Symbolik der griechischen Kirche [Reprint 2019 ed.] 9783111454887, 9783111087450

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Symbolik der griechischen Kirche [Reprint 2019 ed.]
 9783111454887, 9783111087450

Table of contents :
Vorwort
Uebersicht des Inhalts
Einleitung
Erste Abtheilung. Die Urkunden und die Literatur
I. Das Symbol des Gennadius
II. Lutherisch-griechische Verhandlungen
III. Zweiter Reformversuch. Cyrillus Lucaris und sein Bekenntniss
IV. Die Bekenntnissschrift des Metrophaues
V. Das kirchliche Hauptbekenntniss, die Lehrschritt des Petrus Mogilas
VI. Die Synodalschriften
VII. Jüngere Literatur
Zweite Abtheilung. Das Lehrsystem. Einleitung
I. Die Grundgedanken
II. Die Quellen und Normen
Erster Theil. Der Glaube
I. Die einfache Theologie
II. Die sichtbare und unsichtbare Welt
III. Die Lehre vom Menschen
IV. Die göttliche Leitung
V. Die ökonomische Theologie
VI. Die Ausführung und Aneignung des Heils
VII. Die Lehre von der Kirche
VIII. Die Lehre von den Mysterien
IX. Liturgie und Ritus
X. Heiligen- und Bilderverehrung
XI. Letzte Dinge
Zweiter Theil. Die Werke
I. Der heilige Geist
II. Die christliche Frömmigkeit als Hoffnung
III. Die christliche Frömmigkeit als Liebe oder die Tugendübung
III. Anhang. Allgemeine Uebersicht und Secten
I. Uebersicht und Ergebnisse
II. Separatkirchen und Secten
Zahlenverhältnisse
Nachträge
Verzeichniss der wichtigeren Namen

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Symbolik der

griechischen

Kirche

voa

Dr.

W.

Gass.

Berlin, Druck und Verlag von G e o r g ß e i m c r , J872,

V o r w o r t, M i t diesem Buche will ich zunächst mir selbst einen Dienst erweisen.

Seit der Herausgabe meiner

grösseren und kleineren Beiträge zur Literatur- und Dogmengeschichte der g r i e c h i s c h e n K i r c h e lastete ein Schuldgefühl auf mir, welches durch andere Studien für lange Zeit zurückgedrängt, in den letzten J a h r e n wieder lebhafter und mahnender geworden ist.

Von

diesem kann ich mich nur befreien, indem ich auf demselben Gebiet, welchem

ich als jüngerer

Mühe und Fleiss im Einzelnen zugewendet, auch etwas Ganzes zu leisten unternehme.

Mann endlich

Die Form

einer S y m b o l i k aber habe ich deshalb gewählt, weil sie mich am Meisten in den Stand setzte, auch Anderen und hoffentlich der Wissenschaft selber nützlich werden.

Die Symbolik der

zu

griechisch-morgenländi-

schen Kirche ist der vernachlässigte und in mancher *

Vorwort.

IV

Beziehung auch der schwierigste Theil dieser Disciplin; ihr Gegenstand liegt uns Abendländern fern und sie befindet sich schon darum im Nachtheil,

weil sie

innerhalb der Gesichtspunkte, welche die übrigen Confessionen darzubieten pflegen, ihren eigenthümlichen Charakter nicht vollständig entfalten kann. Erst dann, wenn sie einmal selbständig zur Darstellung gelangt ist, wird sie sich

auch einein Gesammtbilde

der

Kirchen wieder mit Sicherheit einordnen lassen. Wir leben in einer Zeit, wo die

christlichen

Kirchen ungeachtet ihrer inneren Entzweiung

doch

wieder als grosse Gestaltungen des christlichen Lebens in dem, was sie verbindet oder scheidet, offenbar werden wollen; ein erweiterter Schauplatz des Kampfes und der Entwicklung fordert sie auf, sich als allgemeine religiöse und sittliche Mächte mit einander zu messen, zu vergleichen, folglich auch von einander Kenntniss zu nehmen. Möge daher auch jene östliche Abtheilung der Christenheit, die älteste unter allen, einmal in ihrem eigenen Zusammenhange überschaut werden.

Was sie ist und bedeutet, kommt nicht auf

gesuchte Lehrunterschiede hinaus, nicht dogmatische Kleinigkeiten zu ermitteln, ist der Preis des Forschers, nein, er darf hoffen, in und mit diesem allerdings unentbehrlichen Detail zugleich weitgreifende religiös-

Vorwort.

v

sittliche, intellectuelle und culturhistorische Verhältnisse, ja hochgeborene Gedanken an's Licht zu stellen. Der beste Arbeiter auf diesem Felde ist immer noch der alte Heineccius.

Wenn ich diesen höchst

acht.ungswerthen Schriftsteller und seine „Abbildung der alten und neuen griechischen Kirche" von 1711 gegenwärtig natürlich übertreffen will und muss: so weiss ich doch recht wohl, dass ich sie damit noch nicht werde entbehrlich gemacht haben, wie wir denn so oft mit unseren neuen Büchern die alten nicht in jeder Beziehung ersetzen können.

Von den neueren

Symbolikern, zumal von denen die lediglich der comparativen Methode folgen, werden die

griechischen

Kirchenangelegenheiten meist oberflächlich abgethan; nur R. Hofmann widmet denselben eine grössere Sorgfalt, aber auch ihn verhinderte die ganze Anlage seines Buchs, den Gegenstand in vollem Umfange zur Anschauung zu bringen.

Hingegen ist durch anderwei-

tige meist historische Beiträge das Material ansehnlich bereichert worden.

Verdienstlich und aus gründlicher

Sachkenntniss hervorgegangen sind die hierher gehörigen Studien dei* Engländer, eines Stanley, Neale und Milmann. Pichlers Hauptwerk: „Geschichte der kirchlichen Trennung zwischen dem Orient und Occident," München 1865, 2 Bde., leidet an starken Gebrechen

Vorwort.

VI

der Weitschweifigkeit und Unklarheit, aber eine sehr dankenswerthe und reichhaltige Berichterstattung ist es doch.

Von protestantischer Seite sind mir die

Untersuchungen von Dr. E. Steitz über die Entwickelung der griechischen Abendinahlslehre am Meisten zu Statten gekommen. Uebrigens habe ich zur Orientirung des Lesers nur Weniges zu bevorworten.

Für den ersten, die

Entstehung und Beschaffenheit, der kirchlichen Urkunden betreffenden Theil ergab sicli die literar-historische, für den zweiten die systematische Form als die allein geeignete; aber diese leltztere ohne Verkürzung dessen, was der historische oder statistische Zweck ausserdem erheischte, durchzuführen, hat mich grosse Mühe gekostet. Eine bloss summarische Auffassung des Lehrgehalts der neueren griechischen Bekenntnissschriften sollte und durfte nicht genügen, vielmehr mussten innerhalb des Gemeinsamen die feineren Unterschiede der einzelnen Urkunden so wie deren Stellung zu der zwischen eingedrungenen protestantischen Glaubensrichtung jederzeit hervorgehoben werden. Nicht minder nothwendig war, von jedem Punkte aus Umschau und Rückschau zu halten und den Zusammenhang mit der älteren Literatur nachzuweisen; denn die Ueberlieferung ist der Geist der Kirche selber, ihn wollen auch die

Vorwort.

vn

jüngeren Zeugnisse unverändert wiedergeben, während sie dennoch oft genug von dem Alterthum, dem sie treu zu bleiben meinen, abgedrängt werden.

Neben

der griechischen Kirche im engeren Sinn verdiente auch die russische Berücksichtigung.

Allgemeinere

Erwägungen und Vergleichung der Confessionen boten sich von selber dar, auch die Kritik durfte keineswegs fehlen,

obgleich

sie

sich in knappen Grenzen

zu

halten hatte. Die Darstellung musste daher auf Beobachtungen der verschiedensten Art eingehen, wodurch das Gleichmaass einer systematischen Behandlung nicht wenig erschwert wurde.

Ich habe mir so geholfen,

dass ich den wesentlichen Gang des Lehrsystems und seiner Modificationen in den Text der Paragraphen aufzunehmen suchte, den kleineren Druck aber zu erklärenden, historischen oder kritischen Zuthaten und sonstigen Einschaltungen benutzte; mehrere dieser Excurse sind zu kleinen Abhandlungen angewachsen.

In

der Entwicklung des symbolischen Inhalts war einige Ausführlichkeit geboten, dafür bin ich bei der Auswahl der griechischen Belegstellen sparsam zu Werke gegangen, und es wäre ein Leichtes gewesen, deren Zahl um das Doppelte zu erhöhen. Eine andere Bemerkung bin ich dem Umfang der nachfolgenden Bearbeitung schuldig.

Einer Symbolik,

Vorwort.

VIII

welche uns gegenwärtig befriedigen soll, dürfen die Grenzen nicht zu eng gesteckt werden, sie soll mehr darbieten als eine Reihenfolge öffentlich dargelegter Glaubensartikel,

ganz besonders in Bezug

auf die

griechisch-orientalische Kirche, die ihren Bestand nicht auf die Lehren allein gründet.

Der doctrinale Theil

wird freilich immer den meisten Raum

einnehmen,

aber der ethische und praktische gehört meines Erachtens nicht weniger Cultus

und

zur Sache.

Bilderdienst

sind

Auch

Liturgie,

unentbehrliche

Dar-

stellungsmittel der religiösen Denkart des Griechenthums, ich glaubte nur pflichtmässig zu verfahren, wenn ich diese Dinge gründlicher als sonst zu geschehen pflegt, in Betracht zog. Zuletzt hat mich die Menge der Einzelheiten auf gewisse allgemeine Ergebnisse hingeleitet; der „Anhang" wird den Leser am Schnellsten ersehen lassen, worauf ich hinauswill. Verhältnissmiissig kurz ist der letzte Abschnitt über die Secten ausgefallen, denn hier musste ich mich darauf beschränken, nur für den nächstliegenden Gebrauch das Nothwendige zusammenzustellen. Wenn die Zeichen nicht trügen: so beginnt auch die griechische Kirche allgemach aus ihrer alten trägen Ruhe herauszutreten, sie wird durch die Wendungen ihres Geschicks und durch Erleichterung des geistigen

Vorwort. Verkehrs

IX

und der Wechselwirkung

dazu

genöthigt.

Der angeborene Bildungstrieb der Griechen die

Berührung

mit protestantischer

erwacht,

Literatur

wird

nicht mehr wie noch vor wenigen Jahrzehnten

ge-

mieden, sie wird von Vielen geschätzt und aufgesucht. Sollte, wie ich hoffen darf, mein Buch in die Hände griechischer Leser gelangen: so mögen sie sich überzeugen, dass ich ihnen nichts Fremdes habe aufreden, wohl

aber sie

zur

Selbsterkenntniss

habe

anregen

wollen durch Beherzigungen, aus denen erhellen mag, dass kirchliche Vaterlandsliebe und Anhänglichkeit an das Gewohnte und Ererbte nicht die einzigen Tugenden sind, von denen die Pflege der Christenheit und der Menschheit abhängt. Der für meine Arbeit nöthige Büchervorrath war nicht leicht zu beschaffen.

Ich habe gethan was ich

in meiner Stellung konnte, meine eigene Büchersammlung ist seit langer Zeit mit Rücksicht auf diese Aufgabe ergänzt worden.

Nicht alles Wünschenswerthe

war erreichbar, mehreres Wichtige aber würde mir unzugänglich geblieben sein, wäre ich nicht von mehreren Seiten unterstützt worden.

Es gereicht mir zur

angenehmen Pflicht, den Verwaltungen der Bibliotheken von Heidelberg, Frankfurt a. M. und Marburg für die mir

bewiesene

besondere

Gefälligkeit

öffentlich

zu

X

Vorwort.

danken.

Literarische Vollständigkeit ist in solchem

Falle noch lange kein Beweis der Wahrheit und der Treue, doch soll Niemand den Geist erkennen und deuten wollen, ehe er nicht den Stoff, soweit er es vermag, in sich aufgenommen hat. Heidelberg, im September 1872.

Dr. W. Gass.

Uebersicht des Inhalts. E i n l e i t u n g . D e r L e b e n s g a n g der griechischen K i r c h e , ihre frühe V e r b i n d u n g mit der inorgenländiscben und allmähliche A b l ö s u n g vom A b e n d l a n d . D e r mit P h o t i u s b e g i n n e n d e Kirchenstreit und dessen Gründe. Charakteristik des kirchlichen Griechenthums im Mittelalter in religiöser uud wissenschaftlicher Beziehung. A..f die völlige Spaltung folgen die E i n i g u n g s v e r s u c h e bis zur F l o r e n t i n i s c h e n Synode. W e r t h und E r f o l g dieser letzteren

S. 1—17

Theilnng der Griechen in die Z e r s t r e u t e n und die Heimischen. F o r t b e s t a n d der Kirche im türkischen R e i c h , sie wird wenig berührt von der Reformation und erst im folgenden J a h r h u n d e r t zu einer W i e derherstellung genöthigt S. 18—21 Die slavische bes. r u s s i s c h e Kirche als j ü n g e r e r Zweig der griechischen. H i s t o r i s c h e Grundzüge, ihre A b h ä n g i g k e i t und Selbständigkeit. D a s Eindringen fremder Glaubensriclitungen. R e a c t i o n und V e r b e s s e rung der K i r c h e n b ü c h e r . Die Oberhoheit des S t a a t s und neuere V e r fassung seit P e t e r dem Grossen S. 22—28 Gründung der K i r c h e von H e l l a s , V e r h ä l t n i s s zu Constantinopel und V e r f a s s u n g S. 2 8 - 3 2

Erste

Abtlieilung.

D i e U r k u n d e n und die Literatur. I. B e d e u t u n g der griechischen Bekenntnissschriften im U n t e r s c h i e d e von den abendländischen. D a s S y m b o l d e s G e n n a d i u s . E n t s t e h u n g , I n h a l t und Charakter. Der Schluss als s p ä t e r e r Z u s a t z . , U n e c h t h e i t d e r Schrift D e via salutis § 1 - 3 . S. 3 3 - 4 1 I I . L u t h e r i s c h - g r i e c h i s c h e V e r h a n d l u n g e n . E r s t e Berührungen a n g e k n ü p f t durch M e l a n t h o n , Chyträus und C r u s i u s ; J a c o b u a

XII

Uebersicht des Inhalts.

Heraclides Fürst von Samos. Die Sendschreiben des Patriarchen J e remias II. und der TübiDger Theologen, Acta et scripta theoll. Würtemb., deren Werth und Ergebniss § 4 - 6 . S. 42—SO II. Z w e i t e r R e f o r m v e r s u c h . Cyrillus Lucaris und sein Bekenntniss. Persönliches und Biographisches, Auszüge aus seinen Briefen. Die Glaubensschrift Cyrill's, ihre Tendenz, öffentliche Aufnahme, Beurtheilung und schwierige Stellung. Nachwirkungen dieses reformirten Geistes § 7 - 1 2 . S. 50—64 III. D i e B e k e n o t n i s s s c h r i f t d e s M e t r o p h a u e s bei freierer theologischer Haltung und Schonung der protestantischen Leser doch im Wesentlichen als eine griechische anzusehen. § 13. 14. S. 64—69 IV. K i r c h l i c h e s H a u p t b e k e n n t n i s s d e s P e t r u s M o g i l a s . Entstehung, Inhalt und Wichtigkeit desselben, angebliche Neiguug zum Romanismus oder gar zum Lutherthum § 15—17. S. 69—74 V. D i e S y n o d a l s c h r i f t e n veranlasst durch den eingedrungenen Calvinismus. Die Synoden von Constantinopel und von Jassy verwerfen das Cyrillische Bekenntniss. Die Synode von Jerusalem (1672) und deren Acten. Die früheren Angriffe gegen den Patriarchen Cyrill werden methodisch verdeckt und verhüllt. Bekenntniss des Dositheus zur Bekämpfung der Schrift Cyrill's, ob ein latinisirendes. Erklärung der Synode von Constantinopel 1691 und letzte protestantische Regungen. Uebersicht und Vergleichung dieser Urkunden. . § 18—23. S. 75 — 88 VI. J ü n g e r e L i t e r a t u r . Die russische Theologie seit Stephan Jaworsky und Theophaues Prokopowitsch. Wiederaufnahme theologischer Studien in Hellas. Neuester Dogmatiker Damalas. Literarische Hülfsmittel § 24. 25. S. 89—92

Zweite Abtliellung. Das Lehrsystem.

Einleitung.

I. D i e G r u n d g e d a n k e n . Allgemeiner Begriff der christlichen Religion, beschränkt durch den der Orthodoxie. Die beiden Factoreu des Glaubens und der Werke. Christliche Ideen, Glaube, Liebe und Hoffnung § 2 6 - 2 9 . S. 93—97 II. D i e Q u e l l e n u n d N o r m e n . Das Schriftprincip, im A. T . gebunden an das Ansehen der Septuaginta. Die Stellung zu den Apokryphen bleibt zweifelhaft. Neuere Streitigkeiten über das Recht des Bibellescns und die Volksbibel. Erfolge der Bibelgesellschaften in Russland § 30—32. S. 9 7 - 1 0 7 Die Tradition als ergänzende Quelle und Norm. Rechtfertigung derselben im V e r h ä l t n i s zur Kirche und zur Schrift. Innere Schwankungen. Beurtheilung alles Kirchlichen nach dem Maassstab des Alter-

XIII

U e b e r s i c h t des Inhalts. t h u m s und der N e u e r u n g . sieben

älteren

Synoden.

Die Tradition

fixirt

n i s c h e und zu C o n s t a n t i n o p e l e r g ä n z t e S y m b o l Glaubenslehre,

s i c h in der R e i h e der

Die Zeugen der Ueberlieferung. als

Das

Nicä-

a l l e i n i g e B a s i s der

n e b e n w e l c h e r s i c h k e i n e a n d e r e F o r m e l in k i r c h l i c h e r

Gültigkeit behauptet hat

§ 33-37.

S.

107-120

Erster Theil. D e r Glaube. I.

Die einfache

Theologie.

D e r G o t t e s b e g r i f f v e r r ä t h durch-

aus den altgriechiBchen c h r i s t l i c h - p l a t o n i s c h e n G e i s t .

A u c h die T r i n i -

t ä t s l e h r e wird t h e i l s p h i l o s o p h i s c h g e d e u t e t , t h e i l s kirchlich b e s c h r i e b e n . D i e d o g m a t i s c h e T h e o r i e endigt m i t d e r B e h a u p t u n g d e s A u s g a n g s des h. G e i s t e s vom V a t e r a l l e i n und mit d e r V e r w e r f u n g des l a t e i n i s c h e n Zusatzes.

Grosse Werthschätzung

Literatur

ergiebt

sich

dieser

das e i g e n t h i i m l i c h e

Thesis.

Aus

Interesse

der

der

älteren

griechischen

L e h r f o r m in p h i l o s o p h i s c h e r , h i s t o r i s c h e r und b i b l i s c h e r R i c h t u n g . u r t e i l u n g der C o n t r o v e r s e II.

Die sichtbare

l i s m u s und R e a l i s m u s . heit.

§ 38-45.

und u n s i c h t b a r e W e l t .

Theilnahme

GriechischerldeaDas Geisterreich

der E u g e l an den i r d i s c h e n

h e i t e n und Abfall des L u c i f e r III.

Be-

123—143

D a s Universum in s e i n e r E i n h e i t und G e t h e i l t -

D e r S t u f e n g a n g der S c h ö p f u n g von O b e n h e r a b .

in neun C h ö r e n .

S.

§ 46—50.

Die L e h r e vom Menschen.

AngelegenS.

143—150

D e r D u a l i s m u s der W e l t ü b e r -

t r ä g t s i c h a u f den M e n s c h e n a l s M i k r o k o s m o s , daher s e i n e H o h e i t und Niedrigkeit.

Doppelte S e i t e des göttlichen Ebenbildes.

freiheit als W o r t des Glaubens

§51-54.

Die

Willens-

S.

150—154

D e r vorsündliche M e n s c h , unschuldig und vollkommen, s i n k t durch die e r s t e S ü n d e von s e i n e r H ö h e h e r a b . Folgen.

D i e a n g e s t a m m t e S ü n d e und d e r e n

A l l g e m e i n e r B e g r i f f der S ü n d e als A b s t a n d und E n t f e r n u n g von

G o t t , v e r e i n b a r mit der s i t t l i c h e n F r e i h e i t und dem h ö c h s t e n L e b e n s z w e c k . L e i b und S e e l e c r e a t i a n i s c h verbunden. . IV. Anschluss

Die

göttliche

an

die

Leitung.

creatürliche

.

.

Vorsicht

Freiheit.

Die

ökonomische

Die Prädicate

im

Theologie.

Allgemeinen

des E r l ö s e r s ,

ob

und in

Die

D a s W e r k Christi

als

O p f e r im U n t e r s c h i e d e von

sittliche

S.

167-169 Christi.

Ausprägung. S. der

Das Kreuzeszeichen

aner-

169—176 abendlän-

Eigenthümlichkeit des griechischen Standpunkts.

H e l l e n e n h a b e n Christus n i c h t , verurtheilt.

im

und

vollkommen

§62—66.

dischen T h e o r i e .

155—167

Sendung

dogmatischer

seine Menschheit

kannt

S.

Verordnung

§ 60. 6 1 . Die

Christologie

riencultus.

und

Natürliche

üebel V.

§ 54—59.

Die

W ü r d e d e r M a r i a und M a § 67—70.

S.

177—185

XIV

Uebersicht des Inhalts.

Y I . D i e A u s f ü h r u n g u n d A n e i g n u n g d e s H e i l e . Allgemeine Grundzüge des Indeterminismus und Synergismus. Der Absolutismus der Erwählung wird zurückgewiesen, die Vorherbestimmung nicht verschmäht, nur synergistisch gedeutet. Aeltere und jüngere Erklärungen. Anathem wider Cyrill § 71—75. S. 185—194 Angeeignet wird das Heil durch Glaube und Werke, durch christliche Philosophie und Praxis. Definition des Glaubens und Nebenmoment der Hoffnung. Die Rechtfertigung als Besserwerden und Gerechtmachung. Die Gegenthesis Cyrills. Verhältniss zur protestantischen Ansicht § 7 6 - 8 0 . S. 194—205 VII. Die L e h r e von d e r K i r c h e . Erklärung der altsymbolischen Prädicate. Gemilderter Katholici9mus. Die wahre Kirche hat keinen Vorzug des Orts, Christus ihr alleiniges Haupt. Die Ansprüche des Romanismus unbefugt. Allgemeines geistiges Priesterthum der Gemeinde, dennoch die Hierarchie als episcopale Grundlage mit ihren Vollmachten festgehalten §81—85. S. 205—216 Kritik des Papstthums als einer fälschlich versichtbarten kirchlichen Monarchie. Die Ehre Roms wird anerkannt, der Primat des P e t r u s verworfen § 8 6 - 8 7 . S. 2 1 6 - 2 2 2 Patriarchat und Verfassung. Die Rangverhältuisse. Das Synodalprineip und dessen Gestaltung in Russland und Hellas. § 88. S. 222—228 VIII. D i e L e h r e v o n d e n M y s t e r i e n . Das Mysterium als Hierurgie oder geheimnissvolle Verrichtung. Hochstellung des Lehrstücks bei unklarer Verknüpfung mit dem rein Doctrinalen. Objective und operative Wirkung des Mysteriums. Zahl und Ordnung, F e s t stellung des sacramentlichen Cyklus im Anschluss an die lateinische Theorie § 89 93. S. 2 2 8 - 2 3 8 Die einzelnen Mysterien. Die T a u f e als Siegel der Rettung, ihre Wirkung grenzt an's Magische. Rituelle Abweichung und unbedingte Notwendigkeit. Das C h r i s m a als stärkende Verleihung des Christencharakters, Entstehung und unmitteloarer Anschluss an die Taufe § 9 4 - 9 8 . S. 2 3 8 - 2 5 2 Die E u c h a r i s t i e als Gipfel des Mysteriums und Einführung in den innigsten Lebensverband mit Christus. Rückblick auf die ältere Anschauung und Uebergang von der Metabole und Transformation zur Transsubstantiation. Wirklichkeit des Genusses mit Ausschluss alles Symbolischen. Lateinische Lehrfurm mit griechischen Unterscheidungszeichen. Wandelung durch Anrufung des Geistes. Gebrauch des Ungesäuerten etc § 9 9 - 1 0 4 . S. 252—272 Die P r i e s t e r w e i h e . Von der Priesterwürde eine mehr religiöse als regimentliche und rechtliche Vorstellung. Klerikalische Stufen und Aemter. — Die B u s s e als Kampf des Herzens, Busstheorie der lateinischen ähnlich. — Die E h e nicht unauflöslich. Ritus der Trauung. —

Uebersicht des Inhalts.

xv

Die G e b e t s ö l u n g nicht als Sterbesacrament, ihre rituelle Umständlichkeit. — Beurtheilung des Lehrstücks. . §105—111. S. 2 7 2 - 2 9 7 IX. L i t u r g i e a n d R i t u s . Enge Verbindung zwischen dem Mysterium und der dasselbe einkleidenden Liturgie. Hier offenbart sich der griechische Symbolismus und Allegorismus vollständig. Erklärung der Liturgie. Als Schauplatz der Tempel mit seinen B e s t a n d t e i l e n . Der Verlauf der liturgischen Handlung bis zum Höhepunkt des Opfers und der Eucharistie. Einzelne Ritushandluugen. Die Fürbitte für Verstorbene und die Gebetsstellung § 1 1 2 - 1 1 3 . S. 2 9 7 - 3 1 0 X. H e i l i g e n - u n d B i l d e r v e r e h r u n g . Die Anrufung der Heiligen gestützt auf das Vorrecht ihrer fürbittenden Hülfsleistung. Früher Abschluss der Heiligeaschaar. Die Reliquien. Weit interessanter und der griechischen Denkart eigentümlicher der Bilderdienst. Historische Uebersicht. Rascher Umschwung in der alten Kirche, die Bilderfeindschaft verwandelt sich in Verehrung, welche im Bilderstreit obsiegt. Die ältere Bilderphilosophie von den Bekenntnissen aufgenommen. Das Bild nicht als Stoff1, aber als Vehikel seines Gegenstandes verehrungswerth. Unterscheidung von Bild und Idol. Neuere Stellung des Bilderctiltus und Kritik. — Anhang vom Gesangbuch. § 114—120. S. 310 - 333 XI. L e t z t e D i n g o . T o d , Auferweckung und letztes Gericht werden einfach nach dem Standpunkt der alten Kirche vorgetragen. Schwierigkeit hat nur die Vorstellung des Zwischenzustandes, denn hier lässt sich das lateinische Fegefeuer vergleichen, dessen Lehre dennoch nicht auf die griechische Kirche übergegangen ist. § 121—124. S. 333 —343

Zweiter Theil. Die Werke. I. An der Spitze das P r i n c i p d e s h. G e i s t e s , dessen Wirksamkeit alles Christliche hervorbringt oder vermittelt. Sieben Geistesgaben. Die Werkthätigkeit ist Gesetzerfüllung und nimmt die Gestalten der Hoffnung und Liebe an § 1 2 5 - 1 2 7 . S. 343—350 II. D i e c h r i s t l i c h e F r ö m m i g k e i t als Hoffnung. Wesen der Hoffnung als des nie verzagenden Gottvertrauens dargestellt im Gebet. Auslegung des Unservater und der neun Seligpreisungen, moralisch und asketisch zugleich § 128 — 133. S. 350 358 III. D i e c h r i s t l . F r ö m m i g k e i t a l s L i e b e o d e r d i e T u g e n d ü b u n g . Das System der sieben Tugenden ähnlich dem Schema der lateinischen Scholastik. Höchster Werth der Barmherzigkeit. Reihe der schweren Sünden oder Untugenden nach drei Klassen. Die leichteren lässlichen Sünden. Vermeidung des Jesuitischen. § 134—138. S. 358 —372 Die Tugend als Gesetzerfüllung oder die Pflicht. Erklärung der Zehn 'Gebote in sittlich-asketischer Richtung. Zählung des Dekalogs nach griechischer Ueberlieferung. Der Bilderdienst wird gewahrt. § 139—141. S. 372—378

Uebersicht des Inhalts.

XVI

Die KircheDgebote, besonders das F a s t e n als Erkennungszeichen des christlichen Geistes. Fastenordnung. — Die übrigen Kirchengebote, Gottesdienst und Festordnung. Der Standpunkt der Gesetzlichkeit. § 1 4 2 - 1 4 4 . S. 3 7 9 - 3 8 5 Anhang vom Mönchthum. Die altgriechische Auffassung desselben wird festgehalten. Einfachere Entwicklung des griechischen Mönchslebens, aber in mehreren Formen. Neuere Stellung. Verdienste des russischen Mönchthums § 1 4 5 - 1 4 6 . S. 385—391

III. Anhang. A l l g e m e i n e U e b e r s i c h t und Secten. I. U e b e r s i c h t u n d E r g e b n i s s e . Ausgezeichnete Eigenschaften der griechischen Religiosität, die aber durch die kirchliche und wissenschaftliche Ausprägung verdunkelt werden. Die Kirche ist die zurückgebliebene. Vergleichung der lateinischen und griechischen Christenheit unabhängig von den Confessionen. Die einzelnen Berührungspunkte der Lehrbegriffe. Neueste Bestrebungen der griechischen Kirche, die sich immer mehr in Stammeskirchen zu theilen beginnt. Bulgarischer Kirchenstreit § 1 4 7 - 1 5 4 . S. 3 9 5 - 4 0 8 Vergleichung des Rom. mit dem griech Katholicismus nach Hierarchie und Disciplin. Folgen auf dem sittlichen Gebiet, Verderbnisse. Vorschläge zur Annäherung. — V e r h ä l t n i s zum Protestantismus, theils in der Beurtheilung des Alterthums und der Neuerung, theils in der nationalen Gestaltung § 1 5 5 - 1 5 7 . S. 4 0 8 - 4 1 4 I i . D i e S e c t e n , welche das Wesen der Kirche fragmentarisch oder in schroffer Einseitigkeit wiedergeben. — Die alten Sonderkirchen in drei Richtungen, von Römischer Union ungleich afficirt. Nestorianer, chaldäische Christen und Thomaschristen. — Armenische Kirche, J a k o biten, Kopten und Abessynier. —Maroniten. § 158—164. S. 414—430 Russische Secten an Differenzen des Cultus und der Liturgie hängend, daher entweder minutiös oder radical. Nach Innen gerichtet die Duchoborzen und Molokanen. Hauptstamm der Sectenbildung die Raskolniken, diese independentisch und antihierarchisch ausgebildet. Priesterliche und unpriesterliche sammt zahlreichen Unterarten. Neuere Lage und Verbreitung § 1 6 5 - 1 6 8 . S. 431—438 Zahlenverhältnisse Nachträge und Namenregister

§ 168.

S. 438—439 S. 440—444

E i n l e i t u n g .

E i n e Symbolik der g r i e c h i s c h - m o r g e n l ä n d i s c h e n Kirche kann weniger als die der andern grossen Ilauptkirchen aus dem Zeitalter der ihr zum Grunde liegenden Urkunden a l l e i n geschöpft und verstanden werden. Sie handelt von dem Lchrbegriff, durch dessen Darlegung jene Kirche im siebzehnten Jahrhundert ihr Yerhältniss zu den grossen Kirchengemeinschaften des Abendlandes hat feststellen wollen, also von dem durch öffentliche Kundgebungen bezeugten confessionellen Standpunkt und Charakter derselben in religiös-dogmatischer wie in sittlich-praktischer Beziehung. A b e r diese damalige Erneuerung der griechischen Kirche war zugleich die Bestätigung und Wiederaufnahme ihres alten Wesens, sie hängt mit der vorangegangenen Ueberlieferung durchaus zusammen, noch enger und stetiger als dies von den öffentlichen Erklärungen des Römischen Katholicismus gesagt werden darf, und liefert zugleich einen Maassstab für die Beurtheilung der Folgezeit. Wir bedürfen, indem wir uns zu einer solchen Arbeit anschicken, eines breiten Hintergrundes und weiten Rückblicks in die Reihe der Jahrhunderte. Der Zweck dieser Einleitung kann daher nur sein, den e i g e n t ü m lichen Lebensgang dieser Abtheilung der Christenheit bis zu dem Zeitpunkt, wo die neueren Bekenntnissschriften auftreten und noch darüber hinaus in möglichst gedrängter Uebersicht zur Anschauung zu bringen. A n a t o l i s c h e K i r c h e ist ein geographischer Name, welcher die gesammte östlichc Hälfte des christlichen Lebens zusammenfasst; er deutet auf gewisse tiefliegende geistig natürliche Unterschiede des Morgenlandes vom Abendlande, von denen bekannt ist, dass sie sich auch auf dem religiösen und kirchlichen Gebiet scharf ausgeprägt haben. Durch den Zusatz g r i e c h i s c h aber empfängt dieser Name eine n a t i o n a l e und zugleich h i s t o r i s c h e Bedeutung; denn aus der örtlichen L a g e des hellenischen Volkes erklärt sich die Zusammensetzung des Griechischen mit dem MorCass, Symhulik d. griueh. Kiri/hü. 1

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genländischen noch nicht, sondern sie findet erst in dem geschichtlichen Verlauf des christlichen Alterthums ihre volle Rechtfertigung, ähnlich wie der Katholicismus des Abendlandes durch den Zusatz Römisch verdeutlicht wird. Als die Kunde des christlichen Heils vernommen wurde, war das Griechenthum längst in weitem Umfange in den Orient eingedrungen. Vom Standpunkte des N. Testaments bedeuten die H e l l e n e n neben den J u d e n den anderen grossen A r m der Menschheit; durch ihre Berufung soll der welthistorische Schauplatz des Evangeliums eröffnet und der W e g in die abendländische Welt gebahnt werden. Von Corinth aus beschliesst Paulus nach Rom und weiterhin nach Spanien zu reisen, seine dortige Thätigkeit hielt ihn noch mit der Heimath in Verbindung, war aber doch auch geeignet, den Blick bis zum fernen Westen hinzulenken. W e n n das christliche Goltesreich zunächst ohne Wechsel der Sprache auf weite Strecken verbreitet, in die allgemein zugänglichen Kreise des literarischen Verkehrs eingeführt und mit den wichtigsten philosophischen Bildun£smitteln des Alterthums in Wechselwirkung gesetzt werden sollte: so konnte dies Alles nur durch das hellenische Geisteselement bewirkt werden. Volksthüinlich angesehen mag man die altgriechische Kirche in Hellas, Macedonien und in den kleinasiatischen Gemeinden, wo sie jedoch mit anderen Bestandtheilen staik versetzt war, suchen, als Literatur und Bildung reichte sie nach Syrien und Alexandrien uud erstreckte auf der andern Seite ihren Einfluss bis nach Italien. N ä c h s t Antiochien wurden griechische Hauptstädte, wie Corinth, Ephesus, Thessalonich u. a. die wichtigsten Sitze der christlichen Cultur; das christliche Alexandrien empfing die gelehrte und philosophische Erbschaft des alten, um sie noch grossartiger zu verwerthen. In die hellenische Sprache kleidete sich die früheste schwungvolle V e r t e i d i g u n g der Glaubenswahrheiten, griechische Denkformen gaben der ältesten Religionsphilosophie ihre verfeinerte Gestalt, sei es der mythischen und phantastischen, sei es der kirchlichen, welche das Glauben zum Wissen erheben will. Gerade die Logosidee, welche der Lehrbildung so wesentliche Dienste geleistet hat, war der philosophischen Denkweise des Griechenthums, wenn nicht allein, doch vorzugsweise entsprechend, indem sie Gelegenheit gab, das doppelte Interesse des Glaubens und der Erkcnntniss von demselben Princip aus zu befriedigen. Bei der allseitigen Empfänglichkeit und vordringenden K r a f t der griechisch redenden und griechisch gebildeten Theologie war es natürlich, dass die bahnbrechenden Lehrfragen auf diesem Boden ergriffen und zur ersten Entscheidung geführt wur-

Eiuleituog.

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den, das Problem der Trinität und der Person Christi. Alexandrien und Antiochien, Nicäa, Ephesus, Constantinopel sind die wichtigsten Kampfplätze, die abendländischen Gegenden verhielten sich abhängiger und traten an zweiter Stelle hinzu, und nur der Pelagianische Streit hat in Afrika, Italien und Gallien seine eigentliche Heimath. Während in Constantinopel auf die erste grosse Synode zwei andere folgten, hat die S t a d t Rom keine gleichartige Kirchenversammlung aufzuweisen. Der Römische Bischof hat keinen Antheil an dem dogmatischen Ausspruch von Nicäa, einen geringen an dem des nächsten Concils; später gelang es ihm, zuweilen einen durchgreifenden Einfluss zu gewinnen, allein das Abendland hat doch immer erst lernen und aufnehmen müssen, ehe es zu einer selbständigen Wirksamkeit erwuchs. Hieraus erklärt sich, dass und warum die griechische Glaubensweise und Lehrsprache sich im Anschluss an die apostolischen und nachapostolischen Schriften f r ü h e r ausbilden musste als die lateinische, welche letztere aus jener manche wichtige Namen wie encharistia, ecclesia, paracletus, liturgia einfach herüber genommen, andere durch künstliche Uebertragung sich angeeignet hat. Die griechische Theologie hat den Vortritt, ihre Literatur wurde schon seit dem Beginn des dritten Jahrhunderts geistvoll und reich und entwickelte im vierten und fünften eine ausgezeichnete Blüthe. Alle gelehrten Stoffe wurden bearbeitet und alle schriftstellerischen F o r men sind vertreten: der Entwurf des Glaubenssystems, die dogmatische Abhandlung, die historische Darstellung, die Schrifterklärung, die Polemik und Apologetik, die Häresiologie, die Ilomilie und Katechese, — für Alles finden sich ungewöhnliche Talente, und dazu kommen noch Mönchsregeln, Briefe, Dialoge, Sprüche, liturgische Aufzeichnungen, Cnnones und die vom Abendlande bald überflügelte Kirchenpoesie. Indem diese vielartige Schriftstellerei der christlichen Religion diente, wollte sie der antiken Kunst und Schönheit nicht entsagen, sie verband den überlieferten Sprachschatz mit einem neuen von christlicher Herkunft, und die kirchliche Bcredtsamkeit erlangte eine Fülle, die wir bewundern, obgleich sie dem l u h a l t nicht selten gefährlich geworden ist. Nach unserer Meinung steht Chrysostomus als Redner gegen einen Demosthenes und Lysias nicht zurück, denn er beherrscht mit vollkommener Leichtigkeit ein grösseres Sprach- und Anschauungsgebiet, ohne im Ganzen die grammatisch und syntaktisch gegebenen Schranken der griechischen Rede zu überschreiten. Aber seine Rhetorik überwuchert oft genug den Werth der Gedanken; wie leicht konnten die Nachkommen, als ihnen selbst K r a f t und Geist ausgegangen war, zu einer 1*

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stilistischen Aufgetriebenheit verleitet werden, welche nur die Magerkeit des Inhalts verdeckt! An Reichhaltigkeit steht offenbar das lateinische Schriftthum dieser Epoche zurück; auch hat das Abendland damals nnd vor Augustin nichts aufzuweisen, was sich an wissenschaftlichem Werth mit den Arbeiten der antiochenischen Schule vergleichen Hesse. Auf der andern Seite liefern auch die orientalischen Dialekte, der syrische, äthiopische, armenische, jeder seine eigenen und nicht unbeträchtlichen Beiträge, welche aber dennoch unter zahlreichen Uebersetzungen, Biographieen, Mönchsregeln, liturgischen Stücken nur wenige Werke von nachhaltiger Wichtigkeit darbieten. W e r also die griechisch-theologische Literatur dieser Blüthezeit überblickt, und wer hinzunimmt, dass sie mit den klassischen Vorbildern und philosophischen Quellen in ununterbrochener Verbindung geblieben war, darf sieb nicht über den Stolz wundern, mit welchem spätere Geschlechter derselben Kirche auf den ihnen anvertrauten christlichen und vorchristlichen Schatz des Alterthums zurückblicken. Aber es entsteht die F r a g e , ob und warum sich die kirchlichgriechische Richtung nicht eben so gut dem Abendlande hätte anschliessen können, wie sie sich der andern Entwickelung zugewendet hat. F ü r Beides war allerdings die Möglichkeit vorhanden. Der Verkehr mit dem Westen blieb bis in's dritte J a h r h u n d e r t nach beiden Seiten gleich lebendig, so lange circulirten Schriften griechischer Abfassung in Italien. Auch dem Geiste nach nahm das Griecheuthum eine mittlere Stellung ein, denn es vereinigte Schärfe und Weichheit. Speculative Begabung, idealistischer Trieb, feine Unterscheidungsgabe, Neigung die Gegensätze zu mildern, aber auch Fähigkeit sie zu verfolgen und auszubeuten, — alle diese Eigenschaften begegneten sich in der den Griechen eigenthtimlichen geistigen Geschmeidigkeit. Sclbstthätigkeit und Empfänglichkeit, Denkkraft und Frömmigkeit, religiöses und sittliches Streben hielten sich in dieser Geistesanlage eine Zeit lang das Gleichgewicht, und sie besass etwas Gemeinsames, sowohl mit dem überschwenglichen Sinn des Orients wie mit dem E r n s t und der praktischen Tüchtigkeit der Abendländer, war also im Stande, nach beiden Richtungen zu wirken. Allein die geistigen F ä d e n waren doch nach der östlichen Seite hin frühzeitig und dauerhaft geknüpft. In der Frömmigkeit selber hatte eine Combination des Griechischen mit dem Orientalischen stattgefunden. Wir erinnern nochmals an die gnostischen Systeme; diese sind ihrem allgemeinen Wesen nach orientalischen Ursprungs, aber indem sie sich verbreiten, treten sie unter den Einfluss des griechischen Alexandra-

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iiismas, eine philosophisch-griechische Technik bildet und veredelt sie. Aehnliches Hesse sich an andern Beispielen nachweisen. Entscheidender als diese inneren Berührungen wirkte die äussere Gruppirung der Kirche im Römischen Reich. Nach Constantin's Anordnung zerfiel das Rcich in vier grosse Bezirke: hier Italien und Gallien, dort Asien und Illyricum, — und diese Theilung bedingt mehr oder minder auch die kirchliche Zugehörigkeit der einzelnen Provinzen. Constantinopel wird Residenz, wird Patriarchat, zugleich Sitz der oströmischen Herrschaft, damit ist der Gang der Zukunft vorgezoichnet. J e t z t hatte die griechische Kirche ihren eigenen Anschluss gefunden und zwar einen nach Osten gelegenen, aus welchem eine bleibende Beziehung zu den östlichen Patriarchaten und eine Ablösung von Rom hervorgehen sollte. Das Abendlaud verselbständigte sich, obgleich es lange gedauert hat, bis es durch Eintritt der einzeluen L ä n d e r in den Verband mit dem Römischen Mittelpunkt schrittweise zu einem Ganzen abgerundet wurde. Auch über östliche Gegenden wie Thessalonich, Epirus, Dalmaticn suchten die Römischen Bischöfe ihren Einfluss auszudehnen, nicht ohne Erfolg, aber sie sollten erfahren, dass in dieser Region ihre Machtentfaltung nicht unbeschränkt bleiben werde. Eine Grenzlinie war gegeben. Als von nun an die beiden Hälften der Christenheit jede in sich Gestalt und Festigkeit gewannen, war für die griechische Kirchenentwickelung die Bahn eröffnet; der oströinische Staat zog seine Kirche in sich hinein, welche seitdem den wichtigsten F a c t o r des orientalischen Katholicismus bildete. In Constantinopel mischten sich griechische und morgenländische Sitten; das dortige Patriarchat, anfangs unselbständig und charakterlos, zog doch aus seiner Stelluug die grössten Vortheile; Neurom trachtete darnach, die Ehren des alten zu thcilen, und die Synode von Chalccdon (451), über die Verordnung von Constantinopel (381) hinausgehend, bestätigte diesen Anspruch. Alexandrien, Antiochien, Jerusalem, im fünften J a h r h u n d e r t noch höchst einflussreich, verloren im folgenden an Ansehen und wurden durch die Eroberungen des Islaiu noch mehr geschwächt; aber eine ähnliche Centralisation wie im Abendlande ist dennoch nicht durchgeführt, nicht einmal erstrebt worden, die aristokratische Grundlage der Verfassung bestand fort. Das von Constantin eröffnete Staatskirchenthum fand seine gradlinigte Fortsetzung im oströmischen Reich, mit dem Unterschied dass die späteren Kaiser immer eigenmächtiger auch die inneren Angelegenheiten der Kirche s t a t t des blossen Schutzrechts in die Hand nahmen. E s ist schwierig, den Zeitpunkt mit Sicherheit anzugeben, von

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welchem an die kirchliche Eintracht des Abend- und Morgenlandes erschüttert wird, denn häufig folgte auf eine jeweilige Verstimmung wieder ein gutes Einvernehmen. Die Synode von Sardica (347) drohte zum ersten Male das Band der Kirchengemeinschaft zu lockern, das aber bald wieder hergestellt ward. Mit einzelnen Verfahrungsweisen der Orientalen waren die Römischen Bischöfe höchst unzufrieden, der friedliche Verkehr wurde auf J a h r e oder Decennien unterbrochen; einen ernsteren Conflict veranlasste Johannes Jejunator, als er sich nach 582 deu Titel ökumenischer Patriarch beilegte. I m Allgemeinen haben bis zum Concil von Chalcedon (451) die beiden grossen Abtheilungen des altkatholischen Christenthums, wie sie in ihren hierarchischen und liturgischen Grundgedanken und disciplinarischen Vorschriften eiuig waren, auch wirklich in der Lehibildung zusammengewirkt; aber schon die langwierigen monophysitischen Wirren Hessen das Abendland kalt und theilweise abgeneigt. Im Monotheletenstreit widersprachen sich die Päpste, das Concil von 692 enthielt manche dem abendländischen Herkommen zuwiderlaufende llechtsbestimmungen und gelangte nur mit grossem Vorbehalt zur allgemeinen Anerkennung. Zu diesen Hemmungen kirchlicher Einigkeit kam noch der abnehmende literarische Verkehr. Die Kenntniss der g r i e c h i s c h e n S p r a c h e wurde selten im Occident, noch seltener die der lateinischen im Morgenland und unter den Griechen. Constantin hatte sich, um zu liicäa den Vorträgen zu folgen und sich selbst verständlich zu macheu, eines Dolmetschers bedient. Zur Zeit des Origenistischen Streits sorgten wohl Hieronymus und Rufin für den gelehrten Austausch zwischen entlegenen Gegenden, aber sie fanden keine Nachfolger; war doch Augustin selber des Griechischen so wenig kundig. Durch einzelne Leistungen und Persönlichkeiten wurde allerdings noch ein gegenseitiger Einfluss unterhalten. E i n Iohannes Cassianus, als er 410 nach Rom und nach Gallien wanderte, brachte den Standpunkt seines Lehrers Chrysostomus mit, der in den gallischen Klöstern grossen Anklang fand. Gregor der Grosse stand mit Constantinopel in gutem Einvernehmen, der dortige Aufenthalt veranlasste ihn zur A b f a s s u n g seiner Moralia, die immerhin geeignet waren, der Mehrheit auf beiden Seiten zu gefallen. Späterhin gelangten die Dionysischen Schriften in's fränkische Reich, um für einzelne Köpfe und Kreise zu einer nenen religionsphilosophischen Bildungsquelle zu werden. Spärlicher war hingegen die Kunde, welche die griechische Theologie von der abendländischen Literatur empfing. Im fünften und sechsten J a h r hundert ist in Constantinopel öffentlicher Unterricht im Lateinischen

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ertheilt worden, aber die Zahl der Kandigea war geriug und wurde immer geriuger. Die Zeitverhältnisse nötliigten wohl zu manchen Mittheilungen, Abschnitte einzelner Schriftsteller wurden in's Griechische übersetzt; aber für kirchliche Correspondenzen und Gesandtschaften mussten stets Dolmetscher, und es waren nicht immer redliche, zu Hülfe genommen werden. Zunächst führte der Mangel an Communication dahin, jede der beiden kirchlichen Richtungen in sich selbst zu befestigen, aber auch auf sich selbst zn beschränken, so dass sie, ohne sieb nach der anderen umzusehen, mancherlei innere und äussere Eigenheiten sammeln und bestehen lassen konnte. Die griechisch-byzantinische Kirche, gegründet auf sieben allgemeine Concilien, deren Glaube die vollste Bürgschaft des Heils gewährte, im Besitz der klassischen Sprache, der philosophischen Lehrmeister und endlich der dogmatischen Vorkämpfer von Athanasius bis Johannes von Damascus, hielt sich für allseitig ausgerüstet, für mündig in der Erkenntniss, rein und untadelhaft in der Verfassung und im Gottesdienst und daher auch jeder etwaigen Bevormundung von Seiten des Abendlandes überhoben. Aus der Entfernung wurde Entfremdung und Eifersucht, der Abstand der ganzen Denkweise offenbarte sich durcB den Bilderstreit, während im Zeitalter K a r l s des Grossen die verhängnissvolle Abweichung der Symboltexte zum ersten Mal zur Sprache kam. Als nun ein durch äussere Umstände veranlasster Streit die längst vorhandene Abneigung bis zur heftigsten Erbitterung steigerte, lagen bereits Gründe genug zu gegenseitigen Vorwürfen in Bereitschaft, und sie konnten aus allen Fächern entnommen werden, aus Lehre und Kirchenrecht, Verfassung, Gottesdienst, Ritus und Sitte. Schon die Synode von 692 hatte Veranlassung gegeben, sechs Abweichungen lateinischer Observanz von der griechischen öffentlich zu coustatiren; bei diesen sollte es nicht bewenden. Bekanntlich hat Photius (867) in seiner Encyclica etwa zehn Beschuldigungen gegen die kirchliche Reinheit des Abendlandes erhoben, die wichtigeren betrafen die Lehre vom Ausgang des Geistes, das Fasten am Sabbath, die Ordnung der grossen Fasten, den Cölibat und die F r a g e , ob die Firmelung durch den Bischof allein oder auch, wie die Griechen wollten, durch die H a n d des Presbyters verliehen werden dürfe. Später verdoppelte Cärnlarius diese Zahl, Andere haben 60 bis 80 Anklagepunkte herausgebracht, wieder Andere sie auf zwei oder sogar auf Eineu herabgesetzt (s. A. Pichler, Die orientalische Kirchenfrage, München. 1862). E s unterlag einem durchaus willkürlichen Ermessen, wie viele von jenen allmählich entstandenen und meist ganz äusserlichen Diffe-

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renzen der kirchlichen Ordnung in das Yerzeichniss aufgenommen werden sollten; nur die Missgunst, — man denke an den Conseiisus repetitus fidei Lutlieranae, in welchem 92 Vorwürfe wider den Synkretismus unterschieden werden, — versteht überhaupt in solcher Weise zu zählen. W o der H a s s einmal mitspricht, kann auch von der Sitte des Bartscheerens, von der Erlaubniss, Milch und Käse während der Fastenzeit zu geniessen, ein Aufhebens gemacht werden, es kann die Nachricht Glauben finden, dass es bei den Lateinern unverwehrt sei, Hunde, Bären und andere unreine Thiere in die Kirche zu führen, was in einer unter Innocenz I I I . abgefassten Klageschrift (Coteler. Eccl. Gr. monumenta I I I , p. 503) ausdrücklich versichert wird. Eine höhere Wichtigkeit haben nur z w e i S t r e i t p u n k t e , der eine von der T r i n i t ä t , der andere vom P a p s t t h u m und dessen Ansprüchen, und da die Triuitätsfrage für sich allein noch keinen r e l i g i ö s e n Trennungsgrund abgeben konnte: so bleibt am Ende der Papst als der wahre Stein des Aergernisses ü b r i g ; alle anderen Ausstellungen erhielten erst ihr volles Gewicht, indem sie im Lichte einer Kirche beurtheilt wurden, die sich selbst im Fapstthum abgeschlossen hatte und von dieser Spitze aus auch die östliche Hälfte der Christenheit zu beherrschen Anstalt machte. Im Juli 1054 legten die Römischen Gesandten in der Sophienkirche ihre Bannbulle nieder, welche dem Patriarchen den Frieden aufkündigte, ihn uud die Seinigen mit Ketzernamen überhäufte. Seitdem hat sich die Römische Kirche vollständig daran gewöhnt, den griechischen Protest als A b f a l l und die Gesammtheit seiner Anhänger uud Theilnehmer, folglich die ganze zweite Hälfte des Katholicismus als a b t r ü n n i g uud s c h i s m a t i s c h zu bezeichnen. Die Anklagen sind ohne A b z u g zurückgegeben worden. (Acta et scripta de controversiis eccl. Gr. et lat. ed. Will, Marp. 1861). Abfall ist der bequemste Vorwurf im .Munde derjenigen, die im ß e wusstsein der eigenen Gerechtigkeit sich jeder Selbstprüfuug überheben. Freilich sind auch die Griechen abgefallen, deun in beschränkter Ucbcrschätzung ihrer Eigenthümlicbkeitcn verloren sie das Gefühl der kirchlichen G e m e i n s a m k e i t ; allein sie waren durch die Herrschsucht des Papstthums, wclches in seiner Ausschliesslichkeit selber einen Abfall von den Grundformen der alten Kirche in sich trägt, herausgefordert. F o l g l i c h w a r d i e S c h u l d e i n e g e m e i n s a m e , wie dies auch neuerdings von A. Pichler zum grossen Aergerniss seiner Confessiousgenossen (s. dessen Schrift: An meine Kritiker, München 65) offen ausgesprochen worden ist. Eine doppelte Verfassung war gegeben und konnte nach L a g e der Dinge nicht mehr vermieden werden, aber erst der W a h n und die

Einleitang.

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A n m a a s s u n g d e r Menschen h a b e n j e n e anheilvolle S p a l t u n g d a r a u s gemacht. Doch ist nöthig, auf P h o t i u s als den R e p r ä s e n t a n t e n des j ü n g e r e u G r i e c h e n t h u m s noch einmal zurückzublicken. Mit ihm scheidet sieh der ältere patristische C h a r a k t e r von dem nachfolg e n d e n des theologischen und gelehrten Byzantinismus. D e r Geist v e r e n g t sich, d e r alte e h r w ü r d i g e S i n n f ü r d a s G a n z e und Gemeinsame erlischt, desto mehr w ä c h s t die S u c h t nach dem E i g e n e n und A n g e s t a m m t e n , welches immer a u f ' s N e u e e r l e r n t , e r g r ü b e l t und vertheidigt werden muss. I n P h o t i u s selbst waren g a n z ungewöhnliche E i g e n s c h a f t e n vereinigt (vgl. die B e n r t h e i l u n g von I l e r g e n r ö t h e r , P h o t i u s , B d . I I I ) . U m f a s s e u d e r K e n n e r d e r kirchlichen wie der klassischen L i t e r a t u r , selbst die lateiuische nicht ausgeschlossen, eifriger und unermüdlicher B ü c h e r f r e u n d , g u t e r Bibelforscher, wohlb e w a n d e r t im K i r c h e n r e c h t , g a n z d u r c h d r u n g e n von d e r M e t a physik des D o g m a ' s , a b e r auch eingenommen f ü r die sinnliche Aussenseitc des Cultus u n d d e r L i t u r g i e , dialektisch g e w a n d t und Meister in der p r ä c i s e n , oft auch schwierigen und periodisch schwülstigen D a r s t e l l u n g , h a t er doch m e h r seine F e h l e r als seine T u g e n d e n auf die N a c h k o m m e n vererben können. A n seiner F e d e r h a f t e t ein R e i z , welchen die s p ä t e r e n P r o d u c t e nicht m e h r ' d a r b i e t e n , und vielleicht w ü r d e sein N a m e rein geblieben sein, wenn er nicht P a t r i a r c h g e w o r d e n wäre. K e i n e r w a r wie er bereit, den A b e n d l ä n d e r n die M ä n g e l ihrer B i l d u n g und W i s s e n s c h a f t vorzurücken. Die L a t e i n e r sind es, s a g t er, die einst schon die alte Mythologie v e i k ü r z t uud h e r a b g e s e t z t und die ebenso hinter den H ö h e p u n k t e n d e r christlichen E r k e n n t n i s s zurückgeblieben seien. W e n n P h o t i u s die a b e n d l ä n d i s c h e Theologie und W i s s e n s c h a f t so g e r n d e r Uncnltur, j a d e r B a r b a r e i b e s c h u l d i g t e : so hatte dies für ihn und seine Z e i t noch einige W a h r h e i t , d a er selbst ü b e r ein weit ansehnlicheres gelehrtes Material v e r f ü g t e , als es den A b e n d ländern damals geläufig war. U n d dieselbe U e b c r l e g e n h e i t dauerte noch über P h o t i u s h i n a u s ; aber wie sehr sollte sich seit dem cilften und zwölften J a h r h u n d e r t d a s V c r h ä l t n i s s u m k e h r e n ! W e l c h e n A u f s c h w u n g n a h m d a s S t u d i u m im A b e n d l a n d , w ä h r e n d es im griechischen Reich meist nur auf g e b a h n t e n W e g e n einförmig und freudlos dahinschlich! W i r b e a b s i c h t i g e n hier nicht, die B y z a n t i n i s c h e T h e o l o g i e u n d Philosophie im E i u z e l n e n zu b e s c h r e i b e n ; n u r sofern sich in ihr eine bestimmte Denkweise a u s g e p r ä g t hat, sind wir ihr noch einige E r l ä u t e r u n g e n schuldig. Photius wirft einmal die B e m e r k u n g hin, der christliche G l a u b e sei fiii&qotg xul fivoTaywyiu, Erlernung

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Einleitung.

und gehcimuissvolle Verrichtaug oder Darstellung; und wirklich lässt sich die ganze nacbherige und durch Jahrhunderte fortgeführte literarische Betriebsamkeit unter diese beiden Rubriken vertheilen. B e i d e r M a t h e s i s denken wir theils an die von den Griechen mit Glück betriebene und mit Ehren zu nennende S c h r i f t e r k l ä r u n g , theils an das Dogmn. Iu dem merkwürdigen Mönch Maximus, gestorben um 660, flammte der speculative Geist noch einmal auf, um nachher dem Sammlerfleiss und der dogmatischen Genauigkeit zu weichen. Die alten Häresiologen hatten einen beträchtlichen Stoff aufgehäuft, der durch Euthymius und Nicetas Choniates jetzt vermehrt wird. Der lateinischen Kirche gegenüber mussten die alten Controversen aufgenommen, dieselben Sätze wiederholt, dialektisch begründet und mit Auctoritäten belegt werden. D a dies nicht ohne logische Uebung gelingen konnte: so wurde die Logik und Dialektik ein unentbehrlicher Bestandtheil der theologischen Bildung. Nachdcm Johannes von Damascus die Aristotelische Kategorieenlehre in seine Propädeutik aufgenommen, wurde sie auch von Photius und den Späteren eifrig studirt; an ihre Kenntniss kuüpft sich eine Disputirkunst, welche zwar in die dürrsten Abstractiouen verfällt, der man aber Virtuosität nicht absprechen kann. Lange Reihen vou unngiui und Ivoitg liegen uns, gedruckt und handschriftlich, noch vor Augen, und sie haben wenigstens den Werth logischer Uebungsstücke, ähnlich wie sich die Byzantinischen Briefe häufig nur als stilistische Exercitien betrachten lassen. F a s t verschollen ist der Name eines Johannes I t a l u s , welcher im 11. Jahrhundert den R u f eines philosophischen Meisters {ft). I'xoyioi rov NGIT VIIÜV NTITQIUP/OV — KVQiXAov. D a s Bekenntniss t r ä g t wohl die Ueberschrift des Patriarchen Cyrill, dass es aber yon diesem wirklich herrühre, wird nicht gefolgert, sondern weiterhin der Verfasser nur als avyygdipug angeführt. Die Synode wollte daher von dem Anathem, das sie im Sinne hatte, weder ablassen, noch wagte sie aus nahe liegenden Gründen es gegen den kirchlichen Würdenträger selber zu richten, womit es denn auch wohl übereinstimmt, dass derselbe Parthenius für eine feierliche Beisetzung der Leiche des ermordeten Cyrillus Sorge trug. — D e r T e x t ist nach der ersten A u s g a b e des Grotius Genev. 1645 übergegangen in die Sammlungen von Harduin 1. c. X I , p. 172. L a b b e et Cossart. X V , p. 1714. Aymon, Monumens, p. 335 (mit widerlegenden Noten) und Kimmel, p. 408.

§ 20.

Die S y n o d e von Jerusalem.

Dreissig Jahre später geschah von J e r u s a l e m aus ein letzter Schritt, um die griechische Lehre von protestantischer Befleckung zu reinigen. Der von den Jansenisten Nicole und Arnauld und dem reformirten Prediger J. Claude angeregte Streit Uber Eucharistie und Transsubstantiation war seit 1664 im vollen Gange. Die protestantische Ansicht, indem sie sich auf das ältere griechische Dogma zu Ubertragen suchte, fand in Cyrill, seinem Anhang und Bekenntniss immer noch einen wichtigen Stutzpunkt, während Arnauld und seine Freunde bemüht waren, entgegengesetzte Zeugnisse herbeizuschaffen, wozu der französische Hof durch seine Gesandten die Hand bot. Die Selbständigkeit der griechischen Lehrform schien gefährdet, weshalb schon 1667 mehrere Griechen wie Nicolaus Spadarius und Nectarius gegen die Behauptungen Claude's eifrig protestirten. Unter solchen Umständen und nicht ohne Einfluss Frankreichs wurde bei Gelegenheit der Einweihung

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I.

Die Urkunden und die Literatur.

einer Kirche zu Bethlehem die Synode zu J e r u s a l e m 1672 von dem dortigen Patriarchen D o s i t h e u s abgehalten. D a s weitläuftige Actenstück entwickelt einen nicht minder hochmüthigen und exclusiven Geist als die vorigen. Der Zweck ist Schilderhehung nicht gegen Rom, nur gegen das protestantische Abendland, welches gewagt habe, das Zeugniss der orientalischen Christen für sich und seine IrrtliUmer anzurufen, — daher die Aufschrift aomg oqdoöo^iag. Im ersten Theile wird ausgeführt, dass die Calvinisten durch ihr unverschämtes Vorgeben (avaiaxovTovvzee) nur die Einfältigen berücken möchten, denn sie selbst kennen einen anderen Inhalt der Orthodoxie, als welchen sie ihr andichten. Wie schon die Lutheraner unter Anführung des Martin Crusius den Patriarchen Jeremias gewinnen wollten, von ihm aber gestraft wurden: so haben J o h a n n e s Nathanael, Presbyter von Constantinopel, Gabriel Severus, Meletius Syrigus den orientalischen Kirchenglauben gegen j e d e Verdächtigung sicher gestellt. Hierauf geht die Rede zu Cyrill Uber. Die Berufung auf ihn und sein vermeintliches Bekenntniss ist vergeblich. Ihn den Patriarchen, der die Autorschaft eidlich abgelehnt und sich übrigens stets rechtgläubig verhalten h a t , können wir gar nicht als Verfasser anerkennen, vielleicht hat ein Fälscher seinen Namen geniissbraucht. Noch weniger besitzt das Schriftstück den Werth einer kirchlichen Urkunde, d a ihm j e d e vorangegangene Berathung und amtliche Beglaubigung abgeht; eB k a n n nicht als Zeugniss eines der Kirche selbst schlechtweg widersprechenden Glaubens gelten. Ihm zuzustimmen, stünde einem Abfall gleich. Zu J a s s y ist Cyrill nicht persönlich verurtheilt worden, zu Constantinopel 1638 geschah es allerdings, aber nur weil er unterlassen hat, jenem Product widerlegend entgegenzutreten. Sollte wider alle W a h r scheinlichkeit der Patriarch selber als Urheber zu denken sein: so würde auch ihn die schwerste Verdammniss treffen. Diese ganze diplomatisch geschraubte und unredliche Demonstration, in welcher die Acten der beiden vorigen Synoden eingeschaltet werden, beabsichtigt also E h r e n r e t -

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Syoode zu Jerusalem.

t u n g d e s P a t r i a r c h a t s und gleichzeitig Verdammung der unter seinem Namen bekannt gewordenen Symbolschrift. V o n den -älteren p r o t e s t a n t i s c h e n P a r t e i s c h r i f t s t e l l e r n ist D o s i t h e u s als ' W e r k z e u g einer papistischen I n t r i g u e geschildert worden, welche den R e f o r m i r t e u j e d e n etwaigen V o r w a n d entreissen sollte; doch war er nicht weniger ein steifer A n h ä n g e r seiner eigenen Confession, u n d a u s Aymons N a c h w e i s u n g e n (Monumens, p. 447) ergiebt sich nur, d a s s er mit dem französischen G e s a n d t e n N o i n t e l in V e r b i n d u n g s t a n d und von diesem die W e i s u n g erhalten hatte, z u r B e a n t w o r t u n g d e r Lutherischen und Calvinistischen P r o vocationen ein kirchliches M a n i f e s t zu veranlassen. E r f ü g t e sich dem A n t r a g e , da er d a b e i seiner eigenen stolzen griechischen K i r c h l i c h k e i t hinreichend g e n u g t h u n konnte. Die Synode, auch unter dem N a m e n der £ c t h l e h e m i t i s c h e n b e k a n n t , war stark besucht. Die weitläuftigen, wahrscheinlich von D o s i t h e u s abgefassten o d e r doch redigirten A c t e n t r a g e n 68 U n t e r schriften, unter ihnen die des Dositheus und seines V o r g ä n g e r s N e c t a r i u s sowie zahlreicher M e t r o p o l i t e n , Bischöfe u n d a n d e r e r W ü r d e n t r ä g e r des dortigen S p r e n g e i s . D e r erste Theil soll vermittelst einer historisch-kritischen Deduction die g a n z e Cyrillische S t r e i t f r a g e erledigen. L ä n g e r darf der S c h a n d f l e c k des Calvinismus an dem P a t r i a r c h a t e nicht h a f t e n b l e i b e n ; um ihn zu tilgen, werden s e c h s G r U n d e aufgeboten, die auf das O b i g e hinauslaufen u n d in welchen theils die A u t o r s c h a f t , theils die rechtliche G ü l t i g k e i t bestritten, theils über den unkirchlichen und unchristlichen I n h a l t G e fleht g e h a l t e n wird. A n eine von dem P a t r i a r c h e n Cyrillus h e r r ü h r e n d e und .somit auch amtlich durch Z e u g e n und durch die H a n d des S e c r e t ä r s v e r b ü r g t e Symbolschrift ist nicht zu denken, h ö c h s t e n s nur, — dXXu xv/hv KvQtXXov xtvog öoXinv iv nugußvaiat (f\vuQr)auvToq. Als Beweismittel f ü r die persönliche F r a g e dient h a u p t s ä c h l i c h eine Reihe von A u s z ü g e n aus einem von Cyrillus selbst zu C o n s t a n t i n o p e l niedergeschriebenen H o m i l i e n b a n d , welchen zufolge d e r s e l b e sich öffentlich g a n z a n d e r s und g u t o r t h o d o x ü b e r L e h r e u n d Cultus g e ä u s s e r t h a b e n müsste (Kimmel, p . 342)N ä h e r b e t r a c h t e t haben diese B e l e g e keine s t r e n g e B e w e i s k r a f t , theils weil ihre E c h t h e i t nicht feststeht, theils weil ihnen j e d e Zeita n g a b e fehlt und Cyrill seinen nachherigen S t a n d p u n k t doch e r s t schrittweise erreicht h a t . M a n c h e dieser Stellen ü b e r A u s g a n g des h. Geistes, K i r c h e und T r a d i t i o n und freien Willen f ü h r e n noch nicht auf einen W i d e r s p r u c h mit dem s p ä t e r e n B e k e n n t n i s s o d e r sie betreffen P u n k t e , die in dem letzteren g a r nicht b e r ü h r t werden. D o c h ist immer auffällig, dass Cyrill in diesen E x c e r p t e u G a s s , Symbolik ü. g i k c h . Kirche.

6

82

Die Urkunden und die Literatur.

ausdrücklich Verehrung der Heiligen und der Maria als der Himmelskönigin und Mittlerin fordert, -welche frei von aller Sünde nur aus Naturursachen den Tod erlitten, also Anspruch auf unmittelbare Unsterblichkeit gehabt habe, auf die sie jedoch freiwillig verzichtete. Dergleichen widerspricht seinen brieflichen Erklärungen geradezu, und man kann nur annehmen, dass Cyrill sich in seinen öffentlichen Vorträgen dem Ueberlieferten anschliessen wollte, bis der Zeitpunkt der Darlegung seiner Gesinnungen gekommen wäre. Aufhellen lässt sich aber sein Betragen nicht, und es bleibt einiger Grund zu dem Verdacht, dass er diese Zurückhaltung weiter getrieben, als sie sich mit der in seinen Briefen überall bezeugten Aufrichtigkeit vertrug. (Aehnlich urtheilt Steitz, die Abendmahlslehre der griechischen K. Theolog. Jahrbb. X I I I , 688) Noch weniger lässt sich beurtheileu, worauf die Bemerkung beruht, als habe er die Autorschaft förmlich und eidlich abgeleugnet. Hiervon abgesehen macht die Argumentation der Synode den widerwärtigsten Eindruck, denn sie schwankt zwischen Freisprechen und Beschuldigen. Der Leser soll zu der Ueberzeugung kommen, dass Cyrillus jener anstössige Schriftsteller nicht sei, dass er es am Wenigsten als Patriarch sein könne, weil sich sonst ganz undenkbare Folgerungen ergeben würden. Aber nachdem dies umständlich dargethan, nachdem selbst der Augenschein, dass die Synode von 1638 ihn als V e r f a s s e r gedacht und vcrurtheilt, mühsam und ganz gegen den klaren Wortlaut hinweggeräumt ist: lenkt die Darstellung um, und es geht dem Cyrillus ebenso schlimm, als wenn er wirklich als der Anstifter vorausgesetzt würde. Jetzt heisst es im Widerspruch mit früheren Stellen, dass er kein Heiliger sondern ein Unfrommer sei, der, weil er dem eingedrungenen Uebel Jahre lang ruhig zugesehen, der Verdammuiss werth erscheine und sein schimpfliches Ende verdient h a b e ; auch soll für den Fall seiner positiven Schuld das Anathem vollständig auf ihm ruhen bleiben. Hinter allen diesen klugen hypothetischen Wendungen lauert schwerlich etwas Anderes als die sichere Ueberzeugung, dass die Symbolschrift keinen anderen Urheber habe als ihn, dass man aber eine solche Blossstellung der Patriarchenwürde nicht aulkommen lassen dürfe. Vgl. Kimmel, p. 395 ff. Pichler, S. 229. § 21.

Bekenntnis» des Dositheus.

Den zweiten B e s t a n d t e i l der Synodalacten bildet ein von Dositheus im Namen der orientalischen Kirche und ihrer in

Bekenntniss des Dosithens.

83

Jerusalem vorhandenen oder als Fremde dort verweilenden Angehörigen aufgestelltes B e k e n n t n i s s . Diese confessio Dosithei soll die des Cyrillus ganz eigentlich aufheben und auslöschen, sie schliesst sich daher nach Zahl und Ordnung der Artikel und absichtlich auch dem Wortlaute nach der letzteren dergestalt an, dass überall nur die Calvinischen Sätze ausgerottet werden, die richtigen an die Stelle treten und das Fehlende ergänzt wird. Die geringste Veränderung erfährt wieder der Artikel von Christus. Den Beschluss bilden liturgische, historische und literarische Notizen und sonstige Bemerkungen zur Ehrenrettung des jüngeren kirchlichen Griechenthums gegenüber den Herabsetzungen eines Claude von Charenton. Auch diese Confession ist seit Aymon öfters als ein l a t i n i s i r e n d e s Erzeugniss bezeichnet worden und von einer schonenden Rücksichtnahme nach dieser Seite ist sie keineswegs freizusprechen. Dositheus, übrigens ein Gegner des Papstthums, hatte guten Grund, sich bei dieser Gelegenheit feindseliger Hinweisungen auf Rom zu enthalten; auch billigt er in der Apokryphcnfrage die mit der Römischen übereinstimmende Ansicht und betont die Siebenzahl der Sacramcnte als g e m e i n s a m e Lehre des Katholicismus. In allen Hauptsachen aber muss diese Urkunde als Ausdruck der griechisch-orientalischen Ueberlieferung betrachtet werden und sie nimmt in der Zahl dieser Zeugnisse eine wichtige Stelle ein. D a s Bekenntniss des Dositheus kündigt sich p. 425 nach Kim-

mel an als avfioftof o/toloyi'u — tig fiaQTVQtov ngög tt &fov npof Tf av&Qtöntov lihy.Qii'iT av^adr/aa ovöffii'ng uvtv ngoonoifjatwf. Die Form der Cyrillischen Thesen wird absichtlich möglichst beibehalten, der Inhalt durchweg verändert, der Umfang um das Doppelte und Dreifache vergrössert, Alles zum Zweck einer möglichst scharfen Demonstration. Für die dortige Gegend soll etwas Aehnliches geleistet werden, wie früher durch die Lehrschrift des Mogilas. Im siebenten Artikel findet sich nur bei Erwähnung der Empfängniss und Geburt Christi der Zusatz: /IOQII; xov äovvui

nuvov tj (udTvug jji iditf.

XUTU

aügxu fitjTQi f j

T>)V

nitQfreyiav

uvzfjg äiuafiaut, auch werden Himmelfahrt und Sitzen zur Rechten Gottes ausdrücklich genannt. Nichts reizte Dositheus mehr als der Vorwurf des Prediger Claude, dass die Griechen seit Photius 6»

I.

84

Die Urkunden und die Literatur.

literarisch zurückgekommen seien; d a f ü r muss Eich dieser p. 480 iig uv&Qwni'axog o tv KuQtvxovtu spöttisch beneDnen lassen. S p ä t e r hat derselbe P a t r i a r c h eine A b h a n d l u n g des N e c t a r i u s über die H e r r s c h a f t des P a p s t e s herausgegeben und eine andere selbst a b g e f a s s t : Historia de iis qui Ilierosolymorum patriarchatum gesserunt, Bucoresti 1715, in welcher die Römische Kirche heftig angegriffen wird. Hier aber bleibt dieser Gegensatz völlig anausgesprochen, Dositheus bequemt sich zu einer friedlichen H a i t a n g , wie sie die Umstände erheischten, und er verschmäht es sogar nicht, den N a m e n „katholische K i r c h e " einigemal ohne den Zusatz anatolisch im allgemeinen Sinne zu gebrauchen. Der antirömische Eifer wird von dem antiprotestantischen zurückgedrängt. Dessen ung e a c h t e t wäre es starke Uebertreibung zu s a g e n , dass die Beschlüsse der Synode Eingebungen der Lateiner seien. Tzschirner h a t dies (Schröckh's Neuere K . G. I X , S. 91) mit Recht geleugnet, d a s Bekenntniss bleibt ein griechisches, obwohl nach der einen Seite a b g e s t u m p f t ; auch wird sich e r g e b e n , in welchen P u n k t e n die Vorstellung des Latinisirens überhaupt mit Vorsicht angewendet werden muss. — A u s g a b e n dieser Synodalacten: Synodus Betitlehemitica Par. 1676, ibid. 1678, Aymon Monumens, p. 259, H a r d u i n , X I , p. 179. Kimmel, p. 425. Vgl. auch Kiesling, Histor. concertationis Graecorum Latinorumque etc. p. 310: I n der späteren Schrift Demetr. Procopii Graecorum. erudit. recemio 1720, wird über des Dositheus gelehrte Bildung ungünstig geurtheilt. E s heisst da selbst: Patriarcha ex variis libris, qui ipso curante typis editi sunt de variis ecclesiae or. et occ. rebus, qualis vir fuerit, perspieuum fiet. Graecae Linguae leviter peritus eix summo digito Hieras gustavit, ut ipse ultro profitelur, Latinae vero omnino ignarus fuit. le Quiens, l. c. I I I , p. 522.

§ 22.

Letzte kirchliche

Erklärungen.

A l s A n h a n g z u dieser S y n o d e lässt sich eine andere

in

d e m s e l b e n Jahre, aber einige Monate früher, vom Patriarchen D i o n y s i u s III. z u C o n s t a n t i n o p e l

gehaltene

betrachten.

D o c h wird der Z w e c k , entstandene Z w e i f e l und F r a g e n über griechisch-orientalische ledigen, ganz

allgemein

Gegner ausgesprochen.

Kirchenlehren und Gebräuche zu erund

ohne N e n n u n g protestantischer

D i e g e g e b e n e n Erklärungen betreffen

die Sacramente, d e n Episcopat, den Cölibat, Möncbthum, Bil-

Synode von Constantinopel.

1672.

85

der-, Heiligenverehrung, die Kirche, das Fasten und den Schrittkanon. Auf die Eucharistie und Taufe wird mit einiger Genauigkeit eingegangen, die übrigen Definitionen sind kurz und oberflächlich. Vereinzelte protestantische Stimmen sind auch nachher noch laut geworden. Unter Callinicus vcrurtheilte 1691 eine Synode von Constantinopel einen Johannes Caryophilus w e g e n Calvinischcr IrrthUmer zumal in der Abendmahlslehre. Seitdem bedurfte es keiner durchgreifenden Gegenmaassregeln; die protestantische Neigung war liberwunden, das alte Geleise wiedergefunden, aber auch das bessere wissenschaftliche und literarische Leben, welches von Cyrillus Lucaris hätte ausgehen können, gänzlich unterdruckt. Das kurze Actenstück der 1672 zu Constantinopel gehaltenen Synode ist mit dem von Jerusalem verbunden in die Ausgaben: Synodus llieros. adv. Calc. haereticos, Par. 1677 und 78, und nachträglich in den Appendix librorum symbolicorum der Kimmel'schen Ausgabe von Weissenborn p. 214 aufgenommen. Die Veranlassung wird daselbst p. 215 allgemein und unbestimmt dahin angegeben: tTiitntQ ovv xui tu vvv ovr. oid'onwg fj-i^ojiguy/toftlf Ttvtg ntgl nva jiof xu&' ¡¡uäg xii'ij&t'yitg 7iQovfiu).oi'io ¿¡(tTr igiozi/oag ixxXitamatixiöv vnu&iotiov ixnuxgtoiv uhoiyrtg xil. Aufgekommene

Zweifel sollen beseitigt, fremdartige Meinungen zurückgewiesen werden; zahlreiche Unterschriften des Patriarchen und seiner letzten Vorgänger so wie vieler anderer Bischöfe dienen zur Beglaubigung. Antirömische Sätze sind durchaus vermieden, sowie denn auch Dionysius III., gestorben 1696 im Lauraklostcr auf dem Athos, von dem französischen Gesandten Nointel begünstigt wurde. Der Name desselben Dionysius findet sich beigefügt in dem unter Callinicus 1691 gegen Caryophilus gerichteten Synodalschreiiben, welches zuerst zu Jassy 1694, danu 1709 von Renaudot edirt wurde, le Quien, 1, p. 343—4V. Beide Patriarchen werden in der Schrift des Dem. Procopius De eruditis Graecis sehr hervorgehoben. Die Erklärung der Synode von 1691 enthält nur einen genauen Auszug der 1672 zu Jerusalem aufgestellten Artikel und wurde von Dositheus sammt einer gegen Caryophilus gerichteten Abhandlung zu Jassy herausgegeben. Vgl. Steitz, Theol, Jahrbücher, X I I I , S. 699.

86 §23.

I.

D i e Urkunden uud die Literatur.

Uebersicht

und V e r g l e i c h u n g

des

Materials.

Die genannten Schriften sind vorzugsweise als Quellen einer griechischen Symbolik anzusehen. Sie bilden zusammen einen ziemlich ansehnlichen Lehrapparat, in welchem bald der k a t e c h e t i s c h e bald der a p o l o g e t i s c h - p o l e m i s c h e Zweck vorwaltet. Die erste Stelle an Ansehen und Verbreitung behauptet die Lehrschrift des Petrus Mogilas, die sich zugleich durch ihre ernste und objective Haltung vortheilhaft auszeichnet. Als p o l e m i s c h e s Seitenstück schliesst sich das Bekenntniss des Dositheus an. Wenn beide im engeren Sinne k i r c h l i c h auftreten und wirken wollen: so beansprucht die Schrift des Metrophanes Critopulus einige t h e o l o g i s c h e Selbständigkeit. Accessorisch brauchbar sind die übrigen, das Symbol des Gennadius uud die Sendschreiben des Jeremias. Endlich werden in den Acten der Synode von Jerusalem p. 336. 482 Kimm, noch mehrere Schriftsteller als orthodoxe Lehrer anerkannt: Symeon Erzb. von Thessalonich (f 1429), Johannes Nathanael Presbyter zu Constantinopel vor 1600, Gabriel Severus Erzbischof von Philadelphia zu Anfang des 17. Jahrhunderts, Georg Coresius aus Chios (f 1641), Meletius Syrigus aus Kreta, später Protosyncellus in Constantinopel (f 1662), Theophanes Patriarch von Jerusalem in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. — Vergleichen wir diese Urkunden mit dem Confessionskörper anderer Kirchen: so ergeben sich beachtenswerthe Unterschiede. Die griechischorientalische Gemeinschaft hat nicht denselben Grad von Lehrfeinheit und Lebreinbeit erreicht wie die occidentalischen, daher ist auch der Unterschied der gemeingültigen und der particularen Glaubenszeugnisse, der öffentlichen und Privatschriften, weniger scharf ausgeprägt worden. Immer blieben Gegenden Übrig, welche zufrieden mit den Quellen des Alterthums eine Unterwerfung unter die späteren Lehrer nicht in ihre Pflichten aufgenommen hatten und sich der neueren symbolischen Norm überhaupt nicht anschliessen wollten. In einigen Punkten, z. B. in der Papstfrage, sind wir auf Privatschriften angewiesen, weil die officiell beglaubigten vermöge ihrer einsei-

Ansehen der Symbolscbiiften.

87

tigen Entstehung und Absiebt keinen vollständigen Aufscbluss geben. Auch gehört es zum Wesen dieser Kirche, dass sie den geheiinnissvollen Ritus dem Dogma gleichstellt; auch nach dieser Richtung fordert ein genaueres Verständniss, über den confessionellen Schriftenkreis hinauszugehen. Eine griechische Symbolik ist daher ohne stetige Rücksichtnahme auf den Hintergrund der dogmatischen und rituellen UeberlieferuDg nicht ausführbar. In den gewöhnlichen Lehrbüchern z. ß . von Guericke werden öffentliche und Privatuvkundeu einfach und ohne Rücksicht auf die weniger entwickelten Verhältnisse der dortigen Literatur und Kirche unterschieden. Es wird sich ergeben, dass die Griechen ausser der h. Schrift nur ein einziges allumfassendes Traditionsund Synodalprinzip anerkennen, auf diesen) muss alles Andere beruhen, und die jüngeren Confessionsschriften dienen mehr als ein verdeutlichter Ausdruck der Ueberlieferung. Zu einer strengen Symbolherrschaft wie im Abeudlande ist es schon darum nicht gekommen, weil überhaupt nicht soviel gelehrt und geforscht, noch ein gleicher Grad von geistiger Akribie und dogmatischer Präcision aufgeboten wurde. Von dem Bekenntniss des Mogilas sagen die späteren Synoden, dass es im ganzen Umfange der griechischen Christenheit Annahme gefunden; aber auch dies gilt nur mit Unterschied. Manche Gegenden in Hellas blieben dabei, die älteren Vorbilder den jüngeren vorzuziehen und fuhren fort, ihre Dogmatik aus Stellen des Pipiphanius und ander er Väter zusammenzusetzen. (Heincccius, I, S. 236). Was den Ritus betrifft: so hat ihn Leo Allatius als Darstellung des Glaubens selber bezeichnet und verlangt, dass die Kenntniss der Lehre aus dem Euchologium und Horologium und ähnlichen Quellen geschöpft werde. E r sagt damit zu viel, wahr aber bleibt, dass die Lehren selber erst in Verbindung mit den liturgischen Anschauungen vollständig gewürdigt werden. Im Anschluss an die Schriften des Jeremias und des Metrophanes Critopulus mögen hier noch einige dogmatische Abhandlungen genannt werden. Unter den vorreformatorischen verdient Auszeichnung": Symeon Thessalonicensis, De Septem ecclesiasticis

sacramentis.

Patrologiae

cursu

|De completo

divino ed.

templo Migne,

et missa tom.

torisch sind: Johannes Nathanael, ntgt XTNOVQYI'ui. imu

— Gabriel

Tijg yM&ohxijs

155.

etc. vid —

ejus

rijg ig/itjyn'ug

S e v e r u s P h i l a d e l p h e n u s , ILgt

ixxXr^at'ug

fwair^iiof,



Fides

Opp.

in

Nachreforma-

rijc TWV UQWV

eccl.

orientalis

88

I.

D i e Urkunden und die Literatur.

seu Galrielis Metropol. opuscula ed. R. Simon, Par. 1086. — Goringeren Werth haben einige zerstreute Aufsätze des .Georg Coresius, Meletius P e g a s und Meletius Syrigus, Maximus Margunius, ferner: L. B. Atheniensis, Jiöuaxulia /giattuvixt], P a r . 1633. ganz latinisirend. — Eustrathius Johannides Zialowski, Brevis delinealio eccl. Graecae, herausgegeben von Gundling., Nürnb. 1681. — Zacharias Gerganus, Catechesis christiana. — Nicolaus Spadarius, Enchiridion sive Stella orientalis, Stockh. 1667, schroff antiprotestantisch und daher auch in den Claude-Nicole'schen Streit eingreifend. Dionysii Patr. Cplitani super Calvinistarum erroribus 1672 in Hard. Conc. XI, p. 274. — Nectarius Patriarcha, Jltgl ifjg «p/ijg xov niinu, Jassy 1682. Lond. 1702 (auch in Renaudot, Gennadii Homiliae etc. woselbst auch eine andere Schrift desselben Nectarius zur Widerlegung Claude's. Neueste Sammlung in Patrolog. curs. compl. ed. Aligne tom. 16Ö.) Christophorus Angelus, 'Ey/jtçlâtov TIÎQI TIJÇ XUTUOXÛOIWÇ x&v arifitçov tvçioxofttvior 'ElXrjvwv, mit weitläufigen Commeutaren cura G. Fehlavii Dantisc. 1668. Den Verfasser nennt Heineccius einen „einfältigen Mann, der die Hauptstücke seiner Religion selber nicht recht innegehabt", weil er sich nämlich fast nur über rituelle und mönchische Angelegenheiten verbreitet. Als Zeugnisse oder Darstellungen einer etwas späteren Zeit fügen wir hinzu: Theocletus Polyides, sacra tuba fidei, 1736 (Acta hist. eccl. I X , p. 179, beschrieben von Tzschirner bei Schröckh I X , S. 83). — Christoduli Protopapae Corcyrensis Catechesis sacra, griechisch 1670—72, deutsch in le Brets Magazin der St. und K. G. I I , S. 541. Demetrii Pepani Chii Opp. omnia gr. lat. cum prae/atione Joh. Amadutii 2 voll. Rom. 1781. Die wichtigsten liturgischen und rituellen Fundgruben sind: Renaudot, Liturgiarum orientalium collectio, Par. 1716. Quirini Card. Enchiridion Graecorum, quod de illorum dogmatibus et ritibus Romanorum pontijicum décréta complectitur, Beneventi 1717. R. Simon, Hist. crit. des dogmes, des controverses, des coutumes et des cérémonies des chrétiens Orientaux a Trévoux 1711. Euchologium Graecorum ed. Goar, Par, 1645, nach welcher Ausgabe unten citirt wird. Codex liturgicus in epitomen redactus ed. A. Daniel, Ups. 1853. Euchologion der orthodox-katholischen Kirche aus dem griechischen Originaltext in's Deutsche übertragen, 3 Bde. Wien 1861. 62. Die gegenwärtig in Athen gebräuchliche Liturgie: jiî &tïai Xitxovçyiat xwv iv uyiotç naxtçiov fytuiv iv Btvttt'a 1852, ist mir von befreundeter H a n d mitgetheilt worden.

Russische Theologie.

89

VII. Jüngere Literatur. § 24.

Kussische

Theologen.

Die n e u e r e r u s s i s c h e T h e o l o g i e e r h i e l t in S t e p h a n J a w o r s k y , M e t r o p o l i t e n von R ä s a n u n d letztem V e r w e s e r d e r

russischen

K i r c h e v o r A u f h e b u n g d e s P a t r i a r c h a t s (gest. 1722), f e r n e r in Theophanes

Procopowitsch

Erzbischof von Plescow,

welcher

g e l e h r t e K e n n t n i s s mit s t r e n g k i r c h l i c h e r A n h ä n g l i c h k e i t band (f

173',i), i h r e a u s g e z e i c h n e t e n B e g r ü n d e r .

ver-

Andere wie

d e r A r c h i m a n d r i t K i r p i n s k y u n d E u g e n i u s B u l g a r i s f o l g t e n in gleicher Richtung.

M e h r in r e l i g i ö s e r W ü r d e u n d

volkstüm-

licher Einfachheit lehrte Plato Metropolit von Moscau ( f 1812); sein

weit verbreiteter

übergegangener

in d e u t s c h e

Katechismus

tritt

und griechische dem

Romanismus

Sprache scharf

g e g e n ü b e r , w ä h r e n d e r hier u n d d a p r o t e s t a n t i s c h e n G e d a n k e n R a u m giebt.

N o c h b e s t i m m t e r zeigt sich bei P h i l a r e t g l e i c h -

falls Metropoliten

von Moscau

und subjectivirende Neigung.

(f

1832) d i e

Berührung und

evangelisirende Bekanntschaft

m i t p r o t e s t a n t i s c h e r L i t e r a t u r u n d W i s s e n s c h a f t k ö n n e n seitdem nicht zweifelhaft sein. ist j e d o c h

D e r a l t e Begriff d e r K i r c h l i c h k e i t

durch diese Anregungen

nicht erschüttert

worden.

Schwankungen unter diesen Schriftstellern sind insoweit sehr bemerkbar, als Einige mehr die antikatholische, Andere die antiprotestantische Spitze herauskehren. D a s L e t z t e r e gilt von S t e p h a n J a w o r s k y dem F r e u n d e P e t e r s I., dem Verfolger der Raskolniken, dem bittern Widersacher aller, auch der protestantischen Neuerungen. I n gelehrter R u h e arbeitete T h e o p h a n e s P r o c o p o w i t s c h ; a u s s e r d e m unvollendet gebliebenen H a u p t w e r k : Orthodoxa theologia, Regiom. et Moscov. 1773, 7 partes, haben auch die Miscellanea sacra, Vratisl. 1774, und die Streitschriften ü b e r den A u s g a n g des h. Geistes und die T a u f e in Russland grosses Aufsehen erregt. Z u n ä c h s t f o l g t : llyac. Kirpinsky, Comp, orthod. theol. Lips. 1785. I n P i a t o n s : Rechtgläubige L e h r e , deutsch R i g a 1772, griechisch zuletzt in A t h e n 1836, herrscht ein biblisch frommer T o n , die kirchliche R i c h t u n g ist nur in G r u n d z ü g e n , nicht in scharfen Definitionen wiedergegeben. U e b e r Philaret'ß P r e d i g t e n und A b h a n d -

90

I.

Die Urkunden und die Literatur.

lungfu berichtet Pinkerton, Russia or miscellaneous observations — Lond. 1833 und nach ihm die Evang. Kirchenz. Jahrg. 1834. Nr. 77 ff. N o c h gegenwärtig geniesst Philaret's Katechismus der orthodox-katholischen und orientalischen Kirche, Petersb. 1840 u. o. grosses Ansehen. A u s Alex. Stourdza, Considérations sur la doctrine et l'esprit de l'église orthodoxe, zuerst 1816, und aus den Schriften von Murawieff, Macarius, Kamikoff und dem vielgenannten Büchlein: Quelques mots sur les communions occidentales à l'occasion d'un mandement de M. l'archevêque de Paris par un chrétien orthodoxe, — finden sich Mittheilungen bei Pichler I I , S. 305 ff. Stanley, Eastern church, p. 408, Consett, Present State of the Btissian church und Strahl, Gelehrtes Russland.

§ 25.

Stimmen aus Hellas.

In Hellas sind bald nach der Stiftung der selbständigen Kirchc von Athen aus die theologischen Studien neu in Gang gebracht worden; sie bezweckten Verteidigung der alten Grundlehren, Abwehr fremdartiger Eingriffe zur Rechten und zur Linken. Hauptsächlich durch Germanus, den Herausgeber der „Evangelischen Posaune" seit 1835, und durch Constantin Oeconomus wurde das conservative Princip durchgefühlt, während Bambas und Pharmacides eine unbefangene Stellung einnahmen. Die Literatur beschäftigt sich mit patristischen Mittheilungen und biblischen Personalfragen, aber sie hat auch grössere Coutroversen aufgenommen, z. B. Uber Schrift und Tradition, Bibelübersetzung, Verbältnisse der Kirche zur Synode und zum Patriarchat. Die Bahn einer Entwickelung von Innen heraus ist bezeichnet, ein Erfolg noch nicht gesichert. Charakteristisch bleibt, dass die dortigen Theologen durch die antiken Normen in höherem Grade als durch Rücksicht auf die neueren Bekenntnisse beherrscht werden. Gegenwärtige Berichterstatter versichern, dass das Verhältniss zur katholischen Kirche gegensätzlicher, das zur evangelischen friedlicher auftrete. In dieser Beziehung liegen mir keine andern Nachweisungen vor als die von W e n g e r : Beiträge zur Kenntniss des gegenwärtigen Zustandes der gr. K. Berl. 1839, und in dem Aufsatz der Stud,

Theologie in Hellas.

91

u. Kr. 1841 v. A . : Die W i e d e r a n f ä n g e der theol. L i t e r a t u r iu Griechenland. (Maurer, D a s gr. Volk in öffentl., kirchl. und privatrechtl. Bez. Hdlb. 1835. 2 B d e . H . J . Schmitt, Krit. Gesch. der neugr. K . Mainz 1840). — Aus mündlichen Berichten entnehme ich, dass die dortigen Bischöfe grossentheils ihre Bildung im Auslande suohen und den V e r k e h r mit den P r o t e s t a u t e n nicht scheuen, ebenso dass die kirchliche Anhänglichkeit der Geineinden immer noch mehr durch Cultus und Liturgie wie durch den L e h r v o r t r a g bedingt wird. Eine freiere a b e r religiös gestimmte R i c h t u n g k n ü p f t sich an den Namen des Cairis, eines vor wenigen Decennien gestorbenen F r e u n d e s des Corais. Als Beispiel eines Dogmatikers vom jüngsten Datum liegt mir vor A u g e n : JItQi äp/a»' vnb Nizohlov M. Ju^iüht, tv ytuxpiu, 1865. D e r Verfasser ist in Deutschland unterrichtet, er citirt vielfach Schleiermacher, J . Müller, Möhler und den Catechismus Romanus. Seinen eigenen S t a n d p u n k t bezeichnet er als denjenigen, der zwischen den Abweichungen der lateinischen und der p r o testantischen Kirche (ij J. 67. 75. 80 apokr3rphische Bücher wie Sirach einigemal citirt werden. Aber einen vollständigen Consensus haben wir auf diesem Boden nicht zu erwarten. Auch freiere Stimmen konnten sich behaupten, und die zu Jerusalem geforderte Gleichsetzung alles dessen, was der griechische Text darbot, scheint nicht auf alle Gegenden übergegangeu zu sein. In der gewöhnlichen Kirchenpraxis mochte der Unterschied verschwinden, während die besser Unterrichteten und theologischer Gesinnten ihn als eine nothwendige Abstufung geltend machten. Die Uebersetzung der Siebzig wird aber noch in diesem Jahrhundert mit abergläubiger Verehrung behandelt, und die alten Fabeln von ihrer Entstehung finden Glauben. Der Patriarch Gregor V I . von Constantinopel macht in dem Rundschreiben von 1836 ihren „canonischen Gebrauch" zur Glaubenssache und nennt sie den zweiten, von den späteren Verderbnissen des hebräischen Originals unabhängigen Grundtext, ein göttliches Werk, welches nach Veranlassung .Gottes entstanden, von keinem Frommen angetastet werden dürfe. S. Wenger, Beiträge zur Kenntniss des Zustandes der gr. K. S. 145. 46. Aehnliche Behauptungen enthält der Streit zwischen Oeconomus und Bambas in Athen, die gelehrten Mühewaltungen des Ersteren endigen damit, dass der hebräische Text herabgesetzt und verdächtigt, die Uebersetzung der L X X aber in das Licht einer göttlichen Gabe gestellt wird, welches durch Zweifel oder Angriffe verdunkeln zu wollen, einem kirchlich Gesinnten nicht anstehe. Selbst die Synode von Hellas erklärte am 2. April 1835 die L X X für die einzige canonische Uebersetzung des A. T. und verwarf jede andere für den öffentlichen Gebrauch der Kirche, des Klerus und des Unterrichts.

101

Die biblische Norm.

§ 31.

A n s e h e n d e r h. S c h r i f t .

Die göttliche E i n g e b u n g der Bibel wird entweder ausdrücklich

betont

oder

vorausgesetzt.

Zu

einer

Darlegung

hernicneutischer Grundztige wird keine Anstalt gemacht, wohl aber

soll das Verhältniss

der Schrift zur Kirche

Bürgin und gesetzlichen Auslegerin von

vorn

als

herein

ihrer sicher

gestellt werden. Cyrill erhebt das Ansehen der Schrift wesentlich Uber das der Kirche, deren Zeugniss erst aus j e n e r geschöpft und untrüglich von ihr normirt werde.

Allein es wird

entgegnet, dieser protestantische Wahn lasse die Schrift nackt (yvfivq) dastehen und entblösse sie von den geistlichen Vollmachten der katholischen Kirche.

In Wahrheit haben beide

denselben Urheber im h. G e i s t ; ihr und ihren Organen steht es zu, den biblischen Inhalt zu prüfen, die Tiefen und Schwierigkeiten des Schriftsinnes zu erforschen. Kirche von

kann keine geringere sein,

der

einen

auf die

andere

D i e Auctorität der

die UntrUglichkeit

übergehen.

Antwort der Synode von J e r u s a l e m .

So

Vorsichtiger

muss

lautet

die

behauptet

Metrophanes, dass die h. Schrift wie ein himmlischer Schatz der Kirche anvertraut sei, damit sie ihn theils behüte (q>vka§), theils

zu

(odrjyos),

seinem

Verständuiss

die

rechte

ohne zu willkürlichen Zuthatcn

rechtigt zu sein. —

Anleitung

gebe

oder Abzügen

be-

W a s die Kirchc sei, erfahren wir dabei

nicht; ohne sich über ihr Wesen und ihre Entstehung

ausge-

wiesen zu haben, tritt sie als eine absolute T h a t s a c h e christlicher Wahrheit auf.

Schwankungen sind indessen nicht aus-

geblieben; in neueren Büchern wird die Schriftnorm so sehr als die schlechthin gültige

wieder

und hinreichende verthei-

digt, dass das Ansehen der lehrenden Kirche ihr nothwendig untergeordnet sein muss. Die Schrift ist nach Cyr. cp. 2 allein &iodiduxTog, während der Kirche immer nur ein menschliches Zeugniss und Lehrrecht zustehen kanD, worauf die C. Dos. decr. 2 antwortet: o&ty xai tfjv rrjg xa&ohxijg fxxfotGiug /IUQXVQIUV OV/ tjTiov Ttjg ¡¡¡y xixxrßm ij &e(a yQUfftj tlvut niOTfvoftiv. trog yug xa! xov avxov uyiov nvtvfiurog ovxog uiifpoitQwv dr^iiovQ(fov iaov iaxi nuviutg vno xijg

II.

102

Das Lehrsystem.

yQiK/rjs xai vno xrjg xad-ohxrjg

(xxhjaiug

öiSdaxio&ui.

Conf.

Syn.

ap. Gias. p. 409. Dieser Satz steht widersprechend neben dem anderen, nach welchem ein Theil derselben katholischen Kirche, der hier so unbedingte Lehrbefugnisse zuerkannt werden, nicht einmal das Recht des Bibellesens r o l l s t ä n d i g besitzen soll. Metrophanes scheut den Vorwurf einer allzugrossen Verselbständigung des Kirchenprincips; er bindet also materiell und ausdrücklich die Kirche an die Schrift als deren Hüterin und Auslegerin. Jene ist die aus Gott stammende Wahrheit, diese nur deren Stütze und Befestigung.

Metr. cp. VII, p. 106. 7.

Theophanes Procopowitsch, der Gründer der neueren russischen Theologie s a g t : Christ, orth. tlieol. I , 160: Ita perfecta est sacra scriptum, nt omnia vel quoad verba vel virtute in se contineat, quae nobis ad salutem sunt necessaria, ita ut absque Ulis salvi esse non possimus,

tarn ad fidem quam ad mores spectantia. Weder einzelne Väter noch

Concilien können Lehren als Dogmen aufstellen, die nicht ausdrücklich oder der Sache nach in der h. Schrift enthalten sind.

§ 32.

Das Recht der B i b e l l e s u n g .

Zuletzt hängt damit die Frage zusammen, ob die heil. Schrift als Erkenntniss- und Erbauungsquelle v o n A l l e n g e l e s e n w e r d e n d ü r f e . Cyrill hatte am Schlüsse seiner Confession den protestantischen Grundsatz mit Mässigung wieder aufgenommen. Alle treuen Christen sollen den wesentlichen Gehalt derselben kennen, weil das zur Heilserkenntniss Erforderliche nur aus ihr geschöpft werden kann. Mögen in der Bibel immerhin zahlreiche Schwierigkeiten des Buchstabens zurückbleiben: so betreffen sie doch nicht die n o t wendigen Glaubenslehren; auf diese wird der vom h. Geiste Geleitete, wenn er nur die einzelnen Ausdrucksweisen analogisch verstehen will, mit Sicherheit hingeführt werden. Die h. Schrift ist das die Gesinnung der Frommen erleuchtende und die Finsterniss verbannende Licht und die rechte Nahrung, Jedem widerfährt offenbares Unrecht, der, wess Standes er auch sei, von ihrer Lesung oder Anhörung zurückgehalten wird. — Nein, entgegnet die C. Dos., das Unrecht würde vielmehr in der Gewährung liegen. Nicht Allen, nur den Ein-

Recht dos Bibellesens.

103

geweihten und Geübten ist die L e s u n g der ganzen Bibel, zumal des A. T.,

ohne Unterschied

zu gestatten,

sonst würde

nicht von Christus eine Forschung, von Paulus eine besondere Gnadengabe für diesen Z w e c k verlangt werden, welche allein

die Dunkelheiten der Schrift aufzuhellen und in ihre

T i e f e n einzudringen vermögen. In diesen Erklärungen tritt nochmals das selbständig angeeignete

dem traditionellen und

priesterlich

ausgefertigten

Christenthum entgegen, und j e n e s wird von diesem gewiesen.

zurück-

Die praktische F o l g e w a r eine doppelte, theils die

Schwierigkeit und das Vorurtheil, welches sich der Verbreitung der h. Schrift in der Landessprache entgegenstellte, theils die Vernachlässigung der Predigten Verkündigung,

im

Sinne

einer

biblischen

Doch hat der griechische Katholicismus nicht

darum allein die Predigt so w e n i g cultivirt, weil er die L a i e n von einem selbständigen Glaubensverständniss

ausschliessen

wollte, sondern nicht minder, weil er in geistiger

Trägheit

sich mit den liturgischen Andachtsmitteln begnügte und für die Pflege des intellectuelleu selbst keine Kräfte besass.

Bestandtheils

im

Gottesdienst

Im V o l k e , besonders in Ru&sland,

ist die Bekanntschaft iuit der h. Schrift dennoch

verbreiteter

als innerhalb der Römischen Kirche. Cijr. Conf. p. 40. 4L oyfilovßt ol NIOTOI nuvin; XQtaTiuvo) TU Tfjg iigüs ygu.t/'7?> ,"') navza uWa yovv TU uvuyxutu ovx äyvotTy xut manvav xia (ti^iu i\'g TI TO yptuiTov (Xai uyquif ov, in der offenbarenden göttlichen Rede sucht er die höhere gemeinsame Kraft, welche in die doppelte Gestalt der schriftlichen und mündlichen Mittheilung eingegangen sei. Wenn es im Trid. sess. IV. zu Anfang heisst: disciplinam contineri in libris scriptis et sine scripta traditionibus, quae — — quasi per manus traditae ad nos usque pervenerunt: so soll hier nach den Worten des Dionysius C. O. p. 59: ix voog tig vovv diu fttaov Xöyov aiofiaaxov ¡.tiv, UVXCHTIQOV äi oftcog, die Ueberlieferung geistiger vermittelt gedacht werden, wobei es freilich um so mehr auffällt, dass dasjenige, was seiner Eigentümlichkeit nach von G e i s t z u G e i s t übergegangen ist, späterhin dem B u c h s t a b e n und der Formel vollständig anheimfallen muss.

§ 34.

Alterthum und

Neuerung.

Aber es kommt d a r a u f an, dieser zunächst noch ganz gestaltlosen Grösse sichere Grenzen zu geben. Daher wird weiter gefolgert: die Tradition ist die a p o s t o l i s c h e , die u r a l t e und u n v e r l e t z l i c h e ; sie in Uebereinstimmung mit der Schrift u n v e r ä n d e r t a u f b e w a h r t zu h a b e n , ist die Grundeigenschaft kirchlicher T r e u e und Katholicität, und diesen Charakter legt sich die griechische Kirche vor allen a n d e r e n bei. Sie will die a l t e und e b e n d a r u m die echte katholische und orthodoxe sein. Bei j e d e r Gelegenheit wird d a h e r auf G e w ä h r s m ä n n e r d e r alten Kirche und Theologie geflissentlich zurückgegangen. Von den allgemeinen K i r c h e n v e r s a m m l u n g e n wird nur die Reihe der s i e b e n ä l t e r e n vom ersten bis zum zweiten Nicäniselten Concil a l s vollgültig a n e r k a n n t . Die lateinische Kirche h a t sich d a h e r schon dadurch dem w a h r h a f t katholischen W e s e n e n t f r e m d e t , dass sie d u r c h ein a b n o r m e s Wachsthum über den Stamm der sieben ersten s y n o d a l e n Ent-

Alterthum und Neuerang.

111

Scheidungen hinausgetrieben wurde. Wie das höhere Alter die Echtheit verbürgt: so ist umgekehrt die N e u e r u n g ein Erkcnuungszeichen der Unwahrheit, Zwietracht und Verwirrung, durch sie wird der Zusammenhang mit dem rechten Kirchenglauben zerstört. Sollte alle Tage ein anderer Schriftsinn ermittelt werden dürfen: so wllrden die Spaltungen nicht aufhören. Alle Ketzer sind zugleich Neuerer, die Häresie selbst ein v£(i)ZEQia^i6g, eine xatvorofila. Wenn schon die Lateiner zahlreiche Neuerungen treiben: so unterliegen in noch weit höherem Grade die Calvinisten und Protestanten diesem Vorwurf, denn sie lernen selber von der Kirche, um sie dann durch neuerfundene Meinungen zu verunreinigen. Das antike Selbstgefühl des Qriechenthums wie des christlichen Orients überhaupt hat sich in der angegebenen Richtung seit Jahrhunderten immer schärfer entwickelt, immer einseitiger abgeschlossen. Schon Photius legt den grössten Werth darauf, der ältesten Kirche, nicht der eist später emporgekommenen lateinischen anzugehören. Alle Controversen mit den Lateinern, die Trinitätsfrage, die Papstfrage, waren so beschaffen, dass der griechischen Ansicht der Vorzug des höheren Alters beigemessen werden konnte. Jüngere Häreseologen gehen von der Anfzählung der älteren häretischen Parteien gern zur Kritik der lateinischen Kirche über, w.eil diese durch Neologie an den vorangegangenen Irrthümern Antheil habe (Sym. Theas. Opp. et Migne p. 102). Noch leichter stellte sich der spätere Protestantismus, welchen j a schon die Römische Kritik als moderne Erfindung behandelt, in das Licht des Abfalls von der geheiligten Auctorität der Kirchenväter, die Verhandlungen des Patriarchen Jeremias mit den Würtenbergern beweisen dies. In unserer C. (>. aber und in der C. Dos. wird die Anklage der Neologie ohne Weiteres wie eine praescriptio adeersus haereticos gehandhabt. Die Ileterodoxeu sind keine anderen als die Neuerer, welche den Verband mit dem Ursprünglichen verloren haben, daher Nectar. ep. p. 40: vtwTtQtcifioi TWI> htgoÖO'^OVVTIÜV, die xixtvtiTOft/ui und datßrj DÖYFIITTU fallen ähnlich zusammen, wie Orthodoxie und Neologie einander entgegenstehen. Die Calvinisten heissen vor Allen die y.uivoxo^iovvTiq (C. Dos. p. 424. 426). Die Synode von Jerusalem schliesst p. 485 ihren Erlass mit den Worten: auonuxioauv TOIMV ol y.tvöv/j/v XUTU i f j v ovaiuv. Durch diese Selbstoffenbarung soll aber Gott zuerst mit sich selbst und dann erst zur Welt in Verhältniss treten, das Interesse des Dogma's wird also nach dieser Richtung gewahrt. Nach allem Anschein hat Gennadius dabei ältere patristische Versuche besonders des Gregor von Nyssa, (S. dessen Abhandlung De eo quid sit ad imaginem Dei, und Grat, catech. magna, cp. 2), der sich ähnlicher psychologischer Analogieen bedient, vor Augen gehabt. Dass die Lehre selber mit dieser Deutung wohl veranschaulicht, aber nicht erreicht wird, ist klar. Metrophanes verbindet die dogmatischen Bezeichnungen in eigentümlicher Weise mit den philosophischen cp. X I V : Tovxtov TCSV rpiwv &tap/ixwv vnoaiüanov nuqtXußtv (tj ixxXijaiu) l'x rt jijg uyluq ypacfijg xul ix xijg up/utug ixxhjatug j f j v fitv naztgu xulttod'ai xul ngoßoltu xai vovv, TIJV D( viov xu< löyov, zfjv 6t

I.

128

Der Glaube.

7ivivf.ia uyiov xui ngößlr^ia. Von diesen drei Gliedern oder Bestandtheilen der Trinität bat jeder sein Eigenes, aber es werden auch je zwei durch ein Gemeinsames verbunden. Die erste Hypostase verhält sich zur zweiten als Vater, zur dritten als Sender, zu beiden als Vernunft, die dritte zur ersten als Gesendetes, zur ersten und zweiten als Geist. Die beiden letzteren können nicht wesentlich von der ersten verschieden sein, aus welcher die eine durch Zeugung (ywjjrw?), die andere durch Ausgang (¡XJIOQIVrwg) ihr Dasein empfangen hat. Diese Combination scheint sich an das von Joh. Dam. 1. c. I, p. 138 geforderte Ineinandersein der Hypostasen (ntpi/wp^a/c, to IV uMyhtig tlnu rüg inoatuaag) anzuschliessen; wenigstens verräth sie noch keine Abhängigkeit von der lateinischen Lehrweise.

§ 42.

Kirchliche Fassung der Trinität.

In den beiden öffentlichen Lehrschriften wird das Dogma mit gebieterischer Strenge vorgetragen und genau formulirt. Die Einfachheit des göttlichen Wesens schliesst nicht aus, dass in demselben drei innere Bestimmtheiten als P e r s o n e n , P r o s o p e oder H y p o s t a s e n unterschieden werden. Das biblische Zeugniss (Matth. 28, 19, dazu die unechte Stelle 1 Joh. 5, 7) und das Ansehen der Concilien und Väter fordern die Anerkennung des Vaters, Sohnes und h. Geistes innerhalb derselben Wesenheit, also auch die Entstehung Zweier und Verursachter aus der Einen nicht entstandenen Ursache. Denn Sohn und Geist müssen ihr eigenthttmliches hypostatisches Dasein vom Vater herleiten, der Sohn in der Form der Zeugung und der Geist in der des Ausgangs. Das Geheimnissvolle dieser Dreiheit k a n n durch Gleichnisse und biblische Anspielungen (Gen. 1, 26. 3, 22. Jes. 6, 3. Ps. 33, 6) nicht aufgeklärt werden; verdeutlicht wird es aber durch die Unterscheidung der gemeinsamen von den besonderen persönlichen oder prosopischen Attributen (IdiwpctTa ovotciöi), xoivä nqoato71 ixa). Die gemeinsamen ruheu auf der G l e i c h h e i t d e s W e s e n s , durch sie wird Gott als der Einige, Anfangs- und Endlose, Gute, Allmächtige, Allwissende und Allerfüllende gesetzt. In den besonderen Attributen ist die eigene Existenz

Form der Trinität. d e s Vaters a l s d e s U n g e z e u g t e n

1 2 9

(ayivvtjxog),

des Sohnes

a l s d e s G e z e u g t e n (yiwTjxos), d e s Geistes a l s d e s A u s g e g a n g e n e n (hnÖQEVTos) a u s g e d r ü c k t ; w ä h r e n d diese Idiome die Einheit d e s W e s e n s nicht alteriren,

sind s i e doch

stark

g e n u g um zu beweisen, d a s s die göttlichen P e r s o n e n , obgleich durch H o m o u s i e verbunden, sich doch durch die Art (tQÖnog) i h r e s B e s t e h e n s v o n einander

absondern.

hypostatisch

zugleich

gedacht

Zweien

K e i n Idiom k a n n

zukommen,

in

dem

Idiom d e s S o h n e s liegt zugleich d i e B e z i e h u n g a u f die Menschw e r d u n g (ij EvoaQxog oixova/ula),

w e l c h e auf j e n e anderen keine

A n w e n d u n g erleidet. D a s ist der orthodoxe u n d katholische Kirchenglaube, um d e s s e n willen einst die Märtyrer d e n T o d mit dem irdischen L e b e n vertauschten, der auch j e t z t unerschlittert stehen bleiben und a u f welchen

unter ZuhUlfenahme der g u t e n W e r k e

H o f f n u n g d e s H e i l s und d e s e w i g e n L o h n e s g e g r ü n d e t

die wer-

d e n soll. Die C. 0. I, qu. 9—13 gelangt von dem blossen Geheimniss zur bestimmten L e h r e , sie überschreitet den katechetischen S t a n d p u n k t , ohne sich in einer wissenschaftlichen R e c h t f e r t i g u n g zu versuchen. Vor Zeiten d r a n g die Arianische Kritik gerade in den dunkelsten P u n k t , indem sie behauptete, dass die göttliche Ungezeugtheit nicht zum persönlichen Idiom des V a t e r s gemacht werden dürfe, weil sie das A b s o l u t e der Gottheit seinem K e r n e nach ausdrückt. A b e r der einstige Triuitätsstreit ist vergessen, die alten G e g e n g r ü n d e werden nicht aufgenommen; uytvrtjaia, ytyvrpt?, (xnögtvatg stehen als Charakterformen derselben Substanz einander gleich. D a s Dogma ruht auf sich selbst, d. h. auf der religiösen A n s c h a u u n g , dass das Göttliche mit seiner nothwendigen Einheit eine innere Mehrheit verbinden müsse, wird a b e r doch wesentlich erst durch Symbol und Ueberlieferung beglaubigt, daher die Bel'ufung auf Greg. Naz. Orat. 23. Ejusd. in verba Rom. 11, 36. Joh. Dam. De fide I. cp. 10. 11. Die Conf. Dos. decr. 1. b e g n ü g t sich, die F o r m e l des Cyrill mit einer einzigen Correctur zu wiederholen. N a c h diesen Stellen erscheint der christliche Glaube als gesetzlicher Trinitätsglanbe, weshalb denn auch der UebergaDg zur Heilsökonomie wenigstens angedeutet werden muss. M a n beachte jedoch, dass selbst bei dieser Gelegenheit die zweite Heilsbedingung der guten W e r k e (awegyovyrwy y.ai xwv uyu&wv f^uüv l'gywv) bestimmt G a s s , Symbolik d. g r i e c l i . K i r c h e .

9

130

II.

Der Glaube.

aufgenommen wird. D a r i n l i e g t immer noch eine A b w e i c h u n g von dem schlechthin doctrinalen Staadpunkt des lateinischen Symbolum Quicunque, denn in diesem findet das agere bona nur eine indirecte und gelegentliche Erwähnung. Uebrigens vertreten neben der b l o s s behauptenden und z e r l e g e n d e n S a t z u n g Gennadius und Metrophanes d a s Interesse einer denkenden T h e o l o g i e , w e l c h e letztere auch in diesem Artikel der neueren Literatur zugeführt worden ist.

§ 43.

A u s g a n g d e s h. G e i s t e s .

Schliesslich läuft das Dogma, in allem Uebrigen auf gemeinsamer Ueberlieferung ruhend, in eine c o n f e s s i o n e l l e Spitze aus, denn es führt zu dem Satz, dass der h. Geist n u r v o m V a t e r , n i c h t a u c h vom S o h n e seinen Ausgang nehme. Diese alte und niemals aufgegebene Eigentümlichkeit der griechischen Tradition wird in der C. 0. einfach bestätigt, zwar ohne Ausfälligkeit und Anathem, aber doch mit bestimmter Zurückweisung der lateinischen Lehrform. Die Richtigkeit der griechisch-orthodoxen Auffassung, nach welcher der h. Geist vom Vater a l l e i n ausgegangen ist, soll sich sachlich schon daraus ergeben, dass in der Gottheit Alles von Einem Punkte herkommen und aus Einer Wurzel stammen muss, der Geist also keinen doppelten Ursprung haben kann. Sie folgt aber auch b i b l i s c h aus Stellen wie Joh. 15, 26, p a t r i s t i s c h aus den Aussprüchen des Athanasius und Gregor von Nazianz, kirchlich aus dem Wortlaut des Symbols von Constantinopel. Der Zusatz ßlioque ist dem Urtext fremd. Die Römische Kirche, die sich diese Fälschung erlaubt, steht mit ihrer eigenen Auctorität im Widerspruch; denn Papst Leo III. hat 809 in der Basilica des Petrus zwei silberne Tafeln niedergelegt, welche den authentischen Text griechisch und lateinisch ohne den. Zusatz vom Sohne darbieten. N a c h den gewöhnlichen A n g a b e n über die Wirkungen und'die Homousie des G e i s t e s fährt C. ü. I, qu. 71 fort: dtduaxtt nwg TU nvfvfia TO uytov IXTIOQIVTTUT ix [tovov TOV ntnpog ibg ntjy^g xut uQ/ijg Trjg d-ioir^og. — — xut tu/ioloyr/of ixxXrjaiu) (ig Ttjv dtvitQav oi/.OV^itvixfjv avvoSuv xut ixvQtoat TO ov(tßo).ov %toQtg rijg nQoa9^xr/g „xut ix TOV VIOV."

Streitpunkt in der Trinität.

131

Mit dieser nachdrücklichen Erklärung sagt sich die griechische Ansicht von der Römischen nnd der aus ihr hervorgegangenen protestantischen los nnd giebt dem Dogma einen confessionellen Charakterzug. Die griechische Orthodoxie ist sich selber tren nnd von falscher Zuthat frei geblieben, sie allein besitzt den wahren Trinitäts-, folglich auch den wahren Gottesbegriff. Der Gottesglaube spaltet die Geister, Morgen- und Abendland betreffen sich auf einer Differenz, welche ihnen Gelegenheit giebt, sich gegenseitig eines Makels in der Gottescrkenntniss, also in der höchsten christlichen Angelegenheit zu beschuldigen. Gegen Cyrill den abtrünnigen Unionisten sind alle Uebrigen einig. Die C. 0. beruft sich auf die Einstimmigkeit der Schrift, des Symbols und der Ueberlieferung, sie verweist nicht ohne Grund auf die ältere griechische Literatur, bedenkt aber nicht, dass ihre eigene Doctrin sich erst schrittweise aus gewissen vorherrschenden Gesichtspunkten ergeben und im Streite fixirt hat. Die grossen Schwankungen der ersten Jahrhunderte • in diesem Artikel sind bekannt. Bei einer bloss dynamischen Ansicht vom h. Geist war es selbstverständlich, dass dessen U r s p r u n g und Ausgang an der obersten Stelle des Gottwesens gesucht wurde; indem man ihn aber als besonderes Subject dachte, erschien er dem Sohne durchaus untergeordnet, und man nahm eine Zeit lang keinen Anstand, ihn als dessen höchstes Geschöpf anzusehen, und diese Vorstellung des Origenes ging nachher auf die Arianischen und Semiarianischen Parteien über. Hierauf folgte die Durchführung der Homousie, und mit dieser war eine so untergeordnete Stellung der dritten Person nicht mehr verträglich. Athanasius (Opp. I I , p. 32, vgl. die untergeschobenen Quästionen p. 438), Gregor von Nazianz (Or. theol. V, Opp. 1, p. ötjl, ed. Ben. Bibl. dogm. ed. Thilo, I I , p. 506), Basilius (De spir. s. p. 270, Bibl. dogm.) lehren daher wirklich den Ausgang vom Vater allein, aber ohne sich mit der Annahme eines doppelten Causalverhältnisses auseinander zu setzen, eine solche schien immer noch denkbar und tritt bei Epiphanius (Ancor. § 9) wirklich auf. D a s Symbol vou Constantinopel sagt allerdings Ix TOV -NURGIIG ixnoQfvofiH'oi', aber gewiss nicht in der Meinung, dass auf der Ausschliessung einer zweiten Causalität ein Nachdruck liegen sollte. E r s t im Bekenntniss des Theodor von Mopsveste wird mit den W o r t e n : xui ovzt r/oe yofiiZo/itv (ru nrtvftu) ovzt c)tu v'tov TTf» vnuQ^iv (Hahn, Bibl. der Symbole, S. 204) die e i g e n t ü m liche Lehrbestimmnng mit offenbarer Absicht vorgetragen. Von nun an bildete sich die Formel: /da uhiu, dvo aiciuru, als der richtige logische Rahmen zur Einkleidung des Mysteriums; unter 9*

iL Der Glaube.

132

Vergleichung der lateinischen Doctrin gelangte die griechische dadurch zur Ruhe, dass mit der Einheit der Ursache auch die der Gottheit selber und somit der Grundzug des Monotheismus sichergestellt gefunden wurde. S. die Fortsetzung im nächsten §. Cyrill trachtete auch in dieser Beziehung nach Erweiterung der griechischen Lehre, er bedient sich cp. 1 des unirenden Ausdrucks: ix TOV TIUTQOS äi vlov NPOFPXÖFITVOV. Die Synode von Jassy p. 409 rügt diesen Zusatz als gleichbedeutend mit XUT TOV vlov. Die C. Dos. streicht ihn.

§ 44.

E r l ä u t e r u n g der Streitfrage.

Gründlicher und nicht ohne kritische Schärfe geht Metrophanes auf die Angelegenheit ein. Die Einheit Gottes fordert auch Einheit des ursachlichen Princips in ihm, und diese lässt sich nur retten, wenn die beiden anderen Hypostasen auf dieselbe Grundursache zurückgeführt werden. Jede Annahme eines doppelten Anfangs und Quellpunkts (agx>j, (5i£a, ixTjyrj) führt zu einer Mischung, Zusammensetzung und Unklarheit. Zwar im zeitlichen und historischen Sinne fliesst der Geist auch von Christus und aus sich selbst, denn er hat auch seine eigene Selbstmacht; dagegen in der Immanenz des göttlichen Wesens kann er nur vom Vater seinen Ausgang nehmen. In der nach Aussen gehenden Wirksamkeit der Trias hebt sich der hypostatische Unterschied auf, in der Herleitung aus dem Einen Grund und Quell bleibt er bestehen. Hiernach erledigen sich die Einwürfe der Lateiner also: Wenn eingewendet wird: dass nach Joh. 14, 16. 26. 15, 26. 16, 7 Christus selber den Parakleten von Oben erfleht, dass er in seinem Namen, j a von ihm selbst gesendet wird: so ist damit die geschichtliche Mission gemeint, und nur die Worte: o naqä

tov

natqng

exitOQeveTcu ( J o h . 15, 26) deuten auf d e n

metaphysischen Ursprung. Dasselbe gilt von Joh. 16, 14. 15, auch diese Stellen betreffen nur die durch Christes vermittelte Offenbarung und zukünftige Wirksamkeit des Geistes, nicht dessen Entstehung und Daseinsform innerhalb der Gottheit. Menschlich gedacht mag der Geist wohl aus dem Worte,

Bestreitung des filioqne.

133

dem Logos, entspringen, ohne darum schlechthin seinen Ursprung in ihm zu haben. Die lateinische Lehre ist N e u e r u n g , durch sie wird der Schriftsinn verdunkelt und das Mysterium verwirrt. Die Komische Kirche hat durch ihren Abfall von der apostolischen und katholischen die Spaltung verschuldet; einst stand sie im Abendlande in hohen Ehren, jetzt ist der grösste Theil Europa's wegen ihrer zahlreichen Irrthllmer von ihr gewichen. Metr. Cr. p. 15—51 verwendet grossen Fleiss auf die dogmatische, literarische und biblische Begründung der griechischen Ansicht. Grundlegend ist der Satz p. 27: xai fitv t'vu &iov ovx «V äXXcog TijQijotofitv, tt /.ttj iig iV u'i'uoy, TOvi' toxi TOP nuziga, xai viov xui nvtv[iuTog uvuffiQOf.iiviüv di%u ovvu\ouf¡¡g xai ovv&t ato» ¿g Ttjg uviijg ovalug xa¡ óvvúfiewg nurpí TI xui tiw xai onov nviT xui diuipü ixüaim ibg ßüvleiat. Hiermit ist gesagt, dass der Geist, eben weil er aus der obersten Quelle des Gottlebens stammt, auch in der Welt eine selbständige Wirksamkeit und Eigenmacht entwickelt.

Die obigen Erklärungen bilden nnr den Niederschlag einer alten polemischen und kritischen Uebevlieferung nnd werden erst im Zusammenhange mit dieser gewürdigt, wir nehmen daher den schon begonnenen historischen Rückblick wieder auf. Der endlose Streit betraf von Anfang an nicht allein den Ausgang des h. Geistes, sondern zugleich das beiderseitige geistige Bild der Trinität, wie

134

I.

Der Glaube.

dasselbe früher in der griechischen Kirche, dann innerhalb der lateinischen gezeichnet worden war. Die griechische Trinitätslehre gelangte, wie bemerkt, seit dem vierten und fünften J a h r h u n d e r t anf einen P a u k t , wo sie einer Herleitung zweier Grössen aus einer dritten und höchsten oder einer Erhebung derselben zu der gleichen Ehren- und Wesensstufe mit dieser glich. Auf diesem Standpunkt blieb das Dogma ruhen. Vom Sohn und vom Geist muss die Homousie behauptet werden, es geschieht dadurch, dass sie diese von d e m empfangen haben, der die absolute Gottheit von vorn herein hat und i s t , d. h. vom Vater. Beide sind ihrem hypostatischen Charakter nach verschieden, beide stehen aber auch darin einander gleich, dass sie, wenngleich in qualitativ abweichender F o r m , im V a t e r .ihren Daseinsgrund haben. Der Letztere steht nicht allein genetisch voran, sondern er bleibt der T r ä g e r der göttlichen Einheit; von ihm muss gesagt werden, dass er in gewissem Sinne der eigentliche Gott sei, weil er das Princip der Einheit, des Ursprungs und der höchsten Ursache repräsentirt, daher der Ausspruch des Gregor von N y s s a : diu y.ul y.v(?uos iov i'va ui'noy

ovxu

tüv

uvtov

uhiuitov

l'vu dtor

(fu/niv.

Es

erhellt,

dass bei solcher Erklärung die Spuren der Unterordnung nicht getilgt sind und der unitarische Gesichtspunkt dem trinitarischen nicht vollständig das Gleichgewicht hält. Anders die lateinische und Augustinische Darstellung, welche einen Schritt weiter führt. Durch sie wurde der Gedanke der Einheit gleichmässiger auf das Ganze vertheilt. Die trinitarische Wesenheit ging über in den dreieinigen Gott selber, welcher seine Einheit nicht in dem Moment des Ursprungs und der Ursache allein hat, sondern aus der Dreiheit innerer Relationen erst gewinnt. D a s Trinitätsbild entfaltet sich daher nicht durch blosse Herleitung von Oben herab, sondern es wird auclr eine Wechselbeziehung hinzugenommen. Die Lehre entwirft einen Kreislauf, dessen Glieder durch Gegenseitigkeit verbunden sind. Wenn nun dieser Cyklus mit der dritten P e r s o n zum Abschluss kommt: so muss eben diese an die beiden vorangegangenen anknüpfen und aus ihnen hervorgehen; folglich lag es nahe, vom Geiste auszusagen, dass er vom Vater u n d . vom Sohne seinen A u s g a n g genommen habe. Diese subtile und nur für den Techniker fassliche, an sich also kirchlich gleichgültige Differenz hatte sich durchaus unabsichtlich ausgebildet, sie kam in den Verhandlungen des achten Jahrhunderts zum Vorschein, aber erst der lateinische Zusatz filioque im Kicänum und der W o r t l a u t des Symbolum Quicunque machten sie verhängnissvoll. E s ist wahr, worauf sich die C. 0. qu. 71 beruft, dass L e o I I I . die ausdrückliche Ein-

Verwerfung des filioque.

135

schaltnng des filioque in d a s Bekenntniss verweigerte, weil dessen T e x t keine V e r ä n d e r u n g erlaube, und nach ß a r o n i u s (Ann. 809, tmem. 62 cf. Leo Allat. Itb. I I , c. 6, § 6) h a t er in der Peterskirche zu R o m das Symbol ohne jene W o r t e auf zwei silberne T a f e l n in griechischer und lateinischer S p r a c h e eingraben lassen. Allein der lateinischen Ansicht gab auch er den Vorzug, und übrigens blieb der Z u s a t z stehen. J e t z t konnte d a h e r von orientalischer Seite über V e r u n t r e u u n g des kirchlichen Bekenntnisses und eigenmächtige N e u e r u n g geklagt w e r d e n , Handschriften und Bibliotheken wurden zu R a t h e gezogen, um den geheiligten T e x t zu constatiren; die F e h d e erhielt eine öffentliche und rechtliche Bedeutung, und die l a n g g e n ä h r t e kirchliche Eifersucht, von Photius zu hellen F l a m m e n angefacht, warf sich hinein. S o vielfach anch die A b e n d l ä n d e r , — so rief man laut, — gegen d a s kirchliche Herkommen Verstössen mögen, diese S ü n d e ist die schwerste: xaxüv xuxioioy rj iv Up uyiio ov(i[iohu nQoaihrjXTj. D a s B e t r a g e n der streitenden P a r t e i e n war bekanntlich ein verschiedenes. Beide T h e i l e begnügten sich nicht, gegenseitige A n e r k e n n u n g zu begehren, sie forderten Uebertritt. A b e r die Griechen haben leidenschaftlicher angegriffen, die L a t e i n e r sich stolzer und im Gefühl einer geistigen Ueberlegenheit vertheidigt; j e n e haben niemals oder selten, — man denke an Scotus E r i g e n a , — gräcisirt, diese weit häufiger latinisirt. Schon der verständige J o h a n n von Damascus w a r bereit zu einer vermittelnden Concession, nach welcher zwar nicht das Sein des h. Geistes, wohl aber dessen Dasein f ü r die W e l t , dessen Mittheilung und Thätigkeit nach Aussen durch den S o h n vermittelt g e d a c h t werden dürfe. Auch gefielen sich M a n c h e in vornehmen E n t s c h u l d i g u n g e n ; man könne, s a g t z. B . Theophylakt, den Lateinern jenen I r r t h u m immerhin nachsehen, denn ihre barbarische S p r a c h e setze sie nicht in den S t a n d , dem D o g m a mit voller Genauigkeit gerecht zu werden. A b e r der G r u n d g e d a n k e , dass in der Gottheit nur ein einziges Ursächliche zu statuireu sei, bleibe dennoch unantastbar. I n dor L i t e r a t u r stellte sich der ausschliesslich griechischen Ansicht eine halbgriechische und erweiternde zur Seite in Schriften des Nicephorus Blemmides, J o hannes Beccus, Demetrius C y d o u i u s , Manuel C a l e c a s , J o h a n n e s A r g y r o p u l u s , Bessarion, deren A b h a n d l u n g e n nachmals von L e o Allatius unter dem falschen Titel Graecia orthodoxa gesammelt wurden. I h r e n gesuchten und künstlichen Ausdruck f a n d die Vermittelung in 4 e n Unionsformeln der Synoden von Lyon (1274) und von Florenz (1439). Nicht minder vererbte sich die orthodoxe L e h r f o i m in den Theorieen der kirchlichen Polemiker u n d Dog-

136

I.

Der Glaube.

matiker Nicolaus von Methone, Euthymius Zigabenus, Nicetas Choniates, Maximus P l a n u d e s , Georgias Cyprius, P a l a m a s , Nilus Cabasilas u. A. — einige derselben zusammengestellt in Pelri Arcudii OpuscvMs aureis, Rom. 1630. Noch vor Kurzem ist das Material vervollständigt worden durch die Sammlung des Archimandriten Demetracopulus: Bißhoxr[y.tj ixx^aiaarix^, TO/I. «. (V laxptu., 1866, welche über unser Thema Schriften des Johannes Phrunes, Eustratius, Nicolaus von Methone, Georgius Acropolitus, meist der orthodoxen Lehre zugethan, beibringt. Nehmen wir hinzu, dass der russische Theologe Theophanes Procopowitsch in dem T r a c t a t De processione sp. s. Gothae 1772 den griechischen Standpunkt festhält, Römische Theologen wie kürzlich Hergeuröther den ihrigen bis in die neueste Zeit verfechten: so ergiebt sich, dass an das unscheinbare filioque als Unterscheidungszeichen zweier gelehrten kirchlichen Denkweisen ein tausendjähriger Hader sich angeschlossen hat. Theophanes konnte das genannte, in seiner Art ausgezeichnete und das ganze biblische, historische und polemische Material verarbeitende Werk mit den Worten eröffnen: Controversia de processione sp. s. — toto celeberrima orbe est, quippe quae occidentem ab Oriente diremit totque ac tantts jurgiis, litiyüs, bellis ac prope infinitis calamitatibus universaln involvit ecclesiam. Conf. Zernicav, Tract. de proc. spir. s. a solo palre. Regiom. 1774—76'. 2 voll. J. G. Walch, Historia controversiae de proc. sp. s. Jen. 1751, dazu die historischen Arbeiten von Pfaff, Pithoeus, le Quien. Wir verweilen nur bei der orthodox griechischen Lehrform. Eine so endlose Polemik ausbeuten zu wollen, scheint vergeblich; in der T h a t aber kann der wesentliche Inhalt der Controverse auch in Kurzem übersehen werden, und halten wir uns nur an Photius: so bieten dessen Briefe und Streitschriften, — vgl. Photii Uber de sp. s. mystagogia nunc primum ed. Hergenröther, Raiisb. 1857, — schon ein Material, welches in tausend Variationen immer auf's Neue bearbeitet und selbst nach Jahrhunderten nur wenig bereichert worden ist. Photius leert in diesen Angriffen den vollen Köcher seiner dialektischen Geschosse, er beginnt, — und alle Späteren ahmen ihm nach, — mit bitteren Klagen und Anklagen wider die Gottlosigkeit der lateinischen Satzung. U n d doch scheint es sich anfangs nur um einen Denkfehler zu handeln; die Widerlegung verläuft unter lauter l o g i s c h e n Abstractionen und erlangt erst im weiteren F o r t g a n g e eine reale Bedeutung. Der Geist, wird gesagt, kann nur vom "Vater allein, nicht auch vom Sohne ausgehen, weil eine solche Annahme tausend Ungereimtheiten im Gefolge haben v ü r d e . Verhielte es sich anders: so könnte ebenso

Widerlegung des Zusatzes

filioque.

137

wohl u m g e k e h r t der S o h n ans dem Geiste e n t s p r a n g e n s e i n , denn B e i d e sind j a in gleicher W ü r d e a n s dem obersten P r i n c i p hervorg e g a n g e n , folglich d ü r f t e d e r L e t z t e r e nicht gegen die P r o d u c t i o n s k r a f t d e s E r s t e r e n z u r ü c k s t e h e n . W ä r e es den beiden E r s t e n gemeinsam, den Dritten entstehen za l a s s e n : so e r w ü c h s e d a r a a s ein Y o r z a g a n d die E b e n b ü r t i g k e i t des Geistes im V e r h ä l t n i s s zum Sohne ginge verloren. Sollte a b e r anch er an d e r ursachlichen W i r k s a m k e i t d e r beiden A n d e r e n T h e i l n e h m e n : so würde er S t r ö m u n g u n d A u s s t r ö m e n d e s , U r s a c h e u n d V e r u r s a c h t e s zugleich, d e r A u s g a n g selber a b e r w ä r e ein Getheiltes und Gemischtes, ein Compositum, ohne d a s s sich a n g e b e n liesse, welches S t ü c k aus d e r einen und welches aus d e r a n d e r e n Quelle g e s c h ö p f t sei. W i e ist eine solche V o r s t e l l u n g d e n k b a r ? Die L a t e i n e r selber bekennen, d a s s sie die M i t w i r k u n g an dem E n t s t e h e n des Geistes als Beweismittel f ü r die Homousie des Sohnes ansehen, a b e r g e r a d e d a d u r c h beeinträchtigen sie j e n e n A n d e r e n , dessen W ü r d e A b b r u c h erleidet d u r c h die A n n a h m e einer P r ä r o g a t i v e , die auf ihn selber keine A n w e n d u n g findet. W e n n ferner beide erste P e r s o n e n sich in der causativen oder a u s s t r ö m e n d e n T h ä t i g k e i t b e g e g n e n s o l l e n : so schliessen sie selber sich bis z u r Unterschiedslosigkeit z u s a m m e n und das D o g m a verfällt in Sabeliianismus E i n e zweite R e i h e von W i d e r l e g u n g e n ergiebt sich ans dem G e d a n k e n , d a s s die T r i a s um m o n a r c h i s c h zu sein, n u r E i n e S p i t z e oder W u r z e l haben k a n n ; v e r d o p p e l n wir diese: so fällt d a s E i n h e i t s p r i n c i p dahin, a b e r anch d a s W e s e n aller christlichen G o t t e s e r k e n n t n i s s g e h t verloren. Die B e h a u p t u n g des e i n i g e n G r u n d e s alles dessen, was G o t t gen a n n t wird, ist d a s Kriterium des C h r i s t e n g l a u b e n s . A u c h wir Griechen g e l a n g e n zu einer Zweibeit, a b e r wir u n t e r w e r f e n sie d e r E i n h e i t des U r s p r u n g s , w ä h r e n d die L a t e i n e r im Ursachlichen selber eine D n p l i c i t ä t bestehen l a s s e n , welche die R ü c k k e h r zur E i n h e i t ausschliesst. El ävo ahiui iv z f j &tuQ/jx;i xai inipovawi TQtaidi xa&opäiut, nov zd riji (tovugyjug noltv^vtiiov xui &to7iQt7i(g xpurog (Phot. mystag. ed. Hergenr. p. 15)-, B e w e i s g e n u g , d a s s in d e r s e l b e n als einheitlich zu denkenden W e s e n h e i t nicht zwei U r s a c h e n neben e i n a n d e r auftreten dürfen. Die H e r l e i t u n g a u s einer zweiten Quelle l ä s s t die erste n o t h w e n d i g als unvolls t ä n d i g erscheinen, muss also entbehrlich sein, sobald diese erste als vollkommen a n e r k a n n t wird. W i e d e r eine R e i h e von Gegeng r ü n d e n k n ü p f t sich an d a s V e r h ä l t n i s s des A l l g e m e i n e n zum B e s o n d e r e n in d e r T r i n i t ä t . Alle innerhalb dieser gültigen A t t r i b u t e müssen e n t w e d e r dem G a n z e n zukommen, o d e r dem E i n z e l n e n eigenthümlich sein, sie b e s a g e n d a n n e n t w e d e r ein y.oTvor oder

138

I.

Der Glaube.

ein l'Siov. W a s dagegeD, wie der A u s g a n g vom V a t e r u n d Sohn, zwei Grössen betrifft uud die dritte ausschliesst, tritt in eine Ungewisse Mitte; Harmonie und Gleichgewicht werden gestört, sobald sich ein P a r t i c u l a r e s dazwischen stellt, welches weder d a s volle R e c h t des Gemeinsamen noch des E i g e n t ü m l i c h e n f ü r sich hat. W e n n schon dadurch ein unleidlicher W i d e r s p r u c h e n t s t e h t : so steigert sich derselbe noch in der Gestalt des Sohnes, weil diese auf Grund eines solchen Verhältnisses in entgegengesetzter Eigenschaft g e d a c h t werden soll, als P r o d u c t nach der einen, als producirend nach der anderen Seite. D a r a u s wird etwas Ungleichartiges, j a Ungethümliches. Auf dem sinnlichen Gebiet haben die Heiden schwer gefehlt, indem sie Hippocentauren erdichteten; man kann sich a b e r auch in der übersinnlichen S p h ä r e auf ähnliche Weise versündigen, und die L a t e i n e r treiben Theomachie, denn sie fingiren einen Zwitter, in welchem sich ein Geben des Daseins mit einem E m p f a n g e n in schlechthin undenkbarer W e i s e berührt. Eine solche Zwittergestalt, — t o t£ uhínv Te xai uhtuxov avfintnXuaftt'vov (Phot. p. 45), — hat nicht einmal eine irdische W a h r heit, geschweige denn eine göttliche. Derselbe S o h n aber, auf welchen die Causalität im passiven und activen Sinne gleichzeitig angewendet wird, schiebt sich noch dazu als Mittelglied zwischen die erste und dritte Hypostase, hemmt und beschränkt das unmittelbare Verhältniss der dritten zur ersten, woraus die widrige F o l g e r u n g entsteht, als ob Gott V a t e r eines Mediums bedürfe, um den Geist hervorzubringen, als ob dieser zugleich mittelbar verursacht wäre, als ob er dem Sohne als dem nächstliegenden H e r vorbringer e i g e n t ü m l i c h e r angehöre als dem obersten G o t t . — D e u t lich blickt hier die Absicht durch, die P r i o r i t ä t des V a t e r s festzuhalten, und damit hängt auch zusammen, dass und warum der 1166 in Constantinopel gefühlte Streit über die W o r t e „mein V a t e r ist grösser als ich" (Joh. 14, 28, vgl. Maji Scriptorum veterum nova collectio, IV, p. 4), solche W e i t l ä u f i g k e i t haben k o n n t e ; denn er enthielt ein Interesse an j e n e r Ueberordnung, und doch konnte dieses so leicht zum Nachtheil der Homousie der ganzen T r i a s geltend gemacht werden. — Diese und ähnliche Einwürfe werden von Photius mit Scharfsinn und dialektischem Geschick vorgetragen, sie waren einer Menge von Variationen fähig. A u c h S p ä t e r e wie Nicolaus von Methone und Symeon von Thessalonich schlagen das gleiche Verfahren ein; immer auf's Neue wird der Grundsatz wiederholt, dass das erste Ursachliche (ro d p / i x d " uhioi') nur einheitlkh in Gott auftreten könne, wenn nicht dessen W e s e n von vorn herein verdunkelt werden solle. W e n n also die

Widerlegung des Zusatzes filioqne.

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meisten dieser E n t g e g n u n g e n nur das allgemeine logische Schema zum Gegenstande h a b e n : so liegt doch in der H e r v o r h e b u n g der Einheit, aus der alles Göttliche entspringen soll, zugleich ein religiöses Moment, und von hier a u s mussten auch biblische Gründe herbeigezogen werden. Die lateinische Ansicht hielt sich an Aussprüche wie J o h . 16, 14. 15, wo der P a r a k l e t als Verherrlicher u n d Yerkündiger Christi und seiner S a c h e hingestellt wird. Von ihm wird er es nehmen, folglich muss er auch von Christus ausgehen, zumal da hinzugefügt w i r d : Alles was der V a t e r hat, ist mein. F a l s c h geschlossen, antwortet P h o t i n s , denn es heisst nicht Von Christi Erscheinung tftov, sondern ix TOV TFTOV \Y\ptzai. und L e h r e wird der P a r a k l e t allerdings seinen erleuchtenden, vollendenden und verklärenden Beruf herleiten, an diesen I n h a l t muss er sich nothwendig anschliessen, aber damit ist über seinen ersten absoluten U r s p r u n g aus Gott und innerhalb des Gottwesens noch nichts ausgesagt. Die mystagogische E r k l ä r u n g besteht f ü r sich, der A u s g a n g betrifft die m e t a p h y s i s c h e Ursache, und diese darf mit der durch Christus vollzogenen h i s t o r i s c h e n nicht verwechselt werden. J e n e s ist das ixnogtvta&M nugu TOV nuiQÖg, dieses das 7itftmofhu (Joh. 14, 26. 15, 26), jenes bedeutet die ewige H e r k u n f t , dieses die zeitliche S e n d u n g als einen A c t Christi, der dann zugleich ein A c t Gottes ist und auf den Urquell im V a t e r zurückweist. N a c h Gal. 4, 6 sendet Gott den Geist des Sohnes in die H e r z e n , was er sendet ist also kein anderer Geist als der in Christus g e s e t z t e ; allein auch diese W o r t e bezeugen nur die innigste Verbundenheit und Gemeinschaft, nicht a b e r das ursachliche Verhältniss, welchem der h. Geist als solcher sein Dasein verdankt. Alle Berufungen von Christi P e r s o n und W e r k auf die unterstützende, umbildende, vom Heiland zu G o t t oder von diesem zu jenem hinleitende Wirksamkeit des Geistes und alle Verherrlichung der Geistesgaben erlangeu dadurch erst ihren rechten S i n n , wenn derselbe in gleicher Hoheit dem L o g o s zur Seite stehend g e d a c h t wird und wie dieser aus dem letzten Grunde und Urquell des Absoluten stammt. Hinweg also mit j e d e r sophistisch eingeschobenen z w e i t e n U r s a c h e , die wahre Philosophie darf der Theologie nicht widersprechen. Die L o b p r e i s u n g des Geistes kann sich nur genügen, wenn sie ihn unverschränkt und ungetheilt a u s dem höchsten Princip der Gottheit herleitet. So Photius 1. c. p. 31 sqq., wesentlich dasselbe in den W ü r t e m b e r g e r Acten S. 207, worauf auch Metrophanes Critopulus den grössten W e r t h legt. — Endlich kommen die historisch-traditionellen Beweismittel an die Reihe. Die A u f z ä h l u n g der kirchlichen Auctoritäten bereitete einige

140

I. Der Glaube.

Schwierigkeit. Die Griechen tragen kein Bedenken, ihre eigenen berühmten Vorgänger der älteren Epoche von Athanasius bis J o hannes von Damascus vollständig auf ihre Seite zn ziehen. Wie stand es aber um Ambrosius, Hieronymus, Augustin? Hier gerftth Photius in Verlegenheit, er muss sich eine dreifache Möglichkeit offen lassen. Findet sich wirklich in deren Werken der Ausgang vom Sohne gelehrt: so sind ihre Schriften entweder von Arianern u. A. gefälscht, oder die Verfasser haben sich nur um ihren Lesern fasslicher zn werden, also xar'- olxovoftiuy, dahin ausgedrückt, oder ihr Scharfsinn hat sie einmal verlassen, wie es Vielen ergangen ist, deren Leistungen wir übrigens bewundern, — freilich eine schwächliche Erklärung, die ihn in den Stand setzte, je nach Befund der Umstände das eine oder das andere Anskunftsmittel zu ergreifen. Sollte nun dennoch die historische Beurtheilung noch eine Unsicherheit zurücklassen: so verschwindet sie vor dem. Ansehen des Symbols und der sieben älteren Synoden; was diese einstimmig bezeugen, kann durch keine spätere Erfindung entkräftet werden. E s lohnt der Mühe, mit dieser Beweisführung, die stets auf derselben Linie bleibt, die schielende Definition von Florenz zu vergleichen. Sie lautet im lateinischen T e x t (Münscher-Cölln D. G. I I , S. 115): omnes profiteantur, quod spiritus s. ex patre et filio aeternaliter est et essentiam suam suumque esse subsistens habet ex patre simul et filio, et ex utroque aeternaliter tanquam ab uno prineipio et unica spiratione procedit; declarantes quod id quod ss. doctores et patres dicunt, ex patre per filium procedere sp. s., ad hanc intelligentiam tendit, ut per hoc siynificetur, filium quoqtte esse secundum Graecos quidern caussam (uhiuv), secundum Latinos vero prineipium subnstentiaesp. s. (up/.fi" t f j ? uyiov nvtvftuiog vnu(>'£twg) sicut etpatrem etc. Diese Worte bieten der griechischen Auffassung eine sachliche Handhabe, allein das tanquam, ab uno prineipio et una spiratione wird durch das vorangehende ex patre et filio procedit aufgehoben • das vermittelnde ex patre per filium spaltet die Gausalität in uhia und ¿Q/,Tj, und die nachstehende Bemerkung, dass der Zusatz filioque im Symbol nur den Zweck einer Erläuterung habe, verträgt sich nicht mit den Anfangsworten, nach welchen er wesentlich zur Sache gehört. Ein nüchterner Verstand und nnbestochener Sinn konnte durchschauen, dass diese Eintrachtsformel doch zuletzt auf eine verkleidete Bestätigung der lateinischen L e h r e hinauslaufe. Die Griechen haben es stets als kirchliche Ehrensache angesehen, den Streit nicht ruhen zu lassen, weit gelassener verhielt man sich im Abendland. Die Zahl der lateinischen Gegenschriften ist geringer, es schien hinreichend, die Controverse theoretisch nnd

Beurtheilung dieser Controverse.

141

im Zusammenhang mit dem ganzen Dogma abzuhandeln, was denn auch in der altprotestantischen Literatur, z. B. bei Quenstedt, Syst. I, cp. 9. qu. 12 geschehen ist, aber mit dem Vorbehalt: non quaeritur, an a palre et filio tanquam a duobus diversis principiis, sed an ab Ulis ceu ab uno. principio procedat. — Quaeritur inter Grcw.cam et Latinam ecclesiam non tarn de processionis sp. s. a filio veritate quam de additamenti illius (filioque) ad symbolum Const. necessitale.

§ 45.

Beurtheilung der Controverse.

Der Werth der Frage ist hier nur nach Maassgabe des dabei vorausgesetzten Dogma's zu beurtheilen. Man kann nicht leugnen, dass die ganze Behandlung des Streitpunkts mit ihren mancherlei logisch-philosophischen, religiösen, exegetischen, historischen und kirchenrechtlichen Instanzen einen bedeutenden Gedankenraum einnimmt. Alle diese Gründe sicher handhaben und alle Einwendungen zurückweisen zu können, war gewiss und ist theilweise noch jetzt eine der wichtigsten Obliegenheiten eines wohlgeschulten griechischen Theologen. Eine unbedingte Entscheidung war nicht möglich. Beide Lehrformen hätten als Lösungsversuche desselben Problems ohne Feindschaft neben einander bestehen sollen. Selbst biblisch exegetische Mittel, in denen die Griechen besser als ihre Gegner Bescheid wussten, werden nicht ausreichen, um eine von beiden Ansichten mit Ausschluss der anderen zu begründen, weil eben die h. Schrift eine b e g r i f f l i c h e Trinität des Gottwesens Uberhaupt nicht darbietet. Rein philosophisch angesehen möchte trotz aller dialektischen Anstrengungen von der anderen Seite doch der l a t e i n i s c h e n Lehre der Vorzug gebühren, weil sie den Gottesbegriff vollständiger in sich selbst zum Abschluss bringt. Dagegen besitzt die griechische eine doppelte interessante Eigentümlichkeit. Sie ist antiker und steht dem Boden h i s t o r i s c h e r Offenbarung, auf welchem das Dogma emporgewachsen war, näher, sie bezeugt aber auch zweitens eine lebendige Zuversicht zu dem Wesen des h. Geistes. Denn wenn dieser als göttliche Person oder Hypostase nicht von einer doppelten Causalität um-

142

I.

Der Glaube.

schlössen gedacht, sondern als e i g e n e Emission erkannt wird: unmittelbarer gegeben, auch

s o tritt e r e b e n angeschaut,

alle Wirkungen

unmittelbar

als

und

selbständiger damit

ist

a u s Gott a n auf

eine

und

u n d F r ü c h t e d e s göttlichen

G a b e n von

Oben

her

wird

Berechtigung zu

Segens

betrachten.

D i e s e Hervorhebung d e s G e i s t e s p r i n c i p s trifft n o c h mit e i n i g e n anderen Eigenheiten des griechischen Lehrsystems

zusammen.

U e b r i g e n s l i e f e r t e d i e B e s t ä t i g u n g d i e s e r A u f f a s s u n g durch den

Symboltext

Bewusstsein

den

wichtigsten

kirchlicher T r e u e ,

Stützpunkt

mit

welchem

für die

das

stolze

Orientalen

den N e u e r u n g e n d e s A b e n d l a n d e s g e g e n ü b e r traten. I n der griechischcu Doetrin werden die P e r s o n e n d e r Trioität fester gezeichnet und sind weit weniger in G e f a h r , in blosse M o d a l bestimmungen a u f g e l ö s t zn w e r d e n . D e r Sabellianismus, welcher sich der abendländischen U e b e r l i e f e r u n g so o f t n a h e legte, ist vermieden, w a s eben mit d e r älteren historischen B i l d u n g s s t u f e zusammenhängt. B e i d e P a r t e i e n b e h a u p t e t e n die E i n h e i t G o t t e s zn w a h r e n , a b e r w ä h r e n d die griechische L e h r e von d e r Einheit als dem G r u n d e u n d der W u r z e l des Göttlichen a u s g e h t , lenkt die lateinische zu ihr z u r ü c k , so d a s s in der einheitlichen G e s a m m t p e r s o n der letzte vollendende A b s c h l u s s d e s Gottesbegriffs gewonnen wird. Darin scheint denn anch der philosophische W e r t h der abendländischen E r k l ä r u n g zn liegen, und m a n muss hinzusetzen, d a s s dieses letztere T r i n i t ä t s s c h e m a reichere und geistvollere specul.itive Bearbeitungen theils d e r scholastischen theils der. j ü n g e r e n protestantischen E p o c h e erfahren h a t als jenes andere. W a s die biblische U n t e r s u c h u n g b e t r i f f t : so m ü s s t e eine solche g a n z von vorn anfangen und z w a r vor den d o g m a t i s c h e n E n t s c h e i dungen, also nicht an d e r Stelle, wo die Beweisstellen d a m a l s herbeigezogen wurden. A m L i e b s t e n berief man sich auf die A u s sprüche vom P a r a U c t e n . W e n n die W o r t e J o b . 14, 2 6 : « n t f i r p n B JIUTRJQ IV TU> OVO/IUTI FIOV, mit den anderen 15, 2 6 : O» IYIB nifixl/i» ifitv nugä tov nargög combinirt w u r d e n : so schienen sie einen vollständigen B e l e g f ü r d a s ex patre filioque darzubieten. Allein die griechischen Polemiker a n t w o r t e t e n mit R e c h t , d a s s diese Stellen nicht soviel b e s a g e n wollen, a l s o b d e r göttliche Geist, indem er j e t z t von G o t t und von C h r i s t u s g e s e n d e t wird, ü b e r h a u p t e r s t als Geist in's Dasein t r ä t e , d a s s vielmehr diese S e n d u n g sein allgemeines Dasein schon z u r V o r a u s s e t z u n g hat. U n d ebenso e r k a n n t e n sie richtig, d a s s die W o r t e : t o n v t v f t a Ttjg

Trinität und SchöpfuDg.

143

uXrjd-tiag, o ix TOV TIUTQOS ixnoptvuai, den Gedanken der Herkunft des Parakleten vom Yater in seiner Allgemeinheit, nicht als einzelne historisch bestimmte Mittheilung oder Wirksamkeit hinstellen. Nur auf die Wahl der Ausdrücke ist kein Gewicht zu legen, als ob das txnoQtvtad-ai den metaphysischen, das nifintnd-ui den zeitlichen A c t bedeuten müsse. Dass der Streit noch immer nicht ruht, beweist der hellenische Dogmatiker Nicolans Damalas, welcher in dem Werk I h g \ ugywv, i» yinipia 1865 p. 53 sqq. mit Uebergehung der älteren scholastischen Argumentationen die Richtigkeit der griechischen Lehre lediglich auf die biblischen Gründe stützt, welche nach beiden Seiten, gegen protestantische Exegeten wie Julius Müller und gegen die R ö mische Ueberlieferung verfochten werden. Den Zusatz im Symbol nennt auch er den Erbfehler des Papismus. — TJeber den ganzen Eifer der Griechen bemerkt Stanley 1. c.: But it is more as a point of honour than of faith, it is more the mode of our Western innovation than the substance of our doctrine, that rouses their indignation.

II. Die sichtbare und unsichtbare Welt. § 46.

Die Schöpfung.

Das Symbol nennt Gott den S c h ö p f e r a l l e r D i n g e , der sichtbaren und unsichtbaren. Die Lehre behauptet das Princip reiner und freier Ursächlichkeit, und dieses liess sich durch Herbeiziehung des Logos, der Weisheit und des göttlichen Liebeswillens als der höchsten schöpferischen Kräfte leicht verdeutlichen. Eine bestimmtere Theorie liefert die C. 0. D i e W e l t ist e i n G a n z e s , a b e r g e t h e i l t in z w e i G e b i e t e , deren höheres das nothwendige Prius und Vorbild des niederen ist; in solcher Abstufung haben sie das Dasein empfangen. Demgemäss hat Gott zuerst und durch blosses Denken alle Himmelskräfte als Darsteller seiner Herrlichkeit aus dem Nichtsein hervorgerufen, und diese i n t e l l i g i b l e W e l t (xo'o/iog voeqng) ist der Ausdruck ungestörter Harmonie und dienenden Gehorsams. Hierauf folgte der Complex der sichtbaren und materiellen Dinge und zuletzt der Mensch,

I.

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Der Glaube.

welcher a l s zweitheilig, beseelt und beleibt, oder als M i k r o k o s m o s den B e w e i s liefert, dass beide Welten, die geistige und

die

materielle,

dieselbe

schöpferische Ursache

haben.

Damit ist in den einfachen Schöpfungsglauben die altgriechische HUlfsvorstellung von der Weltbildung und ihren Mächten eingeführt.

Alles Schaffen gleicht einem

productiven

Denken,

die sinnliche Welt empfangt erst daraus ein Recht des D a seins, d a s s

sie auf einer idealen ruht und in der Menschen-

natur einheitlich mit ihr verbunden ist. theilt sich das Unsichtbare in s e e l e n , das Sichtbare

Nach Dositheus ver-

Engelnaturen

unter Himmel

und

und Erde.

VernunftD i e Frage

nach dem Verhältniss des Anfangs der Dinge zum Zeitanfang bleibt unberührt. Genn. C. c. 4. mattvof.uv on o &tbs diu tov Xoyov xui r/J? ootflug xui rijg dvfu^iwg uviov tfirftitovQyqat TOV xoofiov. C. 0.1, qu. 18. coli. Dosithei Conf. decr. 4. /.MQig xav (.tlav uftcpißoh'uv o tivat noiT/TIJF TIUVKOV TMV oQuTatv xui UOQUKOV XIIOFIUTCOV. Die weitere Erklärung ist aus der altkirchlichen Platonisch gefärbten Kosmologie hergeleitet und nur eine Vereinfachung von dieser. Der Origenismus war verworfen. Die Idealwelt soll nicht in dem Sinne präexistirend gedacht werden, als ob die jetzige nur eine Folge wäre der in jener entstandenen Störung und Unordnung, ein Nachtrag, welcher das creatürliche Leben in die gröbere sinnliche Region herabgesetzt hat. Auch ist es nicht erlaubt, eine ewige Schöpferthätigkeit anzunehmen, von welcher sich die Jetztwelt als die zeitliche abscheidet. A b e r die Abstufung beider Welten bleibt stehen, alles Erscheinende hat ideale Grössen zur Voraussetzung; zuerst der xoa/.to$ voigog, dann der OQUIOQ xui ihxög, und jener bildet den Vebergang zu diesem. Auch Athanasius lässt das sinnliche Dasein der Dinge auf einer unsichtbaren ßealität beruhen, welche dem Reiche der göttlichen Ideen einwohnt; Zacharias Scholasticus stellt den Aeon als die Prämisse der Zeit und das Mittelglied zwischen dem Ewigen und dem Endlichen hin. Von Johann von Damascus De fide orth. I I , cp. 2—12 werden die älteren Vorstellungen verknüpft und begrenzt. Gott schafft, indem er denkt, das Gedachte wird sein Werk, welches vom W o r t e ausgestaltet und vom Geiste vollendet wird. Von dem Gedankenmassigen muss auch die Schöpfung ausgehen, sie erfolgt von Oben herab mit den Engeln beginnend. Der Himmel ums'chliesst sichtbare und unsichtbare Bildungen, ideale nnd sinnliche Kräfte wie

Schöpfung und Natur.

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Licht, Feuer, Sonae im weitesten Umfange, während die Erde in den gröberen Elementen ihren Bestand hat. Somit zerfällt das Universum in eine höhere gottverwandte und nur der Vernunft erkennbare und eine untergeordnete und deifl Göttlichen fernliegende Natur. Der höchste Beweis der göttlichen Weisheit und Güte musste aber darin bestehen, dass beide Regionen in demselben Wesen verbunden wurden; daher ist der Mensch, weil er zugleich mit dem Leibe den Hauch der Vernunftseele empfangen hat, der E i n h e i t s p u n k t zweier Welten: i'äti de xut dfitpottgiof ftf£iv ytvto&oti aotfiug yvtupiofta ¡.itftpvog xui Tt}Q ntgi rag (pvoetg nokvTtkilag, o>$ (ptjoiv o d-to)>oyo$ rQtjyoQiog, oliv riva avvdwf.iov iijg ogarijg xt xal UOQUZOV (pvoiwg (1. c. cp. 12). Solche Aussprüche hat der Verfasser der C. 0. vor Augen gehabt. Die Anwendung des Namens Mikrokosmus auf die Menschennatur war ohnehin den griechischen Vätern geläufig.

§ 47.

Stufengang der Schöpfung.

Künstlicher ist die zweite Darstellung. Gott denkt zuerst die himmlischen Kräfte, und das Gedachte wird sofort zum Wirklichen. Die obere Welt theilt sich in drei Abstufungen (diaxoafi^aeig), deren jede in drei Ordnungen zerfällt; so entsteht eine neunfache Stufenreihe, die von den Cherubim und Seraphim bis zu den Erzengeln und Engeln herabführt. Hierauf schafft Gott die Materie aus dem Nichts herbei (naQayei), aus deren Gestaltung die sinnliche Welt besteht. In ihr sind die vier Elemente, Feuer, Luft, Erde und Wasser in dreifacher Weise wirksam, zuerst als blosse Stoffe, dann nach den vier Eigenschaften des Warmen und Kalten, Feuchten und Trocknen, endlich nach den vier Lebenssäften, Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle. Diese Säfte bedingen das Körperleben, und wenn sie sich lösen und in die entfernteren Elemente zurückgehen, tritt der Tod ein. Cyrillus allein hat sich in richtigem Takt aller Einmischungen in die Naturkunde enthalten. Diese Beschreibung des Metrophanes p. 52. 53 cp. I I ist noch dualistischer gehalten. Die Schöpfung zerfällt in zwei heterogene Hälften; die obere entspringt ans der göttlichen DenkthätigG o s s , Symbolik ü. griech. Kirche.

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I.

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Der Glaube.

k e i t , die u n t e r e m n s s d n r c h einen zweiten A c t gleichsam a u s d e m N i c h t s entlehnt w e r d e n . S e i n e Quelle ist Dion. De hier. coel. cp. 6, wo b e k a n n t l i c h d r e i S t u f e n d e r H i m m e l s k r ä f t e u n t e r s c h i e d e n u n d in j e d e r w i e d e r drei O r d u u n g e n a n g e n o m m e n w e r d e n , d a h e r die R e i h e n f o l g e : Xtgovßi^, ftgovot — mpiör^rtg, t^ovatui, dvvufiitg — UQ/UI, uQ/uyytlm, uyyfloi, — eine C o m b i n a t i o n von alttestamentlichen und Paulinischen Namen. A b e r diese neun O r d n u n g e n sind nicht d u r c h successive E m a n a t i o n a u s e i n a n d e r , s o n d e r n j e d e u n m i t t e l b a r aus G o t t h e r v o r g e g a n g e n , u n d a u f ihren vollen A b s c h l n s s folgt d e r zweite, die s i c h t b a r e W e l t in's D a s e i n rufende Schöpfuugsact. Die E i n t h e i l u n g d e s A r e o p a g i t e n w u r d e so fest, d a s s J o b . D a m . 1. c. cp. 3 s a g e n k o n n t e : nüaa jj 9-toXnyiu rag ovguvlovg nvalug ivvta yJxXijxf, Tuviag o &nng 'npoTtXfazjjt; tig rpetg U(FOQT%U TQladtxug diaxoofii'/ijfig. ' Die f o l g e n d e B e z e i c h n u n g d e r vier G r u n d s ä f t e der animalischen N a t u r : ulfiit,