).  Mommsen (1843); vgl. etwa Schiess (1888) oder auch Berger (1953), 396 s.v. collegia funeraticia (= collegia tenuiorum). Dass der Name modern ist, war dabei etwa Schiess (1888) noch sehr bewusst (dort S. 1), ist aber bei Berger nicht mehr zu erkennen. In der Sache ist die Kategorie bereits von Ausbüttel (1982), 22– 29 grundlegend zurückgewiesen worden; vgl. auch Kloppenborg (1996), 18 – 22.  CIL XIV 2112.  Vgl. zur Datierung der Werke Marcians Liebs (2011), 46 – 51.  Gegen die Ergänzung von tenuiores vgl. Bendlin (2011), 232; nach seinen Ergänzungen lautet das SC (AE 2011, 203): kaput ex s(enatus) c(onsulto) p(opuli) R(omani) | quib[us ex s(enatus) c(onsulto) coire co]nvenire collegiumq(ue) habere liceat qui stipem menstruam conferre vo|len[t unde fiant fune]ra in it (!) collegium coeant neq(ue) sub specie eius collegi(i) nisi semel in men|se c[onveniant con]ferendi causa unde defuncti sepeliantur.

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seien.¹⁴ Dass mit inopia konkret der Mangel an würdevollen Begräbnissen gemeint sei, ist kaum glaubhaft. Wenn nicht die cultores aus Lanuvium ihre vereinsinternen Regeln mit einem dem bei Marcian erhaltenen Text sehr ähnlichen Senatus Consultum überschrieben hätten, wäre eine so enge Auslegung des Marciantextes wohl niemandem in den Sinn gekommen. Aber auch die cultores sammelten Geld und trafen sich nicht nur zum Zweck des Begräbnisses. Der Fokus auf „Sterbeversicherungen“ ist daher aufzugeben. Ein anderes Problem ist der Begriff collegium tenuiorum selbst. Er findet sich in den Quellen nur einmal: Marcian thematisiert an anderer Stelle die Zulassungsbedingungen für Sklaven in einem collegium tenuiorum. ¹⁵ Ob es sich dabei um eine eigenständige juristische Kategorie handelt oder einfach vorausgesetzt wird, dass Sklaven nur in einem aus tenuiores bestehenden collegium zu finden seien, ist nicht ganz klar.¹⁶ Wichtig ist die Frage, wer eigentlich die im juristischen Schrifttum sonst kaum belegten tenuiores sind. Geht es um arme Leute oder um Menschen, die nicht der kleinen Schicht der honestiores angehören – also um 99 Prozent der Reichsbevölkerung?¹⁷ Marcians Hinweis auf Sklaven spricht für Status als Kriterium, Trajans Hinweis auf inopia dagegen für Wohlstand; sicher klären lässt sich die Frage anhand der Texte nicht. Die in Marcians Beispiel vorausgesetzte Kontrolle des Mitgliederbestandes setzt jedenfalls eine Art von Anerkennung als Verein voraus. Ob diese aber auch in unserem Text thematisiert wird, ist fraglich. Genau besehen sagt der Text: Alle collegia sind verboten; tenuiores dürfen sich trotzdem in organisierter Form versammeln; dies unterliegt jedoch Einschränkungen, damit daraus kein unerlaubtes collegium entsteht. Man kann ihn also auf zwei Weisen verstehen: Entweder geht es (a) nur um diejenigen tenuiores, die bereits als collegium organisiert sind, das sich dementsprechend nur einmal im Monat versammeln darf und bei häufigeren Versammlungen zu einem collegium illicitum würde,

 Plin. ep. 10,93; vgl. etwa Kayser (1873), 187. Die Stelle wird allerdings gelegentlich von Marcians Hinweisen zu tenuiores ganz getrennt behandelt – so kann nach Randazzo (1998), 236 f ein Verein, der ad sustinendam tenuiorum inopiam gebildet worden sei, nicht selbst aus tenuiores bestehen. Doch dieses spezifische Verständnis der ἔρανοι als Wohltätigkeitsvereine ist nicht zwingend.  Dig. 47,22,3,2 (Marcianus 2 iud. publ.): Servos quoque licet in collegio tenuiorum recipi volentibus dominis, ut curatores horum corporum sciant, ne invito aut ignorante domino in collegium tenuiorum reciperent, et in futurum poena teneantur in singulos homines aureorum centum.  Dagegen Ausbüttel (1982), 25; Bendlin (2011), 233.  So Bendlin (2011), 234. Tenuiores ist allerdings in den Rechtsquellen kein üblicher Gegenbegriff zu honestiores; Dig. 48,19,28,2 (Callistratus 6 de cogn.) ist der einzige Beleg. Vgl. Rilinger (1988), 38.

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oder es handelt sich (b) um eine Versammlungserlaubnis für alle tenuiores, die so lange uneingeschränkt gilt, wie daraus eben gerade kein collegium entsteht (das ohne Genehmigung zwangsläufig ein collegium illicitum wäre). Letztere Deutung bereitet zwar ihrerseits gewisse Schwierigkeiten, denn eine Organisationsstruktur mit monatlichen Treffen und Mitgliedsbeitrag entspricht üblichen Erwartungen an ein collegium. Zumindest ist aber festzuhalten, dass von einem collegium tenuiorum an dieser Stelle nicht gesprochen wird und der Text eine Unterscheidung zwischen monatlichen Versammlungen und einer als collegium (illicitum) wahrgenommenen Organisationsstruktur vornimmt. Im Hintergrund dürften weitere Regeln stehen, die die Anerkennung von collegia als „nützliche“ Institutionen betreffen. Die so geschaffenen collegia licita wurden in verschiedener Hinsicht „nach dem Vorbild eines öffentlichen Gemeinwesens“ (ad exemplum rei publicae) behandelt – die Juristen nennen etwa fabri und navicularii; für beide Gruppen sind bereits aus trajanischer und hadrianischer Zeit entsprechende Genehmigungsverfahren belegt.¹⁸ Ein nicht in dieser Form anerkanntes collegium konnte juristisch als collegium illicitum aufgefasst werden.¹⁹ Die Frage nach den praktischen Konsequenzen kann hier zunächst ausgeklammert bleiben.²⁰ Jedenfalls bedeutet aber der Fokus auf utilitas

 Dig. 3,4,1pr (Gaius 3 ad ed. Provinc.): Paucis admodum in causis concessa sunt huiusmodi corpora: ut ecce vectigalium publicorum sociis permissum est corpus habere vel aurifodinarum vel argentifodinarum et salinarum. Item collegia romae certa sunt, quorum corpus senatus consultis atque constitutionibus principalibus confirmatum est, veluti pistorum et quorundam aliorum, et naviculariorum, qui et in provinciis sunt. Dig. 50,6,6,12 (Callistratus 1 de cogn.): Quibusdam collegiis vel corporibus, quibus ius coeundi lege permissum est, immunitas tribuitur: scilicet eis collegiis vel corporibus, in quibus artificii sui causa unusquisque adsumitur, ut fabrorum corpus est et si qua eandem rationem originis habent, id est idcirco instituta sunt, ut necessariam operam publicis utilitatibus exhiberent. Genehmigungsverfahren für fabri: Plin. Ep. 10,33 f (gescheitert); paneg. 54,4 (eine häufige und sinnlose Tätigkeit des Senats); ferner die bei Liu (2009), 105 gesammelten Inschriften. Für navicularii/ναυκλήροι: Ehrhardt/Günther (2013) = SEG 63,974.  Dagegen will Cohn (1873), 93 f illicitum nicht auf die fehlende Anerkennung, sondern auf ungebührliches Verhalten beziehen, das etwa auch ein anerkanntes collegium zum collegium illicitum habe machen können. Diese Lösung liegt zwar sprachlich nicht nahe, hat aber den Vorteil, dass sie die Vielzahl der inschriftlichen Belege für (vermutlich) nicht anerkannte Vereine besser erklären kann als die reine licitum/illicitum-Dichotomie. Ich suche hier eine andere Lösung für das Problem.  Sie ist zuletzt speziell für den Osten weitgehend negativ beantwortet worden; vgl. Arnaoutoglou (2002); Harland (2003), 164– 169; Arnaoutoglou (2005). Der Kontrast zu Marcian wäre dann besonders deutlich, da er wohl selbst in Kleinasien geschrieben hat; siehe dazu Liebs (2011), 55. Für eine andere Perspektive vgl. Eckhardt (2016a).

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publica, dass für zahlreiche Vereinsformen eine Anerkennung als collegium licitum jedenfalls nicht nahelag. Die tenuiores-Regelung könnte nun gerade darin ihr Ziel gehabt haben, dass bestimmte Verhaltensweisen von dieser ganzen Debatte deshalb unberührt bleiben konnten, weil man die daraus resultierende Gruppe überhaupt nicht als ein genehmigungspflichtiges collegium auffasste, solange sie nicht öfter als einmal im Monat zu Versammlungen zusammenkam. Die Deutungen a und b lassen sich, ausgehend von b, insofern einander annähern, wenn man nicht von einer reinen Dichotomie, sondern von einem dreigliedrigen Schema ausgeht: 1. Die (relativ wenigen, privilegierten) collegia licita von staatlichem Interesse, die öffentlichen Gemeinwesen gleichgestellt waren und einen privaten Charakter entweder nie hatten oder durch den Genehmigungsprozess partiell verloren; 2. Die in begrenztem Umfang legitimen Versammlungen von tenuiores, die zur Entstehung von genehmigten collegia führen konnten, aber nicht mussten; 3. Die collegia illicita – Vereine, die über keine Genehmigung verfügten, sich aber so verhielten, als ob sie es täten, indem sie etwa häufig zusammenkamen oder eine politische Betätigung erkennen ließen. In diesem zunächst rein juristischen Szenario bleibt die Grundunterscheidung diejenige zwischen collegia licita und collegia illicita; die monatlichen Versammlungen von tenuiores gehören zunächst keiner der beiden Gruppen an. Häufigere Versammlungen hingegen führen zur Klassifizierung als collegium, das dann seinerseits licitum oder illicitum sein kann. Das bedeutet zugleich, dass aus einer auf die licitum/illicitum-Dichotomie abstellenden Perspektive heraus die Frage zunächst unwichtig war, ob tenuiores ihren monatlichen Beitrag nun in einem collegium oder einer loseren Organisationsform erbrachten. Falls es zur Gründung eines collegium tenuiorum kam, waren Folgefragen etwa zum Status von Sklaven zu klären; es konnte aber auch eine zu häufige Versammlung von nicht als collegium organisierten tenuiores den Tatbestand der Mitgliedschaft in einem illicitum collegium erfüllen. Der Vorteil dieser Lösung ist, dass man die Vielzahl von Vereinen, die nicht öffentlich anerkannt waren oder dies jedenfalls nicht in ihren Inschriften kundtun, nicht zu collegia illicita erklären muss, die von der römischen Verwaltung trotz eindeutiger kaiserlicher Anweisungen einfach toleriert worden seien.²¹ Der  Diese verbreitete Sicht ergibt sich implizit aus den Befunden bei Arnaoutoglou (2002) und wird explizit etwa von Ascough (2003), 42– 46 vertreten. Eine eindeutige Anweisung des Septimius Severus überliefert Dig. 1,12,1,14 (Ulpian de off.): Divus Severus rescripsit eos etiam, qui illicitum collegium coisse dicuntur, apud praefectum urbi accusandos; vgl. auch (ebenfalls aus Ul-

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zuletzt mit Recht betonten Fiktion vollständiger Kontrolle würde das kaum entsprechen.²² Vielmehr erlaubte die tenuiores-Regel Provinzverwaltern und -bewohnern, von uns als Vereine gewertete Organisationsformen zu schaffen, die nicht bzw. nur auf Anfrage als collegium licitum oder illicitum klassifiziert werden mussten. Auch die Beobachtung, dass – mutmaßlich aus tenuiores bestehende – Berufsvereine die Mehrheit der offiziell anerkannten Gruppen stellen, ist unter dieser Voraussetzung kein Problem mehr: Wer mehr wollte, als sich im Rahmen der genannten Einschränkungen zu versammeln, musste sich der licitum/illicitum-Dichotomie unterwerfen.²³ Dagegen spricht auf den ersten Blick der in Lanuvium von den cultores der Diana und des Antinoos zitierte Senatsbeschluss, der zwar den Begriff tenuiores nicht erwähnt, ansonsten aber große Ähnlichkeit mit Marcians Text aufweist. Er beginnt mit quib[us ex s(enatus) c(onsulto) coire co]nvenire collegiumq(ue) habere liceat qui stipem menstruam conferre volen[t]. Man könnte daraus schließen wollen, dass auch die tenuiores-Regel nur zur Gründung eines konzessionierten collegium licitum verwendet werden konnte und also keinen Freiraum für Organisationsbildung „unterhalb des Radars“ ließ. Die zweite Kategorie wäre dann doch nur eine Variante der ersten. Der Fortgang in it [sic] collegium coeant zeigt aber, dass es in Lanuvium jedenfalls partiell um eine Sonderregelung für diesen konkreten Verein ging, dessen Ausnahmestellung zuletzt von A. Bendlin deutlich herausgearbeitet worden ist.²⁴ Die lokale Elite von Lanuvium, die in diesem Verein ihre Freigelassenen und Sklaven Loyalitätsbekundungen für den Kaiser abhalten ließ, mag Gründe dafür gehabt haben, unter Hinweis auf die tenuiores-Regel – wenn sie zugrunde liegt – die Anerkennung als collegium anzustreben. Daraus muss man jedoch nicht schließen, dass dies allgemein so gehandhabt wurde oder der Zweck der Regelung war. Ob tenuiores als Bezeichnung für mittellose Menschen oder als Gegenbegriff zu honestiores verstanden wird, ist für diese Deutung nicht entscheidend. In jedem Fall wäre aus römischer Sicht eine monatliche, unkontrollierte Versammlung von reichen und/oder sozial hochgestellten Menschen sehr viel gefährlicher, da ihr staatsgefährdendes Potential ungleich größer wäre als bei einer Versammlung von tenuiores. Daher profitieren nur letztere von der so geschaffenen Grauzone.

pians de officio proconsulis) Dig. 47,22,2: Quisquis illicitum collegium usurpaverit, ea poena tenetur, qua tenentur, qui hominibus armatis loca publica vel templa occupasse iudicati sunt. Man könnte mit Bendlin (2011), 244 f für die Severerzeit ein gesteigertes Interesse an einer Kontrolle der Vereine annehmen.  Zur mit den Rechtstexten verbundenen Ideologie von Herrschaft vgl. Bendlin (2016), 461– 463.  Ähnlich bereits – bei allerdings abweichenden Grundannahmen – de Ligt (2001).  Bendlin (2011).

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In diesen Zusammenhang ist nun die Regelung zu Versammlungen religionis causa einzuordnen. Ob sie tatsächlich in unmittelbarem Zusammenhang zum Text aus § 1pr steht, ist umstritten. Der Text beginnt erneut mit sed und könnte daher erst von Marcian oder der justinianischen Redaktion aus einem ursprünglich separaten Kontext hierher überführt worden sein.²⁵ Diese Möglichkeit und das Fehlen eines Subjekts werfen die Frage auf, wem genau hier etwas „nicht verboten“ wird (non prohibentur). Allen Menschen? Denjenigen, die bereits ein collegium haben?²⁶ Oder wiederum – in Aufnahme der obigen Argumentation – allen tenuiores unabhängig von ihrer Organisationsform? Wenn man die Zusammengehörigkeit von § 1pr und § 1 nicht aufgeben will, ist die letzte Option die wahrscheinlichste. Die Struktur des Arguments ist in beiden Fällen dieselbe: Man darf sich versammeln (coire), solange dadurch nicht gegen die Regeln zu illicita collegia verstoßen wird. In beiden Fällen ist das Resultat nicht das Entstehen von collegia licita – von ihnen ist hier gar nicht die Rede. Es kommt vielmehr zu Versammlungen, die aus römisch-rechtlicher Sicht nicht der licitum/illicitum-Gesetzgebung unterworfen sind. Die jeweiligen Nachsätze erlauben es kaum, coire hier im technischen Sinn als „einen Verein gründen“ zu verstehen.²⁷ Daraus folgt, dass es eine Kategorie collegium religionis causa nicht gegeben hat.²⁸ Dass es aus tenuiores zusammengesetzte collegia gab, erlaubt nicht den Schluss, religio sei eine hinreichende causa für Vereinsgenehmigung gewesen. Nichts Gegenteiliges lässt sich einem knappen Zitat Ulpians entnehmen, das in den Digesten nicht unter die Rubrik de collegiis et corporibus, sondern in den Abschnitt de extraordinariis criminibus gestellt worden ist:

 Vgl. zu sed als Kürzungshinweis de Robertis (1988), 239 f; Groten (2015), 272; Bendlin (2016), 438 f.  So Mommsen (1843), 87 f (Mitgliedern von collegia tenuiorum) und zuvor bereits Balduinus (1557), 52 (den collegia licita).  Bereits Mommsen (1843), 87 f scheint in diese Richtung zu weisen; vgl. dagegen Kayser (1873), 193, wonach das Wort coire „in der ganzen Stelle im technischen Sinn ‚zu einem Verein zusammentreten‘ gebraucht wird“. Seitdem hat es immer wieder Versuche gegeben, coire in dem nichttechnischen Sinn zu verstehen, der auch hier vorausgesetzt wird; vgl. den Überblick bei Milazzo (2014), 313 (der sich für die technische Bedeutung entscheidet).  So aber selbst noch Bendlin (2005), 81 f. (der ansonsten die Forschungstradition plausibel dekonstruiert); zuletzt wieder dezidiert Milazzo (2014). Eine ähnliche Deutung formuliert sehr knapp (und ohne Diskussion der abweichenden Mehrheitsmeinung) auch Rüpke (2010), 76: Es gehe bei der religionis causa-Regelung „um die Grauzone, in der sich gelegentliche oder regelmäßige Zusammenkünfte zur illegalen Bildung von Vereinen verdichten. Religion ist ein legitimer Grund zu Aufläufen […], aber auch sie darf nicht zur Vereinsbildung beitragen“. Rüpke sieht diese Deutung als im Vergleich zu Bendlin (2005) „noch restriktiver“ an (76 Anm. 25); das restriktive Potential einer Grauzone ist aber, wie hier gezeigt werden soll, eine Frage der Perspektive.

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Sub praetextu religionis vel sub specie solvendi voti coetus illicitos nec a veteranis temptari oportet. Auch von Veteranen sollen unter dem Vorwand des Kultes oder unter dem Anschein der Einlösung eines Gelübdes keine unerlaubten Versammlungen versucht werden.²⁹

Das sub praetextu-Argument begegnet auch bei Marcian, wird hier aber mit Blick auf religio spezifiziert. Erneut ist nur von Versammlungen die Rede; das gewählte Beispiel der Veteranen lässt an Gruppen mit einer bereits bestehenden Organisation denken.³⁰ Jedenfalls wird herausgestellt, dass religio als Vorwand für illegales Tun nicht zulässig ist: Die Begründung, eine Versammlung geschehe religionis causa, kann ein illegitimes collegium oder einen illegitimen coetus nicht zu einem legitimen machen. Die nächste Frage betrifft die Bedeutung des Wortes religio. Zahlreiche Deutungen haben den Begriff in einem sehr engen Sinn als Hinweis auf Begräbnisriten verstehen wollen, natürlich unter der Annahme, dass § 1pr und § 1 zusammengehören und 1pr von Begräbnisvereinen handelt.³¹ Tatsächlich können religio, religiosus und ähnliche Begriffe diese Bedeutung haben.³² Doch der Text bietet für eine solche Einengung keinen Anhaltspunkt. Auch die cultores aus Lanuvium, die ihre Begräbnismodalitäten so detailliert regelten, hatten einen davon unabhängigen Festkalender, der für den Monat August zwei Termine vorsah – an solche Treffen lässt sich also ebenso denken wie an andere Formen von Kultausübung. Die Annahme, es sei bei der Regelung nur um die offensichtliche Tatsache gegangen, dass ein Begräbnisverein sich je nach Sterberate unter Umständen öfter treffen musste als einmal im Monat,³³ beruht also auf unbegründeten Voraussetzungen. Ebenso unbegründet ist die These, religionis causa sei überhaupt erst im Zuge der justinianischen Redaktion an die Stelle eines ursprünglichen funeris causa getreten.³⁴ Religio ist deshalb im weiteren Sinne als Ausübung von Kulthandlungen zu verstehen.³⁵ Damit ist zugleich gesagt, dass es sich schon vom Ansatz her nicht um eine allgemeingültige Ausnahmeregelung handeln kann – denn während ein Begräbnis relativ eindeutig zu definieren ist, war die Frage, ob es sich bei einer

 Dig. 47,11,2 (Ulpian 4 op.).  Siehe etwa das [corpus v]eteranorum quib(us) coire lic(et) in Portus (ILOP 129; 3. Jh. n.Chr.).  Etwa Randazzo (1998), 239; Randazzo (2005), 103.  Vgl. die Belege bei Milazzo (2014), 314– 316.  Erwogen von Duff (1938), 122.  So aber de Robertis (1988).  So bereits Cohn (1873), 126 Anm. 41 (allerdings unter der falschen Voraussetzung, die Regelung beziehe sich nur auf Soldaten); in neuerer Zeit etwa Bendlin (2005), 78.

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Handlung um Götterkult oder Wahn (superstitio) handelte, nur subjektiv zu beantworten. Im Kontext antiker Polemik gegen Minderheiten oder andere auffällige Gruppen konnte jede religiöse oder überhaupt gemeinschaftliche Handlung umgewertet und als Frevel und Irrsinn markiert werden. Eine allgemeine Erlaubnis religionis causa konnte also keinen Schutz gegen Maßnahmen seitens derjenigen bieten, die darüber entschieden, was als religio gelten konnte und was nicht.³⁶ Zu berücksichtigen ist schließlich noch eine weitere Kategorie, die nur einmal in den Digesten erwähnt und dort nicht weiter erläutert wird, nämlich das collegium templi. Scaevola diskutiert den hypothetischen Fall eines fideicommissum, in dem der Erblasser den Erben dazu verpflichtet, „dem collegium irgendeines Tempels“ eine Geldsumme zu überlassen: Was geschieht, wenn dieses collegium nach Abfassung des Testaments aufgelöst wird?³⁷ In unserem Zusammenhang ist die interessantere Frage, auf welcher Rechtsgrundlage das collegium templi entstanden ist. Es könnte sich um eine Vereinigung wie die Arvalbrüder, die Salii oder auch die Augustales handeln, also eine an staatliche Priesterkollegien gebundene Organisationsform; da es hier als Beispiel aus dem Alltagsleben fungiert, muss es sich allerdings um ein weit verbreitetes Phänomen handeln. Anerkannte collegia konnten seit der Zeit Marc Aurels (zu dessen consilium Scaevola gehörte) als Empfänger von Erbschaften fungieren. Das Beispiel spricht aber von einem fideicommissum und damit gerade nicht von der Einsetzung des collegium templi als Erbe. Fideicommissa wurden üblicherweise dazu genutzt, nicht erbberechtigte Personen an einem Nachlass zu beteiligen. Aus dem geschilderten Fall lassen sich aber keine unmittelbaren Konsequenzen hinsichtlich des Rechtsstatus des Vereins und für die Auslegung der später bei Marcian belegten Formulierung religionis causa ziehen. Die bis hier erzielten Ergebnisse bestätigen zunächst eine bereits von A. Bendlin ausgeführte Einsicht: Die Annahme einer allgemeinen staatlichen Anerkennung privat organisierter Religion ist ein Mythos, der modernen Überlegungen zum Verhältnis von Staat und Kirche entspringt.³⁸ Jeder beliebige antike Verein hatte auch einen religiösen Aspekt, und solange religio willkürlich definiert

 Zur Kontrolle der Semantik von superstitio durch die römische Elite vgl. Gordon (2008).  Dig. 32,38,6 (Scaevola 19 dig.): Fidei commisit eius, cui duo milia legavit, in haec verba: „A te, Petroni, peto, uti ea duo milia solidorum reddas collegio cuiusdam temple“. Quaesitum est, cum id collegium postea dissolutum sit, utrum legatum ad Petronium pertineat an vero apud heredem remanere debeat. Respondit Petronium iure petere, utique si per eum non stetit parere defuncti voluntati.  Bendlin (2005). Schon Mommsen (1843), 87 hatte die Annahme einer derart weitreichenden Regelung für absurd gehalten.

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werden konnte, war eine Vereinsgründung durch eine solche Regelung nicht abgesichert. Bendlin ist auch in der Annahme zuzustimmen, dass ein collegium ausschließlich durch offizielle Genehmigung licitum werden konnte. Es ist aber darüber hinaus auch zu fragen, ob es überhaupt eine Kategorie von collegia religionis causa gegeben hat. Man kann hier gewiss an die collegia templi denken – dann wäre der Besitz eines Heiligtums Voraussetzung für eine derartige Konzessionierung. Marcians Text aber lässt sich anders verstehen. Die Hinweise zu tenuiores und religio stehen zwar im Kontext des Vereinsrechts; sie klären jedoch nicht primär mögliche Rechtfertigungen für eine Vereinsgründung,³⁹ sondern gerade umgekehrt Möglichkeiten, sich im Rahmen lose organisierter Strukturen zu treffen, ohne unter die strikten Regularien des Vereinsrechts zu fallen. Diese Vermutung stößt nun zwar auf keine Hindernisse in den Rechtsquellen. Sie ist allerdings kaum falsifizierbar, da man erwarten sollte, dass die epigraphische Überlieferung Versammlungen religionis causa, die sich in der hier postulierten juristischen Grauzone abspielten, nicht abbildet. Einigen Hinweisen wird unten (4.) dennoch nachgegangen. Zuvor ist aber zu fragen, ab welchem Zeitpunkt man mit einer Orientierung an den hier besprochenen rechtlichen Konzepten rechnen darf. Wie alt ist die Regel, dass religionis causa coire non prohibentur?

3 Das Alter der religionis causa-Regelung Die historische Entwicklung der römischen Vereinsgesetzgebung ist oft besprochen und in verschiedenen Formen rekonstruiert worden. Die wesentlichen Stationen seien hier nur kurz rekapituliert: Nachdem wohl bereits in der frühen Republik gesetzliche Regelungen gegen bestimmte Versammlungsformen erlassen worden und bereits 186 v.Chr. im Bacchanalienskandal die Bildung bestimmter Vereine verboten worden war, wurden die collegia vor allem im Bürgerkrieg der späten Republik Objekt mehrerer, rasch aufeinander folgender leges. ⁴⁰ Dem Verbot durch den Senat im Jahr 64 v.Chr. folgte die Wiederzulassung durch Clodius; Caesar verbot dann alle Vereine mit Ausnahme derjenigen, die seit alters bestanden, in einer lex Iulia de collegiis. ⁴¹ Augustus hat diese offenbar

 Kayser (1873), 190 – 193 nimmt an, der Senat habe zur Erleichterung von Genehmigungsverfahren eine Liste von legitimen causae publiziert, unter denen auch religio gewesen sei.  Vgl. für die Details de Robertis (1971), I 83 – 146.  Suet. Div. Iul. 42,3: cuncta collegia praeter antiquitus constituta distraxit. Dass es eine lex Iulia de collegiis gab (und die Regelung zu collegia nicht Teil der lex Iulia de vi waren), ist zu Unrecht bestritten worden; vgl. dazu Bendlin (2005), 93 f.

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weitgehend übernommen; die Inschrift der römischen symphoniaci, denen ludorum causa das Recht auf Zusammenkunft zuerkannt worden war, zeigt, dass bereits zu dieser Zeit die Möglichkeit einer Konzessionierung solcher Vereine bestand, die im öffentlichen Interesse agierten.⁴² Für die zeitliche Verortung der religionis causa-Regelung gibt es im Wesentlichen drei Vorschläge: a) Sie war bereits Teil der lex Iulia de collegiis, geht also auf Caesar oder Augustus zurück; b) Sie war Teil eines zwischen augusteischer und hadrianischer Zeit erlassenen Senatsbeschlusses zu den collegia tenuiorum, den man zuletzt aufgrund eines fragmentarischen Fundes aus Ostia exakt auf 121 n.Chr. hat datieren wollen;⁴³ c) Sie ist eine auf Septimius Severus zurückgehende, grundlegende Modifikation der augusteischen und hadrianischen Vereinsgesetzgebung.⁴⁴ Für Möglichkeit a) könnte man etwa die symphoniaci anführen, die an den sacra publica teilnahmen. Stärker wiegen die Argumente für Möglichkeit b): Sowohl die Inschrift aus Lanuvium (136 n.Chr.) als auch der neue Text aus Ostia (121 n.Chr.) beweisen, dass wesentliche Elemente der bei Marcian belegten tenuiores-Regelung (§ 1pr) bereits in hadrianischer Zeit bekannt waren und bei der Anerkennung von collegia verwendet wurden. Zwar enthalten die Inschriften keinen Beleg für religionis causa, aber wenn man von einem engen Zusammenhang von § 1pr und § 1 ausgeht, ist die Annahme naheliegend, dass beide Regelungen aus derselben Zeit stammen. Überdies weist der Text aus Ostia eine frustrierende Lücke auf, denn das dort genehmigte collegium gab offenbar den Grund für seine Versammlungen an: [‐-‐] causa. ⁴⁵ Möglichkeit c) schließlich hat den Vorteil, dass sie sich als einzige auf eine explizite Quellenaussage berufen kann, nämlich auf ein Fragment aus dem Digestenkommentar des Dorotheos (gest. vor 542 n.Chr.): Σεβῆρος ὁ θεῖος ἀντέγραψε· Θρησκείας ἕνεκεν συνιέναι τινὲς οὐ κωλύονται· ἵνα μέντοι μηδὲν γένηται παρὰ τὸ δόγμα τῆς συγκλήτου τὸ ἀπαγορεῦον τὰ ἰλλίκιτα κολλέγια.

 CIL VI 4416: Dis Manibus | collegio symphonia|corum qui sacris publi|cis praestu sunt quibus | senatus c(oire) c(onvocari) c(ogi) permisit e | lege Iulia ex auctoritate | Aug(usti) ludorum causa. Die Ergänzung des CCC ist im Einzelnen umstritten; vgl. Groten (2015), 293 – 295 für coire convenire conferre.  So Laubry/Zevi (2012) zu AE 2010, 243.  So zuletzt etwa Randazzo (2005), 104; Milazzo (2014).  Laubry/Zevi (2012), 308 entscheiden sich für die Ergänzung in Z. B 8 vor causa stipem menstruam conferre für funeris, erwägen aber auch religionis.

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Der vergöttlichte Severus hat geantwortet: Dass sich gewisse Leute wegen des Kultes versammeln, wird nicht verboten, solange nichts gegen den Senatsbeschluss geschieht, der unerlaubte collegia verbietet.⁴⁶

Das Fragment enthält mehrere interessante Aspekte, etwa den Verzicht auf eine Übersetzung der Kategorie illicita collegia oder die Ergänzung von τινες als Substantiv (während im lateinischen Text je nach Deutung tenuiores, milites oder collegia ergänzt werden kann). Umso wichtiger ist die Frage, ob es sich um eine verlässliche Überlieferung handelt, die dann auch die Datierung festlegen würden: Unabhängig von der tenuiores-Regelung hätte dann Septimius Severus in einem Reskript die religionis causa-Klausel eingeführt. Für diese Deutung hat sich zuletzt A. Milazzo ausgesprochen: In einem riskanten Schritt habe Severus die lex Iulia de collegiis um eine grundsätzliche Ausnahmeregelung für collegia religionis causa ergänzt.⁴⁷ Diese hätten sich unbegrenzt oft versammeln dürfen, während die collegia tenuiorum, die neben dem Kult noch andere Zwecke verfolgten, auf ein Treffen im Monat beschränkt blieben. Der Schwachpunkt dieser Argumentation ist indes die naheliegende Möglichkeit, dass es sich bei der von Dorotheos gegebenen Information eben nicht um eine unabhängige Überlieferung handelt, sondern um eine Interpretation des Digestentextes. In § 1pr wird schließlich zur Gültigkeit des Vereinsverbots in den Provinzen gesagt, „auch der vergöttlichte Severus“ habe dies durch ein Reskript bestätigt; von hier aus könnte Dorotheos die Information extrapoliert haben, auch § 1 beruhe auf einem Reskript des Severus. Die römischen Quellen bieten also für die Datierungsfrage keinen sicheren Ansatzpunkt. Ausgehend von einem Zusammenhang zwischen § 1pr und § 1 ist zwar die Ansicht plausibel, dass die religionis causa-Klausel nicht erst unter Severus hinzukam, da ja wichtige Teile von § 1pr bereits in hadrianischer Zeit in Inschriften aus Lanuvium und nunmehr Ostia belegt sind. Aber auch unter dieser Voraussetzung bleibt unklar, wie weit man zurückgehen kann. Umso wichtiger ist es, die Überlieferungen zweier jüdischer Schriftsteller einzubeziehen, die in den entsprechenden Erörterungen nicht immer in vollem Umfang berücksichtigt worden sind. Unter den römischen Dokumenten, die Josephus in den Antiquitates in teils entstellter, aber wohl im Grundsatz authentischer Form überliefert, ist auch eines, das unmittelbaren Bezug auf die lex Iulia nimmt. Es handelt sich um einen Brief

 Dorotheus ad Bas. 60,32,1,1.  Milazzo (2014), 319: Septimius Severus habe die bereits bestehende tenuiores-Regelung ergänzt um eine Regelung bzgl. „la religio, la quale da sé giustifica la concessione di creare collegia anche in deroga al sistema della lex Iulia de collegiis“.

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Octavians an Parion oder Paros,⁴⁸ der auf eine Anfrage von Judäern aus Delos und anderswo reagiert: Diese waren durch ein städtisches Dekret daran gehindert worden, ihre traditionellen Bräuche zu praktizieren. Octavian betont den Status der Juden als amici et socii Roms und stellt zudem fest, nicht einmal in Rom sei ihnen das Ausüben ihrer Sitten untersagt: καὶ γὰρ Γάιος Καῖσαρ ὁ ἡμέτερος στρατηγὸς καὶ ὕπατος ἐν τῷ διατάγματι κωλύων θιάσους συνάγεσθαι κατὰ πόλιν μόνους τούτους οὐκ ἐκώλυσεν οὔτε χρήματα συνεισφέρειν οὔτε σύνδειπνα ποιεῖν. ὁμοίως δὲ κἀγὼ τοὺς ἄλλους θιάσους κωλύων τούτοις μόνοις ἐπιτρέπω κατὰ τὰ πάτρια ἔθη καὶ νόμιμα συνάγεσθαί τε καὶ ἑστιᾶσθαι. Gaius Caesar, unser Prätor und Konsul, hat nämlich in seinem Edikt, das Vereine daran hindert, sich in der Stadt zu versammeln, allein diese (Vereine)⁴⁹ weder daran gehindert, Geld zu sammeln, noch daran, Gemeinschaftsmähler abzuhalten. In gleicher Weise erlaube auch ich, obwohl ich die anderen Vereine daran hindere, allein diesen, sich nach den traditionellen Sitten und Bräuchen zu versammeln und zu feiern.⁵⁰

Die Übereinstimmung mit der übrigen Überlieferung zur caesarischen Gesetzgebung in Rom ist überdeutlich; dass es sich um einen Hinweis auf die lex Iulia handelt, kann kaum bezweifelt werden. Abwegig erscheint daher der jüngst unternommene Versuch, das Dokument neu in das Jahr 64 v.Chr. zu datieren und ein nirgends sonst belegtes, von Gaius Iulius Caesar d.Ä. in den 90er Jahren v.Chr. für Kleinasien erlassenes Vereinsverbot zu postulieren.⁵¹ Entscheidend ist hier eine andere Frage: Lässt sich aus diesem Dokument die Existenz einer Versammlungsoder Vereinsgenehmigung religionis causa bereits in der späten Republik ableiten? Schon François Baudouin ist in seiner Diskussion des Vereinsstatus von Christen und Juden einen großen Schritt in diese Richtung gegangen: „Iosephus libro 14. Antiquit. scribit, cum Iulius Caesar edicto in urbe sodalitia sustulisset, nominatim eum excepisse Iudaeos, et singulariter iis concessisse, ut religionis suae causa convenire possent“.⁵² In späterer Zeit ist sogar die allerdings ganz  Vgl. zum Problem Pucci Ben Zeev (1998), 110.  Zur Begründung der Übersetzung vgl. Eckhardt (2017), 37.  Fl. Ios. ant. Iud. 14,213 – 216.  So aber Ritter (2015), 210 – 212. Die Beobachtung, κατὰ πόλιν müsse sich auf „alle Städte“ (der Provinz Asia) beziehen, ist m. E. nicht entscheidend, denn es ist – zumal in einem übersetzten Text – doch auch ein Bezug auf die Stadt Rom möglich (auch epigraphisch ist κατὰ πόλιν in Bezug auf eine Stadt gut bezeugt). In Verbindung mit dem Wissen um das Vereinsverbot in Rom ist die abweichende Deutung nicht plausibel. Zudem scheint auch Philo dasselbe Dekret für augusteisch zu halten (leg. 311).  Balduinus (1557), 52 f. Anders Schumann (1723), 33, der davon auszugehen scheint, dass sich zur Zeit von Caesars Vereinsverbot niemand mehr religionis causa versammeln konnte, die Juden

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unnötige Vermutung geäußert worden, Marcians Text habe ursprünglich Iudaei quoque religionis causa coire non prohibentur gelautet und sei erst in der justinianischen Redaktion auf die nun überlieferte Form verkürzt worden.⁵³ Beide Auslegungen beruhen auf der Überlegung, dass πάτρια ἔθη bei Josephus mit religio übersetzt oder jedenfalls identifiziert werden kann. Man hätte es dann mit einer kontextgebundenen religio zu tun: Primärer Legitimationsfaktor ist die politische Loyalität, die Juden in Judäa Caesar bei seinem Ägyptenfeldzug 48/47 v.Chr. erwiesen haben; es handelt sich also bei den Juden auf Delos und anderswo aus römischer Sicht nicht um Angehörige einer Religion, sondern um Angehörige einer ethnischen Gruppe. Diese pflegt aber naturgemäß die eigenen Bräuche und könnte gerade deswegen tatsächlich eine Versammlungserlaubnis religionis causa beanspruchen – wenn nicht gerade alle Vereine verboten wären. Die Ausnahme liegt unter dieser Voraussetzung nicht darin, dass etwa nur die Juden auf eine eigene religio hätten verweisen können, sondern darin, dass zu dieser Zeit nur den lokalen Vereinigungen dieses als besonders loyal betrachteten Volkes mit dem religionis causa-Argument Versammlungsfreiheit zugestanden wurde. Sie waren dementsprechend auch keine collegia religionis causa, sondern Vereine auf ethnischer Basis, die sich – anders als andere – religionis causa ohne Beschränkungen versammeln durften. Es ginge also jedenfalls in diesem Fall nicht abstrakt um religio, sondern um religio sua – fremde Religion. Gleichzeitig wäre bewiesen, dass die religionis causa-Klausel keineswegs eine Aufgabe staatlicher Kontrolle implizierte. Die Implikationen eines solchen Verständnisses betreffen also nicht nur die Datierung. Es stößt aber auf den Vorbehalt, dass κατὰ τὰ πάτρια ἔθη jedenfalls kein wörtlicher Beleg für die Formulierung religionis causa ist. Umso interessanter ist die Beobachtung, dass es einen solchen Beleg in den bei Josephus erhaltenen Dokumenten durchaus gibt. In den Befreiungen vom Militärdienst, die den Juden Kleinasiens in mehreren Dokumenten bestätigt wurde, finden sich jedenfalls Formulierungen, die man so auffassen kann, etwa im Schreiben des Lucius Lentulus: πολίτας Ῥωμαίων Ἰουδαίους, οἵτινές μοι ἱερὰ ἔχειν καὶ ποιεῖν Ἰουδαϊκὰ ἐν Ἐφέσῳ ἐδοκοῦν, δεισιδαιμονίας ἕνεκα ἀπέλυσα.

jedoch durch Bestechung eine Ausnahme erwirkten: „Dubium non est, quin & Iudaeis per istud SC integrum non amplius fuerit, religionis causa coire. Sed facile tamen pecunia obtinuerunt tunc homines versuti, ut collegium Iudaeorum ea lege exciperetur“.  Samter (1921).

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Die Judäer, die römische Bürger sind und die mir in Ephesos Heiligtümer zu haben und judäische Dinge zu tun schienen, habe ich wegen ihrer Gottesfurcht (vom Militärdienst) befreit.⁵⁴

Der Begriff δεισιδαιμονία bezeichnet zwar in den literarischen Quellen häufig – und gelegentlich auch bei Josephus – einen negativ besetzten „Aberglauben“, doch diese Bedeutung kann hier kaum vorliegen.⁵⁵ Die Judäer werden gegenüber anderen römischen Bürgern privilegiert, was kaum unter Hinweis auf eine verachtenswerte Eigenschaft geschehen wäre. Der Maßstab sollten daher nicht die literarischen, sondern die dokumentarischen Quellen sein, in denen δεισιδαιμονία zwar selten, immer aber im positiven Sinne verwendet wird.⁵⁶ Die nächstliegende lateinische Übersetzung ist religio. Der Latinus zur Stelle verkürzt zwar die inhaltliche Einschränkung erheblich, wenn er ἱερὰ ἔχειν καὶ ποιεῖν Ἰουδαϊκὰ auf templa habere verkürzt.⁵⁷ Keine Einwände lassen sich jedoch gegen die Übersetzung von δεισιδαιμονίας ἕνεκα mit religionis causa anführen. Die Gottesfurcht, von der die Rede ist, könnte in diesem Zitat theoretisch auch diejenige des Statthalters sein, doch im Kontext der übrigen Regelungen liegt die Deutung näher, dass die Judäer wegen ihrer δεισιδαιμονία befreit werden.⁵⁸ Die Maßnahmen des Lentulus in Kleinasien fallen spätestens in das Jahr 48 v.Chr., mithin vor die Diktatur Caesars und damit wohl auch vor die lex Iulia. Die Begründung δεισιδαιμονίας ἕνεκα bezieht sich zudem immer auf die Befreiung vom Militärdienst, die mit einer Versammlungserlaubnis zunächst nichts zu tun hat, auch wenn Regelungen dazu gelegentlich unmittelbar folgen.⁵⁹ Die Dokumente beweisen aber immerhin, dass bestimmte ethnische Gruppen bereits in der späten Republik von Ausnahmeregelungen (suae) religionis causa profitieren konnten. Auch in der lex Iulia de collegiis wäre also eine Sonderregelung solcher Art keine große Innovation gewesen; die Bausteine waren vorhanden. Noch ein anderer Text ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen; auch er steht bei einem jüdischen Autor, hat aber – jedenfalls an dieser Stelle – mit der

 Fl. Ios. ant. Iud. 14,234.  Zu δεισιδαιμονία bei Josephus vgl. Eckhardt (2014), 259 Anm. 16.  Vgl. die Belege bei Lindner (2013).  Lucius autem Lentulus consul dixit. Cives Romanos Iudaeos, qui templa Iudaica habere Ephesi videtur, religionis causa dimisi.  Der Bezug auf Lentulus ist etwa von Pucci Ben Zeev (1998), 153 erwogen und verworfen worden.Vgl. noch ant. Iud. 14,227 (Dolabella): ἐγώ τε οὖν αὐτοῖς, καθὼς καὶ οἱ πρὸ ἐμοῦ ἡγεμόνες, δίδωμι τὴν ἀστρατείαν καὶ συγχωρῶ χρῆσθαι τοῖς πατρίοις ἐθισμοῖς ἱερῶν ἕνεκα καὶ ἁγίοις συναγομένοις, καθὼς αὐτοῖς νόμιμον, καὶ τῶν πρὸς τὰς θυσίας ἀφαιρεμάτων.  Vgl. Bendlin (2016), 453 Anm. 60 betont mit Recht, dass „its argumentative context is very different“.

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Rechtsstellung jüdischer Gemeinden nichts zu tun. Philo von Alexandria berichtet über das Vereinsverbot des Flaccus in Ägypten: τάς τε ἑταιρείας καὶ συνόδους, αἳ ἀεὶ ἐπὶ προφάσει θυσιῶν εἱστιῶντο τοῖς πράγμασιν ἐμπαροινοῦσαι, διέλυε τοῖς ἀφηνιάζουσιν ἐμβριθῷς καὶ εὐτόνως προσφερόμενος. Die Hetairien und Vereinigungen, die beständig unter dem Vorwand der Opfer ihre Feste feierten, um im trunkenen Zustand über die Verhältnisse zu lästern, löste er auf, wobei er hart und energisch gegen diejenigen vorging, die nicht gehorchten.⁶⁰

Ziel und Ausmaß des von Flaccus offenbar zu Beginn seiner Amtszeit (32 n.Chr.) erlassenen Vereinsverbots sind umstritten; ein Reflex findet sich wohl noch im Gnomon des Idios Logos (§ 108). Dass die augusteische Vereinsgesetzgebung im Hintergrund steht, ist kaum zweifelhaft. Umso interessanter ist der Hinweis, in den Hetairien – auch Trajan verwendet den Begriff negativ – seien Menschen ἐπὶ προφάσει θυσιῶν zusammengekommen. Dieser Vorwurf ist zwar nicht wortidentisch mit der Formulierung sub praetextu religionis bei Ulpian, kommt ihr aber denkbar nahe.⁶¹ Gewiss zeichnet Philo ein äußerst verzerrtes Bild der ägyptischen Vereine, und so kann auch der Vorwurf, es sei den Vereinsmitgliedern nur zum Schein um die Opfer gegangen, reine Polemik sein. Man kann ihn aber auch so verstehen, dass es in Alexandria sub praetextu religionis zur Bildung von illicita collegia gekommen war. Philo beschreibt im Kontext die grundsätzliche Eignung des Flaccus als praefectus Aegypti (die sein späteres Verhalten im Pogrom von 38 umso schockierender erscheinen lässt). Womöglich geht es Philo darüber hinaus auch darum, durch eine klare Positionierung zugunsten des Vereinsverbots das mögliche Missverständnis auszuräumen, die späteren Maßnahmen gegen die Juden seien lediglich ein Aspekts dieses Vereinsverbots gewesen. Zu beiden Zielen würde die Erklärung der Maßnahmen in römisch-rechtlichen Kategorien gut passen. Auch von hier aus lässt sich also die Annahme untermauern, es habe Hinweise zum religionis causa coire und zu religio als praetextus bereits in der Lex Iulia gegeben. Für diesen Schluss sollte man allerdings nicht auf die symphoniaci-Inschrift verweisen. Die hier auf Basis der Lex Iulia erteilte Erlaubnis des c(oire) c(onvenire) c(onferre?) wird ludorum causa begründet. Um welche ludi es geht, ist indes unklar; evident ist eine allein auf religio abstellende Funktion keineswegs.⁶² Wenn überdies das CCC als Kürzel für eine Vereinsgründung interpretiert wird, könnte eine entsprechende Deutung nur auf die Annahme hinauslaufen, dass hier tat-

 Phil. Flacc. 4.  Der Zusammenhang ist bereits von van Bynkershoek (1719), 254 gesehen worden.  So aber van Haeperen (2012), 54.

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sächlich ein collegium religionis causa gegründet worden sei; diese Kategorie ist aber oben als eine Fehlkonzeption erkannt worden.⁶³ Endgültig klären lässt sich die Frage nach dem Ursprung der religionis causa-Klausel nicht; mehrfach war zudem zu sehen, dass die Datierungsfrage von der Interpretationsfrage (insbesondere zur technischen Bedeutung von coire) nicht völlig zu trennen ist. Auf Basis der hier getroffenen Grundannahmen ist jedoch am ehesten wahrscheinlich, dass bereits die lex Iulia einen Hinweis zur Versammlungserlaubnis religionis causa enthalten hat. In der Kaiserzeit könnte sie dann allerdings in einen anderen Kontext gestellt und allgemeiner gefasst worden sein.

4 Ein Freifahrtschein für fremde Religion? Es bleibt die Frage, auf welche Formen von religio die bei Marcian belegte Formulierung in erster Linie zu beziehen ist. Die oben (unter 3.) versammelten Argumente für die Annahme, bereits die lex Iulia habe eine Regelung zu religionis causa enthalten, beruhten teilweise auf den Ausnahmeregelungen für die Juden und ihre – aus römischer Sicht fremde – religio. In jüngerer Zeit ist die Ansicht vertreten wollen, die kaiserzeitliche religionis causa-Klausel habe besonders die in der Kaiserzeit florierenden, „orientalischen“ Kulte auf eine rechtliche Grundlage gestellt. B. Sirks jedenfalls nennt als Beispiele für religionis causa eingerichtete collegia die Anhänger des Mithras- und des Isiskultes, mit Einschränkungen auch die Christen.⁶⁴ Diese Deutung steht im Kontrast zu einer älteren, die den Satz gerade umgekehrt verstanden hat: Im Interesse einer Förderung der „Staatsreligion“ habe man unter die möglichen Begründungen für ein Genehmigungsersuch auch die religio aufgenommen, die dann natürlich notwendig traditionell-römische religio gewesen wäre.⁶⁵ Eine noch ältere Auslegung hatte wiederum das genaue Gegenteil behauptet: Marcians Hinweise zur religio bezögen sich selbstverständlich auf fremde Religion, denn zur Pflege der römischen habe man sich jederzeit und ohne rechtlichen Rahmen versammeln können.⁶⁶

 Entschärfen ließe sich diese Konsequenz dann, wenn man CCC als eine Versammlungserlaubnis für ein bereits bestehendes collegium auffasst, die dann religionis causa (in der konkreten Form der ludorum causa) erteilt worden wäre. Das ist aber nicht der Sinn, den die Versammlungserlaubnis in den (freilich späteren) Inschriften aus Gallien und Italien zu haben scheint.  Sirks (2006), 25.  Kayser (1873), 193.  Van Bynkershoek (1719), 244 f: „… nam de Romana [religione], eaque patria, admonere, quod ejus causa coire liceret, quid esset nisi nugas agere?“. Schumann (1723), 32 f bezieht die religionis

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Alle genannten Deutungen beruhen auf einem Verständnis des Textes, das sich von dem hier (unter 2.) entwickelten unterscheidet. Eine Durchsicht der epigraphischen Belege sowohl für Vereinsgenehmigungen als auch für die Organisation fremder Kulte kann daher einerseits als Testlauf für die hier unterbreitete Deutung dienen, andererseits aber auch die Frage klären, ob die Verbreitung fremder Religion im Westen tatsächlich mit der religionis causa-Regelung in Verbindung gebracht werden kann. Die weitaus meisten Belege für erfolgreich durchlaufene Genehmigungsverfahren scheiden dabei aus, da sie Berufsvereine oder, in wenigen Fällen, munizipale Institutionen wie neoi oder gerousia betreffen.⁶⁷ Wo das Konzept der utilitas publica problemlos anwendbar ist, braucht man nach einer Ausnahmeregelung für religio nicht zu suchen. Lässt man zweifelhafte Fälle wie die Ärzte von Pergamon beiseite,⁶⁸ fallen neben den bereits genannten cultores der Diana und des Antinoos aus Lanuvium als „religiöse“ Ausnahmen nur dendrophori und Augustales ins Auge. Bei den „Baumträgern“ handelte es sich um Personen, die in der Überlieferung mit der staatlichen Organisation des Mater Magna-Kultes verbunden werden.⁶⁹ In Inschriften erscheinen sie neben den fabri und centonarii als Teil der tria collegia einer Stadt; denkbar ist zudem, dass sie noch andere öffentliche Funktionen übernahmen.⁷⁰ Ein Relief aus Bordeaux scheint das Tragen eines Baumes

causa-Regelung zwar auf die patria religio, folgt aber van Bynkershoek immerhin soweit, dass er eine Duldung (aber auch eine Genehmigung?) von Isis- und Serapisvereinen konstatiert.  Eine Liste der inschriftlichen Belege für das genehmigte CCC (coire convenire conferre?) bietet Liu (2009), 105. Für Kleinasien vgl. Eckhardt (2016a), 156.  In einem Edikt Vespasians aus Pergamon (75 n.Chr.) wird den Ärzten und Erziehern (ἰατροί, παιδευταί und ἰατραλειπταί) nach der auf Herzig (1935) zurückgehenden Ergänzung eine Versammlungserlaubnis in Tempeln und die Asylie erteilt – FIRA I 73, Z. 13 – 15: ἐξὸν δὲ αὐτοῖς | [ἔστω καὶ συνόδου]ς ἐν τοῖς τεμένεσι καὶ ἱεροῖς καὶ | [ναοῖς συνάγειν ὅ]που ἂν αἱρῶνται ὡς ἀσύλοις. Diese Formulierung ist von Herzog mit der lex Iulia de collegiis verbunden worden; zuletzt hat auch Paz de Hoz (2015), 98 (und 102) darin eine Anerkennung sowohl der utilitas publica als auch der Existenz religionis causa von Ärzte- und Lehrervereinigungen erkennen wollen. Doch die bereits mit Blick auf die vermutete Rechtsgrundlage vorgenommenen Ergänzungen sind evident unsicher; vgl. (von Paz de Hoz nicht berücksichtigt) Hartke (1938), 510 f; Fischer (1979), 318 f. In jedem Fall würden sie nicht belegen, dass die Ärztevereinigungen religionis causa zugelassen wurden, sondern nur, dass ihnen gestattet wurde, in Heiligtümern zu agieren (und zu praktizieren?). Wie sich diese Erlaubnis zu etwaigen, von lokalen Autoritäten erlassenen Versammlungsverboten in Heiligtümern verhielte (z. B. SEG 57,1674 aus Patara, Z. 6 – 7: ἄλλωι δὲ μηθενὶ ἐξέστω συναγωγὴν | ποιεῖσθαι), wäre indes zu fragen.  Joh. Lydus de mens. 4,59.  Vgl. Ausbüttel (1982), 72– 77; Diosono (2007), 56 – 67. Vgl. CIL V 7881 (Cemenelum, erste Hälfte des 3. Jh. n.Chr.), Z. 13 – 14: colleg(ia) III | quib(us) ex s(enatus) c(onsulto) c(oire) p(ermissum) est.

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jedenfalls eher als Beschäftigung im Transportwesen denn als ein religiöses Ritual darzustellen.⁷¹ An einem Kultbezug der collegia dendrophorum muss nicht gezweifelt werden, zumal sie unter der Autorität der Quindecemviri sacris faciundis stehen konnten.⁷² Dass sie das ius coeundi aber religionis causa erhielten, ist nicht zu zeigen.⁷³ In jedem Fall unterlagen sie keiner Sonderregelung, sondern konnten aufgrund ihrer utilitas publica mit einer offiziellen Anerkennung rechnen. Ihre Verbindung mit Mater Magna macht sie überdies nicht zu Repräsentanten eines „fremden“ Kultes: Seit 204 v.Chr. war Mater Magna Teil des römischen Pantheons. Die dendrophori übten ihre Kultfunktion anlässlich der öffentlichen Feste (ludi Megalenses und Märzfest) aus, waren also eine Institution des Staatskultes.⁷⁴ Die Augustales fallen als Vertreter des Kaiserkults ebenfalls klar in den Bereich staatlich geförderter Religion. In Brixia beriefen sich die örtlichen Augustales vermutlich in einem Streitfall auf das ihnen von Antoninus Pius verliehene Recht, „eine Kasse zu haben“ (arcam habere), womit wohl auf die Zulassung als collegium licitum angespielt wird.⁷⁵ Ausdrücklich ist eine solche Zulassung für die Augustales von Liternum belegt, die im 2. Jh. n.Chr. eine Mitgliederliste mit ex SC Augustales creati ii qui in cultu domus divinae contul(erunt) überschrieben.⁷⁶ Der Kaiserkult konnte also eine causa sein, mit der sich die Anerkennung als legitime Körperschaft begründen ließ. Die Bezeichnung der Mitglieder als creati findet sich auch bei den Dendrophoren; sie legt – wie auch die Unterscheidung von Augustales corporati und anderen – nahe, dass die Augustales von der Stadt selbst

Auf dieser Grundlage hat Konstantin die Zusammenlegung von fabri, centonarii und dendrophori veranlasst: CTh 14,8,1 (315 n.Chr.).  So Diosono (2007), 66 mit Abb. 42.  CIL X 3699 (Puteoli oder Cumae), Z. 1– 2: Ex s(enatus) c(onsulto) dendrophori creati qui sunt | sub cura XVvir(orum) s(acris) [f(aciundis)]; vgl. van Haeperen (2012), 53.  Van Haeperen (2012), 54 nimmt für die dendrophori die religionis causa-Regelung in Anspruch, schreibt ihnen aber zugleich utilitas publica zu: „la religion étant civique, les fonctions qui s’y attachaient pouvaient être considérées d’intérêt public“. Die Formulierung ist allerdings nahe an der alten, von Bendlin (2005) überzeugend widerlegten Vorstellung, Religion sei an sich bereits als legitimer Zweck anerkannt gewesen.  Rieger (2008) betont, dass gerade die collegia dendrophorum und das Märzfest die einzigen Elemente sind, die überall dem stadtrömischen Kult nachempfunden werden, während ansonsten vor allem Diversität zu beobachten ist.  CIL V 4428: Pietati | Hostiliae | Hostilianae | VIvir(i) Aug(ustales) soci(i) | quibus ex permiss(u) divi Pii | arcam habere permiss(um) | primae bene merenti t(itulo) u(sa).  AE 2001, 853, 854; vgl. den Kommentar von Camodeca (2001). Ex SC findet sich nur im späteren Text (854), doch der frühere ist ansonsten identisch, dürfte also auf denselben Beschluss Bezug nehmen.

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ernannt wurden, also nicht als privater Verein verstanden werden sollten.⁷⁷ In jedem Fall war auch hier die Nützlichkeit der Institution kaum zweifelhaft; eine Ausnahmeregelung für Vereinsgründungen oder Versammlungen religionis causa musste man für solche Gruppen kaum schaffen. Wenden wir uns der „fremden“ Religion zu, ergibt sich zunächst ein evidentes Definitionsproblem. Die klassischen Positionen zu den „orientalischen Religionen“ in der Kaiserzeit sind oft und mit Recht kritisiert worden – auf ihnen aber beruht in aller Regel die Einordnung von Kulten als „fremd“.⁷⁸ Ohne hier ausführlich zu dieser Debatte Stellung zu nehmen kann indes festgehalten werden, dass auch in der Kaiserzeit einige Kulte bewusst als fremd und exotisch stilisiert wurden, selbst wenn sie, wie etwa im Falle des Mithraskultes, womöglich sogar in Rom oder Ostia entstanden waren.⁷⁹ Der folgende, keineswegs vollständige Überblick konzentriert sich daher auf einige Vertreter des klassischen Paradigmas „fremder“ Religion, ohne indes die traditionellen Annahmen zu den „orientalischen Religionen“ rehabilitieren zu wollen. Ein naheliegender Ausgangspunkt sind dabei die Kulte ägyptischer Gottheiten, die bereits im Hellenismus zu einer Vielzahl von Vereinsbildungen im griechischen Raum geführt hatten und an manchen Orten, etwa auf Delos, für die Mehrzahl der erhaltenen Vereinsinschriften verantwortlich sind.⁸⁰ Die traditionelle Erklärung, der zu Folge das hellenistische Vereinswesen überhaupt primär der Verbreitung fremder Religion gedient habe, ist zwar kritisch zu hinterfragen, doch für die Kulte ägyptischer Gottheiten, die etwa auch durch ptolemäische Händler und Söldner verbreitet wurden, ist sie grundsätzlich plausibel.⁸¹ Bereits  Creati bei den Dendrophoren: CIL X 3699 (s.o. Anm. 72). Der übliche Anwendungsbereich des Partizips ist die Ernennung von Staats wegen; vgl. etwa die lex Malacitana (FIRA I 24) und die lex Irnitana (AE 1986, 332) zu duumviri, aediles, quaestores und sacerdotes, ferner etwa CIL IX 422 zu quaestores oder AE 1978, 402 zu pontifices; auch AE 2000, 1000 (Bürgerrechtsverleihung?). Zu Augustales corporati und qui in corpore non sunt vgl. auch AE 2000, 344 aus Misenum mit dem Kommentar von d’Arms (2000), 132.  Vgl. besonders Auffarth (2008); zur forschungsgeschichtlichen Problematik Bendlin (2006); Versluys (2013).  Für einen Ursprung des Mithraskultes in Rom oder Ostia optiert etwa Clauss (1990), 31 f. Beck (1998a) plädiert dagegen für die Kommagene; auch Gordon (2007), 395 vermutet einen Zusammenhang mit der Reorganisation der Euphratgrenze unter den Flaviern; so dann auch Rüpke (2011), 134 f. Rubino (2006) geht auf Plut. Pomp. 24 und die kilikischen Piraten zurück. In jedem Fall verbreitete sich der Kult in der dann nahezu kanonischen Form wohl von Rom aus.  Vgl. den Überblick bei Vidman (1970), 66 – 76; zur Situation auf Delos zuletzt Baslez (2013); Steinhauer (2014), 51– 70.  Das Argument geht auf Foucart (1873) zurück; es beruht dort auf der Annahme, alle Vereinsgottheiten der griechischen Welt seien in Wahrheit interpretationes Graecae fremder Gottheiten. Berechtigte Kritik schon bei Poland (1909), 175, der aber am Erklärungsmodell (Vereine

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in republikanischer Zeit hatten sich Isisanhänger auch in Rom in Gruppen zusammengefunden und wohl in Form von Vereinen organisiert.⁸² Die gelegentlichen Vertreibungen von Anhängern der ägyptischen Kulte werden in den Quellen nicht mit bestimmten Organisationsformen in Verbindung gebracht, dürften aber in erster Linie solche Vereine betroffen haben: Die Maßnahmen waren schließlich darauf angewiesen, dass man Isisanhänger als solche erkennen konnte.⁸³ Ausschlaggebend war noch im Jahr 19 n.Chr. offensichtlich die Skepsis gegenüber fremder Religion.⁸⁴ Im weiteren Verlauf der Kaiserzeit wurden aber bestimmte Aspekte vor allem des Isiskultes von den Kaisern aufgegriffen und Teil der üblichen Formen staatlich organisierter Religion. Insbesondere das navigium Isidis erhielt einen Platz in den Festkalendern; die Beschreibung in den Metamorphosen des Apuleius gibt einen Eindruck vom öffentlichen Charakter des Kultes im Hafen von Korinth.⁸⁵ Vor diesem Hintergrund sind die Organisationsformen der ägyptischen Kulte in der Kaiserzeit zu verstehen. Sie vereinen nicht Anhänger einer fremden Religion, sondern sind zuständig für einen Aspekt des Staatskults. Das gilt jedenfalls für Nauarchen, Pastophoren und andere Priestergruppen.⁸⁶ Es trifft aber wohl auch auf die (nicht sehr häufig belegten) collegia Isidis und zumindest auf einige Gruppen von cultores bzw. θρησκευταί zu.⁸⁷ Die Aufnahme eines bereits in vor-

verbreiten fremde Kulte) festhält. Viele Belege kann man so nicht erklären. Zuletzt hat aber Steinhauer (2014) ohne Berücksichtigung dieser Forschungstradition dieselbe These vertreten.  Wohl aus der Zeit zwischen 90 und 60 v.Chr. stammt CIL VI 2247, eine Namensliste mit einem sacerdos Isidis, die von Takács (1995), 51– 56 als Hinweis auf ein collegium gewertet wird.  Zu den Vertreibungen vgl. Takács (1995), 56 – 70, 80 – 86; Scheid (2009), 173 – 176.  Suet. Tib. 36: Externas caerimonias, Aegyptios Iudaicosque ritus compescuit, coactis qui superstitione ea tenebantur religiosas vestes cum instrumento omni comburere; Tac. ann. 2,85 (superstitio).  Vgl. mit den Belegen Merkelbach (1995), 157. Zum Fest in Kenchreai siehe Apul. met. 11,8 – 17. Vidman (1970), 77 f diskutiert mit negativem Ergebnis die ältere These einer Identifikation des navigium Isidis mit den Neujahrsvota für die Kaiser; vgl. aber auch Salzman (1990), 173 f.  Vgl. zu ihnen Vidman (1970), 76 – 93. Die Aufnahme des Lucius in ein von Sulla gegründetes collegium pastophorum mit den dazugehörigen Konsequenzen für Haartracht und Kultaktivität schildert Apul. met. 11,30,4– 5; zur Funktion im Kult (wohl das Tragen eines Tuchs mit Götterbild bei Prozessionen) vgl. Bricault (2012), 92 f. In Arles sind die pastophori durch eine Sitzplatzinschrift im Amphitheater als Institution öffentlichen Ranges erkennbar (CIL XII 714).  Vidman (1970), 88: „Auch die typische Bezeichnung collegium ist nicht so häufig, wie man erwarten könnte“. Vgl. zu den Belegen im Westen auch Bricault (2012). CIL III 882 aus Potaissa nennt ein collegium Isidis; in einer Umgebung, in der ansonsten fast ausschließlich „governors and high-ranking imperial military personnel“ mit dem Isiskult in Verbindung zu bringen sind (Takács [1995], 203), ist der Status der Gruppe, die über einen pater und einen quaestor verfügt, innerhalb der Kolonie unklar. Auch CIL IX 3338 aus Samnium hat im abgebrochenen Teil einen

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römischer Zeit primär durch Vereine verbreiteten Kultes in den Kreis der von Kaisern geförderten und propagierten Kulte führte also zu Veränderungen der Organisationsform. Die typischen Bezeichnungen Σαραπιασταί, Εἰσιασταί oder ᾿Aνουβιασταί finden sich in römischer Zeit auch in der griechischen Welt nicht mehr.⁸⁸ Stattdessen verbreiteten sich Vereinigungen, die sicherlich – wie jedes Priesterkollegium – einen partiell privaten Charakter hatten,⁸⁹ deren gesellschaftliche Stellung und Legitimität jedoch mit dem jeweiligen Stadtkult eng verknüpft war. Die Möglichkeit von Nachahmungseffekten auf niederer Ebene – sowohl hinsichtlich der Terminologie als auch mit Blick auf einen priesterlichen Habitus – ist zwar grundsätzlich zu bedenken;⁹⁰ insgesamt aber drängt sich der Eindruck auf, dass für den größten Teil der belegten Isisgruppen eine Ausnahmegenehmigung religionis causa kaum notwendig gewesen wäre.

Mann genannt, qui fuit in coll(egio) Isid(is). Die Isiaci von Pompeii, die sich auch im Wahlkampf engagierten (CIL IV 787: Cn(aeum) Helvium | Sabinum aed(ilem) Isiaci | universi rog(ant)), sind nicht ohne weiteres als collegium mit formaler Organisation aufzufassen; vgl. dazu Liu (2008), bes. 64: „The Pompeian evidence implies that the tendency to form loose associations does not necessarily lead to formally structured collegia“; vgl. aber auch die berechtigte Kritik von Verboven (2016), 193 unter Hinweis auf eine lange bekannte, aber noch immer nicht publizierte Inschrift, die einen omnium collegiorum benemeritus nennt. Cultores bzw. θρησκευταί des Sarapis und der Isis finden sich in Philippi und Thessaloniki (I. Philippi II,1 54; 55; 134 = Pilhofer II² 252; 307; 311; IG X/ 2,1 192). Vgl. aus Thessalonike auch die θρησκευταὶ καὶ σηκοβαταὶ θεοῦ Ἑρμανούβιδος (IG X/2,1 220). Für Philippi ist eine Anbindung an den Stadtkult m. E. sehr wahrscheinlich (dazu näher an anderer Stelle); für Thessalonike ist sie etwa von Campanelli (2007), 127 postuliert worden. Zur jeweiligen Verbindung der Kulte mit einer römischen Elite vgl. Steimle (2008), 187– 189; Tsochos (2012), 109 – 111.  Überhaupt verschwinden die theophoren Bezeichnungen auf -σταί in römischer Zeit in manchen Regionen vollständig; in anderen werden sie durch das Auftauchen neuer Ordnungsmuster marginalisiert. Sie halten sich vor allem im Schwarzmeerraum, wie jetzt die neuen Funde aus dem Heiligtum der Meter Pontia im thrakischen Dionysopolis erneut demonstrieren: Noch im 3. Jh. n.Chr. waren hier ᾿Aττιασταί (und Νεομηνιασταί) offenbar in die Tempelverwaltung eingebunden; vgl. die vorläufige Publikation durch Sharankov (2013), 55 – 58.  Vgl. zur Verhältnisbestimmung von Priester- und anderen Vereinen Rüpke (2002); Várhelyi (2014).  Wenn das collecius Serapis et Iunonis in Bruttium einen Sklaven verewigt, ist an ein offizielles Priesterkollegium kaum zu denken (gegen Bricault [2012], 99 sehe ich keinen Grund, collecius zu collegia zu korrigieren und zwei Vereine zu postulieren; collegius ist ein öfter belegter Fehler und steht immer für collegium). Gleiches gilt wohl für CIL II 6004 (= II² 14.1, 6) aus Valentia (Sodalicium | vernarum | colentes Iside[m]) – wobei die Übertragung von Kultfunktionen auf Sklaven natürlich möglich ist. Várhelyi (2014), 255 stellt mit Blick auf andere cultores-Gruppen fest, dass „at least some voluntary religious associations offered their members an opportunity to enact a religious role with very similar markers to those that the priests of the public cults were known for“.

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Für die Kulte der ägyptischen Gottheiten, insbesondere der Isis, lassen sich gerade aufgrund ihrer Aufnahme in die städtischen Panthea begründete Aussagen zu Organisationsstrukturen und Öffentlichkeitsstatus treffen. Für andere Vertreter der „orientalischen Religionen“ gilt das oft nicht, da ein Großteil der vorhandenen Quellen für die Frage wenig ergiebig ist. Der Kult des Jupiter Dolichenus etwa ist fast ausschließlich aus Weihinschriften bekannt, die über die Organisation etwaiger Kultgruppen keinen Aufschluss geben. Schon diese Beobachtung lässt aber die Annahme, die Dolichenus-Anhänger hätten sich als collegia religionis causa organisiert, fragwürdig erscheinen. Die große Ausnahme bilden Inschriften aus dem Dolichenus-Heiligtum auf dem Aventin. Hier findet sich nicht nur die Bezeichnung der Kultanhänger selbst als „Brüder“ (fratres), sondern auch eine komplexere hierarchische Struktur, die an das organisierte Vereinswesen erinnert.⁹¹ Neben sacerdotes und lecticarii dei findet sich eine Grundunterscheidung zwischen patroni, candidati und colitores; ferner gibt es patres candidatorum sowie die Ämter des notarius, des scriba und des curator templi. Die Dolichenus-Verehrer vom Aventin waren offensichtlich in einer formalen Struktur organisiert. Der curator templi und die mehrfache Hinzufügung von huius loci weisen darauf hin, dass diese Struktur unmittelbar an das Heiligtum gebunden war. Es könnte sich also um ein collegium templi handeln, wobei der Begriff ebenso vermieden wird wie andere Begriffe aus dem Vereinsrecht. Im selben Dolichenum fand sich zwar auch die Weihinschrift eines collegiums, doch handelt es sich dabei um einen Verein von Marktaufsehern (metretarii), der „auf Befehl des numen des Jupiter Dolichenus“ Altäre für Sol und Luna errichtete.⁹² Der Status des Dolichenuskultes in Rom ist m. E. nicht sicher zu klären; da es aus dem ganzen Reich keine auch nur annähernd vergleichbaren Belege gibt, wäre in jedem Fall auch vor einer Generalisierung zu warnen. Auch der mit Jupiter Dolichenus gelegentlich verbundene Jupiter Heliopolitanus kann in der Regel nicht mit Vereinsstrukturen verbunden werden; auch hier gibt es allerdings eine gewichtige Ausnahme. In Puteoli besaß das corpus der Heliopolitani ein Grundstück, das nur von denjenigen zu nutzen war, die in cultu corporis waren.⁹³ Dass es sich dabei um den Kult des Jupiter Heliopolitanus handelte, darf man annehmen, auch wenn es nicht explizit gesagt wird; ebenfalls

 CCID 373, 375, 381; ausführlich diskutiert von Rüpke (2011), 41– 52.  AE 1938, 62 (= CCID 357).  CIL X 1579.

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aus Puteoli stammt eine Gruppe von berytischen cultores des Gottes.⁹⁴ In beiden Fällen handelt es sich ganz offensichtlich um die Organisation fremder Religion in der Diaspora. Auf eine offizielle Anerkennung durch den Senat weisen die Inschriften – anders als bei den örtlichen Dendrophoren⁹⁵ – nicht hin; für die erste Gruppe könnte man sie aus dem Grundbesitz des corpus erschließen. Sie wäre dann einer ethnischen Gruppe verliehen worden, analog zu den bereits behandelten Privilegien für Judäergruppen. Entscheidendes Kriterium wäre also nicht die Herkunft des Gottes, sondern der Mitglieder des corpus; es ginge nicht eigentlich um fremde Religion, sondern um von fremden Menschen – und nur von ihnen – aufgrund ihrer Fremdheit ausgeübte Religion. Da überdies eine offizielle Genehmigung nicht belegt ist, verbieten sich weitreichende Rückschlüsse etwa auf die religionis causa-Regelung. Von besonderem Interesse ist schließlich der Mithraskult. Dass die in Mithräen versammelten, teilweise auch in Listen bezeugten Mithrasanhänger als Kultvereine aufgefasst werden können, dürfte keine kontroverse These sein.⁹⁶ Interessanter ist die Frage, ob diese Vereine tatsächlich, wie immer wieder vermutet worden ist, auf breiter Basis als erlaubte collegia mit allen von den Juristen genannten Rechten anerkannt wurden. Erneut fehlen explizite Belege, wie man sie etwa für dendrophori und Augustales findet. Ein mögliches Argument hat man aber in der Mitgliederstruktur gesehen: Die zahlreichen Anhänger aus Militär und Reichsverwaltung hätten demnach ein Verbleiben des Kultes im Bereich der Illegalität undenkbar gemacht.⁹⁷ „Die cultores Mithrae […] besaßen als anerkanntes collegium juristische Rechte [sic]“⁹⁸ – nach dieser Argumentation wäre das nicht primär mit der Existenz einer religionis causa-Regelung zu verbinden, sondern

 CIL X 1634. Die Identität dieser Gruppe mit der vorgenannten ist theoretisch möglich; siehe auch Steuernagel (2004), 245. Die Herkunftsangaben (Berytus und Heliopolis/Baalbek) legen jedoch eher eine Unterscheidung nahe.  S.o. Anm. 72.  Vgl. etwa Beck (1992).  Vgl. Cumont (1913), 86: „Aucun texte ne nous apprend si l’existence de ces confréries fut tout d’abord simplement tolérée, ou si, ayant été reconnues par l’État, elles avaient dès l’origine obtenu le droit de posséder et de s’administrer. Toutefois, il est inadmissible qu’une religion qui compta toujours de nombreux adhérents dans l’administration et dans l’armée, ait été laissée longtemps par le souverain dans une situation irrégulière“. Ganz ähnlich Clauss (1992), 301: „Es ist allerdings kaum anzunehmen, daß Kult-Gemeinschaften, die früh über Anhänger in der Armee und in der staatlichen Verwaltung verfügten, lange in ungeordneten Verhältnissen blieben. Die Genehmigung als religio licita wird rasch erfolgt sein“. Clauss ordnet die Mithrasanhänger ebd. (300 – 302) in den Bereich der collegia und sodalicia ein; auf die fragwürdige Kategorie religio licita, die wohl eine Erfindung Tertullians ist, muss man dafür nicht zurückgreifen.  Rohde (2012), 249, die dafür auf Cumont und Clauss verweist.

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damit, dass Mithrasgruppen aufgrund der sozialen Zusammensetzung ihrer Anhängerschaft gleichsam systemrelevant waren („too big to fail“). Dennoch könnte man den formalen Rechtsgrund in Dig. 47,22,1 suchen und also die Mithrasgruppen der oben (unter 2.) entwickelten Deutung entgegenhalten. Ein kurzer Blick auf das epigraphische Material ist daher notwendig. Für die Verwendung von Vereinsterminologie zur Bezeichnung von Mithrasanhängern gibt es eine Reihe von Belegen, von denen allerdings nicht alle in unserem Kontext relevant sind. Wenn in Pax Iulia (Lusitania, heute Beja) ein sodalicium Bracarorum dem Mithras (?) ein Gebäude mit Krater weiht, ist der primäre Daseinszweck des Vereins wohl nicht der Mithraskult, sondern die Vereinigung von brakarischen Einwanderern.⁹⁹ In Sublavio weihte ein gewisser Valentinus einen Altar für Mithras und Sol im Gedenken an seinen Vater Secundio ex colleg(io). ¹⁰⁰ Richtig ist angesichts zahlreicher Parallelen für die Formulierung ex collegio sicher die Vermutung, dass der Vater als Mitglied eines legitimen collegiums erinnert wird; für die mittleren und unteren Schichten der Bevölkerung war schließlich die Mitgliedschaft in den offiziell anerkannten collegia ein nicht zu unterschätzender Statusgewinn. Unklar ist aber gerade deshalb, ob hier tatsächlich ein collegium des Mithras gemeint ist.¹⁰¹ Aus einem Mithraeum in Carnuntum stammt eine Altarweihung für Tran〈s〉itus; es handelt sich um einen weiteren Beleg für die in der Region häufiger zu findende Verehrung einzelner Erzählelemente des Mithraskultes. Verantwortlich zeichnet ein custos armorum, der den Altar in Erfüllung eines Gelübdes und „zu Ehren des collegiums“ errichtet hat.¹⁰² Auch hier muss man nicht an ein Mithras-collegium denken: Die Formulierung in honorem collegii begegnet in Carnuntum noch zwei weitere Male in ebenfalls militärischen Kontexten – in einem Fall stammt die Weihung sogar von einem ehemaligen custos armorum; jeweils fehlt aber der Mithrasbezug.¹⁰³ Das

 CIMRM 801bis; vgl. García y Bellido (1967), 34 f. Der Gott ist ergänzt: [Mithrae] D(eo) I(nvicto); üblich wäre, wie ebd. notiert, DIM oder SIM. Vgl. gegenüber dem dort gegebenen Text die Neuedition von Edmondson (1984) (= AE 1984, 465), die auf Mithras verzichtet: [S(oli)?] deo Invicto | sodaliciu(m) Braca|rorum st[u]dium sua in|pensa fecer[u]nt cum | cratera ti[tulum] dona|vit Messiu[s – l(ibertus)? Arte]mido|rus magis[t]er [d(e)] s(uo) f(ecit)(?). Vgl. zum ethnischen Charakter Edmondson ebenda. Clauss (1992), 286 f hat die Inschrift als (vermutlich) nichtmithräisch aus seiner Untersuchung ausgeschlossen. Aufgrund des Kraters hält Alvar (2008), 91 am Mithrasbezug fest.  CIMRM 730 (= CIL V 5082): D(eo) I(nvicto) M(ithrae) | et Soli Soci|o sac(rum) Valen|tinus Se|cundion(i)s | ob 〈m〉emor(iam) | patris sui | ex co〈ll〉eg(io) | v(otum) s(olvit) l(ibens) m(erito).  So Clauss (1992), 68.  CIMRM 1722 (= CIL III 4444): Tran〈s〉ito | G(aius) Cas(sius) Apro|nianus | c(ustos) a(rmorum) in ho(norem) col(legii) | [v(otum)] s(olvit) l(ibens) l(aetus) m(erito).  CIL III 4496: – – Ael(ius) Verissimus | pr(a)e(fectus) co(llegii) q(uin)q(uennalis) sc(h)o/[l](a)e Vari[an]o in | honorem col|[l]egi(i) posuit; CIL III 11189: pro salute dd(ominorum) nn(ostrorum)

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collegium des Gaius Cassius Apronianus dürfte daher im militärischen Bereich zu suchen sein. Auch in Rom ist nicht jeder angeführte Beleg überzeugend. Das in einer Weihung für Jupiter Optimus Maximus und Minerva belegte collegium sanctissimum quod consistit in praedis Larci Macedonis hat keine erkennbare Verbindung mit Mithras.¹⁰⁴ Doch es gibt auch deutlichere Hinweise. „Die Gewerbetreibenden vom Schweinemarkt“ weihten dem unbesiegten Sol Mithras „und seinem sodalicium“ eine Namensliste.¹⁰⁵ Ebenfalls aus Rom stammen eine Weihung für Sol Invictus „und sein sodalicium“ durch einen magister anni primi und einen decurio sowie ein Fragment, das offenbar ebenfalls eine Weihung für einen Gott „und sein sodalicium“ bezeugt.¹⁰⁶ Dieselbe Formulierung begegnet in Rom auch im Kontext des Silvanuskultes, dessen Organisation in offensichtlich legitimen collegia für Rom sehr gut bezeugt ist.¹⁰⁷ Zumindest eine Mithrasgruppe in Rom wurde also zumindest von einigen Beobachtern als sodalicium bezeichnet (nicht aber als collegium).¹⁰⁸ In Ostia schließlich waren die zahlreichen Mithräen in öffentliche Gebäude eingebunden, darunter auch die schola eines Berufs-collegiums. Die Inschriften zeigen, dass führende Mitglieder der anerkannten collegia sich im Mithraskult engagierten; zumindest ein Mithraeum führte zudem ein album sacratorum in Analogie zu den alba der collegia. ¹⁰⁹

Impp(eratorum) … to|tiusque domus divi|nae in honorem col[l(egii)] | conveter(anorum) L(ucius) Cass(ius) Flore|ntinus vet(eranus) leg(ionis) XIIII Gem(inae) | [[M[aximini]anae]] ex c(ustode) a (rmorum) | mag(ister) coll(egii) s(upra) s(cripti) devotu[s] | numini maie〈s〉tati.  CIMRM 331 mit dem Kommentar: „this inscription may refer to a Mithras-community“ (= CIL VI 404).  CIMRM 361 (= CIL VI 31046; spätes 2./frühes 3. Jh. n.Chr.): S[oli] I(nvicto) M(ithrae) | et sodalicio eius | actores de foro suario | quorum nomina | – – –.  CIMRM 519 (= CIL VI 717) – gegen Clauss (1992), 301 bezeichnet sich dort nicht M. Limbricius Polides als sodalicius des M. Aemilius Chrysanthus, sondern die Weihung gilt Soli Invicto … et sodalicio eius –; CIL VI 31047.  CIL VI 630: Silvano sacrum sodal(icio) | eius et Larum donum | posuit Ti(berius) Claudius Aug (usti) | lib(ertus) Fortunatus … Vgl. die Belege für Silvanus-collegia bei Dorcey (1992), 84 f. Auf eine rechtlich abgesicherte Stellung weist die ganze Terminologie (etwa allecti/allector oder auch der quinquennalis) ebenso hin wie die rechtliche Form der Übereignung in CIL VI 10231 oder die lex familiae Silvani AE 1929, 161.  Die Begriffe sind nicht völlig synonym; vgl. CIL VI 10231, Z. 8: Silvano et collegio eius sodalic(ii). Sodalicium bezeichnet eher eine „Gefolgschaft“. Man könnte sogar erwägen,Weihungen für einen Gott „und sein sodalicium“ mit Weihungen für „Dionysos und seinen Thiasos“ zu vergleichen; dann wäre sodalicium hier eine Bezeichnung für die göttliche und mythische Gefolgschaft des Gottes. Doch für diesen Wortgebrauch scheint es keine sicheren Parallelen zu geben.  CIL XIV 286 aus Portus.

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Doch lassen sich deshalb die Mithrasanhänger als collegiati und ihre Vereine als rechtlich anerkannte collegia auffassen?¹¹⁰ Die Amts- und Gruppenbezeichnungen, die erhalten sind, lassen diesen Schluss nicht zu. Letztlich geht die Argumentation auf Beobachtungen Cumonts zurück, doch die von ihm geschilderte, an die Organisation der offiziell anerkannten collegia angeglichene Struktur mithräischer sodalicia beruht auf fragwürdigen Annahmen. Insbesondere der Hinweis auf defensores, die – wie es ja den collegia licita nach Dig. 3,4,1,1 möglich war – die Körperschaft in Rechtsfragen und gegenüber der staatlichen Verwaltung vertreten haben sollen, führt ins Leere.¹¹¹ Auch die Annahme, die collegia des Mithras seien von Dekurionenräten geleitet worden, wäre zwar angesichts der gelegentlich belegten Gliederung legitimer collegia nach Dekurien ein starkes Argument, beruht jedoch auf fragwürdigen Quellen.¹¹² Für Rom und Ostia lässt sich noch am ehesten feststellen, dass die Mithrasanhänger Elemente der anerkannten collegia (etwa das album) aufnahmen, ohne jedoch – etwa durch die Selbstbezeichnung als collegiati – die Grenzen zu verwischen. Wenn aber die Mithrasanhänger keine collegia licita bildeten, weil sie eine offizielle Anerkennung entweder nicht anstrebten oder nicht für notwendig hielten, wie lässt sich dann ihr Rechtsstatus fassen? Man muss wohl sagen:

 So durchweg Rohde (2012), 249 – 261, die daher auch die Mithrasanhänger als collegiati bezeichnet.  Cumont (1913), 175 nennt als Beleg nur CIL VI 47 aus Rom (4. Jh. n.Chr.; CIMRM 369): D(eo) Arimanio | Agrestius v(ir) c(larissimus) | defensor | magister et | pater patrum | voti c(ompos) d(at). Auch de Robertis (1970), 327 hält Agrestius für den defensor eines legitimen corpus. Es handelt sich aber höchstwahrscheinlich um einen defensor civitatis; vgl. Clauss (1992), 302; Frakes (2001), 66 f.  Cumont (1913), 174 f. verweist auf CIL III 1154, 7728; VI 86; 717. Die Belege aus dem Donauraum sind untauglich: CIL III 1154 ist eine Weihung nicht für Mithras, sondern für Silvanus und Diana durch einen decurio. CIL III 7728 belegt einen de[curio?], der sacerdos creatus ist, es handelt sich also um einen städtischen decurio, der zum Mithraspriester ernannt wurde; vgl. Clauss (1992), 201. CIL VI 86 belegt einen Flavius Antistianus als pater patrum und de decem primis in einer Weihung an Cautes; ob die zehn primi ein Gremium des Mithraskults sind, ist unklar (dagegen etwa Rüpke/Glock (2005), 987). Der beste Beleg ist CIL VI 717: Der magister anni primi und der decurio in einer Weihung für Sol Invictus könnten Vereinsämter bekleiden. Das nimmt auch Clauss (1992), 301 an, der auf zwei weitere Weihungen für Oriens und Deus Invictus Mithras verweist, die von anderen Kultanhängern unter Hinweis auf den magister anni primi M. Aemilius Chrysanthus vorgenommen worden sind (CIL VI 556; VI 734). Das beweist aber nur, dass magister anni primi ein internes Amt (in einer Mithrasgruppe?) ist, was in Analogie zu den übrigen Belegen für die Formulierung ohnehin anzunehmen gewesen wäre. M. Limbricius Polides könnte mit dec immer noch auf seinen Status außerhalb des Vereins verwiesen haben. Angesichts der Vielzahl von Belegen für patres verblasst jedenfalls dieser eine, mögliche Beleg für decurio als Führungsposition im Mithraskult.

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Überhaupt nicht. Die Mithrasanhänger dürften tatsächlich in der oben (unter 2.) postulierten Grauzone operiert haben, und hierbei mag dann in der Tat die religionis causa-Regelung geholfen haben – freilich nicht in dem zu Beginn dieses Abschnitts referierten Sinn eines juristischen Freifahrtscheins, auch nicht im Sinne einer offiziellen Legitimation, sondern schlicht in der Weise, dass kein Anfangsverdacht auf illegitime Bildung von collegia bestand. Aus römischer Sicht waren die Mithrasgruppen – wie so viele andere auch – nach dieser Argumentation weder collegia licita noch illicita. Eine auf diese Dichotomie abstellende Beobachtung konnte es sich leisten, diese Gruppen zu übersehen. Ob dies so blieb, war abhängig nicht von Entwicklungen im Recht, sondern vom Verhalten der Mithraisten. Erst verdächtiges Verhalten hätte die staatliche Verwaltung dazu gezwungen, ihr coire und die Ausbildung formaler Strukturen als Gründung eines collegiums aufzufassen, das dann nur noch licitum oder illicitum hätte sein können. Angesichts der oft beobachteten Übereinstimmungen zwischen mithräischer und imperialer Ideologie¹¹³ und der Zusammensetzung der Mitgliedschaft wurde diese Gefahr offenbar nicht als realistisch angesehen. Die Mithrasanhänger speziell in Ostia operierten ohne Bedenken in der Öffentlichkeit. Die Imitation der Strukturen legitimer collegia (die selbst wiederum eine Nachbildung staatlicher Strukturen waren) ist beim Agieren in einem nicht direkt regulierten Feld zu erwarten und gelegentlich auch zu beobachten, doch es finden sich auch viele Eigentümlichkeiten, die man stolz nach außen trug. Die Unterscheidung der römisch-juristischen Perspektive von der Perspektive der Akteure (sowohl der Kultanhänger als auch der in der praktischen Verwaltung Beschäftigten) kann also womöglich erklären, warum die Zahl der tatsächlich offiziell anerkannten collegia relativ gering und das Verfahren offenbar auf bestimmte Vereinsformen beschränkt war. Es gab daneben andere Möglichkeiten, Ansätze zu formalen Strukturen zu entwickeln und sich vielleicht sogar collegium oder sodalicium zu nennen, ohne aus rechtlicher Sicht der licitum/illicitum-Dichotomie zu unterliegen. Derartige Gruppen wurden nicht als juristische Personen behandelt, doch für viele Fragen dürfte das ein zweitrangiges Privileg gewesen sein. Das oft bemühte Recht auf Besitz etwa dürfte kaum ein Problem dargestellt haben, denn auch wenn es nicht der Gruppe als solcher verliehen wurde, so blieb es doch den einzelnen Mitgliedern unbenommen. Wie bereits bei den Vereinen im Hellenismus ergaben sich also diverse Möglichkeiten für Mithrasanhänger, auch ohne Anerkennung als corpus gemeinsam ein Heiligtum zu

 Vgl. dazu etwa Christol (2006); Gordon (2007), 404.

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besitzen; es fehlte ihnen lediglich die juristische Absicherung im Auflösungsfall, die den Mitgliedern der collegia licita zur Verfügung stand. Unterhalb der durch die Klassifizierung als licitum etablierten Gruppe von Vereinen muss man demnach mit zahlreichen Vereinigungen rechnen, die auf verschiedenen Wegen und mit teils mehr, teils weniger entwickelten formalen Strukturen die Einordnung als licitum oder illicitum vermieden. Die Grenzziehungen dürften partiell fließend, nie jedoch bedeutungslos gewesen sein. Von diesem Arrangement profitierten viele – die römische Verwaltung, die an der Illusion lückenloser Kontrolle festhalten konnte, ohne erhebliche Ressourcen in diese Kontrolle zu investieren; die Anhänger fremder und anderer Kulte, deren Organisationsformen zu unbedeutend waren, um in ein Anerkennungsverfahren einzutreten; schließlich die lokalen Eliten, die für ihr prestigeträchtiges Engagement ein möglichst großes Angebot von akzeptablen Organisationen benötigten. Und doch muss es auch Kontexte gegeben haben, in denen die Unterscheidung zwischen einem juristisch anerkannten collegium und einer sich lediglich religionis causa versammelnden Gruppe von größerer Bedeutung war, als das die Belege für „fremde“ Kulte speziell in Rom und Ostia suggerieren. Ein mögliches Beispiel führt noch einmal zurück zum Mithraskult. Eine 1994 veröffentlichte Bronzetafel aus Virunum enthält eine in mehreren Stufen ergänzte Namensliste, die wie folgt überschrieben ist: D(eo) I(nvicto) M(ithrae) pro salute Imp(eratoris) [[[Commodi]]] Aug(usti) Pii | qui templum vii (!) conlapsum impendio suo restituerunt | et mortalitat(is) causa convener(unt) | Marullo et Aeliano co(n)s(ulibus) VI K(alendas) Iulias Für den unbesiegten Gott Mithras, zum Heil des Imperator Commodus Augustus Pius. Diejenigen, die den durch Gewalt eingestürzten Tempel auf eigene Kosten wieder aufgebaut haben, und die der Sterblichkeit wegen zusammengekommen sind am sechsten Tag vor den Kalenden des Juli, im Konsulat des Marullus und des Aelianus (26. Juni 184 n.Chr.).¹¹⁴

Der Hinweis auf die Versammlung im Juni 184 ist ebenso wie die meisten Namen nachträglich hinzugefügt worden; aufgrund des Imperator-Titels des Commodus lässt sich der Wiederaufbau des Tempels wohl in das Jahr 183 datieren.¹¹⁵ Bald nach der Einweihung des Baus wurde also das Verzeichnis derer, die ihn finanziert hatten, um die Namen derjenigen ergänzt, die an einer Versammlung mor-

 AE 1994, 1334. Die Inschrift ist mit ausführlichem Kommentar von Piccottini (1994) veröffentlicht worden.  Vgl. Piccottini (1994), 15.

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talitatis causa teilgenommen hatten; alle weiteren Namen wurden (wohl bis in das Jahr 201) dann ebenfalls unter dieser Überschrift verzeichnet.¹¹⁶ Was den Anlass zur Versammlung gab, ist unklar. Mortalitas hat man als Bezeichnung für eine Seuche verstehen und mit der antoninischen Pest verbinden wollen, doch ein abstrakteres Verständnis ist gerade im Mithraskult und aufgrund der zeitlichen Nähe zur Sommersonnenwende plausibel.¹¹⁷ Hier interessant ist eine andere Beobachtung. Obwohl die Bronzetafel in der Literatur durchgehend als Mitgliederliste (album) angesprochen wird¹¹⁸ und durch die regelmäßige Hinzufügung von Namen (und Markierung von Verstorbenen) auch genau diesen Eindruck erweckt, ist sie dies laut eigener Aussage gerade nicht. Sie verzeichnet im Gegenteil Menschen, die an zwei einmaligen Ereignissen teilgenommen haben, nämlich an einer Spendensammlung für den Wiederaufbau des Tempels und, wohl im Folgejahr, an einer Versammlung mortalitatis causa. Da die Tafel de facto als Mitgliederliste fungiert zu haben scheint, ist der Verzicht auf eine entsprechende Kennzeichnung – bzw. sogar die Behauptung des Gegenteils – erklärungsbedürftig. Rechtsfragen könnten dabei durchaus eine Rolle spielen. Man muss davon ausgehen, dass das Municipium Claudium Virunum ein Stadtgesetz besaß, in dem Fragen der öffentlichen Ordnung nach einem weitgehend standardisierten Muster geregelt waren. Der Überlieferungszufall hat unsere Kenntnis des Phänomens bisher weitgehend auf die Baetica beschränkt; die unlängst publizierten Fragmente von Stadtgesetzen aus dem Donauraum zeigen aber, dass noch in antoninischer Zeit und auch in dieser Region derartige leges auf Bronzetafeln veröffentlicht wurden.¹¹⁹ Das Problem einer eventuellen Vereinsgründung wird sowohl in der lex Ursonensis als auch in der lex Irnitana explizit behandelt.¹²⁰ Die flavische Version aus Irni ist dabei terminologisch differenzierter als die auf Caesar

 So Piccottini (1994), 26 f.  Piccottini (1994), 22 übersetzt mortalitas mit „Seuchensterben“; für ein abstrakteres Verständnis optiert Beck (1998b), 336 f.  Etwa Gordon (1996); Huld-Zetsche (2001), 346; Beck (2006), 184; Ascough (2007), 95; Rohde (2012), 250 Anm. 970.  Relativ umfangreich sind die Fragmente des Stadtgesetzes aus Troesmis in Moesia Inferior (177– 180 n.Chr.); vgl. Eck (2013); Cîrjan (2016). Nur wenige Bruchstücke belegen jetzt ein trajanisches Stadtgesetz für Ratiaria in Dakien: Eck (2016). Lange bekannt (und umstritten) sind die Fragmente aus Lauriacum in Noricum. Vgl. zu den Stadtgesetzen allgemein Galsterer (2006), dort 48 f zu Lauriacum.  FIRA I 21 Kap. 106: quicumque colonus coloniae Genetivae erit, quae iussu C. Caesaris dictatoris deducta est, ne quem in ea colonia coetum conventum coniurationem; AE 1986, 332 Kap. 74: de coetu sodalicio collegio. ne quis in e[o] municipio coetum facito, neue sodalici[um] conlegiumue eius rei causa{m} habeto, neue habeatur coniurato, neue facito quo quid earum rerum fiat.

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zurückgehende Fassung aus Urso; beide Regelungen sind jedoch äußerst restriktiv. Angesichts der Parallelen zwischen den spanischen leges und den neuen Fragmenten aus Troesmis ist die Vermutung plausibel, dass auch der Vereinsparagraph üblicher Bestandteil der Stadtgesetze war. Das bedeutet nicht, dass es in coloniae und municipia keine Vereine gab.¹²¹ Es handelt sich aber bei den dort belegten Gruppen in der Regel um Vereine derselben, der römischen Ordnung förderlichen Art: „Vereine junger Männer“ (collegia iuvenum), in denen angehende Repräsentanten der lokalen Elite in einem eng an die städtischen Strukturen angebundenen Rahmen lernten, sich zu organisieren; Organisatoren des Kaiserkults wie die Augustalen- und Larenvereine; ferner Handwerkervereine, die gelegentlich zu öffentlichen Aufgaben herangezogen werden konnten. All diese Vereine lassen sich kaum als rein private Organisationen begreifen. Sie waren entweder selbst Teil des institutionellen Inventars der Städte, wurden auf staatliche Initiative hin gegründet, oder wurden durch die Anerkennung als legitime collegia als eigenständiges Gemeinwesen von öffentlichem Nutzen behandelt. Im epigraphischen Befund von Virunum sind denn auch ausschließlich die drei genannten Vereinskategorien vertreten.¹²² Das wirft die Frage auf, wie sich die Mithrasanhänger und ihr Tempel in diesen Rahmen einordnen lassen. Hier könnten nun die oben vorgeschlagenen Überlegungen weiterhelfen. Es könnte die Unterscheidung zwischen der Gründung eines collegiums und einer Versammlung religionis causa gewesen sein, die die Mithrasanhänger von Virunum dazu veranlasste, ihre Mitgliederliste lediglich als Verzeichnis von Teilnehmern an einer Versammlung mortalitatis causa auszugeben. In einem Kontext, der – soweit ersichtlich – nur bestimmten Vereinsformen ein legitimes Dasein ermöglichte, beriefen sich die Mitglieder der lokalen Mithrasgruppe nach dieser Erklärung auf die juristisch geregelte Möglichkeit, eine Einordnung als collegium (licitum oder illicitum) zu umgehen. Indem sie dies in einem Text taten, der de facto als Mitgliederliste fungierte, testeten sie zugleich die Grenzen aus, die diesem rechtlichen Konstrukt wenn nicht generell, so doch an diesem Ort und zu dieser Zeit gesetzt waren. Geschadet hat ihnen dieses Vorgehen offenkundig nicht: Eine spätere, auf Stein veröffentlichte Liste scheint im Gegenteil zu zeigen, dass die Gruppe zu Beginn des 3. Jh. n.Chr. so groß geworden war, dass sie sich

 Vgl. am Beispiel von Korinth Eckhardt (2016b).  Belegt sind die iuvenes collegii Manliensium (CIL III 4777; 4778), ein collegium Larum (CIL III 4792), die collegiati subaediani (AE 1993, 1245) und eine weitere (?) Gruppe von [collegiat]i (ILLPRON 611).

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aufteilte und ein Teil der Mitglieder – wie es im Mithraskult wohl häufiger geschah – eine neue Gruppe gründete.¹²³ Wie stark dieser Vorgang vom militärischen Charakter Virunums und dem Engagement hochgestellter Personen für die Bewahrung der lokalen Mithrasheiligtümer abhing, ist angesichts fehlender Parallelen schwer zu beurteilen. Immerhin bietet aber das vermeintliche album von Virunum einen Einblick in die Möglichkeiten, die sich aus der hier vertretenen Interpretation von Dig. 47,22,1 ergeben. Anlass zu einem triumphierenden Fazit geben die hier präsentierten Überlegungen kaum. Am ehesten lässt sich festhalten, dass einige Positionen, die in jüngerer Zeit zum Rechtsstatus von Mithrasgruppen und anderen Vereinigungen vertreten worden sind, auf fragwürdiger Quellenbasis stehen. Eine allgemeine Anerkennung von Vereinen – ob für Mithras oder andere Götter – religionis causa hat es nicht gegeben; hier ist sogar die Ansicht vertreten worden, dass das mutmaßlich seit caesarischer oder augusteischer Zeit in die Vereinsgesetzgebung aufgenommene religionis causa coire sich gar nicht auf Vereinsbildungen, sondern nur auf Versammlungen bezieht, die gerade nicht zur Bildung von Vereinen führen sollen. Gleichzeitig war aber zu zeigen, dass in dem so geschaffenen Zwischenraum zahlreiche Gruppen entstanden, die aus heutiger Perspektive wesentliche Kennzeichen eines Vereins haben. Die Perspektive der Juristen läuft letztlich darauf hinaus, dass nur das ein Verein ist, was von römischen Verwaltern so genannt wird; das können wir mit Recht anders sehen, doch man darf eine moderne, breitere Vereinsdefinition nicht gegen die Juristentexte ausspielen, wenn man den Rechtsstatus antiker Gruppen erfassen möchte. Dennoch kann man annehmen, dass die Erschaffung eines Freiraums für vereinsloses coire, der die Verwaltung von der unmöglichen Aufgabe befreite, an jedem Ort des Reiches jede Versammlung zu kontrollieren, bereits in der Antike nicht jedem Beobachter als zufriedenstellende Lösung erschien. Hier ließe sich der von Cassius Dio geschilderte Rat des Maecenas einordnen, fremde Kulte einfach ganz zu verbieten: wenn man sogar mehrmals im Monat ein coire religionis causa zulässt, entstehen die Hetairien von allein. Inwiefern die oft vermutete und mit Blick auf die juristische Überlieferung nicht unplausible Systematisierung des Vereinsrechts in severischer Zeit, vor deren Hintergrund man ja auch Dio lesen könnte, noch einmal zu einem Wandel auf diesem Gebiet geführt hat, lässt sich den Inschriften kaum entnehmen. Viele sind nur grob ins zweite

 Das schließt Piccottini (1994), 44– 51 wohl zurecht aus einer fragmentarischen Namensliste, die erhebliche Übereinstimmungen mit der Bronzetafel aufweist.

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oder dritte Jahrhundert zu datieren, und die wichtigsten Auswirkungen würden überdies in eine Zeit fallen, in der die Zahl der Inschriften allgemein stark rückläufig ist. Potential für eine „Transformation“ von Religion liegt in diesem Gedanken allerdings durchaus. Sollte tatsächlich – trotz Beibehaltung der coireRegelungen – um ca. 200 n.Chr. eine Entwicklung begonnen haben, die immer mehr Gruppen dem licitum/illicitum-Schema unterwarf, würde das nicht nur zum generellen Eindruck zunehmender Verrechtlichung und Zentralisierung im späteren 3. Jahrhundert passen. Es würde auch erklären, wie man von dem geschilderten System des freiwilligen Ersuchens um Anerkennung zu den zumindest in einigen Berufsfeldern bestehenden Zwangskorporationen der Spätantike kommt. Das Vereinswesen der späteren Rechtsquellen ist dann fast ausschließlich legitimes (und obligatorisches) Berufsvereinswesen. Hier wäre dann erneut nach dem Status etwa des Mithraskultes am Vorabend der Christianisierung zu fragen. Und schließlich wäre die Anerkennung des Körperschaftsrechts der Christen in diesen Kontext zu stellen. Doch die sich hier ergebenden Fragen können womöglich an anderer Stelle geklärt werden.

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Meret Strothmann

Überlegungen zum Feriale Cumanum Zur kommunikativen Nähe einer mittelitalischen Inschrift zur Herrschaft des Augustus

1 Einführende Bemerkungen Im Transformationsprozess paganer Religion in der römischen Kaiserzeit nehmen Kalenderaufzeichnungen in Form von Fasti und Ferialia eine Schlüsselstellung ein. Sie sind nicht nur direkter Ausdruck gelebter Religiosität, an ihnen lassen sich auch Wandlungs- und Adaptionsprozesse religiöser Grundmuster aufzeigen. Das liegt zum einen daran, dass durch das Anlegen von Kalendern Intentionen sakraler Tätigkeit, vor allem die Einführung von Neuerungen, innerhalb einer vertrauten Matrix einer breiten Schicht vermittelt werden können, auf der anderen Seite lassen sich Kalender gut für die individuelle Ausgestaltung von Sakralität verwenden, indem an ausgesuchten Stellen Ergänzungen oder Auslassungen vorgenommen werden. Dabei bietet der Bezugsrahmen des Kalenders wie kein anderes Medium die Chance, individuelle wie kollektive Vorstellungen gezielt aufzugreifen, zu registrieren, entsprechend zu modifizieren und schlussendlich zu präsentieren. Neu aufgenommene Anlässe für Feiern konnten so zwanglos mit einem bestehenden bekannten Gerüst verknüpft werden. Der Ort der Anbringung ermöglichte zudem die Zuordnung zu einem bestimmten Kontext. Im vorliegenden Beitrag versteht sich der Kalender nicht als starres Medium im Sinne eines Gegensatzes zur tagespolitisch ausgerichteten Münzprägung, sondern komplementär dazu als vielseitiges und vielschichtiges Instrumentarium zur Aufnahme auch aktueller Anlässe. Die These der aktiv gelebten Religiosität, die sich in festen Zeichen und Symbolen spiegelt, dabei jedoch nach Bedarf absolut anpassungsfähig zeigte, soll im folgenden auf die römischen Kalenderaufzeichnungen angewandt werden. Sie bieten strukturierte Übersichten über die Feste für ein ganzes Jahr und scheinen durch ihre Präsentation in Stein und in monumentaler Größe gerade zu als Felsen unverrückbarer Riten Sicherheit zu gewährleisten, zudem bergen sie ein hohes Standardisierungspotential. Der Diskurs zwischen Angebot und Akzeptanz religiöser Neuerungen lässt sich hier sehr klar greifen. Es überrascht kaum, dass die römischen principes davon besonders Gebrauch machten und sich die neue Form des Kalenders als Ferialia vor allem in der Kaiserzeit finden lässt. Mit den Behttps://doi.org/10.1515/9783110561036-007

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stimmungen zu den Kaiserfesten und Einfügungen von persönlichen Daten der Kaiser in den Kalendern sowie der Abfassung eigens dafür angelegter Ferialia gewinnt Religion eine neue Qualität und wurde erstmals umfassend mit Elementen individueller Religiosität ausgestattet. Mit der Orientierung auf den Prinzeps wird ein Muster zur Identifikation mit Rom angeboten, da Feste zu Ehren des Kaisers in sehr vielen Städten des Reiches Verbreitung fanden – hier konnten die Städte im Lauf des Prinzipats eine Rangfolge der von ihnen favorisierten Kaiser entwickeln – was besonders den lokalen Oberschichten Spielraum zu persönlicher Ausgestaltung von Religiosität gab. Abgrenzungs- oder Aggregationsprozesse konnten so auf städtischer wie regionaler Ebene in Gang gesetzt werden. Religion wurde unter personalem Vorzeichen neu organisiert und umgesetzt. Günstige Ausgangsbedingungen für Religion als Ausdrucksform einer solch individualisierten Orientierung auf den Herrscher boten zunächst Städte und Gemeinden, die unter griechischem sowie hellenistischem Einfluss standen. Hier war es möglich, das Jahr fast in Form einer kosmischen Ordnung auf die Herrscherfeste auszurichten, wie es im Feriale der griechisch geprägten Gemeinde Cumae¹ sichtbar wird, das sich durch seine konzentrierte Struktur auf personale Herrschaft als Untersuchungsgegenstand besonders anbietet. Seit den Untersuchungen John Scheids² zum Wesen römischer Religion wissen wir, dass römische Religiosität weniger ein bedeutungsstumpfes und wiederholbares Ritual bedeutet, sondern von lebendiger innerer Dynamik geprägt ist. Dabei spielen die sichtbaren Rituale eine zentrale Rolle, allerdings mehr als visualisierter Ausdruck einer inneren Haltung denn als beliebig wiederholbarer religiöser Akt. So bilden seine Ergebnisse im Blick auf gelebte Religiosität auch im vorliegenden Beitrag eine zentrale Rolle zum Verständnis von Religionspraxis, die durch die Bestimmungen des Feriale Cumanum dargestellt wird. Eine solide Grundlage für die Kaiserfeste bietet immer noch Peter Herz mit seiner Studie.³ Zum römischen Kalender liegen einschlägige Untersuchungen von Jörg Rüpke vor, auf die sich auch der vorliegende Beitrag wesentlich stützt,⁴ für ältere Abhandlungen zum Kalender ist auf Scullard⁵ und Michels⁶ zurückzugreifen. Mit dem Werk von H. Benario verfügen wir über eine ältere sehr knapp gehaltene Spe-

 CIL I, S. 310 = CIL X 8375, auch in ILS 108.  Scheid (1998).  Herz (1978), vgl. auch die Einzeluntersuchungen in der Dissertation zum Thema Herz (1975); Herz (1993) zu einer Inschrift aus Messene SEG 23,206; Herz (1995); Herz (1997); zur Bedeutung des Kaiserkultes im Festkalender vgl. Herz (2003).  Allen voran Rüpke (1995a). Ebenso auch Rüpke (2006); Rüpke (2008); Rüpke (2012).  Scullard (1981).  Michels (1967).

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zialstudie zum Thema.⁷ Wichtige Impulse lieferte der Beitrag von Ralf Behrwald,⁸ eine neue allgemeine Untersuchung zum Thema hat Udo Scholz vorgelegt.⁹

2 Der augusteische Prinzipat – eine personalisierte Form der Herrschaftsordnung Die Zunahme von inschriftlichen Zeugnissen in der römischen Kaiserzeit wird auch in der Anzahl kalendarischer Aufzeichnungen greifbar. Die römischen Kaiser standen unter einem hohen Legitimationsdruck, ihre Leistungen sollten an möglichst vielen Stellen sichtbar werden, denn mangelnde Transparenz konnte leicht Akzeptanzverlust zur Folge haben. Stärker noch als unter den Konsuln war für den Kaiser der Staat eine res publica, in deren Öffentlichkeit er sich ständig zu bewähren hatte. An den Parametern Abkunft und Leistung, die den Stand in der Gesellschaft bedingten, musste sich auch der römische Kaiser messen lassen. Dies stellte ihn unter Zugzwang, seine Erfolge und seine Familie in neuem Ausmaß der Öffentlichkeit zu präsentieren. Unter besonderem Druck stand hier die Herrscherfamilie, die in völlig neuem Umfang unter Beobachtung der Gesellschaft stand. Das betraf jetzt auch die weiblichen Mitglieder der Familie und in verstärktem Umfang auch die Nachkommen. Eine Privatsphäre konnte sich die kaiserliche Familie nicht erlauben, ganz im Gegenteil. Auch private Belange, die in der Zeit der römischen Republik noch überhaupt keine Rolle spielten, gewannen jetzt für die Öffentlichkeit an Bedeutung. So fanden Geburtstage und Hochzeitstage Eingang in öffentlich zugängliche Dokumente und beherrschten diese sogar zuweilen. Mit dem ersten Prinzeps gewinnt das Element der personalisierten Herrschaftsordnung eine neue Qualität, das sich in der Orientierung auf den Prinzeps und seine Angehörigen manifestiert. Erst jetzt konnte die Gesundheit des Prinzeps zum Anliegen der gesamten Bevölkerung avancieren. So wurden die vota pro valetudine rei publicae zu vota pro salute Caesaris, die vom 3. auf den 1. Januar, den Jahresbeginn, vorverlegt wurden. Darin zeigt sich eine weitere Konzentration auf die Person des Herrschers: das Wohl des staatlichen Gefüges war untrennbar mit seinem eigenen verbunden. Ob ein gutes Jahr anbrechen sollte, hing von der Gesundheit des Kaisers ab. Zudem wurden die Römer zum ersten Mal mit dem Phänomen der unbefristeten Herrschaft konfrontiert, die Augustus erstmalig in seinem Tatenbericht auch so zu benennen wagte. Mit der Benutzung der Wen-

 Benario (1962).  Behrwald (2009).  Scholz (2011).

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dungen ante me principem,¹⁰ me principe ¹¹ oder priusquam nascerer ¹² stand die Herrschaft auf Dauer außer Frage, der Augustus während seiner Regierungszeit stets die jährliche Legitimation durch die Übertragung der tribunicia potestas entgegensetzte. So versuchte Augustus einerseits, mit seinem Leistungsbericht zu zeigen, dass er den Anforderungen voll entsprach und damit dem Leistungsparameter gerecht wurde. Wie wichtig immer noch die Abkunft war, spiegelt sich in den Anstrengungen des Augustus, Caesar als seinen Adoptivvater zu vergöttlichen, sich dann auf ihn zu berufen und in der Folge auch verantwortungsbewusst die Herrschaft an die fähigsten Nachfolger weiterzugeben. In seinem Tatenbericht spielen entsprechend die präsumptiven Nachfolger eine zentrale Rolle, völlig unabhängig davon, dass sie zum Zeitpunkt der Abfassung des Ferialie Cumanum und auch weiterer Münzprägung bereits verstorben waren. Dies betrauert er heftig im Kapitel 14 seines Tatenberichts, indem er hier von der grausamen Fortuna spricht, die ihm seine Söhne entriss. Auch Emotionalität spielt in der neuen Herrschaft demnach eine Rolle. In einem weiteren Beispiel erlaubte er einen Hain, nemus Caesarum ¹³ zu benennen und spricht von den Enkeln als Anführer der Ritterjugend. Die Etablierung einer Dynastie mit einem Herrscher an der Spitze, der dafür vorgesehen war, wird in diesen Ausführungen des Augustus greifbar. Es galt nun, die personalisierte Form der Herrschaft, inklusive der kosmischen Note der Vorherbestimmung und Verknüpfung des Herrscherwohls für die Allgemeinheit sichtbar und transparent zu machen. Die schicksalhafte Verbindung der familia des Augustus mit der Herrschaft über die res publica unterstand der ständigen Prüfung und musste an möglichst vielen Stellen offenbar werden. Als Transmitter solcher Botschaften waren Inschriften und Münzen geeignet, die weite Verbreitung finden konnten. Inschriftliche Aufzeichnungen waren auch bei Nichtlesern in der Lage, ein Bild zu erzeugen. Die äußere Form der Mitteilung spielt hier eine entscheidende Rolle, sie kann Ordnung und Geschlossenheit symbolisieren. Mittels Inschriften war der Sender in der Lage, auch über etwas komplexere Zusammenhänge zu unterrichten und Inhalte leicht modifiziert für die jeweiligen Adressaten in politisch ganz unterschiedlich geprägten Stadtgemeinden zu präsentieren. Der Reiz der Inschriften liegt in der Kombination wiedererkennbarer Inhalte mit Neuerungen. Tradition und Innovation begegnen sich in der Überlieferung der Inschriften zwanglos und können regional übergreifend

 Res Gestae Kap. 30. Augustus, Res Gestae Divi Augusti, lat. gr. und dt von Ekkehard Weber, 4. Aufl., München und Zürich 1985.  Res Gestae Kap. 32.  Hier verweist er darauf, dass vor seiner Geburt der Janustempel nur zweimal geschlossen wurde, res Gestae Kap. 13.  Res Gestae Kap. 15.

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Identitäten stabilisieren bzw. Potential mobilisieren. Besonderen Erfolg versprachen hier kalendarische Aufzeichnungen wie Fasti und Ferialia, da sie die politische Ordnung spiegeln konnten und den Herrschern hier ihren Platz zuwiesen.

3 Festkalender als Ausdruck sakraler Praxis Die neue Ordnung der Herrschaft bot in ihrer personalen Ausgestaltung eine ganze Reihe von Möglichkeiten von Repräsentation und individueller wie kollektiver Akzeptanz. Dabei war es wichtig, einen Rahmen vorzugeben, innerhalb dessen Herrschaft dargestellt, legitimiert und kommentiert werden konnte. Hier verstehen sich Fasti und Ferialia als gestaltete Kommunikationsangebote an die Gesellschaft. Durch ihre Monumentalität boten sie ein stabilisierendes Element in der Herrschaft, wobei ihnen trotzdem eine enorme Anpassungsfähigkeit und Modifizierungsmobilität zu eigen war. Augustus nutzte diese Medien in starkem Umfang und setzte damit einen Prozess der ständigen Überprüfbarkeit von Herrschaft in Gang. Er setzte sich und seine Familie der ständigen Rechenschaftspflicht aus und geriet so in Zugzwang, Leistungen zu dokumentieren und vielfältig darauf zu verweisen. Der Aushandlungsprozess um die Akzeptanz seiner Herrschaft erforderte direkte Maßnahmen und „anwenderorientierte“ Umsetzung. Wie kein anderer vor ihm war Augustus gezwungen sich über lokale Gegebenheiten und Grundbedingungen kundig zu machen um auf sie einzugehen und sie zu berücksichtigen. Dazu war es nötig Angebote zu schaffen, die Reaktionen von Seiten der Bürger bzw. Einwohner der Städte hervorrufen mussten. Um die Stimmung vor Ort zu erfahren eigneten sich Kalender viel mehr als z. B. die Emission bestimmter Symbole auf Münzen. Kalender boten ein Instrumentarium, das den Kaiser direkt vor Ort über seine Position innerhalb der jeweiligen Gesellschaft informieren konnte. Mit Augustus gewannen inschriftliche Zeugnisse noch stärker den Charakter von aktuellen Medien und machten gleichzeitig Aktionen des Kaisers angreifbar, da sie mit ihrer Präsentation in die öffentliche Diskussion gebracht wurden. Sie spiegeln sehr stark den Charakter der Interaktion lokaler Behörden und sogar die Ideen einzelner lokaler Oberschichten. Es überrascht wenig, dass die Kaiser nach Augustus dieses Mittel längst nicht mehr so intensiv nutzten und die Kalenderproduktion unter Augustus einen Spitzenwert erreichte. Die unter Augustus geforderte Transparenz wurde unter seinen Nachfolgern zugunsten standardisierter Aufzeichnungen wieder aufgegeben. Damit verloren die Kalender rasch ihre politische Relevanz und ihren aktuellen Aussagewert. Doch der erste Prinzeps näherte sich dem Kalender mit einer gewissen Systematik. Zunächst muss kurz auf die Unterschiede zwischen Fasti und Ferialia verwiesen werden. Hier ist Jörg Rüpke zu folgen, der in der Funktion

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zwischen Fasti¹⁴ und Ferialia scharf trennt. Er konstatiert, dass Fasti nicht der Steuerung von Kulten dienen können, da sie auch in großer Entfernung immer Bezug auf die Hauptstadt nehmen und vereinheitlichte Daten präsentieren. Demgegenüber werden in den Ferialia speziell kompilierte Listen wiedergegeben, deren Einträge zwar dem Lauf des Jahres folgen, aber nur ausgewählte Termine referieren.¹⁵ Insgesamt wurde der römische Kalender nach der tiefgreifenden julianischen Reform durch eine Vielzahl von Festen und die Verlegung von Tempelstiftungstagen¹⁶ ergänzt und sehr stark erweitert.¹⁷ Es tauchten nun Anlässe der feriae in den Aufzeichnungen auf feriae, quod…,¹⁸ womit es nicht mehr um das Fest allein ging, sondern auch um eine Erklärung. Das verlieh dem Kalender einen personalen Charakter, da bei diesen Erläuterungen ganz stark Feiern wie der Geburtstag des Prinzeps, sein Amtsantritt oder der Tag der Übernahme seiner Herrschaft, die Verleihung des Titels pater patriae oder die Übernahme des Oberpontifikats im Vordergrund standen. Das bedeutet auch, dass die Termine für die Feste erklärungsbedürftig waren und gerade nicht bereits existierende Traditionen spiegelten, Die in den einzelnen Ausfertigungen durchaus individuell gewählten Schwerpunkte lassen den oben beschriebenen Charakter des Angebots zur Aufnahme eines Festes erkennen. Für die Ferialia sei auf das Feriale Cumanum verwiesen, in dem durchaus auch Feste ausgelassen werden, die zentralen personellen Charakter haben wie die ludi der Augustalia, die im Oktober vor der Dedikation des Altars für die Fortuna Redux stattfanden¹⁹ und damit im Überlieferungszeitraum des Feriale Cumanum lagen.²⁰

 Zur Funktion der Fasti speziell Rüpke (1995b).  Rüpke (1995a), 524– 526.  Rüpke (2012), 122.  Zur epigraphischen Publikation des iulianischen Kalenders in Italien seit Augustus s. Cooley (2006), 237– 243.  So Rüpke (2012), 122.  In den Fasti Amiternini starten die Spiele am 5. Oktober (InscrIt XIII,2 195), in den Fasti Antiates ministrorum domus Augustae schon am 3. Oktober (InscrIt XIII,2 209). Rüpke (2012), 122 Anm. 5.  Darauf weist Behrwald (2009), 152 hin. Er erwähnt hier, dass der Eintrag in den Fasti Sabini zum 12. Oktober (InscrIt XIII,2 53 und den Fasti Viae dei Serpenti (InscrIt XIII,2 215) erhalten ist. Behrwald hebt hervor, dass das Fest so wichtig ist, dass Degrassi die Fasti Plateae Manfredo (InscrIt XIII,2 50) vor 19 v.Chr. datiert, da das Fest der Augustalia hier nicht auftaucht.

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4 Das Feriale Cumanum Die römische Religion erfuhr in der Kaiserzeit einen Wandel durch die Orientierung und Konzentration auf die Person des Kaisers.War Religion vorher Ausdruck eines Bekenntnisses zur staatlichen Ordnung, so stand nun der Kaiser als Garant dieser Ordnung im Mittelpunkt. Die überlieferten Ferialia bezeugen dies wie kein anderes Dokument der römischen Kaiserzeit. Dabei nehmen das Feriale Cumanum aus dem frühen Prinzipat, das Feriale Duranum²¹ aus den Jahren zwischen 223 und 227 n.Chr. und das Feriale Campanum vom Jahr 387 n.Chr. die prominentesten Positionen ein.²² Das Feriale Duranum aus der Zeit des Severus Alexander galt einer Auxiliarkohorte aus Dura Europos, enthält die Geburtstage und Feiern von Iulius Caesar an und startet am 1. Januar.²³ Im Feriale Campanum²⁴ sind Feste verzeichnet, die ganz Campanien betreffen, nicht nur Capua, in dessen Amphitheater das Feriale zu finden ist. Hier ist der Anlass der Aufstellung klar. Es handelt sich um eine Weihegabe zum Jahrestag der Thronbesteigung Valentinians II. am 22. November 387 n.Chr. Auch ein sacerdos ist genannt.²⁵ Mit all diesen exakten Zuordnungen kann das Feriale Cumanum nicht aufwarten. Sein Startpunkt im Lauf des Jahres ist unklar. Sicher war es nicht der 1. Januar, doch auch das erste erhaltene Datum, der 19. August, das den Beginn der ersten Konsulatsübernahme durch Augustus markiert, ist wahrscheinlich nicht der Anfang, obwohl dieses Datum für einen Beginn durchaus etwas für sich hätte. Der Beginn ist wohl im Juli oder August zu suchen, in dem sich kein Datum direkt als geeigneter Start anbietet.²⁶ Eine Auswahl von Ereignissen vom Jahr 63 v.Chr., der Geburt des Kaisers bis zum Jahr 2 v.Chr., der Einweihung des Mars Ultor-Tempels sind in den Kalender aufgenommen. Die drei noch erhaltenen Einträge nach dem 24. Mai sind auf das Jahr nicht exakt datierbar. Überliefert sind hier die Nennungen des Mars Ultor und der Venus (Genetrix) zu einem unbestimmten Datum danach. Diese Götter verweisen nicht unwahrscheinlich auf den Geburtstag des Adoptivvaters Caesar am 12. Juli. Damit wäre der 12. Juli der Termin, der auf das am weitesten zurückliegende Datum verweist, nämlich das Geburtsjahr Caesars

 Fink/Hoey/Snyder (1940); Price (1996), 842– 844. Allgemein zur Religion im römischen Heer Nock (1952).  Zu weiteren überlieferten Ferialia sowie allgemein zu ihrer Funktion und Struktur Rüpke (1995a), 529 – 537.  Beard/North/Price (1998), 71– 74.  InscrIt XIII,2 283.  Rüpke (1995a), 529 f.  Beard/North/Price (1998), 71 Anm. 1. Mommsen (1906), 266 sah noch im 19. August den Beginn des Feriale; vgl. Rüpke (1995a), 528 Anm. 15.

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um 100 v.Chr., das einzige Datum außerhalb der genannten Zeitspanne zwischen 63 – 2 v.Chr. Abgefasst wurde das Feriale zwischen den Jahren 4 und 14 n.Chr. Das Jahr 4 ergibt sich aus der Nennung des Geburtstages des Tiberius. Wären die leiblichen Enkel des Augustus noch am Leben gewesen und damit als Nachfolger des amtierenden Prinzeps in Sicht, so hätte der Geburtstag des Tiberius sicher keine Aufnahme in den Kalender gefunden. Der 19. August ist als Datum erhalten und hätte sicher über den Tod des Augustus informiert, wenn das Abfassungsdatum postum gelegen hätte. Der Fundort Cumae war lange Zeit sehr stark griechisch geprägt, wurde aber allmählich westlich überformt, so dass der personal geprägte Charakter der verzeichneten Feste durchaus nicht überrascht, der in dieser Zeit in Rom selbst noch unvorstellbar wäre. Sie sind Zeugen eines behutsamen Wandels römischer Religion durch eine neue Qualität der Individualisierung und Personalisierung sowohl des geehrten Kaisers wie derer, die den Kult praktizierten, und boten zudem die Möglichkeit individueller Identifikation mit einem neuen Bezugspunkt: dem römischen Kaiser als Schutzherrn. Als Vorbote des Kaiserkultes nahm das Feriale hier eine zentrale Stellung ein. Wie alle anderen Kulte für römische oder einheimische Götter war auch der Kaiserkult nie exklusiv, sondern integrativ. Er bot das Potential sozialer Neustrukturierung und wirkte doch stabilisierend für die aktuelle politische Ordnung. Korrespondierend mit der Idee der Verschränkung von Ordnung und Individualität bieten die Einträge des Feriale Cumanum ein klares Raster, gefüllt mit individuell akzentuierten Vermerken und Anweisungen. So folgen „den Ereignissen im Nominalstil oder im vollständigen Satz Kultanweisungen vor dem Dativ der Gottheit“, wie Jörg Rüpke herausarbeitete.²⁷ Von den insgesamt 17 Festeinträgen sind fünf Geburtstage und zwölf weitere supplicationes verzeichnet, die sich für die entsprechenden Jahre recht gut zuordnen lassen. Nimmt man eine Sortierung der Ereignisse nach Jahren vor, so ergeben sich klare inhaltliche und zeitliche Schwerpunkte.

 Rüpke (1995a), 357.

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Kurzübersicht Feriale Cumanum Datum

Geburtstag Ereignis bis  v.Chr

Ereignis  –  v. Chr.

Supplicatio an

..

Erstes Konsulat

Nicht überliefert

.–..

Das Heer des Lepidus geht zu Augustus über ( v. Chr.)

Nicht überliefert

..

Augustus

Vesta, Immolatio für Caesar

..

Drusus d.J.

Vesta

.. ..

Toga virilis

Spes, Iuventas

Tiberius

Vesta

..

Weihung Fortuna Redux

Fortuna Redux

..

Dies imperii

Jupiter Sempiternus

..

Verleihung des Augustusnomen ( Augustus v. Chr.)

..

Weihung der Ara Pacis

Imperium Augusto

..

Pontifex maximus

Vesta, di publici, penates populi Romani Quiritum

./..

Erster Sieg des Augustus

Victoria Augusta

..

Erste imperatorische Akklamation

Felicitas Imperii

..

Weihung Marstempel

Mars molibus

..

Germanicus

Vesta

[..]

Caesar

Mars Ultor, Venus

unbestimmt

Jupiter

Gemäß der Absicht des Feriale beziehen sich die Schwerpunkte auf individuelle Aspekte aus der Laufbahn des ersten Prinzeps. Zudem ist klar herauszulesen, inwieweit hier persönliche Absichten und Motivationen des Kaisers gespiegelt werden. Als erstes sind die fünf Geburtstage zu nennen, deren Daten aufgenommen sind. In eine zweite Rubrik fallen die Ereignisse aus der Jugend des Prinzeps bis zum Jahr 43 v.Chr. Das exakte Jahr bildet sogar einen Schwerpunkt in

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der Führung des Kalenders. Diese Beobachtung deckt sich mit dem Bild, das die res gestae später vermitteln. Diesen Ereignissen widmet der alte Prinzeps in seinem Tatenbericht einen breiten Raum. Die Legitimität der augusteischen Maßnahmen wird im Kalender außer Frage gestellt, denn die Ereignisse werden in kalendarischen Aufzeichnungen einfach nur benannt und nicht geprüft oder erklärt. Ähnlich lapidar stellte ja auch Augustus selbst in seinem Tatenbericht die Übernahme der Herrschaft und seine ersten Unternehmungen dar, deren Bericht allein eine Verletzung aller Regeln der republikanischen Ordnung darstellt. In die dritte Kategorie fallen Geschehnisse aus dem sakralen Kontext der Prinzipatsgestaltung wie die Verleihung des Augustus-Titels und die Weihung von Altären und Tempeln, die bis auf das zentrale Ereignis aus dem Jahr 27 v.Chr sämtlich aus den zehn Jahren zwischen 19 und 9 v.Chr. stammen. Einzig ein Eintrag zum September fällt aus diesem Raster heraus: Im Jahr 36 v.Chr. ging das Heer des Lepidus nach dessen Kapitulation zum Prinzeps über. Auch an dieses Ereignis wurde durch eine supplicatio erinnert. Lepidus, der 36 v.Chr. nach seiner erfolgreichen Beteiligung am Sieg über Sextus Pompeius ein comeback plante, sah sich mit den Zielen des Prinzeps konfrontiert. Er verlor seine Stellung im Triumvirat und konnte fortan politisch kaltgestellt nur noch als pontifex maximus agieren. Der Eintrag vom September mag mit Bezug auf die neue Würde des Amtes vorgenommen worden sein, die Augustus ihm am 6. März – das Datum ist ebenfalls im Feriale verzeichnet – 12 v.Chr. mit seiner Übernahme verlieh. Um den Charakter der aufgezeichneten Ereignisse herauszustellen lohnt ein Blick auf Ereignisse, die den Prinzeps in derselben Klarheit portraitieren würden wie die vorliegenden Einträge, aber gerade nicht im Feriale zu finden sind. Darunter fallen ebenso die zentralen Schlachten von Actium am 2. September 31 v.Chr. – der dreitägige Triumph liegt mit dem 13.–15. August 29 v.Chr.²⁸ gerade außerhalb des überlieferten Textes – wie die Kämpfe von Mylai und Naulochos auf der außenpolitischen Ebene. Dabei fand die Schlacht von Mylai zu einem nicht genauer bekannten Termin im August 36 v.Chr. statt und fällt damit nur möglicherweise in den überlieferten Zeitraum, die Auseinandersetzung bei Naulochos aber stand am 3. September an.²⁹ Auch aus dem stadtrömischen innenpolitischen Kontext wird im Zeitraum von 43 v.Chr. bis 19 v.Chr. eine ganze Reihe an Ereignissen nicht aufgenommen, vor allem auch Weihungen und Dedikationen, die von zentraler Bedeutung waren. So vermissen wir auf sakraler Ebene die Weihung des palatinischen Apolltempels am 9. Oktober 28 v.Chr.,³⁰ die Weihung  Cass. Dio 51,21,5.  Die Fasti Amiternini geben das Datum an, InscrIt XIII,2 193, angegeben ist hier der Sieg unter den Konsuln Censorinus und Calvisius auf Sizilien.  So in den Fasti Antiates ministrorum domus Augustae, InscrIt XIII,2 209.

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des Tempels für den Divus Iulius liegt mit dem 18. August leider gerade außerhalb des Überlieferungszeitraums, in den überlieferten Zeitraum aber fallen die Weihung der ara Victoriae in der Curia am 28. August³¹ und die Verleihung der sacrosanctitas im Rahmen der tribunicia potestas am 13. November 36 v.Chr.,³² die fehlen. Insgesamt erscheint der Zeitraum zwischen 43 v.Chr. und 19 v.Chr. außenwie innenpolitisch im Feriale absolut unterrepräsentiert, selbst wenn im verlorenen Teil noch etliche Daten dieser Jahre erscheinen sollten. Nach 19 v.Chr. finden wir vier Termine von ähnlichem sakralem Gehalt sehr wohl vor, was die Frage nach der Auswahl gerade der verzeichneten Termine aufwirft. Am überraschendsten in dieser Reihe aber ist die Auslassung des 5. Februar mit der Verleihung des Titels pater patriae,³³ die Ehrung, die Augustus mit höchster Freude und Stolz erfüllt hat, wie das finale Kapitel 35 des augusteischen Tatenberichts weiß. Für die Auslassung der Weihungen und Benennungen in Cumae bietet sich eine Lösung an, die leider für die Nennung der Schlachten von Naulochus und Aktium noch aussteht, zumindest aber für die anderen Ereignisse greift: Sie alle stehen im engen stadtrömischen Kontext und haben keine Wirkung über die Kapitale Rom hinaus.Verfolgt man diese Argumentation weiter, so dürfte auch der Titel pater patriae über die Grenzen Roms hinaus kaum Bedeutung gehabt haben. Genau dies ist der Fall und kann als ein Ergebnis festgehalten werden.³⁴ Anders stellt sich dies für die Verleihung des Augustusnomens dar. Dieser Titel erfuhr reichsweit Verbreitung und wurde entsprechend auch im Feriale notiert. Sie fand in einer Form Aufnahme, die für die Stadt Rom noch undenkbar gewesen wäre. Die supplicationes im Feriale galten sämtlich Göttern, in diesem Ereignis aus dem Jahr 27 v.Chr. jedoch war sie für Augustus selbst bestimmt, der damit zu Lebzeiten gefährlich nah an die Götter heranrückte. Dies stellte für die östlich geprägte Stadtgemeinde Cumae allerdings kein Problem dar.

4.1 Die fünf Geburtstage Unter den fünf Geburtstagen findet sich zunächst einmal der des Prinzeps selbst. Er hebt sich durch eine Besonderheit heraus, die im Feriale einmalig ist. Nur hier wird die supplicatio ausdrücklich von einer immolatio begleitet, die üblicherweise ein Tieropfer vorsieht. Selbst dass ein Tier geopfert werden soll, ist hier explizit  So in den Fasti Maffeiani, InscrIt XIII,2 79.  So in den Fasti Triumphales.  Die Fasti Praenestini verzeichnen den 5. Februar, InscrIt XIII,2 119.  Andreas Bendlin wies mich darauf bereits vor etlicher Zeit hin, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Seine Bemerkung findet hier eine weitere Begründung.

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vermerkt. Das hebt diesen Termin klar über die anderen Geburtstage und Festanlässe und krönt ihn zum Haupteintrag im Feriale. Mit feinem Gespür für die Dynastiebestrebungen des Prinzeps ist der Geburtstag des Adoptivvaters ebenfalls vermerkt. Die Ergänzungen in diese Richtung halte ich für überzeugend, da die Verzeichnung der Venus mit einem Ergänzungsspielraum für die Funktionszuweisung der Genetrix erhalten ist.³⁵ Damit werden die Legitimierungsbemühungen des Augustus in vollem Umfang angerechnet. Vorausweisend auf die kommende Dynastie dürfen die Nennungen der Geburtstage von Tiberius, Germanicus und Drusus gewertet werden. Sie demonstrieren ein tiefes Verständnis der Absichten des Caesarerben nach dem Tod seiner beiden Enkel Caius und Lucius.³⁶ Selbst wenn Caius Geburtstag verzeichnet gewesen wäre, spräche das nicht dagegen, denn auch Augustus erhielt das Andenken an seine Enkel weit über die Adoption des Tiberius hinaus lebendig, der direkt aufgefordert wurde, unverzüglich seinen Neffen Germanicus zu adoptieren und ihn damit neben seinen leiblichen Sohn Drusus zu stellen, über dessen Geburtstag wir überhaupt nur durch den Eintrag im Feriale Cumanum informiert sind. Die zentrale Bedeutung von Geburtstagen im sakralen Kontext im Feriale Cumanum ist ebenso bemerkenswerter Ausdruck einer neuen Religiosität wie die Abhaltung der Feste, die stets in Form einer supplicatio begangen wurden,³⁷ zuständig waren vielleicht die seviri Augustales,³⁸ die sich häufig aus Freigelassenen rekrutierten.³⁹ Vergleicht man die entsprechenden Feste mit den Berichten aus den Fasti Ovids,⁴⁰ so finden sich weitere detaillierte Erzählungen zur Ausgestaltung der Festakte. Der Begriff der supplicatio wird oft etwas einseitig mit Dankfest übersetzt. Eine supplicatio ⁴¹ jedoch beinhaltete viel mehr. Zunächst einmal wurden supplicatio-

 So übereinstimmend die Übersetzungen in König (2007), 154 und Gehrke/Schneider (2007), 278.  Caius Caesar wurde zwischen dem 14. August und 13. September geboren, Lucius zwischen dem 14. Juni und dem 15. Juli. Siehe Kienast (2017), 67– 68.  Diese Beobachtung machte schon Wissowa (1912), 426 Anm. 1.  Rüpke (1995a), 528.  Abramenko (1993), kurz zu Cumae in der Regio I 194. Er erläutert (206 f), dass in den kleineren Städten Campaniens wie Cumae weniger freigeborene Augustalen tätig waren als im Norden Italiens.  Zu den Fasti Ovids vgl. die Überlegungen bei Rüpke (1994).  Die Ausführungen zum Konzept der supplicatio sind von Linke (2014), 30 f. und 116 f. übernommen. Linke diskutiert hier auch die Frage nach dem griechischen Ursprung deses Ritus und schließt sich den Überlegungen von G. Freyburger und John Scheid an, der den ritu graeco durchgeführten Ritualen einen römischen Charakter beimisst, vgl. 117 mit Literatur. Vielleicht können die supplicationes in griechischen oder griechisch orientieren Städten einen etwas anderen östlicher geprägten Stil annehmen.

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nes zumeist in angespannten oder kritischen Situationen oder wenn z. B. die direkte Bedrohung einer Seuche gegeben war, als Bittrituale abgehalten, um die Götter wieder gewogen zu stimmen, dann aber auch als Dankrituale durchgeführt. Sie konnten demnach einen völlig unterschiedlichen Charakter annehmen, einmal in Form der Bitte um die Abwendung von Übel, das andere Mal des Dankens, hier vor allem für einen militärischen Erfolg. Gerade diese Ambivalenz macht die Qualität dieses Rituals für die Kaiserfeste so attraktiv. Zentral für die Neuorientierung sind die Bemerkungen von Bernhard Linke,⁴² denen zu Folge der Personenkreis der supplicationes gerade nicht streng beschränkt war, sondern alle Teile der Bevölkerung ungeachtet der sozialen Hierarchie und des Geschlechts in loser Folge und ungeordnet an der Prozession teilnehmen konnten. Noch schwerer in diesem Zusammenhang wiegt allerdings der Hinweis auf die Art der Ausübung, die ein hoch emotional aufgeladenes Ritual mit deutlichem Akzent auf individueller Kultausübung repräsentierte und auch Schichten und Personenkreisen, die sonst ausgeschlossen waren, die Teilnahme und damit „die Identifikation mit dem Gemeinwesen ermöglichte“.⁴³ Nach der Ausrichtung des Festes ist nach dem Adressaten zu fragen. Alle supplicationes zu Ehren der Geburtstage galten Vesta, deren Bedeutung unter Augustus weit über Rom hinauswuchs. In den anderen Daten sind eine ganze Reihe von Göttern und Kräften angesprochen, Vesta wird über die Geburtstage hinaus noch einmal als Adressatin angesprochen, wenig überraschend am 6. März bei der Verleihung des Oberpontifikats an Augustus im Jahr 12 v.Chr. Sie war neben Jupiter die zentrale Gottheit für den Erhalt der res publica. Durch ihre Funktion im Rahmen des Festes der Fordicidia nahm die Vestalis Maxima eine besondere Rolle ein. Bei diesem Fest wurden 30 trächtige Kühe aus den drei Urtribus für die Erdmutter Tellus geschlachtet.⁴⁴ Die aus den Körpern der Mütter gelösten Jungtiere wurden unter Aufsicht der Vestalis Maxima verbrannt und deren Asche genau eine Woche später am Geburtsfest der Stadt Rom am 21. April vermischt mit der Asche des Oktoberrosses als suffimenta vom Vestaheiligtum aus zur Reinigung von Häusern und Ställen verteilt.⁴⁵ Die fruchtbarkeitsfördernden Rituale der Parilia zusammen mit dem militärischen Gehalt des Oktoberrosses gerinnen damit zum Inbegriff der Fundamente Roms als eines bäuerlich und militärisch orientierten sozialen Gefüges. „Vesta garantierte dabei die salus des

 Linke (2014), 31.  Linke (2014), 117.  Ov. Fasti 4,634. Zum Zusammenhang zwischen den alten Kurien und den Tribus im Kontext mit den Fordicidia vgl. Scullard (1981), 102.  Simon (1990), 232; in Anm. 16 erläutert Simon den Zweck der Asche als magischen Zusatz zum verwendeten Schwefel, dem eigentlichen Reinigungsmittel.

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Hauses, der Gemeinde, später der Stadt und des Staates“.⁴⁶ So war der Kult zwar staatlich organisiert, erfüllte aber für die einzelnen Häuser eine zentrale Funktion. Unter Augustus gewann die salus später eine neue ebenfalls individuelle Qualität, indem sie von der salus publica bzw. der salus populi Romani in die individuell orientierte salus Augusta überführt wurde.⁴⁷ Dies ergab sich als folgerichtige Konsequenz aus der Repräsentation des gesamten Staatsgefüges in einer Person – der des Prinzeps. Da die salus Augusta mit der salus populi Romani untrennbar verbunden war, resultierte daraus auch die Grundlage der vota pro salute rei publicae für die vota pro salute Caesaris. ⁴⁸ Zunächst waren sie in Rom zusammen am 1. Januar dargebracht worden,⁴⁹ dann wurden sie getrennt voneinander am 1. für die res publica bzw. 3. Januar für den Kaiser gefeiert. Erstmalig inschriftlich bezeugt sind die vota pro salute Caesaris in den Acta Arvalium wie auch ihre Verlegung auf den 3. Januar in Rom.⁵⁰ In den Provinzen aber stand von Anfang an die Verehrung des Kaisers im Vordergrund, hier wurden die vota pro salute Caesaris am 1. Januar begangen wie die Inschrift vom Altar in Narbo Martius vom Jahr 11 n.Chr. zeigt.⁵¹ Die vota pro valetudine bezogen sich auf das Wohl des Kaisers und seiner Familie als Repräsentanten und hernach als Verkörperungen des Staatswesens. Was lag näher, als die Geburtstage des Kaisers und seiner Familie mit Feiern für Vesta als Garantin der salus des Staates und später der Caesares zu begehen und damit das Wohl der Stadt eng mit dem des Kaisers und seiner Familie zu verbinden? Vota am Jahresanfang konnten zugunsten der inidviduell geprägten supplicationes entfallen und deren Funktion übernehmen, sie finden sich entsprechend auch nicht im Feriale Cumanum. Zur engen Verknüpfung von Vesta und Salus stimmt zudem der Vorschlag von Erika Simon die Frauengestalt neben Vesta auf der Sorrentiner Basis nicht mit Flora, sondern mit Salus zu identifizieren.⁵² Auch die zwei Frauengestalten auf einer claudischen Marmorbasis in Neapel zeigen Vesta und Salus im Verbund, auf einem frühantoninischen Relief aus Rom verschmelzen sie zu einem numen

 Simon (1990), 229.  Koch (1960) hat zur Funktion der salus bereits entscheidende Überlegungen angestellt.  Noch die Digesten sehen in den vota pro salute rei publicae die Grundlage der vota pro salute Caesaris. Gaius, Dig. 50,16,233,1– 2.  Herrmann (1968), 72 Anm. 65 und 73.  CIL VI 2028 zum Jahr 38 n.Chr. unter Kaiser Caligula, dazu Herrmann (1968), 73 Anm. 66.  So bezeugt es die Ara von Narbo Martius in der Gallia Narbonensis. ILS 112 = CIL XII 4333 = FIRA III 73.  Simon (1990), 237.

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mixtum. ⁵³ Die Adressatin Vesta für die persönlich geprägten supplicationes anlässlich der Kaisergeburtstage verweist damit auf die Prozesse von Transformation und Neuorientierung paganer Religion.

4.2 Die Annahme der toga virilis von 48 v. Chr. und das Jahr 43 v. Chr. Auffällig ist die Häufung der Nennung von Ereignissen, die in die Anfangszeit der augusteischen Regierung fallen. Sie übernehmen eine wichtige Funktion in der Verknüpfung von Ereignissen, die persönlich für den jungen Octavian und zugleich für seine neue Position als Prinzeps im Rückblick zentral waren. Darunter fallen das Anlegen der toga virilis vom 18. Oktober 48 v.Chr.,⁵⁴ und gleich vier Begebenheiten aus dem Jahr 43 v.Chr.: der dies imperii mit der erstmaligen Führung der fasces am 7. Januar, der erste Sieg am 14. bzw. 15. April, die erste imperatorische Akklamation am 16. April und die Übernahme des ersten Konsulats am 19. August. Mit der Übernahme der toga virilis trat der junge Octavian in das öffentliche Leben ein. Welche Bedeutung diesem Akt beigemessen wurde, ist kaum zu überschätzen und wurde durch die Maßnahmen des Augustus für seine Enkel noch einmal bekräftigt. Die klare Sicht auf die Tragweite dieser Handlung zeigt sich im Adressaten der supplicatio anlässlich des Anlegens der Männertoga, Spes und Iuventas. In die Jugend setzte Augustus die Hoffnung für das Wohlergehen des gesamten römischen Volkes,⁵⁵ als Repräsentanten dienten seine beiden Enkel, die im Jahr 5 v.Chr. mit dem Anlegen der toga virilis zu principes iuventutis erhoben und gleichzeitig zu Konsuln designiert wurden.⁵⁶ Die wehrfähige Jugend wurde wie die Enkel dazu angehalten, sich möglichst oft zum Tempel des Mars zu begeben und die überkommenen Sitten einzuhalten.⁵⁷ In Folge dieser Aufforderung ging Mars mit der Jugend Roms eine spezifische Verbindung ein. Die Kombination des Anlegens der toga virilis mit Spes und Iuventas offenbart diesen Charakter des Eintrags nachdrücklich. Fünf Jahre später am 7. Januar (43 v.Chr.) führte der junge Octavian zum ersten Mal die fasces. Jupiter, auf den der spätere Prinzeps in der Anfangszeit seiner Regierung häufig Bezug nahm, ist der Adressat der supplicatio, hier als Sempiternus, nicht als Optimus Maximus und steht damit als dauerhafter     

Simon (1990), 238. Die Fasti Antiates ministrorum domus Augustae verzeichnen den 19. Oktober. Vgl. dazu Pfister (1977). Augustus. Res gestae Kap. 15. Cass. Dio 55,10,2.

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Garant der römischen Ordnung hinter dem jungen Würdenträger. Bis zur Übernahme des ersten Konsulats sieben Monate später am 19. August des Jahres 43 v.Chr. werden noch zwei Ereignisse verzeichnet, die möglicherweise zusammengehören, doch ist nicht gesichert, dass die imperatorische Akklamation im Eintrag zum 16. April auf Grund des Erfolgs bei Forum Gallorum erfolgte, zumal die Schlacht im Feriale nicht explizit genannt wird. Dort ist im Eintrag direkt davor vom 14./15. April nur davon die Rede, dass Octavian gesiegt habe. Die Adressaten der supplicationes, Victoria Augusta und Felicitas Imperii für den Sieg bzw. die imperatorische Akklamation ergeben jedenfalls ein gelungenes Paar als Ziel für die künftigen Unternehmungen des jungen Caesar, die zunächst in der Übernahme des Konsulats am 19. August gipfeln. Die Geschehnisse erscheinen hier wie eine Kurzbiographie des Jahres 43 v.Chr. mit dem Ziel die wichtigsten Etappen der jungen Karriere zu dokumentieren.

4.3 Die Weihungen und Ereignisse von 19 – 9 v. Chr. Oben war von Weihungen und Ereignissen die Rede, die keine Aufnahme in das Feriale gefunden haben, weil sie stadtrömischen Charakter besitzen und damit kaum überregionale Relevanz beanspruchen konnten. Unter diesem Gesichtspunkt ist nun die Frage zu stellen in welcher Form die vier Ereignisse der Weihungen der Ara der Fortuna Redux, der Ara Pacis, des Marstempels auf dem Kapitol sowie die Ernennung zum pontifex maximus Geltung über Rom hinaus beanspruchen können. Gerade hinsichtlich der Weihung zum pontifex maximus am 6. März erscheint der übergeordnete Charakter nicht direkt ersichtlich, denn auch die supplicatio impliziert mit Vesta und den Penaten, den di publici des populus Romanus der Quiriten,⁵⁸ einen vordergründig ganz klar definiert stadtrömischen Adressatenkreis, dessen Erweiterung mit Blick auf die umfassende Funktion der salus gerade bereits zur Sprache kam. Der Wirkungskreis des pontifex maximus erscheint allerdings auf Rom beschränkt. Mit Caesar jedoch, der großen Wert auf die Nennung des Titels besonders im Osten des Reiches legte,⁵⁹

 In der Übersetzung des Passus Supplicatio Vestae, dis pub(licis) p(enatibus) p(opuli) R(omani) Q(uiritum) halte ich mich an die Version, die Beard/North/Price (1998), 70 angeboten haben: „Supplicatio to Vesta, to the Penates the public gods of the Roman people, the Quirites“.  Eindrücklich arbeitet dies Stepper (2003), 34– 38 heraus. Sie betont, dass Caesar dem Amt eine neue Qualität zuschrieb und ihm damit eine neue Funktion zuwies. Zahlreiche von ihr angeführte inschriftliche Zeugnisse, die kaum initiativ von den Gemeinden aufgestellt worden waren, belegen dies. Caesar hatte ein aktives Interesse an der engen Verknüpfung seines Namens mit dem Titel, der im Osten zu archiereus wurde.

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nahm das Oberpontifikat einen universalen Charakter an und bildete durch die neue dynastische Komponente der Vererbung letztlich ein Fundament im Herrschaftsanspruch des Augustus. Durch die explizite Nennung der Übernahme des Oberpontifikats wird dieser Eintrag mit dem Hinweis auf die Überwindung der Ansprüche des Lepidus, des vormaligen pontifex maximus, verklammert und erhält in der Folge Caesars eine überregionale, weiterreichende Konnotation, die durch den Adressaten der supplicatio unterstützt wird. Die Passage supplicatio Vestae, dis publ(icis) p(enatibus) p(opuli) R(omani) Q(uiritum) wird unterschiedlich übersetzt.⁶⁰ Vesta wird hier erstmals mit den Penaten in Verbindung gebracht.⁶¹ Interessant ist, dass hier nicht nur der Vesta eine supplicatio zugedacht ist, was anlässlich der Übernahme des Oberpontifikats nicht überrascht hätte, sondern auch weiteren Gottheiten (di publici), die das Oberpontifkat erneut in einen weiteren Kontext stellen und den Penaten des römischen Volkes. Ovid sprach in seinen Metamorphosen eine ähnliche Konstellation an, indem er die di indigetes, Quirinus, den Vater der Stadt und Vesta, die inmitten der Penaten Caesars anzutreffen ist, in einem Zug nannte.⁶² Die Vestalinnen, die direkt dem pontifex maximus unterstanden, übernahmen unter Claudius eine neue Aufgabe. Nachdem der Kaiser seine Großmutter Livia unter die Götter versetzt hatte, stellte er ihr im Tempel des Augustus eine Statue auf, für deren Opferdienst die Vestalinnen zuständig waren⁶³ und vernetzte damit die Priesterinnen mit dem Bestand der augusteischen Dynastie. Livia war bereits zu Lebzeiten eng mit dem Erhalt des Staates verbunden. Wohl kaum zufällig wurde an ihrem Geburtstag am 30. Januar die Ara Pacis eingeweiht, die der Senat im Jahr 12 v.Chr. beschlossen hatte, nachdem Augustus ein Jahr zuvor wohlbehalten von seinem Aufenthalt in Spanien und Gallien in den Jahren 16 – 13 v.Chr.

 Es ist nicht entschieden, ob sich das publicis auf dis oder penatibus bezieht, bisweilen werden die Penaten auch ganz ausgelassen und pp als populi verstanden. Beard/North/Price (1998), 73 ziehen das publicis zu dis und übersetzen „public gods“, dagegen gibt König (2007), 153 die „Staatspenaten“ wieder und verknüpft damit publicis penatibus. Gehrke/Schneider (2007), 278 verzichten in ihrem Quellenband auf die Penaten. Ich möchte mich hier der Übersetzung von Beard/North/Price anschließen.  Radke (1981), 361 weist darauf hin, dass Vesta und die Penaten vormals ncht zusammen gehörten. Im Stadtrecht von Irni aus der Zeit Domitians wurde der Schwur zur Amtsübernahme u. ä. bei Jupiter, den vergöttlichten Kaisern, dem Genius des lebenden Kaisers und den Penaten geleistet. Die Formel kommt mehrfach im Stadtrecht vor, z. B. in Rubrik 25. Vgl. die Edition von Wolf (2011).  Ov. Met. 15,862– 864.  Cass. Dio 60,5,2.

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zurückgekehrt war.⁶⁴ Kurz zuvor, im Jahr 19 v.Chr., war die Ara der Fortuna Redux gestiftet worden. Augustus stellte in seinem Tatenbericht den Altar in einen Kontext, indem er seine Umgebung schildert. Er sei vor den Tempeln des Honos und der Virtus bei der Porta Capena errichtet worden.⁶⁵ Von ihm erfahren wir auch, wer für die jeweiligen Opferdienste an der Ara Pacis und der Ara der Fortuna Redux zuständig gewesen ist. An der Ara Pacis brachten die Beamten, die sacerdotes sowie die Vestalinnen jährlich ein Opfer (sacrificium) dar,⁶⁶ an der Ara der Fortuna Redux übernahmen dies die Vestalinnen und die pontifices. ⁶⁷ Die Vestalinnen waren in allen drei Fällen, dem sacrificium bei der Ara Pacis, der Ara der Fortuna Redux und dem Kult für Livia seit Claudius verantwortlich bzw. mit zuständig. Die überregionale Bedeutung der Altäre und damit der Grund für ihre Aufnahme in das Feriale ist im Anlass ihrer Stiftung zu suchen, auch hier sind sie eng miteinander verknüpft. Der Prinzeps war ja jeweils von auswärtigen Aufenthalten gesund nach Rom zurückgekehrt, nachdem er im Auftrag des römischen Volkes siegreich unterwegs war. Besonders stehen dafür die Adressaten der supplicationes im Feriale. Am 15. Dezember wurde Fortuna Redux mit einer supplicatio geehrt, da sie Augustus aus den überseeischen Provinzen gesund zurückgeführt hatte, am 30. Januar war das Imperium des Caesar Augustus Empfänger der Ehrung. In Rom wurde der Zusammenhang zwischen Pax und Imperium als Siegesauftrag an Augustus verstanden, den er mittels militärischer Überlegenheit erfüllte, wie auch der Standort auf dem Marsfeld und die Aufzeichnungen Ovids zur Einweihung in seinen fasti zeigen.⁶⁸ Mit der konkreten Ehrung des Imperiums in Form einer supplicatio anlässlich der Weihung der Ara Pacis dokumentiert das Feriale ein präzises Verständnis dieser Idee. Zudem wurde Augustus in diesem Eintrag noch als Wächter der römischen Bürger und des Erdkreises angesprochen, womit dieser Eintrag eine fast kosmische Komponente erhält. Vielleicht rekurriert die Erwähnung dieser Qualität des Kaisers auf den berühmten Erlass des Paullus Fabius Maximus zur Kalenderreform in der Provinz

 Hier werden die Ausführungen der Fasti Praenestini zum 30. Januar wichtig. Rüpke (2012), 122 argumentiert hier völlig überzeugend, dass mit der Weihe am 30. Januar der Festakt den Charakter eines Staatsfesttages erhielt, da das Datum kaum zufällig gewählt worden ist, zumal wenn man das Bildprogramm der Ara Pacis mit berücksichtigt.  Augustus, Res gestae Kap. 11.  Augustus, Res gestae Kap. 12.  Augustus, Res gestae Kap. 11.  Ov. Fasti 1,709 – 721. In Z. 709 ist klar vom Anlass der Einweihung die Rede, allerdings gefolgt von Aussagen, die sehr stark von Begriffen wie Triumph, dux, gloria belli und arma geprägt sind.

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Asia, der wie die Weihung der Ara Pacis in das Jahr 9 v.Chr. zu datieren ist.⁶⁹ In dem Erlass wird nach einem Wettbewerb innerhalb des Koinon Asias die passendste Ehrung ausgezeichnet, deren Konzept zu Folge vorgesehen war den Beginn des Jahres auf seinen Geburtstag zu legen. Damit erhielt die Herrschaft des Augustus etwas Schicksalhaftes, da er offenbar mit seiner Geburt zum Herrscher ausersehen und damit zum custos orbis terrarum bestimmt war. Für den 12. Mai findet sich eine supplicatio für Mars. An diesem Tag feierte Ovid in seinen fasti eindeutig die Einweihung des Mars Ultor-Tempels auf dem Forum des Augustus.⁷⁰ Dieser Mars kann aber im Feriale kaum angesprochen sein, vielmehr wird hier die Stärke des Mars hervorgehoben – die supplicatio bezieht sich auf molibus Martis – erst wenige Zeilen später in der Inschrift wird Mars Ultor explizit genannt. Dieser nicht mehr exakt datierbare Eintrag wird naheliegenderweise mit dem Geburtstag Caesars am 12. Juli in Verbindung gebracht. Bei dem Eintrag zum 12. Mai wird es sich um eine supplicatio anlässlich der Weihung des kleinen Marstempels auf dem Kapitol handeln, in dem die von den Parthern wiedergewonnenen römischen Feldzeichen aufbewahrt wurden, deren Zurückeroberung Ovid referierte.⁷¹ Daraus resultiert die Datierung auf das Jahr 19 v.Chr., der Termin des 12. Mai reiht sich damit in die vorgenannten anlässlich der Altarweihungen für auswärtige Erfolge, die die Regierung des Augustus entscheidend mitbestimmten, ein. Die Kombination aus den Schwerpunkten der Geburtstage als Absicherung in der dynastischen Nachfolge der Herrschaft, der Nennung persönlicher Daten aus der Jugend des Prinzeps als Faktor der individuellen Legitimation der neuen Regie-

 OGIS 458 mit der Ergänzung in SEG 4,490, auch in Ehrenberg-Jones, Documents, Nr. 90, RDGE 65, Sherk, Rome and the Greek East to the Death of Augustus, Nr. 101. Fragmenarische Kopien des Erlasses sind aus Priene, Apameia, Eumeneia und Dorylaeum erhalten.  Ov. Fasti 5,544– 597, bes. 549 – 554; 573 – 578. Die konkrete Erwähnung der Einweihung zum 12. Mai widerspricht der Angabe bei Cassius Dio 60,5,3, der den 1. August als Weihedatum des Mars-Ultor-Tempels im Zusammhang mit dem Geburtstag des Kaisers Claudius angibt. Auch die Passage bei Velleius Paterculus 2,100,2 kann hier nicht weiterhelfen, da sie nur das Jahr der Einweihung klärt. Es sei nur auf den Beitrag von Simpson (1977) hingewiesen, der sich für die Richtigkeit der Angabe des Augenzeugen Ovid aussprach. Dann aber wäre kaum verständlich, weshalb das Feriale am 12. Mai nicht auch Mars Ultor benannte. Zudem wäre die Erwähnung der Einweihung des Mars-Ultor-Tempels auch nicht sachgerecht, da Belange, die nur die Stadt Rom direkt betrafen wie oben bei der Verleihung des pater-patriae-Titels gesehen, nicht thematisiert werden. Für die Argumentation der Datierung auf den 1. August kann damit ein weiteres Indiz stark gemacht werden. Ungeachtet dessen enthält der Aufsatz von Simpson eine ganze Reihe interessanter Beobachtungen.  Ov. Fasti 5,580 – 595.

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rungsform und der Nennung von Daten ergibt als complet ein Bild der neuen Intensität im Umgang mit Religion, der lebendigen und aktiven Aufnahme neuer Elemente als gestaltendes Prinzip von Religion und der Relevanz regionaler Einflussnahme auf die Ausformung von Religion. Die lapidare Kürze eines inschriftlichen Festkalenders bietet in ihrer unkomplizierten Erscheinung eine Reduktion komplexer Sachverhalte auf klare Formeln und vermittelt ein Kommunikations- und Identifikationsangebot für die gesamte Bevölkerung. Für das Angebot steht die supplicatio als Inbegriff der emotionalen Teilhabe aller am sakralen Geschehen. So spiegelt gerade dieses individuell emotionale Ritual im Verbund mit dem neuen personalisierten Orientierungspunkt auf den römischen Kaiser einen Transformationsprozess römischer Religiosität. Insgesamt erscheinen die Fasten zwar als festgelegte in Stein gefasste Dokumente römischer Religiosität, sind aber in Wirklichkeit ein Zeuge für die Anpassungsfähigkeit und Transformationsprozesse innerhalb der römischen Religion.

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Überlegungen zum Feriale Cumanum

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Marlis Arnhold

Republikanische Heiligtümer im kaiserzeitlichen Rom 1 Einleitung Wird der Blick hinsichtlich der Transformationen kaiserzeitlicher (paganer) Religion häufig auf das Prosperieren „neuer“ Kultpraktiken, Gottheiten und der ihnen eigenen Kultstätten gerichtet, erhielt das Fortbestehen älterer Heiligtümer bislang nur vereinzelt Aufmerksamkeit. Fehlende Untersuchungen zu den kaiserzeitlichen Phasen von Heiligtümern, der Erhaltungszustand der Bauten und Strukturen, aber auch der lange Zeit vorherrschende Fokus der archäologischen Forschung auf die Architekturen der Podiumtempel und Rundbauten Roms begünstigten dies. Erst in jüngerer Zeit kann die Tendenz beobachtet werden, die Strukturen im unmittelbaren Umfeld der Bauten sowie deren Einbettung in das urbane Gefüge in die Betrachtungen einzubeziehen. Sie findet Ausdruck in Arbeiten wie Francesca Capriolis Untersuchungen zum Vesta-Tempel auf dem Forum Romanum¹ oder etwa dem Ansatz des Tagungsbandes „The Moving City. Processions, Passages and Promenades in Ancient Rome“², in dessen Beiträgen die Monumente in ihrem baulichen und räumlichen Zusammenhang sowie städtischer Raum als ein von zahlreichen Akteuren geprägtes Gefüge betrachtet werden. Gerade die Einbeziehung benachbarter Strukturen der Tempelgebäude in die Untersuchungen gestattet, Rückschlüsse auf die Nutzung und Funktion, die Sichtbarkeit und die Zugänglichkeit von Heiligtümern mit ihren verschiedenen räumlichen Elementen und Tempelbauten zu gewinnen. Bauliche und funktionale Veränderungen und Kontinuitäten werden auf diese Weise sichtbar, worin sich verschiedene Ausprägungen der Prozesse abzeichnen, denen Religion während der kaiserzeitlichen Jahrhunderte unterlag. Die Transformationen sind dabei nicht im Sinne eines Übergangs von einem Zustand in einen anderen zu verstehen, sondern werden als fortwährende und komplexe Dynamiken aufgefasst. Dabei lassen sich die archäologischen Quellen für die Betrachtung dieser Dynamiken erst vor dem Hintergrund eines Religionsbegriffs im vollen Umfang erschließen, der die notwendige Offenheit mit sich

 Caprioli (2007).  Ostenberg/Malmberg/Bjørnebye (2015). https://doi.org/10.1515/9783110561036-008

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bringt. Konzepte wie Staatsreligion und das öffentlicher versus privater Kulte³ oder das Reduzieren von Religion auf Glaubensvorstellungen führen in dieser Hinsicht nicht weiter. Anders verhält es sich mit der jüngst von Jörg Rüpke aufgegriffenen Auffassung von Religion als Kommunikation über und mit Gottheiten.⁴ Durch sie richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Akteure, Orte und Medien. Scheinbar rein ästhetische Veränderungen an einem Podiumtempel können so auf ihren medialen Gehalt hin untersucht werden. Im Folgenden wird anhand ausgewählter Beispiele der Umgang mit republikanischen Heiligtümern während der Kaiserzeit skizziert. Ziel ist es, die Aussagekraft archäologischer Befunde für Transformationsprozesse kaiserzeitlicher (paganer) Religion zu veranschaulichen. Diese Ausführungen geben damit einen Einblick in die Ergebnisse meiner Dissertation „Transformationen stadtrömischer Heiligtümer während der späten Republik und Kaiserzeit“, die ich 2012 am MaxWeber-Kolleg der Universität Erfurt eingereicht habe.⁵ Dabei führt der archäologische Befund vor Augen, was aus den Schriftquellen nicht oder nur bedingt hervorgeht: nämlich den enormen Pragmatismus im Umgang mit Heiligtümern sowie die Komplexität der Veränderungen, bei denen einzelne, für sich genommen vermeintlich unerhebliche Maßnahmen oder gar Nachlässigkeiten in der Masse und auf lange Sicht Relevanz erhalten.

2 Heiligtümer in einer wachsenden Stadt Städtische Religion kann nicht betrachtet werden, ohne den Blick auch auf Veränderungen im urbanen Raum zu richten. Das spätrepublikanische und kaiserzeitliche Rom verzeichnete nicht nur eine Fülle von Großbauprojekten, in deren Zuge man Thermen, Tempelbauten, ausgedehnte Platzanlagen und Theater errichtete. Der städtische Raum erfuhr auch eine starke Verdichtung, wie sich gut im Bereich des Velabrum und Forum Boarium beobachten lässt. Konzentrierte sich die Bebauung mit insulae in spätrepublikanischer Zeit noch weitgehend auf den Nordosten des Areals, insbesondere den Bereich des Velabrum, reichten die insulae in augusteischer Zeit bis an die Ostseite der Zwillingstempel von S. Omo-

 Zur Problematik der Begriffe öffentlich und privat in diesem Kontext, s. Rüpke (2001), 27– 37.  Rüpke (2015); id. (2016).  Für die freundlich gewährte finanzielle Unterstützung während der Arbeit an meiner Dissertation danke ich dem Deutschen Akademischen Austauschdienst e.V., der Erfurter Graduiertenschule „Religion in Modernisierungsprozessen“ sowie dem Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt, insbesondere Jörg Rüpke.

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bono heran (Abb. 1).⁶ Auf dem Uferstreifen zwischen dem Portunus-Tempel und den drei Tempeln des Forum Holitorium entstanden spätestens in trajanischer Zeit weitläufige horrea und insulae und auch die Herkules-Heiligtümer im Süden des Forum Boarium, vor allem im Umfeld der Ara Maxima, wurden im Laufe der kaiserzeitlichen Jahrhunderte mit Insulabauten umgeben.⁷ Andere Stadtviertel spiegeln diese räumliche Verdichtung mit insulae und Horreaarchitekturen in ähnlicher Weise wider. Sichtachsen lassen sich somit für Heiligtümer während der Kaiserzeit nicht mehr postulieren – und waren m. E. auch in den früheren Epochen der Stadtgeschichte nicht überall gegeben.⁸ Prospekte öffneten sich in der kaiserzeitlichen Stadt nur an wenigen Stellen wie im Fall von Platzanlagen und einzelnen breiten Straßenachsen, die einzelne Viertel der Stadt durchzogen. Im dichten Gefüge des kaiserzeitlichen Rom nahmen viele Monumente früherer Jahrhunderte eine inselartige Position ein. Ihre Sichtbarkeit beschränkte sich im Fall der Tempelbauten auf einzelne Fassadenabschnitte (meist die Frontseite sowie gegebenenfalls die Gebäudeflanken) und Vorplätze. Letztere konnten in extremen Fällen sehr klein sein. Dies gilt insbesondere für Podiumtempel, die an Straßen lagen und deren Altar man direkt vor die Fronttreppe gesetzt oder sogar in diese integriert hatte. Der Tempel des Castor und Pollux im Circus Flaminius, die drei Podiumtempel im Forum Holitorium sowie der kaiserzeitliche Tempel des Divus Antoninus Pius und der Diva Faustina im Forum Romanum lassen sich als Beispiele für derartig beengte räumliche Situationen anführen. Der Blick auf die Entstehungsdaten dieser Bauten veranschaulicht zudem, dass es sich hierbei um ein Phänomen handelt, das zeitlich unabhängig, aber stets in räumlich besonders prekären Situationen auftritt. Für den Tempel des Castor und Pollux in circo, dessen Grundriss mit einer quergelagerten Cella auf dem Marmorplan der Via Anicia abgebildet und bereits Vitruv bekannt ist, kann ein Errichtungsdatum im ausgehenden 2. bis beginnenden 1. Jh. v.Chr. angesetzt werden.⁹ Der kaiserzeitliche Zustand der drei Podiumtempel im Forum Holitorium geht auf deren Neubau zu zwei verschiedenen Zeitpunkten im ausgehenden 1. Jh. v.Chr. und beginnenden 1. Jh. n.Chr. zurück, als deren republikanische Vorgängerbauten des 3. bis 2. Jh.

 Vgl. CIL VI 40887 zur Insula Volusiana.  Vgl. Cressedi (1984), 249 – 296.  Die Diskussionen über Sichtachsen lassen häufig Höheunterschiede des Geländes und den Faktor Vegetation außer Acht, die die Sicht jedoch erheblich einschränken können. Auch fehlen Überlegungen zur Relevanz und Aussagekraft der rekonstruierten Sichtachsen für Fragen der Kulthandlungen und/oder Repräsentation.  Vitr. 4,8,4; Coarelli (1993), 245 f.

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v.Chr. mit ähnlicher Größe und Ausrichtung ersetzt wurden.¹⁰ Die Arbeiten zum Bau des Tempels des Divus Antoninus Pius und der Diva Faustina erfolgten hingegen unmittelbar nach dem Tod der Kaiserin im Jahr 141 n.Chr.¹¹ In keinem der drei Fälle können die Kulthandlungen am Altar des jeweiligen Podiumtempels mehr als nur eine kleine Anzahl an Personen umfasst haben, da die räumliche Situation dies nicht zuließ. In vielen Fällen war auch der Raum für nie auszuschließende, passiv beiwohnende Zuschauer begrenzt, was die Frage nach dem Umfang der Kulthandlungen, ihrer Art und der Rolle ihrer Sichtbarkeit aufwirft. Zweifelsohne gab es auch hier durch die Kultinhalte bedingte Unterschiede, wobei die Art der Handlungen in den leges sacrae der Heiligtümer fixiert war. Ohne dass es einer Änderung der Handlungen bedurfte, erhielten diese im dichten Gefüge der kaiserzeitlichen Stadt ebenso wie die Tempelcellae mehr Relevanz für die Wahrnehmbarkeit der Heiligtümer als Kultstätten. Wo Tempelbauten dicht in die umgebende Bebauung einbezogen wurden und kaum mehr über Außenräume verfügten, bedurfte es zunehmend der Opferhandlungen am Altar und des Betretens der cella, um den Bau in seiner kultischen Funktion sichtbar zu machen. Dies gilt umso mehr, wenn die Architekturen weit verbreitete und häufig reproduzierte Bauformen und Architekturstile widerspiegelten. Wie stark die sichtbare Abgrenzung der Heiligtümer zu ihrem städtischen Umfeld verwischen konnte, führen der Einbau von Kammern mit Geschäften in die Tempelpodien in mehreren stadtrömischen Fällen und der einer Thermenanlage im Fall der Ostienser Area Sacra dei Templi Repubblicani vor Augen. Sie verkörpern Reaktionen auf städtebauliche Prozesse, legen darüber hinaus aber auch Veränderungen in der Administration der betreffenden Heiligtümer nahe. Dabei fällt auf, dass die betreffenden baulichen Eingriffe zwischen der auguste-

 Für den südlichen und mittleren der drei Podiumtempel konnten Vorgängerstrukturen mit sehr ähnlicher Größe und Ausrichtung des späten 3./frühen 2. Jh. v.Chr. nachgewiesen werden: Crozzoli Aite (1981), 58 – 64. 103 f. Die Schriftquellen zu den Kulten des Forum Holitorium lassen jedoch keinen Zweifel daran aufkommen, dass alle der drei kaiserzeitlichen Podiumtempel über republikanische Vorgängerbauten verfügten. Zu den Kultzuweisungen anhand der Schriftquellen: Crozzoli Aite (1981), 119, der ich folge. – Das Datum der Erneuerung der Podiumtempel wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Berücksichtigt man jedoch alle Aspekte, ergibt sich ein recht klares Bild. Matterns Hinweis auf die Diskrepanzen der Bauornamentik des mittleren und nördlichen Kultbaus findet ein Echo in den Informationen aus den Schriftquellen sowie in der Verwendung unterschiedlichen opus caementitiums für die Fundamente des mittleren Baus und das jeweils des nördlichen und südlichen Podiumtempels; cfr. Mattern (2001), 185 Kat. II.17/b; Crozzoli Aite (1981), 104 f. 119. Folglich entstanden der Neubau des nördlichen (und südlichen) Podiumtempels etwas später, in spätaugusteisch-tiberischer Zeit, als der des mittleren Tempels, der bereits in früh- bis mittelaugusteischer Zeit realisiert wurde.  Vgl. SHA Pius 6.

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ischen Zeit und dem 2. Jh. n.Chr. und somit in einem Zeitraum besonderer wirtschaftlicher Prosperität erfolgten. In Ostia wurde das Areal der Heiligtümer vor dem Westtor des früheren Castrum im Laufe des 1. Jh. n.Chr. in die Stadt einbezogen und zahlreiche domus, insulae und horrea enstanden um die Area Sacra herum. In deren Osthälfte hatte man mehrere kleinere Gebäude unterschiedlicher Funktionen, darunter einen Versammlungs- und Bankettbau, errichtet, bevor man diesen in trajanischer Zeit eine Thermenanlage hinzufügte.¹² Befand sich der Eingang dieser Thermen in ihrer ersten Phase inmitten des Areals der Heiligtümer, verlegte man ihn im Zuge einer Erweiterung des Gebäudes in antoninischer Zeit zur Straße auf der Ostseite der Area Sacra hin (Abb. 2).¹³ Diese wurde von einer Reihe von mehrstöckigen insulae gesäumt, die ebenfalls im frühen 2. Jh. n.Chr. errichtet worden waren.¹⁴ Während ihre Eingänge zur Straße hin wiesen, führte an einer Stelle ein verschließbarer Hinterausgang ins Innere des Kultbezirks, was auf einen Zusammenhang der insulae mit den Heiligtümern hinweist. Die Thermenanlage wiederum speiste man mit Wasser aus der Area Sacra, das in einem Brunnenhaus im Westen des Bezirks gefördert wurde, wo es zwischen den Podiumtempeln lag.¹⁵ Es wurde durch ein Rohr entlang der Rückseite des Tempio Tetrastilo bis zum östlich neben diesem gelegenen Heizraum der Thermenanlage geleitet. Zwei kurze abzweigende Rohre führten zudem in die Cella des Podiumtempels und versorgten zwei Becken, die die Kultbildbasis flankierten.¹⁶ Sowohl das Brunnenhaus als auch der Heizraum der Thermen waren nur vom zentralen Bereich des Kultbezirks aus zugänglich. Zum täglichen Betrieb der Thermen musste der gemeinsame Vorplatz zweier Podiumtempel überquert werden.¹⁷ Das Beispiel veranschaulicht, dass Kultbauten und Architekturen vermeintlich ‚weltlicher‘ Funktion äußerst eng miteinander verbunden sein konnten und der Versuch einer Unterscheidung in sakrale und nicht-sakrale Funktionen, Bauten oder Räume nicht weit führt – zumal diese Sichtweise der Gegenwart nicht auf die Antike übertragbar ist. Stattdessen sollte vielmehr nach den Beweggründen hinter der Einrichtung der Thermen im Kultareal gefragt werden. Das Wasser aus dem Heiligtum verkörperte zweifelsohne ein besonderes Merkmal für

 Gebäude F wird als Versammlungs- und Bankettbau identifiziert. Mar (1990), 152 f. 156 f. Die Datierung der Thermen erfolgte anhand von Ziegelstempeln aus den Hypokausten: Calza (1953), 126.  Mar (1990), 156 f.; ders. (1996), 127– 133.  Mar (1990), 153 – 155.  Mar (1996), 128 – 130.  Mar (1996), 129.  Mar (1996), 131 f.

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die Thermen, da es, ohne dass dadurch von einem Heilkult gesprochen werden könnte,¹⁸ im übertragenen Sinne eine besondere Qualität und damit eine bestimmte Körpererfahrung versprach, die über eine bloße körperliche Reinigung hinausging.¹⁹ Doch auch die Heiligtümer dürften vom Betrieb der Badeanlage profitiert haben, da die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern den Kultstätten zugutegekommen sein müssen. Zumindest legen dies die bekannten sakralrechtlichen Regelungen zu Einnahmen nahe, die durch die Veräußerung oder Verpachtung von Tempelgut und Ländereien der Heiligtümer erzielt wurden.²⁰ Dieser Zusammenhang muss ferner auch für die in Tempelpodien eingebauten Kammern einiger stadtrömischer Podiumtempel diskutiert werden. Ungeachtet der einstigen, archäologisch nur selten fassbaren Größe der betreffenden Kultbezirke, steht für diese Kammern aufgrund ihrer Position außer Frage, dass sie sich auf dem Grund und Boden des Heiligtums befanden. Sie waren in allen bekannten Fällen im Zuge des Neubaus des jeweiligen Podiumtempels beziehungsweise im Rahmen äußerst umfassender Arbeiten am Kultbau eingerichtet worden. In mindestens zwei Fällen beherbergten sie Ladengeschäfte. So verfügte der auf dem Forum Romanum gelegene Tempel des Castor und Pollux über Kammern, die sich entlang der Flanken seines Unterbaus öffneten und von denen eine als Barbiersalon genutzt wurde.²¹ Die Kammern hatte man in diesem Fall beim Neubau des Podiumtempels in augusteischer Zeit eingerichtet.²² Ein zweites Beispiel findet sich bei den Zwillingstempeln von San Omobono im Norden des Forum Boarium, die in hadrianischer Zeit einer umfassenden Renovierung unterzogen wurden.²³ Im Zuge dieser Arbeiten richtete man auf der Ostseite der Plattform der beiden Kultbauten mehrere Kammern in den Strukturen des Unterbaus ein, die jeweils aus zwei kleinen hintereinander gelegenen Räumen bestanden. In einer dieser Kammern wurden vom 2. bis 4. Jh. n.Chr. Farben verkauft.²⁴

 Vgl. Scheid (1991), 209 – 214.  Vgl. Scheid (1991), 209 – 214, über dessen Argument ich hier hinausgehe.  Arnhold (2015), 297. Vgl. Rüpke (1995), 281 f. zur Option von Pachterträgen, die allerdings an die Priesterschaften fielen. Vor allem jedoch: Aberson (2007), 37 zur sakralrechtlichen Regelung von Furfo aus dem Jahr 58 v.Chr., der zufolge Tempelgut unter der Bedingung veräußert werden durfte, dass die Einnahmen aus dem Verkauf für die Ausstattung bzw. Renovierung des betreffenden Heiligtums verwendet wurden.  Nilson u. a. (2009), 53 – 58.  Nilson u. a. (2009), 53 – 58.  Vgl. Colini u. a. (1978), 421 mit Anm. 7; zu weiteren Arbeiten der hadrianischen Zeit am Heiligtum: Ramieri (2004– 05), 28; Ramieri (2005), 399.  Colini u. a. (1978), 422– 424. 431– 434.

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Darüber hinaus verfügten zwei der drei Podiumtempel unter S. Nicola in Carcere im Forum Holitorium über Kammern in den Unterbauten. Im Fall des nördlichen Tempels öffneten sich diese auf den beiden Langseiten des Podiums, wobei möglicherweise nur die der Südseite im Gebrauch waren.²⁵ Der mittlere der drei Tempelbauten verfügte hingegen über Kammern auf beiden Langseiten und der Rückseite.²⁶ Die Kammern waren beim Neubau des jeweiligen Podiumtempels in früh- bis mittelaugusteischer Zeit im Fall des mittleren beziehungsweise spätaugusteisch bis tiberischer Zeit im Fall des nördlichen Tempels angelegt worden. Zumindest im Gang zwischen beiden Kultbauten konnten sie mit Flügeltüren verschlossen werden.²⁷ Die Erneuerung des Bodenbelags dieses Ganges und der Schwelle einer der Kammern in severischer Zeit²⁸ weist auf eine Nutzungsdauer bis mindestens ins 3. Jh. n.Chr. hin. Ihre Funktion als kleine Läden oder Lagerräume kann anhand der Vergleiche und des merkantilen Charakters der Gegend des Forum Holitorium, der auch während der Kaiserzeit bestand, nur vermutet werden. Funde, die die Identifizierung einer der Kammern als konkretes Ladengeschäft gestatten, gibt es in diesem Fall nicht. Mit diesen Kammern entstanden weder im Forum Holitorium noch im Forum Romanum oder im Umfeld des nördlichen Forum Boarium grundlegend neue Nutzungsräume. Alle drei Areale wurden schon in spätrepublikanischer Zeit und zum Teil auch bereits erheblich früher von Handelsaktivitäten geprägt. Insbesondere für das Velabrum lässt sich anhand der Schriftquellen nachvollziehen, wie sich die Palette der erhältlichen Waren in spätrepublikanischer Zeit füllte und veränderte.²⁹ Der Einbau von Läden in den Tempelpodien weist dabei je nach Standort des Tempelgebäudes und dem Zeitpunkt der Arbeiten auf einen anderen Aspekt dieses Prozesses hin. Im Fall des Forum Romanum wurden zumindest bestimmte Händler wie die Fleischer zunehmend aus dem Zentrum des Areals verdrängt.³⁰ Es handelt sich hier um eine räumliche Regulierung der Aktivitäten. Im Fall des Farbengeschäfts im Podium der Zwillingstempel von S. Omobono und der anderen dort befindlichen Läden kann deren Ansiedlung eher als Reaktion auf die Veränderungen im unmittelbaren Umfeld des Heiligtums aufgefasst werden. Den Läden gegenüber schloss sich von augusteischer Zeit an ein dichtes

     

Corzzoli Aite (1981), 76. 92 f. Crozzoli Aite (1981), 76. 79. Delbrück (1903), 17 f.; Crozzoli Aite (1981), 76. 79. Palombi (2006), 42 Anm. 33. Neudecker (2005), 86 f. Vgl. Liv. 44,16,10. Im Überblick: Purcell (1995), 333 f.

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Viertel mit insulae an, darunter die Insulae Sertoriana und Volusiana auf der Ostseite des Heiligtums.³¹ Hinsichtlich der Podiumtempel des Forum Holitorium, bei denen eine Nutzung der Kammern als Ladengeschäfte oder kleine Lagerräume aufgrund der genannten Vergleiche anzunehmen ist, zeichnet sich mit Blick auf die weiteren Gebäude im Umfeld der Heiligtümer eine Situation ähnlich der im Forum Boarium ab. Auch das Forum Holitorium war in republikanischer Zeit als Ort für Handelsaktivitäten bekannt, für die sich allerdings erst mit den Kammern in den Tempelpodien der beiden frühkaiserzeitlichen Podiumtempel spezifische permanente Strukturen fassen lassen. Für die früheren Phasen des Forum Holitorium muss hingegen nach dem derzeitigen Kenntnisstand von temporären Verkaufsständen ausgegangen werden. Mit dem Einbau der Kammern in den Tempelpodien wurde hier erstmals eine vorhandene Nutzungsweise verstetigt, ohne dass sich sagen ließe, in welcher weiteren Form im nachaugusteischen 1. Jh. n.Chr. Handel im Umfeld der drei Podiumtempel betrieben wurde. Erst in hadrianischer Zeit versah man die Pfeilerportikus entlang der Ostseite des Forum Holitorium mit Taberneneinbauten, durch die weitere permanente Strukturen für den Handel in diesem Areal entstanden.³² Für die Heiligtümer ziehen diese Veränderungen des urbanen Umfelds, das Anwachsen und Sich Verdichten des städtischen Gefüges, räumliche Konsequenzen und einen allmählichen Wandel ihres Erscheinungsbildes nach sich. Die durch die jeweiligen leges sacrae festgelegten Kulthandlungen selbst dürften davon weder inhaltlich noch hinsichtlich ihres Umfangs betroffen gewesen sein. Sie erfolgten auch in republikanischer Zeit für gewöhnlich zu bestimmten Tageszeiten (häufig morgens) und festen Terminen im Kalender. Nur hatten die Areale vor den Tempelgebäuden jetzt mitunter funktional an Exklusivität verloren, während diese in anderen Fällen, z. B. dem des Tempio dell’Ara Rotonda in Ostia, im Laufe der frühen Kaiserzeit durch verschiedene Baumaßnahmen im unmittelbaren Umfeld neu entstand. Die Veränderungen des urbanen Umfelds wirkten sich somit von Fall zu Fall unterschiedlich aus. Sie führten bei einer ganzen Reihe von Heiligtümern zu einer Nutzung des knappen Raumes durch ganz unterschiedliche Akteure, die mit ihren Handlungen keinen Bezug auf das Kultgeschehen in den Heiligtümern nehmen mussten. Daneben finden sich, obgleich seltener, allerdings auch Fälle, bei denen Baumaßnahmen im Umfeld eines Kultbaus eine gesteigerte Exklusivität der Kulthandlungen bewirkten, da nicht nur der für deren Durchführung verfügbare Raum, sondern auch dessen Einsehbar-

 CIL VI 29791 (Insula Sertoriana) sowie CIL VI 40887 (Insula Volusiana).  Vgl. Filippi (1999), 88 f.

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keit von außen stark eingeschränkt wurden. Im genannten Ostienser Beispiel entstand diese Situation durch die Anhebung des Straßenniveaus neben dem Podiumtempel um ca. 1,50 m und die Errichtung eines Gebäudes unmittelbar vor dem Kultbau.³³ Der Vorplatz umfasste dadurch nur wenige Quadratmeter. Das Geschehen auf diesem war durch eine abschirmende Mauer entlang der Straße vor den Blicken der Passanten verborgen. Zugleich renovierte man den Tempio dell’Ara Rotonda in dieser Phase aufwendig und stattete ihn mit einer vollständigen Marmorverkleidung und einem mit Marmor verkleideten Altar aus (Abb. 3).³⁴ Von den beschriebenen urbanen Prozessen des Wachsens und Sich Verdichtens der Stadt waren zwangsläufig alle Heiligtümer betroffen, die nicht über einen nach außen abgrenzend wirkenden architektonischen Rahmen verfügten. Dieser konnte im Ganzen konzipiert und realisiert gewesen oder als gewachsener Rahmen über einen längeren Zeitraum entstanden sein. Für den zuerst genannten Fall findet sich mit den Heiligtümern der Juno Regina und des Jupiter Stator ein zentrales Beispiel im Bereich des Circus Flaminius. Als Q. Caecilius Metellus den Kultbau der Juno Regina kurz nach Mitte des 2. Jh. v.Chr. erneuern und einen weiteren für Jupiter Stator errichten ließ, umgab er beide Bauten auch mit einer Quadriportikus, die als Portikus Metelli nach ihm benannt wurde.³⁵ Deren Dimensionen behielt man im Zuge des Neubaus der Anlage in augusteischer Zeit mit Ausnahme einer Erweiterung des Baus in Richtung Norden (der auf der Rückseite der Tempelbauten gelegenen Seite) bei.³⁶ Lediglich die Eingangssituation auf der Südseite veränderte man so, dass ein aus der Fassade der Säulenhalle hervortretendes Propylon entstand.³⁷ Obgleich die seit der augusteischen Erneuerung als Porticus Octaviae bekannte Anlage eine Reihe weiterer Funktionen beherbergte, die für die spätrepublikanische Porticus Metelli unbekannt sind, darunter Bibliotheken,³⁸ erfolgte während der Kaiserzeit keine im Befund oder den Schriftquellen sichtbare Aneignung der Architekturen durch Akteure aus dem städtischen Umfeld. Erst im Laufe der Spätantike oder des frühen Mittelalters wurden steinerne Verkaufstische für Fischhändler im Propylon der Porticus Octaviae errichtet, wo sie bis in das 12.–13. Jh. n.Chr. hinein in Benutzung blieben.³⁹ Vielmehr fällt auf, dass die Quadriportikus mit den beiden

 Zevi (1969 – 70), 98. 105; Mar (1990), 148; Pensabene (2007), 59.  Pensabene (2007), 60; Arnhold (2015), 301 f.  Vell. Pat. 1,11,3; Vitr. 3,2,5. Q. Caecilius Metellus erhielt 146 v.Chr. einen Triumph (vgl. Val. Max. 7,5,4,). Die Arbeiten sind danach anzusetzen.  Di Manzano (1990), 71.  Ciancio Rossetto (1996), 267; Viscogliosi (1999), 143.  Suet. gramm. 21.  Ciancio Rossetto (2008), 423.

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Tempelbauten sowohl in spätrepublikanischer Zeit als auch während der ersten vier nachchristlichen Jahrhunderte der Repräsentation ihrer Erbauer und später der Kaiser und der von diesen jeweils propagierten Idee Roms diente. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Beibehaltung und Erweiterung der statuarischen Ausstattung über mindestens ein halbes Jahrtausend seit dem mittleren 2. Jh. v.Chr.⁴⁰ Als weitere Beispiele für Heiligtümer mit in einem Guss realisierten architektonischen Rahmen lassen sich der Tempel des Hercules Musarum mit der augusteischen Porticus Philippi sowie der Tempel der Via delle Botteghe Oscure mit der nach dem Brand des Jahres 80 n.Chr. um ihn herum errichteten Quadriportikus anführen. Anders verhält es sich im Fall der vier Kultbauten der sog. Area Sacra des Largo Argentina, die zu einer weitere Tempelbauten umfassenden Aneinanderreihung von Heiligtümern gehörten und erst durch verschiedene Großbauprojekte im Umfeld rahmende Architekturen erhielten. Der Prozess nahm gegen Mitte des 1. Jh. v.Chr. seinen Anfang, als das Pompeius-Theater mit seiner gewaltigen Quadriportikus hinter den mit den Buchstaben A-D benannten Kultbauten errichtet wurde.⁴¹ Dadurch entstand eine geschlossene Architekturfront auf der Rückseite der Kultbauten. Das wenige Zeit später entlang der Nordseite des pompeianischen Komplexes errichtete Hekatostylon, die Hundertsäulenhalle, erstreckte sich auch entlang der Nordseite von Tempel A bis zum Diribitorium und bildete einen Abschluss nach Norden hin. Zu diesem Zeitpunkt verfügten alle vier Tempelbauten noch über eigenständige Vorplätze, die noch nicht durch einen vereinheitlichenden Plattenbelag zusammengefasst worden waren (Abb. 4).⁴² Ein solcher wurde erstmals im Zuge der umfassenden Renovierung der Kultbauten nach dem Brand des Jahres 80 n.Chr. vor den Tempelgebäuden angebracht. Er erstreckte sich von den Tempelfronten bis zur Pfeilerportikus entlang der den Kultbauten gegenüber gelegenen Ostseite der sog. Area Sacra.⁴³ Diese Pfeiler-

 Gorrie (2007), 1– 17.  Arnhold (2008), 52; dies. (in Vorbereitung).  Arnhold (2008), 52; dies. (in Vorbereitung).  Ich revidiere an dieser Stelle meine frühere Auffassung, dass es sich nur um einen Pflasterstreifen aus Travertinplatten vor den Tempelfronten gehandelt habe. Gemäß dem Ausgräber der sog. Area Sacra des Largo Argentina, Giuseppe Marchetti-Longhi, bricht der erhaltene Pflasterstreifen vor den Tempelbauten in einer geraden Linie ab und weist entlang dieser Seite eine Stufe auf (Marchetti-Longhi [1970 – 71], 11). Der Steinplan der sog. Area Sacra bildet ferner vereinzelte Platten vor der Pfeilerportikus auf der Ostseite des Areals ab. Die Situation erklärt sich durch den Blick auf den benachbarten Komplex des Tempels der Via delle Botteghe Oscure. Nach dem Brand des Jahres 80 n.Chr. hatte man ebenfalls um diesen Podiumtempel herum einen Bodenbelag aus Travertinplatten angebracht, wobei die Form und Stärke der Platten denen im Bereich der sog. Area Sacra des Largo Argentina entspricht. Die Untersuchungen zu diesem Heiligtum führten

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portikus war ebenfalls während der umfassenden Arbeiten nach dem Brand des Jahres 80 n.Chr. errichtet worden und entstand vermutlich gemeinsam mit der Quadriportikus um den Tempel der Via delle Botteghe Oscure. Somit war erst im ausgehenden 1. Jh. n.Chr. der Prozess der Umschließung und Zusammenfassung der Heiligtümer im Inneren beendet. Südlich von Tempel D existierten vermutlich keine rahmenden Architekturen, da sich auf dieser Seite die weiteren Heiligtümer der Tempelreihung anschlossen.⁴⁴ Fehlende Untersuchungen dieses Areals lassen die Frage nach den topographischen Details dieses Bereiches allerdings unbeantwortet. Obgleich auch diese Heiligtümer somit zumindest vom ausgehenden 1. Jh. n.Chr. an über rahmende Strukturen verfügten, unterschieden sie sich funktional von denen auf der Nordseite des (in dieser Zeit bereits ehemaligen)⁴⁵ Circus Flaminius. Insbesondere die Portikus Metelli/Octaviae diente der Repräsentation der sozio-politsch Führenden und behielt diese Rolle auch in der Kaiserzeit bei. Im Fall der Largo Argentina-Heiligtümer waren gerade die Erbauer der spätrepublikanischen Tempel B und D um die Herausstellung ihrer Person bemüht gewesen.⁴⁶ Dabei lässt sich für Tempel B, dem Heiligtum der Fortuna Huiusce Diei, mit Q. Lutatius Catulus einer der extravagantesten Protagonisten der Wende vom 2. zum 1. Jh. v.Chr. fassen. Im Laufe des 1. Jh. n.Chr. entstanden allerdings eine Reihe niedrigerer Gebäude zwischen den Tempelbauten, von denen sich eines aus mehreren kleineren Räumen zusammensetzte, die um das Podium von Tempel B gruppiert waren und dieses zum Teil als Rückwand nutzten (Abb. 4).⁴⁷ Ein weiterer Bau, zwischen den Tempeln A und B, umfasste in seiner ersten Phase einen einzigen großen Raum, dem noch vor dem Brand des Jahres 80 n.Chr. ein zweiter größerer vorgeblendet wurde.⁴⁸ Die einstige Ausstattung dieses Gebäudes mit Wandmalerei und Bodenmosaiken sowie seine Ausrichtung und Position, die der

jedoch vor Augen, dass man unterschiedlich dicke Platten einsetzte. Ein Streifen aus stärkeren Platten umgab hier den Podiumtempel und auch im Bereich der Springbrunnen entlang der Flanke des Kultbaus hatte man stärke Platten eingesetzt. Pro Brunnen handelte es sich um vier Platten, die zudem mit einer umlaufenden Stufe versehen waren. Sie diente der Aufnahme von dünneren Platten, mit denen die freien Flächen des Platzes befestigt worden waren. Der Travertinbelag der Vorplätze der Largo Argentina-Heiligtümer muss auf identische Weise realisiert worden sein, wie bereits Manacorda und Zanini bemerkten. Vgl. Manacorda – Zanini (1997), 256 mit Anm. 11.  Rodriguez‐Almeida (1991– 92), 8 – 14.  An der Stelle des republikanischen Circus Flaminius befand sich spätestens ab flavischer Zeit ein langgestreckter Platz. Viscogliosi (1993), 270; La Rocca (1995), 105.  Arnhold (2011), 80 – 82; dies. (in Vorbereitung).  Coarelli (1981), 24.  Marchetti-Longhi (1970 – 71), 34 f.

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der Tempelbauten entsprach, legen eine Funktion als Versammlungsgebäude nahe.⁴⁹ Im Gegensatz zu den weiteren kleineren kaiserzeitlichen Gebäuden der sog. Area Sacra, die in severischer Zeit grundlegend neu konzipiert wurden (Abb. 5), blieb das Versammlungsgebäude während der gesamten weiteren Geschichte der Heiligtümer bestehen. Zwar muss grundsätzlich bedacht werden, dass derartige Versammlungsräume auch vermietet werden konnten, doch weist die enorme Kontinuität dieser Bauten, die auch bei der Ostienser Area Sacra dei Templi Repubblicani erkennbar ist, auf die Nutzung durch einen kollektiven Akteur, einer in irgendeiner Form konstituierten Gemeinschaft, hin. Dabei ist nicht auszuschließen, dass ein solcher Akteur im Laufe der Zeit auch wechseln konnte. Die Beispiele führen vor Augen, dass bei der Betrachtung der Heiligtümer unterschiedliche Aspekte und verschiedene Ursachen von Veränderungen zu berücksichtigen sind. Grundlegende Weichen, was die Funktionen der Tempel und die räumliche Konzeption ihrer Architekturen betraf, waren dabei bereits spätestens in der frühen Kaiserzeit gestellt worden. Zum Teil gingen sie auch auf die republikanische Zeit zurück. Um die Relevanz dieser Aspekte für die Transformationen kaiserzeitlicher (paganer) Religion zu verstehen, bedarf es des Blicks auf die Akteure hinter den Heiligtümern und die Frage der Kommunikation.

3 Akteure und Kommunikation Der Tempel des Portunus im Forum Boarium diente gemäß einer Aussage M. Cornelius Frontos aus dem 2. Jh. n.Chr. als Sitz der Kranzbinder, die hier auch ihre Waren verkauften.⁵⁰ In der Tat findet sich auf der Ostseite des Podiumtempels ein von Mauern eingefasster Hof, der an den Unterbau des Pseudoperipteros angrenzte. Er war unbestimmte Zeit nach Errichtung des spätrepublikanischen Podiumtempels des Heiligtums im zweiten Viertel des 1. Jh. v.Chr.⁵¹ angelegt worden. Im Laufe der Zeit entstand zunächst eine Portikus im Inneren des Hofes, die zu einem späteren Zeitpunkt wiederum in eine Reihe nebeneinander gelegener Tabernen umgewandelt wurde (Abb. 6a. b.).⁵² Auch befestigte man den Boden des Hofes bei mehreren Gelegenheiten neu, wobei Reste des Basaltpflasters der ersten

 Coarelli (1981), 45. Der Autor identifiziert Tempel A als Heiligtum der Juturna und den Versammlungsbau in der Folge als Sitz der statio aquarum. Beides bleibt vage. Vgl. Arnhold (in Vorbereitung).  Fronto epist. 1,7,2.  Ich folge der Datierung von Ruggiero (1991– 92), 282.  Colini/Buzzetti (1986), 7.

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Phase sowie die eines späteren Bodenbelags aus ebendiesem Material erhalten sind. In einer dritten und letzten Phase brachte man hingegen einen Bodenbelag aus polygonalen Steinen an.⁵³ Obgleich sich keine absoluten chronologischen Daten für diese Arbeiten ermitteln lassen, kann insbesondere mit Blick auf die wiederholte Erneuerung der Bodenbeläge eine lange Nutzungsdauer des Hofes postuliert werden. Zwar fehlt letztendlich der Beleg, dass es sich bei der Portikus und den späteren Tabernen um die Verkaufsräume der Kranzbinder handelte, doch kommen diese Strukturen für eine derartige Nutzung gerade auch mangels alternativer Möglichkeiten infrage. Eine einzige plausible Alternative böte sich auf der anderen Langseite des Podiumtempels, auf der sich ein zweiter Hof befand. Allerdings konnte dieser Bereich bislang nicht untersucht werden.⁵⁴ Da im Laufe der Kaiserzeit, genauer gesagt im 2. Jh. n.Chr., auch Arbeiten am Podiumtempel selbst durchgeführt wurden, stellt sich die Frage nach der Verbindung der Kranzbinder als ansässiger Gemeinschaft (zumindest im 2. Jh. n.Chr.) mit diesen baulichen Unternehmungen. Der Podiumtempel erhielt im Zuge seiner kaiserzeitlichen Renovierung einen neuen Überzug aus Stuck, durch den insbesondere im Bereich der Kapitelle und des Gebälks die in Stein angelegten Ornamente überformt wurden. Auch fügte man auf zuvor nicht dekorierten Bauelementen neue Ornamente hinzu.⁵⁵ Was fehlt, ist ein konkreter Beleg, dass die Kranzbinder die Erneuerung des Stucküberzugs in Auftrag gaben. Nur Vergleiche mit der Art und Weise, wie in anderen Heiligtümern, die mit Gemeinschaften verbunden waren, Arbeiten durchgeführt wurden, können Hinweise darauf geben. Betrachtet man die Baumaßnahmen an den drei Podiumtempeln und weiteren Gebäuden der Ostienser Templi Repubblicani gemeinsam, fällt auf, dass die Arbeiten im Bereich der Area Sacra sukzessive erfolgten und im Laufe der Zeit an Umfang zunahmen.⁵⁶ Ein ganz ähnliches Bild ergibt sich, wenn man den Blick auf die Baumaßnahmen im Bereich der vier Largo Argentina-Tempel richtet und die Arbeiten zur Beseitigung der Brandschäden des Jahres 80 n.Chr. dabei außen vor lässt.⁵⁷ Auch hier entstand im 1. Jh. n.Chr. ein Versammlungsgebäude, das kurze Zeit später auf mehr als das Doppelte seiner Größe erweitert wurde. Und auch in diesem Fall errichtete man zunächst ein niedriges Nebengebäude, das sich um

 Colini/Buzzetti (1986), 8. 24.  Vgl. Colini/Buzzetti (1986), 29; Ruggiero (1991– 92), 267.  Fiechter 1906, 234– 252.  Arnhold (2015), 297; dies. (in Vorbereitung).  Die Wiederherstellung der Heiligtümer nach dem Brand des Jahres 80 n.Chr. muss m. E. ausgeklammert werden, da diese Arbeiten mehrere Monumente übergreifend erfolgten und zentral organisiert waren.

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das Podium von Tempel B und bis an den Unterbau von Tempel C erstreckte und schließlich in severischer Zeit durch ein erheblich größeres und auch höheres Gebäude auf der Rückseite der Tempelbauten ersetzt wurde.⁵⁸ In allen diesen Fällen gewinnt man den Eindruck, dass es sich um bauliche Unternehmungen handelt, hinter denen zunehmend wirtschaftlich stärkere und mit ihrem Bauvorhaben selbstbewusster auftretende Auftraggeber standen. Auch lässt sich in allen drei Fällen über mehrere Jahrzehnte hinweg eine gewisse Kontinuität und Zielgerichtetheit der Baumaßnahmen feststellen, was meines Erachtens auf ein und dieselbe Art von Auftraggeber der im jeweiligen Kultareal durchgeführten Arbeiten spricht. Die offensichtlich gleichbleibenden Intentionen in Bezug auf das jeweilige Heiligtum lassen einen Wechsel in der grundlegenden (nicht zwingend aber der konkreten) Identität dieses Akteurs unwahrscheinlich erscheinen. Mit Blick auf die Versammlungsbauten ist dabei von Gemeinschaften auszugehen, die das jeweilige Kultareal für ihre Zwecke nutzten, was ohne gesetzliche oder vertragliche Regelung zumindest in Bezug auf das betreffende Heiligtum kaum vorstellbar ist. Wie diese Gemeinschaften konstituiert waren, bleibt offen. Doch zeigt sich gerade in den betreffenden Beispielen, dass sie ganz andere Aussagen durch ihre Aktivitäten kommunizierten als die republikanischen Bauherren der Tempelarchitekturen. Wurde besonders in spätrepublikanischer Zeit der Neubau ganzer Podiumtempel nicht gescheut, wobei auch das Erscheinungsbild und die Größe der Architekturen massive Veränderungen erfuhren, orientierte man sich nun sehr viel stärker am Vorhandenen. So blieben während der kaiserzeitlichen Jahrhunderte die Größe und Grundrisse der Tempelbauten erhalten. Der Umfang der Arbeiten, die Art und Weise ihrer Durchführung und zum Teil auch die verwendeten Materialien hingen vom konkreten Anlass der Baumaßnahme sowie von den Ansprüchen und Möglichkeiten der Auftraggeber ab. Im Fall des Portunustempels strebten die Auftraggeber der Arbeiten des 2. Jh. n.Chr. ganz offensichtlich ein zeitgenössischeres Erscheinungsbild des Baudekors des Podiumtempels an, was durch die Beimengung von Marmorpulver in den Stuck und die dadurch bewirkte Imitation des höherwertigen Materials unterstrichen wurde.⁵⁹ Für den Tempio dell’Ara Rotonda des Ostienser Beispiels genügte das nicht. Als der kleine Podiumtempel in flavischer Zeit neben der soeben um 1,50 m erhöhten Straße zu verschwinden drohte, erhielt er eine vollständige Verkleidung aus Marmor. Zwar lässt sich an dieser der sparsame Gebrauch des Materials⁶⁰ erkennen, doch finden

 Arnhold (in Vorbereitung).  Fiechter (1906), 251 f.  Pensabene (2007), 64.

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sich Parallelen für einzelne der Dekorelemente im stadtrömischen Raum, unter anderem an der Domus Flavia, weshalb Pensabene eine Beteiligung von Werkstätten vermutet, die für die höchsten soziopolitischen Kreise tätig waren.⁶¹ Der Wunsch nach der Aufwertung des Baus in misslicher Straßenlage und das Bedürfnis nach einer kostenorientierten Planung kamen hier zusammen. In ähnlicher Weise richteten sich auch die Arbeiten zur Beseitigung der Brandschäden des Jahres 80 n.Chr. auf dem mittleren Marsfeld nach den Notwendigkeiten der konkreten Situation, obwohl ein ganz anderer Akteur mit ihnen verbunden gewesen sein dürfte. Sowohl die Wiederherstellung der Aufbauten der Tempelgebäude an der Via delle Botteghe Oscure und im Bereich der sog. Area Sacra des Largo Argentina als auch die Anbringung eines neuen Bodenbelags aus Travertinplatten vor und zum Teil auch um die Tempelbauten führt vor Augen, dass die Arbeiten beide Monumente übergreifend geplant und ausgeführt wurden.⁶² Dabei setzte man neben Travertin vor allem Ziegel und Stuck als Materialien ein. Doch ging man, wie vor allem am Tempio delle Botteghe Oscure sichtbar wird, weit über die bloße Wiederherstellung der zerstörten Bauten hinaus. Der den Largo Argentina-Heiligtümern gegenüber gelegene Kultbau wurde in dieser Phase mit einer monumentalen Quadriportikus umgeben⁶³ und von Springbrunnen⁶⁴ gesäumt, während auf den Außenwänden seiner cella figürliche Stuckreliefs angebracht wurden, die zum Teil vergoldet waren⁶⁵. Dies lässt darauf schließen, dass die Arbeiten nicht nur die Beseitigung der Schäden, sondern das Überwinden der Katastrophe zum Besseren veranschaulichen sollten. Als Akteur ist hier nur eine zentrale Stelle wie eine speziell eingesetzte Kommission oder Verwaltungsbehörde vorstellbar, die konkrete Vorgaben der politischen Führung Roms umsetzte. Diese Beispiele führen vor Augen, dass die Architekturen der Heiligtümer nicht länger die Charakteristika des spätrepublikanischen Wettbewerbs einzelner Vertreter der soziopolitischen Elite um Prestige und Einfluss widerspiegelten. Dessen Anzeichen waren vielmehr an vielen Stellen durch Anhebungen des jeweiligen Geländeniveaus, die Erneuerung von Aufbauten und deren Verkleidungen sowie bei Baumaßnahmen im unmittelbaren Umfeld und Bränden verloren gegangen. Auch lassen sich die einst mit ihnen verbundenen Akteure in nachaugusteischer Zeit nicht länger als Bauherren öffentlicher Monumente in der Stadt Rom fassen. An ihre Stelle traten neben dem Kaiser und den Mitgliedern der kaiserli    

Pensabene (2007), 62– 64. Arnhold (in Vorbereitung). Manacorda (1999), 132. Manacorda/Zanini (1997), 253 – 256. Manacorda/Zanini (1997), 261.

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chen Familie, Gemeinschaften unterschiedlicher Art, die neue Kultstätten errichteten, ganz offensichtlich aber auch einzelne vorhandene Heiligtümer zur Durchführung ihrer Aktivitäten nutzten, sowie Institutionen und die kaiserliche Bauverwaltung⁶⁶. Ihre Kommunikation galt nicht länger einer soziopolitischen Positionierung durch das Absetzen von der Masse, sondern strebte das Einfügen in das herrschende politische System und die von diesem propagierte Idee Roms an.

4 Konsequenzen für die Transformationen kaiserzeitlicher (paganer) Religion Die vorangegangenen Ausführungen veranschaulichen eine ganze Reihe von Veränderungen der Heiligtümer, die in manchen Fällen einen grundlegenden Wandel des Charakters der Kultstätten beinhalteten, während ein solcher in anderen nicht nachvollzogen werden kann. Die an den Tempeln sichtbaren Veränderungen des Zeitraums der ausgehenden Republik und Kaiserzeit sind in erster Linie situativ bedingt und somit fallspezifisch. Allerdings wurden sie in den einzelnen Fällen von Faktoren hervorgerufen und begünstigt, die sich für alle Heiligtümer des urbanen Raums nachvollziehen lassen. Bei diesen handelt es sich um bauliche Eingriffe im Umfeld der Heiligtümer, die nicht zwingend im Zusammenhang mit den Kultbauten stehen mussten, sowie um konkrete Ereignisse, die die Heiligtümer selbst betrafen wie z. B. Brände. Ebenso spielten die beim Übergang der spätrepublikanischen Zeit zur Kaiserzeit vorhandenen räumlichen und strukturellen Voraussetzungen sowie die Ausstattung der Bauten und ihre Funktionen zu diesem Zeitpunkt eine Rolle. Es wurden jedoch auch insbesondere zu Beginn der Kaiserzeit zentrale Weichen gestellt, die Einfluss auf die kaiserzeitliche Nutzungsweise der einzelnen Heiligtümer hatten. Neue Akteure und eine veränderte Organisation von Bauvorhaben, teilweise auch der Zuständigkeiten, waren die Folge. Damit fassen wir mit den Veränderungen der republikanischen Heiligtümer während der Kaiserzeit einen Ausschnitt der komplexen Dynamiken, denen Religion während dieses Zeitraums unterlag. Ähnliche Akteure, aber auch ähnliche Strukturen finden sich ebenso in anderen, neu prosperierenden Kulten und an anderen Orten. Und auch die skizzierten urbanen Prozesse betrafen nicht nur die republikanischen Monumente. Daraus folgt, dass für die Transformationen kaiserzeitlicher Religion nicht der einzelne Ort von Relevanz war, sondern vielmehr die Fähigkeit eines Kultes kollektive Identität(en) zu generieren. Waren  Zur kaiserzeitlichen Bauverwaltung, s. Kolb (1993).

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diese Kulte und ihre Stätten durch Praktiken an politische und/oder moralische Werte geknüpft, über die zunehmend kein gesellschaftlicher Konsens mehr bestand, verloren sie zwangsläufig ihre Relevanz für die religiöse Kommunikation.

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Abbildungsverzeichnis Abb. 1. Rom, Plan des nördlichen Forum Boarium und Forum Holitorium mit dem Gebiet des Portus Tiberinus. a) Via Teatro di Marcello, b) Vico Jugario (Vicus Iugarius), c) Via Luigi Petroselli, d) Via di Ponte Rotto (Vicus Lucceius), e) Portunus-Tempel, f) Tempel der Fortuna und Mater Matuta, g) Porta Carmentalis, h) Portikus der Via Bufola, i) Travertinportikus, k) Heiligtümer unter San Nicola in Carcere. (Arnhold 2011). Abb. 2. Ostia, Area Sacra dei Templi Repubblicani (Arnhold 2014/2016, nach: Mar (1996), Abb. 25). Abb. 3. Ostia, Tempio dell’Ara Rotonda (Foto: Arnhold 2012). Abb. 4. Rom, sog. Area Sacra des Largo Argentina, Ende des 1. Jh. n. Chr./Anfang des 2. Jh. n. Chr. (Zeichnung: Arnhold 2011/2016, nach: Marchetti-Longhi (1970 – 71), Plan nach S. 62) Abb. 5. Rom, sog. Area Sacra des Largo Argentina in severischer Zeit (Zeichnung: Arnhold 2011/2016, nach: Marchetti-Longhi (1970 – 71), Plan nach S. 62) Abb. 6a.b. Rom, Tempel des Portunus: Hof der Ostseite mit Portikus der früheren Phase und späterer Tabernenreihe (Arnhold 2011, nach: Colini – Buzzetti (1986), Abb. 1).

Abb. 1: Rom, Plan des nördlichen Forum Boarium und Forum Holitorium mit dem Gebiet des Portus Tiberinus.

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Abb. 2: Ostia, Area Sacra dei Templi Repubblicani.

Abb. 3: Ostia, Tempio dell’Ara Rotonda.

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Abb. 4: Rom, sog. Area Sacra des Largo Argentina, Ende des 1. Jh. n.Chr. / Anfang des 2. Jh. n.Chr.

Abb. 5: Rom, sog. Area Sacra des Largo Argentina in severischer Zeit.

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Abb. 6a.b: Rom, Tempel des Portunus: Hof der Ostseite mit Portikus der früheren Phase (oben) und späterer Tabernenreihe (unten).

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„Small Gods“? Transformationen griechischer Religiosität im Spiegel kaiserzeitlicher Orakelpraxis Im Februar 391 verbot Kaiser Theodosius I. den Besuch von Tempeln und das Darbringen von Opfern; knapp zwei Jahre später ‐ im November 392 – jeglichen Götterkult und damit auch die Orakel.¹ Spätestens ab letzterem Datum war es mit offizieller heidnischer Zukunftserforschung vorbei, und nichts weist darauf hin, dass irgendeine der altehrwürdigen Orakelstätten dem kaiserlichen Edikt zuwiderzuhandeln wagte oder imstande war.² Der Weg, auf dem die Orakel diesem Ende entgegensteuerten, wird dagegen bis heute kontrovers diskutiert: Unstrittig ist ihr Bedeutungsverlust im späteren Hellenismus, den man mit einer im Ansatz schon von Polybios beklagten demographischen und ökonomischen Rezession,³ verstärkt durch die Wirren der zahlreichen äußeren und inneren Kriege Roms im 1. Jh. v.Chr. in Verbindung bringen mag. Schwierigkeiten bereitet dagegen ihr literarisch wie epigraphisch bezeugtes ‚revival‘ im 2. Jh. n.Chr.: Letztlich unter dem Einfluss des fragwürdigen Axioms von der Poliswelt als idealem Aggregatzustand der griechischen Antike hat man lange Zeit auch den städtischen Orakeln in den Jahrhunderten außenpolitischer Fremdbestimmtheit aufs Ganze gesehen Dekadenz und Niedergang attestiert – und damit ihre Blüte im 2. Jh. in gewissem Widerspruch zu unseren Quellen marginalisiert.⁴ Gerade aufgrund einer verstärkten Tätigkeit der Orakel seit der Mitte des 2. Jh.s glaubte dagegen E. Dodds ein „Zeitalter der Angst“ auszumachen,⁵ während A. Bendlin in der signifikanten Zunahme der epigraphischen Evidenz weniger einen tatsächlichen Boom als vielmehr einen Wandel im ‚epigraphic habit‘, im Repräsentationsverhalten der Eliten erkennt,⁶ das im 3. Jh. ebenso rasch wieder abebbt. Für wertvolle Hinweise in verschiedenen Stadien der Beschäftigung mit dem Thema sei W. Ameling, J. Hahn, K. Martin und D. Salzmann herzlich gedankt.  Cod. Theod. 16,10,10. 12.  Die Dokumentation zu Didyma und Delphi bei Athanassiadi (1989/1990).  Polyb. 36,17,5‐10.  So behandelt etwa Lewin (1989) die genannte Epoche insgesamt unter dem Titel „The Old Greek Oracles in Decline“.  Dodds (1965), 3 und bes. 57: „No doubt much of the increasing demand for oracles simply reflects the increasing insecurity of the times.“  Bendlin (2006), 187. https://doi.org/10.1515/9783110561036-009

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Ohne Zweifel kommt dem Orakelwesen als institutionalisierter (und daher für uns wenigstens in Ansätzen erkennbarer) Kommunikation mit dem Göttlichen aus jeweils konkretem Anlass eine Schlüsselrolle für unser Verständnis von Religiosität in dieser Epoche politischer Stabilität und wirtschaftlicher Prosperität zu. Um das tatsächliche oder vermeintliche Phänomen seines Erstarkens im 2. Jh. im Sinne unseres Erkenntnisinteresses an Transformationsprozessen zum Sprechen zu bringen, müssen wir uns eine Reihe von Fragen stellen, die vorab kurz skizziert seien: 1. Wie sind antike Zeugnisse zum kaiserzeitlichen Aufschwung des Orakelwesens (bzw. zu seinem vorherigen Niedergang) zu bewerten? 2. Welche inhaltlichen Schwerpunkte lassen sich unserer Überlieferung zum Orakelwesen an den Kultstätten entnehmen und welche Rückschlüsse erlauben sie auf die am Diskurs beteiligten gesellschaftlichen Gruppen? 3. Welchen konkurrierenden Angeboten sah sich die Mantik der Orakelheiligtümer ausgesetzt? 4. ‚Konjunkturschwankung‘ oder letztes Aufbäumen auf verlorenem Posten – welchen Wert besitzen unsere Beobachtungen zum Orakelwesen als Indikator für den Zustand kaiserzeitlicher Religiosität?

1 Die Renaissance der Orakelheiligtümer im 2. Jh. n. Chr. Kein Geringerer als der lykische Multieuerget Opramoas von Rhodiapolis diente Bendlin als Ausgangspunkt für seine Studie zur Mantik in der Zeit der Zweiten Sophistik: Anlässlich eines Erdbebens im Jahr 141 habe der Apollon Patroos von Patara „nach einer langen Zeit des Schweigens wieder zu weissagen begonnen“⁷ und dadurch den ehemaligen Lykiarchen zur erneuten Unterstützung der Provinzhauptstadt bewogen.⁸ Nehmen wir diese Aussage beim Wort, so ging dem Aufschwung eine lange Periode der Inaktivität voraus, die Sencer Şahin hypothetisch mit Schäden durch das in anderem Zusammenhang bezeugte Erdbeben von 68 n.Chr. beginnen ließ.⁹ Ein Neufund nennt nun allerdings den spätestens 126 n.Chr. verstorbenen prominenten Patareer Q. Vilius Titianus als Archipropheten des Apollon auf Lebenszeit, der zu einem früheren Zeitpunkt seiner Kar TAM II 905 XIV E Z. 3 – 10 Nr. 55 (nach Kokkinia [2000], 60 Nr. 56 mit Lepke/Schuler/Zimmermann [2015], 370 Anm. 238): ἤδ]η̣ τε τὴν εὐ|[σέβειαν κα]ὶ τὰ ἀνα|[λώματα δω]ρησάμε|νος ὑ[φʼ ἕνα κ]αιρόν, πά|λιν ἀρξ̣[αμέ]νου μετὰ | πολὺν σι̣ [ωπ]ῆς χρό|νον θεσπ[ίζει]ν τοῦ θ[ε]|οῦ …  TAM II 905 XVII E Z. 10 – 13 Nr. 59 (nach Kokkinia [2000], 67 Nr. 59): … Παταρεῦ̣ [σιν ε]ἰς μὲν λόγον θεοῦ | πατρῴου ᾿Aπόλ̣ [λωνος, ἐπεὶ χρόν]ῳ σ̣ [ι]|γῆσαν τὸ μαντε[ῖον] α̣ὐ̣ τ̣ ο̣ [ῦ πάλιν ἤρ]|ξ̣ατο θεσπίζειν, X [δισμύρια …  Şahin (2007), 104– 106.

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riere als Prophet des Apollon auf Lebenszeit bezeugt ist.¹⁰ Mit anderen Worten: Etwa zwei Jahrzehnte vor dem Ende des angeblich „langen Schweigens“ hatte die Prophetie während der lebenslänglichen Amtszeit des Titianus eine hierarchisierende Umstrukturierung erfahren¹¹ – was mit Sicherheit nicht auf einen darniederliegenden Orakelbetrieb schließen lässt. Bei der Formulierung im Opramoas-Dossier muss es sich demnach entweder um eine Anspielung auf eine schon länger zurückliegende Phase oder – wahrscheinlicher – um eine rhetorische Übertreibung der in Wirklichkeit nur wenigen Monate zwischen dem Erdbeben und dem Spruch Apollons handeln, der den Euergeten auf den Plan rief. Dramatisierung früherer Missstände ist ein ebenso bewährtes wie beliebtes Darstellungsmittel zur Überhöhung gegenwärtiger Konjunktur. Übertragen wir diese Erkenntnis aus dem epigraphischen Einzelbefund aus Patara auf die Gesamtheit der Zeugnisse zum Wiederaufleben der Orakel, so ergeben sich schon grundsätzlich Zweifel, wie tief die behauptete Depression in Späthellenismus und früher Kaiserzeit und wie steil der folgende Aufschwung tatsächlich gewesen sind – Zweifel, die sich beim Blick auf den archäologischen wie epigraphischen Befund aus den großen Orakelheiligtümern bestätigen: Zwar zeichnet sich in Delphi ebenso wie in Didyma ein gewisser Rückgang des Kultbetriebes ab, doch von einer Verödung, wie sie Plutarch in seiner Schrift de defectu oraculorum beklagt¹² und in de Pythiae oraculis mit einer Regeneration in jüngster Vergangenheit kontrastiert,¹³ kann in dieser Form kaum die Rede sein; Klaros erlebte im späten Hellenismus und unter den iulisch-claudischen Kaisern offenbar sogar eine Blüte.¹⁴ Bendlin ist also ohne weiteres zuzustimmen, wenn er die bei Plutarch und anderen Autoren anzutreffende Niedergangsrhetorik als topisches Element eines bereits antiken Dekadenzmodells entlarvt, das zu einer Klärung historischer Entwicklungen im Orakelwesen wenig beitragen kann.¹⁵ Unverkennbar ist andererseits, „dass das aus den Texten gewonnene Bild einer ‚Renaissance‘ der Orakel seit der Mitte des ersten Jahrhunderts weit mehr als nur eine literarische Fiktion ist“.¹⁶ Nicht zeitgleich, aber doch in bemerkenswerter Parallelität ist an den verschiedensten Kultstätten eine Intensivierung der Bau-

 Lepke/Schuler/Zimmermann (2015), 347 Anm. 146.  Lepke/Schuler/Zimmermann (2015), 348; den ersten Beleg eines Hypopropheten bietet die einige Jahrzehnte spätere Ehrung für Aristonoe Lepke/Schuler/Zimmermann (2015), 376 – 383 Nr. 10.  Plut. de def. or. 5 – 8, p. 411d–414b.  Plut. de Pyth. or. 29, p. 409a–c.  Parke (1985), 125 – 141; Bendlin (2006), 183 Anm. 72 (mit weiterer Literatur).  Bendlin (2006), 182 f.  Bendlin (2006), 184; zum Folgenden 185 – 187.

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tätigkeit sowie des Kultbetriebes festzustellen, die wir uns weniger mit einer „grundlegenden Veränderung des religiösen Habitus“ (185) denn als „Widerspiegelung des Kommunikations- und Repräsentationsverhaltens der kaiserzeitlichen Eliten“ (187) zu erklären haben. Nicht eine gesteigerte Furcht vor den Göttern, sondern ein gesteigertes Bedürfnis, sich in sakralem Kontext als Förderer in Szene zu setzen, verbirgt sich demnach hinter der Renaissance der Orakel, die insofern – etwas überspitzt formuliert – weder ein wirkliches Wiederaufleben noch ein im eigentlichen Sinne religiöses Phänomen darstellt. Ein exemplarischer Blick auf die Inhalte der Orakelpraxis, auf die Anliegen der Gläubigen und auf die Antworten der Gottheit, auf die hinter der jeweiligen Prozedur stehenden Gottesbilder und Interessen soll im Folgenden der Überprüfung der vorstehend formulierten These dienen.

2 Gegenstände der Kommunikation Werfen wir einen Blick in die griechische Geschichte früherer Jahrhunderte, so gebührt der erste Platz unter den Orakelthemen unstrittig der Politik. Seit archaischer Zeit gehören Fragen wie jene nach Erfolg eines Feldzuges, nach dem Gelingen eines Kolonisationsunternehmens usw. wenn nicht zu den am häufigsten gestellten, so jedenfalls zu den am besten überlieferten. Delphis Ruhm beruhte – trotz gelegentlicher Fehlleistungen – wesentlich auf seiner Funktion als politischer Ratgeber: einer Rolle, deren Bedeutung allerdings schon mit der Entstehung der hellenistischen Flächenstaaten, vor allem aber mit der Weltherrschaft Roms erheblich zurückgegangen war. Anstelle göttlicher Entscheidungshilfen für die Mächtigen der Welt tritt das Bemühen der Orakelstätten um kaiserliche Gunst und Anerkennung, wie in zahlreichen Statuenweihungen und Bitten um Privilegien aus Delphi,¹⁷ aber auch in der Gesandtschaft der Milesier an Macrinus zum Ausdruck kommt, die mit dem positiven Bescheid heimkehrt, der neue Kaiser habe der mitgelieferten Statuette des Apollon Didymaios seine Verehrung erwiesen.¹⁸ Dass gleichwohl die Herrscher auch noch des beginnenden 4. Jh.s zur Vorbereitung auf ihre Entscheidungen auf ein funktionierendes Orakelwesen zurückgreifen konnten, scheint – freilich als Negativfolie – Eusebs Spott über den Aberglauben des Maximinus Daia zu suggerieren, welcher „nicht imstande war zu wagen, auch nur ein kleines bisschen ohne Wahrsagungen und Orakelsprüche in

 Die Belege bei Athanassiadi (1989/1990), 274 mit Anm. 46.  Milet I,7 274 mit Robert (1981), 534 f. (OMS V, 768 f.).

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Bewegung zu bringen“,¹⁹ und es mag auf Anhieb bezeichnend anmuten, dass eines der letzten bezeugten Orakel ebenfalls dieser Kategorie angehört: Kaiser Julian, den seine Verehrung der alten Orakel zur Übernahme des Prophetenamtes in Didyma bewog, erkundigte sich wegen des geplanten Perserkrieges an mehreren Orakelstätten und bekam günstige Auskunft;²⁰ Theodoret ließ es sich nicht nehmen, sogar einen der Orakelsprüche im Wortlaut zu überliefern, um die Authentizität des Vorganges zu unterstreichen.²¹ Gerade das überdeutlich erkennbare narrative Anliegen mahnt indes zur Skepsis. Das Misslingen des Feldzuges und der Tod des Kaisers straften die Götter Lügen und bewiesen so deren Nichtigkeit – ein Argument, um dessentwillen der Kirchenhistoriker die Relevanz der alten Orakel im 4. Jh. wohl stark übertrieben hat, und ob Eusebs Vorwurf gegenüber dem Christenverfolger Maximinus Daia auf Konsultation der Orakelstätten, dem Einfluss persönlicher Berater oder schlicht christlicher Propaganda beruht, wissen wir ebenfalls nicht. Politische Bedeutung – so scheint es aufs Ganze gesehen – kam den Orakeln während der Kaiserzeit trotz ihrer ephemeren Renaissance kaum mehr zu. In früher nicht gekanntem Ausmaß begegnet indessen als Orakelthema seit dem 2. Jh. der Kultbetrieb. Ob in bestimmten Situationen diesem oder jenem Gott zu opfern ist, ob die Gottheit mit der Errichtung,²² Restaurierung²³ oder Versetzung eines Altars, mit der Einrichtung oder mit der Änderung eines Kultes einverstanden ist, ob der Dienst dieses oder jenes Priesters der Gottheit genehm ist²⁴ – so und ähnlich lauten die Fragen; für die Antworten mag ein Beispiel um 300 n.Chr. aus Didyma genügen, wo Apollon auf die Frage des Propheten Damianos, ob er im Altarbezirk einen Altar der bisher nicht vertretenen Kore errichten darf, zur Antwort gibt: „Schaffe der Retterin Kore im Altarbezirk Ehre.“²⁵ Doch damit nicht genug. Der Prophet fragt noch einmal nach, wie denn die Göttin im Hymnus angeredet werden solle, worauf das Orakel wiederholt: „Retterin wollen wir sie anrufen in heiligem Ruf; sie soll stets gnädig uns entgegentreten mit ihrer Mutter

 Eus. hist. eccl. 8,14,8: μαντειῶν γοῦν δίχα καὶ χρησμῶν οὐδὲ μέχρις ὄνυχος ὡς εἰπεῖν τολμᾶν τι κινεῖν οἷός τε ἦν (sc. ὁ Μαξιμῖνος).  Theod. hist. eccl. 3,21: πέμψας δὲ εἰς Δελφοὺς καὶ Δῆλον καὶ Δωδώνην καὶ τὰ ἄλλα χρηστήρια, εἰ χρὴ στρατεύειν ἐπηρώτα τοὺς μάντεις. οἱ δὲ καὶ στρατεύειν ἐκέλευον καὶ ὑπισχνοῦντο τὴν νίκην.  Parke/Wormell (1956) II, 232 f. Nr. 600.  Merkelbach/Stauber, SGO III 16/31/01.  Merkelbach/Stauber, SGO III 13/03/01.  Demeterpriesterin Alexandra: I. Didyma 496; vgl. Merkelbach/Stauber, SGO I 01/19/05; III 16/ 23/01.  I. Didyma 504 (Merkelbach/Stauber, SGO I 01/19/08) Z. 15 f.: Σωτίρης Κούρης τιμὴν περιβω‐| μίδα ῥέζε.

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Deo (Demeter).“²⁶ Das Bestreben um größtmögliche Korrektheit im kultischen Umgang mit den Göttern ist in normativen Texten zum griechischen Kult (den sog. ‚leges sacrae‘) zwar schon früher vielfach zu beobachten, scheint aber als Gegenstand von Orakelanfragen in dieser Zeit doch eine neue Dimension angenommen zu haben, die erklärungsbedürftig ist: Wollen wir nicht zu Doddsʼ problematischer These eines „age of anxiety“ zurückkehren, so ist der Eindruck eines Systems, das mit gewisser Neigung zur Redundanz um sich selber kreist, schwer von der Hand zu weisen. Mit besonderer Brisanz der richtigen Verehrung des richtigen Gottes in Notlagen mag man auf Anhieb die zahlreichen Orakelauskünfte an Städte begründen, sich an Demeter bei drohender Missernte,²⁷ an Apollon bei Seuche,²⁸ an Poseidon bei Erdbeben (siehe unten) zu wenden, wenngleich entsprechende Zuständigkeiten der Götter im Grunde evident waren. Allerdings hätte dasselbe Argument auch für andere Epochen zu gelten, in denen Naturkatastrophen nicht weniger häufig waren, entsprechende Anfragen an und Antworten von Orakelstätten dagegen deutlich seltener bezeugt sind. Auch hier haben wir es also mit einer Zunahme publizierter Kommunikation zu tun, die andere Gründe haben muss als eine Häufung des behandelten Phänomens, und auch hier entbehrt Doddsʼ Postulat einer irrationalen Angst der Zeitgenossen einer überzeugenden Grundlage.²⁹ Hier wie im Falle des Booms an Kultregelungen scheint vielmehr ‚der Weg das Ziel‘ gewesen – die Menge dokumentierter Kommunikation Ausdruck und Ergebnis eines neuen Repräsentationsbedürfnisses der in den Orakelheiligtümern tonangebenden städtischen Eliten zu sein. Neuland betreten die kaiserzeitlichen Orakel dagegen mit Aussagen theologisch-philosophischen Inhalts, wie sie teils für sich allein, teils in Verbindung mit Anweisungen zu den bereits genannten Themenfeldern formuliert werden. So empfiehlt ein delphisches Orakel des 3. Jh.s für Tralleis, dem Erderschütterer Poseidon anstelle blutiger Opfer Getreidegarben und Früchte darzubringen sowie Hymnen zu singen.³⁰ Und ein Spruch ebenfalls des 3. Jh.s aus Didyma ergänzt Apollons Ablehnung von Schlachtopfern und Statuen mit der expliziten Begründung, die Unsterblichen bedürften keines Besitzes: „Ihr Unseligen, was sollen mir wohlgenährte Hekatomben von Schafen, glänzende Statuen aus reichem Gold oder Standbilder, die aus Silber oder Erz kunstvoll hergestellt sind? Die

 Ebd. Z. 29 – 31: Σώτιραν κλῄζωμεν ὑπʼ εὐιέροι|σι βοαῖσι· / μίλιχον ἀντιάειν αἰ|εὶ σὺν μητέρι Δηοῖ.  Merkelbach/Stauber, SGO II 09/06/01.  Merkelbach/Stauber, SGO I 02/12/01.  So Bendlin (2006), 185.  I. Tralleis I 1 (Merkelbach/Stauber, SGO I 02/02/01); vgl. Parke/Wormell (1956) II, 191 Nr. 471.

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Götter sind keines Besitzes bedürftig, sondern dessen, was alter Brauch ist, daran haben sie ihre Freude. Immer ist es fromm, wenn die Knaben wie früher bei meinem Tempel Hymnen singen usw.“³¹ Fast täuschen die legitimierenden Hinweise auf alte Praxis darüber hinweg, dass das Orakel hier die etwa zeitgenössische Lehre des Porphyrios aufgreift, derzufolge es die bösen Dämonen sind, welche „sich an Libation und Opferduft erfreuen, woran sich der pneumatische und leibliche Teil ihres Wesens mästet“,³² weshalb blutige Opfer für die wirklichen Götter verfehlt seien. Die Vorstellung vom Vegetarismus als der einzigen Lebensform, welche der Verwandtschaft aller Lebewesen Rechnung trage,³³ hatte sich weiterentwickelt und in philosophisch interessierten und gebildeten Kreisen eine gewisse Verbreitung gefunden. Doch es wäre verfehlt, von einem generellen Trend zu sprechen: In den 30er oder 40er Jahren des 3. Jh.s erfahren wir aus einer bruchstückhaft erhaltenen Inschrift aus Didyma, dass ein weibliches Mitglied der renommierten Familie des Propheten Poplas unter anderem eine „Hekatombe“ darbrachte, die der Gott angeordnet hatte.³⁴ Apollon war nicht klüger als sein Prophet. Beileibe nicht alle Angehörigen der städtischen Elite waren Anhänger der neuplatonischen Lehren, und so änderte der Gott in der Frage der ihm wohlgefälligen Opfer bisweilen seine Meinung.³⁵ Schon der Orakelpriester Plutarch hatte Apollon nicht minder als einen Philosophen denn als einen Seher bezeichnet³⁶ und dürfte damit das Selbstverständnis eines beträchtlichen Teils der Orakelpriesterschaften der folgenden Epoche recht treffend wiedergegeben haben: Immer wieder begegnen Fragen offenbarungstheologischen Inhalts wie die des milesischen Kaiserpriesters Theophilos³⁷ nach dem höchsten Gott,³⁸ und ebenso konsultierte man die Orakel

 I. Didyma 217 (Merkelbach/Stauber, SGO I 01/19/01) Z. 1– 7: [ὦ μέλεοι, τί μοι] εἰλιπόδων ζατρεφεῖς ἑκατόμβαι | [λαμπροί τε χρυ]σοῖο βαθυπλούτοιο κολοσσοὶ | [καὶ χαλκῷ δεί]κηλα καὶ ἀργύρῳ ἀσκηθέντα; | [οὐ μὴν ἀθ]άνατοι κτεάνων ἐπιδευέες είσὶν, || [ἀλλὰ θεμιστ]είης, ᾗπερ φρένας ἰαίνονται. | [αἰὲν δʼ εὐσεβ]ὲς ὕμνον ἐμοῖς μέλπειν παρὰ σηκοῖς | [παῖδας ὅπως κ]αὶ πρόσθεν …  Porph. de abst. 2,42,3 (Eus. pr. ev. 4,22,12): οὗτοι (sc. οἱ κακοεργοὶ δαίμονες) οἱ χαίροντες ‚λοιβῇ τε κνίσῃ τε‘, διʼ ὧν αὐτῶν τὸ πνευματικὸν καὶ σωματικὸν πιαίνεται.  Theophr. fr. 584a Fortenbaugh.  I. Didyma 375 Z. 9 – 11: … κα[ὶ τῇ] προτεθ[εί]|σῃ ἑκατόμβῃ ἐπι[σπείσασα] | κατὰ τὰ λόγια τοῦ θ[εοῦ …; zum Verwandtschaftsverhältnis mit Ailios Poplas I. Didyma 363 A; vgl. L. Robert (1960), 474– 476.  Vgl. Lane Fox (1986), 219 – 222.  Plut. de E 2, p. 385b: ὅτι μὲν γὰρ οὐχ ἧττον ὁ θεὸς φιλόσοφος ἢ μάντις …  Vgl. Lane Fox (1986), 193.  Theosoph. Tub. § 13 Erbse: ὅτι Θεοφίλου τινὸς τοὔνομα τὸν ᾿Aπόλλωνα ἐρωτήσαντος· ‚σὺ εἶ θεὸς ἢ ἄλλος;‘, ἔχρησεν αὔτος· …

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zu Einzelaspekten der zeitgenössischen neuplatonischen Diskussion,³⁹ etwa der Unsterblichkeit der Seele.⁴⁰ Das wohl bekannteste Beispiel für die Einbindung des Orakelwesens in die hochkaiserzeitliche Philosophie ist die Frage nach dem Verbleib der Seele Plotins, die dessen Schüler nach seinem Tode an den delphischen Apollon richten: „Apollon nämlich, als er von Amelios gefragt wurde, wohin Plotins Seele entwichen sei … – höre, wieviel und was er über Plotin verkündete.“⁴¹ Ein Blick in Eusebs praeparatio evangelica IV–VI genügt, um zu sehen, in welchem Ausmaß neuplatonisches Gedankengut auf Orakel gegründet bzw. durch Orakel untermauert wurde, wobei die Frage ‚echt oder fiktiv‘ eine untergeordnete Rolle spielt. Durchweg haftet dieser Art von Orakeln allerdings etwas Esoterisches, Mysterienhaftes an: „Nach diesen Vorbemerkungen ruft er (sc. Porphyrios) die Götter zu Zeugen an und ermahnt mit folgenden Worten, die Sprüche nicht der Menge zu eröffnen: …“⁴² Man darf die Offenbarungen nicht allgemein verbreiten. Zu groß ist die Gefahr für Nichteingeweihte, durch Missverständnis der kryptischen Göttersprüche Schaden zu nehmen. Ein Stück elitärer Rhetorik ist hier gewiss am Werk: Hätten die Sprüche wirklich strenger Geheimhaltung unterlegen, so wären sie – ähnlich wie Mysterien – wohl nicht publiziert worden. Aber es hat doch den Anschein, dass der Gebrauch zumindest dieser Orakel nur etwas für Gebildete war, womit die Frage nach der Klientel gestellt ist, welche die Orakel zu dieser Zeit noch erreichten. Immerhin gibt es Anzeichen für die Verbreitung der neuen, hauptsächlich in Klaros propagierten Apollon-Helios-Vorstellung weit über die damaligen Zentren von Kult und Bildung hinaus. Im oberen Tembris-Tal errichtete ein Vater mit seinen drei Söhnen einen Altar für Apollon-Helios, wie ihm durch folgenden Orakelspruch aufgetragen worden war: „Errichtet mir an diesem Platz einen allen sichtbaren Altar, der in die Strahlen des Vieles sehenden Helios blickt, und vollendet in jedem Monat reine Gottesdienste, damit ich als ständiger Helfer den Wagen anspanne. Denn ich bin es, der von allen Früchten darbietet denjenigen Sterblichen, welche ich retten will und denen ich Ruhm zu bringen weiß.“⁴³ Be Athanassiadi (1989/1990), 275.  Theosoph. Tub. § 37; vgl. Robert (1968), 589 f. (OMS V, 605 f.).  Porph. vita Plot. 22: ὁ γὰρ δὴ ᾿Aπόλλων ἐρουμένου τοῦ ᾿Aμελίου, ποῦ ἡ Πλωτίνου ψυχὴ κεχώρηκεν …, ἐπάκουσον, ὅσα καὶ οἷα περὶ Πλωτίνου ἐθέσπισεν· …; zu dem folgenden Orakelspruch Busine (2005), 295 – 317.  Porph. 304 F Smith (Eus. pr. ev. 4,7,2: τοιούτοις χρησάμενος προοιμίας μαρτύρεται καὶ προπαραγγέλλει μὴ εἰς πολλοὺς ἐκφῆναι τὰ λεχθησόμενα, λέγων οὕτως· …  Merkelbach/Stauber (1996), 33 f. Nr. 19 Z. 7– 12: εἵσατέ μοι βωμὸν π[αν]θηέα τῇδʼ ἐνὶ χώρῃ, | [ε]ἰς αὐγὰς ἀθρέοντα πολυσκόπου ἠελίοιο, | εὐαγίας δʼ ἐπὶ τοῦδε τε[λ]είετε μηνὸς ἑκάστο[υ], || ὄφρα κεν ἀλκήτωρ τε[λέ]θων τὰ συνώρια τεύχω. | [τῶν] παρπῶν γὰρ ἐγὼ πέλομ[αι μ]ερόπεσσι παρέκτω[ρ] | [οὓς] ἐθέλω σῶσ̣ α̣ί̣ τε κὲ [οἷς] κλέος οἶδα φορέσκειν.

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kannter noch ist eine Inschrift aus dem lykischen Oinoanda, die auf die Frage nach dem Wesen Gottes die Antwort gibt: „Aus sich selbst entstanden, ohne Lehrer, ohne Mutter, unerschütterlich, kein Name fasst ihn, vielnamig, im Feuer wohnend, das ist Gott; wir Boten (Engel) sind nur ein kleiner Teil Gottes. Für diejenigen, welche nach Gott fragen und von welcher Art er sei: Er verkündete, der alles erblickende Äther sei Gott; auf ihn sollt ihr blicken und am Morgen früh beten, indem ihr nach Osten schaut.“⁴⁴ Die ersten drei Verse sind auch bei Laktanz⁴⁵ und in der sog. Tübinger Theosophie, einer im 6. Jh. entstandenen Sammlung von Orakeln nebst Traktat über die christliche Lehre, enthalten, allerdings mit einer signifikanten Abweichung: Statt οὔνομα μὴ χωρῶν, πολυώνυμος („kein Name fasst ihn, vielnamig“) in Vers 2 (Z. 4 f.) steht dort οὔνομα μηδὲ λόγῳ χωρούμενος („dessen Namen man nicht im Wort fassen kann“). Das ursprüngliche πολυώνυμος war das einzige Element, das einen Christen, der das heidnische Orakel auf den christlichen Gott umdeuten wollte, wirklich störte. Mit seltener Deutlichkeit zeigt die Modifikation die monotheistischen Strömungen, die in den kaiserzeitlichen Orakelstätten⁴⁶ Einzug gehalten haben. Dass Aussagen dieser Art in einer abgelegenen Kleinstadt wie Oinoanda und auf einem Privataltar im tiefsten Phrygien begegnen, mag auf den ersten Blick gegen die Vorstellung von kleinen Kreisen philosophisch gebildeter Eliten sprechen, die das Orakelwesen des 2. und 3. Jh.s monopolisierten. Aus demselben Oinoanda stammt indessen ein Zeugnis, das in der Radikalität seiner Aussage das Dilemma des kaiserzeitlichen Orakelwesens nicht besser zum Ausdruck bringen könnte: In einer Monumentalinschrift an der Südstoa der Agora ließ ein gewisser Diogenes in der 1. Hälfte des 2. Jh.s n.Chr. eine umfangreiche Inschrift mit einer Kurzfassung der epikureischen Lehre anbringen, in der er an verschiedener Stelle explizit gegen die trügerische Mehrdeutigkeit der Orakel polemisiert.⁴⁷ Ein solcher Angriff auf die zeitgenössische Divination an einem öffentlichen Gebäude im Zentrum der Stadt, also ganz sicher im Einklang mit den städtischen Behörden, wirft die grundsätzliche Frage nach der Stellung der Orakel im gesellschaftlichen

 Merkelbach/Stauber, SGO IV 17/06/01: [α]ὐτοφυής, ἀδί|δακτος, ἀμήτωρ, | ἀστυφέλικτος, / | οὔνομα μὴ χω||ρῶν, πολυώνυμος, | ἐν πυρὶ ναίων, | τοῦτο θεός· μεικρὰ | δὲ θεοῦ μερὶς ἄνγε̣ |λοι ἡμεῖς. / τοῦτο πευ||θομένοισι θεοῦ πέ|ρι ὅστις ὑπ̣ά̣ ρχ̣ε̣ ι, | Α̣ἰ̣ [θ]έ̣ [ρ]α πανδερκ̣ [ῆ] | [θε]ὸν ἔννεπεν, εἰς | ὃν ὁρῶντας / εὔχεσθʼ ἠῴ||ους πρὸς ἀντολίην ἐφορῶ[ν]|τ̣ α̣[ς].  Div. inst. 1, 7.  Laktanz bezeichnet die Verse als Orakel des Apollon von Kolophon, weshalb Robert (1971) den Text dem Orakel von Klaros zugeordnet hat.  Diog. Oen. F 23 f. 52– 54 Smith mit Smith (1993), 138 f.; NF 143 Hammerstaedt/Smith (2014), 38 – 42.

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Leben auf: „Wie kann der Gott in Delphi, Didyma, Klaros oder in Oinoanda prophezeien, wie kann er in Patara plötzlich wieder anfangen, zu den Menschen zu sprechen, wenn Diogenesʼ Inschrift vorführt, dass die Orakel eigentlich stumm sind?“⁴⁸ Die offenkundige Vereinbarkeit von Orakelglaube und Fundamentalkritik im öffentlichen Raum lässt nur eine Erklärung zu: Akzeptanz und Ablehnung göttlicher Weissagung koexistierten in einem offenen Diskurs, dem jeglicher Glaubenseifer fernlag – eine Interpretation, die sich an anderer Stelle bestätigen wird. Vergleichsweise wenig Spuren hat eine vierte Kategorie von Orakelthemen in unserer Überlieferung hinterlassen: die Suche nach Rat und Orientierung in den privaten Anliegen des Alltags. An ‚Auftragsvolumen‘ dürfte diese Gruppe freilich die größte gewesen sein; das Fehlen von Zeugnissen in adäquater Menge mag man dadurch erklären, dass das ratsuchende Individuum wohl nur selten das Bedürfnis und die Mittel hatte, die Antwort des Gottes auf seine Frage nach Gesundheit, Erfolg, Lebensdauer kostspielig in Stein hauen zu lassen. Wenn indes irgendeine Kategorie von Anfragen zeitlosen Bestand hat, dann ist es diese. Wir werden also kaum fehlgehen in der Annahme, dass der Kanon der häufigsten Themen sich seit Plutarchs Zeit nicht wesentlich verändert hat: ob man heiraten, eine Reise mit dem Schiff unternehmen, ein Geschäft abschließen, einen Sklaven kaufen oder Geld borgen soll;⁴⁹ Fragen nach Genesung, beruflichem Erfolg und der Länge des Lebens. Einige Beispiele für die Probleme der Angehörigen der gehobenen Gesellschaft und deren Behandlung durch die Orakel der hohen Kaiserzeit bietet die schon erwähnte Tübinger Theosophie, die unter den Paragraphen 22– 24 drei Orakel enthält, welche L. Robert anhand epigraphischer und numismatischer Zeugnisse dem Apollon von Didyma zuweisen und in das frühe 3. Jh. datieren konnte. Sehen wir uns zunächst die ersten beiden Texte an: (22) „Dass einem gewissen Poplas, als er fragte, ob es vorteilhaft sei, wegen des Geldes für die Aufwendungen eine Gesandtschaft zum Kaiser zu schicken, der Gott folgendes geantwortet hat: Auch dies zu tun ist dir sehr vorteilhaft für das (göttliche) Wohlwollen, indem du zum unvergänglichen Auge des alles sehenden Zeus flehst, aus der Heimat eine Gesandtschaft zu schicken in die Hauptstadt des königlichen Landes, eilend, berühmte Treue einer Gesandtschaft.“⁵⁰ (23) „Dass ein

 Bendlin (2006), 165.  Plut. de Pyth. or. 26 – 28, p. 407c–408c; vgl. de def. or. 7, p. 413a–d.  Theosoph. Tub. § 22 Erbse: ὅτι Ποπλᾷ τινι τοὔνομα ἐρωτήσαντι, εἰ συμφέρει περὶ χρημάτων εἰς φιλοτιμίαν πέμψαι πρὸς βασιλέα, ἀπεκρίνατο οὕτως· καὶ τόδε σοι δρᾶσαι πολὺ συμφέρον εὐμενίῃσι / λισσομένῳ Ζηνὸς πανδερκέος ἄφθιτον ὄμμα, / ἐκ δὲ πάτρης στεῖλαι γαίης βασιληΐδος ἄστυ

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andermal dem Poplas, als er niedergeschlagen war, weil ihm die Geschäfte ungünstig liefen und weil sein Vermögen schrumpfte und weil es ihm gesundheitlich nicht gut ging, und er wissen wollte, von wem er Hilfe erlangen könnte, der Gott folgendes verkündet hat: Flehe zu dem strahlenden Auge des lebenspendenden Zeus.“⁵¹ Der Name Poplas ist ausgesprochen selten; von den insgesamt fünf belegten Personen ist uns nur ein Poplas etwas besser bekannt, und das ist just ein Bürger von Milet – Ailianos Poplas mit vollständigem Namen –, der nach dem Zeugnis von Inschriften und Münzen mit seinem Namen in der Zeit zwischen 212 und 222 politisch überaus aktiv war. Eine Inschrift einer Wasserträgerin aus dem Heiligtum von Didyma, die sich seiner Verwandtschaft rühmt, nennt uns die Stationen seiner bisherigen Laufbahn: Schatzmeister, Archiprytane, Ratsvorsitzender, Agonothet (sicher bei den Didymeia), Prophet, Stephanephor, Panegyriarch und zweimal oberster Kaiserpriester – alles erstklassige und kostspielige Ämter.⁵² Dass dieser milesische Spitzenpolitiker mit dem „gewissen Poplas“ aus den Orakeln 22 und 23 der Theosophie identisch ist, ist so gut wie sicher: Die Seltenheit des Namens, die Tätigkeit des milesischen Poplas in einem Orakelheiligtum, in der Theosophie andererseits der Hinweis auf eine Gesandtschaft περὶ χρημάτων εἰς φιλοτιμίαν (für liberalitates), was bestens zu den erheblichen Aufwendungen passt, mit denen die Organisation von Festen oder Wettkämpfen verbunden war – all das kann kein Zufall sein. Ist aber die Person echt, dann sind notwendigerweise auch die Orakel 22 und 23 authentisch, was im Übrigen schon der Inhalt nahelegt. Nichts weist im Entferntesten auf eine Fälschungsabsicht; weder mit der Gesandtschaft nach Rom noch mit den kleinen und großen Sorgen des Poplas ist für eine theologische Beweisführung das Geringste anzufangen. Wir haben vielmehr in beiden Fällen persönliche Anliegen reinsten Wassers vor uns. Aber vor allem: Es ist ein Prophet des Orakels (zumindest ein gewesener Prophet), der das Orakel konsultiert. Er selbst bedient sich des Orakels in seinen Sorgen und Nöten. Nicht mehr und nicht weniger als die Frage nach seinem persönlichen Glauben steht im Raum.Wenn ein Prophet selbst seinen Orakelgott befragt – so könnte man argumentieren –, dann bekommen aufklärerische Deutungsmodelle von den betrügerischen Machen-

/ ἐξεσίην σπέρχοντα κλυτὴν πρεσβηΐδα πίστιν (κλυτὴν πρεσβηΐδα ist wohl im Sinne von „höchste Ehre einer Gesandtschaft“ mit Bezug auf σπέρχοντα zu verstehen).  Ebd. § 23: ὅτι ἄλλοτε λυπουμένῳ τῷ Ποπλᾷ ὡς καὶ τῶν πραγμάτων ἐναντιουμένων αὐτῷ καὶ τῆς οὐσίας μειουμένης καὶ τοῦ σώματος οὐκ εὖ ἔχοντος καὶ μαθεῖν ζητοῦντι, παρ’ οὗ ἂν δυνηθείη βοηθείας τυχεῖν, ἔχρησεν οὕτως· ἱλάσκου Ζηνὸς βιοδώτορος ἀγλαὸν ὄμμα.  I. Didyma 363 Z. 5 – 8, verbessert durch Robert (1960), 474– 476 mit Taf. X (vgl. Robert [1968], 573 [OMS V, 589]).

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schaften geschäftstüchtiger Priesterschaften einen schweren Stand. Wie immer man sich die Entstehung der Weissagungen vorzustellen hat; es scheint auch dem mit dem Betrieb Vertrauten möglich gewesen zu sein, an eine authentische Äußerung der Gottheit zu glauben. Wer so argumentiert, der übersieht Lehren wie jene aus der epikureischen Diogenes-Inschrift von Oinoanda oder aus den extrem divergierenden Opferanweisungen des Apollon von Didyma. Sind unter den Eliten religiöse Lehren auf diese Weise relativier- und verhandelbar, sind Orakelpriester zugleich selbst Epikureer, wie in zwei Fällen bezeugt,⁵³ so ist von einem Propheten eine dezidierte eigene Glaubensüberzeugung ebenso wenig zu erwarten wie die glaubhafte Vermittlung weltanschaulicher Orientierung. Die griechische Religion mit ihren göttlichen Protagonisten scheint zu einer Staffage sportlich-kultureller Events, liberaler Philosophie und kompetitiver Selbstdarstellung lokaler und regionaler Eliten abgesunken zu sein. Bedürfnisse einer breiteren Gesellschaft nach verbindlicher religiöser Orientierung konnten Apollon und seine Propheten zu dieser Zeit kaum mehr befriedigen.

3 Konkurrierende Angebote Dass ein Bedürfnis nach religiöser Orientierung gleichwohl weit verbreitet war und auf dem ‚Marktplatz der Religionen‘ verschiedenste andere Angebote vorfand, kann an dieser Stelle nur kurz angerissen werden. Neben der Beratung und Zukunftsvorhersage an den renommierten Kultzentren existierte eine bisher nicht gekannte Vielzahl lokaler⁵⁴ oder auch ortsungebundener Orakelpraktiken:⁵⁵ Von Wahrsagerei „aus Weizen und Gerste“ sowie von der Beliebtheit der Bauchredner spricht Clemens von Alexandreia;⁵⁶ über verschiedenste Varianten von Eingeweideschau gießt Iuvenal seinen Spott aus.⁵⁷ In bestimmten Gegenden insbesondere Kleinasiens, aber auch des griechischen Mutterlandes erfreuten sich Würfelorakel einer besonderen Beliebtheit, deren Funktionsweise Pausanias

 I. Didyma 285; Smith (1996); vgl. Bendlin (2006), 165 mit Anm. 21.  So soll schon die Heilige Thekla – Zeitgenossin des Apostels Paulus – der Tätigkeit des Orakelgottes Sarpedonios an der kilikischen Küste ein Ende bereitet haben (Vita S. Theclae II 1 Dagron); zu den Orakelkulten der Isis von Menuthis und des Bes von Abydos Athanassiadi (1989/ 1990), 278 (mit den Belegen).  Vgl. etwa Lukian. deor. conc. 12; ferner den Spott desselben Autors über das TrophoniosOrakel in Lebadeia dial. mort. 3,2.; dazu Scheer (2001), 75 Anm. 5; 81.  Clem. Al. protr. 2,11,2; dazu Scheer (2001), 81.  Iuv. 6,549.

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folgendermaßen beschreibt: „Geht man von Bura zum Meer hinab, so kommt der Buraikos genannte Fluss und ein nicht großer Herakles in einer Höhle. Auch der heißt Buraikos. Man kann dort mit einer Liste und Astragalen Orakel erhalten.Wer den Gott befragen will, betet vor der Statue, und nach dem Gebet nimmt er vier Astragale, die reichlich beim Herakles liegen, und lässt sie auf den Tisch fallen. Der zu jeder Zahlenkombination auf der Liste verzeichnete passende Wortlaut liefert die Erklärung der Kombination.“⁵⁸ Pausanias notierte diese Einrichtung offenbar als Kuriosität, doch im 2. und 3. Jh. befand sich im südlichen Kleinasien nahezu in jeder Stadt ein Losorakel, bestehend aus einem großen Block mit dem Repertoire an Antworten für jede mögliche Zahlenkombination; aufgestellt waren sie in der Regel an belebten Plätzen, etwa auf dem Marktplatz, gelegentlich auch am Stadttor.⁵⁹ Individuellere Formen der Zukunftsdeutung waren Traumdeutung,⁶⁰ Totenbefragung,⁶¹ Geisterbeschwörung und vieles mehr, die durch kundige Privatiers durchgeführt wurden und uns überwiegend durch kritische Stimmen in der Literatur überliefert sind. Gewissermaßen das Paradebeispiel stellt der von Lukian porträtierte ‚Lügenprophet‘ Alexander dar, der die Konjunktur nutzte, um im paphlagonischen Abonuteichos als Privatunternehmer einen vermeintlich durch Apollon geweissagten Orakelbetrieb ins Leben zu rufen,⁶² dessen Schlangengott Glykon gar der Aufstieg zum Parasemon der städtischen Münzprägung gelang.⁶³ Ein selten unmittelbares Zeugnis für private Mantik bietet der Fall eines örtlichen Priesters aus Phrygien, der sich zu Beginn des 4. Jhs. als von den Orakelgöttern Hekate, dem Morgenstern und Apollon eingesetzter Orakelgeber bezeichnet: „Der unsterbliche Epitynchanos, Sohn des Pios, geehrt erstens von Hekate, zweitens von Manes Daos dem Sonnenläufer des Zeus, drittens von Phoibos dem Gründer und Orakelgeber. Wahrlich ich habe die Gabe erhalten,

 Paus. 7,25,10: καταβάντων δὲ ἐκ Βούρας ὡς ἐπὶ θάλασσαν ποταμός τε Βουραϊκὸς ὀνομαζόμενος καὶ ῾Ηρακλῆς οὐ μέγας ἐστὶν ἐν σπηλαίῳ· ἐπίκλησις μὲν καὶ τούτου Βουραϊκός, μαντείας δὲ ἐπὶ πίνακί τε καὶ ἀστραγάλοις ἔστι 〈λαβεῖν〉. εὔχεται μὲν γὰρ πρὸ τοῦ ἀγάλματος ὁ τῷ θεῷ χρώμενος, ἐπὶ δὲ τῇ εὐχῇ λαβὼν ἀστραγάλους – οἱ δὲ ἄφθονοι παρὰ τῷ ῾Ηρακλεῖ κεῖνται – τέσσαρας ἀφίησιν ἐπὶ τῆς τραπέζης· ἔπη δὲ παντὶ ἀστραγάλων σχήματι γεγραμμένα ἐν πίνακι ἐπίτηδες ἐξήγησιν ἔχει τοῦ σχήματος.  Nollé (2007).  Zu Artemidors oneirokritika zuletzt Weber (2015).  Dazu ausführlich Ogden (2001a); speziell zum griechischen Kulturraum Ogden (2001b).  Lukian. Alex., bes. 10; zum legitimierenden Rückgriff auf alte Rituale Chaniotis (2004).  Zu diesem – allerdings exzeptionellen – Befund Miron (1996).

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Orakel über die Wahrheit zu geben in meinem Heimatort …“⁶⁴ Epitynchanos, wohl Priester eines Mysterienkultes der Hekate, des Manes Daos und des Apollon, hat sich offenbar am Ort mit Wahrsagerei einen Namen gemacht und leitet dies – ebenso wie Alexander von Abonuteichos in Lukians Karrikatur – vom Orakelgott Phoibos her. Hier wie dort legitimiert der Prophet seine Tätigkeit mit der Autorität des Gottes der großen Orakelstätten – ein nicht uninteressantes Zeugnis für die Wirkung, die letztere in den Bereich der kleinen, lokalen Mantik hinein ausübte und in gewisser Weise das Gegenbeispiel, das vor der Verabsolutierung der These des Akzeptanzverlustes der großen, alten Götter warnt.

4 Säkularisierung avant la lettre? Epochenübergreifende Parallelen hinken stets in der einen oder anderen Weise, aber die Auseinandersetzung mit ihnen kann hilfreich sein, um sich der Besonderheit einer bestimmten Epoche bewusst zu werden. Was wir im Elitendiskurs der hohen Kaiserzeit zum Orakelwesen in Ansätzen festgestellt haben, lässt sich wie folgt zusammenfassen: In einer globalisierten Welt des Imperium Romanum neigen Eliten zunehmend dazu, überkommene Gottheiten anhand zeitgenössischer philosophischer Tendenzen zu hinterfragen, und sie tun dies offenbar weitgehend sine ira et studio. Dies führt zwar nicht zu einer radikalen Abkehr, aber doch zu einer Relativierung hergebrachter Inhalte, während die äußere Form zunächst noch beibehalten und zur Befriedigung konjunkturbedingt steigender Repräsentationsbedürfnisse genutzt wird. Dass damit keineswegs eine allgemeine Säkularisierung der Gesellschaft einhergeht, zeigen unzählige Zeugnisse religiöser Praxis, die in neuen ‚Angeboten‘ Erfüllung sucht. Und dass das Christentum als eines dieser neuen Angebote von der schwindenden Integrationskraft der alten Götter profitiert hat, bedarf kaum der Diskussion.⁶⁵ Verfechter der jüngst von D. Pollack und anderen gegen Fundamentalkritik verteidigten religionssoziologischen Säkularisierungstheorie führen Säkularisierungsprozesse der Moderne wesentlich auf drei Phänomene zurück: die funktionale Differenzierung der Gesellschaft, die an die Stelle übergreifender ‚großer Fragen‘ Agenden überschaubarer und für das Individuum bewältigbarer Einzelherausforderungen treten lässt, Rationalisierung infolge von Verwissenschaftli-

 Merkelbach/Stauber, SGO III 16/31/10: [ἀ]θάνατος Ἐπιτύνχα|νος Πίου, τιμηθὶς ὑπὸ Ἑκά|της πρώτης, δεύτε|ρον ὑπὸ Μάνου Δάου || [ἡ]λιοδρόμου Διός, τρί|τον Φοίβου ἀρχηγέτο[υ] | χρησμοδότου· ἀ|ληθῶς δῶ|[ρ]ον ἔλαβ||[ο]ν χρησ|[μ]οδοτῖ|[ν] ἀλη|[θεί]ας ἐν | πατρί||δι …  Prägnant zusammengefasst bei Nollé (2007), 288 – 293.

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chung, die alternative Erklärungsoptionen für überkommene religiöse Wahrheiten bietet, und den Rückgang existenzieller Unsicherheit.⁶⁶ Gewiss fehlen uns aus der Antike die für eine fundierte soziologische Analyse erforderlichen Daten. Doch die Zusammenschau der in unseren Quellen repräsentierten Einzelfälle lässt immerhin gewisse Ähnlichkeiten der Konstellation erkennen. Und wie moderne Säkularisierung nicht in Reinform begegnet, sondern stets von religiöser Umorientierung bestimmter Gesellschaftsgruppen begleitet ist, so ist auch die ‚Säkularisierung‘ der hochkaiserzeitlichen Eliten im Osten des römischen Reiches nur eine Etappe der Transformation hin zu neuen religiösen Systemen. „Small Gods“, „geringe Götter“: so lautet der Titel eines Scheibenwelt-Romans von Terry Pratchett (1992), dessen wesentlicher Inhalt darin besteht, dass Götter – ungeachtet aller Kultpraxis und -administration – bei Verlust überzeugter Gläubiger schrumpfen, sich in die Einöde zurückziehen und dort auf die Gewinnung neuer Anhänger warten müssen, die ihnen abermals zu Ansehen und Macht verhelfen. Die Orakelgottheiten der hohen Kaiserzeit hatten, so scheint es, die Gläubigen früherer Zeiten zu einem beträchtlichen Teil verloren, auch wenn sie den Eliten vorerst noch zur Legitimation ihrer Selbstdarstellung dienten. Die Renaissance der Orakel war eher eine Renaissance der Form denn des Inhalts.

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Transformations and Decline of Sacrifice in Imperial Rome and Late Antiquity in memoriam Albert Henrichs (1942 – 2017)

It is perhaps a sign of our post-modern times that no new important theories regarding sacrifice have come to the fore since René Girard and Walter Burkert (see Appendix 1), and I cannot pretend that I have a new one to present. At this moment in time, it is perhaps better to be a dwarf on the shoulders of giants. Yet even in that uneasy position one can sometimes see a bit further as I hope to show. In recent times, we have had many studies of sacrificial practices in classical and Hellenistic times, albeit less on Mycenaean times,¹ which Robert Parker has well evaluated in his On Greek Religion. ² I will therefore focus here on what I, somewhat arbitrarily but perhaps not wholly unfounded, call the middle period of Greek sacrifice, the first two centuries of our common era, the time of the Second Sophistic. This period has hardly drawn the attention of scholars of sacrifice, but it is an interesting period for us. Although animal sacrifice had its detractors since the Orphics and Empedocles, it is now that opposition to sacrifice starts to gain weight among the Middle and Neo-Platonists (§ 2). It is of course also the time that Christian apologists voice their opposition to this age-old practice in increasingly vociferous terms.³ The recent study of animal sacrifice in our period by Marie-Zoe Petropoulou concentrates on major authors, such as Strabo, Plutarch and Pausanias, but does not pay any attention to the Greek novel,⁴ and her omission has only been partially remedied by Ewen Bowie,⁵ as even he did not systematically study all occurrences of sacrifice. Admittedly, reports by geographers, such as Strabo and Pausanias, are most important for our knowledge of Greek ritual, but the novelists, I submit, give us a picture of the way sacrifice was experienced and imagined in the first and second centuries AD. So let us ask which people sacrifice, when, where, how, why and to whom? And, not to be forgotten, is sacrifice still combined with food for mortals and, if so, what

 See now Cosmopoulos/Ruscillo (2014).  Parker (2011), 124– 170; add now Ekroth (2014); Jim (2014); Morton (2015).  Rizzi (2001); Bazzana (2009). Note, however, that Eckhardt (2014) rightly observes that ‘Christian and pagan intellectuals participated at least to some degree in the same discourse on sacrifice’ (p. 273).  Petropoulou (2008); see also Ullucci (2012).  Bowie (2012); see also Pernot (2005). https://doi.org/10.1515/9783110561036-010

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kind of food? As the ancient novel has been under researched in this respect, except for its depictions of human sacrifice, I will concentrate on this literature (§ 1), and I will continue with making some observations on the end of ancient sacrifice (§ 2), concluding with appendices on the early historiography and origin of sacrifice. In this contribution I am interested only in animal sacrifice as followed by a meal, not in holocausts or other forms of destruction of the sacrificial victim, as that would require a different article altogether. The discussion of the suitability of the catch-all term ‘sacrifice’ is of course legitimate,⁶ but will not concern me here.

1 Sacrifice during the first two centuries AD I will start with Chariton, the oldest of our surviving novels, who probably wrote in the middle of the first century in Anatolian Aphrodisias.⁷ When the protagonist Callirhoe is in the countryside, Plangon, the wife of the her supervising steward, tells her that she should go to the shrine of Aphrodite, where not only the neighbours but even people from town come and sacrifice (2.2), just as the master Dionysius often sacrifices there (5.10.1).⁸ Yet the most important occasion for sacrifice in the novel is the wedding. In addition to some brief mentions (2.4, 3.1, 4.3.10), such as the Persian king being engaged in sacrifices (5.3.11), we get a more detailed description from the wedding of Dionysius with Callirhoe, as we are told that ‘At daybreak the whole town was already decorated with garlands of flowers. Every man offered sacrifce in front of his own house, and not just in the temples’ (3.2.15). It seems that the sacrifices in the front of houses are mentioned to stress the highly festive character of the occasion, as we can see from inscriptions that mention the custom.⁹ We do not hear of a banquet in this respect, but as we already have been told that the steward had to drive in herds of cattle (2.2), the inference seems reasonable that these were meant for sacrifice and feeding the guests. However, sacrifices are not mentioned for other weddings, such as that of Callirhoe with Chaereas (1.1) and weddings in dreams (2.1.2, 5.5.5). Dionysius similarly feasts the town with sacrificial banquets after

 Schulz (2016).  Fullmer (2007), 73 – 93, to be added to Tilg (2010), 36 – 79 and Henrichs (2011), 309 – 313, who all three arrive at the same pre-62 AD date.  I will refer to the chapters of each novel in the paragraphs pertaining to that novel. I quote from the translations in Reardon (1989), which I have sometimes adapted, as Reardon’s translation of Chariton, especially, is less precise regarding religious details than one would expect.  For the bibliography, see Price (1984), 112.

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the birth of Callirhoe’s son (3.7.7), although we do not hear for which divinity. But his steward arranges magnificent sacrifices to Aphrodite when the couple with their son returns to the estate (3.8.3), surely to be followed by an impressive banquet. There are other sacrifices too. When Mithridates has spared the life of Chaereas who was on the brink of being crucified, he ‘invited men of rank to a banquet and sacrificed for Chaereas’ rescue (sôtêria)’ (4.3.7). It seems safe to conclude that the two went together at this occasion, as they may have done when Mithridates leaves Caria, being waved off with ‘sacrifices and a festive procession’ (4.7.4). At the Persian court, Mithridates also claims that he often offered the gods ‘magnificent sacrifices’ and now wants to be rewarded for his piety (5.7.10), a claim on reciprocity which is certainly as old as Homer in Greek religion.¹⁰ The Persian king is no mean sacrificer either. In order to postpone the court case regarding Callirhoe, he pretends to have had a divine dream ordering him to sacrifice (see also 6.8.3). On the command of his eunuch, everybody obeyed, offered incense at the entry of their houses, presumably, like the earlier sacrifices in front of the houses, and ‘every street held a banqueting party’, while the king himself sacrificed magnificently to Eros (6.2.2– 4, 6.2.7). Finally, we hear of sacrifices by Chaereas’ army to celebrate the capture of Tyre (7.4.10) and of the Persian king sacrificing to Heracles, the Hellenised great god of Tyre (8.5.2).¹¹ Let us next move to Xenophon of Ephesus, who probably wrote in the same area as Chariton, but somewhat later, most likely between the late Flavian and early Antonine age, as Kathleen Coleman has persuasively argued.¹² At the beginning, we hear that Antheia and Habrokomes meet one another in a temple during a sacrifice to Artemis after the elaborately described procession to her sanctuary, which contained sacrificial animals,¹³ torches, baskets for the sacrificial implements and incense, the latter a new and expensive ingredient that probably had been imported from the imperial cult.¹⁴ After the sacrifice, everybody went home (1.2.4), which hardly suggests a nice banquet. When the two love-struck youths were wasting away, priests and diviners ‘came and performed sacrifices, made libations of all sorts, pronounced foreign words, saying that they were placating some demons, and pretended that her malady came from the gods of the underworld’ (tr. G. Anderson), whereas the sacrifices for Habrokomes were performed without this kind of abracadabra, a     

Parker (1998); Bremer (1998). For sacrifices after a victory, see Szymanski (1908), 68 f. Coleman (2011). Graham Anderson, in Reardon (1989), wrongly translates τὰ ἱερὰ with ‘the sacred objects’. Price (1984), 208, 228; Huet (2008a).

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subtle gender difference (1.5.7– 8). In the end, everything is all right and they get married after ‘the sacrifice of many sacrificial animals to the goddess’ (1.8.1). Yet the happy couple will not be able to enjoy this married bliss for long, and in order to pre-empt an oracle their fathers sent them away but not without sacrifices to Artemis before setting sail (1.10.5 – 6).¹⁵ On their journey, they put in at Samos, where they ‘sacrifice and eat’, presumably in the famous sanctuary of Hera (1.11.2), and at Rhodes, where the people sacrifice to them as gods (1.12.2) and they to Helios (5.11.4). We get to a different sacrifice when the robbers that have captured the couple prepare to sacrifice Antheia to Ares (2.13.2), and we will have to come back to this type of sacrifice. But when all has turned for the better, the couple arrive at Rhodes as the penultimate stage of their wanderings, where the population is celebrating a festival for their main god, Helios, with a procession and sacrifices (5.11.2). As before, in preparation of their return to Ephesus they again ‘sacrifice and feast’, presumably this time in honor of Isis as the patron of sailing (5.13.5),¹⁶ and their last sacrifice is, appropriately, to thank the goddess Artemis back in Ephesus, where it all began (5.15.2). It is a similar thanksgiving sacrifice, although in this case to Astarte in Tyre, that constitutes the beginning of our next novel, Achilles Tatius’ Leukippe and Kleitophon (1.1.2), which has to be situated towards the third quarter of the second century;¹⁷ a possible thanksgiving sacrifice to Aphrodite is also mentioned (6.11.4). Yet we hear of fewer sacrifices than in the earlier two novels. There are references to wedding sacrifices, such as its mention, not performance, in the mourning by Charikles’ father (1.13.5), during the preliminary rites for Kleitophon’s wedding with Kalligone (2.12.2) and the preparations for a new sacrifice after an eagle had snooped the meat from the altars of the first one (2.18.2– 3). There is a magnificent sacrifice to Heracles in Tyre (2.14.2) comprising not only ‘cassia, frankincense, and saffron’ but also Egyptian cattle (2.15.1), presumably followed by a banquet. There is also a pretend human sacrifice of Leucippe, who, according to the order of an oracle, had to be sacrificed in order to purify the bandits’ citadel, a clear adaptation of a well-known motif of Greek mythology (3.22, 4.1).¹⁸ Rather unusual in normal Greek descriptions of sacrifice is the description as to what happens when a man finds a treasure: he ‘erects an altar, brings a sacrifice, wreathes the spot with flowers’ (5.26.9). Finally, we hear of sacrifces by a Byzantine embassy, who had defeated the Thracians after an epiph   

For such sacrifices, see Wachsmuth (1967), 115 – 133. For the recently discovered sanctuary of Isis, see Bricault (2013), 201. See Bremmer (2013a), 141; add Yoyotte/Chuvin (1986). For such scapegoat sacrifces, see Bremmer (2008), 169 – 214.

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any of Artemis. They had come to thank the goddess with a sacrifice (7.12.3 – 4), presumably an allusion to Artemis Phosphoros of Byzantium, who had saved the city by her epiphany.¹⁹ We may reasonably suppose that these sacrifices will have been followed by splendid dinners, but that, together with the one in Tyre, seems to be the only occasion where we might expect so, even though it is not mentioned. Our last novel from the period is Longus’ Daphnis and Chloe, written perhaps around AD 200 on Lesbos. In this pastoral novel, the fathers of the couple in love make a sacrifice to the Nymphs (1.8.2), but hardly with a banquet following. And when Daphnis blames the Nymphs that the Mytileneans will sacrifice their sheep (2.22.2), they reassure him, after which he promises to sacrifice to them the best of the she-goats if Chloe is rescued (2.24.1) and to Pan he promises a he-goat (2.24.2), an unusual gendering of the sacrifices in our literature. When Chloe is indeed recovered, we get a very interesting description of the sacrifices, which seem fairly unique in the Imperial literature. Daphnis caught the best of the she-goats, ‘sacrificed it to the Nymphs, and after hanging it up and skinning it, he dedicated the skin as a thank-offering’ (2.30.5),²⁰ presumably eating the meat himself and his company. The next day they sacrificed the he-goat that was the leader of the herd to Pan (see also 4.27.1), and this description deserves to be quoted in full, as it is an excellent description of Greek sacrifice: They put a fine garland on the he-goat…led him to the pine, poured a libation of wine, and prayed to the god, before sacrificing, hanging up, and skinning the goat. After roasting and boiling the meat, they placed it nearby on the leaves in the meadow. But they tied the skin, together with its horns, to the pine beside the image, a pastoral offering to a pastoral god. They made the first offerings of the meat to Pan and poured out libations from a larger mixing bowl (2.31.2– 3).

The description shows us the sacrificial ritual, but not as it must have often been in the cities, as we do not hear of priests or even an altar. This is really a rustic affair for rustic gods, who have to do with simple sacrifices. Yet Daphnis and his fellow sacrificers follow an age-old script that we can already find in Homer, albeit in a somewhat simplified and adapted manner. They pour libations on the horns, probably to let the goat assent to the sacrifice, pronounce a prayer, kill the animal, and then hang it up to flay it, as we sometimes can see on vase paintings.²¹ But we also hear of the preparation of meat by roasting  Steph. Byz. β 130 Billerbeck; Hesych. Mil. FGrH 390 F 1.27, cf. Graf (1985), 230 f. For the embassy, see Rutherford (2013), 350.  For the parallel with hunting rituals, see Meuli (1975), 2.991.  Bérard/Bron (1989), 55 (Ionian hydria, 540 B.C.); Bérard (1988).

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and boiling,²² and, last but not least, the hanging up of the skin and the horns, a millennium old tradition as we will see shortly (Appendix 2). Given that Meuli, Burkert, Detienne and Vernant all neglect the role of the gods in sacrifice,²³ it is important to note that in this sacrifice Pan is explicitly mentioned as the receiver of meat. Moreover, when Chloe sings after the sacrifice, it probably is a kind of hymn to Pan. This sacrifice was really a social and multi-sensory experience. Yet the detailed description also gives a kind of literary feel, as if the intended readers needed to be instructed about the precise sequence of the ritual. And indeed, Folkert van Straten has observed that animal sacrifice is pretty rare on votive reliefs for the Nymphs, a rarity reflected in the archaeological record.²⁴ The next sacrifice is to Dionysos. Rather strikingly, they sacrifice a one-year ram rather than the more customary goat. Rams were especially dear to Persephone,²⁵ and the animal seems somewhat out of place, although its age fits what we know about sacrificial practice from faunal assemblages. They boil the ram and then ate their meal. Interestingly, they seem to supplement their meal with meat from the birds they have caught, and the combination of these two kinds of meat is also mentioned when Daphnis receives a bag with meat and bread as well as wood pigeons and thrushes to bring to Lamon and Myrtale (3.9 – 11). In contrast to these generally modest sacrifices, Dionysophanes makes quite an entry in the novel, as his name indeed would suggest. He immediately sacrifices to Demeter, Dionysos, Pan and the Nymphs as the deities in charge of the countryside but also sets up a mixing bowl with wine, which suggests a meal (4.13.3). Can we suppose here that he sacrificed not four animals but less and dedicated pieces to all these four gods or do we have to suppose that he sacrificed many animals and threw away part of the meat – a question not easily to be answered. In any case, when Dionysophanes has recognized Daphnis as his son, they sacrificed to Zeus Soter,²⁶ but this was perhaps just a libation, as a symposium and a party followed (4.25.2). In any case, having heard the good news, people from all over the place came and Dionysophanes regaled them all with ‘much wine, much wheat-bread, waterfowl, sucking pigs, various sorts of honey cakes’, but as if this is not enough, we also hear: ‘and many sacrificial animals were offered to the local gods’ (4.26.1, 4.27.1), and the next days

 For roasting and boiling, see Detienne (1977), 163 – 217; Ekroth (2008b), 274– 276 and Ekroth (2008a), 99 – 102.  Cf. Bremmer (1999), 43 = (2012), 73 f.  Van Straten (1995), 91; Trantalidou (2013), 75 f.  Bremmer (2014), 26.  Burian (1986).

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they continued sacrificing (4.32.3). As Fred Naiden has rightly observed, the passage clearly mentions both animals meant for sacrifice and those that are not.²⁷ Among the latter, the presence of pigs is surprising, as these were customarily sacrificed to Demeter and Dionysos.²⁸ Unfortunately, the gods of the sacrifice are not mentioned, but we have to suppose that they would not have liked pigs. Finally, it is strange that sacrifices are not mentioned for the wedding of Daphnis and Chloe, even though they are mentioned earlier (3.32.3). The absence shows that we should not conclude from the absence that there was no sacrifice, as Naiden does in the case of Longus. Literature is not ethnography, and we should always keep that in mind with literary texts. With Longus we have come to the end of the novels. What have we learned? In all four novels a rich variety of people offers sacrifices: neighbours, town people, whole towns and islands, an embassy, a king and an army. Basically, there is no group that does not sacrifice. The occasions are also varied: there are sacrifices to Aphrodite, presumably, in cases of love trouble, but also those on the occasions of festivals, weddings and a birth, sacrifices when one leaves for and when one returns from a journey, sacrifices when ordered to do so or spontaneously when finding a treasure, to thank the gods or, seemingly, just to have a good party. These sacrifices can take place anywhere, it seems, in sanctuaries but also in the streets or in the countryside at home. There clearly is no area where one could not sacrifice. The novels are set in the distant, sometimes timeless past, but the novelists are not historians looking for abstruse variations or quaint old customs. They concentrate on a limited group of gods and heroes: Artemis, Aphrodite, Demeter, Dionysos, Pan, the Nymphs, Helios and, probably, Isis and Hera, but not Zeus, Apollo, Athena and Hermes. Naturally, the ruler cult also remains invisible in these novels, which are situated in pre-Roman times, although it is striking that iconographical representations of sacrifices to a ruler are also as good as absent from Asia Minor.²⁹ Although the sacrifices are closely connected to the gods, they are rarely described in any detail. There is nothing about the many stipulations, so well known from the leges sacrae, about age, gender, colour or place to consume the meat. There is also no playing with the meanings of sphattô and thyô, as we know from Greek tragedy.³⁰ Last but not least, it is clear that the sacrifices are still important for meals and having a good time, al Naiden (2013), 238.  Clinton (2005).  As is observed by Schörner (2006a), somewhat elaborated in Schörner (2006b); see also Schörner (2014).  See, especially, Bremmer (2013b) and (2015b).

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though the meat of sacrifice is sometimes supplemented by that of the hunt. It is this community aspect of sacrifice that we also find in the writings of their contemporaries Plutarch and Dio. The former does object to too opulent sacrifces,³¹ as does Dio (Or. 13.35), but they do not question animal sacrifice itself. The novels are thus excellent sources for a better understanding of sacrifice from the point of view of lived ancient religion and attest to the importance of sacrifice in the Roman East in their time. This importance, which must have increased with the rise of the ruler cult (below) and euergetism,³² also appears from the fact that during a pogrom in Antioch in AD 67 the Greeks used sacrifice to distinguish between Jews and non-Jews.³³ As regards Roman sacrifice in this period, we have much less evidence and informative discursive texts, as James Rives has recently observed.³⁴ Yet sacrifice had already a long tradition behind it, as the most prestigious Roman sacrifice, the suovetaurilia, belongs to one of the oldest ritual assemblages found, the sixth-century BC votive deposit of the Lapis Niger,³⁵ and there seems to be no reason to doubt that sacrifice remained important in the course of time, as indeed has been argued by a number of recent studies, mainly by John Scheid and his colleagues.³⁶ In the late Republic and earlier Empire, sacrifice is the central act of Roman religion. This is not only our etic view,³⁷ but Pliny already assures Trajan, as a sign of his success, that sacrificial meat is again for sale everywhere, although suspected Christians did not need to sacrifice more than wine and incense (Plin. Ep. 10.96.3, 5). In fact, as Rives has argued, the practice of animal sacrifice had long played a key role in structuring sociopolitical relationships and cultural identity in the Greco-Roman world. That is why, perhaps, we find an increasing fascination with human sacrifice in our novels, but also in the contemporary accusations against the Christians.³⁸ It was animal sacrifice that united the civilised inhabitants of the Empire, but human sacrifice that excluded the barbarians at the gates and the deviants within.

 Plut. Mor. 627, 1101E, 1125E, fr. 47 Sandbach.  Veyne (1976); Gauthier (1985); Domingo Gygax (2007), 111– 126; Zuiderhoek (2009).  Josephus, BJ 7.50 – 51.  Rives (2013), 129 – 46.  Wilkens (2004).  See especially MacKinnon (2004); Scheid (2005). But note also Cancik-Lindemaier (2006), 211– 229 (‘Tun und Geben. Zum Ort des sogenannten Opfers in der römischen Kultur’, 20001); Belayche (2007), 29 – 43; Bendlin (2013); Aldrete (2014); Lennon (2015).  For the emic and etic view of Roman sacrifice, see now Schulz (2016).  Rives (1995); Harland (2007); Bremmer (2013c).

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Sacrifice was also an important channel for the consumption of meat, but especially in Rome it is hard to imagine that it was the only channel. The fact that the reliefs of Roman butchers show no sign of sacrifice whatsoever makes it improbable that their meat all derived from sacrifice.³⁹ Given the size of the major Roman cities this would indeed be highly unlikely. At the same time, we have to be aware of the fact that the study of Western faunal assemblages and sacrificial reliefs points to local and regional differences. For example, sacrificial reliefs in Gaul show much more often libations and local divinities than reliefs from Rome,⁴⁰ and in Switzerland we can observe the gradual disappearance of the pig and the increasing presence of sheep and goats – presumably, a sign of Roman influence.⁴¹ Hopefully, future work in this area will further refine our knowledge.⁴² An important development in East and West must have been the arrival of the ruler cult. After Roman emperors had monopolised the function of pontifex maximus,⁴³ the sacrificing emperor as well as sacrifices to the emperor became important symbols of the unity of the Empire in the course of the period under discussion.⁴⁴ Sacrifice was a religious and cultural practice shared by Greeks and Romans, and the Roman emperors used this quality of sacrifice to manifest themselves in the whole of the Empire.⁴⁵ That does not mean to say that everybody agreed with animal sacrifice. As is well known, Lucian wrote a treatise On Sacrifices, in which he contested the whole complex of public religion. The title has been recently doubted by Fritz Graf,⁴⁶ but books with similar titles are well attested, and in Lucian’s case the title probably concentrated on the most important act of public religion. In this respect there is an interesting shift in books with this title. Apparently, older works, such as those by Epimenides (FGrH 457 F 1), Philochoros (FGrH 328 F 80 – 82), Androtion (FGrH 324 F 70 – 71), Demon (FGrH 327 F 3), Sosibius (FGrH 595 F 4– 5), Andron (FGrH 360 F 1), Ammonios (FGrH 361) and Gorgo (FGrH 515 F 20), all seem to have discussed particular local sacrifices or sacrifi-

 Huet (2007).  Huet (2008b): see also Huet (2008c); Van Andringa (2012).  Deschler-Erb (2015), 103.  For the Germanic provinces, see Noelke (2011); Derks (2013).  For the increasing importance of the priesthood for the emperors, see Rüpke (2006) and Rüpke (2012).  On sacrifice in imperial cult more generally, see Price (1984), 207– 233; Friesen (1993), 146 – 152; Gradel (2002), 15 – 26.  See especially Gordon (1990), 201– 231.  Graf (2011); see also Belayche (2011).

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cial terms,⁴⁷ whereas in the first century AD onwards we hear of a treatise with the same title by Apollonius of Tyana that seems to have questioned the importance of animal sacrifice.⁴⁸ In that respect Lucian’s title would perfectly fit this development. Yet voices questioning the importance of sacrifice in the first two centuries of our era are relatively rare and seem to be limited to people with Cynic sympathies, like Lucian. Moreover, our evidence for the Western part of the Roman Empire is even more limited than for the East, especially regarding literary texts. We should certainly observe that sacrifice remained important in that part of the Empire, but also note its virtual absence in Apuleius’ Metamorphoses. As far as I can see, undoubtedly due to the interest in Isis’ mysteries, nobody has ever observed that sacrifice is as good as absent in this novel. The omission becomes even more striking when we compare it with the Greek novels, where sacrifice is omnipresent as we have seen. It could well be that Apuleius’ neo-Pythagorean orientation was responsible for this absence.⁴⁹ If so, neo-Pythagorean influence which is also evident in Apollonius, may have been stronger in the first centuries than we perhaps have suspected. It is time to conclude this part of our contribution. In his afterword to the Faraone/Naiden volume, Cliff Ando has argued that his fellow contributors answer the question if the ritual killing of animals is the central act of Greek and Roman religious life ‘with an emphatic negative’.⁵⁰ However, not only does the majority of the contributions to the volume not warrant such a conclusion,⁵¹ but the conclusion itself is misplaced. There is no religious act in antiquity that has the same prestige as animal sacrifice. It is the religious act that is the most prominent in Greek tragedy and is equally important, although in a different mood, in comedy; it is also, as we have seen, widespread in the literature of the time, especially in the East.

 Note also Dicaearchus’ book on the sacrifice to Athena in Ilion (Περὶ τῆς ἐν Ἰλίῳ θυσίας): F 23 Wehrli = F83 Mirhady.  Philostr. VA 3.41, 4.19; Suda α 3420; Belousov (2013).  Cf. Harrison (2000), 114– 116.  Ando (2012), 195.  As is also observed by Hollmann (2013).

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2 The end of sacrifice Let us conclude with some remarks on the end of animal sacrifice in late antiquity. The actual end has been studied more than once.⁵² But it may pay to look once again at the development by taking into account both East and West in the Empire. In his inspiring essay on the psychological, cultural and religious changes in Late Antiquity called, significantly, La fin du sacrifice, Guy Stroumsa also discusses the end of sacrifice.⁵³ Although mentioning the imperial laws impeding and, eventually, prohibiting animal sacrifice, Stroumsa is basically interested only in the Eastern part of the Roman Empire. Moreover, he concentrates in particular on the changes in sacrifice for the Jews, although he relates those to the ones by pagans and Christians. Although he, naturally, mentions the two usual suspects, Porphyry’s On Abstinence and the sacrificial restoration by Julian the Apostate, opting for this perspective does not really give an idea of the changes in the sacrificial practices themselves or the place of sacrifice in Greco-Roman religion. I will therefore take a somewhat different route and focus on precisely these two aspects. Let us start with the Roman side. Jas Elsner has argued that from about AD 200 there is a significant decline in Roman sacrificial imagery and in the emphasis on the emperor as sacrificer as well as an increasing focus on non-animal sacrifice in our visual representations, such as coins, altars, reliefs, calendars, contorniates, and so on. Instead of animals we see more and more libations and incense,⁵⁴ and after AD 230 animal sacrifice has disappeared from the imagery in Rome and Italy.⁵⁵ But does this change in representation reflect a ritual reality? It would be odd if the visual development had no basis in real life, and I assume that animal sacrifice did start to wane from that period onwards, the more so as quite a few big civic sanctuaries in Gaul and other Western provinces stopped operating during the second middle of the third century.⁵⁶ In Asia Minor, as Fritz Graf has observed, we can observe a gradual shift from the offerings of banquets after sacrifices to buildings by the civic benefactors.⁵⁷ Yet we must be careful not to generalise regarding the whole Roman Empire, as sacrifices will have started to disappear at different rhythms in different provinces, perhaps also

     

Grottanelli (1989); Harl (1990). Stroumsa (2005), 105 – 144. For an interesting reaction to Stroumsa, see Rouwhorst (2014). For the incense, see Huet (2008a). Elsner (2012). Van Andringa (2014). Graf (2015), 318 – 322.

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among different social groups. However this may have been, there certainly was one area where animal sacrifice does not seem to have declined in that period, and that is the Roman army. We are lucky that a papyrus from Dura-Europos, dating to the middle 220s, gives us a detailed picture of the sacrificial calendar of the Roman army at that time.⁵⁸ I quote here only the month of January as an example: 3 days before the Nones of January: because vows are discharged and announced, and for the safety of our lord Marcus Aurelius Severus Alexander Augustus and for the everlasting empire of the Roman people, to Jupiter Optimus Maximus a male ox, to Juno a female ox, to Minerva a female ox, to Jupiter Victor a male ox, … to Father Mars a bull, to Mars Victor a bull, to Victory a female ox … 7 days before the Ides of January: because honourable discharge is granted to those who have served out their time along, with the right of privileges; also because salaries are paid out to the soldiers, to Jupiter Optimus Maximus a male ox, to Juno a female ox, to Minerva a female ox, to Safety a female ox, to Father Mars a bull… 6 days before the Ides of January: for the birthday of the divine empress …, to the divine … public prayer. … days before the Ides of January: for the birthday of Lucius Seius Caesar, father-inlaw of the Augustus, a male ox to the genius of Lucius Seius Caesar, father in-law of the Augustus.⁵⁹

We may safely assume that some soldiers, perhaps only the higher ones, had a good banquet after these sacrifices. Given the prominence of sacrifice in the army routine, it may not really come as a surprise that the Emperor Decius, who rose to power through the army, obliged, by edict of AD 249, all his subjects, except for the Jews, to sacrifice.⁶⁰ It is important to realise that sacrifice now no longer was a sign of belonging to a local group of worshippers that pleasantly dines together afterwards, but that sacrifice now became a sign of belonging to the universal group of Roman subjects without a tasty banquet, albeit that everybody was forced to taste from the sacrificial meat. Its role became symbolic rather than religious. The example of Decius would be followed by all the persecuting emperors until Constantine. Unfortunately, we have no discursive texts that inform us about the consequences of this usage of sacrifice, but one can hardly assume that it will have enhanced its status among Christian or pagans. Interestingly, the persecutions also offer us a glimpse on an already mentioned problem,  See most recently Herz (2002); Reeves, (2005); Haensch (2006); Haensch (2014).  P. Dura 54, tr. Hekster (2008), 127.  See, most recently, Rives (1999); see also McKechnie (2002); Selinger (2004); Clarke (2005), 625 – 635; Bleckmann (2006); Luijendijk (2008), 157– 174; Pietzner (2008), 994– 999; Brent (2010), 117– 249; Schubert (2016).

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that is, whether Greeks and Romans ate meat that did not derive from sacrifices (§ 2). Eusebius (Mart. Pal. 9.2) tells us that the Emperor Maximinus ordered the city magistrates to see to it that everything sold at the markets were to be sprinkled with the blood and libations from sacrifices. This makes most sense when we assume that the main target was meat rather than, say, clothes. Yet it seems to go too far to state with James Rives that ‘the importance of animal sacrifice to the socio-political elite continued unabated into the early fourth century’.⁶¹ This may be true for the army and, perhaps senators at Rome, but we cannot overlook the fact that at least in philosophical circles animal sacrifice had become less and less acceptable. I need not rehearse here the well-known views of a Porphyry or Iamblichus, but we find the same negative view also among Hermetic and Gnostic thinkers.⁶² The persuasive recent suggestion that Constantine was also influenced by Neo-Platonic thinking in this respect, not only by the traditional Christian resistance against animal sacrifice, suggests a much wider influence of these views than just philosophical circles.⁶³ Against the background of the focus on animal sacrifice in all the major persecutions in the decade before his victory at the Pons Milvius in 312, Constantine’s own resistance against animal sacrifice can be seen as unavoidable, if he wanted to be accepted by his fellow Christians. Yet he proceeded very carefully, and it will last until, probably, AD 326 before he refuses to participate in animal sacrifice. The legal development as regards laws prohibiting sacrifice is still unclear and debated,⁶⁴ but there can be no doubt that the Christian emperors no longer favoured animal sacrifice, although they waited a long time with prohibiting it and first directed their attention against private rather than public sacrifices.⁶⁵ However, probably very soon Constantine himself forbade his non-Christian governors and officials to sacrifice as there are no dedications of altars by governors after AD 320, and the same prohibition will have been issued regarding the army.⁶⁶ The reason for this careful proceeding undoubtedly was that sacrifice was still alive, although now steadily receding in importance. It may well be significant that our evidence for surviving sacrifice largely derives from the

 Rives (2012), 155 f.  Porphyry, On Abstinence 2.34, ed. Bouffartigue (Paris, 1977); Iamblichus, Response to Porphyry (earlier known as On the Mysteries), 2.4, ed. Saffrey and Segonds (Paris, 2012); see, most recently, Bruit Zaidman (2000), 201– 209; Zambon (2002); Rives (2011) (also on the Orphics); Van den Kerchove (2011); Roukema (2014).  Bleckmann (2012).  Harries (2011).  Belayche (2009); Salzman (2011).  Haensch (2004).

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city of Rome itself.⁶⁷ Admittedly, there is the well-known attempt at restoration of the animal sacrifice practice by Julian the Apostate, but his brief reign is only a blip in the longer development.⁶⁸ Having collected a number of examples of sacrifice in the fourth century, Nicole Belayche has argued that these are one of the signs of the vitality of fourth-century paganism,⁶⁹ but the ridiculing reactions of Julian’s contemporaries, even of sympathisers of paganism such as Ammianus Marcellinus,⁷⁰ speak a different language. Even the pagan sophist Libanius is surprisingly unenthusiastic about animal sacrifice and often manages to be ill when his presence at a bloody sacrifice was expected.⁷¹ The times had even changed to such a degree that people had become less familiar with sacrifice, as Julian complains ‘I see that they do not know how to sacrifice’ (Ep. 78.375c). Moreover, Julian claims that animal sacrifice is not enough but needs piety too (Heracl. 213d214a). In other words, sacrifice was no longer a matter of ritual activity, but had become, in the eyes of the emperor, a matter in need of personal convictions. But what did people think who were not emperor or magistrate? It is rather surprising that in the historiography of animal sacrifice one important source never has received the interest it deserves. I mean the novel of Heliodorus, which has to be dated to the middle of the fourth century, as Glen Bowersock has persuasively argued;⁷² in fact, literary and religious arguments had long been advanced in support of this dating, which now seems conclusive.⁷³ Yet this novel has never been used to gain a closer look of the place of sacrifice in Julian’s time, and that is what we will do here. Naturally, we have to be conscious of the fact that it is a novel, and one filled with many intertextual allusions for that, but it will be of interest to see who sacrifices and who refuses to do so. This will tell us something about the contemporary ideals. In the first book, sacrifices are associated with Thyamis, the robber chieftain. He orders his henchman to prepare a sacrificial animal as an offering to the local gods before entering battle (1.28.1 and 31.1), clearly an example of the sphagia,

 For its continuity, see most recently Trombley (1995), 1.292– 307; Belayche (2005), 345 – 349.  Julian’s attitude towards sacrifice has been often discussed, see especially Bradbury (1995); Belayche (2002); Ullucci (2012), 137– 149. For Julian’s religious policy, see most recently Hepperle (2010); Wedemeyer (2011); Nesselrath (2013); Teitler (2017).  Belayche (2005), 345.  Camus (1967), 223 – 229.  Cribiore (2013), 132– 181.  Bowersock (1994), 149 – 160, unpersuasively dismissed by Swain (1996), 423.  Chuvin (2009), 321– 325, add to his full bibliography: Wifstrand (1945), 36 – 41; Dowden (2006).

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the classical sacrifice before battle,⁷⁴ which of course had long gone out of fashion. The mention of the ‘local gods’ is rather striking and one may perhaps wonder if there is not here an allusion to Alexander the Great’s sacrifice to the dis praesidibus loci before the battle of Issus.⁷⁵ In any case, shortly after, when seeing the killing and fires caused by the attackers, Thyamis is reminded of a dream of a temple of Isis full of torches and sacrifices – hardly a complimentary comparison (1.30.4). We hear of another non-complimentary sacrifice when Kalasiris introduces himself and relates the story of the Thracian Rhodopis, a combination of Herodotus and Achilles Tatius,⁷⁶ who honours Isis in her temple in Memphis with hugely expensive sacrifices and votives (2.25.2). In order to escape her, Kalasiris flees to Delphi where he participates in the sacrifices (2.27.2, 3.6.2). When he is talking to Charicles, the Delphian high priest, the arrival of a sacred embassy of the Ainianes is announced with their sacrifices to Apollo and Neoptolemos (2.34– 35).⁷⁷ The hecatomb is described in detail, once again making an antiquarian impression (3.1– 3). I will not describe it here, but just note that it is a sacrifice by ‘country folk in country outfit’ (3.1.3). When we next hear of a sacrifice, it is a sacrifice of a hymn by Charicles (3.18.1), who is worried because of the lovesickness of his daughter Charikleia, which seems to have been a real part of daily life in Late Antiquity.⁷⁸ Yet we also hear of a sacrifice to Odysseus on Ithaca (5.22.5); Ethiopian (4.8.5) and Greek (4.14.1, 5.12.3) sacrifices of thanksgiving, sometimes followed by a sumptuous, if not all too sumptuous banquet (5.12– 16, 5.27.9 and 29.2); sacrifices to mark the assumption of the office of high priest in the temple of Isis (7.2.2) and sacrifices to celebrate the festival of the Neiloa (9.10.2) and the Nile itself and the gods of Egypt (10.1.2). More interestingly, when Kalasiris meets a group of Phoenicians, they ask him to join in their libations. He does so as they sacrificed (ethyon), but he sacrifices (apethysa) frankincense and pours a libation of water. Subsequently, he joins the banquet, but there is no explicit mention of animal sacrifice here (4.16.3 – 8). Similarly, when Theagenes has to swear an oath that he will abstain from carnal knowledge with Charikleia with-

 Jouan (1990/91) (also on rites of crossing water); Jameson (1991); Vernant (1991), 244– 257; Parker (2000); Gebauer (2002), 280 – 285; Dillery (2005), 200 – 209.  Curtius 3.8.22, cf. Bing (1991).  Cf. Bremmer (2013d).  For the embassy, see Rutherford (2013), 171, 350 – 354; for the Ainianes, see Mili (2011).  Sesonchosis, col. III.19 – 20 Stephens-Winkler; Metiochus and Parthenope 75 Stephens-Winkler; Achilles Tatius 1.5, 6, 9; Longus 2.82; Acts of Paul and Thecla 8– 9; Heliodorus 3.7, 4.4– 7; Martinez (1991), 60; Maehler (1990); Toohey (1992); Hillgruber (2010).

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out her consent, Kalasiris constructs a small altar and burns incense for Theagenes to swear the desired oath (4.18.6) in clear contrast with the tradition of animal sacrifice for oaths.⁷⁹ Although sacrifices are usually happy occasions, we see the dark side of sacrifice in the necromantic scene in which an old Egyptian woman summons her son via a kind of sacrifice, which included libations of milk, honey and wine, a kind of voodoo-doll and the drawing of blood from the arm (6.14– 15).⁸⁰ Another old woman, Kybele, wants to sacrifice to Isis on behalf of her mistress Arsake for an unholy purpose, but she is prevented by a temple sacristan to do so because of the death of Kalasiris (7.11.1– 2, 5). But worse is to follow. King Hydaspes, who is described as a righteous man (10.3.4), hopes to sacrifice Theagenes and Charikleia as victory offerings to the gods of his land (9.1.4, 9.24.5, 9.25), and we get detailed information about the preparations (10.2.4). His wife Persinna also sacrifices, but the Greek reader will have surely been surprised by the fact that the victims were herds of oxen, horses, sheep, zebras and griffins (10.4.1), a combination of wild and domesticated animals that would single out the sacrifice as completely going against normal Greek sacrificial rules, even though it was also followed by a banquet. The sacrifice was presented to the Sun and the Moon, with the king and queen being their priests, respectively. To start with, a team of four white horses was to be sacrificed to the Sun and a pair of bullocks to the Moon, but the animals refuse to cooperate (10.28.1– 3). Moreover, the gymnosophists refuse to participate in the human sacrifice and even stress that they are against animal sacrifice but prefer prayers and incense (10.9.6). Fortunately, Charikleia appears to be the daughter of Hydaspes and is saved on the wishes of the Ethiopians (10.16 – 17) and after the necessary surprises Theagenes too (10.40). The customary human sacrifice is abolished, but not the animal sacrifice, which clearly would be a bridge too far. The happy couple sacrifices to the Sun and the Moon, and the wedding concludes this fascinating novel, although we hear nothing of wedding sacrifices, unlike their mention in connection with the proposed wedding between Trachinos and Charikleia (5.28.1, 29.5). The novel represents, I suggest, the sacrificial scene at the time of Julian. There still is sacrifice, public and private, but the more detailed described sacrifices are allotted to a robber chieftain and to country bumpkins. The protagonist of the first part of the novel, the philosophical priest Kalasiris, does not sacrifice animals, and neither do the gymnosophists who save the lives of Charikleia and Theagenes. It is Egyptians who still sacrifice at festivals, but they also perform

 On oath sacrifices, see most Torrance (2014), 138 – 142.  For ancient necromancy, see Bremmer (2015a).

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necromantic sacrifices, and it is the non-Greeks that perform human sacrifices and a wrong kind of sacrifice of domesticated and wild animals. In short, the novel does not seem to attest to a vitality of or favouring of the traditional pagan sacrificial practices. It is time to come to a conclusion. With his laws of AD 391 and 392,⁸¹ Theodosius prohibited sacrifice altogether. In the West, these measures seem to have been more successful than in the East, as in Italy there is no more evidence for animal sacrifice after AD 400.⁸² In the East sacrifice persisted longer, but even convinced pagans could no longer withstand the pressure,⁸³ and in the work of the last Neo-Platonists sacrifice has lost its central significance.⁸⁴ Yet in the country side Christianity may have subtly accommodated local traditions. The Life of St. Nicholas of Sion, written shortly after the death of the saint in AD 564, relates that the saint travelled to Lycian Traglassos, where he ‘slaughtered (ethysen) a pair of oxen and called together all the people. And there was a feast (euôchia) and a great joy’ (c. 54). Somewhat later he slaughtered (ethysen) even 7 oxen at the shrine of Saint George, after which there was a big feast with more than 200 place settings (c. 55), and two years later the saint initiated a journey, which lasted 25 days, to a number of other sanctuaries where he also slaughtered oxen (c. 55 – 57).⁸⁵ In all these cases, the author uses a form of the verb thyô or thysia, and everywhere there is a big feast after the killing. We do not know of course if the locals also would have called this killing ‘sacrificing’, but the combination of sanctuary, ‘sacrifice’ and banquet surely suggests a certain continuity with earlier festivals.⁸⁶ Although Christianity preserved the language of sacrifice,⁸⁷ the many studies of this phenomenon rarely reflect about the absence of proper food and drinks at the Last Supper. Evidently, continuity in terminology does not warrant continuity in practice, and continuity in practice does not necessarily mean continuity in religion or ideology.⁸⁸ Yet the presence of animal sacrifice among some Jews, Christians and Muslims still today says something of the persistent hold of this millennia old ritual even in the enlightened Western world.

 Codex Theodosianus 16.10. 10 – 12.  Goddard (2006).  Grottanelli (1989); Harl (1990); Trombley (1993), 1.1– 97; Auffarth (2012).  Krulak (2014).  Anrich (1917), 244 f.  See also Rosenqvist (1993), 154– 156; Blum (1997), 115 – 118 (identification of the places mentioned); Ruggieri (2006) (with further bibliography).  See especially Daley (1978a) and (1978b); Young (1979); Stroumsa (2008).  For the continuity of small pagan sacrifices under Christianity, see Auffarth (2008).

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Appendix 1: Sacrifice around 1900 It is now more than 40 years ago, actually in 1972, that René Girard (1923 – 2015) and Walter Burkert (1931– 2015) published their grand narratives about the origins of sacrifice.⁸⁹ I need not rehearse their theories here, as this has been well done by Fritz Graf in the collection on sacrifice edited by Chris Faraone and Fred Naiden,⁹⁰ but the earlier historiography of sacrifice has not yet been satisfactorily sketched. The title of Bruce Lincoln’s recent survey in the same collection, ‘From Bergaigne to Meuli’, suggests a trajectory that did not take place in this form. Fred Naiden’s recent survey, although to some extent more satisfactory, also insufficiently takes into account the complicated interrelationships between the United Kingdom, Germany and France as well as the scholarly context in which these developments took place.⁹¹ Thus I will present here a few observations on the period around 1900. When did scholars become interested in animal sacrifice combined with a meal? It is rather striking that already in his 1889 book Natural Religion Max Müller (1823 – 1900) protests against the connection of sacrifice with meals or carousals, as he calls them. He quotes in horror a statement of the German Otto Gruppe (1851– 1921) from the latter’s 1887 book on the connection between Greek religion and those of the Orient: ‘Der Cultusact war nicht etwa nur mit einem Gelage verbunden, sondern er war recht eigentlich ein Gelage’.⁹² Moreover, although Naiden has argued that Burkert, Detienne and Vernant ‘added the claim that sacrifice was the chief ritual’, Max Müller had already noted that sacrifice ‘to many people seems an essential, to some the most essential element of religion’.⁹³ And indeed, only a few years later the nowadays forgotten, but at the time highly influential Bremen historian of religion Thomas Achelis (1850 – 1909) defined religion as a combination of belief in the soul and the life ever after with the practice of sacrifice.⁹⁴ The question was clearly a hot topic as Müller also contested the importance of sacrifice in his book Physical Religion of 1891 by stating that religion arose before sacrifice and myth.⁹⁵ This

 Girard (1972); Burkert (1972).  Graf (2012); see also, albeit less satisfactory, Jacquemin (2014).  Lincoln (2012); Naiden (2013), 4– 7.  Müller (1889), 74– 79, 182– 191 at 187 (Gruppe), Gruppe (1887), 277; more in general, van den Bosch (2002), 313 – 315.  Naiden (2013), 5; Müller (1889), 182.  Achelis (1893), 5, cf. Schröder (1958).  Müller (1891), 302.

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is certainly true regarding animal sacrifice, as we will see shortly (Appendix 2), but perhaps not for other kinds of sacrifice. Unfortunately, Müller did not annotate his Natural Religion very well, and it remains unclear which other contemporary scholars attached so much importance to sacrifice. Undoubtedly, one of the most important and most influential was Julius Wellhausen (1844 – 1918), probably the most influential student of the Old Testament in the nineteenth century and long thereafter and, as so many important scholars of the ancient world, the son of a Protestant pastor. ‘Wie dem ganzen Altertum,⁹⁶ so ist auch den Hebräern das Opfer die Hauptsache im Cultus’ is the lapidary opening sentence of his 1878 treatment of sacrifice in his history of Israel, in what later would be known as his Prolegomena to the History of Ancient Israel. In this book, Wellhausen also noted the nature of sacrifice as a gift, the sacrificing of only essbare Haustiere, the connection between sacrifice and a meal as well as the social function of sacrifice and its defining role of a closed number of people. Yet he also observed that the later layers of the Old Testament no longer mention the connection between sacrifice and meal as part of the religious ritual,⁹⁷ and this must have reflected historical reality, as Theophrastus already observed that the Jews did not know of sacrifices connected with meals.⁹⁸ After the appearance of his book, Wellhausen immediately sent a copy to William Robertson Smith (1846 – 1894), who subsequently wrote a glowing preface for the English translation, which appeared in 1883.⁹⁹ In the meantime, the two scholars had become friends, and we can still read many letters of Wellhausen to Smith, but not from the latter to Wellhausen as his widow destroyed his correspondence after Wellhausen’s death. It is thus not surprising that we find many of Wellhausen’s observations back in Smith’ famous Religion of the Semites (1889), such as the importance of sacrifice for ancient religions (3, 214, 222), of domestic animals, except for the pig (218, 222– 23), the connection of meal and sacrifice (241) and its later disconnection (237– 8). Smith’s study is much more erudite, theoretical and ambitious, but therefore also an often more fanci-

 But note Wellhausen’s, probably all too modest, claim that he wrote his book ‘ohne jegliche Kenntnis der griechischen Sakralaltertümer’ (letter to Usener, 22– 2–1886), cf. Wellhausen (2013), 193.  Wellhausen (1878), 53 = (1885), 52: ‘With the Hebrews, as with the whole ancient world, sacrifice constituted the main part of worship’, 64 = 61 (gift), 66 = 63 (eatable animals), 73 = 71 (meal), 74 = 72 (disconnection meal and sacrifice), 78, 81 = 76, 78 (closed group).  Porph. Abst. 2.26 = Theophr. fr. 584 A Fortenbaugh, but see Josephus, C. Ap. 2.13. For Theophrastus on sacrifice, see Obbink (1988); Schorn (2009).  Wellhausen (2013), 52 (letter of 12– 10 – 1878); Smith in Wellhausen (1885), v–x.

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ful work than Wellhausen’s sober study, of which he sometimes strikingly differs. For example, Robertson Smith relativises the idea of sacrifice as a gift (392– 95). He also stresses that ‘religion had been essentially the affair of the community rather than of individuals’ (258), a point of view that would prove be very attractive to the Durkheimians and Burkert, but of which Wellhausen moved away in the course of time, perhaps as he felt more and more estranged from his own Lutheran church.¹⁰⁰ Smith’s book probably appeared too late to be an implied target of Müller, but the latter may have reacted to the publications of the French Sanskritist Abel Bergaigne (1838 – 1888), who had contested Müller’s nature interpretation and had stressed the priority of ritual in his books on Vedic religion.¹⁰¹ Bergaigne, whom Smith does not mention, was the teacher of the Orientalist Sylvain Lévi (1863 – 1935), a Liberal Jew, who published an important study of ancient Indian sacrifice in 1898, when Smith had already passed away.¹⁰² Lévi, in turn, was an important influence on the classic study of sacrifice of the next year by Henri Hubert (1872– 1927) and Marcel Mauss (1872– 1950) by his focus on ritual and performance.¹⁰³ As Hubert and Mauss generously recognize their debts to the English Edward B. Tylor (1832– 1917), James G. Frazer (1854– 1941) and Robertson Smith, their study partially stands on the shoulders of Smith, and thus indirectly on those of Wellhausen, whom they had also read,¹⁰⁴ and of their French teacher, as well as being spurred on by their guru Durkheim. The study by Hubert and Mauss of 1899 is still interesting but certainly also problematic. Both scholars concentrated their attention on a reconstruction of sacrifice mainly based on Indian and Israelite sources (193 – 307), that is, highly reflective and systematized sacrificial systems. Moreover, in the case of Israel, as we saw, the tie between sacrifice and meal had been largely severed in later

 Wellhausen (2013), 89: ‘Bei Carlyle tritt das (i. e. Frömmigkeit) viel zu stark zurück; er hat immer nur das Sociale im Auge. Die Religion ist ja allerdings auch das, was die Menschen verbindet; aber das Prius ist wie mir scheint das ganz persönliche und individuelle Verhältnis zu Gott’ (letter to WRS, August/September 1881?); 97: ‘Ich war früher über die Religion und ihr Verhältnis zum Individuum und zur Gemeinschaft ähnlicher Ansicht als Sie; aber ich komme täglich mehr davon zurück’ (letter to WRS, beginning of 1882). Note the comeback of interest in personal religion today: Kindt (2015).  Bergaigne (1878 – 97), cf. Pinault (2012).  Lévi (1898). For Lévi and these developments, see the fine study by Strenski (1997), 116 – 148; see also Bansat-Boudon/Lardinois (2007); Allen (2010).  Hubert/Mauss (1897/98) which I quote from the reprint in the first volume of M. Mauss, Oeuvres, 3 vols (Paris, 1968 – 1969) 193 – 307; the page numbers in the next paragraphs refer to this volume. For a good summary of their article, see Allen (2013).  Mauss, Oeuvres, 1.193 (English), 276 (Wellhausen).

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times. It is no wonder, then, that the combination of sacrifice and meal did not receive much attention in their study (243 – 44). Both scholars focused their criticisms mainly at Robertson Smith, whose totemic analysis they rightly rejected just like his genealogical speculations (193 – 99).¹⁰⁵ On the other hand, their great innovation was twofold. First, they saw sacrifice as a social fact that has to be located in a specific society instead of being a generalized category. Second, they provided a precise analysis of the sacrificial ritual in its temporal succession (212– 55), even though their great attention to the sacrifice of a god (283 – 300) shows something of the religious preoccupations of their time. Indeed, a Christianising vocabulary (‘fidèles’, ‘foi’) and a certain anti-Christian tenor in this part of their work (305) can hardly be denied. Moreover, their focus on the categories ‘sacred’ and ‘profane’ within sacrifice makes at times an arbitrary and unpersuasive impression. In fact, they never seem to have realized that their use of the opposition sacred/profane was based on a contemporary invention, conditioned by the political and religious developments of their own time.¹⁰⁶ Looking back, we now see that virtually all elements that play a role in the grand theories of sacrifice in the last decades of the twentieth century already can be found around 1900. The sudden interest in sacrifice at that time seems to be the result of a combination of factors, such as the turn towards ritual at the end of the nineteenth century;¹⁰⁷ the growing secularisation with its concomitant interest in the sacrifice of Jesus, and the increasing interest in fieldwork, as manifested not only in Robertson Smith’s own visits to Egypt and Arabia in 1878 and 1879,¹⁰⁸ but also by the fieldwork of Franz Boas (1858 – 1942) in the 1880s,¹⁰⁹ the expedition of Baldwin Spencer (1860 – 1929) to Middle-Australia in 1896 and Alfred Haddon’s (1855 – 1940) famous Torres Straits expedition of 1898.¹¹⁰ Last but not least, this interest manifested itself in a time in which abattoirs and

 For the appeal of totemism at that time, see Jones (2005). Strenski (2003) misleadingly suggests that Hubert and Mauss mainly wrote against the French liberal French Protestants who dominated the École Pratique des Hautes Études, Fifth Section. Strenski’s lack of interest in the German and English context also appears from his curious suggestion that ‘Wellhausen mentored Robertson Smith in the “higher criticism” in the 1860’s (sic)’ (p. 96). For Smith’ influence on the Durkheim school, see Mürmel (1994).  Bremmer (1998), 24– 31.  Bremmer (1998), 14– 24.  Maier (2009), 163 – 180. Note also the 1902 observations of Mauss, Oeuvres, 3.366 about the ‘modern’ side of contemporaneous fieldwork (film and phonograph!).  See most recently for Boas: Stocking (1992), 60 – 127; Stocking (1996); Stocking (2001), 1– 75; Rodekamp (1994); Cole (1999); Bender-Wittmann/Langenkämper (2008). Spencer: Stocking (1992), 24– 26 and Stocking (1995). 87– 98. Haddon: Stocking (1995), 98 – 116.  Stocking (1992), 12– 59.

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slaughter houses were removed from the centres of cities, which may have made sacrifice a more exotic and interesting ritual than it might have been before that time.¹¹¹

Appendix 2: The prehistory of sacrifice Hubert and Mauss explicitly refused to engage in a history of the genesis of sacrifice and concentrated on a synchronic study of the ritual (199), just like Detienne and Vernant, but as precisely that history has played such an important role in the influential views of Burkert, we will now turn to prehistory. In a fascinating debate between Girard, Burkert and Jonathan Z. Smith, the latter fiercely attacked Walter Burkert’s derivation of sacrifice from the hunt.¹¹² Although we need not follow Burkert in his well-known stress on violence and postulation of a guilt complex, should we still follow him in deriving sacrifice from the hunt, as first argued by Karl Meuli (1891– 1968)?¹¹³ Let us start by noting that hunt and sacrifice are less incompatible in Greece and elsewhere in the Mediterranean than is usually thought. From Proclus’ summary of the Cypria, an archaic Greek epic of the earlier sixth century BC,¹¹⁴ we learn that: When (the seer) Calchas declared the wrath of the goddess and ordered to sacrifice Iphigeneia to Artemis, the Greeks summoned her on the pretext of a marriage with Achilles and attempted to sacrifice her. But Artemis snatched her away, transported her to the Taurians and made her immortal; instead of the maiden she substituted a deer at the altar.¹¹⁵

The substitution is well illustrated on a famous painting of Iphigeneia in the Pompeian House of the Tragic Poet.¹¹⁶ Agamemnon has covered his face with his mantle, whereas Calchas is visible to the right, and in the air we notice Artemis arriving with her deer, which she will substitute for Iphigeneia.¹¹⁷ As all sources agree that the sacrifice of Iphigeneia took place at Aulis,¹¹⁸ we may wonder if deer perhaps constituted a normal sacrifice in Artemis’ modest local sanc       

Thus Reed (2014). Smith (1987). Meuli (1975), 2.907– 1021 (first published in 1946). On Meuli, see especially Henrichs (1992). West (2013), 63 – 65. For the text, see Davies (1996), 41, cf. West (2013), 109 – 111. Kahil et al. (1990) at no. 38. Kahil et al. (1990) no. 11 f. For the following discussion of Iphigeneia and deer sacrifice, I freely use Bremmer (2001).

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tuary?¹¹⁹ We do not know, but before starting his campaign against Persia at the beginning of the fourth century, the Spartan king Agesilaus came to Aulis to emulate Agamemnon and sacrifice a deer to Artemis. However, the Thebans interrupted the sacrifice and declared it against the ‘ancestral laws and usages’.¹²⁰ The resistance seems to suggest that at least in Aulis sacrifice of deer (no longer?) was accepted at that time. In his already mentioned survey of sacrifice (see Introduction), Robert Parker does not mention the sacrifice of deer, but Scott Scullion has now argued that evidence of the bones in Artemis’ sanctuary in Kalapodi in Phocis shows that deer were both sacrificed and eaten there. He rightly concludes that this valuable evidence proves that the Greeks did not abstain from wild animals for sacrifice.¹²¹ Admittedly, we cannot always be certain if we have to deal with sacrifice or just butchery, but precisely in the area of Boeotia, Phocis and Locris, say Central Greece, texts, inscriptions, sculptures and archaeo-zoological investigations have brought to light an increasing number of sacrifices of deer,¹²² the presence of which in ancient Greece is well attested.¹²³ These occurred not only in out of the way sanctuaries but also in the Theban Kabirion and, probably via Central Greece, in the Samian Heraion.¹²⁴ Clearly, this is not a late development, as the antiquity of this type of sacrifice is now demonstrated by its occurrence in Late Bronze Age Pylos.¹²⁵ Although sacrificial calendars never mention or prescribe wild animals, an inscription from Kyme, probably a lex sacra, forbids hunting deer, presumably deer from its own sanctuary (I. Kyme 35.7). An, admittedly, rather fragmentary inscription from Morgantina dating to the third or second century BC, which looks like a lex sacra, seems to list a number of animals that have to be raised in the sanctuary. Amongst them we clearly find deer (elaphous), quails and doves.¹²⁶ As the inscription almost certainly mentions sacrifice (th]usia) it seems to confirm the presence of deer amongst those animals that could be presented to the gods. Greece was certainly not unique in this respect. In ancient Israel, where, as in Greece, cattle, sheep and goat constituted the normal sacri-

 For the modesty of the sanctuary, see the bibliography in Knoepfler (2001), 318.  Xenophon, Hell. 3.4.3, 3.5.5; Plutarch, Life of Agesilaus 6; Pausanias 3.9.3 – 4; Bommelaer (1983).  Scullion (2013), 245 f; similarly already Ekroth (2007), 264.  Hermary et al. (2004), 73 – 76; Schörner (2008); Chandezon (2011).  Yanouli/Trantalidou (1999); Böhr/Böhr (2009); Palmer (2012).  Boessneck (1973), Tab. 16; Boessneck/von den Driesch (1988), 41; Stanzel (1991), 90, 159 f.  Stocker/Davis (2004); note also Harris/Hamilakis (2014), 103.  Manganaro (1998), 57– 60 (= SEG 49.1999), although he is too generous in his restitutions.

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ficial victims, excavations have also demonstrated incidental sacrifices of fallow deer, as they have done of red deer in Italy, albeit not in the city of Rome itself, and still in contemporary Nepal.¹²⁷ Evidently, there were, and still are, blurred edges at the boundaries of acceptable sacrificial victims to include the most popular game. Having seen that hunt and sacrifice do not necessarily exclude one another, I will revisit an important argument in favour of an evolutionary connection between the two as recently presented by Fritz Graf.¹²⁸ He persuasively argues that the custom of hanging the bucranium on temple walls and, we may add, altars is a straightforward tradition from hunting habits,¹²⁹ as can be seen already in Anatolian Hallan Çemi in the eleventh millennium BC. In fact, this practice must have been a very wide spread custom: bucrania are found over a vast geographical area, from Central Asia via the Near East (Çatal Höyük) to Central and Southern Europe, and already appear on ceramic vessels of Late Neolithic Domuztepe, a Syro-Anatolian site of about 5500 BC.¹³⁰ Recently, a bucranium, apparently belonging to the façade of a house, has been found in the Late Neolithic (4900 BC) site of Dikili Tash near Greek Philippi,¹³¹ and around 3380 BC several bucrania were hanging on the walls of houses of a Neolithic village near the Lake of Konstanz.¹³² Unlike what Graf suggests, the most recent evaluation of the bones in Çatal Höyük has been unable to establish firm evidence for animal sacrifice followed by a banquet.¹³³ Yet around 3000 BC we can see the sacrifice of a cow in Sachsen-Anhalt with its skull deposited somewhat higher than the rest of its bones. In an adjacent grave, there was a cow with arrows in its skeleton, which seem to have had a more symbolic than killing function – perhaps a suggestion of a hunt?¹³⁴ The excavators persuasively see here sacrifices and note the special treatment of skulls in other Neolithic burials.¹³⁵ We need not speculate about

 Israel: Houston (1993), 148 f. Italy: Bouma (1996), 1.436, 443; Rask (2014). Nepal: Mumford (1989), 63 – 79; Ramble (2012); http://www.ekantipur.com/2013/05/03/national/manang-folkssacrifice-deer-as-ritual/371020.html (accessed 17– 2– 2015).  Graf (2012), 42– 51.  For the custom in Greece, see van Straten (1995), 159 f.  Spasić (2012), 297 f. Domuztepe: Carter (2012), 113.  Treuil/Darcque (1998); Trantalidou (2013), 69; http://www.dikili-tash.fr/content_en/chro nologie/neolithique/neo_maisons_bucrane.htm (photo).  Deschler et al. (2002).  Russell (2012), 102 f.  In any case, the arrows are not unique, as a similar example has been found in a major Neolithic feasting site in southern England, cf. Albarella/Serjeantson (2002).  Müller/Schunke (2013).

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the exact nature of these ritual killings, but, almost certainly, we can observe here the transition from hunting customs, viz. the hanging up of the bucrania, to a funerary ritual in graves. Now if one part of Greek and Roman sacrifice, the hanging up of the bucranium, can convincingly been traced back to hunting practices, there seems to be no reason not to accept that also other parts of Greek sacrifice go back to hunting practices, as indeed argued by Meuli. This seems indeed to be the case, as the burning of small pieces of meat, the burning of bones, the tasting of the innards,¹³⁶ and the way of preserving the skin of the victim all find their closest parallels in hunting practices.¹³⁷ A further connection of ancient Greek sacrifice with the hunt appears also in the cornerstone of Burkert’s theory of sacrificial guilt, the Athenian Bouphonia,¹³⁸ which is precisely the only Greek sacrificial ritual that Hubert and Mauss analysed in any detail (233 – 34, 274– 78, 281– 83). From recently published letters between the two we may reasonably infer that Hubert analysed the Greek material and that Mauss will have added the Indian evidence, although he had read his Frazer on the Bouphonia too. As he writes himself, Hubert mainly derived his knowledge from Paul Stengel’s (1851– 1929) work on sacrifice as well as from Frazer’s Golden Bough and Commentary on Pausanias.¹³⁹ In the Bouphonia ritual, the killer of an ox has to flee after the killing, the killing knife is thrown into the sea and the ox is reconstructed by filling up his skin and putting him in front of the plough.¹⁴⁰ As Meuli showed, the act of disavowing the guilt of the killing, for which he coined the term Unschuldskomödie,¹⁴¹ and the reconstruction of the ox afterwards find their exact parallels in the hunting and herding rituals of Central Asia.¹⁴² Hubert and Mauss’ analysis of the ritual is vitiated by its stress on the sanctification of the oxen and the corn. Without taking recourse to Siberia, they too noted that in India, too, the sacrificateurs apologise for their act of killing the bull. Moreover, the killer, when a brahman, is one of a lower rank, as he is guilty of having killed ‘un être sacré, quelquefois inviolable’ (233 – 34). Evidently, Greece was not the only culture where these  For the tasting of the innards, see Meuli (1975), 2.997– 999; Ekroth (2008a), 93 – 95.  Meuli (1975), 2.984 f, 989 – 991 (burning of bones), 990 f (small pieces), 991 f (skin).  Burkert (1972), 136 – 143.  In addition to the notes of their study, see the letters of Hubert and Mauss in Bert (2012), 106 f (Hubert: Stengel, Frazer), 110 (Hubert announcing a paragraph on the Bouphonia), 135 (Mauss: Frazer and the Bouphonia). Note that Bert (p. 107 note 44) curiously confuses Frazer’s commentary on Pausanias (6 volumes: London, 1898) with his Golden Bough (1890), which had not yet appeared as a multi-volume work at that time.  Burkert (1972) 140 f.  Meuli (1975), 2.1005.  Meuli (1975), 2.969 f.

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hunting attitudes survived. There is no reason to think that we should connect this attitude to the ox killer with deep emotional guilt, as Burkert suggests, but the fact remains that neither Greeks nor Romans liked to portray the killing of their sacrificial animals, least of all the big ones.¹⁴³ Curiously, Burkert does not refer to Hubert and Mauss in his own analysis of the Bouphonia and suggests that in the sacrifice we can see ‘old hunting instincts breaking through the crust of civilization’,¹⁴⁴ which is improbable, to say the least. Although the Bouphonia ritual cannot be generalized over the whole of Greek animal sacrifice, the occurrence of the month Bouphonion in Euboea and adjacent islands shows that the festival once was more wide-spread.¹⁴⁵ There seem to be no really convincing arguments against the fact that we have here an old ritual that with its ‘comedy of innocence’ preserved a mode of behaviour that clearly goes back to hunting practices. In other words, it is not an unusual development, as Robert Parker has argued, but an unusual survival.¹⁴⁶ Given its archaic character, we note that the Bouphonia sacrifice was followed by a banquet, as Hubert and Mauss also observed (277), which suggests that the combination of sacrifice and banquet in Greece goes back into the second millennium BC. Unfortunately, our sources for animal sacrifice in second millennium BC Greece are scarce and not fully ascertainable. Yet recent studies of Halstead and Isaakidou have made a good case for the combination of sacrifice and commensality in that very period.¹⁴⁷ Now if the Greeks brought along hunting practices from their homeland, it is not unreasonable to suspect that the Greeks also brought along or found memories of those practices in epichoric myths and tales. This thought brings us to the myth of Pelops. As is well known, Tantalos butchered his own son Pelops, boiled him in a cauldron and served him as food to the gods in Sipylus. None of the gods touched the food except for Demeter, who, according to the myth, was absent-minded because of the kidnapping of Persephone. It is good to pause here a moment. The motif adduced by myth is narratively persuasive, but from a scholarly point of view we have to notice that it is precisely Demeter,

 Van Straten (1995), 103 – 109; Huet (2005).  Burkert (1972), 138.  Karystos (IG XII.9.207), Chalkidike (SEG 38.671), Delos (IG XI.2.203 A; SEG 35.882) and Tenos (IG XII.5.842).  For his very full, somewhat inconclusive analysis, see Parker (2005), 187– 191 and Parker (2011), 129 f. (unusual development); see also Bremmer (1999), 42 = (2012), 72; McInerney (2014); Lebreton (2015).  Halstead/Isaakidou (2011a); Isaakidou/Halstead (2013); López-Ruiz (2013).

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a somewhat off-centre goddess,¹⁴⁸ who eats the human flesh. Her cannibalistic act proves her position at the margin of the social order. This position is also manifested in the off-centre position of her sanctuaries, her connection with the Mysteries and women, and the fact that the pig was her favorite sacrificial animal. Pigs, of which the sacrificing now has been attested for the Late Bronze Age site of Ayios Konstantinos,¹⁴⁹ are animals whose rooting, digging habits make them less suitable for densely populated areas, which must have contributed to their often extensive husbandry.¹⁵⁰ In other words, pigs are animals somewhat at the margin of the other domesticated animals like cattle, sheep and goat, the normal sacrificial animals. After Demeter had eaten of Pelops’ shoulder, the gods revived the boy from the kettle with a new, ivory shoulder.¹⁵¹ Recently, Gunnel Ekroth has persuasively connected the myth, in which Poseidon then falls in love with Pelops, with the special place of shoulder bones in several sanctuaries of Poseidon, but also with the custom of divination from the shoulder blade, so-called scapulimancy. This procedure, she notes, has been ‘documented in Greece in the 11th century AD, when Michael Psellus composed an account of omoplatoskopeia, but also practiced in China in the 14th to 16th centuries’.¹⁵² In fact, scapulimancy, which is already attested by Gerald of Wales in his Journey through Wales (1.11) of AD 1188, is a much wider spread divinatory custom. It probably originated in Central Asia and spread from there to China, where we find it on the so-called oracle bones in the third millennium BC,¹⁵³ and to the West where the custom penetrated into the Near East and from there, perhaps via the Arabs, to Western Europe.¹⁵⁴ In other words, the special position of the scapula derives eventually from the same area from which Karl Meuli had derived a number of Greek sacrificial customs. Actually, Carlo Ginzburg, in his well-known study of the witches’ Sabbath, had already made the same connection, but also noted that the motif of the replacement of the missing bone is especially prominent in Eurasian myths and, we

 For Demeter’s off-centre position in the Greek pantheon, see Bremmer (1999), 18 – 20 = (2012), 41 f.  Hamilakis/Konsolaki (2004).  Halstead/Isaakidou (2011b), 160 – 174.  Pind. Ol. 1.25 – 27; Bacchyl. fr. 42 Maehler; Eur. IT 386 – 88; Lyc. 152– 55 with schol.; Ov. Met. 6.404– 411; Hyg. Fab. 83; Luc. De salt. 54; Apollod. Ep. 2.3; Nonnus, Dion. 18.25 – 30; Zografou (2005); Gangloff (2012). For Pelops in Olympia, see Ekroth (2012).  Ekroth (2013), 129.  Flad (2008), 403 – 437 (with thanks to Li Zhang).  Andrée (1906); Eisenberger (1938); Sayers (1993); Bawden (1994), 111– 142; Burnett (1996), Chapters XII-XVI (with many interesting medieval texts and bibliography); Walter (1996).

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may add, Alpine Sagen. ¹⁵⁵ Now the origin of the Pelops myth is obscure, but he himself comes from Anatolia, like his father. And precisely in Hittite animal sacrifice, the forelegs of sheep and cattle were well appreciated, although, strangely, they are often missing in the faunal assemblages of Greek sacrifice.¹⁵⁶ Our evidence about the origin of animal sacrifice is still limited. When can we really speak of animal sacrifice followed by a banquet with any certainty in history? I do not see the question posed or answered in recent studies. Yet one thing seems clear. Hunting was an important ancestor of Greek sacrificial ritual. Moreover, hunting must have always provided meat in addition to that of domesticated animals and, occasionally, could still be used for sacrifice. The prominence of deer sacrifice in Central Greece perhaps suggests ecological reasons for this usage, such as the absence of big plains. Another reason could be more ideological. Both Robert Parker and, especially, Fred Naiden have recently discussed the question whether the Greeks would eat unsacrificed meat.¹⁵⁷ The conclusion of their discussions is clear and hardly to be refuted, viz. that markets and the hunt were also important sources of meat for the Greeks unmediated by sacrifice.¹⁵⁸ Yet neither of them has pointed out that it was only in Sparta that sacrifices were small, cheap, and even could feature mutilated animals. This practice must have been influenced by Spartan ideology. Too much free meat would have softened up the warriors, and the main Spartan meat supply had to come via the hunt; indeed, Laconian hunting dogs were famous all over the ancient world.¹⁵⁹ It is time to conclude this Appendix. It is clear that Meuli and Burkert overstressed the direct line from hunt to sacrifice. The Greeks were not a hunting tribe, and the hunting ancestry is only one part of the genealogy of Greek sacrifice. To give some counter examples: the Greeks did break the bones to extract marrow, as excavations in Samos, Didyma, and Kalapodi as well as in the Late Bronze Age ‘Palace of Nestor’ at Pylos, have shown, although also non-broken bones were found in the palace.¹⁶⁰ And the Greeks did not restitute the

 Ginzburg (1991), 249 f; for such Eurasian and Alpine myths and Sagen as well as their ritual background, see Schmidt (1963), 118 f, 128 f, 141, 145 – 155; Meuli (1975), 2.960 f.  Mouton (2004), 67– 92. Missing forelegs: Naiden (2013), 260 f.  Parker (2010); Naiden (2013), 232– 275.  Note also Huber/Méniel (2015).  Plato Alc. II.149 A; Plut. Lyc. 23, Mor. 172C (none of these passages is quoted by Naiden (2013)). Dogs: Hor. Epod. 6.5 with Mankin ad loc.  Didyma: Boessneck/Schäffer (1986), 257. Heraion: Boessneck/von den Driesch, (1988), 6. Kalapodi: Stanzel (1991), 45. Pylos: Halstead/Isaakidou (2004), 146; Isaakidou/Halstead (2013), 89.

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bones to a Lord of Lady of the Animals, as many hunting tribes did.¹⁶¹ Moreover, sacrifice has a religious meaning, which remained virtually out of sight with Meuli.¹⁶² Yet, when all is said and done, the influence of hunting techniques and ideology on Greek sacrifice should no longer be denied.¹⁶³

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 Meuli (1975), 2.957– 962.  But see Meuli (1975), 2.936 f.  For comments and information I am most grateful to audiences in Freiburg, Groningen, Oxford, Pisa (2014), Cracow, Münster, Warsaw (2015), Zürich (Gedenkfeier für Walter Burkert) and Sydney (Fourth William Ritchie Memorial Lecture: 2016). Billy Kennedy kindly and skilfully corrected my English.

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1 Moderne Autoren Aberson, M. 180 Abramenko, A. 164 Achelis, T. 232 Albarella, U. 238 Aldrete, G. S. 222 Alföldy, G. 12 Allen, N. J. 234 Alvar, J. 8, 83, 98, 139 Ando, C. 12, 224 Andrée, R. 241 Anrich, G. 231 Antonetti, C. 66 Arnaoutoglou, I. N. 118 f Arnhold, M. 13, 175 – 198 Ascough, R. S. 9, 41, 70, 72, 119, 144 Athanassiadi, P. 199, 202, 206, 210 Auffarth, C. 5, 7, 40, 98, 134, 231 Ausbüttel, F. M. 115 – 117, 132 Balduinus, F. 121, 127 Lyne Bansat-Boudon, L. 234 Barns, J. W. B. 33 Barton, S. C. 47 Baslez, M.-F. 114, 134 Bawden, C. R. 241 Bazzana, G. 215 Beard, M. 6, 30, 159, 168 f Beck, R. 134, 138, 144 Behrwald, R. 155, 158 Belayche, N. 30, 40, 50, 53, 67 f, 222 f, 227 f Belousov, A. 224 Benario, H. W. 154 f Bender-Wittmann, U. 235 Bendlin, A. 1, 10, 82, 97, 116 f, 120 – 124, 129, 133 f, 163, 199 – 201, 204, 208, 210, 222 Bérard, C. 219 Berdozzo, F. 81 Bergaigne, A. 232, 234 Berger, A. 116 Bert, J.-F. 239 Bing, J. D. 229 Bjørnebye, J. 175 https://doi.org/10.1515/9783110561036-011

Bleckmann, B. 226 f Blömer, M. 1 – 19, 81 – 112 Blum, H. 231 Boessneck, J. 237, 242 Boffo, L. 44 Bøgh, B. 6 Böhr, E. 237 Böhr, H.-J. 237 Bommelaer, J.-F. 237 Bonnet, C. 1, 2, 82 Borgeaud, P. 64 Boulay, T. 43, 60 Bouma, J. W. 238 Bowersock, G. W. 228 Bowie, E. 215 Bradbury, S. 228 Bremer, J.-M. 217 Bremmer, J. N. 14, 59, 67, 70 f, 215 – 256 Brent, A. 226 Briant, P. 47 Bricault, L. 1 f, 31, 82, 84, 135 f, 218 Bron, C. 219 Brown, M. 3 Bruit Zaidman, L. 227 Bunnens, G. 89 f Buraselis, K. 45, 71 Burian, P. 220 Burkert, W. 46, 215, 220, 232, 234, 236, 239 f, 242 f Burnett, C. 241 Busine, A. 206 Buzzetti, C. 186, 187 Calmeyer, P. 90 Calza, G. 179 Cameron, A. 3 Camodeca, G. 133 Campanelli, S. 136 Camus, P.-M. 228 Cancik, H. 84 Cancik-Lindemaier, H. Capdetrey, L. 44 Caprioli, F. 175

222

260

1 Moderne Autoren

Carter, E. 238 Catling, R. W. V. 47 Chandezon, C. 237 Chaniotis, A. 2, 21, 46, 64, 67, 211 Chiai, G. F. 64 Christol, M. 142 Chuvin, P. 218, 228 Ciancio Rossetto, P. 183 Cîrjan, R. 144 Clarke, G. 226 Clauss, M. 21, 24, 85 f, 134, 138 – 141 Clinton, K. 23, 221 Coarelli, F. 177, 185 f Cohn, M. 115, 118, 122 Cole, D. 199 Cole, S. G. 42, 46, 64 Coleman, K. M. 217 Colini, A. M. 180, 186, 187 Collar, A. C. F. 4 f, 88 Cooley, A. 158 Cosmopoulos, M. B. 215 Cressedi, G. 177 Cribiore, R. 228 Crozzoli Aite, L. 178, 181 Cumont, F. 1 – 3, 7, 13, 15, 82 – 84, 87, 138, 141 Curtis, V. S. 85 Daley, R. J. 231 Darcque, P. 238 Davies, M. 236 Davis, J. L. 237 de Robertis, F. M. 121 f, 124, 141 Delbrück, R. 181 Derks, T. 223 Deschler-Erb, S. 223, 238 DesRosiers, N. P. 3 Dészpa, M. L. 5, 93 f, 96 Detienne, M. 220, 232, 236 Di Manzano, P. 183 Dignas, B. 45 Dillery, J. 229 Dimitrova, N. 42 Diosono, F. 132 f Dirven, L. 86 Dodds, E. R. 199, 204 Domingo Gygax, M. D. 222

Dorcey, P. F. 5, 93, 95 f, 140 Dowden, K. 228 Ducrey, P. 2 Duff, P. W. 122 Duncan-Jones, R. P. 24 Dzino, D. 96 Eck, W. 144 Eckhardt, B. 1 – 19, 39 – 79, 113 – 152, 215 Edelmann-Singer, B. 58 Edmondson, J. C. 139 Egelhaaf-Gaiser, U. 32 Ehrhardt, N. 118 Eisenberger, E. 241 Ekroth, G. 215, 220, 237, 239, 241 Elsner, J. 225 Fellmann, R. 87 Fiechter, E. R. 187 f Filippi, D. 182 Fink, R. O. 159 Fischer, K.-D. 132 Fittschen, K. 92, 95 Flad, R. 241 Foucart, P. F. 134 Fowlkes-Childs, B. Frakes, R. M. 89, 141 Frazer, J. G. 234, 239 Friesen, S. J. 223 Frija, G. 58, 66, 70 Fullmer, P. 216 Gabrielsen, V. 41 Galsterer, H. 144 Gangloff, A. 241 García y Bellido, A. 139 Gauthier, P. 222 Gebauer, J. 229 Gehrke, H.-J. 164, 169 Ginzburg, C. 241 f Girard, R. 215, 232, 236 Glock, A. 141 Goddard, C. 231 Goldmann, B. 86 Gordon, R. 6, 83 – 85, 87, 96, 123, 134, 142, 144, 223 Görgemanns, H. 24

1 Moderne Autoren

Gorrie, C. 184 Gradel, I. 223 Graf, F. 49, 219, 223, 225, 232, 238 Green, A. R. W. 89 Grossman, J. B. 26 Groten, A. 116, 121, 125 Grottanelli, C. 225, 231 Gruppe, O. 232 Guerrini, L. 26 Günther, W. 118 Haensch, R. 10, 226 f Hales, S. 3 Halstead, P. 240 – 242 Hamilakis, Y. 237, 241 Hammerstaedt, J. 207 Harland, P. A. 41, 56 – 59, 62, 68, 70, 72, 118, 222 Harries, J. 227 Harris, K. 237 Harrison, S. J. 224 Hartke, W. 132 Hasluck, M. 56 Haspels, C. H. E. 64 Hekster, O. 226 Henrichs, A. 215 f, 236 Hepperle, U. 228 Hermary, A. 237 Herrmann, P. 44 f, 63, 69, 166 Herz, P. 68, 154, 226 Herzog, R. 132 Hesberg, H. v. 92 Heyob, S. K. 30 Hillgruber, M. 229 Himmelmann, N. 45 f Hingley, R. 3 Hirsch, B. 56, 59 Hirschmann, V. 57 Hodos, T. 3 Hoey, R. S. 159 Hölbl, G. 28, 30 Hollmann, A. 224 Horsley, G. H. R. 47 Houston, W. 238 Huber, S. 242 Hubert, H. 234 – 236, 239 f Hübner, S. 21

Huet, V. 217, 223, 225, 240 Huld-Zetsche, I. 144 Isaakidou, V. Iversen, P. A.

240, 241, 242 60

Jaccottet, A.-F. 40, 62, 64, 67 Jacobs, B. 85 f Jacquemin, A. 232 Jameson, M. H. 229 Jim, T. S. F. 215 Johnson, B. 3 Jones, C. P. 73 Jones, R. A. 235 Jouan, F. 229 Kagan, D. 3 Kah, D. 45 f Kahil, L. 236 Kanavou, N. 47 Kayser, P. 117, 121, 124, 131 Keulen, W. 8, 24, 30 Kienast, D. 164 Kindt, J. 9, 234 Kleibl, K. 23 f, 33 f Kloppenborg, J. S. 41, 70, 72, 116 Klose, D. O. A. 56 Knibbe, D. 49 f Knoepfler, D. 237 Koch, C. 166 Kolb, A. 190 König, I. 164, 169 Konsolaki, E. 241 Krier, J. 56 Kristensen, T. M. 81 Kropp, A. 91 Krulak, T. C. 231 Kuhlmann, P. 66, 68 Kunnert, U. 61 Kunz, H. 12 La Marca, A. 57 La Rocca, E. 185 Lancelloti, M. G. 68, 87 Landskron, A. 91 Lane Fox, R. 205 Langenkämper, J. 235

261

262

1 Moderne Autoren

Lardinois, R. 234 Laube, I. 91 Laubry, N. 125 Laum, B. 61 Le Guen, B. 43 Lebreton, S. 240 Lennon, J. L. 222 Lepke, A. 7, 39 – 79, 200 f Lerouge, C. 91 Lévi, S. 234 LiDonnici, L. R. 29 f Liebs, D. 116, 118 Lincoln, B. 232 Lindner, G. 129 Linke, B. 164 f Liu, J. 118, 132, 136 López-Ruiz, C. 240 Luijendijk, A. 226 Lulić, J. 96 Ma, J. 44 MacKinnon, M. 222 MacMullen, R. 82 Maehler, H. 229 Maier, B. 235 Malmberg, S. 175 Manacorda, D. 185, 189 Manganaro, G. 237 Mar, R. 179, 183 Marchetti-Longhi, G. 184 f Martin, L. H. 5 Martinez, D. G. 229 Mathisen, R. W. 3 Mattern, T. 178 Mauss, M. 234 – 236, 239 f May, R. 29 f McCarty, M. 86 McInerney, J. 240 McKechnie, P. 226 Méniel, P. 242 Merkelbach, R. 56, 85, 135, 203 – 207, 212 Merlat, P. 90 f Meuli, K. 219 f, 232, 236, 239, 241 – 243 Michels, A. K. 154 Michels, C. 43 Milazzo, A. 121 f, 125 f Mili, M. 229

Miranda, E. 60 Miron, A. V. B. 211 Mitchell, S. 68 Mommsen, T. 115 f, 121, 123, 159 Morton, J. 215 Motte, A. 82 Mouritsen, H. 22, 25, 31 f Mouton, A. 242 Müller, E. 238 Müller, F. M. 232 – 234 Müller, H. 44 Mumford, S. 238 Mürmel, H. 235 Nagel, S. 28, 82 Nagy, A. M. 93 f, 96 Naiden, F. S. 221, 224, 232, 242 Nesselrath, T. 228 Neudecker, R. 181 Nielsen, I. 21 Nilson, K. A. 180 Nilsson, M. P. 45, 61, 66 f Nock, A. D. 159 Noelke, P. 223 Nollé, J. 68, 211 f North, J. 6, 87, 159, 168 f Nuffelen, P. v. 30, 33 Obbink, D. 233 Ogden, D. 211 Östenberg, I. 175 Oster, R. E. 30 Pachis, P. 70 Pailler, J.-M. 87 Palmer, R. 237 Palombi, A. 181 Panciera, S. 8 Parke, H. W. 201, 203, 204 Parker, R. 215, 217, 229, 237, 240, 242 Paz de Hoz, M. 132 Pensabene, P. 183, 188 f Pernot, L. 215 Petropoulou, M.-Z. 215 Petzl, G. 56, 64, 70 f Pfister, G. 167 Piccottini, G. 143 f, 146

1 Moderne Autoren

Pietzner, K. 226 Pinault, G.-J. 234 Pirenne-Delforge, V. 1, 82 Pitts, M. 3 Pleket, H. W. 67 Poland, F. 39, 41, 43, 47, 56 f, 61, 72, 134 Pollack, D. 212 f Praet, D. 1, 82 Price, S. 5 f, 68, 159, 168 f, 216 f, 223 Pucci Ben Zeev, M. 127, 129 Purcell, N. 181 Quack, J. F. 24, 82 Quaß, F. 65 Radke, G. 169 Raja, R. 50, 84 Ramble, C. 238 Ramieri, A. M. 180 Randazzo, S. 117, 122, 125 Rask, K. A. 238 Reardon, B. P. 216, 217 Reed, A. Y. 236 Reeves, M. B. 226 Reinhold, M. 114 Reymond, E. A. E. 33 Ribichini, S. 1, 82 Richter, D. S. 14 Rieger, A.-K. 87, 133 Rigsby, K. 47 Rilinger, R. 117 Ritter, B. 127 Rives, J. B. 222, 226, 227 Rizzi, M. 215 Robert, J. 55 Robert, L. 44, 47, 55, 63, 202, 205 – 209 Rodekamp, V. 235 Rodríguez‐Almeida, E. 185 Rogers, G. M. 47, 50 Rohde, D. 21, 27, 138, 141, 144 Rosenblum, J. D. 3 Rosenqvist, J. O. 231 Rosta, G. 213 Roukema, R. 227 Rouwhorst, G. 225 Rubino, C. 134 Ruggieri, V. 231

263

Ruggiero, I. 186, 187 Rüpke, J. 1, 5 f, 8 f, 12, 82, 84, 98, 121, 134, 136 f, 141, 154, 157 – 160, 164, 170, 176, 180, 223 Ruscillo, D. 215 Russell, N. 238 Rutherford, I. 219, 229 Şahin, S. 63, 200 Salomies, O. 51 f Salzman, M. R. 135, 227 Samter, R. 128 Sanchez, G. 86 Sartre, M. 44 Sayers, W. 241 Scarpi, P. 1, 82 Schäfer, A. 59, 97 Schäffer, J. 242 Scheer, T. S. 210 Scheid, J. 135, 154, 164, 180, 222 Scherrer, P. 49, 50 Schiess, T. 115 f Schipporeit, S. T. 55 f Schmidt, L. 242 Schmidt, M. G. 114 Schneider, H. 165, 169 Schneider, R. M. 91 f Scholz, P. 50, 65 Scholz, U. 155 Schorn, S. 233 Schörner, G. 221, 237 Schraudolph, E. 93 f, 96 Schröder, C. M. 232 Schubert, P. 226 Schuler, C. 55, 64, 200 f Schulz, C. 216, 222 Schumann, G. A. 127, 131 Schunke, T. 238 Schwarzer, H. 59 Scullard, H. H. 154, 165 Scullion, S. 237 Selinger, R. 226 Serjeantson, D. 238 Seyrig, H. 86, 91 Sfameni Gasparro, G. S. 30, 87, 92 Shanzer, D. 3 Sharankov, N. 136

264

1 Moderne Autoren

Simms, R. R. 87 Simon, E. 165 – 167 Simon, M. 8 Simpson, C. J. 171 Sirks, A. J. B. 131 Smith, J. Z. 236 Smith, M. F. 207 Smith, W. R. 233 – 235 Snyder, W. F. 159 Sommer, S. 39, 56 f, 115 Spasić, M. 238 Speidel, M. P. 88 Spickermann, W. 12, 81 Stanzel, M. 237, 242 Stauber, J. 206 Steimle, C. 136 Steinhauer, J. 134 f Stepper, R. 168 Steuernagel, D. 1, 82, 138 Stocker, S. R. 237 Stocking, G. 235 Stoll, O. 94 Stowers, S. K. 47 Streete, G. C. 29 Strenski, I. 234 f Strothmann, M. Stroumsa, G. G. 153 – 173, 225, 231 Strubbe, J. H. M. 67 Suys, V. 43, 47, 57, 59 Swain, S. 228 Szymanski, T. 217 Takács, S. A. 135 Tassignon, I. 87 Teitler, H. C. 228 Thomsen, C. A. 41 Tilg, S. 216 Tod, M. N. 56 Toohey, P. 229 Töpfer, K. 90 Torrance, I. C. 230 Torres, M. L. 26 Toutain, J. 82 Trantalidou, K. 220, 237 f Treuil, R. 238 Trombley, F. R. 228, 231 Tsochos, C. 12, 136

Tuplin, C. 86, 89 Turcan, R. 14, 30, 61 Ullucci, D. C.

14, 215, 228

Vaelske, V. 29, 33 Van Andringa, W. 223, 225 Van Bynkershoek, C. 130 – 132 Van den Bosch, L. 232 Van den Kerchove, A. 227 Van Haeperen, F. 1, 40, 82, 130, 133 Van Straten, F. T. 220, 238, 240 Várhelyi, Z. 136 Verboven, K. 136 Vermaseren, M. J. 8, 87 Vernant, J.-P. 220, 229, 232, 236 Versluys, M. J. 3, 24, 84, 134 Veymiers, R. 84 Veyne, P. 222 Vidman, L. 23, 30, 134 f Viscogliosi, A. 183, 185 Vollkommer, R. 86 Von den Driesch, A. 237, 242 Von Gall, H. 86 Vuong, L. C. 3 Wachsmuth, D. 218 Walter, M. 241 Weaver, P. R. C. 27 Weber, G. 156 Webster, J. 3 Webster, L. 3 Wedemeyer, H. 228 Wellhausen, J. 233 – 235 West, M. L. 30, 236 Wiemer, H.-U. 45 f Wifstrand, A. 228 Wilkens, B. 222 Winter, E. 88 Wissowa, G. 164 Witschel, C. 5, 82 f, 98 Wohlthat, U. Wolf, J. G. 21 – 37, 169 Woolf, G. 3 – 5, 12 Wormell, D. E. W. 203 f Yanouli, E.

237

1 Moderne Autoren

Young, F. M. 231 Yoyotte, J. 218 Zambon, M. 227 Zanini, E. 185, 189

Zevi, F. 125, 183 Ziebarth, E. 57 Zimmermann, K. 13, 50, 199 – 214 Zografou, A. 241 Zuiderhoek, A. 222

265

2 Quellenregister a) Antike Autoren Achilles Tatius, De Leucippes et Clitophontis amoribus 1,1,2 218 1,5 229 1,6 229 1,9 229 1,13,5 218 2,12,2 218 2,14,2 218 2,15,1 218 2,18,2 – 3 218 3,22 218 4,1 218 5,26,9 218 6,11,4 218 7,12,3 – 4 219 Acta Pauli et Theclae 8–9

229

Apollodoros, Epitome 2,3

241

Apuleius, Metamorphoses 11 8 11,5,1 – 3 30 11,7,2 23 11,8 – 17 135 11,30,4 23 11,30,4 – 5 135 Artemidoros, Onirocriticon 2,70 44 Athenaios, Deipnosophistae 8,363 f–364d 14 Bakchylides, Fragmenta (Maehler) 42 241 Cassius Dio, Historia Romana 51,4,1 66 https://doi.org/10.1515/9783110561036-012

51,20,6 – 7 51,21,5 52,36,2 55,10,2 60,5,2 60,5,3 69,11,1 Chariton, Callirhoe 1,1 2,1,2 2,2 2,4 3,1 3,2,15 3,7,7 3,8,3 4,3,7 4,3,10 4,7,4 5,3,11 5,5,5 5,7,10 5,10,1 6,2,2 – 4 6,2,7 6,8,3 7,4,10 8,5,2

66 162 10, 113 f 167 169 171 66

216 216 216 216 216 216 217 217 217 216 217 216 216 217 216 217 217 217 217 217

Clemens von Alexandria, Protrepticus 2,11,2 210 Curtius Rufus, Historiae Alexandri Magni 3,8,22 229 Dio Chrysostomos, Orationes 13,35 222 Diogenes von Oinoanda, Fragmenta F 23 – 24 S 207 F 52 – 54 S 207

268

2 Quellenregister

NF 143 H/S

207

Dionysios von Halikarnassos, Antiquitates Romanae 2,18 – 19 114 2,73,2 40 Euripides, Iphigenia in Tauris 386 – 388 241 Eusebius Historia Ecclesiastica 8,14,8 203 De martyribus Palaestinae 9,2 227 Praeparatio Evangelica 4,7,2 206 4,22,12 205 Flavius Josephus Antiquitates Iudaicae 14,213 – 216 14,227 14,234 De Bello Iudaico 7,50 – 51 Contra Apionem 2,13

127 129 128 f 222 233

4,18,6 5,12,3 5,12 – 16 5,22,5 5,27,9 5,28,1 5,29,2 5,29,5 6,14 – 15 7,2,2 7,11,1 – 2,5 9,1,4 9,10,2 9,24,5 9,25 10,1,2 10,2,4 10,3,4 10,4,1 10,9,6 10,16 – 17 10,28,1 – 3 10,40, Herodot, Historiae 2,59 – 60 2,137 – 138 2,154 2,158

230 229 229 229 229 230 229 230 230 229 230 230 229 230 230 229 230 230 230 230 230 230 230

27, 29 27, 29 29 29

Fronto, Epistulae 1,7,2

186

Hesychios von Milet (FGrH 390) F 1,27 219

Heliodoros, Aethiopica 1,28,1 1,30,4 1,31,1 2,25,2 2,27,2 2,34 – 35 3,1 – 3 3,6,2 3,7 3,18,1 4,4 – 7 4,8,5 4,14,1 4,16,3 – 8

228 229 228 229 229 229 229 229 229 229 229 229 229 229

Historia Augusta Hadrian 13,1 Antoninus Pius 6 Severus Alexander 33

66 178 114

Homerische Hymnen 2,480 – 489

22

Horaz Carmina 3,29,21 – 23

93

2 Quellenregister

Epistulae 2,1,143 Epodi 2,21 6,5

93

4,27,1 4,32,3

219, 220 220 f

Jamblichus, De mysteriis 2,4 227

Lukian Alexandros 10 Deorum consilium 9 10 12 Dialogi mortuorum 3,2 De saltatione 54

Johannes Lydus, De mensibus 4,59 132

Lykophron, Alexandra 152 – 155

241

Julian Contra Heraclium Cynicum 213d–214a 228 Epistulae 78,375c 228

Lysias, Orationes 12,43

113

Juvenal, Saturae 6,549

Nonnus, Dionysiaca 18,25 – 30

93 242

Hyginus Mythographus, Fabulae 83 241 Isokrates, Orationes 3,54

113

210

Laktanz, Divinae institutiones 1,7 207 Livius, Ab urbe condita 39,13,4 39,15,2 – 3 44,16,10

9 9 181

Longus, Daphnis et Chloe 1,8,2 2,22,2 2,24,1 – 2 2,30,5 2,31,2 – 3 2,82 3,9 – 11 3,32,3 4,13,3 4,25,2 4,26,1

219 219 219 219 219 229 220 221 220 220 220

269

211 81 81 210 210 241

Metiochus et Parthenope (Stephens/Winkler) 75 229

Ovid Fasti 1,709 – 721 4,634 5,544 – 597 Metamorphoses 1,192 – 193 6,404 – 411 15,862 – 864

241

170 165 171 93 241 169

Pausanias, Graeciae descriptio 3,9,3 – 4 237 7,18,12 14 7,25,10 211 Philon von Alexandria In Flaccum 4 Legatio ad Gaium 311

130 127

270

2 Quellenregister

Philostratos, Vita Apollonii 3,41 224 4,19 224 Pindar, Olympia 1,25 – 27 Platon, Alcibiades II 149a Plinius d.J. Epistulae 10,33 – 34 10,34 10,93 10,96,3 10,96,5 Panegyricus 54,4

Pollux, Onomastikon 9,14

55

Polybios, Historiae 36,17,5 – 10

199

241

242

118 114 116 f 222 222 118

Plutarch Agesilaos 6 237 De defectu oraculorum 411d–414b 201 413a–d 208 De E apud Delphos 385b 205 De Iside et Osiride 351e 30 351e–f 34 352a 30 352c–d 32 354c 34 355d 30 357e 30 De Pythiae oraculis 407c–408c 208 409a–c 201 Frg. Sandbach 47 222 Lycurgus 23 242 Regum et imperatorum apophthegmata 172c 242

Porphyrios De abstinentia 2,26 2,34 2,42,3 Frg. Smith 304 Vita Plotini 22 Res Gestae Divi Augusti 11 12 13 15 30 32 35

233 227 205 206 206

170 170 156 156, 167 156 156 163

Sesonchosis (Stephens/Winkler) III 19 – 20 229 Stephanus von Byzanz (Billerbeck) β 130 219 Strabon, Geographica 14,1,20

49

Suda α 3420

224

Suetonius Divus Iulius 42,3 Divus Augustus 93 Divus Tiberius 36 Caligula 35,3

124 66 135 31

2 Quellenregister

Divus Claudius 25 Otho 12 De grammaticis 21 Tacitus, Annales 2,85

Georgica 1,20 2,494

93 93

183

Vita Nicolai Sionitae 54 – 57

231

135

Vita S. Theclae (Dagron) II 1

210

Vitruv, De architectura 3,2,5 4,8,4

183 177

66 32

Theodoret, Historia Ecclesiastica 3,21 203 Theophrast (Frg. Fortenbaugh) 584a 205, 233 Theosophia Tubingensis (Erbse) 13 205 22 – 23 208 f 37 206 Velleius Paterculus, Historia Romana 1,11,3 183 2,100,2 171 Vergil Aeneis 8,601 Eclogae 10,94

271

93 93

Xenophon von Athen, Hellenica 3,4,3 237 3,5,5 237 Xenophon von Ephesos, Ephesiaca de amoribus Anthiae et Abrocomae 1,2,4 217 1,5,7 – 8 217 f 1,8,1 218 1,10,5 – 6 218 1,11,2 218 1,12,2 218 2,13,2 218 5,11,2 218 5,11,4 218 5,13,5 218 5,15,2 218

b) Römisches Recht Basilica 60,32,1,1

115

Codex Theodosianus 14,8,1 16,10,10 – 12

133 199, 231

Digesta 1,12,1,14 3,4,1pr 3,4,1,1 32,38,6 47,11,2

119 118 10, 141 123 122

47,22,1,1 47,22,2 47,22,3,2 48,19,28,2 50,6,6,12 50,16,233,1 – 2

10, 114 – 131 120 117 117 118 166

Dorotheos, Ad Basilicam 60,32,1,1 125 f Gaius, Institutiones 1,13 1,18 – 19

26 26

272

1,36 – 41 1,70

2 Quellenregister

26 26

3,72 – 76

26

c) Bibel Ezechiel 30,17

27

Acta Apostolorum 19,23 – 40

49

Chiron 45 (2015) 376 – 383 Nr. 10

201

d) Inschriften und Papyri AE = L’Année épigraphique 1929, 161 140 1938, 62 137 1978, 402 134 1984, 465 139 1986, 332 114, 134, 144 1993, 1245 145 1994, 1334 143 – 146 2000, 344 134 2000, 1000 134 2001, 853 133 2001, 854 133 2010, 243 125 2011, 203 116, 120 ASAA = Annuario della Scuola Archeologica di Atene e delle Missioni Italiane in Oriente n.s. 1 – 2 (1939/40) 153 Nr. 13 42 Ath. Mitt. = Athenische Mitteilungen 1899 179 f Nr. 31 59 1907 293 – 296 Nr. 18 58 1910 459 – 461 Nr. 41 – 42 59 476 Nr. 63 60 1912 287 Nr. 16 60 298 Nr. 24 53 BCH = Bulletin de Correspondance Hellénique 4 (1880) 164 Nr. 21 43 11 (1887) 483 Nr. 70 63

CCID = Corpus cultus Iovis Dolicheni 357 137 373 137 375 137 381 137 CIG = Corpus inscriptionum Graecarum 3071 43 3538 62 CIL = Corpus inscriptionum Latinarum I² 581 9 II 6004 136 II² 14.1, 6 136 III 882 135 III 1154 141 III 4444 139 III 4496 139 III 4777 145 III 4778 145 III 4792 145 III 7728 141 III 11189 139 f IV 787 136 V 4428 133 V 5082 139 V 7881 132 VI 47 141 VI 86 141 VI 404 140 VI 556 141 VI 630 140 VI 717 140, 141

2 Quellenregister

VI 734 VI 2028 VI 2247 VI 4416 VI 10231 VI 14259 VI 29791 VI 31046 VI 31047 VI 40887 IX 422 IX 3338 X 1579 X 1634 X 3699 X 8375 XI 2722 XII 4333 XII 714 XIV 286 XIV 2112

141 166 135 125, 130 f 116, 140 26 182 140 140 177, 182 134 135 f 137 138 133, 134 12, 153 – 172 116 166 135 140 116, 120

CIMRM = Corpus inscriptionum et monumentorum religionis Mithriacae (M. Vermaseren, Leiden 1956 – 1960) 331 140 361 140 369 141 519 140 730 139 801bis 139 1722 139 Dimitrova, N., Theoroi and Initiates in Samothrace, Princeton 2008 123 Nr. 49 42 258 Nr. 1 42 Epigraphica Anatolica 27 (1996) 33 f Nr. 19

206

FIRA = Fontes iuris Romani anteiustiniani I 21 114, 144 I 24 134 I 73 132 III 73 166

273

IG = Inscriptiones Graecae II² 3620 66 X/2,1 192 136 X/2,1 220 136 XI,2 203 240 XII,2 205 66 XII,2 484 66 XII,4 304 45 XII,4 323 45, 46 XII,4 326 45 XII,5 842 240 XII,9 207 240 IGRR = Inscriptiones Graecae ad res Romanas pertinentes III 210 69 IV 1567 60 IK = Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien Central Pisidia 31 52 Ephesos 10 50 f, 66 17 – 19 58, 71 26 47 213 70, 71, 73 215 114 275 57 1060 51 1069 51 1077 51 1201b 51 1268 57 1595 57 1600 57 1601 57 1602 57 4337 57 Erythrai 206 45 Kyme 35 237 37 62 40 62 Kyzikos 312 43

274

2 Quellenregister

540 Mylasa 305 604 Pessinous 17 18 Priene 145 Prusa ad Olympum 16 48 52 159 1054 + 1028 Prusias ad Hypium 5 17 19 46 47 Selge 15 Side 44 130 Smyrna 330 591 598 600 653 654 655 706 726 728 729 731 732 734 Stratonikeia 22 – 39 146 147 148 205

60 45 45 68 68 45 62, 67 62 51, 52 63 47 67 67 67 67 67 53 69 68 61 67 56 56 55 55 55 56 55 61 56 56 56 61 53 54 54 54 53

248 249 310 527 Tralleis 1

53 53 53 53 204

ILLPRON = Inscriptionum lapidariarum Latinarum provinciae Norici … indices (M. Hainzmann, Berlin 1986) 611 145 ILOP = Iscrizioni latine da Ostia et Porto 1981 – 2009 (A. Marinucci, Rom 2012) 129 122 ΙΜΤ Κyz Kapu Dağ = Inschriften Mysia & Troas 7 (M. Barth/J. Stauber) 1455 52 1457 52 1459 52 1460 52 1461 52 1463 52 1464 52 1467 52 1468 52 1476 52 InscrIt = Inscriptiones Italiae XIII,2 50 158 XIII,2 53 158 XIII,2 79 163 XIII,2 119 163 XIII,2 193 162 XIII,2 195 158 XIII,2 209 158, 162 XIII,2 215 158 XIII,2 283 159 I. Ancyra = The Greek and Latin Inscriptions of Ankara (Ancyra) (S. Mitchell/D. French, München 2012) 8 67, 69 88 67 141 64, 68, 69

2 Quellenregister

I. Aph. 2007 = Inscriptions of Aphrodisias 2007 (http://insaph.kcl.ac.uk/) 8.23 67 I. Didyma = Didyma II: Die Inschriften (A. Rehm, Berlin 1958) 217 205 285 210 363 205, 209 375 205 496 203 504 203 f I. Magn. Mai = Die Inschriften von Magnesia am Mäander (O. Kern, Berlin 1900) 117 47, 60 215 47 I. Pergamon = Die Inschriften von Pergamon (M. Fränkel, Berlin 1895 – 1890) 334 62 374 57, 58, 59 481 – 483 62 485 59 I. Philippi = Corpus des inscriptions grecques et latines de Philippe (C. Brélaz, Paris 2014) II,1 54 136 II,1 55 136 II,1 134 136 Jaccottet, A.-F., Choisir Dionysos II, Zürich 2003 114 62 Laum, B., Stiftungen in der griechischen und römischen Antike, Leipzig 1914 175 – 176 61, 63 LSAM = Lois sacrées de l’Asie Mineure (F. Sokolowski, Paris 1955) 20 47 48 45 84 61

275

MAMA = Monumenta Asiae Minoris Antiqua IV 167 60 IV 281 64 V KB 6 64 McCabe, Kidrama 8

60

Milet I,7 274 VI,1 125 – 126 + 214 VI,2 733 VI,3 1222

202 70 46 45

OGIS = Orientis Graeci Inscriptiones Selectae (W. Dittenberger, Leipzig 1903 – 1905) 325 43 326 43 458 171 Parke, H./Wormell, D., The Delphic Oracle II, Oxford 1956 471 204 600 203 P. Dura = Dura-Europos Final Report V,1 (C. Welles/R. Fink/J. Gilliam, New Haven 1959) 54 226 Pilhofer, P., Philippi II², Tübingen 2009 252 136 307 136 311 136 RC = Royal Correspondence in the Hellenistic Period (C. Welles, New Haven 1934) 66 43 67 43 Revue des Études Grecques 1889 17 – 23 Nr. 1 61, 63 Revue de Philologie 1967 65 – 68

59

276

2 Quellenregister

RICIS = Recueil des Inscriptions concernant les Cultes Isiaques (L. Bricault, Paris 2005) 113/0530 23 113/0545 29 202/1101 29 204/0339 – 42 23 204/1003 23 204/1008 23 204/1101 23 302/0204 29, 30, 34 304/0201 23 305/1402 30 305/1902 23 306/0201 29, 30 308/1201 23, 27 501/0162 26, 31 501/0169 25, 26 503/0301 31 503/1102 26 503/1113 25, 28 503/1118 26 503/1221 27 504/0202 32 513/0101 24 515/0802 28 515/1401 28 605/0201 28 613/0601 28, 32 706/0201 28 Sardis = Sardis VII. Greek and Latin Inscriptions 1 (W. Buckler/D. Robinson, Leiden 1932) VII,1 17 63, 72 VII,1 22 63 SEG = Supplementum Epigraphicum Graecum 4,490 171 20,37 64 23,206 154 26,1187 64 29,1205 47 32,1237 44 32,1243 53 34,1124 49 35,882 240

38,671 41,717 41,1171 41,1329 41,1330 46,1519 46,1520 46,1527 46,1528 46,1529 46,1627 48,1585a 49,1676 49,1999 52,1146 53,1466 55,933 57,1220 57,1674 58,1417 59,1396 61,946 63,974

240 42 64 63 63 44 44 63 44, 63 63 67 61 70, 71 237 45 60 45 67 132 67 70 45 118

SGO = Steinepigramme aus dem griechischen Osten (R. Merkelbach/J. Stauber, München 1998 – 2004) I 01/19/01 205 I 01/19/05 203 I 01/19/08 203 I 02/02/01 204 I 02/12/01 204 II 09/06/01 204 III 13/03/01 203 III 16/23/01 203 III 16/31/01 203 III 16/31/10 212 IV 17/06/01 207 TAM = Tituli Asiae Minoris II 905 200 V,2 1055 63 V,3 1359 47 V,3 1462 54 V,3 1497 54 V,3 1500 54

3 Namen, Orte, Sachen Aberglaube 123, 129, 135, 202 Abydos 210 Achilles Tatios 218 f, 229 Actium 162 Agamemnon 236 f Agesilaos 237 Agios Kontantinos 241 Agonothesie s. Wettkampfwesen Ägypten 1, 7, 21 – 34, 81 f, 114, 128, 130, 134 f, 229 f, 235 Alexander d. Gr. 229 Alexander von Abonuteichos 211 f Alexandria 33, 130 Amisos 116 Ammianus Marcellinus 228 Ammonios 223 Amorion 61, 63 Andron 223 Androtion 223 Angdistis 47 Ankyra 64, 68 f Antinoos 68, 120, 132 Antiochia 222 Antoninus Pius 133, 177 f Anubis 23, 26 Apameia (Phrygien) 171 Aphrodisias 216 Aphrodite 7, 29 f, 216 – 218, 221 Apollon 43 f, 47, 63, 162, 200 – 212, 221, 229 – Didymaios 202 – Helios 206 – Mystes 44 – Patroos 200 f – Pleurenos 43 f, 63 Apollonia (Pisidien) 60 Apollonios von Tyana 73, 224 Apollontempel (Palatin) 162 Apuleius 8, 23 f, 30, 35, 135, 224 Ara Narbonensis 166 Ara Pacis 161, 168 – 171 Ara Victoriae 163 Ares 218 https://doi.org/10.1515/9783110561036-013

Aretalogie 29 f, 34 Aristokratisierung 7, 50, 53, 65 Arles 135 Artemis 29 – 31, 47, 49 – 52, 66, 217 – 219, 221, 236 f – Ephesia 29 f, 47, 49 – 52, 66 – Phosphoros 219 Arvalbrüder 123, 166 Ascanius 92 Asiarch 56, 60 Astarte 218 Äthiopien 30, 229 f Attaliden 43 f, 59 f, 72 Attalos III. 43 Attis 7, 68, 81 f, 84 – 87, 90 – 93, 96, 105, 111, 114 Augustalen 28, 31, 123, 132 – 134, 138, 145, 164 Augustalia 158 Augustus 9, 23, 31 – 33, 49, 58, 66, 91, 113 f, 124 f, 153 – 172 Aulis 236 f Bacchanalienskandal 9, 124 Bankett s. Mahl Bastet 27, 29 f Bayat 63 Beamte (Reich) 4, 44, 56, 65, 68 – 71, 73, 120, 138, 142, 146 Begräbnis 116 f, 122, 238 Beichtinschriften 64 Bellona 30 Beneventum 95 Berufsgruppen und Kult 49, 63, 132, 140, 186 – 188 Berytos 138 Bes 210 Bordeaux 132 Brixia 133 Brot 58, 220 Bruttium 136 Bubastis (Göttin) 21 – 35 Bubastis (Stadt) 27 – 29, 33

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3 Namen, Orte, Sachen

Bucranium 238 f Buphonia 240 Bura 211 Byzanz 218 f Caesar (C. Iulius) 124 f, 127 – 129, 144, 156, 159, 161, 164, 168 f, 171 Caesar (C. Iulius d.Ä.) 127 Caligula 31 – 33, 166 Callistratus 114, 117 f Carnuntum 139 Castores Dolicheni 90 Castor und Pollux 177, 180 Çatal Höyük 238 Cautes 86, 141 Cautopates 86, 92 Cemenelum 132 Chalkidike 240 Chariton 216 f China 241 Chios 42, 48 Christen, Christentum 1, 3, 8, 9, 15, 35, 64, 82, 127, 131, 147, 203, 207, 212, 215, 222, 225 – 227, 231, 235 Christenverfolgung 203, 222 Claudius 66, 169 – 171 Clemens von Alexandria 210 Clodius 124 Commodus 66, 143 Cumae 133, 153 – 172 Dakien 4, 90, 93, 96 f, 144 Daldis 44 Dalmatien 96 Dämonen 205, 217 Daskyleion 60 Dea Syria 82 Decius 226 Defensores 141 Dekadenzmodelle 1 – 3, 14, 40, 199, 201 Delos 127 f, 134, 240 Delphi 199, 201 f, 204, 206, 208, 229 Demeter 22 f, 43, 51, 55 f, 59, 70 f, 73, 203 f, 220 f, 240 f – Karpophoros 51, 71 Demon 223 Dendrophoren 132 – 134, 138

Diana 29 – 31, 116, 120, 132, 141 – Nemorensis 31 Didyma 199 – 210, 242 Didymeia 209 Dies imperii 161, 167 Dikili Tash 238 Dionysopolis 136 Dionysos 43, 45 f, 53 – 57, 59 – 63, 140, 220 f – Bakchios 45 f – Breiseus 55 – 57 – Bromios 61 – Kathegemon 43, 54, 59 – Pandamos 53 – Setaneios 60 – Thyllophoros 45 Doliche 88 f, 92 Domuztepe 238 Dorotheos (Jurist) 125 f Dorylaion 171 Droaphernes-Brief 47 Drusus 161, 164 Dura Europos 159, 226 Elagabal 4 Eleusis 7, 50, 66, 68, 71 Emotionen 1 f, 13, 156, 165, 172, 240 Empedokles 215 Ephesos 29 f, 47, 49 – 52, 55 – 58, 66, 68 – 71, 73, 129, 217 f Epikuräer 207, 210 Epimenides 223 Epiphanie 219 Erythrai 45 f Eschatologie 1, 82 Euergetismus 28, 42, 60, 200 f, 222 Eumeneia 171 Eusebius 202 f, 206, 227 Exotik 8, 12, 14, 24, 25, 92 f, 98, 134, 236 Fasti 153 – 172 Fasti Amiternini 158, 162 Fasti Antiates 158, 162, 167 Fast Plateae Manfredo 158 Fasti Praenestini 163, 170 Fasti Sabini 158 Fasti Viae dei Serpenti 158

3 Namen, Orte, Sachen

Faunus 94 Faustina 177 f Felicitas Imperii 161, 168 Feriale Campanum 159 Feriale Cumanum 153 – 172 Feriale Duranum 159, 226 Flaccus (Statthalter) 130 Fluch 87 Fordicidia 165 Fortuna 156, 158, 161, 168, 170, 185 Frauen 6, 22, 30, 35, 241 Freigelassene 6, 21 – 35, 120, 164 Ganymed 91 Geburtstag (Kaiser) 26, 155, 158 – 167, 169, 171 Geheimhaltung 40, 52, 66, 73, 206 Gerald von Wales 241 Germanicus 161, 164 Germanien 87, 223 Globalisierung 3, 24, 212 Glykon 211 Gnomon des Idios Logos 130 Gnosis 227 Gorgo (Autor) 223 Gruppenreligion 6, 83, 190, s. auch Vereine Gymnasium 50, 65 Gymnosophisten 230 Hadrian 64, 66, 68, 95, 125 Hagiaphoren 23 Händler 4 f, 134, 181, 183 Hauskult 46 Hekate 30, 211 f Heliodor 228 – 230 Heliopolis 138 Henotheismus s. Monotheismus Hera 53 f, 218, 221, 237 Herakles/Herkules 177, 184, 211, 217 f, 228 Hermetik 227 Herodot 27, 29 f, 33, 229 Heroen 60, 221 Hethiter 87, 242, Hierapolis (Phrygien) 60 Hierophant 39 – 41, 49 – 51, 53 f, 60 – 62, 67 – 69 Hochzeit 155, 216, 218, 221, 230

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Homer 22, 217, 219 Honos 170 Hymnen, Hymnoden 57 – 59, 203 – 205, 220, 229 Iasos 30 Ikonion 69 Indigene Religion 22, 24, 35, 39, 41, 65, 72, 92 Initiation 8, 23, 40, 42, 45 – 49, 73 Intellektuelle 14 f, 40, 215 Ios 29 Iphigenie 236 Isis 5 – 8, 10, 14, 23 – 35, 41, 47, 62, 83, 131 f, 135 – 137, 210, 218, 221, 224, 229 f – Augusta 28, 32 – Pelagia 30 Ithaka 229 Iuventas 161, 167 Jagd 219, 222, 236 – 240, 242 f Jamblichus 40, 227 Janustempel 156 Josephus 126 – 129 Juden, Judentum 1, 3, 5, 15, 127 f, 130 f, 222, 225 f, 231, 233 f Julian 40, 203, 225, 228, 230 Julianische Kalenderreform 158, 170 Junge Männer 132, 145, 167 Juno 30, 183, 226 Jupiter 94, 140, 161, 165, 167, 169, 183, 226 Jupiter Dolichenus 5, 7, 9 f, 82, 88 – 93, 96, 106, 108, 114, 137 Jupiter Heliopolitanus 4, 82, 91, 137 Juvenal 210 Kabireion (Theben) 237 Kaiserkult 12, 58 f, 62, 65 – 69, 72, 133, 145, 154, 160, 223 Kalapodi 242 Kalchas 236 Kalender 12, 32, 57 f, 95, 122, 135, 153 – 172, 182 Kannibalismus 240 f Karain (Pamphylien) 63 Karystos 240 Käuflichkeit (Priestertum) 45 f, 48, 70 f

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3 Namen, Orte, Sachen

Kibyra 60 Kidrama 60 Klaros 62, 201, 206 – 208 Kognitionswissenschaft 5, 14, 96 Kolophon 207 Konnektivität 5 Konstantin I. 34, 133, 226 f Konstantinsbogen 95 Kontrolle von Religion 6, 32 – 34, 44, 68, 113 – 147 Konversion 6 Kore 43, 55, 203 Korinth 135, 145 Korybanten 45 Korybas 81, 84 Kos 45 f Kremna 52 Kuchen 220 Kultbeamte (excl. Priester) 39, 47, 49 – 51 Kureten 49 – 51, 66 Kybele 29, 82 f, 85, 87, 230 Kyme 29, 34, 53, 57, 62 Kyniker 224 Kypria 236 Kyzikos 43, 51 f, 60 Lanuvium 116 f, 120, 122, 125 f, 132 Laren 145 Latium 28, 93 Lauriacum 144 Lebadeia 210 Leges Sacrae 50, 61, 178, 182, 204, 221, 237 Lesbos 219 Lex Aelia Sentia 26 Lex Irnitana 116, 134, 144, 169 Lex Iulia de collegiis 124 – 127, 129 – 132 Lex Malacitana 134 Lex Ursonensis 144 Lex Visellia 32 Libation 205, 217, 219 f, 223, 225, 227, 229 f Literatur 14, 40, 68, 73, 220 f, 224 Liternum 133 Livia 169 f Longus 219 – 221 Lucius Verus 66 Ludi Megalenses 133

Lukian 14, 81 f, 84 – 86, 88, 97, 210 – 212, 223 f Luna 137 Lydien 64 Lysimachos 47 Ma 47 Macrinus 202 Maecenas 9, 113 f, 146 Magie 24 Magnesia am Mäander 47, 60 Mahl 8, 61, 127, 216 – 221, 225 f, 229 – 235, 238, 240, 242 Mänaden 47 Manes Daos 212 Marc Aurel 56, 66, 123 Marcian 114 – 131 Marktplatz der Religionen 46, 114, 210 Mars 26, 159, 161, 167 f, 171, 226 Marsfeld 170, 189 Märzfest (Attis) 133 Mater Magna 29, 132 f Mauer an der Url 106 Maximinus Daia 202 f, 227 Medien (geogr.) 85 Memphis 29 f, 33, 229 Men Askenos 70 Menschenopfer 216, 218, 222, 230 f, 236 f Menuthis 210 Meter 62 f, 45, 136 – Basileia 62 – Oreia 63 – Phrygia 45 – Pontia 136 Michael Psellos 241 Migranten 4, 6, 22, 138 f Milet 45 f, 70, 202, 209 Militär 4 f, 90 f, 94, 115, 122, 126, 128 f, 134 f, 138 – 140, 146, 165, 170, 226 Minerva 30, 140, 226 Misenum 134 Mithras 5 – 10, 14, 21, 24, 81 – 98, 114, 131, 134, 138 – 147 Mithrakana 61, 63 Mobilität 3 f Momos 81, 85 f Monotheismus 30, 33 f, 207

3 Namen, Orte, Sachen

Morgantina 237 Morgenstern 211 Mylai 162 Mylasa 45 Mysterien 6 f, 12 f, 21 – 23, 33, 39 – 73, 82, 206, 212, 224, 241 Mythologie 7, 49, 87, 92, 218, 232, 240 – 242 Mytilene 66, 219 Naturbeherrschung 94 f Nauarchen 135 Naulochos 162 Navigium Isidis 135 Neapel 166 Nemi 31, 33 Nepal 238 Nero 32 Nestorpalast 242 Netzwerk 4 – 6, 9, 21 – 35, 83 Neujahrsvota 135, 155, 166 Neuplatonismus 205 f, 215, 227, 231 Nikolaus von Sion 231 Nymphen 219 – 221 Octavian s. Augustus Odysseus 229 Oinoanda 207 f, 210 Opfer 14 f, 47, 49, 50 f, 61, 71, 95, 130, 163, 169 f, 178, 199, 203 – 205, 210, 215 – 243 Opferverbot 199, 227, 231 Opramoas von Rhodiapolis 200 f Orakel 13, 63, 199 – 213, 218, 241 Oriens (personifiziert) 141 Orientalische Religionen 1, 7 – 8, 10 – 11, 22, 34 f, 63, 65, 82 – 85, 88 – 93, 96 – 98, 131, 134, 137 Orientalismus 84, 91 f Orphik 61, 215, 227 Ortygia 50 Ostia 25 – 27, 105, 125 f, 134, 140 – 143, 178 f, 182, 195 f – Area Sacra dei Templi Repubblicani 178 – 179, 186 – 187 – Tempio dell‘Ara Rotonda 182 – 183, 188, 195 Otho 32

281

Palmyra 86 Palmyrenische Götter 4 Pan 94, 96, 219 – 221 Pannonien 28, 32, 90, 96 Parilia 165 Parion 127 Paris (mythol.) 91 f, 109 Paros 127 Pastophoren 23, 135 Patara 132, 200 f, 208 Paulus 35, 49, 210 Pausanias 14, 210 f, 215, 239 Pax Iulia (Beja) 139 Pelops 240 – 242 Penaten 161, 168 f Pergamon 43, 45, 53, 57 – 59, 62, 66 f, 132 Persephone 220, 240, s. auch Kore Perseus 91 Persien 7, 85 f, 216 f, 237 Persönliche Religion 8 f, 154, 209, 234 Pessinus 30, 67 f Philadelphia (Lydien) 46, 54, 62 Philippi 136, 238 Philo von Alexndria 127, 130 Philochoros 223 Phönizier 229 Phrygien 7, 30, 60 – 64, 86 – 90, 96, 207, 211 Plotin 206 Plutarch 14, 23 f, 30, 32, 34 f, 201, 205, 208, 215, 222 Pompeii 32, 106, 136, 236 Pontifex maximus 33, 158, 161 f, 165, 168 – 170, 223 Porphyrios 14, 40, 205 f, 225, 227 Porta Capena 170 Portus 122, 140 Poseidon 204, 241 Post-Colonial Studies 2 Potaissa 135 Prestigekonkurrenz 13, 50, 143, 189 Priene 45 f, 171 Priester 6, 26, 31, 33 – 35, 41, 44 – 46, 48, 52 – 58, 62 f, 70 f, 95, 123, 135 f, 141, 180, 203, 205, 209 – 212, 217, 219, 223, 229 f Priesteranteil 51

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3 Namen, Orte, Sachen

Privat (vs. städtisch) 23, 41, 46, 55 – 62, 70 – 72, 95, 119, 133 f, 136, 145, 155, 176, 208, 227 Prophetie 200 f, 203, 205, 209 – 212 Prozession 46, 135, 165, 217 f Prusa ad Olympum 47, 62 Prytanen 49 – 53, 209 Puteoli 133, 137 f Pylos 237, 242 Pythagoräer 224 Quindecemviri sacris faciundis

133

Ratiaria 144 Rechtliche Grundlagen 10 f, 113 – 147 Religio licita 138 Rhodos 42, 218 Rom (Stadt) 6, 8, 12 f, 25 – 27, 30, 66, 85, 87, 89, 93 – 95, 108 – 110, 114 f, 127, 133 – 135, 137, 140 f, 143, 160, 162 f, 165 f, 168, 170 f, 175 – 191, 209, 223, 225, 228, 238 – Ara der Fortuna Redux 158, 168, 170 – Ara Pacis 168 – 171 – Area Sacra des Largo Argentina 184 f, 189, 196 – Dolichenum (Aventin) 89 f, 137 – Forum Boarium 176 f, 180 – 182, 186, 194 – Forum Holitorium 177 f, 181 f, 194 – Forum Romanum 175, 177, 180 f – Heiligtum der Fortuna Huiusce Diei 185 – Heiligtum der Juno Regina und des Jupiter Stator 183 – Marsfeld 170, 189 – Portikus Metelli 183, 185 – Portikus Octaviae 183, 185 – Portikus Philippi 184 – S. Nicola in Carcere 181 – S. Omobono 180 f – Tempel des Antoninus Pius und der Diva Faustina 177 f – Tempel des Castor und Pollux in circo 177 – Tempel des Castor und Pollus (Forum Romanum) 180 – Tempel des Hercules Musarum 184 – Tempel des Portunus 177, 186, 188 – Tempel der Vesta 165, 175

– Tempel der Via delle Botteghe Oscure 184 f, 189 – Theater des Pompeius 184 – Velabrum 176, 181 Roma (Göttin) 44, 66 Romanisierung 3, 5, 12 Sabazios 43, 47, 60, 81 f, 84, 86 – 88, 90, 92 f, 106 Säkularisierung 212 f, 235 Salier 123 Sallustius (Freund Julians) 40 Salus 165 f, 168 Samnium 135 Samos 45, 218, 237, 242 Samothrake 42 f, 48 Santa Prisca (Rom) 8 Sarapis 26, 62, 132, 136 Sardeis 43 f, 47, 63, 69 – 72 Sarpedonios 210 Scaevola 123 Scarbantia 28, 32 Schauspieler s. Techniten Schwein 220 f, 241 Sebastophant 67, 69 Seele 206, 232 Seleukiden 44 Selge 53 Septimius Severus 114 f, 119, 125 f Severus Alexander 114, 226 Side 68 f Silvanus 5, 8, 93 – 97, 112, 140 f Sipylos 240 Sklaven 4, 24, 26, 31, 117, 119 f, 136, 208 Smyrna 55 – 57, 61 f Sol 137, 140 f Soldaten s. Militär Söldner s. Militär Sommersonnenwende 144 Sosibios 223 Soteriologie s. Eschatologie und salus Spanien 87 Sparta 237, 242 Spes 161, 167 Stadtgesetze 116, 134, 144 f, 169 Statuen (Götter) 26, 51 f, 202, 204, 211 Stier 88 f, 226, 239

3 Namen, Orte, Sachen

Stratonikeia 53 f Sturmgott 88 – 90 Sublavio 139 Sulla 135 Suovetaurilia 222 Superstitio s. Aberglaube Supplicationes 160 – 172 Syrien 5, 7, 82, 86 – 91 Tantalos 240 Techniten 43, 56 f, 64, 68 f Tellus 165 Telmessos 29 Tenos 240 Teos 43, 60 Tertullian 138 Theben (Böotien) 47, 237 Thekla 210 Theodoret 203 Theodosius I. 34, 199, 231 Theoi Megaloi 42, 45 f Theologoi 55 f Theophrast 233 Theos Hypsistos 5 Thesmophorien 53 Thessalonike 29, 136 Thyateira 63 Tiberius 32, 66, 160 f, 164 Totem 235 Totenbeschwörung 211, 230 f Traglassos 231 Trajan 26 f, 33 f, 95, 116 f, 130, 222 Tralleis 204 Transitus 139 Translokale Kulte 6, 9, 81 – 98 Traum 211, 216 f, 229 Trimalchio 25, 27 Troesmis 144 f

Trophonios 210 Tübinger Theosophie Tyche 53 Tyros 217 – 219

283

207 – 209

Ulpian 114, 121, 130 Unschuldskomödie 239 Valentia 136 Venus 26, 29 f, 159, 161, 164 Vereine 9 – 11, 21 – 24, 27, 39 – 73, 113 – 147 Verwaltung (Reich) s. Beamte Vespasian 32 f, 132 Vesta 35, 161, 165 – 170, 175 Vestalinnen 165, 169 f Veteranen 122 Victoria Augusta 161, 168 Virtus 170 Virunum 143 – 146 Wasser 179 f, 209, 229 Weihrauch 217 f, 222, 225, 229 f Wein 27, 58, 219 f, 222, 230 Wettkampfwesen 53 f, 56, 64, 67 – 69, 209 Xenophon von Ephesos

217 f

Zamolxis 81 Zeugma 94 Zeus 43 f, 53 f, 60 f, 63, 81, 88, 208 f, 211, 220 f – Panamaros 53 f – Polieus 44 – Sabazios 43, 60 – Soter 220 Zwölftafelgesetz 10 Zypern 7