Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten?: Möglichkeiten und Grenzen einer ökonomischen Analyse [1 ed.] 9783428539291, 9783428139293

Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten sind spätestens seit der Finanzmarktkrise wirtschaftspolitisch allgemein

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Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten?: Möglichkeiten und Grenzen einer ökonomischen Analyse [1 ed.]
 9783428539291, 9783428139293

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Studien zur Kredit- und Finanzwirtschaft Studies in Credit and Finance Band 187

Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten? Möglichkeiten und Grenzen einer ökonomischen Analyse

Von

Ute Merbecks

Duncker & Humblot · Berlin

UTE MERBECKS

Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten?

Studien zur Kredit- und Finanzwirtschaft Studies in Credit and Finance (bis Band 178: Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung A: Wirtschaftswissenschaft Begründet von Fritz Voigt) Herausgegeben von Horst Gischer, Christoph J. Börner, Ulrich Burgard, Bernhard Herz, Peter Reichling und Thomas Spengler

Band 187

Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten? Möglichkeiten und Grenzen einer ökonomischen Analyse

Von Ute Merbecks

Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsund Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT.

Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaft an der FernUniversität Hagen hat diese Arbeit im Wintersemester 2011/12 als Habilitationsschrift angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2012 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1861-0951 ISBN 978-3-428-13929-3 (Print) ISBN 978-3-428-53929-1 (E-Book) ISBN 978-3-428-83929-2 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

„Wenige wirthschaftliche Fragen der Gegenwart erlangen wohl eine so verschiedenartige Beantwortung, wie die über die staatliche Controle des Bankwesens. Für die unbeschränkteste Freiheit desselben bis zur vollständigen Beschränkung, ja Unterdrückung einiger Zweige der regelmässigen Bankgeschäfte, finden sich in zahllosen Abstufungen und Vermittlungen beinahe alle möglichen Meinungen vertreten1“. „Es lohnt sich vermutlich nicht, weiter danach zu forschen, was sich der Gesetzgeber dabei gedacht hat. Er hat sich nämlich vermutlich fast nichts gedacht, gar nichts gedacht2“.

Wagner (1857 / 1977), S. 2. Stützel (1973), S. 93 anlässlich der Begründungen des Gesetzgebers für Sonderregelungen gegenüber Kreditinstituten. 1 2

Vorwort „Wirkliches Neuland in einer Wissenschaft kann wohl nur gewonnen werden, wenn man an einer entscheidenden Stelle bereit ist, den Grund zu verlassen, auf dem die bisherige Wissenschaft ruht, und gewissermaßen ins Leere zu springen.“ Werner Heisenberg

Nur wenige ökonomische Ereignisse haben das theoretische Fundament der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung derart erschüttert wie die aktuelle Banken- und Finanzkrise: Sowohl politischen Entscheidungsträgern als auch ökonomisch Handelnden wurden die Grenzen staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten mit aller Deutlichkeit bewusst. Vor diesem Hintergrund liefert die vorliegende Arbeit einen Beitrag dazu, die Grenzen des bisher dominierenden marktgleichgewichtsorientierten Forschungsparadigmas zur Legitimation staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten deutlich zu benennen und zugleich Möglichkeiten zur Gewinnung von Neuland in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung aufzuzeigen. Sie wurde im Wintersemester 2011 / 2012 von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft an der FernUniversität in Hagen als Habilitationsschrift angenommen und durch ein Lise-Meitner-Habilitationsstipendium des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Gedruckt wurde die Arbeit mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds der VG WORT. Der erfolgreiche Abschluss des Forschungsprojektes war nur deshalb möglich, weil ich von vielen Seiten Unterstützung erfahren habe. Hierfür möchte ich mich an erster Stelle bei meinem Betreuer, Herrn Professor Dr. Michael Bitz, bedanken. Er hat mein Verständnis von betriebswirtschaftlicher Forschung nachhaltig geprägt und durch seine hervorragende Betreuung und Unterstützung ein Gelingen des Projektes ermöglicht. Herrn Professor Dr. Dieter Schneeloch danke ich sehr herzlich für die Übernahme des Zweitgutachtens und Herrn Professor Dr. Dr. hc. Günter Fandel sehr herzlich für verschiedene konstruktive fachliche Diskussionen. Für die stete Bereitschaft zur Führung wissenschaftlicher Diskurse bin ich außerdem allen meinen Kollegen und Kolleginnen vom Lehrstuhl für Bank- und Finanzwirtschaft sehr verbunden. Sie haben auf unterschiedliche Weise dazu beigetragen, mein Habilitationsprojekt inhaltlich weiterzuentwickeln. Frau Dipl.-Kff. Hildegard Guderian hat dankenswerterweise viel Arbeit in die kritische Durchsicht des Manuskriptes investiert und für dessen formale Korrektheit gesorgt. Besonderer Dank gilt darüber hinaus Frau Dipl.-Kff. Hildegard Guderian, Frau Dr. Martina Hemsath, Frau Dipl.-Kff. Christina Klee und Frau Dr. Barbara Ries, deren besonde-

8

Vorwort

res persönliches Engagement dazu beigetragen hat, dass am Lehrstuhl ein inspirierendes und kooperatives Arbeitsklima entstehen konnte. Frau Marlis Klewer danke ich sehr herzlich dafür, dass sie bei der abschließenden Gestaltung des Textes stets den Überblick behalten hat. Abschließender Dank gebührt meinen Freunden und meiner Familie. Sie haben mir die nötigen Freiräume für das wissenschaftliche Arbeiten gewährt und auf vielfältige Weise dazu beigetragen, dass ich auch gelegentlich auftretende Krisen schnell überwinden konnte. Essen, im Juni 2012

Ute Merbecks

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1.1 Erkenntnisziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt . . . . . . . . . .

26

1.2.1 Gestaltung der Rahmenbedingungen in einer Geldwirtschaft . . . . . . . . . . . . . .

26

1.2.1.1 Konkordanz von Wirtschafts- und Geldordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

1.2.1.2 Funktionen von Kreditinstituten in freiheitlich organisierten Geldwirtschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1.2.1 Kreditinstitute als Geldanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1.2.2 Kreditinstitute als Finanzintermediäre . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 35

1.2.1.3 Entwicklung der Geldordnung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

1.2.2 Gestaltung spezieller staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten und Entwicklung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

1.2.2.1 Staatliches Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

1.2.2.2 Beschränkung des Marktzutritts und der Vertragsfreiheit durch Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

1.2.2.3 Sonstige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

1.2.3 Anforderungen an eine modellgestützte ökonomische Analyse . . . . . . . . . . . .

49

1.3 Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten durch Marktgleichgewichtstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

2.1 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

2.2 Neoklassik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

2.2.1 Einordnung des Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

2.2.2 Modellgestützte Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten und Schlussfolgerungen für staatliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

2.2.2.1 Geldangebot durch Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

2.2.2.2 Intermediationsleistung durch Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

2.3 Institutionenökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

2.3.1 Einordnung des Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

10

Inhaltsverzeichnis 2.3.2 Modellgestützte Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten und Schlussfolgerungen für staatliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

2.3.2.1 Informationsökonomische Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

2.3.2.1.1 Geldangebot durch Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

2.3.2.1.2 Intermediationsleistungen von Kreditinstituten in portefeuille-theoretischen Modellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

2.3.2.1.3 Legitimation staatlicher Maßnahmen zur Beeinflussung des Insolvenzeintrittsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

2.3.2.2 Transaktionskosten-Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

2.3.2.2.1 Geldangebot durch Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

2.3.2.2.2 Intermediationsleistung durch Kreditinstitute . . . . . . . . . . .

83

2.3.2.2.3 Legitimation staatlicher Standardisierungs-Maßnahmen

89

2.3.2.3 Principal-Agent-Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

2.3.2.3.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

2.3.2.3.2 Intermediationsleistung durch Kreditinstitute . . . . . . . . . . . 2.3.2.3.2.1 Ex-ante-Informationsasymmetrie bezüglich der Projektergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2.3.2.2 Ex-ante-Informationsasymmetrie bezüglich des Konsumbedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2.3.2.3 Ex-interim-Informationsasymmetrie hinsichtlich der Projektauswahl . . . . . . . . . . . . . 2.3.2.3.2.4 Ex-post-Informationsasymmetrie hinsichtlich der Projektergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

100 100 103 112 118

2.3.2.3.3 Legitimation staatlicher Maßnahmen zur Verhinderung von Banken- und Wirtschaftskrisen infolge eines BankRuns? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 2.3.2.4 Corporate-Governance-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 2.4 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3 Prozessorientierte Markttheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 3.1 Einordnung des Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 3.2 Modellierung von Kreditinstituten auf Geld- und Finanzmärkten . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3.2.1 Mengers Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3.2.2 Laissez-faire-Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3.2.2.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3.2.2.2 Free-Banking-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3.2.2.3 Concurrent-Currencies-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 3.3 Beschränkung staatlicher Maßnahmen auf die Gestaltung institutioneller Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

Inhaltsverzeichnis

11

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten . . . . . . . . . . . . 180 4.1 Alternativen für eine positive Analyse staatlicher Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 4.2 Einordnung des risikotheoretischen Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 4.3.1 Alternativen der Geldbestandshaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 4.3.2 Chancen und Risiken der Handlungsalternativen ohne Finanzintermediäre i. e. S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 4.3.2.1 Individuelle Kassenhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 4.3.2.2 Eigenfinanzierungskontrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 4.3.2.3 Fremdfinanzierungskontrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 4.3.3 Chancen und Risiken der Handlungsalternativen mit Finanzintermediären i. e. S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 4.3.3.1 Idealtypische Kreditinstitute als Erscheinungsform von Finanzintermediären i. e. S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 4.3.3.2 Transformation von Risiken durch Zusammenlegung von Vermögenspositionen: Eigentümer-Kreditinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 4.3.3.3 Transformation von Risiken durch Zerlegung der zusammengesetzten Vermögensposition: Gläubiger- und Einleger-Kreditinstitut 4.3.3.3.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.3.2 Eigenfinanzierungskontrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.3.3 Fremdfinanzierungskontrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.3.3.1 Homogene Ansprüche der Fremdfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.3.3.2 Heterogene Ansprüche der Fremdfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts . . . . . . . . . . . . . . .

214 214 215 219 219 223

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten als Ansatzpunkt staatlicher Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 4.4.1 Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 4.4.1.1 Potentielle Interessenkonflikte als Ursachen für die Existenz von Gläubigerrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 4.4.1.2 Klassifikation staatlicher Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 4.4.2 Informationsrisiken aufgrund von Interessenkonflikten in der Entscheidungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 4.4.2.1 Definition und Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 4.4.2.2 Risiken bei symmetrischen Informationsständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 4.4.2.3 Risiken bei asymmetrischen Informationsständen . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 4.4.2.4 Möglichkeiten einer staatlichen Beeinflussung von Informationsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

12

Inhaltsverzeichnis 4.4.3 Informationsrisiken aufgrund von Interessenkonflikten in der Vertragsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 4.4.3.1 Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 4.4.3.2 Delegationsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3.2.1 Definition und Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3.2.2 Risiken bei Variation des Finanzierungsprogramms . . . . . 4.4.3.2.3 Risiken bei Variation des Investitionsprogramms . . . . . . . 4.4.3.2.4 Risiken bei Variation des Geschäftsvolumens . . . . . . . . . . . 4.4.3.2.5 Möglichkeiten einer staatlichen Beeinflussung von Delegationsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

252 252 255 263 266

4.4.3.3 Liquiditätsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3.3.1 Definition und Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3.3.2 Risiko bei Berücksichtigung institutsinterner Anpassungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3.3.3 Risiko bei Berücksichtigung von Anpassungsmöglichkeiten auf Finanzmärkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3.3.4 Möglichkeiten einer staatlichen Beeinflussung von Liquiditätsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

283 283

272

287 296 303

4.5 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 5 Ergebnisse der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1.1: Morphologie ausgewählter Merkmale der als Geld verwendeten Güter . .

32

Abbildung 1.2: Idealtypische Klassifikation von Eigen- und Fremdfinanzierungskontrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abbildung 1.3: Klassifikation von Finanzintermediären i. e. S. und i. w. S. . . . . . . . . . . . . .

38

Abbildung 2.1: Transaktionskosten bei unterschiedlichen Erscheinungsformen von Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abbildung 2.2: Zuordnung von Transaktionskosten zu einzelnen Phasen von Finanzierungsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abbildung 2.3: Morphologie asymmetrischer Informationsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

Abbildung 2.4: Verteilung der Projektergebnisse in der Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . 113 Abbildung 2.5: Kontraktkonstellationen bei Einführung eines Finanzintermediärs . . . . . . 121 Abbildung 2.6: Hypothesen über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen Bank-Run, Bankenkrise und allgemeiner Wirtschaftskrise . . . . . . . . . . . . . . 129 Abbildung 2.7: Idealtypische Erscheinungsformen von Bankenkrisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Abbildung 2.8: Ursachen für Markt- und Wettbewerbsversagen auf idealtypischen Finanzmärkten mit Intermediären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Abbildung 3.1: Finanzierungs- und Investitionsstruktur der „Pure Banks“ im Sinne von Hayek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Abbildung 3.2: Finanzierungs- und Investitionsstruktur der „Investment Banks“ im Sinne von Hayek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Abbildung 3.3: Klassifikation von Regeln zur Organisation von Marktprozessen entsprechend ihrer Eingriffsintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Abbildung 4.1: Erscheinungsformen periodenübergreifender Bestandshaltung . . . . . . . . . 184 Abbildung 4.2: Risikoprofile als Darstellungsform der Unsicherheitsstruktur von Vermögensbeständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Abbildung 4.3: Systematisierung der Handlungsalternativen von Geldgebern bei Einzahlungsüberschüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Abbildung 4.4: Risikoprofil der individuellen Kassenhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Abbildung 4.5: Risikoprofil der Eigenfinanciers eines unverschuldeten Unternehmens . . 197 Abbildung 4.6: Chancen und Risiken von Eigenfinanciers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Abbildung 4.7: Aufspaltung des Risikoprofils in Profile der Eigen- und Fremdfinanciers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

14

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 4.8:

Klassifikation von Finanzintermediären i. e. S. in Abhängigkeit vom Umfang der erbrachten Risikotransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

Abbildung 4.9:

Vergleich der Risikoprofile einer Einzelposition mit einer Gesamtposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

Abbildung 4.10: Mögliche Ergebnisse und zugehörige Eintrittswahrscheinlichkeiten der Gesamtposition Eigentümer-Kreditinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Abbildung 4.11: Risikotransformationseffekte bei Bildung einer zusammengesetzten Vermögensposition Eigentümer-Kreditinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Abbildung 4.12: Möglichkeiten zur Zerlegung der Vermögensposition EigentümerKreditinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Abbildung 4.13: Gewinn- und Verlustmöglichkeiten für Eigenfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Abbildung 4.14: Charakterisierung der Vermögensposition der Eigenfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Abbildung 4.15: Gewinn- und Verlustmöglichkeiten für Fremdfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Abbildung 4.16: Charakterisierung der Vermögensposition der Fremdfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Abbildung 4.17: Approximation des Risikoprofils durch die Normalverteilungsfunktion bei sehr großer Zahl vergebener Kredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Abbildung 4.18: Zerlegung des Fremdfinancier-Risikoprofils eines Kreditinstituts bei Gleichrangigkeit der Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Abbildung 4.19: Zerlegung des Fremdfinancier-Risikoprofils eines Kreditinstituts bei Nachrangigkeit der Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Abbildung 4.20: Zuordnung von Finanzierungsrisiken zu einzelnen Phasen der Gläubiger-Kreditinstitut-Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Abbildung 4.21a: Klassifikation staatlicher Maßnahmen nach unterschiedlichen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Abbildung 4.21b: Klassifikation staatlicher Maßnahmen aus risikotheoretischer Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Abbildung 4.22: Erscheinungsformen von Informationsrisiken in unterschiedlichen ökonomischen Untersuchungsansätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Abbildung 4.23: Ursachen von Informationsrisiken in Abhängigkeit vom Informationsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Abbildung 4.24a: Informationsrisiko von Bankgläubigern bei Informationssymmetrie . . 238 Abbildung 4.24b: Präferenzabhängige Existenz eines Informationsrisikos bei Informationssymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Abbildung 4.25a: Informationsrisiken von Bankgläubigern bei Informationsasymmetrie

241

Abbildung 4.25b: Präferenzabhängige Existenz eines Informationsrisikos bei Informationssymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

Abbildungsverzeichnis

15

Abbildung 4.26: Erscheinungsformen des Informationsrisikos von Bankgläubigern und Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 Abbildung 4.27: Erscheinungsformen von Informationsrisiken von Bankgläubigern während der Vertragsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Abbildung 4.28: Systematisierung grundlegender geschäftspolitischer Handlungsmöglichkeiten der Eigenfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts . . . . . 254 Abbildung 4.29: Grundtypen einer Variation des Finanzierungsprogramms bei Einleger-Kreditinstituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Abbildung 4.30a: Risikoprofil des Fremdfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts in der Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Abbildung 4.30b: Negative Betroffenheit des Alt-Gläubigers durch Erhöhung des Verschuldungsgrades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Abbildung 4.31: Risikoprofil der Eigenfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts in der Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Abbildung 4.32: Determinanten für die Existenz von Delegationsrisiken bei Ausschüttungen an die Eigenfinanciers von Einleger-Kreditinstituten . . . . 260 Abbildung 4.33: Risikoprofil der Eigenfinanciers nach Ausschüttung für i > r und P ¼ 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Abbildung 4.34: Risikoprofil der Eigenfinanciers nach Ausschüttung für i > r und P > 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Abbildung 4.35: Existenz von Delegationsrisiken durch beispielhafte Variation der Leistungspolitik während der Vertragslaufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Abbildung 4.36: Grundformen einer Erhöhung des Geschäftsvolumens bei Kreditinstituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Abbildung 4.37: Betroffenheit von Eigen- und Fremdfinanciers eines EinlegerKreditinstituts bei strukturwirksamer Finanzierung eines erhöhten Geschäftsvolumens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Abbildung 4.38: Staatliche Beleihungsgrenzen zum Schutz von Bankgläubigern . . . . . . 274 Abbildung 4.39: Staatliche Begrenzung von Delegationsrisiken durch Vorgabe eines maximalen Verschuldungsgrades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Abbildung 4.40: Abhängigkeit der Existenz von Delegationsrisiken von den Präferenzen der Eigenfinanciers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Abbildung 4.41: Abhängigkeit der Existenz von Delegationsrisiken von den Präferenzen der Bankgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Abbildung 4.42: Erscheinungsformen des Delegationsrisikos von Bankgläubigern und Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Abbildung 4.43: Zahlungsmittelbestände und Zahlungsverpflichtungen als Größen des betrieblichen Rechnungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Abbildung 4.44: Ableitung des Referenz-Risikoprofils des im Kreditinstitut verbleibenden Fremdfinanciers B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

16

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 4.45: Positive Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B nach kompensierender Liquiditätspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Abbildung 4.46: Eindeutig negative Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B bei Auflösung von Liquiditätsreserven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Abbildung 4.47: Eindeutig negative Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B als Spezialfall bei Cash-Flow-Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Abbildung 4.48: Präferenzabhängige Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B nach liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Abbildung 4.49: Maximales Mittelangebot eines Gläubiger eines Einleger-Kreditinstituts in Abhängigkeit von unterschiedlichen Beleihungsgrenzen . . 295 Abbildung 4.50: Indirekte Abhängigkeit der Kündigungsentscheidung der Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten bei liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Abbildung 4.51: Existenz und Höhe eines Fremdfinanzierungsspielraumes des Einleger-Kreditinstituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Abbildung 4.52: Existenz und Höhe einer Eigenfinanzierungslücke des EinlegerKreditinstituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Abbildung 4.53a: Negative Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B bei erhöhten Zinsforderungen der neuen Gläubiger C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Abbildung 4.53b: Negative Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B bei vorrangigen Ansprüchen der neuen Gläubiger C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Abbildung 4.54: Direkte Abhängigkeit der Kündigungsentscheidung des verbleibenden Gläubigers B bei Einleger-Kreditinstituten bei finanzmarktpolitischen Anpassungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Abbildung 4.55: Liquiditätsrisiken von Bankgläubigern und Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314

Abkürzungsverzeichnis AER

American Economic Review

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

Bd.

Band

Bde

Bände

BFuP

Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis

BIS

Bank of International Settlements

bzw.

beziehungsweise

CEPR

Centre for Economic Policy Reseach

CFM

Cash-Flow-Management

c.p.

ceteris paribus

DB

Der Betrieb

DBW

Die Betriebswirtschaft

d. h.

das heißt

Diss.

Dissertation

ed.

editor

eds.

editors

EER

European Economic Review

EG

Europäische Gemeinschaft

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

e.V.

eingetragener Verein

f.

folgend

ff.

fortfolgend

Fn.

Fußnote

GE

Geldeinheit

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HdStW

Handwörterbuch der Staatswissenschaften

HGB

Handelsgesetzbuch

Hrsg.

Herausgeber

IAS

International Accounting Standard

i.e.

in example

i. e. S.

im engeren Sinne

18

Abkürzungsverzeichnis

IFA

Institute of Finance and Accounting

IFRS

International Financial Reporting Standards

insbes.

insbesondere

i. S. d.

im Sinne der / die / das

i. w. S.

im weiteren Sinne

Jg.

Jahrgang

JITE

Journal of Institutional an Theoretical Economics

JoF

Journal of Finance

JZ

Juristen-Zeitung

KoR

Zeitschrift für internationale und kapitalmarktorientierte Rechnungslegung

KuK

Kredit und Kapital

KWG

Gesetz über das Kreditwesen

LLR

Lender-of-Last-Resort

m. w. Nw.

mit weiteren Nachweisen

m. z. w. Nw.

mit zahlreichen weiteren Nachweisen

NBER

National Bureau of Economic Research

N.F.

Neue Folge

Nr.

Nummer

ÖBA

Österreichisches Bank-Archiv

o. O.

ohne Ortsangabe

ORDO

Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft

o. Vn.

ohne Vorname

p.

page

pp.

post pages

PWP

Perspektiven der Wirtschaftspolitik

RWTH

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule

S.

Seite

SBR

Schmalenbach Business Review

sog.

sogenannt

Sp.

Spalte

Tz.

Textziffer

Univ.

Universität

vgl.

vergleiche

vol.

volume

WiSt

Wirtschaftswissenschaftliches Studium

WISU

Das Wirtschaftsstudium

WM

Wertpapier-Mitteilungen

z. B.

zum Beispiel

Abkürzungsverzeichnis ZBB

Zeitschrift für Bank und Bankrecht

ZfB

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

ZfbF

Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

ZfgK

Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen

ZfgStW

Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

ZögU

Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen

zugl.

zugleich

ZWS

Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaft

19

Symbolverzeichnis B0B

Modifizierte Beleihungsgrenze des Gläubigers B

B1;2

Beleihungsgrenze 1 und 2

BB

Beleihungsgrenze des Gläubigers B

BC

Beleihungsgrenze des Gläubigers C

BStaat

Staatliche Beleihungsgrenze

C

Zahlungsmittel

C0

Kassenbestand

CEF

Überlassene Mittel der Eigenfinanciers

CFA

Überlassene Mittel des Fremdfinanciers A

CFB

Überlassene Mittel des Fremdfinanciers B

CFF

Überlassene Mittel der Fremdfinanciers

CFF max

CFFmax Maximal seitens der Fremdfinanciers überlassene Mittel

S CFF max

Durch den Staat vorgegebener maximal zulässiger Mittelbetrag für Fremdfinanciers

D

Unternehmensergebnisse

D0

Erwartetes schlechtestes Unternehmensergebnis

D1

Erwartetes bestes Unternehmensergebnis

eA

Sichere Ergebnisse im Modell von Breuer

eB

Mit der Wahrscheinlichkeit p eintretende, unsichere Ergebnisse im Modell von Breuer

f

Benötigte Mittel im Modell von Breuer

FD0

Modifizierte Verteilungsfunktion der Ergebnisse nach Veränderung (modifiziertes Risikoprofil)

FB

Zur Durchführung der geschäftspolitischen Maßnahmen benötigte Mittel

FD

Verteilungsfunktion der Ergebnisse (Risikoprofil)

FDE

Risikoprofil der Einzelposition

G1

Geldgeber

i

Zinssatz der sicheren Handlungsalternative

K

Nicht-monetäre Kosten

m

Anzahl der Geldgeber



Erwartungswert

n

Anzahl der Geldnehmer

Symbolverzeichnis

21

n

Anzahl der Geldnehmer im Modell von Diamond

P

Kumulierte Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein bestimmtes Ergebnis mindestens erreicht wird

P

Insolvenzeintrittsrisiko

p

Wahrscheinlichkeit für die vereinbarungsgemäße Zahlung der Zins- und Tilgungsleistung bei einem Einzelkredit

p1 ¼ 

Anteil der Wirtschaftssubjekte mit vorzeitigem Konsumwunsch im Modell von Diamond / Dybvig

p2 ¼ 1  

Anteil der Wirtschaftssubjekte mit späterem Konsumwunsch im Modell von Diamond / Dybvig

PA

Kumulierte Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein bestimmtes Ergebnis DA mindestens erreicht wird

q

ð1 þ rÞ

qH

ð1 þ rH Þ

qS

ð1 þ rS Þ

qI

Projektfolgewahrscheinlichkeit

R

Sicherer Ertrag

r

Zinssatz für die Mittelüberlassung an das Kreditinstitut

rH

Haben-Zinssatz

rS

Soll-Zinssatz



Korrelationskoeffizient



Standardabweichung

t

Betrachtungszeitpunkt

xA;B;C

Mindestanzahl erfolgreicher Kredite

z

Zerfällungsgrad ðn=mÞ

1 Einleitung 1.1 Erkenntnisziele Kreditinstitute, die ohne jede staatliche Einschränkung unternehmerische Leistungen erbringen dürfen, erwecken im 21. Jahrhundert sowohl bei Wissenschaftlern als auch bei Politikern große Skepsis. Ein komplexes1 und lang tradiertes2 System staatlicher Einflussnahme auf Kreditinstitute einerseits und privater Absprachen innerhalb der Kreditwirtschaft andererseits haben den Blick darauf verstellt, dass auch Prozesse auf Finanzmärkten marktwirtschaftlichen Organisationsprinzipien folgen können. Immer wieder auftretende Krisenfälle in realen Finanzsystemen führen vielmehr dazu, dass Politiker mit Hinweis auf die besondere Schutzbedürftigkeit der Gläubiger von Kreditinstituten eine Verschärfung der Kontrolle von Kreditinstituten bzw. des gesamten finanziellen Sektors fordern3. Dabei zeigen diverse Untersuchungen, dass es im 19. Jahrhundert in vielen Ländern – z. B. in den USA oder in Schottland – funktionsfähige reale Bank- und Finanzsysteme gegeben hat, bei denen der Staat seine Aktivitäten ausschließlich auf die Gestaltung und Erhaltung einer liberalen Geldordnung beschränkte4. Auch in Deutschland existierten vor der Gründung des Deutschen Reichs in einzelnen Ländern mehr oder weniger liberale Rahmenbedingungen für Kreditinstitute5, so dass die Intensivierung des staatlichen Einflusses gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der zeitgenössischen wissenschaftlichen Diskussion keineswegs wohlwollend akzep1 Einen Überblick über das System der Beaufsichtigung von Kreditinstituten in Deutschland geben Burghof / Rudolph (1996), insbes. S. 63 – 186. Ferner findet sich eine kritisch kommentierte Übersicht bei Seifert (1984), S. 226 – 227. Seifert weist insbesondere auf Überschneidungen im Bereich der Maßnahmen zur Erhöhung der Einlagensicherheit hin. 2 Für eine differenzierte Analyse der historischen Entwicklung in Deutschland bis zum KWG von 1934 vgl. Pleyer (1988), S. 115 – 134. Eine Erläuterung der Entwicklung von 1931 an nimmt Möschel (1972), S. 200 – 233 vor. 3 Als aktuelles Beispiel hierfür können entsprechende Überlegungen politischer Entscheidungsträger vor dem Hintergrund der durch die Subprime-Krise in den USA ausgelösten Finanzmarktkrise herangezogen werden, vgl. stellvertretend für viele Rudolph (2010), S. 1 – 47 und Michler / Thieme (2009), S. 185 – 221. Ausführlich zur Analyse von Bankenkrisen und Bankenregulierung in Deutschland und im länderspezifischen Vergleich vgl. Bonn (1998), S. 425 – 437 und S. 65 – 296. Zur historischen Relevanz der Legitimation staatlicher Maßnahmen durch Bankenkrisen vgl. Pleyer (1988), S. 117 – 121. 4 Ausführlich hierzu Körnert (2002), S. 280 – 314 und Körnert (1998), S. 122 – 180. 5 Für einen ersten Überblick über die Situation vor der Gründung des deutschen Reichs vgl. beispielsweise Lotz (1888), hier S. 9 – 133.

24

1 Einleitung

tiert, sondern eher kontrovers erörtert wurde6. Trotz dieser liberalen Phase in der deutschen Kreditwirtschaft ist eine ausführliche Analyse der damaligen Rahmenbedingungen in den verschiedenen – neben Preußen bestehenden – Nationalstaaten bisher nicht erfolgt7. Eine wissenschaftliche Untersuchung staatlicher Aktivitäten gegenüber Kreditinstituten kann aus unterschiedlicher Betrachtungsperspektive erfolgen. Da entsprechende Maßnahmen als spezieller Realitätsausschnitt sowohl zum Erkenntnisobjekt8 der Rechts- als auch der Wirtschaftswissenschaften gehören, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die eine oder andere Perspektive einzunehmen oder die Verbindung beider Wissenschaftsbereiche durch einen interdisziplinären Ansatz anzustreben. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht können staatliche Aktivitäten in ihrer konkreten institutionellen Ausgestaltung de lege lata und de lege ferenda analysiert werden. Während im Rahmen der ersten Untersuchungsperspektive Wissenschaftler die relevanten gesetzlichen Vorschriften als Datum hinnehmen und durch Einsatz verschiedener Methoden ihr Verständnis und ihre Anwendung erleichtern, betrachten Vertreter der zweiten Untersuchungsperspektive gesetzliche Maßnahmen als variabel und fundieren gesetzgeberische Entscheidungen im Sinne einer Gesetzgebungslehre. Im Bereich kreditwirtschaftlicher Regelungen dominieren Untersuchungen zur Interpretation9, Kritik an bestehenden Normen und Vorschläge zur Neugestaltung finden sich nur vereinzelt10. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht dominieren modellgestützte Untersuchungen, die von realen staatlichen Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten weitestgehend abstrahieren. Kennzeichnend für die wirtschaftswissenschaftliche Literatur ist dabei eine zunehmende Fragmentierung theoretischer Arbeiten, die unter restriktiven Annahmen sowohl idealtypische Kreditinstitute als auch abstrakte staatliche Maßnahmen ökonomisch zu analysieren suchen11. Zudem ist die betriebswirtschaftliche Literatur von einer verhalten positiven Einstellung gegenüber staatlichen Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten geprägt12, während es in der volkswirtschaft6 Eine sehr detaillierte Darstellung und Analyse dieser Diskussion findet sich im Rahmen einer durch von Hayek an der London School of Economics betreuten Dissertation, vgl. Smith (1936 / 1990), pp. 114 – 131. 7 Der Hinweis auf die Notwendigkeit einer solchen Untersuchung findet sich bereits bei Smith (1936 / 1990), p. 57. 8 Vgl. hierzu Fülbier (2004), S. 266 f.; grundlegend ferner Chmielewicz (1994), S. 19 – 22. 9 Vgl. Heidrich (2000), passim (Verbraucherschutz); Sethe (1998), passim (Einlegerschutz); Gleske (1996), passim (Wettbewerb); Pleyer (1988), passim (Historische Interpretation). 10 Vgl. beispielsweise Hoeren (1995), insbes. S. 6 – 26. Hoeren untersucht in seiner Habilitationsschrift Möglichkeiten der Selbstregulierung in der Kreditwirtschaft. 11 Stellvertretend für viele Wolf (1999), insbes. S. 59 – 80; Burghof (1998), S. 102 – 172; Rombach (1993), insbes. S. 59 – 97. 12 Einen historischen Überblick über die Bedeutung staatlicher Maßnahmen als Untersuchungsbereich in der Bankbetriebslehre gibt Grünewald (1963), insbes. S. 21 – 24, S. 67 – 75,

1.1 Erkenntnisziele

25

lichen Literatur immer wieder Perioden gegeben hat und gerade aktuell wieder gibt13, in denen freiheitlich ausgestaltete Rahmenbedingungen der Geld- und Kreditwirtschaft ausführlich diskutiert werden14. Sollen staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten den Gegenstand interdisziplinärer Forschung bilden, muss zur Überwindung der zwischen beiden Wissenschaftsbereichen aufgezeigten Dichotomie eine Annäherung hinsichtlich der verfolgten Erkenntnisziele erfolgen. Ein gemeinsames Forschungsziel kann in der sachgerechten Gestaltung realer staatlicher Maßnahmen in Form gesetzlicher Vorschriften bestehen15. Aus juristischer Perspektive wird so die kritische Hinterfragung der Normen zur staatlichen Beaufsichtigung von Kreditinstituten akzeptiert, und aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive besteht das Ziel zunächst in der Ableitung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen über Art und Umfang der Leistungserstellung realer Kreditinstitute. Hierauf aufbauend können die Funktionen von Kreditinstituten unter idealisierten Modellbedingungen analysiert werden und anschließend Leitlinien für eine sinnvolle Gestaltung staatlicher Maßnahmen zur Beeinflussung der Geschäftstätigkeit von Kreditinstituten entwickelt werden16. Die Tatsache, dass in einem freiheitlich organisierten ökonomischen Umfeld agierende Kreditinstitute ein historisches Faktum darstellen, bildet den Ausgangspunkt dafür, zunächst eine Klassifikation realer staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als zu erklärendes empirisches Phänomen vorzunehmen, um darauf aufbauend Anforderungskriterien an deren modellgestützte ökonomische Analyse abzuleiten. Anschließend ist es möglich, sich mit den bestehenden Ansätzen zur ökonomischen Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten kritisch auseinander zu setzen17. Die hierbei abgeleiteten Ergebnisse bilden die Grundlage dafür, einen neuen Ansatz in die wissenschaftliche Diskussion einzubringen, dessen S. 174 – 176. Kritisch zur staatlichen Überwachung von Banken jedoch Schneider (2006), S. 68 – 70 und Paul (2002a), insbes. S. 557 – 573. 13 Vgl. beispielsweise Neldner (1983) (Währungswettbewerb); Klische (1995) (Entwurf eines marktwirtschaftlichen Bankordnungsrahmens); Vollmer (1996) (Notwendigkeit von Zentralnotenbanken); Neldner (1997) (Vergleich verschiedener Ansätze zum Laissez-faire-Banking); Geue (1999) (Vergleich verschiedener Ansätze zum Laissez-Faire-Banking). 14 Für einen kurzen Überblick über die wissenschaftliche Auseinandersetzung vgl. Terres (1999), S. 4 – 14. 15 Sehr deutlich hierzu Stützel (1978), S. 119 f. Stützel wählt als Bezeichnung für diese interdisziplinäre Forschung die „allgemeine Staatswissenschaft“. 16 Vgl. zu den unterschiedlichen wirtschaftswissenschaftlichen Forschungszielen Bitz (1984), S. 24 – 26; weiterführend Fülbier (2004), S. 267 – 268 und Chmielewicz (1994), S. 8 – 15 und S. 43 – 204 (m. w. Nw.). 17 Zu den Autoren, die aus theoretischer Sicht eine Reduktion staatlicher Maßnahmen in der Kreditwirtschaft für sinnvoll erachten, gehört im deutschsprachigen Schrifttum beispielsweise Knorr (1999), S. 345 – 369; im anglo-amerikanischen Schrifttum ausführlich Dowd (1993), pp. 23 – 87 (m. w. Nw.). Auch Seifert (1984), insbes. S. 99 – 183 kommt im Anschluss an eine ausführliche Analyse der traditionell genannten Argumente zu einer negativen Beurteilung staatlicher Einflussnahme.

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1 Einleitung

Ziel in der einzelwirtschaftlichen Fundierung staatlicher Maßnahmen besteht und dessen interdisziplinäre Ausrichtung zugleich eine Fundierung realer staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten ermöglicht.

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt 1.2.1 Gestaltung der Rahmenbedingungen in einer Geldwirtschaft 1.2.1.1 Konkordanz von Wirtschafts- und Geldordnung Im Sinne des einleitend postulierten interdisziplinären Forschungsziels dient das vorliegende Kapitel zur Präzisierung des Erkenntnisobjektes, indem grundlegende Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen den Entscheidungen über die Ausgestaltung der allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie Art und Umfang kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung aufgezeigt werden. Im Gegensatz zur kritischen Hinterfragung spezieller staatlicher Maßnahmen zur Beschränkung der Geschäftstätigkeit von Kreditinstituten wird die Zuständigkeit staatlicher Entscheidungsträger in diesem Bereich in der Literatur durchgängig akzeptiert18, so dass im Folgenden lediglich unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten mit ihren Auswirkungen auf Kreditinstitute aufgezeigt werden. Dabei wird deutlich werden, dass verschiedene – als vermeintliche Besonderheit von Kreditinstituten diagnostizierte – Phänomene das Ergebnis der Entscheidung für eine bestimmte Ausgestaltung der kreditwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind. Die Existenz von Kreditinstituten setzt den Übergang von einer Naturaltausch- zu einer Geldwirtschaft voraus, die dadurch gekennzeichnet ist, dass ökonomisch Handelnde als Anbieter von Leistungen Geld verlangen und als Nachfrager von Leistungen Geld anbieten sowie aufgrund unterschiedlicher Überlegungen einen Kassenbestand an Geld halten19. Motiviert wird eine solche Entwicklung durch den Wunsch, Tauschprozesse sowohl intra- als auch intertemporal kostengünstiger zu gestalten. Aus einzelwirtschaftlicher Sicht trägt Geld dazu bei, erstens die Anzahl notwendiger Tauschtransaktionen zu reduzieren und zweitens Diskrepanzen realer Tauschgeschäfte in Form von Informations- und Synchronisationsproblemen zu überwinden20. Dabei steht neben der Suche nach dem Tauschpartner die Über18 Vgl. stellvertretend für viele die prägnante Zusammenfassung der Literatur durch Fülbier (1998), S. 7 – 11; ferner ausführlich die Untersuchungen bei Seifert (1984), S. 41 – 84 (Elemente einer allgemeinen Theorie der Aufgabenverteilung zwischen Markt und Staat). 19 Vgl. Eucken (1989), S. 113. 20 Vgl. Kath (1984), S. 178 – 180. Ausführlich auch schon Menger (1909), S. 555 – 565. Menger kommt zu folgendem Ergebnis (S. 574): „Geld ist nicht durch Gesetz entstanden; es ist seinem Ursprunge nach keine staatliche, sondern eine gesellschaftliche Erscheinung“.

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

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windung unterschiedlicher Fristigkeiten von Naturaltauschgeschäften im Vordergrund: Beide Tauschmengen müssen nicht mehr zum gleichen Zeitpunkt zur Verfügung stehen, Geld ermöglicht es vielmehr, das Gut mit der kürzeren Herstellungsdauer bei Fertigstellung unmittelbar gegen Geld zu veräußern und andere gewünschte Güter zu einem späteren Zeitpunkt zu erwerben21. Mit der Emergenz eines bestimmten Gutes als Geld22 entsteht folglich ein Mittel zur Transformation von Fristen; Geld eröffnet Verfügungsmöglichkeiten über beliebige Güter zu beliebigen Zeitpunkten23 und ist somit das Gut mit dem höchsten Liquiditätsgrad24. Dabei ist mit der Entscheidung für die Verwendung eines bestimmten Mediums als Geld der Entwicklungsprozess keineswegs abgeschlossen, vielmehr bewirkt auch in bestehenden Geldwirtschaften der Wunsch nach inter- und intratemporal verbesserten Tauschprozessen kontinuierlich eine Entstehung von Innovationen im Geldwesen25. Um Entscheidungs- und Handlungsspielräume ökonomischer Aktivitäten in einer Geldwirtschaft festzulegen, bedarf es der Kodifikation längerfristig angelegter Regeln, die unter dem Begriff „Wirtschaftsordnung“ zusammengefasst werden sollen26. Ohne die Festlegung entsprechender „Spielregeln“ und die Kontrolle ihrer Einhaltung würden ökonomische Aktivitäten von privaten Wirtschaftssubjekten entweder gar nicht initiiert oder führten zu unbefriedigenden Ergebnissen. Bezeichnet man speziell die Festlegung aller Handlungs- und Entscheidungsspielräume für die Versorgung einer Geldwirtschaft mit Geld als „Geldordnung“27, dann wird unmit21 Vgl. Kath (1984), S. 179. Geld übernimmt deshalb neben der Tauschmittel- und Recheneinheitsfunktion auch eine Wertaufbewahrungsfunktion. 22 Zu den Anforderungen, denen ein Gut genügen muss, um als Geld Akzeptanz zu finden vgl. White (1999), pp. 9. Sehr deutlich bereits Menger (1909), S. 561: „Zu allgemein … gebräuchlichen Tauschvermittlern gewordene Waren werden im wissenschaftlichen Sprachgebrauche (nicht schlechthin im gemeinen Leben!) als Geld … bezeichnet [Hervorhebung im Original]“. 23 Vgl. zu diesem Gedankengang Engels (1997), S. 120: „Die vollkommenste Form der Fristentransformation ist die Herstellung völliger Liquidität, also die Geldschöpfung. Ein Finanzmarkt denkbar höchster Perfektion wäre ein Markt, an dem sich alle Vermögensgegenstände täglich veräußern ließen, ohne dass man Vermögensverluste hinnehmen müsste. Das, was die Volkswirtschaftslehre mit so abgrundtiefem Misstrauen betrachtet, die Geldschöpfung, ist nichts anderes als eine der ureigenen wirtschaftlichen Aufgaben der Banken“. 24 Stützel spricht in diesem Zusammenhang davon, dass die Liquiditätssteigerung übergeht in „Monetisierung“, vgl. Stützel (1959b), S. 622 – 623. 25 Vgl. Terres (1999), S. 23 f. Terres betont hierbei den evolutionstheoretischen Erklärungsansatz zur Emergenz von Geld. Ähnlich White (1999), pp. 1 – 9. White stützt seine Überlegungen auf die Theorie von Carl Menger, vgl. hierzu Menger (1909), S. 555 – 610. 26 Zu Konzepten, Zielen und Instrumenten der Wirtschaftsordnungspolitik vgl. Walter / Ehret / Czogalla (2009), S. 565 – 571. 27 Vgl. Neldner (1998), S. 287; ähnlich Duwendag / Ketterer / Kösters (Hrsg.) (1999), S. 303 – 313; Eucken (1990), S. 257 verwendet neben dem Begriff der Geldordnung (S. 259) den Begriff der „Währungsverfassung“ und fordert: „Wie die Wettbewerbsordnung selber, sollte sie möglichst automatisch funktionieren … vor allem (deshalb), weil die Erfahrung zeigt, dass eine Währungsverfassung, die den Leitern der Geldpolitik freie Hand lässt, diesen mehr zutraut, als ihnen allgemein zugetraut werden kann“.

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1 Einleitung

telbar deutlich, dass die Geldordnung einen Teilbereich der allgemeinen Wirtschaftsordnung darstellt und beide aus Konsistenzgründen einheitlich ausgestaltet sein sollten28. Da freiheitlich unternehmerisch agierende Kreditinstitute den gedanklichen Ausgangspunkt dieser Arbeit bilden sollen, wird auf die Darstellung einer dirigistisch ausgestalteten Wirtschaftsordnung verzichtet29. Stattdessen werden in Anlehnung an Eucken30 die für eine freiheitlich organisierte Wirtschaftsordnung konstituierenden Merkmale erläutert, um daran anschließend die Gestaltungsvarianten für die Geldordnung aufzuzeigen.  Offenheit von Märkten

Zentrales Kennzeichen einer freiheitlich organisierten Wirtschaftsordnung ist die Koordination von angebotenen und nachgefragten Gütern über Märkte31. Der freie Zugang zu Märkten32 bildet eine der Voraussetzungen dafür, dass sich in marktwirtschaftlichen Ordnungen ein funktionsfähiges Preissystem herausbilden kann33. Die ordnungspolitische Grundentscheidung zur Offenheit speziell des Marktes, auf dem die Versorgung einer Volkswirtschaft mit Geld und monetären Dienstleistungen erfolgt, ermöglicht über die Initiierung wettbewerblicher Marktprozesse34 die Herausbildung eines entsprechenden Preissystems in einem Teilbereich der Volkswirtschaft. Die Möglichkeit des Eintritts neuer Anbieter und die Option der Nachfrager zum Marktaustritt verhindert den Aufbau von Machtpositionen, die fortwährende Erreichung einer hohen Produktqualität und die dauerhafte Orientierung an Nachfragerbedürfnissen35. Soll entgegen der freiheitlichen Ausgestaltung der Wirtschaftsordnung eine dirigistische Ausgestaltung der Geldordnung 28 Zur Interdependenz der Entscheidungen für eine freiheitlich gestaltete Geld- und Wirtschaftsordnung sehr deutlich Terres (1999), S. 1 – 14 (m. w. Nw.), sowie S. 104 – 164 für den Entwurf einer monetären Wettbewerbsordnung; ferner Eucken (1990), S. 255 – 264, insbes. S. 264: „Damit die übrigen Prinzipien eine Wirtschaftsordnung mit brauchbarer Wirtschaftslenkung herstellen und erhalten, ist … ein brauchbares Prinzip der Geldversorgung nötig“. 29 Zur ausführlichen Gegenüberstellung beider Ausgestaltungsmöglichkeiten von Wirtschaftsordnungen grundlegend Tuchtfeldt (1982), S. 327 – 353. Einen guten Überblick über Kreditwirtschaft und Kreditinstitute in Zentralverwaltungswirtschaften gibt Hartwig (1991), S. 595 – 609. 30 Vgl. Eucken (1990), S. 254 – 291; zur Übersicht über die Ausgestaltungsmöglichkeiten einer Wirtschaftsordnung und die Diskussion um unterschiedliche Begriffe stellvertretend für viele Thieme (1984), S. 1 – 47. 31 Vgl. Thieme (1984), S. 20 – 22. 32 Vgl. Eucken (1990), ausführlich S. 264 – 270. 33 Vgl. Eucken (1990), hier S. 254 f.; ferner Thieme (1984), S. 21 f. 34 Vgl. Eucken (1990), S. 264 – 270; Eucken sieht allerdings in der Gewährung eines Notenausgabemonopols eine Ausnahme von diesem Prinzip. Für einen Überblick über die Theorie der Wettbewerbspolitik vgl. Eickhof (1984), S. 225 – 244. 35 Vgl. Terres (1999), S. 106 f.

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

29

erfolgen, stehen den politischen Entscheidungsträgern folgende Instrumente zur Verfügung: Neben der Monopolisierung oder Kontingentierung des Geldangebots kann die staatliche Festlegung einer bestimmten Währungseinheit erfolgen und eine geographische oder funktionale Beschränkung einzelner monetärer Dienstleistungen initiiert werden36.  Vertragsfreiheit

Neben dem Recht auf freien Markteintritt und Marktaustritt bildet das Recht auf freien Abschluss von Verträgen37 eine wesentliche Voraussetzung für die Ausbildung eines funktionsfähigen Preissystems. Auch die Gestaltung einer freiheitlichen Geldordnung ist ohne Gestaltungsspielräume hinsichtlich des Abschlusses und des Inhalts von Verträgen nicht denkbar38. Monetäre Vertragsfreiheit beinhaltet sowohl die freie Wahl einer Währung als auch die freie Gestaltung sonstiger Vereinbarungen zwischen Geldanbieter und Geldnachfrager. „Kein Geldemittent ist dann in der Lage, dem Wirtschaftsverkehr ein Geld aufzuzwingen, das nicht den Präferenzen der Handelnden für den wirtschaftlichen Austausch entspricht“39. Vertragsfreiheit schafft auf diese Weise die Voraussetzung für ein Experimentieren mit unterschiedlichen Geldarten entsprechend den Bedürfnissen der Nachfrager. Monetäre Vertragsfreiheit kann im Rahmen einer dirigistischen Ausgestaltung der Geldordnung durch unterschiedliche staatliche Maßnahmen eingeschränkt werden: Neben Vorgaben zur zwingenden Verwendung staatlich emittierten Geldes als Zahlungsmittel oder als Recheneinheit können z. B. Beschränkungen der Konvertibilität einer Währung sowie das Verbot der Vereinbarung von Indexklauseln beschränkende Wirkung entfalten.  Privateigentum

Verschiedene Formen des Eigentums dienen dazu, Personen durch Zuweisung von Handlungs- und Entscheidungskompetenzen zu ökonomischen Aktivitäten zu motivieren40 und zugleich zu verhindern, dass die aus dieser Freiheit resultierende Verfügungsmacht zu Lasten Dritter missbraucht wird41. Entsprechend kann anlässlich der Ausgestaltung der Geldordnung eine Entscheidung für die Versorgung mit Geld und monetären Dienstleistungen durch staat36 Ausführlich zu allen Instrumenten Terres (1999), S. 106 – 119. Für die empirischen Erscheinungsformen von Monopollösungen vgl. Eucken (1989), S. 118 – 121. Zur theoretischen Diskussion über die Monopollösung Vollmer (1996), S. 194 – 200 (im Ergebnis gegen staatlich monopolisierte Notenbanken). 37 Vgl. Eucken (1990), hier S. 279 – 285. 38 Die folgenden Ausführungen stützen sich überwiegend auf Überlegungen von Terres (1999), S. 128 – 147 (m. w. Nw.). 39 Terres (1999), S. 130. 40 Vgl. Thieme (1984), hier S. 13, S. 24 – 26 (m. w. Nw.). 41 Vgl. Eucken (1990), S. 274.

30

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liche oder private Anbieter erfolgen42. Unterschiede bestehen dann hinsichtlich der Anreiz- oder Motivationsstruktur. Während private Unternehmer bei der Erstellung monetärer Leistungen durch Aussicht auf laufende Gewinne oder den Gewinn aus der Veräußerung des Unternehmens motiviert werden, kann dieser Anreiz bei staatlichen Anbietern fehlen und zu einer Fehlorientierung geschäftspolitischer Entscheidungen führen43.  Haftung

Während die Zuweisung von Eigentumsrechten auf die Motivation ökonomisch Handelnder zielt, bewirken Haftungsregelungen eine Disziplinierung der ökonomisch Handelnden, indem Zugriffsmöglichkeiten auf deren Vermögen konstituiert werden44. Dieser Kontrollfunktion kommen zwei weitergehende ökonomische Funktionen zu: Zum Ersten wirkt sie vertrauensbildend in einer arbeitsteiligen Volkswirtschaft, deren individuelle Austauschprozesse durch Leistung und Gegenleistung gekennzeichnet sind45. Wenn Haftungsregelungen existieren, besteht eine gewisse Sicherheit der Partner über die vereinbarungsgemäße Erfüllung von Verträgen46. Zum Zweiten führen Haftungsregeln dazu, dass in einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung dauerhaft erfolglos agierende Unternehmen vom Markt ausscheiden müssen47. Auch die Gestaltung einer Geldordnung als freiheitliche oder dirigistische bedarf einer Ausgestaltung von Regeln, die monetär Handelnden negative Konsequenzen ihrer ökonomischen Aktivitäten zuweisen48. Gebrauch von Geld ist aus Nachfragersicht nur dann sinnvoll, wenn möglichst geringe Unsicherheit über dessen mögliche zukünftige Wertentwicklung besteht. Nur dann ergeben sich die erwünschten intertemporalen Verbesserungen bei Tauschgeschäften. In einer freiheitlich organisierten Wirtschaftsordnung müssen folglich den Anbietern von Geld negative Konsequenzen einer diesen Umstand nicht berücksichtigenden 42 Engels führt den Übergang des zunächst von privaten Anbietern geprägten Papiergeldwesen auf den Staat auf fiskalisches Interesse in Kriegszeiten zurück, vgl. Engels (1997), S. 107 – 113. 43 Vgl. hierzu ausführlich Terres (1999), S. 119 – 128. 44 Vgl. Eucken (1990), S. 279 – 285, hier insbes. S. 279 und S. 281, sowie S. 280: „Investitionen werden um so sorgfältiger gemacht, je mehr der Verantwortliche für diese Investitionen haftet“. 45 Vgl. Deppe (1989), hier S. 200. 46 Vgl. Stützel (1959b), S. 625: „‚Freie Wirtschaft‘ lässt sich hingegen geradezu dadurch definieren, dass hier die Forderung, Lieferversprechen (einschl. Zahlungsversprechen) einzuhalten, neben der Pflicht zur Steuerzahlung die einzige wirtschaftliche Forderung ist, der sich schlechtweg keine natürliche oder juristische Person entziehen kann und deren Erfüllung gegebenenfalls vom Staat mit Gewalt erzwungen werden kann“. 47 Vgl. Eucken (1990), S. 280 f. (Auslesemethode), S. 282: „Bei der Verwirklichung dieses Prinzips entstehen vielartige Probleme. So für das Konkursrecht. Ebenso für das Gesellschaftsrecht, das als Glied der Wirtschaftsverfassung behandelt werden sollte“. 48 Vgl. Terres (1999), S. 147 –155.

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

31

Geschäftspolitik zugewiesen werden. Ein Instrument hierzu besteht in dem Versprechen des Emittenten, Geld jederzeit in ein anderes, wertstabiles Gut (z. B. Edelmetall), einzutauschen49. Kann diesem Einlösungsversprechen nicht nachgekommen werden, haftet das emittierende Unternehmen mit seinem eigenen Vermögen. Verzichtet der Emittent auf die Gewährung eines Einlösungsversprechens, haben die Geldnachfrager in einem System konkurrierender Anbieter die Möglichkeit, Anbieter von Geld minderer Qualität durch Marktaustritt zu sanktionieren und denjenigen Anbieter auszuwählen, dessen Geld als wertstabil betrachtet wird. Im Fall staatlich monopolistischen Geldangebots werden beide Haftungsmechanismen außer Funktion gesetzt. Vertrauen in die Wertstabilität des Geldes resultiert in diesem Fall lediglich aus der Reputation der politischen Entscheidungsträger50.

1.2.1.2 Funktionen von Kreditinstituten in freiheitlich organisierten Geldwirtschaften 1.2.1.2.1 Kreditinstitute als Geldanbieter In einer marktwirtschaftlich organisierten Geldwirtschaft besteht aufbauend auf den vorherigen Überlegungen eine originäre Aufgabe von Kreditinstituten in dem Angebot von Geld. Kreditinstitute sind spezialisierte Unternehmen, die in Ergänzung des ursprünglich als Geld akzeptierten Tauschmediums kontinuierlich neue Möglichkeiten zur kostengünstigen Abwicklung monetärer Transaktionen anbieten51. Durch Variation der in Abbildung 1.152 zusammengestellten wesentlichen Vertragsinhalte53 tragen sie auf diese Weise sich wandelnden Bedürfnissen der Wirtschaftssubjekte Rechnung. Während die Tauschmittel54- und Wertaufbewahrungsfunktion originäres Merkmal jeder Art von Geld darstellt, muss Geld nicht zwingend auch die Funktion der in einer Wirtschaftsordnung verwendeten Recheneinheit (Numéraire) übernehmen55. Vgl. Terres (1999), S. 148 – 150. Terres diskutiert dies unter dem Stichwort „Reputationsmechanismus“, vgl. Terres (1999), S. 147 – 155. 51 Vgl. Terres (1999), S. 169 f.; ebenso White (1999), pp. 11 – 14. 52 Diese und alle weiteren Abbildungen im Rahmen der Arbeit sind eigene Abbildungen. 53 Diese Systematisierung erfolgt in Anlehnung an den Versuch einer morphologischen Ordnung bei Eucken (1989), S. 112 – 123. 54 Vgl. beispielsweise Richter (1990c), S. 104; er spricht in diesem Zusammenhang in Anlehnung an die Schumpetersche Terminologie von „Buchungstechnik“. 55 Für eine deutliche Trennung dieser Funktionen spricht sich bereits Eucken (1989), S. 113 – 115 aus. Unter dem Stichwort „Monetäre Separierung“ wird diese Idee von den Vertretern der „Neuen monetären Ökonomik“ diskutiert, vgl. für einen Überblick Neldner (1997), S. 15 f. (m. w. Nw.); ausführlich ferner Terres (1999), S. 293 – 304. Eine einführende Erläuterung der Funktionen findet sich stellvertretend für viele bei Kath (1984), S. 178 – 180. 49 50

32

1 Einleitung

Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Diskussion steht dabei die These, dass die Funktion des Geldes als Numéraire für bestimmte gesamtwirtschaftliche Instabilitäten in Geldwirtschaften verantwortlich ist56. Merkmale eines als Geld verwendeten Gutes

Merkmalsausprägungen

Anzahl der Geldfunktionen

Wertaufbewahrungs- und Tauschmittel (Monetäre Separierung)

Zusätzlich Recheneinheit

Äußere Erscheinungsform

Stoffgeld

Stoffwertloses Geld

Entstehungsform

Umwandlung von Sachgütern

Lieferung eines Gutes

Konvertibilität

Definitives Geld (Primärgeld)

Provisorisches Geld (Sekundärgeld)

Papiergeld (Noten)

Fiduziärsystem

Giralgeld (Guthaben) Vergabe eines Kredites

Proportionalsystem

Abbildung 1.1: Morphologie ausgewählter Merkmale der als Geld verwendeten Güter

Kreditinstitute als Geldanbieter können Geld in unterschiedlichen äußeren Erscheinungsformen anbieten: Geld läuft entweder in Form von Münzen um (Stoffgeld) oder wird in von Form von Papier- oder Giralgeld verwendet (stoffwertloses Geld)57. Die Verwendung von Münzen anstelle von Sachgütern vereinfacht monetäre Transaktionen dadurch, dass eine Abwägung und Qualitätsprüfung des verwendeten Sachgutes unterbleiben kann58. Im Vergleich zum Münzgeld kann bei der Verwendung von Geld in Form von Giralgeld der kostspielige physische Transfer bei der Abwicklung monetärer Transaktionen unterbleiben59. Ein weiteres, grundsätzlich mit unterschiedlichen Erscheinungsformen von Geld kombinierbares und wichtiges Merkmal von Geldkontrakten bildet die Art der Entstehung von Geld. Hierzu stehen grundsätzlich drei Möglichkeiten offen. Als erste Möglichkeit kann Geld dadurch entstehen, dass bestimmte Sachgüter, z. B. Edelmetalle oder Zigaretten, als Geld benutzt werden. Es verschwindet, indem diese Vgl. Geue (1999), S. 354 – 357 (m. w. Nw.). Zu einer kritischen Übersicht über die Entwicklungsgründe dieser verschiedenen Erscheinungsformen von Geld vgl. Engels (1997), S. 103 – 123. 58 Vgl. White (1999), pp. 9 – 11. Menger nennt umfassend die Vorteile eines Gebrauchs von Edelmetalle: „Es gibt in der Verkehrswirtschaft … keine Güter, bei welchen auch nur annäherungsweise so weite personale, quantitative, räumliche und zeitliche Grenzen der Absatzfähigkeit zusammentreffen wie bei den Edelmetallen“, vgl. Menger (1909), S. 569. 59 Vgl. Terres (1999), S. 130. 56 57

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

33

Sachgüter wieder ihrer originären Verwendung zugeführt werden60. Die Emission von Warengeld ist eine Emission auf Dauer61. In der zweiten Variante entsteht Geld als Gegenleistung für die Lieferung eines Gutes (Sachgut oder Münzen) und tritt entweder als Giral- oder Papiergeld in Erscheinung. Die Emission dieser Art von Geld ist auf die Laufzeit des Kontraktes befristet. Hiermit verändert sich die Qualität der Beziehung zwischen Geldnachfrager und geldanbietendem Kreditinstitut grundlegend: Geldnachfrager werden durch Verwendung von Giral- oder Papiergeld zu Inhabern von Gläubigerkontrakten, da ihnen das Recht auf Umtausch in das überlassene Gut zugesichert wird. Banknoten sind Papiere, die zum Nennwert akzeptiert werden und die keine Vereinbarung über Zinszahlungen beinhalten62. Ein wesentlicher Vorteil im Vergleich zur Abwicklung monetärer Transfers über Bankguthaben besteht darin, dass die Einschaltung eines Kreditinstitutes nicht notwendig ist63 und die Unsicherheit über die Bonität des Guthabeninhabers substituiert wird durch diejenige über die Bonität des Noten emittierenden Kreditinstituts64. Solange Vertrauen in die Sicherheit der Zahlungen durch Verfügung über Guthaben oder Noten sowie die jederzeitige Rückzahlung der Guthaben oder Noten durch das Kreditinstitut besteht, werden sie als Geld akzeptiert. Dies ist immer dann der Fall, wenn Kreditinstitute das ihnen zur Verfügung gestellte Gut lediglich deponieren und somit eine hundertprozentige Deckung der Rückzahlungsansprüche der Gläubiger besteht. Aus der Existenz – unter Umständen – erheblicher Güterbestände kann allerdings ein Anreiz entstehen, diese einer ökonomischen Verwendung zuzuführen. Unter der Prämisse entsprechender Nachfrage65 können Kreditinstitute zwecks Erzielung von Einnahmen dazu übergehen, Kredite zu gewähren und nur noch einen Teil der Gläubigeransprüche durch Güterbestände zu decken. Für die Inhaber der Guthaben ist hiermit das Risiko mangelnder Rückzahlungsfähigkeit des Kreditinstituts verbunden66. Vgl. Eucken (1989), S. 113 f. Vgl. Engels (1997), S. 103. 62 White (1999), pp. 14 erklärt dies wie folgt: „Banknotes historically have paid no interest, even in competitive settings where deposits have, because there seems to be no easy way to pay interest on a bearer instrument whose convenience rests on its circulating at face value“. 63 Vgl. Nasse / Lexis (1909), S. 331: „Sie sind wahrscheinlich in der Art aus der Kassenführung entstanden, daß die Banken ihren Gläubigern die Verfügung über ihr Guthaben zum Zwecke der Zahlung an dritte Personen möglichst erleichtern wollten. An die Stelle des persönlichen Erscheinens oder der Ausstellung einer Bankanweisung, die der bezogenen Bank präsentiert werden muß, und der Umschreibung in den Büchern der Bank tritt die einfache Tradition des Inhaberpapiers“. 64 Vgl. White (1999), pp. 13. 65 Wenn Duwendag / Ketterer / Kösters (Hrsg.) (1999), S. 113 davon ausgehen, dass zusätzliche Beschränkungen aus der Menge des zur Verfügung stehenden Zentralbankgelds resultieren, dann unterstellen sie implizit die Existenz eines zweistufigen Geldsystems und gehen davon aus, dass die Kreditinstitute kein definitives Geld zur Verfügung stellen. 66 Vgl. Terres (1999), S. 173 f. 60 61

34

1 Einleitung

Als dritte Möglichkeit kann Geld in Form von Guthaben oder Noten als Gegenleistung für die Gewährung von Krediten entstehen67. Mit dieser Form der Geldentstehung ist die Entstehung von zwei Gläubiger-Schuldner-Beziehungen verbunden: Das angebotene Geld stellt eine Forderung des Geldnachfragers gegenüber dem emittierenden Kreditinstitut dar, das seinerseits wiederum eine Forderung gegenüber dem Kreditnehmer besitzt68. Auch das Angebot von Kreditgeld ist auf die Kontraktlaufzeit befristet, es verschwindet im Moment der Kreditrückzahlung69. Aus Sicht des Kreditinstituts ist diese Form der Geldschaffung attraktiv, da sie Unabhängigkeit von den in Geld zu transformierenden Gütern gewährt und die Grenzkosten zusätzlich produzierter Einheiten nahezu null betragen70. Ein Geldkontrakt ist nicht zuletzt durch Vereinbarungen über den Grad der Einlösbarkeit des Geldes gekennzeichnet71: Während nicht einlösbares, definitives Geld durch den Emittenten nicht in andere Güter oder Münzgeld umgetauscht wird, besteht für einlösbares, provisorisches Geld aufgrund vertraglicher Vereinbarung gegenüber dem Kreditinstitut ein Anspruch auf Einlösung des Geldes nach einer im Voraus festgelegten Relation in Sach- oder Finanzgüter bzw. andere Geldarten. Beide Erscheinungsformen von Geld werden auch als Primär- und Sekundärgeld bezeichnet. Zu unterscheiden sind Systeme, die eine Deckung für alle emittierten Geldarten fordern (Proportionalsystem), und solche, in denen nur ein Teil des Geldes einer Deckungsvorschrift unterliegt (Fiduziärsystem). Wird ein Recht auf Einlösbarkeit des Geldes vereinbart, wirkt die Möglichkeit zu seiner Geltendmachung beschränkend auf die Geschäftspolitik des Kreditinstituts, da eine jederzeitige Bereitstellung des vereinbarten Einlösungsmediums gewährleistet sein muss. Im Ergebnis sind Kreditinstitute in ihrer Funktion als Geldanbieter72:  Anbieter grundsätzlich beliebig gestaltbarer Geldkontrakte, die den Bedürfnissen der Nachfrager nach Vereinfachung des intra- und intertemporalen Tausches nachkommen. 67 Vgl. sehr anschaulich Engels (1997), S. 115: „Man brauchte nämlich nicht mehr Geld, um zu zahlen, sondern umgekehrt: Das Geld entstand und verschwand dadurch, dass gezahlt wurde“. 68 Vgl. Richter (1990c), S. 298. 69 Vgl. Duwendag / Ketterer / Kösters (Hrsg.) (1999), S. 110 – 116; ferner sehr anschaulich Eucken (1989), S. 120 –121. 70 Kritisch hierzu Eucken (1989), S. 122 und Eucken (1990), S. 258, Eucken schlägt konsequent einen Verzicht auf diese Art der Geldproduktion vor (S. 260 – 264); ähnlich auch Richter (1990c), S. 338 – 342, Richter kommt zu der Schlussfolgerung, dass deshalb eine staatliche Beaufsichtigung von Kreditinstituten in einem solchen System notwendig sei. Kritisch gegenüber staatlichen Eingriffen Vollmer (1996), S. 192. Innovativ insofern Engels (1997), S. 114, der darauf verweist, dass die Zuteilung von Notenkontingenten auf private Banken mittels Versteigerung möglich wäre. 71 Vgl. Neldner (1998), S. 287. 72 Auf die Bedeutung des Geldangebots für das Verständnis der Funktionen von Kreditinstituten weist auch Santomero (1984), p. 602 hin.

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

35

 Anbieter als Gläubigerkontrakt mit begrenzter Laufzeit ausgestalteter Geldkontrakte. Mit den Inhabern der Kontrakte können unterschiedliche Vereinbarungen über Zeitpunkt und Art der Rückzahlung sowie eventueller Gegenleistungen vereinbart werden.  Anbieter von Instrumenten zur Abwicklung von Zahlungen, die auf Geldkontrakten in Form von Bankguthaben basieren.

1.2.1.2.2 Kreditinstitute als Finanzintermediäre Aus der Existenz von Geld als Medium zur Abwicklung realer Tauschgeschäfte resultiert die Entstehung finanzieller Märkte. Denn zeitliche Unterschiede zwischen Ein- und Auszahlungen können dazu führen, dass Wirtschaftssubjekte in einem bestimmten Zeitpunkt grundsätzlich folgende Positionen einnehmen: Sie sind entweder Defiziteinheiten, die nicht über hinreichende Geldmittel zur Erbringung realgüterwirtschaftlicher Leistungen verfügen, oder sie sind Überschusseinheiten, deren Geldmittel nicht zum Erwerb realgüterwirtschaftlicher Leistungen benötigt werden73. Eine erste Möglichkeit zur Überwindung divergierender Vorstellungen von Geldgebern und Geldnehmern bildet der originäre Abschluss eines Vertrages zwischen Defizit- und Überschusseinheiten auf Finanzmärkten, in dessen Rahmen die rechtlichen Bedingungen des Austausches von Geld detailliert festgelegt sind74. Ebenso wie sich Geld als Medium zur Überwindung von Diskrepanzen im Austausch realer Güter entwickelt, bilden finanzielle Verträge, im Folgenden als Finanzkontrakte bezeichnet, ein Instrument zur Überwindung von Friktionen im Austausch von Geld. Das Marktsegment, auf dem der erstmalige Austausch von Geld aufgrund vertraglicher Vereinbarungen erfolgt, wird im Folgenden als Primärmarkt bezeichnet. Als weiteres Segment existiert daneben der Sekundärmarkt, auf dem die entgeltliche Übertragung der aus Finanzkontrakten resultierenden Rechtspositionen, im Folgenden als Finanztitel bezeichnet, möglich ist. Aufgrund der Existenz von Sekundärmärkten besteht für den Geldgeber die Möglichkeit, sich während der Kontraktlaufzeit ohne Betroffenheit des Geldnehmers von seinem Finanztitel zu trennen. Dies kann dann vorteilhaft sein, wenn Veränderungen in der ursprünglichen Einschätzung des Kontraktes eine Anpassung erforderlich machen75. Um den individuellen Vorstellungen von Geldnehmern und Geldgebern Rechnung zu tragen, werden auf Finanzmärkten Kontrakte mit unterschiedlichen Inhalten abgeschlossen. Eine für den weiteren Verlauf der Arbeit wichtige und im Zusammenhang mit dem Geldangebot durch Kreditinstitute bereits angesprochene 73 Vgl. Bitz / Stark (2008), S. 1 zu einer systemtheoretischen Betrachtung des finanziellen Sektors weiterführend Schmidt (1998), S. 227 f. (m. w. Nw.). 74 Für einen Überblick über die hiermit verbundenen Probleme vgl. Kaiser (2009), S. 951 f. und Kaiser (2006b), S. 27 – 96. 75 Ausführlich hierzu Schmidt (1998), S. 232 – 237.

36

1 Einleitung

Klassifikation von Finanzkontrakten bildet die idealtypische Unterscheidung von Eigen- und Fremdfinanzierungskontrakt76 (vgl. Abbildung 1.2). Diese Klassifikation ist unter der Annahme eines zahlungsfähigen Geldnehmers anhand dreier Kriterien möglich: Ergebnisabhängigkeit der Ansprüche während der Kontraktlaufzeit, Rückzahlungsanspruch bei Beendigung des Kontraktes sowie der Umfang der Mitwirkungs- und Kontrollrechte. Für den Fall der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Insolvenz besitzt darüber hinaus das Merkmal der Rechtsstellung im Insolvenzverfahren Bedeutung. Die Merkmalsausprägungen bei Eigenfinanzierungskontrakten beinhalten eine erfolgsabhängige Partizipation an den Unternehmensergebnissen sowohl während der Laufzeit als auch im Fall einer Beendigung des Kontraktes. Während der Eigenfinancier hinsichtlich der Mitwirkungs- und Kontrollrechte sehr umfangreiche Befugnisse erhält, verzichtet er im Fall der Insolvenz auf alle Ansprüche und haftet ergänzend mit seinem Privatvermögen (vgl. Abbildung 1.2). Schließt ein Geldgeber demgegenüber einen Fremdfinanzierungskontrakt ab, wird er zum Gläubiger mit festen Zins- und Tilgungsansprüchen und verzichtet auf die Vereinbarung von Mitwirkungs- und Kontrollrechten (vgl. Abbildung 1.2). Im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners werden Gläubiger zu Insolvenzgläubigern mit bevorrechtigten Ansprüchen. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden Inhaber von Ansprüchen auf der Grundlage von Eigenfinanzierungskontrakten als Eigenfinanciers oder Eigentümer und Inhaber von Ansprüchen aus Fremdfinanzierungskontrakten als Fremdfinanciers oder Gläubiger bezeichnet. Unterscheidungsmerkmal

Eigenfinanzierungskontrakt

Fremdfinanzierungskontrakt

Laufende Zahlungen

Erfolgsabhängige Gewinnbeteiligung

Fester Zins

Rückzahlungsbetrag

Erfolgsabhängiger Liquidationserlös

Fester Betrag

Mitwirkungs- / Kontrollrechte

Volle Geschäftsführungskompetenz

Keine

Rechtsstellung im Insolvenzverfahren

Keine Ansprüche

Insolvenzgläubiger

Abbildung 1.2: Idealtypische Klassifikation von Eigenund Fremdfinanzierungskontrakt

Mit der Vereinbarung entweder eines Eigen- oder eines Fremdfinanzierungskontraktes können nicht alle dem erfolgreichen Ausgleich zwischen Überschuss- und 76 Die folgenden Ausführungen erfolgen in Anlehnung an Bitz / Stark (2008), S. 34 – 63 S. 143 – 153; denen folgend Kaiser (2006b), S. 27.

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

37

Defiziteinheiten entgegenstehenden Divergenzen überwunden werden. Vielmehr bestehen auf Finanzmärkten weitere vier Problembereiche, die eine Abstimmung von Anlage- und Finanzierungsbedarf in einer Geldwirtschaft erschweren können77: Informationsprobleme, Betragsprobleme, Fristenprobleme und Risikoprobleme. Zum Ausgleich divergierender Vorstellungen von Geldnehmern und Geldgebern können sich betroffene Wirtschaftssubjekte der Unterstützung spezialisierter Unternehmen bedienen. In einer freiheitlich organisierten Geldwirtschaft existieren auf den Abschluss oder die Vermittlung finanzieller Verträge spezialisierte Finanzintermediäre. Der Begriff „Finanzintermediär“ wird in der Literatur unterschiedlich breit abgegrenzt78. Bitz / Stark unterscheiden zwischen Intermediären im engeren und im weiteren Sinne (vgl. Abbildung 1.3):  Finanzintermediäre im engeren Sinne treten gleichzeitig als Geldnehmer und Geldgeber in Erscheinung und zerlegen damit das ansonsten zwischen Geldnehmer und Geldgeber entstehende Vertragsverhältnis in zwei eigenständige Vertragsverhältnisse79. Der Finanzintermediär nimmt Mittel der originären Geldgeber gegen das Versprechen späterer Rückzahlung in Empfang und stellt den ursprünglichen Geldnehmern Mittel gegen das Versprechen späterer Rückzahlung zur Verfügung. Damit werden die originären Geldgeber zu Gläubigern und die originären Geldnehmer zu Schuldnern des Finanzintermediärs.  Finanzintermediäre im weiteren Sinne vereinfachen den Abschluss von Finanzkontrakten bzw. den Austausch von Finanztiteln ohne selbst mit in Verträge eingebunden zu werden80. Sie erbringen hierzu Vermittlungsleistungen, Informationsleistungen oder übernehmen bestimmte Risiken.

In einer freiheitlich organisierten Geldwirtschaft können Kreditinstitute demnach zusätzlich zu ihrer Funktion als Geldanbieter als Finanzintermediäre tätig sein und folgende geschäftspolitische Aktivitäten einzeln oder in Kombination ergreifen:  Kreditinstitute vereinfachen monetäre Transaktionen durch das Angebot von Geldkontrakten sowie die Entwicklung von dazugehörigen Instrumenten des Zahlungsverkehrs. Sie sind in diesem Zusammenhang Anbieter von Geld in Form von Papier- oder Giralgeld und treten mit Geldnachfragern in eine Gläubiger-Schuldner-Beziehung.  Kreditinstitute vereinfachen durch Übernahme unterschiedlicher Intermediationsleistungen die Abstimmung des Anlage- und Finanzierungsbedarfs einer Geld77 Vgl. Bitz / Stark (2008), S. 2 – 4, ebenso Kaiser (2006b), S. 97 – 102; ferner bereits Bitz (1989), S. 432 – 434. 78 Für einen ersten Überblick vgl. Kaiser (2009), S. 951 – 953 und Vollmer (1999b), S. 27. 79 Vgl. Bitz / Stark (2008), S. 4 – 12 und Bitz (1989), S. 430 f.; weiterführend zur Erläuterung der Funktion von speziellen Finanzintermediäre i. e. S. vgl. Kaiser (2009), S. 953 – 957 (Versicherungsunternehmen) und Bitz (2006), S. 353 – 376 (Kreditinstitute). 80 Vgl. Bitz / Stark (2008), S. 13 – 15 und Bitz (1989), S. 431 f.; weiterführend zur Erläuterung der Funktion von speziellen Finanzintermediären i. w. S. vgl. Horsch (2008), S. 172 – 264 (Rating-Agenturen).

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1 Einleitung

wirtschaft. Sie können dabei entweder selbst zum Vertragspartner der abzuschließenden Finanzierungskontrakte in Form von Eigen- oder Fremdfinanzierungskontrakten werden. Oder Kreditinstitute nehmen lediglich Vermittlerfunktionen81 wahr und unterstützen den Abschluss von Kontrakten auf Finanzmärkten.

Probleme direkter Finanzmarkttransaktionen

Finanzintermediäre zur Reduktion von Divergenzen zwischen Geldnehmern und Geldgebern Finanzintermediär i. e. S.

Finanzintermediär i. w. S.

Informationsprobleme

Informationsbedarfstransformation

Informationsleistung

Betragsprobleme

Betragstransformation

Vermittlungsleistung

Fristenprobleme

Fristentransformation

Vermittlungsleistung

Risikoprobleme

Risikotransformation

Risikoübernahme

Abbildung 1.3: Klassifikation von Finanzintermediären i. e. S. und i. w. S.

Im weiteren Verlauf der Arbeit werden nur die Funktionen von Kreditinstituten als Geldanbieter und als Finanzintermediäre i. e. S. weiter betrachtet.

1.2.1.3 Entwicklung der Geldordnung in Deutschland Aufbauend auf den vorstehenden theoretischen Überlegungen zu den Funktionen von Kreditinstituten als Geldanbieter und Finanzintermediäre i. e. S. in einer freiheitlich organisierten Wirtschaftsordnung erfolgt hier eine Darstellung der wesentlichen Entwicklungsstufen der in Deutschland und den zuvor bestehenden Nationalstaaten verwirklichten Geldordnung. Gemäß dem einleitend vorgegebenen Erkenntnisziel dieser Arbeit kann hiermit verdeutlicht werden, dass das derzeit bestehende System zahlreicher staatlicher Maßnahmen im Geldwesen nicht zwingend geboten ist, sondern spezielle Umstände für die Emergenz einer wenig freiheitlichen Geldordnung in Deutschland verantwortlich waren. Als erste Entwicklungsstufe wird die Verwendung von Edelmetallen als Geldmünzen betrachtet. Deren Prägung erfolgte niemals durch private Geldanbieter, sondern gehörte – aus fiskalischen Motiven heraus – zu den Aufgaben des Staates82. Abgeleitet aus der Existenz staatlich geprägter Münzen entwickelte sich als Aufgabe privater Kreditinstitute das Wechseln von Münzen und darüber hinaus die 81 Richter unterscheidet zwei Grundtätigkeiten von Kreditinstituten: Zahlungsverkehrsleistungen und finanzielle Mittlerdienste. Vgl. Richter (1990c), S. 298 – 300. 82 Gleichwohl weist Engels (1997), S. 104 mit Recht darauf hin, dass die Münzprägung durchaus privat erfolgen könnte. Anderer Auffassung ist Eucken (1989), S. 118. Er sieht in dem „freien Prägerecht“, wie es im 6. Jahrhundert in Franken üblich war, eine Verwirklichung des freien Geldangebots durch Umwandlung einer Ware.

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

39

streng separate Aufbewahrung von fremden Geldern83. Kreditgeschäfte wurden von diesen Instituten nicht betrieben, vielmehr waren für die Fürstenhäuser die sogenannten Hoffaktoren und für die Kaufleute deren Geschäftspartner zuständig. Kreditgeschäfte unter Kaufleuten waren demnach zunächst deren Nebentätigkeiten und wurden erst später durch Kreditinstitute erbracht84. Für Privatpersonen bestand die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Krediten nur eingeschränkt bei sogenannten „Lehnbankos“, die Kredite gegen Faustpfand und hohe Zinsen gewährten85. Für beide Bereiche des Kreditgeschäfts war kennzeichnend, dass sie ohne Einsatz fremder Mittel, ausschließlich mit eigenen Mitteln der Gesellschafter betrieben wurden86. Zur Überwindung der negativen Konsequenzen durch eine starke Fragmentierung des Münzwesens wurde 1619 die Hamburger Bank gegründet87. Ihre Gründung stellte eine wesentliche Fortentwicklung im deutschen Geldsystem dar, da erstmals monetäre Transaktionen ausschließlich über ein Kontensystem ohne Austausch von Warengeld vollzogen wurden. Hierzu bot die Hamburger Bank ihren Kunden unter der Bezeichnung „Mark-Banco“ eine eigene Währung an, die durch Lieferung einer Ware, hier speziell von Silber, gegen Bankguthaben (Depositen) emittiert wurde88. Kunden konnten entweder bis zur Höhe ihrer Bankguthaben bargeldlose Zahlungen vornehmen oder eine jederzeitige Umwandlung des Guthabens in Silber verlangen. Eine Kreditgewährung durch Kreditinstitute blieb demgegenüber ausgeschlossen, da eine jederzeitige Einlösbarkeit der Depositen vorgesehen war89. Nicht staatliche Vorschriften, sondern Solvenzüberlegungen führten zu dieser eigeninitiierten Geschäftsbeschränkung90. Ökonomischen Erfolg erzielten Kreditinstitute trotz voller Bardeckung der Depositen durch Erhebung von Aufbewahrungsgebühren sowie Betätigung in geldfernen Geschäften, z. B. der Reederei91. Vgl. Tambert (1938), S. 15 – 16. Vgl. stellvertretend für viele Ulrich (1998), S. 10 – 15 (m. z. w. Nw.). Die Entstehungsgrundlagen der Privatbankiers werden in der Tätigkeit der Hoffaktoren, dem Speditions- und Warenhandel, dem Juwelier- und Goldschmiedegewerbe und dem Geldwechselgeschäft gesehen. 85 Vgl. Tambert (1938), S. 17. 86 Vgl. Tambert (1938), S. 17 (im Ergebnis bedauernd, da eine Ausdehnung des Kreditgeschäfts folglich unterblieb); ferner Ulrich (1998), S. 12 (im Ergebnis positiv, da eine solide Vertrauensbasis existierte). 87 Einen ausführlichen Überblick über die Historie der Bank gibt Soetbeer (1866), S. 21 – 54 und Soetbeer (1867) S. 1 – 53. 88 Vgl. Eucken (1989), S. 119; ferner Prion (1924b), S. 146. Die Einrichtung solcher „Bankwährungen“ erfolgte auch in Nürnberg und Amsterdam sowie den oberitalienischen Stadtstaaten. 89 Vgl. Hansen (1910), S. 9: „Die wichtigste Forderung, die man an sie (die Banken) stellt, ist … die Sicherheit der Rückzahlung zu garantieren“. 90 Vgl. Tambert (1938), S. 19. Tambert weist darauf hin, dass die Trennung von Depositenund Kreditgeschäft in der Wissenschaft kritisiert wurde und zur Ausdehnung des Kreditangebots eine Kooperation zwischen Giro- und Lehnbanken favorisiert wurde (vgl. S. 18). 91 Vgl. Hansen (1910), S. 10. 83 84

40

1 Einleitung

Mit der Ausgabe eines Zertifikats über die Deponierung von Edelmetallen oder Zahlungsmitteln – zunächst bei Goldschmieden, später bei Kreditinstituten – wurde eine neue Entwicklungsstufe erreicht, da eine weitere Erscheinungsform des Geldes, die Banknote (sogenannte „Zettel“) entstand92. Banknoten wurden nicht nur gegen Einlagen ausgegeben, sondern auch gegen Kreditgewährung. Als Inhaberschuldverschreibung verbrieften sie das Recht auf jederzeitigen Umtausch in das überlassene Medium und wurden von den Wirtschaftssubjekten als Münzen ergänzendes Tauschmittel akzeptiert93. Denn aus Sicht der Geldnachfrager besaß die Banknote mit der größeren Bequemlichkeit beim Transport, dem Zählen und Verpacken sowie einer Vereinfachung der Verfügungsmöglichkeiten über Guthaben wesentliche Vorteile94. Für die geldanbietenden Kreditinstitute hingegen bestand ein Anreiz zur Emission von (nicht zu verzinsenden) Banknoten wegen der niedrigen Produktionskosten und wegen der Akzeptanz als Tauschmittel. Denn so reichte eine prozentuale Deckung der Noten mit Edelmetallen aus95. Der überschüssige Betrag stellte eine zinslose Geldüberlassung dar, der für andere Geschäfte, insbesondere die Kreditvergabe verwendet wurde96. Während Banknoten ursprünglich – auch in einigen deutschen Staaten97 – in freier Konkurrenz privater Notenbanken emittiert wurden, führten fiskalisches Interesse98, Bankzusammenbrüche99 sowie zeitgenössische wissenschaftliche Auseinandersetzungen100 dazu, die Notenemission ab 1870 zentralen staatlichen Notenbanken zu übertragen101. Diese Entwicklung endete im Jahr 1875 mit der Gründung der über ein staatliches Notenausgabemonopol verfügenden Reichsbank und führt zu einem sukzessiven Bedeutungsverlust der zunächst noch geduldeten privaten Notenbanken102. In der zeitgenössischen Literatur wurde diese Entwicklung kontrovers diskutiert103. 92 Vgl. Engels (1997), S. 105 f. Die Banknote stellt ein Versprechen dar, „dem Vorzeiger auf Verlangen einen bestimmten Betrag in Währungsgeld zu zahlen“; vgl. Prion (1924b), S. 145. 93 Vgl. Nasse / Lexis (1909), S. 331. 94 Vgl. Prion (1924b), S. 146. 95 Vgl. Prion (1924a), S. 131. Ferner Wagner (1920), S. 1– 6, insbes. S. 2 f.: „In beiden Fällen ist es die leichte und sichere Realisierbarkeit der Aktiva, wodurch die Hauptaufgabe des Zettelbankwesens gelöst, d. h. die Aufrechterhaltung der Einlösbarkeit der Noten garantiert wird“. 96 Banknoten konnten außerdem unmittelbar gegen die Gewährung eines Kredites ausgegeben werden, vgl. Nasse / Lexis (1909), S. 331 und Prion (1924b), S. 131. 97 Als Überblick über die historische Entwicklung der Notenbanken mit Schwerpunkt Preußen bzw. Norddeutscher Bund eignet sich Somary (1924), S. 191 – 193. Für die liberalere Handhabung in den süddeutschen Staaten vgl. Tambert (1938), S. 23 f., S. 28. 98 Hierzu sehr deutlich Engels (1997), S. 107 – 113. 99 Vgl. Prion (1924b), S. 155 – 157. Prion weist darauf hin, dass Zahlungseinstellungen von Notenbanken primär auf übermäßige Kreditgewährung an den Staat verursacht wurden. 100 Ausführlich zur Currencytheorie vgl. Wagner (1920), S. 24 – 268. 101 Ausführlich zu zwei miteinander konkurrierenden Erklärungsansätzen Vollmer (1996), insbes. S. 193 – 198. 102 Eine differenzierte Darstellung und Analyse der historischen Entwicklung der deutschen Notenbanken findet sich bei Lotz (1888), insbes. S. 9 – 133. Lotz verfolgt hierbei ex-

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

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Die Verstaatlichung der Notenausgabe veranlasste private Kreditinstitute dazu, eine alternative Form des Geldangebots durch Geldschaffung auf Konten gegen Kreditgewährung104 zu entwickeln. Schumpeter definiert demgemäß Kreditinstitute wie folgt: „… so können wir die für unseren Zweck und in unserem Bild einzig wesentliche Funktion der Banken definieren als das Zur-Verfügung-Stellen von Guthaben an Firmen und Haushalte. Kreditgewährung an andre Banken oder Kauf von Effekten von andern Banken stellten einen besonderen Fall dar, dem nicht dieselbe Bedeutung zukommt, wenngleich eine andere105 [Hervorhebungen im Original]“. Aus Sicht der Nachfrager wurden Depositen durch Fortentwicklung der Instrumente des bargeldlosen Zahlungsverkehrs als Geldsurrogat akzeptiert106, so dass überschüssige Zahlungsmittel zunehmend als Depositen unterschiedlicher Art bei Kreditinstituten gehalten wurden107. Geldgeber überließen Kreditinstituten Mittel, um sie für Zahlungszwecke verwenden zu können, nicht in erster Linie, um ein Darlehen zu gewähren108. Aus Sicht der geldanbietenden Kreditinstitute bildete die Gewährung von Krediten gegen Depositen eine Möglichkeit zur Überwindung der bestehenden Engpässe in der Kreditgewährung: Diese bestanden erstens in der Auffassung, Kreditgeschäfte wären durch Mittel der Eigentümer und nicht durch Fremdmittel zu finanzieren, und zweitens in dem Verbot der Gründung von Aktienbanken zur Beschaffung entsprechender Eigenfinanzierungsmittel109. Gegenüber der Banknotenemission besaßen Depositen aus Sicht des Kreditinstituts einen weiteren Vorteil. Während die Banknoteninhaber weitgehend anonyme Gläubiger waren, entwickelte sich zu den Depositengläubigern eine persönliche Beziehung110. Außerdem eröffnete die Geplizit das Ziel, die Gründung der Reichsbank „als Produkt eines Interessenkampfes zu schildern“. 103 Ausführlich erläutert diese Diskussion Smith (1936 / 1990), S. 114 – 131. Zu den namhaften Gegnern einer Verstaatlichung der Notenausgabe gehört Adolph Wagner, vgl. Wagner (1857 / 1977). 104 Vgl. Prion (1924b), S. 131; zum Bedeutungsanstieg der Depositen Tambert (1938), S. 39; ferner Riesser (1912), hier S. 168 f., ferner S. 170 – 175 zum Ausweis der unterschiedlichen Arten der Depositen. 105 Schumpeter (1970), S. 152. 106 Zu den Konsequenzen der Einführung elektronischen Geldes vgl. Schulz (1999), S. 392 – 417; ferner bereits vgl. Engels (1997), S. 116 f. 107 Vgl. Tambert (1938), S. 39 (m. w. Nw.); ferner Ulrich (1998), S. 20, Vorreiter der Mittelaufnahme durch Depositen war 1870 in Deutschland die Deutsche Bank. 108 Vgl. Richter (1990c), S. 300. 109 Zur Geschichte der allerersten Gründungen von Aktienbanken in Deutschland (seit 1853) vgl. Ulrich (1998), S. 17 – 19 (m. w. Nw.). Ulrich macht deutlich, dass die ersten Gründungen durch Privatbanken erfolgten, um die Begrenzungen knapper Eigenmittel in Zeiten expandierender Wirtschaft zu überwinden. Er weist ferner darauf hin, dass die ersten Aktienbanken auf das Depositengeschäft verzichteten und Kredite überwiegend aus Mitteln der Aktionäre gewährten. 110 Vgl. Nasse / Lexis (1909), S. 331; ferner Hansen (1910), S. 23.

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währung von Krediten gegen Einlagen den Kreditinstituten weitere Geschäftsmöglichkeiten111. Parallel zu der Entstehung einer dirigistischen Geldordnung im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden Kreditinstitute von staatlichen Entscheidungsträgern als Objekt weiterer spezieller Eingriffe identifiziert. Gemeinsames inhaltliches Kennzeichen dieser Maßnahmen ist die Abweichung von den in der Wirtschafts- und Geldordnung festgelegten Grundregeln. Die Entwicklung wird deshalb anhand der drei konstituierenden Merkmale freiheitlich organisierter Geldwirtschaften – des Privateigentums, der Offenheit von Märkten und der Vertragsfreiheit – skizziert.

1.2.2 Gestaltung spezieller staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten und Entwicklung in Deutschland 1.2.2.1 Staatliches Eigentum Durch vollständiges oder partielles Eigentum an Unternehmen besteht für staatliche Entscheidungsträger in unterschiedlichem Ausmaß eine Möglichkeit zur Beeinflussung ökonomischer Prozesse. Die Existenz sogenannter „öffentlicher Unternehmen“ impliziert eine Abweichung von dem eine freiheitliche Wirtschaftsordnung konstituierenden Merkmal des Privateigentums und bedarf deshalb einer besonderen Legitimation112. In der ökonomischen Literatur existieren unterschiedliche Definitionen dessen, was genau unter einem „öffentlichen Unternehmen“ zu verstehen sein soll113. Vertreter der Betriebswirtschaftslehre öffentlicher Unternehmen definieren diese häufig auf der Zielebene114: Während als Zielsetzung privater Unternehmen die Gewinnoder Endvermögensmaximierung gilt, lassen sich öffentliche Unternehmen entsprechend durch das Unternehmensziel „Kostendeckung“ definieren115. Eine andere Möglichkeit besteht in der weiteren Definition „öffentlicher Unternehmen“ allein durch Rückgriff auf die rechtliche Stellung des Staates als Eigentümer. In der volksVgl. Riesser (1912), S. 169. Einen Überblick über die normative Analyse öffentlicher Unternehmen geben Wirl (1991), S. 57 – 110; Blankart (1980), S. 21 – 113. 113 Vgl. Hartwig (1998), S. 652 f. Zur analytischen Erfassung öffentlicher Unternehmen ferner Blankert (1980), S. 7 – 18. Aus juristischer Perspektive nimmt Backhaus (1980), S. 55 – 121 einen historischen Rückblick und eine Begriffsbestimmung vor. 114 Eine ausführliche Diskussion der Zielbildung und Zielerreichung findet sich bei Greiling (1996), S. 105 – 379. 115 Mit dieser engen Definition wird jede Art hoheitlicher Staatstätigkeit vom Begriff ausgenommen, vgl. Hartwig (1998), S. 652; zur Zielsetzung öffentlicher Unternehmen am Rande auch Niehoff (2001), S. 3, die in ihrer Arbeit hierauf aufbauend der Frage einer Ermittlung kommunaler Nutzungsgebühren nachgeht. 111

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1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

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wirtschaftlichen Literatur wird hierauf aufbauend der direkte Einfluss des Staates auf Marktprozesse analysiert116. Bereits vor der dargestellten Diskussion um die Verstaatlichung privater Notenbanken befasste sich die kameralistische Literatur mit staatlichem Eigentum an Kreditinstituten und war von einer verhalten positiven Einstellung gegenüber der Gründung von Kreditinstituten durch Fürstenhäuser aus fiskalischen Motiven heraus gekennzeichnet117. Parallel hierzu bilden in Deutschland öffentliche Sparkassen, die ergänzend zu privaten Sparkassen zunehmend seit Beginn des 19. Jahrhunderts gegründet werden, eine lang tradierte Erscheinungsform öffentlicher Unternehmen in der Kreditwirtschaft118. Während die öffentlichen Sparkassen zunächst als rechtlich unselbständige Einheiten der Kommunen geführt wurden, existiert seit 1931 die Anstalt des öffentlichen Rechts als typische Rechtsform für kommunale Sparkassen. Da die Gründung der Sparkassen überwiegend sozialpolitisch motiviert und allgemein akzeptiert war, fand eine vertiefte zeitgenössische wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen dieser Erscheinungsform staatlicher Kreditinstitute nicht statt. Unter dem Stichwort „Privatisierung der Sparkassen“ setzte eine solche vielmehr im Zuge der fortschreitenden europäischen Integration ein119. Eine Wiederaufnahme der theoretischen Diskussion um die Verstaatlichung einzelner privater Kreditinstitute oder der gesamten Kreditwirtschaft erfolgte zu Beginn des 20. Jahrhundert angesichts diverser realer krisenhafter Entwicklungen in der deutschen Kreditwirtschaft sowie als Ausdruck einer allgemeinen Sozialismus-Diskussion120. Unter Missachtung dieser kontrovers geführten wissenschaftlichen Diskussion führte die Bankenkrise von 1931 kurzfristig zu einer erheblichen Ausweitung der Eigentümerposition des Staates an privaten Kreditinstituten121. Nach dem zweiten Weltkrieg begann in Deutschland eine neue Phase der Erweiterung staatlichen Eigentums an Kreditinstituten. In dieser Zeit wurden öffentliche Kreditinstitute durch den Bund zur Verfolgung spezieller wirtschaftspolitischer Ziele gegründet122. Eine wisVgl. Hartwig (1998), S. 652 (m. w. Nw.). Vgl. Grünewald (1963), S. 6 – 9, S. 21 – 24; ausführlich auch Tambert (1938), S. 20 – 22, S. 31, der hinsichtlich der Bedeutung staatlicher Banken in Deutschland insbesondere auf die Bankengründungen Friedrich des Großen hinweist [Königliche Giro- und Lehnbank (1765), preußische Landschaften (ab 1770) sowie die Königlich Preußische Seehandlung (1772)]. Weiterführend zur kameralistischen Betrachtungsweise im Bankwesen Doering (1913). Eine Analyse der fiskalischen Motivation staatlichen wirtschaftlichen Handelns über alle Branchen hinweg nimmt Backhaus vor, vgl. Backhaus (1980), S. 62 – 66. 118 Zur Geschichte des Sparkassenwesens ausführlich Hedrich (1993), S. 25 – 28 (m. w. Nw.). Einen Vergleich privater und öffentlicher Sparkassen nimmt Klage (1990), S. 8 – 15 vor. 119 Einen umfassenden Zwischenstand der Deregulierungsdiskussion gibt Hedrich (1993), insbes. S. 94 – 345. 120 Vgl. zusammenfassend Tambert (1938), S. 57 – 64 (m. w. Nw.). 121 Vgl. Tambert (1938), S. 60 und S. 64. 122 Einen Überblick gibt Sinn (1997), S. 28 f., sowie kritisch S. 29 – 33 (m. w. Nw.). Zur Analyse des Aufgabenwandels bei öffentlichen Kreditinstituten Becker / Zweig (1983), S. 197 – 205. 116 117

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senschaftliche Diskussion dieses Phänomens erfolgte erst im Zuge einer beginnenden allgemeinen Deregulierungsdebatte am Ende des 20. Jahrhunderts123. Bis zum Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007, die in Deutschland mit verschiedenen drohenden Bank-Insolvenzen einherging, verzichteten staatliche Entscheidungsträger weitestgehend auf die Ausweitung staatlichen Eigentums. Seither hat der Staat abermals auf unterschiedliche Weise in erheblichem Umfang Eigentum an privaten Kreditinstituten erworben124.

1.2.2.2 Beschränkung des Marktzutritts und der Vertragsfreiheit durch Regulierung Neben der Gründung staatlicher Kreditinstitute zur Erreichung fiskalischer und wirtschaftspolitischer Ziele werden private Kreditinstitute durch zahlreiche regulierende staatliche Maßnahmen in ihrer unternehmerischen Handlungsfreiheit eingeschränkt. Im deutschen Sprachraum wird der Begriff der „Regulierung“ bereits 1878 erstmals von Emil Sax verwendet125. Von einer vertieften Auseinandersetzung mit den damit zusammenhängenden wissenschaftlichen Fragestellungen kann allerdings nicht die Rede sein. Das Phänomen der „regulation“ wird vielmehr zunächst in der US-amerikanischen Literatur126 systematisch untersucht und findet seit den Übertragungs-Arbeiten von Müller / Vogelsang127 und Kaufer128 Anfang der 80er Jahre auch im deutschen Schrifttum zunehmend Aufmerksamkeit129. In Abhängigkeit von den Zielsetzungen der einzelnen Autoren finden sich tendenziell weite oder enge Begriffsabgrenzungen130. In einer ersten Begriffsdifferenzierung kann „Regulierung“ entweder als Prozess verstanden werden131 oder sich ausschließlich auf das Ergebnis dieses Prozesses be123 Vgl. Greiling (1996), S. 210 – 217; ferner die Dissertationen von Gutschlag (1993) und Kirchhoff (1987). 124 Für einen Überblick vgl. Manns / Schulte-Mattler (2010), S. 1577 – 1624; Döge (2009), S. 419 – 433; Karpenstein (2009), S. 413 – 468. Kritisch hingegen Körnert / Wagner (2009), S. 320 – 326; Kaserer / Köndgen / Möllers (2009), S. 142 – 152 und Suntum / Ilgmann (2009), S. 229 – 241. 125 Vgl. den Nachweis bei Fülbier (1998), S. 11 f. 126 Stellvertretend für viele Posner (1974), pp. 335 – 358 und Stigler (1971), pp. 3 – 21 genannt. Hinweise außerdem bei Finsinger (1991), Vorwort. 127 Vgl. Müller / Vogelsang (1979), passim. 128 Vgl. Kaufer (1981), passim. 129 So wenden sich die Beiträge in dem Band von Ballwieser [Hrsg.] (2002) sowie Sadowski / Czap / Wächter (1996) Fragen der Regulierung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive zu. Spezielle Regulierungsvorhaben analysieren im Rahmen von Dissertationen etwa Fülbier (1998), grundlegend insbes. S. 11 – 21, Schulte (1995), S. 12 – 60 sowie Schörner (1991), S. 71 – 195. Eine geschlossene Theorie der Regulierung entwickelt außerdem Eickhof, vgl. Eickhof (1997), S. 562 – 567 (m. w. Nw.) sowie die von ihm betreute Dissertation Bögelein (1990). 130 Vgl. ausführlich Fülbier (1998), S. 12 f.; ferner bereits Eickhof (1992), S. 3 f.

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

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ziehen. Im Folgenden wird der Begriff der „Regulierung“ ergebnisbezogen verwendet und auf eine Analyse des Prozesses zur Einführung und Abschaffung von Regulierungen verzichtet. Ausgehend von der allgemeinen Verwendung des Begriffs des „Regulierens“ im Sinne von „ordnen bzw. regeln“ eines bestimmten Sachverhaltes, umfasst der ergebnisbezogene Begriff der „Regulierung“ im Folgenden alle Maßnahmen, die das freie ökonomische Handeln von Wirtschaftssubjekten in einer marktwirtschaftlichen Ordnung durch Ausübung von Zwang direkt einschränken oder sogar gänzlich unterbinden132. Im Sinne der vorstehend erläuterten Funktionsmechanismen einer Marktwirtschaft wirken Regulierungen demnach einschränkend in den Bereichen Vertragsfreiheit und Offenheit von Märkten. Regulierungen unterscheiden sich von Maßnahmen, die auf indirekte Beeinflussung ökonomischer Handlungen zielen; hierzu gehören z. B. Steuern. Indirekte Maßnahmen werden im Folgenden daher nicht weiter berücksichtigt. Die Existenz von Regulierungen setzt Entscheidungsträger voraus, die über Einführung, Art und Weise der Durchsetzung sowie die Wiederabschaffung einzelner Maßnahmen verfügen können. Fülbier spricht in diesem Zusammenhang im deutschsprachigen Schrifttum erstmalig und einprägsam vom „Regulierungssubjekt“133. Notwendige Eigenschaft von Regulierungssubjekten ist die Fähigkeit zur Ausübung von Zwang, so dass aufgrund ihrer demokratischen Legitimation Staaten oder Staatengemeinschaften die Aufgabe zukommt, über Art und Durchsetzung von Regulierungen zu entscheiden. Regulierungen in Form von staatlichen Regulierungen können von drei staatlichen Organen, der Legislative, der Exekutive und der Judikative zu verantworten sein. Darüber hinaus können private Regulierungen existieren, wenn privaten Regulierungssubjekten durch freiwillige vertragliche Vereinbarung die Möglichkeit zur Ausübung von Zwang eingeräumt wird134. In diesem Fall können Abgrenzungen zur freiwilligen Selbstbeschränkung als Ausdruck individueller Vertragsfreiheit problematisch sein135. In der deutschen Kreditwirtschaft existieren verschiedene staatliche oder private „Regulierungssubjekte“, die auf nationaler, supranationaler oder internationaler Ebene an der Ausgestaltung bzw. Vorbereitung von Regulierungen beteiligt sind136. 131 Den Prozesscharakter betont Schulte (1995), S. 34 – 38 (m. w. Nw.). Schulte unterscheidet hierzu die Phasen der Planung und Implementierung, der Durchführung und der Abschaffung. 132 Diese Definition erfolgt in Anlehnung an die Ausführungen bei Fülbier (1998), S. 12 f. und Eickhof (1997), S. 563. Dabei verwendet Eickhof den Begriff insofern enger, als er staatliche Regulierungen definiert. 133 Vgl. Fülbier (1998), S. 13 – 15. Auch Feldhoff berücksichtigt im Rahmen seiner Dissertation diesbezügliche Fragen, ohne allerdings einen eigenen Begriff einzuführen, vgl. Feldhoff (1992), S. 39 – 41. Alternativ denkbar wäre die Verwendung des aus dem Englischen abgeleiteten Begriffs eines „Regulators“. 134 Hierauf weist Feldhoff im Zusammenhang mit der Regulierung von Rechnungslegungsvorschriften in den USA hin, vgl. Feldhoff (1992), S. 39 f. 135 Vgl. Fülbier (1998), S. 13 f. 136 Vgl. Seifert (1984), S. 87 für eine graphische Abbildung der Verflechtung.

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1 Einleitung

Hierzu gehören unter anderem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, das Bundesministerium der Finanzen, die Bundesregierung, die Bankenverbände, die Bundesbank, die Europäische Zentralbank sowie das Basel Comittee. Alle genannten Institutionen sind auf vielfältige Weise miteinander verknüpft137. Als „Regulierungsobjekt“ bilden Kreditinstitute den Ansatzpunkt für diverse Regulierungsmaßnahmen, die sich hinsichtlich ihrer durch den jeweiligen Gesetzgeber angeführten Begründungen unterscheiden138 und in der bankbetriebswirtschaftlichen Literatur erst seit kurzem in systematischer Form analysiert werden139. Der Zugang zum Markt für Bankleistungen bildet einen traditionellen Ansatzpunkt staatlicher Regulierungsmaßnahmen. Im Einzelnen sind folgende Kategorien von Zugangsbeschränkungen zu unterscheiden140: Unternehmensbezogene Zugangsbeschränkungen, personenbezogene Zugangsbeschränkungen und marktbezogene Zugangsbeschränkungen. Bis zum Jahr 1870 konnten in Preußen Kreditinstitute aufgrund des staatlichen Konzessionierungssystems nur ausnahmsweise in der Rechtsform der Aktiengesellschaft gegründet werden141. Es bestand demnach eine unternehmensbezogene Marktzugangsbeschränkung. Von 1870 bis 1920 folgte eine liberale Phase, die die Gründung von Kreditinstituten in das freie Ermessen privater Entscheidungsträger stellte. Anlässlich der Kapitalfluchtgesetzgebung und mit dem sich anschließenden Gesetz über Depot- und Depositengeschäfte wurde von 1920 bis 1930 wieder eine Einschränkung der Gründungsfreiheit beschlossen, indem erstmals bestimmte fachliche und persönliche Anforderungen an die Betreiber von Bankgeschäften kodifiziert wurden142. Im Anschluss an eine erneute liberale Phase von 1930 bis 1931 enumeriert seither abschließend das Kreditwesengesetz die persönlichen und fachlichen Gründe für das Versagen einer Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften. Eine strenge Voraussetzung für das Angebot kreditwirtschaftlicher Leistungen besteht außerdem in der Vorgabe einer Mindesteigenkapitalausstattung bei Gründung von Kreditinstituten143. 137 Diese Verflechtungen bilden den Anlass für weitergehende Analysen aus politökonomischer Perspektive; für einen Überblick hierzu vgl. Grichnik (2002), S. 337 – 358. 138 Einen ausführlichen Überblick über Bankenkrisen als Beweggründe zur Etablierung des KWG gibt aus juristischer Perspektive Pleyer (1988), S. 116 – 134. 139 Vgl. hierzu die Monographien von Wolf (1999), Burghof (1998), Bonn (1998), Duwendag (Hrsg.) (1997), Burghof / Rudolph (1996), Kress (1996), Cordes (1995), Hedrich (1993), Rombach (1993), Zimmer (1993), Huang (1992), Siebke (1991a). Einige von den ersten allgemeinen regulierungstheoretischen Arbeiten beeinflusste Untersuchungen finden sich allerdings schon früher bei Seifert (1984), Müller (1981), Liepmann (1980). 140 Ausführlich zu den einzelnen Kategorien von Zulassungsvoraussetzungen Herrmann (1988), S. 61 – 134. Herrmann nimmt einen Vergleich der Marktzugangsbeschränkungen auf internationaler Ebene vor. 141 Zu den Gründen für das sogenannte Konzessionssystem Tambert (1938), S. 30 f., S. 34 f. Tambert weist darauf hin, dass die existierenden Großbanken bis zum Jahr 1870 niemals auf die Zahlung einer Dividende an die Eigenfinanciers verzichten mussten. 142 Vgl. Pleyer (1988), S. 122.

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

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Neben der Begrenzung des Marktzutritts bilden Eingriffe in die Handlungs- bzw. Vertragsfreiheit eine weitere Ausprägung von Regulierungsmaßnahmen gegenüber Kreditinstituten. Nach Gründung der staatlichen Reichsbank und den begleitenden Maßnahmen zur Einschränkung der konkurrierenden Notenemission durch private Kreditinstitute vollzog sich in Deutschland der Übergang von einem Notenbank- zu einem Depositenbanksystem, innerhalb dessen private Depositenbanken zunächst ohne nähere staatliche Einschränkungen agieren konnten. Gleichwohl beobachteten staatliche Entscheidungsträger Entwicklungen in der Kreditwirtschaft kritisch, was im Jahr 1896 anlässlich der Verabschiedung des Börsen- und Depotgesetzes zur Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz der Depositeneinleger im Jahr 1896 führte144. Geplant war eine Separierung der Geschäfte von Kreditinstituten nach englischem Vorbild: Depositenbanken sollten wenig risikobehaftete Geschäfte tätigen, während Kreditbanken die Erlaubnis zur Durchführung riskanterer Geschäfte erhalten sollten. Weitere Pläne bestanden in der Schaffung einer monopolistischen (staatlichen oder privaten) Depositenbank145, der gesetzlichen Fixierung einer festen Quote zwischen Depositen und Aktienkapital146, in gesetzlichen Vorschriften über die Anlage der Depositengelder147, in der quotalen Hinterlegung der Depositen bei der Reichsbank148, in der Veröffentlichung von Sonderbilanzen149 sowie in der Errichtung eines speziellen Aufsichtsamtes150. Die Verabschiedung des Gesetzes konnte zunächst dadurch verhindert werden, dass sich die privaten Depositenbanken freiwillig zur regelmäßigen Veröffentlichung von Zwischenbilanzen 143 Für einen Überblick vgl. Bigus / Schorn (2009), S. 823 – 827; kritisch hierzu Schneider (1987), S. 85 – 108. 144 Vgl. Tambert (1938), S. 41; kritisch bereits Smith (1936 / 1990), pp. 195: „At the present time there are signs of an approaching extension of the control of deposits. This would secure the final concentration of monetary power in the hands of the central authority and would be the consistent outcome of central bank philosophy and the currency doctrine“. 145 Vgl. Tambert (1938), S. 42 f. (m. w. Nw.); ferner Riesser (1912), S. 439 f., S. 459 – 465. 146 Vgl. Riesser (1912), S. 465 f. (im Ergebnis kritisch). 147 Vgl. Riesser (1912), S. 466 – 468 (im Ergebnis kritisch, S. 467: „Dagegen ist einzuwenden, dass, wenn auch dieser Norm genügt ist, die Depositengläubiger, die ja nicht etwa ein Aussonderungsrecht an diesen Effekten erhalten sollen, im Ernstfalle, d. h. im Konkurse oder bei einer Krisis, ein Schaden ebenso treffen könnte, wie dies bisher möglich war; sie würden ihn nur viel schwerer empfinden, da sie das erlassene Gesetz naturgemäß wie eine Garantie gegen den Schaden hatten ansehen müssen“.); ferner Pleyer (1988), S. 119. 148 Erstmals wurde in Deutschland dieser Vorschlag zu Sicherung der Einlagen und der gesamten Geldwirtschaft von Heiligenstadt in die Diskussion eingebracht, vgl. Pleyer (1988), S. 124 – 127 (m. w. Nw.) und Heiligenstadt (1907), S. 1538 f.; letztendlich erfolgte die Einführung der Mindestreservepflicht allerdings aus kredit- und währungspolitischen Gründen; zu einer kritischen Würdigung des Vorschlags ferner ausführlich Riesser (1912), S. 468 – 475. 149 Vgl. Riesser (1912), S. 475 – 481; ausführlich zur Diskussion um eine besondere Bankenpublizität Pleyer (1988), S. 127 – 132. 150 Vgl. Riesser (1912), S. 486 – 488 (im Ergebnis kritisch gegen diesen von Wagner (1901) initiierten Vorschlag), Riesser ist insbesondere der Überzeugung, „… daß keine Überwachung Außenstehender imstande sei, einen Ersatz für Ehrlichkeit und Tüchtigkeit der Bankleitung zu schaffen [Hervorhebungen im Original].“ (S. 488).

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1 Einleitung

verpflichteten151. Vom Jahr 1909 an veröffentlichten etwa die wichtigsten Banken in zweimonatlichen Abständen entsprechende Zwischenbilanzen152. Politisch möglich wurden weitergehende staatliche Beschränkungen des unternehmerischen Handelns von Depositenbanken erst angesichts der krisenhaften allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise 1931 und des hiermit einhergehenden starken Anstiegs von Bankinsolvenzen153. Die weitreichenden Eingriffe des Jahres 1931 und des sich anschließenden Reichskreditwesengesetzes vom 5. Dezember 1934 beendeten die in den Jahren zuvor in der Kreditwirtschaft beobachtbare Entwicklung hin zu fortschreitender Selbstregulierung ohne staatlichen Zwang154. Die Verhinderung einzelner Bankinsolvenzen wird seither insbesondere durch folgende Maßnahmen angestrebt: Begrenzung der Vergabe von Großkrediten, Mindestanforderungen an das Eigenkapital und die Liquidität sowie Begrenzung des Risikopotenzials aus verschiedenen banktypischen Geschäften.

1.2.2.3 Sonstige Maßnahmen Eine Beschränkung der Funktionsmechanismen marktwirtschaftlicher Ordnungen ist nicht nur durch staatliche, sondern auch durch private Entscheidungsträger möglich. Immer dann, wenn die Freiheit zur Initiierung ökonomischer Handlungen durch die Ausübung von Macht einzelner oder bestimmter Gruppen reduziert wird, besteht eine potentielle Bedrohung der Wettbewerbsprozesse in marktwirtschaftlichen Ordnungen, so dass staatliche Maßnahmen zur Verhinderung privaten Machtmissbrauchs gefordert werden. Die Notwendigkeit allgemeiner kartellrechtlicher Vorschriften zum Schutz des Wettbewerbs ist unumstritten. Umgekehrt verhält es sich mit der Notwendigkeit und Legitimation sogenannter kartellrechtlicher Branchenfreistellungen, deren Ziel in der Kodifikation der Ausnahmen von einzelnen oder mehreren kartellrechtlichen Vorschriften für Unternehmen bestimmter Branchen besteht155. Die hierzu genannten Argumente sind immer wieder Gegenstand einer kritischen Überprüfung aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht156. Seit 1957 existiert mit dem § 102 GWB eine Vorschrift, die zu einer Freistellung der Kreditwirtschaft von den allgemeinen Verbotsvorschriften des GWB führt und Vgl. Pleyer (1988), S. 134. Vgl. Pleyer (1988), S. 127 – 132, insbes. S. 130 f. 153 Zu einem Überblick vgl. Mülhaupt (1982), S. 435 – 443; für eine kritische Analyse dieser Entwicklung weiterführend Kaserer (1998), S. 372 – 399. 154 Die Möglichkeit zur Selbstregulierung wird auch in der wissenschaftlichen Diskussion seither nur am Rande behandelt, vgl. Burghof / Rudolph (1996), S. 37 – 39; ferner Münzer (1992), S. 94 – 96 und Müller (1981), S. 59. Zur Begriffsabgrenzung aus juristischer Perspektive Hoeren (1995), S. 4 – 6. 155 Zur Definition Eickhof (1997), S. 563 sowie ausführlich Bögelein (1990), S. 17 – 20. 156 Eine zusammenfassende Darstellung der unterschiedlichen Argumentationsmöglichkeiten findet sich bei Bögelein (1990), S. 23 – 98, S. 99 – 223. 151 152

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

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kartellartige Absprachen lediglich einer Missbrauchsaufsicht unterwirft157. Bereits zuvor existierten in Deutschland seit 1883 zunächst durch private Bankiervereinigungen158 gebildete lokale und später unter Androhung von Zwangsmaßnahmen der Reichsbank staatlich forcierte überregionale Konditionenkartelle. Ausgenommen von Kartellabsprachen blieben zunächst der Sparkassensektor und der Bereich der genossenschaftlichen Kreditinstitute. Alle privaten Kartellabsprachen wiesen Instabilitäten auf und konnten sich dauerhaft nur mittels staatlicher Hilfe im Anschluss an die Bankenkrise 1931 etablieren. Obwohl nach Aufhebung der Zinsbindung und der Abschaffung des Wettbewerbsabkommens im Jahre 1967 in der Kreditwirtschaft keine offensichtlichen Kartelle mehr bestehen, besitzt § 102 GWB weiterhin eine wichtige Funktion. Denn nach herrschender Meinung sind Empfehlungen von kreditwirtschaftlichen Verbänden und Ausschüssen zwar anzumelden und müssen auf ihre wettbewerbsbeschränkende Wirkung hin überprüft werden159, sind aber zulässig. Ohne die Existenz von § 102 GWB wäre die erhebliche Bedeutung der drei großen deutschen Bankenverbände (der privaten Banken, des Sparkassensektors und des Genossenschaftssektors) nicht möglich160.

1.2.3 Anforderungen an eine modellgestützte ökonomische Analyse Die Konkretisierung des Erkenntnisobjektes durch Klassifikation realer staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten sowie die Präzisierung möglicher Funktionen von Kreditinstituten in einer freiheitlich organisierten Wirtschaftsordnung er157 Ausführlich hierzu Immenga (1967), S. 123 – 215. Einen kritischen Überblick über die erläuterten Entstehungsumstände des § 102 GWB gibt aus juristischer Sicht Möschel (1972), S. 333 – 337 (m. w. Nw.). Möschel kommt zu dem Ergebnis, dass die Vorschrift ein „Ergebniskompromiß ohne eigentliche positive Fundierung“ ist (S. 337). Aus ökonomischer Sicht wendet sich Liepmann (1980), S. 20 – 23 der Entstehungsgeschichte zu. 158 Die erste Bankiervereinigung (Rechtsform der BGB-Gesellschaft) gründeten 12 Berliner Großbanken, um Musterprozesse anlässlich der Einführung der Reichsstempelsteuer zu führen. Hieraus entstanden über die Tochtergesellschaften der Berliner Großbanken 1908 und 1909 weitere regionale Zusammenschlüsse privater Banken. 159 Dies war bei der Auslegung des GWB zunächst strittig. Möschel (1972), S. 399 – 412 fasst die Diskussion aus juristischer Perspektive zusammen. Liepmann kritisiert, dass Informationen über Art und Umfang dieser Anträge nicht zur Verfügung gestellt werden, vgl. Liepmann (1980), S. 54 f., S. 54: „Die den Banken eingeräumte … Sonderstellung beinhaltet ein Publizitätsverhalten der Aufsichtsbehörden, das den Umfang der gewährten Privilegien sorgfältig gegenüber der Öffentlichkeit, zu deren Schutz sie gewährt wurde, verbirgt“. 160 Aus ökonomischer Perspektive weist hierauf bereits kritisch Liepmann (1980), S. 25, S. 53 – 79 hin. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht analysiert Grichnik (2002), S. 337 – 358 Interessenvertretungen in der Bankwirtschaft mit Hilfe der institutionenökonomischen Netzwerkanalyse.

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1 Einleitung

möglicht die Ableitung von drei Anforderungskriterien161 an eine modellgestützte Auseinandersetzung mit staatlichen Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten, deren interdisziplinäres Ziel in der Fundierung realer staatlicher Maßnahmen besteht:  Aus wissenschaftstheoretischer Sicht bildet die theoretische Durchdringung des zu regelnden Sachverhalts, die kreditwirtschaftliche Leistungserstellung162, die erste Voraussetzung für eine ökonomische Analyse staatlicher Maßnahmen. Nur dann, wenn es gelingt, kreditwirtschaftliche Leistungserstellung in einem freiheitlichen Umfeld in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen modellgestützt zu erklären, können hierauf aufbauende Fragen hinsichtlich der Ziele und Instrumente staatlicher Maßnahmen theoretisch diskutiert werden163. Es bedarf einer erklärenden einzelwirtschaftlichen Theorie kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung. Grundsätzlich bestehen im Rahmen einer entsprechenden einzelwirtschaftlichen Theorie bei der Festlegung des Untersuchungsgegenstandes beliebige Freiheitsgrade, um von der Vielfalt realer kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung in unterschiedlichem Umfang zu abstrahieren. Dies erklärt die eingangs konstatierte Modellvielfalt in der ökonomischen Theorie. Gleichwohl erscheint es angesichts der in der Realität zu beobachtenden Kombination unterschiedlicher Leistungen durch Kreditinstitute notwendig, als erstes Anforderungskriterium an eine ökonomische Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten festzulegen, dass mehrere Funktionen in einem einheitlichen Modellrahmen erklärt werden können und hierauf aufbauend eine Klassifikation von idealtypischen Kreditinstituten möglich wird.  Um von einer Verdeutlichung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge im Rahmen einer erklärenden einzelwirtschaftlichen Theorie kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung zu einer gestaltenden Theorie staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten zu gelangen, bedarf es zweitens einer hierauf aufbauenden Ableitung von Aussagen über Ziel-Mittel-Zusammenhänge. Hierzu muss von der kausalen Betrachtungsweise zur finalen gewechselt werden164, indem eine Gleich161 Eine ähnliche Vorgehensweise findet sich bei Burghof (1998), S. 49 f. Burghof unterscheidet als Kriterien die Theorie der Finanzintermediation, des Markt- und des Staatsversagens. Dowd (1992b), p. 109 benennt ebenfalls drei Kriterien zur Systematisierung seines Überblicks über die Literatur des Bank-Run: Erklärung der Existenz von Finanzintermediären, Wahl verschiedener Finanzierungsinstrumente sowie Verhaltenserklärung von Finanzintermediären. Sein Erklärungsziel besteht allerdings nicht in der Legitimation oder Erklärung staatlicher Eingriffe. 162 Sehr deutlich Seifert (1984), S. 197. Seifert kommt zu dem Ergebnis, dass der theoretische und empirische Erkenntnisstand im Bereich der Kreditwirtschaft unzureichend ist und staatliche Maßnahmen in dieser Branche nur politisch legitimierbar sind; allgemein zum Erklärungsziel in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung Bitz (1984), S. 25. 163 Zur Unterscheidung beider Forschungskonzeptionen sehr deutlich Chmielewicz (1994), S. 8 – 15; dem folgend Fülbier (2004), S. 267 f. 164 Grundlegend hierzu Chmielewicz (1994), S. 11 – 14. Chmielewicz führt hierzu den Begriff der Wirtschaftspolitik ein.

1.2 Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als Erkenntnisobjekt

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setzung von Ursachen und Mitteln einerseits und Wirkungen und Zielen andererseits, was nur unter der Voraussetzung der Gestaltbarkeit der Ursachen zulässig ist. Als zweites Anforderungskriterium an eine ökonomische Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten ergibt sich hierauf aufbauend, dass sie im Rahmen gestaltender Theorien Ansätze zur Lösung von Entscheidungsproblemen bei der Auswahl zwischen verschiedenen Instrumenten und Zielen zur Verfügung stellen muss165. Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten werden im Rahmen gestaltender ökonomischer Theorien aus zwei unterschiedlichen Perspektiven analysiert: Entweder zielen Untersuchungen auf die Legitimation der einzuführenden Maßnahmen, oder Gegenstand der Untersuchungen bilden bestehende staatliche Instrumente, deren konkrete Erscheinungsformen, Wirkungsweisen und Art des Zustandekommens, ohne Berücksichtigung des Begründungszusammenhangs, erklärt werden. Die Legitimation staatlicher Maßnahmen impliziert eine normative Betrachtungsweise. Denn die Notwendigkeit zur Intervention des Staates basiert auf der Annahme, dass durch freiheitliche Interaktion der Entscheidungsträger auf Märkten bestimmte optimale Lösungen nicht erreicht werden können und der Staat korrigierend einzugreifen hat. Im Mittelpunkt der normativen Theorie steht deshalb die Modellierung von Optimallösungen als Referenzmaßstab und eine Erklärung der Ursachen für mögliche Abweichungen. Eine positive Betrachtungsweise staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten verfolgt hingegen das Ziel, vorgefundene Regelungen darzustellen sowie Wirkungsweise und Zustandekommen zu erklären. Hierdurch wird der Untersuchungsbereich erweitert, da auch der Einfluss der Eigeninteressen von Trägern staatlicher Aktivitäten Gegenstand der Untersuchung werden kann166.  Eine gestaltende Theorie staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten ermöglicht unter idealtypischen Modellannahmen die Ableitung allgemeingültiger Aussagen über Ziel-Mittel-Beziehungen und die Ableitung von Kriterien für eine strukturierte Herangehensweise an Auswahlprobleme. Die unmittelbare Anwendung entsprechender Modellergebnisse zur Fundierung realer staatlicher Maßnahmen gegenüber realen Kreditinstituten auf realen Finanzmärkten ist allerdings nicht möglich. Hierzu bedarf es einer Kooperation von Theorie der Wirtschaftspolitik und der Rechtspolitik, mit der eine interdisziplinäre Annäherung von Rechts- und Wirtschaftswissenschaft erreicht wird, und die allgemeiner als Theorie von den Möglichkeiten zur Verbesserung der Gesetzgebung im Bereich der Wirtschaft bezeichnet werden könnte167. Als drittes Anforderungskriterium an 165 Vgl. zu diesem Untersuchungsziel allgemein Bitz (1984), S. 25 f.; weiterführend zur Berücksichtigung diverser Auswahlprobleme in Entscheidungsmodellen Bitz (1977), S. 91 – 309. 166 Sehr deutlich hierzu Freytag (2001); Kaserer (2000b); ferner bereits der Hinweis bei Stützel (1978), S. 117. 167 Grundlegend zu diesen Überlegungen Stützel (1978), S. 119 f.

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1 Einleitung

eine ökonomische Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten ergibt sich damit, dass sie in der Lage sein muss, Kriterien für die zielgerichtete Gestaltung gesetzlicher Vorschriften zur Verfügung zu stellen168.

1.3 Vorgehensweise Aufbauend auf der Konkretisierung des Erkenntnisobjektes und den daraus abgeleiteten Anforderungskriterien an eine ökonomische Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten ergibt sich folgende Vorgehensweise im Rahmen dieser Arbeit: Die beiden folgenden Kapitel 2 und 3 dienen dazu, einen Überblick über den Stand der ökonomischen Forschung zur Legitimation staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten zu geben. Während Kapitel 2 verdeutlicht, welche der dem marktgleichgewichtsorientierten Forschungsansatz zuzuordnenden Modelltypen diskutiert werden, wendet sich Kapitel 3 der marktprozessorientierten Forschungskonzeption zu. Im Rahmen marktgleichgewichtsorientierter Modelle werden spezielle staatliche Maßnahmen gegenüber idealtypischen Kreditinstituten als Möglichkeit zur Korrektur unterschiedlicher Erscheinungsformen von Marktversagen diskutiert. Im Mittelpunkt entsprechender Ausführungen steht das Marktversagen aufgrund von BankRuns. Demgegenüber beurteilen Vertreter der Marktprozesstheorie entsprechende Aktivitäten staatlicher Entscheidungsträger kritisch. Aufgrund der angenommenen fundamentalen Unwissenheit aller ökonomisch Handelnden und ihrer von Eigeninteressen geleiteten Verhaltensweise sollen sich staatliche Maßnahmen auf die Kodifikation von institutionellen Rahmenbedingungen beschränken. Grundlage für die Darstellung der verschiedenen Modelle in beiden Kapiteln sind die vorstehend abgeleiteten Anforderungskriterien. Nach einer allgemeinen Einordnung des jeweils herangezogenen ökonomischen Untersuchungsansatzes erfolgt in einem ersten Schritt eine Darstellung der modellhaften Abbildung der durch idealtypische Kreditinstitute erbrachten Funktionen. Hierbei soll insbesondere verdeutlicht werden, welche Prämissen gewählt werden, und ob eine Beschränkung auf spezielle Funktionen erfolgt. Hierauf aufbauend kann dann in einem zweiten Schritt der Frage nachgegangen werden, welche Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge zur Fundierung staatlicher Maßnahmen in Ziel-Mittel-Zusammenhänge transformierbar sind. In einem dritten Schritt werden die erläuterten modellgestützten Analysen abschließend daraufhin überprüft, ob sie einen Beitrag zu einer Verbesserung der Gesetzgebung gegenüber Kreditinstituten leisten und damit Möglichkeiten für einen Erkenntnisfortschritt im Bereich interdisziplinärer Forschung eröffnen. 168 Vgl. beispielsweise Merbecks (2008), Bigus / Grein (2006), Bigus / Eger (2004); Bitz / Hemmerde / Rausch (1986); ferner bereits Stützel (1978) sowie Stützel (1975a).

1.3 Vorgehensweise

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Kapitel 4 greift die Ergebnisse der kritischen Analyse der zur Legitimation staatlicher Maßnahmen herangezogenen marktgleichgewichtsorientierten Modelle auf und bringt mit dem risikotheoretischen Ansatz einen neuen, einzelwirtschaftlichen Untersuchungsansatz in die wissenschaftliche Diskussion zur Gestaltung staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten ein. Da es sich hierbei um eine positive Analyse staatlicher Maßnahmen handelt, bleibt die Entscheidung über die Notwendigkeit staatlichen Handelns außerhalb des Untersuchungsbereichs. Sie ist vielmehr das Ergebnis eines, mit anderen Methoden zu analysierenden, politischen Entscheidungsprozesses. Kennzeichnend für den risikotheoretischen Ansatz ist, dass private und staatliche Maßnahmen als gleichwertige Instrumente betrachtet werden, deren Ziel in der Beeinflussung von Interessenkonflikten zwischen Vertragspartnern besteht. Nach einem kurzen Überblick über weitere in der Literatur vorhandene positive Untersuchungsansätze in Kapitel 4.1 verdeutlicht Kapitel 4.2 die allgemeinen Grundlagen des risikotheoretischen Ansatzes. Kennzeichnend für den Ansatz ist eine Skepsis gegenüber den Möglichkeiten zur Modellierung menschlichen Verhaltens. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen deshalb die mit verschiedenen Formen der Vermögensbestandshaltung bei Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen verbundenen Chancen und Risiken. Vertragliche Vereinbarungen zwischen ökonomisch Handelnden zielen darauf, diese Chancen und Risiken entsprechend ihren individuellen Vorgaben zu verteilen. Der risikotheoretische Ansatz eignet sich speziell dazu, in Kapitel 4.3 zunächst Eigen- und Fremdfinanzierungskontrakte als unterschiedliche Formen der Geldvermögensbestandhaltung anhand der mit ihnen verbundenen Chancen und Risiken zu klassifizieren. Hierauf aufbauend werden dann idealtypische Finanzintermediäre i. e. S. als Institutionen zur Transformation der mit Finanzierungskontrakten verbundenen Chancen und Risiken erklärt, um schließlich idealtypische Kreditinstitute als spezielle Erscheinungsform von Finanzintermediären i. e. S. nach dem Umfang der erbrachten Transformationsleistungen zu klassifizieren. Es wird unterschieden zwischen dem Eigentümer-Kreditinstitut, dem Gläubiger-Kreditinstitut und dem Einleger-Kreditinstitut. Aufbauend auf dieser Klassifikation werden in Kapitel 4.4, unter Beibehaltung der risikotheoretischen Untersuchungsmethode, Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen zum Schutz der Gläubiger speziell von idealtypischen Einleger-Kreditinstituten abgeleitet. Die Grundlage zur Ableitung dieser Ansatzpunkte besteht in der Diagnose zwischen verschiedenen Financiers des Einleger-Kreditinstituts auftretender Interessenkonflikte, die ihrerseits darauf zurückzuführen sind, dass asymmetrische Informationsverteilungen, asymmetrische Einflussmöglichkeiten oder asymmetrische Betroffenheiten bestehen. Diese Umstände führen dazu, dass Gläubiger idealtypischer Einleger-Kreditinstitute verschiedenen Kategorien von Gläubigerrisiken ausgesetzt sind. Im Einzelnen wird hierzu in vor Vertragsschluss bestehende Informationsrisiken sowie während der Vertragslaufzeit bestehende Delegationsrisiken und Liquiditätsrisiken unterschieden. Andere, für den Fall der Insolvenz des Einleger-Kreditinstituts möglicherweise relevante, Risiken werden hingegen nicht weiter betrachtet.

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1 Einleitung

In Abhängigkeit von den Möglichkeiten zur Diagnose der den verschiedenen Gläubigerrisiken zugrundeliegenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge können dann unterschiedliche Arten von Möglichkeiten zur staatlichen Beeinflussung der Informationsrisiken, der Delegationsrisiken und des Liquiditätsrisikos abgeleitetet werden. Hierzu wird unterschieden zwischen Maßnahmen zur Beseitigung oder zur Reduktion des jeweiligen Risikos einerseits und Maßnahmen zur Information über das Risiko andererseits. Da die diagnostizierten Interessenkonflikte zugleich als Kriterium zur Gestaltung realer staatlicher Maßnahmen in Form von Gesetzen verwendet werden können, leistet die ökonomische Analyse staatlicher Maßnahmen im Rahmen des risikotheoretischen Ansatzes einen Beitrag zu einer Verbesserung der Gesetzgebung gegenüber Kreditinstituten und legt die Grundlage für weitere interdisziplinäre Forschung. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse in Kapitel 5.

2 Legitimation staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten durch Marktgleichgewichtstheorien 2.1 Vorbemerkung Zur Legitimation spezieller staatlicher Maßnahmen in marktwirtschaftlichen Ordnungen wird in einem Teil der ökonomischen Literatur sektorübergreifend auf das Argument des „Marktversagens“ zurückgegriffen1. Dabei ist dieser Begriff keineswegs eindeutig definiert, sondern kann in Abhängigkeit von individuellen Betrachtungsweisen verschiedener Autoren eine Vielzahl unterschiedlicher Begriffsinhalte aufweisen2. Gemeinsames Ziel aller Autoren, die das Argument des „Marktversagen“ verwenden, ist die Beschreibung des Zustandes eines Marktes, der von einem als wünschenswert erachteten Referenz-Zustand abweicht. Entsprechend bedarf es zunächst einer inhaltlichen Konkretisierung des Markt-Begriffes, der Festlegung des Referenzmaßstabes und der Auswahl eines geeigneten Verfahrens zur Messung der Abweichung3. Grundlagen zur Beantwortung entsprechender Fragestellungen können Markt- oder Wettbewerbstheorien bereitstellen4. Damit wird deutlich, dass die gewählte Untersuchungsperspektive eine volkswirtschaftliche ist, unabhängig davon, ob der Schwerpunkt der Ausführungen tendenziell im makro- oder mikroökonomischen Bereich liegt. Die weiteren Ausführungen in diesem Kapitel 2 dienen dazu, einen systematischen Überblick über die üblicherweise zur Legitimation staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten herangezogenen Marktgleichgewichtstheorien zu geben5. Hierzu wird unterschieden zwischen dem Untersuchungsansatz der Neoklassik und 1 Vgl. allgemein Koch / Ehret / Czogalla (2009), S. 566 f.; für ein Beispiel aus dem Bereich netzbasierter Industrien in Deutschland vgl. Picot (2008), S. 9 – 18. 2 Für einen entsprechenden Überblick vgl. Bögelein (1990), S. 3 f. 3 Zu den Problemen bei der Definition des Sachverhaltes „Marktversagen“ vgl. ausführlich Schneider (2001), S. 644 – 646. 4 Für einen Überblick über die Literatur vgl. Loo (2008), S. 249 – 259. 5 Im Gegensatz zu der Auffassung von Bonn (1998), S. 38 (Fn. 103 und Fn. 104) existiert keine systematische Übersicht über die verschiedenen zur Beaufsichtigung von Kreditinstituten herangezogenen Argumente; vielmehr werden diese überwiegend losgelöst vom theoretischen Bezugsrahmen dargestellt. Für eine entsprechende Vorgehensweise vgl. beispielsweise Stillhart (2002). Hierauf weist Dieter Schneider sehr deutlich anlässlich der Rezension des Buches hin, vgl. Schneider (2004), S. 93.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

dem der Institutionenökonomie6. Innerhalb der Institutionenökonomie wird entsprechend der vorgenommenen Prämissenvariation weiter in informationsökonomische Ansätze, Transaktionskosten-Ansätze und Principal-Agent-Ansätze differenziert.

2.2 Neoklassik 2.2.1 Einordnung des Ansatzes Grundsätzlich ist bei neoklassischen Modellierungen von Markttransaktionen zwischen einer neoklassischen Partialanalyse, in deren Mittelpunkt die Arbeiten Cournots und Marshalls stehen, und der neoklassischen Totalanalyse aller Märkte einer Volkswirtschaft zu unterscheiden. Letztere ist wesentlich durch Arbeiten von Walras und Pareto gekennzeichnet und wird häufig mit dem Begriff der „Wohlfahrtsökonomie“ belegt7. Ziel beider Erscheinungsformen der neoklassischen Analyse ist die Erklärung eines gesamtwirtschaftlichen Zustandes, in dem das Problem der Verteilung knapper Güter auf unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten effizient gelöst wird. Kennzeichnend für die neoklassische Modellbildung ist die Erklärung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen auf der Grundlage idealtypischer Tauschhandlungen, die das Ergebnis spezieller Prämissenbildung darstellen8. In der neoklassischen Betrachtungsweise bildet der Markt die einzige Möglichkeit zur Koordination der Tauschpartner und ist hinsichtlich der Rahmenbedingungen durch die Prämisse der „vollkommenen Konkurrenz“ als wesentlichem Ordnungsmerkmal der betrachteten Volkswirtschaft gekennzeichnet9. „Vollkommene Konkurrenz“ ist hierbei als Oberbegriff für bestimmte quantitative und qualitative Merkmale eines Marktes zu verstehen10: Während in qualitativer Hinsicht vollkommene Märk6 Für einen Überblick über ältere wirtschaftswissenschaftliche Forschungsrichtungen vgl. Meinhövel (2004c), S. 340 – 345. Hierbei handelt es meist um ethisch geprägte Untersuchungen, die gleichwohl zur Fundierung verschiedener Handlungsempfehlungen herangezogen werden, so z. B. zur Legitimation des Zinsverbotes durch kirchliche Entscheidungsträger. 7 Zu den Grundlagen der Wohlfahrtsökonomik stellvertretend für viele Streit (1983), S. 7 – 20 m. w. Nw. 8 Weiterführend Schneider (2001), S. 349 – 368 (m. z. w. Nw. auf die Originalquellen); Fülbier (1998), S. 115 – 118, S. 170 – 172; Schneider (1997), S. 7 – 20; Klische (1995), S. 43 – 46; Finsinger (1991), S. 1 – 6; Bögelein (1990), S. 24 – 34; Elsner (1987), S. 7 – 8; Ott (1984), S. 31 – 69. 9 Zum Vergleich zwischen „freier Konkurrenz“ der Klassischen Ökonomie und „vollkommener Konkurrenz“ der Neoklassik als Wirtschaftsordnungsmerkmal vgl. Schneider (2001), S. 354. Sehr deutlich zur „Welt der vollkommenen Konkurrenz“ ferner Finsinger (1991), S. 1 – 6. Finsinger fasst unter diesem Begriff allerdings auch die Annahmen über das Verhalten der Tauschpartner zusammen, vgl. S. 2. 10 Bögelein (1990), S. 25 f. fasst in Anlehnung an Robinson die relevanten Merkmale unsystematisch zusammen. Zu den strengen Prämissen dieses Modells gehören im Einzelnen:

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te11 durch das Nichtvorhandensein sachlicher, persönlicher, räumlicher und zeitlicher Differenzierungen und das Vorhandensein vollständiger Markttransparenz gekennzeichnet sind, sind es in quantitativer Hinsicht polypolistische Marktstrukturen12, die sich durch viele kleine Marktteilnehmer auszeichnen. Um die hierauf aufbauende weitere Argumentation der Vertreter der Neoklassik kritisch reflektieren zu können, ist eine Berücksichtigung der Leitbildfunktion der Naturwissenschaften – insbesondere der Physik – für diesen Zweig der Wirtschaftswissenschaften sinnvoll13. Sie bildet die Basis für das Denken in Marktgleichgewichten, das Optimierungskalkül als Verhaltensannahme für die Tauschpartner sowie die Reduktion der Unternehmen auf eine Abbildung produktionstechnischer Zusammenhänge durch Produktionsfunktionen. Partielle Marktgleichgewichte ergeben sich unter diesen Prämissen als Ausdruck der Nutzenmaximierung aller Nachfrager und der Gewinnmaximierung aller Anbieter, wobei der Preis den einzigen zur Verhaltensabstimmung relevanten Parameter darstellt14. Neoklassische Markttheorie ist demnach Preistheorie. Im Rahmen der neoklassischen Totalanalyse wird die Interdependenz aller in diesem Sinne modellierten Tauschhandlungen behauptet und einer – maßgeblich auf den Arbeiten von Walras15 basierenden – formalen Analyse zugeführt. Kennzeichnend für das durch sukzessive Anpassung (par tâtonnement) zu erreichende gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ist die Bestimmung eines Preissystems, das die Tauschverhältnisse aller Güter zueinander bestimmt16. Pareto entwickelt dieses Modell im Rahmen seiner wohlfahrtsökonomischen Überlegungen17 weiter, indem maximaler gesellschaftlicher Wohlstand durch Einführung einer kollektiven Wohlfahrtsfunktion erreicht wird18. Im Sinne von Pareto hat eine Volkswirtschaft ihr Optimum dann erreicht, wenn es nicht möglich ist, durch Veränderung der Tauschund Produktionsbedingungen ein Individuum besser zu stellen, ohne zugleich die Existenz vieler Marktteilnehmer mit kleinen Marktanteilen; keine Beschränkung des Markteinoder Marktaustritts; keine sachlichen, persönlichen, räumlichen und zeitlichen Präferenzen der Marktteilnehmer; vollständige Transparenz der Marktteilnehmer; unendliche Reaktionsgeschwindigkeit aller Anpassungsprozesse; unbegrenzte Mobilität und Teilbarkeit aller Produktionsfaktoren. 11 Grundlegend hierzu Ott (1984), S. 32 – 37. 12 Grundlegend zur quantitativen Besetzung der Marktseiten Ott (1984), S. 37 – 43. 13 Vgl. Schneider (1997), S. 7 – 12. 14 Kritisch hierzu Paul / Horsch (2004), S. 716; speziell zum Marginalprinzip und zur Anwendung der Infinitesimalrechnung kritisch Schneider (2001), S. 349. 15 Vgl. Walras (1874). 16 Auf den Punkt gebracht erläutert Schneider (2001), S. 360 – 368 mit kritischer Haltung die Theorie von Walras. 17 Zu den Grundlagen der Wohlfahrtsökonomik vgl. Streit (1983), S. 7 – 20 m. w. Nw. Das Ziel besteht in der bestmöglichen Lösung des Allokations- und Verteilungsproblems in einer Volkswirtschaft. 18 Vgl. Bögelein (1990), S. 24 – 26; Streit (1983), S. 8 f.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

Verschlechterung der Situation eines anderen Individuums in Kauf zu nehmen19. Die Volkswirtschaft befindet sich in einem auf Dispositionen einzelner Anbieter und Nachfrager basierenden gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht, in dem eine Lösung des Allokations- und Verteilungsproblems durch die Existenz von Tauschrelationen zwischen allen gehandelten Gütern charakterisiert ist20. Staatliche Interventionen sollen in der neoklassischen Modellwelt dann notwendig sein, wenn partielle Marktgleichgewichte bzw. das Pareto-Optimum durch privates Handeln nicht erreicht werden. Entsprechen die sich infolge individueller Maximierungsentscheidungen ergebenden Produktions- und Konsumstrukturen nicht dem gesamtwirtschaftlichen Allokationsoptimum, liegt allokatives Marktversagen vor21. Daneben kann staatliches Handeln dann geboten sein, wenn bestimmte Marktergebnisse aus verteilungs- oder stabilitätspolitischer Perspektive unerwünscht sind22. Trotz der Tatsache, dass das neoklassische Allokationsoptimum aufgrund des Verzichts auf eine Modellierung von Neuerungsaktivitäten ein wenig erstrebenswertes theoretisches Ideal darstellt und die Gefahr der ubiquitären Identifikation von Marktversagen durch politische Entscheidungsträger besteht, werden in der Literatur üblicherweise vier Varianten allokativen Marktversagens unterschieden23:  Natürliches Monopol

Eine Tendenz zum Natürlichen Monopol soll dann vorliegen, wenn die gegebene Nachfrage am kostengünstigsten von einem einzigen Anbieter befriedigt werden kann. Hierzu wird in der Literatur die Existenz einer permanent fallenden Durchschnittskostenkurve (economies of scale) sowie Subadditivität der Kostenfunktion (economies of scope) als Bedingung angeführt24. Um die Abweichung von dem gewünschten polypolistischen privaten Angebot zu korrigieren, soll als staatliche Maßnahme ein staatliches Angebot entsprechender Produkte und Leistungen erfolgen25.  Ruinöse Konkurrenz

Hierbei handelt es sich um einen in der Literatur uneinheitlich verwendeten Begriff, der allerdings häufig eine Situation bezeichnen soll, in der Unternehmen 19 Zu den Prämissen des Pareto-Gleichgewichts im einzelnen beispielsweise Bartholomé (1989), S. 12 – 14 (m. w. Nw.); ähnlich Bögelein (1990), S. 24 – 26. 20 Damit wird eine mikroökonomische Fundierung suggeriert; dies ist nicht der Fall. Schneider (2001), S. 367 weist darauf hin, dass stattdessen eine Durchschnittsbetrachtung erfolgt. 21 Zu diesem Begriff kritisch Eickhof (1986a), S. 124 – 132. 22 Für einen Überblick Blankart (2008), S. 79 – 89 (m. w. Nw.). 23 Für einen kritischen Überblick über verschiedene Klassifikationsmöglichkeiten und Begriffsinhalte von Marktversagen Eickhof (1986b), S. 468 – 470. Grundlegend zur Klassifikation der verschiedenen Varianten von Marktversagen bereits Bator (1958), pp. 363 – 371. 24 Vgl. hierzu beispielsweise Weimann (2006), S. 328 – 336; Eickhof (1992), S. 21 – 25; ferner Finsinger (1991), S. 79 – 187 und Bartholomé (1989), S. 11 – 36. 25 Im Ergebnis kritisch gegen die Existenz Natürlicher Monopole Eickhof (2000), insbes. S. 6 – 11 sowie Eickhof (1997), S. 564 – 567.

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durch Überkapazitäten und einen hieraus resultierenden Preisverfall, verbunden mit Unternehmensverlusten und Marktaustritten, gekennzeichnet ist26. Allerdings ist aufgrund derartiger Branchen- oder Strukturkrisen nur dann eine Verschlechterung der Marktergebnisse zu befürchten, wenn effiziente Unternehmen durch weniger effiziente vom Markt eliminiert werden. Als Möglichkeiten des Staates zur Verhinderung derartiger Branchenkrisen werden verschiedene Arten von Subventionen oder auch Wettbewerbsbeschränkungen diskutiert.  Externe Effekte

Die Existenz Externer Effekte wird dann behauptet, wenn mit der Produktion oder dem Konsum eines Gutes Vor- oder Nachteile verbunden sind, die während der Tauschhandlungen nicht berücksichtigt werden27. Es bestehen Divergenzen zwischen privat beachteten und volkswirtschaftlich tatsächlich existierenden Größen, die als volkswirtschaftliche Zusatzkosten oder -erlöse bezeichnet werden können, und deren Existenz zu einer Abweichung vom gesamtwirtschaftlichen Optimum führt. Staatliche Maßnahmen müssen dann darauf gerichtet sein, geeignete Instrumente zur Internalisierung dieser Kosten oder Erlöse zu entwickeln28.  Öffentliches Gut

Güter oder Dienstleistungen werden durch private Anbieter nur dann auf Märkten angeboten, wenn Rivalität im Konsum besteht und das Ausschlussprinzip funktioniert29. Nicht-Rivalität im Konsum hingegen führt dazu, dass ein Gut aufgrund bestimmter technischer Eigenschaften von beliebig vielen Nachfragern genutzt werden kann, so dass diese nicht bereit sind, einen Preis für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu zahlen. Eine mangelnde Funktionsfähigkeit des Ausschlussprinzips beinhaltet den Umstand, dass der Eigentümer eines Gutes andere nicht von der Nutzung ausschließen kann, so dass ein Preis am Markt nicht erzielt werden kann. Für Güter, die die skizzierten Merkmale aufweisen, wird in der Literatur ein staatliches Angebot für notwendig gehalten30. Im folgenden Kapitel soll verdeutlicht werden, welche Funktionen von Kreditinstituten mit Hilfe der neoklassischen Theorien erklärt werden können, ob eine der vier Varianten allokativen Marktversagens modellgestützt diagnostiziert werden kann und welche Schlussfolgerungen sich hinsichtlich der Gestaltung und Auswahl staatlicher Maßnahmen ergeben. 26 Ausführlich zu Diagnose und Therapie entsprechender Krisen Eickhof (1982), insbes. S. 25 – 98 und S. 100 – 291. 27 Vgl. Bögelein (1990), S. 26; ausführlich ferner Bartholomé (1989), S. 37 – 92. 28 Eine intensive Diskussion über die Internalisierung Externer Effekte wird in der Umweltpolitik geführt. Ausführlich zu den Varianten Endres (2007), insbes. S. 35 – 100. 29 Zur Theorie öffentlicher Güter vgl. den Überblick bei Hausner (2006), S. 395 – 397; weiterführend zum Umweltschutz als öffentlichem Gut Arnold (1980), insbes. S. 113 – 127. Kritisch gegen diese Klassifikation öffentlicher Güter nach diesen beiden Kriterien Zimmermann / Thomas (2003), S. 340 – 344. 30 Für einen Überblick vgl. Hartwig (1998), S. 651 – 676.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

2.2.2 Modellgestützte Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten und Schlussfolgerungen für staatliche Maßnahmen 2.2.2.1 Geldangebot durch Kreditinstitute Die neoklassische Totalanalyse schließt den Geldmarkt einer Volkswirtschaft aus ihren Untersuchungen zum gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht aus31. Im Modell von Walras bedarf es lediglich eines Gutes, das als allgemeine Recheneinheit (numéraire) dient, so dass im Gleichgewicht anstelle absoluter Preise lediglich Tauschrelationen abgeleitet werden32. Auch im Rahmen einer neoklassischen Partialanalyse besteht aufgrund der Prämissen über die Informationsausstattung der Akteure einerseits und der Kostenfreiheit von Markttransaktionen andererseits keine Möglichkeit zur modellendogenen Erklärung der Emergenz von Geld33. Gleichwohl erfolgte seit Beginn des 19. Jahrhunderts auf mikroökonomischer Ebene zwischen Vertretern der Banking- und Currency-School eine wissenschaftliche Diskussion darüber, ob die Versorgung einer Volkswirtschaft mit Papiergeld durch miteinander konkurrierende private Anbieter modellgestützt zu erklären sei, oder ob vielmehr Besonderheiten der „Geldproduktion“ ein Marktversagen bewirkten und deshalb ein staatliches Angebot notwendig sei34. Staatliche Maßnahmen zur Beschränkung privaten Angebots von Geld werden überwiegend damit begründet, dass für die Geldproduktion die Tendenz zum Natürlichen Monopol bestünde35; hinsichtlich der Produktion von Papiergeld gegen Kreditgewährung sei infolge strikter Subadditivität der Kostenfunktionen die Emergenz eines einzigen Geldanbieters zu erwarten. Aus produktionstheoretischer Perspektive werden für den Fall monoton fallender totaler Durchschnittskosten der Geldproduktion hierfür zwei Ursachen angeführt: Entweder bewirken zunehmende Skalenerträge sinkende Gesamtkosten, weil die Kosten der Reservehaltung für das „Einlösemedium“ unterproportional zur Ausweitung der produzierten Geldmenge anstei31 Gemäß der neoklassischen Analyse beeinflusst die Geldmenge das Preisniveau, nicht aber die Struktur der relativen Preise, vgl. zum Überblick über die Quantitätstheorie und den Kassenhaltungsansatz Wesselmann (2002), S. 1396 – 1400. Geld schwebt „wie ein Schleier“ über der Wirtschaft und übt keinen Einfluss auf den realen Sektor aus, vgl. auch Theurl (2001), S. 13; kritisch hingegen Vollmer (2000a), S. 540 f. 32 Vgl. Walras (1874); erläuternd hierzu Schneider (2001), S. 361; ferner Banerjee / Maskin (1996), hier S. 955. 33 Vgl. stellvertretend für viele die Darstellung bei Duwendag / Ketterer / Kösters (1999), S. 69 – 73. 34 Vgl. grundlegend zur Currency-Theorie Wagner (1920), S. 24 – 200 (im Ergebnis kritisch); für eine Zusammenfassung der wichtigsten Argumente Lutz (1936), S. 8 – 18; zur theoretischen Diskussion in unterschiedlichen Ländern ferner ausführlich Smith (1936 / 1990), S. 71 – 196. 35 Vgl. Theurl (2001), S. 17 f.; zur kritischen Diskussion der vorgebrachten Argumente weiterführend Vollmer (1996), S. 194 – 198; ferner bereits Boller (1992), S. 70 f.

2.2 Neoklassik

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gen36, oder Vorteile aufgrund der Degression von Fixkosten, die aus nahe null liegenden Grenzkosten und hohen Fixkosten der Papiergeldproduktion resultieren, führen zu fallenden Gesamtkosten37. Auch für den Fall wieder steigender totaler Durchschnittskosten kann bis zu einer bestimmten Produktionsmenge die eingeschränkte Tendenz zu einem Natürlichen Monopol bestehen: Voraussetzung hierfür ist, dass sich ab einer bestimmten Produktmenge Skaleneffekt und Fixkostendegressionseffekt gegenläufig entwickeln können38. Für den speziellen Fall des Geldangebots finden sich hierzu keine weiteren Untersuchungen39. Aus modelltheoretischer Sicht handelt es bei dem Natürlichen Monopol um ein rein produktionstheoretisches Phänomen. Deshalb könnte die Einbeziehung anderer Kostenarten und deren Determinanten im Zusammenhang mit dem Geldangebot die Zwangsläufigkeit eines monopolistischen Angebots in Frage stellen40. Unberücksichtigt bleiben beim Phänomen des Natürlichen Monopols darüber hinaus alle die Geldnachfrage betreffenden Aspekte41: Denkbar wäre beispielsweise eine durch Erhöhung der Marktnachfrage bewirkte Beseitigung der Subadditivität der Kostenfunktion42. Drüber hinaus bleibt offen, warum die Tendenz zum Natürlichen Monopol lediglich für den speziellen Fall der Papiergeldproduktion gegen Kreditgewährung analysiert wird; die angeführten Besonderheiten der Produktionskostenstruktur könnten analog auf die Produktion von Giralgeld gegen Kreditgewährung übertragen werden43. Nicht nur diese Schwierigkeiten bei der modellgestützten Identifikation Natürlicher Monopole lassen staatliche Maßnahmen zu ihrer Beeinflussung grundsätzlich problematisch erscheinen. Auch die Forderungen nach einem speziellen staatlichen Schutz Natürlicher Monopole sind obsolet: Denn durch wettbewerbliche Marktprozesse entstandene Natürliche Monopole sind ökonomisch zu akzeptieren und der Gefahr missbräuchlicher Nutzung ihrer Marktmacht kann durch die Möglichkeit des Marktzutritts potentieller Konkurrenten hinreichend entgegengewirkt werden44. Demzufolge sind insbesondere staatliche Marktzutrittsbeschränkungen und staatliche Monopolunternehmen auf Märkten mit Tendenz zum Natürlichen Monopol abzulehnen und stattdessen Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung des 36 Vgl. Terres (1999), S. 77 – 79; ferner Vollmer (1996), S. 194. Allgemein zur Erklärung der Skaleneffekte Eickhof (1992), S. 22 und Bögelein (1990), S. 186. 37 Vgl. Terres (1999), S. 76 f. 38 Vgl. Bögelein (1990), S. 184 – 187. 39 Allerdings existieren Arbeiten zur Ermittlung der empirischen Kostenfunktionen von Banken mit mehreren Geschäftbereichen, vgl. Treu (2007), S. 5 und Kaserer (1998), S. 90 f.; insgesamt kritisch zur Evidenz von economies of scale or scope Theurl (2001), S. 18. 40 Vgl. White (1999), pp. 116 – 119; kritisch auch Vollmer (1996), S. 195 mit Hinweis auf Marketing-Kosten. 41 Hierauf weist ausdrücklich Terres (1999), S. 74 f. hin: „Monopolargumente betreffen vielmehr die Produktionsseite des Geldes“. 42 Vgl. Eickhof (1992), S. 23 f. 43 Vgl. Vollmer (1996), S. 195. 44 Vgl. Bögelein (1990), S. 191 – 198.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

Wettbewerbs zu ergreifen45. Lediglich für den speziellen Fall des Natürlichen Monopols mit erheblichen und dauerhaften Sunk-Costs bestehen erhebliche Marktzutrittsschranken, die potentiellen Wettbewerb ausschließen46. Da mit der Produktion von Papiergeld weder produktspezifische Produktionsanlagen verbunden sind noch spezielle Forschungsanstrengungen oder Mitarbeiterqualifikationen erforderlich sind, kann dieses Argument nicht als Grundlagen für staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten herangezogen werden. „Marktversagen“ auf dem Geldmarkt wird in der neoklassischen Gedankenwelt nicht nur aufgrund der Tendenz zum Natürlichen Monopol behauptet; als Gegenargument zur Geldproduktion unter neoklassischen Bedingungen wird außerdem der Versuch unternommen, für das Gut „Geld“ die Eigenschaften eines öffentlichen Gutes zu diagnostizieren47. Staatliche Maßnahmen dienen dann nicht dazu, unerwünschte Abweichungen vom Allokationsoptimum zu korrigieren, sondern ergänzen das private Angebot auf Märkten in Form eines „außermarktmäßigen Koordinationsmechanismus’“48. Mangelnde Rivalität im Konsum läge für Geld dann vor, wenn sich die angebotene Menge und Qualität als unabhängig von der Menge der Nutzer erweisen würde. Auch bei dieser Variante des Marktversagens handelt es vom Grundgedanken her um ein produktionstechnisches Phänomen: Ist das öffentliche Gut einmal produziert, betragen die Grenzkosten jeder zusätzlichen angebotenen Einheit gerade null, so dass sich infolge des sich hieraus unter neoklassischen Prämissen ergebenden Preises von null kein privater Anbieter zur Produktion bereiterklären wird. Eine Übertragung auf den Markt für „Geld“ erscheint zumindest problematisch49, da die Nachfrage nach Geld nicht nur aus seinen physischen Eigenschaften, sondern aus der mit seiner Verwendung verbundenen Tauschmittel-, Wertaufbewahrungs- und Recheneinheits-Funktion resultiert. Hinsichtlich der Erfüllung der Tauschmittelund Wertaufbewahrungsfunktion von Papier- oder Giralgeld lässt sich keine mangelnde Rivalität im Konsum diagnostizieren, da die Verwendung durch einen Nutzer die Verwendung durch einen anderen Nutzer jeweils unmittelbar ausschließt50. Hinsichtlich der Erfüllung der Recheneinheitsfunktion ist die Diskussion in der Literatur hingegen uneinheitlich: Während ein Teil der Autoren diese Funktion mit der Setzung von Standards gleichsetzt und deshalb die Eigenschaften eines öffentlichen Gutes konstatiert, verweist ein anderer Teil darauf, dass durch Definition und Zuordnung eindeutiger Verfügungsrechte an Recheneinheiten in Form von Indices 45 46

Ausführlich hierzu Eickhof (1984), S. 225 – 244. Zur Definition und kritischen Analyse von „Sunk Costs“ vgl. Bögelein (1990), S. 169 –

171. Einen Überblick über die Diskussion gibt Terres (1999), S. 87 – 92 (m. w. Nw). Weiterführend hierzu allgemein Bögelein (1990), S. 110 – 115; ferner Bartholomé (1989), S. 48 – 82 (m. z. w. Nw.). 49 Deutlich bereits Engels (1977), S. 198 f. 50 Vgl. Terres (1999), S. 88. 47 48

2.2 Neoklassik

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ein privates Angebot möglich wäre und durch das rechtliche Ausschlussprinzip nicht-zahlungswillige Nachfrager von der Nutzung des Gutes „Geld“ ausgeschlossen werden könnten51. Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen wären weitreichende staatliche Maßnahmen wie ein alleiniges staatliches Angebot von Geld ökonomisch nicht zu legitimieren, vielmehr könnte gerade hiermit die Gefahr inflationärer Entwicklungen verbunden sein52. Im Ergebnis kann aufgrund der kritischen Reflexion der im Rahmen des neoklassischen Modells denkbaren Formen von Marktversagen die Notwendigkeit staatlichen Handelns weder zur Korrektur unerwünschter Marktergebnisse auf dem Markt für „Geld“ noch zu einem den Markt substituierenden staatlichem Angebot von Geld begründet werden.

2.2.2.2 Intermediationsleistung durch Kreditinstitute Grundlegende Versuche, auch Transaktionen auf Finanzmärkten im Rahmen der neoklassischen Gleichgewichtstheorie zu erklären, erfolgen zunächst durch Irving Fisher53 und die Arbeit von Modigliani / Miller54. Finanzintermediäre bleiben hierbei, wie auch im Rahmen nachfolgender Untersuchungen zur Finanzmarkt-Gleichgewichtstheorie, unberücksichtigt55. Eine Ausnahme bildet lediglich Fama, der sich Anfang der 1980er Jahre einer Erklärung der durch Kreditinstitute erbrachten Leistungen im Rahmen des neoklassischen Untersuchungsansatzes zuwendet56. Trotz diverser in der Literatur vorgebrachter kritischer Äußerungen57 gegen Famas Mo51 Vgl. Terres (1999), S. 88 – 91; speziell zur Giralgeldschöpfung Seifert (1984), S. 102 – 104; zur Notenemission ausführlich bereits Engels (1977), S. 193 – 204; kritisch zur mangelnden Funktionsfähigkeit des Ausschlussprinzips allgemein Bögelein (1990), S. 110 – 115. 52 Hierauf weist White (1999), pp. 91 hin. 53 Für einen kurzen Überblick über die Geschichte der Finanzwirtschaftslehre vgl. Breuer (1997), S. 608; ausführlich ferner Schneider (2001), S. 755 – 866. 54 Eine zusammenfassende Darstellung und Einordnung des Modells findet sich bei Bitz (2001), Sp. 1327 – 1333 und Breuer (1993), S. 23 – 41. 55 Kritisch zur mangelnden Erklärungsrelevanz des neoklassischen Untersuchungsansatzes für Finanzintermediäre vgl. stellvertretend für viele Theurl (2001), S. 13; Paul (1994), S. 10 – 12; ferner bereits Schmidt, R. H. (1979), S. 84 – 89, S. 95. 56 Vgl. Fama (1980), insbes. S. 39 – 53, S. 39: „This paper studies commercial banking from the viewpoint of the theory of finance”; hierauf aufbauend Fama (1983), insbes. p. 7 – 13. In späteren Beiträgen hingegen, wendet sich Fama von der ursprünglichen Untersuchungsperspektive ab, vgl. Fama (1985) und Fama (1990). Auch Breuer unternimmt durch Einführung eines walrasianischen Auktionators, der als „Finanz-Auktionator“ die Erreichung des Pareto-Optimums sicherstellt, den Versuch, eine rudimentäre Intermediärtätigkeit von Kreditinstituten im Rahmen der neoklassischen Theorie der Finanzierung zu modellieren, vgl. Breuer (1993), S. 41 – 44. 57 Vgl. Freixas / Rochet (1997), S. 8; ferner Breuer (1993), S. 84 f., der die spätere Arbeit Famas Fama (1985) als „rein verbale“ – und deshalb nach Auffassung Breuers wenig präzisen und stringenten (vgl. S. 78) – Erklärungsansatz klassifiziert und die früheren Ausführungen

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

dellierung sollen seine Ausführungen hier in Grundzügen verdeutlicht werden, da sie von einer rigoros ablehnenden Haltung gegenüber staatlichen Eingriffen auf Geld- und Finanzmärkten geprägt sind und deshalb später auch die Grundlage für marktprozessorientierte Erklärungen der Transaktionen auf diesen Märkten gebildet haben58. Famas Untersuchungsziel besteht in der Erklärung der durch freiheitlich miteinander konkurrierende Kreditinstitute erbrachten Leistungen und der hiermit für ein durch Preisniveaustabilität gekennzeichnetes gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht verbundenen Effekte59. Entscheidend für das Verständnis der Gedankenwelt Famas ist seine Abstraktion von der Notwendigkeit staatlich emittierten Geldes einerseits sowie die von ihm vorgenommene Trennung der Recheneinheits- und Tauschmittelfunktion von Geld andererseits60. Während die Recheneinheitsfunktion durch jedes beliebige Gut der betrachteten Volkswirtschaft erfüllt werden kann und sich daraufhin unterschiedliche Systeme relativer Preise ergeben, wird die Tauschmittelfunktion durch ein kontenbasiertes Abrechnungssystem erbracht. Zugang zu diesem Abrechnungssystem ermöglichen ausschließlich die mit einem Kreditinstitut abgeschlossenen Kontrakte, die in dem Beitrag Famas als „bank deposits“ bezeichnet werden. Gegenstand dieses Vertrages ist die Übertragung von Vermögensgegenständen an das Kreditinstitut, welches sich im Gegenzug verpflichtet, die hiermit erzielbaren Ergebnisse an den Vertragspartner weiterzuleiten61. Die miteinander konkurrierenden Kreditinstitute verwalten die ihnen überlassenen Vermögensgegenstände, indem sie als Teilnehmer auf den im Sinne von Modigliani / Miller modellierten Finanzmärkten auftreten und entsprechend dem, aus der Investitions- und Finanzierungsentscheidung der Unternehmen resultierenden, Angebot Wertpapiere erwerben62. In Abhängigkeit von der Art der verwalteten Vermögensgegenstände und Wertpapiere sowie den hiermit erzielbaren Ergebnissen weisen Depositen bei Kreditinstituten in Famas Modellwelt demnach eine heterogene ignoriert. Ohne jeden Hinweis auf die Arbeiten von Fama kommen auch Hartmann-Wendels / Pfingsten / Weber (2007) sowie Grosch (1989), S. 208 und Krahnen (1985), S. 16 und S. 17 aus. Ein falsches Verständnis der Thesen Famas führt hingegen zu der Kritik bei SchmidtMohr (1992), S. 3 (Fn. 5) und Rombach (1993), S. 51, S. 53. Fama selbst immunisiert seinen Ansatz später gegen die Kritik der mangelnden Berücksichtigung von Informations- und Transaktionskosten, indem er zeigt, dass seine Thesen von einer entsprechenden Modifikation der Prämissen unbeeinflusst bleiben, vgl. Fama (1983), p. 10. 58 Zu einer positiven Bewertung der Ideen Famas im Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Analyse wettbewerbsmäßig organisierter Geldordnungen vgl. den Überblick bei Geue (1999), S. 374 – 382. Zu den marktprozessorientierten Theorien ausführlicher Kapitel 3. 59 Vgl. Fama (1980), p. 40 und pp. 55; für eine missverständliche Darstellung des Ansatzes vgl. hingegen Stillhart (2002), S. 33 f. 60 Vgl. Fama (1980), p. 40. 61 Kreditinstitute geben aufgrund von Depositenverträgen also keinerlei Wertversprechen ab, vgl. hierzu Dittus (1987), S. 74. 62 Kreditinstitute selbst können folglich keinen Einfluss auf Art und Umfang der angebotenen Wertpapiere nehmen, vgl. Fama (1980), p. 45.

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Struktur auf63 und werden von den Wirtschaftssubjekten entsprechend ihren individuellen Präferenzen abgeschlossen. Lediglich einen Spezialfall dieser Depositen bildet das „riskless deposit“, das in spezielle Wertpapiere mit geringen Wertschwankungen investiert64. Unabhängig von der Art ihrer Ausgestaltung eröffnen alle Depositen-Verträge den Zugang zum kreditwirtschaftlichen Abrechnungssystem. Individuelle Vermögenstransfers erfolgen durch Anweisungen zur Gut- oder Lastschrift auf den die Vermögensüberlassung dokumentierenden Konten und induzieren seitens der Kreditinstitute entsprechende Wertpapier-Transaktionen auf dem Finanzmarkt65. Als Gegenleistung für die Transaktions-Dienstleistungen verlangen diese einen sich unter Wettbewerbsbedingungen ergebenden Preis, der die aus der Wertpapieranlage resultierenden Ergebnisse der Depositen-Inhaber vermindert66. Im Ergebnis erfüllen Kreditinstitute unter den Prämissen des Ansatzes von Fama zwei Funktionen: Sie betätigen sich erstens als Wertpapiere verwaltende PortfolioManager, unterscheiden sich in dieser Funktion allerdings nicht von anderen Finanzintermediären67. Sie eröffnen zweitens den Zugang zum volkswirtschaftlichen Abrechnungssystem und erbringen damit eine für Kreditinstitute spezifische Leistung; Kreditinstitute existieren in Famas Modell nur deshalb, weil sie über das auf der Verwaltung von Wertpapierportfolios basierende Abrechnungssystem die Abwicklung von Tauschprozessen ermöglichen und für diese Dienstleistungen Gebühren erheben können. Von einer entsprechend modellierten Tätigkeit gehen keine Effekte auf das realwirtschaftliche Gleichgewicht aus68. Wie bereits zu Beginn dieses Kapitels betont, steht Fama staatlichen Eingriffen in ein marktwirtschaftlich organisiertes Bankensystem kritisch gegenüber. Er präzisiert diese Bedenken, indem er innerhalb des dargestellten Modellrahmens die mit drei Arten von staatlichen Maßnahmen verbundenen Effekte näher analysiert69:  Staatliche Mindestreserve-Vorschriften

Werden Kreditinstitute dazu verpflichtet, einen Teil der auf der Grundlage von Depositen-Verträgen erworbenen Wertpapiere bei einem staatlichen Institut vor63 Eine anschauliche Beschreibung der hierbei möglichen Vielfalt an Depositen gibt Fama (1983), pp. 8. Aufgrund dieser Heterogenität können Depositen folglich keine Recheneinheitsfunktion erfüllen, vgl. sehr deutlich Fama (1980), p. 43, p. 44. 64 Fama merkt an dieser Stelle an, dass eine Übernahme verbleibender geringfügiger Wertschwankungen durch andere Depositeninhaber oder durch Aktionäre („stockholders“) möglich wäre, vgl. Fama (1980), S. 42. 65 Vgl. Fama (1980), p. 43. Im Gegensatz hierzu erfolgt in Geldsystemen mit staatlichem Geldausgabemonopol die Abrechnung von Tauschhandlungen durch Austausch von zinslosen Zentralbankgeldreserven, vgl. Fama (1983), p. 10. 66 Vgl. Fama (1980), pp. 45. 67 Vgl. Fama (1980), p. 41: „… in an unregulated environment there it is unlikely to be a clear distinction between banks and other portfolio managers“. 68 Fama (1980), p. 46. 69 Zum Folgenden vgl. Fama (1980), p. 47 – 53.

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zuhalten und staatlichen Entscheidungsträgern die hiermit erzielbaren Ergebnisse zukommen zu lassen, dann resultieren hieraus der Erhebung einer direkten Steuer vergleichbare Effekte. Außerdem bewirkt diese staatliche Maßnahme eine Verstärkung des zwischen Kreditinstituten und anderen Intermediären bestehenden Unterschieds dadurch, dass die mit Depositen erzielbaren Ergebnisse von denen durch direkten Wertpapiererwerb erreichbaren abweichen und folglich Anpassungsmaßnahmen erfolgen werden. Trotz der staatlichen Mindestreserve bleiben Depositen weiterhin heterogene Produkte.  Staatliche Preis-Regulierung für Kreditinstitute

Die durch Kreditinstitute angebotenen Leistungen werden erst dann zu homogenen Gütern, wenn der Staat Vorschriften erlässt, um deren Wert zu fixieren und die Weiterleitung der erwirtschafteten Ergebnisse zu untersagen. Die Bereitstellung des Zugangs zum Abrechnungssystem wird zu einer Art „Natural“-Gegenleistung für die Überlassung der Vermögensgüter auf Grundlage des Depositenvertrages. Kreditinstituten wird hierdurch eine Transformationsfunktion zugewiesen, die sie erfüllen können, indem sie Anlageentscheidungen in entsprechenden Wertpapieren vornehmen, oder aber mit Wertpapieren verbundene Wertschwankungen durch Eigenfinanciers übernehmen zu lassen. Wettbewerb zwischen Kreditinstituten wird nunmehr durch die Art der Anlageentscheidung und Festlegung der Höhe des Verlustdeckungspotentials geführt. Auch staatliche Preis-Vorschriften bewirken eine Verstärkung der zwischen Kreditinstituten und anderen Intermediären bestehenden Unterschiede.  Monopolistische Emission staatlichen Geldes

In einem dritten Schritt analysiert Fama die Effekte, die mit der Einführung staatlich monopolistisch emittierten Geldes verbunden sind70. Kennzeichen dieses idealtypischen Geldes sind seine Unverzinslichkeit und der zur Versorgung des Wirtschaftssystems mit diesem Geld gewählte Weg über Kreditinstitute: Staatliches Geld wird den Kreditinstituten gegen Ankauf von Wertpapieren oder Depositen zur Verfügung gestellt. Hierdurch wird der ursprünglich gewählte Modellrahmen zwar erheblich verändert, Fama stellt gleichwohl die Hypothese auf, dass frei miteinander konkurrierende Kreditinstitute weiterhin als PortfolioManager agieren werden und lediglich ihren Abrechnungs- um einen Konvertibilitätsservice erweitern werden. Gegen Gebühr können Depositen in Geld umgewandelt werden und zur Abwicklung von Tauschhandlungen verwendet werden. Weiterhin geht von der kreditwirtschaftlichen Leistungserstellung demnach kein Einfluss auf das realwirtschaftliche Gleichgewicht aus71. 70 Vgl. Fama (1980), p. 49 – 51. Die Behauptung von Rombach (1993), S. 53: „Famas perfektes Kontensystem schließt die Existenz von staatlich ausgegebenem Geld aus.“ entbehrt damit jeder Grundlage. In einem späteren Beitrag erweitert Fama sein Modell um von miteinander konkurrierenden privaten Kreditinstituten emittierten Geldes, vgl. weiterführend Fama (1983), p. 11 – 13. 71 Vgl. Fama (1980), p. 50, p. 51.

2.3 Institutionenökonomie

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Ein wesentliches Ergebnis des Beitrages von Fama besteht darin, dass sich auf staatlich unbeeinflussten Finanz- und Gütermärkten Kreditinstitute nicht von anderen Intermediären unterscheiden und ihre Besonderheit vielmehr ausschließlich darin besteht, Zugangsformen zu einem gesamtwirtschaftlichen Abrechnungssystem zu eröffnen. Seine sukzessive Analyse staatlicher Maßnahmen in einem zunächst ohne staatliches Geld agierenden Wirtschaftssystem verdeutlicht darüber hinaus, dass Besonderheiten von Kreditinstituten gerade das Ergebnis staatlicher Maßnahmen darstellen. Mit der Legal Restrictions Theorie besteht ein spezieller Theoriezweig, der diesen Effekten weiter nachgeht72. Die Erweiterung des ursprünglichen Modells um monopolistisch angebotenes staatliches Geld bestätigt diese These weiter. Wenngleich damit Famas Verdienst in der kritischen Reflexion staatlichen Handelns besteht, kann sein Untersuchungsansatz nicht alle der durch Kreditinstitute in der Realität erbrachten Leistungen erklären. Dies wird erst durch grundlegende Modifikation der Prämissen des neoklassischen Untersuchungsansatzes durch den Einfluss der Institutionenökonomie möglich.

2.3 Institutionenökonomie 2.3.1 Einordnung des Ansatzes Trotz der unbestrittenen Bedeutung der neoklassischen Gleichgewichtstheorie für die Entwicklung wirtschaftswissenschaftlicher Forschung wird der Ansatz von Anfang an73 und später dann zunehmend kritisch reflektiert. Ansatzpunkte hierfür bilden insbesondere die Prämissen74, die der Erklärung einer Vielzahl real zu beobachtender ökonomischer Sachverhalte entgegenstehen75. Aufgrund einer entsprechend 72 Vgl. stellvertretend für viele White (1990), pp. 526 – 535. White analysiert die Entwicklung des Schottischen Bank-Systems unter Rückgriff auf die Legal Restrictions Theory. 73 Diese frühen kritischen Betrachtungen werden nunmehr unter der Bezeichnung „alte Institutionenökonomie“ zusammengefasst. Einen ausführlichen Überblick über die amerikanischen Institutionalisten gibt Haase (2000), S. 44 – 65 (m. z. w. Nw.); auf die amerikanischen „Alten Institutionalisten“ weist ebenfalls kurz Terberger (1994), S. 23 hin; Bartholomé (1989), S. 125 differenziert zwischen den „alten amerikanischen Institutionalisten“ (Veblen, Commons, Mitchell) und der „deutschen Historischen Schule“ (Schmoller, Brentano, Sombart); ferner Elsner (1987), S. 8 – 13. Elsner erläutert nicht nur den amerikanischen alten Institutionalismus (Commons, Veblen), sondern auch den britischen (Smith) und den deutschen (Menger, Böhm-Bawerk); ähnlich auch Erlei / Leschke / Sauerland (2007). S. 26 – 43. 74 Vgl. Fülbier (2004), S. 270. Eine moderate Variation der Prämissen erfolgt allerdings bereits durch frühe Vertreter der Neoklassik selbst, indem Preisbildungsprozesse auf unvollkommenen Märkten analysiert werden. Unvollkommenheiten resultieren dabei aus der Aufgabe der Homogenitätsbedingung (Einführung sachlicher, persönlicher, räumlicher und zeitlicher Differenzierungen). Vgl. hierzu die Übersicht bei Ott (1984), S. 33 (Homogenitätsbedingung), S. 170 – 179 (Polypol auf unvollkommenen Märkten), S. 179 – 208 (Monopol), S. 224 – 243 (Oligopol auf unvollkommenen Märkten). 75 Vgl. stellvertretend für viele Fülbier (1998), S. 171 f.; Bögelein (1990), S. 28 – 34. Die Kritik bezieht sich dabei primär darauf, dass das Modell nicht geeignet ist, reale Prozesse auf

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großen Anzahl möglicher kritischer Weiterentwicklungen existieren ebenso zahlreiche wie heterogene Modifikationen des neoklassischen Untersuchungsansatzes, deren Zusammenfassung unter einem einzigen Oberbegriff schwierig erscheint. In der Literatur ist der Begriff der „Institutionenökonomie“ als Oberbegriff gleichwohl akzeptiert76. Deshalb wird dieser Terminologie auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit gefolgt, wenngleich nachvollziehbare Bedenken und vereinzelte Versuche von Wissenschaftlern zur Einführung alternativer Bezeichnungen bestehen: Bartholomé verwendet etwa den Begriff der „Generalized neoclassical theory“77 und Schneider bezeichnet die Forschungsgemeinschaft als „Institutionelle Mikroökonomie“78. Akzeptiert man „Institutionenökonomie“ als Begriff zur Kennzeichnung von Forschungsansätzen, deren Gemeinsamkeit in der Kritik einzelner neoklassischer Prämissen besteht, ohne das grundsätzliche Denken in Marktgleichgewichten in Frage zu stellen, so bedarf es zunächst einer Klärung des Begriffes der „Institution“. Hierzu stellt Haase zutreffend fest: „So wenig wie es eine Institutionenökonomik gibt, gibt es einen Institutionenbegriff. Selbst in der Institutionenökonomik hat der Institutionenbegriff mehrere Konnotationen“79. Dies liegt nicht zuletzt darin begründet, dass viele Autoren keine Begriffseingrenzung vornehmen, sondern stattdessen das für ihre Analysen relevante Sujet unmittelbar als „Institution“ benennen80. Grundlage der zahlreichen Definitionsversuche ist die Erkenntnis, dass Möglichkeiten zur Lösung von Koordinationsproblemen zwischen Wirtschaftssubjekten durch den Marktmechanismus im neoklassischen Sinne unzureichend umrissen werden und deshalb einer Ergänzung um alternative „Institutionen“ bedürfen. Tauschprozesse können nicht nur über Märkte, sondern auch mit Hilfe von Unternehmungen oder den Staat81 Märkten zu erklären, und deshalb für reale Märkte die Ubiquität von Marktversagen zu konstatieren ist (auch als sogenannter „Nirwana Approach“ bezeichnet). Eine prägnante Darstellung dieser Prämissen findet sich ferner schon bei Schmidt, R. H. (1979), S. 102 – 106 (Rationale Erwartungen, Konvexitäts- und Kontinuitätsannahme, objektive (also nicht subjektiv divergierende) Ungewissheit). 76 Vgl. stellvertretend für viele Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 22 – 26 und S. 50 – 54. Haase hingegen bezeichnet die Institutionenökonomie als Variante der Neoklassik, die nach der Intensität der Prämissenvariation in zwei Untergruppen unterschieden werden kann, vgl. Haase (2000), S. 42. Ausführlich zu terminologischen Grundlagen auch Terberger (1994), hier insbes. S. 19 – 26 (Terberger beschränkt sich allerdings auf den Neo-Institutionalismus, vgl. S. 23). 77 Vgl. Bartholomé (1989), S. 124 – 133, insbes. S. 131 (Fn. 1). Bartholomé vertritt die zutreffende Auffassung, dass mit dieser Bezeichnung die geringfügigen Unterschiede zum neoklassischen Untersuchungsansatz deutlicher zum Ausdruck gebracht werden können. 78 Vgl. Schneider (2001), S. 271 und Schneider (1997), S. 20 – 27. Schneider folgend begründet Schörner (1991), S. 101 den Begriff damit, dass alternativ realisierbare Institutionen im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen. 79 Haase (2000), S. 65. Zum Problem des uneinheitlich verwendeten Begriffs der „Institution“ auch Zimmer (1993), S. 38 f. (m. w. Nw.). 80 Vgl. den zutreffenden Hinweis bei Bartholomé (1989), S. 125. 81 Vgl. Schmidt, R. H. (1979), S. 111. Schmidt führt in Analogie zum Begriff des „Marktversagens“ deshalb auch den Begriff des „Unternehmungsversagens“ ein, vgl. S. 114. Auch im

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sowie ganz allgemein durch Regeln82 koordiniert werden. Neben dieser Variation des Aktionsrahmens können auch die Veränderungen in der Modellierung der Akteure und der Wirkungsmechanismen als institutionenbezogene Modellvarianten bezeichnet werden83. Eine Analyse der so – zumindest grob – umrissenen „Institutionen“ kann mit zwei Zielsetzungen erfolgen84: Unter der Bezeichnung „Institutional Change“ werden wissenschaftliche Untersuchungen zusammengefasst, deren Zielsetzung in der Erklärung der Entstehung und des Wandels von Institutionen besteht. Demgegenüber sind ökonomische Wirkungen und hierauf aufbauend die Frage nach der optimalen (wirtschaftpolitischen) Gestaltung von „Institutionen“ Gegenstand der unter der Bezeichnung „Comparative Institutions“ bezeichneten Modelle. Eine erste zentrale, und nicht durch ihre frühen Vertreter selbst variierte, Prämisse des neoklassischen Ansatzes besteht hinsichtlich der individuellen Wissensausstattung der modellierten Wirtschaftssubjekte: Für diese besteht Sicherheit über die zur Verfügung stehenden Tauschhandlungen, über das Verhaltens der Tauschpartner und über die zukünftigen Entwicklungen. Infolge dieser weitreichenden Annahmen sind die Entscheidungen der Tauschpartner auf Märkten eindeutig determiniert und die aus dem Abschluss idealtypischer Verträge resultierende Struktur relativer Preise internalisiert alle relevanten Informationen85. Vertreter der Informationsökonomie sehen in der Annahme über den Wissensstand den wesentlichen Grund für die eingeschränkte Erklärungsrelevanz des neoklassischen Marktmodells und variieren folglich die Informationsausstattung der Wirtschaftssubjekte auf unterschiedliche Weise86. Arrow / Debreu erweitern die Gleichgewichtsanalyse um unvollständige Informationen über modellexogene Größen, wie etwa die Ausstattung mit Technologien oder Ressourcen87. Sie greifen hierzu auf die einzelwirtschaftliche Theorie der Entscheidungen unter Untersicherheit zurück. Dies bedeutet, dass die Tauschpartner zwar die relevanten Umweltzustände und Handlungsalternativen kennen sowie vollständig und gleich über die hieraus resultierenden Ergebnisbeiträge informiert sind. Sie haben aber keine Kenntnis darüber, welcher der künftigen UmweltzuRahmen der neoklassischen Untersuchungen wird allerdings implizit der „Staat“ als Alternative einer Koordination über Märkte berücksichtigt, vgl. Zimmer (1993), S. 36. 82 Zur Diskussion um diesen Institutionenbegriff ausführlich Haase (2000), S. 82 – 98; sehr deutlich bereits Elsner (1987), S. 5. Elsner weist darauf hin, dass Regeln nicht zwingend kodifiziert sein müssen. 83 Vgl. zu diesen drei wesentlichen Elementen ökonomischer Theoriebildung Fülbier (2004), S. 270. 84 Vgl. Elsner (1987), S. 6 f. 85 Vgl. Meinhövel (1999), S. 21 f. zur Verdeutlichung der Implikationen auf das Marktgleichgewichtsmodell sehr prägnant Klische (1995), S. 44 – 46. 86 Vgl. Meinhövel (1999), S. 22 f.; speziell zu den Möglichkeiten der Modellierung von Wissen und Erwartungen Wehrmann (2010), S. 55 – 77. 87 Weiterführend hierzu Rotheim (1984), pp. 637 – 639, Friesen (1979), pp. 689 – 707, Kose (1978), pp. 419 – 422.

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stände (Technologie, Ressourcenausstattung) eintreten wird88. Arrow / Debreu erweitern die gesamtwirtschaftliche Analyse um Zukunftsmärkte, auf dem „bedingte Verträge“ (contingent claims) gehandelt werden. Im Ergebnis lässt sich die Unsicherheit der Tauschpartner im definierten Sinne durch Transaktionen auf diesen Märkten eliminieren, so dass das neoklassische Modell weiterhin Bestand besitzt89. Eine Weiterentwicklung dieser ersten informationsökonomischen Überlegungen erfolgt durch Stigler und Akerlof, die Informationen im neoklassischen Modell als endogene Größe untersuchen, indem Unsicherheit über Marktgrößen, z. B. Preise oder Qualität der getauschten Güter, eingeführt wird90. Informationen werden folglich zu knappen Gütern, deren Beschaffung und Weitergabe mit Kosten verbunden ist, und die auf diese Weise der formalen Marginalanalyse zugänglich gemacht werden können. Problematisch bleibt genau diese Beibehaltung der neoklassischen Methode, die eine Berücksichtigung heterogen verteilter Informationen und subjektiver Aspekte bei der Informationsverarbeitung nicht ermöglicht. Ein weiterer Kritikpunkt besteht darin, dass Wirtschaftssubjekte in der Lage sind, ein vollständiges Entscheidungsmodell aufzustellen, also weiterhin Sicherheit über das Ausmaß an Unsicherheit besteht91. Während Informationsökonomen die Prämisse der vollkommenen Markttransparenz in Frage stellen, zielen Vertreter des Property-Rights-Ansatzes auf eine Veränderung der neoklassischen Definition des „Gutes“, der durch ein rein physikalisches Verständnis charakterisiert ist, und kritisieren zudem die Annahme einer perfekten Eigentumsordnung, die das Eigentum an modellhaft abgebildeten Gütern einzelnen Wirtschaftssubjekten exklusiv und vollständig zuweist92. Bereits Commons, als Vertreter der „alten Institutionenökonomie“, weist darauf hin, dass Eigentum an physischen Gütern mit zahlreichen Handlungsrechten verbunden ist und dem physikalischen Güteraustausch stets ein Austausch an Rechten vorausgeht93. Commons 88 Vgl. Klische (1995), S. 46 – 48. Formal wird dies abgebildet durch eine gegebene, nicht veränderbare Wahrscheinlichkeitsverteilung bezüglich des Eintritts unterschiedlicher Umweltzustände. 89 Vgl. Arrow (1963), pp. 91 – 96 und Debreu (1959); kritisch zum Modell von Arrow / Debreu insbesondere Schneider (2001), S. 370 – 374. 90 Vgl. zusammenfassend Fülbier (1998), S. 118 – 121 (m. w. Nw.), Fülbier weist ausdrücklich auf die Beibehaltung der neoklassischen Methode (Marginalanalyse, homogene Erwartungen) und die formale Abbildung der Unsicherheit in den Eintrittswahrscheinlichkeiten hin; ferner der Überblick bei Klische (1995), S. 48 – 51. 91 Vgl. Schneider (2001), S. 370 f. Dies bedeutet, dass das ex ante geplante nicht von dem ex post verwirklichten abweichen kann und alle Marktteilnehmer identische Informationen besitzen. 92 Für einen Überblick vgl. Jansen (2004b), S. 598 und Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 293 – 304. 93 Vgl. hierzu den Überblick bei Elsner (1987), S. 12 f. Elsner weist allerdings darauf hin, dass bereits von Böhm-Bawerk im Jahre 1881 erste Untersuchungen zur Differenzierung des Gutsbegriffs in physischen Gegenstand und Rechtsbündel vornimmt.

2.3 Institutionenökonomie

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bezeichnet diesen Austausch als „transaction“94. In den Mittelpunkt ökonomischer Analysen treten Eigentumsrechte erst aufbauend auf der Arbeit von Coase95 aus dem Jahr 1960 und bilden zwischenzeitlich ein heterogenes Untersuchungsgebiet. Coase macht deutlich, dass es bei wirtschaftlichen Vorgängen auf Märkten, den Markttransaktionen, um den Erwerb und / oder die Nutzung von Rechten geht, die zukünftige Nutzungsmöglichkeiten von Gütern festlegen96, und diese mit Transaktionskosten, im Sinne von Kosten der Marktbenutzung für die Definition, Übertragung und Durchsetzung dieser Rechte, verbunden sind. Eine Einführung von Transaktionskosten in das konzeptionell beibehaltene neoklassische Modell setzt voraus, dass die Prämisse vollkommener Markttransparenz aufgegeben wird und Informationen unvollständig oder sogar unvollkommen verteilt sind97. Aufbauend auf dieser Definition von Rechten und Transaktionskosten geht Coase der Frage nach, wie sich mit unterschiedlichen Kosten verbundene Rechtsgestaltungen auf die Allokationseffizienz auswirken, und wie ökonomische Handlungen die Entstehung rechtlicher Institutionen induzieren98. Dies ermöglicht einen allokationstheoretischen Vergleich verschiedener rechtlicher Arrangements. Funktioniert der Handel mit Rechten friktionsfrei und agieren die Wirtschaftssubjekte als nutzenmaximierende Individuen99, erfolgt eine pareto-optimale Allokation der Rechte durch den Preismechanismus100. Auch im Rahmen des Property-Rights-Ansatzes bleibt demnach die neoklassische Untersuchungsmethode unverändert. Neben dem Property-Rights-Ansatz geht auch der Transaktionskosten-Ansatz auf einen Beitrag von Coase, allerdings aus dem Jahre 1937, zurück101. Coase problematisiert dort erstmals die Frage nach Alternativen einer Koordination von Tausch94 Zur weiteren Klassifikation von Transaktionen nach Commons vgl. Jansen (2004b), S. 598 f. 95 Vgl. die Überblick bei Terberger (1994), S. 47 – 51. Terberger weist darauf hin, dass Coase keine Kritik des neoklassischen Untersuchungsansatzes zum Ziel hatte, sondern das Problem „Externer Effekte“ mit neoklassischen Methoden lösen wollte. Neben Coase gehören zu den Begründern des Property-Rights-Ansatzes Alchian, Demsetz sowie Stigler. Moderne Weiterentwicklungen erfolgen etwa durch North im Rahmen der New Economic History. 96 Vgl. Schneider (2001), S. 21: „Verfügungsrechte dienen der Zukunftsvorsorge …“. Die Variationsbreite von Nutzungsmöglichkeiten verdeutlicht beispielhaft Terberger (1994), S. 55 f. Durch die Einführung von Nutzungsmöglichkeiten wird die Notwendigkeit zur Berücksichtigung von Handlungsaspekten in ökonomischen Untersuchungen hervorgehoben. 97 Sehr deutlich Fülbier (1998), S. 124 – 126 (m. w. Nw.). Fülbier weist außerdem auf die in der Literatur vereinzelt vorgenommene Gleichsetzung von Informations- und Transaktionskosten hin. 98 Vgl. zusammenfassend die Darstellung bei Picot (1992), S. 81 f sowie Elsner (1987), S. 13. 99 Auf die uneinheitliche Verwendung der hierdurch zum Ausdruck kommenden Rationalitätsannahme in der Property-Rights-Theorie weist allerdings Fülbier (1998), S. 123 hin. 100 Vgl. Terberger (1994), S. 49 f. Schörner weist auf die Bedeutung dieses sogenannten Coase-Theorems zur Beurteilung alternativer Rechtssetzungen hin, vgl. Schörner (1991), S. 103. 101 Vgl. Picot (1992), S. 79 – 81 (m. z. w. Nw.).

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

handlungen über Märkte, die bis zu diesem Zeitpunkt in der Wirtschaftswissenschaft als ideale und ausschließliche Lösung von Koordinationsproblemen galten. Während sich Coase im Rahmen seiner Analyse dichotomisch auf den Vergleich der institutionellen Alternativen Markt oder Unternehmung beschränkt102, nehmen spätere Vertreter des Transaktionskosten-Ansatzes, insbesondere Williamson103, einen differenzierteren Vergleich von Institutionen vor. Grundlage des Effizienzvergleichs sind Transaktionskosten, die aus Inanspruchnahme des im ursprünglichen neoklassischen Modell als kostenlos modellierten Preismechanismus’ resultieren104 und neben anderen immer Informationskosten105 als Teilkomponente enthalten. In Abhängigkeit vom jeweiligen Vertreter der Transaktionskostentheorie finden verschiedene Kategorien von Wissensständen der Wirtschaftssubjekte Berücksichtigung: Im Extremfall modelliert etwa Williamson Verhaltensunsicherheiten und rückt damit deutlich von den Prämissen der Neoklassiker ab106. Eine weitere Variante der Institutionenökonomie, die sowohl Aspekte der Informationsökonomie als auch des Property-Rights-Ansatzes berücksichtigt, bildet der Principal-Agent-Ansatz. Gemeinsames Kennzeichen der unter diesem Oberbegriff zusammengefassten Strömungen ist die Analyse von Auftragsbeziehungen, die in der Literatur sehr unterschiedlich definiert werden107. Kennzeichnend für Auftragsbeziehungen ist die Möglichkeit einer asymmetrischen Verteilung von Informationen zwischen Auftraggeber (Principal) und Beauftragtem (Agent) über unterschiedliche Sachverhalte und zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Vertragsbeziehung. Abweichend von den Prämissen des neoklassischen Ausgangsmodells muss der Auftraggeber nunmehr berücksichtigen, dass Unsicherheit über das Verhalten des Marktpartners besteht. Wenn beide Beteiligten eigennützig handeln und kein gemeinsames Ziel verfolgen, besteht die Gefahr, dass der Beauftragte Informationsvorteile zu seinen Gunsten ausnutzt. Vgl. den Überblick bei Pfaffmann (1996), S. 646 – 648. Vgl. hierzu die Übersichtsartikel Kaas / Fischer (1993), S. 686 – 693; Picot (1992), S. 80 (m. w. Nw.). Ausführlich ferner die Betrachtung bei Haase (2000), S. 67 – 81. 104 Vgl. Fülbier (1998), S. 127. In der transaktionskostenlosen Welt der Neoklassiker existieren nur Produktionskosten, die unabhängig von der Institutionenwahl anfallen. Picot weist darauf hin, dass eine genaue Quantifizierung der Informationskosten für den komparativen Vergleich nicht notwendig ist. Es kommt vielmehr darauf an, die Kosteneinflussgrößen aufzuzeigen, vgl. Picot (1992), S. 80. 105 Institutionen können folglich Unsicherheiten der Wirtschaftssubjekte reduzieren. Ähnlich auch Schneider (1997), S. 21: „Wer schließt warum Verträge über Verfügungsrechte zur Zukunftsvorsorge ab?“. 106 Vgl. ausführlich hierzu die Zusammenstellung der Einzelaspekte von Informationsproblemen bei Fülbier (1998), S. 129 – 132. 107 Kritisch zu den unterschiedlichen Definitionen Meinhövel (1999), S. 7 – 13 (m. w. Nw.); ferner Schörner (1991), S. 110. Zur Bedeutung der „agency“, einem anglo-amerikanischen Rechtsinstitut, für die Entwicklung der ökonomischen Principal-Agent-Theorie ausführlich Meinhövel (2004b), insbes. S. 1 – 8 (m. w. Nw.). Für einen aktuellen Überblick über die Vielfalt der Principal-Agent-Ansätze Kräkel (2004), Sp. 1174 –1181. 102 103

2.3 Institutionenökonomie

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Innerhalb des Principal-Agent-Ansatzes wird zwischen normativen und positiven Ansätzen unterschieden108: Während sich die Ersteren überwiegend verbal mit der Erklärung der institutionellen Ausgestaltung von Auftragsbeziehung beschäftigen, handelt es sich bei den positiven Ansätzen um formale Modelle, die unter Berücksichtigung der Risikoneigungen der Beteiligten und deren Informationsstruktur optimale Verträge ableiten und hierzu weiter auf das neoklassische Instrumentarium und das Pareto-Kriterium als Maßstab für die Effizienz einer Lösung zurückgreifen109. Den Maßstab zur Beurteilung unterschiedlicher Institutionen bildet dementsprechend die als „agency costs“ bezeichnete Differenz zwischen dem unter neoklassischen Prämissen erreichten optimalen und dem sich bei anderen institutionellen Lösungen ergebenden Nutzenniveau110. Entgegen der Bezeichnung handelt es sich demnach im Sinne der eingangs klassifizierten wirtschaftswissenschaftlichen Forschungskonzeptionen inhaltlich nicht um eine positive, sondern um eine normative ökonomische Analyse111. Wegen des beibehaltenen Forschungsparadigmas und der verwendeten Untersuchungsmethode unterscheiden sich die skizzierten Ansätze auch hinsichtlich der grundsätzlichen Vorgehensweise zur Analyse staatlicher Maßnahmen nicht wesentlich von denen der Neoklassik. Mit Hilfe der durch die Institutionenökonomie vorgenommenen Erweiterungen des neoklassischen Modells wird lediglich eine differenziertere Klassifikation und Analyse alternativer Ursachen von Marktversagen möglich112. Darüber hinaus stellt der Ansatz der Institutionenökonomie insofern eine Weiterentwicklung dar, als ein Vergleich unterschiedlicher institutioneller Ausgestaltung von Markttransaktionen möglich wird113. Aufgrund der im Rahmen der allgemeinen Institutionenökonomie vorgenommenen Variationen der Prämissen der neoklassischen Modellwelt vollzieht sich zunächst eine Veränderung der Finanzierungstheorie114. In der Folge ergeben sich auch für die Erklärung der durch Kreditinstitute als Finanzintermediäre i. e. S. erZur Erläuterung vgl. stellvertretend für viele Meinhövel (2004a), S. 471 – 474. Vgl. einführend Richter / Furubotn (2003), S. 218 – 263 und Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 103 – 170 (m. w. Nw.); ein ausführlicher Überblick über ausgewählte Modelle der positiven Principal-Agent-Theorie findet sich bei Meinhövel (1999), S. 41 – 57. 110 Vgl. Schmidt / Terberger (1996), S. 398 – 402; kritisch zur Wahl des Nutzenverlustes als Referenzgröße zur betriebswirtschaftlichen Beurteilung von Auftragsbeziehungen Meinhövel (1999), S. 108 – 113. 111 Vgl. Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 15 – 19. 112 Aus kritischer Perspektive verdeutlicht Bartholomé (1989), S. 133 – 151 die Argumentation im Einzelnen. Beispielhaft für eine Fundierung der Umweltpolitik auf Grundlage der Institutionenökonomie ferner Balks (1995), S. 12 – 43 und S. 72 – 177. 113 Vgl. Fülbier (1998), S. 183. Hiermit wird einem wesentlichen Kritikpunkt neoklassischer Legitimation staatlicher Maßnahmen Rechnung getragen, der in dem Vorwurf der „Ubiquität des Marktversagens“ besteht, vgl. hierzu Bögelein (1990), S. 29 und Schörner (1991), S. 92 – 96. 114 Vgl. Schmidt / Terbeger (1996), S. 381 – 469; ferner Breuer (1997), S. 606 – 612. 108 109

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brachten Leistungen neue Perspektiven, da deren Modellierung im Rahmen der neoklassischen Markttheorie in unterschiedlicher Weise kritischen Äußerungen ausgesetzt war115. Hierzu gehören insbesondere die Annahmen über die Wissensstände der Handelnden sowie der Verzicht auf die Berücksichtigung von Transaktionskosten. Folgerichtig führt die Übertragung der Arbeiten der Vertreter der Institutionenökonomie116 speziell auf kredit- und finanzwirtschaftliche Fragestellungen seit den 1970er Jahren zu einer Vielzahl banktheoretischer Veröffentlichungen117. Im Folgenden wird ein Überblick über ausgewählte entsprechende Untersuchungsansätze gegeben, wobei sich die Auswahl an der in diesem Kapitel vorgenommenen Systematisierung der Institutionenökonomie orientiert und zudem nur Arbeiten kritisch reflektiert werden sollen, deren Ergebnisse als Basis für die Legitimation staatlicher Maßnahmen herangezogen werden118; sei es aus theoretischer Perspektive oder als Argument politischer Entscheidungsträger zur Gestaltung realer Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten.

2.3.2 Modellgestützte Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten und Schlussfolgerungen für staatliche Maßnahmen 2.3.2.1 Informationsökonomische Ansätze 2.3.2.1.1 Geldangebot durch Kreditinstitute Durch Variation der Prämisse über die Wissensausstattung der modellierten Wirtschaftssubjekte verändern sich die Inhalte einer Analyse des Geldangebots durch Kreditinstitute im Vergleich zum neoklassischen Grundmodell dahingehend, dass Geld neben den Funktionen der Recheneinheit und des Zahlungsmittels weitere Funktionen erfüllen kann. Hierzu gehört die Wertaufbewahrungsfunktion, die Geld ebenso wie andere Güter als Medium für die intertemporale Bestandshaltung erfüllen kann. Die Entscheidung zwischen verschiedenen alternativ zur Verfügung stehenden Wertspeichern wird determiniert durch die zur Bestimmung des Risikos der Vermögenspositionen verwendete Maßeinheit, die Risikoeinstellung und die 115 Zum Überblick Geue (1999), S. 379 – 382 (Informationsprämisse, Transaktionskosten, Empirie, Emergenz von Geld). Ferner Rombach (1993), S. 55 – 58 (Empirische Beobachtungen und Informationsprämissen widersprechen der Theorie von Fama). 116 Gleichwohl haben auch Vertreter der „alten Institutionenökonomie“ bereits geld- und kreditwirtschaftliche Zusammenhänge analysiert. Die Emergenz und Funktion der Institution „Geld“ betrachtet ausführlich Menger (1909), insbes. S. 560 – 565. Zur Einordnung der Arbeiten Mengers in die Institutionentheorie vgl. Elsner (1987), S. 10. 117 Vgl. zu einem aktuellen Überblick Paul (2002b), S. 39; ferner dokumentieren die älteren Übersichtsartikel von Bhattacharya / Thakor (1993) und Santomero (1984) den Entwicklungsprozess. 118 Für eine zusammenfassende Übersicht vgl. Fey (2006), insbes. S. 56 – 79.

2.3 Institutionenökonomie

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Erwartungen über zukünftige Entwicklungen119. Die Einführung von Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen führt darüber hinaus dazu, dass neben der Festlegung der Messperiode die Wahl des Maßgutes für die Abbildung der Unsicherheitsstruktur von Vermögensgegenständen eine wesentliche Bedeutung erlangt120. Staatliches Handeln wäre aus marktgleichgewichtsorientierter Perspektive dann zu rechtfertigen, wenn miteinander konkurrierende private Geldanbieter nicht dazu in der Lage wären, Geld anzubieten, das die zur Erfüllung dieser erweiterten Funktionen notwendige Geldwertstabilität als Eigenschaft besitzt, sich also die relativen Knappheitsgrade aller Güter im Zeitablauf monetär unverfälscht herausbilden können121. Geld in Form von Depositen bei Kreditinstituten oder in Form von privaten Banknoten besitzt nicht die oben erläuterten Eigenschaften eines öffentlichen Gutes, staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten als private Geldanbieter können folglich nicht mit dieser Erscheinungsform von Marktversagen legitimiert werden122. Fraglich ist, ob die Entscheidung über die Verwendung eines bestimmten Maßgutes zur Abbildung der Unsicherheitsstruktur von Vermögensbeständen staatlich vorzuschreiben ist. In der Literatur wird dies nur dann für notwendig erachtet, wenn hoheitliche Folgen an bestimmte Messergebnisse geknüpft sind123. Auch andere Erscheinungsformen von Marktversagen, wie das Natürliche Monopol oder Externe Effekte, sind nicht dazu geeignet, staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten in ihrer Funktion als Geldanbieter in einem erweiterten neoklassischen Modellrahmen zu begründen124.

2.3.2.1.2 Intermediationsleistungen von Kreditinstituten in portefeuille-theoretischen Modellen Die Aufgabe der Prämisse der vollständigen Information der handelnden Wirtschaftssubjekte durch Vertreter der Informationsökonomie hat weitreichende Konsequenzen auf die Modellierung des Gleichgewichts auf Finanzmärkten. An Stelle der vereinfachenden Annahme von Entscheidungen unter Sicherheit bedarf es nunmehr einer Fundierung des weiterhin gesamtwirtschaftlich ausgerichteten Erklärungsansatzes durch die einzelwirtschaftliche Entscheidungstheorie125, die zur Vgl. Dittus (1987), S. 43. Vgl. Stützel (1970), S. 12 – 14 und S. 20 – 22. 121 Vgl. Seifert (1984), S. 103. 122 Vgl. Terres (1999), S. 88. 123 Vgl. Dittus (1987), S. 40 – 43. 124 Für eine Diskussion ausgewählter Argumente ausführlich und im Ergebnis kritisch Seifert (1984), S. 101 – 119. 125 Sehr deutlich werden die Unterschiede des informationsökonomischen Ansatzes im Vergleich zur neoklassischen Markttheorie bereits bei Schmidt, R. H. (1979), S. 129 – 146. Im Sinne von Schmidt ist Informationsökonomie eine auf der Individual-Entscheidungstheorie aufbauende Markttheorie (vgl. S. 129). 119

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strukturierten Erfassung von Entscheidungsproblemen unter Unsicherheit das geeignete Instrumentarium zur Verfügung stellt126. Mit der Portefeuille-Theorie existiert ein entscheidungstheoretisches Instrumentarium zur Erklärung der Transaktionen auf Finanzmärkten unter der Annahme, dass Unsicherheit über künftige Umweltentwicklungen durch Wahrscheinlichkeitsverteilungen der erwarteten Renditen abgebildet werden kann127. Im Einzelnen setzt dieser Ansatz zunächst ein vollständiges Entscheidungsmodell hinsichtlich der Handlungsalternativen und möglicher Umweltzustände sowie die Gleichverteilung der Informationen im Sinne homogener Erwartungen voraus. Zudem wird unterstellt, dass Entscheidungsträger den möglichen (unsicheren) Umweltzuständen im Planungszeitpunkt eindeutige Ergebnisbeiträge pro Handlungsalternative zuordnen können128. Eine Analyse von Unsicherheit aufgrund von Fehlern bei der Aufstellung des Entscheidungsmodells und von Effekten ungleicher Informationsverteilung zwischen den Wirtschaftssubjekten hingegen bleibt unberücksichtigt129. Die Übertragung der Ergebnisse portefeuille-theoretischer Finanzmarktmodelle auf Art und Umfang kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung hat zu diversen Veröffentlichungen geführt130, die Kreditinstitute als Unternehmen modellieren, die Zahlungsmittel beschaffen und diese Gelder als Zahlungsmittelbestand halten oder in Finanzierungskontrakten anlegen. Die verschiedenen Arbeiten unterscheiden sich danach, ob der Schwerpunkt auf der Erklärung der Mittelbeschaffung oder der -verwendung liegt oder eine simultane Erklärung beider Aspekte bankbetrieblicher Geschäftstätigkeit angestrebt wird131: Entweder besteht Unsicherheit über die Höhe des Mittelabflusses oder es wird ein stochastischer Prozess für die Höhe der mit der Anlageentscheidung zu erzielenden Mittelzuflüsse unterstellt. Kreditinstitute werden dann, entsprechend der erläuterten allgemeinen, neoklassischen Vorgehens126 Einen Überblick über das Problem der Unsicherheit gibt Bitz (1981), S. 10 – 20. Ausführlich zu den konstitutiven Elementen von Entscheidungsmodellen Bitz (1977), S. 65 – 90. 127 Vgl. Sharpe (1970), pp. 18 – 73 und Markowitz (1952), S. 77 – 91; ausführlich auch Breuer (1993), S. 23 – 41 und Bitz (1981), S. 110 – 151 (m. w. Nw.). 128 Schneider spricht in diesem Zusammenhang von der „vollständigen Gewissheit über die Ungewissheit“, vgl. Schneider (1983), S. 8. Krahnen hingegen verwendet den Begriff der „exogenen Stochastik“ zur Charakterisierung einer gegebenen Unsicherheitsstruktur, vgl. Krahnen (1985), S. 25. 129 Kritisch in diesem Sinne auch Fülbier (1998), S. 118 f. 130 Als Begründer der Portefeuille-Modelle für Banken gilt Pyle (1971); ähnliche Überlegungen finden sich allerdings auch bei Klein (1971), p. 205. Für einen Überblick vgl. ausführlich Santomero (1984), pp. 577 – 597 und Baltensperger (1980), pp. 4 – 36; ferner Neuberger (1994), S. 4 und Grosch (1989), S. 23 – 32. 131 Ausführlich zu den verschiedenen Varianten Baltensperger / Milde (1987), S. 19 – 92, S. 181 – 239 und S. 240 – 279; einführend auch Vollmer (1999b), S. 42 – 47 (m. w. Nw.); für ein Modell, das sowohl die Mittelbeschaffung als auch die Mittelverwendung portefeuille-theoretisch abbildet vgl. Neuberger (1994), S. 100 – 138.

2.3 Institutionenökonomie

77

weise, als risikoscheue Nutzenmaximierer132 modelliert, die eine bestimmte Minimalkostenkombination realisieren. Neben der denkbaren Kritik an der beibehaltenen neoklassischen Methode konzentrieren sich die gegenüber einer portefeuille-theoretischen Erklärung von Kreditinstituten angeführten Argumente überwiegend auf eine fehlende Erklärung der Existenz von Kreditinstituten auf Finanzmärkten, da sie durch Ad-hoc-Annahme eingeführt werden133 und nicht modellendogen erklärt werden können. Aufgrund der getroffen Annahme homogener Erwartungen können Kreditinstitute nicht als Informationen transformierende Unternehmen erklärt werden; denkbar wäre allerdings die Übernahme der Funktion eines Auktionators134, wenn sich aufgrund der gewählten Anfangsausstattung der Wirtschaftssubjekte kein Finanzmarktgleichgewicht ergibt. Da diese selbst annahmegemäß nur als reine Mengen-Anpasser handeln können, bewirkt die Einführung eines Walrasianischen Auktionators eine Annäherung an das Marktgleichgewicht. Fraglich erscheint, ob im unterstellten Modellkontext eine darüber hinausgehende Transformation von Risiken oder Fristen durch Kreditinstitute erklärbar ist135: Während Krahnen eine entsprechende Funktion deshalb negiert, weil Kreditinstitute bei kurzfristigen Marktungleichgewichten lediglich eine Arbitrage-Funktion übernehmen können, weist Breuer darauf hin, dass sich neue Finanzierungskontrakte unter den gegebenen Annahmen nur durch Linearkombinationen der vorhandenen Titel konstruieren lassen. Da diese im Modell von den Geldgebern selbst vorgenommen werden können, besitzen Kreditinstitute weder eine fristen- noch risikotransformierende Funktion.

2.3.2.1.3 Legitimation staatlicher Maßnahmen zur Beeinflussung des Insolvenzeintrittsrisikos Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten werden im Rahmen portefeuille-theoretischer Arbeiten zunächst nur am Rande behandelt, da sich die Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten im Rahmen bankbetrieblicher Forschung im Folgenden auf die Variation anderer Prämissen des neoklassischen Grundmodells fokussiert. Die Notwendigkeit, Legitimation und alternative Erscheinungsformen staatlichen Handelns innerhalb des portefeuille-theoretischen Modells zu analysieren, betont allerdings frühzeitig Klein136. Gegenstand seiner Ausführungen 132 Kritisch zu dieser für alle portefeuille-theoretischen Modelle grundlegenden Annahme Swank (1996), p. 186. 133 Kritisch zu dieser „magical appearance“ des Finanzintermediärs Krahnen (1985), S. 26 und 27; ähnlich auch Scholtens (1993), p. 120, der die Ursache hierzu in der unvollständigen Übertragung der Theorie der Unternehmung sieht. 134 Vgl. hierzu Breuer (1993), S. 42 – 44. 135 Vgl. Krahnen (1985), S. 29 – 37; kritisch hierzu Breuer (1993), S. 45 – 53 und zusammenfassend S. 53 – 55. 136 Vgl. Klein (1971), pp. 214 – 216.

78

2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

sind – die zeitgenössischen – Preisobergrenzen für Bankeinlagen in den USA. Er weist nach, dass die von den politischen Entscheidungsträgern behauptete Gefahr unsolider Geschäftspolitik infolge hoher Zinsversprechen gegenüber den Gläubigern des Kreditinstituts in einem die Mittelverwendung modellierenden PortefeuilleModell nicht fundiert werden kann, da die Portfolio-Optimierungsentscheidung über die Mittelverwendung unabhängig von der Höhe und den Kosten des Mittelangebots ist. Klein betont ferner, dass ein staatliches Verzinsungsverbot Umgehungsaktivitäten der Kreditinstitute, wie kostenlosen Transaktions-Service, initiiert. Obwohl eine differenzierte Analyse staatlicher Maßnahmen in den theoretischen Arbeiten zunächst nicht erfolgt, wurden die gut nachvollziehbaren Erkenntnisse des, unter den skizzierten engen Prämissen entwickelten137, Ansatzes von den wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgern übernommen. Sie bilden die Grundlage für fortdauernde Weiterentwicklungen realer Beschränkungen der bankbetrieblichen Geschäftstätigkeit in Form der sogenannten „Eigenkapitalvorschriften“ von einfachen Bilanzstrukturnormen zu Vorschriften über eine bestimmte Struktur der Mittelverwendung einerseits und die Begrenzung der Geschäftstätigkeit durch Vorgabe bestimmter Eigenfinanzierungsquoten an der Mittelbeschaffung andererseits138. Erklärtes Ziel des Gesetzgebers ist es, mit diesen Vorschriften präventiv die Wahrscheinlichkeit von Insolvenzen in der Kreditwirtschaft zu verringern139. Eine explizite Erweiterung der portefeuille-theoretischen Modelle um Eigenkapitalvorschriften erfolgt erst anlässlich des Anstieges der Regulierungsintensität insbesondere infolge der Vorschläge des Anfang der 1970er Jahre gegründeten Basler Ausschusses für die Bankenaufsicht140, wobei im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten eine Analyse der Wirkungen unterschiedlicher Ausgestaltungsformen von Eigenkapitalnormen auf das Bankverhalten steht141. Nur selektiv wird die Notwen137 Zur Kritik der Modellannahmen Vollmer (2002), S. 330 – 333 und ausführlich Burghof (1998), S. 149 – 153. 138 Zu dieser Entwicklung kritisch Schneider (2002c), S. 2 – 11. Für einen Überblick über die Entwicklungsstufen bankaufsichtsrechtlicher Eigenkapitalnormen vgl. Santos (2000), pp. 17 – 23 sowie ausführlich Burghof (1998), S. 103 – 118. Ein weiterführender Überblick über verschiedene Varianten der Theorie der Kapitalstruktur findet sich bei Bitz (2001), Sp. 1318 – 1339 (m. w. Nw.). 139 Kritisch hierzu Fey (2006), S. 88 – 89 und S. 196 – 200; grundlegend bereits Schneider (1987), S. 86 – 100 (m. w. Nw.) und Seifert (1984), S. 231 f. 140 Kritisch zur Bedeutung des Basler Ausschusses für die Bankenaufsicht Vollmer (2002), S. 324 – 330 und S. 333- 341 sowie aus politökonomischer Perspektive Kaserer (2006), insbes. S. 70 – 77. 141 Für einen Überblick vgl. Rathgeber / Wallmeier (2005), S. 520 f.; Vollmer (2002), S. 333 – 340; Stillhart (2002), S. 169 – 179, Kaserer (1998), S. 65 – 71 und Santomero (1984), pp. 593 – 595. Eine ausführliche Darstellung der Portfoliomodelle zur Eigenkapitalregulierung bei Kreditinstituten findet sich außerdem bei Burghof (1998), S. 118 – 149 (m. w. Nw.). Die zunehmende Bedeutung der Eigenkapitalvorschriften für Banken führt schließlich dazu, dass die Wirkungen verstärkt auch in anderen marktgleichgewichtsorientierten Untersuchungsansätzen, wie dem State-Preference-Ansatz analysiert werden, vgl. Stillhart (2002), S. 167 f.;

2.3 Institutionenökonomie

79

digkeit zu staatlichem Handeln durch Erweiterung der ursprünglichen Modelle beispielsweise um marginale Insolvenzkosten analysiert142 und zur Legitimation staatlicher Maßnahmen in Form von Mindesteigenkapitalnormen hierauf aufbauend aus dem Katalog möglicher neoklassischer Marktversagens-Argumente ausschließlich auf das Vorliegen Externer Effekte rekurriert: Die von den Kreditinstituten berücksichtigten Insolvenzkosten entsprächen nicht den volkswirtschaftlich relevanten Gesamtkosten143, was insbesondere bei Banken in staatlichem Eigentum zu erwarten sei und bei denjenigen, deren Geschäftstätigkeit einen besonders großen Umfang erreicht hat144. Ein anderer Teil der Literatur legitimiert Eigenkapitalnormen mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit von Folgeregulierungen, die unerwünschte Wirkungen anderer staatlicher Maßnahmen oder der Eigenkapitalnormen selbst auf das Verhalten der Kreditinstitute korrigieren145. In beiden Fällen bildet in einer freiheitlich organisierten Wirtschaftsordnung die Einführung staatlicher Eigenkapitalnormen kein geeignetes Instrument zur Korrektur des behaupteten Marktversagens; vielmehr bedarf es eines Verzichts auf staatliches Eigentum an Kreditinstituten einerseits und einer Abschaffung von Interventionen mit unerwünschten Folgewirkungen andererseits146. Unter Berücksichtigung der in Kapitel 1.2.3 zusammengestellten Anforderungskriterien an eine ökonomische Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten kann der portefeuille-orientierte Ansatz wie folgt beurteilt werden:  Mit der Übertragung der Portefeuille-Theorie werden die Möglichkeiten zur Erklärung der von realen Kreditinstituten erbrachten Leistungen zweifellos erweitert, indem Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen im Bereich der Mittelbeschaffung und / oder Mittelverwendung eingeführt wird. Neben dieser Variation der Informationsausstattung der modellierten Marktpartner bleiben die Prämissen und Methoden des neoklassischen Grundmodells allerdings erhalten, so dass weiterhin nur ein Teilaspekt realer kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung modellgestützt erklärt werden kann. ausführlich ferner Homölle (1999), S. 18 – 44. Im Mittelpunkt dieser Untersuchungen stehen allerdings ebenfalls die Effekte auf das geschäftspolitische Verhalten von Kreditinstituten; die Notwendigkeit staatlicher Eigenkapitalvorschriften wird hingegen nicht weiter erörtert. 142 Vgl. Vollmer (2002), S. 330 – 332; ähnlich Stillhart (2002), S. 178 f.; ferner kritisch Burghof (1998), S. 153. Auch Schneider (2002), S. 4 – 10 unterzieht die Argumente zur Legitimation von Eigenkapitalnormen einer kritischen Analyse, indem er eine differenzierte Analyse der Ursachen von Bank-Insolvenzen vornimmt; ähnlich bereits auch Schneider (1986a), S. 565 – 568. 143 Vgl. Vollmer (2002), S. 332; ähnlich auch Pohl (2001), S. 40. 144 In der Literatur wird dieses Argument unter dem Stichwort „Too big to fail“ diskutiert. Für einige reale Beispiele vgl. Kaserer (1998), S. 181 – 184. 145 Vgl. hierzu Bärenfänger / Pfingsten / Ricke (2006), insbes. S. 398 – 403 (m. z. w. Nw.); ausführlich Dietrich / Vollmer (2005), S. 245 – 268; ferner Theurl (2001), S. 21 und Pohl (2001), S. 40; kritisch hingegen Schneider (1987), S. 104 – 106. 146 Sehr deutlich Vollmer (2002), S. 332 f.

80

2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

 Angesichts dieser Grenzen des Ansatzes kann eine Klassifikation von Kreditinstituten nach Art und Umfang der erbrachten Transformationsleistungen nicht erfolgen und es erscheint fraglich, ob Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung hinreichend aufgezeigt werden, um hierauf aufbauend valide Aussagen im Rahmen gestaltender Theorien zu ermöglichen.  Als Grundlage für die reale Gestaltung von staatlichen Maßnahmen ist der unter nur leicht modifizierten und deshalb weiterhin engen neoklassischen Prämissen und Methoden entwickelte Ansatz ebenfalls nicht geeignet. Dem Anspruch, einen interdisziplinären Ansatz zu entwickeln, der Möglichkeiten zur Verbesserung der Gesetzgebung im Bereich der Kreditwirtschaft aufzeigt, wird die PortefeuilleTheorie ebenfalls nur eingeschränkt gerecht, da eine Systematisierung und Klassifikation möglicher Ziele des Bankgesetzgebers auf die Beeinflussung des Insolvenzeintrittsrisikos und die Verhinderung von Marktversagen beschränkt bleibt. Eine Kooperation von Rechts- und Wirtschaftswissenschaft allein auf der Grundlage der Portefeuille-Theorie erscheint unmöglich.

Veränderungen der Informationsausstattung der Wirtschaftssubjekte führen dazu, dass die im neoklassischen Modell bisher unterstellte Kostenfreiheit von Markttransaktionen ebenfalls an Gültigkeit verliert, da nunmehr Informationskosten in unterschiedlichen Erscheinungsformen auftreten können. Im folgenden Kapitel werden Ansätze vorgestellt, die zur Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten allgemeiner auf verschiedene Arten von Transaktionskosten auf Finanzmärkten zurückgreifen. Staatliche Maßnahmen werden innerhalb dieser Modellwelt zurückhaltend diskutiert, da von der Überlegenheit privater Lösungen ausgegangen wird. Nur bei bestimmten Konstellationen wird dem Staat eine Standardisierungs-Aufgabe zugewiesen. 2.3.2.2 Transaktionskosten-Ansätze 2.3.2.2.1 Geldangebot durch Kreditinstitute Im neoklassischen Ausgangsmodell ermöglicht die Prämisse der vollständigen Information aller Wirtschaftssubjekte eine vereinfachende Analyse von Markttransaktionen ohne Berücksichtigung der mit der Inanspruchnahme des Preismechanismus’ als Allokationsmedium verbundenen Kosten. Sie bildet darüber hinaus die Voraussetzung dafür, dass eine vereinfachende Modellierung des Verhaltens der Wirtschaftssubjekte als reine Preis- oder Mengen-Anpasser legitim erscheint. Mit der Einführung von Unsicherheit wird es hingegen notwendig, die mit der Abwicklung von Tauschhandlungen verbundenen Kosten explizit zu berücksichtigen und außerdem eine Erweiterung der modellhaft abgebildeten Verhaltensweisen vorzunehmen147. Begrenzte Informationsaufnahme- und -verarbeitungsfähigkeiten verhindern eine vollständige Aufnahme aller Informationen in das Entscheidungs147

Vgl. Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 201 – 204.

2.3 Institutionenökonomie

81

kalkül, so dass es den Wirtschaftssubjekten nicht möglich oder zu kostenintensiv ist, vollständige Verträge abzuschließen, die Vorkehrungen gegen alle zukünftigen Entwicklungen beinhalten. Aus der Unvollständigkeit der abgeschlossenen Verträge kann Unsicherheit über das vereinbarungsgemäße Handeln des Tauschpartners resultieren, wenn diese sich opportunistisch verhalten. Infolgedessen entstehen für die Marktpartner zusätzliche Kosten der Überwachung und Durchsetzung vertraglicher Leistungspflichten. Zusätzlich zu dieser Prämissenvariation unterscheidet sich der Transaktionskostenansatz vom Grundmodell hinsichtlich der Untersuchungsmethode: Die sich als Ergebnis des Optimierungsverhaltens aller Marktteilnehmer ergebende Allokationseffizienz eines von Transaktionskosten freien Marktes im Gleichgewicht dient nunmehr als Referenzmaßstab (first best Lösung), mit dem die Situation bei Berücksichtigung von Transaktionskosten verglichen wird (second best Lösung). Institutionen unterschiedlicher Art werden hierauf aufbauend hinsichtlich ihrer Transaktionskosten reduzierenden Wirkung analysiert. Damit werden Transaktionskosten als Indikator für die Existenz von Ungleichgewichten einerseits und als Maßstab für den Vergleich unterschiedlicher Institutionen andererseits herangezogen148. Da sich mit der Abgrenzung und Messung von Transaktionskosten diverse Probleme ergeben können, ist zumindest der Transaktionskosten-Ansatz von Coase und Williamson eher als heuristisches Konzept, denn als geschlossene Theorie zu verstehen149. Dies zeigt sich deutlich angesichts der nur rudimentären Anwendung des Transaktionskosten-Ansatzes zur Erklärung des Geldangebots durch Kreditinstitute. Mit Hilfe des Transaktionskosten-Ansatzes wird der Frage nachgegangen, welche Effizienzsteigerungen durch Verwendung unterschiedlicher institutioneller Ausgestaltungsformen des Geldangebots realisierbar sind150. Hierzu bedarf es zunächst einer Klassifikation der mit dem Gebrauch von Geld verbundenen, bezogen auf die unterschiedlichen Erscheinungsformen jeweils spezifischen variablen oder konstanten Transaktionskosten: Aus Anbietersicht bedarf es neben den aus der „Herstellung“ des Geldes resultierenden Produktionskosten einer Berücksichtigung von Reservehaltungskosten und Kontrollkosten hinsichtlich der Echtheit des emittierten Geldes151. Aus Nachfragersicht hingegen sind die mit der Erfüllung der Wertaufbewahrungs- und der Abrechnungsfunktion verbundenen Kosten von Relevanz152. Hierbei Sehr deutlich hierzu Fülbier (1998), S. 127 f. Kritisch zur ungenauen Benutzung des Begriffs der Transaktionskosten grundlegend Schneider (1995), S. 268 – 271 (m. w. Nw.) sowie zum heuristischen Gehalt S. 275 f.; dem folgend Fülbier (1998), S. 126 und Horsch (2008), S. 100 – 102. Ein Überblick über den formalen Zweig innerhalb der Transaktionskostentheorie findet sich bei Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 217 – 249 (m. w. Nw.). 150 Vgl. hierzu Terres (1999), S. 40 – 45. Für einen Überblick über verschiedene Erscheinungsformen von Geld vgl. oben Kapitel 1.2.1.2.1. 151 Vgl. hierzu den Überblick bei Muhl (2001), S. 80 – 86 (m. w. Nw.) 152 Ein Nachweis der Literatur zur Einbindung von Transaktionskosten in die Geldnachfragetheorie findet sich beispielsweise bei Benston / Smith (1976), p. 218. 148 149

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

kann es sich, abgeleitet aus der Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes, um mit der Beschaffung von Informationen über die Wertbeständigkeit des Geldes verbundene Informationskosten einerseits und die aus der Zahlungsmittelfunktion des Geldes abgeleiteten, bei der Abwicklung von Markttransaktionen entstehenden Abrechnungskosten andererseits handeln. Daneben sind Opportunitätskosten der Geldverwendung und andere Faktoren zu berücksichtigen153. Einlösbares Geld Transaktionskosten

Stoffgeld

Stoffwertloses Geld

Nicht-einlösbares Geld Stoffgeld

Stoffwertloses Geld

Produktionskosten

hoch

niedrig

hoch

niedrig

Reservehaltungskosten

hoch

hoch

niedrig

niedrig

Kontrollkosten

hoch

hoch

niedrig

niedrig

Summe aus Anbietersicht

sehr hoch

hoch

niedrig

sehr niedrig

Informationskosten

niedrig

niedrig

hoch

hoch

Abrechnungskosten

hoch

niedrig

hoch

niedrig

Summe aus Nachfragersicht

offen

niedrig

hoch

offen

Abbildung 2.1: Transaktionskosten bei unterschiedlichen Erscheinungsformen von Geld

Entsprechend der Klassifikation von Geld nach den Kriterien der Einlösbarkeit und dem Stoffgehalt lassen sich folgende Tendenzaussagen zur Höhe der Transaktionskosten ableiten (vgl. Abbildung 2.1): Für Kreditinstitute als Anbieter von Geld weist einlösbares Stoffgeld eindeutig die höchsten Transaktionskosten auf, da die Produktionskosten im Vergleich zu dem Angebot an stoffwertlosem Geld hoch und die entsprechenden Vermögensgegenstände keiner anderen ökonomischen Verwendung zugeführt werden können. Nicht-einlösbares Geld hingegen weist den Vorteil niedrigerer Reservehaltungs- und Kontrollkosten auf, erfordert allerdings zur Sicherung der Akzeptanz den Aufbau von Reputation durch freiwillige Handlungsbeschränkungen und ist mit entsprechenden Kosten verbunden. Aus Nachfragersicht bildet hingegen einlösbares stoffwertloses Geld die unter Transaktionskostenaspekten bevorzugte Erscheinungsform von Geld, da sowohl die Informations- als auch Abrechnungskosten niedrig eingeschätzt werden. Im Gegensatz dazu müssen die Geldnachfrager zur Kontrolle der Wertstabilität von nicht-einlösbarem Geld auf freiwillige Handlungsbeschränkungen des Emittenten vertrauen und diese entsprechend kontrollieren. Wegen seines heuristischen Charakters lassen sich mit Hilfe des Transaktionskosten-Ansatzes lediglich Tendenzaussagen hinsichtlich der Entwicklung des Angebots realer Erscheinungsformen von Geld ableiten, eine 153 Zu den verschiedenen Einflussgrößen angesichts der Entwicklung moderner Geldformen vgl. Muhl (2001), S. 68 – 74 (m. w. Nw.).

2.3 Institutionenökonomie

83

weitergehende Einbindung in das neoklassische Modell erscheint hingegen problematisch154. 2.3.2.2.2 Intermediationsleistung durch Kreditinstitute Neben der Erklärung der Erscheinungsformen des Geldangebots durch Kreditinstitute wird der Transaktionskostenansatz zur Erklärung der Existenz von Kreditinstituten entweder als Möglichkeit zur Überwindung von Problemen des Tauschhandels oder zur Verringerung von Unvollkommenheiten auf Finanzmärkten herangezogen155. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht hierbei der Effizienzvergleich zwischen einem unmittelbar zwischen Geldgeber und Geldnehmer abgeschlossenen Kontrakt einerseits und einem sich bei Zwischenschaltung eines Intermediärs ergebenden Finanzkontraktes andererseits156. Sinken Transaktionskosten im Zeitablauf bei direktem Abschluss von Finanzkontrakten, ist als Ergebnis dieses Vergleichs auch die abnehmende Existenzberechtigung von Kreditinstituten denkbar. Für eine systematische Analyse der Transaktionskosten senkenden Funktion von Kreditinstituten erscheint eine Klassifikation in Anlehnung an das zeitliche Phasenschema von Finanzierungsbeziehungen sinnvoll157: Kreditinstitute können zu einer Senkung zahlreicher mit der Anbahnung, der Ausgestaltung, der Abwicklung und dem Austausch von Finanzkontrakten verbundenen Transaktionskosten beitragen (vgl. Abbildung 2.2). Für die Erklärung von Kreditinstituten als Institutionen zur Realisierung von Effizienzvorteilen durch Ausnutzung von „Economies of Scale“ oder „Econonomies of Scope“158, ist darüber hinaus eine Klassifikation der Transaktionskosten in – jeweils bezogen auf die einzelne Transaktion – Einzel- und Gemeinkosten einerseits und variable und Fixkosten andererseits sinnvoll159. Für eine weitergehende Betrachtung dieser Effekte können entweder der ursprüngliche An154 Im Ergebnis ähnlich Boller (1992), S. 77 – 95, der generell die Einbindung von Geld in diesen Modellrahmen skeptisch beurteilt; kritisch zur Einbindung speziell von Kreditgeld in die neoklassische Theorie auch Walter (2009), S. 33 – 36. 155 Grundlegend hierzu die Ausführungen von Benston / Smith (1976), pp. 215 – 231, p. 217: „This argument focuses explicitly on the rationale for the existence of financial intermediaries – market imperfections“; ein Überblick über die Literatur findet sich ferner bei Scholtens (1993), S. 121 – 126. 156 Sehr anschaulich hierzu Horsch (2008), S. 104. 157 Zum Phasenschema von Finanzierungsbeziehungen Bitz / Stark (2008), S. 51 – 53; zu einer ähnlichen phasenbezogenen Systematisierung von Transaktionskosten vgl. Wagner, E. (1982), S. 10 und Langer / Weber (2000), S. 209. Ähnlich auch Horsch (2008), S. 101 f. und Paul (2002b), S. 41 – 43. 158 Für einen Überblick eignet sich Neuberger (1998), S. 147 – 157. Neuberger unterscheidet die Effizienz von Banken in Größeneffizienz und Kosteneffizienz. Vgl. auch Horsch (2008), S. 104 und S. 105 (m. w. Nw.) und die Übersichten bei Freixas / Rochet (1997), pp. 18 – 20 sowie bei Scholtens (1993), S. 121 – 126 und Wahrenburg (1992), S. 18 – 21 (im Ergebnis kritisch). Kritisch ebenfalls Grosch (1989), S. 139 – 151. 159 Vgl. hierzu grundlegend die Ausführungen bei Breuer (1993), S. 60 – 74.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

satz von Coase oder die hierauf aufbauenden differenzierteren Überlegungen von Williamson auf Kreditinstitute übertragen werden160. Phase der Finanzierungsbeziehung Erscheinungsform von Transaktionskosten

Entscheidungsphase Informationskosten

Vertragsphase  Kontraktkosten  Überwachungskosten  Risikokosten  Liquidationskosten

Abwicklungsphase Abwicklungskosten

Abbildung 2.2: Zuordnung von Transaktionskosten zu einzelnen Phasen von Finanzierungsbeziehungen

Im Sinne der Theorie von Coase sind in der Entscheidungs- und Vertragsphase von Finanzkontrakten realisierbare Kostenvorteile kein hinreichendes Kriterium zur Existenzbegründung von Kreditinstituten. Zwar können Informations- und Vertragskosten bezogen auf den einzelnen Finanzkontrakt fixe Kosten sein und folglich Kostendegressionseffekte aus der Einschaltung von Spezialisten resultieren, die eine große Anzahl von Finanzierungsbeziehungen eingehen. Diese weisen allerdings nicht zwingend den Charakter von eigenständigen Unternehmen auf, wenn derartige Finanzintermediäre, wie beispielsweise finanzielle Makler oder Kapitalanlagegesellschaften, nur entsprechend den durch den Kontraktpartner explizit definierten Vertragsinhalten hin tätig werden161. Die Entstehung eines speziellen Unternehmens im Sinne von Coase setzt vielmehr voraus, dass der Abschluss von Kontrakten über einen längeren Zeitraum hinweg vorteilhaft ist und dem Unternehmen im Rahmen grob skizzierter Grenzen weitreichende Entscheidungsfreiheit über die Mittelverwendung eröffnet wird162. Kreditinstitute wären folglich Unternehmen, die durch den Abschluss unterschiedlich ausgestalteter Finanzkontrakte Zahlungsmittel erhalten, über deren Verwendung sie innerhalb bestimmter Grenzen frei entscheiden dürfen und zu deren vertragsgemäßer Rückzahlung sie zu einem späteren Zeitpunkt verpflichtet sind. Sie unterscheiden sich insofern nicht von auf Leistungs- oder Gütererstellung spezialisierten Unternehmen. Die Besonderheit von Kreditinstituten besteht vielmehr in der überwiegenden Verwendung der überlassenen Mittel für den Erwerb oder den originären Abschluss von Finanzkontrakten, die sich von denen zur Mittelbeschaffung in 160 Eine Diskussion und Weiterentwicklung der Arbeiten von Williamson erfolgt durch Zimmer (1993), insbes. S. 34 – 64, S. 167 – 139. Der Ansatz von Coase liegt der Dissertation von Wagner (1982), insbes. S. 11 – 16 zugrunde. 161 Vgl. Wagner (1982), S. 11 f. Diese Bedingung von Coase vernachlässigen Langer / Weber (2000), S. 208 f. im Rahmen ihrer (verkürzten) Darstellung des Transaktionskostenansatzes. 162 Vgl. Wagner (1982), S. 8 f.

2.3 Institutionenökonomie

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Bezug auf die Laufzeit, die Höhe des Betrages, die Unsicherheitsstruktur und den Grad der Standardisierung unterscheiden können163. Kreditinstitute übernehmen folglich neben der Abwicklung des Zahlungsverkehrs eine Fristen-, Betrags- und Risikotransformationsfunktion164. Im Rahmen des Transaktionskostenansatzes erfolgt dann die Einbindung hiermit verbundener verschiedener Kostenarten in neoklassische Optimierungsmodelle, die sich nach der Art der berücksichtigten Leistung unterscheiden165. Kreditinstitute entstehen immer dann, wenn die Kosten der optimalen Leistungserstellung unter denen der direkten Marktbeziehung zwischen Geldgeber und Geldnehmer liegen166. Im Extremfall kann die Existenz von Transaktionskosten dazu führen, dass Transaktionen über Finanzmärkte vollständig unterbleiben und Finanzkontrakte ausschließlich über Kreditinstitute abgeschlossen werden. Eine Weiterentwicklung dieser frühen transaktionskostentheoretischen Überlegungen erfolgt durch Williamson167, indem erstens vom neoklassischen Rationalprinzip abweichende Verhaltensweisen der Individuen in Form opportunistischen Verhaltens und begrenzter Erkenntnisfähigkeit eingeführt werden. Hieraus resultiert Unsicherheit über die Verhaltensweisen der Marktteilnehmer. Zweitens klassifiziert Williamson Transaktionen gemäß ihren Eigenschaften, denen maßgebliche Bedeutung zur Bestimmung der Höhe von Transaktionskosten zukommt168. Gemäß Williamson sind Unternehmen Institutionen, die die Komplexität von Entscheidungssituationen reduzieren, Erwartungen stabilisieren und opportunistisches Verhalten der Handelnden begrenzen, so dass Marktbeziehungen folglich nur in durch ein hohes Maß an Sicherheit gekennzeichneten Situationen die überlegene Transak163 Wagner sieht die Besonderheit von Kreditinstituten gerade darin, dass sie individuelle, nicht verbriefte Finanzkontrakte neu schaffen, vgl. Wagner (1982), S. 13. Zur Bedeutung der Organisation des Darlehenswesens durch Kreditinstitute vgl. Richter (1987), S. 127 – 130. 164 Vgl. für ein grundlegendes Modell Rombach (1993), S. 60 – 66 und Dittus (1987), S. 74 – 80. 165 Zu einem Überblick hierüber Wagner (1982), S. 32 – 198. Bei den Optimierungsmodellen handelt es sich genau genommen um Bankverhaltensmodelle. Als Indikator für die Transaktionskosten des Kreditinstitutes könnte etwa die Differenz zwischen Darlehens- und Guthaben-Zinsen dienen. 166 Kreditinstitute existieren wie alle anderen Unternehmen deshalb, weil die Kosten der internen Koordination durch Anweisung („unternehmensinterne Allokation“) niedriger sind als die „marketing costs“ der Koordination über Marktbeziehungen, vgl. sehr deutlich hierzu Haase (2000), S. 68 f. Zimmer beurteilt diese Erklärung allerdings als tautologisch, vgl. Zimmer (1993), S. 74 f. 167 Vgl. die Ausführungen im Standardwerk von Williamson (1985). Williamson interpretiert Transaktionskosten in Analogie zur physikalischen Theorie als „Reibungskosten“, die aufgrund mangelnder Funktionsfähigkeit des Preismechanismus’ entstehen, eine ausführliche Erläuterung hierzu findet sich bei Haase (2000), S. 70 – 75. 168 Eine kritische Zusammenfassung findet sich bei Schneider (2001), S. 639 f. (m. w. Nw.), S. 640: „So realistisch die mit Häufigkeit, Ungewißheit und transaktionsspezifischen Investitionen umschriebenen Sachverhalte auch sein mögen, so wenig führt die Erläuterung über altbekannte; klassenbildende (realtypologische) Aussagen hinaus“; anschaulich auch Fülbier (1998), S. 128 f. (m. w. Nw.).

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

tionsalternative darstellen169. Im Ergebnis existieren Unternehmen in diesem Modellkontext zur Überwindung eines speziell definierten Marktversagens und dienen der Erreichung des aus marktgleichgewichtstheoretischer Perspektive angestrebten Zustandes der Allokationseffizienz170. Kreditinstitute können analog als Institutionen erklärt werden, die mit Transaktionen auf Finanzmärkten einhergehenden Unsicherheiten reduzieren und insofern Allokationseffizienz steigernd wirken171. Zimmer fasst die hierzu bestehende Literatur kritisch zusammen und unternimmt den Versuch einer systematischen Übertragung speziell der Transaktionskostentheorie von Williamson auf Finanzmärkte172. Zunächst werden hierzu die „Rahmenbedingungen“, unter denen Transaktionen mit Finanzkontrakten erfolgen, benannt173. Die Entscheidungsträger halten aufgrund von Differenzen zwischen Einkommen und Konsum Geldvermögensbestände und verfügen über Investitionsmöglichkeiten mit divergierenden Erträgen und unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten. Sie ziehen außerdem gegenwärtigen Konsum dem Konsum in künftigen Perioden vor (Zeitpräferenz im Konsum). Finanztransaktionen werden aufbauend auf diesen Grundüberlegungen zur Übertragung von Eigentums- und Verfügungsrechten an Geldvermögen zwischen Personen abgeschlossen und dienen der Befriedigung des intra- bzw. intertemporalen Konsums und der Risikoaversion174. Diese Transaktionen werden gerade aufgrund unvollkommenen und heterogen verteilten subjektiven Wissens initiiert und können im Gegensatz zu den vollständigen Verträgen im neoklassischen Grundmodell nicht perfekt sein, da die Berücksichtigung aller künftigen Eventualitäten und opportunistischen Verhaltens der Akteure prohibitiv teuer wäre175: Zwischen originären Geldnehmern bzw. Geldgebern und dem Kreditinstitut werden sog. relationale Verträge geschlossen176. Gemäß Zimmer bestimmt außerdem die „Infrastruktur von Finanztransaktionen“ als Rahmenbedingung die Höhe der Transaktionskosten. Hierzu gehört neben dem Stand der Technik und den rechtlichen Rahmenbedingungen auch die Höhe des (gesamtwirtschaftlichen) Vermögensbestandes. Vgl. hierzu Zimmer (1993), S. 58 f. Deutlich und im Ergebnis kritisch Schneider (2001), S. 635. 171 Zu einer umfassenden, kritischen Systematisierung der transaktionskostentheoretischen Ansätze in der Theorie der Finanzintermediation vgl. Breuer (1993), S. 59 – 150. Breuer legt insbesondere Wert auf eine ausführliche Definition der Transaktionskosten, vgl. S. 60 – 74. 172 Vgl. Zimmer (1993), S. 72 – 139. Williamson selbst nimmt keine unmittelbare Existenzerklärung von Kreditinstituten vor, vgl. Zimmer (1993), S. 94 (Fn. 72). Allgemeiner zum Ansatz von Williamson Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 203 – 217. 173 Vgl. Zimmer (1993), S. 76 – 83. 174 Vgl. Zimmer (1993), S. 80. Finanztransaktionen weisen im Gegensatz zu Gütern und Dienstleistungen keine physischen Eigenschaften auf verfügen und folglich nicht über einen intrinsischen Wert. Zur leistungstheoretischen Auseinandersetzung mit Bankleistungen vgl. weiterführend Reckenfelderbäumer (2002), S. 21 – 37. 175 Allgemeiner hierzu Haase (2000), S. 79 und Fülbier (1998), S. 130. 176 Vgl. Fest (2008), S. 126 – 128. 169 170

2.3 Institutionenökonomie

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Anschließend werden die Eigenschaften von Finanzkontrakten mit Einfluss auf die Höhe von Transaktionskosten systematisiert177. Hierzu gehört die Dauer der Austauschbeziehung zwischen Geldnehmer und Geldgeber. Darüber hinaus wird die Höhe der Transaktionskosten durch verschiedene Erscheinungsformen der mit Finanztransaktionen verbundenen Unsicherheit determiniert. Zimmer unterscheidet hierzu zwischen exogener und endogener Unsicherheit einerseits sowie Qualitätsund Preisunsicherheit andererseits. Schließlich bestimmt das Ausmaß, in dem mit Finanztransaktionen spezifische irreversible Investitionen178 verbunden sind, die Höhe der Transaktionskosten. Zimmer weist zu Recht darauf hin, dass wegen des Vorleistungscharakters von Finanzkontrakten, die Überlassung von Geld eine vollständig spezifische Investition darstellt und bei beiden Partnern spezielle Vorkehrungen bei Abschluss der Finanztransaktion erfordert. Zimmer führt deshalb den Begriff der „partnerspezifischen Investitionen“ ein179, mit dem er die von beiden Kontraktpartnern zu erbringenden Investitionen zum Aufbau (Ex-ante-Transaktionskosten) und zur Aufrechterhaltung der finanziellen Austauschbeziehung (Ex-postTransaktionskosten) bezeichnet. Diese beiden Varianten von „partnerspezifischen Investitionen“ dienen Zimmer als Grundlage für den Vergleich der Koordinationsmuster Finanzmarkt und Kreditinstitut, in dem von ihm definierten speziellen Sinne180: Kreditinstitute sind durch eine große Anzahl von Geldgebern mit vielen Einlagenverträgen sowie eine große Anzahl von Geldnehmern mit Kreditverträgen gekennzeichnet und weisen einen hohen Eigenkapitalanteil auf. Eine Reduktion von Ex-ante-Transaktionskosten durch Nutzung technologischer oder stochastischer Skaleneffekte leuchtet unmittelbar für die beiden Geschäftsbereiche Zahlungsverkehr und Portfolio-Management ein. Zimmer lehnt allerdings die Qualifikation dieser auf Zahlungsverkehr und Portfolio-Management spezialisierten Unternehmen als „Kreditinstitute“ ab, da zur Realisierung dieser Kostenvorteile keine speziellen Vertragsgestaltungen notwendig sind, die seiner Definition von Kreditinstituten als speziellem „hierarchischen Koordinationsmuster“ entsprechen; sie werden deshalb als „Broker“ bezeichnet181. Zimmer überprüft dann die Überlegenheit von Kreditinstituten bei der Informationsvermittlung182 und gelangt auch hier zu dem Ergebnis, dass die diesbezüglichen Vgl. Zimmer (1993), S. 84 – 94. Williamson verwendet zur Bezeichnung der damit verbundenen Kosten den Begriff der „sunk sosts“. 179 Vgl. Zimmer (1993), S. 91 – 92. 180 Vgl. Zimmer (1993), S. 115. Insbesondere das Definitionsmerkmal „geringer Eigenkapitalanteil“ erscheint problematisch. 181 Vgl. Zimmer (1993), S. 118. Anderer Auffassung ist Paul (2002b), S. 42, der diesbezügliche Spezialisierungsvorteile zur Existenzbegründung von Kreditinstituten akzeptiert. 182 Zimmer greift hierbei auf die Modelle von Leland / Pyle und Campbell / Kracaw zurück, die eine asymmetrische Informationsverteilung unterstellen. Im Ergebnis unternimmt Zimmer damit den zwanghaften Versuch, diese Modelle, ebenso wie die von Fama, dem Transaktionskostenansatz unterzuordnen. 177 178

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Kostenvorteile ebenfalls nur die Existenz von „Informationsbrokern“ begründen können. Kreditinstitute existieren in diesem Ansatz ausschließlich als überlegenes Koordinationsmuster zur Reduktion von Ex-post-Transaktionskosten183. Sie bieten sowohl aus Sicht des Geldgebers als auch des Geldnehmers spezielle Finanzkontrakte an, die wegen der hohen Transaktionskosten nicht als Ergebnis direkter Verhandlungen auf Finanzmärkten abgeschlossen würden184. Für den originären Geldnehmer wird die dauerhafte Mittelbeschaffung zur Durchführung hochspezifischer Investitionen möglich, da die langfristige Beziehung mit dem Kreditinstitut größere Handlungsfreiheiten eröffnet, Vertraulichkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sichert und ein sich im Zeitablauf möglicherweise in der Struktur veränderndes Gläubigerkollektiv durch einen einzelnen Gläubiger ersetzt wird185. Darüber hinaus werden bei Abschluss eines einzelnen zentralen Kreditvertrages die hiermit verbundenen „Produktionskosten“ in Form von Kosten der Kreditwürdigkeitsprüfung und der Kreditüberwachung gesenkt186. Die Gewährung eines Bankkredits kann außerdem die Beschaffung weiterer liquider Mittel in nachfolgenden Perioden erleichtern, da dieser Maßnahme von anderen Geldgebern eine Gütesiegelfunktion eingeräumt wird187. In der Modellwelt von Zimmer ermöglichen Bankeinlagen originären Geldgebern den Abschluss von Finanzkontrakten mit geringen spezifischen Investitionen, da sie nach Vertragsschluss einerseits die jederzeitige Beschaffung liquider Mittel für Konsumzwecke ermöglichen und andererseits mit der Möglichkeit zur jederzeitigen Prolongationsverweigerung ein effizientes Mittel zur Reaktion auf neue Informationen nach Vertragsabschluss beinhalten, um opportunistisches Verhalten des Kreditinstitutes wirksam zu sanktionieren188. Kreditinstitute im Sinne von Zimmer senken durch ihre spezifische Vertragsstruktur Ex-post-Transaktionskosten, indem sie Fristentransformation betreiben und deshalb selbst einem Liquiditätsrisiko ausgesetzt sind. Mit der Übertragung des Ansatzes von Williamson auf die Existenzerklärung von Kreditinstituten unternimmt Zimmer den Versuch, ein speziell definiertes Kredit183 Im Gegensatz zur Analyse neoklassischer Verträge liegt der Schwerpunkt transaktionskostentheoretischer Untersuchungen auf der Phase der Vertragserfüllung, vgl. Fülbier (1998), S. 130 f. Unternehmen reduzieren bei häufig durchgeführten, unsicheren Transaktionen mit hoher Faktorspezifität die ex post auftretenden Transaktionskosten (z. B. Ergänzungs-, Anpassungs- und Durchsetzungskosten). 184 Kreditinstitute erweitern im Sinne von Zimmer den Möglichkeitsraum von Finanzkontrakten. Im Ergebnis ähnlich auch die Übersicht bei Scholtens (1993), S. 122 f. 185 Vgl. Zimmer (1993), S. 131 f. 186 Vgl. hierzu auch der Überblick über die entsprechende Literatur bei Scholtens (1993), S. 125 f. 187 Dieser Frage wird in der Literatur unter dem Stichwort „Relationship Banking“ weiter nachgegangen. Für einen einführenden Überblick eignen sich Paul (2002b), S. 50 – 59; Stillhart (2002), S. 48 – 52. 188 Vgl. Zimmer (1993), S. 134 – 136 (im Ergebnis allerdings unklar).

2.3 Institutionenökonomie

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institut als Ex-post-Transaktionskosten senkende Institution zu erklären. Obwohl er hierbei explizit Unsicherheit über verschiedene Aspekte von Finanztransaktionen berücksichtigt, und damit einen Kritikpunkt am neoklassischen Ausgangsmodell aufgreift, gelingt es ihm nicht, einen Untersuchungsrahmen zur Verfügung zu stellen, der unterschiedliche Erscheinungsformen kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung erklären kann und hierauf aufbauend eine Klassifikation von Kreditinstituten ermöglicht.

2.3.2.2.3 Legitimation staatlicher Standardisierungs-Maßnahmen In der Transaktionskostentheorie gelten individuell ausgehandelte Verträge als effizientes Mittel zur Koordination von Transaktionen189. Staatliche Maßnahmen lassen sich deshalb nur dann legitimieren, wenn private vertragliche Lösungen wegen zu hoher Transaktionskosten nicht zustande kommen. In der Terminologie des Transaktionskostenansatzes bildet die staatliche Koordination von Transaktionen dann eine subsidiäre Maßnahme, welche ebenfalls durch Reduktion von Transaktionskosten Effizienz steigernd wirkt190. Unklarheit besteht in der Literatur dahingehend, wie die Notwendigkeit staatlichen Handelns legitimiert werden soll: Während sich ein Teil der Autoren in neoklassischer Tradition auf das Marktversagen als Argumentationsgrundlage stützt und lediglich die bisherigen Nebenbedingungen des Optimierungskalküls um Transaktionskosten erweitert191, beschränkt sich ein anderer Teil der Literatur darauf, vorsichtig Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen im Sinne von Mustervoraussagen zu benennen192. Dahinter steht die Überzeugung, dass die Koordination von Transaktionen durch staatliche Entscheidungsträger ebenfalls nur begrenzt rational erfolgt und durch opportunistische Verhaltensweisen gekennzeichnet ist193. Sie sei deshalb im Vergleich zu privaten vertraglichen Vereinbarungen immer als subsidiäre Koordinationsmethode anzusehen. Um diesen Einwendungen Rechnung zu tragen, haben sich staatliche Maßnahmen zur Transaktionskostensenkung auf Standardisierungsmaßnahmen zu beschränken194. Diese sollten zudem nicht als zwingende Rechtsvorschriften ausgestaltet 189 Umgekehrt können staatliche Maßnahmen gerade eine Erhöhung von Transaktionskosten bewirken, für eine entsprechende kritische Betrachtung vgl. Benston / Smith (1976), pp. 225 – 229. 190 Vgl. Fülbier (1998), S. 192, S. 194; ähnlich auch Zimmer (1993), S. 145. 191 Kritisch hierzu in übersichtlicher Darstellung Bartholomé (1989), S. 133 – 151; zur Bankenregulierung Zimmer (1993), S. 147 – 159 (Begründung über das Natürliche Monopol). Breuer implementiert Transaktionskosten in das CAPM, ohne allerdings der Frage des Marktversagens nachzugehen, vgl. Breuer (1993), S. 59 – 150. 192 Vgl. Fülbier (1998), S. 193 – 196. 193 Vgl. Fülbier (1998), S. 196. Ferner sehr deutlich Richter (1991), S. 47: „In einer vollständigen Diskussion des Regulierungsproblems ist zugleich dem ex post Opportunismus des zwischengeschalteten Regulators bei der Gestaltung der Verfassung des relationalen Vertragsverhältnisses Rechnung zu tragen“. Richter konstatiert zugleich ein diesbezügliches Forschungsdefizit in der bestehenden Regulierungstheorie.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

sein, sondern den Marktteilnehmern Gestaltungsfreiräume für die individuelle Aushandlung überlegener Koordinationsformen gewähren195. Mit Hilfe des Transaktionskosten-Ansatzes könnte zum Ersten ein Maßstab für den Vorteilhaftigkeitsvergleich zwischen staatlichem und privatem Geldangebot zur Verfügung stehen: Staatliche Eingriffe in das Geldangebot wären dann eine überlegene institutionelle Ausgestaltungsform, wenn hiermit Einsparungen an Transaktionskosten erreicht werden könnten, die durch individuelle Maßnahmen gar nicht oder nur in geringerem Ausmaß erzielbar sind. Im Zusammenhang mit dem Angebot von Geld wird in der Literatur vereinzelt die staatliche Festlegung eines einheitlichen Zahlungsmittels, welches bei Abwesenheit individueller Vereinbarungen zwingend zur Erfüllung vertraglicher Vereinbarungen zu akzeptieren ist, mit Hinweis auf die hohen Informationskosten bei miteinander konkurrierenden Zahlungsmitteln gefordert196. Hierauf aufbauend bestimmt sich der „Liquiditätsgrad“ eines Gutes nach der Höhe der bei der Umwandlung von Gütern in das zentral definierte Tauschmittel anfallenden Transaktionskosten197. Von einigen Autoren wird außerdem die Ansicht vertreten, dass die zwingende Verwendung des gesetzlich festgelegten Zahlungsmittels als Maßstab zur Quantifizierung von zukünftigen Zahlungsverpflichtungen Transaktionskosten senkend wirke198 und eine Indexierung an andere Maßeinheiten zu verbieten sei199. Im Ergebnis findet in der marktgleichgewichtsorientierten Literatur allerdings weder eine ausführliche Diskussion der Anwendungsmöglichkeiten der Transaktionskostentheorie zur Erklärung der Erscheinungsformen des Geldangebots noch zur Legitimation eines staatlichen Geldangebots statt200. Diese Fragestellungen bilden vielmehr Gegenstand der New Monetary Economics, deren Untersuchungs-Konzeption auf die Analyse von Marktprozessen bei miteinander konkurrierenden Währungen zielt und sich statt der Marginalanalyse auf eine Prognose von Mustervoraussagen beschränkt201. 194 Allgemeiner hierzu Fülbier (1998), S. 192 – 194 mit weiteren Nachweisen speziell zur Theorie der Rechnungslegung. Speziell zur Normierung von Währungen finden sich erste Überlegungen bereits bei Engels (1977), S. 199 f. Richter weist in diesem Zusammenhang dem „Regulator“ zwei Funktionen zu (1. Etablierung, Fortentwicklung und Überwachung einer Ordnung des relationalen Vertrages. 2. Führung der immer wieder erforderlichen Nachverhandlungen), vgl. Richter (1991), S. 46. 195 Vgl. hierzu sehr deutlich Schneider (2006), S. 69, der betont, dass mit Hilfe des Transaktionskostenansatzes nur vertraglich modifizierbare gesetzliche Vorschriften zu rechtfertigen sind; ferner bereits Benston / Smith (1976), p. 215. 196 Vgl. Richter (1987), S. 128; ferner Boller (1992), S. 73 f. 197 Vgl. Richter (1987), S. 128; ausführlicher insbesondere zu den Bestimmungsfaktoren der Liquidität von Vermögensgegenständen Stützel (1959), S. 622 – 624. 198 Vgl. Richter (1987), S. 127 f. 199 Kritisch hierzu Terres (1999), S. 136 – 147; ferner Engels (1977), S. 195 f. 200 Einen Anwendungsbereich des Transaktionskosten-Ansatzes bildet allerdings die Erklärung der Substitution nationaler Währungen durch eine Ausländische. Für einen Überblick vgl. Engineer (2000), S. 113 – 117. 201 Vgl. hierzu die ausführlichen Ausführungen unten in Kapitel 3.

2.3 Institutionenökonomie

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Eine Legitimation staatlicher Aktivitäten gegenüber Kreditinstituten könnte im Sinne der Transaktionskostentheorie auch als Maßnahme zur Schließung bewusster Vertragslücken erfolgen, die von den Vertragspartnern wegen prohibitiv hoher Transaktionskosten bei einer Ex-ante-Berücksichtigung aller künftigen unsicheren Umweltentwicklungen und Verhaltensweisen akzeptiert werden. Dem Staat kommt dann die konkret die Aufgabe zu, für den Bedarfsfall ein vertragsergänzendes Reserverecht bereitzustellen, auf das die Vertragspartner vertrauen können, und deshalb bereit sind Transaktionskosten reduzierende Vertragslücken in Kauf zu nehmen202. Gegenstand entsprechender rechtlicher Regelungen sind dann Grundregeln, auf die im Rahmen der individuellen Vertragsgestaltungen vertraut werden kann und die Unsicherheit reduzierend wirken203. Richter nimmt eine Übertragung dieser allgemeinen Überlegungen für eine Geldordnung vor, in denen Kreditinstitute Kredite gegen Bankguthaben gewähren und damit zu Anbietern provisorischen Geldes werden, das jederzeit in das durch eine staatliche Monopolbank angebotene definitive Geld umtauschbar ist204. Unter diesen Prämissen diagnostiziert Richter staatlichen Handlungsbedarf bei unvollständiger Reservehaltung des Einlösungsmediums, da Einlagenkontrakte in einem solchen System eine Regelungslücke für den Fall beinhalten, dass alle Gläubiger eines Kreditinstituts zeitgleich auf der Umwandlung von provisorischem in definitives Geld bestehen205. Diese Regelungslücke für den Fall des vollständigen Einlagenabzugs und damit verbundener Zahlungsschwierigkeiten des Kreditinstituts resultiert aus drei spezifischen Merkmalen von Einlagenverträgen206: Der Gestaltung als Fremdfinanzierungskontrakt mit vom Wert der Vermögensgegenstände des Kreditinstituts unabhängig fixierten, festen Zahlungsversprechen, dem Recht auf jederzeitige Kündigung des Kontraktes durch den Geldgeber und schließlich der sequentiellen Rückzahlung bei Kündigung durch den Gläubiger, die für den letzten Gläubiger die Gefahr unvollständiger Rückzahlung der überlassenen Mittel beinhaltet. Wegen dieser spezifischen Vertragslücken werde eine politisch erwünschte Geldordnung mit einlösbarem provisorischem Geld gegen Kreditgewährung ohne vollständige Reservehaltung nur dann von Seiten der Geldnachfrager akzeptiert, wenn ex ante für den Fall des Runs gegen ein Kreditinstitut spezielle Vorkehrungen getroffen würden207. Um entsprechende Liquiditätsschwierigkeiten eines einzelnen 202 Zu diesen Überlegungen im Zusammenhang mit der Regulierung der Ad-hoc-Publizität vgl. Fülbier (1998), S. 193 f. 203 Vgl. Richter (1991), S. 46. 204 Die folgenden Ausführungen stellen eine Weiterentwicklung und Ergänzung der grundlegenden Überlegungen von Richter (1991), S. 58 – 60 dar. Kritisch zur unzureichenden Berücksichtigung endogener Kreditgeldschöpfung in der ökonomischen Theorie Walter (2009), S. 33 – 36. 205 Vgl. hierzu auch Zimmer (1993), S. 157 – 159, der als Voraussetzung für die Liquidität von Einlagen die Einhaltung von vier verschiedenen „Konventionen“ diagnostiziert. 206 Vgl. White (1999), pp. 128 – 131.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

Kreditinstitutes zu vermeiden, sei die Bereitstellung ausreichender Mittel an definitivem Geld im Run-Fall rechtlich verbindlich durch den Staat zu garantieren208, um hierdurch eine Ausweitung des Runs auf alle Kreditinstitute zu verhindern209. Ein geeignetes Instrument zur Erreichung dieses Ziels existiert in Form der Schaffung eines „Lender-of-Last-Resort“210 oder einer staatlichen Einlagenversicherung211. Schützt der Staat Kreditinstitute derartig weitgehend gegen Zahlungsunfähigkeit, schafft er zugleich Anreize zu opportunistischem Verhalten der Entscheidungsträger bei den Kreditinstituten einerseits sowie des „Lender-of-Last-Resort“ oder der Einlagenversicherung andererseits und damit einen Bedarf an entsprechender Disziplinierung. Ob diese durch zusätzliche staatliche Maßnahmen in Form von beispielsweise Beschränkungen der Geschäftspolitik erfolgen muss, oder aber durch vertragliche Vereinbarung geeigneter „Corporate Governance“-Strukturen erfolgen sollte, kann mit Hilfe des Transaktionskostenansatzes nicht unmittelbar entschieden werden212. Auf der Grundlage des Transaktionskosten-Ansatzes könnten zum Zweiten Ansatzpunkte für staatliche Standardisierungsmaßnahmen anlässlich der mit einem Kreditinstitut abgeschlossenen Finanzkontrakte abgeleitet werden. Wird der Kontrakt zwischen Geldgeber und Kreditinstitut als idealtypischer Einlagenvertrag mit jederzeitigem Kündigungsrecht abgeschlossen, bildet diese Koordinationsform ein exemplarisches Beispiel zur Vereinbarung von privaten, auf Eigeninteresse beruhenden vertraglichen Sicherungs- und Sanktionsmechanismen, mit deren Hilfe Unsicherheit während der Vertragslaufzeit reduziert werden kann: Das Recht des Einlegers, jederzeit seinen Fremdfinanzierungskontrakt zu kündigen und die Rückzahlung der überlassenen liquiden Mittel zu verlangen, stellt eine effiziente Sank207 Richter lehnt dabei jede allokationstheoretische Argumentation über die Existenz Natürlicher Monopole ab, vgl. Richter (1991), S. 58. White zieht demgegenüber Modifikationen der als Tauschmedium dienenden Kontrakte vor, vgl. White (1999), pp. 129 – 131. 208 Denkbar wäre auch die (weitergehende) Zusage eines Insolvenzschutzes, um die Fortführung der spezifischen Investitionen sicherzustellen, vgl. Richter (1991), S. 58 f. 209 Eine ausführliche Darstellung und Systematisierung der Literatur zur Erklärung eines allgemeinen Runs auf alle Kreditinstitute findet sich sowohl bei Bonn (1998), S. 37 – 51 als auch bei Körnert (1998), insbesondere S. 73 – 121. 210 Vgl. Vollmer / Hauck (2010), S. 140; Walter (2009), S. 36; Stillhart (2002), S. 152 f.; Kaiser (1996a), S. 641 – 645 und Richter (1996), S. 120; ausführlich ferner zur Lender-ofLast-Resort-Funktion der Notenbank Klische (1995), S. 91 – 94. Zur realen Kompetenzverteilung in der Europäischen Union ausführlich Stasch (2009), S. 107 – 176. 211 Für einen Überblick vgl. Goedde-Menke / Sträter (2010), S. 264 – 269 und Sträter / Thiry / Pfingsten (2009), S. 81 – 106; kritisch hingegen Erlei / Springmann (2001), S. 118 – 136. 212 Vgl. Richter (1991), S. 61, Richter zeigt hier ein weites Feld für entsprechende Forschungsaktivitäten auf. Corporate-Governance-Strukturen von Kreditinstituten bilden allerdings erst vor dem Hintergrund der Subprime-Krise einen an Bedeutung gewinnenden Untersuchungsbereich, vgl. Köhler (2010), S. 4 – 14 (m. w. Nw.) und Neuberger (2009), S. 143 – 155. Zur Begrenzung opportunistischen Verhaltens bei Notenbank als „Lender-of-Last Resort“ vgl. die Ausführungen von Richter (1996), S. 126 – 130.

2.3 Institutionenökonomie

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tionsmaßnahme zur Begrenzung opportunistischen Verhaltens auf Seiten des Kreditinstituts dar. Im Vergleich zu den in der allgemeinen Literatur diskutierten komplexen Disziplinierungsmaßnahmen in Form von unternehmensinternen Überwachungssystemen213 oder der Bestellung von Unterpfändern214 bildet dieses umfassende Kündigungsrecht in seiner direkten und einfachen Wirkungsweise ein überlegenes Kontrollinstrument. Weitergehende staatliche Maßnahmen zur Standardisierung der zwischen Einleger und Kreditinstitut abgeschlossenen Verträge sind demnach aus der Perspektive des Transaktionskosten-Ansatzes nicht geboten. Allerdings besteht eine entscheidende Voraussetzung zur Kontrolle der kreditwirtschaftlichen Leistungserstellung durch Kündigung des Kontraktes in der Bereitstellung von entscheidungsrelevanten Informationen215. Staatliche Maßnahmen könnten dann sinnvoll sein, wenn zu hohe Transaktionskosten die private Bereitstellung entsprechender Informationen verhindern und einer Durchsetzung des Kontrollinstruments „Einlagenabzug“ entgegenstehen. Unmittelbar Transaktionskosten senkende Effekte resultieren aus einer Standardisierung der Informationsbereitstellung, die sich auf Art und Umfang der zur Verfügung gestellten Informationen beschränken oder auch Regelungen zum Zeitpunkt und zur Technik der Informationsübermittlung umfassen können216. Dabei muss diese Standardisierung nicht zwingend durch den Staat erfolgen, wie beispielsweise die Akzeptanz standardisierten privaten Informationsaustausches zwischen Börsenteilnehmern belegt217. Auch im Bankbereich zeigt die Erfahrung mit historischen Free Banking Systemen, dass standardisierte Informationen den Clearing Häusern aufgrund privater Vereinbarungen zur Verfügung gestellt wurden, um die Effizienz der Verwendung von Banknoten als Tauschmedium zu steigern218. Staatliche Interventionen sind demnach zur Standardisierung der Informationsbereitstellung in der Kreditwirtschaft nicht zwingend notwendig und sollten allenfalls als durch private Maßnahmen modifizierbares Recht kodifiziert werden219. 213 Für einen Überblick über die auch unter der Bezeichnung „Corporate governance“ geführte Diskussion vgl. Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 199 – 249. 214 Anlässlich der Notwendigkeit einer Regulierung der Ad-hoc-Publizität geht hierauf Fülbier (1998), S. 194 – 196 in Anlehnung an Williamson näher ein. 215 Für einen Überblick über verschiedene Kategorien relevanter Informationen vgl. Lach (2003), S. 62 – 71. 216 Für eine entsprechende Systematisierung vgl. Lach (2003), S. 131 – 134. 217 Vgl. Fülbier (1998), S. 192 f. 218 Vgl. grundlegend zur Funktionsweise des Clearing Mechanismus die Ausführungen bei Smith (1936 / 1990), pp. 177 – 185, pp. 197 – 200 (Beispiel zum Vergleich des Clearing bei Banknoten und Bankdepositen); ferner Terres (1999), insbes. S. 179 (Hinweis auf die verbesserte Soliditätsbeurteilung aufgrund der bei Clearing Häusern konzentrierten Information); ferner Neldner (1997), S. 18; Neldner (1989), S. 552; zu einer ausführlicheren Analyse der Emergenz der US-amerikanischen Commercial Bank Clearing Houses vgl. Zimmer (1993), S. 183 – 191. 219 Für eine kritische Betrachtung vgl. Lach (2003), S. 128 – 134; ähnlich auch Klische (1995), S. 79 – 90.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

Auf Basis der Transaktionskostentheorie könnte schließlich auch der Versuch einer Legitimation der Informationsbereitstellung an die Einleger durch eine zentrale Instanz unternommen werden. Transaktionskostenersparnisse resultieren unmittelbar einleuchtend aus der Reduktion der von der Anzahl der durchgeführten Bonitätsprüfungen abhängigen Informationsbeschaffungskosten, können aber auch in Vorteilen einer zentralen Informationsauswertung von Spezialisten begründet liegen. Im Extremfall vertrauen Einleger der zentralen Informationsinstanz umfassend und stellen jede Art eigenständiger Informationsbeschaffung und -bewertung ein220, müssen dafür allerdings opportunistisches Verhalten seitens der zentralen Informationsstelle in Kauf nehmen. Fraglich ist, ob zentrale Informationsaufgaben zwingend durch staatliche Anbieter erbracht werden müssen, oder ob ein privates Unternehmen, in Form einer speziellen Rating-Agentur221, diese Aufgaben übernehmen kann. Wegen der zu erwartenden opportunistischen Verhaltensweise und begrenzter Rationalität staatlicher Instanzen, denen private Vertragsvereinbarungen gerade nicht entgegen steuern können, bestehen Bedenken gegen eine staatliche Lösung222. Wie bereits anlässlich der Erklärung der Leistungserstellung von Kreditinstituten konstatiert, bildet der Transaktionskosten-Ansatz eher ein heuristisches Konzept als eine geschlossene Theorie. Dieses Ergebnis bestätigt sich anlässlich der Anwendung des Ansatzes zur Legitimation und Ausgestaltung spezieller staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten. Da Vertreter der Transaktionskostentheorie grundsätzlich von der Überlegenheit privater Vertragsgestaltungen ausgehen, fällt staatlichen Entscheidungsträgern lediglich die Funktion zu, private Markttransaktionen durch subsidiär zu beachtende Standardisierungsmaßnahmen oder die Schließung von Vertragslücken positiv zu beeinflussen. In der Kreditwirtschaft konnten dementsprechend folgende Ansatzpunkte diagnostiziert werden:  Die Legitimation eines staatlichen Geldangebots ist mit Hilfe des Transaktionskosten-Ansatzes nicht möglich.  Eine staatlich gewünschte Geldordnung mit staatlich emittiertem definitivem Geld einerseits und mit durch Private bereitgestelltem provisorischem Geld andererseits erfordert in speziellen Situationen die Bereitstellung definitiven staatlichen Geldes durch eine staatliche Institution.  Originäre Geldgeber, die Kreditinstituten Mittel temporär zur Verwendung auf Finanzmärkten überlassen, sind an einer standardisierten Informationsbereitstellung über die Entwicklung der Geschäftspolitik des Kreditinstitutes interessiert.

Ausführlich zu diesen Argumenten Bonn (1998), S. 46 – 51. Vgl. hierzu Lach (2003), S. 136 – 142 sowie ausführlich Klische (1995), S. 107 – 148. Weiterführend zu den Prozessen und Strukturen von Märkten für Ratings Horsch (2008), S. 177 – 264. Zu den Problemen des Ratings von Kreditinstituten vgl. bereits Rüsberg (1992), passim. 222 Weiterführend hierzu Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 339 – 452 (m. w. Nw.). 220 221

2.3 Institutionenökonomie

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Hinsichtlich der Fundierung der Entscheidung über die Auswahl geeigneter Instrumente zur Erreichung vorstehender Ziele ermöglicht der Transaktionskostenansatz im Ergebnis lediglich Tendenzaussagen. Während in den bisher erläuterten institutionenökonomischen Ansätzen, die Leistungen von Kreditinstituten durch Variation der Prämissen des neoklassischen Grundmodells hinsichtlich der Informationsausstattung der Marktakteure über künftige Umweltzustände einerseits oder der Kosten von Markttransaktionen andererseits erfolgte, sollen nunmehr ausgewählte Modelle vorgestellt werden, die Intermediationsleistungen von Kreditinstituten durch Aufgabe der Annahme gleich verteilter Informationen zwischen den originären Vertragspartnern erklären.

2.3.2.3 Principal-Agent-Ansätze 2.3.2.3.1 Vorbemerkungen In der allgemeinen Institutionenökonomie werden durch asymmetrische Informationsverteilung charakterisierte Vertragsbeziehungen unter der Bezeichnung Principal-Agent-Ansatz analysiert223. Dieser Terminologie soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit gefolgt werden, obwohl die durch Einführung der Prämisse asymmetrischer Informationsverteilung224 modellhaften Erklärungen kreditwirtschaftlicher Leistungen in der deutschen bankwirtschaftlichen Literatur gelegentlich auch als informationsökonomische Ansätze bezeichnet werden225. Um einen Überblick über die sehr umfangreiche Literatur zu bankbetrieblicher Modellbildung unter der Annahme asymmetrischer Informationsverteilung zu geben226, werden im Folgenden ausgewählte Modellierungen vorgestellt. Dabei be223 Vgl. hierzu Horsch (2008), S. 110 f., der darauf verweist, dass sich bereits bei Cantillon entsprechende Überlegungen finden; dieser allgemeinen Terminologie folgen im Bereich der Finanzintermediation ausnahmsweise die Beiträge von Dietrich / Vollmer (2005), S. 40 – 43; Bank / Winkler (2000), hier S. 1102; ferner Bonn (1998), S. 43 – 51; sowie Breuer (1993), S. 151 – 259. 224 Einen ausführlichen Überblick gibt Neuberger (1994), S. 7 – 131; Schneider (2001), S. 653 hingegen lehnt die in der ökonomischen Literatur gemeinhin akzeptierte Terminologie „asymmetrischer Information“ als irreführend ab und schlägt zwei Alternativen vor: „NichtEinheitlichkeit des Wissensstandes der Marktteilnehmer“ oder „mangelnde Markttransparenz“. 225 Vgl. beispielsweise Paul (2002), S. 42, S. 44 – 50; Breuer (1993), S. 97; Schmidt-Mohr (1992), zu den Grundlagen insbes. S. 3 – 22. Aus allgemeiner betriebswirtschaftlicher Sicht wendet sich Schneider (1997), S. 78 – 82, insbes. S. 79 gegen den Begriff der Informationsökonomie. 226 Auf die Notwendigkeit einer Klassifikation weist allgemein Schneider (1997), S. 82 hin. Für eine systematische Übersicht vgl. beispielsweise Fest (2008), S. 125 – 153 und Horsch (2008), S. 107 – 140. Weniger klassifizierte Übersichten über kreditwirtschaftliche Modelle finden sich bei Stillhart (2002), S. 31 – 103; Breuer (1993), S. 97 f. und Scholtens (1993), S. 126 – 130.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

steht das Ziel dieser Auswahl darin, für die wesentlichen Varianten asymmetrischer Informationsverteilung jeweils ein Modell beispielhaft zu erläutern und Hinweise auf Weiterentwicklungen dieser Modellierungen zu geben. Die folgende Tabelle (vgl. Abbildung 2.3) gibt eine Übersicht über Möglichkeiten zur Klassifikation von Modellen unter der Prämisse asymmetrischer Informationsverteilung.

Klassifikationsmerkmal Zeitpunkt der betrachteten Informationsasymmetrie Art der Informationsasymmetrie Gegenstand der Informationsasymmetrie Umfang der vertraglichen Einbindung der Informationsasymmetrie

Merkmals-Ausprägungen Vor Vertragsschluss (ex ante)

Während der Vertragslaufzeit (ex interim)

Zwischen den Vertragspartnern Umweltzustände

Gegenüber Dritten

Eigenschaften des Agenten oder der Projekte

Vollständige Verträge

Nach Vertragserfüllung (ex post)

Handlungen des Agenten

Unvollständige Verträge

Abbildung 2.3: Morphologie asymmetrischer Informationsverteilung

Eine Klassifikation ist zum Ersten bezüglich des Zeitpunktes, zu dem die asymmetrische Informationsverteilung im Rahmen der Vertragslaufzeit analysiert wird, möglich227: Informationsasymmetrien können ex ante in der Entscheidungsphase vor Vertragsabschluss bestehen, ex interim während der Vertragslaufzeit auftreten oder ex post nach Vertragserfüllung228 in Erscheinung treten. Eine Unterscheidung ist zum Zweiten nach der Art des Informationsgefälles möglich: Entweder kann eine asymmetrische Informationsverteilung zwischen den beiden Vertragspartnern bestehen229, wobei zu berücksichtigen ist, dass aufgrund der Zweiseitigkeit der Vertragsbeziehung jeder einzelne oder beide Vertragspartner über Informationsdefizite verfügen können230, oder sie bezieht sich auf eine divergierende Informationsausstattung zwischen beiden Vertragsparteien und einem Dritten231. 227 Vgl. Fest (2008), S. 145; Lindner-Lehmann (2001), S. 9 – 20; Langer / Weber (2000), S. 209; allgemeiner der Überblick bei Erlei / Laschke / Sauerland (2007), S. 109 – 112. 228 Ex-post-Asymmetrie bezieht sich dabei auf den Wahrheitsgehalt der Projektergebnisse, der von einer Vertragspartei nicht oder nur eingeschränkt beobachtbar ist, vgl. hierzu Ries / Terstege (2006), S. 206 – 212. 229 Vgl. Langer / Weber (2000), S. 211 – 220, S. 220 – 22; ferner Vollmer (1999b), S. 31. 230 Vgl. hierzu zu den Hinweis bei Horsch (2008), S. 112 und ausführlicher S. 116 f.; ähnlich auch Vollmer (2001), S. 97. 231 Zu dieser Differenzierung vgl. Dietrich / Vollmer (2005), S. 41 f.

2.3 Institutionenökonomie

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Zum Dritten besteht die Möglichkeit einer Differenzierung nach dem Gegenstand der Informationsasymmetrie232: Sowohl Informationen über die erwarteten Umweltzustände als auch über die Eigenschaften aller vertragsrelevanten Größen und der Akteure und deren Handlungsmöglichkeiten können zwischen den betrachteten Parteien asymmetrisch verteilt sein. Schließlich kann danach differenziert werden, ob der abgeschlossene Vertrag bei Informationsasymmetrien alle denkbaren Kontingenzen berücksichtigt oder ob der Vertrag unvollständig bleibt233. Im Rahmen der – mit der Prämisse vollständiger Verträge arbeitenden – Principal-Agent-Ansätze werden Situationen mit asymmetrischer Informationsverteilung deshalb analysiert, weil sie – als negativ empfundene – Abweichungen von der Referenzsituation des gleichgewichtstheoretischen Ideals eines vollkommenen Finanzmarktes (First-best-Lösung) darstellen234. Da beide Partner im Eigeninteresse handeln, wird derjenige mit Informationsvorsprung zu seinem Vorteil handeln, so dass der benachteiligte Vertragspartner den mit seinen Eigentumsrechten möglichen Nutzen nicht vollständig realisieren kann. In der Modellwelt der Marktgleichgewichtstheorie resultiert hieraus ein Außerkraftsetzen der Marginalbedingung235: Entweder kommen infolge der Informationsasymmetrie vertragliche Lösungen gar nicht zustande, oder zustande gekommene Lösungen der Vertragspartner sind vom idealisierten Marktgleichgewicht abweichende Vertragsgestaltungen236 (sogenannte Second-Best-Lösungen). Ebenso wie auf anderen Märkten stehen auf Finanzmärkten der schlechter informierten Vertragspartei im Rahmen der Principal-Agent-Modellwelt zwei mit Kosten verbundene Möglichkeiten zur Reduzierung ihrer aus der asymmetrischen Informationsverteilung resultierenden Nachteile zur Verfügung237, die beide auf Eigeninitiative basieren und jeweils mit spezifischen Kosten verbunÄhnlich Horsch (2008), S. 108. Vgl. zum Differenzierungskriterium Vollmer (2001), S. 96 sowie für einen Modellüberblick S. 98 – 108 (m. w. Nw.). Zu den Grundlagen für Finanzkontrakte ferner Dietrich / Vollmer (2005), S. 39 – 63 und S. 195 – 216 und allgemeiner zum – im Gegensatz zum Agency-Ansatz – als Governance-Kosten-Ansatz bezeichneten Theoriezweig Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 199 – 283 (m. w. Nw.) und Richter / Furubotn (2003), S. 173 – 217 und 218 – 312. 234 Im Ergebnis ist dieser Untersuchungsansatz deshalb der neoklassischen Perspektive sehr stark verbunden, was sich nicht zuletzt in der formalisierten Betrachtungsweise manifestiert. Sehr deutlich wird dies bei Schmidt-Mohr (1992), S. 4: „Wenn Informationsmängel eine Pareto optimale Marktallokation verhindern … dann werden die Wirtschaftssubjekte für ihre (finanziellen) Transaktionen einen alternativen Allokationsmechanismus benutzen, wenn auf diese Weise eine Pareto-superiore Allokation erreicht werden kann“. Fülbier (1998), S. 133 f. hält den Ansatz deshalb für ungeeignet, Informationsprobleme hinreichend zu analysieren. Kritisch auch Schneider (1997), S. 26 f. Schneider sieht insbesondere eine Übervereinfachung der Problemstellung und Messprobleme bei Prognosen als Ursache für die begrenzte Eignung des Ansatzes zur Erfassung von „Unsicherheit“ und „Ungleichverteilung des Wissens“. 235 Vgl. Fülbier (1998), S. 133. 236 Ähnlich die Differenzierung bei Spicher (1997), S. 28 f.; allgemeiner hierzu Schörner (1991), S. 111 f. 237 Zu einer Übersicht über verschiedene Techniken des Monitoring vgl. Fest (2008), S. 145; allgemeiner Bank / Winkler (2000), S. 1102 und Spicher (1997), S. 49 – 89. 232 233

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

den sind: Entweder sie beobachtet die Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen sowohl während als auch am Ende der Laufzeit und nimmt die damit verbundenen Monitoring- bzw. Screeningkosten in Kauf. Oder sie veranlasst den Vertragspartner durch geeignete Vertragsgestaltung zur wahrheitsgemäßen Informationsweitergabe, dem sogenannten Signalling, indem anreizkompatible Strafkosten vereinbart werden. Da sowohl Monitoring- als auch Signalling-Kosten als spezielle Transaktionskosten zur Beseitigung oder Reduktion von Informationsasymmetrien klassifiziert werden können, sind mit beiden Kontrollmaßnahmen durch den kostenbedingten Ressourcenverzehr Wohlfahrtsverluste verbunden238. Innerhalb des Modellrahmens sind demnach individuelle Lösungen zwischen den originären Kontraktpartnern grundsätzlich möglich. Da diese allerdings unter Umständen mit erheblichen Informationskosten verbunden sein können, lässt sich die Emergenz von auf finanzielle Transaktionen spezialisierten Unternehmen damit erklären, dass diese im Vergleich zu den Individuallösungen dauerhaft zu kostengünstigeren und damit effizienteren Lösungen führen239. Gegenstand der PrincipalAgent-Ansätze ist der zeitpunktbezogene Vergleich der mit zwei verschiedenen Arten von Marktlösungen verbundenen Kosten: Die Aufspaltung einer durch ein Informationsgefälle charakterisierten originären Finanzierungsbeziehung durch Zwischenschaltung eines Intermediärs ist dann vorteilhaft, wenn die gesamten Kosten der direkten Vertragsbeziehung höher sind als die gesamten Kosten der um Kreditinstitute erweiterten indirekten Vertragsbeziehung, im Ergebnis also aus der Finanzintermediation ein Netto-Vorteil resultiert240. Ähnlich der Vorgehensweise im Rahmen des Transaktionskostenansatzes wird die Existenz von Kreditinstituten folglich über einen Kostenvergleich legitimiert, wobei die Notwendigkeit einer gesonderten Behandlung von „Informationskosten“ als spezielle Erscheinungsform von Transaktionskosten in der Literatur aus Besonderheiten des Gutes „Information“ abgeleitet wird241. Im Mittelpunkt entsprechender Modellierungen steht dabei der Kosten reduzierende Vorteil der Intermediärlösung durch Nutzung von Skalen-, Verbund- und 238 Für einen Überblick über – auch als agency-Kosten bezeichnete – Informationskosten auf Finanzmärkten vgl. Fest (2008), S. 136 f.; ferner Lindner-Lehmann (2001), S. 7 – 9. 239 Für einen Überblick vgl. Vollmer (2001), S. 96 – 97. Auch Schneider (2001), S. 654 akzeptiert die Bedeutung von Unternehmen zur Verringerung von Nichteinheitlichkeiten des Wissensstandes (eine Art von „Marktversagen“ in seinem Sinne), weist aber ausdrücklich darauf hin, dass Unternehmen die Verwertung von Wissen auch nachteilig beeinflussen können. 240 Vgl. Breuer (1993), S. 140. Denkbar wäre allerdings auch die Erklärung von Informationsintermediären, die durch Nutzung von Kostenvorteilen den Abschluss des durch ein Informationsgefälle charakterisierten originären Finanzkontraktes positiv beeinflussen, vgl. hierzu ausführlich Horsch (2008), S. 119 – 130. 241 Sehr deutlich Langer / Weber (2000), S. 209 f.; ausführlich zur Analyse von Märkten für Informationen Klische (1995), S. 62 – 75; ferner Scholtens (1993), S. 125. Für einen Überblick über die Erfassung von Informationen in der Marktgleichgewichtstheorie allgemeiner Fülbier (1998), S. 115 – 141.

2.3 Institutionenökonomie

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Diversifikationsvorteilen bei den Monitoring-Kosten zur Informationsbeschaffung oder den Signalling-Kosten zur Reduktion oder Beseitigung des Informationsgefälles: Kreditinstitute werden im Ergebnis idealtypisch als institutionelle Lösung zur Überwindung eines durch Informationsasymmetrien verursachten Marktversagens erklärt. Die diversen Arbeiten unterscheiden sich allerdings nicht nur durch die schwerpunktmäßig untersuchte Art der reduzierten Kosten, sondern wesentlich auch durch die Art und den Umfang der idealtypisch betrachteten Bankleistungen242. Gemeinsam ist den Pricipal-Agent-Ansätzen zur Erklärung der Existenz von Kreditinstituten hingegen, dass das die originäre Finanzierungsbeziehung ungünstig beeinflussende Informationsgefälle auch bei Aufspaltung des originären in zwei Finanzkontrakte weiterhin bestehen bleibt und im Rahmen der Vertragsbeziehung mit dem Finanzintermediär alle Varianten der oben erläuterten Erscheinungsformen divergierender Wissensstände (vgl. Abbildung 2.3) analog auftreten können243. Staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten bilden nicht den Schwerpunkt der Principal-Agent-Literatur; allerdings wird staatliches Eingreifen mehrheitlich unter Hinweis auf die mit der Intermediäreinschaltung verbundenen neuen Informationsasymmetrien begründet244. Im Gegensatz zur Argumentation im Rahmen des Transaktionskosten-Ansatzes reichen unter der Annahme von Informationsasymmetrien zwischen den Vertragspartnern gesetzlich standardisierte Mindestnormen als Instrument staatlichen Handels nicht mehr aus, da die Gefahr opportunistischen Verhaltens besteht; folglich muss der Staat eine Verbesserung der Wissenslage der am schlechtesten Informierten anstreben245. Bevor entsprechende Maßnahmen ausführlicher erläutert und kritisch reflektiert werden, soll zunächst ein Überblick über die zur Erklärung von Kreditinstituten herangezogenen Modelle gegen werden. Dieser Überblick orientiert sich an dem Zeitpunkt, zu welchem die divergierende Informationsausstattung modellhaft abgebildet wird, und greift hierzu auf das oben eingeführte Phasenschema der Finanzierungsbeziehung zurück.

242 Besonders deutlich wird dieses Differenzierungsmerkmal in der Arbeit von Breuer (1993), S. 97 – 150 herausgearbeitet. Breuer nimmt allerdings nur eine grobe Strukturierung der Bankleistungen vor. 243 Sehr deutlich hierzu Horsch (2008), S. 130 und S. 132 f. 244 Vgl. Treu / Rohde (2007), S. 579; Treu (2006), S. 6 f.; Theurl (2001), S. 15; Kaserer (1998), S. 91 – 99; Klische (1995), S. 23 – 28; Warg (1995), S. 97 – 110. Für eine weiterführende ausführliche Analyse auf Versicherungsmärkten vgl. Strassl (1988), S. 35 – 122 (staatliche Regulierung des Moral Hazard) und S. 123 – 199 (staatliche Regulierung der Adverse Selection). Kritisch hingegen Fest (2008), S. 51 – 53. 245 Vgl. Schneider (2006), S. 69 f.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

2.3.2.3.2 Intermediationsleistung durch Kreditinstitute 2.3.2.3.2.1 Ex-ante-Informationsasymmetrie bezüglich der Projektergebnisse Leland / Pyle246 präsentieren Ende der 1970er Jahre erstmals einen Modellrahmen, in dem die Übernahme einer speziellen Leistung durch Kreditinstitute unter der Annahme asymmetrischer Informationsverteilung zwischen den originären Kontraktpartnern erklärt wird. Im Rahmen des Capital Asset Pricing Models unterstellen die Autoren für die originäre Finanzierungsbeziehung Ex-ante-Informationsasymmetrie zu Lasten der Fremdfinanciers hinsichtlich der erwarteten Projekterträge (vgl. oben die Übersicht in Abbildung 2.3). Ergänzend treffen sie zur Kennzeichnung der Aktionen der Geld suchenden Unternehmer die Annahme, dass diese beobachtbar seien und dass Eigenfinanzierungsmaßnahmen zur Durchführung eines Projektes für die potentiellen Fremdfinanciers einen Hinweis auf die Qualität dieser Projekte, gemessen an der Verteilung der erwarteten Ergebnisse, geben. Durch ihre Bereitschaft, eigene Mittel zur Durchführung der Projekte aufzubringen, geben die Unternehmer den potentiellen Fremdfinanciers ein Signal, mit dem eine Reduktion des vor Vertragsschluss bestehen Informationsgefälles erreicht wird247. Bei dem Modell von Leland / Pyle handelt es sich demnach um ein Signalling-Modell im oben definierten Sinn248, wobei sich die Signalling-Kosten durch den mit der Eigenfinanzierungsmaßnahme einhergehenden Verzicht auf Nutzung von Diversifikationsmöglichkeiten ergeben, und der Finanzmarkt zu einem neuen, als SignallingGleichgewicht bezeichneten, Marktgleichgewicht finden kann249. In dieser ersten Variante gelangen originäre Geldnehmer und Geldgeber, unter bestimmten Voraussetzungen, demnach durch private Maßnahmen zu einem neuen Marktgleichgewicht; erst in einer zweiten Variante präsentieren Leland / Pyle einleitende Überlegungen für eine Erklärung von Finanzintermediären unter der Annahme asymmetrisch verteilter Informationen, die sie im Gegensatz zu Transaktionskosten als den primären Existenzgrund für relevant erachten250. Da Leland / Pyle erstens sinkende Kosten je Projekt im Rahmen der Informationsbeschaffung unterstellen, sehen sie Anlass zu der Vermutung, dass auf das Sammeln und Verkaufen von finanzmarktbezogenen Informationen spezialisierte Unternehmen durch 246 Vgl. Leland / Pyle (1977), pp. 371 – 387. Für entsprechende Vorüberlegungen vgl. bereits Pyle (1972), pp. 2009 – 2026, p. 2026. 247 Vgl. Leland / Pyle (1977), pp. 371 und p. 372: „In contrast with Modigliani and Miller [1958], the financial structure of the firm typically will be related to project or firm value even when there are no taxes“. 248 Zur Erläuterung der Argumentation von Leland / Pyle vgl. Paul (2002b), S. 45 und Wahrenburg (1992), S. 19 – 21. 249 Vgl. zur formalen Herleitung Leland / Pyle (1977), pp. 372 – 382. 250 Vgl. Leland / Pyle (1977), pp. 382 – 384. Die Anmerkung von Hartmann-Wendels / Pfingsten / Weber (2007), S. 145, dass Leland / Pyle sich nicht ausdrücklich mit der Erklärung von Finanzintermediären beschäftigen ist demnach unzutreffend.

2.3 Institutionenökonomie

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Koalitionsbildung der Geldgeber entstehen werden. Da die Autoren zweitens davon ausgehen, dass Informationen den Charakter eines öffentlichen Gutes besitzen, besteht die Gefahr, dass sich kein privater Unternehmer zu einem Informationsangebot bereiterklären wird251. Zur Verhinderung dieses Marktversagens stellen in der Modellwelt von Leland / Pyle Kreditinstitute die geeignete institutionelle Lösung dar252: Sie internalisieren die Effekte, die mit dem „öffentlichen Gut“ Information verbunden sind, durch Verwertung der Informationen zur Bildung eines eigenen Portfolios von Finanzkontrakten einerseits und durch Refinanzierung dieses Portfolios durch Emission von Fremdfinanzierungskontrakten andererseits, die Ansprüche auf die Ergebnisse des Portfolios beinhalten. Während die Existenz von Kreditinstituten somit dem Versagen des Marktes für Informationen entgegenwirkt, entsteht analog zur ersten Modellvariante das Problem einer Überprüfung der Qualität der seitens des Kreditinstituts beschafften Informationen durch die Fremdfinanciers des Kreditinstituts. In Analogie zur originären Modellvariante schlagen Leland / Pyle Signalling durch Eigenfinanzierungsmaßnahmen der Eigentümer des Kreditinstitutes als Maßnahme vor253. Hiermit gelingt ihnen zusätzlich eine Erklärung der empirisch zu beobachtenden geringen Eigenfinanzierungsquote von Kreditinstituten, die lediglich das geringe Risiko der Anlagen des Kreditinstituts reflektiere254. Wenngleich es sich bei Leland / Pyle um einen rein verbal vorgestellten Erklärungsansatz handelt255, besteht der wesentliche Beitrag darin, den Anstoß zu einer Verlagerung des Schwerpunktes bankbetrieblicher Forschung von den Transaktionskostenansätzen auf die Bedeutung von Finanzintermediären zur Überwindung von Informationsasymmetrien gegeben zu haben. Wegen seines unpräzisen Charakters wird der Ansatz von Leland / Pyle allerdings wie folgt kritisiert256:  Kreditinstitute werden nicht modellendogen erklärt. Ihre Existenz als Informationsanbieter resultiert vielmehr aus der Annahme informationskostenbezogener Economies of scale257 und den für Informationen unterstellten Eigenschaften

251 Allgemeiner für einen Überblick über Theorien zur Erklärung von Informationsintermediären Horsch (2008), S. 113 – 140; kritisch zur mangelnden Marktfähigkeit von Informationen allgemeiner Fülbier (1998), S. 172 – 176. 252 Vgl. Leland / Pyle (1977), pp. 383; erläuternd hierzu Stillhart (2002), S. 36 f. und Scholtens (1993), p. 127. Ausführlicher als der Originalbeitrag äußert sich hierzu Breuer (1993), S. 141. 253 Vgl. Leland / Pyle (1977), p. 384. 254 Vgl. Leland / Pyle (1977), p. 384: „If, as seems often the case, most intermediaries‘ assets have low specific risk, Proposition IV implies the high degrees of leverage (through debt or deposits) which characterize most intermediaries“. Kritisch hierzu Stillhart (2002), S. 36 f. 255 Campbell / Kracaw (1980), pp. 865 – 881 nehmen zwar eine formale und kritische Weiterentwicklung der Grundgedanken vor, allerdings hat dieser Ansatz in der Literatur nur wenig Beachtung gefunden. 256 Kritisch mit Verweis und Erläuterung alternativer Analyseinstrumente Freixas / Rochet (1997), pp. 27. 257 Vgl. Hartmann-Wendels / Pfingsten / Weber (2007), S. 146; ferner Breuer (1993), S. 142 f.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

eines öffentlichen Guts. Im Ergebnis fehlt es somit an einer überzeugenden Begründung für die Überlegenheit eines in diversifizierte Portfolios investierenden Kreditinstitutes im Vergleich zu als Informationsproduzenten fungierenden Intermediären258.  Zwar leuchtet die Idee zur Steigerung der Glaubwürdigkeit der Informationsübermittlung durch Signalling in Form von Eigenfinanzierungskontrakten ein, allerdings ist eine Operationalisierung der Signalling-Kosten in Form von Opportunitätskosten problematisch259.  Signalling-Maßnahmen können nur durchgeführt werden, wenn die Initiatoren des Finanzintermediärs über hinreichende freie Mittel verfügen, die in Eigenfinanzierungskontrakten angelegt werden können. Diese Problematik wird durch Leland / Pyle vernachlässigt260.  Die Art des mit dem Kreditinstitut abgeschlossenen Finanzkontraktes bleibt unspezifiziert. Insbesondere wird keine Erklärung für die Entscheidung eines Geldgebers über die Mittelüberlassung an das Kreditinstitut als Eigen- oder Fremdfinancier gegeben.  Leland / Pyle thematisieren in ihrem Beitrag staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten nicht. Notwendig wäre ein effizienzorientierter komparativer Institutionenvergleich, in dessen Rahmen die Netto-Effekte der privaten Lösung „Eigenfinanzierungsmaßnahme“ mit denen staatlicher Informationsbereitstellungsmaßnahmen verglichen würden. Dabei ist eine Überlegenheit der privaten Maßnahme wahrscheinlich, da eigeninitiierte Maßnahmen – modellbedingt – nur bei positivem Netto-Gesamtnutzen zu erwarten sind261. Zu beachten bleibt, dass bei beiden Maßnahmen lediglich die unerwünschten Folgen der asymmetrischen Informationsverteilung, nicht jedoch die Ursachen beseitigt werden.

Im folgenden Kapitel wird mit dem Modell von Diamond / Dybvig ein weiteres Modell dargestellt, welches ebenfalls vor Vertragsschluss bestehende Informationsasymmetrien zwischen den Vertragspartnern zur Erklärung der Existenz von Kreditinstituten heranzieht. Diese Asymmetrien beziehen sich nunmehr auf den Konsumbedarf der orginären Vertragspartner. Anders als die bisher reflektierten Arbeiten verfolgen die beiden Autoren ausdrücklich das Ziel, staatliche Maßnahmen in ihren Analyserahmen einzubinden.

258 Kritisch auch Paul (2000), S. 44. Zur Überlegenheit von Informationsproduzenten anlässlich der Lösung von projektertragsbezogener Ex-ante-Informationsasymmetrie vgl. das Modell von Ramakrishnan / Thakor (1984). Ausführlich hierzu Breuer (1993), S. 120 – 129 (im Ergebnis kritisch). 259 Vgl. Paul (2000), S. 45. 260 Weiterführend zu diesem Aspekt und einer entsprechenden Modellerweiterung Campbell / Kracaw (1980), pp. 865 – 881. 261 Allgemeiner hierzu Fülbier (1998), S. 184 – 187; zu einem Stufenkonzept privater und staatlicher Maßnahmen Kreditinstitute Klische (1995) S. 91 – 142.

2.3 Institutionenökonomie

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2.3.2.3.2.2 Ex-ante-Informationsasymmetrie bezüglich des Konsumbedarfs Von erheblicher Bedeutung für die Weiterentwicklung der marktgleichgewichtsorientierten Erklärung bankbetrieblicher Leistungserstellung ist das – im Gegensatz zu Leland / Pyle – formal sehr differenzierte Modell von Diamond / Dybvig262. Sie sehen in der Verhinderung eines Bank-Runs die zentrale Bedeutung staatlicher Intervention in der Kreditwirtschaft263 und stellen diese Fragestellung in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen. Dieser Umstand liegt möglicherweise in der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung in den USA geführten Deregulierungs-Diskussion begründet: In deren Folge war es zu einer Bankenkrise gekommen, welche die anlässlich der Krise in den 1930er Jahren etablierte staatliche Einlagenversicherung (Federal Deposit Insurance Corporation) einer Belastungsprobe aussetzte264. Neben der expliziten Fokussierung auf die Legitimation staatlicher Maßnahmen besteht das Ziel von Diamond / Dybvig nicht in der Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten angesichts möglicher vor Abschluss eines Finanzkontraktes bestehender Informationsasymmetrien über die erwarteten Ergebnisse des finanzierten Projektes; für diese wird vielmehr Sicherheit unterstellt. Informationsasymmetrien bestehen in dieser Modellwelt stattdessen zwischen verschiedenen Gruppen von Geldgebern hinsichtlich der während der Vertragslaufzeit auftretenden Konsumwünsche265, die dazu führen, dass das von ihnen durchgeführte Projekt abgebrochen werden muss. Zu den wesentlichen Prämissen des Modells gehören die Folgenden266:  Modellhaft betrachtet werden drei Zeitpunkte: 0, 1 und 2.  Es existiert ein homogenes beliebig teilbares Gut mit konstanten Skalenerträgen, das auch zur kostenlosen intertemporalen Lagerung zur Verfügung steht. Infolgedessen handelt es sich um ein realwirtschaftliches Modell, das von der Existenz von Geld abstrahiert. 262 Vgl. Diamond / Dybvig (1983), pp. 401 – 419. Für einen Überblick über die hierauf aufbauenden Arbeiten Fest (2008), S. 83 – 96; Stillhart (2002), S. 53 – 73; Vollmer (2001), S. 97 – 115; ferner bereits Rombach (1993), S. 66 – 80 und Breuer (1993), S. 119 f. 263 Vgl. Diamond / Dybvig (1983), p. 401: „It is good that deregulation will leave banking competitive, but we must ensure that banks will not be left vulnerable to runs … our model provides a suitable framework for analysis of the devices traditionally used to stop or prevent bank runs”. Für den Nachweis der empirischen Relevanz von Banken Runs beziehen sich die Autoren auf das geldhistorische Werk von Friedman / Schwartz (1963). 264 Vgl. Erlei / Springmann (2001), S. 131 f.; Kaserer (1998), S. 261 – 264; Rombach (1993), S. 112. Weiterführend zur Krise der Einlagensicherung in den USA ausführlich Bonn (1998), S. 89 – 179. 265 Zur Einordnung des Ansatzes vgl. die einleitende morphologische Übersicht über Erscheinungsformen von Informationsasymmetrien in Abbildung 2.3. 266 Für eine ausführliche Erläuterung ausgewählter Prämissen vgl. auch Körnert (1998), S. 81 – 84.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

 Die Anfangsausstattung der handelnden Wirtschaftssubjekte in t ¼ 0 an diesem Gut beträgt 1.  Den ökonomisch Handelnden stehen zwei Handlungsalternativen zur Verfügung: Entweder sie investieren in das beliebig teilbare Investitionsprojekt oder sie lagern ihre Anfangsausstattung.  Sie werden zudem als streng risikoscheue Nutzenmaximierer modelliert, deren Nutzen von den Informationen über die ihnen zur Verfügung stehenden Konsummöglichkeiten zu den verschiedenen Zeitpunkten abhängt. Allerdings unterscheiden sich die Nutzenfunktionen beider Handelnder: Während diejenigen, die vorzeitigen Konsumwünschen ausgesetzt sind, nur aus dem Konsum im Zeitpunkt 2 Nutzen ziehen können, hängt der Nutzen der anderen von den Konsummöglichkeiten im Zeitpunkt 1 und 2 ab.  In t ¼ 0 ist gesamtwirtschaftlich bekannt, welcher Anteil der Wirtschaftsubjekte in t ¼ 1 über einen vorzeitigen Konsumwunsch verfügen wird ðp1 ¼ Þ und welcher Anteil erst in t ¼ 2 konsumieren möchte ðp2 ¼ 1  Þ. Die Handelnden selbst erfahren erst zum Zeitpunkt t ¼ 1 über den Zeitpunkt ihrer Konsumwünsche. Diese Information ist privat und kann von der jeweils anderen Gruppe nicht beobachtet werden.

Geht man darüber hinaus davon aus, dass das Investitionsprojekt im Zeitpunkt 1 kostenlos zu 1 zu liquidieren ist und im Zeitpunkt 2 zu dem sicheren Ertrag von R führt, dann lassen sich die „Konsumströme“ der beiden Klassen von Financiers darstellen: Typ A erfährt in t ¼ 1 einen Konsumbedarf und liquidiert seinen Anteil an dem Projekt, für den er die ursprünglich überlassenen Mittel erhält. In t ¼ 2 verfügt Typ A über keine weiteren Konsummöglichkeiten. Typ B hingegen verfügt in t ¼ 1 über Wahlmöglichkeiten: Entweder er bricht das Projekt ab und transferiert den Betrag von 1 mittels Lagerhaltung in den Zeitpunkt 2 oder er wartet, bis er im Zeitpunkt 2 das sichere Projektergebnis R erhält. Mit den Konsummöglichkeiten in den einzelnen Perioden ist für beide Typen von Wirtschaftssubjekten die Erreichung bestimmter Nutzenniveaus möglich. Entsprechend dieser Annahmen lässt sich das gesamtwirtschaftliche Marktgleichgewicht durch Maximierung der auf den Zeitpunkt t ¼ 0 diskontierten erwarteten Nutzenwerte bestimmen267. Pareto-optimal ist für Typ A eine über dem Wert von 1 liegende Konsummöglichkeit zum Zeitpunkt t ¼ 1 und für Typ B eine unter dem Wert von R liegende Konsummöglichkeit zum Zeitpunkt t ¼ 2. Ursächlich hierfür ist die durch die Wahl der Nutzenfunktion ausgedrückte extreme Risikoscheu der modellierten Akteure268. Eine Möglichkeit diese Gleichgewichtslösung zu erreichen, besteht in der Bildung einer Versichertengemeinschaft durch Typ A und B 267 Für den formalen Nachweis vgl. Diamond / Dybvig (1983), pp. 405 – 407. Erläuternd hierzu Dietrich / Vollmer (2005), S. 175 – 180; Pierdzioch / Stadtmann (2004), S. 364 – 366; Burghof (1998), S. 52 – 55; Rombach (1993), S. 70. 268 Vgl. hierzu die graphische Darstellung bei Hartmann / Pfingsten / Weber (2007), S. 212.

2.3 Institutionenökonomie

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zum Zeitpunkt t ¼ 1, in der sich Typ B verpflichtet, einen Teil seiner Konsummöglichkeiten an Typ A zu übertragen269. Da zu diesem Zeitpunkt beide Vertragspartner über keine individuellen Informationen über ihre Typ-Zugehörigkeit verfügen, versichert ein entsprechender Vertrag beide gegen das Risiko, zum Zeitpunkt t ¼ 1 einem unerwarteten Konsumwunsch ausgesetzt zu sein. Allerdings ist dieses formal mögliche Gleichgewicht kein stabiles; vielmehr besteht für Typ B der Anreiz, ebenfalls eine Typ A-Zugehörigkeit vorzutäuschen. Dies ist prämissenbedingt deshalb möglich, weil der Konsumwunsch nicht beobachtbar ist, und die Versicherungsleistung kostenlos in Periode 2 transferiert werden kann270. Wegen der Eigenschaften der gewählten Nutzenfunktion ist es Typ B durch diese Transaktion möglich, zu diesem Zeitpunkt ein höheres Nutzenniveau zu erreichen. Eine anreizkompatible Gleichgewichtslösung ist nur dann möglich, wenn Typ B den ohne Versicherungslösung möglichen Konsumstrom realisiert. Ebenso wie in den zuvor dargestellten marktgleichgewichtsorientierten Ansätzen zur Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten wird ein Finanzintermedär auch bei Diamond / Dybvig zur Beseitigung eines speziellen, auf Informationsasymmetrien zwischen den Financiers basierenden, Marktversagens in das Modell eingeführt. Kennzeichnend für den Intermediär sind folgende – qua Prämisse – festgelegte Eigenschaften:  Der Intermediär wird als eigeninitiierter Zusammenschluss der Projektdurchführenden in das Modell eingeführt271: Im Zeitpunkt t ¼ 0 wird dieser als Zusammenschluss von Eigenfinanciers gegründet und im Zeitpunkt t ¼ 2 aufgelöst; ihre Geschäftspolitik besteht in der Verwendung der überlassenen Mittel zur Durchführung des risikolosen Projektes.  Gegenstand der Vereinbarung272 der Eigenfinanciers untereinander ist, dass im Zeitpunkt t ¼ 1 auftretende Konsumbedürfnisse von Wirtschaftssubjekten des Typs A in der Reihenfolge ihres Auftretens (Sequential service constraint) durch vorzeitige anteilmäßige Beendigung der Projekte befriedigt werden. Im Zeitpunkt t ¼ 2 hingegen erhalten die verbleibenden Wirtschaftssubjekte des Typs B einen pro rata Anteil an den Ergebnissen der durchgeführten Projekte. 269 Vgl. Dietrich / Vollmer (2005), S. 177. Allgemeiner und weiterführend zur Unsicherheit und Möglichkeiten einer modellgestützten Analyse von Versicherungen Strassl (1988), S. 1 – 34. 270 Vgl. Diamond / Dybvig (1983), p. 407; Rombach (1993), S. 71 und Neuberger (1994), S. 94; erläuternd hierzu Dietrich / Vollmer (2005), S. 177 f. und Vollmer (1999b), S. 37 und S. 39 f.; anders die Darstellung bei Hartmann-Wendels / Pfingsten / Weber (2007), S. 212 – 214. 271 Vgl. Diamond / Dybvig (1983), p. 498: „We are assuming throughout this paper that the bank is mutually owned (a ‚mutual‘) …“. 272 Diese Vereinbarung wird im Original missverständlich als „deposit contract“ bezeichnet, vgl. Diamond / Dybvig (1983), p. 498. Andere Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme bestehen für die Financiers auch in späteren Perioden nicht mehr. Kritisch hierzu z. B. Dowd (1992b), pp. 114.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

 Dem Kreditinstitut ist im Zeitpunkt t ¼ 0 der Anteil der Wirtschaftssubjekte mit vorzeitigem Konsumwunsch ðÞ bekannt.

Nur aufgrund dieser spezifischen Prämissensetzung ist der Finanzintermediär in der Lage, die als pareto-optimal abgeleitete Versicherungslösung für alle Marktteilnehmer als nunmehr stabile Gleichgewichtslösung anzubieten273. Denn die Bank wird die Konsumwünsche von Wirtschaftssubjekten des Typs A entsprechend der Reihenfolge ihres Anteils nur so lange befriedigen, bis nicht alle Projekte vorzeitig beendet werden müssen. Da sie  kennt, kann sie diese Obergrenze berechnen und die Leistungen in t ¼ 1 dann auf null festsetzen. Für Typ B besteht demnach kein Anreiz mehr, sich im Zeitpunkt t ¼ 1 als Typ A auszugeben, da hierdurch sein Anspruch im Zeitpunkt t ¼ 2 gerade auf null reduziert würde274. Zwar kann mit Einführung eines Intermediärs in die Diamond / Dybvig-Welt ein stabiles Gleichgewicht erreicht werden, allerdings ist dieses nunmehr nicht mehr eindeutig. Die herausragende Bedeutung des Modells von Diamond / Dybvig resultiert daraus, dass neben der dargestellten eine weitere, aber nicht pareto-optimale Gleichgewichtslösung existiert275. Aufgrund der gewählten Prämissen276 ist es der Bank nicht möglich, vorzeitige Konsumbedürfnisse zu erfüllen, wenn der bereits ermittelte kritische Anteil von Anlegern des Typs A im Zeitpunkt t ¼ 1 überschritten wird. Da diese Information auch allen Marktteilnehmern vor Vertragsabschluss bekannt ist, werden Anleger des Typs B, sobald sie beobachten, dass diese Grenze erreicht wird oder sie auch nur Anlass zu der der Vermutung haben, dass diese Grenze erreicht werden könnte, vorzeitige Liquidation verlangen. Da die Ansprüche der Marktteilnehmer zudem – prämissenbedingt – in der Reihenfolge ihres Eintreffens erfüllt werden, besteht die Gefahr, dass auch alle Financiers des Typs B eine vorzeitige Liquidation verlangen werden und damit möglicherweise ohne Grund die Insolvenz des Intermediärs betreiben277. Diamond / Dybvig gelingt es somit erstmalig, empirisch beobachtete Situationen278, in der viele Financiers eines einzelnen Kreditinstituts ihre überlassenen Mit273 Zur Verdeutlichung der Konstruiertheit spricht Körnert (1998), S. 84 sehr plastisch nicht von einem „Kreditinstitut“, sondern von einem „Quasi-Geld-Automaten“. Weiterführend zur Verwendung des Modells als Grundlage für die Erklärung von Wachstumsprozessen vgl. Vollmer (1999c), S. 17 – 21. 274 Zu den formalen Details der Intermediärlösung vgl. Diamond / Dybvig (1983), pp. 408 – 409; erläuternd Hartmann-Wendels / Pfingsten / Weber (2007), S. 214 – 216; Dietrich / Vollmer (2005), S. 178 f., Vollmer (1998), S. 40 f. und Rombach (1993), S. 68 – 71. 275 Zum Folgenden vgl. Diamond / Dybvig (1983), pp. 409 – 410; erläuternd hierzu Fest (2008), S. 84 f.; Vollmer (1999b), S. 51 – 53; Burghof (1998), S. 54 f.; Rombach (1993), S. 72 f.; Schmidt-Mohr (1992), S. 14 (Fn. 31), der auf den spieltheoretischen Aspekt der Modellierung hinweist; sehr deutlich auch Schönfelder (1991), S. 512. 276 Kritisch hierzu Breuer (1993), S. 115. 277 Vgl. die anschauliche Erläuterung bei Vollmer (1999b), S. 50 – 53. 278 Für einen Überblick über die entsprechende Literatur vgl. Bonn (1998), S. 13 – 64 (zu den begrifflichen Grundlagen) und S. 65 – 296 (für einen Überblick über ausgewählte reale

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tel zurückfordern und diese in eine Krise stürzen, in einem spezifischen Modellkontext zu erklären. Entsprechende Situationen sollen im weiteren Verlauf dieser Arbeit, in Übereinstimmung mit weiten Teilen der Literatur, als „Bank-Run“279 bezeichnet werden. Sie sind zu unterscheiden von einer systemweiten Bankenkrise, in der unterschiedliche Übertragungsmechanismen280 dazu führen, dass ausgehend von der Krise eines einzelnen Kreditinstitute mehrere Kreditinstitute, im Grenzfall das gesamte Bankensystem, vorzeitigen Rückzahlungsforderungen der Geldgeber ausgesetzt ist281. Dass mit Diamond / Dybvig erstmalig Bank-Runs als zwingende Begleiterscheinung einer bestimmten Art von Transformationsleistung modelltheoretisch abgebildet werden konnten, erklärt die Bedeutung des Modells als methodische Grundlage für zahlreiche nachfolgende Veröffentlichungen zu diesem Phänomen282 und seine Verwendung als Argumentationshilfe für diverse reale wirtschaftspolitische Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten283. Diamond / Dybvig sehen in dem Originalbeitrag allerdings keine zwingende Notwendigkeit, staatliche Maßnahmen zur Verhinderung eines Bank-Runs zu etablieren284: Da dem Finanzintermediär der Anteil der Financiers mit vorzeitigem Konsumbedürfnis ðÞ in der ersten Modellvariante bekannt ist, reicht es vielmehr aus, für den Fall des Erreichens der kritischen Grenze ex ante eine „suspension of convertibility“, die Verhängung eines Zahlungsmoratoriums, vertraglich zu vereinbaren285. Hiermit ist für die Financiers vom Typ B durch private vertragliche Lösung sichergestellt, dass über den kritischen Anteil hinaus keine vorzeitigen LiquidatioKrisen). Zu speziellen Krisensituationen in verschiedenen Ländern vgl. ferner die Beiträge von Kaserer (2000b), Körnert (2000), Vollmer (2000b). 279 Für einen Überblick über die Verwendung des Begriffs Wolf (1999), S. 12 f. und Burghof (1998), S. 50 f. (m. w. Nw.); ausführlich ferner Dowd (1992b), pp. 107 – 132. 280 Die in der deutschen Literatur gelegentlich verwendeten Begriffe „Domino- oder Ansteckungseffekte“ werden hier bewusst nicht verwendet. Zum Dominoeffekt vgl. beispielsweise Körnert (1998), S. 73. 281 Zu den Ursachen von Bankenkrisen Wolf (1999), S. 18 – 25. Eine ausführliche systematische Übersicht über verschiedene theoretische Erklärungsansätze gibt Körnert (1998), S. 73 – 121. Ein Versuch zur Erklärung der Ursachen realer Krisen findet sich bei Rudolph (2008), S. 726 – 738 und Schmidt (2001), S. 246 – 270. Für eine kritische Reflexion des Phänomens vgl. hingegen Kaserer (1998), S. 343 – 407. 282 Für einen Überblick über die entsprechende Literatur vgl. Fest (2008), S. 83; ausführlicher Stillhart (2002), S. 60 – 72; ferner bereits Dowd (1992b), pp. 118 – 123 (Modellierungen zur Berücksichtigung unsicherer Projektergebnisse) und Schmidt-Mohr (1992), S. 16 – 22. Ausführlich und kritisch setzt sich darüber hinaus Burghof mit dem Modell und seinen Variationen auseinander, vgl. Burghof (1998), S. 63, S. 64 – 80 (Weiterentwicklung von Diamond / Dybvig durch Postlewaite / Vives, Jacklin / Battacharya und Chari / Jagannathan), S. 80 – 101. Eine aktuelle Weiterentwicklung des Modells zur Analyse der Möglichkeiten, Bank-Runs durch Risikoberichterstattung zu verhindern findet sich bei Homölle (2009), S. 7 – 26. 283 Kritisch gegen eine derartige Vorgehensweise sehr deutlich Neuberger (1994), S. 95 und S. 96 – 100. 284 Vgl. Diamond / Dybvig (1983), pp. 410 – 411. 285 Vgl. Schönfelder (1991), S. 512 f.

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nen möglich sind und es entfällt der Anreiz zur Initiierung eines Bank-Runs. Erst in einer zweiten Modellvariante weisen Diamond / Dybvig die Notwendigkeit für staatliches Handeln nach und diskutieren verschiedene Instrumente. Diese Variante wird im Anschluss an die Darstellung der verschiedenen Principal-Agent-Ansätze zur Erklärung der Intermediationsleistung von Kreditinstituten kritisch im Vergleich mit anderen Vorschlägen zur Lösung von informationsbedingtem Marktversagen diskutiert286. Um im folgenden Kapitel die Grenzen des Ansatzes zur Legitimation wirtschaftspolitischer Maßnahmen differenziert zu verdeutlichen, soll an dieser Stelle in einem vorbereitenden Schritt bereits die Art der Modellierung der kreditwirtschaftlichen Leistungserstellung durch Diamond / Dybvig kritisch reflektiert werden.  Das Modell von Diamond / Dybvig stellt kein monetäres, sondern ein rein realwirtschaftliches Modell dar287. Infolgedessen wird keine Unterscheidung zwischen Geld und anderen Gütern vorgenommen288. Deshalb kann dieser Ansatz weder bestimmte Ausgestaltungsformen einer Geldordnung – etwa die eines staatlichen Währungsmonopols289 – berücksichtigen, noch zur Rechtfertigung allgemeiner oder spezieller notenbankpolitischer Maßnahmen290 herangezogen werden. Infolge der realwirtschaftlichen Modellierung ist ein Bank-Run darüber hinaus auch immer Vorläufer negativer realwirtschaftlicher Effekte und kann nicht als Ergebnis vorher eingetretener realwirtschaftlicher Schocks erklärt werden291. Beide Kritikpunkte sind fundamentaler Art und können durch Modellvariation nicht beseitigt werden. Der Aussagegehalt des Modells ist folglich einschränkt.  Diamond / Dybvig analysieren insofern ein idealtypisches Kreditinstitut, als dieses über kein eigenes Vermögen verfügt, sondern durch Zusammenschluss der Financiers entsteht. Der Run auf ein Institut stellt im Modell nur deshalb ein Existenz bedrohendes Problem dar, weil der modellierte Intermediär kein Verlustdeckungspotential zur Kompensation von – wie auch immer näher zu definierenden – Liquidationsverlusten besitzt292. Bei Einführung eigenen Vermögens für den Intermediär würde das nicht-pareto-optimale Gleichgewicht nicht zustande kommen. Bei diesem Umstand handelt es sich ebenfalls um eine fundamentale Schwäche des Modells, das dessen Eignung zur Erklärung realer Kreditinstitute, Vgl. unten Kapitel 2.3.2.3.3. Sehr deutlich wird dies bei der Modellerläuterung durch Körnert (1998), S. 85 – 87. Gleichwohl hält Körnert eine Übertragung auf ein Bankensystem für zulässig. 288 Dessen ungeachtet verwendet Burghof (1998), S. 58 f. bei seiner Modellwürdigung den Begriff der „Liquidität“ und des „Geldmarktes“; ähnlich Kaserer (1998), insbes. S. 351. Deutlich zum realwirtschaftlichen Charakter des Modells hingegen Körnert (1998), S. 81 – 87. 289 Vgl. Dowd (1992b), p. 126. 290 Vgl. sehr deutlich Schönfelder (1991), S. 522. 291 Vgl. Vollmer (1999b), S. 53. 292 Vgl. grundlegend Dowd (1992b), p. 123 – 126. Ferner auch die Hinweise bei Wolf (1999), S. 11 f. und Burghof (1998), S. 57. 286 287

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insbesondere der Existenz unterschiedlicher Rechtsformen293, erheblich einschränkt und bei der Verwendung des Modells zur Fundierung wirtschaftspolitischer Maßnahmen berücksichtigt werden muss294.  Ursächlich für die Überlegenheit der Intermediärlösung ist die vorgegebene Risikoeinstellung der Wirtschaftssubjekte. Diamond / Dybvig unterstellen eine besonders strenge Form der Risikoscheu295. Würde eine andere Form der Risikonutzenfunktion gewählt, verlören die Ergebnisse des Modells ihren Aussagegehalt. Bei diesem Kritikpunkt handelt es sich um einen grundlegenden, der nicht durch Erweiterung oder Modifikation des Modells entkräftet werden kann296 und bei der Interpretation der Modellergebnisse ebenfalls besonders deutliche Berücksichtigung finden sollte.  Der zwischen Intermediär und Financiers des Typs B abgeschlossene Kontrakt bildet einen Spezialfall der in der realen Kreditwirtschaft abgeschlossenen Verträge297. Es erfolgt keine klare Differenzierung zwischen Eigen- und Fremdfinanzierungskontrakt, vielmehr weist der idealtypische Vertrag im Diamond / DybvigModell wegen der Vereinbarungen über die Gegenleistung zum Zeitpunkt 1 wesentliche Elemente eines Fremdfinanzierungskontraktes und zum Zeitpunkt 2 den Charakter eines Eigenfinanzierungskontraktes auf. Eine Erklärung der Motive der Financiers für die Entscheidung zwischen dem Abschluss eines Fremdoder Eigenfinanzierungskontraktes ist folglich modellendogen nicht möglich298, vielmehr unterstellen Diamond / Dybvig ein repräsentatives Individuum299.  Das Modell von Dymond / Dybvig ist von seinem Grundaufbau ein statisches Drei-Zeitpunkt-Modell. Die für die Modellierung des Run-Falles zwingend notwendige Annahme der Berücksichtigung von Liquidationswünschen gemäß der Reihenfolge ihres Eingangs zum Zeitpunkt 1 ist deshalb insofern problematisch als sie dynamische Aspekte in das Modell einfügt300. 293 Vgl. Vollmer (1999b), S. 56. Weiterführend für eine entsprechende Analyse Breuer / Breuer (2008), S. 44 – 63 und Vollmer (2000c), insbes. S. 60 – 73. 294 Vgl. Dowd (1992b), p. 123, p. 112: „… the DD intermediary is something of an unconventional mutual fund“; ferner Burghof (1998), S. 57 f.. Breuer (1993), S. 119 behauptet sogar, dass das Modell letztlich keinen Beitrag zur Erklärung intermediärer Strukturen leistet, weil der Intermediär ohne Beeinflussung der Ergebnisse ersatzlos gestrichen werden könnte. 295 Sehr deutlich Dietrich / Vollmer (2005), S. 176. Weiterführend zu den Problemen der Messung von Risikoscheu Wilhelm (2008), S. 447 – 487. 296 Neuberger nimmt eine Modellvariation vor, in der unterschiedliche Grade von Risikoaversion zur Erklärung Existenz von Kreditinstituten bei unsicheren Projektergebnissen herangezogen werden, vgl. Neuberger (1994), S. 100 – 117. 297 In der Literatur wird hingegen die empirische Relevanz derartiger Verträge gänzlich in Frage gestellt: Zu diesem Argument grundlegend Dowd (1992b), pp. 111; dieser Auffassung folgen Burghof (1998), S. 57 f.; sowie Langer / Weber (2000), S. 224. 298 Vgl. Dowd (1992b), pp. 124. Es handelt sich bei Diamond / Dybvig dementsprechend nicht um ein Entscheidungsmodell, vgl. hierzu Bitz (1983), S. 25 f. 299 Vgl. Stillhart (2002), S. 58 und Neuberger (1994), S. 99 f.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

 Aufgrund der sicheren Projektergebnisse existieren in der Modellwelt von Diamond / Dybvig weder für die Financiers noch für den Intermediär Ausfallrisiken301. Diese Annahme impliziert, dass ein Abbruch des Projektes infolge veränderter Informationen über die erwarteten Ergebnisse nicht analysiert werden kann. Ein entsprechender, auf veränderten Informationen basierender Bank-Run wäre eine unter allokativen Gesichtspunkten sinnvolle Handlungsalternative und sollte nicht durch vertragliche oder staatliche Maßnahmen unterbunden werden302. Das Modell erweist sich im Gegensatz zu den bisher genannten Aspekten gegen diese Kritik robust. Eine Berücksichtigung unsicherer Projektergebnisse ist im Rahmen einer Modellerweiterung möglich und wurde von diversen Autoren vorgenommen303.  Im Modell ist die Überlegenheit eines Diamond / Dybvig-Kreditinstituts nur deshalb gegeben, weil den Geldgebern qua Prämisse keine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme gewährt wird304. Der Ausschluss einer marktmäßigen Lösung305 zur Befriedigung von Liquiditätsbedürfnissen bildet einen für ein Marktgleichgewichtsmodell fundamentalen Kritikpunkt306 und wurde deshalb im Rahmen von Modellmodifikationen berücksichtigt307. 300 Eine Kumulierung der Liquidationsforderungen sowie die anschließende Pro rata Auszahlung zwischen den Geldgebern könnte das Problem des Runs auf eine andere, einfachere Weise ausschließen. 301 Sehr deutlich der Hinweis von Langer / Weber (2000), S. 220, S. 225. Langer / Weber stellen aufgrund empirischer Beobachtungen sogar die Frage, ob ein Bank-Run ohne Berücksichtigung von Ausfallrisiken überhaupt modellierbar ist. Zu einem Überblick über die Erklärung von Bank-Runs aufgrund schlechter Qualität der Bankanlagen vgl. Schmidt-Mohr (1992), S. 17 (sogenannter informationsbasierter Bank-Run). 302 Sehr deutlich Kaserer (1998), S. 350 f. 303 Vgl. die Übersichten bei Fest (2008), S. 86 – 90, Stillhart (2002), S. 60 – 72, Kaserer (1998), S. 350 – 354 (m. w. Nw.), Neuberger (1994), S. 97 – 99 und Rombach (1993), S. 80 – 91. Bei diesen Modellerweiterungen handelt es sich um einen heterogenen Forschungsbereich. 304 Vgl. zu einem Überblick über diesbezügliche Kritik und Weiterentwicklungen in der Theorie Neuberger (1994), S. 96; Breuer (1993), S. 115 – 118 (m. w. Nw.); ferner schon Schmidt-Mohr (1992), S. 16 f. (mit Hinweis Jacklin (1987)). Mit der Zulässigkeit einer Liquiditätsbeschaffung über Märkte wird allerdings das Problem der mangelnden Überprüfbarkeit der individuellen Liquiditätsbedürfnisse obsolet. 305 Gemäß Schneider bilden funktionsfähige Märkte die wesentliche Möglichkeit zur Anpassung an Risiken aufgrund geänderter Umweltbedingungen (Planungsfehler im Sinne von Schneider). Märkte ermöglichen die Korrektur von Entscheidungen aufgrund neuer Informationen. Staatliches Handeln sollte sich deshalb auf die entsprechende Organisation von Märkten richten. Vgl. Schneider (1983), insbes. S. 8, S. 13, S. 18, S. 21 – 24 (Anlässlich der Diskussion von Anlagevorschriften in der Versicherungsbranche zum Schutz der Verbraucher). 306 Vgl. den Hinweis bei Langer / Weber (2000), S. 224. Auf die Konstruiertheit der Isolationsannahme weist auch Burghof (1998), S. 59 sehr deutlich hin. 307 Zu einer Weiterentwicklung des Modells um marktmäßigen Handel vgl. Jacklin (1987). Ferner die Ansätze bei Thadden, vgl. Freixas / Rochet (1997), S. 23. Neuberger (1994), S. 96 weist darauf hin, dass folglich zur Lösung von Liquiditätsproblemen weder Kreditinstitute noch Investmentfonds notwendig sind. Vielmehr reicht hierzu ein Handel mit Eigenfinanzierungskontrakten.

2.3 Institutionenökonomie

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 Das Modell von Diamond / Dybvig zeigt auf, unter welchen idealtypischen Bedingungen die Gefahr des Runs auf ein einzelnes Kreditinstitut bestehen kann. Bank-Runs sind das Ergebnis eines exogenen Schocks308. Erklärungsziel dieses Ansatzes ist es demgegenüber gerade nicht, die Ausbreitung eines einzelnen Bank-Runs auf das gesamte Bankensystem zu analysieren309. Darüber hinaus ist es wegen der fehlenden einzelwirtschaftlichen Fundierung nicht möglich, die Gründe für einen Run modellendogen abzubilden und zu unterscheiden. Runs stellen vielmehr stochastische, nicht näher begründbare und klassifizierbare Ereignisse dar310, die lediglich von den Erwartungen über das Verhalten anderer Marktteilnehmer abhängen und nicht auf ökonomisch fundierten Sachverhalten basieren311. Diese Modellkritik schränkt insbesondere die Verwendung des Modells zur Fundierung wirtschaftspolitischer Maßnahmen ein, da infolge der fehlenden Bestimmung des Ursache-Wirkungs-Zusammenhangs keine hierauf aufbauende theoretische Fundierung der Ziel-Mittel-Beziehung erfolgen kann312. Allerdings wurde dieser Kritikpunkt im Rahmen verschiedener Modellerweiterungen berücksichtigt313 und stellt insofern keinen fundamentalen dar.  Die Verhinderung eines Bank-Runs durch private vertragliche Lösung basiert auf der ex ante Kenntnis von  seitens des Kreditinstitutes. Nur aufgrund dieser Annahme besteht für den Intermediär die Möglichkeit, die Grenze, bis zu der Liquidationswünsche der Financiers erfüllt werden können, exakt zu bestimmen und somit die zu einem Bank-Run führende Erwartungsbildung zu verhindern314.

Die aufgezeigten Kritikpunkte verdeutlichen die engen Grenzen des Modells von Diamond / Dybvig zur Erklärung der Funktion realer Kreditinstitute. Eine weiterKritisch hierzu Fest (2008), S. 85 f. (m. w. Nw.). Ebenso können funktionierende Interbankenmärkte zur Kompensation der Einlagenabzüge bei einem Kreditinstitut in dem Ansatz von Diamond / Dybvig keine Berücksichtigung finden, vgl. Burghof (1998), S. 59. Zu dem Problem ebenfalls Schmidt-Mohr (1992), S. 19 f. (mit Hinweis auf Bhattacharya / Gale (1987)). Zur Entwicklung eines variantenreichen Modells zur Erklärung systemweiter Bankenkrisen vgl. ausführlich Wolf (1999), S. 59 – 502; ferner Burghof (1998), S. 80 – 99. 310 Kritisch gegen den „sich selbst bestätigenden Bank-Run“ Langer / Weber (2000), S. 225 (sogenanntes Sunspot-Phänomen); ferner Bonn (1998), S. 17 (Fn. 27). Burghof (1998), S. 61 weist zu Recht darauf hin, dass auf dem Modell von Diamond / Dybvig basierende Gestaltungsempfehlungen hinsichtlich staatlicher Maßnahmen nur an den Symptomen des BankRuns ansetzen. Einen Literaturüberblick über die modellendogene Erklärung von Runs auf eine einzelne Bank gibt Wolf (1999), S. 14 – 18. 311 Vgl. Fey (2006), S. 62; Neuberger (1994), S. 97 – 99. 312 Vgl. hierzu aus wissenschaftstheoretischer Perspektive allgemeiner Chmielewicz (1994), S. 182 – 184. 313 Grundlegend hierzu Jacklin / Bhattacharya (1988), pp. 568 – 592. Ausführlich auch Allen / Gale (2004), pp. 1023 – 1061, hier pp. 1023 – 1026 (m. w. Nw.). 314 Ähnlich auch Körnert (1998), S. 87, der zugleich darauf hinweist, dass in der Realität die Androhung der Zahlungseinstellung einen Bank-Run nicht verhindern kann. Differenzierter die Ausführungen bei Rombach (1993), S. 73 – 75. 308 309

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

gehende Verwendung der Modellergebnisse entweder zur Fundierung wirtschaftspolitischer aus theoretischer Sicht oder als Grundlage zur Gestaltung realer wirtschaftspolitischer Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten erscheint deshalb problematisch. Im folgenden Kapitel wird ein weiterer Principal-Agent-Ansatz diskutiert. Im Gegensatz zu den beiden bisher vorgestellten Modellen werden nunmehr Informationsasymmetrien, die nach dem Abschluss des originären Finanzkontraktes auftreten können, thematisiert. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht die Funktion von Kreditinstituten in der Überwindung entsprechender Unterschiede in der Informationsausstattung.

2.3.2.3.2.3 Ex-interim-Informationsasymmetrie hinsichtlich der Projektauswahl Eine Möglichkeit, in der divergierende Informationsstände in Principal-AgentBeziehungen nach Abschluss eines Finanzkontraktes in Erscheinung treten (vgl. oben Abbildung 2.3), besteht wie folgt: Der Geldgeber ist während der Vertragslaufzeit der Gefahr ausgesetzt, dass der Geldnehmer seine Mittel aus eigennützigen Überlegungen heraus zur Durchführung anderer als der ursprünglich avisierten Projekte verwendet. Es besteht also Unsicherheit über das Verhalten des Vertragspartners nach Abschluss des Vertrages315. Ein Teil der Literatur versucht Funktionen von Kreditinstituten vor dem Hintergrund dieses speziellen Informationsproblems zu erklären316, indem auf die Möglichkeit verwiesen wird, Verhaltensunsicherheit durch den Aufbau langfristiger und exklusiver Finanzierungsbeziehungen zu verringern. Zur Verdeutlichung der Argumentation in derartigen Modellen wird hier exemplarisch auf das Modell von Breuer zurückgegriffen317. Ausgangspunkt für die Ausführungen bildet die These, dass sich Vorteile einer indirekten Finanzierung über Finanzintermediäre infolge eines revolvierenden Mittelbedarfs der originären Geldnehmer erklären lassen. Im Gegensatz zu den bisher betrachteten Modellen ist es deshalb notwendig, den Abschluss direkter und indirekter Finanzierungsverträge im Zeitablauf zu modellieren318. Breuer benennt hierzu folgende Ausgangssituation:

Zur Einordnung vgl. stellvertretend für viele Fest (2008), S. 133 – 135. Vgl. beispielweise Holmström / Tirole (1997), Breuer (1995) und Thadden (1995). Für einen Überblick ferner Stillhart (2002), S. 48 – 52, Paul (2002b), S. 50 – 55, Scholtens (1993), pp. 130 und Hellwig (1991), pp. 51 – 67. Erläuternd zu einzelnen Modellen Dietrich / Vollmer (2005), S. 170 – 174 sowie Langer / Weber (2000), S. 217 f. 317 Vgl. Breuer (1995), passim; hierauf aufbauend ferner Terstege / Loose (2005), S. 1508 – 1512. 318 Auf die Bedeutung der Modellierung von Bankleistungen als Absatzbeziehungen in der Zeit weist sehr deutlich Süchting hin, vgl. hierzu Süchting (2002), insbes. S. 14 – 16. 315 316

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 Ein risikoneutraler Unternehmer benötigt zur Durchführung eines Projektes Mittel in Höhe von f , die ihm von n Geldgebern zur Verfügung gestellt werden319. Den Financiers steht als Handlungsalternative die unverzinsliche Kassenhaltung zur Verfügung.  Dem Unternehmer stehen zwei alternative Projekte zur Verfügung: Während Projekt A zu sicheren Ergebnissen führt ðeA Þ, besteht für das Projekt B Ergebnisunsicherheit: Mit der Wahrscheinlichkeit p wird ein Ergebnis von eB erzielt, mit ð1  pÞ scheitert das Projekt und es wird ein Ergebnis von null erreicht. Das unsichere Projekt B sei Projekt A im Erwartungswert unterlegen.  Beide Marktteilnehmer verfolgen das Ziel der Maximierung des Erwartungswertes ihres Endvermögens.  Zwischen den Marktteilnehmern bestehen keine divergierenden Einschätzungen über die Zahl der Projekte und ihrer Ergebnisverteilung und sie prognostizieren für den Eintritt der unsicheren Projektergebnisse identische Wahrscheinlichkeitsverteilungen.

Betrachtet man als Referenzsituation für die weitere Argumentation die Situation ohne Informationsasymmetrie, dann ergibt sich die in Abbildung 2.4 dargestellte Verteilung der Projektergebnisse zwischen Unternehmer und Geldgeber. Aufgrund der getroffenen Annahmen wird der Unternehmer Projekt A durchführen, wenn es den Vertragspartnern möglich ist, die Projektauswahl kostenlos und verbindlich zu vereinbaren320.

Erwartungswert der Ergebnisse des Projektes Verteilung der Ergebnisse zwischen den Vertragspartnern:  Fremdfinancier  Unternehmer

Projekt A

Projekt B

eA

p  eB

f eA  f

f p  eB  f

Abbildung 2.4: Verteilung der Projektergebnisse in der Ausgangssituation

Divergierende Informationsstände während der Projektlaufzeit werden in das Modell dadurch eingeführt, dass es dem Geldgeber aufgrund der damit verbundenen hohen Kosten nicht möglich ist, die Einhaltung des Versprechens zur Durchführung des ex ante ausgewählten Projektes zu überwachen. Daneben erfolgt eine Modifikation der Zielgröße des Unternehmers: Dieser maximiert seinen Erwartungswert nicht mehr auf der Grundlage der Projekt-Ergebnisse, sondern orientiert sich an den Nettoergebnissen, die nach Leistung des mit den Geldgebern fest vereinbarten 319 Vgl. Breuer (1995), S. 520; ergänzend ferner die Darstellung bei Hartmann-Wendels / Pfingsten / Weber (2007), S. 143 f. 320 Vgl. Terstege / Loose (2005), S. 1508 f.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

Rückzahlungsbetrages verbleiben321. Unter der Annahme, dass der Erwartungswert der Nettoergebnisse von Projekt A niedriger als der von Projekt B ist ½eA  f < p  ðeB <  f Þ, wird der Geldnehmer nunmehr das riskantere Projekt B präferieren und dieses nach erfolgter Mittelüberlassung durchführen. Dieses in der Literatur missverständlich als „Risikoanreizproblem“ bezeichnete Verhalten322 resultiert ökonomisch aus der Möglichkeit, die Verlustrisiken nach erfolgter Mittelaufnahme zumindest partiell auf die Fremdfinanciers überwälzen zu können. Hierdurch wird die mit dem Projektwechsel verbundene Reduktion des Erwartungswertes der Ergebnisse des Unternehmers überkompensiert. Zur Lösung dieses mit der befristeten Überlassung liquider Mittel verbundenen Delegationsproblems existieren bei direkten Finanzierungsbeziehungen folgende Alternativen:  Antizipation der Verhaltensunsicherheit bei Vertragsschluss323. Da prämissenbedingt die Durchführung von Kontrollmaßnahmen nicht möglich ist, besteht für die Financiers nur die Möglichkeit, durch Vertragsgestaltung den erwarteten Rückzahlungsbetrag von Projekt A auch bei dem späteren Wechsel zu Projekt B zu realisieren. Dies gelingt durch Forderung eines Rückzahlungsbetrages von f =p. Für den Unternehmer entstehen bei dieser Lösung Delegationskosten in Höhe von ðeA  p eB Þ.  Sanktionierung nicht vertragskonformen Verhaltens in Folgeperioden324. Geht man davon aus, dass für die Unternehmer mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit ðqI Þ auch in Folgeperioden ein Mittelbedarf für die Durchführung neuer Projekte besteht, könnte die Durchführung unerwünschter Projekte dadurch verhindert werden, dass bei kurzfristigen Finanzierungsverträgen die Konditionen der Folgeperiode vom Aufbau wohlverhaltensbedingter Reputation325 abhängen. Geldgeber können Verhaltensunsicherheit dann entweder durch vollständige Verweigerung einer Anschlussfinanzierung oder durch Verschlechterung der Konditionen für die Mittelüberlassung sanktionieren326.

Wird der Wert der Reputation in einer Erweiterung des Ausgangs-Modells auf ein Modell mit unendlichem Zeithorizont als Barwert der Ergebnisse möglicher Folgeprojekte definiert, dann wird der Anreiz zur Durchführung nicht vertraglich Vgl. Breuer (1995), S. 521. Vgl. Terstege / Loose (2005), S. 1509 und Breuer (1995), S. 521; ferner stellvertretend für viele der Literaturüberblick bei Bigus (1999), S. 11 – 61. Aus ökonomischer Perspektive handelt es sich um ein Investitionsanreizproblem. 323 Vgl. Terstege / Loose (2005), S. 1509. 324 Vgl. Breuer (1995), S. 522 f. 325 Vgl. Breuer (1995), S. 517, S. 523. Zur formalen Darstellung Terstege / Loose (2005), S. 1509 f. Kritisch zum Begriff der Reputation bei mehrperiodigen Beziehungen, insbesondere Kreditbeziehungen, ferner Paul (2002b), S. 50. 326 Im Folgenden wird unterstellt, dass die Geldgeber die Anschlussfinanzierung vollständig verweigern. 321 322

2.3 Institutionenökonomie

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vereinbarter Projekte reduziert. Ursächlich hierfür ist der Umstand, dass die bei Wechsel zu dem riskanteren Projekt B für den Unternehmer bestehende Möglichkeit der Verlustüberwälzung nunmehr nicht nur die Reduktion des Erwartungswertes der Ergebnisse aus Projekt B übersteigen muss, sondern zusätzlich die der durch den Barwert quantifizierten Ergebnisse der in den Folgeperioden möglichen Projekte327. Ob das Investitionsanreizproblem hingegen durch den Reputationswert vollständig gelöst werden kann, hängt von den Konstellationen des Einzelfalls ab, insbesondere der Höhe der Projektfolgewahrscheinlichkeit328. Im Ergebnis wäre diese Lösung durch Aufbau eigener Reputation aus der Perspektive des Unternehmers kostenlos. Ermöglichen die Konstellationen des Einzelfalls die Lösung des Investitionsanreizproblems nicht durch Einsatz eigener Reputation, kann ein weiterer Ansatz zur Lösung des modellierten Delegationsproblems in der Einschaltung eines Intermediärs bestehen329. In der Modellwelt von Breuer wird dieser ebenfalls als risikoneutral modelliert, verfügt zu Periodenbeginn über kein eigenes Vermögen und kann nur dann mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit ðqI Þ Folgeprojekte finanzieren, wenn in der Vorperiode ein Projekt finanziert und erfolgreich kontrolliert wurde. Darüber hinaus garantiert der Intermediär die Durchführung eines bestimmten Projektes durch den Unternehmer und wendet hierzu nicht-monetäre Kosten in Höhe von K auf. Für den Intermediär ist der Abschluss eines langfristigen Finanzierungskontraktes dann ökonomisch vorteilhaft, wenn sein Vermögen bei dieser Aktion jenes bei Durchführung des riskanteren Projektes B übersteigt. Ob die Einschaltung eines Intermediärs unter diesen Annahmen die zwingend überlegene Lösung des hier diskutierten Problems der Verhaltensunsicherheit darstellt, kann nicht allgemeingültig nachgewiesen werden330. Denn auch bei der Mittelüberlassung an einen Intermediär sind die originären Financiers dem Risiko einer Verhaltensänderung nach Vertragsschluss ausgesetzt. Zur Überprüfung der Überlegenheit einer Einschaltung eines Intermediärs hat ein Vergleich der originären Delegationskosten des Unternehmers mit den Kosten bei mehrperiodiger direkter Finanzierung unter Einsatz von Reputation einerseits und den Kosten bei Einschaltung eines ebenfalls Reputation einsetzenden Intermediärs andererseits zu erfolgen. Deshalb hängt die Vorteilhaftigkeit der Intermediärlösung von der Höhe der diese Kostenkategorien beeinflussenden Einflussgrößen ab. Hierzu gehören neben der Höhe der Kontrollkosten des Intermediärs die Merkmale der betrachteten Projekte A und B sowie die Höhe der Projektfolgewahrscheinlichkeit für den Unternehmer und den Intermediär. Ceteris paribus scheinen für die Überlegenheit der Lösung mit Finanzintermediär zumindest folgende Tendenzaussagen möglich: Vgl. Terstege / Loose (2005), S. 1510. Ausführlicher hierzu Bitz / Terstege (2009d), S. 43 f. 329 Zur ausführlichen Argumentation vgl. Breuer (1995), S. 524 – 529. 330 Vgl. hierzu Terstege / Loose (2005), S. 1512; ferner ausführlicher Bitz / Terstege (2009d), S. 50 – 54. 327 328

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

 Je niedriger die durch den Intermediär aufzuwendenden Kontrollkosten, desto vorteilhafter dessen Einschaltung331.  Je größer die Reputation des liquide Mittel benötigenden Unternehmens, desto weniger vorteilhaft ist die Mittelbeschaffung über einen Intermediär.  Je deutlicher die Projektfolgewahrscheinlichkeit des Intermediärs diejenige des Unternehmers übersteigt, desto vorteilhafter ist die Einschaltung eines Intermediärs.

Dementsprechend gelangt Breuer zu dem Ergebnis, dass die Einbindung von Finanzintermediären ökonomisch dann sinnvoll erscheint, wenn neu gegründete Unternehmen betrachtet werden332. Da in diesen Fällen die Verweigerung der Anschlussfinanzierung keinen effizienten Sanktionsmechanismus darstellt und diese Unternehmer infolge fehlender neuer Projekte für die Folgeperioden noch keine Reputation aufbauen können, werden originäre Geldgeber infolge der bestehenden Verhaltensunsicherheit über die vereinbarungsgemäße Mittelverwendung nur durch entsprechende Anpassung der Rückzahlungsforderung Bereitschaft zur Mittelvergabe zeigen. Entsprechend hohe Delegationskosten wären seitens des Geldnehmers zu tragen. Demgegenüber können Kreditinstitute davon ausgehen, dass es immer irgendwelche zu finanzierenden Unternehmen geben wird, so dass ihnen ein langfristiger Reputationsaufbau möglich ist333 und hiermit niedrigere Delegationskosten als bei direkter Finanzierung zu erwarten wären. Zwar gelingt es Breuer mit seinem Ansatz, Vorteile einer Mittelvergabe über Finanzintermediäre aufgrund von Delegationsproblemen während der Vertragslaufzeit unter speziellen Prämissen mit Hilfe von Reputationseffekten zu erklären. Gleichwohl bestehen in Anlehnung an die eingangs entwickelten Kriterien folgende Bedenken gegen eine weitere Verwendung seines Modells im Rahmen dieser Arbeit:  Um die Erklärungsrelevanz von Diversifikationseffekten für die Existenz von Kreditinstituten zu vernachlässigen, unterstellt Breuer, dass jeder Mittel suchende Unternehmer nur mit einem einzigen Intermediär Verträge abschließt. Reputationseffekte können folglich nur unter Ausschluss von Konkurrenzbeziehungen zwischen Intermediären modelliert werden334. 331 Zu einem Überblick über andere Modellierungen, die diesen Kostenvorteil in den Mittelpunkt der Argumentation stellen Stillhart (2002). S. 49 f. 332 Vgl. Breuer (1995), S. 517 und S. 525 für eine Übertragung der Modellergebnisse auf andere Konstellationen S. 529 – 532. Paul führt in diesem Zusammenhang den Begriff eines „Lebenszyklus für Bankintermediation“ ein, vgl. Paul (2002b), S. 52. 333 Vgl. Langer / Weber (2000), S. 217; deutlich ferner Hartmann-Wendels / Pfingsten / Weber (2007), S. 144. 334 Vgl. Breuer (1995), S. 531: „Allzu starker Wettbewerb zwischen Finanzintermediären dürfte jedoch tatsächlich in Bezug auf die im Rahmen dieses Beitrags untersuchten Anreize zum Reputationsaufbau bzw. Reputationserhalt durch Finanzintermediäre eher hinderlich wirken“.

2.3 Institutionenökonomie

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 Das Modell unterstellt zur Quantifizierung des Wertes der Reputation einen unendlich langen Zeithorizont335. Diese Prämisse ist entscheidend für die Funktionsfähigkeit des Modells, da auf diese Weise die in einem mehrperiodigen Modell in der letzten Periode auftretenden Probleme vermieden werden. Diese resultieren daraus, dass der Wert der Reputation bei direkter Finanzierung sinkt und sich für den Fall der Intermediärlösung dessen Reputationswert auf null reduziert336.  Der Anreiz zu nicht vertragskonformem Verhalten bei der Projektwahl resultiert bei Breuer aus den divergierenden Zielfunktionen der Geldnehmer und Geldgeber. Möglichkeiten für eine Angleichung der Ziele der Vertragspartner, und damit Möglichkeiten zu einer Beseitigung der Ursachen der Informationsasymmetrie, werden nicht analysiert337.  Als Möglichkeit zur Sanktionierung nicht vertragskonformen Verhaltens wird innerhalb des Modells nur die Verweigerung der Anschlussfinanzierung diskutiert338. Aufgrund der Risikoneutralität der miteinander konkurrierenden Geldgeber besteht für diese jedoch ein Anreiz, das riskante Projekt immer dann direkt zu finanzieren, wenn ein hinreichend hoher Rückzahlungsbetrag geleistet wird: Im Erwartungswert kann dann ein von Null verschiedener Wert erzielt werden339. Durch Antizipation dieses Verhaltens seitens anderer Financiers wird ein Unterbietungsprozess einsetzen und im Ergebnis dazu führen, dass letztlich nur ein Betrag von f =p als Rückzahlungsbetrag gefordert wird und Projekt B immer durchgeführt werden kann. Für den Fall der Zwischenschaltung eines Finanzintermediärs hingegen besitzt die Art der modellierten Sanktion keine Bedeutung, da er bei einem Fehlverhalten immer einen Gewinn von null erzielt.  Breuer analysiert im Rahmen seines Modells die Bedingungen, unter denen gesamtwirtschaftlich eine Überlegenheit der Kreditvergabe durch Intermediäre besteht340. Es ist deshalb konsequent, dass der betrachtete Finanzintermediär nicht über Eigenfinanciers verfügt, sondern lediglich die durch die Anleger zur Verfügung gestellten Mittel weiterleitet.

Breuer verzichtet in seinem Modell vollständig darauf, staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten zu thematisieren. Dies erscheint konsequent, da bei Einsatz von Reputation durch den Intermediär die Einräumung von Sanktionsmöglichkeiten für die Geldgeber eine hinreichende Voraussetzung zur Sanktionierung nicht vertragskonformen Verhaltens und damit zur Lösung des modellierten Delegationsproblems während der Vertragslaufzeit darstellt. Vgl. Breuer (1995), S. 518 f. Ausführlich hierzu Bitz / Terstege (2009d), S. 57 f. und S. 60 – 62. 337 Vgl. hierzu allgemeiner den Hinweis bei Horsch (2008), S. 132. 338 Vgl. Breuer (1995), S. 522. 339 Vgl. Bitz / Terstege (2009d), S. 58 f. 340 Deutlich auch Hartmann-Wendels / Pfingsten / Weber (2007), S. 144, die die gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der Intermediärlösung betonen. 335 336

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

Im folgenden Kapitel wird ein letztes Principal-Agent-Modell vorgestellt, das nach Vertragsende auftretende Informationsdivergenzen zwischen Geldgebern und Geldnehmern problematisiert. Ursächlich hierfür ist ein für die Geldnehmer bestehender Anreiz, die aus der Durchführung des Projektes resultierenden guten Ergebnisse nicht wahrheitsgemäß an den Geldgeber zu übermitteln und stattdessen ihr eigenes privates Vermögen zu maximieren341.

2.3.2.3.2.4 Ex-post-Informationsasymmetrie hinsichtlich der Projektergebnisse Das Modell von Diamond342 aus dem Jahr 1984 bildet einen weiteren wichtigen Beitrag zur Erklärung der Existenz von Finanzintermediären unter der Annahme asymmetrisch verteilter Informationen. Zu den wesentlichen Prämissen des Ansatzes gehören die folgenden343:  Betrachtet werden zwei Zeitpunkte.  Telnehmer auf dem originären Finanzmarkt sind n Unternehmer und eine beliebige Zahl von m Geldgebern. Beide sind risikoneutral und treffen ihre Entscheidungen auf der Grundlage von Erwartungswerten344.  Als Handlungsalternativen verfügen die Unternehmer in t ¼ 0 über die Möglichkeit zur Durchführung eines unteilbaren Investitionsprojektes mit unsicheren Ergebnissen zwischen null einer von null verschiedenen Obergrenze oder das Ergreifen der Unterlassensalternative. Da sie über keine eigenen Mittel verfügen, müssen sie zur Beschaffung der Investitionsmittel in Höhe von 1 einen Finanzkontrakt abschließen345.  Geldgeber verfügen jeweils über 1=m Geldeinheiten (GE). Sie verfügen neben der Alternative der Mittelüberlassung an den Unternehmer gegen Zahlung eines festen Zinssatzes über die Möglichkeit zur risikolosen Mittelanlage zu einem niedrigeren festen Zinssatz.  Für die für t ¼ 1 erwarteten Projektergebnisse verfügen beide über homogene Erwartungen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeitsverteilung. Diese sind für alle Projekte identisch und voneinander unabhängig346. Handlungen des UnternehVgl. Diamond (1984), p. 396 und Ries / Terstege (2006), S. 207. Vgl. zur Grundvariante Diamond (1984), pp. 393 – 403; eine anschauliche Erläuterung der Gedanken Diamonds nimmt Spicher (1997), S. 90 – 116 vor. 343 Vgl. Diamond (1984), pp. 395. Eine ausführliche formale Erläuterung des Modells findet sich bei Dietrich / Vollmer (2005), S. 164 – 170. 344 Vgl. Breuer (1993), S. 146; auch für den Fall der Risikoaversion ändern sich die Untersuchungsergebnisse nicht, vgl. hierzu Diamond (1984), pp. 403 – 407. 345 Erläuternd hierzu, insbesondere zur Erklärung der Verhandlungsmacht des Geldnehmers, Dietrich / Vollmer (2005), S. 164. 346 Zu einer Modifikation dieser Prämisse vgl. Diamond (1984), p. 402 f. 341 342

2.3 Institutionenökonomie

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mers haben keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Ergebnisse347.  Während die Unternehmer die erwarteten Projektergebnisse kostenlos beobachten können, verfügen die Geldgeber nur über die Möglichkeit zur kostenlosen Beobachtung der an sie erfolgenden Zahlungen348.  Da sich die Geldgeber der Möglichkeit einer Falschinformation bereits vor Vertragsabschluß bewusst sind, werden sie einen Finanzkontrakt nur unter Einsatz eines von zwei möglichen Schutzmechanismen abschließen349: Zur Verhinderung opportunistischen Verhaltens durch den Geldnehmer kann zum einen eine anreizkompatible Gestaltung des originären Finanzkontraktes durch Einführung einer Strafe vorgenommen werden, die den Nutzen des Unternehmers mindert, nicht aber zugleich den Nutzen des Geldgebers erhöht350. Die mit beiden Schutzmaßnahmen verbundenen Kosten sind vom Geldnehmer zu tragen.

Zum anderen könnten die Geldgeber vom Geldnehmer verlangen, ihnen die Möglichkeit zur eigenständigen Beobachtung der Projektergebnisse einzuräumen. Hierzu müssen sie jeweils Kosten aufwenden, die unabhängig von den Projektergebnissen seien sollen und ihre insgesamt zur Anlage zur Verfügung stehenden Mittel nicht mindern351. Sie werden im Folgenden als „Monitoring-Kosten“ bezeichnet und sind proportional zur Anzahl der Geldgeber m.  Zwischen den Geldgebern besteht ein Koordinationsproblem dahingehend, dass die durchgeführten Beobachtungen zu privaten Informationen über die tatsächlichen Projektergebnisse führen und nicht an andere Financiers weitergegeben werden können352.

Aufbauend auf diesen Prämissen treffen die Unternehmer in der Situation ohne Finanzintermediär ihre Entscheidung zwischen den drei Handlungsalternativen353 Verzicht auf Durchführung des Investitionsprojektes, Abschluss eines Finanzkontraktes mit Strafkosten oder Abschluss eines Finanzkontraktes mit KontrollmögVgl. Diamond (1984), p. 396 ferner Dietrich / Vollmer (2005), S. 164. Vgl. Diamond (1984), p. 396 sowie erläuternd Stillhart (2002), S. 38. 349 Erläuternd hierzu Vollmer (1999b), S. 33 f. Am Rande erwähnt Diamond noch eine dritte Variante zur Beseitigung der Ex-post-Informationsasymmetrie: Die glaubwürdige Informationsbereitstellung an alle Geldgeber durch den Unternehmer (z. B. Erstellung eines testierten Jahresabschlusses). Vgl. hierzu Spicher (1997), S. 96 f. Da auch mit dieser Alternative Kosten verbunden sind, würde sie wie die beiden anderen Varianten in das (gesamtwirtschaftliche) Kostenkalkül aufgenommen. 350 Vgl. Diamond (1984), p. 396. Diamond unterstellt zur Erreichung dieser Anforderung in dem Originalbeitrag nicht-monetäre Strafen, die er als Kosten der Insolvenz interpretiert, weniger als physische Strafen. 351 Vgl. Ries / Terstege (2006), S. 209. 352 Vgl. Dietrich / Vollmer (2005), S. 167; ferner in der Originalquelle Diamond (1984), p. 398. 353 Vgl. Diamond (1984), p. 398. 347 348

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

lichkeiten und entsprechenden Kontrollkosten, durch Maximierung des Erwartungswertes der Nettoergebnisse. Welche Handlungsalternative die optimale ist, hängt von den Konstellationen des Einzelfalls ab354, allerdings wird die Überlegenheit des optimalen Kontraktes mit Kontrollmöglichkeiten von der Anzahl der Geldgeber determiniert: Nur dann, wenn m hinreichend klein ist, wird diese Variante gewählt355. Zur Analyse einer Situation, in denen m umgekehrt sehr groß wird, führt Diamond eine Erweiterung seines Modells durch: Da die individuelle Informationsweitergabe zwischen den Geldgebern qua Prämisse nicht möglich ist, erweist sich die Beauftragung eines zentralen „Monitors“ durch die Unternehmer als sinnvoll356. Im Weiteren beschränkt Diamond seine Ausführungen auf eine Modellvariante, in der dieser „Monitor“ speziell als Finanzintermediär modelliert wird357, der über kein eigenes Vermögen verfügt, wie alle anderen Marktteilnehmer risikoneutral eingestellt ist und die Projektergebnisse lediglich an die Geldgeber weiterleitet, also keinen eigenen Gewinn erwartet. Da die ursprünglichen Informationsdivergenzen nunmehr in den Verträgen zwischen Unternehmern und Finanzintermediär bestehen und auch der Intermediär, ebenso wie in der Ursprungskonstellation der Unternehmer, einen Anreiz zur Übermittlung falscher Ergebnisse an die Anleger besitzt358, vervielfachen sich durch Beauftragung eines Finanzintermediärs die durch Informationsasymmetrien bedingten Informationsprobleme. Denn die Beauftragung eines entsprechenden Finanzintermediärs mit der Beobachtung und Verifikation der Projektergebnisse führt dazu, dass zusätzlich zu den bekannten Monitoring- und Strafkosten nunmehr, von Diamond als „Delegationskosten“ bezeichnete, Kontrollkosten des Intermediärs zu berücksichtigen sind359. Es ist demnach nicht unmittelbar einsichtig, dass mit der Einführung eines Finanzintermediärs Kostenersparnisse verbunden sind360. Um mögliche Vorteile zu verdeutlichen, sind zusätzlich zu dem Vertrag ohne jede Vorkehrung theoretisch vier Grundkonstellationen von Vertragsgestaltungen zwischen Intermediär und Geldnehmer einerseits und Intermediär und Geldgeber andererseits zu unterscheiden361:

354 Zur Bedeutung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Projektergebnisse vgl. Dietrich / Vollmer (2005), S. 166; allgemeiner Ries / Terstege (2006), S. 209. 355 Vgl. Vollmer (1999b), S. 34 und Stillhart (2002), S. 40. 356 Vgl. Diamond (1984), p. 398 und pp. 398 – 403. 357 Zur Analyse eines reinen Informations-Intermediärs als „Monitor“ vgl. Horsch (2008), S. 119 – 130. 358 Da sich die Geldnehmer nunmehr dem Risiko einer Fehlinformation über die Projektergebnisse durch den Finanzintermediär ausgesetzt sehen, wird die ursprünglich einstufige Principal-Agent-Beziehung wird durch eine zweistufige ersetzt. Hierzu ausführlich Spicher (1997), S. 100 – 102. 359 Vgl. Diamond (1984), p. 398; erläuternd Vollmer (1999b), S. 36; Breuer (1993), S. 145. 360 Sehr deutlich hierzu Horsch (2008), S. 132 f. 361 Vgl. zu dieser Systematik und zur Abbildung Ries / Terstege (2006), S. 209.

2.3 Institutionenökonomie

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Vertrag Unternehmer – Intermediär Vertrag Intermediär – Anleger

Monitoring

Straffunktion

Monitoring

1

2

Straffunktion

4

3

Abbildung 2.5: Kontraktkonstellationen bei Einführung eines Finanzintermediärs

Wegen der gewählten Prämissen führen nur Konstellationen, in denen mehr als ein Unternehmer zu finanzieren ist, zu einer Verbesserung gegenüber der Situation ohne Finanzintermediär. Denn die mit der Einführung des Intermediärs verbunden Delegationskosten bewirken für ein einzelnes zu finanzierendes Unternehmen einen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Kosten um die zwischen dem Unternehmen und dem Intermediär bei Vertragsschluss entstehenden Kosten. Auch bei einer von eins verschiedenen Anzahl zu finanzierender Unternehmer ist die Zwischenschaltung eines Finanzintermediärs nicht in allen theoretisch denkbaren Fällen (vgl. Abbildung 2.5) eine sinnvolle Vertragsalternative. Werden zwischen dem Intermediär und den Geldgebern Verträge mit Monitoring abgeschlossen (Varianten 1 und 2 in Abbildung 2.5), ergibt sich – unabhängig von der Art der Vertragsgestaltung zwischen Intermediär und Unternehmern – kein Vorteil, da die mit dem Monitoring des Intermediärs verbundenen Kosten die Kosten der originären Vertragsgestaltung erhöhen. Für den umgekehrten Fall, dass zwischen Geldgebern und Intermediär eine Straffunktion vereinbart wurde (Variante 3 in Abbildung 2.5), ergibt sich ebenfalls dann, wenn diese auch zwischen Intermediär und Unternehmen eingeführt wurde, kein gesamtwirtschaftlicher Vorteil, da der Intermediär zusätzliche Strafkosten tragen muss. Mit der Einführung eines Finanzintermediärs können bei einer von eins verschiedenen Anzahl zu finanzierender Unternehmen nur dann Vorteile verbunden sein, wenn zwischen Intermediär und Unternehmen Verträge mit Monitoring vereinbart werden, und zwischen Intermediär und Geldgeber ein Vertrag mit Straffunktion abgeschlossen wurde (vgl. Variante 4 in Abbildung 2.5). Allerdings bestimmen die Konstellationen des Einzelfalls, ob die Vertragsgestaltung mit Finanzintermediär zu einer Kostenersparnis aus der Perspektive des Unternehmers führt362: Nur dann, wenn die sich aus erwarteten Monitoring- und Strafkosten zusammensetzenden Delegationskosten insgesamt kleiner sind als die Agency-Kosten bei direkten Finanzkontrakten ist die Intermediär-Lösung eine überlegene. Eine Ursache für entsprechende Vorteile besteht darin, dass sich durch Einführung eines zentralen Kontraktpartners die Höhe der gesamtwirtschaftlichen Monitoring-Kosten reduziert363. Zusätzlich sinken die insgesamt durch den Intermediär zu leistenden gesamtwirt362 Zu den Determinanten sehr deutlich Ries / Terstege (2006), S. 209 f.; ferner auch Stillhart (2002), S. 41 f. 363 Vgl. Diamond (1984), p. 400. Dies ist gleichbedeutend mit fixen Stückkosten je Finanzierungsbeziehung, deren Einführung durch Diamond von Breuer als besondere Leistung hervorhebt, vgl. Breuer (1993), S. 147.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

schaftlichen Strafkosten mit steigender Zahl abgeschlossener Verträge, da infolge der unabhängig voneinander verteilten Projektergebnisse die Gefahr von niedrigen Ergebnissen des Intermediärs durch Diversifikationseffekte sinkt364. Durchschnittlich sinken die Agency-Kosten je Unternehmer darüber hinaus überproportional, da im Extremfall einer unendlich großen Zahl durch den Finanzintermediär abgeschlossener Finanzkontrakte die erwarteten Delegationskosten in Form von Strafkosten gegen Null konvergieren365. Im Ergebnis weist Diamond die Überlegenheit einer speziellen idealtypischen Finanzintermediärlösung durch das Auftreten von Durchschnittskostenvorteilen einerseits und die Realisation von Gesamtkosteneinsparungen durch Nutzung von Diversifikationseffekten andererseits nach, die von portefeuilletheoretischen zu unterscheiden sind, da Diamond risikoneutrale Geldgeber unterstellt. Ursächlich für die Überlegenheit der Intermediärlösung ist dabei eine spezielle Prämissenwahl, durch die Principal-Agent-Probleme zwischen einem Kreditinstitut und dessen Geldgebern gelöst werden366. Wenngleich Diamond damit erstmalig die Modellierung eines Finanzintermediärs zum Abbau einer speziellen Variante von Informationsasymmetrien gelingt367, werden in der Literatur folgende Aspekte seines Modells kritisch reflektiert, die auch bei einer Verwendung der Ergebnisse zur Fundierung wirtschaftspolitischer Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten zu berücksichtigen sind:  Mit einem Finanzintermediär abgeschlossene Kontrakte sind nur in einer speziellen Variante der direkten Finanzierungsbeziehung überlegen, die Mehrzahl der theoretisch denkbaren Varianten indirekter Finanzierung verbessert die Situation der Unternehmer nicht368. Darüber hinaus ist diese spezielle Vertragskonstruktion mit dem Intermediär nur dann überlegen, wenn die Gesamtkosten des Monitoring nicht proportional zur Anzahl der überwachten Unternehmer steigen und der Intermediär zusätzlich eine sehr große Anzahl von Finanzkontrakten abschließt. Die Variation beider Prämissen führt dazu, dass Finanzkontrakte mit einem Intermediär keine den direkten Kontrakten überlegene Finanzierungsbeziehung darstellen: Finanzintermediäre im Modell von Diamond können nur aufgrund von Kostenvorteilen der beschriebenen Art erklärt werden369. 364

Vollmer bezeichnet dies kritisch als „naive Risikodiversifikation“, vgl. Vollmer (1999b),

S. 36. 365 Vgl. Ries / Terstege (2006), S. 210; sehr deutlich Stillhart (2002), S. 42. Zu dem diesen Überlegungen zugrundeliegenden „Gesetz der großen Zahl“ vgl. Breuer (1993), S. 145. 366 Vgl. Breuer (1995), S. 516. 367 Zur Bedeutung des Modells zusammenfassend auch Breuer (1994), S. 295 f. 368 Vgl. oben Abbildung 2.5 und Ries / Terstege (2006), S. 209. 369 Kritisch hierzu bereits Hellwig (1991), pp. 47 – 48; ferner auch Fest (2008), S. 144. Fest weist allerdings darauf hin, dass das Modell offen sei gegenüber anderen Formen von Informationsasymmetrien oder anderen Formen ihrer Beseitigung. Hierzu am Rande auch Diamond (1984), p. 394.

2.3 Institutionenökonomie

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 Der von Diamond modellierte Intermediär verfügt über kein eigenes Vermögen und unterscheidet sich damit wesentlich von real zu erklärenden Kreditinstituten370. Innerhalb der Modellwelt von Diamond ist diese Vorgehensweise gleichwohl konsistent, da zunächst von perfekter Diversifikation der durch den Intermediär vergebenen Kredite ausgegangen wird371, so dass es gelingt die aus dem Kreditgeschäft erzielten Ergebnisse zu verstetigen und die Geldgeber einem infinitesimal kleinen Insolvenzeintrittsrisiko des Finanzintermediärs ausgesetzt sind372. In einer Variation des Grundmodells berücksichtigt Diamond für den Intermediär beobachtbare Faktoren, die zu Korrelationen zwischen den Ergebnissen aus den zu finanzierenden Projekten führen können, beispielsweise in Form von Veränderungen des Zinsniveaus373. Auch unter diesen Annahmen trägt der Finanzintermediär kein Risiko, wenn er kontingente Verträge abschließt oder seine Position auf derivativen Finanzmärkten absichert. Da eigenes Vermögen des Intermediärs im Ergebnis nur zur Kompensation von negativen Ergebnissen infolge nicht beobachtbarer Einflussfaktoren auf die Korrelationsbeziehung notwendig ist, erscheint die Vorgehensweise im Modell plausibel374.  Die Einführung nicht-pekuniärer Strafkosten zur Sanktionierung nicht wahrheitsgemäß übermittelter Projektergebnisse bildet eine zentrale Prämisse des Modells, da nur auf diese Weise ein Fehlverhalten des Finanzintermediärs – sei es in Form nicht konsequent betriebener Diversifikation, in Form eines nachlässig betriebenen Monitorings der originären Geldnehmer oder in Form nicht wahrheitsgemäßer Mitteilung der Ergebnisse – mit unerwünschten Folgen für den Geldgeber verhindert werden kann. Ihre Konstruiertheit führt jedoch dazu, dass mit nichtpekuniären Strafkosten Probleme über ihre inhaltliche Ausgestaltung und Durchsetzung verbunden sind375, die Diamond nicht weiter berücksichtigt: So bleibt unklar, weshalb sich die Financiers des Intermediärs dazu bereiterklären, auf die Kompensation eventueller Vermögensverluste zu verzichten und sich mit Reputationsverlusten des Finanzintermediärs oder Haftstrafen der Manager begnügen. Unzureichende Reflexion erfährt auch der Umstand, dass die Verhängung der Strafe und ihre Durchsetzung durch eine unabhängige Instanz erfolgen müssen und mit Kosten verbunden sind. Vgl. Ries / Terstege (2006), S. 209; Bank / Winkler (2000), S. 1107. Vgl. Diamond (1984), pp. 409. Eine ausführliche Erläuterung der Bedeutung des Diversifikationseffektes findet sich bei Fest (2008), S. 146 – 149. Zur Bedeutung dieser Prämisse und einer Modellvariation vgl. Breuer (1994), S. 296 – 305. 372 Vgl. Dietrich / Vollmer (2005), S. 168 f.; Stillhart (2002), S. 42 f.; Bank / Winkler (2000), S. 1104; Vollmer (1999b), S. 37 und Scholtens (1993), S. 128. Paul bezeichnet diesen Effekt als „Economies of Diversification“, vgl. Paul (2002b), S. 48. 373 Vgl. Diamond (1984), pp. 402 – 403. 374 Anderer Auffassung hingegen Fest (2008), S. 148. 375 Zur beispielhaften Aufzählung derartiger Strafen vgl. in der Originalquelle Diamond (1984), p. 396. Für eine kritische Reflexion ausführlich Fest (2008), S. 149 – 152; kritisch ferner Dietrich / Vollmer (2005), S. 169. Zu möglichen Effekten der Strafkosten auf die Risikoeinstellung vgl. Rombach (1993), S. 92. 370 371

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

 Das Modell von Diamond besitzt insofern eingeschränkte Erklärungsrelevanz für reale Finanzmärkte, als es weder geeignet ist, das simultane Auftreten von direkten und indirekten Finanzierungsbeziehungen376 noch unterschiedliche Varianten von Fremdfinanzierungskontrakten mit dem Intermediär377 zu erklären. Die Ursache hierfür liegt in der gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsperspektive Diamonds378.  Zusätzliche Einschränkungen des Diamond-Modells zur Erklärung realer Finanzmärkte resultieren aus der Implikation der Illiquidität der Vermögensgegenstände des Intermediärs379. Ursächlich hierfür ist die Annahme, dass dieser die Beobachtung der Ergebnisse aller originären Geldnehmer übernimmt: „The centralization of monitoring each loan by a single intermediary will mean that there are not active marktes for those assets380“. Bei einer Weiterveräußerung der originären Finanzkontrakte durch den Intermediär würden die Monitoring-Kosten dupliziert und eine nicht effiziente Lösung erzielt.  Die Modellierung der Monitoring-Maßnahmen zur Beseitigung der unterstellten Informationsasymmetrie als zwingendem vertraglichen Bestandteil der abgeschlossenen Finanzkontrakte mit dem Intermediär resultiert aus einer speziellen Prämissensetzung und kann nicht modellendogen erklärt werden381: Financiers des Finanzintermediärs können nur die ihnen zufließenden Zahlungen beobachten, bei der Höhe der Projektergebnisse und den Monitoring-Aktivitäten handelt es sich hingegen um private Informationen382. Im Ergebnis schränkt diese Vorgehensweise die Anwendung des Modells von Diamond zur Erklärung realer Finanzmärkte ebenfalls weiter ein, da substitutiv oder komplementär zu Finanzintermediären i. e. S. Informationsintermediäre existieren, die durch Bereitstellung von Informationen den Abschluss und Austausch von Finanzkontrakten vereinfachen383.  Finanzintermediation im Modell von Diamond wird in einem einperiodigen statischen Marktgleichgewichts-Modellrahmen erklärt384. Die Aufnahme in der Realität relevanter langfristiger Finanzierungsbeziehungen kann deshalb nicht erklärt werden385. Vgl. unkritisch zu diesem Punkt Breuer (1993), S. 146. Vgl. Vollmer (1999b), S. 37. 378 Vgl. Bank / Winkler (2000), S. 1102; ferner auch der Hinweis bei Spicher (1997), S. 98. 379 Vgl. Diamond (1984), p. 410; ferner Straßberger (2005), S. 528; Stillhart (2002), S. 46 und Scholtens (1993), pp. 128. 380 Diamond (1984), p. 410. 381 Vgl. Diamond (1984), p. 395, p. 398 und p. 399; ferner Wahrenburg (1992), S. 20 f. 382 Vgl. Fest (2008), S. 143. 383 Zur Bedeutung und theoretischen Erklärung von Rating-Agenturen als entsprechende Informationsintermediäre vgl. stellvertretend für viele Horsch (2008), S. 119 – 130. 384 Vgl. hierzu und einer Weiterentwicklung des Modells Burghof (1998), insbes. S. 173 – 280; ferner Breuer (1994), S. 296 – 305 und Breuer (1993) insbes. S. 151 – 259. 385 Kritisch hierzu Scholtens (1993), p. 128. 376 377

2.3 Institutionenökonomie

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Wenngleich einige dieser Einwände durch Weiterentwicklungen des Grundmodells modifiziert wurden386, bleiben Bedenken gegen eine theoretische Fundierung realer wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf der Grundlage dieses Ansatzes. Sie werden im folgenden Kapitel näher präzisiert.

2.3.2.3.3 Legitimation staatlicher Maßnahmen zur Verhinderung von Banken- und Wirtschaftskrisen infolge eines Bank-Runs? Infolge der Erweiterung der Marktgleichgewichtstheorie um asymmetrische Informationsverteilungen in Principal-Agent-Beziehungen gelingt es in verschieden ausgestalteten Modellen, jeweils einzelne von realen Kreditinstituten erbrachte Funktionen unter restriktiven Annahmen zu erklären. Die Existenz von Kreditinstituten auf Finanzmärkten lässt sich dementsprechend tendenziell entweder mit Kostenvorteilen bei dem Monitoring originärer Kreditnehmer, mit der Überlegenheit bei dem Aufbau langfristiger Reputation oder der Befriedigung unsicherer Liquiditätsbedürfnisse begründen. Soll hierauf aufbauend eine theoretische Legitimation staatlicher Maßnahmen in der Kreditwirtschaft erfolgen, dann hat im Sinne der Marktgleichgewichtstheorie der Nachweis eines „Markt- oder Wettbewerbversagens“ zu erfolgen. Hierzu herrscht in der Literatur, ebenso wie hinsichtlich der Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten, keine einheitliche Meinung: Während ein Teil der Autoren Grenzen einer theoretischen Legitimation staatlichen Handelns nur unzureichend reflektiert und häufig unmittelbar reale wirtschaftspolitische Maßnahmen fordert387, gelangt ein anderer Teil zu einer skeptischen Einschätzung hinsichtlich der theoretischen Möglichkeiten derartige Aktivitäten zu fundieren388. Entsprechend der einleitend zu diesem Kapitel erläuterten Klassifikation unterschiedlicher Varianten von „Markt- und Wettbewerbsversagen“ und unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Modellüberblicks könnten zur Legitimation staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten drei Argumente herangezogen werden. Deren kritische Reflexion ist Gegenstand des weiteren Kapitels:  Auf Finanzmärkten mit Intermediären bestehe eine Tendenz zum Wettbewerbsversagen aufgrund der Existenz eines Natürlichen Monopols389.  Auf Finanzmärkten mit Intermediären bestehe eine Tendenz zu transaktionalem Wettbewerbsversagen infolge von Informationsasymmetrien390. Für einen Überblick vgl. Stillhart (2002), S. 46 – 48. Vgl. Terberger-Stoy (2001), Sp. 218 f.; Rudolph (1991), S. 597 f. 388 Vgl. Michler / Thieme (2009), S. 197 – 218; Fest (2008), S. 175 – 237; Fey (2006), S. 115 – 214; Kaserer (2006), S. 67 – 87; Schneider (2006), S. 68 – 70, Spierings (1990), pp. 96 – 102; Baltensperger (1990), pp. 3 – 5 und Baltensperger (1988), S. 54 – 57; ausführlich auch Baltensperger / Dermine (1987), pp. 72 – 76. 389 Zur allgemeinen Definition vgl. Eickhof (1993), S. 215 – 217, Rombach (1993), S. 23 f. und Bögelein (1990), S. 183 – 187; spezieller für Finanzmärkte Seifert (1984), S. 29 – 36. 386 387

126

2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

 Von krisenhaften Entwicklungen auf Finanzmärkten mit Intermediären seien „Externe Effekte“391 auf andere Branchen und auf die Gesamtwirtschaft und demnach eine spezielle Variante von Marktversagen zu befürchten.

Diagnose von Markt- oder Wettbewerbsversagen Das erste Argument zur idealtypischen Fundierung staatlicher Maßnahmen könnte aufgrund der Ergebnisse des Modells von Diamond Relevanz besitzen. Zwar problematisiert dieser staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten nur am Rande, wenn er unter Hinweis auf die Möglichkeit zur Absicherung von Zinsänderungsrisiken über Terminmärkte392 einen Verzicht des Gesetzgebers zur Beschränkung derivativer Geschäfte fordert. Allerdings lassen sich die beiden von Diamond zur Erklärung der Existenz von Finanzintermediären verwendeten Kostenvorteile durch optimale Diversifikation dann vollständig realisieren, wenn alle Finanzierungsbeziehungen einer Volkswirtschaft über einen einzelnen Intermediär abgewickelt werden393. Dementsprechend wäre gesamtwirtschaftlich eine Tendenz zu einem Angebot von Intermediärleistungen durch einen einzelnen monopolistisch agierenden Finanzintermediär zu erwarten394. Allerdings setzt die Existenz eines Natürlichen Monopols voraus, dass die Vollkosten der gesamten Leistungserstellung bei Existenz eines Anbieters geringer sind als die bei Aufteilung auf mehrere Anbieter und demnach die totalen Durchschnittskosten zumindest bis zu einer bestimmten Produktionsmenge monoton fallen395. Da im Modell von Diamond lediglich die Monitoring-Kosten bei der Erstellung einer bestimmten Leistungsart, des Kreditgeschäfts, problematisiert werden, kann ohne weitere Untersuchungen weder der theoretische Nachweis der Existenz eines Natürlichen Monopols für das Kreditgeschäft noch für die Kreditwirtschaft insgesamt erbracht werden396. Abschließend bleibt darüber hinaus festzustellen, dass auch für den Fall der Diagnose eines Natürlichen Monopols staatliche Maßnahmen nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen theoretisch zu fundieren wären397. 390 Vgl. Eickhof (1993), S. 219 und Bögelein (1990). S. 212 – 219; kritisch Picot (2008), S. 29 f. 391 Zur Definition Externer Effekte vgl. allgemein Bögelein (1990). S. 132 – 137 und Rombach (1993), S. 26 f. Zur allokationstheoretischen Analyse Externer Effekte auf Versicherungsmärkten weiterführend auch Strassl (1988), insbes. S. 35 – 199. 392 Vgl. Diamond (1984), p. 403 und 410. 393 Vgl. Fest (2008), S. 148. 394 Unkritisch hierzu Spicher (1997), S. 150 sowie Breuer (1993), S. 146. 395 Zu dieser strikten Subadditivität der Kostenfunktion vgl. Bögelein (1990), S. 183 – 187 und Seifert (1984), S. 30. 396 Vgl. Benston / Kaufmann (1996), p. 689; Baltensperger (1990), p. 2; ferner auch den Hinweis bei Seifert (1984), S. 29, der darauf verweist, dass das zur Regulierungsbegründung in anderen Branchen herangezogene Argument in der Kreditwirtschaft keine Rolle spielt. 397 Sehr deutlich hierzu Eickhof (1993), S. 215 – 217; kritisch gegen entsprechende staatliche Maßnahmen auch Seifert (1984), S. 31 – 35.

2.3 Institutionenökonomie

127

Das zweite Argument zur Fundierung staatlicher Maßnahmen könnte aufgrund der Ergebnisse des Modells von Diamond / Dybvig Relevanz besitzen. Denn das in der oben erläuterten Grundvariante des Modells existierende Gleichgewicht, bei dem Finanzintermediäre die überlegene Alternative zur Absicherung gegen unsichere Liquidationsbedürfnisse darstellen, stellt nur dann ein stabiles Gleichgewicht dar, wenn die kritische Anzahl von Financiers mit vorzeitigen Liquiditätswünschen nicht überschritten wird398. Erwarten hingegen die Geldgeber ohne vorzeitigen Liquiditätsbedarf das Überschreiten dieser kritischen Größe aus einem beliebigen Grund heraus, müssen diese befürchten, dass das Kreditinstitut seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Da diese Befürchtung dadurch verstärkt wird, dass die Auszahlungswünsche nach der Reihenfolge ihres Eingangs erfüllt werden, ist es für die Financiers des Kreditinstituts rational, Mittel schnellstmöglich zurückzufordern. Infolge des einsetzenden kumulativen Mittelabzuges wird der Finanzintermediär bei Zahlungsunfähigkeit vom Markt ausscheiden. Allerdings verfügt das Kreditinstitut deshalb, weil der gesamtwirtschaftliche Anteil der Geldgeber mit vorzeitigem Liquidationswunsch bekannt ist, über die Möglichkeit, durch Einführung eines Zahlungsmoratoriums private Maßnahmen zur Verhinderung dieses unerwünschten Marktgleichgewichts zu ergreifen399. Funktional entspricht dieses Moratorium eines Kreditinstituts dem für andere Unternehmen bei Zahlungsschwierigkeiten in Kraft tretenden Insolvenzrecht400, so dass entsprechende ordnungspolitische staatliche Maßnahmen zur institutionellen Absicherung und Missbrauchskontrolle eines Zahlungsmoratoriums sinnvoll erscheinen401. In der Grundvariante des Modells von Diamond / Dybvig besteht deshalb keine Notwendigkeit, weitergehende staatliche Maßnahmen zu reflektieren, was in einem Teil der Literatur zur Fundierung staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten nicht zur Kenntnis genommen wird402. Dieses vorläufige Ergebnis ändert sich allerdings dann, wenn eine Erweiterung des Grundmodells dahingehend erfolgt, dass der Anteil von Anlegern mit vorzeitigen Liquidationsbedürfnissen zu einer stochastischen Größe wird403. Der Finanzintermediär ist nun unsicher über die Höhe der maximal an ihn herangetragenen Auszahlungswünsche und kann den Zeitpunkt der notwendigen Zahlungseinstellung nicht quantifizieren. Entsprechend entfällt die Möglichkeit zur Initiierung indiVgl. Dietrich / Vollmer (2005), S. 224 f´. und Vollmer (1999a), S. 1534 und S. 1353 f. Vgl. im Original Diamond / Dybvig (1983), pp. 410 sowie erläuternd Dietrich / Vollmer (2005), S. 224 f. und Vollmer (1999a), S. 1535. Sehr deutlich auch Körnert (1998), S. 85 – 87. Kritisch hingegen Schönfelder (1991), S. 516 – 518. Für eine Analyse empirischer Zahlungsmoratorien vgl. Kaserer (1998), S. 366 – 369. 400 Vgl. den Hinweis bei Diamond / Dybvig (1983), pp. 418. Weiterführend zur Gestaltung des Insolvenzrechts stellvertretend für viele Bigus / Eger (2002). 401 Vgl. Leikeb (2006), S. 37. 402 Vgl. beispielsweise Fey (2006), S. 61 f.; Fest (2008), S. 86. 403 Vgl. im Original Diamond / Dybvig (1983), pp. 411 – 413; ausführlich ferner die Erläuterungen bei Körnert (1998), S. 87 – 92. 398 399

128

2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

vidueller Schutzmaßnahmen gegen einen Bank-Run404 und das Kreditinstitut wird infolge der mit der Erfüllung der Auszahlungswünsche verbundenen Liquidationsverluste in die Insolvenz geraten und vom Markt ausscheiden405. Transaktionales Wettbewerbsversagen liegt dann vor, wenn sich Störungen des wettbewerblichen Transfermechanismus’ auf zu hohe Kosten der Informationsbeschaffung oder -verarbeitung zurückführen lassen406: Marktaustritte von Unternehmen resultieren demnach nicht aus Effizienznachteilen im Vergleich zu anderen Unternehmen der Branche, sondern aus zu hohen Transaktionskosten entweder der Nachfrager oder der Anbieter bei der Durchführung von Markthandlungen. Fraglich ist demnach, ob der Marktaustritt des Kreditinstituts im Modell von Diamond / Dybvig auf einer schlechten relativen Position im Wettbewerbsprozess basiert oder ob diesem Handlungen der Financiers zugrunde liegen, die bei weitergehender Informationsbeschaffung und -auswertung unterblieben wären. Staatliche Maßnahmen wären nur dann theoretisch zu legitimieren, wenn die Ursachen für den Bank-Run nicht in schlechten Ergebnissen des Kreditinstituts begründet lägen407, sondern sich auf andere transaktionskostenbedingte Ursachen zurückführen ließen. Wie bereits anlässlich der allgemeinen Kritik an dem Modell von Diamond / Dybvig dargestellt, bildet die Differenzierung der Ursachen für einen kumulativen Mittelabzug nicht Gegenstand des Untersuchungsrahmens; vielmehr heißt es dort explizit: „The problem is that once they have deposited, anything that causes them to anticipate a run will lead to a run408“. Kennzeichen eines Gleichgewichts in dieser Modellwelt ist gerade, dass es immer dann zustande kommt, wenn Erwartungen und Handlungen der Geldgeber übereinstimmen409. Insoweit erscheint es zum einen konsistent, unterschiedliche Ursachen von Bank-Runs zu vernachlässigen, und ist es zum anderen sogar unmöglich, den Run auf ein Kreditinstitut wegen schlechter Ergebnisse zu modellieren, da bei Diamond / Dybvig keine Unsicherheit über die Projektergebnisse modelliert wird410. Ungeachtet der insoweit gerechtfertigt erscheinenden fehlenden Klassifikation von Ursachen des Bank-Runs bildet die Unterscheidung zwischen spekulativen Runs und fundamentalen Runs 404 Vgl. im Original Diamond / Dybvig (1983), pp. 411 – 413 sowie die erläuternde Analyse bei Dowd (1992b), p. 116. 405 Vgl. Diamond / Dybvig (1983), p. 409. 406 Vgl. Eickhof (1993), S. 219 und Eickhof (1986b), S. 475 f.; ferner Bögelein (1990), S. 222 f. Ähnlich auch Seifert (1984), S. 119 und 120, der nach den Ursachen für Wettbewerbsversagen in Besonderheiten der Güter, der Produktions- und Marktprozesse unterscheidet. 407 Im Ergebnis ähnlich Bonn (1998), S. 20 und sehr deutlich Klische (1995), S. 22: „Strategien, die auf eine Sicherung von Unternehmen hinauslaufen, stehen in direktem Konflikt zu ordnungspolitischen Grundsätzen einer Marktwirtschaft“. 408 Diamond / Dybvig (1983), p. 410. Körnert würdigt dies positiv, weil aus theoretischer Sicht alle Ursachen für einen Bank-Run in Erwägung gezogen werden, vgl. Körnert (1998), S. 93. 409 Vgl. Dietrich / Vollmer (2005), S. 224. 410 Ebenso auch Stillhart (2002), S. 59 und sehr deutlich Kaserer (2000a), S. 177.

2.3 Institutionenökonomie

129

einen wesentlichen Untersuchungsgegenstand der sich nachfolgend entwickelnden Literatur411. In dieser Terminologie wäre ein Bank-Run im Ansatz von Diamond / Dybvig immer ein spekulativer Run und demnach als transaktionales Wettbewerbsversagen zu klassifizieren, auf dessen Grundlage staatliche Maßnahmen zur Verhinderung der Insolvenz eines betroffenen Kreditinstitutes theoretisch legitimierbar erscheinen412. Wettbewerbsversagen auf Finanzmärkten mit Intermediären wird nicht nur unter Hinweis auf die Insolvenzgefährdung eines einzelnen Kreditinstituts durch einen Bank-Run konstatiert, sondern weitergehend auch damit begründet, dass bei Insolvenz einzelner Kreditinstitute die Gefahr eines allgemeinen Vertrauensentzuges durch Kontraktkündigungen gegenüber allen Kreditinstituten, die Möglichkeit einer Bankenkrise413, bestehe (vgl. Abbildung 2.6). Empirisches Phänomen Theoretische Erklärung

Theoretische Fundierung staatlicher Maßnahmen

Bank-Run

á

Bankenkrise

Diamond / Dybvig und Modellvariationen

 Verallgemeinerung des empirischen Phänomens  Irrationalität der Kleinanleger  Theorie des Herdenverhaltens

Wettbewerbsversagen

Wettbewerbsversagen

á

Allgemeine Wirtschaftskrise  Keynesianischer Ansatz  Neoliberaler Ansatz

Marktversagen (Externe Effekte)

Abbildung 2.6: Hypothesen über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen Bank-Run, Bankenkrise und allgemeiner Wirtschaftskrise

Grundlage für entsprechende Behauptungen bildet allerdings nicht mehr der Untersuchungsrahmen von Diamond / Dybvig, sondern die folgenden vermuteten Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge: 411 Vgl. hierzu stellvertretend für viele Chen / Hasan (2008), pp. 538 – 545; Leikeb (2006), S. 44 – 63; Goldstein / Pauzner (2005), pp. 1297 – 1310; Allen / Gale (2000), pp. 1 – 33; Schumacher (2000), p. 258; Allen / Gale (1998), insbes. pp. 1251 – 1279; Kaserer (1998), S. 344 – 354; Jacklin / Bhattaharya (1988), pp. 570 – 585. 412 Im Ergebnis bereits ähnlich Seifert (1984), S. 124 f. Kritisch zu den Möglichkeiten einer differenzierten Klassifikation möglicher Ursachen von Bank-Runs als Grundlage einer Regulierungsentscheidung hingegen Fest (2008), S. 116 – 119. 413 Vgl. Fest (2008), S. 107 – 116; Körnert (1998), S. 73 – 121; Seifert (1984), S. 121 und weiterführend S. 123 – 135. Sehr ausführlich auch Kaufman (1994), pp. 123 – 150. Zum Versuch einer Erklärung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der aktuellen Finanzkrise vgl. Rudolph (2008), insbes. S. 722 – 738.

130

2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

 Aufgrund der empirischen Erfahrungen aus der Bankenkrise von 1931 bestehe immer wieder die Gefahr einer Ausbreitung des Runs gegen eine einzelne Bank auf alle Banken414.  Ursächlich für die Auslösung von Bankenkrisen seien irrationale Entscheidungen von Kleinanlegern415, die nicht in der Lage seien, die Zahlungsfähigkeit eines Kreditinstitutes zu beurteilen.  Theoretische Arbeiten zum „Herdenverhalten“ auf Finanzmärkten416 erklären gleichgerichtetes Verhalten von Marktteilnehmern damit, dass individuelle Informationen in Entscheidungsprozessen vernachlässigt werden und Entscheidungen stattdessen durch das beobachtete Verhalten anderer Akteure fundiert werden.

Klassifikation möglicher Ursachen von Bankenkrisen Obwohl damit im Ergebnis keine allgemein akzeptierte theoretische Erklärung für die Ausweitung eines Bank-Runs zur allgemeinen Bankenkrise existiert417, bleibt gleichwohl zu konstatieren, dass die Möglichkeit der Entstehung einer branchenweiten Krise besteht418. Um auf der Grundlage dieses unbefriedigenden Zwischenergebnisses gleichwohl Ansatzpunkte für zielgerichtete staatliche Maßnahmen identifizieren zu können, bedarf es zusätzlich einer Klassifikation der Ursachen von Bankenkrisen. Unberücksichtigt bleiben hierbei Bankenkrisen, die sich infolge allgemeiner makroökonomischer Schocks entwickeln, da zu ihrer Beeinflussung der Einsatz allgemeiner statt branchenspezifischer wirtschaftspolitischer Maßnahmen sinnvoll erscheint419. 414 Ausführlich hierzu Bonn (1998), S. 29 – 34 und Calomiris / Mason (1997). pp. 869 – 882; Kindleberger (1988), pp. 171 – 186 (m. w. Nw.). Zur Analyse der Bankenkrise in Nordeuropa Anfang der 1990er Jahre vgl. Körnert (2002), S. 280 – 314. Für eine entsprechende Krisenanalyse in Russland vgl. Buch / Heinrich (1999), passim. Kritisch zur Krise von 1931 Kaserer (2000b), insbes. S. 6 – 24 und Kaserer (1998), S. 372 – 399, der im Ergebnis die mangelnde Solvenz des Deutschen Reichs als Ursache für die Krise von 1931 identifiziert; ebenso Richter (1990a), pp. 27. Gegen die empirische Evidenz von Bankenkrisen allgemeiner Kaufman (1994), pp. 129 – 133 und der Hinweis bei Schumacher (2000), pp. 258. 415 Kritisch hierzu Schneider (2006), S. 69 und 70; ferner Bonn (1998), S. 25 – 28 und Seifert (1984), S. 124 – 126. 416 Vgl. Bigus / Leyens (2008), S. 30; Dietrich / Vollmer (2005), S. 226 – 240 (m. w. Nw.) und Fink / Haiss (2002), S. 9 – 20; ausführlich ferner bereits Minsky (1982). 417 Zur kritischen Reflektion verschiedener Theorien und einer darauf aufbauenden Ableitung einer „widerspruchsfreien und erschöpfenden“ Ursache-Wirkungsanalyse bei Dominoeffekten sehr deutlich Körnert (1998), S. 102 – 121. 418 Im Ergebnis ebenso Seifert (1984), S. 126 f. Klische (1995), S. 22 weist allerdings explizit darauf hin, dass branchenbezogene Interdependenzen kein exklusives Merkmal der Bankenbranche darstellen. 419 Zum Problem zentralbankpolitischer Schocks vgl. Michler / Thieme (2009), S. 198 und S. 201 – 206; allgemeiner Fey (2008), S. 72 – 77; ferner bereits Seifert (1984), S. 188 und S. 189. Weiterführend Lorenzoni (2009) und Buch / Carstensen / Schertler (2010).

2.3 Institutionenökonomie

131

Die Insolvenz eines einzelnen Kreditinstitutes kann sich einerseits direkt auf andere Kreditinstitute übertragen, wenn zwischen den Intermediären unmittelbare geschäftliche Verbindungen bestehen420. Andererseits besteht die Gefahr einer indirekten Übertragung infolge einer Veränderung des Verhaltens der Fremdfinanciers der Kreditinstitute421. Hierbei sind folgende Unterfälle zu unterscheiden: Entweder kündigen die Geldgeber ihre Verträge aus den bereits benannten spekulativen Erwägungen oder es kommt zu einer Homogenisierung der Erwartungen über die Ergebnislage mehrerer oder aller Kreditinstitute. Ursächlich hierfür können nur gravierende Fehlentscheidungen in der Geschäftspolitik zahlreicher Intermediäre sein422 oder ein Versagen auf Seiten der staatlichen Wirtschaftspolitik, welche gerade durch staatliche Vorgaben eine Vereinheitlichung der Geschäftpolitik bewirkt hat423. Unter Verwendung dieser Kriterien und zusätzlicher Unterscheidung des Ausmaßes der Bankenkrise424 in eine allgemeine oder partielle Bankenkrise lassen sich die in Abbildung 2.7 verdeutlichten zehn idealtypischen Erscheinungsformen von Bankenkrisen unterscheiden. Ursache des Bank-Run Spekulativ

Fundamental Indirekte Verbreitung

Ausmaß der Bankenkrise Spekulativ

Direkte Verbreitung

Homogenisierung der Erwartungen über die Geschäftspolitik Infolge individueller Entscheidungen

Infolge staatlicher Vorgaben

Allgemeine Bankenkrise

1

3

5

7

9

Partielle Bankenkrise

2

4

6

8

10

Abbildung 2.7: Idealtypische Erscheinungsformen von Bankenkrisen

Aufbauend auf dieser idealtypischen Unterscheidung von Bankenkrisen sind folgende Schlussfolgerungen zur Beurteilung staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten möglich. 420 Vgl. Fest (2008), S. 108 – 111 und Fey (2006), S. 66 – 72, der ausdrücklich auf die unzureichende theoretische Fundierung verweist. 421 Vgl. stellvertretend für viele die Klassifikation bei Fest (2008), S. 111 – 116, Fey (2006), S. 65 f. und Bonn (1998), S. 29 – 34. 422 Zu einer differenzierten Analyse möglicher erfolgs- oder liquiditätsinduzierter BankRuns vgl. Körnert (1998), S. 104 – 113. 423 Sehr deutlich hierzu Seifert (1984), S. 127. 424 Zu einer anderen Klassifikation vgl. Bonn (1998), S. 33 und erläuternd S. 31; ferner bereits Seifert (1984), S. 187 – 189.

132

2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

 Staatliche Maßnahmen sind obsolet (weiße Felder in Abbildung 2.7). Basiert die krisenhafte indirekte Ausweitung auf einer Homogenisierung der Erwartungen infolge einer Beobachtung individueller geschäftspolitischer Entscheidungen, besteht keine Notwendigkeit für staatliches Eingreifen, wenn die Zahl der Folgeinsolvenzen auf eine begrenzte Anzahl von Kreditinstituten beschränkt ist (vgl. Fall 6 in Abbildung 2.7). Dieses Ergebnis gilt auch für eine direkte Übertragung des fundamentalen Runs über Geschäftsbeziehungen verschiedener Kreditinstitute untereinander, da diese individuell zu verantworten sind (vgl. Fall 10 in Abbildung 2.7).  Ein Verzicht auf staatliche Maßnahmen ist zur Krisenprävention notwendig (hellgraue Felder in Abbildung 2.7). Kommt es zu einer indirekten Übertragung eines fundamentalen Bank-Runs durch Homogenisierung der Erwartungen infolge staatlicher Vorgaben für die Geschäftspolitik, liegt kein Wettbewerbsversagen vor. Stattdessen ist ursächlich für die partielle oder allgemeine Bankenkrise (vgl. Fall 7 und 8 in Abbildung 2.7) Versagen staatlicher Entscheidungsträger auf einer anderen Ebene.  Staatliche Maßnahmen sind sinnvoll (dunkelgraue Felder in Abbildung 2.7). Wettbewerbsversagen im hier definierten Sinne liegt zum einen dann vor, wenn es zu Folgeinsolvenzen aufgrund eines originär spekulativen Runs gegen ein Kreditinstitut käme, da es sich immer um einen ökonomisch nicht fundierten und damit ineffizienten Marktaustritt der betroffenen Intermediäre handelt. Eine weitergehende Unterscheidung nach dem Ausmaß der Krise ist demnach obsolet (vgl. Fälle 1 und 2 in Abbildung 2.7). Gleiches gilt für den Fall, dass sich ein originär fundamentaler Run spekulativ auf viele oder alle anderen Kreditinstitute überträgt (vgl. Fälle 3 und 4 in Abbildung 2.7). Darüber hinaus ist immer dann staatliches Handeln erforderlich, wenn sich aus den Fällen heraus, in denen ein Bank-Run unter Wettbewerbsaspekten als effizient zu beurteilen war, durch direkte oder indirekte Übertragung eine allgemeine Bankenkrise entwickelt (vgl. Fälle 5 und 9 in Abbildung 2.7). Ursächlich für alle krisenhaften Entwicklungen sind Informationsdefizite der Fremdfinanciers der Kreditinstitute425.

Obwohl die Ausweitung des idealtypisch durch Diamond / Dybvig modellierten spekulativen Runs gegen ein Kreditinstitut zu einer Bankenkrise weder theoretisch stringent noch empirisch evident ist, bildet das Modell auch die Grundlage zur Legitimation staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten mit dem Ziel einer Verhinderung weitergehender unerwünschter Auswirkungen auf die Realwirtschaft 426 (vgl. oben Abbildung 2.6). Diese Diskussion um die Legitimation staatlicher Maßnahmen wird unter Hinweis auf das Vorliegen „negativer Externer Ef425 Zu den Möglichkeiten diese Informationsdefizite zu beseitigen vgl. insbes. Lach (2003), S. 61 – 71 und Klische (1995), S. 107 – 142. 426 Vgl. stellvertretend für viele Bigus / Leyens (2008), S. 30 f.; Kaserer (1998), S. 355 – 359 (m. w. Nw., im Ergebnis allerdings kritisch) und Kaufman (1994), pp. 139 – 143.

2.3 Institutionenökonomie

133

fekte“ geführt427. Ebenso wie die Erklärung allgemeiner Bankenkrisen bildet die Modellierung weitergehender Auswirkungen auf andere Branchen oder eine gesamte Volkswirtschaft nicht den Gegenstand der Untersuchungen von Diamond / Dybvig. Grundlage für die Behauptung entsprechender Zusammenhänge sind vielmehr volkswirtschaftliche Theorien der Wirtschaftskrise428, wobei sich sehr unterschiedliche Strömungen finden, die zumeist verkürzend unter den Bezeichnungen „Keynesianismus“ und „Neoliberalismus“ zusammengefasst werden429. Ebenso wie zur Erklärung der Entstehung einer Bankenkrise keine einheitliche Literaturmeinung vorliegt, besteht demnach auch zur Erklärung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen Banken- und Wirtschaftskrisen keine einheitliche Auffassung. Sollen gleichwohl aus theoretischer Sicht staatliche Maßnahmen unter Verwendung des Argumentes „Externer Effekte“ fundiert werden, hätte der Nachweis eines hieraus resultierenden Marktversagens auf Finanzmärkten mit Kreditinstituten zu erfolgen, da mit der Existenz Externer Effekte nicht zwingend Marktversagen verbunden sein muss430. Marktversagen infolge Externer Effekte kann dann vorliegen, wenn von dem Konsum oder der Produktion eines bestimmten Gutes positive oder negative Wirkungen auf andere Wirtschaftssubjekte ausgehen, die während des Marktprozesses nicht erfasst werden und die Koordinationsfunktion des Marktprozesses deshalb beeinträchtigt wird431: Während bei positiven Externen Effekten tendenziell eine Unterversorgung mit einem Gut zu erwarten ist, geht mit negativen externen Effekten ein Überangebot einher. Um Marktversagen aufgrund der Existenz Externer Effekte auf einem speziellen Markt nachzuweisen, müssen verschiedene Ursachen für die fehlende Internalisierung der Wirkungen differenziert werden. Hierbei sind zunächst die beiden extremen Erscheinungen Externer Effekte von der weiteren Überlegungen auszunehmen: Zum einen kann eine Berücksichtigung von Wirkungen unberücksichtigt bleiben, weil sie unterhalb einer bestimmten Wahrnehmungsschwelle liegen432. Zum anderen findet die Berücksichtigung von Wirkungen eine Begrenzung nach oben, weil in einer arbeitsteiligen Wirtschaft jede Markt427 Vgl. Bonn (1998), S. 39 – 43; Klische (1995), S. 19 – 23; Vives (1991), S. 507 („externality problem“); Benston / Kaufmann (1996), pp. 690 – 692 (positive Externe Effekte) und p. 692 – 694 (negative Externe Effekte) und Baltensperger (1988), S. 56 verwenden den Begriff „negative Externalität“ eingeschränkter für die Gefahr von Bankenkrisen. Kritisch gegen die Existenz Externer Effekte Tirole (1994), pp. 473. 428 Vgl. beispielsweise Santomero / Siegel (1981), insbes. pp. 47 – 52. Kritisch zur begrenzten empirischen Basis für derartige Krisen auch Schumacher (2000), pp. 258 und Kaserer (1998), S. 359 – 372. 429 Für einen Überblick über die Argumentation vgl. Wohlgemuth / Zweynert (2009), S. 407 – 412 (m. w. Nw.). 430 Sehr deutlich hierzu Loo (2008), S. 256 und Bögelein (1990), S. 136. 431 Vgl. Bögelein (1990), S. 132 f. (m. w. Nw.); allgemeiner zu unterschiedlichen Begriffen des Marktversagens Eickhof (1993), S. 208 und Eickhof (1986b), S. 468 – 471. 432 Vgl. Bögelein (1990), S. 133.

134

2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

handlung Folgeeffekte auf andere wirtschaftlich Handelnde entfalten kann, Externe Effekte folglich eine ubiquitäre Erscheinung darstellen würden433. In beiden Extremfällen liegt kein Marktversagen wegen Externer Effekte vor, weil die Wirkungen in den Wirtschaftsplänen keine Berücksichtigung finden sollen oder können. Als Ursachen dafür, dass Externe Effekte zu Marktversagen führen, lassen sich dann die folgenden unterscheiden434:  Wirkungen werden nicht berücksichtigt, weil der Internalisierung zu hohe Transaktionskosten entgegenstehen.  Wirkungen können nicht berücksichtigt werden, weil keine Property Rights zugewiesen sind.

Bei den mit einer Bankenkrise möglicherweise verbundenen Wirkungen auf andere Branchen könnte es sich um negative Effekte der durch Kreditinstitute erbrachten Leistungen handeln. Ursächlich dafür, dass reale Kreditinstitute jederzeit einem unbegrenzten Mittelabzug eines Großteils ihrer Gläubiger ausgesetzt sein können, ist ihre spezielle Funktion als Giralgeldanbieter in einer zweistufigen Geldordnung mit Zentralbankgeld einerseits und jederzeit einlösbarem Giralgeld andererseits435. Da die Produktion dieses Giralgeldes gegen Kreditgewährung erfolgt, kann es zu unerwünschten Folgeeffekten in anderen Branchen kommen436. Fraglich ist, ob die Gefahr negativer Externer Effekte in Krisensituation oder umgekehrt die positiven Effekte einer funktionierenden Geldordnung als Markversagen zu qualifizieren sind. Eine fehlende Möglichkeit zur Internalisierung der Effekte einer funktionierenden Geldordnung in den individuellen Wirtschaftsplänen erscheint wegen sehr hoher Informations- und Durchsetzungskosten zumindest plausibel. Gleichwohl sollte eine Klassifikation als Marktversagen nur dann erfolgen, wenn mit Externen Effekten gravierende ökonomische Fehlentwicklungen verbunden sind. In der Literatur wird als entsprechendes Argument die Gefahr eines Zusammenbruchs der monetären Infrastruktur mit negativen Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft genannt437, so dass aufgrund der Möglichkeit einer solchen Gefährdungssituation die Sicherung des Zahlungsverkehrs als Ziel staatlicher Maßnahmen abgeleitet werden kann438. 433 Zu einer ähnlichen Argumentation Loo (2008), S. 256. Für den Fall, dass mit der Produktion eines Gutes ausschließlich positive Externe Effekte verbunden sind, handelt es sich um ein öffentliches Gut. Eickhof (1986b), S. 473 verweist darauf, dass ökonomische Aktivität ohne Externe Effekte ein theoretisches Konstrukt darstellt. 434 Vgl. Loo (2008), S. 256 und S 253; Eickhof (1993), S. 213 f. 435 Ähnlich Fest (2008), S. 117, Klische (1995), S. 20 und Seifert (1984), S. 187 f.; unzutreffend hingegen die Überlegungen bei Bonn (1998), S. 39 f., der als das Gut, mit dessen Produktion Externe Effekte verbunden sind, die „Instabilität einer Bank“ fingiert. 436 Die unterschiedlichen Ausgestaltungsformen für eine Geldordnung werden allerdings, wie bereits mehrfach angesprochen, in den Modellen zur theoretischen Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten nur unzureichend berücksichtigt. 437 Vgl. Fest (2008), S. 117 und ausführlicher Seifert (1984) S. 191 – 197. Deutlich auch Klische (1995), S. 22.

2.3 Institutionenökonomie

135

Zwar erscheint zur Erreichung dieses Zieles die Zuweisung exklusiver Handlungs- und Verfügungsrechte an dem Gut „Stabilität / Instabilität“ des Bankensystems durch staatliche Entscheidungsträger auf den ersten Blick schwierig und mit hohen Kosten verbunden439. Gleichwohl ist bei näherer Betrachtung eine in anderen Branchen bereits praktizierte „Zertifikate-Lösung“ auch für die Kreditwirtschaft möglich: Seifert verdeutlicht überzeugend440, dass mit der Einführung einer obligatorischen Einlagenversicherung bei der Mittelüberlassung an ein Kreditinstitut die Ursache für einen Bank-Run und in der Folge weitere Kettenreaktionen wirksam unterbunden werden können. Denn mit Abschluss des Versicherungsvertrages werden einerseits das private Gut „Schutz vor Einlagenverlust“ und andererseits das öffentliche Gut „Stabilität des Bankensystems“ produziert. Den Abschluss dieses Versicherungsvertrages qualifiziert Seifert als Spezialfall der allgemeinen Zertifikatelösung. Ursachenadäquate Maßnahmen zur Verhinderung von Markt- und Wettbewerbsversagen Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen, dass die Ergebnisse der Principal-Agent-Ansätze zur Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten eine theoretische Legitimation staatlicher Maßnahmen mit dem Argument des Markt- oder Wettbewerbsversagens nur eingeschränkt ermöglichen und diese Funktionsstörungen zudem auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sind. Da diese Ursachen Grundlage zielgerichteter staatlicher Maßnahmen bilden, gibt Abbildung 2.8 einen zusammenfassenden Überblick über Ursachen und Erscheinungsformen des Marktund Wettbewerbsversagens auf Finanzmärkten mit Kreditinstituten. Hierzu wird entsprechend den Ergebnissen der modellgestützten Analyse unterschieden in der allgemeinen Wirtschaftspolitik zuzuordnende spezielle institutionelle Ausgestaltungsvarianten, Informationsprobleme, Haftungsprobleme und sonstige Ursachen. Zum Ersten konnte Wettbewerbsversagen festgestellt werden, wenn es zu einem spekulativen Run auf ein einzelnes Kreditinstitut kommt: Ursachen bestehen in der institutionellen Ausgestaltung des Fremdfinanzierungskontraktes mit sequentialconstraint-Regelung, unzureichenden Informationen über den ökonomischen Erfolg des Instituts und in der fehlenden Modellierung eigenen Vermögens in den Grundvarianten entsprechender Modelle (vgl. Abbildung 2.8, Feld 21 – 23). Zum Zweiten wurde transaktionales Wettbewerbsversagen in den Fällen diagnostiziert, in denen es infolge eines einzelnen fundamentalen Runs zu einer allgemeinen Bankenkrise infolge indirekter Übertragung kommt (vgl. Abbildung 2.8, Feld 11 –14). Der Grund 438 Im Ergebnis ebenso Schneider (2006), S. 70. Zur Begründung einer staatlichen Liquiditätsversorgung über die Diagnose von Marktversagen in Form eines „Öffentlichen Gutes“ vgl. Prigge (1996), S. 31 – 41. 439 Bonn (1998), S. 41 f. klassifiziert das Gut „Stabilität des Bankensystems“ deshalb als öffentliches Gut. 440 Vgl. Seifert (1984), S. 266 – 272.

136

2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

für eine derartige krisenhafte Entwicklung besteht in der Homogenisierung der Erwartungen der Fremdfinanciers, die auf verfehlte politische Vorgaben einerseits oder eine individuell zu verantwortende Gleichrichtung geschäftspolitischer Entscheidungen andererseits zurückzuführen sein können. Zum Dritten kann transaktionales Wettbewerbsversagen dann vorliegen, wenn sich ein spekulativer oder fundamentaler Run auf eine sich spekulativ auf eine begrenzte Zahl von Kreditinstituten ausbreitet (vgl. Abbildung 2.8, Feld 31 – 33). Ursachen hierfür bestehen in institutionellen Grundsatzentscheidungen, Informationsproblemen und unzureichendem haftenden Vermögen der Kreditinstitute. Schließlich wurde Marktversagen aufgrund Externer Effekte festgestellt, weil eine Internalisierung der mit dem Zusammenbruch des Finanz- und Zahlungsverkehrssystems verbundenen Kosten mit großen Schwierigkeiten einhergeht (vgl. Abbildung 2.8, Feld 41 und 42). Diese Schwierigkeiten resultieren aus der institutionellen Grundsatzentscheidung für eine bestimmte Geldordnung einerseits und Informationsproblemen andererseits. Erscheinungsform des Markt- oder Wettbewerbsversagens

Ursachen Wirtschaftspolitik

Informationsprobleme

Haftungsprobleme

Sonstige

Allgemeine Bankenkrise als transaktionales Wettbewerbsversagen

11

12

13

14

Spekulativer Bank-Run als transaktionales Wettbewerbsversagen

21

22

23



Partielle Bankenkrise als transaktionales Wettbewerbsversagen

31

32

33



Allgemeine Wirtschaftskrise als Marktversagen in Form Externer Effekte

41

42





Abbildung 2.8: Ursachen für Markt- und Wettbewerbsversagen auf idealtypischen Finanzmärkten mit Intermediären

Obwohl damit institutionelle Grundsatzentscheidungen über die Geldordnung und Informationsprobleme die gemeinsame Ursache aller Varianten des festgestellten Markt- und Wettbewerbsversagens bilden, werden in der auf den Modellen zur Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten durch Informationsasymmetrien aufbauenden Literatur im Wesentlichen folgende staatliche Maßnahmen zur Verhinderung oder Milderung von Bank-Runs, und damit implizit von Bankenkrisen oder allgemeinen Wirtschaftskrisen, diskutiert:  Die Etablierung einer staatlichen Einlagenversicherung.

Zur Verhinderung von Bank-Runs bei Mittelabzügen der Financiers des Kreditinstituts führen Diamond / Dybig alternativ zur Einrichtung eines Zahlungsmora-

2.3 Institutionenökonomie

137

toriums eine staatliche Einlagenversicherung in ihre Modellierung ein441. Zwar wird die Möglichkeit einer privaten Lösung kurz reflektiert, aber unter Hinweis auf die fehlende Steuerhoheit, die im Extremfall Mittelbeschaffung in beliebiger Höhe ermöglicht, als alleiniges Instrument verworfen. Miteinander konkurrierende private Einlagenversicherer sind demnach allenfalls als Teillösung akzeptabel, wenn ergänzend eine staatliche Einlagensicherung etabliert wird442. In der Modellwelt von Diamond / Dybvig resultiert die Überlegenheit der staatlichen Einlagenversicherung daraus, dass nur staatliche Entscheidungsträger ex post eine Versicherungsprämie in Abhängigkeit von der Höhe des tatsächlich vorzeitig zurückgeforderten Anteils an Mitteln quantifizieren und erheben können443. Durch die Zusage entsprechender staatlicher Ausgleichszahlungen gelingt es, das am Erwartungswert der Zahlungsströme ausgerichtete Verhalten der Financiers vom Typ B dahingehend zu beeinflussen, dass der Run auf ein Kreditinstitut immer eine inferiore Handlungsalternative darstellt und somit die Realisation unbegründeter vorzeitiger Liquidationsansprüche unterbleibt444. Im Ergebnis verhindert deshalb allein die Zusage staatlicher Kompensationszahlungen in der Modellwelt von Diamond / Dybvig die Realisation eines Bank-Run-Gleichgewichts und macht private Maßnahmen zur Korrektur eines unerwünschten Gleichgewichtszustandes obsolet: „The role of government policy in our model focuses on providing an institution to prevent a bad equilibrium rather than a policy to move an existing equilibrium445“. Die Autoren betonen darüber hinaus, dass staatliche Maßnahmen in Form einer Einlagenversicherung den Handlungsspielraum des Intermediärs nicht beeinflussen und deshalb gerade eine systemkonforme Lösung darstellen. Wenngleich damit eine formal elegante Lösung zur Verhinderung eines BankRun und mittelbar auch einer Banken- oder Wirtschaftskrise gefunden werden kann, ist eine Fundierung realer wirtschaftspolitischer Maßnahmen mit diesen idealtypischen Ergebnissen nicht möglich446. Dem stehen die stark vereinfachenden Prämissen des Diamond / Dybvig-Modells entgegen: Bereits im Originalbeitrag diagnostizieren die Autoren weiteren Forschungsbedarf insbesondere zur Berücksichtigung unsicherer Ergebnisse für die betrachteten Projekte447. Dementsprechend hat sich in der Folgezeit ein eigener Literaturzweig entwickelt, der die 441 Vgl. Diamond / Dybvig (1983), pp. 413 – 416, Erläuternd hierzu Dietrich / Vollmer (2005), S. 247 – 254; Vollmer / Hack (2007), S. 303 – 308; Vollmer (1999a), S. 1535 – 1538. 442 Vgl. Diamond / Dybvig (1983), p. 413 und 416. 443 Sehr deutlich Vollmer (1999a), S. 1535 und im Original Diamond / Dybvig (1983), p. 414. Private Einlagenversicherer müssen demgegenüber eine Prämienzahlung in Abhängigkeit von dem erwarteten Anteil der vorzeitig liquidierten Mittel abhängig machen. 444 Für eine anschauliche Darstellung der modifizierten Zahlungen für die Geldgeber vom Typ B vgl. Dietrich / Vollmer (2005), S. 248 f. und Schmidt-Mohr (1992), S. 15; kritisch hingegen unter Bezug auf die mangelnde Praktikabilität einer solchen Steuer Langer / Weber (2000), S. 224. 445 Diamond / Dybvig (1983), p. 416. 446 Anderer Auffassung Bigus / Leyens (2008), S. 29 – 31. 447 Vgl. Diamond / Dybvig (1983), p. 417.

138

2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

mit der Einführung einer staatlichen Einlagenversicherung verbundenen Probleme448, insbesondere neu entstehende Principal-Agent-Konflikte, für unterschiedliche Variationen des Diamond / Dybvig-Modells analysiert. Zur Beseitigung dieser unerwünschten Nebeneffekte der Einlagenversicherung werden neben risikoadjustierten Prämien449 auch Eigenkapitalvorschriften450 als Folgeregulierungen diskutiert. Dabei stellt unter dem Kriterium der Wettbewerbsneutralität und der Allokationsneutralität sowie dem Äquivalenzprinzip die Versicherungslösung mit risikoadjustierten Prämien die in einer marktwirtschaftlichen Ordnung überlegene Lösung dar451.  Die Zusicherung einer staatlichen Krisen-Liquiditätshilfe („Lender-of-Last-Resort“-Funktion [LLR-Funktion]).

Als der staatlichen Einlagenversicherung gleichwertige Maßnahme zur Verhinderung eines Bank-Run-Gleichgewichts erachten Diamond / Dybvig die Zusicherung einer staatlichen Institution zur Lösung von „Liquiditätsschwierigkeiten“ einzelner Kreditinstitute452. Sehen sich diese zum Zeitpunkt t ¼ 1 einer großen Zahl von Rückzahlungsforderungen ihrer Financiers ausgesetzt, kann der „Lender-of-Last-Resort“ unerwünschte Liquidationen der Projekte verhindern, indem er Ankaufszusagen für die Forderungen der Kreditinstitute gewährt, deren Kaufpreis über dem Liquidationswert liegt. In Abhängigkeit von der Quantifizierung des Ankaufspreises ist diese Variante staatlicher Maßnahmen zur Verhinderung eines Bank-Runs der staatlichen Einlagenversicherung vollständig oder partiell gleichwertig453. Unterschiede bestehen allerdings hinsichtlich der Verbindlichkeit: Während mit der Einlagenversicherung ein vertraglicher Anspruch begründet wird, handelt es sich bei der LLR-Funktion um eine Zusicherung, deren Einhaltung in das Ermessen der politischen Entscheidungsträger gestellt ist und demnach eine diskretionäre Maßnahme darstellt454. 448 Vgl. Sträter / Thiry / Pfingsten (2009), S. 81 – 106; ausführlich auch Leikeb (2006), S. 113 – 150; Erlei / Springmann (2001), S. 119 – 128; Grichnik (1999), S. 70 – 78. Kritisch mit dem Hinweis auf die Substitution von Markt- durch Staatsversagen beispielsweise Burghof (1998), S. 61 f. (m. w. Nw.); sehr deutlich zu den aus der Einlagenversicherung resultierenden Ineffizienzen auch schon Schmidt-Mohr (1992), S. 18 – 22 (m. w. Nw.). 449 Vgl. ausführlich die Übersicht bei Leikeb (2006), S. 151 – 176; ferner Dietrich / Vollmer (2005), S. 249 – 254; Stillhart (2002), S. 141 f. 450 Vgl. Leikeb (2006), S. 177 – 231; ferner bereits Burghof (1998), S. 229 – 239 und Schmidt-Mohr (1992), S. 20 – 22. 451 Vgl. Seifert (1984), S. 271 f. 452 Vgl. Diamond / Dybvig (1983), p. 417; erläuternd hierzu Stillhart (2002), S. 152 f.; Wolf (1999), S. 40, Zimmer (1993), S. 212 – 221. 453 Kritisch zu der hinter der Funktionsweise des LLR stehenden impliziten Annahme, dass der Staat über bessere Liquidationsmöglichkeiten für die Projekte verfügt Dowd (1992b), p. 117; ähnlich auch Schönfelder (1991), S. 513 f., der dies als fundamentalen logischen Fehler des Modells hervorhebt. Wolf (1999), S. 40 f. unterscheidet streng zwischen Einlagenversicherung und LLR. Für einen Überblick über unterschiedliche Begründungsansätze in der Literatur vgl. Freixas / Giannini / Hoggarth / Soussa (2000), S. 63 – 66.

2.3 Institutionenökonomie

139

Außerhalb des Modellrahmens von Diamond / Dybvig lässt sich die LLR-Funktion allgemeiner mit der ordnungspolitischen Grundsatzentscheidung für ein zweistufiges Geldsystem begründen: Da Kreditinstitute einlösbares Giralgeld gegen Kreditgewährung zur Verfügung stellen, kann für sie in Krisensituationen, wenn andere Möglichkeiten der Zentralbankgeldbeschaffung455 trotz vorhandener Bonität entfallen, ein Bedarf an Liquiditätsbereitstellung durch die staatliche Zentralnotenbank entstehen456. Demgegenüber erscheint eine Übertragung dieser LLR-Funktion an andere staatliche Institutionen zur Verhinderung eines spekulativen Bank-Runs aus ordnungspolitischer Perspektive problematisch457. Die vorstehenden Ausführungen belegen, dass allokatives Marktversagen auf Finanzmärkten mit Intermediären nur unter den engen Prämissen des Modellrahmens von Diamond / Dybvig unmittelbar theoretisch diagnostizierbar ist. Aus marktgleichgewichtstheoretischer Sicht sind deshalb eine staatliche Einlagenversicherung oder eine LLR-Funktion der Zentralnotenbank geeignete Instrumente zur Verhinderung eines unerwünschten spekulativen Bank-Run-Marktgleichgewichts. Verwendet man zur Diagnose von Marktversagen hingegen einen funktionalen Maßstab, dann ist zu überprüfen, unter welchen Voraussetzungen Finanzmärkte in der Erfüllung ihrer Koordinationsfunktion beeinträchtigt werden oder der Wettbewerbsprozess zu unerwünschten Ergebnissen führt. Die Verwendung dieses erweiterten Diagnose-Maßstabes hat eine differenziertere Beurteilung der Ergebnisse des Diamond / Dybvig-Modells zur Folge:  Ursächlich für die Gefahr eines Bank-Runs und die Ausweitung zu einer Bankenkrise ist die wirtschaftpolitische Grundentscheidung über die Ausgestaltung der Geldordnung. Diese ist bei Diamond / Dybvig exogen vorgegeben.  Die Gefahr einer Existenzgefährdung infolge eines Bank-Runs bestimmt sich für ein Kreditinstitut auch nach der Höhe des eigenen Vermögens.  Es existiert weder eine allgemeine akzeptierte Theorie zur Erklärung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen Bank-Run und Bankenkrise noch zur Erklärung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen Bankenkrise und allgemeiner Wirtschaftskrise. 454 Zur kritischen Analyse der Kompetenzverteilung innerhalb der Europäischen Union vgl. Stasch (2009), S. 177 – 316; kritisch allgemein Fey (2006), S. 80 – 83. 455 Zur ökonomischen Funktion des Interbankenmarktes in diesem Zusammenhang sehr deutlich Fey (2006), S. 82, Freixas / Giannini / Hoggarth / Soussa (2000), S. 66 – 70 und Kaserer (1998), S. 369 – 372. 456 Sehr deutlich hierzu Klische (1995), S. 91 – 94; ferner Kaiser (1996a), S. 642. Ausführlichere Erläuterungen zur ursprünglich auf Bagehot zurückgehenden LLR-Funktion finden sich bei Prigge (1997), S. 189 – 191 und S. 191 – 251. Zur Interpretation der LLR-Funktion als Einführung eines künstlichen Sekundärmarktes Zimmer (1993), S. 213. Zu unterschiedlichen Varianten der Mittelbereitstellung ausführlicher Freixas / Giannini / Hoggarth / Soussa (2000), S. 70 – 72. Eine weitergehende Analyse erfolgt durch Vollmer (2009), insbes. S. 424 – 430. 457 Zur Erläuterung der institutionellen Ausgestaltung der LLR-Funktion in Deutschland Kaiser (1996a), S. 643 f.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

 Die Entstehung von Bankenkrisen kann auf spekulative oder fundamentale Ursachen zurückzuführen sein. Zur Verhinderung eines transaktionalen Wettbewerbsversagens sind staatliche Maßnahmen zur Beseitigung von Informationsdefiziten der Fremdfinanciers des Kreditinstituts Ziel führend.  Staatliche Maßnahmen können Krisen verstärkend wirken, wenn sie darauf ausgerichtet sind, zwischen Kreditinstituten bestehende ökonomische Unterschiede zu nivellieren. Entsprechende Aktivitäten staatlicher Entscheidungsträger sind zu vermeiden.

Eine weitergehende Auseinandersetzung des ersten Kritikpunktes erfolgt im Rahmen marktprozesstheoretischer Untersuchungen, dessen Darstellung Gegenstand des folgenden Kapitels 3 bildet. Zuvor soll allerdings mit dem Corporate-Governance-Ansatz eine letzte Variante modifizierter Marktgleichgewichtstheorien vorgestellt werden. Auch er ermöglicht eine differenziertere Beurteilung des BankRuns. 2.3.2.4 Corporate-Governance-Ansatz Corporate-Governance-Ansätze unterstellen im Gegensatz zu den im Rahmen der Principal-Agent-Ansätze zwischen den Vertragspartnern abgeschlossenen vollständigen Verträgen458 Kontrakte, die aus drei verschiedenen Gründen unvollständig sein können459:  Nicht alle Umweltzustände werden berücksichtigt.  Nicht allen Umweltzuständen werden vertragliche Konsequenzen zugeordnet.  Es bestehen Informationsasymmetrien gegenüber Dritten, so dass die Durchsetzung vertraglicher Vereinbarungen unmöglich wird.

Alle Umstände bedingen, dass Nachverhandlungen zwischen den Vertragspartnern notwendig werden, folglich Veränderungen des ursprünglichen Transaktionsergebnisses implizieren und die Finanzierungsbeziehungen einen langfristigen Charakter aufweisen460. Dieses ist solange ökonomisch unproblematisch als von keiner Partei beziehungsspezifische Investitionen getätigt wurden, die die ursprünglichen Partner aneinander binden. Für diesen Fall muss der Vertrag ex ante regeln, wer in Nachverhandlungs-Situationen das Eigentumsrecht im Sinne von Kontrollrechten an diesem Vermögensgegenstand besitzt461. Für einen ausführlichen klassifizierenden Überblick vgl. Spicher (1997), S. 27 – 48. Für einen Überblick über verschiedene Vertragstypen und Informationsverteilungen vgl. Bannier (2005), insbes, S. 179 – 195, Dietrich / Vollmer (2005), S. 39 – 63, Richter (2000), S. 9 – 17, Vollmer (2000c), S. 53 – 57 und Schweizer (1999), S. 173 – 283. 460 Ausführlich zu den Anforderungen an mehrperiodige Modelle zur Analyse langfristiger Finanzierungsbeziehungen sowie einen Überblick über entsprechende Modelle vgl. Burghof (1998), S. 247 – 250 und S. 250 – 280; ferner Bank (2001), Sp. 844 f. und Scholtens (1993), S. 130. 458 459

2.3 Institutionenökonomie

141

Die Weiterentwicklung marktgleichgewichtsorientierter Modelle zur Erklärung speziell der Funktionen von Kreditinstituten um den Aspekt unvollständiger Verträge erfolgte insbesondere als Reaktion auf die Kritik am Modell von Diamond / Dybvig, dass hiermit weder die besondere Finanzierungsstruktur von Finanzintermediären modellendogen erklärt werden kann, noch eigenes Vermögens des Kreditinstituts Gegenstand der Untersuchung bildet462. Einen wichtigen Ansatz für die modellgestützte Erklärung der Funktion von Kreditinstituten auf Basis unvollständiger Verträge bilden die Arbeiten von Diamond / Rajan463, die die Funktionen von Kreditinstituten ebenfalls mit der Existenz unsicherer Liquiditätsbedürfnisse begründen. Im Gegensatz zu Diamond / Dybvig besteht die Ursache für damit verbundene Probleme allerdings nicht in zwischen den Vertragspartnern bestehenden Informationsasymmetrien, sondern ist auf die beschränkte Liquidität der finanzierten Projekte zurückzuführen. Im Modell von Diamond / Rajan ist der originäre Finanzierungskontrakt deshalb unvollständig, weil nicht beobachtet werden kann, ob das zur Erzielung der Projektergebnisse notwendige Humankapital durch den Unternehmer tatsächlich eingebracht wird, und ob die Financiers einem durch Außenstehende nicht beobachtbaren Liquiditätsbedarf ausgesetzt sind464. Aufgrund verschiedener weiterer Annahmen besteht aus Sicht des Unternehmers Unsicherheit darüber, ob das Projekt durchgeführt werden kann465. Diese unbefriedigende Situation kann durch Einführung eines Kreditinstituts überwunden werden. Hierzu wird in die Modellierung ein idealtypischer Intermediär ohne eigenes Vermögen eingeführt, der von seinen Financiers Mittel gegen ein festes Rückzahlungsversprechen entgegennimmt und diese als Kredite mit sicheren Rückzahlungen an die Unternehmer weiterleitet466. Im Gegensatz zu der Ausgangssituation bei direkter Finanzierung übernimmt demnach nur das Kreditinstitut die Funktion des Erst-Financiers und kann projektspezifisches Wissen aufbauen. Anders als der Unternehmer ist das Kreditinstitut in der Lage, 461 Grundlegend hierzu sind die Arbeiten von Oliver Hart, insbesondere Hart / Moore (1990), Hart (1995); weiterführend jetzt Hart (2001) und Hart / Moore (2008). 462 Vgl. hierzu zusammenfassend Vollmer (2001), S. 96 – 98. Spezielle Aspekte unvollständiger Verträge zur Erklärung von Finanzintermediären untersuchen beispielsweise Vollmer / Hauck (2009), S. 8 – 12; und Spicher (1997), insbes. S. 158 – 233. Für eine Anwendung des Ansatzes zur Erklärung der Funktion öffentlicher Banken vgl. Vollmer / Hauck (2009), S. 184 – 198. 463 Vgl. Diamond / Rajan (2001a) und die Erläuterungen bei Leikeb (2006), S. 15 – 17 Dietrich / Vollmer (2005), S. 195 – 216; für einen Überblick über ähnliche Modelle, die ebenfalls unvollständige Verträge zur Erklärung der Existenz von Kreditinstituten heranziehen, vgl. Stillhart (2002), S. 86 – 102. 464 Aufgrund dieser unerwarteten Liquiditätsbedürfnisse sind mit der Kreditvergabe Risiken verbunden, die aufgrund der sicheren Projektergebnisse nicht auftreten, wenn die Finanzierungsbeziehung bis zum Ende der Laufzeit bestehen bleiben kann, vgl. Diamond / Rajan (2001a), pp. 288. 465 Vgl. Vollmer (2001), S. 103. Zur Ableitung dieses Ergebnisses vgl. Diamond / Rajan (2001a), p. 289 und ausführlich Dietrich / Vollmer (2005), S. 207 – 211. 466 Vgl. Diamond / Rajan (2001a), pp. 306.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

unerwartete Liquiditätsbedürfnisse der Financiers ohne Liquidation des Investitionsprojektes zu erfüllen. Ursächlich hierfür ist die Annahme, dass sich das Kreditinstitut revolvierend Mittel auf dem Finanzmarkt nur deshalb beschaffen kann467, weil die Geldgeber sicher sein können, dass dieses abweichend zum Unternehmer in der Ausgangssituation keinem Anreiz ausgesetzt ist, sich vertragswidrig zu verhalten und mit seinen Geldgebern Nachverhandlungen durchzuführen. Zur Verhinderung von Nachverhandlungen durch das Kreditinstitut führen Diamond / Rajan für die Financiers ein Liquidationsrecht an den vergebenen Krediten in die Modellierung ein468, welches zusammen mit der Vorgabe, dass Zahlungsansprüche der Financiers entsprechend der Reihenfolge, in der sie präsentiert werden, erfüllt werden, einen Run gegen das Nachverhandlungen initiierende Kreditinstitut auslöst469. Da weitere Verhandlungen anschließend nur noch zwischen den Financiers und dem Unternehmer stattfinden, verliert der Finanzintermediär seine Existenzberechtigung und wird folglich auf die Initiierung von Nachverhandlungen verzichten470. Nur diese spezielle Prämissenbildung bewirkt, dass das Kreditinstitut die in der Ausgangssituation für den Unternehmer bestehende Unsicherheit über die Finanzierung seines Investitionsprojektes beseitigen kann: Als alleiniger Erst-Financier stellt der Intermediär die benötigten Mittel zur Durchführung der Investition zur Verfügung und löst die aufgrund unsicherer Liquiditätsbedürfnisse einerseits und Verhaltensunsicherheit andererseits bestehenden Unvollständigkeiten der direkten Finanzierungsverträge durch eine spezielle, kurzfristig revolvierend ausgestaltete Mittelbeschaffung471. Während die mit dem Abschluss kurzfristiger, jederzeitig kündbarer Finanzierungsverträge verbundene Gefahr des Runs auf eine Kreditinstitut im Modell von Diamond / Dybvig das unerwünschte Ergebnis exogener Schocks darstellt472, besitzt die Möglichkeit zur Liquidation des Kreditinstituts im Modell von Diamond / Rajan fundamentale Bedeutung zur Disziplinierung des Intermediärs und demzufolge eine positive Funktion473. 467 Zu den Voraussetzungen für die Möglichkeit der jederzeitigen Mittelbeschaffung auf dem Finanzmarkt vgl. Diamond / Rajan (2001a), pp. 312; erläuternd ferner Stillhart (2002), S. 87. 468 Zu dem Entscheidungskalkül der Geldgeber ausführlicher Vollmer (2001), S. 105 – 107; ferner im Original mit graphischer Darstellung Diamond / Rajan (2001a), p. 309 – 313. 469 Vgl. Dietrich / Vollmer (2005), S. 211 und 215; ferner Vollmer (2001), S. 106. 470 Sehr deutlich Leikeb (2006), S. 16 f. und Dietrich / Vollmer (2005), S. 215; ferner unter Einführung von Beispielen Diamond / Rajan (2001b), pp. 48 – 51. 471 Da die Ergebnisse des Investitionsprojektes sicher sind, besteht für das Kreditinstitut seinerseits hingegen kein Liquiditätsrisiko. Vgl. hierzu Diamond / Rajan (2001a), pp. 315; ferner Stillhart (2002), S. 92 – 94. 472 Vgl. hierzu oben Kapitel 2.3.2.3.2.2. Kritisch insbesondere zur Fundierung wirtschaftspolitischer Maßnahmen durch Bank-Runs vgl. Allen / Gale (2004), pp. 1023 – 1026. 473 Für einen Überblick über andere Modellierungen zur Verdeutlichung positiver Effekte von Bank-Runs vgl. Stillhart (2002), S. 88 – 90. Weiterführend der umfassende Modellüber-

2.3 Institutionenökonomie

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Durch Übertragung des Corporate-Governance-Ansatzes auf Kreditinstitute gelingt es, die Fristentransformations-Funktion von Kreditinstituten mit Hilfe der Illiquidität der finanzierten Investitionsprojekte infolge projektspezifischen Knowhows seitens der Geldnehmer zu erklären474 und deshalb, im Unterschied zu anderen Modellen, verschiedene von Kreditinstituten erbrachte Funktionen zu erklären. Entsprechend bildet das Modell eine Grundlage zur Klassifikation unterschiedlicher Erscheinungsformen von Finanzintermediären475. Im Mittelpunkt der kritischen Reflexion des Ansatzes steht gleichwohl der folgende Aspekt: Das von Diamond / Rajan idealtypisch modellierte Kreditinstitut unterscheidet sich von denjenigen auf realen Finanzmärkten aufgrund fehlenden eigenen Vermögens. Innerhalb des Modells ist diese Vorgehensweise allerdings konsistent, da der Finanzintermediär die Ergebnisse des Projektes lediglich an den originären Geldgeber weiterleitet und opportunistisches Verhalten durch die Möglichkeit zum Bank-Run wirksam verhindert wird. Im Ergebnis besteht deshalb keine Notwendigkeit für die Modellierung eigenen Vermögens des Intermediärs. Erst dann, wenn die Prämisse über die Sicherheit der Projekterträge aufgegeben wird, muss eine Erweiterung des Modells um eigenes Vermögen des Kreditinstituts erfolgen476. Denn unter dieser Annahme kann ein Run auch dann ausgelöst werden, wenn sich das Kreditinstitut nicht opportunistisch verhält, sondern aufgrund exogener Umstände nicht dazu in der Lage ist, seine Zahlungsversprechen einzuhalten. Eigenes Vermögen dient dann dazu, entsprechende Ergebnisschwankungen der finanzierten Projekte auszugleichen, schafft aber zugleich auch Anreize, sich durch Beginn von Nachverhandlungen opportunistisch zu verhalten477. Vollmer hat gezeigt, dass eine Erweiterung des Grundmodells von Diamond / Rajan um unsichere Ergebnisse der Vermögensanlagen des Kreditinstituts einfach möglich ist478 und dieser Kritikpunkt demnach zu entkräften ist. Diamond / Rajan verfolgen – abweichend von vielen anderen theoretischen Arbeiten – mit ihrem Ansatz zur Erklärung der Funktionen von Finanzintermediären explizit auch eine kritische Reflexion bestehender staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten und gelangen zu folgenden Ergebnissen479: blick bei Leikeb (2006), S. 44 – 98 (m. z. w. Nw.). Zur Eignung des Modells zur Erklärung realer Krisen vgl. Diamond / Rajan (2000b), pp. 60 – 66. Den positiven Aspekt von Bank-Runs hingegen vernachlässigt Fest (2008), S. 81 – 90 im Rahmen seines Modellüberblicks. 474 Vgl. hierzu sehr deutlich Diamond / Rajan (2001a), p. 320 (m. w. Nw.) und p. 322. 475 Diamond / Rajan betonen dieses Ergebnis ihres Modells an verschiedenen Stellen, vgl. Diamond / Rajan (2001a), p. 317 und Diamond / Rajan (2001b), p. 68. Für eine Anwendung des Ansatzes zur modellgestützten Erklärung von Kreditgenossenschaften vgl. weiterführend Vollmer (2000c), S. 60 – 70. 476 Für eine entsprechende Erweiterung des Modells vgl. Vollmer (2001), S. 108 – 112; ferner der Hinweis bei Diamond / Rajan (2001a), pp. 318. 477 Vgl. Diamond / Rajan (2001b), pp. 67. 478 Vgl. Vollmer (2001), pp. 108 –112. 479 Vgl. Diamond / Rajan (2001a), p. 68 und Diamond / Rajan (2001b), pp. 318 – 320.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

 Ablehnung eines Trennbanksystems

Ein Vorschlag zur staatlichen Beaufsichtigung von Kreditinstituten besteht in der Etablierung eines Trennbanksystems, welches zwei Arten von Kreditinstituten unterscheidet: Während eine Gruppe auf der Grundlage langfristiger Mittelbeschaffung langfristige Investitionsprojekte finanziert, ermöglicht eine andere die kurzfristige Mittelbereitstellung durch revolvierende kurzfristige Finanzierung. Diamond / Rajan lehnen dieses auch als Narrow-Banking bezeichnete System ab, weil hieraus ein zu geringes Kreditangebot zur Durchführung von Investitionsprojekten resultieren würde.  Ablehnung einer vollständigen staatlichen Einlagenversicherung

Mit der Versicherung der Ansprüche der Fremdfinanciers des Intermediärs durch eine staatliche Institution, verliert das Kreditinstitut die durch das Modell von Diamond / Rajan vorgegebene Fähigkeit zur Erfüllung seiner doppelten Liquiditätsfunktion. Lediglich bei Etablierung einer auf vereinzelte Forderungen ausgerichteten Einlagenversicherung bleibt der Disziplinierungseffekt gegenüber dem Kreditinstitut gewahrt.  Zulassung von Mindesteigenkapitalvorschrift bei Ergebnisunsicherheit

Wie bereits erläutert, besitzen eigenes Vermögen oder eine differenzierte Finanzierungsstruktur des Intermediärs in der Diamond / Rajan-Welt nur die Funktion zur Verhinderung eines Bank-Runs, der aufgrund von Nachverhandlungen infolge schlechter Projektergebnisse ausgelöst wird.  Zulassung staatlicher Bankmoratorien bei Ergebnisunsicherheit

Der Aufschub von Auszahlungswünschen der Gläubiger durch staatliche Entscheidungsträger verhindert in der Modellwelt von Diamond / Rajan eine effektive Sanktionierung des Intermediärs und zwingt die Financiers des Kreditinstituts zu Nachverhandlungen. Lediglich für den Fall einer Erweiterung des Modells um Unsicherheit der Projektergebnisse wird diesem Instrument eine gewisse Zieladäquanz zugesprochen. Im Gegensatz zu den zuvor dargestellten Principal-Agent-Ansätzen wird demnach kein Versuch unternommen, die Notwendigkeit staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten durch „Marktversagen“ zu legitimieren. Eine ähnlich zurückhaltende Einstellung gegenüber staatlichem Handeln kennzeichnet Vertreter der Marktprozesstheorie. Deren unterschiedliche Ansätze zur Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten bilden nach einer Zusammenfassung der Ergebnisse der verschiedenen Marktgleichgewichtstheorien zur theoretischen Fundierung staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten den Schwerpunkt des folgenden Kapitels 3.

2.4 Zwischenergebnis

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2.4 Zwischenergebnis In diesem Kapitel wurde ein Überblick über den neoklassischen marktgleichgewichtsorientierten Untersuchungsansatz sowie über die im Rahmen der Institutionenökonomie entwickelten wesentlichen Modellvariationen gegeben. Dies erlaubt folgende thesenartige Zusammenfassung des wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnisstandes zur Legitimation staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten:  Im neoklassischen Grundmodell können Funktionen von Kreditinstituten nur sehr eingeschränkt erklärt werden. Das Angebot von Geld bleibt außerhalb des Untersuchungsrahmens, da im gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht lediglich ein System relativer Preise abgeleitet wird. Für die Erklärung der Leistungen von Kreditinstituten auf vollkommenen Finanzmärkten existieren kaum Ansatzpunkte.

Lediglich Fama modelliert Kreditinstitute als Anbieter von Depositen, die den wirtschaftlich Handelnden den Zugang zum gesamtwirtschaftlichen Abrechnungssystem ermöglichen. Diese idealtypischen Depositen haben heterogenen Charakter, da ihnen durch die Kreditinstitute verwaltete Portfolios von unterschiedlichen Vermögensgegenständen gegenüber stehen. Die Notwendigkeit staatlichen Handelns wird in der neoklassischen Gedankenwelt entweder damit begründet, dass partielle Marktgleichgewichte nicht erreicht werden und demnach das gesamtwirtschaftliche Pareto-Optimum verfehlt wird, oder damit, dass spezielle verteilungs- oder stabilitätspolitische Ziele erreicht werden sollen, die eine Korrektur des Marktgleichgewichts notwendig machen. Dieser Nachweis kann weder für die Notwendigkeit staatlichen Geldangebots noch innerhalb des Modellrahmens von Fama erbracht werden. Fama zeigt vielmehr umgekehrt, dass staatliche Maßnahmen zu unerwünschten Effekten auf Kreditinstitute führen.  Mit der Modifikation der Prämissen des neoklassischen Marktgleichgewichtsmodells durch Vertreter der Institutionenökonomie wird es möglich, Unternehmen im Allgemeinen und Kreditinstitute im Speziellen als „Institutionen“ zur Überwindung verschiedener Unvollkommenheiten auf Märkten zu erklären. Die dabei eingenommene Untersuchungsperspektive ist die des originären Mittelnehmers und die sich für ihn durch Einschaltung des Intermediärs möglicherweise ergebenden Vorteile.

Die Art der durch Kreditinstitute auf unvollkommenen Finanzmärkten idealtypisch erklärten Transformationsleistungen hängt dabei von der Art der gewählten Prämissenvariationen ab. Im Kern eröffnen die Einführung von Unsicherheit für die Handlungsergebnisse, die Berücksichtigung von im Zusammenhang mit Markttransaktionen anfallenden Kosten, die Veränderung der Verhaltensprämissen für die Akteure sowie die Aufgabe der Prämisse vollständiger Verträge zahlreiche neue Einsichten in die Funktionen von Kreditinstituten. Gleichwohl gelingt es nicht, alle Transformationsleistungen von Kreditinstituten innerhalb eines einheitlichen Modellrahmens zu analysieren.

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

Während die Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten auf unvollkommenen Finanzmärkten den Schwerpunkt neuerer marktgleichgewichtsorientierter Untersuchungen bildet, bleiben die zur Legitimation für staatliche Maßnahmen herangezogenen Kriterien unverändert und werden erst in jüngeren Arbeiten zum Gegenstand wirtschaftswissenschaftlicher Forschung. Auch im Rahmen der Institutionenökonomie fungieren Maßnahmen staatlicher Entscheidungsträger zur Korrektur verschiedener Varianten von Marktversagen auf Finanzmärkten mit Intermediären.  Die Variation der Wissensausstattung der Teilnehmer auf Finanzmärkten durch Einführung von Unsicherheit über künftige Umweltzustände im Rahmen informationsökonomischer Ansätze eröffnet erste Einsichten in das Verständnis der Funktionen von Kreditinstituten. Grundlage hierfür bildet die Fundierung der marktgleichgewichtsorientierten Modelle durch die einzelwirtschaftliche Entscheidungstheorie. Kreditinstitute werden als Portfolio-Optimierer abgebildet, die der Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen entweder hinsichtlich der Mittelzuflüsse oder der Mittelverwendung ausgesetzt sind. Problematisch ist, dass entsprechende Modelle zwar das Verhalten von Kreditinstituten erklären, nicht aber ihre Existenz modellendogen begründen können.

Die Legitimation staatlicher Maßnahmen bildet zunächst keinen Gegenstand der portefeuilletheoretischen Untersuchungsansätze. Gleichwohl dienen sie faktisch der Fundierung realer wirtschaftspolitischer Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten, die durch Beschränkungen der Geschäftspolitik in Form von „Eigenkapitalvorschriften“ auf eine Verringerung des Insolvenzeintrittsrisikos von Kreditinstituten zielen. Die theoretische Analyse dieser Vorschriften gewinnt erst in Folge der zunehmenden Regulierungsintensität an Bedeutung, wobei im Mittelpunkt die Analyse der Wirkungen unterschiedlicher Ausgestaltungsformen und nicht deren Legitimation über das Versagen von Finanzmärkten steht. „Eigenkapitalvorschriften“ werden vielmehr in der Marktgleichgewichtstheorie dadurch gerechtfertigt, dass sie der Korrektur unerwünschter Folgewirkungen staatlicher Maßnahmen zur Beseitigung eines im Rahmen von Principal-Agent-Ansätzen diagnostizierten Marktversagens dienen.  Mit der Einführung von im Zusammenhang mit Markttransaktionen anfallenden Kosten erweitern sich die Möglichkeiten zur modellgestützten Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten weiter. Zum Ersten wird der Versuch unternommen, unterschiedliche Erscheinungsformen des Geldangebots in das neoklassische Grundmodell einzubinden. Zum Zweiten werden Kreditinstitute durch einen Effizienzvergleich zwischen der direkten und der indirekten Finanzierungsbeziehung erklärt. Entsprechend der Variantenvielfalt modellierbarer Transaktionskosten finden sich zahlreiche Erklärungsansätze für Kreditinstitute. Da der Transaktionskosten-Ansatz allerdings tendenziell eher ein heuristisches Konzept als ein geschlossenes Modell darstellt, bleibt die Erklärung unterschiedlicher Intermediationsleistungen auf Tendenzaussagen beschränkt. Im Mittelpunkt einer Übertragung des Ansatzes von Williamson steht die Erklärung der Fristentrans-

2.4 Zwischenergebnis

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formationsfunktion von Kreditinstituten durch Reduktion von Ex-post-Transaktionskosten. Auch hinsichtlich der Legitimation staatlicher Maßnahmen bleibt ein Teil der Vertreter des Transaktionskosten-Ansatzes zurückhaltend, da innerhalb des Ansatzes individuell ausgehandelte Verträge als effizientes Mittel zur Berücksichtigung von Transaktionskosten gelten. Gegenüber staatlichem Handeln bestehen Bedenken und dieses sollte gegenüber privaten vertraglichen Vereinbarungen eine subsidiäre Maßnahme darstellen. Im Ergebnis besteht die Aufgabe staatlicher Entscheidungsträger in der Konzipierung Transaktionskosten senkender Standardisierungsmaßnahmen oder der Schließung von Vertragslücken. Für das Geldangebot kann so die Festlegung eines einheitlichen Zahlungsmittels zur Erfüllung vertraglicher Vereinbarungen begründet werden. Mit Blick auf andere Leistungen von Kreditinstituten lässt sich staatliches Handeln zur Schließung von den Vertragspartnern wegen zu hoher Transaktionskosten akzeptierter Vertragslücken begründen. In einem zweistufigen Geldsystem mit privater Geldproduktion gegen Kreditgewährung und Einlöseverpflichtung in staatlich zur Verfügung gestelltes Zentralbankgeld besteht eine Vertragslücke für den Fall des Runs auf ein Kreditinstitut und die potentielle Gefahr einer Ausweitung auf alle Kreditinstitute. Entsprechend hat der Staat in dieser Situation eine ausreichende Versorgung mit Zentralbankgeld sicher zu stellen. Vertreter des TransaktionskostenAnsatzes sehen in dem jederzeitigen Kündigungsrecht bei Einlagen ein wirkungsvolles Sanktionsinstrument gegen opportunistisches Verhalten der Eigentümer und sehen staatlichen Handlungsbedarf begrenzt auf die Standardisierung der Informationsbereitstellung.  Im Mittelpunkt des Principal-Agent-Ansatzes steht die Erklärung einzelner Funktionen von Kreditinstituten durch Variation der im Ausgangsmodell getroffenen Prämisse über die zwischen den Vertragspartnern gleich verteilten Wissensstände. Die Vielzahl der Arbeiten, die aktuell den Schwerpunkt bankbetrieblicher Forschung darstellen, lassen sich nach dem Zeitpunkt, zu dem Informationsasymmetrien betrachtet werden, nach dem Gegenstand der Informationsasymmetrie und dem Umfang ihrer vertraglichen Einbindung klassifizieren. Da mit der Beseitigung der mit den asymmetrischen Wissensständen verbundenen Probleme Kosten verbunden sind, wird die gesamtwirtschaftliche Überlegenheit einer Lösung durch Einschaltung eines Finanzintermediärs in allen Modellen über einen Kostenvergleich verdeutlicht. Obwohl dieser Modellaufbau damit der Vorgehensweise von Vertretern der Transaktionskostentheorie ähnelt, unterscheiden sich beide hinsichtlich des Formalitätsgrades. Mit Ausnahme des Modells von Diamond / Dybvig bildet die Legitimation staatlicher Maßnahmen auf der Grundlage von Markt- oder Wettbewerbsversagen nicht den Erklärungsschwerpunkt der verschiedenen Modelle. Viele Autoren gelangen vielmehr zu einer zurückhaltenden Beurteilung staatlichen Handelns.  Leland / Pyle erklären Kreditinstitute über ihre Funktion als Informationsproduzenten auf der Grundlage von Ex-ante-Informationsasymmetrien hinsichtlich der

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

erwarteten Projekterträge zwischen originärem Geldnehmer und Geldgeber. Zwar ist unter Aufwendung von Signalling-Kosten eine private Gleichgewichtslösung auch auf intermediärlosen Finanzmärkten möglich. Diese stellt allerdings eine im Vergleich zu einer Lösung unter Zwischenschaltung eines Finanzintermediärs inferiore Lösung dar. Denn der von Leland / Pyle modellierte Intermediär besitzt definitionsbedingt Kostenvorteile im Bereich der Informationsbeschaffung einerseits und dem der Internalisierung von Informationen andererseits. Staatliche Maßnahmen zur Beseitigung des originären Informationsproblems werden in diesem Ansatz nicht reflektiert.  Der Ansatz von Diamond zielt darauf, Kreditinstitute aufgrund ihrer Funktionen zur Beseitigung von Ex-post-Informationsasymmetrien bezüglich der Höhe der tatsächlich erzielten Projekterträge zwischen originärem Geldnehmer und -geber zu erklären. Auch hier ist eine private Lösung unter Aufwendung von Monitoring- oder Straf-Kosten möglich. Allerdings bildet die Zwischenschaltung eines Intermediärs dann eine überlegene Gleichgewichtslösung, wenn eine sehr große Anzahl von Financiers eine kleine Zahl von Projekten finanziert. Mit dessen Einschaltung zur Überwachung der originären Geldnehmer entstehen für die Financiers Delegationskosten die sich aus Monitoring- und Straf-Kosten zusammensetzen. Auch in dieser Modellwelt resultiert eine Überlegenheit der Intermediärlösung aus der Wahl der Eigenschaften der Kostenfunktion des Finanzintermediärs. Aus der Perspektive des Geldnehmers gelingt die Senkung der durchschnittlichen Kosten infolge von die Höhe der Strafkosten beeinflussenden Diversifikationseffekten einerseits und Reduktion der Monitoring-Kosten durch Zwischenschaltung eines zentralen Intermediärs andererseits. Staatliche Maßnahmen werden im Modell von Diamond nur am Rande thematisiert und vom Autor tendenziell skeptisch beurteilt. Gleichwohl könnte staatliches Handeln legitimiert werden, wenn sich wegen der unterstellten Kostenstrukturen Marktversagen in Form einer Tendenz zum Natürlichen Monopol in der Kreditwirtschaft diagnostizieren ließe. Dies ist nicht der Fall, da im Modell nur Teilkosten problematisiert werden und auch nur eine eingeschränkte Geschäftstätigkeit des Kreditinstituts modelliert wird.  Mit dem, einen unendlich langen Zeithorizont unterstellenden, Modell von Breuer wird der Versuch unternommen, eine spezielle Variante der Risiko-Transformationsfunktionen von Kreditinstituten durch Einführung von Unsicherheit über das Verhalten des originären Kreditnehmers nach Abschluss des Finanzierungsvertrages zu modellieren. Der Kreditnehmer hat unter bestimmten Voraussetzungen einen Anreiz, ein von dem ursprünglichen Projekt abweichendes Projekt durchzuführen. Da die Durchführung von Kontrollmaßnahmen prämissenbedingt ausgeschlossen wird, stehen als individuelle Maßnahmen zur Beseitigung der Verhaltenunsicherheit entweder die Antizipation bei Vertragsschluss oder die Sanktionierung bei erneuter Mittelbeschaffung in Folgeperioden zur Verfügung. Umgekehrt kann der Unternehmer durch den Aufbau von Reputation dem Financier Wohlverhalten signalisieren. Beide Varianten individueller Schutzmaßnah-

2.4 Zwischenergebnis

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men sind mit Delegationskosten verbunden. Dementsprechend wird der Versuch unternommen, die Überlegenheit der Intermediäreinschaltung über einen Vorteil bei dieser Kostenart, insbesondere durch den Einsatz von Reputation, zu begründen. Im Ergebnis ist es im Modell von Breuer nicht möglich, die Überlegenheit von Finanzintermediären allgemeingültig nachzuweisen. Sie hängt vielmehr von der Konstellation der den Wert der Reputation des Finanzintermediärs bestimmenden Einflussgrößen ab. Staatliche Maßnahmen zur Beseitigung des originären Informationsproblems werden in diesem Ansatz nicht reflektiert.  Diamond / Dybvig verfolgen mit ihrem Modell zur Erklärung der Fristentransformationsfunktion von Kreditinstituten explizit auch den Anspruch einer Einbindung staatlicher Maßnahmen in den Analyserahmen. Grundlage für den Nachweis einer Überlegenheit der über Finanzintermediäre abgeschlossenen Finanzkontrakte bilden Informationsasymmetrien zwischen zwei verschiedenen Gruppen von Financiers hinsichtlich des Eintrittszeitpunktes ihrer ansonsten sicheren Konsumbedürfnisse. Die Eigenschaften der zur Formalisierung der angenommenen Risikoscheu gewählten Nutzenfunktion sowie verschiedener weiterer Prämissen führen dazu, dass die ohne Finanzintermediäre gefundene Gleichgewichtslösung keine stabile darstellt. Denn für die Anleger ohne vorzeitigen Konsumwunsch besteht ein Anreiz, sich als Anleger mit vorzeitigem Konsumwunsch auszugeben, so dass es infolge gesamtwirtschaftlich ineffizienter Projektliquidationen zu einem nicht pareto-optimalen Gleichgewicht kommt. Durch Einführung eines speziell modellierten Intermediärs, der insbesondere den gesamtwirtschaftlichen Anteil der Anleger mit vorzeitigen Konsumbedürfnissen kennt, kann dieses Dilemma überwunden werden. Allerdings ist die nun erzielte stabile Gleichgewichtslösung keine eindeutige mehr, denn es besteht die Gefahr, dass es zu einem zweiten pareto-optimalen Marktgleichgewicht, einem Gleichgewicht unter Inkaufnahme des Runs auf ein Kreditinstitut kommt.

Die Möglichkeit, dass ein unerwünschtes Bank-Run-Gleichgewicht eintreten kann, bildet für Diamond / Dybvig die Grundlage zur Reflektion staatlicher Maßnahmen. In der Grundvariante des Modells ist allerdings die Verhängung eines privaten Auszahlungsmoratoriums die zur Verhinderung eines Bank-Runs geeignete Maßnahme, da dem Kreditinstitut der Anteil der Geldgeber mit vorzeitigem Liquidationswunsch bekannt ist. Staatliche Maßnahmen sind erst dann geboten, wenn der Anteil der Financiers mit vorzeitigen Liquidationsbedürfnissen eine stochastische Größe ist und dessen Höhe nunmehr auch dem Kreditinstitut unbekannt ist. In dieser Situation kann transaktionales Wettbewerbsversagen vorliegen, wenn Kreditinstitute ohne ökonomische Gründe zu einem Marktaustritt veranlasst werden. Zur Verhinderung eines unerwünschten Bank-Run-Gleichgewichts schlagen Diamond / Dybvig entweder die Etablierung einer staatlichen Einlagenversicherung oder die Zusicherung einer staatlichen Krisen-Liquiditäshilfe vor. Aufbauend auf diesen Grundüberlegungen werden staatliche Maßnahmen auch zur Verhinderung von Bankenkrisen und allgemeinen Wirtschaftskri-

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2 Legitimation staatlicher Maßnahmen

sen diskutiert, wobei keine allgemein akzeptierte Theorie zur Erklärung der zugrundeliegenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge besteht.  Während Principal-Agent-Ansätze Informationsasymmetrien unter der Annahme vollständiger Verträge analysieren, unterstellen Vertreter des Corporate-Governance-Ansatzes, dass Verträge aufgrund unterschiedlicher Umstände unvollständig bleiben und deshalb Nachverhandlungen erfordern. Zur Erklärung der Fristentransformations-Funktion von Kreditinstituten auf der Grundlage entsprechender Überlegungen tragen Diamond / Rajan bei, indem sie Unvollständigkeit des Finanzkontraktes hinsichtlich des Eintritts von Liquiditätsbedarf während der Laufzeit einerseits und des Einbringens spezifischen Know-Hows des Geldnehmers zur Durchführung des Projektes andererseits unterstellen. Um den originären Geldnehmer zu vertragsgemäßem Handeln zu veranlassen, wird dem Geldgeber im Rahmen von Nachverhandlungen das Recht zur Liquidation des Projektes eingeräumt; aufgrund des fehlenden projekt-spezifischen Know-Hows muss er bei Ausübung dieses Rechts allerdings Liquidationsverluste hinnehmen. Da unter den gewählten Modellannahmen der Abschluss eines direkten Kontraktes nicht sicher ist, wird alternativ die Einführung eines Kreditinstituts zur intermediären Finanzierung analysiert. Dieses besitzt im Vergleich zu den originären Geldgebern deshalb Vorteile, weil es zum Ersten Erst-Financier aller Mittel suchenden Unternehmer wird und aufgrund des hierbei erworbenen Know-Hows zur Erfüllung vorzeitiger Liquiditätsbedürfnisse der Financiers geringere Liquidationsverluste hinnehmen muss. Zum Zweiten besteht für das Kreditinstitut die Möglichkeit einer revolvierenden Mittelbeschaffung. Beide Aspekte führen dazu, dass die Unvollständigkeiten des direkten Finanzierungsvertrages geschlossen werden. Damit auch der Intermediär von nicht vertragsgemäßen Handeln abgehalten wird, steht dessen Financiers ein Liquidationsrecht an dem originären Projekt zu. Da entsprechende Liquidationswünsche entsprechend der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt werden, besteht die Gefahr eines Existenz gefährdenden Bank-Runs, der den Intermediär zu vertragsgemäßen Verhalten diszipliniert.

Im Gegensatz zu den Modellergebnissen von Diamond / Dybvig besitzt die Gefahr des Runs gegen ein Kreditinstitut demnach im Modell von Diamond / Rajan mit unvollständigen Verträgen eine positive Funktion und kann wegen der unterstellten Sicherheit der Projektergebnisse nicht zu transaktionalem Wettbewerbsversagen führen. Folgerichtig setzen sich die Autoren deshalb auch kritisch mit staatlichen Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten auseinander. Sie lehnen eine vollständige staatliche Einlagenversicherung ebenso ab wie die Etablierung eines Trennbanksystems. Lediglich im Rahmen einer Modellerweiterung um unsichere Projektergebnisse sehen sie in staatlichen Bankmoratorien oder Eigenkapitalvorschriften zielkonforme Maßnahmen. Es wird deutlich, dass mit Hilfe verschiedener Modifikationen der neoklassischen Marktgleichgewichtstheorie eine modellgestützte Erklärung verschiedener Funktionen von Kreditinstituten im Rahmen der Institutionenökonomie möglich wird und ein tieferes Verständnis der Transaktionen auf Finanzmärkten mit Intermediären er-

2.4 Zwischenergebnis

151

möglicht. Wegen der sehr engen Prämissenwahl einerseits und der beibehaltenen marktgleichgewichtsorientierten Methodik andererseits handelt sich bei den analysierten Finanzintermediären allerdings um extrem idealtypische Abbildungen der von diesen Unternehmen auf realen Finanzmärkten erbrachten Leistungen. Hierzu trägt auch bei, dass es nicht gelingt, verschiedene durch Kreditinstitute erbrachte Leistungen in einem einheitlichen Modellrahmen zu analysieren, sondern viele heterogene Arbeiten zur Erklärung einzelner Aspekte bankbetrieblicher Leistungserstellung nebeneinander existieren. Im Gegensatz zu den insbesondere von wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgern verbreiteten Aussagen, besteht aufgrund der Heterogenität der Forschungsansätze zur Funktionserklärung von Kreditinstituten auch kein einheitliches Ergebnis hinsichtlich der Notwendigkeit staatlicher Maßnahmen zur Korrektur verschiedener Erscheinungsformen von Markt- oder Wettbewerbsversagen. Vielmehr ist zumindest eine verhalten kritische Einstellung vieler Vertreter der Institutionenökonomie gegenüber Aktivitäten staatlicher Akteure zu konstatieren. Im Ergebnis liefert nur das Modell von Diamond / Dybvig mit seinen zahlreichen Erweiterungen eine Möglichkeit, staatliche Maßnahmen mit dem Argument des transaktionalen Wettbewerbsversagens und Externer Effekte theoretisch, im Sinne eindeutiger UrsacheWirkungs-Beziehungen, zu fundieren. Angesichts der vielfältigen kritischen Einwände gegen das Modell besteht Skepsis, ob die Ursachen des Markt- und Wettbewerbsversagens hinreichend abgebildet werden können. Ursächlich hierfür sind die Vernachlässigung der ordnungspolitischen Grundentscheidung für eine bestimmte Form der Geldordnung einerseits und der grundsätzlichere Einwand gegen die marktgleichgewichtsorientierte Methode der Marginalanalyse andererseits. Im folgenden Kapitel 3 soll deshalb ein Überblick über einen anderen Forschungsbereich der Wirtschaftswissenschaft gegeben werden, der die Erklärung von Marktprozessen in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellt.

3 Prozessorientierte Markttheorien 3.1 Einordnung des Ansatzes Wie die vorhergehenden Ausführungen verdeutlicht haben, gelingt den Vertretern der Institutionenökonomie entweder durch Variation der Wissensausstattung der Marktteilnehmer oder durch explizite Berücksichtigung von Kosten der Durchführung von Markttransaktionen eine Erweiterung der Analysemöglichkeiten innerhalb des neoklassischen Forschungsansatzes. Dabei wird die Untersuchungsmethode der durch Maximierungsverhalten zum Gleichgewicht gelangenden, rational handelnden Wirtschaftssubjekte ebenso kritiklos beibehalten wie die in dem wohlfahrtsökonomischen Oberziel „Allokationseffizienz“ allen ökonomischen Handelns zum Ausdruck gelangende statische Untersuchungsperspektive1. Es scheint, dass gerade die mit der Institutionenökonomie verbundenen Möglichkeiten einer weitergehenden Mathematisierung ökonomischer Modelle eine kritische Reflexion der Grundkonzeption neoklassischer Marktmodelle weitgehend unterbunden haben2. Gleichwohl hat es von Beginn an immer wieder von verschiedenen Autoren fundamental gegen den neoklassischen Untersuchungsansatz in seiner Gesamtkonzeption gerichtete Kritik gegeben3. Wegen der Fragmentiertheit der Beiträge4 konnte sich allerdings lange Zeit kein eigenständiger Untersuchungsansatz zur Über1 Schmidt verweist allerdings darauf, dass aus der Perspektive der Vertreter der Institutionenökonomie der Marktmechanismus nur deshalb funktioniert, weil Marktteilnehmer Ungleichgewichte erkennen und Anreize besitzen, diese auszunutzen (Denken in Marktungleichgewichten), vgl. Schmidt, R. H. (1979), S. 116 f. 2 Sehr deutlich und kritisch hierzu Vanberg (2005), S. 2 – 5 (m. w. Nw.). 3 Eine Ablehnung des Denkens in Marktgleichgewichten findet sich etwa bei Menger, Schumpeter und Mises (Vertreter der sogenannten „Österreichischen Schule“); ferner bei Eucken und Hayek (Vertreter des Ordoliberalismus); schließlich bei Kirzner, Lachmann und Hayek (Vertreter der „New Austrian Economics“). Für einen Überblick vgl. Geue (1997), S. 1 – 3; ferner Schörner (1991), S. 116 f. Für einige Autoren gilt Veblen als Begründer des evolutorischen Ansatzes, kritisch hierzu Peukert (2002), S. 297 – 312, insbes. S. 302 – 304; ebenfalls kritisch zu Veblens Ansatz Schneider (2002b), S. 162 – 164. Laut Peukert ist Veblen vielmehr als vielseitiger Kritiker der gleichgewichtstheoretischen Analyse zu verstehen, der in diesem Zusammenhang den Begriff der „Neoklassik“ prägt, vgl. Peukert (2002), S. 297, S. 299 – 301. 4 Für einen guten Überblick über ausgewählte Vorläufer evolutorischer Ökonomik vgl. Vanberg (2005), S. 5 – 7 und Schneider (2002b), insbes. S. 160 – 185. Schneider ordnet die Vorläufer in drei Gruppen: Autoren, die sich an biologischen Vorbildern orientieren, Schumpeter sowie Autoren, die eine evolutorische Betrachtung in speziellen ökonomischen Teilbereichen vornehmen.

3.1 Einordnung des Ansatzes

153

windung des neoklassischen Forschungsparadigmas formieren. Erst in den letzten Jahren zeigen sich mit dem evolutorischen Untersuchungsansatz erste Anzeichen für die Emergenz eines zunehmend geschlossen wirkenden Gegenentwurfs zur marktgleichgewichtsorientierten Untersuchungsperspektive5. Kennzeichnend für die Erklärung von Tauschvorgängen auf Märkten im Rahmen evolutorischer Theorien sind die folgenden Aspekte6:  Evolutorische Theorien unterstellen fundamentales Unwissen der ökonomisch Handelnden, die sich in der Indeterminiertheit der zu modellierenden Welt manifestiert7. Unvollständiges Wissen ist zudem unter den Handelnden ungleich verteilt8.

Hieraus folgt, dass die Ex-ante-Aufstellung eines vollständigen Entscheidungsfeldes – wie in den informationsökonomischen Modellen – für die ökonomisch Handelnden nicht möglich ist9: Sowohl die Anzahl der Handlungsalternativen als auch der Umfang möglicher Umweltlagen mit zugeordneten Eintrittswahrscheinlichkeiten sind nicht vollständig bekannt. Diese Abweichung von der Annahme der „Sicherheit über die Unsicherheit“ hat zur Folge, dass Wirtschaftssubjekte nur begrenzt planen können und von der Möglichkeit des Eintritts von Ex-postÜberraschungen ausgehen müssen.  Aus der Prämisse der Indeterminiertheit der modellierten ökonomischen Sachverhalte folgt, dass die Voraussetzungen zur Fundierung individuellen Verhaltens durch die einzelwirtschaftliche Entscheidungstheorie10 und damit das Maximierungsverhalten unter Nebenbedingungen als individuelle Handlungsstrategie ökonomisch Handelnder in Marktgleichgewichtsmodellen entfallen11. 5 Ausführlich hierzu die Überblicke bei Horsch (2009), S. 37 – 60, Paul / Horsch (2004), S. 716 – 718 und Vanberg (2005), S. 7 – 12. Gleichwohl lassen sich auch innerhalb der evolutorischen Theorie verschiedene Teilbereiche unterscheiden; ein entsprechender Überblick findet sich bei Schneider (2001), S. 469 – 471. 6 Ein sehr verkürzter tabellarischer Vergleich des „neoklassischen und österreichischen Paradigmas“ findet sich bei Geue (1997), S. 3 f. 7 Vgl. Schneider (1997), S. 39 und S. 42. 8 Sehr deutlich zu beiden Aspekten Schneider (2002b), S. 158 f. 9 Sehr deutlich Schneider (2001), S. 469: „Die Zukunft ist nicht einfach unbekannt, sondern sie existiert im Zeitpunkt vor einer Entscheidung dies zu tun und jenes zu unterlassen, noch gar nicht … Bei solchen Grundüberzeugungen verbietet sich die Annahme eines anzustrebenden Gleichgewichts“. 10 Sehr deutlich hierzu Schneider (1983), S. 8 f. Schneider unterscheidet terminologisch zwischen dem entscheidungslogischen Risiko, das bei vollständiger Gewissheit über die Ungewissheit eintritt, und dem Informationsrisiko, dessen Ursache in der Existenz von Planungsfehlern besteht. Ebenso Schneider (2002a), S. 213. Schneider differenziert nunmehr zwischen dem entscheidungstheoretisch zu modellierenden Wissen über die objektive Situation und dem subjektiven Wissen des Entscheidenden. In herkömmlichen Entscheidungsmodellen werden Situationen aus der Perspektive eines neutralen Beobachters abgebildet, der über das Wissen der objektiven Situation verfügt. Der Rückgriff auf das Rationalprinzip blendet den Suchprozess des Handelnden aus dem Modell aus.

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3 Prozessorientierte Markttheorien

Da sich die neoklassische Optimierungsmethode demnach zur Abbildung realen menschlichen Handelns als ungeeignet erweist, wird diese durch eine Analyse der Entwicklung des Wissens und Könnens des Einzelnen ersetzt. Hierdurch erfolgt ein entscheidender Wechsel der Betrachtungsperspektive. Die wohlfahrtsökonomische Analyse der Voraussetzungen für die Existenz und Bestandskraft gesamtwirtschaftlicher Gleichgewichte unter dem Oberziel der Allokationseffizienz wird aufgegeben12. In der Modellwelt evolutionärer Theorien können lediglich Mustervoraussagen über die Entwicklung von Marktprozessen getroffen werden, denn sie stellen das unbeabsichtigte Ergebnis der Handlungen vieler Einzelner dar und sind durch Lernprozesse der Handelnden gekennzeichnet13.  Das wesentliche Erklärungsziel besteht in der Analyse von Marktprozessen14.

Mit der Annahme unendlich schneller Reaktionsgeschwindigkeit wird der Ablauf von Tauschprozessen aus dem Untersuchungsgegenstand marktgleichgewichtsorientierter Ansätze ausgegrenzt. Für Vertreter der evolutionären Markttheorie stehen demgegenüber dynamische Anpassungsprozesse auf Märkten gerade im Mittelpunkt des Interesses; es geht um die Erklärung des Wandels15. Folglich zielen entsprechende Arbeiten nicht darauf, aufbauend auf bestimmten Annahmen zur Anfangsausstattung von Wirtschaftssubjekten mit Hilfe mathematischer Methoden die Bedingungen für das Marktgleichgewicht, im Ergebnis tautologisch, abzuleiten16. Vielmehr gehen Vertreter der evolutionären Markttheorie davon aus, dass auf Märkten allenfalls eine Tendenz zum Gleichgewicht besteht, die durch kontinuierliche wechselseitige Planabstimmung über den Mechanismus der sich verändernden relativen Preise gekennzeichnet ist17. Um die Prozesse der Anpas11 Schneider weist auf die physikalischen Vorbilder dieser Methode hin und betont die Tatsache, dass den Handelnden vorab Wissen und Können bekannt und vorab festgelegt ist, vgl. Schneider (1997), S. 39. Sehr deutlich auch Vanberg (2005), S. 9. Für Schneider bildet die Abkehr von der Nutzenmaximierung unter Nebenbedingungen das entscheidende Merkmal zur Abgrenzung vom neoklassischen und neo-institutionellen Untersuchungsansatz, vgl. Schneider (1997), S. 158. 12 Vgl. Fülbier (1998), S. 138 f. 13 Vgl. Schörner (1991), S. 125. Schörner weist in diesem Zusammenhang auf den Hayekschen Begriff der „spontanen Ordnung“ als Gegenteil zum „menschlichen Entwurf“ hin. 14 Vgl. Fülbier (1998), S. 136. 15 Vgl. Wieland / Becker (2000), S. 28 f. Für Schneider besteht die Funktion von Märkten hierauf aufbauend in der Bereitstellung von Möglichkeiten der Wissensveränderung und dem Abbau von ungleich verteiltem Wissen; vgl. Schneider (1997), S. 39 f. 16 Vgl. Fülbier (1998), S. 135. Der Vorwurf der tautologischen Vorgehensweise wendet sich gegen die Methode der Maximierung unter Nebenbedingungen. Das Ergebnis der Maximierung wird vorab festgelegt durch die Annahmen über Wissen und Können der ökonomisch Handelnden. Vgl. hierzu Schneider (1997), S. 39. 17 Die Theorie der relativen Preise geht zurück auf Hayek. Für eine Zusammenfassung vgl. Streissler (2000), S. 75 – 78 (Streissler verwendet den Begriff der „preiszentrierten Informationstheorie“).

3.1 Einordnung des Ansatzes

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sungshandlungen zur Minimierung der Abweichungen zwischen Plan- und IstZuständen18 analysieren zu können, greifen Vertreter des evolutionären Ansatzes nicht mehr nur auf mathematische Methoden zurück, sondern plädieren für eine Methodenvielfalt19.  Eine wichtige Methode im Rahmen evolutorischer Untersuchungsansätze bildet die Analyse von Wettbewerbsprozessen20. Dabei wird „Wettbewerb“ nicht mehr als rivalisierendes Verhalten einzelner Handelnder verstanden21, sondern unter der auf Hayek zurückgehenden Bezeichnung „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ als Konzeption zur Überwindung der aus der Indeterminiertheit der Welt resultierenden Probleme eingeführt22.

In marktgleichgewichtsorientierten Modellen kann Wettbewerb als Prozess demgegenüber ex definitione nicht vollständig analysiert werden23. Die Prämissen homogener Erwartungen sowie einer Gleichverteilung des Wissens im Marktgleichgewicht stehen dem entgegen. In evolutorischen Untersuchungen hingegen gelingt durch „Wettbewerb“ die Offenlegung und Bündelung des verstreuten Wissens und zugleich der Abbau ungleich verteilten Wissens. Darüber hinaus bildet „Wettbewerb“ einen Anreizmechanismus zur Offenlegung bisher unbekannten Wissens, da Handlungsmöglichkeiten ergriffen werden, um eigene Wettbewerbsvorteile zu erlangen oder die anderer zu reduzieren24. Wettbewerbliches Handeln führt im Sinne Hayeks zur Herausbildung einer spontanen Ordnung von Institutionen durch Prozesse der Selbstorganisation25, die in einer indeterminierten Welt einen Orientierungsrahmen zur Verfügung stellen und damit Unsicherheit reduzieren. Einen wichtigen Beitrag zu einer Konkretisierung dieser Grundüberlegungen leistet Schneider mit seiner Lehre von den Unternehmerfunktionen26. 18 Vgl. Schneider (1997), S. 45. Schörner verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff des einzelwirtschaftlichen Gleichgewichts. Er wählt diesen Begriff zur Kennzeichnung einer Situation, in der für den Einzelnen keine Planabweichungen auftreten, vgl. Schörner (1991), S. 123 f. 19 Zur Kritik am Leitbild der der klassischen Mechanik und modernen Physik vgl. Vanberg (2005), S. 17 – 20; Herrmann-Pillath (2002), S. 24. 20 Vgl. Vanberg (2005), S. 11 f. und Fülbier (1998), S. 137 f. Zur Unterscheidung von „Markt“ und „Wettbewerb“ in der neueren Markttheorie Bögelein (1990), S. 100 f., S. 102 – 108 (ausführlich zum Marktprozess), S. 141 – 155 (ausführlich zum Wettbewerbsprozess). Während dem Marktprozess die Aufgabe der Koordination der individuellen Pläne zugewiesen wird, besteht die Funktion des Wettbewerbsprozesses in der Sicherung der Effizienz der marktmäßigen Koordination. 21 Ein ausführlicher Überblick über weitere sogenannte „Wettbewerbs-Leitbilder“ findet sich bei Eickhof (1992), S. 174 – 177; ferner Eisenkopf (1999), passim. 22 Vgl. ausführlich hierzu Hayek (1981), S. 97 – 110; ferner Vanberg (2005), S. 11 f. und Schneider (2002a), S. 217 f. 23 Vgl. ausführlich Schneider (1997), S. 40 – 42. 24 Vgl. Schneider (1997), S. 43 f.; ferner Paul / Horsch (2004), S. 716 f. 25 Zum Prozess der Selbstorganisation ausführlich Schmidtchen (1989), passim.

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3 Prozessorientierte Markttheorien

 Die Modellierung der ökonomisch Handelnden erfolgt aus evolutionärer Perspektive mit neuen Schwerpunkten.

An die Stelle des vollständig rational handelnden „homo oeconomicus“ tritt ein Wirtschaftssubjekt, das wegen der Komplexität der Welt nur begrenzt rational handeln kann und ständigen Lernprozessen ausgesetzt ist27 Divergierende Informationsverarbeitungsfähigkeiten und -kapazitäten führen dazu, dass Wirtschaftssubjekte zudem subjektive und damit heterogene Erwartungen hegen28. Die Initiierung von Tauschprozessen kann unter diesen Annahmen dadurch erklärt werden, dass sie den Handelnden eine Verbesserung ihrer Ausgangssituation durch Erlangung temporärer Wettbewerbsvorsprünge ermöglicht.  Kennzeichnend für evolutionäre Markttheorien ist weiterhin die explizite Berücksichtigung von durch Lerneffekte geprägten zeitlichen Entwicklungen29.

Da Entscheidungen einzelner die Informationslage anderer ökonomisch Handelnder beeinflussen, resultieren hieraus Anpassungshandlungen, die ihrerseits weitergehende Anpassungsprozesse implizieren. Im Mittelpunkt der Analysen stehen nicht letztlich unbestimmbare Zukunftslagen, sondern die dorthin führenden Anpassungsprozesse. Hiermit erfolgt eine deutliche Abgrenzung vom marktgleichgewichtstheoretischen Untersuchungsansatz, dem auch im Rahmen der komperativ-statischen Analyse ein statisches Verständnis von Zeit zugrunde liegt30. Denn unter der Annahme einer fest determinierten, unveränderlichen Anfangsausstattung der Wirtschaftssubjekte führt das Optimierungsverhalten zu einem Marktgleichgewicht. Aufbauend auf der vorstehenden Darstellung der wesentlichen Inhalte der marktprozesstheoretischen Untersuchungskonzeption wird nun der Frage nachgegangen, in welcher Form staatliche Maßnahmen auf marktwirtschaftlich organisierten Märkten in entsprechenden Theorien Berücksichtigung finden. Grundsätzlich gehören staatliche ebenso wie private Aktivitäten zum Erkenntnisbereich dieses Theo26 Vgl. zusammenfassend Paul / Horsch (2004), S. 718 – 721 (m. w. Nw.) und Paul (2005), S. 20 – 25 (m. w. Nw.). Zur Anwendung des Ansatzes auf das Problem der Regulierung von Rating-Agenturen vgl. Horsch (2008), S. 47 – 60. 27 Ausführlich Geue (1997), S. 86 – 139, der den ökonomisch Handelnden als „homo discens“ (der lernenden Mensch) bezeichnet. Ferner auch Cantner / Hanusch (1997), S. 779. Cantner / Hanusch bezeichnen den ökonomisch Handelnden der evolutionären Theorien als „homo creativus“. Kritisch auch bereits Meulen (1934), S. 8 f. Meulen stellt den eigennützig handelnden „economic man“ in Frage und weist auf die Notwendigkeit zur Berücksichtigung altruistischer Verhaltensweisen hin. 28 Vgl. Fülbier (1998), S. 136 f. Fülbier weist darauf hin, dass das Wissen der Individuen im Ergebnis auch widersprüchlich sein kann. 29 Vgl. Vanberg (2005), S. 9 „der Marktprozess als ein in der realen Zeit verlaufender Prozess“; Fülbier (1998), S. 136; Schneider (1997), S. 42 („history matters“); Geue (1997), S. 3 f. differenziert zwischen „modellogischer Zeit“ in neoklassischen Modellen und „historischer Zeit“ in prozessorientierten Modellen. 30 Vgl. Wieland / Becker (2000), S. 39.

3.1 Einordnung des Ansatzes

157

riezweiges. Unter dem Oberbegriff der „Institution“ wird ihre Bedeutung im Marktund Wettbewerbsprozess entweder als verhaltensbeschränkend oder verhaltensstabilisierend analysiert31. Allerdings ist angesichts der vorstehenden Ausführungen zu den Grundmerkmalen der Forschungskonzeption offensichtlich, dass der Schwerpunkt entsprechender Betrachtungen nicht in der Legitimation staatlicher Eingriffe liegt. Allen Vertretern der prozessorientierten Markttheorie ist ein Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Markt- und Wettbewerbsprozesse und umgekehrt eine große Zurückhaltung gegenüber umfangreichen Aktivitäten des Staates gemeinsam32. Die Ursache hierfür liegt nicht zuletzt in der Schwierigkeit begründet, einen Referenzmaßstab für die Notwendigkeit und den Umfang staatlicher Aufgaben abzuleiten. Während in der Marktgleichgewichtstheorie konsequenterweise das Marktgleichgewicht den Bezugspunkt zur Legitimation staatlichen Handelns bildet, fehlt den meisten prozessorientierten Ansätzen infolge der Unbestimmtheit der ökonomischen Anpassungsprozesse vom Grundansatz her die Möglichkeit für eine derartig stringente Ableitung. Angesichts des oben erläuterten Erkenntnisziels wird dies auch nicht angestrebt. Deutlicher als Autoren anderer Ansätze haben Vertreter des Ordoliberalismus und der New Austrian Economics Position gegenüber den Aufgaben des Staates in einer marktwirtschaftlichen Ordnung bezogen. Ihre Konkretisierungen sollen deshalb hier kurz erläutert werden:  Ordoliberalismus

Für Vertreter des Ordoliberalismus’ besteht die Aufgabe des Staates in der Herstellung und Sicherung von Wettbewerb33. Nur durch Wettbewerb könne die Bedrohung der als gesellschaftliches Oberziel erachteten Freiheit des Einzelnen durch wirtschaftliche oder politische Macht verhindert werden34. Zur Konkretisierung dessen, was unter Wettbewerb zu verstehen ist, wird dabei auf die Marktform der „vollständigen Konkurrenz“ zurückgegriffen35. Hierauf aufbauend konzipiert Eucken mit seinen konstituierenden und regulierenden Prinzipien die bereits einleitend erläuterten, sehr konkreten Empfehlungen zur Gestaltung einer Wettbewerbsordnung durch staatliche Entscheidungsträger36.

31 Ausführlich zum Begriff der Institution in der Literatur und einem eigenen, funktional abgeleiteten Institutionenbegriff vgl. Geue (1997), S. 79 – 86 (m. z. w. Nw.); vgl. ferner bereits die Ausführungen oben in Kapitel 2.3.1 zur Institutionenökonomie 32 Vgl. Horsch (2008), S. 60 – 68; Fülbier (1998), S. 196. 33 Vgl. Schörner (1991), S. 121. 34 Vgl. Blümle / Goldschmidt (2003), S. 1539, S. 1541 (m. w. Nw.). 35 Unter deren Prämissen kann die Informationsfunktion des Preissystems aufgrund einer Vielzahl von Anbietern und Nachfragern nicht durch individuelle Maßnahmen behindert werden kann. Vgl. Eisenkopf (2003), S. 560; ferner schon Eickhof (1992), S. 175. Zur kritischen Diskussion dieser Konzeption beispielsweise Schörner (1991), S. 118 – 120. 36 Vgl. Eucken (1990), S. 254 – 291; ferner Blümle / Goldschmidt (2003), S. 1541 (m. w. Nw.). Vgl. ferner die Ausführungen oben Kapitel 1.2.1.1.

158

3 Prozessorientierte Markttheorien

 New Austrian Economics

Aus der Perspektive der New Austrian Economics verbieten sich jegliche Eingriffe des Staates zur Erzwingung bestimmter Verhaltensweisen im Markt- und Wettbewerbsprozess aufgrund ihrer freiheitsbeschränkenden Effekte einerseits37 und der mit den Maßnahmen verbundenen Anmaßung von Wissen über unvorhersehbare, nicht-planbare Prozesse auf Märkten andererseits38. Eine durch politische Regelsetzung geschaffene Ordnung steht in der Gedankenwelt dieses Teilbereichs der Marktprozesstheorie immer in fundamentalem Gegensatz zu einer durch Regelsetzung in Selbstorganisationsprozessen sich entwickelnden spontanen Ordnung39. Gleichwohl wird die Notwendigkeit eines Minimums staatlicher Maßnahmen zur Einhaltung der Regeln des Marktprozesses anerkannt. Welches Kriterium allerdings geeignet ist, die Überlegenheit einer Regelsetzung durch den Staat im Vergleich zu in Prozessen der Selbstorganisation emergierenden privaten Regeln nachzuweisen, bleibt unklar40. Insbesondere Schneider weist kritisch darauf hin, dass in diesem Zusammenhang aus theoretischer Sicht zwei Teilfragen zu beantworten wären41: Erstens die Modellierung einzelwirtschaftlicher Handlungen bei fundamentalem Unwissen. Zweitens Theorien zur Erklärung der Verbindung zwischen individuellem Verhalten und gemeinwohlfördernden Institutionen. Während Hayek zur Beurteilung freiheitsbeschränkender staatlicher Maßnahmen zunächst in sehr allgemeiner Form eine „negative Universalisierbarkeitsprüfung“ vorschlägt42, könnte eine präzisere Beurteilung staatlicher Maßnahmen anhand ihrer Auswirkungen auf die Koordinationsfunktion von Märkten erfolgen43. Sie muss allerdings infolge der Indeterminiertheit der marktmäßigen Anpassungsprozesse im Rahmen des evolutionären Ansatzes ebenfalls auf „Muster-Voraussagen“ beschränkt bleiben44. Einen deutlich konkreteren Beurteilungsmaßstab

37 38 39

Vgl. Fülbier (1998), S. 196. Vgl. Fülbier (1999), S. 471. Zu den Unterscheidungsmerkmalen beider Ordnungen ausführlich Geue (1997), S. 193 –

199. 40 Eine ausführliche Diskussion der Hayekschen Theorie der privaten Regelselektion findet sich bei Geue (1997), S. 199 – 210. Private Regeln entwickeln sich demnach in einem wettbewerblichen „Trial-and-Error-Prozess“, der durch innovatives Verhalten Einzelner und imitierendes Verhalten Vieler gekennzeichnet ist. Ihre Überlegenheit zu staatlich initiierten Regeln begründet sich im „Test der Zeit“, der zu einer Verdichtung des relevanten, dezentral vorhandenen und nicht zentralisierbaren Wissens führt. 41 Vgl. Schneider (2002a), insbes. S. 223 – 227. 42 Vgl. Fülbier (1998), S. 197. 43 Vgl. Schörner (1991), S. 128 – 132 (anlässlich der Beurteilung eines staatlichen Insiderhandelsverbots); zur Unterscheidung und Analyse unterschiedlicher Behinderungen der Koordinationsfunktion vgl. Bögelein (1990), S. 115 – 127. 44 Eine weitergehende Konkretisierung sähe sich immer wieder der Kritik einer Anmaßung von Wissen ausgesetzt, vgl. Fülbier (1998), S. 197 f.

3.2 Modellierung von Kreditinstituten auf Geld- und Finanzmärkten

159

entwickeln demgegenüber sowohl Grossekettler mit seinem Koordinationsmängelkonzept45 als auch Kunz und Streit / Wenger mit ihrem Konzept prozessorientierter Transaktionskosten46. Aufbauend auf diesen Grundlagen wird im Folgenden zunächst der Stand prozessorientierter Theoriebildung zur Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten auf Geld- und Finanzmärkten dargestellt.

3.2 Modellierung von Kreditinstituten auf Geld- und Finanzmärkten 3.2.1 Mengers Ansatz Die Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten auf der Grundlage prozessorientierter Ansätze wird in der aktuellen Diskussion zugunsten der gleichgewichtstheoretischen Betrachtungsweise vernachlässigt47. Allenfalls im Bereich der Erklärung von Transaktionen auf Finanzmärkten wird vereinzelt eine stärker prozessorientierte Betrachtungsweise gewählt48, zu denen als Entwicklungsschritt auch die Berücksichtigung beschränkter Rationalität von Entscheidungsträgern auf Finanzmärkten im Rahmen des Untersuchungsansatzes der „Behavioral Corporate Finance“ gehört49. Zwar lassen sich damit Veränderungen der traditionellen Forschungskonzeption konstatieren. Allerdings steht die Bedeutung dieser Forschungsarbeiten in deutlichem Gegensatz zu dem Stellenwert, den Vertreter der „alten“ und „neuen“ österreichischen Schule gerade Fragestellungen im Zusammenhang mit Ausführlich zu einer kritischen Diskussion dieses Konzeptes Bögelein (1990), S. 44 – 68. Vgl. Fülbier (1999), S. 471; zum „transaktionalen Marktversagen“ ebenfalls Bögelein (1990), S. 127 – 132. 47 In seiner Darstellung der Geschichte der Finanzierungstheorie erwähnt beispielsweise Breuer diesen Ansatz in keiner Form, vgl. Breuer (1997), S. 606 – 612. In seiner Dissertation werden „verbale Erklärungsansätze“ von Breuer sogar als generell ungeeignet zur Erklärung von Finanzintermediären verworfen, vgl. Breuer (1993), S. 78 – 86. Breuer begründet diese Auffassung mit „unscharf“ definierten Prämissen und mangelnder Stringenz der Ergebnisableitung in diesen Arbeiten, vgl. S. 78 und S. 85. Eine Ausnahme in der überwiegend durch die Institutionenökonomie geprägten deutschen Literatur bilden die Arbeiten von Paul (2002a), insbes. S. 558 – 560 sowie die Dissertation von Schmidt (1998), der eine systemtheoretische Fundierung des Finanzsektors vornimmt. 48 Zur Entwicklung eines evolutorischen Finanzmarktmodells vgl. beispielweise Coche (1999), insbes. S. 47 – 136 (m. z. w. Nw. auch aus der amerikanischen Literatur). Coche nimmt eine Abgrenzung insbesondere gegenüber der Behavioral Finance vor. Finanzintermediäre sind bisher nicht Gegenstand evolutorischer Finanzmarktmodelle. Eine spezielle Übertragung des Ansatzes von Hayek auf internationale Finanzmärkte findet sich bei Streissler (2000), insbes. S. 78 – 85. 49 Für einen Überblick über diese Entwicklung vgl. Breuer / Perst / Stotz (2005), S. 153 – 162, insbes. S. 156 – 161 (m. z. w. Nw.). 45 46

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3 Prozessorientierte Markttheorien

dem Angebot von Geld als wichtige Aufgabe von Kreditinstituten zukommen lassen50. Insbesondere in den Werken von Menger und seinen Schülern51, zu denen in der ersten Generation Wieser und Böhm-Bawerk und in der zweiten Hayek, Mises und Schumpeter gehören, finden sich zahlreiche Hinweise für eine stärker prozessorientierte Erklärung von Kreditinstituten und hierauf aufbauend für die Analyse staatlicher Aktivitäten auf Geld- und Finanzmärkten52. Sie sollen deshalb im Folgenden erläutert werden. Dies erscheint nicht zuletzt deshalb sinnvoll, weil in jüngeren Veröffentlichungen zur Begründung und Ausgestaltung der Bankenaufsicht marktwirtschaftliche Funktionsprinzipien wieder stärker Berücksichtigung finden und eine zunehmende Orientierung an „Marktprozessen“ in Verbindung mit Forderungen nach einer Selbstregulierung von Kreditinstituten zu konstatieren ist53. Einen grundlegenden Beitrag zum prozessorientierten Verständnis von Geld und damit indirekt einer der Funktionen von Kreditinstituten liefern die Arbeiten von Menger54. Aufbauend auf seinen allgemeinen Forschungen zum Wert von Gütern erklärt Menger die Emergenz von Geld damit, dass zur Überwindung verschiedener Probleme des Naturaltausches ein bestimmtes Gut von allen Wirtschaftssubjekten als sogenannter „allgemeiner Tauschmittler“ verwendet wird55. Dabei sei grundsätzlich unbestimmt, welches Gut Akzeptanz als allgemein üblicher Tauschmittler findet, insbesondere gehe die Verwendung eines speziellen Gutes als Geld nicht auf staatliche Vorgaben zurück56. Menger führt vielmehr individuelle Vorteilhaftigkeitsüberlegungen als Bestimmungsfaktor für die Verwendung bestimmter Güter für den Tausch unter Unsicherheit, deren Tauschwert, an57. Die Höhe des Tauschwertes 50 So weist Schneider (2002b), S. 179, S. 180 darauf hin, dass Geld und Kreditinstitute zur Reduktion von Unsicherheit und Informationsunterschieden bereits Gegenstand früherer prozesstheoretischer Untersuchungen darstellen. 51 Zur allgemeinen Bedeutung dieser Autoren für die Lehre von Marktprozessen und für die evolutorische Ökonomik vgl. Schneider (2001), S. 351, ferner S. 460 – 460 (kritisch zur Entstehung des Geldes aus Mengers Perspektive). 52 Eine Wiederaufnahme dieser Gedanken und ihre Weiterentwicklung gehen insbesondere auf US-amerikanische Autoren wie Dowd und White zurück. In der deutschen Literatur haben die Arbeiten von Geue zu einer Neubeachtung dieser Ansätze geführt, vgl. Geue (1997), insbes. S. 171 – 182, S. 258 – 296; ferner Geue (1999), passim. 53 Vgl. Lach (2003), insbes. S. 61 – 154 („Marktinformation als bankaufsichtlicher Ansatzpunkt“); Steden (2002), insbes. S. 86 – 115 („marktorientierte Reformansätze“); Pohl (2001), insbes. S. 11 – 38 („marktorientierte Bankenaufsicht“); Paul (2000), passim („qualitative“ Bankenaufsicht); Klische (1995), insbes. S. 54 – 62. 54 Die zusammenfassende Darstellung im Folgenden stützt sich im Wesentlichen auf Menger (1909); Menger (1923 / 1968) und Hayek (1970). 55 Vgl. ausführlich Menger (1909), S. 555 – 557. 56 Menger spricht sich wiederholt und sehr deutlich gegen Maßnahmen des Staates bei der Entstehung von Geld aus, vgl. Menger (1909), S. 558, S. 562 f. 57 Zur Erläuterung der entsprechenden Überlegungen bei Menger vgl. Geue (1997), S. 180 – 182. Kritisch zu Mengers Erklärung der Entstehung des Geldes äußert sich Schneider (2001), S. 461 f. Schneider zieht die Wertaufbewahrungsfunktion als wesentlichen Bestimmungsfaktor für die Verwendung bestimmter Güter als Geld heran. Als ungeplante Folge ent-

3.2 Modellierung von Kreditinstituten auf Geld- und Finanzmärkten

161

wiederum hinge von der Marktgängigkeit dieser Güter ab, da sich bei Verwendung marktgängiger Güter die Chancen erhöhen, dass diese Güter zur Bedürfnisbefriedigung in der Zukunft geeignet sein werden. Im Mittelpunkt von Mengers Überlegungen steht die Erkenntnis, dass die Verwendung eines bestimmten Gutes als Geld kein einmaliger Vorgang ist, sondern Gegenstand eines kontinuierlichen Veränderungsprozesses darstellt58. Dabei resultiert der Übergang von einem Gut auf ein anderes zunächst aus der Suche nach individuellen Vorteilen in der Tauschabwicklung, und erst in einem zweiten Schritt folgt die allgemeine Akzeptanz dieses Gutes aus Nachahmungseffekten59. Menger stellt damit wettbewerbliche Prozesse in den Mittelpunkt seiner Untersuchungen zum Geldwesen und legt damit die Grundlagen für spätere Überlegungen Hayeks zur Entstehung privater Institutionen durch innovatives und imitierendes Handeln. Mengers Auffassung nach kann Geld in Abhängigkeit vom jeweiligen Entwicklungsstand in diesem Entwicklungsprozess verschiedene „Konsekutivfunktionen“ übernehmen, denen im Gegensatz zur originären Funktion des Tauschmittlers allerdings nicht die Bedeutung eines Definitionsmerkmals zukommt60. In Mengers Theorie des Geldes sind Kreditinstitute ebenfalls im Zeitablauf veränderliche Institutionen einer sich im Wettbewerbsprozess fortwährend weiter entwickelnden Geldwirtschaft61. Ihre Entstehung und Entwicklung wird mit der aus der Emergenz des Geldes resultierenden Notwendigkeit einer speziellen Geldbestandshaltung begründet: Kreditinstitute entstehen, um die einzelnen Wirtschaftssubjekte bei der Planung und Optimierung ihrer individuellen Geldbestände zu unterstützen. Banktätigkeit „hat die Tendenz, den Umfang der Kassenbestände der einzelnen Wirtschaften jeweilig dem richtig kalkulierten Bedürfnisse derselben anzupassen stehe hieraus dann die Recheneinheitsfunktion des Geldes, die für Schneider wiederum Voraussetzung für den theoretischen Begriff des „Reinvermögens“ bildet. 58 Geue weist darauf hin, dass Menger folglich die Evolution von Geld aus dem Handeln der Wirtschaftssubjekte in der historischen Zeit unter Unsicherheit zurückführt, vgl. Geue (1997), S. 182. 59 Sehr deutlich Menger (1909), S. 562: „Tauschmittel sind ursprünglich nicht durch Gesetz oder Konvention, sondern durch „Gewohnheit“, das ist durch ein gleichartiges, weil gleichartigen subjektiven Antrieben und Intelligenzfortschritten entsprechendes Handeln gesellschaftlich zusammenlebender Individuen (als das unreflektierte Ergebnis spezifisch-individueller Bestrebungen der Gesellschaftsglieder) entstanden und schließlich durch fortschreitende Nachahmung allgemein gebräuchlich geworden …“. Menger umschreibt hiermit bereits Wettbewerb als Prozess. 60 Konsekutivfunktionen des Geldes sind etwa die Preisbildungsfunktion, die Thesaurierungsfunktion, die Funktion zur Erfüllung einseitiger und subsidiärer Leistungen sowie die Funktion als Vermittler im „Kapitalverkehr“; sie sind „Erscheinungen der Entwicklung, nicht konstitutive Tatsachen der Entstehung des Geldes [Hervorhebungen im Original]“, vgl. hierzu Menger (1909), S. 599, ausführlich S. 577 – 585, sowie zusammenfassend S. 598 – 601, S. 599: „Es widerspricht den Grundsätzen richtigen Denkens, in den allgemeinen Begriff einer Erscheinung die Folgeerscheinungen derselben aufzunehmen … Es ist dies ein Definitionsfehler [Hervorhebung im Original]“. 61 Vgl. Menger (1909), S. 609; sehr deutlich auch Geue (1997), S. 259.

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3 Prozessorientierte Markttheorien

und solcherart zu regeln62“. Hierbei kommt Kreditinstituten die Aufgabe zu, kontinuierlich Methoden zur Verbesserung der Abwicklung von Zahlungsvorgängen zu entwickeln. Als eine wichtige Innovation im Geldwesen zur Reduktion der hohen Transaktionskosten bei der Abwicklung von Zahlungen in Warengeld entstehen Banknoten als handelbare Fremdfinanzierungskontrakte von Kreditinstituten63. Hiermit geht allerdings eine steigende Komplexität für die Durchführung von Abrechnungsprozessen einher, die die Entwicklung unsicherheitsreduzierender Maßnahmen veranlasst. Hierzu gehört beispielsweise die Entwicklung des NotenClearing64. Aufbauend auf der durch neue Zahlungstechniken zunehmend optimierten individuellen Geldbestandshaltung entdecken Kreditinstitute als weitere unternehmerische Betätigungsmöglichkeit, die Verleihung der ihnen überlassenen Gegenleistung gegen Zins. Es erfolgt ein Wandel vom „Geldaufbewahrer“ zum Finanzintermediär65. Kreditinstitute übernehmen nach Menger nicht nur die Optimierung individueller Geldbestände, sondern besitzen darüber hinaus eine wesentliche Bedeutung bei der Gestaltung von Struktur und Höhe des gesamtwirtschaftlichen Geldbestandes. Während Notenbanken mit ihrer Emissionstätigkeit lediglich Münz- durch Papiergeld substituieren und hiermit Geldzahlungen vereinfachen, reduzieren Einlagenbanken den Geldbedarf einer Volkswirtschaft insgesamt66. Menger erklärt dies damit, dass individuelle Geldbestände bei den Kreditinstituten konzentriert werden und im Zeitablauf divergierende Ein- und Auszahlungswünsche Einzelner, nicht zuletzt durch Entwicklung neuer Zahlungsverkehrstechniken, mit einem insgesamt niedrigeren Geldbestand ausgeglichen werden können67. Im Ergebnis sind Kreditinstitute für Menger sich im Zeitablauf durch Wettbewerbsprozesse kontinuierlich verändernde Unternehmen, deren Funktion in der Entwicklung von Möglichkeiten zur Reduktion einzel- und gesamtwirtschaftlicher Geldbestandshaltung besteht. Staatliche Eingriffe in das Geld- und Bankwesen lehnt Menger abgesehen von Ausnahmen, wie Normierungen im Münzwesen, ab68. Er wendet sich im Speziellen 62 Vgl. Menger (1909), S. 606. Menger weist an dieser Stelle darauf hin, dass Kreditinstitute sowohl als Selbsthilfeeinrichtungen als auch als Unternehmen gegründet wurden. 63 Zur Emergenz der Banknote aus den Quittungen, die Goldschmiede als Beleg über die Deponierung von Gold im Mittelalter ausstellten, vgl. Geue (1997), S. 260 m. w. Nw. 64 Vgl. Geue (1997), S. 262. Zur Bedeutung der Clearinghäuser ferner bereits Menger (1909), S. 609. 65 Vgl. Geue (1997), S. 260. Ferner bereits Menger (1909), S. 609. Menger weist allerdings darauf hin, dass dies nur unter „normalen Verhältnissen“ funktioniert. An anderer Stelle weist er darauf hin, dass die Gefahr von Stürmen auf Banken infolge „periodischer Bankausweise“ unbedeutend sei, vgl. Hayek (1970), S. 250. 66 Vgl. Menger (1909), S. 608. 67 Menger bezeichnet Einlagenbanken als „Institute, deren Kassenbestände in gewissem Sinne an die Stelle derjenigen der Einleger treten“, vgl. Menger (1909), S. 609. Der verbleibende Teil kann durch Kreditinstitute anderen Verwendungen zugeführt werden. 68 Dem Staat weist Menger eine subsidiäre Funktion zu: „Indes ist auch in diesen Fällen nicht zu übersehen, daß auf dem Gebiete des Verkehrs der staatliche Zwang niemals ein

3.2 Modellierung von Kreditinstituten auf Geld- und Finanzmärkten

163

gegen einen staatlich vorgeschriebenen Zwangskurs bei Banknoten, denn seiner Auffassung nach bildet gerade die freiwillige Akzeptanz als Tauschmittel das wesentliche Qualitätsmerkmal von Geld69. Staatliche Zwangskurse hingegen dienen gerade der verpflichtenden Verwendung privat unerwünschten Geldes. Wenngleich Mengers Untersuchungen wichtige Grundlagen für ein prozessorientiertes Verständnis von Entwicklungen im Geld- und Bankwesen ohne staatliche Eingriffe zur Verfügung stellen, erfolgt in der zeitgenössischen Literatur keine Weiterentwicklung seiner Ansätze zu einer geschlossenen Theorie. Auch Schneider beurteilt Mengers Ansatz kritisch70. Seiner Auffassung nach ist die Entstehung des Geldes nicht auf die Tauschmittel- sondern die Wertaufbewahrungsfunktion von soziales Ansehen verschaffenden „Hortungsgütern“ zurückzuführen, aus der sich wiederum die Recheneinheitsfunktion ungeplant entwickelte. Schneider wendet sich ferner gegen die „unintendierte“ Entstehung von Tauschmitteln, sie resultiere vielmehr aus der bewussten Wahrnehmung von Möglichkeiten zur Transaktionskostenersparnis. Eine Wiederbelebung der durch Menger initiierten Diskussion über eine sich im Wettbewerbsprozess herausbildende spontane Geld- und Bankenordnung erfolgt gegenwärtig unter dem Oberbegriff des „Laissez-faire-banking71. Dieser Ansatz wird im folgenden Kapitel näher erläutert.

3.2.2 Laissez-faire-Ansätze 3.2.2.1 Vorbemerkungen Beim „Laissez-faire-banking“ handelt es sich um ein heterogenes Forschungsgebiet, dessen inhaltliche Gemeinsamkeit in der Ablehnung staatlicher Eingriffe in die Geldordnung und dem Vertrauen in die Vorteilhaftigkeit wettbewerblicher Prozesse auf Geld- und Finanzmärkten besteht72. Zu den unterschiedlichen ForschungsSelbstzweck sein kann. Jeder Zwang ist an sich ein Uebel; seine Anwendung kann nur insofern für berechtigt gelten, als sie größere Uebel beseitigt“; vgl. Menger (1909), S. 605. 69 Vgl. Menger (1909), S. 604 (Vergleich der frei im Wert schwankenden Noten einer solventen Notenbank mit den unter Zwangskurs stehenden einer in Schwierigkeiten befindlichen Bank), ferner explizit S. 605. 70 Vgl. Schneider (1993), S. 227 – 229. 71 Für einen systematischen Überblick eignet sich Geue (1999), S. 348 – 384 (m. z. w. Nw.). Einen Wettbewerb unter „Laissez-faire“-Bedingungen mit konkurrierenden Banken entsprechend den verschiedenen Theorieansätzen erläutert anschaulich Engels (1997), S. 127 – 137. 72 Zu den Ursprüngen des „Laissez-faire“-Ansatzes ausführlich Schneider (2002a), S. 221 – 223. Laut Schneider liegt die begriffliche Wurzel bei Cournot und den schottischen Moralphilosophen. Synonym wird auch der Begriff der „Unsichtbaren-Hand-Erklärungen“ („InvisibleHand-Interpretation“) für Ansätze verwendet, deren Schwerpunkt auf der Erklärung von Institutionen durch Wettbewerbsprozesse liegt. Ein früher Befürworter einer freiheitlichen Geld-

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3 Prozessorientierte Markttheorien

bereichen gehören der Ansatz des „Free-Banking73“, der durch Hayek favorisierte „Währungswettbewerb74“ und der Ansatz der „New Monetary Economics75“. Die sich anschließende Erläuterung einzelner Ansätze kann nicht alle Details berücksichtigen, sondern erfolgt mit Schwerpunkt auf die für diese Arbeit relevanten Fragestellungen einer Modellierung der Funktionen von Kreditinstituten und einer Ableitung von Kriterien für die Überlegenheit staatlicher Maßnahmen im Vergleich zu privaten Regeln. 3.2.2.2 Free-Banking-Ansatz Von staatlichen Maßnahmen unbeeinflusstes Handeln auf Geld- und Finanzmärkten bildet, wie Vera Smith in ihrer durch Hayek betreuten Dissertation umfassend analysiert, im 19. Jahrhundert den Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Abhandlungen76. Dies liegt nicht zuletzt darin begründet, dass zu diesem Zeitpunkt unter Laissez-faire-Bedingungen agierende Anbieter von Geld- und Finanzdienstleistungen das zu erklärende empirische Phänomen bildeten77. Vertreter des FreeBanking-Ansatzes gehen von einer Geldordnung aus, in der Primärgeld mit den Funktionen Recheneinheit und Tauschmittler existiert78. Unter dieser Prämisse wird die Frage analysiert, ob Kreditinstituten das durch evolutionäre Entwicklung als Bankleistung entstandene Angebot von Sekundärgeld – in Form von Banknoten oder in Form von Depositen – von Seiten des Staates zu untersagen und durch ein monopolistisches, staatliches Geldangebot zu substituieren sei (sogenanntes „Central Banking“). In Tradition zu Mengers ersten Überlegungen betonen Vertreter des Laissez-faireBanking den evolutionären Entwicklungsprozess kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung und stützen ihre Argumentation auf die Analyse der historischen Entordnung war Adolph Wagner, vgl. Wagner (1857 / 1977), S. 218. „Die Freiheit der Banken wird mit eifersüchtigem Auge jede Bank die andere betrachten lassen und verbunden mit dem Principe der vollständigsten Oeffentlichkeit eine unersetzbare Controle zwischen den Banken hervorrufen“. 73 Vgl. zu einem deutschsprachigen Überblick Neldner (1989), S. 549 – 556; für Großbritannien grundlegend White (1999), passim; zur Wiederbelebung der Diskussion um das FreeBanking im US-amerikanischen Raum hat insbes. Dowd (1992a), (1993) und (1996b) beigetragen. 74 Vgl. Hayek (1976 / 1990), passim. Zu einer Zusammenfassung und kritischen Reflexion dieses Ansatzes Neldner (1983), S. 397– 403 (m. z. w. Nw.). 75 Vgl. für einen Überblick über diese Forschungsrichtung Neldner (1997), S. 15 – 20 (m. z. w. Nw., insbesondere mit Hinweisen auf die Originalveröffentlichungen). 76 Vgl. Smith (1936 / 1990), zur Wiedergabe der theoretischen Diskussion insbes. pp. 71 – 166. 77 Für einen Überblick über empirische Free-Banking-Systeme in verschiedenen Ländern grundlegend Dowd (1992a), passim. Zum National Banking System in den USA vgl. Körnert (2000), S. 258 – 288 und Körnert (1998), S. 122 – 180. 78 Vgl. Friedman / Schwartz (1986), pp. 40.

3.2 Modellierung von Kreditinstituten auf Geld- und Finanzmärkten

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wicklung79. Banken entstehen aus dem Bedürfnis der ökonomisch Handelnden nach Reduktion der mit der Bestandshaltung von Warengeld verbundenen Unsicherheiten. Sie sind im Hayekschen Sinne unsicherheitsreduzierende Institutionen. Gegen Zahlung einer Gebühr bieten mittelalterliche Goldschmiede – als Spezialisten für die als Geld akzeptierte Ware Gold – zunächst Aufbewahrungsmöglichkeiten gegen Aushändigung schriftlicher Belege an80. Hieraus entwickeln sich dann sukzessive weitere Leistungen: Innovative Goldschmiede erkennen die Möglichkeit, nicht unmittelbar wieder abgezogenes Gold anzulegen, und als Parameter im Wettbewerbsprozess um die Attrahierung von Geldern werden Zinszahlungen als wichtiges Instrument erkannt81. Um den Bestand nicht unmittelbar zu Zahlungszwecken abgezogenen Goldes weiter zu erhöhen, konzipieren die aus den Goldschmieden hervorgehenden Banken fortlaufend neue Techniken zur Steigerung der Akzeptanz von „Depositenbelegen“ als Zahlungsmittel an Goldes statt. Sie sind Vorläufer der Banknoten und finden bei den ökonomisch Handelnden Akzeptanz aufgrund der deutlich niedrigeren Transaktionskosten im Vergleich zum Warengeld. Aufgrund der mit der Emission von Banknoten verbundenen Einkommenserzielungsmöglichkeiten durch ökonomische Nutzung des Primärgeldes entwickelt sich nach Auffassung der Vertreter des Free-Banking-Ansatzes als Ergebnis eines unintendierten Entwicklungsprozesses ein System miteinander konkurrierender Notenbanken. Die Funktionsfähigkeit dieses Systems basiere dabei auf verschiedenen, sich in wettbewerblichen Selbstorganisationsprozessen herausbildenden privaten Regeln, deren Einhaltung alle Beteiligten aus Eigeninteresse garantieren und es folglich keiner ergänzenden staatlichen Maßnahmen bedarf 82. Zu diesen in historischen Free-Banking-Systemen empirisch zu beobachtenden Regeln gehören die Folgenden:  Konvertibilitätsverpflichtung

Voraussetzung für die Akzeptanz privat emittierter Banknoten als Geld ist das Vertrauen der Geldnachfrager in deren Wertbeständigkeit, die dann gewährleistet ist, wenn die Noten jederzeit vollständig in staatliches Primärgeld einlösbar sind. Die Möglichkeit zur jederzeitigen Vorlage der Banknoten und die damit verbundene Rückzahlungsverpflichtung fungieren demnach als Disziplinierungsmaßnahme gegen unerwünschte Geschäftstätigkeit der Noten emittierenden Banken, wie insbesondere eine Überemission von Noten. Wie bereits im Rahmen einiger Erklärungsansätze von Vertretern der Institutionenökonomie theoretisch fundiert83, Ausführlich hierzu Meulen (1934), insbes. S. 49 – 204. Stellvertretend für viele Dowd (1996a), pp. 9 – 18; sowie ausführlich Geue (1997), S. 258 – 263, S. 263 – 289 (Vergleich Laissez-faire-banking in Schottland und USA). 81 Die Zahlung von Zinsen auf deponierte Gelder bezeichnet Geue (1997), S. 260 mit Hinweis auf Horwitz als das innovative Element im Entwicklungsprozess bankbetrieblicher Leistungen. 82 Sehr deutlich hierzu Dowd (1996a), S. 17. 83 Vgl. hierzu insbesondere oben Kapitel 2.3.2.4. 79 80

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3 Prozessorientierte Markttheorien

bildet die Gefahr des Runs auf ein einzelnes Kreditinstitut eine Sanktionsmöglichkeit gegen eine unsolide Geschäftspolitik des Kreditinstituts84. Unproblematisch ist die Erfüllung der Konvertibilitätsverpflichtung für Banken, deren Noten vollständige Deckung durch Primärgeld besitzen (sog. Tresor-Banken). Erkennen jedoch einzelne Kreditinstitute die mit der Anlage des überlassenen Primärgeldes verbundenen ökonomischen Vorteile, dann wird sich im Wettbewerbsprozess durch Innovation und Imitation der Übergang auf ein Teildeckungssystem ergeben. Um das Vertrauen der Kunden in die jederzeitige Einlösbarkeit der Noten in einem solchen mit Unsicherheit verbundenen Geldsystem aufrechtzuerhalten, entwickeln sich über die bankindividuell zu quantifizierende Reservehaltung hinaus Vertrauen bildende Konventionen. Hierzu gehört beispielsweise eine freiwillige Informationspolitik über die Art der Geschäftspolitik85.  Uneingeschränkte Eigentümerhaftung oder Pfandrechte auf einzelne Vermögensgegenstände

Zur Reduktion der einem Teildeckungssystem zwingend immanenten Gefahr, dass das Kreditinstitut den Bedarf seiner Kunden nach Primärgeld falsch einschätzt und wegen einer vorzeitigen Veräußerung seiner Vermögensanlagen einen Existenz gefährdenden Verlust hinzunehmen hat, sicherten die Eigentümer der Notenbanken den Notenbesitzern uneingeschränkte Haftung für aus der vorzeitigen Liquidation resultierende Verluste zu oder es wurden nachrangige Verbindlichkeiten emittiert86. Alternativ räumten einzelne Notenbanken den Noteninhabern Pfandrechte auf Vermögensgegenstände ein87.  Vertragliche Vereinbarung eines Zahlungsmoratoriums

Free-Banking-Systeme sahen für den Fall spekulativer Konvertibilitätsersuchen ihrer Noteninhaber häufig spezielle Vereinbarungen zur Verhängung eines Auszahlungsaufschubs vor88, der für die Banknotenbesitzer mit einer speziellen Zinszahlung verbunden war. Ziele dieser Vereinbarung waren die Verhinderung eines ökonomisch nicht fundierten Runs einerseits und für den Fall einer doch eingetreten Insolvenz eine gleichmäßige Verteilung der Primärgeldbestände auf alle Noteninhaber andererseits89. 84 Vgl. Dowd (1996a), p. 17, p. 14: „A run thus serves the socially useful purpose of putting a ‚bad‘ bank out of business and the potential threat of a run keeps the other banks healthy by forcing them to keep their houses in order [Hervorhebung im Original]“. 85 Vgl. Dowd (1996b), p. 680. 86 Vgl. Selgin / White (1994), p. 1730 mit kritischer Kommentierung der Modellierung von Bankkontrakten bei Diamond / Dybvig; ferner Dowd (1996), p. 13. Friedman / Schwartz weisen anlässlich ihrer Analyse des Free-Banking-Systems in Schottland ergänzend auf die Bedeutung der Reputation der Bankeigentümer hin, vgl. Friedman / Schwartz (1986), p. 50. 87 Vgl. Geue (1997), S. 276. 88 Vgl. Vollmer (1996), S. 197 f. 89 Zur empirischen Bedeutung der – ab 1765 gesetzlich verbotenen – „Option Clauses“ in Schottland Geue (1997), S. 267.

3.2 Modellierung von Kreditinstituten auf Geld- und Finanzmärkten

167

 Noten-Clearing

Eine weitere Institution zur Reduktion des mit dem Übergang auf ein Teildeckungssystem verbundenen Insolvenzeintrittsrisikos für Notenbanken besteht in der Durchführung eines täglichen Noten-Clearing90 zwischen allen Notenbanken. Hiermit werden Unsicherheiten reduziert, die aus der Akzeptanz der Noten fremder Kreditinstitute resultieren. Denn das Noten-Clearing wirkt ebenso wie die Konvertibilitätsverpflichtung als tägliches Sanktionsinstrument gegenüber nicht solide wirtschaftenden Banken, da deren Noten entweder mit Abschlag gehandelt oder gar nicht mehr akzeptiert werden. Die Verrechnung der in Noten verbrieften Forderungen der Kreditinstitute untereinander über eine zentrale Clearing-Institution wirkt darüber hinaus Transaktionskosten senkend und über eine Reduktion der Höhe der zu haltenden Primärgeldreserve auch Ergebnis verbessernd. Auf einer weiteren Entwicklungsstufe übernahmen die zentralen Clearing-Stellen in Free-Banking-Systemen auch eine Funktion als Fremdfinancier91. Mit dem Free-Banking-Ansatz existiert ein Ansatz, der Funktionsvoraussetzungen für ein wettbewerblich organisiertes Bank- und Finanzwesen anhand empirischer Beobachtungen ableitet und staatliche Maßnahmen aufgrund der diagnostizierten uneingeschränkten Funktionsfähigkeit entsprechend organisierter, historischer Banksysteme ablehnt. Hiermit steht allerdings keine Theorie zur Verfügung, die erklärt, auf welche Weise und in welcher Form private Regeln im Wettbewerbsprozess auf Finanzmärkten entstehen92. Ein wesentlicher Beitrag des Free-BankingAnsatzes, insbesondere von Dowd93, besteht allerdings darin, eine von der marktgleichgewichtsorientierten Betrachtung abweichende Modellierung von Kreditinstituten vorzunehmen. Dowd gelangt zu dem Ergebnis, dass die Besonderheit von Kreditinstituten in deren Finanzierungsstruktur begründet liegt: Während Investmentfonds nur Eigenfinanzierungskontrakte emittieren, beschaffen sich Kreditinstitute Mittel sowohl auf der Grundlage von Eigen- als auch Fremdfinanzierungskontrakten. Eine Besonderheit besteht ferner in der Einräumung eines jederzeitigen Kündigungsrechts für Fremdfinanciers. Eine veränderte Einschätzung der Kreditwürdigkeit eröffnet diesen dann unmittelbar die Möglichkeit zur Kündigung. Im Ergebnis bilden Kreditinstitute für Vertreter des Free-Banking-Ansatzes Unternehmen, die im Wettbewerbsprozess kontinuierlich neue Leistungen zur Überwindung der mit der Geldbestandshaltung verbundenen Probleme entwickeln. Mit einem Angebot entsprechender kreditwirtschaftlicher Leistungen gegebenenfalls 90 Grundlegend Smith (1936 / 1990), pp. 177 – 185, sowie zur Illustration des Clearing-Prozesses bei Banknoten und Bankdepositen pp. 197 – 200; zur Bedeutung der Clearing-Houses Selgin / White (1994), pp. 1732 – 1733; ferner auch Geue (1997), S. 262. 91 Vgl. Vollmer (1996), S. 96; zustimmend zu einer entsprechenden Funktion auch Smith (1936 / 1990), p. 187. 92 Sehr deutlich die diesbezügliche allgemeine Kritik am evolutionsökonomischen Ansatz bei Schneider (2002a), S. 223. 93 Vgl. Dowd (1996a), pp. 140 – 143.

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3 Prozessorientierte Markttheorien

verbundene neue Unsicherheiten werden durch ein System privater Regeln begrenzt. 3.2.2.3 Concurrent-Currencies-Ansatz Nicht nur Vertreter des Free-Banking-Ansatzes haben die evolutorische Betrachtungsweise auf kreditwirtschaftliche Fragestellungen übertragen, auch Hayek hat hierzu mit seinem eigenen Ansatz der „Währungskonkurrenz“ („Concurrent Currencies“) beigetragen94. Hierbei handelt es sich um die Übertragung seiner allgemeinen Theorie der Emergenz spontaner Ordnungen auf den Bereich finanzieller Märkte in einer marktwirtschaftlichen Ordnung. Hayek verzichtet in konsequenter Ablehnung jeder Art der „Anmaßung von Wissen“ darauf, konkrete Marktergebnisse abzuleiten und beschränkt sich stattdessen auf die Ableitung bestimmter „Mustervorhersagen“95. Der Concurrent-Currencies-Ansatz unterscheidet sich von dem des „Free-Banking“ angesichts der Annahmen über das Sekundärgeldangebot: Miteinander konkurrierende Banken emittieren nicht mehr identisches, in das vorhandene Primärgeld einlösbares, Geld, sondern jede Bank emittiert ihre eigene Währung96. Entscheidend für die Funktionsfähigkeit des Systems ist die Annahme, dass die verschiedenen Währungen keine perfekten Substitute zueinander darstellen97. Den Ausgangspunkt für Hayeks Untersuchungsansatz stellt die Beobachtung inflationärer Fehlentwicklungen dar, die für ihn aufgrund zahlreicher empirischer Belege zwingend mit einer staatlichen, monopolistisch organisierten Geldordnung einhergehen98: Seiner Auffassung nach sind Staaten und die auf sie Einfluss nehmenden Gruppen nicht in der Lage, die Menge des Geldes entsprechend den Bedürfnissen der Nachfrager anzubieten, und es besteht zudem immer die Gefahr, das staatliche Geldmonopol zur Finanzierung unerwünschter Haushaltsdefizite zu missbrauchen99. Zur Überwindung dieser Missstände ist es für Hayek zwingend gebo94 Vgl. grundlegend Hayek (1976 / 1990), insbes. pp. 46 – 54. Im Folgenden wird hier die ursprünglich durch Hayek gewählte englische Originalbezeichnung verwendet (vgl. Hayek (1976 / 1990), p. 15), da sie sich zur Präzisierung der Besonderheiten des Modells besser eignet. 95 Eine prägnante Zusammenfassung dieser Mustervoraussagen für finanzielle Märkte findet sich bei Schüller (1977), S. 27 – 29. 96 Vgl. Neldner (1983), S. 399; Geue (1999), S. 362 – 374. Insofern verdeutlicht der Begriff „Concurrent Currencies“ die Pluralität der miteinanander konkurrierenden Währungen besser. Im deutschen wäre der Begriff der „Konkurrenz der Währungen“ zu präferieren. 97 Vgl. Dreyhaupt / Siepmann (1978), S. 147 f. 98 Vgl. Hayek (1976 / 1990), p. 13, pp. 27. Von anderen Autoren wurden dann weitere Anwendungsbereiche erschlossen, wie etwa die Gestaltung optimaler Währungsräume oder die Einführung einer Währungsunion. Einen Überblick hierzu gibt Vaubel (1977), p. 439 und pp. 452 – 458. 99 Hayek (1976 / 1990), pp. 31 – 33, ausführlich auch pp. 100 – 107; zusammenfassend zu den durch das staatliche Notenausgabemonopol bedingten Fehlentwicklungen auch Neldner (1983), S. 398 f.

3.2 Modellierung von Kreditinstituten auf Geld- und Finanzmärkten

169

ten, marktwirtschaftliche Funktionsmechanismen auf den Bereich des Geldangebots durch Kreditinstitute zu übertragen. Infolge der Ermöglichung des freien Markteintritts einerseits und des freien Marktaustritts andererseits100 sowie der Nicht-Existenz eines gesetzlichen Zahlungsmittels101 bildet sich gemäß seiner Überzeugung allein durch den Wettbewerbsprozess eine stabile Geldordnung, in der frei miteinander konkurrierende Banken durch Suche nach Innovationen im Währungsbereich, wie die Bestimmung des zur Indexierung der Währung vereinbarten Warenkorbs, in einem Prozess des Suchens und Experimentierens kontinuierlich neue Funktionen übernehmen102. Der Einfluss des Staates auf Geld- und Finanzmärkten kann folglich auf ein Mindestmaß reduziert bleiben. Nicht nur Hayeks Erklärungsziel, sondern auch seine Überlegungen zur Definition von Geld103 sind grundlegend für das Verständnis der nachfolgend zu erläuternden Einzelheiten des Hayekschen Ansatzes. Nach seiner Auffassung kann „Geld“ ökonomisch nicht trennscharf von anderen Gütern abgegrenzt werden104, es sei vielmehr nur möglich, verschiedene Güter nach unterschiedlichen Graden von Geldnähe („moneyness“ oder „currency“ im Sinne einer Eigenschaft) zu differenzieren. Folglich sei zu erwarten, dass ökonomisch Handelnde in Abhängigkeit vom verfolgten Verwendungszweck unterschiedliche Güter als „Geldarten“ („currencies“) verwenden105. Dabei sind in Abhängigkeit von der Art des Verwendungszwecks zwei unterschiedliche Anforderungskriterien an das als Geld verwendete Gut zu unterscheiden: Während das Gut zur Erfüllung der Tauschmittel- und Reservehaltungsfunktion über eine hohe Akzeptanz im Wirtschaftsverkehr verfügen muss, bildet zur Erfüllung der Recheneinheits- und Reservehaltungsfunktion eine zu erwartende stabile Wertentwicklung des Gutes das relevante Beurteilungskriterium106. In den Mittelpunkt der weiteren Ausführungen zu seinem Modell der „Concurrent Currencies“ stellt Hayek durch Ad-hoc-Annahme das Kriterium der „Wertstabilität“ für die Eignung eines Gutes als „Currency“107. 100 Zur Bedeutung des Marktaustritts (sogenannte Exit-Option) als Sanktionsmechanismus sehr deutlich Schüller (1977), S. 25 (m. w. Nw.). 101 Die oben in Kapitel 3.2.1 diskutierten Überlegungen von Menger zum Zwangskurs. Seiner Meinung nach entsteht Geld als „… spontaneous generation of such undesigned institutions by a process of social evolution“. 102 Vgl. Hayek (1976 / 1990); ferner Schüller (1977), S. 28. 103 Vgl. zum folgenden Hayek (1976 / 1990), pp. 55 – 58, pp. 66 – 69. 104 Hayek vertritt die Auffassung, „Geld“ sei lediglich im Sinne einer gesetzlichen Fiktion definierbar und für juristische Belange erforderlich, vgl. Hayek (1976 / 1990), p. 57. 105 Hier wird die Bedeutung des ursprünglich durch Hayek für seine Veröffentlichung gewählten Titels „Concurrent Currencies“ deutlich; sehr deutlich auch die Ausführungen von Hayek (1976 / 1990), p. 56: „… it is rather more expedient to speak of ‚currencies‘ than ‚monies‘, not only because it is easier to use the former term in the plural but also because, as we have seen, ‚currency‘ emphasises a certain attribute“. 106 Vgl. Hayek (1976 / 1990), pp. 57. Für Hayek steht dabei die Verwendung von Geld als Recheneinheit im Mittelpunkt der möglichen Verwendungszwecke. 107 Vgl. Hayek (1976 / 1990), p. 69.

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3 Prozessorientierte Markttheorien

Auf einem durch freien Marktzutritt gekennzeichneten Geldmarkt wird sich nach Hayeks Theorie im Wettbewerbsprozess eine stabile Geldordnung evolutionär entwickeln. Auslöser für diesen Entwicklungsprozess sind mit dem Angebot einer eigenen Währung für private Kreditinstitute verbundene Chancen zur Einkommenserzielung108. Um die Nachfrager zur Verwendung ihrer Währung zu bewegen, werden sich Pionier-Banken verpflichten, die an einem – genau zu präzisierenden – Warenkorb gemessene Kaufkraft stabil zu halten. Da sich die Wertstabilität dieses privaten Geldes wesentlich von dem eines staatlichen Geldes unterscheidet, können die neuen Geldanbieter mit der Akzeptanz durch die Nachfrager rechnen und zudem ein erhebliches Emissions-Agio realisieren109. Unter der Voraussetzung freien Marktzutritts wird diese Gewinnchance andere imitierende Kreditinstitute zum Markteintritt veranlassen und zu einer Vielzahl miteinander konkurrierender Emissionsbanken führen110. Im Sinne der evolutionären Theorie ist die stoffliche Erscheinungsform der privat emittierten Währungen grundsätzlich indeterminiert; die meisten Autoren, auch Hayek, gehen von der Emission – unverwechselbar zu markierender – Banknoten aus111. In diesem System miteinander konkurrierender Notenbanken sind die in der Literatur diskutierten Probleme einer mengenmäßigen Über- oder Unterversorgung112 von Geld aufgrund der Emergenz einer spontanen Ordnung im Wettbewerbsprozess nicht relevant. Im Einzelnen bewirken sowohl die Selbstkontrolle der durch Insolvenz bedrohten Banken als auch die Kontrolle der miteinander konkurrierenden Institute inflationäre oder deflationäre Entwicklungen. Erste Funktionsvoraussetzung für eine konkurrierende Geldemission ist die durch eigennützig handelnde Banken ausgeübte Selbstkontrolle113. Nur dann, wenn sie das Versprechen der Wertstabilität ihrer Währung einhalten, werden sie nicht durch Vorlage der Noten zum Marktaustritt gezwungen. Aus Eigeninteresse werden Notenbanken deshalb weder inflationär Noten emittieren114 noch eine riskante Geschäftspolitik betreiben. Für die erste Variante eines Geldangebots gegen Überlassung von Mitteln einer fremden Währung hat die Bank entweder eine 100 %-Reserve vorzuhalten oder auf den für diese Währung als Wertmaßstab gewählten Warenkorb indexierte Anlageformen zu wählen. 108 Vgl. Geue (1999), S. 364. Banken werden sich ebenso wie andere Unternehmen aus Eigeninteresse gewinnmaximierend verhalten. 109 Sehr beispielhaft hierzu die Ausführungen bei Hayek (1976 / 1990), pp. 46 – 48. Deutlicher Schüller (1977). S. 26. 110 Vgl. Schüller (1977). S. 26 f. 111 Vgl. Hayek (1976 / 1990), beispielsweise p. 47; Schüller (1977), S. 28 f.; ferner Neldner (1983), S. 400. 112 Als Ursache hierfür wird auf das Argument des „natürlichen Monopols“ der Geldemission rekurriert; vgl. hierzu die Ausführungen oben Kapitel 2. 113 Vgl. Hayek (1976 / 1990), pp. 48 – 51. 114 Für Hayek besteht der wesentliche Unterschied zum Konzept des Free-Banking (Wettbewerb in einer Währung) darin, dass die einzelne Notenbank die Menge der emittierten Noten direkt kontrollieren kann, vgl. Hayek (1976 / 1990), p. 51.

3.2 Modellierung von Kreditinstituten auf Geld- und Finanzmärkten

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Davon abweichende Anlageentscheidungen sind nur für Mittel denkbar, die nicht aus dem Geschäft des Geldangebots resultieren. Ohne nähere Explikation geht Hayek davon aus, dass es sich hierbei beispielsweise um aus kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung in Form gebührenpflichtiger Kontoführung erwirtschaftete Mittel handeln könnte115. Wird in einer zweiten Variante Geld gegen die Gewährung eines Kredits emittiert, kann die Menge der umlaufenden Noten nur dann hinreichend kontrolliert werden, wenn der Rückfluss in kurzen Zeitabständen vertraglich vereinbart ist. Noten emittierende Kreditinstitute, deren Ziel in der Sicherung der Wertstabilität ihrer Währung besteht, werden folglich nur Kredite mit kurzer Laufzeit vergeben116. Da sich nicht jede Bank für die Ausgabe einer eigenen Währung entscheiden wird, prognostiziert Hayek die Entstehung zweier Arten von Kreditinstituten117: Die mit dem Geschäft der Notenemission befassten Banken („Pure Banks“) einerseits und die auf die langfristige Anlage von Mitteln spezialisierten Banken („Investment Banks“) andererseits (vgl. Abbildung 3.1 und Abbildung 3.2). Ein möglicherweise „parasitäres“ Verhalten der Investment-Banken durch inflationäre Emission fremder Währungen sieht Hayek durch eine simple private Regel unterbunden: Wenn die „Pure Banks“ den „Investment Banks“ keine Refinanzierungszusagen für ungeplante Einlösungen von mittelbar, „parasitär“ im Sinne von Hayek, emittierten Banknoten geben, müssen diese eine 100 % Reserve vorhalten118. Für Hayek besteht die Ursache vieler ökonomischer Instabilitäten in der Vermengung beider Bankleistungen in einem System staatlich geförderter fraktionaler Reservehaltung und fordert dessen Abschaffung119. Die Funktionsfähigkeit der konkurrierenden Geldemission und dem arbeitsteiligen Angebot von Bankleistungen liegt für Vertreter des Concurrent-Currencies-Ansatzes neben der Selbstkontrolle in der Konkurrenzkontrolle begründet120. Ergänzend zum jederzeitigen Einlösungsversprechen der emittierenden Bank wird die Einhaltung des Versprechens der Wertstabilität durch die jederzeitige Möglichkeit 115 Entsprechende Ausführungen finden sich mehrfach nur beiläufig, vgl. Hayek (1976 / 1990), p. 46, p. 123. 116 Vgl. Hayek (1976 / 1990), p. 47. 117 Vgl. Hayek (1976 / 1990), pp. 123 f. Hayek führt in diesem Zusammenhang auch den in der älteren deutschen Literatur verwendeten Begriff der „Depositenbank“ und „Spekulationsbank“ ein. 118 Vgl. Schüller (1977), hier S. 43. 119 Vgl. Hayek (1976 / 1990), p. 123: „And to do away with banks which, in effect, created currency without bearing any responsibility for the results has been for more than a hundred years the desideratum of economists who perceived the inherent instability of the mechanism into which we had drifted but who usually saw no hope of ever getting out of it. An institution which has proved as harmful as fractional reserve banking without responsibility of the individual bank for the money (i.e. Cheques deposits) it created cannot complain if the support by a government monopoly that has made its existence is withdrawn“. 120 Die Bedeutung des Kontrollmechanismus für Hayek wird deutlich an dem Umfang der diesbezüglichen Ausführungen, Hayek (1976 / 1990), pp. 59 – 66.

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3 Prozessorientierte Markttheorien

des Wechselns zu einem konkurrierenden Geldanbieter sichergestellt121. Als institutionelle Lösung für die konzentrierte Bereitstellung aller zur Beurteilung einer Währung relevanten Informationen, erwartet Hayek die Entstehung einer privat organisierten Börse für Währungen („Currency Exchange“). Anhand der sich dort bildenden, frei schwankenden Wechselkurse könnten Geldnachfrager unmittelbar erkennen, welche Banknoten wertstabil seien, und hierauf unmittelbar durch Abwanderung reagieren122. Ohne einen entsprechenden funktionsfähigen Preismechanismus unterblieben hingegen disziplinierende Rückkopplungen über die Menge der durch Kreditinstitute emittierten Noten123. Mittelverwendung

Mittelherkunft

 Reservehaltung  Indexierte handelbare Finanzierungkontrakte  Kurzfristige Buchkredite

 Unverzinsliche Fremdfinanzierungskontrakte (Banknoten)

 Sonstige Finanzierungskontrakte

 Umsatzerlöse  Eigenfinanzierungsmittel

Abbildung 3.1: Finanzierungs- und Investitionsstruktur der „Pure Banks“ im Sinne von Hayek

Mittelverwendung  Beliebige Finanzierungskontrakte

Mittelherkunft  Fremdfinanzierungskontrakte  Eigenfinanzierungskontrakte

Abbildung 3.2: Finanzierungs- und Investitionsstruktur der „Investment Banks“ im Sinne von Hayek

Die Übertragung des evolutionären Erklärungsansatzes auf Geld- und Finanzmärkte wird in der Literatur kritisch diskutiert124. Zu den wichtigsten Einwendungen gehören die folgenden:

121 Im Vergleich zum Free-Banking-Ansatz ist der Ansatz der Concurrent-Currencies demnach über ein strengeres System der Haftungsregelungen gekennzeichnet. 122 Vgl. Hayek (1976 / 1990), pp. 48 – 56; ferner die Erläuterungen bei Terres (1999), S. 249 – 251. 123 Ausführlich gehen Dreyhaupt / Siepmann (1978), S. 145 – 151 auf die Bedeutung flexibler Wechselkurse in Hayeks Modell ein, indem sie Währungskonkurrenz bei festen und flexiblen Wechselkursen vergleichen und zugleich einem monopolistischen, privaten Währungsangebot gegenüberstellen. Nur dann, wenn die Währungen keine perfekten Substitute sind, ist die Funktionsfähigkeit des Preismechanismus gewährleistet. 124 Kritisch zum Hayekschen Modell beispielsweise Hellwig (1985), passim.

3.2 Modellierung von Kreditinstituten auf Geld- und Finanzmärkten

173

 Mangel an empirischer Relevanz

Hayeks Ansatz der „Concurrent Currencies“ sei deshalb keine zutreffende Erklärung der Realität, weil er im Gegensatz zum Free-Banking niemals praktiziert worden ist125. Schüller tritt dieser Auffassung entgegen, denn in den Anfängen der Banknotenentstehung gegen Überlassung von Edelmetallen erfolgte eine konkurrierende Emission privater Währungen126. Allerdings konnte der Mechanismus der Selbstkontrolle in diesem System konkurrierender Notenbanken inflationäre Entwicklungen nicht verhindern. Zum gleichen Ergebnis gelangt Schüller im Rahmen der Analyse staatlich kontrollierter Banknotenemission127; auch hier kann ein Überangebot an Noten nicht wirksam verhindert werden. Im Ergebnis besteht für ihn nicht zwingend eine Überlegenheit staatlicher gegenüber privater Notenemission. Vielmehr sind für Schüller staatliche Eingriffe in Form einer Aufhebung der Einlösungsverpflichtung die wesentliche Ursache dafür, dass sich das System privater Notenbanken nicht über eine frühe Experimentierphase hinaus zu einem stabilen, an den Nachfragerinteressen orientierten System weiterentwickeln konnte128.  Hohe Informations- und Transaktionskosten

Ein System konkurrierender Notenbanken sei einer staatlich monopolistischen Notenbank darüber hinaus angesichts der mit der Verwendung unterschiedlicher Währungen verbundenen Informations- und Transaktionskosten unterlegen129. Dieses Argument wird in der Literatur mit dem Hinweis darauf entkräftet, dass mit der fortschreitenden Verwendung elektronischer Zahlungstechniken entsprechende Kosten an Bedeutung verlieren130.  Unvollständigkeit der Modellierung

Ein weiteres, gegen das Modell der „Concurrent Currencies“ angeführtes Argument richtet sich gegen die Unvollständigkeit der Modellierung des Wettbewerbsprozesses: In Hayeks Ansatz wird generell weder die Etablierung des Wettbewerbs und seine Wirkung als Mechanismus zur Erzeugung privater Regeln explizit modelliert noch die dauerhafte Funktionsfähigkeit des Wettbewerbsprozesses modellendogen erklärt131. Ob ein System miteinander konkurrierender 125 Vgl. Friedman / Schwartz (1986), pp. 45 f. Mittels empirischer Erhebungen konnten die Autoren nur ein konkurrierendes Angebot von Metallgeld in den USA (1862 – 1878) nachweisen. 126 Der Unterschied zu Hayeks Modell besteht darin, dass keine divergierende Waren bzw. Warenkörbe zu Einlösung angeboten wurden. 127 Zum Vergleich staatlicher und privater Banknotenentstehung Schüller (1977), S. 37 – 41. 128 Vgl. Schüller (1977), S. 40 f. 129 Vgl. zum Überblick Geue (1999), S. 367. 130 Ausführlich hierzu Thieme / Wacker (2002), S. 283 – 293 (m. w. Nw.) und Terres (1999), S. 268 – 277 Vaubel (1976), S. 428 weist auf die Nachfrage nach Fremdwährungskonten hin, um das Transaktions- und Informationskostenargument zu relativieren. 131 Vgl. zur grundlegenden Kritik an der Hayekschen Modellwelt Schneider (2002a), S. 223 – 227; ferner Streissler (2000), S. 81.

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3 Prozessorientierte Markttheorien

Notenbanken dauerhaft Selbsterhaltungsfähigkeit besitzt, kann dementsprechend ebenfalls nicht analysiert werden und wird folglich nicht weiter thematisiert132. Hierzu bedürfte es weiterführend einer einzelwirtschaftlichen Fundierung der Notenemission133. Gleichwohl erscheint die Beschränkung der Hayekschen Ausführungen zur Leistungserstellung durch Kreditinstitute auf die erläuterte Funktionstrennung von Notenbanken und sonstigen Banken legitim, da sich der Ansatz im Rahmen seines selbst gewählten Erklärungsziels explizit auf die Abfassung von Mustervoraussagen beschränkt.  Gefahr der Bildung von Kartellen

Nach Ansicht einiger Autoren resultiert aus der vorstehend genannten Unvollständigkeit des Modells sowie den geringen „Produktionskosten“ von Geld in einem System konkurrierender Notenbanken die Gefahr einer Kartellbildung durch formelle oder informelle Absprachen134. Wie bereits oben ausführlich erläutert, kann dieses Argument dadurch entkräftet werden, dass neben den Produktionskosten weitere Kostenarten, wie etwa die von Maßnahmen zur Vertrauensbildung, im Rahmen der „Geldproduktion“ berücksichtigt werden135. Die Gefahr einer Entstehung von Kartellen werde deshalb durch allgemeine staatliche Maßnahmen zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbsmechanismus hinreichend begrenzt136. Kennzeichnend für Hayeks Ansatz der „Concurrent Currencies“ ist im Ergebnis die Erklärung von Kreditinstituten als Institutionen zur Einkommenserzielung durch Emission privater Währungen und durch deren kontinuierliche Anpassung an sich ändernde Nachfragerpräferenzen. Vor diesem Hintergrund prognostiziert Hayek die Entstehung zweier Typen von Kreditinstituten: Während sich die „Pure Banks“ auf die Emission von Geld spezialisieren, fungieren „Investment Banks“ als Anbieter von langfristigen Geldanlagen. Im folgenden Kapitel wird der Frage nachgegangen, ob aus Sicht der Marktprozesstheorie Anhaltspunkte für die Notwendigkeit staatlichen Handelns existieren.

Vgl. Schüller (1977), S. 41 f. Ähnlich auch Engels (1977), S. 194; sowie Hellwig (1985), S. 565; erste Grundüberlegungen für eine solche Fundierung finden sich bei Engels (1969), S. 119 – 127. 134 Zum Überblick über die Argumente Terres (1999), S. 256 – 259; ferner bereits Schüller (1977), S. 41 f. 135 Vgl. oben Kapitel 2.3.2.2.1. 136 Sehr deutlich die Ausführungen bei Dreyhaupt / Siepmann (1978), S. 143 – 145 (Bereitstellung von Geld), S. 155. Ähnlich die Argumentation bei Vollmer (1996), S. 194 f. 132 133

3.3 Beschränkung staatlicher Maßnahmen

175

3.3 Beschränkung staatlicher Maßnahmen auf die Gestaltung institutioneller Rahmenbedingungen Entsprechend der zentralen Prämisse evolutorischer Markttheorien, der fundamentalen Unwissenheit der ökonomisch Handelnden und damit der Indeterminiertheit der zu modellierenden Welt, nehmen Vertreter der Marktprozesstheorie auch hinsichtlich der Notwendigkeit staatlicher Maßnahmen einerseits und deren inhaltlicher Ausgestaltung andererseits eine zurückhaltende Position ein. Für die weiteren Ausführungen erscheint eine Klassifikation von Regeln zur Organisation und Kontrolle des Marktprozesses entsprechend ihrer steigenden Eingriffsintensität137 sinnvoll (vgl. Abbildung 3.3).

Zunehmende Eingriffsintensität

Art der Organisationsregel

Erscheinungsform

Markt- und Wettbewerbskontrolle

 Plankoordination auf der Grundlage eines funktionsfähigen Preissystems  Selektionsprozess aufgrund von relativen Effizienzunterschieden  Innovationsprozess zur Verbesserung der Marktergebnisse und zur Verhinderung von Marktmacht

Selbstkontrolle

 Individuelle Vertragsgestaltungen  Kollektive Vertragsgestaltungen

Staatskontrolle

 Kodifikation institutioneller Rahmenbedingungen  Kodifikation branchenspezifischer Regeln

Abbildung 3.3: Klassifikation von Regeln zur Organisation von Marktprozessen entsprechend ihrer Eingriffsintensität

Die geringste Eingriffsintensität weisen die sich herausbildenden Kontrollregeln zur Erfüllung der Funktionen des Markt- und Wettbewerbsprozesses auf. Diese lassen sich unterscheiden in Regelungen zur Etablierung eines funktionierenden Preissystems, auf deren Grundlage eine Koordination individueller Angebots- und Nachfragepläne erfolgen kann und Regelungen, mit denen der wettbewerbsmäßige Selektions- und Innovationsprozess seine Funktionen erfüllen kann. Eine mittlere Eingriffsintensität weisen Maßnahmen aus, die sich als spontane Ordnung zur Selbstkontrolle bilden138: Hierbei kann es sich um individuelle vertragliche Lösungen oder um Lösungsansätze von Gruppen handeln. Die Stufe der höchsten Eingriffsintensität von Regelungen bilden staatliche Kontrollregelungen: Während die 137 Vgl. ausführlich Fey (2006), S. 19 – 44; ähnliche Überlegungen finden sich auch bei Klische (1995), S. 88 – 142. 138 Vgl. Fey (2006), S. 26 – 36.

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3 Prozessorientierte Markttheorien

Kodifikation institutioneller Rahmenbedingungen geboten ist, sollen branchenspezifische Sonderregelungen nur subsidiär zu den beiden anderen Regelungsformen kodifiziert werden. Vertreter der Marktprozesstheorie sehen in der von Eigeninteressen geleiteten Verhaltensweise politischer Entscheidungsträger die Ursache für diese grundsätzlich pessimistische Beurteilung staatlichen Handelns139. In dem vorstehend erläuterten Untersuchungsansatz der „Concurrent Currencies“ werden staatliche Maßnahmen zur Regelung von Prozessen auf finanziellen Märkten kategorisch abgelehnt: Zur Emergenz und Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Geldordnung bedarf es nicht einmal der Existenz staatlicher Entscheidungsträger, da bei wirksamer Selbst- und Wettbewerbskontrolle Geld spontan durch Private angeboten wird140. Folglich finden sich bei Hayek nur wenige Überlegungen zu den Möglichkeiten einer Legitimation branchenspezifischer staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten. Diese beziehen sich im Wesentlichen auf die Sicherung ausgewählter allgemeiner institutioneller Rahmenbedingungen, innerhalb derer die oben dargestellten Mechanismen der Selbst- und Wettbewerbskontrolle ihre disziplinierende Rolle entwickeln können141. Nur sehr vage konstatiert Hayek demgegenüber einen Bedarf an bankspezifischen Rahmenbedingungen und wendet sich ausdrücklich gegen jede Art direkter staatlicher Eingriffe, da diese dem wettbewerblichen Prozess des Suchens und Experimentierens gerade entgegen stehen142. Auch Vertreter des Free-Banking-Ansatzes betonen, dass keine überzeugende Argumentation für die Überlegenheit zentraler Regeln und insbesondere zentraler staatlicher Regelungen zur Verfügung gestellt werden können. Lediglich ein kleiner Teil der Autoren vertritt die Auffassung, dass hinsichtlich der Kostenstruktur für die Liquiditätsreservehaltung die Voraussetzungen des natürlichen Monopols vorlägen und deshalb auch aus marktevolutionärer Perspektive die Entwicklung hin zu einer zentralen Notenbank zu erwarten sei143. Ebenfalls eine Mindermeinung repräsentie139 Für einen ausführlichen Überblick über die verschiedenen Ansätze zur Erklärung unternehmerischen Verhaltens durch Politiker vgl. Horsch (2008), S. 68 – 79. Horsch gelangt zu dem Ergebnis, dass staatliche Marktregeln das Ergebnis unternehmerisch handelnder Politiker darstellen. 140 Vgl. Schüller (1977), S. 28. 141 Vgl. Hayek (1976 / 1990), p. 46. Hierzu gehören – durch Hayek explizit genannt – nur der Schutz vor betrügerischem Verhalten und die Gewährung eines gesetzlichen Markenschutzes zur Kennzeichnung der einzelnen Noten. Weitergehend die Überlegungen bei Schüller (1977), S. 31 f. Unter Hinweis auf Hume und Say erachtet Schüller darüber hinaus „die Beständigkeit des Besitzes, seine Übertragung durch Übereinkunft und die Erfüllung von Versprechen“ (S. 32) als durch den Staat zu sicherndes Verhalten auf finanziellen Märkten. 142 Vgl. Hayek (1976 / 1990), p. 129. Allgemeiner zur Bedeutung des Wettbewerbs als einem wissenschaffenden Prozess bei Hayek Vanberg (2005), S. 12; ähnlich auch die Weiterentwicklung entsprechender Überlegungen durch Paul / Horsch (2004), S. 716 f. und Paul / Horsch (2005), S. 20 – 24. 143 Für eine Übersicht über die Diskussion vgl. Vollmer (1996), S. 194 f. (m. w. Nw.); zur kritischen Würdigung der Voraussetzungen des natürlichen Monopols vgl. die Ausführungen oben Kapitel 2.2.1.

3.3 Beschränkung staatlicher Maßnahmen

177

ren diejenigen, die die evolutionäre Entstehung einer zentralen Notenbank aus dem als private Regel zur Reduktion des Insolvenzeintrittsrisikos eingeführten NotenClearing heraus erwarten144. Würde dieses Noten-Clearing durch ein eigenständiges Clearing House durchgeführt, könnten sich die partizipierenden Banken zwar untereinander gegen unerwartete Konvertibilitätsforderungen versichern, müssten sich aber gegen opportunistisches Verhalten der Mitglieder schützen, indem freiwillige geschäftspolitische Beschränkungen der Kreditinstitute und regelmäßige Kontrollen durch das Clearing House verabredet würden145. Beide Gruppen vertreten allerdings die Auffassung, dass der Staat, wenn er die sich möglicherweise entwickelnden zentralen privaten Maßnahmen durch Staatliche ersetzt, gerade nicht zur Beseitigung ökonomischer Missstände, sondern zur Verwirklichung verschiedener unternehmerischer Ziele in das Bankwesen eingreift und dabei destabilisierende Wirkungen entfaltet146. Als mögliche Motive für den Eingriff des Staates in das wettbewerbliche Notenbankensystem werden in der Literatur die folgenden diskutiert:  Originäre Einkommenserzielungsabsicht staatlicher Entscheidungsträger147

Durch private Notenausgabe reduziert sich die Nachfrage nach staatlichem Münzgeld, über das der Staat infolge des Münzregals Einnahmen erzielt, sukzessive auf ein geringes Maß. Um weiterhin an den ökonomischen Vorteilen der Geldemission partizipieren zu können, ist eine Verstaatlichung und Zentralisierung der Notenemission rational148. Neben diesem rigiden Eingriff, mit dem zumeist die real existierenden Perioden des Free-Banking beendet wurden, besteht eine Alternative zur staatlichen Einnahmeerzielung in der Verpflichtung der Kre144 Zu den prominenten Vertretern dieser These gehört Schumpeter, vgl. Schumpeter (1970), S. 159: „Kaum jemals arbeiten die Banken unverbunden nebeneinander. Von allem Anfang des Bankwesens … war vielmehr der zwischenbankliche Forderungsaustausch oder die besonders organisierte zwischenbankliche Skontration (Clearing) das Herz des Bankwesens und der wesentliche Tragbalken des Gebäudes der Bankzahlungsmittel … Wo immer es eine Mehrheit von Banken gibt, tritt das Clearinghouse auf und, sowie es einmal da ist, zeigt es die Tendenz zu einer Superbank … [Hervorhebungen im Original]“. Ähnlich erfolgt die Argumentation von Richter (1990c), insbes. S. 337 f. und S. 342. Auch Geue sieht die Gefahr von Bankkartellen und fordert entsprechende staatliche Sanktionen, vgl. Geue (1999), S. 353. 145 Zur kritischen Übersicht über die diesbezügliche Argumentation vgl. Vollmer (1996), S. 195 – 198. Allgemeiner zu diesem als „derivativem“ Moral Hazard bezeichneten Effekt Fest (2008), S. 178 – 184. 146 Staatliche Eingriffe in das Geldwesen führen zu sogenannten „Regulierungsspiralen“; sehr deutlich hierzu Vollmer (1996), S. 199 f. 147 Zu diesem Ergebnis kommt bereits Vera Smith, vgl. Smith (1936 / 1990), zusammenfassend p. 167; ferner jetzt die Beiträge von Dowd (1996a), pp. 18 – 20; Vollmer (1996), S. 201 f. und S. 202 f.; Geue (1997), S. 276 f.; Glasner (1998), pp. 27 – 32. Allgemeiner zu diesem Problem des „Staatsversagens“ Fey (2006), S. 36 – 38. 148 Zur Bedeutung entsprechender Motive bei der Zentralisierung und Verstaatlichung der Notenbanken durch Gründung der Reichsbank in Deutschland vgl. Kaserer (1998), S. 140 – 145.

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3 Prozessorientierte Markttheorien

ditinstitute zur Übernahme staatlicher Finanzierungskontrakte149. Während hiermit vermeintlich die Sicherheit der Kreditinstitute erhöht werden sollte, diente die Maßnahme tatsächlich häufig zur Finanzierung besonderer staatlicher Ausgaben (z. B. der Kriegsfinanzierung) und erhöhte im Ergebnis die Zahl der Bankinsolvenzen, da die Kreditinstitute an einer die Konvertibilitätswünsche ihrer Kunden reflektierenden Anlagepolitik gehindert wurden150.  Schutz bestimmter Gruppen von Noteninhabern151

Die Notwendigkeit einer monopolistischen staatlichen Notenausgabe wird auch mit der Unfähigkeit sozial schwacher Noteninhaber begründet, zwischen den Noten solider und unsolider Banken zu differenzieren. Diese Begründung entzieht sich einer ökonomischen Analyse152, da sie Ausdruck sozialpolitischer Zielsetzungen ist.  Derivative Einkommenserzielungsabsicht staatlicher Entscheidungsträger infolge der Einflussnahme bestimmter Interessengruppen153

Staatliche Eingriffe zur Zentralisierung der Notenausgabe können die Grundlage einer weitergehenden Regulierungsspirale in der Kreditwirtschaft bilden, wenn bestimmte Interessengruppen zur Einkommenssicherung weitergehende staatliche Maßnahmen nachfragen154. Auf der Grundlage der vorgestellten Untersuchungsansätze zur Erklärung von Prozessen auf Finanzmärkten lassen sich über die Gestaltung der institutionellen Rahmenbedingungen hinausgehende staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten nicht begründen. Vertreter der Marktprozesstheorie stehen staatlichen Maßnahmen, die über eine Aufrechterhaltung der Funktionsbedingungen für Markt- und Wettbewerbsprozesse hinausgehen, wegen möglicher – aus dem unternehmerischen Handeln politischer Entscheidungsträger resultierender – unerwünschter Effekte kritisch gegenüber und betonen die Überlegenheit privater, sich im Wettbewerbsprozess entwickelnder Selbstregulierungsmaßnahmen. Wie diese Regeln zwischen kon149 In den USA war phasenweise eine 100 %ige Deckung der Noten durch Staatsschuldverschreibungen vorgeschrieben, vgl. hierzu Neldner (1989), S. 553. 150 Im Zusammenhang mit der Reglementierung der Anlagepolitik von Versicherungsunternehmen weist hierauf Schneider hin, vgl. Schneider (1983), insbes. S. 5 – 18. 151 Vgl. Smith (1936 / 1990), p. 176. 152 Sehr deutlich schon der Hinweis bei Smith (1936 / 1990), p. 177: „Whether or not we accept it is not dependent on economic analysis, and it is a question we cannot decide on scientific grounds“. 153 Vgl. Dowd (1996), p. 20. 154 Vgl. Schneider (2002a), S. 230 f. Weiterführend zu politökonomischen Aspekten der Bankregulierung unter dem Stichwort „Regulierungshypertrophie“ Kaserer (1998), S. 121 – 139; Grichnik (2002), S. 337 – 358; Kaserer (2006), S. 73 – 77 und unter dem Stichwort der „Interventionsketten“ Fey (2006), S. 215 – 270. Allgemeiner zur Einflussnahme politischer Interessengruppen auf staatliche Entscheidungsträger Daumann (1999), S. 171 – 206 und Eickhof (1986a), S. 122 – 137.

3.3 Beschränkung staatlicher Maßnahmen

179

kurrierenden Kreditinstituten entstehen, bleibt allerdings vage. Dies liegt nicht zuletzt in der unzureichenden einzelwirtschaftlichen Analyse kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung begründet. Die Ausführungen in den Kapiteln 2 und 3 haben einen Überblick und eine kritische Reflexion verschiedener ökonomischer Untersuchungsansätze zum Ziel gehabt, auf deren Grundlage eine Legitimation staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten mit dem Argument des „Marktversagens“ grundsätzlich denkbar erscheint. Die Ergebnisse lassen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu: Bereits die in Kapitel 2 vorgestellten marktgleichgewichtsorientierten Ansätze gelangen in Abhängigkeit von der Art der modellierten kreditwirtschaftlichen Leistungserstellung zu einer divergierenden Einschätzung der Notwendigkeit staatlichen Handelns zur Korrektur unterschiedlicher Erscheinungsformen von Marktversagen auf Finanzmärkten. Noch uneinheitlicher wird das Ergebnis unter Berücksichtigung der Erkenntnisse von Vertretern der Marktprozesstheorie. Ausgehend von der These, dass Marktgleichgewichte allenfalls temporäre Erscheinungen darstellen, betonen sie die Bedeutung von Markt- und Wettbewerbsprozessen zur Regelung von Austauschhandlungen auf Märkten. Diese würden zusätzlich die Entstehung von Selbstregulierungsmaßnahmen der Tauschpartner initiieren und die Aufgabe des Staates sei – auch wegen der Gefahr eines „Staatsversagens“ – auf die Kodifikation und Kontrolle der Einhaltung institutioneller Rahmenbedingungen zu beschränken. Aufgrund dieser unbefriedigenden Ergebnisse wird im folgenden Kapitel 4 der Frage nachgegangen, welche theoretische Fundierung des zweiten zur staatlichen Beaufsichtigung von Kreditinstituten herangezogenen Arguments, dem des „Gläubigerschutzes“, möglich ist.

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten 4.1 Alternativen für eine positive Analyse staatlicher Maßnahmen Die Ausführungen in Kapitel 2 haben verdeutlicht, dass im Rahmen ökonomischer Marktgleichgewichtstheorien keine geschlossene Theorie zur Erklärung der durch Kreditinstitute als Finanzintermediäre i. e. S. erbrachten Transformationsleistungen vorliegt und auch die Modellierung eines Marktversagens auf Finanzmärkten mit Kreditinstituten diversen kritischen Einwendungen ausgesetzt ist1. Aufgrund dieser eingeschränkten Möglichkeiten zur Erklärung von Ursache-WirkungsZusammenhängen auf unvollkommenen Finanzmärkten mit Finanzintermediären ist auch die Ableitung von Aussagen über Ziel-Mittel-Zusammenhänge zur theoretischen Fundierung staatlicher Maßnahmen in der Kreditwirtschaft nur innerhalb des aufgezeigten engen Rahmens möglich. Darüber hinaus hat die marktprozesstheoretische Kritik an den Prämissen und der Methodik des marktgleichgewichtsorientierten Untersuchungsansatzes2 sehr deutlich die Grenzen für eine Übertragung entsprechender theoretischer Ergebnisse zur Legitimation und Ausgestaltung realer wirtschaftspolitischer Maßnahmen gegenüber realen Kreditinstituten aufzeigen können. Angesichts dieser Grenzen für eine normative Analyse staatlicher Maßnahmen im Rahmen von Marktgleichgewichtsmodellen – nicht nur speziell für Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten – haben sich in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur unter dem Oberbegriff „positive Analyse staatlicher Maßnahmen“ alternative Untersuchungsansätze herausgebildet. Deren Gegenstand ist die ökonomische Analyse existierender staatlicher Maßnahmen3. Ursächlich für das fortschreitende Inte1 Kritisch zur Begründung staatlicher Maßnahmen über das Argument des Marktversagens in der Kreditwirtschaft Knorr (1999), S. 353 – 359; ferner Spierings (1990), pp. 96 – 102. Zu einer skeptischen Einschätzung der Leistungsfähigkeit speziell der neoklassischen Finanzierungstheorie zur Erklärung „in der Realität anzutreffender Gegebenheiten wie z. B. Finanzintermediäre, Gläubigerschutzregelungen …“ gelangt auch Bitz (1988b), S. 68 f. 2 Vgl. insbesondere Kapitel 2.4; ferner auch Horsch (2009), S. 612 – 616. 3 Für einen Überblick vgl. stellvertretend für viele Klump (2006), S. 73 – 83 und S. 278 – 292. Im Rahmen kreditwirtschaftlicher Untersuchungen erfolgt eine Gegenüberstellung von normativem und positivem Untersuchungsansatz beispielsweise bei Markel (2010), S. 28 – 48; Fest (2008), S. 26 – 33 und S. 175 – 205 zur Einführung eines effizienzorientierten Bezugsrahmens zur Analyse staatlicher Maßnahmen; ferner Steden (2002), S. 25 – 28.

4.1 Alternativen für eine positive Analyse staatlicher Maßnahmen

181

resse an einer positiven Analyse staatlicher Maßnahmen ist außerdem die Infragestellung des Leitbildes des in normativen Analysen stets gemeinwohlorientiert handelnden Staates und seiner Repräsentanten4. Vertreter eines Teilbereichs des positiven Untersuchungsansatzes sind deshalb der Auffassung, dass auch Politiker eigennützig handeln und die Existenz und konkrete Ausgestaltung staatlicher Maßnahmen Ausdruck entsprechender Maximierungskalküle von Maßnahmen anbietenden Politikern und Maßnahmen nachfragenden politischen Gruppierungen ist5. Entsprechende Ansätze werden häufig unter dem Begriff „Neue Politische Ökonomie6“ zusammengefasst und die Existenz von staatlichen Maßnahmen auf „Staats- oder Politikversagen7“ zurückgeführt. Zwar erscheint ein Rückgriff auf positive Untersuchungsansätze zur Erklärung der Entstehungsprozesse realer staatlicher Maßnahmen in der Kreditwirtschaft – aufgrund der dort zahlreich vorhandenen Interessengruppen – grundsätzlich sinnvoll8, er bildet im Rahmen dieser Arbeit gleichwohl nicht den Schwerpunkt der weiteren Ausführungen. Denn trotz des vollzogenen Perspektivenwechsels bleibt die „Neue Politische Ökonomie“ methodisch im gleichgewichtstheoretischen Ansatz verankert, da an die Stelle Gewinn maximierender Unternehmer Stimmen maximierende Politiker treten. 4 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zu den marktprozesstheoretischen Ansätzen oben Kapitel 3. An die Stelle der „Public Interest Theory“ müsste eine „Self Interest Theory“ der Regulierung treten; speziell vor dem Hintergrund staatlicher Maßnahmen in der Kreditwirtschaft vgl. hierzu Fey (2006), S. 174 – 214 und Spierings (1990), pp. 93 – 95. 5 Vgl. allgemein Picot (2008), S. 24 – 28 und Eickhof (1997), S. 564 – 566 sowie Eickhof (2000), insbes. S. 3 – 5; für eine Übertragung der „Capture Theory of Regulation“ auf die Kreditwirtschaft vgl. Dötz (2002), S. 52 – 64. Auf diese Möglichkeit einer Erklärung der Existenz staatlicher Maßnahmen in der Kreditwirtschaft weist bereits Schneider (1987), S. 85 hin. Zur Übertragung des auf Kane zurückgehenden Ansatzes der „Theorie der regulatorischen Dialektik“ auf die Kreditwirtschaft vgl. Münzer (1992), S. 103 – 114. Zur Regulierungsarbitrage auf Finanzmärkten Schneider (1986b), hier insbes. S. 156 – 160 sowie S. 170 – 174 sowie sehr deutlich bereits Stützel (1976), S. 1064: „Im Wettrennen zwischen Kaufleuten und Beamten sind die freien Kaufleute immer die schnelleren und findigeren … An rechtlichen Institutionen im Bereich einer Wirtschaft, die den Akteuren grundsätzlich die freie Wahl beläßt, in welche Formen sie ihre Transaktionen und Organisationen kleiden, bewähren sich stets nur solche, die allen an der Formwahl Beteiligten wirtschaftliche Vorteile bringen“. 6 Grundlegend Buchanan (1988), passim; für einen Überblick über verschiedene Ansätze der „Neuen Politischen Ökonomie“ ferner Bernholz / Breyer (1994), passim. 7 Ausführlich für einen Überblick über die Theorien des Staats- bzw. Politikversagens Bartholomé (1989), S. 93 – 123 (m. z. w. Nw.); ferner bereits Watrin (1986), insbes. S. 12 – 26; zur Analyse eines „Staatsversagens“ speziell in der Kreditwirtschaft Knorr (1999), S. 359 – 365. 8 Zur entsprechenden Erklärung der Regulierungsdichte in der Kreditwirtschaft ausführlich und kritisch Kaserer (2006), insbes. S. 73 – 83 (m. w. Nw.) und Freytag (2001), insbes. S. 221 – 226; speziell zur Bedeutung der Interessenverbände in der Kreditwirtschaft vgl. bereits Liepmann (1980), insbes. S. 79 – 131 (Koalition politischer Gruppierungen in der Kreditwirtschaft zum Zwecke des Produzentenschutzes); ferner Grichnik (2002), S. 337 – 358; allgemein zur ökonomischen Analyse von Interessenverbänden ausführlich Daumann (1999), insbes. S. 184 – 193 (m. z. w. Nw.).

182

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Angesichts dieser methodischen Bedenken gegen eine marktorientierte positive ökonomische Analyse staatlicher Aktivitäten wird im Folgenden eine einzelwirtschaftliche Untersuchungsperspektive eingenommen. Hiermit verlagert sich der bisherige Untersuchungsschwerpunkt von der Begründung staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten über den Nachweis unterschiedlicher Erscheinungsformen von „Marktversagen auf Finanzmärkten“ auf einen anderen Bereich. In dessen Mittelpunkt wird die theoretisch fundierte ökonomische Analyse des sowohl in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur9 als auch in der rechtswissenschaftlich10 fundierten Regulierungspraxis immer wieder zur Legitimation staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten herangezogenen zweiten Arguments, der „Notwendigkeit eines speziellen Bankgläubigerschutzes“, stehen. Mit dem risikotheoretischen Untersuchungsansatz von Stützel existiert ein geeigneter Ansatz für eine entsprechende einzelwirtschaftliche Analyse: Er ermöglicht eine Erklärung verschiedener durch idealtypische Kreditinstitute als Finanzintermediäre i. e. S. erbrachter Transformationsleistungen einerseits und eine Differenzierung unterschiedlicher Erscheinungsformen von Bankgläubigerrisiken andererseits. Diese verschiedenen Risiken von Bankgläubigern bilden dann die Grundlage zur Verdeutlichung der Ansatzpunkte für eine zielgerichtete Gestaltung staatlicher Maßnahmen und können darüber hinaus zur kritischen Reflexion bestehender staatlicher Maßnahmen herangezogen werden. Im folgenden Kapitel wird der risikotheoretische Ansatz zunächst allgemein erläutert, um daran anschließend eine Übertragung auf die zwischen Kreditinstituten und Geldgebern eingegangene Finanzierungsbeziehung vorzunehmen.

4.2 Einordnung des risikotheoretischen Ansatzes Begründer des risikotheoretischen Untersuchungsansatzes ist Stützel11, der selbst zunächst den Begriff des „entscheidungstheoretischen“ Untersuchungsansatzes ver9 Einen Überblick über die unterschiedlichen hierzu angeführten Argumente geben Fest (2008), S. 69 – 72 und Dötz (2002), S. 10 – 22; ferner bereits Erdland (1981), insbes. S. 15 – 40. Lach (2003), S. 29 – 32 ordnet die Begründung staatlicher Maßnahmen zum Schutz von Bankgläubigern hingegen dem Bereich der außer-ökonomischen Begründungen zu. Kritische Überlegungen zur gesetzlichen statt privaten Regelung des Anlegerschutzes finden sich darüber hinaus bereits bei Stützel (1976), S. 1062 – 1064. Stützel weist darauf hin, dass erste gläubigerschützende Maßnahmen in der Kreditwirtschaft freiwillig seitens der Genossenschaften aus Gewinnstreben aller Beteiligten eingeführt wurden (vgl. S. 1063). 10 Zur Ableitung der Schutzbedürftigkeit von Bankkunden aus dem allgemeinen Verbraucherschutz vgl. Kümpel (2005), S. 1 – 8; ferner Heidrich (2000), insbes. S. 44 – 54 (Grundlagen) und S. 54 – 260 (verschiedene Erscheinungsformen); ausführlich auch Niethammer (1990), S. 90 – 158. 11 Zu einer Gesamtwürdigung des wissenschaftlichen Werkes von Stützel vgl. die anlässlich seines 100. Geburtstages erschienene Festschrift von Schmidt / Ketzel / Prigge (2001).

4.2 Einordnung des risikotheoretischen Ansatzes

183

wendet12. Die Einführung der beiden in der Literatur ebenfalls vorzufindenden Termini des „bestandsökonomischen“ und „risikotheoretischen“ Ansatzes geht hingegen auf seine Schüler Krümmel und Bitz zurück13. Im Rahmen dieser Arbeit sollen alle drei Bezeichnungen für den im Folgenden näher darzustellenden Untersuchungsansatz synonym verwendet werden. Die Forcierung der entscheidungstheoretischen Analyse in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung durch Stützel lässt sich bei einer Gesamtbetrachtung seines wissenschaftlichen Werkes auf zwei wesentliche Ziele zurückführen:  Das erste Ziel besteht in der Überwindung der sich durch zunehmende Formalisierung ökonomischer Modelle verstärkenden Dichotomie zwischen Rechts- und Wirtschaftswissenschaften14. In Stützels Werk finden sich dementsprechend zahlreiche wissenschaftliche Beiträge mit Fragestellungen im Schnittstellenbereich beider Disziplinen15. Gelegentlich wird Stützel deshalb auch als Begründer der „ökonomischen Analyse“ des Rechts in Deutschland bezeichnet16 und ist als wichtiger Wegbereiter einer interdisziplinären Forschung zu sehen.  Das zweite Ziel besteht in Skepsis gegenüber der neoklassischen Untersuchungsmethode. In seiner Habilitationsschrift wendet sich Stützel ausdrücklich gegen den neoklassischen Ansatz: Er verweist hierzu auf die generelle Problematik der Transformation menschlichen Verhaltens in mathematische Ausdrücke17 und distanziert sich speziell von der Variationsmethode bzw. der Marginalanalyse im Rahmen der allgemeinen Gleichgewichtsanalyse, da er die hierfür notwendigen weiteren Verhaltensannahmen über Reaktionen von Wirtschaftssubjekten auf bestimmte Aktionen für problematisch hält18. Stützel lehnt konsequenterweise eine Vgl. Stützel (1966), S. 773 – 780. Vgl. beispielsweise Krümmel (1966), hier insbes. S. 134 – 143 (von Krümmel wird „Bestandsökonomie“ als adäquate Übersetzung für die englische Bezeichnung „asset preference“ gewählt) und Bitz (1988b), hier insbes. S. 69. 14 Grundlegend hierzu Stützel (1966), S. 769: „Dem äußeren Anschein nach hat … die Entfremdung zwischen Rechts- und Wirtschaftswissenschaft einen extremen Grad erreicht … Eine nähere Prüfung scheint mir jedoch zu ergeben, daß … eine neue Begegnung zwischen den beiden Disziplinen möglich, ja notwendig wird“; später zusammenfassend ferner Stützel (1978), S. 107 – 120, hier insbes. S. 119: „Wird sich die Wirtschaftstheorie ihrer Aufgabe als Theorie der Wirtschaftspolitik ganz bewußt, so wird sie erkennen, daß sie letztlich nichts anderes ist als Rechtspolitik …“ 15 Als besonders wichtige Beiträge sei hier auf Stützel (1967) und (1975a) hingewiesen. 16 Vgl. Schmidt (2001), S. 10. 17 Vgl. Stützel (1953 / 1979), S. 19. Seine Untersuchungen sind unabhängig von Prämissen über das Verhalten der ökonomisch Handelnden, wie es in der „Homo-oeconomicus-Klausel“ zum Ausdruck kommt; zur Skepsis gegenüber der Marginalanalyse vgl. auch Stützel (1975c), Sp. 4422 f. 18 Vgl. Stützel (1953 / 1979), hier S. 20. Zur Bedeutung des Marktgleichgewichtsdenkens im neoklassischen Ansatz sehr deutlich Jansen (2004a), S. 407 f. 12 13

184

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Weiterentwicklung der Modellierungen menschlichen Verhaltens ab und wendet sich ökonomischen Bestandsgrößen und den Zusammenhängen zwischen einzelund gesamtwirtschaftlichen ökonomischen Größen zu19. Diese Skepsis gegenüber der neoklassischen Methode bildet eine erste Grundlage für die Entwicklung des entscheidungstheoretischen Untersuchungsansatzes. Zur Erklärung der Bestandshaltung systematisiert Stützel zunächst die Gründe, aus denen heraus Wirtschaftssubjekte periodenübergreifend Bestände von Sachvermögensgegenständen halten20 (vgl. Abbildung 4.1): Zum einen sind die mit der Vermögensbestandshaltung verbundenen Motive abhängig vom Informationsstand des betreffenden Wirtschaftssubjektes bezüglich der künftigen Umweltentwicklungen. Dieser kann vollständig oder unvollständig sein. Zum anderen bilden die Annahmen über die Strukturmerkmale der für relevant erachteten Planungsperioden eine Einflussgröße auf die mit der Bestandshaltung verfolgten Zwecke. Planungsperioden können homogene oder heterogene Strukturmerkmale aufweisen. Durch Kombination beider Motive ergeben sich die in Abbildung 4.1 systematisierten vier Erscheinungsformen für eine periodenübergreifende Bestandshaltung. Informationsstand des Wirtschaftssubjektes

Struktur der Planungsperioden Homogen

Heterogen

Vollständige Information

1

3

Unvollständige Information

2

4

Abbildung 4.1: Erscheinungsformen periodenübergreifender Bestandshaltung

Ziele der Bestandshaltung in Variante 1, bei vollständiger Information der Wirtschaftssubjekte über zukünftige Entwicklungen und bei Homogenität der betrachteten Planungsperioden, bestehen in dem Gebrauch der entsprechenden Vermögensgegenstände oder in der Einsparung von bei der Synchronisation von Zu- und Abfluss der Vermögensgegenstände entstehenden Kosten21. Gibt man die Prämisse homogener Planungsperioden auf, dann kann Bestandshaltung in Variante 3 zusätzlich aufgrund exogener Gegebenheiten notwendig sein. Aus der Variation der Prämisse vollständiger Information ergibt sich für die Variante 2 der Bestandshaltung die spekulative Einkommenserzielung als neues Motiv. Werden schließlich sowohl die Prämisse betreffend des Informationsstandes als auch der Struktur der Planungsperioden variiert, dann können als ergänzende Motive für die Erklärung einer Bestandshaltung in Form der Variante 4 Vorsichtsgründe angeführt werden. 19 Vgl. Stützel (1953 / 1979), grundlegend insbes. S. 9 – 44. Der Titel der ersten Auflage lautete zur Verdeutlichung: „Volkswirtschaftliche Saldenmechanik“. 20 Die Bezeichnung als bestandsökonomischer Ansatz wird angesichts dieses Arbeitsschwerpunktes verständlich. 21 Bestandshaltung von Sachvermögensgegenständen ist demnach auch im Rahmen des neoklassischen Untersuchungsansatzes erklärbar.

4.2 Einordnung des risikotheoretischen Ansatzes

185

Nachdem für Stützel die Gründe für das Halten von Vermögensbeständen unter unterschiedlichen Prämissen ökonomisch erklärt werden können, stellt sich für ihn die weitergehende Frage nach ihrer Klassifikation und Bewertung, um bei Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen die Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Varianten der Bestandshaltung ökonomisch zu fundieren22. Das hierzu geeignete Instrumentarium sucht Stützel in der Entscheidungstheorie, so dass die von ihm ursprünglich gewählte Bezeichnung seines Ansatzes als „entscheidungstheoretischer“ sinnvoll erscheint. Da nur Entscheidungssituationen betrachtet werden, in denen die ökonomisch Handelnden zukünftigen Umweltzuständen eindeutige Eintrittswahrscheinlichkeiten und mit der Bestandshaltung jeweils verbundene Ergebnisse in einer Entscheidungsmatrix zuordnen können23, ist die von Bitz eingeführte Terminologie des „risikotheoretischen Ansatzes“ ebenfalls sinnvoll24. Stützel lehnt für seine angestrebte Klassifikation unterschiedlicher Arten von Bestandshaltung Methoden ab, die mit der Bestandshaltung verbundene unsichere Ergebnisse auf eine Kennzahl reduzieren und damit eine typisierende Durchschnittsbetrachtung vornehmen25. Da mit dieser Vorgehensweise Störungen und positive oder negative Abweichungen von der durchschnittlichen Entwicklung einer weiteren ökonomischen Analyse nicht mehr zugänglich gemacht werden können, favorisiert Stützel statt dessen die Abbildung der vollständigen Unsicherheits- oder Chance-Risiko-Struktur der mit einem bestimmten Vermögensbestand verbundenen Ergebnisse26. Hierzu werden die Ergebnisse – beginnend mit dem niedrigsten Wert – der Höhe nach geordnet und die ihnen zugeordneten Wahrscheinlichkeiten kumulativ abgetragen, so dass man zur Verteilungsfunktion der Ergebnisse gelangt27. In der graphischen Darstellungsform wird die durch die Verteilungsfunktion der Ergebnisse FD ðDÞ visualisierte Unsicherheitsstruktur eines Vermögensbestandes als Risikoprofil bezeichnet28. Abbildung 4.2 zeigt zwei beispielhaft mögliche Verläufe von Risikoprofilen, wobei auf der Abszisse die mit D bezeichneten Ergebnisse und auf der Ordinate die mit P bezeichneten kumulierten Wahrscheinlichkeiten ab22 Vgl. Stützel (1966), hier S. 773 – 780 (optimale Bestandsdisposition) und S. 784 – 789 (Bewertungstheorie). 23 Vgl. Stützel (1970), S. 9 f. und S. 23 sowie Stützel (1975a), S. 116 – 118. 24 Vgl. beispielsweise Bitz (1988a), insbes. S. 13 – 15 und Bitz (1988b), insbes. S. 67 – 70. 25 Vgl. Stützel (1966), hier S. 770; ausführlich bereits im Rahmen seiner durch Stützel betreuten Dissertation Arnold (1964), S. 111 – 139, sehr deutlich S. 139: „Das Verfahren, die Qualität von Positionen nur durch eine einzige Kennziffer zu beschreiben und als Verhaltensnorm zu unterstellen, … läßt uns somit blind für die Erklärung und Beschreibung der als Testphänomen herausgegriffenen Maßnahmen, Instrumente und Institutionen des Finanzierungswesens“. 26 Vgl. Stützel (1966), S. 771; Stützel (1970), S. 9 f.; Stützel (1975a), S. 117 – 121; ferner Arnold (1964), insbes. S. 17 – 20. Krümmel (1976b), Sp. 495 und Bigus (2003), S. 436 verwenden stattdessen den Begriff der „Erwartungsstruktur“. 27 Zu alternativen Ordnungsregeln Arnold (1964), S. 17 f. Ursprünglich erfolgte die Ordnung der Ergebnisbeiträge bei Stützel beginnend mit dem höchsten Ergebnis. 28 Zu dieser Terminologie insbesondere Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 211 – 213.

186

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

getragen werden. Vorteile der Verwendung dieser Risikoprofile resultieren aus besonders anschaulichen Interpretationsmöglichkeiten29: Für den Punkt A gibt der Wert der Verteilungsfunktion ðPA Þ die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass ein bestimmtes Ergebnis DA höchstens erreicht wird. Der aus der Graphik ebenfalls unmittelbar ablesbare Wert der Gegenwahrscheinlichkeit gibt die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass die Ergebnisse größer als DA ausfallen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis DA exakt eintritt, kann bei stetigem Verlauf des Risikoprofils sowohl mit der Wahrscheinlichkeit als auch mit der Gegenwahrscheinlichkeit quantifiziert werden.

\

\

\

Abbildung 4.2: Risikoprofile als Darstellungsform der Unsicherheitsstruktur von Vermögensbeständen

Mit den Risikoprofilen kommt zunächst lediglich eine Ordnung der mit einem beliebigen Vermögensbestand verbundenen Ergebnisse zum Ausdruck. Um zu ihrer Beurteilung zu gelangen, bedarf es weitergehender Differenzierungen30:  Entweder kann eine Beurteilung auf der Grundlage absoluter Ergebnisse erfolgen. Diese ist durch Vergleich der Ergebnisse unterschiedlicher Vermögensbestände miteinander möglich: Je näher das gesamte Risikoprofil Richtung Abszisse verläuft, desto positiver wird es seitens des Entscheidungsträgers beurteilt (vgl. Risikoprofil FD und FD0 in Abbildung 4.2). Voraussetzung für eine eindeutige Beurteilung ohne ergänzende Annahmen hinsichtlich der Risikopräferenzen des beurteilenden Wirtschaftssubjektes ist ein überschneidungsfreier Verlauf der Risikoprofile. 29 Vgl. grundlegend Arnold (1964), S. 19 f.; ferner Stützel (1975a), insbes. S. 116 – 122 und Krümmel (1966), insbes. S. 134 – 136. 30 Vgl. Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 211 – 216; ferner bereits Krümmel (1966), S. 134 f.

4.2 Einordnung des risikotheoretischen Ansatzes

187

 Alternativ kann eine Beurteilung der Unsicherheitsstruktur eines Vermögensgegenstandes auf der Grundlage einer Referenzgröße erfolgen. Hierzu bedarf es der Festlegung dieser Wertbasis. Da hierfür keine durchgängig akzeptierten Regeln existieren, muss in Abhängigkeit vom zu beurteilenden ökonomischen Sachverhalt eine Orientierung an den Zielen des Wirtschaftssubjektes oder allgemeinen Zweckmäßigkeitserwägungen erfolgen. Auf Grundlage der Wertbasis können die unsicheren Ergebnisse in Chancen, d. h. alle Ergebnisse, die höher als die Referenzgröße ausfallen, und Risiken, d. h. alle Ergebnisse, die niedriger als die Referenzgröße ausfallen, unterschieden werden. Auch ein Vergleich der Unsicherheitsstrukturen verschiedener Vermögensbestände auf der Grundlage der mit ihnen verbundenen Chancen und Risiken ist möglich. Voraussetzung für diesen Vergleich ohne weitergehende Annahmen bezüglich der Risikoeinstellung des Wirtschaftssubjektes ist – ebenso wie im Fall der Beurteilung auf der Grundlage absoluter Ergebnisse – ein überschneidungsfreier Verlauf der Risikoprofile.

Der hiermit in seiner wesentlichen Grundstruktur beschriebene risikotheoretische Ansatz bildet aus zwei Gründen ein geeignetes Instrumentarium für eine modellgestützte Analyse realer rechtlicher Gestaltungsformen und deshalb einen wichtigen Beitrag zur Fundierung interdisziplinär ausgerichteter ökonomischer Forschung31: Zum Ersten können vertragliche Vereinbarungen zwischen Privatpersonen als Möglichkeit zur Verteilung der mit einem Vermögensbestand verbundenen Chancen und Risiken entsprechend individuellen Vorgaben der Vertragsparteien ökonomisch erklärt werden32. Während das Eigentum an einem Vermögensbestand vollständige Partizipation an den damit verbundenen Chancen und Risiken impliziert; lassen sich alle anderen rechtlichen Formen der Bestandshaltung, insbesondere die der Fremdfinanciers oder Gläubiger, an einem Vermögensbestand nach Art und Umfang der mit ihnen verbundenen Chance- und Risikoteilung klassifizieren33. Zum Zweiten können vertragliche Vereinbarungen zwischen Privatpersonen darauf ausgerichtet sein, die mit der Aufteilung der Chance-Risiko-Struktur möglicherweise einhergehenden Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Interessengruppen, zu beeinflussen34. Ist eine private Lösung nicht möglich oder politisch nicht gewünscht, dann können entsprechende Interessenkonflikte auch den Ansatz31 Zur Bedeutung der interdisziplinären Forschung in der Betriebswirtschaftslehre sehr deutlich Fülbier (2004), S. 267 und S. 269 f. 32 Grundlegend hierzu Arnold (1964), S. 10: „Finanzierungsinstrumente als Veranstaltungen zur Transformation von Risiken“, ausführlich ferner S. 20 – 107. 33 Vgl. Stützel (1966), S. 773 – 775. Weiterführende Überlegungen finden sich bei Stützel (1975a), insbes. S. 106 – 108. Stützel nimmt hier einen Vergleich zwischen Volleigentum und Nutzungseigentum an Grundeigentum vor. Ferner Stützel (1975c), insbes. Sp. 2519 f. sowie Sp. 2523 f. (Anlässlich möglicher Formen der Bestandshaltung an liquiden Mitteln). 34 Vgl. Stützel (1966), insbes. S. 778 – 780. Zur Identifikation allgemeiner Gläubigerrisiken und hierauf aufbauender Gläubiger schützender Maßnahmen vgl. Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), insbes. S. 3 – 130.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

punkt für staatliche Maßnahmen, als Ausdruck hoheitlichen Handelns staatlicher Entscheidungsträger, bilden. Mit Hilfe des risikotheoretischen Ansatzes wird eine ökonomische Analyse dieser speziellen Maßnahmen möglich, indem die Voraussetzungen für die Diagnose von Interessenkonflikten benannt werden und Vorschläge für zielgerichtete alternative Gestaltungen konzipiert werden. Wie bereits deutlich herausgestellt, beinhaltet Stützels Ansatz allerdings keine Möglichkeiten für eine normative Analyse staatlicher Maßnahmen. Vielmehr bildet die private Begrenzung von Interessenkonflikten durch Vertragsgestaltung stets eine gleichwertige Alternative zu entsprechenden staatlichen Regelungen. Eine Übertragung des vorstehend skizzierten risikotheoretischen Ansatzes erscheint auch zur Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten wichtig und vielversprechend. Stützel selbst weist im Rahmen verschiedener Veröffentlichungen wie folgt darauf hin:  Speziell die Existenzerklärung von Geldvermögensbeständen bildet in Stützels ersten bestandsökonomischen Untersuchungen einen wesentlichen Untersuchungsschwerpunkt35.  Im Bereich der Kreditwirtschaft existieren Stützels Meinung nach diverse Vertragsgestaltungen, deren Erklärung mit Hilfe des risikotheoretischen Ansatzes möglich wird36.  Das Ziel des „Gläubigerschutzes“ ist in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur weitgehend zur Legitimation staatlicher Maßnahmen akzeptiert37. Es fehlt allerdings Stützels Auffassung nach an einer Entwicklung von Kriterien für eine zielgerichtete Gestaltung bankgläuberschützender Maßnahmen38.

Diese Hinweise in Stützels Arbeiten und Weiterentwicklungen durch seine Schüler39 dienen als erste Motivation für eine systematische risikotheoretische Erklärung Vgl. Stützel (1953 / 1979), insbes. S. 69 f., S. 77 – 79 und S. 291 – 305. Vgl. Stützel (1966), S. 780: „Da die wichtigsten Vehikel solcher Risikotransfers und solcher Risikotransformation von der Rechtsordnung geliefert werden, muß naturgemäß dem Bankbetriebswirt die skizzierte Annäherung an eine allgemeine Bestandshaltetheorie und damit zugleich an die Rechtswissenschaft besonders nahe liegen“. Ausführlicher zu dieser Fragestellung Arnold (1964), insbes. S. 97 – 103. 37 Allgemein zum Gläubigerschutz vgl. Bitz / Hemmerde / Rausch (1986) und Hemmerde (1985); speziell zum Schutz von Bankgläubigern Heidrich (2000), Niethammer (1990), Krümmel (1984), Hausmann (1982), Erdland (1981), Müller (1981). Weiterführend zum Verbraucherschutz auf Versicherungsmärkten auch Finsinger (1988). 38 Vgl. Stützel (1966), S. 784; speziell zur Ausgestaltung der Bilanzen von Kreditinstituten S. 787; kritisch zum Argument des „Gläubigerschutzes“ hingegen Liepmann (1980), S. 43 – 52, insbes. S. 43: „Sicherungskonzepte für Banken … lassen sich nicht aus einer allgemein akzeptierten Theorie ableiten“; ähnlich Seifert (1984), insbes. S. 120 – 139. 39 Für eine risikotheoretische Fundierung des Kreditgeschäfts vgl. Krümmel (1976a), S. 190 – 194; zur risikotheoretischen Fundierung der Schutzbedürftigkeit von Bankgläubigern vgl. Erdland (1981), hier insbes. S. 9 – 35; modelltheoretische Erklärungen bankbetrieblicher Leistungserstellung finden sich bei Bitz (1986), S. 11 – 16 sowie ausführlich Bitz (1988a), ins35 36

4.2 Einordnung des risikotheoretischen Ansatzes

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kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung. Zusätzlich erscheint der risikotheoretische Ansatz zu Unrecht vernachlässigt, da er verschiedene Kritikpunkte an der oben dargestellten marktgleichgewichtsorientierten Methode berücksichtigt40. Folgende Aspekte unterscheiden den risikotheoretischen Ansatz grundlegend von marktgleichgewichtsorientierten Untersuchungsansätzen:  Der risikotheoretische Ansatz verzichtet auf für die marktgleichgewichtsorientierte Marginalanalyse notwendige Verhaltenshypothesen der Marktteilnehmer. Stattdessen werden Wahlmöglichkeiten zwischen unterschiedlichen Formen der Sachvermögensbestandhaltung entscheidungstheoretisch fundiert. Grundlage für die Bewertung entsprechender Handlungsalternativen bilden die mit der Form der Bestandshaltung jeweils verbundenen Chancen und Risiken sowie unterschiedliche Annahmen über die Risikoeinstellung der Entscheidungsträger.  Während mit Hilfe der marktgleichgewichtsorientierten Methode die Erklärung einzelner Funktionen von Kreditinstituten in separaten Modellen unter teilweise restriktiven Annahmen möglich wird, können auf der Grundlage des Stützelschen Ansatzes verschiedene Funktionen von Kreditinstituten innerhalb eines einheitlichen Modellrahmens analysiert werden.  Mit Hilfe des risikotheoretischen Ansatzes wird einer Entfernung ökonomischer und juristischer Untersuchungsansätze infolge zunehmender Formalisierung marktgleichgewichtsorientierter Ansätze entgegengewirkt. Die Verteilung von mit der Vermögensbestandshaltung verbundenen Chancen und Risiken einerseits und die Beseitigung von Interessenkonflikten andererseits bilden Ansatzpunkte zur Erklärung und zielgerichteten Gestaltung privater und staatlicher rechtlicher Maßnahmen.

Dementsprechend werden im folgenden Kapitel 4.3 zunächst die Funktionen von idealtypischen Kreditinstituten als spezielle Erscheinungsform von Finanzintermediären i. e. S, risikotheoretisch erklärt und klassifiziert. Hierauf aufbauend können dann in Kapitel 4.4 noch weiter zu präzisierende Interessenkonflikte zwischen Eigen- und Fremdfinanciers oder zwischen verschiedenen Fremdfinanciers als Grundlage für eine Identifikation, Klassifikation und Beeinflussung hieraus resultierender verschiedener Erscheinungsformen von Bankgläubigerrisiken herangezogen werden.

bes. S. 14 – 38; eine erste phasenorientierte Strukturierung der Bankgläubigerrisiken nehmen Merbecks / Bauer-Behrschmidt (2000), hier insbes. S. 14 – 24 vor. 40 Vgl. zusammenfassend oben Kapitel 2.4.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S. 4.3.1 Alternativen der Geldbestandshaltung Zur Erklärung der durch Kreditinstitute idealtypisch erbrachten Leistungen bedarf es einer Berücksichtigung der in einer Geldwirtschaft mit Austauschbeziehungen zwischen den ökonomisch Handelnden verbundenen Zahlungsströme. Deshalb wird der allgemeine risikotheoretische Untersuchungsansatz, der zunächst ein Instrumentarium zur Analyse der mit dem Eigentum an Sachvermögen verbundenen Unsicherheitsstruktur zur Verfügung stellt, erweitert. Es wird nun angenommen, dass ein allgemein akzeptiertes staatliches Zahlungsmittel existiert und die mit einem Vermögensbestand erzielbaren unsicheren Ergebnisse D unmittelbar in diesem Zahlungsmittel zur Verfügung stehen. Grundlage der weiteren Ausführungen bilden also stets Zahlungsgrößen41. Wenngleich in der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung die Summe der Einzahlungsüberschüsse je Periode der Summe der Auszahlungsüberschüsse je Periode entsprechen muss, können bei einzelnen Wirtschaftssubjekten negative oder positive Zahlungsmittelbestände entstehen: Akteuren mit aktuellen Auszahlungsüberschüssen, die einen entsprechenden Einzahlungsüberschuss erst später realisieren, stehen Akteure mit aktuellen Einzahlungsüberschüssen gegenüber, die einen kompensatorischen Auszahlungsüberschuss erst später realisieren42. Zur Überbrückung dieser intertemporalen oder interpersonellen Divergenzen von Zahlungsströmen können Finanzkontrakte abgeschlossen werden, deren Ausgestaltung im Detail von den Verhandlungsergebnissen der beteiligten Vertragspartner abhängig ist43. Aus risikotheoretischer Untersuchungsperspektive eröffnen Finanzkontrakte Möglichkeiten, in unterschiedlichem Umfang an den mit der Sachvermögensbestandhaltung verbundenen originären Chancen und Risiken zu partizipieren. Um auch die mit der Einschaltung von idealtypischen Finanzintermediären i. e. S., speziell Kreditinstituten, in finanzielle Austauschbeziehungen verbundenen Effekte modellgestützt zu analysieren, werden die grundlegenden Handlungsalternativen, die Wirtschaftssubjekten mit einem Einzahlungsüberschuss zur Verfügung stehen, aufgezeigt44 (vgl. 41 Demgegenüber handelt es sich bei den in Kapitel 2 dargestellten Modellen um realwirtschaftliche Modelle. 42 Vgl. oben Kapitel 1.2.1.2.2. Ferner bereits Stützel (1953 / 1979), S. 69 f. und S. 77 f. Stützel spricht in diesem Zusammenhang von der Verwirklichung von Vorsprungseffekten. Ähnlich auch Stützel (1964b), S. 550 – 552. 43 Vgl. Stützel (1964b), S. 550: „Kredit ist die Institution, die diese Unausgeglichenheit und Asynchronitäten überbrückt und es ermöglicht, daß auch die Wirtschaftssubjekte mit hohen Ausgabeüberschüssen liquide bleiben [Hervorhebung im Original]“. Für eine Klassifikation von Tauschverträgen nach ihrem zeitlichen Grundmuster sehr deutlich auch Kaiser (2009), S. 951 f. 44 Eine auf der Geldbestandshaltung aufbauende Systematisierung der Funktionen von Kreditinstituten nimmt auch schon Seischab (1938), hier insbes. S. 10 und S. 14 – 32 vor. Eine

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

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Abbildung 4.3). Im Mittelpunkt der weiteren Überlegungen stehen deshalb Geldgeber.

Abbildung 4.3: Systematisierung der Handlungsalternativen von Geldgebern bei Einzahlungsüberschüssen

Auf einer ersten Entscheidungsebene (vgl. Abbildung 4.3, zweite Spalte) existieren bei positiven Einzahlungsüberschüssen im Vergleich zur Unterlassensalternative, dem Halten eines entsprechenden Zahlungsmittelbestandes in Form von Kasse zur Sicherung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit45, zwei Handlungsalternativen. Diese können bei Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen mit der Entstehung von zwei Arten von Risiken verbunden sein: Zum Ersten können liquide Mittel zum Erwerb des Eigentums an einem Sachvermögensgegenstand verwendet werden. Tritt dann ein unvorhergesehener Bedarf an Zahlungsmitteln auf, resultiert hieraus die Gefahr, nicht mehr jederzeit über den ursprünglichen Betrag liquider Mittel in vollem Umfang verfügen zu können. Diese Gefahr soll hier zunächst allgemein als Liquiditätsrisiko bezeichnet und im weiteren Verlauf der Arbeit näher konkretisiert werden46. Aufzählung unterschiedlicher im Rahmen der Auswahlentscheidung zu berücksichtigender Kriterien findet sich bei Kaiser (2009), S. 953 f. 45 Vgl. hierzu Stützel (1959b), S. 625. 46 Auf die ausführliche Erläuterung alternativer Liquiditätsbegriffe, wie die Liquidität von Märkten, wird an dieser Stelle verzichtet; zusammenfassend hierzu Bitz / Terstege (2009d), S. 103 – 108. Grundlegende Überlegungen finden sich bereits bei Stützel (1959b), insbes. S. 622 – 627 und Stützel (1975c), Sp. 2515 – 2524. Weitergehend beurteilt Schmidt „Liquidität“

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Eine Überlassung entsprechender liquider Mittel an ökonomisch Handelnde mit Auszahlungsüberschüssen kann zum Zweiten auf der Grundlage von Finanzkontrakten erfolgen, wobei im Folgenden nur die Mittelüberlassung an Unternehmen betrachtet werden soll. Aufgrund der Finanzkontrakten immanenten zeitlichen Divergenz von Leistung und Gegenleistung sehen sich potentielle Geldgeber beim Ergreifen dieser Handlungsalternative zusätzlich zu dem Liquiditätsrisiko einer weiteren Kategorie von Risiken ausgesetzt: Unterschiedliche Gründe können dazu führen, dass der Geldnehmer während der Vertragslaufzeit nicht mehr in der Lage ist, die vertraglich konkretisierten Gegenleistungen für die Mittelüberlassung sowie die Mittelrückzahlung ganz oder teilweise vereinbarungsgemäß zu erbringen. Diesbezügliche Gefahren sollen hier zunächst allgemein als Finanzierungsrisiken bezeichnet und im weiteren Verlauf der Arbeit ebenfalls weiter konkretisiert werden47. Auf einer zweiten Entscheidungsebene bestehen für die Verwendung von Einzahlungsüberschüssen in Form von Finanzkontrakten weitere Handlungsalternativen, wenn diese nach der Art des Vertragspartners klassifiziert werden (vgl. Abbildung 4.3, 3. Spalte): Die Mittelüberlassung auf Basis eines Finanzkontraktes kann entweder an sonstige Unternehmen zur Bildung von Sachvermögens-Gesamtheiten erfolgen. Ziel entsprechender geschäftspolitischer Maßnahmen ist die Transformation der ursprünglich mit Sachvermögensbeständen verbundenen Chancen und Risiken48. Oder freie Mittel können auf Grundlage von Finanzkontrakten Finanzintermediären i. e. S. zur Verfügung gestellt werden, die diese zur Bildung von Finanzkontrakt-Gesamtheiten verwenden, um die mit einzelnen Finanzkontrakten verbundenen Chancen und Risiken durch geschäftspolitische Maßnahmen zu beeinflussen. Aus risikotheoretischer Perspektive besteht das Ziel einer entsprechenden Geschäftspolitik in der Transformation der mit originären Finanzkontrakten verbundenen Risiken: Finanzintermediäre i. e. S. stellen „Transformationsveranstaltungen“ dar, mit denen Risiken auf einen Partner abgewälzt oder auf mehrere Partner verteilt werden49. Im Ergebnis als integrierendes Konzept zur Beantwortung verschiedener Fragestellungen der Bankbetriebslehre, vgl. Schmidt (1979), hier einleitend S. 710. Zum Liquiditätsrisiko vgl. Engels (1969), insbes. S. 58 – 62. 47 Vgl. hierzu die Übersicht bei Ries (2009), S. 17 – 20 und Bitz / Terstege (2009a), S. 9 – 48; grundlegend ferner Krümmel (1966), S. 134 – 156 und Krümmel (1976b), Sp. 494. Aus risikotheoretischer Perspektive unterscheiden sich Finanzkontrakte aufgrund qualitativer Unterschiede hinsichtlich der Verteilung entsprechender Risiken zwischen den beteiligten Personen. Sehr deutlich hierzu bereits Arnold (1964), S. 11 – 20. 48 Vgl. Arnold (1964), S. 52 – 79. 49 Sehr deutlich hierzu die Ausführungen bei Arnold (1976), Sp. 1512 – 1514 (m. w. Nw.). Ähnliche Überlegungen zur Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten finden sich bereits bei Seischab (1938), S. 11 und ausführlich S. 52 – 64. Auch Apfelthaler wendet sich Kreditinstituten unter Risikoaspekten zu und nimmt eine erste Systematisierung vor, vgl. Apfelthaler (1939), insbes. S. 16 – 108 (m. w. Nw.). Seine Arbeit stellt eine Übertragung des allgemeinen risikotheoretischen Ansatzes von Oberparleiter dar, vgl. Oberparleiter (1930), insbes. S. 95 – 146.

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

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partizipieren Financiers eines Finanzintermediärs i. e. S. infolge einer zweifachen Transformation an der Chance-Risiko-Struktur des zugrundeliegenden Sachvermögens nur noch mittelbar50. Die mit dem Abschluss eines Finanzkontraktes verbundenen Chancen und Risiken werden nicht nur durch die Wahl des Vertragspartners und die hiermit zum Ausdruck gelangende unterschiedliche Geschäftspolitik determiniert; ein weiterer Bestimmungsfaktor ist die Ausgestaltung des Finanzkontraktes im Detail. Im Rahmen einer idealtypischen Betrachtung wird deshalb auf einer dritten Entscheidungsebene (vgl. Abbildung 4.3, letzte Spalte) zwischen Eigen- und Fremdfinanzierungskontrakten unterschieden51. Nur idealtypische Eigenfinanciers von Unternehmen als Sachvermögensgesamtheiten partizipieren, wie bereits angesprochen, an den hiermit verbundenen originären Chancen und Risiken in vollem Umfang52. Mit der Überlassung von Zahlungsmitteln auf Basis von Fremdfinanzierungskontrakten erfolgt hingegen immer eine Risikotransformation durch Teilung der Chancen und Risiken zwischen Eigen- und Fremdfinanciers53. Auch die Mittelüberlassung an Finanzintermediäre i. e. S. kann auf der Grundlage von Eigen- oder Fremdfinanzierungskontrakten erfolgen (vgl. Abbildung 4.3): Während mit der reinen Mittelüberlassung auf der Basis von Eigenfinanzierungskontrakten eine vollständige Partizipation an den Chancen und Risiken der im Rahmen der Geschäftspolitik ausgewählten Finanzkontrakte verbunden ist, resultiert aus der Wahl anderer Vertragsgestaltungen ebenfalls eine Teilung dieser Risiken zwischen Eigen- und Fremdfinanciers. Aufbauend auf dieser risikotheoretischen Klassifikation der Handlungsalternativen zur Bestandshaltung von Einzahlungsüberschüssen können Kreditinstitute als idealtypische Finanzintermediäre i. e. S., in einem ersten groben Erklärungsansatz, als spezielle Institutionen zur Transformation der mit Finanzkontrakten verbundenen Chance-Risiko-Struktur identifiziert werden. Dabei wird die Partizipation der Financiers eines idealtypischen Kreditinstituts an der aus dieser Transformation resultierenden neuen Unsicherheitsstruktur durch die Art der vertraglichen VereinSehr deutlich hierzu Stützel (1964b), S. 573. Zu den idealtypischen Ausgestaltungsformen dieser beiden Kontraktarten vgl. oben Kapitel 1.2.1.2.1. 52 Sehr deutlich hierzu Stützel (1964b), S. 573: „Wirtschaften heißt Risiken übernehmen … Solange es in einer Wirtschaft keine nennenswerten Verschuldungsbeziehungen und Geldvermögen gibt … bleibt das jedermann bewußt. Alle speziellen Branchenrisiken treffen den einzelnen unmittelbar“. 53 Vgl. noch einmal Stützel (1964b), S. 573: „… je mehr positive Geldvermögen und entsprechend hohe Verschuldungen entstehen, desto mehr divergieren die Vermögen der einzelnen von ihren Sachvermögen. Soweit sie ihr Vermögen als Geldvermögen halten, werden ihnen von ihren Schuldnern, den Banken und Versicherungen, Versprechen abgegeben, daß der Wert ihres Vermögens erhalten bleibe. In Wirklichkeit sind alle diese Geldvermögen … nie mehr wert als die Rückzahlungsverprechen derer, die mit entsprechend hohen Schulden am Ende der Finanzierungsketten stehen“. 50 51

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barung mit dem Kreditinstitut bestimmt. Die mit der Existenz von Kreditinstituten verbundene Transformation von Risiken und die weitere Verteilung der aus der Transformation resultierenden Chancen und Risiken zwischen verschiedenen Geldgebern in ihren unterschiedlichen Varianten werden im Folgenden differenzierter durch Vergleich der direkten Mittelüberlassung an Sonstige Unternehmen und die Unterlassensalternative erklärt. Hierzu ist es sinnvoll, zunächst die Unsicherheitsstruktur der entsprechenden Handlungsalternativen ohne Existenz von Finanzintermediären i. e. S. zu betrachten.

4.3.2 Chancen und Risiken der Handlungsalternativen ohne Finanzintermediäre i. e. S. 4.3.2.1 Individuelle Kassenhaltung Die in Abbildung 4.2 an erster Stelle eingeführte Unterlassensalternative in Form des Haltens von Einzahlungsüberschüssen als individuellem Kassenbestand kann mit Hilfe des risikotheoretischen Instrumentariums nur eingeschränkt analysiert werden. Denn das Halten von Geldbeständen über eine bestimmte Periode hinweg führt gerade nicht zu Ergebnissen, wenn das als Zahlungsmittel verwendete Geld zugleich als Recheneinheit der Preise aller anderen Güter fungiert54. Wenngleich sich mangels unsicherer Ergebnisse auch Chancen und Risiken der Kassenhaltung im engeren risikotheoretischen Sinne nicht ableiten lassen, kann zumindest eine Vorteilhaftigkeitsanalyse der Kassenhaltung erfolgen: Den Vorteilen des Haltens von Geldbeständen, der Sicherstellung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit, stehen unmittelbare Gefahren wie der Bestandsverlust durch physische Einwirkung oder Wertminderungen, gemessen in Kaufkraftverlusten, einerseits55 und mittelbare Gefahren und Kosten bei der Abwicklung von Zahlungen andererseits56 gegenüber. Während für eine Analyse der Kosten der Zahlungsabwicklung andere Ansätze überlegen erscheinen, kann die Gefahr des Bestandsverlustes in der Darstellungsweise mit Risikoprofilen verdeutlicht werden. Wird dem vollständigen Verlust des Kassenbestandes C0 die Einrittswahrscheinlichkeit PV zugeordnet, dann ergibt sich das folgende in Abbildung 4.4 dargestellte Risikoprofil der Kassenhaltung.

54 Vgl. Engels (1977), S. 196; allgemeiner zur Bedeutung der Auswahl des „Maßgutes“ im Rahmen der Risikobeurteilung von Vermögensbeständen Stützel (1970), S. 12 – 14 und S. 23 – 25. 55 Vgl. Seischab (1938), S. 8 f.; ferner Hoffmann (1967), S. 5. 56 Für einen Überblick über diesbezügliche Risiken vgl. beispielsweise Bernet (2003), S. 195.

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

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Abbildung 4.4: Risikoprofil der individuellen Kassenhaltung

4.3.2.2 Eigenfinanzierungskontrakt Neben der Sicherung der Zahlungsfähigkeit kann ein weiteres Ziel der ökonomisch Handelnden in der Maximierung ihres Endvermögens bestehen57, so dass sie bereit sind, liquide Mittel auf der Grundlage von Finanzkontrakten gegen das Versprechen zukünftiger und damit unsicherer Rückzahlung und Gegenleistung an Unternehmen zu überlassen. Erfolgt diese Mittelüberlassung auf Basis eines idealtypischen Eigenfinanzierungskontraktes58, dann sind der erwartete Rückzahlungsbetrag und die erwarteten Gegenleistungen vollständig variabel und durch die Ergebnisse der geschäftspolitischen Maßnahmen zur Kombination von Sachvermögensbeständen zu einem Investitionsprogramm determiniert. Grundlage der weiteren Ausführungen im Rahmen dieser Arbeit ist die Annahme, dass die Eigenfinanciers Träger der geschäftspolitischen Entscheidungen sind und keine Delegation an andere Personen erfolgt59. Für die weitergehende Analyse der mit der Mittelüberlassung auf der Grundlage eines Eigenfinanzierungskontraktes verbundenen Chancen und Risiken wird zudem unterstellt, dass potentielle Geldgeber vor Vertragsschluss (ex ante) eine Vorstellung von der Wahrscheinlichkeitsverteilung dieser Ergebnisse entwickeln, in der 57 Allgemeiner zum Grundproblem der Einkommensunsicherheit ökonomisch Handelnder und Möglichkeiten, diese zu überwinden Schneider (1995), S. 5 – 20; dem folgend Paul (2005), S. 20; Paul / Horsch (2004), S. 718 und Horsch (2008), insbes. S. 51 – 60. 58 Zur idealtypischen Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdfinanzierungskontrakt vgl. oben Kapitel 1.2.1.2.2. 59 Für eine Analyse der mit einer Delegation geschäftspolitischer Entscheidungen verbundenen Probleme speziell im Bereich der Kreditwirtschaft vgl. Markel (2010), S. 64 – 73.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

 neben der Ausgangssituation  subjektive Einschätzungen möglicher Umweltentwicklungen und dazu gehöriger Eintrittswahrscheinlichkeiten  sowie der verwirklichten geschäftspolitischen Handlungsalternativen

zum Ausdruck gelangen. Im risikotheoretischen Grundmodell wird demnach nur subjektive Unwissenheit der Akteure hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen modelliert; objektive Unwissenheit, die sich in einer Variation des Entscheidungsfeldes manifestieren würde, bleibt hingegen zunächst unberücksichtigt60. In der graphischen Darstellungsweise ist aufgrund dieser Prämissen die Lage des Risikoprofils eindeutig determiniert61, sein genauer Verlauf hingegen jeweils Ausdruck der subjektiven Einschätzung zukünftiger Entwicklungen durch einen bestimmten Financier. Für die weiteren Analysen wird unterstellt, dass sowohl die Gruppe der Eigen- als auch der im nächsten Kapitel eingeführten Fremdfinanciers zu homogenen Einschätzungen über zukünftige Entwicklungen gelangen und sich diese – aus Vereinfachungsgründen62 – durch eine Normalverteilung der unsicheren Unternehmensergebnisse approximieren lassen63. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird deshalb durchgehend von „Eigenfinanciers“ oder „Fremdfinanciers“ gesprochen, ohne weitergehend danach zu differenzieren, ob es sich um eine Einzelperson oder eine Gruppe von Financiers handelt. Das Risikoprofil der Eigenfinanciers – bei ausschließlicher Eigenfinanzierung des Unternehmens – weist dann den in Abbildung 4.5 visualisierten Verlauf auf. Dabei bezeichnet D0 das erwartete schlechteste und D1 das erwartete beste Ergebnis des Unternehmens. CEF gibt die Höhe der durch die Eigenfinanciers zur Verfügung gestellten Mittel an, die genau dem zur Durchführung der geschäftspolitischen Maßnahmen notwendigen Betrag FB entsprechen. Zu den Prämissen des risikotheoretischen Untersuchungsansatzes gehört weiterhin die Annahme, dass die Ergebnisse D der geschäftspolitischen Entscheidungen des Unternehmens am Ende der betrachteten Periode in Form liquider Mittel vorliegen64. Von der Existenz eines möglicherweise relevanten Liquiditätsrisikos bei 60 Es besteht „Sicherheit über die Unsicherheit“, vgl. hierzu Stützel (1975a), S. 117 und Stützel (1970), S. 9, S. 10 und S. 23. 61 Vgl. Bitz (1988c), S. 4 – 5. 62 Stützel weist allerdings ausdrücklich auf die Problematik der Annahme symmetrischer Ergebnisverteilungen hin, vgl. Stützel (1975c), Sp. 2523. 63 Grundlegend bereits Arnold (1964), S. 18 f. Zur Annahme der Gleichverteilung der Unternehmensergebnisse mit Hinweis auf die einfache formale Handhabung sowie die ökonomischen Interpretationsmöglichkeiten vgl. Peters (1995), S. 12; eine Normalverteilung der Ergebnisse unterstellen Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 211 – 241. 64 In der Terminologie kommt dies sehr deutlich bei Krümmel (1966), S. 135 f. zum Ausdruck („realisierte Veränderungen von Zahlungsmittelbeständen“). Abweichende Bezeichnungen finden sich bei Hemmerde (1985), S. 10 („Endvermögenswerte“); Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 211 („Gesamtergebnis“).

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Umwandlung der durch die geschäftspolitischen Entscheidungen ausgewählten Vermögensbestände in liquide Mittel kann deshalb abstrahiert werden, weil für alle Vermögensgegenstände der optimale Liquidationszeitpunkt durch Selbstliquidation realisiert wird65 und deshalb keine Unsicherheit über ihren Liquidationswert besteht66. Auch diese Prämisse des risikotheoretischen Grundmodells ist entscheidend für die Eindeutigkeit des Risikoprofils hinsichtlich der Lage und des Verlaufs und wird später modifiziert werden.

Abbildung 4.5: Risikoprofil der Eigenfinanciers eines unverschuldeten Unternehmens

Auf der Grundlage des eindeutig determinierten Risikoprofils kann nunmehr eine Bewertung der erwarteten Ergebnisse durch Festlegung eines für Eigenfinanciers sachgerechten Referenzmaßstabes erfolgen67. Denkbar hierfür ist die Verwendung des überlassenen Geldbetrages CEF oder des Ergebnisses CEF ð1 þ iÞ, das aus der Wahl der mit dem risikolosen Zins i sicher verzinsten Handlungsalter65 Sehr deutlich Engels (1969), S. 59 f. Zur von der Selbstliquidationsperiode abweichenden Abtretungsfrist vgl. Stützel (1975c), Sp. 2518 und Sp. 2519 und ausführlich zur Abtretungs- oder Umwandlungsfrist Stützel (1959b), S. 623 f. Allgemeiner zur Bedeutung der gewählten Maßperiode für die Risikobeurteilung von Vermögenspositionen Stützel (1970), S. 14 – 17. 66 Nur dann, wenn die Prämisse der „Sicherheit über die Unsicherheit“ aufgegeben wird, kann das Liquiditätsrisiko auch für Eigenfinanciers eines unverschuldeten Unternehmens Relevanz besitzen. Prognosefehler, beispielsweise hinsichtlich der für entscheidungsrelevant erachteten Umweltentwicklungen, manifestieren sich in einer veränderten Verteilungsfunktion der Ergebnisse; vgl. hierzu Stützel (1975c), Sp. 2516 f. 67 Zur Verdeutlichung der Effekte unterschiedlicher Bezugspunkte vgl. die anschauliche Darstellung bei Engels (1969), S. 22.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

native resultiert68. Die Beurteilung der für wahrscheinlich gehaltenen Unternehmensergebnisse durch die Eigenfinanciers kann dann graphisch durch die horizontalen Abstände zwischen Verteilungsfunktion und Referenzgröße verdeutlicht werden: Der Bereich der Verteilungsfunktion rechts vom Referenzmaßstab verdeutlicht positive Veränderungen durch hellgraue Schattierung und der Bereich links davon durch dunkelgraue Schattierung negative Veränderungen seines Endvermögens am Ende der Betrachtungsperiode (vgl. Abbildung 4.6). Synonym können die Begriffspaare positive oder negative Betroffenheit der Eigenfinanciers bzw. Chancen oder Risiken der Eigenfinanciers verwendet werden. Ob sich ein potentieller Geldgeber aufgrund der ermittelten Chancen und Risiken für die Mittelüberlassung an ein bestimmtes Unternehmen entscheidet, hängt von seiner Risikoeinstellung ab69.

Abbildung 4.6: Chancen und Risiken von Eigenfinanciers

Wie bereits verdeutlicht, ist Voraussetzung für eine mit Hilfe des Risikoprofils visualisierte Einschätzung der Unsicherheitsstruktur einer Vermögensposition durch potentielle Eigenfinanciers die Beschaffung und Auswertung von Informationen über die folgenden den Verlauf des Risikoprofils determierenden Einflussfaktoren70:  Die Ausgangssituation des Unternehmens.  Die für relevant erachteten Umweltentwicklungen, wozu Veränderungen der Märkte und der institutionellen Rahmenbedingungen gehören. Vgl. Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 212. Vgl. hierzu die Ausführungen oben in Kapitel 4.2. 70 Vgl. hierzu Bitz / Terstege (2009b), S. 9 f. Ähnlich auch Oberparleiter (1930), S. 99 – 118 (Gesellschaft, Natur, Subjekte des Verkehrsaktes und Verkehrsobjekte als „Risikofaktoren“). 68 69

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

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 Die Auswahl der geschäftspolitischen Handlungsalternativen in den Bereichen Beschaffung, Produktion und Absatz.

Würden Eigenfinanciers nach der Mittelüberlassung aufgrund unvollständiger Informationsbeschaffung oder -auswertung zu einem von dem ex ante aufgestellten Profil abweichenden Risikoprofil gelangen, sehen sie sich einem Informationsrisiko71 ausgesetzt. Für den Fall der reinen Eigenfinanzierung bildet dieses Risiko die einzige Erscheinungsform der mit der Mittelüberlassung auf der Grundlage von Finanzkontrakten verbundenen Finanzierungsrisiken, so dass das Eigentümerrisiko identisch mit dem Informationsrisiko ist.

4.3.2.3 Fremdfinanzierungskontrakt Zur Verdeutlichung der Unsicherheitsstruktur der Vermögensposition des reinen Eigenfinanciers wurde die Durchführung verschuldungspolitischer Maßnahmen als geschäftspolitische Handlungsalternative im vorhergehenden Kapitel aus den Betrachtungen ausgeschlossen. Für die weiteren Überlegungen sollen unter der Bezeichnung „Verschuldungspolitik“ alle Entscheidungen über die Beschaffung liquider Mittel auf der Grundlage von Eigen- und Fremdfinanzierungskontrakten zusammengefasst werden. In Abgrenzung zur „Verschuldungspolitik“ werden die allen anderen Bereichen zuzuordnenden Maßnahmen im weiteren Verlauf der Arbeit unter dem Oberbegriff der „Leistungspolitik“ zusammengefasst. Kennzeichen der Mittelüberlassung auf Basis eines idealtypischen Fremdfinanzierungskontraktes ist die Vereinbarung einer vom Unternehmensergebnis unabhängigen, festen Zinszahlung r, die vorrangig vor Befriedigung der Ansprüche der Eigenfinanciers zu leisten ist und über dem Zins i der sicheren Vergleichsalternative liegt. Daneben ist eine Rückzahlung des überlassenen Betrages am Ende der Laufzeit fest vereinbart und eine Einflussnahme auf geschäftspolitische Entscheidungen ausgeschlossen72. Die zwei Effekte entsprechender verschuldungspolitischer Maßnahmen sind im Rahmen des risikotheoretischen Ansatzes unmittelbar einsichtig: Zum Ersten verzichten Fremdfinanciers für die Laufzeit des Kontraktes auf die Möglichkeit, über liquide Mittel jederzeit zu verfügen. Sie sind einem Liquiditätsrisiko ausgesetzt, das sich in Form des Zinsänderungsrisikos manifestiert, wenn eine Anpassung des für die Mittelüberlassung vereinbarten Zinssatzes r an das Marktzinsniveau nicht vereinbart worden ist73. Zum Zweiten partizipieren an den unsicheren Ergebnissen des Unternehmens nicht mehr ausschließlich die Eigenfinanciers, vielmehr werden diese entsprechend den vertraglich vereinbarten Zuordnungsregeln zwischen Eigenund Fremdfinanciers aufgeteilt. Verschuldungspolitik impliziert grundsätzlich auch 71 72 73

Vgl. Ries (2009), S. 18. Vgl. hierzu die einführenden Ausführungen oben Kapitel 1.2.1.2.2. Vgl. Arnold (1964), S. 56 f.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

eine Veränderung der Chance-Risiko-Struktur der reinen Eigenfinanciers74, so dass eine von diesem Effekt abstrahierende ausschließliche Analyse der Unsicherheitsstruktur der Fremdfinanciers nicht möglich ist. Unterstellt man seitens der Fremdfinanciers eine Mittelüberlassung in Höhe von CFF , dann reduziert sich der durch die Eigenfinanciers zu überlassende Betrag auf FB  CFF . Aufgrund der vereinbarten Rangfolge partizipieren an den unsicheren Unternehmensergebnissen zunächst ausschließlich die Fremdfinanciers. Erst dann, wenn die Ergebnisse eine vollständige Befriedigung ihrer Zahlungsansprüche in Höhe von CFF ð1 þ iÞ ermöglichen, steht der diesen Betrag übersteigende Teil den Eigenfinanciers zu. Unter der Annahme, dass der Verlauf des Risikoprofils mit den dahinter stehenden Einflussfaktoren gegeben ist und zudem von Eigen- und Fremdfinanciers identisch eingeschätzt wird75, können diese aus der Durchführung verschuldungspolitischer Maßnahmen resultierenden Effekte durch eine Aufspaltung des ursprünglichen Risikoprofils für die gesamte Vermögensposition „Unternehmen“ in das Risikoprofil der Fremdfinanciers und das Risikoprofil der Eigenfinanciers verdeutlicht werden76 (vgl. Abbildung 4.7). Im Rahmen dieser Arbeit wird für den Begriff der „Fremdfinanciers“ auch der des„Gläubiger“ synonym verwendet.

Abbildung 4.7: Aufspaltung des Risikoprofils in Profile der Eigen- und Fremdfinanciers

Vgl. Arnold (1976), Sp. 1508. Auf diese wichtige Prämisse weist Arnold (1964), S. 62 am Rande hin. Eine divergierende Einschätzung möglicher Unternehmensentwicklungen hätte zur Folge, dass die Chancen und Risiken der Mittelüberlassung anhand von zwei Risikoprofilen zu analysieren wären. 76 Vgl. Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 213 – 216; ferner Bitz (1988c), S. 6 f. 74 75

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

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Um auch für Fremdfinanciers eine Differenzierung der ihnen zufließenden unsicheren Ergebnisse in Chancen und Risiken der Mittelüberlassung vornehmen zu können, bedarf es analog der Vorgehensweise zur Bewertung der Ergebnisse aus der Perspektive der reinen Eigenfinanciers der Festlegung einer Referenzgröße77. Unterstellt man, dass beide Financiers als Referenz-Zins den Zins i der sicheren Vergleichsalternative wählen, dann symbolisiert die Fläche unterhalb der Verteilungsfunktion für Ergebnisse zwischen D0 und CFF ð1 þ iÞ die Gefahr, dass die Unternehmensergebnisse hinter der Referenzgröße zurückbleiben, also die Risiken der Fremdfinanciers. Umgekehrt repräsentiert die Fläche oberhalb der Verteilungsfunktion im Bereich CFF ð1 þ iÞ bis maximal CFF ð1 þ rÞ die Chancen der Fremdfinanciers, da die Unternehmensergebnisse nunmehr die gewählte Referenzgröße übersteigen (vgl. Abbildung 4.7). Ein Vergleich der Chancen und Risiken auf der Grundlage des Risikoprofils von Eigen- und Fremdfinanciers verdeutlicht unmittelbar Unterschiede in der Betroffenheit der beiden Financiers von möglichen Unternehmensergebnissen: Während die Eigenfinanciers für den Fall niedriger Unternehmensergebnisse an diesen nicht partizipieren, fließen ihnen Ergebnisse, die die Ansprüche der Fremdfinanciers übersteigen, vollständig zu. Umgekehrt haben Fremdfinanciers an günstigen Entwicklungen der Unternehmensergebnisse keinen Anteil; seine Chancen sind auf CFF ð1 þ rÞ begrenzt. Mit der Durchführung verschuldungspolitischer Maßnahmen ist folglich eine Transformation der Chancen und Risiken der ursprünglichen Vermögensposition durch Zerlegung der Gesamtposition in heterogene Parten verbunden78. Mit der Zusage fester Zahlungsversprechen im Rahmen verschuldungspolitischer Maßnahmen erhält sowohl für die Eigen- als auch die Fremdfinanciers – zusätzlich zu dem bereits benannten Informations- und Liquiditätsrisiko – das Insolvenzrisiko als weitere Variante von Finanzierungsrisiken Bedeutung: Es bezeichnet die Gefahr, dass die Unternehmensergebnisse nicht dazu ausreichen, die gegenüber den Gläubigern vertraglich vereinbarten Zins- und Rückzahlungsversprechen zu erfüllen79. Aus analytischen Gründen ist eine weitere Untergliederung des Insolvenzrisikos in das Insolvenzeintritts- und das Insolvenzverlustrisiko sinnvoll: Während mit dem ersten die Gefahr, dass überhaupt der Insolvenzfall eintritt, und damit ein spezielles Insolvenzverfahren initiiert wird, bezeichnet werden soll, verdeutlicht die zweite Risikokategorie den Umstand, dass bei Eintritt des Insolvenzfalls der Umfang der hinzunehmenden Verluste unterschiedlich hoch ausfallen kann80. Graphisch kann die Gefahr des Insolvenzeintritts durch den Wert P der Vgl. oben Kapitel 4.3.2.2. Vgl. Bitz (1988c), S. 7; ferner bereits Arnold (1976), Sp. 1508 f. und Arnold (1964), insbes. S. 55 – 68. 79 Zu verschiedenen Kategorien von Gläubigerrisiken Bitz / Stark (2009), S. 51 – 53; speziell zum Insolvenzeintrittsrisiko Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 11; ferner Krümmel (1976b), Sp. 494. Allgemeiner zur Bedeutung der Zahlungsfähigkeit für die Funktionsfähigkeit einer marktwirtschaftlich organisierten Geldwirtschaft sehr deutlich Stützel (1975c), Sp. 2515 und Sp. 2516 f. 77 78

202

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Verteilungsfunktion verdeutlicht werden, der die Wahrscheinlichkeit dafür angibt, dass die Unternehmensergebnisse höchstens den Ansprüchen der Fremdfinanciers CFF ð1 þ rÞ entsprechen81 (vgl. Abbildung 4.7). Dieser im Folgenden als Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit bezeichnete Wert wird nicht nur durch die den Verlauf des Risikoprofils bestimmenden Einflussfaktoren determiniert, sondern zusätzlich durch die Höhe des Verschuldungsgrades, also dem Anteil der Fremdfinanzierungskontrakte an den Eigenfinanzierungskontrakten82, beeinflusst. Eigen- und Fremdfinanciers sind vom Insolvenzeintrittsrisiko gleichermaßen betroffen. Aufgrund der für die Verwertungserlöse vertraglich vereinbarten hierarchischen Verteilungsregel sind sie dagegen vom Insolvenzverlustrisiko unterschiedlich betroffen83: Übersteigen die Liquidationserlöse die Ansprüche der Fremdfinanciers, werden diese vollständig befriedigt und sind von der Insolvenz gar nicht betroffen. Der übersteigende Teil fließt den Eigenfinanciers zu. Reichen die Liquidationserlöse hingegen nicht aus, um die Ansprüche der Fremdfinanciers vollständig abzugelten, geht der Anteil der Eigenfinanciers vollständig verloren84. Im Rahmen dieser Arbeit werden Insolvenzverlustrisiken nicht weiter analysiert. Im Ergebnis ist mit der Mittelbeschaffung auf der Grundlage von Fremdfinanzierungskontrakten durch Transformation der Unsicherheitsstruktur einer Vermögensposition in heterogene Parten ein positiver Effekt für potentielle Geldgeber verbunden, da eine Auswahl entsprechend der persönlichen Risikoeinstellungen möglich wird. Neben dem mit dem Abschluss eines Fremdfinanzierungskontraktes verbundenen Liquiditäts- und dem Insolvenzrisiko sehen sich Fremdfinanciers allerdings weiteren Finanzierungsrisiken ausgesetzt. Diese sollen zunächst nur allgemein als die Gefahr bezeichnet werden, dass sich Fremdfinanciers der Gefahr von „unerwünschten“ Entwicklungen ausgesetzt sehen. Ursächlich hierfür ist die Gefahr von Interessenkonflikten zwischen Eigen- und Fremdfinanciers, die auf folgende Arten von Asymmetrien zwischen beiden Gruppen zurückzuführen sind85: 80 Als grundlegende Instrumente zur Beeinflussung der Höhe des Insolvenzverlustrisikos stehen die Gläubigersubstitution oder die Vermögensreservierung zur Verfügung, vgl. hierzu Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 93 – 96. Für einen Überblick über entsprechende Instrumente stellvertretend für viele Bigus / Schiereck (2005), S. 574 – 577 und Rudolph (1984), S. 16 – 22. 81 Vgl. Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 17 – 20. 82 Darüber hinaus können negative Effekte des Verschuldungsgrades auf die Unternehmensergebnisse über den sogenannten Leverage-Effekt übertragen werden, vgl. Bitz (2001), Sp. 1322 – 1324. 83 Vgl. Bitz / Terstege (2009a), S. 24 – 31; ähnlich auch schon Arnold (1976), Sp. 1508. 84 In Abhängigkeit von der konkreten Ausgestaltung des Eigenfinanzierungskontraktes können darüber hinaus auch andere Teile des Vermögens des Eigenfinanciers zur Befriedigung von Gläubigeransprüchen herangezogen werden, vgl. hierzu Arnold (1964), S. 57 – 59. 85 Grundlage für diese Klassifikation bilden die Ausführungen von Bitz (1988c), S. 3 und S. 4 – 11; dem folgend Ries (2009), S. 17 – 24 und Bigus (1999), S. 14. Asymmetrische Betroffenheit von den Ergebnissen einer Liquidation im Insolvenzfall besitzt im Rahmen dieser Arbeit keine Bedeutung, da Insolvenzverlustrisiken nicht näher analysiert werden sollen.

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

203

 Asymmetrische Informationsverteilung über die Situation des Unternehmens.  Asymmetrische Einflussmöglichkeiten auf die Wahl der Geschäftspolitik.  Asymmetrische Beurteilung der Ergebnisse der Geschäftspolitik.

Aufbauend auf diesen Ergebnissen können im folgenden Kapitel zunächst Finanzintermediäre i. e. S. risikotheoretisch erklärt werden: Während Finanzkontrakte eine Transformation der Risiken und Chancen von Sachvermögenspositionen bewirken, zielen Finanzintermediäre i. e. S. in unterschiedlicher Weise auf eine hierauf aufbauende Transformation der Unsicherheitsstruktur von verschiedenen Erscheinungsformen von Finanzkontrakten. Idealtypische Kreditinstitute für die Zwecke dieser Arbeit werden darauf aufbauend als spezielle Erscheinungsform von Finanzintermediären i. e. S. definiert.

4.3.3 Chancen und Risiken der Handlungsalternativen mit Finanzintermediären i. e. S. 4.3.3.1 Idealtypische Kreditinstitute als Erscheinungsform von Finanzintermediären i. e. S. Verschuldungspolitik Reine Eigenfinanzierung (Risikopartizipation)

Eigen- und Fremdfinanzierung (Risikotransformation)

 Abwicklung des Zahlungsverkehrs

1

3

 Transformation von Beträgen

2

4

 Transformation von Finanzierungsrisiken

5

6

 Zusätzlich Transformation des Liquiditätsrisikos



7

Leistungspolitik

Ohne Risikotransformation

Mit Risikotransformation

Legende: weiß = keine Risikotransformation, grau = einfache Risikotransformation, schwarz = mehrfache Risikotransformation.

Abbildung 4.8: Klassifikation von Finanzintermediären i. e. S. in Abhängigkeit vom Umfang der erbrachten Risikotransformation

In der bestandsökonomischen Modellwelt von Stützel können Finanzintermediäre i. e. S. als Unternehmen definiert werden, deren geschäftspolitischer Zweck die Kombination von Geldvermögensbeständen ist86, die entweder in Form von liqui86

Vgl. hierzu die Ausführungen oben am Ende von Kapitel 4.2.

204

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

den Mitteln oder in Form von Finanzkontrakten in Erscheinung treten können. In Abhängigkeit von der Art der durch Kombination von Geldvermögensbeständen zum Ausdruck gelangenden Leistungspolitik des Intermediärs und den im Rahmen der Verschuldungspolitik zur Verteilung der hieraus resultierenden Ergebnisse getroffenen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Eigen- und Fremdfinanciers können drei idealtypische Grundformen von Finanzintermediären i. e. S. unterschieden werden (vgl. Abbildung 4.8). Sie unterscheiden sich nach dem Umfang der mit den geschäftspolitischen Entscheidungen verbundenen Risikotransformation87:  Finanzintermediäre i. e. S. ohne Risikotransformation (vgl. Abbildung 4.8, Felder ohne Schattierung)

Finanzintermediäre i. e. S., die auf Initiative der Geldgeber durch Zusammenlegung verschiedener Bestände liquider Mittel zu einem großen Kassenbestand entstehen (vgl. Abbildung 4.8, Fall 1), erbringen mit ihrer Leistungspolitik keine Risikotransformationsleistung88, sondern zielen darauf, Kostenvorteile bei der Abwicklung von Zahlungsverkehrstransaktionen zu realisieren89. Ein entsprechender, rein eigenfinanzierter, Intermediär wird als Transaktions-Intermediär bezeichnet und im Folgenden nicht näher betrachtet. Der Zusammenschluss verschiedener Geldgeber zu einem Finanzintermediär i. e. S. kann auch darauf ausgerichtet sein, den für das Eingehen einer bestimmten Geldvermögensposition notwendigen Mindestbetrag zur Verfügung zu stellen. Dieser auf reine Betragstransformation ausgerichtete Intermediär soll als Betragstransformierender Intermediär bezeichnet werden90 (vgl. Abbildung 4.8, Fall 2).  Finanzintermediäre i. e. S. mit einfacher Risikotransformation (vgl. Abbildung 4.8, Felder mit grauer Schattierung)

Risikotransformation kann durch Finanzintermediäre i. e. S. als erste Variante durch die Durchführung verschuldungspolitischer Maßnahmen erfolgen (vgl. Abbildung 4.8, dritte Spalte). Hiermit ist eine Aufspaltung der ursprünglichen Geldvermögensposition in heterogene Parten verbunden, obwohl die Leistungspolitik nicht auf Durchführung risikopolitischer Maßnahmen ausgerichtet ist. Die beiden bereits klassifizierten idealtypischen Finanzintermediäre der Variante 1 und 2 werden mittels Durchführung verschuldungspolitischer Maßnahmen zu risikotransformierenden Finanzintermediären i. e. S.: Es entsteht ein risikotransformierender 87 Ähnliche Überlegungen finden sich bereits bei Schmidt (1979), S. 717, der eine Klassifikation von Kreditinstituten nach Bestandshaltungs- und Transaktionsleistungen vorschlägt. Zu einer anderen Möglichkeit der Klassifikation von Finanzintermediären nach der Art der Transformationsleistung und den Adressaten der Leistung vgl. Bitz / Stark (2008), S. 8 – 12. 88 Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 4.3.2.1. 89 Vgl. zu dieser auch als Distributionsfunktion bezeichneten Tätigkeit von Kreditinstituten Fest (2008), S. 56 f. (m. w. Nw.); ähnlich bereits Hoffmann (1967), S. 5. 90 Kaiser führt in diesem Zusammenhang den Begriff der Kassaintermediation ein, vgl. Kaiser (2009), S. 952.

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

205

Transaktions-Intermediär (Fall 3) einerseits und ein sowohl risiko- als auch betragstransformierender Intermediär (Fall 4) andererseits. Eine weitere Variante eines Finanzintermediärs i. e. S. mit einfacher Risikotransformation kann unter Berücksichtigung der Effekte bei Zusammenlegung der aus dem Abschluss von Finanzkontrakten resultierenden Geldvermögenspositionen klassifiziert werden. Maßnahme zur Risikotransformation bildet nunmehr die Leistungspolitik eines rein eigenfinanzierten Intermediärs, die in der Durchführung von Maßnahmen zur Veränderung der ursprünglichen Unsicherheits-Struktur der Finanzkontrakte besteht (vgl. Abbildung 4.8, Fall 5). Da im Mittelpunkt entsprechender Aktivitäten die positive Beeinflussung der mit den originären Kontrakten verbundenen Finanzierungsrisiken steht, sollen entsprechende geschäftspolitische Aktivitäten im Folgenden spezieller als „Risikopolitik“ bezeichnet werden91. Gelingt die Veränderung der Unsicherheitsstruktur, dann resultiert aus der Mittelüberlassung an den Intermediär eine Risikotransformation durch Zusammenlegung von Vermögenspositionen92. Als Bezeichnung für diesen idealtypischen Finanzintermediär i. e. S. wird die Bezeichnung risikotransformierender Intermediär eingeführt. Dieser rein eigenfinanzierte Intermediär bildet den Referenzmaßstab zur weiteren Definition idealtypischer Kreditinstitute und wird deshalb im Folgenden als Eigentümer-Kreditinstitut bezeichnet93.  Finanzintermediäre i. e. S. mit doppelter Risikotransformation (vgl. Abbildung 4.8, Felder mit schwarzer Schattierung)

In einer dritten Kategorie können Finanzintermediäre i. e. S. doppelte Risikotransformation betreiben, indem sowohl leistungs- als auch verschuldungspolitische Maßnahmen mit dem Ziel einer Transformation der Unsicherheitsstruktur der originären Finanzkontrakte erfolgen. Entsprechende Intermediäre sollen im Rahmen des risikotheoretischen Ansatzes idealtypisch als Kreditinstitut bezeichnet werden. Eine erste idealtypische Erscheinungsform dieser Kreditinstitute sind Unternehmen, deren leistungspolitisches Ziel in der Transformation von Finanzierungsrisiken durch Zusammenlegung verschiedener Bestände von Finanzkontrakten zu einer Vermögensposition „Kreditinstitut“ besteht, um darauf aufbauend eine zusätzliche Transformation der Unsicherheitsstruktur der neu entstandenen Ver91

Vgl. für einen Überblick über das Risikomanagement Bitz (1993), S. 642 f. und S. 651 –

666. 92 Erstmals findet sich eine entsprechende ökonomische Betrachtung des Untersuchungsgegenstandes „Kreditinstitut“ aus risikotheoretischer Sicht bei Arnold (1964), insbes. S. 90 – 103; dem folgend der Hinweis bei Stützel (1966), S. 80; ausführlich die Analyse bei Bitz (1988a), S. 13 – 40; jetzt ferner Kaiser (2009), S. 952. Allgemeiner zu verschiedenen Varianten der Risikotransformation durch Zusammenlegung von Einzelpositionen zu einer Gesamtposition Krümmel (1966), S. 136 – 142. 93 Vgl. Bitz (1988a), insbes. S. 14 – 21, der allerdings den Begriff „Teilhaber-Bank“ verwendet. In einem anderen modelltheoretischen Kontext wird der Begriff „Eigentümer-Bank“ verwendet von Wolf (1999), S. 273 – 501.

206

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

mögensposition durch Verschuldungspolitik vorzunehmen (vgl. Abbildung 4.8, Fall 6). Diese Art von idealtypischem Kreditinstitut wird im Rahmen dieser Arbeit als „Gläubiger-Kreditinstitut“ bezeichnet94. In einer zweiten idealtypischen Erscheinungsform kann die Geschäftspolitik von Kreditinstituten darauf ausgerichtet sein, das mit dem Abschluss originärer Finanzkontrakte verbundene Liquiditätsrisiko zu transformieren. Auch hierzu bedarf es einer Kombination aus risikotransformierender Leistungs- und Verschuldungspolitik (vgl. Abbildung 4.8, Fall 7). Im Gegensatz zum Gläubiger-Kreditinstitut bildet nunmehr die Verschuldungspolitik den Ausgangspunkt der Risikotransformation, hier des Liquiditätsrisikos95: Durch das Angebot eines speziellen jederzeit zum Nominalwert kündbaren Fremdfinanzierungskontraktes erhält der Geldgeber die Möglichkeit, unabhängig von der Laufzeit des Finanzkontraktes jederzeit über Zahlungsmittel zu verfügen96. Dieser spezielle Fremdfinanzierungskontrakt wird im Folgenden als Einlagen-Kontrakt und das ihn anbietende Kreditinstitut idealtypisch als Einleger-Kreditinstitut bezeichnet. Mit dem Angebot eines Einlagen-Kontraktes wird ein Kreditinstitut zum Geldanbieter und muss die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation des Liquiditätsrisikos schaffen, indem eine Ausrichtung der Leistungspolitik an dem Ziel der Sicherung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit des Kreditinstituts erfolgt. Das Liquiditätsrisiko des originären Geldgebers wird transformiert in ein Insolvenzeintrittsrisikos des Einleger-Kreditinstituts97. Gegenstand der folgenden Kapitel ist die differenziertere risikotheoretische Erklärung der definierten drei Varianten idealtypischer Kreditinstitute:  Eigentümer-Kreditinstitut,  Gläubiger-Kreditinstitut und  Einleger-Kreditinstitut.

4.3.3.2 Transformation von Risiken durch Zusammenlegung von Vermögenspositionen: Eigentümer-Kreditinstitut Verfolgen originäre Geldgeber eine Transformation der mit Eigen- oder Fremdfinanzierungskontrakten verbundenen Chancen und Risiken, dann kann dieses Ziel durch Zusammenlegung individueller Kassenbestände zu einem „Eigentümer-Kre94 Bitz verwendet zur Bezeichnung eines solchen Kreditinstituts den Begriff „EinlegerBank“, vgl. Bitz (1988a), insbes. S. 22 – 32. 95 Wegen der unbefristeten Mittelüberlassung seitens der Eigenfinanciers ist eine Transformation des Liquiditätsrisikos durch ein Eigentümer-Kreditinstitut nicht möglich, vgl. Abbildung 4.8, leeres Feld. 96 Vgl. auch Kaiser (2009), S. 954. 97 Sehr deutlich hierzu vgl. Stützel (1964b), S. 560.

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

207

ditinstitut“ erreicht werden98. Eine entsprechende Mittelüberlassung auf der Grundlage eines Eigenfinanzierungskontraktes zielt auf die Bildung einer neuen, aus verschiedenen Kontrakten kombinierten Gesamtvermögensposition. Um ein solches Portfolio zusammenstellen zu können, bedarf es seitens der Initiatoren neben der reinen Mittelüberlassung einer Delegation von Handlungsspielräumen zur Erreichung der mit der Portfolio-Bildung angestrebten Veränderung der Unsicherheitsstruktur der originären Finanzkontrakte99. Ein erstes Merkmal eines Eigentümer-Kreditinstituts ist demnach eine eigenständige Leistungspolitik, die auf die Durchführung spezieller, im Folgenden näher erläuterter, risikopolitischer Maßnahmen ausgerichtet ist100. Diese Grundvariante eines idealtypischen Kreditinstituts lässt sich demnach dadurch charakterisieren, dass risikopolitische Maßnahmen zu den Primäraktivitäten gehören101. Ein weiteres Merkmal besteht darin, dass im Rahmen der Geschäftspolitik keine verschuldungspolitischen Maßnahmen durchgeführt werden: Jeder einzelne der Initiatoren des Eigentümer-Kreditinstituts partizipiert demnach an der sich nach Durchführung risikopolitischer Maßnahmen ergebenden Unsicherheitsstruktur der Ergebnisse der neuen Gesamtposition uneingeschränkt und in gleicher Weise. Aufgrund der Delegation von Handlungsmöglichkeiten mit dem Ziel der Durchführung risikopolitischer Maßnahmen bestehen folgende Verwendungsmöglichkeiten für die überlassenen Mittel:  Verwendung der Mittel zum ausschließlichen Abschluss von Fremdfinanzierungskontrakten.  Verwendung der Mittel zum ausschließlichen Abschluss von Eigenfinanzierungskontrakten.  Aufteilung der überlassenen Mittel zum Halten einer Liquiditätsreserve und zum Abschluss von Finanzkontrakten.  Kombinationsformen der vorstehenden Handlungsalternativen.

Der risikotheoretische Untersuchungsansatz eröffnet demnach grundsätzlich die Möglichkeit zur Analyse der Effekte unterschiedlicher Arten leistungspolitischer Maßnahmen auf die Unsicherheitsstruktur der erwarteten Ergebnisse der Gesamtposition. Formal finden diese Unterschiede durch die Auswahl der für relevant 98 Zur Zusammenlegung individueller Positionen zu einer Gesamtposition grundlegend Bitz (1993), S. 645 – 650. Ähnliche Überlegungen finden sich bereits bei Seischab (1931), insbes. S. 19 – 50. 99 Ähnliche Überlegungen finden sich bei Arnold (1964), S. 92. Weiterführend zur Problematik einer sachgerechten Entlohnung für diese Management-Aufgabe im delegierten Portfolio-Management vgl. Ries (2009), S. 81 – 102 (m. z. w. Nw.). Dieses Thema wird im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter verfolgt. 100 Zu einem Überblick über Instrumente der Risikopolitik vgl. Bitz (1993), S. 651 – 666; ferner Krümmel (1966), S. 138 – 142. 101 Im Gegensatz dazu sind risikopolitische Maßnahmen bei sonstigen Unternehmen als Sekundäraktivitäten zu klassifizieren, vgl. Bitz (1993), S. 651.

208

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

erachteten Wahrscheinlichkeitsverteilung möglicher Ergebnisse des EigentümerKreditinstituts Eingang in den Untersuchungsansatz102. Sie manifestieren sich graphisch in unterschiedlichen Verläufen des Risikoprofils. Für den weiteren Gang der Arbeit wird eine ausschließliche Verwendung der dem Eigentümer-Kreditinstitut überlassenen Mittel zum Abschluss von Fremdfinanzierungskontrakten unterstellt, die synonym auch als Kredite bezeichnet werden sollen. Hierauf aufbauend werden Möglichkeiten für eine Transformation der mit diesen Kontrakten verbundenen Unsicherheitsstruktur modellgestützt analysiert. Entsprechend bildet für die weiteren Überlegungen die Unsicherheitsstruktur der Vermögensposition bei individueller Kreditvergabe die Referenzsituation, die mit der Unsicherheitsstruktur einer Gesamtvermögensposition Eigentümer-Kreditinstitut verglichen wird. Bei individuellem Abschluss eines idealtypischen Fremdfinanzierungskontraktes sieht sich der Geldgeber in Form des Insolvenzeintrittsrisikos der Gefahr ausgesetzt, dass der Geldgeber Zins- und Tilgungsleistungen nicht erbringt. Bezeichnet p die Wahrscheinlichkeit für die vereinbarungsgemäße Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen ½q ¼ ð1 þ rÞCFF und die Gegenwahrscheinlichkeit ð1  p Þ die Wahrscheinlichkeit für den vollständigen Ausfall der vereinbarten Gegenleistung, dann weist das zu dieser Einzelposition gehörige Risikoprofil FDE den in Abbildung 4.9 linker Teil visualisierten diskreten Verlauf auf 103.

Abbildung 4.9: Vergleich der Risikoprofile einer Einzelposition mit einer Gesamtposition Vgl. hierzu Bitz (1988c), S. 5. Der diskrete Verlauf resultiert daraus, dass als Ergebnisse nur die vollständige Befriedigung und der Totalausfall der vereinbarten Gegenleistung betrachtet werden. 102 103

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

209

Schließen sich zwei Fremdfinanciers in Form eines Eigentümer-Kreditinstituts zu einer betragsmäßig mit der bisherigen Einzelposition übereinstimmenden Gesamtposition zusammen, ergibt sich folgendes neues Risikoprofil FD der Gesamtposition104: Beide Fremdfinanciers wenden die Hälfte des für die Bildung der Gesamtposition notwendigen Betrages auf ðCFF  = 2Þ. Hinsichtlich der möglichen Ergebnisse der Gesamtposition können die in Abbildung 4.10 zusammengefassten Konstellationen eintreten: Anzahl der Ausfälle

Realisiertes Ergebnis

Eintrittswahrscheinlichkeit

2

0

ð1  pÞ  ð1  pÞ

1

q  CFF 2

2  ð1  p Þ  p

0

2  q  CFF ¼ q  CFF 2

pp

Abbildung 4.10: Mögliche Ergebnisse und zugehörige Eintrittswahrscheinlichkeiten der Gesamtposition Eigentümer-Kreditinstitut

Geht man weiterhin davon aus, dass die Ursachen für den Ausfall der einzelnen Fremdfinanzierungskontrakte vollständig voneinander unabhängig sind, dann lassen sich den möglichen Ergebnissen der Gesamtposition die in der dritten Spalte aufgeführten Eintrittswahrscheinlichkeiten zuordnen. Auf diesen Grundlagen ergibt sich der in Abbildung 4.9 rechter Teil visualisierte Verlauf des Risikoprofils FD der Gesamtposition. Die Wahrscheinlichkeit für den vollständigen Ausfall der Gesamtposition ist geringer als die Ausfallwahrscheinlichkeit jeder Einzelposition; es tritt ein „Versicherungs- oder Diversifikationseffekt105“ auf. Während der Eintritt eines extrem schlechten oder guten Ergebnisses weniger wahrscheinlich wird, steigt die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt von Ergebnissen, die zwischen beiden Extremwerten liegen (vgl. Abbildung 4.9). Allgemeiner erklärt Bitz diesen Effekt der Risikotransformation durch Zusammenlegung von Einzelpositionen zu einer Gesamtposition im Rahmen der folgenden modellgestützten Analyse106. Hierzu wird angenommen, dass sich m Geldgeber 104 Zur beispielhaften Herleitung eines Risikoprofils für eine zusammengesetzte Vermögensposition vgl. auch Krümmel (1966), S. 140 – 142 und Arnold (1964), S. 84 – 88. 105 Zum versicherungstheoretischen Grundmodell vgl. auch Bitz (2000a), S. 328 – 334; zur Bildung eines Versicherungs-Kollektivs ferner Börner (2004), insbes. S. 494 – 496. Zu den ersten Arbeiten, die sich in der deutschen Literatur mit entsprechenden Effekten bei Kreditinstituten aus einzelwirtschaftlicher Perspektive beschäftigen gehören Schmitt (1931), S. 16 f., S. 39 – 41, S. 72 f.; ferner Apfelthaler (1939), insbes. S. 114 – 120, der einer Übertragung der allgemeinen „Risikenlehre“ von Oberparleiter (1930), insbes. 95 – 214 (Systematisierung von Risiken und Risikopolitik) vornimmt. 106 Ausführlich zum Folgenden Bitz (2006), S. 353 – 361; zu den Grundüberlegungen ferner bereits Bitz (2000a), S. 327 – 334.

210

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

als Initiatoren zu einem Eigentümer-Kreditinstitut zusammenschließen und mit n Geldnehmern je einen Fremdfinanzierungskontrakt über eine GE abschließen, dessen Unsicherheitsstruktur durch die bekannten Parameter p und q gekennzeichnet ist. Die Unsicherheitsstruktur der Vermögensposition „Einzel-Kredit“ lässt sich aufbauend auf diesen und folgenden weiteren Annahmen107 mit der der zusammengesetzten Position „Eigentümer-Kreditinstitut“ vergleichen:  Der idealtypische Finanzmarkt befindet sich im Gleichgewicht: Die angebotene Anlagesumme entspricht bei dem Zinssatz r der Höhe der Kreditnachfrage.  Alle Kreditnehmer erhalten das gleiche Kreditvolumen.  Die Geldgeber sind zur Kreditvergabe bereit, da der bei zinsloser Kassenhaltung erzielbare Endvermögensbetrag von 1 den bei der Kreditvergabe möglichen nicht übersteigt.  Die Geldgeber sind risikoscheu eingestellt108.  Die Ergebnisse des Eigentümer-Kreditinstituts werden gleichmäßig auf die Geldgeber verteilt.

Ein differenzierter Vergleich beider Handlungsmöglichkeiten soll anhand der Kennzahlen des Erwartungswertes , der Standardabweichung  und des Korrelationskoeffizienten109 , die in der folgenden tabellarischen Übersicht zusammengestellt sind, erfolgen (vgl. Abbildung 4.11). In der linken grau unterlegten Spalte (1) wird zunächst die Chance-Risiko-Struktur des originären Geldgebers ðG1Þ bei der Vergabe eines Einzelkredites mit Hilfe des Erwartungswertes und der Standardabweichung charakterisiert (vgl. Abbildung 4.11). Um risikotransformierende Effekte zu verdeutlichen, die aus Bildung der aus mehreren Krediten bestehenden Gesamtvermögensposition Eigentümer-Kreditinstitut für den Geldgeber ðG2Þ resultieren (vgl. die grau unterlegte Spalte (4) in Abbildung 4.11), bedarf es zweier Zwischenschritte: In Spalte (2) ist zunächst die Unsicherheitsstruktur des neuen Einzelkredits, aus dem das Kreditportfolio gebildet wird, verdeutlicht. Da die Mittel der m Initiatoren zur Mittelvergabe auf der Grundlage von n Fremdfinanzierungskontrakten verwendet werden, mit der Bildung der neuen Position also ein Umstückelungseffekt einhergeht, errechnen sich sowohl der Erwartungswert als auch die Standardabweichung durch Division der für den ursprünglichen Einzelkredit berechneten Werte durch den Zerfällungsgrad z ¼ n=m (vgl. Abbildung 4.11). Vgl. Bitz (2006), S. 353 f. Vgl. Bitz (1981), S. 98 – 105. Weiterführend zu den – an dieser Stelle vernachlässigten – erheblichen Problemen bei der Wahl eines geeigneten Maßes für die Risikoscheu Wilhelm (2008), S. 447 – 490. 109 Zur Einordnung der Kennzahlen vgl. Bitz (1993), S. 645 – 649. Mit der Verwendung eines einheitlichen Korrelationskoeffizienten wird eine für alle abgeschlossenen Finanzkontrakte gültige durchschnittliche Korrelation unterstellt. Zur Bedeutung der Korrelation für risikopolitische Maßnahmen vgl. Bitz (1993), S. 647 – 650. 107 108

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

211

Vermögensposition Kennzahlen

Einzel-Kredit (1)

Erwartungswert

Eigentümer-Kreditinstitut (2)

(3)

(4)

Geldgeber (G1)

Einzel-Kredit

Portfolio (n Kontrakte)

Geldgeber (G2)

q  p ½¼ G1 

1  q  p ¼ ½P  z

n  K ¼ ½P 

P ½¼ G2 ¼ G1  m

1

Standard- q  ½ p  ð1  pÞ2 abwei¼ ½G1  chung

1 1   ½n þ n   q  ½p  ð1  pÞ2 K 1 z ðn  1Þ  2 ¼ ½P  ¼ ½K 

P  1 m ð1  pÞ 2 ¼ G1  þ mz ½¼ G2 

Abbildung 4.11: Risikotransformationseffekte bei Bildung einer zusammengesetzten Vermögensposition Eigentümer-Kreditinstitut

Mit der reinen Zerfällung ist noch keine Risikotransformation verbunden; es handelt sich lediglich um eine betragsmäßige Reduktion der mit dem originären Kontrakt verbundenen Betroffenheiten in Höhe von 1=zG1 . Die eigentliche Risikotransformation resultiert vielmehr aus der Zusammenlegung der n Einzelkredite zu einem Kreditportfolio (vgl. Spalte 3 in Abbildung 4.11). Während sich der Erwartungswert des Portfolios p durch reine Multiplikation des Erwartungswertes des Einzelkredites mit der Anzahl der vergebenen Kredite errechnet n  K , sind bei der Berechnung der Standardabweichung zwischen den Krediten bestehende Korrelationen zu berücksichtigen ½n  nðn  1Þ. Der Wert dieses Terms bestimmt den Umfang, indem die Risikotransformation erfolgt110. Aufbauend auf diesen Zwischenschritten und unter Berücksichtigung der Prämisse, dass die m Initiatoren gemäß der Mittelüberlassung auf der Grundlage von Eigenfinanzierungskontrakten uneingeschränkt und entsprechend ihren individuellen Anteilen in gleichmäßiger Weise an den Zahlungen aus der neuen Gesamtvermögensposition partizipieren, lässt sich die Unsicherheitsstruktur des einzelnen Geldgebers bei Bildung eines Kreditportfolios gemäß Abbildung 4.11, Spalte (4) charakterisieren:  Der Erwartungswert des individuellen Financiers des Kreditportfolios ergibt sich durch Division von p durch die Zahl der Initiatoren m. Ein Vergleich dieses Erwartungswertes mit demjenigen bei Einzelkreditvergabe verdeutlicht, dass durch Bildung eines Eigentümer-Kreditinstitutes keine Veränderung des durchschnittlich zu erwartenden Ergebnisses erreicht werden kann; es gilt vielmehr G ¼ G2 . Ohne weitere Annahmen hinsichtlich der Risikopräferenzen kann demnach die Etablierung eines Eigentümer-Kreditinstitutes auch im Rahmen des risikotheoretischen Ansatzes nicht erfolgen. 110

Zur Herleitung vgl. Bitz / Terstege (2009c), S. 98 f.

212

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

 Erst unter Berücksichtigung der Risikopräferenzen der Geldgeber werden Unterschiede zwischen beiden Möglichkeiten der Geldbestandshaltung deutlich. Für die Financiers des Eigentümer-Kreditinstituts errechnet sich die Standardabweichung der erwarteten Ergebnisse analog zur Berechnung des Erwartungswertes durch Division der Standardabweichung des Portfolios durch die Anzahl der Initiatoren als P =m oder als G1 ½ þ ð1  Þ=mz1=2 . Die Standardabweichungen der erwarteten Ergebnisse der beiden betrachteten Vermögenspositionen unterscheiden sich somit gerade um den Multiplikator ½ þ ð1  Þ=mz1=2. Nur wenn dieser Term den Wert eins annimmt, wird durch die Bildung eines EigentümerKreditinstituts keine Verringerung der Schwankungsbreite möglicher Ergebnisse erreicht; das hierdurch gemessene Risiko bleibt unverändert und es erfolgt keine Risikotransformation. In allen anderen Fällen sind mit der Bildung einer Gesamtposition in Form eines Eigentümer-Kreditinstituts risikotransformierende Effekte durch Diversifikation111 zu erwarten.  Mögliche Determinanten für den Wert des Multiplikators sind der Korrelationskoeffizient ðÞ, die Anzahl der Geldgeber ðmÞ sowie der Zerfällungsgrad ðz ¼ n=mÞ. Für risikoscheue Geldgeber ist die Initiierung eines Eigentümer-Kreditinstituts demnach dann vorteilhaft, wenn für die durchschnittliche Korrelation der betrachteten Fremdfinanzierungskontrakte  < 1 gilt112. Da das Ausmaß, in dem sich die Risikosituation der Financiers verbessert, mit abnehmender durchschnittlicher Korrelation der Kredite untereinander ansteigt, bestimmt sich die Qualität der risikopolitischen Maßnahmen durch Ermittlung und Nutzung entsprechender Korrelationsbeziehungen113. In analoger Weise kann die Risikotransformation auch durch zielgerichtete Beeinflussung der Anzahl der Initiatoren und des Zerfällungsgrades erfolgen (vgl. Abbildung 4.11): Je größer c.p. die Zahl der Geldgeber, also das „Geschäftsvolumen“ des Eigentümer-Kreditinstituts, desto kleiner wird der Multiplikator, desto größer ist der risikomindernde Effekt114. Analog gilt: Je größer c.p. der „Zerfällungsgrad“ des Kreditportfolios, desto günstiger der hiermit einher gehende risikoreduzierende Effekt im Vergleich zur Vergabe eines Einzelkredits115.

Eine Verstärkung dieser auf primäre risikopolitische Aktivitäten zurückzuführenden Risikotransformationseffekte kann daraus resultieren, dass das Eigentümer-Kreditinstitut durch Nutzung von Spezialisierungseffekten weitere, sekundäre risikoVgl. Krümmel (1966), S. 141 – 143. Nimmt der Korrelationskoeffizient hingegen den Wert 1 an, treten keinerlei Diversifikationseffekte auf. Hierbei handelt es sich um den Extremfall, dass in der Einschätzung der Geldgeber bei Ausfall eines Kontraktes in einer bestimmten Umweltsituation zugleich alle übrigen Kontrakte ausfallen, vgl. Bitz / Terstege (2009c), S. 50. 113 Vgl. Bitz (1993), S. 649 f. 114 Sehr deutlich Bitz (1988a), S. 20. 115 Ausführlich Bitz (1988a), S. 18 – 20; erste Überlegungen hierzu finden sich bei Arnold (1964), S. 88. 111

112

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

213

politische Maßnahmen durchführt116. Innerhalb des verwendeten Modellrahmens würden sich entsprechende Maßnahmen in der mittelbaren Beeinflussung des Risikos der Gesamtposition P durch positive Beeinflussung der Streubreite der Ergebnisse der Einzelposition, also der über die bereits analysierten Determinanten hinaus auf P einwirkenden Größe K (vgl. Abbildung 4.11, letzte Zeile, Spalte (4)), auswirken. Im Einzelnen kann das mit originären Fremdfinanzierungskontrakten verbundene Risiko durch Maßnahmen der Risikogestaltung und Risikoselektion reduziert werden:  Maßnahmen zur Risikogestaltung

Entsprechende Maßnahmen zielen darauf, bei Abschluss der originären Fremdfinanzierungskontrakte zusätzliche vertragliche Vereinbarungen zu treffen, die für den Fall des Insolvenzeintritts die vom originären Schuldner unabhängige Zahlung liquider Mittel zusichern und damit unter Inkaufnahme hiermit verbundener Ergebnisminderungen eine vollständige oder partielle Kompensation dieses Risikos bewirken. Zu Beispielen für entsprechende Maßnahmen gehören die Vereinbarung von Kreditsicherheiten117 und der Abschluss von Kreditversicherungen118.  Maßnahmen zur Risikoselektion

Hebt man die Annahme der Einheitlichkeit der Unsicherheitsstruktur für alle abgeschlossenen Kontrakte auf, dann kann das Eigentümer-Kreditinstitut das Ergebnis der Risikotransformation zusätzlich dadurch verbessern, dass es unter Ausnutzung seines Spezialisierungswissens auf das Eingehen als besonders riskant klassifizierter Kreditbeziehungen ganz verzichtet119. Im Ergebnis können auf der Grundlage des risikotheoretischen Ansatzes Finanzintermediäre in Form eines Eigentümer-Kreditinstituts idealtypisch mit dem Bestreben originärer risikoscheuer Geldgeber nach Transformation von Risiken durch Zusammenlegung von Einzelpositionen erklärt werden120. Diesem Ziel entsprechend Vgl. Bitz (2006), S. 370 – 376. Für eine Klassifikation von Kreditsicherheiten und eine Erklärung der mit der Vergabe von Kreditsicherheiten verbundenen Effekte in unterschiedlichen Modellansätzen vgl. stellvertretend für viele Götz (2010), S. 29 – 80, Bigus / Schiereck (2005), insbes. S. 573 – 606 (m. z. w. Nw.), Seybold (1996), insbes. S. 72 – 117 und Rudolph (1984), S. 18 – 38; weiterführend zur Analyse von Fehlanreizen bei der Vergabe von Kreditsicherheiten Bigus (2007), S. 133 – 141. 118 Weiterführend zu diesen als „Kreditderivate“ bezeichneten Instrumenten vgl. stellvertretend für viele Sievers (2009), passim, Trafkowski (2009), passim und Rudolph (2007), S. 1 – 16. Zu den grundlegenden Erscheinungsformen von Kreditderivaten ferner Neske (2005), S. 55 – 69. 119 Zur weiteren formalen Analyse dieser Effekte Bitz (2006), S. 372 – 375. 120 Eine andere Art der Transformation der Unsicherheitsstruktur eines aus mehreren Fremdfinanzkontrakten bestehenden Portfolios ist dadurch möglich, dass sich die Geldnehmer gegenseitig dazu verpflichten, für den Fall von Kreditausfällen innerhalb der Gemeinschaft unbeschränkt oder beschränkt mit eigenem Vermögen zu haften. Zur risikotheoretischen Erklärung von Finanzintermediären in Form einer solchen „Haftungsgemeinschaft“ vgl. Arnold (1964), S. 93 – 97. Für einen Überblick über reale Erscheinungsformen von Kreditgarantie116 117

214

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

wird eine Geschäftspolitik in Form primärer und sekundärer risikopolitischer Maßnahmen durchgeführt. Die Initiatoren beurteilen deren Erfolg anhand des Umfangs, mit dem eine Reduktion der Streubreite der Ergebnisse der Gesamtvermögensposition, gemessen durch die Standardabweichung P =m, erreicht werden kann. Unterschiede zwischen verschiedenen Eigentümer-Kreditinstituten hinsichtlich des Erfolgs der Risikotransformation resultieren aus dem Umfang, in dem durch primäre risikopolitische Maßnahmen Diversifikationseffekte realisiert werden können. Hinzu kommen Möglichkeiten, durch sekundäre risikopolitische Maßnahmen der Risikogestaltung und -selektion weitere Risikotransformation zu betreiben. Im nächsten Kapitel wird eine weitere Variante der Risikotransformation durch idealtypische Kreditinstitute modellgestützt analysiert. Das als neue Gesamtposition entstandene Eigentümer-Kreditinstitut kann mit der Durchführung verschuldungspolitischer Maßnahmen eine zweite Stufe der Risikotransformation durch Zerlegung der Gesamtposition in heterogene Parten anstreben. Bei den weiteren Ausführungen wird stets davon ausgegangen, dass die zu transformierende Gesamtposition durch Bildung eines Eigentümer-Kreditinstituts entstanden ist.

4.3.3.3 Transformation von Risiken durch Zerlegung der zusammengesetzten Vermögensposition: Gläubiger- und Einleger-Kreditinstitut 4.3.3.3.1 Vorbemerkungen Bisher erfolgte eine Erklärung der risikotransformierenden Funktion idealtypischer Kreditinstitute durch Analyse derjenigen Effekte, die auf die Durchführung risikopolitischer Maßnahmen bei der Zusammenlegung von Finanzkontrakten zu einer neuen Vermögensposition „Eigentümer-Kreditinstitut“ zurückzuführen sind. Entsprechend den bisherigen Annahmen partizipiert an den mit dieser Gesamtposition verbundenen Ergebnissen ausschließlich eine homogene Gruppe von Eigenfinanciers (vgl. Abbildung 4.12, oberer Zweig). In diesem Kapitel sollen nunmehr die Konsequenzen untersucht werden, die aus einer Erweiterung der geschäftspolitischen Handlungsmöglichkeiten des Eigentümer-Kreditinstituts um verschuldungspolitische Maßnahmen resultieren: An den unsicheren Ergebnissen des idealtypischen Kreditinstituts partizipieren dann nicht mehr nur Eigenfinanciers, sondern auch Fremdfinanciers. Die aus Finanzkontrakten entsprechend risikopolitischen Zielen gebildete Gesamtposition wird auf der Grundlage von Eigen- und Fremdfinanzierungskontrakten in heterogene Parten zerlegt (vgl. Abbildung 4.12, unterer Zweig). Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, sind mit dieser Maßnahme ebenfalls risikotransformierende Effekte verbunden. Entspregemeinschaften vgl. Neuberger (1997), insbes. S. 95 – 99 sowie Breuer / Breuer (2008), S. 48 – 49 und S. 52 – 62; weiterführend Vollmer (2000c), S. 57 – 70.

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

215

chende Vermögenspositionen wurden im Rahmen der einleitenden Klassifikation von Finanzintermediären i. e. S. bereits idealtypisch als Gläubiger-Kreditinstitut definiert121. Die Durchführung verschuldungspolitischer Maßnahmen kann in einer zusätzlichen Variante auch darauf ausgerichtet sein, nicht nur homogene Kontrakte mit der Gruppe der Eigen- oder Fremdfinanciers abzuschließen, sondern Risikotransformation durch die Mittelbeschaffung auf der Grundlage heterogener Finanzierungskontrakte zu betreiben (vgl. Abbildung 4.12, ganz rechts). Diese Möglichkeit bildet die Grundlage zur Erklärung der Risikotransformationsleistung des oben definierten idealtypischen Einleger-Kreditinstituts. Relevant für diese Überlegungen sind nur heterogene Ansprüche der Fremdfinanciers122. Ebenfalls denkbare heterogene Ansprüche der Eigenfinanciers werden im Folgenden nicht näher betrachtet.

Abbildung 4.12: Möglichkeiten zur Zerlegung der Vermögensposition Eigentümer-Kreditinstitut

4.3.3.3.2 Eigenfinanzierungskontrakt Zur Verdeutlichung der Effekte, die mit der Durchführung verschuldungspolitischer Maßnahmen seitens des Kreditinstituts für eine homogene Gruppe von Eigenfinanciers verbunden sind, seien folgende Vertragsinhalte eines idealtypischen Eigenfinanzierungskontraktes als Grundlage der Mittelüberlassung an ein Gläubiger-Kreditinstitut unterstellt123: Vgl. hierzu oben Kapitel 4.3.3.1. Heterogene Ansprüche der Eigenfinanciers eines Kreditinstituts könnten ebenfalls analysiert werden, besitzen aber für die risikotheoretische Fundierung staatlicher Maßnahmen zum Schutz von Bankgläubigern keine Bedeutung. 121 122

216

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

 Die Eigenfinanciers überlassen Mittel in Höhe von CEF und die Fremdfinanciers in Höhe von CFF .  Für den Fall, dass die Aktivitäten des Kreditinstituts erfolgreich verlaufen, partizipieren zunächst die Fremdfinanciers in Höhe der ihnen vertraglich zustehenden Gegenleistungen CFF ð1 þ rÞ an den Ergebnissen der Geschäftstätigkeit ðDÞ. Der verbleibende Teil wird gleichmäßig auf alle Eigenfinanciers verteilt.  Treten umgekehrt Verluste aus den zum Abschluss von Finanzkontrakten verwendeten Mitteln der Fremdfinanciers auf, dann werden zunächst die seitens der Eigenfinanciers überlassenen Mittel dazu verwendet, die Ansprüche der Fremdfinanciers zu befriedigen.  Ebenso wie die Fremdfinanciers sind die Eigenfinanciers risikoscheu eingestellt.

Diese vertraglichen Vereinbarungen gehen damit einher, dass die Gesamtposition „Eigentümer-Kreditinstitut“ in heterogene Parten zerlegt wird und sich Eigen- und Fremdfinanciers des neu entstandenen Gläubiger-Kreditinstituts hinsichtlich des Informationsstandes über das Institut, der Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftspolitik und der Betroffenheit von den Ergebnissen unterscheiden. Im Vergleich zu den Financiers sonstiger Unternehmen bestehen für die Financiers von GläubigerKreditinstituten – abgesehen von der Art der Leistungspolitik – demnach keine Unterschiede124. Zur Erklärung der ökonomischen Vorteilhaftigkeit dieser Maßnahme für die Eigenfinanciers bedarf es weitergehender Überlegungen. Denn diese erhalten im besten Fall ihre überlassenen Mittel zurück, erleiden allerdings mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einen Totalverlust. Die gleichwohl vorhandene Bereitschaft von Eigenfinanciers zur Mittelüberlassung an ein idealtypisches Gläubiger-Kreditinstitut könnte durch folgende Erweiterungen des risikotheoretischen Grundmodells erklärt werden:  Zum einen kann die Motivation der Eigenfinanciers darauf basieren, dass neben den dargestellten Regeln hinsichtlich der Partizipation an den unsicheren Ergebnissen des Kreditinstituts weitergehende vertragliche Absprachen getroffen werden. Im Rahmen eines idealtypischen Eigenfinanzierungskontraktes werden Eigenfinanciers geschäftspolitische Gestaltungsspielräume eingeräumt125, so dass diese entweder durch leistungspolitische Entscheidungen und / oder durch Variation der Verschuldungspolitik126 auf die Höhe der Ergebnisse des Kreditinstituts und ihre Verteilung zwischen Eigen- und Fremdfinanciers einwirken können. 123 Vgl. Bitz (1988a), S. 22 und Bitz (2006), S. 362; ferner die allgemeinen Ausführungen oben in Kapitel 1.2.1.2.2. 124 Vgl. hierzu oben die ausführliche Darstellung der allgemeinen risikotheoretischen Grundlagen in Kapitel 4.2. 125 Vgl. hierzu oben einleitend Kapitel 1.2.1.2.2. 126 Für einen Überblick über Theorien zur Gestaltung der Kapitalstruktur vgl. Bitz (2001), insbes. Sp. 1324 – 1340.

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

217

 Zum anderen könnte die Bereitschaft der Eigenfinanciers zur Mittelüberlassung durch Aufhebung der bisherigen Prämisse einer Identität von Sollzins rS und Habenzinssatz rH erklärt werden127. Mit dieser Variation der modellgestützten Überlegungen sind für die Eigenfinanciers positive Effekte verbunden, da sie zumindest bei Ausfall maximal eines Kredites weiter an den Ergebnissen des Gläubiger-Kreditinstituts partizipieren. Im Folgenden gilt rH < rS .

Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen kann die Unsicherheitsstruktur der Position der Eigenfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts wie folgt schrittweise verdeutlicht werden128: Das Kreditinstitut erhält von den Eigenfinanciers Mittel in Höhe von CEF und von den Fremdfinanciers Mittel in Höhe von CFF , die mit rH verzinst werden. Diese Mittel werden vollständig zur Vergabe von n Krediten über den Betrag von z zu einem Zinssatz von rS verwendet. Die Ergebnisse des Kreditinstituts hängen dann von der Anzahl erfolgreicher Kreditengagements ab. Hierzu sind in Abhängigkeit von der Mindestanzahl x erfolgreicher Kredite folgende drei Konstellationen zu unterscheiden:  Konstellation (1): Die Ergebnisse des Kreditinstituts übersteigen sowohl die Ansprüche der Fremdfinanciers als auch die der Eigenfinanciers.

Die Eigenfinanciers realisieren einen Gewinn. Die hierzu nötige Mindestanzahl erfolgreicher Kredit beträgt xA .  Konstellation (2): Die Ergebnisse des Kreditinstituts übersteigen nur die Ansprüche der Fremdfinanciers und nicht die der Eigenfinanciers.

Die Eigenfinanciers müssen einen begrenzten Verlust hinnehmen. Die hierzu nötige Mindestanzahl erfolgreicher Kredit beträgt xB .  Konstellation (3): Die Ergebnisse des Kreditinstituts übersteigen die Ansprüche der Fremdfinanciers nicht. Die Eigenfinanciers verlieren ihre eingesetzten Mittel vollständig.

(a) Die Fremdfinanciers erleiden einen auf die Höhe der Zinszahlung begrenzten Verlust. Die hierzu nötige Mindestanzahl erfolgreicher Kredit beträgt x. (b) Die Fremdfinanciers erleiden einen vollständigen Verlust ihrer eingesetzten Mittel. Die Mindestanzahl xC erfolgreicher Kredite wird nicht erreicht. In Abhängigkeit von der kritischen Anzahl erfolgreicher Kredite x, berechnet sich das Ergebnis D des Gläubiger-Kreditinstituts als ð4:1Þ

127 128

D ¼ z  qS  x  CFF  qH :

Vgl. Bitz (2006), S. 364 f. Vgl. hierzu Bitz (1988a), S. 38 – 40.

218

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Unter Beachtung der Identität der Mittelherkunft ðCEF þ CFF Þ und Mittelverwendung ðz  nÞ ð4:2Þ

CEF þ CFF ¼ z  n

lassen sich die in der folgenden Tabelle dargestellten Gewinn- und Verlustmöglichkeiten für die Eigenfinanciers berechnen129 (vgl. Abbildung 4.13). Anzahl x erfolgreicher Kredite x > xA

Mögliche Ergebnisse des einzelnen Eigenfinanciers Gewinn   x CFF  qS 1 þ n CEF

Verlust 0

xB > x > xA

0

  x CFF 1   qS 1 þ n CEF

x < xB

0

1

Abbildung 4.13: Gewinn- und Verlustmöglichkeiten für Eigenfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts

In einem letzten Schritt wird Unsicherheit über den Ausgang der Kreditbeziehung unterstellt. Wenn pð xÞ die Wahrscheinlichkeit dafür bezeichnet, dass von n Krediten x erfolgreich sind und binomial verteilt ist, dann können folgende allgemeinen Formeln für den Erwartungswert und die Standardabweichung zur Charakterisierung der Unsicherheitsstruktur der Eigenfinanciers berechnet werden (vgl. Abbildung 4.14): Unsicherheitsstruktur des einzelnen Eigenfinanciers des Gläubiger-Kreditinstituts     xX B 1 n P x CFF CFF   qH  1  pðxÞ  pðxÞ  qS  1 þ CEF CEF x¼xB n x¼0

Kennzahlen Erwartungswert ðEF Þ Standardabweichung ðEF Þ

"

#1    2 2 xB n P P x CFF CFF 2   qH  1  pðxÞ þ pðxÞ  EF  qS  1 þ C C n EF EF x¼xB x¼0

Abbildung 4.14: Charakterisierung der Vermögensposition der Eigenfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts

Aufgrund dieser Charakterisierung der Unsicherheitsstruktur des einzelnen Eigenfinanciers wird die Höhe des Erwartungswertes EF ebenso wie die der Standardabweichung EF ceteris paribus 129

Vgl. zu den Berechnungen im Einzelnen Bitz (1988a), S. 39 f.

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

 von der Höhe des Verschuldungsgrades

219

CFF und CEF

 von der Anzahl der vergebenen Kredite n und damit bei unverändertem Mittelaufkommen zugleich verringertem Zerfällungsgrad z bestimmt.

Diese Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge und die den Eigenfinanciers im Rahmen des Eigenfinanzierungskontraktes eingeräumten Gestaltungsspielräume lassen vermuten, dass Eigenfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts tendenziell leistungsoder verschuldungspolitische Maßnahmen ergreifen werden, die ihre Unsicherheitsstruktur positiv beeinflussen. Im folgenden Kapitel werden die Effekte einer Zerlegung des Eigentümer-Kreditinstitute in heterogene Parten aus der Sicht der Fremdfinanciers näher verdeutlicht.

4.3.3.3.3 Fremdfinanzierungskontrakt 4.3.3.3.3.1 Homogene Ansprüche der Fremdfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts Mit der Erweiterung der geschäftspolitischen Handlungsalternativen um verschuldungspolitische Maßnahmen partizipieren als zweite Geldgebergruppe die Fremdfinanciers an den unsicheren Ergebnissen des idealtypischen Gläubiger-Kreditinstituts. Zur modellgestützten Verdeutlichung der hiermit verbundenen Effekte werden folgende idealtypischen Inhalte eines Fremdfinanzierungskontraktes unterstellt, die für alle Gläubiger identisch gelten sollen; es bestehen homogene Ansprüche der Fremdfinanciers:  Die Mittelüberlassung seitens der Fremdfinanciers erfolgt ohne weitere Auflagen zur Transformation der mit originären Finanzkontrakten verbundenen Unsicherheitsstruktur.  Den Fremdfinanciers werden priorisierte und vom Ergebnis der Risikotransformation unabhängige feste Zins- und Tilgungszahlungen in Höhe von rH und CFF zugesichert. Aufgrund dieser Teilungsregel partizipieren Fremdfinanciers an sehr guten Ergebnissen des Kreditinstituts gar nicht. Ihre Ansprüche sind der Höhe nach auf den Betrag CFF ð1 þ rH Þ begrenzt. Für den Fall sehr ungünstiger Ergebnisse des Kreditinstituts stehen den Fremdfinanciers zur Befriedigung ihrer Ansprüche zunächst die seitens der Eigenfinanciers bereitgestellten Mittel zur Kompensation entstehender Verluste zur Verfügung ðCEF Þ. Nur für den Fall, dass potentielle Verluste diese Haftungsreserven übersteigen, müssen die Fremdfinanciers einen teilweisen oder vollständigen Ausfall ihrer Zahlungsansprüche hinnehmen.  Da die Eigenfinanciers nur bei divergierenden Soll- und Haben-Zinsen zur Mittelüberlassung bereit sind, soll unterstellt werden, dass der den Fremdfinanciers zugesicherte Zins rH unterhalb des Marktzinses i liegt. Es gilt rH < i.

220

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Der risikotransformierende Effekt der vorstehend benannten idealtypischen Vertragselemente kann zunächst beispielhaft unter der Annahme verdeutlicht werden, dass die durch die Eigenfinanciers zur Verfügung gestellten liquiden Mittel als Kassenbestand gehalten werden. Risikotransformation resultiert dann daraus, dass sich die aus der Kreditvergabe erwarteten Ergebnisse des Eigentümer-Kreditinstituts um die von Seiten der Eigenfinanciers zur Verfügung gestellten liquiden Mittel erhöhen. Infolge der vereinbarten Rangfolge zur Befriedigung der laufenden Ansprüche partizipieren an diesen erhöhten Ergebnissen zunächst die Fremdfinanciers; nur dann, wenn keiner der abgeschlossen Kontrakte ausfällt, erhalten die Eigenfinanciers die bereitgestellten Mittel zurück. In allen anderen Fällen steht ihnen keine Gegenleistung für die Mittelüberlassung zu, da die zur Verfügung stehenden Mittel vollständig zur Erfüllung der Ansprüche der Fremdfinanciers verwendet werden. Dieser Haftungseffekt130 manifestiert sich für die Fremdfinanciers des GläubigerKreditinstituts in einem – im Vergleich zum Eigentümer-Kreditinstitut – erhöhten Erwartungswert bei weiter sinkender Standardabweichung. Wie im Rahmen der Analyse der Unsicherheitsstruktur der Eigenfinanciers bedarf es für eine Verallgemeinerung dieses für die Fremdfinanciers eines idealtypischen Gläubiger-Kreditinstituts positiven Risikotransformationseffektes zunächst einer Systematisierung der Gewinn- und Verlustmöglichkeiten in Abhängigkeit von der Anzahl erfolgreicher Kredite x. Abbildung 4.15 verdeutlicht, dass die Gewinne der Fremdfinanciers bei einer xB übersteigenden Anzahl erfolgreicher Kredite maximal rH betragen. Ebenso ist der maximale Verlust bei einer xC überschreitenden Anzahl erfolgreicher Kredite auf 0 begrenzt. Für Werte zwischen xB und xC hingegen realisieren Fremdfinanciers in Abhängigkeit von der Anzahl der ausgefallenen Kredite einen verminderten Gewinn (vgl. Formel in Zeile 4 und Spalte 2 in Abbildung 4.15). Ebenso müssen sie bei einer die kritische Anzahl xC unterschreitenden Zahl erfolgreicher Kredite einen erweiterten Verlust hinnehmen, der den partiellen oder vollständigen Verlust der ursprünglich überlassen Mittel beinhalten kann (vgl. die Formel in Zeile 5 und Spalte 3 in Abbildung 4.15). Unter Verwendung der Wahrscheinlichkeitsverteilung pð xÞ, die die binomial verteilte Wahrscheinlichkeit dafür bezeichnet, dass von n Krediten x erfolgreich sind, gelangt man – ebenso wie oben für die Eigenfinanciers – zur Charakterisierung der Unsicherheitsstruktur der Position der einzelnen Fremdfinanciers zu folgenden allgemeinen Werten für den Erwartungswert FF und die Standardabweichung FF (vgl. Abbildung 4.16).

130 Vgl. Bitz (2006), S. 362 – 366; ferner bereits Arnold (1964), S. 102; Arnold (1976), Sp. 1524: „Durch Diversifikation erzeugen die Banken den Versicherungseffekt und fangen durch ihr Eigenkapital dosierte Risiken ab.“

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

221

Mögliche Ergebnisse des einzelnen Fremdfinanciers

Anzahl x erfolgreicher Kredite

Gewinn

Verlust

rH

0

x CFF  qS 1 þ Þ1 n CEF

0

0

  x CFF 1   qS 1 þ n CEF

x > xB



xB > x > xC x < xC

Abbildung 4.15: Gewinn- und Verlustmöglichkeiten für Fremdfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts Unsicherheitsstruktur des einzelnen Fremdfinanciers des Gläubiger-Kreditinstituts    xP n B 1 x P CEF pðxÞ þ Þ  1  pðxÞ qS  1 þ iH  CEF x¼xB x¼0 n

Kennzahlen Erwartungswert ðEF Þ Standardabweichung ðF F Þ

" i2H



n P x¼xB

pðxÞ þ

xP B 1 x¼0

#1   2 2 x CEF 2  1  pðxÞ  FF  qS  1 þ CFF n



Abbildung 4.16: Charakterisierung der Vermögensposition der Fremdfinanciers eines Gläubiger-Kreditinstituts

Aufgrund dieser Charakterisierung der Unsicherheitsstruktur des einzelnen Fremdfinanciers wird sowohl die Höhe des Erwartungswertes FF als auch die der Standardabweichung ðFF Þ  von der Anzahl der vergebenen Kredite n und damit bei unverändertem Mittelaufkommen zugleich verringertem Zerfällungsgrad z, CFF  von der Höhe der Eigenfinanzierungsquote bestimmt131. CEF Die Verdeutlichung dieser Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge erlaubt die Schlussfolgerung, dass Fremdfinanciers von Gläubiger-Kreditinstituten geschäftspolitische Maßnahmen bevorzugen, die entweder in Form leistungspolitischer Maßnahmen auf eine Erhöhung der Anzahl der vergebenen Kredite zielen, oder in Form verschuldungspolitischer Maßnahmen eine Erhöhung der Eigenfinanzierungsquote beziehungsweise eine Verringerung des Verschuldungsgrades bewirken. Da diese Maßnahmen nicht den seitens der Eigenfinanciers gewünschten entsprechen, besteht bei Gläubiger-Kreditinstituten die Gefahr von Interessenkonflikten zwischen Eigen- und Fremdfinanciers über die Richtung der durchzuführenden geschäftspolitischen Maßnahmen132. 131 132

Vgl. Bitz (1986), S. 24. Vgl. Bitz (1986), S. 36 – 38.

222

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Geht man abschließend davon aus, dass die Anzahl der durch das Gläubiger-Kreditinstitut vergebenen Kredite mit n ! 1 sehr groß wird, und die Ursachen für den Ausfall eines Kontraktes durch Einsatz risikopolitischer Maßnahmen vollständig voneinander unabhängig sind (also gilt  ¼ 0), dann kann die bisher unterstellte Binomialverteilung für die Wahrscheinlichkeit des Kreditausfalls durch die Normalverteilung approximiert werden133. Eine Binomialverteilung kann insbesondere dann hinreichend durch eine Normalverteilung approximiert werden, wenn gilt n  p  ð1  pÞ größer oder gleich neun134. Da bei der Zusammenlegung verschiedener Fremdfinanzierungskontrakte zu einem Finanzintermediär in Form eines Eigentümer-Kreditinstituts im Gegensatz zur Bündelung unterschiedlicher Investitionen in Produktionsunternehmen keine technologischen Restriktionen zu beachten sind135, soll für den weiteren Gang der Untersuchung angenommen werden, dass die unsicheren Ergebnisse der geschäftspolitischen Maßnahmen des Gläubiger-Kreditinstituts der Normalverteilung folgen. Das entsprechende Risikoprofil FD hat dann den in Abbildung 4.17 visualisierten stetigen Verlauf. Dieser Verlauf des Risikoprofils der unsicheren Ergebnisse eines idealtypischen Kreditinstituts bildet die Grundlage für die Ableitung von Ansatzpunkten für staatliche Maßnahmen zum Schutz von Bankgläubigern.

Abbildung 4.17: Approximation des Risikoprofils durch die Normalverteilungsfunktion bei sehr großer Zahl vergebener Kredite

133 Vgl. Bortz (1989), S. 100 – 103; Bleymüller / Gehlert / Gülicher (2008), S. 52 – 54 und S. 60 – 62. Aus ökonomischer Perspektive ferner bereits Krümmel (1966), S. 142. 134 Vgl. Bortz (1989), S. 101 (m. w. Nw.). 135 Vgl. Arnold (1964), S. 89 f.

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

223

4.3.3.3.3.2 Heterogene Ansprüche der Fremdfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts Im Rahmen der bisherigen Ausführungen wurden homogene Ansprüche seitens der Fremdfinanciers eines idealtypischen Kreditinstituts unterstellt und dieses als Gläubiger-Kreditinstitut bezeichnet. Mit Hilfe des risikotheoretischen Ansatzes ist es weiterführend möglich, die Effekte unterschiedlicher Vertragsgestaltungen mit einzelnen Fremdfinanciers oder Fremdfinanciers-Gruppen zu analysieren. Aus risikotheoretischer Untersuchungsperspektive handelt es sich um eine Zerlegung der ursprünglichen Position der Fremdfinanciers in Einzel-Positionen (vgl. hierzu oben Abbildung 4.12). Die Heterogenität der Ansprüche der Fremdfinanciers kann im Wesentlichen aus zwei Arten vertraglicher Vereinbarungen resultieren: Zum Ersten können laufende Ansprüche oder die Rückzahlungsansprüche der einzelnen Fremdfinanciers hinsichtlich der Höhe divergieren. Alle Fremdfinanciers des Kreditinstituts partizipieren an den unsicheren laufenden Ergebnissen vollständig und gleichrangig. Die Position wird lediglich betragsmäßig durch Stückelung zerlegt136. Die aus der Zerlegung der ursprünglichen Fremdfinancier-Position eines Kreditinstituts in zwei gleichrangige Einzelpositionen resultierenden Effekte können in der Darstellungsweise mit Risikoprofilen wie folgt verdeutlicht werden137. Den Ausführungen liegt dabei der aus dem vorhergehenden Kapitel bekannte idealtypische Fremdfinanzierungskontrakt zugrunde. Ergänzend sei lediglich angenommen, dass die insgesamt seitens der Fremdfinanciers zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von CFF nunmehr durch Geldgeber A in Höhe von CFA und durch den Geldgeber B in Höhe von CFB zur Verfügung gestellt werden. Es gilt demnach CFA þ CFB ¼ CFF . Die individuellen Forderungen für die Mittelüberlassung betragen von Gläubiger A r und von Gläubiger B r. Eine Erfüllung der Rückzahlungsansprüche beider Fremdfinanciers aus den erwarteten Ergebnissen des Kreditinstituts erfolgt quotal entsprechend ihren Anteilen an den gesamten Fremdfinanzierungsmitteln. Für Fremdfinancier A ergibt sich die Quote a aus CFA ð1 þ rÞ=CFF ð1 þ rÞ und für Fremdfinancier B die Quote b aus CFB ð1 þ rÞ=CFF ð1 þ rÞ. In der Darstellungsweise des Risikoprofils wird dieser quotale Rückzahlungsanspruch gleichrangiger Fremdfinanciers durch eine Stauchung des ursprünglichen Profils der Fremdfinanciers um die Quote a oder b visualisiert138 (vgl. Abbildung 4.18). Dementsprechend verläuft das dunkelgrau gezeichnete Profil FDFA von Gläubiger A beginnend mit dem schlechtesten Wert zwischen aD0 und CFB ð1 þ rÞ und das hellgrau gezeichnete Profil von Gläubiger B zwischen bD0 und CFB ð1 þ rÞ. 136 Vgl. hierzu die Ausführungen oben Kapitel 4.3.3.2 zur entsprechenden Zerlegung der Eigenfinancierposition. 137 Die weiteren Überlegungen basieren auf den grundlegenden Ausführungen für sonstige Unternehmen von Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 232 – 241. 138 Die Abszissen-Werte für die individuellen Risikoprofile der Gläubiger A und B ergeben sich durch Multiplikation der den kumulierten Wahrscheinlichkeiten zugeordneten, ursprünglichen Rückflussbeträge mit den Faktoren a bzw. b.

224

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Abbildung 4.18: Zerlegung des Fremdfinancier-Risikoprofils eines Kreditinstituts bei Gleichrangigkeit der Ansprüche

Zum Zweiten können sich Positionen von Fremdfinanciers hinsichtlich der mit ihnen verbundenen Chancen und Risiken qualitativ unterscheiden. Dies setzt voraus, dass einzelne Gläubiger zu Lasten anderer Gläubiger eine Vorrangstellung erwirken. Mit derartigen Vertragsgestaltungen kann aus Sicht der betreffenden Fremdfinanciers entweder die Partizipation an den unsicheren Ergebnissen des Kreditinstituts positiv beeinflusst werden oder im Falle der Insolvenz eine vorrangige Befriedigung aus den Liquidationserlösen vereinbart werden139. Für diese allgemein unter dem Begriff der Kreditsicherheiten140 zusammengefassten Vertragsgestaltungen finden sich speziell bei Kreditinstituten Beispiele in Form von Nachrangigen Anleihen oder Pfandbriefen141. Die Heterogenität von Ansprüchen der Fremdfinanciers eines Kreditinstituts aufgrund entsprechender Vertragsgestaltungen kann insbesondere daraus resultieren, dass dem Geldgeber das Recht eingeräumt wird, jederzeit ohne spezielle Zustimmung der Eigenfinanciers des Kreditinstituts und ohne Inkaufnahme von Abschlägen über den ursprünglich überlassenen Geldbetrag CFF verfügen zu dürfen. Dieser spezielle Fremdfinanzierungskontrakt wird im Folgenden idealtypisch als Einlagen-Kontraktbezeichnet. Für die Einräumung dieses weitreichenden Kündigungsrechts sind die Gläubiger des Kreditinstituts bereit, eine sehr niedrige Verzinsung ihrer Mittel hinzunehmen: Es gilt 0 < r < i. Deshalb verändert sich der aus ihrer Perspektive relevante Referenzmaßstab zur Unterscheidung zwischen Chancen und Vgl. hierzu allgemeiner Arnold (1976), Sp. 1509 und Krümmel (1976), Sp. 496 f. Für einen Überblick vgl. Bigus / Langer / Schiereck (2005), S. 465 – 480 (m. w. Nw). 141 Weiterführend hierzu Stillhart (2002), S. 224 – 243; ferner zu nachrangigen Anleihen Bigus / Prigge (2001), S. 105 – 108 und zu Pfandbriefen Merbecks (2008), S. 119 – 128. 139 140

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

225

Risiken der Mittelüberlassung von CFF ð1 þ iÞ auf CFF , also die unverzinsliche Kassenhaltung ihrer Mittel. Mit der Einräumung des jederzeitigen Kündigungsrechts als besonderem Vertragselement des hier idealtypisch analysierten Fremdfinanzierungskontraktes mit einem Kreditinstitut erfolgt die Transformation des während der Laufzeit eines Finanzkontraktes bestehenden Liquiditätsrisikos142 originärer Fremdfinanciers. Gläubiger-Kreditinstitute, deren Geschäftstätigkeit zusätzlich zu den bereits verdeutlichen Transformationsleistungen durch Zusammenlegung von Fremdfinanzierungskontrakten auch auf Transformation des Liquiditätsrisikos zielen, werden im Rahmen dieser Arbeit idealtypisch als Einleger-Kreditinstitut bezeichnet. Stützel bezeichnet den mit der Zusicherung der jederzeitigen Rückzahlung der überlassenen Mittel zum Nennwert einhergehenden Effekt als „Monetarisierung oder Monetisierung von Forderungen“143. Werden durch Übertragung derartig monetarisierter Forderungen zudem Kauf- oder Liefervorgänge wirtschaftlich Handelnder als endgültig abgeschlossen betrachtet, dann handelt es sich im Sinne Stützels um „Zahlungsmittel“144. Auf der Basis dieser Definition gelingt es, das Geldangebot als weitere Funktion idealtypischer Kreditinstitute in den risikotheoretischen Untersuchungsansatz zu integrieren. Damit wird eine einzelwirtschaftliche Analyse der hiermit verbundenen Effekte möglich145 und somit ein wichtiger Kritikpunkt an den oben vorgestellten gleichgewichtstheoretischen Untersuchungsansätzen zur Erklärung von Kreditinstituten überwunden werden146. Mit der Ausübung des vertraglich zugesicherten jederzeitigen Kündigungsrechts wird aus einzelwirtschaftlicher Sicht derjenige Fremdfinancier, der dieses Recht in Anspruch nimmt, zum Gläubiger mit vorrangigen Ansprüchen147. Alle übrigen Gläubiger können erst dann mit einer Erfüllung ihrer Zahlungsansprüche rechnen, wenn die unsicheren Ergebnisse des Kreditinstituts den an den kündigenden Fremdfinancier zu leistenden Betrag übersteigen148. In der Darstellungsweise mit Risikoprofilen kann dieser Effekt exemplarisch für die beiden Fremdfinanciers A und B verdeutlicht werden (vgl. Abbildung 4.19). Geht man davon aus, Fremdfinancier A nehme sein jederzeitiges Kündigungsrecht Vgl. hierzu die einleitende Klassifikation oben Kapitel 4.3.2. Grundlegend Stützel (1953 / 1979), S. 291 – 294; ferner Stützel (1959b), S. 623. 144 Stützel betont dabei, dass eine entsprechende (funktionsorientierte) Definition unabhängig von der konkreten Erscheinungsform eines speziellen Zahlungsmittels in einer speziellen Geldordnung Gültigkeit besitzt, vgl. Stützel (1953 / 1979), S. 292. 145 Erste Grundüberlegungen hierzu finden sich bei Engels (1969), S. 58 – 64, S. 122 – 138; weiterführend hinsichtlich konkurrierender Notenbanken Engels (1977), insbes. S. 194 – 204. 146 Vgl. zusammenfassend oben Kapitel 2.4. 147 Weiterführend zum Einsatz von Nachranganleihen als Instrument der Bankenaufsicht Bigus / Prigge (2001), S. 108 – 132. 148 Vgl. hierzu allgemein Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 236 f. Für eine Anwendung auf die Gläubiger von Pfandbriefbanken Merbecks (2008), S. 125 – 128. 142 143

226

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

wahr, dann befindet sich dieser unmittelbar in einer privilegierten Situation: Bis zum Betrag von CFA ð1 þ rÞ werden die erwarteten Ergebnisse des Kreditinstituts vollständig zur Befriedigung seines Zahlungsanspruches verwendet mit hieraus resultierenden dunkelgrau schattierten Risiken und hellgrau schattierten Chancen (vgl. Abbildung 4.19). Bei Gleichrangigkeit der Gläubiger stünde A hingegen nur der seiner Quote a entsprechende Anteil am Unternehmensergebnis zu (vgl. oben Abbildung 4.18). Mit der Kündigung von A wird Fremdfinancier B, ohne weitere Anpassungsmaßnahmen, unmittelbar zum nachrangigen Gläubiger und ist damit von der Kündigungsentscheidung negativ betroffen: Er kann erst dann mit einer Erfüllung der ihm gegenüber eingeräumten Rückzahlungsversprechen rechnen, wenn die Ergebnisse des Kreditinstituts den Betrag von CFA ð1 þ rÞ übersteigen (vgl. Abbildung 4.19). Seine mit der Mittelüberlassung verbundenen Risiken sind dunkelgrau schattiert, entsprechende Chancen hellgrau.

Abbildung 4.19: Zerlegung des Fremdfinancier-Risikoprofils eines Kreditinstituts bei Nachrangigkeit der Ansprüche

Für die verbleibenden Fremdfinanciers eines Einleger-Kreditinstitut besteht nicht nur die Gefahr negativer Betroffenheit durch die Heterogenisierung der GläubigerAnsprüche. Unerwünschte Effekte können auch daraus resultieren, dass die Fähigkeit des Kreditinstituts zur Erfüllung seiner Monetisierungszusagen nicht zwingend gegeben ist, sondern durch die Art der betriebenen Geschäftspolitik bestimmt wird. Grundlage der bisherigen modellgestützten Erklärung der Funktion von Kreditinstituten war die Annahme, dass am Ende des Betrachtungszeitraumes den Ergebnissen des Kreditinstitutes eindeutige monetäre Werte zugeordnet werden können und die Lage des Risikoprofils damit determiniert ist149. Eine entsprechende Annahme ist 149

Vgl. Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 210.

4.3 Modellierung von Finanzintermediären i. e. S.

227

plausibel, wenn man davon ausgeht, dass der Betrachtungszeitraum der Selbstliquidationsperiode der durch Zusammenlegung von Finanzkontrakten entstandenen neuen Gesamtposition entspricht. Wegen der Einräumung des jederzeitigen Kündigungsrechts für die Fremdfinanciers muss diese Prämisse jedoch für idealtypische Einleger-Kreditinstitute modifiziert werden: In Abhängigkeit von der gewählten Geschäftspolitik kann das Kreditinstitut zur Erfüllung seiner Zahlungsversprechen gegenüber den Gläubigern dazu gezwungen sein, Finanzkontrakte vor Ablauf der Selbstliquidationsperiode abzutreten oder zu beleihen und kann demnach Wertverlusten oder Wertsteigerungen ausgesetzt zu sein. Die Höhe der erwarteten Rückzahlungsbeträge und folglich auch die Lage des Risikoprofils sind für Einleger-Kreditinstitute nicht mehr eindeutig determiniert. Im Ergebnis bestehen aus der Sicht der Fremdfinanciers Vorteile aus der Aufspaltung eines Gläubiger-Kreditinstituts in ein Einleger-Kreditinstitut in der durch die Einräumung eines jederzeitigen Kündigungsrechts vorgenommenen Transformation des Liquiditätsrisikos. Diesem Vorteil steht allerdings die Gefahr einer weiteren Kategorie von Interessenkonflikten gegenüber. Zusätzlich zu den bereits angedeuteten möglichen Interessenkonflikten zwischen Eigen- und Fremdfinanciers hinsichtlich der geschäftspolitischen Entscheidungen können Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Gruppen von Fremdfinanciers entstehen. Mit der idealtypischen Klassifikation von Kreditinstituten nach der Art und dem Umfang der erbrachten Transformationsleistungen wurde das erste Anforderungskriterium an eine ökonomische Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten erfüllt. Die der kreditwirtschaftlichen Leistungserstellung zugrundeliegenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge wurden auf einzelwirtschaftlicher Ebene verdeutlicht. Zugleich verdeutlichen die ersten Überlegungen zu potentiellen Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Financiers des Kreditinstituten, dass der risikotheoretische Ansatz außerdem dem zweiten Anforderungskriterium genügt. Denn die Möglichkeit zu Beeinflussung von Interessenkonflikten bildet ein sinnvolles Kriterium zur Fundierung der Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen staatlichen Maßnahmen. Die weiteren Ausführungen im folgenden Kapitel unterstellen hierzu ein idealtypisches Einleger-Kreditinstitut.

228

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten als Ansatzpunkt staatlicher Maßnahmen 4.4.1 Vorüberlegungen 4.4.1.1 Potentielle Interessenkonflikte als Ursachen für die Existenz von Gläubigerrisiken Nachdem mit Hilfe des risikotheoretischen Ansatzes im vorhergehenden Kapitel Einleger-Kreditinstitute idealtypisch nach der Art und dem Umfang der durch geschäftspolitische Maßnahmen erbrachten Transformationsleistung klassifiziert werden konnten, werden hierauf aufbauend innerhalb des gleichen Untersuchungsrahmens150 Ansatzpunkte für eine zielgerichtete Gestaltung staatlicher Maßnahmen gegenüber Einleger-Kreditinstituten zur Verwirklichung eines speziellen Schutzes von Bankgläubigern aufgezeigt151. Da es sich hierbei – wie bereits einleitend zu Kapitel 4 verdeutlicht – nicht um eine normative Analyse handelt, bildet die Diskussion um die Notwendigkeit staatlicher anstelle privater Maßnahmen Gegenstand eines außerhalb des Untersuchungsrahmens verbleibenden zeitlich vorgelagerten politischen Entscheidungsprozesses152. Aus risikotheoretischer Perspektive besteht ein sinnvoller Ansatzpunkt für staatliche Aktivitäten zum Schutz der Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten in möglicherweise zwischen verschiedenen Financiers bestehenden Interessenkonflikten153. Da die Möglichkeit von Interessenkonflikten auf die bereits bekannte Unterscheidung verschiedener Arten von Asymmetrien zwischen Eigen- und Fremdfinanciers zurückzuführen ist, existieren für staatliche Entscheidungsträger entsprechend folgende Bereiche, aus denen Ansatzpunkte für das Ergreifen Gläubiger schützender Maßnahmen abgeleitet werden können:  Interessenkonflikte, die auf Asymmetrien in der Informationsverteilung zurückzuführen sind. 150 Eine entsprechende ökonomische Fundierung staatlicher Maßnahmen in der Kreditwirtschaft fordert bereits Stützel (1978), S. 111. Ähnlich auch Seifert (1984), S. 186 und S. 197, der zunächst Klarheit hinsichtlich des zu regelnden Sachverhalts und der zur Verfügung stehenden Mittel fordert. 151 Ausführlich hierzu bereits Müller (1981), S. 53 – 114. Für eine Differenzierung des Schutzes von Geldgebern in Schutz der Fremd- und Eigenfinanciers vgl. Seifert (1984), S. 213 – 223. 152 Vgl. hierzu auch Bitz / Terstege (2009a), S. 59 – 66, die zwischen Marktkontrolle, vertraglicher Kontrolle und gesetzlicher Kontrolle unterscheiden. Die Reduktion von Gläubigerrisiken als Aufgabe des Finanzmanagements analysiert Bitz (1988c), insbes. S. 11 – 15. 153 Die Vorzüge des risikotheoretischen Ansatzes für die einleitend geforderte Annäherung von Rechts- und Wirtschaftswissenschaften durch wissenschaftliche Fundierung realer staatlicher Maßnahmen in Form rechtlicher Gestaltungen wird hier sehr deutlich. Vgl. Erdland (1981), S. 8; ferner auch schon Stützel (1978), S. 119. Stützel sieht Möglichkeiten der Annäherung zwischen Rechts- und Wirtschaftswissenschaften dann, wenn beide nach Möglichkeiten zur Verbesserung zwischenmenschlicher Abläufe suchen.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

229

 Interessenkonflikte, die aufgrund asymmetrischer Einflussmöglichkeiten auf die Wahl der Geschäftspolitik bestehen.  Interessenkonflikte, die infolge der Kündigungsmöglichkeit zwischen verschiedenen Gruppen von Gläubigern entstehen können.

Diese möglichen Interessenkonflikte bilden die Ursache dafür, dass Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten unterschiedlichen Kategorien von Finanzierungsrisiken ausgesetzt sind. Für deren weitergehende Analyse ist es sinnvoll, diese Risiken gedanklich einzelnen Phasen der Gläubigerbeziehung zuzuordnen154. In Abbildung 4.20 wird hierzu zunächst zwischen Solvenz und Insolvenz des Kreditinstituts unterschieden, um hierauf aufbauend für den Fall der Solvenz zwischen Entscheidungs- und Vertragsphase zu differenzieren und für den Fall der Insolvenz die Abwicklungsphase zu definieren. Solvenz des Kreditinstituts

Insolvenz des Kreditinstituts

Phasen der Entscheidungsphase Gläubigerbeziehung

Vertragsphase

Abwicklungsphase

Ursachen möglicher Asymmetrische InInteressenkonflikte formationsverteilung

Asymmetrische Einflussmöglichkeiten

Asymmetrische Betroffenheit

Resultierende Risikokategorie

 Delegationsrisiken Insolvenzverlustrisiko  Liquiditätsrisiken

Informationsrisiken

Abbildung 4.20: Zuordnung von Finanzierungsrisiken zu einzelnen Phasen der Gläubiger-Kreditinstitut-Beziehung

Bevor ein potentieller Geldgeber bereit ist, einem Kreditinstitut Mittel auf der Grundlage eines Fremdfinanzierungskontraktes zu überlassen, wird er im Rahmen der Entscheidungsphase (vgl. Abbildung 4.20) versuchen abzuschätzen, ob das Kreditinstitut zur vereinbarungsgemäßen Erfüllung der vertraglichen Absprachen in der Lage sein wird. Hierzu muss er sich einen Überblick über alle hierauf einwirkenden Risikokategorien, deren Einflussfaktoren sowie deren Beziehungen untereinander beschaffen. Weicht dieser Informationsstand von einem bestimmten Referenzinformationsstand ab und hätte der Geldgeber seine Entscheidung zur Mittelüberlassung aufgrund dieses Referenzinformationsstandes nicht getroffen, dann soll dieser Sachverhalt als Informationsrisiko bezeichnet werden155. Ursachen für das 154 Zur phasenbezogenen Strukturierung von Finanzierungsrisiken allgemein Bitz / Terstege (2009a), S. 24 – 58 und Bitz / Stark (2008), S. 51 – 53; dem folgend Ries (2009), S. 17 – 24 und Oehler / Unser (2002), S. 197 – 205; ferner bereits Hemmerde (1985), S. 18 – 20, S. 21; für eine Übertragung auf Gläubiger von Kreditinstituten vgl. Merbecks (2008), S. 119 – 129 und Merbecks / Bauer-Behrschmidt (2000), S. 14 – 24. 155 Hierzu ausführlich Bitz / Terstege (2009a), S. 44 – 48; ferner Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 216 – 220. Damit wird das grundlegende Problem der Unvorhersehbarkeit zukünftiger Entwicklungen nicht mehr weiter berücksichtigt, vgl. hierzu Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 6.

230

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Auftreten entsprechender Risiken können in Problemen der Gewinnung oder Verarbeitung entsprechender Informationen bestehen (vgl. Abbildung 4.20). Hat sich der Geldgeber aufgrund seines Informationsstandes dazu entschlossen, dem Kreditinstitut Mittel auf Basis eines Fremdfinanzierungskontraktes zur Verfügung zu stellen, besteht für ihn während der Vertragsphase die Gefahr, dass das Kreditinstitut seinen Zahlungsverpflichtungen vollständig oder teilweise nicht nachkommen kann (vgl. Abbildung 4.20). Dieses Risiko wurde bereits oben als Insolvenzeintrittsrisiko definiert156. Das Insolvenzeintrittsrisiko wird während der Entscheidungsphase durch den potentiellen Geldgeber abgeschätzt und bei erfolgter Mittelvergabe für tolerabel erachtet. Während der Vertragslaufzeit kann es allerdings aufgrund der Ausnutzung von Handlungsspielräumen zu einer Abweichung des tatsächlich relevanten von dem ursprünglich erwarteten Insolvenzeintrittsrisiko kommen. Über entsprechende Handlungsspielräume verfügen bei Einleger-Kreditinstituten nicht nur Eigenfinanciers hinsichtlich der Gestaltung der Geschäftspolitik, sondern auch Fremdfinanciers aufgrund des ihnen eingeräumten jederzeitigen Kündigungsrechts. Die aus der Ausnutzung entsprechender Handlungsspielräume resultierenden Abweichungen von später weiter zu präzisierenden Referenzgrößen sollen im Folgenden unter der Bezeichnung Delegationsrisiken und Liquiditätsrisiken näher analysiert werden (vgl. Abbildung 4.20). Für den Fall, dass über ein Kreditinstitut ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, sehen sich Fremdfinanciers darüber hinaus einer weiteren Risikokategorie ausgesetzt, dem Insolvenzverlustrisiko157. Diese Kategorie von Finanzierungsrisiken wurde bereits oben ausgeschlossen158. Die weiteren Ausführungen beschränken sich folglich auf solvente Einleger-Kreditinstitute. Entsprechend diesen systematisierenden Vorüberlegungen zielen die weiteren Ausführungen darauf, die den unterschiedlichen Erscheinungsformen von Bankgläubigerrisiken zugrundeliegenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge hinreichend zu verdeutlichen. Im Mittelpunkt steht dabei:  Die Benennung der Voraussetzungen, unter denen Informationsrisiken für die Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten in der Entscheidungsphase bestehen können.  Die Benennung der Voraussetzungen für die Diagnose von Delegationsrisiken der Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten während der Vertragsphase. Vgl. hierzu oben Kapitel 4.3.2.3. Hierzu allgemein Bitz / Terstege (2009a), S. 25 – 29; ferner bereits Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 12 sowie Krümmel (1976b), Sp. 496 und Krümmel (1962), S. 140 – 142 Krümmel (1976b), Sp. 496; spezieller für Pfandbriefbanken Merbecks (2008), S. 125 – 129. 158 Aufgrund der zusätzlich zu den unsicheren Ergebnissen zu berücksichtigenden unsicheren Liquidationserlöse bedarf es einer Erweiterung des risikotheoretischen Grundmodells, da die Grenzen der Darstellungsform mit Risikoprofilen erreicht werden. Vgl. hierzu Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 239 f. sowie weiterführend zu entsprechenden Erweiterungen Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 275 – 474. 156 157

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

231

 Die Benennung der Voraussetzungen, unter denen Liquiditätsrisiken für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten diagnostiziert werden können.

Dabei wird sich zeigen, dass die eindeutige Diagnose entsprechender Risiken nicht durchgängig möglich ist, und dementsprechend auch für staatliche Entscheidungsträger bei der Gestaltung von Maßnahmen enge Grenzen bestehen.

4.4.1.2 Klassifikation staatlicher Maßnahmen Im Umgang mit den hier relevanten drei Kategorien idealtypischer Gläubigerrisiken stehen staatlichen Entscheidungsträgern unterschiedliche Arten von Maßnahmen zur Verfügung. Die zu ihrer Systematisierung in der Literatur überwiegend diskutierten unterschiedlichen Kriterien, können mit Hilfe eines morphologischen Kasten in Abbildung 4.21a, Zeile 1 – 5 dargestellt werden. Klassifikationsmerkmal

Merkmalsausprägung

Eingriffssituation

Präventive Maßnahmen

Protektive Maßnahmen

Vorhersehbarkeit

Regelgebundene Maßnahmen

Diskretionäre Maßnahmen

Messansatz

Quantitative Maßnahmen

Qualitative Maßnahmen

Eingriffsintensität

Hoheitliche Maßnahmen

Liberale Maßnahmen

Abbildung 4.21a: Klassifikation staatlicher Maßnahmen nach unterschiedlichen Kriterien

Nach dem Kriterium der Eingriffssituation lassen sich Maßnahmen in präventive und protektive unterscheiden159: Während protektive Maßnahmen in Situationen, in denen die Existenz eines Kreditinstituts bedroht ist, ergriffen werden, regeln präventive Maßnahmen den laufenden Geschäftsbetrieb. Alternativ ist eine Klassifikation staatlicher Maßnahmen nach dem Kriterium der Vorhersehbarkeit in regelgebundene und diskretionäre Maßnahmen möglich160. Während das Ergreifen diskretionärer Maßnahmen infolge eingeräumter Ermessensspielräume nicht vorhersehbar ist, besteht für die Marktteilnehmer bei regelgebundenen Maßnahmen Prognosesicherheit über die Art der durchgeführten Maßnahme. Die Verwendung des Kriteriums des gewählten Messansatzes führt zu einer Unterscheidung zwischen qualitativen und quantitativen Maßnahmen161. Während qualitative Maßnahmen darauf zielen, 159 Vgl. stellvertretend für viele Markel (2010), S. 46 – 48; Fey (2006), S. 79 – 92; Lach (2003), S. 49 – 60; Zimmer (1993), S. 204 – 221. Ausführlich zur kritischen Reflexion des diesen Erscheinungsformen staatlicher Maßnahmen zugrundeliegenden Kriteriums Fest (2008), S. 34 – 36 (m. w. Nw.). 160 Vgl. Fest (2008), S. 36 – 38. 161 Ausführlich zu „qualitativen Maßnahmen“ Markel (2010), S. 75 – 210 und Paul (2000), S. 281 – 299. Für einen weiterführenden differenzierten Vergleich zwischen beiden Arten von Maßnahmen vgl. Fest (2008), S. 209 – 244.

232

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

bestimmte Vorgaben verbal zu umschreiben, beschränken sich quantitative Maßnahmen auf Vorgaben, die metrisch messbar sind. Schließlich können staatliche Maßnahmen nach dem Kriterium der Eingriffsintensität in hoheitliche und liberale Maßnahmen differenziert werden162. Während liberale Maßnahmen grundlegende Funktionsprinzipien einer marktwirtschaftlichen Ordnung respektieren, implizieren hoheitliche Maßnahmen einen Systemwechsel. Dieses Kriterium wurde im Rahmen der einleitenden Darstellung der Entwicklung realer staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten in Deutschland verwendet. Alle erläuterten Klassifikationskriterien ermöglichen eine Ordnung staatlicher Maßnahmen im Hinblick auf unterschiedliche Fragestellungen. Sie sind allerdings nur eingeschränkt geeignet, um staatliche Handlungsmöglichkeiten zur Beeinflussung von Gläubigerrisiken innerhalb des risikotheoretischen Untersuchungsansatzes hinreichend zu systematisieren. Hierzu ist, wie bereits im vorhergehenden Kapitel erfolgt, zum Ersten zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen von Gläubigerrisiken zu unterscheiden. Abbildung 4.21b erweitert deshalb den morphologischen Kasten in einem ersten Schritt um das Kriterium der Art der zu beeinflussenden Gläubigerrisiken. Klassifikationsmerkmal

Merkmalsausprägung

Art der zu beeinflussenden Gläubigerrisiken

Maßnahmen zur Beeinflussung von Informationsrisiken

Maßnahmen zur Beeinflussung von Delegationsrisiken

Maßnahmen zur Beeinflussung von Liquiditätsrisiken

Art der Beeinflussung von Gläubigerrisiken

Maßnahmen zur Risikovermeidung

Maßnahmen zur Risikoreduktion

Maßnahmen zur Information über die Risikoübernahme

Abbildung 4.21b: Klassifikation staatlicher Maßnahmen aus risikotheoretischer Perspektive

Zum Zweiten ist es sinnvoll, staatliche Maßnahmen nach der Art des Umgangs mit diagnostizierten Risiken zu klassifizieren. Wegen der bereits mehrfach herausgestellten Gleichwertigkeit staatlicher und privater Maßnahmen im Rahmen des risikotheoretischen Untersuchungsansatzes orientiert sich diese Klassifikation an den Handlungsmöglichkeiten betrieblichen Risikomanagements163. Staatlichen Entscheidungsträgern stehen im Umgang mit den verschiedenen Gläubigerrisiken164 dementsprechend drei grundlegende Kategorien von Aktivitäten zur Verfügung:

Vgl. Klische (1995), S. 88 – 90. Vgl. Bitz (1993), S. 651 – 666 und Bitz (1988c), S. 11 – 15. Weiterführend zu den Grundlagen des Risikomanagements auch Oehler / Unser (2002), S. 20 – 38. 164 Erste diesbezügliche Überlegungen finden sich bei Erdland (1981), S. 9 – 15. 162 163

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

233

 Maßnahmen zur Risikovermeidung Entsprechende Maßnahmen zielen darauf, die Ursache von Interessenkonflikten als Ursache von Gläubigerrisiken zu beseitigen. Dementsprechend können sie danach unterschieden werden, ob beispielsweise eine Angleichung divergierender Informationsstände165 erfolgt, eine Einengung von Handlungsmöglichkeiten angestrebt wird oder sonstige Maßnahmen zur Harmonisierung von Interessensgegensätzen ergriffen werden166.  Maßnahmen zur Risikoreduktion Ist eine vollständige Beseitigung der Ursachen nicht möglich oder unerwünscht, können staatliche Aktivitäten darauf ausgerichtet werden, Kreditinstituten den Einsatz von Instrumenten vorzuschreiben, die eine Verminderung diagnostizierter Gläubigerrisiken bewirken167. Diese können auf den Transfer des entsprechenden Risikos oder das Auslösen gegenläufiger Effekte ausgerichtet sein.  Maßnahmen zur Information über die erfolgte Risikoübernahme Kann oder soll eine bestimmte Risikokategorie weder beseitigt noch gemindert werden, können staatliche Maßnahmen lediglich darin bestehen, dass Kreditinstitute zur Abgabe von Informationen über die Existenz und das Ausmaß des entsprechenden Risikos verpflichtet werden168.

Diese Klassifikation von Instrumenten bildet die Grundlagen zur Reflektion der Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Maßnahmen zur Beeinflussung der benannten Risiken von Gläubigern idealtypischer Einleger-Kreditinstitute in den weiteren Kapiteln. Hierzu werden in einem ersten Schritt jeweils die den drei Risikoarten zugrundeliegenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge näher erläutert und verschiedene Erscheinungsformen unterschieden und in einem zweiten Schritt jeweils Möglichkeiten und Grenzen einer staatlichen Beeinflussung aufgezeigt.

4.4.2 Informationsrisiken aufgrund von Interessenkonflikten in der Entscheidungsphase 4.4.2.1 Definition und Erscheinungsformen Zur Konkretisierung der bisher allgemein gehaltenen Definition des Informationsrisikos von Bankgläubigern169 bedarf es einer Präzisierung der hierfür herangeVgl. Schneider (2006), S. 69. Vgl. Bitz (1988c), S. 12. 167 Für eine Übersicht über entsprechende Maßnahmen vgl. auch Seifert (1984), S. 224 – 227. 168 Zur Entwicklung eines entsprechenden Anforderungsprofils vgl. Lach (2003), S. 155 – 172; ausführlich ferner Klische (1995), S. 91 – 142. 169 Erdland schließt in seinen Untersuchungen die Existenz von Informationsrisiken aus und beschränkt sich auf eine Analyse des Insolvenzrisikos von Bankgläubigern, vgl. Erdland (1981), S. 12. 165 166

234

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

zogenen Elemente: Zum einen ist dies die Festlegung derjenigen Bereiche, über die Informationen170 erhoben werden sollen, zum anderen ist dies die Festlegung des Referenzinformationsstandes. Mit Hilfe des risikotheoretischen Ansatzes wurde als wesentliche Funktion von Einleger-Kreditinstituten die Transformation von Finanzierungsrisiken und spezieller des Insolvenzeintritts- und des Liquiditätsrisikos erklärt. Dementsprechend zielen Aktivitäten potentieller Bankgläubiger darauf, alle relevanten Informationen zur Prognose der mit dieser Geschäftstätigkeit verbundenen unsicheren Ergebnisse zu erheben, um darauf aufbauend eine Vorstellung von der mit dem Kontrakt verbundenen Unsicherheitsstruktur zu entwickeln171. Zu den notwendigen Bereichen der Informationserhebung gehören die Folgenden172:  Kenntnis aller im Entscheidungszeitpunkt relevanten künftigen Umweltzustände.  Kenntnis der zugehörigen Eintrittswahrscheinlichkeiten.  Kenntnis der aus den verwirklichten geschäftspolitischen Maßnahmen resultierenden Ergebnisse des Kreditinstitutes und Kenntnis über die Zuordnung zu den relevanten Umweltzuständen.  Kenntnis der den Eigenfinanciers alternativ zur Verfügung stehenden geschäftspolitischen Handlungsmöglichkeiten. Dabei müssen Informationen sowohl über alternative leistungspolitische Maßnahmen als auch über alternative verschuldungspolitische Aktivitäten erhoben werden.

In Anlehnung an Bitz / Niehoff / Terstege können diese für den Gläubiger als relevant erachteten Informationsbereiche weiter nach dem Kriterium der Abhängigkeit vom Verhalten der Eigenfinanciers in zwei Gruppen unterteilt werden173: In die vom Verhalten der Eigentümer abhängigen Informationsbereiche betreffend leistungsund verschuldungspolitischer Handlungsmöglichkeiten und in die hiervon unabhängigen Arten von Informationsbereichen (vgl. Abbildung 4.22). Unter der Bezeichnung Informationsrisiko i. e. S. werden in diesem Kapitel aus analytischen Gründen nur Informationsrisiken analysiert, die aus Bereichen resultieren, in denen für Eigenfinanciers keine Handlungsspielräume bestehen; die gewählte Geschäftspolitik des Kreditinstituts ist potentiellen Geldgebern sicher bekannt. Informations170 Einen Überblick über unterschiedliche Versuche zur Definition von „Information“ in der allgemeinen ökonomischen Literatur gibt Fülbier (1998), S. 108 – 111 (m. w. Nw.). Lach führt hierzu speziell den Begriff der „Marktinformation“ ein, vgl. Lach (2003), S. 61 f. Hierbei handelt es sich um Informationen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt allen Marktteilnehmern öffentlich bekannt gemacht wurden. 171 Zu den Determinanten der Unsicherheitsstruktur eines Vermögensbestandes bereits Stützel (1970), S. 9 f. Stützel weist darauf hin, dass die Unsicherheitsstruktur nicht nur durch die Wahrscheinlichkeitsverteilung der unsicheren Ergebnisse determiniert wird, sondern auch durch Festlegung der Maßperiode einerseits und die Festlegung des Maßgutes andererseits. 172 Ergänzend muss der potentielle Gläubiger eine Vorstellung von den zwischen diesen Bereichen bestehenden Interdependenzen entwickeln. 173 Vgl. Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 216 – 218.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

235

risiken hingegen, die in Bereichen entstehen, in denen Eigenfinanciers Gestaltungsspielräume eingeräumt werden, werden im folgenden Kapitel unter dem Begriff der Delegationsrisiken konkretisiert. Abbildung 4.22 stellt dieser Systematik die in der Literatur vorherrschende Systematisierung von Informationsrisiken gegenüber174. Informationsrisiken i. S. d. risikotheoretischen Ansatzes = verhaltensorientierte Definition Informationsrisiken i. e. S. (Verhaltensunabhängige Informationsrisiken) Ex-ante-Risiko = Hidden characteristics

Ex-post-Risiko = Hidden information

Delegationsrisiken (Vom Verhalten der Eigenfinanciers abhängige Informationsrisiken) Ex-interim-Risiko = Hidden action

Informationsrisiken i. S. d. Neuen Institutionenökonomie = Zeitpunktbezogene Definition während der Kontraktlaufzeit Abbildung 4.22: Erscheinungsformen von Informationsrisiken in unterschiedlichen ökonomischen Untersuchungsansätzen

Hinsichtlich der Festlegung des Referenzinformationsstandes bestehen grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten175. Um insbesondere mit der Bewertung verschiedener Informationsstände verbundene Probleme zu vermeiden, wird in Anlehnung an Bitz / Niehoff / Terstege der Informationsstand der Eigenfinanciers des Kreditinstituts als Vergleichsmaßstab gewählt. Zwischen Geldgebern und Geldnehmern können dann gleiche Informationsstände (Informationssymmetrien) oder Informationsvorsprünge zugunsten der Eigenfinanciers bestehen (Informationsasymmetrien) (vgl. Abbildung 4.23). Aufbauend auf dieser Festlegung des Referenzinformationsstandes lassen sich für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten Informationsrisiken sowohl bei asymmetrischen als auch bei symmetrischen Informationsständen zwischen Eigen- und Fremdfinanciers konkretisieren176. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Ursachen: Während bei asymmetrischen Informationsständen Informationsrisiken aus Täuschungsmöglichkeiten seitens der Eigenfinanciers resultieren, liegt die Ursache für Informationsrisiken bei symmetrischem Informationsstand in 174 Für einen Überblick vgl. Dietrich / Vollmer (2005), S. 39 – 63, insbes. Abb. 3.1 auf S. 41 und Dietrich (2002), S. 59 – 77, insbes. Abbildung 3.1 auf S. 61; vgl. ferner die Ausführungen oben in Kapitel 2 zur Modellierung von Kreditinstituten aus der Perspektive der Neuen Institutionenökonomie. 175 Ausführlich hierzu Bitz / Terstege (2009a), S. 44 – 47 und Bitz / Terstege (2009b), S. 83 – 85. Eine mögliche Referenzgröße wäre die Situation sicherer und vollständiger Information wie im neoklassischen Modell unterstellt. Betrachtet man eine heterogene Gläubigergruppe, dann können Informationsstände der jeweils anderen Gläubigergesamtheit der Referenzmaßstab sein. 176 In der Literatur wird mehrheitlich nur der Fall asymmetrischer Informationsstände von Eigen- und Fremdfinanciers und daraus die Notwendigkeit staatlicher Maßnahmen abgeleitet, vgl. beispielsweise Dötz (2002), S. 13 – 20; Lach (2002), S. 13 – 20; Stillhart (2002), S. 22 – 29; Bonn (1998), S. 43 – 51; Klische (1995), S. 23 – 28.

236

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Fehleinschätzungen der Eigenfinanciers in den relevanten Informationsbereichen (vgl. Abbildung 4.23).

Abbildung 4.23: Ursachen von Informationsrisiken in Abhängigkeit vom Informationsstand

In den folgenden zwei Kapiteln werden Informationsrisiken bei asymmetrischem und bei symmetrischem Informationsstand näher analysiert und in einem dritten Kapitel hierauf aufbauend Ansatzpunkte zu ihrer Beeinflussung durch staatliche Entscheidungsträger aufgezeigt. Da das besondere Ausstattungsmerkmal des mit einem Einleger-Kreditinstitut abgeschlossenen idealtypischen Fremdfinanzierungskontraktes in dem Recht auf jederzeitige Kündigung besteht177, ergibt sich für Gläubiger dieser Kategorie von Kreditinstituten insofern eine Besonderheit, als regelmäßig zwei Arten von Entscheidungssituationen zu unterscheiden sind, in denen Informationsrisiken Relevanz entfalten können:  Für potentielle Bankgläubiger bestehen Informationsrisiken darin, dass sie zu Entscheidungen veranlasst werden, die sie bei Informationsstand der Eigenfinanciers nicht getroffen hätten: Entweder werden sie zu einer Überlassung der Mittel veranlasst, zu der sie gar nicht oder nur zu anderen Konditionen bereit gewesen wären178 oder sie unterlassen fälschlicherweise den Abschluss eines Kontraktes179.  Für bestehende Gläubiger des Kreditinstituts existieren Informationsrisiken insofern, als eine für sie vorteilhafte Prolongation von Einlagen aufgrund von Abweichungen vom Informationsstand der Eigenfinanciers unterbleibt180 oder eine für sie vorteilhafte Kündigung fälschlicherweise nicht vorgenommen wird. Vgl. hierzu oben Kapitel 4.3.3.1. Vgl. Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 218. 179 Vgl. Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 55 f. 180 In der bankwissenschaftlichen Literatur wird dieses Risiko unter dem Stichwort „BankRun“ analysiert. Vgl. hierzu oben ausführlich Kapitel 2.3.2.3.3. Kritisch hierzu insbesondere Seifert (1984), S. 186 – 200 (m. w. Nw.). 177 178

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

237

Aufgrund dieser Besonderheit sehen sich Bankgläubiger nicht nur in der Situation der originären Geldüberlassung Informationsrisiken ausgesetzt, vielmehr besteht während der gesamten Kontraktlaufzeit die Gefahr fehlerhafter Prolongationsbzw. Kündigungsentscheidungen und damit ein Interesse an kontinuierlicher Informationspolitik seitens der Eigenfinanciers des Kreditinstituts. Im folgenden Kapitel werden unter der Bezeichnung Informationsrisiken nur solche Risiken näher analysiert, die in der originären Entscheidungssituation auftreten können.

4.4.2.2 Risiken bei symmetrischen Informationsständen Innerhalb des risikotheoretischen Modellrahmens ist die behauptete Existenz von Informationsrisiken in einer Situation symmetrischer Informationsstände von Gläubigern und Eigenfinanciers des Kreditinstituts zunächst nicht unmittelbar nachvollziehbar. Da der potentielle Bankgläubiger hinsichtlich der Ausgangssituation, der relevanten Umweltzustände und der geschäftspolitischen Handlungsmöglichkeiten über eine dem Wissensstand der Eigenfinanciers entsprechenden Wissensstand verfügt, kann er die mit den Handlungsalternativen verbundenen Ergebnisverteilungen in Form von Risikoprofilen ermitteln und beide Financiers erstellen gemäß den gewählten Prämissen übereinstimmende Profile. Potentielle Gläubiger kennen außerdem die Präferenzen der Eigenfinanciers und können demnach die Auswahlentscheidung zwischen den geschäftspolitischen Handlungsalternativen korrekt antizipieren und im Ergebnis aus der Vielzahl der Risikoprofile das relevante ermitteln. Aufgrund dieser Annahmen können die an der Mittelüberlassung an das Kreditinstitut interessierten Geldgeber zu keinen Fehlentscheidungen gelangen181. Informationsrisiken können in dieser Variante der risikotheoretischen Modellwelt nur dann auftreten, wenn sich nach Vertragsschluss herausstellt, dass die Eigenfinanciers selbst zu Fehleinschätzungen in den folgenden relevanten Informationsbereichen gelangt sind:  Hinsichtlich der Ausgangssituation und der relevanten Umweltzustände182,  hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen oder  hinsichtlich der Konstanz ihrer Präferenzen im Zeitablauf.

Derartige Unzulänglichkeiten der Eigenfinanciers führen in der Darstellungsweise mit Risikoprofilen dazu, dass nach Vertragsabschluss ein von dem ex ante auf181 Im Sinne der Marktgleichgewichtstheorie werden „vollständigeVerträge“ abgeschlossen, ausführlich hierzu Diemo / Vollmer (2005), S. 43 – 52 (m. w. Nw. auf S. 63). Vgl. hierzu oben allgemein Kapitel 4.2. 182 Schneider definiert Informationsrisiken nur bezogen auf das Auftreten im Planungszeitpunkt noch nicht bekannter Umweltzustände und bezeichnet diese auch als „Ex-post-Überraschung“, vgl. Schneider (1995), S. 40 – 43.

238

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

gestellten Profil abweichendes Risikoprofil die relevante Verteilung der unsicheren Ergebnisse des Kreditinstituts darstellt. In den Abbildungen 4.24a und 4.24b repräsentieren die gebrochen gezeichneten Kurven beispielhaft mögliche Verläufe von Risikoprofilen, die sich aufgrund von nach Vertragsschluss zugehenden neuen Informationen ergeben. Dabei hängt die Betroffenheit des Bankgläubigers in dieser Situation vom genauen Verlauf des neuen Profils FD0 und seinen Risikoeinstellungen ab. Nur dann, wenn das neue Profil immer oberhalb des ursprünglichen FD verläuft (vgl. Abbildung 4.24a), ist wegen einer durchgängigen Unterschätzung der Risiken einerseits und Überschätzung seiner Chancen andererseits eine eindeutige Aussage über eine negative Betroffenheit möglich (vgl. den Flächenvergleich in Abbildung 4.24a) und damit ein Informationsrisiko ohne weitere Annahmen diagnostizierbar.

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\ Abbildung 4.24a: Informationsrisiko von Bankgläubigern bei Informationssymmetrie

In allen anderen Konstellationen, insbesondere dann, wenn sich altes und neues Risikoprofil schneiden, können Aussagen über die Betroffenheit der Gläubiger nur bei Präzisierung ihrer Risikoeinstellungen vorgenommen werden. Denn bei entsprechenden Verläufen geht ein Anstieg der Chancen (vgl. Abbildung 4.24b, hellgrau schattierte Fläche) mit einem Anstieg der Risiken (vgl. Abbildung 4.24b, hellgrau schattierte Fläche) einher.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

239

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\ Abbildung 4.24b: Präferenzabhängige Existenz eines Informationsrisikos bei Informationssymmetrie

4.4.2.3 Risiken bei asymmetrischen Informationsständen Neben den auf Planungsfehler zurückzuführenden Informationsrisiken bei symmetrischen Informationsständen zwischen beiden Financiers des Kreditinstituts besteht für die Gläubiger die Gefahr, deshalb zu Fehlentscheidungen zu gelangen, weil die Eigenfinanciers über Informationsvorsprünge verfügen. Informationsrisiken dieser Kategorie können dann entstehen, wenn seitens der Eigenfinanciers hinsichtlich der drei bekannten relevanten Informationsbereiche  Informationen verschwiegen oder  Informationen verzerrt dargestellt werden183.

Geht man zunächst davon aus, dass die Geschäftspolitik des Kreditinstituts fixiert und beiden Vertragspartnern bekannt ist, dann kann für die Eigenfinanciers ein Anreiz zu gläubigerschädigendem informationspolitischen Verhalten bestehen, wenn durch beschönigende Darstellung der Ausgangssituation und möglicher Umweltentwicklungen der Gläubiger zu einer Mittelüberlassung verleitet werden kann, zu der er sonst gar nicht oder nur zu anderen Konditionen bereit gewesen 183 Zu diesem Problem zustimmend auch Schneider (2006), S. 69; für einen Überblick über die zur besonderen Bedeutung von Informationsasymmetrien bei Kreditinstituten angeführten Argumente vgl. Fey (2006), S. 58 und Fest (2008), S. 86 – 90. Lach (2003), S. 61 f. führt hingegen für öffentlich bekannt gemachte Informationen den Begriff der „Marktinformation“ ein und schließt hiermit Informationsasymmetrien zwischen Eigen- und Fremdfinanciers aus. Einen Überblick über entsprechendes Verhalten als Ursache von Bankinsolvenzen gibt Kübler (1975), S. 168, S. 171 f.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

wäre184. Ein entsprechendes Verhalten seitens der Eigenfinanciers kann unter der Annahme von Informationssymmetrie über die Ausgangssituation und mögliche Umweltentwicklungen auch darin zum Ausdruck kommen, dass diese eine unvollständige oder verzerrte Informationspolitik über geschäftspolitische Handlungsmöglichkeiten durchführen185. Der potentielle Gläubiger kann demgemäß das Verhalten der Eigenfinanciers des Kreditinstituts nach Vertragsabschluß nicht hinreichend sicher prognostizieren. Im Rahmen der bisherigen Ausführungen wurde die Existenz beider Erscheinungsformen des Informationsrisikos bisher durch die Annahme ausgeschlossen, dass Eigen- und Fremdfinanciers zu identischen Ergebnissen hinsichtlich ihrer Einschätzung künftig möglicher Ergebnisse des Kreditinstituts gelangen. Alle Überlegungen konnten deshalb auf der Grundlage eines für Eigen- und Fremdfinanciers einheitlich geltenden Risikoprofils erfolgen186. Nicht dem tatsächlichen Informationsstand entsprechende Informationspolitik der Eigenfinanciers des Kreditinstituts zielt hingegen darauf, Fremdfinanciers zur Aufstellung eines Risikoprofils zu veranlassen, das auf einer zu positiven Einschätzung der mit der Geschäftstätigkeit des Kreditinstituts verbundenen Ergebnisse basiert und damit zugleich mit einer Fehleinschätzung der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit verbunden ist187. In der Darstellungsweise mit Risikoprofilen können folgende Konstellationen divergierender Risikoprofile von Eigen- und Fremdfinanciers unterschieden werden: In Abbildung 4.25a, basiert das dunkle Profil FDEF auf dem Informationsstand der Eigenfinanciers und das graue Profil FDEF auf den hiervon abweichenden Informationen potentieller Bankgläubiger, wobei für ihn nur der seine Chance-Risiko-Struktur repräsentierende Anteil am gesamten Risikoprofil Relevanz besitzt. Da das Risikoprofil der Gläubiger ausschließlich unterhalb des Referenzprofils der Eigenfinanciers verläuft, können Informationsrisiken ohne nähere Kenntnis der Risikoeinstellungen der Gläubiger diagnostiziert werden: Sie unterschätzen aufgrund einer die tatsächlichen erwarteten Ergebnisse des Kreditinstituts beschönigenden Informationspolitik der Eigenfinanciers systematisch ihre Risiken (vgl. Abbildung 25a, schwarz schattierte Fläche) und überschätzen systematisch ihre Chancen (vgl. Abbildung 25a, grau schattierte Fläche). Falsche oder verzerrte Informationspolitik seitens der Eigenfinanciers muss nicht zwingend zu der vorstehend beschriebenen Konstellation der Risikoprofile beider Financiers führen. Denkbar ist vielmehr auch der Fall, dass das aufgrund verzerrter 184 Vgl. Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 218, die darauf hinweisen, dass das Informationsrisiko auch in der Form einer Ablehnung der Kreditvergabe bestehen kann; ferner bereits Bitz (1988c), S. 8. 185 Vgl. hierzu Bitz / Terstege (2009b), S. 89 – 91. 186 Vgl. hierzu oben Kapitel 4.3.2. 187 Die folgenden Ausführungen basieren auf Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 218 – 220. Für eine etwas andere Formalisierung des Informationsrisikos vgl. Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 50 – 56.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

241

oder unvollständiger Informationen erstellte Risikoprofil der Gläubiger teils unterhalb teils oberhalb des den Informationsstand der Eigenfinanciers repräsentierenden Profils verläuft und beide Profile einen Schnittpunkte aufweisen (vgl. hierzu das in Abbildung 4.25b beispielhaft dargestellte Profil). Dann bildet der die Chancen und Risiken repräsentierende Flächenvergleich nur einen ersten Indikator für die Existenz von Informationsrisiken der Gläubiger: Eine Verringerung der Chancen geht möglicherweise einher mit einer Verringerung der Risiken. Für eine abschließende Beurteilung entsprechender Konstellationen bilden deshalb weitergehende Kenntnisse bezüglich der individuellen Risikoeinstellungen der Gläubiger eine unabdingbare Voraussetzung188.

Abbildung 4.25a: Informationsrisiken von Bankgläubigern bei Informationsasymmetrie

Sind sich potentielle Gläubiger von idealtypischen Einleger-Kreditinstituten in der Entscheidungsphase der Existenz von Informationsrisiken aufgrund asymmetrischer Informationsverteilung über die Ausgangssituation und mögliche Umweltentwicklungen bewusst, werden sie diese im Rahmen der Mittelvergabeentscheidungen antizipieren und versuchen diese auf das geldnehmende Kreditinstitut zurückzuverlagern189. Eigenfinanciers haben also ein eigenständiges Interesse daran, entsprechende Informationsrisiken zu reduzieren und zudem entsprechendes Verhalten den Gläubigern gegenüber glaubhaft zu verdeutlichen190. Dieser für alle 188 Für eine entsprechende Berücksichtigung von Risikopräferenzen der Gläubiger vgl. Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 52 f. 189 Vgl. Bitz / Terstege (2009a), S. 60 f. 190 Sehr deutlich zur Notwendigkeit einer Berücksichtigung von Gläubigerrisiken im Rahmen des Finanzmanagements Bitz (1988c), S. 11 f.

242

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Abbildung 4.25b: Präferenzabhängige Existenz eines Informationsrisikos bei Informationssymmetrie

Unternehmen existierende marktmäßige Kontrollmechanismus besitzt gegenüber den Eigenfinanciers von Kreditinstituten in verstärkter Form Relevanz: Zum einen sind Kreditinstitute typischerweise daran interessiert, mit ihren Gläubigern weitere finanzielle Transaktionen zu tätigen191. Die Nutzung entsprechender Geschäftspotentiale wird bei erkannter unzureichender oder verzerrter Informationspolitik nur unter erschwerten Bedingungen oder gar nicht möglich sein. Zum anderen verfügen Bankgläubiger in der hier betrachteten idealtypischen Form des EinlegerKreditinstituts aufgrund des während der Vertragslaufzeit bestehenden jederzeitigen Kündigungsrechts über eine sehr effiziente Möglichkeit, Eigenfinanciers bereits vor Vertragsschluss zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Informationsweitergabe zu veranlassen. Denn wegen der Kündigungsmöglichkeit können Bankgläubiger nach erfolgter Mittelvergabe kurzfristig auf Fehlinformationen reagieren und für Eigenfinanciers besteht wegen der mit dem Mittelabzug möglicherweise verbundenen negativen Konsequenzen ein hohes Interesse an einer gläubigerorientierten Informationspolitik192. Dies gilt auch dann, wenn das Kreditinstitut versucht, neue Gläubiger zu gewinnen: Verweigern diese die Mittelüberlassung aufgrund diagnostizierter Fehlinformationen gegenüber anderen Gläubigern, besteht 191 Dieser Aspekt bildet den Mittelpunkt von Arbeiten zur Theorie der Bankloyalität. Vgl. hierzu insbesondere Süchting / Paul (1998), S. 619 – 643 (m. w. Nw.). 192 Die Bedeutung des Kündigungsrechtes für die Funktionsfähigkeit eines marktwirtschaftlich organisierten Bankensystems wird durch Vertreter der Marktprozesstheorie herausgestellt, vgl. hierzu die Ausführungen oben in Kapitel 4.3.3.3.3.2. Zu den staatlichen Möglichkeiten zur Reaktivierung entsprechender Kontrollmaßnahmen durch Gläubiger vgl. Fest (2008). S. 160 – 164. Sehr deutlich auch Lach (2003), S. 62 – 67; Lach entwickelt einen Anforderungskatalog für die zur Wahrnehmung des Kündigungsrechts relevanten Informationen.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

243

in der hiermit zum Ausdruck gelangenden Marktkontrolle durch potentielle Gläubiger ein zusätzliches Instrument zur Disziplinierung der Eigenfinanciers von Kreditinstituten193.

4.4.2.4 Möglichkeiten einer staatlichen Beeinflussung von Informationsrisiken Aufgrund der vorgenommenen Konkretisierung der Erscheinungsformen von Informationsrisiken bei symmetrischen und asymmetrischen Informationsständen zwischen Eigen- und Fremdfinanciers lassen sich zwar verschiedene ökonomisch sinnvolle Ansatzpunkte zum Schutz von Bankgläubigern durch staatliche Maßnahmen ableiten. Allerdings sind staatlichen Entscheidungsträgern insofern Grenzen gesetzt, als sie nicht in der Lage sind, die zur Diagnose konkreter Informationsrisiken relevanten Informationen – wie die Risikoeinstellung der Bankgläubiger – zu beschaffen. Staatliche Maßnahmen zur Beeinflussung von Informationsrisiken unterliegen deshalb immer der Einschränkung, dass ein Gefährdungspotential für Bankgläubiger nicht hinreichend sicher diagnostiziert werden kann. Unter dieser Einschränkung können aufbauend auf der vorgenommenen Systematisierung von Risiken bei symmetrischen und asymmetrischen Informationsständen zwei Ansatzpunkte für die zielgerichtete Gestaltung staatlicher Maßnahmen zur Beeinflussung von Informationsrisiken unterschieden werden. Maßnahmen zur Beeinflussung von Informationsrisiken bei symmetrischen Informationsständen Die Ursache dieser Erscheinungsform von Informationsrisiken besteht in Planungsfehlern der Eigenfinanciers194, die ihrerseits auf das Grundproblem der Unvollständigkeit menschlichen Wissens zurückzuführen sind195. Dementsprechend verfügen weder die Vertragspartner196 noch staatliche Entscheidungsträger über Möglichkeiten zur vollständigen Beseitigung entsprechender Risiken bei EinlegerKreditinstituten197. Staatliche Maßnahmen können allenfalls darauf ausgerichtet sein, die Existenz derartiger existentieller Risiken sowie die Grenzen ihrer Prognostizierbarkeit überhaupt explizit zu benennen oder aber ihr Ausmaß einzuschränken. Im Einzelnen wären folgende Maßnahmen denkbar: Vgl. hierzu Bitz / Terstege (2009a), S. 62 – 64. Zu dieser Art des Informationsrisikos vgl. Schneider (2002c), S. 8, ebenso bereits Schneider (1983), S. 8. Zu möglichen Ursachen für derartige Risiken ferner Schneider (1995), S. 42 f. 195 Sehr deutlich hierzu Schneider (1983), S. 9 und S. 21 – 24. 196 Zur mangelnden Gestaltbarkeit dieser – auch als „technologisches“ Risiko bezeichneten – Risikokategorie im Rahmen des Finanzmanagements vgl. Bitz (1988c), S. 8. 197 Beispiele für das Versagen staatlicher Maßnahmen zur Begrenzung dieser Art von Informationsrisiken nennt Schneider (1983), S. 9 f. 193 194

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

 Kodifikation von verpflichtenden Vorschriften zur Bereitstellung von Informationen über die seitens der Eigenfinanciers des Kreditinstituts durchgeführten Planungsrechnungen198.

Da staatliche Entscheidungsträger über keinerlei Wissensvorsprünge hinsichtlich der Art der zu wählenden Planungsrechnungen verfügen, sollten sich entsprechende Vorschriften auf Vorgaben zur Transparenz über die den Planungsrechnungen zugrundeliegenden methodischen Grundlagen beschränken199 und ergänzend die für eine systematische prospektive Berichterstattung relevanten Informationsbereiche benennen. Bitz / Hemmerde / Rausch200 schlagen hierzu vor, separat über die vermögensmäßigen Konsequenzen bereits getroffener geschäftspolitischer Entscheidungen sowie über die geplanten geschäftspolitischen Maßnahmen und über deren vermögensmäßige Konsequenzen zu informieren201. Speziell für die Gläubiger von Kreditinstituten fordert Stützel darüber hinaus Informationen über die der Chance-Risiko-Struktur von Finanzkontrakten zugrundeliegende originäre Unsicherheitsstruktur verschiedener Sachvermögensbestände202.  Reduktion von Informationsrisiken durch Maßnahmen zur Sicherung der Funktionsfähigkeit von sekundären Finanzmärkten.

Wegen der von ihm immer wieder hervorgehobenen Grenzen von Planungsrechnungen fordert Schneider zur Begrenzung des auf Planungsfehlern basierenden Informationsrisikos eine Stärkung der Anpassungsfähigkeit von Unternehmen – also auch speziell der von Kreditinstituten – an neu zugehende Informationen203: Seiner Auffassung nach wird diese Anpassungsflexibilität durch die Möglichkeit der Korrektur geschäftspolitischer Entscheidungen durch Veräußerung der erworbenen Vermögensgegenstände auf funktionsfähigen sekundären Finanzmärkten determiniert204. Staatliche Maßnahmen sollten folglich allein auf marktorganisatorische Regelungen für sekundäre Finanzmärkte ausgerichtet werden.

198 Zu einer kritischen Würdigung traditioneller bankbetrieblicher Dispositionsregeln vgl. ausführlich Engels (1978), S. 23 – 31 und Hoffmann (1967), S. 130 – 202. Für einen Überblick über Verfahren des modernen Risikomanagements vgl. weiterführend Oehler / Unser (2002), insbes. S. 130 – 163 und S. 194 – 309. Kritisch zur Verwendung der Kennzahl „Value at Risk“ zur Konzipierung staatlicher Maßnahmen hingegen Schneider (2002c), insbes. S. 6 – 10. 199 Vgl. auch Fey (2006), S. 206. 200 Grundlegend hierzu bereits Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 67 – 70; ähnlich jetzt auch Paul (2002a), S. 569 f., der ferner auf die Bedeutung der Publikation von Soll-Ist-Vergleichen hinweist und Lach (2003), S. 159 – 161. 201 Zu den Grenzen einer Prognose von Zukunftslagen und den zugehörigen Wahrscheinlichkeiten ausführlich Schneider (1995), S. 69 – 97. 202 Vgl. Stützel (1964b), S. 571 – 574. Stützel weist explizit darauf hin, dass insbesondere Bankgläubigern gegenüber gegebene Zahlungsversprechen abhängen von den „tatsächlichen Vermögensrisiken“. 203 Vgl. Schneider (1983), S. 21 – 23. Schneider weist auf entsprechende Äußerungen bei Hayek hin, S. 22. 204 Ähnliche Überlegungen finden sich auch bei Schmidt (1979), S. 712 und S. 716 f.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

245

 Information über die Fähigkeit zur Übernahme von Informationsrisiken durch Vorschriften zur Aufstellung eines Kreditstatus’. Im Rahmen seiner liquiditätstheoretischen Arbeiten betont auch Stützel die Bedeutung der Anpassungsfähigkeit von Unternehmen an Änderungen der Umweltdaten, um insbesondere Gläubigern gegenüber abgegebene Zahlungsversprechen einhalten zu können205. Zur Abschätzung dieser Fähigkeit schlägt er die Aufstellung eines aus der Handelsbilanz abgeleiteten „Kreditstatus’“ vor: Ziel ist es, die nach diversen Hinzurechnungen und Herausrechnungen dem Kreditinstitut zur Verfügung stehenden Vermögenswerte zu Liquidationswerten und nicht zu bilanziellen Anschaffungswerten zu bewerten und diese Bewertungsergebnisse den Ansprüchen der Bankgläubiger gegenüberzustellen206. Der resultierende Saldo quantifiziert den Umfang, in dem das Kreditinstitut Vermögensverluste hinnehmen könnte, ohne dass eine Gefährdung der Gläubigeransprüche eintritt. Es handelt sich deshalb im Sinne von Stützel um eine spezielle Form der Bilanz, mit der ein Schutz der Bankgläubiger erreicht werden soll; hierzu bedarf es einer Benennung des Mindest-Adressatenkreises und der Benennung des Mindestumfangs der bereitgestellten Informationen207. Allgemeiner werden in der Literatur auch „Solvenztests“ als ein die internationalen Rechnungslegungsvorschriften zum Zwecke des Gläubigerschutzes ergänzendes Rechenwerk diskutiert208. Da die Höhe der Liquidationswerte der Vermögensgegenstände des Kreditinstituts neben der Selbstliquidationsperiode durch die Abtretbarkeit des jeweiligen Vermögensgegenstandes auf funktionsfähigen Sekundärmärkten determiniert wird, wird die Nähe zu Schneiders Forderung nach Beschränkung staatlicher Maßnahmen auf marktorganisatorische Regelungen deutlich. Denn der Grad der Abtretbarkeit eines Vermögensgegenstandes wird neben dem Angebot und der Nachfrage nach diesem Gut durch die Höhe der Transaktionskosten bestimmt, die neben anderen Faktoren durch den Organisationsgrad des entsprechenden Marktes determiniert werden209.

Die im Rahmen des Kreditstatus oder vergleichbarer Rechenwerke ermittelte Größe kann als Indikator für die Anpassungsfähigkeit des Kreditinstituts an Än205 Vgl. Stützel (1975b), Sp. 2517. Da Schneider den Begriff der Funktionsfähigkeit von Finanzmärkten synonym zu dem der „Liquidität“ von Finanzanlagen verwendet, wird die Nähe der beiden Autoren deutlich, vgl. Schneider (1983), S. 23. 206 Vgl. Stützel (1975b), Sp. 2522 f.; eine Weiterentwicklung dieser ersten Grundgedanken findet sich bei Krümmel (1976b), insbes. Sp. 493 – 497 und Schmidt (1979), S. 710 – 712 und S. 714 f. Weiterführend Bigus / Grein (2006), S. 447 – 450, die einen Vergleich mit den Rechnungslegungsvorschriften für Banken nach IFRS und HGB vornehmen. 207 Vgl. hierzu Stützel (1967), S. 17. 208 Vgl. hierzu stellvertretend für viele Pellens / Crasselt / Sellhorn (2007), S. 264 – 283 (m. w. Nw.); Jungmann (2006), S. 639 – 682 (m. w. Nw.) und Pellens / Jödicke / Richard (2005), S. 1393 – 1401. 209 Grundlegend hierzu bereits Schmidt (1979), S. 710 – 712; weiterführend Schmidt (1983), S. 184 – 204 und Schmidt (1988), passim. Zur neueren Diskussion im Rahmen der Theorie Marktmikrostruktur vgl. stellvertretend für viele Hirth (2000), passim.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

derungen der Umweltdaten und damit den Gläubigern als Indikator für die Fähigkeit des Instituts zur Übernahme von Informationsrisiken bei symmetrischen Informationsständen dienen. Folglich sind staatliche Vorgaben zur Aufstellung eines entsprechenden Rechenwerkes dazu geeignet, die Existenz von Informationsrisiken durch Information über die Risikotragfähigkeit des Kreditinstituts zu verdeutlichen.  Reduktion von Informationsrisiken durch bilanzielle Mindesteigenkapitalvorschriften für Kreditinstitute? Soll auf die Kodifikation eines speziellen Rechenwerkes in Form des „Kreditstatus’“ verzichtet werden, kann zur Bestimmung der Anpassungsfähigkeit eines Kreditinstituts an Planungsfehler hilfsweise auch die Höhe des bilanziell ermittelten Eigenkapitals herangezogen werden. Zwar bildet das Eigenkapital selbst keinen Indikator für die unmittelbare Zahlungsfähigkeit des Kreditinstituts, aber eine hinreichende Höhe an Eigenkapital stellt sicher, dass zur Korrektur von Planungsfehlern Vermögensgegenstände mit Verlust liquidiert werden können und die Zahlungsfähigkeit ohne die Durchführung neuer verschuldungspolitischer Maßnahmen erhalten bleibt210. Bei der Formulierung entsprechender Regelungen sehen sich staatliche Entscheidungsträger im Wesentlichen dem Problem einer zielgerichteten Gestaltung von Abbildungsregeln zur Bestimmung der Eigenkapitalposition zu Beginn und während der laufenden Geschäftstätigkeit ausgesetzt211. Zum Schutz der Gläubiger von Kreditinstituten vor Informationsrisiken bei symmetrischen Informationsständen könnte hierauf aufbauend der Versuch unternommen werden, eine staatliche Mindesteigenkapitalausstattung für Kreditinstitute ökonomisch zu fundieren212 und diese in Form einer Ausschüttungssperre zu verankern213. Sofern auch staatliche Entscheidungsträger über keinerlei Wissensvorsprünge bezüglich des Ausmaßes von Planungsfehlern der Eigenfinanciers von Kreditinstituten verfügen, ist es auf Grundlage des risikotheoretischen Ansatzes nicht möglich, zur Begrenzung von Informationsrisiken exakte Mindesteigen210 Sehr deutlich hierzu Schneider (2006), S. 76 f. und Bitz (2006), S. 366 – 369, der hierfür in Anlehnung an die Terminologie im Bankaufsichtsrecht den Begriff der „Solvabilitätsrelation“ verwendet. 211 Hierzu grundlegend Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 143 – 163; ausführlich zur Entwicklung eines Anforderungsprofils für die Ausgestaltung entsprechender Regelungen für Kreditinstitute vgl. Lach (2003), S. 161 – 165 und Erdland (1981), S. 66 – 101. 212 Vgl. Knabe (2006), S. 96 – 98; Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 135 – 140; sehr deutlich auch Schneider (1986a), S. 567: „Betriebswirtschaftlich bedarf es einer Eigenkapitalausstattung vor allem gegenüber nicht planbaren Risiken …“; ebenso Schneider (1987), S. 97 f.; speziell für Kreditinstitute finden sich entsprechende Überlegungen bei Erdland (1981), S. 50 f. Für eine Legitimation von Mindesteigenkapitalnormen im Rahmen der marktgleichgewichtsorientierten Ansätze vgl. oben ausführlich Kapitel 2.3.2.1.3; kritisch hierzu insbesondere Vollmer (2002), S. 330 – 333. 213 Vgl. hierzu Schneider (2006), S. 80 und Knabe (2006), S. 98 – 100. Allgemeiner ferner Stützel (1967), S. 18 f. und S. 31 f.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

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kapitalquoten abzuleiten214. Schneider schlägt deshalb vor, Mindesteigenkapitalquoten lediglich als international geltende „Spielregeln“ zu vereinbaren, die zum Schutz der Bankgläubiger staatliche Eingriffe in die Geschäftsführung ermöglichen oder als Grundlage für die Übertragung der laufenden Geschäftstätigkeit an andere Institutionen fungieren215 und das aktuelle System der Regulierung von Kreditinstituten grundsätzlich in Frage zu stellen216. Maßnahmen zur Beeinflussung von Informationsrisiken bei asymmetrischen Informationsständen Die Ursache dieser zweiten Erscheinungsform von Informationsrisiken für Bankgläubiger besteht in einem Fehlverhalten der Eigenfinanciers zu Lasten der Fremdfinanciers. Allerdings haben die Ausführungen im vorhergehenden Kapitel verdeutlicht, dass den Gläubigern von Einleger-Kreditinstituten in Form des jederzeitigen Kündigungsrechts eine vertraglich vereinbarte Sanktionsmöglichkeit zur Verfügung steht, um Eigenfinanciers auch vor Vertragsabschluss zu einer gläubigerorientierten Informationsweitergabe zu veranlassen. Ergänzende staatliche Maßnahmen erscheinen deshalb nicht sinnvoll, zumal auch die Existenz dieser Kategorie von Informationsrisiken nur bei Kenntnis der Präferenzen der Bankgläubiger sicher diagnostiziert werden kann. Allerdings stellt eine Voraussetzung für die Wahrnehmung der Kündigungsmöglichkeit das Erkennen entsprechender Fehlinformationen dar. Demnach ergeben sich folgende Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen, deren Ziel in einer Reduktion der Informationsrisiken besteht:  Reduktion des asymmetrischen Informationsstandes über die Ausgangssituation des Kreditinstituts durch Rechnungslegungsvorschriften.

Einen ersten sinnvollen Ansatzpunkt zur Verringerung der aus divergierenden Informationsständen von Eigen- und Fremdfinanciers möglicherweise resultierenden Fehlentscheidungen der Bankgläubiger bildet die Kodifikation von Rechnungslegungsvorschriften für Kreditinstitute217. Im Mittelpunkt des Interesses der Bankgläubiger steht dabei die manipulationsfreie bilanzielle Ermittlung des dem 214 Diese Schwierigkeit resultiert aus dem symmetrischen Informationsrisiken zugrunde liegenden Grundproblem der Unvollständigkeit menschlichen Wissens, sehr deutlich hierzu Schneider (2006), S. 77 und Schneider (1987), S. 98; kritisch zu staatlichen Mindesteigenkapitalquoten auch Fey (2006), S. 196 – 200 und bereits Erdland (1981), S. 80 – 83. 215 Vgl. Schneider (2002c), S. 11; zu den Problemen einer Identifikation riskant operierender Banken vgl. weiterführend Dötz (2000), insbes. S. 98 – 115. Auch Stützel legt im Rahmen seiner Maximalbelastungstheorie Kriterien für besondere staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten fest, vgl. Stützel (1964a), S. 41 – 48, insbes. S. 45 Tz. 92. Hierzu ausführlich unten Kapitel 4.4.4.4. 216 Vgl. Schneider (2006), S. 80. 217 Zur Informationsfunktion des handelsrechtlichen Jahresabschlusses allgemein Bitz / Schneeloch / Wittstock (2003), S. 34 – 40, S, 49 – 59; zur Bedeutung des Jahresabschlusses speziell als Instrument zur Reduktion von Informationsrisiken Kübler (1995), S. 563 – 566, Bitz (1988c), S. 12; ferner bereits Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 57 – 65.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Kreditinstitut zur Verfügung stehenden Reinvermögens in der Ausgangssituation218. Dieses bezeichnet den Überschuss des Wertes der Vermögensgegenstände über den Wert der Schulden des Kreditinstituts. Zu den wesentlichen Qualitätsmerkmalen entsprechender Ansatz-, Bewertungs- und Ausweis-Vorschriften gehört deshalb ein Verzicht auf die Einräumung von Interpretationsspielräumen und Wahlrechten für die rechnungslegenden Eigenfinanciers einerseits219 und ein Verzicht auf die Verwendung von Schätzgrößen andererseits220. Um die unverzerrte und vollständige Informationsweitergabe auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften auch tatsächlich zu gewährleisten, bedarf es einer ergänzenden Kodifikation von Regelungen zur laufenden Kontrolle der Informationsbereitstellung durch die Eigenfinanciers und von Sanktionsmechanismen bei Regelverstößen221.  Reduktion des asymmetrischen Informationsstandes hinsichtlich der geschäftspolitischen Handlungsalternativen der Eigenfinanciers.

Informationsrisiken von Bankgläubigern können nicht nur aus einer verzerrten Darstellung der Ausgangssituation des Kreditinstituts resultieren, sondern sind auch auf eine verzerrte Darstellung geschäftspolitischer Handlungsalternativen zurückzuführen. Diese Kategorie von Informationsrisiken könnte dadurch reduziert werden, dass staatliche Entscheidungsträger den Handlungsspielraum der Eigenfinanciers hinsichtlich der leistungs- und / oder verschuldungspolitischen Aktionsmöglichkeiten begrenzen222. Hierbei handelt es sich um eine die Struktur der Kreditwirtschaft bestimmende ordnungspolitische Grundsatzentscheidung: Statt eines Universalbanksystems, in dem jedes Kreditinstitut jede Art von Leistung erbringen kann, wäre ein Trennbanksystem zu etablieren, in dem verschiedene Arten von Kreditinstituten jeweils nur explizit staatlich erlaubte Geschäfte tätigen dürfen223. Als weniger dirigistischer Eingriff könnte auch eine gesetzlich 218 Vgl. Erdland (1981), S. 125 – 129. Für einen Überblick über die Entwicklung der Externen Rechnungslegung von Banken vgl. Bigus / Grein (2006), S. 441 – 450 und Krumnow (2000), insbes. S. 177 – 202 (m. w. Nw.). 219 Vgl. Schneider (2006), S. 80; kritisch speziell zu Wahlrechten in der HGB-Rechnungslegung von Kreditinstituten auch Bigus / Grein (2006), S. 454 und Schneider (2002c), S. 11; ferner bereits Erdland (1981), S. 101 f. 220 Vgl. Schneider (2006), S. 80. Kritisch zum Problem der Verwendung von Schätzgrößen für Marktpreise im Rahmen der Fair-Value-Bewertung Schildbach (2009a), insbes. S. 376 f. und Schildbach (2009b), S. 581 – 598; ähnlich auch Strasser / Plötz (2010), S. 421 – 428 und Knabe (2005), S. 290 – 293; anderer Auffassung Fey (2006), S. 206. 221 Vgl. Markel (2010), S. 129 – 132. Neben der Prüfung des Jahresabschlusses durch Wirtschaftsprüfungsunternehmen sind auch weitere Kontrollen durch spezielle Institutionen denkbar, vgl. hierzu Erdland (1981), S. 102; ferner ausführlicher bereits Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 65 – 67, insbes. S. 66. Für einen Überblick über die Entwicklung entsprechender Regelungen in der Europäischen Union vgl. Berger (2009), S. 599 – 620. 222 Zu entsprechenden von Gläubigerseite initiierten Maßnahmen vgl. Bigus / Langer / Schiereck (2005), S. 574 f. und Rudolph (1984), S. 20 f. 223 In der Literatur wurden diese Gestaltungsvarianten intensiv vor dem Hintergrund der Umgestaltung der sozialistischen Bankensysteme Osteuropas diskutiert, vgl. beispielsweise

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

249

vorgeschriebene Institutionalisierung eines aus Vertretern aller Financiergruppen gebildeten Kontrollgremiums die für Bankgläubiger bestehenden Informationsrisiken reduzieren224. Diesem wären geschäftpolitische Grundsatzentscheidungen vorzulegen.  Reduktion der asymmetrischen Informationsstände zwischen Eigen- und Fremdfinanciers durch die staatlich vorgeschriebene Beauftragung einer Rating-Agentur. In der Literatur wird zur Reduktion von Informationsrisiken bei divergierenden Informationsständen die Beauftragung spezialisierter Finanzintermediäre i. w. S. zur Durchführung eines Rating-Verfahrens für Kreditinstitute vorgeschlagen225. Grundlage entsprechender Überlegungen bildet die Annahme, dass Dritte aufgrund ihrer Stellung umfassenderen Zugang zu den den Eigenfinanciers zur Verfügung stehenden Information über alle drei relevanten Informationsbereiche haben und diese dann Gläubigern in standardisierter Form zur Verfügung stellen können226. Voraussetzung für das Erreichen eines entsprechenden Zieles bildet eine zielgerichtete Ausgestaltung der Rating-Verfahren: Zur Vermeidung der Entstehung derivativer Informationsrisiken zwischen Gläubigern und Rating-Agentur227 sollte deren Unabhängigkeit sichergestellt sein; Voraussetzung hierfür bildet eine von den Eigenfinanciers des Kreditinstituts unabhängige Entgeltpolitik. Um tatsächlich über die durch Rechnungslegungsvorschriften zur Verfügung gestellten Informationen hinausgehende Einblicke in das Kreditinstitut zu erhalten, ist es darüber hinaus notwendig, das Rating in Form eines „Beauftragten Ratings“ durchzuführen, wobei innerhalb dieses Verfahrens ein Einfluss der Eigenfinanciers zur Verhinderung der Veröffentlichung unerwünschter Informationen ausgeschlossen sein muss. Schließlich sollten sich staatliche Vorgaben darauf beziehen, in welchen zeitlichen Abständen ein Rating-Verfahren durchgeführt werden sollte228. Buch (1995), pp. 10 – 20 (m. w. Nw.) und Steinherr (1993), pp. 1049 – 1053. Für eine kritische Würdigung entsprechender Maßnahmen aus ordnungspolitischer Perspektive vgl. Fey (2006), S. 193 – 195 (m. w. Nw.). 224 Vgl. Bitz (1988c), S. 14. 225 Ausführlich hierzu im Rahmen eines abgestuften Beaufsichtigungskonzeptes für Kreditinstitute Klische (1995), S. 107 – 142 (m. w. Nw.). Zur Bedeutung des Bankenrating speziell in Bankenkrisen auf der Grundlage empirischer Analysen in Schweden ferner Körnert / Straßner (2005), S. 215 – 230. Für eine inhaltliche Ausgestaltung des Rating-Verfahrens für Kreditinstitute vgl. Rüsberg (1992), hier insbes. S. 171 – 214. 226 Dementsprechend wird die Funktion des Ratings gerade nicht in der Verbesserung des Informationsstandes der Gläubiger gesehen, vgl. hierzu Klische (1995), S. 109; kritisch zum Einsatz von Ratings als Prognoseverfahren sehr deutlich Schneider (2006), S. 71 f. Eine entsprechende Bedeutung des Ratings stellt hingegen Horsch (2008), S. 193 – 199 in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Weiterführend für eine modelltheoretische Fundierung der Existenz von Rating-Agenturen vgl. Breuer (1993), S. 120 – 129. 227 Vgl. hierzu Klische (1995), S. 136 – 139. 228 Vgl. Klische (1995), S. 129 f.

250

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Weitergehende staatliche Maßnahmen zur Ausgestaltung des Rating-Verfahrens oder die Überlegenheit insbesondere einer staatlichen Rating-Agentur können demgegenüber nicht fundiert werden. Im Ergebnis konnten auf der Grundlage des risikotheoretischen Untersuchungsansatzes verschiedene Erscheinungsformen von Informationsrisiken klassifiziert werden und unter Berücksichtigung der Ursachen für ihre Entstehung verschiedene Ansatzpunkte für zielgerichtete staatliche Maßnahmen aufgezeigt werden. Dabei ist deutlich geworden, dass auch staatliche Entscheidungsträger über keine Möglichkeiten zur Beseitigung von Informationsrisiken verfügen. Entsprechende Maßnahmen können Informationsrisiken von Bankgläubigern lediglich reduzieren oder diesen Informationen über das Ausmaß der durch das Kreditinstitut vorgenommenen Risikoübernahme zur Verfügung stellen. Seifert schlägt deshalb vor, in der Entscheidungsphase auf präventive Maßnahmen zum Schutz von Bankgläubigern ganz zu verzichten und stattdessen ausschließlich für Fälle konkreter Vermögensverluste ausgleichend wirkende Maßnahmen zu kodifizieren229. Abbildung 4.26 fasst die vorstehend reflektierten Möglichkeiten staatlicher Entscheidungsträger zur Beeinflussung von Informationsrisiken in Form einer tabellarischen Übersicht zusammen. Erscheinungsformen von Informationsrisiken nach den Ursachen Risiken bei symmetrischem Informationstand

Zielgerichtete staatliche Maßnahmen Beseitigung des Risikos nicht möglich Reduktion des Risikos  Organisation sekundärer Finanzmärkte  Hinreichende Quantifizierung des Reinvermögens Information über das Risiko  Pflicht zur Publikation von Planungsrechnungen  Aufstellung eines Kreditstatus’

Risiken bei asymmetrischem Informationsstand

Beseitigung des Risikos nicht möglich Reduktion des Risikos  Trennbanksystem  Ermessensfreie Rechnungslegungsvorschriften  Etablierung eines Kontrollgremiums  Pflicht zur Einschaltung einer Rating-Agentur Information über das Risiko

Abbildung 4.26: Erscheinungsformen des Informationsrisikos von Bankgläubigern und Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen 229 Vgl. Seifert (1984), S. 224 – 261. Seiferts Ausführungen beziehen sich ausdrücklich auf das in Deutschland praktizierte System des Bankgläubigerschutzes. Vgl. hierzu insbesondere die Übersicht auf S. 227.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

251

4.4.3 Informationsrisiken aufgrund von Interessenkonflikten in der Vertragsphase 4.4.3.1 Vorüberlegungen Führen potentielle Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten unterschiedliche Erscheinungsformen von Informationsrisiken berücksichtigende Informationsmaßnahmen durch, sind sie in der Lage, die unsicheren Ergebnisse geschäftspolitischer Maßnahmen von Kreditinstituten vor Vertragsschluss in Form eines Risikoprofils abzubilden. Die Entscheidung zur Mittelüberlassung an ein bestimmtes Kreditinstitut kann folglich mittels der hiermit verbundenen speziellen Chancen und Risiken fundiert werden und insbesondere erhalten die Bankgläubiger eine Vorstellung davon, dass mit einer bestimmten Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit die Gefahr einer teilweisen oder vollständigen Nicht-Erfüllung ihrer Zahlungsansprüche besteht. Während der Vertragsphase können sich Gläubiger eines Einleger-Kreditinstituts dann weiteren Gefahren ausgesetzt sehen, die in einer Abweichung des ex ante ermittelten Risikoprofils von dem während der Vertragslaufzeit tatsächlich relevanten besteht. Ursache hierfür kann die zwischen Eigen- und Fremdfinanciers bestehende asymmetrische Verteilung der Gestaltungskompetenzen hinsichtlich der Durchführung geschäftspolitischer Maßnahmen sein230. Entsprechend ist es sinnvoll, unter der Bezeichnung Delegationsrisiko231 eine weitere, vom Verhalten der Eigenfinanciers während der Vertragslaufzeit abhängige, eigenständige Risikokategorie zu definieren (vgl. Abbildung 4.27): Diese bezeichnet allgemein die Gefahr, dass aus Sicht des Geldgebers eine im Vergleich zu einer bestimmten Referenzpolitik, beispielsweise der vor Vertragsschluss kommunizierten, abweichende Geschäftspolitik betrieben wird. Delegationsrisiken manifestieren sich in einer nachteiligen Veränderung der ursprünglichen Chance-Risiko-Struktur des Gläubigers. Ob die Eigenfinanciers eines Kreditinstituts die ihnen eingeräumten geschäftspolitischen Handlungsmöglichkeiten tatsächlich zum Nachteil der Bankgläubiger ausnutzen, kann in mangelnder Qualifikation dieser Entscheidungsträger begründet liegen oder auf Handlungsanreize zurückzuführen sein, die aus divergierender Betroffenheit von den zur Verfügung stehenden geschäftspolitischen Handlungsmöglichkeiten resultieren232. Für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten besteht während der Vertragslaufzeit ein weiteres verhaltensabhängiges Informationsrisiko, das sich ebenfalls in einer Abweichung des tatsächlich relevanten vom vor Vertragsschluss prognostizierten Vgl. hierzu bereits Bitz (1988c), S. 9. Grundlegend hierzu Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 220 – 232. Für eine Analyse des Delegationsrisikos speziell bei Pfandbriefbanken vgl. Merbecks (2008), S. 114 und S. 123 – 125. 232 Vgl. Bitz / Terstege (2009a), S. 34 f. 230 231

252

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Risikoprofil manifestiert. Bestandteil des im Rahmen dieser Arbeit betrachteten idealtypischen Einlagen-Kontraktes ist das Recht auf jederzeitige Kündigung während der Vertragslaufzeit233. Die Wahrnehmung des Kündigungsrechts durch einen Bankgläubiger beinhaltet die Gefahr, dass die Eigenfinanciers zur Erfüllung der Rückzahlungsansprüche zu einer Änderung der bisherigen Geschäftspolitik veranlasst sein können und folglich andere als die im Rahmen der Informationspolitik ursprünglich kommunizierten Ergebnisse den Verlauf des Risikoprofils determinieren. Entsprechend ist es sinnvoll unter der Bezeichnung Liquiditätsrisiken eine zusätzliche verhaltensabhängige Kategorie von Informationsrisiken für Bankgläubiger zu definieren (vgl. Abbildung 4.27). Informationsrisiken für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten während der Vertragsphase Delegationsrisiken aufgrund asymmetrischer Gestaltungskompetenzen zwischen Eigen- und Fremdfinanciers

Liquiditätsrisiken aufgrund des jederzeitigen Kündigungsrechts der Fremdfinanciers

Abbildung 4.27: Erscheinungsformen von Informationsrisiken von Bankgläubigern während der Vertragsphase

Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Delegationsrisikos und der Liquiditätsrisiken näher analysiert, um hierauf aufbauend Möglichkeiten zu einer Beeinflussung beider Kategorien von Gläubigerrisiken durch staatliche Entscheidungsträger aufzuzeigen.

4.4.3.2 Delegationsrisiken 4.4.3.2.1 Definition und Erscheinungsformen Für eine Konkretisierung möglicher Delegationsrisiken bei Einleger-Kreditinstituten bedarf es erstens der Festlegung eines Referenzmaßstabes234. Im Gegensatz zur Vorgehensweise bei Informationsrisiken vor Vertragsschluss ist dies einheitlich für alle Gläubiger nur dann möglich, wenn – wie bisher – eine homogene Gläubigerstruktur unterstellt wird. Denkbare Referenz-Geschäftspolitiken für Gläubiger von idealtypischen Kreditinstituten könnten entweder die durch Antizipation von Informationsrisiken den Eigenfinanciers vertraglich vorgeschriebenen geschäftspolitischen Maßnahmen oder die durch die Eigenfinanciers eines unverschuldeten Eigentümer-Kreditinstitutes durchgeführten geschäftspolitischen Aktivitäten bilden. Da das Ziel der weiteren Analyse von Delegationsrisiken in der Identifikation mögVgl. hierzu oben Kapitel 4.3.3.3.3.2. Zu den möglichen Referenzvorstellungen bezüglich der Geschäftspolitik vgl. Bitz / Terstege (2009a), S. 33 f. 233 234

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

253

licher Interessenkonflikte zwischen Eigen- und Fremdfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts besteht, ist es sinnvoll als Referenzsituation diejenige zu wählen, in der entsprechende Konflikte nicht in Erscheinung treten können. Dementsprechend wird im Folgenden das unverschuldete Eigentümer-Kreditinstitut als Referenzmaßstab herangezogen235. Für eine differenzierte Betrachtung der Delegationsrisiken ist zweitens eine Klassifikation der geschäftspolitischen Handlungsmöglichkeiten sinnvoll. Da es sich beim risikotheoretischen Ansatz um einen zahlungsorientierten handelt236, werden alle geschäftspolitischen Handlungen auf der Zahlungsmittelebene abgebildet: Als verschuldungspolitische Maßnahmen führen sie zu Mittelzuflüssen und implizieren eine Folgeentscheidung über die Mittelverwendung. Als leistungspolitische Maßnahmen führen sie demgegenüber zu Mittelabflüssen und setzen deren vorherige Beschaffung voraus. Idealtypisch wurde die Leistungspolitik eines Einleger-Kreditinstituts oben definiert als Summe aller Maßnahmen, die als Ausdruck einer Gestaltung des Investitionsprogramms des Kreditinstituts durch strukturelle Aufteilung der liquiden Mittel auf Fremdfinanzierungskontrakte und Kassenhaltung gekennzeichnet ist. Die Verschuldungspolitik lässt sich demgegenüber als Gesamtheit aller Maßnahmen bezeichnen, die als Ausdruck einer Gestaltung des Finanzierungsprogramms auf Transaktionen mit den Eigen- oder Fremdfinanciers ausgerichtet ist237. Aufbauend auf diesen Vorüberlegungen werden in den folgenden drei Kapiteln allerdings nicht alle denkbaren Varianten geschäftspolitischer Handlungsmöglichkeiten bei Kreditinstituten erörtert, sondern nur die vier idealtypischen Grundformen näher analysiert238 (vgl. hierzu Abbildung 4.28). Eine Kombination der Grundformen der Mittelverwendung und Mittelherkunft ermöglicht die Ableitung folgender vier Grundtypen geschäftspolitischer Handlungsmöglichkeiten der Eigenfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts:  Fall 1: Ceteris-paribus-Variation des Finanzierungsprogramms (vgl. Abbildung 4.28).

Sollen im Rahmen einer ceteris-paribus-Betrachtung ausschließlich die mit einer Veränderung des Verschuldungsgrades für Bankgläubiger möglicherweise verbundenen negativen Effekte analysiert werden, dann setzt eine entsprechende Untersuchung voraus, dass die von Eigen- oder Fremdfinanciers zur Verfügung gestellten Mittel ausschließlich zur Reduktion der Zahlungsverpflichtungen gegenüber der jeweils komplementären Gruppe von Alt-Financiers verwendet werden239. Diese Vorgehensweise erfolgt in Anlehnung an Bitz (1988a), S. 18 – 32. Vgl. hierzu oben Kapitel 4.2. 237 Vgl. hierzu oben Kapitel 4.3. Diese Klassifikation findet sich auch bei Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 71; ferner Hemmerde (1985), S. 22. 238 Vgl. zu dieser Grundklassifikation Bitz / Terstege (2009b), S. 33 f. 239 Für eine differenzierte tabellarische Übersicht der Elementarformen der Finanzierungspolitik vgl. Bitz / Terstege (2009b), S. 43. 235 236

254

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

In der Darstellungsweise mit Risikoprofilen bewirkt eine Variation des Verschuldungsgrades eine Veränderung der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit und eine Verlagerung der Trennlinie zur Aufspaltung des Gesamtprofils in die jeweils für Eigen- und Fremdfinanciers relevanten Bereiche des Profils. Mittelverwendung zur Variation des … Mittelzufluss aus der Variation des …

Finanzierungsprogramms

Investitionsprogramms

Finanzierungsprogramms

1

2

Investitionsprogramms

3

4

Abbildung 4.28: Systematisierung grundlegender geschäftspolitischer Handlungsmöglichkeiten der Eigenfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts

 Fall 4: Ceteris-paribus-Variation des Investitionsprogramms (vgl. Abbildung 4.28).

Stehen im Mittelpunkt der Analyse hingegen die Effekte, die für Bankgläubiger ausschließlich mit einer Veränderung der Leistungspolitik verbunden sind, dann setzt dies voraus, dass die entsprechenden Mittel durch Veräußerung der im Bestand des Kreditinstituts befindlichen Fremdfinanzierungskontrakte oder durch Reduktion des Kassenbestandes beschafft und zur Veränderung der Höhe der Kassenhaltung oder einer Umstrukturierung des Bestandes von Fremdfinanzierungskontrakten verwendet werden. Streben die Eigenfinanciers mit entsprechenden Maßnahmen eine Veränderung der erwarteten Ergebnisse an, dann kann es sich im Rahmen des risikotheoretischen Ansatzes um Maßnahmen zur Variation des Zerfällungsgrades der vergebenen Kredite oder um Maßnahmen zur Veränderung der Korrelationsbeziehung zwischen den Krediten handeln240. Da die mit der Realisation eines bestimmten Investitionsprogramms erwarteten Ergebnisse den Verlauf des Risikoprofils determinieren, resultiert aus einer entsprechenden Veränderung des Investitionsprogramms eine Modifikation des originären Risikoprofils. Mit der Veränderung der Leistungspolitik muss aber nicht zwingend eine Veränderung der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit einhergehen.  Fälle 2 und 3: Variation des Geschäftsvolumens (vgl. Abbildung 4.28).

Geschäftspolitische Maßnahmen mit dem Zweck einer Veränderung sowohl des Investitions- als auch des Finanzierungsprogramms beinhalten eine Kombination aus leistungs- und verschuldungspolitischen Aktivitäten und bewirken eine Veränderung des Geschäftsvolumens des Kreditinstituts241. Sie können in zwei Varianten in Erscheinung treten: Entweder werden die auf der Grundlage verschuldungspolitischer Maßnahmen beschafften liquiden Mittel zur Veränderung der 240 Vgl. Bitz (2006), S. 361 und Bitz (1988a), S. 18 – 20 und S. 23 – 24; ferner die Ausführungen zur risikotheoretischen Modellierung von Kreditinstituten oben in Kapitel 4.3.3. 241 Vgl. Bitz (1988a), S. 25 – 32.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

255

Geschäftspolitik verwendet (Fall 2) oder die aus einer Veränderung der Leistungspolitik zufließenden Mittel führen zu einer Veränderung des Finanzierungsprogramms (Fall 3). In der Darstellungsweise mit Risikoprofilen führt eine Variation des Geschäftsvolumens des Kreditinstituts sowohl zu einer Veränderung des ursprünglichen Verlaufs als auch zu einer neuen Trennlinie für die Profile von Eigen- und Fremdfinanciers. Sie muss gleichwohl ebenfalls nicht zwingend mit einer Veränderung der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit verbunden sein. Die drei Grundtypen geschäftspolitischer Handlungsmöglichkeiten werden im Folgenden dahingehend weiter untersucht, unter welchen Voraussetzungen eine divergierende Betroffenheit zwischen Eigen- und Fremdfinanciers des Kreditinstituts diagnostiziert werden kann und unter welchen Annahmen für die Eigenfinanciers ein Anreiz zu gläubigerschädigendem Verhalten besteht. Hierauf aufbauend können Ansatzpunkte für sinnvolle staatliche Maßnahmen zur Beseitigung oder Reduktion von Delegationsrisiken aufgezeigt werden.

4.4.3.2.2 Risiken bei Variation des Finanzierungsprogramms Delegationsrisiken können für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten daraus resultieren, dass ceteris-paribus eine Variation des Finanzierungsprogramms erfolgt. Um diese im Rahmen des risikotheoretischen Ansatzes einer weitergehenden Analyse zuführen zu können, sind vorab folgende Fallunterscheidungen242 sinnvoll:  Nach der Herkunft der zufließenden liquiden Mittel

Zur Beschaffung liquider Mittel können entweder bereits vorhandene oder neue Financiers zur Verfügung stehen. Darüber hinaus kann die Mittelbeschaffung durch Abschluss eines Eigen- oder Fremdfinanzierungskontraktes erfolgen. Dementsprechend stehen vier Grundvarianten der Mittelbeschaffung zur Verfügung (vgl. die Spalten in Abbildung 4.29).  Nach der Verwendung der liquiden Mittel

Die Verwendung der beschafften Mittel kann zunächst danach unterschieden werden, ob eine Erfüllung von Zahlungsansprüchen der Alt-Gläubiger oder der AltEigenfinanciers erfolgt. Darüber hinaus ist eine Unterscheidung dahingehend möglich, ob eine Erfüllung laufender Zahlungsansprüche der im Kreditinstitut verbleibenden Financiers oder eine Mittelrückzahlung an ausscheidende Financiers vorgesehen ist. Dementsprechend stehen ebenfalls vier Grundvarianten der Mittelverwendung zur Verfügung (vgl. die Zeilen in Abbildung 4.29). Durch Kombination dieser vier Grundvarianten der Mittelbeschaffung und Mittelverwendung erhält man die in Abbildung 4.29 systematisierten 16 Möglichkeiten 242 Die Klassifikation erfolgt in Anlehnung an Bitz / Terstege (2009b), S. 43 – 45. Erste Grundüberlegungen zur Systematisierung finden sich ferner bei Hemmerde (1985), S. 22 – 25.

256

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

für eine Variation des Finanzierungsprogramms bei Einleger-Kreditinstituten, die sich zunächst nicht von entsprechenden Möglichkeiten bei anderen Unternehmen unterscheiden. Um durch Diagnose von Delegationsrisiken für Bankgläubiger zielgerichtete Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen zu identifizieren, ist es allerdings nicht notwendig, im Weiteren alle idealtypischen 16 Möglichkeiten zu analysieren. Vielmehr wurden im Rahmen der risikotheoretischen Erklärung der Transformationsleistungen von Kreditinstituten die für die Gläubiger mit der Zerlegung einer Gesamtvermögensposition in heterogene Parten verbundenen positiven Effekte bereits hinreichend erläutert, so dass im Folgenden alle verschuldungspolitischen Maßnahmen, die zu einer Verringerung oder Beibehaltung des Verschuldungsgrades führen (vgl. Abbildung 4.29, weiße und grau schattierte Felder), vernachlässigt werden können. Von Interesse sind hier lediglich die sechs Maßnahmenbündel der Eigenfinanciers, die zu einer Erhöhung des Verschuldungsgrades führen (vgl. die schwarz unterlegten Felder in Abbildung 4.29). Auch diese Anzahl möglicherweise gläubigerschädigender Aktivitäten lässt sich weiter reduzieren: Erstens bedarf es bei der Beschaffung liquider Mittel über die Alt-Financiers (Fälle 4, 8 und 12) deren Zustimmung, so dass keine asymmetrische Verteilung von Gestaltungskompetenzen vorliegt und Delegationsrisiken deshalb definitionsgemäß nicht bestehen können. Zweitens beinhaltet auch die Verwendung der durch Neu-Financiers beschafften Mittel zur Erfüllung der Zinszahlungsansprüche der Alt-Financiers keinen Missbrauch asymmetrischer Gestaltungskompetenzen, da die Mittelverwendung im Interesse der Alt-Gläubiger erfolgt. Im Ergebnis besteht lediglich in den Fällen 3 und 7 die Gefahr einer aus Sicht der Bankgläubiger unerwünschten Variation des Finanzierungsprogramms. Daher bilden nur diese Fälle den Gegenstand der weiteren Ausführungen. Delegationsrisiken entstehen wegen einer Erhöhung des Verschuldungsgrades in den Fällen 3 und 7 für Alt-Gläubiger nur dann, wenn sie von entsprechenden Maßnahmen der Eigenfinanciers im Vergleich zur Ausgangssituation negativ betroffen sind243. Hierzu wird von dem bekannten idealtypischen Einleger-Kreditinstitut ausgegangen, das in Höhe von CFA Mittel auf der Grundlage eines jederzeit kündbaren Fremdfinanzierungskontraktes zur Verfügung gestellt bekommen hat, und hierfür den Gläubigern Zinszahlungen in Höhe von r zusichert. Seitens der Eigenfinanciers werden Mittel in Höhe von CEF zur Verfügung gestellt. Der alternativ erzielbare Marktzins beträgt für Eigen- und Fremdfinanciers einheitlich i. Abbildung 4.30a verdeutlicht diese Ausgangssituation in der Darstellungsweise mit Risikoprofilen: Risiken des Gläubigers A sind dunkelgrau schattiert und Chancen hellgrau schattiert.

243 Ein erstes Grundmodell zur Verdeutlichung der gläubigergefährdenden Effekte von Entnahmen stellt Hemmerde (1985), S. 312 – 314 vor.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

257

Mittelzufluss durch Eigenfinanciers Mittelverwendung an

Fremdfinanciers

Neu-Financiers Alt-Financiers Neu-Financiers Alt-Financiers

Eigenfinanciers  Rückzahlung

1

2

3

4

 Ausschüttung

5

6

7

8

Fremdfinanciers  Zinszahlung

9

10

11

12

 Rückzahlung

13

14

15

16

Legende: weiß = Verringerung des Verschuldungsgrades, schwarz = Erhöhung des Verschuldungsgrades, grau = keine Veränderung des Verschuldungsgrades.

Abbildung 4.29: Grundtypen einer Variation des Finanzierungsprogramms bei Einleger-Kreditinstituten

Abbildung 4.30a: Risikoprofil des Fremdfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts in der Ausgangssituation

Mit der Attrahierung neuer Fremdfinanciers, die liquide Mittel in Höhe von CFB zur Verfügung stellen und denen gleichrangige Zins- und Tilgungszahlungen zugesagt werden244 sind folgende Effekte verbunden: Insgesamt stehen dem Kreditinstitut nunmehr Fremdmittel in Höhe von CFF zur Verfügung, wobei gilt CFF ¼ CFA þ CFB . Gleichzeitig steigt infolge dieser Maßnahme die Insolvenzeintrittswahr244

Vgl. hierzu allgemeiner oben 4.3.3.3.3.1.

258

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

scheinlichkeit von P auf P0 . Abbildung 4.30b erdeutlicht diese mit der Erhöhung des Verschuldungsgrades verbundenen Effekte anhand des schwarz gezeichneten Risikoprofils für die Gesamtheit der Fremdfinanciers. Das individuelle Profil des hier interessierenden Alt-Gläubigers A wird hieraus durch Stauchung mit dem Faktor a ¼ CFA ð1 þ rÞ=CFF ð1 þ rÞ abgeleitet und ist in Abbildung 4.30b als dunkelgraue Linie gezeichnet. Da dieses gestauchte Profil oberhalb des Profils des Gesamtprofils des Kreditinstituts verläuft, verringern sich die Chancen (hellgrau schattierte Fläche) und erhöhen sich die Risiken des Alt-Gläubigers (dunkelgrau schattierte Fläche) im Vergleich zur Referenzsituation (vgl. Abbildung 4.30a). Ohne zusätzliche Annahmen hinsichtlich der Risikoeinstellung oder der Verwendung der beschafften Mittel sind Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten folglich immer negativ von einer Ausweitung des Verschuldungsgrades betroffen245.

\

Abbildung 4.30b: Negative Betroffenheit des Alt-Gläubigers durch Erhöhung des Verschuldungsgrades

Ob sich Gläubiger eines Einleger-Kreditinstituts tatsächlich Delegationsrisiken infolge einer Erhöhung des Verschuldungsgrades nach Vertragsschluss ausgesetzt sehen, hängt davon ob, ob für die Eigenfinanciers entsprechende Anreize zur Durchführung gläubigerschädigender Maßnahmen bestehen. Um diese diagnostizieren zu können, bedarf es nunmehr eines Vergleichs des Risikoprofils der Eigenfinanciers des Einleger-Kreditinstituts vor und nach Erhöhung des Verschuldungsgrades. Abbildung 4.31 verdeutlicht das bekannte Risikoprofil der Eigenfinanciers in der Ausgangssituation vor Erhöhung des Verschuldungsgrades246: Während für erwar245 Vgl. ausführlich zu entsprechenden Überlegungen für alle Unternehmen Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 224 – 230; ähnlich bereits Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 80 – 82. 246 Vgl. hierzu oben Kapitel 4.3.2.2.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

259

tete Ergebnisse des Kreditinstituts zwischen CFA ð1 þ rÞ und CEF ð1 þ iÞ für die Eigenfinanciers mit der Mittelüberlassung Risiken verbunden sind, existieren für Ergebnisse zwischen CEF ð1 þ iÞ und D1  CFA ð1 þ rÞ entsprechende Chancen.

Abbildung 4.31: Risikoprofil der Eigenfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts in der Ausgangssituation

Während der Verlauf des originären Referenzprofils damit eindeutig bestimmt ist, wird der Verlauf des neuen Risikoprofils nach Erhöhung des Verschuldungsgrads durch  die Art der Verwendung der beschafften liquiden Mittel für Ausschüttungen oder die Rückzahlung überlassener Mittel,  die Höhe des Zinssatzes i für die risikolose Mittelanlage auf dem Finanzmarkt und  die Höhe der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit P beeinflusst.

Zur Ableitung des sich nach Erhöhung des Verschuldungsgrades ergebenden Risikoprofils der Eigenfinanciers bedarf es folglich weitergehender Fallunterscheidungen247. Zunächst soll angenommen werden, dass Ausschüttungszahlungen in Höhe CFB an im Kreditinstitut verbleibende Eigenfinanciers (vgl. oben Abbildung 4.29, Fall 7) geleistet werden. Dann determinieren die Annahmen über die Höhe i der sicheren Verzinsung der frei werdenden Mittel der Eigenfinanciers und die 247 Zu einer ausführlichen Analyse vgl. Bitz / Terstege (2009b), S. 49 – 61; ohne weitere Fallunterscheidung finden sich erste Überlegungen bereits bei Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 225 f.

260

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Höhe der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit P die Möglichkeiten, Delegationsrisiken zu diagnostizieren. Die Höhe des Marktzinses kann entweder über oder unter der Höhe des den Fremdfinanciers seitens der Eigenfinanciers des Kreditinstituts zugesicherten Zinssatzes r liegen und hinsichtlich der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit P können die Konstellationen P ¼ 0 und P > 0 unterschieden werden. Abbildung 4.32 verdeutlicht die hieraus resultierenden vier Grundkonstellationen: Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit Verhältnis Marktzins zum Zins des Kreditinstituts

P ¼ 0

P > 0

ir

3

4

(Legende: weiß = kein Delegationsrisiko, schwarz = präferenzunabhängiges Delegationsrisiko, grau = präferenzabhängiges Delegationsrisiko).

Abbildung 4.32: Determinanten für die Existenz von Delegationsrisiken bei Ausschüttungen an die Eigenfinanciers von Einleger-Kreditinstituten

Kennzeichen der mit einem idealtypischen Einleger-Kreditinstitut abgeschlossenen Fremdfinanzierungskontrakte ist die unter dem Markzins liegende Verzinsung von r. Deshalb besitzen von diesen vier theoretisch denkbaren Grundkonstellationen nur die Fälle 3 und 4 Relevanz zur Ableitung folgender Aussagen über die Existenz von Delegationsrisiken bei Einleger-Kreditinstituten.  Fall 3: Präferenzunabhängiges Delegationsrisiko

Unter der Annahme, dass das idealtypisch betrachtete Einleger-Kreditinstitut nicht insolvent werden kann, und die sichere Marktverzinsung i für die ausgeschütteten Zahlungsmittel über der Verzinsung in Höhe von r bei Mittelüberlassung an das Kreditinstitut liegt (vgl. oben Abbildung 4.32, Fall 3), ist es unabhängig von ihrer Risikoeinstellung für Eigenfinanciers immer vorteilhaft, den Verschuldungsgrad auszudehnen: Denn für den ausgeschütteten Betrag CFB würde er bei Anlage dieser Mittel auf dem Finanzmarkt eine über der für den Fall der Mittelüberlassung an das Kreditinstitut liegenden Verzinsung erhalten. Mit der Ausdehnung des Verschuldungsgrades kommt es in dieser Konstellation zu einer Verschiebung des originären Risikoprofils der Eigenfinanciers FDEF um den Betrag CFB nach rechts (vgl. Abbildung 4.33), da den Eigenfinanciers zusätzlich zu den unsicheren Ergebnissen dieser Betrag sicher zufließt. Das neue Risikoprofil der 0 dominiert das ursprüngliche und es besteht unabhängig von Eigenfinanciers FDEF den Risikopräferenzen der Eigenfinanciers ein Anreiz zu gläubigerschädigendem Verhalten.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

261

Abbildung 4.33: Risikoprofil der Eigenfinanciers nach Ausschüttung für i > r und P ¼ 0

 Fall 4: Präferenzunabhängiges Delegationsrisiko

Für Eigenfinanciers von Kreditinstituten besteht auch dann ein von der Risikoeinstellung unabhängiger Anreiz zur Erhöhung des Verschuldungsgrades, wenn das Einleger-Kreditinstitut insolvent werden kann ðP > 0Þ und der sichere Marktzins weiterhin über dem für die Mittelüberlassung an das Kreditinstitut liegt ði > rÞ (vgl. oben Abbildung 4.32, Fall 4). Nach Erhöhung des Verschuldungsgrades und erfolgter Ausschüttung verfügen die Eigenfinanciers über Mittel in Höhe von CFB , deren sichere Verzinsung außerhalb des Kreditinstituts mit i möglich ist. In Höhe von CFB ð1 þ iÞ fließen den Eigenfinanciers demnach sichere Zahlungen zu (vgl. Risikoprofil in Abbildung 4.34). Für Beträge über CFB ð1 þ iÞ besitzt hingegen unverändert das die Partizipation an den unsicheren Ergebnissen des Kreditinstituts repräsentierende Profil der Eigenfinanciers Relevanz. Das ursprüngliche Risikoprofil verschiebt sich demnach infolge verschuldungspolitischer Maßnahmen um den Betrag CFB ð1 þ iÞ nach rechts und dominiert das ursprüngliche (vgl. Abbildung 4.34). Ohne weitere Kenntnis ihrer Risikoeinstellung besteht demnach auch in dieser Konstellation für Eigenfinanciers stets ein Anreiz zur Erhöhung des Verschuldungsgrades. Aufgrund der vorstehenden Erläuterungen kann für die Gläubiger idealtypischer Einleger-Kreditinstitute, deren Zinszahlungsversprechen unter denen der sicheren Referenz-Anlagemöglichkeit liegen, unabhängig von der Höhe der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit die Existenz von Delegationsrisiken sicher diagnostiziert werden. Für die Eigenfinanciers besteht ein von der genauen Kenntnis ihrer Risikoeinstellung unabhängiger Anreiz zur Erhöhung des Verschuldungsgrades.

262

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Abbildung 4.34: Risikoprofil der Eigenfinanciers nach Ausschüttung für i > r und P > 0

In einem zweiten Schritt soll die Existenz von Delegationsrisiken für den Fall analysiert werden, dass die Eigenfinanciers die durch verschuldungspolitische Maßnahmen beschafften Mittel zur Erfüllung der Rückzahlungsansprüche von aus dem Kreditinstitut ausscheidenden Eigenfinanciers verwenden (vgl. oben Abbildung 4.29, Fall 3). Da die Alt-Gläubiger des Einleger-Kreditinstituts unabhängig von der Verwendung der liquiden Mittel von einer Erhöhung des Verschuldungsgrades stets negativ betroffen sind, kann sich die folgende Analyse wieder darauf beschränken, mögliche Anreize der Eigenfinanciers zu einem gläubigerschädigenden Verhalten in dieser Konstellation aufzuzeigen248. Hierzu sind im Vergleich zur Ausgangssituation zunächst die von den Eigenfinanciers insgesamt überlassenen Mittel von CEF aufzugliedern in die des ausscheidenden Eigenfinanciers CEA und die des verbleibenden Eigenfinanciers CEV , so dass gilt CEF ¼ CEV þ CEA . Für die weiteren Überlegungen interessiert dann nur noch die Unsicherheitsstruktur der im Kreditinstitut verbleibenden Eigenfinanciers. Zur Aufstellung des zugehörigen Risikoprofils sind folgende Überlegungen relevant: Die Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit steigt wegen der Erhöhung des Verschuldungsgrades von P auf P0 , so dass der Verlauf des neuen Profils zwingend oberhalb des in Abbildung 4.31 abgeleiteten originären Risikoprofils beginnt. Das Vorliegen eines präferenzunabhängigen Anreizes für die Eigenfinanciers kann deshalb bereits aufgrund dieses Ergebnisses ausgeschlossen werden.

248

Vgl. hierzu die Ausführungen bei Bitz / Terstege (2009b), S. 47 f. und S. 49 – 61.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

263

Ob ein präferenzabhängiger oder gar kein Anreiz zur Leistung von Zahlungen an ausscheidende Financiers besteht, hängt vom weiteren Verlauf des Risikoprofils ab. Dieser wird bestimmt durch die Höhe des für die verbleibenden Eigenfinanciers nach Veränderung der Verschuldungspolitik bestenfalls realisierbaren Ergebnisses. Dieses lässt sich, da die Ansprüche der ausscheidenden Eigenfinanciers gegen Ansprüche von Neu-Fremdfinanciers substituiert werden, formal umschreiben als D1  ½CFA þ CFB ð1 þ rÞ. In der Ausgangssituation partizipiert der verbleibende Eigenfinancier am bestenfalls möglichen Ergebnis D1 quotal mit CEV =CEV þ CEA oder wegen CFB ¼ CEA mit CEV =CEV þ CFB . Für das Verhältnis beider Größen sind dann zwei Konstellationen zu unterscheiden:  D1  ½CFA þ CFB ð1 þ rÞ < ½D1  CFA ð1 þ rÞðCEV =CEV þ CFB Þ

Das Risikoprofil der Ausgangssituation dominiert das Profil der verbleibenden Eigenfinanciers. Die Eigenfinanciers verfügen über keinen Anreiz, vorrangige Ansprüche der neuen Fremdfinanciers gegen Ansprüche von Eigenfinanciers auszutauschen.  D1  ½CFA þ CFB ð1 þ rÞ > ½D1  CFA ð1 þ rÞðCEV =CEV þ CFB Þ

Unter dieser Voraussetzung schneiden sich das alte und das neue Risikoprofil des im Kreditinstitut verbleibenden Eigenfinanciers: Den aufgrund der Ansprüche der neuen Fremdfinanciers gestiegenen Verlustmöglichkeiten steht zugleich die Chance auf sehr hohe Gewinne gegenüber. Ob Anreize zur Erhöhung des Verschuldungsgrades bestehen, hängt damit von den individuellen Risikoeinstellungen der Eigenfinanciers ab. Im Ergebnis kann die Existenz von Delegationsrisiken für Gläubiger von idealtypischen Einleger-Kreditinstituten bei Erhöhung des Verschuldungsgrades nur ohne ergänzende Kenntnis der Risikopräferenzen der Eigenfinanciers diagnostiziert werden, wenn die beschafften Mittel zur Ausschüttung an die Eigenfinanciers verwendet werden. Ursächlich hierfür ist die unter dem Marktzins i für sichere Anlagen liegende Verzinsung r für Einlagen. 4.4.3.2.3 Risiken bei Variation des Investitionsprogramms Delegationsrisiken für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten können auch daraus resultieren, dass die Eigenfinanciers während der Vertragslaufzeit – bei unverändertem Finanzierungsprogramm – eine strukturelle Veränderung des Investitionsprogramms durchführen249. Entsprechend den oben getroffen Annahmen für die risikotheoretische Erklärung der Transformationsleistung von Kreditinstituten bestehen folgende zwei Varianten für leistungspolitische Maßnahmen:  Variante 1: Veräußerung von Fremdfinanzierungskontrakten und Verwendung der hieraus resultierenden Mittel zum Abschluss einer anderen Stückelung dieser Finanzkontrakte. 249

Für eine allgemeine Übersicht vgl. Ries (2009), S. 33 – 36.

264

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

 Variante 2: Umstrukturierungen des Investitionsprogramms durch Veränderungen der Höhe des Kassenbestandes zulasten oder zugunsten des Bestandes an Fremdfinanzierungskontrakten.

Ebenso wie mit der Veränderung der Finanzierungsstruktur sind mit derartigen Veränderungen der Vermögensstruktur während der Vertragslaufzeit Delegationsrisiken nur unter den bekannten Voraussetzungen verbunden. Hierzu bedarf es zunächst einer Analyse der mit einer Veränderung der Leistungspolitik verbundenen Betroffenheit der Gläubiger des Einleger-Kreditinstituts, um daran anschließend zu überprüfen, ob Anreize zu gläubigerschädigendem Verhalten für die Eigenfinanciers vorliegen. Hierzu wird zunächst Variante 1 näher betrachtet: Wie bereits anlässlich der schrittweisen Erklärung der Transformationsleistung von idealtypischen Kreditinstituten erläutert, schließen sich Geldgeber zu einem Eigentümer-Kreditinstitut zusammen, um an der mit der Erhöhung des Zerfällungsgrades verbundenen Verringerung ihrer Risiken bei gleichzeitiger Erhöhung ihrer Chancen zu partizipieren250. Diese Grundform der Risikotransformation, die durch zusätzliche Transformationsleistungen ergänzt wird, bildet auch für die Fremdfinanciers idealtypischer Einleger-Kreditinstitute die Motivation zur Mittelüberlassung und wird positiv beurteilt: Denn mit der Anzahl der vergebenen Kredite n wird die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Anzahl erfolgreicher Kredite pð xÞ beeinflusst und die für Gläubiger des Kreditinstituts zur Beurteilung ihrer Situation relevanten Parameter verändern sich wie folgt: Die Gewinnererwartung sinkt ebenso wie die Verlusterwartung und die Standardabweichung. Da der Rückgang der Gewinnerwartung den Rückgang der Verlusterwartung jedoch überkompensiert251, gelangen die Gläubiger zu einer insgesamt positiven Einschätzung von geschäftspolitischen Maßnahmen zur Erhöhung des Zerfällungsgrades. Im umgekehrten Fall, wenn Eigenfinanciers dieser idealtypischen Kreditinstitute eine Veränderung des Investitionsprogramms durch Erhöhung der Engagementgröße durchführen, sind die Fremdfinanciers von entsprechenden Maßnahmen folglich stets negativ betroffen252. Fraglich ist, ob für die Eigenfinanciers des Einleger-Kreditinstituts tatsächlich ein Anreiz zur Durchführung gläubigerschädigender Maßnahmen besteht. Dies ist dann der Fall, wenn diese zu einer gegenteiligen Beurteilung der mit der Verringerung des Zerfällungsgrades verbundenen Effekte gelangen: Wie bereits oben ausführlich erläutert, verschlechtert sich die Situation der Eigenfinanciers durch entsprechende Maßnahmen, weil sich ihre Ergebniserwartung infolge rückläufiger Gewinn- und gestiegener Verlusterwartung verringert und gleichzeitig das durch die Standardabweichung gemessene Risiko ansteigt253. Das Ausmaß dieser negativen Effekte wird wesentlich durch die Höhe des Verschuldungsgrades determiniert: Da für den 250 251 252 253

Vgl. ferner Bitz (1988a), S. 23 f. und Bitz (1986), S. 11 – 16. Vgl. hierzu oben Kapitel 4.3.3.2. Vgl. Bitz (1988a), S. 33 f. Vgl. oben Kapitel 4.3.3.2; ferner Bitz (1986), S. 11 – 16 und Bitz (1988a), S. 29 f.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

265

Grenzfall des Verschuldungsgrades von null das Einleger-Kreditinstitut als SpezialFall des Eigentümer-Kreditinstituts interpretiert werden kann, beurteilen Eigenfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts die auf eine Erhöhung des Zerfällungsgrades ausgerichteten Maßnahmen nur bei sehr niedrigem Verschuldungsgrad positiv. Umgekehrt besteht für diese insbesondere bei hohem Verschuldungsgrad ein Anreiz, sich den Interessen der Gläubiger entgegengesetzt zu verhalten und während der Vertragslaufzeit Maßnahmen zur Verringerung des Zerfällungsgrades durchzuführen. Für Variante 1 der leistungspolitischen Handlungsmöglichkeiten sehen sich Gläubiger eines Einleger-Kreditinstituts demnach ohne ergänzende Kenntnis der Risikoeinstellungen stets einem Delegationsrisiko ausgesetzt. Weniger eindeutige Aussagen lassen sich hinsichtlich der Variante 2 leistungspolitischer Maßnahmen ableiten. Durch Veränderungen der Höhe des Kassenbestandes kommt es zu einer Veränderung der erwarteten Ergebnisse des Kreditinstituts. Die Lage des diese Ergebnisse visualisierenden neuen Risikoprofils ist demnach unbestimmt. Eindeutige Aussagen über die Betroffenheit beider Financiers sind – wie bereits oben anlässlich der Ausführungen zum Informationsrisiko verdeutlicht – nur dann möglich, wenn sich das ursprüngliche und das neue Profil nicht schneiden254. In allen anderen Fällen bedarf es einer ergänzenden Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles wie der Anzahl der Schnittpunkte, der Präferenzen der Financiers und der Art des gewählten Finanzierungsprogramms. Bitz / Reckers unternehmen deshalb den Versuch einer ersten Klassifikation der Voraussetzungen, unter denen Delegationsrisiken bei Unternehmen allgemein bestehen255. Sie gelangen zu dem Ergebnis, dass Anreize für gläubigerschädigende Veränderungen des Investitionsprogramms für die Eigenfinanciers ohne weitere Annahmen über die Risikoeinstellung der Eigenfinanciers und den Verschuldungsgrad des betrachteten Unternehmens nur dann eindeutig vorliegen, wenn mit der neuen Geschäftspolitik keine Veränderung der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit verbunden ist, sich neues und altes Risikoprofil also genau einmal im Punkt ðP ; CFF ð1 þ rÞÞ schneiden (vgl. hierzu den beispielhaften Verlauf zweier Profile in Abbildung 4.35). Während für die Bankgläubiger die Chancen sinken (hellgraue Fläche) und die Risiken (dunkle Fläche) steigen, ist mit der Veränderung der Leistungspolitik für die Eigenfinanciers eine Erhöhung der Chancen (helle Fläche) und eine Reduktion der Risiken (dunkle Fläche) verbunden. Es besteht folglich für die Eigenfinanciers ein Anreiz, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Im Ergebnis konnten Delegationsrisiken bei Einleger-Kreditinstituten folglich nur für einen Spezialfall der Veränderung des Investitionsprogramms ohne ergänzende Annahmen über die Präferenzen der Financiers sicher diagnostiziert werden. Dies schränkt die Handlungsmöglichkeiten staatlicher Entscheidungsträger zur zielgerichteten Beeinflussung dieser Risikokategorie ein. 254 255

Vgl. hierzu oben Abbildung 4.25b. Vgl. Bitz / Terstege (2009b), S. 34 – 43, insbes. die Abbildung auf S. 38.

266

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

\

Abbildung 4.35: Existenz von Delegationsrisiken durch beispielhafte Variation der Leistungspolitik während der Vertragslaufzeit

4.4.3.2.4 Risiken bei Variation des Geschäftsvolumens Delegationsrisiken für Gläubiger idealtypischer Einleger-Kreditinstitute können nicht nur aus der jeweils ausschließlichen Variation der Leistungs- oder Verschuldungspolitik resultieren, sondern auch aus einer kombinierten Durchführung beider Maßnahmen, die bereits als Variation des Geschäftsvolumens bezeichnet wurde256 (vgl. hierzu auch die einleitende Systematisierung oben in Abbildung 4.29, Fall 2 und 3). Als Ergebnis entsprechender Handlungen wird im Vergleich zur Situation bei Vertragsabschluss ein niedrigeres oder höheres Geschäftsvolumen realisiert. Die weiteren Überlegungen beschränken sich auf den Fall einer Ausweitung des Geschäftsvolumens, können aber ohne weiteres auf den umgekehrten Fall übertragen werden. Zur näheren Analyse hiermit möglicherweise verbundener Delegationsrisiken ist es ebenfalls sinnvoll, zunächst die Grundformen, in denen die Erhöhung des Geschäftsvolumens durch die Eigenfinanciers der hier idealtypisch betrachteten Kreditinstitute erfolgen kann, zu klassifizieren. Wie bereits im Rahmen der ceteris-paribus-Analyse der Variation des Finanzierungsprogramms verdeutlicht, sind für die Beschaffung zusätzlicher Mittel drei Varianten zu unterscheiden: Die Beschaffung zusätzlicher Mittel kann ohne Veränderung des Verschuldungsgrades strukturneutral oder durch Erhöhung bzw. Verringerung des Verschuldungsgrades strukturwirksam erfolgen (vgl. Abbildung 4.36; Spalten). Hinsichtlich der Verwendung dieser Mittel werden die weiteren Über256 Für einen allgemeinen Überblick über diese Erscheinungsform von Delegationsrisiken vgl. Ries (2009), S. 38 – 40.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

267

legungen auf diejenigen zwei geschäftspolitischen Handlungsalternativen beschränkt, die im Rahmen der ceteris-paribus-Analyse die Ableitung präferenzunabhängiger Aussagen hinsichtlich der Existenz von Delegationsrisiken ermöglichen: Entweder wird die Höhe der vergebenen Kredite bei konstantem Zerfällungsgrad erhöht oder es erfolgt bei konstanter Höhe des Einzelkredits eine Erhöhung der Anzahl der vergebenen Kredite, also des Zerfällungsgrades (vgl. Abbildung 4.36; Zeilen). Variation des Finanzierungsprogramms (Mittelherkunft) Variation des Investitionsprogramms (Mittelverwendung)

Strukturverändernd Strukturneutral

reine Eigenfinanzierung

reine Fremdfinanzierung

Erhöhung der Höhe des Einzelkredits

1

3

5

Erhöhung des Zerfällungsgrades

2

4

6

(Legende: weiß = kein Delegationsrisiko, schwarz = präferenzunabhängiges Delegationsrisiko, grau = präferenzabhängiges Delegationsrisiko).

Abbildung 4.36: Grundformen einer Erhöhung des Geschäftsvolumens bei Kreditinstituten

Durch Kombination der Handlungsmöglichkeiten ergeben sich die sechs in Abbildung 4.36 bezeichneten Fälle, für die eine weitergehende Analyse der Existenz von Delegationsrisiken erfolgen soll. Hierzu kann auf die Ergebnisse der beiden vorhergehenden Kapitel zur ceteris-paribus-Analyse der verschuldungs- und leistungsbezogenen Maßnahmen zurückgegriffen werden: Fall 1: Keine Delegationsrisiken Für den Fall einer strukturneutralen Mittelbeschaffung und Verwendung dieser Mittel zur Erhöhung der Engagementgröße während der Vertragslaufzeit sind mit diesen geschäftspolitischen Maßnahmen weder für die Gläubiger noch für die Eigenfinanciers des Einleger-Kreditinstituts negative Effekte verbunden, da weder die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Anzahl der erwarteten erfolgreichen Kredite verändert wird noch eine Beeinflussung der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit erfolgt257. Mangels einer negativen Betroffenheit der Bankgläubiger und fehlender Anreize der Eigenfinanciers zu gläubigerschädigendem Verhalten können für diesen Fall keine Delegationsrisiken diagnostiziert werden.

257 Vgl. hierzu die in Kapitel 4.3.3.3.2 eingeführten Indikatoren zur Beurteilung der Unsicherheitsstruktur von Gläubigern und Eigenfinanciers eines idealtypischen Kreditinstituts; grundlegend zu diesen Überlegungen ferner Bitz (1988a), S. 25.

268

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Fall 2: Präferenzunabhängige Delegationsrisiken Genau entgegengesetzt stellt sich die Situation dar, wenn die durch eine strukturneutrale Finanzierung beschafften Mittel zur Erhöhung des Zerfällungsgrades verwendet werden. Wie bereits oben ausgeführt, sind Bankgläubiger von Maßnahmen, die die Höhe des Verschuldungsgrades unverändert lassen gar nicht betroffen, so dass sich die Beurteilung der kombinierten Maßnahmen auf die mit der Veränderung der Geschäftspolitik verbundenen Effekte beschränken kann. Bei Maßnahmen zu Erhöhung des Zerfällungsgrades sind Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten stets Delegationsrisiken ausgesetzt, da Eigen- und Fremdfinanciers von den hiermit verbundenen Ergebnissen divergierend betroffen sind und für die Eigenfinanciers dementsprechend ein Anreiz für ein gläubigerschädigendes Verhalten besteht258. Im Ergebnis sehen sich Fremdfinanciers deshalb bei dieser Form einer Erhöhung des Geschäftsvolumens ohne weitere Kenntnisse der Risikoeinstellungen einem Delegationsrisiko ausgesetzt (vgl. Abbildung 4.36, Fall 2). Fall 3: Präferenzabhängige Delegationsrisiken Bezüglich der verbleibenden 4 weiteren Grundformen einer Ausweitung des Geschäftsvolumens können eindeutige Aussagen hinsichtlich der Existenz von Delegationsrisiken nicht mehr ohne Berücksichtigung ergänzender Aspekte getroffen werden. Um dies zu verdeutlichen, wird zunächst die Variante der Bereitstellung zusätzlicher Mittel durch die Eigenfinanciers des Kreditinstituts näher betrachtet. Hinsichtlich der Mittelverwendung sind dann folgende Handlungsalternativen zu unterscheiden (vgl. Fall 3 und 4 in Abbildung 4.36):  Verwendung der Mittel zur Erhöhung der Höhe des Einzelkredits

Gläubiger eines Einleger-Kreditinstituts sind von einer entsprechenden Ausweitung des Geschäftsvolumens eindeutig positiv betroffen: Da von dieser Variante der Geschäftspolitik kein Einfluss auf die Unsicherheitsstruktur der erwarteten Ergebnisse des Kreditinstituts ausgeht, profitieren sie uneingeschränkt von dem mit Verringerung des Verschuldungsgrades verbundenen positiven Effekt259. Infolge steigender Gewinnerwartung und sinkender Verlusterwartung steigt ihre Ergebniserwartung260. Weniger eindeutige Aussagen lassen sich hinsichtlich der Betroffenheit der Eigenfinanciers durch entsprechende Maßnahmen ableiten. Da die insgesamt die mit der Geschäftspolitik des Kreditinstituts verbundenen Chancen und Risiken unverändert bleiben, sehen sie sich einem Rückgang der Gewinnerwartung und deshalb auch einer Reduktion der Ergebniserwartung ausgesetzt. Zugleich bewirkt die Erhöhung des Verschuldungsgrades bestenfalls eine Konstanz der Verlusterwartung, so dass Eigenfinanciers tendenziell mit einer Risikominderung konfrontiert sind. 258 259 260

Vgl. hierzu oben Kapitel 4.3.3.3.2 und 4.3.3.3.3. Vgl. hierzu die grundlegenden Ausführungen in Kapitel 4.3.2.2. Vgl. Bitz (1988a), S. 27.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

269

Nur unter Berücksichtigung von Informationen über weitere Determinanten der Ergebnisse des Kreditinstituts, wie etwa über das Verhältnis von Soll- und Haben-Zins oder die Höhe der Ausfallwahrscheinlichkeit für den einzelnen Kredit, lassen sich konkrete Aussagen über die Entwicklung der genannten Parameter und damit die Betroffenheit der Eigenfinanciers ableiten. Ob dann Anreize für die Durchführung gläubigerschädigender Maßnahmen bestehen, ist von der Risikoeinstellung der Eigenfinanciers abhängig. Nur dann, wenn sie die mögliche Risikominderung höher bewerten als den erwarteten Ergebnisrückgang, besteht kein Anreiz zu entsprechenden Aktivitäten261. Delegationsrisiken können für diesen Fall folglich nicht sicher diagnostiziert werden.  Verwendung der Mittel zur Erhöhung des Zerfällungsgrades

Auch von dieser Form der Ausweitung des Geschäftsvolumens sind Gläubiger eines Einleger-Kreditinstituts eindeutig positiv betroffen. Denn der mit der Reduktion des Verschuldungsgrades einhergehende Effekt wird positiv verstärkt durch die mit der Erhöhung des Zerfällungsgrades als günstig empfundene Veränderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung erfolgreicher Kredite und damit der Unsicherheitsstruktur der Ergebnisse des Kreditinstituts insgesamt. Die Gewinnerwartung der Fremdfinanciers steigt ebenso wie ihre Ergebniserwartung in erheblichem Umfang262. Zugleich sinken die Verlusterwartung und die Standardabweichung dieser Financiers. Weniger eindeutige Aussagen lassen sich über die Betroffenheit der Eigenfinanciers von entsprechenden geschäftspolitischen Maßnahmen ableiten. Denn mit einem starken Rückgang der Gewinn- und Ergebniserwartung kann in Abhängigkeit von den Konstellationen des Einzelfalls ein Rückgang des Risikos verbunden sein263. Für die Ableitung von Aussagen über die Beurteilung dieser Situation durch die Eigenfinanciers bedarf es ergänzender Annahmen über deren Risikoeinstellung. Im Ergebnis kann die Existenz von Delegationsrisiken auch für diese Grundform nicht sicher diagnostiziert werden. Zur Analyse der mit einer Ausdehnung des Geschäftsvolumens verbundenen Effekte soll nun in einem zweiten Schritt die Variante einer Bereitstellung zusätzlicher Mittel durch Fremdfinanciers mit gleichberechtigten Ansprüchen näher betrachtet werden. Hinsichtlich der Mittelverwendung sind dann die bereits bekannten Handlungsalternativen zu unterscheiden (vgl. Fall 5 und 6 in Abbildung 4.36):  Verwendung der Mittel zur Erhöhung der Engagementgröße

Von einer Erhöhung des Verschuldungsgrades sind Fremdfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts grundsätzlich negativ betroffen264: Die zur Vermeidung von Vgl. Bitz (1988a), S. 28. Ausnahmsweise bleibt sie unverändert, wenn gilt, dass die Veränderung der Anzahl vergebener Kredite genau der Veränderung des Verschuldungsgrades entspricht. 263 Vgl. Bitz (1988a), S. 32. 264 Vgl. hierzu auch oben Kapitel 4.4.3.2.2. 261 262

270

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Verlusten notwendige Mindestanzahl erfolgreicher Kredite steigt an265, die Verlusterwartung erhöht sich und die Gewinnerwartung bleibt bestenfalls unverändert266. Da die Verwendung der zusätzlichen Mittel zur Erhöhung der Höhe des Einzelkredits die Unsicherheitsstruktur der Ergebnisse des Kreditinstituts – wie bekannt – unverändert lässt, sind Fremdfinanciers von dieser Form der Variation des Geschäftsvolumens immer negativ betroffen. Aus Sicht der Eigenfinanciers lassen sich entsprechende Aussagen über die Betroffenheit hingegen nicht uneingeschränkt ableiten. Da einer auf die Erhöhung des Verschuldungsgrades zurückzuführenden erhöhten Ergebniserwartung eine anhand der Standardabweichung gemessene Erhöhung des Risikos gegenüber steht, hängt die Beurteilung einer entsprechenden Maßnahme ebenso wie im Fall der eigenfinanzierten Erhöhung des Zerfällungsgrades von weiteren in die idealtypische Geschäftspolitik eines Einleger-Kreditinstituts eingehenden Größen (Soll- und Haben-Zinssatz und Ausfallwahrscheinlichkeit der Kredite) einerseits und / oder der Risikoeinstellung der Eigenfinanciers andererseits ab267. Ob für Eigenfinanciers ein Anreiz zu einem – den Interessen der Gläubiger entgegenstehenden Verhalten – besteht, ist demnach nur unter Einführung ergänzender Annahmen möglich. Im Ergebnis kann die Existenz von Delegationsrisiken auch in dieser Grundform nicht sicher diagnostiziert werden.  Verwendung der Mittel zur Erhöhung des Zerfällungsgrades

Durch die Erhöhung des Zerfällungsgrades verändert sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung der aus der Geschäftstätigkeit des Kreditinstituts erwarteten Ergebnisse und wird aus der Perspektive der Fremdfinanciers grundsätzlich positiv beurteilt268. Diesem mit der Erhöhung des Geschäftsvolumens verbundenen positiven Teil-Effekt stehen die bekannten negativen Konsequenzen einer Erhöhung des Verschuldungsgrades gegenüber. Da bei tendenziell sinkendem Risiko sowohl die Gewinn- als auch Verlusterwartung der Fremdfinanciers infolge der geschäftspolitischen Maßnahme sinken, hängt die Veränderung der Ergebniserwartung von möglichen kompensatorischen Effekten ab269. Eindeutige Aussagen über die Betroffenheit der Fremdfinanciers sind daher auch für diese Grundform ohne ergänzende Annahmen nicht möglich. Auch die Betroffenheit der Eigenfinanciers des Einleger-Kreditinstituts von der Durchführung entsprechender Maßnahmen zur Erhöhung des Geschäftsvolumens ist nicht eindeutig270. Da der mit der Veränderung der Leistungspolitik verbundene Anstieg der Verlusterwartung vom Anstieg der mit der Erhöhung des Ver265 Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass die Höhe der durch die Fremdfinanciers bereit gestellten Mittel genau dem Kreditbetrag des neu vergebenen Kredites entspricht. 266 Vgl. Bitz (1988a), S. 26 f. 267 Vgl. Bitz (1988a), S. 31. 268 Vgl. hierzu oben Kapitel 4.4.3.2.4. 269 Vgl. Bitz (1988a), S. 30 f. 270 Vgl. Bitz (1988a), S. 31.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

271

schuldungsgrades verbundenen Gewinnerwartung überkompensiert wird, steigt in der Mehrzahl der Fälle die Ergebniserwartung. Infolge des mit der Kombination beider Maßnahmen ebenfalls zu diagnostizierenden Anstiegs des Risikos der Eigenfinanciers hängt die Gesamtbewertung beider Effekte von ergänzenden Annahmen über die Risikoeinstellung der Eigenfinanciers ab. Präferenzunabhängige Aussagen über die Existenz von Delegationsrisiken sind daher in dieser Grundform nicht möglich. Die vorstehende Analyse der Grundformen 3 – 6 in Abbildung 4.36 hat verdeutlicht, dass in Abhängigkeit von ergänzenden Annahmen über die Risikoeinstellung der Eigenfinanciers einerseits und die Höhe der Soll- und Haben-Zinssätze sowie der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit der Kredite andererseits Konstellationen denkbar sind, in denen zwischen Eigen- und Fremdfinanciers keine Konflikte hinsichtlich dieser Erhöhung des Geschäftsvolumens bestehen. Ursächlich für die Schwierigkeit, Delegationsrisiken für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten sicher diagnostizieren zu können, sind die Unklarheiten über die Betroffenheit der Eigenfinanciers bei Kombination geschäftspolitischer Maßnahmen. Eine Ausnahme bildet lediglich die Variante einer Erhöhung des Verschuldungsgrades zur Erhöhung des Zerfällungsgrades: Hier sind zusätzlich hinsichtlich der Betroffenheit der Fremdfinanciers keine eindeutigen Aussagen möglich. Abbildung 4.37 fasst die entsprechenden Ergebnisse in einer tabellarischen Übersicht zusammen. Finanzierungspolitische Maßnahme Verringerung des Verschuldungsgrades Leistungspolitische Maßnahme

Erhöhung des Verschuldungsgrades

Betroffenheit Betroffenheit Betroffenheit Betroffenheit der der der der Eigenfinanciers Fremdfinanciers Eigenfinanciers Fremdfinanciers

Erhöhung der Höhe des Einzelkredits

?

+

?



Erhöhung des Zerfällungsgrades

?

++

+/?

?

Abbildung 4.37: Betroffenheit von Eigen- und Fremdfinanciers eines Einleger-Kreditinstituts bei strukturwirksamer Finanzierung eines erhöhten Geschäftsvolumens

Ebenso wie die Ergebnisse zu den bereits analysierten Erscheinungsformen von Delegationsrisiken bei Kreditinstituten verdeutlichen die vorstehenden Überlegungen, dass Delegationsrisiken im Zusammenhang mit der Variation des Geschäftsvolumens ohne ergänzende Annahmen über die Präferenzen der Financiers oder Details der Geschäftspolitik nicht sicher diagnostiziert werden können. Insgesamt lassen sich aus einzelwirtschaftlicher Perspektive folglich Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen zur Beeinflussung von Delegationsrisiken von Bankgläubigern

272

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

nur für Spezialfälle ableiten. Welche Handlungsmöglichkeiten hierzu zur Verfügung stehen, wird im folgenden Kapitel näher analysiert.

4.4.3.2.5 Möglichkeiten einer staatlichen Beeinflussung von Delegationsrisiken Wegen der unterschiedlichen Qualität der verschiedenen Erscheinungsformen von Delegationsrisiken werden die staatlichen Möglichkeiten zu ihrer Beeinflussung ebenfalls differenziert dargestellt. Alle erläuterten Delegationsrisiken können dadurch begrenzt werden, dass bestimmte Anforderungen an die Qualifikation und die Integrität der Eigenfinanciers benannt werden271. Maßnahmen zur Beeinflussung von Delegationsrisiken bei ausschließlicher Variation des Finanzierungsprogramms Die Existenz eines Delegationsrisikos bei ausschließlicher Variation des Finanzierungsprogramms konnte für die Gläubiger von idealtypischen Einleger-Kreditinstituten ohne weitergehende Kenntnisse über die Risikopräferenzen der Eigenfinanciers eindeutig diagnostiziert werden, weil die Differenz zwischen Marktzins i und dem an die Gläubiger des Einleger-Kreditinstituts zu entrichtenden Zinssatz r stets kleiner null ist. Dementsprechend lassen sich folgende zielgerichtete staatliche Maßnahmen zur Reduktion eines entsprechenden Risikos ableiten:  Beseitigung des Delegationsrisikos durch Änderung der Geldordnung

Ursächlich für den Anreiz der Eigenfinanciers zu gläubigerschädigendem Verhalten ist die positive Differenz zwischen Markt- und Einlagenzins. Da diese Abweichung das Ergebnis einer Entscheidung für eine bestimmte Geldordnung darstellt, in der Kreditinstitute eine Funktion als Anbieter von Geld in Form von Giralgeld übernehmen, könnten die Ursachen für die Existenz von Delegationsrisiken durch Übergang zu einer alternativen Geldordnung beseitigt werden272.  Beseitigung des Delegationsrisikos durch staatliche Erhöhung des Einlagen-Zinssatzes

Die Verhinderung einer Entstehung von Delegationsrisiken aufgrund verschuldungspolitischer Maßnahmen kann auch durch eine tendenziell dirigistische staatliche Maßnahme erfolgen: Da die zwischen Einlagen- und Marktzinsniveau bestehende Divergenz ursächlich für den Anreiz zur Durchführung gläubigerschädigender Ausschüttungen ist, bewirken alle Aktivitäten, die aus Sicht der Eigenfinanciers mit einer Erhöhung des Einlagenzinses über den Marktzins einhergehen, eine Beseitigung entsprechender Delegationsrisiken. Eine entsprechenVgl. hierzu Merbecks (2008), S. 124 und Bitz (1988a), S. 37. Ähnlich auch Polleit (2009), S. 318 – 321 sowie weiterführend Polleit / Leschke (2009), S. 216 f.; ferner oben die Ausführungen zu alternativen Geldordnungen in Kapitel 3. 271 272

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

273

de preispolitische Wirkung wäre mit den Instrumenten der Erhebung einer staatlichen Zwangsabgabe auf Einlagen273 oder der Vorgabe von staatlichen Mindestpreisen274 zu erzielen.  Beseitigung des Delegationsrisikos durch zahlungsorientierte Vorschriften zur Quantifizierung zulässiger Höchstausschüttungen

Während mit den beiden vorstehend diskutierten Maßnahmen der für die Eigenfinanciers bestehende Anreiz zu gläubigerschädigendem Verhalten beseitigt wurde, verhindert die Kodifikation von Ausschüttungsverboten die Möglichkeit zur Realisation der mit den unerwünschten Handlungen der Eigenfinanciers für diese verbundenen Vorteile. Als sachgerechte staatliche Maßnahmen wäre zur Quantifizierung des den Eigenfinanciers des Einleger-Kreditinstituts maximal zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden Betrages auf ein zahlungsorientiertes Rechenwerk zurückzugreifen. In der allgemeinen betriebswirtschaftlichen Diskussion zur Erreichung des Gläubigerschutzes wird als geeignetes Instrument der Solvenztest diskutiert275 und könnte für die speziellen Erfordernisse von Kreditinstituten weiterentwickelt werden.  Reduktion des Delegationsrisikos durch Vorschriften zur Begrenzung der Höhe des Verschuldungsgrades

Voraussetzung für die Existenz von Delegationsrisiken infolge einer reinen Veränderung des Finanzierungsprogramms bildet die Feststellung einer negativen Betroffenheit der Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten. Da diese nur aus einer Erhöhung des Verschuldungsgrades resultieren kann, besteht ein weiterer Ansatz zur Beeinflussung entsprechender Delegationsrisiken durch die Vorgabe eines von staatlichen Entscheidungsträgern als maximal zulässig erachteten Verschuldungsgrades. Hiermit kann die Entstehung von Delegationsrisiken für Bankgläubiger zwar nicht verhindert, aber zumindest der Umfang, in dem entsprechende Risiken auftreten können, begrenzt werden. Im Rahmen des risikotheoretischen Ansatzes ist die Ableitung eines aus der Perspektive einzelner Gläubiger für maximal zulässig erachteten Verschuldungsgrades ðCFFmax Þ und damit einhergehend einer maximal zulässigen Insolvenzein273 Alternativ stünden dann weiterhin als Instrumente eine Besteuerung der Einlagen oder die Erhebung einer zweckgebundenen Abgabe auf alle Einlagen zur Verfügung. Letztere wird in der Literatur auch zur Verfolgung anderer Ziele diskutiert, für einen Überblick vgl. Sträter / Thiry / Pfingsten (2009), S. 86 – 90 und S. 90 – 93 zu möglichen unerwünschten Folgeeffekten der Verteuerung des Einlagenzinses auf die Leistungspolitik ferner Fey (2006), S. 84 f. und kritisch S. 182 – 193. Zu unerwünschten Folgeeffekten ausführlich auch Fest (2008), S. 175 – 205. 274 Für eine kritische Würdigung von Zinsregulierungen vgl. Fey (2006), S. 194 f. 275 Für einen Überblick über die Diskussion vgl. stellvertretend für viele Pellens (2010), S. 55 – 63 (m. z. w. Nw.); Jungmann (2006), S. 638 – 682 (m. z. w. Nw.); Knabe (2006), S. 90 – 110; Pellens / Jödicke / Richard (2005), S. 1393 – 1401. Vorschläge zur konkreten Ausgestaltung eines Solvenztests entwickeln weiterführend Scholz (2008), insbes. S. 152 – 183 und Engert (2006), S. 318 – 334.

274

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

trittswahrscheinlichkeit Pmax nicht modellendogen möglich. Sie ergibt sich vielmehr aufgrund der individuell für jeden Gläubiger auf der Grundlage modellexogener Größen  für maximal tolerabel erachteten Insolvenzeintrittswahrscheinlich und kann auch als „Beleihungsgrenze“ ð BÞ bezeichnet werden. Mit keit Pmax Hilfe von BFF erfolgt aus Gläubigersicht eine individuelle Klassifikation von Kreditinstituten in potentiell solvente und insolvente276. Abbildung 4.38 verdeutlicht diesen Zusammenhang beispielhaft für ein Kreditinstitut, dessen aktueller Verschuldungsgrad CFF ð1 þ rÞ den aus der Sicht seiner Gläubiger maximal tolerierbar erachteten unterschreitet.

Abbildung 4.38: Staatliche Beleihungsgrenzen zum Schutz von Bankgläubigern

Ebenso wie eine modellendogene Ableitung gläubigerindividueller Beleihungsgrenzen nicht möglich ist, kann auch die Ableitung der genauen Höhe eines aus Sicht staatlicher für maximal tolerabel erachteten Verschul Entscheidungsträger  dungsgrades BStaat und einer damit einhergehend maximalen Insolvenzeintritts wahrscheinlichkeit PStaat weder innerhalb des risikotheoretischen Modells noch innerhalb anderer ökonomischer Modelle277 erfolgen. Ihre Festlegung ist vielmehr Ausdruck einer normativen Entscheidung der politisch Handelnden und kann deshalb einer gewissen Willkür unterliegen278. Abbildung 4.38 verdeutlicht Vgl. hierzu Stützel (1975a), S. 120 f.; ferner Engels (1969), S. 52 f., S. 60. Vgl. hierzu oben die Ausführungen in Kapitel 2.3.2.1.3. 278 Zu den hiermit verbundenen Problemen vgl. beispielsweise Pellens (2010), S. 57. Erdland stellt generell die ökonomische Begründbarkeit diesbezüglicher Grenzen in Frage, vgl. Erdland (1981), S. 79 – 83; allgemeiner auch Hemmerde (1985), S. 124 – 129 und S. 281 – 298. 276 277

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

275

diesen Aspekt beispielhaft für alternativ denkbare staatliche Obergrenzen BStaat 1 und BStaat , die entweder ober- oder unterhalb des seitens der Gläubiger für maxi2 mal zulässig erachteten Verschuldungsgrades liegen. Angenommen der von politischen Entscheidungsträgern für sinnvoll erachtete S maximale Verschuldungsgrad betrage CFFmax und die seitens der ursprünglichen Gläubiger zur Verfügung gestellten Mittel betrügen CFA und sollten mit r verzinst werden. Dann kann das Kreditinstitut neuen Fremdfinanciers maximal ZahlungsS ansprüche in Höhe von CFFmax  CFA ð1 þ rÞ ¼ CFB max ð1 þ rÞ einräumen, wobei für beide Gläubigergruppen – wie bisher – eine einheitliche Verzinsung in Höhe von r angenommen wird. Für die Alt-Gläubiger resultiert aus dieser Maßnahme eine Begrenzung der mit der Ausdehnung des Verschuldungsgrades einhergehenden Verschlechterung ihrer Chance-Risiko-Struktur (vgl. Abbildung 4.39): Das für sie entsprechend der Vorgehensweise oben abgeleitete Risikoprofil 0 kann nunmehr maximal entlang des Kurvenzugs FDFA verlaufen. Dieses beginnt S bei dem Wert amax ¼ CFA =CFFmax und springt bei CFA ð1 þ rÞ – ebenso wie das 0 ursprüngliche Profil FDFA – auf den Wert eins. Im Ergebnis ist deshalb die für diese Gläubiger hinzunehmende Erhöhung der Risiken begrenzt auf die dunkelgrau schattierte Fläche und die maximale Verringerung der Chancen auf die hellgrau schattierte Fläche.

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Abbildung 4.39: Staatliche Begrenzung von Delegationsrisiken durch Vorgabe eines maximalen Verschuldungsgrades

Neben der Festlegung der exakten Höhe des Verschuldungsgrades sehen sich staatliche Entscheidungsträger weiteren grundsätzlichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Messung des Verschuldungsgrades ausgesetzt. Dies gilt insbesondere dann, wenn an Stelle der aus risikotheoretischer Perspektive gebotenen Quantifizierung von Zahlungsmittelbeständen auf Größen des Jahresabschlusses rekurriert werden

276

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

muss279. Neben den mit der Quantifizierung eines bestimmten Mindesteigenkapitals bei der Gründung von Kreditinstituten280 verbundenen Problemen haben zum Ersten alle Vorschriften zur Erstellung der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung von Kreditinstituten durch Ansatz und Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden unmittelbaren Einfluss auf die Höhe des ausgewiesenen Gewinns und Eigenkapitals eines Kreditinstituts281. Sie wären unter Berücksichtigung weiterer – aus anderen Kategorien von Bankgläubigerrisiken abgeleiteten – Kriterien282 den Interessen der Bankgläubiger entsprechend auszugestalten. Diese bestehen zur Begrenzung der speziellen Erscheinungsform von Delegationsrisiken in Form einer ceteris-paribus-Variation des Finanzierungsprogramms in einer liquidationsorientierten Ermittlung des Reinvermögens283. Nur dann macht es Sinn, in einem zweiten Schritt durch Einschränkung der Gewinnverwendungsmöglichkeiten für die Eigenfinanciers in Form von bilanziellen Ausschüttungssperrvorschriften ein bestimmtes Mindesteigenkapital für den laufenden Geschäftsbetrieb des Kreditinstituts zu quantifizieren284.  Verzicht auf Maßnahmen zur Verringerung der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit von Einleger-Kreditinstituten.

Wie modellgestützt gezeigt werden konnte, hat die Höhe der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit keine Bedeutung für die Diagnose eines Delegationsrisikos infolge einer Veränderung des Finanzierungsprogramms durch die Eigenfinanciers von Einleger-Kreditinstituten. Dementsprechend sollte auf Maßnahmen, die eine Verringerung der Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit zum Ziel haben, ver279 Vgl. Hemmerde (1985), S. 227 – 229, S. 397 – 493, insbes. S. 430 – 433; kritisch zu den hiermit angesprochenen Messproblemen auch Schneider (1987), S. 88 f. 280 Vgl. Knabe (2006), S. 96 – 98; allgemeiner hierzu Hemmerde (1985), S. 41 – 203. 281 Zu der mit der nach IAS vorgesehenen Fair-Value-Bewertung von Finanzinstrumenten vgl. beispielsweise Schruff (2009), S. 569 – 571; zur Diskussion um die Anpassung des HGB an internationale Rechnungslegungsstandards vgl. Böcking / Torabian (2009), S. 252 – 266; vgl. ferner Bigus / Grein (2006), S. 439 – 470; kritisch zu der für Kreditinstitute vorgesehenen Möglichkeit zur Bildung stiller Reserven vgl. Erdland (1981), S. 357 – 383. 282 Zur Ableitung entsprechender Kriterien vgl. das folgende Kapitel 4.4.4.4. Grundlegend zur Ableitung von Anforderungskriterien an eine den Interessen von Bankgläubigern entsprechende Ausgestaltung von Rechnungslegungsvorschriften vgl. Erdland (1981), S. 66 – 103. Zur Ableitung von Kriterien zur informationsorientierten Ausgestaltung der Bankrechnungslegung vgl. Lach (2003), hier insbes. S. 155 – 172. Zur Konkretisierung des Begriffs des Gläubigerschutzes vgl. Haaker (2009), S. 204 – 207, Lienau (2008), S. 80 – 82 und Jungmann (2006), S. 642 – 645. 283 Sehr deutlich hierzu Erdland (1981), S. 145. Zu einer Kritik bestehender Rechnungslegungsvorschriften zur Quantifizierung ausschüttungsfähigen Vermögens – nicht speziell für Kreditinstitute – vgl. Engert (2006), S. 310 – 318. 284 Für einen allgemeinen Überblick über die Ausgestaltung von Ausschüttungssperrvorschriften vgl. Engert (2006), S. 300 – 318; zur ökonomischen Analyse entsprechender Vorschriften ferner bereits ausführlich Hemmerde (1985), S. 277 – 493. Zu speziellen Ausschüttungsbegrenzungsnormen für Kreditinstitute vgl. Erdland (1981), S. 391 – 394 und Hemmerde (1985), S. 430 – 434.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

277

zichtet werden285. Hierzu gehört neben dem staatlichen Eigentum an EinlegerKreditinstituten auch die Einräumung staatlicher Haftungszusagen für laufende Verluste aus der Geschäftstätigkeit von Einleger-Kreditinstituten286. Maßnahmen zur Beeinflussung von Delegationsrisiken bei ausschließlicher Variation des Investitionsprogramms Delegationsrisiken für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten konnten nicht nur infolge einer ausschließlichen Variation des Finanzierungsprogramms, sondern auch bei einer ausschließlichen Variation des Investitionsprogramms identifiziert werden. Allerdings ist dies ohne weitere Annahmen nur dann möglich, wenn sich die leistungspolitischen Maßnahmen speziell auf eine Variation des Zerfällungsgrades beziehen. Werden hingegen andere leistungspolitische Maßnahmen ergriffen, hängt die Existenz eines Delegationsrisikos von den Umständen des Einzelfalles wie der Anzahl der Schnittpunkte zwischen neuem und altem Risikoprofil, den Präferenzen der Eigenfinanciers und der Höhe des Verschuldungsgrades des Kreditinstituts ab. Aufgrund dieser Vorüberlegungen bestehen für staatliche Entscheidungsträger nur eingeschränkt Möglichkeiten zur Beeinflussung dieser Kategorie von Delegationsrisiken.  Beseitigung des Delegationsrisikos durch staatliche Vorgabe einer bestimmten Investitionspolitik

Unabhängig von den mit der Diagnose verbundenen Schwierigkeiten könnten Delegationsrisiken durch staatliche Vorgabe einer zwingend einzuhaltenden Investitionspolitik beseitigt werden. Da hiermit die unternehmerische Handlungsfreiheit – eines der Grundprinzipien marktwirtschaftlicher Ordnungen – beseitigt würde, besteht diese Möglichkeit nur im Rahmen einer idealtypischen Klassifikation staatlicher Maßnahmen.  Begrenzung des Delegationsrisikos durch Vorschriften zur Durchführung der Risikotransformation

Auf der Grundlage der vorstehenden Analysen konnten Interessenkonflikte zwischen Eigen- und Fremdfinanciers hinsichtlich der durch Zerlegung der Gesamtposition in n Einzelkredite erbrachten Transformationsleistung ohne weitere Annahmen diagnostiziert werden. Deshalb sind staatliche Vorschriften zur Begrenzung hieraus resultierender Delegationsrisiken zielführend, die durch gesetzliche Vorschriften ein Mindestmaß an Risikozerfällung vorgeben, indem die Möglichkeiten zur Vergabe von Großkrediten beschränkt werden287. Der Erfolg der Risikotransformation wird darüber hinaus durch das Ausmaß der Korrelationsbeziehungen zwischen den einzelnen Krediten determiniert288, so dass ergänzende VorAllgemein kritisch hierzu Schneider (2006), S. 78 f. Für einen Überblick über entsprechende Instrumente vgl. Fey (2006), S. 81 – 85; Lindner-Lehmann (2001), S. 57 – 61; kritisch bereits Seifert (1984), S. 226 – 232. 287 Vgl. Bitz (1986), S. 11–16; weiterführend Bitz (1988a), S. 33 f. 288 Vgl. Bitz (2006), S. 359 f. und Bitz (1988a), S. 16 – 18. 285 286

278

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

schriften, die die Eigenfinanciers zur Bildung von Risikogruppen auf der Grundlage von Korrelationsanalysen und darauf aufbauend zur Nutzung von Diversifikationseffekten verpflichten, fundierbar sind289.  Begrenzung des Delegationsrisikos durch Mindesteigenmittelvorschriften bei Gründung eines Kreditinstituts

Ein weiterer Ansatz zur Harmonisierung der zwischen Gläubigern und Eigenfinanciers von Einleger-Kreditinstituten bestehenden Interessenkonflikte besteht in der Vorgabe einer bestimmten Mindestgröße aufzubringender Mittel bei der Gründung entsprechender Unternehmen290. Auf diese Weise wird die Durchführung einer den Interessen der Gläubiger Rechnung tragenden Risikozerfällungspolitik durch Vorgabe eines aus staatlicher Sicht notwendigen Mindest-Geschäftsvolumens erreicht291.  Begrenzung des Delegationsrisikos durch Vorgaben zur Höhe des Verschuldungsgrades bei laufender Geschäftstätigkeit des Kreditinstituts

Der eindeutige Nachweis von Delegationsrisiken für Bankgläubiger ist für andere als die angesprochenen auf Risikozerfällung ausgerichteten Maßnahmen auch unter Berücksichtigung diverser Einzelaspekte des sich nach Durchführung alternativer geschäftspolitischer Maßnahmen ergebenden neuen Risikoprofils und der Risikopräferenzen der Eigenfinanciers nur in Einzelfällen möglich. Deshalb sind staatliche Maßnahmen, deren Ziel allein in gesetzlichen Beschränkungen zur Gestaltung des Investitionsprogramms besteht, aus risikotheoretischer Sicht als ökonomisch wenig sachgerecht zu beurteilen292. Für den Spezialfall, dass sich altes und neues Risikoprofil nach Veränderung der Geschäftspolitik durch die Eigenfinanciers genau einmal schneiden und geringe Ergebnisse des Kreditinstituts wahrscheinlicher und hohe Ergebnisse weniger wahrscheinlich werden293, kann allerdings gezeigt werden, dass die Höhe des Verschuldungsgrades des Kreditinstituts einen Einfluss auf die für die Eigenfinanciers bestehenden Anreize zur Durchführung einer gläubigerschädigenden Geschäftspolitik hat.

289 Vgl. Bitz (1988a), S. 35, Bitz (1986), S. 17 und S. 17 f. zu Umsetzungsproblemen. Ähnlich auch Fest (2008), S. 168 – 171, Stillhart (2002), S. 168 – 178 (im Ergebnis kritisch) und Schneider (1987), S. 105 f.; kritisch hingegen Schneider (1983), S. 25. 290 Zu allgemeinen Überlegungen bezüglich einer Mindesteigenkapitalausstattung bei Unternehmensgründung vgl. ausführlich Hemmerde (1985), S. 41 – 203 ähnlich auch Westermann (2008), S. 148 – 155 und Knabe (2006), S. 96 – 98. Speziell zum Mindesteigenkapital bei Kreditinstituten vgl. Bitz (1988a), S. 34 f.; ferner bereits Hemmerde (1985), S. 167 – 169. 291 Vgl. Bitz (1988a), S. 34 f. 292 Zur Fundierung der leistungspolitischen Vorschriften für Pfandbriefbanken vgl. Merbecks (2008), S. 124 f.; kritisch zu den gesetzlichen Anlageregeln für Versicherungsunternehmen ferner Schneider (1983), insbes. S. 13 – 18, S. 24 – 29. 293 In der graphischen Darstellung schneidet das neue Risikoprofil das alte „von oben“.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

279

a) Niedriger Verschuldungsgrad des Kreditinstituts Für den Fall eines niedrigen Verschuldungsgrades sind die Gläubiger des Kreditinstituts durch die Abweichung der Geschäftspolitik von der ex ante angekündigten eindeutig negativ betroffen. Das neue Risikoprofil verläuft durchgängig oberhalb des ursprünglichen und die Risiken der Fremdfinanciers steigen (vgl. Abbildung 4.40). Weniger eindeutig kann in dieser Konstellation ein für die Eigenfinanciers bestehender Anreiz zur Durchführung einer nicht im Interesse der Gläubiger liegenden Geschäftspolitik diagnostiziert werden. Da sich altes und neues Profil in dem zur Charaktierisierung ihrer Unsicherheitsstruktur relevanten Teil des Gesamtprofils des Einleger-Kreditinstituts schneiden, erhöhen sich zum einen die Risiken der Eigenfinanciers (dunkelgrau schattierte Fläche). Zum anderen steigen auch insgesamt deren Chancen (hellgrau schattierte Fläche), da einem geringen Rückgang der Chancen ein hoher Zuwachs gegenüber steht. Die Existenz eines Anreizes für entsprechendes Handeln hängt folglich von der Risikoeinstellung der Eigenfinanciers ab (vgl. Abbildung 4.40). b) Hoher Verschuldungsgrad des Kreditinstituts Für den umgekehrten Fall eines hohen Verschuldungsgrades erweist sich die eindeutige Diagnose von Delegationsrisiken ebenfalls als schwierig. Zwar besteht in dieser Konstellation für die Eigenfinanciers unabhängig von ihren Präferenzen ein Anreiz zum Übergang auf die alternative Leistungspolitik, da sie ausschließlich an den hiermit verbundenen Chancen partizipieren (vgl. Abbildung 4.40). Aber nunmehr ist die Diagnose einer eindeutig negativen Betroffenheit der Bankgläubiger nur unter der Voraussetzung ergänzender Kenntnisse über deren Risikopräferenzen möglich: Sowohl ihre Chancen als auch ihre Risiken steigen (vgl. Abbildung 4.41, hellgraue Flächen und dunkelgraue Flächen). Aufgrund der skizzierten Zusammenhänge bildet die Vorgabe eines maximalen Verschuldungsgrades eine sinnvolle Maßnahme zur Reduzierung des Umfangs, in dem für die Eigenfinanciers des Kreditinstituts Anreize zu einem Übergang zu einer gläubigerschädigenden Leistungspolitik bestehen294. Allerdings kann mit einer entsprechenden Vorschrift das Auftreten von Delegationsrisiken nicht vollständig ausgeschlossen werden, da diese in Abhängigkeit von der Risikoeinstellung der Eigenfinanciers auch bei niedrigen Verschuldungsgraden auftreten können. Zudem birgt die Vorgabe maximaler Verschuldungsgrade die Gefahr, dass eine aus Sicht der Gläubiger positiv beurteilte Leistungspolitik nicht durchgeführt wird. Nur unter expliziter Berücksichtigung dieser Grenzen und unerwünschter Effekte sollten entsprechende Maßnahmen durch staatliche Entscheidungsträger ergriffen werden. 294 Ähnlich auch Bigus / Schorn (2009), S. 824; für Vorschläge zu einer praktischen Ausgestaltung einer entsprechenden Norm vgl. Pföstl (2010), S. 352 f.; allgemeiner ferner Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 76 f.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

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Abbildung 4.40: Abhängigkeit der Existenz von Delegationsrisiken von den Präferenzen der Eigenfinanciers

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Abbildung 4.41: Abhängigkeit der Existenz von Delegationsrisiken von den Präferenzen der Bankgläubiger

Maßnahmen zur Beeinflussung von Delegationsrisiken bei Variation des Geschäftsvolumens Delegationsrisiken für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten konnten schließlich auch bei einer Variation des Geschäftsvolumens identifiziert werden. Allerdings hat die idealtypische Analyse von Grundkonstellationen zur Variation des Geschäftsvolumens bei Einleger-Kreditinstituten verdeutlicht, dass eine Diagnose entspre-

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

281

chender Risiken ohne ergänzende Kenntnisse über die Risikopräferenzen der Financiers nur bei strukturneutraler Finanzierung der Ausweitung des Geschäftsvolumens und Verwendung der Mittel zur Verringerung des Zerfällungsgrades möglich ist. In allen anderen Konstellationen hängt die Existenz dieses speziellen Bankgläubigerrisikos von den Umständen des Einzelfalls ab. Diesem Analyseergebnis entsprechend können nur eingeschränkt sinnvolle Ansatzpunkte zur staatlichen Beeinflussung dieser Erscheinungsform von Delegationsrisiken aufgezeigt werden:  Begrenzung von Delegationsrisiken bei strukturneutraler Finanzierung des erhöhten Geschäftsvolumens durch Vorschriften zur Risikozerfällung

Werden die durch strukturneutrale Finanzierung des erhöhten Geschäftsvolumens beschafften Mittel zur Erhöhung der Engagementgröße verwendet, dann bedarf es mangels negativer Betroffenheit der Bankgläubiger keiner staatlichen Maßnahmen. Werden diese Mittel hingegen zumindest teilweise für eine Erhöhung des Zerfällungsgrades verwendet, dann stehen Gläubiger einer entsprechenden Aktion positiv gegenüber. Da die Eigenfinanciers genau umgekehrt betroffen sind, können staatliche Maßnahmen zur Begrenzung entsprechender Interessenkonflikte dann als sachgerecht beurteilt werden, wenn sie eine Verwendung der ohne Veränderung des Verschuldungsgrades beschafften Mittel zur Erhöhung des Zerfällungsgrades vorschreiben295.  Begrenzung von Delegationsrisiken bei strukturverändernder Finanzierung des erhöhten Geschäftsvolumens

Die Gefahr wenig sachgerechter Maßnahmen staatlicher Entscheidungsträger besteht dann, wenn eine Ausweitung des Geschäftsvolumens nicht strukturneutral finanziert wird. Zwar sind Fremdfinanciers von einer fremdfinanzierten Ausweitung des Geschäftsvolumens tendenziell negativ betroffen und befürworten demgemäß eine Beschaffung der Mittel über Maßnahmen der Eigenfinanzierung. Allerdings hängt die Betroffenheit der Eigenfinanciers durch entsprechende Aktivitäten von verschiedenen anderen Einflussfaktoren ab296. Sollen staatliche Vorgaben zur Bindung des Geschäftsvolumenwachstums an die Höhe der Eigenfinanzierungsmittel initiiert werden, müssten diese Umstände des Einzelfalles folglich mit in entsprechende gesetzliche Regelungen einfließen297. Für den Fall in der Realität notwendiger Pauschalisierungen bestünde demgegenüber tendenziell die Gefahr nicht-ursachengerechter staatlicher Maßnahmen, da Interessenkonflikte zwischen Eigen- und Fremdfinanciers des Kreditinstituts nicht sicher diagnostiziert werden können. Da die Existenz derartiger präferenzabhängiger Delegationsrisiken infolge einer Ausweitung des Geschäftsvolumens für Bankgläubiger allerdings tendenziell in Vgl. Bitz (1988a), S. 33 und 36 f. Vgl. hierzu oben Kapitel 4.3.3.3.2. 297 Aus Praktikabilitätsgründen müssen sich gesetzliche Vorschriften hingegen gerade am Durchschnitt aller Kreditinstitute orientieren. Ähnlich Krümmel (1985), S. 192. 295 296

282

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Abhängigkeit von der Höhe des Verschuldungsgrades des Kreditinstituts zu vermuten ist, erscheinen staatliche Vorgaben zur Einhaltung einer Mindestrelation zwischen Eigen- und Fremdfinanzierungsanteil als sachgerecht298. Hilfsweise wären diese dann wieder über ein zahlungsorientiertes Rechenwerk zu konzipieren299. Erscheinungsformen von Delegationsrisiken nach Ursachen Risiken bei Variation des Finanzierungsprogramms

Zielgerichtete staatliche Maßnahmen Beseitigung des Risikos  Änderung der Geldordnung  Erhöhung des Einlagenzinssatzes  Solvenztests zur Begrenzung der Ausschüttungsmöglichkeiten Reduktion des Risikos  Liquidationsorientierte Rechnungslegungsvorschriften  Ausschüttungssperren zur Begrenzung des Verschuldungsgrades Information über das Risiko

Risiken bei Variation des Investitionsprogramms

Beseitigung des Risikos Vorgabe einer bestimmten Investitionspolitik Reduktion des Risikos  Vorschriften zur Durchführung der Risikotransformation  Vorschriften zur Höhe der bei Gründung eines Kreditinstituts notwendigen Eigenfinanzierungsmittel  Vorschriften zur Begrenzung der Höhe des Verschuldungsgrades bei laufender Geschäftstätigkeit des Kreditinstituts Information über das Risiko

Risiken bei Variation des Geschäftsvolumens

Beseitigung des Risikos Kombination der Maßnahmen zur Beseitigung der beiden anderen Kategorien von Delegationsrisiken Reduktion des Risikos  Vorschriften zur Durchführung der Risikotransformation  Vorschriften zur Begrenzung der Höhe des Verschuldungsgrades bei laufender Geschäftstätigkeit des Kreditinstituts Information über das Risiko

Abbildung 4.42: Erscheinungsformen des Delegationsrisikos von Bankgläubigern und Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen 298 Sehr deutlich in diesem Sinne Bitz (1988a), S. 36 – 38. Zu den Möglichkeiten und Grenzen der Konstruktion entsprechender Regelungen vgl. allgemeiner Bitz / Hemmerde / Rausch (1986), S. 140 – 163. 299 Vgl. hierzu oben die ausführlichen Ausführungen zur staatlichen Beeinflussung der Delegationsrisiken bei ausschließlicher Variation des Finanzierungsprogramms.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

283

Abbildung 4.42 fasst die vorstehend reflektierten Möglichkeiten staatlicher Entscheidungsträger zur Beeinflussung von Delegationsrisiken in Form einer tabellarischen Übersicht zusammen. Ergänzend wäre für alle Erscheinungsformen der Delegationsrisiken Vorschriften zur Information über deren Existenz eine sinnvolle staatliche Maßnahme. 4.4.3.3 Liquiditätsrisiken 4.4.3.3.1 Definition und Erscheinungsformen Im Rahmen der bisherigen Überlegungen wurde unterstellt, dass sich die Ergebnisse des Einleger-Kreditinstituts unmittelbar in Zahlungsmittelbeständen manifestieren und somit aus der Bewertung von Vermögensbeständen resultierende Probleme aus der Betrachtung ausgeschlossen sind300. Dem liegt die Prämisse einer Kongruenz von Mittelüberlassungszeitraum seitens der Bankgläubiger und Selbstliquidationszeitraum der durch das Kreditinstitut im Rahmen der leistungspolitischen Entscheidungen erworbenen Fremdfinanzierungskontrakte zugrunde. Wird Bankgläubigern in einem Einlagenvertrag das Recht auf jederzeitige autonome Kündigung eingeräumt, dann muss für eine vollständige risikotheoretische Analyse diese Annahme modifiziert werden. Denn die Leistungspolitik eines idealtypischen Einleger-Kreditinstituts beinhaltet aufgrund dieser Vertragsgestaltung nicht nur eine Transformation des mit Fremdfinanzierungskontrakten verbundenen Insolvenzeintrittsrisikos, sondern ist zusätzlich auf eine Transformation von Fristen ausgerichtet301. Infolge dieser Fristentransformation können mit der Ausnutzung von Handlungsspielräumen durch Ausübung des Kündigungsrechts sowohl für den ausscheidenden Gläubiger als auch für die im Einleger-Kreditinstitut verbleibenden Financiers negative Konsequenzen verbundenen sein, die im Folgenden unter dem Oberbegriff der „Liquiditätsrisiken“ analysiert werden sollen. Wie bereits angesprochen besteht dieses Risiko unabhängig von möglichen Verhaltensänderungen der Eigenfinanciers während der Vertragslaufzeit und resultiert auf der Ausnutzung von Handlungsspielräumen durch die Fremdfinanciers302. Um im Folgenden den Begriff des „Liquiditätsrisikos“ für die weitere risikotheoretische Analyse präzisieren zu können, ist es zunächst notwendig, einen Überblick über mögliche Inhalte des Begriffs der „Liquidität“ zu geben303. Zunächst ist zwiSehr deutlich Krümmel (1966), S. 135 f. sowie Bitz / Niehoff / Terstege (2001), S. 210. Vgl. hierzu oben Kapitel 4.3.3.3.3.2; sehr deutlich auch Fest (2008), S. 97 – 99 und S. 103 – 106. 302 Ähnlich Zeranski (2005), S. 49 f. sowie sehr deutlich Schmidt (1979), S. 713. Liquiditätsrisiken resultieren auch aus anderen bankbetrieblichen Transformationsleistungen, für einen Überblick vgl. beispielsweise Brüggestrat (1990), S. 90 – 96 sowie Erdland (1981), S. 130 f. 303 Zu den grundlegenden Arbeiten gehören Stützel (1959a), insbes. S. 773 – 782; Stützel (1959b), passim; Stützel (1975), grundlegend insbes. S. 97 f.; sowie Krümmel (1966), insbes. 300 301

284

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

schen unterschiedlichen zu messenden ökonomischen Sachverhalten zu unterscheiden: Liquidität kann eine Eigenschaft von Rechtssubjekten, Vermögensgegenständen oder Märkten bezeichnen304, wobei zwischen diesen Sachverhalten Wechselwirkungen bestehen:  Liquidität eines Kreditinstitutes kann als Begriff zur Kennzeichnung vertragsgetreuen Verhaltens in einer Geldwirtschaft verwendet werden. Hierfür wird im Folgenden die Bezeichnung „Zahlungsfähigkeit“ eingeführt.

Liquidität in diesem Sinne bezeichnet die Fähigkeit eines Kreditinstituts, allen Zahlungsverpflichtungen innerhalb einer bestimmten Betrachtungsperiode nachkommen zu können und bildet insbesondere für Fremdfinanciers eine relevante Beurteilungsgröße bei der Mittelüberlassung305. Aufgrund der klassifikatorischen Definition von Zahlungsfähigkeit sind nur zwei Messergebnisse möglich: Zahlungsfähigkeit ist gegeben oder ist nicht gegeben. Nichterfüllung hat in einer marktwirtschaftlich organisierten Wirtschaftsordnung zur Konsequenz, dass ein Kreditinstitut seine Tätigkeit nicht mehr fortsetzen kann und über das Vermögen des Kreditinstituts das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Aufrechterhaltung der Liquidität in diesem Sinne stellt demnach eine zwingende Verpflichtung für eine dauerhafte Existenz des Einleger-Kreditinstituts dar306. Liquidität im Sinne von Zahlungsfähigkeit kann sowohl als Ist- oder Plan-Größe durch Gegenüberstellung von Zahlungsmittel-Beständen zu einem bestimmten Zeitpunkt (Liquiditätssaldo) mit den zu diesem Zeitpunkt fälligen Zahlungsverpflichtungen (Verbindlichkeiten) gemessen werden307. Die hierzu relevanten Informationen können aus dem betrieblichen Rechnungswesen beschafft werden, wobei entweder ausschließlich auf die Bilanz oder ergänzend auf eine spezielle Finanzrechnung zurückgegriffen werden kann (vgl. Abbildung 4.43). Während sich die bilanzielle Messung der Zahlungsfähigkeit am Ende einer Periode auf eine Gegenüberstellung von Zahlungsmittelbestand und fälligen VerbindlichkeiS. 144 – 154; ferner ausführlich Krümmel (1968), insbes. S. 250 – 255; zu einer Gesamtwürdigung der diesbezüglichen Arbeiten Stützels vgl. auch Krümmel (2001), S. 140 – 145. Ein aktueller Überblick über den Stand der Diskussion findet sich bei Zeranski (2005), S. 11 – 31. 304 Vgl. Stützel (1959a), S. 622. 305 Vgl. Stützel (1959a), S. 622, S. 624 – 627. Sehr deutlich auch Chmielewicz (1972), S. 46 f. Für rein eigenfinanzierte Kreditinstitute kann demnach Zahlungsunfähigkeit bzw. ein Liquiditätsrisiko der Eigenfinanciers nicht definiert werden; vgl. hierzu auch oben Kapitel 4.3.2.2. 306 Stützel weist explizit darauf hin, dass jede Aufweichung dieses Grundsatzes durch staatliche Maßnahmen einen Wechsel des Wirtschaftssystems indiziert, vgl. Stützel (1959a), S. 625. Chmielewicz (1972), S. 46 merkt an, dass die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens zwar theoretisch in jedem Zeitpunkt erfüllt sein muss, faktisch allerdings nur für einen bestimmten Zeitraum messbar ist. Sehr deutlich auch Körnert (2001a), S. 82 – 84 (m. w. Nw.). 307 Deshalb bildet die Finanzierungsrechnung allein kein Instrument zur Feststellung der Zahlungsfähigkeit, sondern lediglich zur Ermittlung des Zahlungsmittelbestandes zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sehr deutlich hierzu Bitz / Terstege (2002), S. 5. Ebenso Chmielewicz (1981), S. 86 f. und Chmielewicz (1995), Sp. 801 – 803.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

285

ten beschränkt, ermöglicht die Finanzrechnung einen weitergehenden Einblick in die strukturelle Entstehung des Zahlungsmittelbestandes durch die während der Betrachtungsperiode erfolgten Ein- und Auszahlungen308. Finanzrechnung

Bilanz

Anfangsbestand an Zahlungsmitteln

– Summe der Periodenauszahlungen

Sonstiges Vermögen

– Verbindlichkeiten

+ Summe der Periodeneinzahlungen

= Endbestand an Zahlungsmitteln (Liquiditätssaldo)

+ Endbestand an Zahlungsmitteln (Liquiditätssaldo)

= Eigenkapital (Erfolgssaldo, Reinvermögen)

Abbildung 4.43: Zahlungsmittelbestände und Zahlungsverpflichtungen als Größen des betrieblichen Rechnungswesens

 Liquidität kann auch als Begriff zur Kennzeichnung der Eigenschaft von Vermögensgegenständen eines Kreditinstituts verwendet werden. Ein Vermögensgegenstand ist dann „liquide“, wenn er direkt oder indirekt zur Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen eingesetzt werden kann309.

Die Liquidität einzelner Vermögensgegenstände kann ebenfalls als Ist- oder Plangröße gemessen werden, ist jedoch im Gegensatz zur Liquidität als Eigenschaft von Rechtssubjekten eine graduell messbare Eigenschaft310. Den höchsten Liquiditätsgrad gemäß dieser Definition besitzt die Vermögenskategorie der gesetzlichen Zahlungsmittel; sie sind unmittelbar zur Erfüllung von Zahlungsansprüchen verwendbar. Der Liquiditätsgrad aller anderen Vermögensgegenstände wird graduell durch verschiedene Faktoren beeinflusst311. Grundsätzlich ist hierzu zwischen zwei Szenarien zu unterscheiden. Entweder verläuft die Geschäftstätigkeit des Kreditinstituts wie erwartet, dann wird der Liquiditätsgrad eines Vermögensgegenstandes durch seine Selbstliquidationsdauer determiniert312. Oder es treten unplanmäßige Entwicklungen ein, die eine vorzeitige Veräußerung oder Beleihung des Vermögensgegenstandes notwendig machen313. In diesem Fall wird die 308 Aus theoretischer Sicht ausführlich hierzu Chmielewicz (1972), S. 6 – 12 und S. 51 – 58. Für den Versuch einer praxisorientierten Konzeptionierung einer „Mittelflussrechnung“ für Kreditinstitute vgl. Schum (1995), insbes. 85 – 188. 309 Vgl. Bitz / Terstege (2009c), S. 106 f.; ähnlich auch Schmidt (1979), S. 710 und Krümmel (1968), S. 250. 310 Vgl. Bitz / Terstege (2009c), S. 104 f. 311 Sehr deutlich hierzu Krümmel (1968), S. 251. 312 Vgl. zusammenfassend Zeranski (2005), S. 20 f. (m. w. Nw.), der hierfür den Begriff „natürliche Liquidität“ einführt. 313 Sehr deutlich zur Notwendigkeit einer Berücksichtigung derartiger Abweichungen von planmäßigen Entwicklungen Stützel (1975b), Sp. 2520 – 2522; für Stützel haben Messverfahren, die ausschließlich auf vertragliche Fälligkeiten abstellen, allenfalls eine Funktion der Konsistenzkontrolle.

286

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Liquidität des Vermögensgegenstandes durch die Geschwindigkeit, mit der eine Transformation in Zahlungsmittel erfolgen kann, durch die Höhe der hierbei anfallenden Transaktionskosten sowie durch die Höhe des bei der Liquidierung erzielbaren Zahlungsmittelbetrages determiniert314. Zwischen der Liquidität eines Kreditinstituts zur Kennzeichnung vertragsgetreuen Verhaltens und zur Charakterisierung von Vermögensgegenständen besteht aufgrund der vorstehenden Definitionen folgender Zusammenhang: Der Liquidationswert eines für liquide erachteten Vermögensgegenstandes eines Kreditinstituts beeinflusst die Fähigkeit zu vertragsgemäßem Verhalten deshalb, weil die Transformation einzelner unternehmenseigener Vermögensgegenstände – neben der Verringerung des vorhandenen Zahlungsmittelbestandes – in Zahlungsmittel eine denkbare liquiditätspolitische Anpassungsmaßnahme zur Verhinderung drohender Zahlungsunfähigkeit darstellt. Demgegenüber bildet die Einschätzung des Liquiditätsgrades der Gesamtheit aller Vermögensgegenstände aus der Perspektive potentieller Financiers die wesentliche Beurteilungsgröße und limitiert die zweite liquiditätspolitische Anpassungsmöglichkeit, die zur Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen auf die Inanspruchnahme des Finanzmarktes ausgerichtet ist315.  Liquidität kann schließlich als Begriff zur Kennzeichnung der Eigenschaft von Märkten verwendet werden und wird dementsprechend als Marktliquidität bezeichnet316.

Ebenso wie die Liquidität von Vermögensgegenständen ist die Liquidität von Märkten eine graduell messbare Größe und kann als Plan- oder Ist-Größe definiert werden. Zwischen beiden Liquiditätsarten besteht ebenfalls ein Zusammenhang, da die Liquidität von Vermögensgegenständen durch die Existenz und die Liquidität des für ihren Handel relevanten Marktes determiniert wird. Im Rahmen des risikotheoretischen Ansatzes können die mit den verschiedenen Begriffsinhalten von Liquidität verbundenen Liquiditätsrisiken für Bankgläubiger nunmehr weiter präzisiert werden. Hierzu ist bei dem Einleger-Kreditinstitut zwischen kündigenden und im Kreditinstitut verbleibenden Gläubigern zu unterschei314 Vgl. insbesondere die graphische Darstellung bei Stützel (1959b), S. 623; ferner Schmidt (1979), S. 710 – 712; auf zwischen den genannten Größen bestehende Interdependenzen weist explizit Krümmel (1962), S. 146 – 151 hin. 315 Zu dem hierfür eingeführten Begriff „Finanzierungsspielraum“ vgl. Stützel (1975a), insbes. S. 97 f. Daneben findet im Rahmen einer Fremdfinanzierungsentscheidung die persönliche Kreditwürdigkeit als Beurteilungskriterium Berücksichtigung (Liquidität kraft persönlichen Kredits), vgl. hier Stützel (1975b), Sp. 2524. Dem folgend Krümmel (1976b), Sp. 491. Krümmel differenziert aber weiterführend zwischen Eigen- und Fremdfinanzierungsspielraum. 316 Ausführlich zur Bedeutung der Liquidität von Finanzmärkten im Rahmen der Marktmikrostrukturtheorie Bank (1998), S. 108 – 128 (m. w. Nw.); zur Wirkung unterschiedlicher institutioneller Arrangements auf die Liquidität von organisierten Finanzmärkten vgl. auch Braun (1998); zu Liquidität von Wertpapiermärkten vgl. Freihube (2003); ferner der Hinweis bei Zeranski (2005), S. 21 (Fn. 115).

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

287

den. Für den kündigenden Gläubiger besteht die Gefahr, dass das Kreditinstitut nicht unmittelbar in der Lage ist, seine Zahlungsansprüche vollständig zu erfüllen; für ihn existiert das Liquiditätsrisiko im Sinne eines Insolvenzeintrittsrisikos. Für die verbleibenden Fremd- und Eigenfinanciers des Kreditinstituts können Liquiditätsrisiken dann entstehen, wenn zur Erfüllung der Zahlungsansprüche des kündigenden Gläubigers liquiditätspolitische Anpassungsmaßnahmen erforderlich werden. Entsprechende Maßnahmen können Veränderungen der originären ChanceRisiko-Position der Financiers bewirken, da das vor Vertragsabschluß unter Annahme der Periodenkongruenz ermittelte Risikoprofil nicht mehr zwingend dem nunmehr relevanten entspricht317. Die Existenz und das Ausmaß entsprechender Liquiditätsrisiken werden bei institutsinternen Anpassungsmaßnahmen durch die Abweichung der Liquidations- von den Selbstliquidationswerten einzelner Vermögensgegenstände des Kreditinstituts beeinflusst und bei Anpassungsmaßnahmen über den Finanzmarkt durch den Liquidationswert aller Vermögensgegenstände des Kreditinstituts bestimmt. Zur Verdeutlichung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge für die Existenz von Liquiditätsrisiken bei einem idealtypischen Einleger-Kreditinstitut wird in den folgenden beiden Kapiteln nach den möglichen liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahmen des Kreditinstituts einerseits und den beiden Gläubiger-Gruppen andererseits differenziert. Dies ermöglicht die Ableitung ökonomisch sinnvoller Ansatzpunkte für eine staatliche Beeinflussung entsprechender Risiken.

4.4.3.3.2 Risiko bei Berücksichtigung institutsinterner Anpassungsmöglichkeiten Für die modellgestützte Analyse der Liquiditätsrisiken im Rahmen einer auf institutsinterne Anpassungsmöglichkeiten beschränkten ceteris-paribus- Betrachtung wird im Folgenden zwischen dem kündigenden Gläubiger A und dem verbleibenden Gläubiger B des Einleger-Kreditinstituts unterschieden, deren Ansprüche in der Ausgangssituation gleichberechtigt sind. Die Ansprüche des kündigenden Gläubigers A betragen CFA ð1 þ rÞ und die des verbleibenden Gläubigers B CFB ð1 þ rÞ, insgesamt gilt für die dem Kreditinstitut seitens der Fremdfinanciers überlassenen Mittel CFA þ CFB ¼ CFF . Für den kündigenden Fremdfinancier A des Kreditinstituts besteht ein Liquiditätsrisiko gemäß den einleitenden Vorüberlegungen dann, wenn der Bestand an liquiden Mitteln zum Kündigungszeitpunkt nicht zur vollständigen Befriedigung seiner Ansprüche CFA ð1 þ rÞ aus der vorzeitigen Mittelrückforderung ausreicht. Voraussetzung für den Ausschluss eines entsprechenden Risikos bildet die durch 317 Zur Abhängigkeit der Risikobeurteilung von Vermögensbeständen aufgrund der Wahl der Maßperiode sehr deutlich die Ausführungen bei Stützel (1970), S. 14 – 17, sowie das Beispiel auf S. 24 f.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

die Eigenfinanciers im Rahmen der leistungspolitischen Grundsatzentscheidung vorgenommene hinreichende Quantifizierung von Liquiditätsreserven318 in Höhe von L0 einerseits und die Sicherstellung hinreichender Einwirkungsmöglichkeiten auf die aus der laufenden Geschäftstätigkeit des Kreditinstituts erwarteten Einund Auszahlungsströme andererseits. Entsprechend der in der Literatur vorherrschenden Bezeichnung dieser Größe als Cash-Flow319, soll im Folgenden die Gestaltung der Einzel-Komponenten des Cash-Flow, sei es durch Erhöhung der Einzahlungen, sei es durch Verringerung der Auszahlungen, als Cash-Flow-Management (CFM) bezeichnet werden. Der Cash-Flow des hier betrachteten Einleger-Kreditinstituts kann idealtypisch durch folgende Maßnahmengruppen positiv beeinflusst werden320:  Erhöhung der erwarteten Einzahlungen

Zum Ersten kann versucht werden, die laufenden Einzahlungen durch Beeinflussung des Zahlungsverhaltens der Kreditnehmer zu erhöhen321. Zum Zweiten besteht die Möglichkeit, unsichere laufende Einzahlungen aus Krediten durch Veräußerung der Kontrakte vor Ende des Selbstliquidationszeitraumes in eine einmalige Zahlung zu transformieren322. Zum Dritten schließlich kann der Versuch unternommen werden, sonstige Vermögensgegenstände durch Verkauf in Zahlungsmittel zu transformieren.  Verringerung der erwarteten Auszahlungen

Der zur Erfüllung der Auszahlungsansprüche des kündigenden Gläubigers notwendige Bestand an Zahlungsmitteln kann auch dadurch beschafft werden, dass die laufenden Auszahlungen des Kreditinstituts verringert werden. Eine entsprechende Gestaltung der Zahlungsströme kann beispielsweise durch Nutzung vertraglich zugesicherter Zinsanpassungsklauseln323 oder durch Durchführung von Maßnahmen des Pooling oder Netting324 erfolgen. Alternativ kann – ebenso wie hinsichtlich der Gestaltung der Einzahlungen – der Versuch unternommen wer318 Zur Begründung der Notwendigkeit von Liquiditätsreserven vgl. ausführlich Krümmel (1964), S. 231 f. 319 Ausführlich zur Herleitung dieser Definition vgl. Bitz / Terstege (2002), S. 6 – 9 (m. w. Nw.). 320 Ähnliche, weniger systematisierte, Grundüberlegungen für Kreditinstitute finden sich bei Krümmel (1968), S. 254 f. Zu den Elementarformen liquiditätspolitischer Anpassungsmöglichkeiten allgemeiner auch Krümmel (1964), S. 234 – 236 sowie Bonn (2006), S. 45 – 47. Für eine Fundierung der Auswahlentscheidung durch eine Vorteilhaftigkeitsanalyse vgl. ausführlich Bitz / Terstege (2002), S. 31 – 54. 321 Allgemeiner hierzu Bitz / Terstege (2002), S. 25. 322 Vgl. zur Verbriefung von Krediten als Voraussetzung für derartige Verkäufe Oehler / Unser (2002), S. 372 – 376; allgemeiner ferner Körnert (1998), S. 70; zu den Determinanten der beim Verkauf erzielbaren Nettoliquidationserlöse vgl. Schmidt (1979), S. 710 – 712. 323 Vgl. hierzu bereits sehr deutlich Stützel (1964b), S. 559 – 564. 324 Vgl. zum Einsatz dieser Methoden bei anderen Unternehmen Bonn (2007), S. 76 f. (m. w. Nw.) und Bitz / Terstege (2002), S. 25.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

289

den, durch Vertragsvereinbarung mit Dritten eine Transformation der laufenden Auszahlungen in eine einmalige zeitlich später zu erbringende Auszahlung zu erreichen. Im Ergebnis ist aus der Perspektive von Gläubiger A zur Beurteilung seines Liquiditätsrisikos lediglich relevant, ob die aus den zur Befriedigung seines Auszahlungsanspruchs erforderlichen liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahmen, sei es durch Auflösung der Liquiditätsreserve oder durch Durchführung des Cash-FlowManagements, resultierenden liquiden Mittel zur Realisierung seines Anspruchs ausreichen. Zur Analyse der Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B durch die Kündigungsentscheidung seitens des Gläubigers A bedarf es einer Differenzierung nach der Art der liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahme und einer Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundäreffekt. Grundlage der weiteren Betrachtungen bildet das aus dem originären Risikoprofil des Einleger-Kreditinstituts abgeleitete individuelle Risikoprofil FDFB des Gläubigers B (vgl. Abbildung 4.44). Da dieser nur jeweils mit seinem Anteil b ¼ CFB ð1 þ rÞ=CFF ð1 þ rÞ an den unsicheren Ergebnissen des Kreditinstituts partizipiert, beginnt sein Profil FDFB bei bD0 , leitet sich dann durch Stauchung um den Faktor b aus dem Gesamtprofil ab und springt schließlich bei dem Betrag von CFB ð1 þ rÞ auf einen Wert von eins (vgl. Abbildung 4.44).

Abbildung 4.44: Ableitung des Referenz-Risikoprofils des im Kreditinstitut verbleibenden Fremdfinanciers B

Die Durchführung der vorstehend beschriebenen Reaktionsmöglichkeiten der Eigenfinanciers auf die Kündigungsentscheidung des Gläubigers A kann zu einer Abweichung der vor Vertragsschluss erwarteten Ergebnisse des Kreditinstitutes D

290

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

von den nunmehr relevanten Werten DCFM führen325. Ebenso wie der Verlauf des Risikoprofils nach einer im Interesse der Eigenfinanciers liegenden veränderten Leistungspolitik nicht determiniert ist326, sind auch unterschiedliche Verläufe des durch liquiditätspolitische Anpassungsmaßnahmen modifizierten Risikoprofils denkbar327. Zur weiteren Analyse der primären Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B werden deshalb folgende drei Fälle unterschieden:  Fall 1: Positive Betroffenheit von Gläubiger B

Gelingt es den Eigenfinanciers, die zur Befriedigung der Ansprüche des ausscheidenden Gläubigers A erforderlichen liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahmen ohne Veränderung der ursprünglich erwarteten Ergebnisse der Geschäftstätigkeit des Einleger-Kreditinstituts durchzuführen, dann haben originäres FD und modifiziertes Risikoprofil FDCFM den gleichen Verlauf und es verbessert sich die Chance-Risiko-Struktur des verbleibenden Gläubigers B (vgl. Abbildung 4.45). Dies ist darauf zurückzuführen, dass infolge der Verringerung des Verschuldungsgrades durch Ausscheiden des Gläubigers A nunmehr allein Gläubiger B bis zur vollständigen Befriedigung seiner Ansprüche in Höhe von CFB ð1 þ rÞ an den unsicheren Ergebnissen des Kreditinstituts partizipiert und einer geringeren Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit P0 ausgesetzt ist (vgl. hier0 zu den Verlauf des hellgrau gezeichneten Profils FDFB in Abbildung 4.45).  Fall 2: Eindeutig negative Betroffenheit von Gläubiger B

Müssen zur Erfüllung der Auszahlungsansprüche des Gläubigers A Veränderungen der ursprünglich avisierten Leistungspolitik vorgenommen werden, dann kann eine eindeutig negative Betroffenheit des Gläubigers B nur in Sonderfällen konstatiert werden. In einem ersten Schritt werden hierzu die für Gläubiger B mit der Auflösung von Liquiditätsreserven verbundenen Effekte verdeutlicht328. Diese Anpassungsmaßnahme ist dann möglich, wenn gilt L0 > ¼ CFA ð1 þ rÞ. Infolge der Auflösung der Liquiditätsreserven verschiebt sich das originäre Risikoprofil des EinlegerKreditinstituts um den Betrag von CFA ð1 þ rÞ nach links. Hieraus lässt sich un0 mittelbar das modifizierte Profil FDFB von Gläubiger B ableiten (vgl. Abbildung 325 Voraussetzung hierfür ist die Annahme eines bestimmten Handlungszeitpunktes sowie deterministischer Werte für den aus den Maßnahmen resultierenden Zahlungsmittelzufluss. Im Zusammenhang mit der Liquidation von Vermögensgegenständen weist hierauf Krümmel (1976b), Sp. 495 hin. 326 Vgl. hierzu oben Kapitel 4.4.3.2.3. 327 Auswirkungen einer Abweichung von der Selbstliquidationsperiode auf den Verlauf des Risikoprofils analysiert in Ansätzen auch bereits Engels (1969), S. 60 f. (insbes. Abbildung 15 und 16). 328 Bei einer Darstellung von Anpassungsmaßnahmen durch Cash-Flow-Management ist nicht nur eine Parallelverschiebung des originären Risikoprofils denkbar, sondern auch seine Drehung. Die weiteren Überlegungen zur Bestimmung der Schnittpunkte der beiden Profile können allerdings übertragen werden.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

291

4.46): An den unsicheren Ergebnissen des Einleger-Kreditinstituts partizipiert er ab dem niedrigsten Ergebnis von D0 :=:CFA ð1 þ rÞ bis zur vollständigen Erfüllung seiner Ansprüche in Höhe von CFB ð1 þ rÞ.

\

Abbildung 4.45: Positive Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B nach kompensierender Liquiditätspolitik

\ \

Abbildung 4.46: Eindeutig negative Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B bei Auflösung von Liquiditätsreserven

Voraussetzung für die Diagnose einer eindeutigen Betroffenheit von Gläubiger B ist, dass sich originäres und modifiziertes Risikoprofil, wie in Abbildung 4.46

292

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

unterstellt, nicht schneiden. Tendenziell ist eine derartige Situation entweder bei sehr hohen Rückzahlungsansprüchen des kündigenden Gläubigers A oder bei sehr geringen quotalen Ansprüchen des im Kreditinstitut verbleibenden Gläubigers B zu erwarten. Entsprechende Überlegungen können in einem zweiten Schritt zur Analyse der Betroffenheit von Gläubiger B durch Maßnahmen des Cash-Flow-Managements angestellt werden. Wie bereits anlässlich der Analyse von Delegationsrisiken für Bankgläubiger verdeutlicht, können die mit einer entsprechenden Veränderung der Leistungspolitik verbundenen Effekte zu sehr unterschiedlichen Verläufen des 0 neuen Risikoprofils FDF führen329. Hieraus kann das modifizierte Profil für Gläubiger B analog zur soeben beschriebenen Vorgehensweise abgeleitet werden und verläuft zwischen einer eventuell veränderten Untergrenze D00 und der Obergrenze CFB ð1 þ rÞ. Die Diagnose einer eindeutig negativen Betroffenheit von Gläubiger B ist nur dann möglich, wenn sein neues Profil analog zur Auflösung der Liquiditätsreserve durchgehend links vom ursprünglich relevanten verläuft (vgl. 0 FDFB in Abbildung 4.47). Ein entsprechender Verlauf des neuen Risikoprofils bildet allerdings einen Spezialfall möglicher Verläufe.

\

\

\

Abbildung 4.47: Eindeutig negative Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B als Spezialfall bei Cash-Flow-Management

 Konstellation 3: Präferenzabhängige Betroffenheit von Gläubiger B

Schneiden sich originäres und modifiziertes Risikoprofil des im Kreditinstitut verbleibenden Gläubigers B, dann können Aussagen zur Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers nur bei Bereitstellung ergänzender Informationen zu sei329

Vgl. hierzu oben Kapitel 4.4.3.2.3.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

293

ner Risikoeinstellung getroffen werden. Abbildung 4.48 verdeutlicht diesen Um0 von stand auf der Grundlage eines beispielhaften Verlaufs für das neue Profil FDFB Gläubiger B: Obwohl die Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit sinkt und die Chancen steigen (vgl. hellgrau schattierte Fläche in Abbildung 4.48), hängt die Gesamtbeurteilung bei gleichzeitig steigenden Risiken (vgl. dunkelgrau schattierte Fläche in Abbildung 4.48) von der Risikoeinstellung des Gläubigers ab. Zur Systematisierung möglicher Konstellationen kann auf die Ausführungen zu den aus der Variation der Geschäftpolitik resultierenden Delegationsrisiken verwiesen werden330.

Abbildung 4.48: Präferenzabhängige Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B nach liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahmen

Die vorstehende Analyse der primären Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B durch die Kündigungsentscheidung seitens Gläubiger A verdeutlicht, dass mit den hierzu notwendigen Anpassungsmaßnahmen nicht zwingend negative Effekte verbunden sein müssen. Diese sind ohne ergänzende Annahmen nur für Spezialfälle eindeutig zu konstatieren. Zusätzlich zu dieser möglicherweise direkten negativen Betroffenheit des im Kreditinstitut verbleibenden Gläubigers B sind Sekundäreffekte zu berücksichtigen, die aus der Berücksichtigung des Umstandes resultieren, dass auch mit Gläubiger B im Rahmen der hier gewählten idealtypischen Betrachtung eines Einleger-Kreditinstituts ein jederzeitiges Kündigungsrecht vereinbart wurde. Für Gläubiger B besteht deshalb die Möglichkeit einer unmittelbar sanktionierenden Reaktion, wenn er die aus Durchführung liquiditätspolitischer Anpassungsmaßnahmen resultierende Ver330

Vgl. hierzu die Ausführung in Kapitel 4.4.3.2.3.

294

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

schlechterung seiner Chance-Risiko-Position beobachten kann331. Einleger-Kreditinstitute sehen sich folglich immer dem Risiko von Folgekündigungen und im Extremfall sogar der Gefahr eines Totalabzugs der seitens der Fremdfinanciers überlassenen Mittel ausgesetzt332. Zu diesen Folgekündigungen kann es auch für den Fall einer nicht unmittelbaren negativen Primär-Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers kommen. Zur Verdeutlichung dieser Effekte ist die Analyse um den Aspekt zu erweitern, dass Fremdfinanciers nicht dazu bereit sind, einem Kreditinstitut Mittel in beliebiger Höhe zur Verfügung zu stellen. Vielmehr werden sie in Abhängigkeit von diversen Einflussfaktoren eine Vorstellung von der Höhe der als maximal tolerabel erachteten Wahrscheinlichkeit des Ausfalls ihrer Zahlungsansprüche entwickeln333. In der Darstellungsweise des Risikoprofils kann dieser Zusammenhang durch den oben bereits als Beleihungsgrenze eingeführten Kurvenzug B visualisiert werden334. Dieser besitzt jeweils für einen einzelnen Gläubiger oder eine homogene Gläubigergruppe Gültigkeit und ordnet jedem Mittelbetrag eine maximal tolerierte Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit zu (vgl. Abbildung 4.49). Ist die maximal tolerierte Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit unabhängig von der Höhe der überlassenen Mittel, verläuft die Beleihungsgrenze als Parallele zur Abszisse335 (vgl. B1 in Abbildung 4.49), sinkt hingegen mit steigender Höhe der überlassenen Mittel die maximal tolerierte Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit, weist die Beleihungsgrenze einen fallenden Verlauf auf (vgl. B2 in Abbildung 4.49). Durch Einführung der Beleihungsgrenze in die Darstellungsweise des Risikoprofils bestimmt sich der diesem Kreditinstitut seitens dieses Gläubigers maximal zur Verfügung gestellte Geldbetrag aus dem Schnittpunkt beider Kurvenzüge336: CFFmax (C 0FFmax ) gibt unter der Annahme der Beleihungsgrenze B1 ðB2 Þ den Kreditbetrag an, der aus der Perspektive dieses Gläubigers angesichts der Unsicherheitsstruktur der Ergebnisse des betrachteten Kreditinstituts gerade noch als hinreichend gesichert erscheint (maximaler Beleihungsbetrag). P und P0 sind die dazu gehörenden, gerade noch hinnehmbaren kritischen Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeiten. Für die weiteren Überlegungen wird ein fallender Verlauf der Beleihungsgrenze unterstellt. 331 Der Einlagenabzug ist somit als „Misstrauensvotum“ gegen die Geschäftsführung zu interpretieren und demnach eine rationale Entscheidung, vgl. Seifert (1984), S. 124 f. 332 Vgl. Hoffmann (1967), S. 135 f. 333 Zu den hierbei berücksichtigten Aspekten können beispielsweise individuelle Vermögensverhältnisse des Gläubigers oder die Höhe des Marktzinses gehören. Zum möglichen Verlauf der Beleihungslinie in Abhängigkeit von verschiedenen Determinanten ausführlich Krümmel (1966), S. 144 – 149; sowie Krümmel (1976b), Sp. 499 f. 334 Vgl. oben Kapitel 4.4.3.3 anlässlich der Erläuterung staatlicher Maßnahmen zur Beeinflussung von Delegationsrisiken. 335 Einen betragsunabhängigen Verlauf unterstellen beispielsweise Stützel (1975a), S. 120 f. (Grundstücksfinanzierung) und Engels (1969), S. 60 – 62. 336 Weitere Annahmen sind im risikotheoretischen Untersuchungsansatz nicht notwendig, vgl. Krümmel (1966), S. 145.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

295

\

\ Abbildung 4.49: Maximales Mittelangebot eines Gläubiger eines Einleger-Kreditinstituts in Abhängigkeit von unterschiedlichen Beleihungsgrenzen

Dementsprechend kann ein Risiko von Folgekündigungen seitens der im Kreditinstitut verbleibenden Fremdfinanciers nunmehr wie folgt modellgestützt analysiert werden337: In der Ausgangssituation ist der im Kreditinstitut verbleibende Gläubiger B zur Mittelüberlassung bereit. Zur Ableitung dieser Aussage bildet seine Beleihungsgrenze BB die Grundlage: Die mit der Mittelüberlassung von CFB ð1 þ rÞ erwartete Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit P liegt unterhalb seiner maximal  (vgl. Abbildung 4.50). Kommt es durch Kündigung für tolerabel erachteten Pmax des ausscheidenden Gläubigers A zu liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahmen, können diese zu einer Veränderung des ex ante aufgestellten Risikoprofils führen (vgl. Abbildung 4.50): FD0 verläuft nunmehr zwischen D00 und D01 . Für eine Beurteilung der primären Betroffenheit des Gläubigers B durch den Übergang von Risikoprofil FD zu Profil FD0 bedarf es – wie oben gezeigt – der Spezifizierung der Risikoeinstellung, so dass eine Folgekündigung infolge liquiditätspolitischer Anpassungsmaßnahmen nicht sicher prognostiziert werden kann. Diese kann infolge von Sekundäreffekten aber auch daraus resultieren, dass  die infolge der veränderten Leistungspolitik erwartete Ausfallwahrscheinlichkeit P1 nunmehr aus Sicht des Gläubigers B über der maximal für tolerabel erachteten ðP0max Þ liegt (vgl. Abbildung 4.50, Pfeil auf der Ordinate). Gläubiger B wird deshalb Mittel in Höhe  0 max ð1 þ rÞ von dem Kreditinstitut zurückfordern (vgl. Abvon CFB ð1 þ rÞ  CFB bildung 4.50, Pfeil auf der Abszisse). Werden hierdurch bedingt weitere liquiditätspolitische Anpassungsmaßnahmen notwendig, kann es sukzessive zu einem Totalabzug aller durch Gläubiger B überlassenen Mittel kommen338. 337

Vgl. hierzu die ähnlichen Überlegungen bei Engels (1969), S. 60 – 64.

296

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Abbildung 4.50: Indirekte Abhängigkeit der Kündigungsentscheidung der Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten bei liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahmen

Bei institutsinternen Anpassungsmaßnahmen zur Erfüllung von Auszahlungswünschen eines kündigenden Gläubigers können Interessenkonflikte zwischen dem im Einleger-Kreditinstitut verbleibenden Gläubiger B und dem ausscheidenden Gläubiger A als Primäreffekt nur für Spezialfälle sicher diagnostiziert werden. Da Gläubiger B ebenfalls ein jederzeitiges Kündigungsrecht eingeräumt wurde, besteht für ihn allerdings ein individuelles Instrument zur Sanktionierung unerwünschter liquiditätspolitischer Anpassungsmaßnahmen, die zu Interessenkonflikten infolge von Sekundäreffekten führen können.

4.4.3.3.3 Risiko bei Berücksichtigung von Anpassungsmöglichkeiten auf Finanzmärkten Liquiditätsengpässe aufgrund einer Kontraktkündigung seitens der Fremdfinanciers können nicht nur durch interne liquiditätspolitische Anpassungsmaßnahmen überwunden werden. Zur Erfüllung entsprechender Rückzahlungswünsche besteht alternativ die Möglichkeit zur Inanspruchnahme des Finanzmarktes339. Anpassungs338 Voraussetzung hierfür ist die negative Betroffenheit des Gläubigers B durch die Anpassungsmaßnahmen. Hierzu bedarf es der im Rahmen der Analyse des Primäreffektes getroffenen Fallunterscheidungen. 339 Vgl. hierzu auch Bonn (2006), S. 221 – 224; ferner bereits Giese (1971), S. 299 – 311; kritisch zur Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes Mantzke (1994), S. 98 – 103. Von der Möglichkeit, dass die Eigenfinanciers des Kreditinstituts zur Überbrückung des Liquiditätsengpasses zur Leistung weiterer Einlagen verpflichtet sein könnten, wird im Rahmen dieser Arbeit abstrahiert.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

297

maßnahmen, die auf Substitution des ausscheidenden Gläubigers durch neue Financiers zielen – sei es durch Fremd- oder Eigenfinanciers – ermöglichen es dem Kreditinstitut Veränderungen der vor Vertragsschluss avisierten Leistungspolitik zu vermeiden und damit verbleibende Gläubiger vor möglichen negativen Effekten zu bewahren. Für die modellgestützte ceteris-paribus-Analyse der Liquiditätsrisiken bei Inanspruchnahme des Finanzmarktes wird weiterhin zwischen dem kündigenden Gläubiger A und dem verbleibenden Gläubiger B des Kreditinstituts unterschieden. Die Ansprüche beider Gläubiger sind in der Ausgangssituation gleichberechtigt. Für den kündigenden Gläubiger A besteht ein Liquiditätsrisiko dann, wenn die Gewinnung neuer Financiers auf dem Finanzmarkt ganz oder teilweise misslingt. Möglichkeiten einer Refinanzierung werden durch die Beleihungsfähigkeit der Vermögensgesamtheit des Kreditinstituts aus der Perspektive potentieller Fremdfinanciers C determiniert340. In der graphischen Darstellungsweise mit Risikoprofil und Beleihungsgrenze ergibt sich der diesem Kreditinstitut seitens dieser Gläubiger maximal zur Verfügung gestellte Geldbetrag aus dem Schnittpunkt beider Kurvenzüge341: CFF max ð1 þ rÞ gibt unter der Annahme der Beleihungsgrenze BC den Betrag an, dessen Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit angesichts der Unsicherheitsstruktur der Ergebnisse des Einleger-Kreditinstituts gerade noch tolerierbar erscheint (vgl. Abbildung 4.51). Hierauf aufbauend kann zur Analyse des Liquiditätsrisikos des kündigenden Gläubigers A wie folgt unterschieden werden:  Für das Einleger-Kreditinstitut besteht eine Möglichkeit zur Mittelaufnahme auf der Grundlage von Fremdfinanzierungskontrakten (Fremdfinanzierungsspielraum).

Die Existenz und der Umfang einer derartigen Möglichkeit der Mittelaufnahme ergibt sich unmittelbar aufgrund der Höhe des insgesamt zu finanzierenden Betrages FB und der seitens der Eigenfinanciers CEF zur Verfügung gestellten Mittel: Übersteigt die Differenz zwischen FB und CEF den seitens des potentiellen Gläubigers C maximal für möglich erachteten Beleihungsbetrag, dann existiert ein Fremdfinanzierungsspielraum342 genau in Höhe von ½ðFB  CEF Þ 340 Ein „genereller Liquiditätsmangel“ kann indessen nicht als Begründung für Schwierigkeiten bei der Refinanzierung angeführt werden: Denn infolge des ursprünglichen Einlagenabzuges erhöht sich entweder der Kassenbestand des Bankgläubigers und damit der Bestand an Verbindlichkeiten der Notenbank, oder die abgezogenen Mittel werden als Einlagen anderen Kreditinstituten zur Verfügung gestellt. Vgl. hierzu Engels (1978), S. 26 und Hoffmann (1967), S. 220 – 222. 341 Weitere Annahmen sind im risikotheoretischen Untersuchungsansatz nicht notwendig, vgl. Krümmel (1966), S. 145. 342 Vgl. Krümmel (1966), S. 152. Krümmel spricht in diesem Zusammenhang von „Überliquidität“ im Sinne überschüssiger, von Eigenfinanciers zur Verfügung gestellten Mitteln, die durch Fremdfinanzierungsmittel ersetzt werden könnten.

298

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

CFF max ð1 þ rÞ (vgl. Abbildung 4.51, Pfeil auf der Abszisse). Für den kündigenden Gläubiger existiert kein Liquiditätsrisiko.

Abbildung 4.51: Existenz und Höhe eines Fremdfinanzierungsspielraumes des Einleger-Kreditinstituts

 Es besteht keine Möglichkeit zur Mittelbeschaffung auf der Grundlage von Fremdfinanzierungskontrakten (Eigenfinanzierungslücke).

Übersteigt die Differenz zwischen FB und CEF den maximal durch die potentiellen Gläubiger C bereit gestellten Betrag CFF max ð1 þ rÞ nicht, dann besteht für das Kreditinstitut kein Fremdfinanzierungsspielraum, sondern eine Eigenfinanzierungslücke (vgl. Abbildung 4.52). Aus der Perspektive potentieller Fremdfinanciers sind die seitens der Eigenfinanciers des Einleger-Kreditinstituts überlassenen Mittel zu niedrig, um das mit der Geschäftstätigkeit verbundene Insolvenzeintrittsrisiko zu tolerieren343. Dabei handelt es sich bei dem zu niedrigen Kreditangebot der potentiellen Gläubiger nicht um ein Betragsproblem, das durch Zusammenschluss mehrerer Gläubiger zu lösen wäre344. Vielmehr ist unter der Prämisse der Identität der seitens aller potentiellen Gläubiger aufgestellten Risikoprofile sowie identischer Beleihungsgrenzen kein potentieller Gläubiger zur Mittelüberlassung bereit. Für den kündigenden Gläubiger A besteht in dieser Situation ein Liquiditätsrisiko, wenn es dem Kreditinstitut nicht gelingt, die zur Erfüllung der Auszahlungsverpflichtung notwendigen Mittel durch Gewinnung zusätzlicher Eigenfinanciers zu beschaffen. 343 344

Vgl. Krümmel (1966), S. 150 f. Vgl. hierzu oben Kapitel 4.3.3.2.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

299

Abbildung 4.52: Existenz und Höhe einer Eigenfinanzierungslücke des Einleger-Kreditinstituts

Für den im Kreditinstitut verbleibenden Gläubiger ist zur Diagnose einer negativen Betroffenheit durch finanzierungspolitische Maßnahmen wie folgt zu unterscheiden:  Mittelbeschaffung auf der Grundlage von Eigenfinanzierungskontrakten

Mit liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahmen durch Gewinnung neuer Eigenfinanciers ist eine Verringerung des Verschuldungsgrades verbunden. Wie im Rahmen der ceteris-paribus-Analyse einer Veränderung des Finanzierungsprogramms oben verdeutlicht werden konnte, sind mit entsprechenden Maßnahmen für die Gläubiger des Einleger-Kreditinstituts durchgängig positive Effekte verbunden345. Zur Diagnose von Interessenkonflikten zwischen verschiedenen Gläubigern bedarf es deshalb keiner weiteren Analyse.  Mittelbeschaffung auf der Grundlage von Fremdfinanzierungskontrakten

Zur Beurteilung der Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers bedarf es wie im Rahmen der Analyse institutsinterner Anpassungsmaßnahmen einer Differenzierung zwischen Primär- und Sekundäreffekt. Da infolge dieser Art der Mittelbeschaffung der Verschuldungsgrad des Kreditinstituts unverändert bleibt, kann eine als Primäreffekt zu bezeichnende Verschlechterung für Gläubiger B im Vergleich zur Ausgangssituation nur daraus resultieren, dass den neuen Gläubigern vorrangige Ansprüche eingeräumt werden oder die Gläubigersubstitution nur zu erhöhten Zinszahlungsversprechen gelingt. Demgegenüber wären mit der Mittelbeschaffung aufgrund der Vereinbarung nachrangiger Ansprüche für den neuen 345

Vgl. oben Kapitel 4.4.3.2.2.

300

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Gläubiger durchgängig positive Effekte für Gläubiger B verbunden346. Dieser letzte Fall kann zur Identifikation von Interessenkonflikten deshalb unberücksichtigt bleiben. Sind potentielle Gläubiger C zur Mittelüberlassung an das Kreditinstitut nur dann bereit, wenn ihnen feste Zinszahlungsversprechen in Höhe von rC mit rC > r eingeräumt werden, dann verringern sich die erwarteten Ergebnisse des EinlegerKreditinstituts um die Differenz rC  r, es kommt zu einer Parallel-Verschiebung des originären Risikoprofils FD um diesen Betrag nach links (vgl. Abbildung 0 von Gläubiger 4.53a). Aus diesem lässt sich das hellgrau gezeichnete Profil FDFB B in der bekannten Weise durch Stauchung um den Faktor b ableiten. Die Position von Gläubiger B verschlechtert sich im Vergleich zum dunkelgrau gezeichneten originären Risikoprofil FDFB eindeutig, da das neue Profil durchgängig links von diesem verläuft.

Abbildung 4.53a: Negative Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B bei erhöhten Zinsforderungen der neuen Gläubiger C

Zu einem analogen Ergebnis gelangt man, wenn den Gläubigern C, bei unveränderten Zinszahlungsversprechen in Höhe von r, bevorrechtigte Ansprüche eingeräumt werden: An den unsicheren Ergebnissen des Einleger-Kreditinstituts partizipieren bis zu dem Betrag von CFC ð1 þ rÞ ausschließlich die neuen Gläubiger C. Sein Risikoprofil FDFC verläuft zwischen D0 und CFC ð1 þ rÞ: Bei Ergebnissen des Kreditinstituts bis zum Betrag CFC ist er Risiken ausgesetzt (vgl. Abbildung 4.53b, dunkelgrau schattierte Fläche), bei darüber hinaus gehenden bestehen für ihn Chancen (vgl. Abbildung 4.53b, hellgrau schattierte Fläche). 346

Allgemeiner hierzu Bigus (2001), S. 105 – 112; ferner oben Kapitel 4.4.3.3.5.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

301

Erst dann, wenn das Ergebnis den Betrag von CFC ð1 þ rÞ übersteigt, werden die 0 verläuft zwiZahlungsansprüche des Gläubigers B erfüllt. Sein Risikoprofil FDFB schen diesem Wert und CFF ð1 þ rÞ: Bis zum Wert CFC ð1 þ rÞ þ CFB repräsentiert die dunkelgrau schattierte Fläche seine Risiken, bei höheren Ergebnissen des Einleger-Kreditinstituts repräsentiert die hellgrau schattierte Fläche hingegen seine Chancen (vgl. Abb. 4.53b). Im Vergleich zur Ausgangssituation verschlechtert sich seine Situation, da erst bei höheren Ergebnissen des Kreditinstituts eine Erfüllung seiner Ansprüche zu erwarten ist.

Abbildung 4.53b: Negative Betroffenheit des verbleibenden Gläubigers B bei vorrangigen Ansprüchen der neuen Gläubiger C

Interessenkonflikte zwischen kündigendem und verbleibendem Gläubiger können zusätzlich in Form des bereits oben eingeführten Sekundäreffektes daraus resultieren, dass zwischen den Kündigungsentscheidungen der Gläubiger des Einleger-Kreditinstituts Interdependenzen bestehen347. Im Gegensatz zu der im vorhergehenden Kapitel aufgezeigten indirekten Abhängigkeit bei Variation der Leistungspolitik handelt es sich bei der nunmehr zu analysierenden direkten Abhängigkeit der Kündigungsentscheidung um einen Effekt, der sich bei Abhängigkeit der Beleihungswilligkeit der verbleibenden Gläubiger B vom beobachteten Kündigungsverhalten der anderen Bankgläubiger ergibt. In der Darstellungsweise mit Risikoprofilen kann ein entsprechender Zusammenhang durch Reagibilität der Beleihungsgrenze B modellgestützt verdeutlicht werden. Hängt die Höhe der maximal für tolerabel erachteten Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit nunmehr zusätzlich zu den bereits genannten Größen vom Kündigungsverhalten anderer 347 Vgl hierzu insbesondere Hoffmann (1967), S. 135 – 146 und Krümmel (1968), S. 281 – 283 sowie Krümmel (1984), S. 479 – 484.

302

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

Gläubiger ab, dann indizieren Kontraktkündigungen eine Verschlechterung der Situation des Kreditinstituts und führen dazu, dass sich die vor Vertragsschluss geltende Beleihungsgrenze BB nach links zu B1B verschiebt. Die bei Überlassung eines bestimmten Mittelbetrages für maximal tolerabel erachtete Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit sinkt (vgl. Abbildung 4.54). Geht man davon aus, dass der Fremdfinanzierungsspielraum vor der ersten Kündigung noch nicht ausgeschöpft war, dann besteht bei hiermit verbundener Reaktion der Beleihungsgrenze von BB auf B1B folgende Gefahr: Liegt die mit der bisherigen Mittelüberlassung in Höhe von CFF ð1 þ rÞ verbundene Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit P nicht mehr unterhalb der nunmehr subjektiv für maximal tolerierbar erachteten Insolvenzeintrittswahrscheinlichkeit P0 max 348, dann sieht sich das Einleger-Kreditinstitut infolge der eingeräumten jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit einer weiteren Kontraktkündigung durch Gläubiger B in  Höhe von CFF ð1 þ rÞ:=:C 0FF max ð1 þ rÞ ausgesetzt (vgl. Abbildung 4.54).

Abbildung 4.54: Direkte Abhängigkeit der Kündigungsentscheidung des verbleibenden Gläubigers B bei Einleger-Kreditinstituten bei finanzmarktpolitischen Anpassungsmaßnahmen

Ob es aufgrund dieser Kündigungen zu einer abermaligen Veränderung der Beleihungslinie (B1B nach B2B ) und damit zu weiteren Folgekündigungen kommt (vgl. Abbildung 4.54), hängt von den Einflussmöglichkeiten des Kreditinstituts auf die in B eingehenden Größen ab. Ist das Kreditinstitut in der Lage, seinen Gläubigern die negativen Konsequenzen fortgesetzter Kontraktkündigungen zu kommunizieren und sind diese in der Lage, entsprechende Informationen zu verarbeiten, lassen sich die Fremdfinanciers möglicherweise zu einem „Stillhalte348

Ähnlich die Überlegung bei Krümmel (1984), S. 479.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

303

abkommen“ bewegen349. Sind diese Voraussetzungen wegen einer großen Anzahl von Gläubigern und fehlender Informationsverarbeitungsfähigkeiten nicht gegeben, stellen kumulierte Kontraktkündigungen aus der Perspektive eines EinlegerKreditinstituts eine exogen vorgegebene Größe dar. Infolge dieser direkten Abhängigkeit der Kontraktkündigung verringert sich der Fremdfinanzierungsspielraum des Kreditinstituts sukzessive mit hieraus resultierenden Liquiditätsrisiken für einen verbleibenden Gläubiger B. Zur Identifikation von Interessenkonflikten zwischen kündigendem und im Kreditinstitut verbleibendem Gläubiger bei finanzmarktorientierten Anpassungsmaßnahmen bedarf es einer Klassifikation nach der Art des gewählten Finanzierungsinstruments. Mit der Mittelbeschaffung sowohl auf der Grundlage von Eigenfinanzierungskontrakten als auch nachrangiger Fremdfinanzierungskontrakte sind für den verbleibenden Gläubiger B positive Effekte verbunden, Interessenkonflikte wegen negativer Betroffenheit sind als Primäreffekt dann zu erwarten, wenn eine Substitution des ausscheidenden Gläubigers nur zu höheren Zinsen oder durch Einräumung vorrangiger Ansprüche des neuen Fremdfinanciers C gelingt. Im Rahmen von Sekundäreffekten sind negative Effekte für Gläubiger B zusätzlich zu vermuten, wenn sich bei Abhängigkeit der Beleihungslinie potentieller Gläubiger vom beobachteten Kündigungsverhalten der Fremdfinanzierungsspielraum des EinlegerKreditinstituts verringert und deshalb ein Liquiditätsrisiko zur Erfüllung seiner Auszahlungswünsche entsteht. Aufbauend auf diesen Ergebnissen werden im folgenden Kapitel Möglichkeiten für eine zielgerichtete Beeinflussung von Liquiditätsrisiken durch staatliche Entscheidungsträger aufgezeigt.

4.4.3.3.4 Möglichkeiten einer staatlichen Beeinflussung von Liquiditätsrisiken Die vorstehenden modellgestützten Analysen haben verdeutlicht, dass für eine Diagnose des Liquiditätsrisikos zwischen kündigendem Gläubiger und verbleibendem Gläubiger zu unterscheiden ist. Während Ansatzpunkte für sinnvolle staatliche Maßnahmen zum Schutz des kündigenden Gläubigers ohne ergänzende Annahmen ableitbar sind, können Interessenkonflikte zwischen den Gläubigern als weiterem Ansatzpunkt für staatliches Handeln nur für spezielle Konstellationen und unter speziellen Annahmen diagnostiziert werden. Staatliche Maßnahmen zur Beeinflussung beider Erscheinungsformen des Liquiditätsrisikos werden deshalb – unter Berücksichtigung der beiden Varianten von Anpassungsmaßnahmen – getrennt dargestellt. Nur bei Betrachtung der Ursache für die Entstehung des Liquiditätsrisikos sind gemeinsame Überlegungen für beide Erscheinungsformen möglich, da die Existenz 349

Vgl. Hoffmann (1967), S. 140 f., S. 143 f.

304

4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

von Liquiditätsrisiken bei idealtypischen Einleger-Kreditinstituten auf die Kombination von Betrags-, Risiko- und Fristen-Transformationsleistungen zurückzuführen ist350. Um die Entstehung von Liquiditätsrisiken zu verhindern, könnten folglich staatliche Maßnahmen zur Trennung verschiedener Geschäftsbereiche von Kreditinstituten initiiert werden351: Ausschließlich die auf das Angebot von Geld und die Abwicklung des Zahlungsverkehrs spezialisierten Kreditinstitute dürften ihren Gläubigern ein jederzeitiges Kündigungsrecht einräumen. Diese sähen sich wegen der Begrenzung der Transformationstätigkeit nur einem geringen Liquiditätsrisiko ausgesetzt. Kreditinstitute, deren Geschäftstätigkeit hingegen primär auf Risikotransformation ausgerichtet ist, müssten auf die Vereinbarung eines jederzeitigen Kündigungsrechtes mit ihren Gläubigern verzichten oder eine Variabilität des Rückzahlungsbetrages in Abhängigkeit von dem Erfolg des Cash-Flow-Managements vertraglich vereinbaren352. Wie bereits anlässlich der Möglichkeiten zur Beeinflussung von Informationsrisiken verdeutlicht, handelt es sich bei entsprechenden Maßnahmen um eine die Struktur des Bankensystems bestimmende ordnungspolitische Grundsatzentscheidung: Statt eines Universalbanksystems, in dem jedes Kreditinstitut jede Art von Leistung erbringen kann, würde ein Trennbanksystem kodifiziert, in dem das Geldangebot durch Monetisierungszusagen und andere Arten der Risikotransformation von unterschiedlichen Typen von Kreditinstituten erbracht würden353. Beeinflussung des Liquiditätsrisikos des kündigenden Gläubigers Alternativ zu Maßnahmen, die auf die Änderung der Geldordnung ausgerichtet sind, kann das Liquiditätsrisiko des kündigenden Gläubigers wie folgt beeinflusst werden: 350 Vgl. Brüggestrat (1990), S. 90 – 96; für Hoffmann besteht hierin die einzige Besonderheit von Kreditinstituten im Vergleich zu sonstigen Unternehmen, vgl. Hoffmann (1967), S. 289: „Zwischen Banken und sonstigen Unternehmen besteht in dieser Hinsicht allenfalls ein gradueller Unterschied insofern, als die nichtkongruente Finanzierung für Bankunternehmungen typisch ist und daher die mit ihr verbundenen Vermögensverlustrisiken besonders ins Gewicht fallen“. Ähnlich auch Seifert (1984), S. 122, der die Transformation von Risiken, Fristen und Losgrößen für den jeweiligen Unternehmenszweck als Aufgabe eines jeden Unternehmens sieht. 351 Die Diskussion wird in der Literatur unter der Bezeichnung „Narrow Banking“ geführt, für einen Überblick vgl. Stillhart (2002), S. 143 – 150 (m. w. Nw.) sowie aus juristischer Sicht Schöner (1997), S. 198 – 199; im Ergebnis kritisch Diamond / Rajan (2001a), pp. 318 – 320. Eine Diskussion bezüglich der Trennung verschiedener Leistungsbereiche von Kreditinstituten erfolgt auch unter dem Stichwort „Trennbanksystem“, vgl. hierzu Kaiser (1994), S. 99 – 196. Ein Verbot der Fristentransformation existierte in Deutschland zunächst für Hypothekenbanken, vgl. hierzu Merbecks (2009), S. 117 f. 352 Ähnlich auch Klische (1995), S. 92. Klische folgert hieraus allerdings keine Funktionstrennung für Kreditinstitute. 353 Vgl. oben Kapitel 4.4.2.4 sowie die Ergebnisse im Rahmen prozesstheoretischer Untersuchungen, vgl. Kapitel 3.2.2.3. Zur weiterführenden kritischen Reflexion aus ordnungspolitischer Perspektive vgl. Fey (2006), S. 193 – 195 (m. w. Nw.).

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

305

 Begrenzung des Liquiditätsrisikos durch Vorgaben zur Vermögensstruktur

Um die Möglichkeiten des Einleger-Kreditinstitus zur Mittelbeschaffung sowohl über den Finanzmarkt als auch durch liquiditätspolitische Maßnahmen zu verbessern, könnten staatliche Maßnahmen darauf ausgerichtet sein, liquidationsorientierte Vorgaben für die Vermögensstruktur des Kreditinstituts zu entwickeln. Wie im Rahmen der modellgestützten Analyse verdeutlicht, entwickeln potentielle Fremdfinanciers eine Vorstellung von den erwarteten Unternehmensergebnissen und den Liquidationswerten des Gesamtvermögens im Insolvenzfall, um über die Mittelvergabe zu entscheiden. Die Qualität der einzelnen Vermögensgegenstände determiniert demnach nicht nur die Abtretungsfähigkeit im Rahmen interner Anpassungsmaßnahmen, sondern auch die Beleihungsfähigkeit des Gesamtvermögens aus der Perspektive potentieller Financiers354. Deshalb gehen von entsprechenden Vorgaben positive Effekte auf beide Varianten der liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahmen aus.  Begrenzung des Liquiditätsrisikos durch staatliche Maßnahmen zur Sicherung der Funktionsfähigkeit von sekundären Finanzmärkten

Die Möglichkeit des Einleger-Kreditinstituts, Vermögensgegenstände zur Erfüllung von Auszahlungsansprüchen zu veräußern, wird wesentlich durch den Organisationsgrad der hierzu zur Verfügung stehenden Sekundärmärkte bestimmt. Da die Bedeutung funktionsfähiger Sekundärmärkte für die Abtretungsfähigkeit bereits als zielgerichtete Maßnahme zum Schutz verschiedener Erscheinungsformen von Gläubigerrisiken erläutert wurde355, wird auf weitergehende Ausführungen an dieser Stelle verzichtet.  Begrenzung des Liquiditätsrisikos durch Begrenzung der Höhe des Verschuldungsgrades

Voraussetzung für die Fähigkeit des Einleger-Kreditinstituts zur Erfüllung der Auszahlungswünsche des kündigenden Gläubigers durch finanzierungspolitische Maßnahmen ist die Existenz eines hinreichenden Finanzierungsspielraums. Zu dessen wesentlichen Determinanten gehört die Höhe des Eigenfinanzierungsanteils an den insgesamt durch das Einleger-Kreditinstitut benötigten Mitteln356. Aus der Sicht staatlicher Entscheidungsträger wären deshalb Vorgaben zur Einhaltung von Mindest-Eigenfinanzierungs-Quoten eine zielgerichtete Maßnahme zur positiven Beeinflussung des Liquiditätsrisikos von kündigenden Bankgläubigern. Da die Quantifizierung einer exakten Höhe für das während der Geschäfts354 Krümmel (1964), S. 235 weist darauf hin, dass die zukünftige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens von der Einschätzung der aktuellen Liquidität durch potentielle Gläubiger abhängig ist. 355 Vgl. oben Kapitel 3.2.2.3; kritisch zur Möglichkeit einer Begrenzung von Liquiditätsrisiken durch funktionsfähige Sekundärmärkte aufgrund empirischer Beobachtungen Mantzke (1994), S. 103 – 106. 356 Zu einer Übersicht über entsprechende Grundkonstellationen von Finanzierungsspielräumen vgl. Krümmel (1966), S. 151 – 153.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

tätigkeit maximal zulässigen Verschuldungsgrades ökonomisch nicht möglich ist, erscheint es sinnvoller, das Erreichen einer entsprechenden Grenze als Auslöser für bestimmte weitergehende staatliche Maßnahmen zu definieren357. Sollen statt zahlungsorientierter Vorschriften bilanzorientierte Vorschriften zur Quantifizierung eines bestimmten Mindesteigenkapitals kodifiziert werden, kann auf die entsprechenden kritischen Überlegungen zur Begrenzung von Delegationsrisiken verwiesen werden.  Begrenzung des Liquiditätsrisikos durch Gewährung eines staatlichen Finanzierungsspielraumes

Zu den vorstehend angesprochenen, an das Überschreiten einer bestimmten Höhe des Verschuldungsgrades anknüpfender, gläubigerschützenden Maßnahmen könnte das Auftreten des Staates als Financier gehören. Unter bestimmten, genau zu spezifizierenden Voraussetzungen würde demnach ein staatlicher Finanzierungsspielraum geschaffen358. Wie bereits oben kritisch diskutiert, wird diese Variante staatlichen Bankgläubigerschutzes in der Literatur unter dem Begriff des „Lenderof-Last-Resort“ geführt359 und soll die Entstehung eines Runs auf ein einzelnes Kreditinstitut ebenso verhindern wie die Ausweitung zu einer Bankenkrise. Demgegenüber wird bezüglich des ersten Arguments aus der hier vertretenen einzelwirtschaftlichen Perspektive die Auffassung vertreten, dass die Wahrnehmung des Kündigungsrechts Ausdruck eines vertraglich zugesicherten Misstrauensvotums in die zukünftige Kreditwürdigkeit des Einleger-Kreditinstituts ist360 und damit insbesondere keine irrationale Entscheidung bestimmter, insbesondere ökonomisch wenig gebildeter, Einlegergruppen darstellt361. Will der Staat Liquiditätsrisiken für den kündigenden Gläubiger beeinflussen, dann muss seine Mittel357 Vgl. Kapitel 4.4.4.3; sehr deutlich Schneider (2002c), S. 11, der den verpflichtenden Beitritt zu einer Einlagensicherungseinrichtung bei Erreichen bestimmter Mindesteigenkapitalquoten vorschlägt; kritisch zur Quantifizierung der Höhe eines Mindesteigenkapitalbetrages für Kreditinstitute auch Pohl (2001), S. 39 – 56 sowie Paul (2000), S. 284 – 287; ferner bereits Erdland (1981), S. 82 – 101; anderer Auffassung hingegen Burghof (1998), S. 281 – 288. 358 Auf diese Weise werden dem Kreditinstitut die im Bankensystem verbliebenen Mittel direkt wieder zur Verfügung gestellt: Denn diese können in dem hier unterstellten Modellrahmen nur anderen Kreditinstituten als Einlagen zur Verfügung gestellt werden oder als Zahlungsmittel, also als Forderungen gegenüber der Notenbank, im eigenen Kassenbestand gehalten werden. Bei der Analyse des staatlichen Finanzierungsraumes geht es um die Festlegung der vertraglichen Bedingungen dieser letzteren Mittel. 359 Vgl. Pierdzoch / Stadtmann (2004), S. 367; Stillhart (2002), S. 152 f. (m. w. Nw.); Kaiser (1996a), S. 641 – 645; Klische (1995), S. 91 – 94; Zimmer (1993), S. 212 – 221 (m. w. Nw.); ferner bereits Smith (1936 / 1990), S. 185 – 187 (im Ergebnis zustimmend); kritisch Vollmer (1996), S. 195 – 197, der auf die mit dem „Lender of last resort“ verbundenen, nicht unmittelbar transparent werdenden Kosten hinweist; ebenso Schneider (2002c), S. 10. 360 Sehr deutlich hierzu Seifert (1984), S. 124, S. 189 f. und S. 222 f., der darauf hinweist, dass es sich infolge eines fehlenden Sekundärmarktes um einen direkt das Management disziplinierenden Sanktionsmechanismus handelt; ebenso Kaserer (2000a), S. 178 sowie Vollmer (1999b), S. 52 f. 361 Ausführlich zur kritischen Reflexion dieses Arguments Seifert (1984), S. 191 – 193.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

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überlassung auf Situationen beschränkt sein, in denen zwar die Liquidität des Kreditinstituts vorübergehend gefährdet erscheint, ihre grundsätzliche Solvabilität aber außer Frage steht362. Zugleich müssen die mit der staatlichen Mittelüberlassung verbundenen Zinszahlungen deutlich über denen anderer Financiers liegen, da ansonsten für die Eigenfinanciers aus der unbegrenzten Möglichkeit zur Ausweitung des Verschuldungsgrades Anreize zur Abweichung von der ursprünglich avisierten Leistungspolitik mit den hieraus resultierenden Delegationsrisiken bestehen363. Wird die Bereitstellung eines staatlichen Finanzierungsspielraumes gefordert, um die Gefahr der Ausweitung fortgesetzter Kündigungen bei einem Kreditinstitut auf alle anderen Kreditinstitute, also die Gefahr der Entstehung einer Bankenkrise, zu verhindern364, dann könnte eine entsprechende Analyse ebenfalls im Rahmen des risikotheoretischen Ansatzes erfolgen. Voraussetzung wäre die Annahme einheitlicher Beleihungsgrenzen für die Gläubiger aller Einleger-Kreditinstitute: Kündigungsprozesse bei einem Kreditinstitut würden sich dann – unter der Voraussetzung entsprechender Kommunikationsmöglichkeiten der Gläubiger untereinander – unmittelbar auf alle anderen Einleger-Kreditinstitute ausweiten. Eine denkbare Erklärung für die Entstehung derartiger einheitlicher Beleihungsgrenzen könnte in der Existenz staatlicher Normen für die Geschäftspolitik und bilanzorientierte Mindesteigenkapital-Vorschriften von Kreditinstituten365 liegen, auf deren Grundlagen die Fremdfinanciers ihre individuellen Beleihungsgrenzen ableiten366. Kreditinstitute, die entsprechende Regeln berücksichtigen, sind folg362 Fraglich erscheint, ob staatliche Entscheidungsträger zu einer entsprechenden Differenzierung besser in der Lage sind als private Geldgeber, vgl. Stillhart (2002), S. 150 f. Zur Übernahme dieser Aufgabe durch die Liquiditätskonsortialbank in Deutschland vgl. Schnetzer (1983), S. 24 – 27. 363 Vgl. Rathgeber / Wallmeier (2005), S. 521; deutlich auch Vollmer (1996), S. 196; ferner die Ausführungen oben Kapitel 4.4.3.3. 364 Für einen Überblick über verschiedene Erklärungsversuche allgemeiner Bankenkrisen vgl. Allen / Gale (2000), pp. 1 – 6; Schmidt (2001), S. 246 – 260 (m. z. w. Nw.); Burghof (1998), S. 80 – 99; Körnert (1998), S. 73 – 121; ferner Bonn (1998), S. 13 – 64. Speziell zum auf asymmetrisch verteilten Informationen zwischen den Bankgläubigern basierenden „Herdenverhalten“ vgl. Diemo / Vollmer (2005), S. 226 – 240. Weiterführend im Rahmen von Marktgleichgewichtsmodellen Peck / Schell (2003), pp. 103 – 123; Diamond / Rajan (2001a), pp. 290 – 327 (m. w. Nw.); Chen (1999), pp. 946 – 968; Jacklin / Bhattacharya (1988), insbes. pp. 570 – 585. Zur ökonomischen Analyse realer Bankenkrisen vgl. Vollmer (2000b), S. 161 – 174 (Russland) und Kaserer (2000b), insbes. S. 6 – 24 (Krise in Deutschland 1931; im Ergebnis kritisch). 365 Für einen ausführlichen Überblick zur Funktionsweise und Effizienz entsprechender staatlicher Regelungen Burghof (1998), S. 102 – 172 und Stillhart (2002), S. 163 – 243. 366 Die Vereinheitlichung der Beleihungsgrenze kann in Abhängigkeit von den für B relevanten Variablen auch andere Ursachen haben. Eine wichtige, in der Literatur diskutierte, besteht in exogenen Schocks, wie einer allgemeinen Wirtschaftskrise. Vgl. hierzu insbes. Seifert (1984), S. 189; ferner Schmidt (2001), S. 271 – 273 und Kaserer (2000b), S. 6 – 24, der im Rahmen einer empirischen Analyse der deutschen Bankenkrise von 1931 exogene Schocks infolge verfehlter Wirtschaftspolitik als Ursache identifiziert. Er gelangt folglich zu dem Er-

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lich gerade deshalb in ihrer Existenz gefährdet, weil sie diese Vorgaben berücksichtigen367. Denn die individuelle Ableitung von Beleihungsgrenzen der Bankgläubiger wird substituiert durch eine an staatlichen Vorgaben orientierte. Zur Verhinderung fortgesetzter Kündigungsprozesse müsste das Ziel bei der Konzipierung staatlicher Maßnahmen folglich gerade in der Information über die Heterogenität der Partizipationsmöglichkeiten an unsicheren Ergebnissen von Kreditinstituten und hieraus resultierenden institutsindividuellen Finanzierungsspielräumen bestehen368. Kommt es gleichwohl zu einem Prozess fortgesetzter Kündigungen bei allen Kreditinstituten, handelt es sich um ein Misstrauensvotum gegen die durch Einleger-Kreditinstitute vertraglich zugesicherte jederzeitige Umwandelbarkeit in staatliche Zahlungsmittel. Unabhängig von den möglichen Ursachen einer Krisensituation können nur geldpolitische Maßnahmen der Notenbank einem derartigen Vertrauensverlust entgegen steuern369. Reduktion von Interessenkonflikten zwischen kündigendem und verbleibendem Gläubiger  Begrenzung des Liquiditätsrisikos durch Vorgabe von Liquiditätsregeln

Interessenkonflikte zwischen kündigenden und im Kreditinstitut verbleibendem Gläubiger können dann vermieden werden, wenn die Durchführung liquiditätspolitischer Anpassungsmaßnahmen die ursprüngliche Unsicherheitsstruktur der Ergebnisse des Kreditinstituts nicht oder nur geringfügig beeinflusst. Zur Sicherung einer entsprechenden Risikotragfähigkeit370 werden in der Literatur untergebnis, dass das Mißtrauen in die Funktionsfähigkeit von Bankdienstleistungsmärkten eines der „wichtigsten historischen Mißverständnisse“ (S.25) sei; ähnlich auch Kaserer (2000a), S. 180 – 185 im Rahmen einer Analyse der durch die Herstatt-Krise befürchteten Kettenreaktionen. Ein „erschöpfender“ Überblick über die Ursachen von Bankenkrisen findet sich auch bei Körnert (1998), S. 102 – 121. 367 Allgemein zur Bedeutung von Rahmenbedingungen für die Krisenanfälligkeit von Banken Schmidt (2001), S. 247 – 251. Sehr deutlich bereits auch Hoffmann (1967), S. 254: „Damit involvieren diese Konventionen die Gefahr, daß der Zusammenbruch einer oder weniger Banken bei den Bankgläubigern die Vorstellung erweckt, die Zahlungsfähigkeit aller Depositenbanken sei unmittelbar bedroht, nicht obwohl sie sich an die Konventionen gehalten, sondern gerade weil sie diese beachtet haben [Hervorhebungen im Original]“; ebenso Seifert (1984), S. 193. Für eine modelltheoretische, marktgleichgewichtsorientierte Analyse vgl. Allen / Gale (2004), pp. 10 – 18. 368 Im Ergebnis ähnlich Krümmel (1984), insbes. S. 483; Klische schlägt hierzu ein verpflichtendes Rating durch eine auf Kreditinstitute spezialisierte Rating-Agentur vor, vgl. Klische (1995), S. 102 – 142. 369 Sehr deutlich hierzu Seifert (1984), S. 187 f. Kaserer (2000a), S. 179 – 181 stellt in diesem Zusammenhang die These auf, dass Bankenkrisen überwiegend bei hoher Regulierung des Bankensektors auftreten und in Free-Banking-Systemen mit privater Notenemission empirisch nicht beobachtbar sind. Ein diesbezügliches Forschungsdefizit beklagt Schmidt (2001), S. 247. Ähnlich auch Engels (1977), S. 194 – 198, der die Überlegenheit von Real-Asset-Banken gegenüber Kreditbanken verdeutlicht. Zum Free-Banking vgl. auch oben die Ausführungen in Kapitel 3.2.2.2.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

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schiedliche Arten von Liquiditätsregeln diskutiert, deren Konstruktion eine Quantifizierung der zu berücksichtigenden Zahlungsverpflichtungen einerseits und Systematisierung und Bewertung der zu ihrer Erfüllung geeigneten liquiditätspolitischen Anpassungsmöglichkeiten andererseits voraussetzt371. Zur Quantifizierung der zu erfüllenden Zahlungsverpflichtungen sind ausgehend von dem Totalabzug aller Einlagen beliebige Abstufungen denkbar372. Wegen der modellgestützt verdeutlichten Interdependenz der Kündigungsentscheidung von Bankgläubigern ist nur eine am Maximalbelastungsfall ausgerichtete Liquiditätsvorsorge geeignet, Interessenkonflikte zwischen den Gläubigern zu verhindern: Das Institut muss jederzeit in der Lage sein, alle Rückzahlungsverpflichtungen unabhängig von ihrer faktischen Fälligkeit zu erfüllen373. Hinsichtlich der Erfassung und Quantifizierung liquiditätspolitischer Anpassungsmaßnahmen durch Liquiditätsregeln ist zwischen der Liquiditätsreserve und Cash-Flow-Management zu differenzieren. Steht im Mittelpunkt dieser liquiditätspolitischen Anpassungsmöglichkeiten aus Kostenüberlegungen die Veräußerung der Vermögensgegenstände des Kreditinstituts, dann bilden neben den Transaktionskosten die bei vorzeitiger Veräußerung zu erwartenden Liquidationsdisagien374 die relevante Beurteilungsgröße. Übersteigen die bei Liquidation einzelner Vermögensgegenstände hinzunehmenden Wertverluste das Reinvermögen des Kreditinstituts, tritt Insolvenz ein. Dessen Höhe begrenzt folglich die liquiditätspolitischen Handlungsmöglichkeiten eines Einleger-Kreditinstituts375. Staatliche Maßnahmen zur Beseitigung von Interessenkonflikten können also darauf ausgerichtet sein, die Abtretungsfähigkeit der Vermögensgegenstände zu verbessern oder auf eine hinreichende Dimensionierung des Reinvermögens zielen376. 370 Vgl. Bonn (2006), S. 193 – 232 sowie Brüggestrat (1990), S. 121 – 157, S. 228 – 243. Beide Autoren weisen darauf hin, dass auch die Entstehung von Liquiditätsregeln beeinflusst werden kann. 371 Grundlegend hierzu sind die Ausführungen von Krümmel (1968), S. 255 f. Zur Konzeptionierung einer „Liquiditätsrisikoposition“ als Grundlage zur staatlichen Begrenzung des Liquiditätsrisikos von Kreditinstituten vgl. Brüggestrat (1990), insbes. S. 121 – 243. Zusammenfassend Mantzke (1994), S. 116 – 156. Zu einer ausführlichen Darstellung und kritischen Würdigung der in Deutschland geltenden Liquiditätsvorschriften für Kreditinstitute vgl. Schöning (2004), S. 391 – 413 sowie S. 537 – 571; für einen europäischen Vergleich dieser Regelungen Mantzke (1994), S. 157 – 248. 372 Bonn (2006), S. 227 – 232 klassifiziert für Nicht-Kreditinstitute neben dem Maximalbelastungsfall zwei Belastungsfälle: Den Normalbelastungsfall und den negativen Belastungsfall. 373 Grundlegend Stützel (1959a), S. 773 – 782; ihm folgend Hoffmann (1967), S. 78 – 92; Krümmel (1968), insbes. S. 279 – 285; Engels (1969), S. 60 – 65; Krümmel (1984), insbes. S. 478 – 488 sowie Körnert (1998), insbes. S. 94 – 102 und Körnert (2000), S. 87 – 93. 374 Grundlegend Stützel (1959a), S. 774 – 777, insbes. S. 777. 375 Vgl. Schmidt (1979), S. 714 f.; kritisch zur ausschließlichen Berücksichtigung der Höhe des Reinvermögens zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit Schöning (2004), S. 387 – 390. 376 Sehr deutlich Stützel (1973), S. 95: „Wer Gläubigerschutz … betreibt … muß nicht auf Gewinnsicherung achten, sondern viel eher … die Aktiven der Kreditinstitute ansehen, ihre

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Da die Bedeutung funktionsfähiger Sekundärmärkte für die Abtretungsfähigkeit bereits als zielgerichtete Maßnahme zum Schutz von Bankgläubigern erläutert wurde377 beschränken sich die weiteren Überlegungen auf die Quantifizierung eines hinreichenden Reinvermögens. Zur Quantifizierung der maximal durch Cash-Flow-Management für ein Kreditinstitut hinnehmbaren Wertverluste, und damit mittelbar der Höhe des notwendigen Reinvermögens, existiert das von Stützel konzipierte Instrument der „Solvabilitätsbilanz“378 später von ihm speziell für Kreditinstitute auch als „Einlegerschutzbilanz“ bezeichnet379. Ausgehend von der Bilanz handelt es sich hierbei um ein Messkonzept zur Abschätzung der Liquidationswerte aller Vermögensgegenstände des Kreditinstituts, die den Zahlungsverpflichtungen aus allen Fremdfinanzierungskontrakten gegenübergestellt werden380. Als wesentliche – von ihm ausschließlich berücksichtigte381 – Determinanten der Liquidationswerte von Vermögensgegenständen des Kreditinstituts identifiziert Stützel neben dem Insolvenzeintrittsrisiko das Zinsänderungsrisiko382. Zur Erfassung der Reagibilität der Vermögensgegenstände des Einleger-Kreditinstituts auf Marktzinsänderungen schlägt Stützel die Durchführung einer Sensitivitätsanalyse vor, als deren Ergebnis ein institutsindividueller kritischer Zins ermittelt wird, zu dem das vorhandene Reinvermögen gerade vollständig durch Liquidationsdisagien aufgebraucht wird383. Stützel konzipiert mit der Einlegerschutzbilanz ein einfach strukturiertes Aufsichtsinstrument, das keine staatlichen Vorgaben zur Art liquiditätspolitischer Anpassungsmaßnahmen beinhaltet und statt darin zum Ausdruck gelangender Anmaßung staatlichen Wissens die individuelle Eigenverantwortlichkeit der Eigenfinanciers des Einleger-Kreditinstituts in den Vordergrund stellt: Solange die Einlegerschutzbilanz keine Unterdeckung aufweist, sind die Kreditinstitute in ihren Art und Zusammensetzung, die Art der darin steckenden Verlustrisiken [Hervorhebung im Original]“. Ähnlich Schmidt (1979), S. 714 f.: “Das Eigenkapital einer Bank läßt sich als ihr „Transformationspotential“ interpretieren.“ 377 Vgl. oben Kapitel 4.4.2.4; kritisch zur Möglichkeit einer Begrenzung von Liquiditätsrisiken durch funktionsfähige Sekundärmärkte aufgrund empirischer Beobachtungen Mantzke (1994), S. 103 – 106. 378 Vgl. Stützel (1959a), S. 774 f. 379 Vgl. Stützel (1964a), Tz. 84 – 102. 380 Zu einer anschaulichen graphischen Verdeutlichung vgl. Körnert (1998), S. 96 und S. 97 f. 381 Kritisch zu den vernachlässigten Determinanten der Transaktionskosten und der Markttiefe Krümmel (1968), S. 284 f., zu weiteren Kritikpunkten an der Einlegerschutzbilanz ferner S. 298 – 302. 382 Grundlegend Stützel (1959a), S. 775 – 779. 383 Grundlegend hierzu Stützel (1959a), S. 778 – 781, durch Ermittlung des kritischen Zinssatzes wird das Ausmaß, in dem ein Kreditinstitut Fristentransformation betreiben kann, limitiert; vgl. ferner Stützel (1964a), Tz. 89; Hoffmann (1967), S. 231 – 236, sowie Krümmel (1969), S. 291 – 297. Körnert sieht hier Parallelen zur aktuell in der Bankbetriebslehre diskutierten Methode des „Value at Risk“, vgl. Körnert (2000), S. 90 und S. 92 f.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

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geschäftspolitischen Entscheidungen keinen staatlichen Maßnahmen unterworfen. Ihnen wird vielmehr weitreichender Gestaltungsfreiraum zum Umgang mit den aus Wahrnehmung der Transformationsfunktionen resultierenden Risiken eingeräumt. Die Einlegerschutzbilanz ist deshalb von Stützel nicht als Publizitätsinstrument zur Information potentieller oder aktueller Financiers384 konzipiert. Vielmehr soll dieses Rechenwerk ausschließlich staatlichen Entscheidungsträgern als Informations- und Legitimationsgrundlage dazu dienen, „durch förmliche Darstellung von Risikosachverhalten gläubigerschützende Rechtsfolgen auszulösen385“. Nur dann, wenn Bankgläubiger durch ungedeckte Liquidationsdisagien zu Schaden kommen könnten, besteht für die Bankaufsichtsbehörden das Recht zu weitergehenden Maßnahmen386. Im Mittelpunkt risikotheoretisch fundierter Schutzmaßnahmen hinsichtlich des Eintritts von Liquiditätsrisiken während der Kontraktlaufzeit stehen folglich institutsindividuelle Maßnahmen zur Steuerung der Determinanten dieses Risikos. Kreditinstitute werden hierzu indirekt durch Aufstellung und Prüfung der Einlegerschutzbilanz sowie den angekündigten insolvenzrechtlichen Sanktionsmaßnahmen bei Unterdeckung verpflichtet. Stützel fordert konsequenterweise „das bestehende Gefüge von Notmaßnahmen abzubauen und durch eine freiheitlichere Regelung zu ersetzen … Die Erfüllung dieser Aufgabe würde … auch für die Rechtsträger, die das Bankgewerbe betreiben, eine einheitliche freiheitliche und soziale Rechts- und Wirtschaftsordnung schaffen387“.  Begrenzung des Liquiditätsrisikos durch Einlagensicherung

Interessenkonflikte zwischen kündigendem und verbleibendem Gläubiger können infolge von Sekundäreffekten auftreten, wenn sich der Finanzierungsspielraum wegen Abhängigkeit der Beleihungswilligkeit potentieller Gläubiger vom beobachteten Kündigungsverhalten verringert. Zurückzuführen ist dieses Verhalten auf ein gesunkenes Vertrauen potentieller Fremdfinanciers in die Sicherheit 384 Anderer Auffassung hingegen Hoffmann (1967), S. 258 f., der in der Einlegerschutzbilanz auch ein sachgerechtes Instrument zur Kreditwürdigkeitsprüfung durch potentielle Gläubiger von Kreditinstituten sieht. 385 Stützel (1964a), Tz. 81, ferner Tz. 92, Tz. 101 und Tz. 102. Stützel hatte hierbei die gläubigerschützenden Rechtsfolgen des Aktienrechts, z. B. Ausschüttungsgrenzen, als Vorbild. Sehr deutlich zur Funktion der Einlegerschutzbilanz auch Krümmel (1984), S. 484 – 486 und jetzt Bigus / Grein (2006), S. 447 – 450 und 453 – 455. Zur Bedeutung des Eigenkapitals als Auslösemechanismus für gläubigerschützende Maßnahmen in Gefahrensituationen allgemein auch Erdland (1981), S. 64 – 66 sowie S. 79 – 101. Derzeit werden derartige Solvenztests (auch als „Solvency Tests“ bezeichnet) als Mittel des Gläubigerschutzes im Rahmen der Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS diskutiert, vgl. hierzu Pellens / Crasselt / Sellhorn (2007), insbes. S. 272 – 279. 386 Im Einzelnen hierzu Stützel (1964a), Tz. 92. Stützel schlägt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Kreditinstitut vor. 387 Stützel (1964a), Tz. 107; ähnlich kritisch zur ökonomischen Fundierung bestehender staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten bereits Stützel (1959a), S. 780.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

ihrer Zahlungsansprüche. Wie bereits oben erläutert, können Kreditinstitute zum einen selbst die institutsindividuelle Sicherheit durch geeignete geschäftspolitische Maßnahmen und entsprechende Informationspolitik kommunizieren388. Zum anderen könnte die Bereitschaft zur Mittelvergabe durch Garantie der Sicherheit der überlassenen Mittel im Insolvenzfall beeinflusst werden. Hierzu stehen zwei konkurrierende institutionelle Lösungsansätze zur Verfügung: Entweder übernimmt der Staat eine Garantie der Einlagen389 oder es werden private Maßnahmen durch staatliche Entscheidungsträger zwingend vorgeschrieben, wobei wiederum zwischen der Bildung einer Solidargemeinschaft durch die Kreditinstitute390 einerseits und Abschluss eines Einlagen-Versicherungvertrages391 andererseits zu unterscheiden ist. Ohne an dieser Stelle einen abschließenden Abgleich beider Varianten vornehmen zu können392, erwirbt das Einleger-Kreditinstitut bei der Versicherungslösung gegen Zahlung einer Versicherungsprämie für den Fall der Insolvenz einen Rechtsanspruch auf Zahlungen genau in Höhe ihrer Einlagen gegenüber einem Dritten. Demgegenüber können Solidargemeinschaften der Kreditinstitute beliebige individuelle Kontrakte über die Höhe der zu entrichtenden Beiträge, den Ausschluss eines Rechtsanspruchs sowie die Höhe der gesicherten Einlagen miteinander vereinbaren. Die maximale Höhe der gesicherten Einlagen wird zudem bei einer Solidargemeinschaft durch deren Gesamtvermögen begrenzt393, wohingegen bei der Versiche388 Vgl. oben Kapitel 4.4.2.4 kritisch hierzu aufgrund der mit diesen Maßnahmen verbundenen Free-Rider-Problematik Seifert (1984), S. 198 – 200. 389 Vgl. hierzu im Ergebnis kritisch Zimmer (1993), S. 225 f. 390 Aus theoretischer Sicht vgl. hierzu Wolf (1999), S. 175 – 267, S. 332 – 410 (für ein System von Einlegerbanken), S. 445 – 495 (für ein System von Aktionärsbanken). Zur Ausgestaltung entsprechender realer Einlagensicherungssysteme aus ökonomischer Perspektive sehr ausführlich Steden (2002), S. 123 – 213; ferner Schöning / Nolte (2004), S. 421 – 432; Kaserer (2000a), S. 173 – 181; Mantzke (1994), S. 106 – 115. Unter Hinweis auf die Entbindung der Gläubiger von ihrer Beobachtungspflicht kritisch gegen jede Art der Einlagensicherung Dowd (1996), p. 683. Für eine Analyse der Einlagensicherung aus juristischer Perspektive vgl. hingegen Dowe (2000), insbes. S. 9 – 119 sowie Dreher (1998), passim. 391 Ausführlich zur kritischen Diskussion der Vor- und Nachteile dieser, in der Literatur vernachlässigten Variante, bankgläubigerschützender Maßnahmen bereits Seifert (1984), insbes. S. 253 – 261 sowie S. 266 – 316 und Schnetzer (1983), insbes. S. 122 – 392; ferner Homölle (1999), S. 56 – 61; Stillhart (2002), S. 139 – 143 (m. w. Nw.); Wolf (1999), S. 39 – 45; Klische (1995), S. 101 – 107; Zimmer (1993), S. 226 – 230 sowie am Rande Steden (2002), S. 107; stärker aus modelltheoretischer Perspektive Diemo / Vollmer (2005), S. 245 – 254 (im Ergebnis kritisch). Für Nicht-Kreditinstitute diskutiert Bonn (2006), S. 200 – 205 die grundsätzliche Versicherbarkeit des Liquiditätsrisikos. Eine Übersicht über die Theorie der Versicherungsunternehmen geben Börner (2004), S. 494 – 500 (m. w. Nw.) und Horsch (2004), S. 531 – 536 (m. w. Nw.). 392 Für einen kritischen Vergleich verschiedener Sicherungsmöglichkeiten aus theoretischer Sicht Erlei / Springmann (2001), S.É118 – 128 sowie ausführlich im Rahmen eines marktgleichgewichtsorientierten Modells Wolf (1999), S. 81 – 501. 393 Für den Versuch einer Quantifizierung des Gesamtvermögens der privaten Einlagensicherungssysteme in Deutschland vgl. Steden (2002), S.?– 164.

4.4 Gläubigerrisiken bei Einleger-Kreditinstituten

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rungslösung ergänzend das Vermögen des Versicherungsunternehmens zur Verfügung steht.  Begrenzung des Liquiditätsrisikos durch Förderung heterogener Gläubiger-Strukturen

Interessenkonflikte zwischen kündigendem und verbleibendem Gläubiger können dann sicher ausgeschlossen werden, wenn eine Substitution durch Gläubiger mit nachrangigen Ansprüchen erfolgt. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang die staatliche Förderung eines Marktes für durch Kreditinstitute emittierte nachrangige Anleihen diskutiert394: Auf dem Primärmarkt käme der seitens dieser Geldgeber geforderten Risikoprämie eine disziplinierende Wirkung zu, da dem Kreditinstitut unmittelbar eine Grenze seines Finanzierungsspielraumes kommuniziert wird. Zusätzlich könnte die Unfähigkeit eines Einleger-Kreditinstituts zur Platzierung nachrangiger Anleihen staatlichen Entscheidungsträgern als Indikator zur Einleitung weitergehender Maßnahmen dienen. Ebenso könnten auf den Sekundärmärkten für nachrangige Anleihen in den Marktpreisen zum Ausdruck gelangende Veränderungen der Bonitätseinschätzung eines Kreditinstituts als Auslöser für sanktionierende staatliche Maßnahmen herangezogen werden. Entsprechende Maßnahmen könnten demgemäß nur subsidiär zu den disziplinierend wirkenden Forderungen potentieller Gläubiger zum Einsatz gelangen395.  Bereitstellung von Informationen zur Ermöglichung der Sanktionierung unerwünschter liquiditätspolitischer Anpassungsmaßnahmen

Zur Verdeutlichung der Existenz und des Umfangs der für Gläubiger von idealtypischen Einleger-Kreditinstituten potentiell relevant werdenden Liquiditätsrisiken besteht ein weiterer sinnvoller Ansatzpunkt für staatliches Handeln in Vorschriften zur laufenden Publizität von Plan-Finanzrechnungen396. Hierdurch werden Geldgebern Informationen zur individuellen Abschätzung des bei einzelnen Kreditinstituten bestehenden Liquiditätsrisikos zur Verfügung gestellt und eine sachliche Fundierung der Entscheidung zur Mittelrückforderung durch Kon394 Für einen Überblick vgl. stellvertretend für viele Bigus / Prigge (2001), insbes. S. 108 – 122 (m. w. Nw.) sowie S. 123 – 132 zu den möglichen Nachteilen eines staatlichen Einsatzes; zu den Effekten nachrangiger Anleihen modelltheoretisch Homölle (1999), S. 190 – 212; zu den Besonderheiten nachrangiger Anleihen aus juristischer Sicht vgl. Kalss / Schauer (2002), S. 347 – 355 (m. w. Nw.). 395 Im Ergebnis ebenso Paul (2000), S. 297: „Marktdisziplinierung statt Regulierung wäre das Gebot [Hervorhebungen im Original]“. Paul kritisiert aus der Perspektive der evolutorischen Wirtschaftstheorie sowohl die quantitative als auch die „qualitative“ Bankenaufsicht als verfehlt, vgl. hierzu S. 284 – 296; ähnlich auch Vollmer (1996), S. 197, der auf die disziplinierende Wirkung handelbarer Anteilsrechte verweist. 396 Ausführlich zur Bedeutung der Finanzrechnung und den Möglichkeiten ihrer Integration in die Erfolgsrechnung bereits Chmielewicz (1972), S. 52 – 58, S. 101 – 104 sowie zu den Schwierigkeiten von Planungsrechnungen S. 111 – 122. Speziell zu den Grundsätzen der Finanzplanung bereits Krümmel (1964), hier insbes. S. 228 – 236. Kritisch gegen die Bereitstellung eines theoretisch wünschenswerten vollständigen Finanzplanes aus pragmatischen Gründen Lach (2003), S. 158.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

traktkündigung erreicht397, die einer indirekten Ableitung des Cash-Flows zur Abschätzung der Rückzahlungsfähigkeit des Kreditinstituts aus Daten des Jahresabschlusses überlegen ist398. Zu einer abschließenden Verdeutlichung der verschiedenen Erscheinungsformen des Liquiditätsrisikos und der zu seiner Verringerung aus einzelwirtschaftlicher Sicht geeigneten Maßnahmen dient die folgende tabellarische Übersicht (vgl. Abbildung 4.55). Erscheinungsformen von Liquiditationsrisiken nach Gläubiger Risiko des kündigenden Gläubigers

Zielgerichtete staatliche Maßnahmen Beseitigung des Risikos Änderung der Geldordnung Reduktion des Risikos  Organisation sekundärer Finanzmärkte  Vorgaben zur Struktur des Gesamtvermögens  Vorschriften zur Begrenzung der Höhe des Verschuldungsgrades  Bereitstellung eines staatlichen Finanzierungsspielraums Information über das Risiko

Risiko des verbleibenden Gläubigers

Beseitigung des Risikos Änderung der Geldordnung Reduktion des Risikos  Vorgaben zur Struktur des Gesamtvermögens  Liquiditätsregeln  Einlagensicherung  Heterogenität der Ansprüche der Fremdfinanciers Information über das Risiko

Abbildung 4.55: Liquiditätsrisiken von Bankgläubigern und Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen

4.5 Zwischenergebnis In diesem Kapitel wurde mit dem risikotheoretischen Untersuchungsansatz ein einzelwirtschaftlicher Ansatz zur positiven Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten vorgestellt. Entsprechend den einleitend aufgestellten drei An397 Ähnlich Klische (1995), S. 97 f., die aufbauend auf einem derartigen Informationssystem zur Fundierung der Kündigungsmöglichkeit des Bankgläubigers andere staatliche Maßnahmen für obsolet erachtet. 398 Zu den aus der mangelnden theoretischen Fundierung dieser Kennzahl resultierenden Problemen sehr deutlich Chmielewicz (1972), S. 58 – 66; ferner Bitz / Terstege (2002), S. 26 – 29 (m. w. Nw.).

4.5 Zwischenergebnis

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forderungskriterien an eine modellgestützte ökonomische Analyse ermöglicht der risikotheoretische Ansatz erstens eine einzelwirtschaftliche Erklärung der durch idealtypische Kreditinstitute als Finanzintermediäre i. e. S. erbrachten Leistungen. Zweitens werden Interessenkonflikte modellendogen als Kriterium zur Fundierung einer ökonomisch sinnvollen Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen staatliche Maßnahmen abgeleitet. Diese können drittens als Grundlage zur kritischen Reflexion bestehender realer gesetzlicher Vorschriften gegenüber Kreditinstituten verwendet werden, da die Beseitigung von Interessenkonflikten auch ein in der rechtswissenschaftlichen Literatur akzeptiertes Kriterium zur zielgerichteten Gestaltung gesetzlicher Normen bildet. Im Einzelnen wurde dieses Zwischenergebnis wie folgt abgeleitet:  Unter der Annahme von Unsicherheit über künftige Entwicklungen werden im Rahmen des risikotheoretischen Ansatzes rechtliche Vertragsgestaltungen als Möglichkeiten zur Partizipation an den mit einem bestimmten Vermögensbestand verbundenen Ergebnissen analysiert. Damit wird eine Grundlage zur Annäherung rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Forschung ermöglicht. Individuelle vertragliche Vereinbarungen können darauf zielen, die mit einem Vermögensgegenstand verbundenen Chancen und Risiken entsprechend individuellen Vorgaben zu verteilen, oder mit dieser Aufteilung möglicherweise einhergehende Interessenkonflikte zwischen den Vertragspartnern zu beeinflussen.  Sonstige idealtypische Unternehmen existieren aus der Perspektive dieses Ansatzes, um im Rahmen geschäftspolitischer Maßnahmen durch Zusammenlegung verschiedener Sachvermögensbestände eine Transformation der mit diesen originär verbundenen Chancen und Risiken zu erzielen. Zur Partizipation an der sich neu ergebenden Unsicherheitsstruktur der Ergebnisse des Unternehmens eröffnen verschiedene rechtliche Gestaltungen von Finanzkontrakten unterschiedliche Möglichkeiten. Während idealtypische Eigenfinanciers vollständig an der Chance-Risiko-Struktur partizipieren, erfolgt auf der Grundlage idealtypischer Fremdfinanzierungskontrakte eine Risikotransformation durch Teilung der Chancen und Risiken zwischen Eigen- und Fremdfinanciers. Für die Dauer der Mittelüberlassung sehen sich Fremdfinanciers unterschiedlichen Erscheinungsformen von Finanzierungsrisiken ausgesetzt, die auf asymmetrische Informationsverteilung, asymmetrische Einflussmöglichkeiten und asymmetrische Beurteilungen zurückzuführen sind.  Hierauf aufbauend existieren idealtypische Finanzintermediäre i. e. S., um die mit verschiedenen originären Finanzkontrakten verbundenen Chancen und Risiken durch geschäftspolitische Maßnahmen zu verändern. An der sich neu ergebenden Unsicherheitsstruktur der Ergebnisse entsprechender Intermediäre partizipieren dann deren Financiers in der beschriebenen Form. Da die originären Finanzkontrakte rechtliche Gestaltungsformen zur Transformation der mit Sachvermögensbeständen einhergehenden Chancen und Risiken darstellen, sind diese mittelbar auch für die Financiers von Finanzintermediären i. e. S. weiter relevant.

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

 Kreditinstitute können im Rahmen des risikotheoretischen Untersuchungsansatzes als spezielle Erscheinungsform idealtypischer Finanzintermediäre i. e. S. nach dem Umfang der erbrachten Risikotransformation definiert und klassifiziert werden: Idealtypische Eigentümer-Kreditinstitute zielen durch geschäftspolitische Maßnahmen darauf, eine einfache Transformation der mit originären Finanzkontrakten verbundenen Finanzierungsrisiken zu erreichen. Demgegenüber erbringen idealtypische Gläubiger-Kreditinstitute eine mehrfache Risikotransformation, indem geschäftspolitische Maßnahmen mit der Durchführung verschuldungspolitischer Maßnahmen kombiniert werden. Idealtypische Einleger-Kreditinstitute schließlich zielen auf den Einsatz spezieller verschuldungspolitischer Maßnahmen, indem sie jederzeitig kündbare Fremdfinanzierungskontrakte anbieten und damit zu Geldanbietern werden.  Wie bereits erwähnt, bildet die Existenz von Interessenkonflikten den Referenzmaßstab für staatliches Handeln innerhalb des risikotheoretischen Ansatzes. Deshalb wurden verschiedene Arten von Interessenkonflikten unterschieden, die zu unterschiedlichen Erscheinungsformen von Bankgläubigerrisiken führen. Die Ableitung von Ansatzpunkten für zielgerichtete staatliche Maßnahmen gegenüber idealtypischen Einleger-Kreditinstituten setzt voraus, dass die zugrundeliegenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge verdeutlicht wurden, und die Diagnose von Interessenkonflikten ohne ergänzende Kenntnis der Präferenzen der Financiers möglich ist.  In der Entscheidungsphase wurden für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten Informationsrisiken aufgrund von Asymmetrien in der Informationsverteilung zwischen Eigen- und Fremdfinanciers präzisiert. Hierauf aufbauend konnten Informationsrisiken bei symmetrischen Informationsständen und bei asymmetrischen Informationsständen klassifiziert werden.

Hinsichtlich der Beeinflussung von Informationsrisiken bei symmetrischen Informationsständen, die auf Planungsfehler zurückzuführen sind, verfügen staatliche Entscheidungsträger über keinerlei Möglichkeiten zur vollständigen Beseitigung entsprechender Risiken. Sie können allenfalls auf eine Benennung der Grenzen ihrer Prognostizierbarkeit hinwirken oder ihr Ausmaß beschränken. Als hierzu geeignete Instrumente wurden Vorschriften zur Veröffentlichung von Planungsrechnungen und Maßnahmen zur Beeinflussung der Fähigkeit des Kreditinstituts zur Übernahme entsprechender Informationsrisiken abgeleitet. Diese Fähigkeit wird determiniert durch den Grad der Anpassungsflexibilität von Kreditinstituten an neu zugehende Informationen. Diese wird von den Möglichkeiten zur Korrektur geschäftpolitischer Maßnahmen durch Veräußerung der Vermögensgegenstände bestimmt. Deshalb sind staatliche Maßnahmen zielgerichtet, die entweder auf eine Verbesserung des Organisationsgrades sekundärer Finanzmärkte zielen oder aber Vorgaben zur Veröffentlichung spezieller Rechenwerke machen, die den aus Gläubigersicht maximal tolerierbaren Umfang mit der Veräußerung von Vermögensgegenständen verbundener Liquidationsverluste quantifizieren. Zur Beeinflussung von Informationsrisiken bei asymmetrischen Informationsständen,

4.5 Zwischenergebnis

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die auf Fehlverhalten der Eigenfinanciers zurückzuführen sind, bestehen für staatliche Entscheidungsträger ebenfalls nur wenige Ansatzpunkte. Dies gilt zum einen deshalb, weil Gläubiger idealtypischer Einleger-Kreditinstitute mit der Wahrnehmung ihres Kündigungsrechts über ein effizientes Sanktionsinstrument verfügen. Zum anderen können Informationsrisiken ohne detaillierte Kenntnis der Risikoeinstellung der Bankgläubiger nicht sicher diagnostiziert werden. Dementsprechend sollten sich staatliche Maßnahmen auf die Kodifikation von manipulationsfreien Rechnungslegungsvorschriften zur Reduktion von Informationsrisiken über die Ausgangssituation beschränken. Informationsrisiken zur Begrenzung von Fehlinformationen über geschäftspolitische Handlungsalternativen könnten in Form einer ordnungspolitischen Grundsatzentscheidung durch Etablierung eines Trennbanksystems erfolgen.  In der Vertragsphase wurden für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten Delegationsrisiken aufgrund asymmetrischer Verteilung der Gestaltungskompetenz hinsichtlich geschäftspolitischer Maßnahmen präzisiert und als Referenzmaßstab die durch ein idealtypisches Eigentümer-Kreditinstitut durchgeführte Geschäftspolitik verwendet. Durch Klassifikation der geschäftspolitischen Handlungsmöglichkeiten in leistungs- und verschuldungspolitische Maßnahmen war dann eine weitere Präzisierung und Analyse der Delegationsrisiken möglich, auf deren Grundlage nur wenige Ansatzpunkte für sinnvolle staatliche Maßnahmen abgeleitet werden konnten.  Zum Ersten konnten Delegationsrisiken bei einer ceteris-paribus-Variation des Finanzierungsprogramms ohne weitere Kenntnisse der Risikoeinstellungen nur dann sicher diagnostiziert werden, wenn die durch Erhöhung des Verschuldungsgrades zusätzlich beschafften Mittel zur Ausschüttung an die Eigenfinanciers des Einleger-Kreditinstituts verwendet werden.

Da die Ursachen für ein entsprechendes Verhalten in der Differenz zwischen Markt- und Einlagen-Zins liegen, wäre eine Veränderung der Geldordnung eine ordnungspolitische staatliche Maßnahme zur Beseitigung dieses Risikos. Alternativ bestünden zur Begrenzung entsprechender Risiken geeignete Instrumente in der Kodifikation eines zahlungsorientierten Rechenwerkes, auf dessen Grundlage eine Begrenzung der Ausschüttungen an die Eigenfinanciers und der Höhe des Verschuldungsgrades möglich wäre.  Zum Zweiten konnten auch Delegationsrisiken bei einer ceteris-paribus-Variation des Investitionsprogramms nur für den Spezialfall einer Verringerung des Zerfällungsgrades eindeutig diagnostiziert werden. Zusätzlich hat die Höhe des Verschuldungsgrades Einfluss auf die Anreize der Eigenfinanciers zu gläubigerschädigendem Verhalten.Da staatliche Vorgaben zur Verwirklichung einer bestimmten Leistungspolitik als Möglichkeit zur Beseitigung entsprechender Delegationsrisiken den Grundprinzipien einer marktwirtschaftlichen Ordnung entgegenstehen, bestehen lediglich Ansatzpunkte für eine Begrenzung dieser Erscheinungsform von Delegationsrisiken. Diese können entweder in Vorgaben zur Risikotransfor-

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4 Positive Analyse staatlicher Maßnahmen

mation bestehen oder auf der Basis eines zahlungsorientierten Rechenwerkes die Höhe des Verschuldungsgrades begrenzen.  Zum Dritten schließlich konnten Delegationsrisiken bei einer Erhöhung des Geschäftsvolumens nur für den Spezialfall einer strukturneutralen Beschaffung der liquiden Mittel und deren Verwendung zur Verringerung des Zerfällungsgrades ohne ergänzende Annahmen über die Risikopräferenzen der Eigen- oder Fremdfinanciers diagnostiziert werden.

Dementsprechend lassen sich nur begrenzt Anatzpunkte für zielgerichtete staatliche Maßnahmen ableiten. Diese können zur Begrenzung von Interessenkonflikten in der Vorgabe von Vorschriften zur Risikotransformation bestehen, oder in Vorgaben von Höchstgrenzen für den Verschuldungsgrad bestehen.  Abschließend konnten für Gläubiger von Einleger-Kreditinstituten Liquiditätsrisiken aufgrund der ihnen eingeräumten Kontraktkündigungsmöglichkeit präzisiert werden. Zur Diagnose entsprechender Interessenkonflikte bedurfte es einer Unterscheidung zwischen dem kündigenden und dem verbleibenden Gläubiger einerseits und der Art der durchgeführten liquiditätspolitischen Anpassungsmaßnahmen andererseits. Nur dann, wenn die Ursachen der Existenz von Liquiditätsrisiken beseitigt werden, sollen bedarf es dieser Differenzierung nicht. Liquiditätsrisiken für Bankgläubiger bestehen aufgrund einer Kombination verschiedener Transformationsleistungen von idealtypischen Kreditinstituten, so dass eine ordnungspolitische Grundsatzentscheidung zur Einführung eines Trennbanksystems entsprechende Risiken beseitigen würde.  Liquiditätsrisiken für im Kreditinstitut verbleibende Gläubiger des Einleger-Kreditinstituts konnten ohne ergänzende Annahmen über deren Risikoeinstellung diagnostiziert werden und es bestehen folgende Möglichkeiten zur Begrenzung dieser Risikokategorie: Entweder können Insolvenzverlustrisiken der Bankgläubiger durch Maßnahmen zur Sicherung der Funktionsfähigkeit sekundärer Finanzmärkte begrenzt werden oder Maßnahmen zielen auf liquidationsorientierte Vorgaben für die Vermögensstruktur von Kreditinstituten. Alternativ könnte eine zielgerichtete Maßnahme in der Gewährung eines staatlichen Finanzierungsspielraums oder der Festlegung einer Obergrenze für den Verschuldungsgrad von Kreditinstituten bestehen.  Liquiditätsrisiken in Form von Primäreffekten oder Sekundäreffekten konnten für die im Kreditinstitut verbleibenden Gläubiger hingegen nur für spezielle Konstellationen und unter Einführung spezieller weiterer Annahmen diagnostiziert werden. Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse bestehen Alternativen für eine zielgerichtete Begrenzung der diesen Risiken zugrundeliegenden Interessenkonflikte in der Vorgabe von Liquiditätsregeln, der Konzipierung von einlagensichernden Maßnahmen oder der Förderung heterogener Gläubiger-Strukturen bei Einleger-Kreditinstituten.

5 Ergebnisse der Arbeit Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit lassen sich wie folgt zusammenfassen:  Umfangreiche staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten in Deutschland und anderen Staaten bilden ein in der Realität des 21. Jahrhunderts gemeinhin akzeptiertes Phänomen. Gleichwohl konnte im Rahmen der Präzisierung des Erkenntnisobjektes zu Beginn der Arbeit verdeutlicht werden, dass freiheitlich agierende Kreditinstitute, deren Geschäftstätigkeit insbesondere in einem konkurrierenden Geldangebot bestand, lange Zeit auch in Deutschland ein empirisches Phänomen waren. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde zunächst die Geldordnung durch Gründung einer zentralen staatlichen Notenbank dirigistisch ausgestaltet, um dann im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise von 1931 weitere, spezielle Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten zu kodifizieren.  Die Tatsache, dass in einem freiheitlich organisierten Umfeld agierende Kreditinstitute empirische Relevanz besitzen, bildete den Anlass, sich im Rahmen dieser Arbeit mit den Möglichkeiten und Grenzen einer ökonomischen Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten auseinanderzusetzen. Hierzu wurden drei Anforderungskriterien an eine entsprechende modellgestützte Untersuchung abgeleitet: Voraussetzung für eine Analyse staatlicher Maßnahmen ist zunächst die Durchdringung des zu regelnden Sachverhaltes. Hierzu bedarf es einer erklärenden einzelwirtschaftlichen Theorie kreditwirtschaftlicher Leistungserstellung, die eine Klassifikation idealtypischer Kreditinstitute nach Art und Umfang der Leistung ermöglicht. Aufbauend auf dieser Verdeutlichung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen, werden im Rahmen einer gestaltenden Theorie staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten Aussagen über Ziel-Mittel-Aussagen abgeleitet, die es ermöglichen Entscheidungsprobleme bei der Auswahl verschiedener Ziele und Instrumente zu lösen. Da eine Anwendung dieser unter idealtypischen Modellannahmen gewonnenen Ergebnisse nicht unmittelbar zur Fundierung realer staatlicher Maßnahmen gegenüber realen Kreditinstituten möglich ist, bedarf es schließlich einer Kooperation von Theorie der Wirtschaftsund der Rechtspolitik. Um die bestehende Gesetzgebung gegenüber Kreditinstituten kritisch zu reflektieren und möglicherweise zu verbessern, bedarf es einer Vorgabe von Kriterien für eine zielgerichtete Gestaltung gesetzlicher Vorschriften.  Zunächst wurde ein Überblick über die zur Legitimation staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten herangezogenen Marktgleichgewichtsmodelle gegeben. Diese ermöglichen, unter meist sehr engen Prämissen, ein fundiertes Verständnis der auf Finanzmärkten mit Intermediären erbrachten Transaktionen. Allerdings gelingt es nicht, verschiedene durch Kreditinstitute erbrachte Leistungen

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5 Ergebnisse der Arbeit

innerhalb eines einheitlichen Modellrahmens zu erklären. Nur wenige, die Funktion von Kreditinstituten erklärende, Autoren unternehmen außerdem den Versuch, innerhalb des meist extrem idealtypischen Modellrahmens weitergehende Ziel-Mittel-Aussagen über staatliche Maßnahmen zur Korrektur eines Marktversagens von Finanzmärkten abzuleiten. Unterschiedliche Varianten des Marktversagens bilden vielmehr den verwendeten Referenzmaßstab zur Legitimation der Notwendigkeit staatlichen Handelns allgemein. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass einige Autoren gerade entgegengesetzt die Auffassung vertreten, dass auf staatliche Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten ganz zu verzichten sei. Wenn sich staatliche Entscheidungsträger zur Fundierung realer Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten gleichwohl auf die Ergebnisse von Marktgleichgewichtsmodellen, insbesondere des Modells von Diamond / Dybvig zur Erklärung von Bank-Runs, stützen, geschieht das unter Missachtung der fehlenden Verbindung zwischen wirtschaftswissenschaftlichen Modellergebnissen und rechtswissenschaftlich fundierter Gesetzgebungslehre.  Anschließend erfolgte ein Überblick über die Möglichkeiten einer ökonomischen Analyse gegenüber Kreditinstituten im Rahmen marktprozesstheoretischer Modelle. Diese unterscheiden sich von marktgleichgewichtsorientierten durch Ablehnung der Methode der Marginalanalyse und in der Betonung der Indeterminiertheit der zu modellierenden wirtschaftlichen Prozesse, die ihrerseits auf Problem der fundamentalen Unwissenheit ökonomisch Handelnder zurückzuführen ist. In marktprozessorientierten Modellen können zur Erklärung der Funktionen von Kreditinstituten deshalb nur Mustervoraussagen getroffen werden. Diese bleiben im Sinne der einleitend benannten Anforderungskriterien unzureichend, da schwerpunktmäßig das Geldangebot durch Kreditinstitute analysiert wird. Da es in dieser Modellwelt an Möglichkeiten zur Ableitung eines Referenzmaßstabes zur Legitimation staatlicher Maßnahmen fehlt, beschränkt sich die Ableitung von Ziel-Mittel-Aussagen auf die Gestaltung der institutionellen Rahmenbedingungen von Geld- und Finanzmärkten. Speziellere Maßnahmen werden wegen der Gefahr des Staatversagens infolge eigennützigen Verhaltens der politischen Entscheidungsträger abgelehnt. Mit der Beschränkung staatlicher Maßnahmen auf den ordnungspolitischen Bereich wird ein Kriterium abgeleitet, dass zur Konkretisierung realer staatlicher Maßnahmen durch rechtswissenschaftliche Forschung verwendet werden kann.  Mit dem risikotheoretischen Ansatz wurde schließlich einer neuer, einzelwirtschaftlich orientierter Ansatz zur ökonomischen Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten vorgestellt. Er genügt den eingangs abgeleiteten Anforderungskriterien zum Ersten deshalb, weil eine einzelwirtschaftliche Erklärung aller durch Kreditinstitute erbrachten Leistungen und darauf aufbauend deren Klassifikation möglich wird. Zum Zweiten erfüllt er die Anforderungen an eine gestaltende Theorie staatlicher Maßnahmen, indem Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Financiers als Ursache verschiedener Bankgläubigerrisiken identifiziert werden und hierauf aufbauend das Auswahlproblem zwischen verschie-

5 Ergebnisse der Arbeit

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denen staatlichen Maßnahmen gelöst werden kann. Da Interessenkonflikte auch aus rechtswissenschaftlicher Perspektive ein geeignetes Kriterium zur Gestaltung realer staatlicher Maßnahmen sind, wird zum Dritten auch dem letzten Kriterium an eine ökonomische Analyse genügt. Im Einzelnen wurden Bankgläubigerrisiken in Form von Informations-, Delegations- und Liquiditätsrisiken unterschieden. Deren differenzierte Analyse hat verdeutlicht, dass staatlichen Entscheidungsträgern nur ausgewählte Ansatzpunkte für zielgerichtete Maßnahmen zur Begrenzung oder Beseitigung dieser Risiken zur Verfügung stehen. Sie sollten sich primär auf die Verpflichtung zur Aufstellung eines zahlungsorientierten Rechenwerks und die Verbesserung des Organisationsgrades sekundärer Finanzmärkte beschränken und damit Kreditinstituten weitgehende geschäftspolitische Gestaltungsfreiräume belassen. Nur für den Fall der Überschreitung eines bestimmten maximal zulässigen Verschuldungsgrades wären spezielle weitergehende staatliche Maßnahmen zu initiieren.  Aufgrund des im Rahmen dieser Arbeit gegebenen Überblicks über Möglichkeiten und Grenzen einer ökonomischen Analyse staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten könnte das einleitend erwähnte bestehende System vielfältiger realer staatlicher Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten einer kritischen Überprüfung unterzogen werden.

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Sachwortverzeichnis Analyse – allgemein 49 – einzelwirtschaftliche ~ 182 – neoklassische ~ 56 – normative ~ 73 – positive ~ 180 – risikotheoretische ~ 182, 229 – ~ von Marktprozessen 154 Anforderungskriterien 25, 50, 52, 79, 169, 315 Bank-Run 52, 103, 107, 128, 136, 144 Bankenkrise – allgemein 43, 103, 129, 306 – Erscheinungsformen 130 Behavioral Corporate Finance 159 Cash-Flow 288 Cash-Flow-Management 288 Chance-Risiko-Struktur 244, 275, 290, 315 Concurrent Currencies 168, 171 Corporate-Governance-Ansatz 140 Delegationskosten 114, 121, 148 Delegationsrisiken 230, 235, 251, 272 Eigenfinanzierungskontrakt 36, 167, 195, 207, 215 Eigenkapitalvorschriften 78, 138, 146, 150 Einlagen – allgemein 40, 88, 92, 263 – -Kontrakt 206, 224, 252 – -sicherung 311, 314 – -versicherung 92, 103, 135, 136, 144, 149, 312 Einlegerschutzbilanz 310 Externe Effekte 59, 79, 126, 133, 136, 151 Financier – allgemein 53, 104, 109, 123, 136, 141, 148

– Eigen- 36, 66, 105, 117 – Fremd- 100, 114, 131, 132, 167 Financiers – allgemein 193, 228 – Eigen- 193, 196, 201, 214, 235, 257 – Fremd- 187, 199, 202, 209, 214, 219, 223, 224, 247, 257 Finanzierungs– -programm 253, 263, 272, 276, 299 – -risiken 192, 199, 202, 229, 234, 315 Finanzierungsspielraum – Fremd- 297 – staatlicher ~ 306, 314 Finanzintermediär – allgemein 37, 63, 99, 106, 115, 120, 127, 141, 147, 162 – Erscheinungsformen 203 – i. e. S. 37, 73, 180, 189, 315 – i. w. S. 37, 249 Finanzkontrakt 35 – allgemein 35, 83, 112, 118, 121, 149, 190, 244, 315 Finanzmarkt 65, 87, 97, 118, 142, 210, 259, 286, 287 Folgekündigungen 294, 295, 302 Free-Banking 164, 173, 177 Fremdfinanzierungskontrakt 36, 162, 199, 213, 219, 224 Fristentransformation 38, 88, 143, 147, 150, 283 Geld – allgemein 160, 163, 169 – -anbieter 32, 60, 75, 134, 172 – -kontrakt 32 – -ordnung 27, 38, 163, 168, 170, 176 – -wirtschaft 26, 31, 37, 161, 190 Geldkontraktt 32 Geschäftsvolumen 212, 254, 266, 280 Gesetzgebungslehre 24, 320

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Gläubiger – allgemein 34, 36, 78, 91, 134, 200 – -risiken 53, 189, 230, 232 – -schutz 53, 188, 228 Gleichgewichtstheorie – allgemein 157, 179, 180 Haftung 30, 135, 166, 219, 220, 277 Höchstausschüttung 273 Informations– ökonomie 69, 75 – risiken 232, 234, 239, 243, 250 – risiko 54, 153, 199, 229 – verteilung 53, 203, 241 Insolvenz – allgemein 78, 128, 166, 170 – -eintrittsrisiko 123, 146, 202, 206 – -risiko 201 Institutionenökonomie 68, 95, 145, 151, 152, 165, 235 Interdisziplinarität 25, 50, 80, 183 Interessen – -gruppen 178, 181 – -konflikt 202, 221, 228, 253, 277, 296, 303 – -sgruppe 187 – -skonflikt 187, 227 Investitionsprogramm 195, 253, 263, 277 Kassenhaltung 113, 194, 210, 225, 253 Korrelation 123, 210, 211, 254, 277 Kreditinstitut – allgemein 63, 73, 83, 88, 98, 159, 161, 172, 229 – -Eigentümer 205, 207, 212 – -Einleger 206, 225-226, 228 – -Gläubiger 206, 215, 219 – ~ idealtypisch 182, 190, 203, 205, 214 – ~ real 232 Laissez-faire-banking 163 Legal Restrictions Theorie 67 Lender-of-Last-Resort 92, 138, 306 Liquidität – allgemein 283 – -sbedürfnis 110, 125, 150 – -sregeln 308, 314

– -srisiken 252, 283 – -srisiko 88, 191, 199, 206, 225 – -ssaldo 284 Marginalanalyse 70, 90, 151, 183, 189, 320 Markt – -gleichgewicht 68, 75, 97, 100, 104, 124, 127, 139, 145, 149 – -prozess 90, 158, 175 – -versagen 55, 62, 73, 79, 99, 105, 108, 126, 133, 139, 320 Marktgleichgewicht 319 Marktgleichgewichtstheorie – allgemein 125 – modifizierte ~ 125, 140 – neoklassische ~ 55, 63 Maßnahmen – ~ zur Information 233 – ~ zur Risikoreduktion 233 – ~ zur Risikovermeidung 233 Mindesteigenkapital 79, 144, 246, 276 Mindestreserve 65 Monitoring – allgemein 120, 121 – -Kosten 98, 119, 124, 148 Mustervoraussagen 154, 168, 320 Nachrangige Anleihe 224, 313 Neue Politische Ökonomie 181 New Austrian Economics 157 Notenbank – allgemein 47, 162, 170, 225, 308 – private ~ 40, 173 – staatliche ~ 40, 139 Offenheit von Märkten 28, 45 Öffentliches Gut 59, 101, 135 Ordoliberalismus 157 Pfandbrief 224 Portefeuille-Theorie 76, 79 Principal-Agent-Ansatz 72, 95, 135, 144 Privateigentum 29, 42 Property Rights 70, 134

Sachwortverzeichnis Rahmenbedingung 86, 198, 308, 320 Rahmenbedingungen 176 Rating-Agentur 94, 124, 156, 249 Referenzmaßstab 51, 55, 81, 157, 197, 205, 224, 252, 316 Regulierung 44, 66, 247 Risiko– -gestaltung 213 – -politik 205, 207, 212 – -profil 185, 194, 196, 200, 237 – -selektion 213 – -transformation 193, 204, 211 Ruinöse Konkurrenz 58 Selbstregulierung 24, 48, 160, 178 Signalling-Modell 100 Solvabilitätsbilanz 310 Staatliche Maßnahmen – allgemein 26, 42, 60, 77, 89, 99, 107, 126, 130, 156, 164, 174, 180, 188 – -Klassifikation 232

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Staatsversagen 179, 181 Standardisierung 80, 89, 147 Tauschmedium 31, 93 Transaktionskosten 71, 80, 83, 90, 98, 146 Trennbanksystem 144, 150, 248, 304, 317 Verhaltensannahmen 183 Verhaltensunsicherheit 72, 112, 142 Verstaatlichung 41 Vertragsfreiheit 29, 45 Wettbewerb – allgemein 48, 62, 66 – -sprozess 48, 139, 155, 161, 166, 170, 173, 178 – -sversagen 125, 128, 135, 147 Wirtschaftskrise 48, 133, 139, 150, 307, 319 Wirtschaftsordnung 27, 38, 284, 311