Tourismus als Instrument nachhaltiger Entwicklung in Mindo, Ecuador: Eine Analyse aus tourismusgeographischer Perspektive 9783534276486, 9783534276493, 3534276485

Astrid Keller analysiert in ihrer Studie, wie der Tourismus in Mindo (Ecuador) aus Sicht der Tourismusgeographie als Ins

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Tourismus als Instrument nachhaltiger Entwicklung in Mindo, Ecuador: Eine Analyse aus tourismusgeographischer Perspektive
 9783534276486, 9783534276493, 3534276485

Table of contents :
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Impressum
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Kartenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung und Aufbau
2 Zentrale Forschungsfragestellung und Ziele der Untersuchung
3 Thematische Einordnung
3.1 Einordnung in das System der Geographie
3.2 Stand der Forschung
4 Grundlagen zur Regionalgeographie Ecuadors
5 Forschungsdesign
5.1 Methodisches Vorgehen
5.2 Analytisches Vorgehen: Auswahl und Begründung der Fallstudie
6 Begriffliche Grundlagen
6.1 Tourismus: Begrifflichkeit im Wirkungssystem räumlicher Bezüge
6.2 Entwicklung und Entwicklungsländer
7 Theoretisch-konzeptionelle Einbettung
7.1 Nachhaltige Entwicklung und nachhaltiger Tourismus: Konzept, Strategien, Bewertungsmöglichkeiten und Indikatoren
7.2 Destination, Destinationslebenszyklus-Modell nach Butler, Destinationsmanagement und Destinationsmanagementorganisationen (DMOs)
7.3 Embeddedness in der Wirtschaftsgeographie und der touristische Wertschöpfungskettenansatz
7.4 Zusammenführung und Relevanz
8 Tourismus in Ecuador
8.1 Naturräumliche Ausstattung
8.2 Entwicklung des Tourismus in Ecuador
8.3 Dimension und räumliche Strukturen des Tourismus
8.4 Entwicklung Ecuadors im räumlichen Vergleich
8.5 Zusammenführung und Relevanz
9 Fallstudie Mindo
9.1 Lage, naturräumliche Ausstattung, Siedlungsgenese und Sozialstruktur Mindos
9.2 Tourismuswirtschaftliche Struktur
9.3 Ergebnisse der empirischen Untersuchung der Tourismusakteure
9.3.1 Akteure der institutionellen staatlichen und nichtstaatlichen Seite
9.3.2 Akteure der touristischen Angebotsseite – Beherbergungsbetriebe
9.3.3 Akteure der touristischen Mittlerseite – Agenturen
9.3.4 Akteure der touristischen Nachfrageseite – Touristen
9.4 Analyse, Interpretation und Reflexion
9.4.1 Einordnung Mindos in das Destinations-Lebenszyklusmodell
9.4.2 Reflexion der UNWTO-Ziele des nachhaltigen Tourismus in Bezug auf Mindo unter Einbeziehung der SDGs
9.4.3 Anwendung des Modells des Reisesterns
9.4.4 Analyse anhand des prozessorientierten Bewertungssystems (POBS)
9.4.5 Embeddedness und Wertschöpfungskettenansatz
9.5 Zusammenführung und Relevanz
10 Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo
11 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Geodatenverzeichnis
Anhang
Backcover

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GP Astrid Keller

Dipl.-Geographin Astrid Keller lebte mehrere Jahre in Ecuador und war dort in der Tourismuswirtschaft tätig. Von 2016 bis 2022 arbeitete sie am Institut für Geographie der Universität Duisburg-Essen als Wissenschaftliche Mitarbeiterin.

www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-27648-6

Geographie in der Praxis Hrsg. Rudolf Juchelka

Tourismus als Instrument nachhaltiger Entwicklung in Mindo, Ecuador

Wechselwirkungen zwischen Tourismus und Nachhaltigkeit lassen sich auch aus räumlicher Perspektive betrachten. Gerade in angewandter Ausrichtung ergeben sich in der Tourismusgeographie Bezugspunkte zur Raumgestaltung, Regionalentwicklung sowie zu räumlichen Umsetzungsstrategien in der Tourismusplanung. Dies wird in Band 9 der Reihe „Geographie in der Praxis“ aufgegriffen, indem Tourismus als Instrument nachhaltiger Entwicklung am Beispiel des Dorfes Mindo in Ecuador betrachtet wird. Die Arbeit zielt neben ihrem wissenschaftlich-analytischen Gehalt auf Transferierbarkeit und Umsetzungsrelevanz in der tourismusbasierten Regionalentwicklung.

Band 9

Astrid Keller

Tourismus als Instrument nachhaltiger Entwicklung in Mindo, Ecuador Eine Analyse aus tourismusgeographischer Perspektive

Astrid Keller

Tourismus als Instrument nachhaltiger Entwicklung in Mindo, Ecuador

Die Reihe greift Themen an der Schnittstelle zwischen der geographischen Forschung und der Umsetzung in konkrete raumrelevante Planungen im Sinne einer sog. Angewandten Geographie auf. In Form von Monographien sollen praxisorientierte Problemstellungen aus verschiedenen Bereichen der Humangeographie vorgestellt werden, um die Bedeutung der Geographie für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu verdeutlichen.

Astrid Keller

Tourismus als Instrument nachhaltiger Entwicklung in Mindo, Ecuador Eine Analyse aus tourismusgeographischer Perspektive

Geographie in der Praxis, Bd. 9 Herausgegeben von Rudolf Juchelka

Universität Duisburg-Essen Fakultät für Geisteswissenschaften Institut für Geographie Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Philosophie (Dr. phil.) der Fakultät Geisteswissenschaften der Universität Duisburg-Essen vorgelegt von Diplom-Geographin Astrid Keller Gutachter: Prof. Dr. Rudolf Juchelka, Universität Duisburg-Essen Zweitgutachter: Prof. Dr. Albert Hofmayer Eingereicht am 13. Juli 2021 Termin der Disputation: 17.11.2021

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar. wbg Academic ist ein Imprint der wbg © 2023 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-27648-6 Elektronisch ist folgende Ausgabe erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-27649-3

Vorwort des Herausgebers Um die Jahrtausendwende entstanden die ersten verknüpfenden Betrachtungen zu Wechselwirkungen zwischen Tourismus und Nachhaltigkeit aus räumlicher Perspektive. Touristisch geformte Raumstrukturen und -prägungen werden innerhalb der Geographie in der Subdisziplin der Tourismusgeographie untersucht, diese ist – besonders in angewandter Ausrichtung – oft mit Fragen der Raumgestaltung und Regionalentwicklung verknüpft. Die drei klassischen Nachhaltigkeitsdimensionen, Umwelt, Gesellschaft sowie Wirtschaft, werden dabei zunehmend in ihren räumlichen Einbettungen und Wirkungsmustern mit touristischen Angebots- und Nachfragestrukturen auf verschiedenen Maßstabsebenen betrachtet. Dies geschieht oftmals auch in direkter Verbindung mit konkreten Umsetzungsstrategien in der regionalen oder lokalen Tourismusplanung. In Band 9 der Reihe „Geographie in der Praxis“ – jetzt verlegerisch weitergeführt bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft – greift Astrid Keller im Rahmen ihrer hier publizierten Dissertationsschrift dieses Themenfeld auf, indem sie Tourismus als Instrument nachhaltiger Entwicklung anhand einer Fallstudienuntersuchung des Dorfes Mindo in Ecuador aus tourismusgeographischer Perspektive betrachtet. Die gezielte Ausrichtung der Forschungsstudie auf Fragen der Regionalentwicklung im Sinne einer raumbezogenen Governance charakterisiert die Arbeit ebenso wie ihre Einbettung in Fragen der geographischen Entwicklungsforschung und in die Nachhaltigkeitsdebatte auf Basis der UN-Sustainable-Development-Goals. Die Arbeit zielt neben ihrem wissenschaftlich-analytischen Gehalt auf Transferierbarkeit und Umsetzungsrelevanz im Kontext von Planungskonzeption und Planungspraxis, im Sinne einer tourismusbasierten Regionalentwicklung. Die Veröffentlichung in der Reihe „Geographie in der Praxis“ verweist explizit auf die planungspraktischen Anwendungsbezüge einer touristisch auf Nachhaltigkeitsdimensionen orientierten Regionalentwicklung. Rudolf Juchelka

Danksagung Hiermit möchte ich mich bei allen Personen bedanken, die auf die ein oder andere Weise zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Allen voran möchte ich meinem Doktorvater Prof. Dr. Rudolf Juchelka danken, der mir die Möglichkeit bot, meine Leidenschaft für die Geographie und den Tourismus mit meiner ehemaligen Wahlheimat Ecuador auf wissenschaftlicher Ebene in Verbindung zu bringen. Weiterhin möchte ich meinem Zweitgutachter Prof. Dr. Albert Hofmayer dafür danken, dass er mich bereits zu Beginn der Arbeitsaufnahme, aber auch im weiteren Fortgang des Forschungsprozesses mit Denkanstößen kompetent und herzlich unterstützte. Diplom-Geograph Friedrich Schulte-Derne danke ich sehr für seine motivierende und unterstützende Art, die Versorgung mit Literatur und vielen wichtigen Hinweisen, die für das Gelingen der Arbeit unabdingbar waren. Unter seiner kundigen Betreuung war es möglich, Ideen zu entwickeln, zu realisieren und die Arbeit zu erstellen. Ein großer Dank gilt dem Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie – jeder Einzelne von Euch trug dazu bei, dass diese Arbeit realisiert werden konnte. Danke an Dipl. – Ing. Gudrun Reichert, die mir half Ideen und Entwürfe kartographisch zu visualisieren. Birgit Sattler möchte ich für die interessanten Anregungen danken, die bei einzelnen Karten das „Tüpfelchen auf dem I“ ausmachten. Ein weiterer großer Dank gilt Natalie Mertens und Julia Thiemann sowie einem unermüdlichen und großartigen studentischen Hilfskräfte-Team, das mich insbesondere bei Recherchen und allgemeinen Zuarbeiten unterstützte. Bedanken möchte ich mich zudem bei der Dorfgemeinschaft in Mindo, Ecuador – ohne deren Kooperation wäre die Erstellung der Arbeit nicht möglich gewesen. Namentlich nennen möchte ich an dieser Stelle den Tourismusverantwortlichen Victor Garzon, den Präsidenten der GAD Fidel Yaguachi und den Verantwortlichen der Tourismuskammer des Nordoccidente Henry Guillen. Diese drei Personen halfen immer wieder Zugang zu den Stakeholdern vor Ort herzustellen und mir die Situation in Mindo in zahlreichen Gesprächen zu verdeutlichen. Meiner Familie und dabei allen voran meiner Mutter möchte ich an dieser Stelle besonders danken, dass sie mich zu jeder Zeit auf jede nur denkbare Art unterstützt hat. Ohne sie wäre die Erstellung dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Danke, dass Du immer für mich da bist und mich auch in nervenaufreibenden Phasen ertragen hast! Uwe – auch Dir möchte ich danken – Du bist und bleibst der beste Bruder aller Zeiten! Meiner besten Freundin Eveline Taub danke ich für ihre moralische Unterstützung, ihre geographische Expertise und die Bereitschaft neben eigenem Beruf und drei kleinen Kindern die Arbeit Korrektur zu lesen. Diese Hilfe war absolut unabdingbar und wertvoll für die Vollendung! Meiner ecuadorianischen „Familie“ gebührt ein außerordentlicher Dank: Veronica Heredia, die mich durch die ecuadorianische Bürokratie führte, mich auf Schritt und Tritt bei nahezu allen Interviews, Kartierungen und Befragungen begleitete, durch ihre Zuversicht und ihren Humor stets eine wunderbare Arbeitsatmosphäre schuf und immer ein offenes Ohr für mich hatte und hat, gebührt ein enormer Dank! Eres adorable y te quiero un mundo! Isabel Zurita mit ihrer großartigen Familie möchte ich besonders danken, da sie mich als Teil ihrer Familie aufnahmen, mir immer ein Bett boten, bei schwierigen Situationen berieten und auch über die große Distanz für mich da sind. Les quiero mucho! Vielen Dank an alle für die entgegengebrachte Geduld, das Verständnis und die Unterstützung! Astrid Keller

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis .................................................................................................... III Tabellenverzeichnis........................................................................................................... VI Kartenverzeichnis .............................................................................................................. IX Abkürzungsverzeichnis .................................................................................................... XI 1 Einleitung und Aufbau .................................................................................................... 1 2 Zentrale Forschungsfragestellung und Ziele der Untersuchung..................... 5 3 Thematische Einordnung ............................................................................................ 10 3.1 Einordnung in das System der Geographie .............................................................. 10 3.2 Stand der Forschung .......................................................................................................... 15 4 Grundlagen zur Regionalgeographie Ecuadors ................................................... 25 5 Forschungsdesign........................................................................................................... 30 5.1 Methodisches Vorgehen ................................................................................................... 30 5.2 Analytisches Vorgehen: Auswahl und Begründung der Fallstudie................. 34 6 Begriffliche Grundlagen ............................................................................................... 38 6.1 Tourismus: Begrifflichkeit im Wirkungssystem räumlicher Bezüge ............. 38 6.2 Entwicklung und Entwicklungsländer ....................................................................... 43 7 Theoretisch-konzeptionelle Einbettung ................................................................ 47 7.1 Nachhaltige Entwicklung und nachhaltiger Tourismus: Konzept, Strategien, Bewertungsmöglichkeiten und Indikatoren ................................... 47 7.2 Destination, Destinationslebenszyklus-Modell nach Butler, Destinationsmanagement und Destinationsmanagementorganisationen (DMOs) ......... 60 7.3 Embeddedness in der Wirtschaftsgeographie und der touristische Wertschöpfungskettenansatz....................................................................................... 68 7.4 Zusammenführung und Relevanz................................................................................. 71

I

8 Tourismus in Ecuador................................................................................................... 73 8.1 Naturräumliche Ausstattung .......................................................................................... 73 8.2 Entwicklung des Tourismus in Ecuador .................................................................... 78 8.3 Dimension und räumliche Strukturen des Tourismus......................................... 83 8.4 Entwicklung Ecuadors im räumlichen Vergleich ................................................... 92 8.5 Zusammenführung und Relevanz.............................................................................. 100 9 Fallstudie Mindo .......................................................................................................... 101 9.1 Lage, naturräumliche Ausstattung, Siedlungsgenese und Sozialstruktur Mindos .................................................................................................. 101 9.2 Tourismuswirtschaftliche Struktur .......................................................................... 121 9.3 Ergebnisse der empirischen Untersuchung der Tourismusakteure ........... 129 9.3.1 Akteure der institutionellen staatlichen und nichtstaatlichen Seite .... 129 9.3.2 Akteure der touristischen Angebotsseite – Beherbergungsbetriebe... 131 9.3.3 Akteure der touristischen Mittlerseite – Agenturen ................................... 157 9.3.4 Akteure der touristischen Nachfrageseite – Touristen.............................. 164 9.4 Analyse, Interpretation und Reflexion .................................................................... 173 9.4.1 Einordnung Mindos in das Destinations-Lebenszyklusmodell .............. 173 9.4.2 Reflexion der UNWTO-Ziele des nachhaltigen Tourismus in Bezug auf Mindo unter Einbeziehung der SDGs........................................................ 175 9.4.3 Anwendung des Modells des Reisesterns........................................................ 180 9.4.4 Analyse anhand des prozessorientierten Bewertungssystems (POBS) ................................................................................ 189 9.4.5 Embeddedness und Wertschöpfungskettenansatz ..................................... 199 9.5 Zusammenführung und Relevanz.............................................................................. 200 10 Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo .............................................................................................. 203 11 Fazit und Ausblick .................................................................................................... 213 Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 217 Geodatenverzeichnis ..................................................................................................... 228 Anhang ................................................................................................................................ 229 II

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Zahl der deutschen Urlauber mit dem Reiseziel Südamerika ................ 2 Abbildung 2 Positiv auf die Tourismusentwicklung Ecuadors wirkende Faktoren 5 Abbildung 3 Ziele differenziert nach Ebenen .......................................................................... 7 Abbildung 4 Zuordnung des Themas zu relevanten Forschungsdisziplinen ........... 10 Abbildung 5 Entwicklung des BIP in Ecuador von 1960 bis 2018 ............................... 28 Abbildung 6 Entwicklung und Prognose der Arbeitslosenquote in Ecuador........... 29 Abbildung 7 Beschäftigung nach Wirtschaftszweigen in Ecuador 2018 ................... 29 Abbildung 8 Bestandteile des methodischen Konzepts .................................................... 31 Abbildung 9 Wirkungsgefüge im Tourismus mit den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit und der Komponente Raum ......................................................... 38 Abbildung 10 Wirkungen des Tourismus gegliedert nach den drei Säulen der Nachhaltigkeit ................................................................................................................... 41 Abbildung 11 Magisches Fünfeck von Entwicklung ........................................................... 44 Abbildung 12 Agenda 2030 – 17 nachhaltige Entwicklungsziele ................................. 49 Abbildung 13 Die fünf auf den Raum wirkenden Dimensionen der Nachhaltigkeit ................................................................................................................... 51 Abbildung 14 PSR (Pressure – State – Response) Modell ................................................ 52 Abbildung 15 DPSIR-Modell ......................................................................................................... 53 Abbildung 16 Reisestern: Darstellung der Nachhaltigkeitsbilanz ................................ 55 Abbildung 17 Vorgehensweisen bei POBS ............................................................................. 57 Abbildung 18 Elf Prinzipien der Limits of Acceptable Change....................................... 59 Abbildung 19 Destinationslebenszyklus-Modell unter Einbezug einer nachhaltigen Tourismusausrichtung............................................................................... 62 Abbildung 20 Stakeholder im Destinationsmanagement................................................. 65 Abbildung 21 Der Weg zu einer erfolgreichen Destinationsmanagementorganisation ............................................................................................................................... 66 Abbildung 22 Situationsangepasste Strategien der Destinationsbildung ................. 67 III

Abbildung 23 Touristische Wertschöpfungskette............................................................... 70 Abbildung 24 Klimadiagramme für vier Orte in den vier Großräumen Ecuadors. 75 Abbildung 25 Internationale Touristenankünfte in Ecuador ......................................... 80 Abbildung 26 Abweichung der touristischen Ankünfte im Vergleich zum Vorjahr in Prozent ................................................................................................................... 81 Abbildung 27 Ankünfte internationaler Touristen 2000 bis 2019, durchschnittliche Verteilung nach Monaten in Prozent. ......................................... 85 Abbildung 28 Zahl der internationalen Touristenankünften nach Saisonalität verschiedener Jahre ................................................................................................................ 85 Abbildung 29 Durchschnittliche Altersanteile der internationalen Reisenden nach Ecuador 2000 – 2019. .......................................................................... 86 Abbildung 30 Anteil der Beschäftigten im Tourismus ...................................................... 89 Abbildung 31 Zusammensetzung der touristischen Produktion in Ecuador ........... 92 Abbildung 32 Klimadiagramm Mindo. .................................................................................. 103 Abbildung 33 Protestgemälde gegen den Goldabbau ..................................................... 107 Abbildung 34 Protestbanner ..................................................................................................... 107 Abbildung 35 Siedlung Hacienda Yagüira............................................................................ 111 Abbildung 36 Schematischer Gebäudeaufriss der Geschossnutzung....................... 113 Abbildung 37 Straßenzüge in Mindo ..................................................................................... 114 Abbildung 38 Ländlich geprägter Dorfkern ........................................................................ 115 Abbildung 39 Sport-und Freizeitstätten Mindos .............................................................. 116 Abbildung 40 Bevölkerungspyramiden Ecuador und Mindo ...................................... 118 Abbildung 41 Saisonalität des Binnentourismus.............................................................. 123 Abbildung 42 Busterminal und Ticketschalter Mindo. .................................................. 123 Abbildung 43 Beherbergungsbetriebe nach Eröffnungsjahren und Zonen........... 134 Abbildung 44 Verteilung der Beherbergungsbetriebe nach Ortsteilen und Zonen ................................................................................................................................ 136 Abbildung 45 Ausgewählte Beherbergungsbetriebe in Mindo ................................... 142

IV

Abbildung 46 Gästeherkunft der Beherbergungsbetriebe ........................................... 144 Abbildung 47 Bevorzugte Aktivitäten der Touristen...................................................... 145 Abbildung 48 Selbsteinschätzung der Beherbergungsbetriebe ................................. 146 Abbildung 49 Herkunft der bezogenen Waren des Beherbergungsbetriebs ........ 148 Abbildung 50 Lage der Produktionsstätten der gekauften Waren ........................... 148 Abbildung 51 Wareneinkauf der Beherbergungsbetriebe nach Art und Herkunft ................................................................................................................................... 149 Abbildung 52 Verbesserungswünsche an der eigenen Reiseagentur ...................... 158 Abbildung 53 Selbsteinschätzung der Reiseagenturen.................................................. 160 Abbildung 54 Verkehrsmittel für die Anreise nach Mindo ........................................... 165 Abbildung 55 Anzahl der Besuche in Mindo....................................................................... 166 Abbildung 56 Präferenzen von Ausländern und Einheimischen während der Reise ................................................................................................................................... 167 Abbildung 57 Erfahrungsquellen der Reisenden. Eigene Erhebung. ....................... 169 Abbildung 58 Informationskanäle der Reisenden. Eigene Erhebung. ..................... 169 Abbildung 59 Motiv für die Reise nach Mindo ................................................................... 169 Abbildung 60 Die zwölf am häufigsten genannten Übernachtungsmöglichkeiten ......................................................................................... 170 Abbildung 61 Relevanz der Kriterien bei der Wahl der Unterkunft ......................... 172 Abbildung 62 Zwei alternative Reisesterne zur Darstellung der Nachhaltigkeitsbilanz für Mindo zur jährlichen Selbstkontrolle ...................... 189 Abbildung 63 Stufen des DMO-Aufbaus für Mindo .......................................................... 203 Abbildung 64 Zielplanung einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Mindo .................................................................................................................................... 212 Abbildung 65 Partizipationsintensität .................................................................................. 215

V

Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Hauptziele der Untersuchung und dafür notwendigen Teilarbeitsschritte ..................................................................................................................... 8 Tabelle 2 Leitfragen und Teilfragen ............................................................................................ 9 Tabelle 3 Phasen, entwicklungstheoretische Paradigmen und Themen des Entwicklungsländertourismus seit 1960 ......................................................................14 Tabelle 4 Kategorisierungsstufen der umweltrelevanten Indikatoren der SDGs. . 17 Tabelle 5 Berichte zur Tourismusentwicklung ....................................................................18 Tabelle 6 Vitalstatistik ....................................................................................................................27 Tabelle 7 Befragte Personen nach Akteursgruppen...........................................................33 Tabelle 8 Tourismusformen, differenziert nach ausgewählten Abgrenzungskriterien............................................................................................................40 Tabelle 9 Ziele eines nachhaltigen Tourismus......................................................................50 Tabelle 10 Merkmale und Herausforderungen der verschiedenen Phasen einer Destination .....................................................................................................................64 Tabelle 11 Geschichtliche Entwicklung und Meilensteine des Tourismus ............... 79 Tabelle 12 Zahl der Internationalen Touristenankünfte in Millionen ........................ 83 Tabelle 13 Veränderung der internationalen Touristenankünfte ................................84 Tabelle 14 Einkünfte aus dem internationalen Tourismus in Millionen US$ .......... 84 Tabelle 15 Top-Destinationen des Binnentourismus in Ecuador im Jahr 2018 ..... 87 Tabelle 16 Top-Quellgebiete des Binnentourismus in Ecuador im Jahr 2018 ........ 87 Tabelle 17 Tourismusdaten 2018 nach Provinzen .............................................................91 Tabelle 18 Daten zur Beschäftigung nach Provinzen im Dezember 2015 ................ 96 Tabelle 19 Naturrisiken in Mindo ........................................................................................... 104 Tabelle 20 Verschmutzung in den Flüssen Mindos ......................................................... 106 Tabelle 21 Ortsteile Mindos mit Grundstücksparametern ........................................... 110 Tabelle 22 Soziostrukturelle Grunddaten zur Provinz Pichincha 2010.................. 120

VI

Tabelle 23 Kapazitäten der Beherbergungsbetriebe in der Provinz Pichincha 2018 ...................................................................................................................... 122 Tabelle 24 Hauptquellgebiete des Binnentourismus des Kanton San Miguel de los Bancos 2018 .............................................................................................................. 122 Tabelle 25 Übersicht der nationalen Übernachtungen nach Feiertagen im Jahr 2018 ........................................................................................................................... 122 Tabelle 26 Inventarisierung Mindos nach tourismusrelevanten Kategorien im Jahr 2018 ........................................................................................................................... 124 Tabelle 27 Gesprächsinhalte der Expertengespräche mit institutionellen staatlichen/nichtstaatlichen) Tourismusakteuren. ............................................... 130 Tabelle 28 Teilnehmende Beherbergungsbetriebe ......................................................... 132 Tabelle 29 Nicht teilnehmende und geschlossene Beherbergungsbetriebe, Campingplätze und Ferienwohnungen ....................................................................... 133 Tabelle 30 Zusatzangebot in den Beherbergungsbetrieben ........................................ 145 Tabelle 31 Verbesserungswünsche der Beherbergungsbetriebe in Mindo........... 147 Tabelle 32 In den Beherbergungsbetrieben angebotene Exkursionen mit Durchschnittspreisen/-dauer.......................................................................................... 150 Tabelle 33 Von den Beherbergungsbetrieben unterstützte Projekte ...................... 151 Tabelle 34 Wünsche für eine zukünftige Entwicklung des Dorfs nach Einschätzung der Beherbergungsbetreiber............................................................... 152 Tabelle 35 Notwendige Maßnahmen der Zusammenarbeit mit der Konkurrenz zur Erreichung gemeinsamer Ziele nach Einschätzung der Beherbergungsbetreiber ................................................................................................... 153 Tabelle 36 Durch Zusammenarbeit zu erreichende Ziele nach Einschätzung der Beherbergungsbetreiber ........................................................................................... 153 Tabelle 37 Nötige Hilfen der Regierung nach Einschätzung der Beherbergungsbetreiber ................................................................................................... 154 Tabelle 38 Gesprächsinhalte der Expertengespräche mit Personen der touristischen Angebotsseite - Beherbergungsbetriebe. ....................................... 156 Tabelle 39 Reiseagenturen in Mindo ..................................................................................... 158 Tabelle 40 Hauptquellländer der Kunden der Reiseagenturen .................................. 159 Tabelle 41 Anteil ausgewählte Touren durchführende Agenturen .......................... 161 VII

Tabelle 42 Gesprächsinhalte der Expertengespräche mit Akteuren der touristischen Mittlerseite .................................................................................................. 163 Tabelle 43 Reisebudget nach Aufenthaltsdauer mit Hervorhebung der häufigsten Nennungen........................................................................................................ 165 Tabelle 44 Bevorzugte Freizeitaktivität nach Herkunft................................................. 170 Tabelle 45 Primärenergieverbrauch und Schadstoffausstoß internationaler Touristen für die Reise nach Mindo (Flugzeug)....................................................... 181 Tabelle 46 Primärenergieverbrauch und Schadstoffausstoß internationaler Touristen für die Reise nach Mindo (ÖPNV) ............................................................. 181 Tabelle 47 Aufenthaltsdauer der befragten Besucher in Mindo ................................ 182 Tabelle 48 Befragte Beherbergungsbetriebe mit Kennzahlen zum Wasserverbrauch, Abfallaufkommen und Flächenbedarf in Mindo................ 184 Tabelle 49 Direkte Beeinträchtigung der Umwelt durch Freizeitaktivitäten der befragten Touristen in Mindo.................................................................................. 185 Tabelle 50 Berechnungswerte für den Reisestern Mindo............................................. 188 Tabelle 51 POBS-Analyse Mindo: Ökologische Indikatoren......................................... 191 Tabelle 52 POBS-Analyse Mindo: Ökonomische Indikatoren...................................... 193 Tabelle 53 POBS-Analyse Mindo: Soziokulturelle Indikatoren .................................. 195 Tabelle 54 POBS-Analyse Mindo: Institutionelle Indikatoren. ................................... 197

VIII

Kartenverzeichnis Karte 1 Provinzen mit Hauptstädten und Kantonen in Ecuador..................................... 6 Karte 2 Lage Ecuadors in Lateinamerika ................................................................................ 25 Karte 3 Großregionen Ecuadors mit Hervorhebung der Provinz Pichincha und des Untersuchungsortes Mindo ................................................................................ 26 Karte 4 Übersichtskarte Ecuador mit Lage des Untersuchungsorts ............................ 34 Karte 5 Satellitenkarte des Dorfes Mindo mit seinen Ortsteilen................................... 35 Karte 6 Biosphärenreservat Chocó Andino............................................................................ 36 Karte 7 Klimazonen in Ecuador .................................................................................................. 74 Karte 8 Ökozonen in Ecuador ...................................................................................................... 77 Karte 9 Quellgebiete der internationalen Ankünfte nach Ecuador 2018 .................. 86 Karte 10 Quellgebiete und Destinationen des Binnentourismus in Ecuador nach Kantonen im Jahr 2018 .............................................................................................. 88 Karte 11 Tourismuswirtschaftliche Strukturdaten 2018 nach Provinzen................ 90 Karte 12 Grundversorgung der Haushalte nach Provinzen im Jahr 2010................. 93 Karte 13 Bildungsparameter Ecuadors nach Provinzen im Jahr 2010 ....................... 95 Karte 14 Berufsstruktur der Ecuadorianerinnen im arbeitsfähigen Alter................ 98 Karte 15 Berufsstruktur der Ecuadorianer im arbeitsfähigen Alter ........................... 99 Karte 16 Provinz Pichincha mit ihren acht Kantonen und den beiden Parroquias San Miguel de los Bancos und Mindo.................................................... 101 Karte 17 Ortschaft Mindo und Umgebung mit Höhenprofil ......................................... 102 Karte 18 Geographische Risiken in der Parroquia Mindo ............................................ 105 Karte 19 Ortsteilkarte Mindo mit Grundstücksparametern ........................................ 109 Karte 20 Lage des neuen Ortsteils Yagüira ......................................................................... 110 Karte 21 Gebäudenutzung im Zentrum von Mindo ......................................................... 112 Karte 22 Soziostrukturelle Grunddaten und Einwohnerdichte zu den Kantonen der Provinz Pichincha .................................................................................... 119

IX

Karte 23 Touristische Strukturdaten in der Provinz Pichincha 2018...................... 121 Karte 24 Touristische Infrastruktur im Zentrum von Mindo – ohne Beherbergungsbetriebe .......................................................................................... 125 Karte 25 Lage der touristischen Sehenswürdigkeiten in und um die Ortschaft Mindo ......................................................................................................................................... 127 Karte 26 Beherbergungsbetriebe nach Eröffnungsjahren............................................ 135 Karte 27 Verteilung der Unterkünfte nach Ortsteilen und Kategorien in Mindo 137 Karte 28 Zentrumsferne Unterkünfte in Mindo ................................................................ 138 Karte 29 Zentrumsnahe Unterkünfte Mindo ...................................................................... 140 Karte 30 Entwicklungspotentiale der touristischen Bebauung mit bestehenden Beherbergungsbetrieben nach Gründungsjahren. ...................... 208

X

Abkürzungsverzeichnis ACUS ATM

Áreas de Conservación y Uso Sustentable (Naturschutzgebiete und Gebiete nachhaltiger Nutzung) Automated Teller Machine

BIP

Bruttoinlandsprodukt

BSP

Bruttosozialprodukt

BNE

Bruttonationaleinkommen

CO2

Kohlendioxid

CONAIE CSD

Confederacíon de Nacionalidades Indígenas del Ecuador (Bündnis der Indigenen Ecuadors) Commission on Sustainable Development

CSR

Corporate Social Responsibility

DAC

Development Assistance Committee

DITURIS

Direccion de Turismo del Estado (Staatliche Tourismusbehörde) Destinationsmanagementorganisation

DMO DPSIR DZ ELN EW FAO FARC FARC-EP GAD GIZ HDI IESS ILO INEC

Driving Forces – Pressures – State – Impact – Response Doppelzimmer Ejército de Liberación Nacional (Nationale Befreiungsarmee) Einwohner Food and Agriculture Organization of the United Nations Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común (Alternative Revolutionäre Kraft des Volkes) Fuerzas Armadas Revolucionarias de ColombiaEjército del Pueblo (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) Gobiernos Autónomos Descentralizados (dezentralisierte autonome Regierungen) Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit Human Development Index Instituto Ecuatoriano de Seguridad Social (Ecuadorianisches Institut der Sozialversicherung) International Labour Organization

Ing.

Instituto Nacional de Estadistica y Censos (Nationales Institut für Statistiken und Zensus) Ingeniera, -/o (Ingenieur/-in)

IUCN

International Union for Conservation of Nature

IWF

Internationaler Währungsfonds

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

LAC

Limits of Acceptable Change

Lic.

Licenciada, -/o (Hochschulabsolvent/in) XI

LOT MDGs

Ley Organica de Turismo (Staatsgesetz des Tourismus) Millenium Development Goals

MINTUR

Ministerio de Turismo (Tourismusministerium)

MJ

Megajoule

NGO

non-governmental organization

NN

Normal Null

NOX

Stickstoffoxid

NSSD

National Strategies for Sustainable Development

ODA

Official development assistance

OECD ÖPNV

Organisation for Economic Cooperation and Development Öffentlicher Personennahverkehr

Pkm

Personenkilometer

PLANDETUR POBS

Plan Estratégico de Desarrollo de Turismo Sostenible de Ecuador (Strategieplan für eine nachhaltige Tourismusentwicklung Ecuadors) Prozessorientiertes Bewertungssystem

PSR

Pressure – State – Response

RUI

Ressource Use Intensities

SDGs

Sustainable Development Goals

SEDTA

Sociedad Ecuatoriana de Transportes Aereos (Ecuadorianische Lufttransportdienste) Transportes Aéreos Militares Ecuatorianos (Militärischer Luftverkehr Ecuadors) Universidad de Las Américas

TAME UDLA UNESCO UNO

United Nations Educational, Scientific, and Cultural Organization United Nations Organization

UNWTO

United Nations World Tourism Organization

UNCED

WHO

United Nations Conference on Environment and Development World Commission on Environment and Development World Health Organization

WTTC

World Travel and Tourism Council

WCED

XII

Kapitel 1: Einleitung und Aufbau

1 Einleitung und Aufbau Raum und Ortswechsel sind konstituierende Elemente des Tourismus. Im Laufe der Zeit hat sich der Raum, den der Reisende als Destination wahrnimmt und nutzt stark geändert. In der Entwicklung des Tourismus waren zunächst Naherholungsziele und Reiseziele innerhalb Europas von Bedeutung. Diese wurden aber zunehmend durch Fernreiseziele, verstärkt auch in Entwicklungsländer, ersetzt beziehungsweise ergänzt. In der heutigen Zeit ist der sogenannte Massentourismus oder organisierte Tourismus ein allgegenwärtiges Phänomen. Ausgesuchte Touristenziele entwickeln sich aufgrund von Werbung, Modeerscheinungen und modernem ‚Kolonialismus‘ zu favorisierten Reisezielen und werden dementsprechend von breiten Bevölkerungsgruppen aufgesucht. Es wurden bereits in der Antike Reisen aus verschiedenen Gründen, wie beispielsweise Vergnügungsreisen (Besuch der Olympischen Spiele), Handelsreisen, Bildungs- und Erholungsreisen, unternommen. Der Radius dieser Reisen beschränkte sich zumeist auf das eigene Land, bzw. auf Ziele innerhalb Europas. Erst mit den großen Entdeckerreisen ab dem 15. und 16. Jahrhundert erweiterte sich der Raum und neue Kontinente wurden zumindest für einen ausgewählten Kreis an Reisenden relevant. Auch wenn neue Gebiete insbesondere zum Handel und zur Kolonialisierung für Europa wichtiger wurden, beschränkten sich die Reisemöglichkeiten für den weitaus größten Teil des erlesenen Kreises (v. a. junge Adlige), dem es wirtschaftlich überhaupt möglich war zu reisen, auf die Destination Europa (vgl. Kreisel 2007; vgl. Kagermeier 2016, S. 32ff.). Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer gravierenden Wende des Tourismus, die mitunter auf die positive wirtschaftliche Entwicklung und das damit einhergehende in der westlichen Welt gewachsene Wohlstandsniveau der Bevölkerung zurückzuführen ist. Die Senkung der Arbeitszeit und eine gestiegene Mobilität durch einen weltweiten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur trugen ebenfalls dazu bei (vgl. Hopfinger 2016, S. 4). Mit der Möglichkeit in der Freizeit zu reisen, änderte sich das Nachfrageverhalten nach ‚neuen‘ Reisezielen. 1954 verbrachten lediglich 15 % der Deutschen ihren Urlaub im Ausland, wobei vor allem Österreich und Italien besucht wurden (vgl. Kreisel 2007, S. 77ff.). Im Laufe der Zeit kamen weitere Regionen und Länder hinzu, die mit dem eigenen PKW aufgesucht werden konnten. Zunächst wurden zum großen Teil Destinationen innerhalb Europas (v. a. Spanien, Griechenland, ehemaliges Jugoslawien) aufgesucht. Erst mit der Trendwende im Flugverkehr (Intensivierung und Verbilligung) wurden andere Länder von deutschen Touristen1 bereist (vgl. Freyer 2001, S. 4 – 13; vgl. Kreisel 2007). Mittlerweile ist der Tourismus globalisiert. Waren es bis vor einigen Jahrzehnten lediglich Nordamerikaner und Europäer, die weltweit reisten, ist dieses Phänomen nun längst in allen Industrieländern und auch in einem großen Teil der wohlhabenderen Schwellenländer angekommen. Durch diese Entwicklung formieren sich neue Destinationen auf allen Kontinenten. Touristen begeben sich auch in periphere Regionen, um neue Räume – neue Destinationen – zu „erobern“. Ritter (2007, S. 86 – 96) unterscheidet fünf Räume2, die jedoch von der Globalisierung ausgeschlossen sind, da sie durch das Raster der Ressourcen und Leistungsnachfrage fallen. Diese Regionen der Erde können aber durch eine gezielte Entwicklung des internationalen Tourismus „die Globalisierung am Außensaum der Welt voran […] schieben“ (Ritter 2007, S. 95), indem er wirtschaftliche Aktivitäten erlaubt, die durch keine andere Branche in diesen Weltregionen zu erzielen ist.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Selbstverständlich sind immer alle Geschlechter gemeint, auch wenn explizit nur eines der Geschlechter angesprochen wird. 2 unterbevölkerte Gebiete, kleine Exklaven und Inseln, interne Peripherien der Überseekontinente, abgeschlossene und boykottierte Länder, Peripherien älterer Wirtschaften. 1

1

Kapitel 1: Einleitung und Aufbau

Der demographische Wandel bringt insbesondere ältere, unternehmungsfreudige Reisende hervor. Zudem fördern weitere Faktoren, wie günstige Flugpreise, erleichterte Visabedingungen, die Digitalisierung des Reisens und der Trend zu mehrmaligen Reisen pro Jahr, die Zunahme des Tourismus. Sie sind für ein, in den kommenden Jahren anhaltendes Wachstum eines der wichtigsten Wirtschaftssektoren ausschlaggebend (Hopfinger 2016, S. 4). Der globale Tourismus stieg von 25 Millionen Reisenden in den 1950er Jahren über 278 Millionen in den 1980er Jahren rasant auf rund 1,4 Milliarden internationale Touristen im Jahr 2018 an. Bis 2030 wird sich diese Zahl voraussichtlich auf 1,8 Milliarden erhöhen3 (World Tourism Organization UNWTO 2016, S. 14ff.; World Tourism Organization UNWTO 2019). 2017 verbrachten 9 Mio. Deutsche4 ihren Haupturlaub5 in einem Entwicklungs- oder Schwellenland. Dies entspricht einem Anteil von 17 % aller Urlaubsreisenden und 22 % der Auslandsurlauber. 3,7 Mio. davon reisten in ‚ferne‘ Entwicklungsländer in Asien, Lateinamerika/Karibik und Afrika südlich der Sahara (vgl. Studienkreis für Tourismus und Entwicklung e.V. 06.12.2018, S. 1). Etwa eine Million Deutsche über 14 Jahre6 reisten 2019 nach Süd- und Mittelamerika, das entspricht einem Anteil von etwa 1,81 % (vgl. IfD Allensbach 2018).

1,81%

Personen in Millionen

1 1,35%

1,47%

1,50%

1,54%

1,63%

2,00% 1,80%

1,60%

1,60% 1,40%

0,8

1,20% 1,00%

0,6 0,4

0,74

0,8

0,8

0,82

0,88

0,88

1

0,80% 0,60% 0,40%

0,2

0,20% 0

Anteil der deutschen Urlauber, die nach Südamerika gereist sind in %

1,2

0,00% 2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

Abbildung 1 Zahl der deutschen Urlauber mit dem Reiseziel Südamerika 2013 bis 20197. Eigene Darstellung nach IfD Allensbach (2018) und IfD Allensbach (2019). Tourismus hat einen starken Einfluss auf sozioökonomische und entwicklungspolitische Prozesse aller beteiligten Länder. Über die letzten 70 Jahre ist der Tourismus einer der am schnellsten wachsenden Wirtschaftssektoren mit einer breiten Angebotspalette. Neue Reiseziele und Länder werden für den Tourismus erschlossen. Mit der steigenden Anzahl an Touristen, erhöhten sich auch die durch Touristenankünfte erzielten Einkünfte in den Destinationen von 1 Milliarde US$ (1950) auf 104 Milliarden US$ (1980) beziehungsweise 1.451 Milliarden US$ (2018). Internationaler Tourismus hat bereits einen Anteil von 7 % am weltweiten Exportvolumen von Waren und Dienstleistungen. 10 % des weltweiten BIP (Bruttoinlandsprodukt) sind auf direkte, indirekte oder induzierte Wirkungen des Tourismus zurückzuführen. Jede elfte Arbeitsstelle hängt direkt oder indirekt mit dem Tourismus zusammen und die weltweite jährliche Wachstumsrate der

Der Großteil der nachfolgend aufgeführten Daten und Prognosen, sowie die Erhebungen sind vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie 2020 erstellt worden. 4 Deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 14 Jahre. 5 Reisen ab fünf Tagen Dauer. 6 Bezogen auf 55,2 Mio. Deutsche ab 14 Jahre. 7 Bezogen auf 55,2 Mio. Deutsche ab 14 Jahre. 3

2

Kapitel 1: Einleitung und Aufbau

internationalen Touristenankünfte lag 2018 bei 4,4 % (vgl. World Tourism Organization UNWTO 2016, S. 2ff.; World Tourism Organization UNWTO 2019). Südamerika ist ein noch relativ junger Reisemarkt für den internationalen beziehungsweise interkontinentalen Tourismusmarkt, der erst in den letzten beiden Jahrzehnten eine verstärkte Wachstumsdynamik zeigt. Daher ist hier im Vergleich zur weltweiten Wachstumsrate von 5,0 % im Zeitraum von 2010 bis 2018 eine höhere Wachstumsrate von 5,8 % zu verzeichnen (vgl. World Tourism Organization UNWTO 2019). Es variieren die Zahl der Touristenankünfte und die Angebotsstruktur innerhalb des Kontinents von Land zu Land stark, was neben der natur- und kulturräumlichen Ausstattung auch auf die differierende Politik- und Sicherheitslage zurückzuführen ist. Ecuador gilt in Südamerika gemeinhin als sicheres Reiseziel unter Ländern wie beispielsweise Kolumbien, das vor allem wegen seiner Drogenkriminalität, Bolivien, das wegen seiner Armut und Venezuela, das wegen seiner fragwürdigen politischen Führung Schlagzeilen macht. Seitens Ecuadors besteht ein Grundlagengesetz zum Tourismus im Land aus dem Jahr 2012, in dem die Organisation und die Funktionsweise des Tourismus geregelt werden. Deutlich wird darin mehrfach darauf hingewiesen, wie wichtig eine nachhaltige Ausrichtung des Tourismus für die Entwicklung der Wirtschaft und des Landes ist (vgl. Asamblea Nacional Republica del Ecuador 2012). Fischer (2014, S. 78) stellte heraus, dass Touristen stets auch eine Wirkung auf die Destination haben: „Observer effect well known in physics: the act of observation changes the phenomenon which is being observed. This is true in the quantum mechanics (Heisenberg’s uncertainty principle) as much as it is true in tourism. Tourists affect their destination long before they arrive there.“

Daher ist die Entwicklung, Implementierung und Anwendung eines Tourismuskonzepts mit nachhaltigen Entwicklungszielen von großer Bedeutung. Um die negativen Effekte des Tourismus auf ein Reiseziel so gering wie möglich zu halten und die positiven zu stärken, werden seit einigen Jahren verschiedene Strategien und Konzepte weltweit verfolgt. Es besteht keine Einheitlichkeit in Planung, Realisierung und Controlling, die auch an der Problematik der Begrifflichkeiten, wie beispielsweise Ökotourismus, nachhaltiger Tourismus, grüner Tourismus, sanfter Tourismus, deutlich wird. Tourismus als Leitökonomie, insbesondere in peripheren Gebieten, wird häufig kritisch gesehen. Insbesondere die mangelnde Professionalität und die nicht vorhandenen Qualifizierungsmöglichkeiten in peripheren Lagen werfen die Frage auf, ob eine Destination im peripheren Raum konkurrenzfähig insbesondere zu besseren Lagen sein kann und zur Erhöhung der regionalen Wertschöpfung beitragen kann (vgl. Vogt 2008, S. 2). Mit dieser Arbeit soll ein Tourismuskonzept für Mindo, ein an der nördlichen Westflanke der Anden, in der sogenannten Tierra templada8 Ecuadors gelegenes Dorf, erstellt werden. Daran anschließend soll das Konzept implementiert werden, um den Tourismus Mindos gezielt für eine nachhaltige Entwicklung zu instrumentalisieren. In vielen Untersuchungen zu Nachhaltigkeit, nachhaltiger Entwicklung und nachhaltigem Tourismus wird der Fokus auf eine der drei Säulen der Nachhaltigkeit gelegt. Wirtschaftliche Entwicklung und damit einhergehend eine wirtschaftsräumliche beziehungsweise positive Regionalentwicklung wird häufig als allgemein erwünscht vorausgesetzt. Je nach gewähltem Schwerpunkt der jeweiligen Untersuchungen/Projekte wird nur die soziale oder die ökologische Komponente näher beleuchtet. Ziel ist es, keine Komponente zu vernachlässigen und alle drei Säulen zu untersuchen. Zudem soll nicht nur auf die Touristen oder die Bereisten eingegangen werden. Es wird Wert daraufgelegt, die Untersuchung von beiden Seiten unter Einbeziehung des Raums bzw. der räumlichen Strukturen vorzunehmen. Die Lebensverhältnisse in den ländlichen Räumen Ecuadors sind durch große Armut, Defizite in der Zugänglichkeit zu Bildung und medizinischer Versorgung sowie die Abhängigkeit von nur einem Wirtschaftsfaktor, i. d. R. Land- oder Erdölwirtschaft geprägt. Umso wichtiger ist es, wie auch in Tierra templada auch gemäßigtes Land liegt auf einer Höhenstufe zwischen 1.200 m über NN. und 2.500 m über NN. (vgl. Michael et al. 2017, S. 231).

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Kapitel 1: Einleitung und Aufbau

verschiedenen kleineren Gemeinden Ecuadors gewünscht, einen weiteren Wirtschaftszweig – den Tourismus - nachhaltig auszubauen bzw. zu erschließen. Eine dazu bereits laufende Kampagne heißt ‚Pueblos Magicos‘ (Magische Dörfer). 2019 gab es fünf Pueblos Magicos: Patate (Provinz Tungurahua), Alausí (Provinz Chimborazo), Zaruma (Provinz El Oro), Cotacachi (Provinz Imbabura) und San Gabriel (Provinz Carchi) (vgl. MINTUR 2020f). Bei dem ursprünglich aus Mexiko stammenden Programm geht es darum, mittelfristige, an die Dorfstrukturen angepasste Tourismusstrategien zu entwickeln, die die wirtschaftliche und soziale Situation entlang der Wertschöpfungskette verbessern sollen. Dadurch sollen insgesamt die Verhältnisse der Dorfbevölkerung aufgewertet werden (vgl. MINTUR 2020b) Auch Mindo möchte sich als Pueblo Magico bewerben (vgl. Interview mit Henry Patiño). Da es sich bei nachhaltiger Entwicklung und nachhaltigem Tourismus um einen Prozess handelt, kann es nicht Ziel sein, ein starres Konzept oder Nachhaltigkeitslabel – von denen es ohnehin bereits zahlreiche gibt – zu entwickeln. Vielmehr soll ein dynamisches, an die Ansprüche der äußeren Gegebenheiten leicht anpassbares Tourismuskonzept entstehen, das durch die Bevölkerung mit einfachen Mitteln umgesetzt werden kann. Dazu sollen zum Teil bereits erhobene Daten ausgewertet werden und bestehende sinnvolle Forschungskonzepte mit neuen Ideen an die Umstände des Landes angepasst und weiterentwickelt werden. Mittels Einbeziehung aller beteiligten Akteure soll ein selbsttragendes Konzept entstehen, das die Ansprüche sowohl der Bewohner als auch der Touristen erfüllt, ohne kulturelle oder natürliche Ressourcen zu überbeanspruchen oder zu zerstören. Vorrangig soll neben den oben angesprochenen Themen der Ort mittelfristig bezüglich Umwelt (z. B. Umweltschutz), Soziales (z. B. Bildung) und Wirtschaft (z. B. Schaffung von Einkommensquellen) unter aktiver Partizipation der Bevölkerung weiterentwickelt werden. Auf die zehn Jahre dauernde Amtszeit Rafael Correas folgte ein Korruptionsskandal, der eine Verurteilung zu sechs Jahren Gefängnis des Vizepräsidenten Jorge Glas Ende 2017 zur Folge hatte. Dies führte im Land seitens der Bevölkerung zu Skepsis gegenüber den von der Regierung entwickelten (Tourismus-) Plänen. In einer Umfrage wird die Regierung in der Umsetzung ihrer Wahlversprechen als lediglich mäßig befriedigend eingestuft (vgl. BBC Mundo 2017; Romero G. 2018; CEDATOS/WIN GALLUP International 2018). Daher kann man die Erfolgsaussichten eines von der Bevölkerung ausgehenden Bottom-Up Konzepts, als höher einschätzen. In einem ersten Teil der vorliegenden Studie (Kapitel 1 bis 7) wird auf die zentrale Fragestellung inklusive der zugehörigen Leitfragen und die Ziele der Untersuchung eingegangen. Nach der Vorstellung der regionalgeographischen Grundlagen des Landes, der Erläuterung des Forschungsstandes, des methodischen Konzepts und der Darlegung einiger begrifflicher Grundlagen, wird die Arbeit in den theoretischen Kontext der Tourismus- und Wirtschaftsgeographie eingebettet. Es werden das Konzept der nachhaltigen Entwicklung und des nachhaltigen Tourismus vorgestellt. Dabei werden der Begriff der Destination, das Destinationslebenszyklus-Modell nach Butler, Destinationsmanagement und Destinationsmanagementorganisationen sowie die Embeddedness und der Wertschöpfungskettenansatz berücksichtigt. Im zweiten Teil wird die Destination Ecuador analysiert. Nach einem Überblick über die naturräumliche Ausstattung, die allgemeine Entwicklung des Tourismus in Ecuador und die Dimension und räumliche Struktur des Tourismus, werden die regionalen Besonderheiten dargelegt, bevor auf die Fallstudie Mindo eingegangen wird. Es werden die endogenen Stärken und Schwächen der Destination herausgearbeitet. Auf der Basis der Befunde werden im dritten und letzten Teil in einer stimmigen Zielplanung einer nachhaltigen Entwicklung Handlungsempfehlungen für Mindo gegeben, die zur Stärkung und Weiterentwicklung des Tourismus im Sinne der Nachhaltigkeit beitragen.

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Kapitel 2: Zentrale Forschungsfragestellung und Ziele der Untersuchung

2 Zentrale Forschungsfragestellung und Ziele der Untersuchung Ein Blick auf die steigenden Touristenankünfte in Ecuador zeigt, dass Tourismus heute eine wichtige Rolle in der (Export-) Wirtschaft des Landes einnimmt. Lediglich der Abbau von Rohstoffen (Erdöl) und die Landwirtschaft tragen mehr zum BIP des Landes bei. Im Jahr 2018 reisten rund 2,428 Millionen internationale Touristen in den kleinen Andenstaat. Die aus dem internationalen Tourismus generierten Einkünfte lagen bei ca. 18,71°Mio.°US$ (vgl. World Tourism Organization UNWTO 2020a, S. 37ff.). Insgesamt hatte der Tourismus im Jahr 2018 in Ecuador einen Anteil von 6°% am BIP. Das BIP des Reise- und Tourismussektors wuchs um 21,6 % im selben Jahr. Rund 5,5 % aller Arbeitsplätze sind dem Tourismus zuzuordnen und 12,1 % aller Exporteinnahmen werden durch die touristischen Ausgaben hervorgerufen (vgl. WTTC World Travel and Tourism Council 2019). Vor allem aufgrund der hohen Biodiversität, der abwechslungsreichen Landschaft und der relativ stabilen politischen Situation entwickelt sich Ecuador zu einem zunehmend beliebten Reiseziel des internationalen Tourismus. Strukturschwache, periphere Regionen werden durch Tourismus erreicht, der zumindest potenziell zu deren Entwicklung beiträgt. Einige Faktoren sprechen für eine zukünftige weitere positive Tourismusentwicklung des Landes:

Steigendes Interesse der europäischen und USamerikanischen Touristen an Ecuador als Reiseziel Politik hat das touristische Potenzial des Landes erkannt und will den Ausbau des Tourismus voranbringen

Global steigende Zahlen der internationalen Touristenankünfte

Internationale Werbekampagnen, wie der Superbowl 2015

Relative räumliche Nähe zum starken Quellmarkt USA

Verbesserte und günstige Flugverbindungen vom europäischen Kontinent

Lage am Pazifik mit tropischem Klima

Verankerung nachhaltiger touristischer Entwicklungsziele im Entwicklungsplan des Landes Geringe Größe Ecuadors ermöglicht das Land innerhalb kurzer Zeit nahezu vollständig zu bereisen

Bislang noch ungenutztes touristisches Entwicklungspotenzial (diversifizierte naturräumliche Ausstattung)

Abbildung 2 Positiv auf die Tourismusentwicklung Ecuadors wirkende Faktoren. Eigene Darstellung. Bei Untersuchungen zu touristischen Aktivitäten muss berücksichtigt werden, welche Perimeter herangezogen werden sollen. Ein Perimeter meint die äußere Abgrenzung der Untersuchungsregion. In aller Regel werden hierfür administrative Regionen verwendet, da sich auf diese 5

Kapitel 2: Zentrale Forschungsfragestellung und Ziele der Untersuchung

Raumeinheiten bezogen politische Verantwortlichkeiten bündeln und Datenverfügbarkeit besteht9 (vgl. Chilla et al. 2016, S. 158f.). Ecuador lässt sich administrativ nach Provinzen, Kantonen und Parroquias (Gemeinden) unterteilen. Provinzen sind die größten politischen Verwaltungseinheiten.

Karte 1 Provinzen mit Hauptstädten und Kantonen in Ecuador. Jede Provinz hat eine Hauptstadt und besteht aus mindestens zwei Kantonen. Ecuador zählt derzeit 24 Provinzen mit 221 Kantonen. Diese lassen sich wiederum in kleinere Gebietseinheiten, die Parroquias, unterteilen (INEC 2010d). Sie entsprechen Gemeinden in Deutschland. Es bestehen derzeit 1.149 Parroquias, die sich wiederum nach städtischen und ländlichen unterscheiden lassen. Innerhalb der Parroquias existieren Ortschaften und Städte. Es wird der Tourismus in einem Ort Ecuadors auf seine vielfältigen Wirkungen untersucht, um festzustellen, wie dieser gezielt durch Tourismus weiterentwickelt werden kann, um zu einer positiven und nachhaltigen Regionalentwicklung beizutragen (vgl. Analytisches Vorgehen: Auswahl 9

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Innerhalb Europas kann man dafür auf NUTS-Ebenen zurückgreifen.

Kapitel 2: Zentrale Forschungsfragestellung und Ziele der Untersuchung

und Begründung der Fallstudie unter Kapitel 5.2). Vorrangig werden die so erlangten Handlungsempfehlungen für den gewählten Ort der Fallstudie Gültigkeit besitzen. Eine Übertragbarkeit auf andere Orte ist aufgrund der schwierigen Quantifizierbarkeit der Ergebnisse erst nach Modifizierung des Konzepts für die jeweiligen regionsspezifischen Gegebenheiten möglich. Betrachtet wird der ländliche, insbesondere durch Tourismus geprägte Ort Mindo im Nebelwald Ecuadors. Die gewählte Region ist wirtschaftlich und räumlich von den nächstgrößeren Zentren isoliert. Es wird untersucht, auf welche Weise touristische Einrichtungen und Aktivitäten Einfluss auf ihre soziale und physische Umwelt und somit auch auf die Entwicklung des eher strukturschwachen und peripheren Orts nehmen. Berücksichtigung soll insbesondere die Rolle der touristischen Unternehmen für Mindo finden, aber auch das Verhalten der Touristen im Ort und der Region wird näher beleuchtet. Aufbauend auf einer Analyse der tourismusgeographischen Gegebenheiten und den innerörtlichen Akteursbeziehungen, wird eine umfassende Analyse zur Nachhaltigkeit durchgeführt. Auf deren Basis wird ein Konzept entwickelt, das es der Bevölkerung ermöglicht, Tourismus als Mittel zur nachhaltigen Entwicklung des Ortes einzusetzen und das touristische Potenzial bestmöglich zu nutzen. Folgende Ziele lassen sich formulieren:

ZIELE

Erstellung eines tourismusgeographischen Profils

Ökologische Ebene

Identifikation der innerörtlichen Akteursbeziehungen Konzeptionelle Ergebniszusammenfassung

Ökonomische Ebene

Soziokulturelle Ebene

Institutionelle Ebene

Räumliche Ebene

Abbildung 3 Ziele differenziert nach Ebenen. Eigene Darstellung.

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Kapitel 2: Zentrale Forschungsfragestellung und Ziele der Untersuchung

Ziele

Ziel 1: Erstellung eines tourismusgeographischen Profils

Handlungsebene  Ökologisch



 Ökonomisch





Sozial/ kulturell

 

 Institutionell



  Räumlich 

Ziel 2: Identifikation innerörtlicher Akteursbeziehungen

Ziel 3: Konzeptionelle Ergebniszusammenfassung

Identifizierung ökologischer Gegebenheiten/ Besonderheiten Identifizierung von Risikofaktoren (Naturgefahren) Erfassung aller touristischen Einrichtungen / touristischen Angebote Erfassung der Beschäftigungs-/Einkommensstrukturen vor Ort



Identifizierung tourismusrelevanter Akteure und Gespräche mit ebendiesen Identifizierung des Endkunden Identifizierung von Risikofaktoren (z. B. gibt es Sicherheitsprobleme?)



Erfassung bereits bestehender Tourismusprogramme/-projekte Stärken-/Schwächenanalyse der Tourismusprogramme/-projekte

   

Identifizierung der von der lokalen Bevölkerung geleiteten Unternehmen (durch die Gemeinde oder durch individuelle Akteure) sowie ausländische Unternehmen. Identifizierung der lokalen Produktions- und Zulieferbeziehungen zu lokalen touristischen Unternehmen Erfassung des in lokaler Hand befindlichen touristischen Angebot Identifizierung von Wettbewerbern Erfassung von Wachstumspotenzialen Aufzeigen der Raumwirksamkeit der Wertschöpfungsketten



Erstellung von Handlungsempfehlungen und einer Zielplanung nachhaltiger Entwicklung

Kartierung des Orts, inklusive Zuweisung der jeweiligen Nutzungsarten Erfassung der räumlichen Handlungsradien der befragten Einrichtungen Analyse der räumlichen Verteilung des touristischen Angebots

Tabelle 1 Hauptziele der Untersuchung und dafür notwendigen Teilarbeitsschritte. Eigene Darstellung. Das erste Ziel ist, dem idiographischen Ansatz folgend, die Herausarbeitung insbesondere der Individualität des Raums und der regionalen Besonderheiten des Ortes (vgl. Borsdorf 2007, S. 47), um ein tourismusgeographisches Profil zu erstellen. In Tabelle 1 ist eine Auswahl dafür notwendiger Teilarbeitsschritte nach den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit, unter Ergänzung einer institutionellen und räumlichen Handlungsebene, untergliedert. Darauf aufbauend werden im zweiten Ziel innerörtliche Beziehungen der Akteure identifiziert. Auch hier wurden Teilarbeitsschritte ergänzt, die sich hauptsächlich auf die Identifikation der Besitzstrukturen, wie auch der lokalen Produktions- und Zulieferbeziehungen sowie Wertschöpfungsketten beziehen. Durch Analyse, der im ersten und zweiten Ziel erlangten Erkenntnisse und Ergebnisse sollen im dritten Ziel Handlungsempfehlungen und eine Zielplanung einer nachhaltigen Entwicklung gegeben werden.

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Kapitel 2: Zentrale Forschungsfragestellung und Ziele der Untersuchung

Folgende Leitfragen werden mittels weiterer Teilfragen differenziert zum Erreichen der genannten Ziele herangezogen:  1. Wie stark ist der Tourismus vor Ort bereits ausgeprägt und welche Tourismusformen können identifiziert werden?

 

2. Inwiefern handeln Tourismusunternehmer verantwortlich für den Ort?

3. Welche Art Touristen zieht der ausgewählte Untersuchungsort an?

      

4. Inwiefern ist der Tourismus in dem gewählten Untersuchungsort in Ecuador als nachhaltig einzustufen und welches Potenzial hat er?

  

Welche touristischen Einrichtungen sind am Untersuchungsort relevant? Wie handeln die Stakeholder des Tourismus und welche Wechselwirkungen bestehen zwischen deren Handlungen und der Region, inkl. Handlungsradius? Inwiefern können ihre Aktivitäten als nachhaltig eingestuft werden? Besteht bereits ein verantwortungsbewusstes Handeln der Unternehmen für den Ort und woran ist dies festzustellen? In welchen zeitlichen und räumlichen Dimensionen wird verantwortlich geplant und agiert? Was zeichnet die Touristen vor Ort aus? Woher kommen sie? Wie reisen sie? Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit auf wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Basis für ihre Reiseentscheidung? Wie wirken sie auf die Destination ein? Wie sehen räumlich differenzierte Strukturen vor Ort aus? Welche Prognosen bestehen für die weitere touristische Entwicklung des Ortes? Wie sollte ein Konzept zu einer nachhaltigen Tourismusentwicklung aussehen?

Tabelle 2 Leitfragen und Teilfragen. Eigene Darstellung.

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Kapitel 3: Thematische Einordnung

3 Thematische Einordnung 3.1 Einordnung in das System der Geographie Das Thema lässt sich den Forschungsbereichen der Tourismus- und Wirtschaftsgeographie sowie der geographischen Entwicklungsforschung und Regionalentwicklung zuordnen.

Tourismusgeographie (vgl. Kagermeier 2016, Schmude und Namberger 2010)

Wirtschaftsgeographie (vgl. Voppel 1999)

Erstellung eines nachhaltigen Entwicklungskonzepts des Ortes durch Tourismus zur Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Lebensbedingungen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in Entwicklungsländern

Regionalentwicklung (vgl. Chilla et al. 2016)

Geographische Entwicklungsforschung (vgl. Scholz 2004; Nohlen und Axtmann 1998)

Abbildung 4 Zuordnung des Themas zu relevanten Forschungsdisziplinen. Eigene Darstellung. Die Wirtschaftsgeographie als Teil der Humangeographie befasst sich mit den wirtschaftlichen Beziehungen, Verhältnissen und Prozessen im Raum, also mit der räumlichen Organisation und Ordnung der Wirtschaft (Knox et al. 2001, S. 321). Sie soll „räumliche Strukturen und ihre Veränderungen – aufgrund interner Entwicklungsdeterminanten und räumlicher Interaktionen – […] erklären, […] beschreiben und […] bewerten. Dabei sind die Verteilung ökonomischer Aktivitäten im Raum (Struktur), die räumlichen Bewegungen von Produktionsfaktoren, Gütern und Dienstleistungen (Interaktion) sowie deren Entwicklungsdynamik (Prozess) als interdependentes Raumsystem zu verstehen“ (Schätzl 2003, S. 21).

Dementsprechend sollen die räumlichen Strukturen und die durch den Tourismus induzierten und prognostizierten Veränderungen untersucht werden. Touristische Wertschöpfungsketten und die Interessen der Tourismusakteure werden betrachtet, um insbesondere deren räumliche Vernetzung innerhalb des Ortes und der Region herauszuarbeiten. Die Tourismusgeographie als Teilbereich der Wirtschaftsgeographie beschäftigt sich mit der Raumentwicklung in tourismuswissenschaftlicher Perspektive und verfolgt einen gestalterischen und anwendungsbezogenen Ansatz. Die Tourismusgeographie wird verstanden als die „Analyse und Erklärung von Raumstrukturen […], die im Bereich des Freizeit- und Fremdenverkehrs durch 10

Kapitel 3: Thematische Einordnung

sozialräumliche Verhaltensweisen und Umweltbewertungen, durch Standortbildung und (natur- )geographische Standortfaktoren, durch Wirkungen der Freizeit- und Standortbildung sowie durch planerische Steuerung entstanden sind“ (Kagermeier 2016, S. 25). Gegenstand der Tourismusgeographie ist, wie auch in der Humangeographie, die Untersuchung des Handelns des Menschen im Raum und damit verbunden die Analyse der Wirkungen auf den Raum inklusive der Untersuchung der Hintergründe und Motive des Handelns (Kagermeier 2016). Bezogen auf den Forschungsgegenstand bedeutet dies, touristische Akteure zu erfassen, deren soziales und räumliches Wirkungsgefüge zu bewerten und einen Beitrag zum räumlichen Gestaltungsprozess zu leisten und unter Einbeziehung der regionalen Gegebenheiten zu analysieren. Forschungsansätze in der Tourismusgeographie lassen sich den folgenden Ansätzen zuordnen:  Raumwissenschaftlich-ökonomischer Ansatz  Sozialwissenschaftlicher Ansatz  Kulturwissenschaftlicher Ansatz (vgl. Reeh und Faust 2004, S. 12ff.) Der Geographie kommt durch ihren integrativen Ansatz eine zentrale Rolle im Rahmen einer multidisziplinär orientierten Tourismusforschung zu (vgl. Reeh und Faust 2004, S. 15). Die Verbindung von physisch- und humangeographischen Sichtweisen lassen raumkonstruktivistisch geleitete Forschungsansätze zu, die zu unterschiedlichen Raumkonzepten führen:  Raum als Container: Wechselwirkungen von Geofaktoren bestimmen den touristisch genutzten Raum. Die Verortung wichtiger physisch-materieller Gegebenheiten, wie beispielsweise Klima, Flora und Fauna, ökonomische und soziale Raummuster werden als Grundvoraussetzung für die touristische Inwertsetzung des Raums angesehen.  Raum als System von Lagebeziehungen beschäftigt sich mit der Bedeutung von Standorten und Distanzen touristischer Phänomene. Die Untersuchung tourismuswirtschaftlicher Kennzahlen fällt ebenso darunter wie Distanzen und Lage, die sich in Reiseströmen und Aktionsräumen widerspiegeln.  Raum als Kategorie der Sinneswahrnehmung setzt sich mit der subjektiv verschieden wahrgenommenen und bewerteten touristischen Landschaft auseinander. Dabei sind Erfassung von Images bezüglich des Raums sowohl bei der Urlaubsentscheidung (vor der eigentlichen Reise) als auch die Bewertung der Destination und ihrer touristischen Infrastruktur bedeutend. Die individuellen Wahrnehmungen können sich auf die Raumstruktur auswirken.  Raum als Konstrukt ist die konstruierte Darstellung der touristisch genutzten Räume im Rahmen eines Destinationsmarketings. Die Inszenierung von Räumen und ihre soziale Konstruiertheit rücken in den Vordergrund, wobei eine Reduzierung ihrer eigentlich zugrundeliegenden Komplexität vollzogen wird (vgl. Reeh und Faust 2004, S. 16ff.). Die geographische Entwicklungsforschung ist eng mit dem Begriff Entwicklungszusammenarbeit verknüpft, ist aber weitreichender als diese. Unter Entwicklungszusammenarbeit versteht man gemeinhin eine internationale Kooperation unter reicheren und ärmeren Ländern bei der ein Ressourcentransfer stattfindet. Ziel ist, die ärmeren Entwicklungsländer (s. Kapitel 6.2) in ihrer ökonomischen und sozialen Entwicklung zu unterstützen. Die Entwicklungspolitik beinhaltet neben den beschriebenen Transferleistungen der Entwicklungszusammenarbeit auch jene Maßnahmen, die von den Entwicklungsländern ergriffen werden, also auch diejenigen, die von den Entwicklungsländern selbst ohne Hilfe der Industriestaaten geleistet werden (vgl. Rauch 2009, S. 12ff.). Dementsprechend soll untersucht werden, inwiefern derartige Maßnahmen insbesondere im der Untersuchungsregion bereits bestehen und an welcher Stelle ein gezielter Einsatz von nationalen oder auch internationalen Hilfspaketen sinnvoll ist. Der Entwicklungsländer-Tourismus als Teil der geographischen Entwicklungsforschung wird von Vorlaufer (1996b, S. 4ff.) in drei Phasen unterteilt. Die erste Phase, die mit dem vermehrten Aufkommen des Ferntourismus in den 1960er Jahren zusammenfällt, beschreibt er als Phase der Euphorie und des Optimismus. Aufgrund des durch den Tourismus induzierten Wirtschaftswachstums und der in der Volkswirtschaft vertretenen Wachstumstheorien, wurde geschlussfolgert, in kürzester Zeit eine an den Industrieländern orientierte Entwicklung erreichen zu können.

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Kapitel 3: Thematische Einordnung

Es wurde nicht angezweifelt, dass die Entwicklung von einer Agrargesellschaft über die Industriegesellschaft zur Wohlstandsgesellschaft, die die Industrieländer durchlaufen hatten, auch für die Entwicklungsländer möglich sei (vgl. Rauch 2009, S. 67). Nuscheler (2012, S. 30), der die Entwicklungstheorien zeitlich in vier Dekaden einteilt, die mehr oder weniger äquivalent zu den Phasen Vorlaufers verlaufen, bezeichnet diese Zeit als erste Entwicklungsdekade, in der vor allem die Wissenschaft, Regierungen und Entwicklungsorganisationen ein ‚Konzept durch Wachstum‘ verfolgen. Diese Zeit ist entwicklungspolitisch von vier Grundhypothesen geprägt: Die erste besagt, dass Unterentwicklung mit Kapitalmangel gleichzusetzen ist und somit durch Gabe von Finanzhilfen beseitigt werden kann. Die zweite bezieht sich auf den Trickle-Down-Effekt, wonach ausreichend umfangreiches wirtschaftliches Wachstum zu den ärmeren Bevölkerungsschichten „durchsickert“. Die dritte geht davon aus, dass es durch die Einbindung der Entwicklungsländer in den Weltmarkt und durch den dadurch induzierten verstärkten Handelsaustausch zu einer (wirtschaftlichen) Entwicklung kommt. Die vierte und letzte Grundhypothese setzt eine nachholende Industrialisierung als Entwicklungsfaktor notwendigerweise voraus. Nuscheler (2012, S. 31) nennt die daran anschließende Periode, ab Mitte der 1970er Jahre, die zweite Entwicklungsdekade, die den Krieg gegen die Armut als oberstes entwicklungspolitisches Ziel hatte. International agierende Organisationen verfolgten von nun an die Grundbedürfnisstrategie10. In dieser zweiten Phase des Entwicklungsländertourismus wurde deutlich, dass der mittlerweile etablierte Ferntourismus auch Negativeffekte mit sich bringt. Die erhofften wirtschaftlichen Effekte erfüllten sich nicht zur Gänze, gleichzeitig rückten politische, soziale, kulturelle sowie ökologische Folgen des Tourismus in das Zentrum des Interesses. Es kam zur Entwicklung zweier Bewegungen: 1. Auf neoklassischen Außenhandelstheorien (insbesondere in Bezug auf die Devisenrentabilität) und Modernisierungs-, ökonomischen Wachstums- und Wirtschaftsstufentheorien beruhende Bewegung. Es wird davon ausgegangen, dass positive wirtschaftliche Effekte durch den Tourismus negative Effekte ausgleichen können. 2. Aus Imperialismus- und Dependenztheorien hervorgehende Bewegung, die davon ausgeht, dass eine Entwicklung der Entwicklungsländer nur dann möglich ist, wenn sie selektiv vom Weltmarkt abgekoppelt werden und sich autozentriert, endogen und binnenmarktorientiert entwickeln können (vgl. Rauch 2009, S. 69). Negativeffekte des Tourismus wurden oft als allgemeingültig bewertet, ohne dafür empirische Belege vorzulegen (vgl. Vorlaufer 1996b, S. 6f.). In der dritten Phase ab 1980 kommt es zu einem partiellen Zusammenschluss der beiden Bewegungen. Nach Durchführung zahlreicher empirischer Studien entsteht beiderseits ein Bewusstsein, dass neue Reiseformen, wie der sanfte Tourismus11, der angepasste oder aber auch Ökotourismus die Lösung sein können, den Tourismus umwelt- und sozialverträglich zu gestalten (May 1985). Es entstand ein Bewusstsein „dass die Ressourcen dieser Welt endlich sind, [und es] wurde immer klarer sichtbar, dass Entwicklungsvorstellungen – unabhängig davon auf welcher theoretischen und ideologischen Grundlage sie basieren – in den globalen Ruin führen, wenn das westliche Entwicklungsmodell ungebremst weiterhin als Leitmotiv dient“ (Stockmann et al. 2010, S. 2).

Entwicklungen, wie der Zusammenbruch der Sowjetunion, die Liberalisierung der Märkte und Privatisierung einst verstaatlichter Wirtschaftssektoren führen zu einer Besinnung auf neoklassische Wachstumstheorien. Gleichzeitig kommt es aus entwicklungspolitischer Sicht zu einer schweren Wirtschaftskrise, die insbesondere die verschuldeten Entwicklungsländer, darunter FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations): Nahrung für alle, WHO: Gesundheit für alle, UNESCO: Bildung für alle, ILO (International Labour Organization): Arbeit für alle. 11 Der Zukunftsforscher Robert Jungk prägt den Begriff des Sanften Tourismus. In einer Kontraliste stellt er die Formen hartes und sanftes Reisen gegenüber (vgl. Hopfenbeck und Zimmer 1993, S. 83). 10

12

Kapitel 3: Thematische Einordnung

vor allem das Subsahara-Afrika, trifft12 (vgl. Nuscheler 2012, S. 31f.). Die als verlorenes Jahrzehnt betitelte dritte Dekade ist geprägt von „harten“ Organisationen, wie der Weltbank, dem IWF (Internationaler Währungsfonds) und den Geldgeberländern, die „den wirtschaftlich und politisch geschwächten Schuldnerländern marktwirtschaftliche Strukturanpassungsprogramme […] verordnen“ (Nuscheler 2012, S. 32). Die vierte Dekade, „die Befreiung vom Ballast des Kalten Krieges“ (Nuscheler 2012, S. 33) ab den 1990er Jahren, ist entwicklungspolitisch gekennzeichnet durch eine Neuorientierung der Wirtschaftspolitik unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Fragen. Zahlreiche Weltkonferenzen in den 1990er Jahren rücken ‚neue‘ Themen, Ziele und Schwerpunkte in den Mittelpunkt13. Insbesondere die United Nations Conference on Environment and Development (Konferenz in Rio de Janeiro) ist richtungsweisend, da sie mit der Agenda 21 nachhaltige Entwicklung in den Fokus einer zukünftigen globalen Entwicklung bringt14. Aufbauend auf den drei Phasen von Vorlaufer setzt zu dieser Zeit die vierte, die Bewusstwerdungsphase ein, in der verstärkt das Konzept der Nachhaltigkeit aufgegriffen wird. Die Rolle der Natur und Umwelt für den Tourismus rückt zunehmend in das Bewusstsein der Tourismusakteure. Die UNWTO (United Nations World Tourism Organisation) versuchte im Anschluss an die Umwelt- und Entwicklungskonferenz in Rio de Janeiro 1992 erstmalig die nachhaltige Entwicklung auf den Tourismus zu übertragen (vgl. Baumgartner 2008, S. 51). Im Jahr 2000 setzte die Umsetzungsphase ein. Neue Tourismusformen, wie der sanfte Tourismus, entwickeln sich. Eine erste Partizipation der Bereisten setzt ein. Nachhaltigkeit findet erste Operationalisierungsansätze. Es ist der Beginn der Ära der Globalisierung, die mitunter durch die Verabschiedung der Millennium Development Goals (MDGs) durch die Vereinten Nationen eingeläutet wurde. Hierunter fielen acht globale Entwicklungsziele, die in New York von 149 Staaten beschlossen wurden und bis 2015 realisiert werden sollten (United Nations 2018): „Ziel 1 Beseitigung der extremen Armut und des Hungers. Den Anteil der Menschen halbieren, deren Einkommen weniger als 1 US-Dollar pro Tag beträgt und den Anteil der Menschen halbieren, die Hunger leiden. Ziel 2 Verwirklichung der allgemeinen Grundschulbildung. Sicherstellen, dass alle Jungen und Mädchen eine Grundschulbildung vollständig abschließen können. Ziel 3 Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und Ermächtigung der Frauen. Das Geschlechtergefälle in der Grund- und Sekundarschulbildung beseitigen, vorzugsweise bis 2005, und auf allen Bildungsebenen bis spätestens 2015. Ziel 4 Senkung der Kindersterblichkeit. Die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren um zwei Drittel senken. Ziel 5 Verbesserung der Gesundheit von Müttern. Die Müttersterblichkeitsrate um drei Viertel senken. Ziel 6 Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen Krankheiten. Die Ausbreitung von HIV/AIDS und anderen Krankheiten zum Stillstand bringen und allmählich umkehren. Ziel 7 Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit. Den Anteil der Menschen um die Hälfte senken, die keinen nachhaltigen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen haben. Ziel 8 Aufbau einer weltweiten Entwicklungspartnerschaft. Die Entwicklungshilfe und die Handelsbeziehungen reformieren, unter besonderer Berücksichtigung der ärmsten Länder“ (United Nations 2015; Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN) 2005).

Der Brandt-Bericht, 1980: „Das Überleben sichern“ mit Vorschlägen zur Förderung der Entwicklungshilfe sowie einer Reformierung der internationalen Finanz- und Handelssystem blieben unberücksichtigt. 13 Weltmenschenrechtskonferenz, Wien (1993); Weltbevölkerungskonferenz Kairo (1994); Weltsozialgipfel, Kopenhagen (1995); Weltfrauenkonferenz, Peking (1995), Ernährungsgipfel, Rom (1996), Habitat II, Istanbul (1996) (vgl. Nuscheler 2012, S. 34). 14 vgl. Kapitel 8.1. 12

13

Kapitel 3: Thematische Einordnung

In diese ersten Jahre des neuen Jahrtausends fallen auch die Anschläge des 11. Septembers 2001 auf das World Trade Center in New York und eine zunehmende Globalisierungskritik. Entwicklungspolitisch setzte sich die Erkenntnis durch, dass Frieden und Wohlstand in den Industriestaaten nur dann dauerhaft bestehen bleiben, wenn in internationale Entwicklung investiert wird (vgl. Nuscheler 2012, S. 37f.). Touristisch wird in diesem Zeitraum versucht, neue Konzepte, die bereits ein Jahrzehnt zuvor begonnen wurden, weiter auszubauen. Sanfter Tourismus und Ökotourismus, Partizipation der Bereisten sowie Operationalisierung der Nachhaltigkeit stehen im Zentrum von Wissenschaft und Praxis. In der letzten, bis heute andauernden Umsetzungsphase mit aktiver Partizipation und einer Verankerung des nachhaltigen Tourismus, wurden im Jahr 2015 in der Agenda 2030 17 Ziele (SDGs Sustainable Development Goals) für eine weltweite nachhaltige Entwicklung formuliert15. Wichtiger als in den Phasen zuvor ist eine aktive Teilnahme der Stakeholder des Tourismus. Aufgrund von touristischen Phänomenen wie dem Overtourism, kommt es zu einer kritischen Hinterfragung des Tourismus seitens der Wissenschaft wie auch seitens der Bereisten. Nachhaltigkeit rückt unter den Touristen als Themenbereich mehr in den Fokus. Dadurch wird die Einbeziehung der Bevölkerung in touristische Entscheidungen wichtiger. Es kommt zur Gründung von DMOs, Methoden der Besucherlenkung werden eingesetzt und Corporate Social Responsability findet auch im Tourismussektor Anwendung. Phasen

Entwicklungstheoretische Paradigmen

Themen

I. Euphoriephase

Modernisierungs-, Wirtschaftswachstums-, Stufentheorien, neoklassische Außenhandelstheorien

Außen-, binnen-, regionalwirtschaftliche Vorteile, Völkerverständigung

1970 – 1980

II. Kritikphase

Imperialismus-, Dependenztheorie, Theorien des ungleichen Tauschs

Wirtschaftliche, soziale, kulturelle Nachteile, Abhängigkeit vom Tourismus, ökologische Negativwirkungen

1980 – 1990

III. Krisenphase

Krise/Scheitern der großen Theorien/Rückkehr zu neoklassischen Wachstumstheorien

Ökologische und soziale Negativ-Effekte

1990 – 2000

IV. Bewusstwerdungsphase

Rückkehr zu neoklassischen Wachstumstheorien/nachhaltige Entwicklung

Einbeziehung des Umweltschutzgedankens

2000 – 2010

V. Umsetzungsphase

Nachhaltiger Tourismus/MDGs (noch ohne explizite Erwähnung des Tourismussektors), Postdevelopment Institutionenökonomik

Sanfter-/Ökotourismus, Protest/Partizipation der Bereisten/Tourismus muss für die Bereisten profitabel werden/ Operationalisierung der Nachhaltigkeit

2010 – 2030

VI. Umsetzungsphase mit aktiver Partizipation/Verankerung des nachhaltigen Tourismus

Nachhaltiger Tourismus/SDGs (mit expliziter Erwähnung des Tourismussektors)

Protest/Partizipation der Bereisten, nachhaltiger Tourismus, Destinationsmanagement, Besucherlenkung, Good Governance, CSR (Corporate Social Responsibility)

Periode

1960 – 1970

Tabelle 3 Phasen, entwicklungstheoretische Paradigmen und Themen des Entwicklungsländertourismus seit 1960. Eigene weiterentwickelte Darstellung nach Vorlaufer (1996b, S. 5) und Stockmann et al. (2010, S. 12).

s. Kapitel 8.1 Nachhaltige Entwicklung und nachhaltiger Tourismus: Konzept, Strategien, Bewertungsmöglichkeiten und Indikatoren. 15

14

Kapitel 3: Thematische Einordnung

In der geographischen Entwicklungsforschung besteht der Ansatz, durch Regionalentwicklung einen Beitrag zur Entwicklung in Entwicklungsländern leisten zu können. Regionalentwicklung widmet sich der Erklärung von umweltbezogenen und sozioökonomischen Prozessen von Raumeinheiten im subnationalen Kontext. Normativ gesehen soll es mittels einer zielgerichteten Veränderung zu einer Verbesserung der umweltbezogenen und sozioökonomischen Situation kommen (Chilla et al. 2016, S. 56). Die Relevanz von Regionen hat in Bezug auf verschiedene Handlungsebenen, wie Verwaltung und Politik, über die letzten Jahre zugenommen. Zersiedlung der Landschaft und zunehmender Flächenverbrauch, demographischer Wandel und Sicherung der Daseinsversorgung sind herausfordernde Themenbereiche, die es raumübergreifend und zum Teil auch fachübergreifend zu lösen gilt. Insbesondere der nachhaltigen Regionalentwicklung, die die wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse ohne Vernachlässigung der Aufrechterhaltung eines funktionierenden Ökosystems vereint, kommt eine besondere Bedeutung zu (vgl. Umweltbundesamt 2015). Eine Vernetzung verschiedener Akteursgruppen ist unumgänglich, um eine erfolgreiche Regionalentwicklung voranzutreiben und ein nicht abgestimmtes Agieren zu vermeiden. Regionalplanung ist somit nicht nur auf die Gestaltung des Raums zu beschränken, sondern auf die aktive Mitgestaltung von räumlichen Entwicklungsprozessen auszuweiten (vgl. Weick et al. 2012, S. 3ff.). Handlungsfelder der Regionalentwicklung definieren sich über die inhaltlichen Ziele im jeweiligen Kontext. Sie können neben anderen aus ökonomischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Perspektive betrachtet werden. Zentral ist die Frage, woran die Aktivitäten der drei Teilbereiche räumlich feststellbar sind und wie ihre Ausprägung messbar ist (vgl. Chilla et al. 2016, S. 156ff.). In Verbindung strategischer Elemente mit entwicklungspolitischen Grundsätzen, sucht die ländliche Regionalentwicklung periphere ländliche Regionen in Entwicklungsländer zu fördern. Durch partizipatorische Ansätze wird versucht, nachhaltig die Lebensumstände der Bevölkerung zu verbessern, die aktiv an den Prozessen der Entwicklung beteiligt ist (vgl. Brunotte 2002b). Rauch (1997, S. 357) beschreibt sie als „multisektoralen, zielgruppenorientierten und partizipativen Ansatz zur nachhaltigen Minderung bzw. Überwindung der Armut in ländlichen Regionen“.

3.2 Stand der Forschung In der deutschsprachigen Literatur finden sich relativ wenige wissenschaftliche raumbezogene Veröffentlichungen zu Ecuador allgemein, Galapagos einmal ausgenommen. Zudem stammen sie oft aus den1950er und 1960er Jahren oder beschränken sich auf einzelne Projekte oder Dschungel-Lodges, die sich durch besondere Konzepte auszeichnen, geben aber keinen Einblick auf die Tourismusentwicklung des gesamten Landes, einer Region oder Ortes in Ecuador. Dies dokumentiert das bestehende Defizit der deutschsprachigen, forschungsrelevanten Arbeiten. Grundlegendes zum Land in Bezug auf natur- und kulturgeographische sowie wirtschaftsgeographische Gegebenheiten finden sich bei Borsdorf und Stadel (1997) sowie bei Sick (1963). Erstgenannte verfassten einen Exkursionsbericht. Anhand von, während der Exkursion aufgesuchten Orten (ohne Mindo), beschreiben und erklären sie physisch-geographische und sozial-geographische Zusammenhänge des Landes. Ein kurzer Abriss zur Geographie, historischen Entwicklung, Wirtschaftsstruktur, sozialen und politischen Lage Ecuadors findet sich in dem ebenfalls nicht mehr aktuellen Werk von Nohlen und Nuscheler (1995). Unter den spanischsprachigen Veröffentlichungen sind vor allem Arbeiten erschienen, die sich mit Ökotourismus und nicht mit nachhaltigem Tourismus in seiner Gesamtheit befassen. Das Thema Regionalentwicklung findet ebenfalls wenig und wenn, dann vor allem in Artikeln in Zusammenhang mit Turismo Comunitario (Tourismus auf Gemeinschaftsebene) Beachtung. In der Länderkunde ‚Geografía del Ecuador‘ von León Velasco (2015) wird ein Überblick über die physisch-geographischen Gegebenheiten des Landes sowie wirtschafts- und bevölkerungsgeographische Konstellationen beschrieben. Eine weitere spanischsprachige Länderkunde mit umfassenden Informationen gegliedert nach den vier Großräumen Galapagos, Küstentiefland, Hochland und tropisches Tiefland bietet die ‚Geografía del Ecuador‘ von Terán (o. J.). Einen geschichtlichen Überblick über die Entwicklung des Tourismus in Ecuador bieten Caiza und Molina (2012) 15

Kapitel 3: Thematische Einordnung

in ihrem Aufsatz ‚Análisis Histórico de la Evolución del Turismo en el Territorio Ecuatoriano‘. Die Autoren beginnen mit dem Aufzeichnen der historischen Entwicklung mit der Besiedlung des ecuadorianischen Staatsgebiets ab 12.000 v. Chr. Über einige Ausführungen zu den (frühen) Agrargesellschaften (3500 v. Chr. – 1500 n. Chr.), den Inka (ab 1470), der Kolonialzeit (16. – 18. Jh.) und der Epoche der Unabhängigkeit (1822 – 1830) gelangen die Autoren in die Zeit der Republik (ab Mitte des 19. Jh.). Ab der letztgenannten Epoche werden die ersten touristischen Entwicklungen bis heute dargestellt. Garcia Casado und Palacios Estremera 2003 publizierten einen Artikel ‚Nachhaltige Entwicklung und Tourismus in Ecuador‘16. Nach einer Einführung mit einem geschichtlichen Abriss zu Nachhaltigkeit und zu nachhaltigem Tourismus gehen die Autoren auf die große Biodiversität und die regionalen Besonderheiten Ecuadors ein. Im Kapitel Tourismus in Ecuador erläutern sie die Ursachen für einen touristischen Ausbau innerhalb des Landes. Sie zeigen die touristische und tourismuspolitische Entwicklung innerhalb Ecuadors seit Mitte der 1960er Jahre auf. In dem von Prieto (2011) herausgegebenen Buch ‚Umstrittene Räume. Der Tourismus in Ecuador‘17, werden in sieben Kapiteln Fallbeispiele des Tourismus in verschiedenen Regionen Ecuadors behandelt (z. B. Agua Blanca, Oyacachi, Cochasqui). Insbesondere das einführende Kapitel, in dem die Herausgeberin selbst einige bis 2011 veröffentlichte Studien zu historischer und politischer Tourismusentwicklung, zu Ökotourismus und Nachhaltigkeit, gemeindebasiertem Tourismus und neuen Touristen sowie Städtetourismus vorstellt, gibt einen Überblick über den Stand der Forschung in Ecuador. Amend und Amend (1997) beschrieben die Rolle des Ökotourismus anhand zweier Fallstudien auf den Galapagosinseln und im Nationalpark Cuyabeno in einem kurzen geschichtlichen Abriss. Sie stellen einleitend dar, wie es zur Ausweisung von Schutzgebieten in den 1970er Jahren kam. Hintergrund dafür war nicht der Naturschutz, sondern vielmehr das noch sehr spärlich besiedelte Land vor einer Kolonisierung und damit verbundenen unerwünschten Nutzungen zu bewahren. Im Zuge der Estrategia Preliminar para la Conservación de Areas Silvestres Sobresalientes del Ecuador (Vorläufige Strategie für den Schutz herausragender Wildnisgebiete Ecuadors) wurden die bis heute fortbestehenden Großschutzgebiete Parque Nacional Yasuni und das Reserva de Produccion Faunistica Cuyabeno (Wildtierreservat Cuyabeno) sowie der Parque Nacional de Galápagos gegründet. Der Tourismus spielte bei der Ausweisung der Schutzgebiete noch keine Rolle. In dem Beitrag aus den späten 1990er Jahren wird noch drauf hingewiesen, dass die Nationalparkverwaltung der Galapagosinseln zu Beginn der 1980er Jahre (1982) die maximale Besucherkapazität auf 25.000 pro Jahr festgelegt hat, dass diese bis Mitte der 1990er Jahr schon bei knapp 60.00018 Touristen lag. Neben den steigenden Touristenzahlen wird zudem auf die Problematik der negativen touristischen Effekte (Zuwanderung vom Festland, Einbringen nicht-endemischer Arten auf die Inseln sowie Müll, Abwässer und Erosion) eingegangen. Bezüglich des Wildtierreservats Cuyabeno beschreiben die Autoren die Einzigartigkeit des 6.000 km² umfassenden Gebiets. Es wird erläutert, dass eine ähnliche unkontrollierte Tourismusentwicklung, wie sie auf den Galapagosinseln aufgetreten ist, vermieden werden soll. Gleichwohl können erste negative Effekte auch bereits in diesem Gebiet wahrgenommen werden. So steigen die Besucherzahlen jährlich an und zahlreiche große und kleine Reiseanbieter haben sich bereits vor Ort ‚eingekauft‘ und bieten verschiedene Arten von Touren an. Der Naturtourismus vor Ort wächst ‚anarchisch‘ ohne Konzept. Neuere Regelungen verlangen aber eine Registrierung der Besucher sowie eine Zonierung, die eine Besucherlenkung nur in ausgewählte Gebiete zulässt. Abschließend kommen die Autoren zu dem Schluss, dass Tourismus durchaus als Hilfsmittel für den Naturschutz instrumentalisiert werden kann. Gleichzeitig müssen aber die Bevölkerung und unabhängige staatliche Institutionen miteinbezogen werden, um wirtschaftliche Interessen nicht über ökologische und soziale Interessen hinauswachsen zu lassen. Gomez et al. (1997, S. 125 – 130) stellt in dem von Lopez Ornat (1997) herausgegebenen Sammelband die prekäre Lage des Regenwalds Ecuadors dar. Er schildert zunächst, dass jährlich 70.000 Hektar Regenwald Nutzungen wie der Viehwirtschaft und der Gewinnung von Erdöl 16 17 18

16

Desarrollo Sostenible y Turismo en Ecuador. Espacios en disputa: el turismo en Ecuador. 2018 lag sie bei 275.000 Besuchern (Parque Nacional Galápagos Ecuador 2019).

Kapitel 3: Thematische Einordnung

weichen müssen. Aufgrund der Bedrohung dieses Gebiets, das von rund 450.000 Ecuadorianern bewohnt wird, begann man Anfang der 1990er Jahre auf Initiative der IUCN (International Union for Conservation of Nature) in Zusammenarbeit mit der Natura Foundation mit der Förderung einer nachhaltigen Entwicklungsstrategie. In allen fünf Provinzen, die im Regenwaldgebiet liegen, wurden regionale Foren eingerichtet, die alle Beteiligten19 zusammenbrachten, um einen Vorschlag für den Umgang mit der Holz- und Ölindustrie zu entwickeln. Einen wichtigen Überblick über die statistischen Daten bietet der ‚Ecuador Statista Country Report‘ von Mälkki et al. (2019). Darin werden grundlegende Daten zum Land, seiner Ökonomie (Wirtschaftslage, öffentliche Finanzen, Arbeitskräfte, Wirtschaftsumfeld), Handel und Investment, zu Gesellschaft (Einwohner, Einkommen und Human Development Index), Einzelhandel und Konsumverhalten sowie zur Politik bereitgestellt. Der vorliegende Bericht bietet einen umfassenden Überblick über die Situation des Landes, ohne die dargestellten Daten zu interpretieren. Das Umweltministerium Ecuadors hat im März 2018 einen Bericht mit dem Titel ‚Umweltindikatoren für die Ziele für nachhaltige Entwicklung. Kategorisierung und verbindliche Erklärung – Ecuador‘20 herausgegeben. In diesem werden die 17 SDGs (Sustainable Development Goals) (siehe Kapitel 8.1) der UN nach den 228 Indikatoren aufgeschlüsselt und von den umweltrelevanten 36 Indikatoren 17 nach Datenverfügbarkeit kategorisiert. Die übrigen 19 wurden vom Umweltministerium bislang nicht bearbeitet, dies soll aber zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Zahl der Indikatoren

Kategorie

Beschreibung

9

Kategorie A/Stufe I

Indikatoren, für die Information zu allen Variablen vorliegen und Methodologie zur Erhebung der Daten besteht.

3

Kategorie B/Stufe II – kurze Periode

Indikatoren, für deren Berechnung die Informationsbeschaffung innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden kann.

5

Kategorie B/Stufe II – lange Periode

Indikatoren, für deren Berechnung die Informationsbeschaffung mehr als ein Jahr dauert.

-

Kategorie C/Stufe III

Indikatoren, für die keine Berechnungsgrundlagen vorliegen und auch zukünftig keine vorliegen werden.

Tabelle 4 Kategorisierungsstufen der umweltrelevanten Indikatoren der SDGs. Eigene Darstellung nach Ministerio del Ambiente (2018, S. 9). Die neun Indikatoren, die der Kategorie A zugeordnet werden, folgen den allgemeinen Vorgaben der UN für SDGs Indikatoren.

Beteiligte aus sozialen Bereichen, Regierung, NGOs, Kirchen, Militär, indigene Gruppen. ‘Indicadores Ambientales de los Objetivos de Desarrollo Sostenible. Categorrización homologación – Ecuador’. 19 20

y

17

Kapitel 3: Thematische Einordnung

Folgende Berichte wurden spezifisch für die Entwicklung des Tourismus verfasst: Reglamento General a la Ley de Turismo del 05.01.2004 Reglamento del Capítulo VII de la Ley de Turismo 19.02.2003 Estrategia Nacional de Ecoturismo Norma Técnica de Ecoturismo Estrategia Nacional de Turismo Comunitario Estrategia Nacional de Aviturismo Programa de Prevención del Explotación sexual comercial de niños, niñas y adolescentes Programa de Apoyo al Sector Microempresarial Desarrollo de productos turísticos Manuales de calidad y programas de certificación.

Tabelle 5 Berichte zur Tourismusentwicklung. Eigene Darstellung nach Tourism & Leisure – Europraxis (2007, S. 24). Der zuletzt veröffentlichte und direkt auf den (nachhaltigen) Tourismus abgestimmte Bericht ist der ‚Plan Estratégico de Desarrollo de Turismo Sostenible para Ecuador‘ (Strategieplan für eine nachhaltige Tourismusentwicklung Ecuadors (PLANDETUR 2020)). Er wurde vom Tourism & Leisure Advisory Services (T&L) erarbeitet und vom Tourismusministerium (MINTUR 2007) herausgegeben (vgl. Tourism & Leisure – Europraxis 2007). Im Folgenden soll näher auf diesen Bericht eingegangen werden, da er nach wie vor Gültigkeit besitzt. Der PLANDETUR verfolgt drei Hauptziele (Tourism & Leisure – Europraxis 2007, S. 7): 1. Schaffung eines Leitprozesses, der die Bemühungen der Öffentlichkeit, der Privatwirtschaft und der Gemeinschaft zur Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus auf der Grundlage ihrer Gebiete und unter den Grundsätzen der Linderung von Armut, Gleichheit, Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und dezentraler Verwaltung koordiniert. 2. Schaffung der Voraussetzungen für einen nachhaltigen Tourismus als eine dynamische Achse der ecuadorianischen Wirtschaft, die die Lebensqualität ihrer Bevölkerung und die Zufriedenheit der aktuellen Tourismusnachfrage unter Nutzung ihrer komparativen Vorteile und einzigartigen Elemente des Landes verbessern will. 3. Einsetzen des nachhaltigen Tourismus in die staatliche Politik und nationale Planung, um die ganzheitliche Entwicklung und Rationalisierung öffentlicher und privater Investitionen zu fördern (Eigene Übersetzung nach Originalquelle)21. Es wird die Situation des Tourismus in Ecuador22 sowie die Vision und die Mission des PLANDETUR 2020 dargestellt. Weiterhin werden allgemeine Strategien und Strategien, Projekte und Programme speziell für die Tourismusentwicklung vorgestellt. Es werden konkret auch folgende „1. Generar un proceso orientador que coordine los esfuerzos públicos, privados y comunitarios para el desarrollo del turismo sostenible, basado en sus territorios y bajo los principios de alivio a la pobreza, equidad, sostenibilidad, competitividad y gestión descentralizada. 2. Crear las condiciones para que el turismo sostenible sea un eje dinamizador de la economía ecuatoriana que busca mejorar la calidad de vida de su población y la satisfacción de la demanda turística actual, aprovechando sus ventajas comparativas y elementos de unicidad del país. 3. Insertar al turismo sostenible en la política de Estado y en la planificación nacional para potenciar el desarrollo integral y la racionalización de la inversión pública y privada” (Tourism & Leisure – Europraxis 2007, S. 7). 22 z. B. Tourismusankünfte, Bestandsverzeichnis touristischer Attraktionen, Unterscheidung des Tourismus nach Regionen (vgl. Tourism & Leisure – Europraxis 2007, S. 6 – 397d).

21

18

Kapitel 3: Thematische Einordnung

Ziele einer nachhaltigen Entwicklung entsprechend des oben erwähnten Berichts „Umweltindikatoren für die Ziele für nachhaltige Entwicklung. Kategorisierung und verbindliche Erklärung – Ecuador“ als essenziell aufgegriffen (vgl. Tourism & Leisure – Europraxis 2007, S. 25ff.): 1. Identifizierung und Förderung des touristischen Potenzials von Schutzgebieten, Schutzwäldern, Stränden und Buchten, schneebedeckten Bergen und anderen Landschaftstypen. 2. Schaffung von Anreizen für Tourismusinvestitionen in Schutzgebieten, insbesondere in die Verbesserung der Dienstleistungen. 3. Einrichtung von Zertifizierungssystemen für nachhaltige Tourismusaktivitäten. 4. Entwicklung von Informations- und Ausbildungssystemen für Aktivitäten im Bereich des Naturtourismus, um die Beteiligung der lokalen Bevölkerung zu stärken. 5. Reinvestition von Tourismuseinnahmen in Programme zur Erhaltung von Schutzgebieten, Schutzwäldern, Stränden und anderen landschaftlichen Ressourcen.23 Es werden konkrete Handlungsfelder mit jeweiliger Kategorisierung nach Handlungsdringlichkeit gegeben woraufhin ein institutionelles Konzept vorgeschlagen wird. Es geht darum das Tourismusministerium selbst einer Modernisierung, Neustrukturierung und -organisation zu unterziehen. Dies soll zu einer flexibleren und einsatzfähigen Institution führen. Weiterhin wird auf die räumliche Aufteilung des Tourismus sowie auf regionsspezifische touristische Produkte in Ecuador eingegangen24. Abschließend wird der Tourismus und die im Bericht vorgestellte, zukünftige geplante Tourismusentwicklung zum Nachhaltigkeitsziel in Bezug gesetzt. Der territoriale Entwicklungs- und Raumordnungsplan25 des Kantons San Miguel de Los Bancos des Gobierno Autònomo Descentralizado Municipal del Cantòn San Miguel de los Bancos (2015) ist ein ausführlicher Bericht über die Situation des Kantons, der auch die Gemeinde Mindo miteinschließt. Durch die mangelnde Kleinteiligkeit in der Betrachtungsweise, zumeist wird lediglich über den gesamten Kanton, wenig aber nur über die in ihm liegenden kleineren Parroquias berichtet, ist er für die Analyse Mindos nur bedingt als Quelle geeignet. Doch werden grundlegende Informationen über ökologische, soziale, ökonomische und geographische Aspekte gegeben. Im territorialen Entwicklungs- und Raumordnungsplan Mindo 2015 – 201926 (Lescano 2015), der für die Gemeinde Mindo erstellt wurde, wird Mindo näher beschrieben. Hierfür wurden sowohl die historische Entwicklung der Gemeinde als auch geographische Faktoren wie Lage, Höhe, Klima und Boden erläutert. Darüber hinaus werden auch biologische und geologische sowie ökosystemische Aspekte, ebenso wie Naturgefahren erläutert. In dem Bericht werden soziokulturelle, ökonomische, siedlungsgenetische Gegebenheiten vorgelegt. Mobilität, Energieversorgung und Vernetzung wie auch die politische Situation werden ebenfalls behandelt. In dem noch nicht veröffentlichten Manuskript ‚Una historia no muy lejana‘ des Präsidenten der Tourismuskammer des Noroccidentes (Camera de Turismo del Noroccidente) Espinel Cueva (2018) wird die historische Entwicklung Mindos und der Region aufgezeigt. Dabei wird auf die Siedlungsgenese ab etwa 2000 v. Chr. eingegangen. In dem Dokument wird auch die jüngere Siedlungsgeschichte der letzten beiden Jahrhunderte, die für die Entwicklung Mindos wegweisend ist, beschrieben. In der Fallstudie ‚Sustainable ecotourism in Costa Rica: the Monteverde Cloud Forest Preserve’ (Allen et al. 1996) wird anhand des privat, durch das Tropical Service Center, geführten „1. Impulsa la identificación y promoción de las potencialidades turísticas de las áreas protegidas, los bosques protectores, las playas y bahías, nevados y otros recursos escénicos. 2. Estimula la inversión turística en áreas protegidas, particularmente en el mejoramiento de los servicios 3. Impulsa el establecimiento de sistemas de certificación de actividades turísticas sustentables. 4. Desarrolla sistemas de información y capacitación en actividades de turismo de naturaleza, encaminadas a fortalecer la participación de las poblaciones locales. 5. Impulsa la reinversión de beneficios generados por el turismo en actividades que aporten al sostenimiento de las áreas protegidas, los bosques protectores, las playas y otros recursos escénicos“ (Tourism & Leisure – Europraxis 2007, S. 25ff.). 24 Nach dieser Aufteilung fällt Mindo unter das Gebiet Sierra-Centro (zentrales Hochland) (vgl. Tourism & Leisure – Europraxis 2007, S. 457). 25 ‚Plan de Desarrollo y Ordenamiento Territorial’. 26 ‘Plan de Desarrollo y Ordenamiento Territorial de Mindo’ 2015 – 2019‘. 23

19

Kapitel 3: Thematische Einordnung

Nebelwaldreservats erläutert, welche Faktoren dazu beitragen, es als nachhaltig einzustufen. Es finden vor allem die Bereiche Besucher, Finanzierung, Ökologie und Ökonomie Beachtung, die bei genauerer Betrachtung und Analyse die Schlussfolgerung zulassen, dass es sich bei dem Reservat um ein Beispiel nachhaltigen Ökotourismus in Costa Rica handelt, obwohl die Touristenankünfte sehr hoch sind. Durch Controllingmaßnahmen, die auch die Carrying Capacity berücksichtigt, ist nicht von einem Niedergang der Destination auszugehen, jedoch aber von einem weiterhin niedrigen Wirkungslevel auf die lokale Ökologie. Die Rolle eines Best Practice Beispiel des nachhaltigen Tourismus, die Monteverde für den Incoming-Tourismus des Landes hat, ist durch die Ausweitung der Bekanntheit, wie auch durch wiederkehrende Touristen, groß. Ein Mehrwert durch den Tourismus wird sowohl seitens der Besucher als auch seitens der Bewohner erzielt. In ‚Beyond „more is better: Ecological footprint accounting for tourism and consumption in Val di Merse, Italy’ werden die Folgen des Tourismus aufgeschlüsselt nach verschiedenen Bereichen, wie An- und Abreise, Nahrungsmittel, Beherbergung, Abfall und lokalem Transport berechnet, um den ökologischen Fußabdruck zu bestimmen. Es wird darauf hingewiesen, dass die Bereitstellung quantifizierbarer Daten für Destinationen als Instrument genutzt werden können, bevor Entscheidungen getroffen, Änderungen und Kontrollen touristischer Aktivitäten oder Besucherzahlbegrenzungen durchgeführt werden (vgl. Patterson et al. 2007). Einen geschichtlichen Überblick über die Entwicklung des Tourismus, der wissenschaftlichen Tourismusbetrachtung und des nachhaltigen Tourismus ab der zweiten Hälfte des 20. Jh. gibt Lane (2017). Die stetige Entwicklung des nachhaltigen Tourismus zu einer proaktiven Wissenschaftsdisziplin, die versucht positiv Einfluss zu nehmen, wird herausgestellt (vgl. Lane 2017, S. 13). Lokale Nachhaltigkeitsstrategien, Fallstudien-Forschung und gemeindebasierter Tourismus werden neben anderen als zentrale Elemente für die Tourismusforschung genannt. Nachhaltiger Tourismus „has become the conscience of a previously conscience free activity, a route towards innovation in product development, marketing and accommodation creation, and a source of new types of destination planning“ (Lane 2017, S. 14).

Es werden 20 mögliche Forschungsbereiche gelistet, die mögliche Schwerpunkte der Nachhaltigkeitsdebatte, wie beispielsweise Governance, Schutzgebiete, Destinationsmanagement und Social Media umfassen. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Forschung zu nachhaltigem Tourismus nur dann zukunftsfähig ist, wenn es gelingt, sie zu implementieren. Der Aufsatz ‚Sustainable Tourismus: Research and Reality‘ von Buckley (2012) analysiert anhand von etwa 250 Veröffentlichungen zum Thema Nachhaltigkeit, geordnet nach fünf Kategorien: Bevölkerung, Frieden, Wohlstand, Verschmutzung und Schutz deren Rolle in der Forschung. Dabei werden sowohl die Quantität als auch die jeweilig untersuchten Schwerpunkte der Forschungsarbeiten untersucht. Abschließend werden die gebildeten Kategorien nach der Signifikanz für die Nachhaltigkeit, den Einfluss auf den Tourismussektor, die Aufmerksamkeit des Themas in der Tourismusindustrie, der Aufmerksamkeit des Themas bei Tourismusforschern und bei weiteren Wissenschaftlern gewichtet. Ekardt (2007, S. 13 – 25) beschäftigt sich mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit im Kontext der Generationengerechtigkeit und der globalen Gerechtigkeit. Er stellt fest, dass Nachhaltigkeit schon des Wortsinns wegen einen Langzeitbezug haben muss. Somit sind nur Ziele in das Konzept der Nachhaltigkeit zu inkludieren, die den Faktor Zeit berücksichtigen. Auch setzt er einen globalen Bezug der Nachhaltigkeit voraus. Er weist darauf hin, dass heute bestehende und drohende Schädigungen globaler Ökosysteme und des Klimas in dieser Form bislang nicht existierten. Auch geht er davon aus, dass sich die Lage verschlimmern wird, sobald Länder wie Indien oder China sich an die in westlichen Industriestaaten praktizierte Lebensart anpassen werden. Als Beispiele nennt er den ansteigenden Ressourcenverbrauch durch die vermehrte Produktion von Konsumgütern, wie Autos, Kühlschränken und Waschmaschinen. Als Folge des nicht durchdachten Umgangs mit Ressourcen und Klima und auch weil dem Leitgedanken der Nachhaltigkeit nicht genügend konkrete Maßnahmen zur Verfügung stehen, sieht er die zentralen Lebensgrundlagen und somit auch die Freiheit in Gefahr. Er weist darauf hin, dass

20

Kapitel 3: Thematische Einordnung „die Intention der Nachhaltigkeit […] die Auflösung des […] international-intertemporalen Dilemmas, also die Herstellung von Gerechtigkeit in der Bedürfnisbefriedigung zwischen heutigen und künftigen Menschen zwischen Norden und Süden [ist]“ (Ekardt 2007, S. 14).

Nachhaltigkeit ist im populären Schrifttum auf eine ausgeglichene Verfolgung ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange reduziert. Somit bedeutet das Festhalten am Drei-Säulen-Modell im politischen Sinne bloß das In-Einklang-Bringen verschiedener heutiger Themenbereiche, wobei darauf hingewiesen wird, dass dies nicht ausreichend ist und der Langfristbezug hergestellt werden muss (vgl. Ekardt 2007, S. 15f.). Weiterhin kritisiert er das Drei-Säulen-Modell, da er eine Trennung der drei Themenkomplexe Ökonomie, Ökologie und Soziales für kaum realisierbar hält. Als Beispiel nennt er den Abbau von Rohstoffen, der sowohl die Bereiche ökologische Gerechtigkeit als auch die funktionierende Volkswirtschaft eines Landes betreffen kann. Nachhaltige Entwicklung gewährleistet dem Menschen eine dauerhafte Existenzsicherung, somit ist sie vorrangig mit der Sicherung der Grundbedürfnisse gleichzusetzen. Mit der eng mit Nachhaltigkeit und Nachhaltigem Tourismus in Verbindung stehenden touristischen Tragfähigkeit einer Destination befasst sich O’Reilly (1986, S. 254 – 258). Der Autor beschreibt, welche Konzepte der touristischen Tragfähigkeit unterschieden werden können. Zum einen verweist er auf die touristische Tragfähigkeit, die den Tourismus ‚absorbiert‘, bevor negative Effekte im Gastland wahrgenommen werden. Demnach ist das Limit der touristischen Aufnahmekapazität durch das Gastland selbst bestimmt und somit wird ihm und der ortsansässigen Bevölkerung Vorrang eingeräumt. Zum anderen verweist er auf die touristische Tragfähigkeit als Phänomen, das durch die Touristen selbst geschaffen und wahrgenommen wird. Indem die Destination durch die übermäßig große Zahl an Besuchern an Attraktivität verliert, kommt es zu einer Limitierung der Besucher. Diese Aussage geht Hand in Hand mit dem Modell des DestinationsLebenszyklus nach Butler (1980), wonach Destinationen durch Überbeanspruchung unattraktiv und dadurch von Touristen gemieden werden, wenn man keine Revitalisierungsmaßnahmen vor Ort durchführt. Bei der Forschung der touristischen Tragfähigkeit stehen beide Konzepte – das der Wahrnehmung der Touristen wie auch die Wahrung der physischen Attraktivität einer Destination – gleichwertig nebeneinander. O’Reilly (1986) unterscheidet neben diesen beiden Auffassungen nach verschiedenen Subsystemen. Neben der physischen (Zahl der Touristen) und umweltgeleiteten, führt er ökonomische, soziale, kulturelle sowie wahrnehmungsgeleitete Tragfähigkeit an. Um nicht an die jeweiligen Tragfähigkeitsgrenzen zu stoßen, ist eine vorausschauende Planung unabdingbar. Diese wird häufig erst durchgeführt, wenn es bereits zu einem Krisenzustand gekommen ist, wie beispielsweise Umweltzerstörung oder der Verlust kultureller Strukturen und ähnliches. Für eine effektive Planung schlägt O’Reilly vor, zeitig die Charakteristika der Touristen einer Destination, beispielsweise nach Alter, Geschlecht, Einkommen und Erwartungen sowie die Charakteristika der Destination und ihrer Bevölkerung näher zu untersuchen. Er unterscheidet bei der Untersuchung der Destination die natürliche Umwelt und ihre Prozesse, die ökonomische und soziale Struktur, die Entwicklung und Organisation vor Ort sowie die politische Organisation und das Entwicklungsniveau einer Destination. In einem letzten Teil weist der Autor auf die Schwierigkeit der Messung der Tragfähigkeit hin:  

„the acceptable levels of crowding can differ from one society to another […] certain types of development necessitate higher densities than others, even if the sizes of the developments are the same, e. g. beaches for relaxation vis-á-vis tourism […] Physical and environmental carrying capacities can be affected by management techniques“ (vgl. O’Reilly 1986, S. 257).

Relevant bei dieser Debatte ist es, Schwellenwerte für sensible Bereiche festzulegen und frühzeitig Kontrollen zu implementieren und gegebenenfalls Hindernisse zu beseitigen. Die statistische Erfassung bezeichnet der Autor als nahezu unmöglich, dennoch appelliert er an die Erfassung von Veränderungen innerhalb einer Destination. Die Beachtung der Tragfähigkeit, ist unabdingbar, um einen Strategieplan des Tourismus zu entwickeln.

21

Kapitel 3: Thematische Einordnung

Gössling und Peeters (2015) haben in ihrer Veröffentlichung ‚Assessing tourism’s global environmental impact 1900 – 2050‘ das Konzept der RUIs (Resource Use Intensities) vorgestellt. Mit RUIs wird der Verbrauch touristischer Ressourcen pro Verbrauchseinheit, wie zum Beispiel Energieverbrauch pro Übernachtung, abgebildet. Basierend auf durchschnittlichen Schätzwerten wurde der Ressourcenverbrauch für Energie von 1900 bis 2050 errechnet. Für den globalen Tourismus wurden durchschnittliche Ressourcen-Nutzungs-Intensitäten ermittelt, die es ermöglichen, die Faktoren Energie, Emissionen, Wasser, Landverbrauch und Nahrungsmittelkonsum in Relation zur Übernachtung oder zum Touristen zu setzen. Diese Größen sind unabdingbar, um die Carrying Capacity einer Destination einhalten zu können (vgl. Gössling und Peeters 2015, S. 639). Diese Werte (ausgenommen Nahrungsmittelverbrauch) werden auf ähnliche Weise auch beim Modell des Reisesterns von Job (1996) berechnet und berücksichtigt. In einem weiteren Beitrag von Gössling et al. (2005) ‚The Eco-efficiency of Tourism‘ wird an zahlreichen Fallstudien (z. B. Seychellen, Frankreich) die ökologische Effizienz des Tourismussektors berechnet, wobei die Bereiche Transport, Beherbergung und Aktivitäten in der Destination einbezogen werden. Im Handbuch und Leitfaden zum Aufbau von nachhaltigen Destinationsmanagement-Organisationen mit dem Titel ‚Destinationsmanagement in Entwicklungs- und Schwellenländern‘ der GIZ (2019) wird erläutert, warum ein Destinationsmanagement sinnvoll ist, was zu beachten ist, welche Aufgabenschwerpunkte gesetzt werden sollten, wie es sich umsetzen lässt und es wird ein Leitfaden abgezeichnet, der für die Realisierung einer DMO (Destinationsmanagementorganisation) hilfreich ist. Eine Studie der Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (2018) beschäftigt sich mit dem ‚Tourismus in der Entwicklungszusammenarbeit‘. Zunächst werden die Chancen und Risiken des Tourismus und seiner Entwicklung aufgezeigt. Es wird zwischen Nachhaltiger Entwicklung, Nachhaltigem Tourismus und Nachhaltiger Entwicklung durch Tourismus unterschieden, um die Ziele der Agenda 2030 zu realisieren. Die Arbeit der GIZ im Rahmen der globalen Tourismusentwicklung und die Instrumente der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft werden anhand von Praxisbeispiele vorgestellt. Der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft e.V. – BTW brachte 2015 eine ‚Studie zum Beitrag des Tourismus zur regionalen Entwicklung und lokalen Wertschöpfung in Entwicklungs- und Schwellenländern‘ mit dem Titel ‚Entwicklungsfaktor Tourismus‘ heraus. In dieser Studie werden vorrangig die ökonomischen, aber auch die gesellschaftlichen Effekte des Tourismus insbesondere im Hinblick auf die Wirkung der deutschen Touristen auf Entwicklungs- und Schwellenländer dargestellt. Neben dem Beitrag der Tourismusausgaben werden die Effekte auf die Beschäftigung sowie die Vor-Ort-Ausgaben nach touristischen Bereichen aufgegliedert, aufgezeigt. Im ‚Handbuch Tourismusplanung in der Entwicklungszusammenarbeit‘ (Beyer 2014a) werden in einem ersten Teil Zahlen und Fakten zum Tourismus sowie der Tourismus in der Deutschen Entwicklungszusammenarbeit abgebildet. In einem zweiten Teil ‚Herausforderungen – Beratungsansätze – Praxisbeispiele – Instrumente‘ werden zunächst verschiedene theoretische Ansätze und Konzepte dargestellt, um dann näher in Unterkapiteln auf die verschiedenen Handlungsfelder nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und breitenwirksame Beschäftigungsförderung, Gemeinde– und Kommunalentwicklung, Schutz und Inwertsetzung von Biodiversität, Ressourcen– und Energieeffizienz und Klimaschutz im Tourismus sowie auf Good Governance und Politische Rahmenbedingungen, einzugehen. Hilfreich in diesem Handbuch sind die direkten und praktischen Hinweise zur Herangehensweise für die eigene Forschung. Im Aufsatz ‚Tourismus als Instrument für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung‘ von Beyer (2014b) wird auf die Bedeutung des Tourismus aus weltwirtschaftlicher Sicht – insbesondere für Entwicklungsländer – und auf verschiedene Ansatzpunkte für eine nachhaltige Tourismusentwicklung eingegangen. Die Bedeutung naturräumlicher und auch kultureller Alleinstellungsmerkmale von Tourismusdestinationen in Entwicklungsländern ist für eine Tourismusentwicklung zusammen mit der starken Dienstleistungsorientierung des Tourismus groß. Tourismus als arbeitsplatzintensiver Wirtschaftszweig mit einer zum großen Teil relativ geringen Anforderung an die Qualifikation der Beschäftigten, bietet auch schlecht ausgebildeten Personen die Möglichkeit der Beschäftigung. Insbesondere kann Tourismus in peripheren Regionen dazu beitragen, die 22

Kapitel 3: Thematische Einordnung

Infrastruktur zu verbessern bzw. zu schaffen. Deren Existenz ermöglicht überhaupt die Herausbildung einer Tourismusdestination. Davon profitiert aber auch die ortsansässige Bevölkerung, allerdings nur dann, wenn „touristische und kommunale Interessen gleichermaßen Berücksichtigung finden, gut aufeinander abgestimmt sind und Bedürfnisse armer und benachteiligter Bevölkerungsgruppen nicht außer Acht gelassen werden“ (Beyer 2014b, S. 28).

Durch die Ortsgebundenheit des Exportprodukts Tourismus ist es möglich, die Kultur und das Naturbewusstsein und somit den Naturschutz durch Inwertsetzung zu fördern. Dies muss aber maßvoll und nach Nachhaltigkeitsrichtlinien erfolgen und sollte nicht ausschließlich gewinngeleitet sein. Beyer (2014b) geht darauf ein, dass eine einseitige Konzentration lediglich auf den Tourismussektor nicht erstrebenswert ist und gezielte Maßnahmen erforderlich sind, um erwünschte Effekte des Tourismus zu erreichen. Ziel ist es, dadurch eine viele Bereiche umfassende Wertschöpfungskette und eine diversifizierte Wirtschaftsentwicklung zu schaffen. Wie im bereits erwähnten Handbuch ‚Tourismusplanung in der Entwicklungszusammenarbeit‘ wird darauf hingewiesen, dass es sich weniger um eine Wertschöpfungskette als vielmehr um ein Wertschöpfungsnetz handelt. Dem Prinzip der Nachhaltigkeit folgend, ist allerdings nicht nur die Wirtschaftlichkeit in einem solchen System zu betrachten, sondern auch die ökologische und soziale Komponente zu berücksichtigen. Im ‚Praxisleitfaden Nachhaltigkeit im Deutschlandtourismus‘ des Deutschen Tourismusverband e. V. (2016) werden Handlungsempfehlungen, um eine Tourismusdestination (bundesweit) nachhaltig auszurichten, gegeben. Gleichwohl es sich um Hinweise für die Entwicklung des deutschen Tourismus handelt, kann es dennoch auch als Rahmen für die Gestaltung und nachhaltige Ausrichtung einer Destination in anderen Erdregionen dienen. Es wird darauf hingewiesen, dass bereits zahlreiche „Standards, Kriterien- und Indikatoren-Systeme sowie Zertifizierungsverfahren“ für Nachhaltigkeit im Tourismus existieren. Somit soll die Einführung eines Indikatoren-Systems in einer Destination durch die Publikation erleichtert werden. Das Buch ist nach den vier verschiedenen Dimensionen Management, Ökonomie, Ökologie und Soziales untergliedert. Es sind jeder Dimension jeweils zwei Handlungsfelder zugeordnet, die näher betrachtet werden. Für die zu untersuchende Destination relevante Fragen bzw. Handlungsanweisungen werden vorgestellt. Unter der Dimension Management werden die beiden Handlungsfelder Strategie und Planung sowie nachhaltige Angebotsgestaltung mit den entsprechenden Anforderungen, Bedingungen und Umsetzungsbereichen jeweils auf Kooperations- und DMO-Ebene angeführt. Ebenso werden die Handlungsfelder ökonomische Sicherung und lokaler Wohlstand (Dimension Ökonomie), Schutz von Natur und Landschaft und Ressourcenmanagement (Dimension Ökologie) sowie die Handlungsfelder Kultur und Identität wie auch Gemeinwohl und Lebensqualität (Dimension Soziales) erläutert. Abschließend wird ein Kriterien-Set mit 40 Kriterien für eine nachhaltig ausgerichtete Tourismusdestination gegeben. Der Praxisleitfaden zeichnet sich durch einen hohen Grad der Anwendbarkeit in einer Destination aus. Baumgartner (2018) erläutert, welche Zertifizierungssysteme in Deutschland bestehen, welche internationalen Standards vorzufinden sind und abschließend welche erfolgreichen regionalen Netzwerke im Alpenraum bestehen. Der Autor weist auf die Fülle an Zertifizierungen und ihrer Systeme hin und beziffert innerhalb Deutschlands 33 Zertifikate und 43 Zertifizierungssysteme. Alle verfolgen das Ziel, touristische Dienstleister, zumeist Unterkünfte, für Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein auszuzeichnen. Ausstehend ist aber nach wie vor die Entwicklung eines universellen Zertifizierungssystems, dass global anwendbar ist und es erlaubt, Destinationen in ihrer Gesamtheit zu zertifizieren. Dies könnte für den Touristen ein wichtiges Kriterium für die Urlaubsentscheidung bieten und letztendlich auch für die Entwicklung einer nachhaltigen Destination relevant sein. Als Positivbeispiel eines in Deutschland, aber mittlerweile auch in Ecuador mit Hotelzertifizierungen vertretenen Zertifizierungsanbieters, nennt Baumgartner (2018) TourCert, das 2009 in Kooperation mit der Fachhochschule Eberswalde, KATE e. V. und Tourism Watch gegründet wurde. Das Unternehmen gilt als Vorreiter in der Zertifizierung von Destinationen. Dabei, so 23

Kapitel 3: Thematische Einordnung

Baumgartner, wird der Zertifizierungsprozess in den jeweiligen Destinationen nicht von TourCert selbst, sondern von zentralen Anlaufstellen des Tourismus in der Destination (beispielsweise durch eine DMO) durchgeführt. Es werden mit der Zeit mehr Partnerbetriebe innerhalb einer Destination geworben, die in ihrer Gesamtheit die ausgearbeiteten Nachhaltigkeitsaspekte nach außen hin repräsentieren. Dadurch wird den DMOs ermöglicht, „nationale und internationale Benchmarks zu setzen und eine auf internationalen Standards basierende Bewertung der nachhaltigen Entwicklung des Tourismus in der Destination vor[zu]nehmen […]“ (Baumgartner 2018, S. 26f.).

Vorlaufer (1996a) verdeutlicht anhand der Fallstudie zu Mexiko die potenziellen positiven Wirkungen des Tourismus für den Abbau regionaler Disparitäten. Zunächst zeichnet der Autor die historische Entwicklung des Landes nach, die die Ausprägung regionaler Disparitäten förderten. Weiterhin beschreibt er die Gunstfaktoren des Tourismus in dem mittelamerikanischen Land (z. B. naturräumliche Ausstattung, kulturhistorische Besonderheiten, geographische Lage, klimatische Besonderheiten). Anschließend wird die Rolle des Staates und die Gründung der FONATUR (Organ zur touristischen Entwicklungsplanung) erklärt. Die Instrumentarien des DisparitätenAbbaus (Seebäder, Megaprojekte von FONATUR) sowie seine positiven Effekte werden weiterhin vorgestellt (vgl. Vorlaufer 1996a, S. 193 – 223). Vorlaufer (1996b) gib einen Überblick über den Stand der Forschung zum Tourismus in Entwicklungsländern in Verbindung mit regionalen Disparitäten und Nachhaltigkeit. Die Phasen der entwicklungspolitischen Diskussion in Bezug auf Entwicklungsländertourismus werden umrissen, indem ein Zusammenhang zwischen ‚Tourismus, regionale[n] Disparitäten und Regionalentwicklung‘ hergestellt wird. (vgl. Vorlaufer 1996b, S. 1 – 7). Er geht auf die Bedeutung der Polarisationstheorien und die neoklassischen Gleichgewichtstheorien ein und hebt hervor, dass Christaller als einer der ersten die Relevanz des Tourismus für die Entwicklung von Regionen aus standorttheoretischer Sicht herausgestellt habe (vgl. Vorlaufer 1996b, S. 172). Darüber hinaus führt er Fallstudien aus Mexiko, Kenia, Sri Lanka und tropischen Archipel Staaten, wie den Bahamas und den Seychellen, an. Abschließend stellt er ein Modell des raumzeitlichen Entfaltungsmusters des Tourismus in Entwicklungsländern vor (vgl. Vorlaufer 1996b, S. 171 – 200). Zudem wird Tourismus mit Umwelt und nachhaltiger Entwicklung in Beziehung gesetzt. Es wird die Bedeutung einer intakten Natur als Grundlage für den Tourismus herausgestellt. Insbesondere auf den Umweltschutz durch die Ausweisung von Schutzgebieten wird eingegangen, wobei auch der Frage nachgegangen wird, ob eine ausschließlich dem Naturschutz gewidmete Fläche oder eine Mischnutzung sinnvoller ist. Weiterhin wird geklärt, inwiefern es sinnvoll ist, die Lokalbevölkerung in die Naturschutzaktivitäten einzubeziehen oder auszuschließen. Hier wird die Thematik anhand von verschiedenen Fallstudien näher betrachtet (Tansania, Sambia, Nepal). Touristische Übernutzung in Schutzgebieten wird am Fallbeispiel Galapagos in Ecuador näher erläutert, wobei die genannten Zahlen aufgrund des extremen Ausbaus des Tourismus bis zum heutigen Tage überholt sind und Galapagos nicht mehr als Positivbeispiel für eine gelungene ökologische Tourismusentwicklung herangezogen werden sollte. Abschließend stellt der Autor ein Modell zur touristischen Tragfähigkeit im Zusammenhang mit Ressourcenverbrauch und nachhaltiger Entwicklung vor. Das Modell zeigt deutliche Parallelen zum Destinations-Lebenszyklusmodell von Butler (Vorlaufer 1996b, S. 209 – 232). Auf Entwicklung, Entwicklungsländer und Entwicklungspolitik geht Nuscheler (2006) ein, indem er der Frage nachgeht, ‚Handel und Tourismus: Wege aus der Armut?‘ Kritisch beschreibt der Autor, welche Wirkungen der Tourismus auf die Zielländer hat. Er kommt aber zu dem „Fazit: Verändern, was nicht verhindert werden kann“ (Nuscheler 2006, S. 341), und bezieht sich auf die Tatsache, dass die Destinationen in aller Regel keine Unterstützung bei der Expansion des Tourismus brauchen, sondern lediglich Hilfe bei der Entwicklung und Ausformung desselbigen benötigen (vgl. Nuscheler 2006, S. 308 – 345).

24

Kapitel 4: Grundlagen zur Regionalgeographie Ecuadors

4 Grundlagen zur Regionalgeographie Ecuadors

Karte 2 Lage Ecuadors in Lateinamerika.

Die Republik Ecuador liegt im nordwestlichen Teil Südamerikas mit einer Grenze im Norden und Nordosten zu Kolumbien und im Süden und Südosten zu Peru, der Pazifik bildet die westliche Grenze. Ecuador ist nach Uruguay und den Guyanaländern der viertkleinste Staat Südamerikas. Die direkten Nachbarn sind flächenmäßig etwa vierbis fünfmal so groß. Das Land, inklusive der etwa 1.000 km im Pazifik vorgelagerten Galapagosinseln hat etwa eine Fläche von 256.370 km² (INEC 2010e) und laut Bevölkerungszähler der Homepage des INEC (2018b) hat Ecuador im August 2018 ca. 16,8 Mio. Einwohner. Die Parroquía mit der gleichnamigen Hauptstadt Quito, im nördlichen Teil des Landes gelegen, hat rund 1,62°Mio. Einwohner (EW).

Weitere größere und wirtschaftsräumlich relevante Parroquías sind Guayaquil (ca. 2,29°Mio. EW), Cuenca (331.888 EW), Santo Domingo de los Colorados (305.632 EW), Machala (241.606 EW), Eloy Alfaro (235.769 EW), Manta (221.122 EW) und Portoviejo (223.086 EW) (vgl. INEC 2010c). Ecuador lässt sich naturräumlich und klimatisch von West nach Ost in vier Großregionen gliedern:  Die dem Festland vorgelagerten Galapagosinseln (Archipiélago de Colón) setzen sich aus 13 größeren und etwa 50 kleineren Inseln zusammen. Das Klima auf den Galapagosinseln ist ganzjährig nahezu gleichbleibend bei Jahresdurchschnittstemperaturen von 28 Grad Celsius (Holstein 2013). Die Provinz Galapagos besteht aus drei Kantonen (vgl. León Velasco 2015, S. 150).  Das Küstentiefland (La Costa) liegt im Westen des kontinentalen Ecuadors und weist im nördlichen Bereich bis zu 160 km27, im Süden lediglich bis zu 50 km Breite auf. Das Küstentiefland ist keine einheitliche ebene Fläche. Man findet Erhebungen von 300 bis 1.000°m, insbesondere in Küstennähe. Die Temperaturen liegen ganzjährig zwischen 25 und 31 Grad Celsius, wobei das Klima während der Regenzeit von Dezember bis Mai sehr humid ist (Holstein 2013). Das Küstentiefland besteht aus sieben Provinzen mit insgesamt 86 Kantonen28 (vgl. León Velasco 2015, S. 150).

27 28

Größte ostwestliche Ausdehnung auf Höhe von Guayaquil. vgl. Karte 1. 25

Kapitel 4: Grundlagen zur Regionalgeographie Ecuadors

Karte 3 Großregionen Ecuadors mit Hervorhebung der Provinz Pichincha und des Untersuchungsortes Mindo. Eigener Entwurf nach Varela und Ron (2018). 



Das andine, 150 bis 200 km breite Hochland (Sierra), besteht aus zwei parallel, von Nord nach Süd verlaufenden Kordilleren, der Cordillera Occidental (West) und der Cordillera Oriental (Ost). Dieser Höhenzug hat eine Länge von etwa 650 km. Die Hauptstadt Quito befindet sich im Längstal zwischen beiden Kordilleren auf etwa 2.800 m über NN. In den Kordilleren, die ca. 3.000 und 6.000 m über NN aufweisen, befinden sich sechs aktive Vulkane (wie beispielsweise der Cotopaxi mit 5.897 m über NN und die höchste Erhebung Ecuadors, der Chimborazo mit 6.267 m über NN). Die Vulkane sind zum Teil vergletschert, die Schneegrenze liegt zwischen 4.500 m und 4.700 m über NN. Das Klima im Hochland variiert sehr stark je nach Höhenlage und reicht von subtropisch in den Tälern bis hin zu frühlingshaft und kalten Nächten in den Hochlagen (Holstein 2013). Die zehn Provinzen des Hochlands setzen sich aus 91 Kantonen zusammen (vgl. León Velasco 2015, S. 150).29 Das tropische Tiefland im Amazonaseinzugsgebiet (Oriente), zeichnet sich durch seine große Artenvielfalt aus. Das Tiefland liegt durchweg unter 1.000°m über NN und wird durch zahlreiche Flüsse (Napo, Putumayo, Pastaza und Santiago mit den jeweiligen Nebenflüssen) entwässert. Hier herrscht ein ganzjährig warm-humides Klima mit Jahresniederschlägen von 4.800°mm und Durchschnittstemperaturen von 23 bis 26 Grad Celsius (Holstein 2013). Insgesamt verteilen sich auf die sechs Provinzen des tropischen Tieflands 41 Kantone.30

Die Bevölkerung Ecuadors wächst jährlich um 1,97 %. Der Verstädterungsgrad in Ecuador betrug im Jahr 2014 63,3 %. Insbesondere Galapagos und das tropische Tiefland weisen einen sehr geringen Bevölkerungsanteil auf. An der Küste (mit der größten Stadt Ecuadors: Guayaquil) und im Hochland leben rund 95 % aller Ecuadorianer. In der Tabelle sind die Grunddaten zu generativem Verhalten Ecuadors und zum Vergleich Deutschlands aus dem Jahr 2016 zusammengefasst.

29 30

26

vgl. Karte 1. vgl. Karte 1.

Kapitel 4: Grundlagen zur Regionalgeographie Ecuadors

Land

Ecuador

Deutschland

Geburtenrate pro 1.000 Einwohner

18,2

8,5

Sterberate pro 1.000 Einwohner

5,1

11,6

Kindersterblichkeit pro 1.000 Lebendgeborenen

16,9

3,4

Fertilitätsrate pro Frau

2,22

1,44

gesamt

76,8

80,7

Männer

73,8

78,4

Frauen

79,9

83,1

unter 15 Jahre

27,52 %

12,83 %

15 bis 64 Jahre

65,23 %

65,41 %

über 64 Jahre

7,25 %

21,76 %

Lebenserwartung

Altersstruktur

Tabelle 6 Vitalstatistik. Eigene Darstellung nach Central Intelligence Agency (2016). Die Zuordnung der Bevölkerung zu bestimmten Ethnien ist schwierig. Im zuletzt durchgeführten Zensus 2010 wurde die Möglichkeit gegeben, sich selbst einer bestimmten Ethnie zuzuordnen. Danach sind 71,9 % der Bevölkerung Mestizen, 7,4 % Montubios (bäuerliche Bevölkerung des Küstentieflands), 7,2 % Afroecuadorianer (v. a. an der nördlichen Küste), 7,0 % Indígenas (indigene Bevölkerung) und 6,1 % Weiße (INEC 2010f). Die starke Durchmischung der verschiedenen Ethnien ist auf die Geschichte des Landes zurückzuführen. Bis zur Kolonisation durch die Spanier zu Beginn des 16. Jh. waren in Ecuador ausschließlich indigene Völker anzutreffen. Diese vermischten sich schnell zunächst mit den Europäern. Im 16. und 17. Jh. wurden schwarze Sklaven nach Ecuador gebracht31 und auch hier kam es zu einer Vermischung. Insbesondere an der Küste war diese sehr stark, da die Weißen an der Küste Pflanzungen unterhielten und sich die Schwarzen aufgrund des aus der Heimat gewohnten Klimas heimisch fühlten und blieben. Heute sind autochthone Indígenas an der Küste kaum noch vorzufinden. Traditionell war das andine Hochland ein Siedlungsgebiet der indigenen Bevölkerung. Bis heute sind die autochthonen Indígenas dort noch am häufigsten anzutreffen und bilden insbesondere im ländlichen Raum oftmals die Hauptbevölkerungsgruppe (vgl. Sick 1963, S. 45f.). Die Analphabeten-Rate liegt bei 5,6 %. Im Landesdurchschnitt besuchten die Ecuadorianer im Jahr 2014 etwa 9,81 Jahre eine Bildungseinrichtung (vgl. Antamba Chacua 2015, S. 17).32 Es gab im Jahr 2014 etwa 89.000 Hochschulabsolventen, wobei etwa 55 % aus den Bereichen Humanwissenschaften, Betriebswirtschaft und Recht stammten (GTAI Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH 2017). Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs zwischen 2006 bis 2014 jährlich um durchschnittlich 4,3 %. Dies ist auf die hohen Preise für den Export von Erdöl sowie hohe Investitionen aus dem Ausland in den öffentlichen Sektor zurückzuführen. Dadurch kam es zu gestiegenen Ausgaben des Volkes sowie Folgeinvestitionen in den Verkehr- und Energiesektor. Ein Rückgang der Armut war zu verzeichnen (vgl. Grupo Banco Mundial 2017). Bei all der positiven Entwicklung sollte beachtet werden, dass Ecuadors Wirtschaft sowohl von der Ölpreisentwicklung als auch von der Entwicklung des US-Dollar33-Kurses stark abhängig ist (vgl. Grupo Banco Mundial 2017).

Bis 1552 Einfuhr von 15.000 Sklaven (vgl. Sick 1963, S. 48). Dazu zählen Besuche formaler Bildungseinrichtungen: Kindergarten (jardín de infantes), Grundschule (primario /educación general básica), Gesamtschule (secundario), Gymnasium (bachillerato), höhere Ausbildung an einer Universität (superior universitario), höhere Ausbildung ohne Universitätsbesuch (superior no universitario) und Aufbaustudiengänge für Personen über 24 Jahre (postgrado). 33 Der US-Dollar ist seit dem Jahr 2000 offizielle Währung in Ecuador. Er löste die Währung Sucre ab (vgl. Larrea 2013, S. 1). 31

32

27

2015

2010

2005

2000

1995

1990

1985

1980

1975

1970

1965

120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1960

Milliarden US$

Kapitel 4: Grundlagen zur Regionalgeographie Ecuadors

Abbildung 5 Entwicklung des BIP in Ecuador von 1960 bis 2018. Eigene veränderte Darstellung nach Grupo Banco Mundial (2019). Die Armutsgrenze, gemessen am Verbraucherpreisindex, erfasst die Personen als arm, deren ProKopf-Einkommen geringer ausfällt als der durchschnittliche Verbraucherpreisindex34. Insgesamt wird der Anteil der Armen an der Gesamtbevölkerung angegeben. Im Juni 2017 lag die Armutsgrenze bei Netto 84,58 US$ Haushaltseinkommen/Kopf/Monat und die extreme Armutsgrenze bei Netto 48,23 US$° Haushaltseinkommen/Kopf/Monat. Basierend auf diesen Grenzwerten leiden in Ecuador 23,1 % der Bevölkerung an Armut und 8,4 % der Bevölkerung an extremer Armut. Betrachtet man die Stadt-Land-Differenz nach dem Anteil der Bevölkerung, die unter Armut/extremer Armut leidet, wird deutlich, wieviel schlechter die ländliche Bevölkerung gestellt ist35 (vgl. INEC 2017, S. 3ff.). Im März 2018 befanden sich 70,5 % 36 der Ecuadorianer im arbeitsfähigen Alter, wovon 68,1 %37 wirtschaftlich aktiv waren38. Basierend auf den wirtschaftlich aktiven Personen waren 4,4 %39 der Ecuadorianer arbeitslos. Die Arbeitslosenrate lag in Ecuador relativ stabil über die letzten zehn Jahre zwischen 3,8 % und 6,5 %.

Der Verbraucherpreisindex ist ein monatlicher nationaler Indikator, der die allgemeinen Preisschwankungen über einen Zeitraum angibt. Zugrunde gelegt wird ein Einkaufskorb mit 299 Artikeln. Das Ausgangsjahr für den Index ist 2004 mit einem Indexwert von 100 (vgl. INEC 2017, S. 7). 35 Armut städtisches Gebiet/extreme Armut städtisches Gebiet: 14,6 %/3,9 % vs. Armut ländliches Gebiet/extreme Armut ländliches Gebiet: 41,0 %/17,8 % (vgl. INEC 2017, S. 4). 36 Dies entspricht 12 Mio. Personen (vgl. INEC 2018a, S. 9f.). 37 Dies entspricht etwa 8,2 Mio. Personen (vgl. INEC 2018a, S. 9f.). 38 Personen über 15 Jahre, die mindestens eine Stunde pro Woche arbeiten, angestellt sind oder Arbeitslose, die sich um eine Anstellung bemühen (vgl. INEC 2018a, S. 9f.). 39 Dies entspricht etwa 362.000 Personen (vgl. INEC 2018a, S. 9f.). 34

28

Kapitel 4: Grundlagen zur Regionalgeographie Ecuadors

8,00% 7,00% 6,00% 5,00% 4,00% 3,00% 2,00% 1,00% 2024

2023

2022

2021

2020

2019

2018

2017

2016

2015

2014

2013

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

0,00%

Arbeitslose in %

Abbildung 6 Entwicklung und Prognose der Arbeitslosenquote in Ecuador 2005 bis 2024. Eigene Darstellung nach INEC Instituto Nacional de estadistica y censos (2018a, S. 13); International Monetary Fund (IMF) (2019). Etwa ein Drittel der Beschäftigten arbeitet im landwirtschaftlichen Sektor. Der Fokus im BeLandwirtschaft; 28% reich des Agrarsektors liegt vor allem auf der Sonstiges; Produktion der Exportprodukte Bananen, Ka16% kao, Kaffee, Shrimps, Fisch und Rosen (UTN Beherbergung & Universidad Tecnica del Norte Ibarra - Ecuador Verpflegung; 6% 2017). Handel (18 %) und Industrie, inkl. Ölverarbeitung (16 %) folgen. Im Jahr 2019 produzierte Ecuador rund 28,5 Million Tonnen Transport; Erdöl inklusive Rohöls, Schieferöls, Ölsande 6% und NGL (Natural Gas Liquids (Erdgaskondensate: Flüssigkeitsgehalt von Erdgas, bei dem Bildung, Soziales & das Kondensat getrennt gewonnen wird)). Das Gesundheitssektor; sind 531.000 Barrel Rohöl und Kondensate pro 6% Handel; Tag (vgl. Statistical Review of World Energy BP 18% p. l. c. 2020, S. 17f.). Bau; 7% Industrie, inkl. Der Tourismusbereich mit Beherbergung Ölverarbeitung; 12% und Verpflegung nimmt etwa 6 % der Beschäftigten ein. Die direkten Einnahmen des TourisAbbildung 7 Beschäftigung nach Wirtschafts- mus lagen 2018 (bezogen auf Reisen und zweigen in Ecuador 2018. Eigene Darstellung Transport) bei 2.848,6 Millionen US$ (Banco nach INEC Instituto Nacional de estadistica y Central del Ecuador 2020a). censos (2018, S. 36). Demgegenüber stehen Einnahmen von 7.853,4 Millionen US$ für Rohöl, 3.215,9 Millionen US$ für Bananen, 12,77 Millionen US$ für Kaffee, 3.189,7 Millionen US$ für Shrimps, 308,1 Millionen US$ für Fisch, 672,2 Millionen US$ für Kakao und 843,3 Millionen US$ für Blumen (Banco Central del Ecuador 2020b). Somit nimmt der Tourismus eine bedeutende Rolle als Wirtschaftssektor in Ecuador ein.

29

Kapitel 5: Forschungsdesign

5 Forschungsdesign 5.1 Methodisches Vorgehen Für die Untersuchung fand die Einzelfallstudie Anwendung. „Bei einer […] Fallstudie wird ein typischer oder untypischer Einzelfall […] umfassend untersucht, wobei unterschiedliche Datenerhebungsmethoden zum Einsatz kommen“ (Bortz, Döring 2016, S. 215).

Dabei „werden besonders interessante Fälle möglichst umfassend und zumeist über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet (bzw. befragt, inhaltsanalytisch ausgewertet), beschrieben und analysiert“ (Kromrey et al. 2016, S. 104).

Dementsprechend handelt es sich bei der Fallstudie um eine Strategie, die verschiedene Techniken nutzt. Die Betrachtung der Analyseeinheit in seiner Gesamtheit steht im Fokus, um eine Berücksichtigung aller relevanten Faktoren zu ermöglichen (vgl. Häder 2006, S. 348ff.). Die Dimensionen der Fallstudie können variieren und reichen von Einzelpersonen bis hin zu Gesellschaften oder Kulturen (vgl. Kromrey et al. 2016, S. 104ff.; Häder 2006, S. 348ff.). Der Standardisierungsgrad ist gering und zeigt ein geringes Maß an Objektivität, Reliabilität sowie zum Teil auch an Validität. Diese Defizite gereichen nicht zwangsläufig zum Nachteil, da sie durch eine große Detailliertheit und Spezifik der Fallstudie relativiert werden und somit für explorative Studien mit Pilotcharakter geeignet sind (vgl. Kromrey et al. 2016, S. 349ff.). Eine Verallgemeinerung, ausgehend von den durch sie gewonnenen Erkenntnissen, ist in der Regel nicht möglich. Sie können „als Hauptmethode, etwa bei der Analyse typischer oder besonders seltener Fälle, eingesetzt werden [und] […] eignen sich gut zur anschaulichen Illustration bestimmter Ereignisse. Anhand konkreter Schilderungen können so Zusammenhänge plastisch dargestellt werden“ (Kromrey et al. 2016, S. 350).

Für die Fallstudie wurde ein Mixed-Method Design herangezogen. Dieses beschreibt die Kombination unterschiedlicher empirischer Zugänge, wobei die Analysen aus einer interpretativen qualitativen und einer kritisch-rationalen quantitativen Perspektive erfolgen (vgl. Kromrey et al. 2016, S. 106f.). Die quantitative Methodentradition untersucht empirische Daten zu sozialen Makrophänomenen. Dies ist lediglich durch eine ausgeprägte Standardisierung bei der Erhebung der Daten sowie die Bereitstellung und Anwendung entsprechender Mess- und Skalierungsverfahren möglich (vgl. Kelle 2014, S. 154). Dadurch sollen Grundsätze der „Objektivität […], [der] Reliabilität der Datenerhebung, [die] statistische […] Verallgemeinerbarkeit von Befunden und die theoriegeleitete […] Forschung“ (Kelle 2014, S. 155) eingehalten werden. Die qualitative Methodentradition hingegen befasst sich mit der Untersuchung sozialer Lebenswelten durch eine „offene, wenig hypothesengeleitete Erhebung nicht standardisierter Daten“ (Kelle 2014, S. 155). Die detaillierte Beschreibung von Einzelfällen, die eine große methodischen Offenheit notwendig macht, die die Anwendung standardisierter Erhebungsmethoden und das Heranziehen einer großen Fallzahl nicht oder nur bedingt ermöglicht, steht im Fokus (vgl. Hering/Schmidt, Strübing zit. n. Kelle 2014, S. 155).

30

Kapitel 5: Forschungsdesign

Standardisierte Interviews

Kapitel 9.4

Identifizierung der Akteure/ qualitative Experteninterviews

Kapitel 9.3

Kartierung

Kapitel 9.3

Geographische Abgrenzung/ Wahl des Untersuchungsorts

Kapitel 9

Sekundärstatistische Auswertung

Kapitel 5.2

Literaturrecherche

Kapitel 8-9

alle Kapitel

Der Methodenmix bietet die Möglichkeit die Vorteile quantitative mit qualitativen Forschungsmethoden zu verbinden, um dadurch die ‚Tiefe‘ und ‚Weite‘ der Ergebnisse zu erhöhen. Die komplementäre Ergänzung der beiden Methoden erfasst somit den Forschungsgegenstand umfänglicher und spezifische Schwächen eines methodischen Ansatzes können durch Stärken des anderen nivelliert werden. Die Objektivität und Genauigkeit hingegen werden dadurch nicht gesteigert (vgl. Fielding und Fielding 1990, S. 33; Kelle 2014, S. 157f.). Die beiden methodischen Herangehensweisen werden auch getrennt voneinander eingesetzt und deren jeweilige Ergebnisse zueinander in Bezug gesetzt (qualitative Leitfadengespräche in Verbindung mit den Fragebögen der Beherbergungsbetriebe und der Agenturen). Es werden in dieser Untersuchung drei zeitliche Reihenfolgen nach Kelle (2014, S. 158ff.) der quantitativen und qualitativen Methoden gewählt: Die erste stellt Leitfadengespräche explorativ zeitlich vor die standardisierte Befragung (insbesondere Interviews auf institutioneller Ebene). Die zweite zeichnet gezielt zweifach auf (Standardisierte Befragung in Ergänzung zur Erfassung des gesamten Gesprächsverlaufs währenddessen) und die dritte läuft zeitlich parallel diffus in Teilstudien nebeneinander ab (qualitative Leitfadengespräche z. B. mit Reiseagenturen, Politikern, ausgewählten Beherbergungsbetrieben, Kartierungen, quantitative Befragungen der Touristen). Die gewonnenen Ergebnisse der Teilstudien werden in einem weiteren Schritt miteinander in Bezug gesetzt und analysiert.

POBS und ReiseseternAnalyse

Abbildung 8 Bestandteile des methodischen Konzepts. Eigene Darstellung. Die Qualität der zur Verfügung stehenden Daten ist nicht durchweg als gut einzustufen. Ecuador erhebt in regelmäßigen Abständen Zensusdaten. Diese Daten können als valide eingestuft werden. Dahingegen sind die touristischen Daten mit größter Vorsicht zu verwenden. Insbesondere bei der Erhebung des touristischen Sektors (Beschäftigte, Zahl der Beherbergungsbetriebe) ist davon auszugehen und es zeigte sich auch bei der Untersuchung vor Ort, dass die Dunkelziffer durch nicht offiziell gemeldete Angaben sehr hoch ist. Daher handelt es sich bei den darauf aufbauenden Karten und Statistiken lediglich um ungefähre Richtwerte. Die Vergleichbarkeit mit anderen Ländern ist schwierig, innerhalb des Landes sind die Daten durchaus in Relation zu setzen. In Ecuador haben das Tourismusministerium (MINTUR) und das nationale statistische Landesamt (Instituto Nacional de Estadística y Censos) bereits zahlreiche Erhebungen durchgeführt, die herangezogen werden konnten. Es liegen Daten beispielsweise zu Touristenankünften, zu Herkunftsländern, zu Aufenthaltsdauer, zu Beschäftigten im Sektor und zu touristischen Einrichtungen vor. Nach der Wahl der Untersuchungsregion (vgl. Kapitel 5.2) wurden in einer ersten empirischen Phase in Ecuador Basisdaten erfasst, um die Strukturen der touristischen Einrichtungen sowie Informationen über deren Funktionsweisen und Handlungsabläufe aufzunehmen. In einer zweiten empirischen Phase in Ecuador wurden zunächst eine Inventarisierung und Kartierungen durchgeführt. Für die Kartierung wurde die Ortschaft systematisch erfasst und alle Gebäude und Flächen innerhalb des gewählten Orts wurden katalogisiert, nach Nutzungsart kategorisiert und verortet. Die Kartierung erfolgte mit dem Programm Collector for ArcGis. Hierfür wurden die erwarteten Nutzungsarten vorab bereits nach Kategorien zusammengefasst und bekannte, lokalisierbare Institutionen, Hotels und Restaurants eingetragen. Dadurch war es bei der vor Ort Kartierung möglich, die Gebäude, Grundstücke und Flächen einer Kategorie zuzuordnen. Zudem

31

Kapitel 5: Forschungsdesign

wurde die Kartierung auch in vorbereitete ausgedruckte Karten manuell eingetragen, um einen Verlust der Daten auszuschließen. Es wurden zwei Arten von Interviews durchgeführt. Zum einen leitfadengestützte Experteninterviews, die mit den touristischen und politischen Stakeholdern vor Ort geführt wurden, um eine professionelle Einschätzung zu erhalten. Durch diese Interview-Art sollte „durch die offene Gesprächsführung und die Erweiterung von Antwortspielräumen der Bezugsrahmen des Befragten […] miterfasst werden […], um so einen Einblick in die Relevanzstrukturen und die Erfahrungshintergründe des Befragten zu erlangen“ (Schnell et al. 1999, S. 355).

Zum anderen wurden Angaben von Hotels, Agenturen und Touristen über einen standardisierten Fragebogen erhoben. Durch eine weitgehende Neutralität der Befragenden und eine Gleichheit der Interviewsituation sollte somit eine Validität der Operationalisierung, eine Reliabilität der Messung und eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse erreicht werden (vgl. Schnell et al. 1999, S. 300ff.; Kromrey et al. 2016, S. 240ff.). Nach der Identifizierung erster wichtiger Tourismusakteure wurden diese um Gespräche gebeten. In teilstrukturierten, leitfadengestützten qualitativen Experteninterviews in spanischer Sprache wurde die Haltung der Akteure des Tourismus sowie deren Bereitschaft, den Tourismus nachhaltig auszurichten, erfasst. Ebenso wurden die Vernetzung unter den Tourismusakteuren, die Handlungsoptionen, -präferenzen und -strategien erhoben. Dafür wurden folgende Akteurs-Gruppen vorab klassifiziert (Vogt 2008, S. 192ff.): Institutionelle Tourismusakteure, Akteure der touristischen Angebotsseite und Akteure der touristischen Mittlerseite. Die Stichprobenauswahl der Gesprächspartner erfolgte via Schneeballverfahren. Das heißt, ausgehend von bereits bekannten Personen wurden weitere durch diese benannte Personen befragt (vgl. Schnell et al. 1999, S. 280). In Tabelle 7 sind die Gesprächspartner nach Akteursgruppen differenziert aufgelistet. Die Gespräche wurden protokolliert. Den Gesprächen mit den Akteuren der touristischen Angebotsseite wurde vorab ein Fragebogen präsentiert, um die Basisdaten der jeweiligen Unternehmen zu erheben. Akteursgruppen

Institutionelle (staatliche/ nicht-staatliche) Tourismusakteure

40 41 42

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Institution

Befragte Personen

Datum des Gesprächs

Tourismusverantwortlicher Mindo

Victor Garzón

29.08.2019

Präsident GAD40 Parroquial de Mindo

Fidel Yaguachi

02.09.2019

Leitung Tourismus Informationszentrum, Municipio Mindo

Vilma Duran

02.03.2018

Presidenta GAD Parroquial de Mindo

Lic.41 Lilian Salazar

27.02.2018

Sulema Pizarro Gando

07.03.2018

Caroline Frey

27.09.2017

David Lansdale

18./26.04.2018

Patricio Espinel

06.03.2018

Ramiro Salazar

06.03.2018

Concejal Junta Parroquial

Henrry Patiño

07.03.2018

Fundacion Jocotoco

Isabel Zurita

27.09.2017

Bürgermeisterin Koordinatorin Hospitalidad Escuela de Hospitalidad y Turismo Universidad de Las Américas, Quito Prof. Universidad San Francisco de Quito, School of Business, Ecohelix Mirador Rio Blanco, Vizepräsident der Tourismuskammer des Nordoccidente Sachatamia Lodge, Ex-Präsident der Tourismuskammer des Nordoccidente

Ing.42

Gobiernos Autónomos Descentralizados (dezentralisierte autonome Regierungen). Licenciada, -/o (Hochschulabsolvent/in). Ingeniera, -/o (Ingenieur/-in).

Kapitel 5: Forschungsdesign Akteursgruppen

Institution

Akteure der touristischen Angebotsseite

Akteure der touristischen Mittlerseite

Befragte Personen

Datum des Gesprächs

Casa de Piedra, Verantwortlicher der Tourismuskammer des Nordoccidente

Henry Guillen

27.02.2018

Hacienda San Vicente

Familie Garzón

13.03.2018

Hosteria Saguamby Mindo

Adrian Proaño

05.03.2018

Le Bicok

Sebastien Bavgio

16.03.2018

Restaurante Quinoa

Oswaldo German Proaño Leiva

15.03.2018

La Roulotte

Ignacio de la Torre

05.03.2018

Hostal Jardín de los Pajaros

Juan A. Cajiao

16.03.2018

Hostal San René

Ana Maria Solis

07.03.2018

Birdplanet Ecolodge

Patricia Aguirre und Ehemann

29.08.2019

El Acuario de Mindo

Monica Espinoza

13.03.2018

Mindo Lindo

Pedro Peñafiel

13.03.2018

Agencia American World Tours, Mindo

Miguel G. Paladines

29.09.2017

Birdwatching Tour Operator Mindo Paradise

Sandra Patiño

14.03.2018

Hotel Garceta Sol/Restaurant El Chef/Agentur Mindo Bird Adventure

Miguel Patiño

13.03.2018

Tabelle 7 Befragte Personen nach Akteursgruppen. Eigene Darstellung. Bei diesen Gesprächen wurden Probleme der Branche identifiziert, um Lösungsansätze eruieren zu können. Durch das entstehende regionale Expertennetzwerk wurde die Bedeutung des Tourismus für die Untersuchungsregionen herausgearbeitet, um zielführende Handlungsempfehlungen formulieren zu können. Akteure der touristischen Nachfrageseite konnten als vierte Gruppe einbezogen werden. Mit diesen wurde eine standardisierte Befragung mittels Fragebogen durchgeführt. Es wurden standardisierte Fragebögen, auch für die strukturierte Primärdatenerhebung der touristischen Angebotsseite angewandt. Somit fanden drei unterschiedliche Fragebögen (s. Anhang) in der Untersuchung Anwendung. Es wurden 519 Touristen, 54 Verantwortliche der Beherbergungsbetriebe und 13 Leiter bzw. Inhaber der Reiseagenturen in Mindo befragt. Mit den ersten beiden Fragebögen wurde eine Vollerhebung der Hotels und Reiseagenturen in Mindo angestrebt (vgl. Anhang I und II). Neben den größeren Unternehmen wurden auch die vielen Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) erfasst. Befragt wurden die Besitzer, Betreiber und/oder Leiter touristischer Einrichtungen. Die Erfassung grundlegender Daten bezüglich der Strukturen, des Personals, der Warenbeschaffung, des Angebots sowie eventueller spezieller touristischer Programme, die Einzugsgebiete, die Vernetzungen, Handlungspraktiken und verfolgte Ziele standen im Zentrum des Erkenntnisinteresses. In einer zweiten Phase vor Ort wurden die Unternehmen erneut besucht und eine persönliche Befragung zunächst mittels des Fragebogens, danach mit Leitfaden durchgeführt. Zudem wurde der Fragebogen für alle Akteure auch Online in der Plattform Sociesurvey.de/Ecuador eingestellt, um auch ein nachträgliches Ausfüllen des Fragebogens zu ermöglichen. Der Fragebogen wurde zwei Monate lang auf der Onlineplattform bereitgestellt. Die Rücklaufquote der Befragung lag bei den Beherbergungsbetrieben bei rund 87,1 % und bei den Reiseagenturen bei 100 %. Der dritte Fragebogen konzentriert sich auf die Befragung der Touristen (vgl. Anhang III). Es wurde herausgearbeitet, welche ‚Art‘ Tourist in der Region vorrangig anzutreffen ist. Wichtige Fragen waren: Welche Strukturmerkmale zum Beispiel bezüglich Alter und Herkunft haben die Touristen? Welches Budget steht ihnen zur Verfügung? Welche Erwartungen haben sie an die Destination? Was wird während der Reise noch besucht? Welche Verkehrsmittel werden benutzt?

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Kapitel 5: Forschungsdesign

Besteht eine Vernetzung zu anderen Touristen? Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei ihrer Reise? Bei der Touristenbefragung handelt es sich um eine Stichprobe, da die Grundgesamtheit der Touristen, die jährlich nach Mindo kommen, unbekannt ist. Aus den Ergebnissen der methodischen Teilschritte wurde ein Konzept entwickelt, das es erlaubt, den Tourismus durch gezielte Maßnahmen in der Wertschöpfungskette sowie auch in den Unternehmen selbst nachhaltiger zu gestalten. Die Ergebnisse und das gewonnene Konzept werden in den Kapiteln 9 und 10 vorgestellt.

5.2 Analytisches Vorgehen: Auswahl und Begründung der Fallstudie Die Wahl des Untersuchungsraums fiel auf den Ort Mindo, der im peripheren, rural geprägten Bereich des Landes liegt.

Karte 4 Übersichtskarte Ecuador mit Lage des Untersuchungsorts. Mindo in der Provinz Pichincha, im Kanton San Miguel de Los Bancos, ist ein etwa 3.500 Einwohner umfassendes Dorf, ca. 100 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Quito. Das Dorf liegt in einer agrarisch geprägten, auf Viehwirtschaft und den Anbau tropischer Früchte spezialisierten Region. Mindo zeigt gute Voraussetzungen, die für nachhaltigen Tourismus nutzbar gemacht werden können: Die Lage der Gemeinde in der subtropischen Zone, zeichnet sich durch eine hohe Biodiversität aus, die zahlreiche Naturtouristen anzieht. Durch das differenzierte Landschaftsbild ist eine Vielzahl an Freizeitaktivitäten wie Vogelbeobachtungen, geführte Amphibien-/Orchideentouren sowie Rad- und Reitausflüge möglich.

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Kapitel 5: Forschungsdesign

Karte 5 Satellitenkarte des Dorfes Mindo mit seinen Ortsteilen. Die Satellitenkarte (Karte 5) zeigt die Lage des Ortes Mindo mit seinen sechzehn Ortsteilen. Erkennbar sind die Lage innerhalb des subtropischen Waldes und die Vielzahl an Flüssen, die im und um den Ort fließen. Nur eine durchweg geteerte Straße führt von Norden (der Abzweigung ‚Y de Mindo‘) in den Ort. Die übrigen Strecken wurden bislang noch nicht weiter ausgebaut und bestehen überwiegend aus Schotter und Lehm. Demnach werden sie für den interregionalen Verkehr nahezu nicht genutzt. Hauptsächlich in den letzten beiden Dekaden erfolgte ein umfangreicher Ausbau der touristischen Infrastruktur. Die in dieser Zeit entstandene Menge auf Tourismus basierenden Betriebe lässt eine Abhängigkeit vom Tourismus annehmen. Das diversifizierte Beherbergungsangebot, das Unterkünfte aller Kategorien von einfachen Unterkünften bis zu Mittelklassehotels bietet, ist ideal zur Durchführung einer tourismusgeographischen Studie.

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Kapitel 5: Forschungsdesign

Zwei große Ereignisse begünstigen ebenfalls die Wahl Mindos für die Fallstudie, da sie die weitere touristische Entwicklung stark beeinflussen könnten: zum einen die Vergabe von Konzessionen zum Abbau von Rohstoffen. Ecuador verkaufte 40 Schürfkonzessionen im Gebiet an kanadische und australische Unternehmen und genehmigte somit den großflächigen Tagebau von Kupfer und Gold (Interview Pedro Peñafiel,13.03.2018). Zum anderen die im extremen Kontrast zur Vergabe der Schürfrechte stehende Ausweisung des Chocó Andino als UNESCO Biosphärenreservat, das Ende Juli 2018 durch den im indonesischen Palembang internationalen Rat des UNESCO Programms „Der Mensch und die Biosphäre“43 beschlossen wurde.

Karte 6 Biosphärenreservat Chocó Andino. Eigener Entwurf nach Almeida (2017).44

Es besteht seit 1970 und ist das erste global agierende, die Mensch-Umweltbeziehungen umfassende Programm Deutsche UNESCO-Kommission e.V. 2018a. Weltweit existieren in 122 Ländern 686 Biosphärenreservate mit einer Gesamtfläche von über 10 Millionen Quadratkilometer (2 % der Erdoberfläche). Die jeweiligen Biosphärenreservate stehen in einem regelmäßigen Kontakt zum Erfahrungsaustausch Deutsche UNESCO-Kommission e. V. 2018a. 44 ACUS: Áreas de Conservación y Uso Sustentable (Naturschutzgebiete und Gebiete nachhaltiger Nutzung). 43

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Kapitel 5: Forschungsdesign

In Ecuador wurde ein rund 2.870°km² großes Gebiet im Nordwesten des Landes in der Provinz Pichincha ausgewiesen. Dies entspricht etwa 30 % der Gesamtfläche der Provinz und umfasst große Teile der drei Kantone Quito, San Miguel de los Bancos und Pedro Vicente Maldonado mit elf Parroquias45 (vgl. Suarez Herrera 2018). Es zeichnet sich durch Höhendifferenzen zwischen 360°m über NN und 4.480°m über NN und eine hohe Biodiversität aus. Die drei hauptsächlich anzutreffenden Vegetationszonen sind Wald, Páramo46 und Buschland. In diesem Bereich kommen circa 10.000 Pflanzenarten (etwa ein Viertel davon endemisch), 130 Amphibien- , 200 Vogel- , 210 Reptilien- und 270 Säugetierarten47 vor. Die etwa 880.000 Personen im Bereich des Chocó Andino leben vorrangig von der Landwirtschaft (Obst- und Gemüseanbau sowie Vieh- und Fischwirtschaft) sowie vom Handel (Deutsche UNESCO-Kommission e. V. 2018b). Das Dorf Mindo liegt im Kernbereich des Biosphärenreservats, die Gemeinde liegt zum Teil im Kernbereich, zum Teil in der daran angrenzenden ‚Pufferzone‘. Generell werden im Biosphärenreservat drei Zonen, die Kernzone (Zona Nucleo), die Übergangszone (Zona de Transición) und die Pufferzone (Zona de Amortiguamento) unterschieden. Die Kernzone dient dem Schutz der Natur und umfasst ein Gebiet von rund 740 km², was in etwa einem Anteil von 25,7 % des gesamten Gebiets entspricht. Die Übergangszone mit rund 1.190 km² (41,1 %) darf bzw. soll für wirtschaftliche Entwicklung und Produktion genutzt werden. Die Pufferzone mit etwa 940 km² (32,8 %) liegt zwischen den beiden zuvor genannten und darf eingeschränkt genutzt werden. Nach einer ersten empirischen Phase im Herbst 2017 wurde Mindo nochmals besucht und auf seine Eignung für die geplante Forschung geprüft. Es wurden die Grundvoraussetzungen, wie z. B. ein florierend erscheinender Tourismus, die Bereitschaft relevanter Tourismusakteure zur Kooperation, die geographischen und infrastrukturellen Gegebenheiten sowie das Bestehen verschiedener Tourismusformen durch Begehungen und erste explorative leitfadengestützte Interviews begutachtet. Die natürlichen und soziokulturellen Grundvoraussetzungen bestimmen die Ausrichtung der touristischen Unternehmen am gewählten Ort maßgeblich auf unterschiedliche Weise. Eine Analyse, wie diese Unternehmen jeweils in ihrer Umwelt handeln und welchen Einfluss sie auf den Ort haben, erschien sinnvoll, um ein, verschiedene Aspekte beleuchtendes und operationalisierbares Konzept für den Tourismus für Mindo entwickeln zu können.

Calacali, Gualea, Lloa, Mindo, Nanegal, Nanegalito, Nono, Pacto, Pomasqui, San Antonio de Pichincha, San Jose de Minas (Suarez Herrera 2018). 46 Páramo: Landschafts- und Vegetationstyp der tropischen Hochanden im Bereich der Nebel- und Wolkenstufe mit relativ hoher Feuchtigkeit durch mindestens zehn humide Monate, aber niedrige und durch geringe Schwankungen ausgezeichnete Temperaturen […] Starke Fröste treten kaum auf, da häufige Nebel mikroklimatisch wirken. Das Wachstum der Vegetation, […] geht langsam von statten (Leser 2010, S. 654). 47 Zum Vergleich Deutschland: ca. 4.000 höhere Pflanzenarten, 30 Amphibien- und Reptilienarten, ca. 500 Vogel-, und 98 Säugetierarten (Manderbach 2018; Sudfeldt et al. 2010, S. 7). 45

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Kapitel 6: Begriffliche Grundlagen

6 Begriffliche Grundlagen 6.1 Tourismus: Begrifflichkeit im Wirkungssystem räumlicher Bezüge Der Begriff Tourismus, der zumeist synonym etwas unscharf zu den Begriffen Touristik, Reiseund Fremdenverkehr verwendet wird, „umfasst den nationalen und internationalen Reiseverkehr, d. h. Verkehr von Reisenden (oder Touristen) zwischen Heimatort und Reiseziel, den vorübergehenden Aufenthalt (Orts-) Fremder am Ziel- oder am Fremdenverkehrsort sowie die Organisation der Reisevorbereitung am Heimatort“ (Freyer 2001, S. 1).

Wie aus dieser Definition ersichtlich ist, spielen mehrere Komponenten für den Tourismus eine tragende Rolle. Freyer (2001, S. 32) und Kagermeier (2016, S. 21) arbeiteten ein ganzheitliches Tourismusmodell heraus, welches das Wirkungsgefüge des Tourismus darstellt:

Raum Drei Dimensionen der Nachhaltigkeit

Gesellschaft

Staat / Politik

Natur / Umwelt

Wirtschaft

Individuum

Tourismus

Freizeit

Abbildung 9 Wirkungsgefüge im Tourismus mit den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit und der Komponente Raum. Eigene Darstellung nach Freyer (2001, S. 32). Demnach sind es sieben elementare Bereiche, die auf den Tourismus als Wirkungsgefüge Einfluss nehmen: Wirtschaft als Dimension der Nachhaltigkeit Zu nennen ist zum einen die wirtschaftliche Situation im Quell-/Ursprungsland. Je mehr wirtschaftliches Kapital zur Verfügung steht, desto breiter ist auch das potenzielle Ausgabevolumen für das touristische Angebot. Zum anderen ist die wirtschaftliche Situation in der Destination vom wirtschaftlichen Niveau abhängig. Je mehr Kapital zur Verfügung steht, umso breiter kann und 38

Kapitel 6: Begriffliche Grundlagen

wird in aller Regel auch das touristische Angebot gestaltet werden. Somit ist das Potenzial, eine Destination touristisch aufzubereiten, in Industriestaaten eher gegeben als in Entwicklungsländern. Die Implementierung des Tourismus wird als Impulsgeber für eine positive wirtschaftliche Entwicklung insbesondere in peripheren Gebieten angesehen. Die Förderung der Wirtschaftlichkeit ist eine der drei Säulen des nachhaltigen Tourismus (vgl. Kapitel 7.1). Natur/Umwelt als Dimension der Nachhaltigkeit Der Umwelt/der Natur, als grundlegende Gegebenheit einer Destination, kommt eine besondere Bedeutung zu. Zeichnet sich eine Region durch eine außergewöhnliche naturräumliche Ausstattung aus, zieht dies in aller Regel eine große Zahl Touristen an. Dadurch werden vermehrt natürliche Ressourcen verbraucht. In vielen Regionen weltweit stellt sich die Frage nach der Tragfähigkeit des Tourismus im Sinne von: wie viel Tourismus ein Land verträgt. Wird eine Destination touristisch überbeansprucht, kann es zu einem Niedergang der Destination kommen (vgl. Kapitel 7.2). Der durchdachte und vorausschauende Umgang mit natürlichen Ressourcen ist ein weiterer Grundsatz des nachhaltigen Tourismus (vgl. Kapitel 7.1). Gesellschaft als Dimension der Nachhaltigkeit Die Normen und ethischen Grundsätze einer Gesellschaft beeinflussen das Handeln des Individuums. Somit sind sowohl die Art wie das Individuum reist, als auch die Darbietung des touristischen Angebots gesellschaftlich beeinflusst und geprägt. Dies bedeutet, dass Tourismus zum einen kulturelles und materielles Erbe durch Maßnahmen, wie z. B. Restaurierung von historischen Gebäuden und Pflege von lokalen Gebräuchen erhalten und schützen kann. Zum anderen kann es durch Kommerzialisierung und Überbeanspruchung zum Verlust dieses Erbes kommen. Die Problematik des „Ausverkaufs“ der eigenen Kultur ist ein wichtiger Aspekt insbesondere des Entwicklungsländertourismus. Der gesellschaftliche beziehungsweise kulturelle Aspekt ist die dritte Säule, die im Prinzip der Nachhaltigkeit Beachtung findet (vgl. Kapitel 7.1). Raum Die Komponente Raum ist von großer Wichtigkeit im Wirkungssystem des Tourismus, da sie auf verschiedene Arten relevant ist und die Grundlage aller vorher erwähnten Punkte darstellt. Raum ist in den Dimensionen Quellgebiet und Destination aufzuführen. Um vom Quellgebiet in die Destination zu gelangen, ist eine Überwindung des Raumes notwendig. Diese Raumüberwindung kann verschiedene Ebenen von lokal über regional bis hin zu global miteinbeziehen. Weiterhin ist anzumerken, dass die Destination nicht transferabel ist, d. h. der Tourismus ist räumlich an bestimmte Faktoren und Potenziale gebunden. Es kann zum Verbrauch des Raumes durch Überbeanspruchung und weiterhin zu Raumnutzungskonflikten kommen, im Gegensatz dazu ist auch die Erschließung des (peripheren) Raums durch Tourismus möglich, was wiederum für die Regionalentwicklung von besonderer Relevanz ist (vgl. Freyer 2001, S. 31ff.; Kagermeier 2016, S. 20ff.). Staat/Politik Durch staatliche Reglementierungen des Tourismus beispielsweise durch Eintrittsgelder für Nationalparks und die Vergabe von Visa ist eine Lenkung des Tourismus möglich und notwendig. Bei zielgerichteter ganzheitlicher Konzeption können positive Effekte z. B. auf Einkommen und Beschäftigung gefördert und negative wie Umweltzerstörung und Landflucht gehemmt werden. Individuum Die Wahl der Art einer Destination und eines konkreten Reisezielgebiets ist wesentlich durch subjektive Einflüsse geprägt. Persönliche Einstellungen, Bedürfnisse und Ansprüche spielen eine bedeutende Rolle und sind wichtige Entscheidungsfaktoren der Nachfrage. Freizeit Die Gestaltung der Freizeit hat elementaren Einfluss auf den Tourismus. Die individuellen Ansprüche, was man in seiner Freizeit erleben möchte, werden häufig mit dem Tourismus verknüpft. Dies spiegelt sich mitunter in speziellen Tourismusangeboten, die beispielsweise ein Hobby mit dem Reisen verknüpfen (z. B. Segel-/Golfreisen, Konzertreisen) wider. 39

Kapitel 6: Begriffliche Grundlagen

Ebenso wie es viele verschiedene Komponenten gibt, die auf den Tourismus Einfluss nehmen, gibt es zahlreiche Formen des Tourismus, die frei kombinierbar, jedoch nicht immer eindeutig voneinander abgrenzbar sind. Abgrenzungskriterien

Beispiele möglicher Tourismusformen

Aktivität

Ski-, Rad-, Golftourismus

Beherbergung

Hotel-, Campingtourismus

Dauer

Ausflug, Kurzurlaub, Langzeittourismus

Distanz

Naherholung, Ferntourismus

Einkommen

Sozial-, Luxustourismus

Jahreszeit

Sommer-, Wintertourismus

Landschaftsform

Maritimer-, Alpiner Tourismus

Motivation

Urlaubs-, Geschäfts-, Bildungs-, Gesundheitstourismus

Regionale Herkunft

Binnen-, Ausländer-, Incomingtourismus

Soziale Gruppe

Frauen-, Jugend-, Seniorentourismus

Verkehrsmittel

Fahrrad-, Auto-, Flugtourismus

Tabelle 8 Tourismusformen, differenziert nach ausgewählten Abgrenzungskriterien. Eigene Darstellung nach Brunotte (2002e, S. 358 – 359). Je nach Tourismusform sind die Auswirkungen des Tourismus unterschiedlich und im Kontext des touristischen Aktionsraums und der Akteure sowohl auf der Nachfrage- wie auch auf der Angebotsseite zu betrachten. Die auftretenden wirtschaftlichen Effekte werden zumeist positiv hervorgehoben, wohingegen die soziokulturellen und ökologischen Auswirkungen eher skeptisch betrachtet werden. Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus wurde bereits ab den 1970er Jahren in den Fokus wissenschaftlicher Arbeiten gestellt. Ökologische und soziokulturelle Gesichtspunkte wurden erst später, nach Auftreten erster negativer Entwicklungen vermehrt wissenschaftlich bearbeitet (vgl. Schmude und Namberger 2010, S. 86). Betrachtet werden sollen nun in einem kurzen Abriss die tourismusinduzierten potenziellen positiven wie auch negativen Effekte. Job und Weizenegger (2007, S. 635) differenzieren, den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit entsprechend, nach soziokulturellen, ökologischen und ökonomischen Effekten. Soziokulturelle Effekte Auf der soziokulturellen Ebene kommt es durch den Tourismus zu einem interkulturellen Austausch. Positiv zu werten ist insbesondere die Tatsache, dass durch den Kontakt der Touristen mit der einheimischen Bevölkerung ein gegenseitiger Lernprozess stattfinden kann. Ebenso ist es möglich durch Tourismuseinnahmen materielles kulturelles Erbe (Kirchen, Tempel, historische Bausubstanz allgemein) zu erhalten und zu pflegen. Damit im Zusammenhang steht der Erhalt des immateriellen kulturellen Erbes, das durch die Schaffung eines sog. Kulturbewusstseins in der lokalen Bevölkerung durch Tourismus gefördert wird. Gemeint ist damit die Schaffung bzw. Erhaltung einer eigenen kulturellen Identität mittels der Pflege von Traditionen, Riten und Gebräuchen. Oftmals würden diese in Vergessenheit geraten, würde der Tourismus nicht zum Vorführen derselben anregen. Wird hingegen die eigene Kultur durch den Kontakt mit anderen Kulturen überformt durch Annahme der Verhaltensweisen der Besucher, ist dies eher negativ zu werten. Auch kann es zu einer Kommerzialisierung des immateriellen und materiellen Kulturgutes kommen. Bräuche und Sitten werden beispielsweise nur für die Touristen vorgeführt, obwohl sie eigentlich keinen Platz mehr in der Gesellschaft einnehmen. Es kommt zu einer ‚Folklorisierung‘ der eigenen Kultur. Damit eng verbunden ist auch die sog. ‚Airport-Art‘: die Herstellung von Kunsthandwerk, das als traditionell verkauft wird, obwohl dies in der Kultur gar keine Verwendung hat. Auf der negativen Seite der 40

Kapitel 6: Begriffliche Grundlagen

soziokulturellen Auswirkungen sind auch die Prostitution von Kindern und Erwachsenen und damit häufig auch zusammenhängend „moderne“ Sklaverei zu nennen. Zudem kommt es durch Tourismus induziert zu Bettelei, die häufig die einzige Einkommensmöglichkeit ungelernter Personen darstellt. Ebenso ist zu beobachten, dass es in der Bevölkerung zu einer Segregation, der im Tourismus erfolgreichen von den nicht erfolgreichen Personen kommen kann (vgl. Steinecke 2006, S. 96ff.). Soziokulturell

Ökologisch



Interkultureller Austausch





Erhalt von immateriellem und materiellem kulturellen Erbe

Ausweisung von Schutzgebieten



Naturschutz durch Gelder des Tourismus





Akkulturation



„Airport-Art“ (nur scheinbar traditionelle Gegenstände als Souvenirs)



(Kinder-)Prostitution



Betteln



Kommerzialisierung des immateriellen und materiellen kulturellen Erbes







Segregation der Gewinner und Verlierer im Tourismus



Ökonomisch



Deviseneffekte



Beschäftigungseffekte



Multiplikator-Effekte

Instandhaltung von Schutzzonen



Ausbau der Infrastruktur



Regionale Entwicklungsimpulse / Abbau von Disparitäten

Infrastrukturbedingt: weitestgehend ungeplanter Eingriff in das Landschaftsbild, Beeinträchtigung von Ökosystemen, Flächenzerstörung/-zerschneidung/-versiegelung, Raumnutzungskonflikte



Sickerrate



Preissteigerung



Gefahr der Monostrukturierung und Abhängigkeit



Saisonale Beschäftigung, z. T. nur von Auswärtigen

Aktivitätsbezogene Effekte: Zerstörung von Korallen durch Ankern und Schnorcheln, Verhaltensänderung unter den Wildtieren, Ressourcenverbrauch



Ungleicher Zugang zur Infrastruktur



Vorwiegend ungelernte Tätigkeiten (low income)



Korruption

Effekte des (Flug-) Verkehrs

Abbildung 10 Wirkungen des Tourismus gegliedert nach den drei Säulen der Nachhaltigkeit. Eigene ergänzte Darstellung nach Job und Weizenegger (2007, S. 635). Ökologische Effekte Seitens der ökologischen Effekte kann es durch den Tourismus zu einer verstärkten Ausweisung von Schutzgebieten kommen. Zum einen schaffen Touristen ein Bewusstsein in der einheimischen Bevölkerung für die natürlichen Schönheiten vor Ort, zum anderen bringen die Touristen erst die finanziellen Einnahmen, um Schutzgebiete ausweisen und instand halten zu können. Es überwiegen, global betrachtet, die negativen Effekte des Tourismus auf die Umwelt bei Weitem die positiven. Zu den gravierendsten gehören in der Destination die durch die touristische Infrastruktur bedingten Auswirkungen. Zu nennen ist allen voran die Zersiedelung der Landschaft, die vor allem auf die Hotellerie zurückzuführen ist, da sie große Flächen beansprucht. Aber auch die Versiegelung von Flächen durch den Bau von Straßen und anderen Infrastruktureinrichtungen und die Beeinträchtigung ganzer Ökosysteme gehören dazu. 41

Kapitel 6: Begriffliche Grundlagen

Verschiedene Freizeitaktivitäten, die dem Tourismus zuzuschreiben sind, wie zum Beispiel Mountainbiking, Rafting oder Wandern, führen zu Beeinträchtigung von Flora und Fauna (Trittschäden, Auslösen von Fluchtverhalten bei Wildtieren) sowie zu Landschaftszerstörung. Im maritimen Bereich sind exemplarisch die Destruktion von Korallenriffen durch ankernde Boote und die Verschmutzung durch Dieselmotoren aufzuführen. Generell hat Tourismus einen hohen Ressourcenverbrauch, was zum einen auf die Bereitstellung der Infrastruktur und zum anderen auf ein Reiseverhalten, das wenig auf den Schutz der Ressourcen ausgerichtet ist, zurückzuführen ist (vgl. Steinecke 2006, S. 96ff.). Ein weiterer negativer ökologischer Effekt des Tourismus ist verkehrsinduziert: Eines der zentralen Merkmale des Tourismus ist die Raumüberwindung. Dafür stehen verschiedene Verkehrsmittel zur Verfügung. Wurden in den 1960er Jahren noch überwiegend Reisen mit dem eigenen PKW durchgeführt, gewann das Flugzeug seit Mitte der 1980er in Europa, durch das Auftreten der Low-Cost-Carrier, an Bedeutung (vgl. Deltl 2008, S. 33ff.). Diese Entwicklung ist aus ökologischer Sicht mehr als bedenklich, da im Flugverkehr mehr als dreimal so viel Energie pro Distanzeinheit aufgewendet werden muss wie bei einer Bahnreise (vgl. Kagermeier 2007, S. 259 – 272). Ökonomische Effekte Die ökonomischen Effekte des Tourismus sind von herausragendem und vielfach handlungsbestimmendem Interesse für die freie Wirtschaft und die Nationalstaaten. Sie können nach verschiedenen Kriterien abgegrenzt werden. Es sind die monetären (z. B. Deviseneffekt) von den nichtmonetären Effekten (Beschäftigungseffekt/regionale Ausgleichseffekte) zu unterscheiden. Des Weiteren ist eine Differenzierung in tangible (Einkommens- und Beschäftigungseffekt) und intangible (Infrastruktur-, Image-, Kompetenzeffekte) sowie zwischen direkten (staatliche Transferleistungen, Einkommen durch Ausgaben der Touristen), indirekten (Einkommen durch dem Tourismus vor- und nachgelagerte Bereiche) und induzierten (zusätzlich generierte Kaufkraft, die zu den Einkommen beiträgt) Effekten möglich (vgl. Schmude und Namberger 2010, S. 86ff.). Die direkten Beiträge setzen sich aus den internen Ausgaben (durch Ausländer und Einheimische) für Tourismus innerhalb eines Landes sowie aus den Ausgaben der Regierung zum Beispiel für Nationalparks oder Museen zusammen. Dementsprechend besteht der direkte Tourismusbeitrag zum BIP aus den Erträgen der dem Tourismussektor gehörenden Branchen, wie zum Beispiel Hotellerie, Fluglinien, Reisebüros (vgl. WTTC World Travel and Tourism Council 2018, S. 2). In die indirekten Tourismusbeiträge zum BIP gehen Investitionskosten für touristische Infrastruktur wie zum Beispiel Hotels, aber auch Ausgaben für die Beschaffung neuer Transportmittel ein, Ausgaben, die der Allgemeinheit dienen, wie Investitionen in Tourismusmarketing, Sicherheitsdienste, Anlage von sanitären Einrichtungen sowie Einkauf von Konsumgütern, wie Putz- und Nahrungsmittel und Treibstoffe. Die induzierten Beiträge entstehen durch Ausgaben durch die Beschäftigten im direkten oder indirekten Bereich des Tourismus (vgl. WTTC World Travel and Tourism Council 2018, S. 2). Unter den verschiedenen wirtschaftlichen Aspekten gibt es sowohl positive wie auch negative Wirkungen des Tourismus. Den positiven Effekten zuzuordnen sind Deviseneffekte. Darunter ist eine spezielle Form des Exports zu verstehen, wobei Touristen in der Destination Produkte und Dienstleistungen mittels Devisen erstehen. Diese Einnahmen ergeben in der Reiseverkehrsbilanz, wobei die Ausgaben der Einheimischen im Ausland gegengerechnet werden, den Deviseneffekt eines Landes. Es muss aber auch der für das Tourismussegment in der Destination getätigte Import z. B. für Luxuswaren miteinbezogen werden. Dieser Abfluss der Devisen aus der Destination ist die Sickerrate, die von Land zu Land unterschiedlich hoch ausfällt und als negativer Effekt zu werten ist (vgl. Steinecke 2006, S. 97f.). Eine weitere positive Auswirkung des Tourismus ist die Schaffung von Arbeitsplätzen. Dies muss vorsichtig gewertet werden, da zum einen die Quantifizierbarkeit schwierig ist und es zum anderen auch zu einer Verschiebung der Arbeitsplätze in der Destination kommen kann. D. h. Beschäftigte, die sich zuvor beispielsweise der Landwirtschaft widmeten, geben diesen Beruf auf, um im Tourismus tätig zu werden. Somit entsteht zwar ein neuer Arbeitsplatz, gleichzeitig wird aber ein anderer dafür aufgegeben, der somit in diesem Wirtschaftssektor fehlt. Unter Multiplikator-Effekten versteht man, wie stark sich eine Variable (Einkommen) durch eine andere (Ausgaben- bzw. Investitionen durch Tourismus) ändert. Ebenso kann sich der 42

Kapitel 6: Begriffliche Grundlagen

Multiplikator-Effekt insbesondere auch auf Arbeitsplätze, Devisen oder auf den Außenhandel auswirken. Somit beschreibt der Multiplikatoreffekt „die indirekten und induktiven Wirkungen von Ausgaben oder Investitionen auf Einkommen und Beschäftigung in vor- oder nachgelagerten Wirtschaftsbereichen […]. Im Tourismus wird allgemein ein touristischer Multiplikator von 1,3 zugrunde gelegt, d. h., dass außer zehn direkt Beschäftigten (z. B. Gastgewerbe, Verkehrsbetriebe, Einzelhandel) weitere drei indirekt Beschäftigte (z. B. Großhandel, produzierendes Gewerbe) vom Tourismus abhängig sind“ (Brunotte 2002c).

Im Tourismus sind die Multiplikator-Wirkungen sehr hoch und daher auch positiv zu werten (vgl. Freyer 2001, S. 341f.; Steinecke 2006, S. 98). Durch gesteigerte Touristenankünfte und damit zusammenhängend gesteigerte Einkünfte aus dem Tourismus wird der Ausbau der Infrastruktur in den betreffenden Ländern vorangetrieben. Damit werden auch periphere Regionen, die aufgrund der naturräumlichen Ausstattung vom Tourismus bevorzugt werden, leichter zugänglich gemacht. Dadurch können wirtschaftliche Entwicklungs- beziehungsweise Wachstumsimpulse gegeben werden. Durch einige Tourismusformen (z. B. stationärer All-Inclusive-Urlaub) kann es zu einer Ausprägung oder Verstärkung räumlicher Disparitäten kommen, wohingegen zum Beispiel Rundreisen eher zu ihrem Abbau beitragen (vgl. Job und Weizenegger 2007, S. 635ff.). Tourismus birgt auch die Gefahr, dass er Preissteigerungen in den Tourismusorten nach sich zieht, die dazu führen, dass manche Produkte und Dienstleistungen für die einheimische Bevölkerung unbezahlbar werden. Weiterhin kann es auch zu einer wirtschaftlichen Monostruktur und damit zu einer völligen Abhängigkeit durch alleinige Investitionen im Tourismussektor kommen. Dies kann schwerwiegende Folgen haben, wenn der Markt z. B. aufgrund der politischen, terroroder naturbedingten Sicherheitslage zusammenbricht (vgl. Freyer 2001, S. 343ff.). Problematisch ist zudem, dass im Tourismussektor vorrangig ungelernte Arbeitskräfte beschäftigt werden. Als Fachkräfte werden oft Ausländer engagiert. Die zum Teil starken saisonalen Schwankungen aufgrund von Ferienzeiten und klimatischen Bedingungen führen zu zeitlich begrenzten Beschäftigungen. In der Nebensaison werden viele Arbeitskräfte wieder entlassen (vgl. Freyer 2001, S. 335ff.).

6.2 Entwicklung und Entwicklungsländer Es wurden bislang zahlreiche Versuche unternommen, Entwicklung und Entwicklungsländer zu definieren. Die Unsicherheit über die Definition schlägt sich auch in den verschiedenen Begrifflichkeiten für Entwicklungsländer nieder. Häufig werden sie auch als unterentwickelte Länder, Dritte Welt, Länder des Südens, Peripherie und vieles mehr bezeichnet48. All diese Begriffe beschäftigen sich mit gleichen Themenbereichen, haben jedoch einen leicht unterschiedlichen Standpunkt, von dem aus die Thematik behandelt wird (vgl. Maurer 1992, S. 18). Nohlen und Axtmann (1998, S. 216ff.) weisen darauf hin, dass es schwer zu fassen ist, was Entwicklung ist und darin selbst die Problematik der Entwicklung liegt. Entwicklung bezeichnen sie als „normativen Begriff, in den Vorstellungen über die gewünschte Richtung gesellschaftlicher Veränderungen, über die Ursachen von Unterentwicklung, Aussagen über die sozialen Trägergruppen und Ablaufmuster sozioökonomischer Transformationen, Entscheidungen über das Instrumentarium ihrer Ingangsetzung und Aufrechterhaltung etc. einfließen“ (Nohlen und Axtmann 1998, S. 216).

Nohlen und Nuscheler (1992, S. 65ff.) ziehen ein „magisches Fünfeck von Entwicklung“ zur Erklärung heran, das auf fünf theoretisch begründeten Faktoren der Entwicklung beruht. Jeder der genannten Faktoren ist zugleich auch Ziel der Entwicklung: Danach wird das Wachstum als Zur Begrifflichkeit und zum Gliederungsverfahren der Entwicklungsländer siehe auch Mikus (1994, S. 3 – 9), Kagermeier (2016, S. 285f.), Scholz (2006, S. 14ff.). 48

43

Kapitel 6: Begriffliche Grundlagen

Bedingung für Entwicklung angesehen, wobei es an qualitative Bedingungen gebunden ist: es muss der Wohlfahrtsvermehrung der gesamten Gesellschaft zu Gute kommen und darf nicht zur Beeinträchtigung der Existenzgrundlage führen (vgl. Nohlen und Nuscheler 1992, S. 67f.). Dem Faktor Arbeit wird in dem Modell im Kontext von Entwicklungsländern, die ansteigende Massenarmut, unqualifizierten Arbeitskräften und einer unbefriedigenden Versorgung mit Nahrungsmitteln leiden, eine tragende Rolle für die Entwicklung zugeschrieben. Dies wird auf die Tatsache zurückgeführt, dass Arbeit ökonomische, gesellschaftliche, politische, aber auch ethische und anthropologische Effekte hat (vgl. Nohlen und Nuscheler 1992, S. 68ff.). Es wird gefordert, dass Gerechtigkeit in den Bereichen der Land- bzw. Einkommensverteilung, den Bildungschancen, dem Zugang zum Gesundheitswesen sowie der sozialen SicherArbeit heit als auch in der Möglichkeit politischer Partizipation herrschen sollte. Ökonomische SachWachstum Gerechtigkeit Entwicklung zwänge werden nicht als Auslöser für Ungleichheit angesehen, sondern in aller Regel Zeit Partizipation Unabhängigkeit politische Gegebenheiten. Häufig ist die ungleiche Verteilung der Ressourcen, nicht aber deren grundsätzlicher Mangel, der Auslöser für Armut (vgl. Nohlen und Nuscheler 1992, S. 70f.). Partizipation oder „Entwicklung von unten“ beschreibt die „politische Mitwirkung und soziale Teilhabe an den materiellen und kulturellen Gütern einer Gesellschaft“ (Nohlen und NuscheAbbildung 11 Magisches Fünfeck von Entwickler 1992, S. 71). Somit ist sie eng mit einer funklung. Veränderte Darstellung nach Nohlen und tionierenden Demokratie verknüpft. UnabhänNuscheler (1992, S. 64ff.). gigkeit als eines der wichtigsten Entwicklungsziele beschreibt das Recht der Staaten, ihre jeweilige ökonomische, politische, soziale und kulturelle Ordnung entsprechend den Bedürfnissen und Wünschen des Volkes zu wählen (vgl. Nohlen und Nuscheler 1992, S. 72f.). Das magische Fünfeck wurde durch die Ebene ‚Raum, Region, Destination‘ ergänzt (vgl. Abb. 11). Dadurch wird verdeutlicht, dass der Raum mit seiner naturräumlichen Ausstattung, wie auch dessen anthropogene Nutzung auf alle fünf Faktoren des magischen Fünfecks einwirkt. Auch für den Tourismus und seine Entwicklung ist das Bestehen eines für die Touristen reizvoll erscheinende naturräumliche Grundausstattung förderlich. Gleichermaßen ist festzuhalten, dass die fünf genannten Faktoren Einfluss auf den Raum haben. Akteure und Organisationen spielen eine Rolle bei der Entwicklung und wurden daher ergänzt. Zu unterscheidende Akteure sind Regierungsorganisationen von NGOs (non-governmental organizations), die zu den Privatorganisationen gezählt werden und generell Privatpersonen. Gemäß der Akteursnetzwerktheorie, wird „die Welt als dynamisches Beziehungsgeflecht heterogener Entitäten betrachtet, […] [in der] die Einbindung von Materie in soziale Interaktionen und der Austausch von menschlichen und nichtmenschlichen Eigenschaften […] die Stabilisierung sozialer Beziehungen in der menschlichen Gemeinschaft erst ermöglichen“ (Brunotte 2002a, S. 34).

Durch Akteure können somit Maßnahmen und Projekte, die eine Entwicklung fördern, angestoßen und/oder durchgeführt werden. Generell können sie auch ohne, dass sie direkt in der Entwicklung(-shilfe) eingebunden sind, durch beispielsweise Schaffung von Arbeitsplätzen, Gleichstellungsprogramme, Bereitstellung von Fortbildungsmaßnahmen und Einrichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen einen wichtigen Beitrag leisten. Ihr Handeln ist flexibel und geprägt durch rationale Wahl und Institutionalismus. Darunter fallen die gesellschaftlichen Restriktionen, Präferenzen, formale Institutionen, informale Beschränkungen (wie Werte) und äußere Einflüsse 44

Kapitel 6: Begriffliche Grundlagen

(vgl. Brunotte 2002a, 34; Steinhaus 2011, S. 26). Die dritte dem Magischen Fünfeck hinzugefügte Komponente ist die Zeit. Entwicklungsprozesse unterliegen zeitlichen Veränderungen. Arbeit, Wachstum, Gerechtigkeit, Partizipation und Unabhängigkeit sind Größen, die sich je nach den gegebenen Voraussetzungen unterschiedlich schnell entwickeln und auch von wechselnden Leitbildern beeinflusst werden. Wird viel Aufwand (z. B. Kapital, Arbeitsleistung) betrieben, ist eine zügigere und zum Teil andere Entwicklung – auch in Abhängigkeit der Gegebenheiten des Raums – zu erwarten. Zusammenfassend definieren Nohlen und Nuscheler (1992, S. 73) Entwicklung als „die eigenständige Entfaltung der Produktivkräfte zur Versorgung der gesamten Gesellschaft mit lebensnotwendigen materiellen sowie lebenswerten kulturellen Gütern und Dienstleistungen im Rahmen einer sozialen und politischen Ordnung, die allen Gesellschaftsmitgliedern Chancengleichheit gewährt, sie an politischen Entscheidungen mitwirken und am gemeinsam erarbeiteten Wohlstand teilhaben lässt.“

Im sogenannten Nyerere Bericht von 1991 bezeichnet „Entwicklung […] ein[en] Prozess, der es den Menschen ermöglicht, ihre Fähigkeiten zu entfalten, Selbstvertrauen zu gewinnen und ein erfülltes und menschenwürdiges Leben zu führen. Entwicklung ist ein Prozess, der die Menschen von der Angst vor Armut und Ausbeutung befreit. Sie ist der Ausweg aus politischer, wirtschaftlicher oder sozialer Unterdrückung. Erst durch Entwicklung erlangt die politische Unabhängigkeit ihre eigentliche Bedeutung. Entwicklung ist daher gleichbedeutend mit wachsender individueller und kollektiver Eigenständigkeit“ (zit. n. Bauer 2008, S. 8).

Die Definition beziehungsweise Differenzierung der Entwicklungsländer bereitet über die definitorische Problematik des Begriffs Entwicklung hinaus Probleme, als dass die häufig zugrunde gelegten Kennzeichen in aller Regel nicht uneingeschränkt auf alle Länder übertragbar sind. So weist Nuscheler (2006, S. 99) darauf hin, dass selbst das Hauptkennzeichen aller Entwicklungsländer, die Armut, je nach Schichten, Stadt-Land oder Geschlecht sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Entwicklung ist eng mit der individuellen Geschichte und Kultur verknüpft, daher kann es sich bei der Festlegung von Entwicklungsländern im Verhältnis zu entwickelten Industrieländern nur um geographische Konstrukte handeln. Eine einheitliche Lösung für diese Abgrenzungsproblematik wurde bislang nicht gefunden. Allgemein versteht man unter Entwicklungsländern die Länder, die nicht zu den hochentwickelten Wirtschaftsnationen gerechnet werden (vgl. Kagermeier 2016, S. 287). Die Weltbank unterscheidet nach dem Pro-Kopf-Einkommen bzw. dem Bruttonationaleinkommen pro Kopf eines Landes. Darauf aufbauend gibt die OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development) die sogenannte DAC (Development Assistance Committee) Liste heraus. In dieser Liste werden alle Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen nach Bruttonationaleinkommen (BNE) der Weltbank, die offizielle Entwicklungshilfe (official development assistance (ODA)) erhalten, in Kategorien eingeteilt. Länder der G8, der EU und EU-Anwärterstaaten sind explizit von dieser Einteilung ausgenommen. Die vier Kategorien umfassen die sog. Least Developed Countries (z. B. Bangladesch, Tschad, Somalia), Other Low Income Countries (z. B. Korea, Simbabwe), Lower Middle Income Countries and Territories (z. B. Armenien, Bolivien, El Salvador) und die Upper Middle Income Countries and Territories (z. B. Peru, Kolumbien, Brasilien) (OECD Organisation for Economic Co-Operation and Development 2019). In den Least Developed Countries und den Other Low-Income Countries lag im Jahr 2016 das Pro-Kopf-BNE bei 1.005 US$ oder darunter, in den Lower Middle-Income Countries and Territories lag es zwischen 1.006 US$ und 3.955 US$ und in den Upper Middle-Income Countries and Territories zwischen 3.956 US$ und 12.235 US$. Demnach wird Ecuador in die höhere mittlere Einkommensstufe eingeordnet (The World Bank Group 2017). Es wird aber darauf hingewiesen, dass dieser Indikator lediglich dazu dient, die Kreditvergabe zu regeln, er weist nicht notwendigerweise auf den Entwicklungsstand eines Landes hin. Beim Human Development Index (HDI) hingegen wurde seitens der Vereinten Nationen versucht, diese nur auf einem Kriterium basierende Einordnung der Länder durch Einbeziehung 45

Kapitel 6: Begriffliche Grundlagen

verschiedener sozioökonomische Faktoren zu ergänzen. Der HDI setzt sich aus den drei jeweils einen Teilindex bildenden Faktoren Lebenserwartung, Lebensstandard und Wissen zusammen. In der Lebenserwartung werden Daten zu Kindersterblichkeit und diverse andere Gesundheitsindikatoren einbezogen. Bei der Komponente Wissen werden die Alphabetisierungsrate sowie die Schulbesuche eingerechnet. In der Komponente Lebensstandard wird die reale Kaufkraft pro Kopf berücksichtigt, die das Pro-Kopf-Einkommen im Hinblick auf die wirklichen Lebensbedingungen relativiert (vgl. Nohlen und Axtmann 1998, S. 337ff.). Die erfassten Teilindices werden zu einem Indikator von 0 bis 1 projiziert, wobei 1 der Maximalwert, also die höchste menschliche Entwicklungsstufe darstellt. Insgesamt werden im HDI 188 Länder erfasst. Der HDI ist nicht kritikfrei. Es wird bemängelt, dass die Menschenrechtslage der Länder unberücksichtigt bleibt, die Alphabetisierungsrate ein zu unklarer Indikator ist und die Wettbewerbsfähigkeit nicht miteinbezogen wird. Dennoch erscheint er ein sinnvolles Instrument zur Einstufung der Entwicklung der Länder zu sein (vgl. Nohlen und Axtmann 1998, S. 337f.). Ecuador hatte im Jahr 2015 einen Wert von 0,739 und stand damit an 89. Stelle im globalen Vergleich mit 188 Ländern. Der HDI für Lateinamerika und die Karibik hatte im selben Zeitraum einen Wert von 0,751. Somit liegt Ecuador im kontinentalen Vergleich etwas unter dem Durchschnitt. Einen ähnlichen Wert wie Ecuador wiesen global Peru, Thailand und China auf. Den höchsten HDI wies Norwegen mit 0,949, den niedrigsten HDI Zentralafrika mit 0,352 auf (UNDP 2016, S. 198ff.). Betrachtet man die Entwicklung des HDI in Ecuador, ist seit 1990 ein kontinuierlicher Anstieg festzustellen (vgl. UNDP 2019, S. 3).

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

7 Theoretisch-konzeptionelle Einbettung In diesem Kapitel wird auf die theoretisch-konzeptionellen Ansätze eingegangen, die für die weitere Untersuchung als Grundlage dienen sollen. Ziel ist es, in Verbindung mit ihnen ein Konzept für die weitere Tourismusentwicklung in Mindo zu erstellen, dass es ermöglicht, räumliche Disparitäten abzuschwächen oder zumindest nicht durch Tourismus zu verstärken. Zunächst werden nachhaltige Entwicklung und nachhaltiger Tourismus näher betrachtet, wobei das dahinterstehende Konzept sowie Strategien, die es verfolgt, beleuchtet werden. In einem weiteren Erklärungsschritt soll näher auf seine Bewertungsmöglichkeiten und Indikatoren eingegangen werden. Die Destination, Destinationsmanagement und seine Rolle für die Entwicklung eines Raums wird daran anschließend näher betrachtet. Weiterhin wird die Bedeutung der Carrying Capacity, das Destinationslebenszyklus-Modell und die Relevanz für den nachhaltigen Tourismus aufgezeigt. Der Embeddedness-Ansatz in der Wirtschaftsgeographie sowie der touristische Wertschöpfungskettenansatz und insbesondere die Wirkungsweise im Tourismussektor werden erläutert, bevor in einem abschließenden Punkt die vorgestellten Ansätze zusammengeführt werden.

7.1 Nachhaltige Entwicklung und nachhaltiger Tourismus: Konzept, Strategien, Bewertungsmöglichkeiten und Indikatoren Nachhaltige Entwicklung Auch wenn der Begriff der Nachhaltigkeit beziehungsweise der nachhaltigen Entwicklung insbesondere in den letzten drei Jahrzehnten inflationär benutzt wurde, ist er keineswegs neu. Das Prinzip wurde im forstwirtschaftlichen Kontext bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch Hans Carl von Carlowitz, Oberberghauptmann am kursächsischen Hof in Freiberg (Sachsen) gebraucht (vgl. Raschke 2015). Auch in den darauffolgenden Jahrhunderten fand das Prinzip insbesondere im forstwirtschaftlichen Bereich Verwendung, wobei der Begriff sich darauf bezog, den Forst nicht übermäßig zu nutzen, um den jährlichen Ertrag und die von ihm abhängigen Wirtschaftsbereiche nicht zu gefährden. Im 20. Jahrhundert gewann die nachhaltige Entwicklung, auch aufgrund vermehrter Umweltprobleme, einer wachsenden Weltbevölkerung und eines Rückgangs der Ressourcen mehr an Bedeutung und wurde insbesondere bei internationalen Konferenzen thematisiert. Eine Übertragung des Konzepts auf globale Umweltschutzthemen sowie makroökonomische Bereiche wurde angestrebt. Die Verwendung des Begriffs „Sustainable Development“ im Rahmen der aktuellen Nachhaltigkeitsdiskussion geht auf den sogenannten Brundtland-Bericht von 1987 mit dem Titel „Our Common Future“ zurück. Das unter dem Vorsitz der norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland bei der United Nations World Commission on Environment and Development (WCED) vorgelegte Papier definiert Sustainable Development als eine Entwicklung, welche die Bedürfnisse der Gegenwart stillt, ohne die Existenz zukünftiger Generationen zu gefährden49. Ein ‚neues Bewusstsein‘ des Begriffs zunächst unter dem Fachpublikum und später auch in der breiten Bevölkerung wurde im Rahmen der Weltumweltkonferenz (United Nations Conference on Environment and Development – UNCED) in Rio de Janeiro 1992 geschaffen (vgl. Raschke 2015). „meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs“ (WCED, 1987, S. 24). 49

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Das zentrale Resultat der Konferenz ist die Agenda 21, in der Nachhaltigkeit für 179 Länder als eine ökologische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung als verbindliche Leitlinie festgeschrieben wurde (vgl. Baumgartner 2008, S. 22). Im Abschlussbericht der Konferenz wird insbesondere auf die Rolle der Industrieländer bei der Verursachung der ökologischen Schäden hingewiesen und damit auch auf die Notwendigkeit der Implementierung des Umweltschutzes in Politik, Öffentlichkeit und Rechtsprechung. Ebenfalls werden das Recht auf Entwicklung und die Minderung der weltweiten Armut als zentrale Punkte hervorgehoben (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – BMZ 2010 – 2020). Zu beachten ist die Tatsache, dass der Begriff der nachhaltigen Entwicklung vorrangig vor dem Hintergrund des Dialogs mit den Entwicklungsländern Anwendung fand. Es gibt eine Vielzahl weitere Versuche, den Begriff der Nachhaltigkeit zu erläutern. Der Deutsche Bundestag im Rahmen der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ definierte „Nachhaltigkeit [als] die Konzeption einer dauerhaft zukunftsfähigen Entwicklung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension menschlicher Existenz. Diese drei Säulen der Nachhaltigkeit stehen miteinander in Wechselwirkung und bedürfen langfristig einer ausgewogenen Koordination“ (Rein und Strasdas 2015, S. 1).

Nachhaltiger Tourismus Aufbauend auf der Begrifflichkeit der Nachhaltigkeit leitete man auch den nachhaltigen Tourismus ab. Es besteht eine Problematik bezüglich der Begrifflichkeit des nachhaltigen Tourismus, da dieser per se ein Idealbild ist und nicht bestehen kann, da stets auf die eine oder andere Art und Weise Aspekte der nachhaltigen Entwicklung nicht berücksichtigt werden (können) oder stärker beziehungsweise schwächer gewichtet werden. Dies ist beispielsweise darauf zurückzuführen, dass für den Tourismus eine Raumüberwindung notwendig ist, die nicht ohne Eingriffe in die natürliche Umwelt stattfinden kann (z. B. Schadstoff- /Lärmemissionen, Ausbau des Infrastrukturnetzes). Daher kann man im eigentlichen Sinne nur von einem Tourismus sprechen, der die Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung weitestgehend zu erfüllen versucht. Dementsprechend soll nachhaltiger Tourismus laut World Tourism Organization (UNWTO) natürliche Ressourcen, die insbesondere in der touristischen Entwicklung Verwendung finden, optimal nutzen, natürliche ökologische Prozesse erhalten und das natürliche Erbe und die Biodiversität schützen (vgl. Tabelle 9). Darüber hinaus sind die soziokulturellen Besonderheiten der Gastgeberländer zu respektieren, deren materielles und immaterielles Erbe sowie deren traditionelle Werte zu bewahren. Die Schaffung eines interkulturellen Verständnisses und Toleranz sind weitere zentrale Aufgaben. Die Sicherung langfristiger wirtschaftlicher Tätigkeit mit gleichzeitigen sozioökonomischen Vorteilen sowie deren gerechte Verteilung an alle Beteiligten ist ein weiterer Aspekt. Dies beinhaltet auch Festanstellungen, Armutsminderung und den Ausbau sozialer Einrichtungen. Der Problematik der eindeutigen Abgrenzung, was Berücksichtigung in einem nachhaltigen Tourismuskonzept finden muss, ist es auch geschuldet, dass sich zahlreiche Formen des Tourismus auf eine oder mehrere Säulen der nachhaltigen Entwicklung spezialisieren. So führt Fischer (2014, S. 35ff.) beispielsweise die Formen Alternativer Tourismus, Nachhaltiger Tourismus, Natur-basierter Tourismus, Natur-Tourismus, Umwelt- und Sozialfreundlicher Tourismus und Ökotourismus auf. Ein wichtiger, häufig in wissenschaftlichen Arbeiten vernachlässigter Aspekt ist, dass die gesamte Wertschöpfungskette mit einbezogen werden muss (vgl. Kapitel 7.3). So werden beispielsweise Faktoren, wie der Anreiseweg oder die Aufenthaltsdauer, die für die Gewichtung der Nachhaltigkeit einer Reise elementar sind, vollkommen ausgeklammert. Die Reisedistanz und der damit verbundene CO2-Ausstoß sind für Entwicklungsländer, die zumeist Fernreiseziele für die Quellgebiete Europa und USA sind, gravierend. Allerdings kann sich bei einem längeren Aufenthalt in einem ansonsten als „nachhaltig“ eingestuftes Fernreiseziel diese CO2-Ausschüttung sozusagen relativieren. 1997 forderte die UN-Sondergeneralversammlung die Commission on Sustainable Development (CSD) auf, ein Arbeitsprogramm zum Thema nachhaltigen Tourismus zu präsentieren. In dem daraufhin entwickelten Positionspapier des Forum Umwelt und Entwicklung wird nachhaltiger Tourismus etwas weitgreifender als in „Our Common Future“ folgendermaßen definiert: 48

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung „Nachhaltiger Tourismus muss soziale, kulturelle, ökologische und wirtschaftliche Verträglichkeitskriterien erfüllen. Nachhaltiger Tourismus ist langfristig, in Bezug auf heutige wie auf zukünftige Generationen, ethisch und sozial gerecht und kulturell angepasst, ökologisch tragfähig sowie wirtschaftlich sinnvoll und ergiebig“ (Kamp 1998, S. 7).

Abbildung 12 Agenda 2030 – 17 nachhaltige Entwicklungsziele. Veränderte Darstellung nach United Nations Department of Economic and Social Affairs (2020) und Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) (2017, S. 8 – 9). Im Jahr 2000 verfassten die Vereinten Nationen auf dem Millenniumsgipfel acht sogenannten Millennium-Ziele (MDGs Millennium Development Goals) (vgl. Kapitel 3.1). Der Großteil der erwünschten Ziele wurde nur teilweise erreicht, somit wurden 2015 in der Agenda 2030 erneut 17 Ziele (SDGs Sustainable Development Goals) für eine weltweite nachhaltige Entwicklung formuliert. Es verpflichten sich 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen zu deren Umsetzung. Von den 17 Entwicklungszielen, mit 169 verbundenen weiteren Zielsetzungen sind die Ziele 8, 12 und 14 direkt mit dem Tourismus verbunden. Die Förderung des wirtschaftlichen Wachstums, vernünftige Arbeit für alle, Ausbau des nachhaltigen Konsums und nachhaltige Produktion und der verstärkte Schutz und nachhaltige Entwicklung von Wasserressourcen sind darin verankert (World Tourism Organization (UNWTO); Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH 2018, S. 9). Auch wenn der Tourismus „nur“ in diesen drei Zielen direkt Erwähnung findet, so kann er und seine Entwicklung dennoch dazu dienen, die weiteren Ziele zu erreichen. Genannt werden als „Ansatzpunkte für eine nachhaltige Entwicklung und die nachhaltigen Entwicklungsziele“ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH 2018, Rn. 10) weiterhin die Bereiche Wirtschaft und Arbeit (SDGs 1, 4, 5, 8, 10, 12), Umwelt und Naturschutz (SDGs 13, 14, 15), Auswirkungen auf andere Branchen und Infrastruktur (SDGs 2, 3, 6, 7, 9, 11), Begegnung und Verständigung zwischen Reisenden und Gastgebern (SDG 16) sowie die gemeinschaftliche Tourismusplanung von Regierung, Unternehmen und lokaler Bevölkerung (SDG 17).

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Wirtschaftlichkeit

Sicherung der Lebensfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Tourismusdestinationen und -unternehmen, damit sie weiterhin erfolgreich sind und langfristig Vorteile bringen.

Lokaler Wohlstand

Beitrag des Tourismus zum Wohlstand der Gastdestination maximieren, einschließlich des Anteils der Besucherausgaben, der vor Ort verbleibt.

Beschäftigungsqualität

Anzahl und Qualität der durch den Tourismus geschaffenen lokalen Arbeitsplätze stärken, einschließlich der Lohnhöhe, der Dienstleistungsbedingungen und der Verfügbarkeit für alle ohne Diskriminierung nach Geschlecht, Rasse, Behinderung oder sonstigen Kriterien.

Soziale Gerechtigkeit

Eine breite Verteilung der wirtschaftlichen und sozialen Vorteile des Tourismus in der gesamten Destination ist anzustreben. Dies schließt allgemeine Verbesserungsmöglichkeiten, Einkommen und Dienstleistungen für die arme Bevölkerung mit ein.

Gästezufriedenheit

Besuchern ein sicheres, zufriedenstellendes und erfüllendes Erlebnis bieten, das allen ohne Diskriminierung nach Geschlecht, Rasse, Behinderung etc. zugänglich ist.

Lokale Verwaltung

Einbeziehung und Stärkung der lokalen Gemeinden in Planung und Entscheidungsfindung über das Management und die zukünftige Entwicklung des Tourismus in der Region in Absprache mit anderen Interessengruppen.

Wohlbefinden der Gemeinde

Erhaltung und Stärkung der Lebensqualität in lokalen Gemeinden, einschließlich sozialer Strukturen und Zugang zu Ressourcen, Einrichtungen und Lebenserhaltungssystemen, unter Vermeidung jeglicher Form sozialer Degradierung oder Ausbeutung

Kultureller Reichtum

Respektieren und fördern des historischen Erbes, der Kultur, der Traditionen und der Besonderheiten der Destinationsgemeinde.

Unversehrtheit der Umwelt

Erhaltung und Verbesserung der Landschaftsqualität sowohl in den Städten als auch in ländlichen Gebieten sowie Vermeidung physischer und visueller Beeinträchtigung der Umwelt

Biologische Diversität

Die Erhaltung von Naturräumen, Lebensräumen und Wildtieren unterstützen und deren Beschädigung minimieren.

Ressourcen-Effizienz

Minimierung des Einsatzes knapper und nicht erneuerbarer Ressourcen bei der Entwicklung und dem Betrieb von touristischen Einrichtungen und Dienstleistungen.

Sauber Umwelt

Minimierung der Luft-, Wasser- und Landverschmutzung, Abfallreduzierung der touristischen Unternehmen und der Touristen

Tabelle 9 Ziele eines nachhaltigen Tourismus. Eigene Übersetzung nach World Tourism Organization (UNWTO) (2013, S. 18). Tabelle 9 gibt die eng mit den MDGs und SDGs in Verbindung stehenden Ziele eines nachhaltigen Tourismus wieder (vgl. World Tourism Organization (UNWTO) 2013, S. 18). Wichtig bei der Betrachtung der formulierten Ziele ist es zu erkennen, dass Nachhaltiger Tourismus eine Form des Tourismus ist, die einen Entwicklungsprozess beschreibt und keineswegs als statisches Konstrukt gesehen werden darf. Ebenso darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei Nachhaltigkeit um ein unteilbares Phänomen handelt. Somit sind Studien zu Nachhaltigkeit, die sich nur auf einen oder zwei Aspekte der Nachhaltigkeit beziehen, sinnwidrig. Weiterhin sollte erwähnt werden, dass es sich bei nachhaltigem Tourismus um keinen – wenn auch häufig versucht – rein quantifizierbaren Untersuchungsgegenstand handelt. Somit fließen in Untersuchungen zu nachhaltiger Entwicklung stets subjektive und regional unterschiedliche Auffassungen und Wertungen mit ein (vgl. Baumgartner 2008, S. 100f.). In Abbildung 13 werden die Hauptfaktoren, die auf einen Raum bzw. eine Tourismusdestination wirken aufgezeigt. Es ist erstrebenswert, dass alle Faktoren ausgewogen und nachhaltig auf den Raum Einfluss nehmen, um eine Bedürfnisbefriedigung der gegenwärtigen Generation mit der Existenzsicherung nachfolgender Generationen zu vereinbaren. Ein Gleichgewicht aller fünf Faktoren sollte angestrebt werden, wobei keine Komponente außen vorgelassen werden sollte.

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

GEGENWÄRTIGE BEDÜRFNISBEFRIEDIGUNG UND EXISTENZSICHERUNG ZUKÜNFTIGER GENERATIONEN

Verantwortungsvoller Ressourcenumgang

Wirtschaftlicher Wohlstand

Naturschutz

RAUM/ TOURISMUSDESTINATION SOZIALES Befriedigung der Gästewünsche/ Zufriedenheit der lokalen Bevölkerung

Kulturerhalt

Abbildung 13 Die fünf auf den Raum wirkenden Dimensionen der Nachhaltigkeit. Eigene veränderte Darstellung nach Müller (1995, S. 16). Die Vernetzung und die gegenseitige Beeinflussung aller in Abbildung 13 genannten Bereiche ist unbestreitbar. Legt man den besiedelten Raum als Basis für die touristische Entwicklung zugrunde, ist die Ökologie und damit verbunden der Naturschutz eine wichtige Grundlage, um die Attraktivität der Destination zu erhalten und zukünftig zu gewährleisten. Nur so fühlen sich sowohl die Gäste als auch die Bewohner in einer (zentralen wie auch peripheren) Destination wohl und können diversen Aktivitäten uneingeschränkt nachgehen (Soziales). Durch den Einfluss von außen (durch Touristen) kann es zu einer verstärkten Bewusstwerdung der eigenen Kultur in der Bevölkerung kommen und damit verbunden auch zu einer verstärkten Pflege von Bräuchen (Kulturelles). Dieser Aspekt ist wichtig, um die Bevölkerung in einem Raum zu halten, und zu einem umsichtigen und regional vernetzten (touristischen) Wirtschaften anzuregen. So ist eine (durch den Tourismus) prosperierende Ökonomie ein weiterer Faktor, der einen Raum aufwertet und lebenswert macht. Lokale und regionale Wertschöpfungsketten gilt es zu fördern, damit auch dem Tourismus angegliederte Sektoren, wie beispielsweise der Agrarsektor (Zulieferung aus regionaler Landwirtschaft) und der Dienstleistungssektor (z. B. Wäschereien) einen Mehrwert durch den Tourismus erhalten. Aber nicht nur die lokale Bevölkerung und Touristen erkennen den Wert der Destination, auch Institutionen innerhalb wie außerhalb des Reiseziels identifizieren Potenziale und übernehmen Verantwortung für den Raum, um ihn zu schützen und zu entwickeln. Einer gegenseitigen Beeinflussung der Stakeholder des Tourismus, einer Vernetzung der fünf Dimensionen der Nachhaltigkeit, wie auch dem gemeinsamen Wunsch, den Raum bestmöglich zu erhalten bzw. zu entwickeln, erwächst die Idealvorstellung, wie gegenwärtige Bedürfnisse befriedigt und künftige Generationen in ihrer Existenz gesichert werden können.

51

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Indikatoren der Nachhaltigkeit Das Wissen um das Bestehen der Nachhaltigkeit reicht wissenschaftlich und politisch in aller Regel nicht aus, so dass die Forderung einer Messbarkeit der Nachhaltigkeit auftritt. Es ist schwierig, ein so umfassendes Konzept in seiner gesamten Komplexität messbar zu machen. Hierzu wurden einige Ansätze entwickelt, die darauf abzielen alle Dimensionen der Nachhaltigkeit zu messen. Diese Ansätze arbeiten mit Indikatoren beziehungsweise Sets aus Indikatoren. Die im Folgenden dargestellten Modelle arbeiten mit kausal-analytischen50 Lösungen für die Zuordnung von theoretischen Begriffen. Es werden Indikatoren „als beobachtbare ‚Folgen‘ der latenten Variablen aufgefasst [und die] Theorien werden als Aussagen über die kausalen […] Wirkungen latenter Variablen aufeinander interpretiert“ (Schnell et al. 1999, S. 127).

Pressure-State-Response Modell (PSR) Die ersten in der Wissenschaft verwendeten Indikatoren betrafen fast ausschließlich Umweltfaktoren beziehungsweise die Überwachung physisch nachweisbarer Änderungen der natürlichen Umwelt. Gründe für etwaige auftretende Veränderungen wurden nicht erfasst oder erklärt. Eines der ersten Modelle, das eine holistische Herangehensweise abzubilden versuchte, basiert auf dem in Kanada in den 1970er Jahren entwickelten Indikatorsystem für „stress-response-relation“. Dieses sog. PSR-Modell wurde 1993 von der OECD entwickelt. PSR steht für Pressure-State-Response. Ziel war es, menschliches Handeln zu bewerten und schädliche menschliche Handlungen zu kontrollieren beziehungsweise zu reduzieren. Im Modell wird aufgezeigt, dass menschliche Aktivität Druck auf die Umwelt erzeugt (z. B. durch Umweltverschmutzung) und dies Veränderungen des Umweltzustands (z. B. Grad der Biodiversität) zur Folge haben kann. Die Gesellschaft reagiert auf diese Veränderungen und versucht unter Zuhilfenahme gezielter Planungsmaßnahmen und Programme dem Druck vorzubeugen, auszuweichen oder diesen zu verringern (NSSD National Strategies for Sustainable Development 2003):

P

State Indikator

ressure Indikator (indirekter und direkter Druck)

Aktivitäten des Menschen     

Energie Transport Industrie Landwirtschaft Weitere

(Produktion/Konsum/Handel)

Response Indikator

(Zustand)

Verschwendungsgesellschaft

Ressourcenverbrauch

(Reaktion)

Zustand von Umwelt und natürlichen Ressourcen      

Luft Wasser Boden Biodiversität Natürliche Ressourcen Information Weitere wie Gesundheit

Information

Soziale Reaktionen (Planungen und Handlungen)

Repräsentanten von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft      

Verwaltungen Haushalte Unternehmen Subnational National International

Soziale Reaktionen (Planungen und Handlungen)

Abbildung 14 PSR (Pressure – State – Response) Modell. Eigene veränderte Darstellung und Übersetzung nach OECD (2003, S. 21); OECD (2001, S. 134). Im Gegensatz zu operationalistischen und typologisch-induktiven Lösungen für die Zuordnung von theoretischen Begriffen (Besozzi/Zehnpfennig, 1976, S. 21 zit. n. Schnell et al. 1999, S. 125ff.). 50

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Pressure (indirekter und direkter Druck) Unter ‚Pressure‘ werden unausweichliche Faktoren, wie beispielsweise Bevölkerungswachstum, Konsum und Produktion (landwirtschaftlicher) Güter zusammengefasst. Druck, der durch die Aktivitäten des/der Menschen auf die Umwelt ausgeübt wird, wird als Ausgangspunkt für Umweltprobleme angesehen. State (Zustand) ‚State‘ bezeichnet zum einen die vorhandenen natürlichen Ressourcen, zum anderen die insbesondere durch Druck auf die Umwelt bestehenden Bedingungen, wie beispielsweise Wasser- und Luftverschmutzung, Abholzung und klimatische Veränderungen. Die angesprochenen Umweltprobleme können direkte Auswirkungen u. a. auf die Produktionsmenge von landwirtschaftlichen Gütern, die menschliche Gesundheit und den Aufwand, der betrieben werden muss, um die Ertragsfähigkeit bestehender Produktionszyklen aufrecht zu erhalten, haben. Response (Reaktion) Unter ‚Response‘ werden die Reaktionen auf den Druck negativer Umweltfaktoren von Individuen oder Gruppen zusammengefasst. Diese Reaktionen sollen beispielsweise den Ressourcenverbrauch reduzieren und/oder bestehende Zerstörung aufheben und/oder Umweltschutzmaßnahmen bilden und fördern. Die Reaktionen sollen einerseits den Druck lindern, können aber andererseits auch das Indikatoren-Set ‚Zustand‘ ändern. Es ist schwierig, in diesem Modell zwischen den Druck- und den Zustands-Indikatoren zu unterscheiden. Zudem ist dieses Modell unzureichend für eine statistische Auswertung geeignet und die Mensch-Umwelt-Beziehung wurde nicht umfassend berücksichtigt (NSSD National Strategies for Sustainable Development 2003; Poll et al. 2005, S. 24). Driving Forces – Pressures-State-Impact-Response (DPSIR-Modell) Das Modell der PSR wurde Ende der 1990er Jahre zum DPSIR-Modell weiterentwickelt. DPSIR steht für Driving Forces-Pressures-State-Impact-Response. Das DPSIR-Modell bildet die Wechselwirkungen der Umwelt mit sozioökonomischen Handlungen ab.

produzieren Treibende Kräfte Druck

Reaktion

Erfassung, Monitoring, Schutz und

Zustand der Umwelt

regenerierende Maßnahmen

Auswirkungen auf Gesundheit / Ökosystem

Abbildung 15 DPSIR-Modell. Eigene veränderte Darstellung nach Smith et al. (2014, S. 8). Soziale und ökonomische Entwicklungen werden unter den Driving Forces (treibenden Kräften) zusammengefasst. Diese verursachen Pressures (Druck) auf die Umwelt zum Beispiel durch Ressourcenverbrauch und Umweltverschmutzung. Dadurch wird der State (der Zustand) der Umwelt 53

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

geschwächt beziehungsweise geändert. Dadurch können wiederum (negative) Impacts (Auswirkungen) auf beispielsweise die Gesundheit oder ganze Ökosysteme (Artensterben/Verringerung der Biodiversität) auftreten. Durch diese Auswirkungen sehen sich dann Gesellschaften beziehungsweise Individuen genötigt zu reagieren (Response) indem sie zum Beispiel Wiederaufforstungsprogramme oder gesetzliche Reglementierung und Maßnahmen durchsetzen. Je nach Art der Reaktion hat diese wiederum Auswirkungen auf die Bereiche treibende Kräfte, Druck, Zustand und Auswirkungen. Reisestern/Nachhaltigkeitsbilanz Grundlage des Reisesterns nach Job (1996, S. 118ff.) mit dem die Nachhaltigkeit des Tourismus bewertet bzw. messbar gemacht werden soll, ist ein an der Nachfrage orientiertes IndikatorenSystem. Es wurde mitunter entwickelt, um es Touristen zu ermöglichen bei ihrer Reiseentscheidung auch Nachhaltigkeitskriterien miteinfließen zu lassen. Dadurch erhofft man ein Umdenken der Reisenden und damit ein Umlenken des Tourismusmarktes zu erreichen. Das Modell des Reisesterns bezieht sich auf die zentralen Inhalte der touristischen Produktpalette. Als Hauptkomponenten werden An-/Abreiseweg, Wege im Zielgebiet, Beherbergung und Hauptaktivitäten in der Destination (Reisezweck) berücksichtigt (vgl. Job 1996, S. 120). Im Reisestern variieren die fünf Zacken des Sterns in ihrer Länge. Sie stellen die ökologischen, sozialen und ökonomischen negativen Effekte nach Sektoren dar. Für diverse Schlüsselindikatoren werden innerhalb dieser Kreissektoren die voraussichtlichen negativen Effekte abgebildet. Nach dem Verkehrsampelprinzip wird im Kreisinneren eine helle, eine unbedenkliche Zone abgebildet. Daran anschließend folgt im mittleren Bereich eine graue, die Vorsichtszone und die äußere, schwarze Zone, die die Stoppzone abbildet (vgl. Becker et al. 1996, S. 142ff.). Job (1996, S. 120ff.) unterscheidet die Indikatoren nach ökologischer, ökonomischer und sozialer Dimension. Zur ökologischen Dimension zählt der Raumüberwindungsindikator51, mit dem der Emissionskennwert – die freigesetzten Emissionen in Gramm pro Personenkilometer52[g/Pkm] – sowie die Reisezielgebietskategorisierung für die Emissionen am Zielgebiet durch lokale Transporte abgebildet werden. Der Wohlstandindikator ist ebenfalls der ökologischen Dimension zuzurechnen. Hierunter werden die Faktoren Beherbergung und Aktivitäten in der Destination zusammengefasst, wobei der Fokus auf dem Flächen-53 und Wasserverbrauch54 und der Abfallproduktion55 der Touristen in der Destination liegt. Miteinbezogen werden muss auch der ökologische Sensibilitätsgrad (Flächenbedarf: Biodiversität und Landschaftsästhetik), die hydrographischen Gegebenheiten (Wasserverbrauch) und der regionale Sensibilitätskennwert (global differierende Grundgegebenheiten). Für die Hauptaktivitäten in der Destination wurde eine ordinale Skalierung erstellt, wobei die höchste durchschnittliche Belastung den Kennwert für die Reise darstellt (vgl. Job 1996, S. 120ff.). Der ökonomischen Dimension sind all diejenigen wirtschaftlichen Effekte zuzurechnen, die innerhalb der Destination erzielt werden. Häufig wird diesem Bereich des Tourismus ein großes Potenzial zugesprochen, um Entwicklungsländern eine größere Gerechtigkeit bei der globalen Wohlstandsverteilung zuteilwerden zu lassen. Der Arbeitsplatzindikator berücksichtigt die durch die Beherbergungsbranche generierten Arbeitsplätze in Abhängigkeit von der Anzahl der Hotelbetten nach Großregion. In Entwicklungsländern werden in aller Regel aufgrund der niedrigeren Lohnzahlungen mehr Personen pro Hotelbett beschäftigt. Dies wird mit einem Äquivalent an Beschäftigten zwischen 0,3 und 0,8 Angestellten pro Bett und einem vom BSP/Kopf (Bruttosozialprodukt/Kopf) der Destination abhängigen Faktor multipliziert und in Prozent zur Gesamtbevölkerung angegeben. Die Gewichtung des Arbeitsplatzindikators ist abhängig von der Saisonalität Nach Job 1996, S. 120ff. Distanz in Kilometern zur Destination aufgegliedert nach Transportmittel. Distanz in Zusammenhang mit dem Zeitfaktor s. S. 84. 52 Klimaproblematische Treibhausgase, die von der Verkehrsleistung abhängen – Stickoxide und Kohlendioxid. 53 m²/Bett. 54 Liter/Tag/Tourist abhängig von der hydrographischen Situation des Landes – Ecuador hat ein ausreichendes Wasserdargebot, d. h. weniger als ein Viertel des Landes sind Wüsten bzw. Halbwüsten und weniger als die Hälfte des Landes sind Dornensavannen oder Trockensteppen (vgl. Job 1996, S. 122). 55 Liter/Tag/Tourist. 51

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

einer Destination, wie auch von den klimatischen Gegebenheiten vor Ort. Ebenfalls der ökonomischen Dimension zuzurechnen ist der Wirtschaftlichkeits-Indikator, der den Anteil der touristischen Einnahmen am Exporterlös abbildet. Demnach werden alle Einnahmen außer der Raumüberwindung von und zur DestinaReise ab Deutschland, 21 Tage Fernreisedestination (inkl. 1 Zwi- tion in ihm zusammengefasst. Die Gewichtung schenlandung): x Kilometer; des Indikators erfolgt über die DevisenabInlandsflug: x Kilometer, Mietwagen: x Kilometer; Übernachtung flussrate/Sickerrate 56 (vgl. Job 1996, Hotel; Wandern, Mountainbiking S. 123ff.). In der sozialen Dimension ist der nicht touristische Menschenrechtsindikator enthalten, der auf der Datengrundlage von Amnesty International gebildet wird. Grundsätzlich ist er ein wichtiger Indikator, der beispielsweise die Verstöße gegen die Menschenrechtskonventionen aufzeigen würde, allerdings wird er im Reisesternmodell von Job vernachlässigt, da er nicht tourismusspezifisch ist. Demnach wird in der sozialen Dimension lediglich der Indikator Akkulturation einbezogen. Dieser gibt der Hypothese folgend, dass die Kulturvielfalt durch die Entwicklung des Tourismus die Vielfalt der Kultur nivelliert an, inwiefern Räume einerseits durch Tourismusintensität klassifiziert und andererseits durch indigene Ethnien und deren Lebensweisen und Bräuche geprägt sind. Problematisch an dem Modell erscheint, wie auch Job (1996, S. 130f.) selbst anmerkt, dass es auf einer sehr groben Einteilung der Erde in Raumkategorien basiert. In der Anwendung Abbildung 16 Reisestern: Darstellung der ist demnach darauf zu achten, den Reisestern Nachhaltigkeitsbilanz. Eigene veränderte Dar- auf kleinere Gebietseinheiten anzuwenden, stellung nach Job (1996, S. 129). um eine Verzerrung der Ergebnisse zu vermeiden. Beispielsweise bestehen beträchtliche regionale Schwankungen in großflächigen oder sehr divers geprägten Staaten. Bei kleineren Raumeinheiten ist die Genauigkeit der betrachteten Faktoren größer. Weiterhin müssen Unterscheidungen zwischen Flussgrößen (Energie, Wasser, Rohstoffe) und Bestandsgrößen getroffen werden, das ist allerdings bislang nicht geschehen. Darüber hinaus ist unter den sozialen Aspekten der schwer operationalisierbare Begriff der Akkulturation unzureichend für die Bewertung der sozialen Dimension. Soziale Aspekte, wie das subjektive Wohlbefinden oder auch die optimale Bedürfnisbefriedigung der Touristen werden außen vorgelassen. Generell fehlt bei dem Modell auch noch ein Set an Schlüsselindikatoren, das allgemein zugänglich (Sekundärstatistiken) für die globale Vergleichbarkeit herangezogen werden kann. Völlig außer Acht gelassen wird beim Indikator Raumüberwindung die zeitliche Komponente (Reisedauer). Die Raumüberwindung und die damit verbundenen Emissionen sind selbstverständlich wichtig, um die Belastung durch eine Reise auf eine Destination zu evaluieren. Die Reisedistanz sollte in Verbindung mit der Reisedauer betrachtet werden, da es unterschiedlich zu gewichten ist, ob eine Fernreise beispielsweise für eine Woche oder für einen Monat angetreten wird. Zwar sind die Emissionen auf der Strecke gleich hoch, es ist aber davon auszugehen, dass eine längere Fernreise unter Umständen nur einmal innerhalb einer längeren Zeitperiode

Sie gibt an, wie viele der Bruttodeviseneinnahmen durch zur Leistungserstellung notwendigen Importe abfließen (vgl. Job 1996, S. 124). 56

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

gemacht wird, wohingegen kürzere Aufenthalte für mehrere Fernreisen innerhalb der gleichen Zeitperiode sprechen. Prozessorientiertes Bewertungssystem (POBS) Mitunter auf dem Reisestern aufbauend, entwickelte Baumgartner (2008, S. 213ff.) ein prozessorientiertes Bewertungssystem (POBS) der Nachhaltigkeit von Tourismusregionen, das die Indikatoren und Kriterien mittels eines Ampelprinzips evaluiert. Grün symbolisiert einen unbedenklichen Zustand, gelb einen alarmierenden Grenzbereich und rot bildet die Handlungsnotwendigkeit ab. Dies sieht er als Weiterentwicklung der Studien zur Messbarkeit von Nachhaltigkeit, die zumeist bei der Festlegung von Indikatoren enden. Die jeweiligen Indikatoren werden den Gruppen Ökologie, Ökonomie, Soziokultur und Institutionelles zugeordnet. Es werden auch Schlüsselindikatoren identifiziert, die in die Bewertung einfließen müssen, aber auch Indikatoren/Kriterien, die durch andere in einem sog. Leitplankenset vorgestellte Indikatoren ersetzt werden können. Die Auswahl des Indikatoren-Sets muss der Experte, an die jeweilige Region angepasst, treffen. Die Ampel weist die Gesamtkategorie Grün auf, wenn mindestens zwei Drittel der Indikatoren im grünen Bereich liegen. Die Bereichskategorie Gelb erhalten jene Destinationen, die weniger als zwei Drittel der Indikatoren im grünen Bereich haben. Die Gesamtbewertung Rot bekommen alle Destinationen, die mindestens einen Wert im roten Bereich haben. Dies wird dadurch begründet, dass ein schwerwiegend negativer Wert (rot) Einfluss auf alle anderen – auch positivere Werte – hat. Weiterhin „übersetzt“ er die Ampel in den Grad der Nachhaltigkeit. So werden die vier Kategorien ‚nachhaltig‘57 , ‚überwiegend nachhaltig‘58 , ‚wenig nachhaltig‘59 , ‚nicht nachhaltig‘60 unterschieden. Dieses Ampelprinzip findet Anwendung in einem prozessorientierten Bewertungsprinzip, das Partizipation vorsieht und die Besonderheiten und eigene Standpunkte einer Region integriert, zudem aber auch Stakeholder mit differierenden Meinungen auszugleichen versucht sowie externe und interne Sichtweisen verbinden möchte (vgl. Baumgartner 2008, S. 216ff.). Baumgartner empfiehlt für POBS ein zweistufiges Verfahren. In der Primärbewertung (Stufe 1) geht es um eine externe Bewertung, die vor allem die Vorteile bietet, schnell zu erheben und dadurch auch kostengünstig zu sein. Das Set an regionsspezifischen Indikatoren und Kriterien wird gewählt und erhobene quantitative und qualitative Daten werden durch den/die Experten analysiert und bewertet. Damit endet das einstufige Verfahren mit einem Expertenergebnis. Bei der vollständigen Bewertung in Stufe 2 (= Stufe 1 + Stufe 2) wird zunächst die Primärbewertung durchgeführt, daran anschließend findet eine Überprüfung der gewonnenen Erkenntnisse durch eine lokale Gruppe statt. Diese geformte Gruppe aus lokalen Experten und Stakeholdern wählt ihrerseits wiederum ein Set an regionsspezifischen Indikatoren und Kriterien. Auch hier erfolgen eine Bewertung und Analyse der Daten durch die Gruppe. Nach dem Abschluss der zweiten Stufe durch eine Diskussion und eventuell Abwandlungen der Ergebnisse aus der Primärbewertung endet das zweistufige Verfahren. In einem Konsensworkshop können die Ergebnisse aus beiden Verfahrensstufen zusammengeführt werden (vgl. Baumgartner 2008, S. 216ff.). POBS ermöglicht die Nachhaltigkeit des Tourismus innerhalb einer Region zu bewerten und auch bei wiederholter Anwendung deren zeitliche Entwicklung zu evaluieren. Durch die Kategorisierung der Indikatoren nach verschiedenen Bereichen (Ökologie, Ökonomie, Soziokultur und Institution) ist eine Bewertung des jeweiligen Grades der Nachhaltigkeit innerhalb der Region möglich. Durch POBS können Probleme und deren Ursachen identifiziert und Maßnahmen zur Lösung eingeleitet werden. Die zweistufige prozessorientierte Bewertung bietet zahlreiche Sekundäreffekte, wie beispielsweise durch die Erhöhung der Motivation die bestehende Situation zu verbessern. Zudem bilden die erhobenen und bereitgestellten Daten die Grundlage zum Empowerment der Bevölkerung

57 „Alle vier Bereiche im grünen Zustand“ (Baumgartner 2008, S. 214). 58 „Mindestens zwei Bereiche im grünen Zustand, keiner im roten“ (Baumgartner 2008, S. 214). 59 „Ein Bereich im roten Zustand oder mehrere Bereiche im gelben als im grünen Zustand“ (Baumgartner 2008, S. 214). 60 „Kein Bereich im grünen oder mehr als ein Bereich im roten Zustand“ (Baumgartner 2008, S. 214). 56

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

sowie deren Partizipation an Entwicklungsprozessen. Konflikte können durch die Bewertung gemäßigt bzw. aufgelöst werden (vgl. Baumgartner 2008, S. 219).

Entscheidung 1-stufiges Verfahren

2-stufiges Verfahren

Wahl der Bewertungs-Indikatoren durch externen Experten

3-stufiges Verfahren

Wahl der Bewertungs-Indikatoren durch regionale Evaluationsgruppe

Auswahl der Indikatoren

Bewertung/Analyse durch Experten

Bewertung/Analyse durch verschiedene ausgewählte lokale Interviewpartner

Bewertung/Analyse durch Gruppe

Bündelung der Ergebnisse durch Experten Ergebnis Stufe 1

Ergebnis Stufe 2

Ergebnis Stufe 3

Konsens-Workshop

Abbildung 17 Vorgehensweisen bei POBS. Eigene ergänzte und veränderte Darstellung nach Baumgartner (2008, S. 217). Allerdings erscheint es je nach Fall sinnvoller zu sein, statt oder ergänzend zu einer Gruppe im zweistufigen Verfahren diverse Einzelgespräche durchzuführen. Obwohl sich Personen in Gruppengesprächen bzw. Diskussionen auch gegenseitig zu neuen Ansätzen motivieren können, haben Einzelgespräche den Vorteil, dass neue Ideen gezielt durch den Experten in Folgegespräche eingeführt und tiefergehend diskutiert werden können. Es wird dadurch verhindert, dass nur einer Idee bzw. nur einem Set an Ideen nachgegangen wird – die Beeinflussung durch Dritte ist wesentlich gezielter bzw. geringer. Die Bündelung der Ergebnisse erfolgt durch den Experten. Sinnvoll ist ein dreistufiges Verfahren, bei dem nach der oben beschriebenen Primärphase eine Phase mit Einzelgesprächen stattfindet und dann die oben beschriebene zweite Phase als dritte Phase organisiert wird. Dies hat den Vorteil, dass die Effizienz in Einzelgesprächen höher sein kann und wenn es Zeit und Mittel erlauben zusätzlich noch eine Evaluationsgruppe in einer dritten Stufe durch den Experten ausgewählt wird. Carrying Capacity Bislang wurde darauf eingegangen, wie man Nachhaltigkeit ‚messbar‘ machen kann. Allerdings ist es für die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus und damit einhergehend eines nachhaltigen Raumes unumgänglich, sich auch mit den örtlichen individuellen Belastungsgrenzen auseinanderzusetzen. Ab wann wird der Druck durch das räumlich und zeitlich konzentrierte massenhafte Auftreten von Touristen, wie er in den PSR und DPSIR Modellen beschrieben ist, zu groß (vgl. Becker et al. 1996, S. 110)? Ab wann setzt ein Handeln ein? In diesem Zusammenhang gilt es die Carrying Capacity zu betrachten. 57

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Die Existenz touristischer Belastungsgrenzen ist nicht erst seit neuester Zeit durch Kampagnen wie „Tourist go home“ vor allem in einige Regionen Spaniens (z. B. Mallorca, Barcelona), Italiens (z. B. Florenz, Venedig) und Kroatiens (z. B. Dubrovnik) bekannt (Die Welt 2017; Koss 2017). Seit etwa Mitte der 1980er Jahre beschäftigt sich die Tourismuswissenschaft mit diesem Themenbereich (vgl. Becker et al. 1996, S. 110). Aber insbesondere in jüngster Zeit ist ein Trend zu verzeichnen, der auf einen zunehmend bedenklichen und stark ressourcenverbrauchenden Reisestil hinweist. So erwähnen beispielsweise Gössling und Peeters (2015, S. 648), dass „the tourism system becomes more energy, freshwater, land and food intense on a per trip arrival per guest night basis, while the total number of tourists continuous to increase, a result of a growing and wealthier world population engaging in more resource intense tourism.“

Daher gewinnt Carrying Capacity und die Bestimmung ebendieser an Bedeutung. Die Carrying Capacity oder auch Tragfähigkeit bezeichnet „allgemein das Fassungsvermögen eines Lebensraumes für Organismen einer Art oder für Lebensgemeinschaften. […] Im Umweltschutz [ist damit] allgemein die Aufnahmekapazität eines Landschaftsraums und seiner Ökosysteme für vom Menschen ausgehende Belastungen [gemeint]“ (Leser 2010, S. 969).

Durch die Belastung kommt es zu einer Stresssituation für das Ökosystem (vgl. Leser 2010, S. 83). Das heißt, dass ein oder mehrere Faktoren auf das Ökosystem wirken und es mehr oder weniger stark, je nach Regenerationsfähigkeit, belastet wird. Auf eine Destination übertragen wies bereits Krippendorf (1986, S. 77) unter dem Kapitel „Die Folgen: Countdown der Zerstörung“ darauf hin, dass eine ‚touristische Explosion‘ (zunehmend räumliche Konzentration des Tourismus und stetig wachsende Besucherzahlen) zu Beeinträchtigungen sowohl des Raumes, der Ökologie, der Ökonomie und des sozialen Bereichs führen. Er beschreibt das endlos quantitative Wachstum des Tourismus als verhängnisvollen Teufelskreis. Nach Mathieson und Wall (2003, S. 21) ist die Carrying Capacity „the maximum number of people who can use a site without an unacceptable alteration in the physical environment and without an unacceptable decline in the quality of the experience gained by visitors.“

Sie unterscheiden weiterhin nach einem wirtschaftlichen, physischen (ökologischen) und sozialen Subsystem einer Destination, wobei die Carrying Capacity eines Subsystems eingehalten werden kann, die übrigen aber bereits überschritten sein können. Als zwei große Einflussfaktoren, die auf die Kapazitätsgrenzen wirken, nennen sie zum einen die Charakteristika der Touristen und zum anderen die Charakteristika der Destination und ihrer Bevölkerung (vgl. Mathieson und Wall 2003, S. 21 – 22). Laut Rein und Strasdas (2015) gibt die touristische Tragfähigkeit Auskunft darüber, wieviel touristische Nutzung in einem Landschaftsraum möglich ist, ohne dass dieser irreparabel geschädigt wird. Belastungsgrenzen müssen hierfür vorab definiert werden. König (2002, S. 76f.) fasst zusammen, dass die Belastungen von Destinationen sich vor allem durch eine hohe Besucherzahl, einen erheblichen Landschaftsverbrauch, eine verdichtete Bebauung, ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, eine beträchtliche Lärmbelastung, eine Überlastung der touristischen Infrastruktur (z. B. Hotels) und eine abwehrende Haltung der Einheimischen gegenüber den Touristen äußern. Freyer (2011, S. 512) nennt als wesentliche Indikatoren der Belastungsgrenzen den Besucherdruck (gemessen an der Zahl der Besucher/Jahr), die Besucherintensität (gemessen an der Nutzungsintensität während der Hochsaison in Person/Hektar), das kritische Ökosystem (gemessen an der Zahl der seltenen und gefährdeten Arten) sowie den Schutzgrad (gemessen an der Schutzkategorie des Gebiets). McCool (2012, S. 286) weist darauf hin, dass bezüglich der Carrying Capacity häufig die falsche Frage gestellt werden würde:

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung „How many is too many? Carrying Capacity is intrinsically a quantitative term, yet, research was showing that many problems of recreational use were a function not so much of numbers of people, but their behavior.“

Somit ist also nicht nur die Zahl der Besucher entscheidend, sondern die Art des Reisens bzw. die Weise, wie sich Touristen in der Destination verhalten. Um besser auf diesen Aspekt einzugehen, wurde für Schutzgebiete das Konzept des Limits of Acceptable Change (LAC) eingeführt. Es findet vor allem in den USA Anwendung und fragt im Gegensatz zur Carrying Capacity, die der Frage nachgeht, wie viele sind zu viele Touristen, umfassender nach „What resource and social conditions are appropriate (or acceptable), and how do we attain those conditions?” (McCool, 2012, S. 286). Damit ist dieser Ansatz wesentlich weitreichender und bezieht sich auch auf die Werte einer Urlaubsdestination. Es steht hier nicht nur die touristische Bedürfnisbefriedigung (u. U. ohne Rücksicht auf die Konsequenzen) im Vordergrund, sondern auch, wie mit den, durch den Tourismus auf das Sozialwesen und die Umwelt, induzierten Problemen umgegangen werden soll (vgl. McCool, S. 287). Das LAC Konzept baut auf elf Grundprinzipien auf, die aus verschiedenen wissenschaftlichen Studien hervorgegangen sind und sich mittlerweile als fundamental für die Gebietsplanung (für Schutzgebiete) herausgestellt haben (vgl. McCool, 2012, S. 287).

2. Die Vielfalt der Ressourcen und sozialen Bedingungen in Schutzgebieten ist unvermeidlich und kann erwünscht sein. 1. Ein angemessenes Management hängt von den Zielen ab.

4. Auswirkungen auf Ressourcen und soziale Bedingungen sind unvermeidliche Folgen des menschlichen Gebrauchs.

7. Viele Managementprobleme sind nicht NutzungsDichteabhängig. 10. Der Entscheidungsprozess sollte technische Entscheidungen von Werturteilen trennen. 8. Nutzungseinschränkungen sind nur eine der Management Möglichkeiten.

5. Wirkungen können zeitlich oder räumlich diskontinuierlich sein. 3. Das Management ist darauf ausgerichtet, vom Menschen verursachte Veränderungen zu beeinflussen.

9. Monitoring ist ein notwendiger Bestandteil professionellen Managements.

11. Für erfolgreiche Umsetzung von Schutzgebietsmanag ementstrategien ist unter betroffenen Gruppen ein Konsens über vorgeschlagenen Maßnahmen erforderlich.

6. Viele Variablen beeinflussen die Nutzungs-/ Wirkungsbeziehung.

Abbildung 18 Elf Prinzipien der Limits of Acceptable Change. Eigene Darstellung nach McCool (2012, S. 287 – 291). Ceballos Lascuráin (1996, S. 131) weist darauf hin, dass das „concept of tourism carrying capacity is not very difficult to perceive in theory, it is difficult to quantify, since no single definition of tourism, nor of environment exists. […] there are no fixed or standard carrying capacity values. […] Carrying Capacity varies, depending upon place, season and time, user behavior, facility design, patterns and levels of management, and the dynamic character of environments themselves.“ 59

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Um aber einen Ort, eine Destination touristisch nachhaltig entwickeln zu können, müssen die Carrying Capacity oder aber auch die LAC mit ihren jeweiligen Grenzwerten bestimmt werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass der Tourismus gleichermaßen sowohl sozial, ökologisch wie auch ökonomisch verträglich realisiert wird. Viegas (1998, S. 19) schreibt dazu, dass „für ein Gebiet […] bezüglich einer bestimmten Belastung ein Grenzwert gefunden werden [soll], eine Belastungsgrenze also, die die Natur noch verkraften bzw. wieder ausgleichen kann ohne irreparablen Schaden aufzuweisen“.

7.2 Destination, Destinationslebenszyklus-Modell nach Butler, Destinationsmanagement und Destinationsmanagementorganisationen (DMOs) Unter einer Destination versteht man einen „geographischen Raum (Ort, Region, Weiler), den der jeweilige Gast (oder ein Gästesegment) als Reiseziel auswählt. Sie enthält sämtliche für einen Aufenthalt notwendigen Einrichtungen für Beherbergung, Verpflegung, Unterhaltung/Beschäftigung. Sie ist damit die Wettbewerbseinheit im Incoming Tourismus, die als strategische Geschäftseinheit geführt werden muss“ (Bieger 2008, S. 56).

Eisenstein (2014, S. 13) fasst sechs Charakteristika einer Destination zusammen, wobei die Perspektive des Touristen das Reiseziel bestimmt, wodurch sie zu einer Destination wird. Die Destination ist der Raum, den der Tourist wahrnimmt und für seinen befristeten Aufenthalt nutzt, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Zur Bedürfnisbefriedigung steht dem Touristen eine Angebotspalette zur Verfügung, die er in aller Regel als ein touristisches Produkt identifiziert und auch bewertet. Eine Destination bildet eine Wettbewerbseinheit unter anderen Destinationen. Daher muss der Tourist auch für die jeweilige Destination gewonnen werden, um dann innerhalb der Destination unter den verschiedenen touristischen Stakeholdern, die ebenfalls in Konkurrenz stehen, auszuwählen. Um diesem externen wie internen Konkurrenzdruck Stand zu halten, ist es zielführend eine Destination strategisch zu leiten. Das in der Betriebswirtschaftslehre entwickelte Produktlebenszyklusmodell wurde durch den Tourismusgeographen Richard Butler abgewandelt und auf Tourismusdestinationen übertragen (vgl. Butler 1980). Destinationen haben bestimmte Grenzen der Belastbarkeit und Aufnahmefähigkeit von Touristen, sobald diese überschritten werden, kann sich eine Region nicht mehr nachhaltig zeigen (vgl. König 2002, S. 78). Butler geht davon aus, dass sich Destinationen in regelhaften Phasen in einem Innovations-Reife-Niedergangs-Zyklus entwickeln, wobei er sechs Phasen unterscheidet: Phase 1: Erkundung Zu Beginn der Entwicklung einer touristischen Destination wird sie vorrangig von Individualtouristen erkundet. Nur vereinzelt kommen Touristen, sogenannte Pioniere, es besteht keine beziehungsweise nur eine rudimentäre Infrastrukturausstattung, Einheimische hatten bislang nur wenig Kontakt zu auswärtigen Besuchern und das Reiseziel ist nur unter erschwerten Bedingungen erreichbar. Zu diesem Zeitpunkt besteht nur die natürliche Anziehung der Destinationen, wie zum Beispiel eine reizvolle Landschaft oder die Möglichkeit zur Beobachtung seltener Tierarten. Die ökologische und soziokulturelle Wirkung, die die Touristen auf die Destination haben, sind sehr gering, da es sich in aller Regel um Reisende handelt, die sich rücksichtvoll und kulturell angepasst verhalten. Das Wissen über das Reiseziel erlangen die Touristen zumeist durch Mund-zu-MundPropaganda von anderen ähnlich Reisenden.

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Phase 2: Erschließung Durch die ersten erfolgreichen Kontakte mit den Touristen, setzt eine erste tourismusinduzierte Entwicklung ein. Die Anbindung an größere Orte wird verbessert, erste touristische Einrichtungen (z. B. Unterkünfte, Hotels, Souvenirläden) werden geschaffen. Damit zusammenhängend verbessert sich die ökonomische Situation vor Ort. Eine erste Kommerzialisierung und Vermarktung sowie die Herausbildung von Saisons setzt ein. Erste Auswirkungen durch Konstruktionen, vermehrte Besuche und erhöhtes Verkehrsaufkommen durch Zulieferer beeinträchtigen die Natur. Im soziokulturellen Kontext führen mangelnde Fremdsprachenkenntnisse in der einheimischen Bevölkerung zu Problemen. Generell aber ist eine positive Einstellung gegenüber den Touristen zu verzeichnen. Phase 3: Entwicklung Die Phase der Entwicklung entspricht einer Phase des Take-offs. Es setzt ein Boom der Destination ein. Infrastrukturausstattung und Erreichbarkeit bilden die Grundvoraussetzungen für das Einsetzen eines Massentourismus und das Fernbleiben der Individualtouristen. (Ausländische) Investoren werden zunehmend aktiv. Erste ökologische Auswirkungen werden sichtbar (Verschmutzung / Übernutzung der Ressourcen). Gravierende Effekte durch die Saisonalität der Destination: Massenentlassungen in der Nebensaison und Anwerbung von (günstigen) Arbeitskräften aus dem Ausland zur Hochsaison. Phase 4: Konsolidierung In der Phase der Konsolidierung ist kaum mehr eine Zuwachsrate der Touristen in der Destination erkennbar, es kommt zu einer abnehmenden Entwicklungsdynamik. Die Zahl der Touristen übersteigt die Zahl der dauerhaften Anwohner. Ein Großteil der Einnahmen der Destination hängt vom Tourismus ab. Durch die Vielzahl an Touristen kommt es zu einer vermehrten Unzufriedenheit unter den Bewohnern, v. a. derjenigen, die nicht im Tourismussektor arbeiten. Phase 5: Stagnation Der Höhepunkt des Tourismus und somit auch der Touristenzahl innerhalb einer Destination ist erreicht. Die Kapazitätsgrenzen wurden erreicht beziehungsweise zum Teil bereits überschritten. Damit im Zusammenhang treten verstärkt Probleme im ökologischen, sozialen und ökonomischen Bereich auf. Phase 6: Weiterentwicklung Nach der Phase der Stagnation gibt es zwei mögliche Weiterentwicklungsszenarien, je nachdem, wie im Tourismus fortan agiert wird. Phase 6a: Erneuerung Eine Möglichkeit ist die Revitalisierung des Tourismus beziehungsweise der Destination durch gezielte Maßnahmen. Durch aktives Gegensteuern wird dem Niedergang der Destination entgegengewirkt, der Eintritt in einen neuen Produkt-Lebenszyklus ist möglich. Phase 6b: Verfall Ein anderes negatives Szenario geht vom Niedergang der Destination aus, wenn nach dem Eintreten der Stagnation keine Maßnahmen (z. B. bauliche Aufwertung, Schaffen neuer Attraktionen) zum Aufhalten dieses Trends gesetzt werden.

61

62

Drei Säulen der Nachhaltigkeit

In der Entwicklung

Bau erster touristisch angepasster Infrastruktur

Einsetzende Kommerzialisierung

Sehr schwer – nur unter erhöhtem Zeitaufwand – möglich

Wenig, nur sehr einfache Ausstattung, keine kommerziellen Zimmer

Unterentwickelt, nur naturgegebene Anziehung, keine Kommerzialisierung

Minimal

Erreichbarkeit

Infrastruktur

Attraktion

Ökonomischer Nutzen

Mund-zu-Mund-Propaganda: Zufallsentdeckungen von Destinationen

Werbung

Herausbildung einer Saison, Abzeichnen von Quellgebieten der Touristen

Ausbau des Marketings, jedoch nur sehr begrenzt

Minimal

Soziokulturelle Auswirkungen

Sonstiges

Verständigungsprobleme

Minimal

Ökologische Belastung Ansteigend

Ansteigend

Leichter Anstieg der Individualtouristen

Ausschließlich Individualtouristen

2. Erschließung

Besucher

1. Erkundung

Entwicklung des Tourismus unter Aspekten der Nachhaltigkeit

+

Entwicklung eines Konzepts für nachhaltigen Tourismus

+

Allgemeine Status-quoAnalyse

3. Aktion

Sehr gut

Sehr gut

Gleichmäßige Touristenzahlen

5. Konsolidierung / Prüfung 6. Konstanz

Zielgruppen angepasst

Hoch, Etablierung der Destination auf dem Tourismusmarkt

Zeit

Ganzjährig gleichmäßige Verteilung der Touristenzahlen. Kontrolle bleibt in regionaler/nationaler Hand – jedoch Unterstützung von außen

Breite Akzeptanz des Tourismus in der Bevölkerung, interkulturelle Kompetenz der Bevölkerung, erhalt der geschaffenen Sozialstrukturen

Geringe bis keine ökologische Belastung durch regionsspezifisch angepasste Maßnahmen

Positive direkte, indirekte und induzierte wirtschaftliche Effekte

Zunehmend positiv (Erwerb von Sprachkenntnissen, durch Einbindung der Bevölkerung)

Ausgleich der ökologischen Belastung durch gezielte Maßnahmen

Zunehmende direkte, indirekte und induzierte Wirkungen

Moderate Kommerzialisierung des Angebots, Verbesserung gegebenen Attraktionen durch zum Beispiel Schaffung von Aussichtsplattformen

Gut

Gut

Ergänzen der Individualtouristen durch Massentouristen

4. Entwicklung

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Abbildung 19 Destinationslebenszyklus-Modell unter Einbezug einer nachhaltigen Tourismusausrichtung. Eigene veränderte Darstellung (vgl. BUTLER und Bartoschek et al. 2014, S. 466).

Zahl der Touristen

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Unklar bleiben in dem Modell die zeitliche Dimension, wie lange eine Phase beziehungsweise ein Zyklus andauert sowie auch die detaillierte Darstellung der Prozesse, die innerhalb einer Phase ablaufen. Zudem verlaufen die realen, durch empirische Untersuchungen belegten Kurven häufig vom Modell abweichend. Dennoch eignet sich das Modell, um eine Tourismusdestination in ihre konkrete Entwicklungsstufe einzuordnen und entsprechende Handlungsmaßnahmen zu ergreifen. Es wird deutlich, dass eine bestimmte Zahl von Touristen für die Entwicklung einer touristischen Destination unabdingbar ist – so führt die Abwesenheit einer ausreichenden Zahl an Touristen dazu, dass die Region gar nicht erst zu einer Tourismusdestination ausgebaut wird, zu viele hingegen haben zur Folge, dass es zu einem Rückgang der touristischen Aktivität kommen kann (Bartoschek et al. 2014, S. 466; Kagermeier 2016, S. 41ff.; Butler 1980, S. 6 – 10; Schmude und Namberger 2010, S. 54 – 56). In Abbildung 19 wurde das Modell dahingehend modifiziert, dass in Anlehnung an Bartoschek et al. (2014) die Prozesse, die innerhalb einer Phase ablaufen, erläutert werden. Zudem wurden zwar sechs Phasen beibehalten, diese aber in Bezug zu der vorliegenden Untersuchung ergänzt und abgewandelt. Das Modell wurde um Phase 3 ‚Aktion‘ ergänzt. Dies bedeutet, dass in Anschluss an die Phasen Erkundung und Erschließung idealerweise eine Status-Quo-Analyse der Tourismusdestination, ein Konzept für eine nachhaltige Tourismusentwicklung sowie in einem weiteren Schritt die Weiterentwicklung des Tourismus unter Nachhaltigkeitsaspekten erfolgt. Dadurch ändert sich die Struktur der folgenden Phasen zwangsläufig, da nunmehr nicht ein ‚Worst-Case-Szenario‘ (die Phasen Stagnation beziehungsweise Verfall) abgebildet wird, sondern ein weiteres prosperierendes Tourismuswachstum. Namentlich wurden die Phasen Entwicklung und Konsolidierung beibehalten, jedoch ändern sie sich inhaltlich. In Phase 4 ‚Entwicklung‘ steigen die Touristenzahlen weiter an. Individualtouristen kommen weiterhin in die Destination, allerdings werden diese nun durch Massentourismus ergänzt. Der Ausbau der Tourismusdestination erfolgt durch regionale Kräfte, allerdings mit Unterstützung externer Investoren. Negative ökologische Effekte werden durch Ausgleichsmaßnahmen so gering wie möglich gehalten. Idealerweise ist die Destination ganzjährig gleichmäßig ausgelastet. Die Erreichbarkeit der Destination sowie ihre Infrastruktur sind gut. Durch die Einbindung der lokalen Bevölkerung in Phase 3 ‚Aktion‘ halten sich die negativen Auswirkungen in Grenzen. Die Vermarktung der Destination findet auf einem hohen Standard statt. In der fünften Phase ‚Konsolidierung und Prüfung‘, in der es zu einer Verfestigung des Tourismus in seiner Form kommt, sollte geprüft werden, ob der eingeschlagene Weg wirklich den angestrebten Nachhaltigkeitskriterien entspricht und gegebenenfalls sollten weitere Justierungen im Austausch mit der Bevölkerung und den örtlichen (ökologischen) Gegebenheiten untersucht werden. In einer letzten Phase erreicht der Tourismus eine institutionelle, ökologische, ökonomische und sozial/kulturelle Balance, die nur noch mittels sporadischer, kleinerer steuernder Maßnahmen reguliert werden muss. Die Ergänzung des Modells durch eine recht frühe Phase 3 ‚Aktion‘ erscheint sinnvoll, da eine nachträgliche Ausrichtung von Tourismusorten, die bereits unter negativen Folgen des Tourismus leiden oder sich am Scheideweg zwischen Erneuerung und Verfall befinden, außerordentlich schwierig ist. Frühzeitiges Einwirken ist daher ein probates Mittel für die nachhaltige Entwicklung verhältnismäßig junger Reisedestinationen. Analog zum Destinationslebenszyklus-Modell nach Butler unterscheidet die GIZ (2019, S. 40ff.) abhängig von der Entwicklungsphase vier Destinationstypen: Entstehende, wachsende, reife und stagnierende Destination.

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Typ

Entstehende Destination

Wachsende Destination

Reife Destination

Stagnierende Destination





Vorhandene Strukturen zur Entwicklung und Vermarktung der Destination sind nicht effizient. Öffentliche und private Stakeholder arbeiten nicht zusammen Fehlen einer von allen Stakeholdern akzeptierten Strategie sowie eines Zielsystems -> Einzelinteressen stehen im Vordergrund Ökonomische Interessen und Wachstum steuern die touristische Entwicklung Mangelnde Sicherung von Qualitätsstandards



Fehlen einer von allen Stakeholdern akzeptierten Strategie sowie eines Zielsystems. Nachhaltigkeit ist kein Thema Strukturen zur Entwicklung und Vermarktung der Destination sind verfestigt Verzicht von Investitionen in Qualität und Infrastruktur der KMUs aufgrund positiver Nachfrageentwicklung Ausländische Investoren und Betreiber bestimmen das Angebot im oberen Preissegment Verstärkte Marketingaktivität aufgrund wachsender Konkurrenz und abnehmender Nachfrage



Weiterentwicklung vorhandener Strukturen und Prozesse im Einklang mit langfristig orientierten Zielen Sensibilisierung der Akteure für den durch Nachfragewachstum induzierten Steuerungsbedarf Diversifizierung des touristischen Angebots im Sinne der Markenpositionierung



Weiterentwicklung vorhandener Strukturen und Prozesse im Einklang mit konsensfähigen und langfristig orientierten Zielen Entgegenwirkung ökologischer und soziokultureller Belastungen Systematische Qualitätsentwicklung des touristischen Angebots im Sinne der Markenpositionierung und in der Verstärkung der Marketingaktivität



 

  Merkmale

Wenig bis keine Strukturen zur Entwicklung und Vermarktung der Destination Attraktionen nur schwer zugänglich Fehlendes unternehmerisches KnowHow, wenig Investitionsvermögen Externe Anbieter für Angebote höherer Qualität und Größe Hoher Grad an Konkurrenzdenken unter den Stakeholdern, Kein Bewusstsein für den Mehrwert von Kooperationen







 



Herausforderungen



Aufbau von Strukturen und Abläufen Schaffung und Professionalisierung des touristischen Basisangebots Nachhaltige Ausrichtung bereits bestehender und zu entwickelnder Produkte Notwendigkeit einer Anschubfinanzierung aufgrund mangelnder Kapitalressourcen





























Wachsender Druck auf alle Stakeholder und Entscheider aufgrund der Negativeffekte des Tourismus Erhöhte Aktivitäten im Bereich Marketing und Vertrieb Auslastungsrückgänge durch rückläufige Nachfrage. KMUs reagieren mit Preisreduktionen und Einsparungen → Investitionsstau

Touristische Neuausrichtung und nachhaltige touristische Entwicklung tiefgreifende Veränderungen auf der Grundlage einer nachhaltigen Zukunftsstrategie Minderung von Umweltschäden, Korrektur von Fehlentwicklungen und Angebotsbereinigung Zielgerichtetes Engagement staatlicher Institutionen in Zusammenarbeit mit privaten Akteuren.

Tabelle 10 Merkmale und Herausforderungen der verschiedenen Phasen einer Destination. Eigene veränderte Darstellung nach GIZ (2019, S. 41f.).

64

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Für alle vier Typen wurden Merkmale und verschiedene Herausforderungen definiert. Die vier Entwicklungsphasen stimmen weitgehend mit den Merkmalen des Modells von Butler überein. Möchte man einen geographischen Raum als Destination strukturieren bzw. vermarkten, muss generell bedacht werden, dass es sich nicht nur um mitunter schwer abgrenzbare Gebietseinheiten handelt, sondern, dass es öffentliche Räume sind, Verwaltungseinheiten, die die Bevölkerung als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum nutzt. Die Interessen der ansässigen Bevölkerung sind in aller Regel divers und durch verschiedene historische Ausgangslagen und unterschiedliche soziale Verhältnisse geprägt, die eine einheitliche, zielgerichtete Destinationsentwicklung erschweren können (vgl. Steinecke und Herntrei 2017, S. 25f.). Als größte Hemmnisse bei der Bildung einer Destination nennen Steinecke und Herntrei (2017, S. 25ff.) das Kirchturmdenken der Politiker, Konflikte mit bestehenden Organisationen, die große Vielfalt und den unterschiedlichen Professionalisierungsgrad der touristischen Unternehmen sowie den Lokalpatriotismus der Bevölkerung. Gleichzeitig ist der intensivierte Wettbewerb der Destinationen untereinander zwar nicht als Hemmnis, aber als großer Druckfaktor auf eine Destination zu nennen. Es stellt sich die Frage, wie eine Destination den sich wandelnden Rahmenbedingungen gerecht werden kann (vgl. Eisenstein 2010, S. 116). Es ist schwierig, verschiedene Stakeholder mit jeweils verschiedenen Ansprüchen und Interessen dazu zu bewegen, an der Herausarbeitung einer Destination zu arbeiten. Zusätzlich wird die Bildung der Destination neben den Stakeholdern auch durch äußere Rahmenbedingungen, wie ökonomischen und natürlichen Gegebenheiten sowie durch soziokulturelle und politische Faktoren beeinflusst. Die Schaffung eines Destinationsmanagements und einer DMO kann hilfreich sein: „Destinationsmanagement beschreibt den Prozess der strategischen Führung und Vermarktung einer wettbewerbsfähigen Destination sowie die Koordination von Stakeholdern mit dem Ziel, eine optimale ökonomische und gesellschaftliche Wirkung durch den Tourismus zu erzielen, ohne das ökologische System zu belasten“ (GIZ 2019, S. 16).

Beherbergungsbetriebe

Ökonomische Rahmenbedingungen Gastronomie

Ökologische Rahmenbedingungen Infrastruktur

Destination / Raum Marketing / Vertriebs-partner

Organisationen & Verbände

Politik & Verwaltung

Destinationsmanagementorganisation

KonkurrenzDestinationen

Soziokulturelle Rahmenbedingungen

Ortsansässige Bevölkerung

Touristen

Touristische Attraktionen

Sonstige Dienstleister / Einzelhändler

Politische Rahmenbedingungen

Abbildung 20 Stakeholder im Destinationsmanagement. Eigene veränderte Darstellung nach Steinecke und Herntrei (2017, S. 69), Bieger (2008, S. 100), GIZ (2019, S. 15). 65

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Eine DMO wird definiert als „die führende Organisationseinheit, die verschiedene Aufgaben des Destinationsmanagements integriert und Stakeholder zielgerichtet koordiniert. Es kann sich dabei um eine öffentliche oder eine private Institution handeln oder um eine öffentlich-private Partnerschaft“ (GIZ 2019, S. 16).

Für die Umsetzung eines nachhaltigen Tourismus ist es unumgänglich, die Destination strategisch zu steuern. Denn ohne einen gewissen Grad an Abstimmung und Koordination der zahlreichen touristischen Stakeholder innerhalb einer Region ist eine auf Nachhaltigkeitskriterien basierende touristische Entwicklung nicht umsetzbar (vgl. Deutscher Tourismusverband e. V. 2016, S. 4). Generell können verschiedene Aufgabenschwerpunkte einer DMO definiert werden. Es können vier unterschieden werden (vgl. Beyer 2014a, S. 24ff.): Dazu zählt die strategische Planung, die dazu dienen soll, allen Stakeholdern eine Orientierung für die eigene Tätigkeit zu gewähren. Das Angebotsmanagement, welches die Angebotsqualität gewährleisten und die Markenpositionierung in der Wertschöpfungskette bereitstellen soll. Hierunter werden auch die drei Teilbereiche Entwicklung von Infrastruktur, Professionalisierung und Qualitätsmanagement und die Entwicklung von Produkten und Markenerlebnissen gefasst. Ein weiterer genannter Aufgabenschwerpunkt ist die Kommunikation und der Vertrieb, der v. a. an die neuen Medien angepasst vollzogen werden muss. Der vierte und letztgenannte Aufgabenschwerpunkt ist das Stakeholder-Management, dabei ist die Bündelung der Interessen der verschiedenen Stakeholder in einem Gebiet vorrangiges Ziel. Die GIZ (2019, S. 52) formulierte sechs Schritte, um zu einer erfolgreichen DMO zu gelangen. Es handelt sich um Schritte, die je nach Destination und den darin vorzufindenden Rahmenbedingungen sowie den vorhandenen Stakeholdern nur als Richtlinie gewertet und den jeweiligen Umständen angepasst werden müssen.

Erfolgreiche DMO

Prozesseinleitung

Entwicklung Festlegung der eines Destinations- DestinationsAnalyse der managementstrategie Wettbewerbskonzepts fähigkeit der Destination

Erarbeitung eines detaillierten DMO-Konzepts

Umsetzung und Kontrolle der DMO

Abbildung 21 Der Weg zu einer erfolgreichen Destinationsmanagementorganisation. Eigene veränderte Darstellung nach GIZ (2019, S. 52). Prozesseinleitung Der Prozess kann von verschiedenen Akteuren eingeleitet werden. Zum einen kann er von oben (Top-down) durch staatliche Instanzen oder von unten (Bottom-up) auf Gemeindebasis oder durch starke touristische Stakeholder vor Ort initiiert werden. Generell ist es wünschenswert, dass die Bottom-up Prozesse von staatlichen Instanzen unterstützt bzw. mitgetragen werden. Auch kann die Unterstützung von staatlicher Seite dazu führen, dass andere Destinationen nach dem gleichen Konzept realisiert werden, wodurch u. a. auch Synergien unter den Destinationen selbst auftreten können. In diesem ersten Schritt ist es von Bedeutung, dass zunächst das 66

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Bewusstsein geschaffen wird, dass vor Ort Handlungsbedarf besteht und entscheidende Stakeholder überzeugt werden, sich als treibende Kraft in eine DMO einzubringen. Es ist zwingend erforderlich, in diesem Schritt behutsam vorzugehen, offen für neue Ansätze und Ideen zu sein und die Akteure individuell zu verstehen (vgl. GIZ 2019, S. 52). Analyse der Wettbewerbsfähigkeit Insbesondere in Schwellen- und Entwicklungsländern ist der Zugang zu Struktur- und Tourismusdaten häufig schwierig. Zum einen werden die Daten oft nicht erhoben, sind unvollständig und/oder nicht nachvollziehbar. Nichtsdestotrotz ist der Zugriff auf diese Daten in Verbindung mit eigenen Erhebungen unumgänglich, um die Wettbewerbsfähigkeit und die Ausgangslage in einer Destination zu ermitteln und in einem weiteren Schritt zu analysieren. Für eine DMO ist es hilfreich, zunächst Leitfragen aus den Bereichen Governance (Verankerung des Tourismus auf nationaler und Destinationsebene), Tourismusbedeutung und Leistungsfähigkeit der Tourismusorganisation nachzugehen. Die Wettbewerbsfähigkeit kann nach Destinationsgröße61, Tourismusintensität 62 , Saisonalität 63 , Mitarbeitern 64 und Marketingbudget 65 analysiert werden (vgl. GIZ 2019, S. 54). Festlegung der Destinationsstrategie Die vorzufindenden Situationen in verschiedenen Reisezielen sind stark voneinander abweichend und es muss jeweils individuell eine Vorgehensweise für sie gefunden werden. Ein idealtypisches Konzept für ein Destinationsmanagement existiert zwar in der Theorie, allerdings muss es gerade bei jungen Destinationen stark angepasst werden. Es muss zunächst viel in die Entwicklung von Zielvorstellungen investiert werden, um sukzessive Strukturen aufbauen zu können. Je nach Ausgangslage vor Ort sollte auf verschiedene Strategien zurückgegriffen werden. Es sind fünf Varianten unterscheidbar (vgl. GIZ 2019, S. 56ff.).

Gezielter DMO-Aufbau

Tourismusstandorte, die als Destination wettbewerbsfähig sind.

Schrittweiser DMO-Aufbau

Tourismusstandorte, die mittelfristig als Destination wettbewerbsfähig werden können.

Anschluss an eine starke Destination

Kleine Tourismusstandorte in der Nähe von starken Destinationen.

Zusammenschluss mehrerer kleiner Destinationen

Kleine Tourismusstandorte in der Nähe von anderen kleinen touristischen Standorten.

Thematischer Zusammenschluss mehrerer Destinationen

Kleine Tourismusstandorte in weitgehend nicht-touristischen Gebieten.

Abbildung 22 Situationsangepasste Strategien der Destinationsbildung. Eigene Darstellung nach GIZ (2019, S. 56).

61 62 63 64 65

Übernachtungszahlen/Zahl der Betten (vgl. GIZ 2019, S. 54). Zahl der Übernachtungen pro 1.000 EW (vgl. GIZ 2019, S. 54). Zahl der Monate auf die sich 75 % der Übernachtungen konzentrieren (vgl. GIZ 2019, S. 54). Zahl der Vollzeitbeschäftigten (vgl. GIZ 2019, S. 54). Jahresbudget für Marketing (vgl. GIZ 2019, S. 54). 67

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Entwicklung des Destinationsmanagement-Konzepts Unter Einbeziehung möglichst vieler Stakeholder aus dem Tourismus des Tourismusstandortes sollen Strategien und Ziele für die Destination festgelegt werden, um eine DMO zu planen und letztendlich auch einzurichten. Dadurch soll es möglich werden, ein von der Mehrheit des Ortes getragenes und realistisches Zukunftsbild zu entwickeln. Das erarbeitete Ziel und Strategiesystem ist neben der Erstellung eines Organisationsmodells, in dem festgeschrieben wird, wer welche Aufgaben zu bearbeiten hat, und der finanziellen Kostenschätzung, in der die ungefähren Kosten festgehalten werden, wichtiger Bestandteil des DMO-Konzepts (vgl. GIZ 2019, S. 58). Erarbeitung eines detaillierten DMO-Konzepts In einem weiterführenden Schritt soll nun ein detailliertes DMO-Konzept geschaffen werden. Es geht nun um die Umsetzungsstrategie der DMO. Nach der im vorherigen Schritt allgemeinen Festschreibung eines Destinationsmanagementkonzepts soll nun ein konkreter und detaillierter Plan entwickelt werden, um die DMO zu realisieren. Wie auch in den vorherigen Punkten ist das Involvieren der Stakeholder von großer Wichtigkeit. Die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten muss an dieser Stelle erfolgen. Inhaltlich stehen bei der Umsetzungsplanung die Punkte Definition von Zielen, Organisation der DMO, Personalplanung, Formulierung von Marketingmaßnahmen, Kostenschätzung und Finanzierungsplan/-sicherung sowie die Formulierung von Meilensteinen des eigentlichen Umsetzungsplans bis zum DMO-Start, im Fokus. Die realistische Einschätzung der Möglichkeiten einer DMO sowie nicht zu hoch gesteckte Erfolgserwartungen sind wichtig, um die Frustration unter den Stakeholdern insbesondere im ersten Jahr so gering wie möglich zu halten. Die Festschreibung der Kompetenzen einer DMO ist wichtig, um handlungsfähig zu sein (vgl. GIZ 2019, S. 59). Umsetzung und Kontrolle der DMO In einem letzten Schritt wird die Destinationsmanagementorganisation eingerichtet. Die anzuwendenden Maßnahmen sind von der individuellen Ausgangssituation am Tourismusstandort abhängig. Zu den wichtigsten Bestandteilen dieses Schritts gehören „die Ausarbeitung der Grundsatzpapiere, die Gewinnung von Mitgliedern oder Gesellschaftern, die Rekrutierung von Personal sowie die Institutionalisierung der DMO durch die offizielle Gründung […] [aber auch] die Umsetzung von Gesetzesänderungen oder Förderrichtlinien, die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten und deren Ausstattung und vieles mehr“ (GIZ 2019, S. 60). Nach der Etablierung der DMO müssen die gesetzten Ziele kontrolliert werden. Hier wird in aller Regel mit einem einfach anzuwendenden Controlling System unter Zuhilfenahme von Indikatoren66 gearbeitet, das auf verschiedene Bereiche der unterschiedlichen Stakeholder eingeht.

7.3 Embeddedness in der Wirtschaftsgeographie und der touristische Wertschöpfungskettenansatz In zahlreichen Wirtschaftstheorien wird das Individuum als Homo Oeconomicus, das nicht von seiner Umwelt beeinflusst wird und komplett aufgeklärt über seine Umwelt ist und dementsprechend strikt eine Gewinnmaximierung und eine Kostenminimierung anstrebt, angesehen (vgl. Bathelt und Glückler 2002, S. 24). Dementsprechend wird unternehmerisches Handeln erklärt. Unter dieser Prämisse ist Mitte der 1980er Jahre durch Granovetter der Ansatz der Embeddedness (Einbettung) als Ergänzung zur stark auf die Ökonomie ausgerichteten Wirtschaftstheorien entwickelt worden: „Classical and neoclassical economics operates […] with an automized, undersocialized conception of human action, continuing in the utilitarian tradition. The theoretical arguments dis-

z. B. Gäste-, Mitarbeiterzufriedenheit, Zahl der Übernachtungen, Auslastung der Beherbergungsbetriebe, Zahl der im Tourismus Beschäftigten, Zufriedenheit der Einwohner, Aufenthaltsdauer, Verkehrsmittel.

66

68

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung allow by hypothesis any impact of social structure and social relations on production, distribution, or consumption“ (Granovetter 2010 [Erstveröff. 1985], S. 483).

In seinem Aufsatz „Economic Action and Social Structure: The Problem of Embeddedness“ beschreibt Granovetter die Einbettung von wirtschaftlichem Handeln. Er verweist darauf, dass wirtschaftliches Handeln stets als stark in soziale Beziehungen eingebunden angesehen, jedoch im Laufe der Moderne zunehmend unabhängig betrachtet wurde. Wirtschaftliches Handeln wurde im Laufe der letzten Jahrzehnte von der Gesellschaft vermehrt separat und autonom eingeordnet (vgl. Granovetter 2010, S. 481). Generell wird im Embeddedness-Ansatz herausgestellt, dass ökonomische Handlungen nicht kontextfrei geschehen können. Sie sind abhängig und eingebettet in Systeme sozialer Beziehungen (vgl. Bathelt und Glückler 2002, S. 160ff.). „Als begünstigend für die Entwicklung der regionalen Netzwerke gelten Einbettungen […] in ein gemeinsames menschliches, kulturelles, soziales und politisches Umfeld“ (Kulke 2013, S. 134). Demnach sind Unternehmen niemals einzeln zu betrachten, sondern im Kontext mehrerer Unternehmen. Bathelt und Glückler (2002, S. 230ff.) unterscheiden zwischen der relationalen und strukturellen Embeddedness: Unter der relationalen Embeddedness ist die Qualität der ökonomischen Beziehung der Handelnden zu verstehen, worauf aufbauend ein Vertrauensverhältnis entsteht. Durch das nunmehr nicht nur rationale Verhältnis ist es möglich aufgrund persönlicher, vertrauensbasierter Beziehungen die Erwartungssicherheit zu erhöhen. Dies ist ein Prozess, der sich über einen längeren Zeitraum entwickelt und zu einer informellen Koordination unter Unternehmen führt. Dadurch kann eine economy of time67 erreicht werden. Darunter fallen insbesondere das Wegfallen zeitintensiver Verhandlungen, schnellere Vertragsabschlüsse, gegenseitiges Lernen, schnellerer Marktzugang, höhere Flexibilität auf Veränderungen (vgl. Ellrich 2012; Bathelt und Glückler 2002, S. 160ff.). Die strukturelle Embeddedness beschreibt die Qualität der Struktur der interagierenden Unternehmen. Ausgangsannahme ist, dass wirtschaftliche Aktivität in Sozialstrukturen eingebettet ist, d. h. nicht nur vom Handeln zweier Akteure ausgegangen wird, sondern eine Interdependenz (mindestens) eines dritten Akteurs als Grundvoraussetzung des Handelns der anderen beiden Akteure gegeben ist. Es wird deutlich, welche schwerwiegende Folgen ein Vertrauensmissbrauch eines Akteurs innerhalb eines Netzwerk nach sich ziehen könnte (vgl. Ellrich 2012; Bathelt und Glückler 2002, S. 160ff.). Vertrauensbasierte Netzwerke, die eine Kombination aus strong ties (starken quantitativen und qualitativen regionalen Verflechtungen der Unternehmen) und weak ties (schwachen nach außen gerichteten Verflechtungen der Unternehmen – selten und wenig intensiv) unter den Unternehmen aufweisen, sind in aller Regel sehr leistungsfähig (vgl. Kulke 2013, S. 133ff.). Das Konzept der Embeddedness in der Wirtschaftsgeographie geht davon aus, dass die lokale Einbettung die Voraussetzung einer Beziehung unter den Unternehmen ist. Das Konzept der Embeddedness in räumlicher Perspektive, das Bathelt und Glückler (2002, S. 161f.) vorschlagen, beschreibt die Struktur sozio-institutioneller Beziehungen als nicht vorrangig durch räumliche Merkmale limitiert und nicht durch räumliche Nähe charakterisiert. Allerdings setzen sie drei lokalisierbare Komponenten der Embeddedness fest (vgl. Bathelt und Glückler 2000, S. 171): 1. Einbettung der Unternehmen in institutionelle und politische Rahmenbedingungen zur Erleichterung der Kommunikation in nationalstaatlicher Dimension. Es werden beispielsweise Beschäftigungsverhältnisse oder Unternehmensstrukturen insbesondere durch Gesetze und Regeln vorgegeben. 2. Einbettung der Unternehmen in institutionelle Rahmenbedingungen auf lokaler/regionaler Ebene. Darunter fällt die Nutzung vorhandener Arbeitsmarktstrukturen und lokaler Ressourcen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit sowie der Beitrag lokaler/regionaler Vernetzungen, wie auch gemeinsame Vereinbarungen aufgrund ähnlicher Einstellungen und Ziele. 3. Wirtschaftliche Beziehungen werden beim Embeddedness-Ansatz, wie eingangs erwähnt, kontextspezifisch betrachtet. Durch wiederkehrende positive Erfahrungen bei der Interaktion baut sich Vertrauen auf. Ein Vertrauensverhältnis ist über kurze Distanzen in aller Regel 67

Erhöhung des Zeitvorteils. 69

Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

leichter aufzubauen, da ein ähnlicher/gleicher Background (gemeinsames Verständnis, überlappende Wirkungskreise) besteht. Somit kann Vertrauen eine räumliche Komponente haben. In wirtschaftlichen Beziehungen wird Wertschöpfung generiert. Darunter versteht man „in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung die Summe der in einer Produktionsperiode in den Unternehmen neu geschaffenen wirtschaftlichen Werte“ (Leser 2010, S. 1070). Wertschöpfungsketten bilden den unternehmerischen Prozess der Wertschöpfung ab. Dies bedeutet, dass Input-Güter in für den Kunden dienliche Output-Güter umgewandelt werden.

Abbildung 23 Touristische Wertschöpfungskette. Eigene veränderte Darstellung nach Beyer (2014a, S. 25).

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

Es kann zwischen primären Basisaktivitäten und sekundären Wertschöpfungsaktivitäten unterschieden werden. Die primären bezeichnen alldiejenigen, die direkt mit der Produktion bzw. dem Vertrieb einer Dienstleistung oder eines Gutes verbunden sind (z. B. Logistik, Vertrieb, Marketing); die sekundären haben eine unterstützende Funktion (z. B. Human Resources, Unternehmensinfrastruktur) (vgl. Leser 2010, S. 1070 – 1071). Beyer (2014a, S. 25) hat in einem Schaubild der touristischen Wertschöpfungskette dargestellt, wie komplex die Verknüpfungen von Tourismusleistungen sind. Es handelt sich weniger um eine Wertschöpfungskette als um ein Wertschöpfungsnetzwerk. Es ist sowohl eine vertikale als auch eine horizontale Verknüpfung erkennbar. Horizontal werden Unternehmen abgebildet, die direkt an der Bereitstellung eines Tourismusproduktes von vor der Anreise bis zur Abreise des Kunden involviert sind und somit auch direkte wirtschaftliche Effekte generieren (z. B. Fluggesellschaften, Reisebüros, Beherbergungsbetriebe). Unternehmen, die indirekt Elemente zum Tourismusprodukt beisteuern, werden der vertikalen Ebene zugeordnet (z. B. Zulieferer). Es werden indirekte und induzierte ökonomische Effekte generiert (vgl. Beyer 2014a, S. 24ff.). Deutlich wird an diesem Schaubild, dass im Rahmen einer Untersuchung nur ein kleiner Ausschnitt Berücksichtigung finden kann. Die in der Fallstudie entweder durch standardisierte Befragungen oder qualitative Experteninterviews berücksichtigten Bereiche sind im Modell farbig hinterlegt und beziehen sich ausschließlich auf die direkte Wertschöpfungskette in der Destination. Die Erhebungen bezogen sich vorrangig auf die Bereiche Beherbergung, lokaler Transport, Natur- und Kulturerlebnisaktivitäten sowie Freizeitaktivitäten/Entertainment.

7.4 Zusammenführung und Relevanz In den vorhergegangenen Kapiteln zur theoretisch-konzeptionellen Einbettung wurden verschiedene Modelle und Theorien vorgestellt. Es wurden nicht alle gleichermaßen stark für die Bearbeitung der Fallstudie herangezogen. Bei der Nachhaltigkeit des Tourismus wurde der Frage nachgegangen, was unter Nachhaltigkeit zu verstehen ist, denn nur durch die eindeutige Festlegung des Begriffs kann geklärt werden, wie methodisch vorgegangen wird. Die Bewertungsmöglichkeiten, insbesondere in den Modellen PSR, DPSIR, POBS und Reisestern wurden näher beleuchtet, um einen geeigneten Ansatz für die Fallstudie zu finden. Das PSR-Modell erfasst die Aktivitäten der Menschen, die ihrerseits Druck auf die Umwelt ausüben und setzt sie in Bezug zu dem Zustand der Umwelt und die dadurch induzierten Reaktionen in den Wirtschafts-, Umwelt- und sozialen Vertretungen. Dieses Modell erfasst nicht die gesamte Komplexität eines Ortes, wurde dementsprechend auch zum DPSIR-Modell weiterentwickelt. Das Modell ist wesentlich präziser, beschreibt die Prozesse deutlicher und bezieht auch soziale Entwicklungen mit ein. Es wurde für die Fallstudie lediglich vorbereitend auf die Analyse herangezogen, um das Wirkungsgefüge vor Ort einzuordnen und zu verstehen. Da bei vielen Studien zu Nachhaltigkeit einer Destination der An- und Abreiseweg in das Reiseland außer Acht gelassen wird, wurde es als wichtig erachtet, einen Ansatz zu finden, der sich auch damit auseinandersetzt. Daher wurde – auch wenn es einige Kritikpunkte am Modell des Reisesterns gibt – darauf zurückgegriffen, denn es bietet die Möglichkeit einer ersten ‚schnellen‘ Einschätzung des Grads der Nachhaltigkeit der Destination. Durch die Einfachheit und die bereits gebildeten Gebietskategorisierungen wurde er in weiterentwickelter Form auch für Ecuador und die Fallstudie Mindo herangezogen. Das POBS-Modell hat für die Fallstudie zum Teil Anwendung gefunden. Die Wahl der Indikatoren orientierte sich bei der Befragung an dem Leitplanken- und Indikatoren-Set des Modells. Es wurde ein angepasstes zweistufiges Verfahren gewählt. Auf die Analyse bzw. Bewertung durch die Gruppe wurde verzichtet, da es wichtiger erschien, umfassende Einzelbefragungen, die nicht durch gegenseitige Beeinflussung bestimmt sind, zu erfahren. Tourismus kann dauerhaft nur bestehen, wenn die relevanten Tourismusräume, die Destinationen, für die Touristen attraktiv bleiben. Das Modell von Buttler versuchet deutlich zu machen, dass es bei einer Überbeanspruchung von Räumen (durch Tourismus) zu negativen Effekten kommt, die unter Umständen zu einem neuerlichen Verlust beziehungsweise einer Verlagerung dieses Wirtschaftsfaktors führen. Butler nimmt keinen möglichen Lösungsweg in sein Modell mit °

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Kapitel 7: Theoretisch-konzeptionelle Einbettung

auf, der die Verträglichkeit des Tourismus, die Implementierung eines nachhaltigen Tourismuskonzepts widerspiegelt. Das Konzept der Destination und des Destinationsmanagements ist grundlegend relevant, um eine touristische Kategorisierung des Raums/der Fallstudie vorzunehmen. Da eines der Ziele der Arbeit ist, ein Konzept für die Ortschaft Mindo zu erstellen, ist es unausweichlich, sich mit den unterschiedlichen Stadien einer Destination, wie sie auch beim Destinationslebenszyklus-Modell von Butler dargestellt wurde, auseinanderzusetzen. Das Vorgehen zur Implementierung einer DMO, wie es insbesondere die GIZ empfiehlt, muss in angepasster Form als Grundlage für die Realisierung des Tourismuskonzepts für die Ortschaft Mindo verwendet werden (vgl. Kapitel 10). Die Embeddedness spielt für die Fallstudie eine große Rolle. In dem relativ kleinen Ort Mindo leben lediglich rund 3.500 Einwohner, die sich alle untereinander kennen und deren Familien zum Teil eine gemeinsame Geschichte verbindet. Wichtig war es daher, den Kontext der wirtschaftlichen Beziehungen untereinander näher zu beleuchten und auch die Wertschöpfungsketten vor Ort zu betrachten. Weiterhin hatte dies auch den Zweck, herauszufinden, ob lokale Wirtschaftskreisläufe vorhanden sind oder ob die durch den Tourismus erwirtschafteten Erträge fast zur Gänze aus dem Gebiet abfließen.

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Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

8 Tourismus in Ecuador Tourismus ist in Ecuador ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und gewinnt seit einigen Jahren zunehmend an Bedeutung. Ecuador verfügt über eine für den Tourismus geradezu prädestinierte Grundausstattung. Neben kulturellen Sehenswürdigkeiten, wie die historische Ausgrabungsstätte Ingapirca und die Hauptstadt Quito (UNESCO Weltkulturerbe), bietet das Land eine einzigartige Naturlandschaft mit Nebel- und Regenwäldern, schneebedeckten Vulkanen, einer einmaligen Küstenlandschaft und den weltweit bekannten Galapagos-Inseln. Darüber hinaus wecken viele nur hier heimische Tier- und Pflanzenarten das Interesse, das Land zu bereisen. Die Vielfalt an indigenen Kulturen (z. B. Shuar, Tsachila, Huaorani) mit ihren unvergleichlichen Bräuchen und großer Gastfreundschaft sind für viele Touristen ein weiterer Grund Ecuador zu besuchen. In diesem Kapitel soll zunächst die naturräumliche Ausstattung Ecuadors hinsichtlich Klimas, Vegetation und Topographie dargestellt werden. Darauffolgend wird die Entwicklung des Tourismus in Ecuador seit Ende des 19. Jahrhunderts aufgezeigt. Es werden explizit die Sicherheitslage bezogen auf Naturkatastrophen, aber auch Krankheitsausbrüche und die politische Lage erläutert. Im Anschluss daran wird die Dimension des Tourismus differenziert nach Provinzen, aber auch nach Binnen- und internationalem Incoming-Tourismus unterschieden. Es wird insbesondere auf die räumlich stark unterschiedliche Ausprägung dieses Wirtschaftszweigs eingegangen. Abschließend werden regionale Besonderheiten und räumliche Disparitäten beschrieben.

8.1 Naturräumliche Ausstattung Klima Ecuador liegt in den inneren Tropen, direkt am Äquator. Die topographische Lage bestimmt die klimatischen Verhältnisse; sie werden stark durch den Pazifik sowie die Andenkordilleren beeinflusst. Das Land weist das gesamte Jahr hindurch relativ gleichbleibende klimatische Verhältnisse auf. Die täglichen Temperaturschwankungen übertreffen die Jahresschwankungen – wie in innertropischen Gebieten typisch – bei weitem. Innerhalb des Ecuadors kommt es insbesondere aufgrund der großen Höhenunterschiede zu starken Temperaturunterschieden. Die Verteilung des Niederschlags bietet, in Abhängigkeit der geographischen Lage, eine Spanne von ganzjähriger Feuchtigkeit bis hin zu nahezu dauernder Trockenheit. Das Klima lässt sich nach den drei großen Naturräumen: Küste, Hochland und Tiefland unterscheiden. In Abbildung 24 sind vier Klimadiagramme für vier Orte in den drei Großregionen des ecuadorianischen Festlandes dargestellt. Neben dem Klimadiagramm zu Mindo, stehen repräsentativ für das Amazonastiefland Coca, für das zentrale Andenhochland Quito und für das Küstentiefland Guayaquil. Im Küstentiefland sind die Temperaturschwankungen vernachlässigbar, lediglich die Menge der Niederschläge variiert über das Jahr hinweg und abhängig von der Lage zum Teil stark. Die geringsten Regenmengen im Küstentiefland treten auf der Halbinsel Santa Elena auf und nehmen Richtung Osten und Norden zu. Sehr große Trockenheit ist an den küstennahen Orten Machala, Portoviejo und Esmeraldas festzustellen.

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Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Karte 7 Klimazonen in Ecuador. Eigener Entwurf nach MAGAP (2002 zit. n. Instituto Geográfico Militar 2013, S. 155). Insbesondere im südlichen Küstentiefland ist eine deutliche Differenz der Niederschlagsmengen zwischen Regen- und Trockenzeit zu verzeichnen. Die Monate Januar bis Mai/Juni sind der Regenzeit zuzuschreiben, mit den regenreichsten Monaten Februar und März. In der daran anschließenden Trockenzeit (Juni/Juli bis November) werden die trockensten Monate im Juli und August registriert. Generell ist der Niederschlag im Landesinneren etwas höher als an der Küste selbst. Im Andenhochland tritt das typische tropische Klima für Höhenlagen auf mit einer Temperaturabnahme je nach Höhe. Sick (1963, S. 15) stellte die Jahresmittelwerte nach Höhenstufen differenziert dar, wobei die Temperatur pro 500 Höhenmeter bis 2.500 m um etwa 2 Grad abfällt. Ab 2.500 m verringert sich die Temperatur um 4°C pro 500 Höhenmeter. Der Jahresmittelwert liegt bei 0 m bei 26°C und bei 2.500 m bei 16°C. Im Hochland fallen die Temperaturdifferenzen eines Jahres wesentlich geringer aus als die Temperaturschwankungen innerhalb eines Tages (= Tageszeitenklima). Die Frostgrenze liegt in Ecuador durchschnittlich bei etwa 3.330 m, die tägliche Frostgrenze bei etwa 4.600 m. Zu Schneefall kommt es sporadisch ab ca. 3.000 m. An den Außenflanken der Andenkordilleren werden sowohl ost- als auch westseitig starke Niederschläge verzeichnet (demnach auch der Bereich Mindo) (vgl. Sick 1963, S. 15ff.).

74

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Abbildung 24 Klimadiagramme für vier Orte in den vier Großräumen Ecuadors. Eigener Entwurf. Darstellung: Reichert nach Climate-Data.org (2020b, 2020a). 75

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Das Amazonastiefland ist charakterisiert durch hohe Niederschläge (Steigungs- und Konvektionsregen). Vor allem die Monate April bis Juni (500 – 600 mm/Monat), aber auch die „trockenen“ Monate Juli/August und November bis Februar sind regenreich genug, um keine Vegetationsruhe zu verursachen. Wie auch im Küstentiefland entsprechen die Temperaturen der äquatorialen Lage (um 24°C) und variieren über das Jahr hinweg kaum (vgl. Sick 1963, S. 21f.). Die Galapagos-Inseln stehen unter direktem Einfluss des Humboldt-Stroms. Dieser kalte Meeresstrom bringt v. a. während der Monate Juli bis Dezember kühle Luftmassen mit sich. Es bildet sich die sog. Garúa, die humide Verhältnisse auf den sonst doch eher arid geprägten Inseln schafft. „Als Garúa bezeichnet man den dichten Küstennebel oder die tiefe, hochnebelartige Wolkenschicht an der Westküste Südamerikas, zwischen etwa 2° und 20° südlicher Breite. […] Aus der flachen Wolkenschicht fällt häufig Nieselregen […]. Garúa wird durch das kalte Auftriebswasser und durch den kalten Humboldtstrom verursacht, die die untere Luftschicht stark abkühlen“ (WetterOnline Meteorologische Dienstleistungen GmbH).

Das Klima des Landes begünstigt die Landwirtschaft z. B. durch exportorientierten Anbau von Rosen und Bananen, aber auch den Tourismus. Reisen nach Ecuador sind ohne gravierende Einschränkungen ganzjährig möglich. Dies ist ein herausragender Standortvorteil für eine Tourismusdestination. Ökozonen und natürliche Vegetation Ecuador weist eine Vielzahl an regionalen Ökozonen68 auf (vgl. Schultz 2008, S. 18, 20, 218, 248). Das Küstentiefland setzt sich aus acht verschiedenen Zonen zusammen, die ihrerseits zum Teil wieder eine Unterteilung widerfahren (vgl. Sick 1963, S. 32ff.):  Küstensaum (inkl. mittlerweile bedrohter Mangrovenwälder)  Halbwüste (trockenster Teil des Küstentieflandes, ausschließlich auf der Halbinsel Santa Elena)  Savanne (südliches Küstentiefland)  Dornsavanne (südlich von El Oro, westlich von Manabí und zwischen Guayaquil und Santa Elena)  Trockensavanne (im südlichen Guayas-Becken sowie um Esmeraldas und Machala) und Feuchtsavanne  Feuchtsavanne (zentrales Küstentiefland, nördlich und östlich an die Trockensavanne anschließend)  Templaderas69 (entlang der Flüsse an der Küste, z. B. Río Guayas)  Immerfeuchter Regenwald (nördlicher Küstenbereich). Im Hochland ist eine scharfe Abgrenzung der Ökozonen etwas schwieriger, wobei v. a. an der OstKordillere bis 3.000 m aufgrund einer mindestens neunmonatigen Humidität eine sehr dichte Pflanzendecke vorzufinden ist. Allgemein kann man im Hochland drei Ökozonen voneinander unterscheiden (vgl. Sick 1963, S. 35ff.):  Bergwald auf etwa 1.000 – 2.000 m  Nebel- und Buschwald (2.000 – 3.500 m)  Páramo70 mit hohen Niederschlägen (3.500 – 4.000 m)

Bei Sick wird der Begriff Vegetationszonen verwendet. Er wird hier aber durch den in seiner Bedeutung umfassenderen Begriff der Ökozonen ersetzt. Die dominierende Vegetation ist zwar i. d. R. namensgebend für die Ökozone, jedoch beinhaltet diese nach Schultz (2008, S. 18) weit mehr, wie Klima, Morphodynamik, Prozesse der Bodenbildung, Ertragsleistungen der Land- und Forstwirtschaft wie auch Flora und Fauna. 69 Überschwemmte Niederung, ganzjährig oder temporär. 70 Der Páramo bezeichnet einen „Landschafts- und Vegetationstyp der tropischen Hochanden im Bereich der Nebel- und Wolkenstufe mit relativ hoher Feuchtigkeit durch mindestens zehn humide Monate, aber niedrigen und durch geringe Schwankungen ausgezeichnete Temperaturen“ (Leser 2010, S. 654). 68

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Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Karte 8 Ökozonen in Ecuador. Eigener Entwurf nach Ecociencia (zit. n. Instituto Geográfico Militar 2013, S. 119). Darüber hinaus sind in den Quertälern der Kordilleren Vegetationsbereiche ähnlich den Dornsavannen und den Halbwüsten anzutreffen. Das Amazonas Tiefland (östliches Tiefland) ist durch dichten und artenreichen Regenwald gekennzeichnet. Entlang der Flüsse sind Sumpfwälder, Igapó71, und Terra-Firme (Hyläa)72 mit daran anschließenden Varzea73 vertreten. Auf den Galapagos-Inseln lassen sich die Vegetations-Zonen deutlich in trockene (im Küstenbereich) und humide Bereiche (Hochland) untergliedern. Bis zu einer Höhe von etwa 200 m entspricht die Vegetation einer Dornsavanne mit vorrangig Baumkakteen und Euphorbien, daran anschließend treten Moose, Flechten und Farne sowie immergrüne Büsche und niedrige Bäume auf (vgl. Sick 1963, S. 32ff.).

Von Schwarzwasser praktisch ständig überflutetes Gebiet (vgl. Myster 2018, S. 394 – 410). Immergrüner Wald in den dauerfeuchten Tropen mit über 2.000 mm Niederschlag und Durchschnittstemperaturen zwischen 24°C und 28°C. Nie überfluteter Bereich des Regenwaldes (vgl. Bischof et al. 2000/Leser 2010, S. 369). 73 Von Weißwasser periodisch überschwemmte Uferzonen des Tieflandregenwaldes (vgl. Sick 1963, S. 38/Leser 2010, S. 1012).

71

72

77

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

8.2 Entwicklung des Tourismus in Ecuador Der Beginn der neueren touristischen Entwicklung setzt Ende des 19. Jahrhunderts mit der Entwicklung des Andinismus und den Erstbesteigungen beispielsweise des Cotopaxi (1872) und des Chimborazo (1880) ein. Bereits die Regierungen um die Präsidenten Garcia Moreno (Amtsperioden 1859 – 65/1869 – 75) und Eloy Alfaro (Amtsperioden 1895 – 1901/1906 – 11) erkannten den Tourismus als neue wirtschaftliche Aktivität und schufen durch erste Werbemaßnahmen im Ausland sowie durch den Bau einer Bahnstrecke von Guayaquil über Riobamba nach Quito und den Ausbau des Straßennetzes erste Grundsteine für die viel später einsetzende touristische Entwicklung (vgl. Ferrocarriles del Ecuador EP 2020). Zu Beginn des 20.°Jh. gab es in Quito vier und in Guayaquil drei Hotels, aber erst ab den 1930er Jahren wuchs der Tourismus verstärkt. Die Regierung dieser Zeit erleichterte die Einreise ausländischer Touristen und veranstaltete in den Botschaften und Konsulaten Werbe- und Informationsveranstaltungen zum Land. Ebenfalls in den 1930er Jahren stellte die Regierung die ersten Tier- und Pflanzenarten sowie Teile des Gebiets von Galapagos unter Naturschutz. 1937/38 wurde ein erstes Tourismusgesetz erlassen, mit dem ein Ausweis für Reisende eingeführt wurde, der es ihnen erlaubte, sich im gesamten Land frei zu bewegen. Gleichzeitig wurden Steuerbefreiungen für Tourismusinvestoren festgelegt. Die 1940er Jahre wurden zum Jahrzehnt der größten Impulse im Tourismusbereich. Ab 1940 verkehrte die erste nationale Fluglinie SEDTA (Sociedad Ecuatoriana de Transportes Aereos), eine Tochtergesellschaft der Lufthansa, zwischen den Städten Quito, Guayaquil, Cuenca, Manta, Esmeraldas, Salinas und Loja. Aufgrund des einsetzenden Zweiten Weltkriegs, wurde das Geschäft ein Jahr später wiedereingestellt. 1941 (bis 1960) stieg die Pan American Grace Airways in das nationale Fluggeschäft ein. 1944 wurde als Dependance des Tourismusministeriums DITURIS (Dirección de Turismo del Estado (Staatliche Tourismusbehörde)) gegründet, deren Aufgabe darin bestand, das Land touristisch zu vermarkten. 1947 wurde die erste Reiseagentur Ecuadors Ecuadorian Tours gegründet, die erste Rundreisen, Reisepakete und Besuchsprogramme im Land anbot. 1950 folgten Metropolitan Touring, die bis heute eine der wichtigsten Agenturen des Landes ist und als erste Agentur Tourismus auf den Galapagosinseln etablierte, sowie 1957 Turismundial. Im Jahr 1959 wurde der erste Nationalpark Ecuadors, der Parque Nacional Galápagos gegründet. Damit setzte ein Trend zur Politik und Strategie des Umweltschutzes ein, der bis heute anhält. Die bis Mai 2020 operierende Fluglinie TAME (Transportes Aéreos Militares Ecuatorianos (Militärischer Luftverkehr Ecuadors)) wurde 1962 gegründet. 1966 wurde ein weiterer Nationalpark, der Parque Nacional Pululahua gegründet. Der bewohnte Krater konnte allerdings den Status als Nationalpark aufgrund verschiedener Kriterien nicht halten und wurde zwölf Jahre später in ein geobotanisches Reservat umgewandelt. Ab den 1970er Jahren kam es im Land zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, da nun Erdöl im östlichen Teil (Regenwald) gefördert wurde. Damit einhergehend kam es aber aufgrund mangelnder Regulatoren durch den Staat zu negativen Auswirkungen auf die Ökologie. Daher wurde 1976 das Landwirtschaftsministerium eingesetzt, um Schutzzonen zu implementieren. Zudem wurde ein Forst- und Schutzgesetz in Kraft gesetzt, das bis heute Gültigkeit besitzt. Im Zuge dieser Entwicklung kam es zur Gründung zahlreicher Nationalparks und Naturschutzzonen (Parque Nacional Cotopaxi, Machalilla, Podocarpus, Yasuni, Reserva Biologica Limoncocha, Area Nacional de Recreacion el Cajas y el Boliche, Reserva Faunistica Cuyabeno, Reserva Ecologica Cayambe Coca). 1992 wurde das Informations- und Tourismusministerium unter Präsident Duran Ballen, das zwei Jahre später in Tourismusministerium umbenannt wurde, gegründet. Dieses führte 1997 ein Entwicklungsgesetz zum Tourismus ein, das 2002 fortgeschrieben als Ley Orgánica de Turismo in Kraft trat und das Tourismuskonzept PLANDETUR 2020 beinhaltet. In PLANDETUR ist der nationale Entwicklungsplan festgehalten, der die politische Reform sucht, um die Wirtschaftlichkeitstransformation, die soziale und menschliche Entwicklung sowie die Integration in Lateinamerika voranzutreiben. Damit ist Nachhaltigkeit ein grundlegender Aspekt der touristischen Agenda Ecuadors, der die Gleichverteilung des Reichtums und die Verlinkung des Tourismus mit anderen Wirtschaftszweigen ermöglichen sowie den kulturellen Reichtum und die Mega-Biodiversität erhalten soll (Caiza und Molina 2012).

78

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Jahr

Institution

Aufgabe/Entwicklung

Ab 1859

Regierung Ecuador

Erste touristische Entwicklungsimpulse

Ende 19.°Jh.

-

Entwicklung des Andinismus

Beginn 20. Jh.

Erste Hotels in Quito und Guayaquil

1937/38

Regierung Ecuador

Tourismusgesetz und Steuerbefreiungen für Investoren

1940 – 1941

SEDTA (Sociedad Ecuatoriana de Transportes Aereos)

Aufnahme erster nationaler Flugverbindungen

1941 – 1960

Pan American Grace Airways

Nationales Fluggeschäft

1944 1947

DITURIS (Direccion de Turismo del Estado) Viajes del Ecuador Ecuadorian Tours

Vermarktung des Tourismus Erstes Reisebüro Ecuadors

1950

Metropolitan Touring

Gründung des bis heute bestehenden Reisebüros

1957

Ecuatoriana de Aviacion

Gründung der militärisch geleiteten Fluglinie

1959

Parque Nacional Galápagos

Gründung des ersten Nationalparks Ecuadors

1962

TAME

Gründung der, bis Mai 2020 bestehenden Fluglinie

1966

Parque Nacional Pululahua

Gründung des Nationalparks

Ende der 1960er Jahre

Metropolitan Touring

Aufnahme des Tourismusgeschäfts auf Galapagos

1970er Jahre

Erdölfirmen

1976

Landwirtschaftsministerium

1986

Aerogal

1992

El Ministerio de Informacion y Turismo del Ecuador

1994

Ministerio de Turismo

1997

Ministerio de Turismo

2002

Ministerio de Turismo

2008

Regierung Ecuador

2010

Regierung Ecuador

Festlegung des staatlichen Slogans „Ecuador ama la vida“

2012

Regierung Ecuador

Proyecto de Ley Organica de Turismo – Weiterentwicklung des 2002 begonnenen Tourismuskonzepts

2015

Regierung Ecuador

Großangelegte Werbekampagne beim Superbowl in den USA

2020

TAME

Einstellung des Flugbetriebs und Liquidierung der Fluglinie durch die ecuadorianische Regierung im Mai

Erdölförderung mit einhergehendem wirtschaftlichem Aufschwung und ökologischen Problemen Einführung von Schutzgebieten vorrangig in Waldgebieten. Gesetzgebung zum Schutz des Waldes und der Natur generell – gültig bis heute Aufnahme des Fluggeschäfts zwischen Festland und Galapagos Rund 267.000 internationale Touristenankünfte in Ecuador Gründung des Informations- und Tourismusministeriums durch Präsident Duran Ballen Umbenennung des Informations- und Tourismusministeriums in Tourismusministerium Inkrafttreten des „Speziellen Entwicklungsgesetzes zum Tourismus“ (Ley Especial de Desarrollo Turistico) Ley Organica de Turismo (LOT), Gesetz in dem weiterführend zum 1997 eingeführten Gesetz generelle touristische Aktivitäten und der strategische Plan eines nachhaltigen Tourismuskonzepts (PLANDETUR 2020) festgehalten sind. Erklärung des Tourismus als Teil der Regierungspolitik, somit Förderung von Tourismusprojekten

Tabelle 11 Geschichtliche Entwicklung und Meilensteine des Tourismus. Eigene ergänzte Darstellung nach Caiza und Molina (2012, S. 17 – 22). Ecuador ist sich der Bedeutung des Tourismus seit längerer Zeit bewusst. Seit 1992 ist das Land seitens der Regierung bemüht, die touristische Entwicklung durch Untersuchungen, Marketingaktionen und diverse Erhebungen zu erfassen, wettbewerbsfähig zu machen und gezielt zu lenken.

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Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Zahl der internationalen Touristenankünfte

Jüngste Entwicklungen zeigen, wie krisenanfällig der Wirtschaftszweig Tourismus in Ecuador ist. Generelle ökonomische Entwicklungen, wie auch Ausbrüche von Krankheiten, die politische Lage oder Naturkatastrophen haben häufig starken Einfluss auf den Tourismus eines Landes oder einer Region. Auch Ecuador hat in den letzten zehn Jahren wiederholt derartige Krisen durchschritten, die sich auch in den internationalen Touristenankünften widerspiegeln. 2.600.000

2.427.660

2.400.000 2.200.000 2.000.000

2.043.993

1.800.000

1.556.991

1.600.000 1.400.000

1.418.159

1.200.000 1.000.000

1.047.098

800.000

840.555

600.000 400.000

627.090

200.000 2020

2019

2018

2017

2016

2015

2014

2013

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

0 Jahr

Abbildung 25 Internationale Touristenankünfte in Ecuador 2000 bis 2020. Eigene Darstellung nach MINTUR (2020a). Der Rückgang des Tourismus 2006 ist auf die turbulente politische Lage Ecuadors 2005 zurückzuführen. Unter der Präsidentschaft von Lucio Edwin Gutiérrez Borbúa kam es aufgrund umfangreicher politischer Verwicklungen zu teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen Volk und Sicherheitskräften. Im April 2005 wurde er seitens des Kongresses abgewählt, die Lage beruhigte sich durch die Vereidigung des bisherigen Vizepräsidenten Alfredo Palacio zum Präsidenten nur wenig. Er konnte seine Versprechungen „das Land neu zu gründen“ nicht halten, mitunter auch deshalb da seine Amtszeit auf die schwache Regierung von Gutiérrez folgte (vgl. Ayala Mora 2018, S. 123). Der Einbruch des Tourismus im Jahr 2009 ist auf die globale Finanzkrise zurückzuführen, die auch weltweit zu einer Abnahme des Tourismus führte. Auch 2015/2016 kam es zu rückläufigen Zahlen des Tourismus in Ecuador, die mit verschiedenen Ereignissen in Zusammenhang stehen. Diese beeinflussten das Land nicht nur in touristischer Hinsicht stark. Im August 2015 brach der nur 45 Kilometer südöstlich von Quito gelegene Vulkan Cotopaxi aus. Er ist 5.897 m hoch und hat einen Kraterdurchmesser zwischen 650 und 800 m. Aufgrund der Ausbruchsfrequenz, der Ausbruchsweise, seines Reliefs, seines Gletschers und der Nähe zu zahlreichen Siedlungen gilt er als einer der gefährlichsten Vulkane weltweit74 (vgl. Instituto Geofísico 2018). Bei den letzten Eruptionen75 vor 2015 kam es zu gravierenden sozioökonomischen Schäden innerhalb des Landes. Auch bei einem erneuten schweren Ausbruch wären rund 300.000 Personen direkt durch

„El Cotopaxi es considerado uno de los volcanes más peligrosos del mundo debido a la frecuencia de sus erupciones, su estilo eruptivo, su relieve, su cobertura glaciar y por la cantidad de poblaciones potencialmente expuestas a sus amenazas“ (Instituto Geofísico 2018). 75 Große Ausbrüche in den Jahren 1532 – 1534, 1742 – 1744, 1766 – 1768, 1853 – 1854 und 1877 – 1880 (vgl. Instituto Geofísico 2018). 74

80

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Lahare76 betroffen. Viele weitere Personen hätten unter den Folgen schwerer Ascheregen zu leiden. Der Bedrohung entsprechend erklärte zunächst das Sekretariat für Risikomanagement Alarmstufe gelb, Präsident Rafael Correa rief den Ausnahmezustand aus (vgl. DW Deutsche Welle 2015). Direkt nach Beginn des Vulkanausbruchs folgten im September in Quito schwere Waldbrände (zum großen Teil durch Brandstiftung und Fahrlässigkeit verursacht). Diese Waldbrände verursachten einen Sachschaden von etwa 9,5°Mio.°US$ und zerstörten etwa 2.300 Hektar Waldfläche (vgl. El Universo 2015). 55%

50,9%

50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5%

11,5%

11,4% 7,6%

6,6%

8,1% 9,0%

5,6%

5,0%

14,1%

11,5%

13,4%

7,3%

2,2%

0% -5%

-0,8%

-2,2%

-2,3%

-10%

-8,2%

-15% 2018

2017

2016

2015

2014

2013

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2019

-15,8%

-20%

Abbildung 26 Abweichung der touristischen Ankünfte im Vergleich zum Vorjahr in Prozent. Eigene Darstellung nach MINTUR (2020a). 2015 brach in Lateinamerika zum ersten Mal das Zika-Virus aus. Zunächst nur in El Salvador wurde es bis Januar 2016 in 23 lateinamerikanischen Staaten nachgewiesen. Das Virus, das durch die Aedes-Stechmücken übertragen wird, verursacht ähnliche Symptome wie das Dengue-Fieber (Fieber, Gliederschmerzen, Hautausschläge)77 (vgl. WHO World Health Organisation 2016). Im Januar 2016 empfahlen neben anderen Institutionen die ecuadorianischen Gesundheitsbehörden Schwangerschaften zu vermeiden (vgl. Gallagher 2016). Am 01. Februar 2016 ruft die WHO (World Health Organization) den öffentlichen Gesundheitsnotstand von internationalem Ausmaß aus (vgl. Spiegel Online 2016). Am 16. April 2016 um kurz vor 19 Uhr ereignete sich nahe des Küstenortes Muisne (Provinz Esmeraldas) ein Erdbeben der Stärke 7,8 auf der Moment-Magnituden Skala. Bei dem Beben starben Lahare sind sedimentäre Massenströme, die während und zwischen vulkanischen Eruptionen in Vulkanzonen entstehen (vgl. Lexikon der Geowissenschaften 2001). 77 Zudem steht es in Verdacht in Verbindung mit der Mikrozephalie bei Neugeborenen (kleiner Kopfumfang, häufig verbunden mit geistiger Behinderung) und dem Guillan-Barré-Syndrom (Lähmungserkrankung) aufzutreten (vgl. Auswärtiges Amt 2017). 76

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Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

663 Personen, knapp 6.300 Personen wurden verletzt, etwa 7.000 Gebäude wurden zerstört, 2.740 beschädigt (vgl. El Telegrafo 2016). Aufgrund der genannten Umstände ist ein gravierender Einbruch von 8,2 % der internationalen Touristenankünfte im Jahr 2016 zu verzeichnen. Auch von 2018 bis 2019 kam es zu einem Rückgang der internationalen Touristenankünfte (vgl. absolute Werte Abbildung 25). Dies ist mitunter auf einige Zwischenfällen zu Beginn des Jahres 2018 an der Grenze zu Kolumbien mit Mitgliedern einer Splittergruppe der ehemaligen Guerillabewegung FARC-EP78 zurückzuführen. Die FARC-EP ist eine in den 1960er Jahren gegründete „bäuerliche Guerillagruppe [aus Kolumbien], mit marxistischen und befreiungstheologischen Idealen […, die] sich gegen die extrem ungleiche Verteilung von Landbesitz, Landraub sowie die Übergriffe der kolumbianischen Armee und paramilitärischer Kommandos im Dienste von Großgrundbesitzern zur Wehr [zu] setz[t][en]“ (Schwarz und Huck 2018).

Die FARC-EP unterzeichnete am 26.09.2016 einen Friedensvertrag und agiert seit 01.09.2017 lediglich als die politische Partei FARC (Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común (Alternative Revolutionäre Kraft des Volkes). Problematisch ist, dass zahlreiche Splittergruppen79, die nicht mit dem Friedensabkommen einverstanden sind, ihren Kampf fortsetzen. Einhergehend mit den wachsenden Anbauflächen für Coca-Pflanzen zur Produktion von Drogen80, dem mangelnden Aufbau einer Präsenz staatlicher Sicherheitskräfte in den von der FARC zurückgelassenen Gebieten81 und einer in der ELN82 gespaltenen internen Haltung zu Friedensverhandlungen, kommt es vermehrt zu Kämpfen und gewalttätigen Übergriffen (vgl. Schwarz und Huck 2018). Diese Entwicklung ist auf kolumbianischem Staatsgebiet ebenso wie im nördlichen Ecuador (Provinz Esmeraldas) verstärkt festzustellen. Im Januar 2018 kam es zu einem Autobombenanschlag mit 28 Verwundeten in San Lorenzo vermeintlich durch die Splittergruppe Frente Oliver Sinisterra. Ende März 2018 wurden vier Soldaten bei einem Attentat in Mataje getötet. Ebenfalls Ende März wurden zwei Journalisten der Tageszeitung El Comercio, die über die Guerillakämpfer der Region eine Reportage erstellen wollten, zusammen mit ihrem Chauffeur entführt. Kurz darauf wurden die drei Geiseln ermordet (vgl. DW Deutsche Welle 2018a, 2018c, 2018b). Die Situation hat sich nach diesen Anschlägen wieder entspannt und es ereigneten sich bislang keine weiteren Zwischenfälle. Anfang Oktober 2019 kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Indígenas, Studenten, Arbeitern, im Verkehrswesen tätigen Personen und der Regierung respektive dem Militär. Auslöser des Streiks und der damit verbundenen Auseinandersetzungen war das Sparpaket der Regierung unter Präsident Lenin Moreno, das mitunter die Freigabe des Preises für Treibstoff und enorme Einsparungen bei den Sozialleistungen für Arbeitnehmer vorsah. Mit dieser im Rahmen des Dekrets 883 getroffene Maßnahme sollte ein Teil der Haushaltslücke geschlossen werden, um die Möglichkeit zu erhalten, beim IWF einen Kredit in Höhe von 4,2°Milliarden°US$ zu beantragen (vgl. José Diaz 2019). Aus Angst die soziale Sicherheit zu verlieren, blockierten Angestellte des Verkehrswesens Straßen, und CONAIE (Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador (Bündnis der Indigenen Ecuadors)) rief zum Protestmarsch nach Quito auf. Etwa 20.000 Indígenas kamen zum Höhepunkt der Proteste aus verschiedenen Landesteilen nach Quito. Der Ausnahmezustand wurde seitens des Staates verhängt. Am 07.10.2019 verlegte der Präsident, nach einer Woche Belagerungszustand des Präsidentenpalasts in Quito, den Regierungssitz nach Guayaquil. Während des Protests wurde in die Erdölförderstätte Petroamazonas in Lago Agrio eingebrochen, elf Erdölfelder wurden annektiert. Der Sektor verlor in dieser Zeit 137 Millionen°US$. Es wurden laut ecuadorianischer Regierung während des Protests 554 Personen verletzt, 929 verhaftet und fünf starben. Nachdem eine Ausgangssperre verhängt wurde, entspannte sich die Lage etwas und es kam zu von der UNO (United Nations Organization) und der katholischen Kirche vermittelten Verhandlungen zwischen der Regierung und CONAIE. Das Dekret 883 wurde FARC-EP = Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo/Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens. 79 Rund 1.200 Mitglieder vgl. DW Deutsche Welle 2018b. 80 Wichtige Einnahmequelle zur Finanzierung der Guerillabewegung. 81 Herausbildung eines Machtvakuums. 82 ELN = Ejército de Liberación Nacional/Nationale Befreiungsarmee. 78

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Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

zurückgenommen, die Regierung versuchte das Haushaltloch über eine Steuerreform zu verkleinern, damit der Schuldenbedarf weniger hoch ausfällt (vgl. Loly Pérez Torres 2019; José Diaz 2019). Seit Beginn des Jahres 2020 kämpft das Land gegen die Corona-Pandemie83. Es ist in Lateinamerika eines der am stärksten betroffenen Länder. Im März wurde der Gesundheitsnotstand ausgerufen. Dies im Zusammenspiel mit dem weltweiten Ölpreis-Verfall löste in Ecuador eine Wirtschaftskrise aus. Der IWF gewährte einen Notkredit in Höhe von 643°Millionen US$ (Norddeutscher Rundfunk 2020). Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in Ecuador weiterentwickelt. Sicher ist lediglich, dass der Tourismus in Ecuador, wie auch der Tourismus weltweit, eine gewisse Zeit benötigen wird, um wieder zu funktionieren. Auch werden kleinere Agenturen und Hotels die Krisenzeit kaum überstehen. Die Entlassungen sind bereits in der gesamten Branche in Ecuador spürbar, die Armut im gesamten Land wird zunehmen.

8.3 Dimension und räumliche Strukturen des Tourismus Die Basisdaten zum Tourismus im Land sind umfangreich, gleichwohl sie nicht immer aktuell beziehungsweise vollständig sind und strenger Prüfung bedürfen. Das Tourismusministerium erhebt (zum Teil mehrmals) jährlich grundlegende Daten zum Tourismus, wie zum Beispiel den Beitrag des Sektors zum BIP, die Zahl der Beherbergungsbetriebe, die Bettenzahl, Gästekapazitäten, Zahlen zum Incoming-Tourismus und Beschäftigungszahlen. Die Daten sind zum großen Teil frei zugänglich im Netz verfügbar (MINTUR 2018d; Asamblea Nacional Republica del Ecuador 2012). Anhand dieser zur Verfügung stehenden Daten soll in diesem Kapitel ein kurzes Profil des Tourismus in Ecuador erstellt werden. Wie im vorangegangenen Kapitel deutlich wurde, entwickelt sich der Tourismus in Ecuador seit über einhundert Jahren mit einem relativ kontinuierlichen Wachstum über die letzte Dekade. Innerhalb von nur neun Jahren hat sich die Zahl der internationalen Touristenankünfte nahezu verdoppelt. Allerdings ist diese Zahl vorsichtig zu werten, da Ecuador die Flüchtlinge aus Venezuela mit in die Touristenankünfte einbezieht. Einen Hinweis darauf gibt der Anstieg der Ankünfte von 2017 auf 2018 um ca. 50 %. Zahl der Internationalen Touristenankünfte in Millionen 2010

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2030

Welt

952

k. A.

1.134.000

1.186.000

1.240.000

1.332.000

1.407.000

1.461.000

1.800

Südamerika

23,5

27,15

29,1

30,8

33,9

36,4

36,9

35,7

58

Ecuador

1,047

1,364

1,557

1,542

1,418

1,608

2,428

2,044

k. A.

Tabelle 12 Zahl der Internationalen Touristenankünfte in Millionen 2010 bis 2030. Eigene Darstellung nach World Tourism Organization UNWTO (2016a, S. 4ff); World Tourism Organization UNWTO (2017, S. 4; 10); World Tourism Organization UNWTO (2018, S. 5; 17); World Tourism Organization UNWTO (2019, S. 17; 20); World Tourism Organization UNWTO (2020a, S. 26, 37) und MINTUR (2020a).

Der Beginn der Pandemie war nach der Erhebungsphase für die vorliegende Arbeit in Ecuador und hatte darauf keinen Einfluss. Allerdings ist zu erwarten, dass sich die touristische Struktur in Mindo und im ganzen Land für viele Jahre gravierend ändert. Daher sind die festgestellten Ergebnisse der durchgeführten Forschung vor ihrer Anwendung erneut an die veränderten Bedingungen (z. B. weniger Betriebe, andere Nutzungsmischung) anzupassen. 83

83

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Auch wenn die Flüchtlingsströme bereits 2015, zwei Jahre nach Amtsantritt von Präsident Maduro in Venezuela und der sich zuspitzenden Krise begannen, wurden sie statistisch wohl erst ab 2017 vollumfänglich den internationalen Ankünften zugeschrieben (Castillo Jara; Freier 2020). Es liegt eine Steigerung der touristischen Ankunftszahlen vor, die vermutlich geringer ausfällt als das Tourismusministerium angibt. Diese Entwicklung von 2010 bis 2017 (vgl. Tabelle 12) verläuft konform zur touristischen Entwicklung in Südamerika. Auch für den gesamten Kontinent betrachtet, haben sich die Touristenankünfte um rund 52 % erhöht. Markt Anteil (%)

Veränderung (%)

2018

2012/13

2013/14

2014/15

2015/16

2016/17

2017/18

2010 – 2018 2012 – 2018 (Ecuador)

Welt

100

4,6

4,0

4,5

3,8

7,0

5,6

5,0

Südamerika

2,6

1,4

7,1

5,9

6,3

7,7

1,2

5,8

Ecuador

1,1

7,2

14,1

-0,8

-8,2

13,4

50,9

11,35

Ø Veränderung p. a. in %

Tabelle 13 Veränderung der internationalen Touristenankünfte. Eigene Darstellung nach World Tourism Organization UNWTO (2016a, S. 4ff); World Tourism Organization UNWTO (2017, S. 4; 10); World Tourism Organization UNWTO (2018, S. 5; 17); World Tourism Organization UNWTO (2019, S. 17; 20); World Tourism Organization UNWTO (2020a, S. 26, 37); MINTUR 2020a). In jüngster Zeit wird der Tourismus zu einem wirtschaftlich relevanten Faktor des Landes. Es haben sich die Einkünfte aus den Tourismusankünften innerhalb von nur fünf Jahren (2010 bis 2015) verdoppelt. Im selben Zeitraum nahmen die internationalen Touristenankünfte um ein Drittel zu84. Aufgrund des Ausbruchs der Corona-Pandemie ist ein gravierender Einbruch der internationalen Touristenankünfte 2020 zu verzeichnen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Zahl der Ankünfte, solange die Pandemie andauert, nicht wesentlich ändern wird. Auch danach ist nicht von einem sofortigen Anstieg der Zahlen auszugehen (s. u.). Der Anteil Ecuadors am globalen Tourismusmarkt beträgt 1,1 %. 2019 wurden rund 2.288°Millionen US$ durch Deviseneinnahmen des Tourismus generiert.

Einkünfte aus dem internationalen Tourismus in Millionen US$

Monetärer Markt-anteil in %

Ø Ausgaben pro Ankunft in US$

2010

2013

2014

2015

2017

2018

2018

2015

Südamerika

20.590.00 0

24.700.00 0

25.700.00 0

25.6000.000

29.030.00 0

29.870.00 0

9,0

830

Ecuador

781

1.246

1.482

1.551

1.548

1.871

1,7

k. A.

Tabelle 14 Einkünfte aus dem internationalen Tourismus in Millionen US$. Eigene Darstellung nach World Tourism Organization UNWTO (2016a, S. 4ff.); World Tourism Organization UNWTO (2019, S. 20). Wie bereits unter Kapitel 8.1 erwähnt kann das Land das ganze Jahr bereist werden, da keine Einschränkungen aufgrund der klimatischen Bedingungen bestehen. Dennoch gibt es über das Jahr gesehen Besuchermaxima, die mit den Ferien in Europa und den USA zusammenhängen.

84

84

Tabelle 14.

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

12% 10%

10,5%

7,5%

7,0%

7,8%

7,7%

November

März

7,4%

Mai

7,8%

April

7,6%

Februar

6%

9,2%

9,1%

9,0%

Oktober

9,3%

8%

4% 2%

Dezember

September

August

Juli

Juni

Januar

0%

Abbildung 27 Ankünfte internationaler Touristen 2000 bis 2019, durchschnittliche Verteilung nach Monaten in Prozent. Eigene Darstellung nach MINTUR (2020a). Abbildung 27 zeigt die über den Zeitraum von 2000 bis 2019 erhobenen durchschnittlichen Maxima der Touristenankünfte im Juli und Dezember/Januar. Betrachtet man die Verlaufskurven über die Monate der Jahre ab 2016 wird ersichtlich, wie einschneidend und schnell verschiedene Ereignisse, wie beispielsweise die Unruhen im Oktober 2019, das Erdbeben im April 2016 oder zuletzt der Ausbruch der Corona-Pandemie auf den Tourismus wirken. Aber auch die verhältnismäßig schnelle Erholung der Touristenzahlen nach derartigen Einbrüchen wird sichtbar. Wie die Corona-Pandemie mittelfristig auf den Tourismus in Ecuador wirkt, bleibt abzuwarten. Eindeutig ist derzeit lediglich, dass die Pandemie nicht nur in Ecuador, sondern weltweit den Tourismus um ca. 70 % einbrechen ließ und rund 170 Millionen Tourismusbeschäftigte arbeitslos geworden sind (García López 2021; World Tourism Organization UNWTO 2020b). Laut Schätzungen der UNWTO muss global mit einer Rekuperationsphase des Tourismus von zweieinhalb bis vier Jahren ausgegangen werden, um das Niveau der internationalen Touristenankünfte von 2019 erneut zu erreichen (World Tourism Organization UNWTO 2020b). 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000

2016

2017

2018

2019

Dezember

November

Oktober

September

August

Juli

Juni

Mai

April

März

Februar

Januar

0

2020

Abbildung 28 Zahl der internationalen Touristenankünften nach Saisonalität verschiedener Jahre. Eigene Darstellung nach MINTUR (2020a).

85

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

11,59%

5,69%

7,63%

13,80% 21,60%

17,87% 21,82% 0-9 Jahre 30-39 Jahre

10-19 Jahre 40-49 Jahre

20-29 Jahre 50-59 Jahre

Rund 44% der Reisenden im Zeitraum 2000 – 2019 ist zwischen 20 und 39 Jahre alt. Diese Altersstruktur konnte in ähnlicher Weise auch in Mindo für die Erhebungszeiträume festgestellt werden (s. Kapitel 9.2). Der Großteil der im selben Zeitraum eingereisten internationalen Touristen reiste mit dem Flugzeug an (54,44 %), gefolgt von Touristen auf dem Landweg (42,75 %), 2,64 % über den Seeweg und 0,18 % auf Binnenwasserwegen (MINTUR 2020e).

Über 60 Jahre

Abbildung 29 Durchschnittliche Altersanteile der internationalen Reisenden nach Ecuador 2000 – 2019. Eigene Darstellung nach MINTUR (2020a).

Karte 9 Quellgebiete der internationalen Ankünfte nach Ecuador 2018. Eigener Entwurf nach MINTUR (2020e). 86

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Die meisten internationalen Ankünfte 2018 sind aus den Ländern Venezuela, USA und Kolumbien zu verzeichnen. Die hohe Zahl der internationalen Ankünfte aus Kolumbien und Peru (Platz 4) ist durch die Nachbarschaftslage zu Ecuador erklärbar. Allerdings ist die Zurechnung insbesondere der Zahl der Ankünfte aus Venezuela zur Gruppe der Touristen, wie bereits erwähnt, als kritisch zu bewerten. Venezolaner reisen seit einigen Jahren aufgrund der politischen Situation in ihrem Heimatland verstärkt in ihre Nachbarstaaten und nach Ecuador ein, haben also keinerlei touristisches Interesse das Land zu bereisen, sondern beantragen in aller Regel Asyl, sobald sie mit dem Touristenvisum nach Ecuador eingereist sind und halten sich dann als Flüchtlinge mittel- bis langfristig im Land auf (vgl. El Comercio 2017). Die große Zahl eingereister Venezolaner wird auch im Diagramm der Karte 9 deutlich. Der wachsende Anteil der US-amerikanischen Touristen ist darauf zurückzuführen, dass Werbemaßnahmen verstärkt auf dem US-amerikanischen Markt geschaltet wurden (z. B. Super-Bowl 2015), Ecuador als sicheres und tropisches Land als neuer ‚Retirement-State‘ entdeckt wird und es relativ schnell und günstig erreichbar ist. 2018 wurden für ganz Ecuador rund 112.154.000 Übernachtungen von Binnentouristen registriert. Die Kantone Quito (ca. 20.016.000 Übernachtungen), Guayaquil (ca. 13.312.000 Übernachtungen) und Cuenca (ca. 5.230.000 Übernachtungen) verzeichneten die meisten Übernachtungen (vgl. MINTUR 2019). Bei der Betrachtung der Top-Destinationen des Binnentourismus zeigt sich, dass bis auf die zwei Ziele Guayaquil und Manta, alle in der Sierra liegen. Dies ist mitunter auf die wesentlich besser ausgebaute (touristischen) Infrastruktur im Hochland zurückzuführen. Rang

Destination

Zahl der Übernachtungen

Rang

Destination

Zahl der Übernachtungen

1

Quito

20.016.241

6

Latacunga

3.833.389

2

Guayaquil

13.311.584

7

Riobamba

3.478.773

3

Cuenca

5.230.309

8

Manta

2.503.827

4

Ambato

4.154.021

9

Ibarra

2.494.677

5

Rumiñahui

4.009.885

10

Santo Domingo

2.265.801

Tabelle 15 Top-Destinationen des Binnentourismus in Ecuador im Jahr 2018. Eigene Darstellung nach MINTUR (2019). Auch die Quellgebiete liegen fast ausschließlich in der Sierra. Lediglich drei Orte befinden sich nicht im Hochland: Daule, Duran und Guayaquil. Da Guayaquil die größte Stadt Ecuadors ist, ist die Bedeutung der Stadt und der beiden umliegenden Städte Duran und Daule als Quellgebiet verständlich. Rang

Quellgebiet

Zahl der Übernachtungen

Rang

Quellgebiet

Zahl der Übernachtungen

1

Quito

23.868.352

6

Rumiñahui

2.882.015

2

Guayaquil

15.058.026

7

Mejia

2.583.132

3

Cuenca

5.667.949

8

Ibarra

2.406.852

4

Duran

3.904.865

9

Ambato

2.395.140

5

Daule

3.487.473

10

Latacunga

2.251.936

Tabelle 16 Top-Quellgebiete des Binnentourismus in Ecuador im Jahr 2018. Eigene Darstellung nach MINTUR (2019).

87

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Karte 10 Quellgebiete und Destinationen des Binnentourismus in Ecuador nach Kantonen im Jahr 2018. Eigene veränderte Darstellung nach MINTUR (2019); Ministerio de Turismo de Ecuador (2019b). Wie in Kapitel 7.1 erwähnt, kann der wirtschaftliche Beitrag des Tourismus zum BIP in direkte, indirekte und induzierte Beiträge unterteilt werden. Im Jahr 2019 lag der direkte Beitrag zum BIP bei 2,2 % (2.234,4 Mio. US$) (MINTUR 2020c). Bis 2028 wird von einem Wachstum des

88

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Tourismusbeitrags zum BIP von 4,2 % pro Jahr ausgegangen (3.463 Mio. US$/2,7 % des BIP 2028)85. Der Gesamtbeitrag des Tourismus zum BIP betrug 2019 5,1 % (5.524,2 Mio. US$) (vgl. WTTC World Travel and Tourism Council 2019). In Ecuador waren 2019 rund 408.000 Personen im Tourismus beschäftigt, dies entspricht einem Anteil von 5,2 % der Beschäftigten des Landes. Im Vergleich zu 2011 ist ein starker Anstieg der Zahl der Tourismusbeschäftigten zu verzeichnen (vgl. MINTUR 2020g). Der zwischenzeitlich leichte Rückgang im Jahr 2016 ist auf die bereits beschriebenen Krisen (Zika-Erkrankungen, Ausbruch des Vulkans Cotopaxi, Erdbeben an der Küste Ecuador) zurückzuführen. 9,0%

401.088

8,0%

365.332

7,0% 6,0% 5,0% 4,0%

295.556 252.660 3,9%

4,4%

318.203

331.921

4,7%

4,9%

5,1%

348.891

4,7%

408.774

450.000 400.000

367.157

350.000 4,7%

5,2%

5,2%

300.000 250.000 200.000

3,0%

150.000

2,0%

100.000

1,0%

50.000

0,0%

0 2011

2012

2013

2014

2015

Zahl der im Tourismus Beschäftigten

2016

2017

2018

2019

Beitrag des Tourismus zur Gesamtbeschäftigung (%)

Abbildung 30 Anteil der Beschäftigten im Tourismus 2011 bis 2019. Eigene Darstellung nach MINTUR (2020g). Fast ganz Ecuador ist touristisch erschlossen, wobei es auch hier Unterschiede im Entwicklungsgrad gibt. Insbesondere die Provinzen Pichincha mit der Hauptstadt Quito, Guayas mit der größten Stadt Ecuadors (Guayaquil) und Manabí mit beliebten Badeorten, wie Puerto Lopez, Canoa und Manta, nehmen in Bezug auf die Zahl der Beherbergungsbetriebe, Gästekapazität und Zahl der Binnentouristen eine führende Position ein. Im Jahr 2018 waren 24.720 touristische Einrichtungen registriert, wobei dazu neben Beherbergungsbetrieben auch Gastronomiebetriebe und andere Einrichtungen gerechnet werden. Werden die touristischen Einrichtungen nochmals aufgeschlüsselt, sind für Ecuador 4.180 Beherbergungsbetriebe, 17.225 Gastronomiebetriebe, 2.427 Tourismusbetriebe und 888 sonstige Tourismus-Betriebe aufgeführt. (vgl. MINTUR 2018b). Die Provinz Pichincha, in der neben Quito auch der herangezogene Ort Mindo liegt, bot 2018 in 861 Beherbergungsbetrieben Platz für rund 33.805 Personen (vgl. MINTUR 2020d).

85

Hochrechnung vor Ausbruch der Corona-Pandemie. 89

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Karte 11 Tourismuswirtschaftliche Strukturdaten 2018 nach Provinzen. Eigener Entwurf nach MINTUR (2020d); INEC (2010b).

90

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Provinz

Anzahl der registrierten Beherbergungsbetriebe absoin % lut

Anzahl der Gästezimmer

Anzahl der Betten

Max. Belegungszahl

absolut

in %

absolut

in %

absolut

in %

Anzahl der Übernachtungen von Binnentouristen in der Destination

Azuay

312

7,46

5.599

6,86

10.835

6,68

11.201

6,11

7.748.068

Bolivar

29

0,69

578

0,71

1.254

0,77

1.290

0,70

766.042

Canar

41

0,98

823

1,01

1.359

0,84

1.427

0,78

3.409.319

Carchi

29

0,69

737

0,90

1.622

1,00

1.614

0,88

1.683.648

Chimborazo

98

2,34

1.917

2,35

4.153

2,56

4.258

2,32

4.473.542

Cotopaxi

105

2,51

1.583

1,94

3.227

1,99

3.338

1,82

6.267.118

El Oro

122

2,92

3.021

3,70

5.106

3,15

5.408

2,95

3.603.872

Esmeraldas

184

4,40

4.772

5,85

13.202

8,14

14.537

7,94

3.322.260

Galapagos

322

7,70

3.343

4,10

7.659

4,72

7.576

4,14

593.060

Guayas

205

4,90

7.458

9,14

13.010

8,02

15.524

8,47

21.082.373

Imbabura

158

3,78

3.033

3,72

6.608

4,08

6.953

3,80

4.055.179

Loja

128

3,06

2.679

3,28

4.913

3,03

5.032

2,75

2.197.631

Los Rios

36

0,86

933

1,14

1.439

0,89

1.677

0,92

2.022.293

Manabi

351

8,40

6.355

7,79

14.478

8,93

17.379

9,49

7.828.784

Morona Santiago

76

1,82

1.375

1,68

2.751

1,70

2.877

1,57

564.780

Napo

159

3,80

2.514

3,08

5.787

3,57

6.168

3,37

1.090.196

Orellana

86

2,06

2.095

2,57

3.670

2,26

3.857

2,11

807.351

Pastaza

71

1,70

1.213

1,49

2.759

1,70

2.886

1,58

1.414.096

Pichincha

861

20,60

16.181 19,82

24.998

15,42

33.805

18,45

27.178.693

Santa Elena

313

7,49

5.239

6,42

13.119

8,09

15.363

8,39

2.907.094

Santo Domingo

110

2,63

2.641

3,24

4.562

2,81

4.567

2,49

2.429.790

Sucumbios

108

2,58

2.465

3,02

4.439

2,74

4.575

2,50

701.895

Tungurahua

238

5,69

4.465

5,47

10.124

6,24

10.781

5,89

5.660.864

Zamora Chinchipe

38

0,91

610

0,75

1.078

0,66

1.085

0,59

168.991

TOTAL

4.180

100

81.629 100

162.152

100

183.178

100

112.153.552

Tabelle 17 Tourismusdaten 2018 nach Provinzen mit Hervorhebung der drei Provinzen mit der größten touristischen Beherbergungsausstattung und Gästezahlen. Eigene Darstellung nach MINTUR (2020d).

91

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Sonstige Dienstleistungen; 9,3%

Sonstiger Einzelhandel; 2,1% Gastronomie; 24,6%

Verkehrsmittel und Autovermietung; 10,4%

Dem Tourismus angeschlossene Branchen; 11,9%

Reisebüros und Agenturen; 20,5%

Beherbergung und angeschlossene Bereiche; 21,3%

Abbildung 31 Zusammensetzung der touristischen Produktion in Ecuador 2018 (Anteile in Prozent). Eigene Darstellung nach MINTUR (2018a).

Das Ministerium für Tourismus erhebt neben der Bedeutung des Tourismus, gemessen durch den Beitrag am BIP, auch die generelle Zusammensetzung der touristischen Produktion. Deutlich wird, dass insbesondere die Gastronomie eine tragende Rolle einnimmt. Sie ist sowohl für den Tourismus als auch für die örtliche Bevölkerung von großer Relevanz. Das Beherbergungsgewerbe trägt mit seinen rund 25.000 Betrieben und den daran angeschlossenen Bereichen zu etwas mehr als einem Fünftel zur touristischen Produktion Ecuadors bei. Reisebüros und Agenturen sind ebenfalls mit etwa einem Fünftel beteiligt. Somit sind diese drei Teile für rund 66°% der touristischen Produktion verantwortlich. Die übrigen 34°% werden durch, dem Tourismus angeschlossene Branchen, Verkehrsmittel und Autovermietung und sonstige Dienstleistungen generiert.

8.4 Entwicklung Ecuadors im räumlichen Vergleich In Ecuador existieren, wie eingangs erwähnt, vier naturräumlich und klimatisch von West nach Ost unterschiedliche Großregionen. Diese regionalgeographische Untergliederung des Landes bedingt unausgeglichene Raumstrukturen und Raumungleichgewichte. Im vorhergegangenen Kapitel wurde bereits auf unterschiedliche Parameter des Tourismus nach Provinzen eingegangen. In diesem Kapitel sollen die interprovinziellen Unterschiede bezüglich weiterer Faktoren, wie Einwohnerdichte, Grundversorgung der Haushalte, Bildungsparameter und Berufsstruktur aufgezeigt werden. Bei Differenzierung der Provinzen nach Bevölkerungsdichte fällt auf, dass die beiden Provinzen Pichincha und Guayas, mit den zwei bevölkerungsreichsten Städten in Ecuador (die Hauptstadt Quito und die Hafenstadt Guayaquil) auch die bevölkerungsreichsten sind (vgl. Karte 12). Dies ist, neben anderen Faktoren auf das für Entwicklungsländer typische Phänomen der Landflucht zurückzuführen, wobei die ländliche Bevölkerung aus verschiedenen Gründen vom Land in die Städte flieht86, da sie sich in der Stadt Vorteile87, wie beispielsweise eine bessere Bildung oder Arbeitsplätze erhofft. Die Gebiete im östlichen Teil des Landes weisen eine geringere Bevölkerungsdichte auf. Dies ist auf den Naturraum des Regenwaldes zurückzuführen, da dort die Lebensbedingungen v. a. aufgrund klimatischer und infrastruktureller Gegebenheiten wenig Grundlage für eine Besiedlung bieten. Der Andenraum und Teile der Küste weisen eine durchschnittliche Bevölkerungszahl auf.

86 87

92

Push-Faktoren. Pull-Faktoren.

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Karte 12 Grundversorgung der Haushalte nach Provinzen im Jahr 2010. Eigener Entwurf nach INEC (2010).

93

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Die naturräumliche Ausstattung, wie beispielsweise fruchtbarer vulkanischer Boden im Hochland, ein mildes, für die Landwirtschaft prädestiniertes Klima und anthropogen erzeugte Faktoren wie Ver- und Entsorgung der Haushalte, Zugang zu Bildung und Arbeit haben Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung in bestimmten Gebieten. In Karte 12 ist die Grundversorgung innerhalb des Landes nach Provinzen dargestellt. Hier wird deutlich, dass die Ver- und Entsorgungslage innerhalb der „Hauptstadt“-Provinz generell besser einzustufen ist als im übrigen Land. Die Zahl der Haushalte mit Anschluss an die Stromversorgung ist in der Andenregion deutlich höher als an der Küste (exkl. Guayas und Galapagos) oder im östlichen Tiefland. Insbesondere im Bereich des Regenwalds werden oftmals noch Dieselgeneratoren und Kerzen genutzt. In sieben Provinzen sind etwa 30 – 50 % der Haushalte an das öffentliche Telefonfestnetz angeschlossen (exkl. Mobiltelefonie). Lediglich in der Provinz Pichincha liegt der Anteil der ans Telefonnetz angekoppelten Haushalte bei 59,5 % (Galapagos: 68,8 %). Im gesamten Land sind noch zahlreiche Läden mit Telefonkabinen vorzufinden, die die Nutzung eines Telefons anbieten. Die Haushalte Pichinchas sind mit Abstand am besten ans öffentliche Wassernetz angeschlossen (93,4 %). Generell liegt der Anteil der Haushalte, die an das öffentliche Wassernetz angeschlossen in ganz Ecuador – bis auf die drei Ausnahmen Sucumbios und Orellana im Oriente sowie Santo Domingo im Zentrum des Landes – bei über 50 %. Bezüglich der Entsorgung verhält es sich ähnlich. So ist der Großteil der Haushalte Pichinchas an das Kanalsystem (87,7 %) und die öffentliche Müllentsorgung (94,6 %) angebunden. Hinsichtlich des Anschlusses an die Kanalisation sind vor allem die Provinzen Los Rios und Orellana schlecht gestellt. Das zentrale Andenhochland mit den Provinzen Cotopaxi, Tungurahua, Bolivar und Chimborazo ist im Bereich der Müllentsorgung stark benachteiligt (lediglich 30 – 50 % der Haushalte sind an die Müllentsorgung angeschlossen). Deutlich erkennbar ist an diesem Tableau die positive Sonderstellung der Provinzen Pichincha und Galapagos. In allen Bereichen weisen diese beiden Provinzen äußerst positive Werte in Bezug auf Anbindung an das Grundversorgungsnetz auf. In einem späteren Untersuchungsschritt werden die Kantone innerhalb der Provinz Pichincha näher betrachtet, um explizit herauszuarbeiten, ob dies vorrangig auf die Besserstellung der Provinz durch die Hauptstadt zurückzuführen ist (vgl. Kapitel 9.1). Bei Betrachtung des Bildungsparameters Analphabetismus in Prozent sticht deutlich hervor, dass die Provinzen im zentralen Andenhochland – Cotopaxi, Bolivar, Chimborazo und Cañar – sehr hohe Werte von über 12,1 % haben. Dahingegen weisen die Provinzen Pichincha, Santa Elena, Guayas, El Oro, Loja und Zamora Chinchipe sehr niedrige Analphabetenraten auf (unter 3 %). Die Provinzen unterscheiden sich stark hinsichtlich der Dauer des Schulbesuchs (in Jahren), je nach urbaner oder ruraler Prägung. So gehen die Kinder der ländlichen Gebiete in der Region Cañar beispielsweise lediglich sechs Jahre zur Schule, wohingegen Kinder aus den Städten durchschnittlich zwölf Jahre die Schule besuchen. Wie auch bei den zuvor angesprochenen Parametern bezüglich Bevölkerung und Grundversorgung, ist auch im Bereich der Bildungsparameter eine Vormachtstellung der ‚Hauptstadt-Provinz‘ Pichincha festzustellen. Die beiden bevölkerungsreichsten Provinzen Pichincha und Guayas sind auch die mit den meisten Personen im arbeitsfähigen Alter. Der Anteil der arbeitsfähigen Personen in Pichincha liegt bei rund 2,1 Mio. (~1,1 Mio. Frauen, ~1 Mio. Männer) in Guayas bei rund 2,9 Mio. (~1,47 Mio. Frauen, ~1,45 Mio. Männer) (vgl. INEC 2010).

94

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Karte 13 Bildungsparameter Ecuadors nach Provinzen im Jahr 2010. Eigener Entwurf nach INEC (2010).

95

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Bevölkerungszahl

Zahl der wirtschaftlich aktiven Personen

Zahl der Arbeitslosen

Arbeitslosenquote

Azuay

818.423

390.097

9.803

2,5 %

Bolívar

203.003

93.678

3.250

3,5 %

Cañar

261.076

118.248

3.643

3,1 %

Carchi

180.716

84.775

3.641

4,3 %

Chimborazo

505.419

265.165

5.325

2,0 %

Cotopaxi

461.799

235.481

5.448

2,3 %

El Oro

675.876

308.480

12.911

4,2 %

Esmeraldas

604.517

235.831

18.479

7,8 %

Galápagos

29.800

17.461

518

3,0 %

4.111.866

1.853.859

96.735

5,2 %

Imbabura

448.353

209.620

11.878

5,7 %

Loja

498.270

235.421

15.745

6,7 %

Los Ríos

871.406

370.556

16.013

4,3 %

Manabí

1.503.802

631.861

38.837

6,1 %

Morona Santiago

177.788

79.215

1.845

2,3 %

Napo

121.762

52.922

2.740

5,2 %

Orellana

152.331

66.843

3.814

5,7 %

Pastaza

101.454

46.338

1.716

3,7 %

2.973.755

1.417.739

72.612

5,1 %

Santa Elena

362.603

134.719

5.168

3,8 %

Santo Domingo de los Tsachilas

422.572

192.398

10.773

5,6 %

Sucumbíos

208.439

85.902

4.948

5,8 %

Tungurahua

561.933

304.897

9.856

3,2 %

Zamora Chinchipe

109.295

51.526

2.191

4,3 %

Keine Daten

Keine Daten

Keine Daten

Keine Daten

Provinz

Guayas

Pichincha

Zonas No Delimitadas

Tabelle 18 Daten zur Beschäftigung nach Provinzen im Dezember 2015. Eigene Darstellung nach Gordon (2018). Die Arbeitslosenrate88 in den verschiedenen Provinzen variieren zum Teil stark. In einigen Provinzen des Hochlandes, wie Cotopaxi und Chimborazo, ist sie kaum vorhanden. Wohingegen sie in den Hochlandprovinzen wie Loja und Imbabura sowie den Küstenprovinzen, wie Esmeraldas und Manabi beträchtlich höher sind. In der Provinz Pichincha liegt die Arbeitslosenrate bei 5,1 %, also im oberen mittleren Bereich. In den Provinzen des zentralen Andenhochlands und des östlichen Tieflands arbeitet ein hoher Anteil der Männer im Agrarsektor. Die Frauen arbeiten nahezu landesweit vorrangig als Verkäuferinnen oder Servicemitarbeiterinnen. In den drei Provinzen mit großen Hochschulen – Pichincha, Guayas und Loja ist der Anteil an Akademikern und Wissenschaftlern erwartungsgemäß etwas höher (vgl. INEC 2010). 88 In Ecuador versteht man darunter Personen über 15 Jahre, die im betrachteten Zeitraum nicht angestellt waren und mindestens eines der folgenden Merkmale aufweisen: 1. Kein Angestelltenverhältnis in der Vorwoche und verfügbar sind zu arbeiten. 2. Arbeitsuchend sind und Maßnahmen ergreifen, um Arbeit zu finden oder sich in den vorhergegangenen vier Wochen selbständig machen wollten.

96

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Die Karten 15 und 16 zeigen die Berufsstruktur der Ecuadorianerinnen und Ecuadorianer im arbeitsfähigen Alter. Zu erkennen ist, dass absolut die meisten wirtschaftlich aktiven Personen89 in den Provinzen Guayas und Pichincha vertreten sind. In den Hochland-Provinzen und in der Provinz Sucumbios liegt der Anteil der wirtschaftlich aktiven Frauen an allen wirtschaftlich aktiven Personen über 50 %. Im übrigen Land ist das Verhältnis umgekehrt. Generell ist der Anteil der Männer, die in der Maschinenführung oder der Anlagenbedienung arbeiten, größer als der der Frauen. Demgegenüber ist der Anteil der Frauen, die als Verwaltungsfachangestellte tätig sind, höher. Überraschend ist, dass im gesamten Land die Akademikerinnen nahezu gleichermaßen verteilt sind (abgesehen von den drei genannten Provinzen). Innerhalb der Sierra ist der Anteil der wirtschaftlich aktiven Frauen an allen aktiven Personen am höchsten. Die Provinz Sucumbios im nordöstlichen Amazonastiefland hat landesweit den höchsten Anteil an wirtschaftlich aktiven Frauen. Insbesondere im zentralen Andenhochland, wie auch im Amazonastiefland, arbeitet ein großer Teil der Frauen in landwirtschaftlichen Berufen bzw. als Facharbeiterin. Auch bei den Männern ist ein großer Anteil in allen Provinzen in den Bereichen der Hilfsarbeitskräfte und der Servicemitarbeiter/Verkäufer beschäftigt. In der Landwirtschaft arbeiten die Männer vorwiegend im zentralen Andenhochland in den Provinzen Cotopaxi und Chimborazo, wie auch im südlichen Teil des Landes und in der, v. a. nördlichen Küstenregion. Mit Abstand den höchsten Anteil an wirtschaftlich aktiven Männern an allen wirtschaftlich aktiven Personen im Bereich der Landwirtschaft weist die Provinz Manabí auf. Bezüglich der wirtschaftlich aktiven Männer im militärischen Bereich, ist die Verteilung des Anteils über die Provinzen gleichmäßig. Die Frauen hingegen sind kaum beim Militär beschäftigt. In der Provinz Tungurahua wird fast ein Viertel der Frauen als beim Militär beschäftigt angegeben, es muss sich aber um einen Fehler handeln, da diese Provinz nicht über eine Infrastrukturausstattung für Frauen beim Militär verfügt und generell nicht so viele Frauen beschäftigt (insgesamt: 1.173). Das ecuadorianische Militär hat im Jahr 2021 462 Frauen als Heeresstreitkräfte, 429 in der Marine und 282 in der Luftwaffe im Dienst. Somit beträgt der Anteil der Frauen insgesamt 2,9 % aller beim Militär Beschäftigten (vgl. Ministerio de defensa nacional 2021). In den meisten Provinzen arbeiten in aller Regel rund ein Fünftel bis ein Viertel der Beschäftigten als Handwerker, Angestellte oder Arbeiter. Klassische Handwerksberufe sind auch in Ecuador häufig den Männern vorbehalten, dementsprechend arbeiten in dieser Berufsgruppe weniger Frauen. Dahingegen arbeitet ein hoher Anteil der Ecuadorianerinnen als Hilfsarbeiter. In diesem Bereich wird häufig nur eine stundenweise Beschäftigung geboten, die in aller Regel auch schlecht bezahlt wird. Der Mindestlohn in Ecuador lag im Jahr 2018 bei 386 US$/Monat (vgl. El Universo 2017). Wie in Entwicklungsländern typisch, ist die Zahl der nicht offiziell gemeldeten Beschäftigten hoch. In einigen Bereichen des Landes, wie beispielsweise in Esmeraldas, arbeitet rund ein Viertel aller wirtschaftlich aktiven Frauen inoffiziell. Bei den Männern fällt der Anteil etwas geringer aus, ist aber dennoch signifikant vorhanden. Hinter den Kategorien Service, Verkauf, Hilfsarbeit und ‚Schwarzarbeit‘ verbirgt sich der Großteil der Tourismusbeschäftigten. Es ist typisch für Entwicklungsländer, dass viele Arbeitskräfte nur als touristische Saisonarbeitskräfte und zu einem großen Teil nicht registriert, im informellen Sektor90 arbeiten (vgl. Vorlaufer 1996b, S. 122ff.). Das Bild der Berufsgruppen ist divers und erstreckt sich von illegalen Arbeitern, über Landwirte bis hin zu Akademikern und Managern. Anhand der beiden Karten wird deutlich, wie ungleich die Verteilung der wirtschaftlich aktiven Personen in Ecuador ist. Im ganzen Land ist die Zahl der wirtschaftlich aktiven Frauen deutlich geringer als die der Männer. Zudem ist der Unterschied der Berufsgruppen geschlechterspezifisch stark ausgeprägt und entspricht noch stark der klassischen Rollenverteilung nach Geschlechtern. Zukünftig ist anzustreben den verhältnismäßig hohen Anteil der ‚Schwarzarbeitenden‘ und Hilfsarbeitenden zu senken, um auch diesen Personen eine gerechte Bezahlung, Arbeitsrechte und Sozialleistungen zuteilwerden zu lassen. Wirtschaftlich aktive Frauen: Frauen über 15 Jahre, die mindestens eine Stunde im betrachteten Zeitraum arbeiteten oder angestellt waren und Personen, die keine Arbeit hatten, aber arbeitssuchend waren. 90 z. B. fliegende Händler, ‚ein-Mann-Betriebe‘.

89

97

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Karte 14 Berufsstruktur der Ecuadorianerinnen im arbeitsfähigen Alter. Eigener Entwurf nach INEC (2010).

98

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Karte 15 Berufsstruktur der Ecuadorianer im arbeitsfähigen Alter. Eigener Entwurf nach INEC (2010).

99

Kapitel 8: Tourismus in Ecuador

Betrachtet man die dargestellten räumlichen Disparitäten nach Provinzen wird die Sonderstellung der beiden Provinzen Guayas und Pichincha mit den beiden größten Städten Guayaquil und Quito deutlich. Nicht nur bezüglich der Einwohnerzahl, sondern auch aufgrund ökonomischer, infrastruktureller und versorgungsspezifischer Gegebenheiten unterscheiden sich die Provinzen Guayas und Pichincha von den übrigen Provinzen beträchtlich.

8.5 Zusammenführung und Relevanz Die naturräumlichen Faktoren Klima und Vegetationszonen wurden herausgearbeitet, da sie die Grundlage des Tourismus in Ecuador bilden. Das, durch den Äquator bedingte, relativ konstante Klima im Jahresverlauf ermöglicht Reisen im Land ganzjährig nahezu ohne Einschränkungen. Auch wenn, insbesondere durch die Höhenstufen bedingt, die Temperaturen stark schwanken können und die Niederschlagsmengen je nach Jahreszeit variieren, ist Ecuador aufgrund der tropischen Lage durchgehend touristisch attraktiv. Die vorzufindenden Ökozonen sind ebenfalls durch die zahlreichen Höhenstufen, die Lage am Äquator und die vorwiegend hohen Niederschlagsmengen sehr artenreich und vor allem für internationale Touristen interessant. Speziell Naturtouristen fühlen sich durch das südamerikanische Land mit der hohen Biodiversität angezogen. Die geschichtliche Entwicklung des Tourismus in Ecuador seit 1859, die auch eng mit der Entwicklung des Andinismus und der Gründung verschiedener Nationalparks verbunden ist, wurde nach der Erläuterung der naturräumlichen Ausstattung nachgezeichnet. Eine relevante Tourismusentwicklung setzte allerdings erst Mitte des 20.°Jh. mit der Gründung des ersten Reisebüros und dem Einsatz mehrerer Fluglinien in Ecuador ein. Die Relevanz einer intakten Natur für den Aufbau des Tourismus, wie er heute vorzufinden ist, ist enorm. Vor allem Destinationen, wie Galapagos und das Regenwaldgebiet, wie auch die Gipfel des Hochlandes sind für den internationalen Reisegast vornehmlich ausschlaggebend, das Land zu bereisen. Krisen, wie politische Unruhen, Krankheitsausbrüche und Naturkatastrophen haben aber insbesondere in jüngster Zeit dafür gesorgt, dass ein Rückgang der internationalen Touristenankünfte zu verzeichnen war. Auf die Dimensionen und die räumlichen Strukturen des internationalen wie auch des Binnentourismus wurde eingegangen. Eine herausragende Rolle bezüglich der Tourismuszahlen für Pichincha konnte festgestellt werden. Diese Tatsache ist darauf zurückzuführen, dass in der Provinz die Hauptstadt Quito mit der zweithöchsten Bevölkerungszahl aller Städte Ecuadors und dort der internationale Flughafen Aeropuerto Internacional Mariscal Sucre liegt. Demnach kommen hier die meisten Touristen an und bleiben meist zumindest eine Nacht in der Hauptstadt bevor sie die Reise, zunächst zumeist innerhalb Pichinchas, fortsetzen. Nach der Betrachtung der nationalen räumlichen Strukturen des Tourismus erschien es relevant auch auf die räumlichen Disparitäten hinsichtlich anderer Faktoren einzugehen, um allgemeine Strukturen erkennen zu können. Es wurde der Blick zuerst auf die Bevölkerungsdichte gerichtet. Hier wurde eine Sonderstellung der Provinz Pichincha herausgestellt, die mitunter auf die Pull-Faktoren der Hauptstadt zurückzuführen sind. Aber auch in den Bereichen der Grundversorgung, Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten ist Pichincha eine führende Rolle zuzuschreiben. Pichincha und Guayas sind die Provinzen mit den meisten wirtschaftlich aktiven Personen. Die vornehmlich positiv zu bewertende Sonderstellung der Provinz Pichincha macht die nachfolgende, kleinräumigere Betrachtung auf Kantons- und Gemeindeebene besonders relevant (vgl. Kapitel 9).

100

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

9 Fallstudie Mindo Wie in Kapitel 5.2 erläutert, wurde für die Fallstudie das Dorf Mindo gewählt. Die Grundvoraussetzungen des Ortes sind ideal, um in ihm eine wissenschaftliche Analyse durchzuführen. Der Tourismus des Ortes unterliegt in den letzten Jahren einem Wandel – neue Beherbergungsbetriebe, Cafés und Restaurants, wie auch Reiseagenturen und Souvenirshops wurden eröffnet. Die touristischen Stakeholder vor Ort zeigen eine hohe Kooperationsbereitschaft und die Gemeinde investierte in den Ausbau der örtlichen Infrastruktur. Darüber hinaus sind die geographischen Gegebenheiten, wie die Nähe zur Landeshauptstadt und die Lage innerhalb des artenreichen Biosphärenreservats Chocó Andino von großer touristischer Bedeutung.

9.1 Lage, naturräumliche Ausstattung, Siedlungsgenese und Sozialstruktur Mindos

Karte 16 Provinz Pichincha mit ihren acht Kantonen und den beiden Parroquias San Miguel de los Bancos und Mindo. Die Provinz Pichincha in deren westlicher Mitte Mindo zu finden ist, liegt im nordwestlichen Andenhochland Ecuadors, in dem auch die Hauptstadt Quito liegt. Sie ist mit 2,6 Einwohnern die

101

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Provinz mit der zweithöchsten Bevölkerungszahl (nach Guayas mit 3,6 Mio. Einwohnern)91 (INEC 2010b). Von den rund 2,5 Millionen Personen in Pichincha, wohnen etwa 2,2 Millionen in Quito, somit leben nur 340.000 (15,3 %) außerhalb der Hauptstadt. Pichincha setzt sich aus den acht Kantonen Cayambe, Mejía, Pedro Moncayo, Pedro Vincente Maldonado, Puerto Quito, Quito, Rumiñahui und San Miguel de los Bancos zusammen. Die beiden Parroquías (Gemeinden) Mindo und San Miguel de los Bancos liegen im Kanton San Miguel de los Bancos. Die Gemeinde Mindo umfasst ein Areal von etwa 274 km², der Ortskern liegt auf etwa 1.250 m über NN, im Einflussbereich des Naturschutzgebiets des Nebelwaldes (Bosque Protector) Mindo-Nambillo. Im Norden wird die Gemeinde Mindo von den Gemeinden Gualea und Nanegalito, im Westen von San Miguel de Los Bancos, im Süden von Lloa und im Osten von Nono begrenzt. Die für die Untersuchung herangezogene Ortschaft ist das Dorf Mindo in der Gemeinde Mindo, etwa 70 km nordwestlich von Quito. Er liegt nur etwa 17 Kilometer Luftlinie vom aktiven Stratovulkan Guagua Pichincha entfernt (vgl. Lescano 2015, S. 29ff.).

Karte 17 Ortschaft Mindo und Umgebung mit Höhenprofil. Eigene Erhebung 2018. Das Höhenprofil verdeutlicht die Lage der Siedlung zu den Ausläufern des Vulkans sowie innerhalb einer Talsohle. Die weitere räumliche Ausdehnung der Ortschaft, die in Richtung Süd-Ost voranschreitet, bewegt sich entlang einer Senke des Flusses Rio Mindo. Noch wenig erschlossen ist das Tal Richtung Nord-West, allerdings stehen in diesem Bereich zahlreiche Grundstücke zum Verkauf.

91

Stand: 2010.

102

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Klima Das Klima in Mindo ist das gesamte Jahr hindurch feuchtwarm mit einer Temperatur im langjährigen Mittel von 19,3° Grad Celsius und 2.500°mm Niederschlag. Die Konstanz der Temperatur im Jahresverlauf in Äquatornähe ist kennzeichnend für das Klima. Es existieren keine wahrnehmbaren Jahreszeiten, auch wenn in den Monaten Dezember bis Mai die Niederschlagsmengen beträchtlich steigen und im März bis über 4.000°mm erreichen (vgl. Schultz 2008, S. 276ff.). Das Klima ist frühlingshaft mit einer Isothermie92 von etwa 25° Grad Celsius. Die durchschnittliche Luftfeuchtigkeit liegt zwischen 91 und 94 Prozent. Dadurch ist auch ein ständig hoher Bewölkungsgrad mit einem hohen Wasserdampfgehalt gegeben. Aufgrund der Nähe zum Äquator ist die Sonnenscheindauer das gesamte Jahr über nahezu gleichbleibend und bewegt sich bei circa sechs Sonnenstunden täglich. Nach der Klimaklassifikation nach Köppen und Geiger wird die Region von Mindo der Klimazone tropische Regenklimate und dem Klimatyp feuchtheiße Urwaldklimate (Af) zugeordnet. Demnach liegt die Temperatur im Monatsmittel des kältesten Monats nicht unter 18° Grad Celsius und die Niederschlagssumme des niederschlagsärmsten Monats ist größer als sechs Zentimeter (vgl. Michael und Munt 2012, S. 229; vgl. Gebhardt 2011, S. 226ff.). Die meisten Regenfälle in Mindo fallen ab nachmittags, vor allem in den niederschlagsreichen Monaten auch bis in die Nacht hinein. Der Vormittag ist in aller Regel sonnig und klar.

Abbildung 32 Klimadiagramm Mindo. Daten basieren auf langjährigen Mittelwerten (1982 bis 2012). Eigene Darstellung nach Klima.org; Climate-Data.org (2020a).

Natur – Flora und Fauna Naturschutzgebiet Mindo-Nambillo Der Ort Mindo liegt in einer Talsenke auf etwa 1.200 m über NN. Das Relief um die Ortschaft zeigt deutlich höhere Höhenstufen und steigt insbesondere Richtung Quito im Osten stark an (vgl. Karte 17). Dort ist der Vulkan Guagua Pichincha. Das seit Ende der 1980er Jahre bestehende Naturschutzgebiet liegt zwischen den Gemeinden Mindo und Nono/Lloa auf Höhen zwischen 1.220°m und 4.593°m. Das Gebiet zeichnet sich durch ein einzigartiges Ökosystem mit einer diversen Tier- und Pflanzenwelt aus. Die Biodiversität wird national als schützenswert eingestuft. Es wird geschätzt, dass in diesem Schutzgebiet zwischen 10.000 und 12.000 Pflanzenarten zu finden sind, wovon etwa ein Viertel endemisch ist. Aufgrund der Lage zwischen den westlichen Anden und der Region Chocó besteht eine hohe Dichte an Vogelarten. Bis zum Jahr 2015 wurden 92

unveränderlichen jährlichen maximalen Temperaturen. 103

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

526 Vogelarten registriert. Aber auch 324 Säugetierarten, darunter der Brillenbär oder der erst 2014 entdeckte Maki-Bär Olinguito (Bassaricyon neblina) sind neben zahlreichen Amphibien- und Insektenarten anzutreffen (vgl. Lescano 2015, S. 60ff.). Naturrisiken Die erheblichen Niederschlagsmengen, die Nähe zum aktiven Vulkan Guagua Pichincha und die nicht regulierten Flüsse und Wildbäche führen zu einem relativ hohen Risiko, ausgehend von Naturereignissen. Insbesondere Hangrutschungen, verursacht durch konstante Regenfälle und dadurch aufgeweichte Böden, führen regelmäßig zu starken Einschränkungen des ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) sowie des privaten Personenverkehrs. Zugangsstraßen sind mitunter für Stunden bis Tage nicht passierbar, häufig kommt es auch zu Verkehrsunfällen mit Todesfolge. Die mit den schweren Regenfällen in Zusammenhang stehenden Übertritte der Flüsse, führen ebenfalls zu Verkehrsbeeinträchtigungen, Zugangsschwierigkeiten zum Ort sowie großen Schäden an der (Verkehrs-) Infrastruktur. Vorrangig betroffene Gebiete

Beschreibung

Süd-Ost

Naturschutzgebiet Mindo-Nambillo/Fluss Mindo

40 % des Naturschutzgebiets befinden sich in der höchsten Risiko-Zone (pyroklastische Ströme und Lava). Der Fluss Mindo hingegen würde im Falle eines Vulkanausbruchs zum Transportweg für Schlammströme werden. Das Dorf Mindo selbst befindet sich in einer Zone von geringerem Risiko. Nur im Falle einer sehr starken Eruption käme es zu Laharen, die bis in das Dorf reichen könnten.

Ascheregen

Ost

Infrastruktur/Naturschutzgebiet Mindo-Nambillo/bewohnter Bereich

70 % der Gemeinde unterliegen einem hohen Risiko, im Falle eines Vulkanausbruchs von Ascheregen betroffen zu sein.

Überschwemmungen

Flüsse Cinto, Mindo und Nambillo

Einflussbereiche der Flüsse

Insbesondere in den Einflussbereichen der nicht regulierten Flüsse und bei geringer Bodendurchlässigkeit

Erdrutschungen

Entlang des Flusses Mindo

(Touristische) Infrastruktur/bewohnter Bereich der Gemeinde/Straßen

Entlang des Flusses Mindo besteht ein sehr hohes Risiko für Erd-/Hangrutschungen aufgrund der Bodenbeschaffenheit, der Vegetationsstruktur und des feuchten Klimas.

Erosion

Ost

Naturschutzgebiet Mindo-Nambillo

Etwa 70 % der Gemeinde werden von Erosionsprozessen beeinflusst, die aufgrund von Bodenbeschaffenheiten und Hanglagen bestehen.

Entwaldung

Naturschutzgebiet MindoNambillo

Naturschutzgebiet Mindo-Nambillo

Zu Beginn der 2000er (2000 – 2008) wies die Gemeinde eine Entwaldung von 1.450 ha auf.

Naturrisiko

Vulkan Guagua Pichincha

Verortung zu Mindo

Tabelle 19 Naturrisiken in Mindo. Eigene Darstellung nach Lescano (2015, S. 42).

104

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Karte 18 Geographische Risiken in der Parroquia Mindo. Eigener Entwurf nach Lescano (2015, S. 70 – 73). Anthropogen induzierte Gefahren für die Natur Verschiedene (land-) wirtschaftliche Aktivitäten, wie Tierzucht, Fischerei, Einsatz von Düngemitteln sowie Pestiziden beeinflussen die natürlichen Ökosysteme. Weitere infrastrukturell bedingte Einflussfaktoren, wie mangelnder Anschluss an das (Ab-)Wassernetz, fehlende Müllverwertungsanlagen sowie Unachtsamkeit, können zu gravierenden ökologischen Problemen führen. Eine große Zahl an Anwohnern und Besuchern/Touristen hat ebenfalls einen nachteiligen Effekt auf die Umwelt. In Mindo wurden insbesondere die im Folgenden kurz aufgeführten anthropogen induzierten Gefahren für die Natur identifiziert: Wasser-/Luft- und Bodenverschmutzung Das hydrologische System der Gemeinde Mindo ist durch zahlreiche Flüsse geprägt. Lescano 2015, S. 63.ff.) unterscheidet die fünf verschiedenen Flüsse Mindos nach der Art der Verschmutzung und dem Grund dafür:

105

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Fluss

Verschmutzung

Grund der Verschmutzung

Canchupi

Fäkalbakterien organisches Material

beschädigte Abwassertanks direkte Einleitung von Abwässern der Bewohner

Chalguayacu

Abwasser

Abwasser der Bewohner

Cinto

Müll chemische Rückstände Trübung

Viehwirtschaft Tourismus Bodenerosion

Mindo

Müll chemische Rückstände Trübung

Viehwirtschaft Tourismus Bodenerosion beschädigte Abwassertanks direkte Einleitung von Abwässern der Bewohner

Nambillo

Müll chemische Rückstände Trübung

Viehwirtschaft Tourismus Bodenerosion

Tabelle 20 Verschmutzung in den Flüssen Mindos. Eigene Darstellung nach Lescano (2015, S. 64). Die Bodenverschmutzung wird insbesondere durch die Bewohner des Siedlungsgebiets selbst und deren Abwässer induziert. Aber auch die betriebene Viehwirtschaft, vor allem die Geflügelzucht und Milchwirtschaft, führen zu Boden- und Luftverschmutzung. Entwaldung und landwirtschaftliche Nutzung Neben der erwähnten Verschmutzung führt die Landwirtschaft zudem zu vermehrter Rodung für Weideflächen. Gleiche Folgen hat das unkontrollierte Wachstum touristischer Infrastruktur und von Siedlungsflächen. Die Entwaldung hat gravierende Auswirkungen auf Flora und Fauna dieses höchst biodiversen Gebiets. Zahlreiche Arten sind endemisch, d. h. sie kommen nur in und um Mindo vor, die Gefahr der Ausrottung durch die Zerstörung des Lebensraums besteht. Das Risiko für Bodenerosion steigt durch den mangelnden Schutz der ursprünglichen Vegetationsdecke. Durch außer Kontrolle geratene, gezielte Brandrodungen kann es zu einem Verlust großer Waldflächen kommen. Handel mit Wildtieren/-pflanzen Wie bereits erwähnt, ist Mindo ein Gebiet mit einer außerordentlich hohen Biodiversität. Die zunehmende Zahl an Besuchern aus dem In- und Ausland führte in den letzten Jahren verstärkt zu einem Handel mit den exotischen Tier- und Pflanzenarten beziehungsweise zu einer direkten Entnahme/Mitnahme der Arten aus der Natur (vgl. Interview Sandy Patiño). Erz-/Goldabbau Die größte und auch in jüngster Zeit akut gewordene Bedrohung ist der Abbau von Bodenschätzen im Gebiet von Los Bancos und Mindo. Dadurch wird die Natur stark gefährdet. Die Regierung hat im Dezember 2017 Konzessionen für den Abbau von Bodenschätzen an kanadische und australische Minengesellschaften veräußert. Es handelt sich um ein Gebiet von etwa 14.000 Hektar. Ob es tatsächlich zu einem Abbau der Erze und des Goldes kommen wird, ist derzeit noch unklar, da es zu schweren Protesten auch innerhalb der Regierungsorgane kam, die dies verhindern wollen. Zudem ist die Region um Mindo auch zum UNESCO Biosphärenreservat erklärt worden. Dieser Status würde durch den Abbau von Bodenschätzen aberkannt werden und zweifelsohne zur Beeinträchtigung beziehungsweise Zerstörung der Natur führen (vgl. Interview Pedro Peñafiel und Victor Garzón).

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Abbildung 33 Protestgemälde gegen den Goldabbau an einer Hauswand in Mindo: Ohne Gold lebt man, ohne Wasser stirbt man („sin oro se vive, sin agua se muere“). Eigene Aufnahme 2018.

Abbildung 34 Protestbanner an einem Zaun in Mindo. Für ein Ecuador ohne Minen. Mindo – San Miguel de los Bancos Megadivers. Eigene Aufnahme 2018.

Siedlungsgenese in Wechselwirkung mit Migration und Naturraum Bereits in der Zeit der Yumbos (Ureinwohner) ist der Bereich in und um Mindo besiedelt worden (2000 v. Chr.). Noch heute werden Zeugnisse der Kultur an einigen Stellen in Mindo von Privatpersonen entdeckt (z. B. auf dem Grundstück des Beherbergungsbetriebs Las Luciernagas). Zunächst besiedelte der Stamm der Yumbos das Gebiet des Nordoccidentes. Er bildete somit die Verbindung zwischen der Hochland- und der Tieflandbevölkerung. Weder die Inka noch die spanische Conquista drangen zunächst in das subtropische Gebiet ein, betrieben jedoch Handel mit den Yumbos, die sie mit Waren von der Küste, wie Fisch, Salz und Yuca, versorgten. Ab etwa 1560 erreichten geflohene Sklaven von der Küste (Provinz Esmeraldas) die Region. Sie attackierten, töteten und versklavten die Yumbos, die sie für den Anbau von Baumwolle, Yuca und Kochbananen vor allem an der Küste einsetzten (vgl. Espinel Cueva 2018, S. 1). Ab 1580 begann die Indoktrinierung der Yumbos durch Personen aus Quito. 1582 lebten in Mindo 1.645 Yumbos, wovon rund 470 Steuern (Tribute) zahlen mussten. Um das Jahr 1600 wurde eine Mission in Mindo durch die Quiteños neu gegründet. Eine große Zahl Mestizen erreichte Mindo, und Zuckerrohr wurde angebaut. Die Yumbos versuchten, sich mehr in die Wälder und umliegenden Berge zurückzuziehen, um den verschiedenen Eindringlingen auszuweichen. Aber nicht nur diese Faktoren hatten fatale Auswirkungen auf die Population der Yumbos, sondern auch die, wiederholt im Laufe der Siedlungsgeschichte auftretenden heftigen Ausbrüchen des Vulkans Pichincha. Die Eruption im Jahr 1660 führte dazu, dass die Zuckerrohrplantagen und die Produktion von Panela (nicht raffinierter Zucker) zum Erliegen kamen. Durch diese Tatsache und die Tributforderungen (annähernd die gesamte Produktion) der Real Audienzia aus Quito wurde die Bildung erster Latifundien begünstigt. Die Zahl der Yumbos hat sich im Laufe der Jahre stark reduziert (1780: 940 Yumbos) bis sie schließlich durch Krankheiten (Pocken) und die Vermischung mit anderen Stämmen, vorrangig des Amazonastieflands, nicht mehr als eigener Stamm existierten (vgl. Espinel Cueva 2018, S. 1f.). Ab dem 19. Jh. prägten Zuckerrohrfelder und Zuckermühlen der Latifundien das Bild der Region. Etwa zeitgleich setzte eine Besiedlungswelle mit Siedlern aus Esmeraldas (ehemalige Sklaven), der Provinz Carchi an der kolumbianischen Grenze und Kolumbien ein. Die Gemeinde wurde am 20. Mai 1861 unter Ecuadors Präsidenten Gabriel Garcia Moreno gegründet. Damit ist sie eine der ältesten Gemeinden des sog. Noroccidente von Pichincha (vgl. Interview Familie Garzón; Lescano 2015, S. 26ff.). Ende des 19. Jh. kam die Familie Garzón nach Mindo, eine der bis heute einflussreichsten Familien. 1905 kaufte Cesar P. Garzón seine erste Hacienda (Hacienda San Vicente/Casa Amarilla) in Mindo, die er um weitere Haciendas erweiterte, um die die Bauernhäuser der Arbeiter lagen. Bis

107

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

zum Attentat auf Präsident Eloy Alfaro 1912 versuchte er vergebens mit seinem Schwager, einem angesehenen General, den Präsidenten dazu zu bewegen, eine Straße von Quito nach Mindo bauen zu lassen (vgl. Ayala Mora 2018, S. 96). Die Hacienda San Vicente war über die Jahre hinweg wichtiger Anlaufpunkt in Mindo, da dort die ersten Messen gehalten wurden und einfache medizinische Versorgung der Bevölkerung des Umlandes gewährleistet wurde (vgl. Interview Patricio Espinel Cueva). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, im Jahr 1927, siedelte sich eine kleine Kolonie namens Ayora von etwa 20 Familien mit rund 80 Personen aus Zentraleuropa, insbesondere aus Österreich, Deutschland, Polen und Tschechien zwischen dem heutigen Mindo und Los Bancos an. Der Name der Kolonie geht auf den Präsidenten Isidro Ayora zurück, der den Europäern Asyl und Grundstücke im Noroccidente zur Verfügung stellte. Isidro Ayora absolvierte in Deutschland ab 1909 ein vierjähriges Aufbaustudium der Medizin. Während dieser Zeit lernte er die besagten Personen kennen und half ihnen nach dem Ersten Weltkrieg nach Ecuador auszuwandern. Hier siedelten sie sich in einfachen Holzhäusern, wie sie für das ländliche Europa, üblich waren, an (vgl. Interview Patricio Espinel Cueva). Mit dem erzwungenen Abdanken des Präsidenten wurden die getroffenen Vereinbarungen mit der Kolonie Ayora nicht eingehalten (Bau einer Straße, Ausstellung von Grundbesitzurkunden). Die humiden Klimaverhältnisse führten dazu, dass die Bewohner der Kolonie ihre produzierten Waren (vor allem Milch und Käse) nicht zu den Absatzmärkten befördern konnten. Somit verließen die meisten der Familien 1936 die Region und zum Teil sogar Ecuador wieder. Jedoch entstammen einige der einflussreichsten Familien des heutigen Ecuadors dieser Kolonie, wie beispielsweise Carlos Juris (Wurstwaren), Familie Kiwi (Baumarktkette) und Moisés Katz (Optiker Katz) (vgl. Interview Patricio Espinel Cueva). 1956 spendete die Familie Garzón, die bis heute auf der Hacienda San Vicente im Zentrum von Mindo wohnt, 64 Grundstücke á 1.000 m² – jeweils ein Grundstück pro Anwohner/Arbeiter der Hacienda (vgl. Interview Familie Garzón). Ab den 1960er Jahren gab es eine große Migrationsbewegung aus dem Süden Ecuadors (Loja) nach Mindo. Die Region um Loja erlebte zu dieser Zeit eine starke Dürre und eine damit einhergehende Hungersnot, die zu einer Flucht der dortigen Landbevölkerung führte (vgl. Interview Familie Garzón; Lescano 2015, S. 26ff.). Die Bevölkerung lebte von der Produktion und dem Absatz von verschiedenen landwirtschaftlichen Produkten. Zunächst (Beginn des 19. Jh.) wurde vorrangig Zuckerrohr angebaut, später wurden auch Kautschuk (Mitte 19. Jh. bis Beginn 20. Jh.), Baumharz (als Räucherwerk), Maniokstärke, Baumwolle, Chilischoten und Salz gewonnen. Mit dem Bau der ersten Straße, die an Mindo entlangführte, auf der Via Calacali nach La Independencia (1963/64) wurden verstärkt Tropenhölzer geschlagen und die Viehwirtschaft ausgebaut (vgl. Interview Familie Garzón Lescano 2015, S. 26ff.). Der Eingriff in die Natur hatte zur Folge, dass Familie Garzón zusammen mit Pedro Peñafiel in den 1980er Jahren die Gruppe ‚Amigos de la Naturaleza‘ (Freunde der Natur) ins Leben rief. Diese Gruppe setzte sich für die Umsetzung der Schutzdeklaration des Mindo Nambillo Waldes 1988 ein. Sie existiert bis heute, jedoch weniger aktiv als noch in den 1980er und 1990er Jahren. Der Kanton San Miguel de los Bancos wurde 1971 in eine Gemeinde umgewandelt. Rund 20 Jahre danach, unter der Präsidentschaft von Dr. Rodrigo Borja Cevallos, wurde San Miguel des los Bancos wieder als Kanton klassifiziert (Gobierno Autònomo Descentralizado Municipal del Cantòn San Miguel de los Bancos 2015). 1980 wurde auch eine Straße von der Verbindung Via Calacali nach La Independencia hinab zur Ortschaft Mindo gebaut. Die Straße war zu dieser Zeit noch nicht geteert und verläuft (bis heute) in Serpentinen 7 Kilometer vom sog. Y de Mindo bis in das Zentrum des Ortes. Zu einer Befestigung des Straßenabschnitts kam es erst Mitte der 1990er Jahre. Mindo wird hauptsächlich über diese Zufahrt angefahren, da es die einzige ausgebaute Strecke ist, die in den Ort führt (vgl. Interview Familie Garzón). Ab 1992 wurde das Dorf an das Stromnetz angeschlossen. 1999 brach der Vulkan Guagua Pichincha aus. Viele Anwohner Mindos verließen fluchtartig den Ort und die angrenzenden Regionen und verkauften ihre Grundstücke zu sehr günstigen Preisen. Somit kam es zu einer ‚Neubesiedlung durch Fremde‘ (vgl. Interview Patricio Espinel Cueva). 2016 wurde die Straße im Zentrum von Mindo befestigt und die nun geschaffenen Gehsteige teils mit einer Überdachung ausgestattet, um den Fußgängern Schutz vor dem regenreichen Klima zu bieten. 108

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Der Ort Mindo wird in 16 Ortsteile untergliedert. Von den 274 km² Gemeindefläche sind etwa 171 km² als Grundstücke ausgewiesen. Der Ortsteil mit der größten Fläche an Grundstücken ist Ecuador im Nordwesten des Ortes. Der Ortsteil mit den meisten Grundstücken ist La Campiña mit 204 Grundstücken auf einer Fläche von 6,6 km². Er ist der Ortsteil, in dem der Großteil der Bevölkerung Mindos lebt. Es wird deutlich, dass die Grundstücke mit zunehmender Nähe zum Ortskern kleiner werden. Innerhalb des Ortskerns haben vor allem die beiden Viertel El Progreso und Campiña eine hohe Zahl an Grundstücksflächen. Letztgenanntes weist eine nahezu ausschließliche Wohnbebauung auf. El Progreso hat vorrangig eine Wohnbebauung mit einigen Beherbergungsbetrieben. Die Viertel Ecuador, Mindo Alto und Saguambi haben insgesamt die wenigsten, und damit auch vermehrt große Grundstücke. Es ist davon auszugehen, dass diese Areale im Laufe der Zeit ebenfalls geteilt und (für Bebauung) verkauft werden. Ein weiteres Wachstum entlang der nordwestlichsüdöstlichen Entwicklungsachse ist wahrscheinlich. Ebenfalls ist von einer ähnlichen Entwicklung Richtung Westen nach Cinto auszugehen. Auch hier liegen vornehmlich große Grundstücke, die eine Teilung für den Verkauf zuließen (Gobierno Autònomo Descentralizado Municipal del Cantòn San Miguel de los Bancos 2015).

Karte 19 Ortsteilkarte Mindo mit Grundstücksparametern. Eigener Entwurf nach Gobierno Autònomo Descentralizado Municipal del Cantòn San Miguel de los Bancos (2015, S. 116).

109

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Ortsteil

Zahl der Grundstücke

Größe der Grundstücke insgesamt in ha

Ortsteil

Zahl der Grundstücke

Größe der Grundstücke insgesamt in ha

Central

23

1.35

Los Arrayanes

28

6.42

Los Ceibos

54

4.44

Los Guayabales

55

18.15

Deltas de la Tranquilidad

62

9.20

Mindo Alto

7

6.24

Ecuador

18

26.16

San Vicente I

53

22.05

El Progreso

105

5.18

San Vicente II

44

15.31

13

19.64

El Triunfo

40

3.70

Sector Saguambi

La Campiña

204

6.66

Virgin del Cisne

34

1.12

La Maga

74

21.44

Las Bugambillas

46

4.53

TOTAL

860

171.585

Tabelle 21 Ortsteile Mindos mit Grundstücksparametern (Gobierno Autònomo Descentralizado Municipal del Cantòn San Miguel de los Bancos 2015, S. 217ff.).

Karte 20 Lage des neuen Ortsteils Yagüira. Eigener Entwurf nach Hacienda Yagüira Casa Club (2018).

110

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Etwa im Jahr 2016 wurde das Siedlungsgebiet um die Gated Community Hacienda Yagüira Casa Club ergänzt. In diesem neu gegründeten Ortsteil, der auf der Fläche einer ehemaligen Rinderfarm entsteht, herrscht rege Bautätigkeit und es werden nach wie vor Grundstücke ab einer Größe von 1.000°m² für 24 US$/m² (Stand Juli 2020) verkauft. Es soll durchweg eine zweigeschossige, an die Natur angepasste (Wohn-) Bebauung entstehen. Darüber hinaus ist der Entwickler positiv zur Errichtung etwaiger Hotels oder Forschungseinrichtungen eingestellt (Hacienda Yagüira Casa Club 2018). Geplant ist weiterhin der Bau einer gepflasterten Straße mit Gehwegen und Wasserabläufen. Bislang bestehen lediglich unbefestigte Erschließungsstraßen. Das Gebiet wurde in fünf Bauabschnitte unterteilt: 1. Pomarosa, 2. Ceibos, 3. Matapalo, 4. Madroño, 5. Palmas. Die Zufahrt auf das Gelände der Hacienda Yagüira ist über eine 2018 fertiggestellte Brücke möglich. Laut Anwohnern ist die Brücke zu Hochwasserzeiten nur eingeschränkt befahrbar. Auf den ersten veräußerten Grundstücken wurde die Bebauung bereits abgeschlossen. Augenscheinlich handelt es sich um qualitativ hochwertige, relativ großflächige Wohnbebauungen (Hacienda Yagüira Casa Club 2018). Das Gebiet befindet sich im Privatbesitz, die Gemeinde beteiligt sich nicht an Planung und Entwicklung des Areals (Hacienda Yagüira Casa Club 2018).

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2

3

Abbildung 35 Siedlung Hacienda Yagüira. 1. Zufahrt. 2. Durchgangs-/Erschließungsstraße. 3. Erste Wohnbebauung. Eigene Aufnahmen 2018. In Karte 21 werden neben touristischen Dienstleistungen und Gastronomie auch Beherbergungsbetriebe nach Kategorien und alle nicht mit dem Tourismus verbundenen Nutzungsarten, wie Wohnen, öffentliche Nutzung, allgemeine Dienstleistungen und Einzelhandel im Zentrum von Mindo abgebildet. Es ist, abgesehen vom Tourismussektor und der Gastronomie, eine relativ ausgewogene Nutzungsmischung feststellbar. Es wird eine Konzentration an touristischen und gastronomischen Einrichtungen deutlich. Seit 2017 ist eine Abnahme der Geschäfte zur Deckung des täglichen Bedarfs und eine Zunahme der Gastronomiebetriebe und Souvenirläden bemerkbar.

111

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Karte 21 Gebäudenutzung im Zentrum von Mindo. Eigene Erhebung 2018.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Neben zahlreichen Wohngebäuden ist auch der Einzelhandel v. a. entlang der Einfallstraße vertreten. Im mittleren Ortsbereich befindet sich der Zentralpark, der 2018 instandgesetzt wurde (Pflege bestehender Pflanzen, neue Bepflanzung, Bau eines Trinkwasserbrunnens, Erneuerung der Wege). Große Bäume spenden Schatten, zahlreiche Bänke geben die Gelegenheit, sich länger dort aufzuhalten, ein Trinkbrunnen am südlichen Ende bietet Einheimischen wie Touristen die Möglichkeit ihre Trinkwasserflaschen nachzufüllen. Östlich des zentral gelegenen Parks ist ein öffentlicher, eingezäunter Spielplatz. Gegenüber des Parks ist eine Grundschule, westlich davon die katholische Kirche.

Abbildung 36 Schematischer Gebäudeaufriss der Geschossnutzung der Hauptstraße (Avenida Quito). Eigener Entwurf 2018. Es ist auffällig, dass sich die Busstation des Ortes am Ende der Hauptstraße, die im Abschnitt zwischen Calle Sucre und Calle Vicente Aguirre eine Einbahnstraße ist, befindet. Aufgrund der Streckenführung müssen die Busse, die mehrmals tägliche Abfahrtszeiten haben, durch das gesamte Dorf hindurchfahren. Der einzige öffentliche, bewachte Parkplatz befindet sich ebenfalls in der Nähe des Busterminals am Ende der Hauptstraße. Demnach wird der gesamte ÖPNV und Individualverkehr durch den Ort hindurchgeleitet. Dies birgt neben einer Zunahme des Verkehrs auch 113

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

einen Anstieg von Lärm- und Abgasemissionen. Der Bereich rund um den Busterminal ist bislang nur ansatzweise entwickelt und es finden sich noch zahlreiche Brachflächen. Im schematischen Gebäudeaufriss inklusive der Geschossnutzung entlang der Hauptstraße in Mindo (Abbildung 36), zeigt sich, dass sich die Höhe der Gebäude auf maximal drei Stockwerke beschränkt, wobei der überwiegende Teil sogar nur zwei aufweist. Im Erdgeschoss ist zumeist eine gewerbliche Nutzung festzustellen, während im oberen Teil des Gebäudes gewohnt wird. Die Gebäude entlang der Hauptstraße bestehen im Erdgeschoß überwiegend aus Beton und im ersten Obergeschoß aus Holz. Seit 2016 besteht in Mindo entlang der Hauptstraße eine beidseitige Überdachung, die den Bewohnern und Touristen im niederschlagsreichen und von starker Sonneneinstrahlung geprägten Klima einen von der Wetterlage unabhängigen Gang entlang der Ladenzeile ermöglichen sollte. Es handelt sich um keine gelungene Planung und Ausführung, da unter dem Dach bereits zwei Personen nicht ausreichend Platz finden, um nebeneinander her gehen zu können. Ebenfalls 2018 wurde die Hauptstraße bis zur Busstation gepflastert. Die Seitenstraßen sind größtenteils unbefestigt, daher bilden sich bei den großen Niederschlagsmengen Schlamm und Schlaglöcher.

Abbildung 37 Straßenzüge in Mindo. Im Uhrzeigersinn: Überdachung entlang der Hauptstraße; Seitenstraße im Ortsteil El Progreso; Straßenzug Richtung Ortsteil Saguambi. Eigene Aufnahmen 2019. Diese unbefestigten Straßen sind während der trockenen Perioden sehr staubig. Um den Staub in den Häusern und Geschäften zu vermeiden bzw. zu lindern, wird an vielen Straßenabschnitten innerhalb des Ortes Leitungswasser mit Sprinkleranlagen aufgetragen. Dies führt zu einer Verschwendung sauberen Wassers bei zugleich zeitlich begrenzter Wirkung. Im Bereich der Hauptstraße findet der Hauptteil des öffentlichen und touristischen Lebens statt. Wochentags ist dieser Bereich verhältnismäßig ruhig, nur einige ausländische Touristen flanieren vereinzelt entlang der Straße. Am Wochenende füllt sich der öffentliche Bereich mit Anwohnern sowie Touristen aus dem In- und Ausland. Einige Lokalitäten, wie beispielsweise die Restaurants im ehemaligen Marktbereich an der Ecke Calle Sucre und Duran, öffnen lediglich an gut besuchten Wochenenden und an nationalen Feiertagen. 114

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

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Abbildung 38 Ländlich geprägter Dorfkern: 1. Ladenzeile am Ortseingang, 2. Souvenirladen, 3. Katholische Kirche, 4. einfache Wohnhäuser, 5. Zentraler Supermarkt, 6. Wohnviertel vermischt mit Beherbergungsbetrieben im Ortsteil Cisne, 7. Zentraler Park, 8. Reisebüro am Ortseingang, 9. Typische, schnell wechselnde Gebäudenutzung – derzeit Leerstand, 10. Dorfstraße, abseits der Hauptverkehrsachse. Eigene Aufnahmen 2019.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Abbildung 38 spiegelt den Charakter des Ortes wider. Sichtbar sind die verhältnismäßig leeren Straßen, die die ruhige Atmosphäre Mindos zeigen. Die Geschäfte sind klein und typisch für ein ecuadorianisches Dorf. Ebenfalls kennzeichnend für kleine Orte des Landes sind die zentralliegende katholische Kirche, ein zentraler Park und ein kleiner Supermarkt im Stil eines ‚TanteEmma-Ladens‘. Innerhalb des Ortskerns befinden sich einige bereits länger existierende Brachflächen, die insbesondere entlang der Hauptstraße und am zentralen Park ein ungepflegtes Bild des Dorfes vermitteln. Diese Flächen werden in aller Regel nicht instandgehalten und sind zum Teil stark überwuchert. In Mindo gibt es zahlreiche, insbesondere durch die heimische Bevölkerung genutzte Sportstätten. Ein großer Stadionkomplex wird vorrangig für Fußballspiele genutzt. Zudem gibt es eine Sporthalle mit Kunstrasen, die stundenweise für 2 US$ pro Person gebucht werden kann. Obwohl diese Stätte in Mindo besteht, von Mindeños gebaut wurde und von Mindeños genutzt wird, verlangt San Miguel de Los Bancos diesen Mietpreis. Es ist ein konstantes Ärgernis in der Bevölkerung und viele nutzen die Halle aus Kostengründen nicht. Die in Mindo ansässige GAD Parroquial93 konnte nicht erklären, warum dieser Mietpreis erhoben wird. 2019 wurde eine neue Sportstätte – ein Damen-Ecuavolley-Feld fertiggestellt. Die GAD Parroquial besteht auf der Ausweisung dieser Fläche, obwohl bereits zwei überdimensionierte Sportstätten vorhanden sind.

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4

Abbildung 39 Sport-und Freizeitstätten Mindos: 1. Baustelle Ecuavolley Feld, 2. Sporthalle mit künstlichem Rasen, 3. Fußballstadion. 4. Spielplatz. Eigene Aufnahmen 2019. Innerhalb des Ortes gibt es einen bestehenden öffentlichen Spielplatz und einen Spielplatz zwischen dem Hostal Cinnamon und dem Hotel El Descanso im Bau. Während der Aufenthalte vor Ort 93

Gobiernos Autónomos Descentralizados (dezentralisierte autonome Regierungen) auf Gemeindeebene.

116

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

wurde der bestehende Spielplatz nur sehr wenig besucht. Problematisch ist wohl die Zweckentfremdung während der Nacht, in der Paare über den Zaun steigen und sich in die Holzhütten zurückziehen. Der neu entstehende Spielplatz liegt etwas abgelegen am Ende einer Sackgasse, an den Vogel- und Orchideengarten des Hotels El Descanso anschließend. Der Hotelbesitzer sieht das sehr skeptisch, da er befürchtet, dass seltene Vögel aufgrund des von den Kindern ausgehenden Lärms, abwandern. Andere Bewohner dieses Ortsteiles äußerten Bedenken, dass auch hier eine neue Liebesstätte für Paare des Dorfs entsteht oder dort – ohne Einsehbarkeit von außen – Drogen und Alkohol konsumiert werden. Im Ortsteil La Magdalena befindet sich der Gemeindegarten mit angeschlossenen Gewächshäusern. In diesem werden verschiedene Gemüse für die Gemeinschaft vorrangig durch Freiwillige angebaut. Diese werden im Ort günstig veräußert. Es war geplant auf einer Brachfläche neben dem Hotel La Bicock einen weiteren Nutz- und Schulgarten mit angeschlossener Hühnerzucht anzulegen. Allerdings wurde durch den Besitzer des Hotels vehement Protest eingelegt, der die Realisierung des Baus vereitelte. Die Verhinderung der Ausweitung des Gemeinschaftsgartens hat sicherlich, neben der genannten Lärmbelästigung durch Hühner und Schülergruppen sowie der Geruchsbelästigung, vermutlich den Grund, dass der Besitzer des Hotels darauf spekuliert, diese Fläche später zur Erweiterung seines Hotels zu erstehen. Problematisch vor Ort ist die Vielzahl an Straßenhunden. Die Zahl wächst permanent durch ungehindertes natürliches Wachstum der Population und durch ausgesetzte Hunde aus der Hauptstadt. Gesundheitliche Aspekte, wie die in Ecuador nach wie vor existierende und auf den Menschen übertragbare Tollwut sowie andere Krankheiten, die durch direkten Kontakt mit den Tieren oder deren Ausscheidungen übertragen werden können, sind äußerst risikoträchtig. Teilweise kommt es zudem zur Belästigung von Personen, da die Tiere nach Futter betteln. Die Hunde sind zwar überwiegend friedlich, beeinflussen jedoch durch ihren Jagdtrieb die heimische Fauna. Die Müllentsorgung ist als weiterer Problemfaktor zu nennen. Zwar beherrscht die Bevölkerung von Mindo, wie kein anderes Dorf in Ecuador, den Müll zu trennen, da auf eine Initiative Pedro Peñafiels das gesamte Dorf geschult wurde. Allerdings endet die Mülltrennung bei der Müllabfuhr. Der getrennte Müll – auch der Müll der öffentlichen Plätze wird entsprechend getrennt – landet wieder vermischt auf der Mülldeponie in San Miguel de los Bancos. Ende der 1990er Jahre und zu Beginn der 2000er wurde dort der Müll noch getrennt, dies wird aber aufgrund der vergleichsweisen geringen Müllmenge und des zu aufwendigen Trennungsverfahrens seither nicht mehr fortgeführt. Sozialstruktur 2010 hatte Mindo 3.842 Einwohner. Somit stieg die Bevölkerung in nur neun Jahren um rund 58 % an. Das relativ junge Durchschnittsalter in der Provinz liegt bei 27 Jahren. Wie auch in der Alterspyramide deutlich wird, handelt es sich um eine generell eher junge Bevölkerung. Insbesondere die Alterskohorte zwischen fünf und 19 Jahre ist stark ausgeprägt. Der Großteil der Bevölkerung ist jünger als 55 Jahre (INEC 2010d). Betrachtet man die Bevölkerungspyramide für ganz Ecuador ergibt sich ein ähnlicher Aufbau. Deutlich ist das nur für Entwicklungsländer typische Bild einer klassischen Pyramide mit breiter Basis und einer sich nach oben verjüngenden Spitze. Dies ist auf eine hohe Geburtenrate mit einer gleichbleibend über alle Altersstufen hinweg konstanten Sterberate zurückzuführen. Die absolute Mehrheit der Bewohner ordnet sich selbst als Mestize ein (etwa 80 %) (INEC 2010f).

117

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Abbildung 40 Bevölkerungspyramiden Ecuador und Mindo. Eigene Darstellung nach INEC Censo de Población y Vivienda 2001 y 2010 zit. n. Lescano (2015, S. 80 – 81). Die Bevölkerungsdichte in der Gemeinde Mindo betrug 2010 14 Einwohner pro Quadratkilometer. Seit 2001 stieg die Bevölkerungsdichte um 31 % (INEC 2010d). Die Bevölkerungsdichte ist im Vergleich zu Ecuador mit rund 60 Einwohner pro km² recht niedrig (The World Bank 2020).

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Karte 22 Soziostrukturelle Grunddaten und Einwohnerdichte zu den Kantonen der Provinz Pichincha. Eigener Entwurf nach INEC (2010). Die Analphabetenrate in der Gemeinde liegt bei 4,3 %. Somit ist sie bessergestellt als der Kanton San Miguel de los Bancos (7,2 %). Die durchschnittliche Dauer des Schulbesuchs liegt in der Gemeinde bei 9,8 Jahren. Im Kanton San Miguel de los Bancos ist diese mit durchschnittlich 8,4 Jahren niedriger (in der Provinz Pichincha bei den über 24-jährigen erwartungsgemäß mit 11,4 Jahren deutlich höher). Der Unterschied zwischen urbanen und ruralen Gebieten ist nicht sehr gravierend. So besuchen Personen aus den städtischen Gebieten durchschnittlich 11,9 Jahre und Personen aus den ländlichen Gebieten 10,1 Jahre eine Schule (INEC 2010a). In der Gemeinde Mindo gibt es sechs Grundschulen für insgesamt 1.057 Schüler (vgl. Lescano 2015, S. 91). Dies ist für eine Gemeinde mit 3.842 Einwohnern eine überdurchschnittliche Ausstattung, gleichwohl die Schulen auch zur Versorgung der umliegenden, deutlich kleineren Ortschaften dienen.

119

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Durchschnitt der Jahre des Schulbesuchs der über 24- jährigen

Teil der Bevölkerung über 12 Jahre ohne Sozialversicherung in %

Kantone der Provinz Pichincha

Einwohner

Altersdurchschnitt

Anzahl der Analphabeten in %

In Armut lebender Bevölkerungsanteil in %

Cayambe

85.795

26

11,1

66,9

7,9

64,8

Mejia

81.335

28

7,0

58,3

9,0

73,7

Pedro Moncayo

33.172

26

10,2

71,9

7,4

62,2

Pedro Vicente Maldonado

12.924

25

8,9

73,2

7,7

76,4

Puerto Quito

20.445

26

10,1

93,5

6,9

78,5

Quito

2.239.191

29

3,0

29,7

11,7

62,6

Parroquia Quito

1.619.146

keine Daten

keine Daten

25,6

keine Daten

keine Daten

Rumiñahui

85.852

30

2,9

31,6

12

62,4

San Miguel de los Bancos

17.573

26

7,2

75,8

8,4

80,1

Davon Mindo (Untersuchungsrelevante Parroquia)

3.842

keine Daten

4,3

69,9

9,8

84,6

Provinz Pichincha gesamt ohne Quito

337.096

keine Daten

keine Daten

46,7

keine Daten

keine Daten

Provinz Pichincha gesamt inkl. Quito

2.576.287

27

6,8

33,5

11,4

63,3

Tabelle 22 Soziostrukturelle Grunddaten zur Provinz Pichincha 2010. Eigene Darstellung (INEC Instituto Nacional de estadistica y censos 2010a, 2010b). Im interkantonalen Vergleich sind in San Miguel de los Bancos die meisten der über 12-jährigen ohne Sozialversicherung vorzufinden. Dies ist auf die hohe Zahl der informell oder im familiären Betrieb im touristischen Sektor Beschäftigten zurückzuführen. Der Bevölkerungsanteil der in Armut lebenden Personen in Ecuador insgesamt liegt bei rund 60 %. Die Provinz Pichincha ist im nationalen Vergleich mit ca. 34 % deutlich bessergestellt. Im Kanton San Miguel de los Bancos leben mehr als Dreiviertel der Bevölkerung (76 %) in Armut, in der Parroquia Mindo sind es 70 % (vgl. INEC 2010g). Die Sterblichkeitsrate in der Provinz Pichincha liegt 2018 mit 3,8 pro 1.000 EW leicht über dem Landesdurchschnitt von 3,7 pro 1.000 EW. Die Kindersterblichkeit ist deutlich höher in der Provinz Pichincha mit 12,8 pro 1.000 Lebendgeburten als im Landesdurchschnitt (10,1). Die Müttersterblichkeit (Zahl der Todesfälle auf 100.000 Lebendgeburten) liegt im Landesdurchschnitt (41,4) deutlich höher als in der Provinz Pichincha (24,9) (INEC 2019). Dies ist auf die im Gegensatz zum übrigen Land vergleichsweise gute medizinische Infrastruktur der Hauptstadt Quito zurückzuführen. Die medizinische Versorgung in Mindo ist äußerst gering. Es existieren lediglich ein kleines Gesundheitszentrum mit der einfachsten technischen und personellen Ausstattung, zwei Apotheken und ein Zahnarzt. Ecuador ist nach Haiti das Land mit der zweithöchsten Zahl an chronisch unterernährten Kindern in Lateinamerika. In Ecuador sind 2018 27,2 % der 490.000 Kinder unter zwei Jahren und 23 % der 1,3 Millionen Kinder unter fünf Jahren von Unterernährung betroffen (INEC und ESANUT 2019; Plan V 2019). In der Provinz Pichincha leiden im Jahr 2014 25,9 % der unter zweijährigen unter chronischer Mangelernährung (Malo et al. 2015).

120

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

9.2 Tourismuswirtschaftliche Struktur Betrachtet man die tourismuswirtschaftliche Struktur der Provinz Pichincha ist eine deutliche Differenzierung der Situation nach Kantonen erkennbar. Die Ausstattung mit Beherbergungsbetrieben ist im Kanton der Hauptstadt Quito am ausgeprägtesten. Auch ist die Zahl der maximalen Gästekapazität und der Beherbergungsbetriebe, Betten und Zimmer hier am höchsten. Im Kanton San Miguel de los Bancos, in dem auch der Untersuchungsort Mindo liegt, ist die touristische Ausstattung relativ gut. Es wurden 67 Beherbergungsbetriebe mit insgesamt 726 Zimmern und 1.782 Betten erfasst (2018) (MINTUR 2020d). Die Zahlen sind sicherlich mit Vorsicht zu betrachten, da bei der Erhebung für die Fallstudie im selben Jahr ausschließlich für Mindo 72 Beherbergungsbetriebe festgestellt wurden (s. Tabelle 26).

Karte 23 Touristische Strukturdaten in der Provinz Pichincha 2018. Eigener Entwurf nach MINTUR (2018b).

121

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Kantone der Provinz Pichincha

Registrierte Unterkünfte

Zahl der Zimmer

Bettenzahl

Max. Personenkapazität

Cayambe

24

296

574

600

Mejia

31

379

807

850

Pedro Moncayo

7

108

182

218

Pedro Vicente Maldonado

12

311

684

694

Puerto Quito

13

172

351

368

Quito

676

13.741

19.893

28.445

Rumiñahui

31

448

725

743

San Miguel de los Bancos

67

726

1.782

1.887

Provinz Pichincha gesamt ohne 185 den Kanton Quito

2.440

5.105

5.360

Provinz Pichincha gesamt inkl. Quito

16.181

24.998

33.805

861

Tabelle 23 Kapazitäten der Beherbergungsbetriebe in der Provinz Pichincha 2018. Eigene Darstellung nach MINTUR (2020d).

Quellgebiet

Zahl der Touristen

Feiertag

Zahl der Übernachtungen

1

Quito

118.391

Karneval

5.899

2

Pedro Vicente Maldonado

18.453

Tag der Schlacht von Pichincha (Batalla de Pichincha)

5.303

3

Guayaquil

4.163

Karfreitag

5.111

4

Puerto Quito

3.598

Allerseelen (Día de los Difuntos)

4.334

5

Santo Domingo de los Tsachilas

2.775

Silvester

3.290

6

Ibarra

2.048

Unabhängigkeitstag von Guayaquil (Indepencia de Guayaquil)

2.096

7

Riobamba

1.525

Unabhängigkeitstag (Primer Grito de la Independencia)

3.823

8

Rumiñahui

1.490

Tag der Arbeit (Dia del Trabajo)

1.286

9

Mejia

1.127

Weihnachten

1.009

10

Latacunga

1.062

Feiertage gesamt

10.090

11

Cuenca

834

Übriges Jahr

158.631

12

Cotacachi

669

Gesamt

168.721

Übrige Quellgebiete

12.586

Gesamt

168.721

Tabelle 24 Hauptquellgebiete des Binnentourismus des Kanton San Miguel de los Bancos 2018. Eigene Darstellung nach MINTUR (2019).

Tabelle 25 Übersicht der nationalen Übernachtungen nach Feiertagen im Jahr 2018. Eigene Darstellung nach MINTUR (2019).

Wie bereits in Kapitel 8.3 erwähnt, wurden 2018 für ganz Ecuador 112.153.552 Übernachtungen von Binnentouristen registriert. Der Kanton San Miguel de los Bancos liegt mit 95.566 Übernachtungen auf Platz 109 von 195 im Mittelfeld aller erfassten ecuadorianischen Destinationen (vgl. 122

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Anzahl der Übernachtungen

MINTUR 2019). Betrachtet man lediglich die Kantone der Provinz Pichincha nimmt San Miguel de los Bancos den vorletzten Platz vor dem Nachbarkanton Puerto Quito (nationales Ranking: Platz 121 mit 74.066 Übernachtungen) ein (vgl. MINTUR 2019). Der überwiegende Teil der nationalen Touristen in San Miguel de los Bancos stammt aus Quito, Pedro Vicente Maldonado, Guayaquil und Puerto Quito. Die meisten Übernachtungen von Touristen aus dem Kanton San Miguel de los Bancos werden in Quito, Santo Domingo de los Tsachilas und Pedro Vicente Maldonado getätigt. Von den 168.721 Übernachtungen im Kanton San Miguel de los Bancos 2018 entfallen rund 6 % auf Feiertage. Das übrige Jahr hindurch sind die nationalen Übernachtungen recht gleichmäßig verteilt.

3.000 2.500

Karneval 2.430 Ostern

2.000

Tag der Schlacht Unabhängigvon Pichincha keitstag

Tag der Arbeit

1.787

1.500

1.644

1.792

Weihnachten

Allerseelen Unabhängigkeitstag von Guayaquil

1.610 1.853

1.324 1.000

949

500

31. Dez.

17. Dez.

3. Dez.

19. Nov.

5. Nov.

22. Okt.

8. Okt.

24. Sep.

10. Sep.

27. Aug.

13. Aug.

30. Jul.

16. Jul.

2. Jul.

4. Jun.

18. Jun.

21. Mai.

7. Mai.

9. Apr.

23. Apr.

26. Mrz.

12. Mrz.

26. Feb.

29. Jan.

12. Feb.

15. Jan.

1. Jan.

0

2018

Abbildung 41 Saisonalität des Binnentourismus mit den Übernachtungszahlen an den Feiertagen im Kanton San Miguel de los Bancos im Jahr 2018. Eigene Darstellung nach MINTUR (2019). ÖPNV und Individualverkehr Von und nach Mindo verkehrt aus Quito eine Buslinie der Gesellschaft Flor de Valle. Mit diesen Bussen, die im nördlichen Quito am Terminal La Ofelia abfahren, gelangen die meisten Touristen nach Mindo. Der Bus verkehrt wochentags fünfmal, samstags und sonntags siebenmal nach Mindo. Die Zahl der Verbindungen in beide Richtungen ist gleich hoch. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit einen Bus aus Quito lediglich bis zum „Y“ de Mindo zu nehmen (das sind alle Busse, die weiter zur nördlichen Küste in die Provinz Esmeraldas fahren) und von dort dann mit einem bereitstehenden Taxi oder Pick-up in den Ort zu gelangen (7°km, 1°US$ Fahrtpreis). Dadurch nehmen die Verbindungsmöglichkeiten stark zu. Auf der Route von Mindo nach Pedro Vicente Maldonado über San Miguel de los Abbildung 42 Busterminal und Ticketschalter Bancos verkehrt die Buslinie Kennedy zweiMindo. Eigene Aufnahme 2019. mal täglich. Bei ausländischen Touristen ist es noch nicht verbreitet, das Land mit dem Mietwagen zu bereisen, daher kommt nur ein verschwindend geringer Teil mit dem Individualverkehr in den Ort.

123

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Zumeist sind es nur Langzeitreisende, die mit einem Wohnmobil ganz Südamerika besuchen.94 Binnentouristen kommen vereinzelt mit dem privaten PKW nach Mindo.94 Touristeninformation Die Touristeninformation in Mindo hat nur sehr selten und unregelmäßig geöffnet. Öffnungszeiten sind nicht erkennbar. Die Angestellte spricht ausschließlich Spanisch. Grundsätzlich ist wenig Information erhältlich, da sie sich wenig im Tourismusbereich Mindos auskennt und daher selbst auf Spanisch nur wenig hilfreiche Auskünfte geben kann. Die Flyer (Werbebroschüren) der Beherbergungsbetriebe sind (sofern vorhanden) zumeist ausschließlich auf Spanisch erhältlich. Buchungen können von hier aus nicht für die Reisenden durchgeführt werden. Das Büro war im Herbst 2019 noch nicht an das Internet angeschlossen. Eine eigene Webpage existiert nicht. Kartierung mit Ermittlung der Nutzungsarten Seitens der Gemeindeverwaltung wurde eine Bestandsliste aller touristischen Betriebe bereitgestellt. Allerdings zeigte sich, dass diese aufgrund fehlerhafter Daten und mangelnder Aktualität nicht herangezogen werden kann. Dementsprechend erfolgte eine Kartierung aller Gebäude des Ortes inklusive ihrer Nutzungsarten. Art der Einrichtung

Anzahl der vorhandenen Einrichtungen

Touristische Beherbergungsbetriebe

72 (davon zehn geschlossen)

Gastronomiebetriebe

77 Bars

1

Cafés

14

Discotheken

2

Restaurants

60

Touristische Dienstleister

Souvenirläden

20 Reisebüros

13

Touristeninformation

1

Touristische Dienstleister sonstige

6 9

Tabelle 26 Inventarisierung Mindos nach tourismusrelevanten Kategorien im Jahr 2018. Eigene Erhebung. In Mindo gibt es 77 Gastronomiebetriebe. 60 davon sind der Kategorie Restaurant, 14 der Kategorie Café, zwei der Kategorie Diskothek und eine der Kategorie Bar zuzuordnen. Die Zahl der Gastronomiebetriebe ist für einen Ort mit knapp 4.000 Einwohnern beträchtlich. In Ecuador existiert die Kultur auswärts Mittagessen zu gehen. Daher bieten viele Restaurant kostengünstige Mittagsmenüs meist für rund 3°US$ inklusive Vor-, Haupt- und Nachspeise sowie Getränk an. Somit wird das große Gastronomieangebot sowohl von ortsansässigen Personen als auch von Touristen genutzt. Entsprechend der durchgeführten Kartierung wurde die entstandene Bestandsaufnahme kategorisiert und nach Nutzungsarten unterteilt. Die erhobenen Nutzungsarten wurden in mehreren Karten aufbereitet. Karte 24 zeigt Gastronomie und touristische Dienstleistungen auf, um deren Standortkonzentrationsmuster in Mindo zu verdeutlichen.

94

Beobachtung während des Aufenthalts und der Befragung in Mindo.

124

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Karte 24 Touristische Infrastruktur im Zentrum von Mindo – ohne Beherbergungsbetriebe. Eigene Erhebung 2018. Der überwiegende Teil der Gastronomiebetriebe befindet sich im Zentrum des Orts. Außerhalb des Ortskerns sind die Gastronomiebetriebe zumeist an Beherbergungsbetriebe angeschlossen (z. B. La Roulotte, Mindo Coffee Lodge). Generell sind die Gastronomiebetriebe einfach gehalten 125

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

und bieten bis auf einige wenige Ausnahmen (z. B. Arabian Garden, Arepera Venezuelan Soulfood, Cuyana) dieselben Gerichte in unterschiedlicher Qualität und Menge an. Es gibt keine für den Kanton San Miguel de los Bancos typische lokale Küche. Lediglich das Produkt „Forelle“, das in den umliegenden Flüssen gefischt wird, sowie Guaven könnten als lokale Spezialität deklariert werden. Das Personal innerhalb der Restaurants ist bzw. erscheint nicht geschult, spricht selten eine Fremdsprache und ist gewöhnlich wenig serviceorientiert. Zumeist handelt es sich um familiengeführte Unternehmen, in denen mehrere Generationen mit der Versorgung der Gäste betraut sind. Es gibt zahlreiche touristische Sehenswürdigkeiten innerhalb und außerhalb des Ortskerns, die nationale und internationale Touristen anziehen: Aquarium Das an das Hostal El Acuario angeschlossene Aquarium ist sicherlich nicht als Touristenattraktion zu werten. Die durchweg schlecht gepflegten Aquarien beheimaten eine Vielzahl an Süßwasserfischen, die zum Teil in einem höchst fragwürdigen gesundheitlichen Zustand sind. Der Ausstellungsraum, in dem alle Tiere untergebracht sind, ist mit defekten und flackernden Neonröhren beleuchtet und die Wände sind aus unverputztem Beton. Generell zieht es einige Touristen in das gut sichtbar beworbene Aquarium, allerdings zumeist nur einmal. Canopy Canopy oder auch Zip-Lining, kann in Mindo an verschiedenen Orten durchgeführt werden. So haben einige Hotels eigene Canopy-Kabel (z. B. El Carmelo, Terra Bambu, Mindo Bonito), aber es gibt auch eigene Veranstalter, die ausschließlich Zip-Lining anbieten. Auf halben Weg zum Santuario de Cascadas liegt der Veranstalter Mindo Canopy Adventure. Darüber hinaus befindet sich auch auf dem Weg nach der Tarabita (Seilbahn) zu den Wasserfällen eine weitere Canopy-line. An der Straße zum Mariposas de Mindo ist 2019 eine Canopy-Anlage namens MINJoy neu entstanden. Canyoning Beim Canyonig, das wie Tubing und Canopy auch zu den Abenteuer-Sportarten in Mindo gezählt wird, werden Schluchten, durch die Flüsse laufen, von oben nach unten durchwandert. Während der Tour werden mitunter auch Wasserfälle durch Sprünge oder Abseilen überwunden. Froschkonzert Auf der täglich zumeist ausschließlich auf Spanisch stattfindenden Tour Concierto de ranas (Froschkonzert) werden den Besuchern die 28 verzeichneten Froscharten auf dem Hotelgelände des Mindo Lago erklärt und soweit möglich gezeigt. Die Führung besteht bereits seit 18 Jahren und wurde vom Besitzer des Hotels Bernardo Garzón initiiert, um das Ökosystem durch die Umweltbildung gezielt zu schützen. Die Tour ist verhältnismäßig kostengünstig (5°US$) in den Reisebüros im Ort buchbar. Reiten Gegenüber dem Hotel der Garceta Sol liegt außerhalb des Ortskerns ein Pferdestall. Auf den vorhandenen Pferden können Touren zwischen einer und vier Stunden realisiert werden. Das Preis- / Leistungsverhältnis (rund 20°US$ für vier Stunden) ist der in Ecuador übliche Tarif. Die Tour ist für die Reiter gefährlich, da die Tiere schlecht erzogen sind. Schmetterlingsgärten In Mindo gibt es zwei große Schmetterlingsgärten und einen kleinen Jardín de Orquídeas y Mariposarios Nataly im Ortskern. Das 1999 gegründete Mariposas de Mindo rund vier Kilometer südöstlich des Ortskerns, war das erste seiner Art in der Region. Auf dem Gelände des Schmetterlingsgartens werden die verschiedenen Etappen der Entwicklung verschiedener Schmetterlingsarten gezeigt. Die Einrichtung umfasst ergänzend zum Garten auch ein Restaurant, einen Souvenir-Shop sowie ein Hostal. Die Anlage wird sowohl von einheimischen wie auch von ausländischen Touristen gut besucht. 126

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Karte 25 Lage der touristischen Sehenswürdigkeiten in und um die Ortschaft Mindo. Eigene Erhebung 2018.

127

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Der im Jahr 2019 eröffnete Schmetterlingsgarten Jardín de las Mariposas bietet auf einer großzügigen Fläche, rund vier Kilometer südwestlich des Ortskerns, neben der eigentlichen Anlage für die Schmetterlinge auch einen Kiosk. Nachdem der Garten noch recht neu angelegt ist, mangelt es noch an der dichten Vegetation, wie sie rund um Mariposas de Mindo vorzufinden ist. Auch ist die Lage weit weniger günstig, da er abseits der Wasserfallroute und der meisten Hotelbetriebe liegt. Es bleibt abzuwarten, wie der Garten von den Touristen angenommen werden wird. Orchideengärten Im Ortskern von Mindo existieren derzeit zwei Orchideengärten. Zum einen der bereits erwähnte Jardin de Orquídeas y Mariposarios Nataly, der zugleich auch Schmetterlingsgarten ist und zum anderen der an das Hotel Cabañas Armonia angeschlossene. Tour de Chocolate Die älteste und auch bekannteste Tour de Chocolate ist die des Restaurants El Quetzal. Dabei werden die verschiedenen Etappen der Schokoladenherstellung vom Anbau der Pflanze, über Ernte und Verarbeitung der Kakaobohne bis hin zum fertigen Produkt erläutert. Die Tour findet jeden Nachmittag professionell geführt sowohl auf Englisch als auch auf Spanisch statt. Des Weiteren führen auch Yumbos Chocolate, Cacao Mindo und der Mindo Coffee Shop ähnliche Touren durch. Der Mindo Coffee Shop bietet zudem auch eine Tour de Café an, bei der die Etappen der Kaffeegewinnung und –herstellung erläutert werden. Tubing Es gibt an den Flüssen des Ortes mehrere Einstiegsstellen für das bei Ecuadorianern beliebte Tubing. Zwei der am häufigsten genutzten Startpunkte befinden sich zum einen gegenüber des Schmetterlingsgartens Mariposas de Mindo und zum anderen am Fluss, ein wenig abseits der Garceta Sol. Beim Tubing lässt man sich in einem oder mehreren zusammengebundenen prall aufgeblasenen LKW-Schläuchen den Fluss entlang treiben. Je nach Tiefe und Geschwindigkeit der Flüsse kann es mitunter auch etwas riskanter werden. Während der Erhebungsphase 2018 fielen viele Touren aus, da die Flüsse eine zu hohe Konzentration an E. coli Bakterien aufwiesen und insbesondere viele internationale Touristen an Magen-Darm-Infektionen erkrankten. Vogelbeobachtung Außerhalb des Ortskerns liegen der Jardin Ecobotanico Mindo, das Hotel Septimo Paraiso, Hacienda San Vicente, Mindo Lindo, Sachatamia Lodge, San René und die Cabañas Las Tangaras mit eigenen Vogelerkundungspfaden. Innerhalb des Ortskerns sind im Jardin el Descanso und im Mariposario Nataly stationäre Vogelbeobachtungsstätten eingerichtet. In allen Einrichtungen ist die Beobachtung der Vögel bzw. die Nutzung der Wege kostenpflichtig. Wasserfälle Um die Ortschaft Mindo gibt es zahlreiche Wasserfälle, die zum Teil für den Tourismus erschlossen sind. Die bekanntesten Wasserfälle sind die des Santuario de Cascadas95 rund 4°km südöstlich über dem Ort gelegen. Sie sind über eine kostenpflichtige Tarabita (Seilbahn) erreichbar. Die Wasserfälle des Santuario de Cascadas können auf einem etwa eine halbe Stunde in ein Tal hinabführenden Pfad besucht werden. In den genannten Wasserfällen ist das Baden erlaubt. Auf dem Weg in die Schlucht ist es zudem möglich Zip-Lining über die Schlucht zu betreiben. Weiterhin kann der Wasserfall Rio Nambillo mit dem zugehörigen kostenpflichtigen Balneario (Bad) besucht werden, der etwas südlich zur Tarabita liegt. Im Eintrittspreis enthalten sind die Nutzung künstlich angelegter Pools und Wasserrutschen sowie die Benutzung eines einer Liane nachempfundenen Seils im Waldgebiet. Ein weiterer Wasserfall, die Cascada Rio Bravo ist über eine Wanderung zu erreichen, wird aber von den Touristen in aller Regel nicht besucht.

Das Santuario de Cascadas besteht aus insgesamt sechs Wasserfällen: Cascada Nambillo, Cascada de los Maderos, Cascada Madre, Cascada Colibries, Cascada Guarumos, Cascada Ondinas. 95

128

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

9.3 Ergebnisse der empirischen Untersuchung der Tourismusakteure Wie unter Kapitel 5.1 beschrieben, wurde ein Methodenmix angewandt, der sich vor allem auf Kartierungen, quantitative und qualitative Befragungen stützt. Vor, während und nach den standardisierten Befragungen wurden qualitative Expertengespräche mit verschiedenen Stakeholdern des Tourismus geführt. Die Interviewpartner wurden, ähnlich wie die der quantitativen Befragungen, drei Akteurs-Gruppen zugeordnet: 1. 2. 3.

Institutionelle (Staatliche/Nicht-staatliche) Tourismusakteure: Elf Gesprächspartner Akteure der touristischen Angebotsseite: Elf Gesprächspartner Akteure der touristischen Mittlerseite: Drei Gesprächspartner

Die Dauer der Gespräche variierte. Im Durchschnitt waren die Interviews etwa 90 Minuten lang. Eingangs wurde stets das Forschungsvorhaben erläutert. Die Gesprächspartner zeigten großes Interesse und eine große Aufgeschlossenheit gegenüber dem Projektvorhaben. Durch die Gespräche wurde ein umfassender Einblick in die Situation, Strukturen, Pläne und Probleme des Ortes gewonnen. Sie dienen vor allem als Grundlage für die POBS-Analyse (vgl. Kapitel 9.4.4) und bilden eine wichtige Basis für die Entwicklung der Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo. Die Resultate der qualitativen Gespräche mit den Tourismusakteuren nach Angebots- und Mittlerseite werden anschließend an die quantitativen Ergebnisse dokumentiert. Auf Institutionsebene wurden keine quantitativen Befragungen durchgeführt, daher werden diese einleitend präsentiert.

9.3.1 Akteure der institutionellen staatlichen und nichtstaatlichen Seite Interviewte Personen (Institution) Vilma Duran (Leitung Tourismus Informationszentrum, Municipio Mindo) Lic. Lilian Salazar (Präsidentin GAD Parroquial de Mindo)

Gesprächsinhalte

– – – –

Entwicklung des Tourismus in Mindo. Ziele in der zukünftigen Tourismusentwicklung. Rolle der Regierung. Mögliche Unterstützung durch ITUR und den Präsidenten der Gemeinde für weitere Erhebungen.

– – – –

Geschichtliche Entwicklung des Dorfs. Touristische Genese. Aufgaben der Tourismuskammer. Probleme des Tourismus (schlechte Infrastruktur, mangelnde Ausbildung des Personals).

– –

Situation des Tourismus im Land. Maßnahmen des Ministeriums, wie zum Beispiel Messebesuche und Tren de Ecuador.

– – – –

Rolle des Tourismus in Mindo. Probleme. Entwicklungspotenziale. Handlungsspielräume des GAD Parroquial.

Ing. Sulema Pizarro Gando (Bürgermeisterin)

Patricio Espinel (Mirador Rio Blanco, Vizepräsident der Tourismuskammer des Nordoccidente)

Caroline Frey (Koordinatorin Hospitalidad Escuela de Hospitalidad y Turismo Universidad de Las Américas-UDLA, Quito)

Victor Garzón (Tourismusverantwortlicher GAD Mindo)

129

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Interviewte Personen (Institution)

Gesprächsinhalte

Prof. David Lansdale (Universidad San Francisco de Quito, School of Business, Ecohelix)

– – –

Projekt auf Galapagos. Potenzial Mindos internationale Destination zu werden. Pueblos Magicos.

– Henrry Patiño (Gemeinderatsmitglied Concejal de la Junta Parroquial)

– – – –

Politische Situation und Zerwürfnis der verschiedenen politischen Lager. Mangelnde Arbeitsmöglichkeiten in der Gemeinde. Die Rolle der Polizei und der Politik. Machtlosigkeit der Polizei bei der Bekämpfung der Drogen. Beschäftigungsmöglichkeiten insbesondere für Jüngere (z. B. Nachtwanderungen, Sprachkurse), um den zunehmenden Alkohol- und Drogenkonsum zu bekämpfen.

Ramiro Salazar (Sachatamia Lodge, Ex-Präsident der Tourismuskammer des Nordoccidente)

– – – – –

Implementierung der Tourismuskammer. Aufgaben der Tourismuskammer. Ankunft der Yumbos. Unkontrolliertes Wachstum des Tourismus. Leitung eines Hotels im feucht-tropischen Klima.

– – – – –

Die Rolle des GAD Parroquial. Zukunftspläne der Gemeinde. Einflussnahme der Bürgermeisterin aus Los Bancos. Zusammenarbeit im Dorf. Einrichtung weiterer Sportstätten, Anlage von botanischen und Versorgungsgärten.

– –

Die Stiftung Jocotoco und ihre Projekte. Möglichkeiten private Schutzgebiete im Raum Mindo zu etablieren.

Fidel Yaguachi (Präsident GAD Parroquial de Mindo)

Isabel Zurita (Fundacion Jocotoco)

Tabelle 27 Gesprächsinhalte der Expertengespräche mit institutionellen staatlichen/ nichtstaatlichen) Tourismusakteuren. Eigene Darstellung. Zwischenergebnisse der Befragung der institutionellen Tourismusakteure In den Gesprächen mit den institutionellen Akteursgruppen sollte die Lage in Mindo eruiert und die Rolle des Tourismus in Ecuador erfasst werden. Für die Situation innerhalb des Landes wurden Caroline Frey, Prof. David Landsdale und Isabel Zurita interviewt. Es war wichtig einen Gesamtüberblick zu erlangen und verschiedene Projekte (z. B. der Jocotoco Stiftung, Pueblos Magicos) erläutert zu bekommen, um die Einordnung der touristischen Situation Mindos in den nationalen Kontext zu ermöglich. Die übrigen in Tabelle 27 gelisteten interviewten Personen sind direkt mit Mindo verbunden. Sie gaben vertiefte Einblicke zum einen in die geschichtliche Entwicklung des Dorfes, die notwendig ist, um die Siedlungsstruktur und auch die Entwicklung des Tourismus zu verstehen, und zum anderen auch in die Entwicklungspotentiale, Chancen und Probleme Mindos und der Region. Das Thema Nachhaltigkeit und nachhaltiger Tourismus wurde mit allen Gesprächspartnern erörtert. Dabei wurde explizit auf die Notwendigkeit der Partizipation der Bevölkerung, aber auch auf die sozialen Probleme, wie Drogen, Zerwürfnisse innerhalb der Gemeinde und mangelnde Bildung eingegangen. Ökonomische (z. B. fehlende Arbeitsmöglichkeiten) und ökologische (unkontrolliertes Wachstum, Schutz der Umwelt) Aspekte wurden ebenfalls erörtert. Auch die Rolle, die Pläne, die Handlungsmöglichkeiten und die Grenzen der jeweiligen Institutionen wurden erläutert.

130

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

9.3.2 Akteure der touristischen Angebotsseite – Beherbergungsbetriebe In Mindo existieren im Jahr 2018 72 Beherbergungsbetriebe. An der Befragung nahmen im Februar und März 2018 54 Betriebe teil, acht beteiligten sich nicht, zwei existierten im Befragungszeitraum 2018 noch nicht und acht wurden (vorübergehend) geschlossen vorgefunden. Dies entspricht einer Rücklaufquote unter den geöffneten Betrieben von 87,1 %. Der Großteil der Befragung wurde direkt durchgeführt, d. h. im persönlichen Gespräch, sieben Fragebögen wurden online beantwortet. Bei der Erfassung der Beherbergungsbetriebe wurden nicht explizit Ferienwohnungen und Campingplätze erhoben. Beide Kategorien wurden lediglich, sofern sie offensichtlich vorhanden waren, erfasst. Eine Befragung fand im Falle der Campingplätze lediglich dann statt, wenn sie an ein Hotel angeschlossen waren. Kategorien Die befragten Beherbergungsbetriebe wurden je nach Preis für ein Doppelzimmer (DZ) pro Nacht in drei Kategorien eingeteilt. Dadurch soll eine schnelle Einordnung der Preisstruktur in Mindo ermöglicht werden. Kategorie 1 ist die preisgünstigste und anteilig am häufigsten vertretene mit DZ bis 49 US$ pro Nacht. Kategorie 2 sind die Beherbergungsbetriebe mit Preisen zwischen 50 und 99 US$ für ein Doppelzimmer pro Nacht. Kategorie 3 ist die am schwächsten vertretene Kategorie. Die Beherbergungsbetriebe bieten DZ ab 100 US$ pro Nacht.

131

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Teilnehmende Beherbergungsbetriebe Nr. in Karte

Kat.

Eröffnung

Zone

Nr. in Karte

Kat.

Eröffnung

Zone

2

2013

2 2

37

Bio Hostal

1

2008

1

24

La Casa de Piedra

12

Bird Planet Mindo 2

2007

2

54

La Estancia Mindo 1

k. A.

38

Birdwatchers House y Lodge

1

2014

25

La Garceta Sol

2

2008

39

Cabañas Ananaw

1

2011

2

1993

40

Cabañas Armonia

1

1995

2 FeWo

2017

13

Cabañas Bambu

2

2006

14

Cabañas de Pino Mindo (=Wood Town Hotel)

2

2012

41

Cabañas El Eden

1

1995

46

Casa Cultural

1

2014

1

Casa Divina Lodge 3

2007

3

56

15

CasKaffesu

2

2008

1

2

2011

1

1999

16 42

El Abrazo del Arbol El Acuario de Mindo El Arco Iris

1

1970

17

El Bosque de Mindo

2

2013

43

El Eden

1

2018

2

2017

1

2000

3

2001

44 5

El Eden Tree House El Jardin del Descanso El Septimo Paraiso

2 1 2

26 66

La Posada de Mindo La Providencia de Mindo**

1 1

3 1 1 1 1 3 1 3 1

3 1 3 2

27

La Roulotte

2

2011

55

La Tranquilidad

1

2007

3

2015

2

1999

Mindalae House

1

2010

1

29

Mindo Bonito

2

2006

3

30

Mindo Coffee Lodge

2

2016

7

Mindo Garden

3

2002

57

Mindo Green House

1

2015

31

Mindo Lago

2

2004

32

Mindo Lindo

2

k. A.

33

Mindo Real

2

2008

9

Mindo Rio Hosteria

3

2008

50

Monastel

1

2016

59

Orquideas

1

2018

10

Sachatamia Lodge 3

k. A.

2

36

18

3

1

6 28

Las Terrazas de Dana Mariposas de Mindo

3 3

2 3 2 2 3 2 3 1 1

45

Guesthouse

1

2016

19

Hacienda San Vicente (Casa Amarilla)

2

1986

48

Hostal Henrry's

1

2015

1

21

Saguamby

2

2013

2

51

Hostal Ruby

1

2003

2

60

Sanchez

1

2014

1

52

Jardin de los Pajaros

1

2008

61

San René

1

2015

22

Kumbha Mela

2

k.A.

1

34

Sisakuna Lodge

2

2014

2

23

La Bicock

2

2015

2

35

The Dragonfly Inn 2

2007

1

53

La Casa de Cecilia

1

1993

1

62

Virgen del Cisne

2008

1

3

1

3

**Ferienwohnungen wurden nicht explizit befragt: Eine Befragung wurde nur in einem Ausnahmefall (La Providencia de Mindo) durchgeführt, da es sich hier um eine Mischform aus Hotel und Ferienwohnung handelt (Übernachtung mit Frühstück, z. T. weitere Verpflegung buchbar und Zimmerservice inklusive

1

Kategorie 1 = DZ bis 49°US$/Nacht Kategorie 2 = DZ 50 – 99°US$/Nacht Kategorie 3 = DZ ab 100°US$/Nacht

Tabelle 28 Teilnehmende Beherbergungsbetriebe mit Preiskategorie und Lage. Eigene Darstellung.

132

3

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Nicht teilnehmende Beherbergungsbetriebe Nr. in Karte 64 3

Cabanas Las Tangaras El Carmelo de Mindo

Kat.

Eröffnung

Zone

Nr. in Karte

k.A.

k.A.

3

49

3

1995

3

Kat.

Eröffnung

Zone

Hostal Melyang

1

2017

2

20

Hosteria Arasari

2

2007

2

4

El Monte

3

1998

3

58

Nicanchigua

1

k.A.

1

47

Hostal Charito

1

2011

1

11

Terra Bambu

3

2008

3

(Vorübergehend) geschlossene Beherbergungsbetriebe Nr. in Karte

Zone

Nr. in Karte

Zone

Nr. in Karte

Zone

78

El Gallo de la Peña

1

80

La Casa del Camino

2

8

Mindo Paradise Lodge Cabanas* (Eröffnung 2019)

3

76

Cabañas el Kade

3

77

Las Luciernagas

2

83

Samay Yuku

2

2

81

Las Tangaras

1

1

82

Los Cedros

2

2 79

Cinnamon House* (Eröffnung Mitte 2018) Hospedaje Unidad Familiar

Camping* Nr. in Karte

Zone

Nr. in Karte

Zone

Nr. in Karte 75

69

Cabañas Las Tangaras

3

72

Hosteria Arasari

2

70

El Chinchinal

3

73

Mindo Green House

2

71

Garceta del Sol

3

74

Mindo Real

2

Zone San René

3

*Campingplätze wurden nicht explizit befragt: Befragungen wurden nur durchgeführt, wenn Anlagen an ein Hotel angeschlossen waren.

Ferienwohnungen** Nr. in Karte

Zone

Nr. in Karte

Zone

Nr. in Karte

Zone

63

Cabañas Las Tangaras

3

65

FeWo Calle Los Tucanes 1

67

Mindo Casablanca Interval

3

64

Eco Chalet

3

66

La Providencia de Mindo

68

Villa Luisita

1

3

**Ferienwohnungen wurden nicht explizit befragt: Eine Befragung wurde nur in einem Ausnahmefall (La Providencia de Mindo) durchgeführt, da es sich hier um eine Mischform aus Hotel und Ferienwohnung handelt (Übernachtung mit Frühstück, z. T. weitere Verpflegung buchbar und Zimmerservice inklusive).

Kategorie 1 = DZ bis 49°US$/Nacht Kategorie 2 = DZ 50 – 99°US$/Nacht Kategorie 3 = DZ ab 100°US$/Nacht

Tabelle 29 Nicht teilnehmende und geschlossene Beherbergungsbetriebe, Campingplätze und Ferienwohnungen mit Lage und z. T. Preiskategorie. Eigene Darstellung 2018. Der erste bis heute bestehende Beherbergungsbetrieb El Arco Iris eröffnete 1970. Bis 1986 war es die einzige gewerbliche Unterkunft vor Ort, dann öffnete die Hacienda San Vicente insbesondere für Naturliebhaber, Biologen und Vogelbeobachter das Yellow House für Gäste. Erst ab Mitte der 1990er Jahre kamen sukzessive jährlich ein bis zwei Beherbergungsbetriebe hinzu. Etwa zu dieser Zeit wurde erkannt, dass es sich bei Mindo um eine touristische Destination handelt, die weiterer Investitionen bedarf. Es kam ab den 2000ern vermehrt zu einer Bautätigkeit auch 133

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

außerhalb der Ortsteilgrenzen. Dies ist auf verschiedene Faktoren, wie steigende Grundstückspreise innerorts, Größe der verfügbaren Grundstücke sowie auf Probleme von wachsenden Ortschaften, wie Lärm und Verkehrszunahme zurückzuführen. 50%

Beherbergunngsbetriebe in %

45% 40%

17%

35% 30%

12%

25% 19%

20%

10%

15% 10% 5%

9% 2%

2%

1970er

1980er

12%

12%

5%

0%

1990er 2000er Eröffnungsjahr Zone I: Zentrale Ortsteile

2010er

Zone II: Periphere Ortsteile innerhalb der Ortsteilgrenze Zone III: Außerhalb der Ortsteilgrenzen

Ab 2007 wuchs die Zahl schneller um durchschnittlich drei bis vier Betriebe jährlich an. Wie Abbildung 43 zu entnehmen ist, fand das Wachstum bis in die 2000er Jahre überwiegend in den zentralen Ortsteilen und etwas geringer in Bereichen außerhalb der Ortsteilgrenzen statt. Erst ab dem Jahr 2000 verlief das Wachstum bis heute auf alle drei Zonen nahezu gleich verteilt ab. Seit 2010 ist eine Zunahme der Betriebe in den peripheren Ortsteilen innerhalb der Ortsteilgrenzen, wie auch in den zentralen Ortsteilen zu vermerken. Insbesondere innerhalb des Ortes sind weniger Neubauten für das Wachstum verantwortlich als die Umwidmung bereits bestehender (Wohn-) Immobilien. Das beschleunigte und offensichtlich nach wie vor anhaltende Wachstum der Zahl der Betriebe ist als äußerst kritisch zu bewerten, da es unkontrolliert abläuft.

Abbildung 43 Beherbergungsbetriebe nach Eröffnungsjahren und Zonen (in Prozent) (n=58). Eigene Erhebung 2018. Die Gemeinde verfügt über keinen Flächenentwicklungsplan oder ähnliches. Demnach wird in aller Regel an Standorten gebaut, an denen günstiges Land zum Verkauf steht. Dies trägt beträchtlich zur Zersiedlung der Landschaft bei. Etwa ein Drittel der Beherbergungsbetriebe befindet sich bereits außerhalb der Ortsteilgrenzen (32,3 %). Es ist aber mittelfristig von einer weiteren Verschiebung in Richtung der peripheren Lagen auszugehen (s. u.). Derzeit sind die Beherbergungsbetriebe noch relativ gleichmäßig über die drei Zonen außerhalb der Ortsteilgrenzen, im zentralen Dorfbereich (37,1 %) und in den peripheren Ortsteilen innerhalb der Ortsteilgrenze (30,6 %) verteilt. Die erwartete Verschiebung in periphere Lagen hat gravierende ökologische Folgen, wie zum einen die Flächenüberbauung von bis dahin unberührter Natur, und zum anderen Verschmutzung (insbesondere durch Abwässer), weil die Betriebe in der Regel zunächst nicht an das Versorgungsnetz angeschlossen sind. Aber auch die durch die steigende Zahl der Betriebe induzierte weitere Konzentration auf den Tourismussektor ist als kritisch einzustufen. Sie führt zu niedrigeren Auslastungsraten, da mehr Betriebe nicht zwangsläufig mehr Touristen mit sich bringen. Weiterhin birgt die Fokussierung ausschließlich auf den Tourismus auch die Gefahr, von ihm ökonomisch abhängig und damit krisenanfälliger zu werden.

134

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Karte 26 Beherbergungsbetriebe nach Eröffnungsjahren. Eigene Erhebung 2018. Innerhalb der drei Zonen sind die Beherbergungsbetriebe auf einzelne Ortsteile konzentriert. Unter den zentralen Ortsteilen sind die meisten Beherbergungsbetriebe im Ortsteil El Progreso, in den peripheren Ortsteilen innerhalb der Ortsteilgrenzen liegen die meisten Beherbergungsbetriebe in Saguambí. Jeweils einer der zehn geschlossenen Beherbergungsbetriebe befindet sich in den Ortsteilen Mindo Alto, Ecuador, Tranquilidad, San Vicente, El Progreso, El Triunfo. Vier geschlossene Betriebe liegen außerhalb der Ortsteilgrenzen.

135

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Central

3,2%

Triunfo

4,8%

Virgen del Cisne

4,8%

Bugambillas

6,5%

Ceibos

6,5%

El Progreso

11,3%

Arrayanes

1,6%

San Vicente II

1,6%

Tranquilidad

1,6%

Magdalena

3,2%

San Vicente I

Zentrale Ortsteile

Zone II:

Periphere Ortsteile innerhalb der Ortsteilgrenzen

Zone III: Außerhalb der Ortsteilgrenzen

4,8%

Guayabales

Zone I:

n=62

6,5%

Saguambi

11,3%

Außerhalb

32,3% 0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

Abbildung 44 Verteilung der Beherbergungsbetriebe nach Ortsteilen und Zonen (in Prozent). Eigene Erhebung 2018. Karte 27 gibt die Unterkünfte nach Hotelkategorien in den verschiedenen Ortsteilen Mindos wieder. Deutlich wird, dass es in etwa gleichermaßen viele Hotels (Kategorie 2+3) und Hostals (Kategorie 1) gibt. Es existieren weniger Betriebe der Kategorie 3 als der Kategorie 2. Im Ortsteil Campiña findet sich kein Beherbergungsbetrieb, da es sich um ein reines Wohnviertel der Mindeños handelt. Deutlich wird auch, wie in Abbildung 44, dass sich die meisten Beherbergungsbetriebe in den zentralen Ortsteilen Mindos, vor allem in Central, Virgen del Cisne, Ceibos, Progreso, Triunfo und Bugambillas sowie im Ortsteil Saguambi, auf Seite des Ortszentrums befinden. Insbesondere außerhalb des Ortskerns befinden sich, zumeist an Beherbergungsbetriebe angeschlossen, einige Campingplätze. Die Campinggäste können meist auf die Infrastruktur der Beherbergungsbetriebe zurückgreifen. Innerhalb der benannten Ortsteile finden sich auch einige geschlossene beziehungsweise vorübergehend geschlossene Beherbergungsbetriebe. Außerhalb der benannten Ortsteile befinden sich neun Hotels, der Großteil davon nördlich und westlich des Ortszentrums (s. Karte 28). Die Betriebe sind in der Regel in der Nähe der großen Flüsse sowie der Hauptstraßenachse angesiedelt. Häufig handelt es sich um große Anlagen mit mehreren Gebäuden und/oder Bungalows für die Touristen, die auf ihrem Gelände eigene Gärten, Wanderwege und Erholungsangebote, wie Pools und Canopy anbieten. Die Größe der Betriebe hat einen starken Einfluss auf die Umwelt. Nicht nur, dass ein erhöhter Flächenverbrauch durch die Bebauung entsteht, auch steigen neben anderen Faktoren der Wasserverbrauch und das Abfallaufkommen (vgl. Tabelle 49) für derartige Anlagen. Neben den Beherbergungsbetrieben selbst, ist deren Lage als ökologisch kritisch zu bewerten. Einerseits liegen sie innerhalb eines sehr sensiblen Ökosystems, andererseits sind sie fußläufig zum Teil nur noch schwer erreichbar. Daher muss auf einen privaten PKW oder ein Taxi zurückgegriffen werden, um sie zu erreichen, da die Beherbergungsbetriebe nicht vom ÖPNV angefahren werden.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Karte 28

Karte 27 Verteilung der Unterkünfte nach Ortsteilen und Kategorien in Mindo. Eigene Erhebung 2018.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Karte 28 Zentrumsferne Unterkünfte in Mindo. Eigene Erhebung 2018. Besitzverhältnisse 87 % der Beherbergungsbetriebe sind in ecuadorianischem Besitz, wobei 46 % der Besitzer direkt aus Mindo stammen, 36 % aus Quito, 6 % aus Riobamba und 12 % aus dem übrigen Ecuador. Lediglich 13 % der Betriebe gehören Ausländern. Es ist vorteilhaft, dass sich fast die gesamten Beherbergungsbetriebe noch in ecuadorianischem Besitz befinden. Dadurch findet noch kein ‚Ausverkauf‘ des Landes an ausländische Investoren statt und die Ecuadorianer haben noch die Möglichkeit der Selbstbestimmung. Jedoch finden auch etwaige durch ausländische Investoren mögliche Entwicklungsimpulse nicht statt. Nur knapp die Hälfte der Betriebe ist noch im Besitz von Mindeños. Bei Zunahme dieses Anteils kann mitunter zu einer Spaltung innerhalb der Gesellschaft und zu einer Akkulturation der dörflichen Gemeinschaft führen. Bei einer dahingehenden Entwicklung kann es zu weiteren Spannungen führen, die die Realisierung gemeinsamer Entwicklungsziele nahezu unmöglich werden lassen. Es sollte Wert daraufgelegt werden, neue Investoren bzw. Betreiber der Betriebe gut in den Ort zu integrieren. Einkünfte und Zimmerpreise Die durchschnittlichen Einkünfte liegen bei den Beherbergungsbetrieben (n=22) bei rund 27.000 US$. Dieser Wert dürfte auf alle Beherbergungsbetriebe angewandt, deutlich unter diesem

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Durchschnittwert liegen, da davon auszugehen ist, dass insbesondere wirtschaftlich schlechter gestellte Betriebe diese Zahlen nicht offenlegten. Es bestehen keine signifikanten preislichen Schwankungen zwischen Hoch- und Nebensaison. Der ermittelte Preis für ein Einzelzimmer (n=53) in der Hochsaison liegt im Durchschnitt bei rund 36 US$ (Nebensaison: etwa 34°US$) und für ein Doppelzimmer (n=55) bei ca. 60 US$ (Nebensaison etwa 57°US$). Im Hochpreissegment (Kategorie 3: über 100 US$ pro Nacht für ein Doppelzimmer) sind die Beherbergungsbetriebe El Monte, Casa Divina Lodge, Hosteria Saguambi Mindo, Mindo Rio Hosteria, Las Terrazas de Dana, El Septimo Paraiso und Mindo Garden vertreten. Struktur und Kapazitäten der Beherbergungsbetriebe Wie bereits erwähnt, spielt die Größe der Beherbergungsbetriebe eine wichtige Rolle bei Faktoren wie Flächen- und Wasserverbrauch sowie Abfallaufkommen. Somit ist es als positiv zu bewerten, dass die durchschnittliche Größe der Beherbergungsbetriebe verhältnismäßig klein ist. Sie haben im Durchschnitt nur neun Zimmer. Der größte, der teilnehmenden Beherbergungsbetriebe (n=54) hat 23 Zimmer (Septimo Paraiso). Die maximale Auslastungskapazität pro Tag liegt durchschnittlich bei rund 29 Personen, die Hosteria Birdplanet und La Posada de Mindo haben die höchste maximale Auslastungskapazität aller Beherbergungsbetriebe mit 80 Personen, gefolgt von Kumbha Mela mit 70 Personen. Durch die verhältnismäßig geringe maximale Auslastungskapazität ist eine Betreuung der Gäste auch mit geringem personellem Aufwand möglich. Karte 29 zeigt, dass die zentrumsnahen Beherbergungsbetriebe häufig aus einem Gebäude bestehen, nur die zumeist bereits länger existierenden Betriebe (z. B. El Carmelo, Hacienda San Vicente) sowie die Betriebe (z. B. Sisakuna Lodge, Cabañas Bambu) am Ortsrand (Ortsteil Saguambi, Bugambillas), haben mehrere Gebäude.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Karte 29 Zentrumsnahe Unterkünfte Mindo. Eigene Erhebung 2018. Abbildung 45 zeigt eine Auswahl verschiedener Beherbergungsbetriebe in Mindo. Vorrangig wird auf Holz bzw. Bambus als Hauptbaumaterial zurückgegriffen. Einige verwenden Beton. Dieser ist für die klimatischen Bedingungen in Mindo nur bedingt geeignet. Diese Anlagen kämpfen aufgrund mangelnder Ventilation oft gegen Schimmelbildung. Gleichwohl Holz und Bambus auch intensiver Pflege für die Instandhaltung bedürfen, sind sie dennoch besser geeignet. Hier handelt es sich zumeist um kleinere Bungalowanlagen, die ein ansprechendes Äußeres vorweisen. Bis auf wenige Ausnahmen – wie beispielsweise die Anlage Las Orquideas – sind die Betriebe gut gepflegt.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

15 CasKaffesu (Zone 1) *2008

26 La Posada de Mindo (Zone 1) *1993

35 The Dragonfly Inn (Zone 1) *2007

43 El Eden (Zone 1) *2018

48 Hostal Henrry’s (Zone 1) *2015

52 Jardin de los Pajaros (Zone 1) *2008

53 La Casa de Cecilla (Zone 1) *1993

59 Orquideas (Zone 1) *2018

12 Bird Planet Mindo (Zone 2) *2007

20 Hosteria Arasari (Zone 2) *2007

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

22 Kumbha Mela (Zone 2) *o. J..

23 La Bicok (Zone 2) *2015

24 La Casa de Piedra (Zone 2) *2013

27 La Roulotte (Zone 2) *2011

30 Mindo Coffee Lodge (Zone 2) *2016

31 Mindo Lago (Zone 2) *2004

54 La Estancia Mindo (Zone 2) *o. J.

9 Mindo Rio Hosteria Lodge (Zone 3) *2008

16 El Abrazo del Arbol (Zone 3) *2011

19 Hacienda San Vicente (La Casa Amarilla) (Zone 3) *1986

Abbildung 45 Ausgewählte Beherbergungsbetriebe in Mindo inklusive Angabe zu Lage und Eröffnungsjahr. Eigene Aufnahmen 2018.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Entwicklung der Gästezahlen Seit 2014 wurde von den Beherbergungsbetrieben ein Rückgang der durchschnittlichen Gästezahl angegeben. Lag diese im Jahr 2014 noch bei rund 2.236 Gästen (n=13) ist sie um etwa 21 % auf 1.765 Gäste im Jahr 2017 (n=25) zurückgegangen. Dies ist zum einen auf den Anstieg der Beherbergungsbetriebe (+13) von 49 auf 62 zurückzuführen, zum anderen auf den Rückgang der (internationalen) Touristenankünfte. Dies steht im Zusammenhang mit Naturkatastrophen (vermehrte Ausbrüche des Vulkan Cotopaxi 2015, das schwere Erdbeben im April 2016) sowie dem Ausbruch der Zika-Infektion 2015/2016 (vgl. Kapitel 8.2). Diese Zahlen verdeutlichen stark die Vulnerabilität Mindos, das stark auf den Tourismus ausgerichtet ist. Die Zunahme des dadurch provozierten Wettbewerbs mit den damit in Zusammenhang stehenden sinkenden Einnahmen führt zu einem erhöhten Konkurrenzkampf und kann dadurch eine Erschütterung des Gemeinschaftssinns des Dorfes hervorrufen. Obwohl es einen Rückgang der durchschnittlichen Gästezahl gab, erfuhr die Zahl der Übernachtungen im gleichen Zeitraum eine Steigerung um 14,65 % von 2.292 (n=9) auf 2.628 Nächte (n=11). Auch wenn nur ein verhältnismäßig kleiner Anteil der Befragten über diese Zahlen Auskunft gab, kann man dennoch schlussfolgern, dass die durchschnittliche Aufenthaltsdauer vor Ort etwas angestiegen ist. Die längere Aufenthaltsdauer in Mindo ist als positiv zu werten, da durch sie die im Ort getätigten Ausgaben steigen, bei gestiegener Verkaufsmenge (Übernachtungen) weniger Reisewege durch die Touristen zurückgelegt werden und somit auch ein geringerer administrativer Aufwand durch das Personal der Beherbergungsbetriebe geleistet werden muss. Die Verlängerung der Aufenthaltsdauer der Touristen vor Ort ist erstrebenswert und sollte gefördert werden. Die durchschnittliche Belegungszahl der befragten Betriebe liegt bei 45 % (n=34). Betriebsführung Im Durchschnitt schließen die Beherbergungsbetriebe rund drei Tage pro Jahr, wobei 76 % ganzjährig geöffnet haben. 15,2 % schließen maximal zehn Tage und 8,8 % zwischen elf und 30 Tagen (n=46). Generell müssen Beherbergungsbetriebe in Ecuador ein Gästeregister führen. Trotzdem gaben 8,3 % der Betriebe an, dies nicht zu tun. In Gesprächen wurde deutlich, dass auch den Betrieben, die ein Gästeregister führen, nicht bewusst ist, wofür sie dies tun. Dementsprechend werden die Daten zwar gesammelt, aber nicht an eine zentrale Stelle (Ministerio de Turismo, GAD, o. ä.) weitergegeben. Zudem werden die gesammelten Daten auch nicht für das eigene Unternehmen genutzt. Sinnvoll wäre es die Daten für Marketingzwecke zu nutzen (Werbeaussendungen), Gästeanalysen (beispielsweise Zusammensetzung der Besucher nach Alter, Geschlecht, Herkunft) und Gäste-Zufriedenheits-Befragungen durchzuführen. Die Nutzung der Daten, könnte helfen, den wirtschaftlichen Gewinn zu maximieren und etwaige Mängel im Bereich Service oder Ausstattung zu beheben.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Herkunft der Gäste der Beherbergungsbetriebe Laut Einschätzung der Beherbergungsbetriebe kommen die meisten Touristen aus Ecuador. Dicht gefolgt von den Ländern USA und Deutschland. Die Rubrik Sonstiges lässt sich in „übriges Europa“ (rund 64,3 %) und sonstiges Ausland (rund 35,7 %) unterteilen. Unbestreitbar sind die Folgen eines langen Anreisewegs auf die Umwelt (CO2-/NOXEmissionen). Daher ist die Förderung des Binnentourismus aus ökologischer Sicht von Vorteil. Zudem ist die Resilienz in der ecuadorianischen Bevölkerung insbesondere auf Naturkatastrophen höher. Die Bevölkerung ist im Umgang mit Bedrohungen durch Erdbeben und Vulkanausbrüchen routiniert und kehrt nach derartigen Ereignissen oft schneller wieder in die betroffenen Destinationen zurück als internationale Touristen.

China Spanien 3% 5% Kanada 14%

Sonstige 17%

N=157

Ecuador 22%

USA 20%

Deutschland 19%

Abbildung 46 Gästeherkunft der Beherbergungsbetriebe. Mehrfachantworten möglich. Eigene Erhebung 2018. Reisemotive der Gäste der Beherbergungsbetriebe Die bevorzugte Aktivität, die nach Meinung der Beherbergungsbetriebe am meisten von Touristen wahrgenommen wird, ist die Natur- bzw. Tierbeobachtung (rund 40 %). Es wird vor allem die Vogelbeobachtung hervorgehoben (25 %). Wandern und Trekking werden ebenfalls mit jeweils rund 15 % genannt. Unter Sonstiges werden explizit der Besuch der Wasserfälle, die Schokoladentour sowie der Schmetterlingsgarten genannt. Die Wahl dieser Freizeitaktivitäten ist positiv zu sehen, da sich Touristen über Flora und Fauna informieren und daher auch eher ein respektvoller Umgang mit der Umwelt zu erwarten ist. Zudem ist bei den genannten Aktivitäten nur ein geringer Eingriff mit geringer, bis keiner Beeinträchtigung des Ökosystems zu erwarten (vgl. Tabelle 49; Kapitel 9.4.3). Gleichzeitig findet durch organisierte und geführte Touren eine gezielte Besucherlenkung statt und es wird ein Einkommen für die ortsansässige Bevölkerung generiert. Zusatzangebote der Beherbergungsbetriebe Viele der Beherbergungsbetriebe bieten ihren Gästen ein Zusatzangebot an. Manche von diesen sind aus Sicht der Nachhaltigkeit und dabei insbesondere aus ökologischer Sicht kritisch zu bewerten. Der von rund 94 % der Beherbergungsbetriebe angegebene Gästeparkplatz und durchschnittlich acht Parkplätzen pro Betrieb fordert einen hohen Flächenverbrauch und ist daher ökologisch problematisch. Zudem kann es die Wahl des Anreiseverkehrsmittels entscheidend beeinflussen. Wenn es möglich ist komfortabel mit dem eigenen PKW anzureisen, ist seine Nutzung wahrscheinlicher. Ähnlich zu werten ist das Stellen eines Flughafentransfers. Sicherlich komfortabel für die Gäste ist dieser personalisierte Service wenig ökologisch, insbesondere, wenn mehrmals täglich der öffentliche Bus in die Hauptstadt fährt. Die Bereitstellung eines Pools und eines Wellnessbereichs (zusammen knapp 50 % der Beherbergungsbetriebe) ist bezüglich des Flächen- und Wasserverbrauchs sowie des Einsatzes von Chemikalien problematisch. Positiv zu sehen ist das von über Dreiviertel der Beherbergungsbetriebe angebotene kostenfreie Trinkwasser. Viele verfügen über große Spender, an denen die eigene Trinkwasserflasche aufgefüllt werden kann. Dadurch wird erheblich zur Vermeidung von Plastikmüll beigetragen.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Sonstiges 16,3%

Tier-/ Naturbeobachtung 39,9%

Wellness 2,0%

Entspannung 15,0%

Wandern / Trekking…

Sport 11,1%

N=153

Abbildung 47 Bevorzugte Aktivitäten der Touristen Mehrfachantworten möglich. Eigene Erhebung 2018.

Zusatzangebot

Anteil in %

Gästeparkplatz

94,4 %

WIFI

84,3 %

Gratis Trinkwasser

77,8 %

Wäscherei

67,3 %

Sonstiges96

55,1 %

Flughafentransfer

55,1 %

Restaurant

54,7 %

Pool

35,3 %

SPA/Wellnessbereich

13,7 %

Fitnessstudio

3,9 %

Tabelle 30 Zusatzangebot in den Beherbergungsbetrieben. Mehrfachantworten möglich. Eigene Erhebung 2018.

Mehr als die Hälfte der Betriebe hat zusätzlich auch ein Hotelrestaurant (n=53). In allen Hotelrestaurants wird Frühstück angeboten, rund dreiviertel bieten Abendessen und rund 70 % Mittagessen (n=29). Dabei wird überwiegend nationale (ca. 71 %) und internationale (64 %) Küche angeboten. Lokale (29,2 %) und regionale (12,5 %) Küche nimmt eine untergeordnete Rolle ein. Durch das Bereitstellen ortstypischer Nahrungsmittel (z. B. Forellen, Guaven) könnte ein Bewusstsein der Besucher für die Region und ihre kulinarischen Besonderheiten geschaffen werden. Zudem würde die Verwendung regionaler Produkte gefördert werden. Bislang ist dieses Bewusstsein aber im Ort (auch in den Restaurants) noch nicht vorhanden – auch weil es wie bereits erwähnt keine typische ‚Mindeño-Küche‘ gibt. Die Förderung der Gewinnspanne und der Steigerung der Bekanntheit ist durch die Öffnung der jeweils vorhandenen Restaurants für außenstehende Gäste möglich. Es öffnen rund 27 % ihr Restaurant ausschließlich für Gäste des Beherbergungsbetriebs. Selbsteinschätzung der Beherbergungsbetriebe Wenig überraschend fiel die Selbsteinschätzung der Beherbergungsbetriebe aus: Die meisten sehen ihren Betrieb überwiegend in positivem Licht. In Abbildung 48 wurden die abgefragten Selbsteinschätzungen nach den drei Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologisch, ökonomisch und sozial in einem semantischen Differenzial97 abgebildet. Problematisch – und gleichzeitig aufschlussreich – war der Punkt ‚Nachhaltigkeit‘, der explizit abgefragt wurde. Keine der mittels Fragebogen persönlich befragten Personen wusste etwas mit dem Begriff anzufangen. Einige setzten Nachhaltigkeit mit der Verwendung von einheimischen Tropenholz für den Bau des Hotels gleich. Demnach ist die Selbsteinschätzung „gut“ in Bezug auf die Nachhaltigkeit als nicht korrekt bzw. als fragwürdig einzustufen, da kein Wissen über das Konzept besteht. Ersichtlich ist die positive Selbsteinschätzung zu Müllrecycling, die unter den ökologischen Faktoren am besten bewertet wurde. Dies ist nach wie vor wohl auf die bereits erwähnte, von Pedro Peñafiel und den Amigos de la Naturaleza durchgeführte, Kampagne zur Mülltrennung in den u. a. Nutzung der Küche, Camping-Areal, Billard, Fluss-Zugang, Vogeltouren. „Mit einem semantischen Differenzial wird versucht ein Phänomen auf der Basis von Gegensatzpaaren, die einzelne Aspekte dieses Phänomens (Person, Gegenstand, Problem) beschreiben, zu charakterisieren. In der Regel wird für die Position einer Person hinsichtlich des Gegensatzpaares mittels einer Intensitätsskala bestimmt und daraus ein Gesamtwert (z. B. Mittelwert) ermittelt“ (Brunotte 2002d, S. 63). 96 97

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

90er Jahren zurückzuführen. Im Rahmen dieser wurde im Dorf wiederholt erklärt, wie wichtig es ist, Müll zu trennen und wie es korrekt durchgeführt wird. Aber auch die übrigen der Ökologie zuzurechnenden Faktoren wurden als grundsätzlich positiv eingeschätzt und die Betriebe stufen sich generell zwischen gut und sehr gut ein.

Nachhaltigkeit Verwendung lokaler und regionaler Produkte Ökologische Praktiken

Ökologie

Müllrecycling Ökologische Baumaterialien Erreichbarkeit mit dem ÖPNV Lage an Wanderwegen Erreichbarkeit mit dem Auto

Ökonomie

Werbung der Region Werbung für die regionale Kultur Internationale Bekanntheit Nationale Bekanntheit Akzeptanz des Hotels bei Ausländern Akzeptanz in der Bevölkerung Zusatzangebot im Hotel

Soziales

Zugänglichkeit für Behinderte Sicherheit des Dorfs Sicherheit des Hotels Freundlichkeit Reinigung

N= 865

neutral

gut

sehr gut

Abbildung 48 Selbsteinschätzung der Beherbergungsbetriebe. Eigene Erhebung 2018. Abstriche gab es in den zum Bereich der Ökonomie hinzuzurechnenden Punkten nationale und internationale Bekanntheit. Hier geht die Tendenz in Richtung neutral bis gut. In den Gesprächen

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

wurde deutlich, dass sich viele Betriebe mehr Werbung und dadurch auch eine höhere Bekanntheit des Dorfes und insbesondere des eigenen Betriebs wünschten. Die Zugänglichkeit für Behinderte wurde von einigen Beherbergungsbetrieben als nicht vorhanden angegeben. Im Durchschnitt ergibt sich dadurch ein nahezu neutraler Wert. Die übrigen Faktoren aus dem Bereich Soziales wie Sicherheit des Dorfs oder des Hotels, Freundlichkeit, Akzeptanz des Betriebs in der Bevölkerung zeichnen sich dahingegen im Durchschnitt zwischen gut und sehr gut ab. Rund 15 % planen ihren Beherbergungsbetrieb zu erweitern, indem zum einen bestehende Zimmer vergrößert und zum anderen mehr Zimmer angebaut werden sollen. Darüber hinaus möchten knapp 14 % ihr Hotel durch ein SPA, eine Sauna, einen Whirlpool oder einen Pool ergänzen. Weitere Infrastruktur bzw. Dekoration, wie beispielsweise Kinderspielplätze oder Begrünung der Anlage ist bei rund 15 % vorgesehen. 6,2 % der befragten Betriebe geben an, zukünftig touristische Pakete bzw. touristische Attraktionen schaffen zu wollen. Zum Teil sind die geplanten Maßnahmen nicht durchdacht und als wenig nachhaltig einzustufen. Fraglich ist, ob Erweiterungen der Hotels Verbesserungswünsche Anteil in % bei rückläufigen Touristenzahlen und steigender Konkurrenz wirklich sinnvoll sind. WeiterInfrastruktur/Dekoration 15,4 % hin ist die Erweiterung um Wellnessbereiche Erweiterung 15,4 % und Pools wenig zweckmäßig, da sie bei vielen SPA/Jacuzzi/Dampfbad/Sauna/Pool 13,8 % Mindeños als Verkaufsgarant gehandelt werden, obwohl die Übernachtungszahlen der BeInstandhaltungsarbeiten 12,3 % herbergungsbetriebe mit Pools nicht signifinichts/kein Geld für Verbesserungen 7,7 % kant besser sind. Gleichzeitig können die geService 7,7 % steigerte Flächenversiegelung und der Einsatz von Chemikalien zu einer Beeinträchtigung Restaurant/Bar/Café 6,2 % von Flora und Fauna führen. Einer der angegeSonstiges 6,2 % benen Hauptbesuchsgründe der Touristen ist Tourismuspakete/Touristenattraktionen 6,2 % ‚Tier- und Naturbeobachtung‘. Dies wäre dann zumindest rund um das Hotel nur noch eingeZugang für körperlich Eingeschränkte/ 6,2 % schränkt möglich und könnte einen Rückgang Behindertenbereich der Besucherzahlen zur Folge haben. Werbung 3,1 % Positiv ist die Bereitschaft in die Zugänglichkeit für körperlich eingeschränkte Personen Tabelle 31 Verbesserungswünsche der Behersowie generell in Infrastruktur und Werbung bergungsbetriebe in Mindo (N=39). Mehrfachzu investieren. antworten möglich. Eigene Erhebung 2018. Personalstruktur Durchschnittlich haben die Beherbergungsbetriebe 2,8 Festangestellte und 1,2 weitere Angestellte. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass rund 23 % der befragten Betriebe angeben, keine Festangestellten und 75 % keine weiteren Angestellten zu haben. Dies ist auf den hohen Anteil von Familienbetrieben vor Ort zurückzuführen. Viele der Betriebe sind inhabergeführt und die Ehepartner und Kinder helfen, für Entwicklungsländer typisch, ohne Anstellungsverhältnis mit. Rund 59 % (n=46) beschäftigen durchschnittlich zwei Saisonkräfte (n=25), ein Drittel arbeitet mit Freiwilligen (n=47). Die hohe Zahl an Saisonarbeitskräften ist typisch für den Tourismus weltweit. Diese Arbeitskräfte sind günstig, flexibel und werden häufig nicht offiziell gemeldet, somit erhalten sie auch keine Versicherung und haben keine sonstigen arbeitsrechtlichen Vorteile. Ecuadortypisch ist der Einsatz von Freiwilligen. Sie arbeiten gratis, manche bezahlen sogar etwas für ihren Aufenthalt und auch sie sind arbeitsrechtlich in aller Regel nicht abgesichert. Etwa die Hälfte der Betriebe beschäftigt (47,7 %, n=44) touristisch ausgebildetes Fachpersonal. Positiv ist der hohe Anteil (78 %) der befragten Betriebe, die Personen aus dem Dorf angestellt haben. Lediglich 33,3 % stammen aus dem übrigen Ecuador und 13,3 % aus dem Ausland (N=56; Mehrfachantworten möglich). Durchschnittlich werden 1,51 Männer und 2,19 Frauen beschäftigt. Der Frauenüberschuss im Beherbergungsgewerbe ist weltweit üblich.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Wenig glaubwürdig erscheinen die Angaben zu den Arbeits- bzw. Urlaubszeiten der Angestellten. Hier wurden fast ausnahmslos die gesetzlich vorgeschriebenen Zeiten angegeben, auch wenn andere Tatsachen in Gesprächen und Beobachtungen festgestellt wurden. Demnach arbeiten alle Angestellten etwa acht Stunden pro Tag mit knapp einer Stunde Pause, sie arbeiten etwa 40 Stunden pro Woche und haben 14 Tage Jahresurlaub. Rund 73 % der Angestellten erhalten Vergünstigungen (n=33). Darunter fallen Sondervergütungen (25 %), Spezialtarife für Familien (ca. 13,5 %), Teilung des Gewinnertrags (ca. 11,5 %), Unterkunft (ca. 11,5 %), Freizeit (ca. 9,6 %), Transportgutscheine (ca. 5,8 %) und weitere Vergünstigungen (ca. 23,1 %) (N=52). Diese Vergünstigungen können die Motivation der Arbeitnehmer erhöhen, die Einstellung zu Arbeitgeber positiv verändern und damit auch zu einer besseren Reputation des Beherbergungsbetriebs beitragen. Soziale Leistungen bzw. Maßnahmen wie diese sorgen für Gerechtigkeit und Anerkennung der Arbeitnehmer. 14.932 US$ werden im Schnitt jährlich als Bruttogehälter ausgezahlt (n=21), 2.280 US$ werden dem IEES zugeführt (n=19) und etwa 190 US$ für Fortbildungen investiert (n=24). Durchschnittlich werden rund 2.350 US$ für Mehraufwendungen für Angestellte, wie beispielsweise Verpflegung, Uniformen ausgegeben. Der hohe Anteil an Betrieben, die ihren Angestellten die Möglichkeit bietet, sich weiterzubilden (81,5 %; n=27) zeigt, dass ein Bewusstsein besteht, dass gut ausgebildete Personen (z. B. erweiterte Sprachkenntnisse) positiv auf den Betrieb wirken können. Warenbezug Nach der Herkunft der bezogenen Waren befragt, gab etwa ein Drittel an, die Waren lokal und weitere 20 % die Waren regional zu beziehen. Rund 47 % kaufen ihre Waren in Quito. Insbesondere Waren, die schwer in Mindo zu beschaffen sind, werden in den größeren Subzentren (z. B. San Miguel de Los Bancos) und in den Zentren Santo Domingo de los Tsachilas und Quito erstanden. Auf die Frage, wo die gekauften Waren produziert werden, wird ein relativ hoher Anteil von 22 % der Produkte in Mindo selbst produziert, 3 % regional, 39 % national und 35 % in Quito.

national 3,1%

Quito 46,6%

international 0,2%

international 1,0%

lokal 30,0%

lokal 22,2% national 38,9% regional 2,9%

n=40

regional 20,0%

Abbildung 49 Herkunft der bezogenen Waren des Beherbergungsbetriebs. Eigene Erhebung 2018.

n=16

Quito 34,8%

Abbildung 50 Lage der Produktionsstätten der gekauften Waren. Eigene Erhebung 2018.

Es wurden rund 25 Artikel genannt, die schwer in Mindo zu erhalten sind und für die, größere Städte aufgesucht werden müssen. Unter den Nennungen waren Qualitätsprodukte. Insbesondere die mangelnde Qualität des erhältlichen Fleischs wurde wiederholt erwähnt. Darüber hinaus

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

wurde das Fehlen vegetarischer Produkte und Bio-Zutaten, Wein, Elektronik, Baumarktartikel, Baumaterialien und hotelspezifische Waren angeführt. Insbesondere Lebensmittel, wie Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch und Eier werden in Mindo selbst produziert und bezogen. 92,3 % des lokalen Wareneinkaufs beziehen sich ausschließlich auf Nahrungsmittel, darüber hinaus werden lediglich Hygiene-/Reinigungsprodukte und Werkzeuge lokal bezogen. Auch auf Gemeindeebene beschränkt sich der Wareneinkauf, mit Ausnahme von Papier (4,8 %), ausschließlich auf Nahrungsmittel. Wobei hier vor allem Nahrungsmittel, die in nicht ausreichender Menge (Hülsenfrüchte/Körner und Kakao) in Mindo produziert werden, von außerhalb bezogen werden. Die übrigen Produkte sind die gleichen, die auch in Mindo gekauft werden können, aber wegen minderer Qualität oder nicht ausreichender Menge auf Gemeindeebene und regional bezogen werden. National werden vor allem verarbeitete Lebensmittel (wie Zucker, Nudeln, Kaffee), wie auch vor Ort nicht produzierte Güter, wie Meeresfrüchte, verschiedene Getränke und Öl, erworben. Ausschlaggebend für den nationalen Bezug der Waren ist die Verfügbarkeit und der Preis.

Hygieneprodukte / Reinigungsmittel 5,1%

Werkzeuge 2,6% Kakao 4,8%

Papier 4,8%

Molkereiprodukte / Milch 28,6%

Eier 2,6% Forelle 2,6%

Gemüse 25,6%

Nahrungsmittel 7,7%

Hülsenfrüchte / Getreide 9,5% Nahrungsmittel 9,5%

Fleisch/ Wurst 10,3%

Molkereiprodukte/ Milch 20,5%

Obst 23,1%

Wareneinkauf lokal im Ort

N=39

Fleisch / Wurst 14,3%

Wareneinkauf Gemeindeebene

Obst 19,9%

N=21 Gemüse 9,5%

Werkzeuge 4,2% Forelle 4,2% diverse Produkte 11,1%

Wein 4,2% Gemüse 20,8%

Hülsenfrüchte / Getreide / Mehl 4,2%

Nudeln 3,7% Werkzeuge 3,7%

Fleisch / Wurst 11,1% Molkereiprodukte 7,4%

Meeres-früchte 3,7%

Hygieneprodukte / Reinigungsmittel 12,5%

Hülsenfrüchte / Getreide 7,4%

Kaffee 3,7% Öl 3,7% Fleisch / Wurst 20,8%

Obst 12,5%

Bier 3,7% Gemüse 3,7% Zucker 7,4%

Wareneinkauf regional

Molkerei-produkte / Milch 16,7%

N=24

Obst 7,4%

Getränke 3,7%

Wareneinkauf national

Nahrungsmittel 7,4% Hygieneprodukte / Reinigungsmittel 7,4% N=27

Abbildung 51 Wareneinkauf der Beherbergungsbetriebe nach Art und Herkunft; Mehrfachantworten möglich. Eigene Erhebung 2018.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

43 der befragten Beherbergungsbetriebe bieten ihren Gästen zusätzliche Dienstleistungen an. Insbesondere Flughafentransfer (72,5 %) und Wäscherei (80 %) werden von einem Großteil bereitgestellt. Darüber hinaus bieten einige Beherbergungsbetriebe ihren Gästen auch Livemusik (12,5 %) und ein Animationsprogramm (2,5 %) (N=80; Mehrfachantworten möglich). Der Anteil der zugekauften Dienstleistungen ist verhältnismäßig hoch. Dies ist im Bereich des Flughafentransfers (ca. 71 %) oder der Livemusik (ca. 16 %) zu erwarten, beim Wäscheservice ist es ungewöhnlich (ca. 79 %), da die meisten Anlagen über ausreichend Platz verfügen, diese Dienstleistung selbst zu erbringen. Exkursionsangebot der Beherbergungsbetriebe 72,3 % der Beherbergungsbetriebe bieten ihren Gästen Exkursionsprogramme an. Es werden dieselben Touren, wie u. a. Canyoning, Canopy, Reittouren, Rafting, Mountainbiking und geführte Wanderungen, die auch in den Agenturen des Dorfes offeriert werden, angeboten. In Tabelle 49 (Kapitel 9.4.3) wird auf die Belastung durch die verschiedenen Touren eingegangen. Generell sind aber die meisten in Mindo angebotenen Freizeitangebote verhältnismäßig schonend zur Natur (Ausnahme sind beispielsweise Quad-Touren). Sie werden ausschließlich von lokalen Guides durchgeführt. Somit ist die Einbeziehung der Bevölkerung gewährleistet. Rund die Hälfte (46,9 %) der angebotenen DurchschnittliDurchschnittExkursionen wird durch Dritte organisiert, leProgramm cher Preis (gerun- liche Dauer diglich der Verkauf der Touren geschieht durch det) (gerundet) den Beherbergungsbetrieb. 40,6 % der Ex15°US$ kursionen organisiert und verkauft der Beher(Ecuadorianer)/ bergungsbetrieb selbst und 12,5 % organisiert Canopy 90 min 25°US$ und verkauft ein Drittanbieter im Hotel (Ausländer) (N=32). Durch die Einbeziehung von Dritten Canyoning 15°US$ 90 min bei der Organisation und Durchführung der Geführte Touren wird die touristische Wertschöpfungs35°US$ 160 min Wanderungen kette erweitert, der durch die Tour eingenomKaffeetour 6°US$ k. A. mene Gewinn bleibt in Mindo. Bei der Buchung der Touren wird in aller Regel stets auf dieselMountainbiking 9°US$ 100 min ben Anbieter zurückgegriffen. Dabei spielen Reittouren 12°US$ 60 min persönliche, vertrauensbasierte Beziehungen Rafting 7°US$ 50 min eine große Rolle. Dadurch, dass die Touren verhältnismäßig Schmetterlings7°US$ 75 min garten umweltschonend sind, sie durch die lokale Bevölkerung organisiert und veranstaltet werden Tubing 12°US$ 60 min und die Wertschöpfung innerhalb Mindos Vogelbeobach25°US$ k. A. stattfindet, sind sie als nachhaltig einzustufen. tungstouren Im Durchschnitt verkaufen die BeherberWasserfälle/ selbst5°US$ gungsbetriebe rund 38 Touren pro Monat Tarabita bestimmt (n=10). Die Casa de Cecilia verkauft mit Abstand die meisten Touren, was auf die hohen Tabelle 32 In den Beherbergungsbetrieben anGästezahlen des Hostals generell zurückzufühgebotene Exkursionen mit Durchschnittsren ist, wie auch auf das eigene Reisebüro im preisen/-dauer. Eigene Erhebung 2018. Haus. Nimmt man die Casa de Cecilia aus der Durchschnittsberechnung, werden rund 13 Touren pro Monat verkauft (n=9). Es werden jährlich rund 3.228 US$ (n=8), mit Casa de Cecilia 5.203 US$ (n=9) Umsatz generiert. Damit ist der Verkauf eine wichtige Zusatzeinnahmequelle der Beherbergungsbetriebe. Etwa ein Drittel (34 %) der befragten Beherbergungsbetriebe (n=47) verkauft zusätzlich Waren an die Touristen. 50 % bieten Souvenirs, 75 % Essen, 25 % Textilien und 25 % sonstige Waren, wie Bücher, Schmuck und Marmeladen an. Der überwiegende Teil der Beherbergungsbetriebe (75 %) verkauft die Waren in der Rezeption des Beherbergungsbetriebs (N=16; Mehrfachantworten möglich).

150

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Durch den Verkauf der Touren und zusätzlichen Waren ist die Abhängigkeit vom Tourismus nach wie vor hoch. Bei verhältnismäßig geringem Mehraufwand ist eine Erhöhung des Gewinns durch die Diversität der verkauften Waren und Dienstleistungen möglich. Etwa die Hälfte der angebotenen Waren wird in Ecuador produziert, ca. 18 % in der Region und rund 32 % innerhalb des Dorfes (N=22; Mehrfachantworten möglich). Durch die Einbindung der örtlichen und regionalen Bevölkerung in den Produktionsprozess ist eine direkte Beteiligung an der touristischen Wertschöpfung gegeben, was zu einem wirtschaftlichen, wie auch einem sozialen Aufstieg (z. B. durch nun mögliche Bildung) der betroffenen Personengruppen führen kann. 56 % (n=41) aller befragten Beherbergungsbetriebe unterstützen ein oder mehrere Projekte, dabei entfallen ca. 57 % auf ein soziales, 19 % auf ein kulturelles und ca. 48 % auf ein ökologisches Projekt (N=21; Mehrfachantworten möglich). Alle Projekte sind in Mindo angesiedelt und bei den Einheimischen durchweg bekannt. Unterstützte Projekte Die Unterstützung der Projekte seitens Thematische der Beherbergungsbetriebe ist zu 59 % Genannte Projekte Zuordnung finanziell, zu 54,5 % durch Arbeitskraft, Asociacion de guias Kulturell/ökologisch zu rund 23 % materiell und zu rund Kulturell 23 % sonstiger Art (N=35; Mehrfachant- Asociacion de hoteleros worten möglich). Asociacion de Padres y Cuidadores Sozial Die Förderung der in Tabelle 33 ange- de personas con capacidad führten Projekte hilft, die Gemeinde in Casa Catapulta Kulturell Bereichen der Nachhaltigkeit zu stärken Ökologisch und unterstützt benachteiligte Personen Conteo navideño und/oder verschiedene andere Aspekte, Fundación Salem Sozial die innerhalb des Dorfs relevant sind, zu Mindo Cultura Kulturell thematisieren. Ökologisch/sozial Durch die Projekte ist es möglich die Mindo Lindo Bekanntheit des Dorfs (inter-)national Patitas felices Ökologisch auszubauen. Insbesondere der Conteo Navideño, bei dem innerhalb von Tabelle 33 Von den Beherbergungsbetrieben unter24 Stunden alle beobachtbaren Vogelarstützte Projekte. Eigene Erhebung 2018. ten in der Region Mindos durch ortsansässige, nationale wie auch ausländische (Hobby-) Ornithologen gezählt werden, bietet eine enorme Werbe- und Weiterbildungsmöglichkeit durch Experten für Mindo und seine Bevölkerung. Durch diese Aktion wird das Alleinstellungsmerkmal der hohen Biodiversität in Mindo marketingwirksam nach außen kommuniziert. Andere Aktionen, wie typische Mingas unter den Dorfbewohnern zu einem bestimmten Thema führen zur Schaffung eines Gemeinschaftssinns innerhalb des Ortes und bewirken ein Bewusstsein für eine intakte Dorfgemeinschaft und eine unberührte Natur. Gleichzeitig sind diese Aktionen (z. B. Müllsammlungen in und um Mindo) direkt dem Umweltschutz gewidmet. Verschiedene Projekte wie Mindo Lindo oder die Fundacion Salem leisten einen großen Beitrag zur Bildungsarbeit insbesondere jugendlicher Bewohner. Aber auch Schulklassen aus Quito kommen zu Besuch und werden im Falle Mindo Lindos von Pedro Peñafiel und seiner Frau Heike über die Besonderheiten des Nebelwaldes aufgeklärt. In Projekten wie der Asociacion de Padres y Cuidadores de personas con capacidad (Vereinigung von Eltern und Betreuern von Personen mit Behinderung) werden Probleme thematisiert (z. B. nicht von körperlich behinderten Personen benutzbare Gehsteige) und nach Lösungen gesucht, sowie die Betreuung organisiert. Patitas felices (Glückliche Pfötchen) befasst sich mit den zahlreichen Straßenhunden Mindos, sucht Adoptionsplätze und veranstaltet kostenlose Kastrations- und Impftage, an denen Straßenhunde zu extra dafür engagierten Tierärzten gebracht werden dürfen. Somit trägt dieses Projekt auch zum Schutz der Umwelt (weniger jagende, streunende Hunde) und zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bei. Die Erhaltung und der Ausbau der exemplarisch angeführten Projekte leisten einen großen Beitrag das Dorf nachhaltig weiterzuentwickeln. 151

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Entwicklungswünsche, notwendige Maßnahmen, Kollaboration und nötige Hilfe In offenen Fragen wurden die Betreiber der Beherbergungsbetriebe gefragt, welche Wünsche sie für eine zukünftige Entwicklung des Dorfes und welche notwendigen Maßnahmen für eine Zusammenarbeit mit Wettbewerbern zur Erreichung gemeinsamer Ziele getroffen werden müssen. Weiterhin sollten die Ziele erklärt werden, die sie durch die Zusammenarbeit zu erreichen hoffen. Abschließend wurde darum gebeten, die nötigen Hilfen, die seitens der Regierung sinnvoll wären, darzulegen. Die Ergebnisse werden nachfolgend textlich und in den Tabellen 34 bis 37 vorgestellt. Für die zukünftige Entwicklung des Dorfes wurden von den Beherbergungsbetrieben Wünsche aus den Bereichen Tourismus, Umwelt, Politik und soziokulturelle Bedingungen genannt. Im Bereich des Tourismus wurde eine gelenkte touristische Entwicklung – oft in Verbindung mit politischer Organisation und Kontrollen, wie auch verstärktes Marketing, um den Ort bekannter zu machen, genannt. Damit in Zusammenhang steht auch die Forderung, in den Ausbau des Tourismus zu investieren. Der Wunsch, den Tourismus zu spezialisieren, wurde vor allem von Personen genannt, die auch den Erhalt der Natur erwähnten. Generell wurde bemängelt, dass der Bekanntheitsgrad Mindos national, aber vor allem international zu gering ist. Man ist sich im Ort der Tatsache bewusst, dass, um die Lebensqualität zu verbessern, aber auch um mehr Touristen anzuziehen, eine Verbesserung der Infrastruktur, ein Ausbau der Bildung, wie auch eine Erhöhung der Freundlichkeit der Bewohner notwendig sind. Bereich

Anteil in %

TOURISMUS

24,6 %

UMWELT

13,6 %

POLITIK

31,3 %

SOZIOKULTURELLE BEDINGUNGEN

28,7 %

SONSTIGES

1,7 %

6,8 % 6,8 % 5,9 % 5,1 % 7,3 % 3,1 % 2,4 % 0,8 % 7,6 % 10,2 % 9,3 % 4,2 % 7,6 % 5,9 % 5,9 % 5,1 % 4,2 % 1,7 %

Geäußerte Wünsche Gelenkte touristische Entwicklung Tourismusmarketing/Marketingmaßnahmen Spezialisierung des Tourismus Investition und Ausbau des Tourismus Schutz Keine Minen Kontrollierte Haustierhaltung Autofreiheit Politische Organisation Kontrollen, Normen, Regularien Kontrollierte Entwicklung Mehr Alkoholkontrollen Verbesserte Bildung/Fortbildungen/Bewusstseinsbildung Verbesserung der Infrastruktur Freundlichkeit/Ehrlichkeit der Bewohner steigern Verbesserung der Lebensumstände Kulturelle Einrichtungen, Veranstaltungen, Identität schaffen Sonstiges

Tabelle 34 Wünsche für eine zukünftige Entwicklung des Dorfs nach Einschätzung der Beherbergungsbetreiber (N=118; Mehrfachantworten möglich). Eigene Erhebung 2018. Um diese Wünsche zu realisieren, wurde im Bereich des Tourismus eine Konzentration auf Naturschutztourismus bzw. Turismo Comunitario98 angeführt. Darüber hinaus wurde eine Stärkung des Incoming Tourismus gefordert, da er weniger Eingriffe in die Natur mit sich bringt. Die Vorstellung des internationalen Touristen in Mindo ist das eines nachhaltig und umsichtig reisenden Touristen. Man geht unter den Befragten vielfach davon aus, dass internationale Touristen respektvoll mit der Umwelt umgehen und hauptsächlich umwelt- und ressourcenschonenden Aktivitäten, wie Vogelbeobachtung, Radtouren und Wanderungen, nachgehen. Mit einheimischen Touristen hingegen verbinden sich Vorstellungen, dass diese zum Feiern nach Mindo kommen,

Turismo Comunitario bedeutet übersetzt Gemeindetourismus. Darunter wird eine Form des Tourismus verstanden, bei der die Beschäftigten aus der Gemeinde stammen, kulturelle Besonderheiten explizit ausund vorgestellt werden und traditionelle Lebensweisen gepflegt werden.

98

152

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Abenteuer-Aktivitäten, die verstärkt in die Natur eingreifen, wie beispielsweise Tubing und Canyoning, ausüben und sich generell wenig für die Umwelt interessieren. Im Tourismusbereich soll verstärkt auf einen professionellen und qualitätsorientierten Service Wert gelegt werden. Es wurden häufig Schulungen und Ausbildung des Personals erwähnt. Um wirtschaftlicher handeln zu können, wurde eine gegenseitige Kapazitätsprüfung vorgeschlagen. Dadurch soll es möglich sein, Touristen gezielt zu lenken und einseitige Auslastungen innerhalb des Ortes zu vermeiden. Um touristisch und generell wirtschaftlich erfolgreich sein zu können, wird seitens der Politik Unterstützung in der internationalen Zusammenarbeit, in der Erhöhung der Sicherheit und im Marketingbereich als maßgebliche Handlungsweisen angeführt. Anteil in %

Bereich

TOURISMUS

12,6 %

GEMEINDE/POLITIK

64,1 %

4,7 % 3,1 % 1,6 % 1,6 % 1,6 % 21,9 % 15,6 % 10,9 % 9,4 %

BILDUNG/SERVICE

15,6 %

SONSTIGES

7,8 %

6,3 % 10,9 % 4,7 % 7,8 %

Notwendig erachtete Maßnahmen Wirtschaftlich/gegenseitige Kapazitätsprüfung Konzentration auf Naturschutztourismus Gemeindetourismus Guter touristischer Service Konzentration auf Incoming Tourismus Einigkeit/Einheit/Identität schaffen Werbung/Sponsoring Vereinbarungen treffen/Normen/Kontrollen Lokale, nationale und internationale Zusammenarbeit Sicherheit/Drogenproblematik lösen Guter Service/gute Organisation Fortbildung Sonstiges

Tabelle 35 Notwendige Maßnahmen der Zusammenarbeit mit der Konkurrenz zur Erreichung gemeinsamer Ziele nach Einschätzung der Beherbergungsbetreiber (N=64; Mehrfachantworten möglich). Eigene Erhebung 2018. Ziele, die durch eine Kollaboration zwischen den Tourismusakteuren und insbesondere auch zwischen den verschiedenen Beherbergungsbetrieben erreicht werden sollen, sind die Weiterentwicklung des Tourismus, die Qualitätssteigerung des touristischen Produkts, wie auch die Qualitätssteigerung der touristischen Dienstleistung. Bereich

Anteil in %

TOURISMUS

23,6 %

ÖKOLOGIE

10,3 %

ÖKONOMIE

30,9 %

SOZIOKULTURELLE BEDINGUNGEN

35,2 %

10,3 % 7,4 % 5,9 % 10,3 % 22,1 % 4,4 % 2,9 % 1,5 % 11,8 % 5,9 % 4,4 % 2,9 % 2,9 % 2,9 % 2,9 % 1,5 %

Ziele Kollaboration zur Verbesserung des touristischen Produkts Entwicklung des Tourismus Verbesserung des touristischen Service Umweltschutz Werbung/Messebesuche/Imageaufwertung Prüfung der Preise Neue Produkte des Vertriebs und des Marketings Wirtschaftliche Entwicklung Aus-/Weiterbildung Verbesserung der Infrastruktur Sonstiges Aufwertung des kulturellen Angebots Einheit Regeln und Gesetze Sicherheit Organisation

Tabelle 36 Durch Zusammenarbeit zu erreichende Ziele nach Einschätzung der Beherbergungsbetreiber (N=68; Mehrfachantworten möglich). Eigene Erhebung 2018.

153

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Allgemein wurde während der Gespräche mit den Beherbergungsbetrieben eine große Skepsis wahrgenommen, was die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit innerhalb des Dorfes anbelangt. Zwar fordern sehr viele der Befragten mehr Einigkeit in der Verfolgung gemeinsamer Ziele, gleichzeitig herrschen aber auch Neid und Voreingenommenheit gegenüber den Mitbewerbern. Im Hinblick darauf, Hilfe bzw. Möglichkeiten der Unterstützung seitens der Regierung oder der Gemeindeverwaltung (GAD parroquíal) zu erhalten, fiel die Meinung sehr verhalten aus. Generell traut man es dem GAD nicht oder nur sehr eingeschränkt zu, helfend zu agieren. Die Bereiche, in denen sich die Beherbergungsbetriebe Mitwirkung wünschen, umfassen den Tourismus, die Umwelt, die Ökonomie, Politik und soziokulturelle Bedingungen. Rund 5,9 % der befragten Beherbergungsbetriebe wollen explizit mehr Teilnahme an der touristischen Entwicklung, 9,9 % fordern Werbung und Marketingmaßnahmen. Im Bereich der Umwelt, wurden der Verzicht auf Minen, Kontrolle der Straßenhunde und die Wasser Ver- und Entsorgung genannt. Politisch wurden Bereiche, die eine geordnete Entwicklung des Dorfes, wie die Schaffung einer Grundversorgung, Regularien und Kontrollen wie auch allgemein die Bereitschaft zu handeln, angeführt. Im soziokulturellen Bereich wird die Forderung nach der Erhöhung der Sicherheit, wie auch der Kampf gegen Drogen und Alkohol genannt. Mehrfach wurde im Gespräch auch auf die Untätigkeit der Polizei verwiesen. Korruption ist in Ecuador in vielen öffentlichen wie auch privaten Bereichen verbreitet. Wenig verwunderlich ist daher der Wunsch der Beherbergungsbetriebe, Korruption und generellen Machtmissbrauch zu vermeiden, die Partizipation und Kollaboration der Gemeinde zu erhöhen, die Infrastruktur zu verbessern und Bildungsangebote zu schaffen. Bereich

Anteil in %

TOURISMUS

15,8 %

UMWELT

5,0 %

ÖKONOMIE

4,0 %

POLITIK

18,8 %

9,9 % 5,9 % 3,0 % 1,0 % 1,0 % 4,0 % 6,9 % 5,9 % 4,0 % 1,0 % 1,0 % 21,8 %

SOZIOKULTURELLE BEDINGUNGEN

55,5 %

SONSTIGES

1,0 %

8,9 % 8,9 % 8,9 % 5,0 % 2,0 % 1,0 %

Nötige Hilfe bei Werbung und Marketing Teilnahme an der touristischen Entwicklung Wasser Ver- und Entsorgung Kontrolle der Hunde Umweltschutz/keine Minen Transparenz und sinnvoller Einsatz von Finanzen Entwicklung des Dorfs Regularien und Kontrollen Grundversorgung schaffen Weniger Einmischung Handeln Organisation und Partizipation der Gemeinde, Bewusstseinsschaffung und Engagement/Kollaboration Erhöhung der Sicherheit Kampf gegen Drogen/Alkohol Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur Bildung und Fortbildung Keine Korruption/Kein Machtmissbrauch Sonstiges

Tabelle 37 Nötige Hilfen der Regierung nach Einschätzung der Beherbergungsbetreiber (N= 101; Mehrfachantworten möglich). Eigene Erhebung 2018. Die Tabellen 34 bis 37 verdeutlichen, dass sich die Betreiber der Beherbergungsbetriebe der Probleme vor Ort bewusst sind und gezielt auch Wünsche, Maßnahmen und Ziele formulieren, die notwendig sind, um das Dorf und auch den Tourismus nachhaltig zu entwickeln. Die Rolle einer intakten Natur, die Kollaboration zwischen Gemeinde (Regierung) und der Bevölkerung, wie auch ein funktionierendes soziales Netzwerk sind eindeutig identifizierte Punkte, die die Verbesserung Mindos bewirken sollen. Das bestehende Bewusstsein, der in den Tabellen aufgeführten Faktoren, ist grundlegend wichtig, den Ort partizipatorisch zu entwickeln. Mit einigen Inhabern der Beherbergungsbetriebe wurde im Anschluss an die quantitative Befragung ein qualitatives Expertengespräch geführt. Es wurden wichtige Zusatzinformationen zum Betrieb selbst, aber auch zu den (touristischen) Strukturen Mindos gegeben. Die mangelnde Kooperationsbereitschaft im Dorf, wie auch das fehlende fachliche Know-How wurde häufig 154

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

thematisiert. Gleichzeitig wurde die Notwendigkeit eines guten Serviceangebots, fehlendes Marketing und das Versagen der Politik erörtert. Die grundlegenden Themenbereiche der Nachhaltigkeit wurden behandelt, Probleme und Mängel identifiziert und Ideen (Bibliothek, Fortbildungsangebote, Umweltbildung) entwickelt und diskutiert. Dabei wurden wichtige Punkte, die in Tabelle 38 gelistet sind, angesprochen, die die Grundlage für die Entwicklung eines touristischen Konzepts und die POBS-Analyse sind. Interviewte Personen (Institution)

Gesprächsinhalte –

Patricia Aguirre und Ehemann (Inhaber Birdplanet Ecolodge)

– – – –

Sebastien Bavgio (Inhaber Le Bicok)

– – – – – – – – – – – – – –

Juan A. Cajiao (Inhaber Hostal Jardín de los Pajaros)

– – – – – – – – – – – –

Monica Espinoza (Inhaberin El Acuario de Mindo)

– – – – – – – –

Gastronomie vor Ort: Mangelndes Know-How. Kein Wille zur Fortbildung, um bessere Qualität des gastronomischen Angebots und des Service anbieten zu können. Mangelnde Vermarktung des Ortes mit seinen touristischen Attraktionen. Relevanz guten Service und gute Gastronomie anzubieten. Versuch Fortbildung für die Gastronomen vor Ort anzubieten - allerdings wenig Interesse. viel Kundschaft aus Quito. Problematik als Ausländer im Dorf, etwas zu erreichen. Neid und Uneinigkeit unter der Bevölkerung. Überpolitisierung verschiedener Themenbereiche/zu bürokratisch. Nicht Einhaltung von Versprechungen der Gemeinde. Mangel an Engagement und Motivation der Bevölkerung. neue Ideen werden abgeblockt. Die Ufer der Flüsse gehören aufgewertet, um von den Touristen und den Anwohnern genutzt werden zu können. Es wird zum Teil kein Trinkwasser an die Touristen und Anwohner gegeben, sondern es wird Wasser aus der Leitung gefiltert. gefälschte Angaben bei Booking.com Arbeitsunwilligkeit der Handwerker vor Ort. Mangel an Arbeitsmaterialien. fehlendes Know-How der Bevölkerung. Mangelnde Qualität der zu erstehenden Waren. Probleme des Dorfs: Drogen, Lärm, Schlepper, fliegende Händler, Kriminalität, Straßenhunde, mangelnde Sauberkeit im Dorf. fehlende Bildung der Bevölkerung. Notwendigkeit, die Verantwortlichen in der Gemeinde auszutauschen. Instandsetzung der Straßen. Förderung der Jugendlichen. Geburtenkontrolle. Lösung für Probleme des Zugangs zur Infrastruktur (Wasser, Gas, Kanalsystem, Elektrizität). Keine Einrichtungen für Behinderte. Zu großer (z. T. illegaler) Wettbewerb. Hohe Verschuldung der Geschäfte/Hotels in Mindo. Seit vier Jahren komplizierte Situation für den Tourismus. Gemeinsame Kasse für Werbemaßnahmen. Einzahlung ohne Folgen. Vorschlag, eine Bushaltestelle vor dem Tourismusbüro einzurichten, um von dort aus, eine gerechte Verteilung der Touristen auf die Hotels zu erreichen. Anstieg der Kriminalität in Mindo. Schaffung von Projekten für die Jugend, um das Abrutschen in die Kriminalität zu vermeiden. Fortbildungen für die Geschäftsleute vor Ort wären wünschenswert. Mangelnde gute Gastronomie im Ort. Notwendigkeit der Hervorhebung gastronomischer Besonderheiten vor Ort. Uneinigkeit in der Bevölkerung Mindos, Neid. Schlepper. Zu wenig Werbung für Mindo durch das Tourismusministerium. falsch platzierte Investitionen (Dorfparksanierung für 50.000°US$).

155

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Interviewte Personen (Institution)

Gesprächsinhalte

Familie Garzón (Inhaber Hacienda San Vicente)

– – –

Historische Entwicklung und Besiedlung des Dorfs, Kolonie Ayora. Beschreibung der Gründung der Stiftung Amigos de la Naturaleza. Geschichte der Familie Garzón als Erstbesiedler der Region.

Oswaldo German Proaño Leiva (Inhaber Quinoa)

– – –

gastronomisches Angebot für internationale Touristen (vegetarisch, bio, vegan). Schwierigkeit, Produkte zu erwerben (in Mindo nahezu unmöglich). Zuwanderung vieler Quiteños, die das schnelle Geschäft suchen.



Uneinsichtigkeit der Bevölkerung Mindos bzgl. Veränderungen und Verbesserungen. Marketing und Werbemaßnahmen des Ortes. Untätigkeit der Politik. Förderung des „falschen“, nicht nachhaltigen Tourismus.

Henry Guillen (Besitzer Casa de Piedra/Mitglied der Tourismuskammer Nordoccidente)

– – – – – –

Umweltbewegung seit den 1980er Jahren. Notwendigkeit der Umweltbildung und Aufklärung der Bevölkerung. Differenzierung der Touristen nach Intention: Naturinteressierte, Abenteuertouristen, Kinder- und Jugendliche (Bildungstourismus).

– –



Notwendigkeit, den „Billigtourismus“ zu verbannen. Zusammenarbeit und/oder gemeinsame Finanzierung, um die Infrastruktur zu verbessern. Mangel an einer ausführenden Gewalt. Verbesserung des Erscheinungsbildes des Dorfes (Außenwirkung). Zusammenarbeit mit den anderen Hotels, um Leerstände zu vermeiden und alle verfügbaren Plätze effizient zu nutzen. Mangel an Einsatz der öffentlichen Hand, mangelndes Verantwortungsbewusstsein. Problem des zunehmenden Alkoholismus im Dorf. Entwicklung des Dorfs auf organisierte Art. Förderung des hochpreisigen Hotelangebots, um Naturtouristen in den Ort zu ziehen. Schaffung von Normen.

Ana Maria Solis (Inhaberin Hostal San René)

– – – – – –

Entwicklung des Dorfs in den letzten 50 Jahren. mangelnde Kultureinrichtungen und Veranstaltungen im Dorf. Notwendigkeit eines botanischen Gartens. Plan, ein Forschungszentrum einzurichten. Gründung und Bestückung der Bibliothek. „falsche“ Investitionen der Regierung im Ort (z. B. Parkeinrichtung).

Ignacio de la Torre (Inhaber La Roulotte)

– – – –

Notwendigkeit die Umwelt zu schützen. Umweltpädagogik (z. B. Erlebnislabyrinth, Veranstaltungen). Sich von der Masse abheben. Gute Gastronomie, familiäre Atmosphäre.

Pedro Peñafiel (Inhaber Mindo Lindo)

– – – Adrian Proaño (Verwalter Hosteria Saguamby Mindo)

– – – –

Tabelle 38 Gesprächsinhalte der Expertengespräche mit Personen der touristischen Angebotsseite – Beherbergungsbetriebe. Eigene Darstellung 2018. Zwischenergebnisse der Befragung der Betreiber der Beherbergungsbetriebe Die Befragung führte zu Befunden, die Aufschluss über die touristischen Strukturen, den Grad der Nachhaltigkeit und die bestehenden Mängel in den Betrieben aber auch in Mindo gaben. Die Bereitschaft der Betriebe sich in den Tourismus des Ortes nachhaltig einzubringen, konnte festgestellt werden. Es fehlte in allen Bereichen der Nachhaltigkeit noch am nötigen Know-How und damit in Zusammenhang stehend, an eindeutigen Vorgaben und Richtlinien sowie zum Teil auch an finanziellen Mitteln. Die Problematik zum Teil nicht kooperationswillige Partner zusammenzuführen, erschwert die Entwicklung Mindos, ist aber nicht unlösbar.

156

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Aus ökologischer Sicht konnten einige zum Teil gravierende Probleme identifiziert werden. Dazu sind, die nach wie vor voranschreitende Zersiedlung der Landschaft, der Eintrag von Abwässern in die Flüsse und die Vulnerabilität des Ortes durch drohende Naturkatastrophen zu nennen. Das weitere unkontrollierte Wachstum der Beherbergungsbetriebe sollte durch Maßnahmen seitens der Gemeindeverwaltung gehemmt werden. Erweiterungen innerhalb der Betriebe sollten nochmals geprüft werden, da manche nicht den gewünschten Effekt (mehr Touristen) haben werden, die Folgen für die Umwelt jedoch gravierend sein können (z. B. Poolbau). Positiv hingegen ist die geringe Größe der meisten Betriebe zu sehen, da sie ein geringeres Abwasser- und Abfallaufkommen sowie einen niedrigeren Energieverbrauch haben. Günstig ist der etwas länger werdende Aufenthalt der Touristen, da durch ihn weniger Emissionen durch An- und Abreiseweg bei gleichbleibenden Einkünften entstehen. Die Vielzahl an Binnentouristen ist ebenfalls aufgrund des kürzeren Anreisewegs im Vergleich zu ausländischen Touristen positiv. Gleichzeit beeinträchtigen die bevorzugten Freizeitaktivitäten der Touristen (Naturbeobachtung) das hochsensible Ökosystem um Mindo nur wenig. Ökonomisch gesehen ist insbesondere die Stärkung der lokalen/regionalen Wertschöpfungskette zu nennen. Ein Großteil der Waren wird in Mindo und der Region produziert und bezogen. Eine weitere Stärkung der lokalen/regionalen Wertschöpfung sollte gefördert werden. Positiv ist, dass sich viele Beherbergungsbetriebe durch den Verkauf von Touren und Waren ein zweites Standbein verschaffen, gleichzeitig wird durch das Outsourcing der Touren zu lokalen Anbietern die lokale Wertschöpfung weiter gestärkt. Vertrauensbasierte Geschäftsbeziehungen spielen dabei eine bedeutende Rolle. Wirtschaftlich problematisch ist die Menge der bestehenden Betriebe. Viele der befragten Beherbergungsbetriebe haben bereits Probleme eine ausreichende Auslastungsrate für eine wirtschaftliche Rentabilität zu erzielen. Es sollte eine qualitative Aufwertung der Betriebe durch gezielte Maßnahmen und nicht die mengenmäßige Erweiterung der Bettenzahl angestrebt werden. Manche geplanten Änderungen, wie der (kostenintensiv) Bau eines Pools oder eines SPAs sollte zudem nochmals geprüft werden. Hinsichtlich der sozialen Komponente sind einige Mängel feststellbar. Es fiel der hohe Anteil an Saisonarbeitskräften und Freiwilligen auf. Problematisch ist, dass es sich hier um zum Teil nicht offiziell gemeldete und arbeitsrechtlich nicht abgesicherte Arbeitskräfte handelt. Es besteht für die Angestellten vielfach die Möglichkeit der Fortbildung. Bei Rücksprache mit dem Personal einiger Betriebe wird dies aber noch nicht genutzt. Eine Verpflichtung zu Fortbildungen wäre somit zielführend. Die Unterstützung der Projekte im Ort durch Arbeitskraft, Sachspenden und finanzielle Mittel findet statt. Touristen mit körperlichen Einschränkungen haben häufig nicht die Möglichkeit die Beherbergungsbetriebe zu nutzen, da die Zugänglichkeit (z. B. über Rampen) nicht gegeben ist.

9.3.3 Akteure der touristischen Mittlerseite – Agenturen Es haben alle 13 Agenturen an der Befragung teilgenommen. Die Tatsache, dass zwölf der Agenturen im Besitz von Mindeños sind, und nur ein Besitzer aus dem übrigen Ecuador stammt, ist positiv zu bewerten. Die lokalen Personen haben das nötige Wissen über den Ort und die Region und verfügen über ein ausreichend großes Netzwerk im Ort, um ein adäquates Angebot für die Touristen zusammenzustellen. 2016 hatten die Agenturen durchschnittlich rund 3.030 Kunden (n=9), 2017 war dieser Anteil geringfügig niedriger mit 2.900 Kunden (n=7). Die Hälfte der Agenturen schließt während des Jahres nicht, die übrigen schließen im Schnitt etwas mehr als einen Monat, 35 Tage (n=12). Ca. 77 % führen ein Kundenregister (n=13). Betrachtet man die Gründungsjahre der Agenturen, wurde die Mehrheit im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends gegründet. Lediglich zwei Agenturen (La Isla und Mindo Bird Adventure) entstanden bereits davor. Dies hat einen hohen Konkurrenzdruck zur Folge, auch weil sich die Agenturen im Angebot nur peripher unterscheiden.

157

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Sollte die Zahl der Agenturen steigen, hätte dies zur Folge, dass die erwirtschafteten Gewinne voraussichtlich nicht mehr zur Existenzsicherung der Betriebe ausreichen würden. Name der Agentur

Gründungsjahr

Name der Agentur

Gründungsjahr

Mindo Bird Adventure

1993

Multiecumindo

2008

La Isla

1999

Endemictours

2011

Mindoxtrem Birds CIA.LTDA

2000

Mindo Green Turismo Ecologico

2012

American World Tours

2000

Chocó Birding

2015

Oromi Operador

2006

Mindo biking

2015

Birdwatching Tour Operator Mindo

2008

Agencia y operadora tour pervi

2017

Mindo Extreme

2008

Tabelle 39 Reiseagenturen in Mindo. Eigene Erhebung 2018. 75 % der Agenturen betreiben ihre Geschäfte ausschließlich in Mindo (n=12). Generell ist die Fokussierung auf Mindo gut, da somit auch die beteiligten Akteure der touristischen Wertschöpfungskette ausschließlich aus Mindo stammen und dadurch das Kapital am Ort gebunden bleibt. Verbesserungswünsche für die Agentur Etwa drei Viertel Betreiber der Agenturen (76,9 %) gaben einen oder mehrere Verbesserungswünsche für ihre Agenturen an (n=10). Rund ein Drittel der Reiseagenturen wünschen sich für ihre Reiseagentur mehr Werbung. Dies ist ein wichtiger Aspekt, der es erlaubt auch (über-)regional einen Kundenstamm zu akquirieren und somit den Gewinn trotz großer Konkurrenz nichts zu steigern. Betrachtet man den Anteil der 7,1% Touristen, die ihren Beherbergungsbetrieb Fremdsprachenerwerb 7,1% über das Internet gebucht haben (52%, vgl. Werbung 28,6% Verbesserung des Kapitel 9.3.4 Akteure der touristischen NachTransports frageseite) erscheint der Wunsch von 14 % 7,1% der Agenturen, eine eigene Webpage einzuGrundstück für richten nur folgerichtig. Dies erhöht die die Firma kaufen 7,1% Sichtbarkeit und die Bekanntheit insbesondere bei den ausländischen Touristen, erweiBeschilderung tert den Kundenstamm und steigert die Bu7,1% Webpage chungen. Neue Kunden 14,3% Ebenfalls 14 % wollen neue Aktivitäten in 7,1% ihr Programm aufnehmen. Abhängig von den Neue Aktivitäten im Programm jeweiligen Programmen, kann durch die N=14 14,3% Maßnahme die Nachhaltigkeit des Tourismus und die Attraktivität des Angebots gesteigert werden. Sicherlich dient eine Erweiterung durch neue Aktivitäten auch der Abbildung 52 Verbesserungswünsche an der eigeDiversifizierung und der Abgrenzung von nen Reiseagentur. Mehrfachantworten möglich. Eigene Erhebung 2018. den konkurrierenden Agenturen.

158

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Herkunft der Kunden Nach der Herkunft ihrer Kunden befragt, gaben die Agenturen als Hauptquellgebiete Deutschland, die USA und Ecuador an. Insbesondere beim hohen Anteil an Binnentouristen, sollte darauf geachtet werden, Aktivitäten zu verkaufen, die bei den Kunden den Wunsch wecken, erneut nach Mindo zu reisen und eine Reise auch an Freunde und Bekannte weiterzuempfehlen. Daher ist eine nachhaltige Ausrichtung, die einen langfristigen wirtschaftlichen Gewinn sichert, sinnvoll. Es ist davon auszugehen, dass die aus dem Ausland stammenden Touristen in aller Regel mehr Geld für Touren zur Verfügung haben. In Gesprächen (vgl. Tabelle 42) wurde deutlich, dass insbesondere Ausländer weniger Interesse am Abenteuertourismus haben als mehr an geführten Vogelbeobachtungstouren, die kostspieliger sind.

Quellländer

Anteil in Prozent

Deutschland

28,2 %

USA

28,2 %

Ecuador

25,6 %

Kanada

5,1 %

Spanien

2,6 %

China

2,6 %

Sonstige

7,7 %

Tabelle 40 Hauptquellländer der Kunden der Reiseagenturen (N= 39; Mehrfachantworten möglich). Eigene Erhebung 2018.

Verkaufsvolumen und Beschäftigungsstruktur Das durchschnittliche jährliche Verkaufsvolumen der Agenturen liegt bei 11.150°US$ (n=4). Pro Monat verkaufen die Agenturen rund 120 Programme (n=6) und erreichen dadurch ein durchschnittliches Verkaufsvolumen eigener Exkursionen von 1.110°US$ jährlich (n=5). Wie auch im Beherbergungsgewerbe feststellbar war, wird auch bei den Agenturen gehäuft auf Saisonkräfte (66,7 %; n=12) und Freiwillige (41,7 %; n=12) zurückgegriffen. Diese Art der Beschäftigung ist für die Arbeitgeber wesentlich kostengünstiger, da nur nach Bedarf eingestellt wird, die Arbeitnehmer häufig nicht ordentlich gemeldet werden und weniger als den gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Bereits erwähnt wurde, dass Freiwillige in Ecuador häufig sogar dafür bezahlen in einem Betrieb mitarbeiten zu dürfen, um die Arbeitsweise kennenzulernen (ähnlich einem Praktikum in Deutschland, nur mit Bezahlung seitens der Arbeitskräfte). Wie bei den Beherbergungsbetrieben ist auch hier anzustreben, die Zahl der Saisonarbeitskräfte durch festangestelltes Personal zu ersetzen und damit eine arbeitsrechtliche Sicherheit für die Arbeitnehmer zu schaffen. 53,8 % der Beschäftigten sind touristisch ausgebildetes Personal (n=13). Positiv ist, dass der hohe Anteil von rund 83 % der Beschäftigten aus Mindo stammt. Die lokale Bevölkerung wird auf dem Arbeitsmarkt gefördert und es wird ihnen die Möglichkeit geboten, Einkommen vor Ort zu erwirtschaften, ohne die Notwendigkeit in die großen Städte abzuwandern. Die übrigen 17 % der Beschäftigten kommen aus Quito und Venezuela. Durchschnittlich arbeiten 2,8 Männer (n=11) und 1,25 Frauen (n=12) pro Agentur. Es wird ein Mittelwert der Urlaubsdauer der Beschäftigten von 9,9 Tagen angegeben (n=7). Dies liegt unter der gesetzlich vorgeschriebenen Urlaubsdauer von 14 Tagen in Ecuador. Vermutlich kann das auf Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse und die hohe Zahl an Familienmitgliedern innerhalb der Unternehmen zurückgeführt werden. Sie unterliegen normalerweise anderen Regelungen und helfen nahezu permanent im Betrieb mit. Lediglich vier Betriebe machten Angaben zu den jährlich ausgezahlten Gehältern, wonach 6.870 US$ gezahlt werden sowie der Beitrag zum IESS 99 658 US$ beträgt. Im Durchschnitt werden ca.183 US$ für Fortbildungen aufgewandt (n=3). Wie auch bei den Beherbergungsbetrieben, ist es den Agenturinhabern bewusst, wie wichtig gut ausgebildetes Personal (vor allem in Bezug auf Sprachkompetenz und Umgang mit Ausrüstungsmaterialien) für einen Betrieb sein kann. Daher bieten rund 60 % der Agenturen ihren Mitarbeitern die Möglichkeit sich fortzubilden (n=10). Auch die Bedeutung Mitarbeiter durch Vergünstigungen zu motivieren, scheint erkannt zu sein. Daher bekommen etwa zwei Drittel der Angestellten Vergünstigungen (n=6). 165 US$ werden pro Monat für Bedarfsartikel für die Agentur ausgegeben (n=6). Rund 83 % der Agenturen beschäftigen ausschließlich lokale Guides, was zu einer Stärkung der Sozialstruktur und wirtschaftlichen Förderung der lokalen Bevölkerung beiträgt. Der 99

Instituto Ecuatoriano de Seguridad Social (Ecuadorianisches Institut der Sozialversicherung). 159

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

überwiegende Teil der Guides wird über Programme des Tourismusministeriums ausgebildet (37,5 %), in Mindo wird rund ein Viertel ausgebildet, die übrigen bilden an verschiedenen Orten in Ecuador aus bzw. legen die Verantwortung der Aus- und Weiterbildung in die Hände der Guides selbst (N=16; Mehrfachantworten möglich). Durch die professionelle Ausbildung durch das Ministerium ist die Qualität gewährleistet, die qualifizierten Guides bringen ihr Know-How zurück nach Mindo und tragen so auch zur Weiterbildung der Mindeños bei. Selbsteinschätzung der Agenturen Wie auch die Beherbergungsbetriebe wurden auch die Reisebüros nach ihrer Selbsteinschätzung gefragt. Diese fiel in Vergleich zu ihnen sogar noch positiver aus. Kein Themenbereich wurde im Durchschnitt unter neutral/schlecht/sehr schlecht eingestuft. Die meisten Themen wurden mit gut bis sehr gut bewertet.

Ökologie

Nachhaltigkeit Ökologische Praktiken Müllrecycling Ökologische Materialien Lage an Wanderwegen

Ökonomie

Werbung der Region Werbung der regionalen Kultur Nationale Bekanntheit Internationale Bekanntheit

Soziales

Akzeptanz im Dorf Akzeptanz unter Ausländern Sicherheit des Reisebüros Sicherheit des Dorfs Zugang für Behinderte N=174

neutral

gut

sehr gut

Abbildung 53 Selbsteinschätzung der Reiseagenturen. Eigene Erhebung 2018. Wie bei den Beherbergungsbetrieben ist die Auswertung des Begriffs Nachhaltigkeit per se nicht aussagekräftig, da der Begriff auch bei den Agenturbetreibern größtenteils nicht bekannt war und hier meist mit Umweltschutz gleichgesetzt wurde. Im Bereich Ökologie wurden alle abgefragten Begriffe als gut eingestuft. Auch hier schneidet das Müllrecycling – wahrscheinlich dank der Kampagne Amigos de la Naturaleza aus den 1990er Jahren – etwas besser ab. Deutlich wird hier, dass die nationale und internationale Bekanntheit zwar als gut eingestuft wird, aber vergleichsweise doch etwas schlechter als die übrigen zur Ökonomie zu zählenden Themen. Im Bereich Sozial wurde die Zugänglichkeit für Behinderte schlechter eingestuft, wobei in aller Regel auch das Angebot der Agenturen zum großen Teil nicht für körperlich behinderte Menschen geeignet ist.

160

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Sprachkompetenz in den Agenturen Bis auf zwei Agenturen verfügen alle über englischsprachiges Personal. Dies setzt sich aus durchschnittlich rund zwei Festangestellten (n=10) und zwei freien Mitarbeitern (n=4) zusammen. In einer der Agenturen wurde im Gespräch deutlich darauf hingewiesen, dass für die angebotenen Aktivitäten keine Englischkenntnisse in der Agentur nötig sind, man könne sich stets behelfen und lege keinen Wert darauf weitere Sprachkenntnisse zu erwerben. Diese Einstellung ist bei den übrigen Agenturen nicht vorzufinden und somit haben ausländische Touristen ohne Sprachkenntnisse ein ausreichend großes Konkurrenzangebot, um auszuweichen. Warenbezug Die meisten konsumierten Waren der Reiseagenturen werden lokal (41,7 %) bezogen. Der Erhalt der Wertschöpfung zu mehr als der Hälfte (53,3 %) regional (11,67 %) und lokal (41,67 %) ist als positiv zu bewerten. Als schwierig zu beziehen werden Pressluft (für die Tubing-Reifen), Sportausrüstung und Helme genannt, wie auch generell eine mangelnde Vielfalt an Produkten. Daher wird Ware aus dem Ausland (16,67 %) oder aus Quito (26,67 %) (N=6; Mehrfachantworten möglich) zugekauft. Zusammensetzung der Exkursionsprogramme Die meistverkauften Programme sind Tubing- (ca. 28 %) und Canopytouren (ca. 20 %), Seilbahnfahrten (ca. 17 %) sowie geführte Wanderungen und Vogelbeobachtung (jeweils ca. 11 %) (N=36; Mehrfachantworten möglich). Die meisten der angebotenen Touren haben wie bereits erwähnt einen verhältnismäßig geringen Einfluss auf die Natur. Ausnahmen wie Canyoning und Quad-Verleih werden mitunter auch angeboten, allerdings überwiegen die Touren mit geringeren Auswirkungen. Wie schädlich verschiedene Touren auf die Umwelt wirken kann Tabelle 49 entnommen werden. Touren

Anteil durchführender Agenturen in %

Touren

Anteil durchführender Agenturen in %

Canopy

100 %

Geführte Wanderungen

91,7 %

Reittouren

100 %

Mountainbiking

91,7 %

Tubing

100 %

Tarabita (Seilbahn)

91,7 %

Vogelbeobachtungen

100 %

Quadverleih

58,3 %

Canyoning

91,7 %

Sonstige (bspw.): Schmetterlingsgarten, Schokoladentour, Kaffeetour

58,3 %

Froschkonzert

91,7 %

Rafting

50 %

Tabelle 41 Anteil ausgewählte Touren durchführende Agenturen (in Prozent) (n=13). Eigene Erhebung 2018. Transport bei den Exkursionen Der Transport der Agentur für die Touren wird zu knapp 67 % privat – ausschließlich für das Reisebüro – abgewickelt, 25 % führen den Transport privat zusammen mit anderen Reiseagenturen durch, ebenfalls 25 % lassen die Kunden individuell zu den Ausgangspunkten der Touren anreisen und 16,7 % mit dem Taxi (N=16; Mehrfachantworten möglich). Die individuelle Anreise trägt zu einem höheren Ausstoß von Stick- und Kohlenstoffoxid-Emissionen bei, sowie einem erhöhten Verkehrsaufkommen. Sinnvoll ist eine Bündelung der Transporte. Gästezufriedenheit Zwei Drittel der Agenturen führen Kundenbefragungen durch (n=9), dabei werden beispielsweise die Qualität des Service, die allgemeine Einschätzung der Tour, Preis/Leistung sowie

161

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Beschwerden abgefragt. Dies ist für die Planung und Ausrichtung der Agenturen sehr wichtig und vermeidet einen Rückgang der Verkaufszahlen. Weiterführendes Leistungsspektrum Die Reiseagenturen verkaufen fast ausnahmslos Aktivitäten. Vermittlung von Unterkünften in Mindo gehört i.d.R. nicht zu ihrem Leistungsspektrum. Etwas mehr als drei Viertel aller Agenturen verkaufen zusätzlich auch noch Produkte an die Kunden. Lediglich rund 18 % dieser Waren werden in Mindo hergestellt, 27 % in der Region und über die Hälfte (54,5 %) im übrigen Ecuador (N=11; Mehrfachantworten möglich). Der Anteil in Mindo erzeugter Waren ist gering, jedoch ist es positiv zu werten, dass etwa ein Drittel in der Region produzierte Produkte veräußert. Je nach Produkt, kann durch spezifische Produkte auch die Kultur der Mindeños den Touristen vermittelt werden (z. B. durch Kunsthandwerk) und die Popularität der Region gesteigert werden. Durch den Verkauf weiterer Waren (z. B. Souvenirs) schafft eine zweite lukrative Einkommensquelle für die Betreiber der Agenturen. Derzeit werden Andenken (anteilig 80 %), Essen (anteilig 10 %), Textilien (anteilig 60 %), Bücher (anteilig 20 %), Postkarten und weitere Waren (anteilig 20%) in den Reiseagenturen angeboten (N=26; Mehrfachantworten möglich). Rund 70 % bieten ihren Kunden ein Lunchpaket bei den Touren an. Über die Hälfte der Agenturen stellen es selbst her, die übrigen erwerben dies lokal. Vier der Agenturen unterstützen soziale und/oder ökologische Projekte in Mindo. Hierunter fällt vor allem Hilfe durch Stellung von Arbeitskraft bei Veranstaltungen und in den Projekten selbst (zum Beispiel Conteo Navideño, Amigos de la Naturaleza, Adulto Mayor) und die Unterstützung der Gemeinde durch Sachspenden. Mit drei Inhabern der Reiseagenturen vor Ort wurden vertiefende Gespräche im Anschluss an die quantitativen Befragungen geführt. Vor allem die Gespräche mit Sandy Patiño und Miguel Patiño trugen zum Verständnis des Tourismus in Mindo bei. Beide Interviewpartner stellten heraus, dass für die Weiterentwicklung des Tourismus eine Kollaboration der Tourismusakteure und mit der Gemeinde notwendig ist. Zudem wurde die Notwendigkeit einer guten Qualität des touristischen Produktes, wie auch die Erhaltung der Natur als fundamentalste Voraussetzung des Tourismus in Mindo betont. Geschichtliche und politische Hintergründe und Zusammenhänge wurden dargelegt die als Grundlage für die POBS-Analyse und Bewertung herangezogen werden (vgl. Kapitel 9.4.4). Interviewte Personen (Institution)

Gesprächsinhalte – – – – – –

Sandra Patiño (Birdwatching Tour Operator Mindo Paradise/Mitglied der Asociación de Guías)

– – – – – – – – –

162

Schwierigkeiten die touristischen Stakeholder zusammenzubringen – Versuche gab es. Vorschläge und Ideen werden von der Gemeinde und dem Tourismusministerium nicht genügend unterstützt und werden daher meist nicht realisiert. Straße zu den Wasserfällen müsste für den Individualverkehr gesperrt werden. Pick-up-Taxis sollten nur mit mind. zehn Passagieren fahren dürfen. Regelmäßige Treffen touristischer Stakeholder zusammen mit der Gemeinde sollten eingeführt werden, um den Tourismus und den Naturschutz voranzubringen. Es sollte für mehr Sicherheit im ÖPNV durch den Einsatz von Überwachungskameras gesorgt werden (auf der Strecke Quito-Mindo finden viele Diebstähle statt). Bewohner sollten mehr zu Fuß gehen, um den Taxiverkehr nicht noch zu fördern. Umwelt- und Sprachunterricht, wie zu Zeiten der Amigos de la Naturaleza in den 1980er Jahren unter Pedro Peñafiel existiert nicht mehr. Vermehrter Zusammenschluss beispielsweise in der Asociación de Guías, um Umweltbildung zu betreiben und weitere Projekte, wie ein Forschungs- und Informationszentrum für Wissenschaftler und Touristen zu gründen). Problematik des Bodenschätzeabbaus und unterschiedliche Reaktionen in der Bevölkerung. Zu wenig gebildete Bevölkerung, die die Problematik der Schürfkonzessionen nicht versteht. Anstieg des Tourismus in Mindo. Notwendigkeit, sich für eine naturverträgliche Tourismusform zu entscheiden – weniger für den Abenteuertourismus; Festlegung von Zielgruppen. Qualitätstourismus (weniger Backpacker, mehr zahlungskräftige Birdwatcher. Notwendigkeit, die touristischen Einrichtungen zu warten (hohe Luftfeuchtigkeit).

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Interviewte Personen (Institution)

Gesprächsinhalte

Miguel G. Paladines (Inhaber Agencia American World Tours, Mindo)

– –

Ausbau des Abenteuertourismus. Wünschenswert wäre verstärkte Zusammenarbeit mit den Hotels vor Ort.

– – – –

Art des gewünschten Tourismus muss definiert werden. Geregelte und kontrollierte Entwicklung des Dorfes. Bessere Organisation des Tourismus. Zusammenarbeit, um den Touristen den besten Service und die bestmögliche Qualität bieten zu können. Zusammenschluss, um den Tourismus weltweit zu bewerben. Qualitätssteigerung.

Miguel Patiño (Inhaber Hotel Garceta Sol/Restaurant El Chef/Agentur Mindo Bird Adventure)

– –

Tabelle 42 Gesprächsinhalte der Expertengespräche mit Akteuren der touristischen Mittlerseite – Agenturen. Eigene Darstellung 2018. Zwischenergebnisse der Befragung der Agenturen Die mit den Inhabern der Agenturen geführten quantitativen Interviews brachten aufschlussreiche Kenntnisse. Neben den grundlegenden Informationen zu den angebotenen touristischen Produkten, der Struktur des Unternehmens und des Kundenstamms, wurden auch direkt und indirekt die Nachhaltigkeit betreffende Kriterien abgefragt. Alle Agenturen bieten nahezu die gleichen Touren an. Wenige Ausnahmen, wie beispielsweise Mindo Paradise versuchen sich in Richtung geführter Vogelbeobachtungstouren zu spezialisieren. Insgesamt sind nahezu alle Touren als ökologisch verträglich einzustufen, da sie nur in geringem Maße in die Umwelt eingreifen. Manche Agenturen planen eine Erweiterung des Tourangebots. In Gesprächen wurde deutlich, dass beispielsweise Touren zu Medizinalpflanzen geplant sind. Dies hätte eine weitere Diversifizierung des Angebots ohne Belastung der Umwelt zur Folge. Als nachteiliger Einflussfaktor auf die Umwelt ist der individuelle Transport zu den Tourausgangspunkten zu nennen. Dies hat eine Erhöhung des Verkehrsaufkommens und damit zusammenhängend eine Steigerung des Abgas- und Lärmausstoßes zur Folge. Eine Bündelung des Verkehrs zwischen den Agenturen ist notwendig. Die hohe Konkurrenz innerhalb der Reiseagenturen wirkt sich negativ auf die Gewinnspannen der einzelnen Betriebe aus. Eine zahlenmäßige Erweiterung der Agenturen ist zu vermeiden und eine weitere Diversifizierung und Erarbeitung von Alleinstellungsmerkmalen ist für die Erhaltung und Steigerung der Wirtschaftlichkeit von grundlegender Bedeutung. Zudem sollte eine Förderung des Verkaufs der Touren mit größerer Gewinnspanne, die zudem ökologisch verträglicher sind (Natur-/Vogelbeobachtungs-Touren) stattfinden. Die angestrebten Verbesserungswünsche hinsichtlich der eigenen Agenturen zeigen einen Trend in diese Richtung. Die lokale Wertschöpfung wird durch den Zukauf von Produkten (z. B. Lunchpakete) und Dienstleistungen (z. B. Transport) gefördert. Wie bei den Beherbergungsbetrieben auch, werden viele Mindeños beschäftigt, wodurch die lokale Ökonomie und die sozialen Strukturen am Ort gefördert werden. Es werden viele der Arbeitskräfte nur temporär angestellt. Sehr gut ist die Beschäftigung von ausnahmslos lokalen Tourguides, die zum großen Teil durch das Tourismusministerium eine qualifizierte Ausbildung erhalten.

163

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

9.3.4 Akteure der touristischen Nachfrageseite – Touristen In zwei Befragungszeiträumen vom 25.02. bis zum 21.03.2018 und vom 01.09. bis zum 17.09.2019 wurden sowohl internationale als auch einheimische Touristen interviewt. Vorrangig wurden die Daten im Bereich des Busterminals sowie rund um den zentralen Park erhoben. Insgesamt wurden 519 Touristen befragt. Soziodemographische Zusammensetzung der Befragten Etwa zwei Drittel (66 %) der befragten Personen (n=519) waren Alter Anteil in % Ausländer. Der überwiegende Teil von ihnen waren US-Amerika32,4 % ner (25,3 %), gefolgt von Deutschen (21,2 %) und Franzosen 18 – 24 (10,6 %) (n=340). Die Mehrzahl der Touristen waren Europäer 25 – 34 42,0 % (58,8 %), 26,47 % Nordamerikaner, 10,9 % Lateinamerikaner 35 – 44 11,8 % und 3,82 % stammten von anderen Kontinenten (n=340). Das Ge7,3 % schlechterverhältnis aller befragten Personen war relativ ausge- 45 – 54 glichen, mit einem etwas höheren Frauenanteil (57,4 %). Der 55 – 64 3,9 % überwiegende Teil, 74,4 % der befragten Personen, gehörten zur Über 65 2,7 % Altersgruppe zwischen 18 und 34 Jahren. 100 % Rund drei Viertel aller Befragten (70 %) deklarierten als höchs- Gesamt ten Bildungsabschluss Universität, 12 % Fachhochschule, 7 % Gymnasium und die übrigen 11 % Realschule und darunter Tabelle 43 Alterszusammen(n=502). Nach dem Beschäftigungsverhältnis gefragt, gaben ca. setzung der Reisenden 26 % (n=501) an, sich im Beamten- bzw. Angestelltenverhältnis (n=510). Eigene Erhebung. zu befinden, 8,2 % waren leitende Beamte bzw. Angestellte. Etwa 22 % waren der Gruppe der Schüler, Studenten, Auszubildenden und Praktikanten zuzuordnen. 18,4 % waren Facharbeiter und rund 12,6 % waren selbständig oder freiberuflich. Ein überraschend hoher Teil ordnete sich der Kategorie arbeitslos zu, was auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass viele der Langzeitreisenden ihre Stelle gekündigt haben, um frei und ohne Zeitdruck reisen zu können. Im Ruhestand bzw. in Pension befindlich gaben 3,4 % der Befragten an, 0,4 % sind der Gruppe der Hausfrauen/Hausmänner zuzuordnen. Aufgrund dieser Ergebnisse zeigt sich, dass der überwiegende Teil der Befragten junge und gebildete Reisende sind. Wie auch während der weiteren Befragung deutlich wurde, verfügen sie bereits über gewisse Kenntnisse zum Nachhaltigkeitsbegriff. Anreiseart der Befragten Im Durchschnitt wenden die Reisenden für Ihren Aufenthalt in Ecuador (ohne Flug) 1.470 US$ auf (n=391). Die Verteilung des verfügbaren Reisebudgets, aufgeschlüsselt nach Reisedauer, findet sich in Tabelle 43. Darin ist ersichtlich, dass für Aufenthalte bis sieben Tage in der Regel zwischen 50 (i. d. R. Tagestouren) und 500 US$ ausgegeben werden, für 8 bis 14 Tage zwischen 251 und 2.000 US$ und für 15 – 21 Tage 251 bis über 5.000 US$ (Angaben jeweils ohne Flüge). Deutlich wird anhand der Tabelle, dass es zum Teil relativ große Schwankungen des jeweils verfügbaren Budgets innerhalb derselben Zeitspannen gibt. Insbesondere ausländische Touristen reisen länger. Nach der Selbsteinschätzung ihrer Reisekategorie100 befragt, gab etwa ein Drittel (31,1 %) an, mit geringem Budget zu reisen (n=499). Die Hälfte (50,9 %) ordnete sich als Tourist mit mittelklassigem Budget ein. 15 %, der gehobenen Mittelklasse, 2,4 % der gehobenen Klasse und 0,6 % der Luxusklasse. Im Durchschnitt reisen die befragten Personen (n=454) rund 69 Tage, davon rund 33 Tage innerhalb Ecuadors (n=468). In Mindo bleiben sie durchschnittlich 3,41 Tage (n=514).

Es wurden fünf im Tourismus übliche Klassen zur Auswahl gegeben: Geringes Budget, Mittelklasse, gehobene Mittelklasse, gehobene Klasse und Luxusklasse. Eine Preisreferenz wurde nicht zusätzlich bereitgestellt. 100

164

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Reisebudget in US$ für den gesamten Aufenthalt in Ecuador (ohne Flug)

Aufenthalt in Ecuador in Tagen

bis 50

51– 100

101– 250

251– 500

501– 750

751– 1.000

1.001– 1.501– 2.001– 3.001– über 1.500 2.000 3.000 5.000 5.000

Gesamt n

bis 7 11

18

29

22

1

9

4

7

2

1

2

106

8–14 0

0

0

20

3

11

7

6

1

1

1

50

0

1

0

11

12

13

13

15

2

10

5

1

0

0

1

2

7

3

8

6

0

4

1

0

0

5

3

20

7

6

11

4

0

0

0

0

1

1

1

2

1

2

0

2

0

0

0

2

2

1

1

2

2

1

1

12

≥120 0

0

0

3

0

1

2

2

4

2

1

15

Gesamt

13

19

29

65

24

63

39

47

30

19

16

364

in %

3,57

5,22

7,97

17,86

6,59

17,31

10,71

12,91

8,24

5,22

4,40

100

15– 21 22– 28 29– 59 60– 89 90– 119

82 32 57 10

Tabelle 43 Reisebudget nach Aufenthaltsdauer mit Hervorhebung der häufigsten Nennungen. Eigene Erhebung. 44,5 % der Touristen reisten mit einer weiteren Person, 42,9 % mit drei oder mehr Personen und lediglich 12,6 % allein (n=510). Der Großteil besuchte Mindo zusammen mit dem Partner (34,1 %), Freunden (32,6 %) und/oder der Familie (17,1 %), die übrigen Touristen lernten den Reisepartner auf der Reise selbst (9,5 %) oder durch eine Reisegruppe kennen (6,7 %) (N=537). 53,4 % der befragten Personen sind mit dem Flugzeug ins Land gereist. Der überwiegende Teil landete in der Landeshauptstadt Quito (ca. 96 %), alle übrigen kamen in Guayaquil an. Über den Landweg sind 12,7 % der befragten Personen eingereist, davon kamen rund 52 % über Kolumbien und rund 48 % über Peru nach Ecuador. 33,9 % der befragten Personen sind innerhalb Ecuadors angereist.

Wohnmobil

0,4%

Fahrrad

0,4%

Zu Fuß

0,4%

Taxi

4,5%

Auto

5,6%

Reisebus

n=515

11,3%

ÖPNV

77,5% 0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Abbildung 54 Verkehrsmittel für die Anreise nach Mindo. Eigene Erhebung. Mehr als drei Viertel der befragten Touristen ca. 77,5 % sind mit dem ÖPNV (Bus) nach Mindo gereist, 11,3 % mit dem Reisebus, 5,6 % mit dem privaten PKW und 4,5 % mit dem Taxi (n=515). 165

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Der Bus ist ein beliebtes Reisemittel in Ecuador, da er fast alle Teile des Landes häufig und kostengünstig miteinander verbindet. Pro Stunde Busfahrt zahlt man circa 1 US$, somit wird es fast allen Bevölkerungsschichten Ecuadors ermöglicht, das Land zu bereisen. Wie aus Gesprächen mit ausländischen Touristen hervorging, schätzen sie sowohl die Taktung, das Preis-Leistungsverhältnis, wie auch das „Erlebnis“ Busfahren. Letztgenanntes zeichnet sich z. B. durch ‚fliegende‘ Händler, Transport von Tieren in oder auf dem Bus und Gespräche mit Einheimischen aus. Der hohe Anteil an Personen, die mit den ÖPNV anreisen ist als positiv einzustufen, schont Ressourcen und spart Emissionen ein. Die Bedeutung, der (teilweise internationalen) intermodalen Anreise nach Mindo, insbesondere bezüglich der Stick- und Kohlenoxide, kann den Tabellen 45 und 46 (Kapitel 9.4.3) entnommen werden. Buchungsart der Befragten Rund 52 % haben bereits vorab über das Internet die Unterkunft gebucht. Etwa 41 % buchen direkt vor Ort im Hotel und ein verhältnismäßig sehr geringer Anteil von lediglich ca. 7 % bucht über ein Reisebüro (n=407). Die Homepages, die für die Buchung der Unterkunft, genannt wurden, sind Booking.com (61,8 %), Hostelworld (17,6 %), AirBnB (9,1 %) und die Internetseite des jeweiligen Hotels selbst (6,7 %), sonstige (4,8 %) (n=165). Durch diese Art der Buchung ist nur ein Teil der Beherbergungsbetriebe für die Touristen vorab sicht- und buchbar. Viele der Betriebe sind wie erwähnt nicht im Internet vertreten. Dies ist sowohl für die Beherbergungsbetriebe als auch für die Touristen von Nachteil. 86 % Prozent der Personen haben Ihre Reise selbst zusammengestellt, reisen also individuell. 14 % haben ein Pauschalangebot gebucht. Dadurch ist kaum eine Besucherlenkung möglich. Reisedauer und -ziele Es gaben 23,3 % der befragten Personen an, über 9 mal dass sie nur für einen Tagesausflug nach 6-9 mal 1,8% Mindo gekommen sind und nicht übernachten 2,0% (n=514). Der überwiegende Teil (77 %) der 2-5 mal befragten Personen ist zum ersten Mal in 18,6% Mindo. Die übrigen Personen sind im Durchschnitt bereits zum rund vierten Mal in Mindo (n=517). Die Personen, die bereits öfter in Mindo gewesen sind, stammen zu rund 78 % aus Ecuador (n=119). Es ist positiv zu bewerten, dass die Touristen wiederholt nach Mindo reisen. Generell liegt dies an der Attraktivität der 1 mal Destination, sicherlich aber auch an der leich77,7% n=512 ten Erreichbarkeit, der touristischen Infrastruktur und den touristischen Angeboten wie auch den Beherbergungsbetrieben. Von den 519 befragten Reisenden wollen 258 Abbildung 55 Anzahl der Besuche in Mindo. auch noch andere Länder in Lateinamerika beEigene Erhebung. suchen bzw. haben dies bereits getan. Insbesondere die beiden Nachbarländer Kolumbien (19,1 %) und Peru (21,4 %) wurden verstärkt bereist, aber auch Bolivien (10,7 %), Argentinien (9,6 %) und Chile (9,3 %) wurden oft genannt. Aus der Zahl der Antworten (N=740; Mehrfachantworten möglich) wird deutlich, dass häufig Rundreisen mit Besuchen in verschiedenen Ländern geplant sind. Mehrere Reiseziele während einer Urlaubsreise zu vereinen ist rein ökologisch betrachtet sinnvoll. Der lange Anfahrtsweg aus den USA oder Europa entfällt somit, um in ein anderes Land auf dem südamerikanischen Kontinent zu reisen. Trotzdem sollte aus Sicht der Destination Ecuador versucht werden, die Touristen so lange wie möglich im Land zu halten, um die höchstmöglichen positiven ökonomischen Effekte des Tourismus zu generieren. 166

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Innerhalb des Landes sind diverse Destinationen genannt worden, die besucht wurden bzw. noch besucht werden. Am häufigsten wurden die großen Städte (Quito; 16,6 %, Guayaquil; 8,7 % und Cuenca; 9 %) und touristisch bekannte Orte vorrangig im Andenhochland, wie beispielsweise Baños, (11,6 %), Otavalo (9,9 %) und Cotopaxi (9,7 %) angeführt (N=887). Die weiteren Reiseziele, die innerhalb Ecuadors noch besucht werden, zeigen, dass auch ein Zusammenschluss der Destinationen bezüglich verschiedener Faktoren (beispielsweise Marketing und Verkehr) sinnvoll ist. Reisepräferenzen der Befragten Es wurde weiterhin nach den Präferenzen der Reisenden gefragt. Bei der Auswertung mittels eines semantischen Differenzials wurde nach internationalen Touristen und Binnentouristen unterschieden. Die Antworten der Binnentouristen weichen von denen der internationalen Touristen kaum ab und erscheinen in der Tendenz nachhaltig. Die Nuancen in den Antworten sind gering und in aller Regel stimmen sie einer Aussage nahezu vollständig zu. Daher sind die folgenden Beschreibungen anhand von feinen Ausprägungen in den Antworten getroffen. Kontakt zu Landsleuten

Kontakt zu Einheimischen

Vermeidung des Kontakts zur einheimischen Kultur

Örtliche Bräuche erfahren

Aufenthalt in Hotels mit europäischen/US Standard

Aufenthalt in familiengeführten Hotels

Kennenlernen des Reiselandes ohne vorhergehende Information

Sehr gute Information über die Reise vorab

Konsum internationaler Produkte

Konsum ecuadorianischer Produkte

Internationale Küche

Regionale Küche Kauf handgefertigter Souvenirs (z.T. mit kleinen Mängeln)

Kauf von makelloser Massenware Ausländer Besseres Kennenlernen eines Reiselandes

Ecuadorianer

Besuch von Orten, die im Internet, Reiseführer, o.ä. empfohlen wurden

Eigenständige Entdeckung "neuer" Orte

Städtische Bereiche

Unberührte Natur Aufenthalt in ökologisch geführten Hotels

Aufenthalt in Standardhotels Hotelwechsel jede Nacht, um so viel wie möglich zu sehen Benutzung von schlechten Straßen/Schotterpisten stimme voll zu

Besuch mehrerer Länder während einer Reise

Übernachtung für mehrere Nächte an einem Ort Benutzung von Autobahnen unentschlossen

stimme voll zu

N=6.340

Abbildung 56 Präferenzen von Ausländern und Einheimischen während der Reise. Eigene Erhebung.

167

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Erfreulich sind die Aussagen der Touristen mit den Einheimischen in Kontakt zu treten sowie örtliche Bräuche erfahren zu wollen. Dies kann zu einem interkulturellen Austausch und damit zu einem gegenseitigen Verständnis beitragen. Die Gefahr der Akkulturation wird dadurch gemindert. Durch die Bevorzugung familiengeführter Hotels werden soziale Strukturen vor Ort gestärkt und ein Beitrag zur lokalen Wertschöpfung geleistet. Überraschend ist, dass sich ausländische Touristen tendenziell eher weniger vorab über ihr Reiseland informieren. Diese Tatsache ist insbesondere im Hinblick auf eine nachhaltige Ausrichtung des Tourismus negativ zu bewerten. Gut informierten Touristen haben sich eher mit den ökologischen, ökonomischen und sozialen Problemen innerhalb der Destination auseinandergesetzt und können mit ihrem Verhalten gezielt darauf reagieren. Insbesondere indem beispielsweise auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Betriebe bevorzugt werden, Projekte vor Ort besucht werden, die sich diesem Thema widmen, oder nicht sorglos im Umgang mit Menschen und Ressourcen agiert wird. Positiv zu werten ist die Tatsache ecuadorianische Produkte konsumieren zu wollen. Dies fördert die nationale Wertschöpfung im Land. Der Wunsch regionale Küche konsumieren und handgefertigte Souvenirs beziehen zu wollen kann die regionale Wertschöpfung stärken. Die Relevanz von Marketingmaßnahmen und einer Internetpräsenz wird durch die Aussage ‚Besuch von Orten, die im Internet, Reiseführern oder ähnlichem empfohlen wurden‘ deutlich. Das Bedürfnis unberührte Natur zu erfahren, legt die Hoffnung nahe, diese dementsprechend auch bewahren zu wollen und sich entsprechend umweltgerecht zu verhalten. Der Wunsch in auf Ökologie ausgerichteten Betrieben zu übernachten ist tendenziell eher weniger stark als in Standardhotels zu nächtigen. Touristen sind sich der Konsequenzen, die die Wahl des Hotels auf die Umwelt hat nicht bewusst. Gleichzeitig ist es aber positiv, dass die Mehrheit der Touristen angab mehrere Nächte an einem Ort verbringen zu wollen. Dies erhöht den Beitrag zur lokalen Wirtschaft bei gleichzeitig geringerer Belastung der Umwelt durch vermehrte Reisewege. Der Wunsch ecuadorianischer Touristen vorrangig gut ausgebaute Straßen zu benutzen, ist auf die verkürzte Reisezeit und die Fahrtsicherheit – auch im täglichen Leben - zurückzuführen. Nach Gesprächen mit Touristen wurde deutlich, dass die Bereitschaft schlechte Straßen eher zu akzeptieren auf die Erwartungshaltung bezüglich der Straßenverhältnisse in einem Entwicklungsland zurückzuführen ist. Aus ökologischer Sicht ist ein weiterer Ausbau der Straßen im Stil der Panamericana nicht erstrebenswert. Informationskanäle der Befragten für die Reise nach Mindo Die Reisenden wurden danach befragt, wie sie von Mindo erfahren haben. Der überwiegende Teil (43,1 %) gab Freunde und Bekannte an, die von Mindo berichtet haben, gefolgt von Internet (rund 24 %) und Reiseführer. Die weiteren Quellen können der nachfolgenden Graphik entnommen werden. Die Empfehlung Mindos unter Freunden und Bekannten ist sehr gut zu bewerten, da davon auszugehen ist, dass sie Mindo bereits kennen und eine positive Reiseerfahrung gemacht haben. Dies spricht für die Qualität Mindos als Destination. Nach den Hauptinformationskanälen gefragt über die sich die Reisenden Auskünfte und Hinweise beschafft haben, wurden ebenfalls das Internet (41,3 %), Freunde und Bekannte (28,8 %) und Reiseführer (13,5 %) genannt. Wie aus dem Anteil der Nennungen ersichtlich, jeweils mit einer anderen Gewichtung. Das Internet steht an erster Stelle, sich Informationen zu beschaffen. Dadurch wird deutlich, welche Wichtigkeit die Internetdarstellung des Ortes für die Öffentlichkeitsarbeit und den Tourismus hat.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Reisebüro in Ecuador 1,9%

Zeitschrift/ Reisebüro in Ecuador Zeitung 1,7% 2,2% Reisebüro im Heimatland 3,7% Sonstiges 4,5% Tourismusinformation 6,8%

Reisebüro im Heimatland 1,9%

Radio/TV 0,7%

Radio/TV 0,2%

Sonstiges 2,4% Tourismusinformation 8,2%

Freunde, Bekannte 43,1%

Reiseführer 13,5%

Zeitschrift/Zeitung 0,5%

Reiseführer 14,9%

Internet 23,9%

Freunde, Bekannte 28,8%

n=632

n=599

Abbildung 57 Erfahrungsquellen der Reisenden. Eigene Erhebung.

Internet 41,3%

Abbildung 58 Informationskanäle der Reisenden. Eigene Erhebung.

Reisemotive der Befragten Als Hauptgrund für den Besuch Mindos geben die befragten Touristen die Natur an. 44,5 % nannten Natur-, Tier- und explizit Vogelbeobachtung als Motiv für den Besuch. Wandern (17,7 %), Sport (8,6 %) und Entspannung (22,3 %) wurden ebenfalls als wichtige Gründe für die Reise nach Mindo erwähnt (N=964). Auch hinter der Rubrik Sonstige verbergen sich nahezu ausschließlich naturverbundene Aktivitäten, wie ein Besuch der Schmetterlingsgärten, der Wasserfälle, die Kaffee- bzw. Schokoladentour und weitere Aktivitäten (24 %) (N=46). Die sportlichen Aktivitäten lassen sich ihrerseits nochmals nach Canopy (46,3 %), Trailrunning101 (23,9 %), Tubing (10,4 %), Biking (7,5 %), Canyoning (4,5 %), Laufen (3 %) und Sonstiges (4,5 %) untergliedern (N=83).

Trekking/Hiking; 17,7%

Vogelbeobachtung; 10,1%

Schmetterlinge; 14,0%

Kaffeetour; 4,0%

Sport; 8,6% Sonstiges; 4,8%

Entspannung; 22,3%

n=964

Wellness; 2,1%

Schokolade; 20,0%

Sonstiges; 24,0%

Wasserfälle; 38,0%

n=46

Natur-/ Tierbeobachtung; 34,4%

Abbildung 59 Motiv für die Reise nach Mindo. Eigene Erhebung. Während der 2. Befragungsperiode fand am 08.09.2019 die Veranstaltung Mindo Trail statt. Es handelt es sich um einen Querfeldeinlauf mit verschiedenen Trails, die in ihrer Länge variieren. 101

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Das Hauptmotiv der Reise – die einzigartige Natur – ist auch das Gut, das durch den Tourismus am meisten beansprucht wird. Um die Touristen und damit die Haupteinnahmequelle des Ortes nicht zu verlieren, steht der Schutz von Flora und Fauna an oberster Stelle der zu realisierenden Ziele in Mindo. Bislang existiert allerdings noch keinerlei Maßnahmenplan, wie das realisiert werden soll. Bei Betrachtung des Besuchsgrundes differenziert nach Herkunft fällt auf, dass Entspannung 25,5°% 16,9°% insbesondere Vogelbeobachtung von den befragten Ecuadorianern überhaupt Natur-/Tierbeobachtung 53,6°% 11,8°% nicht als Besuchsgrund angegeben Sonstiges 6,4°% 2,8°% wurde. Dies ist sicherlich auch auf die Sport 7,4°% 9,4°% verhältnismäßig hohen Kosten für dieses Freizeitangebot zurückzuführen. InsgeTrekking/Hiking 25,5°% 5,2°% samt ist das Interesse an naturverbundeVogelbeobachtung 19,3°% 0,0°% nen Freizeitaktivitäten für Ausländer auWellness 3,8°% 0,2°% genscheinlich relevanter. Sport ist hingegen für Ecuadorianer als Besuchsgrund Tabelle 44 Bevorzugte Freizeitaktivität nach Herkunft wichtiger als für internationale Touristen. (n=502). Eigene Erhebung. Bevorzugte Freizeitaktivität Ausländer

Ecuadorianer

Beherbergungsbetriebe der Befragten Die Touristen wurden nach Ihrem Übernachtungsort gefragt. Es wurden drei Beherbergungsbetriebe vermehrt genannt: La Casa de Cecilia, das Cinnamon House und das Mindo Guesthouse. Zahlreiche Touristen konnten sich nicht an den Namen ihrer Unterkunft erinnern und gaben daher nur Hostal/Hosteria/Hotel an. La Casa de Cecilia ist eines der am längsten bestehenden Häuser in Mindo (1993). Daher lebt es zum einen von der Mund-zu-Mund-Propaganda, zum anderen aber auch durch die Professionalität der Leitung, die sich auch dadurch zeigt, dass der Betrieb bei Booking.com gelistet ist, eine eigene professionelle Homepage betreibt, ein eigenes angeschlossenes Reisebüro hat und über mehrsprachiges Personal verfügt. Es konnte beobachtet werden, dass vor allem jüngeres Publikum zwischen 18 und 24 Jahren (65,4 %; n=52) in der Casa de Cecilia übernachtet, was sicherlich auch auf die relativ günstigen Übernachtungspreise zurückzuführen ist. Die Ausstattung des Beherbergungsbetriebs ist einfach, allerdings schätzen laut der Besitzerin des Hostals die Gäste das familiäre Ambiente. Die zwölf am häufigsten genannten Übernachtungsmöglichkeiten sind: 12,8% n=261

9,1%

8,9%

3,5%

3,2%

2,7%

2,7%

2,7%

2,7%

Terra Bambu

Sachatamia

Las Terrazas de Dana

Bio Hostal

Hosteria Saguamby Mindo

4,4%

Cabañas Armonía y Jardín de Orquídeas

Hostal Melyang

Mindo Guesthouse

Hostal / Hosteria / Hotel

Cinnamon House

4,4%

Mindo Green House

7,2%

La Casa de Cecilia

14% 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0%

Abbildung 60 Die zwölf am häufigsten genannten Übernachtungsmöglichkeiten. Eigene Erhebung.

170

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Das Cinnamon House ist der neuste Beherbergungsbetrieb im Zentrum von Mindo und zeichnet sich durch eine moderne und geschmackvolle Einrichtung aus. Die Werbung wird über internationale Plattformen, wie airbnb, Booking.com, eine eigene Homepage und über den Social-MediaKanal facebook betrieben. Der Preis liegt höher als in der Casa de Cecilia. Damit in Zusammenhang steht sicherlich auch die Alterszusammensetzung der Gäste. Die meisten Gäste sind hier zwischen 25 und 34 Jahren (56,8 %; n=37). Das Guesthouse Mindo ist aufgrund der Lage, des Preises, der freundlichen Inhaber, der Möglichkeit der Küchenbenutzung und der Waschmöglichkeit insbesondere bei Low-Budget-Reisenden beliebt. Die Zimmer sind schlicht und entsprechen dem Standard eines Hostals. Kriterien für die Wahl der Unterkunft Die Touristen wurden nach unterschiedlichen Kriterien bei der Wahl der Unterkunft und welche Relevanz diese für sie haben, befragt. Bei der Auswertung mittels semantischen Differenzials wurde zwischen Binnen- und internationalen Touristen unterschieden. Darüber hinaus wurden die Kriterien grob nach Ökologie, Sozialem, Ökonomie und beherbergungsspezifischer Ausstattung geordnet. Es fällt auf, dass die Ecuadorianer auf nahezu alle Kriterien bei der Wahl der Unterkunft mehr Wert legen als die internationalen Touristen. Alle Kriterien sind ihnen von neutral bis sehr wichtig. Gleichwohl ist die Gewichtung dieser ähnlich angelegt, auch wenn die Ausprägung abweicht. Die internationalen Touristen gaben in Bezug auf Größe der Hotels, Sternekategorie, englischsprachiges Personal, Restaurant, Bezahlmöglichkeit mit Kreditkarte und Pool die Kategorisierung „weniger wichtig“ bis neutral an. Die Touristen wurden explizit nach dem Kriterium ‚Nachhaltigkeit‘ befragt. Bei diesem Punkt gaben sowohl Ecuadorianer wie auch Ausländer an, dass er für sie bei der Wahl der Unterkunft wichtig ist. Im Vergleich zu den Betreibern des Beherbergungsgewerbes und den Reiseagenturen, war den Touristen – sowohl den ecuadorianischen als auch den ausländischen – der Begriff geläufig. Somit ist die Gewichtung der Bewertung hier als relevanter anzusehen als in den semantischen Differenzialen aus den Abbildungen 48 und 53. Nachhaltigkeit nimmt somit bei der Wahl der Unterkunft eine wichtige Rolle ein. Dieses bestehende Bewusstsein kann auch ein Verkaufsfaktor für Betriebe sein, die sich nachhaltig ausrichten. Neben der positiven Wirkung, die dieses Verhalten per se hat, ist von einer Steigerung der ökonomischen Wirkung für die betreffenden Beherbergungsbetriebe auszugehen. Damit eng in Verbindung stehend ist auch die angegebene Wichtigkeit der Umweltfreundlichkeit der Unterkunft. Die Faktoren, die potenziell negative Auswirkungen auf die Umwelt haben können (Größe des Hotels, Zimmergröße und das Vorhandensein eines Pools) werden konform zur angegebenen erwünschten Nachhaltigkeit vergleichsweise weniger wichtig eingestuft. Wobei das Vorhandensein eines Pools für Ecuadorianer offensichtlich wichtiger als für Ausländer ist. In Gesprächen mit Einheimischen wurde häufiger erwähnt, dass Beherbergungsbetriebe ohne Pool nicht vermittelbar seien und daher vor Ort viele die teure und wenig ökologische Nachrüstung ihres Betriebs auf sich nehmen. Ausländische Touristen erwähnten bei der Befragung oft, dass sie nicht wegen eines Pools hergekommen seien, sondern um die Natur und das Land generell kennenzulernen. Für Ecuadorianer ist die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV von größerer Bedeutung. Dies ist auf das Fehlen eines eigenen Fahrzeugs und in der Regel ein kleineres Budget (für Reisen) zurückzuführen. Internationale Touristen können, falls erforderlich, leichter die Kosten für einen Privattransport (oder in Ecuador seltener: für einen Mietwagen) erübrigen. Sauberkeit, Sicherheit und Preis-/Leistungsverhältnis sind die Bereiche, die sowohl für die ecuadorianischen wie auch für die ausländischen Touristen am wichtigsten bei der Wahl der Unterkunft sind. Die Faktoren englischsprachiges Personal, soziales Engagement, kulturelles Angebot und Aufmerksamkeit des Personals wurden dem Bereich Soziales zugeordnet. Die drei letztgenannten Kriterien wurden von den ausländischen Touristen zwischen neutral und wichtig und von den Ecuadorianern zwischen wichtig und sehr wichtig eingestuft. Da internationale Touristen vorrangig für das Naturerlebnis nach Mindo reisen, ist die Tatsache, dass es in den Betrieben ein kulturelles Angebot gibt eher nebensächlich. Ebenso hat das soziale Engagement keine direkten Auswirkungen auf das Reiseerlebnis. Ecuadorianer hingegen möchten in den wenigen Urlaubstagen pro Jahr (14 Tage), die ihnen gesetzlich zustehen, möglichst viel erleben. Überraschend ist, dass den ausländischen Touristen das Vorhandensein englischsprachigen Personals weniger wichtig 171

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

erscheint als den Ecuadorianern, insbesondere da bei den befragten Ausländern deutlich erkennbar war, dass sie über nahezu ausschließlich rudimentäre Spanischkenntnisse verfügten. Die Aufmerksamkeit des Personals wird sowohl von den Binnen- als auch von den internationalen Touristen als wichtig eingestuft. Grundsätzlich ist hierfür eine Schulung des Personals unabdingbar. Unter Ökonomie wurden die Abfragekriterien Sterne-Kategorie, Bezahlmöglichkeit mit Kreditkarte, Preis/Leistung sowie die Bewertung in Internetplattformen zusammengefasst. Die Sternekategorie ist für die ausländischen Touristen weniger wichtig und spielt für die Wahl der Beherbergung wohl nur eine untergeordnete Rolle. Ecuadorianern ist sie etwas wichtiger. Insbesondere den kleinen Beherbergungsbetrieben in Mindo kommt die Einstellung der Ausländer entgegen, da nur wenige Unterkünfte vor Ort Aussicht hätten eine sehr positive Sternebewertung nach internationalem Standard zu erhalten.

Nachhaltigkeit Umweltfreundlichkeit Ökologie

Größe des Hotels/Zahl der Zimmer Zimmergröße Pool Erreichbarkeit mit dem ÖPNV Lage Sicherheit

Ausländer

Authentizität

Ecuadorianer

Soziales

Englischsprachiges Personal Soziales Engagement Kulturelles Angebot Aufmerksamkeit des Personals Sterne-Kategorie

Ökonomie

Bezahlmöglichkeit mit Kreditkarte Preis/Leistung Bewertung bei Internetplattformen Ambiente und Dekoration

Ausstattung und Service

Qualität der Gemeinschaftsbereiche Restaurant Frühstück inkludiert Sauberkeit Heißes Wasser WIFI N=11.578

überhaupt nicht wichtig

weniger wichtig

neutral

wichtig

sehr wichtig

Abbildung 61 Relevanz der Kriterien bei der Wahl der Unterkunft. Eigene Erhebung. Die Möglichkeit per Kreditkarte zu bezahlen ist den ausländischen Touristen weniger wichtig als den Ecuadorianern. Mittlerweile existieren in Mindo auch einige Geldautomaten, somit ist die Möglichkeit an Bargeld zu gelangen gegeben und die Notwendigkeit im Hotel mit Kreditkarte zu bezahlen nicht mehr so nachgefragt. Wenig überraschend ist, dass Ecuadorianer wie Ausländer es 172

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

für sehr wichtig empfinden, dass das Preis-/Leistungsverhältnis in den Unterkünften stimmt. Die Relevanz der Bewertung auf Internetplattformen ist den Touristen wichtig und zeigt, wie notwendig die Darstellung der Beherbergungsbetriebe im Internet für die Vermarktung ist. Die unter beherbergungsspezifische Ausstattung fallenden Kriterien Ambiente und Dekoration, Qualität der Gemeinschaftsbereiche, Restaurant, inkludiertes Frühstück, heißes Wasser und WIFI sind den Ecuadorianern bei der Wahl der Unterkunft durchweg wichtig, Sauberkeit ist ihnen sogar sehr wichtig. Die ausländischen Touristen befinden diese Kriterien auch wichtig, aber etwas weniger als die Ecuadorianer. Lediglich das Vorhandensein eines Restaurants hat für sie nur wenig Wichtigkeit. Demnach sind die Ausstattung und die Außenwirkung äußerst relevante Faktoren für die Wahl der Unterkunft und sollten daher von den Beherbergungsbetrieben stets in Stand gehalten werden. Zwischenergebnisse der Befragung der Touristen Die Touristen bestimmen durch ihr Reise- und Freizeitverhalten in touristischen Destinationen das touristische Angebot. Daher ist es wichtig, die Struktur der Reisenden in einer Destination zu analysieren. Nur so können die bereitgestellte touristische Infrastruktur und die touristischen Dienstleistungen zielgruppengerecht der Nachfrage der Touristen angepasst werden. In Mindo wurde eine junge, gut ausgebildete Zusammensetzung der Touristen festgestellt. Den meisten von ihnen ist der Begriff und das damit in Verbindung stehende Konzept der Nachhaltigkeit bekannt. Das Bewusstsein rund um Nachhaltigkeit schlägt sich in der Wahl der Unterkunft und den angegebenen Reisepräferenzen nieder. Dies ist eine relevante Grundvoraussetzung, um der Bevölkerung in Mindo die Wichtigkeit der Umsetzung des Konzepts in ihrem Geschäftsgebaren zu vermitteln. Durch die Beachtung der sich hinter den drei Säulen der Nachhaltigkeit verbergenden Ansätze können sie mittelfristig eine Steigerung der Popularität ihrer Betriebe bewirken. Da viele der Reisenden ihre Buchungen über das Internet vornehmen, ist es für die Tourismusakteure in Mindo von großer Bedeutung ihre Sichtbarkeit im Internet zu erhöhen bzw. zunächst zu schaffen. Dadurch kann eine bessere Besucherlenkung, wie auch die Erhöhung des individuellen Gewinns der Betriebe erreicht werden. Positiv ist, dass viele der Reisenden mit dem öffentlichen Bus nach Mindo gereist sind. Innerhalb Mindos sollte daher auch der Ausbau eines ÖPNV-Netzes erwogen werden, um diese Bereitschaft der Touristen zu nutzen. Die lange Aufenthaltsdauer der Touristen im Land und die im Vergleich zum Vorjahr länger werdende Aufenthaltsdauer pro Besuch in Mindo ist ein positiver Trend, der sowohl eine Erhöhung der touristischen Einnahmen bei gleichbleibendem administrativen Aufwand und eine Verringerung des Emissionsausstoßes durch weniger Ortswechsel mit sich bringt. Das Hauptreisemotiv, die Natur in Mindo zu erleben, zeigt den Wunsch nach einer intakten Natur. Es ist davon auszugehen, dass diese Art Touristen schonend mit der Umwelt umgehen. Der Bevorzugung kleiner Hotels, ohne die Notwendigkeit eines Pools oder einer SPA-Einrichtung legt nahe, dass die Natur selbst bei dieser Zielgruppe das wichtigste Gut ist.

9.4 Analyse, Interpretation und Reflexion 9.4.1 Einordnung Mindos in das Destinations-Lebenszyklusmodell Mindo kann in die Erschließungsphase (analog des Destinationstyps „wachsende Destination“ der GIZ (2019): Die Zahl der Individualtouristen ist ansteigend) des Destinationslebenszyklus-Modell eingeordnet werden (vgl. Kapitel 7.2). Die Bus-Taktung ist höher als beispielsweise noch 2005. Generell ist ein quantitativer Ausbau der touristischen Infrastruktur nachweisbar. Seit 2007 kommt es zu einer Zunahme der Zahl der Beherbergungsbetriebe. Eine erste Kommerzialisierung ist insbesondere im Bereich der Abenteuer-Sportarten zu verzeichnen. Werbemaßnahmen werden bislang nur lokal durchgeführt, regional, überregional oder auch international werben nur einige wenige Beherbergungsbetriebe. Es mangelt noch an einer effizienten Entwicklung und Vermarktung Mindos und lokale Netzwerke zur Zusammenarbeit der verschiedenen Stakeholder

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

existieren nicht. Somit stehen in aller Regel die Einzelinteressen im Vordergrund, eine gemeinsame Herangehensweise an Probleme des Ortes ist anhand der geführten Befragungen und Gespräche nicht feststellbar. Durch den Zuwachs internationaler Touristen kommt es vermehrt zu sprachlichen Verständigungsproblemen mit den Einheimischen. Erste ökologische Belastungen durch die steigenden Gästezahlen und damit einhergehend auch Probleme treten auf (vgl. Kapitel 9.4.2, 9.4.3 und 9.4.4). So ist beispielsweise die Zunahme der Abwassermengen aus den Beherbergungsbetrieben ein gravierendes Problem. An die noch nicht zur Gänze funktionierende Kläranlage sind bislang nicht alle Betriebe angeschlossen, darüber hinaus kommt es wiederholt zum Eintrag von Abwässern in die Flüsse. Dies hat vor allem Folgen für die Personen, die in den Flüssen Aktivitäten durchführen (Tubing, Canyoning). Qualitätsstandards werden bei den Touren zumeist nicht festgelegt, was zum Teil auch zur Gefährdung (der Sicherheit) der Bevölkerung und der Touristen führen kann. Der wachsende Tourismussektor führt in Mindo bei einem Teil der Bevölkerung zu einem Anstieg des Wohlstands. Expandierende Tourismusbetriebe sowie Zuwanderung, insbesondere aus der Metropolregion Quito, sind die Folge. Es ist in dieser Phase des Destinationslebenszyklus-Modells eine leichte Herausbildung einer Saisonalität des Tourismus festzustellen. Der Binnentourismus konzentriert sich vorrangig auf die nationalen Feiertage und Wochenenden. Die Hauptquellgebiete des Binnentourismus liegen wie Mindo auch in der Provinz Pichincha (Kantone Quito, Pedro Vicente Maldonado und Puerto Quito) sowie im angrenzenden Kanton Santo Domingo de los Tsachillas wie auch im Kanton Guayaquil. Die Saisonalität des internationalen Tourismus in Mindo folgt der Saisonalität in Ecuador allgemein. Somit ist die Auslastungsrate der Beherbergungsbetriebe in Mindo während der Sommermonate höher, in denen in Europa und den USA Schulferien sind. Wie im Destinationslebenszyklus-Modell beschrieben, wurde im Rahmen dieser Untersuchung, bevor der Tourismus in Mindo in die nächste Phase ‚Entwicklung‘ eintritt, die Phase ‚Aktion‘ eingefügt, die mit einer Status-quo-Analyse einhergeht (vgl. Kapitel 8, 9). Analog zu den Destinationstypen der GIZ wurden auch (insbesondere durch die geführten Experteninterviews) vorhandene Strukturen, Pläne, Ziele und Prozesse identifiziert. Es konnte festgestellt werden, dass bei einigen Betrieben vor Ort bereits Ansätze bestehen, nachhaltig zu agieren. Zu nennen ist hier die Umweltbildung, die insbesondere bei Mindo Lindo betrieben wird. Seit mehreren Jahrzehnten wird dort Aufklärungsarbeit, aktiver Umweltschutz wie auch Umweltbildung betrieben. Es wird der Ansatz verfolgt, dass persönlich Kennengelerntes und Erfahrenes eher einen Schutzstatus erlangt. Das La Roulotte ist auch führend im Bereich der Umweltbildung. Der Beherbergungsbetrieb wird im Bereich der Umweltbildung fortlaufend ausgebaut. Neben zum Teil kostenfreien Veranstaltungen für die Kinder und Jugendlichen des Ortes (geführte Vogel- und Nachtwanderungen) sowie sogenannte Mingas (gemeinschaftliche durchgeführte Aktionen für das Wohl des Ortes/der Gemeinde, wie Müllsammlungen) ist das Hostal für Naturinteressierte geöffnet. Auch die Hacienda San Vicente sowie das Hotel Septimo Paraiso bieten ihren Übernachtungsgästen und Tagesbesuchern auf einem weitläufigen Gelände die Möglichkeit, die Natur und insbesondere die Vogelwelt Mindos auf gut beschilderten Wegen selbständig zu erkunden. Einige Beherbergungsbetriebe haben neben der Übernachtung noch verschiedene Angebote im Bereich der Naturbeobachtung, die weitestgehend auch den Auftrag der Umweltbildung erfüllen. Dazu zählen der Vogelbeobachtungsgarten der Hosteria El Descanso, der Orchideengarten des Hostals Armonia y Orquideas und der Schmetterlingsgarten des Hostals El Mariposario de Mindo. Um das ebenfalls in der Phase ‚Aktion‘ angeführte Konzept für einen nachhaltigen Tourismus entwickeln zu können, fand eine Einordnung Mindos gemäß den SDGs sowie gemäß den von der UNWTO gefassten Zielen statt (vgl. Kapitel 9.4.2). Ergänzend wurde dafür eine Analyse mittels des Reisesterns (vgl. Kapitel 9.4.3) und des Prozessorientierten Bewertungssystems (vgl. Kapitel 9.4.4) durchgeführt.

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

9.4.2 Reflexion der UNWTO-Ziele des nachhaltigen Tourismus in Bezug auf Mindo unter Einbeziehung der SDGs Eng mit den SDGs in Verbindung stehend brachte, wie in Kapitel 7.1 ausgeführt, die UNWTO eine Liste der Ziele des nachhaltigen Tourismus heraus. Die Zusammenführung dieser mit den SDGs der Vereinten Nationen erfolgt nachstehend. Ökonomie 1. Wirtschaftlichkeit102 Die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit der touristischen Destination Mindo ist relevant, um auch auf lange Sicht hin Wohlstand und allgemeine Vorteile zu generieren. Innerhalb Mindos trägt das breite touristische (Freizeit-) Angebot wie auch die auf nationaler Ebene wachsende Zahl internationaler Touristenankünfte bereits dazu bei. Hemmend ist, dass Mindo auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene bislang keinen hohen Bekanntheitsfaktor erlangen konnte. Mangelndes Marketing, wie auch die geringe Bereitschaft und fehlendes Know-How sowie geringe Finanzmittel in Messeauftritte zu investieren, stehen einer Entwicklung entgegen. Eine funktionierende und kompetente Tourismusinformation existiert nicht (vgl. Kapitel 9.2). Das Personal weist keinerlei touristische Ortskenntnis auf. Derzeit besteht nur die Räumlichkeit einer Touristeninformation, die Kenntnisse der verantwortlichen Person sind gering. Bislang gab es keine touristischen Karten und keine Homepage des Ortes. Es existiert kein offizielles aktuelles Register der Beherbergungsbetriebe, was den Betrieb illegaler Betriebe fördert. Das Überangebot an Beherbergungsbetrieben wie auch an Reiseagenturen führt zu geringen Buchungszahlen, um wirtschaftlich profitabel agieren zu können. Seitens der (Verkehrs-) Infrastruktur wurden insbesondere bezüglich des innerörtlichen ÖPNVs Mängel festgestellt. Auch die Qualität der Straßen ist schlecht. Bei trockenem Wetter werden sie von den Bewohnern mit Wasser besprüht, um das Stauben in der Nähe Ihrer Betriebe und Wohnungen zu minimieren. Während regnerischen Perioden sind ebendiese Straßen schlammig und mit normalen Fahrzeugen nur bedingt befahrbar (vgl. Kapitel 9.1). 2. Lokaler Wohlstand103 Die lokale Ökonomie für die Generierung von lokalem Wohlstand ist bedeutsam. In der Parroquía Mindo leben rund 70 % der Bevölkerung in Armut (vgl. Karte 23). In der Provinz Pichincha sind es lediglich 33,5 %. Diese Zahlen zeigen den bestehenden Handlungsbedarf (vgl. Kapitel 10). Derzeit ist die Nachfrage nach Tourismus in Mindo noch nicht ausreichend, um zu einer nachhaltigen Armutsreduzierung beizutragen. Das touristische Aktivitätsangebot wird quantitativ von niedrigpreisigen Abenteuertouren (Tubing, Wasserfallroute, Zip-Lining) dominiert. Durch den Erhalt und den Ausbau der regionalen Wertschöpfungskreisläufe wird ein Abfluss des Kapitals aus Mindo vermieden und mehr Besucherausgaben bleiben vor Ort. Rund 50 % der Produkte werden außerhalb Mindos vorrangig in Quito bezogen. Damit besteht ein relativ hoher Abfluss der Wertschöpfung. Eine Vernetzung unter den lokalen Stakeholdern existiert bislang nicht. Die Herstellung von lokalen Souvenirs ist derzeit minimal. Die Verlängerung der Aufenthaltsdauer sowie die Wiederkehr der Touristen nach Mindo trägt ebenfalls zu einer Steigerung der Einkünfte für Mindo bei. Rund 23°% der Befragten aus der durchgeführten Erhebung sind bereits zum wiederholten Mal in Mindo (vgl. Kapitel 9.3.4). Im Ort wurden zahlreiche Mängel in der allgemeinen touristischen Infrastruktur (z. B. Zustand der Straßen, gering diverses gastronomisches Angebot) und in der individuellen touristischen Infrastruktur (schlechter Service, mangelnde Sprachkenntnisse, fehlende Instandhaltung) festgestellt.

UNWTO-Ziel 1, SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum, SDG 10 Weniger Ungleichheiten, SDG 9: Industrie, Innovation und Infrastruktur. 103 UNWTO-Ziel 2, SDG 1: Keine Armut, SDG 10 Weniger Ungleichheiten, SDG 12: Nachhaltiger Konsum und Produktion.

102

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Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Soziales 1. Beschäftigungsqualität104 Wie weltweit im Tourismus üblich, sind auch in Mindo viele Saisonarbeitskräfte beschäftigt. Planungssicherheit für die Beschäftigten besteht nur eingeschränkt, da sie je nach Bedarf, z. T. nur stundenweise angestellt werden. Darüber hinaus erhalten sie in der Regel keine Vergünstigungen und das Lohnniveau ist niedrig. In Mindo herrscht geringes Wissen über die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Bei einem Gespräch mit einer Angestellten eines Beherbergungsbetriebes wurde deutlich, welche Folgen mangelnde Bildung haben kann: Sie erklärte, halbtags beschäftigt zu sein, demnach 12 Stunden pro Tag zum Mindestlohn zu arbeiten. Es wurden in dieser Untersuchung Defizite, wie beispielsweise mangelnde Fremdsprachenkenntnisse, korrekter Umgang mit Gästen, mangelndes Wissen über Hygieneregeln und im Umgang mit Lebensmitteln bei den Angestellten festgestellt. Wissen zu diesen Themenbereichen haben wenige Akteure in der Gemeinde. 2. Soziale Gerechtigkeit105 Derzeit ist innerhalb des Ortes Mindo und innerhalb der Parroquía kein signifikanter Unterschied in der Sozialstruktur erkennbar. Die soziale Situation ist für die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit als nahezu gleich anzunehmen. Mindo hat sechs Grundschulen für 1.057 Schüler. Allerdings bestehen keine weiterführenden Bildungsangebote über die sechste Klasse hinaus. Für weiterführende Schulen muss die Stadt San Miguel de los Bancos aufgesucht werden. Diese Distanz ist für viele Mindeños zu groß und zu kostspielig, um sie fünf Tage die Woche zurückzulegen. Die nächsten Universitäten befinden sich in Quito. Viele Familien verfügen nicht über die finanziellen Mittel, ihre Kinder zur Weiterbildung oder zum Studium in die Hauptstadt zu schicken. Ebenfalls fehlt es an Fortbildungseinrichtungen für Erwachsene in Mindo. Lediglich eine zumeist geschlossen vorgefundene Englisch-Sprachschule fällt in diese Kategorie. Touristische Fortbildungsmöglichkeiten existieren nicht. Ecuador ist stark vom ‚Machismo‘ geprägt. Eine Gleichstellung von Männern und Frauen ist noch nicht erkennbar. In den ländlichen Gebieten ist das Ungleichgewicht noch stärker ausgeprägt als in den fortschrittlicheren größeren Städten. Für diese Studie wurde die Rolle von Männern und Frauen in Mindo nicht näher untersucht. Lediglich im Beschäftigungsbereich wurde festgestellt, dass in den befragten Beherbergungsbetrieben im Durchschnitt mehr Frauen (2,19) als Männer (1,51) arbeiten, in den Reiseagenturen ist das Verhältnis umgekehrt. (2,8 Männer und 1,25 Frauen). Im Tourismussektor ist ein höherer Frauenanteil üblich. Im Bereich der Agenturen erklärt sich das Geschlechterverhältnis dadurch, dass viele der Reiseagenturen, die Touren von ihren Angestellten selbst durchführen lassen und Männer diese Abenteuer-Sportarten eher beruflich ausüben. 3. Gästezufriedenheit106 Wie bereits unter Ökonomie erwähnt, wirkt sich die Gästezufriedenheit ausdrücklich auf die Nachhaltigkeit einer Destination aus und muss ausreichend stark ausgeprägt sein, um ein Tourismuswachstum zu erreichen. Empfehlungen an Dritte und die Wiederkommensrate drücken die Gästezufriedenheit aus. Die bei der durchgeführten Befragung ermittelte Wiederkommensrate liegt bei 23 % (vgl. Kapitel 9.4.4). Bislang besteht in Mindo keine Infrastruktur für behinderte Menschen. Das GAD Parroquial wie auch die touristischen Stakeholder haben keine Maßnahmen ergriffen, um eine Zugänglichkeit für alle Gäste zu ermöglichen. Zudem existieren für bestimmte Personengruppen (Kinder, Vegetarier, Veganer) keinerlei spezielle Angebote oder Infrastruktureinrichtungen. Als relevant für die Destination Mindo wurde in den geführten Interviews mehrfach genannt, den Tourismus weiter ausbauen zu wollen. Der Großteil der befragten Personen UNWTO-Ziel 3, SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum, SDG 10 Weniger Ungleichheiten. 105 UNWTO-Ziel 4, SDG 10 Weniger Ungleichheiten, SDG 4: Hochwertige Bildung, SDG 5: Geschlechtergleichheit. 106 UNWTO-Ziel 5.

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176

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

gibt an, dass insbesondere der internationale Tourismus gestärkt werden soll, da er nach Ansicht der lokalen Experten schonender auf die Umwelt Mindos wirkt. Wie bereits mehrfach erwähnt ist dies auf die Tatsache zurückzuführen, dass internationale Touristen vorrangig aufgrund der Naturschönheit des Ortes und seines Umlandes nach Mindo reisen. Es wird die Bereitschaft der internationalen Touristen positiv herausgestellt für verschiedene Serviceleistungen, wie beispielsweise geführte Vogelwanderungen oder schöne Hotelzimmer höhere Preise zu akzeptieren. Einheimische Touristen hingegen wollen vor allem den günstigeren Abenteuer-Sportarten nachgehen und sich in Diskotheken und Kneipen amüsieren (vgl. Kapitel 9.3.4). Somit besteht die Gefahr, dass sich Mindo zu einem zweiten Montañita entwickelt. Dieser kleine Ort an der Küste war einst ein beschaulicher Ort für Aussteiger. Mittlerweile ist der Ort zur ‚Partyhochburg‘ Ecuadors aufgestiegen, mit Problemen wie Drogen, Kriminalität, Prostitution, Umweltverschmutzung und Lärm (vgl. Anfuso et al. 2020; Velástegui-Montoya et al. 2020; Coronel et al. 2009). Bei den Reiseagenturen ist das Bild differenzierter. Die meisten Tourismusagenturen vor Ort bieten dieselben Touren (Canopy, Tubing, Canyoning und die Tarabita) an (vgl. Kapitel 9.3.3). Sie haben aber nur wenige wirkliche Birdwatching-Touren im Programm. Ihre Einkünfte erhalten sie durch den Verkauf günstigerer Abenteuertouren – vorrangig an Einheimische. Daher wird die Ansicht vertreten, dass die Herkunft der Touristen wenig Relevanz hat, solange sie nur bereit sind, möglichst viele Touren zu buchen Der Alkohol- und Drogenkonsum in Mindo ist ein auf den Tourismus schwerwiegend wirkender Faktor. Aber auch die Qualität des Equipments für Freizeitaktivitäten, der Infrastruktur wie auch die Gesundheitsgefährdung durch beispielsweise verschmutztes Wasser oder Straßenhunde sind als zu lösender Bereich identifiziert worden. In der Vergangenheit kam es gerade in Bezug auf die Infrastruktur zu einigen schweren Unfällen, die durch Hangrutschungen an wenig befestigten Wanderrouten, Touristen zum Teil schwer verletzten. Ebenso wurde von Erkrankungen der Touristen durch verunreinigtes Wasser berichtet (vgl. Kapitel 9.1 und 9.2). Eine Einbeziehung der Bevölkerung in tourismus- und dörflich relevante Themenkomplexe erfolgt bislang nicht. 4. Lokale Verwaltung107 Im administrativen Bereich des Tourismus bestehen in Mindo die Tourismuskammer des Noroccidente, die Touristeninformation, die Asocación de Guías und die Amigos de la Naturaleza. Allerdings zeigen die Zusammenschlüsse nur wenig Engagement in Mindo. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel und geringer Beteiligung im Ort erscheinen sie zum Teil resigniert. Derzeit ist die Kollaboration zwischen Reiseagenturen und den Hotels kaum vorhanden, Auch das GAD Parroquial engagiert sich nicht, was auch mit der geringen touristischen Qualifikation des Tourismusbeauftragten zusammenhängt. 5. Wohlbefinden der Gemeinde108 Das Wohlbefinden innerhalb der Gemeinde durch die Erhaltung und Stärkung der Lebensqualität ist zu ermöglichen. Dies schließt auch soziale Strukturen und den Zugang zu Ressourcen mit ein, wobei Ausbeutung und soziale Degradierung ausgeschlossen werden. Auf Mindo übertragen, bedeutet dies den Zugang zum Versorgungsnetz, und die Erhaltung der Natur trotz des Plans der Regierung Bodenschätze abbauen zu wollen. Die Bereitschaft der Bevölkerung aktiv Mülltrennung zu betreiben, wurde an vielen Stellen in Mindo sichtbar und angesprochen. Die medizinische Versorgung in Mindo ist als schlecht zu bewerten (vgl. Kapitel 9.1). Dies hat weitreichende, z. T. gesundheitsgefährdende Folgen, insbesondere für die ärmere Bevölkerung, die keinen Zugang zu medizinischer Versorgung in Quito hat. In Mindo existiert nur ein personell und infrastrukturell schlecht ausgestattetes medizinisches Zentrum, ein Zahnarzt sowie zwei Apotheken. Das Fehlen einer ausreichenden medizinischen Versorgung kann auch für die Touristen problematisch sein. Einfache Reisekrankheiten (Erkältungen, leichte Magen-Darminfekte, UNWTO-Ziel 6, SDG 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen, SDG 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele, SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden. 108 UNWTO-Ziel 7: Wohlbefinden der Gemeinde, SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden, SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen, SDG 2: Kein Hunger, SDG 6: Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen.

107

177

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

etc.) können gut vor Ort behandelt werden, bei schwereren Erkrankungen oder Unfällen ist eine zeitaufwändige Überführung nach Quito notwendig. Auch für Touristen, die auf sprachliche Barrieren stoßen ist dies ein Problem. Ecuador hat die zweithöchste Zahl chronisch unterernährter Kinder in Lateinamerika. In der Provinz Pichincha leiden etwa ein Viertel der unter 2-jährigen unter chronischer Mangelernährung (vgl. Kapitel 9.1). Auch wenn keine Zahlen für Mindo vorliegen, ist aufgrund der ausgeprägten Armut innerhalb der Parroquia davon auszugehen, dass ein Viertel der Kinder an Mangelernährung leiden. Für die erwachsene Bevölkerung liegen keine Daten vor. Zum Wohlbefinden in der Gemeinde ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser zu erwähnen. Zahlreiche Haushalte sind nach wie vor nicht an die Trinkwasserversorgung angeschlossen. Sie erhalten Wasser über Tank-LKWs, aus Brunnen auf ihren Grundstücken oder aus den Flüssen. Es wurde auf die Problematik der verschmutzten Flüsse hingewiesen, die durch den mangelnden Anschluss vieler Haushalte an das Kanalisationssystem zurückzuführen ist. Im Ortskern Mindos besteht eine öffentliche Toilette wie auch ein frei zugänglicher Trinkbrunnen. 6. Kultureller Reichtum109 Mindo verfügt über das historische Erbe der ehemaligen indigenen Kultur der Yumbos. Es findet keinerlei Aufbereitung der ursprünglichen Kultur der Region in Mindo statt. Insbesondere auf dem Hotelgelände Las Luciernagas werden immer wieder archäologisch wertvolle Artefakte freigelegt. Sie werden aber in keiner Weise gesammelt, konserviert und katalogisiert Das Feiern typischer Feste, wie die Fiesta de la Vigin del Cisne und Konzerte lokaler Künstler finden in Mindo statt. Mindo verfügt über ein gastronomisches Angebot bei dem vor allem Forellen und Guaven Verwendung finden, sowie eine eigene Kunst und Handwerk (z. B. Schokoladenherstellung). Wie in Kapitel 9.1 beschrieben, gibt es zahlreiche natürliche oder anthropogene Risiken in Mindo. Daher ist die Sicherheitslage der ortsansässigen Bevölkerung, wie auch für die Touristen von großer Bedeutung. Ökologie 1. Unversehrtheit der Umwelt110 In Mindo bestand die, vor allem in den 1980er und 1990er Jahren, aktive Gruppe Amigos de la Naturaleza, damals unter der Federführung von Pedro Peñafiel. Seine Fachexpertise in Umweltschutzangelegenheiten ist groß. Wie auch das einiger naturkundiger Tourguides. Die touristische Ausstattung bezüglich der Zahl der Beherbergungsbetriebe, des Gastronomieangebots und der Quantität der touristischen Attraktionen ist derzeit quantitativ ausreichend. Im Bereich der Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe besteht ein Überangebot. Die Mehrheit der Verantwortlichen für die Beherbergungsbetriebe und einige Inhaber von Agenturen vor Ort streben eine ökologische Ausrichtung des Tourismus an. Wie in den Interviews deutlich wurde, sind sich die Tourismusverantwortlichen der Rolle einer intakten Natur für den Tourismus bewusst. Es fehlt am Bewusstsein, was es bedeutet den Tourismus nachhaltig oder ökologisch auszurichten. So wird beispielsweise der Einsatz von (Tropen-) Hölzern für den Bau der Beherbergungsbetriebe bzw. Geschäftsstellen als nachhaltig erachtet. Gerade durch die Ausweisung des Biosphären-Reservats Chocó Andino, in dem auch Mindo liegt, wird die Bedeutung dieser durch seine biologische Vielfalt einzigartigen Region deutlich. Gleichzeitig spiegelt sie aber auch die Notwendigkeit wider, sorgsam mit ihr umzugehen. Die Erhaltung und Verbesserung der Landschaftsqualität steht im Fokus. Mindo hat dabei eine verantwortungsvolle Rolle. Der schonende Umgang mit Landschaft und der kontrollierte Ausbau des Tourismus sind zentrale Themenaspekte. Innerhalb des Orts herrscht insbesondere an den Wochenenden und an Feiertagen eine für den verhältnismäßig kleinen Ort hohe Verkehrsdichte. Die Straße, die zu den Wasserfällen führt (Via a las Cascadas) ist gefährlich zu befahren, da sich auf der schlecht UNWTO-Ziel 8. UNWTO-Ziel 9, SDG 9: Industrie, Innovation und Infrastruktur, SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz, SDG 14: Leben unter Wasser, SDG 15: Leben an Land. 109

110

178

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

einsehbaren Straße neben den Fahrzeugen auch Wanderer bewegen. Die Straße selbst ist nicht geteert und weist zahlreiche große Schlaglöcher auf. Im Zusammenspiel mit den Serpentinen, der klimatischen Verhältnisse (hoher Niederschlag/Nebel) und der Steigung birgt sie ein hohes Unfallrisiko. Zudem führt sie durch das empfindliche Ökosystem Nebelwald. Die motorisierte Freizeitmobilität, die durch Verleihstationen zusätzlich gefördert wird, führt häufig entlang nicht befestigter Wege, wodurch es zur Beeinträchtigung weiterer ökologisch hochsensibler Gebiete durch Lärm, Verschmutzung und Bodenschäden kommt. Es sind bereits erkennbare Entwicklungsachsen bzw. Zonen in Nord-West/Süd-Ost-Richtung, ausgehend vom Zentrum, über den Ortsteil Saguambi, entlang des Flusses Mindo erkennbar (vgl. Kapitel 9.1, 10 und Karte 30). Vermutlich wird sich diese Entwicklung weiter in Richtung einer der Hauptattraktionen, der Tarabita, die zu den Wasserfällen führt, zeitnah fortsetzen. Zahlreiche Grundstücke werden auf dieser Achse zum Verkauf angeboten und als Bauland vorbereitet (Rodungen, Nivellierung). Der überwiegende Teil des Besitzes der Flächen in Mindo liegt in lokaler Hand. 2. Biologische Diversität111 Für die Erhaltung der Naturräume und biologischen Diversität ist die Ausweisung von Schutzgebieten/Schutzzonen wichtig. Die Erklärung der Region um Mindo als UNESCO Biosphärenreservats Chocó Andino war dafür ein wichtiger Schritt. Insgesamt weist Mindo eine der höchsten Biodiversitäten weltweit auf und bedarf eines besonderen Schutzes. Die Quantität und Streckenführung des Verkehrs haben Auswirkungen auf das Ökosystem Mindos. Ebenfalls wurde in den Interviews mehrmals angeführt, dass in Mindo und seinen umliegenden Wäldern gewildert (beispielsweise Tukane, Opossums) und Wildtiere sowie Pflanzen gestohlen werden. 3. Ressourceneffizienz112 Viele der Beherbergungsbetriebe verfügen über einen Pool und zahlreiche weitere wollen Ihre Unterkunft zeitnah mit einem erweitern. Die Energie in Ecuador und Mindo ist bezahlbar und kommt aus dem allgemeinen Stromnetz. Gesonderte Untersuchungen zur Stromgenerierung in Ecuador wurden innerhalb dieser Studie nicht durchgeführt. Allerdings ist bekannt, dass Ecuador auf sauber Energie setzt. Der weitaus überwiegende Teil (92 %) stammt aus Wasser- und Wärmekraftwerken (7 %). 1% der Energie in Ecuador wird aus weiteren alternativen, erneuerbarer Energie (Photovoltaik, Biogas, Geothermik) gewonnen (vgl. Ministerio de Energía y Recursos Naturales no Renovables 2021). Innerhalb Mindos beziehen einige Häuser ihren Strom noch über Dieselgeneratoren. Die größte Gefahr einer großräumigen Umweltverschmutzung geht vom Abbau der Bodenschätze aus (vgl. Kapitel 5.2, Karte 6 und Kapitel 9.1.). Sollte es zur Goldförderung im Bereich des Kantons San Miguel de los Bancos kommen, ist von großen Schadstoffeinträgen in den Boden und die Gewässer auszugehen. Weiterhin wird es auch zu einer Lärmbelastung mit direkten Auswirkungen auf die hochsensible und diverse Fauna kommen. Die Folgen für die Region wären zunächst aus ökologischer sowie sozialer und später auch aus ökonomischer Sicht für lange Zeit gravierend. 4. Saubere Umwelt113 Seitens des GAD de Mindo und des Municipios de San Miguel de los Bancos bestehen keinerlei Richtlinien für das Nachtleben und Feste (Sperrstunden) sowie die Verwendung von Pyrotechnik. Seit einigen Jahren besteht eine Mülltrennung in Mindo, diese wurde vor einigen Jahren in der Mülldeponie in San Miguel de los Bancos wieder abgeschafft.

UNWTO-Ziel 10, SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz, SDG 14: Leben unter Wasser, SDG 15: Leben an Land. 112 UNWTO-Ziel 11, SDG 7: Bezahlbare und saubere Energie, SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz, SDG 14: Leben unter Wasser, SDG 15: Leben an Land. 113 UNWTO-Ziel 12, SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz, SDG 14: Leben unter Wasser, SDG 15: Leben an Land.

111

179

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Die aufgeführten und auf die die UNWTO-Ziele umgelegten Ergebnisse zur Fallstudie Mindo finden unter den Kapiteln 9.4.3 und 9.4.4 Eingang in die Analyse, sowie in die Handlungsempfehlungen (vgl. Kapitel 10).

9.4.3 Anwendung des Modells des Reisesterns Das Modell des Reisesterns wurde ursprünglich für Touristen entwickelt, damit sie schnell und einfach eine Beurteilung über die Nachhaltigkeit einer Reise fällen können. Gerade in Entwicklungsländern, in denen die Säulen der Nachhaltigkeit nicht die gleiche Bekanntheit wie in Industrieländern haben, ist es sinnvoll, den Reisestern auch für die Einheimischen nutzbar zu machen. Somit können unter anderen die Stakeholder des Tourismus vor Ort ebenfalls erfahren, wo die Destination im nationalen Vergleich einzuordnen ist und in welchen Bereichen noch Handlungsbedarf besteht. Basierend auf den Befragungen der 54 Beherbergungsbetriebe und der 519 Touristen wurden für die für Nachhaltigkeit relevanten Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales untergeordnete Indikatoren gebildet. Für die ökologische Dimension wurden zunächst der Raumüberwindungsindikator und der Wohlstandsindikator berechnet. Abweichend von dem Model nach Job (1996, S. 112–132) wurde beim Raumüberwindungsindikator zusätzlich der Zeitfaktor berücksichtigt. Dieser wird in das Verhältnis zu den negativ wirkenden Faktoren der Raumüberwindung als Gewichtungsfaktor gesetzt. Reisende, die länger reisen, haben zunächst einen gleich hohen Schadstoffausstoß durch die Raumüberwindung wie Touristen, die lediglich kurze Zeit reisen. Anzunehmen ist aber im Gegensatz zu den Touristen mit einem kurzen Aufenthalt, dass sie eine weitere Fernreise in einem nahen Zeitraum unternehmen werden. Es wurden 3 Kategorien für den Aufenthalt in Ecuador gebildet (Aufenthalt bis eine Woche, eine bis drei Wochen und über 3 Wochen Aufenthalt). Dazu wurden die entsprechenden Kennwerte 4, 2 und 0 gebildet (s. Tabelle 50). Um an dem Schema der Gesamtpunktezahl der Kennwerte zu bleiben, wurde eine Stufe weniger beim globalen Energiekennwert geführt (-2). Ebenso wurde die Punktezahl der Kennwerte Emissionswert-Reiseweg und Emissionswert-Zielgebiet reduziert (jeweils -1) (vgl. Anhang IV). Ökologische Dimension Für den Raumüberwindungsfaktor wurde zunächst das primäre Verkehrsmittel für die Einreise der international nach Ecuador Einreisenden betrachtet. Für die Bildung des Raumüberwindungsindikators wurden der Primärenergieverbrauch in MJ/Pkm (Megajoule/Personenkilometer), der CO2-Ausstoß (Kohlendioxid-Ausstoß) in g/Pkm und der NOX- Ausstoß (StickstoffoxidAusstoß) in g/Pkm jeweils nur für den Anreiseweg einmal für das Verkehrsmittel Flugzeug und einmal für den ÖPNV gebildet. Rund zwei Drittel der befragten Touristen waren international Reisende, die für die nachfolgende Aufstellung berücksichtigt wurden (66,1 %; n=343). 53,4 % reisten mit dem Flugzeug nach Ecuador. Dadurch wurden rund 2.079.917 Kilometer per Luftweg114 zurückgelegt. Dies entspricht durchschnittlich 7.675 Kilometer pro Person. Bei den auf dem Landweg angereisten Touristen muss herausgestellt werden, dass die meisten von ihnen von einem anderen Kontinent stammen und die Distanz, um auf den südamerikanischen Kontinent zu kommen, aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Flugzeug zu Beginn der Reise zurückgelegt wurde. Dennoch wurde für die Berechnung ausschließlich der Weg von Hauptstadt (entweder Lima oder Bogota) zu Hauptstadt (Quito) herangezogen. Insgesamt reisten 66 Personen via Landweg nach Ecuador (12,7°% der Befragten), 29 davon aus Kolumbien, 27 aus Lima und 10 machten dazu keine Angaben. Ca. 56.771 Kilometer wurden per Landweg 115 nach Ecuador Als Grundlage für die Distanzberechnung wurde der Flug von der Hauptstadt des jeweiligen Herkunftslandes nach Quito herangezogen. 115 Als Grundlage für die Distanzberechnung wurde die Strecke von der Hauptstadt des durch den Touristen für die Einreise angegebenen Nachbarlandes nach Quito herangezogen. Hier liegt auch der größte Ungenauigkeitsfaktor für die Berechnung, da nicht zwangsläufig das Nachbarland die erste Destination der Reisenden war. Einige Touristen bereisten vorab schon andere Länder. 114

180

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

zurückgelegt (n=56). Dies entspricht durchschnittlich etwa 1.014 Kilometer pro Person. In aller Regel wurden diese Reisen mit dem ÖPNV zurückgelegt, nur in einigen Ausnahmefällen wurde die Strecke im eigenen PKW überwunden. Innerhalb des Landes wurde nur die Strecke von 100 Kilometer von Quito – Mindo mit dem ÖPNV in die Berechnung miteinbezogen, da innerhalb Mindos in aller Regel die meisten Wege zu Fuß zurückgelegt werden und für die einzigen beiden Strecken, die von den Touristen in der Regel mit dem Taxi gefahren werden (zu den Wasserfällen und Schmetterlingsgärten) keine Werte zur Verfügung standen. Anreise mit Flugzeug und ÖPNV nach Mindo Flugzeug

Formel

Primärenergieverbrauch in MJ/Pkm:

7.675 km * (2,08°+°0,25) (angenommen: Ø eine Zwischenlandung) = 17.883 MJ/Pkm

CO2-Emissionen:

7.675 km * 140 g = 1.075 Kg/Pkm

NOX – Ausstoß:

7.675 km * 0,98 g = 7,5 kg/Pkm

Reisebus Quito-Mindo Zahl der Flugreisenden:

277

Emission der befragten Touristen von Quito bis Mindo

Emission der befragten Touristen bis Quito

Stufe

4.953.591 MJ/Pkm

Stufe

Emission der befragten Touristen gesamt bis Mindo

pro Person

Gesamt für befragten Touristen

6

100 km * 0,52= 52 MJ/Pkm

100 km * 0,52 * 277 = 14.404 MJ/Pkm

2

4.967.995 MJ/Pkm

297.775 kg/Pkm

6

100 km * 40g= 4 Kg/Pkm

100 km * 40 g * 277= 1.108 Kg/Pkm

2

298.883 kg/Pkm

2078 kg/Pkm

6

100 km * 0,5g = 50g/Pkm

100 km * 0,5 g * 277 = 13,85 kg/Pkm

2

2.092 kg/Pkm

Tabelle 45 Primärenergieverbrauch und Schadstoffausstoß internationaler Touristen für die Reise nach Mindo (Flugzeug). Eigene Erhebung; Berechnung nach Job (1996, S. 119).

Anreise mit ÖPNV nach Mindo Reisebus international

Formel

Primärenergieverbrauch in MJ/Pkm:

1.014 km * 0,52 = 527,3 MJ/Pkm

CO2-Emissionen:

1.014 km * 40g = 41 kg/Pkm

NOX – Ausstoß:

1.014 km * 0,5g = 0,5 kg/Pkm

Reisebus Quito-Mindo

Zahl der ÖPNVReisenden116

56

Emission der befragten Touristen von Quito bis Mindo

Emission der befragten Touristen

Stufe

29.529 MJ/Pkm

Stufe

Emission der befragten Touristen gesamt bis Mindo

pro Person

Gesamt für befragten Touristen

2

100 km * 0,52= 52 MJ/Pkm

100 km * 0,52 * 56 = 2.912 MJ/Pkm

2

32.441 MJ/Pkm

2.296 kg/Pkm

2

100 km * 40g= 4 Kg/Pkm

100 km * 40g * 56= 224 Kg/Pkm

2

2.520 kg/Pkm

28 kg/Pkm

2

100 km * 0,5 g = 50g/Pkm

100 km * 0,5 g * 56 = 2.8 kg/Pkm

2

31 kg/Pkm

Tabelle 46 Primärenergieverbrauch und Schadstoffausstoß internationaler Touristen für die Reise nach Mindo (ÖPNV). Eigene Erhebung; Berechnung nach Job (1996, S. 119). Da der Großteil der Touristen mit dem Flugzeug nach Ecuador reist und davon auszugehen ist, dass die Raumüberwindung von anderen Kontinenten auf den südamerikanischen Kontinent, selbst bei Anreise via Landweg aus den Nachbarländern, zunächst mit dem Flugzeug erfolgte, 116

Zahl der ÖPNV-Reisenden, bei denen bekannt ist, über welches Land sie nach Ecuador eingereist sind. 181

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

wurde der Raumüberwindungsfaktor vorrangig anhand des Verkehrsmittels mit dem größeren Schadstoffausstoß gebildet. Der Wert der ökologischen Sensibilität Ecuadors wurde Job (1996, S. 120) entnommen, wonach Ecuador als ökologisch hochsensibel eingeordnet wurde, da mehr als 50 % des Landes zu der Landschaftszone der tropischen Wälder gehört. Dies trifft auch für Mindo zu. Dieser Wert fließt nochmals auch unter dem Wohlstandsindikator in die Berechnung ein. Unter bestehenden Belastungen wurden die Faktoren Verschmutzung der Flüsse und die drohende Gefahr des Goldabbaus gewichtet. Aufenthaltsdauer

Insgesamt

Ecuador

Stufe

Mindo

1–7 Tage

31,3 % (142)

33,7 % (158)

3 (474)

96,3 % (495)

8–21 Tage

24,6 % (112)

31,7 % (147)

2 (294)

2,1 % (11)

> 22 Tage

44,1 % (200)

35,6 % (164)

1 (164)

1,6 % (8)

Gesamt

100 % (454)

100 % (469)

2 (932)

100 % (514)

Tabelle 47 Aufenthaltsdauer der befragten Besucher in Mindo. Eigene Erhebung. Auf den durchgeführten Berechnungen sowie Betrachtungen beruhend, fand eine Einstufung bzw. Kategorisierung statt, die als Berechnungsgrundlage für den Raumüberwindungsindikator des Reisesterns dient. Bezüglich des Wohlstandindikators wurden zunächst die Beherbergungsbetriebe erneut nach dem Schema von Job (Hotelanlagen, Hotel, Hotel Garni, Pension und Ferienwohnung) kategorisiert. Daran anschließend wurden die Faktoren Wasserverbrauch, Abfallaufkommen und Flächenbedarf in m² pro Bett berechnet (vgl. Job 1996, S. 121). Für die Variable Wasserverbrauch (Liter/Tag/Tourist) ergibt sich für Mindo ein Durchschnittwert von rund 243 Litern und für das Abfallaufkommen (Liter/Tag/Tourist) ein Wert von 3,5 Litern. Legt man eine maximale Auslastungsrate der Hotels von 1.483 Personen zugrunde, würde dies einen Wasserverbrauch von insgesamt 370.916 Litern pro Tag und ein Abfallaufkommen von 5.394,5 Litern pro Tag nur durch den Übernachtungstourismus bedeuten. Betrachtet man den Flächenbedarf (überbaute m² pro Bett) ergibt sich insgesamt ein Wert von rund 125.000 m² Fläche. Folgt man dem Schema der Stufenklassifizierung des Reisesterns nach Job (1996, S. 112 – 132) ergibt sich somit die Stufe 2 für den Flächenverbrauch (Ø 2,04), den Wasserverbrauch (Ø 2,24) und das Abfallaufkommen (Ø 1,68)117.

117

182

Werte bezogen auf eine maximale Auslastungsquote.

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Betrieb

Bio Hostal Bird Planet Mindo Birdwatchers House y Lodge Cabañas Ananaw Cabañas Armonia Cabañas Bambu Wood Town Hotel Cabañas El Eden Casa Cultural Casa Divina Lodge CasKaffesu El Abrazo del Arbol El Acuario de Mindo El Arco Iris El Bosque de Mindo El Eden El Eden Tree House El Jardin del Descanso El Septimo Paraiso Guesthouse Hacienda San Vicente Hostal Henrry's Hostal Ruby Jardin de los Pajaros Kumbha Mela La Bicock La Casa de Cecilia La Casa de Piedra La Estancia Mindo La Garceta Sol La Posada de Mindo La Providencia de Mindo

Eröffnung

Beherbergungsform118

Wasserverbrauch L/Tag/ Tourist

Stufe

Abfallaufkommen L/Tag/ Tourist

Stufe

Flächenbedarf (überbaut) m²/Bett

Stufe

119

Max. Auslastungskapazität

Zahl der Zimmer

Wasserverbrauch L/Tag

Abfallaufkommen L/Tag

Hotel mit max. Auslastung

Flächenbedarf (überbaut) m²/Bett120

2008

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

40

16

5.120

80

1.600

2007

Hotelanl.

350121

3

4,5

2

125

3

80

17

28.000

360

10.000

2014

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

6

3

768

12

240

2011

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

11

5

1.408

22

440

1995

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

25

7

3.200

50

1.000

2006

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

33

13

11.550

148,5

4.125

2012

Hotel

260

3

4,5

2

30

1

38

14

9.880

171

1.140

1995

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

18

6

2.304

36

720

2014

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

9

5

1.152

18

360

2007

Hotel

260

3

4,5

2

30

1

20

7

5.200

90

600

2008

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

35

11

4.480

70

1.400

2011

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

21

11

7.350

94,5

2.625

1999

Hotel

260

3

4,5

2

30

1

19

k. A.

4.940

85,5

570

1970

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

20

10

2.560

40

800

2013

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

40

13

5.120

80

1.600

2018

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

15

8

1.920

30

600

2017

Hotel

260

3

4,5

2

30

1

10

3

2.600

45

300

2000

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

12

4

1.536

24

480

2001

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

40

23

14.000

180

5.000

2016

Hotel g. Hotel-anlage

128

1

2

1

40

1

6

2

768

12

240

350

3

4,5

2

125

3

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

2015

Pension

k. A.

1

3

2

50

1

29

7

k. A.

87

1.450

2003

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

25

6

3.200

50

1.000

2008

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

24

11

3.072

48

960

k.A.

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

70

17

24.500

315

8.750

2015

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

22

7

7.700

99

2.750

1993

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

40

20

5.120

80

1.600

2013

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

22

15

7.700

99

2.750

k. A.

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

45

9

15.750

202,5

5.625

2008

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

40

5

5.120

80

1.600

1993

Hotelanlage

350

3

4,5

2

125

3

80

15

28.000

360

10.000

2017

FeWo

> 200122

2

7,5

3

200

3

14

4

2.800

105

2.800

1986

Die Kategorisierung der Beherbergungsform basiert auf der bei Job 1996, S. 121 angeführten Tabelle zu Kennzahlen zum Wasserverbrauch, Abfallaufkommen und Flächenbedarf und ist nicht mit den nach Preisen gebildeten Kategorien der Autorin aus Tabelle 28 gleichzusetzen. 119 Bei den Kennzahlen zum Flächenbedarf wurde bei Job der Wert für Hotelanlagen 100 – 150 gesetzt. Um die Berechnung durchzuführen wurde der Mittelwert von 125 gebildet. 120 Bei den Kennzahlen zum Flächenbedarf wurde bei Job der Wert für Hotelanlagen 100 – 150 gesetzt. Um die Berechnung durchzuführen wurde der Mittelwert von 125 gebildet. 121 Für Hotelanlagen ist hier eigentlich ein Wert der > 350 ist, gemeint, für die Berechnung wurde aber =350 gesetzt. 122 Für Ferienwohnung ist hier eigentlich ein Wert, der > 200, gemeint, für die Berechnung wurde er allerdings =200 gesetzt. 118

183

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Betrieb

La Roulotte La Tranquilidad Las Terrazas de Dana Mariposas de Mindo Mindalae House Mindo Bonito Mindo Coffee Lodge Mindo Garden Mindo Green House Mindo Lago Mindo Lindo Mindo Real Mindo Rio Hosteria Monastel Orquideas Sachatamia Lodge Saguamby Sanchez San René Sisakuna Lodge The Dragonfly Inn Virgen del Cisne

Eröffnung

Beherbergungsform123

Wasserverbrauch L/Tag/ Tourist

Stufe

Abfallaufkommen L/Tag/ Tourist

Stufe

2011

Hotelanl.

350

3

4,5

2

2007

Hotel g.

128

1

2

2015

Hotel

260

3

1999

Hotelanl.

350

2010

Hotel g.

2006

Flächenbedarf (überbaut) m²/Bett

Stufe

Max. Auslastungskapazität

Zahl der Zimmer

Wasserverbrauch L/Tag

Abfallaufkommen L/Tag

Flächenbedarf (überbaut) m²/Bett125

125

3

11

6

3.850

49,5

1.375

1

40

1

21

9

2.688

42

840

4,5

2

30

1

16

4

4.160

72

480

3

4,5

2

125

3

22

5

7.700

99

2.750

128

1

2

1

40

1

18

8

2.304

36

720

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

30

5

10.500

135

3.750

2016

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

22

8

7.700

99

2.750

2002

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

27

9

9.450

121,5

3.375

2015

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

27

13

3.456

54

1.080

2004

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

40

16

14.000

180

5.000

k. A.

Hotel

260

3

4,5

2

30

1

26

4

6.760

117

780

2008

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

36

13

12.600

162

4.500

2008

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

50

15

17.500

225

6.250

2016 2018

Pension Pension

k. A. k. A.

1 1

3 3

2 2

50 50

1 1

26 14

8 7

k. A. k. A.

78 42

1.300 700

124

k. A.

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

k. A.

14

k. A.

k. A.

k. A.

2013 2014 2015

Hotelanl. Hotel g. Hotelanl.

350 128 350

3 1 3

4,5 2 4,5

2 1 2

125 40 125

3 1 3

35 15 20

7 6 8

12.250 1.920 7.000

157,5 30 90

4.375 600 2.500

2014

Hotelanl.

350

3

4,5

2

125

3

54

12

18.900

243

6.750

2007

Hotel

260

3

4,5

2

30

1

24

9

6.240

108

720

2008

Hotel g.

128

1

2

1

40

1

40

12

5.120

80

1.600

Gesamt

12.408

189

4.150

1.483

492

370.916

5.394,5

125.320

Durchschnitt GESAMT (pro Hotel)

243,3

3,5

76,9

28,5

9,46

7.418

103,74

2.410

Tabelle 48 Befragte Beherbergungsbetriebe mit Kennzahlen126 zum Wasserverbrauch, Abfallaufkommen und Flächenbedarf in Mindo. Eigene Darstellung. Ein wichtiger Faktor für die Berechnung des Reisesterns ist auch die Wasserhaushaltssituation eines Landes. Ecuadors Wasserdargebot wurde als ausreichend eingestuft und fällt somit in Stufe 1 für die Berechnung127 (vgl. Job 1996, S. 122).

Die Kategorisierung der Beherbergungsform basiert auf der bei Job 1996, S. 121 angeführten Tabelle zu Kennzahlen zum Wasserverbrauch, Abfallaufkommen und Flächenbedarf und ist nicht mit den nach Preisen gebildeten Kategorien der Autorin aus Tabelle 28 gleichzusetzen. 124 Bei den Kennzahlen zum Flächenbedarf wurde bei Job der Wert für Hotelanlagen 100 – 150 gesetzt. Um die Berechnung durchzuführen wurde der Mittelwert von 125 gebildet. 125 Bei den Kennzahlen zum Flächenbedarf wurde bei Job der Wert für Hotelanlagen 100 – 150 gesetzt. Um die Berechnung durchzuführen wurde der Mittelwert von 125 gebildet. 126 Kennzahlen beziehen sich auf mitteleuropäische Werte, wurden aber aus Mangel an südamerikanischen Werten, für die Berechnung als Richtwerte herangezogen. 127 Die für die Berechnung herangezogenen Stufen werden für die Nachvollziehbarkeit der Berechnung weiterhin angeführt. Sie sind Job 1996 zu entnehmen. 123

184

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Ein weiterer Teilindikator für die Bildung des Wohlstandindikators ist die Belastung der Umwelt durch verschiedene Freizeitaktivitäten. Dafür wurde eine Tabelle erstellt, die ausschließlich die Freizeitaktivitäten, die für Mindo relevant sind, berücksichtigt. Es wurden die Komponenten Boden, Luft, Wasser, Pflanzen und Tiere in Bezug zur Aktivität nach der Stärke der Beanspruchung bewertet. Daraus resultierend wurde eine durchschnittliche Belastung gebildet (vgl. Job 1996, S. 123). Diese wurde wiederum auf die Zahl der befragten Touristen umgelegt, um die jeweiligen Aktivitäten nach Intensität ihrer Ausübung gewichten zu können. Die so gebildeten Werte wurden wie auch der Flächenbedarf/Bett, das Abfallaufkommen/Tourist, der Wasserverbrauch/Tourist, die ökologische Sensibilität und die Wasserhaushaltssituation für die Berechnung des Wohlstandsindikators herangezogen.

Freizeitaktivitäten

Boden

Luft

Wasser

Pflanzen

Tiere

Ø Belastung128

Zahl der Touristen

Belastung auf die Zahl der Touristen umgelegt

Großveranstaltungen

+++

++

++

++

+++

2,4

16

38,4

Mountainbiking

++

+

+

++

++

1,6

5

8

Natur-/Vogelbeobachtung129

+

+

+

+

+

1,0

429

429

Surfen/Segeln/Rudern/ Tubing

+

+

++

++

++

1,6

7

11,2

Waldlauf/Joggen

+

+

+

+

++

1,2

2

2,4

Wandern/Trekking/ Spazieren

+

+

+

+

+

1,0

190

190

Wildwasserfahren/ Canyoning130

+

+

+

+

++

1,4

3

4,2

652 (N)131

683,2

Gesamt Ø Stufe pro Tourist

1,1 + Keine bis geringe Belastung ++ geringe bis mittlere Belastung +++ Mittlere bis hohe Belastung < 1,5 durchschnittlich keine bis geringe Belastung 1,5 – 1,9 durchschnittlich geringe bis mittlere Belastung ≥2 durchschnittliche mittlere bis hohe Belastung

Tabelle 49 Direkte Beeinträchtigung der Umwelt durch Freizeitaktivitäten der befragten Touristen in Mindo. Eigene veränderte Darstellung nach Job (1996, S. 123). Die ökologische Dimension nimmt aufgrund ihrer Bedeutung für die Klimaproblematik die Hälfte aller zu vergebenden Kennwerte ein. Ökonomische Dimension Job (1996, S. 112 – 132) beschreibt für die Berechnung der ökonomischen Dimension den Arbeitsplatzindikator (Beschäftigung und Saisonalität) und den Wirtschaftlichkeitsindikator (Touristische Devisen-Einnahmen und Sickerrate). Insbesondere für die Darstellung der touristischen Beschäftigung basieren die Berechnungen auf dem Beschäftigungsäquivalent des Tourismus wie auch einem Multiplikator aus BSP/Kopf. Hierbei wird der Anteil der touristischen Arbeitsplätze 128 129 130 131

Bewertung und Werte der Tabelle von Job (1996, S. 123) entnommen. Ergänzte Kategorie. Ergänzte Kategorie. Einbezogen wurden lediglich für die Darstellung relevante Freizeitaktivitäten. 185

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

in Bezug zur Zahl der Betten berechnet. Das Beschäftigungsäquivalent wird in einer Spanne von 0,3 bis 0,8 Angestellten pro Bett angegeben. Dies wird darauf zurückgeführt, dass insbesondere in Entwicklungsländern niedrigere Gehälter und damit zusammenhängend höhere Beschäftigtenzahl pro Bett als beispielsweise in Europa oder Nordamerika auftreten. Herangezogen wird dafür die folgende Formel:

Zahl Betten x Beschäftigungsäquivalent x Multiplikator Einwohner

1.483 x 0,3 x 1,6 bzw. 1.483 x 0,8 x 1,6 3.842 Einwohner

x 100

= Anteil der touristischen Arbeitsplätze

x 100

= 18,53 % bzw. 49,41 %

Hier wurde ein Anteil an touristischen Arbeitsplätzen zwischen 18,5 % (0,3 Angestellte/Bett) und 49,41 % (0,8 Angestellte/Bett) berechnet. Die reale Zahl der vom Tourismus abhängigen Beschäftigten wird sich nicht ermitteln lassen, da er mit vielen nicht direkt dem Tourismus zuzuordnenden Branchen verwoben ist bzw. viele Arbeitskräfte verschiedener Branchen auch nur anteilig vom Tourismus profitieren. Der touristische Multiplikator ist vom BSP eines Landes pro Kopf abhängig. Für Ecuador wird er durch das Tourismusministerium mit 1,6 beziffert (vgl. MINTUR 2018c, S. 9). Demnach sind neben zehn direkt im Tourismus Beschäftigten auch noch sechs weitere indirekt vom Tourismus abhängig (vgl. Brunotte 2002c, S. 409). Aufgrund der oben angeführten Berechnungen, ist selbst bei einem niedrigen Beschäftigungsäquivalent von 0,3 Angestellten/Bett von einem hohen volkswirtschaftlichen Effekt des Tourismus in Mindo auszugehen. Somit wird der Arbeitsplatzindikator auf Stufe 1 gesetzt. Dieser soll in Relation zur Saisonlänge in Mindo gewichtet werden. Wie in Kapitel 8.3 erläutert, ist die Saisonalität in Ecuador nicht stark ausgeprägt und weniger auf die klimatischen Gegebenheiten des Landes als vielmehr auf internationale Ferientermine zurückzuführen. Das Land kann ganzjährig bereist werden, da die klimatischen Voraussetzungen aufgrund der Lage am Äquator hierfür ideale Bedingungen schaffen. Im Kanton San Miguel de los Bancos ist ebenfalls keine außergewöhnliche Saisonalität festzustellen (s. Kapitel 9.2). Lediglich zu den Feiertagen, an denen 6 % der Übernachtungen stattfinden, ist eine Erhöhung festzustellen. Dennoch ist die Saisonalität für den Kanton San Miguel de los Bancos wie auch für Ecuador als gering einzustufen. Für Mindo selbst stehen keine Daten zur Verfügung. Es ist aber davon auszugehen, dass die Raten in etwa den Raten im Kanton gleichzusetzen sind. Demnach wurde eine Saisonalität der Stufe 1132 – ganzjährige Saison, festgestellt. Betrachtet man den Wirtschaftlichkeitsindikator, lässt sich dieser in touristische Deviseneinnahmen und Sickerraten aufschlüsseln. Für das Jahr 2018 hatte Ecuador 1.871 Mio. US$ Einkünfte aus dem internationalen Tourismus (vgl. World Tourism Organization UNWTO 2019, S. 20). Dies entspricht einem Anteil touristischer Deviseneinnahmen am Exporterlös von 8,66 %. Lässt man die Einkünfte aus dem Ölexport bei den Exporteinnahmen unberücksichtigt, sind es sogar 14,61 %. Somit ist ein volkswirtschaftlicher Effekt nach Job (1996, S. 117) der Stufe 4 bzw. 3 (exkl. Rohöl) zuzuordnen. Für Gesamt-Ecuador wurde eine Sickerrate von 44,44 % für das Jahr 2018 berechnet (Berechnung auf Grundlage der Daten des MINTUR 2018c, S. 9) 133 . Dies entspricht Stufe 2. Soziale Dimension Die soziale Dimension beinhaltet den Akkulturationsindikator, zusammengesetzt aus den Indikatoren indigener Ethnien und Tourismusintensität. Wie auch bei Job (1996, S. 112–132) wird aufgrund der schwer zu erlangenden Daten wenig anwenderfreundlich der Menschenrechtsindikator ausgeklammert. Im vorliegenden Modell wurde stattdessen der Zeitindikator hinzugefügt. Einteilung der Stufen 1 bis 4 nach Job (1996). Tourismuseinkünfte: 2.398,1 Mio. US$/Tourismusausgaben: 1.065,8°Mio. US$/Saldo: 1.332,3°Mio. US$. 132 133

186

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Dieser wird in das Verhältnis zum Indikator indigene Ethnien gesetzt. Es wird davon ausgegangen, dass Reisende, die sich länger an einem Ort aufhalten und sich intensiver mit den Kulturen vor Ort treffen, weniger ‚schädlich‘ auf die Kultur wirken und der Prozess der Akkulturation geringer ausfällt. Es wurden drei Stufen gebildet: Aufenthalt bis eine Woche, eine bis drei Wochen und über drei Wochen Aufenthalt. Dazu wurden die entsprechenden Kennwerte sechs, vier und zwei konstituiert (vgl. Kapitel 7.1). Die Kennwerte weichen von denen des Wohlstandsindikators ab, dies hat rein rechnerische, jedoch keine inhaltlichen Gründe. Der Wert für die indigenen Ethnien gibt ihren Anteil in der Gesamtbevölkerung an. In Mindo lebten 2014 17 sich selbst einer indigenen Ethnie zurechnende Personen. Auf die Einwohner umgelegt (3.842 EW im Jahr 2010) ergibt sich ein prozentualer Anteil von 0,44 %. Somit liegt der Wert auf Stufe 1. Für die Tourismusintensität wurde sowohl für Ecuador gesamt als auch für Mindo Stufe 1 ermittelt. Allerdings wurden zwei unterschiedliche Methoden gewählt, sie zu ermitteln. Für Ecuador wurde nach Job (1996, S. 126) folgende Formel angewendet: Tourismusintensität Ecuador = Touristenankünfte/Jahr (2018)/ 1.000 EW

Tourismusintensität Ecuador = 2.427.660/365 Tage/1.000 EW = Ankünfte/2018/ 17.084.357 Mio. EW = 6,7 = geringe Reiseintensität – Stufe 1

Da für Mindo keine Ankunftszahlen zur Verfügung stehen, wurde hier eine Behelfszahl für die Touristenankünfte gebildet. Hierfür wurde die durchschnittliche Auslastungsrate für Südamerika auf die Beherbergungsbetriebe in Mindo angewandt. Daher ergibt sich für Mindo folgenden Formel: Tourismusintensität Mindo = Durchschnittliche Auslastungsrate Südamerika in Prozent°* max. Auslastungsrate Mindo/365/1.000 EW

Tourismusintensität Mindo = 856 (wenn eine Auslastung134 von 57,7 %135 zugrunde gelegt wird)/365 Tage/1.000 EW = 0,002 = geringe Reiseintensität – Stufe 1

1.483 = max. Auslastung. Es wird die Auslastungsrate von 57,7°% zugrunde gelegt, da das dem realen Durchschnittswert für Südamerika im Jahr 2018 entspricht (vgl. STR Global 2020). 134 135

187

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Bereich

Bewertung nach Stufen

Indikatoren

Ökologisch

Raumüberwindungsindikator

Ökonomisch

Arbeitsplatzindikator

Sozial

Wohlstandsindikator

Akkulturationsindikator

Wirtschaftlichkeitsindikator

Zeitfaktor

Kennwerte

Globaler Energiekennwert

4

6

Emissions-Reisewert136

4

4,5

Emissionswert-Zielgebiet

3

3

CO2 Reiseweg

2

2

Ökologische Sensibilität/Regenerations- und Assimilationsvermögen

3

4

Bestehende Belastungen

1

0

Reisedauer

1

4

Flächenbedarf/Bett

2

2

Ökologische Sensibilität/Biodiversität

3

2

Abfallaufkommen/Tourist

2

2

Wasserverbrauch/Tourist

2

2

Wasserhaushaltssituation

1

0

Freizeitaktivitätsspektrum

1

0

Beschäftigung

1

0

Saisonalität

1

0

Touristische Deviseneinnahmen

4

9

Sickerrate

2

2

Indigene Ethnien

1

0

Tourismusintensität

1

0

Reisedauer

1

6

Tabelle 50 Berechnungswerte für den Reisestern Mindo. Eigene Berechnung nach Job (1996). Raumüberwindungsindikator:

23,5

Wohlstandsindikator:

8

Arbeitsplatzindikator:

0

Wirtschaftlichkeitsindikator: Akkulturationsindikator:

11 6

31,5

Ökologische Dimension (kumulierte Kennwerte)

11,0

Ökonomische Dimension (kumulierte Kennwerte)

6,0

Soziale Dimension (kumulierte Kennwerte)

Die Anwendung, Neuberechnung und Erfassung etwaiger Veränderungen durch eine jährliche Analyse mit Hilfe des Reisesterns ist durchzuführen. Auch wenn es zunächst den Anschein hat, dass der Raumüberwindungsfaktor eventuell ausgeklammert werden sollte, da die Mindeños kaum Einfluss auf die Herkunft der Reisenden haben, sollte er dennoch beibehalten werden. Erstens besteht durchaus durch gezielte Marketingmaßnahmen Einfluss auf die Quellgebiete der Reisenden, zweitens kann er innerhalb des Landes vergleichend herangezogen werden und zeigt so verstärkt, welche Gebiete durch internationale (Flug-)Reisende bevorzugt werden und drittens kann bei einem negativen Raumüberwindungsfaktor verstärkt der Versuch unternommen werden, in den anderen vier Bereichen ausgleichend zu agieren. In diesen Wert wurden neben CO2-Werten die CO2-Äquivalente miteinberechnet. Daher setzen sich die Indikatoren an dieser Stelle etwas anders zusammen als bei Job (1996, S. 128).

136

188

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Reisen der Touristen 2018 mit und ohne Raumüberwindung Raumüberwindung: internationale Anreise per Flugzeug/ÖPNV und nationale Anreise per ÖPNV, Übernachtung in den vorhandenen Beherbergungsbetrieben, angegebene Freizeitaktivitäten der Stichprobe, inkl. durchschnittlich Reisedauer in Mindo (ca. 3 Tage)

Abbildung 62 Zwei alternative Reisesterne zur Darstellung der Nachhaltigkeitsbilanz für Mindo zur jährlichen Selbstkontrolle: Links: Inklusive Raumüberwindungsfaktor, rechts: Exklusive Raumüberwindungsfaktor. Eigene veränderte Darstellung nach Job (1996, S. 129). In den dargestellten Reisesternen fällt auf, dass die Auswirkungen des Tourismus in Mindo in ihrer Gesamtheit betrachtet bislang noch keine überwiegend negativen Effekte auf eine der drei Komponenten der Nachhaltigkeit haben. Selbst wenn der Raumüberwindungsfaktor mit in die ökologische Dimension einbezogen wird, sind die Auswirkungen bislang nicht durchweg negativ. Dies ist auf den hohen Anteil an Binnentouristen, aber auch auf die Verkehrsmittelwahl ‚öffentlicher Bus‘ für die Anreise innerhalb des Landes sowohl von Binnen- als auch von internationalen Touristen zurückzuführen.

9.4.4 Analyse anhand des prozessorientierten Bewertungssystems (POBS) Das Resultat des Reisesterns für Mindo ist in seiner Gesamtheit positiv. Seine Anwendung ist schnell durchzuführen und liefert auf nationaler Ebene und im temporären Verlauf vergleichbare Werte. Da durch diesen die Situation vor Ort nicht ausreichend tiefgreifend behandelt wird, wurde ergänzend eine POBS-Analyse für Mindo durchgeführt. Bei einigen der Indikatoren kommt es zu Überschneidungen zu denen des Reisesterns, dennoch bietet das POBS die Basis für die Bewertung und insbesondere eine darauf aufbauende richtungsweisende Lenkung des Tourismus einer Destination. Für die POBS-Analyse wurden zum Teil andere Indikatoren herangezogen als von Baumgartner (2008) vorgeschlagen, da diese in mancher Hinsicht für die Region keine Relevanz besitzen137 beziehungsweise als wenig zielführend zur Bestimmung der Nachhaltigkeit der z. B. sind die ‚flächenbezogene Dichte der Aufstiegshilfen‘ oder ‚Unterstützung der Region für angepasste Landwirtschaft zur Verbesserung der Einkommenssituation und damit langfristigen Sicherung der Kulturlandschaft‘ als nicht ersetzbarer Indikator nicht haltbar. Sie wurden für den Alpenraum entwickelt. 137

189

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Tourismusdestination Mindo identifiziert wurden. Darüber hinaus sind sie für die Stakeholder des Tourismus nicht immer einfach und eindeutig zu benennen und daher nicht für die Operationalisierung vor Ort geeignet. Die Modifikationen sind so vorgenommen worden, dass sie sich für Regionen in Entwicklungsländern eignen. Sollten Indikatoren für eine andere Studie ersetzt werden, weil sie sich als nicht passend erweisen, sei auf das Leitplanken-Set von Baumgartner (2008, S. 192ff.) verwiesen. Die Einstufung Mindos erfolgte an Hand der erhobenen Daten. Eine gewisse Subjektivität bei der Wahl der Indikatoren wie auch bei der Einstufung Mindos – gerade im Hinblick auf nicht quantifizierbare Daten und mittels qualitativen Erhebungsmethoden gewonnenen Erkenntnissen – ist nicht vermeidbar. Das nachfolgende Schema bildet dennoch ein probates Mittel zur Klassifizierung der Nachhaltigkeit eines Ortes, da es derzeit kein anderes Instrumentarium gibt, das die Subjektivität in diesem Forschungsbereich gänzlich ausklammern kann. Die in Kapitel 7.1 vorgeschlagene Ergänzung um eine zweite Stufe in das POBS, in der Einzelgespräche mit den touristischen Stakeholdern vor Ort geführt werden, wurde realisiert. Die Gesprächsthemen sind unter Kapitel 9.3 jeweils den verschiedenen Akteursgruppen zugeordnet, tabellarisch gelistet. In den Interviews konnten untersuchungsrelevante Erkenntnisse gewonnen werden, die der Wahl der Indikatoren wie auch der weiteren Analyse dienten. Die Kategorisierung der Indikatoren orientiert sich an den Dimensionen der Nachhaltigkeit, Ökologie, Ökonomie, Soziokulturelles und wurde um Institutionelles ergänzt. Sie werden in den Tabellen 51 – 54 kurz erläutert, wenn sie nicht selbsterklärend sind. Zudem wurde in der Tabelle die Bewertung für Mindo eingetragen, die auf Basis der eigenen Erhebungen vorgenommen (vgl. Kapitel 9.3) wurde. Die Erklärung für die Bewertung Mindos wird jeweils im Anschluss an die Tabellen gegeben. Es wurde nach dem Bewertungsschema von Baumgartner (2008, S. 163ff./S. 214f.) mit vier festen (erstgenannt) und vier austauschbaren Indikatoren vorgegangen. Die Auswertung der Indikatoren des POBS erfolgte weitestgehend nach den von Baumgartner (2008, S. 212ff.) entwickelten Vorgaben. Allerdings wird ein Bereich erst bei 1/3 der Indikatoren im Bereich gänzlich unverträglich. Es wurde auf die Kategorien ‚verträglich‘ ‚bedingt verträglich‘ und ‚nicht verträglich‘ zurückgegriffen mit folgender Gewichtung: Mindestens 2/3 der Indikatoren

kein Indikator

: verträglich

Weniger als 2/3 der Indikatoren

kein Indikator

: bedingt verträglich

Mindestens 1/3 der Indikatoren

: unverträglich

190

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Ökologische Indikatoren Ökologische Indikatoren

Bewertung Mindo

1. Erreichbarkeit der Destination mit dem ÖPNV Eine An- und Abreise mit dem ÖPNV sollte täglich mind. einmal morgens und einmal abends möglich sein. 2. Ein auf die touristische Nachfrage abgestimmtes ÖPNV-Netz Mobilität durch den ÖPNV sollte zumindest innerorts gewährleistet sein, um individualen Verkehr durch Mietwägen und Taxis zu vermeiden. 3.

Maßnahmen zur Reduzierung des Abfallaufkommens durch Touristen Touristen (wie auch Einheimischen) sollte die Möglichkeit geboten werden, Abfall zu vermeiden (z. B. durch Trinkwassertanks/-brunnen, um die eigene Trinkflasche zu befüllen, Verzicht auf Einweggeschirr, Förderung von Recyclingkreisläufen.

4.

Diversität der Beherbergungsbetriebe Wie bei den Berechnungen zum Reisestern deutlich wurde, hat die Beherbergungskategorie maßgeblichen Einfluss auf den Wasser- und Flächenverbrauch, wie auch auf die Entsorgung. Sie ist aber auch für die Menge der Generierung von Einkommen und Wertschöpfung verantwortlich.

5.

Maßnahmen zur Reduktion von Lärm in der Destination und ihrem Umland Umsetzung von Maßnahmen zur Reduktion von Lärm (z. B. zeitliche und räumliche Beschränkungen von Lärm, Verbot von Feuerwerk, Einführung verkehrsberuhigter Zonen).

6.

Kategorisierung der Freizeitaktivitäten nach dem beim Reisestern angewandten Schema Verschiedene Freizeitaktivitäten haben unterschiedliche Wirkungen auf die Umwelt. Es sollte zudem eine Gewichtung nach Häufigkeit, nach der die Aktivitäten durchgeführt werden, vorgenommen werden.

7.

Anteil der geschützten Flächen an der Gemeindefläche Wieviel Fläche unter Schutz gestellt wird, ist gerade in sensiblen Ökosystemen von besonderer Relevanz.

8.

Das Verhältnis der touristischen Betriebe innerhalb und außerhalb des Orts Es soll der Anteil der Flächenzersiedlung wiedergegeben werden, da es von großer Bedeutung für die Umwelt ist, wie in der Fläche gebaut wird.

Tabelle 51 POBS-Analyse Mindo: Ökologische Indikatoren. Eigene Darstellung nach Baumgartner (2008, S. 165ff.). 1. Erreichbarkeit der Destination mit dem ÖPNV Die Erreichbarkeit Mindos ist sieben Tage die Woche, mehrmals täglich gewährleistet. Das Dorf wird direkt mit Bussen der Kooperation Flor del Valle aus Richtung Quito angefahren. Aus der Gegenrichtung verkehrt die Buslinie Kennedy zweimal täglich. Zudem besteht die Option mit einem der Busse, die Richtung nördlicher Küste fahren, ans ‚Y de Mindo‘ zu gelangen. 2. Ein auf die touristische Nachfrage abgestimmtes ÖPNV-Netz Ein innerörtliches ÖPNV-Netz existiert nicht. Die Bündelung des Verkehrs, insbesondere zu Beherbergungsbetrieben, die häufig gebucht werden, wie auch zu den wichtigsten touristischen Sehenswürdigkeiten, die bislang nur zu Fuß, mit dem Taxi oder im Privat-PKW erreichbar sind, ist anzustreben. 3. Maßnahmen zur Reduzierung des Abfallaufkommens durch Touristen Im zentralen Park Mindos wurde ein Trinkwasserbrunnen installiert, einige Beherbergungsbetriebe bieten ihren Gästen die Möglichkeit ihre Trinkflaschen gratis wieder zu befüllen und es besteht ein Mülltrennungssystem – auch im öffentlichen Raum, jedoch nicht auf der Mülldeponie. Weitere denkbare Maßnahmen sind die Einführung eines Pfandgeschirrs.

191

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

4. Diversität der Beherbergungsbetriebe Innerhalb Mindos ist ein diverses Angebot an Beherbergungsbetrieben gegeben. Insbesondere die ökologisch oft weniger nachhaltigen großen Anlagen sind in nur geringer Zahl vertreten. 5. Maßnahmen zur Reduktion von Lärm in der Destination und ihrem Umland Es bestehen zahlreiche Beschwerden wegen Lärmbelästigungen im Ort, insbesondere verursacht durch Pyrotechnik, Feste, Diskotheken und Megaphone ‚fliegender Händler‘. Ein Maßnahmenpaket zur Reduzierung des Lärms existiert bislang nicht. Die Lärmbelästigung finden Anwohner wie Touristen gleichermaßen störend. 6. Kategorisierung der Freizeitaktivitäten nach Schema des Reisesterns Die meisten Freizeitaktivitäten vor Ort finden in der Natur statt. Bislang belastet die Mehrzahl davon die Umwelt wenig. Es muss zwingend darauf geachtet werden, umweltschädliche Freizeitaktivitäten (beispielsweise Querfeldein-Quadtouren, Canyoning) nicht weiter auszubauen. Dahingegen sollten Aktivitäten wie Vogelbeobachtung gefördert werden und eine weitere Diversifizierung des Angebots durchgeführt werden. 7. Anteil der geschützten Flächen an der Gemeindefläche Die Gemeinde Mindo liegt zum Teil im Kernbereich, zum Teil in der Pufferzone des Biosphärenreservats Chocó Andino. Um den Schutzstatus zu erhalten und die Vorteile der Lage nutzen zu können, ist ein sorgsamer Umgang mit der Natur in diesem Bereich unabdingbar. 8. Verhältnis der touristischen Betriebe innerhalb und außerhalb des Orts Zwei Drittel der Beherbergungsbetriebe in Mindo liegen innerhalb der Ortsteilgrenzen, etwa ein Drittel liegt außerhalb. Es ist eine weitere Entwicklung außerhalb entlang der nordwestlichen/südöstlichen Entwicklungsachse zu erwarten. Dies zeigt sich auch deutlich in den zum Verkauf stehenden Grundstücken in diesem Bereich. Seitens des GAD parroquial besteht hier Handlungsbedarf. Bei Bewertung des Indikators für Mindo ergibt sich bezüglich der Ökologie eine bedingte Verträglichkeit. Ökologie

4x

2x

2x

Bedingt verträglich

Trotz der positiven Tatsache, dass bereits vier der acht Indikatoren eine Verträglichkeit anzeigen erfordern die festgestellten Defizite politisches Handeln seitens des GAD parroquials wie auch seitens der Bürgermeisterin in San Miguel de los Bancos. Gezielte Maßnahmen der Politik müssen formuliert und organisiert werden. Entsprechende Handlungsempfehlungen finden sich in Kapitel 10.

192

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Ökonomische Indikatoren Ökonomische Indikatoren 1.

Vielfalt der Zusammensetzung des touristischen Angebots Große Diversität des touristischen Angebots, das sich unter anderem aus dem Beherbergungsgewerbe, dem Gastronomieangebot, den Agenturen, den Touren etc. zusammensetzt, zur nachhaltigeren Ausgestaltung des Tourismussektors.

2.

Bestehende Ansätze zur Imagebildung der Destination Erfassung der bestehenden Maßnahmen zur Imagebildung, die Kooperationen zu verschiedenen lokalen/regionalen Themenbereichen, die Ausrichtung und die Außendarstellung der Destination miteinschließen.

3.

Anteil der wiederkommenden Touristen Anteil der Touristen, die ein- oder mehrmals wiederkommen. Zielwert liegt zwischen 35°% und 65°% innerhalb von maximal 5 Jahren.

4.

Förderung lokaler Wertschöpfung durch Ausbau und Erhalt von bestehendem, traditionellem Handwerk und Landwirtschaft unter Berücksichtigung der Umwelt Verwendung regionaler Produkte und eine aktive Vernetzung des lokalen Handwerks und der Landwirtschaft mit dem Tourismus soll gefördert werden.

5.

Anteil der Tourismusbeschäftigten an der lokalen Arbeitsbevölkerung

6.

Existenz und Entwicklung von Strukturen zur Weitergabe von Wissen des Tourismussektors Einrichtung von Fortbildungsstätten, Schaffung von Betriebskooperationen zur Weitergabe existierenden Wissens.

7.

Zugang zu/Nutzung von neuen Medien u. a. für Marketingmaßnahmen Darunter fallen regionsspezifisch abhängig, eine eigene Homepage der Region, Nutzung sozialer Medien, Online-Buchungs-Portale, aktives Marketing über Homepages und Emails, WhatsApp. Es sollte geprüft werden, inwiefern das bei Entwicklungsländern, in denen der Internetzugang nicht immer vorhanden ist, gebündelt geschehen kann.

8.

Anteil des Konsums an der regionalen Wertschöpfungskette Es soll der Konsum der Beherbergungsbetriebe an der regionalen Wertschöpfungskette geschätzt werden (niedrig: bis 30 %/mittel: 30 – 70 %/hoch: über 70 %).

Bewertung Mindo

Tabelle 52 POBS-Analyse Mindo: Ökonomische Indikatoren. Eigene Darstellung nach Baumgartner (2008, S. 166ff.). 1. Vielfalt der Zusammensetzung des touristischen Angebots In den Kapiteln 9.2 und 9.3 wurde die Zusammensetzung des touristischen Angebots für Mindo vorgestellt. Dabei wurde im Bereich der Agenturen und Beherbergungsbetriebe eine Marktsättigung festgestellt. Das Angebot der Freizeitaktivität bedarf einer Nachjustierung sowohl in Bezug auf die Breite des Angebotsspektrums (Vogel-/Naturbeobachtungstouren) als auch in der Aufwertung bzw. Ergänzung bereits bestehender Touren. Dadurch ist gewährleistet, dass in den Agenturen nicht ausschließlich die gleichen Aktivitäten für die Touristen anbieten und höhere Preise durch den Verkauf erzielbar sind. 2. Maßnahmen zur Imagebildung Bislang bestehen keine Maßnahmen zur Imagebildung. In den Kapiteln 9.3.2 und 9.3.3 wird seitens der Beherbergungsbetriebe und der Reiseagenturen an mehreren Stellen darauf hingewiesen, dass es an Marketingmaßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene mangelt. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehören der Zusammenschluss der Betriebe zu einer Werbegemeinschaft, überregionale Veranstaltungen, die die Popularität der Ortes und der Region schüren, Messebesuche und der Start eines individuellen und gemeinsamen Internetauftritts der Betriebe wie auch Mindos.

193

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

3. Wiederkommensrate der Touristen Rund 23°% der Befragten aus der durchgeführten Erhebung sind bereits zum wiederholten Mal in Mindo. 78 % der Wiederholungsreisenden stammen aus Ecuador (vgl. Kapitel 9.3.4). Der Wert der Wiederkommensrate muss erhöht werden. Regelmäßige Befragungen zur Besuchszufriedenheit der Touristen kann eine Hilfestellung sein, diesen Wert durch dadurch eingeleitete gezielte Maßnahmen zur Aufwertung des touristischen Angebots zu verbessern. 4.

Förderung lokaler Wertschöpfung durch Ausbau und Erhalt von bestehendem, traditionellem Handwerk und Landwirtschaft unter Berücksichtigung der Umwelt Bislang wird die Landwirtschaft in Mindo traditionell betrieben. Es bestehen kleinere Höfe, die die Ortschaft mit Obst, Gemüse, Eiern und Molkereierzeugnissen versorgen. Intensive Landwirtschaft ist aufgrund der Tallage Mindos (viele der landwirtschaftlichen Nutzflächen liegen an Hängen) eher nicht zu erwarten. Teilweise besteht bereits eine Vernetzung der existierenden Landwirtschaft/Handwerk mit dem Tourismus, z. B. bei der Tour de Chocolate/Tour de Café und auch im Einzelhandel, der die lokal hergestellten Produkte anbietet. Ein weiterer Ausbau der Vernetzung der Sektoren wie auch die Erweiterung der Produktpalette (z. B. durch Souvenirs) ist möglich und sinnvoll, um die lokalen Wertschöpfungsketten zu stärken. 5. Anteil der Tourismusbeschäftigten an der lokalen Arbeitsbevölkerung Bei den Berechnungen zum Reisestern wurde ein Anteil an touristischen Arbeitsplätzen zwischen 18,5 % (0,3 Angestellte/Bett) und 49,41 % (0,8 Angestellte/Bett) berechnet (vgl. Kapitel 9.4.3). Demnach ist der Anteil der Tourismusbeschäftigten als hoch einzustufen. Der Tourismus ist in Mindo ein wichtiger Generator für Arbeitsplätze, es besteht aber die Gefahr vom Tourismus abhängig zu werden. Daher sollte auf eine Diversifizierung der Wirtschaft, wie auch innerhalb des Tourismussektors geachtet werden. Derzeit ist beispielsweise der quantitative Ausbau des Tourismus insbesondere der Beherbergungsbetriebe und Reiseagenturen wenig sinnvoll. 6. Fort- und Weiterbildungseinrichtungen zur beruflichen Qualifizierung im Tourismussektor Es bestehen derzeit keinerlei Einrichtungen, die auf die Fort- und Weiterbildung der Tourismusbeschäftigten spezialisiert sind. Die einzige Möglichkeit, sich weiterzubilden, besteht über Angebote des Tourismusministeriums und anderer Institutionen vor allem in Quito. Die Qualität dieser Fortbildungangebote ist durch die Institutionen gewährleistet, aber der verhältnismäßig lange Anreiseweg verhindert vielfach, dass Mindeños sie besuchen und birgt auch die Gefahr einer gänzlichen Abwanderung der Mindeños aus wirtschaftlichen Gründen in die größeren Städte (Landflucht). 7. Zugang und Nutzung neuer Medien u. a. für Marketingmaßnahmen Der Zugang zu neuen Medien ist nicht für alle touristischen Betriebe möglich, da einige nicht an das Internet angeschlossen sind und/oder die Netzabdeckung nicht ausreicht. Die Vermarktung findet meist über facebook statt, der Kundenkontakt häufig über WhatsApp. Sehr wenige Betriebe haben eine Homepage. Die Qualität der Seite ist meist nicht hoch und zeichnet sich durch eine unprofessionelle Umsetzung aus. Der Ort selbst hat keine Homepage. Die Touristeninformation des Ortes möchte gerne eine Homepage einrichten, jedoch fehlt es an einem Internetzugang, Wissen und den finanziellen Möglichkeiten. Zudem ist die Datenlage zu den Beherbergungsbetrieben äußerst schlecht und somit mangelt es auch an veröffentlichbarem Werbematerial. Zur Schaffung eines positiven Images und Regionalbewusstseins Mindos ist die Entwicklung von Logos der Beherbergungsbetriebe und eines Corporate Designs wichtig (vgl. ökonomischer Indikator 2). 8. Anteil des Konsums an der regionalen Wertschöpfungskette Der Anteil an der regionalen Wertschöpfungskette der Beherbergungsbetriebe ist im mittleren Bereich einzustufen (vgl. Abb. 50, Kapitel 9.3.2 – Warenbezug), da der Wocheneinkauf in der Regel in den größeren Städten, wie Santo Domingo de los Colorados und Quito vorgenommen wird. Die Beherbergungsbetriebe wie auch die Agenturen leisten dennoch einen großen Beitrag zur lokalen und regionalen Wertschöpfung (etwa die Hälfte der bezogenen Waren stammen aus 194

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

dem Ort/der Region). Durch Verbesserung des Angebots in Mindo kann eine Steigerung dieses Werts erzielt werden. Hinsichtlich des ökonomischen Indikators wurde eine Unverträglichkeit ermittelt. Ökonomie

0x

6x

2x

Unverträglich

Dies ist vorrangig auf die fehlenden Maßnahmen zur Imagebildung, wie auch auf die fehlenden Fort- und Weiterbildungsstrukturen des Tourismussektors zurückzuführen. In diesen beiden Bereichen besteht akuter Handlungsbedarf. Aber auch alle übrigen Bereiche müssen verbessert werden, um dem Ziel einer nachhaltigen Destination gerecht zu werden (vgl. Kapitel 10). Soziokulturelle Indikatoren Soziokulturelle Indikatoren 1.

Anteil der Tourismusbeschäftigten, die Fortbildungsmöglichkeiten erhalten

2.

Akkulturationsgrad: Maximale Auslastungskapazität im Verhältnis zur Einwohnerzahl Ist die Zahl der Touristen im Verhältnis zur ortsansässigen Bevölkerung sehr hoch, ist anzunehmen, dass eine Akkulturation mit negativen Auswirkungen folgt (niedrig: bis 30°%/mittel: 30 – 70°%/hoch: über 70°%).

3.

Anteil der lokalen Bevölkerung, die Beherbergungsbetriebe besitzt Häufig sind Beherbergungsbetriebe im Besitz internationaler Investoren. Somit fließen die aus dem Betrieb generierten Einnahmen teilweise ins Ausland ab.

4.

Anteil der lokalen Bevölkerung, die in Beherbergungsbetrieben arbeiten In manchen Ländern werden lokale Beschäftigte durch Freiwillige ersetzt, die für ihren Arbeitseinsatz, für den sie Kost und Logis erhalten, häufig zusätzlich bezahlen. Zudem werden günstigere ausländische Arbeitskräfte eingesetzt.

5.

Verhältnis touristische Dienstleistungs-/Einzelhandelsangebot zu generellem Dienstleistungs-/Einzelhandelsangebot In Orten/Regionen, in denen der Tourismus eine übergeordnete Rolle spielt, wird die Versorgung der Einheimischen mit den Dingen des täglichen Bedarfs zunehmend schwieriger und ist in Orten/Regionen, die vom Overtourismus betroffen sind, gänzlich unmöglich.

6.

Akzeptanz der touristischen Betriebe unter den Anwohnern (Selbsteinschätzung der Betriebe) In Orten, an denen der Tourismus als störend wahrgenommen wird, sinkt in aller Regel auch die Akzeptanz der touristischen Betriebe.

7.

Betrachtung und Bewertung des Tourismus seitens der Bevölkerung Umgang mit dem Tourismus durch die lokale Bevölkerung. Besteht ein Bewusstsein der positiven und negativen Auswirkungen des Tourismus. Indikator hängt eng mit dem Partizipationsgrad der Bevölkerung bei tourismusrelevanten Entscheidungen ab

8.

Umgang mit speziellen Gästebedürfnissen (z. B. Behinderter, Kinder und Vegetarier)

Bewertung Mindo

Tabelle 53 POBS-Analyse Mindo: Soziokulturelle Indikatoren. Eigene Darstellung nach Baumgartner (2008, S. 166ff.). 1. Anteil der Tourismusbeschäftigten, die Fortbildungsmaßnahmen erhalten Da das Angebot der Fortbildungsmöglichkeiten vor Ort sehr gering ist, haben auch die Angestellten nur sehr wenig Weiterbildungsmöglichkeiten. Betreiber der Beherbergungsbetriebe gewähren ihren Angestellten Fortbildungen. Allerdings sind diese dafür selbst verantwortlich und müssen zum Teil selbst dafür bezahlen (vgl. ökonomischer Indikator 6). 195

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

2. Akkulturationsgrad: Maximale Auslastungskapazität im Verhältnis zur Einwohnerzahl Mindo weist eine Akkulturationsrate von 38,6 % auf. Somit liegt sie im mittleren Bereich. Es sollte darauf geachtet werden, dass sie nicht weiter steigt, um den Charakter der Ortschaft Mindo zu erhalten. 3. Anteil der lokalen Bevölkerung, die Beherbergungsbetriebe besitzt Der Großteil der Beherbergungsbetriebe ist im Besitz von Ecuadorianern. Die meisten von ihnen stammen aus Mindo und der Umgebung. 4. Anteil der lokalen Bevölkerung, die in Beherbergungsbetrieben arbeiten Die meisten der Beschäftigten stammen aus dem Ort und der Gemeinde Mindo. Nur vereinzelt werden kostengünstiger Venezolaner beschäftigt. 5.

Verhältnis touristische Dienstleistungs-/Einzelhandelsangebot zu generellem Dienstleistungs-/ Einzelhandelsangebot Auch wenn in Mindo in den letzten Jahren eine Zunahme der touristischen Infrastruktur und damit einhergehende eine Abnahme der Einrichtungen der Versorgungseinrichtungen feststellbar ist, ist die derzeitige Deckung des täglichen Bedarfs der Bevölkerung gewährleistet und als gut einzustufen. 6. Akzeptanz der touristischen Betriebe unter den Anwohnern (Selbsteinschätzung der Betriebe) Innerhalb Mindos empfinden sowohl die Beherbergungsbetriebe als auch die Agenturen ihrer Betriebe im Ort von der Bevölkerung und den Touristen als gut akzeptiert. 7. Betrachtung und Bewertung des Tourismus seitens der Bevölkerung Bei einigen Anbietern vor Ort ist der reflektierte Umgang mit dem Tourismus anhand getroffener Maßnahmen (z. B. Energiesparmaßnahmen, Durchführung von Umweltbildungsveranstaltungen) erkennbar. In den Gesprächen wurde deutlich, dass er zum Teil kritisch hinterfragt wird und nach Lösungsmöglichkeiten – nur auf individueller Basis – gesucht wird. Durch die Einrichtung einer DMO in Mindo ist eine gezielte Lenkung und Einbeziehung der Bevölkerung realisierbar. 8. Umgang mit speziellen Gästebedürfnissen Es existieren keine speziellen Angebote beispielsweise für Behinderte. Die meisten Beherbergungsbetriebe, die Wander- und Gehwege sind nicht barrierefrei. Ebenfalls kein gesondertes Angebot erhalten Kinder. Zwar können die meisten angebotenen Aktivitäten auch mit Kindern unternommen werden. Ein auf sie abgestimmtes Programm besteht nicht. Für Vegetarier gibt es ein sehr geringes Angebot in den gastronomischen Betrieben vor Ort. Das Restaurant Quinoa bietet ausschließlich vegetarische Speisen an. Die Beherbergungsbetriebe haben meist keinerlei spezielle Speisen für Vegetarier. Mindo ist soziokulturell gesehen bedingt verträglich. Diese Einordnung ist vor allem der mangelnden Befriedigung spezieller Gästebedürfnisse zuzuschreiben. Die Ausrichtung auf besondere Anforderungen erweitert die touristische Zielgruppe und steigert die Gästezufriedenheit. Soziokulturelles

4x

3x

1x

Positiv zu sehen ist, dass vier Indikatoren bereits verträglich bewertet werden.

196

Bedingt verträglich

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Institutionelle Indikatoren Institutionelle Indikatoren 1.

Regelmäßige Offenlegung der touristischen Daten und Fakten seitens der touristischen Stakeholder an Touristen, Betriebe und ortsansässige Bevölkerung sowie Zugänglichkeit zu Informationen über Zustand und Maßnahmen im Bereich Tourismus und Nachhaltigkeit

2.

Schaffung von Informationskanälen für Touristen bereits vor Anreise, Einrichtung einer umweltgerechten Mobilität sowie regionaler Initiativen im Bereich der Nachhaltigkeit

3.

Einrichtung und Pflege von Beteiligungsverfahren für die touristische Strategieplanung und Entscheidungsprozesse (z. B. Bürgerforen, Runder Tisch)

4.

Aktivität des Ortes/der Gemeinde in Netzwerken, Organisationen und Initiativen in Bezug zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit

5.

Strategie für die nachhaltige Entwicklung des Tourismus

6.

Regelmäßiges Controlling der Nachhaltigkeit im Tourismus

7.

Einrichtung und Pflegen einer DMO mit Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklung

8.

Förderung von Innovationen, Schaffung von Modellregionen Umsetzung von Maßnahmen, die der Förderung von technischen und gesellschaftlichen Innovationen in einer Region dienen. Dadurch soll ein Wandel in Richtung Nachhaltigkeit realisiert werden. Weiterhin können diese Regionen als Modellregionen für andere Gebiete im Land dienen.

Bewertung Mindo

Tabelle 54 POBS-Analyse Mindo: Institutionelle Indikatoren. Eigene Darstellung, verändert nach Baumgartner (2008, S. 166ff.). 1.

Regelmäßige Offenlegung der touristischen Daten und Fakten seitens der touristischen Stakeholder an Touristen, Betriebe und ortsansässige Bevölkerung sowie Zugänglichkeit zu Informationen über Zustand und Maßnahmen im Bereich Tourismus und Nachhaltigkeit. Derzeit besteht noch keinerlei regelmäßige Datenerfassung und dementsprechend auch keine Offenlegung. Die regelmäßige Berichterstattung seitens der Tourismusverantwortlichen ist über verschiedene Medien sinnvoll. Sie sollte über das Internet, aber auch über Veranstaltungen im Gemeindezentrum und Aushänge an zentralen Orten innerhalb des Ortes und der Beherbergungsbetriebe erfolgen. 2.

Schaffung von Informationskanälen für Touristen bereits vor Anreise sowie Einrichtung einer umweltgerechten Mobilität sowie regionaler Initiativen im Bereich der Nachhaltigkeit Bislang existieren keine derartigen Informationskanäle. Die Umsetzung der genannten Maßnahmen sollte insbesondere via Internet erfolgen. Dafür sollte eine zentrale Homepage für Mindo eingerichtet werden. Weiterhin ist die Verbreitung der Information in den Beherbergungsbetrieben und auch in anderen Touristendestinationen Ecuadors über Flugblätter, empfehlenswert. 3.

Einrichtung und Pflege von Beteiligungsverfahren für die touristische Strategieplanung und Entscheidungsprozesse (z. B. Bürgerforen, Runder Tisch) Derartige partizipative Verfahren bestehen noch nicht. Die Einrichtung und Pflege von Beteiligungsverfahren sollte in Form von Runden Tischen, Stammtischen und auch Bürgerforen abgehalten werden. In Ecuador ist das gesprochene Wort von wesentlich höherer Relevanz als das geschriebene Wort, daher ist es umso wichtiger, dass die touristischen Akteure in Mindo auf diese Weise zusammentreffen. Dies insbesondere auch vor 197

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

dem Hintergrund, dass innerhalb des Ortes zu einigen Themenbereichen große Zerwürfnisse bestehen. 4.

Aktivität des Ortes/der Gemeinde in Netzwerken, Organisationen und Initiativen in Bezug zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit Es bestehen einige Organisationen, die sich mitunter auch dem Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit widmen. Zu nennen sind die Tourismuskammer des Noroccidente, die Amigos de la Naturaleza und die Asociacion de Guías. Die Aktivitäten dieser Organisationen sind sehr beschränkt und eine Vernetzung findet nicht statt. Die Kooperation und Kollaboration der Organisationen sollte weiter ausgebaut werden. 5. Strategie für die nachhaltige Entwicklung des Tourismus Eine Strategie für die nachhaltige Entwicklung des Tourismus existiert bislang nicht. Ein erstes Bewusstsein über die Relevanz einer nachhaltigen Ausrichtung des Tourismus in Mindo konnte in den geführten Interviews geweckt werden. Die Bereitschaft der Bevölkerung sich aktiv an der Gestaltung des Tourismus und des Ortes zu beteiligen wurde in den Gesprächen stets betont. Die vorliegende Fallstudie soll im Rahmen von Handlungsempfehlungen die Strategieplanung ermöglichen (vgl. Kapitel 10). 6. Regelmäßiges Controlling der Nachhaltigkeit im Tourismus Regelmäßiges Controlling besteht noch nicht. Durch die vorliegende Fallstudie wurde im Rahmen des POBS und der Analyse über den Reisestern ein Analyse-Instrumentarium an Mindo angepasst, das zukünftig als Controlling-Tool eingesetzt werden kann. Die Verantwortung für die Durchführung sollte in die Hände der noch einzurichtenden DMO gelegt werden (s. u.). 7. DMO mit Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklung Die Installation einer DMO, die Leitlinien einer nachhaltigen Entwicklung bereitstellt, steht noch aus. Die Handlungsempfehlungen (vgl. Kapitel 10) bieten ein erstes Leitlinien-Set, dass es an die sich im Tourismus verhältnismäßig schnell verändernden Gegebenheiten anzupassen gilt. 8. Förderung von Innovationen Bislang gibt es noch keinerlei Förderung von Innovationen in Mindo. Sie sollte eventuell im Rahmen eines jährlich ausgerufenen Innovationspreises seitens der Tourismuskammer stattfinden. Die Finanzierung könnte über Sponsoring erfolgen. Institutionelles

0x

1x

7x

Unverträglich

Der institutionelle Bereich weist die größten Defizite aller für die Analyse herangezogenen Bereiche auf: Sieben der acht Indikatoren erhalten eine Unverträglichkeitsbewertung. Insgesamt ergibt sich für Mindo folgendes Gesamtbild im Hinblick auf die Bewertung der Indikatoren: Ökologie

4x

2x

2x

Bedingt verträglich

Ökonomie

0x

6x

2x

unverträglich

Soziokulturelles

4x

3x

1x

Bedingt verträglich

Institutionelles

0x

1x

7x

unverträglich

Die zusammenführende Auswertung charakterisiert Mindo als ‚wenig nachhaltig‘ (vgl. Baumgartner 2008, S. 214). 198

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

9.4.5 Embeddedness und Wertschöpfungskettenansatz Während der empirischen Erhebung konnte mehrfach festgestellt werden, dass soziale Beziehungen der touristischen Akteure in Mindo die wirtschaftlichen Handlungen beeinflussen. Die vor allem innerhalb der qualitativen Leitfadengespräche wiederholt festgestellte gegenseitige Abneigung unter einigen Tourismusakteuren wirkt unter anderem auf infrastrukturelle, touristische und ökonomische Bereiche. Nötige Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen, Inbetriebnahme eines Touristenbusses zu den Wasserfällen und Festlegung einer gemeinsamen Tourismusstrategie scheitern an Indifferenz unter den touristischen Stakeholdern. Dem Embeddedness-Ansatz folgend, wurden die untersuchten Unternehmen im Kontext ihres wirtschaftenden Handelns, insbesondere in Bezug auf die bestehenden Verbindungen zwischen den Betrieben betrachtet. Durch die engen verwandtschaftlichen Beziehungen innerhalb des Ortes haben sich verschiedene insbesondere den Tourismus betreffende kooperierende Gruppen nach den vier, lange vor Ort lebenden Familien gebildet. Eine der Familien besitzt beispielsweise sieben mit dem Tourismus verbundene Betriebe und stellt auch auf administrativer Ebene Personen. Die Familien untereinander vertreten größtenteils ähnliche Meinungen, aufgrund der Konkurrenz ist eine Zusammenarbeit aber nur schwer realisierbar. Weiterhin haben sich einige Gruppen, die dergleichen Partei angehören, zusammengeschlossen, die die Ziele der jeweiligen Partei umsetzen wollen, aber auch im privatwirtschaftlichen Bereich kooperieren und eine Zusammenarbeit mit der jeweiligen Gegenpartei politisch wie ökonomisch nahezu kategorisch ausschließen. Über den engagierten Verantwortlichen der Tourismuskammer des Noroccidente haben sich zwei gegensätzliche Meinungen innerhalb Mindos herausgebildet. Zum einen werden sein Einsatz und seine Ideen befürwortet, zum anderen wird ihm vorgeworfen nur engagiert zu handeln, um sich selbst zu bereichern. Dementsprechend werden seine Ansätze ohne nähere Prüfung häufig abgelehnt. Dieser kurze Abriss ausgewählter Akteure zeigt die Relevanz, zum Teil historisch, kulturell, sozial und politisch gewachsener Beziehungen ausschnittweise und soll verdeutlichen, dass ökonomisches Handeln und Netzwerkbildung stets in Zusammenhang mit der jeweiligen Einbettung betrachtet werden müssen. Die oben angeführten Gruppen haben ein durch in der Regel bereits länger bestehende Beziehungen ein Vertrauensverhältnis untereinander. Dadurch ist eine Erhöhung der Erwartungssicherheit, gemäß der relationalen Embeddedness, zu erwarten. In zahlreichen Gesprächen wurde darauf verwiesen, dass für bestimmte Dienstleistungen (z. B. Touren) und Gastromieangebote stets dieselben Partner herangezogen werden, da man sich bezüglich der Durchführung, Sicherheit und Qualität, auf diese verlassen könne. Das Bestehen von strong ties dieser Gruppierungen erleichtert die Prozesse der Wirtschaft (u. a.) und steigert so ihre Leistungsfähigkeit. Die räumliche Lage der Unternehmen innerhalb Mindos untereinander spielt somit nur eine untergeordnete Rolle, auch weil es sich bei Mindo um einen verhältnismäßig kleinen Ort handelt, können Vertrauensverhältnisse problemlos über die relativ geringen Distanzen gepflegt werden. Bei Betrachtung des Schaubilds der touristischen Wertschöpfungskette (vgl. Kapitel 7.3), wird deutlich wie zahlreich die Verflechtungen bzw. die backward und forward linkages einer Reise sind (vgl. Beynon et al. 2009). Aufgrund mangelnder ökonomischer Daten auf kleinteiliger Ebene (Orts-, Gemeinde-, Kantonseben) bezüglich der unterschiedlichen Sektoren, war es in dieser Studie nicht möglich diese zu erheben. Dennoch wurde die Wertschöpfung Mindos über Einschätzungen der Befragten der Beherbergungsbetriebe nachgezeichnet. Dabei wurde deutlich, dass etwa ein Drittel der bezogenen Waren lokal und rund 20 % regional erworben werden. Weniger die tatsächliche Verfügbarkeit in Mindo als die Qualität und der Preis sind entscheidend die Waren außerhalb zu beziehen (vgl. Kapitel 9.3.2). Es gilt den verhältnismäßig großen ökonomischen Abfluss, vorrangig in die Hauptstadt, zu reduzieren. Die Zusammensetzung des Warenbezugs nach Herkunft zeigt, dass ein hoher Anteil der Wertschöpfung aus dem Ort und der Region abfließt. Eine Steigerung der Qualität und der Attraktivität der lokal angebotenen Waren muss erreicht werden, um die Einnahmen aus dem Verkauf der Waren möglichst im Dorf zu halten. Zudem können lange Einkaufswege für die Hälfte bis Dreiviertel der Warenbezüge der Beherbergungsbetriebe vermieden werden, wenn das Angebot innerhalb Mindos qualitativ besser, diverser und insgesamt ansprechender gestaltet wird. Hier ist die

199

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Impulsgabe seitens der Gemeinde gefragt, eine Einkaufslandschaft zur Steigerung der lokalen Wertschöpfung, zu fördern (vgl. Kapitel 10). Der verhältnismäßig hohe Zukauf von Dienstleistungen ermöglicht es anderen Anbietern vor Ort, Teil der touristischen Wertschöpfungskette zu werden. Insbesondere die beobachtete Zunahme der Taxi-Service-Anbieter weist darauf hin, dass diese Beteiligung ausreichend profitabel ist, mehrere Unternehmen zu unterhalten. Durch eine weitere Vernetzung und die Schaffung nachfrageorientierter weiterer Angebote (z. B. mobile SPA-Anwendungen, Massagen, Kosmetikservice) können die lokale bzw. regionale Wertschöpfung gesteigert und Arbeitsplätze geschaffen werden. Der hohe Anteil an Beherbergungsbetrieben, die zusätzlich Exkursionsprogramme vermitteln, leistet einen großen Beitrag zur lokalen Wertschöpfung, indem in aller Regel Reiseagenturen und Veranstalter aus Mindo einbezogen werden.

9.5 Zusammenführung und Relevanz Im vorangegangenen Kapitel 9 wurde auf naturräumliche, touristische und räumliche Besonderheiten im nationalen Kontext eingegangen. Es wurde eine positive Sonderstellung der Provinz Pichincha ermittelt. Innerhalb der Provinz wurde in diesem Kapitel die Situation zwischen den Kantonen und insbesondere für Mindo näher betrachtet. Bei der intrakantonalen Untersuchung konnte, wie zu erwarten war, der Kanton und die Stadt Quito als Ausnahmeerscheinung bezüglich der tourismuswirtschaftlichen Potenziale identifiziert werden. Durch die geographische Lage und die Hauptstadt ist die soziokulturelle, aber auch die tourismuswirtschaftliche Situation sehr different und vorteilhaft im Vergleich zu den übrigen Kantonen. Bei Betrachtung der übrigen Kantone sticht die Sonderstellung des Kantons San Miguel de los Bancos, insbesondere aus touristischer Sicht hervor. Direkt nach dem Kanton Quito, ist er, gemessen an den tourismuswirtschaftlichen Strukturdaten, der am besten ausgestattete der Provinz. Die Ortschaft und die Gemeinde Mindo stechen insbesondere in Bezug auf die touristische Infrastruktur, aber auch im Bereich des Bildungssektors (geringe Analphabetenrate, Anzahl der Schulen) positiv hervor. Gleichwohl existieren massive Defizite in der Ortschaft beispielsweise bezüglich der medizinischen Versorgung, des Straßenbaus und der Sicherheit. Nach Analyse des touristischen Angebots138 und den damit in Zusammenhang stehenden Aspekten in Mindo, ist festzustellen, dass hinsichtlich der natürlichen Faktoren, wie Klima, Biodiversität, Landschaft und Lage innerhalb Ecuadors von einem touristischen Gunstraum gesprochen werden kann. Zwar wirken einige Kräfte, wie die Verschmutzung der Flüsse und die Gefahren durch einen Vulkanausbruch dem Tourismus entgegen. Allerdings handelt es sich um bei den Touristen wenig wahrgenommene Risikofaktoren. Somit spielen sie für die Tourismusentwicklung derzeit – sofern sie nicht akut sind (Vulkanausbruch) oder schlimmer (Verschmutzungen) werden – zunächst nur eine untergeordnete Rolle. Die kulturellen Faktoren, wie beispielsweise Traditionen und Bräuche oder auch kulturhistorisch relevante Bauwerke, sind relativ wenig vorhanden. Der kulturhistorische Aspekt der Yumbos könnte sich für den Tourismus in Mindo noch als wertvoll erweisen. Der Bewertungsfaktor ‚allgemeine Infrastruktur‘ für die Reisedestination Mindo ist als befriedigend zu werten. Dazu sind die Verkehrsanbindung zur Hauptstadt, wie auch die Ver- und Entsorgungsinfrastruktur zu zählen. Bei der Analyse des abgeleiteten Angebots wurde auf die touristische Infra- und Suprastruktur eingegangen. Die touristische Suprastruktur ist durch zahlreiche und vielfältige Beherbergungsund Gastronomiebetriebe sowie Reiseagenturen geprägt. Im Bereich der touristischen Infrastruktur existieren diverse touristische Attraktionen, wie Schmetterlingsgärten und Canopyrouten. Bezüglich Tourismusorganisationen oder Touristeninformationen herrscht bislang ein großes Defizit. Zwar existiert eine Touristeninformation, allerdings ist das Angebot dieser als schlecht 138

200

Einteilung des touristischen Angebots nach dem Schema von Freyer (2001, S. 179).

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

einzustufen. Touristische Events finden vereinzelt bereits statt (Conteo Navideño, Mindo Trail), sind aber noch ausbaufähig. Anhand der durchgeführten Befragungen konnte ein umfassendes Bild der touristischen Angebots- und Mittlerseite hergeleitet werden. Die Stichprobe der Befragung der Touristen gab einen Einblick in die Struktur der Besucher Mindos, deren Möglichkeiten, Wahrnehmungen und Wünsche. Auf institutioneller Ebene wurde deutlich, dass die Partizipation der Bevölkerung in Zusammenspiel mit der Gemeinde für die weitere Entwicklung des Ortes und des Tourismus unabdingbar ist. Der Aufbau einer Kooperation der verschiedenen Akteure des Ortes bringt auch Schwierigkeiten mit sich, da seit vielen Jahren Zerwürfnisse und Uneinigkeiten bestehen. Neben sozialen Problemen, wie vermehrter Drogenkonsum, Perspektivlosigkeit der Jugend durch mangelnde Bildung und fehlende Arbeitsmöglichkeiten wurde das unkontrollierte Wachstum des Ortes als dringend zu lösender Bereich identifiziert, wobei viele administrative Strukturen Mindos als festgefahren deklariert wurden. Dies sind schwierige Grundvoraussetzungen, um die Entwicklung des Tourismus und des Ortes voranzubringen. In den Befragungen der Tourismusakteure wurde dennoch eine Bereitschaft der Kooperation und ein großes Bewusstsein der Relevanz einer nachhaltigen Entwicklung erkennbar. Derzeit fehlen jedoch das Know-How, notwendige Richtlinien und finanzielle Mittel, um die Betriebe und den Ort nachhaltig auszurichten. Insbesondere durch neu entstehende Beherbergungsbetriebe ist eine Zersiedlung der Landschaft zu erkennen. In den kommenden Jahren ist von einer Verstärkung dieser insbesondere entlang der Entwicklungsachse Nordwest-Südost auszugehen. Damit verbunden ist der verstärkte Eintrag von Abwässern in die Gewässer um Mindo. Sowohl die Beherbergungsbetriebe als auch die Reiseagenturen beziehen viele ihrer Waren auf lokaler bzw. regionaler Ebene und stützen damit die Wertschöpfungskette innerhalb des Ortes bzw. der Region. Durch Buchung der Touren bei lokalen Reiseagenturen stärken die Beherbergungsbetriebe die Wirtschaft in Mindo. Die Aufenthaltsdauer der Touristen vor Ort hat sich etwas verlängert, dies wirkt sich positiv auf die Ökonomie der Beherbergungsbetriebe und der Agenturen aus. Touristen nehmen während eines längeren Aufenthalts mehr Dienstleistungen in Anspruch und geben mehr aus. Eine längere Aufenthaltsdauer kann neben den erwähnten ökonomischen Wirkungen auch einen positiven Einfluss auf den Akkulturationseffekt durch ein an den Ort angepasstes Verhalten haben. Die große Zahl der Binnentouristen hat wenige bis keine Akkulturationseffekte. Der verhältnismäßig kurze Anreiseweg der Binnentouristen ist ökologisch verträglicher als der internationaler Touristen. Insgesamt ist das von den Touristen bevorzugte Freizeitangebot in aller Regel ökologisch verträglich. Das sensible Ökosystem Mindos wird relativ wenig beeinträchtigt. Die in Mindo befragten Touristen sind vornehmlich jung und gut ausgebildet. Sie reisen verhältnismäßig lange und verfügen über ein eher niedriges Reisebudget. Sie sind bezüglich Nachhaltigkeit aufgeklärt und verlangen auf ihren Reisen auch nach einem adäquaten Angebot (kleine Beherbergungsbetriebe, die die Umweltstandards erfüllen, die Authentizität des Ortes wiedergeben und sich sozial engagieren). Die angegebenen Präferenzen spiegeln wider, dass ein ökologisches und soziales Angebot nachgefragt wird. Insbesondere das Vorhandensein einer intakten Natur wird als unabdingbar beschrieben. Somit werden vermehrt auch Freizeitaktivitäten nachgefragt, die damit in Zusammenhang stehen. Durch die Befragung der drei Hauptakteursgruppen (Beherbergungsbetriebe, Reiseagenturen und Touristen) des Tourismus wurde deutlich, dass der Tourismus in Mindo noch beherrschbar scheint und eine Ausrichtung auf nachhaltige Weise noch möglich ist. Die Nachfrage seitens der Touristen kann die weitere Entwicklung in diese Richtung noch bestärken. Anhand der ermittelten Ergebnisse wurde die Destination Mindo in das Destinationslebenszyklusmodell eingeordnet. Der Ort wurde als in der Erschließungsphase befindlich eingestuft. Wichtig in dieser Phase ist, die identifizierten Probleme zu analysieren und mit den in qualitativen Expertengesprächen erfassten historischen Entwicklungen und Strukturen in Mindo in Zusammenhang zu bringen, um darauf aufbauend Lösungsansätze zu entwickeln.

201

Kapitel 9: Fallstudie Mindo

Dazu wurden zunächst die in der empirischen Phase der Untersuchung ermittelten Ergebnisse für Mindo den SDGs und den UNWTO Zielen des nachhaltigen Tourismus gegenübergestellt. Dabei wurden noch große Defizite der Nachhaltigkeit in Mindo identifiziert (vgl. Kapitel 10). Um den Grad der Nachhaltigkeit zu quantifizieren, fanden eine Analyse über das Modell ‚Reisestern‘ und das ‚POBS‘ Anwendung. Beide Ansätze versuchen rechnerisch die touristischen Wirkungen auf eine Destination zu ermitteln, zu kategorisieren und auch über einen längeren Zeitraum vergleichbare Daten zu erstellen. Es wurde deutlich, dass eine Kombination der beiden Analysen Reisestern und POBS-Analyse sinnvoll ist. Das Reisestern-Modell verschafft einen allgemeinen Überblick über die Wirkung des Tourismus in den drei Teilbereichen der Nachhaltigkeit differenziert nach den Indikatoren Raumüberwindung, Wohlstand, Arbeitsplatz, Wirtschaftlichkeit und Akkulturation. Mindo schneidet in allen Bereichen noch gut ab und kann somit in der Gesamtbewertung als nachhaltige Reisedestination angesehen werden. Da in Mindo unter anderem in den Befragungen Defizite identifiziert wurden, erschien ein tiefgreifenderer Erkenntnisgewinn durch eine POBS-Analyse angezeigt. Sie brachte aufschlussreiche Ergebnisse hervor, die eine präzisere und etwas ausführlichere Einordnung des Ortes ermöglichen und als Basis für die im Kapitel 10 angeführten Handlungsempfehlungen Verwendung finden. In der Analyse wurde deutlich, dass insbesondere im Bereich der institutionellen und ökonomischen Indikatoren Handlungsbedarf besteht. Sie weisen die größten Defizite aller Indikatoren auf. Aber auch im ökologischen und soziokulturellen Bereich wurde für Mindo lediglich eine bedingte Verträglichkeit ermittelt, die es zu verbessern gilt. Bei Betrachtung der Unternehmen und Beziehungen innerhalb Mindos konnte dargelegt werden, welche Rolle die Embeddedness innerhalb der Unternehmen vor Ort einnimmt. Die Untersuchung vorzufindender Beziehungen in den Beherbergungsbetrieben und Agenturen zeigte, dass eine über Jahrzehnte entwickelte relationale Embeddedness entstanden ist, die eine Begünstigung der wirtschaftlichen Entwicklung zur Folge hat. Die generelle Wertschöpfung durch den Tourismus ist als verhältnismäßig gut einzustufen. Ihre Steigerung durch gezielte Maßnahmen im Einzelhandels- Dienstleistungs- und Gastronomiesektor ist anzustreben. Sollte es gelingen, den Tourismus nachhaltig zu gestalten und durch ihn eine nachhaltige Entwicklung des Ortes zu bewirken, kann er ein beständiger Wirtschaftszweig der ehemals agrarisch geprägten Gemeinde Mindo sein.

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Kapitel 10: Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo

10 Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo Aus den gewonnenen Ergebnissen lassen sich spezifische Handlungsempfehlungen tourismuspolitischer, aber auch infrastruktureller Art ableiten. Es gilt zum einen, das touristische Angebot nicht in seiner Quantität und Fläche auszubauen, zum anderen die bestehenden Strukturen zu stärken und in ihrer Qualität zu verbessern. Gemäß dem vorgestellten Embeddedness-Ansatz (vgl. Kapitel 7.3) ist wirtschaftliches Handeln lokal und in soziale Beziehungen eingebettet. Demzufolge ist die Stärkung der Region, inklusive ihres kulturellen, sozialen und ökologischen Umfelds wichtig, um sie nachhaltig erfolgreich zu entwickeln. Als Instrumentarium für die Destination Mindo wird hierfür die schrittweise Etablierung einer DMO als vorteilhaft erachtet. Aufgrund von Unstimmigkeiten in den existierenden Tourismusgremien (z. B. Asociación de guías, Camera de Turismo del Noroccidente) in Mindo, ist es ratsam, diese neu zu gründen und durch eine Wahl unter den touristischen Stakeholdern einzusetzen. Da das GAD parroquíal einer gelenkten Tourismusentwicklung aufgeschlossen gegenübersteht und Tourismusentwicklung ohne die politische Instanz nicht realisierbar ist, ist es zielführend die DMO auf Basis eines Bottom-up-Konzepts – auf Gemeindebasis zu etablieren, allerdings mit der Unterstützung des GAD parroquíal. Ein Bewusstsein für die bestehenden Probleme des Tourismusbereichs konnte durch Kontakt mit verschiedenen Stakeholdern des Tourismus geweckt werden. Somit wurde ein erster Schritt geleistet, die Akteure auf den Steuerungsbedarf des Tourismus vorzubereiten. Eine engagierte Bereitschaft unter der Bevölkerung, den Tourismus gezielt zu entwickeln, wurde wahrgenommen. Allerdings besteht wenig Know-how darüber, wie eine derartige Tourismusentwicklung ablaufen könnte. Gleichzeitig ist eine eingeschränkte Kompromissbereitschaft der verschiedenen Akteure hinsichtlich der Zusammenarbeit mit bestimmten Personen und Einrichtungen, wie auch in Bezug eventuell auftretender, wirtschaftlich zu erbringender Leistungen, erkennbar. Status

Stufe DMO-Aufbaus

Handlungsschritte



Prozesseinleitung

Bereitschaft seitens der Gemeindeverwaltung (GAD Parroquial), der Bevölkerung und der touristischen Stakeholder aktiv tätig zu werden. Ein Bewusstsein wurde geschaffen, dass Handlungsbedarf besteht.



Analyse der Wettbewerbsfähigkeit

In Kapitel 9 wurde die touristische Situation Mindos dargelegt und ein quantitativ und qualitativ diverses Angebot ermittelt, dass das Potenzial hat, konkurrenzfähig zu agieren.



Festlegung der Destinationsstrategie

Schrittweiser DMO-Aufbau: Mindo als Tourismusstandort, der mittelfristig als Destination wettbewerbsfähig werden kann.



Entwicklung eines Destinationsmanagementkonzepts; Festsetzung der zu regelnden Themenbereiche

Ökologisch, ökonomisch, sozial, räumlich (Zielplanung vgl. Ende des Kapitels)



mit einer Zielplanung einer nachhaltigen Entwicklung

Kostenrechnung, Wer übernimmt was? Erstellung eines Flächennutzungsplans.



Erarbeitung eines detaillierten Destinationsmanagementkonzepts

Runder Tisch/Definition von Meilensteinen, Finanzierung, Verantwortlichkeiten.

Abbildung 63 Stufen des DMO-Aufbaus für Mindo. Eigene Darstellung. 203

Kapitel 10: Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo

Die durch die Regierung bereitgestellten Daten für Mindo und für Ecuador sind aufgrund ihrer Qualität nur bedingt zu nutzen. Daher ist es empfehlenswert für die weitere Planung seitens einer DMO auf die Daten dieser Erhebung zurückzugreifen. Die DMO sollte sich auch dafür einsetzen, dass den unten aufgeführten Handlungsempfehlungen nachgekommen wird und regelmäßiges Monitoring zum Einsatz kommt. Abbildung 63 gibt einen Überblick über bereits geleistete (grün) und noch zu leistende (rot) Bereiche des schrittweisen DMO-Aufbaus in Mindo. Die Ergebnisse aus Kapitel 9 dienen als Grundlage für die Identifikation bestehender und fehlender Maßnahmen zur Nachhaltigkeit in Mindo. Basierend auf ihnen wurden Handlungsempfehlungen formuliert, die abschließend in einer Zielplanung einer nachhaltigen Entwicklung für Mindo dargestellt werden. Diese sind nach den drei Komponenten der Nachhaltigkeit unter Ergänzung des räumlichen und zeitlichen Aspekts, untergliedert nach Akteuren, zusammengefasst (vgl. Abbildung 64). Ökonomie 1. Wirtschaftlichkeit139 Die Teilnahme an nationalen und internationalen Tourismusmessen zur besseren Vermarktung der Destination Mindo ist empfehlenswert. Eine Marketingmaßnahme ist die Einrichtung einer funktionierenden und kompetenten Tourismusinformation. Eine Grundlage für die bessere Vermarktung Mindos in dieser Einrichtung liefert diese Arbeit. Die für sie erstellten Karten werden zur Umsetzung touristischer Karten für den Ort Mindo bereitgestellt. Sie sind ein wichtiges Marketing-Instrumentarium. Darüber hinaus ist die Erstellung einer Homepage (inkl. App) mit angeschlossener Buchungsplattform in Planung. Darin sollen alle Beherbergungsbetriebe inklusive Preisübersicht, Ansprechpartner und der Karte zu ihrer Lage eingestellt werden. Empfehlenswert ist es Mindo als Pueblo Magico kategorisieren zu lassen. Dadurch würde das Dorf vor allem im nationalen Kontext durch Werbemaßnahmen des Tourismusministeriums größere Beachtung finden. In regelmäßigen Abständen sind Erhebungen tourismuswirtschaftlicher Zahlen zum Bestand der touristischen Anbieter durchzuführen. Aufbauend auf den vorliegenden Daten sollten die Zahlen im Rhythmus von max. zwei Jahren aktualisiert werden. Dadurch wird auch die Legalität der Betriebe gewährleistet. Bislang sind viele nicht offiziell registriert. Ein qualitativer Ausbau der Beherbergungsbetriebe ist vorzunehmen. Seitens der (Verkehrs-) Infrastruktur bedarf es eines Ausbaus insbesondere einiger Bereiche innerorts, da die Lehmpisten ein Verkehrsrisiko darstellen und durch die Bewässerung der Straßen durch die Bewohner einen Anstieg des Wasserverbrauchs nach sich ziehen. 2. Lokaler Wohlstand140 Ein stringentes Tourismuskonzept ist neben der Stärkung anderer Wirtschaftszweige für die Armutsreduktion zielführend. Durch Anpassung des touristischen Aktivitätsangebots durch beispielweise Ausweitung der Touren im hochpreisigen Segment (Vogelbeobachtungstouren) und die Ergänzung bestehender günstiger Touren (Wasserfalltour) durch diversifizierte Angebote wird der Anteil der Besucherausgaben, die Wertschöpfung und damit auch der lokale Wohlstand gesteigert. Durch den Erhalt und den Ausbau der regionalen Wertschöpfungskreisläufe wird ein Abfluss des Kapitals aus Mindo vermieden und mehr Besucherausgaben bleiben vor Ort. Durch gezielte Verwendung lokaler Produkte und Dienstleistungen, sollen die ortsansässigen Unternehmen gefördert und eine Steigerung des Gewinns und damit mittelfristig eine Steigerung der Produktion erreicht werden. Die DMO leistet Hilfestellung, indem sie Kontakte unter den Akteuren aufbaut und ein Netzwerk schafft. Der Ausbau von Vertrauensverhältnissen unter den touristischen Stakeholdern, auch mit den übrigen Beteiligten der (touristischen) Wertschöpfungskette, ist zu unterstützen. Der Anteil an Waren, die außerhalb Mindos erzeugt und bezogen werden, ist so gering wie möglich zu halten. Die Herstellung von lokalen Souvenirs, die es bislang nur begrenzt UNWTO-Ziel 1, SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum, SDG 10: Weniger Ungleichheiten. 140 UNWTO-Ziel 2, SDG 1: Keine Armut, SDG 10: Weniger Ungleichheiten, SDG 12: Nachhaltiger Konsum und Produktion.

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Kapitel 10: Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo

gibt und die Bereitstellung von weiterem tourismusrelevanten Einzelhandel schafft eine zusätzliche Einkommensquelle für die Mindeños. Die Verlängerung der Aufenthaltsdauer sowie die Wiederkehr der Touristen nach Mindo ist zu forcieren. Die Werbung, die zufriedene Touristen an ihrem Heimatort durch Mund-zu-Mund-Propaganda weitergeben, ist ein bedeutender Marketingfaktor. Ein fortlaufendes Monitoring der Gästezufriedenheit anhand kurzer Fragebögen, ausgehend von den Beherbergungsbetrieben, ist wichtig für eine positive Weiterentwicklung Mindos. Die Befragung der Gäste aller Beherbergungsbetriebe bietet ein vollständiges Bild der touristischen Situation bezüglich quantitativer und qualitativer Faktoren. Die DMO als Schnittstelle der touristischen Stakeholder fungiert dabei einmal jährlich als Datenkollektor und -analysator. Durch sie werden Handlungsbedarfe identifiziert und Lösungsansätze in Rücksprache mit den Beherbergungsbetrieben eruiert. Faktoren, wie die Qualität des touristischen Angebots und der individuellen touristischen Infrastruktur (Service, Sprachkenntnisse und baulicher Zustand der Betriebe) sind relevant für die Imagebildung und somit auch für die Wiederkommens- und Weiterempfehlungsrate der Touristen. Daher besteht in diesen Bereichen ein dringender Handlungsbedarf. Die DMO übernimmt hier eine beratende Rolle für etwaige Probleme und Anfragen. Soziales 1. Beschäftigungsqualität141 Eine Förderung festangestellter Mitarbeiter in den Betrieben sichert die sozialen Strukturen in Mindo. Mit der Diversifizierung des Tourangebots der Reiseagenturen können mehr Arbeitsplätze für touristische Berufe generiert werden. Durch die Einbeziehung der Guides bei der Entwicklung des Angebots, wird dieses ideal auf die Nachfrage abgestimmt. Somit ist eine Erhöhung des lokalen Wohlstands durch erhöhte Verkaufszahlen, wie auch durch die Verbesserung der Arbeitsmarktsituation denkbar. Die Bereitstellung von Fort- und Weiterbildungsangeboten auf lokaler Ebene trägt zu einer Erhöhung der Beschäftigungsqualität bei und führt zu einer Verbesserung des touristischen Service. Durch Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten werden mittelfristig neue Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung geschaffen. Die DMO leistet Hilfestellung bei der Organisation von Kursen und Seminaren. Auf diese Weise werden Defizite, wie mangelnde Fremdsprachenkenntnisse, korrekter Umgang mit Gästen, mangelnde Kenntnisse von Hygieneregeln und im Umgang mit Lebensmitteln, aktiv behoben. Zum Teil ist dieses Wissen im Ort vorhanden und sollte in Workshops mit den Akteuren in der Gemeinde geteilt werden. In regelmäßigen Abständen (parallel zur Touristenbefragung) ist ebenfalls eine Befragung durch die DMO über die Zufriedenheit der Beschäftigten durchzuführen. Dadurch ist ein gezieltes Einlenken beispielsweise bezüglich gewünschter Schulungsangebote und Betreuungsleistungen, möglich. 2. Soziale Gerechtigkeit142 Es sollten insbesondere sozial schlechter gestellte Personengruppen stärker in die touristische Wertschöpfungskette einbezogen werden. Durch die Bereitstellung von Bildungsmöglichkeiten für alle Bevölkerungsschichten wird die Chancengleichheit in der freien Wirtschaft erhöht. 3. Gästezufriedenheit143 Um die Gästezufriedenheit und mit ihr die Wiederkommensrate zu erhöhen, muss die barrierefreie Zugänglichkeit für körperlich eingeschränkte Personen gefördert werden, um gleiche oder zumindest annähernd gleiche Urlaubserlebnisse aller Personengruppen zu ermöglichen. Das GAD Parroquial wie auch die touristischen Stakeholder müssen eine Zugänglichkeit des Ortes und seiner Betriebe realisieren. Zudem sind für bestimmte Personengruppen (Kinder, Vegetarier, Veganer) spezielle angepasste Angebote vor Ort zu schaffen bzw. auszuweiten. Diese Erweiterung des UNWTO-Ziel 3, SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum, SDG 10: Weniger Ungleichheiten. 142 UNWTO-Ziel 4, SDG 4: Hochwertige Bildung, SDG 5: Geschlechtergleichheit, SDG 10: Weniger Ungleichheiten. 143 UNWTO-Ziel 5.

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Kapitel 10: Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo

Angebots muss sowohl die Infrastruktur (z. B. Spielplätze, Restaurants) wie auch Aktivitäten (beispielsweise Touren für Kinder/Familien) umfassen. Zur Abstimmung des Angebots muss eine Wahl der Zielgruppen nach Reisemotivation des Tourismus getroffen werden. Es ist eine Strategie der Marketingmaßnahmen festzulegen, um erwünschte Zielgruppen des Tourismus forciert nach Mindo zu ziehen. Der Binnentourismus muss in die Planung einbezogen werden. Internationaler Tourismus ist krisenanfälliger, somit ist eine Konzentration ausschließlich auf ihn nicht empfehlenswert. Es ist vorteilhaft die naturinteressierten Ecuadorianer durch gezielte Werbemaßnahmen auf nationaler Ebene verstärkt nach Mindo zu bringen. Dadurch wird ein Ausbau des Naturtourismus, bei gleichbleibender Stärke des Abenteuertourismus möglich. Eine negative Beeinflussung der soziokulturellen Strukturen in Mindo könnte dadurch geringgehalten werden. Für die Erhaltung bzw. Stärkung der Gästezufriedenheit ist es für die Destination Mindo unumgänglich, die Sicherheit für Reisende wie auch für die Bevölkerung zu gewährleisten. Probleme, wie sie im Ort insbesondere bezüglich des Alkohol- und Drogenkonsums vorliegen, müssen gelöst werden. Die Qualität des Equipments für Freizeitaktivitäten, der Infrastruktur wie auch der Ausschluss der Gesundheitsgefährdung durch beispielsweise verschmutztes Wasser muss garantiert sein. Um nicht nur die Gästezufriedenheit, sondern auch die Tourismusakzeptanz in der Gemeinde beizubehalten und zu fördern, muss eine Einbeziehung der Bevölkerung in tourismusrelevante Themenkomplexe sowie den Ort betreffende Belange erfolgen. Aufklärung über Projekte, Austausch zu neuen Ideen und Teilnahme an Entscheidungen, Abfragen von Stimmungs- und Meinungsbildern sowie Erwartungen und Bedenken im Rahmen von Gemeindeversammlungen unter der Leitung der DMO tragen dazu bei, die Tourismusentwicklung positiv voranzutreiben. 4. Lokale Verwaltung144 Es besteht die zwingende Notwendigkeit der Gründung einer Destinationsmanagementorganisation, die die (Tourismus-) Akteure zusammenbringt und ihr Potenzial nutzt, Runde Tische veranstaltet und die Zusammenarbeit auch unter den (touristischen) Stakeholdern fördert und fordert. Eine Kollaboration zwischen Reiseagenturen und den Hotels ist herzustellen, um eine optimale Wertschöpfung und Zufriedenheit über die Entwicklung des Ortes zu erlangen. Die Realisierung einer nachhaltigen Gemeinde soll in Zusammenarbeit mit dem GAD Parroquial umgesetzt werden. 5. Wohlbefinden der Gemeinde145 Mindo muss ein weiteres, aktives Vorgehen gegen den Abbau von Bodenschätzen anstreben, um die Aktivitäten der Minengesellschaften zukünftig zu verhindern. Aufklärungsarbeit zu den Auswirkungen des Abbaus von Bodenschätzen muss geleistet werden (s. u.). Um die Zufriedenheit der Bevölkerung zu erhöhen und auch eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen, ist der Anschluss aller Betriebe und Haushalte an das Ver- und Entsorgungsnetz, inklusive besserer Regelungen der Müllentsorgung in Mindo sicherzustellen. Recycling und Müllvermeidungsstrategien sollten seitens der Gemeindeverwaltung vorangetrieben werden. Die Qualitätssicherung der medizinischen Versorgung hat durch verschiedene Organisationen (DMO) und Einrichtungen (Gemeindeverwaltung, Stiftungen) regelmäßig zu erfolgen. Die Stärkung der lokalen (landwirtschaftlichen) Produktion und der Ausbau lokaler und regionaler Wertschöpfung ist zu fördern, um der Mangelernährung entgegenzuwirken. 6. Kultureller Reichtum146 Der Erhalt des historischen Erbes, insbesondere der ehemaligen indigenen Kultur der Yumbos, ist zu unterstützen, indem archäologische Funde in einem Museum oder in Vitrinen innerhalb der Touristeninformation ausgestellt werden. Dadurch bleiben diese Artefakte erhalten und es UNWTO-Ziel 6, SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden, SDG 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen, SDG 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele. 145 UNWTO-Ziel 7: Wohlbefinden der Gemeinde, SDG 2: Kein Hunger, SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen, SDG 6: Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen, SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden. 146 UNWTO-Ziel 8. 144

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Kapitel 10: Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo

besteht die Chance mehr über die Geschichte Mindos zu erfahren sowie sie ökonomisch zu nutzen. Eine Zusammenarbeit mit Universitäten in Quito bietet eine Möglichkeit, diesen Teil der Geschichte kulturell, marketingstrategisch und touristisch aufzuarbeiten. Weiterhin sind die Herausarbeitung und Pflege unverwechselbarer kultureller Gegebenheiten als Alleinstellungsmerkmale für die Gemeinde zur Schaffung einer gemeinsamen Identität der Dorfbewohner zu nutzen. Gastronomische Angebote sowie Kunst und Handwerk (z. B. Schokoladenherstellung) sind weiterzuentwickeln und zu vermarkten. Die DMO unterstützt die touristische Vermarktung der Merkmale des Ortes. Durch gezielte Kampagnen, z. B. in Form von Flyern und Veranstaltungen werden die Besucher auf die Besonderheiten der kulturellen Gegebenheiten und den Umgang mit der Bevölkerung (und der Natur) hingewiesen. Durch die Lenkung des Besucherverhaltens werden Missverständnisse, die auf interkulturellen Differenzen basieren, minimiert bzw. vermieden. Die Erstellung eines Krisenplans für die in Kapitel 9.1 beschriebenen natürlichen und anthropogenen Risiken ist für die Sicherheit der Bewohner und der Touristen relevant. Dieser sollte durch die DMO in Austausch mit der Bevölkerung realisiert werden. Ökologie 1. Unversehrtheit der Umwelt147 Die Etablierung einer im Umweltschutz aktiven Gruppe, wie den Amigos de la Naturaleza ist erstrebenswert. Naturkundige Tourguides können eine tragende Rolle übernehmen. Die Einrichtung einer kleineren Gruppe von zunächst etwa zehn Personen, die sich im Bereich der Umweltbildung und des Naturschutzes (wie sie es zum Teil schon auf individueller Basis tun) einbringt, ist anzustoßen. Die touristische Ausstattung bezüglich der Zahl der Beherbergungsbetriebe, des Gastronomieangebots und der Quantität der touristischen Attraktionen, sollte für die nächsten drei bis fünf Jahre nicht erweitert werden. Dadurch ist sichergestellt, dass die touristische Flächenzersiedlung nicht weiter zunimmt und der dörfliche Ortskern weiter seine zentralörtliche Funktion beibehält. Nach Ablauf dieser Periode ist eine erneute Prüfung durchzuführen, wobei untersucht wird, ob hohe Auslastungsquoten, sowie die Touristenzahlen insgesamt nach einem weiteren Ausbau verlangen. Um die Unversehrtheit der Umwelt zu gewährleisten, muss die Wahl der Tourismusart (vgl. auch Ökonomie) durchdacht und durch die touristischen Stakeholder vor Ort abgestimmt werden. Es ist zu definieren und zu erläutern, was es bedeutet den Tourismus nachhaltig zu gestalten und wie eine Realisierung durch die Bevölkerung umgesetzt werden kann. Eine DMO, die sich mit Nachhaltigkeit auseinandersetzt und Schulungen und Vorträge von (inter-)nationalen Experten für die Tourismusakteure koordiniert und organisiert ist, um die Zugänglichkeit dieses komplexen Themas zu ermöglichen, unabdingbar. Den Stakeholdern in Mindo muss deutlich gemacht werden, welche (auch ökonomische) Chance die Ausrichtung eines nachhaltigen, verträglichen Tourismus für das einzelne Unternehmen, aber auch für die Gemeinschaft bieten kann. Mindo hat bei der Erhaltung und Verbesserung der Landschaftsqualität eine verantwortungsvolle Rolle. Die Berücksichtigung der Carrying Capacities ist für einen langfristigen Erhalt der touristischen Attraktivität der Destination relevant. Daher ist seitens der DMO das regelmäßige Monitoring der Belastungsgrenzen des Tourismus wichtig für den Erfolg Mindos und die Zufriedenheit seiner Bevölkerung. Wie im vorhergegangenen Kapitel erwähnt, ist die Analyse des Tourismus, wie er unter anderem auf die Umwelt wirkt, mittels des Reisesterns und einer POBS-Analyse mindestens alle zwei Jahre durch die DMO empfehlenswert. Daran können Änderungen, ob positiver oder negativer Art erfasst werden.

UNWTO-Ziel 9, SDG 9: Industrie, Innovation und Infrastruktur, SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz, SDG 14: Leben unter Wasser, SDG 15: Leben an Land.

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Kapitel 10: Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo

Karte 30 Entwicklungspotentiale der touristischen Bebauung mit bestehenden Beherbergungsbetrieben nach Gründungsjahren. Zudem ist eine enge Zusammenarbeit des Biosphärenreservats mit der Gemeinde über die DMO anzustreben, um positive Synergien z. B. im Bereich der Werbung und Bestandsaufnahmen von Flora und Fauna, zu erzeugen und negative Effekte durch eine zu große Zahl an Touristen, hohes Verkehrsaufkommen, Wilderei oder Tier- und Pflanzendiebstahl durch die Besucher zu vermeiden. Richtlinien, wie der Ausbau des ÖPNV, die Ausweisung von festen Wanderrouten und die Wiederaufforstung ehemals genutzter landwirtschaftlicher Flächen müssen gefördert werden. Der individuelle PKW-Verkehr innerhalb des Ortes ist zu reglementieren bzw. für den touristischen Individualverkehr zu sperren. Eine Brachfläche vor dem Ortseingang bietet sich für in einen (bewachten) Parkplatz für die Besucher-PKW an. Ein Anschluss dieses Parkplatzes an das Busnetz 208

Kapitel 10: Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo

ist möglich, ebenso wie seine Verwendung als Busabstellfläche (vgl. Karte 30). Dadurch kann der gesamte Ortskern Mindos in eine verkehrsberuhigte Zone/Spielstraße umgewandelt werden. Sollte ein motorisierter Transport nötig werden (z. B. aufgrund großer Mengen Gepäck, einer Behinderung, oder einer Unterkunft, die etwas außerhalb im südwestlichen Bereich Mindos liegt), ist der Einsatz von Kleinbussen oder Pick-ups mit Fahrerlaubnis durch den Ort zu realisieren. Dadurch kann der Verkehr innerhalb der Ortschaft reduziert werden. Ebenso ist die Sperrung der Straße, die zu den Wasserfällen führt, für den Individualverkehr empfehlenswert, sie sollte hauptsächlich als touristische Wanderroute genutzt werden. Die Einrichtung eines regelmäßig verkehrenden Kleinbusses, der zwischen den verschiedenen außerhalb gelegenen Sehenswürdigkeiten zirkuliert, ist in Erwägung zu ziehen (vgl. Karte 30 –potenzielle Haltestellen). 148 Diese Bündelung des Verkehrs sollte innerörtlich gemeinschaftlich realisiert werden. Die motorisierte Freizeitmobilität (v. a. Quads), die durch Verleihstationen zusätzlich gefördert wird, sollte im Bereich um Mindo durch das GAD de Mindo und das Municipio de San Miguel de los Bancos für ausgewählte, nicht befestigte Bereiche, unterbunden werden. Durch diesen Ausschluss können ökologisch hochsensible Gebiete besser vor Beeinträchtigung (Lärm, Verschmutzung, Boden-schäden) bewahrt werden. Parallel ist die Ausweitung des Fahrradverkehrs in dem verhältnismäßig kleinen Dorf anzustreben. Die Erstellung eines Flächennutzungsplans, in dem die räumliche Entwicklung Mindos festgelegt wird, verhindert eine weitere Zersiedlung der Fläche. Die Ausweisung von Bauland sollte entlang der bereits jetzt erkennbaren Entwicklungsachsen in Nord-West/Süd-Ost-Richtung erfolgen (Karte 30). Aufgrund des hochsensiblen Ökosystems ist von einer weiteren Bebauung in Richtung der Wasserfälle abzuraten. Empfehlenswert hingegen ist eine Nachverdichtung des Ortes in den peripheren Ortsteilen, sowie eine zeitnahe gelenkte bauliche (touristische) Entwicklung in Richtung ‚Via al Mariposario‘, entlang der ‚Via a Conuco‘ nach Westen, nach Nordwesten und entlang des ‚Y de Mindo‘. Eine Bebauung im nördlichen Bereich ist aufgrund der topographischen Hanglagen (wie auch der unberührten Natur) auszuschließen. Der neuentstehende Ortsteil Yagüira sieht bislang keine Errichtung von touristischer Infrastruktur vor. Im östlichen Bereich (im Anschluss an die Hacienda San Vicente) sollte aus ökologischen Gründen von einer Bebauung Abstand genommen werden. Auch wenn ausländische Investoren Entwicklungsimpulse in schwächer entwickelten Regionen geben können, ist dennoch darauf zu achten, dass kein ‚Ausverkauf günstigen Baulandes‘ stattfindet. Die Bewohner behalten somit die Möglichkeit auch zukünftig bei der Entwicklung des Dorfs aktiv mitzubestimmen und mitzugestalten. 2. Biologische Diversität149 Einige grundlegende Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Diversität sind zeitnah zu realisieren. Der Nutzen verschiedener Tier- und Pflanzenarten für das Ökosystem sollte der Bevölkerung erläutert werden. Zudem muss der Ausbau des Schutzes besonders gefährdeter Arten umgesetzt und eine Wiederansiedlung ‚verlorengegangener Arten‘ im Bereich um Mindo forciert werden. Um den Status Quo der Biodiversität halten zu können, müssen weitere Maßnahmen bezüglich des Straßenverkehrs (Quantität und Streckenführung), des Artenschutzes (strengere Ahndung von Wilderei und Wildtier-/Pflanzenraub) wie auch die Ausweisung von gesonderten Rückzugsorten für die heimische Fauna mit zumindest temporären Betretungsverboten durch Menschen geschaffen werden.

148 Es existierte vor einigen Jahren ein Sammeltransport zu den Wasserfällen, der die Touristen für 1 US$ zweimal täglich hinauffuhr. Aufgrund des Drucks durch die Taxigesellschaften musste dieser den Betrieb wiedereinstellen. 149 UNWTO-Ziel 10, SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz, SDG 14: Leben unter Wasser, SDG 15: Leben an Land.

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Kapitel 10: Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo

3. Ressourceneffizienz150 Die Minimierung des Einsatzes knapper und nicht erneuerbarer Ressourcen bei der Entwicklung und dem Betrieb von touristischen Einrichtungen und Dienstleistungen ist wichtiger Bestandteil des nachhaltigen Tourismus. Mit der Landschaft, als wichtige Ressource des Tourismus, muss sorgsam umgegangen werden. Es sollte dringend gegen die Realisierung des Abbaus der Bodenschätze – seitens der Bevölkerung, der touristischen Stakeholder aber auch seitens der (kommunalen) Regierung – vorgegangen werden (s. o.). Bei der Neuanlage von Poolanlagen ist der Bau von Naturpools, wie beispielsweise in der Hacienda San Vicente, vorzuschlagen. Dadurch wird ein Mehrwert durch eine weitere touristische Attraktion, die sich in das Landschaftsbild einfügt, gegeben. Ein Anschluss aller Häuser Mindos an das Stromnetz ist zwingend erforderlich. Mittelfristig ist in Erwägung zu ziehen verstärkt – zumindest in den größeren Beherbergungsbetrieben – auf Photovoltaikanlagen zu setzen. Ebenfalls ist die Einführung eines Pfandsystems u. a. für die Gastronomiebetriebe anzustreben, um die großen Mengen an Plastikmüll zu vermeiden. 4. Saubere Umwelt151 Für das Nachtleben und Feste (Sperrstunden) sowie die Verwendung von Pyrotechnik sind Richtlinien seitens des GAD de Mindo und des Municipios de San Miguel de los Bancos zu erlassen. Eine Wiederaufnahme, der vor einigen Jahren bestehenden Mülltrennung in der Mülldeponie in San Miguel de los Bancos muss ebenfalls von der Gemeindeverwaltung eingeleitet werden. Die Stakeholder des Tourismus müssen über Möglichkeiten aufgeklärt werden, ressourcenschonend zu wirtschaften. Hierzu sollten Veranstaltungen und Fortbildungen durch die DMO koordiniert und organisiert werden. In Abbildung 64 sind die beschriebenen Handlungsempfehlungen in einer abschließenden Zielplanung einer nachhaltigen Entwicklung mit einer zeitlichen Dimensionierung (grün: ab sofort; fortlaufend umzusetzen und orange: mittelfristig umzusetzen), nach den Akteuren Lokale Bevölkerung, Beherbergungsbetriebe, Agenturen, Regierung und Destinationsmanagementorganisation nochmals zusammengefasst dargestellt. Die vorgestellten Handlungsempfehlungen und das Schaubild der Zielplanung einer nachhaltigen Tourismusentwicklung für Mindo sind als Anstoß für eine gezielte touristische Entwicklung anzusehen. Es ist eine stetige Weiterentwicklung der darin enthaltenen Vorschläge und Anregungen erwünscht und notwendig. Tourismus unterliegt einem konstanten Wandel, dem nur ein flexibles, anpassungsfähiges Konzept gerecht werden kann. Durch die erfolgreiche Implementierung der Handlungsempfehlungen ist die Annäherung an einen nachhaltigen Tourismus und mit ihm eine nachhaltige Entwicklung des Ortes sowie eine Verbesserung des touristischen Images der Destination Mindo zu erreichen.

UNWTO-Ziel 11, SDG 7: Bezahlbare und saubere Energie, SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz, SDG 14: Leben unter Wasser, SDG 15: Leben an Land. 151 UNWTO-Ziel 12, SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz, SDG 14: Leben unter Wasser, SDG 15: Leben an Land. 150

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Kapitel 10: Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo

Lokale Bevölkerung

Beherbergungsbetriebe

Reiseagenturen

GAD parroquial

DMOs

Ökonomie Herstellung Souvenirs

lokaler

Teilnahme an nationalen und internationalen Tourismusmessen Aktive Verbesserung des Images Hilfestellung der DMO bei der Vernetzung der Akteure Fortlaufendes Monitoring über standardisierte Fragebögen der Betriebe Gezielte Verwendung lokaler Produkte und Dienstleistungen Erhebung tourismuswirtschaftlicher Zahlen Anpassung des touristischen Aktivitätsangebots

Herstellung touristischer Karten

Einrichtung einer funktionierenden und kompetenten Touristeninformation

Verbesserung der Straßen

Ergänzung bestehender Touren durch spezifisch abgestimmte Angebote Erhalt und Ausbau lokaler und regionaler Wertschöpfungskreisläufe

Erstellung einer Homepage (inkl. App-Anwendung) mit angeschlossener Buchungsplattform Strategieentwicklung und Bewerbung zur Kategorisierung als Pueblo Magico Aktualisierung des Zielkonzepts

Sozial Förderung festangestellter Beschäftigter

Sicherung der sozialen Strukturen

Generierung touristischer Arbeitsplätze durch Diversifizierung des Tourangebots und Erhöhung des Qualifizierungsangebots Einbeziehung der Tourguides bei der Entwicklung neuer Touren

Bereitstellung von Fortund Weiterbildungsmöglichkeiten

Organisation von Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen, Workshops, etc.

Befragung der Beschäftigten zu Arbeitssituation Einbeziehung sozial benachteiligter Personengruppen in die lokale Wertschöpfung

Barrierefreie Zugänglichkeit für körperlich eingeschränkte Personen

Partizipation der Bevölkerung in Entscheidungsprozesse, Austausch über relevante Themenbereiche

Schaffung spezieller Angebote für ausgewählte Zielgruppen (Kinder/Familien, Vegetarier/Veganer)

Veranstaltung runder Tische

Festsetzung einer Marketingstrategie für spezifische touristische Zielgruppen

Bereitstellung qualitativ hochwertigen Equipments Kollaboration zwischen Beherbergungsbetrieben und Agenturen

Gewährleistung der Sicherheit, Lösung des Drogen-/ Alkoholproblems im Ort, Straßenhunde, Wasserqualität Anschluss an das Versorgungsnetz, Förderung von Photovoltaik Förderung des historischen Erbes/Einrichtung einer Ausstellung/Kollaboration mit Universitäten in Quito

Herausarbeitung und Pflege der kulturellen Besonderheiten – Kunst & Handwerk, Feste & Gastronomie Erhalt Stärkung und Sicherung der Lebensqualität, Schaffung einer Identität Krisenplanerstellung

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Kapitel 10: Planungsrelevantes Konzept mit Handlungsempfehlungen für den Tourismus in Mindo

Lokale Bevölkerung

Beherbergungsbetriebe

Reiseagenturen

GAD parroquial

DMOs

Ökologie Wahrung der Carrying Capacities/Regelmäßiges Monitoring

Gewinnung naturkundiger Personen als Mitglieder der DMO

Minimierung des Einsatzes knapper/nicht erneuerbarer Ressourcen bei dem Betrieb und der Entwicklung touristischer Einrichtungen und Dienstleistungen Verhinderung des Abbaus von Bodenschätzen Ausweitung des Fahrradverkehrs durch mehr Verleihstationen

Enge Zusammenarbeit mit dem UNESCO Biosphärenreservat

Regulierung der quantitativen Erweiterung des Beherbergungs- und Gastronomieangebots

Analyse des Tourismus über Analyse mittels Reisestern und POBS einmal jährlich

Erneute Prüfung der Möglichkeiten eines Ausbaus des Beherbergungs- und Gastronomieangebots Erhalt und Verbesserung der Landschaftsqualität

Aufklärung im Ort über die Bedeutung des nachhaltigen Tourismus

Wiederaufforstung ehemals landwirtschaftlich genutzter Flächen

Schulungen zu ökologischen Themen durch Experten

Erhaltung des Schutzstatus Organisation der Wiederansiedlung ‚verlorengegangener‘ Arten Einführung eines Pfandsystems für die Gastronomie Richtlinien zu Lärm und Pyrotechnik Zusammenarbeit mit der Mülldeponie zur Wiederaufnahme der Mülltrennung Raum Erstellung eines Flächennutzungsplans Ausweisung von Bauland entlang bereits bestehender Entwicklungsachsen in Nord-West/Süd-Ost-Richtung Nachverdichtung innerhalb der peripheren Ortsteile Einrichtung eines ortsinternen ÖPNV-Netz Verbindung der touristischen Sehenswürdigkeiten mit einem Pendelbus Busabstellfläche/bewachter PKW-Stellplatz vor dem Ortseingang Ausweisung von festen Wanderrouten Sperrung ausgewählter Bereiche für den motorisierten Individualverkehr Reglementierung des ortsinternen Individualverkehrs Erhaltung der Besitzverhältnisse in lokaler Hand - Ausweisung gesonderter Rückzugszonen der heimischen Flora und Fauna mit temporären Betretungsverboten

Abbildung 64 Zielplanung einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Mindo. Eigene Darstellung.

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Kapitel 11: Fazit und Ausblick

11 Fazit und Ausblick In den letzten fünf Jahren wirkten verschiedene Einflussfaktoren unterschiedlich stark auf den Tourismus in Ecuador. Großevents und aktive Marketingmaßnahmen seitens des Tourismusministeriums, der globale Trend Südamerika zu bereisen und die relativ stabile Sicherheitslage in Ecuador hatten eine Steigerung der Popularität und somit auch eine Steigerung der Zahl der Incoming-Touristen nach Ecuador zur Folge. Im Gegensatz dazu führten Naturereignisse, wie der Ausbruch des Cotopaxi 2015, das Erdbeben mit dem Epizentrum an der zentralen Küste Ecuadors, Krankheitsausbrüche, wie die Zika-Epidemie und in jüngster Zeit die Corona-Pandemie zu rückläufigen Tourismuszahlen. Aufgrund der derzeitigen Lage durch die Corona-Pandemie ist schwer abzusehen, wie sich die Situation des Tourismus in Ecuador mittelfristig weiterentwickeln wird. Weltweit ist der internationale Tourismus um über 70 % eingebrochen und 170 Millionen Personen haben ihre Arbeit im Tourismussektor verloren (García López 2021; World Tourism Organization UNWTO 2020b). Die UNWTO geht davon aus, dass es rund zweieinhalb bis vier Jahre dauern wird, bis global wieder die Zahl der internationalen Touristen aus dem Jahr 2019 erreicht werden wird (World Tourism Organization UNWTO 2020b). Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass die Armut in Schwellen- und Entwicklungsländern stark zunehmen wird. Dies führt zu negativen Effekten auch auf den Tourismus, beispielsweise durch eine Verschlechterung der (touristischen) Infrastruktur, eine Erhöhung der Kriminalität und damit einem neuerlichen Ausbleiben der Touristen. Reisedestinationen sollten diese ‚Tourismuspause‘ nutzen, um sich (gegebenenfalls neu) zu positionieren. Aufgrund fehlender Einnahmen während der Krisenzeit wird wenig bis überhaupt nicht in den Ausbau und die Weiterentwicklung des Tourismus investiert. Allerdings sollte für den zu erwartenden Ansturm auf die weltweiten Tourismusregionen nach der Pandemie Vorkehrungen getroffen werden. Faktoren wie die Hygiene in der Urlaubsdestination, Vertrauen in die Destination (beispielsweise durch Reisen vor der Pandemie) wie auch die Qualität der angebotenen Produkte und Dienstleistungen werden verstärkt in den Vordergrund rücken (García López 2021). Die ursprünglich auf Landwirtschaft ausgerichtete Gemeinde Mindo war lange Zeit ein verhältnismäßig unbedeutender Ort. Die periphere Lage, die bis heute zeitweise schwierige Erreichbarkeit und die nur auf den täglichen Bedarf ausgerichtete Infrastruktur standen der Entwicklung der Gemeinde in nahezu allen Bereichen entgegen. In den 1990er Jahren wurde der Straßenabschnitt zwischen dem ‚Y de Mindo‘ und dem Ort befestigt und das Dorf an das Stromnetz angeschlossen. Beides waren wichtige Grundvoraussetzungen für die einsetzende touristische Entwicklung. Sie wurde durch die besondere naturräumliche Ausstattung und die damit verbundene hohe Biodiversität begünstigt. Die im Zuge dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen stellen eine Analyse zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus eines Ortes dar. Dabei wurden soziale, ökologische und ökonomische Faktoren gleichwertig und umfassend berücksichtigt. Es ist die Ableitung eines Kriterienkatalogs zur Bewertung des Tourismus und seiner Potenziale im Kontext nachhaltiger Entwicklung gelungen, der auch auf andere Teile Ecuadors anwendbar ist. Die erstellte Zielplanung ist an den zentralen Dimensionen des Nachhaltigkeitsansatzes orientiert. Unter Einbeziehung partizipationstheoretischer Ansätze konnten somit Möglichkeiten und Restriktionen einer nachhaltig ausgerichteten touristischen Regionalentwicklung bewertet werden. Der Tourismus kann und sollte als Instrument für eine nachhaltige Entwicklung in Mindo genutzt werden. Berücksichtigung fanden die verschiedenen touristischen Akteursgruppen. Neben den Verantwortlichen der Beherbergungsbetriebe und der Reiseagenturen wurden institutionelle staatliche, wie auch nichtstaatliche Akteure in die Untersuchung einbezogen, die gleichrangig zu den Touristen Eingang in die Untersuchung fanden. Der häufig vernachlässigte Aspekt des An- und Abreisewegs wurde miteinbezogen, um reale Näherungs- bzw. Vergleichswerte für den Grad der 213

Kapitel 11: Fazit und Ausblick

Nachhaltigkeit der Destination Mindo und die Vergleichbarkeit der errechneten Nachhaltigkeit zwischen verschiedenen Räumen zu gewährleisten. Durch die formulierten Handlungsempfehlungen ist eine Konzentration der Wirtschaft in Mindo und der Region ohne Abfluss von Kapital und Arbeitskraft möglich. Eine langfristige wirtschaftliche Sicherung der Lebensverhältnisse durch optimale Nutzung der touristischen Wertschöpfungsketten ist erzielbar. Die Etablierung des Tourismus als fester Wirtschaftszweig in Mindo ist für die Entwicklung der Region von Bedeutung, da mittelfristig Arbeitsplätze geschaffen sowie regionale kulturelle Besonderheiten gewahrt werden. Eine Verbesserung der sozialen Lebensumstände (Erhöhung des Bildungsniveaus, Reduzierung des Analphabetismus, etc.) ist zu erwarten. Durch den Tourismus wird eine enge Zusammenarbeit der Bevölkerung und staatlicher Institutionen gefördert und somit vermehrt in partizipative Entscheidungsprozesse eingebunden. Mittelfristig trägt der Tourismus zu einer Verbesserung der notwendigen Infrastruktur (gut ausgebaute Straßen/ÖPNV-Netz) bei. Sollte es gelingen, die Handlungsempfehlungen in Mindo mittelfristig zu umzusetzen152, könnte das geschaffene Instrumentarium die Grundlage für die Erstellung einer Modellregion mit besonderer Bedeutung für das Biosphärenreservat Chocó Andino sein. Durch die Erhöhung der internationalen Bekanntheit, die gezielte Bewusstseinsschaffung der Relevanz der Natur für den Tourismus in Mindo und eine gezielte Lenkung dieses profitablen Wirtschaftszweigs wird die Möglichkeit erhöht, den Schutzstatus des Gebiets zu erhalten. Aufgrund der Sonderstellung als politisch relativ stabiles Land wird Ecuador für den nordamerikanischen und europäischen Quellmarkt als Destination zunehmend attraktiver. Durch seine Lage in der im nationalen Vergleich wohlhabenden Hauptstadtprovinz, in einer bereits durch Tourismus geprägten Parroquia, und seine Nähe zu Quito, könnte Mindo das Best Practice Beispiel in Ecuador werden. Zusammen mit den Dschungellodges im Reservat Cuyabeno könnte Mindo beispielhaft für nachhaltigen Tourismus in einem der artenreichsten Gebiete weltweit werden. Das Nebelwaldreservat Reserva Biológica Bosque Nuboso Monteverde in Costa Rica hat ein ähnliches Ziel bereits erreicht und gilt international als gelungenes Beispiel für die Etablierung eines nachhaltigen Tourismus (Allen et al. 1996). Dem Druck der hohen Besucherzahlen versucht man dort durch Besucherzahlkontingente entgegenzuwirken (Großmann, o. J.). Die Untersuchung zeigte, dass die Einbeziehung der Regierung bzw. strukturierender und steuernder Elemente im Sinne einer DMO zwingend notwendig ist, um insbesondere Veränderungen, die die öffentliche Infrastruktur, das Versorgungsnetz und die Flächennutzung betreffen, umsetzen zu können. Dabei kann die Struktur einer Good Governance153 zu einer Bündelung der Interessen auf zivilgesellschaftlicher Ebene als Machtausgleich zum Staat beitragen (vgl. Fuster 1998, S. 68ff.). Initiativen des privaten Sektors und Marktmechanismen sind wichtige Faktoren einer wirtschaftlichen Entwicklung, somit ist ein ‚Hand-in-Hand-Gehen‘ mit Good Governance unerlässlich. Es ist ein System aus einem effizienten öffentlichen Dienst, einem zuverlässigen Rechtssystem und einer gegenüber der Öffentlichkeit verantwortungsbewussten Verwaltung154 (vgl. The International Bank for Reconstruction and Development/The World Bank (Hg.) 1989, S. 11 – 12). Die sieben Elemente von Good Governance sind: Verantwortlichkeit für staatliches Handeln, Partizipation, Rechtsstaatlichkeit, Transparenz von Verwaltung und Regierung, Informationspolitik gegenüber der Öffentlichkeit, Transparenz & Information des Wirtschaftsraums und Verbesserung des Managements (vgl. Stark 2007, S. 45ff.). Insbesondere Partizipation ist für Mindo und für nachhaltige Entwicklung allgemein besonders relevant. Der Bevölkerung muss die Möglichkeit geboten werden, auf die Gestaltung des Tourismus und der örtlichen Strukturen einzuwirken. Dies soll durch Mitwirken an politischen Prozessen (z. B. Die Corona-Pandemie verhindert eine zeitnahe, kurzfristige Realisierung. Good Governance-Strukturen umfassen neben der „Regierung als staatliche Autorität, eingebettet in einen formell und rechtlich definierten Rahmen [auch noch] informellere Formen der Machtausübung sowie Entscheidungsprozesse abseits staatlicher Institutionen, beispielsweise seitens privater Gruppierungen auf zivilgesellschaftlicher Ebene“ (Fuster 1998, S. 68). 154 „Private sector initiative and market mechanisms are important, but they must go hand-in-hand with good governance – a public service that is efficient, a judicial system that is reliable, and an administration that is accountable to its public“ (The International Bank for Reconstruction and Development/The World Bank (Hg.) 1989, S. 11–12). 152 153

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Kapitel 11: Fazit und Ausblick

Bürgerentscheide) sowie durch Schaffung von Konkurrenz zu öffentlichen Dienstleistungen durch gezielte Deregulierung erreicht werden (vgl. Stark 2007, S. 46). Beyer (2003) unterscheidet sechs verschiedene Stufen des Partizipationsgrades. Die Planung und Entwicklung wie das zivilisatorische und politisch-planerische Handeln in Mindo lässt sich der interaktiven Partizipationsphase zuordnen. Passive Nutznießer-Rolle

Informationsabgabe

Konsultation

Funktionelle Partizipation

Interaktive Partizipation

Selbstmobilisierung, Selbsthilfe

Projektmanagement übernimmt die gesamte Entscheidung und Durchführung

Bevölkerung wird befragt, hat aber keine Einsicht in Befragungsergebnisse

Bevölkerung wird befragt, hat aber keinen Einfluss auf Entscheidungen

Zumeist späte Einbindung der Bevölkerung in den Entscheidungsprozess, Gruppenbildung in der Bevölkerung, um gewisse Ziele zu verfolgen. Projektinitiatoren haben leitende Funktion

Die Bevölkerung wird in die Analyse, Aktivitäten-Planung und Formierung lokaler Einrichtungen miteinbezogen. Einfluss der Bevölkerung auf Aktivitäten und Strukturen

Bevölkerung als Initiator zur Situationsverbesserung

Abbildung 65 Partizipationsintensität. Veränderte Darstellung nach Beyer 2003. Die unter 10 erwähnte schrittweise Etablierung einer DMO kann die angesprochene Bündelung der Interessen auf zivilgesellschaftlicher Ebene übernehmen und somit zur erfolgreichen Entwicklung des Ortes und zur Bildung einer Best Practice Destination beitragen. Die beiden Analysetools POBS und Reisestern parallel anzuwenden, ist für die Ermittlung des Grads der Nachhaltigkeit für ähnliche Untersuchungen geeignet. Allerdings sind die Indikatoren in der POBS-Analyse zu erhöhen, um präzisere Handlungsempfehlungen ableiten zu können und mehr Faktoren zu überprüfen. Flächenentwicklungspläne sind in Ecuador nicht üblich, eine Einrichtung dieses raumplanerischen Instrumentariums erscheint sinnvoll für ein geregeltes Siedlungswachstum. Ein auf Gemeindeebene partizipativ erarbeiteter Flächennutzungsplan hat die Chance, räumlichen Nutzungskonflikten entgegenzuwirken. Kartierungen der Nutzungsarten für Gemeinden bis ca. 8.000 EW sind sinnvoll, um das Verhältnis der touristischen Bebauung ins Verhältnis der übrigen Bebauung zu setzen. Insbesondere bei der POBS-Analyse werden subjektive Einschätzungen und qualitative Interviews miteinbezogen, die die Ergebnisse, wie für qualitative Forschung üblich, beeinflussen können. Aufgrund des angewandten Methodenmix eignet sich die Analyse vorrangig für kleinere Gemeinden. Allerdings ist nicht nur die Berücksichtigung der Einwohnerzahl wichtig, sondern auch die vorzufindende touristische Infrastruktur ausschlaggebend für die Entscheidung der Anwendbarkeit der Methode. In einigen Orten, wie beispielsweise Puerto Ayora und Puerto Baquerizo Moreno (beide Galapagos) ist die touristische Infrastruktur stark ausgeprägt, was wiederum eine Vollerhebung erschwert. Dennoch ist eine Übertragung auf andere Standorte möglich, wobei die Ergebnisse (Zielplanung)– nach den Ergebnissen dieser Erhebung – anzupassen sind. Aufgrund der Durchführung einer Fallstudie ist die Herausstellung des Ortes und der gewonnenen Ergebnisse als Best-Practice-Beispiel auf nationaler und kontinentaler Ebene vorstellbar. Die Reproduzierbarkeit der Studie ist gegeben und in regelmäßigen Abständen erwünscht, um so als Controllinginstrument genutzt zu werden. Die Durchführung der vorliegenden Studie in verschiedenen touristisch relevanten Standorten auch auf nationaler Ebene erscheint sinnvoll.

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Kapitel 11: Fazit und Ausblick

Die gewonnenen Ergebnisse sollten mittelfristig über das nationale Tourismusministerium verwaltet und analysiert werden, um Gebiete mit erhöhtem Handlungsbedarf und damit einhergehend Investitionsbedarf zu ermitteln und entsprechend zu unterstützen. Die Daten müssen aktuell gehalten werden, was erfahrungsgemäß in Entwicklungsländern schwierig (insbesondere bei Regierungswechseln) ist. Zahlreiche Studien haben gezeigt, wie schwer eine Vereinbarkeit von Tourismus und Nachhaltigkeit insbesondere vor dem Hintergrund tourismusgeographischer Entwicklungsforschung, auch aufgrund der Fülle zu berücksichtigender Faktoren dieses umfassenden Konzepts ist. Die Annäherung an eine nachhaltige Destination ist das Maximum der zu erwartenden Wirkung. Innerhalb der Tourismusgeographie ist man sich der Bedeutung der Nachhaltigkeit, wie auch in anderen Wirtschaftszweigen, auf globaler und kleinräumlicher Ebene bewusst. Verstärkt wird auf den Trend proaktiv zu handeln gesetzt und eine Interdisziplinarität verschiedener Wissenschaftszweige ist erkennbar. Dies führt zu einer Herausbildung neuer möglicher Forschungsbereiche, wobei Destinationsmanagement, Governance, Klimawandel und entschleunigter Tourismus nur einige der zu nennenden fächerübergreifenden Forschungsansätze sind, die zukünftig in der Tourismusgeographie Beachtung finden werden (vgl. Lane 2017, S. 15ff.). Die Transferierbarkeit der vorliegenden Arbeit auf weitere Forschungsansätze ist, diesen Ansätzen folgend, möglich. Nachhaltigkeit ist ein Thema, mit dem sich die Wissenschaft interdisziplinär in den kommenden Jahren noch verstärkt auseinandersetzen muss. Die Bedeutung der Forschung ist hoch einzuschätzen, da sie fundiert durchgeführt, eine Sicherheit für eine sich schnell wandelnde globalisierte Gesellschaft in Bezug auf derzeit zu klärende Fragen bezüglich des Klimawandels, der Energiegewinnung und auch die Art des Reisens gibt. Forschung zu Nachhaltigkeit wie sie in Mindo durchgeführt wurde, zeigt Wege aus vermeintlich festgefahrenen und zum Niedergang bestimmte Strukturen auf kleinräumlicher Ebene durch Tourismus. Die Implementierung innovativer Ideen und das Erkennen bestehende Defizite und der daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen kann in den jeweiligen Orten und Regionen die Lebensbedingungen auch zukünftig nachhaltig und grundlegend verbessern. Entwicklungsländer sind häufig durch verschiedene Faktoren wie unter anderem mangelnde finanzielle Mittel, fehlendes Know-How und Abhängigkeitsbeziehungen von nachhaltiger Entwicklung abgeschnitten. Durch gezielte wissenschaftliche Studien, Aufklärung und Hilfe bei Anwendung und Implementierung von individuell abgestimmten Nachhaltigkeitskonzepten kann ein wichtiger Beitrag geleistet werden, Innovationsanstöße zu geben, Gestaltungskompetenzen zu fördern und nachhaltige Entwicklungsprozesse einzuleiten. Wie sich die Vereinbarkeit des Paradigmas Nachhaltigkeit mit anwendungsbezogener interdisziplinärer Tourismusgeographie zukünftig weiterentwickelt, bleibt abzuwarten. Verstärkte Beachtung innerhalb der Forschung muss die Untersuchung der Möglichkeiten erfolgreicher Implementierung nachhaltigen Tourismus in den Destinationen und Unternehmen finden, da nur Ansätze zu nachhaltigem Tourismus als erfolgreich gewertet werden können, die eine Implementierung von Maßnahmen zur Nachhaltigkeit und damit auch positive Veränderungen in den Destinationen erreichen. Unter Berücksichtigung endogener Stärken der bereits am Tourismusmarkt bestehenden Destinationen ist es möglich, nach einer Prüfung zum Stand der Nachhaltigkeit, abgestimmte Maßnahmen zu deren positiver Weiterentwicklung anzuwenden. Entscheidend dafür ist die Partizipation der lokalen Akteursgemeinschaft, zum Beispiel entsprechend des Ansatzes des Community Based Tourism (vgl. Kagermeier, 2015, S. 309). Dieser sollte in einer Governance-Struktur eingebettet sein. Unterstützende Funktionen können freiwillige Aktivitäten sozialen Engagements entsprechend der Corporate Social Responsibility übernehmen. Mindo steht in seiner Entwicklung an einem Scheidepunkt im touristischen Lebenszyklus. Wird kurzfristig nicht interveniert und ein schlüssiges Entwicklungskonzept vorgelegt, droht ein Abstieg als Tourismusdestination mit gravierenden Folgen für ökologische, ökonomische und soziale Systeme.

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227

Geodatenverzeichnis

Geodatenverzeichnis Karte 1: Geo-Daten: IGM, GDB_050K, 2018 Karte 2: Mountain High Maps ® Copyright © 1993 Digital Wisdom, Inc. Karte 3: Reliefschummerung: Made with Natural Earth Karte 4: Reliefschummerung: Made with Natural Earth Karte 5: Satellitenbild: Esri, DigitalGlobe, GeoEye, Earthstar Geographics, CNES/Airbus DS, USDA, USGS, AeroGRID, IGN, and the GIS User Community, 2020 Karte 6: Geo-Daten: ESRI, Weltweite Terrain-Grundkarte: ESRI, USGS, NOAA Karte 7: Geo-Daten: IGM, GDB_050K, 2018 Karte 8: Geo-Daten: IGM, GDB_050K, 2018 Karte 9: Geodaten: World Base Map © Stuart Morton; WFS: http://services1.arcgis.com/qzgNjXNjWYeT64Fw/ArcGIS/rest/services/World_Bank_world_march_2010.shp/FeatureServer (Abruf 1.3.2019) Karte 10: Geo-Daten: IGM, GDB_050K, 2018 Karte 11: Geo-Daten: IGM, GDB_050K, 2018 Karte 12: Geo-Daten: IGM, GDB_050K, 2018 Karte 13: Geo-Daten: IGM, GDB_050K, 2018 Karte 14: Geo-Daten: IGM, GDB_050K, 2018 Karte 15: Geo-Daten: IGM, GDB_050K, 2018 Karte 16: Geo-Daten: IGM, GDB_050K, 2018 Karte 17: Geo-Daten: IMG, GDB_050K, 2018 Reliefschummerung: ESRI, Weltweite Terrain-Grundkarte: ESRI, USGS, NOAA Karte 18: Linienlayer CT 1:50.000 © IGM 2013 (verändert); ESRI Terrain Hillshade © Airbus, USGS, NGA, NASA, CGIAR, NLS, OS, NMA, Geodatastyrelsen, GSA, GSI und der GIS User Community Karte 20: Satellitenbild: Esri, DigitalGlobe, GeoEye, Earthstar Geographics, CNES/Airbus DS, USDA, USGS, AeroGRID, IGN, and the GIS User Community, 2020 Karte 22: Reliefschummerung: Marc Souris, IRD, 2019 Karte 23: Geodaten: IMG, GDB_050K, 2018 Karte 24: Geodaten: IMG, GDB_050K, 2018 Karte 25: Satellitenbild: Esri, DigitalGlobe, GeoEye, Earthstar Geographics, CNES/Airbus DS, USDA, USGS, AeroGRID, IGN, and the GIS User Community, 2020 Karte 26: Satellitenbild: Esri, DigitalGlobe, GeoEye, Earthstar Geographics, CNES/Airbus DS, USDA, USGS, AeroGRID, IGN, and the GIS User Community, 2020 Karte 27: Satellitenbild: Esri, DigitalGlobe, GeoEye, Earthstar Geographics, CNES/Airbus DS, USDA, USGS, AeroGRID, IGN, and the GIS User Community, 2020 Karte 28: Satellitenbild: Esri, DigitalGlobe, GeoEye, Earthstar Geographics, CNES/Airbus DS, USDA, USGS, AeroGRID, IGN, and the GIS User, 2019 Karte 29: Satellitenbild: Esri, DigitalGlobe, GeoEye, Earthstar Geographics, CNES/Airbus DS, USDA, USGS, AeroGRID, IGN, and the GIS User, 2019 Karte 30: Satellitenbild: Esri, DigitalGlobe, GeoEye, Earthstar Geographics, CNES/Airbus DS, USDA, USGS, AeroGRID, IGN, and the GIS User Community, 2020

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Anhang

Anhang I.

Fragebogen Beherbergungsbetriebe Dipl. Geogr. Astrid Keller | Schützenbahn 70 | 45127 Essen Alemania | Tel. +49/201/183-4332 | Cel. 098 309 2795 [email protected]

Estimados, Por favor tómese entre 20 a 25 minutos para responder las siguientes preguntas. Su información es anónima y será tratada de forma confidencial. Nuestro objetivo es obtener informacion sobre turismo en Ecuador y sus efectos en regiones específicas para de esta forma elaborar un estudio turistico sostenible que puede ser implementado en la zona; como parte de un proyecto para la Universidad de Duisburg-Essen en Alemania. Por favor responda las preguntas de la forma más precisa posible. Si no puede responder una pregunta, omítala; apreciamos mucho nos proporcione la mayor cantidad de informacion posible. Si Usted prefiere puede llenar el cuestionario en linea en el siguente link: https://www.soscisurvey.de/Ecuador/ ¡Gracias por su ayuda! I. 1.

Datos generales: Nombre del establecimiento _______________________________

2.

Dirección del establecimiento _______________________________

3.

Telefono, web/correo electronico _______________________________

4.

Persona de contacto incl. correo electronico _______________________________

5.

Nacionalidad de los propietarios del establecimiento? o Ecuatoriano, de que ciudad?________________________ o Extranjero, de que pais?___________________________

6.

Desde que año funciona su establecimiento? _________________________________

II. 7.

Datos sobre el hotel: ¿Cuántas habitaciones tiene su establecimiento? _______________________

8.

¿Cual es la capacidad maxima del hotel? _______________________

9.

¿Cuál es el precio de la habitación (habitación individual/habitación doble/etc.) en su hotel en temporada alta y temporada baja? Individual: ________/_____ Doble: _______/_________ Otros tipos de habitaciónes: ____________:_____/________

10. ¿Cuál fue su numero de huespedes en los últimos años? a. 2017: ____________ b. 2016:____________ c. 2015:____________ d. 2014:____________

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Anhang 11. Cuantas noches vendio en los ultimos años? o 2017: ____________ o 2016:____________ o 2015:____________ o 2014:____________ 12. Cual es su promedio (%) de ocupacion

de camas en los ultimos años?___________

13. Cuantos dias cierra su establecimiento por año? _______________ 14. ¿Realiza registro de huespedes? o Si, solicito los siguientes datos ______________ o No 15. ¿De dónde vienen sus huespedes principalmente? o o

Ecuador EE.UU

o o

Espania China

o o

Alemania Otros:

o

Canada

16. ¿Qué actividades prefieren sus huespedes la región? o Observacion de animales/naturaleza o Observacion de aves o Deporte o Senderismo/Trekking o Relajacion o Wellness o Visitar ciertos lugares de interés, y de hecho ________________ 17. ¿Qué volumen de ventas registra su establecimiento anualmente? _____________________US$ 18. ¿Qué servicios especiales ofrece su establecimiento? o SPA/Area de Wellness o Piscina o Servicio de transporte al aeropuerto o Lavanderia o WIFI o Gimnasio o Otros:_________________________________ 19. ¿Tiene su hotel un espacio de estacionamiento? o Si, ____________espacios o No 20. ¿Su hotel tiene un restaurante? o Si, con capacidad de____________ o No 21. ¿Qué comidas ofrece su hotel? o Desayunos o Almuerzos o Cenas o A la carta 22. ¿Qué tipo de cocina se especializa en su restaurante? o Local o Regional o Nacional o Internacional 23. ¿Es el restaurante exclusivamente para los huéspedes del hotel? o Si o No

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Anhang 24. ¿Sus huespedes tienen libre acceso a agua purificada para beber? o Si o No 25. ¿Cómo califica su hotel? Muy bien

bien

neutral

malo ☹

Muy malo ☹☹

Aceptación del hotel en la población Promocion de la región Conocimiento del hotel a nivel nacional Sostenibilidad Conocimiento del hotel a nivel internacional Uso de productos locales/regionales Practicas ecologicas Reciclaje de basura Promoción de la cultura regional Uso de materiales ecologicos para la construccion Accesibilidad en transporte público Accesibilidad en coche Ubicación en rutas de senderismo Oferta adicional en el hotel Accesibilidad para discapacidados Seguridad del hotel Seguridad del pueblo Amabilidad Limpieza Aceptacion por extranjeros de su hotel

26. ¿Que quiere mejorar en su hotel? En cuanto tiempo? _________________________________________________________ III. Datos sobre los empleados 27. ¿Cuántos empleados/empleados permanentes tiene su hotel? _______/_________personas 28. ¿Emplea trabajadores estacionales? o si, en total____________personas o no 29. ¿Emplea voluntarios? o si, en total____________personas o No 30. ¿Emplea personal calificado (con una educación turística)? o si, en total____________personas o No 31. ¿De dónde vienen sus empleados? o Todos del pueblo o Del resto del Ecuador, menciona cuantos de cada lugar________________________ o De diferentes paises, menciona cuantos de cada país:__________________________

231

Anhang 32. ¿Cuántos hombres y cuántas mujeres emplea? o ____hombres o ____mujeres IV. Datos sobre condiciones de trabajo: 33. ¿Cuántas horas trabajan los empleados por día? ________________ 34. ¿Cuánto dura el descanso? ________________ 35. ¿Cuántas horas trabajan los empleados cada semana? ________________ 36. ¿Cuántos días de vacaciones se conceden por año? ________________ 37. ¿Los empleados reciben beneficios? o Si, los siguientes: o Tarifas especiales para familiares o Reparto porcentual de ganancias o Gratificación o Días libres extras por cumplimiento de metas o Bono de transporte o hospedaje o Otros: ____________ o no 38. ¿Cuál es el valor de su rol de pagos anual (bruto)? _______________________US$ 39. ¿Cuál es el valor anual de todos los gastos del IESS? _____________________US$ 40. ¿Cuánto invierte anualmente en capacitación? ___________________________US$ 41. ¿Cuál es la suma de los gastos de todos sus empleados cada año para gastos adicionales como uniformes o alimentacion?_____________US$ 42. ¿Ofrecen a sus empleados la oportunidad de continuar su educación/de capacitaciones? o Si, las siguientes________ o No V. Datos sobre el consumo de productos 43. ¿Cuál es el gasto en productos e insumos por mes? _________________________ 44. ¿De dónde provienen sus productos e insumos? o Local____________% o Regional_________% o Quito____________% o Nacional_________% o Internacional_________% 45. ¿Dónde se producen los productos e insumos que compra? o Local____________% o Regional_________% o Quito____________% o Nacional_________% o Internacional_________% 46. ¿Qué grupos de productos e insumos compra localmente? Favor enumerar ________________________________________________________________ 47. Que grupos de productos e insumos compra por el sector? Favor enumerar________________________________________________________________

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Anhang 48. Que grupos de productos e insumos compra regionalmente? Favor enumerar________________________________________________________________ 49. Que grupos de productos e insumos compra nacionalmente? Favor enumerar________________________________________________________________ 50. ¿Qué grupos de productos e insumos compra internacionalmente? Favor enumerar________________________________________________________________ 51. Que le resulta dificil conseguir localmente?__________________________________ VI. Datos sobre consumo y oferta de servicios 52. ¿Qué servicios brinda su establecimiento? o Musica en vivo o Programa de animación o Servicio de transporte de/a aeropuerto o lavandería o otro____________ 53. ¿Qué servicios ofrece que debe comprar a otros proveedores y de dónde provienen? o Musica en vivo o programa de animación o Servicio de transporte de/a aeropuerto o lavandería o otro____________ 54. ¿Cuál es el gasto en servicios basicos y extras mensualmente? _______________US$ VII. Datos sobre programas de excursiones ofrecidos 55. ¿Qué programas de excursión ofrecen? o Cabalgatas o Canyoning o Canopy o Rafting o Mountainbiking o Caminatas guiadas o Otros_______________ 56. ¿Como es la organización de los programas? o organización y venta a través de nosotros o organización del programa por terceros y venta en el hotel o organización y venta a través de terceros en el hotel Para la respuesta b. o c.: ¿De dónde son los proveedores? ______________ 57.

Por favor detalle sus tarifas y tiempo en las siguientes actividades o Cabalgatas________________________________________________ o Canyoning________________________________________________ o Canopy____________________________________________________ o Rafting____________________________________________________ o Mountainbiking__________________________________________ o Caminatas guiadas_______________________________________ o Otros______________________________________________________

58. ¿Cuántos programas de excursiones aproximadamente vende mensualmente? ______________________ 59. ¿Cuál es el valor de ventas en programas de excursiones propias anualmente? ________________________ US$

233

Anhang VIII. Datos sobre productos que venden al tourista 60. ¿Vende productos a los turistas, por ejemplo artesanias, recuerdos, etc? o si, los siguientes: o recuerdos o comida o textiles o productos cosméticos o Otros:______________________ o no 61. ¿Donde se producen los productos que ofrece? o En el pueblo o En la region, hecho en__________ o En Ecuador 62. ¿Dónde vende los productos? o En el hotel en la recepción o En una tienda privada en el hotel o Venta en la tienda del hotel por parte de proveedores externos o Oferta de vendedores callejeros o Otro_____________ IX. Datos sobre apoyo programas sociales, culturales o ecológicos 63. ¿Apoya a algun proyecto? o Si o No 64. ¿Que tipo de proyecto apoya? o Social o Cultural o Ecologico 65. Nombre del proyecto (incluido web.)____________________________________________ 66. ¿De que forma apoya al proyecto? o economicamente o con trabajo o con donaciones de materiales o Otro_________________ X. Objetivos a futuro 67. ¿Que desea para el futuro del poblado? Como quiere que se desarolle el poblado? ________________________________________________________________________________________ 68. ¿Que tipo de colaboracion necesitaria de su competencia para lograr objetivos conjuntos? ________________________________________________________________________________________ 69. ¿En que tipo de objetivos se enmarcaria la colaboracion? ________________________________________________________________________________________ 70. ¿Que tipo de ayuda espera/desea tener de las autoridades? ________________________________________________________________________________________

234

Anhang

II.

Fragebogen Agenturen Dipl. Geogr. Astrid Keller | Schützenbahn 70 | 45127 Essen Alemania | Tel. +49/201/183-4332 | Cel. 098 309 2795 [email protected]

Estimados, Por favor tómese entre 15 a 20 minutos para responder las siguientes preguntas. Su información es anónima y será tratada de forma confidencial. Nuestro objetivo es obtener informacion sobre turismo en Ecuador y sus efectos en regiones específicas para de esta forma elaborar un estudio turistico sostenible que puede ser implementado en la zona; como parte de un proyecto para la Universidad de Duisburg-Essen en Alemania. Por favor responda las preguntas de la forma más precisa posible. Si no puede responder una pregunta, omítala; apreciamos mucho nos proporcione la mayor cantidad de informacion posible. ¡Gracias por su ayuda! 1.

Nombre del establecimiento _________________________________________________________

2.

Dirección del establecimiento _______________________________________________________

3.

Telefono, web/correo electronico__________________________________________________

4.

Persona de contacto incl. correo electronico________________________________________

5.

Nacionalidad de los propietarios del establecimiento? o Ecuatoriano, de que ciudad?_______________________ o Extranjero, de que pais?____________________________

6.

Desde que año funciona su establecimiento? __________________

7.

¿Cuál fue su numero de clientes en los últimos años? 2017: ____________ 2016:____________

8.

Cuantos dias cierra su establecimiento por año? _____________

9.

¿Realiza registro de clientes? o Si, solicito los siguientes datos ___________________________________________ o No

10. ¿De dónde vienen sus huespedes principalmente? o o

Ecuador Otros:

o Espania

o Alemania

o Canada

o EE.UU.

o China

11. ¿Qué volumen de ventas registra su establecimiento anualmente? _____________________US$ 12. Opera para otros ciudaded en Ecuador? o Si, cuales?_________________________ o No 13. ¿Que quiere mejorar en su establecimiento? En cuanto tiempo?________________________________________

235

Anhang 14. ¿Cómo califica su establecimiento? muy bien

bien

neutral

malo ☹

muy malo ☹☹

Aceptación del establecimiento en la población Promocion de la región en su establecimiento Conocimiento del establecimiento a nivel nacional Conocimiento del establecimiento a nivel internacional Sostenibilidad Practicas ecologicas Reciclaje de basura Promoción de la cultura regional Uso de materiales ecologicos para la construccion Ubicación en rutas de senderismo Accesibilidad para discapacidados Seguridad del establecimiento Seguridad del pueblo Aceptacion por extranjeros de su establecimiento

15. ¿Cuántos empleados/empleados permanentes tiene su establecimiento? _______/_________personas 16. Hay personal que habla Inglés? o Si, en total ____________personas o No 17. ¿Emplea trabajadores estacionales? o si, en total____________personas o no 18. ¿Emplea voluntarios? o si, en total____________personas o No 19. ¿Emplea personal calificado (con una educación turística)? o si, en total____________personas o No 20. ¿De dónde vienen sus empleados? o Todos del pueblo o Del resto del Ecuador, menciona cuantos de cada lugar_______________________ o De diferentes paises, menciona cuantos de cada país__________________________ 21. ¿Cuántos hombres y cuántas mujeres emplea? o

____hombres

o ____mujeres

22. ¿Cuántos días de vacaciones se conceden por año? _____________________ 23. ¿Cuál es el valor de su rol de pagos anual (bruto)? _______________________US$ 24. ¿Cuál es el valor anual de todos los gastos del IESS? _____________________US$ 25. ¿Cuánto invierte anualmente en capacitación? ___________________________US$

236

n/a

Anhang 26. ¿Ofrecen a sus empleados la oportunidad de continuar su educación/de capacitaciones? o Si, las siguientes________ o No 27. ¿Los empleados reciben beneficios? o Si, los siguientes: o Tarifas especiales para familiares o Reparto porcentual de ganancias o Gratificación o Días libres extras por cumplimiento de metas o Bono de transporte o Otros: ____________ o no 28. ¿Cuál es el gasto en productos e insumos por mes? _________________________ 29. ¿De dónde provienen sus productos e insumos? o Local____________% o Regional_________% o Quito____________% o Nacional_________% o Internacional_________% 30. ¿Dónde se producen los productos e insumos que compra? o Local____________% o Regional_________% o Quito____________% o Nacional_________% o Internacional_________% 31. Que le resulta dificil conseguir localmente?______________________________________________________________________ 32. ¿Qué programas de excursión ofrecen? o Observacion de aves o Caminatas guiadas o Alguiler de cuadrones

o Canyoning

o Canopy

o Rafting

o Tubing

o Cabalgatas

o Mountainbiking

o Concierto de o La Tarabita Ranas Otros: ____________________________________________________________

33. Mencione los tres programas, que mas se venden:_____________/___________________/_____________________ 34. ¿Como realizan el transporte para los tours? o Transporte privado exclusivamente para la agencia o Transporte privado compartido con otras agencias o Transporte individual de cada cliente o Otro___________________________ 35. ¿Cuántos programas de excursiones aproximadamente vende mensualmente? ______________ 36. ¿Cuál es el valor de ventas en programas de excursiones propias anualmente?__________ US$ 37. Realiza incuestas de calidad despues de las programas de excursiones? o Si, se enfoca en las siguentes temas_________________________________________ o No 38. Contratan guias nativos para las programas de excursiones? o Si, solamente nativos o No, tambien una percentaje de _________% de guias de otros lugares 39. Donde se capacitan sus guias? ___________________________________________________ 40. Que tipo de información sobre Mindo dan al turista? ______________________

237

Anhang 41. ¿Vende productos a los turistas, por ejemplo artesanias, recuerdos, etc? o Si, los siguientes: o recuerdos

o

comida

o textiles

o libros

o productos cosméticos

o postales

Otros:_______

o No 42. ¿Donde se producen los productos que ofrece? o En el pueblo o En la region, hecho en__________ o En Ecuador 43. ¿En caso que ofrescan box lunch quien y de donde es el proveedor? _____________________ 44. ¿Apoya a algun proyecto? (Si no sigue con pregunta 48) o Si o No 45. ¿Que tipo de proyecto apoya? o Social o Cultural o Ecologico 46. Nombre del proyecto (incluido web.) _______________________________________________ 47. ¿De que forma apoya al proyecto? o economicamente o con trabajo o con donaciones de materiales o Otro_________________ 48. ¿Que desea para el futuro del poblado? Como quiere que se desarolle el poblado? _______________________________________________ 49. ¿Que tipo de colaboracion necesitaria de su competencia para lograr objetivos conjuntos? _______________________________________________ 50. ¿En que tipo de objetivos se enmarcaria la colaboracion? ______________________________________________ 51. ¿Que tipo de ayuda espera/desea tener de las autoridades? _______________________________________________

238

Anhang

III.

Fragebogen Touristen Dipl. Geogr. Astrid Keller | Schützenbahn 70 | 45127 Essen Germany | Tel. +49/201/183-4332 | Cel. +593/98 309 2795 [email protected]

Dear Traveler! Please take 5 – 10 minutes to answer the following questions. Your information is anonymous and will of course be treated confidentially. The aim of the survey is to gain knowledge about tourism in Ecuador and its effects on specific regions within the scope of a dissertation. The evaluation is carried out by Astrid Keller of the University of Duisburg-Essen. Please answer the questions as precisely as possible. If you cannot answer a question, please skip it. Thank you for your help! 0. Date of survey ________________________ 1.

Did you travel by land or by plane to Ecuador? o Land via ________________ o plane, arrival in ___________

2.

How long do you travel in total? ___________________

3. 4. 5.

How long are you traveling in Ecuador (in days)? ___________________ How long are you staying in Mindo (in days)? ________________________ Are you for the first time in Mindo? o Yes o No, I am here for the ___________time

6.

Which countries did you/will you visit within this journey in Latin America (multiple choices possible)?

7.

o None

o Colombia

o Peru

o Bolivia

o Brasil

o Chile

o Argentina

o Paraguay

o Uruguay

o Venezuela

o Panama

o Costa Rica

o Mexico

o Nicaragua

o Guatemala

o Other countries:

Which places will you/did you visit within Ecuador? o

Quito

o Cuenca

o Cotopaxi

o Quilotoa

o

Puerto Lopez

o Canoa

o Esmeraldas

o Otavalo

o Cuyabeno

o Yasuni

o Baños

o Galapagos o 8.

Guayaquil

o Others:

Are you travelling o organized with a travel package

o self-organized

239

Anhang 9.

When I travel I like to: fully agree +4

+3

+2

+1

I don’t know

-1

-2

-3

fully agree -4

Get in touch with the local people

Stay with people from my home country Consume products international Buy mass productions souvenirs (perfect appearance) Urban areas International food Get to know one country better Avoid to get in contact with local culture Stay in hotels with European/ US standard Avoiding bumpy unpaved roads Experience the country without beforehand information Stay in regular hotels

Consume products from Ecuador Buy Souvenirs handmade locally (even with little defects) Untouched nature Local food See more countries in one trip Experience local customs Stay in family run hotels Using highways Inform myself very well about the trip Stay in ecological run hotels Stay some nights in one place

Change every night hotel to see as much as possible Discover new places on my own

Go to places which are recommended by internet, guide books, etc.

10. How did you hear about Mindo at first? (Please just pick your main source) o Travel guide book

o Tourism information

o Radio/TV

o Magazine/Newspaper

o Internet

o Friends/known

o Travel agency in my home country

o Travel agency in Ecuador

o Others:

11. How did you inform yourself about Mindo? (Please just pick your main source) o Travel guide book

o Tourism information

o Radio/TV

o Magazine/Newspaper

o Internet

o Friends/known

o Travel agency in my home country

o Travel agency in Ecuador

o Others:

12. Why did you come to Mindo? (Multiple Choice)

240

o Nature/Animal observation

o Birdwatching

o Relaxing

o

Wellness

o Sport – which one?_________ o Trekking/Hiking o Visiting the following_____________________________

Anhang 13. How did you come to Mindo? o Public transport

o Tour bus

o Private Car

o Taxi

14. Where are you staying in Mindo?_______________________ 15. How did you book your accommodation? o Via Internet, at: ___________________

o Directly in the hotel

o Via a travel agency in

16. How important are the following criteria when you chose an accommodation?  very important

 important

 neutral

 less important

 not important

Location Cleanliness Safety Authenticity Sustainability Size of the room Quality of the social areas WIFI Pool Breakfast included Restaurant Hot water English speaking personnel Ambiance and decoration Price/Service Environmental friendliness Social engagement Cultural offer Star-categories Size/number of rooms Ranking in Internet platforms Accessibility by public transport Payment with credit card Attention of the staff

17. How would you classify your way of travelling? o Low Budget

o Middle Class

o Upper Middle Class

o High Class

o Luxury Class

18. With how many persons are you travelling? ___________________ 19. The travel partners are o Family

o Partner

o

Friends

o People known during the trip

o People of the same organized group

20. Age o 18 – 25

o 25– 35

o 35– 45

o 45– 55

o 55– 65

o

over 65

21. Highest Education? o Primary school

o Secondary school

o High school

o University of applied sciences

o University

o Others

241

Anhang 22. In which field are you working? o Self-employed/Freelance

o Higher/senior civil servant/executive

o Civil servant/employed

o Worker/skilled worker

o Pupil/student/trainee

o Housewife/housemen

o Retired

o Without work

23. How high is your budget for the whole trip within Ecuador (excluding flight)? _______________________US$ 24. Where do you live? _______________________________ City/Country 25. Gender o Male

o Female THANK YOU!

242

Anhang

IV.

Reisestern-Berechnungsgrundlage Raumüberwindungsindikator Globaler Energiekennwert Emissionswert-Reiseweg Emissionswert-Zielgebiet CO2 Reiseweg

ÖKOLOGISCHE

Ökologische Sensibilität/Regenerations- und Assimilationsvermögen Bestehende Belastungen Aufenthaltsdauer

ST KW ST KW ST KW ST KW ST KW ST KW ST KW

1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 4

2 2 2 1,5 2 1,5 2 2 2 2 2 1 2 2

3 4 3 3 3 3

4 6 4 4,5 4 4,5

ST KW ST KW ST KW ST KW ST KW ST KW

1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0

2 2 2 1 2 2 2 2 2 1 2 1

3 4 3 2 3 4 3 4 3 2 3 2

ST KW ST KW

1 0 1 0

2 5 2 1

3 10 3 2

ST KW ST KW

1 0 1 0

2 3 2 2

3 6 3 4

4 9

ST KW ST KW ST KW

1 0 1 0 1 6

2 4 2 1 2 4

3 9 3 3 3 2

4 14 4 5

5 8 5 6 5 6

6 6,5 6 6,5

3 4

3 0

Wohlstandsindikator Flächenbedarf/Bett Ölologische Sensibilität/Biodiversität Abfallaufkommen/Tourist Wasserverbrauch/Tourist Wasserhaushaltssituation Freizeitaktivitätsspektrum Arbeitsplatzindikator

ÖKONOMISCHE

Beschäftigung Saisonalität Wirtschaftlichkeitsindikator Touristische Devisen-Einnahmen Sickerrate

SOZIALE

Akkulturationsindikator Indigene Ethnien Tourismusintensität Aufenthaltsdauer

Maximale Ausprägungen der Indikatoren Ökologische Dimension:

50

Raumüberwindungsindikator

32

Wohlstandsindikator

18

Ökonomische Dimension:

25

Arbeitsplatzindikator

12

Wirtschaftlichkeitsindikator 13

Soziale Dimension:

25

Akkulturationsindikator

25

243

Geographie in der Praxis Herausgegeben von Rudolf Juchelka Bisher erschienen: Band 1: Rudolf Juchelka Standort Innenstadt – Mehrwert durch Umgestaltung (2006) Band 2: Verena Epping Übertragbarkeit der „End-of-Runway“-Logistik auf Deutschland (2009) Band 3: Wolfgang Stobbe Preispolitik und Nachfragestrukturen im großstädtischen ÖPNV (2009) Band 4: Cornelia Menzel Unternehmerische Globalisierungsstrategien und länderspezifische Stabilitätskriterien (2011) Band 5: Sandra Stein Logistikpark Binnenhafen (2012) Band 6: Julian Brenienek Logistikcluster entlang des europäischen Transportkorridors Rotterdam – Genua (2015) Band 7: Nico Flüthmann Wirkungseffekte eines neuen Donau-Containerschiffs auf das europäische Wasserstraßen- und Hafensystem – Eine Analyse aus verkehrs- und wirtschaftsgeographischer Perspektive (2017) Band 8: Jana Christine Koppe Innovative Transport on the Rhine-Alpine Corridor - An Economic Geographical Simulation and Transport Analysis of Locations, Infrastructures, and Potentials for a Smart Rail Freight Line System (2019) Anfragen zu den bisher erschienenen Bänden 1-8 können an den Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie, insbes. Verkehr und Logistik an der Universität Duisburg-Essen gerichtet werden.

GP Astrid Keller

Dipl.-Geographin Astrid Keller lebte mehrere Jahre in Ecuador und war dort in der Tourismuswirtschaft tätig. Von 2016 bis 2022 arbeitete sie am Institut für Geographie der Universität Duisburg-Essen als Wissenschaftliche Mitarbeiterin.

www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-27648-6

Geographie in der Praxis Hrsg. Rudolf Juchelka

Tourismus als Instrument nachhaltiger Entwicklung in Mindo, Ecuador

Wechselwirkungen zwischen Tourismus und Nachhaltigkeit lassen sich auch aus räumlicher Perspektive betrachten. Gerade in angewandter Ausrichtung ergeben sich in der Tourismusgeographie Bezugspunkte zur Raumgestaltung, Regionalentwicklung sowie zu räumlichen Umsetzungsstrategien in der Tourismusplanung. Dies wird in Band 9 der Reihe „Geographie in der Praxis“ aufgegriffen, indem Tourismus als Instrument nachhaltiger Entwicklung am Beispiel des Dorfes Mindo in Ecuador betrachtet wird. Die Arbeit zielt neben ihrem wissenschaftlich-analytischen Gehalt auf Transferierbarkeit und Umsetzungsrelevanz in der tourismusbasierten Regionalentwicklung.

Band 9

Astrid Keller

Tourismus als Instrument nachhaltiger Entwicklung in Mindo, Ecuador Eine Analyse aus tourismusgeographischer Perspektive