Studieren im Alter: Institutionelle Möglichkeiten - individuelle Voraussetzungen - theoretische Konzepte - praktische Umsetzung 9783534274239, 9783534274321, 3534274237

Studieren im Alter? Erneut oder zum ersten Mal eine Universität besuchen, sich intensiv mit wissenschaftlichen Themen au

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Studieren im Alter: Institutionelle Möglichkeiten - individuelle Voraussetzungen - theoretische Konzepte - praktische Umsetzung
 9783534274239, 9783534274321, 3534274237

Table of contents :
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Impressum
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Kapitel 1: Bildung im dritten Lebensalter - eine neue Bewegung entsteht
Kapitel 2: Institutionelle Rahmenbedingungen und Merkmale des Seniorenstudiums
Kapitel 3: Individuelle Voraussetzungen und Studienmotive
Kapitel 4: Intergenerationelles Lernen an der Universität: Herausforderung und Chance
Kapitel 5: Lernen im dritten Lebensalter - Probleme und Möglichkeiten
Kapitel 6: Bildung im Alter und lebenslanges Lernen - ein Blick hinter die Kulissen
Kapitel 7: Dialog von Wissenschaft und Öffentlichkeit: Das Seniorenstudium
Kapitel 8: Technik und Alter: Eine besondere Herausforderung
Anhang
Literatur
Register
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Studieren im Alter? Dieses Buch gibt einen Überblick über individuelle Möglichkeiten und institutionelle Voraussetzungen einer „Bildung im dritten Lebensalter“. Schwerpunkt bildet das Seniorenstudium an Universitäten. Wie gut Bildung im Alter gelingt, hängt neben der Motivation auch davon ab, ob altersgerechte Lehrkonzepte in der Praxis angeboten werden. Weitere Themenschwerpunkte sind die zunehmende Bedeutung von Bildung im Alter, intergenerationelles Lernen, Freiwilligenarbeit und digitale Kompetenz im Studium. Prof. Dr. Ruth Rustemeyer, Universität Koblenz, Institut für Psychologie. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Sozialpsychologie, Pädagogische Psychologie. Nach ihrer Emeritierung lehrte sie an der Universität Paderborn im Studium für Ältere. Dr. Edith Rüdell, Lehrerin und Moderatorin in der Lehrerfortbildung in NRW und Luxemburg. Sie promovierte mit 64 Jahren zum Dr. phil. und lehrte dann an der Universität Paderborn im Fachgebiet Pädagogik und ab 2015 im Studium für Ältere.

ISBN 978-3-534-27423-9

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Rustemeyer / Rüdell · Studieren im Alter

Studium kompakt

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Ruth Rustemeyer / Edith Rüdell

Studieren im Alter

Ruth Rustemeyer/Edith Rdell

Studieren im Alter

Ruth Rustemeyer/ Edith Rdell

Studieren im Alter Institutionelle Mglichkeiten – individuelle Voraussetzungen – theoretische Konzepte – praktische Umsetzung

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulssig. Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. wbg Academic ist ein Imprint der wbg i 2022 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe dieses Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermglicht. Umschlagabbildung: Adobe Stock/Kasto Satz: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, Hemsbach Umschlaggestaltung: SchreiberVIS, Seeheim-Jugenheim Gedruckt auf surefreiem und alterungsbestndigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-27423-9 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhltlich: eBook (PDF): 978-3-534-27432-1

Motto „Das Motto der Gegenwart und der nchsten Jahrzehnte muss lauten: »Ageing Matters!« Das soll heißen: Das Alter und die Alterung sind hochbedeutsam und gehen uns alle an.“ (Emanuel Richter 2020, S. 7)

„Das Altwerden und erst recht das Altsein hat in unserer Gesellschaft keinen leichten Stand.“ (Giovanni Maio 2014, S. 426)

„Die tchtigsten Waffen des Alters sind berhaupt die Wissenschaften und die praktische bung in der Tugend.“ (Marcus Tullius Cicero)

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Kapitel 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildung im dritten Lebensalter – eine neue Bewegung entsteht . . . . . . . . . . . Ein kurzer historischer berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Universitten des dritten Lebensalters (University of the Third Age) heute: Seniorenstudium in Europa und im europischen Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Entwicklung des Seniorenstudiums in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterbildung im dritten Lebensalter als bildungspolitisches Handlungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Institutionelle Rahmenbedingungen und Merkmale des Seniorenstudiums. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charakteristische Merkmale des Seniorenstudiums (auch Studium fr ltere, Studium 50plus, Universitt des dritten Lebensalters) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angebote von Universitten und Hochschulen fr das Studium fr ltere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelstudium ohne Abitur (auch fr ltere) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besondere Regelungen/Studienangebote in Deutschland und sterreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildung fr ltere an außeruniversitren Einrichtungen wie Volkshochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachfrage nach Weiterbildung im hheren Alter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede zwischen Frauen und Mnnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildungsniveau und bildungsbezogene Einstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterbildungsbarrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Individuelle Voraussetzungen und Studienmotive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Individuelle Interessen, Studienmotive und Erwartungen im Seniorenstudium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bersicht ber empirische Studien von 2001 bis 2020. . . . . . . . . . . . . . . . . . Befragung von Seniorstudierenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Studienmotive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befragung von jngeren Studierenden im Regelstudium . . . . . . . . . . . . . . Vermutete Studienmotive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Resmee der Motivzuschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intergenerationelles Lernen an der Universitt: Herausforderung und Chance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Bedeutung der Interaktion zwischen den Generationen. . . . . . . . . Gemeinsames Lernen von Jung und Alt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erlebte Anwesenheit von lteren in Seminaren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befragung von Lehrenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was sagen Seniorstudierende ber die Lehrenden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung: Miteinander-, Voneinander- und bereinander-Lernen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 5. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lernen im dritten Lebensalter – Probleme und Mglichkeiten. . . . . . . . . . . . Lernen im dritten Lebensalter – lange kein Thema. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein Blick ins Gehirn: Der Weg der Informationsverarbeitung beim Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von der Wahrnehmung ins Kurzzeitgedchtnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vom Arbeitsgedchtnis ins Langzeitgedchtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionen des expliziten Gedchtnisses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionen des impliziten Gedchtnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der subjektive Blick: Filtern, Deuten und Bewerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pluspunkte und Minuspunkte beim Lernen im dritten Lebensalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lernfrderliche Gestaltung von Lernsituationen fr ltere. . . . . . . . . . . Lehren und Lernen nach dem BASIS-Prinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beziehungen strken Lernwillen und Lernfhigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktives Lernen ermglichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stress in der Balance halten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Individuell frdern und fordern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strken strken – erfolgsorientiert arbeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 6. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildung im Alter und lebenslanges Lernen – ein Blick hinter die Kulissen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die ambivalente gesellschaftliche Ein- und Wertschtzung lterer Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Neubewertung des Alters in unserer Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildung im Alter und lebenslanges Lernen: Zugrunde liegende Annahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildung aus traditioneller Sicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildungsreformen in Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs. . . . . . . Ein neues Lehr- und Lernverstndnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgabenfelder der Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebenslanges Lernen – kritisch gesehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besondere Aspekte von lebenslangem Lernen im hheren Alter. . . . Sichtweisen der empirischen Bildungsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sichtweise der soziologischen Lebenslaufforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

Sichtweisen der Biografie-Forschung und des transformativen Lernens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sichtweise der bergangsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Learning to know“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Learning to do“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Learning to live together“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Learning to be“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel 7. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium . . . . Die Rolle der Universitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freiwilligenarbeit und Ttigkeit im Ehrenamt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung der Freiwilligenarbeit fr das Individuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualifizierung fr brgerschaftliches Engagement im Seniorenstudium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zertifikatsstudium „Brgerschaftliche Kompetenz in Wissenschaft und Praxis“ in fnf Modulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modul Studium Generale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modul Persnlichkeitskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modul Auseinandersetzung mit dem Zeitgeschehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modul Brgerschaftliche Fhrungskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modul Projektkompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Service Learning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theoretische Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angestrebte Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchgefhrte Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Workshopgestaltung im Studium fr ltere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein hufig genutztes Prinzip: Think-Pair-Share . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erstes Beispiel: Gruppenpuzzle (Jigsaw) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweites Beispiel: Platzdeckchen („Placemat“). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorteile kooperativen Lernens im Seniorenstudium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere lernfrderliche Maßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwei Planungsbeispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befragung von Seniorstudierenden der Univesitt Paderborn zur „Blitz-Talks“-Vorlesung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interesse an Vortrgen aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenes Interesse und Beurteilung der Vortragenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildung im Alter: Was in Zukunft zu tun ist. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel 8. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technik und Alter: Eine besondere Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technik und ihre Bedeutung im hheren Lebensalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . Soziodemografische Merkmale und ihre Bedeutung fr die Technikhandhabung lterer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alter und Geschlecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Bildung und Beschftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Digital Abseitsstehende, digital Mithaltende und digitale Vorreiter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interaktion zwischen den Anforderungen der (Technik-) Umwelt und dem Kompetenzniveau der Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kognitive Fhigkeiten und der Bezug zur Technikhandhabung. . . . . berzeugungen und Einstellungen bezglich Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . Beteiligung lterer Menschen an der Entwicklung digitaler Technologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angebote fr ltere zum Erwerb digitaler Kompetenzen. . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung: Studieren im Alter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Register. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

Einleitung Das Recht auf Bildung und die damit verbundene ffnung der Universitten und Hochschulen fr ltere Menschen ist heute selbstverstndlich, obwohl es sich national und international gesehen um eine relativ junge Entwicklung seit den 1970er Jahren handelt. Zentrale Ursachen fr die einsetzende enorme Bildungsexpansion lterer Menschen sind die steigende Lebenserwartung und die sich damit ndernden gesellschaftlichen und persnlichen Lebensbedingungen lterer sowie ein Wandel in den vernderten Altersstereotypen im Sinne deutlich positiverer Selbst- und Fremdbilder. In einer immer lter werdenden Gesellschaft mit steigendem Bildungsniveau – inzwischen haben 53 Prozent der 20- bis 24-Jhrigen die Fachhochschul- oder Hochschulreife, whrend bei den 60- bis 64-Jhrigen nur 26 Prozent ber eine entsprechende Qualifikation verfgen (Statistisches Bundesamt 2020) – gibt es bei vielen Frauen und Mnnern nach Abschluss der Familienphase und nach Beendigung der aktiven Berufsttigkeit ein steigendes Interesse, sich weiterzubilden. Es ist fr viele Seniorinnen und Senioren ein attraktives Ziel, wieder eine Universitt oder Hochschule zu besuchen und ohne Leistungsdruck, aber mit finanzieller Absicherung Wissen aufzufrischen, sich neues Wissen anzueignen, und darber hinaus etwas fr die eigene Persnlichkeitsentwicklung und das eigene Wohlbefinden zu tun. Nicht zuletzt spielt auch die Teilhabe an der universitren Community eine wichtige Rolle fr Seniorstudierende, sei es als Selbstbesttigung der eigenen Person oder als Fremdbesttigung durch das familire Umfeld, wie z.B. durch die eigenen Kinder oder Enkelkinder, die mglicherweise zeitgleich im Regelstudium studieren. Das intergenerationelle Lernen und die Auswirkungen auf das Bild des lterwerdens sind in den letzten Jahren national und international zu einem wichtigen Forschungsfeld geworden (Kessler 2006; Findsen & Formosa 2016; Schmidt-Hertha 2016; Bertram, Dabo-Cruz, Pauls & Vesper 2017). Auch die positiven Auswirkungen, die mit dem lebenslangen Lernen einhergehen, werden seit den 1990er Jahren intensiv erforscht. Die Politik beschftigt sich schon seit vielen Jahren intensiv mit den Themen Alter und Altern. Der demografische Wandel, Bildung im Alter, Umgang mit der digitalen Revolution und den neuen Medien werden sowohl in ihrer Bedeutung fr die lteren Menschen als auch in ihrer Bedeutung fr die Gesellschaft diskutiert (Reich-Claassen & Tippelt 2013). Rund 20 Jahre nach dem Start der Bewegung „Bildung im Dritten Lebensalter“ zum Ende der 1970er Jahre, die primr von den Universitten und Hochschulen vorangetrieben wurde, richtete die Bundesregierung die erste Sachverstndigenkommission ein. Diese Kommission erarbeitet und verffentlicht seither die sogenannten Altenberichte, die wissenschaftlich basierte berblicke ber bestimmte gesell-

Wunsch von Seniorinnen und Senioren nach Bildungsangeboten im Alter

acht Altenberichte von 1993 bis 2020 zur Lage der lteren Generation in Deutschland, erstellt von einer Sachverstndigenkommission

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Einleitung

Themenschwerpunkt im vorliegenden Buch: Bildung im Alter

Individuelle Voraussetzungen fr Bildung im Alter

schaftlich relevante Bereiche geben. Der Erste Altenbericht analysierte „die Lebenssituation lterer Menschen in Deutschland“ (1993); inzwischen ist der Achte Altersbericht zum Thema „ltere Menschen und Digitalisierung“ (2020) erschienen. Die periodisch im Auftrag der Bundesregierung erscheinenden Berichte bzw. Bestandsaufnahmen zur „Lage der lteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland“ mit wechselnden Themenschwerpunkten wie „Altersbilder in der Gesellschaft“, „Aufbau und Sicherung zukunftsfhiger Gemeinschaften“, „Brgerschaftliches Engagement“, „ltere Menschen und Digitalisierung“ oder „Lebenslanges Lernen“ verdeutlichen das zunehmende Interesse an der Gruppe der lteren. Die Altenberichte dienen u.a. als eine wissenschaftlich fundierte Quelle fr die ffentliche Diskussion rund um das Thema Alter und ltere Menschen. Zudem sind sie als wissenschaftliche Grundlage fr Empfehlungen zur aktiven Politikgestaltung der jeweiligen Bundesregierung gedacht. Fast alle genannten Themenschwerpunkte der Altenberichte (seit 2020 Altersbericht genannt) werden auch im vorliegenden Buch nher beleuchtet – allerdings fokussiert auf den Schwerpunkt „Bildung im Alter“. Bildung im Alter ist nicht unabhngig zu betrachten von den anderen genannten Themen und interagiert eng mit diesen. So ist beispielsweise heute ein lterer Mensch, der an einer Universitt ein Gasthrerstudium aufnehmen mchte, hoffnungslos berfordert, wenn er nicht bereit ist, sich mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen, die Voraussetzung fr ein geregeltes Studium ist (wie die Einschreibung ins Studium, Einsehen des Online-Vorlesungsverzeichnisses, Anmeldung fr Veranstaltungen, Abruf von online verfgbaren Unterrichtsmaterialien, Bibliotheksnutzung etc.). Einerseits bieten die Universitten und Hochschulen aufgeschlossenen, neugierigen, lernfreudigen Seniorstudierenden großartige Mglichkeiten, ihre Kenntnisse aufzufrischen, ihr Selbstwertgefhl zu strken, sich gegebenenfalls ganz neu zu orientieren und vielfltige soziale Kontakte zu knpfen: zu Mitstudierenden, zu Dozenten, und nicht zuletzt auch den intergenerationellen sozialen Austausch mit der jngeren Generation zu pflegen. Andererseits werden inzwischen aber auch Kritikpunkte am Seniorenstudium in der heutigen Konzeption laut: Es sei ein Studium nur fr eine bestimmte Bildungsschicht, erlaube kaum Teilnahme von Personen mit Migrationshintergrund usw. Wichtige Aspekte der Bildung im Alter betreffen zum einen die individuellen Voraussetzungen der Seniorinnen und Senioren. Was sind die Motive, die ltere antreiben, die kognitive und oftmals auch physische Anstrengung eines Studiums auf sich zu nehmen und die Studienzeit mit Interesse und intrinsischer Motivation durchzuhalten? Auch das Wissen darber, wie ltere Menschen lernen, welche Probleme und Mglichkeiten sich auftun, und welche zuknftigen Entwicklungen zu erwarten sind, gehrt zu diesem Themenkreis. So ist die Forderung nach lebenslangem Lernen, die z.B. unverzichtbar

Einleitung

ist, um die digitale Souvernitt lterer zu gewhrleisten, aus der wissenschaftlichen Diskussion nicht mehr wegzudenken. Dennoch ist das lebenslange Lernen im dritten und selbst im vierten Lebensalter keineswegs selbstverstndlich. Zum anderen ist es ebenso wichtig, die gesellschaftliche Ein- und Wertschtzung lterer und der Bildung im Alter zu thematisieren. Zwar legen die Altenberichte nahe, dass die Belange der lteren umfassend erforscht und dokumentiert werden, und die Analysen die Handlungsgrundlage und Handlungsempfehlungen fr die jeweilige Regierung darstellen. Dennoch – so der Eindruck – folgen den Empfehlungen kaum handlungsrelevante Konsequenzen. Maßnahmen werden vor allem unter dem Aspekt der Win–win–Situation gesehen. Damit ist gemeint, dass die lteren dann gefrdert und gefordert und ihre Ressourcen gestrkt werden, wenn sie diese wiederum der Gemeinschaft zur Verfgung stellen. Diese Auffassung ist durchaus kritisch zu sehen (Denninger, van Dyk, Lessenich & Richter 2010). Alle Gruppen – auch die lteren und die ganz Alten – haben ein Anrecht, an Leistungssystemen wie etwa am Bildungssystem zu partizipieren, wie es die „Universitt des Dritten Lebensalters“ anbietet. Anstze zu einer strkeren Vernetzung zwischen der Universitt, dem Seniorenstudium und der Stadt bzw. Kommune, die fr alle beteiligten Partner Vorteile versprechen, werden in diesem Buch am Beispiel der Universitt und Stadt Paderborn vorgestellt. Auf individueller Ebene findet eine Einbindung der Seniorstudierenden in universitre Lehrveranstaltungen und Projekte statt, die brgerschaftliches Engagement frdern. Dadurch knnen jngere Studierende fr brgerschaftliches Engagement begeistert werden. Auf gesellschaftlicher, kommunaler Ebene werden gemeinntzige Projekte wissenschaftlich begleitet und gefrdert. Damit kommt die Universitt ihrem Anspruch auf Transfer der Wissenschaften in die Region hinein nach. Viele hoch motivierte Seniorstudierende knnen somit als Lernende an der Universitt und als Brgerinnen und Brger der Stadt und des Kreises Paderborn aktiv eigene Ziele formulieren und in gemeinntzige Vorhaben umsetzen.

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gesellschaftliche Einund Wertschtzung der Bildung im Alter

Vernetzung zwischen Seniorenstudium, Universitt und Kommune

Der junge Grieche fragte mich, was das Altsein bedeutet. Es bedeutet, sagte ich ihm, dass ich das Leben vieler Menschen, die ich gekannt habe, bersehen kann. Es bedeutet, dass ich ihnen wie mir ein dreihundertjhriges Leben wnsche, um noch mehr zu bersehen, denn jede Spanne mehr, die man kennt, macht es staunenswerter, fragwrdiger, hoffnungsvoller, einsichtiger und unerklrlicher. (Elias Canetti)

Kapitel 1 Bildung im dritten Lebensalter – eine neue Bewegung entsteht Ein kurzer historischer berblick Der Ausgangspunkt der Bewegung „Bildung im Dritten Lebensalter“ war auf dem europischen Kontinent das Jahr 1972. In diesem Jahr fhrte Pierre Vellas an der Universitt Toulouse fr Personen im Ruhestand ein Sommerprogramm mit Vortrgen, Fhrungen und anderen kulturellen Aktivitten durch. Bedingt durch die starke Nachfrage setzte Vellas das Bildungsangebot in den nchsten Semestern weiter fort. Dieses erste Universittsprogramm war eng angelehnt an die Ausbildung an einer konventionellen Universitt, d.h. ein Programm von Kursen (Seminaren, Vorlesungen), das von Mitgliedern der Universitt konzipiert, organisiert und gelehrt wurde und teilweise speziell auf ltere Menschen abzielte (Formosa 2014). Was als lokales Programm in Frankreich begann, breitete sich nach den positiven Erfahrungen und der begeisterten Aufnahme durch die Senioren sehr schnell auch in anderen Lndern aus. Seit nunmehr fnf Jahrzehnten existiert das universitre Konzept der „Bildung fr ltere“ auch „University Program for Older People“ (UPOP) genannt. So wurden in den 1970er Jahren in folgenden Lndern und Provinzen Bildungsangebote fr das dritte Lebensalter etabliert: Belgien, Schweiz, Polen, Italien, Spanien und Beginn der Bewegung Quebec in Kanada (Swindell & Thompson 1995). Diese Art von UPOP (bekannt als das franzsische Modell) ist das derzeit im europischen Kontext am weitesten verbreitete Modell (Menndez, Prez-Padilla & Maya 2018). In Großbritannien wurde 1981 von der Universitt von Cambridge ein alternatives Modell der „Bildung im Dritten Lebensalter“ entwickelt, das sich vor allem in den angelschsischen Lndern ausbreitete. England whlte ein anders Konzept von Bildung im dritten Lebensalter; es wurde ausdrcklich auf die Anbindung an die Universitt verzichtet. Die lteren Menschen, die bis in die Gegenwart in unabhngigen Verbnden organisiert sind, sind fr die Gestaltung und Selbstverwaltung von Diskussions- und Studiengruppen verantwortlich. Dozenten (die keiner Universitt angehren) und Lernende untersttzen sich gegenseitig, tauschen Informationen aus, planen gemeinsame Projekte, so dass sich Lehrende und Lernende nicht mehr deutlich voneinander unterscheiden lassen (Formosa 2014). Die Anzahl von ehrenamtlichen Mitgliedern erreicht innerhalb dieses alternativen Modells eine beachtliche Grße und eine kontinuierliche Mitarbeit aller ist erforderlich.

1972: Beginn der Bewegung Bildung im Alter

Das angelschsische Modell

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Kapitel 1 Seniorenbildung in den USA

gemischtes oder hybrides Modell

Auch in den USA wurde der Bildung im hheren Lebensalter sehr frh eine große Bedeutung zugeschrieben (Donicht-Fluck 1998; 2000). Die in den 1970er Jahren aufgestellte Forderung nach einer mglichst weitgehenden „Integration in bereits bestehende Bildungsinstitutionen war zugleich eine programmatische Absage an separat ausgewiesene Seniorenveranstaltungen verbunden“ (Donicht-Fluck 1998, S. 5). Ein Studium an einer Hochschule war fr die meisten Seniorstudierenden jedoch nicht attraktiv, da in den USA generell hohe Gebhren fr ein Studium anfallen. Dies fhrte dazu, dass die Kosten fr ein Senioren-Gasthrer–Studium an vielen Universitten gesenkt wurden. Es gab noch weitere Barrieren, die viele ltere in den USA zunchst davon abhielten, an einer Hochschule zu studieren wie z.B. fehlende ffentliche Verkehrsanbindungen, fehlende Parkpltze, lange Wege auf dem Campus, brokratische Einschreibeprozeduren und die Befrchtung, mit jngeren Studierenden nicht mithalten zu knnen. All diese Hemmnisse spielen auch heute noch eine gewisse Rolle bei der Entscheidung, ob ein Studium aufgenommen wird oder nicht. Das Programm Elderhostel (1975–2010), ein universitres Bildungsprogramm fr Menschen ab 55 Jahren, trug in den USA erheblich dazu bei, die genannten Hemmschwellen zu berwinden und ltere fr Bildung zu begeistern. Das Programm, konzipiert als gemeinschaftliches Bildungserlebnis, umfasste ein- bis mehrwchige Intensivkurse mit Reisen innerhalb, aber auch außerhalb der USA (Donicht-Fluck 1998, S. 7). Das Programm Elderhostel wird bis heute – seit 2010 unter dem Namen Road Scholar (gemeinntzige Organisation) – mit Studier- und Reiseangeboten fr ltere in mehr als 50 Lndern mit großem Erfolg angeboten. Ein gemischtes oder hybrides Modell der Bildung im dritten Lebensalter, das z.B. in Finnland oder Malta angewendet wird, zeichnet sich durch eine Kombination der Verbindung zu einer bestimmten Universitt mit einer starken Selbstverwaltung der lteren Menschen aus (Formosa 2014; Campiche & Kuzeawu 2017; Menndez, Prez-Padilla & Maya 2018). Ein sehr erfolgreiches gemischtes Modell finden wir beispielsweise an der Goethe-Universitt Frankfurt am Main. Dort organisiert und fhrt seit dem Wintersemester 1982/83 der Trgerverein „Universitt des 3. Lebensalters an der Goethe-Universitt e.V. (U3L)“ sehr erfolgreich das Studium fr ltere weitgehend auf ehrenamtlicher Basis durch. Das Studium findet zwar in den Rumen der Universitt statt, dafr muss jedoch eine Raummiete gezahlt werden.

Universitten des dritten Lebensalters (University of the Third Age) heute: Seniorenstudium in Europa und im europischen Ausland Inzwischen gibt es in vielen Lndern wie Frankreich, Schweiz, England, Spanien, USA, Brasilien, China umfangreiche und qualitativ hochwertige Bildungsangebote fr Seniorstudierende (Formosa 2014; Findsen & Formosa

Bildung im dritten Lebensalter – eine neue Bewegung entsteht

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2016; Ludescher & Waxenegger 2016; Campiche & Kuzeawu 2017; Menndez, Prez-Padilla & Maya 2018). Wie oben ausgefhrt, wird im europischen Raum – so auch in Deutschland – das franzsische Modell, ein von der Universitt Toulouse entwickeltes formelles Bildungsprogramm, das sich weitgehend am (Regel-)Studium der Universitten orientiert, bevorzugt. In den angelschsischen Lndern berwiegt dagegen das alternative Modell ohne Zugehrigkeit zu einer Universitt. Neben den europischen Lndern gibt es in Nord- und Sdamerika, Australien und Asien eine Vielzahl, wenn auch teilweise recht unterschiedlich strukturierter Bildungsangebote fr Menschen in der dritten Lebensphase und eine steigende Zahl von Frauen und Mnnern, die diese Angebote nachfragen und eigenverantwortlich gestalten (Formosa 2014; Findsen & Formosa 2016). Diese national wie international hoch erfolgreiche Bewegung der Bildung im dritten Lebensalter steht in einem engen Zusammenhang mit folgenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen: – Die Zahl der lteren Menschen steigt weltweit kontinuierlich an, sodass von einer „Alterung der Weltgesellschaft“ (Richter 2020) gesprochen werden kann. Nach den Daten von Eurostat (2020) waren im Jahre 2019 in den 28 Lndern der EU 20,2 Prozent der europischen Bevlkerung ber 65 Jahre alt, und dieser Prozentsatz wird in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Voraussichtlich werden im Jahr 2050 rund 30 Prozent der Bevlkerung lter als 65 Jahre sein. Weiter haben ltere Frauen und Mnner in Europa zustzlich zu ihrem immer grßer werdenden Bevlkerungsanteil auch bessere Lebensbedingungen in Bezug auf die noch zu erwartenden gesunden Lebensjahre, das Bildungsniveau oder die finanziellen Ressourcen, die ihnen zur Verfgung stehen (Eurostat 2020; Menndez, Prez-Padilla & Maya 2018). – Die empirisch-wissenschaftliche Forschung belegt, dass die altersstereotypen Sichtweisen von Abhngigkeit, Senilitt und Passivitt unzutreffend sind. Die meisten lteren Menschen sind heute weitgehend autonom, unabhngig und aktiv. Sie sind in der Lage, ihr Leben eigenstndig zu meistern und an sozialen und wirtschaftlichen Aktivitten teilzuhaben (Menndez, Prez-Padilla & Maya 2018; Baltes, Lindenberger & Staudinger 2006; Villar & Celdr n 2012). Die Fhigkeit, sich auch im Alter noch neues Wissen und neue Fhigkeiten anzueignen, wird mit Verweis auf aktuelle Forschungsergebnisse anerkannt und als eine wichtige Bedingung zur Frderung der Lebensqualitt lterer Menschen gesehen (Findsen & Formosa 2011; Merriam & Kee 2014). – Dieser vernderten Sichtweise von gesnderen, aktiveren und besser ausgebildeten Seniorinnen und Senioren entspricht das zeitgenssische Konzept des lebenslangen Lernens oder der lebenslangen Bildung. So vertreten die meisten Bildungstheoretiker den Ansatz, dass Bildung und Lernen nicht nur wnschbar und machbar, sondern whrend der gesamten Lebensspan-

Alterung der Weltgesellschaft

bestimmte altersstereotype Sichtweisen sind unzutreffend

Notwendigkeit lebenslanger Bildung

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Kapitel 1

ne notwendig sind, damit Menschen sich an die stndigen Vernderungen in der Gesellschaft anpassen knnen, wie das Beispiel der „digitalen Revolution“ (s.u.) zeigt. Aktuell wird der digitale Wandel, der inzwischen in fast allen zentralen Lebensbereichen lterer Menschen Einzug gehalten hat, im Achten Altersbericht des Bundesministeriums fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ 2020, S. 7) aufgegriffen, und die damit verbundenen vielfltigen Herausforderungen und Chancen werden diskutiert. „Die Umsetzungsstrategie der Bundesregierung zur Gestaltung des digitalen Wandels unterstreicht, welche Bedeutung dieser Prozess fr die gesamte Bundesregierung hat. Sie bekennt sich hier auch zu ihrer besonderen Verantwortung, die lteren Menschen dabei zu untersttzen, mit der digitalen Entwicklung Schritt zu halten.“ lebenslanges Lernen als Win-win-Situation

bildungspolitische Handlungsvorschlge

– Damit Lernen nicht primr beschrnkt bleibt auf das Schulsystem und die berufliche Qualifikation, ist es notwendig, mglichst viele Lernmglichkeiten zu schaffen – nicht zuletzt auch durch die Beseitigung von Barrieren aufgrund von Alter, Ort und Zeit (Menndez, Prez-Padilla & Maya 2018; Merriam & Kee 2014). Lebenslanges Lernen, so die forschungsgesttzte These von Merriam und Kee, trgt nicht nur bei lteren Erwachsenen erheblich zum Wohlbefinden bei, sondern zugleich tragen gut (aus)gebildete ltere durch ihre Erfahrungen und Kompetenzen, ihr Fachwissen und ihre Dienstleistungen zum Wohlergehen der Gemeinschaft bei (s.a. Leipold, 2012). Die Auffassung, dass ltere ihre Ressourcen strken und der Gemeinschaft im Sinne einer Win–win–Situation zur Verfgung stellen (sollen), wird allerdings auch kritisch gesehen (Denninger, van Dyk, Lessenich & Richter 2010). – Sowohl national als auch international geht das Konzept der Bildung im dritten Lebensalter einher mit bildungspolitischen Handlungsvorschlgen zur Frderung der aktiven Alterung von Frauen und Mnnern in Wirtschaft und Gesellschaft (BMFSFJ 2005, 2010a, 2010b). Dabei geht es um die zentralen Themen Gesundheit, Sicherheit und Partizipation. Die Empfehlungen reichen von der „Frderung von Eigenverantwortung im Gesundheitssystem“, der „Frderung des freiwilligen Engagements“ bis hin zur Sicherung der „materiellen Situation“ lterer Menschen und ihrer aktiven, selbstbestimmten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (Menndez, PrezPadilla & Maya 2018).

Die Entwicklung des Seniorenstudiums in der Bundesrepublik Deutschland ffnen von Lehrveranstaltungen

Auch in der Bundesrepublik Deutschland engagierten sich viele Universitten und wissenschaftlichen Hochschulen nach und nach in der Bildung von

Bildung im dritten Lebensalter – eine neue Bewegung entsteht

lteren Menschen und entwickelten Konzepte zur wissenschaftlichen Weiterbildung von Seniorinnen und Senioren. So wurden von Anfang an in Absprache mit den Lehrenden Vorlesungen und Seminare, die ltere Studierende gemeinsam mit den jngeren besuchen konnten, in unterschiedlichen Fchern geffnet. Allerdings wurden in der Regel keine speziellen Senioren-Studiengnge angeboten, da diese Mglichkeit mit einem deutlich hheren Personalaufwand und einem kontinuierlich hohen organisatorischen Aufwand einhergeht. Dieses Konzept („ffnen von Lehrveranstaltungen“) wird bis heute in Deutschland an den meisten Universitten und Hochschulen vertreten, hinzugekommen sind allerdings deutlich mehr Einzelveranstaltungen wie Ringvorlesungen, Seminare, Workshops, die speziell fr ltere Studierende angeboten werden, etwa im Rahmen des Studium generale. Eine der ersten Universitten der Bundesrepublik Deutschland, die einen Modellversuch zur Entwicklung und Erprobung eines Studienangebotes fr Senioren startete, war 1980 die Technische Universitt Dortmund. Sie intensivierte eine Initiative der zuvor integrierten Pdagogische Hochschule Ruhr, die 1978 von der Bund-Lnderkommission und dem Land NRW ins Leben gerufen worden war. Ziele waren:

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Modellversuch der TU Dortmund

– eine intergenerationelle Vernetzung von Jung und Alt im Studienschwerpunkt Geragogik in der Erziehungswissenschaft, – der Erwerb von Wissen und Kompetenzen fr die eigene Weiterentwicklung im Alter, – die Ausbildung von Seniorinnen und Senioren zu Multiplikatoren in einem fnfsemestrigen Studiengang. Besonders das letzte Ziel wurde gut erreicht. Nachdem 1985 der Modellversuch endete und in ein geregeltes weiterbildendes Studium mit zwei eigens eingerichteten Professorenstellen berfhrt wurde, haben 1.300 Seniorinnen und Senioren diesen Studiengang absolviert. Von ihnen sind rund 85 Prozent in einer nachberuflichen, selbst gewhlten Ttigkeit in Institutionen, Verbnden, Selbsthilfegruppen und selbst initiierten Projekten in sozialen Bereichen, in Kultur, Bildung, Sport und Freizeit engagiert. In den 1980er Jahren wurde auch der Grundstein gelegt fr das Seniorenstudium an der Pdagogischen Hochschule (PH) in Freiburg im Breisgau. Die erziehungswissenschaftliche Hochschule startete zum Sommersemester 1984 das Studium fr ltere mit weniger als 25 Personen und erreichte schon im Wintersemester 1990/91 ber 300 Personen (Potthoff & Wolf 1991, S. 3). Anlass fr die Implementierung des Studiums war die damals berall in der BRD herrschende Lehrerarbeitslosigkeit und die sich daraus ergebende Mglichkeit, im Seniorenstudium (getragen von dem gemeinntzigen Verein „SOLE“, der „Solidargemeinschaft Lehrer und Erzieher Sdbaden“) arbeitslose Jung-

Seniorenstudium an der PH Freiburg

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Kapitel 1

Seniorenstudium an der Universitt Kln

Seniorenstudium an der Universitt Mnster

Studium fr ltere an der Universitt Paderborn

Interessenvertretung von Seniorstudierenden auf Bundesebene

lehrerinnen und Junglehrer vorbergehend zu beschftigen. Das Seniorenstudium wurde so gut von den lteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern angenommen, dass es kontinuierlich weiter angeboten wurde und bis heute mit großem Erfolg durchgefhrt wird. An der Universitt Kln wurde durch einen Senatsbeschluss das Seniorenstudium 1988 befrwortet und nach intensiver Planung und Vorbereitung durch die Universitt und nicht zuletzt unter Einbeziehung lterer Gasthrerinnen und Gasthrer zum Wintersemester 1988/89 eingefhrt (Gabrych & Pahl 2011). Ziel der Universitt war von Beginn an nicht die Entwicklung gesonderter Studiengnge fr Seniorinnen und Senioren mit einer Sonderstellung im Studienbetrieb, sondern die Einbindung der Seniorstudierenden in einen mglichst normalen alltglichen Studienverlauf (Meyer-Wolters 2007). Das gesamte Lehrangebot ist bis heute mit wenigen Ausnahmen fr Seniorstudenten zugnglich. Die lteren nehmen auch ohne Hochschulzulassung ganz normal wie alle Studierenden an den universitren Veranstaltungen teil, wobei interessierten Studierenden eine Reihe von Orientierungshilfen angeboten werden. Die Universitt Kln war bemerkenswerterweise von Anfang an bereit, das Seniorenstudium institutionell abzusichern. Die Westflische Wilhelms-Universitt Mnster bietet seit 1986 ein „Studium im Alter“ an. Dabei handelt es sich um ein „wissenschaftliches Weiterbildungsprogramm fr Personen im mittleren und hheren Erwachsenenalter“ (Hammerschmidt et al. 2013, S. 7). Da die Universitt zu den grßten Universitten Deutschlands gehrt, konnte sie beispielsweise 2012/13 fr das „Studium im Alter“ pro Semester etwa 2.000 Personen als Gasthrerinnen und Gasthrer verzeichnen. An der Universitt Paderborn wurde das Studium fr ltere im SS 1991 von einem Erziehungswissenschaftler mit tatkrftiger Untersttzung der Hochschulleitung ins Leben gerufen. Im SS 2007 wurde an der Universitt Paderborn dann ergnzend als besondere Form des Studiums fr Senioren und Seniorinnen Zertifikatsstudium „Brgerschaftliche Kompetenz in Wissenschaft und Praxis“ implementiert. Inzwischen bieten insgesamt elf Universitten in Deutschland ein Ergnzungsstudium an, wie z.B. die Universitt Mnster das Zertifikatsstudium „Brgerschaftliches Engagement“. In Deutschland gibt es auf Bundesebene zwei Einrichtungen, die als Interessenvertretung von Seniorstudierenden fungieren; beide Vertretungen bieten online reichhaltiges Informationsmaterial (Publikationen, Projekte, Tagungen etc.) rund um das Studium fr ltere an. a) Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftliche Weiterbildung fr ltere (BAG WIWA). Hierbei handelt es sich um eine Sektion in der Deutschen Gesellschaft fr Wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudien E.V. (DGW). Diese Organisation arbeitet in enger Kooperation mit den Hoch-

Bildung im dritten Lebensalter – eine neue Bewegung entsteht

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schulen, sie organisiert den institutionellen Austausch (z.B. ber Jahrestagungen) und frdert die Weiterentwicklung der Bildung im Dritten Lebensalter. Ein zentrales Ziel ist „die Integration des Weiterbildungsangebots fr ltere in das Studienangebot der Hochschulen sowie ein intergenerationeller Ansatz“. Ausfhrliche Informationen zur Entwicklung, Zielsetzung, Organisation und zu den Schwerpunkten der aktuellen Arbeit sind in der Publikation von Bertram, Dabo-Cruz, Pauls und Vesper (2017, S. 74 ff.) zu finden. b) Der Akademische Verein der Senioren in Deutschland (AVDS) ist eine gemeinntzige bundesweite Vertretung der Seniorinnen und Senioren sowie der Gasthrerinnen und Gasthrer in Deutschland. Der AVDS gibt eine umfassende bersicht ber alle Universitten, die ein Seniorenstudium anbieten, und informiert online ber die Mglichkeiten der Bildung und Weiterbildung in ganz Deutschland. Er stellt eine gute Orientierungsmglichkeit vor allem fr Einsteiger in das Gasthrer- und Seniorenstudium dar, einschließlich des jeweiligen Studienangebots sowie der Voraussetzungen fr die Aufnahme und die Kosten eines Studiums.

Weiterbildung im dritten Lebensalter als bildungspolitisches Handlungsfeld Seit den 1970er Jahren wurde die Vorstellung, dass sich Menschen ber ihre ganze Lebensspanne hinweg mit neuen Herausforderungen auseinandersetzen und dazulernen mssen, um sich mit den genderten Bedingungen in ihrem Umfeld aktiv auseinandersetzen zu knnen, zu einem wichtigen bildungspolitischen Handlungsfeld. Es wurden politische Leitlinien und Programme initiiert, die zunchst darauf abzielten, berufliche Flexibilitt zu frdern, um dem permanenten gesellschaftlichen Wandel begegnen zu knnen und den Willen und die Bereitschaft zu einer kontinuierlichen Vernderung und Weiterentwicklung zu strken und zu frdern. Die Vorstellung des lebenslangen Lernens korrespondierte mit einer vernderten Sichtweise des Alters, die beispielsweise in der Entwicklungspsychologie einem Paradigmenwechsel gleichkam. Die Lebensspannenperspektive und die damit verbundene neue Konzeption der Gerontologie (vgl. Schneider & Lindenberger 2012, S. 31) rckten zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit. Die Entwicklung der Person ist nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen – bei Piaget erreicht die kognitive Entwicklung bereits im Jugendalter ihre endgltige Ausprgung und Vollendung –, sondern vollzieht sich ber die ganze Lebensspanne hinweg. Lernen und Bildung bis ins hohe Alter sind nach dieser Vorstellung nicht nur notwendig und erwnscht, sondern von den Fhigkeiten und Mglichkeiten des Menschen her gesehen durchaus leistbar. Forschung zur Lebensspannenpsy-

die Lebensspannenperspektive – eine neue Konzeption der Gerontologie

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Kapitel 1

chologie etwa zu den Themen Weisheit, Fhigkeitsstruktur, Lebensstil, Selbstkonzept und Selbstregulation wurde in Deutschland vor allem von Baltes und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vom Max-Planck-Institut Berlin durchgefhrt (Baltes et al. 2006). Die gewonnenen Erkenntnisse haben starke Rckwirkungen auf die Sichtweise eines Studiums fr Senioren und die damit verbundenen Anforderungen. Frhere Sichtweisen, wonach ltere Menschen nur wenig interessiert und motiviert und vor allem wenig lernfhig seien, wurden grundlegend in Frage gestellt und gelten inzwischen als widerlegt.

Wem Abenteuer zu gefhrlich sind, der sollte es mal mit Routine versuchen. Die ist tdlich! (Paulo Coelho)

Kapitel 2 Institutionelle Rahmenbedingungen und Merkmale des Seniorenstudiums Charakteristische Merkmale des Seniorenstudiums (auch Studium fr ltere, Studium 50plus, Universitt des dritten Lebensalters) Merkmale des Seniorenstudiums

Gasthrerstatus erfordert kein Abitur

Beschrnkungen fr ltere im regulren Studium

An vielen Universitten oder wissenschaftlichen Bildungseinrichtungen hat sich die Bezeichnung „Seniorenstudium“ etabliert, synonym werden die Bezeichnungen wie „Studium fr ltere“ oder „Studium 50plus“ verwendet. Universitten, Hochschulen und Fachhochschulen bieten ein Seniorenstudium auf der Basis eines Gasthrerstatus an. Wie die Angebote organisiert sind, hngt von den jeweiligen Bildungseinrichtungen ab. Das Studium kann sehr stark an dem Angebot der Regelstudien (Bachelor und Master) orientiert sein und den Studierenden ermglichen, entsprechende Lehrveranstaltungen zu besuchen. Das Seniorenstudium kann aber auch spezielle, fr die Zielgruppe besonders interessante oder von den Seniorstudierenden selbst organisierte Lehrangebote anbieten. Ziel des Seniorenstudiums ist in der Regel nicht der Erwerb eines akademischen Abschlusses, sondern das selbstbestimmte, motivationsgeleitete Studieren gemeinsam mit jngeren Studierenden. Wissenschaftliche Neugier, Interesse an der eigenen Weiterbildung und Austausch mit anderen Seniorstudierenden sind weitere Motive der lteren Studierenden. Da der Gasthrerstatus in der Regel kein Abitur voraussetzt, gibt es in der Gruppe der Seniorstudierenden eine nicht unerhebliche Anzahl von Personen, die sich den Traum erfllen, an einer Bildungsinstitution Fcher ihrer Wahl zu studieren, zu denen sie bislang aufgrund der fehlenden Qualifikation (z.B. Hochschulreife) keinen Zugang hatten. Als Orientierungshilfe bieten die Bildungsinstitutionen neben Einfhrungsveranstaltungen auch begleitende Beratungen zur Studienorganisation an. Bei entsprechenden Voraussetzungen (Fachabitur, Abitur, Matura) knnen ltere Studierende auch ein regulres Studium (Bachelor und Master) mit einem angestrebten akademischen Abschluss aufnehmen. Allerdings ist dies in zulassungsbeschrnkten Fchern nach dem 55. Lebensjahr nur bedingt mglich, da die begrenzten Studienpltze vorrangig jngeren Studienbewerbern zugesprochen werden. Zentrale Vergabestelle fr Studienpltze ist die Stiftung fr Hochschulzulassung (SfH), bis 2008 besser bekannt als ZVS (Zentralstelle fr die Vergabe von Studienpltzen). Die Vergabeordnung schrnkt in ver-

Institutionelle Rahmenbedingungen und Merkmale des Seniorenstudiums

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schiedenen Bundeslndern (z.B. in Bayern, Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalz) die Teilnahme am Vergabeverfahren fr ltere Bewerber deutlich ein. Die Beschrnkungen gelten jeweils fr das erste Fachsemester, siehe dazu den Paragrafen (§ 7.2), in der Vergabeverordnung fr Studienpltze von Nordrhein-Westfalen, hnlich auch in anderen Bundeslndern: „Wer bei der Bewerbung (…) das 55. Lebensjahr vollendet hat, wird am Vergabeverfahren nur beteiligt, wenn fr das beabsichtigte Studium unter Bercksichtigung der persnlichen Situation der Bewerberin oder des Bewerbers schwerwiegende wissenschaftliche oder berufliche Grnde sprechen.“ Unterliegen die Studiengnge nicht der zentralen Vergabestelle (SfH), knnen sie auch von lteren Studierenden gewhlt werden. Weiter knnen Seniorstudierende ohne Altersbegrenzung ber ein Studium an einer Fernuniversitt (s.u. Kap. 2, Regelstudium ohne Abitur) einen akademischen Abschluss erwerben.

Studium an einer Fernuniversitt

Angebote von Universitten und Hochschulen fr das Studium fr ltere ber 60 deutsche Universitten (vgl. Studieren im Alter. Ratgeber zum Seniorenstudium 2014) sowie Hochschulen (z.B. Pdagogische Hochschulen), Akademien und Fachhochschulen ermglichen Seniorstudierenden sowohl im Rahmen der Regellehre als auch im Rahmen von speziellen Bildungsangeboten den Zugang zu Seminaren und Vorlesungen und stellen den Senioren damit auch die Infrastruktur der Hochschulen, den Zugang zum Intranet, die erweiterte Bibliotheksnutzung, die Nutzung der Mensa und den Support des Rechenzentrums zur Verfgung. Eine umfassende bersicht ber alle Universitten, die ein Seniorenstudium anbieten, bietet der Akademische Verein der Senioren in Deutschland (AVDS) an, eine gemeinntzige bundesweite Vertretung der Seniorinnen und Senioren in Deutschland. Das Seniorenstudium ist in der Regel gebhrenpflichtig. Die Gebhren variieren je nach Universitt oder Hochschule und den jeweiligen Studienangeboten. Die Kosten liegen pro Semester etwa zwischen 40 und 240 Euro. Das begehrte Semesterticket ist fr Seniorstudierende, die oftmals ihren Wohnsitz im nheren Umfeld der Universitt haben, in der Regel nicht vorgesehen. Einige wenige Universitten, wie z.B. die Ludwig-Maximilians-Universitt in Mnchen verlangen fr Gasthrer eine Hochschulzugangsberechtigung, etwa das (Fach-)Abitur. Der Gasthrerstatus erlaubt es nicht, einen akademischen Abschluss zu machen. Gasthrer knnen Studiennachweise erbringen, diese Studiennachweise beschrnken sich jedoch auf Teilnahmebescheinigungen fr Seminare, Workshops oder Vorlesungen. Die LMU Mnchen verlangt beispielsweise 300 Euro fr den Be-

berblick ber Angebote an deutschen Universitten und Hochschulen

26

Kapitel 2

such von Lehrveranstaltungen mit insgesamt mehr als acht Semesterwochenstunden.

Regelstudium ohne Abitur (auch fr ltere) Mglichkeiten eines Regelstudiums fr ltere

In Deutschland ist es unter bestimmten Voraussetzungen mglich, ohne Hochschulzulassung (Abitur oder Fachhochschulreife) ein Regelstudium zum Erwerb eines akademischen Abschlusses wie Bachelor of Arts (BA) oder Master of Arts (MA) zu absolvieren. Dies betrifft berwiegend jngere Studierende, die nach einer Berufsausbildung und berufspraktischen Ttigkeit einen akademischen Abschluss erwerben mchten. ltere Studierende mit einer Berufsausbildung knnen ebenfalls diese Mglichkeit nutzen. Allerdings werden die Zugangsregelungen in den 16 Bundeslndern sehr unterschiedlich gehandhabt und ndern sich fortlaufend – nicht zuletzt in Abhngigkeit von der zahlenmßigen Entwicklung der Studierenden. Eine aktuelle lnderspezifische bersicht basierend auf den jngsten verfgbaren Daten bietet das vom Centrum fr Hochschulentwicklung (CHE) betriebene Online-Portal (https:// www.che.de/projekt/online-fuhrer-studieren-ohne-abitur/). Die hchste Anzahl von Studierenden ohne Abitur haben die Fernuniversitt Hagen und die private internationale Hochschule IUBH mit Sitz in Erfurt zu verzeichnen. Eine Altersbeschrnkung existiert weder fr die Fernuniversitt Hagen noch fr die IUBH. Ein regulres akademisches Studium nimmt viel Zeit, Energie und Geld in Form von Gebhren in Anspruch. Aus diesem Grund entscheiden sich die meisten Seniorinnen und Senioren, die nicht unbedingt den Anspruch haben, ein vollwertiges Studium mit Abschluss zu absolvieren, fr das relativ unkomplizierte Gasthrerstudium. Das Studium bietet den Teilnehmerinnen und Teilnehmern fast uneingeschrnkten Zugang zum offiziellen Lehr- und Studienprogramm der jeweiligen Universitt und kann jederzeit unterbrochen und auch nach einer lngeren Pause wieder aufgenommen werden.

Besondere Regelungen/Studienangebote in Deutschland und sterreich Zusatzstudium im Rahmen des Seniorenstudiums

Einige Universitten bieten ein spezielles Zertifikatsstudium an, wie die Universitt Paderborn („Brgerschaftliche Kompetenz in Wissenschaft und Praxis“) oder die Universitt Mnster („Brgerschaftliches Engagement“). Dies geschieht auf der Basis einer Gasthrerschaft, aber mit der Mglichkeit, Leistungsnachweise und -anforderungen z.B. in Form einer Abschlussarbeit zu erbringen. Das Zertifikatsstudium der Universitt Paderborn umfasst fnf Module und muss mit mindestens 30 Semesterwochenstunden studiert werden. Verlangt werden der Erwerb von Arbeitsnachweisen (Referate, Klausuren etc.) und eine Abschlussarbeit. Explizit auf den Erwerb von Fhigkeiten und Wissen zum brgerschaftlichen Engagement ist das Zertifikatsstudium der

Institutionelle Rahmenbedingungen und Merkmale des Seniorenstudiums

Universitt Mnster ausgerichtet, es umfasst ebenfalls fnf Module, die mit 26 Semesterwochenstunden studiert werden mssen. Die erste reine Senioren-Akademie mit dem Namen Europisches Zentrum fr universitre Studien (EZUS) wurde 2006 in Horn-Bad Meinberg (NRW) gegrndet. Sie bietet ein Studium in fnf Modulen an. Die Dozentinnen und Dozenten sind berwiegend aktive oder sich im Ruhestand befindende Professoren und Dozenten der Universitt Bielefeld und weiterer regionaler Hochschulen sowie Experten aus der Praxis. hnlich wie in Deutschland knnen in sterreich ohne die Voraussetzung der Matura oder sonstigem Nachweis der Hochschulreife ein Studium generale und einzelne Fcher studiert und Studienleistungen erbracht werden, das heißt, die Seniorstudierenden knnen selbst entscheiden, ob sie Lehrveranstaltungen mit einer Prfung abschließen wollen oder nicht. Akademische Grade knnen nicht erworben werden. An der Universitt Salzburg ist es das „Studium 55plus“ (Kosten pro Semester 180 Euro). Die Alpen-Adria-Universitt Klagenfurt bietet das „Seniorstudium Liberale (SSL)“ in Kooperation mit weiteren Hochschulen (wie z.B. der Pdagogische Hochschule Krnten, der Fachhochschule Krnten, dem Krntner Landeskonservatorium) an. Die Semestergebhren betragen 100 Euro. Die Universitt Wien bietet kein gesondertes Seniorenstudium an. Wer als lterer in Wien ein Studium aufnehmen mchte, kann zwischen der Teilnahme an einem Weiterbildungsprogramm (kostenpflichtig) oder bei entsprechender Voraussetzung (Matura) einem vollwertigen Studium whlen.

27

private Seniorenakademie

Seniorenstudium in sterreich

Bildung fr ltere an außeruniversitren Einrichtungen wie Volkshochschulen Die zahlenmßig grßte außeruniversitre Einrichtung, die ein reichhaltiges Angebot fr ltere bereithlt, ist die Volkshochschule (VHS), deren Konzeption eine gewisse hnlichkeit zur Bildung im dritten Lebensalter nach dem angelschsischen Modell aufweist. Die Volkshochschule ist eine ffentliche, gemeinntzige Einrichtung der Erwachsenen- und Weiterbildung. Als Trger fungieren Gemeinden oder Landkreise, gemeinntzige Vereine etc. Im Gegensatz zu Universitten und Hochschulen (tertirer Bildungsbereich) wird die VHS dem quartren Bildungsbereich der Weiterbildung zugeordnet. Die Volkshochschule ist entgegen ihrer Bezeichnung keine Hochschule, jeder kann dort Kurse gegen Bezahlung besuchen. Die VHS bietet fr die Teilnehmerinnen und Teilnehmer viele Vorteile: In der Regel ist fr die Teilnahme keine Hochschulzugangsberechtigung erforderlich, es existiert ein regelmßiges, umfangreiches Angebot auch fr praktisch gestalterische Themen. Die Kursgruppen und Lehrgnge haben eine berschaubare Grße, werden hufig in Wohnortnhe angeboten und sind somit in der Regel gut mit ffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

studieren an der Volkshochschule

VHS bietet viele Vorteile fr Seniorinnen und Senioren

28

Kapitel 2

Angebote der VHS

Abb. 1 Differenzierung der Kursteilnehmer nach Altersgruppen

Obwohl das Gesamtangebot sich nicht direkt an die Zielgruppe lterer Menschen richtet (im Jahre 2009 wandten sich 20 Prozent aller Angebote an ltere), bieten die Volkshochschulen eine Vielzahl von Kursen an, die gerne von lteren genutzt werden. Inzwischen gehren spezielle Angebote fr ltere zum Standardprogramm (etwa „Fit im Alter“, „Umgang mit Smartphone und Tablet“), bei denen es um mentale Fitness oder krperliche Beweglichkeit geht. Die regelmßig verffentlichte Volkshochschulstatistik gibt Aufschluss darber, wie groß der Anteil der Seniorinnen und Senioren im Jahre 2016 an dem Gesamtangebot der Volkshochschulkursen war (Huntemann & Reichart 2017, S. 50). Die Auswertungen von Huntemann und Reichart basieren auf den Daten von 893 Volkshochschulen und bilden als sogenannte Vollerhebung die Daten von 99,3 Prozent aller deutschen Volkshochschulen fr das Berichtsjahr 2016 ab (S. 28). Einen Eindruck vom Umfang des Volkshochschulangebotes geben folgende Angaben zu den durchgefhrten Volkshochschulkursen und den Belegungen (im Schnitt zehn bis elf Personen). Im Berichtsjahr 2016 wurden insgesamt 594.000 Kurse mit 6.605.000 Belegungen durchgefhrt (Huntemann & Reichart 2017, S. 40, Tabelle 8). Die Autorinnen differenzieren weiter alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Volkshochschulkursen im Jahre 2016 nach sechs Altersgruppen von unter 18 Jahren bis 65 Jahren und lter. Wie Abbildung 1 verdeutlicht, liegt ber alle angebotenen Programmbereiche der VHS hinweg die Beteiligung der Seniorinnen und Senioren bei rund 16 Prozent.

Altersstruktur 30 26,3

26,2

25

20

17,7 16

15

10

8,4 5,5

5

0 unter 18

18-24

Quelle: Huntemann und Reichart (2017, S. 81)

25-34

35-49

50-64

65 und älter

Institutionelle Rahmenbedingungen und Merkmale des Seniorenstudiums

An die jeweiligen Teilnehmergruppen richten sich ganz unterschiedliche Angebote von nachzuholenden Schulabschlssen bis hin zu Sprachkursen (u.a. fr Migranten), Gesundheitskursen oder gestalterisch-handwerklichen Angeboten. Besonders beliebt bei lteren ist der Programmbereiche Politik, Gesellschaft, Umwelt. Hierunter fallen u.a. Themen wie Geschichte/Zeitgeschichte, Heimatkunde, pdagogische und psychologische Themen und Umweltbildung. In diesem Programmbereich sind rund 30 Prozent lter als 65 Jahre. In den Programmbereich Kultur, Gestalten fallen Themen wie Literatur/ Theater, Malen/Zeichnen, musikalische Praxis, Tanz und Medienpraxis. Im diesem Programmbereich ist etwa jeder fnfte Teilnehmer lter als 65 Jahre. Außerdem sind vor allem bei lteren Frauen die Bereiche Gesundheit und Sprachen recht beliebt.

29 beliebte Kurse bei Seniorinnen und Senioren

Nachfrage nach Weiterbildung im hheren Alter Aufschluss darber, wie hoch die tatschliche Nachfrage nach Weiterbildungsveranstaltungen an Universitten und Hochschulen ist, geben die Daten ber eingeschriebene Gasthrer in Deutschland. Im Wintersemester 2018/19 waren 37.442 Gasthrer an deutschen Universitten und Hochschulen eingeschrieben (vgl. Statistisches Bundesamt 2020). Aufschlussreich fr die Analyse von Seniorstudierenden ist die Gasthreranzahl aufgeschlsselt nach Alter. Whrend sich im Jahre 1995 rund 5.000 ltere Personen fr ein Gasthrerstudium entschieden haben, sind es 2019 ca. 14.000 ltere Personen. In der Gruppe der ber 80-jhrigen Gasthrer hat fast eine Verdreifachung stattgefunden (s. Abb. 2), eine bemerkenswerte Entwicklung, die nicht zuletzt ein Indikator fr die hohe Motivation, Aktivitt und Mobilitt dieser Altersgruppe ist. Eine Vielzahl gesellschaftlicher Vernderungen sind als mgliche Erklrung dieser zunehmenden Nachfrage an Weiterbildungsangeboten denkbar: Steigerung der allgemeinen Lebenserwartung, bessere konomische Bedingungen, eine gute und weitgehend flchendeckende Gesundheitsversorgung, aber auch eine vernderte Sichtweise des Alters und des Alterns in unserer Gesellschaft. Nicht zuletzt wurde auch das Angebot der Bildungseinrichtungen erweitert.

Unterschiede zwischen Frauen und Mnnern Werden die Gasthrer nach Geschlecht differenziert, zeigt sich, dass in allen Altersgruppen die Anzahl der Mnner etwas hher ist als die der Frauen. Erst bei den ber 80-Jhrigen sind kaum noch Unterschiede zu verzeichnen. Darber hinaus belegen die Daten des Statistischen Bundesamtes (2020), dass das Weiterbildungsinteresse im Zeitraum von 1995 bis 2019 bei beiden Geschlechtern gleichermaßen angestiegen ist. Befragungen, die bei Seniorstudierenden an zwei deutschen Universitten durchgefhrt wurden und von der

Anzahl der lteren Gasthrerinnen und Gasthrer an Universitten und Hochschulen steigt

30

Kapitel 2 Abb. 2 Anzahl der Gasthrerinnen und Gasthrer der Jahre 1995 bis 2019, aufgeteilt in vier Altersstufen: 65–69 Jahre, 70–74 Jahre, 75–80 Jahre, 80 Jahre und mehr

Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis) 2021

BAG WIWA berichtet werden (Bertram et al. 2017, S. 79), kommen zu leicht differierenden Ergebnissen: „Das Geschlechterverhltnis ist nahezu ausgeglichen, ein hherer Anteil von Frauen oder Mnnern variiert unter den Standorten nur geringfgig.“ Wenn somit Unterschiede zwischen den Geschlechtern bezglich der Bildung im dritten Lebensalter bestehen, also hinsichtlich des Interesses, der Motivation und des lebenslangen Lernens treten diese Unterschiede eher zugunsten der Mnner auf, was vermutlich mit der unterschiedlichen Vorbildung (z.B. berufliche und akademische Abschlsse) zusammenhngt.

Bildungsniveau und bildungsbezogene Einstellungen Bildungsniveau der lteren korreliert mit Aufnahme des Seniorenstudiums

Wie der Sechste Altenbericht zur Lage der lteren Generation zeigt, gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Bildungsniveau und dem Interesse an Weiterbildung im Alter. Je hher der Bildungsstand einer Person, so das Fazit des Berichts, desto positiver blickt diese Person auf das Alter und das lterwerden. Personen mit hherer Schul- und Berufsausbildung nehmen in spteren Lebensphasen berproportional hufig an Angeboten der Erwachsenenbildung und der beruflichen Fort- und Wei-

Institutionelle Rahmenbedingungen und Merkmale des Seniorenstudiums

31

terbildung teil (BMFSFJ 2010b, S. 14). Einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Bildungsabschluss und der Aufnahme eines Seniorenstudiums belegt auch die Studie der Universitt Kln (Gabrych, Pahl, Costard, Haller & Meyer-Wolters 2011, S. 9). Von den rund 493 befragten Seniorstudierenden verfgte die Mehrzahl ber einen Hochschulabschluss (64%). Alle anderen Abschlsse liegen deutlich darunter. Der Anteil der Befragten, die keine Hochschulzugangsberechtigung haben, liegt zwischen 17 bis 23% (Mittelschule/Realschule 7,9%, Fachoberschule 5,9%, Fachschule 4,7%, Volksschule/Hauptschule 4,5%, kein Abschluss 0,2%). Nicht eindeutig zuzuordnen ist der Prozentsatz der Personen, die Fachoberschule angekreuzt haben, da diese nicht immer mit der Fachoberschulreife abgeschlossen wird. Auch Tippelt u.a. (2009) berichten, dass bildungsferne Milieus in der Altenbildung zwar erreicht werden, aber insgesamt unterreprsentiert sind. Der Zusammenhang zwischen dem Bildungsstand der lteren und der Teilnahme an der universitren Bildung ist auch in anderen EU-Lndern zu beobachten.

Weiterbildungsbarrieren Das zunehmende Interesse am Seniorenstudium sollte nicht darber hinwegtuschen, dass auch in dieser Gruppe Barrieren bestehen, die die Aufnahme eines Studiums behindern und sogar komplett verhindern. Aus Studien mit Personen zwischen 19 und 64 Jahren (Schiersmann 2006) sind verschiedene Weiterbildungsbarrieren bekannt. Sie knnen jedoch aufgrund der unterschiedlichen Erwerbsituation nicht ohne Weiteres auf die Gruppe 65plus bertragen werden, sondern knnen lediglich Hinweise auf mgliche Bildungsbarrieren bei lteren geben. Schiersmann (2006) bildet aus den vorgegebenen Items fnf Kategorien, die eine Weiterbildung behindern. – – – – –

Belastung/Zeitmangel, fehlender Nutzen, Informations- bzw. Angebotsdefizit, zu hohe Kosten, mangelnde Qualitt der Weiterbildung.

Fr die untersuchte Stichprobe sind eine hohe Belastung und Zeitmangel (37%) der Hauptgrund fr das fehlende Interesse an Weiterbildung, was bei Personen, die berwiegend beruflich ttig sind, gut nachvollziehbar ist. Diese Kategorie wird vermutlich bei Seniorstudierenden eher weniger ein Grund fr die Nichtbeteiligung sein. Es folgt bereits an zweiter Stelle der fehlende Nutzen (31%) und dann mit deutlich geringeren Nennungen das Informations- oder

Barrieren, die die Aufnahme eines Studiums behindern

32

Kapitel 2

fehlender Nutzen

Angebotsdefizit (19%). Zu hohe Kosten geben nur 11% der Befragten an. Die mangelnde Qualitt der Weiterbildung fllt mit 3% kaum ins Gewicht. Die Frage des fehlenden Nutzens drfte fr Seniorstudierende ein zentraler Grund sein, ein Studium erst gar nicht aufzunehmen, da eine berufliche Weiterqualifikation keine Rolle mehr spielt und der eigentliche Studiengewinn eher in der antizipierten persnlichen Entwicklung oder der positiven Reaktion des sozialen Umfeldes etc. gesehen wird. Zu hnlichen Ergebnissen kommen auch Tippelt et al. (2009, S. 44). In einer Erhebung mit insgesamt 3.530 Befragten zwischen 45 und 80 Jahren werden folgende Barrieren fr eine Weiterbildung benannt: – – – – – –

privat kein Bedarf an (Weiter-)Bildung (22%), lohnt sich in meinem Alter nicht mehr (17%), bentige keine Weiterbildung fr Beruf (17%), keine Zeit wegen familirer Verpflichtungen (9%), Gesundheit erlaubt es nicht (8%), andere (27%).

hnlich wie bei den jngeren Personen hat auch bei den lteren der zugeschriebene Nutzen eines Studiums einen gewichtigen Einfluss darauf, ob berhaupt ein Studium aufgenommen wird. Der antizipierte (fehlende) Nutzen der Weiterbildung steht noch mit weiteren Faktoren wie z.B. dem Schulbildungsniveau und der Geschlechtszugehrigkeit im Zusammenhang. Genauere Angaben dazu knnen aus Untersuchungen zur Motivation von Seniorstudierenden entnommen werden. Auch die fehlende Zeit spielt bei den lteren eine Rolle, allerdings nicht in dem Ausmaß wie bei den berwiegend erwerbsttigen jngeren Personen.

Man kann einen Menschen nichts lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken. (Galileo Galilei)

Kapitel 3 Individuelle Voraussetzungen und Studienmotive Individuelle Interessen, Studienmotive und Erwartungen im Seniorenstudium

Befragung von Regelstudierenden, Seniorstudierenden und Lehrenden

Schon von Beginn des Seniorenstudiums an wurden Befragungen zu den Auswirkungen des Studiums auf die Seniorstudierenden, aber auch auf die jngeren Regelstudierenden und nicht zuletzt die beteiligten Lehrenden durchgefhrt. Die Studien dienten dazu, einerseits die Selbsteinschtzung und andererseits die Fremdwahrnehmung der beteiligten Gruppen und Personen besser kennenzulernen und daraus gegebenenfalls institutionelle, aber auch didaktisch-methodische Konsequenzen ziehen zu knnen. Zur Interessenlage und Motivation, zu den Erwartungen und dem Miteinander von Jung und Alt im Seniorenstudium gibt es inzwischen eine Reihe empirischer Daten aus unterschiedlichen, zum Teil voll standardisierten, zum Teil nicht standardisierten Befragungen, die nachfolgend schwerpunktmßig vorgestellt werden. In Tabelle 1 sind die bislang verffentlichten empirischen Studien aus den Jahren 2001 bis 2021 zusammengefasst. Es sind Teilnehmerbefragungen mit den unterschiedlichen Zielgruppen jngere Regelstudierende (a), Gasthrer/ Seniorstudierende (b) und Lehrende (c), die entsprechende Lehrangebote fr ltere Studierende anbieten. In der bersicht sind weiter die verschiedenen Inhaltsbereiche (wie Motivation, Beteiligung an den universitren Lehrveranstaltungen, Kommunikation, intergenerationelles Lernen) aufgelistet. Darber hinaus liegen in den einzelnen Publikationen noch weitergehende Befragungsdaten vor, etwa zum Sozialverhalten, zu situationsbedingten Erfahrungen, zur Fcherwahl der Seniorstudierenden oder zum Anteil der lteren in den Lehrveranstaltungen. Auf diese Daten wird jedoch nur punktuell zur Erluterung bestimmter Sachverhalte zurckgegriffen. Zunchst werden Befragungsdaten zu den Motiven und den Interessen und Erwartungen von Gasthrern/Seniorstudierenden vorgestellt. Diese Gruppe ist am hufigsten untersucht worden mit einer entsprechend großen Anzahl an Befragten. Weniger Datenmaterial gibt es zur Sichtweise der jngeren Regelstudierenden, die gemeinsam mit den lteren Seminare oder Vorlesungen besuchen. Die wenigsten Befragungsdaten liegen von Lehrenden (in der Regel Professorinnen und Professoren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Lehrbeauftragte der Universitt) vor, die entweder gemeinsame Lehrver-

Individuelle Voraussetzungen und Studienmotive

anstaltungen fr jngere und ltere Studierende anbieten oder Einzelveranstaltungen, wie z.B. spezielle Vorlesungen oder Workshops, die primr fr Seniorstudierende gedacht sind. Zuvor mchten wir noch einige methodenkritische Anmerkungen zu den vorgestellten Studien vorausschicken. Wie bei allen Befragungsdaten sind bei der Erfassung und Interpretation der Antworten methodische Besonderheiten zu bercksichtigen. In den einzelnen Studien werden sowohl quantitative als auch qualitative Daten oder eine Mischform von beiden Datenarten verwendet. Werden – wie in den meisten hier vorliegenden Befragungen – Antwortalternativen im Fragebogen vorgegeben, werden diese von den Befragten auch angekreuzt und kaum neue, frei formulierte Antworten hinzugefgt. Welche Items mit welchem Gewicht von den Seniorstudierenden bei Befragungen angekreuzt werden, hngt stark von der Formulierung und der Anzahl der im Fragebogen vorgegebenen Items ab. Die Art der erhobenen Daten bedingt zwangslufig die statistischen Verrechnungen, etwa bei den problematischen Mehrfachwahlantworten, wie weiter unten deutlich wird. Die Auswertung und die Interpretation der Ergebnisse sowie die daraus gezogenen Schlussfolgerungen knnen – auch wenn sie intuitiv berzeugend erscheinen – nur mit Vorsicht vorgenommen und bedingt verallgemeinert werden. Ein weiteres, nur von wenigen Autorinnen und Autoren in den Befragungen thematisiertes Problem betrifft die unklare Definition, wer genau zur Gruppe der Seniorstudierenden gehrt. Explizit benannt wird diese Schwierigkeit von Brauerhoch & Dabo-Cruz (2005, S. 38 f.). Eine berschneidung zwischen Gasthrerinnen und Gasthrern, die noch berufsttig sind, und Seniorstudierenden in der nachberuflichen Phase ist somit nicht auszuschließen. Vor allem jngere Regelstudierende knnen manchmal nur vermuten, wer zur Gruppe der Seniorstudierenden gehrt und wer nicht. Das trifft vor allem auf gemeinsam besuchte Vorlesungen zu, in denen kaum persnlicher Kontakt stattfindet. Ob und inwieweit diese fehlende Unterscheidung Auswirkungen auf das Antwortverhalten der Jngeren hat, kann fr die meisten Studien nicht beantwortet werden.

35

einige methodenkritische Anmerkungen

36

Kapitel 3

bersicht ber empirische Studien von 2001 bis 2020 Tab. 1 Befragungsstudien mit drei Gruppen: Jngere Regelstudierende Gasthrer/innen und Seniorstudierende und Lehrende

Autor/inn/en

Jngere Regelstudie- Gasthrer/innen rende Seniorstudierende

Ladas & Levermann (2001)

Beteiligung der lteren an den Seminaren, Gesprchsbeitrge der lteren, vermutete Studienmotive, Kommunikation zwischen jungen und lteren in den Seminaren, erlebte Anwesenheit der lteren in den Seminaren, Lernen von lteren Studierenden

Befragung von Regelstudierenden

Evers (2001)

Studienmotive, Qualitt und Quantitt der Wortbeitrge, Auftreten der lteren, Teilnahme der lteren – positiv vs. negativ, Anpassung des Lehrkonzeptes an Gruppe der lteren

Befragung von Lehrenden Rckbezug auf ltere Befragungsstudien von Lehrenden Brauerhoch & DaboCruz (2005) Befragung von Regelstudierenden, Seniorstudierenden Kaiser (2006) Gasthrer/innen

Bertram & Bertram (2007) Befragung von Seniorstudierenden

Lehrende

Studienerfahrungen, intergenerativer Aspekt, bergreifende Studienmotive

Studienerfahrungen, intergenerativer Aspekt, bergreifende Studienmotive

Studienmotive, Studienerfahrungen, intergenerationelles Lernen, Beurteilung von Dozenten Studienmotive, Erwartungen, intergenerativer Aspekt (Erfahrungen mit Jngeren)

Individuelle Voraussetzungen und Studienmotive

Autor/inn/en

Jngere Regelstudie- Gasthrer/innen rende Seniorstudierende

Lehrende

Brokmann-Nooren (2009)

Beteiligung der lteStudienmotive, Klima ren an den Seminaren, zwischen Jngeren Gesprchsbeitrge der und lteren lteren, vermutete Studienmotive der lteren, Kommunikation zwischen jungen und lteren in den Seminaren, erlebte Anwesenheit der lteren in den Seminaren, Lernen von lteren Studierenden

Studienmotive, Beteiligungsformen, Einstellung zu den lteren, Klima zwischen Jung und Alt, Anpassung des Lehrkonzeptes an Gruppe der lteren, Auswirkungen auf das eigene Lehrkonzept

Befragung von Regelstudierenden, Seniorstudierenden, Lehrenden

Gabrych et al. (2011)

Studienmotive, Studienerfahrungen, Beteiligung an den Veranstaltungen

Befragung von Seniorstudierenden Hammerschmidt et al. (2013) Befragung von Regelstudierenden

Beteiligung der lteren an den Seminaren, Gesprchsbeitrge der lteren, Kommunikation zwischen Jngeren und lteren in den Seminaren, erlebte Anwesenheit der lteren in den Seminaren, Lernen von lteren Studierenden

Krber (2013)

Studienmotive

Befragung von Gasthrer/innen Rathmann & Bertram (2017) Befragung von Regelstudierenden, Seniorstudierenden Wagner (2018) Befragung von Seniorstudierenden

Vermutete Studienmotive der lteren, Erfahrungen mit der gemeinsamen Teilnahme von Alt und Jung, intergenerationelles Lernen

Studienmotive, Erfahrungen mit der gemeinsamen Teilnahme von Alt und Jung, intergenerationelles Lernen Studienmotive, Interesse an Studienfchern, Interessen nach Geschlecht, Alter, Bildungsabschluss

37

38

Kapitel 3

Autor/inn/en

Jngere Regelstudie- Gasthrer/innen rende Seniorstudierende

Schneider, Bertram & Felix (2019)

Lehrende

Studienmotive, Studierverhalten

Befragung von Seniorstudierenden Lechner, Lutz & Wagner (2020)

Studienmotive

Befragung von Seniorstudierenden

Befragung von Seniorstudierenden In fast allen Befragungsstudien mit der Zielgruppe Seniorstudierende wurden diese nach ihren Studienmotiven oder ihrer Studienmotivation gefragt. Die beiden Konstrukte Motiv und Motivation sind nicht identisch (vgl. Rustemeyer 2011, S. 13), werden jedoch in den meisten der hier besprochenen Studien synonym verwendet, sodass wir uns diesem Sprachgebrauch anschließen.

Studienmotive Studienmotive von Seniorstudierenden

Die erste grßere Studie zum „Studium im Alter“ mit insgesamt 2.243 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde an der Universitt Mnster durchgefhrt. Es konnten 1.591 gltige Fragebgen ausgewertet werden (Kaiser 2006). In einer standardisierten Befragung wurden die Seniorstudierenden u.a. nach ihren Studienmotiven und Erfahrungen sowie weiteren Rahmenbedingungen ihres Studiums befragt. Wie Tab. 2 verdeutlicht, haben die Ziele, durch das Studium „geistig fit zu bleiben“ und die „Allgemeinbildung zu erweitern“, fr die lteren hchste Prioritt. Direkt danach folgt die „sinnvolle Nutzung der freien Zeit“. Diese drei Items werden von den Befragten am hufigsten angekreuzt. Die „berufliche Weiterbildung“ hat dagegen fr die lteren Studierenden, die in der Regel bereits aus dem Berufsleben ausgeschieden sind, erwartungsgemß keine hohe Bedeutung; interessanterweise spielt das Motiv „Weitergabe der eigenen Lebenserfahrungen“ kaum eine Rolle.

Individuelle Voraussetzungen und Studienmotive

Studienmotive

Absolut (N)

Prozent

Geistig fit bleiben

1426

94,1

Allgemeinbildung erweitern

1369

90,3

Zeit sinnvoll nutzen

1084

71,5

Fundiertes Wissen im Fachgebiet

978

64,5

Versumtes nachholen

809

53,4

Weiterbildung auf Hochschulniveau

688

45,4

Leben verstehen

647

42,7

Gleichgesinnte kennenlernen

639

42,2

Interesse an wissenschaftlichem Arbeiten

513

33,8

Jugendtraum erfllen

475

31,3

Kontakt zu jungen Menschen

453

29,9

Qualifizierung nachberufliche Ttigkeit

177

11,7

Weitergabe Lebenserfahrung

116

7,7

93

6,3

Berufliche Weiterbildung

Bei der Angabe der Studienmotive waren Mehrfachantworten mglich. Quelle: Kaiser (2006, S. 19)

Eine Befragung von Seniorstudierenden der Universitt Kln zur Studienmotivation zeigt ein wesentlich differenzierteres Bild (Gabrych, Pahl, Costard, Haller & Meyer-Wolters 2011). Es nahmen insgesamt 493 Seniorstudierende, die lter als 50 Jahre waren, an der Befragung teil. Den hchsten Zustimmungswert erhlt das Item „geistig fit und beweglich bleiben“. Weitere bedeutsame Motive der zwischenmenschlichen Interaktion sind „Menschen mit hnlichen Interessen treffen“ und „jngere Menschen treffen“. Bedeutsame fachliche Motive sind „Angebot an Fchern, die in anderen Bildungseinrichtungen nicht vertreten sind“ und „Verbesserung der Allgemeinbildung“ sowie „Einblick in aktuelle Forschung“ (s. Tab. 3).

39

Tab. 2 Studienmotive nach ihrer Wichtigkeit

40

Kapitel 3

Tab. 3 Studienmotive der Seniorstudierenden (je niedriger der Mittelwert desto hher die Zustimmung)

Studienmotive

N

Mittelwert

Standard Abw.

Geistig fit und beweglich bleiben

487

1,34

0,643

Angebot an Fchern, die in anderen Bildungseinrichtungen nicht vertreten sind

482

1,69

0,983

Verbesserung der Allgemeinbildung

477

1,83

1,005

Menschen mit hnlichen Interessen treffen

479

2,08

0,964

Einblick in aktuelle Forschung

476

2,12

1,008

Beschftigung mit Sinnfragen

473

2,25

1,127

Mchte lernen, wissenschaftlich zu denken und zu arbeiten

470

2,39

1,094

Jngere Menschen treffen

477

2,43

0,952

Verbesserung der Argumentationsfhigkeit

468

2,52

1,100

Weiterbildung fr Hobbys

467

2,75

1,170

Mitreden mit Jngeren

465

2,86

1,046

Geregelter Alltag

467

2,90

1,082

Zugehrigkeit zur Uni

464

2,94

1,074

Frderung eines positiven Altersbildes bei Jngeren

468

2,96

0,985

Interesse am aktuellen Wissensstand im ehemaligen Berufsfeld

467

3,07

1,112

Konnte frher nicht studieren und mchte dies heute nachho- 472 len

3,35

1,137

Weiterbildung fr Ehrenamt

467

3,52

0,795

Erwerb von Weiterbildungsqualifikation

466

3,78

0,588

Aufnahme eines regulren Studiums

467

3,84

0,558

Weiterbildung fr zuknftigen Beruf

468

3,87

0,497

Quelle: Gabrych et al. (2011, S. 21)

bersicht ber verschiedene Studien

Des Weiteren wurden Befragungen von Gasthrern/Seniorstudierenden von Bertram & Bertram (2007), Brokmann-Noreen (2009), Krber (2013), Rathmann & Bertram (2017) sowie Schneider, Bertram & Felix (2019) durchgefhrt (s. Tab. 1). Wie in den vorherigen Befragungen zeigt sich auch bei Bertram und Bertram (2007, S. 25ff.), dass die lteren Studierenden stark daran interessiert sind, die „eigenen Bildungsinteressen zu befriedigen“ (92,2%), „neue geistige

Individuelle Voraussetzungen und Studienmotive

Herausforderungen zu finden“ (68,8%) und „eine sinnvolle Bettigung in der nachberuflichen Lebensphase“ (68,2%) zu haben. Bertram und Bertram haben weiter nach den Erwartungen der lteren gefragt, wobei sich Erwartungen und Motive nicht immer deutlich voneinander abgrenzen lassen. Fasst man auf einer fnfstufigen Ratingskala (von 1 = trifft stark zu bis 5 = keine Angabe) die Zustimmungen („trifft stark zu“ und „trifft teilweise zu“) zusammen, dann lauten die drei am strksten bejahten Aussagen: „an Diskussionen ber aktuelle wissenschaftliche Themen teilzuhaben“ (76,5%), „Besttigung meiner geistigen Leistungsfhigkeit“ (75%) und „mit jngeren Studierenden in einer Veranstaltung zusammenzuarbeiten“ (67,2%). Brokmann-Noreen (2009) befragte an der Universitt Oldenburg in einer Online-Studie alle drei Gruppen, hier sollen zunchst die Ergebnisse fr die Seniorstudierenden berichtet werden. Fasst man auf der vierstufigen Ratingskala (von 1 = trifft zu bis 4 = trifft nicht zu) die zustimmenden Antworten zusammen, zeigt sich, dass die drei hufigsten Nennungen „geistig fit bleiben“ (95,6%), „sich persnlich weiterentwickeln“ (90,6%) und „Interessen bei bestimmten Wissensgebieten nachgehen“ (91,7%) sind. Erst dann kommen die Items „die Freizeit sinnvoll nutzen“ (83%) oder „junge Menschen mit hnlichen Interessen treffen“ (65%). In der Befragungsstudie von Krber (2013) an der Universitt Stuttgart wurden die Studienmotive von Gasthrerinnen und Gasthrern (gltige Fragebgen von 424 Personen) auf einer fnfstufigen Ratingskala erfasst (S. 6). Die drei wichtigsten Motive sind (S. 24 f.) „Ich mchte mich persnlich weiterentwickeln“ (77,4%), „Ich mchte meinem Interesse auf einem bestimmten Wissensgebiet nachgehen“ (82,8%) und „Ich mchte meine Freizeit sinnvoll nutzen“ (59,7%). Fragen zu jngeren Studierenden wie bei Brokmann-Noreen werden in dieser Studie nicht gestellt. Zwei aktuelle Studien stammen von Rathmann und Bertram (2017), die u.a. die Studienmotivation von 369 Gasthrern/Seniorstudierenden untersucht haben und die Studie von Schneider, Bertram und Felix (2019). Vergleichbar mit den Ergebnissen aus frheren Studien werden bei der Frage nach den Studienmotiven bei Rathmann und Bertram (2017, S. 17) drei zentrale Motive genannt: „Erhalt der geistigen Fitness“, „Befriedigung eigener Bildungsinteressen“ und „Erweiterung der Allgemeinbildung“. Jeweils ber 95% der Befragten stimmen diesen Motiven zu. Dem Item „Lebensund Berufserfahrung an junge Studierende weitergeben“ stimmen dagegen nur 15,3% zu. In einem weiteren Analyseschritt fhren Rathmann und Bertram (2017, S. 19) eine Faktorenanalyse durch, ein multivariates statistisches Verfahren zur Bndelung vieler einzelner beobachtbarer Variablen zu wenigen bergeordneten Faktoren. Dabei geht es darum, verborgene, also latente Faktoren, die hinter den Einzelaussagen liegen, statistisch zu extrahieren, um so die Daten-

41

drei zentrale Motivgruppen

42

Kapitel 3

menge zu reduzieren. Die Faktorenanalyse ergab die folgenden drei Motivgruppen (Faktoren): 1. Autonomie und Selbstverwirklichung 2. nachholende Bildung und Lebenshilfe 3. Partizipation und Verantwortung Autonomie und Selbstverwirklichung

nachholende Bildung und Lebenshilfe

Partizipation und Verantwortung

Befriedigung individueller Bildungsinteressen

Zur ersten Motivgruppe gehren die fnf Items: „mich geistig fit halten“, „eigene Bildungsinteressen befriedigen“, „meine Allgemeinbildung erweitern“, „andere Ansichten und Menschen kennenlernen“, „an Diskussionen ber wissenschaftliche Themen teilhaben“. Alle Items erhalten Zustimmungen, die in absteigender Rangfolge zwischen 97,2 und 69,6 Prozent liegen. Zur zweiten Motivgruppe gehren vier Items: „meine Zeit sinnvoll ausfllen“, „frher Versumtes nachholen“, „mir einen Jugendtraum erfllen“, „mein Leben besser verstehen und bewltigen“. Die Zustimmungswerte der Items liegen in absteigender Reihenfolge zwischen 75,7 und 31,9 Prozent. Zur dritten Motivgruppe gehren sechs Items: „mich auf Hochschulniveau weiterbilden“, „mit jungen Menschen in Kontakt kommen“, „Lebens- und Berufserfahrung an junge Studierende weitergeben“, „mich fr nachberufliche/ ehrenamtliche Ttigkeiten qualifizieren“, „ein Abschlusszertifikat erwerben“, „mich in meinem frheren Beruf weiterbilden“. Hier liegen die Zustimmungswerte der Items zwischen 51,1 und 6 Prozent. In der jngsten Studie von Schneider, Bertram und Felix (2019) ergeben sich ebenfalls bereinstimmungen mit frheren Befragungen. Bei den Studienmotiven werden wiederum drei zentrale Motive genannt: „Erhalt der geistigen Fitness“, „Befriedigung eigener Bildungsinteressen“ und „Erweiterung der Allgemeinbildung“. Jeweils um 90 Prozent der Befragten stimmen diesen Motiven zu. Auch hier spielt das Item „Lebens- und Berufserfahrung an junge Studierende weitergeben“ kaum eine Rolle. Zusammenfassend kommen Bertram, Dabo-Cruz, Pauls und Vesper (2017, S. 81) zu folgender Aussage: „Fragt man nach der Motivation fr die Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung im Alter, steht ganz klar die Befriedigung individueller Bildungsinteressen und der Wunsch, „geistig fit bleiben“ zu wollen, im Vordergrund. Altruistische Motive (z.B. ehrenamtliches Engagement) werden zwar durchweg genannt, spielen aber eine eher nachgeordnete Rolle. (…) Insgesamt haben die Teilnehmenden eine hohe intrinsische Motivation und messen der Bildung einen hohen und zweckfreien Eigenwert bei.“ Unerwartet und teilweise auch berraschend ist die Gewichtung der Motive, die die Seniorstudierenden vornehmen. Die lteren mchten gerne mit Jngeren zusammen studieren, diskutieren und in Seminaren mitreden kn-

Individuelle Voraussetzungen und Studienmotive

nen. Aber das Motiv, die eigenen (Lebens-)Erfahrungen an Jngere weiterzugeben oder das Motiv, sich fr ein Ehrenamt weiterzubilden oder Qualifikationen fr ein Ehrenamt zu erwerben, spielen fr die lteren eine eher untergeordnete Rolle. Zwei weitere Studien wurden von Wagner (2018) sowie Lechner, Lutz und Wagner (2020) durchgefhrt. Wagner (2018) befragte rund 1.440 Seniorinnen und Senioren, die an der Universitt Frankfurt a.M. studierten, zu ihrer Studienmotivation. Die Autorinnen Lechner, Lutz und Wagner (2020) fragten an drei Universitten (Mannheim, Mainz und Frankfurt a.M.) rund 2000 Seniorstudierende im Alter zwischen 67 und 69 Jahren ebenfalls nach ihren Studienmotiven. Da die Frankfurter Stichprobe von Wagner (2018) in der Studie von Lechner, Lutz und Wagner (2020) enthalten ist, werden hier vor allem die Ergebnisse der Studie von 2020 vorgestellt. Die Mehrheit der Befragten (rund 60%) hatte einen Hochschulabschluss. Die wichtigsten Motive, die von den lteren an allen drei Standorten genannt wurden, waren „sich geistig fit zu halten“, „die eigene Allgemeinbildung zu erweitern“, „eigene Bildungsinteressen zu befriedigen“ und „andere Ansichten kennenzulernen“. Die Motive der Befragten, ob mit oder ohne Hochschulabschluss, zeigen keinen bemerkenswerten Unterschied (Lechner, Lutz & Wagner 2020, S. 37). Allerdings sind die Zustimmungswerte bei Personen ohne Hochschulabschluss bei den meisten Items hher als bei Personen mit Hochschulabschluss. Fr die Auswertung wurde als weiteres Unterscheidungskriterium das Geschlecht der Befragten bercksichtigt. Hier gibt es in der Tat einige Unterschiede in den Studienmotiven. Whrend die Hauptmotive (s.o.) von beiden Geschlechtern vergleichbar eingeschtzt werden, stimmten Frauen bestimmten Motiven wie z.B. „gleichgesinnte Menschen kennenlernen“, „frher Versumtes nachholen“, „sich einer neuen Herausforderung stellen“ strker zu als Mnner. Die Autorinnen fhren diese Unterschiede auf die unterschiedliche Lebenssituation der Geschlechter zurck. Frauen haben eine hhere Lebenserwartung als Mnner, leben im Alter hufiger allein und sind vermutlich eher am sozialen Austausch mit anderen interessiert. Und bedingt durch das traditionelle Rollenbild haben Frauen der betreffenden Generation mglicherweise einen grßeren intellektuellen Nachholbedarf als Mnner (S. 39).

Befragung von jngeren Studierenden im Regelstudium Empirische Untersuchungen zur Erfassung der Einschtzungen und Einstellungen von jngeren Studierenden im Regelstudium in Bezug auf Seniorstudierende wurden von Ladas und Levermann (2001); Brauerhoch und Dabo-Cruz (2005); Brokmann-Nooren (2009); Hammerschmidt et al. (2013)

43

Mehrheit der Befragten hat einen Hochschulabschluss

unterschiedliche Gewichtung bei Frauen und Mnnern

44

Kapitel 3

sowie Rathmann und Bertram (2017) durchgefhrt. Die inhaltlichen Befragungsschwerpunkte der meisten Studien sind folgende: sechs Befragungsschwerpunkte

– – – –

vermutete Studienmotive der lteren, Gesprchsbeitrge der lteren, Beteiligung der lteren an den Seminaren, Kommunikation zwischen jungen und lteren Studierenden in den Seminaren, – erlebte Anwesenheit der lteren in den Seminaren, – Lernen von lteren Studierenden. Neben den vermuteten Studienmotiven werden die jngeren Studierenden zu ihren Erfahrungen und Einschtzungen des gemeinsamen Lernens mit lteren Kommilitonen befragt. Diese Aspekte des intergenerationellen Lernens werden im nchsten Kapitel nher ausgefhrt.

Vermutete Studienmotive

Befragung von Ladas & Levermann

Rangreihe der vermuteten Studienmotive

Die tatschlichen Studienmotive der lteren mssen nicht zwangslufig mit den von jngeren Studierenden vermuteten Motiven bereinstimmen, da Personen dazu neigen, in der Fremdeinschtzung anderer Menschen vom eigenen Erleben auszugehen und dieses dann auf andere zu bertragen. Das trifft vor allem dann zu, wenn man andere nicht gut kennt und einschtzen kann. Die vermuteten Studienmotive wurden bereits von Ladas und Levermann (2001, S. 116) erfasst. Die schriftliche Befragung wurde bei jngeren Studierenden ab dem zweiten Studiensemester, die gemeinsam mit lteren Studierenden ein Seminar besuchten, durchgefhrt. Insgesamt konnten die Forscherinnen 380 gltige Fragebogen (von insgesamt 930 verteilten Bgen) auswerten. Rund 50% der Jngeren geben an, dass sie die Studienmotive der lteren kennen. Das bedeutet gleichzeitig aber auch, dass rund die Hlfte der befragten jngeren Studierenden berzeugt sind, die Studienmotive der lteren nicht zu kennen. Bildet man eine Rangreihe der Motive, dann sind die am hufigsten genannten vermuteten Studienmotive in absteigender Reihenfolge: – – – – – – –

Motiv nach Weiterbildung (119 Nennungen), Interesse an bestimmten Themen (71 Nennungen), neue Aufgaben nach der Berufsttigkeit zu suchen (67 Nennungen), das Motiv, Freizeit auszufllen (53 Nennungen), neue Perspektiven zu bekommen (39 Nennungen), intergenerationelle Kontakte knpfen (37 Nennungen), geistig fit bleiben (34 Nennungen),

Individuelle Voraussetzungen und Studienmotive

45

– neue Erfahrungen sammeln (17 Nennungen), – Anerkennung bekommen (12 Nennungen). In der Online-Studie von Brokmann-Nooren (2009) ist der grßte Teil der Studierenden zwischen 20 und 23 Jahre alt. Die Autorin konnte 528 gltige Fragebgen von etwa 900 ausgegebenen Fragebgen auswerten. Auf die Frage, welche Motive die lteren haben, ein Gasthrerstudium aufzunehmen, nennen rund 20% der Jngeren, dass die Gasthrer „ihren Interessen nachgehen“, rund 15% der Nennungen entfllt auf das Motiv „persnliche Weiterentwicklung“, ebenfalls 15% der Nennungen auf das Motiv „sinnvolle Freizeitgestaltung“ und rund 13% der Nennungen auf das Motiv „geistig fit bleiben“. Dagegen gibt kaum jemand an, dass die lteren an die Uni kommen, um dort „Jngere zu treffen“ oder „Kontakte zu knpfen“ oder gar sich auf „ein Ehrenamt vorzubereiten“. Auch hier ist wieder zu beachten, dass es sich um Mehrfachnennungen der Regelstudierenden handelt. Auch Rathmann und Bertram (2017) haben 561 Regelstudierende, im Durchschnitt 23 Jahre alt, und 369 Gasthrende und Seniorstudierende, im Durchschnitt 69 Jahre alt, nach ihren Einschtzungen gefragt. Anders als in frheren Studien wertet das Autorenteam die Antworten beider Gruppen im Vergleich zueinander aus und kann somit angeben, bei welchen Items signifikante Abweichungen bei den Antworten bestehen. Wie die Befunde von Rathmann und Bertram (2017, S. 40) zeigen, gibt es viele bereinstimmungen in den tatschlichen und vermuteten Studienmotiven der beiden Gruppen. Bei den wichtigen Studienmotiven „sich geistig fit halten“, „eigene Bildungsinteressen befriedigen“, „Allgemeinbildung erweitern“, „an Diskussionen wissenschaftlicher Themen teilhaben“ und das „Leben besser verstehen und bewltigen“ gibt es keine signifikanten Unterschiede in der Einschtzung der Jngeren und lteren. Bedeutsame Unterschiede in den vermuteten Studienmotiven treten jedoch bei den folgenden Items auf: – – – – –

„andere Ansichten und Menschen kennen lernen“ (ltere A Jngere), „Zeit sinnvoll ausfllen“ (Jngere A ltere), „auf Hochschulniveau weiterbilden“ (Jngere A ltere), „mit jungen Menschen in Kontakt kommen“ (ltere A Jngere), „Lebens- und Berufserfahrung an junge Studierende weitergeben“ (Jngere A ltere), – „fr nachberufliche/ehrenamtliche Ttigkeiten qualifizieren“ (Jngere A ltere), – „ein Abschlusszertifikat erwerben“ (Jngere A ltere).

Bei diesen Items vermuten die Regelstudierenden eine hhere Motivation bei den lteren, geben also hhere Zustimmungswerte an als die Gasthrer/

Online-Befragung von Brokmann-Nooren

Befragung von Rathmann & Bertram

46

Kapitel 3

Befragung von Brauerhoch & DaboCruz

Seniorstudierenden selbst. Nur die beiden Items „andere Ansichten und Menschen kennenlernen“ und „mit jungen Menschen in Kontakt kommen“ werden strker von den lteren bejaht. Auch Brauerhoch und Dabo-Cruz (2005, S. 40 und 104f.) erfassen Studienmotive, ihnen geht es jedoch um Motive fr ein Generationen bergreifendes Studium. „Das Interesse am Thema“ ist sowohl bei den Senioren (93%) als auch den Regelstudierenden (75%) das Hauptmotiv. Bei den Jngeren werden auch die „studienbezogenen Interessen“ (82%) sehr hufig genannt. Das Studienmotiv „Dozent/Dozentin“ spielt bei den Jngeren und lteren ebenfalls eine Rolle (zu rund 25%), whrend andere Motive nur eine marginale Rolle spielen.

Resmee der Motivzuschreibungen kaum Unterschiede zwischen tatschlichen und vermuteten Studienmotiven

Motive von Regelstudierenden und Seniorstudierenden im Vergleich

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die tatschlichen und vermuteten Studienmotive zwischen den beiden Gruppen der Seniorstudierenden und Regelstudierenden kaum unterscheiden. Allerdings variiert die Wichtigkeit der Motive in den verschiedenen Studien. So stehen die Motive „geistig fit bleiben“ und die „Allgemeinbildung erweitern“ bei den befragten Seniorstudierenden an vorderer Stelle, whrend „Weiterbildung frs Ehrenamt“ und der „Erwerb von Weiterbildungsqualifikationen“ weit hinten rangiert. Dagegen schreiben die Studierenden den lteren an erster Stelle die Motive „Wunsch nach Weiterbildung“ und das „Interesse an bestimmten Themen“ zu, whrend sie die Motive „geistig fit bleiben“ und „Anerkennung bekommen“ als weniger zutreffend einschtzen. Das von den lteren immer wieder genannte Motiv der „geistigen Fitness“ haben Gabrych et al. (2011, S. 22 f.) in Werkstattgesprchen nher erkundet. Es dient in den Augen der lteren dazu, neues Wissen, neue Fhigkeiten zu erwerben und altes Wissen nicht zu verlernen. Es wird als eine Art Gedchtnistraining gesehen, das die Auffassungsgabe und Konzentrationsfhigkeit frdert und infolgedessen zu einem grßeren Wohlbefinden und letztendlich auch mehr Lebensmotivation fhrt. Dass dafr viel Anstrengung investiert werden muss, schmlert nicht die Bedeutsamkeit dieses Motivs. Statistisch anspruchsvoller sind Studien, die die Antworten beider Gruppen im Vergleich zueinander auswerten und angeben, bei welchen Items signifikante Abweichungen bei den Antworten bestehen (vgl. Rathmann & Bertram 2017). Hier zeigt sich nmlich, dass bei den wichtigen Studienmotiven sich geistig fit halten, eigene Bildungsinteressen befriedigen, Allgemeinbildung erweitern, keine signifikanten Unterschiede bestehen. Den lteren ist es wichtiger als von den Jngeren vermutet, andere Menschen und deren Ansichten kennenzulernen und Kontakt zu jngeren Studierenden zu bekommen. Jngere schreiben den lteren tendenziell eher die Motive zu, sich weiterzubilden und sich fr ehrenamtliche Ttigkeiten zu qualifizieren.

Individuelle Voraussetzungen und Studienmotive

Anders als die Jngeren vermuten, sind der Erwerb offizieller Weiterbildungsqualifikationen oder die Qualifikation fr ehrenamtliche Ttigkeiten fr die lteren ziemlich unwichtig. Dies weist darauf hin, dass die Seniorstudierenden das Studium vor allem als persnliche Weiterbildung betrachten, also nicht zweckgebundene, sondern intrinsische Beweggrnde im Vordergrund stehen. Das zeigt sich auch darin, dass die lteren gerne Themen whlen, fr die sie whrend ihrer Berufsttigkeit keine Zeit hatten (vgl. Gabrych et al. 2011).

47

Use it or lose it! (Benutze dein Gehirn oder verliere es.) (Donald O. Hebb, Neuropsychologe)

Kapitel 4 Intergenerationelles Lernen an der Universitt: Herausforderung und Chance Zur Bedeutung der Interaktion zwischen den Generationen Der Anspruch des intergenerationellen Lernens wird seit Beginn des Seniorenstudiums immer wieder als wichtiges Ziel der Bildung im Alter benannt. Der „Dialog der Generationen“ oder auch die „Begegnung der Generationen“ (Brauerhoch & Dabo-Cruz 2005) verspricht viele Vorteile fr die beteiligten Jngeren und lteren (Dabo-Cruz 2000, S. 188; Steinhoff 2008, S. 136f.; Rathmann 2016, S. 40). Gerade die Universitten mit ihrem Angebot zum generationsbergreifenden Lernen und Studieren bieten dafr eine gut erprobte Praxis. Das intergenerative Lernen ist ein – wenn nicht sogar das wichtigste – Zielkriterium des Seniorenstudiums. Warum ist es fr ltere so reizvoll, anregend und motivierend, sich mit jngeren Menschen in Seminaren und Vorlesungen zu treffen, gemeinsam zu studieren, sich auszutauschen und zu diskutieren? Kann von einem grundlegenden „menschlichen Bedrfnis“ nach einer persnlichen Beziehung zwischen Jung und Alt, die weit ber ein verwandtschaftliches Verhltnis hinausgeht, ausgegangen werden? Kessler (2006) ist diesen Fragen in ihrer Dissertation nachgegangen. Ausgehend von einer postulierten positiven motivationalen Basis generationsbergreifender Interaktion entwickelt Kessler ein Komplementarittsmodell. Dafr greift sie auf das Entwicklungsmodell von Erikson (1950/1966) zurck, wonach ber die gesamte Lebensspanne bestimmte Konflikte oder Krisen bewltigt werden mssen, damit eine Persnlichkeitsentwicklung stattfinden kann. Whrend Jugendliche die Entwicklungsaufgabe „Identittsbildung“ bewltigen mssen, lautet die Entwicklungsaufgabe fr ltere „Generativitt“. „Die Komplementaritt besteht darin, dass sich das Bedrfnis Jugendlicher nach Informationen ber sich und die Welt ideal ergnzt mit dem Wunsch lterer Menschen, etwas von sich und den eigenen Erfahrungen weiterzugeben.“ (Kessler 2006, S. VIII) Unter optimalen Voraussetzungen ergnzen sich die Bedrfnisse Jugendlicher nach Wissen und Information ber sich selbst und die Welt mit dem

generationsbergreifendes Lernen – ein Zielkriterium des Seniorenstudiums

Komplementarittsmodell als Erklrungsansatz

50

Kapitel 4

positive Erfahrungen beim intergenerationellen Lernen

Verlangen lterer Menschen, gemeinsam mit Jngeren zu lernen und zu studieren, aber auch voneinander zu lernen und sich auszutauschen. Fr die lteren Menschen bieten die damit verbundene Wertschtzung und Anerkennung ihres Wissens und ihrer Lebenserfahrung durch die Jngeren eine hohe Selbstbesttigung. Positive Altersstereotype knnen erheblich dazu beitragen, dass die generationsbergreifende Kommunikation und Interaktion gelingt und der Erfahrungsvorsprung der lteren die vorhandenen Entwicklungsdefizite der Adoleszenz kompensieren kann (Kessler 2006). Ergebnisse aus der bereits oben genannten empirischen Befragung von Kaiser (2006) untersttzen diese Sichtweise zum Teil, da in den Befragungen das Motiv, eigene Erfahrungen an Jngere weiterzugeben, nicht den prominenten Stellenwert besitzt, den Kesser (2006) diesem Motiv zuschreibt. Andererseits legt Kaiser (2006) dar, dass viele Seniorstudierende von positiven Erfahrungen beim intergenerationellen Lernen berichten und die jngeren Studierenden fr freundlich, zuvorkommend, aufgeschlossen und hilfsbereit den lteren gegenber halten. Das gemeinsame Studieren macht Freude, und man fhlt sich gegenseitig akzeptiert. Die Einschtzung einer 68-jhrigen Verwaltungsangestellten verdeutlicht diese Sichtweise: „Ich fhle mich in den Lehrveranstaltungen zwischen den jungen Studierenden sehr wohl, auch in den Vorlesungen, die kaum von lteren besucht werden. Die jungen Leute reagieren freundlich und aufgeschlossen, wenn man sie anspricht, so dass ich den Eindruck gewonnen habe, dass das Miteinander eine Bereicherung fr beide Seiten ist.“ (Kaiser 2006, S. 53)

mgliche Probleme beim gemeinsamen Lernen von Jung und Alt

Zugleich weisen viele ltere selbstkritisch darauf hin, dass ltere bei Veranstaltungen im Regelstudium den jngeren Studierenden, die ihre Abschlsse machen mssen, den Vortritt geben und ihnen keine Pltze wegnehmen sollten. Kritisch werden ltere (Mit-)Studierende gesehen, wenn sie keine Rcksicht auf die Jngeren nehmen und sich selbst zu wichtig nehmen. Und es wird durchaus auch Kritik an den jngeren Studierenden gebt, da sie oft zu laut und zu undiszipliniert sind. Eine 63-jhrige Realschullehrerin findet dazu deutliche Worte: „Kritik ußere ich am Verhalten vieler Studierender. So war es nicht mglich, der Vorlesung (…) zu folgen, da es zuging wie in der Wartehalle eines Bahnhofes: lautes Unterhalten, Lachen, Essen, Trinken usw. Nach mehreren negativen Erfahrungen solcher Art habe ich entnervt aufgegeben trotz großen Interesses.“ (Kaiser 2006, S. 53)

Intergenerationelles Lernen an der Universitt: Herausforderung und Chance

51

Gemeinsames Lernen von Jung und Alt Etwas ausfhrlicher soll der Frage nach dem gemeinsamen Lernen von Jung und Alt nachgegangen werden. Aufschluss darber, ob an der Universitt intergenerationelles Lernen stattfindet, geben die Antworten der Regelstudierenden, die Ladas und Levermann (2001, s.u.) aufgelistet haben. Da sich die Antworten von Frauen und Mnnern kaum unterscheiden, sind in Tab. 4 die Gesamtnennungen aufgefhrt. Am hufigsten werden die beiden Antwortkategorien „trifft ziemlich zu“ und „trifft weniger zu“ gewhlt. Bei den beiden Items „Die Seminare werden durch die verschiedenen Sichtweisen interessanter“ und „Jung und Alt knnen voneinander lernen“ entfallen rund 70% der Nennungen auf die Antwortkategorien „trifft vllig zu“ und „trifft ziemlich zu.“ Eine deutliche Ablehnung (die durch die doppelte Verneinung als Zustimmung zu intergenerationellem Lernen zu interpretieren ist) erfhrt mit 60,3% auch das Item „Intergenerationelles Lernen hat keine Bedeutung“. Dass die lteren ihre „Erfahrungen als Zeitzeugen einbringen“ knnen, wird von rund 62% der Jngeren besttigt, und etwa 50% der Jngeren bejahen, dass „Lebenserfahrungen der lteren“ im Seminar vermittelt werden. Aussagen

trifft vllig zu N

Es werden Erfahrungen der lteren als Zeitzeugen eingebracht

%

trifft ziemlich zu N

%

trifft wenig zu N

%

trifft gar nicht zu N

%

ohne Ang.

N

%

82

21,6 152

40,0 117

30,8

26

6,8

3

0,8

Die Seminare werden durch 104 die verschiedenen Sichtweisen interessanter

27,4 162

42,6

94

24,7

15

3,9

5

1,3

Die Kluft zwischen den Generationen wird abgebaut

34

8,9 154

40,5 162

42,6

25

6,6

5

1,3

Es werden Lebenserfahrungen der lteren vermittelt

51

13,4 167

43,9 138

36,3

20

5,3

4

1,1

Es werden Vorurteile abgebaut

22

5,8 139

36,6 181

47,6

34

8,9

4

1,1

Jung und Alt knnen voneinander lernen

113

29,7 152

40,0 100

26,3

10

2,6

5

1,3

13,2

22,4 229

60,3 10

2,6

Intergenerationelles Lernen hat keine Bedeutung

6

Gesamt N = 380 Quelle: Ladas & Levermann (2001, S. 118)

1,6

50

85

Studie von Ladas & Levermann

Tab. 4 Hufigkeitsverteilung von Aussagen zur Bedeutung des intergenerationellen Lernens

52

Kapitel 4 Jngere lernen von lteren

Weiter wurden Fragen gestellt zu dem Thema, wer von wem etwas lernen kann. Die Frage, ob Jngere etwas von lteren lernen knnen, bejahen 73,2%. Die vier hufigsten Begrndungen lauten: – – – –

ltere lernen von Jngeren

„aus der Lebenserfahrung“, „Sichtweisen der lteren Generation“, „Wertvorstellungen, ‚Weltanschauungen‘ der lteren, Allgemeinbildung“, „Verbindung von Wissen und Lebenserfahrung“.

Die Frage, ob ltere etwas von Jngeren lernen knnen, bejahen 64,5%, whrend 27,4% dazu keine Meinung haben. Hier lauten die vier hufigsten Begrndungen: – „Sichtweisen, Denkart, Probleme, Lebenseinstellungen der Jngeren“, – „wissenschaftliches Arbeiten, andere Arbeitsmethoden als frher, Fachwissen, Zurechtfinden im Unialltag“, – „nderung des Weltbildes, andere/neue Sichtweisen, moderne Denkweise“, – „jeder kann von jedem lernen“.

Jngere fhlen sich lteren gegenber hinsichtlich Arbeitsmethoden, Fachwissen im Vorteil

Studie von Brokmann-Nooren

Aufgrund der Mglichkeit, Mehrfachantworten zu geben, knnen bei den Begrndungen nur Rangfolgen angegeben werden. Es wird anhand der Antwortmuster deutlich, dass die Jngeren berwiegend davon berzeugt sind, dass sie von der Lebenserfahrung, den Sichtweisen und der Weltanschauung der lteren etwas lernen knnen. Gleichzeitig nehmen sie an, dass auch die lteren von den Sichtweisen und Lebenseinstellungen der Jngeren lernen und moderne Denkweisen und nderungen des Weltbildes angeregt werden knnen. Wenig berraschend zeigen die Antwortmuster, dass die jngeren Regelstudierenden an zweithufigster Stelle angeben, dass ltere hinsichtlich der Arbeitsmethoden, des wissenschaftlichen Arbeitens, des Fachwissens und des Zurechtfindens in der Uni von ihnen lernen knnen. Die Regelstudierenden fhlen sich in dieser Hinsicht den lteren berlegen, was sicher einer berwiegend realistischen Einschtzung entspricht. In der Studie von Brokmann-Nooren (2009) gehren die befragten Personen zu der Generation der Regelstudierenden, die unter den Bedingungen der neuen Studienstrukturen (Bachelor- und Master-Abschlsse) ihr Studium organisieren und abschließen. Dazu gehrt ein zeitlich und inhaltlich straffer Studienverlauf mit vielen Teilprfungen und teilweiser Anwesenheitspflicht. Die inhaltlichen Befragungsschwerpunkte sind hnlich wie in der o.g. Studie von Ladas und Levermann: – Beteiligung der lteren an den Seminaren, – Gesprchsbeitrge der lteren,

Intergenerationelles Lernen an der Universitt: Herausforderung und Chance

– Kommunikation zwischen jungen und lteren Studierenden in den Seminaren, – erlebte Anwesenheit der lteren in den Seminaren, – Lernen von lteren Studierenden. Auf die Frage, wie sich in den besuchten Veranstaltungen die Gasthrer beteiligen, geben rund 52% der Regelstudierenden an, dass sich die lteren „berwiegend zuhrend“ und „mndlich“ (rund 39%) beteiligen. Die restlichen rund 9% der lteren beteiligen sich durch „Referate oder andere schriftliche Arbeiten“ und durch „Klausuren“. Auf die Frage nach der Qualitt der mndlichen Beitrge der lteren lauten die fnf hufigsten genannten Einschtzungen: die „mndlichen Beitrge sind erfahrungsorientiert“, „sind bereichernd“, „sind abschweifend“, „sind sachlich“ und an fnfter Stelle „vergleichbar mit denen der Jngeren“ (S. 24). Studien zum intergenerationellen Lernen gehen fast selbstverstndlich davon aus, dass jngere Studierende und ltere Gasthrende voneinander lernen. Auf die entsprechende Frage von Brokmann-Nooren (2009, S. 36), ob die jngeren Studierenden von den Gasthrern lernen knnen, antworten 55,8% mit „Ja“, 5,3% mit „Nein“, und 38,9% antworten mit „weiß nicht“. Die hohe Prozentzahl der Antwortverweigerung kann auf ein tatschliches Nichtwissen oder Nicht-genug-Erfahrung-haben zurckzufhren sein, mglicherweise spiegelt dies aber auch ein Sich-nicht-dazu-ußern-Wollen wider. Aufschluss darber, was von den lteren gelernt werden kann, geben die offenen Antworten der Regelstudierenden. Hier fallen mit großem Abstand die meisten Antworten in die Kategorie „Erfahrungen, Erfahrungsberichte, Erfahrungsschatz“. Mehrfach erwhnt werden auch das „Wissen, Fachwissen, Allgemeinwissen“ sowie „Fachkompetenz, praktische Kompetenz“ (S. 36). Da auch ltere von den Jngeren lernen knnen, werden die Studierenden nach ihrer Einschtzung gefragt, ob die Gasthrer von ihnen, den Jngeren, etwas lernen knnen. Mehr als die Hlfte der Befragten gibt an, sich darber bisher keine Gedanken gemacht zu haben (rund 51% beantworten diese Frage mit „weiß nicht“), whrend 46% der Ansicht sind, dass von ihnen gelernt werden kann (S. 34). Bei einer nheren Nachfrage bezglich der Bereiche, in denen die Gasthrer nach Ansicht der Studierenden von den Jngeren etwas lernen knnen, werden 176 Antworten gegeben, davon entfallen die meisten Antworten laut Brokmann-Nooren (2009, S. 34) auf „neue, jngere, moderne Sichtweisen, Ansichten, Blickwinkel und Denkweisen“, die ltere von ihnen lernen knnen. Ebenfalls sehr hufig werden der „Umgang mit neuen Medien“ genannt oder auch „Sozialkompetenz Alt/Jung“ bzw. „Generationenverstndnis“. Des Weiteren taucht mehrmals der Hinweis auf „Fachwissen bzw. Fachkompetenz“ auf

53

54

Kapitel 4

Studie von Hammerschmidt et al.

sowie „wissenschaftliches Arbeiten“, „Studieren heute“, „Lern- und Arbeitsmethoden“ oder auch „Flexibilitt, Lockerheit, Offenheit“. Eine schriftliche Befragung wurde von Hammerschmidt et al. (2013) durchgefhrt. Die Besonderheit dieser Studie besteht darin, dass sie auf einem Forschungsprojekt unter Leitung von Mechtild Kaiser mit insgesamt zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmern (Gasthrerinnen und Gasthrer) des Weiterbildungsprogramms „Studium im Alter“ an der Westflischen-WilhelmsUniversitt Mnster basiert. Die Fragebgen wurden in Seminaren und Vorlesungen verteilt. Es konnten 847 gltige Fragebogen ausgewertet werden. Zur vermuteten Studienmotivation werden von Hammerschmidt et al. keine Daten erfasst. Stattdessen konzentriert sich die Studie auf das soziale Miteinander von Jngeren und lteren im Seniorenstudium aus Sicht der jngeren Studierenden.

Erlebte Anwesenheit von lteren in Seminaren

detaillierte Einschtzung der Jngeren zur erlebten Anwesenheit der lteren

Auf die Frage, wie die Jngeren die Anwesenheit der lteren in den Lehrveranstaltungen erleben, geben 57,1% der Befragten an, dass fr sie die Beteiligung lterer Studierender an den Lehrveranstaltungen eine Bereicherung darstellt. 26,2% verneinen dies, und 16,7% haben keine Erfahrung (Hammerschmidt et al. 2013, S. 23). Genaueren Aufschluss ber die Einschtzungen der Jngeren liefern die Ergebnisse der einzelnen Items, die jeweils auf einer fnfstufigen Ratingskala erfasst wurden: „Ich bewundere Menschen, die im Alter studieren.“ Ein sehr hoher Anteil der Jngeren, rund 88%, bewundert Menschen, die im Alter studieren (S. 24). „Ich empfinde die Anwesenheit der lteren als strend.“ Rund 86% der Regelstudierenden geben an, dass sie die lteren Studierenden nicht als strend empfinden. 11,2% der jngeren Studierenden fhlen sich durch die lteren gestrt. „Mich rgert die Dominanz mancher lterer.“ Auf die Frage, ob sich die Jngeren ber die Dominanz der lteren rgern, geben rund 55% an, dass dies nicht zutrifft, whrend 28, 3% dies bejahen (S. 25). „Die Redebeitrge lterer blockieren den Fortgang der Veranstaltung.“ Die Einschtzung, dass die Redebeitrge der lteren die Veranstaltungen blockieren, teilen 25,5% der jungen Studierenden. 61,1% verneint diese Aussage. „Ich finde es spannend, dass verschiedene Sichtweisen von Jung und Alt aufeinandertreffen.“ 69,8% der jungen Studierenden finden es spannend, dass verschiedene Sichtweisen aufeinandertreffen, whrend 15,1% dem nicht zustimmen (S. 26). „Mich interessieren die Erfahrungen der lteren als Zeitzeugen.“ 69,4% der Jngeren sind an den Erfahrungen der lteren als Zeitzeugen interessiert, whrend 17% diese Aussage verneinen (S. 27).

Intergenerationelles Lernen an der Universitt: Herausforderung und Chance

Die Einschtzungen der Mitarbeit lterer Studierender in den Seminaren aus Sicht der jngeren Regelstudierenden werden auf fnfstufigen Ratingskalen beantwortet (Hammerschmidt et al. 2013, S. 28ff.). Nachfolgend sind fr jede Frage nur die relevanten Prozentangaben fr Zustimmung und Ablehnung angeben. „Die Redebeitrge der lteren sind in der Regel qualifiziert.“ 64,1% der jngeren Studierenden halten die Redebeitrge der lteren fr qualifiziert, rund 25% der Jngeren verneinen diese Einschtzung. „Die Redebeitrge der lteren sind in der Regel erfahrungsorientiert.“ Fr erfahrungsorientiert halten 77,3% der Jngeren die Beitrge der lteren, nur 12,1% sehen dies nicht so. „Die Redebeitrge der lteren sind in der Regel ausschweifend.“ Dies bejahen immerhin 64,2% der jngeren Studierenden, whrend 27,1% dem nicht zustimmen. „Die Redebeitrge der lteren sind in der Regel wissenschaftlich fundiert.“ Erstaunlich wenige jngere Studierende (25,7%) halten die Beitrge der lteren fr wissenschaftlich fundiert, ber die Hlfte (54,4%) stimmen dem nicht zu. „Die Redebeitrge der lteren sind in der Regel belehrend.“ Immerhin 44,3% der Jngeren erleben die lteren als belehrend, whrend 41,3% das nicht so sehen. „Die Redebeitrge der lteren sind in der Regel sachlich.“ Rund 54% der jungen Studierenden halten die Beitrge der lteren fr sachlich, whrend dies fr 33,3% nicht zutrifft. „Die Redebeitrge der lteren sind in der Regel konstruktiv.“ 56% der Jngeren schtzt die Beitrge der lteren Kommilitonen als konstruktiv ein, whrend 29,5% dies nicht tun. „Studierende im Alter nehmen in der Regel aktiv an den Gesprchen teil.“ Aus Sicht von 75% der jngeren Studierenden beteiligen sich die lteren im Seminar aktiv an den Gesprchen, 21,1% verneint die aktive Teilnahme. (S. 33) „Studierende im Alter nehmen in der Regel nur zuhrend teil.“ Die Einschtzung, dass ltere in der Regel nur zuhrend an den Seminaren teilnehmen, teilen 41,1% der jungen Studierenden, whrend 51,8% der Befragten das nicht so sehen. (S. 34) „Jung und Alt knnen voneinander lernen.“ Es werden auch Fragen zur Einschtzung der Vor- und Nachteile des gemeinsamen Studiums gestellt. 90,6% der Jngeren bejahen diese Frage, gehen also davon aus, dass Jung und Alt voneinander lernen knnen (S. 53). Auch von Rathmann und Bertram (2017) wurde der intergenerationelle Austausch untersucht. Gasthrer/Seniorstudierende und Regelstudierende antworten auf die Frage: „Wie schtzen Sie Ihre bisherigen Erfahrungen mit

55 detaillierte Einschtzung der Jngeren zur Mitarbeit der lteren

Studie von Rathmann & Bertram

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Kapitel 4

Studie von Ladas & Levermann

der gemeinsamen Teilnahme von Jung und Alt an Lehrveranstaltungen im Allgemeinen ein?“, etwas unterschiedlich. So geben 42,8% der Regelstudierenden an, dass sie den gemeinsamen Lehrveranstaltungsbesuch „eher positiv“ oder „sehr positiv“ sehen, whrend dies fr 79,6% der Gasthrer zutrifft. Wie die Tabelle in Rathmann und Bertram (2017, S. 36) zeigt, liegt der Unterschied eher in der neutralen Haltung „weder positiv noch negativ“ der Regelstudierenden, die diese Antwortalternative zu 31,5% whlen, whrend sich nur 8,6% der Gasthrer/Seniorstudierenden dafr entscheiden. Ladas und Levermann (2001) unterscheiden bei der Frage nach der eingeschtzten Beteiligung der lteren an den Seminaren nach mndlicher und schriftlicher Beteiligung. Rund 95% der Regelstudierenden geben an, dass sich die lteren berwiegend aktiv oder teilweise an den Gesprchen teilnehmen. Bei der schriftlichen Beteiligung kehrt sich das Verhltnis Beteiligung – Nichtbeteiligung um, hier geben die Regelstudierenden zu rund 89% an, dass die lteren nur vereinzelt oder keine Referate, Thesenpapiere etc. anfertigen, was damit zu erklren ist, dass Gasthrer keine Leistungsnachweise erbringen mssen. Die qualitative Bewertung der Gesprchsbeitrge ergibt, dass sie von den jngeren Studierenden berwiegend, dass meint „oft“ oder „immer“, als qualitativ, sachlich und auf eigenen Erfahrungen basierend eingeschtzt werden. Bei den Einschtzungen emotional, ausschweifend (labern) und belehrend sind die Ergebnisse nicht ganz so eindeutig positiv. Vergleicht man die Antwortkategorien „oft“ und „selten“ miteinander, dann werden die Beitrge der lteren von 36% (oft) versus 49% (selten) als emotional, von 33% (oft) versus 47% (selten) als ausschweifend und von 23% (oft) versus 50% (selten) als belehrend bezeichnet (Ladas & Levermann 2001, S. 114) Auf die Frage zur Kommunikation zwischen jungen und lteren Studierenden zeigt sich, dass rund 34% der jngeren Studierenden oft mit den lteren in den Seminaren kommunizieren, und rund 55% dies selten tun. Die beiden Fragen, ob durch „die Anwesenheit der lteren der Erfolg einer Veranstaltung fr die Jngeren gefhrdet wird“ und ob „ltere Studierende als Konkurrenten gesehen werden“, werden berwiegend von den Jngeren verneint.

Befragung von Lehrenden Einschtzung der lteren durch die Lehrenden

Eine weitere wichtige Perspektive der Einschtzung von Seniorstudierenden im Universittsbetrieb wird ber die Befragung der Lehrenden erffnet. Dozentinnen und Dozenten geben bereinstimmend an, dass den lteren Studierenden in ihren Veranstaltungen eine hohe Wertschtzung entgegengebracht und eine hohe Fachkompetenz zugesprochen wird (Bertram et al. 2017, S. 81). Einschrnkend weisen die Autoren jedoch darauf hin, dass die ber-

Intergenerationelles Lernen an der Universitt: Herausforderung und Chance

zeugungen der Lehrenden bestenfalls aus informellen Gesprchen resultieren und daraus Schlussfolgerungen gezogen wurden. Es liegen in der Tat nur wenige aussagekrftige empirische Studien zur Erfassung der Einschtzungen und berzeugungen der Lehrenden vor. Erste Studien wurden in den 1980er und 1990er Jahren, also in der Anfangszeit des Seniorenstudiums, durchgefhrt. Evers (2001, S. 36) fasst diese lteren Studien zu den Auswirkungen des Seniorstudiums auf die Lehrenden tabellarisch zusammen. Aufgrund der methodisch eher unzureichenden Forschungsdesigns dieser lteren Studien fhrte Evers selbst eine umfangreiche Befragung mit 897 Lehrenden an der Universitt Mnster durch. Zusammenfassend konnte er zeigen, wie brigens schon in den lteren Studien herausgefunden wurde, dass die Seniorstudierenden berwiegend positiv eingeschtzt werden. Weitere Ergebnisse der Befragung von Evers ergaben folgendes Bild: – Seniorstudierenden wird berwiegend eine sachorientierte positive Motivstruktur zugeschrieben, wie Aneignung von Wissen, intensive Auseinandersetzung mit Themen, die sie schon lange interessierten, und anspruchsvolle Gestaltung der eigenen Zeit (S. 58). – Bezglich der Qualitt der Wortbeitrge in den Lehrveranstaltungen werden Seniorstudierende von der berwiegenden Zahl der Lehrenden (66,7%) als vergleichbar mit jngeren Studierenden angesehen (S. 70). Die positive Einschtzung der mndlichen Wortbeitrge der lteren ist fr das Image des Studiums im Alter bedeutsam, da hierdurch die Bereitschaft der Lehrenden zur Kooperation mit diesem Studium untersttzt wird. – Das Auftreten der lteren wird generell als ebenso interessiert, engagiert, sachlich, tolerant, leistungsfreudig und selbstbewusst wie das der Jngeren eingeschtzt. Allerdings werden ltere als deutlich hflicher und tendenziell eher zurckhaltend gesehen (S. 72). – Ungefhr die Hlfte der Befragten empfindet die Teilnahme der lteren als Bereicherung der Lehrveranstaltungen und attribuiert ihnen positive Auswirkungen auf die (Erst-)Ausbildung, ein Viertel der Lehrenden schtzt die Auswirkungen als neutral ein. Nur wenige Beurteilende schtzen die Gasthrerinnen und Gasthrer als strend oder als zustzliche Belastung ihrer Veranstaltungen ein (S. 76). – Die berwiegende Mehrheit der Befragten gibt an, dass sie ihre Veranstaltungen methodisch-didaktisch nicht an die Zielgruppe der Seniorstudierenden anpassen (S. 81ff.). Eine nderung der Veranstaltungskonzeption scheint nur dann eine Rolle zu spielen, wenn die Anzahl der Seniorstudierenden in den Veranstaltungen ansteigt bzw. die Zahl der jngeren Studierenden bersteigt.

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Studie von Evers

sachorientierte Motivstruktur der Seniorstudierenden gute Qualitt der Wortbeitrge

positiv bewertetes Auftreten der Seniorstudierenden positive Auswirkungen auf die (Erst-) Ausbildung

keine methodischdidaktische Anpassung an die Zielgruppe Seniorstudierende

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Kapitel 4

In einer neueren Studie wurde von Brokmann-Nooren (2009) eine Online-Befragung an der Universitt Oldenburg durchgefhrt, und es wurden insgesamt drei Gruppen befragt: Gasthrer/Seniorstudierende, jngere Studierende und Lehrende. Von den angeschriebenen Lehrenden beantworteten 105 Personen den Fragebogen. Die meisten Gasthrer gehren zur Altersgruppe 60 bis 69 (56,5%) und 70 bis 79 (18,6%). Es sind somit berwiegend Seniorstudierende, die von den Lehrenden eingeschtzt wurden. Auch in dieser Befragung wurden hnliche Aspekte wie bei Evers thematisiert. Da jedoch bei der Beantwortung der meisten Fragen Mehrfachnennungen mglich waren, ist die prozentuale Angabe bzw. die Interpretation dieser Angaben problematisch. Aus diesem Grunde werden nachfolgend nur Tendenzen berichtet. ltere mchten geistig fit bleiben

Seniorstudierende stellen eine Bereicherung dar

In der Regel keine nderung des Lehrkonzeptes

gute Beteiligung der Seniorstudierenden in den Lehrveranstaltungen

– Auf die Frage nach den vermuteten Motiven antwortet die berwiegende Anzahl der Lehrenden, dass Gasthrer/Seniorstudierende ihren „Interessen auf einem bestimmten Wissensgebiet nachgehen wollen“, dass ltere „geistig fit“ bleiben wollen und die „persnliche Weiterentwicklung“ angestrebt wird. Deutlich weniger Antworten beziehen sich auf die vermuteten Motive, die „Freizeit sinnvoll nutzen“ zu wollen oder „ein Studium nachholen zu wollen. – Auf die Frage nach den Grnden, warum man die eigene Veranstaltung ffnet, geben die Lehrenden berwiegend an, dass Gasthrer eine Bereicherung darstellen, und weiter erwarten sie, dass „dadurch die Mglichkeit bestehe, die Berufs- und Lebenserfahrung der zumeist lteren Gasthrerinnen und Gasthrer fr die jngeren grundstndig Studierenden nutzbar zu machen“. – Auf die Frage nach Auswirkungen auf das eigene Lehrkonzept antworten die Lehrenden berwiegend, dass sie bei ffnung ihrer Veranstaltungen fr Gasthrer ihr methodisch-didaktisches Lehrkonzept nicht ndern, und dass es fr sie keinen Unterschied macht, ob jngere oder ltere Studierende an ihren Veranstaltungen teilnehmen (Brokmann-Nooren 2009, S. 61f.). Wenn Befragte nderungen im Lehrkonzept angeben, dann dahingehend, „dass sie bei Diskussionen strker strukturierend eingreifen mussten, um Vielredner(innen) zu begrenzen und das Abschweifen vom Thema zu verhindern“, oder sie luden „die Gasthrerinnen und Gasthrer ein, ihre umfangreichen Lebens- und Berufserfahrungen in die Veranstaltung einzubringen.“ Nur wenige Lehrende geben an, schon bei der Vorbereitung bewusst fr die Gasthrer mit zu planen oder sich intensiver vorzubereiten. – Auf die Frage nach der Beteiligungsform in den Lehrveranstaltungen gibt die berwiegende Mehrheit der Lehrenden (77%) an, dass sich Gasthrer/Seniorstudierende im Vergleich zu grundstndig Studierenden gleich hufig oder sogar hufiger beteiligen. Auf die Frage nach der inhaltlichen Ein-

Intergenerationelles Lernen an der Universitt: Herausforderung und Chance

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schtzung der mndlichen Beitrge wird am hufigsten geantwortet, sie seien erfahrungsorientiert und bereichernd. Negative Einschtzungen wie „abschweifend“, „kaum gewinnbringend“ oder „strend“ werden genannt, aber im deutlich geringeren Maße als die positiven Einschtzungen (Brokmann-Nooren 2009, S. 63f.). Lehrende geben in dieser bzw. der vorherigen Befragung berwiegend an, dass sie die Konzeption ihrer Lehrveranstaltungen nicht speziell auf die Seniorstudierenden anpassen wrden. Wenn nur einige wenige ltere Studierende an den Lehrveranstaltungen des Regelstudiums teilnehmen, ist dies sicherlich eine sinnvolle Handlungsweise der Dozenten, deren Zielgruppe die jngeren Regelstudierenden sind. Anders sieht es aus, wenn bestimmte Veranstaltungen berwiegend von Seniorstudierenden besucht werden, was am hufigsten in Fchern wie Philosophie, Geschichte, Theologie oder Psychologie vorkommt. Diese Bevorzugung hngt oftmals mit der Beliebtheit bestimmter Lehrender und/oder der Beliebtheit der angebotenen Themen zusammen. Wenn jedoch die Universitten Seminare, Workshops oder Vorlesungen/ Ringvorlesungen speziell fr Seniorstudierende anbieten, sind methodisch-didaktische berlegungen dahin gehend erforderlich, dass die Erfahrungs-, Wissens- und Lernvoraussetzungen der Zielgruppe „Seniorstudierende“ bei der Planung bercksichtigt werden sollten. Damit stellt sich die Frage, welche Konzepte fr ltere wnschenswert wren und was aus der Lern- und Motivationsforschung zum Lernen lterer bekannt ist und teilweise auch schon erprobt wurde (s. dazu ausfhrlicher die Kapitel 5 und 6).

Was sagen Seniorstudierende ber die Lehrenden? In der Studie von Kaiser (2006) wurden Seniorstudierende gefragt, wie sie die Lehre und die Lehrenden bewerten. Kaiser berichtet sowohl positive als auch negative Kommentare, die hier auszugsweise genannt werden. Die Autorin zitiert ußerungen von Seniorstudierenden, die das große Engagement der Lehrenden, ihre gute Vorbereitung und den positiven Umgangsstil hervorheben. So wird auch der persnliche Kontakt zu Lehrenden mit intensiven Gesprchen genannt. Kritik richtet sich vor allem auf unzureichende rhetorische Fhigkeiten mancher Dozenten mit Beschreibungen wie: „miserable Vortragsqualitt“, „zum Abgewhnen“, „langweilig“, „fehlender Blickkontakt zum Plenum“. Aber auch methodisch-didaktische Schwchen mancher Dozenten werden beklagt: „zu geringer Anspruch der Lehrenden“, „zu niedriges Niveau“, aber auch „zu spt kommen“ und „unprofessioneller Medieneinsatz“ (Kaiser 2006, S. 53ff.). Sowohl die hier genannten positiven als auch die negativen Erfahrungen finden wir in hnlicher Form auch in Befragungen von Regelstudie-

Lob und Kritik der Seniorstudierenden fr die Lehrenden

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Kapitel 4

renden, sodass sie nicht als typisch fr die Gruppe der Seniorstudierenden anzusehen sind.

Zusammenfassung: Miteinander-, Voneinander- und bereinander-Lernen drei Perspektiven des gemeinsamen Lernens von Jung und Alt

die Studien besttigen ein berwiegend positives Bild der Seniorstudierenden

Verschiedene Autoren wie Meese (2005) und Steinhoff (2008) beschreiben das intergenerationelle Lernen mit der griffigen Formulierung des Miteinander-, Voneinander- und bereinander-Lernens. Damit sind drei mglichen Perspektiven angesprochen, die die Wechselwirkungen des gemeinsamen Lernens von Jung und Alt aufzeigen. Miteinander-Lernen geschieht vor allem in Seminaren, wenn jngere und ltere Studierende z.B. gemeinsam eine Aufgabe oder ein Thema bearbeiten. Fr die Aufgabenbearbeitung spielt das Alter keine Rolle, da das Expertenwissen gemeinsam erarbeitet werden muss. Dagegen thematisiert das Voneinander-Lernen gerade die unterschiedlichen Wissensund Erfahrungshintergrnde der Lernenden. Diese altersspezifischen Wissens- und Erfahrungswerte werden gezielt in den Lern- und Arbeitsprozess integriert. Bei den lteren sind es u.a. die langjhrigen Berufserfahrungen, die eine wichtige Rolle spielen, bei den Jngeren neueres Fach- und Methodenwissen, aber auch vernderte Lebenseinstellungen. bereinander-Lernen beinhaltet, dass generationsspezifische Lebenserfahrungen und Wissen ausgetauscht werden (vgl. Meese 2005). Damit verbunden ist das Bestreben, Missverstndnisse, Vorurteile und (Alters-)Stereotype durch gemeinsames Lernen abzubauen oder zumindest zu reduzieren. Alle drei Perspektiven werden in den meisten Fragebogenstudien thematisiert. Die vorliegenden empirischen Studien liefern eine Bestandsaufnahme der tatschlichen und der vermuteten Studienmotive der Seniorstudierenden, der gegenseitigen Wahrnehmungen, Erwartungen und Zuschreibungen von Jung und Alt und nicht zuletzt des gemeinsamen Lernens im universitren Kontext. Betrachten wir das Studium im Alter aus unterschiedlichen Perspektiven, nmlich aus Sicht der Seniorstudierenden, der Regelstudierenden und der Lehrenden, die die altersgemischten Lehrveranstaltungen durchfhren, ergeben sich erstaunlich viele bereinstimmende Einschtzungen. Als erster wichtiger Aspekt sind die Motive der Seniorstudierenden zu nennen. Ein weiterer Punkt betrifft die von den Jngeren wahrgenommene Prsenz der lteren in den universitren Lehrveranstaltungen. Und schließlich stellt sich die Frage, ob und wie effektiv intergenerationelles Lernen stattfindet und wie es von den Beteiligten erlebt wird. Die meisten Studien belegen ein berwiegend positives Bild des Seniorenstudiums, ein Bild, das dem Eindruck des „Generationenkonflikts im Hrsaal“, den einige Printmedien vor etwa zehn Jahren beschworen haben (Der Tagesspiegel 2011 oder die Frankfurter Allgemeine 2009), eindeutig wider-

Intergenerationelles Lernen an der Universitt: Herausforderung und Chance

spricht. Dieser angebliche Generationenkonflikt basierte vermutlich auf der damals aktuellen Umstellung auf modularisierte Bachelor- und Master-Studiengnge. Viele Regelstudierende, aber auch Lehrende waren verunsichert, nicht zuletzt aufgrund eines deutlich strafferen Studienkonzepts und hherer Prfungsanforderungen. Aktuelle Beitrge zum Generationenkonflikt sind in den Printmedien nicht (mehr) zu finden. Die berwiegend positive Beurteilung der Seniorstudierenden teilen auch Hammerschmidt et al. (2013, S. 28f.). „Die meisten Regelstudenten erleben die Anwesenheit der lteren als Bereicherung und bewundern sogar Studierende im Alter, sie fhlen sich keineswegs durch die lteren gestrt, erleben sie weder als dominant, noch haben sie den Eindruck, dass deren Redebeitrge den Fortgang der Veranstaltungen stren, und sie sind an den Erfahrungen der lteren sehr interessiert.“ Diese akzeptierende Einschtzung der Regelstudierenden spiegelt sich ebenfalls in der Antwort wider, dass ber 95% der jungen Studierenden es ablehnen, dass Studierende ausschließlich eigene Veranstaltungen besuchen sollten, mit anderen Worten, sie mchten auch in Zukunft weiterhin mit lteren Kommilitoninnen und Kommilitonen gemeinsam an universitren Veranstaltungen teilnehmen (Hammerschmidt et al. 2013, S. 58). „Es ist jedoch nicht zu verkennen, dass dieser positiven Sicht des Studiums im Alter auch eine negative Einschtzung gegenbersteht. Auch wenn diese nur eine Minderheit der ußerungen betreffen, sollen sie an dieser Stelle nicht unterschlagen werden. So scheint es im Umgang zwischen Jung und Alt zwei sensible Bereiche zu geben: Prinzipiell ist die Organisation der Veranstaltungen so gut, dass neben den ca. 40.000 ordentlich Studierenden auch die ungefhr 2.000 Gasthrer einen Platz in den Hrslen finden, doch kann es hier in Einzelfllen zu Problemen kommen. Daneben erleben jngere Studierende die Redebeitrge der lteren nicht immer als der Sache angemessen, vor allem wenn sie eigene Erfahrungen und berzeugungen in den Mittelpunkt stellen. Grundstzlich besteht durchaus Interesse am gegenseitigen Austausch und die Altersstudenten mssen keineswegs stumm im Hintergrund sitzen. Aber – und das zeigt die Studie – die Redebeitrge sollten mglichst przise und sachbezogen sein und nur dort erfolgen, wo es angebracht ist – nicht unbedingt in Vorlesungen. Als strend fllt das Verhalten mancher Studenten im Alter also immer dann auf, wenn sie den Vorrang regulrer Studenten in der Lehre und bei unzureichenden Ressourcen (Redezeit im Seminar, Sitzplatz, Studienmaterial, (…) nicht bercksichtigen.“ (a.a.O., S. 68f.)

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Kapitel 4 Zusammenfassung der Ergebnisse der Studie von Dabo-Cruz

Brauerhoch und Dabo-Cruz (2005, S. 90ff.), die sowohl die Regelstudierenden als auch die Seniorstudierenden zu ihren Studienerfahrungen und hierbei insbesondere zum intergenerativen Aspekt befragt haben, kommen zu hnlichen Resultaten. Zentrale Befunde der Studie von Brauerhoch und DaboCruz sind nachfolgend aufgefhrt (s.a. Neidhardt 2006):

es existiert eine kritische Grenze fr die Teilnahme der Seniorstudierenden

– Universitre Veranstaltungen, die von Jngeren und lteren gemeinsam besucht werden, unterscheiden sich in Grße und altersmßiger Zusammensetzung. Beides hat einen Einfluss darauf, wie die Studiensituation erlebt wird. Es lsst sich laut Brauerhoch und Dabo-Cruz eine „kritische Grenze“ angeben fr die Anzahl der Seniorstudierenden. Wird diese Grenze berschritten, treten negativere Bewertungen bei den Regelstudierenden auf. – Fr die Mehrheit der Befragten hat das Merkmal „Alter“ keinen besonders hervorzuhebenden Stellenwert. Altersheterogene Gruppen werden danach im Unibetrieb als „normal“ erlebt. – In den gemeinsam besuchten Lehrveranstaltungen wird verstrkt das Verhalten einzelner Personen wahrgenommen und weniger das Merkmal „Alter“. Brauerhoch und Dabo-Cruz schließen daraus, dass somit der Abbau von Altersstereotypen und die Frderung gegenseitiger Akzeptanz begnstigt werden kann. – Die berzeugung bzw. Befrchtung, intergenerationelles Lernen an der Hochschule wrde meist zu Konflikten fhren, kann somit nicht besttigt werden, auch wenn die positive Akzeptanz bei den Regelstudierenden etwas geringer ist als bei den lteren. – Wenn Probleme in den gemeinsam besuchten Lehrveranstaltungen auftreten, sind diese primr auf ungnstige Rahmenbedingungen der universitren Studiensituation zurckzufhren und nicht auf das Alter der Studierenden. Dazu gehrt nicht zuletzt die Konkurrenz um Sitzpltze oder generell um Studienpltze in bestimmten Seminaren. Dass Regelstudierende wegen Leistungsanforderungen unter strkerem Druck stehen als Seniorstudierende, wird auch von den Seniorstudierenden gesehen und bercksichtigt.

das Merkmal Alter allein spielt keine große Rolle

ungnstige Rahmenbedingungen knnen zu Problemen fhren

Lernen ist wie rudern gegen den Strom. Hrt man damit auf, treibt man zurck. (Laotse)

Kapitel 5 Lernen im dritten Lebensalter – Probleme und Mglichkeiten Lernen im dritten Lebensalter – lange kein Thema

lebenslanges Lernen und aktives Altern

die wissenschaftliche Sicht auf Lernen verndert sich

Auch wenn das Miteinander-, Voneinander- und bereinander-Lernen von lteren und jngeren Studierenden gut gelingt, ist doch davon auszugehen, dass das Lernen im dritten Lebensalter von anderen Voraussetzungen geprgt ist als in jngeren Jahren. Dass diese Heterogenitt noch nicht gengend bercksichtigt wird, wurde in den vorangegangenen Ausfhrungen deutlich. Sie ist keinesfalls durchgngig bei Lehrenden und Lernangeboten im Seniorenstudium zu beobachten. Wie anfnglich geschildert war Lernen im Alter lange kein Thema. Das galt zum einen fr Gesellschaft und Politik, zum andern auch fr die Wissenschaft. In den gngigen Vorstellungen der meisten Menschen spielte es vermutlich bis in die 1980er Jahre deswegen keine Rolle, weil frher das Leben im Ruhestand fr die meisten von recht kurzer Dauer war. Erst die zunehmende Langlebigkeit, bessere Lebensbedingungen und Gesundheitsfrsorge ließen daran denken, dass Lernen im Alter fr viele nicht nur mglich, sondern auch von Nutzen sein knnte (vgl. Leipold 2012). So wurden erstmals 1974 auf der 18. Generalkonferenz der UNESCO Vorschlge fr ein Lernen im Alter gemacht. Nach einem weiteren Vierteljahrhundert erhob 2002 die 2. Weltkonferenz ber Altern die Forderung nach aktivem Altern. Aktiv Altern wurde als ein Prozess beschrieben, der Gesundheit, Selbststndigkeit und Selbstbestimmung lterer Menschen frdern solle. Um an allen Aspekten der Gesellschaft teilnehmen zu knnen, sollte lebenslanges Lernen dazu dienen, Kompetenzen, Fhigkeiten und Kenntnisse im Alter zu verbessern, damit sich ltere weiterhin persnlich, zivilgesellschaftlich und sozial bettigen knnen. Lebenslanges Lernen wurde ab 2001 aber auch verstrkt unter beschftigungspolitischen Gesichtspunkten betrachtet. In der EU war eine hhere Beschftigungsquote fr die 55- bis 64-Jhrigen festgelegt worden, kurz darauf folgte in Deutschland schrittweise die Erhhung der Altersgrenze fr den Eintritt in den Ruhestand von 65 auf 67 Jahre. In den nchsten Jahren erhhte sich die Zahl der zumindest in Teilzeit beruflich weiterhin Ttigen im Rentenalter deutlich. Aber nicht nur in der Politik hatte in diesem Zeitraum ein Wandel stattgefunden, sondern auch in den mit dem Lernen verbundenen Wissenschaftsrichtungen, besonders in der Psychologie und der Neurowissenschaft. In der

Lernen im dritten Lebensalter – Probleme und Mglichkeiten

Psychologie hatten bis weit in die 1960er Jahre Behavioristen beim Thema Lernen den Ton angegeben. Fr sie war es mit den damaligen Mglichkeiten nur interessant zu beobachten, welche Reize das Lernen anregten und welche Reaktionen sich daraufhin beim Menschen einstellten. Das Gehirn war fr sie schlichtweg eine „Blackbox“. Die Wende leiteten die humanistische und die kognitive Psychologie ein, die sich den Fragen der Informationsverarbeitung im Gehirn selbst stellten. Erstmals in den 1990er Jahren wurde es mglich, durch die neuen Verfahren der Magnetresonanztomografie und Computertomografie im grßeren Umfang dem lebenden Gehirn beim Lernen zuzuschauen, ein bis dahin unmgliches Unterfangen. Die Hirnforschung konnte nun nachweisbar untermauern, was kognitivistische und humanistische Psychologen bereits zu Fragen der Informationsverarbeitung im Gehirn vorgeschlagen hatten. Bezeichnend war, dass die 1990er Jahre zum „Jahrzehnt des Gehirns“ ausgerufen wurden. Es wurde deutlich, wie komplex menschliches Lernen abluft, welchen Anteil daran nicht nur kognitive Denkprozesse, sondern auch Motivation, Emotion und soziale Umwelt haben. Und es konnte belegt werden, welche Einbußen mit Alterungsprozessen verbunden sein knnen, aber auch welche Ressourcen verbleiben oder sich sogar noch verbessern knnen.

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Lernen – ein komplexer Prozess

Ein Blick ins Gehirn: Der Weg der Informationsverarbeitung beim Lernen Im Folgenden soll der Weg der Informationsverarbeitung im Gehirn bei Lernprozessen kurz nachgezeichnet werden, jeweils verbunden mit den Auswirkungen, die Alterungsprozesse darauf haben knnen. Die Informationsverarbeitung durchluft in unserem Gehirn mehrere Etappen. Sie beginnt mit der Wahrnehmung der Außenwelt ber unsere Sinnesorgane und endet mit der Speicherung der neuen Eindrcke und Erfahrungen im Gehirn.

Von der Wahrnehmung ins Kurzzeitgedchtnis Die Wahrnehmung der Außenwelt geschieht zunchst ber unsere Sinnesorgane. Bewusst nehmen wir nur die Dinge in unserer Umwelt wahr, auf die wir unsere Aufmerksamkeit richten. Nicht relevante Informationen werden dabei unterdrckt bzw. ausgeschaltet. Worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, hngt nicht allein von markanten Reizen der Außenwelt ab, sondern ebenso von unserem Interesse, unserer Motivation und der jeweiligen Gefhlslage. Man spricht daher von selektiver Aufmerksamkeit. Im Alter kommt es hier zu Schwchen. Geteilte Aufmerksamkeit, die bei einer komplexen Aufgabenstellung erforderlich ist, ist im Alter stark in Mitleidenschaft gezogen. Manchmal stren irrelevante Botschaften, wie Nebengerusche, die Wahrnehmung der Hauptbotschaft. Vor allem Hrprobleme knnen die Dekodierung

selektive Aufmerksamkeit, ein Schwachpunkt im Alter

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Kapitel 5

Ultrakurzzeitgedchtnis

von Sinneseindrcken erheblich beeintrchtigen und verzgern. Eine Sache gilt fr Jugend und Alter gleichermaßen: Gelernt wird am besten in einem Zustand von entspannter Aufmerksamkeit. Die visuellen und auditiven Sinneswahrnehmungen, die wir im Ultrakurzzeitgedchtnis speichern, bleiben dort nur sehr kurz. Dieses sensorische Gedchtnis hat die Eigenart, dass wir alles vergessen, was nicht innerhalb krzester Zeit bewusst gemacht wird. Vester (2001) berichtet von Fußballspielern, die sich nur bei unmittelbarer Befragung nach einem Foul genau daran erinnern konnten, wie das Ganze abgelaufen war. Die im Ultrakurzzeitgedchtnis aufgenommenen Informationen gelangen weiter ins Kurzzeitgedchtnis, den Arbeitsspeicher des Gehirns. Der Speicherplatz reicht im frhen und mittleren Erwachsenenalter fr 7l2 Elemente. Man spricht hier von den „magic seven“. Es kann sich dabei um Einzelelemente, wie eine sinnlose Buchstaben- oder Zahlenfolge handeln, wie z.B.: drxhztiyq oder 4678249 oder um sinnvolle Untereinheiten (Silben oder Wrter) wie z.B.: Ruhrtalausflugsschifffahrtsgesellschaftsanlegestelle.

Kurzzeitgedchtnis „magic seven“

In der Regel fllt es uns wesentlich leichter, sinnvolle Wrter zu behalten, auch wenn sie wesentlich mehr Buchstaben enthalten, denn unser Gehirn ist stndig auf Sinnsuche. Die strksten Verluste treten im Alter gerade im Kurzzeitgedchtnis auf. Die Kapazitt des Kurzzeitgedchtnisses wird geringer, in der Regel schrumpft sie im Alter auf 5l2 Elemente. Das hat nicht nur Auswirkungen auf das kurzfristige Behalten von vielen Informationen, sondern auch fr die folgenden Schritte der Informationsverarbeitung.

Vom Arbeitsgedchtnis ins Langzeitgedchtnis Arbeitsgedchtnis: Abgleich neuer Infos mit dem „Vorwissen“

Baddeley (1986) gab dem Kurzzeitgedchtnis den Namen „Arbeitsgedchtnis“, weil dies die doppelte Funktion dieser Speicherstufe besser beschreibt. Die „Arbeit“ besteht nicht nur im Behalten der „magic seven“, sondern vor allem im Abgleichen dieser neuen Informationen mit den bereits im Langzeitgedchtnis gespeicherten. Dafr werden die im Kurzzeitgedchtnis befindlichen Informationen fr rund 5 bis 20 Sekunden online gehalten. In dieser Zeit werden sie mit den bereits im Langzeitgedchtnis dauerhaft gespeicherten Informationen, unserem „Vorwissen“, verglichen. Das ermglicht ihre Deutung: Sind es bereits bekannte Informationen, sind sie anderen hnlich oder brandneu? Welche Erfahrungen hat man schon mit ihnen gemacht? Das Langzeitgedchtnis ist jedoch kein einheitlicher Speicher, der nur an einem Ort des Gehirns angesiedelt wre. Wir unterscheiden grob ein explizites (sprachlich ausdrckbares) und ein implizites (handlungsorientiertes) Ge-

Lernen im dritten Lebensalter – Probleme und Mglichkeiten

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dchtnis. In der Literatur werden sie manchmal auch als deklaratives und prozedurales Gedchtnis bezeichnet.

Funktionen des expliziten Gedchtnisses Im expliziten Gedchtnis wird alles gespeichert, was wir sprachlich wiedergeben knnen. Im semantischen Gedchtnis finden sich sprachliche Wissenselemente und Kenntnisse wieder. Zu diesem Wissenskanon, der zu einem großen Teil in Schulzeit und Ausbildung erworben wird, gehren z.B. Fakten wie „Paris ist die Hauptstadt Frankreichs“. Dieses Wissen kann im Alter lange erhalten bleiben, wenn es im Leben hufig abgerufen und auch weiter erworben wird. Frhe Bildung und lebenslanges Lernen zahlen sich bis ins hohe Alter aus, denn unser Gehirn orientiert sich nach dem Matthus Prinzip: „Wer hat, dem wird gegeben“. Es kann umso mehr Neues speichern, je mehr es an bereits vorhandene Wissensbestnde andocken kann. Auch das Gegenteil trifft zu: Schongang wirkt auf das menschliche Gehirn wie Gift, seine Kapazitt schrumpft. Einen weiteren Pferdefuß gibt es noch im Alter: Die Schnelligkeit im Abruf von Kenntnissen lsst nach. In manchen Fllen kann das fehlende Tempo allerdings durch Erfahrungswissen kompensiert werden. Unser Bildgedchtnis umfasst alle bildlich verankerten Vorstellungen: Muster, Anschauungswissen von Gegenstnden und Personen und auch in abstrahierter Form verankertes Wissen (z.B. Mindmaps und Formeln). Es ist jedoch an anderen Orten des Gehirns befindlich als das semantische Gedchtnis. Das macht sich im Alter oft schmerzlich bemerkbar, wenn man sich zwar bildlich an Situationen und Menschen sehr gut erinnern kann, aber die passenden Namen und Begriffe auf Anhieb nicht parat hat. Die Nervenleitungsverbindung zwischen beiden Gedchtnisorten ist dann fr einige Zeit unterbrochen, weil es an bertragungskapazitt mangelt. Oft fllt einem dann erst im entspannten Zustand der gesuchte Begriff wieder ein. Zum expliziten Gedchtnis gehrt schließlich auch noch unser episodisches Gedchtnis. Es speichert Erinnerungen an Situationen unseres Lebens und Lernens. Man nennt es daher auch autobiografisches Gedchtnis. Wir erinnern uns aber nicht nur an wichtige Situationen unseres Lebens, sondern auch an die eigenen Gefhle, die damit verbunden waren. Wichtig zu wissen ist, dass bedrohliche und Angst oder Ausgrenzung erzeugende Situationen in der Regel als berlebenswarnung in bester Erinnerung bleiben. Wir werden keine heiße Herdplatte freiwillig ein zweites Mal anfassen, wir werden uns scheuen, einen Vortrag vor vielen Menschen zu halten, wenn wir uns einmal dabei grndlich blamiert haben. Erinnerungen an negative Lernkontexte aus der Schulzeit wirken sich sogar bis ins Alter aus. Sie knnen erklren, warum ein großer Prozentsatz von Menschen im Ruhestand das formale Lernen in In-

semantisches Gedchtnis

Bildgedchtnis

episodisches Gedchtnis

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Kapitel 5

stitutionen scheut, zumal wenn es mit Prfungen verbunden ist (vgl. Tippelt 2018, S. 114). Unerwartete Erfolge dagegen wirken auch im Alter sehr motivierend und werden als wiederholenswert bewertet.

Funktionen des impliziten Gedchtnisses implizites Gedchtnis

Im impliziten Gedchtnis sind alle motorischen Fhigkeiten und Bewegungsablufe (wie z.B. Schwimmen und Fahrradfahren) gespeichert. Dazu zhlen weiterhin Fhigkeiten, die uns weitgehend „in Fleisch und Blut bergegangen sind“, die wir sozusagen „im Schlaf beherrschen“: Handlungsablufe wie z.B. einkaufen gehen, kochen oder den Hund Gassi fhren. Im Alter bleibt die Erinnerung an Bewegungsablufe weitgehend erhalten. Diese sind weitgehend unbewusst gespeichert und sozusagen „automatisch“ abrufbar. Wir mssen nicht mehr darber nachdenken. Allerdings werden wir im Alter langsamer, und die Reaktionszeit wird lnger. Je strker wir nicht nur sprachlich, sondern auch im Tun lernen (dazu zhlen z.B. auch Schreiben und Zeichnen), desto leichter fllt die Erinnerung. Sie ist dann in verschiedenen Gedchtnisregionen des Gehirns verankert worden. Dies erhht die Wahrscheinlichkeit, dass sie zumindest an einem Ort wieder aufgefunden wird und eine Erinnerungskette auslst.

Der subjektive Blick: Filtern, Deuten und Bewerten das Flaschenhalsmodell der Informationsverarbeitung

Fassen wir noch einmal die wichtigsten Fhigkeiten unseres Gehirns bei der Informationsverarbeitung zusammen, so wird deutlich, dass alle drei subjektiv eingefrbt sind. Bereits in der ersten Etappe auf dem Weg von der Wahrnehmung ins Ultrakurzzeitgedchtnis ist ein Filter eingebaut. Worauf wir unsere selektive Aufmerksamkeit richten und wann wir alles fr uns Irrelevante ausblenden, hngt von persnlichen Gegebenheiten ab. Hirnforscher halten die Fhigkeit des Selektierens fr eine grßere Leistung des Gehirns als die Informationsverarbeitung selbst. Sie nennen diesen Vorgang „Exformation“. Im bildlichen Vergleich gesehen schafft es unser Gehirn, Informationen von der Grße eines Fußballfeldes auszublenden, um bewusst dann nur Informationen von der Grße einer Briefmarke zu verarbeiten. Mediziner sprechen hier vom Flaschenhalsmodell der Informationsverarbeitung. Im nchsten Schritt erfolgt der Abgleich von neu wahrgenommenen Inhalten im Arbeitsgedchtnis mit unseren im Langzeitgedchtnis gespeicherten Erinnerungen. Diese umfassen unser angesammeltes Wissen in Worten, Mustern, Bildern und unsere Lebenserfahrungen und die durch sie geprgten Glaubensstze, Werturteile und Gefhle. Sie dienen uns als Deutungsschemata und -perspektiven (Mezirow 1991) und bilden sozusagen den allgemeinen Referenzrahmen fr die Interpretation neuer Erfahrungen.

Lernen im dritten Lebensalter – Probleme und Mglichkeiten

Den Deutungen folgen Bewertungen. Auch sie sind weitgehend abhngig von unseren bisherigen Lebenserfahrungen und Sichtweisen. Wir bewerten, ob eine neue Erfahrung uns als wichtig oder unwichtig erscheint, ob sie fr unser Leben einen oder keinen Sinn macht, ob sie uns angenehm oder unangenehm, gut oder bse erscheint. Die eigenen Bewertungsraster entstehen gefhlsmßig schon sehr frh im Leben. Sie entscheiden weitgehend darber, wie die Welt erlebt wird: freundlich oder unfreundlich, die eigenen Bedrfnisse erfllend oder versagend. Waren Ereignisse in der Kindheit sehr prgend, knnen frhe Erinnerungen auch die Bewertung bis ins hhere Erwachsenenalter beeinflussen. Das kann durchaus zu Verzerrungen der Wirklichkeit fhren. Wir reagieren dann „emotional unangemessen auf eine aktuelle Situation, weil wir nicht nur auf diese bestimmte Situation reagieren, sondern auf alle Situationen unseres Lebens, die dieser einen Situation so fatal gleichen. Wir blenden aus, was die jetzige Situation von frheren unterscheidet“ (vgl. Kast, zit. nach Arnold 2003). Altersweisheit zeichnet sich dadurch aus, dass wir noch Perspektivwechsel vornehmen knnen, die uns Dinge und Menschen in neuem Licht erscheinen lassen. Deutungen und Bewertungen formen unsere „persnliche Brille“, mit der wir fortan Ereignisse und Menschen wahrnehmen und beurteilen. Ebenso haben sie großen Einfluss darauf, ob, wie, wann und warum wir lernen. Obwohl jeder von uns dieselben Schritte bei der Informationsverarbeitung durchluft, kann die Interpretation hchst unterschiedlich ausfallen. Insofern kann man sagen: Alle lernen gleich, und doch lernt jeder anders.

69 Deutungsschemata und Bewertungsaspekte

die persnliche „Brille“, jeder lernt anders

Pluspunkte und Minuspunkte beim Lernen im dritten Lebensalter Was Lernwillige im Alter gegenber jngeren Lernenden auszeichnet, betonen Schweizer Autoren (Campiche & Kuzeawu 2017) anhand ihrer Erfahrungen mit Studierenden an Seniorenuniversitten. Sie benennen folgende Eigenschaften, die lernwillige Menschen im dritten Lebensalter auszeichnen. ltere Erwachsene haben: 1. viel persnliche und berufliche Erfahrung, 2. eine intrinsische Lernmotivation, den Wunsch sich einzubringen und das eigene Wissen zu erweitern, 3. das Bedrfnis, in den Lernverlauf impliziert zu sein, zu verstehen, weshalb das im Lernprozess Geforderte verlangt wird, 4. den Wunsch, dass das Lernen mit den eigenen Projekten bereinstimmt und mit eigenen Interessen kompatibel ist. Letzteres deckt sich auch mit der Motivlage lterer. Die persnliche Brille und das Vorwissen bestimmen weitgehend auch die Motivation zu lernen.

Pluspunkte im Alter

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Kapitel 5

„Motivation ist das Ergebnis eines individuellen Interesses und kann Lernenden nicht eingeimpft werden“, betonen Campiche und Kuzeawu (2017). Sie halten Erwachsene und ltere, die lernen wollen, grundstzlich fr eher intrinsisch – also aus eigenem Antrieb motiviert. Die Autoren schlagen eine Motivationsformel vor, die sie besonders fr das Lernen im dritten Lebensalter als treffend ansehen: M=KxW Motivationsformel

Ziele im Alter

M steht fr Motivation, K steht fr das Kompetenzgefhl eines Individuums in Bezug auf das Erreichen eines Ziels, und W reprsentiert den Wert, den die angepeilten Ziele haben (a.a.O. S. 116/117). Diese Formel ist angelehnt an bekannte Erwartungs-Wert-Modelle motivierten Handelns, u.a. von Eccles et al. (1983, vgl. dazu Rustemeyer 2016, S. 46f.). Die Erwartung (auch subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit) wird in der oben genannten Formel fr ltere ber das Kompetenzgefhl definiert, das einen vermuteten hohen Stellenwert fr ltere Studierende hat. Die Schweizer stellen vier Ziele als wertvoll fr Menschen nach Beginn des Ruhestandes heraus. Die jungen Alten mchten: 1. 2. 3. 4.

in die Zivilgesellschaft integriert bleiben, soziale Beziehungen aufrechterhalten, physische und intellektuelle Fhigkeiten bewahren, in der verbleibenden Zeit gut leben.

Da das Berufsleben mit seinen vertrauten sozialen Rollen und menschlichen Einbindungen beendet ist, mssen nun Bedrfnisse nach Zugehrigkeit, Anerkennung, Selbstachtung und Kompetenz neu befriedigt werden. Lernsituationen, die diese Lcke fllen knnen, werden von lteren daher bevorzugt. Neben diesen Pluspunkten gibt es natrlich auch die Minuspunkte, die den schon geschilderten Alterungsprozessen des Gehirns zuzurechnen sind. Oft werden sie die apokalyptischen Reiter des Alters genannt. Sie betreffen zumeist das Gedchtnis: Minuspunkte im Alter

1. Namen und Begriffe sind manchmal momentan nicht abrufbar, obwohl die bildliche Erinnerung da ist. 2. Die Aufnahmekapazitt des Kurzzeitgedchtnisses lsst nach, besonders bei Seh- und Hrproblemen. 3. Gerade getane Dinge, Gehrtes oder Gesagtes prgen sich nicht mehr intensiv genug ein. Gelerntes muss hufiger wiederholt werden, bis es wirklich behalten wird. 4. Die Stressanflligkeit bei ungewohnten Aufgaben steigt.

Lernen im dritten Lebensalter – Probleme und Mglichkeiten

Aber auch fehlende Erwartung spielt eine große Rolle. Fehlt diese Komponente, das Kompetenzgefhl, in der Motivationsformel, so wird ein lterer Mensch sich kaum dazu bereit erklren, in eine neue Lernsituation einzutreten. Es mangelt an Mut und Zuversicht. Vielleicht sind es noch Erinnerungen an die eigene Schul-, Lehr- oder Berufszeit, die bremsend wirken, vielleicht das Gefhl, intellektuell den Anforderungen nicht gewachsen zu sein, vielleicht fhlt man sich durch die typischen Gedchtnisprobleme des Alters und eine zunehmende Langsamkeit zu sehr gehandicapt. In vielen Fllen kann man sagen, dass ein gefhltes Lernversagen in Kinder- und Jugendzeit sich auch im Alter noch negativ auf die Lernmotivation auswirkt, wenn es zwischenzeitlich nicht kompensiert werden konnte (vgl. Tippelt 2018). Als lterer Mensch weicht man dann immer noch dem Lernen aus, vor allem, wenn es, wie beim formalen Lernen, mit Prfungen verbunden ist (vgl. Kap. 6 zu Sichtweisen der empirischen Bildungsforschung). Angst und Befrchtungen sind im Alter negative Lernbegleiter. Das gilt nicht nur fr das eigene Kompetenzgefhl, sondern auch schon fr die notwendige Aufmerksamkeit im Lernprozess. Wie Goleman (1985) betont, sind Angst und Aufmerksamkeit inkompatibel, Angst verengt die Aufmerksamkeitsspanne enorm, fhrt sozusagen zu einem Tunnelblick bei einer Problemlsung. Angst ist zudem ein wichtiger Bremser bei der sozialen Seite des Lernens. Das gilt besonders fr Befrchtungen, in einer Lerngruppe nicht akzeptiert zu werden. Sie ist bei lteren, die lngere Zeit nur noch in kleinen, vertrauten Kreisen leben, oft strker ausgeprgt. Es bleibt weitgehend dann beim informellen Lernen im Kreis von Familie und Freunden. Bei den einen sind es Kinder und Enkel, die die lteren z.B. mit neuen Technologien vertraut machen, bei den anderen sind es Freundeskreise, mit denen man Reisen unternimmt oder kulturelle Veranstaltungen besucht. In jedem Fall verstrkt erfolgreiches Lernen in aller Regel auch im Alter Motivation, Lernfreude, Neugier und Kompetenzgefhl. Die Bercksichtigung dieser Plus- und Minuspunkte erfordert eine angemessene Gestaltung von Lernsituationen, die Menschen im dritten Lebensalter zu erfolgreichem Lernen verhelfen kann.

Lernfrderliche Gestaltung von Lernsituationen fr ltere Fr eine andere Art der Wissensvermittlung und -aneignung im Dritten Lebensalter pldieren die Schweizer Autoren Campiche und Kuzeawu (2017). Unter Bercksichtigung der Pluspunkte sollte Lernen im Alter Ideen liefern und Werkzeuge bereitstellen, die Lernende anschließend an die eigene persnliche oder berufliche Realitt anpassen knnen. Lernangebote sollten nachfragekompatibel sein, also Themenwnschen der lteren Generation entgegenkommen. ltere Lernende sollten nicht nur in der rezepti-

71 Langzeitwirkung von frhen Bildungsdefiziten

Angst als negativer Lernbegleiter

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Kapitel 5

ven Haltung als Hrer verbleiben. Besser wre es, nach Vortrgen durch die Lehrenden Phasen der subjektiven Aneignung fr Lernende einzuschieben. Das bietet die Mglichkeit, sich die neuen Lerninhalte noch einmal selbst zu erschließen und/oder sich mit Mitlernenden darber austauschen. Wahl (2006) hat dieses Abwechseln von kollektiven und individuellen Lernphasen einmal treffend als „Sandwich-Methode“ bezeichnet. Folgende Maßnahmen haben sich nach Meinung nicht nur der Schweizer Autoren in Lernsituationen im dritten Lebensalter als frderlich erwiesen: lernfrderliche Maßnahmen im dritten Lebensalter

– Den Lernrhythmus an die Aufmerksamkeits- und Memorisierungskapazitt der Lernenden anpassen. Das betrifft in der Praxis etwa das Halten von krzeren oder interaktiven Vortrgen, die sich mit Diskussionen oder Gruppenaktivitten zum Thema abwechseln. – Bei den Gruppenaktivitten sollten Lernende ihr Verstndnis in eigenen Worten ausdrcken lernen und auch, wenn mglich, Erfahrungsbeispiele bringen. Dabei knnen Kenntnisse und Kompetenzen der Einzelnen sichtbar werden, ebenso Erfolge durch Zusammenarbeit. – Auch der informelle Austausch zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern kann eine Lernsituation entspannen, etwa durch Kennenlernrunden zu Beginn und durch hufigere Pausen, die Gelegenheit zu Bewegung und zum Miteinander-vertraut-werden geben. – Fr das Gedchtnis frderlich ist es, mehrere Sinneskanle bei Vortrgen anzusprechen. Lernende sollten mglichst viele konkrete Sinneserfahrungen durch Sehen, Hren und praktisches Tun sammeln knnen. Bildliche Darstellungen sind gnstig, da Bilder gerade bei lteren sehr gut in Erinnerung bleiben.

Lehren und Lernen nach dem BASIS-Prinzip Fnf Elemente, die eine gute Basis fr erfolgreiches Lehren und Lernen darstellen, lassen sich unserer Meinung nach sowohl aus wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch aus der Praxis ableiten. Sie gelten nicht nur fr die Schule (vgl. Rdell 2012), sondern auch fr das dritte Lebensalter. Auf ihrer Grundlage entsteht dann das folgende BASIS-Prinzip:

Beziehungen strken Lernwillen und Lernfhigkeit Wertschtzende und respektvolle Beziehungen sind die Grundlage fr ein positives Lernklima in jedem Alter. Bauer (2006) und Largo und Beglinger (2009) fhren aus, wie wichtig Anerkennung und vertrauensvolle Beziehungen in einer Lerngemeinschaft sind und welche negativen Folgen Ausgrenzung

Lernen im dritten Lebensalter – Probleme und Mglichkeiten

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hat. Mobbing wird in jedem Alter in den gleichen Zentren im Gehirn wie krperlicher Schmerz erlebt (vgl. Bauer 2011). „Wir lernen leichter und besser, wenn wir uns zugehrig fhlen – oder wenn wir durch das Lernen Zugehrigkeit erlangen knnen. Es motiviert Menschen, wenn sie sich gegenseitig Mut zusprechen, Erfolgserlebnisse haben und Zuspruch erfahren. Die wechselseitige Strkung ist nicht nur fr ltere ein wichtiger Lernfaktor, sondern fr alle Menschen. Hier spricht man von „Empowerment“ – das bedeutet, dass die am Austausch beteiligten Personen sowohl sich selbst als auch ihr Gegenber strken.“ (BAGSO 2019, S. 24) Dies gilt sowohl fr das Verhltnis von Lehrenden und Lernenden wie auch fr das Verhltnis der Lernenden untereinander. Positive Beziehungen in einer Lerngemeinschaft entstehen nicht von allein. Sie mssen gepflegt werden, damit es zu emotionaler und sozialer Sicherheit kommen kann. Vertrauen und Zuwendung auf Seiten der Lehrenden erzeugen Vertrauen und Zuwendung bei Lernenden (vgl. Prengel 2008; McBer 2000). Lernen ist ein komplexer Prozess, der nicht nur eine kognitive, sondern auch eine emotionale und soziale Seite hat. Neben dem Sachinteresse ist es gerade bei lteren hufig die Sozialform, die zum Lernen verleitet.

gute Beziehungen als Lerngrundlage

Aktives Lernen ermglichen Ein direkter Wissenstransfer ist von Lehrenden zu Lernenden nicht mglich (Spitzer 2002). Lernen ist ein aktiv-konstruktiver Prozess der Lernenden, mit je individuellen Voraussetzungen. Ohne Zweifel brauchen ltere Lernende ausreichende Gelegenheiten und gengend Zeit, um sich aktiv in ihrem Tempo mit neuen Lerninhalten auseinanderzusetzen und sie mit ihrem jeweiligen Vorwissen sinnvoll zu vernetzen. Es ist deshalb gnstig, nach Informationsphasen (z.B. Vortrgen) Phasen der subjektiven Aneignung (Wahl 2006) einzuschieben. In den Einschubphasen bekommen Lernende die Gelegenheit, zu berprfen, ob sie das bisher Gehrte verstanden haben und einen Bezug zu ihrem bisherigen Wissen und ihren Vorkenntnissen herstellen konnten. Nicht nur Vorwissen und bereits erworbene Strategien mssen bercksichtigt werden, sondern auch die emotionalen und sozialen Erfahrungen des Einzelnen. Kooperatives Arbeiten bietet sich da an. Nach dem Prinzip „Thinkpair-share“ wird zunchst die eigene gedankliche Verarbeitung gefrdert. Dann kommt es zu einer Erweiterung der eigenen Perspektive durch den Austausch in einer kleinen Gruppe, spter im Plenum. Die nachhaltige Speicherung von Wissen wird dadurch ebenso gestrkt wie das Erlernen von Kommunikation und sozialem Umgang (vgl. zu Vor- und Nachteilen kooperativer Lernmethoden auch Wellenreuther (2009)).

Lernen als aktiver konstruktiver Prozess der Lernenden

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Kapitel 5 die Rolle der Lehrenden ndert sich

Dadurch ndert sich auch die Rolle der Lehrenden: Sie werden vom reinen Wissensvermittler zum Lernbegleiter. Außerdem ist es durch Kleingruppenbildung fr sie eher mglich, mit den vorhandenen unterschiedlichen Lernvoraussetzungen ihrer Lerngruppe produktiv umzugehen und an das vorhandene Erfahrungswissen der Lernenden aktiv anzuschließen. Eine individuelle Frderung erfolgt durchaus, aber eher indirekt durch den intensiven Austausch in der Kleingruppe.

Stress in der Balance halten

Balance halten bei den Anforderungen

Sicherheit im Lernprozess zu behalten, ist aus mehreren Grnden im Alter absolut wnschenswert. Es gilt, vorschnelle Entmutigung zu vermeiden. Lernenden sollte deutlich werden, dass Fehler im Lernprozess normal sind, aber durchaus einen neuen Versuch ntig machen. Ein Aus-dem-Feld-desLernens-Gehen wre der schlechteste Ausweg. Dabei geht es um eine gute Balance bei den Anforderungen: Ist die Herausforderung zu groß, kommt es zur Stressberlastung, ist sie zu klein, ist zwar Wohlfhlen vorhanden, aber es wird nichts Neues gelernt. Schongang ist im Alter Gift frs Gehirn. Aber Fordern und Frdern mssen sich die Waage halten. Britische Studien (McBer 2000) konnten belegen, dass diejenigen Lehrenden den grßten Lernerfolg bei ihrer Lerngruppe zu verzeichnen hatten, die den Lernenden viel zutrauten und sie herausforderten, aber sie zugleich an allen notwendigen Stellen untersttzten. Wichtig bleibt fr den Einzelnen das Training von Basisfhigkeiten, wie z.B. eine effektive Textbearbeitung. Alles, was wir „im Schlaf beherrschen“, entlastet das Bewusstsein und schafft Freirume fr komplexe Denkprozesse.

Individuell frdern und fordern menschliche Gehirne sind so unterschiedlich wie Fingerabdrcke

Menschliche Gehirne sind durch Anlage und Umwelterfahrungen so individuell wie die Fingerabdrcke. Sie unterscheiden sich z.B. nicht nur nach individuell vorhandenem Wissen, sondern auch nach Empfindungsmustern, Prferenzen und Kommunikationsstilen. Das Lerntempo differiert im Kindesalter schon stark. Wo das eine Grundschulkind eine Minute braucht, um etwas zu verstehen, bentigt ein anderes fnf Minuten. Die Kluft wird im Erwachsenenalter immer grßer und steigt im fortgeschrittenen Alter noch einmal an. Lehren im Gleichschritt ist dann nicht mehr gut mglich, wenn man nicht Misserfolge vorprogrammieren will. Dabei ist es wichtig, das Lerntempo nicht mit der Intelligenz eines Menschen vllig gleichzusetzen. Ließe man das Kriterium Schnelligkeit beim Vergleich junger und alter Erwachsener außer Acht, so wren sich Ergebnisse durchaus hnlich.

Lernen im dritten Lebensalter – Probleme und Mglichkeiten

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Intelligenz ist wiederum nicht mit der Leistungsfhigkeit identisch (Ziegler 2007; Hengstschlger 2012). So konnten mehrere Langzeitstudien belegen, dass fr Lebensleistung und Lebenserfolg Selbstwertgefhl und Motivation weitaus wichtiger waren als der gemessene Intelligenzquotient. Auch die Studien von Stamov-Roßnagel (2008) zeigten deutlich, welch große Rolle das Zutrauen in die eigene Leistungsfhigkeit oder dessen Fehlen gerade bei lteren spielt.

Strken strken – erfolgsorientiert arbeiten Fr die Entwicklung eines gesunden Selbstvertrauens sollte nicht die Arbeit an den Schwchen eines Menschen im Mittelpunkt stehen. Das sagt uns bereits der „gesunde Menschenverstand“. Wer mchte schon tagtglich immer nur an seinen Schwchen arbeiten und darauf auch stndig nachdrcklich hingewiesen werden, whrend die eigenen Strken ignoriert werden. Gerade im Alter macht das keinen Sinn mehr. Die Fhigkeitsprofile sind nun einmal nicht einheitlich, das konnte Gardner (1991) mit seinem Konzept der multiplen Intelligenzen zeigen. Selten zeigen Profile nur gute Fhigkeiten. Man wrde ja sicher keinem Beethoven zugeraten haben, nun endlich seine Rechtschreibschwche zu bekmpfen, statt zu komponieren. Es erscheint daher angeraten, seine Strken zu vervollkommnen. „Aptitude Treatment Interaction“ (ATI) ist einer der Anstze aus der Hochbegabtenforschung, dessen Prinzip sich aber auch auf ltere Lernende anwenden lsst: Aufgaben sind so zu gestalten, dass der nchste Schritt in der Lernentwicklung getan werden kann (Heller & Ziegler 2007). Denn Erfolge machen mutig, wenn sie auf die eigene Anstrengung zurckgefhrt werden knnen.

Aptitude Treatment Interaction

Das Alter ist nicht das Problem, sondern die Einstellung, die man dazu hat. (Marcus Tullius Cicero)

Kapitel 6 Bildung im Alter und lebenslanges Lernen – ein Blick hinter die Kulissen Die ambivalente gesellschaftliche Ein- und Wertschtzung lterer Menschen Die gegenwrtige gesellschaftliche Ein- und Wertschtzung lterer Menschen in Deutschland zeigt durchaus ein Janusgesicht. Es wird deutlich in den propagierten und tatschlichen Bemhungen um Bildung im hheren Lebensalter. Ein nachdenklich machender Faktor ist bereits das jeweils genannte Ziel. So pldieren die Sachverstndigen in ihren Empfehlungen der Sechsten Altenberichtskommission dafr, anzuerkennen, dass Bildung ein Recht und eine Pflicht fr alle Lebensalter ist (BMFSFJ 2010a, S. 26). Dahinter steht nicht zuletzt die Vorstellung, dass ein Ruhestand, der von Mßiggang, Unproduktivitt und viel ungenutzter Freizeit geprgt ist, als nicht sinnvoll erachtet wird und letztendlich fr die Gesellschaft hauptschlich Kosten verursacht. Die zielfhrende Vorstellung ist die einer gesellschaftlichen Win-win-Situation, womit gemeint ist, dass ltere Menschen sich nicht nur weiterbilden knnen und drfen und ihre Kompetenzen dann wieder in die Gemeinschaft etwa in Form ehrenamtlicher Ttigkeiten einbringen knnen, sondern das auch sollten. Der Altersforscher Kruse (2012, S. 15) formuliert es folgendermaßen:

Janusgesicht der gesellschaftlichen Wertschtzung lterer Menschen

„Vor dem Hintergrund des sich verndernden Altersaufbaus unserer Gesellschaft hat das Interesse an den individuellen und gesellschaftlichen Ressourcen lterer Menschen sprbar zugenommen. Es wird zunehmend erkannt, dass die Erhaltung gesellschaftlicher Innovationsund Wettbewerbsfhigkeit nur gelingen kann, wenn der mgliche Beitrag lterer Menschen zur Wertschpfung in einer alternden Gesellschaft systematisch genutzt wird.“ Dass ltere quasi in die Pflicht genommen werden, sich zu engagieren und aktiv weiterzubilden, wird nicht von allen Forscherinnen und Forschern einheitlich positiv gesehen. Vor allem Soziologen, aber auch Politikwissenschaftler kritisieren diese berzeugungen scharf und weisen u.a. auf den entstehenden Zwang zur Weiterbildung, der auf ltere ausgebt werden knnte, hin. „In der Informationsbroschre zum Sechsten Altenbericht wird an der (primr) individuellen Verpflichtung allerdings kein Zweifel mehr ge-

ltere werden in die Pflicht genommen

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lassen: »Insgesamt sind die heute lteren Menschen im Vergleich zu frheren Generationen gesnder, sie verfgen ber einen hheren Bildungsstand und ber bessere finanzielle Ressourcen. Nach Auffassung der Kommission leitet sich daraus die Verpflichtung ab, vorhandene Ressourcen verantwortungsvoll einzusetzen. Aus dem »Knnen« ist in der Dynamik des Diskurses recht schnell das »Sollen« geworden – folgt bald etwa auch das »Mssen«?“ (Denninger, van Dyk, Lessenich & Richter 2010, S. 29) interindividuelle Unterschiede im Alter und bei Alterungsprozessen

eine deutlich gealterte Brgerschaft – kann Fluch oder Segen fr die Demokratie sein

Die gesellschaftliche Wertschtzung der Bildung fr ltere ist durchaus ambivalent. Auf der einen Seite wird – wie im Sechsten Altenbericht – immer wieder betont, wie wichtig Weiterbildung fr Menschen in der nachfamiliren und nachberuflichen Phase ist, wie positiv sich Bildung auf die einzelne Person, ihre kognitiven Fhigkeiten, ihren gesundheitlichen Zustand auswirkt. Weitere Studien weisen darauf hin, dass Alterungsprozesse in kognitiven Fhigkeiten, im sozial-emotionalen Erleben und bei Persnlichkeitsmerkmalen sehr stark durch interindividuelle Unterschiede gekennzeichnet sind. Je lter die Menschen werden, umso strker treten diese Unterschiede hervor (Wahl, Diehl, Kruse, Lang & Martin 2008, S. 4). Bei lteren Lernenden kann ein hheres physisches und psychologisches Wohlbefinden nachgewiesen werden (vgl. Kap. 7, Auswirkungen von freiwilliger und ehrenamtlicher Arbeit), und ihre gesellschaftspolitische Teilhabe wirkt sich insgesamt positiv auf die Gesellschaft aus. In diesem Sinne hlt Richter (2020, S. 7f.) eine „Seniorendemokratie“ fr eine außerordentlich erstrebenswerte zuknftige Zielsetzung. Als durchaus problematischer Aspekt erweist sich die nicht ausgewogene gesellschaftliche Teilhabe lterer. Damit gemeint sind die geschlechtsspezifische Ungleichverteilung von Frauen und Mnnern, eine soziale Ungleichheit (Seniorenstudium als Elitestudium) und ethnische Vorurteile (geringe Teilnahme von Migranten). Mit kritischem Blick diskutiert Richter (2000) auch die Mglichkeit, dass „eine deutlich gealterte Brgerschaft (…) fr die Demokratie zum Fluch oder zum Segen werden“ kann, wenn nmlich einerseits mit hherem Alter das Interesse der Seniorinnen und Senioren fr gesellschaftliche Fragen schwindet oder andererseits immer mehr ltere „zahlreiche politische mter sowie grßere Teile des Brgerengagements an sich reißen und Klientelpolitik betreiben“. Fr beide Ausprgungen finden sich gengend Beispiele in einer Gesellschaft, und sie hngen nicht zuletzt vom Bildungsniveau der lteren ab. Wichtig ist, im Blick zu behalten, dass die Gruppe der lteren Brgerinnen und Brger sehr heterogen ist und Bildungsunterschiede und Bildungsbenachteiligung mit zunehmendem Alter weiter ansteigen, wie die Ergebnisse des PIAAC-Programms (Programme fr The International Assessment of Adult Competencies) und

Bildung im Alter und lebenslanges Lernen – ein Blick hinter die Kulissen

hier insbesondere die Erweiterung der PIAAC-Studie Deutschland fr die 66- bis 80-Jhrigen zeigen (Schmidt-Hertha 2018, S. 125). Auch regelmßig von der Bundesrepublik Deutschland gefrderten Berichte zeigen, wie randstndig und relativ unbedeutend gegenwrtig die gesellschaftliche Wertschtzung der Weiterbildung im Alter ist, wie konkret im Bildungsbericht „Bildung in Deutschland 2020“, herausgegeben von der Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2020), deutlich wird. Der Bildungsbericht wurde unter der Federfhrung des DIPF | Leibniz-Institut fr Bildungsforschung und Bildungsinformation von einer großen wissenschaftlich unabhngigen Autorengruppe erstellt, die von der Stndigen Konferenz der Kultusminister der Lnder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) und dem Bundesministerium fr Bildung und Forschung (BMBF) gefrdert wird. Der Bericht „Bildung in Deutschland“ liefert alle zwei Jahre eine systematische Bestandsaufnahme des gesamten deutschen Bildungssystems auf Basis von Daten der amtlichen Statistik und aus sozialwissenschaftlichen Erhebungen. So werden in den Studien die dem Bericht 2020 zugrunde liegen, Personen zwischen 18 und 69 Jahren erfasst. Dementsprechend bezieht sich Weiterbildung fast ausschließlich auf den beruflichen Kontext. Nachberufliche Bildung, die charakteristisch fr das Seniorenstudium ist, taucht im Bildungsbericht nicht auf, obwohl die Autorengruppe in der Einleitung schreibt:

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nachberufliche Weiterbildung (von lteren) wird kaum zur Kenntnis genommen

„Bildung in Deutschland benennt den Stand und die Entwicklungsperspektiven in den verschiedenen Bereichen des deutschen Bildungssystems – von der frhen Bildung ber das Schulwesen, die berufliche Ausbildung und Hochschule bis hin zur Weiterbildung. Die Autorinnen und Autoren analysieren die Bildungsvoraussetzungen, Bildungswege und Bildungsergebnisse von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen und verknpfen sie mit Daten zu Qualittsmerkmalen von Bildungsinstitutionen sowie weiteren Kontextinformationen (z.B. der Region). Mit dieser Aufbereitung verfgbarer Daten dokumentiert auch der 8. Bildungsbericht bereichsbergreifend die aktuelle Entwicklung des Bildungssystems. Er bietet so eine Grundlage fr fundierte Diskussionen in Politik und ffentlichkeit.“ (Bildung in Deutschland kompakt 2020, S. 1) Bildung von Erwachsenen in der nachberuflichen Phase ist augenscheinlich kein erwhnenswerter Punkt fr die Autorengruppe, obwohl ber 60 deutsche Universitten sowie wissenschaftliche Hochschulen und Fachhochschulen zum Teil seit den 1980er Jahren ein umfangreiches Angebot zum Seniorenstudium anbieten. Zu einer hnlichen Einschtzung kommen auch die Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft fr Wissenschaftliche Weiterbildung fr ltere (Bertram, Dabo-Cruz, Pauls & Vesper 2017, S. 76):

breite Akzeptanz fr Weiterbildung im Alter fehlt

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Kapitel 6

„Trotz der inzwischen unstrittigen Bedeutung von Bildung fr alle Altersgruppen im demografischen und strukturellen Wandel bleiben eine breite Akzeptanz der Bildung im Alter und eine angemessene Forschungsfrderung aus.“

Die Neubewertung des Alters in unserer Gesellschaft

gut gebildete ltere haben ein positiveres Altersbild

Welche Altersbilder oder Altersstereotype sind heute in unserer Gesellschaft prsent? Gemeint sind nicht nur die Fremdbilder oder Fremdstereotype sondern gleichermaßen auch die Selbstbilder oder Selbststereotype. Beide stimmen weitgehend berein, weil bei den betroffenen Gruppen die Fremdbilder (auch wenn sie diskriminierend sind) im Lebenslauf in die Selbsteinschtzung bernommen werden. In ihrem Beitrag zum Thema individuelle Altersbilder und Altersdiskriminierung weisen Beyer, Wurm und Wolff (2017) nach, dass das Altersbild in der Gruppe der 70- bis 85-Jhrigen berwiegend verlustorientiert ist. Ein verlustorientiertes Altersbild wird in schriftlichen Befragungen erfasst ber Aussagen wie z.B.: „lterwerden bedeutet fr mich, dass ich nicht mehr so belastbar bin“, ein gewinnorientiertes Altersbild ber Aussagen wie: „lterwerden bedeutet fr mich, daß &dass ich weiterhin viele Plne mache.“ Weiter zeigen Beyer et al. (2017, S. 329), dass sich zwischen 1996 und 2014 ein positiver Wandel der Altersbilder hin zu einer mehr gewinnbringenden Sicht vollzogen hat, und zwar vor allem in der Gruppe der lteren Menschen selbst. Primr sehen die gut Gebildeten im Vergleich mit weniger gut Gebildeten weniger Verluste im Alter. Der Bildungshintergrund trgt entscheidend dazu bei, wie das lterwerden eingeschtzt wird: „Zudem verbinden hher Gebildete mit dem lterwerden um 7,4 Prozentpunkte seltener Verluste und sogar um 29,4 Prozentpunkte hufiger Gewinne im Vergleich zu Niedriggebildeten.“

die altersintegrierte Gesellschaft orientiert sich vor allem an den jngeren Alten

Auskunft darber, wie Altersbilder und Altersdiskriminierung in einer Gesellschaft aussehen, knnen die gngigen wissenschaftlichen Theorien ber das Alter und das Altwerden geben. Betrachtet man die in der Alternsforschung diskutierten unterschiedlichen sozial- und verhaltenswissenschaftlichen Theorien, betonen fast alle die Diskriminierung der lteren Menschen (Tesch-Rmer 2019). Soziologen sprechen von der Notwendigkeit einer „Neuverhandlung des Alters in der Aktivgesellschaft“ (Denninger, van Dyk, Lessenich & Richter 2010). Damit ist gemeint, dass wir auf der einen Seite mit einer „alternden Gesellschaft“ mit all ihren problematischen Auswirkungen (Stichwort demografischer Wandel) konfrontiert werden, auf der anderen Seite jedoch von einer „Verjngung des Alters“ sprechen. Die aktiven und mobilen

Bildung im Alter und lebenslanges Lernen – ein Blick hinter die Kulissen

Alten entsprechen dem Ideal einer altersintegrierten Gesellschaft, einer Gesellschaft, die die Unterteilung nach Ausbildung, Erwerbsttigkeit und Ruhestand berwindet. Das gesellschaftspolitische Ziel schließt alle Lebensalter gleichermaßen ein. Alle Gruppen haben ein Anrecht, ganz selbstverstndlich an Leistungssystemen wie etwa am Bildungssystem zu partizipieren, wie die „Universitt des Dritten Lebensalters“ beispielhaft zeigt. Es stellt sich aber die Frage, welchen Platz in solch einer altersintegrierten Gesellschaft die wirklich Alten haben, d.h. die weniger aktiven, abhngigen, kranken und teils dementen Personen. Sie werden in dieser alterslosen Gesellschaft weitgehend ausgeblendet, obwohl im hohen Alter durchaus Bildungsfhigkeiten und Bildungsinteressen vorhanden sind. Hochaltrige, die zum vierten Lebensalter zhlen und oftmals nicht mehr dem Bild der produktiven, erfolgreichen und kompetenten Alten entsprechen, haben in unserer Gesellschaft keine bzw. kaum Ansprechpartner fr eine organisierte Bildung (Bubolz-Lutz 2000, S. 326). Dass sie weitgehend von Bildungsanbietern unbercksichtigt bleiben, trifft wohl vor allem deshalb zu, weil den Hochaltrigen offensichtlich kein Nutzen mehr fr die Gesellschaft zugeschrieben wird. Sie werden als „Altenlast“ gesehen. Das seiner Zeit sehr kontrovers diskutierte Buch „Das Methusalem-Komplott“ des Publizisten Frank Schirrmacher (2004) beschreibt recht medienwirksam das negative Image des Alterns und seine Folgen. Weiter stellt sich die Frage, welchen Platz in der Gesellschaft Personen haben, die sich bewusst der verpflichtenden „Produktivitt“ der jungen Alten entziehen und einfach ihre freie Zeit ohne Zwang, ohne Vorgabe und ohne eine bestimmte vorgegebene Zielsetzung genießen mchten. Ein aktuelles Beispiel dafr ist die Teilhabe an der digitalen Revolution. Bei Personen, die sich dieser Entwicklung verschließen, besteht die Gefahr, dass sie abgewertet, ausgegrenzt und als rckstndig bezeichnet werden und ihnen zustehende Vergnstigungen vorenthalten werden (Dyk van & Lessenich 2009). Ein anderer in der Diskussion vernachlssigter Aspekt der Bewertung nicht mehr erwerbsttiger lterer Personen in unserer Gesellschaft ist das eigentlich paradoxe Verhltnis zwischen Arbeit und Ruhestand. In unserer an Leistung orientierten Gesellschaft definieren sich Anerkennung und hufig auch „der zuerkannte Wert“ eines Menschen durch seine Erwerbsttigkeit. Die Arbeit, die jemand ausbt, definiert die gesellschaftliche Stellung, die beruflichen Gestaltungs- und Einflussmglichkeiten und hat somit erheblichen Einfluss auf die Lebensgestaltung und Lebensqualitt einer Person. Mit dem Eintritt in den Ruhestand fllt diese Quelle der Anerkennung weg und kann mit einem teilweisen Verlust der Identitt einhergehen. Auf der anderen Seite ist nach Ehmer (2009, S. 211) in den letzten Jahrzehnten das Altersbild eines von der Arbeit (in Sinne von Erwerbsarbeit) befreiten Ruhestands, das sogenannte „Dritte Alter“, zur gesellschaftlichen Norm geworden. Der Ruhestand gilt als der Inbegriff eines gelungenen Lebens und Alterns. Dieses neue Leitbild

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Gefahr der Ausgrenzung von lteren, die sich der gesellschaftlichen Entwicklung entziehen

Verhltnis von Arbeit und Ruhestand

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Kapitel 6

von aktiven, interessierten und kompetenten Alten hat offensichtlich zu einer vernderten Identittseinschtzung und zu positiveren Altersstereotypen beigetragen, interessanterweise aber schließt dieses Bild nicht die Erwerbsttigkeit ein: „Positive Bilder von beruflich aktiven und erfolgreichen lteren Menschen beschrnkten sich auf einen sehr engen Kreis von Knstlern, Wissenschaftlern oder freiberuflich Ttigen. Fr die große Mehrheit der Menschen bezog sich die Vorstellung eines aktiven Alters ausschließlich auf den Ruhestand.“ (Ehmer 2009, S. 227) Konzept einer Neuverteilung der Arbeit ber das gesamte Leben hinweg

Ein frher (schon ab 60 Jahren) und langer Ruhestand, der viel freie Zeit mit sich bringt, ist besonders dann attraktiv, wenn eine gute Rente oder gute Pension in Aussicht steht und die Mglichkeit besteht, den Ruhestand nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Finanzielle Anreize, mglichst lange im Erwerbsleben ttig zu sein, wirken sich offensichtlich nur dann aus, wenn die finanzielle Alterssicherung auf einem eher niedrigeren Niveau liegt und keine bedeutsamen Ersparnisse fr einen frhen Ruhestand vorhanden sind. Die politischen Vorschlge gehen eher in die Richtung, dass eine hhere Lebenserwartung und ein besserer Gesundheitszustand der lteren zu einer verlngerten Lebensarbeitszeit fhren sollen. Ein alternatives Konzept wre laut Ehmer (2009, S. 230) die „Neuverteilung der Arbeit“ ber das Leben. Das knnte ein lngeres Arbeitsleben sein, das hufiger von freier Zeit etwa im Sinne von Sabbaticals oder Familienphasen unterbrochen wird und somit die starre Aufteilung zwischen Erwerbsttigkeit und selbstbestimmter Freizeit im Alter zumindest partiell aufhebt.

Bildung im Alter und lebenslanges Lernen: Zugrunde liegende Annahmen Welche Grundannahmen zur Bildung und lebenslangem Lernen lassen sich hinter den Angeboten zu Lernaktivitten im dritten Lebensalter finden? Werden diese Annahmen optimal umgesetzt, knnen sie die Bereitschaft der lteren strken, entsprechende Bildungsangebote wahrzunehmen. Sei es, dass sie zum Besuch einer Universitt, einer Volkshochschule oder anderer Weiterbildungseinrichtungen motiviert werden oder auch zu informellem Lernen im Familien- und Freundeskreis. Dass junge Menschen von klein auf gern lernende Wesen sind, wissen nicht nur Fachleute, sondern alle Mtter und Vter. Mit welcher Begeisterung wird im Suglings- und Kleinkindalter Neues entdeckt, mit welcher Ausdauer werden neue Fhigkeiten trainiert. Fr das Laufenlernen bedeutet das oft „von Fall zu Fall“, und es wird doch unermdlich weiter gebt. Und wie schnell Zweijhrige, die erst wenige Wrter beherrschen, zu fließend sprechenden Dreijhrigen werden, ist immer wieder ein kleines Wunder.

Bildung im Alter und lebenslanges Lernen – ein Blick hinter die Kulissen

Warum kommt dieser freiwillige Erwerb von Alltagskompetenzen, neuem Wissen und Knnen bei einigen bereits im Schulalter schon zum Erlahmen, whrend andere gerne lebenslang weiter lernen? Liegt es nur an den Lernenden selbst oder auch an der Art des Bildungsangebots, an guten oder nicht ausreichend angepassten Lehrmethoden? Wirken negative Erfahrungen aus der Schulzeit lange nach? Und noch eine weitere wichtige Frage wre zu klren: Was kann Bildung zur Stillung der drei wichtigsten menschlichen Grundbedrfnisse, die ausschlaggebend fr die Motivation sind (vgl. Ryan & Deci 2000), nmlich nach Autonomie, Verbundenheit mit anderen Menschen und dem Streben nach Kompetenz beitragen? Und dies mit dem Blick auf die hier relevante Altersgruppe der lteren? Dieses Thema beschftigt die Menschheit schon lnger als 2000 Jahre.

83 Bildung und menschliche Grundbedrfnisse

Bildung aus traditioneller Sicht Schon in der griechisch-rmischen Antike war fr eine gebildete Elite lebenslange Erziehung und Bildung ein erstrebenswertes Ideal und diente nicht zuletzt der „Seelenbildung“. Der Rmer Cicero beschreibt in seiner Schrift „Cato der ltere ber das Alter“ in bemerkenswerter Weise, wie wichtig es fr ein gelungenes, glckliches Leben ist, im Alter produktiv zu sein und zu bleiben. Zudem war fr Cicero nicht das Alter selbst ein Problem, sondern nur eine negative Einstellung, die man zum Alter haben kann. Er empfahl, die Krfte des Krpers und des Geistes durch maßvolle bungen im Alter zu strken, und meinte: „Auch diese Krfte erlschen im Alter, wenn man nicht, wie bei einer Lampe, stndig l nachgießt.“ Zudem seien „die tchtigsten Waffen des Alters (…) berhaupt die Wissenschaften und die praktische bung in der Tugend“. (Cicero 2019) Damit meint Cicero die Tugenden, deren Ausbung auch schon fr die alten Griechen einen gebildeten Menschen ausmachten: Gerechtigkeit, Mßigung und Besonnenheit, Tapferkeit und Weisheit oder Klugheit. Deutlich wird damit, dass Bildung in der Antike sich keineswegs auf Wissenserwerb beschrnkte. Rund anderthalb Jahrtausende spter meinte der große Gelehrte Comenius: „Wie fr das ganze Menschengeschlecht die Welt eine Schule ist, vom Anbeginn der Zeit bis zu ihrem Ende, so ist auch fr jeden einzelnen Menschen sein ganzes Leben eine Schule, von der Wiege bis zur Bahre (…). Jedes Lebensalter ist zum Lernen bestimmt, und keinen anderen Sinn hat alles Menschenleben und alles Streben.“ (Comenius 1991, S. 85) hnlich sah es Wilhelm von Humboldt, der preußische Gelehrte und Bildungsreformer um 1810. Er begriff Bildung als eine allseitige und lebenslange Ausbildung und Vervollkommnung der eigenen Persnlichkeit.

Bildung als Seelenbildung

Bildung fr jedes Lebensalter

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Kapitel 6

„Die letzte Aufgabe unseres Daseyns: dem Begriff der Menschheit in unserer Person, sowohl whrend der Zeit unseres Lebens, als auch noch ber dasselbe hinaus, durch die Spuren des lebendigen Wirkens, die wir zurcklassen, einen so großen Inhalt, als mglich, zu verschaffen, diese Aufgabe lst sich allein durch die Verknpfung unseres Ichs mit der Welt zu der allgemeinsten, regesten und freiesten Wechselwirkung. Denn nur diejenige Bahn kann in jedem die richtige seyn, auf welcher das Auge ein unverrcktes Fortschreiten bis zu diesem letzten Ziele zu verfolgen im Stande ist.“ (W. v. Humboldt zitiert bei Flitner & Giel 1980, S. 235) lebenslange Bildung fr alle

Humboldts Einheitsschule bleibt ein Ideal

Dahinter steht das Bild eines Menschen, der lebenslang in Auseinandersetzung mit der Welt reift und zu sich selbst findet. Auch erschpft sich Bildung keineswegs in der Aneignung eines vorgeschriebenen Bildungskanons. Humboldts Bildungsideen gingen deutlich darber hinaus. Er forderte eine Bildung fr alle, stufenweise organisiert in einer Schule fr alle. Das vielfltige Potenzial zur Entwicklungsentfaltung bei jedem Menschen sah er als gegeben an. Klafki (1986, S. 460) zitiert Humboldt in seinem Artikel zur Bedeutung der klassischen Bildungstheorien fr ein zeitgemßes Konzept allgemeiner Bildung: Aber die Grundforderung besteht, dass der gesamte Unterricht als schulische Form allgemeiner Bildung „nur ein und dasselbe Fundament“ haben drfe, weil „der gemeinste Tagelhner und der am feinsten Ausgebildete in seinem Gemt ursprnglich gleich gestimmt werden msste“, und dass jeder, „auch der rmste eine vollstndige Menschenbildung“ erhalten solle (Humboldt 1956, zitiert bei Klafki 1986). Diese Forderung Humboldts enthielt, so Klafki, implizit eine fundamentale Gesellschaftskritik und eine weit in die Zukunft weisende Perspektive. Humboldt kannte also durchaus schon die partikularen gesellschaftlichen Krfte, denen es auf eine ihren Interessen dienende und gesellschaftlich gut verwertbare Bildung ankam, und warnte vor dieser Gefahr einer Instrumentalisierung von Bildung. Dass die partikularen gesellschaftlichen Krfte siegten und es in den nchsten 150 Jahren zu keiner gestuften Einheitsschule im Sinne Humboldts in Deutschland kam, ist bekannt. Es blieb bei unterschiedlichen Lehrplnen und Schulformen, wie Volksschulen, die bis 1965 noch rund 80 bis 85 Prozent der Bevlkerung besuchten, Real- und Mittelschulen mit einem mittleren Abschluss und Gymnasien mit dem Abitur als Abschluss. 1920 kam es nach einer Reichsschulkonferenz zu der einzigen grundlegenden Strukturreform in Deutschland: der gemeinsamen Beschulung aller Kinder von Klasse 1 bis 4 in der Volksschule.

Bildung im Alter und lebenslanges Lernen – ein Blick hinter die Kulissen

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Bildungsreformen in Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs Wirtschaft und Gesellschaft befanden sich nach zwei Weltkriegen und großen technischen Umwlzungen der Nachkriegszeit in ganz Europa im Umbruch, und fr die Mahner und Vordenker dieser Zeit war ein Umdenken in der bisherigen Bildung angesagt. Es wurde deutlich, dass fr die Anpassung des Menschen an eine vernderte Welt mehr schulisches Wissen und Knnen, ja sogar lebenslanges Lernen notwendig werden wrde. Georg Picht schlug in Westdeutschland 1964 mit seinem Buch „Die Deutsche Bildungskatastrophe“ Alarm. Der Bildungskanon im gegliederten Schulsystem wurde als Wissensspeicher fr die kommenden Generationen als nicht mehr ausreichend angesehen. Nicht nur die Notwendigkeit fr mehr, bessere und umfangreichere Bildung im Schulalter wurde gefordert, sondern zugleich erhoben sich auch Stimmen, die eine grßere Chancengleichheit in der Bildung verlangten. So kam es in den Sechziger- und Anfang der Siebziger-Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu etlichen Reformen im Bildungswesen, zunchst im Bildungssektor Schule und Hochschule, spter in der Erwachsenenbildung. „Mehr Demokratie wagen“ wurde wenig spter der Wahlspruch von deutschen Sozialdemokraten und erweiterte den Blick auch auf eine notwendige politische Bildung fr alle. Im Schulbereich kam es zur Einfhrung einer allgemeinen neun- bzw. zehnjhrigen Schulpflicht fr alle, und zur Erweiterung und Angleichung von Lehrplaninhalten bei den weiterfhrenden Schulen, um bergnge zwischen den Schulformen zu erleichtern. Ein Schulmitwirkungsgesetz sollte z.B. in Nordrhein-Westfalen 1972 auch Eltern und Schlern gewisse Mitspracherechte einrumen. Zudem wurden ab 1968 einige Versuchsgesamtschulen eingerichtet, die alle Kinder von der fnften bis zehnten Klasse gemeinsam unterrichteten und auch eine gymnasiale Oberstufe fhrten.

1964: Die deutsche Bildungskatastrophe

Bildungsreformen in den 1970er Jahren

Ein neues Lehr- und Lernverstndnis Andere westeuropische Lnder, am konsequentesten die Skandinavier, waren schon frher deutlich schneller und entschlossener den Weg zu einer Schule fr alle gegangen. Die Schweden fhrten 1962 im Sinne grßerer Chancengleichheit flchendeckend die gemeinsame „Grundskola“ fr alle Kinder in den Klassen 1 bis 9 ein. Sie schafften die bliche Ziffernbenotung in Klassenarbeiten und Zeugnissen bis zur Klasse 9 ab, um den Druck durch stndige Vergleichsmglichkeiten der Kinder untereinander abzubauen, ebenso das Sitzenbleiben. Stattdessen setzte eine intensive individualisierte Lernbegleitung ein, die schwcheren Schlerinnen und Schlern deutlich mehr Zeit und Untersttzung gab, ohne Herausforderungen fr leichter Lernende zu vergessen. Ab 1964 wurden auch die Klassen 10 bis 12 langsam zu einer differenzierten „Gymnasieskola“ fr rund 96 Prozent der Schlerschaft ausgebaut.

die schwedische Schulreform schafft grundlegende nderungen in der Bildung fr alle

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Kapitel 6

von der Kunst des Lehrens zur Kunst des Lernens

Der schwedische Reformer Torsten Husn rumte dabei gegen viele Widerstnde mit einigen traditionellen Verstndnissen von Lehren und Lernen auf (Husn 1975). Er sah Lernen nicht als zwangslufiges Produkt von Lehren an, sondern betonte die aktive Rolle der Lernenden im Lernprozess. Lehrende sollten sich daher hauptschlich als Lernbegleiter, Schaffer von Lerngelegenheiten und gute Kommunikatoren verstehen, anstatt Stoffvermittlung in dozierender Form als alleinige Aufgabe zu sehen. Dieses System wurde immerhin so erfolgreich, dass Schweden in den vergleichenden Schulleistungstests (PISA) 2000 z.B. in Bezug auf die Lesekompetenz von 15-Jhrigen auf Platz neun landete, Deutschland nur auf Platz 21 von 32 teilnehmenden Lndern der OECD. Zudem war in keinem anderen Land in Europa eine geringe Lesekompetenz so stark an die soziale Herkunft der Schler gekoppelt wie in Deutschland. Diese Risikogruppe umfasste fast ein Viertel aller getesteten 15Jhrigen in Deutschland. Husn hatte damit, wie frher Humboldt, die aktive Rolle aller Lernenden in der Auseinandersetzung mit der Welt betont. Andererseits hatte er mit seinen Gedanken das konstruktivistische Lernverstndnis der Neunzigerjahre bereits vorausgenommen. Einer ihrer bekannten Vertreter, Ernst von Glasersfeld (1997, zitiert nach Schfer 2017, S. 5), meinte: „Die Kunst des Lehrens hat wenig mit der bertragung von Wissen zu tun, ihr grundlegendes Ziel muss darin bestehen, die Kunst des Lernens auszubilden.“ Schfer brachte es kurz auf den Punkt: „Der Mensch ist „lernfhig, aber unbelehrbar“. Die Neurowissenschaften konnten in den letzten 20 Jahren diese Sicht der individuellen Konstruktion von Wissen bei der Informationsverarbeitung deutlich untermauern (vgl. Kap. 5). Jeder nimmt die Welt durch seine Sinnesorgane wahr, aber die Interpretation des Wahrgenommenen erfolgt im Gehirn aufgrund der ureigenen Erfahrungen. So kann man locker sagen: Alle lernen gleich, denn die Schritte bei der Informationsverarbeitung sind in allen gesunden Gehirnen dieselben. Dennoch lernt jeder auch anders, weil der Abgleich mit bereits Bekanntem und die Art der Speicherung individuell anders verlaufen. Schfer (2017) beschrieb diesen Vorgang wieder kurz und treffend als einen Weg von der „Wahrnehmung“ zur je individuellen „Wahrgebung“.

Aufgabenfelder der Weiterbildung Die lernende Gesellschaft

Der Wandel von einer Industriegesellschaft zur Dienstleistungsgesellschaft erforderte in den 1960er Jahren stndig wachsende Fach- und Kommunikationskompetenzen von den Beschftigten. Bcher wie „Die lernende Gesellschaft“ („The Learning Society“ von Husn 1974 und der von Faure initiierte UNESCO-Report 1972 „Apprendre a Eˆtre“ („Learning to be. The World of Education Today and Tomorrow“)) unterstrichen die Bedeutung lebenslangen Lernens als gesellschaftliche Notwendigkeit.

Bildung im Alter und lebenslanges Lernen – ein Blick hinter die Kulissen

Die lebenslange Weiterbildung von Erwachsenen sollte im Anschluss an Schule, Lehre und Hochschulabschluss ein ganz wesentliches Mittel in Europa werden, um weiterhin gesellschaftliche Teilhabe, sozialen Zusammenhalt und die Beschftigung aller zu ermglichen. Der Deutsche Ausschuss fr Erziehung und Bildung formulierte bereits 1960: „Gebildet im Sinne der Erwachsenenbildung wird jeder, der in der stndigen Bemhung lebt, sich selbst, die Gesellschaft und die Welt zu verstehen und diesem Verstndnis gemß zu handeln“ (zitiert nach Schfer 2017, S. 47). Welt und Gesellschaft hatten sich grndlich in ihren Anforderungen an Schul- und Berufswelt gendert. Niemand konnte schließlich den Schul- und Studienabgngern oder den Absolventen einer Lehre mehr versichern: „Jetzt hast du ausgelernt.“ Auch in der Familie gerieten alte Rollenbilder ins Wanken. Ehefrauen brauchten ab 1969 nicht mehr die Zustimmung des Ehemanns, um außer Haus arbeiten gehen zu drfen, und wurden in strkerem Maße berufsttig. Frauen- und Mdchenbildung wurde ein wichtiges Thema und mit Erfolg forciert. Als Prototyp von Bildungsbenachteiligung war das „katholische Mdchen vom Lande“ damals im Gesprch. Klafki (1986, S. 474f.) stellte 15 Jahre spter die bereits gemachten Fortschritte zur Reduzierung gesellschaftlicher Ungleichheiten im Bildungswesen fest. Ziel und Zweck einer Allgemeinbildung blieben fr ihn:

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Allgemeinbildung fr alle

– „Allgemeinbildung als Bildung fr alle zur Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidarittsfhigkeit. – Die kritische Auseinandersetzung mit einem neu zu durchdenkendem Gefge des Allgemeinen als des uns alle Angehenden und – die Bildung aller uns heute erkennbaren humanen Fhigkeitsdimensionen des Menschen.“ Zudem war er der Meinung: „Allgemeinbildung muß gerade heute (…) auch als politische Bildung zur aktiven Mitgestaltung eines weiter voranzutreibenden Demokratisierungsprozesses verstanden werden.“

Lebenslanges Lernen – kritisch gesehen Kossack (2018) beklagt in einem Artikel zur Theorie und Empirie lebenslangen Lernens, dass in der Weiterbildung der humanistisch-emanzipatorische Ansatz des lebenslangen Lernens aus den Siebzigerjahren weitgehend verloren ging und „in der Folge das Lebenslange Lernen konomisch markiert und auf Flexibilitt und Konkurrenz ausgerichtet“ wurde. Der Mensch, so Kossack, scheint heute in der Erwachsenenweiterbildung eher dazu aufgerufen zu werden, ein unternehmerisches Verhltnis zu sich selbst herzustellen, „sich selbst im Wettbewerb mit anderen zu sehen und in diesem Wettbewerb bestehen zu wollen“. Dies bedeute, „sich selbst zu flexibilisieren bzw. sich entsprechend

lebenslanges Lernen – konomisch markiert

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Kapitel 6

Schwerpunkt der Weiterbildung: Berufsttige

der Anforderungen im Beruf und im Privaten zu entwickeln – man knnte dabei auch von Anpassung sprechen“ (Kossack 2018, S. 172). Fuhr (2018) betont ebenfalls, dass wirtschaftliches Denken die Idee des lebenslangen Lernens deutlich okkupiert hat und die wirtschaftliche Perspektive bei der Entwicklung von Humanressourcen berwiegt. Es gebe kaum noch Raum fr die individuelle Entwicklung, mit der die Idee eines lebenslangen Lernens einmal angetreten sei. Auch Tippelt (2018) weist darauf hin, dass lebenslanges Lernen vor allem dem Nachholen grundlegender Bildung oder dem Erwerb neuer berufsbezogener Qualifikationen dient oder das Ziel hat, berholte Qualifikationen durch neues Lernen zu ersetzen. Der Schwerpunkt der Weiterbildungsbemhungen liege also bei den Berufsttigen. Das gilt gewissermaßen auch fr die Zielgruppe des Wettbewerbs „Offene Hochschulen“, der 2008 von der Deutschen Gesellschaft fr wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium ins Leben gerufen wurde. Die Gesellschaft sollte die von den Hochschulen getragene Weiterbildung frdern und koordinieren und „Konzepte fr berufsbegleitendes Studieren und lebenslanges, wissenschaftliches Lernen besonders fr Berufsttige, Personen mit Familienpflichten und Berufsrckkehrerinnen (…) frdern“ (Schfer 2017, S. 29).

Besondere Aspekte von lebenslangem Lernen im hheren Alter

unterschiedliche Lebensphasen – unterschiedliche Lernphasen

Von dieser beruflich verwertbaren Weiterbildung Erwachsener mchten wir im Folgenden den Blick auf das Lernen in der nachberuflichen Phase unseres Lebens lenken. Diese Phase wird von maßgeblichen Altersforschern (vgl. Baltes 1997 und Kruse 2017) in ein drittes Lebensalter von 65 bis 80/85 Jahren und in ein viertes Lebensalter der sogenannten Hochaltrigen eingeteilt. Die bergnge dazwischen werden jeweils als fließend angesehen. Lebensphasen lassen sich auch als Lernphasen beschreiben. Whrend nach Illeris (2007, Kap. 11) im berufsttigen Erwachsenenalter selbstbestimmtes, sinnorientiertes, bedarfs- und lustorientiertes Lernen zum Zwecke der Alltagsbewltigung die Hauptrolle spielt, ist es im „reifen Alter“ eine eher persnliche, lustbetont motivierte Lernweise, ohne den Charakter von Notwendigkeit. Lernen diene dann eher der Herstellung von Sinn und Harmonie des Lebens. Hof (2018) unterscheidet in ihrer auf den Lebenslauf bezogenen Betrachtung des Lernens vier zentrale Aspekte. Sie knnen jeweils unterschiedlichen Wissenschaftsgebieten zugeordnet werden.

Sichtweisen der empirischen Bildungsforschung formales und informelles Lernen im Alter

Zunchst ist da die empirische Bildungsforschung, die Lernaktivitten in den unterschiedlichen Lebensphasen misst. Nach Tippelt u.a. (2009) gibt es gerade bei der Gruppe der ber 65-jhrigen Lernenden nicht nur Anhnger

Bildung im Alter und lebenslanges Lernen – ein Blick hinter die Kulissen

lebenslangen Lernens, sondern es treten auch starke Lernbarrieren auf. Sie betreffen sowohl formales, an Weiterbildungsinstitutionen stattfindendes Lernen als auch informelles Lernen, das im persnlichen Lernumfeld stattfindet. Von etwa 30 Prozent der Personen dieser Altersgruppe wird formales Lernen sogar kategorisch abgelehnt. Auch informelles Lernen findet kaum noch statt, und wenn, dann hchstens im engsten Familienkreis. Nur 14 Prozent bezeichnen Tippelt u.a. (2009) als vielseitig aktive Lernende, die neben formaler Bildung und Bchern auch das Internet bewusst nutzen und sich zudem in Netzwerken, beim Museumsbesuch und im Ehrenamt mit anderen Menschen austauschen. Insgesamt berwiegt der Anteil von informell Lernenden in der gesamten Altersgruppe der ber 65-Jhrigen. Sie bilden sich durch verschiedene Medien, Reisen und den Austausch mit Freunden eigenstndig weiter. Da Lesekompetenz, alltagsmathematische und technikbasierte Problemlsekompetenz als wichtige Voraussetzungen fr Weiterbildung gelten knnen, sind in diesem Zusammenhang auch zwei Studien interessant, die diese Kompetenzen bei 16- bis 65-Jhrigen (PIACC) als auch bei 66- bis 80-Jhrigen (CILL) 2012 gemessen haben. Fr PIACC konnte die Untersuchung der Probanden zu 81 Prozent am Computer stattfinden, fr die zweite Studie namens „Competencies in Later Life“ (CILL) lehnten bereits 71 Prozent der 66- bis 80-jhrigen Befragten eine Computerbefragung ab und wnschten sich die Papierform (vgl. Tippelt 2018). Sowohl in der Lesekompetenz als auch in der alltagsmathematischen Kompetenz bescheinigten beide Studien den ber 50- und besonders den ber 65-Jhrigen eine im Vergleich mit Jngeren geringere Lesekompetenz. Dabei korrelierten niedrige Bildungsabschlsse der Probanden und lngere Arbeitslosigkeit bzw. frhere Ttigkeit in Berufen, die weniger Lesefhigkeit verlangen, hoch mit sehr geringer Lesekompetenz und -flssigkeit. Erstaunlich war der enge Zusammenhang der fehlenden Lesekompetenz der lteren, der auch noch mit der mangelnden Bildungsbeflissenheit ihrer jeweiligen eigenen Eltern hergestellt werden konnte (Tippelt 2018, S. 117). Diese lange Nachwirkung stimmt nachdenklich. Ist es doch auch ein Ziel des lebenslangen Lernens individuelle und soziale Ungleichheiten in der Gesellschaft auszugleichen. Weiterbildung soll eigentlich doch diese „zweite Chance“ ermglichen. Das scheint allerdings ein schwer zu erreichendes Ziel. Erfolgversprechender wre es, wenn bereits im Vorschul- und Schulalter damit begonnen wrde, wie die obigen Ergebnisse aus PIACC und CiLL andeuten.

Sichtweise der soziologischen Lebenslaufforschung Nicht nur diese Zusammenhnge veranlassten Hof (2018), auf die Notwendigkeit einer soziologischen Lebenslaufforschung hinzuweisen, die lebens-

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Lesekompetenz und Bildungsabschlsse bei lteren

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Kapitel 6 Fortwirken von Bildungsdisparitten von der Jugend bis ins Alter

langes Lernen zugleich als Grundlage und Ergebnis von Lernmglichkeiten sieht. Es ist schließlich ein bedeutender Aspekt, unter welchen „gesellschaftlichen, institutionellen oder situativen Bedingungen eine fr den Einzelnen optimale Lebensgestaltung zu realisieren ist“ (Hof 2018, S. 188). Wie PIACC und CiLL zeigten, geht es auch um die Frage der Fortwirkung von Disparitten von der Schul- und Erwerbsphase bis ins dritte und vierte Lebensalter. Auf die gesellschaftliche Legitimierung oder Nichtlegitimierung von Lerngelegenheiten weisen Brandi und Elkjaer (2011, S. 28) hin: „The argument from social learning theory is that a situation posits certain possibilities for some actions and knowledge being legitimate and other knowledge and action not.“

Beispiel fr gewollte Bildungsungleichheit: Mdchen- und Frauenbildung frher

Ein schlagendes Beispiel hierfr ist die Vernderung, die die Frauen- und Mdchenbildung in den letzten 120 Jahren erfahren hat. So wurde Frauen der volle Zugang zu den Universitten im deutschen Sprachraum erst Anfang des 20. Jahrhunderts gewhrt, whrend es heute selbstverstndlich ist, dass Mdchen und Frauen an allen Bildungsangeboten teilhaben knnen. Als hhere Bildungspartizipation fr Frauen nicht vorgesehen und nicht gewnscht war, fehlte es nicht an entsprechenden wissenschaftlichen Begrndungen, warum Frauen fr hhere Bildung ungeeignet seien. Nicht zuletzt wurde ihnen grundstzlich die Fhigkeit zur Bildung abgesprochen, etwa wegen eines kleineren Gehirns, fehlender Kreativitt oder eines fehlenden Mathematikgens. Solche Vorurteile und Stereotype, die auf in einer Gesellschaft vorherrschenden Bildern bestimmter Gruppen beruhen, fanden sich lange Zeit nicht nur in der Frauenbildung. Sie knnen auch in der Bildung lterer Menschen nachgewiesen werden. Lange Zeit herrschte die Meinung vor, das Alter sei generell nur durch kontinuierlichen Abbau von (Geistes-)Krften gekennzeichnet. Ein differenzierter Blick nicht nur auf Verluste im Alter, sondern auch auf die Erhaltungsmglichkeiten und Gewinne fehlte. Sehr oft wurden alle ltere als inaktiv, nicht mehr lernfhig und unflexibel beschrieben (vgl. Altersbilder in unserer Gesellschaft 2010, sechster Bericht zur Lage der lteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland). Eine Reihe von Autoren wie beispielsweise Levy, Slade, Kunkel & Kasl (2002), Langer (2011), Stamov-Roßnagel (2013) und Tippelt (2018) konnte belegen, dass positive Altersbilder einen wesentlichen Einfluss nicht nur auf die Lebensqualitt und den Erhalt oder die Erweiterung von Kompetenzen haben, sondern sogar auf die Lebensdauer.

Sichtweisen der Biografie-Forschung und des transformativen Lernens Hof (2018) mchte die lebenslaufbezogene Betrachtung des Lernens auch aus dem Aspekt der Biografie-Forschung beleuchtet wissen. Lernen – nicht

Bildung im Alter und lebenslanges Lernen – ein Blick hinter die Kulissen

nur im Alter – fhrt zu Sinnbildungs- und Transformationsprozessen, die großen Einfluss auf die Biografie haben knnen. Was passiert bei solchen Transformationsprozessen? Lassen sie uns dazu einleitend noch mal einen kleinen Ausflug in die Neurowissenschaften machen. In der Informationsverarbeitung durchlaufen wir Prozesse der Wahrnehmung, des Filterns, Deutens und Bewertens und der Speicherung (vgl. Kap. 5). Den ersten Filter in Bezug auf unsere Wahrnehmungsmglichkeiten setzt unsere Aufmerksamkeit. Wie ein Scheinwerfer lenkt sie unseren Blick auf ein uns wichtiges Feld. Danach gleichen wir in Blitzesschnelle das selektiv Wahrgenommene mit uns bereits Bekanntem und Gespeichertem im Langzeitgedchtnis ab. Wir deuten also unsere Wahrnehmungen aufgrund unseres bisherigen Wissens, unserer Erfahrungen und der Gefhle, die wesentlich damit verbunden waren. Diese „Handlungs-, Wissens- und Gefhlsbibliothek“ bildet gewissermaßen den Referenzrahmen fr alles Neue. Dieser Deutungs- und Bewertungsprozess luft zum grßten Teil in Millisekunden unbewusst, sozusagen automatisch ab. Unser Gehirn arbeitet dabei energiesparend und effizient. Sehr schnelle Reaktionen haben im Leben viele Vorteile, aber natrlich auch den Nachteil, dass unsere gewhnlichen Denkmuster und Bedeutungsschemata sich dabei nicht verndern. Immer wenn wir etwas neu lernen, wird bildlich gesprochen ein Stoppsignal gesendet. Der Automatismus in der Informationsverarbeitung wird unterbrochen, und unser bewusstes Denken setzt ein. Das macht nach Mezirow (1991) vier Formen des Lernens mglich.

Wir lernen etwas dazu: 1. Unsere bisherigen Bedeutungsschemata („meaning schemes“) werden erweitert, differenziert oder elaboriert. So lernen Kinder z.B. nach einem Zoobesuch, dass es noch viel mehr Tiere in der Welt gibt, als sie aus ihrer nheren Umgebung kennen. 2. Wir lernen neue Bedeutungsschemata, z.B. komplexe Handlungsablufe wie Fahrrad- oder Autofahren im Stadtverkehr, oder wir lernen neue Gesichtspunkte („points of view“) in bekannten Schemata kennen, wie z.B. Tiere in Raubtiere und Pflanzenfresser zu unterscheiden oder sie bestimmten Arten oder Rassen zuzuordnen. Wir lernen um (transformatives Lernen): 3. Wir lernen Gesichtspunkte („points of view“) bei unseren Bedeutungsschemata zu verndern („transformative learning“). Das beginnt oft mit einem Anstoß durch die Umwelt, der uns hilft, unsere bisherigen Bedeutungsschemata zu reflektieren und verndern zu wollen. So beschließt vielleicht eine wieder berufsttig gewordene Hausfrau, nachdem sie von Erfahrungen

91 Lernen im Alter fhrt zu Transformationsprozessen

Dazulernen

Umlernen

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Kapitel 6

Point of no return

learning to think like an adult

ihrer neuen Arbeitskolleginnen gehrt hat, auch nicht mehr nach Dienstschluss allein fr das Familienabendessen zustndig sein zu wollen. 4. Wir erlernen grundlegende neue Denkgewohnheiten („transformation of meaning perspectives/habits of mind“). Wir entdecken, dass unsere alten Grundannahmen, subjektiven Perspektiven und Deutungen von Rollenmustern und Lebensereignissen nicht mehr passen. In unserem Beispiel verndert die ehemalige Hausfrau noch weit mehr Aufgabenfelder in ihrem Familienleben als nur die alleinige Zustndigkeit fr das Familienabendessen. Fuhr (2018) unterscheidet „Umlernen“ ganz deutlich vom „Dazulernen“. Umlernen im Sinne des transformativen Lernens kann biografisch sehr bedeutsam werden. Es fhrt zum kritischen Hinterfragen bisheriger Annahmen, oft durch Denkanstße in der Umwelt. Gewissermaßen wird es zum „point of no return“. In Anlehnung an Hoggan (2016) beschreibt Fuhr diese Lernart folgendermaßen: Transformationslernen bezieht sich auf Prozesse, die zu signifikanten und unumkehrbaren Vernderungen in der Art und Weise fhren, wie eine Person die Welt erlebt, konzeptualisiert und mit ihr interagiert. Das kann zu signifikanten nderungen in der eigenen Weltanschauung, dem Selbstbild, eigener Gewohnheiten, dem Verhalten und der Verstrkung oder Abschwchung bestimmter Eigenschaften fhren (Fuhr 2018, S. 90). Mezirow formuliert als Wunschziel des tranformativen Lernens sein „learning to think like an adult“. Fuhr sieht den Beitrag des transformativen Lernens darin, zur Entwicklung von mglichst mndigen, selbstkritischen, handlungsfhigen und offenen Menschen beizutragen. Ein Anliegen, das auch schon Wilhelm von Humboldt am Herzen lag.

Sichtweise der bergangsforschung Hof (2018) sieht noch einen vierten Aspekt, der zum Lernen im Lebenslauf einiges an Erhellung beitragen kann. Sie engagiert sich fr die bergangsforschung, die bedeutsame bergnge im menschlichen Leben, wie den Eintritt in die Schule, in den Beruf und spter in die Rente, unter zwei Aspekten erforscht. Diese Forschungsrichtung fragt zum einen, wie es dem Einzelnen mit den Anforderungen der neuen Lebensphase ergeht und wie er sie individuell bewltigt. Dazu gehren zum Beispiel Rollen- und Statuswechsel, ferner die Vernderung subjektiver Selbstkonzepte, nicht nur durch die eigene Positionierung, sondern auch durch die Erwartungen der Umwelt. bergnge werden durch gesellschaftliche Erwartungen mitgestaltet. Es ist sehr wesentlich, wie weiter oben bereits geschildert wurde, welche Altersbilder ein Mensch vor, beim und nach dem bergang in den Ruhestand hat und wie sein Umfeld darber denkt.

Bildung im Alter und lebenslanges Lernen – ein Blick hinter die Kulissen

Biografische Phasen des bergangs sind Wandlungsprozesse, die ein neues Lebenskonzept ermglichen. Grundlegende Muster, die in den vorangegangenen stabilen Phasen erworben wurden und galten, werden in Vernderungszeiten hinterfragt und gegebenenfalls modifiziert. Auf eine Phase der Desorientierung (alte Muster greifen nicht mehr, knnen bei der Strukturierung des Alltags nicht mehr helfen) kann nach dem Umlernen eine Re-Orientierung erfolgen. Beziehungen und Rollen verndern sich, neue Handlungsablufe und Gewohnheiten entstehen. Erstaunlich bleibt, dass nicht wenige Autoren, die ber lebenslanges Lernen sprechen, die Hochaltrigen ganz aussparen und bereits fr die 65- bis 80-Jhrigen betonen, dass es bei ihnen weniger um neuen Kompetenzerwerb geht, sondern nur noch um den Kompetenzerhalt. Hof weist abschließend noch einmal auf die „Pfadabhngigkeit“ des lebenslangen Lernens hin. Offensichtliche, aber auch subtile soziokulturelle, soziokonomische und situative Faktoren spielen neben den individuellen Kompetenzen eine ganz wesentliche Rolle bei den Bildungsmglichkeiten eines Menschen, auch und sogar sehr deutlich im dritten und vierten Lebensalter. Dieser Appell, nicht nur die individuelle Selbstverantwortung lterer Menschen in ihrer Bildungswilligkeit zu betonen, sondern auch die Gesellschaft zu entsprechenden Angeboten in die Pflicht zu nehmen, sollte nicht berhrt werden.

93 bergangsphasen als Wandlungsprozesse

Ausblick Wohl die krzeste Zusammenfassung, was Bildung und lebenslanges Lernen fr dieses Jahrhundert bedeuten, liefert der UNESCO Bericht zur Bildung fr das 21. Jahrhundert. Bildung wird als ein offenes Projekt bezeichnet, das von vier Sulen getragen wird: Learning to know (lernen zu wissen), learning to do (lernen zu handeln), learning to live together (lernen zusammen zu leben) und learning to be (lernen zu sein). Dieser Ausblick auf die zuknftigen Bildungsaufgaben dieses Jahrhunderts weist nicht nur auf die virulenten Notwendigkeiten der Zukunft hin, sondern auch auf teilweise vergessene Wurzeln in der Vergangenheit und Gegenwart. Dazu die folgenden Gedanken:

Bildung fr das 21. Jahrhundert

„Learning to know“ Lernen, um neues Wissen zu erwerben, ist ein menschliches Grundbedrfnis. Der Mensch ist von klein auf ein „Neugierwesen“. Fuhr (2018) betont daher, dass Menschen nicht nur durch Anpassungsdruck lernen, sondern aus Freude, aus einem „Sich-berraschen-lassen-Wollen“, aus Entdeckerlust an neuen Fragen und Problemstel-

Faktenwissen ist unerlsslich

94

Kapitel 6

lungen. „Ohne Neugierde, Offenheit fr alternative Sichtweisen, Infragestellen der eigenen habits (Gewohnheiten) wre das Leben arm.“ Zum anderen entsteht ein Lernenmssen im weiteren Leben oft aus der Notwendigkeit einer Neuanpassung an eine vernderte Welt. So erfordert zum Beispiel heute die zunehmende Digitalisierung eine Aus- und Weiterbildung fr junge und auch ltere Menschen, wenn sie nicht abgehngt werden wollen. Nicht zuletzt ist es in der jetzigen Zeit der „fake news“ ein wichtiges Bedrfnis, genug Faktenwissen zu haben, um kompetent mitreden zu knnen und die Orientierung zu behalten.

„Learning to do“

Wissen und wirksam Ttigwerden gehren zusammen

Lernen, etwas zu tun, zhlt ebenfalls zum menschlichen Grundbedrfnis nach einem wirksamem Ttig-werden-Wollen. Nicht zuletzt hat die Diskussion um den Kompetenzbegriff in der Bildung der letzten 20 Jahre dazu beigetragen, nicht allein Stoffvermittlung und Wissenserwerb in den Mittelpunkt zu stellen, sondern auch alle weiteren Komponenten in den Blick zu nehmen, die zum Erwerb von Wissen und Handlungsfhigkeit beitragen. Wie Weinert (2001) betonte, spielen beim Erwerb von fachlichen Kompetenzen auch methodische, soziale, emotionale und volitionale Kompetenzen eine Rolle. Der reine Erwerb von Bildungswissen kann zwar als Aushngeschild und Statussymbol dienen, bleibt aber fr das gelebte Leben weitgehend folgenlos. Darauf wies auch schon Cicero vor 2.000 Jahren hin, der fr eine gute Lebensfhrung nicht nur die Auseinandersetzung mit den Wissenschaften als notwendig ansah, sondern auch gelebte Tugenden und ein wirksames Ttigwerden auch im Alter. In mehreren Studien (u.a. Kruse 2017) werden vor allem lteren Menschen hohe emotionale, soziale und intergenerative Kompetenzen zugesprochen.

„Learning to live together“ gutes Zusammenleben Lernen – eine Lebensaufgabe

Den Aspekt des guten Zusammenlebens in der Gesellschaft mehr in den Fokus von Bildung zu nehmen, ist und wird in unserem Jahrhundert zunehmend wichtig. Selbstverwirklichung ist in den letzten Jahrzehnten oft an die Stelle von Konformitt und einfache bernahme alter Rollenmuster getreten. Wie Schmid (2018) ausfhrt, zhlt aber zu einer gut entwickelten Selbstfreundschaft, soll sie nicht

Bildung im Alter und lebenslanges Lernen – ein Blick hinter die Kulissen

95

zu extremer Selbstbezogenheit verkommen, immer auch das Offensein fr die Freundschaft mit anderen. Wie die Bindungsforschung belegt, ist uns das Bedrfnis nach Verbundenheit mit anderen Menschen zwar angeboren, wie weit sich aber Empathiefhigkeit und ein Gefhl fr Fairness im Zusammensein entwickeln, hngt auch von unserem engsten Umfeld und den gelebten Werten einer Gesellschaft ab. Ein gutes Zusammenleben zu lernen, ist eine Lebensaufgabe, mit der nicht frh genug begonnen werden kann. Dass hier gerade Menschen im dritten und vierten Lebensalter mit ihren Lebenserfahrungen einen guten Beitrag fr die Gesellschaft leisten knnen, ist ein Hoffnungsschimmer.

„Learning to be“ Das bloße „In-sich-Sein“ genießen zu knnen, ist das Ziel fernstlicher Weisheitslehren. Sich selbst in der Auseinandersetzung mit der Welt zu entdecken und immer weiter zu bilden, ist das Ziel des von Humboldt geprgten, neuen humanistischen Bildungsideals. Sich in seinem Sosein erst einmal annehmen, aber dann auch hinterfragen und weiterentwickeln zu knnen, ist das Thema transformativen Lernens. „Haben oder Sein“ war ein Buchtitel von Erich Fromm, der uns daran erinnern knnte, dass nicht nur der Erwerb, das Haben von Wissen, Fhigkeiten und Fertigkeiten ein Ziel der Bildung ist, sondern dass Bildung sich letztlich in unserem Sein ausdrckt. „Learning to know, to do, to live together, to be“ – nichts davon ist nur der Jugend vorbehalten.

Bildung zeigt sich im Sein

Man kann die Welt oder sich selbst ndern, das zweite ist schwieriger. Mark Twain

Kapitel 7 Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium Die Rolle der Universitten Neben den beiden zentralen Aufgaben einer Universitt, nmlich Forschung und Lehre, verstehen sich Universitten auch als Partner in der Regionalentwicklung, nehmen somit zivilgesellschaftliche Aufgaben war. Durch die Kooperation zwischen der Universitt und der Stadt bzw. Region knnen innovative Konzepte zur Strkung des gesellschaftlichen Engagements gefrdert und im gnstigen Fall nachhaltig etabliert werden. Gemeinsame Aktivitten frdern die Vernetzung und einen kommunikativen Wissensaustausch zwischen den Partnern Universitt und Kommune. Der Wissenschaftstransfer als Aufgabe ist in den jeweiligen Grundordnungen der Universitten verankert. Beispielhaft sei hier ein Auszug aus der Grundordnung der Universitt Paderborn vom 9. September 2020 genannt: „Die Universitt Paderborn versteht sich als Ort freier wissenschaftlicher Ttigkeit in den Bereichen Forschung, Lehre und Studium sowie Transfer. (…) Die Universitt Paderborn bekennt sich zu ihrer Verantwortung gegenber Region und Gesellschaft und treibt einen regionalen, nationalen wie auch globalen Nachhaltigkeitsprozess voran. Forschung, Lehre und Studium sowie Transfer an der Universitt Paderborn sind ausschließlich zivilen und friedlichen Zwecken verpflichtet.“ (Prambel, S. 3) Die ffnung der Hochschulen mit dem Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschungsergebnisse einer breiten ffentlichkeit zugnglich zu machen, hat schon in den 1980er Jahren begonnen. Den Austauschprozess zwischen Universitt und Region anzuregen und zu frdern, manifestiert sich u.a. darin, dass in den Universittsverwaltungen eigene Stellen fr diesen Aufgabenbereich bereitstehen, wie z.B. an der Universitt Kln die Koordinierungsstelle Wissenschaft und ffentlichkeit, an der Universitt Paderborn die Stabsstelle Hochschulnetzwerk und Fundraising oder an der TU Chemnitz das Zentrum fr Wissens- und Technologietransfer. Diese Stabsstellen stehen teilweise in enger Verbindung mit dem Seniorenstudium und untersttzen es. Auch wenn die Kernaufgaben der Universitten und Hochschulen die wissenschaftliche Ausbildung und Qualifizierung jngerer Studierender in der Erst-

Wissenstransfer zwischen Universitt und Region

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Kapitel 7

geringe personelle und finanzielle Kapazitten fr das Seniorenstudium

ausbildung sind, wird von vielen Institutionen wissenschaftliche Bildung fr verschiedene gesellschaftliche Gruppen im Sinne des lebenslangen Lernens angeboten. Insbesondere das Seniorenstudium kann „als Kristallisationspunkt fr den Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit“ gesehen werden, wie Meyer-Wolters (2007) anhand unterschiedlicher Projekte belegt. Das Seniorenstudium eignet sich gut dafr, eine dauerhafte Kooperation zwischen der Universitt und der Stadt/Region zu etablieren und beispielsweise die vielen Facetten rund um das Alter und das Leben in einer alternden Gesellschaft jungen und alten Studierenden und Zuhrern nherzubringen. Beispielhaft dafr stehen das Seniorenkolleg an der TU Chemnitz, das jedes Semester ein breit gefchertes Bildungsangebot fr bis zu 1.000 Seniorinnen und Senioren anbietet (vgl. Schoene 2013), das Studium fr ltere an der Universitt Paderborn mit ffentlichen interdisziplinren Ringvorlesungen z.B. in Kooperation mit dem Heinz Nixdorf Forum zum Thema Die Zukunft des Alters: Selbstbestimmt Leben und aktiv gestalten, oder transdisziplinre Kongresse an der Universitt Kln zum Thema Altern gemeinsam gestalten. Diese speziellen Bildungsangebote knnen einem interessierten (Laien-)Publikum den aktuellen Wissensund Forschungsstand der Altersforschung differenziert, kompakt und verstndlich vermitteln. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass im Falle knapper werdender Mittel oder im Zuge einer Umstrukturierung, wie in der Vergangenheit die Umstellung auf die Bachelor- und Master-Studiengnge, Angebote wie das Seniorenstudium eingeschrnkt bzw. nicht erweitert und ausgebaut werden. Der Erfolg einer erfolgreichen Kooperation zwischen Wissenschaft und ffentlichkeit hngt oftmals von dem Bemhen einzelner Personen ab, die engagiert und hufig ehrenamtlich fr die Belange der Seniorstudierenden und der lteren generell eintreten und anspruchsvolle und innovative Vorhaben vorantreiben. Nur in wenigen Fllen fhren diese Bemhungen zu einer dauerhaften institutionellen Verstetigung. „Es wre begrßenswert, wenn diese Aufgabe der Hochschulen nicht nur als eine Art Appendix wahrgenommen und quasi ‚by the way‘, mit erledigt wrde, sondern wenn dafr zustzliche Kapazitten (personeller und finanzieller) Art bereitgestellt wrden. Das wrde bedeuten, dass Weiterbildung und ‚ffentliche Wissenschaft‘ (PUSH & PUR) als Kernaufgabe wahrgenommen und nicht als ‚Kraufgabe‘ erst dann zum Erblhen kme, wenn die Kapazitten der Erstausbildung dies (endlich) zuließen.“ (Brokmann-Nooren 2009, S. 121) Nachfolgend werden exemplarisch von verschiedenen Universitten und Hochschulen realisierte Initiativen, Studienkonzepte und Projekte beschrieben, die dem Leitbild der Verantwortung der Universitt gegenber der Region und der Gesellschaft weitgehend entsprechen. Sie gewhrleisten einen

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

produktiven Austausch fr die beteiligten Gruppen und kommen somit den Aufgaben der Wissensvermittlung und der Partizipation an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen nach. Die wohl bekannteste Initiative wurde 1984 im Rahmen des Modellprojekts zur Erprobung eines Studienangebotes fr Senioren von der TU Dortmund ins Leben gerufen. Ein Professor grndete zusammen mit einem Seniorstudenten das ZWAR-Projekt (Zwischen Arbeit und Ruhestand). ZWAR sollte Hilfe zur Selbsthilfe in selbst organisierten Gruppen im Ruhestandsalter bieten. Inzwischen gibt es in 70 Kommunen in Nordrhein-Westfalen 210 ZWAR-Netzwerkgruppen, die anfnglich vom Land NRW gefrdert wurden und jetzt auf eigenen Beinen stehen. Der Dortmunder Ansatz, Seniorinnen und Senioren selbst aktiv in die Gestaltung des Alters und geragogische Forschungsfragen einzubinden, ist ein herausragendes Kriterium des Seniorenstudiums und bietet eine gute Verbindung von Wissenschaft und Gesellschaftsgestaltung. Der Dortmunder Ansatz hat international fr Aufsehen gesorgt und unter anderem in Indien und China mit zur Grndung von Seniorenstudiengngen beigetragen. Bevor wir nher auf weitere Konzepte in der Altenbildung und deren praktische Umsetzung eingehen, sollen zunchst konzeptionelle berlegungen und empirische Befunde zum Freiwilligenengagement und der von vielen lteren mit hohem Engagement und viel Freude ausgebten ehrenamtlichen Ttigkeiten dargelegt werden. Es wird auch auf die Bedeutung des brgerschaftlichen Engagements, ebenfalls eine Freiwilligenarbeit, allerdings mit politischem Anspruch, eingegangen. Wie eine entsprechende Ausbildung zur verantwortungsvollen Ausbung brgerschaftlichen Engagements im Seniorenstudium erworben werden kann, wird unten vorgestellt.

99

Modellprojekte und Initiativen fr Wissenstransfer

Freiwilligenarbeit und Ttigkeit im Ehrenamt Freiwilligenarbeit und ehrenamtliche Ttigkeit werden in Deutschland, anders als etwa in der Schweiz (Wehner & Gntert 2015), weitgehend synonym verwendet, folglich werden auch wir die Begriffe im folgenden Text gleichbedeutend verwenden. Welchen Stellenwert die Freiwilligenarbeit in unserer Gesellschaft besitzt, stellen Oostlander, Gntert und Wehner (2015, S. 63) heraus: „Aus gesellschaftspolitischer und volkswirtschaftlicher Perspektive kann die Freiwilligenarbeit dieser Bevlkerungsgruppe als wertvolle Ressource verstanden werden, da ltere Menschen freier ber ihre Zeit verfgen und einen reichen Erfahrungsschatz als Freiwillige einbringen knnen. Darber hinaus wird Freiwilligenarbeit als Chance fr ltere Menschen betrachtet, da sie Gelegenheiten bietet, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, soziale Einbindung und Anerkennung zu erfahren und eine sinnstiftende Ttigkeit auszuben.“

Bedeutung der Freiwilligenarbeit

100

Kapitel 7 drei Merkmale „guter Arbeit“

Die Besonderheit der Freiwilligenarbeit besteht im Vergleich zur Erwerbsttigkeit darin, dass sie nicht der Sicherung des Lebensunterhalts der ttigen Person dient. Das trifft zwar auch fr andere Arbeiten wie etwa der Hausarbeit zu, dennoch unterscheiden sich die Ziele dieser Ttigkeiten voneinander. Freiwilligenarbeit muss grundstzlich nicht ausgebt werden und es fhrt kaum zu negativen Konsequenzen, wenn die Person diese Arbeit nicht mehr ausben mchte oder nicht mehr ausben darf (z.B. aufgrund von Altersgrenzen). Dennoch ist die Freiwilligenarbeit als Arbeitsttigkeit zu bezeichnen, und somit knnen Merkmale einer guten Arbeit, in der Forschungsliteratur im Zusammenhang mit Erwerbsarbeit genannt, fr die Freiwilligenarbeit herangezogen werden (Wehner & Gntert 2015). Drei zentrale Merkmale, die gute Arbeit charakterisieren, sind: – ganzheitliche Handlung und Handlungskontrolle, – Wirksamkeit und Bedeutsamkeit der Ttigkeit, – Rckmeldung und soziale Untersttzung.

breites Spektrum ehrenamtlicher Arbeit

Ganzheitliche Arbeitsttigkeiten, die als sinnvoll und bedeutsam erlebt werden und entsprechende Handlungsspielrume sowohl in inhaltlicher als auch in zeitlicher Hinsicht gewhrleisten, knnen ttigen Personen eine hohe Zufriedenheit und Lebensfreude geben. Dazu gehren entscheidend die Verantwortung fr die Ergebnisse der Arbeit sowie das Wissen ber die Konsequenzen des eigenen Arbeitshandelns, die durch Rckmeldung erlangt werden. Darber hinaus sind die soziale Teilhabe und Untersttzung durch andere am Arbeitsplatz ein wichtiges Merkmal guter Arbeit. So nimmt das im deutschen Sprachraum vertretene und empirisch gut belegte Job Characteristics Modell an, dass hohe Motivation, Zufriedenheit und Produktivitt in der Arbeit eben dann erreicht werden, wenn die oben genannten Merkmale erfllt sind. Das schließt nicht aus, dass die bestimmenden Merkmale mehr oder weniger stark ausgeprgt sein knnen (Msken, Dick & Wehner 2015, S. 40). In unserer Gesellschaft engagieren sich viele Menschen unterschiedlichen Alters fr ehrenamtliche Ttigkeiten. Die Mglichkeiten sind breit gefchert und umfassen viele Lebensbereiche. Ehrenamtliche arbeiten ohne finanzielle Untersttzung in Sportvereinen und Verbnden, in karitativen und anderen gemeinntzigen Organisationen, in Nachbarschaftsinitiativen und weiteren gemeinwohlorientierten Bereichen (Simonson, Vogel & Tesch-Rmer 2016). Die Bedeutung der Freiwilligenarbeit und der ehrenamtlichen Ttigkeiten kann in unserer Gesellschaft kaum berschtzt werden (vgl. Knauber 2014, S. 127): „Gerade lteren, die ehrenamtlich oder zivilgesellschaftlich engagiert sind, wird eine gesellschaftlich unverzichtbare Rolle zugeschrieben, weil zum einen von einem individuellen und zum anderen von einem gesellschaftlichen Nutzen ehrenamtlicher Arbeit ausgegangen wird.“

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

101

Und weiter: „Die gesellschaftliche Bedeutung lterer Ehrenamtlicher liegt zunchst darin, dass diese Menschen eine betrchtliche personelle Ressource und somit eine unentbehrliche Grundlage fr die Existenz vieler Vereine, Verbnde und sonstiger – gerade kultureller – Institutionen darstellen, die wichtige Aufgaben bernehmen. ltere verfgen zudem ber großes Erfahrungswissen, aber auch ber umfangreiche Kompetenzen, Potenziale und Ressourcen, und nicht zuletzt ber eine Flexibilitt und Autonomie, Durchsetzungskraft und Begeisterungsfhigkeit. Das unterscheidet sie von jngeren Ehrenamtlichen und macht sie fr das Ehrenamt zu einem besonderen Gewinn.“ In Abgrenzung zur Freiwilligenarbeit geht es beim Brgerschaftlichen Engagement darum, dass Personen sich in die Gemeinde einbringen, in der sie leben, dass sie ihre Zeit darauf verwenden, ffentliche Belange mitzugestalten, z.B. im Gemeinderat. Brgerschaftliches Engagement versteht sich als ein Dienst zum Wohle der Allgemeinheit, hat somit eine stark politische Konnotation (Wehner, Gntert, Neufeind & Mieg 2015), d.h. der Brger agiert als Mitglied eines demokratischen Gemeinwesens, aber eben auf freiwilliger Basis. Obwohl die Ttigkeiten gemeinwohlorientiert sind, knnen sie fr das Individuum sehr wohl eine eigenntzige Funktion erfllen. Nach Simonson et al. (2016, S. 9) ist „Brgerschaftliches Engagement (…) eine unverzichtbare Bedingung fr den Zusammenhalt der Gesellschaft“. Da Menschen zu Beginn ihres Ruhestandes noch rund 20 Jahre Lebenszeit bei berwiegend guter Gesundheit zur Verfgung haben, ist fr viele ltere brgerschaftliches Engagement eine willkommene Option. So ist rund ein Drittel der ber 65-Jhrigen freiwillig engagiert. Erst bei den 75Jhrigen und lteren geht das Engagement zurck, was zum einen mit gesundheitlichen Einschrnkungen, zum anderen mit bestehenden Altersgrenzen in bestimmten Ttigkeitsbereichen zu tun haben kann (Simonson et al. 2016, S. 17 ff.). Weitere Bedingungen, die Einfluss darauf nehmen, ob eine ehrenamtliche Ttigkeit aufgenommen wird oder nicht, werden nachfolgend kurz beschrieben: – Bildung: Das Bildungsniveau hngt zusammen mit dem freiwilligen Engagement, d.h., ein hherer Schulabschluss geht mit hherem Engagement einher. – Finanzielle Ressourcen: Personen, die ihre finanzielle Lage als gut oder sehr gut einschtzen, engagieren sich strker als Personen mit geringeren finanziellen Mglichkeiten. – Gesundheit: Wenig berraschend zeigt sich, dass Personen mit guter Gesundheit sich eher engagieren als Personen mit Einschrnkungen.

Bedingungen, die Einfluss darauf nehmen, ob eine ehrenamtliche Ttigkeit ausgebt wird

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Kapitel 7

– Formale Altersgrenzen fr ehrenamtliche Ttigkeiten, z.B. bei bestimmten Organisationen. – Kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern: In der Tendenz engagieren sich mehr Mnner als Frauen. gesundheitsfrdernde Auswirkungen ehrenamtlicher Ttigkeit

Beim Punkt Gesundheit ist aus psychologischer Perspektive zu ergnzen, dass Freiwilligenarbeit sich positiv auf die Gesundheit der ttigen lteren auszuwirken scheint (Ramos & Wehner 2015, S. 116f.). Verschiedene Studien zeigen, dass Freiwilligenarbeit mit niedrigeren Depressionswerten einhergeht und bei lteren sogar die Verbesserungen einer Depression vorhergesagt werden konnte. Hieraus schließen die Autoren, dass vor allem die Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten im hheren Lebensalter einer positiven gesundheitlichen Entwicklung dienlich ist. Gesundheitsfrderliche Auswirkungen sind weiter zu erwarten, wenn Personen aus intrinsischen Motiven heraus ttig werden, d.h., sie handeln selbstbestimmt, erleben ihr Handeln als sinnvoll, und die Ttigkeit stimmt mit ihren Wertvorstellungen berein. Die Wirkungen selbstbestimmten Handelns sind dank der Selbstbestimmungstheorie von Ryan und Deci (2000) empirisch sehr gut erforscht. Die positiven Gedanken und Gefhle, die mit intrinsisch motiviertem Verhalten einhergehen, sind fr die handelnde Person selbstverstrkend und hoch motivierend dafr, diese Ttigkeit weiterhin auszuben (vgl. Rustemeyer 2011). Die positiven Konsequenzen treffen fr junge und in gleicher Weise auch fr ltere Menschen zu. Genaueren Aufschluss ber die Motive von Menschen, die zum Zeitpunkt der Befragung ehrenamtlich ttig waren oder frher ehrenamtlich gearbeitet haben, geben die Ergebnisse einer Befragung des Institutes fr Demoskopie Allensbach, die im Auftrag des Bundesministeriums fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ 2014) durchgefhrt wurde. Dafr wurden insgesamt 1.548 Personen ab 16 Jahren befragt. Die angegebenen Motive (im Durchschnitt werden bis zu 14 genannt) fr die bernahme einer ehrenamtlichen Ttigkeit sind sehr unterschiedlich und knnen je nach Persnlichkeit, Alter oder Lebenssituation anders akzentuiert sein: „Jngere Freiwillige suchen beim Engagement vergleichsweise hufig Raum fr eigene Entscheidungen und fr die Entfaltung eigener Fhigkeiten, aktive Eltern im mittleren Alter werden vergleichsweise hufig zum Engagement von anderen aufgefordert, etwa wenn es um die Bestimmung von Elternvertreterinnen und Elternvertretern in der Schule geht. Daneben mchten die Aktiven in diesem Alter vergleichsweise hufig Dinge verndern, die ihnen nicht gefallen, und die Lebensqualitt am Wohnort erhhen. ltere Engagierte berichten dagegen hufiger ber ethische und religise Antriebe fr ihre Aktivitten.“ (S. 3) Unabhngig vom Geschlecht und Alter geben die Befragten an, dass Freude ein wesentliches Motiv fr ihr Engagement ist. Es gibt jedoch noch wei-

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

103

tere Grnde, sich zu engagieren und fr andere einzusetzen, es sind vor allem die nachfolgend genannten Motive: – Freude an der Ttigkeit fr andere (95 Prozent), – der Wunsch, anderen zu helfen (86 Prozent), – weil man etwas fr bestimmte Gruppen oder Anliegen tun will (82 Prozent), – aus dem Wunsch heraus nach Kontakten und sozialer Interaktion (82 Prozent), – weil man sich gebraucht fhlt (82 Prozent), – um persnliche Strken entfalten zu knnen (78 Prozent), – um eigenen Interessen und Neigungen nachzugehen (75 Prozent), – um Neues zu lernen und interessante Erfahrungen zu machen (71 Prozent), – um die Lebensqualitt am Wohnort zu erhhen (70 Prozent), – wegen der Abwechslung vom Alltag durch das Engagement (67 Prozent), – aus dem Wunsch heraus, empfundene Missstnde zu beheben (59 Prozent).

unterschiedliche Motive fr ehrenamtliches Engagement

Zur besseren Strukturierung der Befragungsdaten und zur Identifizierung inhaltlich zusammengehriger Motive haben die Autoren mittels eines statistischen Verfahrens (Faktorenanalyse) fnf Motivbndel ermittelt. Nach Ansicht der Autoren werden so Einstellungsdimensionen der befragten Personen sichtbar gemacht (BMFSFJ 2014, S. 19).

fnf Motivbndel

– Engagement, um Dinge zu verbessern und zu bewegen, – Engagement aus Wertberzeugungen und Altruismus, – Engagement als Sinngebung durch bedeutsame Aufgaben und Anerkennung, – Engagement als Bereicherung des eigenen Lebens, – Engagement als Entfaltung von Fhigkeiten und Neigungen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei der Mehrzahl der Frauen und Mnner, die freiwillig bei brgerschaftlichen Aktivitten mitarbeiten oder Ehrenmter bernehmen, die Freude an der Ttigkeit, der Wunsch, anderen zu helfen und sich fr andere einzusetzen, die zentralen motivationalen Antriebe sind. Neben diesen eher altruistischen Antrieben spielen aber auch selbstbezogene Motive wie eigenen Interessen nachgehen, Abwechslung zum Alltag erleben, interessante Erfahrungen machen und Kontakte mit anderen Leuten pflegen eine wichtige Rolle. Nach den Motiven fr freiwilliges Engagement lterer Mitbrger wird auch im „Vierten Deutschen Freiwilligensurvey“ (Simonson, Vogel & Tesch-

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Kapitel 7

die Begrenzung auf altruistische versus egoistische Beweggrnde ist berholt

Rmer 2016, S. 40), der Personen von 14 bis 65 Jahren und lter erfasst, gefragt. Hier geben Personen ab 65 Jahren und lter auf die Frage nach ihren Motiven fr ihr freiwilliges Engagement an, dass sie Spaß haben mchten (93,7 Prozent), mit anderen Menschen zusammenkommen mchten (86,7 Prozent), Gesellschaft mitgestalten mchten (81,6 Prozent) und mit anderen Generationen zusammenkommen mchten (85,7 Prozent). Diese Ergebnisse decken sich weitgehend mit den Antworten, die ltere in den Befragungen vom BMFSFJ (2014) angegeben haben. Was bei der Angabe der Motive deutlich wird, ist die Vielfltigkeit der zugrunde liegenden Beweggrnde. Lange Zeit wurden in der Forschung zur Freiwilligenarbeit altruistische und egoistische Motive als Beweggrnde gegenbergestellt. Whrend altruistische Beweggrnde das Wohlergehen anderer ohne Rcksicht auf die eigene Person in den Vordergrund stellen, zielen egoistische oder selbstwertdienliche Grnde primr auf das eigene Wohlbefinden ab (Bierhoff, Schlken & Hoof 2007). Diese Unterteilung ist schon rein theoretisch nicht eindeutig durchzuhalten. Eine Handlung, die fr einen Beobachter altruistisch motiviert erscheint – man nehme das Beispiel des bedingungslosen Einsatzes fr Arme und Obdachlose der indischen Ordensschwester Mutter Teresa –, mag aus rein subjektiver Sicht der Zuversicht auf ein besseres Leben im Jenseits geschuldet sein.

Bedeutung der Freiwilligenarbeit fr das Individuum funktionaler Ansatz der Freiwilligenarbeit

sechs messbare Funktionen der Freiwilligenarbeit

Hilfreicher als die dichotome Gegenberstellung ist der funktionale Ansatz, der danach fragt, welche Funktionen die Ttigkeit fr das Individuum hat (vgl. Oostlander, Gntert & Wehner 2015, S. 60). So kann dieselbe Freiwilligenarbeit, sich z.B. bei der Tafel zu engagieren oder in einer Cafeteria eines Altenheims zu arbeiten, bei der einen Person hauptschlich das Bedrfnis nach sozialen Kontakten befriedigen, bei einer anderen Person primr das Bedrfnis Alte und Hilfsbedrftige zu untersttzen. Dieselbe Arbeit kann somit unterschiedliche Funktionen erfllen. Die Annahme einer Multifunktionalitt der Freiwilligenarbeit berwindet das Schwarz-weiß-Denken zwischen Altruismus und Egoismus und erffnet die Mglichkeit, weitere Funktionen in Betracht zu ziehen. Oostlander et al. (2015, S. 62) stellen sechs Funktionen vor, die bei der Freiwilligenttigkeit eine Rolle spielen. Mit einem wissenschaftlich basierten Test, dem „Volunteer Functions Inventory“, kann gemessen werden, in welchem Ausmaß die einzelnen Funktionen fr die befragte Person Bedeutung besitzen. Jede einzelne Aussage wird in dem Test bezglich ihrer Wichtigkeit auf einer Skala eingeschtzt. Dabei wird jede Funktion mit sechs Aussagen erfasst. Anhand des Fragebogens knnen verschiedene Freiwilligenttigkeiten sowohl in unterschiedlichen Gruppen als auch in unterschiedlichen Lndern

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

105

berprft und miteinander verglichen werden und vor allem auch zu weiteren Merkmalen wie Geschlecht, Bildung, soziales Umfeld in Beziehung gesetzt werden. Laut Oostlander et al. hngt der Erfolg einer dauerhaften und befriedigenden Freiwilligenttigkeit von der Passung zwischen den Motiven (im Sinne der persnlichen Gewichtung der Funktionen) der Person und den Mglichkeiten der jeweiligen Ttigkeit ab. Wenn einer Person die Befriedigung sozialer Kontakte, also andere Menschen kennenzulernen, wichtig ist, sollte sie eine Freiwilligenttigkeit dann besonders schtzen, wenn diese ihr viele soziale Kontakte ermglicht, whrend eine Ttigkeit, die ihr dies nicht bietet, aufgrund der fehlenden Passung eher enttuschend fr sie sein sollte. Funktion

Beschreibung

Beispielaussage

Wertefunktion

Die Freiwilligenttigkeit ermglicht es, eigene Wertvorstellungen zum Ausdruck zu bringen, bspw. indem man bedrftigen Menschen hilft, da man um das Wohlergehen anderer besorgt ist und Mitgefhl empfindet.

Ich kann etwas fr eine Sache tun, die mir persnlich wichtig ist.

Erfahrungsfunktion

Die Freiwilligenttigkeit ermglicht es, Neues zu er- Ich kann meine Strlernen, Interessen nachzugehen, praktische Erfahrun- ken kennenlernen. gen zu sammeln, ein spezifisches soziales Umfeld kennenzulernen und nicht zuletzt sich selbst besser zu verstehen.

Karrierefunktion

Die Freiwilligenttigkeit dient der eigenen beruflichen Karriere; Kontakte knnen geknpft werden; fr den Beruf dienliche Fhigkeiten und Fertigkeiten lassen sich erwerben; verschiedene berufliche Mglichkeiten knnen ausprobiert werden.

Die Freiwilligenttigkeit kann mir helfen, in meinem Beruf erfolgreich zu sein.

Soziale Anpassungsfunktion

Durch die Freiwilligenttigkeit wird die eigene Einbindung in eine Gruppe verstrkt; der Erwartung des sozialen Umfelds (etwa wenn Familie und Freunde ebenfalls freiwillig ttig sind) kann durch eigenes Engagement entsprochen werden.

Menschen, die mir nahestehen, mchten, dass ich freiwillig ttig bin.

Selbstwertfunktion

Die Freiwilligenttigkeit vermittelt das Gefhl, geDurch meine Freiwillibraucht zu werden, steigert das Selbstwertgefhl und genttigkeit fhle ich bietet die Gelegenheit, neue Menschen kennenzuler- mich besser. nen.

Schutzfunktion

Die Freiwilligenttigkeit bietet Ablenkung von eigenen Sorgen, reduziert Gefhle von Einsamkeit und entlastet von Schuldgefhlen aufgrund der Tatsache, es besser zu haben als andere Menschen.

Die Freiwilligenttigkeit hilft mir dabei, eigene Probleme zu bewltigen.

Die Beispielitems wurden aus der deutschsprachigen Version des Volunteer Functions Inventory bernommen (Oostlander et al. 2014); dabei soll jeweils angegeben werden, wie wichtig die Beweggrnde bzw. Erwartungen fr die eigene Freiwilligenttigkeit sind.

Tab. 5 Sechs Funktionen der Freiwilligenttigkeit

106

Kapitel 7

Nicht nur die lteren profitieren im Sinne eines generell hheren Wohlbefindens und eines erfolgreichen Alterns von der Freiwilligenttigkeit (Baker, Cahalin, Gerst & Burr 2005), auch der Gesellschaft insgesamt kommt das Engagement der lteren zugute. Eine besondere Mglichkeit, sich fr die Freiwilligenarbeit zu qualifizieren, bietet das Zertifikatsstudium fr brgerschaftliches Engagement, das durch ein universitres Studium erworben werden kann.

Qualifizierung fr brgerschaftliches Engagement im Seniorenstudium Der Erwerb eines Zertifikats im Rahmen des Studiums fr ltere, das inzwischen von verschiedenen Universitten und Hochschulen angeboten wird, ist ein speziell auf die Bildungsbedrfnisse der lteren zugeschnittenes Angebot. Personen im dritten Lebensabschnitt, die Freude daran haben, sich auch ohne Hochschulreife mit wissenschaftlichen Themen auseinanderzusetzen, und fachliche Diskussionen nicht scheuen, knnen sich im Rahmen des Zertifikatsstudiums „Brgerschaftliche Kompetenz in Wissenschaft und Praxis“ Qualifikationen und Kompetenzen aneignen, die fr brgerschaftliches Engagement erforderlich sind und ihnen dabei helfen, ihr gesellschaftliches Engagement verantwortungsbewusst auszuben. Das Zertifikatsstudium bietet somit fr interessierte Personen eine wissenschaftlich fundierte Qualifizierungsmglichkeit fr die Ausbung einer ehrenamtlichen Ttigkeit, vor allem in einer leitenden Funktion. Inhaltlich wird nachfolgend das Konzept der Universitt Paderborn vorgestellt, ergnzt durch das Zertifikatsstudium an den Universitten Mnster und Kln, die eine hnliche Schwerpunktsetzung verfolgen. Die nachfolgend beschriebenen Inhalte sind der Studienbersicht des Zertifikatsstudiums im Rahmen des Studiums fr ltere an der Universitt Paderborn entnommen. Das Zertifikatsstudium soll dazu qualifizieren, soziale Projekte wissenschaftsorientiert zu planen, zu leiten, durchzufhren und auszuwerten. Das Studium wird in der Regel vier bis fnf Semester in einem Umfang von ca. 30 Semesterwochenstunden (SWS) studiert. Wie aus Abbildung 3 auf S. 107 zu ersehen ist, umfasst das Zertifikatsstudium fnf Module, die mit Ausnahme des Moduls Studium Generale weder im zeitlichen Studienverlauf noch inhaltlich streng hierarchisch aufeinander aufgebaut sind, sodass die Gestaltung des persnlichen Stundenplans von den Seniorstudierenden eigenverantwortlich vorgenommen werden kann. Jeweils sechs SWS (in Form von Vorlesungen, Seminaren, Workshops) entfallen auf die Module 1 bis 5. Fr die Module 1 bis 4 sind jeweils Arbeitsnachweise in Form von Referaten, Hausarbeiten, Klausuren etc. zu erbringen. Das Modul 5 schließt mit einer wissenschaftlichen Hausarbeit ab. Nachfolgend wird eine inhaltliche bersicht ber die einzelnen Module vorgestellt.

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

Modul1 StudiumGenerale

   PersönlichkeitsͲ kompetenz Modul1,

Sozialkompetenz Modul3

Modul2



Modul2 Persönlichkeitskompetenz

107 Abb. 3 Zertifikatsstudium „Brgerschaftliche Kompetenz in Wissenschaft und Praxis“

 

Modul3 AuseinandersetzungmitdemZeitgeschehen

 Fachkompetenz Modul4,Modul5



Modul4 BürgerschaftlicheFührungskultur

  

Modul5 Projektkompetenz

Quelle: Universitt Paderborn, Studium fr ltere, Schwerpunkt Zertifikatsstudium

Zertifikatsstudium „Brgerschaftliche Kompetenz in Wissenschaft und Praxis“ in fnf Modulen

Modul Studium Generale Das erste Modul bietet den Seniorstudierenden die Mglichkeit, ihren Wissensstand in verschiedenen, jedoch vorzugsweise bildungswissenschaftlichen Disziplinen zeitgemß aufzursten. Dazu gehrt auch der Erwerb von Grundkenntnissen in wissenschaftstheoretischen Fragestellungen. Studienbegleitend werden vom ersten Semester an ausfhrliche Beratungsangebote gemacht. Die Studierenden knnen sich frei entscheiden, welche Vorlesungen, Seminare oder Workshops sie besuchen mchten und bei welchen Professoren und Dozenten sie das angestrebte Ziel einer zeitgemßen, wissenschaftlich fundierten Allgemeinbildung und den Umgang mit aktuellen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen am besten erreichen knnen. Nur so ist selbstverantwortliches ehrenamtliches oder brgerschaftliches Engagement effektiv zu leisten.

Modul eins

Modul Persnlichkeitskompetenz Brgerschaftliches Engagement bedeutet in erster Linie einen professionellen Umgang mit ehrenamtlich arbeitenden Menschen, die verantwortungsvoll und kompetent angeleitet werden sollen. Das setzt voraus, dass sowohl ber Persnlichkeitskompetenz als auch ber Handlungskompetenz verfgt wird. Dazu gehren eine realistische Selbsteinschtzung und ein sinnvoller

Modul zwei

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Kapitel 7

Umgang mit den eigenen Fhigkeiten – mit Rcksicht auf das Umfeld. Persnlichkeitskompetenz meint in diesem Zusammenhang auch die Fhigkeit, Anforderungen, Einschrnkungen und Chancen im Zusammenspiel von Familie, Beruf und Gesellschaft beurteilen zu knnen. Dazu gehren sowohl Basiswissen aus den Humanwissenschaften (Pdagogik, Psychologie, Soziobiologie etc.) als auch die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie, die ja geprgt ist von positiven und negativen Erfahrungen, Erlebnissen, Schicksalsereignissen und Aufgaben. Die Biografie sagt auch etwas aus ber die soziale Rolle und das soziale Verstndnis des betreffenden Menschen. Wer Menschen anleiten will, dem darf weder die eigene Biografie noch die des „Gegenbers“ gleichgltig sein. Geben diese doch Auskunft ber Strken und Schwchen einer Person. In diesem Modul sollte das ntige Rstzeug vermittelt werden, biografische Daten zu erheben, diese richtig einzuordnen und letztlich plausibel zu bewerten.

Modul Auseinandersetzung mit dem Zeitgeschehen Modul drei

Wichtige Zeitereignisse (wie Umwelt, Migration, demografischer Wandel, aber auch ethische Fragen in der Medizin) erfordern von Leitungspersonen kritisch reflektierte Einschtzungen und Bewertungen, mglichst unter Rckgriff auf verschiedene theoretische und handlungspraktische Anstze. Nur so gelingt es, zu einem umfassenden Verstndnis und angemessener Handlungsfhigkeit zu kommen. Unsere heutige durch Migration von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen gewachsene Gesellschaft macht es erforderlich, sich nicht nur auf die eigenen kulturellen Wurzeln zu besinnen, sondern auch die kulturellen Grundlagen anderer Lnder kennenzulernen und anzuerkennen. Ein weiterer wichtiger Bereich betrifft den demografischen Wandel und die Zukunft der Gesellschaft. Noch niemals in der menschlichen Geschichte wurden weltweit so viele Menschen gleichzeitig so alt. Eine solche Entwicklung hat zwangslufig eine neue Alterskultur zur Folge. Der demografische Wandel hat fr unsere Gesellschaft zur Folge, dass sie auf das Engagement der lteren angewiesen ist. Dieser Vernderungsprozess, die neue Alterskultur betreffend, beeinflusst auch die Einstellungen und Wertvorstellungen der lteren Menschen. Die neuen Normen und Werte unterscheiden sich hufig signifikant von den bisher erlernten und gelebten vorwiegend konservativen Werten. Ehrenamtliche und brgerschaftliche Aktivitten werden schon heute von vielen insbesondere lteren Brgerinnen und Brgern geleistet (s. oben Motive fr Ttigkeiten im Ehrenamt). Zu nennen sind u.a. die rechtliche und/oder soziale Betreuung Hilfsbedrftiger, begleitende Hilfestellung bei Jugendlichen, politische Mitarbeit in Stadt- oder Gemeindeparlamenten und das Engagement in Vereinen.

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

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Modul Brgerschaftliche Fhrungskultur Dieses Modul beinhaltet den Erwerb von Kenntnissen der theoretischen Grundlagen von Leitungs- und Fhrungskompetenzen sowie von Kenntnissen ber bestimmte – in der Psychologie gut erforschte – Leitungs- bzw. Fhrungsstile. Leitungs- bzw. Fhrungsaufgaben bernehmen und erfolgreich ausfhren zu knnen, beinhaltet eine Reihe von Fhigkeiten und Kompetenzen wie Planungs-, Koordinierungs- und Kontrollkompetenz. Weiter sollte eine Leitungsperson Aufgaben delegieren knnen. Entscheidend dabei ist, dass die Personen Charakterstrke und Fachkompetenz besitzen. Wer sich gesellschaftlich engagiert, wird versuchen, seine Vorstellungen praktisch umzusetzen, um Ziele zu erreichen – er will andere Menschen anleiten und fhren. Die vorstehenden Ausfhrungen zu den zentralen Kompetenzen knnen hilfreich sein, im Rahmen des brgerschaftlichen Engagements Gruppen anzuleiten, zu fhren und gemeinsam zu einer Entscheidung zu kommen. Dafr ist eine reflektierte Auseinandersetzung mit verschiedenen Fhrungsstilen hilfreich. Weiter sollen in diesem Model Kenntnisse ber die Selbstverwaltung, Netzwerkarbeit sowie Sponsoring und Fundraising erworben werden. In der heutigen Zeit ist Kommunikation der Schlssel fr jegliche Zusammenarbeit. Eine funktionierende Selbstverwaltung der Aufgaben in Verbindung mit einem Netzwerk ist Voraussetzung fr effektives brgerschaftliches Engagement. Es bedarf keiner besonderen Begrndung, dass ohne Finanzierung (Sponsoren gewinnen, Gelder organisieren) anspruchsvolle brgerschaftliche Projekte nicht mglich sind.

Modul vier

Modul Projektkompetenz Im letzten Modul, das auf den Erwerb von handlungspraktischer Projektkompetenz gerichtet ist, sollen die Studierenden Fhigkeiten und Kompetenzen erwerben, die fr die bernahme und Durchfhrung konkreter Projekte erforderlich sind. Der Erwerb von Fach- und Methodenkenntnissen des professionellen Projektmanagements ist eine wichtige Voraussetzung fr die erfolgreiche Durchfhrung von Projekten. Dazu gehren Organisations- und Planungsfhigkeit, also die Fhigkeit, organisatorische Aufgaben aktiv und erfolgreich zu bewltigen, wie auch die Evaluation und ffentliche Darstellung. Folgende drei Punkte sollten durch das Studium abgedeckt werden: a) Planung und Entwicklung von Projekten brgerschaftlichen Engagements, b) Durchfhrung und Prozessbegleitung (Qualittskontrolle) sowie die c) Evaluation und ffentliche Prsentation der Projekte. Den Abschluss des Zertifikatsstudiums bildet eine schriftliche Hausarbeit. In dieser Arbeit werden die wissenschaftliche Planung, Durchfhrung und Dar-

Modul fnf

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Kapitel 7

stellung eines konkreten, frei gewhlten Projekts niedergelegt. Nach Beurteilung der Abschlussarbeit wird diese vor dem Plenum der Seniorstudierenden prsentiert. Die Abschlussarbeit dient der selbststndigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit einem Projektthema aus der Praxis und soll somit dem Theorie-Praxis-Transfer gerecht werden. Das Zertifikatsstudium mit dem Schwerpunkt „Brgerschaftliches Engagement“ erfllt somit einen doppelten Zweck: Es bietet den Seniorstudierenden die Mglichkeit, sich an der Universitt weiter zu qualifizieren und Kompetenzen im Umgang mit ehrenamtlich ttigen Personen zu erwerben und zu verbessern und andere verantwortungsbewusst anleiten zu knnen. Darber hinaus erffnet es den Seniorstudierenden die Mglichkeit, sich selbst effektiver in der Freiwilligenttigkeit zu engagieren und dort selbstbestimmt ihre Vorstellungen einzubringen und umzusetzen.

Service Learning Eine weitere interessante Mglichkeit des Freiwilligenengagements stellt der kooperative Service-Learning-Ansatz dar. Hier knnen Seniorstudierende unter Beteiligung weiterer hauptamtlicher Studiengnge der Hochschule in Form einer speziellen Projektarbeit aktiv an aktuellen Wissenschaftsdiskursen teilnehmen und in enger Kooperation mit Jngeren eigene anspruchsvolle (Forschungs-)Aktivitten planen und umsetzen.

Theoretische Konzeption Service Learning als besondere Form der universitren Lehrund Lernform

Das Konzept Service Learning wurde ursprnglich in den USA entwickelt, wo traditionellerweise die Universitten ein strkeres soziales Engagement im Blick haben und sich mehr fr ffentliche Belange engagieren als deutsche Universitten. Mit Service Learning wird eine besondere universitre Lehr- und Lernform bezeichnet, die angelehnt ist an die Idee der Projektarbeit (Arnold, Vogel, Fischer, Ulber, Beyer & Fllhase 2021), bei der Studierende sich gemeinsam mit den Dozenten fr das Gemeinwohl engagieren und in gemeinsamen Projekten etwas fr die Gesellschaft tun. Service Learning bietet mit seinem theoretischen und handlungsorientierten Ansatz eine breite Plattform fr gemeinsames Handeln. Das Engagement wird im Rahmen von Lehrveranstaltungen geplant, durchgefhrt, dokumentiert und gegebenenfalls anschließend evaluiert.

Angestrebte Ziele ehrenamtliches Engagement von jngeren Studierenden

Mit dem Konzept des Service Learning werden die jngeren Studierenden an das ehrenamtliche Engagement herangefhrt und dafr begeistert. Begeisterung und Interesse fr Freiwilligenarbeit beginnen schon im jugendlichen Alter, wie die Statistiken zeigen. Die ehrenamtlichen Ttigkeiten ndern sich je

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

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nach Lebensabschnitt, werden hufig durch andere berufliche oder familire Belastungen unterbrochen, legen aber dennoch den Grundstein fr die Offenheit und Begeisterung fr brgerschaftliches Engagement im spteren Lebensalter (BMFSFJ 2014, S. 31): „Fr eine lebendige Kultur des brgerschaftlichen Engagements wre es deshalb wichtig, auch schon Kinder und Jugendliche fr das brgerschaftliche Engagement zu begeistern.“ Gleichzeitig erweitern die Regelstudierenden ihre methodischen Kompetenzen. Etwa die Entwicklung von Befragungsinstrumenten, die Durchfhrung und Auswertung von Befragungen oder Interviews als Teil des vorgeschriebenen Methodenmoduls. Studierende bringen somit ihre Kompetenzen in die Projekte ein und knnen sie in der praktischen Umsetzung mit Untersttzung der lteren, die als Trffner fr Ansprechpartner in der Stadt fungieren, ausprobieren und vertiefen. So findet weiter ein intergenerationeller Austausch bzw. intergenerationelles Lernen statt, vor allem zwischen den Studierenden und den lteren Mentoren. Jung- und Altstudierende mssen als Projektgruppe die Herausforderungen in den Projekten gemeinsam bewltigen. Die Seniorstudierenden erleben aufgrund ihrer Fachkompetenz und Erfahrungen Selbstbesttigung und Selbstwirksamkeit und knnen gleichzeitig durch ihre begleitende Mentorenttigkeit Erfahrungen sammeln und Kontakte knpfen fr die Ausbung brgerschaftlichen Engagement u.a. bei den gemeinntzigen Organisationen der Stadt bzw. der Kommune.

Durchgefhrte Projekte An der Universitt Paderborn wurden ber mehrere Semester hinweg Lehrveranstaltungen zum Service Learning im Rahmen einer Kooperation zwischen einem Junior-Professor der Fakultt der Wirtschaftswissenschaften, dem Seniorenstudium und der Stadt Paderborn durchgefhrt. Die in diesem Rahmen geplanten Projekte setzten explizit eine enge Kooperation von jngeren Studierenden des Regelstudiums mit lteren Studierenden des Seniorenstudiums, die ber ein ausgeprgtes Erfahrungswissen verfgten, voraus. Die Seniorstudierenden waren hufig aktive Brger der Stadt Paderborn, die die Studierenden mit ihrem hohen fachlichen und persnlichen Potenzial mit Rat und Tat untersttzen konnten. In diesem Ansatz wird der brgerschaftliche Gedanke dahin gehend verwirklicht, dass Studierende sich mit ihrem universitren Wissen in Projekte einbringen, die in und mit gemeinntzigen Organisationen der Stadt wie karitativen Einrichtungen, Schulen, Vereinen und Verwaltungen der Kommune durchgefhrt werden. Die jngeren Studierenden bringen ihr universitres

gemeinsame Projektarbeiten von Jung und Alt

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Kapitel 7

Fachwissen (etwa in Bezug auf konomische Problemstellungen) ein und werden sowohl von Dozenten der Universitt fachlich begleitet als auch von Seniorstudierenden als Praxismentoren untersttzt. Dabei werden curriculare Inhalte, in diesem Fall aus dem Grundstudium in den Wirtschaftswissenschaften, mit gemeinntzigem Engagement verbunden. Als Ergebnis der Paderborner Service-Learning-Veranstaltungen konnten in Kooperation zwischen den Wirtschaftswissenschaften und dem Studium fr ltere folgende Projekte erfolgreich durchgefhrt werden:

Marktplatz fr Brger-Engagement Paderborn – Strategiekonzept fr „Marktplatz fr Brger-Engagement in Paderborn“ Der Marktplatz ist die zentrale Anlaufstelle der Stadt Paderborn fr alle Belange des brgerschaftlichen Engagements. Das ehrenamtlich ttige Team bert Interessierte zu den Mglichkeiten ehrenamtlicher Ttigkeiten und vermittelt diese auch. Caritasverband Paderborn – Entwicklung einer Fundraising-Toolbox fr den Caritasverband Strategische Maßnahmen zur Spendensammlung fr eine gemeinntzige Organisation. Kolping/BAJ Berufskolleg GbR Bielefeld – Personalentwicklung von Lehrenden am Beispiel der vollzeitschulischen Ausbildung in Metallberufen Das Berufskolleg zur Ausbildung und Qualifizierung Jugendlicher und Erwachsener in privater Trgerschaft bietet u.a. vollzeitschulische Berufsausbildungen an. AlarmTheater Bielefeld – Sponsoring-Konzept fr das AlarmTheater Bielefeld Es handelt sich um ein freies Theater mit eigener Spielsttte. Das Theater entwickelt mehrere Produktionen pro Jahr fr und von Jugendlichen und Erwachsenen, in Kooperationen mit Schulen, Sucht- und Gewalt-Prventionsstellen etc. ICF Paderborn – Sozialmarketing bei ICF Paderborn (International Christian Fellowship): Warum fr die Kirche spenden? Das ICF ist eine berkonfessionell ausgerichtete christliche Freikirche, die nur durch Spenden finanziert wird und sich vor allem an ein jngeres Publikum wendet. MINT-Technikum – Bedarfsanalyse fr den Verein MINT-Technikum. Das „MINT-Technikum“ ist ein regionaler Verein, der regelmßig Programme in den MINT-Bereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) fr interessierte Kinder und Jugendliche jeder Schulform anbietet. Die ehrenamtlich ttigen Mitarbeiter des MINT-Technikums geben fachkundige Untersttzung und aktive Anregungen.

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

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Workshopgestaltung im Studium fr ltere Eine andere Mglichkeit zielgruppenspezifischer Lehrangebote, die auf Basis der Prinzipien des kooperativen Lernens primr fr Seniorstudierende konzipiert werden und den Interessen und Wnschen der Seniorinnen und Senioren thematisch sowie methodisch-didaktisch entgegenkommen, bietet die Arbeit in kleinen Gruppen. In der Gruppenarbeit lernen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in kurzer Zeit gut kennen, sie lernen, selbstndig zu arbeiten und zu kooperieren, gleichzeitig aber auch in Wettbewerb mit den anderen Kleingruppen zu treten (wie bei dem unten beschriebenen Beispiel des Gruppenpuzzles), was sehr motivierend sein kann. Außerdem knnen z.B. umfangreichere (Lese)Projekte in kleine Einheiten aufgeteilt werden. Ab dem Sommersemester 2015 wurde im Studium fr ltere an der Universitt Paderborn ein neues Angebot gemacht. Zu zwei vierstndigen Workshops im Semester waren neben den lteren Studierenden und Gasthrern auch Interessierte aus der Universitt und der Stadt Paderborn eingeladen. Themen waren zumeist Probleme, die im zunehmenden Alter relevant sind und fr die sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer interessiert gezeigt hatten. Dazu gehrten unter anderen: „Alter und Ruhestand im Wandel der Zeit“; „Der Traum vom Jungbrunnen und die Realitt“; „Altern beginnt im Kopf“; „Lebenslanges Lernen: Schreckensbild oder Chance?“; „Sozialorgan Gehirn: Warum ich fhle, was du fhlst“, „Erfolgreich kommunizieren – aber wie?“. Das Angebot zeichnete sich aber nicht nur durch die Themenwahl aus, sondern auch durch die Arbeitsweise, eine Mischung von Kurzvortrgen mit Partner- bzw. Gruppenaktivitten nach dem Prinzip des kooperativen Lernens. Da es sich um eine durchaus heterogene Gruppe von lteren handelte, schien diese Arbeitsform der Dozentin sehr geeignet. Die etwa 15 bis ber 30 Teilnehmenden in jedem Workshop waren zwischen 50 und 85 Jahre alt, hatten eine unterschiedliche Vorbildung, je verschiedene berufliche und familire Kompetenzen erworben und waren entweder schon versierte Studierende oder Neulinge an der Universitt. So konnten vielfltige Perspektiven und Lebenserfahrungen in kooperativen Lernsituationen zum Tragen kommen. Methoden des kooperativen Lernens ermglichen verstrkt die eigene Beteiligung bei unterschiedlichen Ausgangslagen, regen zum Mitdenken an, bringen die Studierenden dazu, das eigene Verstndnis gut zu artikulieren und zu formulieren. Weiter lernen sie, die eigene Sichtweise durch Perspektivenbernahme gegebenenfalls zu modifizieren.

Themenwahl und Arbeitsweise

Ein hufig genutztes Prinzip: Think-Pair-Share In der Workshoparbeit kamen zwei Methoden des kooperativen Lernens besonders hufig zum Einsatz. Sie bercksichtigen das Prinzip Think-Pair-

Prinzip: Think-PairShare

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Kapitel 7

Share. Sie geben in einem ersten Schritt Zeit zum eigenen Nachdenken und aktivieren das eigene Vorwissen zu einem Thema (Think) und fhren in einem zweiten Schritt zum Gedankenaustausch mit einem Partner oder in einer Kleingruppe (Pair). Abschließend kommt es im dritten Schritt zur Vorstellung und gemeinsamen Reflexion im Plenum (Share).

Erstes Beispiel: Gruppenpuzzle (Jigsaw) Als erstes Beispiel sei hier die Methode des Gruppenpuzzle (Jigsaw, abgewandelt nach Slavin 1995) kurz dargestellt. Eine grßere Lerngruppe wurde in vier Kleingruppen von jeweils 4 bis 6 Personen aufgeteilt. Eine Besonderheit des Gruppenpuzzles besteht darin, dass jedes Mitglied auf die Kooperation der anderen angewiesen ist, somit stehen alle Mitglieder in gegenseitiger Abhngigkeit voneinander. Nur wenn alle „mitspielen“ und sich um die gemeinsame Aufgabe bemhen, kann ein gutes, vollstndiges Ergebnis erzielt werden. Das Oberthema „Lernen im Rhythmus des Gehirns“ wurde in vier Unterthemen aufgeteilt: 1. 2. 3. 4.

„Denkblockaden berwinden“ „Fragen an den Lernstoff stellen“ „Arbeitsgedchtniskapazitt beachten“ „Sinnvolle Pausen und Wiederholungen“

Entsprechende zweiseitige Grundlagentexte wurden themengleich an die Teilnehmenden in jeder der vier Kleingruppen verteilt. Erster Schritt: Think Das eigene Nachdenken jedes Einzelnen bildete, wie bei fast allen kooperativen Lernformen, den Ausgangspunkt der Arbeit. Jede und jeder in der Kleingruppe las den Text grndlich, markierte eventuell wichtige Textstellen und berlegte, wie der Text mndlich zusammengefasst werden knnte. Zweiter Schritt: Pair Im nchsten Schritt tauschten sich nach der individuellen Lesezeit alle Mitglieder einer Kleingruppe aus. Alle brachten hier ihr Wissen und ihre Art der Textverarbeitung ein, mussten die jeweils eigene Perspektive vertreten und ihr Verstndnis przisieren. Die Sichtweisen der anderen konnten einander ergnzen oder auch korrigieren. Das gemeinsame Ziel dieser Runde war es, sich ber die zentralen Aussagen des Textes zu verstndigen und die Ergebnisse zusammenzufassen, um sie dann im Plenum vorstellen zu knnen. Zusatzaufgabe: Erstellen eines Lernplakats Als besonders lerneffektiv erwies es sich, diese Aufgabe mit einer Visualisierung der zentralen Gedanken auf einem Lernplakat zu verbinden. Die Grup-

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

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penmitglieder konnten sich ber verschiedene Mglichkeiten der Visualisierung austauschen: Zeichnungen, Mindmaps, kurze Sprche, die den Inhalt treffend auf den Punkt brachten. Bei der Vorbereitung der Prsentationen entstand auf diese Weise viel Spaß an gelungenen Darstellungen. Viele individuelle Strken wurden sichtbar. Gute Zeichner und Texter fanden sich, sogar ußerst treffende Gedichte wurden verfasst. Hufig erlebten die Studierenden die gemeinsame Arbeit in lockerer Atmosphre in dieser Runde als sehr positiv. Dritter Schritt: Share In der Vorstellungsrunde stellten die Kleingruppen ihre jeweilige Prsentation fr alle im Plenum vor. Dieser eigene Vortrag fhrte in der Regel zu einer vertieften Speicherung des erarbeiteten Wissens. Sowohl die jeweiligen Ergebnisse als auch die Lernprozesse in den Kleingruppen selbst waren anschließend Gegenstand einer Diskussion. Auf die Frage, wie diese Erarbeitungsform das Lernen fr sie beeinflusst hatte, gab es folgende Antworten: Das Verfahren sei zwar deutlich zeitintensiver als das nur eigene Durchlesen von Texten, fhre aber bei den meisten zu einem nachhaltigen Lerneffekt. Die entspannte und positive Lernatmosphre habe viel zu den guten Ergebnissen beigetragen. Durch die kreative bildliche oder textliche Darstellung des Themas sei es zu einer guten Verankerung von Lernergebnissen im Gedchtnis gekommen. Interessant war bei dieser Lernform in weiteren Workshops immer wieder zu beobachten, wie unterschiedlich zwei themengleiche Gruppen ihr Thema akzentuierten. Wenn z.B. nur vier Unterthemen sinnvoll waren, die Großgruppe aber aus 32 Personen bestand, wurden acht Vierergruppen gebildet, von denen zwei jeweils unabhngig voneinander das gleiche Thema bearbeiteten. Im Plenum wurde jeweils besonders deutlich, wie subjektiv die menschliche Informationsverarbeitung verluft und welche Perspektiven auf dasselbe Thema mglich sind. Besonders den letzten Punkt bercksichtigt auch die Methode des Platzdeckchens („placemat“), von der im Folgenden die Rede ist.

Vor- und Nachteile dieser Arbeitsweise

Zweites Beispiel: Platzdeckchen („Placemat“) Diese Methode bietet sich an, wenn sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunchst einmal ber das eigene Verstndnis eines Themas oder eines Begriffs miteinander verstndigen sollen. Im Studium fr ltere wurde es hufig eingesetzt. In einem Workshop zum Thema „Lebenslanges Lernen“ ergab sich die Frage nach einflussreichen Faktoren, die Lernen im Alter erheblich behindern knnen. Nach der Platzdeckchen-Methode waren hier zunchst die eigenen Erfahrungen gefragt. Zu dritt oder zu viert teilten sich die Lernenden ein DIN-A3-Blatt (das „Papier-Platzdeckchen“, nach dem die Methode benannt ist) und setzten sich

Arbeitsphasen des Platzdeckchens

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Kapitel 7

an einem Tisch um das Blatt herum. Sie zeichneten dann ein Rechteck in die Mitte des Blattes und unterteilten die Randflche in drei oder vier Felder. Zunchst schrieb jede(r) Einzelne ihre bzw. seine Erfahrungen in einer der seitlichen Randflchen auf. Nach einem vorgegebenen Zeitlimit wurde das Blatt so gedreht, dass jeder zunchst einmal die Bemerkungen der anderen am Tisch lesen konnte. Auf diese Weise kamen zunchst die persnlichen Erfahrungen und Meinungen der Einzelnen zum Tragen. Anschließend sollte sich die Kleingruppe auf mindestens drei Faktoren einigen, die mehrheitlich als „garantiertes Lerngift fr alle“ eingestuft werden konnten. Sie wurden im mittleren Rechteck des Blattes eingetragen. Danach kam es zum Vorstellen der Ergebnisse und zum Austausch im Plenum. Auf diese Weise erweiterte sich die Perspektive einer Kleingruppe durch anders akzentuierte Sichtweisen der weiteren Kleingruppen. Das war ein guter Anknpfungspunkt fr wissenschaftliche Ergebnisse zum Thema, die dann im weiteren Verlauf des Workshops vorgestellt wurden. Im Folgenden wird kurz beschrieben, warum kooperative Lernformen im Seniorenstudium so gut einsetzbar sind.

Vorteile kooperativen Lernens im Seniorenstudium Vorteile kooperativer Lernformen – besonders im Alter

Kooperatives Lernen wurde maßgeblich von David und Roger Johnson in den 1970er Jahren an nordamerikanischen Universitten fr junge Studenten entwickelt und von den Kanadiern Norm und Kathy Green fr die Schulen nach Deutschland „exportiert“. Dort lernte die Dozentin Rdell diese besonders strukturierte Form der Gruppenarbeit kennen und praktizierte sie als Lehrerin und Lehrerfortbildnerin (vgl. Rdell 2010, 2012). Aber nicht nur im frhen Erwachsenenalter ist dies eine effektive Methode der Zusammenarbeit und des vertieften Lernens, sondern gerade auch im fortgeschrittenen Alter. Sie kommt den Plus- und Minuspunkten, die das Lernen im Alter auszeichnet, sehr entgegen. Sie bercksichtigt den reifen Schatz an Lebenserfahrung, geht mit unterschiedlichem Vorwissen produktiv um und hilft durch ihre strukturierte Weise, ngste abzubauen und eine gewisse Gleichwertigkeit in der Gruppe herzustellen. Zudem ermglicht die Arbeit in Kleingruppen eher eine Beteiligung aller an Austausch und Gesprchen. Das liegt nicht zuletzt an fnf Basiselementen, die das besondere Merkmal kooperativen Lernens gegenber „gewhnlichen“ Gruppenarbeiten ausmachen (vgl. Johnson, Johnson & Holubec 2005; Green & Green 2005; Konrad & Traub 2010). Es geht im Einzelnen um:

fnf Basiselemente kooperativen Lernens

Direkte Interaktionen: Neben Formen der individuellen Auseinandersetzung mit Themen stehen vor allem Phasen des Austauschs in der Gruppe. Die

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

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Gruppenmitglieder sitzen so nahe beieinander, dass sich alle ohne Mhe sehen und hren knnen. Ein frderlicher Rahmen fr die Kommunikation wird durch die Strukturierung von Aufgaben erleichtert. Individuelle Verantwortlichkeit: Jedes Gruppenmitglied trgt die Verantwortung fr seinen persnlichen Anteil in der Erarbeitung und ist mitverantwortlich fr die Lernprozesse in der Gruppe und die Vollendung der gestellten Aufgabe. Positive gegenseitige Abhngigkeit: Die Lernziele der Einzelnen sind in positiver Abhngigkeit miteinander verknpft. Damit die Gruppe erfolgreich sein kann, muss jeder Einzelne erfolgreich sein. Die Mitglieder in einer Gruppe knnen sich miteinander darin verbunden fhlen, ein gemeinsames Ziel erreichen zu wollen. Soziale Kompetenzen: Die sozialen Kompetenzen der Gruppenmitglieder bilden eine wichtige Voraussetzung fr eine effektive Gruppenzusammenarbeit. Interaktionsformen, die dazu beitragen, dass die Gruppenprozesse fr die Mitglieder positiv verlaufen, werden gefrdert. Die Mitglieder leisten alle einen Gesprchsbeitrag, hren sich zu, klren Probleme, fragen ihr Verstndnis ab, helfen einander. Reflexion und Evaluation: Die Gruppenmitglieder reflektieren und bewerten ihre individuellen und gemeinsamen Anstrengungen. Sie knnen auch im Vergleich mit anderen Kleingruppen entdecken, welche kooperativen Kompetenzen und Arbeitsstrategien zu Erfolgen fhren. Zum Tragen kommen diese Basiselemente in den beiden oben geschilderten Methoden.

Weitere lernfrderliche Maßnahmen Wichtig fr die Gestaltung der Workshops waren auch die bereits im fnften Kapitel erwhnten lernfrderlichen Maßnahmen fr ltere, die sowohl die Lernaktivitt, als auch die sozialen Bezge untereinander frdern: – im Lernrhythmus zwischen Vortrgen und eigenen Aktivitten der Lernenden abwechseln, – informative lngere Vortrge interaktiv gestalten, ansonsten mglichst nur Kurzvortrge (etwa 20 Minuten) halten, – insgesamt den Eigenaktivitten mehr Raum als dem reinen Zuhren geben, – zu Beginn eines Workshops nicht nur die Teilnehmenden sich selbst vorstellen lassen, sondern ihnen Gelegenheit geben, mit mindestens einem weiteren Teilnehmenden in Gesprchskontakt zu kommen, – in der Gruppenarbeit sich mit weiteren Teilnehmenden austauschen lassen, – ber mehrere Sinneskanle zu lernen (Multimodalitt),

lernfrderliche Gestaltung von Workshops mit lteren

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Kapitel 7

– das eigene Prsentieren vor einer grßeren Gruppe einben, – nicht zuletzt: neben neuen Einsichten auch Spaß beim Miteinanderlernen zu haben.

Zwei Planungsbeispiele Als praktisches Beispiel ist die Planung der ersten Workshops zum Thema Lebenslanges Lernen – aber wie? und Lernen im Alter beigefgt.

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

Dienstag 19.05.2015, 16.00–20.00 Uhr Workshop Dr. Edith Rdell

Lebenslanges Lernen – aber wie?

16.00

Methode

Themen

Zeit

Plenum Methode: Kommunikative Hand

Ankommen und sich in der Kleingruppe zu viert themenbezogen kennenlernen

45’

Vorstellen des Tagungsablaufs 16.45

Interaktiver Vortrag

17.30

Lebenslanges Lernen – aber wie?

45’

PAUSE

30’

18.00

Kleingruppenarbeit Methode: Platzdeckchen

Kleine Giftkche des Lernens: Unter welchen 35’ Bedingungen bekomme ich Probleme beim Lernen?

18.35

Kleingruppenarbeit Methode: Gruppenpuzzle

Dem Rhythmus des Gehirns entsprechend lernen

85’

Mittwoch, den 20.5.2015, 9.00–13.00 Uhr Workshop Dr. Edith Rdell

Lernen im Alter Methode

Themen

Zeit

9.00

Kurze Reflexion: Was ist von gestern hngen 15’ Kugellager: Sich mit wechselnden TN in geblieben? einem Außen- u. Innenkreis austauschen

9.15

Interaktiver Vortrag

Lernen im Alter– Mglichkeiten und Hemmnisse

45’

10.00

Einzelarbeit

Selbsttest: Multiple Intelligenzen (Gardner)

30’

PAUSE

30’

Gut Altern will gelernt sein: Das LEBE–Prinzip (Lernen, Ernhrung, Bewegung, Engagement im Alter)

10’

Was nehme ich aus diesem Workshop mit?

25’

10.30 11.00 11.10

Kurzvortrag Kleingruppenarbeit Methode: Gruppenpuzzle

12.35

Feedback

85

119

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Kapitel 7

Befragung von Seniorstudierenden der Universitt Paderborn zur „Blitz-Talks“-Vorlesung Eine methodisch-didaktische Besonderheit stellten die sogenannten „Blitz-Talks“-Vorlesungen des Seniorenstudiums der Universitt Paderborn dar. Das Konzept ffentlicher Kurzvortrge ist vom TV-Sender ARD-alpha durch die Sendung „Campus TALKS“ interessierten Zuschauerinnen und Zuschauern bekannt. In der Sendung „Campus TALKS“ stellen bekannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichsten Fachbereichen in einem 13-mintigen Kurzvortrag ihre Forschung in freier Rede vor. Im Rahmen einer ffentlichen Vorlesungsreihe, die jedes Semester fr Seniorstudierende angeboten wird, wurde erstmals im Sommersemester 2013 eine Vorlesung mit jeweils drei Kurzvortrgen pro Vorlesungssitzung durchgefhrt. Die Kurzvortrge orientieren sich an einem methodisch-didaktischen Konzept, bei dem die Dozenten gehalten sind, mglichst im freien Vortrag ihr Thema prgnant, kurz und verstndlich vorzutragen, sodass auch interessierte Laien davon angesprochen werden. Das setzt voraus, dass die inhaltlichen Punkte und Argumente sehr genau berlegt und strukturiert werden und wenig bis gar keine Medien eingesetzt werden (mit Ausnahme der vortragenden Person als Medium). Nach einem Kurzvortrag von maximal zehn bis fnfzehn Minuten und gezielt eingesetzten Impulsen fr mgliche Nachfragen und Diskussionspunkte sind weitere fnf bis zehn Minuten fr die Diskussion mit dem Publikum eingeplant. Diese Art des Vortrages wird umgangssprachlich auch „Blitz-Dings“ genannt und findet inzwischen große Verbreitung auf nationalen und internationalen Fachkongressen, vor allem wenn viele Nachwuchswissenschaftler ihre Ergebnisse prsentieren. Die Vorlesungssitzungen thematisierten physikalische Forschungsthemen (z.B. optische Tarnkappen – Mythos oder Realitt), Themen aus der Chemie in unserer Lebenswelt (z.B. Antibiotika in der Massentierhaltung) sowie Themen aus Pdagogik, Soziologie und Philosophie (z.B. bedeutende Frauen in der Philosophie; Erwgen, Bildung, Demokratie; problematische Medienangebote und Nutzungsphnomene als Gegenstand der Pdagogik: Befunde, Konzepte und Projekte). Im Anschluss an jede Vorlesungssitzung wurden Befragungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durchgefhrt; die Ergebnisse werden weiter unten vorgestellt. Die Verrechnung der Daten wurde mit dem Statistikprogramm SPSS durchgefhrt. Im Laufe des Semesters prsentierten insgesamt zehn Dozentinnen und Dozenten ihre Kurzvortrge vor den Besuchern. Vier Vortragende kamen aus dem naturwissenschaftlichen Bereich und sechs aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. Es wurden insgesamt 210 Beurteilungen abgegeben, dies entspricht jedoch nicht 210 unterschiedlichen Personen, da die Zuhrerinnen und Zuhrer je nach Veranstaltungszeitpunkt und Interesse

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

entweder an allen oder nur an ausgewhlten Vorlesungssitzungen teilgenommen hatten und nicht alle Gste eine Beurteilung abgaben. So wurde beispielsweise der Vortrag von Dozent Z (1) von 35 Personen und der Vortrag von Dozent L (2) von 16 Personen beurteilt (s. Tab. 6, Anhang). Die Seniorstudierenden gaben ihr Urteil im Anschluss an den jeweiligen Kurzvortrag ab. In dem Beurteilungsbogen wurde anhand von sieben Items um ein Feedback zum jeweiligen Vortrag gebeten. Die Beurteilung erfolgte auf einer fnfstufigen Likert-Skala von 1 = „stimme gar nicht zu“ bis 5 = „stimme voll und ganz zu“. Die einzelnen Items lauten: (1)Das Thema des Vortrags ist fr mich persnlich relevant. (2)Der Vortrag hat gehalten, was sein Titel versprochen hat. (3)Ich konnte dem Vortrag leicht folgen. (4)Der behandelte Stoff war fr die kurze Zeit zu umfangreich. (5)Der Stoff wurde angemessen veranschaulicht (z.B. durch Beispiele, Grafiken etc.). (6)Ich habe fr mich persnlich aus dem Vortrag viel mitgenommen, (7)Ich wrde jetzt gern mehr ber das Thema erfahren. Die Seniorstudierenden beantworten nicht alle Items vollstndig (s. Tab. 7, Anhang). Die hchsten Mittelwerte erreichen die Items 2, 3 und 5. ber dem Durchschnitt liegend, werden die Vortrge von den beurteilenden Personen als „Ich konnte dem Vortrag leicht folgen“ (x = 4.12), „Der Vortrag hat gehalten, was sein Titel versprochen hat“ (x = 4.11) und „Der Stoff wurde angemessen veranschaulicht“ (x = 3.96) beurteilt. Insgesamt kann jedoch von einer guten Akzeptanz der Vortrge bei den Zuhrerinnen und Zuhrern gesprochen werden. Die hier gewhlte Vortragsart der methodisch-didaktischen Kurzprsentation kommt offensichtlich bei den Seniorinnen und Senioren ebenso gut an wie bei jngeren Studierenden und vor allem (Jung-)Wissenschaftlern, wie die berwiegend positiven Resonanzen auf die sogenannten Blitz-Talks bei wissenschaftlichenTagungen belegen.

Interesse an Vortrgen aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen Des Weiteren wurde die Frage untersucht, ob sich das Interesse und die Einschtzung von Vortrgen je nach den unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen unterscheiden, da Beitrge aus den sogenannten harten Naturwissenschaften (Chemie und Physik) fr Laien als schwerer und unverstndlicher gelten als Vortrge aus den geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereichen (Pdagogik, Philosophie, Soziologie). Dies kann jedoch fr die meisten Items verneint werden.

121

122

Kapitel 7

Ein signifikanter Unterschied ergibt sich nur bei zwei Items (s. Tab. 8, Anhang). „Der Vortrag hat gehalten, was sein Titel versprochen hat“: Hier wird bei naturwissenschaftlichen Vortrgen eher besttigt, dass die Ankndigung des Vortrages mit dem gehaltenen Vortrag bereinstimmt (x = 4.24) als bei den Vortrgen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften (x = 3.98). Weiter wird den naturwissenschaftlichen Vortrgen eher bescheinigt, dass sie „gut veranschaulicht wurden“ (x = 4.09 vs. 3.84). Alle weiteren Mittelwerte unterscheiden sich nicht signifikant voneinander. Die leicht positiveren Bewertungen der naturwissenschaftlichen Vortrge kann damit zusammenhngen, dass die Vortragenden sich viel Mhe gegeben haben, die keineswegs alltglichen Themen anschaulich vorzutragen, und die Erwartungshaltung der Seniorinnen und Senioren hinsichtlich eines schweren Themas eher gering waren und sie positiv berrascht wurden.

Eigenes Interesse und Beurteilung der Vortragenden Eine weitere Frage wurde zu den eigenen Interessen der Beurteiler gestellt. Das Item lautete: Meine generellen Interessen liegen eher im Bereich: Naturwissenschaften, Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften Insgesamt wurde 68-mal angegeben, dass die eigenen Interessen im naturwissenschaftlichen Bereich liegen, 29-mal im sozialwissenschaftlichen und 45mal im geisteswissenschaftlichen Bereich. Allerdings wurde in ca. einem Drittel der Fragebgen (68 Antwortbgen) keine Angabe gemacht (s. Tab. 9, Anhang). Eine Sichtung der Fragebgen machte deutlich, dass die Befragten oftmals nicht zwischen Sozial- und Geisteswissenschaften differenzieren konnten oder wollten und beides angekreuzt hatten. Fr weitere Auswertungen wurde deshalb nur noch zwischen naturwissenschaftlichem und geistes-/sozialwissenschaftlichem Interesse unterschieden. Die statistische berprfung, ob das „eigene Interesse der Befragten“ im Zusammenhang steht mit den Bewertungen der Vortrge, ergab nur einige wenige bedeutsame Zusammenhnge. In den meisten Fllen spielt es fr die Beurteilung der Vortrge keine Rolle, ob die eigenen Interessen eher im naturwissenschaftlichen oder im geistes-/sozialwissenschaftlichen Bereich liegen. Wie zu erwarten war, ergaben sich jedoch deutliche Unterschiede in der Beurteilung der einzelnen Dozentinnen und Dozenten. Beispielhaft seien die Ergebnisse fr zwei Vortragende genannt. So erhielt Dozent „G“ aus dem naturwissenschaftlichen Bereich (Chemie) durchweg die hchsten Zustimmungswerte von allen Vortragenden (s. Tab. 10, Anhang), whrend Dozent „N“ aus dem Bereich der Geisteswissenschaften (Pdagogik) deutlich geringere Zustimmungswerte erhielt (s. Tab. 11, Anhang). Bei der Beurteilung der Vortragenden spielte es fr die Seniorstudierenden keine Rolle, ob die Vortragenden

Dialog von Wissenschaft und ffentlichkeit: Das Seniorenstudium

aus dem naturwissenschaftlichen oder geistes-/sozialwissenschaftlichen Bereich kamen.

Zusammenfassung der Ergebnisse Die Beurteilungen der Vortrge aus den natur- und geistes-/sozialwissenschaftlichen Bereichen ergeben insgesamt ein positives Bild. Vortrge aus beiden Bereichen werden von den Zuhrerinnen und Zuhrern im Allgemeinen positiv bewertet. Es ist keine eindeutige Prferenz fr Vortrge aus den Naturoder Sozial-/Geisteswissenschaften zu erkennen. Das persnliche Interessenprofil der Beurteilerinnen und Beurteiler spielt bei der Bewertung (bis auf zwei Vortrge) keine Rolle, ebenso spielt das Geschlecht der Beurteilerinnen und Beurteiler fr die Beurteilung der Vortrge keine Rolle. Fr die Seniorstudierenden scheint demzufolge ein breit gefchertes Angebot aus unterschiedlichen Bereichen (hier: Physik, Chemie, Pdagogik, Philosophie und Soziologie) akzeptabel, durchaus attraktiv und anregend fr eine weitere Beschftigung mit den vorgetragenen Themen zu sein. Wenn Unterschiede in der Beurteilung auftreten, knnen sie vor allem an der Person (den angekndigten Themen) festgemacht werden. Dass grundstzlich und unverndert das Interesse der Seniorstudierenden auch fr Themen aus dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich, den Biowissenschaften und der Medizin vorhanden ist, konnte Wagner (2018, S. 19) in ihrer Befragung zeigen. Die gewhlte Kurzform der Vortrge scheint bei den Beurteilerinnen und Beurteilern gut anzukommen. Die Verstndlichkeit und methodische Prsentation der Vortrge werden als gut bis sehr gut eingeschtzt, obwohl es sich teilweise um recht komplexe Themenbereiche handelt. Das methodische Konzept des „Blitz-Talks“ scheint somit gut geeignet zu sein, auch anspruchsvolle Themen wissenschaftlichen Laien darzubieten.

Bildung im Alter: Was in Zukunft zu tun ist In Deutschland gibt es ein breites Angebot an Bildungsangeboten an Universitten fr Seniorinnen und Senioren. Jedoch werden diese Angebote nur mit relativ geringen finanziellen Mitteln untersttzt, sodass eine inhaltliche und qualitative Kontinuitt oftmals nur ber den intensiven ehrenamtlichen Einsatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Dozenten und Lehrenden gewhrleistet werden kann. Dabei ist die Generation der lteren, die jetzt an den Universitten studiert und Studienangebote nachfragt, im Vergleich zu frheren Generationen besser gebildet, gesnder, interessiert und lernwillig. Dennoch ist es eher die Ausnahme, dass ein auf ihre Erwartungen, Vorerfahrungen und Bedrfnisse zugeschnittenes Bildungsangebot gemacht wird. Diese unbefriedigende Situation trifft ebenso auf das Schweizer Seniorenstudium zu, wie

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Kapitel 7

der Titel des Buches von Campiche und Kuzeawu (2017) unmissverstndlich andeutet: „Die jungen Alten: vom Bildungssystem vergessen“. Die Autoren argumentieren fr ein neu organisiertes Bildungssystem, das u.a. ein gendertes Dozierenden-Studierenden-Verhltnis, das mehr auf Interaktion setzt und neue Lehr- und Lernformen fordert. In der Bildung lterer ist es wichtig, dass eine alterssensible Didaktik zum Einsatz kommt (vgl. Nuissel 2009), die den Menschen strker in Mittelpunkt der Lehr-Lern-Prozesse stellt. Die Bildungsangebote sollten erfahrungsorientiert, individualisiert, interessenorientiert und lebensbegleitend konzipiert sein. Die Zielvorgabe muss heißen: Lebenslanges Lernen. Sollen ltere Menschen am schnellen technischen Fortschritt mit seinen spezifischen Herausforderungen partizipieren, ist lebenslanges Lernen unabdingbar.

Nicht an dem verzweifeln, was wir nicht vermgen, sondern das anpacken was machbar ist. (Reiner Kunze)

Kapitel 8 Technik und Alter: Eine besondere Herausforderung Technik und ihre Bedeutung im hheren Lebensalter Digitalisierung fhrt zu einer grundlegenden gesellschaftlichen Vernderung

Die Bedeutung der Technik fr Seniorinnen und Senioren wird von der Sachverstndigenkommission im Altersbericht „ltere Menschen und Digitalisierung“ (BMFSFJ 2020) umfassend dokumentiert. Dabei ist zu bemerken, dass in den Bericht die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die viele Problempunkte aufgedeckt hat, noch nicht eingeflossen sind. Seit Beginn der Digitalisierung in den 1980er Jahren in Deutschland und vergleichbaren anderen modernen Gesellschaften, hat sich aufgrund der Entwicklung und Bereitstellung innovativer technologischer Mglichkeiten eine bisher kaum da gewesene grundlegende gesellschaftliche Vernderung vollzogen. Der gesellschaftliche Wandel geht einher mit der Alterung der Gesellschaft. Immer neue technische Modifikationen bieten lteren Menschen die Chance, mglichst lange aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und ein weitgehend selbststndiges Leben zu fhren. Mit anderen Worten: Die Anwendung der Digitalisierung stellt fr eine alternde Gesellschaft und fr ein subjektiv erfolgreiches Altern vielfltige Potentiale bereit. So gibt es eine große Palette von neuen Technologien, von digitalen Medien und internetbasierten Diensten bis hin zu altersgerechten Assistenzsystemen und sozialer Robotik. Doch diese Technologien sind bei den lteren wenig verbreitet. Und ausgerechnet die lteren Mitbrger, die die Digitalisierung als Bereicherung in ihrem Lebensalltag erfahren knnten, zeigen trotz eines scheinbar objektiv hohen Nutzens die grßte Distanz zur Digitalisierung. Aber objektiv zugeschriebener Nutzen ist nicht gleichzusetzen mit subjektiv wahrgenommenem Nutzen. Im Gegenteil wird von den lteren oftmals kein großer Vorteil fr sich gesehen oder der Kostenaufwand, etwa in Form wahrgenommener Komplexitt in der Handhabung, bersteigt den erwarteten Nutzen bei Weitem. Wie Doh (2020, S. 8) in seiner Expertise zum Achten Altersbericht der Bundesregierung herausarbeitet, gibt es zwei Kernaspekte der Digitalisierung, die eine besondere Bedeutung fr das Alter haben, nmlich die Multifunktionalitt des Internets und die hohe technische Innovationsdynamik.

zwei Kernpunkte der Digitalisierung

„(1) Das Internet und seine Zugangsgerte stellen fundamentale Basisanwendungen innerhalb der Digitalisierung dar, die ein breites Spektrum an Funktionalitten fr das Alter umfassen, sowohl im Sinne

Technik und Alter: Eine besondere Herausforderung

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einer Bereicherung (‚enhancement‘) insbesondere fr das ‚Dritte Alter‘ als auch im Sinne der Kompensation besonders fr das ‚Vierte Alter‘. (2) Trotz der Multifunktionalitt des Internets fr alle Lebenslagen wird der Umgang mit der digitalen Technik durch die hohe Innovationsdynamik der Produkte erschwert. Es reicht nicht aus, nur einen Zugang zur digitalen Welt zu bekommen, es gilt mehr denn je das Prinzip des lebenslangen Lernens, um sich digital weiterzubilden (Kolland 2007). Daher mssen auf kommunaler, lokaler Ebene Strukturen entwickelt und gestrkt werden, die eine kontinuierliche Weiterbildung lterer Menschen im Sozialraum ermglichen.“ Im Achten Altersbericht (BMFSFJ) werden umfassend zentrale Lebensbereiche und Handlungsfelder beschrieben, die fr das Leben lterer Menschen relevant sind, und in denen die Akzeptanz und der vertraute Umgang mit digitalen Hilfsmitteln fr die unmittelbare Lebensgestaltung bedeutsam und frderlich sind. Die dafr notwendige digitale (Weiter)Bildung trifft jedoch zum Teil auf großen Widerstand bei den lteren. Auf dem Hintergrund des in der entwicklungspsychologischen Altersforschung entwickelten SOK-Modells, das auf den drei Prinzipien der Selektion, Optimierung und Kompensation beruht (Baltes 1997, 2004), bietet sich ein altersgerechter Umgang mit begrenzten Ressourcen an. Als Beispiel dafr fhrt Baltes den 80-jhrigen Pianisten Artur Rubinstein an. Auf die Frage, wie er es schaffe, in seinem Alter so hervorragende Konzerte zu geben, nannte er drei Grnde: Erstens spiele er weniger Stcke – ein Beispiel fr Selektion; zweitens be er diese Stcke hufiger – ein Beispiel fr selektive Optimierung; drittens schließlich setze er grßere Kontraste in den Tempi, um sein Spiel schneller erscheinen zu lassen, als er noch zu spielen imstande sei – ein Beispiel fr Kompensation. Das SOK-Modell gilt nach Baltes (2004) „zwar fr alle Phasen des Lebens, gert jedoch im Alter oft zu einer wahren Lebenskunst“. Auch in der Nutzung digitaler Techniken sind selektive Optimierung und Kompensation als sinnvolle Verhaltensstrategien hilfreich. So kann trotz auftretender Defizite noch lange Zeit ein selbststndiges und selbstbestimmtes Leben gefhrt werden. Die im Achten Altersbericht (2020, S. 46ff.) aufgefhrten Lebensbereiche und Handlungsfelder sind: – – – – – –

Wohnen, Mobilitt, soziale Integration und Einsamkeit, Gesundheit und Digitalisierung, digitale Untersttzungssysteme fr die Pflege, Entwicklung des sozialen Raumes.

SOK-Prinzip: Selektion, Optimierung, Kompensation als sinnvolle Verhaltensstrategie

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Kapitel 8 digitale Technik ermglicht selbstbestimmtes Leben

Digitale Technik kann das selbstbestimmte Wohnen im eigenen Heim untersttzen. Sie kann helfen, die erforderliche Mobilitt zu gewhrleisten und damit die soziale Integration aufrechtzuerhalten. Einen weiteren zentralen Punkt stellt das digitale Gesundheitsangebot dar, das z.B. die rztliche Versorgung ergnzen kann. Zur Anwendung dieser Mglichkeiten, wie dem Gebrauch von Apps, der Buchung von Online-Terminen, der Nutzung von Videosprechstunden oder der Selbstberwachung bei chronischen Erkrankungen, sind digitale Kompetenzen notwendig, die, so hat nicht zuletzt die Corona-Krise gezeigt, selbst bei jngeren nicht hinreichend vorhanden sind. Ebenso sind in der Pflege digitale Hilfsmittel von technischen Assistenzsystemen bis hin zum Einsatz von „robotischen Systemen fr die Pflege“ mglich. Die digitale Kommunikation, die etwa Zugang zu ffentlichen und privaten Dienstleistungen (wie Lieferdienste, Fahrkartenkauf etc.) ermglicht, ist fr alle Generationen wichtig. Der Achte Altersbericht mahnt hierfr eine flchendeckende Bereitstellung des kostenlosen Internets im ffentlichen Raum und in ffentlichen Einrichtungen mit entsprechendem Zugang zu Gerten und zur Software an.

Soziodemografische Merkmale und ihre Bedeutung fr die Technikhandhabung lterer die zentrale Bedeutung soziodemografischer Faktoren

Digitalisierungsgrad in Deutschland

Die Nutzung des Internets als „die Basisinfrastruktur, um Zugang zu digitalen Technologien zu erhalten“ (Achter Altersbericht 2020, S. 61), unterscheidet sich signifikant in verschiedenen Bevlkerungsgruppen. Es zeigen sich bedeutsame korrelative Zusammenhnge mit soziodemografischen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildungs- und Einkommensstatus. Generell gilt: Mnner nutzen das Internet hufiger als Frauen, Menschen mit einem hheren Bildungsstand hufiger als Menschen mit niedrigem Bildungsstand. Weiter nutzen berufsttige Personen, insbesondere solche, die berufliche Erfahrungen mit Computern haben, das Internet mehr als Personen ohne eine entsprechende berufliche Ttigkeit. Es zeigen sich deutliche Wechselwirkungen zwischen Beruf, Bildungs- und Einkommensstatus und der Geschlechtszugehrigkeit, die insbesondere eine Erklrung fr die relativ geringe Technikakzeptanz bei lteren Frauen liefern knnen. Und schließlich korreliert die Internetnutzung auch mit der Grße des Wohnumfeldes. In Großstdten wird das Internet eher genutzt als im lndlichen Umfeld. Eine bersicht der Internetnutzung in Deutschland gibt der D21-DigitalIndex, der ein jhrliches Lagebild zum Digitalisierungsgrad in Deutschland liefert. An den Befragungen nehmen jhrlich ca. 20.500 Personen im Alter von 14 bis 99 Jahren teil. Betrachtet man die Entwicklung der Internetnutzung in Deutschland, die erstmals 2001 im (N)ONLINER-Atlas erfasst wurde und bis heute ein Bild der digitalen Gesellschaft liefert (D21-Digital-Index 2018/2019),

Technik und Alter: Eine besondere Herausforderung

ist erwartungsgemß in allen Altersgruppen eine deutliche Steigerung festzustellen. In der Altersgruppe der 14- bis 49-Jhrigen nutzten 2001 bereits mindestens 43 bis 64 Prozent das Internet, heute sind fast 100 Prozent erreicht. Bei den lteren Brgerinnen und Brger sieht es ganz anders aus. Dennoch ist gerade bei den lteren ein hohes Wachstumspotenzial zu verzeichnen, das darauf zurckzufhren ist, dass diese Altersgruppe erst deutlich spter die Digitalisierung fr sich entdeckt hat und inzwischen immer mehr online geht. So hat sowohl in der Altersgruppe der 60- bis 69-Jhrigen im Zeitraum von 2001 (11% Internetnutzung) bis 2018 (79% Internetnutzung) als auch in der Altersgruppe 70+ von 2001 (4% Internetnutzung) bis 2018 (45% Internetnutzung) eine deutliche Zunahme stattgefunden. Bei der nchsten Erhebung drfte fr die lteren Brgerinnen und Brger noch einmal ein deutlicher Schub, bedingt durch die Corona-Krise und deren Erfordernisse im Alltag, zu erwarten sein.

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hohes Wachstumspotenzial der Internetnutzung bei lteren

Alter und Geschlecht Betrachten wir zunchst die Internetnutzung in den verschiedenen Altersgruppen. Wie in Abbildung 4 zu sehen ist verringert sich mit zunehmendem Alter die Internetnutzung, und zwar besonders deutlich ab 70 Jahren. Bei den jungen Nutzern zwischen 14 und 49 Jahren gehren fast 100 Prozent der Frauen und Mnner zu den Onlinern. In den Altersgruppen ab 60 Jahren reduziert sich nicht nur die Internetnutzung, zugleich wird auch der Unterschied zwischen Mnnern und Frauen immer grßer. In der Gruppe der 80bis 99-Jhrigen nutzen nur noch 15% der Frauen das Internet im Vergleich zu

Abb. 4 Internetnutzung im Jahre 2018 nach Alter und Geschlecht

Internetnutzung 120 100

98 99 92 90 84 75

Prozent

80

70

60 44 34

40

15

20 0 14-49 Jahre

50-59 Jahre Männer

Quelle: Doh 2020, S. 27

60-69 Jahre Frauen

deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Mnnern

70-79 Jahre

80-99 Jahre

130

Kapitel 8

immerhin 34% der Mnner. Die grßere Distanz der Frauen hngt damit zusammen, dass ltere Frauen hufiger in technikfernen Berufen mit geringerem Verdienst gearbeitet haben und weniger verdient haben oder gar nicht erwerbsttig waren und dementsprechend niedrigere Renten erhalten. „Die Anschaffungs- und Betriebskosten digitaler Technologien wie auch die Ausgaben fr Bildungsangebote knnen fr sie eine Zugangs- und Nutzungsbarriere darstellen“ (Ehlers, Heß, Frewer-Graumann, Olbermann & Stiemke 2020). Die mobile Internetnutzung, d.h. die Nutzung ber ein Mobilfunknetz, liegt noch einmal deutlich unter den berichteten Werten.

Bildung und Beschftigung gut gebildete Personen sind besser fr den digitalen Wandel gerstet

Weiter steht Bildung in einem engen Zusammenhang mit der Internetnutzung. Personen, die gut gebildet sind, sind besser gerstet fr den digitalen Wandel als weniger gut gebildete. Wie bei den Geschlechtsunterschieden zeigen sich bei den jngeren kaum Unterschiede. So ist bei den 14- bis 59-Jhrigen die Sttigungsgrenze fast erreicht (s. Abb. 5). Bei den ber 60-Jhrigen nutzen immerhin fast 100 Prozent der hher Gebildeten das Internet, whrend es bei Personen mit geringer Bildung nur 63 Prozent sind. Selbst bei den ber 80-Jhrigen sind noch 53 Prozent online. Der grßte Zuwachs liegt in den Altersgruppen 70 bis 79 Jahre und 80 bis 99 Jahre. Eine hnliche Entwicklung wie beim Bildungsstatus zeigt sich auch beim Einkommen. In der Altersgruppe 60 bis 69 Jahre nutzen Personen mit einem hohen Haushaltsnettoeinkommen zu 89 Prozent das Internet im Gegensatz zu Personen mit einem geringen Einkommen. Hier sind es nur 45 Prozent. Und noch grßer ist die Kluft in der Altersgruppe 70 bis 79 Jahre (vgl. Doh 2020).

Abb. 5 Internetnutzung im Jahre 2018 nach Alter und Bildungsstatus

Internetnutzung 120 100 99 100

94

97

96

93 79

86

81

Prozent

80 63

67

60

53

40

32

20

34

11

0 14-49 Jahre

50-59 Jahre Bildung hoch

Quelle: Doh 2020, S. 28

60-69 Jahre Bildung mittel

70-79 Jahre Bildung niedrig

80-99 Jahre

Technik und Alter: Eine besondere Herausforderung

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Die hier vorgelegten Ergebnisse zur digitalen Kluft sind jedoch insofern vorsichtig zu interpretieren, als sie sich nur auf die Zuordnung, ob jemand Onliner ist oder nicht, beziehen. Weder der Umfang noch die Intensitt der Internetnutzung werden erfasst. Auch die Erfahrungen und die vorhandenen Kompetenzen bleiben unbercksichtigt (Doh 2020, S. 37). Neben den genannten Merkmalen wirkt sich erwartungsgemß auch die Beschftigung, konkret die Erfahrungen mit Computern im Beruf, auf das Nutzungsverhalten aus, und zwar in allen Altersgruppen ab 50 Jahren (Doh, 2020, S. 19). Statistische Berechnungen zeigen, dass die berufliche technikbezogene Vorerfahrung von allen Determinanten die wichtigste darstellt. Wer von den lteren beruflich mit der Digitalisierung befasst war, profitiert davon auch in der nachberuflichen Zeit. In neueren Studien werden die Merkmale Zugang, Nutzungsverhalten, Kompetenz und Offenheit mit erhoben und zu einem Digitalisierungsindex zusammengefasst. So wird 2018 zwischen den digital Abseitsstehenden (21 %), den digital Mithaltenden (42%) und den digitalen Vorreitern (37%) differenziert (zur genauen Erfassung und Beschreibung der oben genannten Merkmale und zur Bildung der Kategorien siehe den D21-Index 2018/2019, S. 38f.). Mit Bildung des Digital-Index wird erstmals der Versuch gestartet, auf wissenschaftlicher Grundlage die Digitalisierung der Gesellschaft adquater zu erfassen als nur auf Grundlage der Nutzung bzw. Nichtnutzung des Internets.

Digital Abseitsstehende, digital Mithaltende und digitale Vorreiter Zu den digital Abseitsstehenden gehren die „Offliner“ und die „MinimalOnliner“. Bei den Offlinern liegt der Altersdurchschnitt bei 71 Jahren, zwei Drittel sind Frauen und Personen mit einem niedrigen Bildungsstatus. Bei den Minimal-Onlinern liegt der Altersdurchschnitt bei 63 Jahren, und zwei Drittel sind Frauen (vgl. Doh 2020, S. 39). Aufschlussreich sind die Begrndungen von Personen, die das Internet nicht nutzen. Die drei hufig genannten Begrndungen lauten: „habe generell kein Interesse am Internet“, „ist mir zu kompliziert“ und „sehe fr mich keinen Nutzen oder Vorteil darin“. Die grßte Gruppe bilden die digital Mithaltenden. Sie werden definiert als konservative Gelegenheitsnutzerinnen und -nutzer, vorsichtige Pragmatikerinnen und Pragmatiker. Die Gruppe der digitalen Vorreiter wird definiert als reflektierte Profis, progressive Anwenderinnen und Anwender und Technik-Enthusiasten. Ob und wie intensiv das Internet genutzt wird, kann fr viele ltere mit einer sogenannten Nutzen-Kosten-Abwgung beschrieben werden. Wenn ltere den Nutzen und den Sinn des Internets fr sich selbst erkennen, akzep-

berdurchschnittlich viele ltere und Frauen gehren zu den digital Abseitsstehenden

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Kapitel 8

digitale Kompetenz beinhaltet drei Komponenten: Bedienungswissen, Orientierungswissen und Gestaltungswissen

tieren und gleichzeitig die Kosten der Internetnutzung und die Risiken fr sie berschaubar sind, treffen sie diesbezglich eine positive Entscheidung (Buboltz-Lutz & Stiel 2018, S. 19). Entscheidend fr die optimale Techniknutzung ist die digitale Kompetenz der Person. In der Literatur werden zur Beschreibung der digitalen Kompetenz drei Kompetenzdimensionen unterschieden. Die einfachste Fhigkeit ist die sogenannte Bedienkompetenz oder das Bedienungswissen. Dazu gehren Kenntnisse zur Menfhrung (beim PC, Laptop, Smartphone), die Bedienung von E-Mail-Programmen, der Umgang mit Webbrowsern (wie etwa Mozilla Firefox), die Suche von Inhalten im Web, die Konfigurationen zum digitalen Schutz (z.B. die Installation eines Antivirenprogramms). Anspruchsvollere Kompetenzen als die Bedienkompetenz sind das Orientierungs- und das Gestaltungswissen. Zum Orientierungswissen gehren der Umgang mit technischen Problemen (beim Computerabsturz), ein Bewusstsein fr digitale Sicherheit (z.B. das Erkennen von potenziellen Gefahren), die Durchsetzung digitaler Rechte (z.B. Schutz der Privatsphre), ein gewisses Technologieverstndnis (etwa fr Knstliche Intelligenz). Beim Gestaltungswissen geht es um die kreative Nutzung und Gestaltung digitaler Technologien, also letztendlich um die Anpassung der Techniknutzung an die persnlichen Bedrfnisse der Person. Inhaltlich sind damit folgende Fhigkeiten gemeint: der Umgang mit gestalterischer Software (Fotobearbeitung, Videobearbeitung), die Gestaltung von Webseiten oder Verwendung von 3-D-Druckern usw. (Stubbe, Schaat & Ehrenberg-Silies 2019). Empirische Untersuchungen zeigen, dass Personen mit einem hheren Bildungsstand auch hhere inhaltliche Kompetenzen aufweisen, und dass Frauen generell ihre digitalen Kompetenzen geringer einschtzen als Mnner. Zielvorgabe fr die Zukunft ist der Auf- und Ausbau der digitalen Souvernitt lterer Menschen, damit sie ihr Leben selbstbestimmt gestalten und auch die Konsequenzen digitalisierten Handelns einschtzen knnen. Dieses Ziel ist nur mit dem Ausbau von Orientierungs- und Gestaltungswissen zu erreichen und der Bereitschaft zu lebenslangem Lernen. Diese Zielvorgabe wird noch einmal deutlich unterstrichen in dem folgenden Zitat aus dem Achten Altersbericht (2010, S. 109): (…) „dass die individuelle und kollektive Befhigung im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Etablierung von digitalen Technologien nicht auf die Installation und Handhabung von Produkten und Anwendungen (Bedienkompetenz) reduziert werden kann. Vielmehr ist auch die kreative Nutzung und Gestaltung im Kontext der je individuellen Routinen, Gewohnheiten und Prferenzen zu entwickeln (Gestaltungskompetenz). Auf einer reflexiven Ebene geht es darum, technologische Innovationen im Horizont eigener Werte und Prferenzen

Technik und Alter: Eine besondere Herausforderung

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sowie gesellschaftlicher Normen zu beurteilen und auf die eigene Lebenslage abzustimmen und vor diesem Hintergrund verfgbar zu machen oder anzulehnen (Orientierungskompetenz).“

Interaktion zwischen den Anforderungen der (Technik-)Umwelt und dem Kompetenzniveau der Person Um die Mglichkeiten und Grenzen der Technikhandhabung lterer Menschen besser beschreiben zu knnen, bietet sich das Modell von Lawton (1998, zitiert nach Schmidt 2015, S. 230) an. Das Modell der Person-Umwelt-Passung bercksichtigt das Wechselspiel zwischen dem Kompetenzniveau der Person einerseits und den Anforderungen der Umwelt andererseits. Eine gute Passung hngt davon ab, dass das Leistungs- bzw. Kompetenzniveau der lteren Person und die an die Person gestellten Anforderungen (z.B. die Bedienung eines Navigationsgerts) nicht zu weit auseinanderliegen. So knnen zu hohe Umweltanforderungen durch technische Gerte bei Personen mit geringen Ressourcen im Sinne von altersbedingten reduzierten kognitiven Fhigkeiten, sensorischer Beeintrchtigung etc. zu fehlender Anpassung fhren. Schwierigkeiten in der Handhabung erzeugen ein Gefhl der berforderung und fhren letztendlich zur Vermeidung der Technik. Studien zeigen, dass kognitive Fhigkeiten das Kompetenzniveau der Person bestimmen, aber auch ihre spezifischen berzeugungen, Einstellungen und die Technikerfahrung (Schmidt & Wahl 2016). Whrend lange Zeit der Fokus auf dem Kompetenzniveau der Person lag, richtet das Passungsmodell das Augenmerk verstrkt auf die Anforderungen durch die Umwelt. In der Literatur werden zwei Interaktionsstrategien vorgeschlagen, die zu einer besseren Person-Umwelt-Passung in der Technik-Umwelt beitragen knnen (Schmidt 2015, S. 37).

Modell der PersonUmwelt-Passung

a) Die Aufgabenanforderungen fr ltere werden vereinfacht, z.B. indem fr die einzelnen Schritte Hinweise mit Erluterungen oder Erluterungen mit zustzlicher Sprachausgabe angeboten werden, bestimmte Handlungen/ Optionen bereits durch das System voreingestellt werden und nur noch besttigt oder abgelehnt werden mssen werden etc. b) Die zweite Strategie setzt an den vorhandenen kognitiven Ressourcen der Person an, mit dem Ziel, diese zu optimieren. So knnen etwa Aufmerksamkeitsprozesse, die sich im Alter verndern, durch Hinweise („cues“) im Programm effektiv gelenkt und damit verbessert werden.

Verbesserung der Person-Umwelt-Passung

134

Kapitel 8

Kognitive Fhigkeiten und der Bezug zur Technikhandhabung keine umfassende Theorie der Technikhandhabung

Arbeitsgedchtnis und Technikhandhabung

Trotz vorliegender empirischer Forschungsarbeiten im Bereich der Technikhandhabung, insbesondere mit Fokus auf den Umgang mit dem Computer und dem Internet, liegt bislang keine einheitliche, umfassende Theorie vor, die die vielen Einzelbefunde widerspruchsfrei integrieren knnte. Besonders fr die Gruppe der lteren Menschen fehlen aussagekrftige Studien, da lngst nicht alle Befunde, die fr jngere Personen gelten, auf ltere bertragen werden knnen (Schmidt & Wahl 2016). Es gibt jedoch empirische Hinweise darauf, dass kognitive Fhigkeiten im Allgemeinen fr die Technikhandhabung lterer Menschen eine wichtige Rolle spielen. Etwas deutlicher wird das Bild, wenn gesonderte kognitive Fhigkeiten wie Aufmerksamkeitsprozesse, Arbeitsgedchtnis, kognitive Flexibilitt oder die Geschwindigkeit, mit der Informationen verarbeitet werden, betrachtet werden. Das Kurzzeitgedchtnis auch Arbeitsgedchtnis genannt (vgl. Kap. 5), in das Informationen aufgenommen und verarbeitet werden, ist fr den Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnik essenziell, um relevante Informationen aufzunehmen und whrend der Handlungsausfhrung prsent zu halten. Nur mit Hilfe des Gedchtnisses kann die Person den berblick ber die ausgefhrten Aktionen in der richtigen Reihenfolge behalten. Empirische Arbeiten zeigen, dass vor allem die visuell-rumliche Komponente des Arbeitsgedchtnisses fr die Verarbeitung von Informationen auf Benutzeroberflchen eine wichtige Rolle spielt. Eine unbersichtliche Organisation und Darstellung wie etwa eines Mens auf der Benutzeroberflche eines PCs, kann zu gravierenden Verstndnisproblemen und Schwierigkeiten in der Handhabung fhren (Schmidt 2015, S. 50 f.). So hngt auch bei jngeren Personen bei anspruchsvollen Aufgaben die Ausprgung der rumlichen Visualisierungsfhigkeit mit der Dauer der Aufgabenbearbeitung zusammen. Zusammenfassend legen die empirischen Studien nahe, dass „Einbußen im Arbeitsgedchtnis und im rumlichen Vorstellungsvermgen gemeinsam dazu beitragen, dass ltere Erwachsene Schwierigkeiten beim Auffinden von Informationen in hierarchischen Systemen haben“ (a.a.O., S. 70). In Bezug auf Gedchtnisleistungen ist der Hinweis von Doh (2020, S. 70) interessant, wonach Lngsschnittanalysen mit Daten aus dem internationalen SHARE Projekt gezeigt haben, dass es eine Wechselwirkung zwischen Internetnutzung und Gedchtnisleistungen gibt, d.h. sie beeinflussen sich gegenseitig. Bei Onlinern zwischen 50 und 100 Jahren ist die Wirkrichtung der Internetnutzung auf das Gedchtnis sogar strker ausgeprgt als umgekehrt, was bedeutet, dass ltere durch die Internetnutzung ihre Gedchtnisleistungen verbessern knnen. Zu den komplexeren kognitiven Fhigkeiten gehren die Exekutivfunktionen, auch kognitive Kontrollfunktionen genannt. Darunter werden ver-

Technik und Alter: Eine besondere Herausforderung

schiedene kognitive Fhigkeiten zusammengefasst wie die Aufmerksamkeitsteuerung, das Arbeitsgedchtnis, das Aufgabenmanagement usw. Mit Hilfe der Exekutivfunktionen koordinieren und steuern Menschen unter Bercksichtigung der Umweltbedingungen ihr Verhalten und knnen sich somit optimal an neue Situationen anpassen. Studien zeigen, dass deutliche Alterseffekte auftreten, wenn die zu bearbeitenden Aufgaben eine hohe kognitive Kontrolle erfordern. Die ist etwa dann notwendig, wenn das Verhalten und die Wahrnehmungsreize (etwa am PC) koordiniert oder wenn strende Handlungsimpulse unterdrckt werden mssen. So leiden vor allem die Fhigkeiten der Planung und Abspeicherung, wenn verschiedene Aufgaben gleichzeitig zu erledigen sind oder die eigentlichen Handlungsziele mit ablenkenden Wahrnehmungsinhalten in Konflikt geraten. Auch Exekutivfunktionen knnen untersttzt und verbessert werden durch externe Hilfen, Erinnerungsfunktionen oder teilautomatisierte Hilfsfunktionen. Schmidt (2015, S. 56) sieht aufgrund der Befunde aus empirischen Studien einen Zusammenhang zwischen externer Untersttzung und Alterseffekten: „Je strker die Untersttzung durch externe Hinweisreize gegeben ist, desto geringer fallen die negativen Alterseffekte aus, beziehungsweise verschwinden sogar ganz.“

135 Exekutivfunktionen und Technikhandhabung

berzeugungen und Einstellungen bezglich Technik Mindestens ebenso wichtig wie die kognitiven Fhigkeiten sind die Einstellungen und berzeugungen der lteren gegenber der Technik und der Technikhandhabung. Einstellungen einer Person knnen entweder sehr allgemein oder aber verhaltensnah, d.h. auf ein konkretes Objekt oder eine konkrete Handlung bezogen, erfasst werden. So lsst sich etwa in einer bundesweit reprsentativen Befragung von acatech und Krber-Stiftung (2019, 2020) im sogenannten TechnikRadar (2020, S. 4) zeigen, dass die Deutschen allgemein ein hohes Interesse (57,8%) an Technik haben. Diese Zustimmung sagt aber nichts darber aus, ob Personen eine ganz bestimmte Technik akzeptieren oder ablehnen. Signifikante Zusammenhnge mit dem Verhalten einer Person lassen sich in der Regel dann nachweisen, wenn objektspezifische Einstellungen erfasst werden. Eine solche objektspezifische Einstellung ist die Selbstwirksamkeitsberzeugung der Person in Bezug auf Computer und Computernutzung. Die wahrgenommene Selbstwirksamkeit lsst sich in Anlehnung an den Psychologen Bandura definieren „als die subjektive Gewissheit, neue oder schwierige Aufgabensituationen aufgrund eigener Kompetenz bewltigen zu knnen“. Diese berzeugung wirkt sich auf das Verhalten der Person aus, da eine hohe Selbstwirksamkeitseinschtzung die investierte Anstrengung und die Ausdauer, mit der eine Personen eine Aufgabe bearbeitet, beeinflusst (vgl. dazu Rustemeyer 2011, S. 27f.). Ergebnisse aus dem Heidelberger Forschungsprojekt „Neue

eine hohe Selbstwirksamkeitsberzeugung hat positiven Einfluss auf das Nutzungsverhalten

136

Kapitel 8

Selbstwirksamkeitsberzeugung ist nicht gleichzusetzen mit Kompetenz

Technologien im Alter“ zeigen, dass Personen mit hoher Selbstwirksamkeitsberzeugung ein breiteres Nutzungsspektrum an Online-Anwendungen aufweisen als Personen mit niedriger berzeugung. Und dieser Zusammenhang gilt sowohl fr technikunerfahrene als auch fr technikerfahrene Onliner (Doh 2020, S. 71). Bedeutsame Korrelationen zwischen den kognitiven Prozessen im Alter und der Selbstwirksamkeitsberzeugung konnten bereits in den 1980er Jahren nachgewiesen werden (Schmidt 2015, S. 107). So glauben Personen mit hoher Selbstwirksamkeitsberzeugung eher, dass sie ihre Gedchtnisleistungen durch ein Training verbessern knnen als Personen mit geringer Selbstwirksamkeitseinschtzung. Weiter hngt das Ausmaß der Internetselbstwirksamkeit mit der empfundenen Leichtigkeit der Computernutzung zusammen. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass die Selbstwirksamkeitsberzeugung nicht gleich zu setzen ist mit der tatschlichen Kompetenz der Person, auch wenn die Selbstwirksamkeitsberzeugung durch tatschliche Erfahrung gespeist wird. Tatschlich knnen diese Personen ein hheres Leistungsniveau erreichen, weil sie aufgrund ihrer subjektiven berzeugung eine hhere Motivation haben und mehr Anstrengung investieren.

Beteiligung lterer Menschen an der Entwicklung digitaler Technologien

die Expertise lterer fr die Entwicklung technischer Gerte nutzen

Folgt man den Empfehlungen der Sachverstndigenkommission (vgl. Achter Altersbericht, BMFSFJ 2020) und bercksichtigt die Schlussfolgerungen, die sich aus dem Modell der Person-Umwelt-Passung ergeben, ist es unbedingt erforderlich, bereits bei der Entwicklung digitaler Technologien die konkreten Bedrfnisse und Kompetenzen wie auch die unterschiedliche Lebenssituation lterer Menschen einzubeziehen. Gleiches gilt fr die Technikforschung. Es geht darum, vorhandene Kompetenzen und Fhigkeiten der lteren zu nutzen und wenn mglich zu verbessern. Nur so lassen sich die erwnschten positiven Wirkungen digitaler Technologien tatschlich erzielen. Wenn technische Gerte zu kompliziert zu bedienen sind und fr die korrekte Handhabung vor allem bei lteren zustzliche kognitive Ressourcen erforderlich sind, kann dies, anders als bei jngeren Nutzern, zu einer Leistungsverschlechterung lterer Menschen fhren (vgl. Lang & Rohr 2012). Negative kognitive Alterseffekte knnen aber auch – etwa durch den Einsatz externer Hinweisreize, durch eine altersgerechte Anpassung technischer Gerte an die Bedrfnisse lterer – sehr gut kompensiert werden. Dies sind erfreuliche Einzelbefunde aus aktuellen Untersuchungen. Um jedoch der Komplexitt des Forschungsfeldes gerecht zu werden, sind weitere Anstrengungen und staatlich finanzierte Maßnahmen erforderlich. Auf die Notwendigkeit zu handeln, weist der Achte Altersbericht (BMFSFJ 2020, S. 125) eindrcklich hin.

Technik und Alter: Eine besondere Herausforderung

137

„Die Entwicklung digitaler Technologien fr ltere Menschen ist ein beraus komplexes Forschungs- und Entwicklungsfeld, das die Abstimmung von Forschungsperspektiven unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen untereinander, aber auch mit Unternehmenssichten und Markttrends erfordert. Diese interdisziplinre und interprofessionelle Abstimmung ist bisher nicht in ausreichendem Maße gelungen.“

Angebote fr ltere zum Erwerb digitaler Kompetenzen Inzwischen existieren fr ltere Menschen eine Reihe mehr oder weniger professioneller Angebote zum Erwerb und zur Untersttzung digitaler Kompetenzen. Es gibt sowohl bundesweite Initiativen zur Untersttzung lterer im Umgang mit digitalen Technologien als auch regional verankerte Projekte. Eine bundesweite Ansprechstelle fr Seniorinnen und Senioren bietet die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. (BAGSO) unter dem Namen Servicestelle Digitalisierung und Bildung fr ltere Menschen. Die Servicestelle gibt Auskunft zu allen Fragen rund um Bildung im Alter und mchte Seniorinnen und Senioren den Zugang zu Kursangeboten und Treffpunkten erleichtern. Auf der Internetseite der BAGSO knnen ltere in einer bundesweiten Veranstaltungsdatenbank Angebote in ihrer Nhe finden. Entsprechende Webseiten wie wissensdurstig.de, Digital-Kompass.de, Digitale-Nachbarschaft.de und Digitale-Chancen.de bieten eine bersicht ber zahlreiche, wohnortnahe internetbasierte Hinweise und Angebote zum digitalen Kompetenzaufbau und stellen Lehr- und Lernmaterialien zum Download bereit. Dort findet man auch Hinweise zur Durchfhrung von Bildungsveranstaltungen in einer Kombination aus Prsenz- und E-LearningMaterialien. Ein interessanter und vielversprechender Ansatz ist die Vermittlung niederschwelligen digitalen Wissens von lteren an ltere. Im Freiwilligenengagement werden technikaffine Personen gewonnen, die als Senioren-Technik-Botschafter und Botschafterinnen ihr Wissen wohnortnah an ltere Menschen weitergeben (Stiel, Brandt & Bubolz-Lutz 2018). Sie knnen sich gezielt auf kognitive Vernderungen bei Seniorinnen und Senioren einstellen (vgl. Kap. 5) und diese bei der Vermittlung und dem Aufbau digitaler Kompetenzen bercksichtigen. In einem vierjhrigen vom BMBF gefrderten Modell-Projekt Quartiers-NETZ wurden viele diesbezgliche Erfahrungen und Erkenntnisse gesammelt. So werden u.a. didaktische Mglichkeiten und Anregungen im Handbuch Nr. 5, Technikbegleitung, von Bubolz-Lutz und Stiel (2018, S. 116f.) beschrieben.

BAGSO bietet viele hilfreiche Informationen fr ltere

Vermittlung digitalen Wissens von lteren an ltere

138

Kapitel 8

Zusammenfassung: Studieren im Alter Bildung im dritten Lebensalter seit den 1970er Jahren

hohe Akzeptanz der Seniorstudierenden

Lehr- und Lernkonzepte sollten auf ltere abgestimmt werden

Das vorliegende Buch gibt einen berblick ber die institutionellen und individuellen Voraussetzungen und Mglichkeiten der „Bildung im dritten Lebensalter“. Seit Mitte der 1970er Jahre ist die Bewegung Bildung im Alter in den europischen Lndern aber auch in außereuropischen Lndern aktiv. Die Bundesrepublik Deutschland folgte rund 10 Jahre spter. Die Konzepte reichen von Bildungsangeboten an Universitten und Hochschulen bis hin zu stark selbstorganisierten und nur locker an Universitten angebundenen Weiterbildungsorganisationen und Vereinen. Das Besondere der Bildung im dritten und inzwischen sogar vierten Lebensalter besteht darin, dass alle Interessierten einen Zugang zu den universitren Bildungsmglichkeiten als Gasthrer haben, weil eine Hochschulzulassung (Abitur) keine Voraussatzung fr das Studium ist. Es sind lediglich Studiengebhren zu bezahlen. Allerdings kann kein akademischer Abschluss durch das Studium erworben werden. Inzwischen sind ber viele Jahrzehnte hinweg Studienmotive, Beteiligungsformen und intergenerationelles Lernen aus der Sicht der lteren und Jngeren erforscht worden. Die Akzeptanz der Seniorinnen und Senioren im Studium ist hoch, gegenseitige Interaktions- und Lernprozesse werden von Jung und Alt berwiegend positiv gesehen. Hervorgehoben wird eine gegenseitige Bereicherung durch den jeweiligen Erfahrungs- und Wissensschatz sowie durch unterschiedliche Werthaltungen und Lebensentwrfen. Diese Befunde entsprechen so gar nicht dem Bild, das im Zuge bestimmter bildungspolitischer Vernderungen (berlastung der Universitten bzw. bestimmter Studiengnge, Einfhrung der Bachelor- und Masterstudiengnge mit engen curricularen Vorgaben) in den Medien verbreitet wurde. Die Seniorstudierenden nehmen den Regelstudierenden nicht die Sitz- und Studienpltze weg, sie stren nicht den Lehrbetrieb durch unwissenschaftliche ußerungen, wie manchmal undifferenziert und sensationsheischend in der Presse behauptet wird. Dennoch besttigen Ausnahmen manchmal auch die Regel. Ob und wie im dritten Lebensalter Bildung funktioniert, hngt im starken Maße von den Lehr- und Lernprozessen ab, die bei lteren in der Tat anders akzentuiert werden mssen als bei Jngeren. Merkmale der Informationsverarbeitung, des Gedchtnisses und der Motivlage bei lteren Menschen sind zu beachten. So manifestieren sich lernpsychologische Alterungssymptome in objektiv messbaren und subjektiv wahrnehmbaren Vernderungen von partiellen Leistungsfhigkeiten. Durch eine besondere Gestaltung lernfrderlicher Situationen knnen diese Vernderungen angemessen bercksichtigt werden. Hier sei noch einmal auf das SOK-Modell hingewiesen (vgl. Kap. 8), das auf drei Prinzipien der Selektion, Optimierung und Kompensation basiert und sich als ein altersgerechtes Konzept zum Umgang mit den begrenzten Ressourcen lterer Menschen anbietet (Baltes 1997, 2004).

Technik und Alter: Eine besondere Herausforderung

Wichtig ist die gesellschaftliche Ein- und Wertschtzung lterer Menschen. Dass ltere Brgerinnen und Brger ein Anrecht auf Partizipation am gesellschaftlichen Leben haben, auf Bildung im Alter, die auch etwas kosten darf, wird nicht von allen als selbstverstndlich angesehen. Es herrscht bei vielen auch an Bildung beteiligten Personen die Vorstellung vor, dass die Bildung der lteren (nur) dann stattfinden sollte, wenn die lteren der Gesellschaft im Sinne einer Win-win-Situation etwas zurckgeben knnen und wollen, z.B. durch ehrenamtlichen Einsatz oder indirekt durch die Entlastung der Kommunen. Mindestens wird erwartet, dass durch Bildung eine grßere digitale Mobilitt, eine verbesserte Gesundheit und mehr Lebenszufriedenheit der lteren erreicht werden kann und damit der Kommune im Sinne der Kostenersparnis keine unntigen und zustzlichen Ausgaben entstehen. Die theoretischen Konzepte zu Altersstereotypen, zur Bildung im Alter und zum lebenslangen Lernen werden in der wissenschaftlichen Literatur schon lnger intensiv diskutiert. Allerdings sind die sich daraus ergebenden Konsequenzen noch nicht im Bildungsalltag angekommen. Ein markantes Beispiel dafr ist das aus der Altersbildung nicht mehr wegzudenkende Konzept des „Lebenslangen Lernens“. Damit lebenslanges Lernen erfolgreich umgesetzt werden kann, bedarf es sttzender Rahmenbedingungen und zwar sowohl auf der Ebene der Gesellschaft, der Bildungssysteme und des Individuums. Sie alle haben Einfluss darauf, ob und wie lebenslanges Lernen stattfinden kann (Staudinger & Heidemeier 2009). Dazu gehrt die Bereitstellung finanzieller Mittel und institutioneller Mglichkeiten, wie auch die entsprechende Qualifizierung von Dozenten in der Bildung lterer und Qualittskontrollen fr entsprechende Bildungsangebote. Die universitre Seniorenbildung bietet aufgrund der bereits seit Jahrzehnten bestehenden praktischen Erfahrung und wissenschaftlichen Begleitforschung trotz der oben genannten einschrnkenden Rahmenbedingungen gute Voraussetzungen fr ein qualitativ hochwertiges Weiterbildungsprogramm. So kann die Universitt des dritten Lebensalters durch die Bildung der lteren, durch Projekte, die Universitten und Kommunen vernetzen zum Wissenstransfer beitragen. Durch die ehrenamtliche und/oder zivilgesellschaftliche Ttigkeit bernehmen gerade die lteren eine gesellschaftlich bedeutsame Aufgabe, denn der individuelle und gesellschaftliche Nutzen ehrenamtlicher Ttigkeit ist kaum zu berschtzen. Seniorinnen und Senioren bestimmen weitgehend frei ber ihre Zeit und knnen auf einen großen Erfahrungsschatz zurckgreifen, den sie in ihrer Freiwilligenarbeit einsetzen und weitergeben knnen. Fr jeden Einzelnen ist die ehrenamtliche Arbeit zudem eine große Chance, weiter am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, soziale Anerkennung zu erlangen und eine befriedigende, sinnvolle Arbeit auszuben.

139 Recht der lteren auf Bildung

lebenslanges Lernen, eine Notwendigkeit in unserer Gesellschaft

besondere Mglichkeiten der universitren Bildung fr ltere

140

Kapitel 8 das universitre Zertifikatsstudium fr ltere

zielgruppenspezifische Lehrangebote fr Seniorinnen und Senioren

die besonderen Herausforderungen der Digitalisierung fr ltere

Das Interesse, sich im Rahmen des Seniorenstudiums fr ein anspruchsvolles Ehrenamt zu qualifizieren, betrifft eine eher kleine Gruppe Seniorstudierender; sie entscheiden sich fr das Zertifikatsstudium. Das stimmt berein mit den von den lteren angegebenen Studienmotiven. Wie in Kap. 3 beschrieben, geben die meisten Befragten Motive an, die der Befriedigung individueller Bildungsinteressen zuzuordnen sind. Dagegen haben die Motive wie „sich fr ein Ehrenamt weiterzubilden oder Qualifikationen fr ein Ehrenamt zu erwerben“ bei den meisten Seniorinnen und Senioren nicht die hchste Prioritt. Allerdings sind diejenigen, die sich fr den Erwerb weitergehender Qualifikationen entscheiden, hoch motiviert, das Zertifikatsstudium durchzuhalten und erfolgreich abzuschließen. Es liegen jedoch keine empirisch belastbaren Daten vor, durch welche soziodemografischen Merkmale und Eigenschaften sich die Zertifikatsstudierenden auszeichnen. So wre es denkbar, dass diese Personen beispielsweise einen hheren Bildungsabschluss besitzen, im Arbeitsleben in leitender Funktion gearbeitet haben oder bereits in einer ehrenamtlichen Leitungsfunktion ttig sind. Der Service-Learning-Ansatz ist besonders gut geeignet, durch einen projektorientierten Ansatz einen intensiven und sinnstiftenden Austausch von Wissenschaft und Praxis in Bezug auf brgerschaftliches Engagement herzustellen. Seniorstudierende, aber auch Regelstudierende, knnen hier in gemeinwohlorientierten Projekten neue Erfahrungen sammeln, Kontakte knpfen oder vertiefen und whrend der Projektarbeit ihr persnliches brgerschaftliches Engagement erfahren (Arnold, Vogel, Fischer, Ulber, Beyer & Fllhase 2021). Neben dem projektorientierten Ansatz gibt es noch weitere Mglichkeiten fr zielgruppenspezifische Lehrangebote, die primr fr Seniorstudierende konzipiert sind und ihren Interessen und Wnschen entgegenkommen. Dies gelingt besonders gut in kleinen Arbeitsgruppen oder sogenannten Workshops. Des Weiteren knnen Vorlesungskonzepte, die beispielsweise aus dem akademischen Umfeld, von wissenschaftlichen Tagungen, aber auch aus dem Bildungsfernsehen bekannt sind, erfolgreich fr das Seniorenstudium adaptiert werden. Methodisch-didaktische Konzeptionen wie die sogenannten Kurzprsentationen oder Kurzreferate knnen selbst bei komplizierten und anspruchsvollen Inhalten etwa aus dem technisch-naturwissenschaftlichen Bereich mit Erfolg eingesetzt werden, wie die Befragung von Seniorstudierenden an der Universitt Paderborn zeigte. Im letzten Kapitel geht es um den Zusammenhang zwischen dem schon seit lngerem virulenten Thema der fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft und der Zurckhaltung der lteren gegenber neuen Technologien. Bei der Suche nach Erklrungsmglichkeiten treten deutliche Zusammenhnge zwischen Alter, Geschlecht, formaler Bildung und frher ausgebter beruflicher Ttigkeit zutage. ltere Personen mit einer geringen formalen Bil-

Technik und Alter: Eine besondere Herausforderung

dung und einer fehlenden einschlgigen Berufserfahrung zeigen eine grßere digitale Distanz als jngere Personen, die eine gute formale Bildung besitzen und einschlgige berufliche Erfahrungen haben. ltere Frauen sind bei den oben genannten Merkmalen gegenber Mnnern deutlich im Nachteil. Nach Ehlers, Bauknecht und Naegele (2016, S. 18) sind darber hinaus nach wie vor Geschlechtsstereotype wirksam. Technikaffinitt wird noch immer als typisch mnnliche Eigenschaft gesehen und Technikdistanz wird primr weiblichen Personen zugeschrieben.

141

Anhang Hufigkeit

Prozent

Dozent Z (1)

35

16,7

Dozent S (1)

29

13,8

Dozent BL (2)

19

9,0

Dozent N (2)

16

7,6

Dozent R (2)

19

9,0

Dozent G (1)

23

11,0

Dozent T (1)

20

9,5

Dozent M (2)

16

7,6

Dozent BK (2)

17

8,1

Dozent L (2)

16

7,6

210

100,0

Gesamt

Tab. 6 Hufigkeit der abgegebenen Beurteilungen fr die Dozentinnen/Dozenten

Legende: (1) = Naturwissenschaften (Physik/Chemie), (2) = Geistes- und Sozialwissenschaften (Pdagogik, Philosophie, Soziologie)

N

Mittelwert

Standardabweichung

(1) Thema des Vortrags ist fr mich relevant

198

3,53

1,156

(2) Vortrag hat gehalten, was versprochen

201

4,11

0,934

(3) konnte leicht folgen

204

4,12

0,897

(4) Stoff zu umfangreich

191

2,79

1,368

(5) gut veranschaulicht

197

3,96

1,007

(6) persnlich viel mitgenommen

200

3,55

1,045

(7) mchte mehr erfahren

191

3,37

1,253

Tab. 7 Mittelwert der Items ber alle Vortragenden hinweg

144

Tab. 8 Bewertungen der Vortrge aus unterschiedlichen Fachbereichen (1) naturwissenschaftliche Themen oder (2) geistes- und sozialwissenschaftliche Themen

Anhang

Fachbereich

N

Thema des Vortrags ist fr mich relevant

Vortrag hat gehalten, was der Titel

konnte leicht folgen

Stoff zu umfangreich

gut veranschaulicht

persnlich viel mitgenommen

mchte mehr erfahren

Mittelwert

Standardabweichung

1 101

3,56

1,178

2

97

3,48

1,138

1 103

4,24

0,891

2

98

3,98

0,963

1 103

4,09

0,940

2 101

4,15

0,853

1

94

2,74

1,398

2

97

2,84

1,344

1 100

4,09

1,036

2

97

3,84

0,965

1 102

3,62

1,015

2

98

3,48

1,077

1

97

3,38

1,278

2

94

3,35

1,233

Legende: Die Beurteilung erfolgte auf einer Skala von 1 = „stimme gar nicht zu“ bis 5 = „stimme voll und ganz zu“. Tab. 9 Prozentuale Angaben, in welchem Bereich die eigenen Interessen liegen

Hufigkeit Gltig

Fehlend Gesamt

Prozent

Gltige Prozente

Naturwissenschaften

68

32,4

47,9

Sozialwissenschaften

29

13,8

20,4

Geisteswissenschaften

45

21,4

31,7

Gesamt

142

67,6

100,0

System

68

32,4

210

100,0

Anhang

N

Mittelwert

Standardabweichung

Thema des Vortrags ist fr mich relevant

23

4,43

1,037

Vortrag hat gehalten, was der Titel

22

4,45

0,739

konnte leicht folgen

21

4,29

0,784

Stoff zu umfangreich

19

3,74

0,991

gut veranschaulicht

21

4,24

0,889

persnlich viel mitgenommen

21

4,24

1,136

mchte mehr erfahren

22

4,36

1,049

145

Tab. 10 Vortragseinschtzung des Dozenten „G“ (Bereich Chemie)

Legende: Die Beurteilung erfolgte auf einer Skala von 1 = „stimme gar nicht zu“ bis 5 = „stimme voll und ganz zu“.

N

Mittelwert

Standardabweichung

Thema des Vortrags ist fr mich relevant

15

2,87

1,246

Vortrag hat gehalten, was der Titel

15

3,87

0,990

konnte leicht folgen

16

3,88

0,719

Stoff zu umfangreich

15

2,47

1,246

gut veranschaulicht

15

3,73

1,033

persnlich viel mitgenommen

15

3,00

1,069

mchte mehr erfahren

15

2,47

1,187

Legende: Die Beurteilung erfolgte auf einer Skala von 1 = „stimme gar nicht zu“ bis 5 = „stimme voll und ganz zu“.

Tab. 11 Vortragseinschtzung des Dozenten „N“ (Bereich Pdagogik)

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Register a catech 135 Akademischer Verein der Senioren in Deutschland (AVDS) 21, 25 Arnold, M.G. 110, 140 Arnold, R. (siehe Kast V.) 69 Autorengruppe Bildungsberichterstattung 79, 147

B addeley, A.D. 66 BAGSO (Bundesarbeitsgemeinschaft der SeniorenOrganisationen) 73, 137 Baker, L. 106 Baltes, P.B. 17, 22, 88, 127, 139 Bauer, J. 72, 73 Bauknecht, J. 141 Becker, S. 147, 148, 149 Beglinger, M. 72 Benischke, C. 151 Bertram, S. 36, 40 Bertram, T. 11, 21, 30, 36, 37, 38, 40, 41, 42, 44, 45, 46, 55, 56, 79 Beyer, A.-K. 80, 110, 140 Bierhoff, H.-W. 104 Brandi, U. 90 Brandt, M. 137 Brauerhoch, F.-O. 35, 36, 43, 46, 49, 62 Breloer, G. 149, 151 Brokmann-Nooren, C. 37, 40, 41, 43, 45, 52, 53, 58, 59, 98 Brnner, A. 151 Bubolz-Lutz, E. 81, 132, 137, 138 Buchen, S. 153 Bundesministerium fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) 18, 31, 77, 90, 102, 103, 104, 111, 126, 127, 128, 132, 136, 137 Burr, J. 106

Der Deutsche Ausschuss fr Erziehung und Bildung 87 Der Tagesspiegel 60 Dick, M. 100 Diehl, M. 78 Doh, M. 126, 129, 130, 131, 134, 136 Donicht-Fluck, B. 16 Dyk van, S. 13, 18, 78, 80, 81

E hlers, A. 130, 141 Ehmer, J. 81, 82 Ehrenberg-Silies, S. 132 Elkjaer, B. 90 Erikson, E.H. 49 Eurostat 17 Evers, R. 36, 57, 58 Faure, E. 86 Felix, A. 38, 40, 41, 42 Findsen, B. 11, 16, 17 Fischer, A. 110, 140 Flitner, A. 84 Formosa, M. 11, 15, 16, 17 Frankfurter Allgemeine 60 Frewer-Graumann, S. 130 Friebe, J. 149, 150 Fromm, E. 95 Fllhase, M. 110, 140 Fuhr, T. 88, 92, 93 G abrych, P. 20, 31, 37, 39, 40, 46, 47

C ahalin, L. 106 Campiche, R.J. 16, 17, 69, 70, 71, 124 Celdr n, M. 17 Cicero, M.T. 5, 76, 83, 94 Comenius, J.A. 83 Costard, A. 31, 39

Gardner, H. 75 Geiling, U. 152 Generali Zukunftsfonds 150, 151 Gerst, K. 106 Giel, K. 84 Goleman, D. 71 Graf, F.W. 149 Green, K. 116 Green N. 116 Grigat, F. 150 Gntert, S.T. 99, 100, 101, 104

D 21-Digital-Index 128, 129 Dabo-Cruz, S. 11, 21, 35, 36, 42, 43, 46, 49, 62, 79 Damon, W. 147 Deci, E.L. 83, 102 Denninger, T. 13, 18, 78, 80

H aller, M. 31, 39 Hammerschmidt, B. 20, 37, 43, 54, 61 Hanau, P. 150, 152 Hank, K. 154 Heidemeier, H. 139

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Register Heinz Nixdorf Forum (HNF) 98 Heller, K. 75 Hengstschlger, M. 75 Heß, M. 130 Hinz, A. 152 Hof, C. 88, 98, 90, 92, 93 Hffe, O. 149 Holubec, E. 116 Hoof, M. 104 Hrr, B. 147, 150 Humboldt, W. v. 83, 84, 86, 95 Huntemann, H. 28 Husn, T. 86

I lleris, K. 88 ITU 150 J ohnson, D.W. 116 Johnson, R.T. 116 Jtte, W. 147, 159

K aiser, M. 36, 38, 39, 50, 59 Kasl, S.V. 90 Kast, V. 69 Kee, Y. 17, 18 Kessler, E.-M. 11, 49, 50 Kinne, C. 150 Klafki, W. 84, 87 Knauber, K. 100 Kolland, F. 127 Krber-Stiftung 135, 147 Konrad, K. 116 Kossack, P. 87, 88 Krber, E. 37, 40, 41 Kruse, A. 77, 78, 88, 94 Kunkel, S.R. 90 Kuzeawu, A.S. 16, 17, 69, 70, 71, 124

L adas, H. 36, 43, 44, 51, 52, 56 Lang, F.R. 78, 136 Langer, E.J. 90 Largo, R. 72 Lechner, D. 38, 43 Leipold, B. 18, 64 Lerner, R.M. 147 Lessenich, S. 13, 18, 78, 80, 81 Levermann, U. 36, 43, 44, 51, 52, 56 Levy, B.R. 90 Lindenberger, U. 17, 21 Lckerath C.A. 150 Ludescher, M. 17 Lutz, K. 38, 43

M ahne, K., 147, 150 Maier, M.S. 153 Maio, G. 5 Malwitz-Schtte, M. 149, 151 Martin, M. 78 Maya, J. 15, 16, 17, 18 McBer, H. 73, 74 Meese, A. 60 Menndez, S. 15, 16, 17, 18 Merriam, S.B. 17, 18 Meyer-Wolters, H. 20, 39, 98 Mezirow, J. 68, 91, 92 Mieg, H.A. 101 Msken, G. 100 Nadrowski, A. 150 Naegele, G. 141 Neidhardt, H. 62 Neufeind, M. 101 Nuissl, E. 144

O lbermann, E. 130 Oostlander, J. 99, 104, 105 Pahl, M. 20, 31, 39 Pauls, K. 11, 21, 42, 79 Prez-Padilla, J. 15, 16, 17, 18 Persaud, B. 150 Picht, G. 85 Potthoff, W. 19 Prengel, A. 73

R amos, R. 102 Rathmann, A. 37, 40, 41, 44, 45, 46, 49, 55, 56 Reichart, E. 28 Reich-Claassen, J. 11 Richter, A. 13, 18 Richter, E. 5, 17, 78, 80 Rohr, M.K. 136 Rosenberg, H. 149, 150, 151, 153, 154 Rdell, E. 72, 116, 119 Rustemeyer, R. 38, 70, 102, 136 Ryan, R.M. 83, 102

S chaat, S. 132 Schfer, E. 86, 87, 88 Schie, S. van 152 Schiersmann, C. 31 Schirrmacher, F. 81 Schmid, W. 94 Schmidt, B. 154 Schmidt, L. 133, 134, 135 136

Register

Schmidt-Hertha, B. 11, 79 Schmitz, W. 150 Schneider, B. 38, 40, 41, 42 Schneider, W. 21 Schnurr, S. 154 Schoene, R. 98 Schlken, T. 104 Schulz, R. 150 Schulz-Nieswandt, F. 154 Simon, G. 151 Simonson, J. 100, 101, 103 Sinner, S. 154 Slade, M.D. 90 Slavin, R.E. 114 Spitzer, M. 73 Stamov-Roßnagel, C. 75, 90 Statistisches Bundesamt (Destatis) 11, 29 Staudinger, U. 17, 139 Steinhoff, B. 49, 80 Stiel, J. 132, 137, 138 Stiemke, P. 130 Strauß, H.C. 152 Stubbe, J. 132 Studieren im Alter. Ratgeber zum Seniorenstudium 25 Swindell, R.F. 15

Tippelt, R. 11, 31, 32, 68, 71, 88, 89, 90 Traub, S. 116

U lber, M. 110, 140 Veelken, L. 147, 148, 149 Vesper, M. 11, 21, 42, 79 Vester, F. 66 Villar, F. 17 Voetz, G. 150 Vogel, A. 103, 110, 140 Vogel, C. 100 Vogt, M. 150 Wagner, E. 37, 38, 43 Wagner, M. 123 Wahl, D. 72, 73, 133, 134 Wahl, H.-W. 78 Wallraven, K.P. 147, 148, 149 Waxenegger, A. 17 Wehner, T. 99, 100, 101, 102, 104 Weinert, F.E. 94 Wellenreuther, M. 73 Wolf, A. 19 Wolff, J.K. 80 Wurm, S. 80

TechnikRadar 135

Z ank, S. 154

Tesch-Rmer, C. 80, 100, 103 Theisen, K. 154 Thompson, J. 15

Ziegler, A. 75 Zintzen, C. 150, 152 ZWAR 99

157

Studieren im Alter? Dieses Buch gibt einen Überblick über individuelle Möglichkeiten und institutionelle Voraussetzungen einer „Bildung im dritten Lebensalter“. Schwerpunkt bildet das Seniorenstudium an Universitäten. Wie gut Bildung im Alter gelingt, hängt neben der Motivation auch davon ab, ob altersgerechte Lehrkonzepte in der Praxis angeboten werden. Weitere Themenschwerpunkte sind die zunehmende Bedeutung von Bildung im Alter, intergenerationelles Lernen, Freiwilligenarbeit und digitale Kompetenz im Studium. Prof. Dr. Ruth Rustemeyer, Universität Koblenz, Institut für Psychologie. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Sozialpsychologie, Pädagogische Psychologie. Nach ihrer Emeritierung lehrte sie an der Universität Paderborn im Studium für Ältere. Dr. Edith Rüdell, Lehrerin und Moderatorin in der Lehrerfortbildung in NRW und Luxemburg. Sie promovierte mit 64 Jahren zum Dr. phil. und lehrte dann an der Universität Paderborn im Fachgebiet Pädagogik und ab 2015 im Studium für Ältere.

ISBN 978-3-534-27423-9

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Rustemeyer / Rüdell · Studieren im Alter

Studium kompakt

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Ruth Rustemeyer / Edith Rüdell

Studieren im Alter