Tiere - Texte - Transformationen: Kritische Perspektiven der Human-Animal Studies [1. Aufl.] 9783839428733

This volume aims to encourage subjecting post-humanist transformations to experiments both in thought and in practice. I

289 9 5MB

German Pages 390 Year 2015

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Tiere - Texte - Transformationen: Kritische Perspektiven der Human-Animal Studies [1. Aufl.]
 9783839428733

Table of contents :
Leere Seite

Citation preview

Reingard Spannring, Reinhard Heuberger, Gabriela Kompatscher, Andreas Oberprantacher, Karin Schachinger, Alejandro Boucabeille (Hg.) Tiere, Texte, Transformationen

Human-Animal Studies

Reingard Spannring Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck Reinhard Heuberger Institut für Anglistik, Universität Innsbruck Gabriela Kompatscher Institut für Sprachen und Literaturen, Universität Innsbruck Andreas Oberprantacher Institut für Philosophie, Universität Innsbruck Karin Schachinger Projektmitarbeiterin an der Universität Innsbruck Alejandro Boucabeille Dissertant am Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck

Reingard Spannring, Reinhard Heuberger, Gabriela Kompatscher, Andreas Oberprantacher, Karin Schachinger, Alejandro Boucabeille (Hg.)

Tiere, Texte, Transformationen Kritische Perspektiven der Human-Animal Studies

Diese Publikation wurde mit finanzieller Unterstützung aus den Fördermitteln des Vizerektorats für Forschung der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, des Dekanats der Bildungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck sowie der Landesregierungen Tirol und Vorarlberg gedruckt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2015 transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Gabriela Kompatscher, »Chamuel e Rana« Printed in Germany Print-ISBN 978-3-8376-2873-9 PDF-ISBN978-3-8394-2873-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhalt

Tiere – Texte – Transformationen Das Mensch-Tier-Verhältnis im Wandel

Reingard Spannring/Reinhard Heuberger/Gabriela Kompatscher/ Karin Schachinger/Andreas Oberprantacher | 9 Das Paradies der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde – besonders wenn man Mongole ist Eine Tier-Mensch-Beziehung im Spiegel vormoderner Textzeugnisse

Johannes Gießauf | 23 Care of Animals in Ancient Mesopotamia

Helena Isola | 41 Ein pulverisierter Penis für die Potenz, eine Kralle fürs Glück Ein historischer Abriss zum Wildtierhandel

Andrea Penz | 51 Marx Fugger’s Von der Gestüterey Horses, Humanism, and Posthumanism in Early Modern Augsburg

Pia F. Cuneo | 69 Doing Their Master’s Bidding Domesticated Animals in Kukryniksy’s Pravda Political Cartoons

Reeta Kangas | 85 Interspecies Mothering in der zeitgenössischen Kunst

Jessica Ullrich | 111 Musik für das zoon politikon: Zur Wirkungsgeschichte des menschlichen Musizierens für nichtmenschliche Zuhörer

Martin Ullrich | 135 Heideggers Anthropozentrismus: Methodologische Überlegungen

Andreas Beinsteiner | 141

Tierbezeichnungen als abwertende Personenbezeichnungen Ein Vergleich zwischen den Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch

Marlene Mussner | 157 Language Creates Relations Between Humans and Animals Animal Stereotypes, Linguistic Anthropocentrism and Anthropomorphism

Alwin Fill | 179 Die ökologische Relevanz von Sprache im Umgang mit Tieren

Wilhelm Trampe | 193 Hybrid Animals and Hybridizing Representational Strategies in R. Bach’s Jonathan Livingston Seagull A Functional Grammatical Investigation

Daniela Francesca Virdis | 213 Von Amseln, Elstern und Nachtigallen Vogel-Mensch-Dialoge in Texten von Friederike Mayröcker und Michael Donhauser

Eleonore de Felip | 227 Animal as Text, Text as Animal On the “Matter” of Textuality

Rodolfo Piskorski | 245 “More Than Just Animals...” Farmer-Cow Relationships in the Aftermath of the 2001 Foot and Mouth Disease in the UK

Martin Döring/Brigitte Nerlich | 263 “We Support Circus Animals Who Kill Their Captors” Nonhuman Resistance, Animal Subjectivity, and the Politics of Democracy

Aylon A. Cohen | 277 Zu den Tieren selbst? Versuch einer systematischen Annäherung

Franz Straubinger | 297 Über die Rolle der Biologie in der Entwicklung der Mensch-Tier-Beziehung

Patrick Birkl | 317

Der Veganismus: Nicht bloß eine Entscheidung für einen Lebensstil

Gary Steiner | 329 The Neoliberalization of Nature An Ecocritical Examination of the Discourse of Wildlife Conservation

Richard J. Alexander | 339 Tierrecht(e), Aktivismusrecht, Animal Law, Legal Animal Studies und H AS Eine begriffliche Klärung unter besonderer Berücksichtigung der Analyse rechtlicher und sozialer Rahmenbedingungen von Tierrechtsaktivismus

Eberhart Theuer | 353 Informationen zu den Autor_innen | 383

Tiere – Texte – Transformationen Das Mensch-Tier-Verhältnis im Wandel R EINGARD S PANNRING / R EINHARD H EUBERGER / G ABRIELA K OMPATSCHER / K ARIN S CHACHINGER / A NDREAS O BERPRANTACHER Komme ich spät nachts von Banketten, aus wissenschaftlichen Gesellschaften, aus gemütlichem Beisammensein nach Hause, erwartet mich eine kleine halbdressierte Schimpansin, und ich lasse es mir nach Affenart bei ihr wohlgehen. Bei Tag will ich sie nicht sehen; sie hat nämlich den Irrsinn des verwirrten dressierten Tieres im Blick; das erkenne nur ich, und ich kann es nicht ertragen. FRANZ KAFKA, EIN BERICHT FÜR EINE AKADEMIE

„Kann man vom Tier (animal) sprechen?“ (Derrida 2010, 43f.) Diese geradezu trivial anmutende Frage, welche von zahlreichen wissenschaftlichen Disziplinen zumeist ohne Bedenken mit einem kategorischen „Ja!“ beantwortet, wenn nicht sogar als unsinnig abgetan wird, legt bei aufmerksamer Lektüre einen Verdacht nahe: Es könnte der Fall sein, so Derrida in seinem Vortragstext Das Tier, das ich also bin (2010), dass so etwas wie eine „gewaltige Verleugnung“ (Derrida 2010, 35) all jene Diskurse überschattet, welche im Prinzip die Auffassung miteinander teilen, man könne vom Tier (im Singular) sprechen, als ob es sich dabei um ein akademisch handhabbares, sprich: zähmbares Theorem handle. Verkannt wird in der Regel, dass es Tiere (im Plural) gibt, welche sich nicht bloß als Gegenstand der Forschung taxieren und traktieren lassen, sondern, wie Derrida pointiert argumentiert, selbst wahrzunehmen vermögen, und dementsprechend auch „den Selbstbezug einer Menschheit, die zunächst um ihr Eigenes besorgt und auf es eifersüchtig ist“ (ibid.), gehörig verstören. Verstörend ist die mannigfaltige Pluralität des tierlichen Lebens insofern, als sie nicht auf einen leblosen gemeinsamen Nenner gebracht werden

10 | S PANNRING , H EUBERGER , K OMPATSCHER , S CHACHINGER , O BERPRANTACHER

kann und somit die selbst-referentielle, um nicht zu sagen: selbst-gefällige Institution des Menschen als Menschen als unbegründet entblößt. Im Sinne dieses kritischen Vorbehaltes, mit dem sich Derrida wiederholt befasst, indem er u.a. schreibt, dass es vielleicht darauf ankommen würde, das „Tier“ nicht bloß als Tier (franz. animal), sondern auch als animot zu begreifen, d.h. als „ein chimärisches Wort“ bzw. als ein ungeheuerliches „TierWort“ (Derrida 2010, 71), welches – in einem Wort – eine Unmenge von tierlichen Differenzen unhörbar zusammenfasst und nivelliert, stellt sich also die Frage, wie denn von Tieren eigentlich anders (vorsichtiger und nachsichtiger) die Rede sein könnte. Ohne eine definitive Antwort geben zu wollen, stellt sich dieser Band insofern dieser Frage, als er an der Schwelle zwischen wissenschaftlichen Positionen und persönlichen Haltungen eine Vielzahl von Texten präsentiert, welche jeweils mit der verführerischen Vorstellung brechen, man könne vom Menschen einerseits und vom Tier andererseits sprechen. Anders gesagt, das verbindende Anliegen dieser Publikation besteht immer wieder darin, unter Berücksichtigung diverser Situationen darauf aufmerksam zu machen, dass es häufig bedenkliche Verallgemeinerungen sind, welche das TierMensch-Verhältnis bestimmen, und zugleich einige Beiträge zu ihrer konsequenten Transformation zu leisten. Aus dieser Perspektive stellt der vorliegende Band aktuelle Forschungen zum TierMensch-Verhältnis aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen vor, die einerseits auf die historischen, sprachlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Rahmungen dieses Verhältnisses, andererseits aber auch auf die Veränderungsprozesse und -potentiale, die in der Kritik und der Dekonstruktion dieses Verhältnisses liegen, hinweisen. Das Buch ist in den Dreischritt Tiere – Texte – Transformationen gegliedert. Im Abschnitt Tiere geht es um konkrete Beispiele für das Tier-Mensch-Verhältnis aus der Geschichte sowie der zeitgenössischen Kunst und Wissenschaft. Der Abschnitt Texte beschäftigt sich mit der Analyse literarischer und philosophischer Texte sowie linguistischer Forschung, und der Abschnitt Transformationen diskutiert die beobachtbaren und potentiellen sozialen, wissenschaftlichen und ökonomischen Veränderungen im Verhältnis zwischen Mensch und Tier.

T IERE Die Tier-Mensch-Dichotomie ist kein universelles Phänomen, noch wird ihr universell zugestimmt. Anthropologische und historische Forschungen zeigen, dass viele Kulturen nichtmenschliche Tiere als Mitglieder ihres Clans, Vorfahren, eigenständige Völker oder als Vermittler zwischen dem Heiligen und dem Profanen sahen

T IERE – T EXTE - TRANSFORMATIONEN

| 11

bzw. sehen. Im Animismus sind nichtmenschliche Tiere mit einem Geist ausgestattet. In manchen Kulturen können Menschen und Tiere in anderen Spezies reinkarnieren. Viele Gesellschaften entstanden durch Tiere als Schöpferfiguren. Gottheiten zeigten bzw. zeigen sich in Form von Tieren oder als Tier-Mensch-Hybriden. Schließlich können sich Schamanen und Hexen in Tiere verwandeln. Die absolute Trennung von menschlichen und nichtmenschlichen Tieren scheint durch den Prozess der Domestikation von nichtmenschlichen Tieren entstanden zu sein. Während Sammler- und Jägergesellschaften wie auch Hirtenvölker auf eine sehr enge Beziehung zu Natur und Tieren angewiesen sind, stellt die Domestikation und Zucht von Tieren und Pflanzen eine Intervention dar. Domestikation bedeutet nicht einfach nur die Zähmung von nichtmenschlichen wilden Tieren, sondern deren Haltung für einen bestimmten Zweck, die Abhängigkeit von der Fürsorge vom Menschen, die menschliche Kontrolle über ihre Fortpflanzung und die Entwicklung genetischer Eigenschaften, die in der Wildnis nicht vorkommen. Somit entstand mit dem Aufkommen der Landwirtschaft eine neue Beziehung zu den nichtmenschlichen Tieren. Nach dem Hund wurden im Neolithikum „Nutztiere“ domestiziert: Ziegen, Schafe, Schweine und Kühe (11000-7000 v. Chr.) sowie Pferde (3600 v. Chr.). Der Prozess der Domestikation war wohl das Resultat einer natürlichen und kulturellen Evolution, gekennzeichnet durch Annäherung und Anpassung der nichtmenschlichen Tiere an die Menschen wie auch durch Adaption der Menschen an die nichtmenschlichen Tiere und deren Eingliederung in die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen. Die beiden ersten Beiträge in diesem Sammelband legen Zeugnis sehr früher Tier-Mensch-Beziehungen ab: Zum einen geht es um die Pferde der Mongolen, zum anderen um die Nutztiere der Mesopotamier. Der Beitrag von Johannes Giessauf gibt einen Einblick in das historische Beziehungsgeflecht von Mensch und Pferd im eurasischen Steppenraum aus zwei sehr unterschiedlichen Perspektiven. Zum einen kommen autochthone Quellen steppennomadischer Provenienz zur (menschlichen) Eigenwahrnehmung dieser Beziehungsvielfalt zu Wort, zum anderen werden Perzeptionen und Interpretationen aus den Federn sesshafter Beobachter_innen vorgestellt, die aus der Sicht der oft von verheerenden steppennomadischen Überfällen Heimgesuchten im Laufe der Jahrhunderte ein ganz spezifisches Repertoire an Beschreibungsmustern für ein für sie unverständliches Zusammenspiel von Mensch und Tier entwickelt haben. Die Texte in Keilschrift aus dem alten Mesopotamien gehören zu den frühesten geschriebenen Quellen, die ein Licht auf die Tier-Mensch-Beziehungen in der Geschichte werfen. Der Beitrag von Helena Isola dokumentiert die Zeugnisse medizinischer Behandlung und Fürsorge für Tiere und des Wertes der Tiere für die Gesellschaft. Veterinärmedizin als Beruf war in Mesopotamien schon um 2500 v. Chr. bekannt und der Codex Hammurapi (ca. 1750 v. Chr.) enthält Bestimmungen zu chirurgischen Eingriffen bei Ochsen und Eseln durch einen Tierarzt. Andere Gesetze beziehen sich auf Verletzungen, die gemieteten Tieren im Zuge der Feldarbeit zugefügt oder

12 | S PANNRING , H EUBERGER , K OMPATSCHER , S CHACHINGER , O BERPRANTACHER

von Tieren verursacht wurden. Daneben sind Rezeptsammlungen erhalten sowie Briefe, in denen die Rolle der Tiere im Alltagsleben zum Ausdruck kommt. Der Umgang mit Tieren als Ausdruck des Balanceaktes zwischen tierlichem Wohlergehen und menschlicher Nutzung ist somit eine Frage, die nicht nur die heutige Gesellschaft beschäftigt, sondern schon eine sehr lange Geschichte hat. In der westlichen Kultur wurde die Trennung zwischen Mensch und Tier durch die Philosophie der griechischen Antike und die biblische Schöpfungsgeschichte verstärkt und durch die Renaissance und Aufklärung bis heute aufrechterhalten. An Aristoteles (4. Jh. v. Chr.) und Thomas von Aquin im 13. Jahrhundert anknüpfend wurde Natur als eine Gewalt angesehen, die unterworfen werden musste. Tiere waren grundlegend anders und dem Menschen unterworfen. Auch wenn heute nichtmenschliche Tiere als fühlende Wesen anerkannt werden, so bleibt doch deren Nutzung weiterhin im Vordergrund. Neben dem Gebrauch von Tieren als Lieferanten für Fleisch, Milch, Wolle und Pelz, als Last- und Zugtiere, sowie Experimentierund Forschungsobjekte sind nichtmenschliche Tiere seit jeher auch für Unterhaltung und Sport genutzt worden. Die Freude an der Ästhetik der nichtmenschlichen Tiere drückt sich heute in der Popularität von Zoos und Aquarien, ökotouristischen Unternehmungen wie Walbeobachtungen und Safaris sowie Natur- und Tierfilmen aus. Das Ausstellen und Darbieten von nichtmenschlichen Tieren gibt jedoch auch die Möglichkeit, den gesellschaftlichen Status der Tierhalter_innen bzw. – insbesondere historisch gesehen – den Reichtum des Imperiums zu demonstrieren, sowie die eigene Fähigkeit der Beherrschung des Tiers. Zwei weitere historische Arbeiten des vorliegenden Sammelbandes beschäftigen sich in diesem Kontext mit zwei unterschiedlichen Phänomenen: der Geschichte des Tierhandels einerseits und der Pferdezucht im 16. Jahrhundert. Der illegale Handel mit wildlebenden Tieren zählt gegenwärtig, neben Menschenhandel, dem Handel mit illegalen Drogen und dem Waffenhandel zu den weltweit lukrativsten Geschäften. Dieses mittlerweile als Umweltverbrechen definierte globale Geschäft ist kein Phänomen des 20. Jahrhunderts. Andrea Penz zeigt in ihrem historischen Beitrag auf, wie schon von der Frühen Neuzeit bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts exotische Tiere und Tierprodukte, anfangs häufig im Auftrag herrschaftlicher Häuser und Familien, später im 19. Jahrhundert von professionellen Tierhändlern organisiert, Schiffsbäuche, Angebotslisten, Tiergärten und Wohnzimmer füllten. Sie geht dabei der Frage nach, inwiefern Tiererwerb und Tierhandel über die thematisierte Zeitspanne Veränderung erfahren haben, und welche historischen und aktuellen Beweggründe hinter dieser ausbeuterischen Tier-MenschBeziehung stehen. Pia Cuneo beschäftigt sich mit dem hippologischen Werk „Von der Gestüterey“ des Humanisten Marx Fugger (1529-1597) und fügt damit den klassischen Studien zum Humanismus einen Text hinzu, der sich mit Pferden, ihrem Charakter

T IERE – T EXTE - TRANSFORMATIONEN

| 13

und ihrem Nutzen auf Basis klassischer Schriften von Aristoteles bis Xenophon beschäftigt. Sie zeigt, wie Fuggers Text eine Art komplexen, hybriden Humanismus entstehen lässt. Indem er die Zucht und Pflege edler Pferde diskutiert, demonstriert er auch seine eigene edle Herkunft, die mit Bildung und dem Wissen um klassische Texte einhergeht. Nicht nur durch das Reiten selbst, sondern auch durch das Schreiben über Pferde formen sich hier die Identitäten der sozio-ökonomischen und kulturellen Eliten. So macht die Analyse von Fuggers Werk nicht nur den Humanismus als intellektuelles Projekt sichtbar, sondern auch in seinen Einstellungen zu Tieren, in diesem Fall den Pferden. Gleichzeitig macht Cuneo aber auch auf die mögliche posthumanistische Lesart von Fuggers Werk aufmerksam. Indem er die grundlegenden rationalen, moralischen und emotionalen Ähnlichkeiten zwischen Mensch und Pferd hervorstreicht und seine eigene Identität mit den Pferden verwebt, löst er die strikte Grenze zwischen Mensch und Tier auf. Abgesehen von ihrem ökonomischen und sozialen Nutzen spielen nichtmenschlichen Tiere durch ihre Repräsentation und ihre Symbolik in Religion, Folklore und Kunst eine wichtige Rolle in menschlichen Kulturen. Als Symbole der Kultur helfen sie dem Menschen, seine Welt und sich zu erkennen. Wie nichtmenschliche Tiere in Bildern, Ritualen und Geschichten repräsentiert werden, ist jedoch nicht nur eine metaphorische Frage, sondern beeinflusst auch, wie Menschen mit ihnen tatsächlich umgehen. Tiere werden herangezogen, um eine Vielzahl an Merkmalen zu bezeichnen, die wir in uns finden oder auf andere projizieren wollen, vor allem, wenn die Eigenschaften gefährlich oder fremd erscheinen. So können Tiere lüstern, hinterlistig, mörderisch oder promiskuitiv sein, aber natürlich auch positive Qualitäten wie Liebe, Altruismus und Opferbereitschaft versinnbildlichen. Durch die Ambiguität zwischen Ähnlichkeit mit dem und Differenz zum Menschen erlaubt die Tiersymbolik Menschen zu bestialisieren und Tiere zu vermenschlichen. Darüber hinaus eignen sich Tiersymbole hervorragend dafür, soziale Klassifizierungen und Stratifikation auszudrücken. In diesem Sinne geht Reeta Kangas Beitrag am Beispiel des Karikaturistentrios Kukryniksy der Frage nach, mit welchen Assoziationen aus dem Tierbereich die sowjetische Propaganda in den Jahren von 1965 bis 1982 operierte, um politische Feinde darzustellen, und was man daraus auf die vorherrschenden Vorstellungen von Tieren und Mensch-Tier-Verhältnissen schließen kann. Domestizierte Tiere wurden in den politischen Cartoons dem Status, in den sie gezwungen wurden (und werden), entsprechend als Lebewesen dargestellt, die man sich dienstbar gemacht hatte und die man ausbeuten konnte. Wie in der Literatur kann sich auch in der Kunst eine Rückkopplung ergeben: Das Bild, das man von den Tieren entwirft und auf den Feind projiziert, verstärkt seinerseits die Einstellung der Rezipient_innen bezüglich der realen Tiere.

14 | S PANNRING , H EUBERGER , K OMPATSCHER , S CHACHINGER , O BERPRANTACHER

Bilder von Tieren sind in den frühesten menschlichen Kunstwerken, den Höhlenmalereien des Paläolithikums, zu finden. Vor 30.000 Jahren wurden mehr Tiere als Menschen abgebildet, vor allem die großen Arten, die als Raubtiere und Beutetiere eine wichtige Rolle spielten. Mit der Entstehung der Landwirtschaft ersetzten domestizierte Tiere die wilden Tiere. Sie wurden auf Schmuck, Grabsteinen, Tempeln, Töpfen und Musikinstrumenten abgebildet. Im Mittelalter zierten Tierbilder die Bibel und andere religiöse Texte. In der Renaissance wurden Tiere zunehmend naturalistisch abgebildet, wie beispielsweise der berühmte Hase von Albrecht Dürer. In der modernen Kunst erscheinen Tiere in einer ganz anderen Art und Weise. So gibt es einige tierethisch orientierte Künstler_innen, die mit Fleisch oder Körperteilen von Tieren auf die Heuchelei der Gesellschaft in Bezug auf Tierproduktion und –konsum aufmerksam machen wollen, oder mit Malerei und Photographie das Leid der Tiere sichtbar bzw. die Tier-Mensch-Dichotomie in Frage stellen wollen (DeMello, 2012). Damit wird immer auch die Frage aufgeworfen, wer und was wir Menschen sind. Zwei Beiträge in diesem Band zu „interspecies mothering“ bzw. „interspecies music“ bieten konkrete Beispiele für diese kritische Art von Kunst an. Jessica Ullrich befasst sich mit „Interspecies Mothering in der zeitgenössischen Kunst“. Vor dem Hintergrund der Care-Ethik untersucht sie, inspiriert durch die feministische Tierethik, künstlerische Inszenierungen, in denen Mutterschaftsstereotype hinterfragt und mitunter konterkariert werden, indem Künstler_innen sich z.B. als Adoptiveltern von nicht-menschlichen Tieren darstellen, die zu diesem Zweck instrumentalisiert werden. Letzteres zieht freilich ethische Fragen nach sich. Wird etwa transartliches Stillen dargestellt, wirkt dies in unserer Gesellschaft in besonderer Weise skandalisierend (noch mehr, wenn es Assoziationen zur Virgo lactans und zur Pietà darstellt), unterwandert es doch die Mensch-Tier-Grenze. Martin Ullrich untersucht in seinem Artikel „Musik für das zoon politikon: Zur Wirkungsgeschichte des menschlichen Musizierens für nichtmenschliche Zuhörer“ u.a. die Politisierung von Musik. Bereits antike Autoren warfen dazu die Frage auf, ob diese Dimension der Musik auch andere Spezies erreiche. In der Frühen Neuzeit etwa erhielten Vögel „Musikunterricht“, ein Akt der Unterwerfung im Rahmen struktureller Gewalt. Umgekehrt wurden Tiere auch in die Rolle von Rezipient_innen gebracht, um die Macht der Musik auch auf nichtmenschliche Zuhörer_innen nachzuweisen. Ein gänzlich anderes Konzept liegt zeitgenössischer „Interspecies Music“ zugrunde: Die Aufhebung der Trennung zwischen Musizierenden und Hörenden kann auch zur Auflösung der vorherrschenden Anthropozentrik beitragen.

T IERE – T EXTE - TRANSFORMATIONEN

| 15

T EXTE Sprache war und ist ein grundlegendes Unterscheidungsmerkmal zwischen Tier und Mensch. Auch für Anthropolog_innen und Linguist_innen war lange Zeit der Gebrauch einer symbolischen Sprache mit abstrakten Konzepten das Alleinstellungsmerkmal schlechthin. Es wurde angenommen, dass die menschliche Sprache lange nach der evolutionären Trennung von den engsten Verwandten der Menschen entstand und somit nichts mit den Vokalisierungen und der Körpersprache der nichtmenschlichen Tiere zu tun hat. Demgegenüber hat die Forschung zu Tiersprachen gezeigt, dass einige Spezies (und Individuen, wie beispielsweise die Papageien Alex und N’Kisi, der Border Collie Rico, und die Bonobos Kanzi, Panbisha und Nyota) sehr ausdifferenzierte Kommunikationssysteme haben, die die Möglichkeit von Kreativität und Produktivität (Erfindung neuer Wörter für neue Phänomene), Dislozierung (über etwas sprechen, das nicht präsent ist), Täuschung und kulturelle Transmission beinhalten (DeMello, 2012: 365-370). Die Linguisten George Lakoff und Mark Johnson (2004) wiederum haben demonstriert, wie stark menschliche Sprache von unseren körperlichen Erfahrungen geprägt ist. Nichtsdestotrotz hält sich hartnäckig die schon von Aristoteles aufgestellte Behauptung, nichtmenschliche Tiere hätten keine Sprache und damit auch keine ethische Existenz. In diesem Zusammenhang befasst sich Andreas Beinsteiner mit der Frage, wie genau es zu verstehen ist, wenn Heidegger den Menschen als weltbildend, geschichtlich und sprachbegabt vom weltarmen, ungeschichtlichen und sprachlosen Tier abgrenzt. Diese scharfe Abgrenzung ist vielfach kritisiert worden; neuere Diskussionen fokussieren meist die Frage, ob Heideggers Denken unweigerlich einem metaphysischen Anthropozentrismus verhaftet bleibe oder doch auch Möglichkeiten eines nicht-anthropozentristischen, posthumanistischen Denkens in Relationen eröffne. Beinsteiner argumentiert wiederum, dass gerade Heideggers vielfach als anthropozentristisch kritisierte Bestimmung des Menschen als „Ort der Lichtung des Seins“ sich für die Human-Animal Studies als produktiv erweisen könnte, insofern sie methodologisch konsequent die Ver-Antwortung derjenigen reflektiert, die sich sprachlich (d.h. insbesondere auch in wissenschaftlich konstituierten Gegenstandsbereichen) zu Tieren verhalten. Die drei Phänomene Tiere, Sprache und Texte stehen in einer wechselwirksamen Verbindung, indem sie samt ihren Annexen und Kontexten (Gesellschaft, Textträger, Autor_innen, Rezipient_innen etc.) einen dynamischen Wirkkreis, oder mit Bruno Latour gesprochen, ein Netzwerk, ein Kollektiv, bilden. Dieser Wirkkreis wird zuweilen unterschätzt, bietet er doch ein erstaunliches Potential, das TierMensch-Verhältnis positiv wie auch negativ zu beeinflussen. Linguist_innen gehen seit langem davon aus, dass Sprache unser Denken – und ultimativ auch unser Han-

16 | S PANNRING , H EUBERGER , K OMPATSCHER , S CHACHINGER , O BERPRANTACHER

deln – entscheidend beeinflussen kann. Sprache bildet die Wirklichkeit also nicht nur ab, sondern konstruiert diese mit. Speziell das verwendete Vokabular spielt hierbei eine wichtige Rolle, aber auch grammatikalische Konstruktionen, z.B. das Passiv, haben potentiell Auswirkungen auf unsere Wahrnehmung und Haltung. Eine alltägliche Metapher wie ‚Tierproduktion‘ suggeriert, dass Tiere Produkte sind, welche von uns hergestellt, optimiert und verbraucht werden können. Der Terminus ‚Versuchstier‘ impliziert, dass diese Tier einfach dazu da sind, von uns für Tierversuche genutzt zu werden. Und unterschiedliche Begriffe für ähnliche oder identische Konzepte, z.B. ‚essen‘ beim Menschen und ‚fressen‘ bei Tieren, schaffen eine emotionale Distanz im Mensch-Tier-Verhältnis, da die vermeintlichen Unterschiede sprachlich hervorgehoben bzw. somit erst geschaffen werden. Die Ökolinguistik beschäftigt sich bereits seit einigen Jahrzehnten mit dieser Problematik. Ziel ist – im Gegensatz zur „Political Correctness“-Bewegung – allerdings nicht ein Verbot bzw. eine komplette Vermeidung bestimmter Ausdrucksformen, sondern das Bewusstmachen dieser inhärenten und oftmals gar nicht intendierten Anthropozentrik der Sprache. So sind beispielsweise die Mehrzahl der Tierbezeichnungen, mit denen in sekundärer Verwendung auf den Menschen referiert wird, pejorativ – also abwertend – konnotiert. Marlene Mussner untersucht solche Tierbezeichnungen in drei Sprachen, nämlich Deutsch, Italienisch und Französisch. Die Autorin findet zahlreiche Gemeinsamkeiten zwischen diesen Sprachen, beispielsweise das Bild der hinterlistigen Schlange. Ebenso arbeitet Mussner jedoch auch Unterschiede heraus und demonstriert, dass viele den Tieren zugeschriebene Eigenschaften stark kulturell geprägt und variabel sind, und nicht selten nur wenig mit dem Tier selbst und seinen natürlichen Merkmalen zu tun haben. Die Arbeit von Alwin Fill verdeutlicht, dass Sprache sowohl positiv als auch negativ auf die Beziehungen zwischen Menschen und Tieren einwirken kann. Fill widmet sich ausführlich dem Phänomen der Anthropozentrik in der Sprache und erklärt typische Wirkmechanismen, beispielsweise utilitaristische Anthropozentrik, Euphemismen und Distanzierung (z.B. in der ‚Jägersprache‘). Des Weiteren diskutiert der Autor gängige Stereotypen im sprachlichen Umgang mit Tieren (in verschiedenen Kulturkreisen) und versucht, diskursive Entwicklungstendenzen in den letzten Jahrzehnten zu umreißen. Nach einem Exkurs zu anthropomorphem Sprachgebrauch (speziell in literarischen Texten) weist Fill schließlich darauf hin, dass Sprache auch ein verbindendes Element im Mensch-Tier-Verhältnis sein kann bzw. sein soll. Der ökologischen Relevanz von Sprache im Umgang mit Tieren widmet sich Wilhelm Trampe in seinem Beitrag. Aus ökolinguistischer Perspektive werden anthropogene ökologische Systeme als Kommunikationssysteme betrachtet, bei welchen das Prinzip der Wechselseitigkeit als zentrales Merkmal dient: Mensch und Mitwelt – also auch Tiere – sind wechselseitig aufeinander bezogen. Wird die ökologische

T IERE – T EXTE - TRANSFORMATIONEN

| 17

Krise auch als Kommunikationskrise im Umgang mit der natürlichen Mitwelt verstanden, so kommt dem Sprachgebrauch insgesamt eine wesentliche Rolle zu. Trampe nimmt eine Typisierung dieser Formen der Denaturierung des Sprachgebrauchs im Umgang mit Tieren vor und skizziert deren Entwicklung in den letzten Jahren. Seit Beginn der Schriftlichkeit finden Tiere Eingang in Texte, so wie sie seit Beginn der Menschheit Eingang in das Leben von Menschen finden. Texttiere werden in der Literaturwissenschaft nach wie vor in erster Linie auf Symbole, Metaphern und Projektionsflächen reduziert, selten sucht der Blick das „präliterarische“, das reale Tier, das Individuum hinter den Zeilen, das noch dazu durch kulturelle und gesellschaftliche Konstruktionen maskiert ist. Dabei reicht dessen Wirkmacht derart weit, dass es seinerseits Kultur und Gesellschaft formt und dementsprechend Literatur bei ihrer Entstehung beeinflusst. Neue theriozentrische Ansätze bieten eine Vielzahl von tiersensiblen Zugängen zu Literatur, z.B.: Schicht für Schicht die verschiedenen Filter abzulösen, die über dem literarischen Tier liegen, und dabei sichtbar zu machen, wenn Tiere einseitig bzw. speziesistisch dargestellt werden; die dargestellten Mensch-Tier-Beziehungen, u.a. in Hinblick auf ihre Entstehung, kritisch zu analysieren; und Speziesgrenzen zu überwinden und eine tierische Perspektive einzunehmen (vgl. auch Kompatscher 2015). Dabei wird auch untersucht, wie Literatur unsere Wahrnehmung von Tieren und somit auch unser Verhalten gegenüber Tieren ändern kann, und wie wir unsere Forschungsergebnisse im Sinne einer kritischpolitischen Literaturwissenschaft einsetzen können, um innerhalb des Tier-SpracheLiteratur-Kollektivs positiv zu wirken, wodurch auch wir ein Teil dieses Kollektivs werden. Daniela Francesca Virdis analysiert R. Bachs bekannte Novelle „Jonathan Livingston Seagull“ („Die Möwe Jonathan“) und kritisiert dabei u.a. die Art und Weise, wie der Protagonist – die im Titel genannte Möwe – vom Autor porträtiert wird. Wie in vielen anderen literarischen Werken auch findet bei Bach eine Anthropomorphisierung und Hybridisierung der Tiere statt. Auf die Möwen werden also typisch menschliche Verhaltensmuster und Denkweisen projiziert, und die Leser_innen wenden fast unweigerlich menschliche Maßstäbe und Standards bezüglich Denken, Fühlen und Verhalten an. Intrinsische, also dem Tier eigene, Eigenschaften werden dadurch allerdings vernachlässigt oder komplett ignoriert, wodurch das Tier nicht als eigenständiges Wesen Anerkennung findet, sondern auf menschliche Normen und Muster „reduziert“ wird. Eleonore De Felip analysiert in ihrem Artikel „Von Amseln, Elstern und Nachtigallen: Vogel-Mensch-Dialoge in Texten von Friederike Mayröcker und Michael Donhauser“ u.a. auf der Basis von Erkenntnissen aus der Umwelt-Psychologie, der Musikwissenschaft und der Philosophie lege artis die ausgewählten Texte im Sinne der Literary Animal Studies: Im Rahmen der theriozentrisch dargestellten

18 | S PANNRING , H EUBERGER , K OMPATSCHER , S CHACHINGER , O BERPRANTACHER

„nicht-invasiven“, geglückten Begegnungen und Inter-Spezies-Dialoge kann sie den Texttieren agency nachweisen, was innerhalb des Textraumes (und vielleicht auch bei den Rezipient_innen) zu einer Auflösung der anthropozentrischen Perspektive und so auch der Grenze zwischen Mensch und Tier führen kann. Rodolfo Piskorski merkt in seinem Artikel „Animal as Text, Text as Animal: On the ‚Matter’ of Textuality“ an, dass die herkömmliche Literaturwissenschaft nicht berücksichtige, dass Tiernatur (animality) und Textnatur (textuality) voneinander abhängig seien und dass ein Dualismus zwischen abstraktem Text und tierkörperlicher „Substanz“ (animal corporeal „matter“) keinem von beiden gerecht werde. So macht er sich daran, unter Anwendung der Konzepte etwa von Judith Butler (speziell „Bodies that Matter“), Timothy Morton („Ecology as Text, Text as Ecology“) und der frühen Werke von Jacques Derrida, die Interdependenz zwischen Text und Körper aufzudecken.

T RANSFORMATIONEN Während die Geschichte des Tierschutzgedankens in Europa bis zu Pythagoras zurück verfolgbar ist, sind die sozialen, politischen und wissenschaftlichen Bewegungen für die Sichtbarmachung der Tiere und die Problematisierung des Mensch-Tier Verhältnisses erst in den letzten Jahrzehnten zu einem relevanten Thema in der Öffentlichkeit geworden. Der animal turn geht davon aus, dass neben Menschen auch andere Tiere einen aktiven Geist und ein reichhaltiges emotionales Leben haben. Tierliche Subjektivität und die Möglichkeiten zu Intersubjektivität zwischen Arten machen tierliches Leben zu einer öffentlichen Angelegenheit, denn sie verweisen auf unsere moralische Pflicht, ausbeuterische Praktiken in Frage zu stellen und abzuschaffen. Sie verweisen aber letztlich auch im Sinne eines intersektionellen Ansatzes auf unseren Umgang mit anderen Menschen. Um die Stimmen der Tiere als marginalisierte und ausgebeutete Mit-Lebewesen hörbar zu machen und ihre Lebenschancen und Lebensqualität zu verbessern, bedarf es der kritischen und visionären Auseinandersetzung mit der psychologischen, kulturellen, gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Ebene der MenschTier-Beziehung sowie der wissenschaftlichen Produktion von Wissen. Tatsächlich sind entsprechende Veränderungen an den Rändern unserer westlichen Kultur, gesellschaftlicher Systeme, unseres Verhaltens und unseres Bewusstseins feststellbar, wie die Beiträge in diesem Abschnitt zeigen. Veränderungen im Bereich der menschlichen Erfahrungen, Empfindungen und Identitäten in Tier-Mensch-Beziehungen berühren Martin Döring und Brigitte Nerlich, die sich in ihrem Beitrag den Auswirkungen der verheerenden Maul- und Klauenseuche in Großbritannien von 2001 widmen. Methodisch in der kritischen

T IERE – T EXTE - TRANSFORMATIONEN

| 19

Diskursanalyse und Ökolinguistik angesiedelt, werten Döring und Nerlich 15 Interviews mit betroffenen Landwirt_innen aus und stellen fest, dass für relativ viele der finanzielle Schaden durch die Tierseuche nicht im Vordergrund steht. Beklagt wird seitens der Bäuer_innen vor allem, durch die von der britischen Regierung vorgeschriebenen Keulungen einen schweren emotionalen Verlust erlitten zu haben, welcher zuweilen mit dem Verlust eines Familienmitglieds verglichen wird. Der häufig zu hörende Vorwurf, dass Landwirt_innen Tiere als bloße Profitquelle sehen, wird zumindest in dieser Studie relativiert. Auf der wissenschaftlichen Ebene werden die philosophischen und methodologischen Grundlagen wissenschaftlichen Denkens hinterfragt und Zugänge eingefordert, welche die Stimmen der Tiere hörbar und ihre Bedürfnisse in einem komplexeren Verständnis der mehr-als-menschlichen Welt integrierbar machen. Aylon A. Cohen macht mit seinem Artikel darauf aufmerksam, dass dominante Tierrechts-Diskurse letzten Endes die historische Unterteilung von politischer Gemeinschaft in Tiere, die logos (Sprache) besitzen (Menschen), und Tiere, die phone (Stimme) haben (Nicht-Menschen), reproduzieren. Tiere werden im Allgemeinen bloß als stumme Objekte von Gewalt repräsentiert, aber nicht als Subjekte, welche zu sprechen vermögen. Im Kontext der radikaldemokratischen Positionen von Jacques Rancière und Chantal Mouffe stellt Cohen diese typische historische Unterteilung in Frage, um zugleich tierische Subjektivität und Sprache – in Erinnerung an Bruno Latours Überlegungen zu Sprechprothesen – anders zu denken, und zwar so, dass Momente tierischen Widerstands gegen Unterdrückung eventuell doch wahrnehmbar werden. Mit seinem Beitrag „Zu den Tieren selbst!“ unternimmt Franz Straubinger den Versuch einer systematischen Annäherung an die Frage, was „Tiere“ denn überhaupt sind. Zwei gegensätzliche Wirklichkeitsbegriffe bilden für ihn dabei einen problematischen Horizont, der „die Tiere selbst“ gar nicht erst zur Sprache kommen lässt: Entgegen den naturalistischen und rationalistischen Tendenzen im Wissenschaftsbetrieb plädiert Straubinger für eine irreduzible, offene Phänomenalität. Wie er in seiner Erörterung argumentiert, könnte es in einer Welt, in der Tiere „weltarm“, wenn nicht geradezu weltlos gemacht werden, darauf ankommen, die sie konstituierenden Selbstverständlichkeiten gegen den Strich zu lesen. Eine solche phänomenologische Dekonstruktion verbindet den Versuch, Tiere anders denken zu lernen mit der Möglichkeit, sie auch anders wahrzunehmen. Patrick Birkl schreibt über die Rolle der Biowissenschaften für die Veränderungen der Tier-Mensch-Beziehungen. Er macht geltend, dass eine biologischzoologische Betrachtungsweise den Menschen in das Tierreich einordnet und damit religiöse und philosophische Ansichten in Frage stellt. Ethologische Studien entlarven Alltagsüberzeugungen, z.B. von der Dummheit des Huhns oder Schweins, und die kulturellen Praktiken, die aufgrund solcher sozialer Konstruktionen getroffen werden, als widersprüchlich und unmoralisch. Gleichwohl ist der Wissenschaftsbe-

20 | S PANNRING , H EUBERGER , K OMPATSCHER , S CHACHINGER , O BERPRANTACHER

trieb selbst eine soziale Praxis, die gewissen Logiken folgt und in ökonomische Zwänge eingebettet ist. Dadurch werden auch hier häufig ausbeuterische TierMensch-Verhältnisse eher stabilisiert als verändert. Auf der Ebene der praktischen Ethik entwickelt Gary Steiner eine Argumentation für den Veganismus. Damit sind Entscheidungen für oder gegen karnivore Ernährung und den Konsum von „Tierprodukten“ nicht bloß Entscheidungen für einen Lebensstil. Während für die meisten Menschen außer Frage steht, dass der Mensch das Recht hat, Tiere als bloße Mittel zum Zweck zu benutzen, betont Steiner, dass nichtmenschliche Tiere und Menschen gleichermaßen einen inhärenten Wert haben sowie Verletzlichkeit und Sterblichkeit, und somit moralische Achtung verdienen. Dass die gesellschaftspolitischen Veränderungen, die sich mit dem animal turn zaghaft andeuten, keine eindimensionalen, linearen Prozesse sein können, sondern sich in den Welterfahrungen und -anschauungen unterschiedlicher Gruppen, Systeme und Institutionen auf vielfältige Art und Weise brechen und unter den ökonomischen und politischen Macht- und Herrschaftsbedingungen ausdifferenzieren, zeigen die beiden letzten Beiträge. Richard Alexanders Artikel lässt sich methodisch der Ökolinguistik zuordnen und untersucht die Rolle der Sprache im Mensch-Tier-Verhältnis. Alexander diskutiert verschiedene sprachliche Mechanismen, die hierbei eine Rolle spielen, beispielsweise Metaphern oder das sogenannte „Greenwashing“ (eine kritische Bezeichnung für PR-Methoden, welche darauf zielen, einem Unternehmen in der öffentlichen Wahrnehmung ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen). Der Autor macht deutlich, dass verschiedene Organisationen (auch Tierschutzorganisationen wie Fauna & Flora International) sich solcher Mittel bedienen, um ihre Botschaften erfolgreich zu verbreiten. So werden beispielsweise positiv-assoziierte Termini (sogenannte „purr-words“) gezielt eingesetzt, um das Meinungsbild zu beeinflussen. Im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung mit den Begriffen HumanAnimal Studies, Tierrecht(e), Aktivismusrecht, Animal Law und Legal Animal Studies plädiert Eberhart Theuers Beitrag dafür, die Untersuchung rechtlicher Rahmenbedingungen von Tierrechts- bzw. Tierschutzaktivismus als Forschungsbereiche der Human-Animal Studies zu verstehen. Dazu gehören die Erforschung von Rahmenbedingungen von Tierschutz- bzw. Tierrechtsaktivismus schlechthin (also beispielsweise auch rechtliche, politische und ökonomische Rahmenbedingungen), die helfen, den Stellenwert und die Möglichkeiten der Tierrechts- und Tierschutzbewegung abzuschätzen. Damit werden auch die Entfaltungsmöglichkeiten jener Bewegung unterstützt, die unmittelbar auf eine mehr oder weniger fundamentale Änderung des Mensch-Tier-Verhältnisses in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht abzielt.

T IERE – T EXTE - TRANSFORMATIONEN

| 21

APPELL Nicht umsonst bildet ein Zitat von Franz Kafka den Auftakt zum vorliegenden Band. Ein Vegetarier, der Transformationen von menschlichen in nicht-menschliche Tiere und viceversa in den Fokus mancher seiner Texte stellt, bietet sich idealiter als Figur mit Symbolcharakter an. Überschreitet man die (konstruierte) Grenze vom Tier zum Menschen und umgekehrt (symbolisch / biologisch), zieht dies soziale, wissenschaftliche und ökonomische Veränderungen nach sich. Die HumanAnimal Studies wollen zu einem Grenzgang ermutigen, der ebensolche Veränderungen in einer Gesellschaft, die von Menschen und Tieren gleichermaßen konstituiert wird, zeitigt.1

L ITERATUR DeMello, Margo (2012): Animals and Society. An Introduction to Human-Animal Studies, New York: Columbia University Press. Derrida, Jacques (2010): Das Tier, das ich also bin. Wien: Passagen Verlag Kompatscher, Gabriela (2015): „Literaturwissenschaft. Die Befreiung der ästhetisierten Tiere“, in: Reingard Spannring/Karin Schachinger/Gabriela Kompatscher/Alejandro Boucabeille (Hg.): Disziplinierte Tiere? Perspektiven der Human-Animal Studies für die wissenschaftlichen Disziplinen, Bielefeld: transcript, S. 137-159. Lakoff, George/Johnson, Mark (1980): Metaphors We Live By, University of Chicago Press, 1980. (Deutsche Übersetzung: Leben in Metaphern. Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern,. 4. Aufl. Heidelberg: Carl-Auer-SystemeVerl., 2004.

1

Wir danken unseren beiden Team-Mitgliedern Reinhard Margreiter und Max Siller, die wertvolle Beiträge im Vorfeld zur Entstehung dieses Bandes geleistet haben.

Das Paradies der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde – besonders wenn man Mongole ist Eine Tier-Mensch-Beziehung im Spiegel vormoderner Textzeugnisse J OHANNES G IESSAUF

Nur wenige, die in unseren Tagen Zuneigung zu ihrem Pferd oder Freude am Reiten mit dem Eingangsdiktum in Worte fassen, denken dabei sofort an Reiternomaden, aus deren Kultur Friedrich von Bodenstedt (1819-1892) diesen Ausruf einst entlehnte. Der deutsche Schriftsteller und Philologe brachte den oft strapazierten Reim gemeinsam mit anderen orientalischen Texten um 1850 aus der Kaukasusregion, wo er sich einige Zeit als Lehrer verdingt hatte, in seine Heimat, um hier das Lebensgefühl eurasischer Pferdezüchter zu vermitteln – oder zumindest das, was er dafür hielt. Am Weg zur heutigen Popularität war dem Vers allerdings dasselbe Schicksal beschieden, wie einer Schar ähnlich eingängiger Zitate: Er wurde verkürzt und so eines maßgeblichen Teils seiner ursprünglichen Intention entkleidet, was ihm jedoch anderseits mit ziemlicher Sicherheit das Überleben bis in unsere Tage sicherte. Denn der vollständige, von Bodenstedt aus einer arabischen Quelle geschöpfte, Vierzeiler würde gegenwärtig – zumindest in der politisch korrekten Öffentlichkeit – kaum einem Reiter oder einer Reiterin über die Lippen kommen: „Das Paradies der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde, in der Gesundheit des Leibes und am Herzen des Weibes.“ (Bodenstedt 1924: 119f.) Entbehrt der equestrische Freudenruf heute auch seines ursprünglichen Tons einer patriarchalen Männerphantasie, so klingt er bei genauem Hinhören dennoch nicht restlos frei von Nebengeräuschen. Denn zum einen geht man wohl nicht fehl, die behauptete Paradiesartigkeit der Mensch-Pferd-Beziehung als eine in dieser Gestalt primär vom Reitenden und weniger vom Gerittenen wahrgenommene zu konstatieren. Zum anderen verbinden Reitende der Gegenwart das Pferd in der Hauptsache mit Sport und friedvoller Freizeitgestaltung – und blenden damit die für rund sechs Jahrtausende

24 | J OHANNES GIESSAUF

in der Regel alles andere als paradiesischen Lebens- und Todesumstände jenes Vierbeiners aus, dessen Beitrag für die Menschheitsentwicklung vielleicht der geschichtsmächtigste aller Tiere gewesen ist. Die Anfänge der, aus anthropozentrischer Perspektive, erfolgreichen Beziehung mit dem Pferd liegen nach kontrovers diskutierten Thesen entweder schon im frühen 5. Jahrtausend (Anthony 2007; Golden 2011:10) oder nach vorsichtigeren Schätzungen in der ersten Hälfte des 4. Jahrtausends v. Chr., als in mehreren Gebieten Eurasiens wohl unabhängig voneinander die Domestizierung von Wildpferden gelang. Archäozoologische Befunde legen nahe, der ponto-kaspischen Steppenregion in dieser Hinsicht eine zentrale Rolle zuzumessen. (Bökönyi 1993; Lorenz 2000: 31; Benecke 2002; Bökönyi 2008: 74-83; Martin/Armand 2012: 88f.) Das Pferd rangiert damit hinter Schaf, Ziege, Rind, Schwein und dem ältesten vierbeinigen Weggefährten des Menschen, dem Hund, in der Chronologie der Domestikation nicht an der absoluten Spitze, doch besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass seine Einbindung in die menschliche Lebenswelt die folgenreichsten tierbedingten Veränderungen nach sich zog. Verantwortlich dafür zeichnen, nach seiner anfänglich wenig innovativen Nutzung als Fleischlieferant (Drews 2004: 10-30), die ihm geschuldete Steigerung der Beförderungsgeschwindigkeit als Last- und Zugtier und schließlich seine Rolle als Reittier, das die menschliche Mobilität in friedlicher wie kriegerischer Nutzung revolutionierte. Bis zur Einführung der Eisenbahn sollte das Pferd zu Land den konkurrenzlos wichtigsten Multiplikator menschlicher Geschwindigkeit und Durchschlagskraft abgeben. Wann und wo der Mensch den dafür maßgeblichen Sprung auf den Pferderücken unternahm, entzieht sich natürlich der exakten Datierbarkeit, doch sprechen bislang ergrabene Ausrüstungsgegenstände und Knochenbefunde für die erste Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. als Beginn seiner systematischen Bereitung, wobei auch in dieser Frage ein wesentlich früherer Zeithorizont (Anfang 4. Jahrtausend v. Chr.) zur Diskussion steht (Anthony/Brown 1991; Anthony 2007: 191-211; Golden 2011: 10). Wie auch immer – bis aus ersten Gelegenheitsreitern Reiterkrieger wurden, die der militärischen und folgend der politischen Entwicklung entscheidende Dynamik verleihen sollten, bedurfte es jedenfalls noch weiterer Jahrhunderte und sozioökonomischer Veränderungen. (Bökönyi 1994; Lorenz 2000: 32f.; Drews 2004) Bei allen Unsicherheiten hinsichtlich Datierung und Lokalisierung der Frühphase der Mensch-Pferd-Beziehung lässt sich zweifelsfrei konstatieren, dass Pferde spätestens im ersten Jahrtausend v. Chr. als Nutztiere aus Landwirtschaft und Verkehr ebenso wenig wegzudenken waren wie aus dem Kriegswesen. 1 Diese Feststel-

1

Die augenblicklich wohl beste Gesamtschau der zum Teil extrem kontroversen Forschungspositionen zum frühen Beziehungsgeflecht zwischen Mensch und Pferd bietet

D AS P ARADIES DER E RDE

| 25

lung gilt für sesshafte Ackerbauern und in einem noch viel höherem Maße für die Pastoralnomaden Eurasiens. Denn ohne die geradezu symbiotische Partnerschaft mit seinem vierbeinigen Alter Ego (Veit 1985) wäre die Lebensweise als Steppennomade, die sich in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. herausbildet hatte, schlicht und ergreifend nicht realisierbar gewesen. Im besagten Zeitraum lockten die schier unendlichen Weiden der Graslandzone zwischen der ungarischen Puszta und der Mandschurei – rund fünf Millionen Quadratkilometer in einer WestOsterstreckung von ca. 7.000 km – Hirten mit ihren Herden auf Dauer in die Steppe; wann, wo und aus welchen Motiven genau, bleibt allerdings nach wie vor Gegenstand heftiger Debatten. (Soucek 2000: 3-29; Lorenz 2000: 38-41; Anke 2007; Ferret 2009; Golden 2011: 10f.) Unumstritten ist hingegen, dass die Wanderhirten diesen Weg erst auf dem Rücken eines Pferdes einschlagen konnten. Seine Transportkapazität und Geschwindigkeit als Reittier ermöglichten ihnen, sich die Steppe als permanenten Lebensraum zu erschließen und hier ihren riesigen, das Gras tief abfressenden und den Boden stark strapazierenden Schaf- und Ziegenherden auf der Futtersuche zu folgen. Dieser Pastoralnomadismus zwischen oft weit auseinanderliegenden Sommer- und Winterweiden wäre ohne Reitpferde praktisch nicht zu realisieren gewesen. In regional unterschiedlicher Konfiguration wird die Schar der Hauptnutztiere eurasischer Fernweidewirtschaft seit der Frühzeit noch durch Rinder, in Höhenlagen über 2.500 m in Gestalt von Yaks (Wiener 2013), und Kamelen vervollständigt, die gemeinsam mit Pferd, Schaf und Ziege als die fünf Schnauzen der Steppe firmieren. (Jagchid/Hyer 1979: 19-27; Veit 1989a; Khazanov 1994: 85-118, 233-263; Roux 1997: 47-49; May 2010: 33-37; Paul 2012: 93-98) Ist auch jedes der genannten Tiere für die Existenzsicherung von grundlegender Bedeutung, so kommt doch keines in seinem Stellenwert dem Pferd auch nur annähernd gleich. Denn obschon das Pferd auch als Last- und Zugtier sowie als Rohstofflieferant für Fleisch, Milch, Haar, Haut, Sehnen und anderes mehr genutzt wird, ist es in erster Linie Beförderer und unentbehrlicher Gefährte des Steppennomaden – oder wie es die seit 1993 zwischen Turkmenistan und Jakutien forschende Carole Ferret auf den Punkt bringt: „En Asie intérieure, tout tourne autour du bétail et, parmi le bétail, le animal roi, c’est le cheval. Libre et soumis, monté, bâté et attelé, battu, éreinté et sacrifié, trait, mangé et corroyé, conté et chanté, c’est le cheval entier qui est magnifié.“ (Ferret 2009: 16).

Drews (2004: 1-9), der zudem in pointierter Weise zu zeigen versteht, mit welch beeindruckenden Scheuklappen Anthropologie, Archäologie, (Archäo)Hippologie und Geschichtsforschung in den vergangenen 150 Jahren aneinander vorbeigearbeitet und -geschrieben haben.

26 | J OHANNES GIESSAUF

Historische und rezente Feldforschungen vermitteln gemeinsam mit Archäologie und der Interpretation historischer Textzeugnisse ein einigermaßen aussagekräftiges Bild über die seit rund drei- bis viertausend Jahren währende Mensch-PferdBeziehung in der Steppe. Die Wahrnehmung und die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen dieser Lebensgemeinschaft durch sesshafte Beobachter in vormoderner Zeit, ist Ziel der folgenden Quellenschau und -analyse. Diesem Vorhaben sei eine kurze phänomenologische Darstellung der Rolle des Pferdes in Steppenreichen der Vergangenheit sowie in gegenwärtigen hirtennomadischen Gesellschaften Innerasiens vorausgeschickt, wobei der Fokus auf dem Mongolenreich des 13. Jahrhunderts und seiner Erben liegen wird. Blicken wir also zunächst in eine Welt, in der das Leben nach Ausweis eines alten mongolischen Sprichworts von Kindesbeinen an untrennbar mit dem Pferd verbunden war und ist: „Ein Kind bleibt so lange bei seiner Mutter, bis seine Füße den Steigbügel und seine Hände den Sattelknauf erreichen“ (zitiert nach Veit 1985: 58). Lässt man die moderne Forschung zur Bedeutung des Pferdes in der mongolischen Geschichte und Gesellschaft zu Wort kommen, so braucht es wohl nicht mehr als die Feststellung von Paul Buell: „Symbolically and practically, the horse was the centerpiece of Mongolian life“ (Buell 2010: 162). Dieser kleine aber sehr robuste mongolische Lebensmittelpunkt beeindruckt mit seinen maximal 1,35 Metern Stockmaß seit jeher durch Ausdauer und Belastbarkeit. In freilaufenden, von einem Leithengst geführten Herden, die in der Regel weder Stallhaltung noch Futterbevorratung benötigen, stellen die Pferde für ihre Halter in Relation zu ihrem Wert einen relativ pflegeleichten und bei stabilen klimatischen Rahmenbedingungen gut zu vermehrenden Besitz dar. Allerdings bedarf es auch beachtlicher Mühen und spezieller Fertigkeiten, um den ungestümen Stuten in den Monaten des Frühsommers ihre begehrte Milch abzutrotzen. Sie steht unter den vom Pferd gewonnen Rohstoffen an erster Stelle und wird entweder vergoren als leicht alkoholischer Airag bzw. Kumys (Ränk 1970: 12-20; Buell 2010: 184) konsumiert oder zu Joghurt und Käse verarbeitet. Die Monate der Produktion und des Verzehrs der selbstverständlich auch von den anderen Steppenschnauzen gewonnen Milchprodukte gelten als die weiße Jahreszeit, während die rote Jahreszeit ihren Namen dem Fleischkonsum in den kalten Monaten des Jahres verdankt. Pferdefleisch steht dabei im Vergleich zum hauptsächlich verzehrten Schaf nur selten auf dem Speiseplan, und wenn handelt es sich vornehmlich um gefallene Tiere, für die Zucht unbrauchbare Hengste oder rituelle Opfermahlzeiten, zu deren Zweck unfruchtbare Stuten geschlachtet werden. Daneben stellen Pferde auch das bedeutendste Exportgut der Steppe dar, das Subsistenzwirtschaft und den Erwerb von Luxusprodukten durch Handel mit sesshaften Nachbarn gewährleistet. (Sinor 1972: 174-176; Jagchid/Hyer 1979: 22-24; Veit 1985: 63-68; Veit 2012: 75-80; Paul 2012: 93-95, 98f.) Reichtum findet ihren traditionellen Ausdruck in der Kopfzahl der Pferdeherde, deren Zustand auch das Spiegelbild der Verfasstheit des Mongolen

D AS P ARADIES DER E RDE

| 27

abgibt. Wessen Pferd dünnes Schwanzhaar hat oder wer außer dem Schwanz seines Tieres keine Peitsche besitzt, ist in der literarischen Tradition der Steppe als arm ausgewiesen. (May 2009: 34) Unter ihren Reitpferden unterscheiden die Mongolen nach der jeweiligen Nutzung traditionell vier Typen: Hütepferde (im Mongolischen eigentlich Pferde für Schafe), Stangenlasso-Pferde zum Einfangen anderer Pferde, Reisepferde (so genannte Renner) und schließlich Streitrösser, die auch für den Kurierdienst und die Jagd zum Einsatz kommen (Veit 1985: 64; Veit 2012: 75). Das Pferd unter dem Sattel des Kriegers – bei den Mongolen so gut wie immer ein Wallach – zieht naturgemäß seit jeher das größte Interesse und Renommee auf sich. Die Namen der Streitrösser epischer Helden sind in der mongolischen Tradition ebenso lebendig wie jene realer Größen der Geschichte. Lobgesänge auf ihre Qualitäten nehmen in der autochthonen Überlieferung breiten Raum ein und stehen dabei jenen ihrer heroischen Reiter um nichts nach. Kaum etwas vermag die Augenhöhe von Reiter und Pferd besser zu illustrieren, als der mongolische Begriff Külüg, der einen tapferen Mann gleichermaßen meint wie ein starkes und schnelles Ross. (Veit 1985: 72-86; Veit 2012: 71, 80-82) Aus selbstredend anderen Motiven brachten sesshafte Berichterstatter jenen Pferden große Aufmerksamkeit entgegen, auf deren Rücken nomadische Plünderer und Eroberer seit den Tagen der Kimmerier und Skythen – um die ersten in europäischen Quellen fassbaren Vertreter namhaft zu machen – gleichsam unvermittelt aus der Steppe zu preschen schienen. Etwa seit dem Beginn des ersten Jahrtausends v. Chr. brachen die hochspezialisierten Reiterkrieger auf ihren unbeschlagenen Steppenponys von Zeit zu Zeit wie aus dem Nichts über die Welt der Ackerbauern herein. (Drews 2004: 65-122) Angesichts der Tatsache, dass Steppenpferde erwiesenermaßen ohne größere Probleme Distanzen zwischen 320 km in sieben und 1.800 km in 25 Tagen zu überwinden vermögen (Veit 1989: 166; Veit 2005: 96; Paul 2012: 40), fraglos kein völlig aus der Luft gegriffener Eindruck. Der Schrecken aus der Steppe war in vormoderner Zeit damit in der Tat nicht selten schneller vor der Tür als die Kunde von seinem Nahen. Geschwindigkeit, Ausdauer und Genügsamkeit der Pferde wurden von sesshaften Beobachtern daher neben der Treffsicherheit und Unerbittlichkeit ihrer bogenbewehrten Reiter über die Zeiten als Charakteristikum der meist schmerzhaft überlegen erlebten reiternomadischen Kriegsführung geltend gemacht. Das im 14. Jahrhundert unter den Ming angelegte Geschichtswerk über die gerade zu Ende gegangene Mongolenherrschaft in China (1279-1368), das so genannte Yüan-shih, bringt die Eckpunkte des mongolischen Erfolgsrezepts dementsprechend auf folgenden Punkt: „Mongols are good at riding and archery. Therefore they took possession of the world through this advantage of bow and horse” (zitiert nach Jagchid/Bawden 1965: 246). Diese Formel ist ohne jede Frage unzulässig vereinfachend, pauschalierend und monokausal – und zugleich in vielerlei Hinsicht bestechend zutreffend. Auch wenn es für eine stabile Reichsbildung natürlich mehr brauchte als schnelle Pferde und treffsichere Bogen-

28 | J OHANNES GIESSAUF

schützen – eine Einsicht, die Tschinggis Khan angeblich dem Rat des Kitan Yeh-lü Ch’u-ts’ai verdankte (Sinor 1972: 180f.) –, so wären Steppennomaden ohne die Wucht ihrer blitzartigen Eroberungszüge nie in die Verlegenheit geraten, nach Methoden imperialer Herrschaftsdurchdringung suchen zu müssen. Sesshafte taten also durchaus gut daran, den Pferden der in der Mehrzahl siegreichen Steppenkrieger Aufmerksamkeit zu schenken. Die Bandbreite ihrer Darstellungen erstreckt sich dabei von erkenntnisorientierten und mehr oder minder vorurteilsfreien Beschreibungen bis hin zu den von Topoi überladenen Gräuelphantasien von apokalyptischen Reitern und aus dem Höllenschlund hervorgebrochenen Bestien. (Gießauf 2006; Gießauf 2012) An den Beginn der Quellenzeugnisse sei hier das chinesische Ch’ien Han-shu aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. gestellt, das in sachlichem, wenn auch unverkennbar bedauerndem Ton die „geländegängigeren“ Pferde der Hiung-nu als ein wesentliches Erfolgsgeheimnis dieser verachteten Nordbarbaren ausmacht: „[…] the territory of the Hsiung-nu and the skill it demands are different from those in China. In climbing up and down mountains and crossing ravines and mountain torrents, the horses of China cannot compare with those of the Hsiung–nu.” (zitiert nach Creel 1965: 657). Beinahe gleichlautend äußert sich rund eineinhalb Jahrtausende später der Archidiakon Thomas von Split am westlichen Rand der eurasischen Steppe, wenn es darum geht, die Pferde der Mongolen bzw. Ta(r)taren 2 und deren Vorteile zu charakterisieren: „Die Tartaren reiten nach Art der Bauern kleine, aber kräftige Pferde, die an Entbehrungen gewöhnt sind. Sie laufen ohne Hufeisen über Felsen und steinigen Boden, als ob sie Gemsen wären. Selbst wenn man sie drei Tage ununterbrochen reitet, so begnügen sie sich mit nur wenig Stroh als Futter“ (Göckenjan/Sweeney 1985: 252f.)

Darüber hinaus zeigt sich der Kleriker, dem die Tartaren Mitte des 13. Jahrhunderts als Prüfung und Strafe Gottes erschienen, vom Gehorsam und der Treue der Pferde, die jener von Hunden gleiche, beeindruckt. (Ebd.) Schon wenige Jahre vor Thomas hatte sich der 1245 vom Papst als Botschafter, Missionar und Spion an den Hof des Mongolenkhans entsandte Johannes von Piano del Carpine von den Eigenschaften der Steppenpferde in ähnlichem Maße fasziniert gezeigt. In der Rückschau gestand er auch unumwunden ein, dass er bei seinem Ein(t)ritt in die mongolische Macht-

2

In so gut wie allen europäischen Quellen des Mittelalters begegnen die Mongolen bzw. die Heere Tschinggis Khans und seiner Erben als Tartaren – eine Verballhornung des Stammesnamens der Tatar, die klangassoziativ, um das Binnen -r erweitert, der vermeintlichen Herkunft der Eroberer aus dem Tartaros, der Hölle der griechischen Mythologie, gemahnte.

D AS P ARADIES DER E RDE

| 29

sphäre gut daran getan hatte, über den Schatten des Misstrauens gesprungen zu sein und den Ratschlägen der Führer Folge geleistet zu haben: „Sie erklärten uns, daß bei der beabsichtigten Reise in die Tartarei alle unsere Pferde umkommen würden. Wegen des vielen Schnees könnten sie nämlich unter der Schneedecke das Gras nicht hervorscharren, wie es die tartarischen Pferde tun. Da die Tartaren weder Stroh noch Heu noch Futter hätten, könnten wir auch kein anderes Futter für sie finden. Auf diesen Ratschlag hin entschieden wir uns daher, unsere Pferde unter der Aufsicht von zwei Burschen in Kiew zurückzulassen“ (IX,5; Gießauf 1995: 209)

Seine in weiterer Folge gemachten Erfahrungen mit dem kargen Nahrungsangebot der Steppe, der Genügsamkeit von Mensch und Tier, allen voran der Pferde, hatten den Franziskaner rasch die Richtigkeit seiner Entscheidung für einheimische Reittiere erkennen lassen. Mit dem wissbegierigen Mönch tritt uns der erste Europäer entgegen, dessen Bericht über die Steppenpferde nachweislich auf zwischen den eigenen Schenkeln gemachten Erfahrungen beruhte. Als offizieller Gesandter konnte er die zu dieser Zeit bereits hervorragende Infrastruktur des Mongolenreiches nutzen, die das vom Großkhan beherrschte Gebiet mit einem Netz von Relaisstationen überzog. (Olbricht 1954) Ausgestattet mit einer paiza, eine Art mongolischer Diplomatenpass, war es ihm mehrmals täglich möglich, die Pferde an den in regelmäßigen Abständen eingerichteten Wegstationen (yam) zu wechseln und auf diese Weise in nur 67 Tagen von der Wolga bis vor die Tore der mongolischen Hauptstadt Karakorum zu gelangen. Wie kräfteraubend sich dieser zwischen Mitte Mai und Ende Juli 1246 hingelegte Gewaltritt über rund 4.000 km für Mensch und Tier gestaltete, betont der offenkundig unverwüstliche Franziskaner in seiner Historia Mongalorum mehrfach. Dennoch hatte er auch ein Auge für die logistische Großleistung des mongolischen Kurierwesens und die zu dessen Aufrechterhaltung notwenigen Ressourcen tierischer Natur. (Gießauf 1995: 77-81) Carpines Mutmaßung, dass die tatarischen Viehzüchter vermutlich die größte Zahl an Pferden weltweit besäßen (II,7; Gießauf 1995: 132), war nach gegenwärtiger Forschungslage mehr als nur ein unbestimmtes Bauchgefühl. Statistiken aus dem frühen 20. Jahrhundert weisen für die zu vier Fünftel aus Grasland bestehende Mongolei einen Pferdebestand von 1,15 Millionen Individuen aus (Sinor 1972: 181) – eine Größenordnung, die nach modernen Berechnungen mit den Verhältnissen im wirtschaftlich kaum anders gearteten Steppenreich des 13. Jahrhunderts korreliert. Von den geschätzten 15 Millionen Herdentieren des mittelalterlichen Mongolenreiches waren ca. 10%, also knapp eineinhalb Millionen, Pferde (Bold 1998; Paul 2010: 95)3, was

3

Nach archäozoologischen Befunden konnte der Anteil der Pferde am Steppenviehbestand zu manchen Zeiten sogar bis zu 36% ausmachen. (Golden 2011: 11)

30 | J OHANNES GIESSAUF

rund der Hälfte des damals weltweiten Pferdebestandes entsprechen dürfte (Adshead 1993: 61). Der päpstliche Feldforscher empfahl den abendländischen Kriegern aus diesem Grund für zukünftige militärische Konfrontationen auch ein Umdenken in taktischen Belangen und das Berücksichtigen der hippologischen Überlegenheit der Mongolen: „Sie [= Europäer] sollen deswegen auch allzu lange Verfolgungen der Tartaren vermeiden, um ihre Pferde nicht zu ermüden; denn unsere Truppen haben nicht so viele Pferde. Die Tartaren hingegen besteigen ein Pferd, das sie einen Tag lang geritten haben, die folgenden drei oder vier Tage nicht mehr; wegen ihres großen Pferdebestandes müssen sie sich nämlich nicht darum kümmern, ob sie ihre Pferde strapazieren.“ (VIII,10; Gießauf 1995: 202)

Der hier angesprochene Pferdereichtum, der auf Feldzügen das Mitführen von mehreren Remonten ermöglichte (Veit 2012: 73), beeindruckte zahlreiche weitere Berichterstatter nachhaltig; südchinesische Gesandte (Meng- Ta pei-lu 1980: 172) am Südostrand der Steppe in gleichem Maße, wie einen namenlosen ungarischen Bischof, der Ende der 1230er Jahre an der westlichsten Ausfahrt des „Steppenhighways“ entsprechende Informationen aus einem mongolischen Gefangenen quetschte (Göckenjan/Sweeney 1985: 278). In das teilweise bewundernde Schaudern über Ausdauer, Fähigkeiten und Zahl der tatarischen Reittiere mischten sich bei unmittelbar von mongolischen Überfällen Bedrohten oder Betroffenen jedoch häufig auch verächtliche Töne. So etwa beim gerade zitierten ungarischen Bischof, der die mongolischen Pferde für ausgesprochen dumm befand. (Ebd.) Ende des 13. Jahrhunderts vermerkt der dominikanische Orientreisende Ricold von Monte Croce in seinem Itinerarium, dass die hässlichen kleinen Steppenpferde den Eindruck erweckten, die Mongolen würden auf Ziegen reiten. (Ricold 1864: XII,120) Dieselben Etiketten hatten ein knappes Jahrtausend zuvor bereits die Pferde der Hunnen umgehängt bekommen. Der im späten 4. Jahrhundert schreibende römische Militärtheoretiker Vegetius hatte diese in seinem Traktat über die Pferdeheilkunde (Digesta artis mulomedicinae) aufgrund ihrer außerordentlichen Strapazierfähigkeit als die tauglichsten Kriegsrösser bezeichnet (III,6,2; Lommatzsch 1903: 249). Zugleich jedoch gipfelt seine ausführliche Beschreibung ihres Äußeren in der Feststellung, dass hunnische Pferde ausgewiesen hässlich seien, worüber man aber ihrer Gutmütigkeit und Robustheit wegen hinwegsehen solle. (III,6,5; Lommatzsch 1903: 250) Ganz ähnliche Worte fand sein Zeitgenosse Ammianus Marcellinus für die Pferde der von ihm als „zweibeinige Tiere“ titulierten Hunnen. Rangen die ausdauernden Steppenpferde dem ehemaligen Militär ob ihrer Leistungen auch einen gewissen Respekt ab, so waren sie in Ammians Augen ihren missgestalteten Reitern im Erscheinungsbild ähnlich und ihm daher gleichermaßen verhasst. (Ammianus 1971: XXXI,2,6, 244)

D AS P ARADIES DER E RDE

| 31

Das in der Außenwahrnehmung mit seinem Reiter oft verschmolzen erscheinende Pferd hatte bei aller vorhandenen, nicht selten von Furcht begleiteter, Anerkennung seiner Leistungen die grundsätzliche Ablehnung alles Steppennomadischen durch Sesshafte mitzutragen. Es war eben – allerdings unter umgekehrten Vorzeichen zu seiner Rolle in der Steppengesellschaft – der Gefährte des barbarischen Nomaden, Werkzeug und unheilvoller Träger des kulturlosen Fremden, der den Acker nicht bestellte und in erster Linie als Inbegriff des grausamen Eroberers in die kollektive Erinnerung eingeschrieben war. (Gießauf 2012) Das konnte sich zu Bildern auswachsen, wie sie der englische Benediktiner Matthäus Paris Mitte des 13. Jahrhunderts als Randillustration zum Text seiner Chronica Maiora zu Pergament brachte: Das tartarische Pferd als Mordgehilfe, der beim Fressen von Laub mit seinen Hufen einen an einen Baum gebunden Gefangen malträtiert, während seine bestialischen Halter daneben erschlagene Gegner auf Spießen braten und genüsslich verzehren.4 Die Res Gestae des bereits zitierten Ammianus Marcellinus liefern auch das erste Textzeugnis für einen Topos, der bis heute zum Standardrepertoire im Vorstellungskomplex rund um die Kulturlosigkeit der Steppennomaden zählt. Dabei fungiert das hunnische Pferd gleichsam auch als Küchengerät des Reiterkriegers, der sich zwischen seinem Schenkel und dem Pferderücken ein Stück Fleisch zum Verzehr mürbe reitet. (Ammianus 1971: XXXI,2,3, 244) Vielleicht steht hinter dieser Nachricht die Fehlinterpretation einer Reiterpraxis – sei es die Linderung von Scheuerstellen am Pferderücken mittels rohen Fleisches oder der Transport von getrocknetem Fleisch auf längeren Feldzugskampagnen (Gießauf 2006: 64f.). Wie auch immer, für Ammian ging es bei dieser Geschichte von Anfang an nicht um den möglichen Sinn hinter dem geschilderten Tun. Der Römer wollte mit diesem Mosaikstein in erster Linie sein Gesamtkunstwerk vom hunnischen Barbaren ausgestalten, dessen Rohheit sich im Zustand des von ihm konsumierten Fleischs widerspiegelt. Denselben Zweck erfüllt eine ganz ähnliche Episode in der Lebensbeschreibung des französischen Königs Ludwig IX., dessen Biograph, Jean de Joinville, von Begegnungen mit mongolischen Kriegern berichtet. Diese ernährten sich nach Joinville von rohem Fleisch, das sie vor dem Verzehr zwischen Sattel und Satteldecke blutleer geritten hätten. (Joinville 2008: 489, 266) Seine bewusste oder unbewusste Missdeutung von möglicherweise Gesehenem passt wie bei Ammian nahtlos in das skizzierte Gestaltsideal vom zivilisationsfeindlichen Steppennoma-

4

Matthäus Paris, Chronica Maiora. Cambridge Corpus Christi College Ms. 16, fol. 166r. Die Bildbeschriftung weist die tatarischen Pferde als äußerst wild aus, da sie sich aufgrund des Fehlens von ausreichendem Futter mit Laubwerk und Baumrinde bescheiden müssen („Equi tattarorum qui sunt rapacissimi cum desunt uberiora pabula frondibus et foliis nec non corticibus arborum sunt contenti“).

32 | J OHANNES GIESSAUF

den und dessen Pferd. Die jüngste ausführliche Schilderung über den angeblich turk-tatarischen Usus des Weichreitens von Fleisch unter dem Sattel geht auf den Bayern Hans Schiltberger zurück. In seiner nach 1427 verfassten Reise in die Heidenschaft – ein Werk, das inhaltlich einige Rätsel aufgibt – legt der ehemalige Kriegsgefangene Rechenschaft über seinen erzwungen Dienst im Heer des osmanischen Sultans und nach dessen Niederlage in den Reihen Timur Lenks ab. Zu den Erinnerungen (?) an seine unfreiwilligen Streifzüge vom Orient bis Turkestan und nach Sibirien zählt auch der schon bekannte „Reiterimbiss“: „Auch han ich gesehen und han es selber gethan, wann sie in ainer rayß eylen so nehmen sie ein fleisch und schneyden es thün und thun es in ain laines tuch und legens dann unter den satell und reytten dorauff; wann sie dann hungert, so nehmen sis auß dem sattell und essen es dann also rochs; und sie saltzens am ersten, wann sie mainen, es sey nicht schad, wann es wirt trucken von der werm deß roß und würd auch mar, wann der sattell trückentz an dem reytten, das der safft dorauß geet; und das thun sie, wann sie eylen in einer rayß und nicht zeitt haben die speyß zu beraytten.“ (Schiltberger 1885: XXXVII, 62)

Auch wenn sich das Bild der zentralasiatischen Reiterkrieger bei Schiltberger im Vergleich zu den beiden vorangehenden Autoren grundsätzlich gemäßigter präsentiert, so ist auch sein Blick auf die Türken und Mongolen, in deren unfreiwilligem Dienst er gestanden haben will, bewährten Negativschemata verhaftet. Das Aufbereiten von rohem Fleisch unter dem Pferdesattel unterfüttert die postulierte Zivilisationsferne dieser Fremden. Dass Schiltberger behauptet, sich selbst in dieser Art und Weise ernährt zu haben, lässt sich auch als Zeichen seiner erzwungenen Entfremdung von der eigenen Kultur verstehen – in der barbarischen Welt der Reiterkrieger droht auf Dauer selbst ein Bayer zum Rohfleisch fressenden Barbaren zu werden. Belassen wir es bei den vorgestellten Topoi und den Instrumentalisierungen der Streitrösser, die gemeinsam mit ihren steppennomadischen Reitern in den Gräuelund Barbarenbeschreibungen als ein Tiefstpunkt der Schöpfung figurieren. Wenden wir den Blick vielmehr noch einmal Beobachtern zu, die der alltäglichen MenschPferd-Beziehung in der Steppe Aufmerksamkeit schenken und ungeachtet einer prinzipiell dunkel gefärbten Haltung gegenüber der pastoralnomadischen Lebenswelt eine erstaunliche Hellsichtigkeit an den Tag zu legen vermögen. Wir kehren damit zunächst auch noch einmal zu Johannes von Piano del Carpine zurück, für den die Rolle des Pferdes in der Auseinandersetzung mit dem selbst erlebten mongolischen Alltag entsprechend häufig Thema ist. Seine Historia Mongalorum wartet mit Beobachtungen zur Pflege der Herden ebenso auf, wie mit Details zu Rechtsbestimmungen rund um das Pferd und dessen Ausrüstungsgegenstände sowie zur Milchwirtschaft. (II-IV; Gießauf 1995: 129-150) An der schon erwähnten Stuten-

D AS P ARADIES DER E RDE

| 33

milch, deren Gewinnung und Bedeutung für die Skythen knapp zwei Jahrtausende zuvor bereits Herodot detailliert beschrieben hatte (Herodot 2001: IV, 2, 317), konnte der beleibte Franziskaner zeit seines Aufenthalts in der Steppe keinen Geschmack finden – ganz im Gegensatz zu seinem ein Jahrzehnt später ins Mongolenreich reisenden Ordensbruder Wilhelm von Rubruk. Dieser schätzte das Prickeln der vergorenen Stutenmilch (cosmos = Kumys) auf der Zunge, die ihn geschmacklich an Mandelmilch erinnerte und deren Zubereitung er ebenso ausführlich beschreibt wie den Melkvorgang und die Verteilung der Geschlechterrollen in der Pferde- und Milchwirtschaft. (Rubruk 1929: IV,1-6, 177-179; Leicht 2003: 47-49). Wilhelm, der sogar den mongolischen Eingeweidewürsten gegenüber den ihm vertrauteren Schweinswürsten den geschmacklichen Vorzug gab, steht mit seiner Wertschätzung des Kumys allerdings recht allein. Das Paradegetränk der Pferdezüchter wird selbst unter deren unmittelbaren sesshaften Nachbarn verabscheut und steht wie der aus Sicht der Ackerbauern übertriebene bis ausschließliche Fleischkonsum bildhaft für die Welt der Nomaden. Nicht von ungefähr soll einer mongolischen Überlieferung des 17. Jahrhunderts zufolge eine Uigurin ihrer Tochter gedroht haben: „Du wirst noch einem Mann mit Pferde- und Schafherden in die Hand fallen, wirst nur noch Fleisch essen und Kumys trinken. Auf dein Haupt werden dann schlechte Tage kommen.“ (zitiert nach Taube/Taube 1983). Noch detailreicher als die europäischen Reisenden des 13. Jahrhunderts setzten sich beinahe zeitgleich Gesandte der südchinesischen Sung mit der mongolischen Pferdehaltung und -wirtschaft auseinander. Dabei spielt neben dem militärischen Bedrohungsszenario, das vom wachsenden Steppenimperium ausging, auch wirtschaftliches Interesse mit, da Pferde für chinesische Reiche seit jeher das wichtigste Importgut aus der Steppe darstellten. Dass die Sung-Emissäre P’eng Ta-ya und Sü T’ing in den 30er Jahren des 13. Jahrhunderts ihre akribischen Analysen der mongolischen Pferdehaltung allerdings mit einem besorgten Blick auf bevorstehende militärische Unternehmungen vornahmen, ist unschwer zu erkennen: „Von Beginn des Frühlings an, sogleich nach der Waffenruhe, werden alle guten Pferde, die den Feldzug mitgemacht haben, freigelassen auf die Weide und dürfen nicht mehr geritten werden. Sobald aber der Westwind einsetzt, fängt man sie ein, legt ihnen das Halfter an, bindet sie neben den Jurten fest und läßt sie nur noch wenig auf der Weide grasen. Nach einem Monat ist das Fett ein wenig zurückgegangen, aber dafür ist es nun fest, und auch wenn man sie nun viele hundert li reitet, so macht ihnen das doch nichts mehr aus, und sie geraten nicht in Schweiß. Daher können sie auch weite Feldzüge durchhalten. In der Regel dürfen sie während des Marsches auf keinen Fall weiden. Denn wenn sie bei großen Anstrengungen weiden, setzen sie nicht Fett an sondern werden krank. Das ist die beste Art der Pferdehaltung. Die Leute aus dem Süden (die Chinesen) machen es umgekehrt; daher sind ihre Pferde oft krank. Von den Hengsten behält man die ganz und gar kräftigen und gesunden als ila-Pferde (Beschäler). Die übrigen werden zumeist kastriert. Daher gibt es ausnahmslos nur starke und

34 | J OHANNES GIESSAUF kräftige. Die ila sind die Zuchthengste; sie sind nicht kastriert. Sie haben ausschließlich die Stutenherden zu besorgen und werden nicht zu den Wallachherden gelassen. Die Wallache und die Stuten bilden Herden für sich. Im Allgemeinen bilden vier- bis fünfhundert Pferde eine Herde. Sie werden von nur zwei ulači beaufsichtigt, die in der Hand eine eiserne Dornengeißel halten, mit der sie wie mit einer Peitsche schlagen. Wenn die Pferde sie nur von weitem sehen, geraten sie in Furcht. Jeden Morgen und Abend läßt jeder der ulači die ihm unterstellten Pferde sich kreisförmig vor der Jurte des Besitzers aufstellen und nach einer kleinen Weile zieht jeder (ulači mit seiner Herde) wieder davon. Da beim Tränken immer nur vier oder fünf Pferde auf einmal am Brunnenloch trinken können, kommt eines nach dem anderen von selbst in einer bestimmten Reihenfolge zum Trinken heran. Wenn eines genug hat, geht es wieder fort, und dann ist das nächste da. Wenn eines von ihnen die Reihenfolge nicht einhält, dann braucht der ulači nur von weitem die Eisenpeitsche zu schwingen, und (schon) stehen sie da mit gesenkten Köpfen und unbewegten Füßen, und ohne daß eines wagte, irgendwelche Unordnung zu machen, halten sie strengste Ordnung ein.“ (= Meng-Ta pei-lu 1980: 167)

In ähnlicher Ausführlichkeit sollte sich auch noch in der zweiten Hälften des 16. Jahrhundert ein Offizieller der chinesischen Ming-Dynastie mit der Pferdehaltung der Nordbarbaren befassen. Die Mongolen waren zwar 1368 vom Kaiserthron gestoßen worden, als stete Bedrohung blieben sie aber auch die folgenden Jahrhunderte über stets im Blick Chinas. Die Beobachtungen des Siao Ta-heng bestätigen und ergänzen die Erkenntnisse der oben zitierten Sung-Gesandten in eindrucksvoller Weise. Sie zeigen aber vor allem in aller Deutlichkeit, dass das gemeinsame Leben von Mensch und Pferd in der Steppe unabhängig von den politischen Rahmenbedingungen seinen seit Jahrhunderten geübten Gang nahm – ob in einem steppennomadischen Großreich oder als Vasallen eines sesshaften Potentaten. (Serruys 1945: 149f., 154) Abschließend gilt es noch, in aller Kürze die kultische Bedeutung des Pferdes bei den Steppennomaden in den Blick zu nehmen. Dabei wird rasch augenfällig, dass Berichterstattern der Antike und des Mittelalters die eminente Rolle des Pferdes als Gefährte der Schamanen auf deren ekstatischen Seelenreisen verborgen blieb. Zumeist wurde den primitiven Viehzüchtern stereotypen Barbarencharakterisierungen entsprechend entweder überhaupt jede Form von Religion abgesprochen oder der Komplex ihrer animistischen Glaubenswelt wenig hinterfragt als Götzendienst gebrandmarkt. Für Animismus und die spirituelle Konzeption des Schamanismus sollte erst die Ethnographie der Neuzeit ein tiefergehendes Interesse entwickeln. (Roux 1960; Roux 1988) Daher suchen wir aus der Zeit davor vergeblich nach Textzeugnissen aus sesshaften Federn, die über den Stellenwert des Pferdes bei Gestaltung schamanischer Paraphernalia (Schamanenstäbe, Malereien auf Schamanentrommeln etc.) Auskunft geben oder das Pferd in der Steppenkunst (Schmuck, Pfer-

D AS P ARADIES DER E RDE

| 35

dekopfgeigen etc.) einer gebührenden Betrachtung wert befinden. Dem steht auf der anderen Seite eine hohe Zahl an Berichten gegenüber, die sich der Rolle des Pferdes als Opfertier und Grabbeigabe annehmen – auch wenn die tiefere Bedeutung des Gehörten oder sogar selbst Gesehenen des Öfteren nur rudimentär verstanden wurde. Die Reihe einschlägiger Berichte eröffnet – man ist geneigt zu sagen: wieder einmal – Herodot, der einen angeblich ein Jahr nach der Bestattung eines skythischen Königs an dessen Grab geübten Brauch überliefert: „Nach Verlauf eines Jahres machen sie sich von neuem ans Werk und suchen sich dazu unter den Dienern des Königs die geschicktesten aus […]. Von denen erwürgen sie 50 und dazu 50 der schönsten Pferde, denen sie die Bauchhöhle ausnehmen und reinigen, mit Häcksel ausfüllen und dann wieder zunähen. Darauf stellen sie die eine Hälfte einer Radfelge, das Unterste zu oberst, auf zwei Stangen und dahinter die andere Hälfte auf zwei andere, und auf diese Weise befestigen sie eine ganze Menge in der Erde. Durch die Pferde stecken sie der Länge nach bis an den Hals dicke Stangen und setzen sie auf die Felgen, so dass sie mit den Vorderbeinen auf den vorderen, mit dem Bauche bei den Hinterbeinen auf den hinteren Felgen ruhen und die Beine an beiden Seiten herunterhängen. Dann legen sie den Pferden Zügel und Gebiss an, ziehen den Zügel nach vorn und binden ihn an einen Nagel. Von den erwürgten 50 Jünglingen aber setzen sie auf jedes Pferd einen. Sie bohren nämlich durch jeden Leichnam am Rückgrat eine gerade Stange bis an den Hals und stecken das untere Ende dieser Stangen in ein in der anderen Stange im Leibe des Pferdes befindliches Loch. Wenn sie diese seltsamen Reiter rund um das Grab aufgestellt haben, ziehen sie wieder ab.“ (Herodot 2001: IV,72, 347f.)

Auch wenn der detaillierte Wahrheitsgehalt dieser Episode schwer einschätzbar ist – die hohe Zahl der Menschenopfer passt nur zu gut in Herodots Gesamtbild skythischer Grausamkeit –, finden sich für die Art und Weise der Drapierung geopferter Pferde in den folgenden eineinhalb Jahrtausenden in mehreren Quellentexten christlicher wie muslimischer Provenienz unübersehbare Parallelen. Wir haben also zumindest bei den aufgespießten Pferden offenkundig einen in der Steppe seit der Frühzeit gepflegten Usus vor uns, der in der Geheimen Geschichte der Mongolen, einer der wenigen frühen schriftlichen autochthonen Quellen, als Stangenopfer (jügeli) begegnet. (Geheime Geschichte 1989: 13, §43f.; Rachewiltz 2006: 281) Herodot deutet das Geschilderte im Kontext der skythischen Bestattungskultur implizit als Versorgung des Verstorbenen mit Pferden und Personal in einer jenseitigen Welt. Explizit schlussfolgerte dies Ibn Fadlan, der bei den türkischen Oghusen zu Beginn der 920er Jahre Augenzeuge einer Pferdestangenopferzeremonie wurde (Ibn Fadlān 2012: 18). Ganz ähnliche, zum Teil fast identische, Beobachtungen machten Carpine (III,12; Gießauf 1995: 140) und der vom Papst zeitgleich entsandte Simon von St-Quentin (XXX, 86; Richard 1965: 50f.), der seine Erfahrungen in einem mongolischen Heerlager im Kaukasusgebiet sammelte. Ein Jahrzehnt später ver-

36 | J OHANNES GIESSAUF

merkt der von missionarischem Eifer in die Steppe getriebene Wilhelm von Rubruk: „Bei einem gerade Verstorbenen sah ich, dass sie ihm sechzehn Pferdehäute rings um das Grab gehängt hatten, je vier zwischen hohen Stangen nach jeder Himmelsrichtung.“ (Rubruk 1929: VIII,4, 186f; Leicht 2003: 58f.) Nur wenig anders klingen entsprechende Schilderungen beim Armenier Kirakos von Ganjak (Boyle 1963: 204-207) und im bereits oben erwähnten Itinerarium des Dominikaners Ricold von Monte Croce (Ricold 1864: X, 117) gegen Ende des 13. Jahrhunderts. Eine entsprechende Nachricht bei Ibn Battuta vervollständigt das Quellenspektrum zu diesem mongolischen Ritus im 14. Jahrhundert. (Yule 1916: 142f.). Die genannten Berichte decken sich nicht nur in Bezug auf die Schlachtung von Pferden, deren Ausweidung, Befüllung ihrer wieder vernähten Häute mit Kräutern oder anderem Füllmaterial, sowie deren Anbringung auf zum Himmel gerichteten Stangen bei Grabstätten, sondern auch in der primären Deutung der Pferdekadaver als Jenseitsgaben für Verstorbene. Mit dieser Interpretation jedoch gehen die zum Teil hervorragenden Berichterstatter fehl – in letzter Konsequenz aufgrund ihres mangelnden Verständnisses der religiösen Konzepte der Steppe. Bei den Stangenopfern handelt es sich fraglos um Opfer an den ewigen Himmel (im türkischmongolischen Bereich Tengri genannt), der in Gestalt einer Person-BereichsEinheit als höchste numinose Kraft im Steppenpantheon firmiert. (Boyle 1965; Veit 1985: 81-86; Veit 2012: 82-84; Rachewiltz 2006: 281f.) Kulturell bedingtes Missverstehen, oft auch Missverstehen-Wollen, steht in der Außenwahrnehmung der Beziehung zwischen Mensch und Pferd in der Steppe neben authentischen Beobachtungen. Doch auch letztere laufen im Spannungsfeld zwischen den Lebensentwürfen sesshafter Ackerbauer und nomadischer Viehzüchter Gefahr, instrumentalisiert und auf allgemeine Erklärungsmodelle heruntergebrochen zu werden, die zum Stereotyp erstarren und in weiterer Folge ein genaueres Hinschauen auf den Anderen obsolet erscheinen lassen. Wie wunderbar sich die Simplizität der daraus generierten Allgemeinplätze nutzen lässt, möge ein letztes Zitat veranschaulichen. Der im Dienst der mongolischen Ilkhane stehende Rashid ad-Din (1247-1318) legt Tschinggis Khan in seinem monumentalen Geschichtswerk folgende Worte in den Mund: „Das höchste Glück eines Mannes ist, den Feind zu verfolgen und zu besiegen, sich seines ganzen Besitztums zu bemächtigen, seine verheirateten Frauen schluchzen und weinen zu lassen, auf seinen Wallachen zu reiten, die Leiber seiner Frauen als Nachtgewand und Stütze zu benutzen, ihren rosafarbenen Busen zu betrachten und zu küssen, an ihren Lippen, süß wie die Beere an der Brust, zu saugen“ (zitiert nach Ratchnevsky 1983: 136) Was dem saturierten Europäer im Klischee „Wein, Weib und Gesang“, ist nach dem persischen Chronisten dem zufriedenen Steppennomaden „Raub, Weib und Pferd“ – der Abstand zu Friedrich von Bodenstedt ist dabei bestenfalls ein zeitlicher.

D AS P ARADIES DER E RDE

| 37

L ITERATUR Adshead, Samuel Adrian (1993): Central Asia in World History, New York: St. Martin's Press. Ammianus (1971): Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte. Lateinisch und Deutsch und mit einem Kommentar versehen von Wolfgang Seyfarth, Band IV (= Schriften und Quellen der Alten Welt, Band 21, 4), Berlin: Akademie Verlag. Anke, Bodo (2007): „Die Steppe als Kultur- und Naturraum der Nomaden“, in: Attila und die Hunnen. Begleitbuch zur Ausstellung, Stuttgart: Theiss, S. 27-35. Anthony, David W./Brown, Dorcas R. (1991): „The Origins of Horseback Riding”, in: Antiquity 65, S. 22-38. Anthony, David W. (2007): The Horse, the Wheel, and Language: How BronzeAge Riders from the Eurasian Steppes Shaped the World, Princeton: Princeton University Press. Bemmann, Jan (Hg.) (2012): Steppenkrieger. Reiterkrieger des 7.-14. Jahrhunderts aus der Mongolei. Begleitbuch zur Ausstellung, Bonn: Primus Benecke, Norbert (2002): „Zu den Anfängen der Pferdehaltung in Eurasien. Aktuelle archäozoologische Beiträge aus drei Regionen“, in: EthnographischArchäologische Zeitschrift 43, S. 187-226. Bodenstedt, Friedrich von (1924): Die Lieder des Mirza-Schaffy, Leipzig: Reclam. Bökönyi, Sándor (1993): Pferdedomestikation, Haustierhaltung und Ernährung (= Archaeolingua, Band 3), Budapest: Archaeolingua. Bökönyi, Sándor (1994): „Das domestizierte Pferd in den asiatischen Steppen“, in: Bernhard Hänsel/Stefan Zimmer (Hg.), Die Indogermanen und das Pferd. Bernfried Schlerath zum 70. Geburtstag gewidmet (= Archaeolingua, Band 4), Budapest: Archaeolingua, S. 115-122. Bökönyi, Sándor (2008): Das Przewalski-Pferd oder das mongolische Wildpferd. Die Wiederbelebung einer fast ausgestorbenen Tierart. Mit Beiträgen von László Bartosiewicz und István Sándor. Deutsche Bearbeitung von Wolfgang Meid, (= Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft, Sonderheft 127), Innsbruck: Archaeolingua. Bold, Bat-Ochir (1998): „The Quantity of Livestock Owned by the Mongols in the 13th Century”, in: Journal of the Royal Asiatic Society Series 3, S. 237-246. Boyle, John Andrew (1963): „Kirakos of Ganjak on the Mongols”, in: Central Asiatic Journal 8, S. 199-214. Boyle, John Andrew (1965): „A Form of Horse Sacrifice amongst the 13 th- and 14th-Century Mongols”, in: Central Asiatic Journal 10, S. 145-150. Buell, Paul (2010): The A to Z of the Mongol World Empire (= The A to Z Guide Series, Band 151), Lanham/Toronto/Plymouth: The Scarecrow Press. Creel H. G. (1965): „The Role of the Horse in Chinese History”, in: The American Historical Review 70, S. 647-672.

38 | J OHANNES GIESSAUF

Drews, Robert (2004): Early Riders: The Beginnings of Mounted Warfare in Asia and Europe, New York: Routledge. Ferret, Carole (2009): Une civilisation du cheval. Les usages de l’équidé, de la steppe à la taïga, Paris: Belin. Die Geheime Geschichte der Mongolen (1989): Aus dem Mongolischen übertragen und kommentiert von Manfred Taube, München: C. H. Beck. Gießauf, Johannes (1995): Die Mongolengeschichte des Johannes von Piano Carpine. Einführung, Text, Übersetzung und Kommentar (= Schriftenreihe des Instituts für Geschichte, Band 6), Graz: Eigenverlag des Instituts für Geschichte. Gießauf, Johannes (2006): Barbaren – Monster – Gottesgeißeln. Steppennomaden im europäischen Spiegel der Spätantike und des Mittelalters, Graz: Grazer Universitätsverlag/Leykam. Gießauf, Johannes (2012): „An den Tellerrändern der Zivilisation. Beobachtungen zur Dichotomie zwischen sesshaften und steppennomadischen Gesellschaften“, in: Jan Bemmann (Hg.): Steppenkrieger. Reiterkrieger des 7.-14. Jahrhunderts aus der Mongolei. Begleitbuch zur Ausstellung, Bonn: Primus, S. 53-69. Göckenjan, Hansgerd/Sweeney, James Ross (1985): Der Mongolensturm. Berichte von Augenzeugen und Zeitgenossen 1235-1250 (= Ungarns Geschichtsschreiber, Band 3), Graz-Wien-Köln: Böhlau. Golden, Peter B. (2011): Central Asia in World History; Oxford: Oxford University Press. Heissig, Walther/Müller, Claudius C. (Hg.) (1989): Die Mongolen, Innsbruck: Pinguin-Verlag. Herodot (2001): Das Geschichtswerk des Herodot von Halikarnassos. Aus dem Griechischen von Theodor Braun, Frankfurt am Main/Leipzig: Insel. Ibn Fadlān (2012): Ibn Fadlān and the Land of Darkness. Arab Travellers in the Far North. Translated with an Introduction by Paul Lunde and Caroline Stone, London: Penguin. Jagchid, Sechin/Bawden, Charles R. (1965): „Some Notes on the Horse-Policy of the Yüan Dynasty”, in: Central Asiatic Journal 10, S. 246-268. Jagchid, Sechin/Hyer, Paul (1979): Mongolia’s Culture and Society, Boulder: Westview Press. Joinville (2008): „John of Joinville, The Life of Saint Louis”, in: Joinville and Villehardouin. Chronicles of the Crusades. Translated with an Introduction and Notes by Caroline Smith, London: Penguin, S. 137-336. Khazanov Anatolij. M. (1994): Nomads and the Outside World, 2 nd Edition, Madison: University of Wisconsin Press. Leicht, Hans Dieter (Hg.) (2003): Wilhelm von Rubruk. Beim Großkhan der Mongolen 1253-1255, Lenningen: Erdmann. Lommatzsch, Ernestus (Hg.) (1903): P. Vegeti Renati Digestorum artis mulomedicinae libri, Leipzig: Teubner.

D AS P ARADIES DER E RDE

| 39

Lorenz, Günther (2000): Tiere im Leben der alten Kulturen. Schriftlose Kulturen, Alter Orient, Ägypten, Griechenland und Rom (= Alltag und Kultur im Altertum, Band 5), Wien/Köln/Weimar: Böhlau. Marco Polo (1994): Il Milione. Die Wunder der Welt. Übersetzung aus altfranzösischen und lateinischen Quellen und Nachwort von Elise Guignard, 6. Auflage Zürich: Manesse Martin Hélène/Armand Dominique (2012): „Das Pferd“, in: Bemmann, Steppenkrieger, S. 88-89. May, Timothy (2009): Culture and Customs of Mongolia, Westport: Greenwood Press. Meng-Ta pei-lu (1980): Meng-Ta pei-lu und Hei-Ta shih-lüeh. Chinesische Gesandtenberichte über die frühen Mongolen 1221 und 1237. Nach Vorarbeiten von Erich Haenisch und Yao Ts´ung-wu übersetzt und kommentiert von Peter Olbricht und Elisabeth Pinks (= Asiatische Forschungen, Band 56), Wiesbaden; Harrassowitz. Olbricht, Peter (1954): Das Postwesen in China unter der Mongolenherrschaft im 13. und 14. Jahrhundert (= Göttinger Asiatische Forschungen, Band 1), Wiesbaden: Harrassowitz. Paul, Jürgen (2010): Zentralasien (= Neue Fischer Weltgeschichte, Band 10), Frankfurt: Fischer. Rachewiltz, Igor de (2006): The Secret History of the Mongols. A Mongolian epic chronicle of the thirteenth century, Leiden/Boston: Brill. Ränk, Gustav (1970): „Gegorene Milch und Käse bei den Hirtenvölkern Asiens“, in: Journal de la Société Finno-Ougrienne 70, S. 1-72. Ratchnevsky, Paul (1983): Činggis-Khan. Sein Leben und Wirken (= Münchner Ostasiatische Studien, Band 32), Wiesbaden: Harrassowitz. Ricold von Monte Croce (1864): Itinerarium, in: J. C. M. Laurent (Hg.), Peregrinatores Medii Aevi Quatuor. Burchardus de Monte Sion, Ricoldus de Monte Crucis, Odoricus de Foro Iulii, Wilbrandus de Oldenborg. Leipzig: Hinrichs Bibliopola, S. 105-141. Roux, Jean-Paul (1960): „Le chaman altaïque d’après les voyageurs européens des XVIIe et XVIIIe siècles“, in: Anthropos 55, S. 438-458. Roux Jean-Paul 1988: „La religion des peuples de la steppe“, in: Popoli delle Steppe. Unni, Avari, Ungari (= Settimane di studio del Centro Italiano di Studi sull’ Alto Medioevo, Band 35). 23-29. Aprile 1987, Spoleto: Einaudi, Bd. 2, S. 513-538. Roux, Jean-Paul (1997): L’Asie centrale. Histoire et civilisations, Paris: Fayard. Rubruk (1929): Guillelmus de Rubruc, Itinerarium, in: P. Anastasius van Wyngaert (Hg.), Sinica Franciscana I. Itinera et relationes Fratrum Minorum saeculi XIII et XIV, Quaracchi, S. 147-332.

40 | J OHANNES GIESSAUF

Schiltberger (1885): Hans Schiltbergers Reisebuch nach der Nürnberger Handschrift herausgegeben von Valentin Langmantel (= Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart, Band 172), Tübingen. Serruys, Henry (1945): „Pei-lou fong-sou. Les coutumes des esclaves septentrionaux de Siao Ta-heng“, in: Monumenta Serica 10, S. 117-164. Soucek, Svat (2000): A History of Inner Asia, Cambridge: Cambridge University Press. Simon de Saint-Quentin (1965): Histoire des Tartares. Publiée par Jean Richard (= Documents relatifs à l´histoire des croisades, Band 8), Paris: Librairie Orientaliste Paul Geuthner. Sinor, Denis (1972): „Horse and Pasture in Inner Asian History”, in: Oriens Extremus 19, S. 171-184. Taube, Erika/Taube Manfred (1983): Schamanen und Rhapsoden. Die geistige Kultur der alten Mongolei, Leipzig: Koehler & Amelung. Veit, Veronika (1985): „Das Pferd – Alter Ego des Mongolen. Überlegungen zu einem zentralen Thema der mongolischen Geschichte und Kultur“, in: Walther Heissig (Hg.), Fragen der mongolischen Heldendichtung III (= Asiatische Forschungen, Band 91), Wiesbaden: Harrassowitz, S. 58-88. Veit, Veronika (1989): „Das Pferd – Freund und Gefährte der Mongolen“, in: Walther Heissig/Claudius C. Müller (Hg.), Die Mongolen, S. 163-169. Veit, Veronika (1989a): „Die fünf Tierarten der mongolischen Herdentierhaltung“, in: Walther Heissig/Claudius C. Müller (Hg.), Die Mongolen, S. 154-162. Veit, Veronika (2005): „Die Überlegenheit von Pferd und Bogen – Die Rolle des Pferdes bei den Mongolen in Frieden und Krieg“, in: Dschingis Khan und seine Erben. Das Weltreich der Mongolen, München: Hirmer, S. 96-98. Veit, Veronika (2012): „Reise, indem du Proviant, Futter und Wasser des Pferdes voraus bedenkst“, in: Jan Bemmann (Hg.): Steppenkrieger. Reiterkrieger des 7.14. Jahrhunderts aus der Mongolei. Begleitbuch zur Ausstellung, Bonn: Primus, S. 71-85. Wandern, weiden, Welt erkunden (2013): Nomaden in der griechischen Literatur. Ein Quellenbuch. Herausgegeben, eingeleitet und übersetzt von Michaela Rücker, Christine Taube und Charlotte Schubert (= Texte zur Forschung, Band 104), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Wiener, Gerald (2013): „The Yak, an Essential Element of the High Altitude Regions of Central Asia”, in: Études mongoles et sibériennes, centralasiatiques et tibétaines 43/44. Yule, Henry (1916): Cathay and the Way Thither. Vol. 4, London: Hakluyt Society.

Care of Animals in Ancient Mesopotamia H ELENA I SOLA

D OMESTIC ANIMALS

IN

ANCIENT M ESOPOTAMIA

Humans and animals have a long common history. Domesticated animals were already an important source of food, materials and income in the ancient societies. Animals were also needed as beasts of burden to carry and pull heavy objects. With the rise of animal husbandry people learned to observe illnesses and traumas in animals, possibly also to treat them in one way or another and assist farm animals with difficult labor. At least some knowledge of welfare and good care of animals becomes an important financial factor when dealing with larger groups of animals. Conversely if a family only has a very small number of cattle, sheep or donkeys, their loss due to an illness can have disastrous effects on their owners. In that sense the care of animals is never just about the animals, it is about the welfare of people as well. If one thinks of animal welfare today, the discussions often concentrate on issues such as the possibility for species specific behavior and avoidance of stress and pain. Also the questions of how justified it is to use products of animal origin or have animals working for us come up every now and then. Sometimes even the concept of having companion animals is questioned. The subject with this paper is not to deal with those issues but to discuss the evidence of care and medical treatment of animals in ancient Mesopotamia in light of textual evidence and to study how this reflects the attitudes of the ancients towards animals and their value to the society. Sheep, goats, pigs and cattle had been domesticated early and were all common species in Mesopotamia. Meat, milk, wool and hides were all important products. Oxen were important draft animals. Animals were also sacrificed in religious ceremonies.

42 | HELENA I SOLA

The donkey (Equus asinus) was the first domestic equine in Mesopotamia. Donkeys were used primarily to carry loads, but also to pull wagons and for riding. Sumerians started to cross breed donkeys with wild Persian onagers probably in the early 3rd millennium (Clutton-Brock 1992: 43). This produced a hybrid that was higher and stronger, better suited for pulling wagons. There is no evidence that onagers were used as such for wagons (ibid: 89-90). It is suggested that the practice of cross breeding with onagers ended after horses became more common (Postgate 1986: 198). Wild horses did not exist in Mesopotamia so it is a fact that domesticated horses were imported to the area, most probably from the north. In the Sumerian cuneiform script horse is written ANŠE.KUR.RA which can be translated as “donkey of mountains” or “donkey of strange land”. The word itself demonstrates that horses were of foreign origin. Horses start to appear in texts more commonly toward the end of the Old Babylonian period (c. 2000-1600 BC) and only in the outskirts of Mesopotamia. In early times horses were luxury items not used for pulling heavy wagons or in war. After becoming more common they played an important part in warfare first in front of chariots and later with the mighty imperial Assyrian cavalry. A large part of ancient knowledge on animal care was most probably transmitted only orally since textual evidence of this everyday subject is relatively sparse. However, the Mesopotamian cuneiform texts on animal care are some of the earliest written sources concerning the relationship between humans and animals. The material used for writing was durable clay tablets and thanks to that we still have some written information on that society’s common attitude towards animals. The texts include Sumerian seals, Neo-Assyrian medical prescriptions and lists of medical plants, Middle Assyrian training and care guide for wagon horses, Old Babylonian law codes, letters and governmental documents from different times and places during the history of ancient Mesopotamia. The history of veterinary medicine has not been as popular a subject as the history of human medicine. From the Mesopotamian texts we know that besides shepherds, farmers and stable workers there were also professional veterinarians who took care of the sick and injured animals, giving them medical treatment when needed. The finest textual evidence about the medical care of animals concerns horses. As in many other societies during history the general value of horses was higher than that of other domestic species. In older and less medical text material oxen and donkeys are seen more often while horses are hardly mentioned. Since both oxen and donkeys were used as draft animals and donkeys also for carrying goods on their backs, even individual animals were of some economic importance. Other species mentioned in texts are goats, sheep and dogs, but without a straight connection to veterinary medicine or information on care for them.

C ARE OF A NIMALS IN A NCIENT M ESOPOTAMIA

| 43

T HE W ORLD ’ S F IRST K NOWN V ETERINARIAN Sumerian Ur-Lugaledina is considered the world’s first known veterinarian. He lived in the city of Lagash during the latter half of the 22nd century BC. He is known to us from his cylinder seal with a picture and a short text. There are no veterinary texts from Sumerian times but his seal reveals his profession. The text in the seal can be translated “Edin-Mugi, vizier of Shakkan, the god of mother animals: Ur-Lugaledina, the doctor, is your servant”. Shakkan is the Sumerian god of cattle who protects both domesticated and wild animals and who is responsible for the fertility of animals. Edin-Mugi is his less well-known vizier. The seal depicts the Mesopotamian tree of life with some kind of a long device hanging from it. The device is thought to resemble the metal chains often used to help cows in giving birth even today (Hausmann 1976: 82; Stol 2011: 379-380). Figure 1: Seal of Ur-Lugaledina

Source: Hausmann 1976: 83

There are also other details in the seal referring to the fact that Ur-Lugaledina must have been a veterinarian in his time. His name, Ur-Lugaledina, is translated as “servant of the king of the steppe”, a direct reference to Shakkan. At the same time he uses the title “doctor”, which means he cannot be, for example, a shepherd or some other simple caretaker of animals. From later texts it is known that the Sumerian word A.ZU was used for both physicians and veterinarians. It is also certain that he cannot have been a physician or a healer of humans because of the direct references to animals and the god Shakkan. There is nothing that refers to the healing of people. During his time agriculture and animal husbandry were important in

44 | HELENA I SOLA

Lagash and there must have been a need for professionals who knew about the health and reproductive problems of cattle and sheep. The simple fact that UrLugaledina even had this seal with his name on it shows that he had a relatively good position in his society. It is believed that he was a higher official of the city state of Lagash (Stol 2011: 380). There is also another known piece of text where Ur-Lugaledina is mentioned. There, Ur-Lugaledina the doctor is said to offer to the goddess Bau for the life of the Ur-Ningirsu, the leader of Lagash, and for his own life (Clay 1915: 8). That text does not give any additional information about the work he does as a doctor. The word A.ZU itself is understood as closest to the modern idea of physicians and is translated as such. In the famous law code of Babylonian king Hammurapi (c. 1792 – 1750 BC) A.ZU is used for veterinarians of donkeys or cattle. In general, different words are used for priests or exorcists who also worked with illnesses and healing but they do not appear in texts concerning sick or wounded animals. However, in Neo-Assyrian times people listed as a family of exorcists are known to have vast amounts of medical literature without a religious aspect in their libraries. Within this medical literature there are also recipes for medication of sick horses (Pedersen 1986: 47). Actually, it is not possible to make a clear distinction between medical and religious types of healing procedures or the people who performed them. It is known that a prayer has been performed for at least sick cattle (Worthington 2009: 64) and that in the case of a deadly epidemic “god has started to eat” both cattle and people (Kupper 1950: 61). After the Old Babylonian law codes veterinarians nearly disappear from the texts. One severely damaged script of the Neo-Assyrian king Esarhaddon (681-669 BC) which lists craftsmen and specialists deported from Egypt mentions a veterinarian (Stol 2011: 379). Apart from that the words for veterinarian can only be found in lexical lists. Still from the horse recipes we know that medical treatment of animals continued so there must have been skilled professionals to do the work. The powerful Assyrian imperial army must have needed veterinarians for their horses and also working oxen and donkeys continued to serve the needs of agriculture and trade. It is possible that veterinarians were referred to simply as doctors or healers or maybe some still unknown words were used. It is worth remembering that the time span of the texts discussed here is over a thousand years and the societies which produced them are different.

V ETERINARY T EXTS

IN

M ESOPOTAMIA

Veterinary texts are extremely rare but there are some proper medical texts written in cuneiform that deal with the treatment of sick horses. The Ugaritic horse recipes

C ARE OF A NIMALS IN A NCIENT M ESOPOTAMIA

| 45

come from modern-day Syria and date to 1300-1100 BC. The Neo-Assyrian horse recipes for colic are newer and date to the early first millennium BC. In addition there are three known lists of medical plants which include instructions for the treatment of horses. All these are scientific texts which are quite difficult to translate because of the names of numerous plants used in them. But what is certain is that they are veterinary and not human medicine. All veterinary texts are about horses and they are written in the basic formula of medical therapeutic texts. First, they describe the illness or symptoms of the animal. After this comes a list of ingredients needed in the drug and instructions on how to prepare it, followed by dosage instruction. The Ugaritic texts come from outside of Mesopotamia and are written in Ugaritic language but are included here because they play a unique part in the history of veterinary medicine in the ancient Middle East. The texts are on four tablets which are copies of the same text which is an important fact. The fact that the recipes were copied proves that they were established. The translations made of the text differ from each other a bit, but the recipes appear to be for the treatment of respiratory problems, slow bowel movement (cause of colic) and pain. Even today all of these are common health problems with horses and there is no reason why it would have been different then. The drugs contain measured amounts of plant products and are given to the patient via nostril (cf. Pardee 1985: 25-26; Cohen/Sivan 1983: 10). The tablets fail to give any prognosis for recovery. We do not know who wrote them or who gave the treatments. There are not any known texts similar to this from Mesopotamia from the same period. The Neo-Assyrian horse recipes come from the city of Ashur, from a large private library of 631 texts and date to the early Neo-Assyrian period (9th-8th century BC) (Pedersén 1986: 47). Two horse recipes are found in a well preserved tablet amongst human medical recipes on different groups of diseases (Köcher 1963: 5059). They are recipes for treatment of colic, which remains a serious and common problem in horses even today, as everyone working with them knows. The two horse recipes are written in a scientific style; they use plenty of Sumerian logograms for words and contain several plant ingredients of which many cannot be translated. The structure of the recipes follows that used in other medical texts of the time. Both start with a list of ingredients (8 in the first, 23 in the second recipe) followed by instructions on how to mix them with wine or beer, honey and oil and finally the route of administration, here poured into the left nostril in the first and as enema in the second recipe. In the second recipe it takes overnight to prepare the drug and horses are also given beer in addition to the drug. The horses advised to be treated this way are suffering from colic and in the end the prognosis is they will become healthy. The private library where this tablet was found belonged to a family where the most common profession for named persons is exorcist. The writer of this tablet is

46 | HELENA I SOLA

called Bēl-apkal-ilāni but his profession is not mentioned in the tablet and unfortunately we know nothing more about him (Pedersén 1986: 47). And again we do not know who the people giving the treatments were. The one thing we can say is that both the writer and the readers of these horse recipes must have been highly educated and the text itself belongs to the category of scientific medical literature. At least three Neo-Assyrian lists of medical plants include recipes for colic in horses (Pardee 1985: 75-76). Their contents are quite similar to therapeutic texts but in principle they are lists of plants used for medical purposes and not proper medical literature. The small and fragmented texts come from the cities of Ashur, Niniveh and Sultantepe in modern Turkey. The fact that Neo-Assyrian texts regarding medication of horses are found in different areas shows their popularity and reflects the extremely high value of horses to the society.

M IDDLE -ASSYRIAN I NSTRUCTIONS AND C ARE OF W AGON H ORSES

FOR

T RAINING

Outside the medical text group there is one very important text collection concerning care of animals. This is the Middle-Assyrian instructions for training and care of wagon horses. It dates to the 13th century BC and was found in the city of Ashur in northern Iraq. The texts themselves are severely fragmented in 22 pieces today but they must have spanned at least four tablets in their original state (Ebeling 1951: 7). In addition to the main text there is a commentary tablet. The text contains very detailed instructions on training, feeding and other care for horses. The purpose of the commentary tablet is unclear since the text itself is written mostly syllabically and not using logograms. It is not a difficult scientific text like the medical recipes but appears to be relatively easy to read. The commentary tablet is not actually needed to make the text easier to understand. The training program given in the text is interval training with the horses running different distances on different terrains repeatedly on set times of the day. The horses run on a road, track and field with their equipment on and the first exercises start early in the morning. Feeding consists of measured portions of grain in addition to hay which is given freely. Horses are to be given water often, taken down to a river to cool down and cleaned from sweat after exercise. The text pays as much attention to the periods of rest between exercises as to the training itself. The horses are stripped from their equipment and let loose to wander. The horses spend their nights in a stable (Ebeling 1951: 48-57). The name of the horse master behind the instructions has not been preserved in the text fragments. The text does not mention possible sicknesses or injuries of the horses but its importance is in the prevention of those. The special nature of highly

C ARE OF A NIMALS IN A NCIENT M ESOPOTAMIA

| 47

trained, heavily exercised horses as athletes and their susceptibility to illness due to harmful training and feeding habits was understood. Another important point is the language used. We do not actually know who these instructions were made for but since the text itself is not scientific by nature and is full of details, we can assume that professional horse trainers were the target group of the text.

ANIMALS

AND

V ETERINARIANS

IN

L AW C ODE

Domestic animals were and still are property in the face of the law. Old Babylonian laws have regulations concerning harming them, thus destroying or diminishing their value. The Laws of Lipit-Istar from the city of Isin in Lower Mesopotamia date to circa 1930 BC. They contain at least four provisions for harming rented oxen. If a man breaks the horn or the tail of a rented ox, injures its hoof or destroys its eye, he will have to pay to the owner an amount going from one quarter to half of the animal’s value in silver (Roth 1995: 33). Similar regulations are found in a number of scribal school student exercise tables from the city of Nippur dating to circa 1800 BC (ibid: 41-42) and in the famous Code of Hammurapi from circa 1750 BC. This reveals the fact that these regulations were common and somewhat important to the society. Not everyone who needed a draft animal could afford to own one so ox rental was usual. The motive behind these regulations is not the welfare of living creatures but the financial value of the animal to its owner. In the Code of Hammurapi one can also see that while domestic animals are someone’s property and under the responsibility of their owners or renters, they still have a mind of their own and accidents happen without it being anyone’s fault. If a rented ox dies due to an illness, the renter does not have to pay for it. Also, if an ox gores a man to death on the street, there is no punishment for the owner unless the animal is known to do that and the owner still doesn’t control it. In that case there is a payment from a third to half a mina depending on the social standing of the deceased (ibid: 128). Similar provisions are also found from the circa 20 years older laws from Eshnunna, a kingdom that eventually fell to Hammurapi’s expanding Babylonian empire. In addition to goring oxen there are provisions about vicious dogs biting people thus causing their death (ibid: 67-68). Since a simple dog bite is rarely lethal, this text is considered to witness that rabies was a known disease at the time. In the Old Babylonian culture being a veterinarian was an established profession. The Code of Hammurapi even lays down fees for their services and punishments for malpractice in case of the death of the animal. Based on the choice of words in the law code there apparently was some distinction made between veterinarians specialized in treating different species. Provisions 224 and 225 from the

48 | HELENA I SOLA

law code read as follows: “If a doctor of oxen or donkeys performs major surgery upon an ox or a donkey and thus heals it, the owner of the ox or of the donkey shall give the physician as his fee one sixth (of a shekel) of silver. If he performs major surgery upon an ox or a donkey and thus causes his death, he shall give one quarter of its value to the owner of that ox or donkey.” (ibid: 124) The fees and punishments were naturally less for veterinary surgeons than doctors. Apparently cattle and donkeys were important and valuable enough to be treated by veterinarians. Sheep or goats on the other hand probably were taken care of by shepherds or their owners when sick or injured. This is not very far from reality with farm animals today. The old Mesopotamian law codes do not mention horses since they are from the time before horses became common in the area.

L ETTERS

AND

G OVERNMENTAL D OCUMENTS

In an Old Babylonian letter the recipient, mister Etel-Pi-Nabium is asked to arrive because an ox has a wound in his head (Stol 1981: 48-49). The letter is 11 rows long and does not discuss the subject in more detail, so we do not know whether the recipient was needed to help the ox or if he was needed for some bureaucratic reasons, for example as a witness to the matter. It is stated that the ox is in the hands of someone belonging to the dependent class so it could have been rented. With that in mind, both reasons why Etel-Pi-Nabium could have been needed there are equally likely. In another Old Babylonian letter the sender shows concern about donkeys with injured backs. According to the sender, a male and female donkey had been struck on the back and this caused concern to the sender (Frankena 1966: 177). The choice of verb here implies that the animals had been hit and not injured accidentally. The situation is described very shortly with just one sentence, so again we do not know anything more about what was done in this situation. These donkeys worked in a caravan and in order to do their work they had to be healthy. With that in mind one cannot treat this letter as an example of concern for animal welfare or distaste for cruelty against animals. Most probably the main motivation behind the writer’s concerns are financial issues. The royal archives of Mari contain letters in which sick or injured cattle are mentioned. Animals were transported to the royal court for rituals and ceremonies and naturally they needed to be quite flawless for this purpose. In one letter an official wrote to the king of Mari Zimri-Lim (c. 1775-1761 BC) that the cow sent for the king was ill and would be replaced by another one (Dossin et al. 1964: 25). In another letter another high official asked the king what to do when a cow meant for the palace was ill. The animal was fat, heavy and unable to stand. It also had difficulties eating and thus could not make the way to Mari (Birot 1993: 75). Since the

C ARE OF A NIMALS IN A NCIENT M ESOPOTAMIA

| 49

letters are short it is impossible to say if the animals in question were being treated for their condition in any way. One Neo-Assyrian letter about horses dating to the 7th century BC clearly does concern the welfare of animals. It is a report to the king of the arrival of horses at the temple of Nabû in Calah. Numerous reports like this exist since horses were collected all over the vast empire and then inspected and counted after their arrival. They were needed as cavalry mounts or “yoke-horses” for the Assyrian army. But one letter does a bit more than the usual plain reports. After counting the horses that arrived on that day the writer continues: “I arrayed the horses yesterday. Why must I constantly harass the king’s horses? But if the king, my lord, commands it, I will array the horses (again).” (Cole/Machinist 1998: 78) It seems that the writer of the letter, the inspector of the temple, did not want to overexert the animals for no good reason and ever dared to question the commands given to him. Two Neo-Assyrian letters show that also horse meat was eaten. A letter to the king Sargon II (722-705 BC) mentions five horses meant “for meat” (Lanfranchi/Parpola 1990: 218). These five horses were exchanged as a gift between two minor kings. Since the people involved have high positions, these horses probably were bred for the purpose. It is unlikely that they were some old or injured horses slaughtered after their service at war. There is also a seal from 715 BC which lists horses gathered from three different places and ends with “total 14 horses for meat” (Fales/Postgate 1995: 68). The seal had possibly been attached to a tablet that came with the horses.

R EFERENCES Birot, Maurice (ed.) (1993): Correspondance des gouverneurs de Qattunân, Archives royales de Mari 27, Paris: Éditions recherche sur les Civilisations. Clay, Albert T. (1915): Miscellaneous Inscriptions in the Yale Babylonian Collection. Yale oriental series, Babylonian texts, Vol. 1, New Haven: Yale University Press. Clutton-Brock, Juliet (1992): Horse power: A History of the Horse and Donkey in Human Societies, London: Natural History Museum. Cohen, Chaim/Sivan, Daniel. (1983): The Ugaritic Hippiatric Texts: a Critical Edition, New Haven: American oriental Society. Cole, Steven D./Machinist, Peter (eds.) (1998): Letters from Priests to the Kings Esarhaddon and Assurpanipal, State Archives of Assyria Vol. XIII, Helsinki: Helsinki University Press. Dossin, G. et al. (eds.) (1964): Textes divers, Archives royales de Mari 13, Paris: Geuthner.

50 | HELENA I SOLA

Ebeling, Erich (1951): Bruchstücke einer mittelassyrischen Vorschriftsammlung für die Akklimatisierung und Trainierung von Wagenpferden, Berlin: AkademieVerlag. Fales, F.M./Postgate, J.N. (eds.) (1995): Imperial Administrative Records, Part II: Provincial and Military Administration, State Archives of Assyria Vol. XI, Helsinki: Helsinki University Press. Frankena, R. (1966): Altbabylonische Briefe in Umschrift und Übersetzung Heft II: Briefe aus dem British Museum, Leiden: Brill. Hausmann, W. (1976): “Veterinärhistorische Keilschrifttexte aus Mesopotamien“, in: Historia Medicinae Veterinariae 1/1976, pp. 82 - 86. Köcher, Franz (1963): Die babylonisch-assyrische Medizin in Texten und Untersuchungen, Band II, Keilschrifte aus Assur 2, Berlin: De Gruyter. Kupper, J. R. (ed.) (1950): Correspondance de Kibri-Dagan, gouverneur de Terqa. Archives royales de Mari 3, Paris: Imprimerie nationale. Lanfranchi, Giovanni B./Parpola, Simo (eds.) (1990): The Correspondence of Sargon II Part II: Letters from the Northern and Northeastern Provinces. State Archives of Assyria Vol. V, Helsinki: Helsinki University Press. Pardee, Dennis (1985): Les textes hippiatriques, Mémoire, no 53, Ras Shamra Ougarit 2, Paris: Editions Recherche sur les Civilasations. Pedersen, Olof (1986): Archives and Libraries in the City of Assur: A Survey of the Material from the German Excavations, Part II, Uppsala: Acta Universitatis Upsaliensis. Postgate, J. N. (1986): “The Equids of Sumer, Again”, in: Richard H. Meadow/ Hans-Peter Uerpmann (eds.), Equids in the Ancient World, Wiesbaden: Reichert, pp. 194-206. Roth, Martha (1995): Law Collections from Mesopotamia and Asia Minor. Writing from the ancient world; Volume 6, Atlanta: Scholars Press. Stol, M. (ed.) (1981): Letters from Yale, Altbabylonische Briefe in Umschrift und Übersetzung, Heft 9, Leiden: Brill. Stol, M. (2011): “Pferde, Pferdekrankheiten und Pferdemedizin in altbabylonischer Zeit“, in: Oswald Loretz (ed.), Hippologia Ugaritica: das Pferd in Kultur, Wirtschaft, Kriegführung und Hippiatrie Ugarits – Pferd, Esel und Kamel in biblischen Texten, Münster: Ugarit-Verlag, pp. 363-402. Worthington, M. (2009): “Some Notes on Medical Information Outside the Medical Corpora”, in: Annie Attia/ Gilles Buisson/ Markham J. Geller (eds.), Advances in Mesopotamian Medicine from Hammurabi to Hippocrates, Leiden: Brill, pp. 47-78.

Ein pulverisierter Penis für die Potenz, eine Kralle fürs Glück Ein historischer Abriss zum Wildtierhandel A NDREA P ENZ

AKTUELLES Der illegale Handel mit wildlebenden Tieren zählt gegenwärtig, nebst dem Menschenhandel, dem Handel mit illegalen Drogen und dem Waffenhandel zu den weltweit lukrativsten Geschäften des organisierten Verbrechens. Wenngleich kaum gesicherte ökonomische Daten vorliegen, wird der jährliche Wert des illegalen Wildtierhandels mit rund 20 Milliarden US-Dollar beziffert, „dabei werden bis zu 120 Millionen Tiere weltweit gehandelt“ (Stiftung Artenschutz 2012/2013: 3). „Die Gewinnspannen im Wildtierhandel sind enorm, das Risiko erwischt zu werden verschwindend gering und die Strafen milde“, so Daniela Freyer von der Artenschutzorganisation Pro Wildlife.1 Der britische Außenminister William Hague sieht den illegalen Wildtierhandel und seine Folgen in einem noch größeren Zusammenhang: „But the illegal trade in these animals is not just an environmental tragedy; it strikes at the heart of local communities by feeding corruption and undermining stability in what are already fragile states” (Hague 2013)2. Verbotener Handel mit Wildtieren inkludiert lebende Tiere, Jagdtrophäen, Modeartikel, Kunstgegenstände, Inhaltsstoffe für traditionelle Medizin und Fleisch für den Verzehr. Jedes Jahr werden Tausende von Elefanten getötet, um aus Elfenbein Kunst- und Schmuckgegenstände herzustellen. „Das Selous-Wildreservat in Tansania, ein UNESCO-Welterbe, und das umgebende Ökosystem haben innerhalb von vier Jahren 66 Prozent der

1

http://www.antijagd.ch/tierschutznews/487-wilderei-krise-eu-parlament-sagt-illegalemwildtierhandel-den-kampf-an.html (Abruf: 4. Dezember 2014).

2

https://www.gov.uk/government/speeches/foreign-secretary-remarks-at-illegal-wildlifetrade-event (Abruf: 4. Dezember 2014)

52 | A NDREA P ENZ

Elefanten verloren“ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).3 Wildlebende Tiger, von denen es in freier Wildbahn nur noch etwa 3.200 gibt, werden gejagt, um zu traditioneller Chinesischer Medizin verarbeitet zu werden. „Meeresschildkrötenarten sind extrem von Wilderei und dem illegalen Handel mit ihren Eiern, ihrem Fleisch und ihren Panzern bedroht. Das Schuppentier, das in Afrika und Asien beheimatet ist, wird wegen seines Fleisches, das als Delikatesse gilt, und wegen seiner Schuppen, die für Lederprodukte genutzt werden, sowie ob seiner Bedeutung für die traditionelle Chinesische Medizin ausgerottet“ (WWF 2014).4

Korallen werden als Aquariendekoration oder Nippes verkauft, Warane, Süß- und Meerwasserfische, Chamäleons, Gürteltiere, Pfeilgiftfrösche und Schlangen, um nur einige wenige Tiere beim Namen zu nennen, landen in den Wohnzimmern der Ersten Welt, dem letzten Glied in einer langen Handelskette. Die Mortalitätsraten im Wildtierhandel sind enorm, die Verlustraten beim internationalen Transport betragen durchschnittlich 30 Prozent (Pro Wildlife 2001: 4f.). Die Preispolitik ist perfide – je seltener – desto teurer. „For some, selling wildlife can be a lucrative business, attracting large amounts of money and generating very large profits” (Traffic 2008: X). Die Illegalität dieses mittlerweile als Umweltverbrechen definierten globalen Geschäftszweiges ist ein Phänomen des 20. Jahrhunderts. Bis zum Londoner Artenschutzabkommen aus dem Jahr 1933, welches allerdings nur von neun Staaten ratifiziert wurde, bzw. bis zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen aus dem Jahr 1973 war der internationale Handel mit Tieren in keinster Weise reglementiert noch reguliert. Legal dürfen heute international nur jene Arten gehandelt werden, die nicht im Washingtoner Artenschutzübereinkommen aufgeführt sind, und so blüht der illegale Handel. Am Mittwoch, dem 15. Jänner 2014 stimmte das EU-Parlament für eine EUResolution zum illegalen Wildtierhandel. Der Leiter der Wildtierhandelskampagne des IFAW-Deutschland (Internationaler Tierschutz-Fonds), Robert Kless, sieht in der Resolution „die Antwort auf den dramatischen Anstieg der Wilderei in den letzten Jahren, die viele Tierarten an den Rand der Ausrottung gebracht habe“. (IFAW

3

http://www.bmz.de/de/presse/aktuelleMeldungen/2014/januar/140131_Naturschaetzeerhalten-was-mit-deutscher-Unterstuetzung-gegen-die-Wilderei-auf-Elefanten-undNashoerner-getan-wird/index.html (Abruf: 4. Dezember 2014)

4

http://www.wwf.de/2014/januar/britische-botschaft-wwf-und-ecologic-institut-gehengemeinsam-gegen-illegalen-wildtierhandel-vor/ (Abruf: 4. Dezember 2014)

E IN PULVERISIERTER P ENIS

| 53

2014)5 Die Resolution fordert unter anderem von der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten folgende Maßnahmen: „Die Entwicklung eines EU-Planes gegen Wilderei und den illegalen Wildtierhandel mit klaren Aufgaben und Zeitplänen, die Zerstörung der Elfenbeinlagerbestände in den EU-Staaten, die Verschärfung der Strafverfolgung und härtere Strafen, die Bildung einer Einheit zur Bekämpfung von Wildtierverbrechen innerhalb der EU, die Bekämpfung des Wildtierhandels und die Einführung eines EU-Handelsverbotes von Elfenbein“ (ebd.).

Weltweit versuchen NGOs seit Jahren, auf die Missstände aufmerksam zu machen, sind jedoch bei der Eindämmung des Handels mit gefährdeten Arten und Produkten derartiger Tiere auf die politische Unterstützung der Regierungen angewiesen. Die deutsche Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsabkommen für eine Verbesserung zum Schutz von Wildtieren ausgesprochen. Im österreichischen Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2013 findet sich dazu freilich recht wenig Konkretes, als Ziel wird ganz allgemein die Beachtung des Tierwohls definiert, nicht mehr und nicht weniger (Bundeskanzleramt/Bundespressedienst 2013: 18). Einzelne Initiativen, wie z.B. jene Großbritanniens, wo die Regierung umgerechnet 12 Millionen Euro zur Bekämpfung der Wilderei und des illegalen Tierhandels zur Verfügung gestellt hat, sind global gesehen mehr Ausnahme als Regel. Soweit die aktuellen Zahlen, Fakten und Entwicklungen, deren Genese und historischen Voraussetzungen in einer Einbahnbeziehung zwischen Mensch und Tier im Folgenden beleuchtet werden soll. Um unterschiedliche Schattierungen der Tier-Mensch-Beziehung, sowohl faktengeschichtlich als auch kultur- und mentalitätsgeschichtlich zu fassen, sind, will man dem Historiker Peter Dinzelbacher als Herausgeber des Überblickswerkes Mensch und Tier in der Geschichte Europas, in seiner Argumentation folgen, ordnende Kategorien zur besseren Einteilung hilfreich: „Ernährung und Jagd, Arbeitskraft, Militärische Nutzung, Vergnügen, Religion und Kult, Literatur, Bildende Kunst und Wissenschaft“. (Dinzelbacher 2000: XII Vorwort) Das Hauptaugenmerk in den folgenden Ausführungen zum historischen Wildtierhandel liegt auf exotischen, im jeweiligen zeitlichen Kontext aufsehenerregenden, außergewöhnlichen Tieren, die zur Befriedigung menschlicher Luxusbedürfnisse dienten und dienen und somit im

5

http://www.ifaw.org/deutschland/aktuelles/das-eu-parlament-beschlie%C3%9Ft-resolu tion-gegen-den-illegalen-wildtierhandel (Abruf: 4. Dezember 2014) Der Resolutionsentwurf kann im Originaltext auf folgender Internetseite abgerufen werden: http://www. europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=MOTION&reference=B7-2014-0013& language=EN (Abruf: 3. Dezember 2014).

54 | A NDREA P ENZ

weitesten Sinne der Kategorie Vergnügen zuzurechnen sind. Es sind in erster Linie Tier-Mensch-Beziehungen, „bei welcher Freude und Vergnügen recht einseitig beim Menschen gelegen haben dürften“ (Dinzelbacher 2000: 158).

H ISTORISCHES Das Handeln und Sammeln von exotischen Tieren hat eine lange historische Tradition, die sich in ihren Wurzeln bis ins Altertum zurückverfolgen lässt. Schon damals erwuchs der Wunsch des Menschen, Tiere, die er sich nicht zu Hausgenossen, Spielgefährten und/oder Vertrauten auserwählt hatte, also bestimmte Tiere, zu welchen er aufgrund ihrer Stärke, ihrer Wildheit, ihrer Hässlichkeit und/oder ihrer Schönheit eine spezielle, unüberbrückbare Differenz fühlte, weil sie menschliches Maß übertrafen, zur Schau zu stellen. Wie bei der Jagd war auch dieser Umgang mit wilden Kreaturen letztlich eine willentliche Manifestation der menschlichen Überlegenheit. Machtausübung, der Sieg der vermeintlichen Zivilisation über die ungezähmte Natur und Repräsentation standen somit auch hinter dem Defilee von Löwen, Leoparden, Panthern, Bären, indischen Stieren, Luchsen und einem Rhinozeros, das König Ptolemaios II. 279 v. Chr. zu Ehren seines verstorbenen Vaters inszenieren ließ (Giebel 2003: 187-189). Der größte Tierimporteur des Altertums jedoch war das Imperium Romanum, das seinen Weltherrschaftsanspruch auch durch die Beherrschung der exotischsten Kreaturen unter Beweis zu stellen suchte. Nach dem Vorbild orientalischer und griechischer Herrscher war es für die römische Aristokratie und in der Folge für die Kaiser eine Prestigefrage, private Tiergehege (vivaria) zu unterhalten (Dinzelbacher 2000: 103). Bekannt ist vor allem der Privatzoo Kaiser Neros (37-68 n. Chr.), dessen Bestand ansehnliche 537 Tiere umfasst haben soll, darunter Elefanten, Tiger, Löwen, Flusspferde, Giraffen etc. (ebd: 104). Eine weitaus größere Zahl an Tieren allerdings fand in den seit dem 2. Jh. v. Chr. bezeugten venationes als Attraktion und Teil der zeitgenössischen Unterhaltungskultur Verwendung und damit einen grausamen Tod (ebd: 106; Lorenz 2000: 363-369; Giebel 2003: 188-194). Diese publikumswirksamen Tierhetzen gingen sowohl als Begleitprogamm bei Gladiatorenkämpfen als auch als singuläre Spektakel über die Bühne. Um diesen Veranstaltungen noch mehr Glanz und exotisches Flair zu verleihen, wurden insbesondere Tiere aus Afrika, dem Nahen Osten und Indien in die römischen Arenen gebracht. Zur Hebung des Luxus bei derartigen Zirkusveranstaltungen hob der Senat im Jahre 170 v. Chr. sogar ein bis dahin bestehendes Importverbot für afrikanische Tiere auf (Lorenz 2000: 364). Seinen Höhepunkt erreichte der diesbezügliche Tierbedarf in der Kaiserzeit: So rühmt sich Augustus (63 v.-14 n.) in seinen res gestae, dass bei den venationes bestiarum Africanarum unter seiner Herrschaft 3.500 Tiere „erledigt“ worden seien (Giebel 2003:

E IN PULVERISIERTER P ENIS

| 55

190). Kaiser Titus erfreute das Publikum im Rahmen der Einweihung des Kolosseums mit der Hetze von 9.000 Tieren, und Trajan schickte laut Cassius Dio anlässlich der Feier des Sieges über die Daker 11.000 tierische Kämpfer in die Arena (Lorenz 2000: 366; Pelzer-Reith 2011: 16). Neben dem Unterhaltungs- lieferten die getöteten Tiere vermutlich auch noch einen Nährwert, da die Quellen Hinweise darauf liefern, dass das Publikum nach den Spielen mit dem Fleisch der Exoten abgespeist wurde (Kyle: 1994). Exotische Vierbeiner kamen darüber hinaus bei öffentlichen Hinrichtungen, der sog. damnatio ad bestias, zum Einsatz, in deren Verlauf die Verurteilten durch Tiere, wie Löwen oder Elefanten, langsam durch Zerfleischung oder Zertrampeln getötet wurden. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass eine derart gesteigerte Nachfrage nach exotischen Tieren für die zahlreichen Arenen im gesamten Imperium die aufwändige und teure Beschaffung logistisch optimieren musste. Schon in der Antike vermittelten daher „Agenturen“ die gewünschten Tiere; Tierfänger, Tierpfleger und Dompteure, deren Aufgaben und Berufsbezeichnungen wir aus antiken Inschriften kennen, gewährleisteten den Nachschub der tierischen Ware. Das Mosaik der Großen Jagd (Ende 4. Jh. n. Chr.) in der Villa Del Casale, dem Wohnsitz einer römischen Adelsfamilie auf Sizilien, zeigt, wie Panther, Löwen, Antilopen, Wildschweine, Strauße, Kamele und Elefanten gejagt und für den Weitertransport per Schiff nach Rom in Kisten verpackt werden. „Klassische Autoren wie Polybios und Livius berichten, dass die Schiffsplanken mit Erde und Gras getarnt wurden, um die sensiblen Tiere überhaupt dazu bewegen zu können, an Bord zu gehen“ (Pelzer-Reith 2011: 18). Der Norden Afrikas, vornehmlich das Gebiet zwischen dem heutigen Marokko und Libyen, sowie Syrien und Mesopotamien waren die wichtigsten Ursprungsregionen der animalischen Importe, daneben versorgte man sich noch in Germanien mit Bären, Auerochsen und Keilern. Insgesamt vermitteln Text- wie Bildzeugnisse ein recht klares Bild, welch blühender Wirtschaftszweig die Tierfängerei in der hohen Kaiserzeit war (Giebel 2003: 195). Gehandelt wurde aber nicht nur mit Lebendware, sondern auch mit Produkten tierischer Herkunft wie z.B. Elfenbein, einem bereits in der Antike begehrten Luxusartikel. Tierische Produkte fanden außerdem Verwendung in der Heilkunde, so beschreibt Plinius der Ältere in seiner Schrift Naturalis Historia Pharmaka, die aus Bestandteilen von exotischen Tieren (Elefant, Löwe, Kamel, Hyäne, Krokodil, Flusspferd) hergestellt wurden. Dass Fang und Bejagung dieser Tiere bereits in der Spätantike regional artbedrohende Ausmaße annahmen, belegen Textzeugnisse des 4. Jahrhunderts, die vom Verschwinden von Flusspferden aus dem Nildelta und der Elefanten Libyens künden (Lorenz 2000: 369). Dabei sind allerdings weniger Klagen über das Ausrotten einer Spezies zu hören, als vielmehr kulturoptimistische Töne über die Nutzbarkeit der bislang von Wildtieren verseuchten Regionen als sichere Weide- und Ackerflächen (Giebel 2003: 196). Mit dem Niedergang des Weströmischen Reiches jedoch brach auch der blühende Handel mit exotischen Tieren,

56 | A NDREA P ENZ

zumindest nach West- und Mitteleuropa, ein – vierbeinige Luxusartikel machten anderen Begehrlichkeiten und Vergnügungen Platz. Die lateineuropäische Welt des Mittelalters kannte Spektakel, in denen wilde Tiere zur gesellschaftlichen Belustigung zum Einsatz kamen, in diesem Ausmaß nicht, insbesondere nicht mit exotischen Tieren, wohl aber Hahnenkämpfe, Bärenhatzen und z.B. den Stierkampf auf der Iberischen Halbinsel. In der Welt des Mittelalters stand der Aspekt des Nutzens, den ein Tier für die Menschen haben konnte, im Vordergrund (Dinzelbacher 2000: 269). Die Tier-Mensch-Beziehung dieser Jahrhunderte war in ihrer Wahrnehmung von einer primär feindlichen Natur geprägt und gerade im Hinblick auf exotische Lebewesen zudem mit christlicher Symbolik überfrachtet. So wurde beispielsweise der Gepard oder der Panther als reinkarnierte Seele eines Sünders interpretiert (Fossier 2008: 245). Die Basis dafür sowie für zahlreiche weitere Deutungen realer wie fabelhafter Tiere gab der Physiologus ab – ein im 2. bis 4. Jahrhundert n. Chr. kompilierter Leitfaden zur allegorischen Interpretation der Natur, aus dem nicht zuletzt die mittelalterliche Heraldik einen Gutteil ihrer Tiermotivik schöpfte (Physiologus 2003). Dabei interessierte natürlich nicht die reale Tierwelt, sondern der christologische Gehalt ihres Seins. Das bedeutet freilich nicht, dass sich Menschen des Mittelalters nicht an exotischen Tieren erfreuten, insbesondere weltliche und geistliche Herrscher, Könige und Päpste, hielten sich exotische Tiere in privaten Tiergärten. Wie für ihre antiken Vorgänger und Vorbilder auf dem Thron dokumentierten und steigerten Besitz und Zurschaustellung seltener Tiere Ansehen und Prestige. Ein König, der seinen Untertanen vitale Bestien aus den entferntesten Winkeln der Welt präsentierte, inszenierte sich „als Kenner des Unbekannten, als Beherrscher des Unbeherrschbaren, als Bezähmer des Unbezähmbaren“ (Giese 2008: 135). Im gemäßigten Klima des königlichen Wildparks von Woodstock, nahe Oxford, tummelten sich zur Regierungszeit des englischen Königs Heinrich I. (1068-1135) daher zunehmend sonnenhungrige Tiere wie Löwen, Leoparden, Kamele, Strauße und ein Stachelschwein. Die Quellen belegen, dass Heinrich I. andere Herrscher bat, ihm unbekannte Tierarten zur Vervollständigung seiner Sammlung nach England zu übermitteln (Clark 2006: 19). Unter seinen Nachfolgern sollte die Menagerie der größeren Publikumswirksamkeit wegen in den Tower nach London verlegt werden (Giese 2008: 145, 152). Auch Kaiser Friedrich II. (1194-1250) umgab sich mit exotischen Tieren und unterhielt in seinen Reichen gleich mehrere Tiergärten. Auf seinen Reisen oder bei repräsentativen Gelegenheiten wie Triumphzügen beeindruckte der Staufer gerne durch exotische Tiere in seinem Gefolge: „Auch sah die Stadt Vittoria Tiere, die Italien seit den Zirkusspielen zur Zeit des Römischen Reiches nicht gesehen hatte: Elefanten, Dromedare, Panther, Löwen, Leoparden, Luchse und weiße Bären“ (Heinisch 1968: 255). Zu seiner Hochzeit mit Isabella von Anjou-Plantagenet (1214-1241), der Schwester des englischen Königs Heinrich III., 1235 in Worms wurde der Hochzeitszug von exo-

E IN PULVERISIERTER P ENIS

| 57

tischen Tieren begleitet, über den es beim Einzug in Wimpfen heißt: „Auch führte er viele Sarazenen und Äthiopier mit sich, die verschiedener Künste kundig waren und mit Affen und Geparden sein Geld und seine Schätze bewachten“ (Giese 2008: 148). Nach dem zeitgenössischen Chronisten Roger von Wendover (+1236) schickte der Kaiser seinem Schwager dem königlichen englischen Wappen entsprechend drei Leoparden auf die Britischen Inseln (Heinisch 1969: 52, Giese 2008: 141). Friedrich II. selbst erhielt ebenso manche seiner exotischen Tiere durch wechselseitige Tiergeschenke, welche zu den wichtigsten diplomatischen Gesten der Zeit zählten: „Rare und exotische Tiere gehörten zu den beliebtesten Geschenken der Herrscher untereinander“ (Dinzelbacher 2000: 206), wobei seit den Tagen Karls des Großen (741/43-814) dem Elefanten der wohl prestigeträchtigste Platz unter den Ehrengeschenken zukam (Meier 2008: 141-150). An Exoten umfasste die Menagerie Friedrichs II. neben dem weithin legendären Elefanten und einer Giraffe – das als anabula bezeichnete Tier war im mittelalterlichen Europa vermutlich eine absolute Novität – Kamele, Affen, Löwen, Panther, Geparden, Servale und Papageien (Giese 2008: 124-126). Insgesamt überflügelte der Tierbestand des Staufers an Quantität, Vielfalt und Exotik alles im lateinischen Abendland bisher Gekannte (Giese: 2008: 127, 153). Ab dem hohen Mittelalter führte der aufblühende Handel zur verstärkten Einfuhr fremdländischer Tierarten6, insbesondere in Südeuropa (Dittrich 2007: 1). In der handwerklichen Produktion des Mittelalters fand Elfenbein praktische Verwendung, man denke an Schach- und Spielfiguren oder an Elfenbeindiptychen. Für solche Produkte wurden auch die Stoß- und Eckzähne von Walrössern und Walen verwendet. Als besonders wertvoll wurde das für das Horn des märchenhaften Einhorns gehaltene Elfenbein des Narwals angesehen, das man mit Gold aufwog. Der Handel bzw. der Austausch von lebenden exotischen Tieren blieb im Mittelalter ebenso gesellschaftlichen Eliten vorbehalten. Zwar bestand im Mittelalter grundsätzlich eine enge Beziehung zwischen Tieren und Menschen, das Gros der mittelalterlichen Gesellschaft jedoch bekam exotische Tiere so gut wie nie zu Gesicht, was auch den Wirkungsgrad herrschaftlicher Repräsentationsinszenierungen durch Zurschaustellung exotischer Tiere noch zusätzlich zu steigern vermochte. Dass nicht einmal mittelalterliche Gelehrte eine genaue Vorstellung vom tatsächlichen Aussehen exotischer Tiere hatten bzw. diese aus eigener Anschauung kannten, bezeugen nicht zuletzt Darstellungen, die sich in den Bestiarien (Pastoureau 2013; Lund 1997: 62-74), als Mirabilia mundi in Chroniken, auf zeitgenössischen Kartenwerken, insbesondere den mappae mundi, und in Reiseberichten des Spätmittelalters erhalten haben. Zumeist waren es von authentischen Naturbeobachtungen weit entfernte Zeichnungen, wie etwa in dem aus dem frühen 13. Jahrhun-

6

Affen, Stachelschweine, Löwen, Leoparden, Geparden, Dromedare, Gazellen, Strauße etc.

58 | A NDREA P ENZ

dert stammenden Musterbuch des steirischen Zisterzienserklosters Rein, die mittels Höckern, Hörnern, Rüsseln oder Mähnen heimische Spezies in Kamele, Elefanten und Löwen verwandelten und damit Mustervorlagen für Buch- und Kartenillustrationen lieferten (Reiner Musterbuch 1979: fol. 7r-9r; 37-41). Nur selten finden sich in dieser Zeit so ausführliche und auf Augenzeugenschaft beruhende Beschreibungen wie jene des süddeutschen Pilgers Felix Fabri (1438/39-1502), der sich von den ihm fremden Kreaturen im Gehege des Mameluckensultans in Ägypten beeindruckt zeigt. Abgesehen vom Leoparden- und Straußengehege schien vor allem die Giraffe das besondere Interesse des Ulmer Dominikaners geweckt zu haben : „Es ist viel größer und schlanker als ein Kamel, ein Vierbeiner, bei dem aber die Vorderbeine länger sind als die hinteren, und zwar so sehr, daß auf seinem Rücken der Abschüssigkeit halber weder Menschen sitzen noch Lasten aufgelegt werden können. Es besitzt einen langen Hals wie ein Kamel und einen kleinen pferdeähnlichen Kopf mit spitzen Ziegenhörnern, der Schwanz ist wie beim Hund, nur nicht so behaart, die Hufe sind geteilt wie beim Rind, die Farbe erscheint rötlich mit weißen Flecken wie Sterne. Die Giraffe ist ein schönes und sanftes Tier, mehr ergötzlich zum Betrachten als geeignet zu irgendeiner Verwendung für den Menschen wegen ihrer unproportionierten Beine. Trotz ihres langen Halses vermag sie nicht mit dem Maul die Erde zu erreichen. So holt sie sich ihr ganzes Futter aus der Höhe statt vom Boden, von den Bäumen nimmt sie sich Blätter und von Felsen, Abhängen und Bergwänden Gras, während sie selbst unten steht […] Stünde dieses Tier in Ulm auf dem Marktplatz vor der Trinkstube der bürgerlichen Herren und richtete sich auf, könnte es sich seine Mahlzeit aus dem Stubenfenster holen“ (Fabri 1996: 225).

Mit Beginn der Frühen Neuzeit, der damit verbundenen Entdeckung, Eroberung und europäischen Aneignung neuer Welten, steigerte sich die Kenntnis über die außereuropäische Welt. Damit untrennbar verbunden waren die Ausweitung der Vorstellung von der Schöpfung Gottes und die schiere Unermesslichkeit des Garten Edens. Unter diesen Voraussetzungen erreichte die Ausbeutung exotischer Tiere eine neue Dimension. „Mit seinen Tierparks und seinen Menagerien setzte der Adel in der Frühen Neuzeit Europas eine Tradition fort, die aus China, Indien, Mesopotamien, Persien, Griechenland und Rom ebenso bekannt ist, wie die von den Arabern und den Türken, aus Nordafrika oder aus dem präkolumbianischen Mexiko (Dinzelbacher 2000: 324). Eine Sammlung von außergewöhnlichen Tieren diente in erster Linie noch immer der Demonstration von Macht, Prestige und Reichtum, und weniger einem vordergründigen wissenschaftlichen Interesse, wie dies in späteren Jahrhunderten der Fall sein sollte. Menagerien finden sich alsbald in vielen europäischen Ländern, sie waren jedoch in ihren Beständen weitaus bescheidener als die Arenen der römischen Antike. In der historischen Erinnerung finden die Menagerie König Manuels I. von Portugal (1469-1521) im Ribeira-Palast in Lissabon, die Menagerie im Tower von London sowie die Menagerie von Versailles, die in der

E IN PULVERISIERTER P ENIS

| 59

Selbstdarstellung des Königs eine nicht unwesentliche, nämlich eine weltumspannend Rolle, spielte (Dittrich 2007: 13), besondere Erwähnung. Ganz entsprechend den Gepflogenheiten der Zeit, „zum Ansehen der Großen trägt es bei, Pferde, Hunde, Maultiere, Falken, andere Vögel, Hofnarren, Sänger und exotische Tiere zu halten“ (Bedini 1997: 107), stellte der Renaissance-Papst Leo X. (1513-1521) sogar am Papsthof eine ansehnliche Menagerie zusammen. König Manuel I. von Portugal schickte einen Elefanten namens Hanno nach Rom, „der Papst soll vor Freude ‚aus dem Häuschen‘ gewesen sein“ (Meier 2008: 145). Die Fürsten wetteiferten und maßen sich nicht nur auf den europäischen Schlachtfeldern, sondern auch in der Ausstattung ihrer Menagerien mit exotischem Tierbestand. Der Nachschub an besonders aufsehenerregenden Exemplaren musste gesichert werden. Dies hatte zur Folge, dass „seit der Renaissance die höfischen Menagerien ebenso wie die Wandermenagerien, von denen sie zum Teil auch ihre Tiere bezogen, vom Tierhandel, also von einer Behandlung von Tieren als Ware, abhängig“ (Ash 2008: 16) waren. Zur Vorbereitung der Akquisition wurden, insbesondere für große Tiere, die nicht auf lokalen Märkten erworben werden konnten, komplexe Netzwerke wie z.B. Gesandtschaften involviert, eine Variante des Tiererwerbs, die bereits in der Antike praktiziert worden war (Wienand 2012: 497). Nach der Verschiffung landeten die Tiere quasi als „bestellte Ware“ oder als diplomatische Geschenke an den europäischen Fürstenhöfen. Die Fugger und Welser mit ihren intensiven internationalen Handelskontakten nach Afrika und Südamerika begannen Mitte des 16. Jahrhunderts, neben Gewürzen, Textilien und Metallen auch mit exotischen Lebendtieren wie Affen, Papageien und Wildkatzen, aber auch mit exotischen Tierprodukten wie z.B. Federn, Walrosszähnen, Elfenbein, Schildpatt, Pelzen, exotischen Ledern und dergleichen zu handeln (Dinzelbacher 2000: 326). Erhalten gebliebene Geschäftsunterlagen der Augsburger Welser aus dem Jahr 1515 belegen z.B. den Import verschiedenster Luxuswaren, darunter eine Meerkatze und einen grauen Papagei (Häberlein 2014: 36). Im Jahr 1570 eröffnete Hans Fugger ein Tiergehege, in der Literatur gemeinhin als „Fugger-Zoo“ geläufig, in welchem er Säugetiere und Vögel aus Westafrika sowie Süd- und Mittelamerika ausstellte (Kisling 2001: 83). Mit dem Aufschwung Portugals zur bedeutendsten Seemacht verlagerte sich der Handel mit exotischen Tieren ab dem 16. Jahrhundert, der bis zu diesem Zeitpunkt vorrangig zwischen dem Orient und den italienischen Seehäfen, allen voran Venedig, stattgefunden hatte, auf den Seeweg über den Atlantik. Lissabon, später Antwerpen, Amsterdam und London avancierten zu den wichtigsten Einfuhrhäfen für exotische Tiere. „Einige hundert Handelsschiffe verließen alljährlich die europäischen Häfen, regelmäßig befahrene Routen führten nach Indien, nach West-, Südund Ostafrika, nach Süd-, Mittel- und Nordamerika“ (Dittrich 2007: 3). Nicht nur die Entdecker selbst, sondern auch am Handel interessierte Seefahrer sowie Mitarbeiter der Kolonialverwaltungen brachten neben den üblichen Handelswaren Tiere mit, die bis dahin in Europa größtenteils unbekannt gewesen waren. Kleinere

60 | A NDREA P ENZ

Tiere wie z.B. Affen oder Vögel wurden zumeist auf lokalen Märkten für die jeweilige Handelsgesellschaft erstanden oder sie wurden privat weiter veräußert. Bereits Anfang des 16. Jahrhunderts partizipierten auch private, lokale Kaufleute am lukrativen Geschäft mit exotischen Tieren, eine Entwicklung, die sich im Laufe der folgenden Jahrhunderte verdichtete. So liefert der als Soldat der niederländischen Ostund Westindischen Kompanien im 17. Jahrhundert Südamerika und Ostindien bereisende Caspar Schmalkalden in seiner umfangreichen, 1652 verfassten Reisebeschreibung Die wundersamen Reisen des Caspar Schmalkalden nach West- und Ostindien 1642-1652 (Schmalkalden/Joost 1983) nicht nur Hinweise darauf, dass er selbst Zeuge des Handels mit tierischen Produkten, wie z.B. Nashornhaut, geworden war, sondern er berichtet auch, dass „seine Begleiter Papageien, Äffchen oder Straußeneier von einheimischen Indianern erwarben“, dass „der Steuermann seines Schiffes einen lebenden Kasuarius-Vogel“ (Collet 2007: 96) mit an Bord seines Schiffes nahm. Die holländischen Handelsgesellschaften besaßen im Hafen von Amsterdam Stallungen, in welchen sie die Tiere, die sie nach ihrer Einfuhr in Europa nicht sofort absetzen konnten, bis zum endgültigen Verkauf zur Schau stellten (Dittrich 2007: 12). Expeditionen in ferne Länder zum Zwecke des Tiererwerbs waren mit enormen Investitionen und Risiken verbunden. „In der frühen Neuzeit waren die Verluste, die man in Kauf nahm um ein Tier lebendig zu fangen, noch erheblicher als in der späteren Neuzeit einschließlich der Gegenwart“ (Dinzelbacher 2000: 327). Die Bemühungen, die Tiere lebendig, gesund und munter an ihren endgültigen Bestimmungsort zu bringen, waren immens. Gefangene Jungtiere wurden häufig mit der Milch von mitgeführten Ziegen oder Kühen am Leben gehalten. Viele Tiere überstanden kaum die Reise aus ihrer natürlichen Umgebung in die Ausgangshäfen, noch weniger die mühsame, oft Monate dauernde Überfahrt nach Europa. Für die Überquerung des Atlantiks von Süd- bzw. Mittelamerika waren zwei bis drei Monate zu veranschlagen, zur Mitte des 19. Jahrhunderts benötigte ein Segelschiff nur mehr 21, ein Dampfschiff gar nur zehn Tage für diese Route (Topik/Wells 2012: 635). Viele Tiere gingen, in Europa angekommen, aufgrund des ungewohnten Klimas, aufgrund falscher Haltung und/oder Fütterung alsbald zugrunde (Dinzelbacher 2000: 327). Der französische Konsul in Kairo zog noch im Jahr 1715 eine bittere Bilanz: „Vierzehn Strauße, die er nach Malta geschickt hatte, waren aufgrund mangelnder Pflege verendet, achtzig Purpurhühner, die er sich besorgt hatte, im Nil ertrunken und der größte Teil der Tiere, die er in Alexandria gekauft hatte, war unterwegs verschieden“ (Baratay/Hardouin-Fugier 2000: 14). Mit dem beginnenden 17. Jahrhundert und dem Aufkommen der Tierschaustellerei erweiterte sich der Kreis jener Menschen, die exotische Tiere auch ganz real in Augenschein nehmen konnten. Die Wandermenagerien zeigten gegen Bezahlung neben einheimischen Tierarten, insbesondere fremdländische, aufsehenerregende Tiere, meist in Einzelexemplaren. Sie reisten von Stadt zu Stadt, von Jahrmarkt zu

E IN PULVERISIERTER P ENIS

| 61

Jahrmarkt. So finden sich z.B. „in den Ratsakten der Stadt Köln aus dem 17. Jahrhundert zahlreiche Gesuche von Schaustellern, die Elefanten, Löwen, Leoparden, Dromedare, Bären, Büffel, Seehunde und diverse weitere Seetiere in der Domstadt zeigen wollten“ (Dinzelbacher 2000: 332). Als ausgefallene tierische Kostbarkeit jener Zeit galt der asiatische Elefant, von dieser Art wurden im 17. Jahrhundert sechs und im 18. Jahrhundert insgesamt 13 Exemplare nach Europa geliefert (Oettermann 1982: 139f). Die Schausteller waren natürlich daran interessiert, ihren Kunden immer neue tierische Attraktionen anzubieten, aber „noch gab es keinen an den Wünschen des Marktes in Europa orientierten Handel mit exotischen Tieren“ (Dittrich 2007: 16). Die Einfuhr der Tiere und damit das Angebot am europäischen Markt unterlag mehr dem Zufall, denn einer vorausschauenden Planung. War der Tierbestand im 18. Jahrhundert überschaubar und setzte sich zu einem Großteil aus kostbaren Einzelexemplaren zusammen, erfuhr die „Tierproduktpalette“ im beginnenden 19. Jahrhundert mit der flächendeckenden Verbreitung von Wandermenagerien, die teilweise große Familienunternehmen waren, eine weitere geographische und inhaltliche Ausdehnung. Wandermenagerien boten bisweilen reine Tierpräsentationen, manchmal wurden sie durch Kuriositäten und zirkusähnliche Attraktionen ergänzt. Mittlerweile gelangten fremdländische Tiere aus Japan, Neuguinea, Australien, Ostasien, Indien, Madagaskar, Südafrika, Süd- und Nordamerika, aus Ägypten und auch aus den subpolaren Regionen in die europäischen Häfen (Dittrich 2007: 15). Durch die vorangehende Globalisierung erfuhr das Sammeln und Ausstellen von Tieren im 19. Jahrhundert weitere Professionalisierung. Wissenschaftlicher Bildungsanspruch und wissenschaftliche Zooeinrichtungen lösten die Menagerien ab, der Wechsel von privater Tiersammlung hin zu einer öffentlichen Einrichtung wurde vollzogen (Rosenberg 2012: 913). Der 1828/1829 in London gegründete zoologische Garten gilt als erste richtungsweisende Einrichtung dieser Art in Europa (Dinzelbacher 2000: 458). Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts öffneten zahlreiche Tiergärten ihre Pforten für die Öffentlichkeit: 1831 Dublin, 1835 Bristol, 1837 Manchester, 1838 Amsterdam, 1843 Antwerpen, 1844 Berlin, 1857 Rotterdam, 1858 Frankfurt/Main, 1858 Lyon usw. (Rosenberg 2012: 914). Insgesamt sah Europa im 19. Jahrhundert die Errichtung von 32 Zoos mit einer Gesamtfläche von rund 760 ha. Die Tiergärten befriedigten die Sensationslust am Exotischen, das die Besucher_innen einforderten. Den Mantel der Wissenschaftlichkeit, den sich diese Einrichtungen in ihrer Daseinsberechtigung auch umhängen mussten, war in vielen Fällen schöner Schein (Rosenberg 2012: 915). Die explosionsartige Verbreitung der Tiergärten, die Tatsache, dass viele Tiere in den Zoos der damaligen Zeit nur eine kurze Lebensspanne vor Augen hatten und eigene Zuchtprogamme kaum bis gar nicht existierten, sowie das Faktum, dass „zu dieser Zeit in Zoos selten gewöhnliche Bauernhoftiere gezeigt wurden“ (Rosenberg 2012: 916), führte natürlich zu einer rasant ansteigenden Nachfrage nach exotischen

62 | A NDREA P ENZ

Wildtieren. Das darin liegende wirtschaftliche Potential, befeuert durch die menschliche Gier führte rasch zum Aufbau komplexer Netzwerke von Agenten, Händlern, Unternehmern, Reedereien, Zulieferern, Vermittlern und Kunden. Der kommerzielle Tierfang hatte nun seine neuzeitliche Initialzündung erfahren, und vor dem Hintergrund einer damals noch unerschöpflich scheinenden Natur erreichte diese ausbeuterische Tier-Mensch-Beziehung eine neue, nie dagewesene Dimension. Eine der ersten professionellen Tierhändler-Firmen wurde im Jahr 1841 in London, von Anton Jamrach (1814-1841), dessen Vater schon als Tiervermittler tätig gewesen war, gegründet. Nach Antons frühem Tod übernahm sein Bruder Charles (1815-1891) das Familienunternehmen Jamrach’s Animal Emporium am Ratcliffe Highway in East-London, welches zur größten Tierhandlung der damaligen Welt avancierte. “The wide doors on the ground floor are swung open, and we enter a large apartment fitted with strong iron-barred cages on all sides. This is the lowest of three floors, similarly fitted, in which is carried on a trade in living creatures which is known from one end of the earth to the other. Jamrach’s is the market for wild animals from all the world over, and whatever a menagerie-keeper or a zoological collection may want, from an elephant to an Angora cat, can be had in response to an order sent here.” (Newnes 1891: 429-436)

Jamrach beschäftigte ein ganzes Heer an Agenten in wichtigen Einfuhrhäfen wie Liverpool, Southampton, Plymouth, Bordeaux, Marseille, Hamburg sowie Tierfänger in den britischen Kolonien, allen voran Indien. Er importierte Orang-Utans, Panther, Elefanten, Bären, Tapire, unzählige Großvögel, Panzernashörner, Antilopen usw. (Dittrich 2007: 27). Nur wenige Jahre später, im Jahr 1848, entstand in Hamburg mit der Firma Hagenbeck, gegründet von Gottfried Claes Carl Hagenbeck (1810-1887), ein ernst zu nehmendes Konkurrenzunternehmen, das 1866 von seinem Sohn Carl Hagenbeck übernommen wurde. Als Carl Hagenbeck mit seinem Vater im Herbst 1862 seine erste große Geschäftsreise nach Antwerpen zu einer dort alljährlich stattfindenden Tierauktion unternahm, trat dort noch der Londoner Tierhändler Jamrach als Hauptkäufer auf. Hagenbeck gelang es dort, einige einträgliche Geschäfte einzufädeln, denn „als der gute Jamrach am anderen Tag aus London eintraf, mußte er zu seinem Schrecken erfahren, daß er um eine Nasenlänge zu spät gekommen war“. (Hagenbeck 1908: 49) Der Londoner Tiermarkt war lange Zeit auch Hagenbecks wichtigste Beschaffungsquelle, im Winter 1864 reiste er zum ersten Mal nach England, später kam Hagenbeck zwölf bis vierzehnmal pro Jahr nach London, um dort Tiere einzukaufen (ebd. 52). Er selbst schreibt in seinem Buch Von Tieren und Menschen, dass seine „Abhängigkeit vom Londoner Markt erst mit der Gründung des Deutschen Reiches und mit dem Aufschwung der deutschen überseeischen Beziehungen aufhörte“ (ebd.). Schon bald organisierte er gemeinsam mit dem italienischen Forschungsreisenden Lorenzo Casanova, dem er

E IN PULVERISIERTER P ENIS

| 63

1864 erstmalig begegnete, eigene Tiertransporte. Der Impresario des Tierhandels schreibt in seinen Erinnerungen, dass die Geschichte jener Zeit auch eine „Entwicklungsgeschichte des Tiertransports in Europa“ gewesen sei (ebd. 56). Für die Jahre 1866 bis 1886 stiegen die Importzahlen der Firma Hagenbeck dramatisch an: So wurden etwa 700 Leoparden, 1.000 Löwen, 400 Tiger, 1.000 Bären, 800 Hyänen, 300 Elefanten, 70 Nashörner aus Indien, Java und Sumatra sowie neun aus Afrika, 300 Kamele, 150 Giraffen, 600 Antilopen, Zehntausende von Affen, Tausende von Krokodilen, Boas und Pythons sowie über 100.000 Vögel importiert (Rothfels 2002: 195). Den nach eigenen Angaben größten Tiertransport wickelte Hagenbeck gemeinsam mit Lorenzo Casanova und einem zweiten Tierimporteur im Jahr 1870 ab. Nachdem er von Casanova Nachricht erhalten hatte, dass ein Tiertransport im Hafen von Suez einlaufen würde, machte sich Hagenbeck in Begleitung seines jüngsten Bruders über Triest auf den Weg in die ägyptische Hafenstadt. Casanova wurde schwer krank im Hotel angetroffen, doch Hagenbeck kümmerte sich nicht weiter um dem Sterbenden: „Für diesmal aber mußten wir den Leidenden auf seinem Schmerzenslager zurücklassen. Die Notwendigkeit zwang uns, alle Energie der Karawane zuzuwenden […]“ (Hagenbeck 1908: 59). Im Hof des Hotels fand Hagenbeck seine „gefesselte Wildnis“ vor: Elefanten und Giraffen, an Palmen angeleinte Antilopen und Büffel, Strauße und in insgesamt 60 Käfigen tummelten sich Löwen, Leoparden, Panther, Tüpfelhyänen, Schakale, Luchse, Affen, Marabustörche, Nashörner und eine große Anzahl an Vögeln aller Art (ebd.). Der Transport wurde zur Nahrungsversorgung für die angekauften Tiere von 100 Milchziegen begleitet, jene Ziegen, die keine Milch geben konnten, wurden im Laufe der Reise nach und nach geschlachtet und den anderen Tieren zum Fraß vorgeworfen. Alsbald bestiegen also alle Tiere in brütender Hitze den Zug nach Alexandria, und bereits nach kurzer Zeit geriet ein Waggon des Zuges in Brand (ebd. 63). Die Lokomotive wurde abgekoppelt und setzte ihren Weg nach Alexandria ohne den Tiertransport fort. Hagenbeck gelang es, mit Hilfe eines Schriftstückes des Wiener Hofes, welches Casanova von der k.k. Menagerie in Schönbrunn erhalten und ihm überlassen hatte, eine Ersatzlokomotive zu organisieren. „Alles hätte jetzt glatt gehen können. Aber das Unheil näherte sich abermals in Gestalt eines betrunkenen Lokomotivführers, der mit seinem Zuge in einem solchen Tempo davonraste, dass sämtliche Tiere durcheinander geworfen wurden“ (ebd. 64). Wegen der Überlastung der Maschinen und der damit verbundenen Brandgefahr musste alles Stroh aus dem Zug befördert werden. In Alexandria angekommen, galt es nun, die Tiere vom Zug auf das Dampfschiff Urano mit dem Zielhafen Triest zu verladen (ebd. 65). „Giraffen, Elefanten, Büffel, Antilopen, Strauße und Ziegen mußten, in Gurte geschlagen, per Dampfkran übernommen werden“ (ebd.). Triest erreichte der größte Tiertransport, welcher bis dahin nach Europa gebracht worden war“ (ebd.). Die staunenden Passanten sahen: ein Rhinozeros, fünf Elefanten, zwei Warzenschweine, vier Erdferkel, 14 Giraffen, zwölf Antilopen und Gazellen, vier nubische Büffel, 60 größere und

64 | A NDREA P ENZ

kleinere Raubtiere, darunter 30 gefleckte und gestreifte Hyänen, sieben junge Löwen, acht Leoparden und Geparden, einige Wildkatzen, 26 afrikanische Strauße sowie Affen und die „wandelnde Molkerei“, die Ziegenherde (ebd. 66). Die Weiterfahrt erfolgte mit der Eisenbahn über Wien, Dresden, Berlin bis Hamburg. Unterwegs wurden bereits Tiere an die an der Wegstrecke liegenden Tiergärten aus dem Eisenbahnwaggon heraus verkauft. Das Geschäft blieb riskant, denn viele Tiere überlebten den Transport nicht. Giraffen brachen sich Beine, Elefanten bekamen Koliken, Stürme auf See brachten die lebende Ladung in Todesgefahr. Doch die enormen Handelsspannen glichen dieses Risiko aus. Bezahlte man für einen Elefanten im Sudan 80 bis 400 Mark, so wurde er in Europa zu ganz anderen Preisen gehandelt. Hagenbeck verkaufte vier größere Elefanten zum Preis von 24.000 Mark und drei kleinere an das Tierhandelsunternehmen Reiche aus Alfeld, südlich von Hannover, für 20.000 Mark. In der Rückschau kam er zum Ergebnis, kein gutes Geschäft gemacht zu haben, denn Reiche verkaufte drei Elefanten für 25.000 US-Dollar gewinnbringend an einen amerikanischen Zirkus weiter (ebd. 73). In den USA war die Nachfrage nach Elefanten groß, zu jener Zeit herrschte ein richtiggehender Wettbewerb unter Zirkus- und Showveranstaltern um die grauen Dickhäuter (Rosenberg 2012: 975). Nashörner konnten in den 1870er Jahren für 160 bis 400 Mark in Ostafrika erworben und für 6.000 bis 12.000 Mark in Europa verkauft werden. Bei Giraffen betrug der Preis bis 200 Mark beim Ersthändler, in Europa stieg der Preis bis auf 3.000 Mark. Der Dresdner Zoo erwarb 1873 ein Rhinozeros für 12.000 Mark. Im Jahr 1881 verlangte Hagenbeck für einen indischen Elefanten 10.000, für einen Königstiger 6.000, für ein Nashorn 10.000 Mark (Rothfels 2002: 196). Doch nicht nur Lebendtiere wurden im großen Stile importiert, auch tierische Produkte fanden reißenden Absatz. „Elefanten wurden im größten Stil abgeschlachtet, um Europa und Amerika mit Messergriffen, Billardbällen und Klaviertasten zu versorgen“ (Osterhammel 2009: 551). Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts erreichte diese Entwicklung ihren absoluten Höhepunkt. Von professionellen Tierhändlern organisiert, füllten Tiere und exotische Tierprodukte Schiffsbäuche, Angebotslisten, Menagerien und Tiergärten sowie exotisch anmutende Wohnzimmer. Die massenhafte Einfuhr, der damit verbundene Preisverfall, sowie die zunehmende Konkurrenz mit neuen Absatzmärkten in Amerika führten schließlich dazu, dass die einst dominierenden Tierhandelsunternehmen allmählich in wirtschaftliche Bedrängnis gerieten. Nach dem Ersten Weltkrieg mit all seinen Folgen, wie dem Verlust vieler Kolonien, zerfielen die einst so lukrativen Netzwerke. Das 20. Jahrhundert sah nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem in den 1950er Jahren einen bisher noch nie dagewesenen Umfang beim Handel mit exotischen Tieren. Zoologische Gärten begannen mit dem Wiederaufbau, die Aufstockung der Tierbestände war notwendig, die Fangmethoden wurden rationeller, man setzte Se-

E IN PULVERISIERTER P ENIS

| 65

dativa und Antibiotika ein, die Transportzeiten verkürzten sich weiter, die Absatzmöglichkeiten stiegen. Neue Zentren des Tierhandels entstanden in Asien so z.B. in Singapur und Bangkok. In Afrika hatten sich Tierhändler in Kenia, Tansania, Namibia, Somalia, Tschad oder Kongo niedergelassen, in Lateinamerika waren sie vor allem in Brasilien, Argentinien, Peru und Ecuador tätig – und das Geschäft blühte. „Die wachsende Anzahl zoologischer Einrichtungen und die enormen Ausmaße des globalen Handels mit Vögeln, Säugetieren und Fischen vernichtete Lebewesen in unvorstellbarer Zahl“ (Rosenberg 2012: 917). Zwar wurden bereits im 19. Jahrhundert erste Maßnahmen zum Schutze der Tiere ergriffen, aber das Beispiel des ersten erlassenen Tierschutzgesetzes im Jahr 1822 in England zeigt, dass von diesen Maßnahmen in erster Linie Tiere betroffen waren, die dem Menschen als Nutztier dienten (z.B. Pferde, Rinder). Jene Tiere, die der Mensch als Luxusgut betrachtete, beutete und rottete er weiterhin gnadenlos aus. Erst in den 1970er Jahren endete der Großhandel mit Wildtieren durch die Ratifizierung des Washingtoner Abkommens offiziell, wenngleich damit der illegale Handel mit wilden Tieren seinen Anfang nahm. Viele Organisationen sind heute weltweit im Artenschutz und im Tierschutz und letztlich in der Bekämpfung des illegalen Handels mit toten oder lebenden Wildtieren tätig, in ihrem Kampf gegen die international operierenden Kartelle werden sie nicht selten nur als stumpfe Schwerter angesehen. Der historische Blick zurück zeigt, dass diese ausbeuterische Form der TierMensch-Beziehung bis in unsere Tage eine erschreckende Kontinuität aufweist. Wildtiere haben nie die Nähe des Menschen gesucht, sie wurden und werden entwurzelt, aus den entlegensten Winkeln unseres Planeten unter zumeist unzumutbaren Bedingungen letztlich in das Licht der Öffentlichkeit gezerrt. Exotische Tiere dienten und dienen, ob lebendig oder tot, der Befriedigung menschlicher Luxusbedürfnisse. All dieses Tun scheint durch die tief verankerte moralische Überzeugung des Menschen, dass das Tier dem Menschen untertan sei, rechtfertigbar. Der Mensch in seiner Hybris betrachtete Fauna und Flora als Ressource, aus der es maximalen Gewinn zu schlagen galt, schreiben Steven Topik und Allen Wells (2012) in ihrer Analyse zu den Warenketten einer globalen Wirtschaft im Zeitraum von 1870 bis 1945. Doch diesem Gedanken wohnt keineswegs nur historische Bedeutung inne – er besitzt vielmehr bis heute traurige Aktualität.

66 | A NDREA P ENZ

L ITERATUR Ash, Mitchell G. (Hg.) (2008): Mensch, Tier und Zoo. Der Tiergarten Schönbrunn im internationalen Vergleich vom 18. Jahrhundert bis heute, Wien/Köln/ Weimar: Böhlau. Astill, Grenville/Grant, Annie (Hg.) (1988): The Countryside of Medieval England, Oxford/New York: Basil Blackwell. Baratay, Eric/Hardouin-Fugier, Elisabeth (2000): Zoo. Von der Menagerie zum Tierpark, Berlin: Klaus Wagenbach Verlag. Bedini, Silvio A. (1997): Der Elefant des Papstes, Stuttgart: Klett Cotta. Bundeskanzleramt/Bundespressedienst (Hg.) (2013): Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013-2018. Erfolgreich. Österreich, Wien: Bundespressedienst. Clark, Willene B. (2006): A Medieval Book of Beasts. The Second-Family Bestiary. Commentary, Art, Text and Translation, Woodbridge/Suffolk: Boydell Press. Collet, Dominik (2007): Die Welt in der Stube. Begegnung mit Außereuropa in Kunstkammern der Frühen Neuzeit, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Dauser, Regina (2008): Informationskultur und Beziehungswissen. Das Korrespondentennetz Hans Fuggers 1531-1598, Tübingen: Max Niemeyer Verlag. Der Physiologus (2003): Tiere und ihre Symbolik. Übertragen und erläutert von Otto Seel, Ostfildern: Patmos. Dinzelbacher, Peter (2000): Mensch und Tier in der Geschichte Europas, Stuttgart: Kröner. Dittrich, Lothar (2007): „Der Import von Wildtieren nach Europa – Einfuhren von der Frühen Neuzeit bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts“, in: Helmut Pechlaner/ Dagmar Schratter/Gerhard Heindl (Hg.), Tiere unterwegs. Historisches und Aktuelles über Tiererwerb und Tiertransporte, Wien: Braumüller. S. 1-64. Ertl, Thomas (2008): Seide, Pfeffer und Kanonen. Globalisierung im Mittelalter (= Geschichte erzählt, Band 10), Darmstadt: Primus Verlag. Fabri, Felix (1996): Galeere und Karawane. Pilgerreise ins Heilige Land zum Sinai und nach Ägypten 1483. Bearbeitet und mit einem Nachwort versehen von Herbert Wiegandt, Stuttgart/Wien/Bern: Edition Erdmann. Fossier, Robert (2008): Das Leben im Mittelalter, München/Zürich: Piper. Giebel, Marion (2003): Tiere in der Antike. Von Fabelwesen, Opfertieren und treuen Begleitern, Darmstadt: Theiss. Giese, Martina (2008): „Die Tierhaltung am Hof Kaiser Friedrichs II. zwischen Tradition und Innovation“, in: Knut Görich/Jan Keupp/Theo Broekmann (Hg.), Herrschaftsräume, Herrschaftspraxis und Kommunikation zur Zeit Kaiser Friedrichs II. (= Münchner Beiträge zur Geschichtswissenschaft, Band 2), München: Utz Verlag, S. 121-171.

E IN PULVERISIERTER P ENIS

| 67

Häberlein, Mark (2013): „Die Augsburger Handelsgesellschaft der Welser (14961551) im Spiegel von Rechnungsfragmenten. Ein Projekt der Abteilung ‚Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit‘“, in: Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hg.), Jahresbericht 2013, München: o. A. Hagenbeck, Carl (1908): Von Tieren und Menschen. Erlebnisse und Erfahrungen. Hamburg: Vita Deutsches Verlagshaus. Hagenbeck, Carl (2012): Von Tieren und Menschen. Nachdruck der Originalausgabe von 1908, Hamburg: Severus Verlag. Heinisch, K. J. (1968): Kaiser Friedrich II. in Briefen und Berichten seiner Zeit, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Kyle, Donald G. (1994): „Animal Spectacles in Ancient Rome. Meat and Meaning”, in: Nikephoros 7, S. 181-205. Lorenz, Günther (2000): Tiere im Leben der alten Kulturen. Schriftlose Kulturen, Alter Orient, Ägypten, Griechenland und Rom (= Alltag und Kultur im Altertum, Band 5), Wien/Köln/Weimar: Böhlau. Lund, Cornelia (1997): „Bild und Text in mittelalterlichen Bestiarien“, in: Gisela Febel/Georg Maag (Hg.), Bestiarien im Spannungsfeld zwischen Mittelalter und Moderne, Tübingen: Gunther Narr Verlag, S. 62-74. Meier, Frank (2008): Mensch und Tier im Mittelalter, Ostfildern: Thorbecke. Newnes, G. (1891): „Jamrach’s“, in: The Strand Magazine, Nr. 1, S. 429-436. Oetermann, Stefan (1982): Die Schaulust am Elefanten. Eine Elephantographia curiosa, Frankfurt/Main: Syndikat Verlag. Osterhammel, Jürgen (2009): Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, München: C.H. Beck. Pastoureau, Michel (2013): Das mittelalterliche Bestiarium, Darmstadt: Primus Verlag. Pechlaner, Helmut/Schratter, Dagmar/Heindl, Gerhard (Hg.) (2007): Tiere unterwegs. Historisches und Aktuelles über Tiererwerb und Tiertransporte (= Tiergarten Schönbrunn – Geschichte, Band 3), Wien: Braumüller. Pelzer-Reith, Birgit (2011): Tiger an Deck. Die unglaublichen Fahrten von Tieren und Pflanzen quer übers Meer, Hamburg: mare. Pro Wildlife (2001): Wildtiertransporte & Tierschutz – Ein Paradoxon. Mortalitätsraten im Wildtierhandel und die besondere Verantwortung von Fluglinien, München, o. A., S. 1-14. Reiner Musterbuch (1979): Faksimile-Ausgabe im Originalformat des Musterbuches aus Codex Vindobonensis 507 der Österreichischen Nationalbibliothek. Kommentar Franz Unterkirchner (= Codices Selecti Facsimile Vol. LXIV, Commentarium Vol. LXIV*), Graz: Adeva. Rosenberg, Emily S. (2012): „Transnationale Strömungen in einer Welt, die zusammenrückt“, in: Rosenberg, Weltmärkte und Weltkriege, S. 815-998.

68 | A NDREA P ENZ

Rosenberg, Emily S. (Hg.) (2012): 1870-1945. Weltmärkte und Weltkriege (= Jürgen Osterhammel/Akira Iriye (Hg.) (2012): Die Geschichte der Welt, Band 5), München: C.H. Beck. Rothfels, Nigel (2002): „Catching Animals”, in: Mary Henninger-Voss (Hg.), Animals in Human Histories, New York: Rochester University Press, S.182-228. Schmalkalden, Caspar/Joost, Wolfgang [Bearb. ] (1987): Die wundersame Reise des Caspar Schmalkalden nach West- und Ostindien 1642-1652, Leipzig: Brockhaus. Simons, John (2014): „The Scramble for Elephants. Exotic Animals and the Imperial Economy”, in: Melissa Boyde (Hg.), Captured: The Animal within Culture, New York: Palgrave Macmillan. Stiftung Artenschutz (2012/13): Projektskizze der Kampagne „Tatort Tiere“. Hintergründe und Umweltrelevanz, Münster: o. A. Topik, Steven C./Wells, Allen (2012): „Warenketten in einer globalen Wirtschaft“, in: Rosenberg, Weltmärkte und Weltkriege, S. 589-814. Traffic (2008): What’s Driving the Wildlife Trade? A Review of Expert Opinion on Economic and Social Drivers of the Wildlife Trade and Trade Control Efforts in Cambodia, Indonesia, Lao PDR, and Vietnam, Washington DC: The International Bank for Reconstruction and Development, World Bank. Wienand, Johannes (2012): Der Kaiser als Sieger. Metamorphosen triumphaler Herrschaft unter Constantin (= KLIO Beiträge zur Alten Geschichte, Beihefte Neue Folge), Berlin: Akademie Verlag. Online-Dokumente http://www.antijagd.ch/tierschutznews/487-wilderei-krise-eu-parlament-sagtillegalem-wildtierhandel-den-kampf-an.html https://www.gov.uk/government/speeches/foreign-secretary-remarks-at-illegalwildlife-trade-event http://www.bmz.de/de/presse/aktuelleMeldungen/2014/januar/140131_Naturschaet ze-erhalten-was-mit-deutscher-Unterstuetzung-gegen-die-Wilderei-aufElefanten-und-Nashoerner-getan-wird/index.html http://www.wwf.de/2014/januar/britische-botschaft-wwf-und-ecologic-institutgehen-gemeinsam-gegen-illegalen-wildtierhandel-vor/ http://www.ifaw.org/deutschland/aktuelles/das-eu-parlament-beschlie%C3%9Ftresolution-gegen-den-illegalen-wildtierhandel

Marx Fugger’s Von der Gestüterey Horses, Humanism, and Posthumanism in Early Modern Augsburg P IA F. C UNEO “It is the horse that makes us human.” CHARLES DE KUNFFY

In December of 1577, Marx Fugger (1529-1597) completed writing his book on how to establish and run a stud-farm, among other hippological topics. The first edition was published shortly thereafter, in 1578, and a second edition followed in 1584. A third edition appeared posthumously, in 1611. 1 As a printed Germanlanguage book on this topic, it was the first of its kind, and it would remain influential on subsequent books well into the 17th century. The grandson of Jacob Fugger the Rich (1459-1525), Marx was head of the Fugger firm between 1569 and 1595, and Stadtpfleger of Augsburg between 1576 and 1585, thus occupying the Free Imperial City’s most prestigious political office (Lutz 1982; Häberlein 2006; Wölfle 2009). Fugger’s book on horse-breeding and -care was produced within the context of lively literary discourse on horses that flowered in the second half of the 16th

1

The editions of Marx Fugger’s book are as follows: Wie vnd wa man ein gestüt von gutten edlen Kriegßrossen auffrichten, vnderhalten, die jungen von einem jar zu dem anderen erziehen soll, biß sy einem Bereytter zum abrichten zu vndergeben: vnnd so sy abgericht, langwirig in guttem gesundt zu erhalten: Allen liebhabern der Reutterey zu ehren vnd gefallen gestelt, [Augsburg]: n.p., 1578; Von der Gestüterey, Das ist Ein gründtliche beschreibung, wie vnd wa man ein gestüt von gutten edlen Kriegßrossen auffrichten, vnderhalten, die jungen von einem jar zu dem anderen erziehen soll […] Frankfurt a. M.: Sigmund Feyerabend, 1584; Von der Gestüterey […] Frankfurt a. M.: Nikolas Roth, 1611. In this paper, I have worked exclusively with the 1584 edition.

70 | PIA F. C UNEO

and into the 17th century, and to which a rather colorful array of men contributed, including humanists, noblemen, wealthy merchants, stable-masters and bit-makers. Between the years 1562 and 1599, well over 20 different works were published in the German language alone having to do with the training and care of horses (Cuneo 2014: 164, note 5). Despite the social, political, and economic prominence of its author, and despite the vigor of its genre, Fugger’s book on the stud-farm still to date lacks a sustained and scholarly analysis.2 The reason for this, I believe, is twofold. First, generally speaking, the history of Germany in the second half of the 16th century has been fairly neglected relative to that of the first half. Fortunately, this is now changing, thanks to the excellent works of Mark Häberlein and Sylvia Wölfle, to name just two scholars (Häberlein 2006; Wölfle 2009). Second, what has been until recently the prevailing academic attitude rendered topics such as Fugger’s practically invisible to critical analysis. Expunged from our post-19th-century lives only to surface occasionally as race-track tragedies like Barbaro or multi-milliondollar dressage stars like Totilas, horses are simply not present for scholars who tend to spend more time sitting at the computer or training graduate students than sitting in the saddle and training horses. Scholars of humanism in particular tend to consider only those texts worthy of analysis that deal with humans and their selfreflexive intellectual pursuits. Then, in a kind of self-fulfilling prophecy, they are only too eager to declare as substantiated the classical adage repeated by so many Renaissance humanists that “man is the measure of all things.”3 However, since approximately the 1970s, several major intellectual shifts have critically confronted ideologies purportedly articulated by early modern humanism, especially those that were seen to provide the underpinnings for social and political oppression in modern society. Marxism, feminism, Freudianism, post-structuralism and post-colonialism among others have all contributed to a vigorous interrogation and in some cases a complete rejection of traditional humanist values. HumanAnimal Studies are now fruitfully contributing to this debate and have also played a fundamental role in de-stabilizing an anthropocentric view of the world in which structures of oppression are maintained and legitimated. Some theorists have proud-

2

Fugger’s Von der Gestüterey is mentioned in several secondary sources but none of these provides a sustained analysis of the book: Günter Andres (1937: 6-17) [this dissertation contains some inaccuracies]; Lutz, 461-64; Pia F. Cuneo (2008: 170-72) and cat. nr. 43, 329-30.

3

Modern scholars of early modern Natural History have been quicker than some to realize how an engagement with animals was deeply imbricated in humanist inquiry, although the texts they deal with, in which animals, plants, and other natural phenomena are carefully categorized and organized, tend to reinscribe the human perspective as dominant, superior, and omniscient.

M ARX F UGGER ’ S V ON DER G ESTÜTEREY

| 71

ly proclaimed that we have in fact entered the age of posthumanism, although how this concept is to be defined and theorized is still a matter of fervent debate. Nonetheless, a supple implementation of posthumanism as found, for example, in the work of Juliana Schiesari (2010), or a kind such as that defined by Stefan Herbrechter can provide us with ways to open up Fugger’s text and recognize its potential for critique. According to Herbrechter, posthumanism is: “a strategic move away from many anthropocentric premises, so that the human can no longer be taken for granted, humanity as a universal value is no longer self-legitimating, and humanism as a reflex or self-reflex cannot be trusted. To remain critical […] means to re-read, to read carefully but also differently.” (Herbrechter 2011: 265)

And, in the case of Fugger’s text, to even read at all! Once ignored by scholars as merely a by-product of a rich man’s personal hobby, Fugger’s book from a posthumanist perspective provides a fascinating example of a humanist’s critical practice of humanist writing. Furthermore, the very foundation of Fugger’s complex identity as articulated in the text lies inextricably bound up with the subject of his book: horses. If Human-Animal Studies have given crucial impetus to the developing concept of posthumanism, they are also responsible in large part for making works like Fugger’s book on horses visible to scholars as objects worthy of serious analysis. As articulated by Mieke Roscher, „[d]er Fokus der Human-Animal Studies liegt auf einer Analyse der kulturellen, sozialen und gesellschaftlichen Komponenten der Betrachtung von ‚nicht-menschlichen Tieren‘ sowie Mensch-Tier-Beziehungen. Grund für diesen Auftrieb ist die These, dass die Erforschung des Tieres […] ein Desiderat darstellt, besonders im Hinblick auf die Omnipräsenz von Tierdarstellungen, Symboliken, Geschichten und die physische Anwesenheit von Tieren in menschlichen Gesellschaften.” (Roscher 2012: 2)

Human-Animal Studies teaches us to recognize the social, historical, and ultimately ethical importance of how the human is constituted by the animal and vice-versa. The textual mechanisms by which Fugger fashions his composite identity through the practical and physical experience of horses that he writes about can teach us a similar lesson. In my essay, I will demonstrate that Fugger’s application in his text of humanist scholarship, traditionally understood as a critical engagement with classical sources, is unstable and inconsistent. Humanist methodologies shift in and out of focus, sometimes embraced and foregrounded, at others, belittled and rejected. I argue that the slipperiness of Fugger’s humanism indicates that it functioned for him as a means rather than as an end. That end was not only to construct an identity con-

72 | PIA F. C UNEO

sistent with his position within the social, political, and financial elites, but ultimately to provide legitimation for writing a book about animals he loved: his horses.

V ON DER G ESTÜTEREY

AS A

H UMANIST P ROJECT

The breeding of quality horses was taken very seriously in the early modern period and in some cases was even a matter of royal mandate as Peter Edwards (1988) and others have demonstrated for 16th- and 17th-century England. For various courts of early modern Germany, Magdalena Bayreuther (2014) has shown how a prince’s equine breeding program served effectively to enhance his noble identity; in this case, both horse and human were the products of carefully controlled lineages deemed qualitatively superior. No doubt Fugger too saw his own breeding program as a reflection of his noble identity4 but provides a particular justification for it in his book Von der Gestüterey. Here he makes an impassioned argument for the carefully selective breeding of horses by maintaining that the quality of horses is in fact a matter of national security. One reason that European forces are having such difficulty vanquishing the Turks, according to Fugger, is the fact that their enemies’ horses are of superior quality, are trained more appropriately, and are ridden with greater skill than the European horses. Nations that remain great are nations that are successful in war, and for that, Fugger asserts, a people need not only pious prayers and strong fists but also high quality, well-trained warhorses.5 To meet such needs, Fugger promulgates in his book a highly selective breeding program which involves at the first level acquiring only sires and as well as dams of superior quality in terms of temperament and conformation. At the next level, a stallion’s access to broodmares should be carefully controlled and supervised in order to preserve the health of the expensive progenitors and to maximize the chance

4

Marx’s grandfather, Jacob the Rich was made a member of the nobility in 1511 at the rank of Reichsgraf; in 1530 the title was made hereditary and granted to Jacob’s nephews Raymund, Hieronymus and Anton, the latter of which was Marx’s father, from whom Marx then inherited this title. His titles included Freiherr von Kirchberg und Wiessenhorn, Herr auf Nordendorf, Oberndorf, Wörth, Biberach und Welden. See Häberlein (2006: 186-99).

5

Fugger, iii verso. Although this argument may seem to be only an excuse for breeding fine horses, Marx was familiar with at least the financial exigencies of warfare; the Fugger firm headed by Marx regularly lent money to military entrepreneurs to cover their costs for raising armies and conducting wars (Häberlein 2006: 108).

M ARX F UGGER ’ S V ON DER G ESTÜTEREY

| 73

of success for fine offspring.6 This was accomplished by singling out a particular mare after she showed clear signs that she was ready for breeding. Outside the stable, the mare would be hobbled so that she would be unable to kick and strike out, and the stallion would be led to her. The handlers would allow the stallion to mount the mare, and afterward would lead him away. The stallion was allowed to mount the same mare twice in the morning, and once in the evening, if he exhibited the inclination. Following one day of breeding, he was given two to three days’ rest, extra food and attentive grooming, before he would commence similarly carefully controlled activities with another mare. By contrast, Fugger criticizes those who allow their breeding stallions unlimited access to mares by letting the stallion freely circulate in a group of horses that roam around at will. He knows the problems with this way of doing things from personal experience. Fugger relates that when he first established a stud in Hungary, he did not make any efforts to have the broodmares tamed. Thus, they were impossible to catch and control when it came time to breed them. Instead, they had to turn the stallion loose among the mares and accept the consequences. Under such circumstances, Fugger warns, the stallion will spend himself too early by attempting to mate too often, or he will only mate with the mare of his preference, or he will injure or be injured in the rough and tumble of unsupervised breeding, and thus sire weaker and fewer offspring.7 In his discussion of breeding horses, Fugger speaks from experience. The studfarm that he had established in the Allgäu, was preceded by one he had owned in Hungary. His knowledge about breeding was based on 26 years of physical familiarity with the practices and issues therein involved (Fugger 1584: 77r). But Fugger also makes numerous references in his text to classical and byzantine sources on the breeding and care of horses. The persistent presence of these sources in the text, and the way that Fugger engages with them, allow us legitimately to understand Von der Gestüterey as a humanist project. Marx Fugger received a humanist education as befitted a young man of his rank through study at the universities of Padua, Louvain and probably Paris. He also cre-

6

This raises the question as to whether Marx ran his stud-farm as a business to make money. Literature on the role he and his brother Hans played in supplying south German nobility with luxury goods, including horses, does not indicate that the animals came from Marx’s stud (Wölfle 2009: 244-47, who also cites older literature). I suspect that he most likely sold some of his horses locally (whether as war- or pleasure-horses) but that he did not view the stud as an economic enterprise to be run for profit. This question, however, still remains to be answered definitively.

7

Fugger’s specific discussion of these practices is on 84r – 85v.

74 | PIA F. C UNEO

ated an impressive library.8 His holdings included many volumes written by classical authors, and from the copious and careful annotations in Fugger’s hand, we know that he actually read the books he collected and that he read them critically. Other Fugger family members had amassed impressive libraries too, but Marx was unusual in that he not only read books, he also produced them; in addition to his volume on stud-farm practices, Marx also provided German translations of devotional texts and church histories originally written in Latin (Lutz 1982: 465-545; Wölfle 2009: 16-17). In addition to books, Marx also collected antiquities such as coins and inscriptions (Wölfle 2009: 17-30). Marx thus possessed the requisite education, experience, and sources to produce a humanist text when he sat down to write Von der Gestüterey. We do not know exactly when he began this project, but we do know that he completed it at the end of 1577. The second half of the 1570s indeed marked a kind of turning point in Fugger’s life. In 1575, Marx and his two brothers Hans (1531-1598) and Jakob (1542-1598) officially reached an agreement on how to apportion between themselves the real-estate holdings inherited from their father Anton (1493-1560) and those subsequently purchased after his death. This formal division not only clarified which brother owned which territories but, according to Häberlein, also marked the beginning of each brother’s individual territorial expansion. (Häberlein 2006: 191113) Marx’s own position as landowner and territorial overlord thus comes into special focus at this point, for members of his family as well as for himself. A year later, Marx was appointed as Augsburg’s Stadtpfleger, a further augmentation of his influence and prestige. And in 1577, Marx’s controversial business strategies of restructuring and consolidating in the face of wide-spread financial difficulties appeared to have brought stability and even profit back to the compromised Fugger firm (Lutz 1982: 453-54; Häberlein 2006: 103). Marx thus penned his treatise on the breeding and care of horses poised at a moment of political, social and economic success. The construction of his identity in the text as a blend of humanist scholar and experienced breeder of fine horses marks him as an ideal member of both the urban and landed elite and would have been consistent with his standing in 1577.

8

For information on Marx Fugger’s education and studies, see Lutz (1982: 433-42). For information on Marx‘s library, see Paul Lehmann (1956 and 1960): Eine Geschichte der alten Fuggerbibliotheken, Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), vol. 1, 249-62 and vol. 2, 595-600; Lutz, 436-38. Marx’s library was dispersed and so it is difficult to reconstruct exactly, yet all indications as painstakingly collected by Lehmann point to an exceptional library. Lutz hypothesizes that Marx’s library contained well over 1000 but not more than 2000 books (Lutz 1982: 436) and notes the extensive marginalia by Marx (Lutz 1982: 435).

M ARX F UGGER ’ S V ON DER G ESTÜTEREY

| 75

Many aspects of Fugger’s Von der Gestüterey characterize the book as a humanist endeavor, and this is evident not only in the sections on horse breeding. Of the book’s 24 chapters, the first 16 deal with a variety of information about horses such as their colors, markings, life-expectancy, character, and usefulness. For example, the subject of chapter seven is the high purchase price of horses from antiquity to the present (Fugger 1584: 13v-15v). Fugger begins the chapter with a discussion of Alexander the Great’s horse Bucephalus. Before he gets to the redaction of various sources and their reports of how many sestersi Bucephalus actually cost, Fugger first muses on the meaning of the horse’s name in relation to its appearance. The name Bucephalus, literally translated, means “ox-head”. Fugger tells his reader that he is aware of the strange ideas about Bucephalus held by “das gemeine Volk” and illustrated in broadsheets which picture Bucephalus as “ein wunderbarliches Thier” with the head of an ox and human feet. Fugger knows this can’t be what the horse really looked like, so he decides to consult the primary sources themselves. To carry on in his own words: „Und nimpt mich zwar groesslich wunder/ dass auch etliche Scribenten/ als eben Aul: Gellius deren einer ist/ der im 5. Buch am 2. Cap. sagt: […] dass dises Rossz ein Ochsenkpff und Menschen fuess gehabt hab/ welches doch wider allen menschlichen verstandt/ und der warheit auch der Natur selbst gar zuvil ungemaess.“ (ibid.: 13v-14r)

If Bucephalus didn’t have the head of an ox, why was he named “Ox Head”? Fugger solves the riddle through recourse to an ancient practice still in use in his day [and in ours]: “Die ursach aber dass diss Ross Bucephalus geheissen ist dies/ nit dass es einen Ochsenkopff gehabt habe/ wie inen ire viel selbst unbedachter Weiss zuverstehen geben/ sonder dass es auff dem vordern gerechten bug die gestalt eins Ochsenkopffs mit einem glueenden eisen aussgebrant gehabt/ wie man dann in Thessalia dieselbigen Ross also geheissen/ die auss demselbigen Gestuet dess Philonici Parsalii sind herkommen/ welche alle denselbige brandt gehabt haben: Also sihet man taeglich im Koenigreich Neaples/ und anderer orten mehr/ dass man die Pferde brent mit underschidlichen zeichen/ wie einer selbst wil/ der ein Gestuet hat […].“ (ibid: 14v-15r)

This text provides clear examples of Fugger’s humanist methodology. First, there is the conversational tone and the use of the first person singular. We can find a similar seemingly spontaneous narrative flow and a personal engagement with the material in letters humanists exchanged with one another. Second, there is the obvious reference to ancient subject matter and sources, in this passage dealing with Alexander the Great as well as with horse-breeding in ancient Thessaly. Here we should also make a point to recall that hippology, that is, the history and culture of the

76 | PIA F. C UNEO

horse, was itself the subject of classical discourse produced by men such as Xenophon, Aristotle, Pliny and Vergil, to name just a few. Third, we have in the above cited text the concern with language and translation, in this case, the meaning of Bucephalus’ name; and fourth we note the critical attitude vis-a vis received information in the form of popular opinion, illustrated broadsheets, and even in some of the classical sources themselves. A glance at Fugger’s book as a whole substantiates the claim that his project was indeed humanist inspired. He cites over 20 different ancient authors, sometimes merely paraphrasing them, other times providing lengthy quotations. 9 He sprinkles his own text with learned Latin phrases from philosophy and jurisprudence. He is frequently critical of his sources, and often points out the variances between their individual redaction of information. He is at pains to provide information that is complete, often commenting upon his efforts to gather, sort, and write down everything he can find (Fugger 1584: 15v, 24v, 88v, and 121v). Like other humanists such as Erasmus, Fugger demonstrates his interest in language by including references to ancient and contemporary sayings (Sprichwörter), including the one we are all familiar with about not looking a gift-horse in the mouth (“geschenckten Rossen sol man nicht ins Maul sehen“).10

V ON DER G ESTÜTEREY

AS

ANTI -H UMANIST C HALLENGE

A close reading of Fugger’s text indicates, however, that Von der Gestüterey is not the triumphalist humanist narrative it may have first appeared. We can see how, in effect, Fugger deconstructs his own humanist project by his recourse to and preference for alternative discourses that include the mercantile and the empirical. And ultimately Fugger grants these alternative discourses a truth-value superior to humanism.

9

The classical (Western and Byzantine) sources cited/referred to by Fugger include: Absyrtus, Aelian, Aristotle, Julius Caesar, Carneades, Columella, Cicero, Diodorus, Dioscurides, Galen, Gellius, Herodotus, Hippocrates, Justinius, Paladius, Plato, Pliny, Plutarch, Opianus, Socrates, Strabo, Trajan, Varro, Vegetius, Vergil, and Xenophon. He also cites/refers to other kinds of sources including Biblical (both Old and New Testaments), medieval (e.g. Histori Caroli Magni; Giordano Ruffo; Albertus Magnus) and contemporary (Camerarius, Caracciolo, Columbre, Corte, Cuspinianus, Fayser, Ferraro, Fiaschi, Grisone, Ruellius, Rusio).

10 Fugger includes sayings (Sprichwörter) from classical antiquity and from his own times in the German, Spanish, and Italian languages; examples may be found on: 4v, 15r, 15v, 42v, 43r, 107r and 126r (this is the gift-horse saying).

M ARX F UGGER ’ S V ON DER G ESTÜTEREY

| 77

If Marx Fugger regularly presents himself in his text as the educated scholar and gentleman, he also frequently appears in the text as a shrewd and energetic merchant. The reader finds him at markets, negotiating with horse traders, critically surveying the goods, and quoting lots of prices (for example Fugger 1584: iii r and 15r – 15v). He relates his ability to make a good deal, or to avoid being caught in a bad one, with palpable satisfaction. The kind of acute evaluation and independent thinking that Fugger brought to the marketplace probably found a kind of skeptical kinship with the practices of a humanist scholar who would read a text with the same kind of critical eye for detail and authenticity as a merchant inspecting a bolt of silk or a breeder studying a prospective stallion. In his book, Fugger trains that critical view not only on horse breeding but on antiquity itself. We already noted this in the earlier passage regarding Bucephalus in which Fugger finds the classical text by Gellius to be a source of error. In another passage, he chides the Romans and the inhabitants of ancient Rhodes for engaging in bizarre and cruel religious ceremonies involving the sacrifice of horses. Yet these ancient civilizations, Fugger wryly notes, are the very ones highly regarded as wise and politically advanced. (Fugger: 1584: 17r) The implication here is that such a positive assessment is not exclusively warranted. On several occasions, Fugger impatiently waves aside classical sources as “überflüßiges Geschwätz” or as simply a collection of other people’s “Opinionen” that do not get us any nearer to the truth (ibid.: 1v). But if the collective wisdom of antiquity, scrupulously edited and critically read does not get us to the truth, what will? Fugger’s answer is spoken like a canny merchant, used to thinking for himself and wary of other people’s tricks. It is not what other people say or write in books that counts, it is what he himself has seen and experienced and what he knows works. Answers can be found in the here and now, in personal experience, not in the distant past or in the pages of books. In this regard, Fugger is both an empiricist and a pragmatist. Remember that he solved the riddle of Bucephalus’ name by recourse to a practice (branding) still in use in his own time. We can find many other examples of this attitude in his book. After describing references from classical sources to expensive horses, Fugger switches gear to get down to business: “Wir wollen aber die alten und fern gelegenen Historien fahren lassen/ und etwas naeher auff unsere zeitten kommen.” (ibid.: 15v) Having dispensed with the obligatory classical references, Fugger turns with obvious enthusiasm to report prices for horses he himself encountered on the English and European markets. In another example, Fugger begins chapter eleven by saying that he could trot out a superfluity of information from classical sources regarding what kind of horses were bred in what kinds of places in antiquity. He continues: “Aber wann ich die gruendtliche warheit soll bekennen/ so kann ich nicht gedencken/ warzu solches dienstlich oder nuetzlich: Dann was huelfft es uns bey diesen unsern zeitten/ oder

78 | PIA F. C UNEO auch in diesen unseren Landen/ dass vor zwey tausendt (minder unnd mehr) Jahre in Arcadia/ Argiuis/ Epidauro/ Aetolia/ Arcanania/ Thessalia und dergleichen weit gelegnen Landen/ gute Rossz gefallen […].” (ibid.: 28v)

Instead, he provides information about horses that are bred in his own time, in lands to which he, either through trade or travel, has access. As we have seen, much of Fugger’s text gives ample evidence of humanist practice, and yet this practice is challenged and even ultimately rejected. Sitting around reading about horses in antiquity, as humanist hippologists were want to do, was one thing. But where the horseshoe hits the road, as it were, what really mattered was time in the stable and in the saddle. For example, what makes a good Stutenmeister (the person in charge of the care of the mares before, during, and after breeding) is practical experience “dann solche sachen erst auss den Buechern woellen lernen/ ist vergebens/ es muss nun einer selbst erfahren/ von anderen gesehen und gelernet haben/ […].” (ibid.: 89r) Here too we note Fugger’s skepticism regarding received information of any kind and his privileging of personal experience. His statement also fruitfully complicates our understanding of how he meant his own book to function. He certainly did not mean it as a kind of practical handbook or how-to manual to be carried out into the barn and thumbed through while horses were mating! Yet he certainly meant for other people to have access to his information as the book was printed and published, its second edition appearing with the ambitious and successful print entrepreneur, Sigmund Feyrabend of Frankfurt. Catalogs of the bi-annual Frankfurt book fair indicate that Von der Gestüterey was available for sale there and copies were bought by at least two different book dealers during the fall and spring fairs of 1584.11 Fugger provides further clues as to the nature of his enterprise and intended audience in a passage in which he explicitly distances himself and his text from the realms of more traditional humanist inquiry. He insists that the reader must understand: „dass ich nicht fuer mich genommen habe/ die Philosophiam moralem oder Polyticam zutractieren… Dann in demselbigen will ich einen auff den Aristotelem unnd Platonem gewiesen haben…[M]ein fuernemen ist allein von den Rossen zuhandle/ also hab ich diss Buechlin

11 According to the catalogs, the book-sellers were Portenbach and Lutz (spring and fall fair: Verzeichnuss aller neuwer Buecher/ welche in dieser Fastenmess dieses 1584. Jars zu Franckfort am Mayn… bey Portenbach und Lutzen, Frankfurt am Main: Peter Schmid, 1584, C2v; Verzeichnuss […] Herbstmess, Frankfurt am Main: Peter Schmid, 1584, C4v) and George Willer (spring fair: Vernalium Francoforti. Frankfurt am Main: Georg Raber, 1584, F1v).

M ARX F UGGER ’ S V ON DER G ESTÜTEREY

| 79

auch nit fuer die Philosophos geschreiben/ sonder allein fuer gutte Gesellen/ die ein lust un liebe haben zu der Reutterey und den Rossen.“ (Fugger 1584: 19r-19v)

The book was probably meant to be appreciated perhaps for its scholarly learning but especially for the wide-ranging discourse it offered on a beloved topic. As such, it would have been carefully studied and cherished, much like the horses of which it treats.

M ARX F UGGER

AS

P OSTHUMANIST ?

In its discussion of how to breed horses, Fugger’s book is an attempt to control nature, indeed to harness its very generative powers by influencing the production of equine offspring. In considering Fugger’s discussion of breeding practices earlier in this essay, we saw how he carefully systematized his experience and knowledge into a kind of technology for equine reproduction. Man is at the dominant center again, manipulating nature according to his will, or so it may appear. And yet, Fugger’s book is also about love: love that Fugger has for horses and a love that he assumes others share with him, as he clearly states in the above quote. If we are to believe Fugger’s account, that very love for horses constituted the main impetus for writing his book and provides the framework for its production. In this, according to Fugger’s narrative, inclination happily conspired with circumstance. He explains in the forward to Von der Gestüterey that, after contracting a serious illness, he was forbidden by his physicians to perform any kind of work during his recovery. Not desiring to descend into the depths of idleness, he puts the enforced leisure-time to good use by writing his book on horses. Marx was eventually returned to good health which he credits both to the skill of his physicians and to the grace of God.12 In the context of Fugger’s specific narrative as well as in the wider context of his entire book, we are led to suspect that he may well have understood his condition also to have been effectively ameliorated by the sheer pleasure he derived from turning his mind to horses. Interacting with horses not only promotes good physical health, but, as he states later, it also clears one’s head, improves one’s mood, and elevates and delights one’s spirit (Fugger 1584: 23r-23v). In various passages in his book, Fugger articulates certain notions that clearly betray a strongly perceived connection between horses and humans. Because some of these notions are rooted in classical hippological discourse, they surely also function as examples of Fugger’s capable humanist scholarship. Yet this kind of evidence is marshalled precisely to support and legitimate the love that Fugger and his

12 This story of how the writing of Fugger’s book came about is in the “Vorrede,” ii verso.

80 | PIA F. C UNEO

intended audience have for horses. The connection between horses and humans is so strong because, as Fugger explains, horses are actually very much like humans. Horses not only have a basic kind of rationality common to all animals, but, like humans, they also possess memory and judgment. This allows them, for example, to discern between who means them well and who means them evil, as well as to do other things “die alle zu dem rechten Menschlichen verstandt gehoeren.”13 In some cases, Fugger argues, horses are even superior to humans; in the love and loyalty they experience, they are more steadfast than most people (Fugger 1584: 12r). The significant affinities between humans and horses carry over into Fugger’s discussion of breeding practices. During the breeding process, horses exhibit behaviors akin to humans. Far from following one strand of classical thought that understands the horse as insatiably and indiscriminately lustful,14 Fugger instead describes the animals acting not like just any humans, but specifically as highly virtuous ones. He cites stories from classical antiquity and from recent memory about the natural chastity of horses. These stories, all variations of the same narrative, relate the tragic ending to forced equine incest at the hands of devious humans. A stallion refuses to mate with the mare that originally bore him. But humans trick him into inadvertently mating with his mother by covering his eyes with a blindfold. The stories diverge only in the details of the tragedy that ensues when the stallion sees what he has done. In some, he commits suicide by running himself into a wall and breaking his own neck; in others, he kills the stable-hand that carried out the deception; in still others, the mare kills the owner, then finds his grave, digs out his body, tramples it underfoot and tears it apart with her teeth until there is nothing left. (Fugger 1584: 10r) Fugger also mentions horses’ tendencies to prefer one of its kind over others through familiarity or simply through preference. A mare will more readily accept a stallion with whom she has already mated, and she will also more readily conceive from him, according to Fugger (ibid. 73r). And one of the problems with unsupervised breeding is that a stallion will sometimes fall in love (“sich verliebt”) with one of the mares and repeatedly mate with her, instead of covering the other mares as well (ibid.: 84v). The subject of love – horses’ love for each other, their love for humans, and humans’ love for horses – is in fact raised at various points in the text. For example, as its title informs us, chapter six deals with “Von der Treuwe unnd Liebe/ so die Rossz gegen ihrer Herren und den jenigen tragen/ die ihnen guts thun […].” (ibid.:

13 Fugger 1584: 10r; he also relates (5r) that another way in which horses are like humans is that the animals are susceptible to all of the same diseases that people are, including gout! 14 This understanding of the horse can be traced back to Plato’s allegory of the chariot found in his dialog Phaedrus (246a-254e) and continued to be relevant in the early modern period: http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Plat.+Phaedrus+246a.

M ARX F UGGER ’ S V ON DER G ESTÜTEREY

| 81

12r-13v) We can interpret these passages in a number of equally valid ways. We can certainly read them as clear evidence of anthropomorphism, and as constitutive elements of particular kinds of identity (noble; and educated in so far as love of horses belongs to ancient hippological discourse). We can also read them as expressions of an experienced emotion. While the love of horses belongs to a literary trope and to an expected social reflex, it is of course possible that, for Marx Fugger and others like him, it actually belonged to their emotional landscape.15 In Fugger’s discussion of equine emotions and behaviors, and in his profession of love for horses, the distinct ontological, moral, emotional, even rational boundaries between human and animal seem to have become permeable. Recognition of just such a profoundly interwoven nature of human and animal identities belongs to the posthumanist moment, and in this way too we may understand Marx Fugger as a kind of posthumanist figure. In Fugger’s book, horses are capable of love, loyalty and virtue. They have a sense of propriety, fairness and shame; they are a man’s partner in war and peace; they heal and delight. Marx Fugger loved these horses and tells us so in no uncertain terms: „Dann ich von Jugent auff aeinen sondern lust und Lieben zu den rossen und zu der Reutterey getragen/ mich anderer Kurtzweilen …wenig geachtet sondern meine Kurtzweil in dieser loeblichen Kunst der Reutterey gesuchet/ unnd mich damit delectiert.”16

And if we as 21st-century historians are tempted to read these words as mere rhetorical posturing, a brief look beyond Fugger’s text indicates that these were not empty words. His love and concern for his horses is documented in two augmentations to his last will and testament. Marx had already made his will in 1592.17 Two years

15 For related instances, see Cuneo (2014): 151-68; Karen Raber (2013): “Erotic Bodies: Loving Horses.” In: Animal Bodies, Renaissance Culture, Philadelphia: University of Pennsylvania Press, 75-101; and Elspeth Graham (2012): “’The Duke of Newcastle’s Love … For Good Horses:’ An Exploration of Meanings.” In: Peter Edwards, Karl A. E. Enenkel, and Elspeth Graham (eds.), The Horse as Cultural Icon: The Real and the Symbolic Horse in the Early Modern World, Leiden: Brill, 37-70. 16 Fugger, Von der Gestüterey, 1584, ii recto – ii verso. According to a Fugger family motto that may well have been Marx’s, horses were not his only source of delight: „Nichts angenehmers ist doch auf der Erd als ein schöne Dama und ein schönes Pferd” in Paul von Stetten d. J. (1788), Kunst- Gewerb- und Handwerks-Geschichte der Reichs-Stadt Augsburg, Zweiter Theil oder Nachtrag, Augsburg: Conr. Heinr. Stage, 173. 17 Fugger Archiv 19, 5, folios 1-21, as cited and reproduced in Georg Simnacher and Maria Gräfin von Preysing (1992), Die Fuggertestament des 16. Jahrhunderts, vol. 2, Edition

82 | PIA F. C UNEO

later, in 1594, he writes out in his own hand a codicil containing information about what he himself indicates to be the most urgent arrangements for immediate execution following his death (Simnacher/Preysing 1992: 258-63). This information regards the location and manner of his burial, an increase of his charitable giving, and provisions for his stud-farm. Then, on June 29, 1595, at the age of 66, Marx Fugger suffered what was apparently a major stroke from which he never fully recovered. In September of that same year, Marx calls his three sons to his room to issue some last, brief instructions (Simnacher/Preysing 1992: 263-64). These instructions pertain exclusively to added provisions for particular people in Fugger’s employ whom he felt had been especially close and helpful to him in this last part of his life. In addition to certain members of his household staff, the farrier and “das Jörgel im Stall” are to be especially remembered. In the very last sentences of his son’s handwritten notes from that meeting, we find Marx’s instructions for the continuing payment of the stable- and stud-masters. From these documents we can see that as Marx Fugger felt his life drawing to a close, his thoughts turned not only to the state of his soul and the preservation of his memory, but also to his horses and the people who cared for them. A flexible concept of posthumanism allows us to position Marx Fugger’s Von der Gestüterey within important current debates about the nature of humanism and what it means to be human. Fugger’s instrumentalization of humanism indicates a critical distance to this practice and its traditional goals. His willingness to underscore foundational rational, moral, and emotional similarities between humans and horses evinces a conception of the human-animal divide as decidedly permeable. In both these ways, Fugger acts as a kind of posthumanist figure. Human-Animal Studies awakens us to the potential for historical insight offered by texts dealing with human-animal interaction such as Marx Fugger’s Von der Gestüterey. In reading Fugger’s text critically, we can observe how his very definition of self is imbricated in the equine. His recognition and indeed celebration of the connections between horse and human is based in a self-confessed love for these animals that animates his entire enterprise. His passion and concern for horses also speaks to us today.

R EFERENCES Andres, Günter (1937): Marx Fugger und die deutsche Pferdezucht und -heilkunde, Ph.D dissertation, Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin.

der Testament, Maria Gräfin von Preysing, Wiessenhorn: Anton H. Konrad Verlag, 236258.

M ARX F UGGER ’ S V ON DER G ESTÜTEREY

| 83

Bayreuther, Magdalena (2014): “Breeding Nobility: Raising Horses at Early Modern German Courts”, in: Pia F. Cuneo (ed.), Animals and Early Modern Identity, Ashgate: Aldershot, 2014, pp.109-29. Cuneo, Pia F. (2008): “Das Reiten als Kriegstechnik, als Sport, und als Kunst: Die Körpertechnik des Reitens und gesellschaftliche Identität in frühneuzeitlichen Deutschlands”, in: Rebekka von Mallinckrodt (ed.), Bewegtes Leben: Körpertechniken in der frühen Neuzeit,Wolfenbüttel: Herzog August Bibliothek, pp. 170-72 and cat. nr. 43, pp. 329-30. Cuneo, Pia F. (2014): “Horses as Love Objects: Shaping Social and Moral Identities in Hans Baldung Grien’s Bewitched Groom (circa 1544) and in SixteenthCentury Hippology”, in: Pia F. Cuneo (ed.), Animals and Early Modern Identity, Ashgate: Aldershot, 2014, pp.151-68. Edwards, Peter (1988): The Horse Trade of Tudor and Stuart England, Cambridge: Cambridge University Press. Fugger, Marx (1584): Von der Gestüterey, Das ist Ein gründtliche beschreibung, wie vnd wa man ein gestüt von gutten edlen Kriegßrossen auffrichten, vnderhalten, die jungen von einem jar zu dem anderen erziehen soll […] Frankfurt a. M.: Sigmund Feyerabend. Graham, Elspeth (2012): “’The Duke of Newcastle’s Love … For Good Horses:’ An Exploration of Meanings”, in: Peter Edwards, Karl A. E. Enenkel, and Elspeth Graham (eds.), The Horse as Cultural Icon: The Real and the Symbolic Horse in the Early Modern World, Leiden: Brill, pp. 37-70. Häberlein, Mark (2006): Die Fugger: Geschichte einer Augsburger Familie (13671650), Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer, 2006. Herbrechter, Stefan (2011): “Shakespeare Ever After: Posthumanism and Shakespeare”, in: Andreas Höfele and Stephan Laqué (eds.), Humankinds: The Renaissance and its Anthropologies, Berlin: De Gruyter, pp. 261-78. Lehmann, Paul (1956 and 1960): Eine Geschichte der alten Fuggerbibliotheken, 2 vols. Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck). Lutz, Georg (1982): “Marx Fugger (1529-1597) und die Annales Ecclesaistici des Baronius. Eine Verdeutschung aus dem Augsburg der Gegenreformation“, in: Romeo de Maio (ed.), Baronio Storico e la controriforma, Sora: Centro di Studi Sorani Vincenzo Patriarca, pp. 431-58. Plato: Phaedrus, www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Plat.+Phaedrus+246a. Raber, Karen (2013): “Erotic Bodies: Loving Horses”, in: Animal Bodies, Renaissance Culture, Philadelphia: University of Pennsylvania Press, pp. 75-101. Roscher, Mieke: „Human-Animal Studies,“ Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 25.1.2012, URL: http://docupedia.de/zg/. Schiesari, Juliana (2010): Beasts and Beauties: Animals, Gender, and Domestication in the Italian Renaissance, Toronto: University of Toronto Press.

84 | PIA F. C UNEO

Simnacher, Georg/Preysing, Maria Gräfin von (1992): Die Fuggertestamente des 16. Jahrhunderts, vol. 2, Edition der Testament, Maria Gräfin von Preysing, Wiessenhorn: Anton H. Konrad Verlag. Stetten d. J., Paul von (1788): Kunst- Gewerb- und Handwerks-Geschichte der Reichs-Stadt Augsburg, Zweiter Theil oder Nachtrag, Augsburg: Conr. Heinr. Stage. Vernalium Francoforti. Frankfurt am Main: Georg Raber, 1584. Verzeichnuss aller neuwer Buecher/ welche in dieser Fastenmess dieses 1584. Jars zu Franckfort am Mayn[…] bey Portenbach und Lutzen, Frankfurt am Main: Peter Schmid. Verzeichnuss aller neuwer Buecher/ welche in dieser Herbstmess dieses 1584. Jars zu Franckfort am Mayn… bey Portenbach und Lutzen, Frankfurt am Main: Peter Schmid. Wölfle, Sylvia (2009): Die Kunstpatronage der Fugger 1560-1618, Augsburg: Wißner Verlag.

Doing Their Master’s Bidding Domesticated Animals in Kukryniksy’s Pravda Political Cartoons R EETA K ANGAS “No, it’s no use. I could never leave this place now. Why pretend? mused the dog, with a sniff. I’ve got used to this life. I’m a gentleman’s dog now, an intelligent being, I’ve tasted better things. Anyhow, what is freedom? Vapour, mirage, fiction ... democratic rubbish ...” MIKHAIL BULGAKOV, HEART OF A DOG

Non-human animals1 are often used in propaganda to depict enemies. The Soviet propaganda artist trio Kukryniksy used many animal symbols in their propaganda art. In this article I examine the human-animal relationships in Kukryniksy’s Pravda political cartoons published during 1965-1982. Different animals serve different purposes in the propaganda imagery. Here I concentrate on the domesticated animals, which are, broadly speaking, the ones that humans have chosen to include in their living space. I am interested in seeing how these cartoons relate to certain questions: 1) What do these cartoons say about human ideas on animals and humananimal relationships? 2) How are human-animal relationships used to describe human-human relationships? 3) How do human-animal relationships become symbolic devices? The symbolic function of domesticated animals comes from the proximity they have to the human sphere of living and from what their relationship with humans is assumed to be – i.e. their servile, subordinate, and purely functional role. Thus, they are used to depict the hierarchical relationships between enemies of the Soviet Union, as well as the enemy’s exploitation of other nations or of abstract concepts or

1

For the sake of clarity and easiness of presentation I will from now on refer to “nonhuman animals” simply as “animals”.

86 | REETA K ANGAS

ideals. All of this culminates in two separate processes that feed into each other and help to reinforce each other in the manner of a ‘vicious cycle.’ The first process is that in which preconceptions about domesticated animals – wherein they are seen in a subservient and utilitarian manner – are transferred onto the enemy. This process, wherein the animals help to create a certain view of the enemy, is exactly what the cartoonists were hoping to achieve. The second process is more of a byproduct of the first, but no less significant. In this second process, the repeated depiction of the enemy as a subservient and exploitable domesticated animal, in turn, feeds into the people’s view of animals. Thus these two processes feed into each other, continuously strengthening the preconceptions about both the enemy and the animals. I will begin by introducing the theoretical and general background of my research, then proceeding to the analytical part. In order to exemplify the use of animal symbolism and to illustrate my analysis, I use five out of the 35 Kukryniksy domesticated animal cartoons published in Pravda during 1965-1982. The cartoon analysis is divided into three parts based on the type of the domesticated animal appearing in the cartoons. These are the so called: 1) Companion Animals, 2) Working Animals, and 3) Consumption Animals. The first one of them covers cartoons in which animals that generally share the living space with humans appear. The second examines the cartoons in which there are animals that are used by humans for work purposes. The third, in turn, concentrates on the animals that are used for consumption. My analysis will generally progress from the less functional animal to the more utilitarian one. In the end I will make conclusions on the use of domesticated animals in political cartoons and propaganda.

T HEORY

AND

C ONTEXT

Humans are eager to use animal symbols to define the characteristics of their opponents. This is the case for both propaganda and political cartoons. Both of these often also aim to vilify their targets, as well as ridicule them. (See Baker 2001: 36; Lamb 2004: 102; Steuter/Wills 2009: 48) In fact, animal symbols are the most common symbol used in political cartoons (Gombrich 2007: 136). Different types of animals are used in propaganda in different functions. But this form of animal symbolism is always dependent on the human perception of animals, and as such it is anthropomorphic (Baker 2008: 82). While a wolf is often used to depict the menacing nature of the enemy, a dog, in turn, is used to depict a character as subordinate to someone else. Here a distinction between wild and domesticated animals exists. Granted, making this distinction is problematic (see, e.g., Ritvo 2014), but I have nevertheless categorised the cartoon animals discussed in this research under the label of “domesticated” animals, basing my choice on the cultural context of the cartoons.

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 87

The ways in which we as humans perceive animals varies according to the cultural context in which we think of them. In the Russian language, the word ‘domašnie’2 refers simultaneously to ‘domestic’ – pets sharing the family space – and ‘domesticated’ – the opposite to wild – animals (Nelson 2006: 124). When the animals become ‘domašnie’, their identity changes in the eyes of the humans. They have become part of the human sphere of living and often fall under, at least perceived, human control. This is visible already in the concept of “domesticated”, which hints at notions of taming and non-agency. In fact, in the Western cultural sphere, animals, with the exception of pets, are mainly seen from a utilitarian point of view (Fudge 2002a: 7). Simultaneously, as the animal loses its agency in entering the human sphere of living, it receives the status of being closer to humans than other animals, simply because it has entered the circle of domestic/domesticated. Accordingly, these animals are also the animals whose behaviour and characteristics are most familiar to humans. Here lies the distinction between domesticated and wild. One of them is inside the human sphere of living, whereas the other one is outside of it. 3 This creates a binary opposition between these two types of animals. In particular, it relates to the binary opposition of “svoj” [ours], and “čužoj”, [strange],4 which has an archetypal status in the Russian cultural tradition (Kvakin 2001: 102). By entering the domestic sphere, the animal becomes “ours”, while the other animal staying outside of the domestic sphere retains its status as “strange”. Furthermore, in becoming domesticated the animal loses its agency and thus it also falls into the second category of the binary opposition “subject” – “object” (see Baker 2001: 78). However, animals in general are artificially constructed as the “other” in human perception, appearing to form a natural distinction and definition point for humans (Fudge 2002b: 163). Defining the human as different from the animal creates a dichotomy between “us”, the humans, and “them”, the animals. This is especially applicable to the Soviet context for two reasons. Firstly, Marx’s distinction of humans from animals was the accepted view in the Soviet Union (Kete 2002: 30). And secondly, binary oppositions dividing the world into “my” [us] and “oni” [them], are not only traditional in the Russian culture, they are also based on Lenin's teachings on the world being divided into “us”, the workers, and

2

I use the Russian state standard, GOST1983 (GOST 16876-71), for transliteration of Russian into the Latin alphabet. For names I use the established forms when available.

3

Admittedly this distinction is not quite so simplistic, but here I ignore the deeper issues of this division due to the fact that the Soviet political cartoons approach the subject of the animal quite simplistically, also making relatively straight forward distinctions between wild and domesticated in the way they draw the cartoon animals.

4

In the sense of “unknown”, “unfamiliar”.

88 | REETA K ANGAS

“them”, the exploiters (Arnautov 2012: 39). This binary opposition relates closely to the “ours” – “strange” distinction. Both of them are often used to describe the Soviet Union and its enemies. Thus, while the domestic animal becomes “ours” in contrast to the wild, “strange”, it still retains its otherness in contrast to the human, which is where the binary opposition in the cartoons lies. Additionally, in this context, one “other”, the animal, is used in the depiction of another “other”, the enemy, making the enemy doubly distanced from “us”. When using animal metaphors, it is typical for the media to emphasise their negative aspects (Steuter/Wills 2009: 75). Furthermore, in the use of animals in political cartoons, the symbolism is always linked to how humans are regarded as superior to animals (Edwards 1997: 97). In general, in binary oppositions the animal takes the position of the negative (Baker 2001: 116). There is an exception to this rule in propaganda pictures using animals to depict “us”, but this is a relatively rare occurrence. Cartoons are very contextual by nature. This is, of course, true of other images as well. They too rely on the context in the interpretation process, as well as on the caption and the code, i.e., the image’s visual language (Gombrich 2002: 142). However, when thinking of political cartoons as a propaganda device, their contextuality becomes even more important. After all, propaganda, in order to be effective, has to fit in the context in which it is spread (Ellul 1973: 34). The propagandist takes into account the existing cultural and historical context when constructing a propaganda message. Thus, propaganda uses language, images, and symbols familiar to the audience in order to disseminate the appropriate message (Jowett/O’Donnell 2006: 8-9). The use of appropriate presentations and symbols is what makes the propaganda message effective (Lasswell 1995: 19-20). The Soviet state understood the need for this and used many culturally contextual references in their propaganda. For example, animal tales, as well as the satirical animal symbolism originating in them, were utilised in Soviet propaganda (Costlow/Nelson 2010: 9). Basically, traditional cultural devices were used in order to draw attention to the message transmitted in propaganda, as well as to aid the interpretation process of the message. Another way to make a propaganda message more likely to reach and influence the audience is to keep repeating it (Ellul 1973: 14). This works especially well in environments in which the state transmits and coordinates the propaganda campaigns. Thus, propaganda can become an all-encompassing phenomenon as was the case in the Soviet Union, where the language and ideology of the Party were transmitted widely (Kenez 1985: 255). In order for propaganda to be effective, it is important to keep the audience immersed in it at all times. When the propaganda feed is constant, it is more difficult for the audience to notice when a new propaganda campaign emerges. Additionally, the propaganda should be transmitted in all media, so that they further emphasise each other’s messages (Ellul 1973: 17-20). This

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 89

creates the all-encompassing nature of propaganda that makes it so effective. Due to its repetitious and perpetual nature, it is difficult for the audience to see where the propaganda ends and where it starts; indeed, such a distinction no longer exists. These two ideas, the origins of the propaganda message’s symbolic system in the cultural context and tradition and the repetitive nature of propaganda, together create the ‘vicious circle’ mentioned earlier. In this circle, the propagandist uses culturally significant references to the audience’s ideas about animals in order to better appeal to it. When this message uses an animal symbol that arises from the cultural background, it in turn emphasises the views of animals that were already pre-existing in the culture. As the animals predominantly hold the negative position in a binary opposition, in the case of the Soviet dichotomy friend-enemy, they end up depicting the enemy. Thus, while transmitting negative ideas about the enemy, the propagandist simultaneously ends up transferring the same negative characteristics back onto the animal. One of the elements of propaganda that worked in this way were the Kukryniksy trio’s Pravda cartoons. First of all, Pravda was the most important newspaper in the Soviet Union. It was the mouthpiece of the Communist Party and as such it had an important role in setting the tone of the political conversation in the Soviet media (Roxburgh 1987: 58). Secondly, Kukryniksy were an influential artist trio, consisting of Mikhail Kupriyanov (1903-1991), Porfiri Krylov (19021990) and Nikolai Sokolov (1903-2000). Due to the prolific and long (1920s to 1980s) nature of their co-operation, Kukryniksy had a significant impact on the field of visual propaganda in the Soviet Union. With the wide circulation of their visual propaganda work, they took part in the building and emphasising of traditions and preconceptions. Thus, by looking at the animal symbolism in use in Kukryniksy’s work, we can identify many of the presumptions about animals that existed in the Soviet cultural context. Furthermore, in their depictions of domesticated animals Kukryniksy “reveal” the underlying relations between different enemies of the Soviet Union. However, the domesticated animal cartoons not only depict the relations of control between different enemies, but also show how the enemies exploit other nations, ideals, and policies. In general, the USA appears in human form and plays the role of the primary enemy and exploiter in these cartoons. Thus, it is Kukryniksy’s aim to enlighten the reader about the ways in which the USA orchestrates the world politics according to its own wishes and needs. Some cartoons also simply describe the enemy’s nature with culturally significant animal metaphors. These ideas on binary oppositions, propaganda, and political cartoons are the methodological and theoretical starting points for my analysis of the Kukryniksy cartoons. Additionally, in my analysis I take into account the linguistic, cultural and historical contexts of the cartoons.

90 | REETA K ANGAS

C OMPANION ANIMALS It has been stated that pet keeping is a phenomenon in which the animal has lost its function as a utilitarian work animal, as well as its natural living environment (Berger 2009: 24). However, not all pets have lost their utilitarian function, for example, some pet dogs are also used for hunting. What is common to pets, though, is that they are all placed under the command of their owner. They are required to behave according to their owner’s wishes, without their own initiative (Tuan 2007: 148). Fittingly, pets as animal symbols are often used in visual propaganda to depict a relationship in which someone is performing services for someone else. This role we impose on pet animals becomes a relevant part of their symbolism; they are used to show the relationship between the pet and its master. The only two pet animals that Kukryniksy use in their cartoons are the parrot and the dog. Let us start the analysis with the one that has the status of a pure pet, the parrot, which has no apparent utilitarian function. However, as we will see, the enemy has managed to find a utilitarian function that matches the exact characteristics of this animal and renders it in a negative light. A parrot stands for imitating and repeating something without thinking. In the Russian language, the name of this animal can be used as a figurative reference to people who repeat the words of others without critically appraising the content of the message. This is exactly what we see in a cartoon where three parrots sit on a perch yelling “Sovetskaja ugroza-a-a!!!” [Soviet thre-e-eat!!!] (Kukryniksy 1973, November 3: 5 [picture 1]). In spreading rumours about a Soviet threat, these parrots are simply copying the words of their masters, that is the USA. Indisputably, this symbolic function stems from how parrots learn to, and are taught to, mimic human language, or rather, some words or sentences. In another cartoon with a parrot, the animal has the same symbolic function, but a different identity. Here it is the West German National Democratic Party that “parrots” the words of the big capitalist institutions (Kukryniksy 1969, February 9: 4). Thus, in these two cartoons the parrots’ symbolic function is closely connected to the way the animal learns to mimic humans. This specific characteristic of the parrot transfers to the enemy, and depicts the hierarchical relationship existing between different Soviet enemies, but it also gives the impression that what these parrots are saying cannot be trusted.

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 91

Picture 1: “The bigmouths’ tale is not a new one, / It is familiar to all nations. / They are known to the world as masters / Of all sorts of provocations.”5

Kukryniksy 1973, November 3: 5; poem by Dm. Dyomin.

In the first cartoon this simple visual depiction of “parroting” transmits to the audience the message that the claims of a Soviet threat are plainly a US provocation. This message is further promoted by Dm. Dyomin’s poem, which accompanies the cartoon (see picture 1). The inclusion of poems in the cartoons demonstrates one of the ways in which the Soviet visual propagandists used repetitious devices to make their message as clear as possible, so as to aid the interpretation process. Here the poem emphasises the parrots’ status as provocateurs, so that the audience does not have the chance to misinterpret the cartoon’s propaganda message. This poem also brings the past and the present together when stating that the parrots’ message is an old one, thus creating a continuum between the old and current enemies of the Soviet Union. A reference to the past also casts a suggestion of revanchism onto the enemy. Thus, instead of being simply the repetition of others’ words, the act of “parroting” becomes the spreading of outright lies. However, the animal symbol retains the quality of a parrot, which does not think about the content of the message it spreads.

5

Original: ”Krik boltunov sovsem ne nov, / Izvesten on vsem nacijam. / Ih znaet mir kak masterov / Po mnogim provokacijam.” All translations are my own unless otherwise specified.

92 | REETA K ANGAS

The cartoonists have opted not to depict the masters of these birds directly in the cartoon. Instead, the cartoon caption mentions that these birds are associated with the NATO, which implies – according to Soviet propaganda tradition – that these birds are under US control. The caption also reveals the birds’ identities as the “reakcionnye i militaristskie krugi v nekotoryh stranah NATO vkupe s maoczèdunovcami” [reactionary and militarist circles of some NATO countries along with the Maoists]. The left-most parrot is the militarist, resembling a typical caricature of Augusto Pinochet (1915-2006) in Kukryniksy’s propaganda art. The parrot in the middle, representing the reactionary circles, has the caricatured facial features of the British Prime Minister Edward Heath (1916-2005). The Maoist parrot on the right is a caricature of Mao Zedong (1893-1976), the Chairman of the Communist Party of China. This cartoon’s publication time correlates with the Sino-Soviet split, which caused the Soviet propagandists to occasionally also attack the Chinese communists. Kukryniksy have drawn the parrots wearing tailcoats. In the Soviet cultural context this is a further reference to reactionary capitalists. Interestingly, even the Mao parrot is dressed in a tailcoat instead of the Mao suit so closely connected to the image of Mao, and the Chinese more generally. This inclusion of a tailcoat is intended to point out that the Chinese communists have abandoned the communist ideology and turned into capitalists, who say whatever the US teaches them to say. In fact, in both of the parrot cartoons the birds wear tailcoats, which suggests that the shape of the parrot as an animal has partially inspired Kukryniksy to draw tailcoats on them. Additionally, an animal not serving a utilitarian function would naturally have been connected with the bourgeoisie (cf. Nelson 2006: 125-127). This helps to further advance the placement of this specific animal within the category of the negative “other”. Similarly, lapdogs were regarded as a remnant of the bourgeois society and the epitome of the old Tsarist regime. Consequently, they were placed in a binary opposition with working and hunting dogs. These, in turn, were seen as positive animals for they were regarded as taking part in the building of socialism (ibid.). In addition, the dog, despite its common status as humans’ best friend, in general has a negative connotation in the Russian language and is often encountered in propaganda (Weiss 2006, 449-450). The Russian word ‘sobaka’ [dog] can be used figuratively as a reference to a rude person, or someone who is ready to take part in ill deeds. In this linguistic context it is understandable that the propagandists chose to use this animal symbol to convey their view of the enemy. The dog’s negative status is further emphasised with visual and textual devices. In one cartoon Kukryniksy have, for example, drawn them wearing formal attire, akin to the parrots (Kukryniksy 1971, January 30: 4 [picture 2]). The two dogs of this cartoon are similar to the parrots also in the way that they too, under someone else’s orders, are spreading fabricated lies about the Soviet Union.

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 93

Picture 2: “Dog’s service.”6

Kukryniksy 1971, January 30: 4.

But why do these dogs refer to capitalist propaganda?7 The dogs each represent Western radio stations that were broadcasting to the socialist countries. The big dog wearing the pinstripe suit is Free Europe, which was broadcast to the Soviet satellite countries in Europe. The small dog wearing the dress reminiscent of the dirndl dress, traditional to the Alpine regions, is Liberty, which was broadcast to the Soviet Union. The dress the Liberty dog is wearing feminises the dog and points toward these radio stations’ headquarters in Munich. Usually the people depicted in Soviet propaganda are men,8 with the exception of Margaret Thatcher (1925-2013), who started appearing in Kukryniksy’s cartoons soon after becoming the Prime Minister of Britain in 1979 (e.g. Kukryniksy 1979, December 17: 5; Kukryniksy 1982, May 7: 5). Yet, it is typical to portray the “other” in propaganda by utilising feminine characteristics (Riabova 2001: 26). It puts the cartoon character in the role of the “weaker” gender, thus taking away its power (Edwards 1997: 100). However, even in the depictions of Thatcher in these cartoons, the animal character she always takes, the British lion, still retains many of the lion’s masculine characteristics. In fact, most of the animal characters that acquire feminine characteristics are not fully feminine, but hybrids of features that are generally regarded as feminine or masculine.

6 7

Original: ”Sobač’ja služba.” Propaganda in the Soviet Union was regarded as a neutral term, except when talking about ‘capitalist propaganda’.

8

Consequently, I use the pronoun ‘he’ to refer to the enemy and the cartoon characters, unless I am speaking about a character which is specified as female.

94 | REETA K ANGAS

Some of the characteristics that are often associated with dogs’ behaviour, are also connected with femininity. This includes the submissive and loyal nature of the dog (Mangum 2002: 43). The hanging ears of the little dog also make her assume an even more submissive position. In contrast, pointed and upright ears give an impression of alertness and control (Tuan 2007: 145). By presenting the little dog as a feminine and submissive being, Kukryniksy aim to undermine the radio station’s perceived authority. It was necessary for the Soviet propaganda machine to undermine Liberty, directed at the Soviet citizens, in order to point out that the radio station did not have any influence over the nation. The dog’s submissive nature is the most important symbolic quality that appears in these cartoons. In fact, the master-and-his-dog analogy is typical for political cartoons and it appears in all of Kukryniksy’s dog cartoons. In the case of the radio station dogs, we see a CIA man lurking in the background, holding the dogs not only on a leash, but on a leash constructed from shackles. References to the enemy as chained dogs of imperialism were common in the Soviet propaganda, even though identity of the enemy varied according to the needs of the times (Weiss 2006: 447). The cartoon dogs also never appear as independent actors. Instead, the dogs’ master is always lurking somewhere in the background to remind the audience who is in control of the actions of these animals. Thus, when seeing the CIA man in the background of the cartoon, holding and yanking the chains of the dogs, the audience understands that the radio stations are acting under the orders of the USA, and hence should not be taken seriously. Kukryniksy portrayed these radio stations as dogs more than once. Whenever they appear in the animal cartoons they take the form of two dogs barking into a microphone (e.g. Kukryniksy 1977, May 8: 5). In general, they act as a symbol for capitalist propaganda, malevolent feelings towards the Soviet Union, and the propagation of lies about a Soviet threat. One cartoon even connects these radio stations’ propaganda with that of Nazi Germany by showing the dogs, along with a CIA and a Pentagon man, consulting the skeleton of Joseph Goebbels (1897-1945), the propaganda minister of Nazi Germany, peeking out of his grave (Kukryniksy 1979, September 18: 5). The use of Goebbels also acts as a reminder that the Nazi movement’s birthplace is the same city where the radio stations have their headquarters. Here, Kukryniksy establishes a strong connection between the propaganda of the Second World War and that of the Cold War, associating the USA with the legacy of Nazi Germany. The dogs know who their masters are and they are depicted in a manner conveying that they are not planning to disobey their masters’ orders. In fact they are reminiscent of Ivan Petrovich Pavlov (1849-1936) and his dogs. Pavlov is famous for his conditioning experiments on dogs and he was held in high regard in the Soviet Union (see Bryld 1998: 55-58; ibid.: 65). The radio station dogs behave similarly to those of Pavlov. While Pavlov’s dogs started salivating and producing gastric acid

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 95

at a sign from the experimenter, the radio stations Free Europe and Liberty are spreading fabricated lies about the Soviet Union at a sign from their master. Furthermore, according to the Marxist-Leninist view, a dog’s behaviour was entirely dependent on the dog’s master (Nelson 2006: 132). In this light, the lies are not only an inherent part of the press dogs’ nature, but also of their master’s, the USA’s, nature. They are unable to admit the moral superiority of the socialist countries, which leads them to spreading fabricated propaganda lies. These dogs, as well as the parrots earlier, are not quintessentially animals. They are hybrids of humans and animals. When the enemy is depicted in this manner, the enemy’s otherness is emphasised. This type of therianthropic depiction is typically reserved for portraying enemies, rather than friends (Baker 2001: 108). But despite this hybridity, these animal characters’ significance stems from the nature and characteristics that are assigned to them in the Russian cultural context. The major symbolic function of the dogs is to point to the master-and-his-dog analogy. However, sometimes the dog also has other, more culturally dependent, significances. For example, one cartoon’s title is “Černogo kobelja ne otmoeš’ dobela” [You cannot turn a black dog white by washing it] (Kukryniksy 1970, February 19: 5). This phrase corresponds with the English ‘a leopard cannot change its spots’, meaning that the innate nature of something cannot be changed. Thus, in accordance with the cultural traditions of Russia, Kukryniksy have drawn the character as a dog, whereas an English speaking cartoonist would have used a leopard instead. The dog in question also does not refer to the radio stations discussed earlier; rather, it is used to demonstrate how the innate characteristics of the NPD as a Nazi legacy cannot be changed. In all these cartoons the relationship between the master and the pet plays an important role. Sometimes the master is visible in the cartoon, sometimes the master’s existence is merely implied. In any case, the pet animal is shown in the position of fulfilling his master’s commands. Thus, the function of the limited number of pets appearing in these cartoons is to depict the hierarchical relationships between different Soviet enemies.

W ORKING ANIMALS While the pets in these cartoons act according to their owners’ orders, working animals, in turn, are used by their owners for work purposes. The animals we see in these cartoons are the horse and the donkey, but there is only one cartoon with the latter, whereas the former is quite a prominent animal in the Kukryniksy animal cartoons. In particular, horses are strongly associated with riding in these cartoons. They portray an animal that has been tamed by humans to act as a means of transportation or to do hard work. In the Russian tradition, the horse is associated with

96 | REETA K ANGAS

the Cossacks, and hence it has a positive symbolic connotation (Rosenholm 2010: 179). Furthermore, horses (along with the previously discussed dogs) are regarded as very close to humans, because they have been a significant part of human lives for such a long time. Accordingly, they are also regarded as loyal to humans (see Mikhailin 2005: 366; Pliny via Cooper 1995: 71). And hence, Soviet propaganda frequently used the image of a horse and a rider as a positive symbol. The Soviet propaganda posters, for example, drew parallels between past Russian heroes on horseback and the new Soviet heroes on horseback. However, the horse as a means of transport was not reserved only for “us”. In propaganda, “they” ride horses as well, but it is often a metaphorical one (Weiss 2006: 441-443). Thus, the horse of “us” is a valiant steed, whereas the horse of “them” is a poor exploited animal. One of the cartoons, which is somewhat different from the horse cartoons, portrays a donkey. Instead of being someone who is exploited by the enemy, the donkey takes the form of the enemy itself. This is also related to how horses were often regarded as having a positive symbolic function in Russia. The donkey, in turn, has negative connotations. In the Russian linguistic context, referring to somebody as a donkey is akin to calling them stubborn or stupid. Thus, a cartoon depicting the Greek junta in the form of a donkey serves to associate the regime with stupidity and stubbornness, as well as injustice when this donkey is seen kicking a statue of Themis, the personification of law (Kukryniksy 1969, May 18: 5). Here, Kukryniksy manage to convey their message that the Greek junta is stupid by using an animal symbol that evokes certain connotations in the Russian cultural and linguistic context. Similarly, they use the ram to refer to the Greek junta’s characteristics (Kukryniksy 1972, March 16: 5). The Russian word ‘baran’, ‘ram,’ can be used to refer to someone as stupid. Additionally, ‘stado baranov’, ‘herd of ram’, refers to a group of clueless people who blindly follow someone else. The ram in this cartoon is a hybrid with a column of the Ionic order, which has the effect of contrasting the imagery of old Greek civilisation with the barbarous nature of the Greek junta. Furthermore, this animal-column hybrid also has the function of a horse in this cartoon, as the USA and some other NATO countries are riding it. Thus, the ram in this case also conveys the idea of exploitation. In the horse cartoons, the animal’s symbolic value derives straight from its utilitarian function; Kukryniksy uses the horse in relation to the horse-and-rider metaphor. In these cartoons the emphasis is on exploitation. Usually, the horse in these cartoons stands either for the exploitative relation between the Soviet Union’s enemies, or for the exploitation by one enemy of a more abstract concept such as political policies. In the cartoons that depict the relations between enemies, the emphasis is on how one enemy takes advantage of another enemy. As a rule, the exploited is either on the verge of, or already, fighting against the exploiter (Kukryniksy 1965, October 17: 5; 1980 December 14: 5). One cartoon even shows NATO as a bucking

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 97

horse, making a reference to rodeos and the act of taming a horse (Kukryniksy 1966, February 25: 5). Here the horse-and-rider symbolism stems from how the USA, according to the cartoon’s caption, sees its military alliance with other nations as “sojuz vsadnika s lošad’ju” [a union of a horseman and a horse], in which the USA is the rider. This type of horse imagery based on language exists in other Kukryniksy cartoons as well. For instance, a South Korean infantry unit is drawn in the form of a horse, simply because it had the nickname “white horse” (1966, October 12: 5). In these cases the selected animal derives partially from the language usage connected to the situation. In some of the cartoons, the horse acts as a reference to political agreements and agendas, which the enemy is claiming to follow. For example, in reference to the peace negotiations during the Vietnam War, Kukryniksy drew a horse consisting of two front parts, each striving to gallop in an opposite direction (Kukryniksy 1972, December 3: 5). This two headed horse is reminiscent of the Tjani-Tolkaj,9 familiar to the Russian audience from Korney Chukovsky’s book Doktor Ajbolit (1925), which is also an animal consisting of two front parts that are always trying to go in different directions. The horse pulling in two different directions contrasts the traditional idea of a horse as a means of transportation with the immobility of this particular animal. Furthermore, the US military man riding the horse has his upper body facing one direction while the lower body is facing the other direction. This functions as a comical commentary on the actions of the US, and it reveals the “real” attitude of the USA towards the agreement; they claim that they will sign it, but this in itself is only a propaganda trick used to gain political support. In a similar vein, in one cartoon Ronald Reagan (1911-2004) has mounted a horse backwards and even attached the reigns to the horse’s tail (Kukryniksy 1982, April 16: 5 [picture 3]). A similar portrayal of a US president riding his horse in a peculiar way occurs in a cartoon depicting Jimmy Carter (b. 1924) riding a horse while sitting on a throne instead of a saddle (March 2 1980, 5). His horse, labelled “Truman Doctrine”, has the face of Harry S. Truman (1884-1972). This links Carter’s policies to those of Truman in the 1940s, showing him as backwards and reactionary, as well as depicting him as a megalomaniac who would put a throne on the back of a horse.

9 This creature is based on the Pushmi-Pullyu encountered in Hugh Lofting's Dr Dolittle stories (see Salminen 2009: 14).

98 | REETA K ANGAS

Picture 3: “Is it possible with such a carriage / To come to peace and to reach a détente!”10

Kukryniksy 1982, April 16: 5; poem by Dm. Dyomin.

In addition to being an exploiter, Reagan is also depicted as a crazy militarist. He is in a position reminiscent of a knight riding his horse, but instead of a sword he has a nuclear missile hanging from his waist. Thus, in a sense, it is an ironic portrayal of him as a modern day American knight. This new knight figure consists of a cowboy with a missile. The depiction of Reagan as a cowboy refers to his past as an actor in western films. His past as an actor also links with the idea that he is good at claiming to be something other than what he really is. For instance, while riding his horse towards “vooruženie” [armament], he is actually claiming to be heading for “razoruženie” [disarmament]. While the cowboy imagery in the Kukryniksy cartoons already started during Carter’s time (e.g. Kukryniksy 1980, March 2: 5), it became more prominent during Reagan’s presidency. Additionally, his attire in these cartoons is more fully a cowboy’s than Carter’s, who mainly wears just a cowboy hat. Reagan, the cowboy, acts as a reference to someone who uses a horse for his work. Hence, when the US president is shown riding a horse, it creates the image in the audience’s mind that this man makes the horse act according to his wishes. Additionally, the cartoon also has him wielding a whip, which reinforces the idea that he is in a position of power over the animal. The horse represents the USA as a country, which Reagan is leading towards a further military build-up. Simultaneously he tries to convince the rest of the world to disarm itself in the spirit of the

10 Original: ”Vozmožno l’ pri takoj posadke / Priehat’ k miru i razrjadke!”

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 99

disarmament talks of 1982. In these cartoons, the USA’s claims and actions contradict one another, which is indicative of its deceitful nature. The horse is also used to hint at another aspect of the enemy’s deceptive character. In one cartoon Baron von Münchhausen’s horse is drinking from a trough filled with black propaganda ink, which is a typical reference to western propaganda in Kukryniksy cartoons (Kukryniksy 1974, February 3: 5). The horse’s symbolism stems from a literary reference. Similarly to Münchhausen’s tale about his horse being cut into two halves and him noticing it only once the horse stopped to drink, here too, the liquid the horse drinks pours straight out of the cut in the horse’s body. A representative of the western press collects the ink as it is pouring out of the horse. Significantly, Münchhausen, the world’s most notorious liar, exclaims: “Takuju grjaz’ vižu vpervye!” [I’ve never seen such muck before!] This conveys to the audience the impression that what the Western press is saying about the Soviet Union is a far bigger lie than anything anyone has ever told before. The liars also try to hide their actions by all possible means. This is visible, for example, in how a US capitalist uses the US constitution as a saddle, and hides the horse’s true identity behind the declaration of human rights (Kukryniksy 1980, July 18: 5). But this horse is not drawn as a horse. Instead of a horse, the capitalist is riding two men, both of them representatives of American minorities. They play the role of an implied horse. By an implied animal I refer to someone or something that takes the function and place of the animal in a cartoon. Here, similarly to Ilya Repin’s famous (1844-1930) Barge Haulers on the Volga, painted in 1870-1873, the artists make a point of how the exploiter uses people “as human beasts of burden” (see Clark 1997: 85-86). In particular, the criticism focuses on the fact that the exploiter is doing this even though there are other means by which the hard work could be done. The poem under the cartoon also remarks that while the Americans speak for human rights and equality, in truth their actions are based upon racist ideas. Furthermore, they use humans in the place of animals. This is particularly significant within the Soviet view that humans are quite distinct from animals. Furthermore, it reveals the attitude that it is acceptable to use animals for heavy physical work, but not humans. The cartoon makes a further distinction between the US leaders and the Soviet Union, which tended to portray itself as a champion of equal rights and possibilities for all national groups to live in peace and harmony (see Gill 2011: 173). By showing the enemy, “they”, trampling the human rights, the Soviet propaganda simultaneously portrays the Soviet Union, “us”, as the opponent of the enemy, thus attaching all the positive virtues to the Soviet Union. As we have seen, the horse is used in many cartoons to construct the idea of a liar enemy. Similarly to the way in which the horse of Münchhausen describes the propaganda and the anti-Soviet sentiments of the west, other cartoons describe the ways in which the enemy aims to escalate the Cold War. For instance, in one car-

100 | REETA K ANGAS

toon Reagan is shown riding an ice horse, a symbol for the Cold War, that has a gun pipe for a nose (Kukryniksy 1981, February 20: 5). In another, he is riding a missile, which acts as an implied horse, towards Europe (Kukryniksy 1981, June 2: 5). In yet another cartoon, West Germany is shown riding a missile-horse, which is being lead by a US military man holding the reigns (Kukryniksy 1966, July 3: 4). While the USA is depicted as a military madman, the Soviet Union simultaneously takes the role of the one seeking peace and demilitarisation. None of the characters in the horse cartoons are feminised. Furthermore, the horse’s gender is not visible in these cartoons, but the rider, or cowboy, is always a man. Here we find a connection to the Russian cultural context, in which horses were strongly associated with masculinity (Rosenholm 2010: 187). Even though all the leaders of the countries depicted as the rider were men at the time, they could have been feminised in the cartoons unless there was a reason not to do so. The reason here is the cultural connotation of the horse. As will be shown in the next section, it is a very different matter with the consumption animals.

L IVESTOCK Russia has traditionally been a peasant society with a large number of people living in the countryside. The formation of the Soviet Union brought a rapid industrialisation to the country, as well as the mass collectivisation of farms. However, there was a significant resistance from the peasants against the collectivisation, because they did not want to lose their farm animals to the new collective farms (KingstonMann 2006: 31-33). These disputes over the ownership of animals is one indication of how highly valued farm animals were in the Soviet Union. Indeed, they were invaluable to the peasants in maintaining their livelihood. A decision made in the Soviet Union in 1935 gave the peasants the right to “one milk cow, two calves or heifers, one sow and piglets, four sheep, and an unlimited number of chickens” (ibid.: 33). Even if this was well before the cartoons examined in this article were published, it still indicates which production animals were seen as the most important ones for the peasants. Incidentally, these are the very same animals that appear in the Kukryniksy cartoons, with the exception of the pig, which does not feature in a single cartoon. This is interesting, considering the extremely negative connotations this animal has within the Russian cultural context (Weiss 2006: 439; Glagoleva 2010: 41). The animals we do encounter here are cows, chickens, and sheep. Their symbolism in these cartoons stems from either the animals’ utilitarian functions or the metaphoric qualities these animals have in the Russian cultural context. Milking a cow is a common cartoon metaphor for taking advantage of someone (Serio 1972: 2). It is interesting that in a metaphorical sense milking a cow is a reference to exploitation, whereas the milking of an actual cow is not very often seen

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 101

as a form of exploitation. The cow as a symbol is traditional in Russian propaganda imagery. For example, during the Second World War, Kukryniksy drew Germany’s allies as Hitler’s cattle (Kukryniksy 1942, September 15: 4). Already earlier, during the First World War, other propaganda artists depicted Austria as Kaiser Wilhelm II’s cattle (Norris 2001: 144). These cartoons aim to explain the relationships between the enemy and his allies and, in particular, how the main enemy is exploiting his allies. In one Kukryniksy cartoon we see three milkmaids milking a cow labelled “Middle East” (Kukryniksy 1979, January 8: 5 [image 4]). These milkmaids are actually men, which is visible from their traditional capitalists’ outfits: pinstripe suits and top hats. In the Russian cultural context, cows are a part of the women’s world, and not the men’s (Rosenholm 2010: 187). Hence, it is only fitting that these cartoon characters try to pass for women by wearing headscarves, which are traditionally worn by women in Russia. They have invaded the sphere of life belonging to the other gender. In these types of cartoons, the “othering” of the enemy goes further than when just depicting him as an animal. While Kukryniksy puts these men in the position of women, they simultaneously send a message that the men should not be taking part in this activity. Thus the propagandists divide the world into very stereotypical gender roles. While the scarves aim to hide the fact that these men are representatives of foreign powers, they simultaneously reveal their true identity by featuring embroidered currency symbols on them. They are the USA and Great Britain, also recognisable from the top hat and the bowler hat that the cartoon characters wear. These men, along with a third unrecognisable one, milk the Middle East cow for oil. Actually, there is no whole cow in the cartoon, only an udder that acts as a synecdochical reference to the cow. This puts the emphasis on the action of milking. An earlier cartoon uses the same synecdoche when portraying Uncle Sam milking South America for money (Kukryniksy 1967, November 24: 4). And a further cow cartoon shows the milking of money from a cow which is a hybrid of an oil barrel and a cow, a reference to the oil companies exploiting an energy crisis in order to increase their own profits (Kukryniksy 1974, February 9: 5). In this last case the cow is willingly taking part in the action, after all, she is winking an eye and smiling. But even when this is the case, the cow is still in the position of the one being milked, making this animal symbol one that relies on the utilitarian function attached to the animal by humans. In fact, milk production is the cow’s inherent quality in the Kukryniksy cartoons.

102 | REETA K ANGAS

Picture 4: “Milking a cow.”11

Kukryniksy 1979, January 8: 5.

Some other animals, in turn, have different symbolic functions. For example, the chickens in these cartoons do not refer to their function as consumption animals. The cock in these cartoons acts as a reference to aggressive behaviour, and the need to fight with others. In Russian, ‘petuh’ [cock] has the metaphorical connotation of a person eager to fight. The idea of these birds fighting inspired Kukryniksy to draw a cartoon with three men of the South Vietnamese government fighting over dominance until the bitter end (Kukryniksy 1968 April 5: 5). In fact, one of them is already lying headless in the background. Fittingly, the cockfight symbolises “the battle for life” (Cooper 1995: 48). However, the fact that these birds fight one another is not just a natural characteristic of them, but also something that humans impose on them, for example in the form of the cockfights traditional to certain Asian regions. In these fights, the birds fight until one of them is mortally wounded. Then the owner picks the animal up; otherwise they would keep fighting as long as they can still keep moving (Geertz 2005: 63-64). The idea here is that the members of the South Vietnamese government, appointed by the USA according to the cartoon caption, do not get along and will fight one another until there is only one of them left. While the cock is associated with aggression, the hen, in turn, is seen as a symbol for motherly care (see Werness 2003: 212). On a symbolic level, the hen’s motherly care contrasts with the cockfight’s aggression. This difference in the animal’s opposing genders’ symbolic values is visible also in the cartoons. One cartoon features a hen as a representation of Hitler, looking at an egg from which an

11 Original: ”Dojnaja korova.”

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 103

NPD man is hatching (Kukryniksy 1966, December 21: 5). The meaning of this animal symbol is clear: the NPD is a direct offspring of Hitler’s ideology. The hen is also a clear hybrid of human and animal attributes: the Hitler hen wears military boots with swastika spurs and a military cap that forms the hen’s comb; Hitler’s chin is caricatured to look as the wattle of the hen. Here, Kukryniksy aims to create a comical figure by mixing animal and human, as well as feminine and masculine. Additionally, this cartoon plays with the discrepancy between Hitler as a motherly caring hen on the one hand, and the famous wartime image of an atrocitycommitting Hitler on the other. Furthermore, this cartoon points to the ancient question of which came first, the chicken or the egg. Kukryniksy’s answer is that the chicken came first, otherwise the egg would not be able to follow in the chicken’s footsteps. These cartoons featuring chickens rely on the symbolic connotations of the animal. The birds are shown as independent actors, even though the USA is shown to be the one who originated the cockfight by putting all the birds in the same pen. Two cases are not enough to make a conclusion, but in the light of these cartoons it seems as though Kukryniksy did not use chickens as a symbol for exploitation. This is also the case in their earlier work (e.g. Kukryniksy 1942, May 23: 4). Thus, chickens have symbolic functions originating in the perceived behaviour of the animal, and they have attributes attached to them by humans, such as the idea of a caring mother hen. Similar cultural connotations are at work in the symbolic meaning of sheep. In general, sheep represent the “innocent” (Grotius via Carver 2008: 159). This is consistent with the use of sheep in these cartoons. When Kukryniksy use sheep in their cartoons, it is in combination with the expression ‘volk v oveč’eij škure’ [a wolf in sheep’s clothing]. Soviet propaganda uses the wolf-in-a-sheep’s-clothes metaphor a lot, but the sheep usually takes the form of the victim at the same time (Weiss 2006: 445). The victimisation of the sheep is visible in a Kukryniksy cartoon where a sheep is crying over the human rights being trampled by a wolf, i.e. the USA (Kukryniksy 1980, June 4: 5). The crying sheep also signals that the enemy’s disguise will not last forever, in fact, it is already exposing him by shedding tears over the wolf’s actions. The sheep in these cartoons are also in the role of the exploited. They, or their skin, are in use to disguise the wolf’s true identity. This is particularly true in another sheep cartoon, in which a military man lays a sheepskin over Reagan’s shoulders as he is about to walk through a door labelled “komitet po razoruženiju” [Conference on Disarmament] (Kukryniksy 1981, June 19: 5 [image 5]). The exploitation of the sheep is slightly different than that of the cow in the Kukryniksy cartoons. The cow is exploited for what it produces, whereas the sheep is exploited for its ability to confer innocence and lure enemies into a false sense of security. Thus, using the sheep in this manner is connected with the Soviet propaganda image of

104 | REETA K ANGAS

the enemy as a master of deception. However, the propaganda always remembers to simultaneously remind the audience that the superior Soviet Union sees the “true” nature of the enemy behind the disguise. Picture 5: “Washington coveralls.”12

Kukryniksy 1981, June 19: 5.

In the case of Reagan in a sheep’s clothing, the “true” nature is visible in the missile shaped handbag he carries. Additionally, the label on the sheepskin, “ja za peregovory razoruženii” [I am for the negotiations on disarmament], in combination with the title of the cartoon, “Vašingtonskaja specodežda” [Washington coveralls], reveals the sheepskin as a disguise: if the sheep skin is a deceptive garment, then the text on it must also be untrue. All these visual and textual devices combined guarantee that the audience will interpret the cartoon correctly, even if they do not understand the reference to the expression about the wolf. In these cartoons, the USA does not assume the role of a domesticated animal, but rather of an implied wild animal, which tries to take the role of a domesticated animal. Thus, the animal symbolism takes place on two layers. In wearing the sheepskin as his clothing, the US character becomes a wolf, even when he is dressed as a sheep and ultimately retaining his human form. Fittingly, in the Soviet linguistic usage, such expressions as ‘volčij zakon’ [law of the wolf], which is explained as “lawlessness, supported by brute force,” were used as references to capitalism (see Ozhegov, 1978: 87). In these cartoons, Kukryniksy send the message that one should never trust the enemy, because of the enemy’s deceptive, exploitative, and malevolent nature.

12 Original: ”Vašingtonskaja specodežda.”

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 105

C ONCLUSIONS The domestic animals become “ours” when they lose their status as “strange” and become set against the wild. However, the animal still retains the otherness in comparison with the human, which is where the binary opposition lies in these cartoons. We have seen different domesticated animals playing various roles in the Kukryniksy cartoons. These roles depend on different variables, but they are always connected to the ideas humans have about the animals as well as the perceived human-animal relationships connected with them. Some animals’ symbolic connotations derive from human ideas about their behavioural characteristics, like in the case of parrots, dogs and chickens. Others are based on attributes that humans attach to them, like the donkey and the ram. The animals that derive their symbolic function from a Russian expression or proverb are also related to this type of symbolism. However, there are also animals that are used as symbols based on their utilitarian function in connection with humans, as in the case of cows and horses. Thus, each of the animals as symbols have different concepts attached to them. Sometimes there is more than one concept attached to the same animal, but in most cases the animal symbol’s functions do not much differ from cartoon to cartoon. The domesticated animals take a predominantly submissive role in relation to humans in these cartoons. They serve their master, act according to orders from a human, or are exploited by their owner. In only a couple of cartoons do they act independently or fight against the human. Kukryniksy use these relations between the animal and the human as descriptive tools to show the underlying relationships between different Soviet enemies. By using the domesticated animal as a symbol of servitude and submission, Kukryniksy show who is the main enemy and who is the henchman. In most cases it is the USA that takes the role of the one controlling the animals, but sometimes West Germany also appears in this role. When there are problems in the alliances between different enemies, then an animal act, such as bucking, is used to describe the complications faced by the enemies. By using domesticated animals in their symbolic functions, Kukryniksy are relaying their ideas, and the ideas of their cultural context, about animals and humananimal relationships to their audience. In their depictions of the animals in relation to humans, they turn these relationships into further symbolic devices. When repeating these ideas and symbolic devices the Kukryniksy trio does not only convey ideas about the enemy to the audience, but also ideas about the nature of the animals and their relations to humans. Thus, when using domesticated animals in the symbolic functions we have seen above, the propaganda cartoons strengthen the way in which these animals were already understood in the Soviet cultural context. This way the political cartoons create a ‘vicious cycle’ in which the animal’s otherness and perceived servile nature continues to be reinforced.

106 | REETA K ANGAS

S OURCE C ITATION Political cartoons Kukryniksy (1942): “Kurinaja slepota”, in: Pravda May 23, p. 4. Kukryniksy (1942): “Sojuz Gitlera s Italiej… I tak dalee”, in: Pravda Sept. 15, p. 4. Kukryniksy (1965): “Daleko ne uedeš’...” in: Pravda October 17, p. 5. Kukryniksy (1966): “Pentagonka s brykaniem”, in: Pravda February 25, p. 5. Kukryniksy (1966): “‘Pereselency’”, in: Pravda July 3, p. 4. Kukryniksy (1966): “Po protorennoj dorožke”, in: Pravda October 12, p. 5. Kukryniksy (1966): “Vylupilsja...” in: Pravda December 21, p. 5. Kukryniksy (1967): “Ne hudoj udoj”, in: Pravda November 24, p. 4. Kukryniksy (1968): “V sajgonskom kurjatnike”, in: Pravda April 5, p. 5. Kukryniksy (1969): “Štraus fon Taddenu: – Zapomnil? A teper’ leti”, in: Pravda February 9, p. 4. Kukryniksy (1970): “Černogo kobelja ne otmoeš’ dobela…” in: Pravda February 19, p. 5. Kukryniksy (1971): “Sobač’ja služba”, in: Pravda January 30, p. 4. Kukryniksy (1972): “Očerednoj naskok”, in: Pravda March 16, p. 5. Kukryniksy (1972): “‘Toropjatsja’ podpisat’…” in: Pravda December 3, p. 5. Kukryniksy (1973): “Krik boltunov sovsem ne nov, / Izvesten on vsem nacijam. / Ih znaet mir kak masterov / Po mnogim provokacijam”, in: Pravda Nov. 3, p. 5. Kukryniksy (1974): “Baron Mjunhgauzen: – Takuju grjaz’ vižu vpervye!” in: Pravda February 3, p. 5. Kukryniksy (1974): “Dojat...” in: Pravda February 9, p. 5. Kukryniksy (1977): “Ruka ‘svobody’”, in: Pravda May 8, p. 5. Kukryniksy (1979): “Dojnaja korova”, in: Pravda January 8, p. 5. Kukryniksy (1979): “Opytnyj ‘konsul’tant’”, in: Pravda September 18, p. 5. Kukryniksy (1979): “V binokl’ vidna li perspektiva: / Gde budet griva posle vzryva!..” in: Pravda December 17, p. 5. Kukryniksy (1980): “Na opasnom kon’ke”, in: Pravda March 2, p. 5. Kukryniksy (1980): “Ovečkoj volk priknulsja, rešiv, čto vse v porjadke. / No čem prikryt’ zverinye podavki!” in: Pravda June 4, p. 5. Kukryniksy (1980): “Prava čeloveka / žestoko poprav, / Sebja ob’’javljaet / zaščitnikom prav”, in: Pravda July 18, p. 5. Kukryniksy (1981): “Zakusiv udila”, in: Pravda February 20, p. 5. Kukryniksy (1981): “Vašingtonskaja specodežda”, in: Pravda June 1, p. 5. Kukryniksy (1982): “Vozmožno l’ pri takoj posadke / Priehat’ k miru i razrjadke!” in: Pravda April 16, p. 5. Kukryniksy (1982): “V razbojnoj akcii ‘podhvat’ / Bol’šoj opasnost’ju črevat”, in: Pravda May 7, p. 5.

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 107

References Arnautov, Nikita (2012): Obraz “VRAGA NARODA” v sisteme sovetskoj social’noj mobilizacii. Ideologo-propagandistskij aspekt (dekabr’ 1934 – nojabr’ 1938 g.), Novosibirsk: Novosibirskij nacional’nyj issledovatel’skij gosudarstvennyj universitet. Baker, Steve (2001 [1993]): Picturing the Beast. Animals, Identity, and Representation, Urbana/Chicago: University of Illinois Press. Baker, Steve (2008): The Postmodern Animal, London: Reaktion Books. Berger, John. (2009 [1977]): Why Look at Animals? London: Penguin Books. Bulgakov, Mikhail (1968), Heart of a Dog, transl. Michael Glenny, New York: Harcourt, Brace & World (Original [written in 1925]: Sobač’e serdce). Bryld, Mette (1998): “The Days of Dogs and Dolphins. Aesopian Metaphors of Soviet Science”, in: Mette Bryld/Erik Kulavig (eds.), Soviet Civilization between Past and Present, Odense: Odense University Press, pp. 53-74. Carver, Terrell (2008): “Real Construction through Metaphorical Language. How Animals and Machines (amongst other Metaphors) Maketh (Hu)man (what ‘He’ Is)”, in: Terrell Carver/Jernej Pikalo (eds.), Political Language and Metaphor. Interpreting and Changing the World, London: Routledge, pp. 151-164. Clark, Toby (1997): Art and Propaganda in the Twentieth Century. The Political Image in the Age of Mass Culture, New York: Abrams. Cooper, J. C. (1995): Dictionary of Symbolic & Mythological Animals, London: Thorsons. Costlow, Jane/Nelson, Amy (2010): “Introduction. Integrating the Animal”, in: Jane Costlow/Amy Nelson (eds.), Other Animals. Beyond the Human in Russian Culture and History, Pittsburgh: University of Pittsburgh Press, pp. 1-15. Edwards, Janis L. (1997): Political Cartoons in the 1988 Presidential Campaign. Image, Metaphor, and Narrative, New York: Garland. Ellul, Jacques (1973): Propaganda. The Formation of Men’s Attitudes, New York: Vintage Books. Fudge, Erica (2002a): “A Left-Handed Blow. Writing the History of Animals”, in: Nigel Rothfels (ed.), Representing Animals, Bloomington/Indianapolis: Indiana University Press, pp. 3-18. Fudge, Erica (2002b): Animal, London: Reaktion Books. Geertz, Clifford (2005 [1972]): “Deep Play. Notes on the Balinese Cockfight”, in: Daedalus 134/4, pp. 56-86. Gill, Graeme (2011): Symbols and Legitimacy in Soviet Politics, Cambridge: Cambridge University Press. Glagoleva, Olga (2010): “Woman’s Honor, or the Story with a Pig. The Animal in Everyday Life in the Eighteenth-century Russian Provinces”, in: Jane Cost-

108 | REETA K ANGAS

low/Amy Nelson (eds.), Other Animals. Beyond the Human in Russian Culture and History, Pittsburgh: University of Pittsburgh Press, pp. 21-41. Gombrich, Ernst (2002 [1982]): The Image and the Eye. Further Studies in the Psychology of Pictorial Representation, London: Phaidon. Gombrich, Ernst (2007 [1963]): Meditations on a Hobby Horse. And Other Essays on the Theory of Art, London: Phaidon. Jowett, Garth S./O’Donnell, Victoria (2004): Propaganda and Persuasion, Thousand Oaks: Sage. Kenez, Peter (1985): The Birth of the Propaganda State. Soviet Methods of Mass Mobilization, 1917-1929, Cambridge: Cambridge University Press. Kete, Kathleen (2002): “Animals and Ideology. The Politics of Animal Protection in Europe”, in: Nigel Rothfels (ed.), Representing Animals, Bloomington and Indianapolis: Indiana University Press, pp. 19-34. Kingston-Mann, Esther (2006): “Claiming Property. The Soviet-Era Private Plots as ‘Women’s Turf’”, in: Lewis H. Siegelbaum (ed.), Borders of Socialism. Private Spheres of Soviet Russia, New York: Palgrave Macmillan, pp. 25-45. Kvakin, Andrey (2001): “Arhetip, mental’nost’ i oppozicija ‘svoj’ – ‘čužoj’ v kontekste istorii”, in: Sergej N. Poltorak (ed.) ‘Naši’ i ‘čužie’ v rossijskom istoričeskom soznanii. Materialy meždunarodnoj naučnoj konferencii, Saint Petersburg: Nestor, pp. 102-108. Lamb, Chris (2004): Drawn to Extremes. The Use and Abuse of Editorial Cartoons, New York: Columbia University Press. Lasswell, Harold D. (1995): “Propaganda”, in: Robert Jackall (ed.), Propaganda, Basingstoke: Macmillan, pp. 13-25. (Original [1934]: “Propaganda”, in: Edwin R. Seligman (ed), Encyclopedia of the Social Sciences. Vol. 12, London: Macmillan, pp. 521-528.) Mangum, Teresa (2002): “Dog Years, Human Fears”, in: Nigel Rothfels (ed.), Representing Animals, Bloomington/Indianapolis: Indiana University Press, pp. 3547. Mikhailin, Vadim (2005): Tropa zverinyh slov. Prostranstvenno orientirovannye kul’turnye kody v indoevropejskoj tradicii, Moscow: Novoe literaturnoe obozrenie. Nelson, Amy (2006): “A Hearth for a Dog. The Paradoxes of Soviet Pet Keeping”, in: Lewis H. Siegelbaum (ed.), Borders of Socialism. Private Spheres of Soviet Russia, New York: Palgrave Macmillan, pp. 123-144. Norris, Stephen (2006): A War of Images. Russian Popular Prints, Wartime Culture, and National Identity 1812-1945, DeKalb: Northern Illinois University Press. Ozhegov, Sergey (1978): Slovar’ russkogo jazyka, Moscow: Russkij jazyk. Riabova, Tatiana (2001): “‘Svoi’ i ‘čužie’ v rossijskom političeskom diskurse. Opyt gendernogo analiza”, in: S. N. Poltorak (ed.) ‘Naši’ i ‘čužie’ v rossijskom is-

D OING THEIR M ASTER ’ S B IDDING

| 109

toričeskom soznanii. Materialy meždunarodnoj naučnoj konferencii, Saint Petersburg: Nestor, pp. 25-27. Ritvo, H. (2014): “How Wild is Wild?” in: C. Mauch/L. Robin (eds.), The Edges of Environmental History. Honouring Jane Carruthers, RCC Perspectives 2014/1, pp. 19-24. Rosenholm, Arja (2010): “Of Men and Horses. Animal Imagery and the Construction of Russian Masculinities”, in: Jane Costlow/Amy Nelson (eds.), Other Animals. Beyond the Human in Russian Culture and History, Pittsburgh: University of Pittsburgh Press, pp. 178-194. Roxburgh, Angus (1987): Pravda. Inside the Soviet News Machine, New York: G. Braziller. Salminen, Jenniliisa (2009): Fantastic in Form, Ambiguous in Content. Secondary Worlds in Soviet Children’s Fantasy Fiction, Turku: University of Turku. Serio, Anne Marie (1972): Political cartoons in the 1848 election campaign, Washington: Smithsonian Institution Press. Steuter, Erin/Wills, Deborah (2009): At War with Metaphor. Media, Propaganda, and Racism in the War on Terror, Lanham: Lexington. Tuan, Yi-Fu (2007): “Animal Pets. Cruelty and Affection”, in: Linda Kalof/Amy Fitzgerald (eds.), The Animals Reader. The Essential Classic and Contemporary Writings, Oxford: Berg, pp. 141-153. Weiss, Daniel (2006): “Tiere in der Sowjetpropaganda. Verbale und graphische Stereotypen”, in: Tilman Berger/Jochen Raecke/Tilmann Reuther (eds.), Slavistische Linguistik 2004/2005. Referate des XXX. Konstanzer Slavistischen Arbeitstreffens, Klagenfurt, 13.-17. September 2004 und Referate des XXXI. Konstanzer Slavistischen Arbeitstreffens, Klagenfurt, 19.-23. September 2005, München: Otto Sagner, pp. 423-465. Werness, Hope B. (2004): The Continuum Encyclopedia of Animal Symbolism in Art, New York: Continuum.

Interspecies Mothering in der zeitgenössischen Kunst 1 J ESSICA U LLRICH

Mutterschaft und Künstlertum passen nicht zusammen, so ein oft kolportiertes Vorurteil.2 Damit wird vor allem unterstellt, dass Männer für die Kreation von großen Ideen und Taten, darunter auch Kunstwerken, zuständig seien, die Bestimmung der Frauen aber in der Aufzucht von Nachkommen liege. In diese Vorstellung spielen überkommene Dualismen von Form und Materie, Kultur und Natur, Produktion und Reproduktion, aber auch geistiger Vaterschaft und leiblicher Mutterschaft eine Rolle. In der jüngeren Kunstgeschichte existieren unzählige Versuche, fragwürdige Mutterschaftsstereotype ebenso wie Künstlermythen auf ihre Gültigkeit zu überprüfen und aufzubrechen. Strategien, die Maternität nicht nur in einer patriarchalen, sondern auch in einer speziesistischen Gesellschaft que(e)r lesen und experimentelle Alternativen oder Erweiterungen weiblich konnotierten Fürsorgeverhaltens anbieten, finden sich dabei in künstlerischen Repräsentationen von Interspecies Mothering3,

1

Dem vorliegenden Aufsatz liegt eine stark überarbeitete Passage aus meinem Text „Who cares for animals. Interspezies-Fürsorge in der zeitgenössischen Kunst“ zugrunde, veröffentlicht in: Rossini (2014: 78-97).

2

Weibliche Künstlerschaft wurde um die vorletzte Jahrhundertwende gar als obszön angesehen und Künstlerinnen wurde ein „anormales Geschlechtsleben“ unterstellt. Scheffler (1908: 92). Zu einer Kritik dieser Diskussion vgl. Feldhaus (2004: 60-67).

3

Und auch wenn Mothering als Reaktion auf die Kritik an Gilligan mittlerweile als eine Fürsorge gelesen wurde, die sich unabhängig vom Geschlecht auf die Pflege von heranwachsenden Kinder bezieht, bleibt das Be-Muttern sowohl im Englischen wie auch im Deutschen doch allein schon durch die Wortbedeutung weiblich konnotiert.

112 | J ESSICA ULLRICH

hier verstanden als das Bemuttern von nichtmenschlichen Tieren durch menschliche „Mütter“.4

M UTTERSCHAFT

UND

K ÜNSTLERTUM

Im Folgenden soll das Konzept der Care-Ethik als Folie dienen, vor der solche Arbeiten betrachtet werden. Die Care-Ethik, wie sie von der Psychologin Carol Gilligan entwickelt wurde (Gilligan 1982), kann als eine weiblich konnotierte Richtung der Moralphilosophie verstanden werden, bei der besonderer Wert auf die Beziehungen von Individuen zueinander gelegt wird und die sich von einer eher männlich besetzten Moralkonzeption, die Rechtsansprüche gegeneinander abwägt, abgrenzt. Brian Luke fasst dies so zusammen: „The justice framework is characterized by abstraction, the application of general rules of conduct, an emphasis on restraining aggression, and a concern for consistency and the fair resolution of conflicting claims and interests. The caring framework, on the other hand, characterized by its focus on the concrete and particular, its emphasis on the maintenance and extension of connection, and by its concern for resSponsiveness and the satisfaction of needs.“ (Luke 2007: 125).

Freilich ist die Vorstellung eines „typisch weiblichen“ Moralempfindens, das vom männlichen abweicht, längst als essentialistisch und biologistisch entlarvt worden: Eine auf Fürsorge ausgerichtete Moral und mit ihr die Vorstellung aufopferungsvoller Mutterschaft orientiert sich vor allem an tradierten weiblichen Rollenmustern und ist daher keineswegs „natürlich“.5 Feministische Denkerinnen wie Simone de Beauvoir sehen im verklärten Konzept der Mutterschaft gar die Wurzel weiblicher Unterdrückung (vgl. de Beauvoir (1980). Durch ihre Langlebigkeit wirken Mutterschaftstereotype bis heute ganz direkt auf Künstlerinnen, denen immer wieder nahegelegt wird, sie müssten sich zwischen Kunst und Familie entscheiden, und denen unterstellt wird, ihre Stärke sei die biologische, nicht die geistige Schöpfung. Es ist

4

Interessanterweise berufen sich viele Naturforscher_innen auf das Tierreich, um zu beweisen, dass Mutterliebe angeboren ist und stützen damit die sozialen Diskurse ihrer Zeit. Vgl. Thomas (2013: 24-39).

5

Elisabeth Badinter etwa argumentiert, dass eine Mutter sich eher an den jeweiligen Werten ihrer Epoche orientiert, als dass sie aus wirklicher Fürsorge für ihr Kind handelt. Sie interpretiert die Vorstellung von einer angeborenen Mutterliebe als Mythos mit dem Zweck soziale Konventionen und Normen zu affirmieren, die nur scheinbar einer natürlichen Ordnung folgen. Vgl. u.a. Badinter (1981: 12).

I NTERSPECIES M OTHERING

IN DER ZEITGENÖSSISCHEN

K UNST

| 113

aber auch in der Kunst möglich, die positiven, kreativen Aspekte der Mutterschaft zu betonen. Dabei darf es in einer der Care-Tradition verpflichteten Auffassung von Fürsorge und Pflege nicht darum gehen, die Autonomie des Fürsorgeempfangenden (in der Regel die des Kindes) zu brechen und ihn sich zu unterwerfen. Vielmehr muss die Eigenständigkeit des Anvertrauten gewahrt und anerkannt werden. Und auch die Mutter darf sich in der Pflege nicht ganz selbst aufgeben. So fordert die Care-Ethik eine „leib- und lebensgerechte Gesellschaft“, die dem „Grundsatz der Verantwortlichkeit verpflichtet ist … und nicht dem der Herrschaft.“ (Tazi-Preve 2004: 309) Und was könnte besser die jeweils individuelle Andersheit von Pflegender und Pflegeempfangender betonen, als wenn beide unterschiedlichen Spezies angehören? Das Bild der fürsorglichen Mutter soll im Folgenden nicht so sehr auf seine grundsätzliche Konstruiertheit hinterfragt werden, sondern auf seine (auch geschlechtsunabhängige) Anwendbarkeit auf nichtmenschliche Fürsorgeempfangende. Denn grundsätzlich wurde fürsorgliches Verhalten sowohl von Gilligan als auch von ihren Kritikern zunächst als Mensch-zu-Mensch-Kontakt gedacht. Doch die Ideen der Care-Ethik sind auch in die feministische Tierethik eingeflossen und können für Interspezies-Beziehungen fruchtbar gemacht werden. Passenderweise wird Empathie mit Tieren ohnehin oft gegendert und ebenso wie die Fürsorge selbst als typisch „weibliche“ Kapazität verstanden. So stellen u.a. Horkheimer/Adorno fest: „Die Sorge ums vernunftlose Tier aber ist dem Vernünftigen müßig. Die westliche Zivilisation hat sie den Frauen überlassen.“ (Horkheimer/Adorno 1981: 264)

K UNST -Z UCHT Dass Künstler_innen sich als Adoptiveltern für Tiere inszenieren und ihre „Elternschaft“ zum künstlerischen Verfahren wird, um geeignetes „Material“ für Kunstwerke zu generieren, kommt zuweilen vor. Ein prominentes Beispiel wären etwa die Bio-Art-Projekte des Brasilianers Eduardo Kac. In seiner wohl berühmtesten Arbeit GFP Bunny (2000) ist er für die Geburt des gentechnisch veränderten Kaninchen Alba verantwortlich, das durch ein Quallengen in seinem Erbgut unter bestimmten Bedingungen grün leuchtet. Kac hat zu Lebzeiten Albas immer wieder betont, dass sie einen Anspruch und das Recht auf liebevolle Fürsorge habe. Allerdings scheiterte der Versuch, ihr diese angedeihen zu lassen an den Vorgaben des Labors, in dem sie geboren wurde. Und der Amerikaner William Wegman produziert seit Jahrzehnten durch eine eigene Rassehundezucht die Weimaraner als Modelle für seine Fotografie. Die Kontrolle über den Körper seiner Zuchthündin garantiert ihm immer neues gleich aussehendes „Hundematerial“. Die Eigenständigkeit seines ersten Weimaraners, Man

114 | J ESSICA ULLRICH

Ray, die Wegman erst erfolgreich gemacht hat, ist damit ebenso verloren wie das ursprüngliche Konzept einer originären Agency des kaniden Partners (vgl. McHugh 2001). Aber auch in weniger populären Werken wird zuweilen die Zeugung eines Tieres, dessen Geburt, Entwicklung und Lebenslauf in den Dienst eines Kunstwerkes gestellt. Vögel eignen sich dafür durch ihre sensible Prägephase direkt nach dem Schlüpfen besonders gut: So lässt der Tänzer und Choreograph Luc Petton seine Kompagnie für die Stücke Light Bird (2011) und Swan (2014) mit Kranichen und Schwänen agieren, die er zusammen mit seinem Team selbst aufgezogen hat.6 Die Eier der Vögel, die in den Tanzproduktionen als Ko-Akteure auf der Bühne auftreten sollen, werden in Inkubatoren ausgebrütet. Die leiblichen Eltern sind Zootiere, doch die Tänzer prägen die Küken gleich nach dem Schlüpfen auf sich und schaffen durch Handfütterung und ständiges Bemuttern eine vertrauensvolle Basis für die spätere Zusammenarbeit auf der Bühne. Während ihrer gemeinsamen Zeit beobachten die Tänzer ihre Schützlinge genauesten und lassen sich von deren Bewegungen, Posen und Dynamiken für ihre Bühnenshow inspirieren. Bei der Aufführung selbst agieren die Vögel frei, ohne durch Dressur oder Hilfsmittel dirigiert zu werden, und die menschlichen Performer reagieren mit ihrer Choreographie auf deren natürliche Tänze. Diese Instrumentalisierung von tierlichem Leben kann in der Tradition des Künstlers als alter deus gelesen werden. Als zweiter Schöpfergott haben Künstler, so die tradierte Vorstellung, die Fähigkeit kraft ihres Geistes und ihres Könnens eine zweite Natur zu schaffen. Diese kreative, rein männlich konnotierte Potenz wird dabei höher gewertet als biologische Mutterschaft, die rein reproduzierend ist – wie auch die Kunst von Frauen (und im Übrigen auch die von Tieren) als bloße Imitation ohne jede Idea abgewertet wird. Indem sich also Künstler_innen als Tiermütter inszenieren, vereinen sie sowohl männliche als auch weibliche Kapazitäten und werden quasi zu „Überkünstler_innen“. Durch die Affirmation beider tradierter Rollenzuschreibungen wird deren Fragwürdigkeit jedoch entlarvt und ironisch gebrochen. In diesem Kontext kann auch die Arbeit The Moon Goose Analogue: Lunar Migration Bird Facility von Agnes Meyer-Brandis gelesen werden.7 Die Künstlerin brütete 2011 für ihr Projekt elf Gänse mit Hilfe eines Inkubators aus, die sie dann auf sich prägte und aufzog. Inspiriert ist The Moon Goose Analogue von Francis Godwins Buch The Man in the Moone von 1638, in dem der Protagonist in einem von Gänsen gezogenen Wagen zum Mond reist. Meyer-Brandis gab den Gänsen die Namen verschiedener Astronauten, lebte mit ihnen in einer abgeschiedenen „mondähnlichen“ Gegend und gab ihnen in ihrer Rolle als Gänsemutter auch Flugstunden, um sie für

6

Vgl. http://www.lucpetton.com/uk-swan.php vom 10.12.2014.

7

Vgl. http://www.blubblubb.net/mga/ vom 10.12.2014.

I NTERSPECIES M OTHERING

IN DER ZEITGENÖSSISCHEN

K UNST

| 115

den fiktiven Mondflug vorzubereiten. Neben einem Dokumentarfilm über ihre Interaktion mit den Gänsen zeigt Meyer-Brandis in Ausstellungen auch Vitrinen mit den Eierschalen, aus denen die Küken geschlüpft sind als Beweise für die Authentizität der Geburt als Teil eines Kunstwerks. Die Arbeit ist in ihrer Verquickung von phantastischen und wissenschaftlichen Narrationen und Strategien voll absurder Ästhetik und Poesie. Dennoch wirft es ethische Fragen auf, dass Tiere hier allein zur Vereinnahmung in einem Kunstwerk geboren werden. Ohne beides gegeneinander ausspielen zu wollen, bleibt jedoch zu bedenken, dass täglich Tausende von Tieren gezeugt, geboren und aufgezogen werden, mit dem alleinigen Zweck sie zu töten und zu essen. Singuläre Projekte wie die von Agnes Meyer-Brandis, die ihren „Ziehkindern“ ein weitgehend artgerechtes Leben bietet, weisen also vielleicht viel eher auf tierausbeuterische Praktiken in der Tierzucht hin als diese zu reproduzieren.

N ICHTMENSCHLICHE Z IEHKINDER UND MENSCHLICHE AMMEN Es ist zwar gesellschaftlich akzeptiert und erwünscht, dass Menschen auch nichtmenschlichen Kindern Pflege und Fürsorge angedeihen lassen; körperlichen Formen des Motherings wird jedoch mit Skepsis begegnet und sie werden häufig als fehlgeleitete, abartige Liebe pathologisiert. Insbesondere gilt das, wenn es um transartliches Stillen geht, der wohl intimsten Beziehung zwischen Mutter und Kind – ein Phänomen das bei Vögeln nicht vorkommt, weswegen die Arbeiten von Luc Petton und Agnes Meyer-Brandis diese Skandalisierungsklippe umschiffen. Dabei ist das Phänomen selbst weniger selten als man meinen würde: In manchen Kulturen und Weltengegenden ist das Stillen von Tieren auch heute noch nicht ungewöhnlich. In seinem Buch In Company of Animals zählt James Serpell eine Vielzahl von Beispielen von Frauen auf, die nichtmenschliche Tiere säugen, wobei vor allem Hunde und Ferkel als Ziehkinder eine große Rolle spielen (Serpell 1996). Tiere wurden auch in westlichen Kulturen aus verschiedenen Gründen gesäugt: Zum einen um mutterlose Jungtiere zu retten, aber auch um die eigenen Brüste abzuhärten, den Milchfluss anzuregen, Brustentzündungen zu vermeiden oder Schwangerschaften zu verhindern (vgl. Radbill 1976: 26). In den modernen Industriegesellschaften existieren allerdings Tabus, die Frauen in der Regel davon abhalten, als Ammen für Tiere zu fungieren. Durch die Sexualisierung der weiblichen Brust wird transartliches Stillen häufig mit Sodomie assoziiert, außerdem stellt es einen Angriff auf die TierMensch-Grenze dar, welche die anthropologische Maschine mit so großen Anstrengungen aufrechterhält. Das Stillen von artgleichen, leiblichen Nachkommen wird gemeinhin als Ausdruck einer „natürlichen“ Mutter-Kind-Beziehung idealisiert und niemals als kräfte-

116 | J ESSICA ULLRICH

zehrende Arbeit.8 Je nach Kontext werden beispielsweise Abbildungen von Frauen mit einem Säugling an der Brust in der ikonographischen Bildtradition der Virgo Lactans (stillende Jungfrau Maria) gelesen und legen damit eine gewisse vorbildhafte „Heiligkeit“ von stillenden Frauen nahe. Aber häufig untermauert der Akt des Stillens ganz im Gegenteil die angeblich „naturnähere“ Stellung der Frau. Doch nicht nur die Mutter, die mit ihrem Körper auf „animalische“ Weise ein Kind nährt, sondern auch der menschliche Säugling wird zuweilen als animalisch beschrieben. So heisst es bei Richard Chatterton 1824: „What a selfish little animal is a child at the mother’s breast!“ (Chatterton 1824: 67) Doch selbst wenn auf das Tierreich verwiesen wird, muss dies nicht immer herabwürdigend gemeint sein. So machte eine säugende Hündin auf einem Gemälde von Jean-Baptiste Oudry im Jahre 1752 Furore, weil hier erstmals explizit kanide Mutterliebe dargestellt wurde. Das Gemälde stieß eine frühe Diskussion über die didaktische Nutzbarkeit von Anthropomorphismus an, denn seine moralische Lehre richtete sich an menschliche Frauen: Das Bild sollte das damals in adligen Kreisen unübliche Stillen der eigenen Kinder propagieren. Im Gegensatz zu Hündinnen, die Welpen säugen oder Frauen, die ihre eigenen Babies stillen, gelten Abbildungen von Frauen mit Tieren an der Brust als obszön und erfahren regelmäßig große Medienaufmerksamkeit. 9 So wurden 2011 die Macher des Puppy Love Calenders mit dem Vorwurf der Darstellung von Sodomie konfrontiert, weil eines ihrer Kalenderblätter das Model und PETA-Mitglied Agata Dembiecka mit einem Welpen an der Brust zeigte.10 Offenbar schafft das Motiv des (oft nur angedeuteten) transartlichen Stillens ein besonders starkes Bild, das aufgrund seiner Spektakularität gerne in der Werbung eingesetzt wird und auch Künstler_innen inspiriert. Bereits 1996 zeigte sich die Sängerin Tori Amos auf einem Foto in ihrem Album Boys for Pele mit einem Ferkel an der nackten Brust; und die Moderatorin Kate Garraway promotete 2008 ihre filmische Dokumentation über Ammen mit dem Titel Other People’s Breastmilk mit einem Foto, auf dem sie vorgeblich ein Kalb stillt.

8

Für eine Ausnahme vgl. Nochlin (1988).

9

Das Vokabular wird hier der Sprachkonvention artspezifisch gewählt: Die Frau „stillt“, während die Hündin „säugt“, ohne dass die bei menschlichen wie nichtmenschlichen Säugetieren biologisch identisch ablaufenden Prozesse unterschiedlich bewertet werden sollen.

10 Vgl. http://www.dailymail.co.uk/news/article-1342816/Mucky-pups-Outrage-racy- images-scantily-clad-women-bizarre-poses-dogs-charity-calendar.html vom 11.12.2014.

I NTERSPECIES M OTHERING

IN DER ZEITGENÖSSISCHEN

K UNST

| 117

Abbildung 1: Puppy Love Calender, März

Model: Agata Dembiecka, Copyright: John Valentin

Auch wenn das Motiv des artenübergreifenden Stillens in der Populärkultur oft als skandalbehaftetes Schockmotiv eingesetzt wird, kann es auch in der kunsthistorischen Tradition der Caritas gelesen werden. Caritas gilt als wichtigste der drei theologischen Tugenden (neben Glaube und Hoffnung). In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entwickelte sich die Ikonographie der Caritas Romana als einer Figur des Mitleids und der Gnade, die zunächst ihren gefangenen geschwächten Vater und in der Folge allgemein die Hungrigen und Alten an ihren Brüsten nährt (vgl. Freyhan: 1948). Die Figur ist verschiedentlich weiterentwickelt worden und kann generell auf weiblich gedachte Konzepte von Macht und Schutz übertragen werden. So repräsentiert etwa Honoré Daumiers Gemälde Die Republik von 1848, das eine monumental dargestellte Frau mit zwei Kindern an ihren nackten Brüsten zeigt, das Ideal der fruchtbaren, nährenden und fürsorglichen Mutter, die ihre Nachkommen in einem aufklärerischen Geist erzieht.

118 | J ESSICA ULLRICH

Abbildung 2: Charles Le Brun, La Charité, 1642-1648

Quelle: Musées des Beaux-arts de Caen

Abbildung 3: Honoré Daumier, Die Republik, 1848

Quelle: Musée National du Louvre

I NTERSPECIES M OTHERING

T RANSARTLICHES S TILLEN

IN DER

IN DER ZEITGENÖSSISCHEN

K UNST

| 119

G EGENWARTSKUNST

Abbildung 4: Jean-Luc Vilmouth: Bar de L’Amazone, 1997

Quelle: http://www.artnet.com/magazine_pre2000/reviews/rian/rian3-24-97.asp

150 Jahre später bedient sich Jean-Luc Vilmouth für seine Fotoserie Bar de l’amazone (1997) der transgressiven Ästhetik von barbusigen Frauen mit Welpen an der Brust und ruft durch die Titelgebung mythologische Bezüge auf. Einerseits wird durch das Wort „Bar“ im Titel klargestellt, dass es hier tatsächlich um das Trinken geht, andererseits wird die erotisch reizvolle, aber auch bedrohliche Vorstellung einer Amazone heraufbeschworen. Diese Figur ist in diesem Zusammenhang insofern interessant, als dass in mehreren mythologischen, antiken und mittelalterlichen Überlieferungen sowohl aus dem europäischen wie auch aus dem chinesischen und indischen Raum Amazonenvölker mit dem Fabelvolk der Kynokephalen, also der Hundeköpfigen, zusammen leben (vgl. White 1991: 114ff). Im Grunde könnten jedoch die meisten stillenden Frauen als Amazonen imaginiert werden – von denen bekanntlich zuweilen behauptet wurde, sie amputierten sich eine Brust, um besser mit Pfeil und Bogen schießen zu können (vgl. Davis-Kimball 2002). Wegen des trinkenden Kindes ist immer nur eine Brust sichtbar, die andere bleibt den Blicken entzogen und kann so als fehlend vorgestellt werden. Vilmouths Fotos spielen vielleicht auch auf die Macht an, die die Fürsorgenden über die Anvertrauten haben. Die mythischen Amazonen wurden von den Griechen als männergleiches, kämpfendes Reitervolk aus der Fremde und damit als das ganz und gar Andere dämonisiert. Während sie ihre weiblichen Kinder liebevoll aufzogen, so die Legende, wurden die männlichen Nachkommen verstoßen oder getötet. Die Gestalt der kriegerischen

120 | J ESSICA ULLRICH

Amazone stellt bis heute häufig eine sadomasochistische Männerphantasie da, die von Lust an Unterwerfung und Fixierung auf die (fehlende) Brust gespeist wird. Die Amazone steht aber auch in engem Bezug zur griechischen Artemis, Göttin der Jagd sowie Hüterin der Gebärenden und Kinder. In der Ilias tritt sie als Potnia Theron, also Herrin der Tiere, auf und ist für den Schutz der Jungtiere zuständig. Bei Vilmouth jedenfalls widmen sich die „Amazonen“ weder der Jagd noch dem Kriegshandwerk, sondern ganz dem artfremden Nachwuchs. Selbst wenn das Kuckuckskind zunächst irritiert, könnte doch im Zusammenhang mit dem Titel ein plakatives „Make love not war“ eine der Aussagen der Fotoserie sein. Die Reihung von in der Motivik gleichartigen Aufnahmen unterschiedlicher Frauen mit unterschiedlichen Welpen an der Brust propagiert aufgrund der Repetition, die einen gewissen Gewöhnungseffekt zeitigt, jedenfalls die Normalität der Szene. Abbildung 5: Adel Abdessemed: Lise, 2011 (Video Still)

Quelle: Adel Abdessemed, Courtesy David Zwirner, New York/London

Neben Hunden sind vor allem Ferkel beliebte Objekte des transartlichen Motherings. So stillt in Adel Abdessemeds Video Lise von 2011 eine rotblonde Frau ein neugeborenes Ferkel. Man sieht in Großaufnahme das heftig saugende Ferkel und die austretende Milch, was bei den meisten Betrachter_innen Unbehagen hervorrufen mag. Das Geschehen muss aufgrund der Repräsentation im Bewegtbild als glaubwürdiger empfunden werden als Vilmouths Fotografien, die auch durch den Bezug zur Mythologie eindeutig in der Sphäre der Kunst verortet bleiben. Das gierig trinkende Ferkel scheint in seiner ganz auf Bedürfnisbefriedigung ausgelegten Aktivität triebhafter als die eher passiven Welpen bei Vilmouth. Und auch der Körper der Frau wird von Abdessemed als „animalischer“ inszeniert, fokussiert doch das Video allein auf die Brust der schlanken Frau, von der man ansonsten fast nur das gelockte, offen herabhängende Haar sieht. Das Gesicht der offenbar durch die jugendliche

I NTERSPECIES M OTHERING

IN DER ZEITGENÖSSISCHEN

K UNST

| 121

Brust und das lange Haar als attraktiv markierten Stillenden ist nicht sichtbar. Es bleibt offen, ob es sich bei der titelgebenden „Lise“ um die Frau oder aber um das Schweinchen handelt. Im Film sieht man die Frau sporadisch den Hinterkopf des trinkenden Ferkels streicheln. Dadurch wird sie zwar als liebevolle Amme gezeichnet, aber durch den fragmentierenden Bildausschnitt gleichzeitig auf ihre Rolle als Milchquelle reduziert. Bei Abdessemed wirkt das Dargestellte gerade durch die größere Realistik befremdlich und „unnatürlich“. Paradoxerweise wird jedoch der umgekehrte Fall, nämlich die Nutzung weiblicher Tiere für menschlichen Milchkonsum, vor allem auch für menschlichen Nachwuchs, in der Regel nicht als unnatürlich oder ekelhaft angesehen, sondern als romantisch, gesund und notwendig. Doch Abdessemeds Thema ist sicherlich nicht die Kritik an menschlichem Kuhmilchkonsum. Der Künstler, der insbesondere mit gewalttätigen Darstellungen von Tierschlachtungen auf sich aufmerksam gemacht hat, stellt hier eine durchaus innige Szene auf so voyeuristische Weise dar, dass man wohl eher an die gezielte Produktion eines Schockeffekts glauben muss. Dennoch ruft die Arbeit viele Vorurteile und Ungereimtheiten der Mensch-Tier-Beziehung auf und hinterfragt Sehgewohnheiten und naturalisierte Weltbilder. Gemeinhin rühren uns die vielfältig über das Internet verbreiteten Filme von Hündinnen, die Tigerwelpen säugen, oder von Löwinnen, die Gazellenjunge bemuttern. Aber eine mütterliche Beziehung zwischen Tieren und Menschen (insbesondere Frauen) wird entweder als sentimentale Schrulle abgewertet oder, wenn körperliche Grenzen überschritten werden, als obszön oder krankhaft gewertet. Ein Grund für diese divergierende Wahrnehmung kann in der Sorge vor einem Aufweichen der Grenze zwischen Menschen und Tieren liegen. Denn nicht nur das Phänomen des Bemutterns ist betroffen: So wird beispielsweise die enge Freundschaft zwischen Katze und Küken gerne als Beweis für die Existenz von Empathie und Liebe bei Tieren und die „Güte“ der Natur gefeiert. Verbringt jedoch ein Mensch sein Leben bevorzugt mit einem Tier, bzw. zieht die Freundschaft eines Tieres der eines anderen Menschen vor, wird dieses Verhalten als unnatürlich pathologisiert. Andererseits werden Geschichten von menschlichen „wilden Kindern“, die von Tieren aufgezogen werden, wie selbstverständlich ins kollektive Gedächtnis übernommen; man denke an die mythologischen Gründer Roms Romulus und Remus, die literarischen Helden Mogli oder Tarzan oder auch an die anekdotenhaft beschriebenen echten Fälle von sogenannten „Wolfskindern“. Offenbar ist eine menschliche Frau, die einen Wolf stillt, transgressiver als eine Hündin, die ein Menschenkind säugt. Das mag daran liegen, dass es gesellschaftlich üblich und allgemein akzeptiert ist, die Körper von Tieren zu menschlichen Zwecken zu nutzen – vom Konsum von Kuhmilch zum Konsum von Wolfsmilch ist es nur ein kleiner Schritt. Das umgekehrte Vorgehen hingegen pervertiert eine vorgeblich gottgegebene Ordnung der Natur. Daher das Befremden beim Anblick von solch buchstäblichen Arbeiten wie „Lise“. Das Potential dieser Arbeit könnte demnach sein, dass sie die Fragwürdigkeit

122 | J ESSICA ULLRICH

scheinbar natürlicher Ordnungen adressiert und eine gewisse Sensibilität dafür schafft, dass in der Beurteilung von transartlichem Milchkonsum mit zweierlei Maß gemessen wird: Wer sich über menschliche Muttermilch für Tiere empört, müsste im Umkehrschluss eigentlich auch die „Natürlichkeit“ von Kuhmilch für Menschen in Frage stellen. Wenn man jedoch in beiden Fällen vom hypothetischen Fall der Freiwilligkeit der Amme ausgeht (bei der Hündin, die ein fremdes Baby säugt, wird dies vorausgesetzt, bei der Menschenfrau, die ein Ferkel säugt, ebenfalls, bei der Milchkuh in der Massentierhaltung sicher nicht), kann ein artenübergreifendes Bemuttern auch eine emanzipatorische Qualität erhalten, Spezieskategorien aufweichen und ein starkes Bild für einen liebevollen Umgang von Menschen und Tieren schaffen.

T IER -W ERDEN

ALS DIE BESSERE

M UTTERSCHAFT

Das funktioniert aber auch im umgekehrten Fall: Wenn Künstlerinnen auf den ersten Blick verstörende weibliche Tierwesen kreieren, die sich auf den zweiten Blick als gute, oder sogar bessere Mütter herausstellen. So verhandelt die australische Künstlerin Patricia Piccinini mit ihrer großen Skulptur Big Mother von 2005, einem affenartigen Hybridwesen, das ein menschliches Baby säugt, nicht nur tierliche Leihmutterschaft, sondern auch überartliche Verantwortung. Der Künstlerin geht es in ihren Arbeiten nach eigenem Bekunden um die Repräsentation des körperlichen und emotionalen Verwobenseins menschlichen und nichtmenschlichen Lebens. Häufig kreisen Piccininis Themen dabei um Schöpfung, Reproduktion und Elternschaft. Von Donna Haraway als „sister in technoculture“ bezeichnet (Haraway 2014: 243), stellt ihr Werk ethische Fragen bezüglich der menschlichen Verantwortlichkeit gegenüber technologischen Produkten der Lebenswissenschaften – wie etwa Hybridwesen. Oft entstehen dabei Szenen des vertrauten, liebevollen kreatürlichen Miteinanders von zunächst monströs wirkenden Wesen. Als Inspiration für Big Mother gibt die Künstlerin in einer Werkbeschreibung zwei Dinge an, die beide die Relativität von Speziesgrenzen in Bezug auf Mothering verdeutlichen: einerseits die Anekdote über eine Pavianmutter, die nach dem Tod ihres Kindes ein menschliches Baby gestohlen hatte, und andererseits ihre eigene Erfahrung beim Stillen ihrer Nichte, um den Milchfluss für ihr leibliches Baby anzuregen.11 Piccinini kreiert mit ihrer Arbeit eine zukünftig vorstellbare Normalität von Interspezies-Hybridität und

11 Interessanterweise hinterfragt die Künstlerin im selben Zusammenhang die Normalität, mit der Menschen die Milch eines anderen Tieres trinken, und das Unbehagen, das wir bei der Vorstellung haben, Muttermilch einer fremden menschlichen Frau zu trinken. (http://www.patriciapiccinini.net/writing/50/175/89 vom 10.12.2014).

I NTERSPECIES M OTHERING

IN DER ZEITGENÖSSISCHEN

K UNST

| 123

besteht auf der biologischen Verwandtschaft alles Lebendigen, so versteht sie Big Mother auch als Bestandteil eines größeren Zyklus mit dem sprechenden Titel We are family. Abbildung 6: Patricia Piccinini, Big Mother Detail aus: We are family, 2005

Quelle: Collection of Penny Clive

Abbildung 7: Jonna Rytel, The Seal, 2011 (Videostill)

Quelle: http://www.joannarytel.com/home.php?page=video

Auch die schwedische Künstlerin Joanna Rytel beschäftigt sich in ihrem Werk mit Schwangerschaft und Reproduktion, und das auf beinahe obsessive Weise. Oft geht es in ihren Arbeiten um transgressive oder krankhafte Mutterschaft, die sie mit Tierimaginationen vermischt. In ihrem Video The Seal von 2011 schleckt beispielsweise eine Mutter hingebungsvoll ein menschliches Baby mit ihrer Zunge ab und ist dabei mit schwarzer Farbe um Augen und Mund wie eine Robbe geschminkt. Das Zwei-

124 | J ESSICA ULLRICH

kanalvideo zeigt daneben noch eine halbfigurige Aufnahme einer hochschwangeren Frau vor einer großformatigen Robbenzeichnung an der Wand, die gelegentlich durch Anheben ihres Shirts ihren nackten Bauch präsentiert. Auf der Tonspur erzählt eine flüsternde, beschwörende Frauenstimme von ihrem Wunsch, eine Robbe zu sein. Nur durch die Verwandlung in eine Robbe glaubt sie sich von bösen Gedanken befreien zu können, die dem ungeborenen Kind schaden können. So befürchtet die Protagonistin, durch ihre unkontrollierbare Phantasie Bauchkrämpfe auszulösen, die ihr Baby gefährden könnten. Damit werden antike Vorstellungen aufgerufen, die besagen, dass Missbildungen ungeborener Kinder durch schädliches Handeln und Denken der Schwangeren verursacht werden (vgl. Bien 1997). Nach dieser verbreitenden Lehrmeinung war die Mutter Schuld an der Geburt von „Monstern“, was ihr einerseits eine gewisse Macht zusprach, andererseits einen misogynen Diskurs spiegelt. Ob Rytel diese wissenshistorischen Bezüge mitgedacht hat, ist ungeklärt. Jedenfalls zeichnet sie trotz der innovativen Formensprache ein recht konventionelles Bild einer instinktiv richtig handelnden Tiermutter, die im Gegensatz zur vernunftgesteuerten Menschenmutter vorbildhaft für ihr Kind sorgt. Das tut sie auch in Situationen, die für eine „kultivierte“ Mutter abstoßend wären: Während die grotesk geschminkte Frau auf dem parallel laufenden Video ihr Baby mit der Zunge pflegt, erbricht dieses Milch, die dann ebenfalls ohne Zögern von der Frau abgeleckt wird. Auch in solchen Bildern wird die tierliche Mutterschaft als die bessere konstruiert. Im Video wird suggeriert, dass Robbenmütter gesunde Jungen zur Welt bringen und sich instinktiv liebevoll um sie kümmern, ohne von (menschlichen) Zweifeln geplagt zu sein und ihr Kind durch übertriebenes Nachdenken zu gefährden. Das Tier-Werden oder doch zumindest die Imitation der Tiermutter wird als Möglichkeit angesehen, dem Kind gerecht zu werden. Auf einer weiteren Ebene stellt sich in dieser Arbeit aber auch Schwangerschaft als pathologischer Zustand dar, während dessen sich die Frau in ein Tier verwandeln muss, um Rollenerwartungen und selbstgesetzte Ansprüche zu erfüllen. Das mag auch ein Deutungsansatz für die Tier-/Mutterwesen im Werk der österreichischen Malerin Maria Lassnig sein. Lassnig, die sich bewusst gegen leibliche Kinder entschieden hat, arbeitet die verpasste Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft in ihren von Tieren bevölkerten Bildern auf. In Gemälden wie der Illusion von der versäumten Mutterschaft (1997) verarbeitet sie ihren Verzicht, indem sie sich als froschartige Frau darstellt, die gerade ein unförmiges Baby gebiert. Auf anderen Selbstporträts sieht man sie als undefinierbares Tierwesen oder als stillende Mutter mit einem Baby im Arm, dessen Spezieszugehörigkeit unklar bleibt. Ihre Tätigkeit als Malerin beschreibt sie dabei als „so unappetitlich wie das Kalben einer Kuh“ (Lassnig 2000: 97). Hier ist das Muttersein klar mit dem Tierhaften parallelisiert, was aber nicht nur als Abwertung von Maternität gesehen werden darf: Die gemalten halbanimalischen Mütter, die immer Lassnig selbst meinen, sorgen auf anrührende Weise für ihre grotesken, unmenschlichen Geschöpfe.

I NTERSPECIES M OTHERING

IN DER ZEITGENÖSSISCHEN

K UNST

| 125

D IE V IRGO L ACTANS /P IETÀ -I KONOGRAPHIE IN DER F RAU -H UND -B EZIEHUNG Abbildung 8: Liv Bugge, Agitator, 2002 (Videostill)

Quelle: http://www.livbugge.com/index/ WORK/agitator/agitator.html

Die künstlerische Repräsentation transartlichen Motherings kann sich auch nur auf die Andeutung einer Amme-Tier-Beziehung beschränken: Die norwegische Künstlerin Liv Bugge etwa filmte 2002 mit ihrem Video Agitator die Momentaufnahme einer nackten Frau mit einem wolfsartigen Hund auf dem Schoss. Bei der Porträtierten handelt es sich um eine dunkelhäutige Frau, die im xenophoben Diskurs als naturnäher und damit animalischer als eine hellhäutige Frau konstruiert wird. 12 Die In-

12 Überhaupt scheint transartliches Stillen bei farbigen Frauen ein leichter zu akzeptierendes Motiv zu sein. Jedenfalls kommt es bei Websuchen überproportional häufig vor und auch in der Kunst finden sich Beispiele dafür, die in der Rezeption in der Regel nicht skandalisiert werden. So zeigte beispielsweise Adrián Villar Rojas auf der Documenta 13 in Kassel 2012 in seiner mehrteiligen Installation Return the world die monumentale Tonplastik

126 | J ESSICA ULLRICH

szenierung in einem abgedunkelten theaterhaften Setting mit Spots auf dem nackten Körper, der auf einer Drehbühne ungeschützt von allen Seiten präsentierten Frau, weckt Assoziationen an exotistische Vorstellungen vom geheimnisvollen, schwarzen Kontinent ebenso wie an kunsthistorische Darstellungen von Sklavenmärkten, die mit der maximalen Sichtbarkeit weiblicher Nacktheit argumentieren. Im Kontext des Gesamtwerks der Künstlerin kann Liv Bugges Arbeit jedenfalls durchaus auch als Kritik postkolonialer Verhältnisse diskutiert werden. Gebrochen wird die durch das Setting evozierte voyeuristische Lesart jedoch durch die große Ruhe und Innigkeit der Szene, die das gemischte Paar ausstrahlt und die an Darstellungen der stillenden Muttergottes erinnert. Grundsätzlich wird eine stillende Frau in künstlerischen Darstellungen gerne mit der Virgo lactans assoziiert. Und in der von Bugge gewählten, würdevollen Darstellungsweise, bei der die Frau der Alltagssphäre enthoben majestätisch thronend gezeigt wird, sind die ikonographischen Ähnlichkeiten nicht zu übersehen. Auch der Körper des Hundes wirkt entspannt wie der eines gestillten Säuglings. Die Frau erscheint stark, beinahe monumental und doch sanft. Es macht den Eindruck, als würde sie den Hund liebevoll beschützen, er wiederum schmiegt sich ihr vertrauensvoll in den Schoß. Die Form des Endlosloops, die Bugge für die Präsentation des Films wählt, mag auf die Langlebigkeit von Muttermythen und Ausbeutungsverhältnissen hinweisen sowie auf die Ausweglosigkeit einer Situation, die Frauen entweder mit Erotik und Sexualität assoziiert, oder aber mit mütterlicher Hingabe. Dass Bugge darüber hinaus vor allem von der Vorstellung von menschlichen Frauen, die Tiere säugen, fasziniert ist, zeigt sich expliziter in anderen, etwa zeitgleich entstandenen Arbeiten. So baut sie in ihre Videoinstallation Creation of the Bastard von 2001 das Dokumentarfoto einer ebenfalls dunkelhäutigen Frau ein, die zwei Kaniden säugt. Bei dieser Installation handelt es sich um eine Collage aus gefundenem Bild- und Filmmaterial zum Thema der Vermischung von Hund und Mensch: Darunter Zeitungsausschnitte über die als bedrohlich empfundene Koexistenz von Menschen und Dingos in Australien, Zeichnungen eines Wolfsrüden, der eine Hündin deckt, die Künstlerin als peitschenschwingender „Herrenmensch“ im Dompteusenkostüm und Fotos von getöteten Wölfen sowie ein Bild von Romulus und Remus, von der Wölfin gesäugt.

einer Frau mit Irokesenschnitt als Ferkelamme, ohne dass das Motiv in der Presse oder im Begleitkatalog kommentiert oder bewertet wurde.

I NTERSPECIES M OTHERING

IN DER ZEITGENÖSSISCHEN

K UNST

| 127

Abbildung 9: Liv Bugge, Creation of the Bastard, 2001 Multimediainstallation, Detail

Quelle: http://www.livbugge.com/bastard.html

Die symbiotische jahrtausendealte Beziehung der beiden Spezies wird von Bugge als gleichermaßen sadistisch wie masochistisch interpretiert. Einerseits, so Bugge in einem Begleittext zur Arbeit, werde in der Beziehung zu Hunden der menschliche Wunsch, andere unterzuordnen ausgelebt.13 Dabei kann die Vorstellung vom Hund als infantil Bedürftigem, der besonderer Fürsorge bedarf, nicht nur auf die Einstellung der gesamten Natur gegenüber übertragen werden, sondern auch als Charakterisierung des paternalistischen Verhältnisses der sogenannten Ersten zur sogenannten Dritten Welt gelten. Indem Menschen sich in die Rolle des Fürsorgenden und Bewahrers von Natur begeben, statten sie sich selbst mit einer Überlegenheit und Macht aus, die z.B. auch Eltern über ihre Kinder ausüben. Andererseits wird der Kanide, vor allem als Wolf oder wolfsartiger Hund als wild, feindlich und unbezähmbar dämonisiert und damit romantisiert. Geschichten vom bösen Wolf und vom treuen Hund werden hier auf der Bildebene als zwei Seiten derselben Medaille erzählt und geben so Aufschluss über das ambivalente und immer falsche Bild von Mensch-Hund-Beziehungen. Bugge lässt offen, ob aus der engen leiblichen Verbindung von Tier und Mensch, die durch den im Bildmaterial dargestellten Austausch von Körperflüssigkeiten in beiden Richtungen demonstriert wird, erst der titelgebende „Bastard“ entsteht oder ob der Hund als degenerierter, domestizierter Wolf

13 Liv Bugge in einer Beschreibung ihrer Arbeit (http://www.livbugge.com/index/works.html vom 10.12.2014).

128 | J ESSICA ULLRICH

ohnehin bereits als Bastard empfunden wird. Jedenfalls wird das Transgressive und potentiell Bedrohliche der körperlichen Vermischung verschiedener Spezies in Creation of the Bastard vorgeführt, während Agitator die leib-sinnliche und verbindende Seite der Frau-Hund-Beziehung stärker betont. Die Selbstverständlichkeit, mit der in Agitator die Beziehung zwischen mütterlich-fürsorglicher Gestalt und ihrem Schutzbefohlenen präsentiert wird, macht aus dem „Bastard“ weniger eine negative Figur, als eine produktive Gestalt im Sinne der Companion Species, wie sie Haraway beschreibt (Haraway 2003). Dass die so innige Beziehung aber eventuell doch ein böses Ende nehmen könnte, legt die Ikonographie nahe. Denn es bestehen nicht nur Assoziationen zum bildmächtigen Topos der „Heiligen Mutter“ in Gestalt der Virgo Lactans, sondern die Lagerung des schlaffen Hundekörpers quer über den Schoß der stoisch in die Ferne blickenden Frau ruft auch die Bildtradition von christlichen Pietà-Darstellungen wach. Abbildung 10: Michelangelo Buonarotti, Pietà, 1498–1499

Quelle: Petersdom, Rom

Das illegitime „Wolfskind“, es handelt sich dabei um ein erwachsenes Tier, erscheint so als Präfiguration des toten Gottessohnes, beweint von seiner menschlichen Mutter. Dies gibt der Arbeit eine leicht blasphemische Komponente, die sich gegen den Anspruch der Gottesähnlichkeit allein von Menschen auflehnt. Eine weitere Ebene erhält der Vergleich mit der Marienikonographie dadurch, dass man argumentieren könnte, dass die Gottesmutter selbst ein andersartliches Wesen gestillt hat: Jesus gehört als Sohn Gottes einer anderen Spezies als seine menschliche Mut-

I NTERSPECIES M OTHERING

IN DER ZEITGENÖSSISCHEN

K UNST

| 129

ter an.14 Dennoch wird er als „Menschensohn“ verehrt und führt damit ein merkwürdiges Hybridleben zwischen Geistwesen und leiblicher Existenz, die wohl weit phantastischer ist, als es eine Speziesvermischung unter irdischen Säugetieren wäre.

D IE N ANNY

ALS

F ERKELAMME

Abbildung 11: Catherine Bell, This little piggy ... fades to pink, 2003

Quelle: Catherine Bell - Courtesy of the artist and Sutton Gallery, Melbourne

Abschließend soll eine Videoarbeit der australischen Künstlerin Catherine Bell betrachtet werden, die sich ebenfalls auf beunruhigende Weise mit transartlicher Mutterliebe beschäftigt. Ausgehend von ihren eigenen Erfahrungen als Babysitterin für menschliche Kinder, bemuttert sie in ihrer dreiteiligen Videoinstallation This little piggy ... fades to pink von 2003 ein neugeborenes Ferkel. Der Titel ruft den englischen Kinderreim This little piggy went to market auf und erinnert an Damien Hirsts gleichnamige Nasspräparation eines Schweins von 1996. Beide Referenzen weisen auf den Warencharakter von Nutztieren und damit auf die in westlichen modernen Gesellschaften geläufige Haltung Schweinen gegenüber. Bell aber hat einen anderen Blick auf das haarlose Ferkel, das einem menschlichen Baby durch die rosige Haut so sehr ähnelt und mit seinem hilflosen Quieken durchaus Muttergefühle auslösen kann. „When I hear a piglet scream, it is similar to a human infant’s cry...“, sagt sie; „They also smell like newborn babies as well. There is something in their skin and

14 Diesen Hinweis verdanke ich Friedrich Weltzien.

130 | J ESSICA ULLRICH

their breath because of the milk.” (Moore 2010: 71) Die Künstlerin schützt sich allerdings gegen zu großen körperlichen Kontakt mit der Eisenschürze eines Schlachters, wenn sie das Ferkel im Video – ähnlich wie die Pflegekinder, die sie in ihrer Zeit als Nanny gehütet hat – im Arm wiegt, es badet, seine Haut pflegt und ihm die Flasche gibt, bis es wohlig grunzend einschläft. Die dargestellte Fürsorge setzt ganz auf eine affektiv-emotionale und nonverbale Interaktion. Bell beschreibt, wie die Eisenschürzung das Ferkel davon abhielt, seinen Instinkten zu folgen und an ihrer Brust nach Wärme und Milch zu suchen. Die Panzerung führt zu einer emotionalen Distanzierung vom Ferkel und kann damit symptomatisch für das Verhältnis von Mensch und Nutztier stehen, in der das von den Tieren entgegengebrachte Vertrauen unaufhörlich grausam enttäuscht wird. Aber die Schürze beschützt Bell auch vor zu viel emotionaler Nähe und damit potentiell seelischen Schäden, ähnlich wie es Schlachter vor körperlichen Schäden schützen soll. Die Tryptichonform der Videoinstallation kann als quasi-sakrale Pathosformel gelesen werden, ebenso wie das performative Reinigungsritual des Schweinchenbadens spirituelle Fragen von Schuld und Erlösung im Umgang mit schutzbefohlenen Tieren berührt. In einer Szene exponiert das schlafende Schweinchen sein Geschlechtsteil, wobei das Vorzeigen des Penis kunsthistorische Vorläufer in Darstellungen des Jesusknaben hat, die seine Menschwerdung visualisieren. Ähnlich wie bei Liv Bugge beinhaltet die Arbeit daher nicht nur einen Angriff auf eine überkommene, streng definierte Mensch-Tier-Grenze, sondern auch auf die christliche Religion, die den Menschen als Ebenbild Gottes propagiert. Die Szene wirkt, abgesehen von der Ungewöhnlichkeit der gemischtartlichen Intimität und der „Rüstung“ der Künstlerin, geradezu idyllisch und unschuldig, besonders wenn sie auf ein Strohlager in einem Stall verlegt wird. Die inhärente Gewalt, die sich aus der Tatsache ergibt, dass das Ferkel für die künstlerische Arbeit der leiblichen Mutter weggenommen wurde, wird nicht thematisiert. Tiere, die durch gemischtartliches Stillen eine besondere körperliche und emotionale Nähe mit Frauen erfahren haben, werden meistens nicht geschlachtet, auch wenn es sich um Individuen einer als essbar eingestuften Spezies handeln. Bei Bell allerdings ist man sich nicht sicher, ob das Neugeborene nicht vielleicht doch in Todesgefahr schwebt. Zärtlich streichelt die Künstlerin es mit liebevollem Blick, benutzt dazu aber das Rasiermesser ihres Großvaters. Die dadurch aufgerufene Blutsbande mit einer patriarchalen Autorität eröffnet Aspekte einer gewaltsamen paternalistischen Bevormundung in einer Herrschaftsordnung, in der für „Haustiere“ Nestwärme, Vertrauen und potentieller Verrat nah beieinander liegen. Grundsätzlich interessiert sich Bell aber wohl weniger für die Macht, die Menschen über Tiere haben, als für die Macht des Kinderwunschs und fehlgeleiteter Mutterliebe. Bei der Recherche für ihre Arbeit hat sie sich mit dem mörderischen Diebstahl von Kindern aus dem Mutterleib heraus durch Frauen beschäftigt sowie

I NTERSPECIES M OTHERING

IN DER ZEITGENÖSSISCHEN

K UNST

| 131

mit dem Münchhausensyndrom (das absichtliche Verletzen Schutzbefohlener, um hinterher die Versorgung der Opfer übernehmen zu können) und mit Kindstötungen durch die Mutter. Bell beschreibt, wie sie sich als Nanny ständig unter Beobachtung fühlte und von vorneherein als verdächtig, die ihr anvertrauten Kinder zu misshandeln. Die nicht-leibliche Mutter wird auch in Märchen und Sagen oft als negatives Gegenbild der „echten“ Mutter konstruiert – eine Tatsache, die viel über die mangelnde gesellschaftliche Wertschätzung von Pflegenden aussagt. Jedenfalls stellt die Arbeit den fürsorglichen Umgang mit dem anvertrauten Leben als konfliktbeladen und potentiell entmündigend dar. So eröffnet This little piggy neue Blickwinkel auf übergroße Tierliebe, bei der Tiere zu Ersatzkindern werden, aber auch auf psychische Störungen, die zu schweren Fällen von Kindesmissbrauch führen können. Es bleibt der Betrachterin überlassen, ob sie die Arbeit eher als Darstellung eines verhinderten empathischen und von echter Fürsorge getriebenen Interspezieskontakts lesen will, als neurotische Ersatzhandlung einer Frau mit unerfüllt gebliebenem Kinderwunsch oder als Psychogramm einer paranoiden Gesellschaft, die misstrauisch diejenige Fremdbetreuung ihres Nachwuchses beäugt, die sie selbst einfordert.

Q UEER M OTHERING Die diskutierten Künstler_innen setzen sich mit der Vorstellung der Mutter als einer Person, die sich hingebungsvoll um alles kümmert, sogar um Tiere, auseinander und greifen dieses mächtige Klischee affirmativ auf. Dies könnte man als Fortschreibung eines reaktionären Mutterbildes ansehen. Nach Judith Butlers Konzeption von Performativität benötigt jedoch jede Art der Subversion sowohl Repetition als auch Resignifikation (vgl. Butler 2003). Man könnte also auch argumentieren, dass die Arbeiten auf ironische Weise ein überkommenes Mutterbild que(e)r lesen und tradierte Rollenzuschreibungen durch den Transfer in einen zwischenartlichen Kontext unterlaufen. In diesem Sinne können die „Tier-Mütter“ im Raum der Gegenwartskunst als subversive Figuren der Abweichung interpretiert werden. Das vorgeführte transartliche Mothering kann so als Alternativangebot jenseits bestehender Ideale von Mutterschaft verstanden werden. Die diskutierten Künstler_innen schaffen mit ihren Werken veritable Kontaktzonen, an denen sich unterschiedliche Spezies auf leibliche Weise treffen. Sie führen mit Hilfe einer performativen Appropriation von Mutterstereotypen die Möglichkeit eines Interspezieskontakt vor, der zumindest hypothetisch von genau den Qualitäten lebt, die in der Care-Ethik als grundlegend für jede Fürsorge-Beziehung beschrieben worden sind: Achtsamkeit, Sensibilität, Vorstellungsvermögen und Offenheit. Die künstlerische Repräsentation und verkörperte Performanz der emotionalen Bindung von menschlichen zu nichtmenschlichen

132 | J ESSICA ULLRICH

Tieren, die nicht auf Gegenseitigkeit beruhen braucht, könnte so den Wert des individuellen Lebens, für das modellhaft gesorgt wird, veranschaulichen. Die Künstler_innen sorgen nicht etwa für ihre leiblichen Kinder, die normativ für mütterliche Fürsorge vorgesehen sind, sondern sie stellen ihre Zuneigung zu nichtmenschlichen Tieren aus, für deren Liebe es keine normativen Vorschriften gibt. So integrieren sie spielerisch nichtmenschliche Tiere in eine bislang nur Menschen vorbehaltene Familie und kreieren (trotz eines paradoxen Paternalismus) ein empathisches Bild posthumaner Beziehungspflege. Durch die ironische Affirmation tradierter Rollenzuschreibungen und die Kreation starker Bilder von transartlicher Zärtlichkeit eröffnen sie vielleicht neue Wege des achtsamen Umgangs mit nichtmenschlichen Tieren.

L ITERATUR Badinter, Elisabeth (1981): Mother love. Myth and reality: Motherhood in modern history, New York: Macmillian. de Beauvoir, Simone (1980): Das andere Geschlecht, Hamburg: Rowohlt. Bien, Christian C. (1997): Erklärungen zu Missbildungen im physiologischen und medizinischen Schrifttum der Antike, Stuttgart: Franz Steiner Verlag. Butler, Judith (2003): Das Unbehagen der Geschlechter, Frankfurt am Main: Suhrkamp. Chatterton, Richard (1824): „Letters to the Country No. 1”, in: The London Magazin 9, S. 67. Davis-Kimball, Jeannine (2002): Warrior Women. An Archaeologist’s Search for History’s Hidden Heroines, New York: Warner Books. Feldhaus, Reinhild (2004): „Ohne Scham, mißbraucht und kinderlos. Das Obszöne einer weiblichen Künstlerschaft“, in: Mothering. Frauen Kunst Wissenschaft 38, Dezember, S. 60-67. Freyhan, R. (1948): „The Evolution of the Caritas Figure in the Thirteenth and Fourteenth Century”, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes XI, S. 8385. Gilligan, Carol (1982): In a Different Voice, Harvard: Harvard University Press. Haraway, Donna (2003): The Companion Species Manifesto: Dogs, People, and Significant Otherness, New York: Paradigm. Haraway, Donna (2014): „Speculative Fabulations for Technoculture’s Generations. Taking Care of Unexpected Country“, in: Eben Kirksey (Hg.), The Multispecies Salon, Durham: Duke University Press, S. 242-261. Horkheimer, Max/Adorno, Theodor (1980): Dialektik der Aufklärung, Frankfurt am Main: Fischer Verlag.

I NTERSPECIES M OTHERING

IN DER ZEITGENÖSSISCHEN

K UNST

| 133

Lassnig, Maria (2000): Die Feder ist die Schwester des Pinselns. Tagebücher 19431997, hrsg. v. Hans Ulrich Obrist, Köln: DuMont. Luke, Brian: „Justice, Caring, and Animal Liberation“, in: Josephine Donovan/Carol J. Adams (Hg.), The Feminist Care Tradition in Animal Ethics, New York: Columbia University Press 2007, S. 125-152. McHugh, Susan (2001): „Video Dog Star: William Wegman, Aesthetic Agency, and the Animal in Experimental Video Art“, in: Society and Animals 9 (3), S. 229251. Moore, Ross (2010): „This little piggy“, in: Antennae. The Journal of Nature in Visual Culture 12, S. 69-77. Murphy, Patrick (1995): „Prolegomen for an Ecofeminist Dialogics“, in: Dale M. Bauer/Susan Jaret McKinstry (Hg.), Feminism, Bakhtin, and the Dialogic. Albany: State University of New York Press, S. 39-56. Nochlin, Linda (1988): „Morisotʼs Wet Nurse. The Construction of Work and Leisure in Impressionist Painting“, in: dies.: Women, Art, and Power, and other Essays, New York: Harper & Row, S. 232-243. Samuel X., Radbill (1976): „The Role of Animals in Infant Feeding“, in: Wayland D. Hand (Hg.): American Folk Medicine: A Symposium, Berkley: University of California Press. Scheffler, Karl (1908): Die Frau und die Kunst, Berlin: Julius Bard. Serpell, James (1996): In Company of Animals. A Study of Human-Animal Relationships, Cambridge: Cambridge University Press. Tazi-Preve, Irene Mariam (2004): „Mutterschaft im Patriarchat. Mutter(feind)-schaft in politischer Ordnung und feministischer Theorie – Kritik und Ausweg“, in: Beiträge zur Dissidenz 14, Frankfurt am Main: Verlag Peter Lang. Thomas, Marion (2013): „Sind Frauen von Natur aus aufopfernd? Über den animalischen Mutterinstinkt im Frankreich der Dritten Republik“, in: Jessica Ullrich/Friedrich Weltzien (Hg.): Tierliebe, Tierstudien 3, S. 24-29. Ullrich, Jessica (2014): „Who cares for animals? Interspezies-Fürsorge in der zeitgenössischen Kunst“ zugrunde, in: Manuela Rossini (Hg.): Animal Traces/Tierspuren/Traces Animales. FiguRationen, Band 15,1, S. 78-97. White, David Gordon (1991): The Myth of the Dogman, Chicago/London: Chicago University Press. Internetquellen http://www.blubblubb.net/mga http://www.livbugge.com/index/works.html http://www.lucpetton.com/uk-swan.php http://www.patriciapiccinini.net/writing/50/175/89

Musik für das zoon politikon: Zur Wirkungsgeschichte des menschlichen Musizierens für nichtmenschliche Zuhörer M ARTIN U LLRICH

E INLEITUNG Ein wesentlicher Gegenstand der Musikforschung im interdisziplinären Kontext der Human-Animal Studies ist der Einfluss, den die Lautäußerungen von nichtmenschlichen Tieren auf das menschliche Musizieren ausgeübt haben und weiterhin ausüben. Diesbezügliche Diskurse lassen sich zu vielen geschichtlichen Zeitpunkten und in vielen verschiedenen Kulturen nachzeichnen. Der vorliegende Aufsatz will einige exemplarische Stationen dieser Diskurgeschichte schlaglichtartig nachzeichnen. Das früheste überlieferte Beispiel aus der europäischen Philosophiegeschichte für die Theorie, dass menschliche Musik aus der Imitation von nichtmenschlicher entstanden sei, findet sich bei Demokrit: „Die Menschen sind in den wichtigsten Dingen Schüler der Tiere geworden: der Spinne im Weben und Stopfen, der Schwalbe im Bauen und der Singvögel, des Schwans und der Nachtigall im Gesang, indem sie ihre Kunst nachahmen.“ (Diels 1903: 432) Nach Demokrits Auffassung ist der menschliche Gesang also durch die Nachahmung der Sangeskunst von Vögeln entstanden. Es lohnt sich, dieser Hypothese ideengeschichtlich nachzuspüren. Hier soll es aber nicht primär um den Einfluss gehen, den Tiermusik ausgeübt hat. Ich möchte stattdessen einer dazu komplementären Frage nachgehen: Welchen Einfluss übt menschliche Musik auf nichtmenschliche Rezipientinnen und Rezipienten aus? Dabei grenze ich die Analyse auf europäische Musikkulturen ein und interessiere mich in diesem Zusammenhang besonders für die Beziehung von Machtausübung und Musikästhetik. Schon der Orpheus-Mythos thematisiert die kulturelle Zurichtung, die „Zähmung“ von „wilden“ Tieren durch menschliche Musik. Antike Bilddarstellungen

136 | M ARTIN ULLRICH

zeigen den Sänger Orpheus im Kreis der seiner Musik lauschenden Tiere. Der römische Dichter Publius Ovidius Naso beschreibt in seinen Metamorphosen ebenfalls diese Situation: „Solcherlei Waldungen zog der Gesang her; und in des Wildes/Stummer Versammelung saß, und im Schwarm der Geflügelten, der Sänger.“ (Ovid, Met. X [Voß 1798]) Bemerkenswerterweise verkehrt sich in Ovids wohl zwischen 1 und 8 n. Chr. entstandenen Metamorphosen das Verhältnis von Kultur und Wildheit bei der Ermordung des Orpheus: „Jetzt troffen die Steine/Rot vom heiligen Blute des unvernommenen Sängers./Stets noch blieben erstaunt von dem Wohllaut seines Gesanges,/Vögelschwärm’ und Schlangen und drängende Tiere des Waldes;/Doch die Mänaden zerstürmten des Orpheus Wunderversammlung./Gegen ihn selbst dann strecken sie wild die blutigen Hände,/Alle geschart: wie die Vögel, wenn einst am Tage sie flattern/Sehn den Vogel der Nacht; wie zur Schau dem Doppeltheater/Früh im besandeten Raum ein Hirsch zu sterben bestimmt wird,/Hunden ein Raub.“ (Ovid, Met. X [Voß 1798])

Während die nichtmenschlichen Tiere von der zivilisierenden Macht der Musik gebannt bleiben, zeigen sich die menschlichen Tiere als davon unbeeinflusst. Sie „vertieren“ in einem Prozess, der reziprok zu der „Vermenschlichung“ der Waldtiere und Vögel verläuft. Die Mänaden, die Orpheus schließlich zerreißen, werden mit einem Vogelschwarm und einer Hundemeute verglichen, Orpheus mit einem Nachtvogel und einem Hirsch. Die Verwandlung geschieht in diesem Fall an der MenschTier-Linie als Spiegelachse, und ihr Motor ist die Musik. Damit gewinnt die Musik den Status eines zivilisierenden Machtmittels, indem sie Wildes gefügig macht und anarchisches Verhalten zugunsten von angepasstem unterbindet. Nur am Rande sei hier bemerkt, dass das Versagen der Musik bei der „Zähmung“ der Mänaden ein Versagen bei der Einhegung von sexuell motivierter Gewalt ist.

P LATON Die Idee, dass Musik politische Wirkung entfalte, ist spätestens seit Platon etabliert. Indem er die Tonarten in alte und neue, staatstragende und staatsgefährdende auseinanderdifferenziert, nimmt Platon der antiken Musik die Unschuld des ästhetischen Spiels und weist sie der politisch-gesellschaftlichen Sphäre zu. In der Politeia postuliert er: „Und in der Tat, sagte ich, wenn einmal die Staatsverfassung einen guten Anlauf hat, so wächst sie wie ein Kreis im Fortschreiten. Denn tüchtige Erziehung und Bildung, wenn sie

M USIK FÜR DAS ZOON

POLITIKON

| 137

bewahrt wird, schafft gute Naturen; und andererseits tüchtige Naturen, wenn sie an einer solchen Bildung festhalten, werden noch besser als die früheren wie zu den andern Dingen so auch zum Zeugen, gerade wie auch bei den andern Geschöpfen.“ (Platon, Pol. [Teuffel 1844: 129])

Für unseren Zusammenhang schon hier von Interesse ist der Verweis auf die „andern“, also nichtmenschlichen Geschöpfe. Platon kommt im Folgenden speziell auf die Musik zu sprechen: „Um mich also kurz zu fassen: darauf müssen die Berater des Gemeinwesens halten, daß es nicht ohne ihr Vorwissen verdorben werde, sondern vor allem darüber wachen, daß keine ordnungswidrigen Neuerungen vorkommen in bezug auf Turnkunst und Musenkunst, sondern daß es möglichst beim Alten bleibe, aus Besorgnis, wenn jemand spräche, daß demjenigen Gesänge besonders die Menschen das Herz zuwenden, Der als der neueste je in dem Kreise der Sänger erschallet [Herv. i.O.], so könnte manchmal einer meinen, der Dichter spreche nicht von neuen Gesängen, sondern von einer neuen Sangesweise, und könnte dies loben.“ (Platon, Pol. [Teuffel 1844: 129f.])

Hier ist der Gedanke ausgedrückt, dass das konservierende Bewahren überkommener Musizierweise eine staatliche Aufgabe darstellt. Dabei geht es keineswegs um rein ästhetische Fragen, wie aus Platons weiteren Ausführungen deutlich wird: „Man darf aber derartiges weder loben noch als den Sinn des Dichters annehmen; denn eine neue Art von Musik einzuführen muß man sich hüten, weil es das Ganze gefährden heißt; denn nirgend wird an den Weisen der Musik gerüttelt, ohne daß die wichtigsten Gesetze des Staates mit erschüttert würden, wie Dämon sagt und ich überzeugt bin.“ (Platon, Pol. [Teuffel 1844: 130])

Die Veränderung und Innovation der Musik ist also nach Platons Auffassung der erste Schritt hin zum politischen Umsturz. Faszinierend ist dabei, dass diese Verbindung nicht nur als Analogie, sondern als tatsächliche Kausalität konstruiert wird. Dementsprechend gravierend sind die Schlussfolgerungen, die Platon für die Pädagogik zieht: „So müssen denn also, wie wir von Anfang an gesagt haben, unsere Knaben gleich an einem gesetzmäßigeren Spiele sich beteiligen, weil, wenn dies gesetzwidrig wird und dadurch die Knaben gleichfalls, es unmöglich ist, daß gesetzmäßige und ernsthafte Männer aus ihnen heranwachsen? Allerdings, versetzte er. Wenn nun also die Knaben in rechter Weise zu spielen angefangen und Gesetzmäßigkeit mittels der Musik in sich aufgenommen haben, so begleitet sie wiederum, ganz im Gegenteil wie bei jenen, überallhin und verschafft Gedeihen, indem

138 | M ARTIN ULLRICH sie wieder aufrichtet, was etwa früher im Gemeinwesen darnieder lag.“ (Platon, Pol. [Teuffel 1844: 130f.])

Damit ist die Idee in der Welt, dass Musik nicht nur, wie im Falle von Orpheus, gewissermaßen individualpsychologisch wirkt, sondern auch politisch. Sie hat entweder staatserhaltende oder staatszersetzende Wirkung.

M USIK

FÜR

T IERE

Von da an entfaltet sich ein bemerkenswerter Paralleldiskurs zu der Frage, ob das Politische spezifisch menschlich oder auch anderen Tierarten zu Eigen sei: die Diskussion, ob Musik ihre Wirkung (‚Macht‘!) nur auf das ästhetische Wesen Mensch entfalte oder ob sie diese auch – zumindest in Ansätzen – auf andere Spezies ausüben könne. Schon antike Autoren spekulieren, angeregt u.a. von Beobachtungen musizierender Hirten, die ihre Weisen zur Kommunikation mit ihren Herden einsetzen, über die affektive Wirkung von menschlicher Musik auf ein nichtmenschliches Publikum. So bezieht sich Vergil zu Beginn seiner achten Ekloge auf den OrpheusMythos und überträgt die mythische Situation auf eine pastorale. „Alphesiboeus’ Gesang und Damons, ländlicher Hirten,/Die, wetteifernd im Lied, anstaunte, des Grases vergessend,/Selber die Kuh, und bewunderten starr aufhorchende Luchse,/Die in verändertem Bett ausruhende Flüsse vernommen,/Alphesiboeus’ Gesang und Damons lasst uns erzählen!“ (Vergil, Ecl. 8 [Osiander 1853: 50])

Von da an changieren die Praxen der musikalischen Interaktion zwischen Menschen und Tieren entlang eines gedanklichen Kontinuums, das an einem Ende vom (zumindest scheinbar) herrschaftsfreien Dialog zwischen verschiedenen Arten, am gegenüberliegenden Pol von der unterwerfenden Zurichtung des nichtmenschlichen Tieres bestimmt ist. Zu letzterer Position tendieren frühneuzeitliche Praktiken wie der ‚Musikunterricht‘ für Singvögel mittels Flöten, Vogelorgeln etc. So stellt der französische Maler Jean-Baptiste-Siméon Chardin auf seinem 1751 entstandenen Gemälde Die Vogelorgel (La Serinette, Paris/Louvre) dar, wie eine junge Frau mittels einer eigens für diesen Zweck entwickelten Tischorgel, einer sogenannten Serinette, einem Käfigvogel menschliche Musik beizubringen versucht. Auch Blockflöten, darunter besonders das verhältnismäßig hohe Flageolett, wurden zu diesem Zweck verwendet. Die betroffenen Vögel befinden sich nicht nur in physischer Gefangenschaft, sondern werden auch mental der humanen Kulturvorstellung unterworfen. Dieser historische Punkt ist weit entfernt von Demokrits anfangs

M USIK FÜR DAS ZOON

POLITIKON

| 139

diskutierter These, Menschen hätten ihre eigene Musik als mimetische Anverwandlung des Gesangs freilebender Vögel initiiert. Die Zurichtung des nichtmenschlichen Musizierens für die normative Differenzierung europäischer Kunstmusik hat das 18. Jahrhundert weitgetrieben. Um 1715 publizierte John Walsh in London The Bird Fancyer’s Delight mit Musikstücken für Kanarienvogel, Hänfling, Gimpel bzw. Dompfaff, Heidelerche, Amsel, Drossel, Nachtigall und Star. Im Bird Fancyer’s Delight gibt es eigens komponierte Fanfaren, die bestimmten Vogelarten zugeordnet sind. Nicht nur das – den Vogelarten werden auch jeweils typische Tonarten zugeschrieben. Angesichts der barocken Tonartencharakteristik, die ihrerseits wieder auf die antike Affektenlehre zurückgeht, werden damit bestimmten Arten gleichzeitig bestimmte Ausdruckscharaktere zugeordnet. So soll der Kanarienvogel in der friedlichen Pastoraltonart F-Dur singen, während die Heidelerche sich angeblich die dramatische Tonart d-moll zu eigen macht. Die strukturelle Gewalt bei der kunstvollen Deformation der natürlichen Lautäußerung von Vögeln zur humananalogen Musizierpraxis lässt sich metaphorisch als Befestigung von patriarchalen und imperialistischen Herrschaftsverhältnissen lesen. Der „natürliche“ Vogelgesang wird akkulturiert, wobei eine wesentliche Weiterentwicklung des antiken Konzepts in dem Rollenwechsel der nichtmenschlichen Tiere besteht. Waren sie bei Orpheus und bei Vergils Hirten noch ergriffene, aber stille Zuhörer, sind sie nun bei Chardin und Walsh ihrerseits zur Nachahmung aufgefordert. Es erscheint allerdings folgerichtig, wenn mit dem aufklärerischen und emanzipatorischen Impetus der französischen Revolution die Performanzrichtung wieder umgekehrt wird. Das 1798 durchgeführte Konzert für Marguerite und Hanz, die Elefanten im jardin des plantes in Paris, soll nicht mehr die Imitation menschlichen Musizierens initiieren, sondern im Gegenteil die These einer speziesübergreifenden Rezeptionshaltung empirisch erproben. Die Reaktionen der Elefanten auf unterschiedliche Musikstücke werden aufgezeichnet und interpretiert. Nach Meinung der menschlichen Beobachter wirkt manche Musik beruhigend, andere, wie das revolutionäre Ҫa ira, erregend auf die Elefanten, wobei sich Transpositionen in verschiedene Tonarten und Wechsel in Besetzung und Instrumentation als signifikant erweisen und auch geschlechtsspezifische Unterschiede in der Reaktion der Elefanten vermerkt werden (Toscan 1798: 257-64 u. 321-29). So erweist sich menschliche Musik als eminent politisch, wenn sie sich an nonhumane Zuhörer wendet: In diesem Fall kann sie als Werkzeug eingesetzt werden, um Anthropozentrismus zu festigen – oder ihn subversiv zu untergraben. In diesem Zusammenhang von Interesse sind auch zeitgenössische Ansätze sowohl aus der Verhaltensforschung als auch aus dem Bereich der Artistic Research.

140 | M ARTIN ULLRICH

Beispielsweise haben Watanabe und Nemoto 1998 die Reaktionen von japanischen Reisfinken auf menschliche Musik unterschiedlicher Stilistik getestet und signifikante Vorlieben bei einem Teil der getesteten Vögel festgestellt. Alle Musikbeispiele in dieser Studie kamen wiederum aus dem Bereich der europäischen Kunstmusik (Watanabe/Nemoto 1998: 211-218). So sei am Ende noch der Hinweis gestattet, dass die strenge Trennung zwischen aktiven Musizierenden und passiven Rezipierenden eurozentrisch ist. Folgerichtig führen zeitgenössische musikalische Experimente wie die von Jim Nollman, der mit Cetaceen musiziert, und David Rothenberg, der den musikalischen Dialog unter anderem mit Vögeln und Insekten zu etablieren sucht, hinaus aus der Beschränkung auf europäische Kunstmusik und hinein in das weite Feld des gemeinsamen Musizierens von menschlichen und nichtmenschlichen Tieren, der Interspecies Music.

L ITERATUR Diels, Hermann (1903): Die Fragmente der Vorsokratiker, Berlin: Weidmannsche Buchhandlung 1903. Osiander, Christian N. v. (1853): Vergil: Die Idyllen und das Gedicht vom Landbau, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler’schen Buchhandlung. Teuffel, Wilhelm S. (1855): Platon: Politeia, Stuttgart: Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung. Siehe http://www.zeno.org/Philosophie/M/Platon/Der+ Staat/Viertes+Buch [28.08.2015] Toscan, Georges (1798): „Du Pouvoir de la Musique sur les Animaux; et du Concert donné aux Élephans“, in: La Décade philosophique, littéraire et politique 6, S. 257-64 und S. 321-29. Voß, Johann H. (1798): Ovid: Metamorphosen, Berlin: Vieweg. Siehe http:// gutenberg.spiegel.de/buch/metamorphosen-4723/45 [28.08.2015] Walsh, John (1715): The Bird Fancyer’s Delight, London. Watanabe, Shigeru/Nemoto, M.: „Reinforcing property of music in Java sparrows (Padda oryzivora)“, in: Behavioural Processes 43/2 (1998), S. 211-218.

Heideggers Anthropozentrismus: Methodologische Überlegungen A NDREAS B EINSTEINER

Martin Heidegger grenzt den Menschen als weltbildend, geschichtlich und sprachbegabt vom weltarmen, ungeschichtlichen und sprachlosen Tier ab. Dieser Anthropozentrismus sowie seine Kritik haben für einige Diskussionen in der Tierphilosophie gesorgt. Im Folgenden möchte ich Heideggers Position zur Mensch-TierDifferenz und drei exemplarische Reaktionen darauf rekonstruieren. Im Anschluss werde ich die Frage stellen, ob nicht gerade der kritisierte Anthropozentrismus Heideggers sich für die Human-Animal Studies, und insbesondere für das Spannungsfeld von Wissenschaft und Ethik, als produktiv erweisen könnte.

H EIDEGGER ÜBER „ DAS T IER “ Die Metaphysik, so Heidegger, denkt den Menschen als zoon logon echon bzw. als animal rationale: Sie bestimmt ihn also als ein besonderes Lebewesen bzw. Tier, das sich durch eine Auszeichnung, die gewöhnlich als Rationalität gefasst wird, von den anderen Lebewesen unterscheidet. Die Ablehnung dieser Konzeption des Menschen motiviert Heideggers Überlegungen zum Mensch-Tier-Verhältnis. So heißt es im sogenannten Humanismusbrief: „Sind wir überhaupt auf dem rechten Wege zum Wesen des Menschen, wenn wir den Menschen und solange wir den Menschen als ein Lebewesen unter anderen gegen Pflanze, Tier und Gott abgrenzen? Man kann so vorgehen, man kann in solcher Weise den Menschen innerhalb des Seienden als ein Seiendes unter anderen ansetzen. Man wird dabei stets Richtiges über den Menschen aussagen können. Aber man muß sich auch darüber klar sein, daß der Mensch dadurch endgültig in den Wesensbereich der Animalitas verstoßen bleibt, auch dann, wenn man ihn nicht dem Tier gleichsetzt, sondern ihm eine spezifische Differenz zuspricht.“ (Heidegger 2004: 323)

142 | A NDREAS B EINSTEINER

Die Verstoßung des Menschen in den Bereich der animalitas bildet also den Kern jener metaphysischen Fassung des Mensch-Tier-Verhältnisses, die Heidegger kritisiert – und zwar zusammen mit einem fragwürdigen Verständnis von Rationalität, die dieses Tier kennzeichnen soll. Heidegger insistiert trotz der, wie er sagt, „kaum auszudenkende[n] abgründige[n] leiblichen[n] Verwandtschaft mit dem Tier“ (Heidegger 2004: 326) auf einer radikalen Andersartigkeit des Menschen. Heideggers umfangreichster Versuch, diese Andersartigkeit zu fassen, erfolgt im Rahmen der Vorlesung Die Grundbegriffe der Metaphysik aus dem Wintersemester 1929/30 und wird dort anhand der drei Thesen „der Stein ist weltlos“, „das Tier ist weltarm“ sowie „der Mensch ist weltbildend“ entfaltet. Heideggers frühes Hauptwerk Sein und Zeit hatte bekanntlich die menschliche Existenzweise, dort „Dasein“ genannt, als ein „In-der-Welt-sein“ charakterisiert. Was dabei unter „Welt“ zu verstehen sei, versucht Heidegger nun eben durch den Vergleich von Mensch, Tier und lebloser Materie näher zu fassen:1 Beim Stein liege überhaupt keine Möglichkeit des Sich-beziehens-auf-Anderes vor. „Das Tier“ (es wird bei Heidegger zwar nicht immer, aber doch meist im Kollektivsingular genannt) sei als „weltarm“ zu bezeichnen, weil es zwar auf Anderes bezogen sei, jedoch in grundsätzlich anderer Weise als der Mensch. Nur der Mensch beziehe sich nämlich auf etwas als etwas. Diese Als-Struktur, die sich in der menschlichen Sprache manifestiere, sorge dafür, dass uns Seiendes als solches zugänglich sei, d.h. in seinem Sein. Der Mensch sei, und zwar im scharfen Gegensatz zum Tier, Ort dessen, was Heidegger später als „Lichtung des Seins“ bezeichnen wird, d.h. Ort einer Erschlossenheit von Sein, und diese Erschlossenheit oder Lichtung ist es, die Heidegger zufolge die „Welt“ als Sinngefüge konstituiert.2 Das Tier situiert Heidegger „zwischen“ (1983: 284) dem weltlosen Stein und dem menschlichen In-der-Welt-Sein: Insofern es zwar in Beziehung zu anderem stehe, diese Beziehung aber nicht durch eine AlsStruktur gekennzeichnet sei, sei es eben weltarm. Der Versuch Heideggers, eine scharfe Grenze zwischen Mensch und Tier zu etablieren und, insbesondere, diese an Weltarmut bzw. Weltbildung zu orientieren,

1

Die vergleichende Darstellung der drei Seinsweisen von Stein, Tier und Mensch ist also ihrerseits motiviert durch und eingebettet in Heideggers Auseinandersetzung mit dem Weltproblem. Neben der begriffsgeschichtlichen Herangehensweise im Text Vom Wesen des Grundes und der Analyse des alltäglichen In-der-Welt-Seins in Sein und Zeit stellt sie einen dritten Weg zur Klärung der Frage „Was ist Welt?“ dar (vgl. dazu näher Heidegger 1983: 261ff.).

2

Heidegger sieht die Originalität seines Beitrags gerade darin, dass er versucht, Welt nicht in traditioneller Weise als Gesamtheit des Seienden zu fassen, sondern als jenen Horizont, der überhaupt erst die Bezugnahme auf Seiendes als Seiendes ermöglicht. Welt meint die „Zugänglichkeit von Seiendem“ (1983: 292).

H EIDEGGERS A NTHROPOZENTRISMUS : M ETHODOLOGISCHE Ü BERLEGUNGEN

| 143

ist vielfach auf Kritik gestoßen. So meint etwa Jacques Derrida in Vom Geist. Heidegger und die Frage (1992),3 „der Gegensatz zwischen menschlichem Dasein und Tier“ beherrsche „implizit oder explizit den gesamten Heideggerschen Diskurs“ (19). Giorgio Agamben (2003) fasst in seinem Text Das Offene. Der Mensch und das Tier den Humanismus als eine „anthropologische Maschine“ (47), die die Mensch-Tier-Unterscheidung erst produziere, und verortet auch Heidegger innerhalb dieser Maschine. Und Matthew Calarco (2008) sieht in Heideggers Philosophie, auch wenn diese zur Eröffnung neuer Möglichkeiten für das Denken der Mensch-Tier-Beziehung geführt habe, einen metaphysischen Anthropozentrismus am Werk. Wie stellen sich diese Kritiken im Einzelnen dar?

K RITIK

AN

H EIDEGGERS ANTHROPOZENTRISMUS

Calarco (2008) fasst Heideggers Anthropozentrismus als eine „insistence of and on the human“ (46), die in der strikten Mensch-Tier-Unterscheidung zum Ausdruck kommt: „The problem is […] that Heidegger uncritically accepts two basic tenets of ontotheological anthropocentrism: that human beings and animals can be clearly and cleanly distinguished in their essence; and that such a distinction between human beings and animals even needs to be drawn.“ (30) Daneben beanstandet er vor allem, dass Tieren selbst bei Heidegger als Untersuchungsgegenstand überhaupt keine Relevanz zukommt, sondern dass es in den Analysen aus Die Grundbegriffe der Metaphysik letztlich allein darum gehe, den einzigartigen Charakter der menschlichen Welt herauszuarbeiten.4

3

Mit der Mensch-Tier-Unterscheidung befasst sich Derrida in einer Reihe von Texten, insbesondere in Das Tier, das ich also bin (2010) sowie dem noch nicht in deutscher Übersetzung vorliegenden Seminar La bête et le souverain.

4

„[… T]his analysis is undertaken, despite his best efforts to take the animal’s perspective as a point of departure, solely in view of uncovering the essence of human Dasein and its unique relational structure“ (28). Diese Stelle ist nicht die einzige, an der Calarcos Anthropozentrismusvorwurf schlicht darauf hinauszulaufen scheint, dass Tiere nicht im Zentrum von Heideggers Interesse stehen. Dieser Eindruck wird auch dadurch bekräftigt, dass Calarco die Ethologie umgekehrt als „zoocentric“ (28) bezeichnet. Ob ein schlicht anders gelagertes Erkenntnisinteresse einen philosophisch relevanten -zentrismus implizieren kann, ist freilich fraglich.

144 | A NDREAS B EINSTEINER

Calarco sieht sich dabei jedoch zu einigen Zugeständnissen genötigt, insofern bei Heidegger keineswegs ein banaler Anthropozentrismus vorliege. 5 So weist es Heidegger explizit zurück, dem Menschen einen höheren Wert zuzumessen als dem Tier,6 und will auch seine Rede von der Weltarmut des Tieres nicht in diesem Sinne verstanden wissen: „Die Rede von Weltarmut und Weltbildung ist von vorneherein nicht im Sinne einer abschätzigen Stufenordnung zu nehmen“ (1983: 287), heißt es in der genannten Vorlesung explizit, sie lasse „keine Abschätzung und Bewertung auf Vollkommenheit und Unvollkommenheit zu – ganz abgesehen davon, daß eine solche Abschätzung auch faktisch voreilig und unangemessen ist“ (1983: 286).7 Weiters platziert Heidegger nicht einfach den Menschen im Zentrum alles Seienden, wie der Vorwurf des Anthropozentrismus nahelegen könnte – es ist vielmehr gerade umgekehrt Heideggers Vorwurf an die neuzeitlichen Wissenschaften, dass mit diesen der Mensch „zur Bezugsmitte des Seienden als solchen“ werde (2003: 88). Wie Calarco (2008) zur Kenntnis nimmt, ist Heideggers Anthropozentrismus „not simply a matter of placing the human being in the center of beings (something Heidegger is keen to avoid)“ (53). Allerdings, so Calarco, sei Heidegger nicht in der Lage, ein nichtanthropozentrisches Denken der Tiere konsequent durchzuhalten: „His discourse on animals constantly falls back into an anthropocentric framework, measuring animals against what he considers to be uniquely human capacities.“ (36) Überhaupt sieht Calarco in Heideggers Postulat eines Abgrundes zwischen Mensch und Tier gerade einen Mangel an wissenschaftlicher Ausweisbarkeit;8 statt von empirischen Erkenntnissen

5

„ [… D]espite being a hyperhumanism of sorts, Heidegger’s idea of humanism, inasmuch as it is grounded on the finitude of the human and its expropriation by Being, does not appear to be an anthropocentrism in any simple sense“ (49).

6

„The problem here is not that Heidegger places a higher value on human beings than animals; he is deeply critical of this ontotheological thesis regarding animals.“(30)

7

In den Debatten über Heideggers Mensch-Tier-Unterscheidung wird zumeist vergessen, dass es bei dieser Unterscheidung von vorneherein nicht um einen unterschiedlichen Wert vom Mensch und Tier geht. „[D]aß man dem Gegenstand und dem so ausgelegten Seienden einen Wert zuspricht und überhaupt das Seiende nach Werten bemißt“, wird von Heidegger (2003: 101) nämlich als Symptom eines neuzeitlichen Anthropozentrismus verworfen.

8

„[…] Heideggers discourse on animality manifests less a communal cooperation with the biological sciences and more a deep anxiety about the confusion of boundaries between human and animal in contemporary scientific, literary and philosophical culture“ (39). Calarcos Insistieren auf „evidence from the sciences“ (39) trägt allerdings der Gefahr eines naturwissenschaftlichen Positivismus nicht Rechnung und nimmt auch die epistemologischen Implikationen von Heideggers Philosophie nicht zur Kenntnis. Heidegger

H EIDEGGERS A NTHROPOZENTRISMUS : M ETHODOLOGISCHE Ü BERLEGUNGEN

| 145

sei dieses motiviert durch eine tiefe Beunruhigung über das Verschwimmen der Grenze zwischen Mensch und Tier in der gegenwärtigen wissenschaftlichen, literarischen und philosophischen Kultur.9 Während die radikale Scheidung von Mensch und Tier für Calarco also den Kern von Heideggers Anthropozentrismus bildet,10 sieht Jacques Derrida gerade darin einen Versuch zu seiner Überwindung. Insofern Heideggers Analyse „die Vorstellung eines Gradunterschiedes aufgibt“, beachte sie „einen strukturellen Unterschied und vermeidet dadurch den Anthropozentrismus“ (Derrida 1992: 61).11

geht es nämlich gerade darum, den jeweiligen konzeptuellen Rahmen zu befragen, welcher jeglicher Wissenschaft überhaupt erst die Möglichkeit empirischer Erkenntnis gewährt und – das ist entscheidend – stets selektiv bleibt: Auch im biologischen Erkenntnishorizont erlangen bestimmte Phänomenbereiche Sichtbarkeit, während andere nicht zur Geltung kommen. Die Philosophie bezieht ihre Relevanz im Gegenzug gerade daraus, dass die selektive Gegenstandskonstitution der Einzelwissenschaften für sie keine Verbindlichkeit erlangt. Heideggers Antipositivismus steht hier in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Faktenarsenal der Biologie, das in der tieraffinen Theoriebildung gerne als Argumentationsbasis fungiert. 9

Es kann nicht bestritten werden, dass die Auflösung der Grenze Mensch-Tier Heidegger beunruhigt hat. Ob sich diese Beunruhigung schlicht darauf reduzieren lässt, dass er einen Verlust der Sonderstellung des Menschen als Kränkung empfand, ist allerdings fraglich. Heideggers Besorgnis dürfte – wie ich im Laufe dieses Textes herauszuarbeiten versuche – auch damit zusammenhängen, dass die ethischen Implikationen dieser Auflösung keineswegs eindeutig in die Richtung gehen, die ihr heute von Seiten der Human-Animal Studies gerne zugeschrieben werden. Dies berührt die Frage von Natürlichkeit ebenso wie die einer seinsgeschichtlichen Ver-Antwortung. Nicht zu vergessen ist darüber hinaus, dass die einschlägigen Texte Heideggers unter anderweitigen zeitgeschichtlichen Rahmenbedingungen entstanden sind und, wie Derrida immer wieder betont hat, für einen Bruch „mit dem Biologismus und dessen politischen Auswirkungen“ stehen (1992: 66).

10 Calarco reiht sich diesbezüglich in eine breitere Tendenz innerhalb der neueren Tierphilosophie ein, Unterscheidungsversuche zwischen Mensch und Tier per se als anthropozentristisch zu tabuisieren. Wir müssten uns unserer Gleichartigkeit mit anderen Tieren bewusst werden, so die Überlegung, um der Grausamkeit Einhalt zu gebieten, mit der wir diese zur Zeit behandeln. Die Strategie erweist sich jedoch u.a. insofern als bedenklich, als sie implizit ein fremden-feindliches Wesen des Menschen festschreibt: Von vorneherein wird angenommen, dass wir nur solchem Respekt entgegenbringen könnten, was uns gleichartig ist. 11 Insofern ist fraglich, ob Derrida tatsächlich „auf die Beseitigung der anthropologischen Differenz“ zielt (so die Einschätzung von Wild 2013: 33) und nicht eher auf eine Plurali-

146 | A NDREAS B EINSTEINER

Derrida spürt allerdings einer Spannung nach, die sich dennoch im Begriff der Weltarmut manifestiert: „Wie läßt sich […] der Begriff der Entbehrung rechtfertigen, wenn die Tierwelt gegenüber der Welt des Menschen andersartig ist?“ (1992: 60) Nicht die Scheidung erscheint hier also als anthropozentrisch, sondern dass diese durch die Rede von der Weltarmut unterlaufen wird und so die Vorstellung eines Gradunterschiedes reinstalliert.12 Dass Heidegger selbst dieses Problem ebenfalls gesehen hat, darauf deutet nicht nur der diesbezügliche Selbsteinwand im §63 der „Grundbegriffe der Metaphysik“ hin, sondern auch der Umstand, dass Heidegger nach dieser Vorlesung aufhört, von einer Weltarmut des Tieres zu sprechen – freilich nicht, um dem Tier Welt zuzugestehen, sondern, um sie eben ausschließlich dem Menschen vorzubehalten.13 Doch Derrida beschränkt sich nicht darauf, die These von der Weltarmut und die Situierung des Tiers zwischen Stein und Mensch als „durchaus teleologisch und traditionell, ja dialektisch“ (1992: 70) zu charakterisieren, er weist auch die zugrundeliegende Hypothese, „daß es etwas gibt, was man die Tierheit im allgemeinen nennen kann – einen Bereich, eine einheitliche Seinsart – und wofür sich alle möglichen Beispiele finden lassen“, als dogmatisch zurück (1992: 69f.). Vor allem aber lehnt Derrida den Versuch ab, eine Unterscheidung zwischen Mensch und Tier anhand der Als-Struktur zu konstruieren. Es bestehe nämlich „die Notwendigkeit, zu fragen, ob der Mensch seinerseits über das ‚als solches’ verfügt“ (2010: 225). Giorgio Agamben widmet Heidegger ca. ein Drittel seines Buches Das Offene (Agamben 2003). Gerade dieser Begriff spielt eine zentrale Rolle in Heideggers

sierung von Differenzen: „Es gibt nicht einen Gegensatz zwischen dem Menschen und dem Nicht-Menschen, es gibt zwischen den unterschiedlichen Organisationsstrukturen des Lebendigen eine Vielzahl von Brüchen, Heterogenitäten und differentiellen Strukturen. Zwischen den ‚Menschenaffen’ und dem Menschen bleibt die Kluft zweifellos abgrundtief, aber ebenso auch zwischen den ‚Menschenaffen’ und den anderen Tieren.“ (Derrida 2006: 115f.) Diese Pluralität von Differenzen sei aber – und das ist Derridas zentraler Einwand gegen Heidegger – „nicht mehr“ hinsichtlich der einen Leitdifferenz in der Bezugname auf Seiendes „zwischen ‚als solches’ und ‚nicht als solches’“ (Derrida 2010: 224) kategorisierbar. Darauf wird noch zurückzukommen sein. 12 Dieser Einschätzung schließt sich auch Wild 2013 an: Heideggers Versuch, die „Privationsthese“ auszuformulieren, ende „in Verwirrung“ (26). 13 Andrew J. Mitchell (2011) vertritt die These, dass dies für den späten Heidegger nicht mehr gelte: „In the 1953 text ‚Language in the Poem,’ Heidegger rethinks animality no longer in terms of containment, but instead in terms of exposure to a world.“ (74) Der Versuch, dies anhand von Georg Trakls „blauem Wild“ aufzuweisen, überzeugt allerdings nur bedingt, insofern dieses in Heideggers (2007: 45) Interpretation gerade „der Mensch“ ist.

H EIDEGGERS A NTHROPOZENTRISMUS : M ETHODOLOGISCHE Ü BERLEGUNGEN

| 147

Mensch-Tier-Unterscheidung, versuche diese doch, dem „Ursprung und Sinn jener Öffnung nachzudenken, die mit dem Menschen im Lebewesen entstanden ist“ (58). Agambens Lektüre legt frei, dass diese Offenheit bei Heidegger „nur durch Aufhebung und Deaktivierung der Beziehung zwischen dem Tier und seinem Enthemmenden“14 (58) zustande kommt. Agamben versteht diese Aufhebung dahingehend, dass das Offene „die Erscheinung eines Nicht-Offenbarten als solchen“ sei (77), nämlich das Offenbarwerden der animalischen Benommenheit, d.h. der animalischen Nicht-Offenheit als solcher: „[… D]erjenige, der ins Offene schaut, sieht nur ein sich Schließendes, sieht nur ein Nicht-Sehen“ (78). Heideggers Figur einer Zusammengehörigkeit von Offenbarkeit und Verborgenheit, bzw. einer Verwurzelung von Offenbarkeit in Verborgenheit, wird in diesem Sinne interpretiert: Die Verborgenheit, die „lethe im Herzen der aletheia“ (78) sei „nichts anderes als das NichtOffenbarte der animalischen Umwelt“ (79). Der Kampf zwischen Unverborgenheit und Verborgenheit, der im Zentrum von Heideggers Kunstwerkaufsatz steht, sei folglich „der innere Kampf zwischen Mensch und Tier“ (78). Dieser Konflikt, und somit die Absonderung des Menschen vom Tier, bilde bei Heidegger „das politische Paradigma par excellence“ (82), sodass Heideggers Diskurs selbst der „anthropologischen Maschine“ des Humanismus verhaftet bleibe. Darüberhinaus stellt sich für Agamben auf Grundlage dieser Rekonstruktion die Frage, inwiefern Heidegger – „[w]enn die Humanität nur durch Aufhebung der Animalität erworben worden ist“ – denn dem eingangs erwähnten „metaphysischen Primat der animalitas“ (83) entgehe. Vor dem Hintergrund dieser kritischen Anfragen möchte ich nun einige Überlegungen zur methodologischen Rolle der Mensch-Tier-Unterscheidung, der Als-Struktur und des Offenen in Heideggers Denken anstellen, und zwar mit Hinblick auf das Spannungsfeld von Wissenschaftlichkeit und Ethik.

D AS „ ALS “

UND DAS

O FFENE

In den Grundbegriffen der Metaphysik finden wir das Beispiel einer Eidechse, die sich auf einer Felsplatte sonnt. Die Rede von Sonne und Felsplatte birgt für Heidegger die methodische Gefahr, Sonne und Felsplatte so zu verstehen, wie sie uns gegeben sind. „Man ist versucht zu sagen: Was wir da als Felsplatte und Sonne antreffen, das sind für die Eidechse eben Eidechsendinge. Wenn wir sagen, die Eidechse liegt auf der Felsplatte, so müssten wir das Wort ‚Felsplatte’ durchstreichen, um anzudeuten, daß das, worauf sie liegt, ihr zwar irgendwie gegeben,

14 Das „Enthemmende“ bezeichnet Heideggers Aneignung von Jakob von Uexkülls Konzept des „Bedeutungsträgers“, also ein solches, was für ein Tier Inhalt einer möglichen Bezugname werden kann.

148 | A NDREAS B EINSTEINER

gleichwohl nicht als Felsplatte bekannt ist.“ (1983: 291) Den Umstand, dass die Felsplatte nur für uns als „Felsplatte“ vorliegt, nicht zu beachten, hieße, das Risiko einer anthropomorphistischen Beschreibung der Eidechse und ihrer Umgebung einzugehen. Heideggers Insistenz auf dieser Andersartigkeit, die Betonung, dass tierische Bezugnahmen „für uns unendlich schwer fassbar sind und ein großes Maß von methodischer Vorsicht verlangen“ (1983: 292), ist verbunden mit einer Rhetorik des Respekts vor dem „Rätsel des Lebens“ bzw. dem „Geheimnis des Lebendigen“ (1982: 239), das es vor seiner Nivellierung durch eine „Vermenschung des Tiers“ (1982: 239), also vor einem Anthropomorphismus zu retten gilt. Die Durchstreichung des Wortes „Felsplatte“ offenbart hier also einen anderen Sinn von Heideggers privativer Strategie des Zugangs zu Lebendigem: Diese erschöpft sich nicht in der ontologischen Voraussetzung eines tierischen Entbehrens, d.h. der Annahme, dass dem Tier im Vergleich mit dem Menschen etwas fehle. Vielmehr erhält sie hier den rein methodischen Sinn, die Gefahr der Anthropomorphisierung zu reflektieren: „Die Sonderheit des eigenen Wesens der Tiere darf nicht zerstört werden durch vorschnelles Angleichen an Menschliches. Der Vergleich des menschlichen Seins mit dem tierischen Sein ist so lange irreführend, solange nicht Grenzen gezogen sind zwischen dem, was wir in das Tier hineinlegen, und dem, was dem Tier ureigen ist.“ (Heidegger 1998: 139f.) Umgekehrt äußert Heidegger auch Beunruhigung gegenüber einer „Vertierung des Menschen“ (1982: 226) – und gerade diese Beunruhigung ist für Calarco das deutlichste Zeichen seines Anthropozentrismus: „[… O]ne wonders what the problem with such a becoming-animal of the human might be? What would be lost if human beings were somehow to become ‘animal’ and leave behind their ‘higher’ faculties?” (Calarco 2008: 39) Diese Frage ist in der Tat entscheidend für eine Beurteilung von Heideggers Beitrag zu einer Philosophie des Mensch-TierVerhältnisses. Heideggers Antwort auf diese Frage ist offensichtlich: Verloren wären das „als“ und das Offene. Weniger offensichtlich ist, was damit gemeint ist. Derrida interpretiert das Etwas-als-etwas-Sehen bzw., wie Heidegger auch sagt, das Seinlassen, als eine Beziehung zum Seienden, die „von aller lebensnützlichen Absicht, von aller Perspektivierung, allem Absehen aufs Vitale“ (2010: 225) befreit ist. Es gehe darum, das Seiende „als solches zu erfassen, was es wäre, selbst wenn ich nicht da wäre“ (2010: 225). Das „als solches“ wird von Derrida also in einem „realistischen“ Sinne verstanden. Er spricht in diesem Zusammenhang sogar von „Objektivität“, um dagegen dann Nietzsche ins Spiel zu bringen – dieser würde nämlich entgegnet haben: „Nein, alles befindet sich in einer Perspektive, die Beziehung zum Seienden, selbst die ‚wahrste’, die ‚objektivste’ […] ist in einer Bewegung gefangen, die man hier eine Bewegung des Lebend(ig)en nennen wird; und von diesem Blickpunkt aus bleibt dies, wie auch immer es um die Differenz zwischen Tieren bestellt sein mag, eine ‚tierliche’, ‚animalische’ Beziehung“ (2010: 226). Die Bedeutung von Derridas nietzscheanischem Einwand kann kaum über-

H EIDEGGERS A NTHROPOZENTRISMUS : M ETHODOLOGISCHE Ü BERLEGUNGEN

| 149

schätzt werden – er erweist sich nicht nur für weite Teile der tierphilosophischen Heideggerrezeption als maßgeblich, sondern ermöglicht insbesondere auch Derridas eigene Absetzbewegung in Form einer metaphysikkritischen Überbietung Heideggers. Der Einwand – und das ist die zentrale These, die ich im vorliegenden Text zur Diskussion stellen möchte – geht allerdings ins Leere, weil er auf einer völlig unangemessenen Interpretation des „als“ und des „Seinlassens“ bei Heidegger beruht. Keineswegs nämlich hat das „als solches“ bei Heidegger einen objektiven Anspruch,15 keineswegs versucht es das Seiende so zu denken, wie es „in Wirklichkeit“ wäre, wobei dieses „in Wirklichkeit“ auch noch darin bestünde, dass gar niemand da wäre, dem dieses Seiende begegnete. Exakt umgekehrt benennt das „als solches“ – spätestens nach der sogenannten „Kehre“ Anfang der 1930er Jahre – gerade die Möglichkeit einer Rekonzeptualisierung, die Möglichkeit, etwas anders zu verstehen, als wir es bisher verstanden haben. In der Vorlesung „Grundfragen der Philosophie“ von 1937/38 stellt Heidegger in besonders deutlicher Weise klar: „Das, was hier mit dem ‚als’ […] benannt wird, ist jenes […] Offene eines noch kaum geahnten und bedachten Spielraums, in dem das Seiende als ein solches ins Spiel kommt, nämlich als das Seiende, das es ist, in das Spiel seines Seins.“ (1992: 169) Nicht die Objektivität eines „in Wirklichkeit“ zeichnet das „als“ aus, sondern gerade der Spielraum für Rekonzeptualisierung, den es eröffnet. Etwas seinlassen bedeutet nicht, sich selbst zum Verschwinden zu bringen, sondern dem „als“, d.h. dem, was etwas „ist“, seine Beweglichkeit zu lassen. Was Heidegger mit dem Offenen meint, erschließt sich erst aus diesem Spielraum – und hier liegen auch die Grenzen von Agambens Interpretation, der verabsäumt zu fragen, warum und inwiefern das Offene bei Heidegger überhaupt offen sei. Jede Auslegung des Seienden, jedes „als“ ist nach Heidegger zugleich Entbergung und Verbergung. Es lässt gewisse Aspekte am Seienden aufleuchten und hält andere im Dunkeln.16 Verbergung ist also nicht, wie Agamben meint, das Ver-

15 Ganz im Gegenteil hat Heidegger, zumindest seit Anfang der 1930er-Jahre, alle Ansprüche, „das Seiendsein des Seienden in der allzu laut gerühmten ‚Objektivität’ zergehen zu lassen“ (2004: 330), stets als metaphysisch zurückgewiesen. 16 Während Wild (2008: 193) „entbergend“ mit „wahr“ und „verbergend“ mit „falsch“ gleichsetzt, betont Heidegger, dass von „richtig“ oder „falsch“ immer nur innerhalb eines bereits entschiedenen Interpretationsrahmens gesprochen werden kann, der seinerseits schon sowohl entbergend als auch verbergend ist. Dieser Interpretationsrahmen wird dadurch definiert, als was wir das uns begegnende Seiende jeweils verstehen. Die Frage, „was es heißen soll, nicht nur einen Tisch zu sehen, sondern den Tisch als solchen“ (195), ist also falsch gestellt: Einen „Tisch“ zu sehen, bedeutet schon, diesen Tisch als Tisch zu verstehen (und nicht etwa als Liegefläche, Kunstobjekt oder Altar, wodurch jeweils völlig verschiedene Aspekte dieses Seienden ent- bzw. verborgen würden).

150 | A NDREAS B EINSTEINER

schlossene der Animalität, sondern Verbergung gibt es nur in der Dimension des „als“, d.h. in der Sprache: Verbergung bezeichnet die Fülle desjenigen, was eine bestimmte Konzeptualisierungsweise nicht zur Geltung zu bringen vermag. Das heißt, jede Konzeptualisierung des Seienden ist selektiv. Und insofern es die Sprache ist, die die Erschlossenheit von etwas als etwas gewährt, entscheidet also die Sprache in ihren jeweiligen geschichtlichen Konfigurationen darüber, wie die Grenze zwischen Seiendem und Nichtseiendem gezogen wird. Sprache meint bei Heidegger keineswegs ein Instrument der Kommunikation, sie ist „nicht Äußerung eines Organismus, nicht Ausdruck eines Lebewesens“, sondern „lichtendverbergende Ankunft des Seins selbst“ (2004: 326).17 Heideggers „Urstreit von Lichtung und Verbergung“ (2003: 42) zielt auf das Potential zur Rekonzeptualisierung ab, das in der so verstandenen Sprache liegt: Was als „wirklich“ zur Geltung kommt bzw. was sich in den etablierten Konzeptualisierungen nicht erschließt und somit „nichtseiend“ bleibt, liegt keineswegs in einer Letztinstanz namens „Wirklichkeit“ beschlossen, sondern wandelt sich in der geschichtlichen Dynamik variabler Konzeptualisierungen, veränderlicher Konfigurationen des „als“ von mannigfaltigem Seienden. Gerade aufgrund seiner Selektivität gewährt das „als“ nämlich die Möglichkeit, sich zu wandeln und so bisher verborgene und marginalisierte Aspekte des Seienden ans Licht zu bringen.18 Genau insofern das „als“ veränderlich ist, ist das Offene tatsächlich offen. Die Wandelbarkeit des „als“ impliziert eine Wandelbarkeit unseres Verhaltens gegenüber dem, was uns begegnet. Denn unser Verhalten kann sich nur an dem orientieren, als was uns das Begegnende jeweils begegnet, es beruht auf einem Verständnishorizont, der sich im jeweiligen „als“, in der jeweiligen Lichtung des Seins etabliert, es ist also stets Antwort auf einen geschichtlichen „Zuspruch“ des Seins: „[D]ie Geschichte der

17 Heidegger nimmt Einwände, die auch Tieren Sprachvermögen zuschreiben, folgendermaßen vorweg: „Man könnte erwidern, daß Tiere doch auch sprachfähig sein könnten, daß sie eine andere Sprache haben könnten, eine Sprache, die die Menschen nicht verstehen. Die Tiere verständigen sich doch. Aber liegt das Wesen einer Sprache überhaupt in der Verständigung […]?“ (Heidegger 1998: 139) Die Antwort auf die Frage, ob Tiere sprechen können oder nicht, hängt offensichtlich stark mit dem zugrunde liegenden Verständnis von Sprache zusammen. 18 Cary Wolfe (2013) setzt innerhalb der transzdisziplinären Post-Humanities nicht auf eine solche Wandelbarkeit von Konzeptualisierungen, sondern auf einen „weiteren Beobachter“ im Sinne der Systemtheorie, der „kein Mensch“ zu sein braucht und die „Latenzen und blinden Flecken“ der verwendeten „Unterscheidungen und Formen“ zu reflektieren vermag (164f.). Wie die Reflexionen eines solchen nichtmenschlichen Beobachters aber zu einer veränderten menschlichen Praxis führen könnten, bleibt unklar.

H EIDEGGERS A NTHROPOZENTRISMUS : M ETHODOLOGISCHE Ü BERLEGUNGEN

| 151

Wesensmöglichkeiten eines geschichtlichen Menschentums ist ihm verwahrt in der Entbergung des Seienden im Ganzen“ (Heidegger 2004: 191). Diese Überlegung steht im Hintergrund, wenn Heidegger das „Dasein“ als „Stelle“ bzw. „Ortschaft“ der Lichtung des Seins (373) fasst. Damit wird keineswegs eine zentrale Stellung des Menschen postuliert, sondern dem Umstand Rechnung getragen, dass wir Orte sind, an denen sprachliche Konzeptualisierungsweisen über Möglichkeiten des Denkens und Handelns entscheiden. Mensch sein bedeutet hier, der Macht einer geschichtlich variablen, lichtend-verbergenden Sprache unterworfen zu sein.19 Wenn Heidegger den so verstandenen Menschen vom Tier abgrenzt, kann diese Abgrenzung nicht den Status einer biologischen Unterscheidung haben. Die geschichtliche Ek-sistenz des Menschen, seine Ausgesetztheit in die Lichtung, ist kein biologisches Faktum, sondern fängt „in jenem Augenblick an, da der erste Denker fragend sich der Unverborgenheit des Seienden stellt mit der Frage, was das Seiende sei. In der Frage wird erstmals die Unverborgenheit erfahren.“ (189) Alles Seiende wird nunmehr durch das geschichtlich variable „als“ zugänglich, sodass wir nicht mehr „unmittelbar in das allgemeine Naturgeschehen eingebunden“ (1998: 138) sind. Die Lichtung hat uns aller Natur entrissen, auch jeglicher möglichen Natur unserer selbst. Was uns als natürlich erscheint, erscheint eben im Lichte des jeweiligen geschichtlichen „als“.20 „Deshalb kann die Ek-sistenz

19 Wenn posthumanistische Ansätze wie derjenige von Wolfe (2013) unsere „Abhängigkeit von der radikal ahumanen Technizität der Sprache“ als „eine zweite Art der Endlichkeit“ (161) zu fassen versuchen, geschieht dies also durchaus im Einklang mit Heidegger. Dass diese Endlichkeit allerdings „von Menschen und Nicht-Menschen von dem Moment an geteilt wird, in dem sie beginnen, einander mittels irgend eines im elementarsten Sinne verstandenen semiotischen Systems anzusprechen“ (161), würde Heidegger aufgrund der Unterscheidung von Sprache als Verständigungsmittel und Sprache als Unverborgenheit wohl zurückweisen. 20 Von hier aus erschließt sich erst die volle Komplexität der Problematik des Anthropomorphismus. Jegliche Form der Anthropomorphisierung von Tieren basiert nämlich bereits auf einer (meist unthematischen) Anthropologie, d.h. einer Vorentscheidung darüber, als was der Mensch zu verstehen sei. So ließe sich z.B. die implizite Anthropologie in Wilds (2008) Behandlung des Anthropomorphismusproblems aufzeigen, die „Vermenschlichung“ mit der Unterstellung von „geistigen Zuständen“ (69) bzw. „Gedanken, Gefühle[n] oder Absichten“ (70) identifiziert. Ein anderes Verständnis des Menschen würde zu einer anderen Fassung der Anthropomorphismusproblematik führen. Jedes Mal ist es aber ein bestimmtes „als“, das, bleibt es unbedacht, zu einer Feststellung des Wesens von Mensch und Tier führt. Heideggers Ansatz, den Menschen auf nichts anderes als das „als“ zu verpflichten, erweist sich methodologisch als Versuch, eine solche Feststellung zu vermeiden.

152 | A NDREAS B EINSTEINER

auch nie als eine spezifische Art unter anderen Arten von Lebewesen gedacht werden, gesetzt daß es dem Menschen geschickt ist, das Wesen seines Seins zu denken und nicht nur Natur- und Geschichtshistorien über seine Beschaffenheit und seinen Umtrieb zu berichten. So gründet auch das, was wir aus dem Vergleich mit dem ‚Tier’ dem Menschen als animalitas zusprechen, selbst im Wesen der Ek-sistenz.“ (2004: 324)21 Ob wir also dafür argumentieren, uns als Tiere zu begreifen oder nicht, jedes Mal ist die diskursive Bewegung schon getragen von der Ek-sistenz, von der Aussetzung an geschichtliche Konfigurationen des „als“, die darüber entscheiden, worauf wir uns überhaupt beziehen können. Der Abgrund, von dem Heidegger spricht, bezieht sich auf diese Variabilität der Zugänglichkeit von Seiendem, nicht auf eine starke Verschiedenheit zweier biologisch gefasster Arten von Lebewesen. Die Betonung der Ek-sistenz hat also den weniger ontologischen, als vielmehr methodologischen Anspruch, die irreduzible Selektivität der geschichtlichen Lichtung des Seins im Blick zu behalten. Das Vergessen der abgründigen Variabilität der durch die Lichtung gewährten Zugänglichkeit kennzeichnet nach Heidegger nämlich die Metaphysik: Diese spricht „in ihren Antworten auf die Frage nach dem Seienden als solchen aus der unbeachteten Offenbarkeit des Seins“ (2004: 366, meine Hervorhebung). Das Vergessen der Variabilität führt zu einer Verhärtung etablierter Zugänglichkeitsregime, Ek-sistenz wird zur Insistenz, die „sich versteifend auf dem besteht, was das wie von selbst und an sich offene Seiende bietet“ (196). Der Horizont der Zugänglichkeit wird dadurch statisch, er tendiert hin zu jener Invarianz eines umgrenzten Bereichs möglicher Bezugnahmen, den Heidegger unter Rückgriff auf die Biologie seiner Zeit als den einem Tier jeweils zugehörigen „Enthemmungsring“ (1983: 374) charakterisiert.22

21 Heidegger selbst setzt das „Tier“ hier in Anführungszeichen. 22 Was Heidegger „Weltarmut“ nennt, ließe sich genauer bezeichnen als die Invarianz des Bereichs möglicher Bezugnahmen hinsichtlich des Umfangs und der Weise der Zugänglichkeit. Heideggers Antibiologismus kann in erster Linie als ein Ankämpfen gegen eine solche Invarianz verstanden werden. Wir sollen „Wächter der Offenheit des Seyns“ (1992: 227) werden, d.h. die Selektivität der jeweiligen geschichtlichen Weise der Zugänglichkeit von Seiendem bedenken, und so das Offene, d.h. die Veränderlichkeit des „als“ bewahren. In diesem Sinne, und nicht in der von Agamben veranschlagten Unmittelbarkeit, hat das Offene tatsächlich mit einer Absonderung des Menschen vom Tier zu tun. Das Tier wird zur heuristischen Chiffre für die Invarianz von Zugänglichkeitsregimen, etwa wenn Heidegger diagnostiziert, dass der Mensch der Metaphysik in der technisierten Moderne „zum arbeitenden Tier fest-gestellt“ werde. (2000: 68) Auch die gefräßige „Tier-Maschine“, die Derrida in „[e]ine[r] perverse[n] Lesart Heideggers“ (1992: 153) imaginiert, ließe sich in diesem Sinn interpretieren.

H EIDEGGERS A NTHROPOZENTRISMUS : M ETHODOLOGISCHE Ü BERLEGUNGEN

| 153

„[S]oweit wir erfahren“, so Heidegger im Jahre 1946, sei „der Mensch allein […] in das Geschick der Ek-sistenz eingelassen“ (2004: 324, meine Hervorhebung). Ist dies beim heutigen Stand der Forschung noch haltbar? Auch wenn es vielfach und heftig verneint wird, liegt – soweit ich sehe – bislang keine tierphilosophische Arbeit vor, die Heideggers Konzeption der Mensch-Tier-Unterscheidung hinreichend genau rekonstruiert hätte, dass dadurch eine Konfrontation mit empirischen Ergebnissen überhaupt ermöglicht wäre.23 Doch auch wenn sich herausstellen sollte, dass bei gewissen Tierarten eine gewisse Variabilität des Zugänglichkeitsregimes vorliegt – was gerade bei höheren Säugetieren und Haustieren nicht unwahrscheinlich ist –, stellt sich doch die Frage, ob es sinnvoll ist, Heideggers Einschränkung der Ek-sistenz auf den Menschen aufzugeben.24 Nicht nur würden dadurch nämlich die Konzepte des Offenen und der Geschichte soweit nivelliert, dass sie ihren spezifischen Sinn und ihr analytisches Potential verlören. 25 Vor allem geriete dadurch aus dem Blick, wie gerade wir Menschen – in einer Weise, die nicht mit einer Konzeption autonomer Subjektivität zu verwechseln ist26 – Orte einer VerAntwortung sind: Unser Verhalten, d.h. auch unser Verhalten gegenüber Tieren, ist stets Antwort auf ein bestimmtes geschichtliches „als“. Daraus bezieht das „als“ seine Brisanz, deshalb insistiert Heidegger so massiv auf seiner Beachtung. Ein höherer „Wert“ des Menschen oder irgendwelche anderweitigen Privilegien sind damit nicht verbunden. 27

23 Ein zweites und grundsätzlicheres Hindernis für eine solche Konfrontation ist die Frage, ob überhaupt ein Forschungsdesign denkbar ist, das so etwas wie die Offenheit des Bereichs möglicher Bezugnahmen zu untersuchen vermag. Wie erwähnt, steht die vorgängige Eingrenzung des relevanten Phänomenbereichs, die zum Status der Wissenschaftlichkeit gehört, in Konflikt zu solcher Offenheit. 24 Dies fordert etwa Calarco (2008: 52f.). 25 Die zahlreichen Kenntnisse, die wir heute über Intelligenz, Kommunikationsfähigkeit und Empathievermögen diverser Tierarten besitzen, werden uns nämlich nicht die Schwierigkeit, das „als“ offen zu halten, in dem Sinne abnehmen, als dass wir uns dabei an der Offenheit dieser Tierarten orientieren könnten. Und ein Verständnis unserer selbst als Tiere meint vor allem eine Orientierung dieses Selbstverständnisses an Tierischem. 26 Denn die Sprache „ist uns stets schon voraus. Wir sprechen ihr ständig nur nach.“ (Heidegger 2007: 179) 27 Auch Gary Steiner (2010) erhebt Einspruch gegen Derridas Verwerfung der „Fähigkeit, etwas als etwas zu vernehmen“ als Unterscheidungsmerkmal von Mensch und Tier. „Denn die Tradition hat völlig recht gehabt, die Fähigkeit, Objekte der Erfahrung begrifflich zu fassen, auf Menschen zu beschränken.“ (10) Während alle mit Bewusstsein ausgestatteten Lebewesen „Empfänger […] von Moral“ sind, seien nur Menschen „moralisch Handelnde“. Die „wichtige und einzigartige Rolle“ (3), die dem Menschen aufgrund des

154 | A NDREAS B EINSTEINER

Erst wenn wir uns als Orte begreifen, an denen aus variablen sprachlichen Verstehensweisen eine Variabilität von Verhaltensweisen resultiert, offenbart sich das analytische Potential, das Heideggers Philosophie für die Human-Animal Studies und insbesondere für das Verhältnis von Wissenschaft und Ethik bereitstellt. Die seinsgeschichtliche Diagnose, dass uns in der Moderne alles Seiende als „Bestand“ begegne,28 ließe sich durchaus konkretisieren hinsichtlich eines Verständnisses von Tieren als Material für Tierversuche, für Ernährungs- und Kosmetikindustrie, über das nach Belieben verfügt werden kann.29 Ganz offensichtlich werden durch dieses „als“ Mannigfaltigkeiten anderer Konzeptualisierungsweisen von (und somit andere Umgangsweisen mit) Tieren ausgeschlossen. Hier wird ganz konkret ersichtlich, was Heideggers Begriff der Verbergung meint. Die Geschichtlichkeit dieses „als“ zu beachten, impliziert, dass wir uns hier nicht auf eine Natürlichkeit unseres Verhaltens berufen können. Wir sind Orte der Ver-Antwortung, Orte, an denen sprachliche Verstehensweisen über Verhaltensweisen entscheiden.30 Und auf diese Ver-

„als“ zukommt, sieht Steiner aber nicht in der Bewahrung der Offenheit des „als“, sondern gerade umgekehrt darin, allgemeingültige moralische „Pflichten und Rechte zu begreifen und zu respektieren“ (10). 28 Vgl. dazu den Aufsatz „Die Frage nach der Technik“ (Heidegger 2000: 5-36, insbesondere S. 15ff.) 29 Calarco (2008: 110) ist durchaus aufmerksam geworden auf jene skandalöse Passage, in der Heidegger postuliert, die „motorisierte Ernährungsindustrie“ sei „im Wesen das Selbe wie die Fabrikation von Leichen in Gaskammern und Vernichtungslagern“ (Heidegger 1994: 27). Verständlicherweise („because of his subsequent silence about the Nazi Holocaust, especially in view of his own support of Nazism“) zögert Calarco (2008: 110) jedoch, sich für seine eigene Argumentation auf diese Überlegung zu berufen. Für eine tatsächliche Evaluation von Heideggers Vergleich wäre eine genaue Ausarbeitung seines Wesensbegriffs unerlässlich. 30 Die Unangemessenheit, Tieren in diesem wie auch im herkömmlichen Sinne VerAntwortung zuzuschreiben, kommt deutlich zum Ausdruck in einer Geschichte, die Vinciane Despret erzählt: In einer kleinen Stadt in der Nähe von Lyon gab es zu viele Krähen, sodass sich die Bevölkerung gestört fühlte. Da die Anwohner aber auch nicht wollten, dass die Krähen einfach erschossen werden, wurden schließlich Falken und Bussarde zum Einsatz gebracht, die die Brutgelege der Krähen zerstörten und sie auf diese Weise schließlich vertrieben. Nach Desprets Interpretation wurden die Vögel in diesem Beispiel „also Akteure, […] Partner in einer Beziehung, mit den Bewohnern gemeinsam tragen sie Sorge und die Art und Weise, in der die Krähen hier behandelt wurden, könnte man beinahe als diplomatisch beschreiben“ (Despret/Haraway/Harrasser/Solhdju 2011: 94). Mir scheint diese Beschreibung dafür, wie hier biologisches Wissen um die Verhaltensweisen bestimmter Lebewesen zu Zwecken der technischen Steuerung dieses Verhaltens einge-

H EIDEGGERS A NTHROPOZENTRISMUS : M ETHODOLOGISCHE Ü BERLEGUNGEN

| 155

stehens- und Verhaltensweisen kommt es an, nichts anderes besagt Heideggers „Anthropozentrismus“.

L ITERATUR Agamben, Giorgio (2003): Das Offene. Der Mensch und das Tier, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Calarco, Matthew (2008): Zoographies. The Question of the Animal from Heidegger to Derrida, New York: Columbia University Press. Derrida, Jacques (1992): Vom Geist. Heidegger und die Frage, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Derrida, Jacques (2010): Das Tier, das ich also bin, Wien: Passagen. Derrida, Jacques/Roudinesco, Elisabeth (2006): Woraus wird Morgen gemacht sein? Ein Dialog, Stuttgart: Klett-Cotta. Despret, Vinciane/Haraway, Donna/Harrasser, Karin/Solhdju, Katrin (2011): „Stay Where the Trouble is“, in: Zeitschrift für Medienwissenschaft, Vol. 4, S. 92102. Heidegger, Martin (1982): Parmenides (Gesamtausgabe, Bd. 54), Frankfurt a.M: Klostermann. Heidegger, Martin (1983): Die Grundbegriffe der Metaphysik. Welt – Endlichkeit – Einsamkeit (Gesamtausgabe, Bd. 29/30), Frankfurt a.M: Klostermann. Heidegger, Martin (1992): Grundfragen der Philosophie. Ausgewählte „Probleme“ der „Logik“ (Gesamtausgabe, Bd. 45), Frankfurt a.M: Klostermann. Heidegger, Martin (1998): Logik als Frage nach dem Wesen der Sprache (Gesamtausgabe, Bd. 38), Frankfurt a.M: Klostermann. Heidegger, Martin (1994): Bremer und Freiburger Vorträge. (Gesamtausgabe, Band 79), Frankfurt a.M.: Klostermann. Heidegger, Martin (2000): Vorträge und Aufsätze (Gesamtausgabe, Bd. 9), Frankfurt a.M: Klostermann. Heidegger, Martin (2003): Holzwege (Gesamtausgabe, Bd. 5), Frankfurt a.M: Klostermann. Heidegger, Martin (2004): Wegmarken“ (Gesamtausgabe, Bd. 9), Frankfurt a.M: Klostermann. Heidegger, Martin (2007): Unterwegs zur Sprache, Stuttgart: Klett-Cotta.

setzt wurde, reichlich idealisierend. Doch Despret will Tieren in noch deutlich größerem Umfang Verantwortung auferlegen: „Ich wünschte, wir würden zu den mittelalterlichen Tierprozessen zurückkehren, denn ich fand, die Art und Weise, in der man sich in diesen zu den Tieren ins Verhältnis setzte, war adäquat.“ (Despret/Haraway/Harrasser/Solhdju 2011: 94)

156 | A NDREAS B EINSTEINER

Mitchell, Andrew J. (2011): „Heidegger’s Later Thinking of Animality: The End of World Poverty“, in: Gatherings: The Heidegger Circle Annual, Vol. 1, S. 74-85. Steiner, Gary (2010): „Tierrecht und die Grenzen des Postmodernismus: Der Fall Derrida“, in: ALTEXethik, Vol. 2, S. 3-10. Wild, Markus (2008): Tierphilosophie zur Einführung, Hamburg: Junius. Wild, Markus (2013): „Tierphilosophie bei Heidegger, Agamben, Derrida“, in: Journal Phänomenologie, Vol. 40, S. 23-35. Wolfe, Cary (2013): „‚Animal Studies’, Disziplinarität und die (Post-)Humanities“, in: Zeitschrift für Medien- und Kulturwissenschaft, Vol. 1, S. 149-169.

Tierbezeichnungen als abwertende Personenbezeichnungen Ein Vergleich zwischen den Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch M ARLENE M USSNER Die höchste Form menschlicher Intelligenz ist die Fähigkeit, zu beobachten ohne zu bewerten. JIDDU KRISHNAMURTI

E INLEITUNG Die Spezies Mensch reflektiert und spricht über die Beschaffenheit der Welt, besonders der näheren Umwelt, und über sich selbst. Sie versucht, sich die Phänomene des Lebens zu erklären und sie zu bewerten, um so zu Sicherheit und Orientierung zu gelangen und eine Grundlage für das eigene Handeln zu finden. Ähnlich scheinen auch viele, wohl die meisten – vielleicht alle – anderen Spezies Vorstellungen davon zu besitzen, was gut für sie ist, was sie zum Leben brauchen und was hingegen eine Gefahr darstellt, was es zu verteidigen gilt u.a.m. Doch scheint die Spezies Mensch ein großes Stück weit über das hinaus zu gehen, was andere Tiere machen, mithilfe oder aufgrund ihrer Sprache, die in ihrer Komplexität bei anderen Spezies nicht vorhanden zu sein scheint. Menschen scheinen auf dieser von unzähligen Tier- und Pflanzenarten bewohnten Erde das Bewertungsmonopol zu besitzen, denn nur sie teilen alles, was ihnen auf Erden bekannt ist, in kognitive und sprachliche Kategorien ein und versuchen zu begreifen und zu bewerten (was wiederum große Auswirkungen auf andere Spezies hat). Die anderen Spezies scheinen demgegenüber in ihren Urteilen stärker auf den Radius der eigenen Bedürfnisse beschränkt.

158 | M ARLENE M USSNER

Ein Resultat dieses ständigen Wertungsprozesses sind die Namen, die wir uns und unserer Umwelt geben, also die Personen- und Tierbezeichnungen. Diese sind eng miteinander verbunden, denn sehr häufig verwenden wir Tierbezeichnungen, um uns in metaphorischer Übertragung auf Menschen zu beziehen. Im Deutschen stellt laut Braun die Tierwelt den größten Spenderbereich für Personenbezeichnungen dar (Braun 1997: 121). Hieran lässt sich die große Bedeutsamkeit oder in anderen Worten die große kognitive Relevanz der Tiere für den Menschen ablesen.1 Vor diesem Hintergrund sollen im vorliegenden Beitrag jene Tierbezeichnungen untersucht werden, mit denen in sekundärer Verwendung auf Menschen referiert wird und die dann pejorativ konnotiert, d.h. mehr oder weniger stark abwertend sind. Die untersuchten Sprachen sind dabei Deutsch, Französisch und Italienisch. Der Fokus auf abwertende Personenbezeichnungen ist einerseits deshalb interessant, weil sich hier Wertvorstellungen ausdrücken (im Gegensatz zu neutralen, wertfreien Personenbezeichnungen) und weil andererseits bei der Verbindung Tier/Personenbezeichnungen Abwertung überdurchschnittlich häufig zu sein scheint. So stellt Braun fest, dass im Deutschen bei Personenbezeichnungen, die aus Tierbezeichnungen hervorgegangen sind, Abwertung besonders häufig ist; in seinem Korpus (10.300 Personenbezeichnungen auf der Grundlage des Duden von 1983) haben von den mehr als 200 „tierischen“ Personenbezeichnungen fast 60% eine pejorative Konnotation; dies ist um einiges mehr als im Gesamtkorpus (ibid.: 127). Braun weist daher darauf hin, dass für Menschen verwendete Tierbezeichnungen zumeist nicht der sachlichen Darstellung, sondern vielmehr der subjektiven Einschätzung dienen: „Die Personenbezeichnungen, die aus Tiernamen entstanden sind, übernehmen weitgehend sprachliche Aufgaben der subjektiven Stellungnahme, des Beurteilens und Verurteilens; sie gehören zum Wortschatz des Emotionalen, nicht zu den Sprachmitteln der Beschreibung.“ (ibid.: 127f.)

Zu dieser emotionalen Verbindung zwischen Tier- und Personenbezeichnungen gehört auch, dass Tiernamen in vielen europäischen Sprachen auch die häufigsten Kosenamen liefern (z.B. dt. mein Häschen/Bärli/Mausi/Spatz/..., frz. ma (petite) caille/ mon (petit) lapin/mon (petit) poussin/..., ital. cucciolo/orsacchiotto/passero(tto)/...). Was die im vorliegenden Beitrag im Vordergrund stehenden abwertenden Personenbezeichnungen betrifft, wertet die Spezies Mensch durch ihre Verwendung Vertreter der anderen Spezies ab; gleichzeitig erfolgt mit der Abwertung des Tieres auch eine Abwertung des Menschen, auf den referiert wird. Dieses abwertende

1

Ebenso stellen Tierbezeichnungen in Phrasemen eine der größten Konstituentenklassen (Mussner 2012: 15f.).

T IERBEZEICHNUNGEN

ALS ABWERTENDE

P ERSONENBEZEICHNUNGEN

| 159

Sprechen über Tiere und Menschen soll hier thematisiert werden; den Hintergrund bildet hierbei der Gedanke, dass das eine nicht vom anderen zu trennen ist. Zunächst sollen nun verschiedene Typen von abwertenden „tierischen“ Personenbezeichnungen unterschieden werden, um daraufhin vergleichend darzustellen, welche Tiere in den drei Sprachen davon betroffen sind. Einige Gedanken zum Hintergrund dieser Abwertung sollen den Beitrag abrunden.

T IERSCHIMPFWÖRTER Tierschimpfwörter-Typen Was und welche sind nun diese abwertenden Personenbezeichnungen, die sich aus Tierbezeichnungen entwickelt haben? Was die Referenz auf Tiere und Menschen betrifft, lassen sich die Personenbezeichnungen, die primär eine Tierbezeichnung waren oder sind oder die eine Tierbezeichnung beinhalten, weiter in verschiedene Gruppen aufgliedern: 1. allgemeinsprachlich verwendete Tierbezeichnungen, die primär ein reales Tier bezeichnen und sich in metaphorischer Übertragung auf einen Menschen beziehen, z.B. dt. Affe, Schwein, Nasenbär etc.; eine Untergruppe bilden hier Bezeichnungen für mythologische Tiere, die auch für Menschen verwendet werden: dt. Drache, Zerberus etc.; 2. Bezeichnungen für ein Tier, die heute primär auf einen Menschen referieren und die einen wertenden Zusatz aufweisen; die dem Tier zugeschriebene Eigenschaft (z.B. Unreinlichkeit) wird im Bestimmungswort explizit ausgedrückt, z.B. dt. Dreckspatz, Dreckschwein, Mistfink etc.; 3. Bezeichnungen, die auf kein reales Tier referieren, sondern nur bezogen auf Menschen verwendet werden, z.B. dt. Papiertiger, Salonlöwe etc.; hier werden traditionell dem Tier zugeschriebene Eigenschaften verbunden mit semantischen Merkmalen von unbelebten Referenten: Papiertiger beinhaltet im Zweitglied das semantische Merkmal [+ gefährlich], im Erstglied zugleich das semantische Merkmal [+ scheinhaft/nicht echt]; daraus ergibt sich die Bedeutung ‚Mensch/Organisation u. Ä., der/die nur scheinbar gefährlich ist’. Die Tierbezeichnungen dieser Gruppe sind häufig selbst nicht negativ, sondern manchmal sogar positiv konnotiert; die Pejoration ergibt sich erst aus der Kombination bzw. dem Kontrast zwischen Tierbezeichnung und zweitem Element. Ebenso verhält es sich mit Tierbezeichnungen, die mit attributivem Adjektiv verwendet werden: Bei zahnloser Tiger ist das Tier an sich eher positiv konnotiert (Stärke), erst das Adjektiv zahnlos führt zu Abwertung. Bei schwarzes

160 | M ARLENE M USSNER

Schaf ist die Tierbezeichnung an sich neutral, schwarz steht hier für die Abweichung von der moralischen/gesellschaftlichen Norm. 4. Semantisch unterschiedlich verhalten sich Komposita mit Tierbezeichnungen im Bestimmungswort, wie Rabeneltern, Tierquäler usw. Die meisten von ihnen beziehen sich nicht auf tierische Referenten; nur einige wenige können einen tierischen Referenten haben, werden aber fast immer als Personenbezeichnungen verwendet (z.B. dt. Rabeneltern). Viele dieser Komposita spiegeln die Eigenschaften, die Berufsgruppen zugeschrieben werden oder wurden (Pferdedoktor), den Umgang des Menschen mit dem Tier (Tierquäler), menschliches Verhalten (Froschfresser) – dazu zählt auch menschliches irreales und daher unsinniges Verhalten (Entenmelker) – oder menschliche Eigenschaften (Lausejunge) wider. Da es im vorliegenden Aufsatz primär darum geht, wie Tierbezeichnungen aufgrund der Eigenschaften, die der Mensch dem betreffenden Tier zuschreibt, pejorativ auf Menschen bezogen werden, interessiert uns diese Gruppe hier nur am Rande. Nur in Komposita wie Rabeneltern, Sauhaufen oder auch Hasenfuß, Schafskopf als pars pro toto spielt die Metaphorik tierischer Eigenschaften bei der Personenbezeichnung eine größere Rolle, sodass diese Gruppe hier nicht ausgeschlossen werden soll. 5. Auch bei sprachspielerisch/volksetymologisch entstandenen oder gedeuteten Tierbezeichnungen (Duckmäuser, Pleitegeier etc.) spielt die Metaphorik des betreffenden Tieres eine gewisse Rolle, da in der allgemeinen Vorstellung die wahre Herkunft des Wortes verdunkelt ist und das Wort im tierischen Zusammenhang gedeutet wird. Schimpfwörter im engeren Sinne finden sich dabei vor allem in Gruppe 1: Sie werden dem Gegenüber an den Kopf geworfen, klassischerweise im Deutschen mit dem Personalpronomen: Du Schwein(, du)! Sie können aber auch in Bezug auf eine dritte Person, über die gesprochen wird, Verwendung finden (Er ist so ein Schwein!). Daneben gibt es aber auch Tierbezeichnungen, die in Bezug auf Menschen negativ konnotiert sind, ohne Schimpfwörter im eigentlichen Sinne zu sein. Sie werden v.a. verwendet, um einem Menschen bestimmte, dem Tier zugeschriebene negative Eigenschaften anzulasten: (er/sie ist [so] ein) Bär, Faultier, Schaf etc. Hier ist die metaphorische Verbindung stärker als bei den eigentlichen Schimpfwörtern; das Tier wird aufgrund einer vermeintlich geteilten negativen Eigenschaft mit dem Menschen gleichgesetzt. Bei den „echten“ Tierschimpfwörtern, wie Schwein, blöde Kuh etc., steht hingegen die Pragmatik des Sich-Luftmachens bzw. des Beleidigens und Abwertens im Vordergrund und die lexikalische Bedeutung ist weitgehend verblasst. So umschreibt der Duden die Bedeutung für Schwein als Schimpfwort mit: ‚jemand, den man wegen seiner Handlungs- oder Denkweise als verachtenswert betrachtet’. (Duden online s.v. Schwein)

T IERBEZEICHNUNGEN

ALS ABWERTENDE

P ERSONENBEZEICHNUNGEN

| 161

Das Korpus Grundlage für das Korpus bildete für jede Sprache je ein Werk, dessen Einträge ergänzt bzw. bereinigt wurden. Für das Deutsche wurde vor allem Das große Schimpfwörterbuch. Über 1.000 Schimpf-, Spott- und Neckwörter zur Bezeichnung von Personen (1996) von Pfeiffer berücksichtigt, für das Französische Le petit dico des insultes, gros mots et autres injures (2012) von Lemonier und für das Italienische der Dizionario degli insulti (1990) von Lotti. Weitere Werke wurden konsultiert; da sie sich aber als eher liebhabermäßige Zusammenstellungen von Schimpfwörtern denn als linguistisch fundierte Werke herausstellten, wurden sie für die vorliegende Arbeit nicht berücksichtigt. Da es das Ziel war, einen Überblick über aktuell gebräuchliche Personenbezeichnungen zu geben, wurde sehr vieles, was in den drei Werken verzeichnet ist, ausgesondert, weil es heute nicht mehr oder nur regional geläufig zu sein scheint; dies geschah v.a. mit Hilfe des Internetbrowsers Google: Wenn keine Verwendungsbeispiele für die Personenbezeichnungen im Internet gefunden wurden, wurde die Einheit aussortiert. Ebenso ausgeschieden wurden auch jene Einheiten, die eher als Neckwörter zu gelten haben und meist scherzhaft bis liebevoll-neckisch oder ironisch verwendet werden (z.B. dt. flotter Hirsch, Bücherwurm oder Wasserratte) und jene Personenbezeichnungen, die relativ wertungsfrei sind. Im Französischen galt es, jene blumigen Schimpfwörter auszuscheiden, die Capitaine Haddock aus der Comicserie Tintin von sich gibt und die eine gewisse Berühmtheit erlangt haben, aber nur als Zitate verwendet werden. Anzumerken ist hier noch, dass gerade in diesem Bereich der Kontext und der Kotext sehr wichtig sind und darüber entscheiden, ob etwas abwertend wirkt oder nicht. Daher gibt es eine gewisse Menge an Personenbezeichnungen, die nur manchmal abwertend sind; insgesamt lässt sich hier bei der Einschätzung eine gewisse Subjektivität nicht vermeiden. Um eine Relation zwischen den Personenbezeichnungen und den zugehörigen Tieren herzustellen, wurden erstere nach Tierbezeichnungen geordnet. Dabei ergab sich die Schwierigkeit, dass die Tier-Personenbezeichnungen auf unterschiedlichen hierarchischen kognitiven bzw. taxonomischen Ebenen angesiedelt sind, z.B. Tier – Affe – Gorilla, wobei Tier die höchste Abstraktionsebene darstellt, während Affe taxonomisch eine Teilordnung bildet und sich Gorilla als Gattung taxonomisch drei Stufen darunter befindet. Noch ausdifferenzierter ist der Wortschatz beim Hund, der taxonomisch eine Unterart des Wolfes bildet, wobei sich die verschiedenen Rassen taxonomisch auf derselben Ebene befinden. Im Vergleich zwischen den drei Sprachen ergab sich das Problem, dass die in der Allgemeinsprache verwendeten Tierbezeichnungen häufig nicht der wissenschaftlichen Taxonomie entsprechen und sich die Bezeichnungen daher nicht völlig decken bzw. alltagssprachliche Tierbezeichnungen häufig prototypisch für eine be-

162 | M ARLENE M USSNER

stimmte Tierart, daneben aber auch für ähnliche Tiere/Tierarten oder als Überbegriff für die dazugehörige Familie verwendet werden. Da Tier- und Personenbezeichnungen aus dem Blickwinkel des Menschen entstanden sind, wurde die Kategorisierung aus einer menschlichen Perspektive vorgenommen und die Personenbezeichnungen jenen Tierbezeichnungen zugeordnet, die im Alltag am häufigsten vorkommen. Oft handelt es sich dabei um Bezeichnungen auf einer mittleren Abstraktionseben, der Basisebene; so wurden beispielsweise alle Bezeichnungen für Hunderassen unter dem Oberbegriff Hund eingeordnet.2 Daneben gibt es noch eine Kategorie ‚Sammelbegriffe/hohe Abstraktionsebene’, in der alle darüber liegenden Bezeichnungen, wie Vogel, Tier usw. zusammengefasst wurden. Die Tierbezeichnungen wurden alphabetisch nach den deutschen Bezeichnungen geordnet. Aus Platzgründen werden in den Tabellen nur die Tierbezeichnungen angeführt; exemplarisch werden in einigen Fußnoten die vom betreffenden Tier abgeleiteten Personenbezeichnungen genannt. Sekundäres, wie Berufs- oder Tätigkeitsbezeichnungen (z.B. dt. Pferdedoktor), von Tieren befallene Menschen (dt. Lausepack, it. pidocchioso) sowie Ableitungen, Fremdsprachliches (z.B. im Deutschen Pap(p)agallo, italienisch ‚Papagei’), Volksetymologisches und Sprachspielerisches, wird hier nicht angeführt. Säugetiere Tabelle 1: Säugetiere Deutsch: 43

Französisch: 22

Italienisch: 41

Affe: Äffchen, Affe, Bart-

singe (Affe): babouin, ma-

scimmia (Affe): babbuino,

affe, Brillenaffe, Brüllaffe,

caque, sagouin, sapajou,

bertuccia, cercopiteco, go-

Gorilla, Pavian

primate, singe

rilla, macaco, mandrillo, orango, orangutan, scimmia, scimpanzé

Bär: Bär, Nasenbär

ours (Bär)

orso (Bär) bisonte (Bison)

Büffel Dachs

bufalo (Büffel) blaireau (Dachs) dromedario (Dromedar) alce (Elch)

Elefant Esel

elefante (Elefant) âne (Esel): âne, bourrique

asino (Esel): asino, ciuc(c)o, somaro

2

Zum Konzept der Basisebene vgl. z. B. Pörings 22003: 41f.

T IERBEZEICHNUNGEN

ALS ABWERTENDE

P ERSONENBEZEICHNUNGEN

| 163

Faultier pipistrello (Fledermaus): nottola, nottolone3 furetto (Frettchen) Fuchs: Fuchs, Rotfuchs Giraffe Hamster Hase: Hase, Karnickel,

coniglio (Hase): coniglia,

Rammler

coniglio

Hirsch

cervo (Hirsch)

Hund: Affenpinscher, Blut-

chien (Hund): chien,

cane (Hund): bassotto,

hund, Bulldogge, Dackel,

chienne, pitbull, roquet

bulldog, cagna, mastino, pointer5

Hund, Hündin, Moppel (‚Mops’), Möpp (westdt.), Mops, Pinscher, Pudel, Terrier, Windhund, Zauche (südwestdt. ‚Hündin’)4 Hyäne

hyène (Hyäne)

Igel: Sauigel, Schweinigel

3

iena (Hyäne) riccio (Igel)

Hier vermischen sich mehrere Konzepte: Während mit nottola heute die Fledermaus bzw. v.a. der Große Abendsegler (Nyctalus noctula) bezeichnet wird, war früher der Steinkauz damit gemeint. Nottolone wiederum ist ein Augmentativum zu nottola; in der Toskana wird damit aber auch der Ziegenmelker, ein Vogel, bezeichnet. Lotti führt die auf Menschen bezogenen metaphorischen Bedeutungen auf letzteren zurück; Treccani hingegen stellt sie zur Bedeutung ‚Fledermaus’ (vgl. Lotti, Treccani s.v. nottolone).

4

Als abwertende Personenbezeichnungen gebräuchlich sind: Affenpinscher, Anstandswauwau, armer Hund, begossener Pudel, Bärbeißer, Blaffer/Bläffer, Bluthund, blöder Hund, Bulldogge, Bullenbeißer, Dackel, Dickmops, falscher Hund, fauler Hund, feiger Hund, feiner Hund, Fettmops, fiese(r) Möpp, Himmelhund, Hund, Hundeseele, Hundesohn, Hundling, Hundsbube, Hundsfott, Hundsknochen, Hundskrüppel, kalter Hund, Kläffer, Köter, krummer Hund, läufige Hündin, Misthund, Moppel, Mops, Mopsgesicht, Pinscher, Pudel, Promenadenmischung, räudiger Hund, Sauhund, scharfer Hund, Schweinehund, Sohn einer Hündin, Spürhund, tollwütiger Hund, Treppenterrier, Underdog, Wachhund, Wadenbeißer, Windhund, Zauche.

5

Als abwertende Personenbezeichnungen gebräuchlich sind: bassotto, bulldog, botolo, cagna, cagnaccio, cagnetta, cagnolino, cagnolone, cane, cane bastonato, cane che abbaia, cane che dorme, cane da guardia, cane da pagliaio, cane da punta/da ferma, cane da tartufo(/da trifola), cane fedele, cane grosso, cane poliziotto, cane sciolto, figlio d’un cane, mastino, pointer.

164 | M ARLENE M USSNER Kamel

chameau (Kamel)

cammello (Kamel)

Kaninchen: Kaninchen, Karnickel Katze: Katze, Mieze

gatto (Katze): felino

Kojote

coyote (Koyote)

coyote (Koyote)

Kuh: Bulle, Kalb, Ochs(e),

vache (Kuh): vache, veau6

mucca (Kuh): bove/bue,

Rindvieh, Stier, Wieder-

giovenca, vacca, vitellone

käuer Lemming Löwe7 lince (Luchs) Maulesel Maultier: Muli

mule (Maultierweibchen)

mulo (Maultier)

Maulwurf

talpa (Maulwurf)

Maus

topo (Maus): arvicola, sorcio cavia (Meerschweinchen) marmotta (Murmeltier)

Nashorn: Rhinozeros Nilpferd

rinoceronte (Nashorn) hippopotame (Nilpferd)

ippopotamo (Nilpferd) pantera (Panther)

Pferd: Hengst, Ross, Scha-

cheval (Pferd)

bracke Ratte: Kanalratte, Ratte,

giumenta, stallone rat (Ratte): rat, raton

Ratz Schaf: Hammel, Lamm,

ratto marrone (Wanderratte): topo di fogna, zoccola

phoque (Robbe)

foca (Robbe)

mouton (Schaf): brebis

pecora: ariete, pecora,

Rammel (süddt.), Schaf

6

cavallo (Pferd): cavallo,

montone

Schakal

chacal (Schakal)

sciacallo (Schakal)

Schwein8: Ferkel, Hänge-

cochon (Schwein): cochon,

maiale (Schwein): maiale,

Als abwertende Personenbezeichnungen gebräuchlich sind: grosse vache, peau de vache, veau, (vieille) vache.

7

Als abwertende Personenbezeichnungen gebräuchlich sind: Baulöwe, Gummilöwe, Salonlöwe, Stammtischlöwe, zahnloser Löwe.

8

Als abwertende Personenbezeichnungen gebräuchlich sind: alte Sau, arme Sau, armes Schwein, Borstentier, Charaktersau, Dreckferkel, Drecksau, Dreckschwein, dumme Sau, dummes Schwein, Etappenschwein, faule Sau, Ferkel, Ferkelchen, fettes Schwein, Fettsau/Fettschwein, Frontschwein, Hängebauchschwein, Kameradensau, Kapitalisten-

T IERBEZEICHNUNGEN

bauchschwein, Sau,

ALS ABWERTENDE

P ERSONENBEZEICHNUNGEN

porc, pourceau, truie

Schwein, Warzenschwein

| 165

porco, porcellino/porcello, scrofa, suino, troia

Spitzmaus Stachelschwein

istrice (Stachelschwein): istrice, porcospino stambecco (Steinbock) fouine (Steinmarder)

faina (Steinmarder)

Stinktier Tiger

tiger (Tiger)

Trampeltier Vielfraß baleine (Walfisch)

balena (Walfisch)

Walross Wildschwein: Wildsau,

cinghiale (Wildschwein)

Wildschwein Wolf

lupo (Wolf): lupa, lupo, lupacchiotto zèbre (Zebra)

Ziege: Bock, Geiß, Zicke,

chèvre (Ziege): bique, bouc

Ziege

capra (Ziege): capra, caprone

Vögel Tabelle 2: Vögel Deutsch: 28

Französisch: 16

Italienisch: 26

Aasgeier Amsel

merlo (Amsel) buse (Bussard)

Drossel

tordo (Drossel)

Elster

gazza (Elster)

Ente

anatra (Ente): anatra, anatroccolo

schwein, Kommunistenschwein, Markenschwein, Mastschwein, Mistsau, perverses Schwein, Pistensau/-schwein, Pottsau, Rennsau, Rübensau/-schwein, Sau, Saubalg, Saubande, Saubär, Saubartel, Saubauer, Saubayer, Saubengel, Saubeutel, Saubub, Saukerl, Saukopf, Sauluder, Saulümmel, Saulump, Saumagen, Saumensch, Saupreuß(e), Sausack, Sauschwab(e), Sauvie(c)h, Schwein, Schweinchen, Schweinebacke, Schweinebande, Schweinekerl, Schweinepack, Schweinskopf, schwule Sau, Toppsau, Warzenschwein, ZSau, Zuchtsau.

166 | M ARLENE M USSNER Eule: Eule, Kauz,

chouette (Eule)

Schleiereule

gufo (Eule): allocco (Waldkauz), assiolo (Zwergohreule), barbagianni (Schleiereule), civetta (Steinkauz), gufo falco (Falke): falchetto, falco fagiano (Fasan): fagianotto

Fink Gans: Gans, Schnee-

fringuello (Buchfink) oie (Gans)

oca (Gans): oca, papera, papero

vautour (Geier)

avvoltoio (Geier)

gans Geier Gelbschnabel astore (Habicht) Hänfling Huhn: Gockel, Henne,

poule (Huhn): coq,

gallina (Huhn): cappone, gallaccio/

Huhn, Kü(c)ken

poule

gallastro/gallerone/gallione, gallina, gallo, pollo, pulcino cacatua (Kakadu)

serin (Kanarienvogel) Krähe

cornacchia (Krähe) grue (Kranich)

Kuckuck condor (Kondor) alouette (Lerche):

allodola (Lerche)

mauviette pappagallo (Papagei) Paradiesvogel Pfau

paon (Pfau)

Rabe

corbeau (Rabe)

pavone (Pfau) pinguino (Pinguin) corvo (Rabe)

Ralle: Sumpfhuhn, Sumpfralle butor (Rohrdommel) Schnepfe

bécasse (Schnepfe)

Schwalbe Schwan Spatz

passero (Spatz): passera

Specht sparviere/o (Sperber) autruche (Strauß)

struzzo (Strauß)

T IERBEZEICHNUNGEN

ALS ABWERTENDE

Taube: Lachtaube

pigeon (Taube)

Truthahn: Pute

dinde (Pute)

P ERSONENBEZEICHNUNGEN

| 167

tacchino (Truthahn): dindo

Uhu Wachtel

quaglia (Wachtel) perruche (Wellensittich)

Wendehals scricciolo (Zaunkönig)

Gliederfüßer Tabelle 3: Gliederfüßer Deutsch: 13

Französisch: 10

Italienisch: 22 formica (Ameise)

Assel: Assel, Kellerassel

cloporte (Assel)

Biene: Drohne

ape (Biene): ape regina, pecchione tafano (Bremse)

Filzlaus: Sackratte

morpion (Filzlaus)

piattola (Filzlaus)

Fliege: Eintagsfliege, Mist-

mosca (Fliege): mosca,

biene, Schmeißfliege

moscerino pulce (Floh) mantide (religiosa) (Gottesanbeterin)

Heimchen Heuschrecke

sauterelle (Heuschrecke)

cavalletta (Heuschrecke): cavalletta, locusta calabrone (Hornisse)

Kakerlake

cafard (Kakerlake)

scarafaggio (Kakerlake):

Krebs: Einsiedlerkrebs

crabe (Krebs): cancre9,

granchio (Krebs): canche-

crabe

ro10, gambero (Garnele)

scarafaggio, scarafone

Laus

pidocchio (Laus) asticot (Made)

9

Cancre ist heute nur mehr in übertragener Bedeutung (‚fauler Schüler/faule Schülerin’) gebräuchlich.

10 Lotti nennt canchero (‚lästige Person’) als alte, umgangssprachliche Variante zu cancro ‚Krebs(-tier)’; Treccani hingegen führt es als umgangssprachliche Variante von cancro ,bösartiger Tumor’ (vgl. Lotti, Treccani s.v. canchero).

168 | M ARLENE M USSNER mouche à merde (Mistfliege) Mistkäfer teigne (Motte) zanzara (Mücke) forfecchia (Ohrwurm) falena (Nachtfalter) farfalla (Schmetterling) vedova nera (Schwarze Witwe) scorpion (Skorpion) Spinne: Giftspinne Wanze

scorpione (Skorpion) ragno (Spinne)

punaise (Wanze)

Zecke

cimice (Wanze): puzzola zecca (Zecke) cicala (Zikade)

Reptilien Tabelle 4: Reptilien Deutsch: 8

Französisch: 4

Italienisch: 13

caméléon (Chamäleon)

camaleonte (Chamäleon)

Blindschleiche Brillenschlange Chamäleon

lucertola (Eidechse) caimano (Kaiman) Klapperschlange cobra (Kobra) coccodrillo (Krokodil) Natter: Giftnatter, Natter,

biscia (Natter, Wurm)

Natternbrut pitone (Python): pitonessa tartaruga (Schildkröte) Schlange: Giftschlange,

serpent (Schlange)

serpe/serpente (Schlange)

Schlange, Schlangenbrut ramarro (Smaragdeidechse): ragana Viper: Otternbrut, Viper

ver de terre (Regenwurm)

lombrico (Regenwurm)

vipère (Viper)

vipera (Viper): aspide, vipera

T IERBEZEICHNUNGEN

ALS ABWERTENDE

Wurm11

P ERSONENBEZEICHNUNGEN

| 169

verme (Wurm)

Fische Tabelle 5: Fische Deutsch: 4

Französisch: 7

Aal

Italienisch: 8 anguilla

(Aal):

anguilla,

ciriola Hai: Hai(-fisch)

squalo (Hai): pescecane, squalo

Kabeljau

hareng (Hering)

aringa (Hering)

morue (Kabeljau)

merluzzo (Kabeljau)

Karpf(en) limande (Kliesche) maquereau (Makrele) piragna (Piranha) raie (Rochen) scorfano (Skorpionfisch) thon (Thunfisch)

tonno (Thunfisch) acciuga (Sardelle)

merlan (Wittling)

Weich- und Nesseltiere Tabelle 6: Weich- und Nesseltiere Deutsch: 4

Französisch: 5

Italienisch: 5

huître (Auster) Blutegel12

sangsue (Blutegel)

sanguisuga (Blutegel): mignatta, sanguisuga

poulpe (Krake)

piovra (Krake)

limace (Nacktschnecke) moule (Miesmuschel)

cozza (Miesmuschel): peocio

11 Die Würmer stellen eine sehr heterogene Gruppe der wirbellosen Tiere dar; der Einfachheit halber werden sie hier bei den Reptilien angeführt, da Wurm oft auch als Synonym zu Schlange verwendet wird. 12 Blutegel gehören eigentlich zum Stamm der Ringelwürmer und nicht zum Stamm der Weichtiere; durch den gemeinsamen Überstamm der Lophotrochozoen sind sie miteinander verbunden und werden hier mitgezählt.

170 | M ARLENE M USSNER Polyp Qualle Schnecke

lumaca (Schnecke): lumaca, lumacone spugna (Schwamm) 13

Amphibien Tabelle 7: Amphibien Deutsch: 4

Französisch: 2

Frosch

grenouille (Frosch)

Kröte: Giftkröte,

crapaud (Kröte)

Italienisch: 1 rospo (Kröte)

Kröte/Krott Molch Unke

Sammelbezeichnungen/hohe Abstraktionsebene Tabelle 8: Sammelbezeichnungen/hohe Abstraktionsebene Deutsch: 13

Französisch: 13

Italienisch: 16

Aas

charogne (Aas)

carogna (Aas) anfibio (Amphibie)

Bestie

bestia (Bestie)

Brut pachyderme (Dickhäuter) Dinosaurier: Dino,

pachiderma (Dickhäuter) dinosauro (Dinosaurier)

Dinosaurier, Saurier Fisch: Blindfisch, Fisch

pesce (Fisch) gibier de potence (Galgenvogel) volaille (Geflügel)

Greenhorn/Grünhorn14 invertébré (Invertebrat/wirbelloses Tier) larve (Larve)

larva (Larve)

13 Schwämme bilden eigentlich einen eigenen Stamm innerhalb der vielzelligen Tiere, werden hier der Einfachheit halber aber zu den Weich- und Nesseltieren gezählt. 14 Mit Greenhorn wurde ursprünglich ein Tier mit grünem (= noch nicht ausgewachsenem) Geweih bezeichnet.

T IERBEZEICHNUNGEN

ALS ABWERTENDE

P ERSONENBEZEICHNUNGEN

| 171

mastodonte (Mastodont)15 Parasit

parasite (Parasit)

parassita (Parassit)

rapace (Raubvogel)

rapace (Raubvogel)

reptile (Reptil)

rettile (Reptil) palmipede (Schwimmvogel)

Tier;

animal (Tier);

animale (Tier);

Vieh

bête (Tier/Vieh);

belva (wildes Tier);

bétail (‘Vieh’ [Sammel-

fiera (großes, wildes,

bezeichnung])

gefährliches Tier)

pécore (Vieh) Ungeziefer

vermine (Ungeziefer)

Vogel: Grünschnabel,

oiseau (Vogel)

uccello (Vogel)

mollusque (Weichtier)

mollusco (Weichtier)

quadrupede (Vierfüßler) Vogel Wühler Zibbe16

Fabelwesen, fiktionale Tiere Tabelle 9: Fabelwesen/fiktionales Tiere Deutsch: 4

Französisch: 3

Italienisch: 5

brontosaure (Brontosaurus)17 Cerberus/Zerberus

cerbère (Zerberus)

cerbero (Zerberus)

Drache(n): Drache(n),

dragon (Drache)

drago (Drache): drago,

Drachenbrut

dragonessa grilloparlante (Figur aus Pinocchio)

Habergeiß gattomammone (eine Art Monsterkatze) Schweinchen Schlau licantropo, lupo mannaro (Werwolf)

15 Mastodonten ist ein nicht mehr gebräuchliches Taxon für eine Überfamilie der Rüsseltiere. 16 Zibbe ist ein nord-/mitteldt. Ausdruck für das Muttertier bei Ziegen, Kaninchen u. a. 17 Beim Brontosaurus handelt es sich um eine Dinosaurier-Gattung, also kein Fabelwesen, sondern ein ausgestorbenes Tier, das hier mitgezählt werden soll.

172 | M ARLENE M USSNER

Auswertung des Korpus Bei Pfeiffer sind 804 von ca. 6.000 Einträgen Personenbezeichnungen, die zugleich auch ein Zoonym sind bzw. enthalten; dies entspricht etwa 13%. Bei Lemonier sind 148 von mehr als 1.500 Einträgen Zoonyme; dies entspricht ca. 10%. Bei Lotti finden sich 206 Tierbezeichnungen; über die Zahl der Lemmata insgesamt gibt es jedoch keine Angaben. Von diesen 804 tierischen Personenbezeichnungen im Deutschen, 148 im Französischen und 206 im Italienischen wurden einige ausgesondert, weil sie veraltet, zu kleinräumig gebräuchlich oder nicht wirklich abwertend waren; die restlichen hier gelisteten Einträge verteilen sich folgendermaßen: Tabelle 10: Verteilung der Tierbezeichnungen in den drei Sprachen Deutsch

Französisch

Italienisch

Säugetiere

43

22

41

Vögel

28

16

26

Gliederfüßer

13

10

22

Reptilien

8

4

13

Fische

4

7

8

Weich-/Nesseltiere

4

5

5

Amphibien

4

2

1

104

66

116

13

13

16

gesamt Sammelbezeichnungen/hohe Abstraktionsebene Fabelwesen/fiktionale Tiere gesamt

4

3

5

121

82

137

Die vielen Aussonderungen belegen, dass heute weniger Tierbezeichnungen als abwertende Personenbezeichnungen verwendet werden als früher. 18 Dies hängt wohl zum einen damit zusammen, dass uns heute manche Tiere weniger vertraut sind, als sie es Menschen in früheren, stärker ländlich geprägten Gesellschaften waren. So sind verschiedene abwertende Bezeichnungen für Pferde auch als abwer-

18 Was den Bereich des derb-vulgären, abwertenden Sprechens und des Beschimpfens im Allgemeinen anbelangt, wurde für das Deutsche festgestellt, dass Tierschimpfwörter heute hinter Wörtern aus dem skatologischen und dem sexuellen Bereich an dritter Stelle stehen (Gauger 2012: 138f.; Achilles/Pighin 2008: 138f.; auch Canobbio [2010] nennt in erster Linie die Bereiche Sexualität, Körperfunktionen und Intelligenz als Basis für Beleidigungen im Italienischen).

T IERBEZEICHNUNGEN

ALS ABWERTENDE

P ERSONENBEZEICHNUNGEN

| 173

tende Personenbezeichnungen kaum mehr im Umlauf (z.B. dt. Karrengaul, Kracke, Mazette, Oberross, Schindmähre). Ob sich auch ein allgemeiner Sinneswandel in Bezug auf das Tier in der Sprache bemerkbar macht? Immer mehr Menschen wissen heute, dass Esel nicht stur sondern vorsichtig sind, Schweine nicht dreckig sondern reinlich, wenn sie die Möglichkeit dazu haben, usw. Zahlreiche TV-Dokumentationen, aber auch schon Kinderbücher tragen heute dazu bei, dass Tiere etwas mehr für sich selbst und nicht so sehr aus der menschlichen Perspektive gesehen werden. Was den zwischensprachlichen Vergleich anbelangt, so fällt ein recht großer zahlenmäßiger Unterschied zwischen dem Deutschen und Italienischen einerseits und dem Französischen andererseits auf. Dies kann z.T. lexikographische Gründe haben (das Themengebiet ist relativ schlecht bearbeitet, allerdings in allen drei Sprachen) und auch damit zusammenhängen, dass im Deutschen und Italienischen Dialekte und Regiolekte noch recht lebendig sind, während das Französische in Frankreich diatopisch weitgehend homogen ist. Auch wenn kleinräumige Bezeichnungen ausgesondert wurden, gibt es dennoch großräumig im Deutschen und Italienischen eine gewisse Variation.

ABWERTUNG VON T IER

UND M ENSCH IM ZWISCHENSPRACHLICHEN V ERGLEICH Die hier gesammelten Personenbezeichnungen, die sich aus Tierbezeichnungen ableiten, zeigen im zwischensprachlichen Vergleich Ähnlichkeiten und Unterschiede. Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe. So gibt es einerseits aufgrund des gemeinsamen Lebens- und Kulturraumes viele Gemeinsamkeiten. Man hatte und hat vielfach mit denselben Tieren zu tun, und Geschichten über diese Tiere, insbesondere die Fabeln Äsops, wurden in den gesamten europäischen Kulturraum getragen. Auch die christliche Tradition hat das Bild vom Tier stark mitgeprägt (etwa das der falschen Schlange). Eine bestimmte Beobachtung, Erfahrung oder vielleicht auch ein Urinstinkt (Angst vor gefährlichen Tieren) wurde so noch verstärkt. So ist etwa in allen drei Sprachen das Bild der bösen, hinterlistigen Schlange vorhanden, und bestimmte Tiere – z.B. Esel und Gans – gelten als dumm. Bei genauerer Betrachtung treten dann jedoch auch viele Unterschiede auf, und es zeigt sich, dass die Eigenschaften, die den Tieren zugeschrieben werden, vielfach auch stark kulturell geprägt und variabel sind und manchmal wenig mit dem Tier selbst und seinen Eigenschaften zu tun haben. Wenn wir als Beispiel hierzu dt. Kuh/frz. vache/it. vacca betrachten, so fällt auf, dass die Tierbezeichnung zwar in allen drei Sprachen als abwertende Personenbezeichnung verwendet wird, sich jedoch die Bedeutung und der Gebrauch in den drei

174 | M ARLENE M USSNER

Sprachen jeweils unterscheiden. Im Deutschen ist eine Kuh bezogen auf einen Menschen eine weibliche Person, über die sich jemand ärgert, d.h. es ist keine bestimmte Eigenschaft damit verknüpft (sondern eher eine als gemein erachtete Tat). Im Französischen wird mit (grosse) vache eine dicke (und eventuell auch dumme) Frau beschimpft; eine peau de vache (‚Kuhhaut‘) ist hingegen eine gemeine Person (in etwa dem deutschen Mistkerl/-stück entsprechend). Im Italienischen ist vacca besonders abwertend; es zielt auf den Bereich der Sexualität ab: Damit wird eine sexuell freizügige Frau bzw. eine Prostituierte beschimpft; ähnlich wie im Französischen kann hier aber auch eine als unförmige erachtete Frau oder eine Frau, die sich äußerlich vernachlässigt, als vacca bezeichnet werden. Von diesen drei Beschimpfungen beruht am ehesten die auf das unförmige, dicke Äußere bezogene auf einer gewissen Beobachtung: die Kuh, die dem Menschen als plumpes Tier erscheint. Die im Französischen angelastete Gemeinheit hängt mit dem Ausschlagen des Tieres zusammen.19 Hier hat sich eine auf Erfahrung mit dem Tier beruhende Wendung weiterentwickelt und eine allgemeinere Bedeutung erhalten, die nur mehr wenig mit dem Tier selbst zusammenhängt. Bei it. vacca und anderen Tierbezeichnungen, die an Sexualität geknüpft sind, macht sich besonders stark bemerkbar, dass die Tiere nicht für sich selbst, sondern aus der menschlichen Perspektive gesehen werden: Sie spiegeln die starke Tabuisierung des Sexuellen beim Menschen, seine Moralvorstellungen wider, die völlig losgelöst sind vom Sexual-/bzw. Fortpflanzungsverhalten der Tiere selbst. Einige Tierbezeichnungen wurden im Laufe der Zeit so stark mit negativer sexueller Bedeutung besetzt, dass für die Tiere selbst eine Ersatzbezeichnung verwendet werden musste. So bezeichnete das italienische troia ursprünglich die Sau; heute wird es fast ausschließlich als derber Ausdruck für Prostituierte bzw. als Schimpfwort für Frauen verwendet (etwa dt. Nutte); für das Tier wird heute scrofa verwendet. Ähnlich liegt der Fall bei zoccola, ursprünglich ‚Kanalratte’, heute ebenfalls ‚Nutte’. Bei anderen Tierbezeichnungen hat die personenbezogene Bedeutung sprachliche/sprachspielerische Gründe; etwa bei Brillenschlange oder Einsiedlerkrebs, wo Remotivierung vorliegt. Manchmal spielen Erfahrungen mit dem Tier und Sprachliches eine Rolle: Im Französischen gilt der Bussard (buse) als Einfaltspinsel und Tölpel, was einerseits daran liegt, dass er sich nicht zur Falkenjagd abrichten ließ und andererseits auch mit der lautlichen Nähe zu butor (‚Rohrdommel; Tölpel’) zu tun hat (Rey/Chantreau s.v. buse). Anderes war von Anfang an metaphorisch geprägt und hat sich dann weiterent-

19 Ein coup de pied en vache ist ursprünglich das seitliche Ausschlagen einer Kuh im Gegensatz zum Ausschlagen nach hinten der Pferde und hat die übertragene Bedeutung ‚hinterhältiger Schlag, hinterhältige Tat’ (Rey/Chantreau s.v. vache); frz. vache wird auch als Adjektiv mit der Bedeutung ‚gemein’ verwendet.

T IERBEZEICHNUNGEN

ALS ABWERTENDE

P ERSONENBEZEICHNUNGEN

| 175

wickelt, etwa frz. chameau (‚Kamel’), zunächst für eine Prostituierte (i.S.v. ‚Tier, das man besteigt’), später für eine bösartige, zänkische Frau und schließlich auch für einen ebensolchen Mann. Manches ist auch durch die Bedingungen des Menschseins geprägt und möglicherweise universell; etwa dass bestimmte Tiere gefährlich sind und Angst machen oder auch die Größe der Tiere im Verhältnis zur Größe des Menschen; ähnlich auch das schwarze Fell- oder Federkleid, das auf das menschliche Gehirn eine bestimmte Wirkung hat. Weit verbreitet in Europa und möglicherweise ebenfalls universell ist die versprachlichte Beobachtung, dass bei den anderen Tieren bestimmte intellektuelle Fähigkeiten weniger ausgeprägt sind, die Menschen normalerweise haben. So gibt es in den drei Sprachen jeweils ganze Listen von Tieren, die als dumm gelten (manche davon einfach aufgrund ihrer kleinen Körpergröße, woraus eine geringe intellektuelle Kapazität geschlussfolgert wird). Dobrovol’skij/Piirainen (1997) zeigen auf, dass tierische und andere Symbole nicht nur in verschiedenen Sprach- und Kulturkreisen völlig unterschiedliche Bedeutungen haben können (so gilt die Schlange in Europa als gefährlich, falsch und boshaft, in Japan hingegen als heiliges, göttliches Wesen und Glückssymbol), sondern dass sie auch innerhalb eines Kulturkreises eine unterschiedliche Bedeutung in der Sprache und in anderen kulturellen Bereichen haben können. Ein Paradebeispiel hierfür ist der Hund, der in der Sprache für Abwertung bzw. das unterste Glied einer Wertehierarchie steht, während er in den bildenden Künsten ein Symbol der Treue darstellt. Insgesamt sagen diese „tierischen“ Personenbezeichnungen sehr viel darüber aus, wie wir Menschen die Welt und uns selbst sehen; vielfach mehr als über die betreffenden Tiere; sie zeigen aber auch, dass wir Menschen kognitiv mit den Tieren eng verbunden sind, weil wir uns ständig mit ihnen vergleichen. 20 Die abwertenden Tierbezeichnungen widerspiegeln dabei unsere (häufig stark wertende) Art des Denkens und Sprechens (wobei das hier Gesagte auf den westlichen Kulturkreis eingeschränkt bleiben muss).

20 Der Vergleich findet natürlich auch in positivem Sinne statt (dt. Adlerauge, frz. adroit comme un singe usw.). Bei den vergleichenden Phraseologismen stellen Tierbezeichnungen eine der größten oder die größte Konstituentenklasse; im Englischen und Spanischen ist Letzteres der Fall (Piñel 1997 und Arora 1977 in Balzer 2001: 169).

176 | M ARLENE M USSNER

ABSCHLIESSENDE B EMERKUNGEN : G ETEILTE B EDÜRFNISSE , UNTERSCHIEDLICHE S TRATEGIEN Dieser traditionellen, anthropozentrischen Interpretation der Tierwelt stellt sich heute eine etwas objektivere Sicht entgegen, in der das Tier mehr um seinetwillen und in seinem Lebenszusammenhang betrachtet wird. Aus diesem Blickwinkel wird klar, dass Tiere über jeweils spezielle Fähigkeiten und Eigenschaften verfügen, die auf ihr jeweiliges Lebensumfeld abgestimmt sind, nicht nach menschlichen Maßstäben bewertet werden können und in denen sie den Menschen häufig auch weit überlegen sind. Ähnlich wie im Umgang mit Menschen, die sich in einer bestimmten Hinsicht von der eigenen Norm unterscheiden, wie etwa Menschen anderer Hautfarbe oder Religion, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit bestimmten sexuellen Vorlieben, Menschen anderen Geschlechts usw., welche jahrhundertelang z.T. auf Unwissen und Angst beruhenden Vorurteilen ausgesetzt waren und häufig auch noch sind und denen wir heute, auch aufgrund einer besseren Wissensgrundlage, sprachlich angemessen zu begegnen versuchen, scheint auch in Bezug auf Tiere eine neue Sprache angebracht. Die Tierverhaltensforschung hat in den letzten Jahren viel mehr an Gemeinsamkeiten zwischen Menschen und anderen Tieren hervorgebracht, als man noch vor kurzem geglaubt hätte, sodass das „Andere“ im Tier nicht mehr so anders erscheint. Diese gemeinsamen Fähigkeiten und Eigenschaften, aber auch die geteilte Geschichte der sprachlichen Herabwürdigung und der Vorurteile verdeutlichen, dass es hier um ein sehr allgemeines Prinzip geht, und zwar um die Frage: Wie begegne ich mir selbst und dem anderen? Dabei ist das andere all das, was nicht ich bin. Und diese Frage kann nur beantwortet werden, wenn ich mich mit meinen eigenen Gefühlen (Ängsten und Aggressionen) und Bedürfnissen auseinandersetze, die hinter den Etikettierungen und Vorurteilen stecken. Der amerikanische Psychotherapeut Marshall B. Rosenberg hat hierfür das Modell der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) entwickelt, das hier nicht im Detail dargelegt werden kann, in dem es jedoch darum geht, sich der eigenen Gefühle und Bedürfnisse bewusst zu werden und sie zu benennen. Dies bedeutet eine Abkehr von Du-Botschaften und (statischen) Etiketten, wie sie sich auch in den abwertenden Personenbezeichnungen ausdrücken und eine Zuwendung zu einer dynamischeren Sprache (eine Sprache, in der momentane Bedürfnisse und Gefühle formuliert werden). Es bedeutet eine Abkehr von moralischen Urteilen („sie ist eine falsche Schlange“) und eine Hinwendung zu Werturteilen („mir ist Ehrlichkeit wichtig“). Die Hinwendung zu den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen ist auch etwas, was uns mit allem anderen Lebendigen auf diesem Planeten verbindet: Wir alle haben sie, und wir alle streben danach, unsere Bedürfnisse zu befriedigen und so an-

T IERBEZEICHNUNGEN

ALS ABWERTENDE

P ERSONENBEZEICHNUNGEN

| 177

genehme Gefühle zu erfahren. In dieser Hinsicht sind wir alle miteinander verbunden; dieses Lebensprinzip können wir auch in jedem Anderen respektieren. Die bei Rosenberg formulierten Grundbedürfnisse des Menschen sind: 1. körperliches Wohlbefinden, 2. Sicherheit, 3. Liebe, 4. Empathie, Einfühlung, 5. Kreativität, 6. Geborgenheit, 7. Spiel, Erholung, Ruhe, 8. Autonomie, Willensfreiheit, 9. Sinn, Aufgabe.21 Die meisten dieser Grundbedürfnisse teilen wir mit vielen anderen Tieren, wenn auch nicht alle mit allen. Strikt davon zu trennen sind die Strategien zur Befriedigung der Bedürfnisse, die von Mensch zu Mensch und von Tier zu Tier variieren. Klassische Du-Botschaften („Du bist eine blöde Kuh, du tust immer x“) und Etikettierungen („dieser Hornochse“) sind dabei nicht sehr zielführende Strategien, da sie erstens das dahinterstehende Bedürfnis verbergen und zweitens statische Zuschreibungen sind, die nicht „wahr“ sind, da sie nur in Bezug auf das augenblickliche Bedürfnis Gültigkeit haben, und mit denen wir drittens die Verantwortung für unsere Bedürfnisse und die damit zusammenhängenden Gefühle aus der Hand geben. Die vier Schritte der GFK hingegen (Beobachtung – Gefühl – Bedürfnis – Bitte) ermöglichen eine klare, verbindende Kommunikation, in der im Moment lebendige Bedürfnisse Raum bekommen. Die Beschäftigung mit den eigenen Bedürfnissen ist eine spannende Sache, die selbst schon die damit verbundenen Gefühle verändert, weil man ihnen Gehör schenkt. Zugrunde liegt der GFK u.a. die Erkenntnis Rosenbergs, dass Menschen kaum etwas so beglückt, wie das Leben anderer zu bereichern. Und auch hier ist das „andere“ nicht an eine Spezies gebunden.

L ITERATUR Achilles, Ilse/Pighin, Gerda (2008): Vernäht und zugeflixt! Von Versprechern, Flüchen, Dialekten & Co, Mannheim: Duden. Balzer, Berit (2001): „Phraseologische Vergleiche, polyglott“, in: Revista de Filología Alemana 9, S. 165-181. Braun, Peter (1997): Personenbezeichnungen. Der Mensch in der deutschen Sprache, Tübingen: Niemeyer.

21 Das Standardwerk zur Gewaltfreien Kommunikation ist Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens (112013) von Marshall B. Rosenberg. Die Liste der Grundbedürfnisse ist einer Audio-CD zu einem Workshop mit Rosenberg in München 2005 entnommen; der entsprechende Abschnitt wurde von Gerhard Lorenz übersetzt (http://glorenz.de/?page=grundbeduerfnisse_mbr&menu=0&submenu=0&menu_open=& sid=blqr97g60aq0fl8k8li0q2rgj1&printmode=yes).

178 | M ARLENE M USSNER

Dobrovol’skij, Dmitrij/Piirainen, Elisabeth (1997): Symbole in Sprache und Kultur. Studien zur Phraseologie aus kultursemiotischer Perspektive, Bochum: Brockmeyer. Duden online, http://www.duden.de/ [15.01.2015]. Gauger, Hans-Martin, (2012): Das Feuchte und das Schmutzige. Kleine Linguistik der vulgären Sprache, München: Beck. Lemonier, Marc (2012): Le petit dico des insultes, gros mots et autres injures, Paris: Balland. Lotti, Gianfranco (1990): Dizionario degli insulti, Mailand: Mondadori. Mussner, Marlene (2012): Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Phraseme mit Tierbezeichnungen im Komponentenbestand im Vergleich zwischen den Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch, Wien: Lang. Pfeiffer, Herbert (1996): Das große Schimpfwörterbuch. Über 1.000 Schimpf-, Spott- und Neckwörter zur Bezeichnung von Personen, Frankfurt a. M.: Eichborn. Pörings, Ralf/Schmitz, Ulrich (²2003): Sprache und Sprachwissenschaft. Eine kog nitiv orientierte Einführung, Tübingen: Narr. Rey, Alain/Chantreau, Sophie (2007): Dictionnaire des expressions et locutions, Paris: Dictionnaires Le Robert. Rosenberg, Marshall B. (112013): Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens, Paderborn: Junfermann.

Language Creates Relations Between Humans and Animals Animal Stereotypes, Linguistic Anthropocentrism and Anthropomorphism A LWIN F ILL

I NTRODUCTION We eat grass-fed meat, happy meat and green beef. Our children eat Mickey Mouse meatloaf, Dagobert and Flipper pie as meat and fish dishes. These names are meant to arouse pleasant associations concerning the eating of animals, associations which are caused by the positive meanings of these words, but also by the names of Walt Disney animals and TV film series with their agreeable connotations. However, the role language plays in establishing relations between humans and animals is not restricted to hiding our killing of animals to get food. We can distinguish the following functions that human language has concerning animals: 1. We use language to characterize humans by using ‘animal stereotypes’. 2. We name and describe animals from the point of view of our use of them (linguistic anthropocentrism). 3. We hide or camouflage our use of them, particularly our killing them, with the help of euphemisms: language can even make animals disappear. 4. Language can set humans apart from animals (‘distancing’), by providing different words for human and animal body parts and life processes. 5. However, language is not just a negative factor in the relation between animals and humans. It is also capable of uniting animals with humans and showing that they are both part of nature.

180 | ALWIN F ILL

ANIMAL S TEREOTYPES We attribute certain (human!) qualities (positive and negative) to animals and then we use these animals (or rather the words for them) to characterize humans. Thus, we credit the lion with being proud and brave, and then we say of a man “he was as brave as a lion”. Animal stereotypes are interesting from a logical point of view, because we credit animals with human qualities and then compare humans to these animals. There are hundreds of examples of such stereotypes, e.g.: Table 1: stereotypes dog – loyal

cat – lazy

ass – stupid

fox – cunning

mole – blind

bat – blind

pig – filthy

goose – silly

owl – wise

magpie – thieving

dove – peaceful

ant – diligent

snake – evil and untrustworthy “As X as a certain animal” is among the most frequently used phrases, for example, “as cunning as a fox”, “as peaceful as a dove”, “as blind as a mole / bat”, “as busy as a bee” and so on. There are many books and internet pages where animals are described with their stereotypes (see, for example, the discussion in Meyer 2006 and Stibbe 2012: 23f., where the author says that conventional metaphors are “overwhelmingly negative to animals”).1 Some stereotypes have even found their way into literature and opera. An example of an animal stereotype in a work of literature is “as mad as a March hare”, which occurs in Lewis Carroll’s Alice in Wonderland, where we read “there is a hatter and a march hare; both are mad”. In The Thieving Magpie (la gazza ladra), an opera by Gioachino Rossini (1817), which is based on the play “la pie voleuse” by Louis-Charles Caigniez (1815), a servant maid is falsely accused of having stolen a silver spoon. Her innocence is brought to light when the silver spoon is found in the nest of a magpie – just in time before she would have been executed. In both these examples, negative stereotypes of animals are used.

1

A list of “Common Western Animal Stereotypes” can be found at http://en.wiki pedia.org/wiki/Stereotypes_of_animals. [December 2nd, 2014]

L ANGUAGE CREATES R ELATIONS B ETWEEN H UMANS AND A NIMALS

| 181

Animal Stereotypes in Different Cultures Animal stereotypes originated in antiquity and were carried over into the Middle Ages and finally into our time. Some of our European ones go back to animal fables such as those by Aesop (ca. 600 B.C.) and Jean de La Fontaine (1621-1695). To what extent these writers used folktales and popular myths is difficult to say. Aesop is said to have drawn on ancient Egyptian animals tales. The stereotypes are at any rate different in different cultures. Thus the snake, which for us is false and untrustworthy, in Chinese culture is held in high regard and in some parts of China even stands for intelligence and happiness. If a snake enters your house, it is believed, you will have a peaceful and happy life. Since in China every year is dedicated to, and dominated by, a certain animal, animal stereotypes play a particularly important role there. The 12 Chinese signs of the zodiac (in Chinese sheng xiao) are all animals. 2013 was the year of the snake, which was followed by the year of the horse (main characteristics: energy and intelligence), and 2015 is the year of the sheep (or goat), whose chief characteristics are gentleness and calmness. Humans born in these years are thought to have qualities of these animals – in the same way as our ‘signs of the zodiac’ (in German “Tierkreiszeichen”) are thought to have an influence on people born in the relevant period. Both in Western and Chinese culture, certain animal stereotypes thus play a role in the way people think of their future and that of their children. Finally, in this section, an interesting animal phrase will be explained, viz. “as dead as a dodo”. The dodo was a bird species living on Mauritius, similar to a turkey. When Dutch seafarers came to the island in 1598, they made a sport of killing the dodos. “Since the island was not inhabited by humans, the birds were not afraid of us and sat still, so that we could kill them without any effort,” we may read in a contemporary report (cf. Remele 2013, III). Kurt Remele draws an interesting parallel between the dodos and the native Americans, who, according to Columbus, were incredibly friendly and generous – an attitude which unfortunately was regarded and answered with contempt by the Europeans, and with murder. In the 17th century, the dodo was exterminated – thus the phrase “as dead as a dodo” is true in every sense. The extermination of the dodo was the consequence of an anthropocentric ideology which only recognizes humans as thinking beings, an ideology supported by famous philosophers such as Aristotle, Thomas Aquinus, René Descartes and Immanuel Kant. How this ideology shows itself in language is discussed in the next section.

182 | ALWIN F ILL

L INGUISTIC ANTHROPOCENTRISM Part of the evolution of language was the development of a certain ‘anthropocentrism’, which makes language describe the world from the point-of-view of its usefulness for humans. However, it also serves to hide the damage we do to nature, for instance the cruelty with which we ‘use’ animals. Anthropocentrism is defined by Stibbe (2012: 131) as “a form of human-centredness that subordinates everything in nature to human concerns.” Anthropocentrism: Animals The American monk Thomas Merton wrote: “There are people for whom a tree is only real when it is going to be felled, and an animal is only valuable when it is brought to a slaughterhouse.” (quoted by Remele 2013: III) “To be a pig is to be pork” is said to be the ideology of the meat industry (cf. Stibbe 2012: 49). This extremely anthropocentric attitude could be the result of economic necessities, and language plays a certain role in this evaluation. When we speak of ‘useful’ and ‘harmful’ animals, we mean useful or harmful to human interests. When we speak of ‘herbs’ and ‘weeds’, we also use a perspective which puts usefulness for humans at its centre. In German, the use humans make of animals is frequently shown already in the word for the animal, as when we speak of Tragtiere, Lasttiere, Reittiere, Schlachttiere, Jagdhunde, Zierfische, etc. The ease with which the German language forms compounds makes this form of indicating what an animal is used for possible. In English, we have similar, but not quite so many stereotyped expressions of this kind: thus we have porker, packhorse and breeding bull (for more examples see Heuberger 2007: 111), but not the many compounds that German has. This also shows that anthropocentrism becomes evident in different ways in different languages. As Heuberger has shown, even in dictionaries animals are described first and foremost according to the use humans make of them. As he writes (2003: 95), dictionaries probably do not shape public opinion, but investigating them provides “the opportunity to expose deeply entrenched views and biases.” Heuberger (2003 and 2007) has collected a great number of dictionary definitions of animals which focus on human use. Here are two typical examples from this collection (Heuberger 2003: 96 f.): Trout is defined in the OALD as “a fish that lives in rivers, lakes etc. and is good to eat.” Pig is “a farm animal kept for its meat” (Cambridge International Dictionary of English). “The definitions in question give the impression that edibility is the major characteristic” of certain animals (Heuberger 2003: 96). Other animals are defined by

L ANGUAGE CREATES R ELATIONS B ETWEEN H UMANS AND A NIMALS

| 183

the harm they do to humans, for example the locust, which according to the OALD is “a type of African and Asian insect that flies in huge groups, destroying all the plants and crops of a district” (OALD) (ibid.: 99). Perhaps the most interesting anthropocentrisms in dictionaries are those in which human aesthetic judgment is imposed on animals, as when a vulture is defined as “a large ugly bird with an almost featherless head and neck, which feeds on dead animals” (Longman Interactive English Dictionary). There are also positive examples of this kind, but they are equally anthropocentric – such as when a lark is described as “a brown bird … that sings sweetly as it flies overhead” (Chambers Essential English Dictionary, CEED), or a gazelle as “a type of small deer which jumps very gracefully and has large beautiful eyes” (Longman Dictionary of Contemporary English, LDCE). (Examples from Heuberger 2003: 98 f.) Discourse: Anthropocentric Texts Anthropocentrism is not only common on the level of words. It is also frequent in many forms of discourse, for example in newspaper reports in which the death of animals is described only from the point of view of the damage that arises for humans. For instance, when hundreds of fish die from polluted water, we read in a newspaper “the damage is considerable”, while the suffering of the animals is not mentioned at all. Similarly, pigs are only ‘resources’, and when something happens to them, “the word ‘damage’ is used rather than ‘injury’” (Stibbe 2012: 46). However, it can be observed that in recent years this kind of anthropocentrism has become less usual, since writers increasingly adopt the point-of-view of the animals. Concerning this critique of language, it could be objected that language was ‘invented’ by humans, so naturally it shows the world from the human point of view. This is true, but still it is possible to describe an animal without focusing on the use we make of it. Heuberger (2007: 120) shows alternatives to anthropocentric naming: in some modern dictionaries, the emphasis in the description is already on the appearance and the life of the animal rather than on the use humans make of it. In section (5), it will be shown that language is indeed capable of avoiding anthropocentrism. Anthropocentrism: Land Anthropocentrism also shows itself in the way we talk and write about land. As with animals, the emphasis is often on the use we make of it. Here is an example already quoted in Fill (1993: 115), which, however, is still relevant:

184 | ALWIN F ILL “Indeed, much of the land so vigorously defended in the ‘green belts‘ of the south- east is not made up of beautiful green fields, but of scruffy, semi-derelict land serving no useful purpose.” (The London Times, 18th May, 1985)

‘Green fields’ makes the land look ‘beautiful’ and useful – at least as far as living there or holidaying there are concerned. ‘Scruffy’, ‘semi-derelict’ and ‘serving no useful purpose’, however, suggest uselessness (for humans). That the land is probably inhabited by many animals and plants (or, expressed anthropocentrically, ‘the habitat’ of animals and plants) is overlooked, since no ‘useful purpose’ for humans is involved. Concerning mountains, one frequently reads that they are to be developed (in German erschlossen). This sounds as if the mountain itself were about to gain some advantage – in reality it is an anthropocentric expression for building roads and lifts up the mountain and thus making the mountain economically interesting for humans. Descriptions such as building land, park, skiing area, farming country, hardwood and softwood also show the naming of land and wood according to the use we make of it (cf. Heuberger 2007: 112). Similarly, the descriptions we find in the posters on so-called ‘nature trails’ frequently focus on the usefulness of natural phenomena for humans. For instance, in a nature trail near Graz, we find information about   

why a certain tree is ‘useful’, and how old the tree must be so that its wood can be used why a certain bird is useful (i.e. how many insects it eats per day) why ants are useful (how many ‘pests’ they destroy each day).

It could be argued that the word environment itself is anthropocentric, because it puts humans at the centre and refers to nature as what is around them. Stibbe (cf. 2012: 131) writes that this term implies “a separation between humans on one hand, and everything that surrounds them on the other”. Peter Mühlhäusler (personal communication) found the following text on the wrapping of a chemical for ‘plant protection’ (or ‘herbiprotection’): “kills all insects – safe for the environment”. Obviously, for the firm which produces the chemical, insects are not part of the environment, which for them is only that part of nature which concerns human interests. The separation between humans and nature would disappear if environment were replaced by convironment, as suggested in Fill (2014: 274). This would correspond to using Mitwelt in German instead of Umwelt, a suggestion made by several authors such as Peter Kampits, Thure v. Uexküll and last but not least by Klaus Michael Meyer-Abich in his book with the telling title Aufstand für die Natur. Von der Umwelt zur Mitwelt (1990).

L ANGUAGE CREATES R ELATIONS B ETWEEN H UMANS AND A NIMALS

| 185

E UPHEMISMS : M AKING ANIMALS D ISAPPEAR In his book Animals Erased, Arran Stibbe (2012: 1) writes: “Animals are disappearing, vanishing, dying out, not just in the physical sense of becoming extinct, but in the sense of being erased from our consciousness.” In this erasing of animals from our consciousness the use of language is a decisive factor. One form of erasing animals is the use of euphemisms for the ways we employ non-human nature for our ‘good’. These euphemisms serve to make our use of animals as food, clothing and objects of experimentation look like simple mechanical or industrial activities. Words such as death, killing, extermination and poison are avoided; instead, we read of: meat production, plant protection and toxicological experiments. Particularly our use of animal skin as fur for clothing has to be hidden linguistically, so that people buying fur are not made aware of the killings. Thus, in advertisements, one can find the following words: sobaki for a fur made from the skin of dogs (sobaki is the Russian word for dog), lipiskin for one made of Bengal Cats, and wombat for one made of the skin of koalas.2 With these designations, furdealers make the animals disappear, so that their so-called ‘products’ can be advertised without making people aware of their origin. ‘Barsarisk’, ‘Parwitzky’ and ‘Arctic Marble’ are names for seal-furs which also fulfill this purpose. The seal seems to be the animal which has fired the linguistic imagination of fur-sellers particularly strongly. Upon searching the internet, I found 24 names for furs made from seals. Greenlander is the best-known of these, but there are also names such as beater, ranger, square flipper and several others derived from place names in Greenland. A surprising and almost incredible view about furs is expressed on an internet page of the “Fur Commission USA”: “In the late 20th century competition emerged from synthetic fibers made from fossil fuels, marketed under such exotic names as “synchilla” and “eco-fleece”. But with society’s growing understanding of our environment’s fragility, more people are again embracing natural fibers that are renewable and biodegradable. Thus the future of fur looks secure as a key component in dressing modern man and providing us with comfortable protection against the elements.” 3

That animals have to suffer because of “society’s growing understanding of our environment’s fragility” is a very strange result of environmental awareness. It is to be

2 3

Examples collected by Elisabeth Welzig, Graz. http://www.furcommission.com/farming/mink-biology/furtypes/, viewed on December 2nd, 2014

186 | ALWIN F ILL

hoped that this argumentation will not be used in other walks of life where animals are killed for economic purposes and for the use of humans! As we have already seen in the examples above, a text-type in which euphemisms occur frequently is advertising. The following is an advertisement for “The Snare Shop”, in which words which show that snaring is a way of killing animals are avoided, so that we read (euphemisms italicized): “Snaring is the fastest and most economical way to fill your stretchers. Snares keep producing in wet, cold and snow conditions.” (from The Trapper and Predator Caller, December 1996, see also Fill 1999: 218 f.). This advertisement represents the snare like a factory which ‘produces’ animal bodies in an ‘economical’ way. It would hardly be possible to find more unfeeling words for catching and killing animals than fill your stretchers and producing. To make a ‘product’ look greener than it is has been called ‘greenwashing’ (see Howlett/Raglon 2001 about the ‘greening’ of advertising). An extreme instance of this is again the strategy of making animals disappear. The following is an example from Austria, in which the use of animals for food is made to look green by making the animals invisible (from Kronenzeitung, 26th October, 1997, my translation): Table 2: Product:

Pork from Austria

Picture:

Beautiful landscape, two cyclists, no animals

Headline:

Austria’s best recipe

Body copy:

take valuable white of egg protein, add an ample amount of vitamins, reduce to very little fat and enjoy the juicy grillcutlet without repentance.

The animals from whose bodies the flesh (now called cutlet, meat or pork) is taken are not mentioned at all, nor are they shown in the picture. ‘Without repentance’, incidentally, refers to the fact that there is little fat in the cutlet, so that there is no danger for the consumer of putting on weight. Similarly, in an advertisement for Styrian beef, the beef was advertised with the words: “You can eat this without having a bad conscience.” Again, ‘bad conscience’ did not refer to the animals, but to the appearance of the person who eats the meat. In a more recent advertisement for Austrian meat (in which, incidentally, the “Transatlantic Trade and Investment Partnership”, TTIP, is attacked), we see a pic-

L ANGUAGE CREATES R ELATIONS B ETWEEN H UMANS AND A NIMALS

| 187

ture of a piece of meat in the form of a heart above the following headline: “We love Austrian meat quality!” Again, no animal is shown in the advertisement, only a small heart-shaped piece of it, which is to express the love of eating its flesh as ‘meat of high quality’ (source: Kleine Zeitung, 17th May, 2014). To finish this section, a word about the examples given may be in order. As the reader may have noticed, most of my examples are not recent, but date back to the 1980s and 1990s. This is in part due to the author’s main period of collecting examples, but also to a certain development in human attitudes towards animals: a number of factors (political and others) have contributed to increasing people’s awareness of animals as living beings and part of nature (together with humans), not just as producers of food, clothing and other ‘products’. It would be worthwhile comparing the different forms of anthropocentrism (and euphemism) concerning animals over the last three decades.

D ISTANCING : S ETTING H UMANS APART F ROM ANIMALS In everyday language, animals are frequently treated differently from humans in so far as different words are used for analogous processes. The best-known examples of this are from German, where we use, for instance, essen for humans, but fressen for animals. Another example of a ‘human word’ differing from its animal counterpart is schwanger, which becomes gravid when used with animals. Humans have Kinder, while the offspring of animals are called Junge, with specific names being used for particular animal species, such as Kalb, Fohlen, Welpe, and Küken. The word sterben (die) is usually avoided in connection with animals, with which verenden or eingehen are used. In English, “killing, too, is lexicalized differently for humans and animals: animals are slaughtered, humans are murdered” (Stibbe 2012: 23). Examples such as these could be multiplied in both German and English, particularly when we include the language of hunting and fishing, where animal bodyparts are named not like human ones but as things. Here are a few English examples:     

mask stands for the head of a fox slot for a deer’s foot brush for the tail of a fox trophies are cut-off body parts of animals the bag (in German die Strecke) is the word for the animals killed.

188 | ALWIN F ILL

The language of hunting is almost a science in its own right, since the different body-parts of the animals have different names for each species. This technical language developed in the Middle Ages, when hunting became a prestigious activity of the nobility, which was more and more frequently supported by professional hunters (cf. Willkomm 1990: 11 f.).4

ANTHROPOMORPHIC L ANGUAGE All the above-mentioned phenomena seem ‘natural’ when we consider that language was developed by humans as a tool which – among other functions – is designed to interpret the world from the point-of-view of its usefulness for humans. However – and this is the astonishing thing about language – it is also possible to treat animals, plants and non-living nature in the same way as humans and thus show that they are part of the same world. Language of this kind is not anthropocentric, but may be called anthropomorphic or even physiocentric. In anthropomorphic language, body parts, relatives, attitudes and activities are described using the same words for humans and animals, such as when animals are credited with having brothers, sisters and uncles, as well as hands and fingers – and, on the mental side, thoughts and hopes. While this use of language is rare in everyday situations, many examples of anthropomorphism can be found in poetry. One famous writer who used anthropomorphism was the English novelist and poet D. H. Lawrence, whose way of treating animals in his poetry will be the topic of this last section. In Lawrence’s nature poems (some of them collected as Birds, Beasts and Flowers in Lawrence 1964), we frequently find examples of anthropomorphism. Here is one of them: She woos the moth with her sweet low word: And when above her his moth-wings hover Then her bright breast she will uncover And yield her honey-drop to her lover. (from “Love on the Farm”, Lawrence 1964: 42)

4

More examples of hunting terms (in which the animals disappear) can be found on the internet at http://www.myoan.net/hunting/jargon.html for English, and for German in Willkomm (1990) and in a German internet dictionary (Jagdlexikon von A-Z, http://www.noe-spaniel.at/Rund%20um%20den%20Hund/Jagdliches/Jagdlexikon/ jagdlexikon_von_a-z.htm).

L ANGUAGE CREATES R ELATIONS B ETWEEN H UMANS AND A NIMALS

| 189

She is the blossom of a flower, her lover is an insect (here called a moth) which enters the blossom to get honey there. To woo, sweet low word, bright breast, her lover – all these are anthropomorphic elements, with which the plant and the animal are put on an equal level with humans. Indeed, the gathering of honey by the insect is compared to a love scene between a man and a woman. Titles of Lawrence’s poems such as “Baby Tortoise”, “Tortoise Family Connections”, “Lui et Elle” and “Tortoise Gallantry” already make apparent Lawrence’s endeavor to put animals on the same level as humans and to show that they belong to the same area of life. In “Lui et elle” (1964: 358-362), a female and a male reptile are described as a married couple: she is “matronly”; he is called “her husband” and “little old man”. In “Tortoise gallantry” (1964: 362-363), the male tortoise is called a “little gentleman”, who “makes advances” on the female. All animals are addressed as he or she, while for flowers the neutral pronoun they is used. Lawrence wishes to tell us that there is no rift between humans and other living beings. Birds, beasts and flowers belong to the same area of life as humans, and the processes which play a role in human lives also occur in the lives of animals and plants. In another poem (“Mountain Lion”, 1964: 401), Lawrence even uses the point of view of a mountain lion who has nothing to fear except humans. The mountain lion sees two men and thinks to himself: “Two men! Men! The only animal in the world to fear!” Lawrence was not the only poet who used anthropomorphic language (cf. Fill 2006, 154-156). Another was the Romantic poet William Wordsworth, who in a poem from the Lyrical Ballads (“Lines written in Early Spring”) writes that a “flower enjoys the air it breathes”; birds have “thoughts” (“their thoughts I cannot measure”) and feel “pleasure” when they catch the breezy air (Oxford Anthology, II, p. 127). The 19th century poet Thomas Hardy also used anthropomorphism. In his poem “The Darkling Thrush”, a bird (a thrush) is described with ‘human’ words like “full-hearted evensong”, “aged”, “his soul”, “some blessed hope whereof he knew / and I was unaware” (Oxford Anthology, II, pp. 1524 f.). Anthropomorphic language also occurs in German poetry, for example in some poems by Justinus Kerner (“Du Tier”), Christian Morgenstern, Peter Rosegger and Rainer Maria Rilke (“Der Panther”). Anthropomorphism in poetry usually occurs when a poet such as Lawrence has a message that he wishes to convey, viz. the equality of human, animal and plant life and – in Lawrence’s case – the irrelevance of ‘sin’ for both animals and humans. In everyday language, however, anthropomorphic elements are extremely rare. In newspaper articles, one would never read of fathers, mothers or brothers of animals, or of birds which have thoughts and souls. In conversation, anthropomorphism of this kind would be interpreted either as the expression of an ideology or as a form of joking. However, anthropomorphism is very common in fairy-tales and in other texts written for children.

190 | ALWIN F ILL

Even non-living nature can be named anthropomorphically. D. H. Lawrence does this, for example in his poem “Sinners”, which was written in 1912 in Mayrhofen in the Zillertal. In this poem, which is discussed in more detail in Fill (2006), Lawrence makes mountains “sit still in the afternoon light, / shadows in their lap”. Later in the poem, “the mountains have / no shadow of us on their snowy forehead of dreams”, so that “one might even think that they love us.” (Lawrence 1964: 223 f.). The idea of thinking mountains was taken up later by the American ecologist and author Aldo Leopold, who founded a “land ethics”. In 1949, he wrote an essay entitled “Thinking like a mountain”, in which both animals and mountains have emotions like humans, as in the following passage: “I now suspect that just as a deer herd lives in mortal fear of its wolves, so does a mountain live in mortal fear of its deer”. (Leopold 1966: 138 f.)

C ONCLUSION The topic of “Language creating relations between humans and animals” is very diverse and comprehensive. In this paper, we have dealt (1) with animal stereotypes, which are used for example for the characterization of humans; we have seen (2) how language thematizes the use we make of animals, but (3) how it also hides or camouflages this use (particularly the killing of animals). We have shown (4) how language puts up a wall between humans and animals by providing different words for analogous processes, thus making animals disappear. But we also experienced (5) that language is capable of putting animals on the same level as humans. This ‘anthropomorphic’ language, we found, occurs particularly in poetry and in texts for children, but rarely in everyday language. As already mentioned, the author found that extreme examples of anthropocentrism concerning animals have become slightly rarer in the 21 st century than they were in the previous one. With the further development of a philosophical ethics of animals, the treatment of animals in our languages will be researched more profoundly, and unethical uses of language will be pointed out and criticized more seriously than they are today. It is to be hoped that this new understanding of animals in language will also have an impact on action, particularly on the way humans treat animals. A further area in which research is needed particularly urgently is animal communication and communication between animals and humans. Readers of this paper are encouraged to enter these fields of research.

L ANGUAGE CREATES R ELATIONS B ETWEEN H UMANS AND A NIMALS

| 191

R EFERENCES Fill, Alwin (1993): Ökolinguistik. Eine Einführung, Tübingen: Gunter Narr. Fill, Alwin (1999): “’Concentrated Persil Supports Trees!’ - Linguistic Strategies in Green Ads.”, in: Bernhard Kettemann/Georg Marko (eds.), Crossing Borders. Interdisciplinary Intercultural Interaction, Tübingen: Gunter Narr, pp. 213-220. Fill, Alwin (2006): “Literatur und Ökolinguistik: anthropozentrische, anthropomorphe und physiozentrische Sprache in englischen Gedichten.”, in: Anglia 124/1, pp. 144-174. Fill, Alwin (2014): “Humanizing Metaphors in the Nature Poems of D. H. Lawrence.”, in: Silvia Mergenthal/Reingard M. Nischik (eds.), Anglistentag 2013 Konstanz. Proceedings. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier, pp. 271-278. Hardy, Thomas, see The Oxford Anthology of English Literature, vol. II (1973), pp. 1524 f. Heuberger, Reinhard (2003): “Anthropocentrism in monolingual English dictionaries. An ecolinguistic approach to the lexicographic treatment of faunal terminology.”, in: Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik 28/1, pp. 93-105. Heuberger, Reinhard (2007): “Language and Ideology: a brief survey of Anthropocentrism and Speciesism in English.”, in: Alwin Fill/Hermine Penz (eds.), Sustaining Language. Essays in Applied Ecolinguistics, Vienna and Berlin: LIT Verlag, pp. 107-124. Howlett, Michael/Raglon, Rebecca (2001): “Constructing the Environmental Spectacle. Green Advertisements and the Greening of the Corporate Image, 19101990.“, in: Alwin Fill/Peter Mühlhäusler (eds.), The Ecolinguistics Reader. Language, Ecology and Environment, London and New York: Continuum, pp. 245-257. Lawrence, David Herbert (1964): The Complete Poems of D. H. Lawrence. Eds. Vivian de Sola Pinto/Warren Roberts, vol. I. London: Heinemann. Leopold, Aldo (1966): A Sand County Almanach. With Essays on Conservation from Round River. New York: Ballantine Books [1949]. Meyer, Regula (2006): Tierisch gut. Tiere als Spiegel der Seele. Die Symbolsprache der Tiere, Uhlstädt-Kirchhasel: Arun-Verlag. Meyer-Abich, Klaus Michael (1990): Aufstand für die Natur. Von der Umwelt zur Mitwelt, München: Hanser. The Oxford Anthology of English Literature, vol.II (1973). Eds. Harold Bloom/ Lionel Trilling/Frank Kermode/John Hollander. Oxford: OUP. Remele, Kurt (2013): “Was läuft da in der Ethik?”, in: Die Presse, November 23, Spectrum, pp. III-IV. Stibbe, Arran (2012): Animals Erased. Discourse, Ecology and Reconnection with the Natural World, Middletown (Conn.): Wesleyan University Press.

192 | ALWIN F ILL

Willkomm, Hans-Dieter (1990): Die Weidmannssprache. Begriffe, Wendungen und Bedeutungswandel des weidmännischen Sprachguts, Berlin: Deutscher Landwirtschaftsverlag. Wordsworth, William – see The Oxford Anthology of English Literature, vol. II (1973), p. 127. Dictionaries CEED (1995). Chambers Essential English Dictionary. Ed. Elaine Higgleton. Edinburgh: Chambers Harrap Publishers Ltd. CIDE (1996). Cambridge International Dictionary of English. Ed. Paul Procter. Cambridge: Cambridge University Press. LDOCE (1995). Longman Dictionary of Contemporary English. Ed. Della Summers. Harlow: Longman Group Ltd. OALD (1995). Oxford Advanced Learner’s Dictionary. Ed. Jonathan Crowther. Oxford: Oxford University Press.

Die ökologische Relevanz von Sprache im Umgang mit Tieren W ILHELM T RAMPE

Ö KOLOGIE – S PRACHE –

ÖKOLOGISCHE

L INGUISTIK

Als der Biologie und Populärphilosoph Ernst Haeckel im Jahre 1866 den Begriff „Oecologie“ erstmals definierte als „…die gesamte Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur umgebenden Aussenwelt, wohin wir im weitesten Sinne alle ‚Existenz-Bedingungen‘ rechnen können“ (Haeckel 1866: 289), hatte er die materiellen und energetischen Wechselwirkungen zwischen den Lebewesen und der unbelebten ‚Umwelt‘ (abiotische Elemente wie Klima, Boden) und der belebten ‚Umwelt‘ (biotische Elemente wie Tiere, Pflanzen) im Blick. Trotz seiner umfassenden Definition blendete Haeckel in seiner naturwissenschaftlichen Betrachtung von ‚Oecologie‘ Kommunikations- und Informationsprozesse zunächst aus. Bis heute geht eine biologisch-ökologische Perspektive von Organismen-Umwelt-Gefügen aus, die als basale Modellvorstellung angesehen werden können. In der ökologischen Terminologie werden diese Gefüge seit Mitte des 20. Jahrhunderts als ökologische Systeme oder kurz Ökosysteme gekennzeichnet.1 Bei einem Ökosystem handelt es sich um eine Ganzheit, bestehend aus einer Lebensgemeinschaft, der Biozönose, und einem Biotop bzw. Habitat, den Bedingungen an einem ganz bestimmten Lebensort. Durch den permanenten Austausch von Materie, Energie und Informationen zwischen Organismen und deren ‚Umwelt‘ erhalten und entwickeln sich ökologische Systeme. Zur Beschreibung und Erklärung der Interaktionsprozesse innerhalb ökologischer Systeme werden einige Prinzipien

1

Der Begriff „Ökosystem“, den Tansley im Jahre 1935 einführte, gehört inzwischen zu den meistverwendeten Termini der biologischen Ökologie; dennoch existieren heterogene Füllungen dieser zentralen Modellvorstellung (vgl. Klötzli 1993; Townshend/Begon/ Harper 2009).

194 | W ILHELM T RAMPE

aus der Systemtheorie verwendet wie die der Reziprozität, Selbstorganisation, Homöostase, Sukzession, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann. Ökosysteme, in denen der Mensch lebt und die er wie keine andere Spezies beeinflusst und verändert, werden als anthropogene Ökosysteme bezeichnet. Dennoch: Der Mensch ist und bleibt Teil von Natur, wie er selbst Natur ist.2 Wenn ich im Folgenden wie selbstverständlich davon ausgehe, dass zu den Prozessen in ökologischen Systemen, deren Teil wir sind, auch informationelle Prozesse – also auch kommunikative und sprachliche Prozesse – gehören, so ist dieses für die biologische Ökologie keineswegs trivial. Bis heute sind informationelle Prozesse wie Kommunikation und Sprache in der biologischen Ökologie, der Humanökologie und in den sog. Umweltwissenschaften kein zentrales Thema, so dass die Frage nach der ökologischen Relevanz von Sprache und Kommunikation im Hinblick auf den Zustand ökologischer Systeme in der Regel aus ihren Betrachtungen ausgegrenzt bleibt (Trampe 2002a, Döring/Trampe 2009). Für den Menschen liegt in einer ‚deskriptiven‘ Perspektive die ökologische Relevanz von Sprache in der Herstellung von symbolischen Beziehungen und Bedeutungen zur „natürlichen Mitwelt“.3 In einer evolutionsökologischen Sicht erfüllen Sprachen bislang eine Überlebensfunktion durch die mehr oder weniger adäquate Darstellung von Natur. Ein Sprachgebrauch, der diese existentielle Funktion von Sprache einschränkt, kann Menschen zu Mitläufern oder Komplizen einer krankhaften und zerstörerischen Lebensform im Umgang mit der natürlichen Mitwelt machen. Generell können Lebewesen nur überleben, wenn ihre Kommunikations- und Erfahrungssysteme überlebensfähig sind. Aus dieser Perspektive kann die ökologische Krise auch als Krise unseres Kommunikationssystems Sprache aufgefasst werden, wenn die Sprache nicht die Elemente der Krise angemessen repräsentiert. Ein Beispiel: Das Wort Aussterben verweist auf das Ergebnis eines Prozesses innerhalb der Evolution der Arten – der Entwicklung der Natur. Inzwischen muss dieses Wort als Euphemismus bezeichnet werden, denn wenn eine Tierart heute ausstirbt, dann ist es meistens der Mensch, der sie umgebracht, ausgerottet, aufgegessen oder ihren Lebensraum zerstört hat. Mit der Vernichtung der Lebensgrundlagen anderer Arten vernichtet der Mensch allerdings langfristig auch seine eigenen. Häufig stellt selbst die Bezeichnung Artenschutz, zur Kennzeichnung des Ver-

2

In einer vorläufigen Annäherung soll hier mit „Natur“ all das gemeint sein, was unabhängig vom willentlichen Wirken des Menschen existiert oder zumindest so gedacht werden kann. Zur Geschichte des Naturbegriffs vgl. Picht 1989.

3

Von Meyer-Abich (1990) in die Ökologiediskussion eingebrachter Begriff, um die Blickrichtung von einem anthropozentrischen Standpunkt hin zu eine auf den Eigenwert der Natur bezogenen Sichtweise zu wenden.

D IE ÖKOLOGISCHE R ELEVANZ

VON

S PRACHE IM U MGANG

MIT

TIEREN

| 195

suchs, die Ausrottung zu verhindern, eine Beschönigung dar (vgl. Biermann, Haase 2013: 19 f.). Neben der traditionell-biologischen Ökologie, auf die ich mich in meiner Darstellung bislang beschränkt habe, gibt es noch zwei weitere Vorstellungen von Ökologie, die häufig Verwendung finden, jedoch nicht immer voneinander unterschieden werden und somit ineinander übergehen: die transbiologische und die normativbiologische/-transbiologische. Merkmal transbiologisch ausgerichteter Ökologien ist der Transfer von Vorstellungen, Begriffen und Modellvorstellungen der biologischen Ökologie auf geistes-, sozial- bzw. kulturwissenschaftliches Terrain. Analogiebildungen spielen hier eine wichtige Rolle – insbesondere in heuristischer Absicht. Ein Beispiel für einen transbiologisch ausgerichteten ökologischen Ansatz stellt die ökologische Linguistik dar, die Analogien herstellt zwischen Ökologie und Sprache – insbesondere in theoretischer Hinsicht zwischen ökologischen Systemen und sprachlichen Systemen. Hier haben sich verschiedene theorie- und anwendungsbezogene ökologische Konzeptionen innerhalb der Linguistik herausgebildet.4 Die vorliegende Untersuchung ist der Konzeption einer ökologischen Linguistik erwachsen (Trampe 1990).5 Für Ökolinguist_innen gehört es zu ihrem Erkenntnis leitenden Interesse, Beiträge zur Lösung der ökologischen Krise zu leisten – beispielsweise mithilfe ökologisch motivierter Sprach- und Diskurskritik (s. auch die Beiträge von Döring/Nerlich und Fill in diesem Buch). Im nächsten Kapitel wird die für diesen Ansatz zentrale Modellvorstellung von Sprache als Teil einer Lebensform vorgestellt. Mit der Aufnahme des informationellen Prozesstyps Sprache in eine ökologische Betrachtung wird die Sprachwissenschaft zu einem Zulieferer eines ganzheitlichen Ansatzes innerhalb der biologischen Ökologie. Von einem normativ-ökologischen Standpunkt aus betrachtet, hat das Ökologische bereits einen Wert an sich, so dass es möglich wird, Ökologisches von Unökologischem als Norm zu trennen. Ausgangspunkt dieser normativen Vorstellung von Ökologie sind häufig Werte, die aus der Ökologie-/Umwelt-/Friedens-/Naturschutzbewegung hervorgegangen sind, wenn es um die Tierrechte, den Schutz seltener einzigartiger Lebensformen, Ressourcenverbrauch, Nachhaltigkeit usw. geht. Normativ-trans/-biologische Vorstellungen beziehen häufig ihre Normen aus Erklärungsmustern der biologischen oder transbiologischen Ökologie, wobei die Gefahr

4

Einen ambitionierten, wenn auch nicht ganz vollständigen Überblick über die verschiedenen ökologischen Ansätze in der Linguistik liefert Lechevrel 2011.

5

Das erste Lehrbuch zur Ökolinguistik legte Alwin Fill im Jahre 1993 vor. Eine Textsammlung wichtiger Beiträge findet sich in Fill, Mühlhäusler 2001.

196 | W ILHELM T RAMPE

eines naturalistischen Fehlschlusses nicht immer vermieden wird.6 Zuweilen gehen diese Ausrichtungen auch ineinander über. Innerhalb meiner Ausführungen werde ich auf alle drei Dimensionen des Ökologiebegriffs zurückgreifen und sie kenntlich machen.

S PRACHE ALS KONSTITUTIVES E LEMENT MENSCHLICHER L EBENSFORMEN Eine ökologische Perspektive auf Sprache, die sich als transdisziplinär versteht, eröffnet neue Perspektiven sowohl in theoretischer als auch praktischer Hinsicht. So gelingt es einer Linguistik, die die transdisziplinären ökologischen Ideen einer entsprechend verstandenen Ökologie verwendet, auch eine neue Sichtweise auf Sprache zu entwickeln, wie es die ökologische Linguistik unternimmt. Die ökologische Linguistik, die konsequent von den durch Kommunikation und Sprache getragenen wechselseitigen Beziehungen Mensch – Mitwelt ausgeht, schafft Erkenntnisse, die in erster Linie Sprache(n) als elementaren Bestandteil unserer Lebensform(en) erscheinen lassen. Aus dieser ökolinguistischen Perspektive lässt sich „Sprache“ selbst definieren als anthropogenes soziales Zeichensystem zur Herstellung von Beziehungen und Bedeutungen in und zu einer (kulturellen und natürlichen) Mitwelt. Bereits Wittgenstein hatte in seinen Philosophischen Untersuchungen die Modellvorstellung für Sprache(n) als Lebensform(en) eingeführt: „Und eine Sprache vorstellen heißt, sich eine Lebensform vorstellen.“ (Wittgenstein 1984: PU § 19)7 Und an anderer Stelle: „So sagst du also, dass die Übereinstimmung der Menschen entscheide, was richtig und was falsch ist? Richtig und falsch ist, was Menschen sagen, und in der Sprache stimmen die Menschen überein. Das ist keine Übereinstimmung der Meinungen, sondern der Lebensformen.“ (Wittgenstein 1984: PU § 241) Die Übereinstimmung der Menschen in der Sprache als Lebensform gründet zum einen in der genetischen Ausstattung und zum anderen in der sozialen und kulturellen Praxis. Wird Sprache als konstitutiver Bestandteil einer Lebensform gesehen, so bleiben empirische Untersuchungen sprachlicher Phänomene immer eingebunden in

6

Vertreter der Deep Ecology versuchen darüber hinaus eine Art „spirituelle Verankerung“ aus „der“ Ökologie abzuleiten; z.B. Naess 1989.

7

Zu der Relevanz von Wittgensteins Sprachökologie für eine ökolinguistische Theoriebildung siehe Trampe (2002c). Bei dieser Rekonstruktion und Auslegung liegt eine Konzentration auf einer transbiologischen Sichtweise auf Ökologie vor. Weitere LebensformKonzepte, die Wittgenstein hätten bekannt sein können, wie beispielsweise das von Eduard Spranger (1921), bleiben unberücksichtigt.

D IE ÖKOLOGISCHE R ELEVANZ

VON

S PRACHE IM U MGANG

MIT

TIEREN

| 197

konkrete Sprachumwelten – also Sprachbiotopstrukturen und -prozesse. Diese Sprachbiotopstrukturen bestehen aus Sprachbedürfnissen bzw. dem Sprachbedarf und weiteren ‚Umweltfaktoren‘ wie ökonomischen, gesellschaftlichen, medialen usw. Verhältnissen. Sprache und ‚Welt‘ werden als wechselseitig aufeinander bezogen aufgefasst. Sprache trägt maßgeblich zur sozialen Konstruktion von Wirklichkeit bei – wie wiederum Realität auf unsere Sprache zurückwirkt. In Analogie und Erweiterung des Wittgensteinschen Lebensformkonzeptes für Sprache kann auch von Sprache-Welt-Systemen gesprochen werden (vgl. dazu z.B. Finke 1983, Trampe 1990, Trampe 1996, Bang/Trampe 2014). Die derzeit einflussreichsten und mächtigsten Sprache-Welt-Systeme können als industriell geprägte Sprache-WeltSysteme bezeichnet werden. Für anthropogene Ökosysteme stellt Sprache den wesentlichen informationellen Prozesstyp dar, der die Eigenarten dieser Systeme in ihrer Struktur und Entwicklung prägt. Daraus ergibt sich die ökologische Relevanz von Sprache für den Menschen und für andere Lebewesen, um die es hier zentral geht. So tritt der Mensch der Natur und seinen Mitlebewesen nicht unvermittelt gegenüber, sondern vermittelt durch spezifische Zeichen: Die Sprache ist es bzw. die Sprachen sind es, die ihm seine eigenen Lebensform erschaffen lässt bzw. lassen. Die Lebenswelt, aus der heraus sprachliche Erscheinungen hervorgebracht werden, setzt die Kontextbedingungen, so dass sich bestimmte sprachliche Lebensformen herausbilden. Die Entwicklung von Lebensformen erfolgt wie in allen Ökosystemen als interdependentes Geschehen. Werden anthropogene ökologische Systeme primär als Kommunikationssysteme betrachtet, so gilt auch für diese das Prinzip der Wechselseitigkeit. Mensch und Mitwelt sind auf der Basis von Kommunikationsprozessen wechselseitig aufeinander bezogen. Wie wir uns selbst und unsere Mitwelt – d.h. auch andere Lebewesen – sprachlich kategorisieren, bestimmt wesentlich die Gestalt unserer anthropogenen Ökosysteme, wie wiederum die Lebenswelt auf unsere Sprache zurückwirkt. Wie die Gestalt von Ökosystemen nicht verstanden werden kann ohne Berücksichtigung der Gegebenheiten des Biotops, so kann die Gestalt der Sprache auf unterschiedlichen Differenzierungsniveaus nicht adäquat erfasst werden ohne die Berücksichtigung der Sprachumwelt/des Sprachbiotops und der Wechselseitigkeit der Beziehungen. Welche evolutionsökologische Relevanz für die menschlichen Lebensformen darin besteht, über Sprache zu verfügen, zeigt sich in der komplexen Natur- und Kulturgeschichte des Menschen. Hier spielt der Übergang von oralen zu literalen Kulturen eine entscheidende Rolle (vgl. dazu Giesecke 2002). Grundsätzlich ist das Verfügen-Können über symbolische informationelle Prozesse – also Zeichensysteme – jedoch keine Besonderheit der Spezies Homo sapiens. Die Zeichen- und Kommunikationssysteme anderer Spezies eröffnen in ihrer

198 | W ILHELM T RAMPE

jeweiligen Eigenart andere kommunikative Leistungen und Optionen.8 Was die menschliche Sprache gegenüber andersartigen Zeichensystemen, z.B. von Tieren, auszeichnet, ist ihre Kreativität durch die Möglichkeit des unbegrenzten Erzeugens von Wörtern und Sätzen, die als ‚neu‘ bezeichnet werden können und die ‚neue‘ Beziehungen und Bedeutungen mit der Mitwelt entstehen lassen. Insofern ist es tatsächlich die menschliche Sprache, die es ermöglicht, eine Grenzziehung zwischen Menschen und nichtmenschlichen Lebewesen vorzunehmen.9 Sprachliche Kreativität eröffnet für den Menschen die Möglichkeit, Begriffe, Gedanken, Absichten, Gefühle, Verhalten zu kodifizieren, über diese symbolischen Repräsentationen relativ frei zu verfügen. Sprachliche Kreativität begründet die Weltoffenheit des Menschen, die gleichzeitig existentielle Gefahren in sich birgt.

D IE

SPRACHLICHE P ERSPEKTIVIERUNG DER I NTERAKTION MIT T IEREN

Wenn hier die Frage nach der ökologischen Relevanz von Sprache im Umgang mit Tieren beantwortet werden soll, so steht diese im Zusammenhang mit der Frage, wie wir uns in unseren Äußerungen auf die (durch Tradition, Erziehung, Erfahrung vermittelte) Realität von Natur beziehen. Wie sehen unsere sprachlichen Kategorisierungen der Beziehungen und Bedeutungen im Umgang mit Tieren im Rahmen anthropogener Lebensformen aus? Und welche ökologischen Auswirkungen hat unser derzeit vorherrschender sprachlicher Umgang mit Tieren? Welche Perspektivierungen innerhalb des Sprachgebrauchs werden erkennbar? Der Begriff der „sprachlichen Perspektivierung“ verweist darauf, dass ein bestimmter Sprachgebrauch immer auch auf eine bestimmte Lebensform im Sinne Wittgensteins verweist, die eine ‚Weltsicht‘ (Humboldt) bzw. ‚Weltanschauung‘ (Goethe) beinhaltet. Sprachliche Kategorisierungen von Wirklichkeit erscheinen als interdependentes Element der Lebensform einer Gesellschaft, deren Diskurse durch die Auswahl lexikalischer und syntaktischer Strukturen und Prozesse bestimmte Wahrnehmungen und Erfahrungen begünstigen oder behindern:

8

Mit Zeichensystemen von Tieren beschäftigt sich die Zoosemiotik, vgl. z.B. Maran/ Martinelli/Turovski (2011).

9

Damit wird denjenigen Auffassungen innerhalb der Human-Animal Studies widersprochen, die einer klaren Abgrenzungsmöglichkeit zwischen Sprache als semiotischem System und den semiotischen Systemen von Mitlebewesen kritisch gegenüberstehen (z.B. Kurth 2011: 116). Auf die Bedeutung sprachlicher Kreativität hat auch Chomsky (1971) immer wieder hingewiesen.

D IE ÖKOLOGISCHE R ELEVANZ

VON

S PRACHE IM U MGANG

MIT

TIEREN

| 199

„Wie wir die Natur aufgliedern, sie in Begriffen organisieren und ihnen Bedeutungen zuschreiben, das ist weitgehend davon bestimmt, dass wir an einem Abkommen beteiligt sind, sie in dieser Weise zu organisieren – einem Abkommen, das für unsere Sprachgemeinschaft gilt und in den Strukturen unserer Sprache kodifiziert ist. Dieses Übereinkommen ist natürlich nur ein implizites und unausgesprochenes, aber sein Inhalt ist absolut obligatorisch; wir können überhaupt nicht sprechen, ohne uns der Ordnung und Klassifikation des Gegebenen zu unterwerfen, die dieses Übereinkommen vorschreibt.“ (Whorf 1963: 12)

Diese von Benjamin Lee Whorf im Jahre 1956 erstmals formulierte Aussage zum Verhältnis von Denken – Sprache – Natur lässt das von ihm und Edward Sapir formulierte linguistische Relativitätsprinzip deutlich werden. Eine rigide Auslegung dieses Prinzips hätte zur Folge, dass wir durch Sprache Gefangene unserer Lebensform wären. Oder wie es Wittgenstein ausdrückt: „Ein Bild (Herv. i. O.) hielt uns gefangen. Und heraus konnten wir nicht, denn es lag in unserer Sprache, und sie schien es uns nur unerbittlich zu wiederholen.“ (Wittgenstein, 1984: § 115). Dass eine Distanzierung von sprachlichen Perspektivierungen jedoch möglich ist, garantiert die sprachliche Kreativität, die ein unbegrenztes Schaffen von Beziehungen und Bedeutungen – und damit auch Naturzugängen – ermöglicht. So ist es durchaus möglich, die Perspektivierung, die der Sprachgebrauch einer Sprachgemeinschaft bzw. Sprecher-Hörer-Gruppe auf lexikalischer und syntaktischer Ebene vornimmt, zu beschreiben, zu analysieren, zu typisieren sowie über Gefahren und Alternativen im Hinblick auf die ökologische Relevanz zu reflektieren. Sprachkritik ist somit immer auch verbunden mit Lebensformkritik. Bei der Untersuchung unserer derzeitigen Lebensform im Hinblick auf den sprachlichen Umgang mit Natur lassen sich grundsätzlich von der Tendenz her zwei Ausrichtungen unterscheiden: die anthropozentrische und die biozentrische Perspektive (vgl. dazu auch Trampe 2002b), die jeweils von ihrer Radikalität her wiederum weiter differenziert werden können. Die anthropozentrische Sichtweise fasst Natur als Objekt auf, das einen Wert nur in Bezug auf den Menschen besitzt. Natur wird ansonsten jeder Eigenwert abgesprochen wird. Neben diesem engen Anthropozentrismus existiert ein weiter Anthropozentrismus, der ‚ökologischen Gütern‘ zwar einen Eigenwert einräumt, allerdings bezogen auf menschlichen Nutzen. Im Gegensatz dazu betont eine physio- bzw. biozentrische Perspektive, dass die Natur einen selbstständigen moralischen Wert, einen Wert an sich, besitzt, den der Mensch zu respektieren hat – auch und gerade wegen seiner Naturverbundenheit.10

10 Weitere Positionen wie der Pathozentrismus oder holistische Ansätze, die auch abiotischen Naturelementen einen Eigenwert zugestehen, werden hier nicht weiter erläutert, vgl. dazu Krebs 1997.

200 | W ILHELM T RAMPE

Nach Taylor (1997: 93 ff.) gehören vier Merkmale zu einem biozentrischen Standpunkt: Menschen erwerben die Mitgliedschaft in der Lebensgemeinschaft der Erde zu den gleichen Bedingungen wie nicht-menschliche Mitglieder; die Ökosysteme der Erde sind durch ein komplexes Netz miteinander verknüpft, so dass das gesunde Funktionieren eines Elements von dem des anderen abhängig ist; jeder Einzelorganismus wird als teleologisches Zentrum von Leben aufgefasst, das sein individuelles Wohl auf seine eigene Weise anstrebt; die Vorstellung, Menschen seien aufgrund ihrer genetischen Ausstattung anderen Spezies gegenüber überlegen, stellt lediglich ein individuelles Vorurteil dar. Hieraus leitet Taylor eine Haltung der Achtung vor der Natur ab, die wiederum in der Konsequenz sehr unterschiedlich vertreten werden kann. Bei der Betrachtung des sprachlichen Umgangs mit Natur in unserer industriell geprägten Kultur ist immer wieder das Vorherrschen eines anthropozentrischen Sprachgebrauchs herausgestellt worden (Fill 1993, Heuberger 2003, 2007, 2008, Trampe 2002b). Im Folgenden werden Formen eines anthropozentrischen Sprachgebrauchs unterschieden und erläutert. Innerhalb der hier angestellten Betrachtung zur sprachlichen Perspektivierung des Umgangs mit Tieren erfolgt eine Beschränkung auf einzelne Wortfelder und repräsentative Wörter. Trotz dieser Reduktion auf die sprachliche Organisationsebene ‚Wort’ ist davon auszugehen, dass den Wörtern aus ökolinguistischer Sicht eine Art Indikatorqualität zukommt, da die jeweiligen sprachlichen Kategorisierungen typische Perspektivierungen und Orientierungen aufzeigen. 11

T YPISIERUNG UND K LASSIFIZIERUNG DER F ORMEN EINES ANTHROPOZENTRISCHEN S PRACHGEBRAUCHS Ausgangspunkt der Untersuchung zur ökologischen Relevanz des sprachlichen Umgangs mit Tieren sind Sprache-Welt-Systeme innerhalb der Landwirtschaft. Aus mindestens zwei Gründen bietet es sich an, dem Diskurs auf diesem Sektor innerhalb unserer industriell geprägten Wirtschaftsgesellschaft besonderen Augenmerk zu schenken: Zum einen spielen Tiere in keinem anderen Sektor ökonomisch eine so zentrale Rolle und zum anderen hat kein weiterer Sektor eine so wichtige Bedeutung im Hinblick auf Tier- und Naturschutzaktivitäten. Das betrifft einerseits den direkten Umgang mit den Tieren im Betrieb und andererseits die Folgen, die für die soziale und natürliche Mitwelt durch Bewirtschaftungsformen sowie Haltungsformen entstehen (z.B. soziale Kosten durch Massentierhaltung).

11 Ergänzend zu öko-diskurskritischen Aspekten: z.B. Alexander (2008) oder Harré/Brockmeyer/Mühlhäusler (1999); zu Aspekten des Sprachsystems: z.B. Halliday (1990).

D IE ÖKOLOGISCHE R ELEVANZ

VON

S PRACHE IM U MGANG

MIT

TIEREN

| 201

Die Art der Bewirtschaftung der Höfe bzw. Betriebe, die der Aufzucht, Haltung, Mast, Züchtung usw. dienen, zeigt derzeit zwei polare Positionen: auf der einen Seite eine industriell geprägte Landwirtschaft, die sich auszeichnet durch einen hohen Spezialisierungsgrad (Monokulturen), aufwendige Agrartechnologie, einen hohen Kapitaleinsatz und Massentierhaltung (Massenproduktion) und auf der anderen Seite eine bäuerliche Ausrichtung, der es primär um den Erhalt der Familienbetriebe, nachhaltiger Bewirtschaftungsformen und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Lebens- und Funktionsfähigkeit ländlicher Räume geht. Diesen beiden Ausrichtungen entsprechen zwei Sprache-Welt-System-Typen: industriell geprägten und bäuerlich geprägten Sprache-Welt-Systemen. 12 Das Textmaterial, das den Ausführungen zugrunde liegt, wurde von der Methode her zum einen aufgrund eigener Beobachtung gewonnen: Als zeitweiliger Nebenerwerbslandwirt auf einem kleinen landwirtschaftlichen Hof mit Tierhaltung und ökologischer Ausrichtung ergaben sich vielfältige Kommunikationsanlässe, die unterschiedliche sprachliche Perspektiven deutlich werden ließen. Daneben stand, wie bereits in meiner Untersuchung aus dem Jahre 1989, die Auswertung von Texten zweier Zeitungen im Vordergrund: Das Landvolk – als offizielles Organ des niedersächsischen Bauernverbandes – und Das Bauernblatt – als offizielles Organ der Bundesarbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Beide Zeitungen repräsentieren die beiden Pole der oben skizzierten unterschiedlichen Ausrichtungen innerhalb der Landwirtschaft. In Sprache-Welt-Systemen der industriell geprägten Landwirtschaft ist ein deutlich ausgeprägter anthropozentrischer Sprachgebrauch im Umgang mit Tieren identifizierbar, der wiederum in mindestens vier Merkmalsklassen aufgeteilt werden kann: • • • •

Anthropomorphisierung und Utilitarisierung Distanzierung und Dichotomisierung Verdinglichung und Technokratisierung Tabuisierung und Euphemisierung

Die nachfolgende Zuordnung einzelner Worte zu einer Klasse ist nicht immer eindeutig, da einige Worte sich durchaus mehreren Klassen zuordnen lassen. Am Schluss einer jeden Klassifizierung werden jeweils mögliche Gefahren aufgezeigt, die aus einer biozentrisch-ökologischen Perspektive mit den jeweiligen Ausprägungen verbunden sind.

12 Häufig werden in den bäuerlichen Betrieben noch regionale Sprachvarietäten in Form von Dialekten gepflegt, die spezifische Benennungen von Tieren aufweisen. Beispiel: So ist im Raum Hannover ein Winnewörp die Bezeichnung für einen Maulwurf.

202 | W ILHELM T RAMPE

Anthropomorphisierung und Utilitarisierung Tiere und deren Verhaltensweisen werden nach menschlichen Maßstäben bezeichnet und kategorisiert. Der Nutzen ist entscheidend für die Bezeichnung und enthüllt Informationen über die Brauchbarkeit für den Menschen. Beispiele: Tiere werden sprachlich allgemein kategorisiert in Nutztiere (z.B. Pelztiere, Fleischtiere), Privattiere, Haustiere, Versuchstiere und Wildtiere (z.B. Raubtiere). Nach utilitaristischem Muster werden ‚wichtige‘ Nutztiere je nach Nutzungsart weiter kategorisiert: • Pferde: Arbeitspferd, Nutzpferd/Rückpferd, Privatpferd, Reitpferd, Sportpferd, Turnierpferd, Springpferd, Dressurpferd; • Hunde: Jagdhund, Kampfhund, Haushund, Hütehund, Wachhund; • Rinder: Milchrassen (Milchkuh), Fleischrassen, Zweinutzungsrassen, Deckbulle; 13 • Schweine: Speckschwein, Kreuzungssau/-eber, Zuchtschwein ; • Schafe: Milchschaf, Fleischschaf, Wollschaf, Opferlamm; • Hühner: Lege-, Fleisch-/Mast- oder Zwie-Huhn, Ausstellungshuhn, Sporthuhn, Kampfhahn; • Biene: Honigbiene. Grundsätzlich erfolgt nach utilitaristischer Manier häufig eine digitale Einteilung: Nützling vs. Schädling (z.B. Ungeziefer) oder Lebendvieh oder Schlachtvieh. Haltungsform: Hier wird zwischen einer intensiven und extensiven Tierhaltung unterschieden. Intensiv bedeutet, dass die Tiere nach agrar-industriellen Kriterien gehalten werden, die an ökonomischen Optimierungserwägungen ausgerichtet sind. Die Bezeichnung extensiv verweist auf eine Haltung, die auch am Tierwohl ausgerichtet ist. Lebenszeit: Bei dem Umgang mit Tieren ist nicht deren arteigene Lebenserwartung unter Bedingungen einer artgerechten Haltung von Bedeutung, sondern lediglich deren Verwertbarkeit, so dass von einer Nutzungsdauer von Tieren gesprochen wird. Gefahr dieses Sprachgebrauchs: Verlust der Achtung vor dem Eigenwert des Tieres (Selbstwertcharakter).

13 Zum diskursiven Umgang mit Schweinen siehe Stibbe (2003).

D IE ÖKOLOGISCHE R ELEVANZ

VON

S PRACHE IM U MGANG

MIT

TIEREN

| 203

Distanzierung und Dichotomisierung Tiere und andere Lebewesen werden auf der Basis der Überzeugung von der Andersartigkeit, der Gegensätzlichkeit und Überlegenheit des Menschen als grundverschieden von der Spezies Homo sapiens sprachlich kategorisiert. Tiere

Menschen

sind trächtig

sind schwanger

werfen

gebären

fressen

essen

werden geschlachtet

werden getötet

verenden

sterben

Kadaver

Leiche

Die Übertragung der tierbezogenen Bezeichnungen (z.B. jemand frisst) und Tiernamen auf den Menschen (z.B. Gans) ist häufig verbunden mit einer pejorativen Konnotation (vgl. auch den Beitrag von Mussner). So ist es auch bezeichnend, wenn massenhafte Tiertötungen (z.B. im Zusammenhang mit BSE – Bovine Spongiforme Enzephalopathie des Rindes) vorgenommen werden, dass nicht vom Tod gesprochen wird, sondern von einer Vernichtung oder Keulung von Tieren. Hier zeigt sich gleichzeitig eine Tendenz zur Verdinglichung und Tabuisierung (s.u.). Eine weitere Spielart des Distanzierens ergibt sich aus der Entindividualisierung der Tiere: In der bäuerlichen Landwirtschaft erhält/erhielt jedes Tiere im Stall einen Namen (z.B. die Kuh Berta); die Massentierhaltung kennt nur noch Ziffern für Tiere, z.B. Stellplatznummer 123 (zur Kennzeichnung einer Kuh) oder Huhn 12/345 (zur Kennzeichnung einer Legehenne). Natürliche Diversität wird sprachlich nicht repräsentiert. Tiere, die eine potentielle Bedrohung für die Nutztiere und den Menschen darstellen, werden sprachlich zum Raubtier (z.B. Raubkatze, -vogel), obwohl diese nach menschlichen Maßstäben nichts rauben (z.B. auch Killerbiene). Menschen, die eine Bedrohung für die Tiere darstellen, bleiben Jäger. Gefahr dieses Sprachgebrauchs: emotionale Verarmung im Umgang mit den Mitlebewesen – verbunden mit einer moralischen und kognitiven Ausgrenzung.

204 | W ILHELM T RAMPE

Verdinglichung und Technokratisierung Tiere und andere Lebewesen werden sprachlich zum leblosen Etwas, das behandelt werden kann wie Sachen und Maschinen; sie werden vom Standpunkt der Technik, der Ökonomie, der Verwaltung und des Funktionierens der Abläufe bezogen auf den Menschen betrachtet.14 „Language is a powerful tool that can turn animals from subjects into objects. Research into the technical language used within the meat industry shows how it enables the construction of animals as inanimate objects.” (Taylor 2013: 91)

Tiere werden in agrar-industriellen Sprache-Welt-Systemen wie andere Industriegüter produziert, so dass im Rahmen der Tierproduktion wie selbstverständlich z.B. von der Ferkel-, Puten-, Hähnchen und Legehennenproduktion gesprochen wird.15 Diese findet statt in Tierproduktionsanlagen oder agrarindustriellen Tierhaltungsanlagen. Bei der Schließung einer solchen Anlage findet sich die Bezeichnung Masthühnerfabrik wird stillgelegt. Das in den Tierproduktionsanlagen, die auch als Veredlungsbetriebe bezeichnet werden, beispielsweise gehaltene Ferkelmaterial dient dann der Fleischerzeugung. Züchterische Behandlungen sichern das Qualitätsmanagement, auch mit Hilfe von Wachstumsstabilisatoren. Das Tierbestandsmanagement erfordert ein gruppenweises Abferkel- und Absetzregiment. Die Sauen, die künstlich befruchtet werden, also das Empfängermaterial, unterliegt einer Brunst-Synchronisation – einer Vorbereitung auf das Rauschen. Nach vier bis fünf Jahren permanenter Nachwuchsproduktion im Deckzentrum endet die Nutzungsdauer der Sauen. Falls im Rahmen des Ökosystemmanagements der agrarindustriell tätigen Tierproduktionsanlagen Schädigungen der natürlichen Mitwelt auftreten, werden Ökosystemreparaturen erforderlich. Weitere Beispiele: Kühe: Bei Kühen, die ihren Stall noch verlassen dürfen, um auf Wiesen zu grasen, gilt es, das Weidenauftriebsmanagement effizient zu gestalten.

14 Auch innerhalb des Diskurses der Agrarökonomie werden Tiere als Produkte und Objekte gesehen: vgl. Sauerberg/Wierzbitza 2013. 15 Aus einer biologisch-ökologischen Perspektive ist die Metapher von der Produktion, obwohl sie in nahezu allen Bereichen der industriellen Haltung von Tieren verwendet wird, irreführend und falsch, denn im Naturhaushalt bleibt der Mensch lediglich Konsument. Dieser Rolle vermag er sich nur sprachlich zu entledigen.

D IE ÖKOLOGISCHE R ELEVANZ

VON

S PRACHE IM U MGANG

MIT

TIEREN

| 205

Pferde: Springreiter haben auch ein spezifisches Pferdematerial zur Verfügung, das ein Leistungspotential beinhaltet16. Lachse: Bei der Fortpflanzung von Lachsen in Lachsfarmen mit Aquakultur wird von Bruterzeugung gesprochen. Gefahr: Vorstellung von der omnipotenten technischen und ökonomischen Instrumentalisierung und Beherrschung von Tieren und der natürlichen Mitwelt, einhergehend mit dem Bewusstsein der Überlegenheit. Tabuisierung und Euphemisierung Alles, was mit anthropogenen agrar-industriellen Eingriffen in die Tiergesundheit und Tötungen von Tieren zusammenhängt, wird verhüllt, ausgeblendet und z.T. beschönigend dargestellt. Werden beispielsweise massenhaft Rinder getötet, so werden diese gekeult, aus dem Markt genommen oder auch beseitigt (in Tierbeseitigungsanlagen). Großschlachtereien wenden inzwischen Verfahren einer tierschonenden Schlachtung an, wenn bestimmte Standards vorliegen. Sterben Ferkel nach der Geburt, so wird von einem postnatalen Ferkelverlust gesprochen. Männliche Küken werden in den Brütereien kurz nach der Geburt aussortiert – also getötet. Häufig landen sie im Schredder, der in der ‚Fachsprache‘ als Homogenisator bezeichnet wird. Sexer werden die Arbeiter/-innen genannt, die an den Fließbändern sitzen und diese Geschlechtsbestimmung vornehmen – das Sexen. Werden diese Küken in ein anderes Land transportiert, wird von Kükentourismus gesprochen. Um die Hennen an die Massentierhaltung anzupassen, werden die Schnäbel abgetrennt, dieses wird Kupieren (auch Coupieren), Schnabelkürzung und -behandlung genannt. Auch beim Touchieren wird das für das Tier wichtige Organ zur Nahrungsaufnahme verstümmelt. Bei Schweinen sind es die Schwänze, die kupiert (coupiert) werden – also ohne Narkose mithilfe einer Zange abgekniffen werden, um Kannibalismus bei agrarindustriellen Haltungsbedingungen vorzubeugen. Rinder, Schafe und Ziegen werden enthornt, d.h. die Hörner werden entfernt. Werden diese geschlachtet, um das Fell zu verwenden, so liegt eine Fellernte vor. Liegt eine Haltungsform von Kühen nach bestimmten Kriterien vor, so wird vom Kuhkomfort gesprochen. Werden unerwünschte Lebewesen getötet, so liegt eine Schädlingsbehandlung vor. Agrarindustrielle Zuchtbetriebe werden sprachlich zu Veredlungsbetrieben; Mischpräparate/Antibiotika werden zu Cocktails oder zu Hilfsstoffen in der tierischen Erzeugung. Die Gabe dieser Antibiotika wird zur medizinischen Versorgung oder züchterischen Behandlung. Die Verkäufer dieser Produkte heißen Betreuungspraktiker.

16 Zur sprachlichen Kategorisierung von Pferden und Pferdehaltung im „Reitsport“ siehe Wullenweber 2007.

206 | W ILHELM T RAMPE

Anfangs wurde bereits auf die vorherrschende Form sprachlicher Repräsentation der anthropogenen Reduktion von Artendiversität hingewiesen. Beispiele zeigen sich in folgenden Artikulationsformen: das Aussterben von Rassen, Artenrückgang, Artenrückzug, Populationsrückgang, der Bestand zieht sich zurück, das Eingehen von Tierbeständen, Artenschwund, Artenverringerung, Artenverlust, das Verschwinden von Arten usw. Gefahr: Tatsachenverschleierung, Verdrängung der Schmerzen und der Tötungen von Tieren, Ausblendung von Empathie. Der aufgeführte Beispielkatalog ist sicherlich unvollständig. Allerdings sind die vorgestellten Tendenzen übertragbar auf den Umgang mit Pflanzen und Landschaften. In meiner ersten Untersuchung zum Sprachgebrauch in der Landwirtschaft aus dem Jahre 1989 hatte ich vier Tendenzen herausgestellt: die Verdinglichung, Tatsachenverschleierung, die zunehmende Ablehnung alles Bäuerlichen und Schlagworte, die sich generell im Sprachgebrauch der industriellen Landwirtschaft offenbarten. Wie oben gezeigt, lassen sich die ersten beiden Tendenzen auch heute noch finden, wobei derzeit weniger offensichtlich mit Schlagworten gearbeitet wird. Die Ablehnung alles Bäuerlichen wird ebenfalls nicht mehr explizit artikuliert. Im Gegenteil: Inzwischen schreibt auch das offizielle Organ des niedersächsischen Bauernverbandes wieder von Bauern und Landwirten. Hier hat sich ein Wandel ereignet; sicherlich eine Folge des zunehmenden Einzugs von Industrieunternehmen in die Landwirtschaft; die Anzahl der bäuerlichen Familienbetriebe hat deutlich abgenommen. Hinzu kommt in Zeiten der Globalisierung ein verstärkter Gebrauch von Anglizismen wie beispielsweise: Cross Compliance-Regel, Greening bzw. echtes Greening, Landgrabbing in Ostdeutschland, Goodfood – Goodfarming, Tiermanagement, Agrobusiness. Gibt es nun Ansätze eines nicht-anthropozentrischen – also biozentrischen Sprachgebrauchs in der Landwirtschaft? Von einem nicht-anthropozentrischen Sprachgebrauch kann dann gesprochen werden, wenn die vier oben genannten Kategorien vermieden werden.17 Ein bewusst anti-anthropozentrischer Sprachgebrauch zeigt sich tatsächlich ansatzweise innerhalb einzelner Artikel des Bauernblattes, insbesondere dann, wenn Bauern ihre Höfe ohne Massentierhaltung vorstellen. Vertreter der bäuerlichen Landwirtschaft vermeiden ein verdinglichendes Vokabular, sodass bewusst nicht von Ferkelmate-

17 Es lassen sich sogar Richtlinien zur Vermeidung eines nicht-anthropozentrischen Sprachgebrauchs – analog zu den Regeln zur Vermeidung eines sexistischen Sprachgebrauchs – formulieren, vgl. Trampe (2002b).

D IE ÖKOLOGISCHE R ELEVANZ

VON

S PRACHE IM U MGANG

MIT

TIEREN

| 207

rial gesprochen wird, sondern es bei Ferkeln bleibt. Auch werden Eigennamen verwendet für Tiere, die in den Stallungen leben, so dass hier eine Individualisierung deutlich wird. Auf Euphemismen wird weitgehend verzichtet, indem deutlich von Massentötungen von Rindern statt von Keulungen gesprochen wird. Probleme zeigen sich, wenn Bäuerinnen und Bauern ihre Tiere sprachlich abzugrenzen versuchen von Tieren aus der industriellen Massentierhaltung. Hier werden dann Versuche gestartet mit Bezeichnungen wie Bio-Pute oder Bio-Schwein.

D IE

ÖKOLOGISCHE

R ELEVANZ

Die ökologische Relevanz von Sprache in der Interaktion mit der kulturellen und natürlichen Mitwelt ist vielen Menschen nicht bewusst. Welche Gefahren im sprachlichen Umgang mit Tieren durch Anthropomorphisierung und Utilitarisierung, Distanzierung und Dichotomisierung, Verdinglichung und Technokratisierung sowie Tabuisierung und Euphemisierung innerhalb anthropogener Ökosysteme verbunden sein können, wurde am Schluss der jeweiligen Beispielkataloge angemerkt. Die Ergebnisse seien hier noch einmal zusammengefasst: Verlust der Achtung vor dem Eigenwert des Tieres, Vorstellungen von der Überlegenheit gegenüber den Tieren, Glauben an die Beherrschbarkeit anderer Organismen und der natürlichen Mitwelt (Omnipotenzphantasien), fehlende sprachliche Repräsentation natürlicher Diversität, Tatsachenverschleierung, Verdrängung der Schmerzen und der Tötungen von Tieren, emotionale Verarmung – verbunden mit einer moralischen und kognitiven Ausgrenzung sowie Ausblendung von Empathie. Zusammenfassend verweist der hier vorliegende Beispielkatalog aus dem Wörterbuch der industriellen Landwirtschaft auf eine Denaturierung des Sprachgebrauchs im Umgang mit Tieren und ermöglicht eine ‚sprachliche Entsorgung‘ des Menschen. Sprachliche Verhaltensweisen und Einstellungen stehen in einem engen Zusammenhang. So ist es möglich, dass Probleme im Zusammenhang mit der industriellen Tierhaltung nicht in das Bewusstsein von Menschen gelangen, weil sie sprachlich so kategorisiert werden, dass sie nicht oder verzerrt wahrgenommen werden.18 Die vorherrschende Sprachpraxis, die von der industriellen Landwirtschaft in die Öffentlichkeit getragen wird, zeugt aus biozentrischer Perspektive von einem tierverachtenden Verhalten, welches das Tier in seinem Eigenwert nicht zur Sprache kommen lässt. Wird z.B. bei einer Kuh von einer Nutzungsdauer von drei Jahren gesprochen, so wird der Laie womöglich nichts Verwunderliches daran fin-

18 Zur sprachlichen Verschleierung der Hintergründe industrieller Tierproduktion in der Werbung siehe Möller (2013).

208 | W ILHELM T RAMPE

den, denn Maschinen haben ja auch ihre Nutzungsdauer. Wenn man jedoch bedenkt, dass eine Kuh normalerweise eine Lebenserwartung von 20 bis 30 Jahren hat, so wird ein Problem deutlich, nämlich dass die Kuh nicht wie ein Lebewesen mit Eigenwert gesehen wird – als teleologisches Zentrum von Leben, das sein eigenes Wohl anstrebt –, sondern wie ein lebloses Etwas, das behandelt werden kann wie eine Sache oder Maschine. Insbesondere die Beispiele für die Verdinglichung und Technisierung zeigen, dass es sprachlich problemlos möglich ist, eine mechanistische, eindimensionale und emotionslose Beziehung zu Tieren in der Landwirtschaft aufzubauen. Auch die immensen ökologischen Probleme, die mit der Massentierhaltung verbunden sind, können so verschleiert werden. Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft, von der als Leitbild sowohl in dem offiziellen Organ des niedersächsischen Bauernverbandes Das Landvolk als auch im Bauernblatt, dem offiziellen Organ der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, immer wieder die Rede ist, müsste es also auch darum gehen, einen Sprachgebrauch einzuführen und zu pflegen, der die o.g. Tendenzen überwindet. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre die Vermeidung eines anthropozentrischen Vokabulars, um so das Leiden der Tiere innerhalb der derzeitigen industriellen Landwirtschaft angemessen zum Ausdruck zu bringen. Allerdings können sich alternative sprachliche Umgangsweisen mit Tieren nur durchsetzen, wenn ein Bewusstsein für Alternativen vorhanden ist. Ökologisch motivierte Sprachkritik (normativer Ökologiebegriff) erhält in diesem Zusammenhang eine wesentliche Bedeutung. Darüber hinaus kommt auch dem Journalismus und dem Sprachunterricht an Schulen eine wichtige Rolle zu, indem eine ökologisch motivierte Sprachkritik zur Förderung ökologischer und sprachlicher Kompetenzen zu einer Verbindung von Sprachbewusstsein und ökologischem Bewusstsein führen könnte. Darüber hinaus ist Kreativität erforderlich, um einen alternativen, biozentrischen Sprachgebrauch zu etablieren. Was hier über den sprachlichen Umgang mit Tieren gesagt wurde, gilt generell: Aus einer ökolinguistischen Perspektive ist ein Überleben des Menschen nur möglich, wenn es uns auch gelingt, einen biozentrischen sprachlichen Umgang mit der gesamten natürlichen Mitwelt zu etablieren – also einen nachhaltigen sprachlichen Umgang mit Natur. Mit dem Konzept „nachhaltiger sprachlicher Umgang mit Natur“ ist – in einer ersten Annäherung – ein an der dauerhaften Erhaltung von anthropogenen ökologischen Systemen orientierter Sprachgebrauch auf der Basis eines biozentrischen Naturverhältnisses zu verstehen.

D IE ÖKOLOGISCHE R ELEVANZ

VON

S PRACHE IM U MGANG

MIT

TIEREN

| 209

L ITERATUR Alexander, Richard (2008): Framing Discourse on the Environment. A Critical Discourse Approach, New York: Routledge. Bang, Jørgen/Trampe, Wilhelm (2014): “Aspects of an Ecological Theory of Language”, in: Language Sciences, Vol. 41, Part A, S. 83-92. Biermann, Kai/Haase, Martin (2013): Sprachlügen. Unworte und Neusprech von ‚Atomruine‘ bis ‚zeitnah‘, Frankfurt/Main: Fischer. Chomsky, Noam (1971): Cartesianische Linguistik. Ein Kapitel in der Geschichte des Rationalismus, Tübingen: Niemeyer. Döring, Martin/Trampe, Wilhelm (2009): „Die Sprache der Ökologie und die Ökologie der Sprache(n)“, in: GAIA 2/2009, S. 172-74. Fill, Alwin (1993): Ökolinguistik. Ein Lehrbuch, Tübingen: Gunter Narr. Fill, Alwin/Mühlhäusler, Peter (Hg.) (2001): The Ecolinguistics Reader. Language, Ecology and Environment, London and New York: Continuum. Finke, Peter (1983): „Politizität. Zum Verhältnis von theoretischer Härte und praktischer Relevanz in der Sprachwissenschaft“, in: Peter Finke (Hg.): Sprache im politischen Kontext, Tübingen: Niemeyer, S. 15-75. Giesecke, Michael (2002): Von den Mythen der Buchkultur zu den Visionen der Informationsgesellschaft. Trendforschungen zur kulturellen Medienökologie, Frankfurt/Main: Suhrkamp. Haeckel, Ernst (1866): Generelle Morphologie der Organismen, Bd. II: Allgemeine Entwicklungsgeschichte der Organismen, Berlin: Georg Reimer. Halliday, Michael A. K. (1990): „New Ways of Meaning. The Challenge to Applied Linguistics”, in: Journal of Applied Linguistics 6, S. 7-36. Harré, Rom/Brockmeyer, Jens/Mühlhäusler, Peter (1999): Greenspeak. A Study of Environmental Discourse. Thousand Oaks/London/New Dehli: Sage. Heuberger, Reinhard (2003): “Anthropocentrism in Monolingual English Dictionaries. An Ecolinguistic Approach to the Lexicographic Treatment of Faunal Terminology”, in: Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik, Bd. 28, H. 1, S. 93105. Heuberger, Reinhard (2007): “Language and Ideology: A Brief Survey of Anthropocentrism and Speciesism in English”, in: Alwin Fill/Hermine Penz (Hg.). Sustaining Language. Essays in Applied Ecolinguistics, Wien/Berlin: LIT, S. 107-124. Heuberger, Reinhard (2008): “Anthropocentrism in English and German: A Comparative Lexical Study”, in: Martin Döring/Hermine Penz/Wilhelm Trampe (Hg.): Language, Signs and Nature. Ecolinguistic Dimensions of Environmental Discourse, Tübingen: Stauffenburg, S. 183-194. Klötzli, Frank A. (1993): Ökosysteme. Aufbau, Funktionen, Störungen. Stuttgart/ Jena: Spektrum.

210 | W ILHELM T RAMPE

Krebs, Angelika (Hg.) (1997): Naturethik. Grundtexte der gegenwärtigen tier- und ökoethischen Diskussion. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Kurth, Markus (2011): „Von mächtigen Repräsentationen und ungehörten Artikulationen. Die Sprache der Mensch-Tier-Verhältnisse“, in: Chimaira – Arbeitskreis für Human-Animal Studies (Hg.): Human-Animal Studies. Über die gesellschaftliche Natur von Mensch-Tier-Verhältnissen, Bielefeld: transcript, S. 85119. Lechevrel, Nadège (2011): Les approches écologiques en linguistique: enquête critique, Louvain-la-Neuve: Editions Academia. Maran, Timo/Martinelli, Dario/Turovski, Aleksei (Hg.) (2011): Readings in Zoosemiotics. Semiotics, Communication and Cognition 8. Berlin: De Gruyter Mouton. Meyer-Abich, Klaus Michael (1990): Aufstand für die Natur. Von der Umwelt zur Mitwelt, München: Hanser. Möller, Christina (2013): „Über die symbolische Reproduktion einer tiervernichtenden Kultur. Eine Analyse zur Wirkmacht der Werbeindustrie und wie sie aus Tieren Waren macht“, in: Renate Bruckner et al. (Hg.): Das Mensch-TierVerhältnis. Eine sozialwissenschaftliche Einführung, Wiesbaden: Springer, S. 269-297. Naess, Arne (1989): Ecology, Community, and Lifestyle, Cambridge: University Press. Picht, Georg (1989): Der Begriff der Natur und seine Geschichte, Stuttgart: KlettCotta. Sauerberg, Achim/Wierzbitza, Stefan (2013): „Das Tierbild der Agrarökonomie. Eine Diskursanalyse zum Mensch-Tier-Verhältnis“, in: Birgit Pfau-Effinger/ Sonja Buschka (Hg.): Gesellschaft und Tiere. Soziologische Analysen zu einem ambivalenten Verhältnis, Wiesbaden: Springer, S. 73-96. Spranger, Eduard (1921): Lebensformen. Geisteswissenschaftliche Psychologie und Ethik der Persönlichkeit. 2. Aufl. Halle: Niemeyer. Stibbe, Aron (2003): “As Charming as a Pig: The Discursive Construction of the Relationship between Pigs and Humans”, in: Society and Animals 11 (4), S. 376-391. Taylor, Nik (2013): Humans, Animals and Society. An Introduction to HumanAnimal Studies, New York: Lantern. Taylor, Paul (1997): „Die Ethik der Achtung für die Natur“, in: Dieter Birnbacher (Hg.): Ökophilosophie, Stuttgart: Reclam, S. 77-116. Trampe, Wilhelm (1990): Ökologische Linguistik. Grundlagen einer ökologischen Sprach- und Wissenschaftstheorie, Opladen: Westdeutscher Verlag. Trampe, Wilhelm (1991): „Sprache und ökologische Krise. Aus dem Wörterbuch der industriellen Landwirtschaft“, in: Elisabeth Feldbusch/Reiner Pogarell/Cornelia Weiß (Hg.). Neue Fragen der Linguistik, Bd. 2: Innovation und Anwen-

D IE ÖKOLOGISCHE R ELEVANZ

VON

S PRACHE IM U MGANG

MIT

TIEREN

| 211

dung. Akten des 25. Linguistischen Kolloquiums, Paderborn 1990. Tübingen: Niemeyer, S. 143-149. Trampe, Wilhelm (1996): „Ökosysteme und Sprache-Welt-Systeme“, in: Alwin Fill (Hg.): Sprachökologie und Ökolinguistik, Tübingen: Stauffenburg, S. 59-76. Trampe, Wilhelm (2001): “Language and Ecological Crisis: Extracts from a Dictionary of Industrial Agriculture”, in: Alwin Fill/Peter Mühlhäusler (Hg.): The Ecolinguistics Reader. Language, Ecology and Environment, London and New York: Continuum, S. 232-240. Trampe, Wilhelm (2002a): “Ökologische Linguistik und Humanökologie”, in: Alwin Fill/Hermine Penz/Wilhelm Trampe (Hg.): Colourful Green Ideas. Bern: Peter Lang, S. 89-102. Trampe, Wilhelm (2002b): „Gibt es einen biozentrischen Sprachgebrauch?“, in: Reinhard Rapp (Hg.): Sprachwissenschaft auf dem Weg in das dritte Jahrtausend. Akten des 34. Linguistischen Kolloquiums in Germershein 1999. Frankfurt am Main/Berlin/Bern: Peter Lang, S. 529-537. Trampe, Wilhelm (2002c): „Die Sprachökologie Wittgensteins“, in: Zeitschrift für Kommunikationsökologie, Heft 1/2002, S. 6-13. Townsend, Colin. R./Begon, Michael/Harper, John L. (2009): Ökologie. 2. Aufl., Berlin, Heidelberg: Springer. Whorf, Benjamin Lee (1963): Sprache – Denken – Wirklichkeit, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. Wittgenstein, Ludwig (1984): Philosophische Untersuchungen, Werkausgabe Bd. 1. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Wullenweber, Karin (2007): „Sprachliche und semiotische Kategorisierungen von Tieren und ihre Folgen am Beispiel des Reitsports“, in: Alwin Fill/Hermine Penz (Hg.): Sustaining Language. Essays in Applied Linguistics. Wien/Berlin: LIT, S. 125-143.

Hybrid Animals and Hybridizing Representational Strategies in R. Bach’s Jonathan Livingston Seagull A Functional Grammatical Investigation D ANIELA F RANCESCA V IRDIS

H YBRIDITY IN J ONATHAN L IVINGSTON S EAGULL : I NTRODUCTION , M ETHODOLOGY AND O BJECTIVES In several genres and text-types in both popular culture and global media, more often in those texts explicitly aimed at children, non-human animals (henceforth animals) are linguistically, visually and discursively represented by human animals (henceforth humans) as anthropomorphized in their bodies and minds. Given that “anthropomorphism is an act of anthropocentric projection” (Hurn 2012: 153) which is usually pervasive, even when animals are physically described as nonhuman creatures with their hides, furs or feathers, they are commonly and inappropriately attributed certain appealing human characteristics, especially Mental, Behavioral and Verbal processes in terms of the Hallidayan experiential metafunction (this is the case in Jones 1903/04, analyzed in Virdis 2009; for the experiential metafunction, see Halliday & Matthiessen 2004 (henceforth IFG) and Section 2). This incongruous type of anthropomorphic animal representation and conceptualization – a living being that is physically an animal but mentally and emotionally a human – can be defined as hybrid. When referred to objects, the noun and adjective “hybrid” denotes an entity derived from heterogeneous sources; in technical and advertising discourse, when referred to such objects as cars – hybrid cars being vehicles using two or more distinct power sources – it acquires an ecological, consequently positive, connotation. Nevertheless, in this article this term is employed with a negative connotation. This is because, in the texts analyzed elsewhere and here, the anthropomorphic strategy of animal depiction contributes to conveying a sentimental ideology and an idealized world where all creatures, both human beings

214 | DANIELA F RANCESCA VIRDIS

and humanized animals, are necessarily happy, healthy and with no physical or mental disabilities. In this article, I examine a text showing hybridity in animal description, namely, the well-known novella Jonathan Livingston Seagull: A Story by Richard Bach (2003, first published 1970, henceforth JLS). In Part One (JLS 1-38), the young eponymous character, uninterested in spending his entire days getting food only, wants to improve his flying skills and to learn and develop new flying techniques; he is accordingly cast out of his flock, but achieves his ambitions and lives a long happy life. He eventually ascends to a heavenly world in Part Two (JLS 39-70), which is inhabited by a few seagulls with the same passion, and where he further enhances his skills and befriends the Elder Gull, who teaches him the importance of love. Hence, in Part Three (JLS 71-91), he chooses to return to earth to teach the seagulls there both flight and love. What emerges from this essential summary of Jonathan Livingston Seagull, even from its very first paragraphs, is the theme of positive thinking and selfperfection achieved in an almost perfect world. What also clearly surfaces is the hybrid and ideological nature of animals in the plot, who are considered from an exclusively anthropocentric perspective. The main figure actually experiences aspirations, desires, bliss, friendship, love, all of which are grammaticalized as human feelings, and lives in a social system parodying human society and norms. The investigation of the novella and its hybrid protagonist is here undertaken from the viewpoint of Human-Animal Studies (Bekoff 2007; Simmons/Armstrong 2007; Caesar 2009; McFarland/Hediger 2009; Tyler/Rossini 2009; DeMello 2010; Hurn 2012).1 Employing a variety of theories and methodologies, this inter- and multi-disciplinary field analyzes how human cultures, societies and economies conceptualize animals, that is to say, the diverse and inconsistent ways in which humans interact with animals and, most of all, exploit and oppress, objectify and commodify them. These range from such material practices as raising them as food, companions, or sources of entertainment and amusement, to such sociocultural practices as utilizing them as symbols in artistic, literary and religious discourses. The examination of the representation of a literary bird as undertaken in this article is therefore relevant to HAS, since, as DeMello (2010: xi) notes, “HAS scholars address, for example, the literary or artistic usage of animals in works of literature or art”. In addition, because this study intends to reveal by what linguistic means the ideological message of the text is conveyed and to analytically discuss

1

Such a scrutiny can also fall within the aims, scope and framework of ecostylistics, a new analytical approach and research area combining ecolinguistics and stylistics, and promoting, among other things, academic environmental activism (Goatly 2010; Wales 2010; see also Fill/Mühlhäusler 2001: 175-285).

H YBRID A NIMALS AND H YBRIDIZING R EPRESENTATIONAL S TRATEGIES

| 215

those means, it may be regarded as an instance of critical thinking as encouraged by HAS. To be more exact, at the macro-discursive level of an HAS literature course, “perhaps most central is the question of representation (Rohman 2010: 49). Literature courses revolving around the discourse of species will be keenly interested in examining textual representations of animality”. Furthermore, according to Porter (2010: 17), the artistic representation of animals deserves scholarly study not only because it embodies the human stance on animals, but also because it more frequently affects the way humans perceive animals more than their direct experience of animals, and because it openly influences the relations between human and nonhuman animals. In short, linguistic and cultural representation can engender estrangement and, consequently, may bring about the former’s subordination, marginalization and exploitation of the latter (see also the articles in Tyler/Rossini 2009: 45-96). As a result, at the micro-discursive level of the present article, the key argument is a critical linguistic scrutiny of the biased depiction of Jonathan’s hybrid animality in a literary, hence representative, persuasive and even authoritative, text. As Simmons and Armstrong (2007: 3) point out, in the modern period anthropomorphism “became an epistemological vice, a symptom of knowing animals mistakenly.” Accordingly, the main research purpose here is to identify and scrutinize the linguistic and grammatical strategies which represent and conceptualize the inner being of animals, here the seagull Jonathan, as anthropomorphized or, as mentioned above, as hybrid. Based on unscientific and unobjective standpoints, these strategies hide, disguise or even deny the bird’s distinctively animal aspects and qualities, and trick the addressees of the novella into inclemently judging him by human standards of thought, feeling and behavior.

M ETHODOLOGICAL N OTES Bach’s novella and the linguistic construction of its eponymous character, taking both his bird’s body and humanized personality into consideration, are studied here by utilizing Hallidayan functional grammar (IFG). This paradigm has been selected as the most appropriate to investigate the representation of such a body and personality because it comprises the linguistic tools to scrutinize the experiential metafunction, i.e. the line of meaning in a clause, a text and the whole of language construing a model of experience and representing some process in ongoing prototypically human experience (IFG 58-62). As recommended by the ecolinguist M. Jung (2001: 283), functional grammar should also allow researchers to devote, on the one hand, what this scholar calls the ‘forefield’ of a study, i.e. its research purposes and design, and, on the other hand, its ‘aftermath’, i.e. its cultural outcomes and impact,

216 | DANIELA F RANCESCA VIRDIS

to the scholarly militancy advocated by Human-Animal Studies; at the same time, this theory should also help to favor critical self-distancing and prevent ideologically committed interference in the investigation, as advised by Jung himself. In order to analyze the experiential metafunction of the novella, I have collected, examined and interpreted the lexical verbs and verbal groups serving as a process whose subject is Jonathan Livingston Seagull, his entire body (e.g. “his own body was growing”, JLS 41) or his body parts (“His feathers ruffled”, 3; “His wings were”, 11; “wingtips thudding and blurring”, 16). More precisely, I have included finite (present or past tense) verbal groups whose subject is a nominal group referring to Jonathan (e.g. “Jonathan Livingston Seagull was practicing”, 3; “he lowered”, 3; “I don’t mind”, 4) and non-finite and imperative verbal groups the seagull is the understood subject of (“he felt guiltless, breaking the promises”, 15; “I want only to share”, 24); I have not included the verbal groups whose subject is either realized by the non-deictic and non-anaphoric generic personal pronoun “you” (e.g. “You can go”, 56) or the plural personal pronouns “we” or “they” referring to the bird plus his fellow seagulls (“We can lift”, 17; “they rested”, 43). The entire verbal group has usually been considered, together with its interpersonal elements of modality (e.g. “can do”, JLS 4; “must study”, 5; “will fly”, 11) and polarity (“didn’t know”, 4; “don’t you eat”, 4; “was not”, 14). When between finite and predicator, modal (mood and comment) adjuncts have also been taken into account (“was still scorching along”, 16; “had always lived”, 41; “had quite honestly been”, 91). After the relevant data were gathered, the lexical verbs and verbal groups were classified, in accordance with the Hallidayan categorization (IFG 302), into six main process types (Material, Behavioral, Verbal, Mental, Relational, Existential) and eleven sub-process types (Material: Intransitive, Material: Transitive, Verbal: Activity, Verbal: Semiosis, Mental: Cognitive, Mental: Desiderative, Mental: Perceptive, Mental: Emotive, Relational: Intensive, Relational: Possessive, Relational: Circumstantial). In this article, due to space limitations, the scrutiny of the Material and Mental process types and of their sub-types will be presented: this is because these are the two most frequent, hence relevant, processes in the text. As is common in English syntax, several of the verbal groups in the text are indeed verbal group complexes, viz. verbal groups realizing single elements within a simple clause are combined to form complexes developing those single elements (IFG 486-487). When the lexical verb realizing the primary group in a verbal group complex expresses phase (e.g. start, continue; try, succeed; stop, cease), that verb does not appear to have any experiential meaning independent of its relationship with the lexical verb realizing the secondary group. This is clearly demonstrated by the following verbal groups with the same primary group (“began”) and different secondary groups: “began sliding in” (JLS 4), “began, delightedly, to learn” (41), “began pressing” (77), “began to go [transparent]” (90). The primary group “began”

H YBRID A NIMALS AND H YBRIDIZING R EPRESENTATIONAL S TRATEGIES

| 217

merely has the semantic function to signal that the processes in the secondary groups are in their initial stages; that is to say, it does not have any influence over their dissimilar process types, which are Material: Transformative, Mental: Cognitive, Verbal: Semiosis, Relational: Intensive respectively. In this study, therefore, following IFG (486-523), a primary group expressing phase is normally investigated as an expansion of the process, and the last secondary group as realizing the process type of the entire complex.2 Given that, as mentioned above, the main purpose of this article is to linguistically analyze seagull Jonathan’s humanized behavior, thoughts and feelings in a detailed way, and given that those behaviors, thoughts and feelings are principally evoked by the experiential metafunction and the processes in the text, the analysis should embrace as many processes as possible. In this connection, it should be borne in mind that several English verbal group complexes are composed of verbal groups realizing distinct process types. Consequently, contrary to what is laid down by IFG (486-523), the methodological decision has been made to classify and scrutinize individually the verbal groups constituting most verbal group complexes in the text, namely, as construing a single process in their own right. For example, given the verbal group complex “loved to fly” (JLS 4), it has not seemed incongruous to distinguish the Mental: Emotive process in the primary group “loved” from the Material: Transformative process in the secondary group “to fly”. 3

F UNCTIONAL G RAMMATICAL ANALYSIS Once the lexical verbs and verbal groups in the entire novella were thus categorized into the six main process types and the eleven sub-process types, they were further divided into those occurring in Part One, Two and Three of the text. Although not all these figures are presented, examined and explained in this article, the following data and occurrences have been calculated for the novella as a whole and for its first, second and third part separately: i) main process type (e.g. Mental); ii) its subprocess types (e.g. Cognitive, Desiderative, Perceptive, Emotive); iii) grand total of

2

For instance, “tried to behave” (JLS 5), “will begin to touch” (45), “to stop seeing” (56) are all considered as communicating a single idea and process, to be more exact, of the Behavioral (see the secondary group “to behave”), Material: Transformative (“to touch”) and Mental: Perceptive (“seeing”) type.

3

See also the various process types in the following verbal group complexes, which have also been distinguished: “don’t mind being” (4, Mental: Cognitive + Relational: Intensive); “learned to sleep” (26, Mental: Cognitive + Behavioral); “want to show” (60, Mental: Desiderative + Verbal: Semiosis).

218 | DANIELA F RANCESCA VIRDIS

all processes; iv) sub-process type/main process type ratio; v) sub-process type/ grand total ratio; vi) main process type/grand total ratio. While the grand total of all processes performed by the seagull Jonathan in the entire text amounts to 519, the partial sums and the partial sum/grand total ratios for its three parts are as follows: Table 1: Grand total, partial sums of all processes and partial sum/grand total ratios in JLS Whole Novella

Part One

Part Two

Part Three

519

265

172

82

100%

51%

33%

16%

Although the three parts of the novella are roughly the same length, viz. 13 pages, and although Jonathan remains the main character and practices flight in all of them, the quantity of processes he is the subject of gradually decreases from the first to the third. This can be accounted for by the plot. Whereas in the first part, set on earth, the seagull spends most of his life alone practicing, in the second and third part, new protagonists, engaged in new activities, enter the scene and interact with him: in Part Two, Jonathan learns how to fly in the new heavenly environment with his fellow students, in Part Three, back on earth, he primarily teaches flight to his own pupils. The plot and its events also effectively explain the varying distribution of process types in the text, as shown in the paragraphs below. Material Process Type Of the six main process types, Material processes are those that construe doing-andhappening and involve physical actions; therefore, they are prototypically concrete. More precisely, Halliday (IFG 179) states that “a ‘material’ clause construes a quantum of change in the flow of events as taking place through some input of energy. […] the source of the energy bringing about the change is typically a participant – the Actor”. Given this definition, it can be readily inferred that the Material category is the widest and most diverse in the experiential metafunction. Due to the nature of the narrative, Material processes are the most frequent in the entire novella and in its individual parts, adding up to 226 instances and 44 per cent of the total process count. However, the partial sums for the three parts of the text must be taken into account, since the figures show that such processes diminish progressively:

H YBRID A NIMALS AND H YBRIDIZING R EPRESENTATIONAL S TRATEGIES

| 219

Table 2: Material processes in JLS Whole Novella

Part One

Part Two

Part Three

Material Main Process Type

226 (44%)

140 (53%)

62 (36%)

24 (29%)

Grand Total

519 (100%)

265 (100%)

172 (100%)

82 (100%)

This reduction mirrors the changes in the focus of the plot in the three parts. In Part One (53%) Jonathan primarily develops his flying abilities and is, among other pursuits, less concerned with communicating with his fellow seagulls. On the contrary, in the heavenly world in Part Two (36%), flight is still his main occupation, but he also experiences mental and emotional sensations triggered by the new environment and way to fly; in the second part, in fact, the Mental process type (see Section 3.2) is nearly as frequent (35%) as the Material. In Part Three, instead, the Material type (29%) is as frequent as the Verbal type (29%): it is in this sequence that conversation and exchange between Jonathan and the seagulls is at its peak. The doings and happenings Jonathan is involved in in the novella are those conventionally and predictably enacted by a member of its species. The seagull is indeed mostly described as engaging in flight and its different maneuvers and operations, so much so that his very first processes in the text (JLS 3) are the following: “was practicing”, “lowered his webbed feet”, “lifted his beak”, “strained to hold a curve”, “would fly”, “slowed”. As can also be induced from these examples, special prominence is given to the bird’s body as involved in doings and happenings; for instance, apart from such cases as “can lift this old body” (36) and “the new body could do” (41), allusion is made to a number of body parts: “His feathers ruffled” (3), “his left wing stalled” (10), “wingtips blurring” (16), “brought his forewings tightly in” (14), “had pulled his beak straight up” (16), “not moving a feather” (63). As the Material processes he performs are investigated, Jonathan consequently emerges as being depicted as a real seagull deploying his body and body parts mainly to fly. Even in Part Two, in the heavenly environment, the “new body” he is attributed, although improved, lighter and faster, is principally used to do what any bird of his kind would do with it. Given the breadth and diversity of the Material category, two main classifications of the verbs serving as processes in Material clauses have been theorized, namely, Transformative vs. Creative Material verbs, and Intransitive vs. Transitive Material verbs (IFG 180-190). On the one hand, whilst Transformative verbs relate to some change of state of the Actor or the Goal, i.e. the participant the process is directed at or extended to (e.g. burn, blow up, chop), Creative verbs relate to the coming into existence of the Actor or the Goal (develop, form, grow). On the other

220 | DANIELA F RANCESCA VIRDIS

hand, Intransitive verbs have only one inherent participant, viz. the Actor, and their outcome is confined to the Actor itself; this is why they are said to represent happenings (e.g. appear, emerge, occur). Transitive verbs, instead, extend the unfolding of the process to the Goal and impact it; they thereby represent doings (crush, axe, brush). These two classifications can also combine and provide, for instance, Transformative Intransitive verbs (e.g. erupt, hire, come) and Creative Transitive verbs (create, assemble, build). The Transformative/Creative categorization appears to be more semantics-based and the Intransitive/Transitive both semantics-based and syntax-based; furthermore, the novella does not contain many entities coming into existence, so the former would not have been fully suitable. The Intransitive/Transitive categorization has accordingly been preferred for the purposes of this study. The data resulting from the scrutiny are displayed in Table 3: Table 3: Intransitive and Transitive Material processes in JLS Whole Novella

Part One

Part Two

Part Three

Intransitive Sub-Process Type

142 (63%)

87 (62%)

41 (66%)

14 (58%)

Transitive Sub-Process Type

84 (37%)

53 (38%)

21 (34%)

10 (42%)

Material Main Process Type

226 (100%)

140 (100%) 62 (100%) 24 (100%)

Since the distribution of Intransitive/Transitive verbs in the three parts is even, the interpretation of such a distribution offered here regards the text as a whole. In accordance with the definitions discussed above, Jonathan is the Actor of the Intransitive verbs (63 per cent of the Material processes in the entire novella), namely, the only participant in the actions he undertakes. The consequences of those actions hence become noticeable through and affect exclusively his own self and body; the other seagulls or their common physical or social environment are not influenced. This is reinforced by the opposing class of Transitive verbs (37 per cent of the Material processes in the whole text) and their patterns of use. A fair number of Goals, i.e. the participants impacted by the Transitive verbs, are realized by the seagull’s body parts, for example, “brought his forewings tightly in” (JLS 14), “extended his wingtips” (15), “stretched his wings again at last” (16), “reversing the curve of his wing” (44). Therefore, several Goals are realized by the

H YBRID A NIMALS AND H YBRIDIZING R EPRESENTATIONAL S TRATEGIES

| 221

Actor’s body, not by beings or objects other than the Actor. It follows that, with Intransitive and Transitive verbs alike, Jonathan mostly has the ability and power to materially control only his own body and body movements, but not those of the individuals or the world around him. Again, as far as the Material processes he enacts are concerned, they characterize him as an authentic bird and ascribe to him the standard features of that species – not those of several anthropomorphized Disney figures, who stand upright, dress like human beings, even ride a horse or drive a car and eventually save the world (see also the notion of ‘disnification’ (Baker 1993: 174-178)). Mental Process Type According to Halliday (IFG 197), in the experiential metafunction “‘mental’ clauses are concerned with our experience of the world of our own consciousness. They are clauses of sensing: a ‘mental’ clause construes a quantum of change in the flow of events taking place in our own consciousness.” They construe an entity, prototypically but not necessarily human, engaged in conscious processing, viz. knowing, desiring, perceiving, feeling – the Senser. In Halliday’s (IFG 201) own words: “More accurately, we should say human-like; the significant feature of the Senser is that of being ‘endowed with consciousness’.” Because of its relevance to the analysis here, a more complete definition deserves to be quoted in full: “Which particular creatures we choose to endow with consciousness when we talk about them may vary according to who we are, what we are doing or how we are feeling at the time; different registers show different preferences. Pets, domestic animals and other higher animals are often treated as conscious; the owner says of the cat she doesn’t like milk, whereas someone who is not a cat lover, or who has been annoyed by that particular specimen, is more likely to refer to the animal as it. But any entity, animate or not, can be treated as conscious; and since mental process clauses have this property, that only something that is being credited with consciousness can function in them as the one who feels, thinks, wants or perceives, one only has to put something into that role in order to turn it into a conscious being.” (IFG 202, original emphasis)

The ideological nature of this definition is unmistakable, particularly when reference is made to pets and animals and to the fact that, as if they were inanimate entities, such creatures can be “endowed with consciousness” and be “often treated as conscious” by the speaker, writer or addresser of a text. Moreover, and consequently, they only become sentient and capable of desire or perception when they are assigned consciousness and portrayed as being mentally aware by a ‘superior’ human being. That pets and animals actually have consciousness in their own right and

222 | DANIELA F RANCESCA VIRDIS

need not be attributed feelings or thoughts by the human use of language is pointedly ignored. In Jonathan Livingston Seagull, with 133 occurrences and 26 per cent of the total process count, Mental processes realize the second most recurring process type in the entire text: Jonathan is accordingly represented firstly as a physical, concrete creature, secondly as a sentient, self-aware creature. Their distribution in the three parts is quite variable: Table 4: Mental processes in JLS Whole Novella

Part One

Part Two

Part Three

Mental Main Process Type

133 (26%)

58 (22%)

61 (35%)

14 (17%)

Grand Total

519 (100%) 265 (100%) 172 (100%)

82 (100%)

In Part One, as mentioned in Section 3.1, the seagull mainly learns how to fly from a Material viewpoint, namely, with his body. The process of acquiring knowledge, yet, also takes place from a Mental viewpoint, namely, within his mind; in this part (22%), the most frequent Mental verbs are indeed find (6 instances), know (6), think (6) and, above all, learn (16). In Part Two, the bird not only continues to practice his flying techniques but also develops new skills in a new setting; the Mental process type/grand total ratio hence increases to 35 per cent and comes close to the 36 per cent value for Material processes – see find (1 instance), know (9), think (8), learn (9). In this sequence, he also does or does not recall activities and events which happened in Part One set on earth; the relevant verbs remember (4 times) and forget (3 times) are therefore introduced into the novella. The Mental process type/grand total ratio reaches its lowest in Part Three (17%), i.e. in the sequence where Jonathan is no longer a learner but has turned into a teacher. From a semantic perspective, Mental process types are divided into four subprocess types indicating distinct kinds of sensing: Cognitive (e.g. decide, know, understand), Desiderative (want, crave, wish), Perceptive (see, hear, feel), Emotive (hate, like, appreciate). As Halliday (IFG 210) maintains, “Like all other experiential systems, the system of TYPE OF SENSING construes experience as indeterminate: the four different types of sensing shade into one another. For example, perception shades into cognition, with I see coming to mean not only ‘I perceive visually’ but also ‘I understand’.” Table 5 sets out the figures about the Mental subprocess types in the text:

H YBRID A NIMALS AND H YBRIDIZING R EPRESENTATIONAL S TRATEGIES

| 223

Table 5: Cognitive, Desiderative, Perceptive and Emotive Mental processes in JLS Whole Novella

Part One

Part Two

Part Three

Cognitive Sub-Process Type

93 (70%)

43 (74%)

40 (66%)

10 (71%)

Desiderative Sub-Process Type

18 (14%)

11 (19%)

7 (11%)

0 (0%)

Perceptive Sub-Process Type

11 (8%)

1 (2%)

8 (13%)

2 (14%)

Emotive Sub-Process Type

11 (8%)

3 (5%)

6 (10%)

2 (14%)

Mental Main Process Type

133 (100%)

58 (100%) 61 (100%) 14 (100%)

The process of learning and those considered above (find, think, remember, etc.) are Cognitive Mental processes, as a result they belong to the most recurring Mental sub-group (70 per cent of the Mental processes in the entire novella), whose distribution is even in the text. Such a frequency and distribution confirm that, from a Mental standpoint, Jonathan is generally typified as sensible, capable of feeling and having the function and power of sensation. While the data for Perceptive and Emotive sub-process types, sometimes consisting in one or two occurrences only, do not seem to be relevant from an interpretative viewpoint, those for the Desiderative sub-process type apparently require explanation. Desiderative processes in fact follow a decreasing pattern, diminishing from 11 instances (19%) in the first part to 7 (11%) in the second and finally to 0 (0%) in the third. In Part One, learning aside, the seagull experiences the intense emotion of wanting (4 occurrences): he wishes to know and test out his flying abilities and physical limitations (JLS 4), and to share his knowledge with his fellow birds (JLS 24). In Part Two, despite the reduction in Desiderative processes, 6 instances out of 7 are realized by the verbs wish (3 occurrences) and want (3), firstly conveying his desire to continue his studies in the new location (JLS 56), subsequently to return to earth and become a teacher (59-60). Both wishes have come true in Part Three where, consequently, no Desiderative processes are present. The Mental processes in the novella and their relatively high frequency accordingly represent the animal character of Jonathan as being credited with agency, in other words, “the capacity of actors (or agents or actants) to impact upon others”

224 | DANIELA F RANCESCA VIRDIS

(Hurn 2012: 133), or “the minorities’ ability to influence their own lives” (Hribal 2007: 101; see also McFarland/Hediger 2009: 1-20). Those processes, yet, also represent him and his appealing aspect of agency as strongly humanized. This is not to take the Cartesian position that animals lack consciousness and to deny that they can and do have articulate and many-sided feelings of cognition, desideration, perception and emotion. Nevertheless, the feelings of the seagull Jonathan as expressed in the text seem to mirror and mimic interests which are exclusively human. Actually, they principally concern the mentally complex processes of learning, studying and teaching: the extremely informative and explicit description of such feelings and of their material results triggers the parody of the schemata of human school education, with teacher, students, classes and levels.

C ONCLUSIONS The linguistic examination of the novella Jonathan Livingston Seagull by means of Hallidayan functional grammar and the investigation of its experiential metafunction have shed some light on the linguistic and grammatical devices skillfully employed to conceptualize and depict the eponymous protagonist as a hybrid of animal and human. On the one hand, the animal side of his identity is primarily evoked by the Material processes he performs. Because they particularly regard flight and related activities undertaken with his bird body and body parts, they categorize him as a standard seagull. On the other hand, his human side is signaled by his Mental processes, sensations and emotions. His personality is incongruously portrayed as humanized especially as his agency and eagerness to learn how to fly are grammaticalized: the frequent occurrences of these states of mind indeed foreground the fact that they are untypical of a bird and can only be typical of a human. These hybridizing representational strategies are deliberately employed to create a living being with a heterogeneous nature, and have the ultimate function of describing Jonathan as a role model, that is to say, a pleasant creature the addressees of the text can look to as an example and effortlessly identify with. The ultimate goal of this agreeable figure is, obviously, to convey the worldview and value system of the author of this allegorical novella – an optimistic belief in selfimprovement. However, his overall appeal cannot conceal the fact that Jonathan is a caricature of a human, more precisely of a male, whose distinctively animal agency, intelligence and self-awareness are never depicted and whose animal characteristics are consistently rebuffed. He is neither represented as pleasant through his own seagull nature or bird experiences only, nor are that nature or those experiences presented in a more objective and scientific way, nor are, among other possible things, his genuine social system or interests. In a word, the text, written from an anthropocen-

H YBRID A NIMALS AND H YBRIDIZING R EPRESENTATIONAL S TRATEGIES

| 225

tric standpoint, inappropriately encodes animal pleasantness mainly, if not exclusively, as human or humanized pleasantness.

R EFERENCES Bach, Richard (2003 [1970]): Jonathan Livingston Seagull: A Story. Photographs by Russell Munson, London: Element. Baker, Steve (1993): Picturing the Beast: Animals, Identity and Representation, Manchester: Manchester University Press. Bekoff, Marc (ed.) (2007): Encyclopedia of Human-Animal Relationships: A Global Exploration of Our Connections with Animals, Santa Barbara (CA): Greenwood. Caesar, Terry (2009): Speaking of Animals: Essays on Dogs and Others, Leiden (The Netherlands): Brill. DeMello, Margo (ed.) (2010): Teaching the Animal: Human-Animal Studies Across the Disciplines, Herndon (VA): Lantern Books. Fill, Alwin/Mühlhäusler, Peter (eds.) (2001): The Ecolinguistics Reader: Language, Ecology, and Environment, London and New York: Continuum. Goatly, Andrew (2010): “Edward Thomas, the Landscape of Nature, and Ecostylistics.” Plenary lecture delivered at: PALA 2010: The Language of Landscapes: The 30th Annual Conference of the Poetics and Linguistics Association, 21-25 July 2010, University of Genoa (Italy). Halliday, M. A. K./Matthiessen, C. M. I. M. (2004): An Introduction to Functional Grammar, London: Arnold. Hribal, Jason C. (2007): “Animals, Agency, and Class: Writing the History of Animals from Below”, in: Human Ecology Review 14/1, pp. 101-112. Hurn, Samantha (2012): Humans and Other Animals, London: Pluto Press. Jones, L. H. (1903/04): The Jones Readers by Grades: Book One, Boston: Ginn and Company. Jung, Matthias (2001): “Ecological Criticism of Language”, in: Alwin Fill/Peter Mühlhäusler (eds.), The Ecolinguistics Reader: Language, Ecology, and Environment, London and New York: Continuum, pp. 270-285. McFarland, Sarah E./Hediger, Ryan (eds.) (2009): Animals and Agency: An Interdisciplinary Exploration, Leiden (The Netherlands): Brill. Porter, Pete (2010): “Teaching Animal Movies”, in: Margo DeMello (ed.): Teaching the Animal: Human-Animal Studies Across the Disciplines, Herndon (VA): Lantern Books, pp. 17-33. Rohman, Carrie (2010): “Animal Writes: Literature and the Discourse of Species”, in: M. DeMello (ed.): Teaching the Animal: Human-Animal Studies Across the Disciplines, Herndon (VA): Lantern Books, pp. 49-59.

226 | DANIELA F RANCESCA VIRDIS

Simmons, Laurence/Armstrong, Philip (eds.) (2007): Knowing Animals, Leiden (The Netherlands): Brill. Tyler, Tom/Rossini, Manuela (eds.) (2009): Animal Encounters, Leiden (The Netherlands): Brill. Virdis, Daniela F. (2009): “Niccolò Goes to America: Ideology and/through Lexicon in a 1900s US Reader”, in: Domenico Torretta/Marina Dossena/Annamaria Sportelli (eds.), Forms of Migration – Migration of Forms: Language Studies: Proceedings of the 23rd AIA Conference: Bari (Italy), 20-22 September 2007, Bari (Italy): Progredit, pp. 212-223. Wales, Katie (2010): “The Stylistics of Landscape, the Landscape of Stylistics.” Plenary lecture delivered at: PALA 2010: The Language of Landscapes: The 30th Annual Conference of the Poetics and Linguistics Association, 21-25 July 2010, University of Genoa (Italy).

Von Amseln, Elstern und Nachtigallen Vogel-Mensch-Dialoge in Texten von Friederike Mayröcker und Michael Donhauser E LEONORE D E F ELIP

V ORBEMERKUNG Aus einer anthropozentrischen Perspektive gesehen, sind die kleinen Singvögel Existenzen am „Rand“. Vom menschlichen Auge kaum wahrgenommen, erreichen sie uns oft nur über ihren Gesang. Ihre überwältigend schöne „Sprache“ unterscheidet sich von der der meisten anderen menschlichen und nicht-menschlichen Tiere, ihre Innigkeit berührt und verzaubert die menschlichen Zuhörer_innen. Unter den zahlreichen Texten der Weltliteratur, die von der Wirkkraft des Vogelgesangs auf die menschliche Psyche handeln, ja die explizit die Empathie der kleinen Sänger_innen beschreiben, haben zwei Märchen Berühmtheit erlangt: In Hans Christian Andersens Märchen Des Kaisers Nachtigall (Andersen 1986: 274286) berührt der Gesang der Nachtigall das Herz des Kaisers so sehr, dass sich seine Augen mit Tränen füllen. Der Anblick seiner Tränen sei ihr, so die Nachtigall, das größte Geschenk, und als sie Jahre später erfährt, dass der Kaiser im Sterben liege, setzt sie sich auf das Fensterbrett des kaiserlichen Gemachs und beginnt, für den Sterbenden zu singen. Ihr Gesang entfaltet eine so therapeutische Wirkung, dass selbst der Tod lauscht und sagt: „Fahre fort, kleine Nachtigall! Fahre fort!“ (284). Der Tod verlässt das Sterbebett, der Kaiser selbst fällt in einen heilsamen Schlaf und erwacht gesund. In Oscar Wildes Märchen Die Nachtigall und die Rose (Wilde 1907: 21-31) opfert die Nachtigall ihr Leben für einen Studenten, um ihm in seinem Liebeskummer zu helfen. Weil sich das von ihm verehrte Mädchen mitten im Winter eine rote Rose wünscht, drückt sich die Nachtigall eng an den Dorn eines Rosenstrauchs, damit der Dorn ihr Herz durchbohre. Ihr Herzblut und ihr Gesang beleben den Strauch, mitten im Frost erblüht eine wunderschöne rote Rose. Am Morgen liegt die Nachtigall tot unter dem Strauch. Weil aber das Mädchen den Studenten zurückweist, wird dieser die Rose enttäuscht in den Rinnstein werfen.

228 | ELEONORE D E F ELIP

In beiden Märchen setzt eine Nachtigall, setzen ihre Empathie und Hilfsbereitschaft die erzählte Handlung in Bewegung. In ihnen verwirklicht sich das Prinzip der „animal agency“, welches besagt, dass in den Texten die „Tiere als Akteur_innen mit Wirkungsmacht“ auftreten, „die zum Entstehen von Literatur beitragen“ (Kompatscher 2015: 137). Es sind, wie Roland Borgards (2012: 89) sagen würde, „diegetische“ und „semiotische“ Tiere in einem. Als diegetische Tiere tauchen sie in der erzählten Welt als „Lebewesen“ auf und sind also Objekte der literarischen Rede. Als semiotische Tiere sind sie „Zeichen“ und als solche Träger von Bedeutungen: sie werden zu Chiffren für die Wirkkraft von Dichtung und für die Existenz der Dichter_innen. Ihr Gesang verströmt sich für andere – selbstlos, unabhängig von Wertschätzung und Applaus. Die folgenden Textanalysen verstehen sich als Beitrag zu den Literary Animal Studies, d.h. zu einer um die Dimension der Tier-Mensch-Relationen erweiterten literaturwissenschaftlichen Tierforschung. Im Fokus stehen die feinen Beziehungen, die die in den Texten auftauchenden Vögel und die erzählenden Instanzen zueinander knüpfen. Von besonderem Interesse ist dabei die poetische Form, die für die Darstellung des Dialogs zwischen dem Vogel und dem Menschen gewählt wird. Friederike Mayröckers Gedicht an 1 Lieblingin (Mayröcker 2009: 249, Herv. i.O.), Michael Donhausers Gedicht Die Amsel (Donhauser 2005: 10) und sein lyrischer Prosatext Die Elster (Donhauser 2002) thematisieren nicht nur die Wirkung von Gesang und Anblick von nicht-menschlichen Sänger_innen auf das menschliche schreibende Ich. Sie zeigen vielmehr, wie sich im poetischen Raum der Texte die Grenzen zwischen den Spezies auflösen. Wie von selbst stellt sich diese Grenzaufhebung ein als Folge einer Haltung der „Kontemplation“. Alle drei Texte stellen das Konzept von „Rede“ als einer ausschließlich menschlichen Fähigkeit in Frage. Die Textanalyse wird zeigen, wie die Texte − obwohl aus der Perspektive eines menschlichen Ichs geschrieben − dennoch den anthropozentrischen Standpunkt verlassen. Sie inszenieren Dialoge auf gleicher Augenhöhe. Es sind literarische Beispiele für eine „theriozentrische“ Darstellung, die die traditionelle Sonderstellung des Menschen unterwandert. Im Mittelpunkt steht die emotionelle und intellektuelle Relevanz der Begegnung mit einem nichtmenschlichen Tier für den Menschen. Es handelt sich um „nicht-invasive“ Begegnungen, in denen es zu keinerlei sprachlichen Vereinnahmungen des Tieres in Form von Erklärungen oder Deutungen kommt. Alle drei Texte verzichten auf Formen anthropomorpher Projektionen; die Vögel werden nicht zu mensch-ähnlichen Dialogpartner_innen gemacht – es ist vielmehr das menschliche Ich, das sich in geistig-emotioneller Hinsicht dem nichtmenschlichen Sänger annähert. Das Tier erscheint als autonomer Agent, während der Mensch in seiner Ergriffenheit dargestellt wird als ein Horchender, Schauender und Antwortender.

V ON A MSELN , E LSTERN UND NACHTIGALLEN

| 229

Umgekehrt mutiert hier der Mensch auch nicht zum Tier, die Annäherung zwischen den Spezies geschieht jenseits der menschlichen Transmutation (vgl. hierzu Livingston/Puar 2011: 3-141). Es geht um die gegenseitige Wahrnehmung und um sich entfaltende Dialoge. Es sind rücksichtsvolle und staunende Annäherungen im Geiste, in denen eine Haltung der liebenden Versenkung zum Ausdruck kommt. Die emotionelle Intensität, die die Begegnungen zwischen Vogel und menschlichem Ich charakterisiert, wird in Verse und Sätze von großer poetischer Intensität „übersetzt“. Es sind poetische Lobpreisungen sowohl der Ähnlichkeiten, die die Spezies verbinden, als auch der Differenzen, die als Ausdruck von Vielfalt die Spezies voneinander unterscheiden. Mayröckers und Donhausers Texte sprechen nicht nur über die Tiere, sondern reflektieren zugleich die Art und Weise, wie im Medium der Poesie über Tiere gesprochen werden kann. Somit erweisen sich hier die literarischen Tiere als „poetologische Reflexionsfiguren“ (Borgards 2012: 108), die ins „Herz“ der jeweiligen Poetik führen.

F RIEDERIKE M AYRÖCKER :

AN

1 L IEBLINGIN

Acht Jahre nach dem Tod ihres „Hand- und Herzgefährten“ Ernst Jandl schrieb Friederike Mayröcker am 2.6.2008 folgendes Gedicht: an 1 Lieblingin der Himmel schmilzt ich rufe ihn an in seinem Schrebergarten er meldet sich freundlich aber ich höre nur den Gesang eines Vogels schmelzende Frühe, kann nicht mehr sprechen nur lauschen der Vogel singt sein Lied nur für mich zärtlich und süsz durchdringend mein Herz ergreifend ich erkenne nicht ob Amsel ob Nachtigall (störend in der Ferne 1 menschliche Stimme die mich nicht mehr erreicht) ich werde die Stimme des Vogels umarmen: sie ist meine Geliebte

1

Dazu Livingston/Puar (2011: 3): „This growing body of literature [i.e. contemporary animal studies, Anm. d. V.] traces the material effects of anthropocentrism (human exceptionalism), anthropomorphic projection (animals must mimic humans, are prosthetic extensions of humans), incorporation and invasion (animals can become us), transmutation (we can become animal), exotic alterity (aren’t they wondrous?), and anthropogenic obliteration (animals impede human capitalist endeavors) that characterize human/nonhuman interfaces.“

230 | ELEONORE D E F ELIP

Das lyrische Ich ruft zum Himmel, es antwortet die Stimme eines Vogels. Man beachte das Spiel mit der ambivalenten Bedeutung des Akkusativs: „ich rufe ihn an“: Offen bleibt, wen das lyrische Ich anruft, ob den Himmel oder ein maskulines (menschliches) Du in einem „Schrebergarten“. Die typographische Hervorhebung durch Kursivschreibung suggeriere eine akustische Intensivierung, erklärte die Autorin bereits 1984 in einem Interview mit Siegfried S. Schmidt (1984: 281): „Kursivschreibungen sind für mich nach wie vor sehr wichtig, weil ich damit etwas akustisch hervorheben will. Ich stell mir immer vor, daß das, was ich kursiv schreibe, irgendwie geschrien wird.“ „Ihn“ in einem himmlischen „Schrebergarten“ zu imaginieren, könnte eine Anspielung auf Jandls poetische Sprache sein, die er selbst als „heruntergekommene Sprache“ bezeichnete: „es ist die sprache von leuten, die deutsch zu reden genötigt sind, ohne es je systematisch erlernt zu haben, manche nennen es ‚gastarbeiterdeutsch‘, ich aber, in hinblick auf poesie, nenne es eine ‚heruntergekommene sprache.‘“ (Siblewski 2000: 168) Die grammatische Verschmelzung signalisiert die Verschmelzung der semantischen Ebenen, suggeriert den Himmel, darin ein maskulines Du. Wieder fällt die Ambivalenz des Pronomens „er“ in Vers 2 auf: „er meldet sich freundlich“. Die innere und die äußere Wahrnehmung – die Wunschvorstellung, „seine“ Stimme zu hören, einerseits, die reelle Wahrnehmung des Ohrs („aber ich höre nur den Gesang eines Vogels“) andererseits – verschmelzen. Die emotionelle Wirkkraft des Augenblicks verschlägt dem lyrischen Ich die Sprache. Es gibt sich ganz dem Lauschen hin: „der Vogel singt sein Lied nur für mich zärtlich und süsz durchdringend mein Herz ergreifend“ (Vers 4-5). Der Vogel erscheint hier als empathisches Wesen, das mit dem lyrischen Ich in Resonanz tritt und seinem Ruf antwortet. Wird hier der Vogel „anthropothymisiert“ (Lorenz 1990: 5)? Imaginiert das lyrische Ich den Vogel als ein empathisches Wesen oder nimmt es die reell gegebene Empathie des Vogels wahr? Ein Dialog ist es allemal und seine emotionelle Wirkung auf das lauschende Ich groß. So wie das menschliche Ich ruft und auf eine Antwort hofft, so wird es seinerseits vom Lockruf der Nachtigall oder Amsel erfasst. Seine innere Antwort ist Liebe. Die Stimmen der anderen Menschen werden in diesem Dialog als störend empfunden. Das lyrische Ich hofft nicht auf eine beliebige menschliche Resonanz, sondern auf „seine“ Antwort. Ein Vogel ist es, der die „richtige“ Antwort gibt, die das Ich zu berühren und zu trösten vermag. In den Vogelgesang wird keine Aussage projiziert. Er bleibt der Gesang eines Vogels und also diegetisch und wird zugleich semiotisch: er wird zum „Wink des Himmels“, zu „seiner Stimme“, zur „Geliebten“. Im poetischen Raum des Gedichts begegnen einander der singende Vogel und das lauschende menschliche Ich auf Augenhöhe. Im poetischen Satz, von dem Anne Duden sagt, dass er „unbeirrbar und ungreifbar“ sei, „das Schwellenwesen, ein Vorgang des Übertretens, Aus- und Überschreitens, Unterlaufens und Auffahrens“ (Gernhardt/Waterhouse/Duden 1998: 41), kann die „Übertretung“, die „Unterlau-

V ON A MSELN , E LSTERN UND NACHTIGALLEN

| 231

fung“ veralteter Speziesgrenzen stattfinden. Im Gedicht verläuft die „Grenze“ vielmehr zwischen dem Ich und seinen menschlichen „Artgenossen“. Es ist ein Gedicht über einen Augenblick von Glück in einer Zeit der Trauer, des Schmerzes und der Einsamkeit. Das Glück wird möglich, weil das lyrische Subjekt offen ist für die Schönheit des Vogelgesangs. Eine umweltpsychologische Studie der Universität Surrey (Ratcliffe/Gatersleben/Sowden 2013: 221-228) bestätigt, dass von allen möglichen Geräuschen und Klängen der Vogelgesang von den meisten Menschen als der Klang empfunden wird, der am wirksamsten Stress reduziert und eine ruhige Achtsamkeit wiederherzustellen vermag. Vogelgesang lenkt die Aufmerksamkeit von quälenden Gedanken ab, weckt positive Assoziationen, stärkt ein Gefühl der Verbundenheit mit der Natur und darüber hinaus mit dem alles umfassenden Daseinsgrund, der als größer und „wichtiger“ empfunden wird als der aktuelle Stress. Manche der an der Studie beteiligten Testpersonen sagten sogar, dass das erholsame Potential des Vogelgesangs für sie dann am größten sei, wenn sie ihm ganz allein lauschen, und dass sie in solchen Momenten menschliche Gesellschaft als störend empfinden. An 1 Lieblingin liest sich wie eine Antwort auf eine Stelle aus Mayröckers Requiem für Ernst Jandl (Mayröcker 2001: 12f.): „Der Verlust eines so nahen Menschen, eines HAND- und HERZGEFÄHRTEN ist etwas ganz und gar Erschütterndes, aber vielleicht ist es so, daß man weiter mit diesem HERZ- und LIEBESGEFÄHRTEN sprechen kann nämlich weiter Gespräche führen kann und vermutlich Antworten erwarten darf. Einer einstmals so stürmischen Aura, nicht wahr. Jetzt gestammelt gehimmelt, und weltweit.“

Die Nachtigall oder Amsel wird zur Chiffre für das Bedürfnis des lyrischen Ichs nach Liebe und Verbundenheit, die über den Tod hinausgehen, zugleich aber auch für seine Fähigkeit, intensive Liebe für einen Vogel zu empfinden. Mit aller Vorsicht, die bei Querverweisen zur reellen Person der Autorin geboten ist, sei hier an Mayröckers eigene Worte erinnert. In einem Interview sagte sie 2013, sie habe eine enorme Sehnsucht nach Liebe und verliebe sich auch ständig. Als Jandl noch lebte, habe er dies aufgefangen. Heute komme die Liebe ganz plötzlich, über die Augen, über den Blick. Sie verliebe sich in Menschen und Tiere, ganz egal, ob sie sie widerlieben oder nicht.2

2

Die Autorin in einem Interview mit Tobias Haberl von der Süddeutschen Zeitung 2013: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/38429/ vom 2.2.2015.

232 | ELEONORE D E F ELIP

M ICHAEL D ONHAUSER : D IE A MSEL Michael Donhausers Gedicht Die Amsel (1991) ist selbst, wie der Gesang des Vogels, ein Gewebe aus Melodien und Pausen. Der im Frühjahr weitum hörbare Reviergesang der Amselmännchen besteht aus einer Reihe melodiöser Strophen, in denen zahlreiche „Motive“ moduliert und kombiniert werden (vgl. hierzu Dabelsteen 1984: 227-239)3. Von exponierten Singwarten wie Antennen und Dachgiebeln aus vorgetragen, ertönt er in der Morgen- und Abenddämmerung. Zwischen den Strophen setzen die Amselmännchen deutliche Pausen, in welchen manchmal aus der Ferne der sogenannte „Kontergesang“ eines benachbarten Männchens zu hören ist. Die Amsel Sie, die, ihr, Lied und verdreht, singt es in keiner Erwartung Wenn nicht oder vielleicht in der des Morgens, als weinte das Lied In ihrem Lied, das Herz der Nacht und sich aus, oder als gäbe es Doch und seine Unendlichkeit, wenn sie es weitet, weit aufschlägt Über dem Platz und über die Dächer, hinüber bis und hin zu dir Als wärst du und berührbar, von ihrem Lied, oder wie so berührt Lied du oder du, wo du, die du, wenn du wie und sie es entwirft Mit und in einem kurzen Zwitschern, zwischen, Zitaten, dass – Bricht sie es ab, ist es noch und dann stumm, als stände und still Ihr Lied und fragte, wo du und bist, wäre nicht jetzt oder ich und Ein Rest als du von dir und wie verkündet so verdreht und hier

Donhausers Gedicht spiegelt in seiner sprachlichen Struktur die Struktur des Vogelgesangs wider. In Donhausers „ungewöhnlicher“ Handhabung der Sprache werden „Halbtöne“ und „Pausen“ hörbar. Das wiederkehrende, scheinbar überflüssige „und“, das sich zwischen die Wortverbindungen schiebt (V. 1: „Sie, die, ihr, Lied und verdreht“, V. 6: „Als wärst du und berührbar“), hat weder eine verbindende noch eine trennende Funktion. Im bedeutungsneutralen Wort „und“ sinkt die Stimme leicht ab; „und“ ist eine Modulation, es markiert den Übergang von einem Ton zum anderen. Wie im Gesang der Amseln kann man auch in Donhausers Gedicht wiederkehrende Elemente erkennen, etwa das leitmotivische Wort „Lied“, das fortwährend modulierte „Du“, den wiederkehrenden Vergleichssatz mit irrealer Färbung (V. 2f: „als weinte das Lied in Ihrem Lied“, V. 3f. „oder als gäbe es Doch

3

T.

Dabelsteen,

online:

www.jstor.org/discover/10.2307/3675931?uid=3737528

&uid=2&uid=4&sid=21105380796641 vom 2.2.2015.

V ON A MSELN , E LSTERN UND NACHTIGALLEN

| 233

und seine Unendlichkeit“, V. 9f. „als stände und still Ihr Lied“). Die Elemente werden zu Motiven verschränkt und variiert. Durch Beistriche oder aneinander gereihte metrische Hebungen (V. 2 „Wenn nicht oder vielleicht“) werden minimale Pausen signalisiert. Das Gedicht beginnt mit drei markant gesetzten Beistrichen. Ohne die ‚überflüssigen‘ Beistriche und ohne das „und“ stünden zu Beginn ein „Sie“ und ein einfacher Attributsatz: Sie, die ihr Lied verdreht … Die Beistriche und das ‚überflüssige‘ „und“ hingegen suggerieren das zarte, zögernd einsetzende, fein modulierte Lied der Amsel. In Vers 7 wird das „Du“ fünfmalig variiert, dazwischen sind minimale Pausen gesetzt („Lied du oder du, wo du, die du, wenn du wie und sie es entwirft“), sodass eine Melodie aus langgezogenen, dunklen U-Lauten evoziert wird. Die Verse sind in etwa alle gleich lang, doch jeden Vers bestimmt ein anderer Rhythmus. Die Lexik ist einfach und eher repetitiv; das ungewöhnlich musikalische Moment liegt in der Syntax. Während das Gedicht wie ein Vogelgesang „plötzlich“ einsetzt (mit einem klaren Satzanfang), suggeriert sein offenes Ende einen langen, vielleicht Stunden, vielleicht einen ganzen Tag oder eine ganze Nacht anhaltenden Gesang. Satzfragmente tauchen auf, verschränken sich mit anderen, stocken plötzlich, schlagen eine unerwartete Richtung ein, verstummen, tauchen wieder auf. Die Versenden, die Enjambements signalisieren gleichermaßen das Ende eines Motivs wie dessen Fortführung. Vers 8 imitiert lautmalerisch die Zwitscherlaute des Vogels: „in einem kurzen Zwitschern, zwischen, Zitaten, dass –“. Im Enjambement wird der plötzliche Abbruch hörbar; es klingt wie ein Innehalten, wie ein Warten auf eine Antwort. Das Gedicht ist geprägt vom Spiel mit der semantischen Ambivalenz von „Du“ und „Sie“. Die sprechende Instanz spricht zunächst von der Amsel und ihrem Lied. In Vers 5 wendet sie sich an ein „Du“: „hinüber bis und hin zu dir“. Offen bleibt, wer mit dem Du gemeint ist, ob ein menschliches fernes Du oder ein anderes fernes Amselmännchen? Ist es – wenn es in Vers 7 heißt: „Lied du“ − das Lied der Amsel, das den Sprecher berührt, oder spricht sich der Erzähler selbst mit „du“ an? Im „Du“ verschmelzen die Perspektiven (die Standorte oder Singwarten), es ist die Amsel, ihr Lied und die erzählende menschliche Instanz in einem. Im vorletzten Vers taucht ein einziges Mal ein „Ich“ auf. „Du“ bleibt bis zuletzt semantisch weit offen, es gibt keine klare Zuordnung, keine Abgrenzung zwischen „Du“ und „Ich“, zwischen der menschlichen Sprecherinstanz, dem Vogel, einem anderen Menschen, einem anderen, zweiten Vogel und dem Gesang. Das imaginierte „Du“ (welches Du auch immer) ist berührbar (V. 6: „als wärst du und berührbar, von ihrem Lied, oder wie so berührt Lied du oder du“), es tritt zum Gesang in Resonanz. Wer immer die antwortende Instanz ist – ihre Antwort wird zum „Kontergesang“. Zahlreiche sprachliche Signale stellen das Gesagte in Frage, schwächen es ab, formulieren es als Möglichkeit, als versteckte Hoffnung. Die sprechende Instanz

234 | ELEONORE D E F ELIP

enthält sich aller Behauptungen, spricht in vorsichtigen Vermutungen („als weinte das Lied …“, „als gäbe es Doch und seine Unendlichkeit …“, „Als wärst du …“). Sie nähert sich dem Wesen der Amsel nur an, will es staunend und achtsam ergründen, will sich ihren Gesang anverwandeln. Jedes hierarchische Gefälle wird unterlaufen. Das menschliche Subjekt ordnet sich dem Vogel nicht über, im Gegenteil, es ist der Mensch, der vom Vogel lernt, der ihn imitiert, der ihm antwortet. Das Gedicht selbst kann als Donhausers ‚Kontergesang‘ auf den Gesang einer Amsel gelesen werden. Das Gedicht erzählt von einer noch in der Nacht, noch vor dem Morgengrauen singenden Amsel. Wenn es nun heißt, die Amsel singe in keiner Erwartung, wenn nicht in der des Morgens, so widerspricht das Gedicht einer weitverbreiteten Annahme, die dem Gesang der Amsel in jedem Fall eine Funktion zuschreibt. Ihr zufolge diene der Gesang entweder der Verteidigung des Reviers oder der Anlockung einer Brutpartnerin. Der Amsel einen „absichtslosen“ Gesang zuzuschreiben, hieße in diesem Sinne, sie zu anthropothymisieren. Im Gegensatz dazu vertritt der Philosoph und Interspezies-Musiker David Rothenberg (Rothenberg 2005)4 nach langjährigen Beobachtungen von Singvögeln die Meinung, dass mit der Funktionalität die überraschende Komplexität und vielfältige Schönheit des Vogelgesangs nicht hinreichend erklärt werden könnten. In langjährigen Beobachtungen habe er feststellen können, dass Vögel immer wieder auch aus demselben Grund singen, aus welchem die Menschen Musik machen, nämlich aus einfacher Freude am Gesang, aus Freude am Schönen. Man könne daher Singvögel als Akteure einer eigenen „Ästhetik“ bezeichnen (vgl. hierzu auch Sommer 2000). In den drei letzten Versen des Gedichts werden die Elemente miteinander verflochten: Bricht sie es ab, ist es noch und dann stumm, als stände und still Ihr Lied und fragte, wo du und bist, wäre nicht jetzt oder ich und Ein Rest als du von dir und wie verkündet so verdreht und hier

Eingeleitet wird diese letzte Sequenz vom Beginn eines Bedingungssatzes: Wenn die Amsel ihr Lied abbricht, scheint ihr plötzlich stummes Lied zu fragen, wo denn das „du“ ist. Es fehlt ein Hauptsatz; in einer grammatisch schwebenden Konstruktion gleitet der Bedingungssatz in Vergleichssätze mit irrealer oder auch potentialer Färbung. Das Lied fragt nach dem „du“, so als gäbe es nicht das „Jetzt“ oder „mich“, kein Jetzt, in dem das Ich ein Ich ist, sondern als könnte es ein Rest sein

4

In seinem Buch Why birds sing (2005) verbindet Rothenberg Erkenntnisse aus der Wissenschaft, aus der Poesie und der Musik, um die Komplexität und Schönheit des Vogelgesangs zu ergründen.

V ON A MSELN , E LSTERN UND NACHTIGALLEN

| 235

vom „Du“; das Lied fragt, als könnte hier (wie es verkündet) eine Verdrehung von Du und Ich stattfinden. Auch hier werden im poetischen Raum des Gedichts die Grenzen zwischen den Spezies aufgehoben. Die menschliche lauschende Instanz wird zu einer antwortenden Amsel „verdreht“; die singende Amsel der diegetischen Ebene trägt Züge der nicht-diegetischen erzählenden Sprecherinstanz. Das Gedicht schafft einen Raum, wo es zu einer maximalen Angleichung, ja zur Diffusion von bisher Differentem kommt. Der singenden Amsel wird eine agency zugesprochen, die über die Grenze der erzählten Welt hinaus poetisch wirksam wird. Weil sie „fragt“, ruft sie im DichterIch das Gedicht hervor. So gesehen „macht“ das Tier Literatur (vgl. hierzu Borgards 2012: 107-109). Schließlich wird die Amsel auch zum ‚semiotischen‘ Tier, das auf die Unvergänglichkeit der Kunst oder auch auf die spirituelle Dimension des Augenblicks verweist. Ihr Gesang könnte als Zeichen gelesen werden, dass es eine Unendlichkeit gibt (die Unendlichkeit des Lieds), „wenn sie es weitet, weit aufschlägt Über dem Platz und über die Dächer, hinüber bis und hin zu dir“. Wenn der Gesang über den Platz und die Dächer hinweg das „Du“ erreicht, dann könnte schließlich auch dessen Unendlichkeit spürbar werden.

M ICHAEL D ONHAUSER : D IE E LSTER Michael Donhausers dreiteiliger Prosatext Die Elster erzählt von der Begegnung des erzählenden Ichs mit dem Vogel auf Montes berühmtem Bild „La pie“ (entstanden 1868-69, Musée d’Orsay, Paris). Das Bild zeigt eine tief verschneite Landschaft: im Vordergrund einen geflochtenen Weidenzaun mit einem Gatter, auf dessen oberster Sprosse eine winzige Elster sitzt. Hinter dem Gatter, zwischen schneebeladenen Bäumen, unter einem schneegrauen Himmel sieht man zwei Häuser mit tiefen schneebedeckten Dächern. Den Leser-/innen begegnet Donhausers Elster als ein (im Medium des Bildes und in dem der Erzählung) zweifach fiktionalisiertes Tier. Der Text handelt von der Fähigkeit des menschlichen Betrachters, die Grenzen der Fiktion aufzuheben und sich in die verschneite Welt der Elster hineinzubegeben. Er erzählt zugleich von der „agency“ einer Elster, die aus der Fiktion heraus wirksam wird und den Betrachter auf bedeutsame Weise zu berühren vermag. Der im Geist sich entfaltende Dialog wird im Betrachter über die Jahre weiterwirken (die „agency“ des Vogels hält an), sodass er sechs Jahre später noch zweimal literarisch weitergesponnen wird. Teil 1 (entstanden im „Dezember, Februar 1996/97“ [18]) schildert die „Begegnung im Geiste“ zwischen den Spezies. Zwischen der Wirklichkeit des Betrachters, der im Museum vor dem Bild steht, und jener der Elster öffnet sich die Grenze. Der Status des Erzählers und der „erzählten“ Elster oszilliert zwischen „Subjekt“ und

236 | ELEONORE D E F ELIP

„Objekt“ (Borgards 2012: 104f.). Aus der Perspektive der Akteur-NetzwerkTheorie gesehen (vgl. hierzu Latour 1996, 2005), sind sie Akteure in einem netzwerkartigen Handlungszusammenhang; als solche beeinflussen sie sich gegenseitig und darüber hinaus Dritte (die Leser_innen). Der Erzähler beschreibt sich als Betrachter, der sich selbst in die Welt des Bildes hineinbegibt, der nun selbst im Schnee steht, wenige Schritte von der Elster entfernt. Er und die Elster sind nun Akteure im selben Aktionsraum. Vom Vogel in seinen Bann gezogen, fühlt er dessen Anziehungskraft, die auf ihn intellektuell und erotisch zugleich wirkt: „[…] das Gatter, fünf Sprossen und auf der obersten der Titel, Kitzler, die Elster: la pie.“ (Donhauser 2002: 9) Der Erzähler „sieht“ die Ereignisse der vergangenen Jahreszeiten unter der Schneedecke: „[…] ein Prügel, ein Fass oder Zuber im Schnee: umgestürzt, liegen geblieben, erinnernd an die Feste des Abends unter dem Laub der Gartenbäume, an die Rufe und das Lachen und die Zärtlichkeiten, versteckt hinter dem Zaun, kaum zehn Schritte vom Gatter und so an die Ungeduld, die Lust, den Rausch. “ (9)

Da „liegt“ nun alles, unter dem Schnee verborgen, so wie auch im Gedicht die Dinge „verborgen“ liegen. Stellvertretend für ihn, den schreibenden Betrachter, wird die Elster zur „Spurenleserin“ der menschlichen Lust und Freude. Seinerseits „hört“ der Betrachter die Fragen der Elster, ihre an ihn gerichtete Einladung: „… die Elster wird auffliegen, doch zuvor stellt sie sich als Frage: wirst du näherkommen ‒ Würde, Scham und Wehmut, alle Sichtbarkeit war Klang, klingend und begleitet von dem Singen der Schritte, dem Gleichmaß des Gehens im Schnee: ich ging, blieb stehen, im Gehen, angesichts der Elster, ihres Vogelnamens.“ (10f.)

Offen bleibt, wem die seelischen Regungen der Würde, Scham und Wehmut zugeschrieben werden, ob dem Betrachter oder der Elster. Sie drücken Haltungen und Emotionen aus, die dem Bereich des moralischen Empfindens zuzuordnen sind. Die Textstelle suggeriert eine Gleichheit der Empfindung bzw. ein wechselseitiges Wahrnehmen des Werts des Anderen. Das Wort „Würde” hat laut Duden eine sowohl passive als auch aktive Bedeutungsnuance. In der ersten Variante drückt es einen intrinsischen Wert aus, der einem Lebewesen innewohnt, auch wenn sich dieses dessen nicht bewusst ist (einen „Achtung gebietende[n] Wert, der einem Menschen innewohnt, und die ihm deswegen zukommende Bedeutung“5). Die zweite,

5

Duden 2.2.2015.

online:

http://www.duden.de/rechtschreibung/Wuerde#Bedeutung1a

vom

V ON A MSELN , E LSTERN UND NACHTIGALLEN

| 237

aktive Bedeutungsvariante setzt ein Bewusstsein voraus: „Bewusstsein des eigenen Wertes [und dadurch bestimmte Haltung]“ (ebd.). In Donhausers Erzählung wird dem Vogel allemal ein intrinsischer Wert zugesprochen, der Achtung gebietet. Mit weit offenen Sinnen nimmt der (staunende) Erzähler den „Klang“ des Sichtbaren wahr wie den des Schnees und den des Vogelnamens. Dann schwenkt die Erzählung in einen anderen Erzählraum ‒ von der verschneiten Landschaft in Monets Bild weg in die regennasse Stadt mit ihrem dröhnenden Verkehr und dem nassglänzenden Asphalt. Die Erzählzeit wechselt vom Präsens ins Perfekt. Auch ist es nun ein anderer Vogel, der (im selben Aktionsraum) wie der Erzähler mit der Umwelt interagiert. Nun ist es eine Amsel, die sich auf den Verkehr einstimmt und sein Dröhnen „moduliert“. Wiederum wird dem Vogel eine „agency“ zugesprochen, die sich darin zeigt, dass sie mit der „Stadt“ in einen Dialog zu treten, dass sie ihren „Klang“ aufzugreifen und zu verwandeln vermag: „Der regennasse Asphalt spiegelt den Himmel, spiegelnd in dem Dröhnen der Kreuzung, in Phasen, vom Verkehr: ich habe die Amsel gehört, habe sie das im Hof gedämpfte Dröhnen modulieren gehört, zu Intervallen der Stille, durch ihren Gesang, sein Absetzen, Wiedereinsetzen, die Rufe und das Trillern …“ (11f.)

Inmitten der Stadtlandschaft, heißt es, habe die Amsel die Antenne zu ihrem Sitz „gemacht“. Im Text wird dem Vogel ein eigener Wille zugestanden, die Fähigkeit zu einer Entscheidung: „… es gab das Schlagen der Hoftüren, das metallene Ins-Schloss-Fallen und die Ödnis des Hofs als Hall, das Moos und Gras auf den Garagendächern und den Dächern der bedeckten Parkplätze, gab die Kahlstelle, wo die Zweige einer Birke die Dachplane fegten, im Wind: doch die Amsel saß auf der Antenne und hatte so, schwarz in schwarz mit der Antenne, diese zu einer bestimmten gemacht, zu ihrem Sitz im lilablaugoldenen Abendhimmel …“ (12)

Wie schon die Elster „berührt“ auch die Amsel den Erzähler. Sie vermag es, den Stadtlärm vergessen zu machen und stattdessen den Hof mit ihrem hingebungsvollen Gesang zu füllen. Da ist es, als ob die hektische Zeit der Stadt still stünde, als ob eine andere Zeitdimension begänne, in der ein Zu-sich-Kommen möglich ist. Die von den Stadtgeräuschen sich abhebende „andere“ Qualität des Amselgesangs ist’s, die den lauschenden Erzähler gewissermaßen zu sich selbst zurückführt: „ […] ich habe mich aus dem Fenster gebeugt und die Amsel gesehen, das Schnabelaufreißende ihres Gesangs, der den Hof füllte, bis in die Stiegenhäuser und hinweg über die Dächer und die Kaminzeilen: […] und da war es, dass ich, mich zurück zum Fenster wendend, wie lange nicht in dem Zimmer wieder wohnte.“ (12f.)

238 | ELEONORE D E F ELIP

Nach diesem „Exkurs“ schwenkt die Erzählung wieder zurück zu Monets Bild und zur scheinbar stummen Bildlichkeit der gemalten Elster. Der Betrachter erfasst indessen ihre „Redseligkeit“ (eine Wirklichkeit aus der Welt der lebenden Elstern, die bis ins Bild hinein wirksam wird), die sich durch das Medium des Bildes durchbahnt und sich im Bild einer Musiknote zeigt: „[…] die Elster, schwarz: kein Krächzen, der redselige Vogel sitzt als eine stumme Note, als ein fa auf der obersten Gattersprosse.“ (13) Gleichzeitig zeigt sich an der Elster eine „semiotische“ Qualität: als winziger Punkt auf einer „Notenzeile“ steht sie für die Lebendigkeit des Gesangs, der dem Winter trotzt und selbst in der Nacht ertönen kann. „Wäre es Nacht, es wäre wie reglos zu stehen, in der Stille, die Elster hätte ihren Platz verlassen und wo sie saß, wäre die Dunkelheit etwas blasser, das Bild hieße Le hibou, Die Eule, und hörbar wäre, verstärkt durch das Echo des nahen Waldes, der Eulenruf, jambisch, anapästisch, wechselnd […]“ (14)

Die „Sprache“ der Vögel wird zur Chiffre für poetisches Sprechen. So wie die „Zeichenhaftigkeit“ der Elster Noten- (und Schift)zeichen evoziert, suggeriert der vom Wald als Echo zurückgeworfene Ruf der Eule die Rhythmen metrischer Strukturen. Ein zweites Mal wechselt die Erzählung den Aktionsraum, kehrt kurz zurück in die Stadt, wo das (schreibende) Erzähler-Ich in seinem Zimmer den Vogelstimmen lauscht, die aus einer CD zu ihm dringen. Wiederum entfaltet sich im Zusammenspiel von sehnsüchtigem Hören und Singen die wirkungsvolle „agency“ der Vögel, die den Lauschenden aus der Stadt hinaus und in die „andere“ Realität einer intensiv imaginierten Baumlandschaft hinein zu tragen vermag: „Ein Gedicht ist eine Sprache aus Echos und Findlingen und Blicken zu Boden und auf in die Weite: ich lag und hörte Die Stimmen der Vögel in der Nacht, es war Nacht und die Stimmen trugen mich in die offene Baumlandschaft, aus dem Zimmer mit dem CD-Gerät in die Stille zwischen dem schwarzen Geäst …“ (15)

Schließlich wird man zurückgeführt in den „Innenraum“ des Besuchers des Musée d’Orsay in Paris, der Monets Elster zärtlich wie eine Geliebte anspricht: „Dein Fuß, das Brustgefiederweiße, Mädchenhandzarte, das Fraulichnackte deines Fußes […]“ (15) Das menschliche und das nicht-menschliche Tier blicken einander aufmerksam an. Im Modus der „Kontemplation“ entsteht zwischen ihnen ein „Zwischenraum“, in welchem die Reziprozität ihrer Blicke erfahrbar wird. Monets Elster ist in diesem Moment ein agierendes Lebewesen und avanciert zugleich zu einer Chiffre für alle „Zwischenräume“ oder „dritten Räume“, die durch Kunst entstehen:

V ON A MSELN , E LSTERN UND NACHTIGALLEN

| 239

„Ich sah, wie die Elster mich sah, sah mich, ein paar Schritte entfernt im Schnee stehen: ich hatte das Gedicht einen Zwischenraum genannt, hatte es ein Provisorium, eine Heimat oder Jenins genannt, und es waren Obstbäume, war ein Gestrüpp, war ein Abend, eine Dorfeinfahrt, war ein Vogelruf gewesen.“ (16)

Der zweite Teil der Erzählung entstand im April 2002, sechs Jahre nach dem ersten Teil, und trägt den Titel Noch einmal: die Elster. In ihr schreibt der Erzähler seine Begegnung mit der Elster fort: „Manchmal wieder kehrte ich zurück zu dem Bild und sah, was ich vergessen hatte …“ (21) Erneut ist es die Gleichzeitigkeit von Bildhaftigkeit und Lebendigkeit, die der Erzähler wahrnimmt: „Die Elster, sie bewohnte das Bild, saß dort auf der obersten Gattersprosse als auf einem Ast, ein wenig beiläufig auch oder Lebewesen, so Lebewesen wie der Zuber liegen gelassen, und der Schnee …“ (21)

Dem Vogel wird die Eigenschaft zugesprochen, das Bild aktiv zu bewohnen, so wie man ein Haus aktiv bewohnt; dabei vollzieht sie diesen „Akt“ des Wohnens auf so selbstverständliche Weise, dass er wie beiläufig geschieht. Als „semiotisches“ Tier wird die Elster zu einem „Emblem“ für die (letzte) Stille, für den Klang des Schnees: „[…] alles ruhte, alles klang, war Widerklang, nicht Auflösung, […] kleidete die Stille, auf deren nackter Schulter die Elster saß: gab es den Tod, war er der Klang, auf den das Bild antwortete, so widerklingend.“ (22) „[…] denn es war auch der Weg kaum erinnerbar noch, doch zugegen, verwandelt […] in diese Bildlichkeit als Elster, Emblem, hineingesetzt in die Stille, sie zu vergrößern.“ (23)

Der dritte Teil (im Mai 2002 verfasst) liest sich wie ein Nachtrag zu den beiden vorangegangenen Teilen. Auf den letzten anderthalb Seiten wird die „Lebendigkeit“ der reellen Elstern in der gemalten Elster noch einmal wirksam. Alle Eigenschaften der schönen Rabenvögel – ihre Stimme und Bewegungen, ihre Begabung, Stimmen zu imitieren – fließen, als eine „letzte“ Ergänzung, ins Bild ein. Die reelle und die fiktive Vogelwelt schieben sich im Raum der Poesie ineinander; in dieser Fusion kann Monets Elster gewissermaßen wieder lebendig werden. „Ein leiser, faselnder Gesang aus feinen, wimmernden und zwitschernden Lauten ‒ also ist ihr Lied, ein Gefasel oder Palaver, und so schwatzt sie, ahmt Stimmen nach oder krächzt, von Zeit zu Zeit, heiser und grell: doch jene, auf dem Gatter, wartet nur ab und behält im Auge, den Maler, für eine kurze Weile.“ (27)

240 | ELEONORE D E F ELIP

Schließlich erspürt der Erzähler sogar die zweite Elster, welche im Bild nicht sichtbar ist; er erspürt sie in ihrer Abwesenheit; er sieht in der einen, sichtbaren Elster das Paar und fühlt, dass auch die andere Elster seinen Blick erwidern würde: „Eine einzelne Elster, eine zweite ist nicht zu sehen, nicht in dem Obstgarten, nicht auf dem lose eingeflochtenen Ast: sie fehlt, ein wenig, die zweite des Paares, das sie zumeist sind ‒ sie würde den Blick teilen, der ungeteilt sich da verzweigt, die Häuser sieht, auf dem Gatter sitzt oder atmet, geblendet, die Weite.“ (27f.)

Am Ende steht (zwischen Klammern) die Paraphrase eines Abschnitts aus Plinius’ des Älteren Naturalis historia6, worin von der sprachlichen Begabung der Elster berichtet wird, welche mit „Hingabe“ neue Wörter erlerne und vor Kummer sterbe, wenn ihr Wörter nicht mehr einfielen, die sie vergessen hatte. Durch die Strategie dieser literarischen „Stimmenimitation“ spiegelt der Text das „Sprechverhalten“ der Elster: Plinius’ Worte werden nicht ganz wörtlich, sondern nur als eine dem Originaltext angenäherte Paraphrase wiedergegeben. Es ist ein kunstvolles intertextuelles Spiel, in welchem die „agency“ der reellen Elstern abschließend noch einmal wirksam wird. Im Sinne der Akteur-Netzwerk-Theorie sind die lebendigen Tiere der reellen Welt und die fiktiven Tierfiguren in Handlungszusammenhängen miteinander verbunden. Auch Donhausers Elster (und in ihr Monets Elster) wirkt auf die lebendigen Elstern der Welt zurück, indem sie die Leser_innen für die Schönheit und Zartheit dieser intelligenten Rabenvögel sensibilisiert. Im besten Fall könnte sich dies sogar auf den Schutz der reellen Elstern positiv auswirken, die aufgrund weit verbreiteter Vorurteile in Europa noch immer verfolgt werden. (Laut offiziellen Berichten beträgt die Anzahl der jährlich in Europa abgeschossenen Elstern 980.6307, ein gänzliches Verbot der Vogeljagd gibt es nur in wenigen Staaten der EU.8) Donhausers Elster handelt davon, wie der Erzähler sich auf eine außergewöhnliche Begegnung mit einem gemalten Vogel einlässt; dank der anhaltenden Intensität seines Schauens überschreitet er die Grenzen der Fiktion, er begibt sich in den

6 7

Plinius der Ältere, nat. hist. liber X, § 118. Zu den Abschusszahlen von Singvögeln s. http://www.komitee.de/content/aktionen-undprojekte/jagdstrecken-europa/abschusszahlen-singv%C3%B6gel. Zu den weit verbreiteten Vorurteilen gegenüber Rabenvögeln und ihrer wissenschaftlichen Widerlegung. Siehe www.komitee.de/content/vogelschutz-praktisch/rabenvoegel; rabenvoegel.de.

8

S. Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (kodifizierte Fassung): http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:020:0007:0025: DE:PDF

V ON A MSELN , E LSTERN UND NACHTIGALLEN

| 241

Schnee der gemalten Landschaft, er wird zu einer Figur des Bildes, er wird von der Elster erblickt und angesprochen (auf nur für ihn hörbare Weise). Mensch und Vogel sind einander ähnlich geworden. In der Spiegelung sieht der Erzähler sich selbst; es ist wie ein Erkennen, ein Sich-Verlieren und Zurückfinden. Rückblickend beschreibt Donhauser seine Erfahrung beim Schreiben der „Elster“ im Essay „Bildlichkeiten“: „[…] ich kam zu einem Bild von mir, indem ich mich in ein Bild namens La pie verlor, indem ich also weder auf ein Selbstbildnis aus war, noch das Bild gleich wieder wechselte, ich blieb stehen, wie es in dem Text manchmal heißt. Jenes Sichverlieren aber war kein Wahrnehmen als Eindringen ins Bild, […] das Sichverlieren blieb gleichsam an der Oberfläche, es erweiterte das Bild nur […] Doch als fast Außenstehender war ich einbezogen, ich wurde gesehen vom Bild, von der Elster im Bild, als Dastehender, als Stehengebliebener, als einer, der sich etwas Zeit lässt […]“ (Donhauser: 2006, 114)

Auch der britische Dichter, Maler und Kunstkritiker John Berger vermutet in Why Look at Animals? (Berger 2009: 12-37), dass die Menschen wohl deshalb so gerne in die Zoos gingen, weil sie hoffen, den Blick eines Tieres zu erhaschen, um sich in diesem selbst zu erkennen. Weil die Tiere nämlich dem Menschen ebenso gleich wie ungleich seien, würden sie für den Menschen zu Vermittlern zwischen ihm und seinem Ursprung: „[…] What were the secrets of the animal’s likeness with, and unlikeness from, man? The secrets whose existence man recognized as soon as he intercepted an animal’s look. […] All the secrets were about animals as an intercession between man and his origin. […] Animals interceded between man and their origin because they were both like and unlike man.“ (15)

Mayröckers und Donhausers Texte sind literarische Beispiele für geglückte VogelMensch-Dialoge. Sie handeln vom menschlichen Traum nach tierlicher Nähe. Sie sind der poetische Ausdruck des menschlichen Bedürfnisses nach Formen von Kommunikation, die die Grenzen zwischen den Spezies überwinden können. Sie zeigen, dass diese Überwindung nur im Geist der Liebe möglich ist, dass sie nur dort glückt, wo jeder Anspruch auf Vereinnahmung fallen gelassen wird. Im Lichte der Literary Animal Studies gesehen, liegt das Besondere dieser drei Texte darin, dass sie das nicht-menschliche Tier ideologisch nicht besetzen. Die „Fremdheit“ des Vogels provoziert keine Deutung; sie wirkt nicht abweisend, sondern auf magische Weise anziehend. Vielmehr scheint es so, als ob das Gefühl des menschlichen Subjekts, fremd zu sein in dieser Welt, durch die Begegnung mit der Fremdheit des Vogels nachlassen würde. Mayröcker und Donhauser lassen im poetischen Raum die nicht-menschlichen Tiere auf den Ruf der menschlichen „Artgenossen“ antworten; sie stellen sie als empathische Dialogpartner dar, die den Menschen aus dem

242 | ELEONORE D E F ELIP

Zustand der Entfremdung zu sich selbst zurückführen. Alle drei Texte führen vor, wie das menschliche und das nicht-menschliche Tier, über einen „schmalen Abgrund des Nicht-Verstehens hinweg“ („across a narrow abyss of non-comprehension“ [Berger 2009: 13]), einander hören und sehen, wie sie einander mit Stimmen und Blicken antworten, bis der Abgrund sich auflöst und die Erkenntnis des anderen identisch wird mit Selbsterkenntnis.

L ITERATUR Andersen, Hans Christian (1986): „Die Nachtigall“, in: Ders.: Märchen, Stuttgart: Reclam, S. 274-286. Berger, John (2009): „Why Look at Animals?“, in: Ders.: Why Look at Animals?, London: Penguin, S. 12-37. Borgards, Roland (2012): „Tiere in der Literatur – Eine methodische Standortsbestimmung“, in: Herwig Grimm/Carola Otterstedt (Hg.): Das Tier an sich. Disziplinenübergreifende Perspektiven für neue Wege im wissenschaftsbasierten Tierschutz, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. S. 87-118. Dabelsteen, Torben (1984): „An analysis of the full song of the Blackbird Turdus merula with respect to message coding and adaptations for acoustic communication“, in: Ornis Scandinavica 15/4, S. 227-239. Donhauser, Michael (2002): Die Elster, Wien: Edition Korrespondenzen. Donhauser, Michael (2005): Ich habe lange nicht doch nur an dich gedacht, Basel [u.a.]: Urs Engeler Editor 2005. Donhauser, Michael (2006): „Bildlichkeiten“, in: Petra Leutner/Hans-Peter Niebuhr (Hg.): Bild und Eigensinn. Über Modalitäten der Anverwandlung von Bildern, Bielefeld: transcript, S. 113-115. Gernhardt, Robert/Waterhouse, Peter/Duden, Anne (1998): Lobreden auf den poetischen Satz (= Göttinger Sudelblätter), Göttingen: Wallstein. Haraway, Donna (1995): Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen, hg. v. Carmen Hammer/Immanuel Stieß, Frankfurt a. M. u. New York: Campus. Haraway, Donna (2008): When Species Meet. Posthumanities, Minnesota: University of Minnesota Press. Kompatscher, Gabriela (2015): „Die Befreiung ästhetischer Tiere“, in: Reingard Spannring/Karin Schachinger/Gabriela Kompatscher/Alejandro Boucabeille (Hg.): Disziplinierte Tiere?, Bielefeld: transcript, S. 137-159. Latour, Bruno (1996): „On Actor-network Theory. A few Clarifications“, in: Soziale Welt 47/4, S. 369-382. Latour, Bruno (2005): Reassembling the Social, Oxford: University Press 2005.

V ON A MSELN , E LSTERN UND NACHTIGALLEN

| 243

Livingston, Julie/Puar, Jasbir K. (2011): „Interspecies“, in: Social Text 29/1 [106], S. 3-14. Lorenz, Günther (1990): „Tiere in alten Kulturen – Zwischen Vermenschlichung und Humanität“, in: Journal Geschichte 2, S. 4-11. Friederike Mayröcker (2001): Requiem für Ernst Jandl, Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Mayröcker, Friederike (2009): „dieses Jäckchen (nämlich) des Vogel Greif“. Gedichte 2004-2009, Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Ratcliffe, Eleanor/Gatersleben, Birgitta/Sowden, Paul T. (2013): „Bird sounds and their contribution to perceived attention restoration and stress recovery“, in: Journal of Environmental Psychology 36, S. 221-228. Rothenberg, David (2005): Why birds sing. A journey through the mystery of bird song, New York: Basic books. Schmidt, Siegfried S. (1984): „‚Es schießt zusammen‘. Gespräch mit Friederike Mayröcker. März 1983“, in: Ders. (Hg.): Friederike Mayröcker, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 260-283. Siblewski, Klaus (2000): a komma punkt ernst jandl. Ein Leben in Texten und Bildern, München: Luchterhand. Sommer, Volker (2000): Von Menschen und anderen Tieren. Essays zur Evolutionsbiologie, Stuttgart u. Leipzig: Hirzel. Wilde, Oscar (1907): „The Nightingale and The Rose”, in: Ders.: The Happy Prince, and Other Tales, Portland, Me.: T. B. Mosher, S. 21-31.

Animal as Text, Text as Animal On the “Matter” of Textuality R ODOLFO P ISKORSKI

I NTRODUCTION This essay aims to discuss a common practice in Animal Studies scholarship regarding literary representation so as to open a productive space for a more intricate nexus between animality and the literary. This common practice consists of an extreme materialism in framing the “animal question” with respect to (literary) language, to the exclusion of other frameworks. In short, materialism is portrayed as the only channel for a literary theory of animality insofar as “animals in literature” are believed to be relevant (only) due to their supposed material embodiment. Our uncanny proximity to animals would serve to stress their distinct type of embodiment, the main difference when compared to our linguistically saturated existence. The emphasis on bodily matter engendered by such proximity would serve to posit matter once again as that which would ground ontology, as a way of writing it out of “theory” and the constitutive powers of language. Such matter could easily be found in objects, or the mineral and vegetal kingdoms, but the fact that humans and animals are otherwise extremely similar works to underscore this materiality – and its push into language – in ways not available to other beings. Animals would represent, then, an exteriority to language, conceptuality, reason, and literature, exposing literary texts to their own limitations. I shall attempt, however, to expose the metaphysical foundation of such an analytical frame and to reinscribe the very issue of materialism as a question of animality, so that the former arises out of the latter and cannot be used to analyze it without encountering some aporias. For Claire Colebrook, materialism slips back into the problematic metaphysics it attempted to surpass when it writes matter out of the differential play of language:

246 | RODOLFO P ISKORSKI “Any materialism that aimed to derive systems of difference from some grounding matter would be one more foundational metaphysic, especially if matter possessed a logic that would determine difference in advance.” (2011: 3)

I shall thus put forth a Derridean reading of the invoked matter of animals as a path to understanding the entanglement of animality in the issue of matter itself – and how that matter emerges in language as that which should exceed it. By way of a discussion of animals, a more strictly Derridean posture than the il n’y a pas d’horstexte as it is commonly misunderstood will emerge with regard to the issue of the role of language in materiality. Not only that, but their articulation will be shown to be dependent on the concept of animality, a conclusion that should have large consequences for Literary Animal Studies. The discussion will depend on the insight that “Derrida is not […] a textualist; he does not endorse a narrowly linguistic idealism. In fact it was precisely his expansion of the concept of trace and materiality beyond language in its narrow sense that now allows for a thoroughly naturalised deconstruction.” (ibid.: 3)

Derrida’s reworking of the very concept of language by means of the trace is what makes possible a naturalized deconstruction. This should not, however, mean that the differential working of the text is finally grounded on natural matter, but rather that one must “consider textual worlds materially and to consider materiality textually” (ibid.: 18) and ultimately that “textuality is not the nature of nature; it is not another way of saying that nature is complex. To posit textuality as first is to erase nature; it is to do away with a substance that is complex, differentiating or multiple. In fact, to approach materiality would be possible only with a radical destruction of figures and senses of nature.” (ibid.: 6)

For the issue at stake, a radical destruction of nature would imply a certain rejection of “the body” as exceeding or preceding language. To the extent that the human experience of materiality is firstly an issue of embodiment, and to the extent that embodiment is always already a still-being-an-animal, there can be no thought of matter that is not a thought of animality. That animality encountered with embodiment should not, however, in a Derridean frame, be analyzed as merely a background from which the human emerges or the limit that marks human cogito and representation. If, as the story goes, the human arrives at its humanity by wielding the tool and grasping technicity (thereby founding thought, culture, instrumentality, language, philosophy, novels, etc.), a rethinking of animality as not alien to the differential procedures of language should change that traditional landscape. As David Wills puts it,

A NIMAL

AS

T EXT , T EXT

AS

A NIMAL

| 247

“whereas creation is obviously artifice, a metaphysics of creation presumes a creation devoid of such contrivance and presumes to resolve the paradox of a divine and “natural” tekhne that would have preceded the bios. However, it is likely that rationalist or noncreationist descriptions of the evolutionary process are having unconscious recourse to another side of the same presumption whenever they privilege the organic to the extent of failing to acknowledge the becoming-technological of biological self-organization or self-programmation, whenever they ignore the originary mechanics at work in the evolution of the species. This is not to replace the organic with the mechanical but to argue against any rigorous purity of either.” (2008: 5)

Cary Wolfe approaches the same issue as a frame to understand different attempts of overturning humanism. Insofar as “the human” traditionally “is achieved by escaping or repressing not just its animal origins in nature, the biological, and the evolutionary, but more generally by transcending the bonds of materiality and embodiment altogether” (Wolfe 2010: xv).

Trying to simply affirm the materiality of embodiment does not escape the realm of humanism. Rather, Wolfe’s posthumanism “names the embodiment and embeddedness of the human being in not just its biological but also its technological world, the prosthetic coevolution of the human animal with the technicity of tools and external archival mechanisms (such as language and culture) […] – and all of which comes before that historically specific thing called ‘the human’”. (ibid.: xv, my emphasis)

Wolfe’s Derridean approach enables him to indicate the conceptual contraband at play in post-humanisms which fail to skirt metaphysics: “What Derrida helps us to see […] is that just because a particular discourse […] presents itself as a materialist rendering of the problem of consciousness in relation to embodiment, does not mean that the discourse is not metaphysical.” (ibid.: 43)

By trying to essentially attach the possibility of a certain thinking of materiality to the concept of the animal (and vice-versa), I will attempt to both free animality from being equated to embodiment and expose embodiment as a product of a linguistic concept of the animal. Therefore, whereas many literary scholars argue that animal-engaged literary texts are invested in producing an “alternative” mode of subjectivity and being-in-the-world (made possible by animals’ immersion in bodily matter), I suggest here an attempt of proposing a theory of language and symbolicity as always already grounded on animality. If the traditional concept of the animals is, in a certain way, a product of language, the latter will also be marked by

248 | RODOLFO P ISKORSKI

that production in its functioning. The limitations of a certain mimetic power in literary language are said to be exposed precisely at the sites in which animals are figured in texts as unappropriatable otherness or as a fundamentally different mode of being. In opposition to that, I propose animality-as-embodiment as one of the conditions of language or precisely that which language has to articulate as foreign to its domain for it to function properly. I start by situating the analytical strategy of foregrounding animal embodiment in Coetzee’s The Lives of Animals, and I underscore such strategy’s inadvertent admission of the constitutive powers of language in literature’s attempt to grapple with embodiment. Conversely, next I discuss materiality as already an aspect of language itself. A different approach to the human/animal divide – when animals are considered to be perfect for their lack of language and humans are considered to lack such a perfection – is discussed next. I turn to Timothy Morton in order to challenge the notion of a perfect animal, by means of a thinking of a materiality of language coupled with a textuality of matter. Finally, in order to more fully account for Derrida’s new concept of language – and situate animality within the language/matter dualism – I briefly discuss his deconstruction of the linguistic sign and introduction of the concept of the trace.

ANIMAL

AS

T EXT

The material embodiment of animals is believed to offer a stark contrast to the linguistic constitution of textuality, to the extent that animals “in” literary texts are said to illuminate – and sometimes challenge – the workings of literature. This view is easily encountered and widespread, and can be close-read in an array of scholarly work dedicated to “the question of the animal” in literature. As a privileged sample, one can read J. M. Coetzee’s musings on animality in The Lives of Animals as both an instance of, and an incentive for, this kind of criticism. With it, Coetzee – by the means of his character Elizabeth Costello – has encouraged the privileging of embodiment as the tenor of literary research into animals. In this lecture disguised as novel, the fictional novelist Elizabeth Costello is invited to give a talk at an American university on a topic of her choosing, and she decides to speak about animals both in philosophy and in literature. The novel is basically divided into two parts, each corresponding to one of the talks she gives at different university departments. Her contribution to the approach to animals mentioned above is based on her insistence on the animal’s radically alien being-in-theworld as compared to human reason and abstract thought:

A NIMAL

AS

T EXT , T EXT

AS

A NIMAL

| 249

“To [human] thinking, cogitation, I oppose [the animal’s] fullness, embodiedness, the sensation of being – not a consciousness of yourself as a kind of ghostly reasoning machine thinking thoughts, but on the contrary the sensation – a heavily affective sensation – of being a body with limbs that have extension in space, of being alive to the world. This fullness contrasts starkly with Descartes’s key state [cogito ergo sum], which has an empty feel to it: the feel of a pea rattling around in a shell.” (Coetzee 1999: 33)

Coetzee has in fact become a sort of patron for literary research into animality, having been invited to contribute chapters to books on the topic and to give talks in Animal Studies conferences, as well as by being an author whose work is often the focus of said research.1 Accordingly, Costello offers later in the novel her take on good and bad uses of animals in literature. Comparing the poem “The Panther” by Rilke with Ted Hughes’s “The Jaguar” and “Second Glance at a Jaguar,” she argues: “In that kind of poetry, […] animals stand for human qualities: the lion for courage, the owl for wisdom, and so forth. Even in Rilke’s poem the panther is there as a stand-in for something else” (ibid: 50). To this ancient fabular textual animality – widely criticized nowadays as anthropomorphic – Costello contrasts Hughes: “Hughes is writing against Rilke. […] With Hughes it is a matter – I emphasize – not of inhabiting another mind but of inhabiting another body. That is the kind of poetry I bring to your attention today: poetry that does not try to find an idea in the animal, that is not about the animal, but is instead the record of an engagement with him.” (ibid.: 51)

This approach has proved immensely popular with literary scholars, to the point that poetry (metonymically standing for all of literature) and animality are said to be aligned in challenging human linguistic and rational limitations. Even beyond that, it has been suggested that what we may call the literary branch of Animal Studies can contribute basically that: a representation – and a defence – of the otherness of animals. Again, Costello offers us the model: “Writers teach us more than they are aware of. By bodying forth the jaguar, Hughes shows us that we too can embody animals – by the process called poetic invention that mingles breath

1

The interdisciplinary book on animal rights The Death of the Animal, edited by Paola Cavalieri, not only includes contributions by Coetzee but also seems to reference his Costello lecture in the title. The second Minding Animals conference of interdisciplinary Animal Studies, held in Utrecht in 2012, had Coetzee deliver the opening lecture (again a short piece of fiction featuring Costello) as well as a series of Literary Animal Studies panels on his work.

250 | RODOLFO P ISKORSKI and sense in a way that no one has explained and no one ever will. He shows us how to bring 2

the living body into being within ourselves.” (ibid: 53, my emphasis)

It is clear, therefore, that the argumentation depends wholly on the distinction between body and mind. Only insofar as animal being is taken to be saturated with embodiment can Costello argue that animalistic literary texts are able to account for a “bodily engagement” with something other than language. In truth, it remains to be determined whether such animal embodiment is anything other than merely the Other of language. If the very concept of non-linguistic, non-rational animal life whose phenomenality would challenge the powers of referential language can be shown to be a product of a linguistic function – a shadow cast by the workings of reference, as it were – then Costello’s “poetic invention” would in no way transpose the limits of textuality. As it is, Coetzee’s wording itself exposes the doubling effect that referentiality produces with respect to the matter of animal being: while the materiality of bodies (always first and foremost an animal body, even though Costello stresses the commonality of embodiment across the living) is taken to be that which lies outside of language marking its limitations, the same matter is also at work within language as that which makes representation possible – as the phenomenal, signifying breath which must be articulated with (signified) sense in order for “poetic invention” to be. Therefore, within language itself, a corporeality which is always animalistic can “already” be found, even “before” linguistic signs attempt to reach for the supposed extra-linguistic matter of animal embodiment: the signifier as the material face of the linguistic sign, the concrete breath which is articulated with sense in order to produce meaning and reference.

2

It is curious, therefore, that literary scholars would defend a role for literature that differs very little from manifesto or awareness raising material. Philosopher Martha Nussbaum’s work on animal rights, for example, “insists that the power of ‘sympathetic imagining’ of the lives of nonhuman animals of the sort made available by literature (but not only there) is important and relevant to questions of moral judgment” (Wolfe 2010: 78). Wolfe shows, however, that “for Nussbaum literature serves as a kind of kinder, gentler supplement to analytic philosophy’s project of ‘sentimental education’ stirring in us identifications, empathetic responses, and projections that may then be readily formalized in analytical propositions” (ibid.: 78-9). And he quotes Geoffrey Harpham’s contention that “in Nussbaum, the specificity of literature as a discourse, an object of professional study, is almost altogether erased and replaced by a conception that treats it bluntly as moral philosophy” (Wolfe 2010: 79). The emergence of Literary Animal Studies in the past years has too often taken such an approach – such as in Brazil, where it has become very popular.

A NIMAL

AS

T EXT , T EXT

AS

A NIMAL

| 251

Geoffrey Bennington has stressed the specularity which creates a double effect of materiality in two distinct sites in the structure of the linguistic sign – the referent as well as the signifier: “This tripartite division [signifier, signified, and referent] gives us the appearance of a reign of ideality (signified, concept, the intelligible) which touches on both sides a realm of materiality. Upstream, in first position, things, the world, reality; downstream, in third position, the signifier, the phonic or graphic body that linguistics has always thought of […] as that of a word […]. Following a specular structure, we can valorize either the domain of ideality […] or the ‘hard’ materiality of things and, via a perilous extension, of the signifier. We can distribute as we wish the values of truth and illusion in these two realms without escaping the basic schema: the sign has always been thought of on the basis of this distinction between the sensible and the intelligible, and cannot be thought otherwise.” (1993: 26-7)

The accusation of radical linguistic relativism (in which referenced bodies would always already be only the result of the very act of referencing) can be staved off if “the phonic or graphic body” of the linguistic sign be considered in its irreducible affiliation to an entire metaphysics of the body as the animal component of human existence. To the extent that even the bodies of humans can only be thought in articulation with animal embodiment, the sensible/intelligible schema, so succinctly gathered under – or maybe even produced by – the body-and-soul structure, owes its intelligibility to the concept of animality. In others words, it’s not that Costello is wrong because animals are always already language, she is wrong also because any language (even the Rilke poem she derides) appears to be haunted by the materiality which is made possible by the concept of animality – that of the signifier. However, the primordiality of either the animal body or the signifier – with respect to their matter – can never be sufficiently determined and one will continuously haunt the other, both as product and matrix. In other words, it is unclear – and perhaps even aporetically impossible to know – whether materiality flows from the signifier to the animal body, or vice-versa; whether the body is primordially an animal phenomenon that influences language, or an effect of the material aspects of language itself. It would be necessary to concede that the linguistic signifier and the animal are co-dependent. As Judith Butler has consistently argued, the body whose materiality is supposedly undisavowable is constituted by language and the sign as their constitutive outsides. Insofar as signs work to signal and reference “bodies”, the latter are marked by that operation of referentiality. Because Butler’s formulation maps my argument and stakes closely, it is worth being quoted at length: “The body posited as prior to the sign is always posited or signified as prior. The signification produces as an effect of its own procedure the very body that it nevertheless and simultane-

252 | RODOLFO P ISKORSKI ously claims as that which precedes its own action. If the body signified as prior to signification is an effect of signification, then the mimetic or representational status of language, which claims that signs follow bodies as their necessary mirrors, is not mimetic at all. On the contrary, it is productive, constitutive, one might even argue performative, inasmuch as this signifying act delimits and contours the body that it then claims to find prior to any signification. This is not to say that the materiality of bodies is simply and only a linguistic effect which is reducible to a set of signifiers. Such a distinction overlooks the materiality of the signifier itself. To posit by way of language a materiality outside of language is still to posit that materiality, and the materiality so posited will retain that positing as its constitutive condition. […] Can language simply refer to materiality, or is language also the very condition under which materiality may be said to appear?” (1993: 30-1)

As suggested above, Costello intends to engender, by way of literary language, the possibility of engaging with extra-linguistic animal embodiment, but she is “positing by way of language a materiality outside of language” when she reveals that poetic invention can only work by mingling “breath and sense”. Butler is writing against the strategy according to which the body is invoked as a reality whose “hard” matter has to be conceded by the constitutive powers of language. Akin to such strategy is the invocation of animal reality as foreign to human conceptuality and language, a reality whose concession rests once again on the persuasive powers of the rhetoric of materiality. Therefore, a more refined analysis is needed of such common rhetorical moves and how they relate to the constructive character of language.

T HE M ATERIALITY

OF

L ANGUAGE

Against Judith Butler’s suggestion that the very concept of materiality – thought to secure a space outside the grasp of language – can only be intelligible by means of language itself, one may object that the talk of “intelligibility” and “rhetoric” in no way leaves the realm of the linguist, and that the animal – as non-human – and its body (or bodies in general) represent (a word which might also be refused in the same gesture) the break and end of language as world-building. Accordingly, theorists of animality have consistently been criticized for dwelling on merely conceptual problems when real animals are supposed to clearly inhabit a different sphere. More radically, theoretical issues in Animal Studies are sometimes derided as totally unrelated to real animals, whose life (another term in the rhetorically powerful chain of materiality) is a power with which theory has to reckon as something absolutely exterior. Finally, there are those who, while conceding that language shapes the world in one way or another, would argue that the animal – precisely for being

A NIMAL

AS

T EXT , T EXT

AS

A NIMAL

| 253

non-human – is the shape of existence beyond a linguistically saturated world. I shall attempt to tackle some of these criticisms in a later section. The issue of whether “reality” or the “real world” in fact exist independently of its apprehension by language is too ambitious a topic to tackle here, but it should suffice to point out that animals-as-exterior-to-language is still a concept of such exteriority and, as such, in no way leaves the realm of language or avoid the burden of intelligibility. “Matter” is supposed to mark a radical exteriority to conceptuality, but, as Butler puts it, “to have the concept of matter is to lose the exteriority that the concept is supposed to secure” (ibid.: 31). Another related issue, even if only chiasmically, is the constitutive role of animal corporeality in the shaping of the linguistic signifier, which will then be accused of always failing to represent that very corporeality. In other words, the invocation of (or call for) the reality of animals beyond the cultural and philosophical issue of access (as cultural, linguistic access to reality) makes recourse to the supposedly unavoidable materiality of animal being, but that is precisely the meaning and effect of the concept of animal as produced by or alongside textuality. As I suggested above, the material appearing of language (the efficacy of signifiers) cannot exist without the materiality it borrows from animals’ bodies, but the latter can only be intelligible by the means of the material linguistic signifier. That will mean that (the materiality of) language and (corporeal) animality are co-implicated. Butler strongly supports my point when she argues that “the materiality of language, indeed, of the very sign that attempts to denote ‘materiality,’ suggests that it is not the case that everything, including materiality, is always already language. On the contrary, the materiality of the signifier (a ‘materiality’ that comprises both signs and their significatory efficacy) implies that there can be no reference to a pure materiality except via materiality. Hence, it is not that one cannot get outside of language in order to grasp materiality in and of itself; rather, every effort to refer to materiality takes place through a signifying process which, in its phenomenality, is always already material. In this sense, then, language and materiality are not opposed, for language both is and refers to that which is material, and what is material never fully escapes from the process by which it is signified. […] Apart from and yet related to the materiality of the signifier is the materiality of the signified as well as the referent approached through the signified, but which remains irreducible to the signified. This radical difference between referent and signified is the site where the materiality of language and that of the world which it seeks to signify are perpetually negotiated. […] Language and materiality are fully embedded in each other, chiasmic in their interdependence but never fully collapsed into one another, i.e., reduced to one another, and yet neither fully ever exceeds the other. Always already implicated in each other, always already exceeding one another, language and materiality are never fully identical nor fully different.” (ibid.: 68-9, last emphasis added)

254 | RODOLFO P ISKORSKI

It is, therefore, often a failure to articulate the finer points in such a discussion on matter and language that will result in the exteriority of animal-as-embodiment to language. Such formulation has, at any rate, been adopted in Animal Studies circles as a philosophical strategy in the attempt to attack speciesism and anthropocentrism.

ANIMAL P ERFECTION Another objection to the co-implication of animal body and the “body” of the signifier would be that animals are instances of a life which is precisely not textured by language in this fashion. In other words, one could argue that for humans, animal bodies might be inseparable from language, but that same embodiment is experienced in a radically Other tenor by animals. This is in fact the argument composed by Elizabeth Costello when she defends that animals indeed do not have language. Her diagnosis coincides with Descartes’s, but she shifts the value judgment, ascribing higher status to the non-linguistic being of animals – a common philosophical move in what Kari Weil terms the “counter-linguistic turn”. She parallels Costello’s argument when she describes such a turn: “Although many current projects are intent on proving that certain animals do have language capabilities like those of humans, other sectors of animal studies are concerned with forms of subjectivity that are not language-based. Instead, they are concerned with ways of knowing that appear to work outside those processes of logocentric, rational thinking that have defined what is proper to the human, as opposed to the nonhuman animal.” (2006: 87)

In this configuration, which Weil illustrates with Rilke’s Duino Elegies and Temple Grandin’s writings on animality and autism, animals (and autists, according to Grandin) would display lack of language as an asset, since language would be understood as an obstacle to a direct relationship with the world. As has been a common accusation, the linguistic sign is thus said to not procure the presence of things but actually screen them. Shifting aside the difficult empirical assessment of whether animals display linguistic ability or not, we can read animal lack (portrayed by Costello, Weil and Grandin as an asset) in the light of the common philosophical trope of the perfection of animals. Such redistribution of the values of illusion and reality, however, does nothing to shake off the anthropocentric structure it attacks, for it is still a question of the politics and metaphysics of the linguistic sign’s efficacy. Human linguistic signs can only be thought as a screen shielding reality if they are believed to interfere with the presentation of things while attempting to re-present them. The judgment

A NIMAL

AS

T EXT , T EXT

AS

A NIMAL

| 255

inflicted upon the sign is, therefore, levelled at its signifying body which, for humans, would supposedly insinuate itself before the signified world and take precedence over it. The superiority of animal linguistic disability is irreducibly dependent on the collapse of referent and signified, so that the animal’s experience of the world (now rightly unmediated by a signifier) can pass as the world as such. As it is, this argumentation still carries prejudice against the (always already animalistic) material body of the linguistic sign that would hinder human subjectivity, in order to privilege the (almost spiritual) signified, which has completely absorbed and annulled the materiality of the referenced world. Animal perfection due to lack is an old notion, that can be found from the Bible and Greek myth to Rousseau and Lacan, in which “animals are seen both as lacking (language, mastery, immediate proximity to God, but also, therefore, sin) and (as a result) perfect, innocent” (Lewis 2011: 149). One can just as easily state that it is humans who lack the animal’s perfect readiness for the world and therefore must supplement it with language and technology. In his discussion of animality both in Lacanian and Derridean terms, Michael Lewis states that “for Derrida, philosophy has always thought of man in the way of the Epimetheus myth […] and the Christian myth of Adam’s nomination of the animals in the Garden of Eden. Epimetheus, the brother of fellow-Titan, Prometheus, charged with distributing positive characteristics among the animals, forgets to save any qualities for man, who follows after the other animals. This impels his more ingenious brother to steal fire (and by extension technē) from the gods as a compensatory gift for man, with the mixed results that constitute the fate of the human race and his ‘environment’. For Derrida, any discourse that attributes to man a lack, be it in the form of fall, sin, or even a ‘disordered imagination’, is – whatever it may say – mythical. These discourses institute an oppositional relation of lack and plenitude into the mananimal relation, whichever way around it ultimately goes. Man lacks happiness but makes up for it with language, technology, and the domination that comes along with naming and an advanced capacity to manipulate. […] Such idyllic perceptions of the world of the animal would in fact be a retrospective – mythical – projection and not an objectively true statement about the nature of the animal world.” (ibid.: 149, 152)

Here we can note the foregrounding of supplementation and technology when the human is construed as lacking animal perfection. Such technical supplementation (mythically represented as Prometheus’ fire or the Serpent’s apple) traditionally marks the proper of the human as that which sets it apart from the animal world. However, special attention should be given to the figure of the animal as perfectly adapted to its environment and inadept at (because not in need of) technology. Timothy Morton, who has written extensively on the mythical and rhetorical power of the concept of “Nature” as a concept, suggests otherwise: technology – as well as textuality and language as technical phenomena – would traverse the animal and so-

256 | RODOLFO P ISKORSKI

called material world. “Texts have environments. These environments are made of signs, yet the matter-sign distinction breaks down at a certain point, because one of these environments is the environment” (Morton 2010: 3). I turn to Morton’s thesis of language as inscribed in the material world so as to disqualify the notion of a perfect, non-technological animal and thus open a space for a textual thinking of animal embodiment.

T EXT

AS

ANIMAL

Morton traces the alliances that obtain between ecology and linguistics as a concern for such environmentality: both linguistic signs and organisms function within systems and are interdependent with them. The relationship to the environment in ecology is well-known, since the ecological discourse about animal life is saturated with the priority given to the species over the individual and to the species’ relationship to its ecological system over the species itself. Similarly, literary criticism provides us with the concepts of the text and its environment, the context. Morton, however, wishes to wield the “tool” (deconstruction) used to dismantle the second set of binaries in order to collapse the distinction between life and Nature (ibid.: 12). Thus, he writes: “The text-context distinction is only an interpretive convenience. […] Text dismantles distinctions between a ‘within’ and a ‘without’. Or, we find that the distinction is weirdly fractured and repeated at many levels, like looking at a fractal. […] ‘Text’ is precisely the word for this fractal weaving of boundaries that open onto the unbound. […] Text as ecology is a good metaphor. But thinking can go much further than this, since the text has no thin, rigid boundary, what it includes, what it touches, must also consist of life forms, Earth itself, and so on.” (ibid.: 2-3)

He then diligently proceeds to demonstrate the extent to which what we take to be most natural and material is constituted by information and textuality. Fractals, which occur in plants and arteries, “elegantly show how nature is not natural, not outside artifice,” since they are, just like evolution, “a set of algorithmic processes” (ibid.: 4). The density of forests can be calculated by looking at the pattern of branches of a single tree, in such a way that forests may seem natural, “yet they follow the quite logical order of algorithms programmed by tree genomes,” and Morton points to how trees can dismantle the language/materiality dichotomy when he argues that “an algorithm is a script – a text – that automates a function, or functions, and in this case [the forest’s], the script is encoded directly into matter. The matter-information boundary is permeable” (ibid.: 4).

A NIMAL

AS

T EXT , T EXT

AS

A NIMAL

| 257

What is perhaps most striking in Morton’s argument is his suggestion that there is no place outside the text-ecology coupling from which one could look into and thus determine their complicity. The collision or merging of textuality and ecology does not happen against a neutral background immune to them, “since text and environment include all phenomena in their respective fields” (ibid.: 5). Therefore, if we take the language/body distinction (which can be worded as text/ecology or information/matter) as not a distinction at all, there can possibly be no outside perspective from which to gather an alternative view. The figure of the animal, which so often carries the burden of providing such a view, can thus be easily inscribed in the system both as a linguistic being (if we take them to have language) and an algorithmic being in the system of “Nature”, which is just as made up of trees as it is of signs. Morton’s argument, in other words, does not reduce matter to textuality or vice-versa, but rather works by underscoring both the materiality of language and the textuality of “Nature”. His suggestion that language is, in fact, embedded in the materiality of the world radically shifts any traditional idea of “human nature” (an oxymoron to start with, since the human asserts its being precisely by breaking from and distinguishing itself from Nature). Language cannot be the proper of the human if it is radically exterior to it and this exteriority, like the technical compensation brought to us by Prometheus, will have to be constantly negotiated as the inside, the outside, or the very possibility of thinking in those terms. Morton’s claim that the exteriority of matter to language is in fact merely the sign of such exteriority reverberates with Derridean overtones, and he does indeed attempt to unpack one of Derrida’s most famous slogans: “If we are to think text rigorously, we end up with Derrida’s famous formulation ‘Il n’y a pas d’hors-texte,’ ‘There is no outside-text’. No textuality can rigorously distinguish between inside and outside, because that is precisely what textuality both broaches and breaches. 3 Derrida’s formulation […] is not a nominalism that claims that things only exist insofar as we des-

3

“To breach” and “to broach” are the most common translations for the two meanings of the French verb entamer, employed generously by Derrida in Of Grammatology and elsewhere (especially when writing on iterability). “Just like the verb différer, there are two different though related meanings of entamer – one related to time and one to space. The verb first means simply to begin, to initiate, to enter into or open up. […] [It] has a spatial meaning as well, as if its meaning too already differs from and defers itself […]. The second meaning of the verb entamer in Of Grammatology is thus to undermine or unsettle, or better, to break into, cut or eat into, or again, to breach or broach” (Nass 2011: 119-20).

258 | RODOLFO P ISKORSKI ignate them. It is a deep and expanded form of empiricism. For truly empiricism is the study of relationships between things, and of things as sets of relationships.” (ibid: 3-4)

In fact, Derrida’s formulation of the relationship between text and world can only be valid under the radically untraditional view of language that Morton espouses and which can be traced back to Derrida himself. The latter not only challenges an understanding of language as a human capacity and/or by-product, but also unsettles the theory of the linguistic sign as has been discussed up to now. In his ambitious work Technics and Time, Bernard Stiegler explicates Derrida’s intervention in the field of linguistics, which Stiegler underscores as influenced by LeroiGourhan’s work on paleontology and anthropology: “Leroi-Gourhan’s anthropology can be thought from within an essentially nonanthropocentric concept that does not take for granted the usual divides between animality and humanity. Derrida bases his own thought of différance as a general history of life, that is, as a general history of the grammē, on the concept of program insofar as it can be found on both sides of such divides. Since the grammē is older than the specifically human written forms, and because the letter is nothing without it, the conceptual unity that différance is contests the opposition animal/human and, in the same move, the opposition nature/culture.” (1998: 137)

For both Derrida and Morton, language cannot be what distinguishes the human from the animal, since it encompasses this very distinction and in fact produces it. In order to expand the notion of the sign and inscribe both humanity and ahumanity in it, Derrida coins the term trace, “as a more appropriate, more generalisable substitute for the sign since it can include its animal and technological nature” (Milesi 2013: 70). Derrida signals the importance of his concept of the trace for a thinking of the relationship between text and world (or between human and animal) in an interview with Jean-Luc Nancy entitled “Eating Well”: “The idea according to which man is the only speaking being […] seems to me at once undisplaceable and highly problematic. Of course, if one defines language in such a way that it is reserved for what we call man, what is there to say? But if one re-inscribes language in a network of possibilities that do not merely encompass it but mark it irreducibly from the inside, everything changes. I am thinking in particular of the mark in general, of the trace, of iterability, of differance. These possibilities or necessities, without which there would be no language, are themselves not only human.” (1995: 286-7)

Derrida seems to be suggesting that it is clear that non-human animals do not speak or use words, but that this is not what makes language [langage] possible or even

A NIMAL

AS

T EXT , T EXT

AS

A NIMAL

| 259

what defines it. As it is, such linguistic features seem to be merely inessential characteristics of human languages [langues]. Attempts of determining language as only that which follows these human traits would be anthropocentric and tautological: these determinations are only able to conclude that humans alone have human languages. As Derrida says, this is undisplaceable, but also inconsequential – “what [else] is there to say”? Starting from such a statement of a project, one can read Derrida’s early texts for the work he has undertaken to inscribe the concept of the sign within the larger possibility of the trace and of différance. His deconstruction of the “essence” of “language” – as the movement of différance – should illuminate a) the strategy according to which “language” (now understood as the play of the trace) can cross the text/world boundary; b) the claim that there is no outside-text; and c) that “language” should not be thought as strictly human. Accordingly, most scholarly work on animality and/or technics influenced by Derrida tends to confirm this more general understanding of language. Bernard Stiegler defends that différance is “nothing else than the history of life” (1998: 136) and that “the grammē structures all levels of the living in beyond, the pursuit of life by means other than life” (ibid: 137), since it is not anthropological, and neither is arche-writing; the latter principally “means that what is alive cannot be sufficient unto itself” (Stiegler 2001: 250). Wolfe points out that Derrida revolutionizes the concept of the signifier “in favor of the articulation of writing as fundamentally a structured dynamics of the trace,” whose communicating functioning “extends beyond the human to nonhuman animals and indeed exceeds […] the boundary between the living and the mechanical or the technical”. Ultimately, for Wolfe, “[the human] is fundamentally a prosthetic creature that has coevolved with various forms of technicity and materiality, forms that are radically ‘not-human’ and yet have nevertheless made the human what it is. (For Derrida, of course, this includes the most fundamental prostheticity of all: language in the broadest sense.)” (2010: xxv)

If the trace in fact surpasses the traditionally linguistic, at this point one might ask why it is still so tied up to writing in Derrida, to the point that he proposes archewriting as another name for it. To what extent can writing in the strict sense still be relevant for something which works across species lines, and even the life/death barrier? To be sure, only writing in the vulgar sense would remain strictly human, since arche-writing is not anthropological: “Leroi-Gourhan […] describes the unity of man and the human adventure […] as a stage or an articulation in the history of life – of what I have called differance – as the history of the grammè. Instead of having recourse to the concepts that habitually serve to distinguish man from other living beings (instinct and intelligence, absence or presence of speech, of society,

260 | RODOLFO P ISKORSKI of economy, etc. etc.), the notion of program is invoked [by Leroi-Gourhan].” (Derrida 1976: 84)

This notion of program is made possible by the history of the trace, as “the emergence that makes the grammè appear as such (that is according to a new structure of nonpresence)”. The emergence of the grammè is the ground for the emergence of systems of writing in the narrow sense, “since “genetic inscription” and the ‘short programmatic chains’ regulating the behavior of the amoeba or the annelid up to the passage beyond alphabetic writing to the orders of the logos and of a certain homo sapiens” (ibid: 84). The trace – arche-writing – is therefore logically anterior to writing in the colloquial sense and cannot be confused with the human invention. As Wolfe and Stiegler have argued, it is the articulation of the living on the dead: “If the trace, […] which must be thought before the opposition of nature and culture, animality and humanity, etc., belongs to the very movement of signification, then signification is a priori written, whether inscribed or not, in one form or another, in a ‘sensible’ and ‘spatial’ element that is called ‘exterior.’ Arche-writing, at first the possibility of the spoken word, then of the ‘graphie’ in the narrow sense, […] this trace is the opening of the first exteriority in general, the enigmatic relationship of the living to its other and of an inside to an outside: spacing. The outside, ‘spatial’ and ‘objective’ exteriority […] would not appear without the grammè, without differance […], without the nonpresence of the other inscribed within the sense of the present, without the relationship with death as the concrete structure of the living present. The presence-absence of the trace […] carries in itself the problems of the letter and the spirit, of body and soul.” (ibid.: 70-1)

The question seems to be, thus, why arche-writing, if it precedes what one normally would understand by writing, still carries that name. In what sense is arche-writing still a writing at all? Derrida stresses that arche-writing still “essentially communicates with the vulgar concept of writing” and the latter could not have emerged if not by a work of repression and dissimulation of arche-writing (ibid.: 56). Archewriting is therefore still barely legible in the meaning of vulgar writing, so that writing’s philosophical elusiveness is symptomatic of the extra-metaphysical, grammatological character of arche-writing. The legibility of arche-writing lies precisely at the sites where writing is at stake, and that is why Derrida was able to wrench the non-metaphysical concept of arche-writing from within the texts of Saussure, Husserl, or Rousseau. Geoffrey Bennington puts it thus: “This decision to retain the word ‘writing,’ and to court the confusion of its ‘new’ sense (‘archi-writing,’ a structure logically prior to the standard conceptual distinction of speech and writing) […] is justified by the thought that something of this ‘new’ sense is legible in the traditional discussions […] and the place of that legibility is systematically where writing (in

A NIMAL

AS

T EXT , T EXT

AS

A NIMAL

| 261

its current or ‘vulgar’ sense) is at issue. Something about writing in the usual sense shows up something of the structure of archi-writing, even if only symptomatically, signaling an effort of repression.” (2004: 195)

And Stiegler frames the delicate reasoning more clearly: “How and why must one both distinguish and not oppose quasi-transcendental arche-writing and writing in the current sense […]? Arche-writing is not writing: it is the structure of elementary supplementarity. This structure is not a supplement in particular, one that is historically constituted (as, for example, the phenomenon of writing); it is the quasi-transcendental necessity of filling in retentional finitude with a pharmakon, a remedy, an expedient that is always technical.” (2001: 253)

Derrida’s re-working of language by means of the attention to its most irreducible possibilities and conditions (the trace, différance, iterability, arche-writing, etc.) opens the possibility for a shift in the thinking of the animal body and its materiality as always already enmeshed in textuality. Derrida’s concept of the trace allows us to more fully comprehend the limitations of our thinking of the body, as well as the nature of mortality. Literary language ultimately practices the distinction between represented and representation, things and signs, content and form. In this movement, textuality also inscribes animality as the metaphysical conceptual offspring of such distinctions. Therefore, to focus on animals as the content of literary texts – when animality is itself the result of a form/content dialectics –, and especially to pinpoint animal embodiment (i.e. the “form” of life) as that content, is to be blind to the fact that texts are always already foregrounding, even if at the same time repressing, precisely that question. Thus, formalism, in a way, emerges as the more appropriately “animalistic” framework for engaging texts. However, while textual form seems to neatly mirror animal bodily matter, it still seems caught up in a metaphysical dialectics in its pairing with content. However much one tries to privilege form and liberate it from its submission to content, this distinction itself – like that between the signifier and the signified – seems to ultimately allow for a content that is independent of any form. Therefore, a radically revised literary theory, skirting the old dualism of body and soul, seems needed to properly account for the phenomenon of animals “in” texts.

262 | RODOLFO P ISKORSKI

R EFERENCES Bennington, Geoffrey (1993): “Derridabase”, in: Geoffrey Bennington/Jacques Derrida (eds.), Jacques Derrida, Chicago: The University of Chicago, pp. 3-316. Bennington, Geoffrey (2004): “Saussure and Derrida”, in: Carol Sanders (ed.), The Cambridge Companion to Saussure, Cambridge: Cambridge University, pp. 186-204. Butler, Judith (1993): Bodies That Matter: On the Discursive Limits of Sex, New York: Routledge. Coetzee, J. M. (1999): The Lives of Animals, Princeton: Princeton University. Colebrook, Claire (2011): “Matter Without Bodies”, in: Derrida Today 4/1, pp. 120. Derrida, Jacques (1976 [1967]): Of Grammatology, trans. by Gayatri Shakravorty Spivak, Baltimore: John Hopkins University. Derrida, Jacques/Nancy, Jean-Luc (1995 [1992]): “‘Eating Well,’ or the Calculation of the Subject”, in: Elisabeth Weber (ed.), Points . . .: Interviews, 19741994, trans. by Peggy Kamuf and others, Stanford: Stanford University, pp. 255-287. Milesi, Laurent (2013): “Sponge Inc”, in: Lynn Turner (ed.), The Animal Question in Deconstruction, Edinburgh: Edinburgh University, pp. 70-88. Morton, Timothy (2010): “Ecology as Text, Text as Ecology”, in: The Oxford Literary Review 32/1, pp. 1-17. Naas, Michael (2011): “Entamer, Entamé, To Initiate or Open Up, to Breach or Broach”, in: Sean Gaston/Ian Maclachan (eds.), Reading Derrida's Of Grammatology, London: Continuum, pp. 119-122. Stiegler, Bernard (1998 [1994]): Technics and Time, 1: The Fault of Epimetheus, trans. by Richard Beardsworth and George Collins, Stanford: Stanford University. Stiegler, Bernard (2001): “Derrida and technology: fidelity at the limits of deconstruction and the prosthesis of faith”, in: Tom Cohen (ed.), Jacques Derrida and the Humanities: A Critical Reader, Cambridge: Cambridge University, pp. 238-270. Weil, Kari (2006): “Killing Them Softly: Animal Death, Linguistic Disability, and the Struggle for Ethics”, in: Configurations 14/1-2, pp. 87-98. Wills, David (2008): Dorsality: thinking back through technology and politics, Minneapolis: University of Minnesota. Wolfe, Cary (2010): What Is Posthumanism?, Minneapolis: University of Minnesota.

“More Than Just Animals...” Farmer-Cow Relationships in the Aftermath of the 2001 Foot and Mouth Disease in the UK M ARTIN D ÖRING AND B RIGITTE N ERLICH 1 To the country folk [FMD] means the transformation of the quiet farms and fields into charnel houses and funeral pyres. It means heartbreak and ruin. (JAMES HERRIOT, ALL THINGS WISE AND WONDERFUL)

C ONTEXTUALISING T RAUMA AND G RIEF : T HE 2001 FMD E PIDEMIC IN THE UK The foot and mouth disease (FMD) epidemic in the UK in 2001 had devastating consequences: 3 million sheep, 600.000 cattle, 138.000 pigs on 2002 infected holdings and on 7076 contact premises were slaughtered. All in all, the FMD-epidemic caused huge economic losses to the life stock and tourism industry (Woods 2005: 69), left visible traces in the countryside and – more importantly – vestiges on people’s minds. The rarely fatal and highly infectious viral disease affects cloven-hoofed animals: symptoms include lameness, excessive salivation, a decline in appetite, and reduced milk production. When FMD re-appeared unexpectedly in the United Kingdom (UK) in 2001 after a major outbreak in 1967 and a minor case on the Isle of Wight in 1981, the Ministry of Agriculture, Fisheries and Food attempted to con-

1

Research for this chapter was supported by a grant from the ESRC Science in Society program on the social and cultural impact of foot and mouth disease: L144 25 0050.

264 | M ARTIN DÖRING /B RIGITTE N ERLICH

tain the outbreak by using a century old policy (Woods 2004). The measures taken consisted of a severe restriction of livestock movements, an inspection of animals that had been exposed to the disease, the cull of infected animals by veterinarians and the imposition of strict biosecurity measures. By and large, all these measures proved to be ineffective and led to calls for vaccination. Controversially, the Ministry of Agriculture, Fisheries and Food did not agree with these calls for vaccination and even enlarged the range of their culling policy to all livestock included within 3 km of an infected farm. This so-called contiguous cull and its consequences did not only cost the economy £8 billion, but it also brought misery to rural inhabitants, provoked fierce conflict over the methods used to control FMD and clearly exerted an impact on human-animal relationships. According to the three major governmental reports (Anderson 2002; The Royal Society Report 2002; Curry Report 2002), policy measures that were used to halt the spread of the disease were implemented too late and new factors in the rate and spread of the disease were not taken into account: This, consequently, lead to the well-known massive cull and horrifying media pictures that were beamed into every house in the UK, in Europe and beyond over many months. On a local level, the disposal of animal carcasses on huge pyres or in massive trenches was a traumatic experience for all parties involved, be they farmers, vets, slaughterers, members of rural communities and disposal teams. Taking these facts into account, it is astonishing that the FMD epidemic was purely handled as an agricultural crisis and that the interconnectedness with various sectors of the rural economy (Lowe 2002: 175) and social life and animal ethics (Mepham 2001) were grossly overlooked. Ward et al. (2004: 305) comment on this critically: “Framing FMD as a livestock-export problem in need of livestock-oriented solutions led to the privileging of some strategies over others […]” (Ward et al. 2004: 305). Even after the publication of three governmental reports plus three additional reports (European Parliament 2002; House of Commons Environment; Food and Rural Affairs Committee 2002; National Audit Office 2002) and many regional reports, a holistic and interlinked analysis is to date still missing, as the focus was and still is on the economic aspects of the crisis and its management. Most of the reports neglected the human dimension that the FMD slaughter policy entailed: “[They] did not allow [the] examination of the social consequences of the epidemic, both at an individual and community level” (Law 2006: 237). By contrast, artists working with children in Cumbria mentioned the following: “Contrary to popular belief, foot & mouth does affect humans: not with blisters and sores, but by affecting their emotions, their mental health, their livelihoods, their […] ways of living in the countryside in the 21th century” (Eden Arts 2001; Nerlich/Hillyard/Wright 2005). But the FMD epidemic did not only cause economic, physical, symbolic and psychological trauma (Scott et al. 2004: 1), it also helped scientists to re-discover that the relationship between farmers and animals could not

“M ORE THAN J UST A NIMALS …”

| 265

exclusively be framed in terms of economics or money. What became apparent was the fact that farmers hold a close and intimate relationship with their livestock that goes well beyond money, profit and economic growth: Cows represent more than just milk-producing machines (Flusser 2000) to them. Even though some research has been undertaken on this aspect (Mort et al. 2008; Convery et al. 2008; Döring/Nerlich 2009; Döring 2009), studying how farmers relate to their cattle in the aftermath of the FMD crisis still represents a gap in research. This paper takes this gap as a starting point and investigates the often overlooked relational bonding between farmers and their cows from an applied discursive and ecolinguistic point of view. The aim consists in unravelling, at least to some extent, the human-animal relations (Ingold 1994; Haraway 2007, DeMello 2012) reflected linguistically in interviews with farmers undertaken after the FMD crisis. This will be done by analysing interpretative repertoires (Whetherell/Potter 1988) found in 15 semi-structured interviews led with farmers from the East Midlands and North Yorkshire in the UK. We will now turn to the next section in which we will briefly provide an insight into the methods and theories used to analyse the interviews before we will continue with a representative analysis of interpretative repertoires taken from our corpus. The final section summarises the findings and reflects on how a combination of critical discourse analytical, ecolinguistic and Human-Animal Studies approaches challenge and reveal aspects of FMD that have seldom been addressed in current agricultural policy and the management of epizootics.

T HEORY AND M ETHODS FOR ANALYSING F ARMER -C OW R ELATIONS To investigate farmers’ framings of cattle in the aftermath of the FMD crisis, we build on language-oriented approaches as outlined in Critical Discourse Analysis (Fairclough 1989; Chouliaraki/Fairclough 1999; Wodak/Meyer 2001; Potter/Wetherell 1987; Prior 2003; Keller 2004 and Wetherell/Potter 1988) and combine them with approaches stemming from ecolinguistics as defined by Fill (1993), Mühlhäusler (2003) and – recently – Stibbe (2012). In this context, Heuberger (2007, 2008, 2009) in particular has devoted an extensive part of his work to analyse how animals were and are linguistically represented showing how an anthropocentric perspective contributes to reifying animals. His work conceptually converges with research undertaken in Human-Animal Studies in which the role of language for exploring and semantically structuring the relation between animals and humans has been stressed time and time again (Rothfels 2002; Shapiro/deMello 2010; deMello 2012; Spannring et al. 2015). Although the discipline of linguistics has to date not

266 | M ARTIN DÖRING /B RIGITTE N ERLICH

recognised nor explored its constructive contribution to the field of Human-Animal Studies, an ecolinguistic approach holds the theoretical potential to structurally analyse and critically assess the language used to discursively “discipline” animals for human needs. Discourses can be understood as schemata based on or triggered by interpretative repertoires (McKinely/Potter 1989) that in many cases start with a linguistically motivated signifying activity. Interpretative repertoires can thus be conceived as semantic schemata constructed and used to do animals with words (Austin 1975). Such a practice-oriented constructivist approach puts emphasis on recurrent linguistic elements drawn on to semantically conceptualise events, things, persons and animals. Wetherell and Potter (1988: 172) explain interpretative repertoires as follows: “Repertoires could be seen as building blocks speakers use for constructing versions of actions, cognitive processes and other phenomena. Any particular repertoire is constructed out of a restricted range of terms used in a specific stylistic and grammatical fashion. Commonly these terms are derived from one or more key metaphors and the presence of a repertoire will be often signalled by certain tropes or figures of speech.”

Meaning is thus produced in action and dispersed via discursive repertoires and practices (van Leeuwen 2008) that are based on linguistic structures such as rhetorical figures, syntactic structures, lexical items or the use of certain tenses or specific pronouns (Mühlhäusler/Harré 1990). Our approach, consequently, stresses the importance of interpretative repertoires in interviews conducted with farmers and how they construct and arrange the farmer-cow relation in the aftermath of the 2001 FMD crisis in the UK. Acknowledging the multifaceted and complex nature of our research object, we developed contacts with two parishes heavily affected by FMD in the UK. 2 We met with representatives of the National Farmers Union and other local representatives to develop field access. We, furthermore, attended local meetings and slowly developed contacts with farmers. In doing so, we not only got a feeling for the local context and possible interview partners, but also contextualised ourselves. After having identified about 30 farmers, guidelines for 15 semi-structured interviews were developed and farmers were contacted. Interviews were taped, transcribed, anonymised and analysed according to the requirements outlined in Grounded Theory (Charmaz 2006; Clarke 2005; Corbin/Strauss 2008). This approach was taken as it places emphasis on the empirical development of interpretative repertoires from

2

We would like to thank Nick Wright (Nottingham) who mainly undertook the fieldwork and conducted the interviews.

“M ORE THAN J UST A NIMALS …”

| 267

data. Questions we addressed in the course of our analysis include the following four:    

Are there any overarching repertoires that define the farmer-animal relationship? What linguistic structures inform and sustain them? What impact might they bear on the farmer-animal relationship? What implications might they hold for agricultural policy and the management of epizootics?

W HEN IS A C OW A C OW ? S HIFTING B ORDERS BETWEEN C OWS

AND

F ARMERS

The analysis of the interviews proceeded along the methodological lines outlined in the previous section. Four prevalent interpretative repertoires emerged from our analysis: a utilitarian interpretative repertoire (framing cows as generating economic profit), a caring interpretative repertoire (displaying the intimate relationship between farmers and cows on different levels), a family interpretative repertoire (framing cows explicitly or implicitly as family members) and an identity interpretative repertoire (representing cows as an essential element of farmers’ work and lifestyle). The Utilitarian-IR, which focuses on aspects of cows as generating economic profit, is evident in almost all interviews conducted. Framers depict cows in economic terms as meat or milk-generating entities. Linguistic lexemes such as production, profit, economic loss, milk production appear frequently, while images such as milk-machine or basis/pillar of farming business highlight technical and constructive aspects: these metaphors develop image-schemata (Johnson 1989) that convey an overall image of farms as factories and of cows as machines. 1. “Well, yes, cows are one pillar of our farming business here, they produce milk, mmh, they produce milk, ah milk-machines.” (Farmer G) Cows as machines that had been infected with, but survived FMD, experienced a reduction in milk production which is, according to the following metaphorical framing, conceptualised in terms of economic loss: 2. “Yes, it’s a huge economic loss you know? I mean the profit is gone after FMD because [...] because milk production in the cows goes down due to the disease [...].” (Farmer N)

268 | M ARTIN DÖRING /B RIGITTE N ERLICH

Besides such aspects, the noun cow or cows often appear in connection with the generic term cattle and a numerical assessment of the spatial extension of farmland and the number of cows on farms: 3. “Yes, yes, we’re 1600 acres of which 600 acres is grass and 1000 acres are arable. We have 200 cows and then we produced about 100 beef cattle a year [...] you know all the progeny from the cows [...].” (Farmer D) This numerical and economic framing primarily conveys a utilitarian and anthropocentric image of cows as working animals. They are not seen as individuals, but as numbers. This way of conceptualising cows also comes across in the following quote, where the loss of cattle and sheep to FMD is implicitly depicted as profit. 4. “In that respect I was lucky, I lost all my cows and got paid so I had nothing I had to sell, nothing I had to feed, I only lost a handful of sheep.” (Farmer I) Such examples only appear to a minor extent but are worth mentioning as they refer to profits generated out of compensation for culled animals. Alongside the utilitarian-IR, the Caring-IR was equally prevalent in the interviews. Here, aspects of responsibility and intimate relationships were outlined using a language of vision, haptics, emotional and mutual closeness. Verbal constructions with close look, feel or sense plus phrases that refer to a certain kind of tacit knowledge using lexemes like atmosphere and feeling or phrases such as I sense the atmosphere are often employed. Furthermore, images like feeling attached to metaphorically depict the emotional relationship between human being and animal. 5. “Yeah, when I come in I have a close look at all of them. I normally put a hand on the back and then I feel what’s going on in here. It’s just that atmosphere where, yes, I sense the atmosphere in here [...] and then I saw that salivation and the blisters [...].” (Farmer M) The farmer here illustrates his tacit feel for the atmosphere in the cow shed of his farm: Visual (“close look”) as well tactile (“hand on the back”) aspects function as multi-sensorial indicators to assess the ambiance – until he sees the blisters and the salivation which are clear indications of FMD. Comparable aspects appear in the next quote where the farmer more openly expresses his emotional attachment to his cows. 6. “You know, I really worry about my stock. I mean, I feel attached to them and some of’em to me (laughs). When something’s wrong, I feel that and

“M ORE THAN J UST A NIMALS …”

| 269

it really, yeah, well, then I am really concerned. And when I saw the blisters, oh dear... [...].” (Farmer K) Such emotional bonds enable farmers not only to develop a feel for the atmosphere but appear to lead to empathy and emotional understanding when it comes to the incineration of their dead companions in trenches or on funeral pyres: 7. “And cows knew, they knew damn well what was on that fire because they all went loopy, they were absolutely bawling their heads off.” (Farmer G) Adjectives such as “loopy” and verbs like “bawling” depict the emotional desperate state of the animals while the “all night’s mooing” of cows in view of a contiguous cull portrays animal fear experienced: 8. “When they started, like I never hear my neighbour’s cattle and I never hear their sheep but as soon as they started herding them up to bring them in and kill them you could hear them in this house, plain as day, all the cows are mooing all night”. (Farmer B) Farmers thus did not only have to cope with their own emotional stress but also with the emotional strain experienced by their cows. In addition to these worries experienced by animals and farmers, special concern was expressed with regard to pet or favourite cows. Their character was depicted through the use of humanising adjectives such as “friendly”, “nosy” or “cuddly” testifying of the deep emotional bonds established between animal and human being. 9. “[...] which I was thinking which cow would be shot first because you always have one or two pet, friendly cows that come and be nosy, you think that one would’ve been shot first.” (Farmer C) The loss of favourite and beloved animals is often explicitly mourned and, consequently, it is not astonishing that cows and sheep are conceptualised as family members in the Family-IR. Here, metaphors such as family member, part of the family often appear together with the verb belonging to. The stamping-out policy, favoured by government officials and the Ministry for Agriculture, Food and Fisheries, was often metaphorically framed as an execution.

270 | M ARTIN DÖRING /B RIGITTE N ERLICH

10. “When the MAFF people came in and did their tests, well it was like testing members of the family. I mean, ah the flock has been with us, they belong to us for such a long time, they are a part of the family you know. It’s not all about money ... the culling was an execution, yes, that’s what it was.” (Farmer A) In some cases, also a correlation or even a narrative merging between the family history and one favourite animal appeared with the effect that the lost animal was integrated into the genealogy of the farmer’s family. 11. “Oh dear, yes...the waiting for the results of the test and then... the cull... phew! You know, I mean we got that cow when Emily [daughter] was born and, well, it’s like we’ve lost a member of family. It’s more than just an animal or a cow [...].” (Farmer D) A comparable aspect is alluded to in the following example. Here, the practice of breeding is depicted as an intergenerational farming practice while the animal offspring is metaphorically framed as a family that has been wiped-out by FMD. 12. “[...] you know some people have bred cows for years and their dads have bred them and they’ve [cows] got their families and they’ve been wiped-out, you can’t, things like that you can’t replace, history.” (Farmer C) The loss of animals is also felt like death of a family member. This aspect is expressed in the following excerpt by using the metaphor of losing one’s spouse: a strong image which underlines the emotional bonding to animals and also exhibits that they mean quite a lot to the farmer. The latter aspect is explicitly addressed in the final phrase “[...] you’re in mourning, you’d do anything to get her back.” 13. “we’re building up this herd and I was thinking about it this morning, I thought the best analogy I can have it’s like losing your wife and she’s gone, she’s died, whatever and you’re in mourning, you’d do anything to get her back.” (Farmer K) Finally, cows are emblematic or flagship species for a special way of life in the Identity-IR. Farmers feel that they are an essential ingredient in their daily lives and that the stamping-out policy also contributed to killing a certain way of life, and part of their selves. Here, mainly metaphors that depict the loss of a way of life, together with possessive pronouns like “our”, indicate that more is at stake than just the loss of cows. Especially moving is the reoccurring reference made to mooing

“M ORE THAN J UST A NIMALS …”

| 271

and smells: metonymies that stand for the cows culled while silence and emptiness metaphorically stand for the grief experienced. 14. “I mean, this is our way of life, it was culled away. They [cows] have always been with my family and now an empty farm...no mooing, no nothing, no smells, this silence [...].” (Farmer P) 15. “You know, we can’t carry on. This was all we had and our way of life we lost, it was taken away by FMD and MAFF. And this silence after the cull and the weeks after it [...].” (Farmer O) The question, however, not only touches upon the aspect of a special way of life but also on the fact that farmers expressed considerable reservation to restocking as the livestock was not conceived as one’s own herd. Here constructions such as “[...] it’s not my herd [...]” not only address questions of simple ownership but also express a lack of identification with new cattle, as they are not grown through one’s own work. 16. He says “Yeah, well, my herd,” he says “I can maybe buy a better herd but it isn’t my herd,” he says “I can’t say to that cow “Well you should’ve seen his mother or his grand dam,” he said “Yeah I maybe can buy a better herd but it isn’t my herd, it isn’t my work.” (Farmer F) Breeding dairy cows is envisaged as a basic ingredient of daily farm work that extends over generations and merges generations of farming families in and through their animals: Cows tie generations of farming families together and their death destroys this genealogical link. 17. “And that [FMD] in itself was devastating because there’s generations of work that’s gone into rearing, breeding the dairy cows […].” (Farmer M) To sum up, we have seen that a variety of different linguistic means are used by farmers to depict their relation to their livestock. Specific metaphors and the relatively restricted use of certain linguistic structures formed four more or less consistent interpretative repertoires that permeated the interviews. The Utilitarian-IR, the Caring-IR, the Family-IR and the Identity-IR helped us to empirically develop discrete knowledge structures that saturate human-animal relations that farmers develop with their companion species cow.

272 | M ARTIN DÖRING /B RIGITTE N ERLICH

C ONCLUSION : C HALLENGING THE D ISTINCTION B ETWEEN F ARMERS AND C OWS The empirical findings in the previous section clearly depict a grounded picture of farmer-cows relation in the aftermath of the 2001 foot and mouth crisis in the UK. The four interpretative repertoires disclosed large degrees of sensitivity and affect in farmer-cow relations. These range from different kinds of an emotional attachment to a tacit knowledge about or a feel for the animal and its emotional state to strong animal-human bonds in which cows are metaphorically depicted as family members and sometimes become symbols for family history and a longstanding farming lifestyle. Besides these aspects, the economic framing of cattle still plays an important role and the well-known metaphorical reification of cows as moneymaking machines remains strong, which poses problems with regard to animal ethics, industrial farming and the production of foodstuffs for humans. The empirical results are, however, astonishing and they could contribute to reducing prejudices against farmers as purely rational and emotionless businessmen framing cows exclusively as profitable machines. The farmer-cow relation definitely is multifaceted – not only in times of or after epizootics such as FMD. Besides the empirical results of our analysis, there are also conceptual repercussions on the scientific discourse of Human-Animal Studies and linguistics. Theoretically, our results indicate that, while a lot of research has been undertaken in the field of Human-Animal Studies, a linguistic perspective is generally missing. This may be due to the lack of engagement with the topic of animals in linguistics although the relevance of language for studying human-animal relations has more recently been acknowledged for example by DeMello (2012), Urbanik (2012), Chimaira (2011) Spannring et al. (2015). This is an astonishing fact as most of the empirical research undertaken uses language as an analytical unit to explore the nexus between humans and animals. Recent research undertaken by Heuberger (2007; 2008 and 2009) in the field of ecolinguistics has started to address and fill this gap and demonstrated the potential of a fine-grained linguistic analysis for the studying of how humans represent their companion species and what implications these representations yield. To reveal the linguistic structures underlying and informing human-animal relations also represent a methodological challenge. Traditional approaches used in linguistics such as lexicological analyses, textual linguistics or media analysis (Döring 2004) should be complemented by social science methods such as expert or stakeholder interviews and participant observation representing standard methods in the social sciences and in Human-Animal Studies. Such approaches provide ‘enlived’ data and personal contact with the field under investigation that affect and enrich scientific interpretation in a more grounded way. Thus, the approach applied here

“M ORE THAN J UST A NIMALS …”

| 273

with its inbuilt steps of contacting main and local representatives, attending meetings and finally conducting interviews appeared to be a thorough way to sensitively generate linguistic data and get insight into dimensions of farmer-cow relations which otherwise would have stayed hidden. Furthermore, the grounded interpretation of transcribed interviews with their analytical loops of control and reflexive checks helped us to avoid stereotypes and reveal aspects normally overlooked or considered as less important. Hence, the awareness that different conceptual layers inform and saturate the farmer-cow relation not only help to overcome preconceptions about farmers as only interested in economic profit, but they also challenge an agricultural policy that in times of epizootics often provides economic compensation but lacks measures to offer psychological counselling (Peck 2005) to overcome the loss of cows conceived as friends, members of family and family history. In sum, our reflections provide the opportunity to explore the cow-farmer relation from an empirical point of view and to critically assess implications of our findings for research and – though only partly – for agricultural policy. Furthermore, the methodological and theoretical aspects outlined here represent an attempt to find ways to explore and analyse the social and cultural dimensions of humananimal relations in times of and after epizootics. More specifically, they helped us to reconsider our own preconceptions and provided a way towards a wider analytical perspective that challenges the distinction made between farmers and cows or humans and animals because, as one interviewee said: “They are more than just animals...”

R EFERENCES Anderson, Ian (2002): Foot and Mouth Disease 2001: Lessons to be Learned Inquiry Report. London: Stationery Office. Austin, John (1975): How to Do Things with Words. Harvard: Harvard University Press. Charmaz, Kathy (2006): Constructing Grounded Theory. A Practical Guide through Qualitative Analysis, London: Sage. Chimaira (eds.) (2011): Human-Animal Studies: Über die gesellschaftliche Natur von Mensch-Tier-Verhältnissen, Bielefeld: Transcript. Chouliaraki, Lily/Fairclough, Norman (1999): Discourse in Late Modernity. Rethinking Critical Discourse Analysis, Edinburgh: Edinburgh University Press. Clarke, Adele (2005): Situational Analysis: Grounded Theory after the Postmodern Turn, London: Sage. Convery, Ian/Mort, Maggie/Bailey, Catherine/Baxter, Josephine (2008): Animal Disease and Human Trauma, Basingstoke: Palgrave Macmillan.

274 | M ARTIN DÖRING /B RIGITTE N ERLICH

Corbin, Juliet/Strauss, Anselm (2008): Basics of Qualitative Research, London: Sage. Curry Report (2002): Farming and Food – A Sustainable Future. Report of the Policy Commission on the Future of Farming and Food, London: Cabinet Office. DeMello, Margo (2012): Animals and Society: An Introduction to Human-Animal Studies. New York: Columbia University Press. Döring, Martin (2004): “Rinderwahnsinn: Das Unbehagen in der Kultur und die metaphorisch-diskursive Ordnung ihres Risikomaterials.“, in: Rudolf Emmons (ed.): Sprache transdiziplinär, Frankfurt am Main: Peter Lang, pp.71-84. Döring, Martin (2009): “’Mary had a little lamb...’: Trauma, Stress and Coping During the 2001 Foot and Mouth Crisis, as seen through the Medium of Children’s Eyes”, in: Martin Döring/Brigitte Nerlich (eds.): From Mayhem to Meaning: Assessing the Social and Cultural Impact of the 2001 Foot and Mouth Outbreak in the UK, Manchester: University Press, pp. 114-129. Döring, Martin/Nerlich, Brigitte (eds.) (2009): From Mayhem to Meaning: The cultural meaning of the 2001 outbreak of foot and mouth disease in the UK, Manchester: Manchester University Press. Eden Arts (2001): Arts Residency Project for Rural Primary Schools – in Areas of Cumbria Hardest Hit by Foot and Mouth Epidemic, http://www.edenarts.co.uk/ projects.htm [December 16, 2003] European Parliament (2002). Final Report of the European Parliament Temporary Committee on Foot and Mouth Disease. Report on Measures to Control Foot and Mouth Disease in the European Union in 2001 and Future Measures to Prevent and Control Animal Diseases in the European Union. www.landcare.org.uk/fmd/curr_topic/December02/fmd_report/ep_temp_comm _fmd_rep.htm [December 16, 2003] Fairclough, Norman (1989): Language and Power, London: Routledge. Fill, Alwin (1993): Ökolinguistik. Eine Einführung, Tübingen: Narr und Francke. Flusser, Vilém (2000): Vogelflüge. Essays zu Natur und Kultur, München: Hanser. Haraway, Donna (2007): When Species Meet, Minneapolis: University of Minnesota Press. Herriot, James (1998): All Things Wise and Wonderful. London: St Martin’s Paperbacks. Heuberger, Reinhard (2007): “Language and Ideology: A Brief Survey of Anthropocentrism and Speciesism in English.”, in: Alwin Fill/Hermine Penz (eds.): Sustaining Language. Essays in Applied Ecolinguistics, Münster: Lit Verlag, pp. 107 - 124. Heuberger, Reinhard (2008): “Anthropocentrism in English and German: A Comparative Lexical Study”, in: Martin Döring/Hermine Penz/Wilhelm Trampe (eds.): Language, Signs and Nature: Ecolinguistic Dimensions of Environmental Discourse. Essays in Honour of Alwin Fill, Tübingen: Stauffenburg, pp. 183193.

“M ORE THAN J UST A NIMALS …”

| 275

Heuberger, Reinhard (2009): “Beef, Pork, Veal and Mutton, or, How Deceptive Language Whets Our Appetites.”, in: Eva Lavric/Carmen Konzett (eds.): Food and Language. Sprache und Essen, Frankfurt: Peter Lang, pp. 247-254. House of Commons, Food and Rural Affaires Committee (2002): The Impact of Foot and Mouth Disease, London: The Stationery Office. Ingold, Tim (ed.) (1994): What is an Animal? London: Routledge. Johnson, Mark (1989): The Body in the Mind: The Bodily Basis of Meaning and Imagination, Chicago: University of Chicago Press. Keller, Reiner (2004): Diskursforschung. Eine Einführung für SozialwissenschaftlerInnen, Opladen: Leske und Budrich. Law, John (2006): “Disaster in Agriculture: or Foot and Mouth Mobilities”, in: Environment and Planning A 38/2, pp. 227-239. McKinely Andrew/Potter, Jonathan (1989): “Model Discourse: Interpretative Repertoires in Scientists’ Conference Talk.”, in: Social Studies of Science 17, pp. 443-463. Mepham, Ben (2001): “Foot and Mouth Disease and British Agriculture: Ethics in a Crisis.”, in: Journal of Agricultural and Environmental Ethics 14, pp. 339-347. Mort, Maggie/Convery, Ian/Baxter, Josephine/Bailey, Cathy (2008): “Animal Disease and Human Trauma: The Psycho-social Implications of the 2001 UK Foot & Mouth Disease Disaster.” In: Journal of Applied Animal Welfare Science 11/2, pp. 133-148. Mühlhäusler, Peter (2003): Language of Environment – Environment of Language. A Course in Ecolinguistics. London: Battlebridge. Mühlhäusler, Peter/ Harré, Rom (1990): Pronouns and People. The Linguistic Construction of Social and Personal Identity, Oxford: Blackwell. National Audit Office (2002): The 2001 Outbreak of Foot and Mouth Disease. Session 2001-2002. London: The Stationary Office. Nerlich, Brigitte/Hillyard, Sam/Wright, Nick (2005): “Stress and Stereotypes: Children’s Reactions to the Outbreak of Foot and Mouth Disease in the UK in 2001”, in: Children and Society 19, pp. 348-359. Peck, David (2005): “Foot and Mouth Outbreak: Lessons for Mental Health Services”, in: Advances in Psychiatric Treatment 11, pp. 270-276. Potter, Jonathan/Wetherell, Margaret (1987): Discourse and Social Psychology: Beyond Attitudes and Behaviour, London: Sage. Prior, Lindsay (2003): Using Documents in Social Research, London: Sage. Rothfels, Nigel (ed.) (2002): Representing Animals, Bloomington: Indiana University Press. Scott, Alister/Christie, Michael/Midbourne, Peter (2004): “Impact of the 2001 Foot and Mouth Diseas Outbreak in Britain: Implications for Rural Studies.”, in: Journal of Rural Studies 20, pp. 1-14. Shapiro, Kenneth/DeMello, Margo (2010): “The State of Human-Animal Studies”, in: Society and Animals 18/3, pp. 307-318.

276 | M ARTIN DÖRING /B RIGITTE N ERLICH

Spannring, Reingard/ Schachinger, Karin/Kompatscher, Gabriela/Boucabeille, Alejandro (eds.) (2015): Disziplinierte Tiere. Perspektiven der Human-Animal Studies für die wissenschaftlichen Disziplinen, Bielefeld: Transcript. Stibbe, Arran (2012): Animals Erased: Discourse, Ecology and the Connection with the Natural World, Middletown: Wesleyan University Press The Royal Society (2002): Infectious Diseases in Livestock, London: The Royal Society. Urbanik, Julie (2012): Placing Animals: An Introduction to the Geography of Human-Animal Relations, Lanham: Rowman and Littlefield. van Leeuven, Theo (2008): Discourse and Practice: New Tools for Critical Discourse Analysis. Oxford: Oxford University Press. Ward, Neil/Donaldson, Andrew/Lowe, Philip (2004): “Policy Framing and Learning the Lessons from the UK’s Foot and Mouth Disease Crisis.”, in: Environment and Planning C: Government and Policy 22, pp. 291-306. Wetherell, Margaret/Potter, Jonathan (1988): “Discourse Analysis and the Identification of Interpretative Repertoires”, in: Charles Antaki (ed.), Analysing Everyday Explanation: A Case Book of Methods, London: Sage, pp.168-183. Wodak, Ruth/Meyer, Michael (eds.) (2001): Methods of Critical Discourse Analysis, London: Sage. Woods, Abigail (2004): A Manufactured Plague. The History of Foot and Mouth Disease in Britain. London: Earthscan. Woods, Michael (2005): Rural Geography. Processes, Responses and Experiences in Rural Restructuring, London: Sage.

“We Support Circus Animals Who Kill Their Captors” Nonhuman Resistance, Animal Subjectivity, and the Politics of Democracy A YLON A. C OHEN

Animal rights activists and advocates attempt to include nonhuman animals in the human community through reasoned philosophical tracts and by direct action. On the philosophical side, much of the debate over the last several decades concerning animals – inaugurated by Peter Singer’s Animal Liberation and Tom Regan’s The Case for Animal Rights – has focused on the moral status or rights of animals in an attempt to show that dominant moral discourses cannot consistently maintain the species boundary excluding nonhuman animals from claims to equality. Activists, on the other hand, opt for direct confrontation against institutions that oppress animals in order to raise these questions in the public sphere. In so doing, both philosophers and activists aim to expand the boundaries of the human community to include the question of nonhuman livelihood as a viable political question of justice. However, dominant animal rights discourse fails to analyze the boundary of the political community as marked by a historical division between logical animals (humans) and phonic animals (nonhumans). In so doing, this discourse merely enables nonhumans to become mute political objects of representation rather than subjects of speech, and thus maintains the exclusion of animals from the political community of speaking subjects. By turning to the work of radical democrats Jacques Rancière and Chantal Mouffe, I argue for a re-conceptualization of animal subjectivity and speech that promises a new framework for attending to the needs and standpoints of nonhuman animals. Radical democratic political theorizing understands politics as a zone of irreducible conflict marked by exclusion. By analyzing historical and ongoing modes of political exclusion from the democratic community, radical democracy promises a more historically grounded method of exploring the way in which ani-

278 | A YLON A. COHEN

mals are currently denied entry into the field of politics. By emphasizing the active historical borders of exclusion, radical democracy points to more pragmatic approaches for deconstructing the borders between nonhuman and human animals in the hope of keeping the political sphere perpetually open to contestation. After providing this alternative methodology for thinking about animal oppression through the lens of radical democracy, I shift the discussion from an analysis of border construction to investigate border contestation. I argue that attending to the concerns of animals through a lens of radical democracy requires humans to pay attention to events of nonhuman resistance whereby animals oppose their exclusion from the political community. To do so, the paper uses Bruno Latour’s work on “speech prostheses” and argues for deploying multiple and potentially conflicting vehicles of speech to make audible nonhuman voices. Through the notion of “speech prostheses”, I show how nonhuman resistance makes the oppression of animals not only an object of political deliberation, but also more importantly, transforms the animals themselves into subjects of politics. Therefore, the concept of “speech prostheses” illuminates both how animals contest their political exclusion and also how this contestation enables animals to become subjects of discourse. This combination of radical democratic approaches to borders and Latour’s work on speech prostheses ultimately entails rethinking animal subjectivity, as events of border contestation illustrate that nonhuman animals are both agents of resistance and subjects of democracy.

R ADICAL D EMOCRACY

AND

B ORDER Z ONES

Radical democrats illuminate the internal exclusions central to the construction of any democratic body. Any community that professes inclusion, Mouffe argues, necessarily grounds itself on “a disavowal of the particular and a refusal of specificity” (2005: 13). The creation of a democratic union requires a constitutive outside that forms the borders of the community. Similarly, Rancière explains “a count of community ‘parts’” will always be “a false count, a double count, or a miscount” given the inevitability of a remainder, of the part of the community that is excluded and therefore has no part (1999: 6). Given that any community cannot “establish a definite suture,” Mouffe explains, “what matters is the possibility of tracing a line of demarcation between those who belong to the demos […] and those who, in the political domain, cannot have the same rights because they are not part of the demos” (2005: 52-3; 2000: 40). Rather than feign overlapping inclusivity, radical democrats argue that political theorizing should note the inevitable outside, the remaining miscount, of any political regime.

“W E S UPPORT CIRCUS A NIMALS W HO K ILL T HEIR CAPTORS ”

| 279

Rancière and Mouffe illustrate that any decision within the political terrain will necessarily create and leave unaccounted an excluded group, thus ensuring the inevitability of conflict. For Mouffe, the decision to create any “forms of unity” will result in “establishing a frontier to define the forces to be opposed, the ‘enemy’” (2005: 50). In separating off the excluded remains, the demos undergoes “a moment of closure which,” Mouffe argues, “is required by the very process of constituting the ‘people’” (2000: 43). This moment of temporary closure that constitutes a community orders the discourses, knoweldges, bodies, and beings of the demos in opposition to the unaccounted outside. While Mouffe describes this process as the formation of a specific bloc of hegemony (2000: 53), Rancière describes this event as the logic of the police, which “arranges that tangible reality in which bodies are distributed in community” (1999: 28). Whether articulated as “the symbolic ordering of social relations” (Mouffe 2000: 18) or the “order of bodies that defines the allocation of ways of doing, ways of being, and ways of saying” (Rancière 1999: 29), both Mouffe and Rancière point to the ultimate contingency and thus contestability of any and all political regimes given that any order or arrangement can be reordered and rearranged. While I do not wish to downplay the differences between Mouffe and Rancière, their shared critique of both the necessity of exclusion and of the porousness of community boundaries warns against the complacency of any community that believes itself to be fully inclusive. Their thought indicates that we must focus on the ongoing struggles occurring on and through the peripheries of communities. While those excluded can sometimes force their way into the community, the inclusion of the unaccounted part does not amount to an elimination of conflict. Mouffe argues, “one should not hope for the elimination of disagreement but for its containment” (2005: 50). This amounts to turning enemies into “adversaries,” such that they “share a common symbolic space” with others where they can air their disagreements (2000: 13). When we believe that inclusion necessarily overcomes conflict, we ensure that the “antagonism, violence, power and repression” at the heart of politics becomes “invisible” and violence continues (2000: 31). Like Mouffe, Rancière argues that when consensus presupposes that “everyone is included in advance”, the repressed will always return and without an adequate forum in which their challenge can be accounted, an explosive violence will erupt (1999: 117). Ultimately, then, both Rancière and Mouffe acknowledge the necessity of a mode of political thinking that acknowledges the inevitability of contestation that defines the necessary borders of every political community. What I want to emphasize in this narrative is not the violence that defines the repressed exclusion of the constitutive outside, but rather the manner in which the contestation of and entry into the political community entails a shift of subjectivity for both the included and the previously excluded. For Mouffe, the re-formation of the political community occurs when excluded groups dislocate the dominant he-

280 | A YLON A. COHEN

gemony and (re)articulate a new “political identity” for those in the newly modified community: inclusion “is not a matter of establishing a mere alliance between given interests but of actually modifying the very identities of these forces” (2005: 70). Since politics requires decision making in a foundationally contested domain, the formation of democratic identities rather than the expression of their interests is the main logic of democracy. As with Mouffe, Rancière also identifies the re-formation of subjectivity as the logic of political struggles that contest and re-define the parties to the community: “parties do not exist prior to the conflict they name and in which they are counted as parties” (1999: 27). For the included part of the community – those who are counted – politics does not exist with the excluded and uncounted elements: “there is no political stage because there are no parties […]. Politics is primarily conflict over the existence of a common stage and over the existence and status of those present on it” (1999: 26-7). The act of contestation is an act of subjectification that ruptures the boundaries of the political field. It is therefore a performative act, since it simultaneously creates the parties that engender the act of rupture. At stake then is not simply the inclusion of the excluded group, but rather the re-subjectification and codification of the community itself. Both Mouffe and Rancière identify the break of community borders and inclusion of the excluded subjects with a process of subjectification that not only makes marginalized groups political subjects of the community, but also re-fashions the subjectivity of the entire community.1 One of the primary battles that defines the hegemonic formation of community borders is the question of who is to count as more than a mere animal. As Rancière argues, “one of the stakes of the very dispute that institutes politics” is the question of animality, namely, the “opposition of logical animals and phonic animals” (1999: 22). Who is to count as a political animal capable of speech and who is the animal of bare life that can only express suffering? Having outlined the radical democratic understanding of politics, I turn my focus on those excluded phonic animals par excellence. Not animalized humans, from the slaves of antiquity to the so-called savages of America, but rather those animalized animals – real, fleshy, furry, scaly animals.2 Using the radical democratic framework that emphasises border exclusions, conflict, and how contestation of these borders create political subjects, my goal in this paper is to demonstrate how nonhuman animals are a part of the community that has no part and to identify the moments of rupture whereby they have attempted to include themselves.

1

That said, Mouffe seems to believe that this shift of subjectivity takes place over a relatively long period of time, whereas Rancière suggests that it occurs in a moment of rupture.

2

For a discussion of animalized animals, see Dechka (2008).

“W E S UPPORT CIRCUS A NIMALS W HO K ILL T HEIR CAPTORS ”

| 281

ANIMAL V OICE AND ANIMAL S PEECH According to the logic of democratic politics, every member of the community ought to be included in decision-making. As the foundational democratic theorist John Stuart Mill argues, the “ideally best form of government” locates “sovereignty” in the “community; every citizen […] having a voice in the exercise of that ultimate sovereignty” (1991a: 246). While oriented towards total inclusion, not everyone in Mill’s narrative can exercise self-governance and sovereignty. Mill figures savages and barbarians to live in a “condition very little above the highest beasts” (1991a: 231). The implication of this condition is their inability to exercise appropriate agency necessary for freedom. In his On Liberty, Mill argues that indigenous people cannot exercise self-governance because they, like children, have not yet developed “the maturity of their faculties”, meaning the developed capacity for reason (1991b: 14). As such, the principle of liberty does not apply to them, and “despotism” remains the only “legitimate mode of government in dealing with barbarians” (1991b: 14). While the colonized do have a voice, albeit multiple and terrifying for Mill, they do not qualify as agents of governance, since they do not posses the capacity for reasoned speech necessary for liberty and self-governance (Mantena 2007). At the foundation of Mill’s exclusion is Aristotle’s (in)famous explanation of the political nature of the human animal: “Nature, as we often say, does nothing without some purpose; and she has endowed man alone among the animals with the power of speech. Speech is something different from voice, which is possessed by other animals also and used by them to express pain or pleasure; for their nature does indeed enable them not only to feel pleasure and pain but to communicate these feelings to each other. Speech, on the other hand, serves to indicates what […] is just and what is unjust” (1992: III, 1282 b21).

Aristotle structurally splits democratic citizens into political subjects and objects. In speaking, they perform their political lives by governing themselves as governable objects. Megan Foley explains, “this performative constitution of selfrepresentation is a prerequisite for the logic of self-governance […] that establishes democratic citizenship” (2010: 390). Beasts, according to Mill, only have the capacity for voice, the ability to say in their own way “this pleases me” rather than the capacity for speech, the ability to say “this is unjust”. Animals, like Mill’s savages and children, can scream and kick and shout and cry, but only with speech, which bears the mark of reasoning subjects, can the subject respond to questions of justice and thus self-govern. Unable to speak and thus to exercise logos, animals cannot join and so remain excluded from the democratic community.

282 | A YLON A. COHEN

According to Mill’s narrative, not only animals, but also colonized peoples cannot join the democratic community. Today, however, those committed to decolonization would deny the exclusion of indigenous peoples from the political community. As such, could we not bring nonhuman animals into the political community on the same grounds that indigenous peoples have fought for their recognition? After all, it was partly the domination of the animal in the European colonial imagery that helped justify the colonial project. The colonial encounter with indigenous peoples did not occur on neutral terrain but already included various histories of association used to “fabricate the colonized subject” (Fanon 1963: 2). Consider the white boy who shouted upon seeing Frantz Fanon, “Maman, see the Negro; I’m scared! Scared! Scared!” (2008: 91). As Fanon argues, the making of Fanon as an object of fear depends on histories of association over-determining the boy’s and Fanon’s encounter: “The Negro is Animal, the Negro is bad, the Negro is wicked, the Negro is ugly” (2008: 93). As Abraham DeLeon (2010) argues, the species hierarchy between human and nonhumans constructed during the Enlightenment provided the models by which colonizers could transfer practices of domination from nonhumans to animalized natives. The naturalization of the species hierarchy and its transposition onto indigenous peoples from Europe fashioned the discursive apparatuses necessary to justify and enact colonialism. The colonial project did not just work on the symbolic level, but also required the eradication of the lived material bodies of nonhumans. Winona LaDuke explains that “during the 1880s, buffalo killing was part of military policy, and land grabbing was part of America […]. These two policies were key to the colonization of the plains” (1999: 141). Having killed the buffalo and destroyed the major food source for native people of the prairie, the government not only opened space for western cattle production, but also bound native people to the Indian Department by creating a market through which indigenous people had to purchase their food. Thus, many of the products purchased by the Indian Department and allocated to Indian families originate from livestock raised on stolen native lands. Therefore, the physical destruction of 50 million buffalo constituted a key nexus point in the colonization of indigenous people of the prairie. From the symbolic to the material, the oppression of nonhuman animals played a necessary role in the colonization and thus exclusion of indigenous peoples from the democratic community. Thus, from the perspective of decolonization, it appears that we have an obvious point from which to argue for the inclusion of nonhuman animals into the field of politics. However, it seems that we have moved too quickly. To seek the inclusion of animals into the demos by riding on the intersection between animals and the decolonizing project ensures that the animal becomes part of the political field of contestation only insofar as nonhumans can attach themselves to other movements. In other words, do we still have reason to care about the buffalo if we lack its reference to the Lakota people? Would we still struggle for decolo-

“W E S UPPORT CIRCUS A NIMALS W HO K ILL T HEIR CAPTORS ”

| 283

nization in the absence of colonized humans? Finally, can we pose the question of the animal in animal liberation such that the animal remains intersectional with other struggles but also irreducible to them? Animal liberation activists have attempted to do so by breaking the dominant hegemony that sees animals as outside of the field of politics. “Everybody knows,” Derrida says, “what terrifying and intolerable pictures a realist painting could give to the industrial, mechanical, chemical, hormonal, and genetic violence to which man has been submitting animal life for the past two centuries” (2002: 395). Guided by these images, activists attempt to re-set the political agenda to include nonhumans by disrupting established patterns of thought through various means, from boycotts to bombings, to undermine the monetary and emotional advantages that accrue from the exclusion of nonhumans (Humphre/Stears 2006; Young 2001). Thus, when the Animal Liberation Front break the windows of fur stores or rescue animals from slaughterhouses and laboratories, they are demanding that the question of the animal be a political question. In Rancière’s language, these activists enact a “dispute over the object of dispute, the dispute over the existence of the dispute and the parties confronting each other in it” (1999: 55). When fur stores respond that their fur is merchandise garnered in a humane manner, the objects of dispute, namely animals as private property as fur, have consequently already become an object of dispute, worthy of political deliberation. These activists are attempting to re-articulate the hegemonic ordering of nonhumans in the status quo. Their actions constitute a “political activity” that ruptures the policing of the community by “shift[ing] a body from the place assigned to it”; in demanding that the dead animal be accounted for, they are making “visible what had no business being seen” (Rancière 1999: 30). Shifting the objects of politics through the disruption of the status quo, activists engage in political action that challenges the borders of the democratic community and its policing of animal bodies. That said, the political action undertaken for animals still begs the question of who is acting, which subjects are at play, and in what ways are those within the political community re-subjectivised as a result of these actions. As I argued above, subjectification occurs when those “who have no right to be counted as speaking beings make themselves of some account” (Rancière 1999: 27). The result of a long history of animal liberation actions disrupting the dominant hegemony now entails that humans have the ability and right to speak about animals as objects of dispute. That said, the subjects of the political stage remain the same: where previously humans set the agenda for what counts as politically worthy, now they still do so. Of course, having nonhumans count as worthy objects of political dispute is advantageous over their exclusion. However, the danger of this type of political action – of any action that models itself as an act of solidarity done for another, in the name of another – is that the disruption of the policed objects does not necessitate a reconfiguration of who counts as agents of speech, as

284 | A YLON A. COHEN

subjects of politics. Rancière explains, “the problem is knowing whether the subjects who count in the interlocution ‘are’ or ‘are not,’ whether they are speaking or just making noise” (1999: 50). Solidarity actions done on behalf of animals may create new objects of dispute, and they may even re-subjectivize other humans to start caring about nonhumans, but the animals themselves remain noisy objects of representation. The Aristotelian splitting of politics between objects of voice and noise and subjects of speech remains intact. To be a part of the democratic community, subjects, in order to become subjects, must exercise the capacity for speech. As objects of representation, animals remain not just silent but silenced. As evidence for this silencing, one can turn to the common slogan heard throughout the animal rights movement: “we speak for those who cannot”; “we are a voice for the voiceless”. With nonhuman animals, the project of radical democracy seems to come up against its limit. The commitment to open consensus or to an inclusive political community wavers when faced with the prospect of confronting those who cannot speak, and who remain simply noise. With animals, then, it seems that all we can hope for is representation for the voice that cannot represent itself.

IS

THE

R EBEL Y ELL A R EBEL S PEECH ?

In November 1995, Emily the cow had just arrived at a slaughter-facility in Hopkinton, Massachusetts. Having reached the end of her employment as a dairy worker, her last task was to be grounded into beef and bone-meal. However, Emily decided otherwise. She leapt over a five-foot fence and dashed for the forest. Evading the staff’s attempts to trap her with caches of hay, Emily roamed the rural community for forty days. With news reports circulating about her escape, the overwhelming popularity she received from local residents eventually compelled the slaughterhouse to allow her to live out the rest of her days on a large pasture at a local peace abbey when she finally re-emerged from the woods. Emily’s story is not unusual, and is but one of the many in a history of escapes from farms, slaughterhouse, and laboratories (Hribal 2007). Consider also the case of Tatiana, a Siberian tiger confined for years in a small enclosure in the San Francisco Zoo. On December 25, 2007, Tatiana cleared the 12-foot high wall of her enclosure after three teenage boys persistently tormented her. She snatched one of the boys and mauled him to death. Singular in her purpose, she stalked the zoo grounds for the next half-hour, ignoring zoo visitors, park employees, and emergency responders, until she tracked down the two other boys and mauled them before being gunned down by police (Hribal 2010: 21-31).

“W E S UPPORT CIRCUS A NIMALS W HO K ILL T HEIR CAPTORS ”

| 285

How do we explain these episodes of escape, rebellion, and revenge? Are these animals not provoking the wrong of their absence from the common community, bringing into question their place as the part of the community that has no part? According to Rancière, the disruption of the logic of the police “creates [subjects] by transforming identities defined in the natural order of the allocation of functions and places into instances of experience of a dispute” (1999: 36). In challenging their place in slaughterhouses and zoos, these nonhumans bring to light the assumed naturalness of their oppression and so, I argue, become political subjects. By questioning the assumed right of slaughterhouses to kill cows like Emily, which the residents of Hopkinton provoke through their support of her, or of the justice of Tatiana’s torment, these nonhumans bring their experiences into the heart of the community and make them objects of dispute. In reordering the bodies of the community into founding new alliances to be cheered or new enemies to be gunned down, these nonhumans rupture the hegemonic modes of thinking and relating and in so doing become political subjects. It may not be clear to what extent these episodes in fact did rearrange, affect, and rupture the policed order of the political communities and so allow these nonhumans to assume the position of subjects. To give a more concrete example of the manner in which nonhumans can instigate a reorganization of ways of being and living that challenges the dominant hegemony, consider Tyke the elephant (Hribal 2010: 55-61). Having endured years of bad working conditions, poor food, beatings, untreated injuries, constant travel, and the need to entertain humans, on three different occasions Tyke escaped from the circus, attacked a tiger trainer, and harmed her handlers, groomers, and trainers. August 20, 1994 was her last instance of rebellion. During a performance at Circus International in Honolulu, Hawaii Tyke trampled her groomer, tossed and killed her trainer, and then ran out of the arena during a show. After a half-hour chase, police killed her after firing eighty-six shots. Jason Hribal (2007) describes the aftermath: “[H]undreds of lawsuits were filed against the city, state, and Hawthorn Corporation [her employer]. Public discussions intensified. Private individuals, who beforehand never thought about circus performers, were engaged and moved into activism […]. Protests and boycotts were staged […]. In 1994, the federal government confiscated sixteen circus elephants from John Cuneo Jr. the owner of Hawthron.”

Tyke’s actions disrupted and re-organized the distribution of bodies, from legislative and moneymaking to the activists holding signs, within the political community. Rancière explains that actions become political and rupture the police order by putting into motion a new “configuration of occupations and the properties of these spaces where these occupations are distributed” (1999: 29). Tyke’s actions certainly called into question her occupation as a circus performer and launched her experi-

286 | A YLON A. COHEN

ences into the political field of experience such that they now emerged as objects of dispute. “It changed my outlook for entertainment”, said one witness of Tyke’s revenge (Bernardo 2004). But beyond a mere disruption, Tyke’s actions, alongside Emily’s and Tatiana’s, demonstrate the lack of agreement about the number of parties that are to be counted as parties of the community. The action of workers is political, Rancière says, “when it reconfigures the relationships that determine the workplace and its relation to the community” (1999: 32). These nonhumans are putting into question their roles as laborers, whether in zoos, circuses, or slaughterhouses. Their actions create a “connection” “between having part and having no part” in the community (1999: 36). In so doing, they not only announce to their spectators, now sharing a common political stage, the fact of their absence from the official count, but also subjectifiy these spectators into the position of activists charged with the duty to address the wrong of the animal miscount from the parties to dispute when disputing the place of animal bodies in slaughterhouses, zoos, and circuses. These animal rebellions designate these nonhumans as political subjects who initiate a re-organization of the whole community by “build[ing] a relationship between these things that have none, in causing the relationship and the nonrelationship to be seen together as the object of dispute” (Rancière 1999: 40). An objection arises: in order to become a subject, one must pose the question regarding one’s capacity for speech and the possibility of communication; however, there is no speech, no communication, occurring here, only interpretation of animal reactions. Perhaps this objection is correct and my illustration of these accounts injected too much agency, intentionality, motivation, and reflection to the animals. Maybe there is no communication occurring in these accounts, and instead we should assume the posture of Cartesians, who view the screams of animals as only “the noise of breaking machinery” (Mahaffy 1880: 181). This is the path that Rancière appears to take by defining wrong as the unequal treatment of beings equally in possession of the power of human speech. As Jane Bennett argues, Rancière “both demeans the non-linguistic elements of human expression and excludes nonhumans from political participation” (2005: 141). He maintains an “anthropocentric prejudice” that posits participation “on the basis of a model of linguistic competence. And this when language-use is but one of the many modes of human communication” (2005: 142). The radical democratic project of which Rancière is a part does not seem to place such an emphasis on speech. When groups excluded from the political community strike back and engage in conflict in order to make their exclusion known, the question of speech does not seem to enter. Politics is inherent in the act of conflict, regardless of whether the actors themselves acknowledge or speak this conflict: “Any distinction that can serve as a marker of collective identity and difference will acquire political quality if it has the power, in a concrete situation, to sort people into two opposing groups that are willing, if necessary, to fight against each other” (Schmitt 2007: 37-8). The reality of exploitation

“W E S UPPORT CIRCUS A NIMALS W HO K ILL T HEIR CAPTORS ”

| 287

and oppression pits nonhumans against their masters, which ostensibly does not beg the question of speech in order for one to consider this situation politically significant. However, for Rancière naming is crucial: “parties do not exist prior to the conflict they name and in which they are counted as parties” (1999: 27, emphasis added). Herein enters what Bennett calls Rancière’s “anthropocentric prejudice”. Rancière conflates speech with language and thus assumes that the naming of a conflict can only occur linguistically. Consider the fight of autistic people, who flap their hands as a mode of communication and describe the silencing of their hands as the silencing of their speech: “Let me be extremely fucking clear: if you grab my hands, if you grab the hands of a developmentally disabled person, if you teach quiet hands, if you work on eliminating ‘autistic symptoms’ and ‘self-stimulatory behaviors’, if you take away our voice […].” (Bascom 2011).3 As Julia Bascom indicates, the body is a medium of speech, not just for autistic people – who rely on this medium more than others – but for all people. The objection above argued that in order to become a subject, one must pose the question regarding one’s capacity for speech and the possibility of communication. Having expanded the realm of communication beyond simple linguistic expressions, we now can understand that the body can speak and can pose questions regarding its capacities. From Emily’s body jumping over a slaughterhouse fence to Tatiana’s mouth mauling her tormenters and Tyke’s legs trampling her trainers, each bodily display of rebellion and refusal should be read and interpreted as a moment of speech, of nonhuman animals saying something about the place and arrangement of their bodies in slaughterhouses, zoos, and circuses. Even if we argue that bodies of both humans and nonhumans can speak, we still have yet to answer the second part of the objection, namely, the claim that there is no speech, no communication, occurring in these episodes, only interpretation of animal reactions. There are two parts to this objection: (1) it may be the case that bodies sometime speak, but bodies also react instinctively. The difference between reaction and response is the difference, marked out above through Aristotle, between voice and speech (Derrida 2002, 400). As argued above, this is the primary difference through which animals remain excluded from the political community of speech. (2) Even if it is the case that Emily, Tatiana, and Tyke are saying something, how can we be sure that what they say is something political? Related to (1) then, we can ask, how do we know that the utterance is a political one about justice (speech) and not simply a non-political articulation, such as “this hurts!” (voice)? In response to (1), the distinction between reaction and response collapses given the context under discussion. In a heightened political conflict, where terror and op-

3

See also the essays in The Autistic Self-Advocacy Network (2012).

288 | A YLON A. COHEN

pression are the norm, the political tension ensures that every reaction is also a response. Consider the situation in the colonies: “Confronted with a world ruled by the settler, the native is always presumed guilty [… and] the native’s muscles are always tensed” (Fanon 1963: 52). Beaten by settlers, the colonized may react to the violence by striking back in self-defence. However, given the encompassing context of colonialism, striking back against the colonizer is also a response to the colonial situation. Concerning nonhuman animals, slaughterhouses, laboratories, and circuses are also situations of political tension, where violence and exploitation pervade the daily lives of nonhuman animals, and therefore any reactive release of aggression or fear is thus also a response to the situation in its entirety. That moments of political confrontation dissolve the lines between reaction and response depends on understanding that the event in question is indeed one of political conflict. In other words, the context of the reaction/response is essential to knowing whether an action is a reaction, response, or both. With this in mind, we can now turn to the second claim: how can we be sure that the response/reaction of nonhumans to their oppression is indeed political? Compared to expressions of the body, linguistic utterances are perhaps less open to errors of interpretation. However, all modes of communication – whether linguistic or non-linguistic – require interpretation. Pure and unmediated communication, Derrida argues, incorrectly privileges “the absolute proximity of voice and being, of voice and the meaning of being, of voice and the ideality of meaning” (1997: 12). In other words, spoken words are not ontological guarantees; they do not assure the outward expression of a being’s, whether human or nonhuman, inner impressions. This disjuncture demands that the work of interpretation will always take place. Just as all speech requires interpretation, interpretative communication extends beyond the narrow confines of linguistic utterances to include other forms of communication such as bodily gestures and non-linguistic sounds. As Gayatri Spivak argues regarding the subaltern who cannot speak, “[t]he problem is that the subject’s itinerary has not been traced so as to offer an object of seduction to the representing intellectual” (1988: 285). This is to say that we cannot be completely sure that the bodily expressions under consideration are instances of political resistance and rebellion. Likewise, we cannot be completely sure that these events are not events of resistance. To overcome this impasse, we need to focus on the particular and specific event at hand and use our critical capacities to analyse the nature of the actions. To dismiss these actions a priori as non-political means to take a position without honestly reflecting and thinking about the given situation. In so doing, we take on the apoliticizing guise of party leaders and union heads that describe protestors using militant street tactics, such as property destruction, as vandals, thugs, or criminals intent on senseless and random acts of violence (Depuis-Déri 2013: 14-20, 63). Such descriptions uniformly disavow the political nature of these tactics by refusing

“W E S UPPORT CIRCUS A NIMALS W HO K ILL T HEIR CAPTORS ”

| 289

to analyse the target of their attacks. Throwing a brick at a bank window in the age of austerity articulates a political critique against capitalism that throwing a brick at a residential home under threat of eviction would not. Likewise, Emily escaped from a slaughterhouse, not the local peace abbey where she later lived; Tatiana attacked the three teenage boys who tormented her, but she ignored the other zoo visitors; Tyke mauled her groomer and trampled her trainer, but fled from the other circus goers. Singular in their purpose, these animals attack particular targets. To understand the political conflict that these animals engender entails using our critical capacities to analyse and interpret the rebellion that these animals articulate. To do so means not to deny a priori the capacity for resistance and rebellion that nonhumans may express, but remain open to these capacities by analysing and critically thinking about their potentiality in particular moments and events.4 In this political framework of openness and uncertainty, where critical interpretation and analysis regain their significance, human and nonhuman animals can express agency and purpose in moments of resistance. I have focused on highly tense episodes – a moment before slaughter, an event of torment at a zoo, and a situation of abuse in a circus. However, the implication is that if these animals expressed themselves as subjects of politics during these episodes, then surely they are also subjects of politics when these episodes end. In the framework I have been drawing, to qualify as a political agent, one’s actions must make “a difference to collective life and […] be irreducible to a knee-jerk reaction or instinctual response” (Bennett 2005: 134). Accordingly, nonhumans perform actions, produce effects, and alter situations in collective life alongside humans, “even if the degrees and forms of agency vary among the participants” (Bennett 2005: 145; Latour 2004: 80). Humans do not need to extend subjectivity to animals, since, as the analysis above makes clear, nonhumans demand their recognition by breaking the logic of subjectivity and reconstituting it such that they now count as political subjects. Nonhuman political subjectification “decomposes and recomposes the relationships between ways of doing, of being, and of saying that define the perceptible organization of the community” (Rancière 1999: 40). These nonhumans certainly are “troublemakers,” re-constituting the community that identifies them as the part that has no part (Latour 2004: 81). It is not sufficient to merely articulate this new knowledge paradigm and then say our work is done. Every story of animal rebellion that ruptures the hegemonic police order risks either disavowal or appropriation into that order. A disruption can be recuperated, such that the event may not leave its trace. As Latour warns, the danger of fetishizing the moment of rupture leaves us few tools to “decide, on the

4

For an analogous openness to the capacity for resistance, see Spivak’s analysis of Bhuvaneswari Bhaduri’s suicide (1988: 307-8).

290 | A YLON A. COHEN

spot, in real time, what to do next” (1999: 227). “Despite the impossibility of finding a final grounding,” politics, Mouffe reminds us, still “calls for [a] decision” to be made (2005: 152). As is clear, the (contested) truth of nonhumans as subjects in these episodes represents an “immanent break” with the dominant order; “‘Immanent’ because a truth proceeds in the situation, and nowhere else […]. ‘Break’ because what enables the truth-process – the event – meant nothing according to the prevailing language and established knowledge of the situation” (Badiou 2012: 423). Given the dangers of either disavowal or recuperation, how do we thus retain, in Alain Badiou’s words, a “fidelity” to the truth of the event, such that we “move within the situation that this event has supplemented, by thinking […] the situation ‘according to’ the event” (2012: 41). In what ways can we retain the event as rupture and the lessons learned, such that the police order does not immediately reconfigure and hide the resistance already witnessed? Once we recognize that these moments are rebellions to the hegemonic order, the question becomes, how do we maintain the communication with these nonhuman subjects beyond their breaks? How do we, to use Badiou’s maxim, “Keep Going!” with the truths that these events have forced (Badiou 2012: 79)? Simply put, how are we to make decisions with nonhuman animals?

P OLITICS W ITH AUDIBLE ANIMALS At stake here is not giving animals speech, but rather making their communications audible to our human ears. It is not just a question of opening up our ears to animals, but also of recognizing that many ears are already attuned to animals, listening to them. In the new framework I have articulated, politics describes not only the world of humans but also the world of nonhumans and of nature. In this world, all speaking subjects suffer from what Latour calls “speech impedimenta” (2004: 63). Like Derrida, Latour understands that all speech requires interpretation. For subaltern humans and nonhumans, unable to speak on their own terms and in their own languages, spokespersons conduct the interpretation of their actions in order to make their speech intelligible and visible: “we are designating not the transparency of speech in question, but the entire gamut running from complete doubt (I may be a spokesperson, but I am speaking in my own name and not in the name of those I represent) to total confidence (when I speak, it is really those I represent who speak through my mouth” (2004: 64). The subaltern enters official and intellectual discourse rarely and usually through the mediating commentary of one already versed in these already-established discourses. In the context of Latour’s analysis of nature, he points to scientists as these mediating spokespersons. Regardless of who the spokesperson is, spokespersons attempt to make audible the speech of the subaltern.

“W E S UPPORT CIRCUS A NIMALS W HO K ILL T HEIR CAPTORS ”

| 291

Spokespersons – whether Spivak’s responsible intellectuals with postcolonial knowledge or Latour’s scientists – interpret the actions and make audible the speech of silenced subalterns. I earlier lauded critical thinking and analysis as a tool of interpretation, but unfortunately the term “critical thinking” suffers from being unhelpfully abstract and vague. Critical thinking is a form of reading, but like reading, it requires a material text from which to read. Spokespersons, who need to learn the art of critical interpretation, thus need a material text/base from which to interpret. This material base Latour calls a speech prosthesis: “The lab coats are not so deranged as to believe that particles, fossils, economies, or black holes speak on their own, without intermediaries, without any investigation, and without instruments, in short, without a fabulously complex and extremely fragile speech prosthesis […] that allow[s] nonhumans to participate in the discussions of humans” (2004: 67).

Speech prostheses enable us to make audible and perceive the communication of nonhumans. In other words, they translate types of communication that we otherwise cannot hear. Consider the pain, dizziness, and fatigue that someone suffering from a heart arrhythmia endures. Unable to explain the reason for this suffering, this person turns to a doctor. The doctor then picks her speech prosthesis, that is, a stethoscope, and makes audible the irregular rhythms of a heart. Given that the doctor is skilled in the art of interpreting (critical thinking) stethoscopes (speech prosthesis), the doctor can understand the communication of a heart with arrhythmia. Similarly, biologist Marc Bekoff uses various instruments to explain that dopamine levels increase when rats anticipate the opportunity to play (2003: 929). Does any difference exist between the speech prosthesis used to measure rat dopamine levels necessary for the regulation of happiness and the stethoscope that translates my body’s pain? “No being, not even humans, speak on their own, but always through something or someone else” (Latour 2004: 68). Whether in the domain of the laboratory, the doctor’s office, or in parliament, speech prostheses make audible the speech of humans and nonhumans. Spokespersons use their skills of critical thinking to interpret speech prostheses. In so doing, they make audible the speech of nonhuman animals and acquire the label “spokesperson”. As these instruments translate and make audible speech, there looms the eternal danger of speaking for others. A cat shakes a certain way or a rat’s dopamine levels increase and an animal anthropologist illuminates the meaning of this wiggle or a biobehavioral scientist explains the meaning of the lab results to non-scientists uneducated in their art of interpretation. Worse, a cow escapes, a tiger bites back, and an elephant tramples, and a vegan scholar outlines their meaning as rebellion. All the same, these explanations remain interpretations. As “is the case with all spokespersons,” Latour clarifies, “we have to entertain serious doubt but not definitive doubts about their capacity to speak in the name of those they rep-

292 | A YLON A. COHEN

resent” (2004: 65). Not all interpretations carry equal weight. The language used in interpretation presupposes, Mouffe argues, the “acceptance of certain values” and can only work if “supported by a specific form of ethos,” which remains rooted within relations of power worthy of critique (2000: 68, 69). For instance, we have reason to call into question the profit-motives behind a slaughterhouse owner’s interpretation of certain speech prostheses that point out how cows voluntarily submit to and even enjoy their self-sacrifice. Herein enters again the importance of critically thinking about the contexts and situations under consideration. In addition, given the exclusions necessary for the formation of communities of discussion, we have reason to expand the list of spokespersons beyond Latour’s scientists. Animal Sanctuary workers spend vast amounts of time with nonhumans and demonstrate an intimate knowledge of their emotional lives (see: The Emotional World of Farm Animals). The Kluane First Nation maintains that animals regularly speak to them about how they wish to be treated (Nadasdy 2007). Indeed, scientists, rooted in a particular enlightenment worldview, can only make use of certain types of knowledges; indigenous knowledges would multiply the number of speech prostheses we have available to listen to nonhumans (Nadasdy 2007: 37). Conflicts will remain about interpretation, as “indisputable speech” does not exist (Latour 2004: 78). Previously denied to the realm of political conflict, nonhuman animals force their entry into political subjectivity and the democratic community. Spokespersons ensure that they can stay there.

C ONCLUSION I started this investigation by clarifying a particular lens with which to understand politics. Radical democrats Mouffe and Rancière argue that every democratic community necessitates a constitutive outside, a remainder excluded from the ‘we’ of the community. As such, political thinking and theorizing should focus on the border zones of communities, where conflict, repression, and struggle define the nature of exclusion. In addition, I argued that radical democrats enable us to understand that once the borders of a community break and the excluded manage to fight for their inlcusion, the excluded necessitate a shift for subjectivity: not only do the excluded, previously denied political subjectivity, become political subjects in the field of politics, but the whole identity and ethos of the community changes as a result of the rearrangement of the meaning, domain, and objects of politics. Following this framework, I argued that the primary mode of exclusion occurs through the division of (political) speech and (non-political) voice by exploring the case of colonialism, where colonizers animalized indigenous peoples and thus excluded them from the democratic community of self-governance. Nonhuman animals, being the

“W E S UPPORT CIRCUS A NIMALS W HO K ILL T HEIR CAPTORS ”

| 293

ultimate example of animalization, remain outside of the political community due to their condition of animality, that is, having only the capacity for voice. Animal liberation activists and philosophers attempt to break this dominant hegemony that excludes animals by making them worthy objects of dispute. The danger, I argued, of this type of political thinking and acting is that the disruption of the policed objects does not necessitate a reconfiguration of who counts as agents of speech, as subjects of politics. As such, nonhumans remain silenced and humans become ‘the voice for the voiceless’. To overcome this exclusion, I outlined three stories of rebellion: Emily escaping from a slaughterhouse, Tatiana mauling her tormentors, and Tyke trampling her trainers. I argued that in each episode these animals represent the constitutive outside of the political community in question. However, their rebellion contests the borders of exclusion, eventually raising new questions of dispute previously considered unworthy of debate. They all raised the question of the supposed naturalness of the arrangement of their bodies as workers in slaughterhouses, zoos, and circuses – a question that the human community responded to through support (Emily), adversarial combat (Tatiana), and solidarity (Tyke). They re-subjectivised and re-organized the community of which they were a part of but were considered not to have a part in. According to the framework set out at the start, to have rebelled against their exclusion and to have raised the question of the justice of their exclusion means that we ought to understand these nonhumans as agents of resistance and subjects of democracy. An objection was put forward suggesting that no speech was present in these episodes. I argued for expanding the domain of speech beyond simple linguistic utterances and to include the body as a veritable domain of communication. Next, I put forward another objection that even if the body sometimes speaks, we cannot be sure that the body spoke of justice rather than non-politically voiced its suffering. I argued that in moments of tense political conflict the borders between reaction/instinct/voice and response/consciousness/speech dissolve. The question of speech requires critical thinking about the specificity and particularity of the situation at hand. Rather than deny the capacity for agency/response/speech to nonhumans a priori, I put forward a political framework of openness and uncertainty, where critical interpretation and analysis regain their significance, and human and nonhuman animals can express agency and purpose in moments of resistance. This framework attempts to manifest radical democracy’s promise to listen to the excluded other by providing the analytical disposition logically necessary for being open to listening to the speech of nonhumans. Having put forward this framework, I asked, how could we maintain a community of subjects with humans and nonhumans beyond these moments of tension and rupture? Using Latour’s analysis on speech prostheses, I argued for including human spokespersons as the representatives of nonhumans when engaging in discussions that concern them. Thus, nonhumans now join us at the table discussing the

294 | A YLON A. COHEN

ethics and politics of their continuing exclusion through spokespersons. Always incomplete and partial, speech prostheses remain contestable and open to various interpretations. Similarly open to challenge and critique, spokespersons enable nonhumans to remain part of newly formed spaces they have created through rebellion and resistance. “[I]n seeking to learn to speak to (rather than listen to or speak for) the historically muted subject”, the anti-speciesist “systematically ‘unlearns’ [human] privilege” (Spivak 1988: 295). In this view of politics, animal liberation is no longer about being “a voice for the voiceless” but about solidarity with the militants already fighting their oppression in laboratories, slaughterhouses, zoos, and circuses.

R EFERENCES The Autistic Self-Advocacy Network (2012): Loud Hands: Autistic People, Speaking, Washing, DC: The Autistic Press. Aristotle (1992): Politics, London: Penguin Classics. Badiou, Alain (2012): Ethics: An Essay on the Understanding of Evil, London: Verso. Bascom, Julia: “Quiet Hands,” in: Just Stimming, 5 October 2011, accessed 28 February 2015: https://juststimming.wordpress.com/2011/10/05/quiet-hands/ Bekoff, Marc (2003): “Minding Animals, Minding Earth: Old Brains, New Bottlenecks,” in: Zygon, vol. 38/4, pp. 911-941. Bennett, Jane (2005): “In Parliament with Things,” in: Lars Tonder/Lasse Thomassen (eds.), Radical Democracy: Politics between Abundance and Lack, Manchester: Manchester University Press. Bernardo, Rosemarie: “Shots killing elephant echo across a decade,” in: Honolulu Star-Bulletin, 16 August 2004, accessed 5 march 2015: http://archives. starbulletin.com/2004/08/16/news/story2.html. Dechka, Maneesha (2008): “Intersectionality and Posthumanist Visions of Equality,” in: Wisconsin Women’s Law Journal, vol. 23/2, pp. 249-267. DeLeon, Abraham P. (2010): “The Lure of The Animal: The Theoretical Question of the Nonhuman Animal,” in: Critical Education, vol. 1, pp. 1-26. Depuis-Déri, Francis (2013): Who’s Afraid of the Black Blocs: Anarchy in Action around the World, Oakland, California: PM Press. Derrida, Jacques (1997): Of Grammatology, Baltimore: John Hopkins University Press. Derrida, Jacques (2002): “The Animal That Therefore I am (More to Follow),” in: Critical Inquiry, vol. 28/2, pp. 369-418. Fanon, Frantz (1963): Wretched of the Earth, New York: Grove Press. Fanon, Frantz (2008): Black Skin, White Masks, New York: Grove Press.

“W E S UPPORT CIRCUS A NIMALS W HO K ILL T HEIR CAPTORS ”

| 295

Foley Megan (2010): “Voicing Terri Schiavo: Prosopopeic Citizenship in the Democratic Aporia between Sovereignty and Biopower,” in: Communication and Critical/Cultural Studies, vol. 7/4, pp. 381-400. Hribal, Jason (2007): “Emily the Cow and Tyke the Elephant: Resistance is Never Futile,” in: Counterpunch, April 17 2007, accessed February 2013: http:// www.counterpunch.org/2007/04/17/resistance-is-never-futile/ Hribal, Jason (2010): Fear of the Animal Planet: The Hidden History of Animal Resistance, Oakland, California: CounterPunch and AK Press. Humphre, Mathew/Stears, Marc (2006): “Animal Rights Protest and The Challenge to Deliberative Democracy,” in: Economy and Society, vol. 35/3, pp. 400-422. LaDuke, Winona (1999): All Our Relations: Native Struggles for Land and Life, Cambridge, MA: South End Press. Latour, Bruno (1999): Pandora’s Hope: Essays on the Reality of Science Studies, Cambridge, MA: Harvard University Press. Latour, Bruno (2004): Politics of Nature: How to Bring the Sciences into Democracy, Cambridge, MA: Harvard University Press. Mahaffy, John Pentland (1880): Descartes, Edinburgh: Blackwood. Mantena, Karuna (2007): “Mill and the Imperial Predicament,” in: Nadia Urbinati/Alex Zakaras (eds.), J. S. Mill’s Political Thought: A Bicentennial Reassessment, New York: Cambridge University Press, pp. 298-319. Mill, John Stuart (1991a): “Considerations on Representative Government,” in: John Gray (ed.), On Liberty and Other Essays, Oxford: Oxford University Press, pp. 205-470. Mill, John Stuart (1991b): “On Liberty,” in: John Gray (ed.), On Liberty and Other Essays, Oxford: Oxford University Press, pp. 5-130. Mouffe, Chantal (2005): The Return of the Political, London: Verso. Mouffe, Chantal (2000): The Democratic Paradox, London: Verso. Nadasdy, Paul (2007): “The Gift in the Animal: The Ontology of Hunting and Human-Animal Sociality,” in: American Ethnologist, vol. 34/1, pp. 25-43. Rancière, Jacques (1999): Disagreement: Politics and Philosophy, Minneapolis: University of Minnesota Press. The Emotional World of Farm Animals, Animal Place and Earth View Productions. 2004. Film. Schmitt, Carl (2007): The Concept of the Political, Chicago: University of Chicago. Spivak, Gayatri Chakravorty (1988): “Can the Subaltern Speak?,” in: Cary Nelson/Lawrence Grossberg (eds.), Marxism and the Interpretation of Culture, Macmillan Education: Basingstoke, pp. 271-313. Young, Iris Marion (2001): “Activist Challenges to Deliberative Democracy,” in: Political Theory, vol. 29/5, pp. 670-690.

Zu den Tieren selbst? Versuch einer systematischen Annäherung F RANZ S TRAUBINGER

Jetzt komm, jetzt müssen wir zusammen spielen, verwaister Sperling! ISSA/ HAIKU. JAPANISCHE GEDICHTE

In unserem Alltagsverständnis gibt es meist keinen Zweifel daran, was „Tiere“ überhaupt sind. Unter den Haustieren sind wohl einige als Individuen geliebt, während Nutz- und Labortiere in der Regel austauschbare Fleisch- oder sonstige Materiallieferanten sind, deren endlosen Nachschub ein stetig optimierter Reproduktionskreislauf sicherstellt. Während die Unsichtbarkeit letzterer zum Teil Ergebnis sorgfältiger Abschirmung und Spurenverwischung ist, bekommt man Wildtiere eher aus Gewohnheit kaum zu Gesicht. Gerade in Städten gibt es eine wachsende Zahl an nichtmenschlichen Bewohnern – ob Füchse, Wildschweine, Wanderfalken oder Kohlmeisen, ihr Alltag scheint sich in einer von unserer alltäglichen Lebenswelt getrennten Welt abzuspielen. Und wer kennt schon die Spinnen, Asseln und Insekten, die die Ritzen der bekannten Welt bevölkern?1 Die selbstverständliche Vorstellung von „Tieren“ wirkt seltsam blass, wenn man bedenkt, dass tatsächliche Begegnungen der Ausnahmefall sind und Tiere in der Regel medial vermittelt erscheinen. Zu dieser schleichenden Abwesenheit von Tieren in unserem alltäglichen Erfahrungsumfeld gesellt sich heute oft ein naturalistischer Begriff von Wirklichkeit, der diese durch Objektivierung und Quantifizierung in den Griff zu bekommen sucht. Der Mangel an konkreten Erfahrungen mit Tieren geht Hand in Hand mit der objektivierenden Distanznahme zur eigenen Wahrnehmung, hin zu einer möglichst neut-

1

Ganz zu schweigen von noch viel kleineren Tieren oder der Unzahl an Tieren, die im Meer leben.

298 | FRANZ STRAUBINGER

ralen Beschreibung, in der aus der biologischen Ähnlichkeit die Allgemeinheit der „Tiere“ entsteht. Jedoch werden im Auge des Naturalismus nicht nur die Differenzen der Erscheinungsweisen von Tieren eingeebnet, auch der Mensch ist dann Organismus und Tier. Gegen die metaphysische Mensch-Tier-Differenz scheint dieser physische Tatbestand in einer vermeintlich von jeder Metaphysik gereinigten Ontologie ein sprechender Beweis zu sein. Diesen Beweis führt unter anderem der (Tier-)Ethiker Peter Singer an und hält damit der alltäglichen Praxis, die eine starke Unterscheidung zwischen Menschen und Tieren macht, ihre eigene Inkonsequenz vor Augen. Beispielsweise, dass wir das Töten von Menschen, die geistig schwerstbehindert sind und kaum Bewusstseinsvorgänge haben, mit strengsten Gesetzen verbieten, gleichzeitig aber das Töten von hochentwickelten Säugetieren, denen man ein bestimmtes Bewusstsein nachweisen kann, gängige Praxis ist. Die biologische Art dürfe ebensowenig Ausschlag über die Wertung eines ethischen Interesses geben wie Hautfarbe oder Kultur. Wenn nach einem materialistischen Verständnis allein der Grad an Bewusstsein maßgeblich ist, ist die kategorische Herabstufung der Tiere speziesistisch und ethisch verwerflich. Um das Fehlen einer metaphysischen Differenz auch sprachlich kenntlich zu machen, spricht Singer beispielsweise von „nichtmenschlichen Tieren“ (2011: 69). Die philosophischen Argumente für diese Differenz gehen hingegen oft von einem anderen Wirklichkeitsbegriff aus und bewegen sich darum auf einer radikal verschiedenen Grundlage. Setzt man Wirklichkeit z.B. primär als unsere subjektive Welterfahrung, dann kann man Tiere als durch einen fundamentalen Hiatus von uns getrennt sehen: Unser Denken, auch das objektivierende des Naturalismus, stößt dort an seine unaufhebbaren Grenzen und vermag nur seine eigenen Bilder (oder Gesetze) auf die Tiere zu projizieren. Spätestens seit Kant die Idealität unseres Bewusstseins gegenüber den transzendenten Dingen an sich gedacht hat, ist es nicht mehr ohne weiteres möglich, endgültige Aussagen über die objektive Wirklichkeit zu machen. Die „Tiere an sich“ sind in einem solchen Ansatz unserer Kenntnis entzogen, wir begegnen nur Spiegelbildern unserer selbst, denn die Erkenntnis ist durch und durch geformt durch unser menschliches Erkenntnisvermögen. So folgenreich also das jeweilige Wirklichkeitsverständnis für die Interpretation der je anders erscheinenden Tiere ist – sprechen wir von einem Organismus, einem Spiegel unseres Bewusstseins oder doch von etwas anderem? –, so wenig wird es meist ausdrücklich zum Thema gemacht. Ziel der vorliegenden Überlegungen ist es deshalb, im Sinne eines programmatischen „Zu den Tieren selbst!“ eine systematische Klärung der Grundbegriffe der Human-Animal Studies in ihren Grundrissen zu leisten. So will ich die Relevanz des ontologischen Vorverständnisses für unsere Interpretation der Phänomene im Allgemeinen, wie der Tiere im Besonderen, nachvollziehbar machen – um vielleicht „den Tieren selbst“ auf die Spur zu kommen. Weil ich überdies glaube, dass weder ein naturalistischer Materialismus noch ein

Z U DEN TIEREN SELBST ?

| 299

ebenso radikaler Idealismus ein fruchtbares ontologisches Konzept darstellen, will ich nach einer Kritik dieser Positionen für den Ansatz einer negativistischen Phänomenologie plädieren, die der Kontingenz der Erscheinungen Rechnung trägt und sich eine endgültige Feststellung von Mensch und Tier gleichermaßen verbietet.

„N ICHTMENSCHLICHE T IERE “ IM N ATURALISMUS Davon ausgehend, dass „wirklich ist, was messbar ist“, behauptet der naturalistische Materialismus einen Monismus. Auch das messende Bewusstsein von der Welt sei selbst als „Epiphänomen“ auf materielle Prozesse reduzierbar. Theoretisch ausdrücklich kommt ein solcher Materialismus beispielsweise in den Debatten um Reduktionismus in der modernen Biologie zur Sprache (siehe Toepfer/Krohs 2005). Der Epiphänomenalismus scheint dort zwar eine untergeordnete Rolle zu spielen, die Grundsatzfrage der ontologischen Relevanz von Denken und Materie stellt sich aber auch im Kleid des Streits von mechanistischen und emergenztheoretischen Erklärungsmodellen. Während erstere subjektive Elemente grundsätzlich ausschließen wollen, behaupten letztere wenigstens teilweise deren Irreduzibilität. Dieser Grundlagenstreit der Biologie soll also hier die Gestalt und Konsequenz einer materialistischen Ontologie verdeutlichen, um dann deren Implikationen bis in die Practical Ethics von Peter Singer hinein zu verfolgen. Natur als Zusammenhang von messbaren Kräften ist zunächst nur ein Grundbegriff mathematischer Naturwissenschaft, der die Erforschung dieses angenommenen kausalen Netzes ermöglicht. Dass damit auch ein Wirklichkeitsanspruch einhergeht, ist nicht mehr Thema der praktischen Physik oder Chemie. Wir haben es hier mit einer philosophischen Position zu tun, die diese Grundbegriffe auf ontologisches Niveau hebt. Hier gewinnen sie ein Gewicht, das die Aufforderung, Biologie auf Physik und Chemie zu reduzieren, als ihre notwendige Konsequenz erscheinen lässt. In Social Theory as Science fordern Russell Keat und John Urry (1982) gar eine „Einheit der Wissenschaften“, in der die Sozial- und Geisteswissenschaften stufenweise über die Psychologie und Biologie auf Sätze der Physik, als der „objektivsten“ Wissenschaft, reduziert werden (25). Das pragmatische Nebeneinander der Disziplinen wird hier durch den materialistischen Wirklichkeitsbegriff in eine Hierarchie übersetzt. Die Biologie sieht sich so mit der Forderung konfrontiert, ihre funktionalen Begriffe („Gen“, „Meiose“, „Photosynthese“ etc.) in den kausalen von Chemie und Physik zu definieren. Dass beispielsweise das Rotkehlchen ein grau-braunes Gefieder hat, „um im Dickicht gut getarnt zu sein“, wäre aus Sicht eines solchen Reduktionismus eine verzerrende und unwissenschaftliche Darstellung, die menschliche Zwecksetzung projiziert. Tatsächlich sehen wir nicht einmal ein Individuum, denn bereits hier ha-

300 | FRANZ STRAUBINGER

ben wir mit der diachronen Identität eine subjektive Auswahl getroffen:2 Gemäß der naturalistischen Wirklichkeitsauffassung ist das „Rotkehlchen“ ein Prozess, der sich permanent verändert und durch genetische Anlagen und Einflüsse der Umwelt radikal determiniert ist. Die chemische Komposition seines Erbmaterials hat die Evolution in genau dieser Form überlebt; dass sein graues Gefieder „es tarnt“, ist reiner Zufall, dass es „seine Jungen füttert“ kausale Notwendigkeit und keine Handlung, auch keine triebhafte. Unser „Rotkehlchen“ ist ein physikochemischer Prozess, und zwar ausschließlich. Sämtliche funktionalen, teleologischen Beschreibungen sind als Anthropomorphismen mit einer rein materialistischen Ontologie unvereinbar.3 Der 2005 erschienene Sammelband Philosophie der Biologie veranschaulicht die vielgestaltigen theoretischen Probleme der „Lebenswissenschaften“, die sich zum Teil aus dem Versuch ergeben, innerhalb des Materialismus einem Reduktionismus zu entgehen. So kritisiert Marianne Schark die mechanistische Reduktion des Organismus als inadäquat. Während eine „Maschinenanalogie“ noch zulässig sei, lehnt Schark eine ausschließliche „Maschinentheorie“ ab, die Organismen vollständig zu „chemischen Maschinen“ reduzieren will (2005: 429f.). Offensichtlich sieht die Autorin deutlich, dass eine mechanistische Beschreibung des Lebens den Wahrheitswert unserer Alltagserfahrung, in der das Rotkehlchen „seine Jungen füttert“, als bloß metaphorisch radikal in Frage stellt. 4 Für Akteur_innen ist innerhalb der kausal determinierten Welt kein Platz. 5 Auf den Reduktionismus-Vorwurf findet Schark in meinen Augen aber keine überzeugende Antwort, wenn sie einen relativen Akteurscharakter für verschiedene Lebewesen behauptet: So mag das Rotkehlchen zwar nicht die volle Intentionalität des menschlichen Bewusstseins haben, aber weil sein Verhalten maßgeblich durch innere Prozesse bestimmt wird, sei es „nicht bloß durch die herrschenden Umweltbedingungen determiniert“ (433). Die Trennung Innen/Außen beruht jedoch auf dem Maßstab unserer Wahrnehmung und ist daher für eine mathematisch-naturwissenschaftliche Erklärung absolut ungenügend. Deutlicher noch wird die Problematik in einer Passage aus Ernst Mayrs Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt (1984). Dort verteidigt er die Auto-

2

Dass etwas über die Zeit hinweg es selbst bleibt, ist aus der beobachtenden Distanz nur subjektiver Schein.

3

Für ein deutliches Plädoyer für die prinzipielle Reduzierbarkeit von Biologie auf Physik und Chemie vgl. Nagel (1951: 327-338).

4 5

Das Rotkehlchen-Beispiel habe ich selbst von Schark übernommen (siehe 2005: 425). Die Intentionalität des Menschen sieht Schark dabei nicht von der „Maschinentheorie“ bedroht. Doch nicht nur das Rotkehlchen muss in der „Maschinentheorie“ als kausal determinierter Prozess erscheinen: Auch der Mensch und seine Kultur sind als Epiphänomen nur das Resultat der maschinellen Prozesse.

Z U DEN TIEREN SELBST ?

| 301

nomie der Biologie gegenüber der Physik, indem er auf die Qualität des Lebens verweist, die letztere nicht behandeln kann: „Zwar kann man diese qualitativen Aspekte in quantitative übersetzen, doch geht dabei die wirkliche Bedeutung der entsprechenden biologischen Phänomene verloren, gerade so, also wollte man ein Gemälde von Rembrandt dadurch beschreiben, daß man die Wellenlängen der Farben aufzählt, die von jedem Quadratmillimeter des Bildes reflektiert werden.“ (25)

Dieser Vergleich ist sehr aufschlussreich, handelt er doch von einem radikalen Wechsel der Perspektive. Die „wirkliche Bedeutung“ der biologischen Phänomene lässt sich nicht messen, so die These Mayrs. Entscheidend ist nun der ontologische Status dieser Phänomene. Materialistisch gesehen entstehen sie ja nur durch den Blick der Biolog_innen, die nicht ausreichend von ihrer subjektiven Sicht abstrahiert und haben bloß metaphorischen Charakter. Dass Mayr ihnen Wirklichkeit zuspricht und gleichzeitig behauptet, es handle sich bei dieser Theorie der Biologie um „eine durch und durch materialistische Philosophie“ (53), ist folglich widersprüchlich. Der Diskussion um ein theoretisches Fundament der Biologie scheint es also teilweise an ontologischer Konsequenz zu fehlen. Es sollte klar geworden sein, dass der Versuch, innerhalb eines naturalistischen Materialismus die Irreduzibilität der organismischen Biologie zu behaupten, im Vorhinein zum Scheitern verurteilt ist. Die horizontale Dimension der alltäglichen Wahrnehmung gilt vom Standpunkt der Objektivierung als subjektiv und soll als Bewusstsein nicht in die Beschreibung objektiver Zusammenhänge eingehen, sondern muss sich umgekehrt als Epiphänomen sogar aus ihnen deduzieren lassen. Eine besonders klare Beschreibung und Kritik dieses Problems findet sich schon bei Hans Jonas in Organismus und Freiheit. Ansätze zu einer philosophischen Biologie (1973). Den Dualismus zwischen denkendwahrnehmendem Bewusstsein und äußerlicher Welt sieht Jonas im mechanistischen Materialismus einseitig aufgelöst, denn entgegen einem vollwertigen Monismus vertrete er „nur eine und isoliert genommene Seite eines Dualismus“ (190). Das Bewusstsein wird zwar als Epiphänomen aus der Materie abgeleitet, in seiner intrinsischen Logik bleibt es jedoch rätselhaft und verweist den Materialismus stets auf seine eigene Widersprüchlichkeit. Als Argument nämlich setzt dieser schon formal Gründe statt Ursachen voraus, die er zugleich inhaltlich ablehnt. So schreibt Hans Jonas: „[M]it der epiphänomenalistischen Entwertung der Innerlichkeit spricht er [der Materialismus] auch seinen eigenen Ergebnissen die Gültigkeit ab, indem er dem Denken überhaupt als einem Produkt des wesentlich Gedankenlosen eine Grundlage möglicher Gültigkeit versagt. Er ist der Kreter, der erklärt, alle Kreter seien Lügner.“ (197)

302 | FRANZ STRAUBINGER

Was für Konsequenzen hat der Materialismus nun für den philosophischen Status der Tiere? Peter Singer argumentiert in seiner Practical Ethics (2011) auf der Grundlage solch einer materialistisch-naturalistischen Ontologie. Dabei scheint ein Wirklichkeitsbegriff, der sich restlos auf messbare physikochemische Prozesse beschränkt, mit der Auflösung des Subjekts auch den Sinn ethischen Handelns in Frage zu stellen. Materielle Prozesse bringen nun aber manchmal Bewusstsein hervor, das als Epiphänomen der Wirklichkeit zwar nicht „die Sachen selbst“ fasst, aber eine Dimension freier Entscheidungen eröffnet, die gewissermaßen als Raum der Gründe Rationalität möglich macht. Freiheit ist, so gesehen, zwar nur ein Schein, jedoch ein unausweichlicher, mit (Selbst-)Bewusstsein notwendig einhergehender. Die Unterscheidung zwischen Bewusstsein und bloßer Vorhandenheit ist bei Singer, anders als der Unterschied zwischen Belebtem und Unbelebtem, auch für die Zuschreibung ethischer Relevanz von maßgeblicher Bedeutung. Nur was Bewusstsein hat, kann auch Interessen haben, die dann in einzelnen Handlungsfragen – artübergreifend – abgewogen werden sollen. Vor solche Entscheidungen gestellt bietet uns Singer eine anwendungsorientierte Ethik, die ihre Motivation wie ihre spezifische Rationalität aus der Lebenswelt schöpft. Die für ein praktikables Urteilen notwendige Eindeutigkeit hingegen gewinnt er im Rückgang auf die vorphänomenale – „eigentliche“ – Wirklichkeit, die uns durch objektivierende Messung zugänglich ist. Wenn Singer nun aber schon mit der inneren Dimension des Bewusstseins dessen logische Eigenständigkeit konzediert, ist es dann überhaupt zulässig zu einer „innerhalb“ (im Epiphänomen) geforderten Ethik objektivierte Tatsachen von „außerhalb“ (aus der „Wirklichkeit“) hinzuzunehmen, insbesondere wenn sie starken Intuitionen zuwiderlaufen? Ebenso wie die Tatsache, dass bestimmte materielle Prozesse mein Bewusstsein hervorbringen und kausal determinieren, nicht dessen inneren Sinn aufhebt, Ursachen also nicht Gründe ersetzen können, ist es fraglich, inwieweit objektivierte Ergebnisse, beispielsweise über das Bewusstsein von bestimmten Tieren, die ethische Valenz phänomenaler Evidenzen aufheben können.6 Es lässt sich sogar leicht behaupten, dass sie überhaupt für ethische Fragestellungen nicht relevant sind.7

6

Wenn sich bei einer Fliege kein Selbstbewusstsein messen lässt, verliert mein ggf. gegenteiliger Eindruck dann seine Relevanz?

7

Was jedoch eine starke Grenzziehung zwischen „subjektive“ Phänomenalität und „objektiver“ Realität impliziert, die meines Erachtens so nicht aufrecht zu erhalten ist, weil unsere Sinnesorgane als Zugänge zur Phänomenalität beispielsweise nicht einheitlich sind. Blicke ich durch ein Mikroskop, kann ich ganz andere Phänomene wahrnehmen als mit meinem leiblichen Auge. Zu behaupten, dass die im Mikroskop ermöglichte Wahrnehmung „unnatürlich“ ist, setzt bereits einen Maßstab für „natürliche Wahrnehmung“

Z U DEN TIEREN SELBST ?

| 303

Wie die organismische Biologie bietet also auch Singers Ethik am ontologischen Fundament des Materialismus eine Angriffsfläche für seine zahlreichen Gegner_innen, die sich auf einen anderen Wirklichkeitsbegriff berufen können. Ein idealistischer Ansatz beispielsweise, der ausgehend vom Bewusstsein dessen Rationalität verabsolutiert, ist zudem schwieriger rational zu widerlegen als Singers Materialismus, der sein eigenes Denken zum Epiphänomen reduziert. Im Materialismus erscheinen Tiere also nach Maßgabe ihrer Messbarkeit. Zunächst lässt sich dann ihre biologische Ähnlichkeit mit Menschen beweisen, weswegen u.a. Singer von „nichtmenschlichen Tieren“ (2011: 69) spricht. Dass Menschen auch Tiere sind, scheint den Anthropozentrismus von seinem Thron zu stoßen. Doch der Materialismus schüttet das Kind mit dem Bade aus: Weder die Besonderheit des Lebens gegenüber dem Unbelebten, noch der Raum der Gründe im Bewusstsein, der überhaupt Kritik ermöglicht, lassen sich so noch argumentativ aufrecht erhalten. Beide werden als Epiphänomene der eigentlich wirklichen Welt entwertet und im sinnlosen Fluss der Teilchen eingeebnet. Gänzlich objektiviert lösen sich die Tiere also gleichsam in ihre bloßen Bestandteile auf, und mit ihnen der Betrachter. Im Materialismus sind die wirklichen Tiere keine Tiere mehr.

T IERE

ALS

P ROJEKTIONEN DES B EWUSSTSEINS

Während in einer materialistischen Ontologie Tiere als unsere Projektion nicht wirklich sind, würde ein idealistisches Konzept genau hier ansetzen und umgekehrt behaupten, dass es unmöglich ist, jemals nicht-subjektive Aussagen zu treffen, und Wirklichkeit darum außerhalb der Subjektivität keinen Sinn macht. Dass wir „zu den Tieren selbst“ niemals vordringen können, weil wir dabei notwendig nur unseren Projektionen begegnen, wäre dabei ein entsprechend fundamentaler Einwand aus einer idealistischen Perspektive. Der transzendentale Idealismus Kants ist hier paradigmatisch für das Projektions-Argument, insofern er es als Metaphysikkritik auf Ontologie überhaupt anwendet. Seine umstrittene Tierethik, die Tieren keinen Zweck an sich zuspricht, sondern hauptsächlich durch das Verrohungsargument bekannt geworden ist, dass, wer grausam zu Tieren ist, auch Menschen gegenüber fühllos werde, ist hier von untergeordnetem Interesse. Stattdessen widmet sich die Aufmerksamkeit dieser Überlegungen Kants „kopernikanischer Wende im Denken“, die dem Argument der Projektion eine systematische Basis bereitet. Zunächst gilt es also die nicht zu überschätzende systematische Bedeutung der kantischen Transzendentalphilosophie für

voraus, der in der uneinheitlichen Phänomenalität aber nicht ohne weiteres gewonnen werden kann.

304 | FRANZ STRAUBINGER

jede Ontologie nachzuvollziehen, um dann erst einen Blick auf diese Prämissen seiner praktischen Philosophie und den Status der Tiere darin zu werfen. Die Kritik der reinen Vernunft (A 1781/B 1787) stellt in ihrem ganzen Umfang nicht mehr als eine „Umänderung der Denkungsart“ (B XVI) mit ihren systematischen Konsequenzen vor. Wie folgenreich entsprechend radikales Denken – auch für den philosophischen Status der Tiere – sein kann, wird deutlich, wenn Kant als „Zertrümmerer der Metaphysik“ damit die Möglichkeit von Objektivität und Ontologie überhaupt radikal in Frage stellt. Angesichts der Probleme der Metaphysik, ewige Wahrheiten zu erkennen, wendet Kant die Blickrichtung „kopernikanisch“ um: „Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser fortkommen, daß wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserem Erkenntnis richten, welches so schon besser mit der verlangten Möglichkeit einer Erkenntnis derselben a priori zusammenstimmt, die über Gegenstände, ehe sie uns gegeben werden, etwas festsetzen soll.“ (B XVI)

Ewige und unveränderliche Wahrheit hält die kontingente Erfahrung nicht bereit, und vor aller Erfahrung, a priori, bleibt als einziger Gegenstand unser Bewusstsein selbst übrig. Kants transzendentaler Idealismus untersucht folglich die Strukturen des Bewusstseins als Bedingung der Möglichkeit von Erfahrung und findet hier einen objektiv beschreibbaren Gegenstand a priori. Die Erkenntnisse der Erfahrung setzt er nun in eine „transzendentale Klammer“: Auch wenn sie in sich notwendig sein mögen, sind sie letztlich nur die Form unseres Bewusstseins und nicht der Dinge an sich. Diese bleiben radikal jenseits unseres Erkenntnisvermögens und verunmöglichen damit Ontologie überhaupt. Ausgehend von dieser Skizze des transzendentalen Idealismus Kants lässt sich nun der problematische Status der Tiere in einer idealistischen Konzeption generell verständlich machen. Während Kant mit den transzendenten Dingen an sich zwar die Unmöglichkeit von Ontologie behauptet, ist die erfahrene Wirklichkeit restlos durch die Formen unserer Wahrnehmung und Erkenntnis geprägt, sodass die Phänomene als Spiegel unserer selbst (d.h. der Struktur unseres Bewusstseins) erscheinen müssen. Vom transzendentalen Idealismus zu einer genuin idealistischen Ontologie, die das Konzept der Dinge an sich in die Immanenz der Vernunft verlegt, das „Außen“ als ein umgestülptes „Innen“ denkt, ändert sich am Status der Phänomene nicht mehr viel. Vor einem solchen Hintergrund muss auch eine materialistische Ontologie als die Projektion (der Kausalitätsbegriffe z.B.) eben jenes Bewusstseins erscheinen, das sie als Epiphänomen aus sich selbst entwickeln will. Hier ahnt man plötzlich die theoretische Unverwundbarkeit des Idealismus: dass alles im Denken liegt, lässt sich denkend nicht widerlegen. Die „Tiere an sich“ jedenfalls sind mit den „Dingen an sich“ entweder nicht einmal erfahrbar oder restloses Produkt unse-

Z U DEN TIEREN SELBST ?

| 305

res Bewusstseins. Wie der Idealismus damit selbst in einer Sackgasse steckt, gilt es nun mit den spezifischen Problemen der praktischen Philosophie Kants darzustellen. Diese hat wiederum den Vorzug, dass sie ein grundsätzliches Problem des Idealismus klar zur Sprache bringt. Während im transzendentalen Idealismus theoretische Erkenntnis a priori also nur analytisch (der eigenen Grundlagen) und nicht synthetisch (der Dinge an sich) möglich ist, ist die Kritik der reinen Vernunft als Vorarbeit für die Kritik der praktischen Vernunft zu lesen, die synthetische Erkenntnis a priori in der Praxis gewinnen soll. Gerade die Unmöglichkeit von Ontologie nämlich, die Transzendenz der Dinge an sich, eröffnet einen Möglichkeitsraum jenseits des geschlossenen Gebäudes der Verstandesbegriffe. Während der Verstand für Kant dasjenige Vermögen unseres Bewusstseins ist, das die endliche Erfahrung strukturiert und in ihrer lückenlosen Kausalkette Freiheit ausschließt, bezeichnet die Vernunft ein Vermögen, das sich in der unendlichen Allgemeinheit jenseits der Erfahrung bewegt und zu den Verstandesbegriffen antinomische Ideen wie Freiheit fasst. Die Antinomie von Verstand und Vernunft löst nun – systematisch elegant – der negativistische Möglichkeitsraum der Dinge an sich: Im Nicht-Wissen um eine letzte Wirklichkeit können wir die Grundsätze der erfahrenen Wirklichkeit außer Acht lassen und so tun, „als ob“ unsere Vernunftidee der Freiheit wirklich wäre. Der transzendentale Idealismus Kants dient also in erster Linie der Grundlegung seiner praktischen Philosophie.8 Die „zwei Welten“ von verstandesmäßiger Phänomenalität und vernunftmäßiger Idealität finden sich nun in jedem moralischen Subjekt wieder, das qua Vernunft Anteil hat am überindividuellen „Reich der Zwecke“, der praktischen Entsprechung der „Welt der Ideen“ (Kant 1903: 433). Alle „vernünftigen Wesen“ gelten darum als „Personen“, die als solcher Selbstzweck eine Würde haben, während „vernunftlose Wesen“ „Sachen“ (428) sind und einen Preis haben. Nur wer Vernunft hat, kann sich als frei begreifen, darum können auch nur „vernünftige Wesen“ ethische Subjekte, d.h. Personen sein. Kant betont ausdrücklich, und systematisch überaus konsequent, dass dies nicht nur für Menschen, sondern für „jedes vernünftige Wesen“ (433) gelte. Diese Formulierung des kategorischen Imperativs: „Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest“ (429), spricht darum nicht von der biologischen Menschheit, sondern vom All der vernünftigen Wesen. Die begriffliche Genauigkeit Kants räumt hier eigentlich das naturalistische Missverständnis aus, der Bereich moralischer Subjekte wäre speziesistisch auf homo sapiens beschränkt. Gleichzeitig wirft die Formulierung natürlich die Frage nach nichtmenschlichen

8

Als Textgrundlage dient hier die programmatische Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (Kant 1903).

306 | FRANZ STRAUBINGER

vernünftigen Wesen auf, womit bei Kant Engel und Gott gemeint sind. Doch wie wissen wir, dass Tiere nicht zu den vernünftigen Wesen zählen? Wie lässt sich überhaupt Vernunftbegabung empirisch feststellen? Heike Baranzke verteidigt Kants Tierethik gegen Vorwürfe, die ihr seit Schopenhauer regelmäßig gemacht werden und die allmählich klassisch geworden sind. 9 Diesen hält sie entgegen, Kant formuliere „keine speziesistische Ausschließungsmoral, sondern zeigt intellektuell verantwortbare Begründungen je nach der Beschaffenheit des Wesens, um das es sich zu sorgen gilt“ (2005: 348). Und die „Beschaffenheit“ der Tiere sei nunmal folgende: „Tiere verfügen über keinen freien Willen, durch den sie ‚moralisch nötigen‘ könnten. Wir würden uns in unnötige Absurditäten verstricken, wenn wir Tieren unterstellen müßten, daß sie in der Lage wären, sich zu unter Umständen auch ihnen widerstrebenden Handlungen aus Einsicht, also freiwillig, zu verpflichten oder auch nur einen Begriff von Abwehr- oder Anspruchsrechten zu entwickeln, zu vertreten und einzufordern.“ (348)

Das ist auch Kants Position, der in den Reflexionen zur Metaphysik (1926) ebenso empirische Beobachtungen zur Grundlage der Beurteilung von Vernunftbegabung macht: „Beym Menschen ist in iedem Falle die Kette der determinirenden Ursachen abgeschnitten, und daher unterscheidet man auch das immateriale als ein principium des Lebens vom materiellen. Beym Menschen ist der Geist frey und will das Gute; das Thier ist automaton; würde dieser Geist nur immer beym thierischen Wirksam seyn und nicht mit dessen Kräften wechseln, so würden wir mehr Beweise der Freyheit finden.“ (1926: Nr. 3855)

Erinnern wir uns nun daran, dass die Phänomenalität vollständig durch Verstand und Sinnlichkeit konstituiert ist, dann muss die Absicht, in ihr Vernunft nachzuweisen – „Beweise der Freyheit“ zu finden – fragwürdig erscheinen. Wie kann mir ein anderes vernünftiges Subjekt phänomenal begegnen? Im a priori meines Bewusst-

9

„Die ethische Verhandlung des Umgangs mit den Tieren wird von Kant als zu den höchsten und grundlegenden Tugendpflichten gezählt, nämlich zu den vollkommenen Pflichten gegen sich selbst, wodurch zugleich dem in § 17 anklingenden populären Verrohungsargument ein begründungstheoretisch eindeutig nachrangiger Status zugewiesen wird. Nicht ‚bloß zur Uebung soll man mit Thieren Mitleid haben‛, wie Schopenhauer meinte; Tierquälerei wäre nach Kant auch dann verboten, wenn es weder dem Sozialverhalten noch der Selbstkultivierung oder Selbstvervollkommnung Abbruch tun würde, obgleich Kant davon überzeugt ist, daß ein verantwortungs- und verständnisvoller Umgang mit Tieren durchaus diese positiven Effekte nach sich zieht.“ (Baranzke 2005: 342-343)

Z U DEN TIEREN SELBST ?

| 307

seins erfahre ich denkend den Widerstreit von Verstandesbegriffen und Ideen der Vernunft, doch es handelt sich nur um meinen Verstand und meine Vernunft. Der einzige Weg heraus aus dem dunklen a priori führt über die Phänomenalität. Diese ist aber grundsätzlich mit der Struktur meines Bewusstseins identifiziert und führt letztlich nur wieder auf mich zurück. Für Kant ist diese Struktur allgemeingültig, aber wie kann ich mir sicher sein, dass die „objektive Struktur des Bewusstseins“ nicht nur die subjektive Struktur meines Bewusstseins ist? Wendet man erst einmal die „Denkungsart“ von der Welt zum Bewusstsein „kopernikanisch“ um, droht der Rückweg abgeschnitten zu sein. Wie Kants praktische Philosophie zeigt, muss für den Idealismus Intersubjektivität letztlich zum Problem werden – begreifen wir konsequent die Phänomenalität als Ausdruck unserer Subjektivität, schließen wir uns sogleich in einem Solipsismus ein. Mit dem Solipsismus hat auch Thomas Nagel zu kämpfen, der beispielsweise in seinem berühmten Aufsatz „What is it like to be a bat?“ (1979) das Einfühlungsvermögen als Möglichkeit stark macht, andere Subjekte zu erkennen und verstehen. Dieses sei jedoch von der Ähnlichkeit unserer Wahrnehmungen abhängig: in Fledermäuse, die von Menschen extrem verschiedene Sinnesorgane haben, können wir uns darum nach Nagel unmöglich hineinversetzen. Ebenso allerdings gelte das von blind oder taub geborenen Menschen. Wenn ich aber, was Nagel einfach annimmt, überhaupt erkennen kann, dass ein anderes Wesen Subjektivität hat, habe ich mich dann nicht schon ein Stückweit in es hineinversetzt? Dass verschiedene Sinnesorgane es graduell schwieriger machen, den tatsächlichen Erfahrungsgehalt nachzuvollziehen, klingt zwar plausibel. Dass es aber kategorisch unmöglich ist, folgt daraus nicht. In der fiktiven Vorlesung, die den Kern von John Maxwell Coetzees The Lives of Animals (2000) bildet, kritisiert seine Protagonistin Elizabeth Costello Nagels Fledermaus-Metapher: „To be a living bat is to be full of being; being fully a bat is like being fully human, which is also to be full of being.“ (45) Unabhängig von der bloßen Sinneswahrnehmung gibt es eine Erfahrung des Lebendigseins, die auch Nagels Bestimmung von Subjektivität überhaupt zugrunde zu liegen scheint. Costellos Plädoyer für das Einfühlungsvermögen zeigt zudem Nagels Problem, Kriterien für tatsächliches und nicht nur projiziertes Hineinversetzen zu finden. Dabei ist dieses Projekt ohnehin zum Scheitern verurteilt – weil Nagel gleichzeitig die Irreduzibilität von Subjektivität auf physische Prozesse behauptet, ist auch der Umkehrschluss (von bestimmten Sinnesorganen z.B. auf eine bestimmte Subjektivität) unmöglich. Kathleen Wider führt zu diesen „Overtones of Solipsism in Nagel“ (1990) aus: „even if what it is like for a human to see is objectively similar for all of us, it would not necessarily be the case that seeing would be similar for all of us subjectively: that what it is like for me to see is similar to what it is like for another.“ (492) Dass sich die innere Struktur unserer Welterfahrung nicht ohne weiteres auf äußere Prozesse übersetzen lässt, ist gleichsam ihr Verhängnis.

308 | FRANZ STRAUBINGER

Wie für Kant wird also auch für Nagel die Möglichkeit von Intersubjektivität zum Problem. Diese Gefahr des Solipsismus liegt in ihrem Ausgangspunkt begründet: Beide gehen nämlich von einem primären Subjekt aus und fragen dann erst nach seinem Zugang zur Welt und anderen Subjekten.10 Dabei bleiben sie, in der Zuschreibung der Vernunftbegabung ebenso wie in ihrem Einfühlungsvermögen, grundlegend an phänomenale Evidenzen gebunden. Die Frage der Intersubjektivität steht und fällt also mit dem ontologischen Status der Phänomene. Anerkennen wir nun, bei aller subjektiven Konstitution, einen ontologischen Vorrang der Phänomenalität, ohne sie auf materielle Prozesse oder ein ideales Bewusstsein zu reduzieren, dann haben wir möglicherweise einen Boden gefunden, auf dem wir „zu den Tieren selbst“ gelangen können. Wenn die Wirklichkeit meiner Subjektwerdung vorausgeht und umgekehrt sie bedingt, dann ist es möglich, dort nach den Tieren zu suchen. Anstatt sie im Materialismus oder Idealismus zu überspringen oder in „eigentlich wirkliche“ Komponenten aufzulösen, gilt es im Folgenden einen phänomenologischen Zugang zu entwickeln, der den lebensweltlichen Erscheinungsformen der mannigfaltigen Tiere gerecht zu werden vermag.

„Z U DEN T IEREN SELBST !“ Vom Standpunkt eines neutralen, distanzierten Beobachters im naturalistischen Materialismus sowie von der Introspektion auf die Strukturen des eigenen Bewusstseins im transzendentalen Idealismus gilt es nun abermals die Perspektive zu wechseln, die „Denkungsart umzuändern“. Das stärkste Argument der Phänomenologie ist schon ihr Ausgangspunkt: die Lebenswelt, die jedem theoretischen System ermöglichend vorausgeht. So beginnt Husserl seine „Überlegungen“ zur transzendentalen Phänomenologie mit der „Aufweisung, daß die Kantischen Fragestellungen der Vernunftkritik einen unbefragten Boden von Voraussetzungen haben, die den Sinn seiner Fragen mitbestimmen“ (1952: 106). Dieser vorausgesetzte Boden ist die „alltägliche Lebenswelt“, „in der wir alle, auch ich der jeweils Philosophierende, bewußtseinsmäßig Dasein haben, und nicht minder die Wissenschaften, als Kulturtatsachen in dieser Welt mit ihren Wissenschaftlern und Theorien“ (106f.). Husserls Parole „Zu den Sachen selbst!“ lässt also hoffen, dass wir „die Tiere selbst“ in der „alltäglichen Lebenswelt“ finden. Entgegen der Tendenz, mit einem weitgehend fraglos übernommenen Wirklichkeitsbegriff Momente der Wahrnehmung auszu-

10 Kathleen Wider kontrastiert diesen Blickwinkel mit Wittgensteins Privatsprachenargument: „Ascriptions of mental states to oneself, i.e. first person ascriptions, make sense only if they can make sense in the third person. It is only if others can understand my ascriptions of a sensation to myself that I can understand it as well.“ (1990: 494)

Z U DEN TIEREN SELBST ?

| 309

klammern und so bedeutsame Phänomene zu verstellen, versucht die Phänomenologie, in der Prägung Husserls und vor allem Heideggers, zurückzufragen hinter ein solches Vorverständnis, um schließlich die Phänomene in ihrem vollen Gehalt sichtbar zu machen. „Zu den Tieren selbst!“ heißt also: Tiere nicht bloß als physikochemische Prozesse betrachten oder als vernunftloses Anderes, sondern zu sehen und hören, wie Tiere sich in der alltäglichen Lebenswelt uns zeigen. Eine phänomenologische Ontologie würde nun aus dieser Beobachtung heraus das Wesen der Tiere zu greifen versuchen. Die Relevanz der Differenz von Sein und Schein bzw. von Phänomen und Erscheinung für eine solche Ontologie will ich mit Heideggers Begriff des Phänomens in Sein und Zeit (2006) herausstellen, dessen erklärtes Ziel die systematische Wegbereitung einer „Fundamentalontologie“ ist. Obwohl es keine eigentlich wirkliche Welt „hinter“ den Phänomenen gibt, ist nicht alles, was erscheint, ein volles Phänomen: „‚Hinter‘ den Phänomenen der Phänomenologie steht wesenhaft nichts anderes, wohl aber kann das, was Phänomen werden soll, verborgen sein. Und gerade deshalb, weil die Phänomene zunächst und zumeist nicht gegeben sind, bedarf es der Phänomenologie. Verdecktheit ist der Gegenbegriff zu ‚Phänomen‘. […] Die Verdeckung selbst, mag sie im Sinne der Verborgenheit oder der Verschüttung oder der Verstellung gefaßt werden, hat wiederum eine zweifache Möglichkeit. Es gibt zufällige Verdeckungen und notwendige, d. h. solche, die in der Bestandart des Entdeckten gründen. Jeder ursprünglich geschöpfte phänomenologische Begriff und Satz steht als mitgeteilte Aussage in der Möglichkeit der Entartung. Er wird in einem leeren Verständnis weitergegeben, verliert seine Bodenständigkeit und wird zur freischwebenden These. Die Möglichkeit der Verhärtung und Ungriffigkeit des ursprünglich ‚Griffigen‘ liegt in der konkreten Arbeit der Phänomenologie selbst.“ (36)

Unser Vorverständnis bestimmt die Möglichkeiten, wie ein Phänomen erscheinen kann, sodass nicht jede Erscheinung notwendigerweise ein volles Phänomen ist. Vielmehr haben wir die Tendenz, mit unserem Seinsverständnis „ursprüngliche“ Phänomene gar zu verdecken, weshalb es der Phänomenologie bedarf, sie wieder zu „entdecken“. Folgt die Phänomenologie den „ursprünglichen“ Phänomenen, den „Sachen selbst“, zeichnet sie sich für Heidegger durch „Bodenständigkeit“ aus. Verliert sie dagegen die Wahrnehmungsnähe, „entartet“ sie zur „freischwebenden These“ und wird zu einem starren Bild, das sich vor das anfänglich vernommene schiebt. Bedenken wir jedoch, dass wir bei der Fundamentalanalyse des Daseins wieder eine transzendentale Blickrichtung einnehmen. Aus ihr können zwar ermöglichende Strukturen der alltäglichen Welterfahrung ausgemacht werden, wir müssen das in der Welt begegnende Andere aber wie im transzendentalen Idealismus über die Strukturen des Selbst beschreiben. Gewissermaßen kehrt hier also das Projektionsproblem wieder: Alle Phänomene spiegeln die „Existenzialstruktur“ des Da-

310 | FRANZ STRAUBINGER

seins. Wie bei Kant und bei Nagel ist also auch in Sein und Zeit die Frage, wie man von der „Bodenständigkeit“ der Daseinsanalyse auf das nichtdaseinsmäßige Seiende übergehen kann, ohne es solipsistisch auf denselben Boden zu verpflichten. Doch auch wenn wir auf einen transzendentalen Ansatz verzichten, sind die verstellten Phänomene nicht ohne weiteres entdeckbar. Dass die „Sachen selbst“ in der alltäglichen Lebenswelt zu suchen sind, macht zwar die Stärke der Phänomenologie gegenüber voraussetzungsreicheren, reduktionistischen Ansätzen aus. Die archäologische Bewegung des hermeneutischen Zirkels, in dem das phänomenologische Verstehen sein Vorverständnis selbst in Frage stellt und in der Kreisbewegung verunsichert, ist jedoch kaum jemals am Ende angelangt. Der stufenweise Abbau von Vorurteilen in der phänomenologischen Ent-selbstverständlichung kennt daher keinen letzten Boden, den es zu erreichen gilt und auf dem eine Fundamentalontologie errichtet werden könnte. Der doppelte Boden der Erscheinungen, der sie als ontisch-ontologische Differenz in bloßen Schein und wesentliche Phänomene unterscheidet, bekommt, so gesehen, eine weitere Ebene nach unten hin, in deren Bodenlosigkeit das letzte Wesen, „die Sachen selbst“ versinken und vor jedem Zugriff sicher sind. Vor diesem Hintergrund scheint mir die Terminologie Heideggers noch bedenklicher und in ihrem Sinn geradezu verkehrt. Mit der Unmöglichkeit von Fundamentalontologie wird schließlich jeder noch so „bodenständige“ Satz zur notwendig „freischwebenden These“, selbst die größte Wahrnehmungsnähe mag verdeckten Voraussetzungen aufsitzen. Umgekehrt fällt gerade die Unbeweglichkeit und „Härte“ einer von ihrer Verunsicherungsmöglichkeit abgelösten, geschlossenen „These“ auf, die ihre Bodenständigkeit gerade deswegen umso starrsinniger behaupten muss. Was bedeutet die Unmöglichkeit von Fundamentalontologie nun für den phänomenologischen Ansatz und für unsere Parole „Zu den Tieren selbst“? Wenn die Phänomenalität grundsätzlich unabgeschlossen und ihr Grund niemals restlos einholbar ist, dann lässt sich immer noch ihre verstandene Ordnung der Bodenlosigkeit und Kontingenz überführen. Jacques Rancière spricht von der „Aufteilung des Sinnlichen“ (2002: 37) als der selbstverständlich geordneten alltäglichen Lebenswelt, die sich immer schon als Ganze verstanden weiß und jeder Erscheinung ihren Platz zuteilt. Angesichts der tatsächlichen Unabgeschlossenheit der Lebenswelt deutet Rancière die vermeintliche „Bodenständigkeit“ des selbstverständlich Bestehenden als Moment von Herrschaft. Den Hang der Lebenswelt, ihre eigene Kontingenz zu verschleiern, liest er im Zeichen eines radikalen politischen Konflikts darüber, was als wer, als Subjekt, in Erscheinung treten kann. In dieser Frage der (nicht nur den Gesichtssinn betreffenden) Sichtbarkeit überschneiden sich Ästhetik und Politik auf ontologischer Ebene. Entgegen dem engeren Sinn von Politik, die die Anteile am Ganzen verhandelt, besteht die radikale Bedeutung von Rancières Politikbegriff im Streit um das

Z U DEN TIEREN SELBST ?

| 311

Ganze selbst. Diesen fundamentalen Konflikt zwischen einem „Anteil der Anteillosen“ und einer „als natürlich vorausgesetzten Logik der Herrschaft“, der Aufteilung des Sinnlichen, begreift er als „Unvernehmen“: „Die Fälle des Unvernehmens sind jene, bei denen der Streit darüber, was Sprechen heißt, die Rationalität der Sprechsituation selbst ausmacht.“ (29f.) Es sind eigentlich unmögliche Momente der Irritation, deren transzendentale Erschütterung das notwendige Vorverständnis der Wirklichkeit selbst in Frage stellt. Die Irritation muss zwar noch wahrnehmbar sein, sonst wäre sie völlig transzendent und bliebe schlichtweg unbemerkt. Aber die „Aufteilung“ der sinnlichen Wahrnehmung, ihre Ordnung zu einem verstandenen Ganzen, wird hier Gegenstand des grundsätzlichen Streits. Die phänomenologische Einsicht, dass die Erscheinungen nicht restlos ihrer Strukturierung durch ein Vorverständnis gehorchen, dass man ereignishaft durch seine Wahrnehmungen irritiert werden kann, bildet gleichsam den systematischen Kern von Rancières politischer Philosophie. Am Beispiel der römischen Plebejer, die sich auf dem Aventin versammelten und dem Patrizier Menenius Agrippa gegenüber ihre Ebenbürtigkeit behaupteten, kristallisiert Rancière das Moment des Unvernehmens: „Zwischen den Worten jener, die einen Namen haben, und dem Brüllen der Wesen ohne Namen gibt es keine Situation eines sprachlichen Austausches, die geschaffen werden könnte, weder Regeln noch Code für die Diskussion. Dieses Verdikt spiegelt nicht einfach die Starrköpfigkeit der Herrschenden oder ihre ideologische Verblendung wider. Es drückt genau die Ordnung des Sinnlichen aus, die ihre Herrschaft organisiert, die diese Herrschaft selbst ist. Bevor der Abgeordnete Menenius, der glaubt, die Plebejer sprechen gehört zu haben, ein Verräter seiner Klasse ist, ist er das Opfer einer Sinnestäuschung.“ (35f.)

Die Aufteilung des Sinnlichen funktioniert als Herrschaft, weil sie immer einen Anteil der Anteillosen ausschließt; dabei sind die konkret Herrschenden jedoch selbst dieser ästhetischen Herrschaft unterworfen – es braucht das unverfügbare Ereignis einer „Sinnestäuschung“, um die verstandene Lebenswelt ins Wanken zu bringen. Für Rancière ist dabei das Phänomen des Verstehens maßgeblich, das als Verstehen einerseits eine Egalität der Verstehenden impliziert, andererseits immer auf eine verstandene Ordnung Bezug nimmt. Im Verstehen der Befehle beispielsweise liegt zugleich die Egalität der Verstehenden wie deren verstandene Hierarchie. Agrippa verhört sich und stellt fest, dass er die Plebs versteht – und dass dieses Verstehen die verstandene Ordnung aushöhlt. Die Konsequenz einer solchen negativistischen Ontologie für einen radikalen Begriff der Politik wird systematisch deutlicher noch am Beispiel von Oliver Marcharts Begriff des „Antagonismus“, den er u.a. in Das unmögliche Objekt (2013) entwickelt. Als Antagonismus begreift er den letzten Grund der Wirklichkeit, dessen Entzug „jedes erste Prinzip und jeden festen Grund unterhöhlt, aber genau da-

312 | FRANZ STRAUBINGER

durch immer weitere Wiedergründungen möglich, ja notwendig macht“ (440). Marcharts erklärter „Postfundamentalismus“ trägt diesem „Umstand Rechnung, dass notwendig kontingente Gründe immer wieder aufs Neue gefunden und gelegt werden müssen, auch wenn sie sich als noch so temporär, partiell und instabil erweisen sollten.“ (11) Das Fehlen eines Fundaments, einer natürlichen Ordnung, verunmöglicht also nicht nur Ordnung überhaupt, im Gegenteil ermöglicht es zugleich die freie Setzung einer notwendig kontingenten Aufteilung des Sinnlichen. Ebenso bildet die beliebige Egalität des Verstehens bei Rancière einen Grund, der die verstandene Lebenswelt ermöglichend trägt und zugleich stets in Frage stellt. Was sind nun die ontologischen Konsequenzen für unser Programm „Zu den Tieren selbst“?

J ENSEITS

DER

D IFFERENZ

Rancière wie Marchart bauen ihre politische Philosophie auf eine phänomenologisch-negativistische Ontologie auf und setzen „die Sachen selbst“ gewissermaßen in eine Klammer historischer Kontingenz. Folgen wir nun dieser Blickrichtung, dann müssen wir auch „die Tiere selbst“ als in ihren Erscheinungsweisen historisch variabel und kontingent begreifen. Ohne einen letzten Grund der Wirklichkeit „gibt es“ letztlich nichts im Sinne eines einfach vorhandenen Gegenstandes, dessen Eigenschaften sich ein für alle Mal feststellen ließen. Das damit einhergehende ontologische Primat der Möglichkeit hält sich aber nicht nur anderen Erscheinungsweisen von Tieren als Objekten gegenüber offen, mit Rancière wäre es durchaus denkbar, dass eine „Sinnestäuschung“ uns plötzlich das „Brüllen der Wesen ohne Namen“ als Sprache verstehen lässt. Für eine negativistisch gewendete Phänomenologie lässt sich daraus die Aufgabe ableiten, einerseits am Rand der Phänomene in den Abgrund des Antagonismus zu blicken und die vermeintliche „Bodenständigkeit“ z.B. der Mensch-Tier-Differenz als „freischwebende These“ zu entlarven. Andererseits kann sie versuchen, Momente der Uneindeutigkeit, in der beispielsweise Haustiere zwischen Vertrautheit und Fremdheit changieren, im Sinne einer Rancière’schen Sinnestäuschung zu interpretieren, und sich für solche Irritationen sensibilisieren. „Zu den Tieren selbst!“ liest sich also als das unabschließbare Programm einer Annäherung, die keine Vereinnahmung sein will und sich in erster Linie als Kritik an einem durch Vorurteile verhärteten Bild „des Tieres“ versteht. Mit der Möglichkeit und unterschwelligen Erwartung, in der Nähe der Tiere auf eine Form von Verstehen zu treffen, erscheint dieses Programm aber zugleich auch zupackend zielgerichtet. In Rancières Beispiel verstehen die Sklaven die Befehle und wiederholen so ihre fundamentale Gleichheit. Die Allgemeinheit des Verstehens ist dabei nichts

Z U DEN TIEREN SELBST ?

| 313

anderes als die Vernunft bei Kant. Kant macht gerade die Egalität des Verstehens zum Grundstein seiner praktischen Philosophie: Der kategorische Imperativ ist der Versuch, gegen jede „natürliche Ordnung“ diese Allgemeinheit in Praxis zu überführen. Aus demselben Grund sind Tiere für Kant keine moralischen Subjekte – die phänomenale Evidenz für ein solches Verstehen ist zu gering, hätten sie Vernunft, „würden wir mehr Beweise der Freyheit finden“ (1926: Nr. 3855). Mit der Grundeinsicht einer negativistischen Phänomenologie gibt es zwar keine endgültigen Beweise, ebenso wenig wie es Tiere endgültig gibt. Doch auch der Ansatz, überhaupt eine identische Form des Verstehens vorauszusetzen und zu erwarten, scheint mir fragwürdig. Um noch einmal Coetzee (oder Costello) zu zitieren: „Animals have only their silence left with which to confront us.“ (2000: 30) In Anbetracht der faktisch entsetzlichen Lage zahlloser (Nutz-)Tiere scheint mir ein phänomenologisches Warten auf eine Sprache der Tiere geradezu zynisch. Gleichzeitig wäre zu bedenken, ob es nicht ein Verstehen jenseits (oder vor) der begrifflichen Klarheit der Vernunft gibt. In Costellos Kritik an Nagels Projektionsargument: „To be a living bat is to be full of being; being fully a bat is like being fully human, which is also to be full of being“ (45), klingt eine andere Form von Verstehen, von Lebewesen zu Lebewesen, an. In seiner phänomenologischen Grundlegung der Biologie beruft sich auch Hans Jonas auf eine „Kommunikation zwischen Leben und Leben“ (1973: 56), deren Evidenz ihn vom Interesse der Tiere – aber auch der Pflanzen – an ihrem Leben sprechen lässt. Diese leibliche Kommunikation lässt sich sicherlich noch weit über das bloße lebendige Streben hinaus verfolgen: Wohl fast jede Haustier-“Besitzerin“ versteht ihren Hund und umgekehrt.11 Vor diesem Hintergrund gilt es in meinen Augen, neben aller Sensibilisierung für „Sinnestäuschungen“ am Rande der aufgeteilten Lebenswelt, in erster Linie das basal leibliche Verstehen phänomenologisch herauszustellen, um damit noch grundsätzlicher als bei Rancière die „natürliche Ordnung“, nämlich die von begrifflichem Denken und Sein, „auszuhöhlen“. Vielleicht ist es dieses Verstehen zwischen Lebewesen, das uns die reine Beliebigkeit des unaufgeteilten Sinnlichen eröffnet und ermöglicht, „die herrschende Maschine unserer Konzeptionen des Menschen abzuschalten“ (2003: 100), wie Giorgio Agamben in seiner philosophischen Untersuchung des Mensch-Tier-Verhältnisses Das Offene. Der Mensch und das Tier fordert.12

11 Wie gut sie sich verstehen, und wie oft es zu unaufgeklärten Missverständnissen kommt, sei gerade beim Beispiel Hund dahingestellt. 12 „Die herrschende Maschine unserer Konzeptionen des Menschen abzuschalten, bedeutet also nicht, nach neuen, effizienteren und authentischeren Verbindungen zu suchen, als vielmehr, die zentrale Leere auszustellen, den Hiat, der – im Menschen – den Menschen

314 | FRANZ STRAUBINGER

Auch wenn wir den Reduktionismen auf Materie und Bewusstsein entgehen und die wirklichen Tiere phänomenologisch vorsichtig nur als regulative Idee verfolgen, um unsere Konzeptionen schrittweise zu dekonstruieren, bleibt das Konzept der „Tiere selbst“ bestehen und ruft zur Verfolgung auf. Es sei dahingestellt, wie ein wirklich gewaltloses Denken aussehen könne – klar ist jedenfalls, dass es unmöglich von einem metaphysisch generalisierten „Tier“ sprechen kann, auch nicht aber von den Tieren im Plural, sondern stets nur von jeweils begegnenden, einzelnen Lebewesen. Die Ohren und Augen zu öffnen für die Mannigfaltigkeit der nichtmenschlichen Nachbarn, die gewöhnlich unsichtbar die alltägliche Lebenswelt bewohnen, und die Mauern niederzureißen, hinter denen sie als restlos verfügbares Material vernutzt werden, scheint mir wenigstens eine praktische Implikation dieses Denkens zu sein. Als gelingende Form des Sprechens von und mit je diesem Tier, das kein hierarchisierendes Sprechen-über ist, will ich abschließend, mit Michael Donhausers (2005) Gedicht Die Amsel, an das Vermögen der Poesie erinnern: Die Amsel Sie, die, ihr, Lied und verdreht, singt es in keiner Erwartung Wenn nicht oder vielleicht in der des Morgens, als weinte das Lied In ihrem Lied, das Herz der Nacht und sich aus, oder als gäbe es Doch und seine Unendlichkeit, wenn sie es weitet, weit aufschlägt Über dem Platz und über die Dächer, hinüber bis und hin zu dir Als wärst du und berührbar, von ihrem Lied, oder wie so berührt Lied du oder du, wo du, die du, wenn du wie und sie es entwirft Mit und in einem kurzen Zwitschern, zwischen, Zitaten, dass – Bricht sie es ab, ist es noch und dann stumm, als stände und still Ihr Lied und fragte, wo du und bist, wäre nicht jetzt oder ich und Ein Rest als du von dir und wie verkündet so verdreht und hier 13

vom Tier trennt, bedeutet also, sich in dieser Leere aufs Spiel zu setzen: Aufhebung der Aufhebung, Shabbat sowohl des Tieres als auch des Menschen.“ (Agamben 2003: 100) 13 (Donhauser 2005: 10). Für den Hinweis, dass es die Poesie ist, die stets von (und manchmal gar mit) diesem Tier spricht, danke ich herzlich Eleonore De Felip und Florian Rinderer!

Z U DEN TIEREN SELBST ?

| 315

L ITERATUR Agamben, Giorgio (2003): Das Offene. Der Mensch und das Tier, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Baranzke, Heike (2005): „Tierethik, Tiernatur und Moralanthropologie im Kontext von § 17 Tugendethik“, in: Kant-Studien, Vol. 96, S. 336-363. Coetzee, John Maxwell (2000): The Lives of Animals, London: Profile Books. Donhauser, Michael (2005): Ich habe lange nicht doch nur an dich gedacht, Basel u.a.: Urs Engeler Editor. Heidegger, Martin (2006): Sein und Zeit, Tübingen: Max Niemeyer. Husserl, Edmund (1952): Die Krisis der Europäischen Wissenschaften und die Transzendentale Phänomenologie (Husserliana – Gesammelte Werke, Bd. 4), Den Haag: Martinus Nijhoff. Jonas, Hans (1973): Organismus und Freiheit. Ansätze zu einer philosophischen Biologie, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Kant, Immanuel (1781/1787): Critik der reinen Vernunft, Riga: Hartknoch. Kant, Immanuel (1903): Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (Kants Gesammelte Schriften, Bd. 4), Berlin: Georg Reimer, S. 385-463. Kant, Immanuel (1926): Reflexionen zur Metaphysik (Kants Gesammelte Schriften, Bd. 17), Berlin: Georg Reimer, Nr. 3703–4846. Keat, Russell/Urry, John (1982): Social Theory as Science, London u.a.: Routledge & Kegan Paul. Marchart, Oliver (2013): Das unmögliche Objekt. Eine postfundamentalistische Theorie der Gesellschaft, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Mayr, Ernst (1984): Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt. Vielfalt, Evolution und Vererbung, Berlin u.a.: Springer. Nagel, Ernest (1951): „Mechanistic Explanation and Organismic Biology“, in: Philosophy and Phenomenological Research, Vol. 11/3, S. 327-338. Nagel, Thomas (1979): „What Is It Like to Be a Bat?“, in: ders. (Hg.), Mortal Questions, Cambridge: Cambridge University Press, S. 165-180. Rancière, Jacques (2002): Das Unvernehmen. Politik und Philosophie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Schark, Marianne (2005): „Organismus – Maschine: Analogie oder Gegensatz?“, in: Georg Toepfer/Ulrich Krohs (Hg.), Philosophie der Biologie. Eine Einführung, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 418-435. Singer, Peter (2011): Practical Ethics, Cambridge u.a.: Cambridge University Press. Wider, Kathleen (1990): „Overtones of Solipsism in Thomas Nagel̓s ‚What is it Like to be a Bat?’ and the View from Nowhere“, in: Philosophy and Phenomenological Research, Vol. 50/3, S. 481-499.

Über die Rolle der Biologie in der Entwicklung der Mensch-Tier-Beziehung P ATRICK B IRKL

Die Human-Animal Studies (HAS), also die Studien der Mensch-Tier-Beziehung, sind eine junge, jedoch rasch wachsende Disziplin, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Beziehung zwischen Mensch und Tier aus geisteswissenschaftlicher und naturwissenschaftlicher Perspektive zu beleuchten (Roscher 2012). Konsequenterweise ist die Disziplin auf Informationen über Mensch und Tier angewiesen, die von einer Bandbreite anderer Forschungsbereiche bezogen werden. Beispiele sind die Psychologie, die Sprachwissenschaften, die Geschichtswissenschaften aber auch die Biowissenschaften wie Ethologie, Evolutionsbiologie, Soziobiologie und dergleichen. Naturwissenschaften, in diesem Fall speziell die Biologie, liefern Informationen, die Aussagen und Schlussfolgerungen bezüglich anderer Organismen und auch über den Menschen selbst treffen lassen. So liefert die Ökologie etwa Informationen dazu, in welchem Kontext ein Lebewesen existiert und welche Anforderungen es an seine Umwelt und koexistierende Spezies stellt, um gedeihen und sich vermehren zu können. Sie zeigt jedoch auch, welchen effektiven Nutzen ein bestimmter Organismus für das Ökosystem oder den Menschen selbst hat. Die Ethologie hingegen analysiert das Verhalten von Lebewesen und setzt dieses in Kontext mit evolutionärem Nutzen von Verhaltensweisen, die dem Fortbestand der Spezies dienen. Die Genetik, wie schon vorher die Physiologie und Taxonomie, erlaubt den Werdegang einer Spezies rückblickend zu verstehen und bestärkt aber wiederlegt auch teilweise Kenntnisse vorherigen Wissens, das rein auf Morphologie beruhte. Eine Kombination aus diesen und vielen anderen Biowissenschaften prägt das moderne Bild vom Menschen, dem Primaten, Säugetier, Wirbeltier und sozial strukturierten omnivoren Organismus, der seit ca. einer Million Jahre als solcher existiert (Alonso und Armour 2001). Auch das Bild, das sich der Mensch vom Tier macht und somit die Beziehung zwischen Mensch und Tier, ändert sich maßgeblich mit Kenntnissen, die den Menschen aus biologisch-zoologischer Betrachtungsweise

318 | P ATRICK BIRKL

nicht dem Tierreich gegenüberstellen, sondern ihn darin, ganz konträr zu vielen religiösen oder philosophischen Ansichten, einordnen. Inwiefern sich die Mensch-Tier-Beziehung durch Erkenntnisse aus der Biologie geändert hat und wie sich das Wissen aus der Biologie auf die Mensch-TierBeziehung im Allgemeinen und auch in Einzelfällen auswirkt, soll im folgenden Beitrag kritisch diskutiert werden.

D ER M ENSCH : E IN P RIMAT Es liegt mir fern, an dieser Stelle die äußerst komplexe Entwicklungsgeschichte der Primaten im Allgemeinen und des Menschen im Speziellen in gekürzter Form wiederzugeben (siehe u.a. Campbell 1974, Cavalli-Sforza 1988). Allerdings sieht die heutige, wissenschaftlich fundierte Betrachtungsweise den Menschen als Primaten, der, wie jegliches uns bekannte Leben, einem evolutiven Prozess entspringt. Dies ist ähnlich revolutionär und konträr zu religiös geprägten Ansichten wie einst der Wandel vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild. Die christlich geprägte westliche Weltanschauung stellt(e) den Menschen uneingeschränkt über alle andere Lebewesen. Diese Hierarchie wurde in ähnlicher Weise bereits von Aristoteles in der Scala naturae postuliert. Dagegen ist die Erkenntnis, dass der Mensch das Ergebnis eines natürlichen evolutiven Prozesses darstellt, in das Reich der Tiere Animalia eingeordnet wird und somit keine Besonderheit im naturwissenschaftlichen Sinne darstellt, in wissenschaftlichen und aufgeklärteren Kreisen des 20. und 21. Jahrhunderts weitgehend akzeptiert. Ein grundsätzlicher interkultureller oder gar internationaler Konsens besteht jedoch diesbezüglich (noch) nicht. So hängt die Anerkennung der Evolutionstheorie als Erklärung des menschlichen Ursprungs von vielerlei Faktoren ab, unter anderem auch davon, ob die Theorie verstanden wird (Sinatra et al. 2003). Selbst in der westlichen Welt ist die Evolutionstheorie und somit die Erklärung zur Entstehung aller Arten inklusive des Menschen teilweise sehr umstritten, wie Debatten und rechtliche Auseinandersetzungen bzgl. des Unterrichts der Evolutionstheorie an Schulen in den USA zeigen (Bybee 2004). Dass eine wissenschaftliche Theorie oder Hypothese sich erst durch Daten beweisen lassen muss, um allgemeine Anerkennung zu finden, ist integraler Teil des wissenschaftlichen Prozesses. Die allgemeine Akzeptanz der Theorie kann somit durchaus zeitverzögert zu ihrer Aufstellung auftreten und auch die Widerlegung einer Theorie ist essentieller Teil jeglichen wissenschaftlichen Schaffens. Die Evolutionstheorie, 1859 von Charles Darwin publiziert und seither in ihrer prinzipiellen Form nie widerlegt, nimmt jedoch eine gewisse Sonderstellung ein. Anders als beispielsweise das Bernoulli-Gesetz aus der Strömungslehre, mit dessen Anerkennung die wenigsten Theolog_innen oder Philosoph_innen Schwierigkeiten haben dürften, scheint

Ü BER DIE R OLLE DER B IOLOGIE

| 319

die Evolutionstheorie wesentlich schwieriger akzeptierbar – besonders dadurch, dass sie den Menschen rein naturwissenschaftlich auf eine Ebene mit allen anderen Organismen stellt und somit eine Art „Weltanschauung“ vermittelt. Die Evolutionstheorie, wie alle wissenschaftlichen Theorien oder Gesetze, ist jedoch niemals als wertend zu verstehen. Sie erklärt lediglich den Ursprung der Arten sowie Prozesse der Artentstehung inklusive der des Menschen. Eine Wertung entsteht erst durch den Kontrast zu mythologisch-religiös geprägten Ansichten, die den Menschen an die Spitze einer fiktiven Hierarchie stellen. Die Widerlegung jener imaginären Hierarchie kann somit nicht als wertend angesehen werden, höchstens als aufklärend, als Erkenntnisgewinn, Alternative oder auch Ergänzung zu religiösen Ansichten. Dieser Beitrag der Biologie, nämlich den Ursprung der Spezies Mensch zu erklären, ist vermutlich der bedeutendste einzelne Einfluss, den die Biologie auf das Selbstbild des Menschen als auch auf dessen allgemeine Ansicht gegenüber Tieren bisher hatte. Tatsächlich wird durch diese Erkenntnis dem Menschen die objektive Grundlage entzogen, jegliches menschliche Interesse ausnahmslos über die des Tieres zu stellen. Es bleibt allerdings die auch aus biologischer Sicht herausragende kognitive Fähigkeit des Menschen, die ihn gegenüber anderen Tieren „besonders“ erscheinen lässt. Dem Menschen jedoch einzig auf Basis seiner kognitiven Fähigkeit eine Ausnahmestellung zu verleihen, wäre aus biologischer Sicht ähnlich absurd wie dem Blauwal eine solche aufgrund seiner außergewöhnlichen Körpergröße zuzusprechen. Charles Darwin war sich dem weltbildändernden Ausmaß seiner Theorie durchaus bewusst und zögerte bevor er seine Evolutionstheorie (Darwin 1859) über 10 Jahre später im Werk The Descent of Man, and Selection in Relation to Sex 1871 auch direkt auf den Ursprung der Menschheit bezog (Darwin 1871).

E INFLUSS BIOLOGISCHER K ENNTNISSE AUF DIE M ENSCH -T IER -B EZIEHUNG Das Bild, das der Mensch vom Tier hat, wird durch eine Vielzahl von Faktoren geprägt, einerseits durch kulturell-religiöse Ansichten und persönliche Erfahrung, andererseits durch die Art des täglichen Kontaktes zum Tier. So haben Schlachter_innen sicherlich einen anderen Bezug zum Tier im Allgemeinen und zum Nutztier im Speziellen als Buchhalter_innen (Eisnitz 2007). Hauskatzen oder Hunde in Käfigen zu halten, um deren Fleisch oder Fell „ernten“ zu können, würde in der westlichen Kultur sicherlich auf wenig Verständnis stoßen. In Teilen asiatischer Kulturkreise sind Hunde oder Katzen jedoch Nahrungs- und Pelzlieferanten und werden dort als solche behandelt (Takahashi et al. 2000). In der westlichen Kultur ist hingegen das Halten von Hühnern, Kaninchen, Kühen und Schweinen in Käfi-

320 | P ATRICK BIRKL

gen bzw. unter sehr beengten Verhältnissen tägliche Praxis und weitgehend akzeptiert (Veissier et al. 2008; Moynagh 2000). Auch andere Karnivoren wie etwa der Mink genießen keinen Haustier-Status. Minke dürfen innerhalb der Europäischen Union und in Nord-Amerika als Pelztiere gezüchtet und geschlachtet werden (Joergenssen et al. 1985). Es existieren in Nord-Amerika beispielsweise keinerlei Vorschriften zu Tötung, geschweige denn Haltung von Minken, selbst Orientierungshilfen wie „codes of practices“ sind derzeit noch im Forschungsstadium (Korhonen et al. 2013). Würde der Vetter des Minks, das Frettchen, oder gar ein Hund ähnlich behandelt werden, könnte hingegen eine Anzeige wegen Tierquälerei eingebracht werden. (Herbrüggen, Holger, Tierschutzgesetz: TSchG. 2006). Die Gründe, weshalb unterschiedliche Tierarten auf verschiedenen Teilen der Erde derart anders behandelt werden, sind nur durch kulturelle und religiöse Einflüsse zu erklären und basieren prinzipiell auf keinerlei erkennbarer Logik. Wissenschaftliche Ansätze, wie zum Beispiel eine Bewertung nach Komplexität des Nervensystems und somit der Fähigkeit emotionalen oder physischen Stress wahrzunehmen, unterliegen diesen traditionellen Ansichten nicht. Der folgende Abschnitt soll demonstrieren, wie Kenntnisse aus der Biologie von Tieren unseren Blick beeinflussen und daraus eine subjektive, wertende Hierarchie entsteht. Es sollen auch Methoden und Prinzipien der „Animal Welfare Sciences“ also der Wissenschaft des Tierwohls, kritisch diskutiert werden. Des Weiteren soll ein Ansatz vorgestellt werden, der – auf biologischen Kenntnissen und gängigen, akzeptierten moralischen Prinzipien basierend – eine kenntnisorientierte Entwicklung der Mensch-Tier-Beziehung vorschlägt. Auch wird ein homologieorientierter Anthropomorphismus, basierend auf jenen Grundkonzepten der Biologie, als bereichernde Betrachtungsweise der Mensch-Tier-Beziehung vorgestellt.

D ER E INFLUSS VON KOGNITIVEN F ÄHIGKEITEN UND ANTHROPOMORPHISMUS IM K ONTEXT DER „ANIMAL W ELFARE S CIENCES “ Die Erforschung von kognitiven Fähigkeiten und der damit einhergehende Erkenntnisgewinn spielt eine erhebliche Rolle in der Entwicklung der Mensch-TierBeziehung. Kognitionsforschung an Krähenvögel (Clayton et al. 2005), großen Menschenaffen (Goodall 1986) und Meeressäugern (Schustermann et al. 2013) trug und trägt nach wie vor dazu bei, das Bild dieser Tiere auf komplexe Weise zu beeinflussen. Walfang wird heute kritisch diskutiert und Wale genießen einen Sonderstatus unter den Meerestieren, sicherlich auch aufgrund des wachsenden Wissens um ihre komplexe soziale Lebensweise. Krähen und andere Corviden werden in

Ü BER DIE R OLLE DER B IOLOGIE

| 321

europäischen Ländern traditionellerweise als Getreidediebe angesehen und wurden (werden) dementsprechend gejagt, gefangen und getötet (siehe u.a. Alsager 1972). Heutzutage erhebt sich jedoch eine Vielzahl öffentlicher Stimmen gegen diese Praktiken, die in der Europäischen Union sogar grundsätzlich verboten sind (EUVogelschutzrichtlinie 2009). Das Argument, dass Krähen intelligente, soziale Lebewesen sind, ist in der öffentlichen Diskussion ständig präsent. Wühlmäuse, die unterirdischen Gegenstücke zu Krähen am Felde, genießen hingegen kaum Rückendeckung von Tierschutzvereinen oder tierwohlbesorgten Bürger_innen. Aus physiologisch-zoologischer Sicht gibt es jedoch keinerlei Grund zur Annahme, dass die Wühlmaus weniger Leid erfährt, wenn ihr das Genick in einer Falle gebrochen oder sie erwürgt wird, als die Krähe, die ein ähnliches Schicksal erleidet. Im Gegenteil; aus anatomischer und evolutionärer Sichtweise ist uns die Wühlmaus ähnlicher als die Krähe und man könnte mittels Interpolation argumentieren, dass das Leid der Wühlmaus dem unseren ähnlicher ist als dem der Krähe, unter Ausblendung der vergleichsweise hohen Intelligenz der Krähe. Ob ein uns ähnlicheres Leid auch subjektiv gravierender ist, lässt sich wiederum aus wissenschaftlicher Sicht schwer bis gar nicht beurteilen. Auch für einige Tiere, die traditionellerweise sowohl im wissenschaftlichen als auch im Verständnis des Laien als „primitiv“, „unintelligent“ und daraus resultierend als „anspruchslos“ betrachtet wurden, führten Erkenntnisse der Verhaltensforschung zu einem heutzutage weitaus aufgeklärteren Bild. Als Beispiel ist hier das Haushuhn Gallus gallus domesticus anzuführen. So erregten etwa Studien-Ergebnisse von Edgar et al. (2011) großes öffentliches Interesse. Sie zeigten, dass Hühner ein Grundkonzept von Empathie empfinden. Würden Hühner prinzipiell als emotionslose, futteraufnehmende und eierproduzierende Maschinen angesehen werden, würde sich jegliche Diskussion über deren Wohlergehen in Käfigen oder im Freiland erübrigen. Die umfassende wissenschaftliche Literatur, öffentliche Debatten und Gesetze zu verschiedenen Systemen in der Eier- und Fleischproduktion und deren Auswirkungen auf das Wohlbefinden der darin gehaltenen Hühner zeigen jedoch, dass Hühner nicht als empfindungslose Gegenstände betrachtet werden. Eine eigene wissenschaftliche Disziplin, die der „Animal Welfare Sciences“, erwuchs aus dem Anspruch „neutrale“ Aussagen über Befindlichkeiten von Tieren zu tätigen. Sie ist bemüht, auf wissenschaftlicher Basis das Wohlergehen von Tieren unter menschlicher Obhut zu bewerten und dadurch zu verbessern. Es scheint in dieser Disziplin jedoch eine regelrechte Besessenheit zu existieren, Wohl oder Leid von Tieren fernab von jeglichem menschlichen Bezug kategorisieren und bewerten zu müssen (Heyes 1993). Dieser Drang wird sicherlich durch die Furcht davor angetrieben, die Untersuchungsobjekte zu „vermenschlichen“ und sich somit des Anthropomorphismus schuldig zu machen. Dieser wird innerhalb der „Animal Welfare Sciences“ meist als Tabu empfunden (Dawkins 2011). Schließlich wäre es ja wohl allzu leicht, emotional und schlichtweg „unwissenschaftlich“ den Schrei eines Schweines, wenn es ohne Anästhesie kastriert wird,

322 | P ATRICK BIRKL

als Empfindung von Schmerz zu interpretieren. Corticosterol-Werte, tonische Immobilität und dergleichen werden ergänzend zur Vokalisation verwendet und höchst kritisch diskutiert, um in Erfahrung zu bringen, ob denn die Kastration eines Ferkels ohne Betäubung auch wirklich mit akuten Schmerzen verbunden ist (Hay et al., 2003). In Anbetracht der Ähnlichkeit (Homologie) der zentralen Nervensysteme zwischen Mensch und Schwein und prinzipiell identischer nervaler Innervation des Skrotums von Schwein und Mensch (Butler and Hodos 1996), fällt es jedoch äußerst schwer, Gründe zur Annahme zu finden, dass sich die subjektiv empfundenen Schmerzen bei gleicher Prozedur zwischen Schwein und Mensch grundlegend voneinander unterscheiden. Ich würde sogar so weit gehen, die Absicht von BioWissenschaftler_innen des 21. Jahrhunderts, eine derartige Untersuchung durchzuführen, als Affront gegenüber der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu bezeichnen. Es wäre nämlich vorher nötig, das Konzept der Evolution von Organen im Allgemeinen und dem Säugetier-Nervensystem im Speziellen anzuzweifeln und zu widerlegen, um eine ausreichende Basis zu schaffen, aufgrund welcher derartige Versuche (die sich darüber hinaus weitaus weniger invasiv gestalten ließen; z.B. durch Nadelstiche oder Zwicken einer Hautfalte) wissenschaftlich und ethisch rechtfertigbar wären. Dies gilt gleichermaßen für Untersuchungen, welche beispielsweise das Wohlbefinden von Tieren analysieren, die dauerhaft auf Metall-Gittern (wie etwa in ausgestalteten Käfigen für Legehennen) gehalten werden (z.B. Pohle und Cheng 2009) oder nicht in der Lage sind, sich von ihren eigenen Fäkalien zu entfernen, wie etwa in der Bodenhaltung und der Hühnermast. Biologische Grundlagen wie beispielsweise das Bedürfnis eines Tieres, sein Verhaltensrepertoire zur Gänze auszuüben (als auch Wissen um den Umfang dieses Repertoires), oder sich von Ausscheidungsprodukten zu entfernen, da diese in der Wildbahn Krankheiten oder Parasiten übertragen könnten, existieren und sind ausreichend erforscht, was folglich derartige Untersuchungen gänzlich überflüssig macht. Biowissenschaftler_innen die ihre „Hausaufgaben“ gemacht haben, werden im Normalfall sehr gut über die Ansprüche einer Tierart an ihr Umfeld Bescheid wissen und, je nach Ausmaß dieses Wissens, sehr genau beurteilen können, was einem Tier im Kontext seiner evolutionären Hintergründe zuträglich oder schadhaft sein wird. Auch der so zwanghaft vermiedene Anthropomorphismus, wenn in einer homologieorientierten, rationalen Form ausgeübt (Sommer 2015), könnte vielen Wissenschaftler_innen Zeit, den Steuerzahler_innen Unmengen an Geld und den entsprechenden Tieren in Forschung und Industrie viel Leid ersparen. Zudem wären Fortschritte in der Tierhaltung mit gesetzlicher Verankerung wesentlich schneller und genauer umsetzbar, wenn nicht die Notwendigkeit bestünde, jahrzehntelange repetitive Forschung zu betreiben, um letztlich zum Schluss zu kommen, dass ein Huhn biologische Grundbedürfnisse hat und eben dementsprechende Anforderungen an seine Umwelt stellt (Platz pro Tier, Auslauf, max. Gruppengröße), die bei Nichterfüllung zu Problemen führen. So ist es etwa zumindest seit Liebeskind 1895 (8. Auflage

Ü BER DIE R OLLE DER B IOLOGIE

| 323

„Der Hühner- oder Geflügelhof“) bekannt, dass zu wenig Platz und „Langeweile“, wie im Originaltext erwähnt, bei Hühnern zum Federpicken oder Federfressen führen, was oft in Kannibalismus und Tod eines Großteils der Herde resultiert. Ungeachtet des über 100 Jahre alten Wissens existiert jedoch eine Unzahl an Arbeiten, wie etwa jene von Gunnarsson (1999) und Zimmermann et al. (2006), die sich weiterhin mit dem Einfluss von Besatzdichte und Gruppengröße auf Federpicken befassen. Interessanterweise wenden sich aber in jüngster Zeit Naturwissenschaftler_innen, wie etwa Marc Bekoff, Karsten Brensing und Volker Sommer den Mensch-Tier-Beziehungen zu, ohne Tiere auf einen Objektstatus zu reduzieren (Shapiro/De Mello 2010). Die Betrachtungsweise, die Tiere als menschenähnliche Wesen sieht und als Anthropomorphismus bezeichnet wird, ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst und nicht zwangsläufig negativ behaftet.

D IE B EDEUTUNG Ö KOLOGISCHER R ELEVANZ Die fleißige Biene, der Fuchs als „Gesundheitspolizei“ des Waldes, Regenwürmer als „Boden-Verbesserer“, Singvögel als natürliche Bekämpfer von „Ungetier“. Diese Bezeichnungen inkludieren nicht nur menschliche Eigenschaften oder Tugenden (Fleiß oder musikalisches Talent), sondern deuten auch mehr oder weniger exakt auf die Form der Nützlichkeit von Tieren für den Menschen hin. Umgekehrt gibt es auch eine Reihe von Tieren, die als Schädlinge, Lästlinge, Plage, Krankheitserreger und dergleichen bezeichnet werden. Die Bezeichnungen lassen erahnen, dass diese Tiere für das meist von Menschenhand geschaffene Ökosystem nicht förderlich sind. Unweigerlich werden Tiere der ersten Kategorie aus einem positiveren Blickwinkel betrachtet als Tiere der zweiten Kategorie. Die Subjektivität, aus welcher der Mensch urteilt, erklärt sich durch die ökologische Nische, in der der Mensch überleben und gedeihen kann. Aus dieser Nische resultiert ein speziesspezifischer Blickwinkel. Wäre der Mensch etwa ein Wiederkäuer, so würde er den Löwenzahn als willkommene Mahlzeit und nicht als Unkraut sehen. Wäre der Mensch insektivor, so würde er Heuschrecken und Fliegen nicht als Plagen, sondern als lebensnotwendig ansehen. Der ökologische Nutzen, den ein Tier für den Menschen hat, ist somit ein sehr entscheidender Faktor, der die artspezifische Mensch-Tier-Beziehung prägt. Dieser Einfluss der ökologischen Bedeutung eines Tieres für den Menschen spiegelt sich auch deutlich im Sprachgebrauch wider (siehe auch Heuberger 2015).

324 | P ATRICK BIRKL

D ISKUSSION : D IE M ENSCH -T IER -B EZIEHUNG IM W ANDEL UNTER B ERÜCKSICHTIGUNG BIOLOGISCHER K ENNTNISSE Es wurde in diesem Beitrag einerseits diskutiert, durch welche Mechanismen biologische Kenntnisse die Mensch-Tier-Beziehung prägen, und andererseits erläutert, wie die Biologie des Menschen selbst eine sehr spezifische, subjektive MenschTier-Beziehung entstehen lässt. Diese variiert je nach Tierart und von Mensch zu Mensch stark und beruht dabei nicht grundsätzlich auf biologischen, wissenschaftlichen oder ethischen Prinzipien, sondern stellt ein Resultat von vielerlei Einflüssen dar (Herkunft, Kulturkreis des Menschen, persönliche Erfahrungen etc.). Folgendes Beispiel soll verdeutlichen, wie verzerrt und unlogisch das Bild vom Tier oft erscheint und aufgefasst wird, selbst von jenen, die sich intensiv damit beschäftigen, wie das Wohlergehen von Tieren verbessert werden könnte. Die Produktion von Pelz für die Anfertigung von Kleidungsstücken mag zwar kontrovers diskutiert werden, stellt jedoch, wie an voriger Stelle erwähnt, einen legalen Gegenstand innerhalb der westlichen Kultur dar. Wie im Bereich anderer Nutztiere gibt es auch hier Bestrebungen, die Lebensqualität, oder im Englischen „Welfare“, von „Pelztieren“ zu verbessern (Hansen et al. 2006). Ein utilitaristischer Ansatz ist im Umgang mit Tieren zu Forschungszwecken äußerst üblich, aber auch in der landwirtschaftlichen Produktion. Dieser Ansatz wiegt ab, durch welche Maßnahmen sich maximaler Nutzen oder Glück für eine möglichst hohe Zahl an Individuen erreichen lässt. Das Glück oder Wohlergehen der „Menge“ darf also das Interesse des einzelnen Individuums überragen. Dieses Prinzip kann im Kontext des gängigen Verhaltens-Kodex der drei „R´s“ (Reduction, Refinement, and Replacement, vgl. National Research Council, 1996), also Reduktion (weniger Tiere), Verfeinerung des Versuches (schonendere Methoden wie Anästhesie etc.) und Ersatz (Modell anstatt lebendem Organismus oder Maus anstatt Primaten), verdeutlicht werden. Würde man diese Bestrebungen im Sinne der „Animal Welfare Sciences“ auf die Pelzproduktion übertragen, mit dem klassischen Ziel die Anzahl der zu tötenden Tiere zu reduzieren, das empfundene Leid pro Tier zu reduzieren und eventuell die Wahl der verwendeten Tierart zu überdenken, so wäre folgender Vorschlag auf wissenschaftlicher als auch auf ethischer Basis nicht nur vertretbar sondern zu favorisieren: Nerze gehören taxonomisch der Überfamilie der Canoidea – also der Hundeartigen – an, wozu auch der Wolf, Canis lupus, und konsequenterweise der Haushund, Canis lupus familiaris, zählen. Im Gegensatz zu Nerzen existiert der Wolf in Form des Haushundes bereits seit geraumer Zeit in seiner domestizierten Form. Viele Eigenschaften, die bei Wildtieren in Gefangenschaft zu einer drastischen Reduktion des Wohlbefindens führen, sind bei domestizierten Arten aufgrund von Zuchtwahl in geringerem Ausmaß vorhanden – so etwa die angeborene Scheu vor

Ü BER DIE R OLLE DER B IOLOGIE

| 325

dem Menschen oder generelle Ängstlichkeit (Campler et al. 2009), ein erhöhter Bewegungsdrang von Wildtieren im Vergleich zu Haustieren (Schütz et al. 2011) als auch deren prinzipiell schlechtere Fähigkeit, unter beengten Bedingungen zurecht zu kommen. Dies führt etwa in der Wildform zu erhöhter Aggression (Schütz und Jenson 2001). Ist man nun bestrebt, gemäß den drei R´s die Pelzproduktion im Sinne der minimalen Verursachung von Tierleid zu verbessern, muss man diese Eigenschaften beziehungsweise Nachteile, die sich auf das Wohlergehen des Wildtieres Nerz in Gefangenschaft auswirken, berücksichtigen. Domestizierte Hunde kommen jedoch unter (relativ zu ihrer Körpergröße) ähnlich beengten Bedingungen und auch mit Sozialpartnern (Nerze sind Einzelgänger und lassen sich kaum paarweise halten) besser zurecht, was sie in der medizinischen Forschung (Hughes et al 1989) zu „praktischen“ und einfach zu handhabenden Labortieren macht (Radin et al.). Auch sind Hunde, wie etwa der Beagle, größer als Nerze, und dadurch wären weniger Beagle pro Pelzmantel nötig als Nerze. Zusammenfassend lässt sich schlüssig behaupten, dass Hunde sich sowohl nach der gängigen utilitaristischen Ethik im Umgang mit „Labor- und Nutztieren“, als auch im Sinne der Bestrebungen der „Animal Welfare Sciences“ wesentlich besser als „Pelztiere“ eignen als Nerze (abgesehen von der vermutlich geringeren Qualität des Pelzes, die sich durch Wahl entsprechender Rassen und Zuchtwahl sicher schnell verbessern ließe). Allerdings ist zu erwarten, dass sich Pelz von Hunden – des Menschen beste Freunde – wesentlich schlechter vermarkten ließe als Pelz von Nerzen. Dies ist das Resultat einer Ansicht, die wiederum kulturell und nicht wissenschaftlich begründet ist. Der Punkt an dieser Stelle soll jener sein, dass ethisch betrachtet unter Berücksichtigung wissenschaftlich-biologischer Kenntnisse, die Verwendung von Nerz und Hund als Pelztiere grundsätzlich entweder zu akzeptieren oder abzulehnen ist. Wenn es als „unmoralisch“ betrachtet wird, Hunde zum Zweck der Pelzgewinnung in Käfigen zu halten, so muss es unter Berücksichtigung vorhin genannter wissenschaftlicher Fakten umso mehr als inakzeptabel gelten, Nerze unter eben jenen Bedingungen zu halten. Aus einer anderen Perspektive betrachtet: Wenn die Erzeugung von Pelz aus Nerzen als legitim zu erachten ist (die Produktion ist in Europa nicht per Gesetz untersagt) und das Leid der Tiere gemäß der drei R´s zu reduzieren sei, wäre die Verwendung von Hunden zu bevorzugen. Ähnliche Beispiele ließen sich auch mit anderen Nutz- und Haustieren darstellen. Dieses Beispiel soll deutlich machen, wie inkonsequent und irrational die Alltagsethik oft im Bezug auf die Mensch-Tier-Beziehung ist. Die Betrachtung der Umstände aus einem biologisch-orientierten Blickwinkel kann allerdings hilfreich sein, derartige Widersprüchlichkeiten zu erkennen. Dementsprechend spielt die Biologie, die Lehre allen Lebens, nicht nur eine wichtige Rolle in der bisherigen Mensch-Tier-Beziehung, sie kann und sollte auch essentieller und wegweisender Bestandteil jeglicher zukünftigen Entwicklung der Mensch-Tier-Beziehung sein. Sie kann als Werkzeug dienen und Wissen vermitteln, auf dessen Basis wir eine

326 | P ATRICK BIRKL

artspezifische Umwelt definieren können, in welcher sich ein Tier möglichst wohl fühlt. Wie am Beispiel des Käfighuhnes oder des Federpickens gezeigt wurde, sei jedoch angemerkt, dass der Beitrag der Biowissenschaften zum Verständnis anderer Organismen irgendwann ins Stocken gerät, wenn dies ohne vorwissenschaftliche Rationalität, basierend auf dem Konzept der Homologie und auf der zwanghaften Vermeidung von Anthropomorphismus, geschieht. Denn selbst ohne Wissen über den Bewusstseinszustand einer Kellerassel kann man erahnen, dass sie sich unter einem Stein wohler fühlt als auf freier Flur, wo ihr Gefahr durch Räuber droht. Aus biologischer Sicht ist es somit immer vorzuziehen, einer Assel einen Stein oder dergleichen als Unterschlupf zu bieten. Beachtet man nun noch den Bewegungsradius, die Ernährungsgewohnheiten und das Sozialverhalten der Assel und bietet ihr all dies in einem künstlichen Umfeld, so wird man aus biologischer Sicht der Assel nichts Schlechtes tun, wenn man sie unter diesen Umständen gefangen hält. Man nimmt ihr allerdings die Freiheit (theoretisch, da ihr Bewegungsradius nicht eingeschränkt wird). Es lässt sich nach ähnlichem Prinzip für jede Tierart eine artgerechte Umwelt beschreiben, wenn man über die Beschaffenheit der ökologischen Nische, in der die Tierart vorkommt, Bescheid weiß. Ob und in welchem Ausmaß es unmoralisch oder unethisch ist, einer Assel den Stein oder die Freiheit zu nehmen, einer Kuh ihr Kalb oder einem Huhn sein Leben, muss jedoch in einem ethisch-moralischen Kontext beantwortet werden. Ein Huhn kratzt Steine beiseite um Asseln zu fressen, seine Unwissenheit um die Interessen der Assel dürften das Huhn wohl moralisch freisprechen – ob wir als Menschen ebenso freigesprochen werden können, weil wir einfach gerne viele Eier um den kleinstmöglichen Preis verzehren möchten, trotz unseres Wissens um das Leid des Käfighuhns, muss wohl Inhalt einer weitaus komplexeren Diskussion sein. Ich wage an dieser Stelle auch zu behaupten, dass der Umgang mit dieser aktuellen und sehr brisanten Diskussion über die Natur der Mensch-Tier-Beziehung von größter Relevanz für die zukünftige Entwicklung jener Beziehung sein wird, als auch für die moralische Weiterentwicklung der Spezies Mensch.

L ITERATUR Butler, A. B.,/Hodos W. (1996): Comparative vertebrate anatomy: Evolution and adaption. New York: Wiley-Liss. Campler, M./Jöngren M./Jensen P. (2009): „Fearfulness in red junglefowl and domesticated White Leghorn chickens”, in: Behavioural Processes 81.1, S. 39-43. Darwin, C. (1871): The descent of man, and selection in relation to sex. London: John Murray.

Ü BER DIE R OLLE DER B IOLOGIE

| 327

Edgar, J. L./Lowe, J. C./Paul, E. S./Nicol, C. J (2011): „Avian maternal response to chick distress”, in: Proceedings of the Royal Society of London B: Biological Sciences: 278 (1721), S. 3129-3134. Eisnitz, G. (2007): Slaughterhouse: The Shocking Story of Greed, Neglect, and Inhumane Treatment Inside The U.S. Meat Industry. Amherst, NY: Prometheus. Gunnarsson, S. (1999): „Effect of rearing factors on the prevalence of floor eggs, cloacal cannibalism and feather pecking in commercial flocks of loose housed laying hens”, in: British poultry science 40.1, S.12-18. Hansen, D.C./Werner, S./Jeppesen, L.L. (2006): „Temperament, stereotypies and anticipatory behaviour as measures of welfare in mink”, in: Applied Animal Behaviour Science 99.1, S. 172-182. Hay, M./Vulin, A./Génin, S./Sales, P./Prunier, A. (2003): „Assessment of pain induced by castration in piglets: Behavioral and physiological responses over the subsequent 5 days”, in: Applied Animal Behaviour Science 82.3, S. 201-218. Heuberger, R. (2015): „Das Tier in der Sprache.“, in: Disziplinierte Tiere? Perspektiven der Human-Animal Studies für die wissenschaftlichen Disziplinen, S. 123135. Heyes, C. M. (1993): „Anecdotes, training, trapping and triangulating: do animals attribute mental states?”, in: Animal Behaviour 46.1, S.177-188. Hughes, H. C./Campbell S./Kenney C. (1989): „The effects of cage size and pair housing on exercise of beagle dogs”, in: Laboratory animal science 39.4, S. 302-305. Joergensen, G. (1985): Mink production. Hilleroed, Denmark: Scientifur. Moynagh, J. (2000): „EU regulation and consumer demand for animal welfare”, in: AgBioForum 3, S. 107-114. National Research Council (1992): Recognition and alleviation of pain and dis-tress in laboratory animals. National Academy Press, Washington. Pohle, K.,/Cheng, H.W. (2009): „Furnished cage system and hen well-being: Comparative effects of furnished cages and battery cages on behavioral exhibitions in White Leghorn chickens”, in: Poultry science 88.8, S. 1559-1564. Radin, M. J./Eaton, K. A./Krakowka, S./Morgan, D. R./Lee, A./Otto, G./Fox, J. (1990): „Helicobacter pylori gastric infection in gnotobiotic beagle dogs”, in: Infection and immunity 58.8, S. 2606-2612. Shapiro, K./De Mello, M. (2010): „The State of Human-Animal Studies”, in: Society & Animals 18, S. 307-318. Schütz, K., E./Jensen, P. (2001): „Effects of resource allocation on behavioural strategies: a comparison of red junglefowl (Gallus gallus) and two domesticated breeds of poultry”, in: Ethology 107.8, S. 753-765. Schütz, K., E./Forkman, B./Jensen P. (2001): „Domestication effects on foraging strategy, social behaviour and different fear responses: a comparison between the red junglefowl (Gallus gallus) and a modern layer strain”, in: Applied Animal Behaviour Science 74.1, S. 1-14.

328 | P ATRICK BIRKL

Takahashi, Y./Mingyuan, L./Waikagul, J. (2000): „Epidemiology of trichinellosis in Asia and the Pacific Rim”, in: Veterinary Parasitology 93, S. 227-239. Veissier, I./Butterworth, A./Bock, B./Roe, E. (2008): „Farm Animal Welfare since the Brambell Report; European approaches to ensure good animal welfare”, in: Applied Animal Behaviour Science 113:4, S. 279-297. Zimmerman, P. H./Lindberg, A. C./Pope, S. J./Glen, E./Bolhuis, J. E./Nicol, C. J. (2006): „The effect of stocking density, flock size and modified management on laying hen behaviour and welfare in a non- cage system”, in: Applied Animal Behaviour Science 101.1, S. 111-124.

Der Veganismus: Nicht bloß eine Entscheidung für einen Lebensstil 1 G ARY S TEINER

Mit zwei Beobachtungen möchte ich anfangen. Zuerst: Die Welternährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO berichtet, dass Menschen jedes Jahr mehr als 50 Milliarden Landtiere weltweit zum menschlichen Konsum töten. Zweitens: Letztes Jahr habe ich einen Aufkleber auf mehreren Postkästen in Bern gesehen, der lautete, „Tiere sind meine Freunde, und meine Freunde esse ich nicht.“ Das heißt, einerseits halten wir nichtmenschliche Tiere für Freunde oder existentielle Verwandte, andererseits halten wir sie für bloße Mittel, die wir beliebig töten oder benutzen dürfen. Die Umstände, unter denen viele dieser Tiere großgezogen werden, machen ihnen das Leben zur Hölle. Immer häufiger hört man Einwände gegen die brutale industrielle Behandlung der Nutztiere, doch man hört relativ selten Stimmen, die die totale Preisgabe der Tier-Landwirtschaft oder die Preisgabe des Konsums an Tieren und Tierprodukten verlangen. Die weit verbreitete Haltung zur Mensch-TierBeziehung bleibt schließlich eine der Überlegenheit der Menschen über die Tiere. Und das heißt, dass die meisten Menschen „Welfaristen“ statt „Abolitionisten“ sind. Sie meinen, dass das Töten von Tieren, die Tierversuche, Tiernutzung zur Unterhaltung (z.B. in Zirkussen, Filmen usw.), das Tragen von Leder, Wolle oder Seide und vergleichbare Nutzungen von Tieren keine moralischen Fragen aufwerfen – gesetzt, dass wir die Tiere „mitfühlend“ behandeln und sie schmerzlos töten. Das ist eine durchaus traditionelle Haltung zur Mensch-Tier-Beziehung, eine Haltung, die ihre Wurzeln im Denken der Antike sowie im Denken der Aufklärung

1

Ursprünglich erschienen als: Steiner, Gary (2014): „Der Veganismus: nicht bloß eine Entscheidung für einen Lebensstil“, in: Birgit Althans/Friederike Schmidt/Christoph Wulf (Hg.), Nahrung als Bildung. Interdisziplinäre Perspektiven auf einen anthropologischen Zusammenhang, Weinheim/Basel: Beltz Juventa, S. 82-90.

330 | G ARY STEINER

hat. Die Kernvoraussetzung der westlichen philosophischen Tradition bezüglich dieser Beziehung ist, dass die Logos-Begabung (d.h. die Vernunftbegabung oder das Sprachvermögen) den Menschen über alle Tiere sowohl kognitiv als auch moralisch erhöht. Die Vernunftbegabung des Menschen ermöglicht den allgemeinen Standpunkt des Betrachtens und Überlegens, von dem aus wir Rechte und Pflichte begreifen können. Die Stoiker behaupteten, dass die Vernunftbegabung uns Menschen den Göttern vergleichbar macht, und dass unter allen irdischen Wesen nur Götter und Menschen dazu fähig sind, den ewigen Logos der Natur zu betrachten. Und, wie Aristoteles, behaupteten Stoiker wie Epiktet, dass das Betrachten von ewigen Wahrheiten die allerhöchste Berufung des Menschen sei. In Zusammenhang mit diesem Ideal des Betrachtens behaupteten die Stoiker weiter, dass der ganze Erdkreis ausdrücklich zugunsten von Menschen geschaffen sei: Der kosmischen Logik des Aristoteles und der Stoiker gemäß sind praktische Angelegenheiten, wie die Befriedigung von körperlichen und anderen materiellen Bedürfnissen, der Tätigkeit des Betrachtens von ewigen Wahrheiten wesentlich untergeordnet: Das Ziel der Befriedigung von körperlichen Bedürfnissen ist nicht bloß die materielle Sicherheit, sondern die Befreiung des Menschen zum höheren Ziel des Betrachtens. Die moderne Auffassung von der Beziehung zwischen Theorie und Praxis stellt, wie Hans Jonas einmal bemerkt hat, eine Verkehrung der antiken dar: Heute bewertet man praktische Resultate oder Wirkungen höher als theoretische Überlegungen und sieht in der Theorie nur eine Dienerin der Praxis (Jonas 1966: 194f.). Diese Verkehrung könnte die Erwartung erwecken, moderne Denker vollziehen eine entsprechende Verkehrung der antiken Auffassung vom Wert der Tiere, die nach Aristoteles und den Stoikern nur instrumentellen Nutzen besitzen. Wenn es kein höheres Ziel als das irdische Leben und die Befriedigung von materiellen Bedürfnissen gibt, wenn wir Menschen zu keinen höheren Tätigkeiten als denjenigen der Tiere fähig sind, bedeutet das, dass Mensch und Tier kosmisch oder moralisch gleich sind, dass wir Menschen kein Recht haben, Tiere als bloße Mittel zu benutzen und dass alle wahrnehmungsfähigen Lebewesen tatsächlich gleichberechtigte Weltbürger sind? Durchaus nicht. Das lässt sich allein aus Kants Überlegungen zur Mensch-TierBeziehung schließen. Nach Kant sind Tiere bekanntlich bloße „Sachen“ im Vergleich zu uns Menschen, die vernunftbegabte „Personen“ sind (Kant 1970: 373). Nur Menschen und andere vernunftbegabte Wesen besitzen inhärenten Wert, alle anderen irdischen Wesen sind bloße Mittel zur Befriedigung unserer materiellen Bedürfnisse. Zwischen Mensch und Tier bestehe keine Möglichkeit der Gemeinschaft, keine Möglichkeit einer Freundschaftsbeziehung und keine Beziehung des Rechts (Kant 1977: 608, 632). Höchstens haben Personen „indirekte“ Pflichten gegenüber Tieren, was bedeutet, wie bei Thomas von Aquin, dass wir Tiere nicht brutal behandeln sollten, nicht deswegen, weil Tiere inhärenten Wert hätten, son-

D ER V EGANISMUS : N ICHT

BLOSS EINE

E NTSCHEIDUNG FÜR

EINEN

L EBENSSTIL

| 331

dern einzig deswegen, weil die brutale Behandlung von Tieren die brutale Behandlung von anderen Menschen mit sich bringen könnte (Kant 1977: 579). Schließlich bedeutet all das, dass Kant den Menschen für das Zentrum und die Krone der Schöpfung hält, und dass wir nach Kant das kosmische Recht haben, Tiere genau wie Steine oder Pflanzen zu behandeln. So schreibt Kant in der Rechtslehre der Metaphysik der Sitten, dass Haustiere, genau wie Gewächse, wie die Kartoffeln, „ein Machwerk des Menschen sind“, und weiter, dass Tiere im Allgemeinen (doch nicht der Mensch) „ein Eigentum des Menschen sein können“, und dass der Mensch „sie gebrauchen, verbrauchen und verzehren (töten lassen) kann“ (Kant 1977: 468f.). Von Aristoteles bis zu Peter Singer und Tom Regan ist der Glaube an die Überlegenheit des Menschen über das Tier auf die Voraussetzung gegründet, dass die Logos-Begabung für den moralischen Status eines Wesens bestimmend sei, bzw. dass je rationaler ein Wesen sei, desto höher sein Rang in der moralischen Ordnung oder Hierarchie. Doch in diesem Zusammenhang ist zu fragen, was man mit „rational“ oder „Logos“ meint und auch, ob und inwiefern der moralische Status eines Wesens eigentlich von seinem Sprachvermögen oder seiner Vernunftbegabung abhängig ist. Denn der Begriff des Logos hat sowohl einen engeren als auch einen allgemeineren Sinn. Was den allgemeineren Sinn betrifft, weist Porphyrios darauf hin, dass Tiere z.B. ihre Stärken und Schwächen verstehen, welche Handlungen ihren Interessen dienen usw. (Porphyrios 2000: 86). Und Schopenhauer weist darauf hin, dass Tiere Ursache-Wirkung-Beziehungen verstehen, was ihr Wohl natürlich fördert (Schopenhauer 1998: 65f.). Das alles wirft die Frage auf, ob Denker wie Aristoteles, die Stoiker und Kant einen höchst anthropozentrischen Begriff des Logos (d.h. der Sprache und der Vernunft) vorgestellt haben. Denn wir wissen, dass viele Tiere zu verschiedenen Sprachhandlungen fähig sind, wie z.B. Grünmeerkatzen und Krähen, die ihre Artgenossen vor drohenden Gefahren warnen, und wir wissen auch, dass viele Tiere emotionale Beziehungen zu ihren Artgenossen entwickeln. Also: Gesetzt, dass verschiedene Tiere über eine Logos-Begabung verfügen, wenn auch nicht gerade in einer menschlichen Art und Weise, wie ist ihr Ausschluss aus der Rechtssphäre bzw. ihre wesentliche Unterordnung in der Moralsphäre überhaupt zu rechtfertigen? Was bedeutet ein Ideal des menschlichen Lebens, das die fast unbegrenzte Ausbeutung der Tiere durch den Menschen rationalistisch erklärt? In diesem Zusammenhang denke ich an Heideggers berühmte These, das Tier sei „weltarm“ im Vergleich zum Menschen, der „weltbildend“ sei (Heidegger 1983: 261ff.): Ist das Tier tatsächlich weltarm oder haben wir Menschen den Tieren die Welt dadurch genommen, dass wir einen selbstsüchtigen Begriff des Logos von Anfang an vorausgesetzt haben? Denn wieso sollte der moralische Status eines Wesens sich auf ausdrücklich menschliche Sprache oder eng anthropozentrisch begriffene Verständnisarten begründen? Und wenn wir diejenigen Wesen moralisch privilegieren dürfen, die angeblich „intelligenter“ sind, hat das zur Folge,

332 | G ARY STEINER

dass wir intelligentere Menschen gegenüber weniger intelligenten Menschen bevorzugen dürfen? Und wenn wir solche Hierarchien unter Menschen nicht erstellen dürfen, wie können wir die herkömmliche Mensch-Tier-Hierarchie rechtfertigen? Das alles erinnert an die von Hesiod und Ovid erzählte alte Geschichte vom „goldenen Zeitalter“, in dem die ursprüngliche Beziehung zwischen Mensch und Tier eine des Friedens und der Freundschaft war. Diese Geschichte stellte ein Ideal der Harmonie nicht nur unter Menschen, sondern auch zwischen Mensch und Tier dar. Gesetzt, dass zahlreiche nichtmenschliche Tiere genau wie wir Menschen wahrnehmungsfähig sind und ein sinnvolles Leben führen, auch wenn ihr Leben nicht gerade auf menschliche Art und Weise sinnvoll ist, wie ist unsere Ausbeutung der Tiere, und genauer unser Töten und Essen von Tieren, überhaupt zu rechtfertigen? Zahlreiche Denker, sowohl in der Geschichte der westlichen Philosophie als auch in der Gegenwart, erwecken den Anschein, Tieren so etwas wie einen inhärenten Wert zuzuschreiben und von der alten Behauptung der Überlegenheit des Menschen über Tiere Abstand zu nehmen, doch tatsächlich erhalten sie das alte anthropozentrische Vorurteil aufrecht. In der Antike hat Porphyrios z.B. einerseits behauptet, Tiere seien den Göttern lieb und verdienten es, von Menschen nicht gegessen zu werden, doch andererseits macht Porphyrios zahlreiche Ausnahmen, z.B. bei Soldaten, Sportlern und anderen (er erwähnt Redner!), die angeblich Fleisch essen müssen (Porphyrios 2000: 40, 106ff.). In der Neuzeit behauptet bekanntlich Jeremy Bentham, dass der moralische Status eines Wesens nicht auf der Vernunftbegabung oder dem Sprachvermögen, sondern auf der Leidensfähigkeit beruhe. Doch er sagt auch, dass Menschen Tiere töten und essen dürfen, weil Tiere die Zukunft nicht begrifflich fassen können und deswegen weniger mit dem Tod zu verlieren haben als wir Menschen (Bentham 1948: 310f.). Sogar Peter Singer, der das Prinzip der gleichen Berücksichtigung der Interessen empfehlt, schreibt, dass wir Tiere töten und essen dürfen, gesetzt, dass wir sie unter adäquaten Umständen großziehen und sie schmerzlos töten, und zwar aus demselben Grund wie bei Bentham: Tiere haben kein Interesse an ihrem zukünftigen Leben, denn sie können die Zukunft nicht begrifflich fassen, entsprechend ist ihr Tod kein Verlust (Singer 2009: 229f.). Bentham und Singer berufen sich auf die Vernunftbegabung, wenn auch entgegen ihrer eigenen Absicht, als Kriterium des moralischen Status. Auch Denker wie Tom Regan, der sich auf den Begriff des „Subjekts-eines-Lebens“ und auf die Idee des inhärenten Wertes beruft, bevorzugt den Menschen vor dem Tier, und zwar aus demselben Grund wie bei Singer: dass Tiere angeblich weniger mit dem Tod zu verlieren haben als Menschen. So behauptet Regan, dass im Notfall sogar eine Million Hunde zu Gunsten eines einzigen Menschen zu opfern seien (Regan 1983: 325). Man findet genau die gleiche Voraussetzung bei gegenwärtigen Denkern wie Martha Nussbaum – dass das Leben eines Tieres inhärenten Wert besitzt, doch insofern

D ER V EGANISMUS : N ICHT

BLOSS EINE

E NTSCHEIDUNG FÜR

EINEN

L EBENSSTIL

| 333

dem Tier die Besonnenheit fehlt, hat sein Leben weniger inhärenten Wert als das Leben eines Menschen. Diese ganze Denkweise scheint mir durchaus eigennützig. Denn wie können wir sagen, dass der Tod eines Tieres kein Verlust ist? Ist der Tod eines menschlichen Babys auch kein Verlust? Ist der Tod eines intelligenteren Menschen eine größere Tragödie als der eines weniger intelligenten Menschen? Gibt es tatsächlich Grade des inhärenten Wertes oder ist die Idee einer Skala solcher Werte ein Widerspruch in sich selbst? Wieso muss ein Wesen seine Zukunft begrifflich fassen können, um vollen inhärenten Wert zu haben – es sei denn, es ist nur deswegen, weil einzig wir Menschen dazu fähig zu sein scheinen? Dieser Widerspruch bezüglich der Idee des inhärenten Wertes erinnert an einen anderen Widerspruch, und zwar an den zwischen unserem angeblichen Sorgen für Tiere und unseren beherzten Anstrengungen, Tiere als uns moralisch untergeordnet vorzustellen. Dieser Widerspruch bezeugt unser Versagen, das Prinzip der gleichen Berücksichtigung der Interessen anzuwenden. Denn wenn wir die Interessen anderer wahrnehmungsfähiger Lebewesen tatsächlich berücksichtigen würden, käme es nicht in Frage, sie zu töten und zu essen oder auf sonstige Art und Weise als „Sachen“ zu benutzen. Das allergrößte Hindernis beim Versuch, unsere innere Verwandtschaft mit Tieren und den eigentlichen moralischen Status der Tiere anzuerkennen, ist das, was Gary Francione unsere „moralische Schizophrenie“ nennt (Francione 2000: 1). So wissen wir, dass Tiere wahrnehmungsfähig und auf unterschiedliche Art und Weise vernunftbegabt sind (wenn wir „Vernunftbegabung“ im allgemeineren Sinne verstehen), d.h., dass Tiere in den existentiell allerwichtigsten Hinsichten den Menschen vergleichbar sind. Zugleich widerspricht unsere systematische Ausbeutung der Tiere dem tieferen Gespür für empfundene Verwandtschaft mit Tieren, den man im Mythos des goldenen Zeitalters sieht und den ich in meinem Buch Animals and the Moral Community erörtert habe (Steiner 2008: 137ff.). In der Geschichte der abendländischen Philosophie haben sich Denker dennoch auf den Logos als das angeblich entscheidende Unterscheidungscharakteristikum zwischen Mensch und Tier immer wieder berufen, trotz der Tatsache, dass die Logos-Begabung keine logische Verbindung mit dem moralischen Status eines Wesens hat. Das heißt, die Behauptung, dass so etwas wie die Vernunftbegabung oder das Sprachvermögen den Menschen über das Tier erhebt, gründet letztlich nicht auf der Vernunft, sondern auf einem rational nicht zu verteidigenden selbstsüchtigen Gefühl oder Vorurteil. Denn, genau wie Denker von Aristoteles bis Mill, Hegel und Schopenhauer es verstanden haben, gibt es sowohl selbstsüchtige als auch gemeinschaftsorientierte Gefühle, und man muss jene der rationalen Betrachtung unterwerfen, um sicherzustellen, dass sie unseren höheren Verpflichtungen der größeren Gemeinschaft gegenüber angemessen untergeordnet werden. Jedes Kind lernt früh im Leben, dass es seine selbstsüch-

334 | G ARY STEINER

tigen Triebe nicht grenzenlos befriedigen darf, sondern sie zugunsten seiner Beziehungen zu seinen Mitmenschen begrenzen und oft unterdrücken muss. Meines Erachtens gilt genau das Gleiche für unseren Trieb, Tiere zu essen und auf andere Art und Weise als bloße Mittel zum Zweck zu verwenden. Seit Jahrtausenden haben wir uns selbst als weise, gottähnliche Wesen charakterisiert, die den Tieren wesentlich überlegen sind, doch ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir uns bei der Behandlung der Tiere wie selbstsüchtige, gedankenlose und hochnäsige Kinder benehmen. Diese weitverbreitete Haltung der Menschen spiegelt eine restlos anthropozentrische Sicht auf den Kosmos und unseren Platz darin. Sie zu überwinden und durch Bescheidenheit und Frömmigkeit zu ersetzen verlangt, dass wir unseren Aufenthalt auf der Erde vom ganzen Kosmos statt bloß vom Menschen her oder anthropozentrisch begreifen. Wie man diese Art des Denkens, Fühlens und Bewertens erweckt, bleibt dunkel. Denn es gibt zahlreiche einflussreiche Denker, die sich über diese Bemühung lustig machen. Der amerikanische Jurist Richard Posner z.B. schreibt, dass die Behauptung, der moralische Wert der Tiere sei demjenigen eines Menschen gleich oder sogar ähnlich, „bizarr“ und „verrückt“ sei (Posner 2004: 65). Posner schreibt auch, dass seine Bevorzugung des Menschen vor den Tieren „einer Intuition [entspreche, die; G.S.] tiefer als jede rationale Begründung“ sei (ebd.). So ist das alte Vorurteil, der Mensch sei dem Tier überlegen, nicht bloß durch rationale Überlegungen zu überwinden. Vielmehr bleibt es uns aufgegeben, unsere tieferen Gefühle zu ändern oder Gefühle zu erwecken, die durch die Vernunft aufgehoben werden können. Das ist eine Aufgabe, die Denker wie Richard Posner ablehnen. Der einstige amerikanische Präsident Abraham Lincoln hat einmal von den „besseren Engeln unseres Wesens“ gesprochen. Was die Zwangslage der Tiere betrifft, muss man hoffen, dass solche Engel existieren, dass wir sie irgendwie beachten können und dass wir das entwickeln können, was die französische Philosophin Elisabeth de Fontenay einen „Pathozentrismus“ genannt hat, eine Ethik, die sich in tieferen, gemeinschaftsorientierten Gefühlen statt in selbstsüchtigen Gefühlen oder in der angeblichen Vernunft begründet (Fontenay 2000: 153). Denker wie Posner meinen, das sei alles „bloße Behauptung“, d.h., die Idee eines Gespürs für empfundene Verwandtschaft sei einfach ein Erzeugnis der Phantasie, genau wie die Idee z.B. des von Aristophanes und Schopenhauer erwähnten „Wolkenkuckucksheims“ (Posner 2004: 64). Ähnlich behauptet der amerikanische Philosoph Richard Watson, er habe kein „mystisches, panmoralistisches“ Bewusstsein des inhärenten Wertes der nichtmenschlichen Lebewesen, was angeblich zur Folge haben soll, dass solche Wesen keinen solchen Wert haben (Watson 1992: 8). In seinem Buch Die neue ökologische Ordnung schreibt Luc Ferry, die Autonomie des Menschen, kantisch begriffen, erhebt den Menschen moralisch über alle anderen Lebewesen (Ferry 1995: 10, 18, 41). Das sind drei Beispiele der streng dogmatischen Ablehnung der These, dass nichtmenschliche Tiere genau so viel morali-

D ER V EGANISMUS : N ICHT

BLOSS EINE

E NTSCHEIDUNG FÜR

EINEN

L EBENSSTIL

| 335

schen Wert wie die Menschen besitzen. Denker wie Ferry und Tom Regan vertreten die extremste Form dieser Haltung: Sie behaupten, dass die tiefe Sorge für nichtmenschliche Lebewesen an Faschismus grenze (Ferry 1995: xxi, 90; Regan 1983: 361f.). Noch eine anthropozentrische Antwort auf die Behauptung, alle wahrnehmungsfähigen Lebewesen seien moralisch gleich, ist, dass wir größere Verpflichtungen gegenüber engen Verwandten haben als gegenüber entfernten Verwandten, z.B., dass wir unseren eigenen Kindern gegenüber eher verpflichtet sind als fremden Kindern gegenüber. Die Analogie soll besagen, dass wir Menschen größere Verpflichtungen gegenüber unseren Mitmenschen haben als gegenüber Tieren. Doch es bleibt zu fragen, ob unterschiedliche Verpflichtungen differenten Gefühlen entsprechen oder die größere Sorge um das eigene Kind als um ein fremdes Kind für uns leichter verständlich und nachvollziehbar ist. Es ist nicht eindeutig, dass die Nähe oder die Ferne moralisch bestimmend ist. In seinen letzten Schriften zur Tierethik schreibt Jacques Derrida z.B., dass unsere größten moralischen Verpflichtungen gegenüber denjenigen seien, die uns am wenigsten ähnlich [les plus dissemblable] seien (Derrida 2008: 155). Begründet wird dies in einer Ethik, für die allerangreifbarsten Anderen zu sorgen statt für diejenigen, die mir zufällig bekannt sind, oder für diejenigen, von denen ich etwas wechselseitig erhalte. Diese Ethik bedeutet, sie im Hinblick auf asymmetrische Verpflichtungen statt auf Reziprozität zu begreifen, und das ist genau das, was die traditionelle anthropozentrische Haltung kategorisch ablehnt. Der Anthropozentrismus geht davon aus, dass der Mensch allen anderen irdischen Wesen überlegen ist, und dass nicht-menschliche Wesen bloße Mittel zum Zweck des Menschen sind. In dieser Sicht haben Tiere entweder keinen direkten moralischen Wert oder wesentlich weniger Wert als der Mensch. Eine wirklich tierfreundliche anthropozentrische Haltung zu Tieren halte ich für eine contradictio in terminis, denn nach der anthropozentrischen Auffassung kann keine Rechtsbeziehung und keine Freundschaftsbeziehung zwischen Mensch und Tier bestehen, da Tieren als nicht-menschliche Wesen angeblich die Fähigkeit fehlt, einen moralischen Charakter zu formen und die Charaktere anderer Individuen zu schätzen. Doch die anthropozentrische Auffassung denkt die Erfahrung und das Leben ausschließlich vom Standpunkt eines Menschen und ist taub gegenüber anderen Erfahrungs- und Lebensweisen. Trotz der Tatsache, dass Mensch und Tier einen gemeinsamen evolutionären Hintergrund teilen und physiologische Ähnlichkeiten haben, glaube ich, dass die Stoiker recht gehabt haben, angesichts der LogosBegabung des Menschen gewisse Unterschiede zwischen menschlicher und tierischer Erfahrung zu behaupten. Meines Erachtens können Menschen, aber nicht Tiere abstrakt denken, allgemeine Prinzipien formulieren und ihnen folgen. Das aber hat nicht zur Folge, dass, wie die Stoiker gemeint haben, der Mensch dem Tier moralisch überlegen ist, sondern bedeutet, dass der Mensch gewisse Verpflichtun-

336 | G ARY STEINER

gen gegenüber Tieren annehmen kann, die Tiere gegenüber uns Menschen gerade nicht annehmen können. Prinzipien formulieren und ihnen folgen zu können bedeutet, dass der Mensch dazu fähig ist, das Übel der vermeidbaren Gewalt zu begreifen und demgemäß allgemeine Prinzipien friedlichen Zusammenlebens zu artikulieren und respektieren. In diesem Zusammenhang halte ich das, was ich den veganen Imperativ nenne, für das allerwichtigste moralische Prinzip, das unser Mitsein mit Tieren regulieren sollte (Steiner 2013: 5, 206ff.). Angesichts unserer mit Tieren geteilten Verletzlichkeit und Sterblichkeit ist das Essen oder die Ausbeutung eines Tieres genauso vertretbar wie das Essen oder die Ausbeutung eines Menschen. Schätzen wir tatsächlich friedliche Beziehungen mit Anderen mehr als leicht vermeidbare Gewalt gegen Andere, so müssen wir anerkennen, dass der Veganismus nicht bloß eine Entscheidung für einen Lebensstil ist, sondern ein strenger moralischer Imperativ.

L ITERATUR Bentham, Jeremy (1948): An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, New York: Hafner/Macmillan. Derrida, Jacques (2008): Séminaire: La bête et le souverain. Volume 1 (2001-2002), Paris: Galilée. Ferry, Luc (1995): The New Ecological Order, Chicago: University of Chicago Press. Fontenay, Élisabeth de (2000): „Pourquoi les animaux n’auraient-ils pas droit à un droit des animaux?“, in: Le Debat, Vol. 109, S. 138-155. Francione, Gary (2000): Introduction to Animal Rights: Your Child or the Dog? Philadelphia: Temple University Press. Heidegger, Martin (1983): Die Grundbegriffe der Metaphysik. Welt – Endlichkeit – Einsamkeit, Frankfurt am Main: Klostermann. Jonas, Hans (1966): „The Practical Uses of Theory“, in: ders., The Phenomenon of Life. Toward a Philosophical Biology, Chicago: University of Chicago Press, S. 188-210. Kant, Immanuel (1970): „Vorlesungen über Ethik (Moralphilosophie Collins)“, in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 27, Gerhard Lehmann (Hg.), Berlin: De Gruyter, S. 243-610. Kant, Immanuel (1977): Die Metaphysik der Sitten, Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch. Porphyrios (2000): On Abstinence from Killing Animals, Ithaca: Cornell University Press.

D ER V EGANISMUS : N ICHT

BLOSS EINE

E NTSCHEIDUNG FÜR

EINEN

L EBENSSTIL

| 337

Posner, R. (2004): „Animal Rights. Legal, Philosophical, and Pragmatic Perspectives“, in: Cass R. Sunstein/Martha Nussbaum (Hg.), Animal Rights. Current Debates and New Directions, Oxford: Oxford University Press, S. 51-77. Regan, Tom (1983): The Case for Animal Rights, Berkeley: University of California Press. Schopenhauer, Arthur (1998): Die Welt als Wille und Vorstellung, Bd. 1, Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch. Singer, Peter (2009): Animal Liberation, New York: Harper Perennial. Steiner, Gary (2008): Animals and the Moral Community. Mental Life, Moral Status, and Kinship, New York: Columbia University Press. Steiner, Gary (2013): Animals and the Limits of Postmodernism, New York: Columbia University Press. Watson, Richard A. (1992): „Self-Consciousness and the Rights of Nonhuman Animals and Nature“, in: Eugene Hargrove (Hg.), The Animal Rights/ Environmental Ethics Debate. The Environmental Perspective, Albany: State University of New York Press, S. 1-36.

The Neoliberalization of Nature An Ecocritical Examination of the Discourse of Wildlife Conservation R ICHARD J. A LEXANDER

I NTRODUCTION : S OME E COCRITICAL P RINCIPLES OR T ENETS OF D ISCOURSE ANALYSIS The following ecocritical principles frame this article. Ecolinguistics studies the relationships among humans, other organisms and the physical environment, with a focus on the relationships that sustain life. It has a normative goal of preserving the ecosystems that life depends on in the same way that medical science has a normative goal of improving health. Ecolinguists study groups of humans and how they coordinate their practices and world-views using discourses – particular ways of talking about, writing about, representing, and, ultimately, constructing or reconstructing reality (Alexander/Stibbe 2014). In the context of discourse on nature and animals this means we adopt a normative and political stance. We critique capitalism, neo-liberal capitalism especially. We oppose imperialism and neo-colonialist actions and all forms of hierarchical oppression. This has consequences for how we view the way animals are spoken of.

T ALKING ABOUT ANIMALS – T HE F IRST M ETAPHORS Alexander (1973: 19) reviewed primate studies and quoted Comfort (1966: 49-50), who made the point that especially in primatology the practice of treating animals as if they were “quaint little men” had “made us miss much which is interesting in their behaviour, precisely at the point where it is unlike ours”. This paternalistic and arrogant attitude towards animals, arguably an unconscious cover-up for our ‘fear’ of them, was dissected by the English critic John Berger (1971).

340 | RICHARD J. ALEXANDER

Ecolinguists have pinpointed certain linguistic features and their possible ramifications for talking about the environment and especially how animals have been discussed. These are examples discussed in Alexander/Stibbe (2014). Nominalization is a feature which allows the agent to be omitted; for example, ‘extinctions of rainforest species’ leaves unstated who is responsible for the extinction. Many studies have concentrated on lexical choices and their implications. For instance, Goatly (2000: 278) notes that ‘[i]f we use the word environment, presumably we suggest that humans are central and more important than nature’. Heuberger (2007 and 2008) provides an overview of how this anthropocentric and speciesist perspective is manifested in English and German. Distancing techniques, euphemisms and the utility principle are reflected in talk about animals. Goatly (2002) unearthed how grammatical choices underlie the phenomenon of speciesism mentioned above, noting that (2002: 12) ‘[s]harks, like wolves have a bad press’. Goatly investigated BBC World Service Radio material and maintains that it is human connections and news values that feed into the way nature is ‘constructed’ by the BBC (2002: 21). There are alternative ways to represent nature, however, which lack such generic profit-based imperatives and which tell care-based stories instead.

H OW G ROUPS OF H UMANS S EE ANIMALS N OWADAYS

IN

C APITALIST S OCIETY

The ways animals and nature are viewed and talked about in the modern world are framed by socially constructed ideas from economics. Such framing processes constituting the ‘zeitgeist’ of the 21st century affect humans’ perceptions and actions in the world. In the search for an explanation of how this happens Antonio Gramsci’s idea (1971: 12-13) of ‘hegemony’ is worthy of consideration. In Beder’s formulation this describes “the phenomenon by which the majority of people accept the values and political axioms that ensure their own subordination to the ruling elite” (2000: 262). As Raymond Williams writes (1980: 37): “Hegemony supposes the existence of something which is truly total, […] but which is lived at such a depth, which saturates the society to such an extent, and which, as Gramsci put it, even constitutes the substance and limit of common sense for most people under its sway” [emphasis, RA].

Critical discourse analysts have investigated some of the ways in which common sense or background knowledge in the service of the rich and powerful become “naturalized” (see Fairclough 1989: 91ff.).

T HE N EOLIBERALIZATION OF N ATURE

| 341

How biodiversity conservation proceeds is no exception. The strands of neo-liberal economic discourse influence both social and ecological realms. This is how Büscher et al (2012: 9) formulate the situation: “The economic language in recent policy solutions to the ecological crisis […] frames interventions in particular directions – namely towards market and technological innovation – in ways that arguably, and often intentionally, deflect understanding away from systemic causes of ecological (and associated socio-economic) crisis.”

These authors emphasize how variable economic theories are and that they are social constructions. The social and ecological consequences are not to be underestimated. It helps to understand how mainstream biodiversity conservation is affected and situated in the context and world thus created, if the ideas are questioned.

C APITALIST N ATURE M ETAPHORS The material conditions of being, of very existence are at stake in the so called Third World. In terms of the capitalist system, promises or expressions of trust are meaningless. Capital knows no promises. Capital answers only to the logic of accumulation. This entails taking away surplus value wherever it can be generated and repatriating it as profit to the investor. Nowhere is this more brutally obvious than in the relationship with the factor of land or the physical environment (Alexander 2009: 133). A scientist and writer who has written powerfully on this issue is Vandana Shiva. She speaks of how a kind of eco-apartheid exists. This is based on the illusion of separateness of humans from nature in our minds and lives. Shiva goes on to say that “the living Earth was transformed into dead matter to facilitate the industrial revolution. Monocultures replaced diversity. ‘Raw materials’ and ‘dead matter’ replaced a vibrant Earth. Terra Nullius (the empty land, ready for occupation regardless of the presence of indigenous peoples) replaced Terra Madre (Mother Earth). […] The death-of-nature idea allows a war to be unleashed against the Earth. After all, if the Earth is merely dead matter, then nothing is being killed.” (Shiva 2012)

Thus living beings are seen and treated as commodities, as things. This metaphoric slippage is widespread. Stibbe (2012: 29) makes the point that “[s]ince inanimate resources cannot suffer, the discursive construction of animals as resources contribute to an ideology that disregards suffering”. Even critical writers find it difficult to avoid such metaphors and presuppositions. Stibbe (2012: 66) quotes from an eco-

342 | RICHARD J. ALEXANDER

logical group’s text where “language promotes a conceptualization of ecosystems as existing separately from humans”. The American political scientist Michael Parenti (2011) invokes the corporate system of capital accumulation. The system “treats the Earth’s life-sustaining resources (arable land, groundwater, wetlands, foliage, forests, fisheries, ocean beds, bays, rivers, air quality) as disposable ingredients presumed to be of limitless supply, to be consumed or toxified at will.” He cites a concrete example of what this leads to: “As BP has demonstrated so well in the Gulf-of-Mexico catastrophe, considerations of cost weigh so much more heavily than considerations of safety. As one Congressional inquiry concluded: ‘Time after time, it appears that BP made decisions that increased the risk of a blowout to save the company time or expense.’”

Alexander (2013) has investigated the way BP dealt with the Mexican Gulf Deep Horizon explosion. Here, however, the focus is how humans more generally ‘interact’ with animals. The British writer John Gray (2013) states the truism that humans are animals. The story of evolution makes this clear in Gray’s eyes (2013: 77): “In a strictly naturalistic view – one in which the world is taken on its own terms, without reference to a creator or any spiritual realm – there is no hierarchy of value with humans at the top. There are simply multifarious animals, each with their own needs. Human uniqueness is a myth inherited from religion.”

In relation to nature and animals Midgley (2001a and 2001b) discusses the ambiguous view that humans have. Her first category, ‘nature red in tooth and claw’, results in few wild animals being given a favourable meaning. As she notes: “The general equation of nondomestic animals with evil is so strong that it really deserves attention”. Wolves can be killed for their viciousness. Human vices get projected onto wild animals like rats, vipers, sharks or vultures. For Midgley people are “symbolically destroying their own wildness”. With regard to the second category (‘nature benign’) Midgley draws attention to “a countervailing tendency to honour and celebrate certain creatures as symbols of human glories and virtues” (2003: 169). Nowadays human civilization is partially defined by humans showing reverence for nature and wildlife. More people are becoming aware of how important relationships between humans and other animals are in preserving the ecosystems that life depends on. We have to eat fewer animals since meat is resource intensive; protecting the habitats of animals helps protect the many ecosystem services that the habitats provide and finally direct relationships with local wild animals is a source of wellbeing that does not rely on consumerism.

T HE N EOLIBERALIZATION OF N ATURE

| 343

This view is reflected in many of the conservation societies that exist and their campaigns.

C ONSERVING B IODIVERSITY Looking across different taxonomic groups we find preferred species of animals among humans: cute and furry animals versus the rest. Conservation organizations like the WWF publicize their activities and try to encourage donations from people in industrialized countries with the pulling power of the former as their Panda logo attests. When it comes to animals and interest in their conservation we will find, however, that even among conservation scientists “[s]ome conservationists argue for a focused effort to protect the most critically endangered species, and others suggest a large-scale endeavor to safeguard common species across large areas” (Trimble/Van Aarde 2010). Trimble/Van Aarde (2010) studied scientific papers on animals in Southern Africa over a period of years and concluded that: “Threatened large mammals and reptiles had more papers written about them than their nonthreatened counterparts, whereas threatened small mammals and amphibians received less attention than nonthreatened species.” They found 1,855 papers about chimpanzees, 1,241 on leopards and 562 about lions – but only 14 for that mammalian equivalent of the blobfish, the African manatee. Hence scientists, like the rest of us, may be biased towards the cute and furry. And it is likely that the campaigns run by conservationists and their sponsors will reflect this bias. And who are the sponsors? Many corporate sponsors have jumped on the conservationist bandwagon. For example, Chevron ran an advert in 2013 in The Economist where they praised their own actions in protecting wildlife on the Australian Barrow Island. It figures a cute and furry photo of a wallaby. Some years ago Shell became the new sponsor of the Wildlife Photographer of the Year Award. Yet as reported in a briefing of Friends of the Earth in 2006 “the reality is that Shell’s operations continue to destroy wildlife, biodiversity and the wider environment. And it is far cheaper and easier for Shell to seek to buy a green image than it is for the company to clean up its operations.” Corporate greenwashing thus takes the form of corporate sponsorship of neoliberal conservation. According to Martin O’Connor (1994, quoted in Büscher et al. [2012: 7]) the “environmental crisis has given liberal capitalist society a new lease on life.” He continues: “Now, through purporting to take in hand the saving of the environment, capitalism invents a new legitimation for itself: the sustainable and rational use of nature”. Recall the Parenti and Shiva quotations above on how capitalism trans-

344 | RICHARD J. ALEXANDER

forms everything into tradeable commodities, i.e. exchange value. Büscher et al. (2012: 4) have termed this phenomenon ‘neoliberal biodiversity conservation’. In short the corporate world says it is safeguarding wildlife on our planet. We illustrate this by studying a marked example: Cargill’s partnership with Fauna & Flora International (FFI).

C ASE S TUDY : C ORPORATE S PONSORSHIP OF N EOLIBERAL C ONSERVATION : C ARGILL P ARTNERSHIP W ITH FFI Cargill is one of the world’s largest agribusiness companies; it is a trader and also a buyer of palm oil for food and cosmetic products. Indonesia is currently one of the world’s major producers and exporters of palm oil. Environmental activist groups have focused on the problems involved in its cultivation. Primeval forests have been cleared on many Indonesian islands, for example in Aceh on Sumatra, in order to make space for oil-palm monoculture. Wildlife in the shape of Sumatran tigers, elephants and orang-utans is being severely threatened by palm-oil expansion. Cargill worked together with a conservationist non-governmental organization, and is proud to tell the world on its website: “The Fauna & Flora International (FFI)Cargill Partnership, initiated in 2007, has already delivered significant results for conservation and for Cargill.” A section from Cargill’s corporate responsibility pages on their website (accessed in 2013) was analyzed using a corpus linguistic approach. The Ant.Conc software used counted 577 types and 1803 tokens. The frequency count brings out unsurprising facts. The 4th most frequent item is ‘oil’ (45 instances), the 5th ‘palm’ (44), 13th ‘Cargill’ (19) and 14th ‘ffi’ (19). ‘Sustainable’ occurs 16 times, ‘partnership’ (14), ‘conservation’ (13), ‘orang’ (12) and ‘utan’ (10). The 37 th most frequent term ‘hcvf’ (8 times) is of interest to us. A so-called ‘HCVF assessment’ for a region in Indonesia finds over “500,000 hectares of HCVF”. ‘HCVF’ is the acronym of ‘high conservation value forests’. As one finds when looking at corporate and corporate-sponsored texts, such concepts predominate. What does ‘high value forest’ mean for Cargill? The text attempts to imbue ‘value’ with a conservation meaning. It remains unanalyzed, however. The term ‘value’ occurs 7 times. The concordance (Table 1) shows positive semantic prosodies. The proximate left collocate ‘high’ occurs before ‘conservation’. The left collocate ‘natural’ is also positive. But note that at least two instances underline a business perspective, with ‘business’ as immediate left collocate in one instance (No. 5). The left collocating verbs ‘securing’ and ‘protect’ underline what a ‘good thing’ this HCVF focus is. A viewing of the broader co-texts can also serve to underline this aspect.

T HE N EOLIBERALIZATION OF N ATURE

| 345

Table 1: ‘value’ concordance 1) ing and securing High Conservation

Value

Forest (HCVF) in West Kalimantan,

2) ustry to protect high conservation

value

forest 3. Provide technical and fi

3) 2006 in an effort to protect high

value

conservation forest - critical for

4) t for the Central Namib * Natural

Value

Initiative * Rio Tinto partnershi

5) at risk. We believe that business

value

is gained through the knowledge th

6) r efforts on areas we can add most

value

Specifically these include: * W

7) not to plant on high conservation

value

forests (HCVF) and to only develo

The co-text of instance 5 affirmatively stresses the business side; it mentions who can profit and emphasizes that the value is “gained through the knowledge that resources are not being depleted” and “impacts are within limits acceptable to local communities, customers and investors alike.” A further positive semantic prosody comes in the next sentence: “FFI helps companies to manage their dependencies and impacts on the environment though constructive engagement.” As Büscher et al (2012: 13) say: “neoliberal conservation’s core axiom is that in order for natures to be ‘saved’, acts of ‘nature saving’ must be imbued with profit potential or else there is little incentive for rational actors to pursue it.” The only value that matters is monetary value. The capitalist drive to turn everything into exchange value becomes evident in such sections. As Stahel (1999, quoted in Büscher et al (2012: 11)) puts it: “the global value of an ecosystem’s biodiversity can be expected to be obtained by simple summing-up of single values, ignoring the emergent properties which arise from the interrelations and interdependencies of the different species within the whole.”

C ORPORATE P URR -W ORDS My analysis of corporate discourse (2009) unearthed corporate purr-words – nouns like ‘commitment’, ‘partnership’ and ‘value’, verbs like ‘protect’ and ‘support’. Corporations, like most institutions, present themselves and their actions in a posi-

346 | RICHARD J. ALEXANDER

tive light. Such corporate social responsibility (CSR) discourse is employed to preempt critique and present a “shallow display of self-criticism and analysis” in Scollon’s (2008: 10) words. As mentioned, a term with positive connotations in business and corporate texts is ‘partnership’ and the related word ‘partner’. Here ‘partnership’ occurs 14 times and ‘partnerships’, ‘partner’ and ‘partners’ once each. In this context or especially in the co-texts of ‘partnership’ we find the explicit reference to how closely Cargill is involved in protecting the habitat of the orang-utan. This is what Cargill claims: “In 2009, the partnership developed into something much larger, with three main objectives: 1. Develop a landscape-based orang-utan conservation plan 2. Assist the palm oil industry to protect high conservation value forest 3. Provide technical and financial support for long-term orang-utan habitat protection.”

A further co-text engages in self-praise: “The partnership has been highly successful.” This is extended in the next sentence which underlines what Cargill’s financial support has achieved for orang-utans: “It has funded surveys which not only help to map locations of important orang-utan habitat but which also discovered two previously unknown orang-utan populations.” Then the next sentence employs almost incidentally the appeal to authority ploy often found in corporate discourse (Alexander 2009: 55): “In fact, the US Government is investigating the partnership as a best practice example of private-public partnership on sustainable palm oil.”

M ORE P URR -W ORDS The use of purr-words reflects a self-assured, unquestioning and practically incontestable perspective. The impact of purr-words is visible in the focus on the orangutan habitat protection claim and the stressing of sustainability on the part of Cargill. The concordances of ‘protect’ (5 items) (Table 2) and ‘support’ (8) (Table 3) can illustrate the tendency of purr-words to cluster.

T HE N EOLIBERALIZATION OF N ATURE

| 347

Table 2: ‘protect’ concordance 1) he Ketapang District government to

protect

the other. Current activities

2) Assist the palm oil industry to

protect

high conservation value forest

3) Cargill since 2006 in an effort to

protect

high value conservation forest

4) on deep peat land and will work to

protect

biodiversity, including orangutans

5) the vicinity of our plantations to

protect

HCVF, biodiversity, including oran

Note that left collocates (‘an effort to’ and ‘will work to’) serve to emphasize ‘protect’, while in four instances right collocates contain highlighted buzz-words, including ‘biodiversity’ that they wish to emphasize. Table 3: ‘support’ concordance 1) Provide technical and financial

support

for long-term orang-utan habitat

2) HCVF in nine areas. These forests

support

an estimated 4,475 individual oran

3) a New Guinea. FFI will continue to

support

them in these efforts. Business &

4) alm oil to feed their families and

support

their livelihoods. This is especia

5) we will continue to encourage and

support

our palm product supply chain part

6) We have already taken action to

support

sustainable palm production and gi

7) with WWF to gauge progress and

support

our palm oil suppliers in Indonesia

8) to promote RSPO compliance and

support

progress towards our commitment

348 | RICHARD J. ALEXANDER

Similar collocates occur left and right of ‘support’ (see the highlighted items in Table 3). The full co-text of example 6 is worth examining in close detail: “We collaborated with WWF to gauge progress and support our palm oil suppliers in Indonesia in implementing the RSPO Principles & Criteria.” The related words ‘commitment’ (3 instances), ‘commitments’ (2) and ‘committed’ (2) are practically compulsory corporate purr-words, as Table 4 demonstrates. The personalized use of the ‘our commitment(s)’, with the first person plural possessive and ‘we’ with the verb ‘committed’ is typical, corporate sweet-talk. But even the third person use of ‘Cargill’s’ and ‘the company’s’ serves to underpin the responsibility the firm claims to be demonstrating. Table 4: ‘commit**’ concordance 1) y was a critical part of Cargill's

commitment

to meet the requirements of the Pr

2) tra demonstrates the company's

commitment

to the principles of sustainable p

3) and support progress towards our

commitment

to supply RSPO certified palm oil

4) rate Responsibility Our Palm Oil

Commitments

Cargill is committed to sustain a

5) such we have made the following

commitments:

1. We will continue to offer t

6) lm Oil Commitments Cargill is

committed

to sustainable palm oil production

7) of the RSPO criteria, we already

committed

not to plant on high conservation

The co-text of example 7 ‘committed’ makes an extremely strong claim: “Prior to the establishment of the RSPO criteria, we already committed not to plant on high conservation value forests (HCVF) and to only develop new plantations on ‘degraded’ land.” ‘RSPO’ stands for the Roundtable on Sustainable Palm Oil. Cargill became a member of the RSPO, a voluntary standard for palm oil production, in 2004. As a certified member of the RSPO, Cargill is publicly asserting that the palm oil it produces and trades adheres to industry best practices and RSPO Principles and Criteria. This is the point at which a reality check can throw light on the vacuity of such claims, because investigation of the reality on the ground reveals a big gap between Cargill’s palm oil operations and its stated commitments and responsibilities under the RSPO. The actions of conservationist organizations like FFI are seen by the ‘public’ to be opposing or contesting the environmental degradation that the capitalist system is creating. However, the major contradiction that Büscher et al (2012) locate with

T HE N EOLIBERALIZATION OF N ATURE

| 349

the actions of conservationist organizations is the perception that nature can be protected and at the same time economic growth can continue. As Büscher et al (2012: 16) argue: “Neoliberal conservation thus becomes an essential contribution to neoliberalism’s most profound contradiction: the ability of its proponents to produce and favor discourses that are seemingly free of contradictions, while in fact these saturate its practices.”

The activities of NGOs like FFI are dependent on corporate sponsorship, as can be seen in this case study. As Büscher et al (2012: 17) note, we find here “neoliberal conservation’s emerging role in producing natures that appear to transcend capitalist contradictions.” The negative ecological and socio-economic effects of corporate activities are concealed. This is the point where we can observe the paradox whereby biodiversity conservation and capitalism have become increasingly intertwined. “[P]roducing natures that appear to transcend capitalist contradictions”; that is what Cargill’s website is involved in doing. Our analysis of Cargill’s website discourse has demonstrated how this abstract claim is realized at the micro-textual level. The reality of such claimed alliances or partnerships is sadly very different. The US-based Rain Forest Action Network (2013) has published a report documenting how Cargill is violating the ‘principles’ it has laid out in its corporate responsibility material. The following passage summarizes Cargill’s actions: “This report presents evidence that Cargill is operating two undisclosed palm oil plantations in West Kalimantan, Indonesia. Operations at these plantations are actively burning and clearing rainforests, causing conflict with local communities, destroying peatlands and operating in violation of the Roundtable on Sustainable Palm Oil’s (RSPO) Principles and Criteria and outside of Indonesian law. It also finds that Cargill has failed to adopt and implement systematic safeguards in its production, purchasing and trading of palm oil from other suppliers.”

The Rain Forest Action Network (2013) is trying to build a grassroots movement to create outrage over what they term “Conflict Palm Oil”. They hope to “send a loud and clear message” to the many Snack Food corporations employing palm oil in their food products and calling on them not to trade with companies which are destroying the rainforest. In 2013, the Rainforest Action Network included a video from an activist conservationist from Aceh, Tezar Pahlevie on its website, dated 11 December 2013,. He talks to the camera against the background of an area which has been cleared of virgin rain forest. He describes how his organization had documented the presence of Sumatran tigers, elephants and many orang-utans. But since the local governer

350 | RICHARD J. ALEXANDER

had given the company PT Best permission to clear the area and start a palm oil concession, there are no more animals to be found. This reality check throws light on the complete emptiness of the claims made by Cargill and other corporations.

A N ON -ACADEMIC C ONCLUSION Recall what Cargill said on its website: “We will not develop new plantations on deep peat land and will work to protect biodiversity, including orangutans and other species.” This and the kind of statements which companies like Cargill have signed up to – namely the ‘RSPO agreement’ – is noteworthy for its absence of mandated clauses or meaningful enforcement measures. The language used merely encourages companies to appear to be acting, rather than binding them to do anything concrete. We have seen that corporate discourse on the textual level contains the usual noncommittal rubbish and waffly language, such as voluntary mechanisms to enhance environmental performance, cooperation frameworks, public participation and corporate social responsibility. This suggests that governments and corporations are mindful of the environment and should at least talk about it. But ‘talk’ is all they do. A sinister aspect of corporate greenwash is its use to avoid regulation. In essence such neoliberalized discourse on nature is about making it as easy as possible for corporations to exploit the world’s people and resources wherever they want to.

R EFERENCES Alexander, Richard J. (1973): “Towards a multidisciplinary view of language: Some biolinguistic reflections.”, in: Linguistische Berichte 25/73, pp. 1-21. Alexander, Richard J. (2009): Framing discourse on the environment. A critical discourse approach, New York and London: Routledge. Alexander, Richard J. (2013): “Shaping and Misrepresenting Public Perceptions of Ecological Catastrophes: The BP Gulf Oil Spill.”, in: Critical Approaches to Discourse Analysis across Disciplines, 7/1, pp. 1-18. (http://cadaad.net/ejournal) Alexander, Richard J./Stibbe, Arran (2014): “From the analysis of ecological discourse to the ecological analysis of discourse.”, in: Language Sciences 41, pp. 104-110. Beder, Sharon (2000): Selling the Work Ethic. From Puritan Pulpit to Corporate Spin, London and New York: Zed Books. Berger, John (1971): “Animal World.”, in: New Society, 25 November 1971.

T HE N EOLIBERALIZATION OF N ATURE

| 351

Büscher, Bram/Sullivan, Sian/Neves, Katja/Igoe, Jim/Brockington, Dan (2010/ 2012): “Towards a Synthesized Critique of Neoliberal Biodiversity Conservation.”, in: Capitalism, Nature, Socialism, 23/2, pp. 4-40. (http://siansullivan. files.wordpress.com/2010/02/cns-paper-final-july2011.pdf) Comfort, Alex (1966): Nature and Human Nature, Harmondsworth: Penguin. Fairclough, Norman (1989): Language and Power, Harlow: Longman. Goatly, Andrew (2000): Critical Reading and Writing, London and New York: Routledge. Goatly, Andrew (2002): “The representation of nature on the BBC World Service.”, in: Text 22/1, pp. 1-27. Gramsci, Antonio (1971): Selections from the Prison Notebooks (ed. and translated by Hoare, Q. and Nowell Smith, G.), London: Lawrence & Wishart. Gray, John (2013): The Silence of Animals. On progress and other modern myths, New York: Farrar, Strauss and Giroux/ London: Allen Lane. Heuberger, Reinhard (2007): “Language and Ideology: A Brief Survey of Anthropocentrism and Speciesism in English.”, in: Alwin Fill/ Hermine Penz (eds.), Sustaining Language. Essays in Applied Ecolinguistics, Vienna: LIT Verlag, pp. 107-124. Heuberger, Reinhard (2008): “Anthropocentrism and Speciesism in English and German: A Comparative Lexical Study.”, in: Martin Döring/Hermine Penz/Wilhelm Trampe (eds.), Language, Signs and Nature: Ecolinguistic Dimensions of Environmental Discourse, Tübingen: Stauffenburg Verlag, pp. 183193. Jacobs, George M. (2006): “Bias against other animals: A language awareness issue?”, in: Global Issues: Integrating global issues into language teaching (SIG of IATEFL) 19, pp. 25-29. Midgley, Mary (2003): The Myths We Live By, London: Routledge. Midgley, Mary (2001a): “Problems of Living with Otherness.” (Reprinted in Midgley (2003), pp. 163-168.) Midgley, Mary (2001b): “Changing Ideas of Wildness.” (Reprinted in Midgley (2003), pp. 169-175.) O’Connor, Martin (2004): “On the misadventures of capitalist nature.”, in: Martin O’Connor (ed.), Is capitalism sustainable? Political economy and the politics of ecology, New York: Guildford, pp. 125-151. Parenti, Michael (2011): “Profit Pathology and Disposable Planet.”, in: ZNet Commentary February 27, 2011. Rain Forest Action Network (2012): “Cargill Admits Buying Palm Oil from Illegally Cleared Orangutan Habitat”. (http://understory.ran.org/2012/07/20/cargilladmits-buying-palm-oil-from-illegally-cleared-orangutan-habitat/)

352 | RICHARD J. ALEXANDER

Rain Forest Action Network (2013): “Urgent Request from Indonesian Conservationists.” (https://www.youtube.com/watch?v=uozNAWnuqPU and also see http://understory.ran.org/2013/12/11/an-urgent-request-from-indonesianconservationists/) Rain Forest Action Network (n.d.): “Cargill’s Problems With Palm Oil”. (http:// ran.org/cargills-problems-palm-oil#ixzz2onB3CFcB) Scollon, Ron (2008): Analyzing Public Discourse: Discourse Analysis in the Making of Public Policy, New York and London: Routledge. Shiva, Vandana (2012): “Everything I Need to Know I Learned in the Forest.”, in: YES! Magazine Dec 05, 2012. Stibbe, Arran (2012): Animals Erased. Discourse, Ecology, and Reconnection with the Natural World, Middletown, Connecticut: Wesleyan University Press. Stahel, Andri (1999): “Time contradictions of capitalism.”, in: Capitalism, Nature, Socialism, 10/1, pp. 101-132. Trimble, Morgan J. and Van Aarde, Rudi J. (2010): Species Inequality in Scientific Study.”, in: Conservation Biology 24/3, pp. 886-890. Williams, Raymond (1980): Problems in Materialism and Culture, London: Verso.

Tierrecht(e), Aktivismusrecht, Animal Law, Legal Animal Studies und H AS Eine begriffliche Klärung unter besonderer Berücksichtigung der Analyse rechtlicher und sozialer Rahmenbedingungen von Tierrechtsaktivismus 1 E BERHART T HEUER Das Sakramentale – schön, wer es hört und sieht doch Hunde, Schakale die haben auch ihr Lied. Aus GOTTFRIED BENN/EURE ETÜDEN

Ü BERBLICK Dieser Beitrag analysiert, inwieweit die Untersuchung verschiedener Rechtsmaterien mit Tier(schutz)- und Tierrechtsaktivismusbezug dem Forschungsfeld der Human-Animal Studies („HAS“) zugeordnet werden kann und wie sich die Begriffe „Tierrecht“, „Animal Law“, „Legal Animal Studies“ und „Tierrechtstheorie“ zu „HAS“ und zueinander verhalten. Aus Platzgründen muss auf eine umfassende Analyse des Begriffs „HAS“ als solches verzichtet werden. Nur kurz soll im Folgenden dargestellt werden, was problematisch an dieser Wortzusammensetzung ist.

1

Für die kritische Durchsicht des Textes und zahlreiche Anregungen danke ich Julia Eva Wannenmacher. Dank auch an Erwin Lengauer für Hinweise und Zurverfügungstellung von Literatur.

354 | E BERHART THEUER

H UMAN -ANIMAL S TUDIES Begriffliche Probleme Der Bindestrich in Human-Animal Studies deutet darauf hin, dass sich diese mit einem Verhältnis beschäftigen, nämlich jenem zwischen Menschen und Tieren. 2 Aus der Entgegensetzung von Mensch und Tier erschließt sich, dass mit „Tier“ die sogenannten nichtmenschlichen Tiere – genauer wohl: alle Tiere außer dem Homo sapiens – gemeint sind. Tier wird insofern in einem dualistischen respektive reduktionistischen Verständnis verwendet, einem Verständnis, dem die „HAS“ gerade entgegenwirken wollen. Die Problematik dürfte „HAS“-Forscher_innen nicht unbekannt sein. Was wohl weniger Allgemeingut ist: Auch der Begriff „Mensch“ weist erhebliche Unschärfen auf und wird, wenn „Mensch“ mit Homo sapiens und „nichtmenschlich“ mit „tierlich – außer dem Homo sapiens“ gleichgesetzt, ebenso wie die Wendung „nichtmenschliche Tiere“ (nonhuman animals) letztlich im speziesistischen Sinne verwendet. Wie „Tier“ ist „Mensch“ ein biologischer Begriff. Dies wird schon durch die Entgegensetzung kenntlich, jene Dichotomie, die auch die Bezeichnung „HAS“ widerspiegelt. Die Dichotomie ist falsch, da sie Menschen den Tieren so entgegensetzt als wären erstere nicht eine Teilmenge von zweiteren. Aber es wird doch deutlich, dass hier gleiche Grundkategorien einander gegenübergestellt werden: Lebewesen. Und als solches ist der Mensch ein Tier. Und unabhängig davon, welche „Anthropina“ oder „anthropologische“ Differenzen man ihm zuschreiben möchte, so sind diese als typisch „menschliche“ Differenzen und „Anthropina“ nicht nur praktisch sondern auch wesensmäßig ungeeignet für eine Definition des Begriffs Mensch. Diese muss eine biologische sein und bleiben. Biologisch aber ist Mensch nicht das, was man wohl im Begriffsverständnis der „HAS“ damit assoziiert – die Spezies Homo sapiens – sondern steht zumindest für die nächstgrößere systematische Kategorie, die Gattung Mensch (Genus Homo). Dies wird auch durch Vorfahren und Seitenlinien des Homo sapiens deutlich, die zur Gattung Homo gezählt werden, wie etwa der Neandertaler (Homo neanderthalensis) oder der Homo habilis. Doch auch das nächsthöhere Taxon, die Familie (Familia) Hominidae lässt sich zwanglos dem Begriff Mensch zuordnen (Theuer 2013: 74 u.78).3 In der Paläoanthropologie wird dafür der eingedeutschte Begriff Hominiden

2

Zu gängigen Charakterisierungen von „HAS“ vgl. Chimaira 2011: 20f, DeMello 2012: 4f; Spannring/Schachinger/Kompatscher/Boucabeille 2015a: 15 u. 17; Buschka/Gutjahr/ Sebastian 2012: 20.

3

Entgegen der Empfehlung der Internationalen Regeln für die Zoologische Nomenklatur wird in diesem Text der Übersichtlichkeit halber jedes Taxon grundsätzlich nur bei der

T IERRECHT

UND

HAS

| 355

(oder englisch hominids) gebraucht, während in der Zoologie eine Übersetzung üblich ist, die einen anderen Umstand des Terminus Hominidae hervorhebt: Menschenaffen respektive Great Apes.4 Menschen, verstanden als Hominidae, sind also auch Gorillas, Schimpansen (inklusive Bonobos) und Organ-Utans, mithin Angehörige von Spezies, die im überkommenen Sinne den „Tieren“ zuzurechnen wären (Theuer 2013, Theuer/Lengauer 2012a m.w.N.). Doch auch wenn man nur die Gattung Homo betrachtet, so drängen „Tiere“ in diese „menschliche“ Domäne: Die Verwandtschaft des Homo sapiens zum Schimpansen ist so eng, dass eine Reihe von Naturwissenschaftler_innen5 dafür plädiert, letzteren der Gattung Homo zuzuordnen (vgl. dazu auch Theuer 2013 u. 2014a sowie Theuer/Lengauer 2012a m.w.N.).6 Die Gleichsetzung von Mensch mit Homo sapiens und vice versa, aber auch die Formulierung „nichtmenschliche Tiere“ unterschlägt solche Feinheiten. Statt „nichtmenschliche Tiere“ müsste man genauer Non-Homo-sapiens-Tiere (NHsTiere) sagen, wenn man alle Tiere außer dem Homo sapiens, also etwa auch Schimpansen, meint (vgl. Theuer 2013: 74). Eine biologisch korrekte Vorstellung der Begriffe Mensch und Tier soll weder Beckmesser- noch Erbsenzählerei sein, sondern das Kontinuum verdeutlichen, in dem wir (im Sinne von wir Angehörige der Spezies Homo sapiens) zu allen anderen Tieren stehen; und die Unterschiede zwischen „uns“ (im vorgenannten Sinne) und allen anderen Tieren in Relation setzen. Schon dies könnte man als kritischen oder emanzipatorischen Zugang zum überkommenen „Mensch-Tier-Verhältnis“ werten, einem Zugang, dem sich viele „HAS“-Proponent_innen ja zugehörig fühlen.7

Erstnennung kursiv geschrieben (International Code of Zoological Nomenclature, Appendix, B6). 4

Paläoanthropolog_innen meinen mit Hominiden allerdings üblicherweise die Vorfahren und Seitenlinien der Gattung Homo nach dem letzten gemeinsamen Vorfahren von Homo sapiens und Schimpanse.

5 6

U.a. Sommer 2009 und Wildman/Uddin/Liu/Grossman/Goodman 2003. Das gilt ebenso für Bonobos (auch als Zwergschimpansen bekannt), die als eigene Art von den Schimpansen im engeren Sinn (›gewöhnlicher Schimpanse‹, Geissmann 2003: 299) unterschieden werden und in manchen Aspekten mehr Ähnlichkeiten mit dem Homo sapiens als miteinander aufweisen (Prüfer et al. 2012). Bonobos und Schimpansen i.e.S. zusammen kann man als Schimpansen im weiteren Sinn bezeichnen und würden in einer Systematik, die sie der Gattung Mensch zuordnet, eine Untergattung bilden. Die taxonomischen Termini wären dann Homo (Pan) paniscus und Homo (Pan) troglodytes (Wildmann et al. 2003: 7182 u. 7187; vgl. auch Sommer 2009: 200).

7

Genau genommen sind auch biologische Taxa wie Gattung oder Art letztlich Konstrukte in dem Sinne, dass man nirgends in der Natur die Spezies Schimpanse oder die Gattung

356 | E BERHART THEUER

Korrekt müsste es somit eigentlich Homo sapiens-Non-Homo sapiens Animal Studies (HNAS, oder HNS), bzw. Homo sapiens-Other Animals Studies heißen. Fraglos ein sperriges Wortgebilde und daher als Label, das über den Kreis der „HAS“respektive HNAS-Spezialist_innen hinausreichend Orientierung bieten soll, wenig geeignet. Dennoch erscheint es wichtig zu betonen, dass eine neutrale, objektive Bezeichnung für „HAS“ eigentlich HNAS wäre. „Mensch“ und „Tier“ als Zuschreibung „Mensch“ und „Tier“ i.S.d. „HAS“ lassen sich, wie vorhin schon anklang, auch als (gesellschaftliche) Zuschreibung begreifen und in weiterer Folge als Konstrukt, das vor allem stark auf der Dichotomie oder den Dualismus „Mensch“-„Tier“ aufbaut (vgl. etwa Schachinger 2015: 55-58 u. Mütherich 2015). „HAS“ wären dann jene Forschungen, welche diese Zuschreibungen bzw. die Verhältnisse der hinter diesen Zuschreibungen stehenden Entitäten zueinander untersuchen. Kurz könnte dies nur durch Anführungszeichen gekennzeichnet werden, so wie in diesem Beitrag praktiziert, also statt Human-Animal Studies: „Human-Animal Studies“. Da sich die Zuschreibung aber nicht auf den Begriff Studies oder das Verhältnis zwischen „Human“ und „Animal“, also den Bindestrich, bezieht, wäre die genaueste Verdeutlichung mittels Anführungszeichen: „Human“-„Animal“ Studies. Die genaueste Abkürzung mit Anführungszeichen wäre dann „H“„A“S. Optisch klarer ist es aber, die Wortzusammensetzungen insgesamt in Anführungszeichen zu setzen, also: „Human-Animal Studies“ und „HAS“. Dies gilt auch für andere Wortkombinationen, welche die Begriffe „Tier“ und „Mensch“ im überkommenen Sinn beinhalten, z.B. „Tierschutzrecht“ oder „Animal Law“. Problematisch ist auch die gewählte Reihenfolge von „HAS“: Der Mensch kommt zuerst (vgl. Waldau 2013: 13). Ein Ausweg, ohne den bereits vergleichsweise gut eingeführten Begriff ändern zu müssen, wäre eine graphische Gestaltung, wie sie in diesem Artikel ab hier verwendet wird: In der Abkürzung könnte das „A“ hochgestellt sein, um somit die Erstnennung von „Human“ auszugleichen: HAS. Gleichzeitig stellt die Höherstellung dar, dass „Human“ eigentlich eine Teilmenge

Homo als solches antrifft, sondern immer nur Individuen, die diesen Taxa zugerechnet werden können. Was real anzutreffen ist, sind freilich die in den Individuen verwirklichten Zurechnungskriterien. Auch sind – Phänomene wie Ringarten machen es anschaulich – Artgrenzen im Kontinuum der Entwicklungsgeschichte fließend, können diese also nur von einem bestimmten Punkt aus bestimmt werden. Das ändert freilich nichts an dem Befund, dass Schimpansen Menschen und Menschen Affen sind.

T IERRECHT

UND

HAS

| 357

von „Animal“ ist. Und sie kann als programmatische Aussage verstanden werden: Als Hinweis auf die Notwendigkeit, den Status der Tiere anzuheben.8 Ein gegenstandsbezogener Definitionsvorschlag Eine zufriedenstellende Beschreibung des Begriffs HAS lässt sich, wie das bisher Erörterte ergibt, nur finden, wenn in der Charakterisierung selbst bereits auf die Zuschreibung (s.o.), die diversen Varianten des Konstrukts „Mensch“ und „Tier“ Bezug genommen wird: „Human-Animal Studies“ können somit beschrieben werden als das Forschungsfeld, in dem das Verhältnis untersucht wird zwischen jenen Individuen bzw. Gruppen, die (abhängig vom jeweiligen Begriffsverständnis) der Kategorie „Tier“ zu jenen, die der Kategorie „Mensch“ zugeordnet werden. Dies beinhaltet (notwendigerweise) auch ein Reflektieren bzw. Erörtern der Begriffe „Tier“ und „Mensch“. Reflexionserfordernis:

A

H S

als kritisches Reflektieren?

Inwieweit ein hinterfragend-kritisch-reflektierender Zugang ein konstitutives Element von HAS darstellt und insofern bereits in einer Definition oder Charakterisierung von HAS enthalten sein sollte, ist eine weitere Frage, die näherer Untersuchung bedürfte und hier nicht abschließend behandelt werden kann. Für den Zweck dieser Abhandlung gehe ich aber davon aus, dass jedenfalls ein Minimum an kritischer Reflexion essentiell für HAS ist (Reflexionserfordernis). Dies kann je nach Fachgebiet, dem die konkrete Untersuchung zuzuordnen ist (von mir hier als Quelldisziplin bezeichnet) und je nach Thema unterschiedlich sein. Hier ist u.a. auch der Kontext zu sehen, in dem sich die Untersuchung bewegt oder in dem sie publiziert wird. Eine vergleichsweise unkritische oder deskriptive Forschungsarbeit (z.B. über Historisches, Theologisches oder Künstlerisches zum „Tier-Mensch-Verhältnis“)9 könnte in einem solchen Kontext anderen Autor_innen als wertvolle Referenz dienen. Für den Bereich der Literaturwissenschaft etwa unterscheidet Kompatscher zwischen „tierfokussierten“ und „tierzentrierten“ („theriozentrischen“) Literaturanalysen (2015: insb. 141). Zunächst soll ein Beispiel das Problem verdeutlichen.

8

Aufgrund der Vorgaben der Herausgeber_innen ist der Schriftzug HAS bei hochgestelltem A in diesem Text nicht in Anführungszeichen gesetzt

9

Als positives Beispiel für eine fraglos sehr reflektierte Studie aus dem von „HAS“ vergleichsweise noch wenig berührten Fach der Theologie siehe Wannenmacher (2015).

358 | E BERHART THEUER

Rechtsdogmatische Untersuchungen als Beispiel Rein juristische Untersuchungen sind in diesem Zusammenhang besonders schwer einzustufen und bilden insofern ein gutes Anwendungsbeispiel für Grenzfälle. 10 Ein praktisch sehr bedeutsamer Teil der Rechtsdogmatik ist die (möglichst nach rechtswissenschaftlichen Methoden vorgenommene) Kommentierung von Gesetzen. Die Kommentierung beschränkt sich meist auf eine mehr oder weniger deskriptive, mehr oder weniger analytische Aufarbeitung der einschlägigen Rechtsprechung und (der auch als Lehre bezeichneten) Literatur zum Thema, eventuell ergänzt durch kürzere oder längere Stellungnahmen, inwieweit die Autor_innen dem folgen oder eigene Ansätze bevorzugen. Dabei geht es primär darum, wie bestehende Gesetze bzw. Gesetzesbestimmungen nach Meinung der Gerichte und Autor_innen zu interpretieren sind. Die Frage, wie Gesetze beschaffen sein sollten, wird eher selten oder allenfalls am Rande behandelt und der Rechtspolitik zugerechnet. Auch die konkrete Anwendungspraxis und die praktische, insb. gesellschaftliche Auswirkung der untersuchten Gesetzesbestimmungen werden nicht oder allenfalls in Nebensätzen behandelt, die zudem meistens nicht auf empirische Forschungen der jeweiligen Autor_innen oder andere empirische Quellen zurückgehen, sondern auf Annahmen oder allenfalls auf praktische Erfahrungen desselben. Wenn sich nun ein_e Autor_in im Rahmen eines Kommentars zum österreichischen StGB mit dem „Tierquälereitatbestand“ befasst,11 oder ein_e Autor_in einen Kommentar zum „Tierschutzgesetz“ schreibt und sich dabei bloß auf Auslegungsfragen beschränkt – ist dies den HAS zuzurechnen? Prinzipiell könnte man in Frage stellen, ob hier überhaupt etwas über das „Mensch-Tier-Verhältnis“ ausgesagt wird, wenn sich eine Untersuchung nur mit „Tiere“ betreffendes Recht beschäftigt. Da es sich aber um „menschengemachtes“ Recht handelt, das hier untersucht wird, ist damit im gesellschaftlichen Sinne immer auch der „Human“- und BindestrichAspekt der HAS Teil der Untersuchung (Näheres dazu unten). Die Frage, wieweit kritische Reflexion Bestandteil einer rechtsdogmatischen HAS-Untersuchung sein muss, ist da schon kniffliger. Sofern man kritisches Reflektieren als begriffsnotwendigen Aspekt von HAS sieht, also ein Reflexionserfordernis aufstellt: Was könnte das im Zusammenhang mit einer rechtsdogmatischen Untersuchung sein? Beispielsweise ein Anschreiben gegen eine Rechtsprechung, die den Interessen von „Tieren“ im Rahmen der Auslegung des „Tierschutzgesetzes“ zu wenig Rechnung trägt, oder ein Fruchtbarmachen

10 Die folgenden Ausführungen beziehen sich primär auf die Verhältnisse im deutschsprachigen Raum. 11 In Österreich ist die gerichtlich strafbare Tierquälerei in § 222 StGB geregelt, in Deutschland und der Schweiz hingegen Teil des jeweiligen Tierschutzgesetzes.

T IERRECHT

UND

HAS

| 359

der Staatszielbestimmung „Tierschutz“ für die Auslegung des „Tierschutzgesetzes“? Was aber, wenn Rechtsprechung und Lehre in dem Bereich, der untersucht wird, diesbezüglich nichts zu wünschen und damit nichts zu kritisieren übrig ließen? Oder wenn gar eine zugunsten von NHs-Tieren wirkende Inkohärenz oder methodische Schwäche zu konstatieren wäre? Wird eine Abhandlung zu Aspekten des „Tierschutzrechts“, weil sie zu solchen Ergebnissen gelangt, des Prädikats HAS verlustig? Könnte ein rechtspolitischer Vorschlag zugunsten der „Tiere“ diese „missglückte“ „Human-Animal-Study“ noch retten? Kann ein kritischer Nebensatz zur Gesetzeslage oder zum Umgang der Gesellschaft mit NHs-Tieren aus einem rein rechtsdogmatischen Beitrag eine „HumanAnimal Study“ machen? Wäre der Hinweis, dass auch „Menschen“ Tiere sind, aber davon auszugehen ist, dass „Tierschutzgesetz“ und „Tierquälereitatbestand“ „nichtmenschliche Tiere“ meinen, ausschlaggebend, obwohl damit eigentlich nur eine objektive Tatsache referiert bzw. Auslegung betrieben wird? Diese Fragen sollen hier nicht abschließend und können wohl nur im Einzelfall beantwortet werden. Grundsätzlich, wie bereits oben gezeigt, handelt es sich bei Untersuchungen zum „Tierschutzrecht“ um HAS, denn fraglos geht es um das „Mensch-Tier-Verhältnis“, nämlich das Verhältnis des von „Menschen“ geschaffenen Rechts zu den „Tieren“. Und die rechtliche Analyse kann jedenfalls immer Grundlage von kritischer Analyse durch andere HAS-Untersuchungen sein. Ohne erstere ist letztere gar nicht möglich, will man sich mit dem Rechtsstatus von „Tieren“ befassen. Dies sollte für die Zuordnung rechtswissenschaftlicher Untersuchungen zu HAS eine Rolle spielen. Wieweit diese Untersuchungen einem allfälligen Reflexionserfordernis genügen, hängt vom jeweiligen Verständnis von HAS ab.12 Und inwieweit sich die jeweiligen Autor_innen selbst als Teil dieses Feldes sehen, hängt natürlich wiederum von ihrem Selbstverständnis ab. Mag durchaus sein, wenn sie sich als „klassische Strafrechtler_innen“ eben unter anderem auch mit Fragen strafrechtlich relevanter „Tierquälerei“ befassen, oder beispielsweise als Richter_innen einen Artikel oder Kommentarbeitrag schreiben, dass sie gar nicht wissen, dass es HAS gibt.

12 Beispiele für rechtswissenschaftliche Arbeiten, die auch im Falle eines Reflexionserfordernisses aus meiner Sicht fraglos den „HAS“ zuzuordnen sind, finden sich in Michel/Kühne/Hänni (2012), insb. Michel (2012), Stucki (2012), Gerritsen/Rüttimann (2012) und von Harbou (2012). Vgl. aus der Rechtsphilosophie etwa Maier (2009, 2010 und 2012a).

360 | E BERHART THEUER

Kontext und content Nehmen wir an, da bemüht sich ein_e Jurist_in schon seit Jahren, im Rahmen einer A H S-Forschungsgemeinschaft, die außer ihm_ihr aus Philosoph_innen und Soziolog_innen besteht, verschiedene rechtliche Regelungen, die „Tiere“ betreffen, auszulegen. Er_sie weist in den entsprechenden Publikationen auf Widersprüchlichkeiten und Inkonsistenzen zu anderen rechtlichen Regelungen des „Tierschutzrechts“ hin, auf die Ambivalenz der „Tierschutzbestimmungen“, die im Allgemeinen einen ethischen „Tierschutz“ verkünden, aber in den konkreten Regelungen starke Züge eines weitgehend gewinnorientierten Nutzungsregimes aufweisen. Er_sie stellt auch fest, dass es massiver Gesetzesänderungen bedarf. Nach allem, was bisher erörtert wurde, wäre dies sicherlich den HAS zuzuordnen. Nehmen wir weiter an, dass mit jeder neuen Detailuntersuchung, jeder neuen Publikation, die genannten grundsätzlichen Analysen, um Wiederholungen zu vermeiden, weniger werden, immer mehr zu Marginalien schrumpfen, bis sie sich nur mehr in Fußnoten finden, die auf bisher Geschriebenes verweisen. Denn (so sei für die Zwecke dieses Beispiels angenommen) für die untersuchte Auslegungsfrage als solches spielen sie keine wesentliche Rolle, und was im Haupttext bleibt, ist eine rechtsdogmatische Untersuchung, die, wären die letzten kritischen Verweise in den Fußnoten (z.B. durch ein Versehen beim Lektorat oder Satz) auch noch gestrichen worden, nicht zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Genügte dies dann noch einem allfälligen Reflexionserfordernis der HAS? Und sollte es nicht eine Rolle spielen, dass der_die Autor_in bisher HAS betrieben hat und im Zusammenhang einer A H S-Arbeitsgruppe steht? Und dass (wie hier aus Illustrationsgründen unterstellt) ein reflektierendes Nachdenken für die Analyse der untersuchten Gesetzesbestimmung nicht notwendig oder sinnvoll erscheint? Ich denke, die genannten Faktoren sollten zumindest als Zünglein an der Waage dienen. Der Kontext kann mitbestimmend sein, ob ein content der HAS zuzurechnen ist. Eine entsprechende Ergänzung einer reflexionsorientiert-kritischen HASCharakterisierung könnte daher wie im Folgenden angeführt aussehen. Dabei wird zunächst das Reflexionserfordernis selbst beschrieben, das freilich auch ganz anders gestaltet sein könnte. Die daran anschließende Berücksichtigung des Kontexts kann inhaltlich somit auch für HAS-Charakterisierungen verwendet werden, die das Reflexionserfordernis deutlich anders fassen.13

13 Für andere Formulierungen vgl. Petrus (2015: 161); Spannring/Schachinger/Kompatscher/Boucabeille (2015a: 17).

T IERRECHT

UND

HAS

| 361

Reflexionserfordernis im Rahmen einer HAS-Beschreibung: Die untersuchten Akteur_innen, ob nun Homo sapiens oder andere Tiere, werden dabei als Subjekte mit intrinsischem Wert, in ihrer Vielfalt, Vielschichtigkeit und Individualität wahrgenommen bzw. werden unreflektierte oder eindimensionale Sichtweisen oder Praxen hinterfragt, die diese Subjekt- und Selbstzweckhaftigkeit (explizit oder implizit) leugnen oder vernachlässigen. Berücksichtigung des Kontexts: Sofern die Spezifika der konkreten Untersuchung eine solche Reflexion allenfalls nur am Rande möglich machen, kann es für die Frage der Zuordnung einer Forschung zu den „Human-Animal Studies“ eine Rolle spielen, ob die Forschung personell, institutionell oder im Publikationszusammenhang in einem HAS -Kontext steht, also die Forscher_innen beispielsweise bisher HAS betrieben haben, in HAS-Publikationen vertreten oder im Rahmen einer Forschungsgemeinschaft (Forschungsgruppe, Forschungsprogramm) tätig sind, die den HAS zuzurechnen ist; und ob sich die Untersuchung für andere Forschung im Rahmen der HAS als anschlussfähig erweist.

„T IERRECHT “, „ANIMAL L AW “, „T IERRECHTS - AKTIVISMUSRECHT “ „Tierrecht“ – im subjektiven und objektiven Sinn Recht hat im Deutschen im juristischen Sinn immer zwei mögliche Begriffsinhalte: Zum einen Recht als Gesamtheit aller Normen einer Rechtsordnung schlechthin bzw. aller Normen, die eine bestimmte Sachmaterie oder bestimmte Sachfragen regeln (z.B. Familienrecht, Naturschutzrecht) als Recht im objektiven Sinne. Zum anderen das Recht im subjektiven Sinne, als subjektives Recht des Einzelnen,14 etwa das Recht auf ein faires Verfahren (vgl. statt vieler Rüthers/Fischer/Birk 2013 Rz. 60-63 m.w.N.). Das Recht im objektiven Sinne wird für Zwecke der Rechtswissenschaft nach sachlichen Kriterien eingeteilt.15 Solche Rechtsmaterien können auch selbst Rechtsbegriffe bzw. Tatbestandselemente von Gesetzen sein. Deutlich wird dies bei den Kompetenztatbeständen, die festlegen, was in Gesetzgebung und/oder Vollziehung Bundes- bzw. Landessache ist.16 Gegenständlich soll es primär um den

14 Es gibt auch kollektive subjektive Rechte. Paradigmatisch sind aber subjektive Rechte des einzelnen Rechtssubjekts. 15 Auch die subjektiven Rechte lassen sich nach verschiedenen Kriterien gliedern. 16 Z.B. ist nach § 10 Abs. 1 Z. 6 österreichisches Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) das „Strafrechtswesen“ in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache, mit Ausnahme des

362 | E BERHART THEUER

erstgenannten, rechtswissenschaftlichen Aspekt der Einteilung von Rechtsmaterien gehen. Manchmal sind die Begriffe für die Beschreibung des objektiven Rechts identisch mit jenen des (sich daraus ergebenden) subjektiven Rechts: Das Urheberrecht kann die Gesamtheit aller Normen meinen, die sich mit Fragen der Urheberschaft an Werken befassen (Urheberrecht im objektiven Sinne), oder aber das (subjektive) Recht der Urheber_innen auf Namensnennung etc., also Urheberrecht(e) im subjektiven Sinne.17 Mit „Tierrecht“ könnte somit entweder das subjektive Recht des „Tieres“ gemeint sein („Tierrecht“ im subjektiven Sinn; vgl. Lengauer/Theuer 2012) oder die Gesamtheit jener Normen, welche sich auf „Tiere“ beziehen bzw. auf diese anwendbar sind („Tierrecht“ im objektiven Sinn). Meist weist der Plural („Tierrechte“), auf subjektive Rechte hin (denn es werden ja i.d.R. mehrere subjektive „Tierrechte“ gefordert). „Tierrecht“ in der Einzahl deutet demnach auf objektives Recht hin.18 „Tierrechte“ im subjektiven Sinne gibt es in den Rechtsordnungen gar nicht oder allenfalls ansatzweise. „Tierrecht“ im objektiven Sinne, etwa verstanden als Gesamtheit jener Normen, die „Tiere“ als Anknüpfungspunkt haben, gibt es fraglos. Als eigenständiger Begriff wird „Tierrecht“ in den Rechtswissenschaften bislang kaum verwendet, ein Zeichen, dass eine selbständige intensive Befassung mit dem „Tier“ im Recht noch aussteht bzw. in den Anfängen ist (vgl. Michel/Kühne/Hänni 2012: V).19 In der Juristerei findet die Beschäftigung mit Non-

„Verwaltungsstrafrechts“ in Angelegenheiten, die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallen. Kompetenzrechtliche Materien können, müssen sich aber nicht mit Einteilungen von Rechtsbereichen zu rechtswissenschaftlichen Zwecken decken, wenngleich sich wohl beides wechselseitig beeinflussen kann. Auch gibt es einige Kompetenztatbestände, die nicht unbedingt mit rechtswissenschaftlichen Rechtsbereichen parallel laufen. Eine in den Rechtswissenschaften vorgenommene Grundunterscheidung ist die zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht, wobei Rechtsmaterien beides beinhalten können, so z.B. das Arbeitsrecht und das Umweltrecht. 17 Vgl. den III. Abschnitt (§§ 14 ff.) des österreichischen Urheberrechtsgesetzes (UrhG). 18 Von Tierrechten im objektiven Sinne zu sprechen wäre höchstens dann angezeigt, wenn man die Tierrechtsmaterien verschiedener Länder vergleicht. 19 Vgl. aber Binder (2014: 10) u. Winkler/Raschauer (1981), die den Begriff verwenden. In der Schweiz fördert die „Stiftung für das Tier im Recht“ die Beschäftigung mit „Tier“und insbesondere „Tierschutzrecht“. Internetsuchen zum Begriff ergeben als Treffer einige deutsche Anwaltskanzleien, die sich als Spezialisten im „Tierrecht“ präsentieren. Hier stehen vor allem Haftungsfragen und Gewährleistungsfragen im Vordergrund. Im Verzeichnis Anwalt.de findet sich weder „Tierrecht“ noch „Tierschutzrecht“ als Begriff, aber „Recht rund ums Tier“ mit 83 und „Pferderecht“ mit 185 Treffern. Dies indiziert

T IERRECHT

UND

HAS

| 363

Homo-sapiens-Tieren weitgehend en passant statt, wenn diese in den einzelnen Bestimmungen vorkommen. Etablierter ist da schon „Tierschutzrecht“ als Begriff, als Recht im objektiven Sinn gemeint und nicht als das Recht des „Tieres“ auf „Tierschutz“.20 Es kann als die Summe jener Normen verstanden werden, die den Schutz von „Tieren“ zum Gegenstand haben und zwar (im Gegensatz etwa zum Artenschutzrecht) als Individuum (vgl. Michel 2012: 597; Bolliger/Richner/Rüttimann 2011: 28; Binder 2014: 10). Zentrales Gesetz ist das „Tierschutzgesetz“ („TSchG“ in Österreich und der Schweiz, „TierSchG“ in Deutschland). Aber auch dessen Ausführungsverordnungen, „Tierschutz“ als Staatszielbestimmung oder (in Österreich) das „Tierversuchsgesetz“21 und „Tierquälerei“ als gerichtlicher Straftatbestand (§ 222 StGB) gehören dazu.22 „Tierschutzrecht“ (im objektiven Sinne) ist somit nur ein Teil des „Tierrechts“ (im objektiven Sinne). Zu letzterem gehört beispielsweise auch die zivilrechtliche Stellung des „Tieres“ (vgl. Maier 2012: 125f) oder das Artenschutzrecht, welches zwar nicht dem Schutz des individuellen „Tieres“ dient, aber mit der Kategorie „Tier“ arbeitet. Exekutionsbeschränkungen bestimmte „Tiere“ betreffend, Fragen des „Tierfundes“, Haltungsvorschriften, die nicht dem „Tierschutz“, sondern der öffentlichen Sicherheit dienen (z.B. für Hunde oder gefährliche „Tiere“, in Österreich landesgesetzlich geregelt), und das Jagdrecht wären weitere Beispiele für Regelungen, die „Tiere“ betreffen.23 Ist aber jede Regelung, die sich auf „Tiere“ bezieht, bereits „Tierrecht“ im objektiven Sinne? Man könnte die Auffassung vertreten, eine Rechtsmaterie müsse, damit sie für Zwecke der Rechtswissenschaften als solche anerkannt wird, außer einem bestimmten Thema auch zugrundelegende Prinzipien aufweisen, mithin wei-

wohl einen Bedarf unter den Rechtssuchenden an entsprechender Expertise und eine entsprechende praktische Tätigkeit der Rechtsfreunde, ist aber (noch?) nicht unbedingt signifikant für den rechtswissenschaftlichen Diskurs. 20 Zur Entwicklung der Tierschutzgesetzgebung siehe beispielsweise Michel (2012). 21 So auch unlängst Binder u.a. unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien (2013: 69). 22 In Deutschland und der Schweiz sind die beiden letztgenannten Materien Teil des TierSchG bzw. TSchG. Dass das österreichische Tierversuchsgesetz nicht Teil des Tierschutzgesetzes ist, hatte ursprünglich kompetenzrechtliche Gründe, da „Tierschutz“ Landessache war und entsprechende Landesgesetze bestanden, hingegen das Tierversuchsrecht (gestützt auf verschiedene Kompetenzgrundlagen) als Bundesgesetz ausgestaltet war. Seit Tierschutz in Bundeskompetenz ist, wäre eine Integration des TVG in das TSchG möglich, wurde aber bei Neuregelung des TVG (TVG 2012) nicht vorgenommen. 23 Zu Definitionsversuchen von „Tierrecht“ in den USA („Animal Law“) vgl. auch Tannenbaum 2013: 947ff. Näheres dazu unten.

364 | E BERHART THEUER

tere Gemeinsamkeiten. Im angloamerikanischen Sprachraum wurde dieser Gedanke auch als „the law of the horse“-Problem bekannt, wobei hier der Bezug zum Pferd ironischerweise nicht auf die „Tierrechtsproblematik“ gemünzt war. Anhand dieser Bezeichnung sollte nur demonstriert werden, dass es zahlreiche Rechtsprobleme im Zusammenhang mit Pferden gibt, die den verschiedensten Gebieten (Schadenersatzrecht, Strafrecht etc.) zugeordnet und von diesen adäquat behandelt werden können, ohne dass es eines Pferderechts als eigenständiges Rechtsgebietes bedarf. Konkret wollte Easterbrook (1996) damit zeigen, dass Fragen des Cyberspace eigentlich kein eigenständiges Rechtsgebiet darstellen, bzw. es didaktisch nicht sinnvoll wäre, es als solches zu lehren. Und ironischerweise ist seitdem nicht nur IT-Recht als eigenständiges Rechtsgebiet anerkannt und es gibt sogar entsprechende Masterstudiengänge, sondern es sind auch Publikationen zum Pferderecht erschienen. Das Beste, was dazu auf allgemeiner Ebene gesagt werden kann, ist, dass Unterscheidungen oder Einteilungen von Rechtsgebieten nach bestimmten Kriterien nicht wahr oder falsch sind, sondern je nach Zweck mehr oder weniger sinnvoll sein können. Es kann aus wissenschaftlicher, aus didaktischer und aus praktischer Sicht nützlich und gewinnbringend sein, Rechtsprobleme zu bestimmten Themen zu behandeln, auch wenn (auf den ersten Blick) keine zugrundeliegenden Prinzipien erkennbar sind. Auch wird für eine adäquate Erörterung von Fragen des „Tierrechts“ ein Minimum an zoologischen und wohl auch tierethischen Kenntnissen und allgemein HAS-Kenntnissen Voraussetzung sein, was wiederum für die Sinnhaftigkeit einer eigenständigen Materie spricht.24 Und dass es bei „Tieren“ – die, auch wenn die für Sachen geltenden Regeln auf sie weitgehend anwendbar sind (vgl. u.a. Maier 2012: 125f), sich faktisch von Sachen doch ganz wesentlich unterscheiden und zwar als Lebewesen, als Tiere, taxonspezifisch und als Individuum – aufgrund dieser Unterscheidung besondere Fragestellungen und Grundsätze geben kann, die in den Rechtsmaterien, welche „Tiere“ betreffen, auftauchen, kann jedenfalls von vorneherein nicht ausgeschlossen werden. Regelmäßig wird sich etwa die Frage stellen, inwieweit sich „Tierschutzrecht“, insbesondere „Tierschutz“ als Staatszielbestimmung auf die Interpretation anderer „Tierrechtsnormen“ auswirkt. Selbst wenn man (was keineswegs zwingend ist) eigenständige Rechtsmaterien nur anerkennen will, wenn es gemeinsame Prinzipien gibt, würden somit sehr viele Normen, die sich auf „Tiere“ beziehen, dem „Tierrecht“ zuzuordnen sein.

24 Dies kann, muss aber noch nicht zur Bezeichnung als eigene Rechtsmaterie im Sinne des Suffixes „-recht“ führen. Alternativ könnte man solche Untersuchungen auch „Rechtsfragen Tiere betreffend“ oder „Tier und Recht“ nennen. Ich sehe allerdings keine überzeugenden Gründe, nicht von „Tierrecht“ zu sprechen.

T IERRECHT

UND

HAS

| 365

„Tierrecht“ im direkten und indirekten Sinne Noch eine Unterscheidung lässt sich treffen. Es gibt zahlreiche Normen, die zwar „Tiere“ nicht explizit erwähnen, aber auf diese anwendbar sind. So sind „Tiere“ im Strafrecht nicht nur vom „Tierquälereitatbestand“ erfasst, sondern von allen Delikten, die Sachen zum Gegenstand haben. Auch zivilrechtlich sind Normen, die Sachen betreffen, weitgehend auf „Tiere“ anwendbar.25 Andererseits kann mit guten Gründen argumentiert werden, dass bestimmte kognitiv sehr „hochentwickelte“ „Tiere“, Schimpansen, Gorillas, Orang Utans beispielsweise, rechtlich bereits unter den Begriff der Person fallen (Wise 2000; Theuer 2012a, 2013, 2014a, 2014b, 2015; Mills/Wise 2015). Man könnte bezüglich solcher Normen, ob sie nun „Tiere“ als Sachen oder als Personen erfassen, von „Tierrecht“ im weiteren bzw. indirekten Sinne sprechen. Auf Basis geltender Grundrechte begründbare Rechte für Schimpansen beispielsweise wären insofern sowohl „Tierrecht“ als auch ein Teil der Grundrechte (Theuer/Lengauer 2012a). Dabei wäre es nicht sinnvoll, alle Rechtsbereiche, die „Tiere“ indirekt zum Gegenstand haben können, in ihrer Gesamtheit als „Tierrecht“ zu bezeichnen. Sonst wäre ein sehr großer Teil des objektiven Rechts, beispielsweise das gesamte Sachenrecht, auch „Tierrecht“. Vielmehr sollten diese Rechtsbereiche nur soweit als „Tierrecht“ verstanden werden, soweit es spezifisch um das Thema „Tier“ geht. „Tierrecht“ im indirekten Sinne wäre also ein Teilbereich dieser Rechtsbereiche dessen jeweiliges Ausmaß davon abhängt, was konkret untersucht wird bzw. die Rechtsfrage ist. Beispielsweise ist das gesamte Gewährleistungsrecht nicht schon deshalb „Tierrecht“, weil man auch beim „Tierkauf“ Gewährleistungsansprüche geltend machen kann. „Tierrecht“ wäre hingegen der Rechtssatz, dass (grundsätzlich) auch „Tiere“ Anknüpfungspunkt von Gewährleistungsansprüchen sein können. Und „Tierrecht“ wären alle Rechtsfragen, die sich spezifisch damit beschäftigen, wann bei „Tieren“ oder „Tiertaxa“ eine Gewährleistung aus gesundheitlichen Gründen, beispielsweise wegen erblich bzw. zuchtbedingter chronischer Leiden, geltend gemacht werden kann. Eine lege artis durchgeführte Untersuchung zum „Tierrecht“ analysiert hier freilich immer auch Bezüge zum „Tierschutzrecht“ sowie die Frage, ob bzw. inwieweit dieses auf das Gewährleistungsrecht einwirkt. Hingegen wären in diesem Sinne allgemeine Grundsätze des Gewährleistungsrechtes (außer wiederum die spezifische Frage, wie weit diese auch für „Tiere“ gelten) nicht dem „Tierrecht“ zuzuzählen. Es wird deutlich: Indirektes „Tierrecht“ ist sol-

25 Vgl. nur den Verweis des § 285a ABGB (dazu Maier 2012: 125f) des § 90a BGB, des Art. 641a ZGB, des Art. 20a (liechtensteinisches) Sachenrecht (SR) und des Buch 3 Art. 2a niederländisches BGB.

366 | E BERHART THEUER

ches, das sich erst durch Interpretation erschließt und dessen Umfang von der jeweiligen Rechtsauffassung abhängen kann.26 Wenn „Tierrecht“ im objektiven Sinne als jene Rechtsmaterie verstanden werden kann und werden sollte, die (direkt oder indirekt) „Tiere“ zum Gegenstand hat, so geht es dabei immer auch um das Verhältnis „Mensch“-“Tier“. Denn Recht im (üblichen) juristischen Sinne ist das Recht der „Menschen“.27 Wie sehr es auch „Tiere“ betreffen mag, es regelt immer auch „menschliches“ Handeln. Und soweit es „Tiere“ betrifft, regelt es die Frage, wie „Menschen“ andere Tiere behandeln dürfen oder müssen bzw. wie weit sie andere „Menschen“ dazu anhalten können; welche Rechte und Pflichten „Menschen“ gegenüber anderen Tieren haben und welche Rechte und Pflichten sie gegenüber anderen „Menschen“ aufgrund des rechtlichen Anknüpfungspunktes „Tier“ haben. „Tierrecht“ und

A

H S

„Tierrecht“ im objektiven Sinn bestimmt somit das rechtliche Verhältnis des „Menschen“ zu den anderen Tieren. Untersuchungen darüber lassen sich insofern recht zwanglos zu den HAS zählen. Zweifel mögen vor dem Hintergrund eines allfälligen Reflexionserfordernisses (siehe oben) dort aufkommen, wo diese Untersuchungen rein rechtsdogmatisch und ohne jegliche kritische Reflexion der „Mensch-TierBeziehung“ daherkommen oder beispielsweise gar nicht thematisieren (was lege artis m.E. gemacht werden sollte), inwiefern sich etwa die verfassungsrechtliche Verankerung des „Tierschutzes“ (oder in der Schweiz der „Tierwürde“), das „Tierschutzgesetz“, das Rechtsgut „Tierwohl“ oder die Rechtsstellung des „Tieres“ auf das restliche „Tierrecht“ auswirken kann. Dann mag es wohl auch vom Kontext abhängen, in dem sie stehen (dazu bereits oben). Ist eine solche Untersuchung bloß ein juristischer Beitrag in einem ansonsten sozial- oder geisteswissenschaftlich geprägten HAS-Sammelband, mag sie noch eher als Teil von HAS erscheinen (besonders dann, wenn andere Autor_innen darauf Bezug nehmen), als wenn sie in einer Anthologie zum EU-Recht den freien Warenverkehr mit „Tieren“ (unkritisch) beleuchtet. Auch hier wird m.E. deutlich, dass der Kontext, in dem eine Forschung steht, im Zweifel entscheidend dafür sein kann, ob sie als HAS wahrgenommen wird

26 Da grundsätzlich alle (Rechts-)Texte interpretationsbedürftig sind (vgl. Kerschner 2006: 47), gilt dies zwar auch für direktes „Tierrecht“, aber tendenziell in geringerem Maße die Frage betreffend, was alles zu direktem „Tierrecht“ zählt. 27 Ob es so etwas wie ein Recht (bestimmter) „Tiere“ gibt, ob etwa (soziale) Normen, nach denen Schimpansenpopulationen handeln (vgl. de Waal 1990, 2007), bereits als Recht verstanden werden können und ob das dann auch „Tierrecht“ wäre, soll im Rahmen dieses Beitrages schon aus Platzgründen nicht näher behandelt werden.

T IERRECHT

UND

HAS

| 367

respektive als solches anzusehen ist oder nicht. Dabei kann es sich auch empfehlen, den einzelnen Beitrag im Kontext mit dem übrigen Werk der Autor_innen zu betrachten (siehe bereits oben). Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob rechtliche Untersuchungen, die sich gar nicht unmittelbar mit „Tierrecht“ befassen, sondern mit „Veganismusrecht“ und „Tierrechtsaktivismusrecht“ als Teil von HAS zu sehen sind. Dies wird im übernächsten Unterabschnitt behandelt. Zunächst gilt es nämlich, noch eine weitere Begriffsklärung vorzunehmen. „Animal Law“ Anders als „Tierrecht“ ist „Animal Law“ im angloamerikanischen Sprachraum ein etablierter Begriff und kann schon auf eine gewisse Tradition verweisen. 28 Die diesbezüglichen Diskurse können hier nicht nachgezeichnet werden. 29 Es muss genügen, einerseits darauf hinzuweisen, dass „Animal Law“ der wesentlich häufiger verwendete Begriff zu sein scheint als „Animal Protection Law“ oder „Animal Welfare Law“30 und dass unter „Animal Law“ zwei durchaus verschiedene Dinge verstanden werden: Einerseits „Animal Law“ als Rechtsmaterie, ähnlich dem Begriff „Tierrecht“ im Deutschen.31 Andererseits, so etwas wie „Animal Advocacy“, das Sich-Einsetzen für „Tiere“ bzw. „Tierrechte“ mit rechtlichen (allenfalls auch anderen) Mitteln oder auch die (akademische) Reflexion des geltenden „Tierrechts“ mit dem Ziel (einfach ausgedrückt) der Schaffung subjektiver „Tierrechte“ (vgl. ausführlich Tannenbaum 2013). Obwohl also im Englischen für Recht im subjektiven Sinne (Right) und Recht im objektiven Sinne (Law) zwei unterschiedliche Substantive bestehen, enthält das Advocacy-Verständnis von „Animal Law“ starke Elemente von „Animal Rights“. Auf diese Weise wird das deutschsprachige „Tier-

28 Wie auch die deutsche Entsprechung wird der Begriff „Animal Law" in diesem Text in Anführungszeichen gesetzt, da er sich auf Non-Homo-sapiens-Tiere bezieht und, je nach rechtlichem Kontext, häufig nicht einmal auf alle Gruppen davon, beispielsweise nur auf Wirbeltiere. 29 Vgl. aus neuerer Zeit Tannenbaum (2013) und Deckha (2012) mit zahlreichen w.N., sowie Senatori/Frasch (2012). 30 Vgl. zum „Animal Welfare Law“ (aus britischer Sicht) Radford (2001, insb. Viii). 31 Bereits im Jahr 1900 erschien ein Buch mit dem Titel The Law of Animals, zit. nach E.B.S., Jr. 1900, der es in einer Rezension überschwänglich lobte. Vgl. für die verschiedenen Begriffsverständnisse von „Animal Law“ die Umschreibungen von Frasch et al. (2011) u. Waisman/Frasch/Wagman (2006: xxvii-xxviii), Schaffner (2011: 4f), Wagman/Lieb-man (2011: 7-9), Bryant/Huss/Cassuto (2008: vii), sowie die dort und bei Favre (2008), Sankoff/White (2009), Fitzgerald (2012, insb 3f) behandelten Themen.

368 | E BERHART THEUER

recht“ (im objektiven Sinne) im Englischen zu „Tierrechten“ (im subjektiven Sinne) transferiert. So charmant diese Vorstellung ist, es stellt sich die Frage, ob das Advocacy-Verständnis von „Animal Law“ nicht mit anderen Begriffen besser zum Ausdruck gebracht werden könnte. „Animal Law“ deutet von seinem Wortsinn m.E. klar auf eine Rechtsmaterie hin und nicht auf Advocacy im Sinne einer spezifischen Form des rechtlichen Einsatzes für „Tiere“ bzw. „Tierrechte“, eines bestimmten „tierethischen“ Zugangs oder kritisch-akademischer Reflexion.32 Um Missverständnisse zu vermeiden, könnte „Animal Law“ im Sinne eines Advocacy-Verständnisses durch Begriffsbildungen wie „Animal (Rights/Protection) Advocacy“ ersetzt werden. Dies schließt freilich keinesfalls aus, dass eine reflektierte, kritische Auseinandersetzung mit dem „Animal Law“ stattfinden kann und sollte und daran anknüpfend Überlegungen de lege ferenda in Richtung „Tierrechte“ angestellt werden. Es gibt allerdings eine Rechtsmaterie, die, ohne unbedingt selbst „Tierrecht“ zu sein, das Handeln jener zum Thema hat, die sich für „Tiere“ bzw. „Tierrechte“ einsetzen und die ich daher „Tierrechtsaktivismusrecht“ nennen möchte. „Tierrechtsaktivismusrecht“ Auch Aktivismusrecht ist kein in den Rechtswissenschaften gängiger Begriff. Wie auch beim „Tierrecht“ im objektiven Sinne ist dies nicht Indiz für einen rechtswissenschaftlichen Diskurs, der zum Ergebnis gelangte, es gäbe nicht ausreichend Gründe für die Bezeichnung der diesbezüglichen Normen als eigenständige Rechtsmaterie. Vielmehr ist es Anzeichen mangelnder rechtswissenschaftlicher Beschäftigung mit dieser Materie. Was für oder gegen die Verwendung von Aktivismusrecht in den Rechtswissenschaften spricht, kann hier nicht näher erörtert werden. Vielmehr ist es Ziel dieses Aufsatzes darzustellen, inwiefern die damit angesprochenen Rechtsthemen mit „Tierrecht“ und mit HAS zusammenhängen. „Tierrechtsaktivismusrecht“ wird hier also als Schlagwort, als bloßer Themenbegriff verwendet, ohne dessen Eignung als Bezeichnung für ein eigenständiges Rechtsgebiet zu präjudizieren. Aktivitäten zugunsten von „Tieren“ sind vielfältig und ebenso sind es ihre rechtlichen Rahmenbedingungen und die damit zusammenhängenden Rechtsprob-

32 Hingegen erscheinen mir Tannenbaums Argumente, soweit sie sich darauf beziehen, dass durch die Advocacy-Definition von „Animal Law“ jene abgeschreckt würden, die „Tierrechten“ oder „Tierbefreiung“ (im übertragenen Sinn) ablehnend gegenüberstehen, wenig überzeugend. Ein Beispiel für eine Werk über „Animal Law“ i.S.v. “Tierrecht“ im objektiven Sinne, das auch auf „Tierrechte“ und „Tierethik“ Bezug nimmt, ist jenes von Kelch (2011). Vgl. auch Raspé (2013).

T IERRECHT

UND

HAS

| 369

leme. Sie betreffen u.a. häufig das Vereinigungs- und Versammlungsrecht und die Meinungsäußerungsfreiheit, teilweise aber auch das Strafrecht (man denke an „Tierbefreiungen“ oder ALF-ähnliche Vorgangsweisen) und das Zivilrecht (beispielsweise wenn Unternehmen „Tierschutz“-Kampagnen für Umsatzeinbußen verantwortlich machen und Schadenersatz fordern). Ein Beispiel massiver strafrechtlicher Repression war die Verfolgung von dreizehn „Tierschützer_innen“ in Österreich, auch als „Tierschutzprozess“, „Tierschützerprozess“ oder „Tierrechtsprozess“ bekannt (Maier 2010, Theuer 2011, Theuer/ Lengauer 2012; www.tierschuetzerprozess.at). In vielen Fällen wird die Frage, wofür konkret sich die handelnden Aktivist_innen einsetzen, rechtlich nicht maßgeblich sein. Sehr weitgehend wird sich daher „Tierrechtsaktivismusrecht“ mit Aktivismusrecht überhaupt decken. Freilich können im „Tierrechtsaktivismusrecht“ wiederum spezielle Fragen auftauchen: etwa wann man einem Unternehmen öffentlich „Tierquälerei“ vorwerfen darf; ob es einen Milderungsgrund darstellt, wenn strafrechtliche Normen für „Tierschutzzwecke“ übertreten werden; ob eine „Tierbefreiung“ gerechtfertigt (oder zumindest entschuldigt) sein kann, weil das Rechtsgut „Tierwohl“ im konkreten Fall schwerer wiegt als das Eigentum. Bei der Beantwortung dieser Fragen spielen jedenfalls auch Teile des „Tierrechts“ hinein, wenn es darum geht, „Tierwohl“ als Rechtsgut zu begründen, den Stellenwert von „Tierschutz“ in unserer Rechtsordnung (bzgl. des Milderungsgrundes) zu betonen oder die Reichweite des Tatbestandes „Tierquälerei“ (sofern geltend gemacht wird, der diesbezügliche Vorwurf an das Unternehmen sei gerechtfertigt, weil dieses gegen „Tierschutzbestimmungen“ verstoße) auszuloten. Somit gibt es Überschneidungen zwischen „Tierrecht“ und „Tierrechtsaktivismusrecht“.33 Veg*ismusrecht Was einleitend oben für das Aktivismusrecht gesagt wurde, gilt ebenso für das, was man als Veganismusrecht (respektive Vegetarismusrecht) bezeichnen könnte. Ein an „tierethischen“ oder „tierrechtlerischen“ Maßstäben orientierter Lebensstil wirft verschiedenste Rechtsfragen auf: Wird dieser als Weltanschauung grundrechtlich und durch Antidiskriminierungsbestimmungen geschützt? Wie ist die Rechtslage bezüglich veganer Verpflegung in diversen Institutionen wie Schulen, Krankenhäu-

33 Vgl. auch, aus US-amerikanischer Sicht, Wagman/Liebman (2011: 8): „One type of litigation related to animal law involves activists who have been accused of violating the law while engaging in animal rights activism.”

370 | E BERHART THEUER

sern, Gefängnissen? Inwieweit darf respektive muss der Staat vegane Ernährung bzw. die Produktion veganer Lebensmittel fördern?34 Bezüge zum „Tierrecht“ im objektiven Sinne dürften hier zwar noch geringer sein als beim Aktivismusrecht, aber sie sind vorhanden, etwa wenn es darum geht, was sich aus der Staatszielbestimmung „Tierschutz“ für die genannten Rechtsfragen ableiten lässt. Die Untersuchung der „Tierrechtsbewegung“ und ihrer Rahmenbedingungen und H AS In HAS-Publikationen finden sich regelmäßig Studien über Veganer_innen, „Tierrechtler_innen“ und die „Tierrechtsbewegung“ überhaupt.35 Je nach Design erscheint hier die Nähe zur Untersuchung des „Mensch-Tier-Verhältnisses“ prima vista mehr oder weniger gegeben. Wer beispielsweise die Einstellungen von Veganer_innen oder „Tierrechtler_innen“ zu „Tieren“ untersucht (vgl. z.B. Kurth/ Henschke/Stark/Struppek 2011), untersucht offensichtlich das Verhältnis dieser Akteur_innen zu den „Tieren“. Aber ist eine bloße Einstellung bereits ein Verhältnis? Jedenfalls dann, wenn es äußerlich wirksam wird. Veganer_innen und „Tierrechtler_innen“ begnügen sich nicht damit, ihre innere Einstellung mit sich herumzutragen, sondern richten ihr Handeln nach dieser Einstellung aus. Dies hat mehr oder weniger direkt, vermittelt über gesellschaftliche Mechanismen, Auswirkungen auf „Tiere“. Wer also die Handlungen von Veganer_innen und „Tierrechtler_innen“ untersucht, forscht ebenfalls zum „Mensch-Tier-Verhältnis“, genau genommen noch konkreter, als wenn es ausschließlich um Einstellungen geht. Wer dabei untersucht, was die Akteur_innen erreicht haben, wie ihre Handlungsspielräume sind, welche gesellschaftlichen oder politischen Mechanismen ihre Bestrebungen zu fördern oder zu behindern geeignet sind, fokussiert sich ebenfalls auf dieses Verhältnis. Nichts anderes kann dann gelten, wenn rechtliche Rahmenbedingungen von „Tierrechtsaktivitäten“ untersucht werden, „Tierrechtsaktivismusrecht“ also, wenn mit juristischer Methodik analysiert wird, wo das Recht der „Tierrechtsbewegung“ nutzen, wo es sie hindern kann, wo Chancen einer Veränderung geortet werden können und wo Kriminalisierungspotential besteht. Untersuchungen zum österreichischen „Tierschutzprozess“ beispielsweise, zum Repressions- und Missbrauchspotential, welches von dem in diesen Strafverfahren herangezogenen Tatbestand Kriminelle Organisation (§ 278a StGB) ausgeht, sind somit auch dann, wenn sie

34 Publikationen zum deutschen, österreichischen und schweizerischen Aktivismusrecht und Veganismusrecht sind in Planung. Gerne gebe ich darüber Auskunft. 35 Vgl. z.B. Roscher (2015, 2009), die ihre historische Untersuchung der britischen „Tierrechtsbewegung“ als Teil der HAS sieht (2009: 16-26).

T IERRECHT

UND

HAS

| 371

sich im Wesentlichen auf Rechtsdogmatik, also kurz gesagt, Gesetzesinterpretation, beschränken, HAS.36 Nicht immer erschließt sich die HAS-Thematik unmittelbar vor dem Kürzel „Mensch-Tier-Verhältnis“ – auch in den Sozialwissenschaften. Wenn etwa die Untersuchung der Rolle von Frauen in der „Tierrechtsbewegung“ als mögliches HAS -Forschungsfeld (mit Gender Studies als „Quellforschungsfeld“ 37) dargelegt wird (vgl. Schachinger 2015: 69-71), handelt es sich dabei zunächst nicht um eine Forschung, die unmittelbar das „Tier-Mensch-Verhältnis“ betrifft. Es geht ja um Akteur_innen der Tierrechtsbewegung untereinander. Aber im Kontext einer solchen Bewegung reflektiert dieses Verhältnis wiederum auf das jeweilige Verhältnis zu den „Tieren“. Eine Untersuchung, die das analysiert, ist Teil der HAS. Im Rahmen einer HAS-Charakterisierung könnte sich daher folgender Zusatz finden: Zu einer Untersuchung dieses Verhältnisses kann es auch gehören, Bestrebungen von Akteur_innen zu erforschen, die darauf ausgerichtet sind, dieses Verhältnis zu ändern, insbesondere zu analysieren, inwiefern Akteur_innen der Spezies Homo sapiens in der Lage sind oder waren, den Status der anderen Tiere zu verbessern, was also durch „Tierrechts“- oder „Tierschutzbestrebungen“ erreicht wurde und werden kann, welche Möglichkeiten die Akteur_innen dieser Bestrebungen haben, welchen Beschränkungen und Gegenkräften sie ausgesetzt sind. Analyse des „Tierrechts“: „Tierrechtstheorie“ und „Legal Animal Studies“ Das „Tierrecht“ im objektiven Sinne, als Rechtsmaterie, können, außer der Rechtswissenschaft selbst, alle Wissenschaften zum Gegenstand haben, die sich auch sonst (zumindest teilweise) mit dem Recht beschäftigen, etwa die Philosophie (als Rechtsphilosophie bzw. Rechtsethik38), die Politikwissenschaft39, die Soziologie (als Rechtssoziologie) oder die Geschichte (als Rechtsgeschichte). Und wenn es

36 Für eine rechtsphilosophische und rechtsdogmatisch-methodische Untersuchung zum Thema vgl. Maier (2010). Vgl. auch Theuer (2011), Theuer/Lengauer (2011, 2012b) sowie deren Forschungsprojekt (www.tierschuetzerprozess.at). Als Beispiel für die USA, allerdings nicht rein juristisch ausgerichtet, siehe Lovitz (2010). 37 Ob diese eine eigene Disziplin sind, kann hier dahingestellt bleiben. 38 Zu „Tierethik“ und Rechtsethik siehe Lengauer/Luy (2010); vgl. auch Lengauer/Theuer (2012), jeweils mit zahlreichen w.N., auch zu Klassikern des Feldes. 39 Vgl. als Beispiel für Arbeiten mit „HAS“-Bezug etwa Garner (2002, 2008).

372 | E BERHART THEUER

eine Rechtstheorie gibt,40 wird es auch so etwas wie eine Rechtstheorie des „Tierrechts“ geben müssen. Das gleiche gilt für „Tierrechte“ im subjektiven Sinne. Sofern sich Rechtswissenschaft als Erkenntniswissenschaft des positiven Rechts versteht, kann sie „Tierrechte“ nicht zum Inhalt haben, solange es solche nicht gibt. Aber sie kann untersuchen, inwieweit bestehende Normen so interpretiert werden können, dass sie „Tierrechte“ (zumindest für bestimmte Tierarten wie Schimpansen) etablieren (vgl. z.B. Maier 2009, Theuer 2014, 2015, Mills/Wise 2015). Sie kann Unzulänglichkeiten des bestehenden „Tierrechts“ (etwa mangelnde Durchsetzungsmöglichkeiten) aufzeigen, an die sich Reformvorschläge knüpfen können. Sie kann auch mithilfe des positiven Rechts Möglichkeiten aufzeigen, wie „Tierrechte“ legistisch umgesetzt werden könnten, etwa indem man daraus Erkenntnisse gewinnt, wie subjektive Rechte rechtlich gefasst sind, wie Rechteinhaber repräsentiert werden, was Teilrechtsfähigkeit juristischer Personen bedeutet.41 Subjektive „Tierrechte“ können auch soziologisch, philosophisch und historisch (z.B. Geschichte der „Tierrechtsidee“) behandelt werden. Sollten die aufgezeigten Forschungsmöglichkeiten zum „Tierrecht“ und zu „Tierrechten“ in ihrer Gesamtheit dann nicht ein eigenes Forschungsfeld etablieren, einen eigenen Namen verdienen? Ein solcher wäre, wie ich vorschlagen möchte, „Tierrechtstheorie“. „Tierrechtstheorie“ wird dabei sowohl i.S.v. „Tierrecht“Rechtstheorie als auch i.S.v. „Tierrechts“-Theorie verstanden, und zwar immer im subjektiven wie auch objektiven Sinn des Wortes „Tierrecht“. Es handelt sich dabei um eine „Tierrechtstheorie“, die auch die Untersuchung der „Tierrechtspraxis“ in den Blick nimmt, die „Tierrecht“ de lege lata wie auch „Tierrechte“ de lege ferenda zum Gegenstand hat und die außer der Rechtswissenschaft noch viele weitere Disziplinen mit einschließt. Der Begriff wird soweit ersichtlich derzeit regelmäßig nur von der „Tierrechtstheorie Berlin“ verwendet,42 ansonsten allenfalls, um damit die theoretische (zumeist philosophische) Begründung von subjektiven (allenfalls auch nur moralischen) „Tierrechten“ zu bezeichnen, während ich unter „Tierrechtstheorie“ im hier von mir vorgeschlagenen Sinne auch die Analyse des objektiven Rechts inklusive der rechtlichen Rahmenbedingungen für „tierrechtlerisches“ Handeln verstehe.

40 Vgl. z.B. Rüthers/Fischer/Birk (2013, insb. Rz. 47), Kirste (2010, insb. 20f), und die Zeitschrift Rechtstheorie. 41 Vgl. die Studie von Raspé (2013) als Beispiel; vgl. auch Stucki (2012) und Lennkh (2011). 42 www.facebook.com/tierrechtstheorieBerlin; www.berlin-vegan.de/2013/10/tierrechtstheorie-berlin-ein-neues-projekt.

T IERRECHT

UND

HAS

| 373

Auch Tierrechtsstudien oder Tierrechtswissenschaft43 wäre ein valabler Name. Oder, wenn man einen englischen Begriff sucht, etwa in Anlehnung an die Legal Gender Studies (vgl. dazu z.B. Holzleithner 2002): „Legal Animal Studies“ (Michel/Stucki 2015: 232). Auch die „Literary Animal Studies“, als literaturwissenschaftliche „Human-Animal Studies“ (vgl. Kompatscher 2015) weisen dieses Schema der Begriffsbildung auf (und hätten mit den Rechtswissenschaften sogar die Orientierung am Text gemein). Eine Begriffskombination mit Legal Studies sind die Critical Legal Studies (vgl. die Zeitschrift Law and Critique). Bemerkenswert ist, dass der Terminus Legal Gender Studies vornehmlich im deutschen Sprachraum verwendet wird. Und der Begriff Legal Studies als solches wird primär in den U.S.A für Undergraduate Courses gebraucht, während die eigentliche juristische Ausbildung an Graduate Schools, den Law Schools, stattfindet.44 Das internationale Potential der Begriffskombination „Legal Animal Studies“ bleibt vor diesem Hintergrund abzuwarten. Nach Michel/Stucki (2015: 232) wären „Legal Animal Studies“ zu charakterisieren als „theoretische[...] Auseinandersetzung mit dem rechtlichen Mensch-Tier-Verhältnis“, bei der das Verhältnis „Tier und Recht“ untersucht wird, die sich „mit allen Aspekten des gesellschaftlichen und des damit in Wechselbeziehung stehenden rechtlichen Umgangs mit Tieren“ beschäftigt und „unterschiedliche Zugänge“ sowie „starke trans- und interdisziplinäre Bezüge[...]“ aufweist. In der „kritisch-politischen Ausprägung“ der „LAS“ sollen von diesen rechtspolitische Impulse für eine „grundlegende Neudefinition“ bzw. nachhaltige Verbesserung des „Tierstatus“ ausgehen. Die Autorinnen wollen auch ein „analytisches Nachdenken“ über die „Prämissen der rechtlichen Konzeptualisierung von Tieren“ und der rechtlichen (Nicht-)beachtung der „Subjekthaftigkeit des Tieres“ sowie die „Konstruktion bzw. Dekonstruktion der Mensch-Tier- Binarität“ als (offenbar konstitutives) Element von „Legal Animal Studies“ („LAS“) sehen. Damit stellt sich ähnlich wie bei den HAS die Frage, inwieweit man ein Mindestmaß an Reflexion oder kritischen Hinterfragens des Umgang mit NHs-Tieren als Elemente einer Definition aufnehmen sollte (Reflexionserfordernis) und ob rein rechtsdogmatische Untersuchungen, die eines solchen ermangeln, dann ausgeschlossen sind. Für grundlegende, umfassend kritische Reflexion als konstitutives Element wäre im Anschluss an die „Critical Animals Studies“ („CAS“, vgl. dazu Best 2009)

43 Und zwar nicht nur i.S.v. Tier-Rechtsstudien oder Tier-Rechtswissenschaft, sondern auch i.S.v. Tierrechts-Studien und Tierrechts-Wissenschaft; „Tierrecht“ wieder im objektiven und im subjektiven Sinn verstanden. 44 Es gibt auch ein britisches Law Journal mit dem Titel „Legal Studies“.

374 | E BERHART THEUER

auch der Begriff „Critical Legal Animal Studies“45 zu erwägen, wobei zu beachten ist, dass der Begriff Critical Legal Studies stark mit Ansätzen der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule assoziiert wird und das Verständnis von „CAS“ meist verbunden ist mit einer klaren Positionierung und Aktivitäten zur „Tierbefreiung“46 (Engaged Theory), häufig auch mit einer ganz grundsätzlichen Systemkritik im Sinne einer Intersektionalität bzw. eines Unity-of-Oppression und Total-LiberationAnsatzes, mit Anti-Kapitalismus, Marxismus, Postmodernismus und Kritischer Theorie.47 Manche Autor_innen wie Best weisen dem Begriff „CAS“ eine noch konkretere Ausrichtung zu (Best 2009). Sie umschreiben damit allerdings weniger ein Forschungsfeld als ein ideologisches Programm, das auch bestimmte Strategien und Handlungspraxen vorgibt. „Legal Animal Studies“ („LAS“) lassen sich als Teilbereich der „HumanAnimal“ Studies verstehen. Man könnte „LAS“ auch als „Human-Animal Studies“, soweit sie sich auf „Tierrecht“ beziehen, oder als „Legal Human-Animal Studies“ beschreiben. In der Tat deckt sich die oben zitierte Charakterisierung (Michel/Stucki a.a.O.) weitgehend mit gängigen Beschreibungen von HAS, ergänzt um den rechtlichen Fokus. Von „Legal Animal Studies“, die keine HAS sind, lässt sich m.E. allenfalls dann sprechen, wenn man den „Tierstatus“ nicht reflektierende rein rechtsdogmatische Untersuchungen aus dem Bereich der HAS ausnimmt, aber als Teil der „Legal Animal Studies“ bestehen lässt. „Tierrechtsaktivismusrecht“, Veg*ismusrecht und „LAS“ Wie für die HAS, lässt sich auch für die „Tierrechtstheorie“ und die „LAS“ fragen, ob rechtliche Rahmenbedingungen bzw. Rechtsfragen des „Tierrechtsaktivismus“ deren Gegenstand sein können. Und wie bei den HAS erscheint es mir sinnvoll und folgerichtig, diesen Aspekt des „Tier-Mensch-Verhältnisses“ in das Forschungsfeld miteinzubeziehen. „Tierrechtstheorie“ und „LAS“ hätten damit nicht alleine „Tierrecht“, sondern auch Aktivismusrecht und Veganismusrecht zum Gegenstand. Das scheint mit dem oben zitierten Verständnis von „LAS“ durchaus in Einklang zu stehen. Danach sollen „LAS“ sich auch mit der Frage beschäftigen, „ob das Recht zur

45 Die nahe liegende Abkürzung CLAS wird bereits vom „Nachwuchsforschernetzwerk“ Cultural and Literary Animal Studies der Universität Würzburg verwendet. 46 Vgl. dazu DeMello: „explicit political agenda“ (2012: 17) und Spannring/Schachinger/ Kompatscher/Boucabeille (2015a: 19f). Vgl. auch die Beiträge bei Taylor/Twine (2014). 47 Zu den Begriffen Intersektionalität und Unity of Oppression vgl. m.w.N. Schachinger (2015: 63f.) und Gamerschlag (2011) sowie unlängst die verschiedenen Beiträge bei Sorenson (2014). Vgl. dazu das Konzept des Capabilities Approach (dazu Maier 2012b: insb. 416ff).

T IERRECHT

UND

HAS

| 375

Überwindung der realen Benachteiligung von Tieren überhaupt das geeignete Instrument ist“ (Michel/Stucki 2015: 251). Dann ist es m.E. nur konsequent, dass die Fragen, welchen rechtlichen Möglichkeiten und Beschränkungen sich diejenigen „Menschen“ gegenübersehen, die die Benachteiligung von „Tieren“ überwinden wollen und die in ihrem eigenen Lebensstil „Tieren“ möglichst nicht schaden wollen, ebenfalls Fragen sind, mit denen sich „Legal Animal Studies“ auseinandersetzen. „Tiere“ & Recht („Animals“ & Law) als Sammel- bzw. Auffangbegriff Trotz des weiten Verständnisses von „Tierrecht“ und „Legal Animal Studies“, für das hier plädiert wird, ist es denkbar, dass im Rahmen eines Kurses oder Ausbildungsprogramms, eines Forschungsprojektes, einer Tagung oder einer Anthologie Themen behandelt werden, die Bezug zu „Tieren“ und Recht haben, sich aber nicht zur Gänze in die genannten Bereiche eingliedern lassen. Oder dass die Verantwortlichen ein engeres Begriffsverständnis haben, bzw. keine Einigkeit diesbezüglich erzielt werden kann. Dann erscheint als kleinster gemeinsamer Nenner, als Auffangbegriff einer kurzen Charakterisierung, die Wendung „Tier“ & Recht (oder besser, um gleich auf die Vielfalt hinzudeuten „Tiere“ & Recht) empfehlenswert. Beispiel dafür sind das Doktoratsprogramm „Law and Animals“ an der Universität Basel und der Sammelband „Animal Law – Tier und Recht“ (2012) von Michel/ Kühne/Hänni (2012).48

F AZIT In diesem Beitrag wurde kurz dargelegt, dass in der Wortzusammensetzung „Human-Animal Studies“ die Termini „Human“ und „Animal“ in einem überkommenen, letztlich speziesistischen, biologisch falschen Sinne gemeint sind bzw. bestenfalls für Zuschreibungen stehen. Eine genauere, wenngleich für die Allgemeinheit nicht geeignete, Alternative wäre Homo sapiens-Non-Homo sapiens Animal Studies (HNAS; HNS). Als allgemeinheits- und alltagstaugliche Variante besteht beispielsweise die Möglichkeit, „Human“ und „Animal“ in Anführungszeichen zu set-

48 Siehe dazu auch Lengauer/Theuer (2013). Dass im Buchtitel einerseits von „Animal Law“ aber andererseits nicht von „Tierrecht“ die Rede ist, könnte an einem breiten oder auch an einem Advocacy-Begriffsverständnis von „Animal Law“ liegen, und/oder auch daran, dass „Tierrecht“ noch kein sehr gängiger Terminus ist (vgl. Michel/Kühne/Hänni 2012: V).

376 | E BERHART THEUER

zen, um die speziesistische bzw. biologisch inkorrekte Zuschreibung zu markieren und in der Abkürzung das „Human“ hochgestellt zu formatieren (sodass logoartig ein Dreieck der Buchstaben HAS entsteht), um eine hierarchisierende Reihenfolge von „Human“ und „Animal“ zu vermeiden. Es wurde eine kurze Charakterisierung von HAS entwickelt, die darauf Bezug nimmt, dass die Termini „Mensch“ und „Tier“ im überkommenen, landläufigen Sinn nur als Konstrukt verstanden werden können. In weiterer Folge wurde untersucht, welche Rechtsmaterien mit Bezug zu „Tiere“ sich unterscheiden lassen und welche Wissenschaften und Forschungsfelder sich damit befassen. Unter „Tierrecht“ im objektiven Sinne werden grob alle Normen verstanden, die „Tiere“ als Anknüpfungspunkt haben, wobei zwischen direktem und indirektem „Tierrecht“ unterschieden wird und Abgrenzungskriterien vorgeschlagen werden. Für eine multidisziplinäre wissenschaftliche Beschäftigung mit dem „Tierrecht“ im objektiven und im subjektiven Sinne wird der Begriff „Tierrechtstheorie“ erwogen. Die Untersuchung rechtlicher Rahmenbedingungen von Aktivismus für „Tiere“ (hier als „Tierrechtsaktivismusrecht“ bezeichnet) oder veganer Lebensweise (hier als Veganismusrecht bezeichnet) ist zwar nicht Teil des „Tierrechts“, es gibt aber Überschneidungen, und sollte als Teil von HAS, „Tierrechtstheorie“ und „Legal Animal Studies“ („LAS“) gesehen werden, wie „LAS“ überhaupt grob als „HumanAnimal Studies“ mit Fokus auf rechtliche Fragen angesehen werden können. Vieles ist dabei noch nicht abschließend geklärt. Dies betrifft besonders die Frage, inwieweit ein kritisches Reflektieren und Hinterfragen bestehender „TierMensch-Verhältnisse“ konstitutives Element von HAS und „Legal Animal Studies“ sein sollte (hier als Reflexionserfordernis bezeichnet). Jedenfalls sollte in Zweifelsfällen auch der akademische Kontext, in dem sich eine Untersuchung bzw. ein_e Wissenschaftler_in bewegt, mitberücksichtigt werden. Dazu wurden Formulierungsvorschläge erstattet. In diesem Text ging es nicht darum, letztgültige Antworten zu geben. Vielmehr sollten Themen angesprochen werden, die für die weitere Entwicklung der HAS bedeutsam sein könnten. Es bleibt zu wünschen, dass der akademische Diskurs zu diesen Themen konstruktiv fortgeführt wird. In diesem Sinne mögen die geneigten Leser_innen selbst beurteilen, ob dieser Aufsatz ein Beitrag zu den HAS ist und gerne den Autor vom Ergebnis ihrer Überlegungen in Kenntnis setzen.

T IERRECHT

UND

HAS

| 377

L ITERATUR Best, Steve (2009): „The Rise of Critical Animal Studies: Putting Theory into Action and Animal Liberation into Higher Education”, in: State of Nature, Summer 2009, www.stateofnature.org/?p=5903. Binder, Regina (2013): „Rechtliche Grundlagen des Tierversuchs“, in: Regina Binder/Norbert Alzmann/Herwig Grimm (Hg.), Wissenschaftliche Verantwortung im Tierversuch, Baden-Baden: Nomos, S. 68-139. Binder, Regina (2014): Das österreichische Tierschutzrecht, 3. Aufl., Wien: Manz. Bolliger, Gieri/Richner, Michelle/Rüttimann, Andreas (2011): Schweizer Tierschutzstrafrecht in Theorie und Praxis (= Schriften zum Tier im Recht, Bd. 1), Zürich Basel Genf: Schulthess. Bradshaw, John W.S. (2010): „Anthrozoology“, in: Daniel S. Mills (Hg.), The Encyclopedia of Applied Animal Behaviour and Welfare, Oxfordshire: CAB International, S. 28-30. Brucker, Renate/Bujok, Melanie/Mütherich, Birgit/Seeliger, Martin/Thieme, Frank (Hg.) (2015): Das Mensch-Tier-Verhältnis. Eine sozialwissenschaftliche Einführung, Wiesbaden: Springer. Bryant, Taimie L./Huss, Rebecca J./Cassuto, David N. (2008): Animal Law and the Courts: A Reader, St. Paul, MN: Thomson West. Buschka, Sonja/Gutjahr, Julia/Sebastian, Marcel (2012): „Gesellschaft und Tiere – Grundlagen und Perspektiven der Human-Animal Studies“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (ApuZ) 62 (8-9) S. 20-27. Chimaira – Arbeitskreis für Human-Animal Studies (2011a): „Eine Einführung in Gesellschaftliche Mensch-Tier-Verhältnisse und Human-Animal Studies“, in: dies. (Hg.), Human-Animal Studies, S. 7-42. Chimaira – Arbeitskreis für Human-Animal Studies (Hg.) (2011b): Human-Animal Studies. Über die gesellschaftliche Natur von Mensch-Tier-Verhältnissen, Bielefeld: transcript. Deckha, Maneesha (2012): „Critical Animal Studies and Animal Law“, in: Animal Law 18, S. 207-236. DeMello, Margo (2012): Animals and Society. An Introduction to Human-Animal Studies, New York: Columbia University Press. de Waal, Frans (1990): Peacemaking among Primates, Cambridge: Harvard University Press. de Waal, Frans (2007): Chimpanzee Politics. Power and Sex among Apes, Baltimore: John Hopkins University Press. Easterbrook, Frank H. (1996): „Cyberspace and the Law of the Horse“, University of Chicago Legal Forum, S. 207-216. E.B.S., Jr. (1900): Rezension von J.H. Ingham, The Law of Animals, Philadelphia: T. & J.W. Johnson & Co., 1900, in: Am. L. Reg. 48, S. 124-125.

378 | E BERHART THEUER

Favre, David (2008): Animal Law: Welfare, Interests, and Rights, New York: Aspen u. Wolters Kluwer. Fitzgerald, Peter L. (2012): International Issues in Animal Law. The Impact of International Environmental and Economic Law upon Animal Interests and Advocacy, Durham, NC: Carolina Academic Press. Frasch, Pamela D./Hessler, Katherine M./Kutil, Sarah M./Waisman, Sonia S. (2011): Animal Law in a Nutshell, St. Paul, MN: West. Gamerschlag, Andre (2011): „Intersektionelle Human-Animal Studies – Ein historischer Abriss des Unity-of-Oppression-Gedankens und ein Plädoyer für die intersektionelle Erforschung der Mensch-Tier-Verhältnisse“, in: Chimaira (Hg.), Human-Animal Studies, S. 151-189. Garner, Robert (2002): „Political Science and Animal Studies“, in: Society & Animals 10, S. 395-401. Garner, Robert (2008): „The Politics of Animal Rights“, in: British Politics, S. 110119. Geissmann, Thomas (2003): Vergleichende Primatologie, Berlin/Heidelberg/New York: Springer. Gerritsen, Vanessa/Rüttimann, Andreas (2012): „Neue Wege im Tierversuchsrecht“, in: Michel/Kühne/Hänni, Animal Law – Tier und Recht, S. 239-269. Holzleithner, Elisabeth (2002): Recht Macht Geschlecht. Legal Gender Studies. Eine Einführung, Wien: WUV. Kelch, Thomas G. (2011): Globalization and Animal Law. Comparative Law, International Law and International Trade, Alphen aan den Rijn: Wolters Kluwer. Kerschner, Ferdinand (2006): Wissenschaftliche Arbeitstechnik und Methodenlehre für Juristen, 5., überarbeitete Aufl., Wien: WUV. Kirste, Stephan (2010): Einführung in die Rechtsphilosophie, Darmstadt: WBG. Kompatscher, Gabriela/Classen, Albrecht/Dinzelbacher, Peter (2010): Tiere als Freunde im Mittelalter. Eine Anthologie, Badenweiler: Wissenschaftlicher Verlag Bachmann. Kompatscher, Gabriela (2015): „Literaturwissenschaft. Die Befreiung ästhetischer Tiere“, in: Spannring/Schachinger/Kompatscher/Boucabeille, Disziplinierte Tiere?, S. 137-159. Kotrschal, Kurt (2015): „Vorwort“, in: Spannring/Schachinger/Kompatscher/ Boucabeille, Disziplinierte Tiere?, S. 9-12. Kurth, Markus/Henschke, Tina/Stark, Andreas/Struppek, Maria (2011): „Zum Verhältnis von Hardcore-Szene und veganer Biografie – eine qualitative Untersuchung“, in: Chimaira – Arbeitskreis für Human-Animal Studies, Human-Animal Studies, S. 377-411. Ladwig, Bernd (2015): „Das Stellung nehmende Tier und die Moral“, in: TIERethik. Zeitschrift zur Mensch-Tier-Beziehung 7 (2), S. 7-10. Lengauer, Erwin/Luy, Jörg (2010): „Tierethik“, in: H.J. Sandkühler (Hg.), Enzyklopädie Philosophie, 2. Aufl., Hamburg: Meiner Verlag, S. 2742-2746.

T IERRECHT

UND

HAS

| 379

Lengauer, Erwin/Theuer, Eberhart (2012): „Tierrechte: Irrational, extrem und gefährlich? Säkular-analytische Topographie aktueller Diskurse“, in: Edith Riether/Michael Noah Weiss (Hg.), Tier – Mensch – Ethik, Wien/Berlin: LIT, S. 73-104. Lengauer, Erwin/Theuer, Eberhart (2013): Rezension von Michel/Kühne/Hänni, Animal Law – Tier und Recht, in: TIERethik. Zeitschrift zur Mensch-TierBeziehung 5 (2), S. 140-144. Lennkh, Sabine (2011): „The Animal: A Subject of Law? A Reflection on Aspects of the Austrian and German Juridical Systems“, International Journal for the Semiotics of Law 24, S. 307-329. Lovitz, Dara (2010): Muzzling a Movement. The Effects of Anti-Terrorism Law, Money and Politics on Animal Activism, Herndon, VA: Lantern Books. Maier, Eva Maria (2006): „Zwischen Verdinglichung und Personenwürde. Das Tier in der aktuellen rechtsethischen Diskussion“, Journal für Rechtspolitik (JRP) 14, S. 196-207. Maier, Eva Maria (2009): „Locke versus Kant? Die Tierrechtsdebatte als Herausforderung an den Personenbegriff; unter besonderer Berücksichtigung des ‚Great Ape Project‘“, in: Zeitschrift für Rechtsphilosophie (ZRph) 7, S. 55 – 76. Maier, Eva Maria (2010): „;Organisierte‘ Kriminalität oder Ziviler Ungehorsam? Methodische und rechtsphilosophische Anmerkungen zur rechtsstaatlichen Problematik der Strafverfolgung von TierschutzaktivistInnen gemäß § 278a StGB“, Juridikum, S. 46-57. Maier, Eva Maria (2012a): „Paradigmenwechsel im Tierschutz? Auf dem Weg zur Revision des moralischen und rechtlichen Status von Tieren“, in: Michel/Kühne/Hänni, Animal Law – Tier und Recht, S. 117-142. Maier, Eva Maria (2012b): „Diskriminierung durch den Sozialkontrakt? Wege zur ‚Globalisierung‘ von Gerechtigkeit in Martha Nussbaums ‚Frontiers of Justice‘“, Juridikum, S. 412-420. Michel, Margot (2012): „Tierschutzgesetzgebung im Rechtsvergleich: Konzepte und Entwicklungstendenzen“, in: Michel/Kühne/Hänni, Animal Law – Tier und Recht, S. 593-623. Michel, Margot/Kühne, Daniela/Hänni, Julia (2012a): „Vorwort“, in: dies., Animal Law – Tier und Recht, S. V. Michel, Margot/Kühne, Daniela/Hänni, Julia (Hg.) (2012b): Animal Law – Tier und Recht. Developments and Perspectives in the 21st Century – Entwicklungen und Perspektiven im 21. Jahrhundert, Zürich/St.Gallen: Dike, Berlin: BMV. Michel, Margot/Stucki, Saskia (2015): „Rechtswissenschaft. Vom Recht über Tiere zu den Legal Animal Studies“, in: Spannring/Schachinger/Kompatscher/ Boucabeille, Disziplinierte Tiere?, S. 229-255. Mills, Blake M./Wise, Steven M. (2015): „The Writ De Homine Replegiando: A Common Law Path to Nonhuman Animal Rights“, in: George Mason University Civil Rights Law Journal 25, S. 159-189.

380 | E BERHART THEUER

Mütherich, Birgit (2015): „Die soziale Konstruktion des Anderen – Zur soziologischen Frage nach dem Tier“, in: Brucker/Bujok/Mütherich/Seeliger/Thieme, Das Mensch-Tier-Verhältnis, S. 49-77. Prüfer, Kay/Munch, Kasper/Hellmann, Ines/Akagi, Keiko et al. (2012): „The bonobo genome compared with the chimpanzee and human genomes”, Nature 486, 527-531. Radford, Mike (2001): Animal Welfare Law in Britain. Regulation and Responsibility, New York: Oxford University Press. Raspé, Carolin (2013): Die tierliche Person. Vorschlag einer auf der Analyse der Tier-Mensch-Beziehung in Gesellschaft, Ethik und Recht basierenden Neupositionierung des Tieres im deutschen Rechtssystem (= Schriften zur Rechtstheorie, Heft 263), Berlin: Duncker & Humblot. Roscher, Mieke (2009): Ein Königreich für Tiere. Die Geschichte der britischen Tierrechtsbewegung, Marburg: Tectum. Rüthers, Bernd/Fischer, Christian/Birk, Axel (2013): Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 7. überarbeitete Aufl., München: C.H.Beck. Sankoff, Peter/White Steven (Hg.) (2009): Animal Law in Australasia. A New Dialogue, Sydney: The Federation Press. Schaffner, Joan E. (2011): An Introduction to Animals and the Law (= The Palgrave Macmillan Animal Ethics Series), New York: Palgrave Macmillan. Senatori, Megan A./Frasch, Pamela D. (2012): „The Future of Animal Law: Moving Beyond Preaching to the Choir“, in: Michel/Kühne/Hänni, Animal Law – Tier und Recht, S. 433-465. Sommer, Volker (2009): „Plädoyer für eine radikale evolutionäre Anthropologie: Menschenaffen wie wir“, in: Biologie in unserer Zeit 39, 196-204. Sorenson, John (2009): „Constructing Terrorists: propaganda about animal rights“, in: Critical Studies on Terrorism, S. 237-256. Sorenson, John (Hg.) (2014): Critical Animal Studies. Thinking the Unthinkable, Toronto: Canadian Scholars Press. Spannring, Reingard/Schachinger, Karin/Kompatscher, Gabriela/Boucabeille, Alejandro (2015a): „Einleitung. Disziplinierte Tiere?“, in: dies., Disziplinierte Tiere?, S. 13-28. Spannring, Reingard/Schachinger, Karin/Kompatscher, Gabriela/Boucabeille, Alejandro (Hg.) (2015b): Disziplinierte Tiere? Perspektiven der Human-Animal Studies für die wissenschaftlichen Disziplinen, Bielefeld: transcript. Stucki, Saskia (2012): „Rechtstheoretische Reflexionen zu Begründung eines tierlichen Rechtssubjekts“, in: Michel/Kühne/Hänni, Animal Law – Tier und Recht, S. 143-172. Tannenbaum (2013): „What is Animal Law?“, in: Cleveland State Law Review 61, S. 891-955. Taylor, Nik (2013): Humans, Animals, and Society. An Introduction to HumanAnimal Studies. Brooklyn: Lantern Books.

T IERRECHT

UND

HAS

| 381

Taylor, Nik/Twine, Richard (Hg.) (2014): The Rise of Critical Animal Studies. From the Margins to the Centre, London: Routledge. Theuer, Eberhart/Lengauer, Erwin (2011): „Forschungsprojekt zur Frage der Einschränkung zivilgesellschaftlichen Engagements durch Organisationsstraftatbestände am Beispiel des Tierschützer-Prozesses in Wiener Neustadt. Komparative Analyse im Kontext Europäischer und internationaler Diskurse“, in: www.fewd.univie.ac.at/forschungsprojekt-theuer-lengauer-tierschützerprozess. Theuer, Eberhart (2011): „Darf die Polizei Entlastendes verschweigen? Zu Irrlehren aus dem Tierschützerprozess“, in: Journal für Strafrecht 9, S. 205 – 213. Theuer, Eberhart/Lengauer, Erwin (2012a): „Das Missing Link in der Rechtsethikdebatte als Forschungsschwerpunkt der Forschungsstelle für Ethik und Wissenschaft: Der Rechtsstatus von Menschenaffen“, http://fewd.univie.ac.at/menschenaffen/missing-link. Theuer, Eberhart/Lengauer, Erwin (2012b): „Engagierte Bürgerinnen und Bürger statt Mafiosi? Symbolische Aspekte des § 278a StGB (kriminelle Organisation) und seiner Anwendung“, Juridikum, S. 503-516. Theuer, Eberhart (2013): „Menschenaffen gehören zur menschlichen Familie“, in: Gehirn und Geist. Das Magazin für Psychologie und Hirnforschung. Spektrum der Wissenschaft (12), S. 74-78. Theuer, Eberhart (2014a): „Wie ‚Habeas Corpus‘ die Speziesgrenze transzendieren könnte“, in: Verfassungsblog. On Matters Constitutional, www. verfassungsblog.de/wie-habeas-corpus-speziesgrenze-transzendieren-koennte, 15.4.2014. Theuer, Eberhart (2014b): „Grundrechte für Menschenaffen“, in: TIERethik. Zeitschrift zur Mensch-Tier-Beziehung 6 (1), S. 119-120. Theuer, Eberhart (2015): „Schicksalstag für Schimpansen“, in: Der Tierfreund (6), S. 20-23. von Harbou, Frederik (2012): „Sache, Mitgeschöpf, Rechtssubjekt? Das Tier im deutschen Recht – Geschichte, Gegenwart und Perspektiven“, in: Michel/Kühne/Hänni, Animal Law – Tier und Recht, S. 571-592 . Wagman, Bruce A./Liebman, Matthew (2011): A Worldview of Animal Law, Durham, NC: Carolina Academic Press. Waisman, Sonia S./Frasch, Pamela D./Wagman, Bruce A. (2006): Animal Law. Cases and Materials, 3. Aufl., Durham, NC: Carolina Academic Press. Waldau, Paul (2013): Animal Studies. An Introduction, New York: Oxford University Press. Wannenmacher, Julia Eva (2015): „Theologie. Ambivalenzen einer Beziehung – und ein Plädoyer für eine antispeziesistische Theologie“, in: Spannring/Schachinger/Kompatscher/Boucabeille, Disziplinierte Tiere?, S. 287-319. Wild, Markus (2013 [2008]): Tierphilosophie zur Einführung, 3. Aufl., Hamburg: Junius.

382 | E BERHART THEUER

Wild, Markus (2015): „Tiere sind wie Menschen, weil Menschen Tiere sind“, in: TIERethik. Zeitschrift zur Mensch-Tier-Beziehung 7 (2), S. 39-54. Wildman, Derek E./Uddin, Monica/Liu, Guozhen/Grossman, Lawrence I./Goodman, Morris (2003): „Implications of natural selection in shaping 99,4% nonsynonymous DNA identity between humans and chimpanzees: Enlarging genus Homo“, in: PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America) 100, 7181-7188. Wise, Steven M. (2000): Rattling the Cage. Toward Legal Rights for Animals, Cambridge, MA: Perseus. Wuketits, Franz M. (2015): „Hilft es den Tieren, wenn wir Menschen uns selbst als Tiere wahrnehmen?“, in: TIERethik. Zeitschrift zur Mensch-Tier-Beziehung 7 (1), S. 11-24.

Informationen zu den Autor_innen

Alexander, Richard J., is Professor Emeritus of English for business and economics at the Vienna University of Economics. As a graduate of Jesus College, Cambridge, he has taught and researched English as a foreign language, business English, linguistics and language and ecology for over forty-six years at several European universities. He is the author of Framing Discourse on the Environment. A Critical Discourse Approach (2009, New York, Routledge). Beinsteiner, Andreas, studierte Philosophie und Informatik in Innsbruck und Bergen. Er befasst sich insbesondere mit Beschreibungsversuchen jener Transformationsprozesse, die mit dem Aufkommen neuer Technologien und Medien einhergehen. In seinem Dissertationsprojekt versucht er, die Philosophie von Martin Heidegger als einen medientheoretischen Ansatz zu rekonstruieren. Birkl, Patrick, Absolvent der Zoologie an der Leopold Franzens Universität Innsbruck, derzeit Doktorand an der University of Guelph. In diesem Rahmen setzt er sich mit der Ursachenforschung von pathologischem Verhalten (Federpicken) bei Legehennen auseinander. Boucabeille, Alejandro Laurent, Dissertant am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck, MA Studien am College of Europe in Brügge, ist Gründungsmitglied des Innsbrucker HAS-Teams. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Human-Animal Studies wie auch Migrations- und Postcolonial Studies. Neben journalistischen- als auch Übersetzungsarbeit schreibt er Gedichte und Romane. Cohen, Aylon A., is a squatter and scholar. He recently graduated with an MPhil (distinction) in Political Theory from Oxford University exploring themes of friendship, fraternity, and love in early democratic thought. He is currently doing research on the history and theory of Insurrectionary Anarchism. He is also involved in housing struggles across London. He can be contacted at [email protected].

384 | A UTOR_INNEN

Cuneo, Pia Francesca, is professor of Art History at the University of Arizona. Work in Progress: Horsemanship and the Performance of Identity in Early Modern Germany. Book-length study that advances the following thesis: the cultures and practices of early modern horsemanship offered definitions of – and arenas of performance for – contemporaneous social, political, professional, and gender identities. Issues of human empathy and animal agency are also examined. De Felip, Eleonore, Studium der Germanistik und Klassischen Philologie in Wien und Innsbruck. 2001 Promotion mit einer Studie über Ilse Aichingers hermetische Dialoge „Zu keiner Stunde“. Seit 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsinstitut Brenner-Archiv. Verfasserin mehrerer Aufsätze zu zeitgenössischer Lyrik. Derzeit schreibt sie an einer Monographie zur Lyrik von Friederike Mayröcker. Forschungsschwerpunkte: moderne und zeitgenössische deutschsprachige Lyrik, Literary Animal Studies, literaturwissenschaftliche Emotionsforschung. Döring, Martin, PhD, is a research fellow at the Institute of Geography at the University of Hamburg. He holds a PhD in French linguistics, is a co-editor of the online journal metaphorik.de and the bookseries MatteRealities/VerKörperungen (together with Jörg Niewöhner) with Transcript Bielefeld. He has published in the areas of Ecolinguistics, Rural Studies, Food Studies, Science and Technology studies and Linguistics. Döring has – together with Brigitte Nerlich – published the edited volume The Social and Cultural Impact of Foot and Mouth Disease in the UK in 2001. His current research is devoted to the ecology of place and the regional framing of climate change in North Frisia (Germany). Fill, Alwin Frank, studied English and Classical Philology at the University of Innsbruck. He became Dr. phil. in 1965 and finished his Habilitation in English Linguistics in 1976. In 1980, Fill became full Professor of English Philology at the University of Graz, where he retired in 2007. His research interests include Contrastive Linguistics, Pragmatics, Ecolinguistics, Suspense Linguistics, Language Impact and Linguistics for kids. Gießauf, Johannes, Assistenzprofessor an der Universität Graz am Institut für Geschichte, Abteilung für Mittelalter; Kuriensprecher des akademischen Mittelbaus der geisteswissenschaftlichen Fakultät und Mitglied des akademischen Senats, Kapitän der Fußballmannschaft Geschichte. Forschungsschwerpunkte: Kulturbegegnungen zwischen Europa und Asien im Mittelalter; Geschichte des mongolischen Weltreichs; Kulturgeschichte, Geschichte des Christentums, steirische Geschichte, Ordensgeschichte (besonders Dominikaner); Diplomatik; Kodikologie, mittelalterliche Kampfkünste.

T IERE – T EXTE – T RANSFORMATIONEN

| 385

Heuberger, Reinhard, ist Assistenzprofessor am Institut für Anglistik der Universität Innsbruck. Seine wichtigsten Forschungsbereiche sind Lexikographie, Dialektologie sowie Ökolinguistik/Human-Animal Studies. Dr. Heuberger ist außerdem Kodirektor im FWF-Projekt „EDD Online“, welches sich mit der Digitalisierung und Auswertung von Joseph Wrights English Dialect Dictionary befasst. Isola, Helena has a degree of Master of Arts in Assyriology and works as a private veterinarian in Helsinki, Finland. Kangas, Reeta, MA, MPhil, is currently finalising her PhD thesis in Russian Studies at the University of Turku, Finland. Her thesis discusses animal symbolism in the Soviet Kukryniksy trio’s political cartoons published in Pravda during the Cold War. Her research interests involve the use of animals in art and propaganda, and in more general the Soviet Union, propaganda, political cartoons, and Russian art. She is a board member of the Finnish Society for Human-Animal Studies. Kompatscher, Gabriela, ist außerordentliche Professorin für Lateinische Philologie an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Ihre Forschung konzentriert sich auf lateinische Texte des Mittelalters (Edition der Exempelsammlung Gesta Romanorum und der Mirakelsammlung des Zisterziensers Herbert von Clairvaux), wobei der Themenkomplex „Mensch und Tier im Mittelalter“ einen besonderen Schwerpunkt bildet (Tiere als Freunde im Mittelalter, 2010, zusammen mit A. Classen und P. Dinzelbacher, Partner, Freunde und Gefährten. Mensch-TierBeziehungen der Antike, des Mittelalters und der Neuzeit in lateinischen Texten, 2014, zusammen mit F. Römer und S. Schreiner). Sie ist Mitbegründerin des Innsbrucker HAS-Teams und als solche im Bereich der Human-Animal Studies aktiv. Mussner, Marlene, Studium der Germanistik, Romanistik (Französisch) und Translationswissenschaft in Innsbruck und Straßburg, Dissertation über Tierphraseme in den Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch; seit 2006 wissenschaftliche Mitarbeiterin, seit 2014 Senior Scientist am Institut für Sprachen und Literaturen/Sprachwissenschaft der Universität Innsbruck. Ihre Forschungsschwerpunkte sind kontrastive Phraseologie und Lexikologie sowie deutsch-romanischer und innerromanischer Sprachkontakt und Sprachvergleich. Nerlich, Brigitte, is Professor of Science, Language and Society at the University of Nottingham and Director of the Leverhulme Programme “Making Science Public”. She did her Dr. phil. in French linguistics. She has expertise in general, historical and cognitive linguistics. Her recent work has focused on the social, cultural and linguistic study of scientific controversies, including cloning, genetic modification, stem cells, genomics, synthetic biology, nanotechnology, infectious diseases and

386 | A UTOR_INNEN

climate change. She is a member of the Academy of Social Sciences and she was awarded a higher doctorate, a DLitt, in 2011. Oberprantacher, Andreas, ist am Institut für Philosophie der Universität Innsbruck tätig, am UNESCO Chair for Peace Studies sowie im universitären Forschungsschwerpunkt „Kulturelle Begegnungen – kulturelle Konflikte“, wo er sich vor allem mit Fragen der Politischen Theorie im Kontext radikaldemokratischer Denkansätze und transnationaler Mobilitäten befasst. Neben seinen Tätigkeiten an der Universität Innsbruck hat er wiederholte Forschungs- und Lehraufenthalte an Universitäten in Spanien, Indien, Thailand und Taiwan verbracht. Penz, Andrea, ist Historikerin und Lehrbeauftragte an der Universität Graz sowie Assistentin des Vizerektors für Studium und Lehre. Forschungsschwerpunkte: Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Vergleichende Geschichte, Irische Geschichte und Kulturgeschichte. Piskorski, Rodolfo, is a PhD candidate in Critical and Cultural Theory at Cardiff University (UK), and holds an MA in Literary Theory from Universidade Federal de Santa Catarina (Brazil). He researches the interface between animality and textuality in a variety of discursive practices. He has published and presented on Animal Studies, literary theory, film, Derrida, and Brazilian literature. Schachinger, Karin, ist Germanistin und unterrichtet Deutsch als Zweitsprache und Basisbildung. Sie studiert „Gender, Culture and Social Change“ an der Universität Innsbruck, ist Teil des Innsbrucker HAS-Teams und aktuell Mitarbeiterin am „Human-Animal Studies Development Projekt 2015“ des Animals & Society Institute. Spannring, Reingard, ist Universitätsassistentin an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck mit den Schwerpunkten Lebenslanges Lernen, kritische Pädagogik, Umweltpädagogik, Integralpädagogik, politische Partizipation und Human-Animal Studies. Ihre laufenden Forschungsarbeiten beschäftigen sich auf der theoretischen Ebene mit der Rolle der Frankfurter Schule für eine im Sinne der Ökologie und Tierethik kritischen Pädagogik und auf der empirischen Ebene mit dem Zusammenhang von Tierethik und menschlichem Lernen. Steiner, Gary ist Professor für Philosophie. Er hat zahlreiche Aufsätze und Bücher veröffentlicht, einschließlich Anthropocentrism and Its Discontents: The Moral Status of Animals in the History of Western Philosophy (University of Pittsburgh Press, 2005/2010); Animals and the Moral Community: Mental Life, Moral Status, and Kinship (Columbia University Press, 2008); und Animals and the Limits of Post-

T IERE – T EXTE – T RANSFORMATIONEN

| 387

modernism (Columbia University Press, 2013). 2010 hat er den Aufsatz „Tierrecht und die Grenzen des Postmodernismus: Der Fall Derrida“ bei ALTEXethik veröffentlicht. Seit 2008 hat er Vorträge in deutscher Sprache in Heidelberg, Berlin und Wien gehalten. Straubinger, Franz, beschäftigte sich im Rahmen seines 2015 abgeschlossenen Masterstudiums der Philosophie an der Universität Innsbruck mit Phänomenologie und Metaphysikkritik, bevorzugt im Hinblick auf die kritischen Human-Animal Studies. Theuer, Eberhart, Studium der Rechtswissenschaften und der Philosophie; Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für internationales und ausländisches Strafrecht. Studien- und Forschungsaufenthalte an den Universitäten Harvard und Berkeley; zahlreiche Vorträge im In- und Ausland, unter anderem an den Universitäten Harvard und Kent; Schwerpunkte: rechtliche Rahmenbedingungen von Tierschutzaktivismus (einschließlich der Problematik der Kriminalisierung der Tierschutzbewegung insbesondere durch Organisationsstrafrecht); Tierschutzrecht; Rechtsstatus von Menschenaffen; Menschenrechte; Strafrecht; Rechtsethik; Zivilgesellschaft. Trampe, Wilhelm, Dr. phil., Dipl.-Kfm., Studium der Betriebswirtschaftslehre, Pädagogik, Germanistik in Osnabrück und Bielefeld. Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Osnabrück im Bereich Erziehungswissenschaft. Fachleiter für Deutsch/Kommunikation am Studienseminar Osnabrück. Dissertation: Aspekte einer ökologischen Linguistik. Grundlagen einer ökologischen Sprach- und Wissenschaftstheorie; Veröffentlichungen zur Ökolinguistik, Ökosemiotik und zu pädagogischen Themen. Ullrich, Jessica, Studium der Kunstgeschichte, Kunstpädagogik und Germanistik in Frankfurt/Main sowie Kultur- und Medienmanagement in Berlin; Herausgeberin der Tierstudien, Neofelis Verlag, Berlin; Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Human-Animal Studies an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Diverse Veröffentlichungen zur Gegenwartskunst, Kuratorin verschiedener Ausstellungen zu Bildhauerei und Fotografie (u.a. 2009 Tierperspektiven im Georg-KolbeMuseum und Tier-Werden, Mensch-Werden in der NGBK Berlin), Mitglied des Senior Editorial Board von Antennae. The Journal of the Nature in Visual Culture, Repräsentantin von Minding Animals Germany. Ullrich, Martin, studierte Klavier in Frankfurt am Main und Berlin sowie Musiktheorie und Gehörbildung, ebenfalls in Berlin. 2005 wurde er an der Universität der Künste Berlin im Fach Musikwissenschaft promoviert. Sein besonderes wissenschaftliches Interesse gilt der Rolle von Musik und Klang im interdisziplinären

388 | A UTOR_INNEN

Kontext der Animal Studies. Er ist Gründungsmitglied der Forschergruppen Animalität und Ästhetik (Berlin) und Minding Animals Germany sowie Mitglied der FITT (Forschungsinitiative Tiertheorie, Konstanz) und der interdisziplinären AG MenschTier-Beziehung (München) sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Zeitschrift Tierstudien. Seit Oktober 2009 ist Martin Ullrich Präsident der Hochschule für Musik Nürnberg und seit Oktober 2011 Vorsitzender der Rektorenkonferenz der deutschen Musikhochschulen. 2013 wurde er zum Professor für Interdisziplinäre Musikforschung mit Schwerpunkt Human-Animal Studies an der Hochschule für Musik Nürnberg berufen. Virdis, Daniela Francesca, PhD, is a Associate Professor of English Language and Translation at the University of Cagliari and the Secretary of PALA (Poetics And Linguistics Association). She is the author of the book Serialised Gender: A Linguistic Analysis of Femininities in Contemporary TV Series and Media (2012), which was awarded the AIA (Italian Association of English Studies) Book Prize 2013 for a monograph in the field of English Language and Linguistics. She is currently researching ecostylistics.

Human-Animal Studies Sven Wirth, Anett Laue, Markus Kurth, Katharina Dornenzweig, Leonie Bossert, Karsten Balgar (Hg.) Das Handeln der Tiere Tierliche Agency im Fokus der Human-Animal Studies Dezember 2015, 276 Seiten, kart., 29,99 €, ISBN 978-3-8376-3226-2

Annette Bühler-Dietrich, Michael Weingarten (Hg.) Topos Tier Neue Gestaltungen des Tier-Mensch-Verhältnisses Dezember 2015, ca. 250 Seiten, kart., ca. 29,99 €, ISBN 978-3-8376-2860-9

Arianna Ferrari, Klaus Petrus (Hg.) Lexikon der Mensch-Tier-Beziehungen September 2015, 482 Seiten, kart., 29,99 €, ISBN 978-3-8376-2232-4

Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de

Human-Animal Studies Nastasja Klothmann Gefühlswelten im Zoo Eine Emotionsgeschichte 1900-1945 Juni 2015, 430 Seiten, kart., 39,99 €, ISBN 978-3-8376-3022-0

Chimaira – Arbeitskreis für Human-Animal Studies (Hg.) Tiere Bilder Ökonomien Aktuelle Forschungsfragen der Human-Animal Studies 2013, 328 Seiten, kart., 29,99 €, ISBN 978-3-8376-2557-8

Chimaira – Arbeitskreis für Human-Animal Studies (Hg.) Human-Animal Studies Über die gesellschaftliche Natur von Mensch-Tier-Verhältnissen 2011, 424 Seiten, kart., zahlr. Abb., 24,80 €, ISBN 978-3-8376-1824-2

Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de