Staat, Verwaltung und Recht in Afrika 1960 - 1985: Beiträge zur Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung 1985 des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer [1 ed.] 9783428462605, 9783428062607

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Staat, Verwaltung und Recht in Afrika 1960 - 1985: Beiträge zur Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung 1985 des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer [1 ed.]
 9783428462605, 9783428062607

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Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 99

Staat, Verwaltung und Recht in Afrika 1960 – 1985 Beiträge zur Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung 1985 des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

Herausgegeben von

Hans F. Illy Brun-Otto Bryde

Duncker & Humblot · Berlin

Staat, Verwaltung und Recht in Afrika 1960-1985

Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 99

Staat, Verwaltung und Recht in Afrika 1960-1985 Beiträge zur Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung 1985 des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

herausgegeben von Hans F. I l l y u n d B r u n - O t t o Bryde

DUNCKER & H U M B L O T / BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Staat, Verwaltung und Recht in Afrika 1960-1985: Beitr. zur Verwaltungswiss. Arbeitstagung 1985 d. Forschungsinst. für Offentl. Verwaltung d. Hochsch. für Verwaltungswiss., Speyer / hrsg. von Hans F. Illy u. Brun-Otto Bryde. — Berlin: Duncker und Humblot, 1987. (Schriftenreihe der Hochschule Speyer; Bd. 99) ISBN 3-428-06260-4 NE: Illy, Hans F. [Hrsg.]; Verwaltungswissenschaftliche Arbeitstagung ; Forschungsinstitut für Öffentliche Verwaltung ; Hochschule für Verwaltungswissenschaften : Schriftenreihe der Hochschule . . .

Alle Rechte vorbehalten © 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Werksatz Marschall, Berlin 45; Druck: W. Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-06260-4

Inhaltsverzeichnis Vorwort

Hans F. Illy Staat und Verwaltung seit der Unabhängigkeit — Interpretationen

Realitäten und

Brun-Otto Bryde Recht und Verwaltung nach der Unabhängigkeit — Entwicklungstendenzen

Jürgen H. Wolff Entwicklung durch Planung in Schwarzafrika? Bemühungen und Enttäuschungen

Heinrich Scholler Grundkonflikte der Realisierung der Menschenrechte in der afrikanischen Verfassungswirklichkeit

Maximilian Fuchs Sozialrecht und Sozialverwaltung in Afrika

Stanislav S. Grozdanic Industrial Democracy and the State in Africa — Concepts, Developments and Trends

Y ash Ghai The State and the Market in the Management of Public Enterprises in Africa: Ideology and False Comparisons

Herbert Bergmann Erziehungsverwaltung in der Krise

Inhaltsverzeichnis

6 Reinhard Bodemeyer

Dezentralisierung in Afrika — eine realistische Strategie?

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Hans-H. Münkner 25 Jahre Agrarentwicklung und Genossenschaftsrecht in Afrika

179

Dirk Berg-Schlosser Kriterien und empirische Befunde zur Leistungsfähigkeit afrikanischer Staaten nach der Dekolonisierung

Die Autoren

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Vorwort

Als vor ca. 25 Jahren die meisten afrikanischen Kolonien den Status souveräner Staaten erlangten, knüpften sich an diesen historischen Wendepunkt hohe Erwartungen. Diese gingen in erster Linie von den jeweiligen Bevölkerungen aus, die nach einer Phase der Fremdbestimmung, die sich über drei Generationen hinzog, von der Unabhängigkeit einen entschiedenen sozialen und ökonomischen Fortschritt erhofften. Konnten die neu installierten Regierungen diesem Druck auch nur annähernd entsprechen? Können sich die staatlichen Strukturen auf eine Akzeptanz bei der breiten Bevölkerung gründen, die es erst nach Mobilisierung aller Kräfte erlaubt, die anstehenden Probleme zu lösen? Wie werden Konflikte im sozio-politischen Bereich gelöst, nach welchen Regeln werden die Früchte der Entwicklung verteilt? Wer übt Macht aus, gibt es Mechanismen des Machtwechsels? Dies sind nur einige der Fragen, die wir heute unter dem Begriff „politische Kultur" zusammenfassen. Je nach disziplinärem Blickwinkel sind weitere Fragen zu stellen, ζ. B.: Welche Rechtsordnung sollten sich dekolonisierte Gesellschaft und Staaten geben, um „Entwicklung" zu bewirken? Oder sind die Zwänge des kolonial oktroyierten Systems auch über die Unabhängigkeit hinaus so wirksam, daß eigentlich nur ein bgrenzter Spielraum für Veränderungsstrategien bleibt? Es ist evident, daß Afrika auch heute noch stark von externen Einflüssen geprägt ist. Manche Beobachter kommen sogar zu dem Schluß, daß das Fortbestehen mancher Staaten eher der internationalen, völkerrechtlichen Existenzsicherung zu verdanken ist als der internen Problemlösungskapazität einigermaßen funktionsfähiger staatlicher Einrichtungen. Aber an diesem Punkt fangen schon die interpretatorischen Probleme an. Afrika wurde in den letzten drei Jahrzehnten auch zum Laboratorium einer aufkommenden Entwicklungsländerwissenschaft, die diesen Kontinent bevorzugt als empirische Spielwiese — auch für konkrete Handlungsanweisungen — benutzte. Die anfangs gehegten Erwartungen, daß sich die Entwicklung dieser „jungen Staaten" nach dem Vorbild westlicher Systeme vollziehen müsse, wurde durch die Realität Lügen gestraft. Die mit der Macht betraute „neue Elite" war primär darauf bedacht, diese Macht mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln auszubauen; demokratische Handlungsformen

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Vorwort

waren ihr weitgehend fremd. Gewiß ist auch dies wieder eine tendenzielle Vereinfachung, ist nicht auch ein autoritärer Staat langfristig auf die Unterstützung der Gesellschaft angewiesen? Man wird auch heute einräumen müssen, daß die afrikanischen Staaten inzwischen höchst spezifische institutionelle und prozedurale Gestaltungsmuster entwickelt haben, die eine vorschnelle Verallgemeinerung verbieten. Gleichwohl werden auch an anderen Orten Bilanzen gezogen, Querschnittsbeurteilungen vorgenommen, Fragen an die Zukunft gestellt.* Die Wissenschaft muß sich von Zeit zu Zeit ihres Standortes vergewissern und die auseinanderdriftenden Fallstudien unter komparativen Fragestellungen bündeln. Es gibt Disziplinen, die von ihrem interdisziplinären Selbstverständnis her vielleicht besser geeignet sind als andere, diese Funktion zu übernehmen. Dies gilt in besonderem Maße für die Verwaltungswissenschaft, die ihre Erkenntnisinteressen und ihre Methoden aus verschiedenen „Mutterdisziplinen" bezieht. Unter diesem Blickwinkel ist die Veranstaltung zu sehen, deren Beiträge in diesem Band vorgelegt werden. Die Verwaltungswissenschaftliche Arbeitstagung 1985 sollte auch einem Dialog zwischen Rechts- und Sozial Wissenschaftlern gewidmet sein; sie sollte Wissenschaftler zusammenbringen, die von ihrer empirischen Erfahrung her — vorzugsweise in Afrika — die Bereitschaft hierzu mitbringen. Ein solches Experiment muß seine natürlichen Grenzen haben. Die hier abgedruckten Beiträge zeigen dies in unterschiedlichem Ausmaß auf. Daß der Versuch aber als ermutigend bezeichnet werden kann — auf einen Abdruck der Diskussionsbeiträge mußte leider verzichtet werden —, werden die Teilnehmer bestätigen. Durch einige glückliche Umstände gewann die Tagung zusätzlich noch eine gewisse internationale Dimension, die sich leider nur durch den Abdruck zweier Beiträge in diesem Band manifestiert. Die begrenzten Mittel erlaubten es leider nicht, auch afrikanische Wissenschaftler in diese Diskussion in umfassender Weise einzubeziehen (nur wenige wohnten der Tagung bei). Dies soll jedoch bei einer anderen Gelegenheit geschehen. Tagungsleiter und Herausgeber möchten sowohl den Referenten für ihre Dialogbereitschaft und Flexibilität danken als auch dem Forschungsinstitut

* Vgl. ζ. B. Gwendolen M. Carter, Patrick O'Meara (eds.), African independence — the first twenty-five years, Bloomington 1984; Timothy M. Shaw, Olajide Aluko (eds.), Africa projected. From recession to renaissance by the year 2000?, London 1985.

Vorwort

für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule und seinem Geschäftsführenden Direktor, Prof. Dr. Carl Bohret, für die großzügige Förderung von Tagung und Drucklegung dieses Bandes. Hans F. Illy · Brun-Otto Bryde

Staat und Verwaltung in Afrika seit der Unabhängigkeit Realitäten und Interpretationen Von Hans F. Illy

Der „Staat" als politische Organisation der Gesellschaft eines bestimmten Gebietes ist ein Begriff, für den trotz vieler Anstrengungen noch kein „auch nur annäherungsweise befriedigendes analytisches Konzept" 1 entwickelt worden ist. Dies mag auch daran liegen, daß man „bei der Betrachtung der für den Begriff wichtigen Sachverhalte . . . zu viel Komplexität und zu viel Heterogenität auf den Bildschirm bekam" 2 . Wie dem auch sei, dem Begriff ist nicht auszuweichen. Vielleicht erweist sich ein anderer Zugang als hilfreicher: Wenn man davon ausgeht, daß es eine der zentralen Aufgaben des Staates ist, für die Gesellschaft Leistungen zu bringen, dann läßt sich der Begriff in zwei Kategorien aufteilen: die Strukturen der Entscheidungsfindung und die Strukturen der Entscheidungsdurchsetzung 3. Der Platz von Regierung, Verwaltung, Parlament, Justiz, Parteien etc. kann so jeweils analytisch bestimmt werden, wobei die Durchsetzung von Entscheidungen auf Legimität u n d / oder Gewalt beruhen kann 4 . Es kann jedoch nicht Zweck dieses einführenden Überblickes sein, diese begriffliche Problematik weiter zu differenzieren. Da sie jedoch Produkt eines historischen Kontextes ist, stellt sich die Frage, inwieweit diese Begriffe die Realität Afrikas adäquat erfassen 5. Eine solche Frage wird jedoch so lange nicht gestellt — ja als unstatthaft verworfen — wie ein Modell des Staates als Vorbild für noch zu errichtende Staaten — in diesem Fall auf afrikanischem Boden etwa ab 1956 — postuliert wird. Es ist sattsam bekannt, daß dies die Stoßrichtung der sog. Modernisierungstheorien war, die Unterentwicklung lediglich als Rückstand zum Westen perzipierten 6 . Es wurde dabei übersehen, daß die kolonial ererbten Institutionen nicht auch notwendigerweise zu einer westlich geprägten Praxis führen mußten. Wenig Beach1 2 3 4 5 6

Naschold 1970, S. 48. Luhmann 1984, S. 626. Collier 1982, S. 9. Haferkamp 1983, S. 64-73. Pambou Tchivounda 1982, Mennasemay 1982, Nono Lutula 1984, Stürzinger 1985. Vgl. z. B. Tipps 1973, Nuscheier 1974, Higgott 1985.

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tung wurde der sozio-ökonomischen Basis afrikanischer Staaten geschenkt7 oder besser: sie wurde zwar erkannt, aber ihre Überwindung sollte durch „moderne" Strukturen (etwa Parteien, Gewerkschaften, Medien) in Angriff genommen werden. Dies zielte in erster Linie auf die ethnische Komposition afrikanischer Systeme, die begrifflich negativ belegt wurde („Tribalismus"). Die Dichotomie Modernität-Tradition beherrschte die Diskussion, wobei der „neuen politischen Elite" eine besondere avantgardistische Rolle zugeordnet wurde. Parallel zur Staatsbildung sollte auch (ebenfalls nach westlichem Vorbild) die Nationbildung angestrebt werden, wobei dieser Begriff für den Überbau des neuen Staates monopolisiert wurde (an sich heißt Nation „a politically conscious ethny, claiming statehood rights on the basis of common ethnicity" 8 . Die Akzeptanz verschiedener Nationen innerhalb eines Staates wurde ausgeschlossen (wie sie ja in Europa auch existieren). Das Postulat der „Staat-Nation" wurde zum Alibi für die an die Macht Gelangten, ihre Position auszubauen und alternative Meinungen und Entwürfe weitgehend auszuschalten. Der autoritäre — und nicht partizipative — Charakter des afrikanischen Staates von heute hat darin eine seiner zentralen Wurzeln 9 . Die ersten Jahre nach der Unabhängigkeit haben jedoch gezeigt, daß die nun über 50 Staaten beileibe nicht gewillt waren, sich einem Modell zu fügen; sie entwickelten sich in verschiedene Richtungen. Diese Differenzierung ist zunächst auf der ideologischen Ebene zu erkennen; drei Typen zeichnen sich ab: der afrikanisch-kapitalistische, der populistisch-sozialistische und der Afro-marxistische Staat 10 . Es ist hier nicht der Raum, darauf näher einzugehen und Zuordnungen vorzunehmen 11 . Wichtig ist allein die Frage: „Does ideology matter?", d. h. ist der ideologische Überbau ein Bestimmungsfaktor für die „Entwicklungsleistung" des Staates? Einige Energie ist auf diese Frage verwandt worden, und die Ergebnisse sind durchaus nicht eindeutig 12 . Dies liegt auch daran, daß man sich nicht verbindlich auf auszuwählende Dimensionen von Entwicklung einigen kann (bei Young sind es: growth, equality of distribution, autonomy and self-reliance, preservation of human dignity, participation, expansion of social capacity). Jede einzelne bedarf der Erklärung und Begründung, worauf hier verzichtet werden soll. Es sei lediglich vermerkt, daß die letztere („Kapazität") auf das hindeutet, was Verwaltung und Management öffentlicher Angelegenheiten ist, ein Thema, das später noch angeschnitten werden soll. 7

Tordoff 1984, S. 20. van den Berghe 1983, S. 222. 9 Hughes 1981, Illy 1982. 10 Young 1982. 11 Die Kritik Youngs folgte auf dem Fuß, z. B. durch Tordoff 1984, Kap. 10; vgl. auch Gould 1985. 12 Vgl. z. B. Berg-Schlosser 1984 und seinen Beitrag in diesem Band; auch Saul 1985. 8

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Ein weiterer Strang der Diskussion betrifft — logischerweise in der europäischen Tradition — die Formen institutionalisierter Interessenaggregation, insbesondere die Parteien. Insbesondere sie sollten ein mächtiges Agens des modernen Staates werden. Das sich rasch konturierende Einparteisystem entwickelte sich auf der Realebene — sehr zur Bestürzung der Beobachter! — zum dominanten Typus. Die demokratisch verfaßten, d. h. mehrere Parteien akzeptierenden, Systeme gerieten eindeutig in die Minderheit. Dieses Phänomen ist ausführlich beschrieben worden 1 3 , wobei sich durchaus nicht nur eine simplifizierende Dichotomie Diktatur-Demokratie abzeichnet; man spricht auch ζ. B. von semi-kompetitiven Systemen 14 . Trotzdem schleicht sich eine Tendenz ein, je nach Präferenz den repressiven Charakter des Staates15 bzw. die immer wieder aufflammende, wenn auch reichlich ephemere „Demokratisierungstendenz" überzubetonen 16 . Letzteres kann jedoch besonders dann sinnvoll sei, wenn es darum geht, das in der westlichen öffentlichen Meinung äußerst negative Image des Kontinentes (das sich an Extremen wie Amin und Bokassa orientiert) aufzupolieren. Bleibt noch anzufügen, daß weitere Energien auf die immer mehr um sich greifenden Militärregime gebündelt wurden 1 7 , wobei sich herausstellte, daß deren „performance" gegenüber den Zivilregimen nicht beachtenswerter ist 1 8 . In einem Zwischenresümee kann also festgehalten werden, daß sich in der Beschäftigung mit Afrika Schwerpunkte im Wechselspiel von Realität und Interpretation ergaben, wobei am Anfang eine große Dosis „wishful thinking", d. h. Übertragung eines Modells ohne empirische Analyse, mitspielte. Dieser Berg von Literatur kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß es noch nicht hinreichend gelungen ist, die Realität afrikanischer Politik zu erfassen. Dies liegt sicher zum einen am begrifflichen Instrumentarium und den Forschungsmethoden, aber auch am Festhalten an „Oberflächenphänomenen" wie Institutionen, anstatt die spezifischen sozialen Hintergründe und Verhaltensweisen zu eruieren 19 . Dieses Unbehagen hat einige Autoren — auch angesichts des Mangels an Stabilität und Kontinuität afrikanischer Politik — dazu veranlaßt, erst einmal das Studium von Macchiavelli und Hobbes zu empfehlen anstatt Verfassungen, Entwicklungspläne und Parteiprogramme afrikanischer Länder zu studieren 20 . Dies ist sicher übertrieben 13

Ziemer 1978. Berg-Schlosser 1982. 15 Illy u.a. 1980. 16 Chazan 1982, Ziemer 1984. 17 Reuke 1977, Odetola 1982 als Beispiele für eine umfangreiche Literatur. 18 Tordoff 1984, S. 177; McGowan/Johnson 1984. 19 Repräsentativ für diese Sichtweise ist die stark juristisch geprägte französische Staatslehre (vgl. ζ. B. Conac 1979 und 1984 und die Festschrift für Gonidec, L'Etat moderne: horizon 2000, 1985). 20 Jackson/Rosberg 1982, S. 277; Decalo 1985; Sandbrook 1986. 14

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— wer möchte schon gerne eine modernisierungstheoretische Variante für eine andere einlösen? —, weist aber auf einen wichtigen Punkt hin: afrikanische Politik ist in erster Linie eine personalistische, die sich nicht den Institutionen (auch nicht dem Recht) unterordnet, sondern sie in einem konjunkturellen Sinne benutzt, für sich nutzt, d. h. letztenendes: manipuliert. Wer also als Betrachter an diesen greifbaren Phänomenen klebt, kann nicht anders als die Realität verfehlen. Nun ist dies durchaus keine revolutionäre Erkenntnis, sie ist aber im afrikanischen Kontext forschungsstrategisch nicht leicht durchzusetzen (Wie soll z. B. „teilnehmende Beobachtung" organisiert werden? Meinungsumfragen werden in der Regel nicht erlaubt). Gleichwohl hat sich auf dieser Ebene zumindest konzeptuell in den letzten Jahren einiges getan. Diese Bemühungen kreisen um die Interpedenz von Staat, Klasse und Ethnie. Dabei zeigt sich, daß a) der postkoloniale afrikanische Staat realiter durchaus nicht von seinen präkolonialen Werten abgeschnitten ist b) Ethnie und Klasse zwar kontextuell variieren können, aber für den politischen Prozeß höchst relevant sind c) die Reichweite externer Faktoren adäquater bestimmt werden kann d) und sich letztlich aus dieser Diskussion Ansatzpunkte für eine realistische und stabilere Organisation des politischen Prozesses (z. B. Lösung des bisher offenen Sukzessionsproblems) 21 wie auch für das Management der internen Entwicklungspolitik ergeben. Zuvor soll jedoch auf einen Interpretationsansatz eingegangen werden, der in dieser Fragestellung durchaus seinen Platz hat, aber ebenfalls der Revision bedarf. Es ist dies der Ansatz des „dependenten Staates" 22 . Dieser Ansatz hat schon dadurch seine Berechtigung, daß die Staaten Afrikas unleugbar Produkte des Kolonialismus sind und auch weiterhin (je nach ideologischer Obedienz, aber es können sich auch in einem Land verschiedene externe Einflüsse „ergänzen") vom Westen wie auch vom Osten stark beeinflußt werden. Es ist gerade die Interdependenz transnationaler Interessen, interner Ungleichheit und Unterentwicklung, die evident ist 2 3 . Aber es ist eine andere Frage, ob in diesem Erkenntnisprozeß nicht manchmal die Uniformità t der Begrifflichkeit und die mechanistische, ideologisch überladene Denkweise die Oberhand über eine gründliche Analyse der Realität gewinnen 24 . Auch der politökonomische Ansatz läßt sich in anderer Form besser realisieren 25 . Aber während der Klassenkampf für einige eine gesicherte Erkenntnis ist — 21 22 23 24 25

Sylla 1982. Carnoy 1982, S. 172-207. Shaw/Grieve 1977. z. B. bei Melber 1981, Ake 1985, Gana 1985. So jedenfalls die Behauptung von Hydén 1983, S. XIV.

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die dominante Kapitalistenklasse beutet ja die Arbeiter und Bauern aus 26 —, ergeben sich auch konträre Sichtweisen: Hydén geht davon aus, daß weite Teile der bäuerlichen Bevölkerung und ihrer Wirtschaft, die er „economy of affection" nennt, von dem modernen Sektor überhaupt nicht tangiert werden 27 . Er geht sogar soweit — in Karikierung des marxistischen Determinismus —, daß auf afrikanischem Boden erst dann ein Sozialismus aufzubauen sei, wenn zuvor eine tiefgreifende kapitalistische Phase durchlaufen worden wäre. Das Rezept mag gefährlich sein (wo ist die aufgeklärte politische Elite in Sicht, die die Schattenseiten eines Kapitalismus vermeiden könnte, wie sie Europa durchlebt hat?), aber die zentrale These ist ζ. B. ein harter Schlag für alle Tanzanophilen, die sowieso schon durch die schiere Realität des Landes arg gebeutelt sind. Gleichwohl mehren sich die Stimmen —jenseits einer spezifischen ideologischen Orientierung —, die darauf hinweisen, daß sich in afrikanischen Staaten eine sog. „Staatsklasse" 28 herausgebildet hat, die sich der Institutionen und Ressourcen des Staates bemächtigt hat und ihren Zielen unterordnet, die allein auf die Erhaltung ihrer Herrschaftsposition ausgerichtet sind. Der Klassenbegriff impliziert jedoch auch stringenterweise einen Bezug zu den ökonomischen Verhältnissen eines Landes. In einer dichotomischen Sichtweise kann man durchaus zu dem Schluß kommen, daß die Staatsklasse von den Erträgen der Bauern lebt (ζ. B. über Zölle auf Agrarexportgüter); ob sich damit jedoch noch andere Klassen (die ihre Situation reflektieren!) konstituiert haben, wird bestritten. Interessant sind jedoch die Prozesse, die sich in fast allen Ländern abzeichnen und die darauf hinweisen, daß die politische Klasse durchaus im Begriff ist, sich auch eine ökonomische Basis zu verschaffen, sei es über den praktizierten Staatskapitalismus, sei es über privates/familiales Engagement. Typisch für den afrikanischen Kontinent ist jedoch, daß diese sich abzeichnenden Differenzierungen durch den realen kulturellen Pluralismus überlagert und durchschnitten werden 29 . Der Nationalstaat sollte die ethnischen Bindungen überwinden, doch diese Strategie mußte — unter Beibehaltung einer deklamatorischen Rhetorik — rasch zugunsten von Arrangements aufgegeben werden, die auf der Realebene die ethnische Dimension nicht nur berücksichtigten, sondern dadurch erst das (immer noch sehr prekäre) Überleben des Staates garantieren. 26

ζ. B. Ake 1985, S. 111. Dies hat logischerweise einige Kritiker auf den Plan gerufen (vgl. am umfassendsten Kasfir 1986). Die Wahrheit wird — wie oft — irgendwo in der Mitte liegen: einerseits ist der sog. traditionelle Sektor durch die Kolonialherrschaft längst transformiert (eine der zentralen Thesen bei Elwert 1983), andererseits ist die staatlicher Herrschaft unterworfene Bevölkerung durchaus auch in der Lage, sich — zumindest zeit- und teilweise — diesem Anspruch zu entziehen (Spittler 1978). 28 ζ. B. Tetzlaff 1977 und 1982, Elsenhans 1981. 29 Das zentrale Thema des wichtigen Bandes von Rothchild/Olorunsola 1983; vgl. auch den Literaturüberblick bei Young 1983. 27

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„Ethnizität" ist wie „Klasse" in Afrika ein sehr dynamisches Konzept, das in der politischen Realität immer offener zutage tritt. Ob dann dafür das Instrumentarium des „Patron-Klient-Verhältnisses" 30 herangezogen oder auch die relative Kontinuität präkolonialer Aktionsformen nachgewiesen wird 3 1 , ist zunächst gleich bedeutsam, weil es um einen perspektivischen Ansatz geht: die Komplexität des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft zu analysieren. Wenn dann auch noch die Analyseebene von der Hauptstadt in das Hinterland verlagert wird 3 2 , dann ergeben sich Erkenntnisse, die neue Horizonte für die Erfassung der politischen Realität Afrikas eröffnen: Wie groß ist eigentlich die Reichweite des Staates? Hat der Unterworfene nicht auch Strategien zu seiner Verfügung, die es ihm erlauben, sich dem Staat zu entziehen? Auch im deutschen Sprachraum sind zu dieser Thematik gewichtige Beiträge geliefert worden 33 . Es verbieten sich auf diesem Feld generalisierende Aussagen, da der Kontext je verschieden ist 3 4 . Essentiell ist jedoch, daß sich langfristig ein System von Kooperation und Konfliktlösung zwischen Staat und Gesellschaft herauszubilden scheint, das schließlich auch Entwicklung produziert, d. h. Verbesserung des Lebensstandards und politische Partizipation für die Masse der Bevölkerung. Man kann sich theoretisch eine große Spannbreite von Strategien vorstellen 35 , Voraussetzung hierzu ist jedoch, daß die sog. Staatsklasse nicht weiter nur einem Phantom des Nationalstaates nachjagt, sondern endlich die ethno-kulturelle Pluralität afrikanischer Staaten anerkennt. Erst dann lassen sich auch auf der konstitutionellen Ebene Handlungsformen finden, die dieser Realität gerecht werden. Auch ein Einparteisystem ist nicht statisch, es ist dem Druck aus der Gesellschaft ausgesetzt. Vieles deutet darauf hin, daß sich langfristig etwas herausbilden wird, das dem Modell einer „Consociational democracy" nicht unähnlich sein wird 3 6 — auch wenn dazu heute noch recht viel Optimismus gehört! Kommen wir nun zum zweiten Teil dieser Darlegungen, zur Rolle der öffentlichen Verwaltung als starkem (oder schwachem?) A r m des Staates. 3(1

z. B. Médard 1982; auch Le Vine 1980. Bayart 21985, 1983; vgl. auch den breitgefaßten Überblick bei Lonsdale 1981. 32 Ein gutes Beispiel hierfür ist Schatzberg 1980. 33 Vgl. die schon erwähnten Studien von Spittler 1978 und Elwert 1983, aber auch Streiffeier 1982. 34 Gleichwohl kann eine Ländermonographie wie die zu Zaire von Callaghy 1984, die im Vergleich auf europäische historische Herrschaftstypen und solche in anderen Entwicklungskontinenten, z. B. Lateinamerika, zurückgreift, für die Forschung insgesamt sehr fruchtbar werden. 35 Rothchild/Olorunsola 1983, S. 251-280; Rothchild 1984. 36 Sylla 1982/83, Jackson/Rosberg 1984. 31

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Als viele ehemalige Kolonien unabhängig wurden, mußten ethnisch heterogene Gruppen in einem neuen Staat zusammengeführt und für eine bessere Zukunft motiviert werden. Die an die Macht gekommenen Eliten benutzten die Verwaltung als eines der wichtigsten Instrumente zur Erreichung ihrer Ziele 37 . Sie entwickelten eine Einheitsideologie und einen exklusiven Herrschaftsanspruch, der für Gewaltenteilung, Oppositionsparteien und eine freie Presse wenig Raum ließ. Die „Politisierung" der Verwaltung wurde unausweichlich, d. h. die Beamten konnten sich nicht mehr auf eine politische Abstinenz berufen (sie müssen Mitglied der Einheitspartei werden), und die Politiker veränderten nach ihren Interessen die professionellen Gestaltungsmechanismen des öffentlichen Dienstes (ζ. B. Beförderung nicht primär nach Verdiensten, sondern auch nach politischer Loyalität) 3 8 . Diese Tendenz ist nicht grundsätzlich negativ zu bewerten — auch die Kolonialverwaltung stand eindeutig im Dienste von konkreten Interessen —, sie führte jedoch dazu, daß die Verwaltung sich immer weniger auf eine kontinuierliche Aufgabenerfüllung konzentrieren konnte, sondern in den politischen Entscheidungsprozeß hineingezogen wurde, der einen größeren Wert auf innere Stabilität legt als auf eine Befriedigung der Bedürfnisse der Bevölkerung. M i t der Herausbildung eines „politisch-administrativen Komplexes" verwischen sich die Unterscheidungen zwischen Partei, Regierung und Verwaltung, was auch in personellen Fluktuationen zum Ausdruck komme (Beamte werden zu Ministern und Mitgliedern des Parteibüros) 39 . Diese „Staatsklasse" unterliegt dann keiner Kontrolle mehr und unterwirft Staat und Wirtschaft ihren (Gruppen-)Interessen. Es ist offensichtlich, daß in einem solchen Klima für rationales, neutrales Verwaltungshandeln kein Platz mehr ist, da Status- vor Leistungsorientierung die Oberhand gewinnt. Die formalen institutionellen Grenzen mögen weiterbestehen (elaborierte Verfassungen!), u. U. gibt es auch weiter Konkurrenz (etwa zwischen Parteiapparat und Teilbereichen der Verwaltung, wenn sich Beamte auf ihre bessere Ausbildung berufen), aber von einer ausschließlich instrumenteilen Funktion der Verwaltung kann keine Rede mehr sein. Auch hat sich in vielen Entwicklungsländern noch nicht die ethische Basis dafür herausgebildet, daß die Verwaltung als Sachwalter des „öffentlichen Interesses" auftreten könnte. Der staatliche Sektor wird noch allzuoft mit der Kolonialherrschaft assoziiert, als etwas Fremdes, das man für sich nutzen kann 4 0 und für das die Werte und Normen des familiär-ethnischen Bereiches (noch) nicht gelten. Riggs 41 nennt dies Polynormativismus, d. h. traditionale 37

Vgl. im einzelnen den Aufriß bei Conac 1979, S. V-LXVI. Vgl. hierzu Subramaniam 1977; Senghor 1982, S. 666. 39 Vgl. den beherzten Beitrag des Kameruner Politologen Kontchou 1984. 40 Ekeh 1975. 41 Riggs 1964; aufschlußreich jedoch die Hinweise zur spezifischen Konstellation afrikanischer Verwaltungen bei Kasfir 1969. 38

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und westliche Normensysteme konfligieren miteinander, wobei sich in der Regel importierte Normen (z. B. Antikorruptionsgesetze) nicht durchsetzen lassen. Diese Konstellation kann erklären, daß das Verwaltungshandeln auch in Afrika stark personalistisch geprägt ist und die Regelbindung trotz formalisierter Abläufe in den Hintergrund treten kann. Die Verwaltung ist ein soziales Subsystem wie andere und ist folglich geprägt durch das gesamtgesellschaftliche Wertesystem (z. B. Autorität des Alters, Konfliktvermeidung, Prestigekonsum) 42 . Maßnahmen, die zur Effizienzsteigerung der Verwaltung eingeführt werden (etwa partizipative Führung), stoßen damit auf natürliche Grenzen. Man sollte auch nicht übersehen, daß viele Regierungen unter dem Erwartungsdruck der Bevölkerung die Zahl der öffentlich Bediensteten rasch anschwellen ließen und so zum größten Arbeitgeber des Landes wurden; dies gelang oft nur unter Senkung der Löhne und Gehälter, jedenfals im Verhältnis zum modernen Privatsektor. Wenn eine adäquate Alimentierung des Beamten nicht gewährleistet ist, tendiert er dazu, seine Stellung zur Erzielung von Nebeneinnahmen zu benutzen. Diese Anmerkungen mögen genügen, um aufzuzeigen, daß die öffentliche Verwaltung in Afrika multifunktional und das Spektrum der nicht allein der Politikimplementierung gewidmeten Aktivitäten sehr breit ist. I m Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft kann man die Position der Verwaltung in Afrika als „verfrühte Bürokratisierung" 43 (d. h. sie ist nicht aus der Gesellschaft organisch gewachsen und mit deren Normensystem harmonisch verknüpft) oder „unechte Bürokratisierung" 44 (d. h. die Verwaltungsorganisation ist sehr wohl gut ausgebaut, aber ihr Veränderungspotential für die Gesellschaft ist gering) bezeichnen. Beide Schlagwörter deuten auf eine generelle Problematik hin, die zum einen erlaubt, oftmals konstatierte Oberflächenphänomene (formalisiertes vs. personenzentriertes Verwaltungshandeln) in einen systematischen Kontext einzuordnen, zum anderen aber auch aufzeigt, daß es nicht genügt, an diese komplexe Realität den Maßstab eines westlich geprägten Verwaltungsverständnisses anzulegen. Es haben sich offensichtlich verschiedene „Verwaltungskulturen" in der Dritten Welt herausgebildet, d. h. spezifische Orientierungsmuster einer Gesellschaft gegenüber der öffentlichen Verwaltung und — damit korrespondierend — spezifische Verhaltensmuster innerhalb der Verwaltung 45 . Ein Ausgangspunkt für die Analyse der öffentlichen Verwaltung in afrikanischen Ländern ist ihre koloniale Prägung. Die Kolonialherrschaft erschien 42

In diesem Sinne die grundsätzlichen Ausführungen bei Moris 1978 zu einer „afrikanischen Verwaltungskultur". 43 So Okoli 1980. 44 So Goetze 1976, S. 180. 45 Vgl. im einzelnen Illy/Kaiser 1985.

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der afrikanischen Bevölkerung primär in Form der kolonialen Verwaltung. Sie erzwang Unterwerfung, aber gleichzeitig ermöglichte sie auch eine begrenzte Partizipation, da die Kolonialverwaltung auf untere und mittlere Hilfskräfte angewiesen war. Das wichtigste Instrument, um in diese Position gelangen zu können, war das von der Kolonialmacht (zum großen Teil über die Missionsgesellschaften) eingeführte Erziehungssystem. Das kolonial geprägte Modernisierungsideal wurde durch den Afrikaner verkörpert, der am intensivsten dem Kolonialsystem verbunden war (Beamte, Lehrer etc.). Da der Übergang zur völkerrechtlichen Unabhängigkeit in der Regel ein friedlicher war, wurde diese Perzeption nicht in Frage gestellt (nach einem Befreiungskampf werden einheimische Beamte — auch wenn sie nur exekutive Funktionen auf niedrigster Ebene eingenommen haben — üblicherweise der Kollaboration bezichtigt und marginalisiert, oft auch eliminiert), ja noch verstärkt. Die Fortschrittserwartungen, die die Bevölkerung an die Staatswerdung knüpfte, konzentrierten sich in der Tat auf eine Expansion des Erziehungswesens und eine stärkere Teilhabe an Positionen im staatlichen Sektor. Dieser Druck konkretisierte sich in verschiedenen Etappen. Zunächst mußten die abziehenden weißen Verwaltungskräfte rasch ersetzt werden. Dies war die Chance der im Kolonialsystem herangebildeten mittleren afrikanischen Beamten, die (oft über eine kurze Zusatzausbildung in den „Mutterländern") mit verantwortungsvollen Stellungen in der Verwaltungsspitze betraut wurden. Diesen Beamten ist viel Negatives nachgesagt worden (Mangel an formaler Vorbereitung, geringes Verständnis für neue Entwicklungsideologien), sie waren aber in der Regel pflichtbewußt und diszipliniert. Noch heute ist dieser Typus — besonders im anglophonen Afrika — vorfindbar; er hat jedoch Probleme, mit der neuen afrikanischen politischen Elite auszukommen 46 , der er Inkompetenz und Eigensucht vorwirft (ein Konflikt, der ζ. B. noch besonders spürbar ist in Simbabwe, einem Nachzügler im Dekolonisierungsprozeß). Dann kam die Chance der jüngeren Generation, die über formale Abschlüsse auf akademischem Niveau (anfänglich über Stipendienprogramme der früheren Kolonialmacht und anderer westlicher — ζ. T. auch östlicher — Länder, jetzt auch über die nationalen Universitäten) rasch in Führungspositionen aufsteigen konnte. Sie hatte weniger Probleme mit den Politikern, zum einen, da sie keinen kolonialen Erfahrungshintergrund hatte, zum anderen, weil sie (nach Hinausdrängen der ersten Politikergeneration aus der politischen Arena) selbst in politische Funktionen hineinwachsen konnte (die Karrierespitze ist heute die Ministerposition, nicht selten verbunden mit einem Platz im Zentralkomitee der Einheitspartei). Dieser Prozeß der „Politisierung" (siehe oben) des öffentlichen Dienstes mag in den Ländern Afrikas in unterschiedlichem Tempo und in differenzierter Ausprägung abgelaufen sein, er erzeugte jedoch generell zwei kontradiktorische Effekte: Einerseits muß die wünschenswerte Annähe46

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Adamolekun/Laleye 1984; Oyugi 1980.

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rung zwischen Politik und Verwaltung im Prozeß der Errichtung eines Staates und einer Nation positiv bewertet werden, andererseits ergeben sich daraus eine Reihe negativer Wirkungen. Diese liegen vornehmlich in einer mangelnden Abgrenzung der Aufgaben von Politik und Verwaltung (wer kontrolliert wen?) und in einer Verminderung der Leistungsfähigkeit der Verwaltung (etwa über Lockerung der Rekrutierungs- und Beförderungsstandards durch stärkeres Gewicht klientelistischer Faktoren). Die Anbindung der Administration an den politischen Sektor ist im frankophonen Afrika am weitesten fortgeschritten 47 (sieht man von den lusophonen Ländern ab), während in den anglophonen Ländern das Institut der „Public Service Commission" noch ein wirksames Korrektiv darstellt. Tansania ist in diesem Kontext ein Sonderfall, da auch in der Reorganisation der (Territorial-)Verwaltung die Amalgamierung am intensivsten ausgestaltet ist. In den meisten Ländern werden Partei und Verwaltung als Parallelstrukturen aufrechterhalten, auch wenn große Ungleichgewichte festzustellen sind (z. B. Dominanz der Partei in Tourés Guinea, eine schwache Partei in Kenia). Ein weiteres Charakteristikum der öffentlichen Verwaltung in afrikanischen Staaten ist ihre rasche quantitative Expansion: der öffentliche Dienst ist heute drei- bis viermal so groß wie zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit (in Nigeria — z. T. notwendig durch die föderative Struktur und angeheizt durch den Ölboom — sogar etwa zehnmal größer!). Dies ist nur teilweise erklärbar durch die wachsenden Staatsaufgaben (etwa im extern oktroyierten Pla«nungsbereich), eher dadurch, daß die Regierungen im Interesse einer Stabilisierung der politischen Verhältnisse dem Druck der einseitig motivierten diplomierten jungen Bevölkerung nicht widerstehen konnte. Wer immer einen Schulabschluß erwarb, glaubte sich ein Anrecht auf eine Lebensstellung in der Verwaltung gesichert zu haben (dies ist — ein Extremfall — in der Verfassung Ägyptens für Universitätsabsolventen sogar garantiert). Für alternative Beschäftigungsmöglichkeiten (etwa im aufstrebenden industriellen Sektor) konnte das kolonial ererbte Schulwesen wohl auch seine Absolventen nicht vorbereiten. Hinzu kommt die Tatsache, daß die Verwaltung in den Augen der Bevölkerung offensichtlich ein grenzenloses Prestige genießt, ja als Entwicklungsagentur (für persönliche Karrieren) par excellence gesehen wird. Dieser Mythos der Verwaltungsposition 48 ist unmittelbar funktional für die Verhaltensweisen der Beamtenschaft: sie begreift sich eher als Inhaber einer Machtposition und nicht als Träger einer Dienstleistungsfunktion gegenüber der Gesellschaft. Die mit der Unabhängigkeit postulierte (und objektiv unerläßliche) „Entwicklungsfunktion" der Verwaltung wird dadurch tendenziell in ihr Gegenteil verkehrt. Durch die Interessenidentität mit der Politik entfallen Steuerung und Kontrolle weitgehend; die Verwal47 Im einzelnen Kontchou 1984, der sogar von einer „fonctionnarisation de l'Etat et de ses institutions" (S. 10) spricht. 48 Vgl. grundsätzlich Illy 1983.

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tung ist zu einem Hauptinstrument (neben Partei und Militär) zur Erhaltung des Status quo geworden. Auch die Bevölkerung, die in den autoritären politischen Systemen Afrikas ohnehin mehr zur Akklamation reduziert als zur Partizipation aufgerufen ist, ist nicht in der Lage, einen Leistungsdruck auf die Verwaltung auszuüben (dies ist auch der Grund, warum in den meisten Ländern die Verwaltungsgerichtsbarkeit so gut wie inexistent ist) 49 . Der Privilegierungsgrad der Beamtenschaft wird auch noch dadurch verstärkt, daß sie über vielfältige Mechanismen (sei es indirekt über Familienangehörige, sei es über die Aufweichung des Beamtenrechts) ein wachsendes Engagement in der Wirtschaft ihrer Länder erreicht hat. Dies könnte in einem spezifischen Sinne sinnvoll sein (Verlassen des öffentlichen Dienstes und Aufbau von afrikanischer Managementkapazität in einem noch weitgehend von Ausländern beherrschten Wirtschaftssektor), führt aber in der Regel eher zu Interessenkonflikten und zu einer Bereicherung der Beamten auf Kosten des öffentlichen Interesses 50. Typisch für afrikanische Verwaltungssysteme ist der hohe Zentralisierungsgrad der Entscheidungsabläufe, ein Korrelat zum zentralistischen politischen System. Da aber die politische Unsicherheit in afrikanischen Ländern groß ist, reduziert sich administratives Handeln oft auf kurzfristige Perspektiven und produziert tendenziell Untätigkeit, da sowohl Verantwortlichkeiten ungern delegiert werden noch gerne, selbst wenn die fachliche Kompetenz vorliegt, Verantwortung übernommen wird. Auch gibt es kaum eine konsistente Personalpolitik und -führung, die Leistung honorieren würde. Nicht das „technical know-how" zählt letztlich für die Karriere, sondern das „political know-who" 5 1 . Diese Realität wird durch die Fassade eines umfassenden Planungssystems verdeckt, das aber bei näherer Analyse eher nach außen gerichtete programmatische Aussagen zusammenfaßt (ζ. B. ausländische Investoren und bi- und multilaterale Organisationen der Entwicklungshilfe) und nicht als konsistentes, zielgerichtetes Instrument für administratives Handeln betrachtet wird 5 2 . So ist es eine erwiesene Tatsache, daß die zur Verfügung stehenden Kompetenzen oft nicht adäquat genutzt werden bzw. durchaus leistungswillige Beamte durch politische Interventionen auf Dauer demotiviert werden (bis zum „brain-drain", ins Ausland, ζ. B. arabische Länder). Das Problem der Zentralisierung der administrativen Strukturen 53 ist besonders ausgeprägt im Bereich der Kommunalverwaltung: Selbst die in der letzten Phase der Kolonialherrschaft gewährten Ansätze zu einer lokalen 49

Hierzu Kontchou 1984, S. 20/21. Daß dies auf viele Länder zutrifft, ist unbestritten (vgl. etwa für Nigeria: Diamond 1984). 51 Ogunsanwo 1971/72, S. 422. 52 Vgl. den Beitrag von Wolff in diesem Band. 53 Vgl. im einzelnen Conac 1982. 5(1

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Selbstverwaltung wurden nach der Unabhängigkeit zurückgenommen, weil die Zentralregierung die Bildung von politischen Gegengewichten befürchtete. Dadurch verstärkte sich noch die Ineffizienz der Verwaltung, die dadurch nicht in der Lage ist, den Bedürfnissen einer regional und soziokulturell oftmals außerordentlich fragmentierten Bevölkerung gerecht zu werden. Dieser Engpaß ist inzwischen von vielen Regierungen durchaus erkannt worden, aber es ist die Frage, ob das, was man als „Dezentralisierung" 5 4 bezeichnet (ob als Absichtserklärung oder schon realisiert), wirklich dazu führt, daß das Verhältnis der Verwaltung zur Bevölkerung verbessert wird und die vielfältigen Probleme (Afrika ist der einzige Kontinent, auf dem die Nahrungsmittelproduktion stetig zurückgegangen ist) der Unterentwicklung gelöst werden 55 . Angesichts dieser strukturell-politischen Faktoren der Verwaltungsrealität in Afrika kommt der Ausbildung der Bediensteten eine besondere Rolle zu. Es ist jedoch festzustellen, daß man weitgehend die kolonial geprägten Ausbildungsinhalte übernommen hat 5 6 , die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes aber wenig in die Lage versetzt, trotz der geschilderten Rahmenbedingungen wenigstens ein Minimum an Leistungserfüllung zu erbringen. „Dies liegt in erster Linie daran, daß die Ausbildung als punktueller Vorgang („Pre-Service Training", H. F. I.) und nicht als Bestandteil eines umfassenden Programmes zur organisatorischen Verbesserung behandelt wird" 5 7 . Allgemein spielt besonders in Afrika die unkritische Imitation westlicher Methoden und Technologien eine große Rolle 5 8 , wodurch sich die Verwaltung noch mehr von der Wertstruktur der Mehrheit der Bevölkerung entfernt. Managementtechniken können jedoch nur dann voll wirksam werden, wenn sie der sozio-kulturellen Umwelt angepaßt sind. Dieses Postulat, so überzeugend ist auch klingt 5 9 , ist jedoch in Afrika nur graduell und partiell umzusetzen, da durch die Kolonialherrschaft die Deutungs-, Ordnungs- und Handlungspotentiale afrikanischer Gesellschaften verfremdet sind und es noch lange dauern wird, bis vorkoloniale Denk- und Aktionsmuster (z. B. Konfliktlösung durch Gruppendiskussion) auch auf der Ebene des „modernen" Staates", dessen primärer Ausdruck die öffentliche Verwaltung ist, an Stellenwert gewinnen werden. Wichtig ist dabei auch, daß das politische System eine Atmosphäre zuläßt, die es der (mehrheitlich ländlichen) Bevölkerung 54 Illy 1986 im Überblick; Mawhood 1983 mit Fallstudien; vgl. auch Bodemeyer in diesem Band. 55 Es wird zunehmend auch in der praktischen Entwicklungspolitik erkannt, daß den „institutionellen Faktoren" eine zentrale Bedeutung im Entwicklungsprozeß zukommt; vgl. z. B. die profunde Studie von Brandt u.a. 1985, insbes. S. 233-253. 56 Schaffer 1978. 57 Weltentwicklungsbericht 1983, S. 128. 58 Illy 1983, S. 462. 59 Vgl. ζ. B. Ould Daddah 1983 und Nicolas 1982, auch Balogun 1981.

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erlaubt, auf die Verwaltung Druck auszuüben und den Grad ihrer Aufgabenerfüllung zu kontrollieren.

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Recht und Verwaltung nach der Unabhängigkeit Entwicklungstendenzen Von Brun-Otto Bryde

I. Verwaltungswissenschaft und Rechtswissenschaft Diese Tagung soll nicht einfach eine Bestandsaufnahme afrikabezogener Rechts- und Verwaltungswissenschaft dokumentieren, sondern auch einen Beitrag zur Kooperation beider Wissenschaften leisten. 1. Das ist schon deshalb von Bedeutung, weil beide sich mit teilweise ähnlichen Forschungsinteressen aber unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten der afrikanischen Staatlichkeit angenommen haben. Daher kann oft bereits der Blick über den Zaun, die bloße Addition von Forschungsergebnissen — noch vor jedem spezifisch interdisziplinären Anspruch — unseren Erkenntnisstand erweitern. So scheint in der afrikarechtlichen Forschung (und zwar gerade auch, soweit sie sozial wissenschaftlich, rechtssoziologisch oder -ethnologisch arbeitet) auf den ersten Blick das Verwaltungsrecht sehr viel weniger intensiv behandelt zu sein als Familien-, Erb- und Bodenrecht oder auch Handels-, Wirtschafts- und Strafrecht. Das erweist sich jedoch teilweise als optische Täuschung, da jedenfalls im anglophonen Bereich Verwaltung einschließlich ihrer normativen Vorgaben viel weniger als primärer Aufgabenbereich von Juristen angesehen wird und daher die vermuteten Forschungsdefizite verschwinden, sobald man statt in juristischen in verwaltungswissenschaftlichen Zeitschriften sucht, also ζ. B. unter dem Stichwort „urban problems" statt „Baurecht". Andererseits übersieht aber auch die Verwaltungswissenschaft häufig, welch reiches Material für die eigenen Fragestellungen unter der Überschrift „Recht" statt „Verwaltung" bereitliegt. Die — vor allem amerikanische — „law and development-Forschung" 1 geht nämlich von einem so weiten („imperialistischen") Rechtsbegriff aus (law = governmental social control) 2 , daß der Gesamtbereich staatlichen Ein Wirkens auf die Gesellschaft thematisiert wird. Hier finden sich für den Verwal1 Dazu unter II. Vergi, nunmehr auch Bryde/Kübler (Hsg.), Die Rolle des Rechts im Entwicklungsprozeß, 1986. 2 Vgl. Burg: Law and Development: A Review of the Literature & a Critique of "Scholars in Self-Estrangement", Am. J. Comp. L.25 (1977), S.492, S.500ff.

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tungswissenschaftler abrufbare, auch empirische Erkenntnisse, die wohl nur aus forschungstechnischen Gründen, nämlich der entsprechenden Indexierung in Bibliographien und ähnlichen Hilfsmitteln nicht hinreichend fruchtbar gemacht werden. 2. Solche teilweisen Überschneidungen und additiven Ergänzungen können allerdings nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, daß die unterschiedlichen fachlichen Traditionen und Arbeitsschwerpunkte Lücken lassen, die nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit behoben werden können. So beschäftigt sich die Rechtssoziologie traditionell lieber mit der Rechtsdurchsetzung durch die „Legal Profession", die Verwaltungswissenschaft mit der durch Bürokratie, die Rechtssoziologie mit der Rolle der Gerichte und der Normunterworfenen in der Normgenese, die Politikwissenschaft mit der der Legislative 3 . Ein Gesamtbild wird hier nicht nur durch ein Zusammenführen von Forschungsergebnissen, sondern auch -methoden entstehen können, wenn also ζ. B. auch der Richter als Implementationsakteur analysiert wird 4 , und der Mobilisierung von Verwaltungsrecht genausoviel Aufmerksamkeit gewidmet wird wie der von Zivil- oder Strafrecht 5 .

II. „Law and Development-Forschung" M i t dem Stichwort „law and development" ist auf den wohl wichtigsten Ansatz juristischer Afrikaforschung im hier interessierenden Zeitraum verwiesen. Unter diesem Etikett wurde parallel zum Unabhängigkeitsprozeß und in enger Anlehnung an die entwicklungstheoretische Diskussion in den Nachbarwissenschaften der Versuch gemacht, die Frage nach der Rolle des Rechts im Entwicklungsprozeß zu einem eigenständigen Feld theoretischer und angewandter Rechtssoziologie und -politik zu machen 6 . 3 Zum Problem vgl. auch Friedman, L.: The Legal System, 1975, S. VII: Die für die (sozialwissenschaftliche) Erkenntnis des Rechts wichtigen Erkenntnisse sind „Scattered among disciplines"; Bryde: Verfassungsentwicklung, 1982, S. 24f. 4 Dazu Blankenburg/Voigt (Hrsg.): Implementation von Gerichtsentscheidungen, JR Soz Rth 10 (1986). 5 Zum Konzept der „Mobilisierung" von Recht grundlegend: Black, D. J.: The Mobilization of Law, J. of Legal Studies 2 (1973), S. 125 ff.; zur Anwendung auf die Soziologie des afrikanischen Rechts Bryde: The Politics and Sociology of Africa Legal Development, 1976, S. 163 ff. 6 Gute Überblicke über die Literatur bei Gardner: Legal Imperialism — American Lawyers and Foreign Aid in Latin America, 1980: Burg (Anm. 2); Merryman: Comparative Law and Social Change: On the Origins, Style, Decline & Revival of the Law and Development Movement. Am. J. Comp. L. 25 (1977), S. 457 ff.; Dias/ Paul, in: Dias u. a.: Lawyers in the Third World, Uppsala/New York 1981; Bryde, in: Bryde/Kübler (Anm. 1) S. 9 ff.

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A m Beginn Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre stand der relativ naive Versuch, den expandierenden ökonomischen und sozialwissenschaftlichen Entwicklungswissenschaften eine juristische Variante an die Seite zu stellen7. Mitte der 60er Jahre erschienen dann die ersten theoretisch anspruchsvollen Versuche, die Rolle des Rechts in den gerade unabhängig gewordenen oder vor der Unabhängigkeit stehenden Staaten zu erfassen. Dabei ist, parallel zur seinerzeitig herrschenden entwicklungstheoretischen Lehre, das Paradigma das der Modernisierung: Einem am westlichen Modell konstruierten Idealtyp eines „modernen" Rechtssystems wird der eines traditionellen Rechtssystems gegenübergestellt und die Notwendigkeit des Übergangs von letzterem zu ersterem postuliert, und zwar nicht etwa nur als Folge gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse, sondern auch als deren Voraussetzung8. Es folgten Jahre von wissenschaftsorganisatorischen Bemühungen (Kongresse, Instituts- und Zeitschriftengründungen) und Feldforschungen, bis Mitte der 70er Jahre eine bemerkenswerte Phase der Selbstkritik einsetzte9. Hauptkritikpunkte waren Ethnozentrismus und politische Naivität der „law and development"-Bewegung. Vor allem amerikanische Autoren waren allzu leicht geneigt, alles, was nicht dem eigenen Modell (etwa der soziologischen Organisation juristischer Berufe oder der Juristenausbildung) entsprach, der „Unterentwicklung" des betreffenden Landes zuzuschreiben, obwohl ein Blick nach Westeuropa genügt hätte, eine solche allzu simple Korrelation in Zweifel zu ziehen, da dort vergleichbar „rückständige" Institutionen den wirtschaftlichen Aufstieg Westeuropas offensichtlich nicht behindert haben 10 . Wichtiger für unsere Themenstellung ist jedoch die Kritik an der unzureichenden Berücksichtigung der politischen Rahmenbedingungen des Rechts in der frühen „law and development"-Theorie. Die Aufgabe des Entwicklungsjuristen wird in erster Linie als Suche nach juristischen Erfindungen verstanden, mit deren Hilfe sich Entwicklungsziele verfolgen lassen. Dieses Programm macht eine Reihe unrealistischer Annahmen. Zum einen hält es die Ziele für geklärter als sie sind, so daß nur noch nach Instrumenten 7 Douglas: Lawyers of the Peace Corps, Α. Β. A. J. 48 (1962), S.909f.; Wilken: A Glorious Opportunity for America Lawyeres, A.B.A. J. 47 (1961), S. 142, vgl. auch Gardner (Anm. 6), S. 35 ff. 8 Vgl. etwa Galanter: The Modernization of Law, in: Weiner, M.: Modernization, 1966, S. 153 ff.; Rheinstein: Problems of Law in the New Nations of Africa, in: Geertz: Old Societies and New States, 1963, S.220ff.; Allott: Legal Development and Economic Growth in Africa, in: Anderson: Changing Law in Developing Countries, 1963, S. 194 ff.; Schaeffer: Droit du développement, Bull. Inst. Int. Adm. Pubi. 1968, S. 57 ff. 9 Trubek/Galanter: Scholars in Self-Estrangement, Wisconsin Law Review, 1972, S.720ff.; Snyder: Law and Development in the Light of Dependency Theory, Law and Society Rev. 14 (1980), S.723ff.; Gardner (Anm. 6), S.239ff. 1,1 Zur Kritik Gardner (Anm. 6), S. 247 ff.

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gesucht zu werden braucht. Vor allem aber geht ein solcher Ansatz davon aus, daß der Gesetzgeber von den so entwickelten Instrumenten auch Gebrauch machen und die Verwaltung sie durchsetzen wird. Beides ist eher unwahrscheinlich. Die afrikanischen politischen Systeme haben sich generell nicht in eine Richtung entwickelt, die die Schaffung von „Entwicklungsrecht" erwarten ließe. Ein instrumentales Modell von „Entwicklung durch Recht", in der der Normgeber als freier Agent gesehen und seine Bereitschaft, die Gesellschaft zu „entwickeln", nicht hinterfragt wird, kann zwar auf die relative Freiheit personalistischer afrikanischer Herrschaft verweisen, dem „law on the books" nahezu jeden beliebigen Inhalt zu geben, ohne daran durch innergesellschaftliche Opposition gehindert werden zu können 11 . Aber es bleibt offen, was eine regierende Elite veranlassen soll, Gesetze zur Änderung einer Situation zu erlassen, die sie selbst mit Privilegien ausstattet. Noch zweifelhafter ist, wie die „starken Männer in schwachen Staaten" Entwicklungsrecht durchsetzen sollten, wenn sie es denn je erlassen würden. Diese Fragen an ein instrumentales Modell verweisen auf die Notwendigkeit, politik- und verwaltungswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen, doch wäre, es falsch, naive juristische Entwicklungsländerforschung aufgeklärter sozialwissenschaftlicher gegenüberzustellen. Die kritisierten naiven Ausgangsannahmen teilen die Juristen mit den Nachbarwissenschaften, der modernisierende Gesetzgeber entsprach der modernisierenden Elite 1 2 und der Entwicklungsdiktatur 13 , und auch die Nachweise von Ineffektivität von Recht und bürokratischen Vollzugsdefiziten entwickelten sich mehr oder weniger parallel. Dabei erweisen sich gerade die Vollzugsdefizite auf der Ebene der Bürokratie als für rechts- und verwaltungswissenschaftliche Betrachtung gemeinsames zentrales Problem. Die Schwierigkeiten für ein Programm von „Entwicklung durch Recht" auf der Rechtssetzungsebene sind nicht notwendig unüberwindbar. Die simple Annahme, Gesetze in einem von einer kleinen privilegierten (vielleicht sogar „kleptokratischen") 14 Elite dominierten politischen System müßten notwendig und ausschließlich deren Interessen reflektieren, könnte den tatsächlichen Inhalt afrikanischer Gesetzblätter jedenfalls nicht erklären: sie sind im Gegenteil voller Gesetze, die auf Änderungen und Verbesserungen des Loses gerade auch der unteren Bevölkerungsschichten 11 Ausgangspunkt dieser Rechtsbetrachtung dürfte die koloniale Rechtssituation sein, vgl. Bryde (Anm. 5), S. 9 ff.; vgl. etwa Seidman: Law and Development: A General Model, Law & Society Review 6 (1972), S. 492 ff. 12 Apter: The Politics of Modernization, 4. Aufl., 1969, S. 138 ff. 13 Newman: Die Entwicklungsdiktatur und der Verfassungsstaat, 1963. 14 Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff: Im Teufelskreis der Verschuldung, 1984, S. 134 ff.

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zielen. Diese können lediglich symbolisch gemeint sein 15 . Aber die Möglichkeit, daß ein mit idealistischer Zielsetzung ansetzendes Regime, das mit Scheitern dieser Zielsetzung wieder in den üblichen Korruptionssumpf zurückfällt, in seiner idealistischen Phase Entwicklungsrecht produziert 16 , kann ebensowenig ausgeschlossen werden wie, daß Regime, die sich selbst als modern und progressiv verstehen, solche Gesetze zur Vermeidung kognitiver Dissonanz erlassen. Hinzu kommt die Notwendigkeit, das System nach innen und außen zu legitimieren 17 , auch wenn diese je nach Repressionskapazität des Regimes unterschiedlich groß ist. Selbst wenn man die Schwierigkeiten auf der Ebene des politischen Systems überspringt, trifft der instrumenteile Ansatz einer „Entwicklung durch Recht" allerdings schon auf der Rechtssetzungsebene auf Probleme. In der Blütezeit der „law and development"-Bewegung Mitte der ersten Entwicklungsdekade wurde „Entwicklung" noch als technokratisch zu lösendes Problem gesehen. Man glaubte, die richtigen Instrumente zu kennen, das Zentrum der Gesellschaft in Gestalt des modernen Gesetzgebers muß diese dann lediglich in Befehle an seine Bürger umsetzen 18 , und die relativ einfache Aufgabe des Entwicklungsjuristen wäre es, diese in die richtige juristische Form zu bringen. Zwei gescheiterte Entwicklungsdekaden und tausende gescheiterte Entwicklungsprojekte später ist diese Zuversicht der nördlichen Sozialingenieure einer tiefgreifenden Skepsis hinsichtlich einer zentralen Planbarkeit sozio-ökonomischer Prozesse (übrigens auch im Norden) gewichen, von der auch der Bericht von Wolff 1 9 Zeugnis gibt. Auch hier kann entwicklungsjuristische Theorie sich zwangsläufig nicht über das Niveau der ökonomischen und sozialwissenschaftlichen Nachbarwissenschaften erheben: sie teilte deren optimistisches Selbstvertrauen in den 60er Jahren ebenso wie die spätere Malaise. Im Zentrum jeder realistischen Beschäftigung mit dem Recht der Entwicklungsländer muß jedoch die Frage der Rechtsdurchsetzung stehen. Dabei spielt die Durchsetzung durch die Bürokratie in der „law and development"Theorie eine besondere Rolle, die wiederum auf enge Berührungspunkte, wenn nicht Identität rechts- und verwaltungswissenschaftlicher Forschungsinteressen verweist. Die mangelnde Effektivität des Rechts ist zentrales und fast schon ermüdendes Thema vieler Studien afrikanischer Rechtswirklichkeit 2 0 . Aber soweit die Gründe dafür bei den Rechtsadressaten gesucht 15

Zur Begrifflichkeit in der Rechtssoziologie vgl. Gusfield, in: Social Problems 15 (1967), S. 175 ff.; Bryde (Anm. 5), S. 133 ff. m. w. N. 16 Zum Wechsel von moralischem Impetus, Scheitern, Ersetzung altruistischer durch egoistische Zielsetzungen im politischen Verhalten vgl. die ökonomische Analyse von Hirschman, A. O.: Shifting Involvements, 1982, S. 92 ff. 17 Vgl. dazu auch Berg-Schlosser in diesem Band. 18 Repräsentativ: Seidman, R. (Anm. 11), S. 319. 19 Vgl. in diesem Band. 20 Vgl. Bryde (Anm. 5), S. 127 ff. m. w. N.

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werden (Analphabetismus, fremde Rechtssprache, vom modernen Recht abweichende einheimische Rechtstraditionen) 21 , könnte die Wahl öffentlichrechtlicher Instrumente einen Ausweg bieten 22 . Muß das Recht nicht von den Adressaten mobilisiert 23 , sondern von einem staatlichen Apparat durchgesetzt werden, brauchten die genannten Effektivitätshindernisse keine Rolle zu spielen. In der entwicklungsjuristischen Literatur spielen daher auch Überlegungen zu einer Verstärkung öffentlich-rechtlicher Instrumente (also ζ. B. Durchführung von Landreformen nicht durch Zuweisung von Gestaltungsrechten an Betroffene, sondern durch eine entsprechende Verwaltung) eine gewisse Rolle 2 4 . Tatsächlich begegnen uns hier jedoch die in den verwaltungswissenschaftlichen Beiträgen zu diesem Band angesprochenen Hindernisse. Kaum einem afrikanischen Land ist der Aufbau eines effizienten und unkorrupten Beamtenapparates gelungen. Dabei liegen die Probleme nicht einfach in vordergründigen Effizienzmängeln oder Einzelfällen von Korruption, sondern in strukturellen Problemen, in deren Herausarbeitung die Verwaltungswissenschaften den entwicklungsjuristischen Arbeiten überlegen sein dürften: bürokratische Eliten und ländliche Bevölkerung handeln vor einem so vollständig unterschiedlichen Werte- und Erlebnishorizont, daß sie aneinander vorbeiagieren und eine Koordination nur über gegenseitige Fiktionen erfolgt 25 . Diese Situation auf der Rechtsdurchsetzungsebene verstärkt im übrigen die Irrealität der Rechtsetzung: Da Recht nicht durchgesetzt wird, erfolgt auch keine Rückmeldung über Vollzugsdefizite, der Gesetzgeber kann ganz „frei" agieren, da er mit den Folgen seines Handelns kaum konfrontiert wird. Wenn die Konjunktur der „law and development"-Forschung Mitte der 70er Jahre ziemlich abrupt abbrach, dann ist das allerdings nicht einfach auf das Scheitern des naiven Ausgangsmodells zurückzuführen. Dessen Unhaltbarkeit wurde nicht durch Kritik von außen, sondern durch eigene empirische und theoretische Arbeit der „law and development-community" überwunden 26 , wobei deren in Entwicklungsländern gewonnene Erkenntnisse über die Ineffektivität von Recht, einseitige Instrumentalisierung von 21 Zur Schwierigkeit der Kommunikation von Recht vgl. Seidman, R.: The Communication of Law and the Process of Development, Wisconsin Law Rev. 1972, S. 686 ff.; Beckstrom: Handicaps of Legal Social Engineering in a Developing Nation, Am. J. Comp. L 22 (1974), S. 697 ff. 22 So Seidman (Anm. 11), S. 327; Scholler / Brietzke: Law and Politics in Revolutionary Ethiopia, VRÜ 1975, S. 183, S. 198; Ghai/McAuslan: Public Law and Political Change in Kenya, 1970, S. 290. 23 Wie das Privatrecht: vgl. dazu Bryde (Anm. 5), S. 164 ff. 24 Vgl. Anm. 22 sowie Schwab: Decision Making in Ethiopia (1972), S. 80; Bryde (Anm. 5), S. 187; Münkner: Comparative Study of Cooperative Law in Africa, General Report, Marburg 1984, S. 66 ff. 25 Spittler: Die Struktur der Bürokratie in afrikanischen Agrarstaaten und die Agrarpolitik, in: Hanisch/Tetzlaff (Hrsg.): Staat und Entwicklung, 1981, S.297, S. 305 ff. 26 Vgl. Anm. 9.

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Eliteinteressen, Vielfalt rechtlicher Foren auch die Rechtssoziologie der Industriestaaten befruchtete. Das hätte nun nicht zum Nachlassen der Bemühungen um die Rechtssysteme der Dritten Welt führen dürfen, sondern zur Verstärkung auf qualifizierterem Niveau 2 7 . Weder die theoretischen noch die praktischen Probleme von Rechtssystemen unter den Bedingungen der Unterentwicklung sind ja gelöst, auch „alternative" Entwicklungsmodelle stoßen auf rechtliche Hindernisse und bedürfen rechtlicher Ressourcen 28. Tatsächlich lassen sich sowohl Blüte wie Niedergang der „law and development"-Forschung sehr viel besser als durch objektive Forschungsbedürfnisse durch die anfängliche Popularität des Ansatzes bei großen Finanzierungsinstitutionen (Ford Foundation, A I D ) , das deutliche Nachlassen dieser Popularität mit dem Wechsel von einem naiven Modell „Entwicklung durch Recht" zur kritischen Frage nach den Zusammenhängen zwischen Recht und Unterentwicklung erklären 29 . A u f dem durch diese finanzielle Restriktionen erzwungenen bescheideneren Niveau erfolgt jedoch nach wie vor hochkarätige Forschung 30 , die einer weiteren Aufmerksamkeit wert wäre, als sie sie in Deutschland sowohl bei Juristen als auch Verwaltungswissenschaftlern ζ. Z. erhält.

I I I . Rechtsentwicklung und Unterentwicklung Nicht nur in der Theorie, auch in der Praxis der afrikanischen Länder stand die Rechtsentwicklung unter dem Leitprinzip der Modernisierung. Alle afrikanischen Länder investierten — überwiegend mit ausländischer Hilfe — erhebliche Ressourcen in den Aufbau eines nationalen Rechtssystems. Auch die kleinsten gründeten eigene juristische Fakultäten 31 . Die Justiz, bei der Unabhängigkeit noch weitgehend auf Ausländer angewiesen, wurde afrikanisiert und professionalisiert, d. h. mit dem Entstehen eines einheimischen akademischen Juristenstandes wurden diesem sukzessive die Positionen auch 27

In der kritischen Diskussion wird einerseits eine stärkere wissenschaftliche Einbindung in die allgemeine vergleichende Rechtssoziologie (so Merryman, Anm. 6, S.483), andererseits eine stärkere politische Orientierung auf die Bedürfnisse der Opfer der Unterentwicklung gefordert (International Third World Legal Studies Association, 1982, Third World Legal Studies). 28 Dias /Paul: Lawyers, Legal Ressources and Alternative Approaches to Development, S.362ff., in: Dias u.a. (Anm.6), S.362ff.; Ghai, Y.: Law and Another Development, Development Dialogue 179, S. 109 ff. 29 Nachweise bei Gardner (Anm. 6), S. 45 ff. 3,1 Vgl. insbesondere die von J. C. N. Paul und Y. Ghai herausgegebene Reihe „Studies of Law in Social Change and Development", Uppsala und New York. 31 Zur Juristenausbildung vgl. Bryde (Anm. 5), S.78ff.; Bainbridge: The Study and Teaching of Law in Africa, 1972; Jahrbuch für Afrikanisches Recht, Bd. 6, 1986. 3 Speyer 99

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auf den unteren Ebenen der Gerichtsbarkeit vorbehalten, die bis dahin von Laien ausgefüllt worden waren 32 . Sieht man „Rechtsentwicklung" unter diesem mehr technischen und quantitativen Aspekt, könnte man die „Entwicklung des afrikanischen Rechts 1960-1985" also als Erfolgsgeschichte darstellen, aber damit würde man wesentliche Probleme übersehen. In der Juristenausbildung, die Gegenstand einer eigenen Tagung im Jahr 1985 hier in Speyer 33 war, ist die reine Expansion der Professuren und Studentenzahlen noch keine Garantie für eine den Bedürfnissen des jeweiligen Landes entsprechende Profession. Die afrikanischen Entwicklungsländer haben von den europäischen Mutterländern überholte Ausbildungsmodelle übernommen 34 , die sich unter den Bedingungen der Unterentwicklung noch inadäquater auswirken. Frontalunterricht im überfüllten Hörsaal ζ. B. kann nur funktionieren, wenn die Studenten ein intensives Selbststudium betreiben, nicht wenn in den Bibliotheken weder Bücher noch Zeitschriften stehen 35 , und die akademische Praxisferne etwa des englischen Jurastudiums 36 verlangt eine Ergänzung durch innerprofessionelle Ausbildungs- und Qualifizierungsmechanismen. Vor allem in den frankophonen Universitäten ist die französische Kontrolle über das Curriculum bis heute bestimmend geblieben, und auch die Fakultäten bleiben in französischer Hand, da die vom Mutterland übernommenen Qualifizierungsbedingungen für den akademischen Nachwuchs die Positionen auch dann noch für Ausländer vorbehalten haben, nachdem hochqualifizierter einheimischer Nachwuchs zur Verfügung steht 37 . Die Afrikanisierung im anglophonen Afrika konnte angesichts einer abweichenden Universitätstradition, die den Nachwuchs sehr viel schneller in die Lehre integriert, rascher erfolgen. Hier half wohl an einigen Orten auch der Einfluß amerikanischer „law and development"-Missionare, Praxisorientierung und Offenheit für die Nachbarwissenschaften einzuführen 38 . Trotz des gerüttelten Maßes an Ethnozentrismus, der hinter Versuchen stand, das Modell der US-„law school" auf Afrika übertragen, läßt sich nicht verkennen, daß dort, wo ein solches Experiment ohne koloniale Hypotheken möglich war, wie z. B. in Äthiopien, eine Juristenausbildung entstand, die den Bedürfnissen eines afrikanischen Entwicklungslandes angemessener war als die kolonialen Modelle 3 9 . 32

Vgl. die Nachweise bei Bryde (Anm. 5), S. 76. Die Referate werden veröffentlicht im Jahrbuch für Afrikanisches Recht, Bd. 6. 34 Zur Kritik Bainbridge (Anm. 31), S. 3 ff.; Gardner (Anm. 6); Bryde (Anm. 5), S. 78 ff. 35 Vgl. die plastische Schilderung von Akkad, (Anm. 33), dessen Beispiel (Gabun) sich aber nicht unbedingt verallgemeinern läßt. 36 Bainbridge (Anm. 31), S. 8 ff.; Gower: Independent Africa: The Challenge to the Legal Profession, 1967. 37 Bryde (Anm. 5), S. 80 m. w. N. 38 Vgl. Rwezaura (Anm. 33). 39 an die auch ein sozialistisches Äthiopien anknüpfen konnte: Fazil Nahum, JETH L l l (1980), S. 57 ff. 33

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Auch der Aufbau eines einheimischen Juristenstandes setzte mit der Unabhängigkeit verstärkt ein 4 0 . In einigen Gebieten (ζ. B. im anglophonen Westafrika) gab es zwar schon eine alte einheimische Advokatur 4 1 , aber in der Regel war der Beruf erst mit der Eröffnung lokaler Juristenausbildungsinstitutionen breiteren Schichten zugänglich. Die Rolle der „Legal Profession" wird leicht im Sinne eines neutralen „Broker of Legal Knowledge" gewürdigt, die für die Diffusion, Mobilisierung und Implementierung von Recht unerläßlich ist 4 2 . Dabei ist jedoch nicht zu übersehen, daß der Beitrag eines professionalisierten Juristenstandes in dieser Hinsicht gesellschaftlich ungleich wirkt. Wenn die Einkommensverteilung extrem ungleich und juristischer Sachverstand knapp ist, wird er nahezu zwangsläufig von den wirtschaftlich Mächtigsten monopolisiert 43 . Schon rein geographisch konzentrieren sich die Anwälte in den Zentren 44 . Da sie selbst zur Elite gehören, sind ihre Dienste für Nicht-Elite-Gruppen in der Regel unerschwinglich 45 . Legal-AidProgramme sind in ihrer sachlichen und persönlichen Reichweite viel zu beschränkt, um unter den Bedingungen eines Entwicklungslandes hier einen Ausgleich schaffen zu können 46 . Dabei ist der Anwalt von seiner Ausbildung her oft dem Richter überlegen, und die Daten deuten darauf hin, daß die Einschaltung eines Anwalts die Erfolgschancen beträchtlich erhöht 47 . Insgesamt ist also eher von einer Verbindung der Profession mit Eliteinteressen auszugehen. Jenseits dieser Generalisierung finden wir jedoch aufgrund der unterschiedlichen rezipierten Rechtskulturen, unterschiedlichen historischen Entwicklungen und politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen ein breites Spektrum unterschiedlicher sozialer Organisationen der juristischen Berufe. In der Frankophonie haben sich die französischen Juristen wie in der 4t)

Zur Legal Profession vgl. vor allem die Beiträge in Dias u. a. (Anm. 6) m. w. N.; Bryde (Anm. 5), S. 152 ff. m. w. N. 41 Luckham, in: Dias u. a. (Anm. 6), S. 90 ff. 42 Konz: Legal Development in Developing Countries, Proceedings American Society of International Law, 1969, S. 91 ff.; Beckstrom: Handicaps of Legal Social Engineering in a Developing Nation, Am. J. Comp. Law 22 (1974), S.697, S.706; Merrilat: Law and Developing Countries, An. J. Int. L 1966 (60), S. 71 ff. 43 Luckham, in: Dias u.a. (Anm.6), S.300ff.; Dias/ Paul, ebenda, S.337ff.; Bryde (Anm. 5), S. 153f. m. w. N. 44 Nachweise ζ. B. bei Ghai/McAusland: Public Law and Political Change in Kenya, 1970, S. 440; Ross: A Comparative Study of the Legal Profession in East Africa, J. African Law 17 (1973), S.279, S.280; ders.: Makerere's First Graduating Change, East African Law J. 7(1971), S. 160, S. 163. 45 Ross (1973), S.294; Lowy: The Ethnography of Law in a Ghanaian Town, Ph. D. Diss. Berkeley 1971, App. 13, 14. 46 Zu Legal Aid-Programmen in Afrika vgl. Newman, Β.: To Further a System of Justice, African Law Studies 3 (1970), S. 97; Dunning, in: Legal Aid and World Poverty, 1974. 47 Ross (Anm. 44), 1973, S. 294; Lowy: The Fetishes are There, 1975/1, Kroniek van Afrika, No. 4, S. 38 ff. *

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Ausbildung auch in den freien Berufen noch die wichtigsten Positionen gesichert 48 . I m anglophonen Afrika verlief die Entwicklung trotz einer homogenen Rechtskultur bemerkenswert unterschiedlich. So hat Ghana eine alte afrikanische Anwaltschaft, die ihre Klienten in einheimischen KakaoProduzenten fand, daher vom Kolonialregime unabhängig war und eine Oppositionsrolle spielen konnte 4 9 . Gerade deshalb ließ die Kolonialmacht das Entstehen einer afrikanischen Anwaltschaft in Ost-Afrika nicht zu, wo europäische Siedler und asiatische Kaufleute sich jeweils Anwälten ihrer Rasse bedienten 50 . Nach der Unabhängigkeit hat Tanzania die Rechtsberatung teilweise verstaatlicht 51 , wobei dies durch das Fehlen einer selbstbewußten einheimischen Anwaltschaft sicher erleichtert wurde. In der allgemeinen Rechtspolitik ging es für die afrikanischen Staaten nach der Unabhängigkeit um die Aufgabe, das überkommene Erbe aus kolonialem Recht, endogenen afrikanischen Traditionen und islamischem Recht in eine nationale Rechtsordnung zu überführen 52 . Dabei hat die durch die Kolonialherrschaft bewirkte Rezeption einer europäischen Rechtstradition einen prägenden Einfluß auf das Rechtssystem der neuen Staaten. Diese Feststellung gilt ganz unabhängig davon, ob die betreffenden Länder Modernität oder Authentizität betonen, einen sozialistischen oder kapitalistischen Entwicklungsweg verfolgen und wie sehr sie sich rhetorisch von ihrer kolonialen Vergangenheit absetzen53. Es wäre falsch, diesen Vorgang lediglich als einseitige Imposition zu sehen. Schon der Transfer des metropolitanen Rechts in der Kolonialzeit war ein komplizierter Prozeß, in dem die kolonialen Verwaltungsbeamten dem von den kolonialen Juristen betriebenen Export skeptisch gegenüberstanden 54. Das Engagement der Juristen für ihr Rechtssystem wurde nach der Unabhängigkeit von dem einheimischen professionellen Juristenstand übernommen, so daß das rezipierte Recht eine soziale Basis in den lokalen Rechtshonoratioren hat 5 5 . Koloniales und einheimisches Erbe müssen in einer neuen einheitlichen Rechtsordnung verarbeitet werden. Für den Gesetzgeber, genauer die politi48

Die dahinter liegende Ideologie wird bei Akkad (Anm. 33) deutlich. Luckham (Anm. 6), S. 90 ff. 50 Ghai (Anm. 6), S. 144 ff. 51 Ghai (Anm. 6), S. 164 ff. 52 Bryde: Rezeption Europäischen Rechts und autozentrierte Rechtsentwicklung in Afrika, Afrika-Spektrum, 1977, S. 197 ff. m. w. N. 53 Nachweise zur Abhängigkeit von westlichen Modellen gerade auch bei Authentizitätskampagnen bei Bryde (Anm. 5), S. 103. 54 Bryde (Anm. 5), S. 11 f. m. w. N. 55 Deutlich beim Scheitern des Versuchs, das Common Law im Sudan abzuschaffen: Thompson, C.: The Failure of Continental Codes in the Sudan, VRÜ 1975, S. 407 ff. 49

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sehe Elite der afrikanischen Länder, geht es um die Schaffung einer nationalen Rechtsordnung als Teil nationaler Identität 5 6 . Damit nimmt die Rechtsordnung teil an der dialektischen Beziehung, die generell zwischen kolonialer Vergangenheit und nationaler Identität besteht: A u f der einen Seite muß diese nationale Identität gerade in der Abgrenzung gegenüber dem kolonialen Mutterland gefunden werden, auf der anderen Seite aber ist die koloniale Vergangenheit integraler Bestandteil der nationalen Identität, schon weil die afrikanische Friedensordnung im Rahmen der Ο A U an den kolonialen Grenzen anknüpft. Die Abgrenzung gegenüber der Kolonialmacht läßt sich im Recht symbolisch in der Betonung von „négritude" oder „autenticité" darstellen 57 , also in der Integration von als „afrikanisch" verstandenen Traditionsbruchstücken in der Rechtsordnung. Dabei ist der Begriff „symbolisch" mit Bedacht gewählt. Die Rechtssoziologie unterscheidet idealtypisch „instrumentelles" von „symbolischem" Recht, je nachdem, ob Rechtsnormen eher auf die Veränderung menschlichen Verhaltens oder auf die symbolische Bestätigung von Werten zielen 58 . Diese symbolische Funktion spielt in der afrikanischen Rechtsetzung eine große Rolle und wird häufig von rechtssoziologischen westlichen Beobachtern übersehen, die die „Effektivität" afrikanischer Gesetze untersuchen. Gesetzgeber, die wie der äthiopische Kaiser 1960 eine den einheimischen Traditionen völlig fremde, ehrgeizige Kodifikation einführen, geben sich möglicherweise gar nicht so großen Illusionen hinsichtlich der Durchsetzung solcher Phantom-Gesetze hin wie in der kritischen Literatur angemerkt 59 : ihnen ist die symbolische Bestätigung der Modernität in sich schon ein wichtiges Ziel. Umgekehrt werden Authentizität und Unabhängigkeit vom Kolonialherrn durch die Übernahme ausgewählter afrikanischer Elemente in das neue einheitliche Recht betont 60 . Aber auch die — im Gesamtsystem letztlich schwergewichtigeren — rezipierten Bestandteile des Rechtssystems sind unter dem Blickwinkel nationaler Identität von Bedeutung, da die neuen Staaten ihre nationale Identität innerhalb kolonialer Grenzen finden müssen. Zu dem, was Ghana im Verhältnis zur Elfenbeinküste oder Togo unverwechselbar macht, gehört auch die an koloniale Vorbilder anknüpfende Form staatlicher Darstellung und Äußerung bis in die „Folklore" von Uniformen des Militärs und Amtstracht der Richter hinein. 56

Vgl. Bryde: Identität in Gesetzgebung und Rechtsprechung in Afrika, Bayreuth African Studies, Series 4, S. 35 ff. 57 Vgl. zu Zaire MacGaffey: The Policy of National Integration in Zaire, JMAST 20 (1982), S. 87 ff. 58 Vgl. Anm. 15. 59 Etwa bei Beckstrom: Transplantation of Legal Systems, Am. J. Comp. Law 22 (1973), S. 557 ff. 60 Vgl. Anm. 57.

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Eine gute Fallstudie für dieses zwiespältige Verhältnis zwischen nationaler Identität und kolonialem Rechtserbe bietet die Rechtsentwicklung des Sudan. Das Common-Law-System des Sudan stand politisch immer im Kreuzfeuer antikolonialer Kritik. Andererseits prägt es aber die einheimische Rechtskultur des Landes. Die Einführung von Kodifikationen nach ägyptischem (und damit französischem) Vorbild traf daher auf den Widerstand einer sich mit dieser Rechtskultur identifizierenden juristischen Elite, aber dieser Widerstand hatte durchaus auch eine betont nationalsudanesische Note der Abgrenzung gegenüber dem mächtigen Nachbarn im Norden 6 1 . Wenn die Absetzung vom Recht des Kolonialherrn durch Afrikanisierung unter dem Vorzeichens izYwtf/er Identität erfolgt, bedeutet das fast zwangsläufig, daß die ethnische und kulturelle Identitätsfunktion des Rechts gefährdert ist. Afrikanisches Recht war ja immer das Recht einer konkreten ethnischen Gruppe. Versuche, ein vom kolonialen Vorbild abgesetztes afrikanisches und gleichzeitig national integriertes Recht zu schaffen, haben daher nicht zufällig, sondern fast notwendig etwas Künstliches. Bestenfalls stimmen sie mit der Rechtstradition einer dominanten einheimischen Kultur überein, gelegentlich mit keiner. Der Versuch, ein einheitliches nationales Recht zu schaffen, geht daher i.d. R. zu Lasten der einheimischen Rechte (auch wenn „Authentizität" betont wird), vor allem wenn — wie in den frankophonen Ländern unter Einfluß der französischen Rechtskultur (une nation, une loi) — das Bedürfnis nach Uniformität groß ist 6 2 . Den in der Common-Law-Tradition stehenden Rechtssystemen fällt es tendenziell leichter, Rechtspluralismus zu dulden und nicht nur als überholtes koloniales Erbe anzusehen, so daß hier die Rechtsvereinheitlichung generell vorsichtiger betrieben wird und auch neue „uniforme" Kodifikationen eher den Charakter von Rahmenordnungen und „conflicts of law"-Regelungen haben, die das Fortleben unterschiedlicher kultureller Traditionen erleichtern 63 . Selbst bei solchem schonenden Umgang mit einheimischen Rechtstraditionen wird allerdings häufig deren wichtigster Zug, ihre lebendige Verbindung mit der Gruppe, was Anwendung und Fortentwicklung angeht, beseitigt. Die Inkorporation von Regeln einheimischen Rechts in ein Gesetz, ihre Festschreibung in Richterrecht oder „Restatements" von Ethnologen, ihre Anwendung durch Juristen bei zunehmender Professionalisierung der 61

Thompson, C. (Anm. 55). Vgl. zu den Rechtsformen im frankophonen Afrika Opoku: Reform of Marriage and Divorce in Francophone West Africa, Un. Ghana Law J. 7 (1970), S. 107 ff.; Köhler: Zivilrecht und Zivilgerichtsbarkeit in den frankophonen Neustaaten, VRÜ 1971, S. 123 f. 63 Vgl. zum tanzanischen Familienrecht Read: A Milestone in the Integration of Personal Laws, J. of Africa L 16 (1972), S. 19 f. 62

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Gerichte auch auf unterer Ebene verändern deren Charakter 64 . Zu der ethnische und kulturelle Traditionen tatsächlich schonenden Lösung, auch die Verwaltung des Rechts in den Händen der Primärgruppen zu lassen, dürfte jedoch kaum ein afrikanisches Regime bereit sein. Für die sozialen Auswirkungen dieser Situation lassen sich vier idealtypische Situationen vorstellen 65 : Es gibt Elite-Gruppen, die weitgehend mit dem importierten Recht leben können und auch wollen, da es ihrem Selbstbild als modernen Menschen entspricht (obwohl man sich über verbleibende Bindungen an die eigene Kultur nicht täuschen sollte). A m anderen Extrem gibt es (seltener werdend) Gruppen, die das nationale Recht unberührt läßt, weil sie außerhalb seiner Reichweite leben. Für die Mehrheit der Afrikaner ist jedoch eine Situation kennzeichnend, die zwischen diesen Extremen liegt: Wo autochthone Rechtsordnung und ihre Streitschlichtungsmechanismen noch vital sind, wirkt das offizielle Recht (einschließlich des offiziellen, inkorporierten „Gewohnheitsrechts") als fremde, aber doch präsente Bedrohung der Ordnung des Zusammenlebens. Es gilt ja im juristischen Sinne, auch wo es im Regelfall ignoriert wird, und kann daher in Konfliktfällen auch ins Spiel gebracht werden. Das kann zu schwer erträglichen Ungerechtigkeiten führen, wie sie in der afrikarechtlichen Literatur auch gezeichnet werden. Wenn der äthiopische Civil Code für eine wirksame Adoption Formalien voraussetzt, die niemand kennt und beachtet, so ist das erträglich, kritisch wird es, wenn diese Vorschrift in einem Erbschaftsstreit jenseits der Normvorstellungen und -erwartungen aller Beteiligten herangezogen wird 6 6 . Ebenso unbefriedigend ist, wenn die Kenntnisse moderner Rechtsformen es dem Kundigen erlaubt, seine Verwandten um ihren Besitz zu bringen 67 . Trotzdem scheint mir dies noch nicht der problematischste Aspekt moderner afrikanischer Rechtsentwicklung zu sein. Noch bedenklicher ist eine Situation, in der autochthone Streiterledigungsmechanismen nicht mehr funktionieren, ohne daß „moderne" Instanzen effektiv an ihre Stelle getreten wären, eine Situation, die vor allem für urbane Nicht-Elite-Gruppen in ethnisch heterogener Umwelt droht. Die Bereitschaft, Konflikte rechtlich auszutragen, und Interesse an solchem Austrag ist an sich noch vorhanden und könnte eine enorme Ressource für ein modernes Rechtssystem sein. Aber diese Bereitschaft stößt ins Leere: Die alten Autoritäten sind nicht mehr vorhanden, die neuen können die Erwartungen der Parteien nicht erfüllen, Konflikte so zu verarbeiten, daß das gesellschaftliche Gleichgewicht wieder64

Bryde (Anm. 5), S. 118 m. w. N. Zum folgenden vgl. Bryde (Anm. 52), S. 126 ff. 66 Vgl. Bryde: Rechtstechnik und Gerechtigkeit, VRÜ (1972), S.295. 67 Van Rouveroy: The Plot of the Sophisticated Son-In-Law, Kroniek van Afrika, 1975/1, S. 47 ff. 65

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hergestellt wird: Sie können Ehen scheiden, aber keine familiären Konflikte in einer Art und Weise lösen, daß die Beteiligten weiter miteinander leben können. Dem nicht zur Elite gehörenden Afrikaner, der mit den offiziellen Rechtsinstanzen nichts anfangen kann, wenn er überhaupt Zugang zu ihnen hat, und der noch hinreichend mit seiner Kultur verbunden ist, um von solchen Rechtsinstanzen bestimmte Leistungen zu erwarten, muß diese Situation ein Gefühl der Anomie vermitteln 68 . Dabei dürfte das Fehlen einer ansprechbaren Instanz viel wichtiger sein, als daß in ethnisch gemischten, Urbanen Verhältnissen kein authentisches Stammesrecht mehr angewandt werden kann. Wenn die Richter der untersten Instanz in einer Art und Weise agieren, die den gesellschaftlichen Erwartungen entspricht, könnten sie die Lücke wohl ausfüllen. In einem neueren Bericht über das Tribunal de Première Instance in Bobodioulasso, Obervolta (jetzt Burkina Faso), wird faszinierend deutlich, wie ein Gericht, das weder das offizielle Recht noch das Stammesrecht der Beteiligten anwendet, allein durch die Autorität der Gerichtsmitglieder in der Gemeinde und die Unterstützung der Gemeinschaft, die als Publikum die Rechtsprechung kommentiert und mitträgt, allgemein Anerkennung findet 69 . Dieses Beispiel ist wichtig, weil es die Annahme widerlegt, afrikanische Rechtskultur sei angesichts objektiver Prozesse (Urbanisierung, Verwischung ethnischer Unterschiede) ohnehin zum Untergang verurteilt. Bei einer Bereitschaft des Staates, Rechtsentwicklung von unten zu tolerieren (was mit der allgemeinen entwicklungspolitischen Forderung nach einer Entwicklung von unten übereinstimmen würde), ließe sich wohl auch vom Erbe afrikanischen Rechtsdenkens mehr retten, als häufig angenommen wird.

68 Harrell-Bond: An Adultery Dispute with no Legal Remedy, 1975/1, Kroniek van Afrika, No. 4, S. 11 ff. 69 Böhmer, C., JMAS 16 (1978), S. 295 ff.

Entwicklung durch Planung in Schwarzafrika? Bemühungen und Enttäuschungen Von Jürgen H . Wolff „Planning is neither the only nor the most important variable determining development." Akzin / Dror „Planning is not the solution: it is part of the problem." Caiden / Wildavskv

Einleitung: Zur Magie der Planung Wie die Jet-Fluglinie nach New York gehörte (und gehört) der „Große Plan" für afrikanische Staaten zu einem unverzichtbaren Ausweis der Souveränität und, wenn schon nicht der Modernität, dann doch des Willens zur Entwicklung und Modernisierung. Der Große Plan entwickelte mindestens in den Anfangsjahren der Unabhängigkeit eine Faszination, die dem distanzierten (also von außen mit Abstand prüfenden) Beobachter schwer verständlich erscheint. Ein Afrikaner wirft seinen Landsleuten in kaum verhüllten Worten magisches Denken, ja Beschwörung vor: „Vom Zauber dieser Magie (cf. des Wortes) rührt es auch her, daß die Afrikaner immer Beschluß und Ausführung, Plan und Verwirklichung, Wort und Tat, Wunsch und Wirklichkeit verwechseln." 1 Ein hartes, vielleicht ein überzogenes Urteil — aber es wäre hier nicht wiedergegeben worden, wenn es nicht (nach Auffassung des Referenten) mindestens ein Körnchen Wahrheit enthielte. In der Tat, die regelmäßig in den Plänen anvisierte bessere Welt überträgt ihren Glanz auf den Großen Plan, der dadurch einen fast mythischen Charakter erhält. Kritik an Planung der von den europäischen Kolonialmächten den Afrikanern hinterlassenen Manier 2 wird zum Sakrileg, da sie ja einen Gegenstand fast kultischer Verehrung in Frage stellt; schon kritische Fragen einem 1

Duala Misipo, Unruhiges Afrika, in: Internationales Afrikaforum, Bd. 3 (1967), S. 56. Hierzu genauer Jürgen H. Wolff, Planung und Planungsverwaltung in Schwarzafrika unter besonderer Berücksichtigung der frankophonen Staaten, in: Die Verwaltung, Bd. 8 (1975), S. 69-93 (Wiederabdruck in: Dieter Oberndörfer, Hrsg., Verwaltung und Politik in der Dritten Welt, Berlin 1981, S. 59-91), S. 59 ff., und die dort genannte Literatur. 2

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Kultgegenstand gegenüber — wer kennt das nicht aus dem täglichen Leben! — sind geeignet, Emotionen zu wecken und den Reliquienschänder sozialen Sanktionen auszusetzen. Die andere Seite des Bildes ist die allgemeine Ernüchterung mit dem Gang der afrikanischen Dinge in den letzten Jahren. Wurde den Afrikanern auch (von René Dumont) bereits wenige Jahre nach der Unabhängigkeit ihr schlechter Start bescheinigt („L'Afrique Noire est mal partie", so der Titel des Werkes) und dies vor allem mit der systematischen Vernachlässigung der Landwirtschaft begründet, so verhallten solche Stimmen ungehört, um erst in den letzten Jahren angesichts politischer, ökologischer, wirtschaftlicher und insbesondere Ernährungskatastrophen zur Communis opinio bei den Fachleuten, ja zum Urteil und Vorurteil des Mannes auf der Straße zu werden. Mißt man den Anspruch, mit dem die Planung angetreten ist, an dieser betrüblichen Wirklichkeit, dann kann auch ohne tiefreichende Einzelanalyse sicherlich Einigkeit darüber hergestellt werden, daß Planung — mindestens — nicht als Panazee der Entwicklung gewirkt hat und daß die wenigen Erfolgsstories afrikanischer Länder — deren Glanz freilich neuerdings auch schon wieder verblaßt — kaum auf besondere planerische Anstrengungen zurückgeführt werden können. Kritik an afrikanischen Regierungen ist der Geist der Stunde; Inkompetenz, wenn nicht Böswilligkeit, ist noch das mindeste, was ihnen vorgeworfen wird. I m folgenden möchte ich zwischen beiden Positionen eine mittlere Stellung beziehen. A u f der einen Seite neige ich zu der These, daß der in Afrika verfolgte (makroökonomische) Planungsansatz für diesen Kontinent grundsätzlich ungeeignet ist — er rechnet mit einer Welt, mit Voraussetzungen, wie sie in armen Entwicklungsländern typischerweise gerade nicht gegeben sind 3 ; das weitreichende Scheitern war von daher in gewisser Weise notwendig. Andererseits ist es natürlich unmöglich, die afrikanischen Regierungen von jeder Mitschuld an der gegenwärtigen Misere freizusprechen; viele von ihnen haben durch verfehlte politische Maßnahmen oder auch durch Unterlassung notwendiger Aktionen erheblich zu ihrer Verschärfung beigetragen.

I. Beginnen wir zunächst mit einer etwas systematischeren Behandlung der vielbeschrienen „Krise der Planung". Ist es bei genauerem Hinsehen richtig, daß Planung so erfolglos war, wie es jetzt immer wieder behauptet wird? 3 Jürgen H. Wolff, Planung in Entwicklungsländern. Eine Bilanz aus politik- und verwaltungswissenschaftlicher Sicht, Berlin 1977, S. 175.

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Offensichtlich setzt die Antwort auf eine derartige Frage Kriterien voraus, an denen der Erfolg zu messen ist 4 . Die naheliegende Antwort, man vergleiche Absicht und Verwirklichung, greift erheblich zu kurz: Ziele können unrealistisch hoch angesetzt gewesen sein (um etwa propagandistischen Bedürfnissen des Regimes zu entsprechen), respektable Ergebnisse sich also in deren Licht als Mißerfolge ausnehmen; Erfolge in einzelnen Sektoren Mißerfolgen aus anderen gegenüberstehen, ohne daß über die Gewichtung leicht Einigkeit zu erzielen wäre; Ziele mögen mit einem ganz unverhältnismäßigen Aufwand erreicht werden, die Effizienz also negativ zu beurteilen sein: dies wären einige der möglichen Einwände gegen einen solch einfachen Vergleich. Andererseits mag Planung Dinge bewirkt haben, die nicht beabsichtigt waren, aber irgendwie zu bewerten sind; mögen die Ziele von vornherein so unangemessen oder unrealistisch gewesen sein, daß selbst eine buchstabengetreue Verwirklichung dem distanzierten Beobachter als nachteilig für das Land erscheinen mag 5 ; mögen sich „wirkliche" Ziele gar nicht im Plan oder weiteren Dokumenten finden 6 ; mögen — vorgeblich — Ziele verfolgt worden sein, die einander logisch oder empirisch ausschließen7. Das Problem ist also außerordentlich komplex und im Einzelfalle nur durch eine detaillierte Analyse zu beantworten. Schließlich findet sich jede Untersuchung der Wirksamkeit der Planung vor dem logischen Dilemma, daß der beobachtete Zustand mit einem gedachten Zustand ohne Existenz des in Rede stehenden Faktors verglichen wird — und hierüber sind natürlich nur Spekulationen möglich. Der Ausweg, im übrigen ähnliche Länder mit und ohne Planung zu vergleichen, ist ebenfalls nicht gangbar, beanspruchen doch nahezu alle Länder der Dritten Welt, zu „planen", und auch die Ähnlichkeit" von Ländern erweist sich als ein Problem, um so mehr, je länger die gemeinsame Kolonialzeit zurückliegt und je stärker infolgedessen die Ausdifferenzierung der einzelnen Staaten zunimmt 8 . Der andere (grundsätzlich mögliche) Weg, einen Zeitreihenvergleich ein und desselben Landes vor und nach der Einführung der Planung vorzunehmen, scheitert grundsätzlich aus demselben Grund, könnte auch mehr als zwei Jahrzehnte nach der Welle der Unabhängigkeit für Schwarzafrika bestenfalls historischen Wert haben 9 . 4

Idem: 162 ff. Die Zahl der gebohrten Brunnen im Sahelraum wäre ein Beispiel! 6 Ohne es im Detail nachgeprüft zu haben, vermute ich, daß der indische atomare Sprengkörper in keinem Plan zu finden war! 7 Vernachlässigung der Landwirtschaft und Ausbau der metropolitanen Ballungsräume zugleich mit der Absicht, die Landflucht einzudämmen. 5

8 Zu dieser neuerdings Dieter Oberndörfer, Das Entwicklungsproblem aus heutiger Sicht, in: Joachim Kaiser und Hans-Peter Schwarz, Hrsg., Weltpolitik. StrukturenAkteure-Perspektiven, Bonn 1985, S. 184-208; S. 195 ff. 9 Im Grunde handelt es sich um das in den Sozialwissenschaften wohlbekannte Problem der Isolierung eines Kausalfaktors und seiner Wirkungen angesichts der Vielzahl von Ursachen, die nur ungenau bekannt sind und eben gerade nicht wie bei einem naturwissen-

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Immerhin mag der Vergleich Ziel — Verwirklichung einen ersten Anhaltspunkt ergeben. Legt man dieses Kriterium zugrunde, dann zeigt sich: 1. Afrika kann geradezu als ein Kontinent der aufgegebenen Pläne bezeichnet werden. Mitte der sechziger Jahre werden in einer Untersuchung 10 von 38 Plänen fast die Hälfte (18) für aufgegeben erklärt. Ohne daß hier eine Detailuntersuchung für 40 Länder geleistet werden könnte, ist angesichts der erst in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre in Gang gekommenen politischen Umstürze zu vermuten, daß der Anteil abgebrochener Pläne (der Abbruch eines Planes ist meist die erste Tat eines neuen Regimes) hoch geblieben ist oder sogar zugenommen hat. (Womit wir übrigens bei einem der Faktoren angelangt wären, die Planung selbst nicht beeinflussen kann, die aber für ihren Erfolg wesentlich sind!) 2. In der Literatur findet sich eine überraschende Vernachlässigung der hier besprochenen Frage nach dem Erfolg der Planung 11 — was ja bereits bei der Lektüre der Wirtschaftsberichterstattung in Tageszeitungen auffällt, die Plänen einen (angesichts ihrer häufig zu beobachtenden Wirkungslosigkeit) unverhältnismäßig breiten Raum gewährt, einen Vergleich von Plan und Verwirklichung dagegen selten vornimmt. Zudem beziehen sich die jüngsten verfügbaren Mehrländerstudien 12 für Afrika auf die erste Hälfte der siebziger Jahre, sind also nicht mehr unbedingt repräsentativ für die Gegenwart. Daß die Dinge inzwischen allerdings eher schlimmer geworden sind, ist jedoch zu vermuten. Unsere Quelle bringt folgende eindrückliche Statistik 13 : Die Folgerungen sind eindeutig: a)

Weite Diskrepanz zwischen Absicht und Verwirklichung, sowohl was den umfassendsten Globalwert (Bruttoinlandsprodukt pro Kopf) als auch Einzelwerte wie Wachstum von Landwirtschaft oder Exporten angeht 14 ; auf der anderen Seite ist der marginale Kapitalkoeffizient

schaftlichen Versuch konstant gehalten werden können. Rein logisch erscheint das Problem nahezu unlösbar. 10 József Bognâr, Hrsg., Proceedings of the conference on the implementation problems of economic development plans in black Africa (3-7 March, 1969, Budapest), Budapest 1971, Bd. I., S. 7. 11 So auch Tony Killick, Development planning in Africa: experiences, weaknesses, and prescriptions, in: Development Policy Review, Bd. 1 (1983), S. 47-76; S. 48. 12

United Nations, Centre for Development Planning, Implementation of development plans: the experience of developing countries in the first half of the 1970's, in: Journal of Development Planning, No. 12, 1977, hier zitiert nach Killick 1983: 50 ff. 13 Die afrikanischen Daten beziehen sich auf 13 Länder südlich der Sahara; die Kategorie „other" umfaßt 20 Entwicklungsländer in anderen Kontinenten. 14 Natürlich hängen die drei Größen miteinander zusammen!

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Comparisons of planned and actual magnitudes for 33 Ides (all as percentages of planned magnitudes) Mean

Standard Median Deviation3 Deviation b Africa Other Africa Other Africa Other Africa Other 1. Per capita G D P growth

76.2

97.0

Median

52.0

97.0 72.1

2. Investment growth

100.9 111.0

93.5 102.0 97.5

3. Incremental capital/ output ratio (ICOR)

121.4 124.1 119.6 114.3 47.0

4. Agricultural growth

76.8

63.7

69.5

74.0 68.0

5. Manufacturing growth

87.9

96.7

99.0

86.5

35.0

6. Export growth

72.7

50.6

57.0

44.5

73.9

7. Import growth

83.3 130.5 100.5

8. Means (unweighted)

62.0

27.5

79.9 45.5

46.5

52.0

13.8

40.8

33.9

124.1 45.5

37.0

36.4 27.0

27.5

101.8

50.0

72.0

95.0 45.1

184.2 23.0

73.5

62.7

88.5 41.0

42.5

Notes: (a) Standard deviations from planned levels. — (b) Median deviations from planned levels, ignoring signs.

wesentlich höher, die marginale Kapitalproduktivität mithin wesentlich niedriger als geplant. b)

Wesentlich größere Streuung der afrikanischen Werte um den Durchschnitt als bei den „anderen" Ländern. Die ungewichteten einfachen Durchschnittswerte weichen um nahezu 63 %, die Median werte um 41 % von den Planzielen ab. Wiederum erweist sich die Globalgröße Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, aber auch die Landwirtschaft, als besonders enttäuschend. Die Streuung um die Durchschnittswerte (nach unten und nach oben) sagt über den Planungserfolg fast noch mehr aus als die einfachen Durchschnittswerte, die, wie alle Durchschnittswerte, zum Überdecken von Extremen neigen. Die „Planbarkeit" afrikanischer Volkswirtschaften muß auch von daher als niedrig angesehen werden.

c)

Bei den Einzelergebnissen ist ein systematisch schlechteres Ergebnis der afrikanischen Länder nicht zu verzeichnen — wiederum mit Ausnahme des (letztlich entscheidend wichtigen) Sozialproduktes pro Kopf. Auch wenn ein unmittelbarer Bezug nicht bestehen mag—die rasche Entwicklung Afrikas zum eigentlichen Armenhaus der Dritten Welt 1 5 dürfte sich an diesen Zahlen deutlich ablesen lassen. 15

Hierzu Oberndörfer 1985: 195 f.

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Auch Untersuchungen für frühere Zeiträume und für einzelne Länder 1 6 kommen zu einem ähnlich vernichtenden Bild 1 7 ; kurz: Planungsbemühungen in Afrika sind durch einen großen Abstand zwischen erklärter Absicht und erzielten Ergebnissen gekennzeichnet.

II. Gehen wir im folgenden — vielleicht etwas holzschnittartig verkürzt — auf die Gründe für dieses betrübliche Resultat ein. Wir greifen auf die bereits vorgetragene Grundthese zurück, nach der afrikanischen Ländern wesentliche Voraussetzungen für erfolgreiche Planung fehlen — und wenn sie nicht mehr fehlten, vermutlich auch die Notwendigkeit der Planung sich überholt hätte. Planung ist als „Erreichung genau definierter Ziele mit Hilfe bestimmter Mittel" begriffen worden. Ein Akteur wirkt mit bestimmten Maßnahmen, von deren Wirksamkeit er aufgrund wissenschaftlicher Analyse überzeugt ist, auf ein Sozialsystem ein, um dort bestimmte Wirkungen zu erzielen, die er als wünschenswert betrachtet. Überträgt man eine solche — auch in Afrika weithin akzeptierte — Begriffsbestimmung von Planung auf die afrikanische Makroplanung, dann zeigt sich sofort, daß sie kaum anwendbar ist, daß das, was dort als „Planung" bezeichnet wird, über weite Strecken diesen Namen nicht verdient:

16 Eine jüngere Studie zu Kenia: Tony Killick und J. K. Kinuya, On implementing development plans: A case study, in: ODI Review (London), 1980/1, S. 30-47. Auch hier (S. 46): ein enttäuschendes Ergebnis! Der erfolgreiche Wirtschaftsaufsschwung Kenias habe wenig („rather little") mit der Existenz der Planungsmaschinerie zu tun! Für Lesotho wird (durch David Hirschmann, Administration of planning in Lesotho: The second lag, in: Development and Change, Bd. 9 [1978], S. 397-414) zwar von der Verbesserung der Planungsmaschinerie, aber von deren geringem Einfluß auf Entwicklungsvorhaben berichtet. 17 T. Y. Shen, Macro development planning in Tropical Africa: Technocratic and non-technocratic causes of failure, in: The Journal of Development Studies, Bd. 13 (1976/77), S. 413-427, zeigt mit Hilfe ökonometrischer Rechnungen ein enttäuschendes Bild für die zweite Hälfte der sechziger Jahre (zu einigen der von ihm angeführten Gründe s. gleich); z. B. liefert die Extrapolation vergangener Trends einen wesentlich besseren Prädiktor für die weitere Entwicklung als die im Plan deklarierten Ziele, der Plan hat also mindestens keine nachweisbare Wirkung gehabt. — Fallstudien zu Kenia und Nigeria (sowie wenige Einzelstudien zu anderen Ländern: Killick 1984; 52 ff.) hellen das Bild keineswegs auf: Shen führt auch rein planerische Fehler auf, z. B. die mangelhafte Berücksichtigung der Absorptionskapazität oder die fehlerhafte Projektion der Investitionsquote (idem: 423). Diese interessieren uns hier weniger, zumal auch Shen darauf hinweist, daß die meisten Gründe außerhalb der Kompetenz der Planer lagen.

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1. „Der" (einheitlich vorgestellte) Akteur ist nirgends auszumachen. Karikierend hat Colin Leys 18 einmal von dem „Armeebild" der Planung gesprochen, aus dem politische Auseinandersetzungen völlig verbannt sind: Die oberste Heeresführung (politische Spitze) schreibt die großen strategischen Linien vor; der Generalstab (Planungsamt) arbeitet die Feldzugspläne (Wirtschafts- und Sozialentwicklungsplan) aus, die dann nach Billigung durch die Führung durch die Armee (Verwaltung, bei totaler Mobilisierung das ganze Volk) verwirklicht werden. Schon ein flüchtiger Blick nach Afrika zeigt, daß von einer Abwesenheit politischer Auseinandersetzungen keine Rede sein kann — ihre Form mag verschieden, ζ. B. in die Verwaltung verlegt, vor der Öffentlichkeit abgeschirmt sein, in stoßweisen Veränderungen (Putschen) statt allmählichem Wechsel von Personal und diskutierten Themen sich manifestieren — vorhanden ist Politik allemal, stört mit ihren personellen und zeitlichen Veränderungen, ja Unberechenbarkeiten das Modell des einheitlichen (und konstanten) planerischen Akteurs. 2. Das gilt nun in besonderer Weise für das große Werkzeug des etatistischen Entwicklungsmodells „Planung", also die öffentliche Verwaltung. Wir sehen hier — ohne sie freilich geringzuschätzen — von den eigentlichen „instrumentellen" Gründen für Fehlschläge ab, also jene von Verwaltungswissenschaftlern vielfach beschriebenen technischen Defizienzen der Verwaltung 19 . Afrikanische Verwaltungen entsprechen noch weniger als unsere eigene dem Weberschen Idealtypus rationaler Herrschaft, und die Gründe dafür liegen sicherlich auch in „technischen" Faktoren wie Ausbildungsmängeln, Organisations- und Kompetenzwirrwarr, exzessiver Entscheidungszentralisierung 20, Verantwortungsscheu, überkomplizierten Verfahren und dergleichen mehr — alles Dinge, die nicht gering geachtet werden sollen 21 , die aber nicht den Kern des Problems ausmachen. In unserem Zusammenhang ist vielmehr der interessante Punkt die Tatsache, daß die Größe und Komplexität der Bürokratie auch in relativ kleinen Staaten ihre 18 Colin Leys, A new conception of planning?, in: M. Faber und D. Seers, Hrsg., The crisis in planning, 2 Bde., London 1972, Bd. 1, S. 56-76. 19 Einen Querschnitt vermittelt Oberndörfer 1981; hierin besonders die Bibliographie von Horst C. Zipfel und Hans F. Illy, S. 391-455 (Auswahlbibliographie zur öffentlichen Verwaltung in der Dritten Welt). 2,1 Was vielleicht bereits die Grenze zum politischen Bereich überschneidet! 21 Ein neuerer Überblick: Jean-Claude Gautron, L'administration, Revue Pouvoirs, Nr. 25 (1983), S. 107-120. Gautron weist auf die imitative Natur der afrikanischen Verwaltungssysteme hin, kritisiert die „Dysfunktionen" usw.; im gleichen Sinne, aber weit über die eigentliche Verwaltung hinausreichend, Hans F. Illy, Mythos und Realität der öffentlichen Verwaltung in Afrika, in: Die Verwaltung, Bd. 16(1983), S. 447-464. Umfassend auch Jeggan C. Senghor, La administración para el desarrollo en Africa: Reflexiones sobre dos décadas de experiencia, in: Estudios de Asia y Africa, Bd. 17 (1982), S. 628-683. S. zeigt u.a. (S. 662 f.) die phantastischen Zuwachsraten des öffentlichen Dienstes, die das klassische Urteil („Government is the biggest industry") voll rechtfertigen!

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Kontrolle und Verpflichtung auf gemeinsame Ziele schwierig, wenn nicht häufig unmöglich macht 22 . Statt von Zusammenwirken der Behörden der vollziehenden Gewalt ist das Verhältnis der verschiedenen Zweige afrikanischer Verwaltungen auch — und vielleicht gerade — im eigentlich entwicklungsrelevanten Bereich eher nach einem „power and conflict"-Modell zu begreifen 23 : Behörden konkurrieren miteinander um Macht, Ressourcen, Legitimität, Kompetenzen; neben vielfaltigen Inputfaktoren aus dem innerstaatlichen Bereich ist an die Umwelt, Klientel usw. zu denken, so daß das Ergebnis zwar nicht notwendig nach irgendwelchen Wertungen als dysfunktional anzusehen ist, sich jedoch durch eine mehr oder weniger große Diskrepanz zu den Vorgaben von außen (zu denen auch ein Plan gehören kann) auszeichnet24. Dieses „power and conflict"-Modell kann besonders fruchtbar auf das Verhältnis von Planungsämtern oder -abteilungen und den übrigen Zweigen der Staatsverwaltung angewendet werden. Afrikanische Planungsämter, gleichgültig, wie organisiert (als eigenes Ministerium, Teil eines Ministeriums — häufig des Finanzministeriums —, oder als eigenes A m t im Kompetenzbereich des Regierungs-/Staatschefs) 25, erweisen sich in der Regel als schwach: sie verfügen häufig (abgesehen von der oftmals zweifelhaften Legitimität) nicht über gesicherte eigene Ressourcen, können solche als Stabsabteilungen auch nur in ganz geringem Umfang beanspruchen 26 . Dem steht ein monumentaler Anspruch gegenüber: im Zeichen der von ihnen reklamierten höheren Rationalität, so zweifelhaft diese selbst planungstheoretisch sein mag, verlangen sie ein Tun oder Unterlassen von den übrigen Behörden (und oft genug auch von der Staatsspitze27). Weit entfernt, sich diesem Anspruch zu 22 „No one can fully control the behaviour of a large organization . . . The larger any organization becomes, the weaker is the control over its actions by those at the top .. .,the poorer is the coordination between its actions ..."; Anthony Downs, Inside bureaucracy, Boston 1967, S. 262. 23 So neuerdings für Tansania Gaspar Kirani Kilala Munishi, Development Administration in Tanzania: Public Ssrvice planning and utilization, Ph.-D. Thesis, Univ. of Wisconsin — Madison 1982, S. 251-273; ein ähnlicher Ansatz etwa in meiner Untersuchung über die kolumbianische Verwaltung (Bürokratische Politik: Der Fall Kolumbien, Berlin 1984). 24 Dabei lassen wir durchaus offen (wenigstens an dieser Stelle), wie ernst gemeint diese Vorgaben von außen wirklich sind — dazu s. u. 25 Eine detaillierte Diskussion dieser Möglichkeiten sowie ihrer Vorzüge und Schwächen in Wolff 1977: 35 ff. Grundlegend immer noch das monumentale Buch von Albert Waterston, Development planning. Lessons of experience, Baltimore 1965, das mit Hilfe eines Teams aus dem Entwicklungsforschungsinstitut der Weltbank Daten für etwa 55 Länder zusammenfassend auswertet. 26 Die wenigen Fälle, in denen Planungsämter unmittelbar mit der Plandurchführung betraut worden waren, haben sich als inpraktikabel erwiesen und sind aufgegeben worden. 27 Indem nämlich dieser Direktiven empfohlen; Grundsatzentscheidungen erbeten; Sanktionierung von Plänen u. dgl. gefordert werden.

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beugen, werden die noch so gut gemeinten planerischen Anliegen von diesen als Eigeninteresse der Plan-Behörde verstanden — und bekämpft oder mindestens in das Spiel um Macht und Durchsetzung einbezogen 28 . Aus noch näher darzulegenden Gründen gibt es schlechterdings keine Möglichkeit, diese Auseinandersetzung grundsätzlich zugunsten der Planungsbehörde zu beenden. Zusammenfassend halten wir nochmals fest, daß der einheitlich handelnde und entscheidende Akteur der praktischen Planungstheorie in Afrika weit und breit nicht auszumachen ist. 3. Wenden wir uns nun dem nächsten Element unserer simplen Planungsdefinition zu, also dem „geplanten" Sozialsystem, und überlegen wir, warum auch in diesem Bereich mannigfache Probleme, wenn nicht Aporien, für die Planer auftauchen. Die Absicht, ein Sozialsystem von einem definierten Ausgangs- in einen angestrebten Endzustand zu überführen, setzt neben der selbstverständlichen präzisen Kenntnis eben jenes Ausgangszustandes (schon dies eine gerade in Afrika keineswegs selbstverständliche Bedingung 29 ) und der theoretischen Stimmigkeit des zugrundegelegten Wirkungsmodells (auch dies öfters höchst zweifelhaft 30 ) offensichtlich voraus, daß nicht von den Planern unvorhersehbare bzw. unbeherrschbare „Stör"faktoren in die Kausalitätskette eingreifen. Intervenierende Variable müssen also berücksichtigt, besser noch ausgeschaltet werden können. Dies für Afrika zu behaupten, wäre kühn. Einige Hinweise hierzu dürften genügen: a) Der eben in anderem Zusammenhang erwähnte Punkt —, ungeplante und unplanbare Einflüsse aus dem politisch-administrativen System — von einem Staatsstreich bis zur politisch motivierten Entscheidung für ein überdi28 Besonders heikel ist in der Regel das Verhältnis zu dem übermächtigen Finanzministerium, dessen Mitarbeit für einen Erfolg der Planung schlechterdings entscheidend ist, das aber, entsprechend seiner Aufgabenstellung, an einer völlig anderen Perspektive interessiert ist. Eine grundsätzliche Diskussion dieses Problemkreises in Naomi Caiden und Aaron Wildavsky, Planning and budgeting in poor countries, New York u.a. 1974. 29 Trotz unleugbarer Fortschritte der Statistik, um nur diese zu erwähnen, sind die Ungenauigkeiten immer noch enorm, selbst bei so fundamentalen Daten wie der Bevölkerungszahl oder den Werten des Außenhandels. Selbst in einer vergleichsweise hochentwickelten Region wie Südostasien stellte eine Sonderorganisation der Uno Abweichungen von 25 % zwischen den Exportwerten eines Landes (Malaysias) und den korrespondierenden Importwerten eines anderen (Singapurs) fest. 30 Wie weit sind z. B. die Reaktionen afrikanischer Bauern in den verschiedenen Regionen eines Landes auf politische, insbesondere wirtschaftspolitische Maßnahmen wirklich bekannt? Überhaupt: wie weit ist das Weltbild der Planer durch ihre hauptsächliche Umwelt geprägt? Wie weit kennen sie durch persönliche Anschauung die Nöte des „kleinen Mannes", der verschiedenen Regionen des Landes — oder auf etwas abstrakterer Ebene: für wie viele afrikanische Länder existieren verläßliche volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen oder gar Matrizen intersektoraler Input-Output-Beziehungen?

4 Speyer 99

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mensioniertes Prestigeprojekt —, erweist sich für den Planer als ein erster Fall von „Störungseinflüssen", die seine Berechnungen über den Haufen werfen können. Der Fall ist in Afrika häufig, in manchen Ländern, wie allbekannt, an der Tagesordnung 31 . b) I m Sinne des diesem Referat vorangestellten Mottos von A k z i n / D r o r 3 2 verfügen Planungsämter immer nur über einen Teil der operationalen Variablen, die Wandel bzw. Entwicklung bestimmen. Nicht einmal die staatlichen Ausgaben/politischen Maßnahmen werden voll von ihnen bestimmt (und diese hätten, für sich genommen, auch nur einen begrenzten Einfluß auf die Entwicklung); der Einfluß auf private Entscheidungen (ζ. B. Investitionsentscheidungen von Betrieben, oder Spar- bzw. Konsumentscheidungen von Individuen oder Familien) ist oftmals auch dann gering, wenn von ihnen wesentliche Impulse auf die Entwicklung ausgehen. Das drückt sich schon in der offiziellen Planungstheorie der frankophonen Staaten aus, die von „indikativer Planung" für den Privatsektor spricht, was in der Praxis meist keine „Planung" für den Privatsektor, sondern die Erarbeitung eines unverbindlichen Dokuments für diesen bedeutet 33 . c) Wichtiger ist, daß afrikanische Staaten, vor allem die kleineren unter ihnen, nur in sehr geringem Umfange als geschlossene Systme angesehen werden können. Vielmehr sind sie von Entwicklungen im internationalen Umfeld abhängig, gelegentlich geradezu von diesem penetriert, ohne durchgreifende Möglichkeiten der Gegenaktion zu besitzen 34 . Einige Hinweise: 31 Shen 1976/7:423 kommt zu dem einigermaßen überraschenden (vorläufigen) Schluß, daß Indikatoren politischer Stabilität und öffentlicher Ordnung keinen wesentlichenEinfluß auf die mangelhafte Plandurchführung hatten. Dieses Ergebnis scheint dem Referenten unhaltbar; eine Erklärung könnte schlicht darin liegen, daß ein Putsch, von der Aufgabe eines Plans gefolgt, rein definitorisch die Planperiode beendet, oder auch, daß die Planerfüllung ohnehin so niedrig ist (bzw. so stark von den Planzielen abweicht), daß Unruhen und dergleichen sich in der multiplen Regression nicht mehr bemerkbar machen. Wie dem auch sei: das Shen'sche Ergebnis widerspricht praktisch der gesamten Literatur zu diesem Problem! 32

Benjamin Akzin und Yehezkel Dror, Israel: High pressure planning, Syracuse 1966. Nach den Erfahrungen des Verfassers in einem frankophonen Planungsamt wird dieses vom Privatsektor kaum zur Kenntnis genommen, geschweige denn beachtet. Privatwirtschaftliche Investitionsentscheidungen, Absatzstrategien, kurz, die gesamte Unternehmenspolitik folgen der individuellen Einschätzung der Entwicklungsmöglichkeiten durch die privaten Entscheidungsträger, nicht einem Planungsdokument, dessen Irrelevanz die Unternehmer nur zu oft erfahren haben (natürlich können staatliche Maßnahmen die Aktionsfreiheit der Unternehmen nachhaltig beschränken, doch ist das nicht unser Thema!) 33

34 Eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Manövrierspielraum von Regierungen der Dritten Welt in Dudley Seers, Development options: The strengths and weaknesses of dependency theories in explaining a government's room to manoeuvre, in: ders., Hrsg., Dependency theory. A critical reassessment, London 1981, S. 135-149. Hier wird stark auf außenpolitische Faktoren (Eingreifen der USA, Einfluß des Währungsfonds usw.), aber auch auf geringe Größe von Fläche und Ressourcen abgehoben, die besonders

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aa)

D i e f r a n k o p h o n e n Staaten ( m i t einer A u s n a h m e ) gehören der F a n k e n zone an. E i n U r t e i l über V o r - u n d Nachteile an dieser Stelle wäre vermessen 3 5 ; es genügt uns die Feststellung der Tatsache, daß für diese L ä n d e r die G e l d - , K r e d i t - u n d W e c h s e l k u r s p o l i t i k v o n den beiden Z e n t r a l b a n k e n , de facto v o n der Banque de France i n Paris bestimmt w i r d 3 6 . D a m i t sind ihnen wesentliche wirtschaftspolitische I n s t r u mente entzogen.

bb)

D i e ö k o n o m i s c h e Penetration d u r c h ausländisches K a p i t a l ist i n einer Reihe v o n L ä n d e r n beträchtlich, teilweise geradezu ü b e r w ä l t i g e n d s t a r k 3 7 ; w e n n nicht alles täuscht — Statistiken repräsentativen U m f a n ges sind leider meist nicht e r h ä l t l i c h 3 8 — hat die Bedeutung ausländischen K a p i t a l s i n H a n d e l u n d Industrie i n einer Reihe v o n Staaten (übrigens weitgehend u n a b h ä n g i g v o n der ideologischen A u s r i c h t u n g ) i n den siebziger u n d achtziger Jahren n o c h zugenommen. W i e d e r u m k a n n es uns hier nicht d a r u m gehen, das uferlose Gebiet der Problemat i k v o n Auslandsinvestitionen i n all seinen Facetten zu diskutieren oder gar i m Schnellschuß „ D e p e n d e n z " z u m E n t w i c k l u n g s h e m m n i s N u m m e r Eins zu erklären: U n s reicht die Feststellung, daß ausländi-

im afrikanischen Fall gerade nicht jede Politik (etwa „selektive Abkoppelung" nach dem Vorschlag von Senghaas) möglich machen. 35 Auch Nachteile, die von nationalistischer afrikanischer Seite und von linken Entwicklungstheoretikern immer wieder betont werden, wären gangbaren Alternativen gegenüberzustellen. Vergleicht man die Währungspolitik der nicht der Franc-Zone angehörigen, also insbesondere anglophonen, Staaten mit jenen, dann erscheinen sie nicht gerade als leuchtendes Vorbild. Es fällt im übrigen ja auch auf, daß außer Guinea und zeitweilig Mali kein Land die Franc-Zone verlassen hat, obwohl es die Möglichkeit dazu gehabt hätte. 36 Hierzu etwa Rainer Kuhn, Afrika: Franc-Zone-Währungsunion und Abhängigkeit, Bonn-Bad Godesberg (Friedrich-Ebert-Stiftung) 1977; Joseph Tchundjang Pouemi, Monnaie, servitude et liberté. La répression monétaire de l'Afrique, Paris 1981. 37 Hierzu etwa Colin Legum, J. William Zartman, Steven Langdon und Lynn Κ. Mytelka, Africa in the 19804s. A continent in crisis, New York u. a. 1979, S. 100 ff., insbes. 106; Leonhard Harding, Joachim Schubert und Heide Traeder, Entwicklungsstrategien in Afrika: Elfenbeinküste, Malawi, Sambia, Tansania. Eine vergleichende Studie zum Verhältnis von Entwicklung, Abhängigkeit und Außenpolitik, Hamburg 1981, hierin insbesondere das Kapitel „Ökonomische Entwicklung und Abhängigkeit" von J. Schubert, S. 147-272. 38

In der Regel sind Daten für Direktinvestitionen zu bestimmten Zeiträumen (also Stromgrößen) erhältlich; die Bestandsgrößen sind Schätzungen, sofern überhaupt erhältlich. Schubert, idem: 200, nennt für 1975 folgende absoluten Werte (in Mio. US Dollar): Elfenbeinküfte 420; Malawi 85; Sambia 200; Tansania 140 (Quelle OECD-Schätzungen). Anteile an Gesamtinvestitionen sind offenbar nicht erhältlich. Jüngere Zahlen (auch diese geschätzt) für 1978 in Henry Krägenau, Internationale Direktinvestitionen, Ergänzungsband 1982, Hamburg 1982, S. 352-355. Hiernach entfallen auf Afrika (einschließlich Nordafrika ohne Südafrika) 11,5 % der internationalen Direktinvestitionen; das Verhältnis des Bestandes zum Bruttosozialprodukt beträgt 5,4 % (was natürlich nicht die Aussage erlaubt, 5,4 % des Sozialprodukts sei durch Unternehmen in ausländischem Besitz erwirtschaftet worden!)

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sches Kapital in zahlreichen Ländern Afrikas eine wichtige, gelegentlich eine Schlüsselrolle spielt und daß unternehmerische Entscheidungen von Faktoren mindestens mit beeinflußt werden, die mit der nationalen Wirtschafts- bzw. Planungspolitik wenig zu tun haben. International tätige Konzerne verfolgen eben auch internationale, nicht nur nationale Interessen; sie haben auch Möglichkeiten zu ihrer Durchsetzung (etwa Kapitalverlagerungen), gegen die die kleinen und schwachen afrikanischen Länder hilflos sind. cc)

M i t diesem Sachverhalt hängt die ausländische (meist europäische) personelle Präsenz zusammen. Gedacht ist weniger an Regierungsberater, Experten oder Entwicklungshelfer im offiziellen Auftrag 3 9 , die häufig glühende Verfechter der Interessen ihres Gastlandes sind, als an mittelständische Manager, Kaufleute, Ingenieure und kleinbürgerliche Handwerker bzw. Gewerbetreibende allgemein, deren Zahl in nicht wenigen Ländern nach der Unabhängigkeit entgegen allen Prognosen nicht ab-, sondern erheblich zugenommen hat. In Ländern wie der Elfenbeinküste, Zaire oder Gabun, aber auch Kenia bilden sie fast eine eigene Subkultur und in nicht wenigen Wirtschaftszweigen das unentbehrliche Rückgrat. Erneut geht es uns nicht um eine umfassende Diskussion dieses Phänomens, sondern um die Tatsache, daß eine ökonomisch wichtige Gruppe von Menschen nur bedingt auf nationalstaatliche Entscheidungen anspricht, vielmehr stets die Option des Rückzuges in das Mutterland behält.

dd)

Erwähnt sei auch die französische Militärpräsenz (und die Existenz von Einheiten der schnellen Eingreiftruppen auf Korsika und in Südfrankreich), die in Stunden nach Alarmierung jedes schwarzafrikanische Land erreichen können. Eingriffe in die Innenpolitik sind zwar selten, aber vorgekommen, wie die Intervention in Gabun nach dem Putsch gegen Léon Mba und im Zentralafrikanischen Kaiserreich zum Sturz von Bokassa beweisen. Wie bei dem klassischen Konzept der „fleet in being" gehen selbstverständlich innenpolitische Wirkungen von diesen Truppen aus, ohne daß sie auch nur die Kasernen zu verlassen brauchten 40 . Ein gleiches gilt selbstverständlich für die kuba-

Zu diesen siehe Mekki Mtewa, Public policy and development politics. The politics of technical expertise in Africa, Washington 1980, insbesondere Kapitel V (Experts, advisers, and consultants and development policy), S. 162 ff. Der Verfasser kommt zu dem Schluß, daß die Zahl ausländischer Regierungsbeamter zwar relativ klein sei, ihre „Veto-Power", die sich auf ihre technische Kompetenz stütze, hingegen sehr groß. —Entgegen seinem Titel behandelt dieses Buch politische Fragen nur am Rande; mit dieser Einschränkung ist es eine der besseren jüngeren Arbeiten zur Planung in Afrika. 4,1 Putschlüsterne Militärs in Gabun — sollte es sie geben — wissen genau, daß sie ohne Frankreichs Zustimmung nicht erfolgreich sein können (in diesem Sonderfall kommt noch

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nischen Truppen in Mosambik und Angola, die „Sicherheits"Spezialisten der D D R in Äthiopien usw. ee)

A n dieser Stelle muß unbedingt das Stichwort von der „Weltmarktabhängigkeit" der afrikanischen Länder fallen. Dies ist nicht einmal primär ein Problem der Größe (wie neuerdings Nigeria eindrücklich beweist), sondern der starken Konzentration der Exporte auf nur wenige Erzeugnisse, deren Preisentwicklung auf dem Weltmarkt sich praktisch nicht durch eigene Maßnahmen beeinflussen läßt 4 1 . Auch wenn der Zusammenhang zwischen Preisinstabilität 42 von Exportprodukten, Exporterlösen und binnenwirtschaftlichen Variablen (vor allem dem Bruttoinlandsprodukt) umstritten sein mag 4 3 , verändert sich doch kurzfristig die Außenhandels-pund damit tendenziell die Zahlungsbilanz solcher Länder, was jede stetige Planungspolitik beschweren muß 4 4 .

ff)

Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß Penetration durch bzw. Abhängigkeit vom Ausland sich noch in einer direkteren Weise manifestiert: der Finanzierung von Entwicklungsplänen, die häufig mit erheblichen Zuschüssen / Krediten durch ausländische Geldgeber rechnen. Der Ökonom W. Arthur Lewis hat einmal mit Bezug auf westafrikanische Pläne bemerkt, das einzige, das ihn an diesen eindrucksvollen Dokumenten interessierte und ihm ein Urteil über die Solidität der offiziell bekundeten Absichten erlaube, seien die Teile über die Instrumente, im wesentlichen also Finanzplan und Angaben über die zur Verfügung stehenden menschlichen Ressourcen. Auch wenn dieses Urteil überzogen erscheint — grundsätzlich kann sich eine solide Finanz- mit einer miserablen Projektplanung verbinden! — ist die Wichtigkeit dieses Aspekts nicht zu leugnen.

hinzu, daß der Chef der Palastwache ein Franzose ist, und Putsche in der Dritten Welt meist — nach dem Muster italienischer Stadtrepubliken der Renaissance — ein Kampf um „den Palast" sind, dessen Besetzung alles entscheidet!) Anfangs der siebziger Jahre pflegte übrigens bei Auslandsaufenthalten des gabunischen Staatschefs häufig ein kleines französisches Kriegsschiff unübersehbar auf der Reede vor Libreville zu liegen! 41 Das gilt natürlich in der Regel auch für die Abnehmer, ein Beispiel für einen fast lehrbuchmäßig funktionierenden freien Markt. Eine gewisse Milderung ist für die assoziierten Staaten durch das Stabex-System der EG erreicht worden. 42 Preisfluktuationen werden in zahlreichen — auch populären — Publikationen über Entwicklungsländer immer wieder abgedruckt; auf eine Wiedergabe sei hier verzichtet (für langfristige Trends s. ζ. B. Schubert, idem: 181). Preisinstabilität ist von säkularen Preistrends wohl zu unterscheiden. 43 Ein scharfer Kritiker ist etwa Alasdair J. Mc Bean, Export instability and economic Development, London 1966. 44 Diesem Argument von der Außenabhängigkeit der afrikanischen Länder als Planungshindernis könnte allerdings mit einigem Recht Zirkularität vorgeworfen werden: Schwäche und Außenabhängigkeit wären hiernach Teile des Unterentwicklungssyndroms, das zu beheben Planung gerade bestimmt ist!

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Von daher betrachtet, halten wir ganz neutral fest, daß afrikanische Pläne häufig mit erheblichen Zuwendungen ausländischer Geldgeber rechnen, bis hin zu 100% der für die Durchführung benötigten Summen 45 . Der Akteur „Entwicklungsstaat" rechnet also mit dem Einsatz eines Instruments, über das er nur bedingt Verfügungsgewalt hat, was ihn vom Wohlwollen und der Vertragstreue ausländischer wie internationaler Gekl· und Kreditgeber abhängig macht. Diese Überlegung begreift natürlich Planung sozusagen zum Nennwert, eben als Instrument zur Erreichung der deklarierten Ziele, und konstatiert von daher Gefahren, wenn die Werkzeuge nicht voll in der Verfügungsgewalt des Akteurs sind. Diese Überlegung wird natürlich mindestens teilweise hinfällig, wenn die deklarierte Absicht gar nicht die wirkliche oder einzige Absicht wäre, wenn Planung z.B. zum Erwerb von Ressourcen aus dem Ausland eingesetzt würde. Ein möglichst großes Finanzierungsdefizit mag dann ein erstklassiges Argument sein, um bei internationalen Verhandlungen auf eine Erhöhung von Zuwendungen zu drängen. In der Tat sind Pläne durch afrikanische Länder zu diesem Manöver verwendet worden 46 .

III. Damit hätten wir bereits den „technischen" Rahmen weit überschritten; wir knüpfen an unsere Eingangsthese an und präzisieren, daß sich Planung in Afrika in der Regel in einer planungsfeindlichen und durch Planung selbst nur marginal zu beeinflussenden Umwelt befindet; der Kern für die Mißerfolge liegt hier und natürlich in der grundsätzlichen Überschätzung der Möglichkeiten der Steuerung komplexer Sozialsysteme durch ein Sozialsystem, das selbst 45 Malawis Plan 1965-69, keineswegs das einzige Beispiel. Für die Elfenbeinküste nennen Wolfgang von Lonski, Joachim Schubert und Heide Traeder (Die nationalen Entwicklungsziele, in: Leonhard Harding u. a.: 1981: 87-146) als geplanten Anteil ausländischer Finanzierung an den öffentlichen Investitionen von 196045 %, für 1965 27 %, für 1970 18 % (S. 135); für Malawi (1971-1980) 68,5 % (idem: 140); für Sambia (1966-70) 11,3 % (idem: 141); für Tanganyika/Tansania (1961/2-1963/4) 83,3 % (idem: 144), in späteren Plänen 52 % bzw. (nach der Proklamation von „Self-Reliance") 43,2 % (idem: 144 f.). Die Liste könnte nach zahlreichen Landesstudien nahezu endlos fortgesetzt werden; das aufgezeigte Bild dürfte sich aber dadurch nicht verschieben. — Zum Problem von Entwicklungsausgaben vs. laufenden Ausgaben (die in Folgejahren durch frühere Entwicklungsaufgaben belastet werden — ein in der Entwicklungshilfe wohlbekanntes Phänomen!) am kenianischen Beispiel s. Tom Pinfold und David L. Anderson, Coordinating, operating and investment expenditures: The need for balance in planning and budgeting, in: Glen Nordcliffe und Tom Pinfold, Hrsg., Planning African development, Boulder (Col.) und London 1981, s. 110-128. 46

Natürlich lassen wir völlig offen, ob das dem Land zum Vorteil gereicht hat!

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jene Züge aufweist (die „Unterentwicklung", was immer sie genau bedeuten mag), mit denen der Steuerungsversuch begründet wird. Behandeln wir diesen Themenbereich etwas genauer. 1. Ein alter Satz, der Experten und Fachleuten als Warnung gegenüber einer Überschätzung ihrer Möglichkeiten entgegengehalten wurde (und dessen Nichtbeherzigung zu endlosen Frustrationen bei diesen geführt hat und täglich noch führt), behauptet: „Politics is always in command". Das heißt also, auf unser Thema angewendet, daß der politische Wille zur Entwicklung und Planung (aber nicht eine völlig andere Ziel- bzw. Prioritätensetzung) eine erste notwendige, wenngleich keineswegs hinreichende Bedingung für einen Planungserfolg wäre. Oder, etwas anders formuliert: daß die Wünschbarkeit der deklarierten Planungsziele Anlaß zu entwicklungskonformen, wenn vielleicht auch unbequemen Maßnahmen gibt, daß Wünschen nach besserem Leben und Entwicklung Taten folgen. Zu fragen ist also, in einer etwas weiteren Perspektive, ob und inwieweit die afrikanischen Regierungen Entwicklungsregime sind, inwieweit ihre Verwaltungen „Entwicklungsverwaltungen" sind. Verständigen wir uns zunächst in der gebotenen Kürze darüber, was „Entwicklung" bedeuten kann. Daß der Begriff „wirtschaftliches Wachstum" umfaßt, aber nicht mit ihm identisch ist, dürfte heute trivial erscheinen, desgleichen, daß die als Indikatoren meist herangezogenen Durchschnitts(Mittel-)Werte (ζ. B. der klassische Wert „Bruttosozialprodukt pro Kopf") der Ergänzung durch Distributionswerte (etwa Einkommensverteilung) und durch Korrelationswerte (etwa Übereinstimmung von Rasse/Klasse und ökonomischen Indikatoren) bedarf 47 . Schließlich führt auch kein Weg um die Erkenntnis herum, daß „Entwicklung" mit positiven Wertungen beladen, also letztlich ein durch Verständigung einer Kulturgemeinschaft gesetzter Begriff ist. Wenn nicht alles täuscht, sind wir auf dem Weg zu einer solchen Verständigung in den letzten Jahren ein beträchtliches Stück vorangekommen. Einen der überzeugenderen Vorschläge haben Nohlen und Nuscheier vorgelegt 48 . Für sie besteht Entwicklung aus der positiven Veränderung der Werte Wachstum, Arbeit, Gleichheit/Gerechtigkeit, Partizipation und Unabhängigkeit; freilich scheint mir das Grundproblem jeder Indexbildung, die Gewichtung und Bewertung bei auseinanderstrebenden Resultaten der Elemente dieses Fünfecks 49 , noch nicht überzeugend gelöst. Es kann im 47

So Johan Galtung, Zur Problematik sozialer Indikatoren, in: Dieter Nohlen u. Franz Nuscheier, Handbuch der Dritten Welt, Hamburg 1982, Bd. 1, S. 258-278, passim, insbesondere S. 260. Damit ist zugleich gesagt, daß die oben aufgeführten Meßgrößen für den Planungserfolg höchst einseitig sind! 4X Dieter Nohlen und Franz Nuscheier, Was heißt Entwicklung?, in: Nohlen/Nuscheler 1982, S. 48-72, passim. 49 Wie ist eine Bewertung vorzunehmen, wenn sich ζ. B. alle übrigen Werte außer der Partizipation positiv entwickeln? Usw.

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folgenden nicht darum gehen, an Hand dieses Kriterienkatalogs nochmals die Fortschritte oder Rückschritte Afrikas seit der Unabhängigkeit zu diskutieren und damit die Diskussion um Erfolge oder Mißerfolge der Planung wiederaufzunehmen. Vielmehr soll versucht werden, die praktisch verfolgte Politik, die Absichten der afrikanischen Regierungen an diesen Kriterien zu messen, um damit unsere Ausgangsfrage zu beantworten, wie weit Afrikas Regierungen Entwicklungsregime sind oder nicht. a) Wachstum, insbesondere qualifiziertes Wachstum, wurde mit gewissen Ausnahmen (etwa Elfenbeinküste, Kenia, Senegal) nicht erreicht; zahlreiche Länder weisen sogar heute ein niedrigeres Sozialprodukt auf als ausgangs der Kolonialzeit 5 0 ; selbst die Ernährungsbasis ist in dem agrarisch so reichen Kontinent, pro Einwohner gerechnet, schmaler geworden 51 . I n vielen Fällen liegt diesem betrüblichen Ergebnis eine verfehlte Wirtschaftspolitik zugrunde. Das Sündenregister ist lang: Systematische Vernachlässigung der Landwirtschaft (wie schon erwähnt); deren exzessive Besteuerung über Marketing Boards mit der Festsetzung unrealistisch niedrigerer Preise für Cash crops (Anreizproblematik); Gängelung, ja Behinderung der freien Wirtschaft durch Bürokratisierung und eine etatistische Politik durch Ausbau des staatlichen Sektors, der häufig zu „politischen" (Patronage-)Zwecken benutzt wurde und wird, in der Regel ineffizient arbeitet und die Staatskasse be- statt entlastet; Durchführung von Prestigeprojekten, vom sinnlos teuren Präsidentenpalast in Libreville über die ubiquitäre Autobahn vom Flughafen zur Hauptstadt bei Vernachlässigung der Verkehrs-Infrastruktur, voran der Eisenbahnen; Nichtberücksichtigung ökologischer Folgen in Grenzgebieten, die jetzt zu massiven Wachstumseinbußen führen; Vergeudung kostbarer Devisen für den Import von Luxusgütern, die nur einer kleinen Schicht zugutekommen 52 ; die Aufrechterhaltung in einigen Fällen 53 sinnlos großer —und entsprechend teurer — stehender Heere, auch wenn von einem äußeren Feind weit und breit nichts zu sehen ist; die un reflektierte Übernahme 5(1 Solche Behauptungen sind natürlich angesichts des Zustandes der Statistik kühn. „Ich habe die Statistiken in rund 20 Ländern geprüft und bin zu der Erkenntnis gekommen, daß . . . die veröffentlichten Einkommensstatistiken für die ökonomische Wirklichkeit einer großen Anzahl von Ländern überhaupt keinen Aussagewert haben . . . Dezimalstellen sind reine Phantasie . . . In Wirklichkeit sind manche Angaben zum Nationaleinkommen mindestens ebenso irreführend wie eine Zufallssammlung beliebiger Zahlen, weil sie den Anschein erwecken, als hätten sie eine Bedeutung"; so Dudley Seers (als früherer Direktor des Institute of Development Studies in Brighton sicherlich ein Fachmann), Was heißt Entwicklung, in: Dieter Senghaas, Hrsg., Peripherer Kapitalismus. Analysen über Abhängigkeit und Unterentwicklung, Frankfurt, 2. Aufl. 1977, S. 39-67; S. 50. 51

Hans F. Illy, Afrika: Freiheit mit gesenktem Kopf, in: ders., Rüdiger Sielaff und Nikolaus Werz, Diktatur — Staatsmodell für die Dritte Welt?, Freiburg und Würzburg 1980, S. 13-64; S. 43. 52 Selbst französisches Mineralwasser oder Frischfleisch wird importiert, von Champagner und Blumen ganz zu schweigen! 53 Nigeria.

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europäischer, d. h. unangepaßter Technologien; der viel zu hohe Kapitaleinsatz, bezogen auf den Ertrag; die permanente „Umverteilung" von Staatsmitteln durch die verbreitete Korruption — eine Liste von Stichworten, die zeigen, wie weit ein wirkliches Entwicklungsregime wie das friderizianische Preußen sich vom heutigen Afrika unterscheidet. b) Daß es mit der Unabhängigkeit in mancher Hinsicht nicht viel besser aussieht, springt in die Augen. Freilich wären auch hier einige Worte zu einer sinnvollen Bestimmung dieses Begriffs zu verwenden. Die hier öfters zitierte „Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten" aus dem Jahre 1974, Art. 1 („Jeder Staat hat das souveräne und unveräußerliche Recht, sein Wirtschaftssystem sowie sein politisches, soziales und kulturelles System entsprechend dem Willen seines Volkes ohne Einmischung, Zwang oder Drohung irgendwelcher Art von außen zu wählen") 54 hilft nicht recht weiter, da hier — einerseits — offensichtlich ein übersteigerter Souveränitätsbegriff zugrunde liegt, der im Zeitalter globaler Interdependenz anachronistisch wirkt, zum zweiten die Begriffe unscharf erscheinen (ist mit „Einmischung" vielleicht jede Einwirkung— etwa auch durch Entwicklungsprojekte — gemeint?) und zum dritten der „Wille des Volkes" in der Mehrzahl der jene Charta annehmenden Staaten gerade keine ausreichende Berücksichtigung findet und sicherlich in jener bekannten dialektischen Verdrehung häufig genug den Willen derjenigen meint, die für das Volk zu sprechen behaupten. Bescheidener- und realistischerweise kann „Unabhängigkeit" nur einen mühsamen Prozeß des Abbaus einseitiger Bestimmtheit (oder mindestens Beeinflußtheit) in den angeführten Bereichen in Richtung auf einen annähernden Gleichstand von „Inputs" und „Outputs" sein. Ohne ein aufwendiges Projekt können hier nur Impressionen zusammengestellt werden: Die Wahl des politischen Systems scheint noch am stärksten afrikanischer Bestimmung (freilich nicht „dem Willen des Volkes") zu entsprechen; daß die Kolonialmächte in den Unabhängigkeitsverfassungen andere politische Ordnungsvorstellungen hinterließen als sich dann durchsetzten, ist allbekannt 55 . Aber auch die Systeme im Bannkreis des Ostblocks 54 Zitiert nach Nohlen/Nuscheler 1982: 64. „Souveränität als freie Entscheidung zwischen den Mächten war Traum des Fürstenstaates im 18. Jahrhundert und Triebkraft der Selbstzerstörung der Nationalstaaten des 19. Jahrhunderts. Seit 1945 ist souverän allein, wer über Nuklearwaffen verfügt, und auch diese Souveränität ist begrenzt"; Michael Stürmer, Die deutsche Frage muß europäisiert bleiben, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.7.1985. Dagegen ζ. B. der zweite Bericht an den Club of Rome: Die Erde „ist ein aus untereinander abhängigen und sich gegenseitig beeinflussenden Nationen und Regionen bestehendes System geworden, in dem keiner von den Auswirkungen eines größeres Ereignisses oder einer weitreichenden Aktion in irgendeinem anderen Punkt der Erde verschont bleibt" (M. Mesarovic und E. Pestel, Menschheit am Wendepunkt. 2. Bericht an den Club of Rome, Stuttgart 1974, S. 25). 55 Eine interessante Neuentwicklung sind die französisch-afrikanischen Gipfelkonferenzen, an denen neuerdings auch ehemals belgische Kolonien teilnehmen; erste Anzeichen für Interesse portugiesisch-sprachiger Länder sind festzustellen.

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d ü r f t e n v o n diesem, wie das vorsichtige M a n ö v r i e r e n hinsichtlich einer v o l l e n A n e r k e n n u n g 5 6 beweist, nicht als vollwertige Glieder des sozialistischen Lagers angesehen werden. I m k u l t u r e l l e n Bereich wäre es vermessen, etwa die literarische P r o d u k t i o n nigerianischer A u t o r e n gering achten zu w o l l e n ; auf der anderen Seite stehen die bekannten Phänomene kultureller Überfremd u n g d u r c h die europäischen Verkehrssprachen der Eliten, das mangelhafte Gelingen einer A f r i k a n i s i e r u n g des i m p o r t i e r t e n Schulwesens, allgemein die F i x i e r u n g der E l i t e n a u f Lebens- u n d K o n s u m m u s t e r i n den früheren M e t r o polen. Z u m wirtschaftlichen Bereich ist bereits vieles angemerkt w o r d e n ; die zunehmende A b h ä n g i g k e i t gilt übrigens auch — u n d gerade — in einem L a n d wie Tansania, das rhetorisch „Self-Reliance" auf seine F a h n e n geschrieben h a t t e 5 7 . W i e d e r u m ist freilich die Frage zu stellen, o b die afrikanischen Regierungen dieses betrübliche Resultat hätten verhindern k ö n n e n , o b also ein eventuell vorhandener W i l l e , „ E n t w i c k l u n g " , Unterziel „ U n a b h ä n g k e i t " , herbeizuführen, nicht i n j e d e m Falle an den w i d r i g e n U m s t ä n d e n der U m w e l t hätte 56

Ζ. B. die Aufnahme in das Comecon. Schubert 1981: passim, insbes. 191 ff. (beeindruckend vor allem der Anteil der ausländischen Finanzierung des Entwicklungsbudgets, der von 24,4 % 1967/8 auf volle 55,2 % 1975/6 angestiegen war, „self-reliance" mithin als Rhetorik entlarvt). 1976 schrieb der Principal Secretary des Ministry of Planning and Economic Affairs Tanzanias (J. Rweyemamu, Development planning in the United Republic of Tanzania, in: Economic Bulletin for Africa, Bd. 12/1 [1976], S. 45-65; S. 48) anklagend, die Finanzquellen des ersten Fünfjahresplanes 1964-1969 „reveal an externally oriented bias brought about by the euphoria of goodwills in international relations typical of the early period of independence" — freilich vergaß er hinzuzufügen, daß „Ujamaa" diese Schieflage noch verstärkt hat. Diese schlichten Tatsachen werden, wenn auch nur langsam, auch bei jenen Linksintellektuellen bekannt, die eine gewisse Zeitlang bei der permanenten Suche nach dem wahren sozialistischen Entwicklungsweg Tansania auf die Altäre gehoben hatten. Noch 1980 konnte ein solcher Autor allen Ernstes schreiben: „Während diese Politik (cf. tansanische Self-reliance) in vielen wichtigen Bereichen der Wirtschaft wenig erreicht hat, hat sie doch einen gewissen Grad an Freiheit vom direkten Einfluß des privaten Kapitals geschaffen, und dies wiederum hat es einem massen-orientierten und damit progressiven Flügel der Partei ermöglicht, ihre prekäre Kontrolle der politischen Macht aufrechtzuerhalten. Die nicht unbeträchtliche Leistung dieses Flügels war es, . . . einen relativ erfolgreichen Akkumulationsprozeß in Gang zu bringen und gleichzeitig jene extremen Konzentrationen von Reichtum zu verhindern, die in anderen Ländern wirtschaftliche und soziale Prozesse . . . deformiert haben." — Eine krassere Anhäufung von Fehlurteilen ist kaum denkbar (Manfred Bienefeld, Tansanische Self-Reliance: Strategische Entscheidung oder politische Rhetorik (sic), in: Khushi M. Khan, Hrsg., Self-Reliance als nationale und kollektive Entwicklungsstrategie, München-London 1980, S. 573-621, hier S. 608). „La experiencia de Tanzania revela que la descentralización puede aumentar la burocratización en lugar de reducirla", Senghor: La administración para el desarrollo en Africa: Reflexiones sobre dos decadas de experencia, in: Estudios de Asia y Africa, Bd. 17 (1982), S. 628-683; S. 645; „the plans (cf. in anglophonic Africa) did not come out of a participatory process. Rather, they arose from recommendations of a few expatriates, who bound them between hard covers, and presented them to the government"; Robert B. Seidman, Development planning and the legal order in black anglophonic Africa, in: Studies in Comparative International Development, Bd. 14/2 (1979), S. 3-27; S. 10. 57

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scheitern müssen. Für den Kenner der Dependenz-Diskussion ist deutlich, daß hier fast Glaubensfragen berührt werden; sicher erscheint dem Referenten, daß gerade die Armut Afrikas es besonders schwierig macht, die Abhängigkeit zu überwinden. Freilich gilt dies für kulturelle Überfremdungsphänomene nicht in gleichem Maße. c) Wurde oben bereits (bei der Behandlung der Variable „Wachstum") auf die Verwendung unangepaßter Technologien hingewiesen, so ist damit bereits ein erster Hinweis auf die „Arbeit" gegeben worden. Freilich gilt es zu differenzieren. Arbeit wird von den Autoren, deren Begriffsbestimmung von „Entwicklung" wir zugrundelegen, nicht nur — und nicht einmal in erster Linie — ihrer einkommenschaffenden Wirkung wegen für unverzichtbar gehalten, sondern wegen ihrer Bedeutung für die Würde des Menschen: Arbeit (ob bezahlt oder nicht) definiert soziale Positionen, verleiht das Gefühl der Nützlichkeit, des Gebrauchtwerdens; langanhaltende Arbeitslosigkeit macht psychisch krank — und kann natürlich in Ländern ohne ausgebaute Sozialversicherung existenzbedrohende Wirkungen haben. Dennoch ist festzuhalten, daß Arbeitslosigkeit ein „modernes" Konzept ist und sich letztlich auf die Nichtintegration in moderne Wirtschaftsformen bezieht, insbesondere auf das Fehlen von Lohnarbeitsplätzen. In diesem Sinne sind afrikanische Arbeitslosenstatistiken großenteils Phantasie, was im übrigen schon durch die Erhebungsmethoden bzw. zugrundegelegten Definitionen deutlich wird 5 8 . Enttäuschte Remigranten aus der Stadt werden ebensowenig erfaßt wie Emigranten in diese, die im informellen Sektor ihr Überleben sichern; Unterbeschäftigung oder Arbeitslosigkeit auf dem Lande (etwa von Jugendlichen, denen durch das europäisch beeinflußte Erziehungswesen Verachtung für Handarbeit eingeimpft wurde) entziehen sich vollends einer statistischen Erfassung. A u f der einen Seite wird also der Anteil der Arbeitslosen viel zu niedrig angegeben; auf der anderen Seite federt die erstaunlich intakte Familien-, Clan- und Dorfstruktur als eine Art vormoderne Sozialversicherung die Folgen der Arbeitslosigkeit ab. Auch die psychischen Folgen dürften andere sein als etwa in Lateinamerika oder Europa, da sich in der Regel ein nützlicher Platz in der Familie (oder im Dorf) finden wird, in jedem Fall jedoch Kontraktarbeit nicht in der gleichen Weise kultureller Standard ist wie in alten Industrieregionen.

58 Der gesamte Agrarbereich fällt in der Regel heraus, soweit nicht (ein seltener Fall) Landarbeit gegen Lohn verrichtet wird; im übrigen wird — je nach Land — auf vorhergegangene Zahlung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung, regelmäßige Meldung bei der Arbeitsverwaltung, die in der Regel auch nur in größeren Städten Büros unterhält, und andere Formalitäten abgehoben, die mit der tatsächlichen Arbeitssituation der Betroffenen nichts zu tun haben.

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Wegen der Unsicherheit der Datenbasis ist ein zuverlässiges Urteil über die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Afrika seit der Unabhängigkeit kaum möglich; sicherlich wird hier auch nach Ländern zu unterscheiden sein. Generell können vielleicht folgende Tendenzen festgehalten werden: aa)

In den Ballungsregionen sind die gleichen Erscheinungen von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung zu beobachten wie in anderen Kontinenten der Dritten Welt; der Zuwachs an Arbeitsplätzen im modernen Sektor hat mit der Zunahme der Arbeitssuchenden in keiner Weise Schritt gehalten — und nur geradezu phantastische Zuwachsraten in diesem Bereich, die nicht zu erwarten sind, könnten hieran etwas ändern.

bb)

In zahlreichen Ländern stehen einer Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft von den natürlichen Ressourcen (verfügbares Land, Wasser usw.) her keine unüberwindbaren Hindernisse entgegen.

cc)

In einigen Ländern im ökologischen Grenzbereich (Sahelraum) stößt indessen die weitere Ausweitung der Nutzung natürlicher Ressourcen an Grenzen, die kaum überwindbar erscheinen; das gleiche gilt für einige Räume extrem hoher Bevölkerungsdichte, etwa Ruanda.

Zusammenfassend kann vielleicht festgehalten werden, daß der Arbeitssituation in Afrika von den Regierungen kaum die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wurde; es handelte sich in aller Regel nicht um ein entwicklungspolitisch prioritäres Ziel. d) Partizipation und Gleichheit / Gerechtigkeit sind sicherlich verwandte, wenn auch nicht identische entwicklungspolitische Zielvorstellungen. Deswegen sollen sie hier zusammen behandelt werden. Afrikanische Politik, auch und gerade in Regimen mit partizipativer Ideologie, kann geradezu als „Versuch der Entwicklung ohne Partizipation der Betroffenen" (und oft genug gegen deren Interessen) bezeichnet werden 59 ; im besseren Falle ist sie wohlwollend-paternalistisch, im schlechteren gleichgültig oder offen feindselig gegenüber den lokalen und regionalen Kräften und Initiativen. Sie personifiziert sich in einer sozialen Schicht, die Illy als „neue Bourgeoisie" 60 , Elsenhans noch schärfer als „bürokratische Staatsklassen der Peripherie" bezeichnet 61 . Stärker als bei den komplexen Zusammenhängen, 59

Dazu Illy 1980: 43 ff. unter Anführung von Rainer Tetzlaff, Staat und Klasse in peripher-kapitalistischen Gesellschaftsformationen: Die Entwicklung des abhängigen Staatskapitalismus in Afrika, in: Verfassung und Recht in Übersee, Bd. 10/1 (1977), S. 61. 60 Idem: 44. 61 Hartmut Elsenhans, Abhängiger Kapitalismus oder Bürokratische Entwicklungsgesellschaft. Versuch über den Staat in der Dritten Welt, Frankfurt 1981, passim. Elsenhans beschränkt seine Kritik keineswegs auf Afrika, bezieht diesen Kontinent aber ausdrücklich in seine Analyse mit ein.

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die zu Wachstum, Arbeit oder Unabhängigkeit führen sollen, liegt hier ein Bereich vor, der politischer Einflußnahme bei entsprechendem politischen Willen sehr wohl zugänglich wäre; daher sind alle Aussagen über die „Staatsklasse" als besonders relevant für die Grundfrage anzusehen, wieweit die politischen Regime sich in der Praxis (nicht nur in wortreichen Erklärungen) als Entwicklungsregime verstehen. Die „Staatsklassen", auch in Afrika, zeichnen sich durch eine Reihe besonders negativer Züge aus: aa)

Eine markante Tendenz zur Selbstprivilegierung 62 , gerade im Namen des „Sozialismus", der in der Regel nichts anderes als Staatskapitalismus meint. Diese bezieht sich auf die ökonomische Situation 63 mit dem entsprechenden Lebensstil nach dem Vorbild der alten Kolonialverwaltung 6 4 (ohne entfernt deren Leistungsfähigkeit zu erreichen).

bb)

Formale Zentralisierung der Entscheidungen; Mißtrauen gegenüber autonomen gesellschaftlichen Kräften 6 5 .

cc)

Verachtung und Unkenntnis der Lebenssituation der großen Masse der Bevölkerung, in Afrika naturgemäß der Bauern 66 . Diese greifen zu der einzigen Waffe, die ihnen zur Verfügung steht: Entzug und Verweigerung, besonders deutlich etwa am tansanischen Beispiel mit seiner von oben verordneten und teilweise mit Gewalt durchgesetzten radikalen

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Elsenhans 1981: 214 ff. Extreme Einkommensunterschiede sogar innerhalb der verschiedenen Ränge eines Ministeriums, im Arbeitsministerium von Gabun ζ. B. wie 1:50 (1971). 64 „Der Whisky- und Champagnerkonsum in den Hauptstädten ist beträchtlich"; Illy 1980: 45. 65 Neben den bereits zitierten Fallstudien und zusammenfassenden Werken s. etwa zu Kamerun Hans F. Illy, Politik und Wirtschaft in Kamerun. Bedingungen, Ziele und Strategien der staatlichen Entwicklungspolitik, München 1976 oder Peter Hemmersmeier, Evolution, Organisation und Funktion der Entwicklungsplanung in Kamerun, Heidelberg (Dissertationsdruck) 1976 (zur fehlenden Partizipation etwa S. 133 ff.); Bernd Leber, Entwicklungsplanung und Partizipation im Senegal. Aspekte der Planungsbeteiligung in peripheren Ländern Afrikas, Saarbrücken und Fort Lauderale 1979 (zur „Departizipation", über das Untersuchungsland hinausreichend, S. 53 ff.; interessant die Auseinandersetzung mit der technokratischen These, gerade „Departizipation" sei zum Entwicklungserfolg nötig; die These ist bereits in den sechziger Jahren von dem amerikanischen Modernisierungstheoretiker Samuel P. Huntington vorgetragen worden.); Joachim Lühring, Ghana. Politik der regionalen Entwicklungsplanung, Bonn-Bad Godesberg 1973, insbes. S. 16 f. „En la experiencia real de la descentralización la mayor deficiencia ha sido la falta de voluntad politica y el desgano, a nivel administrativo centrai, de descentralizar en serio"; Senghor 1982: 644. 63

66 Gerd Spittler, Herrschaft über Bauern. Die Ausbreitung staatlicher Herrschaft und einer islamisch-urbanen Kultur in Gobir (Niger), Frankfurt a. M. 1978, sowie ders., Verwaltung in einem afrikanischen Bauernstaat. Das koloniale Französisch-Westafrika 1919-39, Wiesbaden 1981.

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V e r ä n d e r u n g der Lebenssituation der D ö r f l e r 6 7 , indessen in abgemilderter F o r m i n vielen anderen L ä n d e r n zu b e o b a c h t e n 6 8 . dd)

Verbreitete, w e n n nicht allgegenwärtige K o r r u p t i o n i n Staat u n d Wirtschaft.

Fazit: W e n n m a n sich darüber verständigen k a n n , daß zu einer w o h l v e r standenen E n t w i c k l u n g Mitsprache an Entscheidungen gehört, die einen selbst u . U . v i t a l betreffen, u n d w e n n das schamlose Nebeneinander v o n unangemessenem

Luxus

und

Hunger

und

Elend

damit

unvereinbar

erscheint, ist A f r i k a u n d seiner Führungsschicht ein hartes U r t e i l gewiß. Ziehen w i r das Resümee unserer Überlegungen: P l a n u n g findet sich eingeb u n d e n i n ein politisches System, das i n der Regel nicht als E n t w i c k l u n g s r e gime zu betrachten ist. Jenseits des Wunsches nach einem besseren Leben fehlt es allzu oft ganz einfach a m entschiedenen W i l l e n , die zu seiner Erreic h u n g notwendigen M a ß n a h m e n zu ergreifen. I m nicht seltenen K o n f l i k t f a l l e zwischen „ E n t w i c k l u n g " , d . h . M o b i l i t ä t , gegebenenfalls U n r u h e , u n d Bewahrung des Status q u o w i r d — v o r allem v o n der Regional- u n d L o k a l v e r w a l t u n g — allzu häufig dem „ p r i m ä r e n " A n l i e g e n der „ B e w a h r u n g v o n Ruhe u n d O r d n u n g " der V o r z u g gegeben — was n a t ü r l i c h eine klassische V e r k e n n u n g der langfristigen N o t w e n d i g k e i t e n z u m Überleben auch der bestehenden Regime d a r s t e l l t 6 9 . Diese „Stagnationsregime" bzw. „-Verwaltungen" 7 0 67

Jan Lundqvist, Tanzania: Socialist ideology, bureaucratic reality, and development from below, in: Walter B. Stöhr und D. R. Fraser Taylor, Development from above or below? The dialectics of regional planning in developing countries, Chichester, New York u.a. 1981, S. 329-349 („There is frustration . .. concerning the power concentrated within the bureaucracy and its inability to enter into dialogue with the masses of the people"; S. 347); Goran Hydén, Beyond Ujamaa in Tanzania. Underdevelopment and an uncaptured peasantry, Berkeley and Los Angeles 1980 („It is time it was recognized that the features used to identify the petty bourgeois leadership in Africa, for example, social background, appropriation, distinct consumption pattern and political repression, also apply to a revolutionary leadership and its policy"; S. 228). 68 Die Fallstudien zu Nigeria (Michael Olanrewaju Filani, S. 283-304); der Elfenbeinküste (M. Penouil, S. 305-328) und Algerien (Keith Sutton, S. 351-375) in Stöhr/Taylor 1981 tragen alle Titel, die auf den „Centre-Down Development Planning Approach" verweisen. Allgemein s. Wolff 1977: 151 ff. („Der weltweite Mißerfolg der Partizipation am Planungsprozeß"); dort auch weitere Literatur; „... the failure of development lay in the contradiction between the participatory imperatives of development and the African states* hierarchical, compartmented, authoritarian state structures and legal orders" (Seidman 1979: 23, unter Zitierung einer eigenen Schrift). 69

Hier wird mitnichten eine krude Revolutionstheorie vertreten; entgegen manchen eilfertigen Voraussagen hat sich die Leidens- und Duldensfahigkeit der Afrikaner als sehr groß erwiesen. Angesichts des elenden Lebens vieler Afrikaner und vor allem der unüberbrückbaren Kluft zwischen Aspirationen und Realitäten war man geneigt, die rasche Bildung eines proletarischen Klassenbewußtseins und die soziale Explosion vorauszusagen; nichts davon ist eingetreten. Dies könnte auch mit dem Fehlen von Führern aus der Bourgeoisie zusammenhängen, die es vorgezogen haben, sich der Staatsklasse zu integrieren oder doch zu verbünden.

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können durch die technokratischen Rationalitätsappelle der Planer nicht verändert werden; Planung ist allzu oft ein Feigenblatt, das den Kern der Regime — Inaktivität in entscheidenden Bereichen — verdecken soll. Eine zugunsten von hochwertigen Gütern verzerrte Konsumstruktur belastet die Devisenbilanz. Die persönlich anspruchslosen „Schumpeterschen" Unternehmer (ob selbst Kapitaleigner, Manager oder Staatsbeamte) sind eine rare Spezies; statt nachhaltiger Gewinnerzielung wird allzu oft der schnelle Profit angestrebt. Auch dies kann nicht nur verurteilt werden, hängt es doch eng mit den politischen Ungewißheiten zusammen. Diese Instabilitäten bedrohen wiederum die kontinuierlich-rationale Politik, die Planung ihrem Anspruch nach verfolgen will. Planung findet sich, mit einem Wort, in Afrika noch stärker als in anderen Entwicklungsregionen in einer planungsfeindlichen politischen Umwelt, die sie selbst nur marginal beeinflussen kann. Erinnert sei daran, daß wir ein ähnliches Bild für wichtige Bereiche der sozialen und wirtschaftlichen Umwelt gezeichnet haben, so daß sich von daher gleichgelagerte Probleme ergeben. 2. Der Sozialwissenschaftler, insbesondere der Politikwissenschaftler, neigt bei der Analyse sozialer Prozesse naturgemäß dazu, soziale und politische Faktoren in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen zu stellen, sie für zentral, andere für marginal zu halten. Eine interessante Alternativerklärung eines Juristen betreffend die Ursachen des Fehlschlags der Planung kann hier nur referiert werden 71 . Sie bezieht sich auf das anglophone Afrika; dem Referenten fehlen ausreichende Informationen zu einer Ausdehnung der Argumentation auf den frankophonen Bereich; in gewisser Weise handelt es sich um einen Unterfall der „Politik- und Verwaltungsursachen". Seidman weist auf die Tatsache hin 7 2 , daß die Planer zwar die Begrenztheit der ökonomischen „Inputs" in den Planungsprozeß verstanden und berücksichtigt hätten, nicht hingegen die — ebenfalls vorhandene — Begrenztheit von Rechtsregeln. Juristische Normen wurden nur, ganz ohne Problembewußtsein, als Instrumente zum Steuern des Verhaltens von Personen und Organisationen im öffentlichen und gesellschaftlichen Bereich betrachtet; die Normen selbst wurden als „freie Güter", d.h. als „kostenlos" in beliebigen Mengen verfügbar, betrachtet. Eben dies war (und ist) aber durchaus nicht der Fall: I m anglophonen Afrika verlangte der Plan keineswegs, daß ihm gefolgt würde: er ordnete nichts an, verbot oder erlaubte nichts. Die Ausgabe von Haushaltsmitteln etwa wurde nach gewohnter Manier durch das Budget, keineswegs durch den 7(1 „ . . . la creación de sistemas de administración para el desarrollo en Africa es un labor que continûa"; so die höflich-euphemistische Formulierung bei Senghor 1982: 683. 71 Seidman 1979. 72 Idem: 7 ff. Danach auch das folgende.

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Entwicklungsplan gestattet. Auch eine Befolgung des Plans aufgrund weniger stringenter Vorschriften war nicht zu erwarten, da dafür alle Voraussetzungen fehlten 73 ; das galt selbstverständlich auch für den Privatsektor 74 . Demgegenüber hätte jedoch eine Verwirklichung der meisten Pläne umfangreiche institutionelle und rechtliche Veränderungen bedeutet; eben diese wurden von den Planern vorausgesetzt, da sozusagen (worin sich natürlich auch Jugend, administrative Unerfahrenheit und ausländische Nationalität vieler wichtiger Planer ausdrückten) auf die Begeisterung und die Überzeugungskraft ihrer höheren Rationalität vertraut wurde. Das oben erwähnte „power and conflict"-Modell auch (und gerade) der intrabürokratischen Politik wurde nicht verstanden. Die Politikvorstellungen der Planer zeichneten — und zeichnen — sich durch Naivität aus, während doch seit vielen Jahren überzeugend nachgewiesen wurde 7 5 , daß Planung (bzw. die Planer als Gruppe) zu seiner/ihrer Durchsetzung die Mobilisierung von Macht brauchen, daß die Planer nur eine von mehreren miteinander konkurrierenden Gruppen darstellen (wobei noch vorausgesetzt wird, daß sie wirklich an einem Strang ziehen!), daß, von daher gesehen, Planung im besten Falle immer nur Teilerfolge erzielen kann. Seidman ist freilich in einem Kernbereich seiner These zu widersprechen: Schreibt er zu Recht: „The limits of law dictate the limits of possible development" 7 6 , dann wäre der Umkehrschluß falsch, daß ein ausgefeiltes juristisches Instrumentarium Entwicklung bestimmen könne. Planer brauchen zum Erfolg auch Legitimität, die ihnen vom politischen System unter anderem mit Hilfe der Rechtsordnung verliehen wird; damit ist aber nur eine notwendige, keineswegs eine hinreichende Bedingung erfüllt. Die Literatur über das „Vollzugsdefizit" von Industrieländerverwaltungen nimmt zu; die über den nach dem Vorgang von Riggs 77 so genannten „Formalismus" (den Erlaß von 73 Seidman: idem: 9 nennt folgende: daß die Vorschriften den Betroffenen legitim erscheinen; diese nicht gegen ihr Interesse verstoßen müssen; daß die Quelle der Vorschrift als Autorität erscheint; daß Beamte oder eine geschätzte Bezugsgruppe sie befolgen; daß die Sanktionen den ernsthaften Willen des Staates zur Durchsetzung deutlich machen; schließlich: daß die Betroffenen partizipieren, nicht einfach kommandiert werden. 74 Übrigens auch für die Planer selbst (idem: 15): allzuoft fehlten ihnen klare Anweisungen, in welcher Richtung ein Plan zu entwerfen war (d. h. die Festsetzung von Planrichtlinien durch das politische System gemäß der Planungstheorie unterblieb ganz einfach!). Gelegentlich wurde ihnen nicht einmal vorgeschrieben, daß sie einen Plan zu erarbeiten hätten! (Uganda Planning Commission Act, 1963). „The criteria of the Harvard Development Advisory Service probably influenced African plans more than the needs of Nigeria or Uganda" (idem: 20 f.)! 75

In mehreren Arbeiten von Guy Benveniste, so in: Bureaucracy and national planning: A sociological case study in Mexico, New York 1970, and in: The politics of expertise, Berkeley und London 1972. 76 Seidman 1979: 24. 77 Fred W. Riggs, Administration in developing countries. The theory of prismatic society, Boston 1964.

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Gesetzen, deren Durchführung ernsthaft gar nicht versucht, nicht einmal beabsichtigt ist) in der Dritten Welt füllt allmählich Bibliotheken 78 . M i t anderen Worten: selbst nach der Schließung der von Seidman zu Recht inkriminierten Lücke im juristischen Instrumentarium treten jene Widerständlichkeiten aus dem politisch-administrativen Bereich auf, die wir an verschiedenen Stellen dieses Beitrages angesprochen haben. Politik, auch Planungspolitik, und Recht sind eben zwei Dinge; der Ausgang einer „Entscheidung" in rechtlicher Form (etwa eines Planungsgesetzes) hängt von einer Unzahl intervenierender Variablen ab (Interessen der zahlreichen Beteiligten, Kontrollmechanismen und politisches Gewicht der Kontrolleure, Verfügung über Ressourcen durch die Akteure usw.). Letztlich ist auch eine Rechtsvorschrift nicht mehr als ein (und gelegentlich marginales) Element in einem hochkomplexen Vorgang, an dessen Ende ein Ergebnis stehen mag, das mit den ursprünglichen Absichten derjenigen, die die Norm betrieben oder erlassen haben, nur eine entfernte Ähnlichkeit aufweist.

IV. Was tun? 1. Wenn es richtig ist, daß die meisten Gründe für die planerischen Fehlschläge nicht im Einflußbereich der Planer als solcher liegen 79 — und wenigstens dies dürfte die vorangegangene Darstellung deutlich gemacht haben —greifen offenbar alle Rezepte zu kurz, die den instrumentell-planerischen Bereich verbessern wollen. Es mag nützlich sein, die Datenbasis zu erweitern oder die Planer besser zu schulen; schon weniger sinnvoll erscheint eine weitere Verbesserung der (evtl. sogar mathematischen) Planungsmodelle 80 : jedenfalls werden solche im eigentlich planerischen Umfeld verbleibende Reformen den Kern des Problems nicht berühren. Gleiches gilt natürlich für alle Versuche, den entscheidenden Teil des Planungsprozesses — die Durchführung — durch eine Verbesserung der entsprechenden Maschinerie wirksamer zu machen 81 . 78 Zahlreiche Beispiele etwa in meiner Kolumbienstudie (Bürokratische Politik und Verwaltung: Der Fall Kolumbien, Berlin 1984). 79 So auch Shen 1976/7: 423; daß die Planer jedoch auch in ihrem ureigenen Bereich massive Fehler gemacht (ζ. B. Wachstum der Wirtschaft mit Entwicklung gleichgesetzt) haben, zeigt Makhtar Diouf, Eléments pour une critique de la planification macroéconomique du développement dans les pays africains, in: Africa Development/Afrique et Développement, Bd. 7/4(1982), S. 61-65. Diouf kommt übrigens zu ähnlichen Empfehlungen wie der vorliegende Aufsatz. 8(1 „Common-sense"-Pläne waren Modelle! 81 Shen: idem.

5 Speyer 99

nicht selten erfolgreicher als ökonometrische

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2. Viel wäre bereits gewonnen, wenn die angesprochene Problematik in realistischer Weise von den Betroffenen, ζ. B. der nach wie vor florierenden Planungsindustrie 82 , zur Kenntnis genommen und berücksichtigt würde. Es hat keinen Sinn, den Planungs- bzw. Entwicklungserfolg weiterhin auf Voraussetzungen aufzubauen, die in der Realität eben nicht gegeben sind 8 3 . Konkret hieße das zunächst: a) Die Planungstheorie (und die Planer als Gruppe) hätten das „rationale" Bild der Politik aufzugeben, das ihren Bemühungen implizit oder explizit zugrunde liegt 84 . Regierungen sind nicht einheitliche Akteure, die eine gesamtgesellschaftliche Wohlfahrtsfunktion maximieren wollen und dabei rationale Mittel einsetzen 85 ; es handelt sich um ein Bündel vön Persönlichkeiten und Organisationen, die in Wechselwirkung miteinander und mit Gruppen oder Persönlichkeiten der eigenen Gesellschaft, ausländischen Stellen usw. Ziele verfolgen (aber auch nicht „optimieren", sondern bestenfalls „ausreichend" lösen wollen — „satisficing behaviour" im Sinne von H. Simon), die sich keineswegs in eine gesamtgesellschaftliche Wohlfahrtsfunktion einfügen. Diese ist nichts als ein Konstrukt der volkswirtschaftspolitischen Theorie. M i t einem Wort: Planer haben sich als Akteure in einem komplizierten politischen Spiel zu begreifen, in das sie bestimmte Inputs einbringen 86 (etwa ökonomischen Sachverstand bei anstehenden Investitionsentscheidungen), wobei sie gut daran täten, im Rahmen des Möglichen nach der Schaffung und Erweiterung autonomer politischer Machtquellen zu streben. Jedenfalls können sie nicht weiterhin ihr Rollenbild als sogenannte „unpolitische Berater" pflegen und auf zentralisierte politische Macht zur Durchführung ihrer schönen Programme setzen. Diese verweigert sich — aus guten und weniger guten Gründen — einer derartigen Fremdbestimmung. 82 Gedacht ist vor allem an die (immer noch übliche) rein technokratische Ausarbeitung von Plänen (auch Regionalplänen) durch ausländische Experten im staatlichen, parastaatlichen und privaten (Consultants) Bereich, die wenig Aufmerksamkeit der Leistungsfähigkeit (und dem Leistungswillen!) der politischen und Verwaltungsmaschinerie und häufig überhaupt keine der eigentlichen Durchführungsphase widmen. Auch im Bereich der Stadtplanung ist die Vorlage technisch beeindruckender „Entwicklungspläne" die Regel, die meist nur den Nachteil haben, mit der Durchführungswirklichkeit herzlich wenig zu tun zu haben. 83 (Planning) „does not work because nor large and complex society can figure out what simple and unambiguous things at once to do or in what clear order of priority, or how to get them done"; Caiden/Wildavsky 1974: 288. 84 So auch Tony Killick, The possibilities of development planning, in: Oxford Economic Papers, New Series, Bd. 28 (1976), S. 161-183; S. 171 ff. 85 „ . . . the objective function in a planning problem serves to represent, or make numerically explicit, social preferences"; G. M. Heal, The theory of economic planning, Amsterdam 1973: 59 (zit. bei Killick 1976: 167). 86 Killick 1976: 179.

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b) Alle Versuche sind fruchtlos — und daher aufzugeben —, die Wirklichkeit nach dem „rationalen Akteursmodell" der Planer zu formen. Politische und ökonomische Rationalität sind analytisch verschiedene Dinge, auch wenn sie gelegentlich empirisch übereinstimmen mögen. Der Appell an Politiker bzw. das politische System, die Verhaltensrichtlinien der ökonomischen Rationalität zu übernehmen, ist sinnlos. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Das politische System zwingt dem Planer seine Präferenzen auf, und dieser tut gut daran, sich mit diesem Sachverhalt abzufinden und die Planung an die Politik anzupassen statt umgekehrt von der Politik die Anpassung an die Planung zu verlangen. c) Eine radikale Konsequenz liefe auf die Aufgabe der Planung in Afrika hinaus 87 . Planung ist schließlich kein freies Gut; sie hat Kosten finanzieller Art, insbesondere nimmt sie aber einen Teil der Problemlösungskapazität des politisch-administrativen Apparats in Anspruch; Kosten mögen auch durch planerische Fehlentscheidungen (falsche Signale für die Wirtschaft, Fehlinvestitionen u. a. ) entstehen. Diesem radikalen Vorschlag steht immerhin entgegen, daß Planung in einigen Fällen auch gewisse Erfolge gehabt hat. Darum möchte ich mich hier für die Aufgabe des „comprehensive development planning" zugunsten einer soliden Projektplanung (bestenfalls Programmplanung) in enger Zusammenarbeit mit den Finanzfachleuten aussprechen, die ja ohnehin in mancher Hinsicht die Schlüssel zum Erfolg in Händen haben 88 . 3. Eine optimale Lösung für alle Länder und Zeiten dürfte es sowenig wie in anderen Politikbereichen geben; es wird nach innen- und außenpolitischer Situation, wirtschaftlicher Konjunktur, Stärken und Schwächen des Verwaltungsapparates zu differenzieren sein. Es sind sicherlich im Einzelfalle sorgfaltige Studien nötig. Ein Wort zum Schluß: Schwerpunkt dieses Beitrages war der analytische Teil, und auch wenn die Vorschläge im Teil I V nicht überzeugen sollten, wäre damit über die Richtigkeit des Befundes nichts ausgesagt. Jedenfalls wehre ich mich gegen die in diesem Bereich so beliebte Umkehr der Beweislast, die dem Kritiker ein überzeugendes, in sich konsistentes Gegenmodell abverlangt und seine Kritik nur dann gelten lassen will, wenn er diese Leistung erbringt. Die analytische Situation ist genau umgekehrt: Planung ist eine kostenträchtige Unternehmung, die sich durch ihren Erfolg zu rechtfertigen hat; bleibt dieser aus (oder ist doch äußerst begrenzt), dann haben die 87 Killick 1983: 65 ff. diskutiert diesen Punkt. Einige der folgenden Ausführungen nach dieser Quelle. Im übrigen s. a. Wolff 1977: 176 ff. 88 Zahlreiche Vorschläge in der Literatur (s. dazu u. a. Killick 1983: 69 ff.) sollen hier nicht weiter diskutiert werden ; gegen alle lassen sich begründete Einwände vorbringen —mindestens, insoweit sie universell anwendbar sein wollen.

5*

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Befürworter der bisherigen Planungsansätze gute Gründe dafür beizubringen, warum diese wenig erfolgreiche Aktivität trotzdem fortgesetzt werden sollte.

Grundkonflikte der Realisierung der Menschenrechte in der afrikanischen Verfassungswirklichkeit Von Heinrich Scholler

I. Einleitung 1. Berichte über die Menschenrechtsverletzungen in Afrika sind mannigfaltig, ob man nun an Amnesty International 1 oder an die Berichte der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte 2 denkt. Die Tageszeitungen sind voll davon. Deshalb war vielleicht der Abschluß einer afrikanischen Menschenrechtskonvention 3 ein Ereignis, das in den Medien, aber auch in den wissenschaftlichen Fachzeitschriften besondere Aufmerksamkeit auf sich zog 4 . Allerdings zeigt sich auch hier bald das gleiche Dilemma zwischen dem Phantomrecht einer Deklaration oder interafrikanischen Konvention —bzw. den Menschenrechtscharten der Verfassungen — und der mangelnden Realisierung in der afrikanischen Menschenrechtsprechungswirklichkeit. Hier versagen aber schon die modernen Ankläger, denn sie dringen in der Regel nicht zu den Grundproblemen dieses Widerspruches zwischen Sollen und Sein vor. Allerdings ist zuzugeben, daß sich in der jüngsten Vergangenheit die Stimmen gemehrt haben, welche für ein neues Verständnis der Grundrechtskataloge aus afrikanischer Sicht plädieren 5 . 1

amnesty international: Jahresbericht 1984, Frankfurt am Main 1984, S.31 ff. Internationale Gesellschaft für Menschenrechte e. V. — Deutsche Sektion: Jahresbericht 1983, Frankfurt am Main 1984, S. 54 ff.; dieselbe: Jahresbericht 1984, Frankfurt am Main 1985, S. 42 ff. 3 Bipoun-Woum, Joseph-Marie: Le droit international africain. Problèmes généraux —Règlement des conflits. Bibliothèque Africaine et Malgache, Droit et Sociologie Politique, tome 5, Paris 1970. Wodie, Francis: Les institutions internationales régionales en Afrique occidentale et centrale. Bibliothèque Africaine et Malgache, Droit et Sociologie Politique, tome 9, Paris 1970. 4 Der Abschluß der Menschenrechtscharta der OAU hat in den Medien beachtlichen Widerhall gefunden; ohne Sicherung der Konkretisierung dieses regionalen Menschenrechtsschutztaktes wird allerdings das Recht nur Phantomrecht bleiben. 5 Leclercq, Claude: Les libertés publiques en Afrique noire, in: Conac, Gérard (Hrsg.): Les institutions constitutionnelles des Etats d4Afrique francophone et de la République Malgachie, Paris 1979, S. 223 ff.; Mols, Manfred: Menschenrechte und Herrschaftssy2

70

Heinrich Scholler

2. Bei der Betrachtung des Instrumentariums, welches dem Menschenrechtsschutz in Schwarz-Afrika zur Verfügung steht, muß man von einer Zeitschwelle ausgehen, und zwar dem Jahre 1960. Erst nach dieser Schwelle erreichen die meisten afrikanischen Staaten ihre nationale Unabhängigkeit und verfügen damit über die gesetz- und verfassungsgebende Gewalt, kraft welcher sie sich Grundrechtskataloge zulegen. Vor diesem Zeitpunkt war aber bereits in Liberia und Äthiopien ein Verfassungswerk entstanden, weil diese Staaten nicht in gleicher Weise oder überhaupt nicht unter die Kolonialgewalt europäischer Mächte geraten waren 6 . In Liberia war bereits 1847 eine Verfassung eingeführt worden, die einen an die amerikanischen Amendments angenäherten Grundrechtskatalog enthielt. In Äthiopien haben die Verfassungen von 1931/1955 — also auch vor dem Stichjahr 1960 — eine Fassung erhalten, die in Anlehnung an das Vorbild europäischer Grundrechtsgewährleistungen und auch der amerikanischen Amendments sich Grundrechte zulegte7. Ein wichtiges Motiv für beide Staaten zur Gewährleistung von Grundrechten in ihren Verfassungsstrukturen war der Wunsch, in der Völkerrechtsgemeinschaft einen gleichwertigen Stand einnehmen und Vorwürfe der Rückständigkeit, ja der Verletzung von Menschenrechten, entgegentreten zu können. Deshalb hatten beide Staaten auch schon neben den verfassungsrechtlichen Grundrechts- und Menschenrechtsgewährleistungen auf der Ebene der einfachen Gesetzgebung versucht, zentrale Anliegen der Menschenrechtsgewährleistungen durch einfaches Gesetz zu erfüllen. So hatte sich Ras Tafari schon lange vor dem Verfassungswerk von 1931/1955 für die Abschaffung der Sklaverei in Äthiopien eingesetzt8. Die äthiopische Verfassung von 1931 garantierte ausdrücklich die Grundrechte der Freiheit vor ungesetzlichen Verhaftungen und der Freiheitsentziehung sowie die Garantie des Eigentums und Verbot der Expropriation einschließlich des Verbotes der Hausdurchsuchung ohne Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen 9. Dagegen wurde in der Verfassung von 1931 der dem japanischen Vorbild entsprechende weitere Grundrechtskatalog, der auch die Garantie der Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit enthielt, nicht übernommen 10 . Der Grundrechtskatalog der äthiopischen Verfassung steme. Bemerkungen aus einer entwicklungsgeschichtlichen Perspektive, in: Internationales Afrikaforum, 19. Jg., 2/1983, S. 163 ff.; Grohs, Gerhard: Bemerkungen zur Afrikanischen Menschenrechts-Charta der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), in: Internationales Afrikaforum, 19. Jg., 2/1983, S. 173 ff. 6 Am 26.7.1847 erklärte das Commonwealth of Liberia seineUnabhängigkeit mit einer an der US-Verfassung ausgerichteten eigenen Verfassung. 7 Zur Promulgation der Verfassung von 1931 a. Clapham, Chr.: Haile Selassies Government, 2. Aufl., 1970, S. 34 f. 8 Das „antislavery-Bureau" wurde 1924 in Addis Ababa gegründet, s. Pankhurst, R.: Economic History of Ethiopia, Addis Ababa 1968, S. 117. 9 Clapham, Chr.: a. a. O., S. 35. Clapham, Chr.: a. a. O., S. 35.

Menschenrechte in der afrikanischen Verfassungswirklichkeit

71

i. d. F. von 1955 war wesentlich umfangreicher und hatte zum Ziel, die Integration der eritreischen Gebietserweiterung zu erleichtern und zu harmonisieren, was aber aus anderen Gründen dann doch nicht gelingen sollte. Nach der Wende der 60er Jahre haben sich dann in rascher Folge die frankophonen wie die anglophonen Staaten Schwarz-Afrikas einschließlich Nordafrikas neue Verfassungen zugelegt, die in unterschiedlicher Weise dem Anspruch gerecht werden sollten, Grundrechtskataloge oder Bill of Rights in den Corpus der Verfassungen mit aufzunehmen. Dabei unterschieden sich die frankophonen Verfassungen nicht unerheblich von den anglophonen dadurch, daß die frankophonen verfassungsrechtlichen Urkunden häufig die Grundrechte nach dem französischen Beispiel mehr in der Präambel erwähnten und dabei auf die französischen Erklärungen, vor allem von 1789, verweisen 11 . Z . T . wurde neben dieser Erwähnung in den Präambeln auch in der Verfassungsurkunde selbst ein Grundrechtskatalog aufgenommen oder doch wenigstens auf ihn verwiesen. Die Verfassungen der anglophonen Staaten Afrikas haben in größerem Umfange Grundrechtskataloge aufgenommen und dies auch später wiederholt, als Nigeria 12 oder Ghana 1 3 sich im Jahre 1979 neue Verfassungsurkunden gaben. Die Ebene der Verfassungsurkunden und damit des Verfassungsrechts war aber nicht die einzige, die den neuen Staaten wie ihren Vorgängern Liberia und Äthiopien als Implementationsebene dienten. Zeitlich gleichzeitig oder nachfolgend, manchmal auch den Verfassungen vorauslaufend, hatte bereits der einfache Gesetzgeber essenzielle Grundrechtsgewährleistungen garantiert. Das kann vor allem an den prozessualen oder strafprozessualen Grundrechten dargestellt werden 14 wie den Rechten auf Freiheit von ungesetzlichem Arrest, von Inhaftierung oder Gefangensetzung, den Rechten auf rechtliches Gehör oder due process. Sie werden noch bis zum heutigen Tage hauptsächlich in den Strafprozeßordnungen oder in den Strafgesetzbüchern gewährleistet und häufig findet sich neben dieser strafrechtlichen oder prozessualen Garantie noch eine verfassungsrechtliche Garantie in den entsprechenden Verfassungen 15. Thunesien 16 hatte beispielsweise bereits nach dem Ersten 11 Lavroff, D.: Les Systèmes Constitutionnels en Afrique Noire, Paris 1976, hinsichtlich Gabon, S. 82, Benin, S. 88, Burundi, S. 95, Kamerun, S. 113, Kongo, S. 141, Elfenbeinküste, S. 164, Guinea, S. 206, das ehemalige Obervolta, S. 237, Madagaska, S. 244, Bali, S.278, Niger, S.315, Rwanda, S.321, Senegal, S.344, Chad, S.373, Togo, S.384, Zaire, S.391. 12 Constitution of Federal Republic of Nigeria vom 28. September 1979; diese Verfassung enthält einen umfangreichen Katalog von Grundrechten (Art. 30 bis 42). Die Verfassung ist aber inzwischen wieder suspendiert worden. Zur vorhergehenden Diskussion s. auch The Great Debate, Lagos 1977. 11 Die Verfassung von Ghana unterschied fundamental principles (9) und fundamental rights (3). 14

S. z.B. die Art. 32 und 33 der Nigerianischen Verfassung von 1979. Zum Verhältnis der verfassungsrechtlichen habeas-corpus-Garantie zur strafprozessualen s. Nwabueze: Judicialism in Commonwealth Africa, London 1977, S. 113 ff. 15

72

Heinrich Scholler

Weltkrieg in relativ sehr differenzierter Weise das Problem des Schutzes der sog. strafprozessualen Grundrechte durchgeführt. A u f der gleichen Ebene liegt die Realisierung von wirtschaftsrechtlichen, arbeitsrechtlichen oder gewerkschaftlichen Grundrechten. Als Beispiel mag hier Liberia angeführt werden, das die Grundrechte auf Arbeit, auf Streikfreiheit oder auf freie Vereinigung zur Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke in seinem Arbeitsgesetzbuch 17 mitgarantierte, wobei gleichzeitig ein Anliegen mitverfolgt wurde, nämlich die Übernahme von Vertragsrecht, das in Absprache mit der I L O entstanden war. Durch liberianische Gesetze wurde eine Reihe von ILOVorschlägen oder -Empfehlungen in liberianisches Recht überführt 18 . 3. Schon ein Jahrzehnt nach der Unabhängigkeit hatten die afrikanischen Staaten frankophonen oder anglophonen Ursprungs sich Verfassungen mit längeren oder kürzeren Grundrechtskatalogen zugelegt 19 . Deshalb soll zunächst einmal der Stand dieser Garantien dargestellt werden, wie er sich Anfang der 70er Jahre zeigte, ohne daß eine Fortschreibung bis auf den gegenwärtigen Stand in allen Fällen versucht werden soll. Dies wird dann anhand einiger ausgewählter Beispiele nachgetragen. Vorweg kann gesagt werden, daß die Attraktion der Grundrechtskataloge trotz oder vielleicht gerade während der krisenhaften Erfahrungen nachgelassen hat. So haben sich die Verfassungen von Nigeria und Ghana aus dem Jahre 1979 wiederum sehr detaillierte Grundrechtskataloge zugelegt, wenn auch die Wirkung dieser Garantien wegen der erneuten politischen Veränderungen nur kurze Zeit dauerte. Diese bittere Erfahrung war sicher auch die Grundlage für die größere Bereitschaft während der 80er Jahre, dann zu größeren überregionalen Garantiesystemen überzugehen. In den 70er Jahren, also ein Jahrzehnt nach der Unabhängigkeit, zeigten sich folgende klassische Grundrechtsgarantien in den frankophonen Staaten Afrikas: 1. Das Individuum ist unantastbar. Der Staat hat die Aufgabe, es zu schützen — Senegal (S), Art. 6; Rwanda (R), Art. 12; VR Congo (C), Art. 14. 2.

Das Recht auf freie Entfaltung aller Fähigkeiten, soweit die Ausübung dieses Rechts nicht mit den Rechten anderen oder dem ordre public entgegensteht — S, Art. 6; R, Art. 12.

16 Sedrine, H.: The Procedure of Arrest and Detention, in: Verfielst, T.: Legal Process and the Individual African Source Materials, Addis Ababa 1971 (maschinenschriftlich), S. 99 ff. 17 1948 unterzeichnete Liberia die ILO-Konvention No. 87 (Freedom of Association and Protection of the Right to Organize). Nach einer Literaturquelle wurde diese Konvention am 25. 5. 1962 ratifiziert; Wagner, B.: Arbeitsrecht in der Republik Liberia, Diss., Bayreuth 1986. 18 Es kann hier offen bleiben, welche Rechtsnatur diesen Rechten nach liberianischem Staatsrecht zukommt. S. die Beiträge von Verhelst, T., Akeuni, Α., Sedrine, H., Boni, Α., Adeeiji, Α., in: Verhelst, T.: a. a. Ο. 19 Verhelst, a. a. O.

Menschenrechte in der afrikanischen Verfassungswirklichkeit

73

3.

Anspruch auf Schutz der körperlichen und seelischen Gesundheit des einzelnen und der Familie — S, Art. 14.

4.

Recht auf Erziehung der Kinder — R, Art. 34.

5.

Eltern haben das Recht und die Pflicht zur Erziehung ihrer Kinder — Gabon (G), Art. 1 (10); S, Art. 15; C, Art. 12 (13).

6.

Die Familie ist die nationale Grundlage der Gesellschaft — Malagasy (M), Preamble (Pr); Algeria (A), Art. 17; C, Art. 12.

7.

Die Freiheit der Presse, des Gewissens des einzelnen und die Freiheit der Religion werden garantiert — C, Art. 10; G, Art. 1 (12); Tunesia (T), Art. 5, Art. 8.

8.

Freiheit der Meinungsäußerung und Meinungsverbreitung durch Druck in Wort oder in Bildern, das Recht auf Information aus allgemein zugänglichen Quellen — S, Art. 8; R, Art. 18; A, Art. 19.

9.

Freiheit der Vereinigungen — S, Art. 9; C, Art. 10.

10. Freiheit der Ansiedlung und Bewegungsfreiheit — M , Pr; R, Art. 22; T, Art. 10. 11.

Recht auf Asyl — A, Art. 21; Guinea (6a), Art. 46.

12. Verbot der Verbannung von Bürgern — C, Art. 12; T, Art. 11. 13.

Freie Wahl des Ehepartners — C, Art. 12.

14.

Recht der Eltern, das Erziehungsziel und die Erziehungsinhalte ihrer Kinder zu bestimmen — C, Art. 12.

15.

Recht auf Errichtung von Privatschulen — S, Art. 18.

16. Recht auf die Investitionen im Rahmen von staatlich genehmigten Programmen — M , Pr. 17. Recht auf Bildung von freien Gewerkschaften und Garantie des Streikrechts — M , Pr; R, Art. 42. 18. Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz — T, Art. 6; R, Art. 16; C, Art. 5. 19. Gleichheit vor dem Gesetz ohne Unterschied nach Rasse, Stand, Geschlecht, Familienabstammung oder Herkunft — S, Art 7; C, Art. 10, Art. 11; R, Art. 16, Art. 17. 20.

Garantie der Gleichheit bei Wahlen und Volksentscheiden — S, Art. 2; A, Art. 8; Mali (My), Art. 2.

21.

Gleicher Zugang zu den öffentlichen Ämtern — C, Art. 22; Chad (Dd), Pr.

22.

Schutz des Eigentums gegenüber Enteignungen, die nur aus öffentlichen Zwecken und gegen Entschädigung erfolgen können — G, Art. 6, Art. 7; S, Art. 12, Art. 13; M , Pr and Amendment of Law No. 62—033; C, Art. 14.

23.

Schutz des Briefgeheimnisses — A, Art. 14; S, Art. 10; G, Art. 1 (3).

24.

Schutz der Wohnung und des befriedeten Besitztums — S,Art. 13; G, Art. 1(17); Cd, Pr.

25.

Schutz des Grundsatzes nulla poena sine lege — M , Pr; S, Art. 6; C, Art. 6.

26.

Unschuldsvermutung bis zur Verurteilung — Cd, Art. 63; C, Art. 9; T, Art. 12.

27.

Freiheit von willkürlicher Verhaftung oder Freiheitsentzug — Cd, Art. 63; Ga, Art. 42; R, Art. 101; Ivory Coast (IC), Art. 62; Niger (N), Art. 62; Mauretania, Art. 49.

74

Heinrich Scholler

28.

Recht auf anwaltlichen Schutz — C, Art. 8; S, Art. 6; A, Art. 61.

29.

Schutz gegen Mißhandlungen — C, Art. 6; A, Art. 10; M , Pr.

30.

Unabhängigkeit der Richter — N, Art. 59; IC, Art. 59; Cd, Art. 58.

In den anglophonen Staaten bot sich zur gleichen Zeit folgendes Bild: Tansania war zu dieser Zeit das einzige Land, das keine Charta der Menschenrechte in die Verfassung inkooperiert hatte, was dann aber in den 80er Jahren nachgeholt wurde. Auch hatten die anglophonen Staaten den Fall der kürzesten Verfassung aufzuweisen. Aber unter den anglophonen Staaten fanden sich auch die längsten Menschenrechtserklärungen. Von besonderem Interesse sind die Unabhängigkeitserklärungen von Botswana, Sambia und Swaziland, wie man auch immer politisch zu der erreichten Unabhängigkeit stehen mag. Fast alle diese anglophonen Verfassungsurkunden ließen sich schon damals im wesentlichen in drei standardisierte Grundrechtsgarantien einteilen: 1. Garantien auf Leben, persönliche Freiheit und allgemeinen Rechtsschutz 2. Gewissensfreiheit, Meinungsfreiheit, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit 3. Recht auf Eigentum und Privatheit. Diesen standardisierten Grundrechtsgewährleistungen folgen in der Regel spezifizierte Grundrechtsgarantien, die wie folgt klassifiziert werden können: a) b) c) d) e) f) g) h) i) j) k) 1)

the right to life the right to personal liberty against slavery and forced labour against inhuman treatment against deprivation of property against arbitrary search or entry assuring the protection of law freedom of conscience freedom of expression freedom of assembly and association freedom of movement against discrimination

Dann folgten in der Regel Bestimmungen über die Einschränkung dieser Grundrechte, so z.B. in Gambia, Art. 13-27, Ghana, Art. 12-26, Kenya, Art. 70-83, Zambia, Art. 13-26. Die Verfassungen von Ghana und Nigeria von 1979 enthalten Grundrechtsartikel und Beschränkungen in den Bestimmungen, so z. B. Art. 12-20 (Ghana). Auch Tanzania hat inzwischen einen Grundrechtskatalog erhalten.

Menschenrechte in der afrikanischen Verfassungswirklichkeit

75

Von Bedeutung ist schließlich auch die Einführung des Ombudsman, der vor allem in den anglophonen Staaten Afrikas die fehlende Verwaltungskontrolle durch Gerichte oder sonstige Kontrollorgane ersetzen sollte. Die Verfassung von Tanzania vom 8. Juli 1965 enthielt in Art. 67-69 Bestimmungen über den Ombudsman. Das gleiche gilt für die Verfassung von Ghana, Art. 22 und Art. 100 und 101 (1969). I m Sudan wurde 1970 der Central Bureau for Public Control Act erlassen. In Mauritius erhielt die Verfassung 1968 eine Bestimmung für den Ombudsman. Daneben bestand in Tanzania die „Permanent Commission of Enquiry". Die Ernennung und den Status der P. C. E. regelte ein besonderes Gesetz. Teilweise haben auch die anderen afrikanischen Staaten, welche über die Einrichtung des Ombudsman verfügen, solche Gesetze erlassen oder den Status des Ombudsman in der Verfassung geregelt. Als Beispiel für den Umfang der Funktionen mögen die Bestimmungen über den P. C. E. in Tanzania herangezogen werden. Der Gesetzesakt, der die Aufgaben des P. C. E. umschreibt, stellt fest, daß die Kommission das Recht hat, jeden öffentlich Bediensteten und jeden Parteifunktionär zu kontrollieren oder zur Verantwortung zu ziehen (Art. 67 Abs. 4 der Tanzanischen Verfassung von 1966). Die Untersuchungsbefugnis kann auch auf Privatpersonen ausgedehnt werden, wenn diese Staatsaufgaben hoheitlicher oder verwaltungsprivatrechtlicher Art erfüllen. Ausgenommen von der Zuständigkeit des P. C. E. oder des Ombudsman ist in Tanzania der Staatspräsident der Generalgouverneur, der oberste Richter, oder in Mauritius der oberste Ankläger. Gegenstand der Untersuchung sind in der Regel Regierungs- und Verwaltungsmaßnahmen, jedoch nicht die Akte der Rechtsprechung, was aus Art. 100 Abs. 2 der früheren Verfassung von Ghana hervorgeht. Auch das Gnadenrecht wird aus der Jurisdiktion des Ombudsman herausgenommen. Die Kontrollmechanismen in den frankophonen Staaten sind im Hinblick auf die Haushalts- und Disziplinarfragen wesentlich stärker ausgebaut als mit Rücksicht auf den Bürger und seine grundrechtliche Position. Dies zeigt nachfolgende Aufstellung, die einer Untersuchung von Breton 21 ' folgt: Ägypten

O.C.O.A. Organisme Central pour lOrganisation et l'Administration O.C.C. = Organisme central des comptes

16. März 1964 Seite 249 21. März 1964 (S. 266)

Modalitées: Parquet administratif (S. 258) Elfenbeinküste

Comité national

décret présidentiel 1968 (S. 84)

Modalitées: I.G.S.A. Inspection générale des services administratifs (S. 85) 211

Breton, J.-M.: Le contrôle d'Etat sur le continent Africain, Paris 1978.

76 Kamerun

Heinrich Scholler Le service de l'Inspection et du Contrôle

Juli 1962 (S. 135)

Tribunal criminel spécial „Chambre des comptes"

April 1961 April 1961

Cour fédérale des comptes Conseil de discipline

1962 1962 (S. 136)

I.G.E. = Inspection générale de l'Etat et de la Réforme Administrative

3. Nov. 1972 (S. 143 ff.)

Senegal

Présidence de la République Primature

(S. 177) (S. 178)

Tschad

Secrétariat Général du Gouvernment

31. Okt. 1962 (S. 45)

Inspection Générale de l'Administration

1970 (S. 45) (S. 284)

Domaine: nachkolonial wie kolonial

II. Der Wandel im afrikanischen Grundrechtsdenken 1. Wenn man die verschiedenen Argumente analysiert, dann treten vor allem folgende Aspekte besonders in den Vordergrund: a) Die Grundrechtskataloge, wie sie mehr oder weniger in allen afrikanischen Staaten seit den Unabhängigkeitserklärungen der 60er Jahre rezipiert wurden, oder wie sie vielleicht auch schon davor bestanden — Liberia 2 1 , Äthiopien 2 2 —, gehen auf ein euro-ethnisches Verständnis der Grundrechte zurück. Die Grundrechtserklärungen sind allerdings selbst in Europa und Amerika hinsichtlich ihrer Ur- oder Grundnorm, ihrer Ursprungsdynamik oder Kausalität umstritten 23 . Bald werden französisch-aufklärerische Gedanken, bald wirtschaftliche Notwendigkeiten oder religiöse Antriebe in den Vordergrund gestellt 24 . Einigkeit besteht wohl aber darin, daß ein mün21

Verfassung der Republik Liberia, s. Marinelli, Lawrence Α.: The New Liberia, A. Historical and Political Survey, New York 1964, S. 146 ff. 22 Brietzke, Paul H.: Law, development and the Ethiopian revolution, Lewisburg/London 1982. Zur These vom Ursprung der Menschenrechte aus der Gewissensfreiheit s. die Zusammenstellung bei Schnur, Roman (Hrsg.): Zur Geschichte der Erklärung der Menschenrechte. Wege der Forschung, Bd. 11, Darmstadt 1964. ~4 Eklund, Harald: Das Gewissen in der Auffassung des modernen Menschen, in: Blühdorn, Jürgen: Das Gewissen in der Diskussion. Wege der Forschung, Bd. 37, Darmstadt 1976, S. 114 ff.; Mock, Erhard: Gewissen und Gewissensfreiheit. Zur Theorie der Normativität im demokratischen Verfassungsstaat. Schriften zur Rechtstheorie, Heft 104, Berlin 1983.

Menschenrechte in der afrikanischen Verfassungswirklichkeit

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dig gewordenes Bürgertum sich aufmachte, aus selbstverschuldeter Unmündigkeit hervorzutreten und auf dem Boden der Gleichheit Gesellschaft und Staat mit den Mitteln des Vertrages und damit der austauschenden Gerechtigkeit neu zu konstituieren. Die abendländische Aufklärungsphilosophie war gleichermaßen an diesem Prozeß beteiligt wie reformatorische Auffassungen von der Gewissens- und Religionsfreiheit 25 oder germanischrechtliche Vorstellungen von der Freiheit des freien Mannes und der richterlichen Beschränkung ihrer Kontrolle. Diese drei tragenden Ideen, die der Aufklärung, der reformatorischen Freiheit und des angelsächsischen Konzepts vom Bürgerrichter sind in ihrer einzelnen Ausprägung wie in ihrer Gesamtwirkung eurozentrisch, d. h. von historischen, europäischen Prozessen geprägt. Ihre Überführung in andere Kulturen ohne Anpassung muß problematisch erscheinen 26. So hatte das spanische Kriegsgericht über den letzten Inka u. a. auch den merkwürdigen Anklagepunkt, nämlich Polygamie. Die Bekehrung und Annahme der Taufe durch den letzten Inka führte dann zur Umwandlung des Todesurteils durch Verbrennen zur Begnadigung des Erdrosseins. Auch die bestgemeinten Grundrechtskataloge können zu einem „Kulturzusammenstoß" oder zu einer "Kulturvernichtung" 2 7 Anlaß geben. b) Wenn man die Grundrechtskataloge aus dem historisch-problematischen Kontext auslöst und sie zum Werkzeug einer Staatsdoktrin, Entwicklungstheorie oder anderen hilfreichen Idee macht, wirken sie kaum weniger eurozentrisch, weil sie entweder im Dienst eines sozialistischen Staats- oder Gesellschaftsverständnisses oder eines Verständnisses des freien oder sozialen Marktverkehrs eingesetzt werden im Sinne einer ganz bestimmten Entwicklungstheorie. Die Entkleidung der Grundrechtskataloge von ihrer historischen Bedingtheit ist also nicht ohne weiteres eine Selbstempfehlung dieser Kataloge für die afrikanische Wirklichkeit von heute, wenn eine solche Entkleidung überhaupt möglich sein sollte. c) Eine weitere Uminterpretation der Grundrechte hat sich verschiedentlich angeboten: Sie werden als Grundlage der afrikanischen Befreiung von Kolonialmächten und als Ausdruck von Authentizität 2 8 oder Negritude 29 25

Ebeling, Gerhard: Die Toleranz Gottes und die Toleranz der Vernunft, in: Rendtorff, Trutz: Glaube und Toleranz. Das theologische Erbe der Aufklärung, Gütersloh 1982, S.54ff.; Koselleck, Reinhart: Aufklärung und die Grenzen ihrer Toleranz, in: Rendtorff, Trutz: a. a. O., S. 256 ff. 26 Papachristos, A. C.: La réception des droits privés étrangers comme phénomène de sociologie juridique. Bibliothèque de Droit Privé, tome CXLII, Paris 1975; Hirsch, Ernst E.: Rezeption als sozialer Prozeß. Erläutert am Beispiel der Türkei. Schriftenreihe zur Rechtssoziologie und Rechtstatsachenforschung, Bd. 50, Berlin 1981. 27 Bitterli, Urs: Die 'Wilden4 und die 'Zivilisierten4. Grundzüge einer Geistes- und Kulturgeschichte der europäisch-überseeischen Begegnung, München 1976, S. 130 ff. 28 Farès, Nabil: Histoire, souvenir et authenticité dans la littérature maghrébine, in: Du Maghreb, Les Temps Modernes, hrsg. von Jean-Paul Sartre, Paris 1977, S.397ff.

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verstanden. Dieser politisch-kulturelle Aspekt der Grundrechte hilft sicher der Aktualisierung solcher Kataloge, hat aber — abgesehen vom Neokolonialismus — nur eine rückwärts gewandte Bedeutung und dient allenfalls als Legitimationsinstrument. Wenn man auch die Legitimation 3 0 des modernen afrikanischen Staates hoch veranschlagen darf, so dürfen diesem Wert und diesem Zweck nicht die Grundrechtskataloge interpretatorisch geopfert werden. Es muß noch vom Menschen als solchem und seinem Recht als solches etwas übrig bleiben. 2. Die nachfolgende Ausführung möchte versuchen, zwei Thesen zu untermauern: a) Die Grundrechte — seien sie Teile des status negativus, des status socialis oder des status activus — sind in afrikanischen Gesellschaften wesentlich mehr dritt- oder sozialgerichtet als die Grundrechte in Europa, die im wesentlichen staatsgerichtet sind. Während in Europa die Gegenüberstellung einer neuen Gesellschaft im Verhältnis zu einem alten Staat vor allem im 18. und 19. Jahrhundert richtig ist, muß man in Afrika von der Gegenüberstellung einer alten Gesellschaft gegenüber einem neuen Staat sprechen. Da in Afrika die Gesellschaft im wesentlichen das Traditionelle 31 , das Ancien Régime 32 , darstellt, sind die Grundrechte immer ein Agens zugunsten des modernen Staates, während sie in Europa als Agens der modernistischen Gesellschaft ein Instrument zur Zerstörung oder Umschaffung und Modernisierung des Staates waren. Es darf nicht verhehlt werden, daß diese Sozialrichtung der Grundrechte in Afrika auch besondere Gefahren in sich birgt, auf die an anderer Stelle hingewiesen wurde 33 . Insbesondere ist eine zu rasche Zerstörung der traditio29 Senghor, Léopold Sédar: Les fondements de TAfricanité ou négritude et arabité, Alençon (Orne) o. J. Zur Kontroverse Senghor—Fanon s.: Gonidec, P.-F.: Le'état africain. Evolution — Fédéralisme — Centralisation et Décentralisation — Panafricanisme. Bibliothèque Africaine et Malgache, tome 8, Paris 1970, S. 295 f. 3,1 Die Diskussion um die Legitimation des modernen Staates der Industriegesellschaft nimmt kaum oder gar nicht Bezug und Rücksicht auf die Situation der modernen afrikanischen Staaten. S. hierzu ARSP, Beiheft 15-18, 1981-1983, Legitimation des modernen Staates, dort insbes. die Beiträge von Luhmann, Niklas: Selbstlegitimation des Staates, S. 65 ff.; Zippelius, Reinhold: Legitimation im demokratischen Verfassungsstaat, S. 84 ff. 31 Während in Europa eine moderne Gesellschaft oft einem veralteten Staatsapparat gegenübersteht, ist es in den modernen afrikanischen Staaten geradezu umgekehrt, denn dort bestehen alte Gesellschaften fort und sind mit einem modernen Staatsapparat konfrontiert. 32 Scholler, Heinrich: Äthiopien: Ancien Régime und Revolution — Ethiopia: Ancien Régime and Revolution, in: Horn of Africa — From „Scramble for Africa" to East-West Conflict, Analysen aus der Abteilung Entwicklungsländerforschung, hrsg. vom Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung, Nrn. 106/107, März 1983, S.21 ff. 33 Jegede, M. I.: The supreme courts' attitude towards some aspects of individual freedom and the right to property, in: Kasunmu, A. B. (Hrsg.): The supreme court of

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nellen Ordnung mit unlösbaren Problemen für den modernen Staat verbunden, der sich außerstande sieht, an die Stelle des Haftungsverbandes von sich auflösender Großfamilien, Gruppen und Sippen neue staatliche oder administrative Einrichtungen zu stellen. b) Die staatsgerichteten Grundrechte, wie sie die modernen Verfassungen der unabhängigen afrikanischen Staaten rezipiert haben, könnten in dieser Gestalt nur unter Schwierigkeiten realisiert werden. Ein Grund dafür ist der afrikanische Staat der Gegenwart, der als Nachfolger der Kolonialmacht auftritt, und daher mindestens in eine sehr ambivalente Rolle zu den Verbürgerungen von Grund- und Menschenrechten gerät. Dieser moderne afrikanische Staat weist darüber hinaus auch in Anlehnung an die früheren Kolonialstaaten oder in Abwandlung des WestminsterModells zu effektiveren zentralstaatlichen Einrichtungen Defizite auf, die eine Realisierung von Grundrechten erschweren oder unmöglich machen. Die Realisierung der in der Verfassung verankerten Grundrechts-Charta erfolgt auch in Afrika über die Instanzen der Gerichte unabhängig davon, ob sie mit der Befugnis zur Kontrolle von Gesetzen auf ihre Verfassungsmäßigkeit berufen sind oder nicht. Die rechtsprechende Gewalt in vielen afrikanischen Staaten weist noch nicht die erforderliche sachliche und persönliche Unabhängigkeit der Gerichte auf, wenn auch hier und dort sich solche Ausdrücke in den Gesetzen und Verfassungen finden. Auch die Einführung von Judicial-Commissions 34 zur Ernennung, zur Beförderung, Absetzung oder zur Pensionierung von Richtern kann für sich allein diese Unabhängigkeit nicht bewirken. Die Gewaltenteilung im modernen Sinne und die Unabhängigkeit des Richters sind dem Wesen des afrikanischen Ordnungs- und Rechtsdenken fremd, in welchem die oberste Macht im Staate auch gleichzeitig die oberste Gerichtsherrin ist 3 5 . M i t dieser zweiten These verbindet sich die Frage nach dem Selbstverständnis des afrikanischen Richters und nach der Effektivität der modernen Implementierungsstrukturen des Gesetzesrechtes, insbesondere der Grundrechte in die Alltagspraxis. Nigeria 1956-1970, Ibadan 1977, S. 107 ff.; Scholler, Heinrich: Menschenrechte und Entwicklungsländer, in: Kurzrock, Ruprecht (Hrsg.): Menschenrechte, 2. Ihre Geltung heute, Forschung und Information, Bd. 31, S. 72 ff. 34 Verhelst, T. G.: The Judiciary in Africa — Survey of mechanisms devised to enhance its qualification, independence and integrity, in: Verhelst, Thierry G. (Hrsg.): Legal process and the individual african source materials. Presented by the Centre for African Legal Development, Faculty of Law, Haile Selassie I University, Addis Ababa 1971 (maschinenschriftlich), S. 123 ff.; Selassie Girma Wolde: The Impact of the Ethiopian Revolution on the Laws and Legal Institutions of the Country, in: Rubenson, Sven (Hrsg.): Proceedings of the Seventh International Conference of Ethiopian Studies, University of Lund, 26-29 April 1982, Arlöv 1984, S. 565 ff. 35 Breton, Jean-Marie: Le contrôle d'Etat sur le continent africain. Contribution à une théorie des contrôles administratifs et financiers dans les pays en voie de développement. Bibliothèque Africaine et Malgache, tome 29, Paris 1978.

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3. Zur Methode sei noch vorausgeschickt, daß ich mich an die Verhältnisse in Liberia und Äthiopien halten möchte, wie sie sich in den Jahrzehnten vor der Unabhängigkeitsbewegung in Afrika ergeben haben. Dies deshalb, um zu zeigen, daß die beiden vorgebrachten Thesen auch in solchen afrikanischen Staaten Geltung hatten, die keine Kolonialherrschaft öder zumindest nicht die gleiche Form der Kolonialherrschaft kannten.

I I I . Die primäre Drittgerichtetheit der Grundrechte in Afrika l.Die antihierarchische und egalitäre Funktion der Grundrechte manifestiert sich im afrikanischen Kulturkontext zunächst einmal darin, daß sie das Hierarchische und Elitäre der afrikanischen Gesellschaft nicht nur bloßstellt, sondern zu vernichten trachtet. Wenn wir auch heute mehr denn je von akephalen oder segmentären 36 Gesellschaften Afrikas wissen, in welchen es keine eigentliche staatliche Hierarchie gab, bestanden doch in der Gesellschaft religiöse oder soziale Hierarchien in Familie, Sippe und Stamm, die entscheidend zur Funktionsfähigkeit der Gesellschaft beigetragen haben. Es soll nur an die Stellung der älteren Brüder und Schwestern gegenüber den jüngeren Geschwistern erinnert werden, eine hierarchische Besonderheit, die Afrika mit vielen asiatischen Kulturen teilt. Die innerfamiliäre Wirkung des Gleichheitssatzes mußte schon früh darin bestehen, diese Unterschiede der Rechte- und Pflichtenkataloge der Familienmitglieder aufzuheben und die jüngeren Schwestern und Brüder den älteren gleichzustellen. Deutlich wird diese soziale oder gesellschaftliche Drittwirkungsfunktion der Grundrechte, wenn man die 12 Bände der Entscheidungen des „Supreme Court of Liberia" vom Jahre 1908 bis 1954 durchsieht. Wiederholt werden hier die Grundrechte als Abwehr traditionell-afrikanischer Beweisverfahren zitiert. So hat der Supreme Court mehrmals das Einnehmen von Gift als Beweismittel im Sinne eines Gottesurteils als Verfassungs- und Grundrechtsverletzung abgetan 3 7 . Natürlich gab es keine modernen Rechtsvorschriften, die solche Beweismittel eingeführt oder prozessual legitimiert hatten. Vielmehr war es hier die traditionelle Strafprozeßrechtspflege, die auch von modernen liberianischen Gerichten in Anspruch genommen wurde. Man wird hier mit einem gewissen Recht einwenden, daß es sich dabei doch um Staatsrichtung und nicht um Sozialrichtung der Grundrechte handelte, wenn im Strafprozeß Beweisverfahren als grundrechtswidrig angesehen werden müssen. Wegen 36 Äthiopien ist ein interessantes Beispiel für die Überlagerung segmentärer oder akiphaler Gesellschaften durch hierarchisch-zentralistisch organiserte Ethnien. 37 Liberian Law Report, Vol. 4 (1933-1935), S. 299 ff. Zur gleichen Frage in Nigeria s. Ijalaye, D. Α.: The Impact of Supreme Court Decisions in the Administration of Criminal Justice, in: Kasunmu, A.B. (Hrsg.): The Supreme Court of Nigeria 1956-1970, Ibadan 1977, S. 178 ff.

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der hohen gesellschaftlichen Funktion des Gifteinnehmens als Beweismittel kann man aber hier davon sprechen, daß es nicht eine staatliche, sondern eher eine traditionelle soziale Norm war, die dieses Umgehen mit Gift zur Wahrheitsfindung anbot. Noch klarer wird es bei einigen Entscheidungen, die habeas-corpus-Konflikte zum Gegenstand hatten. In dem einen dieser Fälle ging es darum, daß ein „native" seine Ehefrau von einem „civilized man" herausverlangte, die sich ohne vorgehende Aufhebung oder Auflösung ihrer Ehe in eine Lebensgemeinschaft mit dem „civilized man" eingelassen hatte. Die Anwendung des habeas-corpus-Prinzips wurde hier nicht deswegen abgelehnt, weil die Klage gegen einen Privatmann gerichtet war, sondern weil das Prinzip dort keine Anwendung findet, wo jemand aus freien Stücken sich in die Obhut eines anderen begibt. Natürlich läßt sich das Fehlen von Grundrechtsentscheidungen gegen den Staat (Liberia) auch so erklären, daß die Staatsgerichtetheit von Grundrechten außer Diskussion stand, weil sie von den Gerichten nicht judiziert werden konnte. Die Grundrechterechtsprechung ist somit mehr ein Element des Selbstmodernisierungsprozesses der Gesellschaft, in den die Rechtsprechung nur tangierend und peripher eingriff, dort wo traditionelle Widerstände wie im Eherecht oder im Prozeßrecht zu überwinden waren. Ein weiteres Beispiel dieses Selbstmodernisierungsprozesses der Gesellschaft könnte auch die Emanzipationsbewegung der Frau 3 8 in Afrika sein. Zahllos sind die Publikationen und Untersuchungen der Situation der Frau in der Dritten Welt und insbesondere in Afrika, bis hin zu den Darlegungen auf dem Abschlußkongreß zum Internationalen Jahrzehnt der Frau in Nairobi im August 1985. Auch hier handelte es sich mehr um einen Selbstbewegungs- und Selbstbefreiungsprozeß der Gesellschaft, als um eine gezielte und planmäßige Aktion des jeweils beteiligten Staates. 2. Ein wichtiges Novum in diesem Selbstbefreiungsprozeß der Gesellschaft ist jedoch das Beteiligtsein des Staates mit Hilfe der Grundrechte im Sinne eines von ihm gutgeheißenen und gewünschten Modernisierungsprozesses. Hierzu können die Alphabetisierungskampagnen, die Kulturrevolutionen oder Zemechas 39 , die Aufklärungsaktionen, die Maßnahmen um die Erwachsenenbildung usw. gezählt werden. In all diesen Fällen tritt der Staat als Garant und realisierender Faktor der sogenannten Grundrechte des status positivus auf, die dem Afrikaner eine Teilhabe am Staat und, richtig gesehen, an der Gesellschaft versprechen. Hier schlägt derselbe Befreiungs- und Selbstmodernisierungsprozeß der Gesellschaft in einen vom Staat gesteuerten und damit sozusagen fremd geleiteten Modernisierungsprozeß um. Je 38

Zur besonderen Umbruchsituation im revolutionären Äthiopien s. die Ausführungen von Daniel Haile, in: Jahrbuch für afrikanisches Recht, hrsg. von Kurt Madiener, Heidelberg, Jahrestagung 1984, Bd. 4 (im Druck). 39 Brietzke, a. a. O., S. 167 ff., S. 246 ff. 6 Speyer 99

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mehr der Staat nun in diese Richtung wirkt, ζ. B. die Frauenemanzipation fördert, die Alphabetisierung vorantreibt, um so mehr zerstört er die traditionellen Grundlagen der Familie oder Sippe als Haftungsverband, ohne an ihre Stelle einen staatlichen oder sonstwie öffentlich-rechtlichen Träger als Haftungsverband setzen zu können. Die Berufsfreiheit, die Konkurrenz im offen gehaltenen Unterrichtswesen, der freie Markt sowie die Assoziationsfreiheit, bringen so als Erscheinungsformen europäischen Grundrechtsdenkens neue afrikanische Eliten hervor, die sowohl ihrem Ursprung nach als auch ihrer ideologischen Ausrichtung aus europäischem Denken hervorgegangen sind 4 0 . Diese Funktionseliten eines liberalen Marktmechanismus sind aber offenkundig nicht in der Lage, die afrikanischen Wirtschafts-, Währungsund Sicherheitsprobleme in den Griff zu bekommen, zu kontrollieren oder gar zu lösen. Dies ist um so verständlicher, da ihre Zielrichtung ja im wesentlichen nach der Gesellschaft gerichtet ist und drittwirkungsbezogen, so daß sie mit dieser Horizontalwirkung gerade die traditionellen gesellschaftlichen Kräfte zerstören, von welchen bis dahin der afrikanische Mensch gelebt hat, ohne neue Strukturen aufbauen zu können. Die Suspendierung der Grundrechte 41 als Element der Störung und Beunruhigung der afrikanischen Gesellschaft ist daher meistens ein konsequenter Schritt, den dann die Diktatur in Afrika immer wieder tut, wobei die ideologische Begründung eine ganz verschiedene sein kann.

IV. Grundrechte als Agens der Modernisierung 1. M i t der zweiten These sollte behauptet werden, daß die Realisierung von staatsgerichteten Grund- und Freiheitsrechten in Afrika nicht nur daran scheitert, daß die Grundrechte im wesentlichen gesellschaftsgerichtet oder traditionsauflösend sind, sondern auch daran, daß der im Gegensatz zur Gesellschaft moderne Staat sich weder im organisatorischen Aufbau, noch im funktionellen Ablauf an die Vorbilder anlehnt, die in Europa Voraussetzung für die Realisierung von Grundrechten durch die Rechtsprechung waren und sind. M i t anderen Worten: In Afrika fehlt es an der Unabhängigkeit der Gerichte im Sinne einer wirkungsvollen Funktionsverschränkung der Gewalten. Zwar wird immer wieder — wie jüngst auch im Falle von Äthiopien durch Girma Wolde Georgis — auf die Einführung von „Judicial Commissions" hingewiesen, die bei der Ernennung, Entlassung, Beförderung oder Disziplinierung von Richtern, unabhängig vom Willen der sonstigen 40 Brietzke, a. a. O., S. 286 ff.; Bryde, Brun-Otto: The Politics and Sociology of African Legal Development. Veröffentlichungen aus dem Institut für Internationale Angelegenheiten der Universität Hamburg, Bd. 2, Frankfurt am Main 1976, S.23ff. und S.78ff. 41 Brietzke, a. a. O., S. 181 f.

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Exekutive, entscheiden, und damit die persönliche Unabhängigkeit des Richters garantiert haben. Solche Autoren räumen zwar freimütig ein, daß unter dem Ancien Régime eine unabhängige Richterbank nicht existiert habe und daß sachliche und persönliche Unabhängigkeit des Richters nicht garantiert gewesen sei, behaupten aber, daß das neue unabhängige Verfassungsrecht Äthiopiens in ausreichendem Maße solche Garantien enthalte und daß ihre Einhaltung gesichert sei. Dies muß mit Fug und Recht bezweifelt werden, zumal meistens die Zusammensetzung solcher Kommissionen 42 darauf hindeutet, daß die Exekutivgewalt alle Einwirkungsmöglichkeiten in der Hand behalten hat, selbst dann, wenn man den Einfluß einer Einheitspartei 43 noch nicht in Anschlag bringt. Daß Einheitsparteien in afrikanischen Einheitsparteistaaten ein wesentlicher Faktor der Reglementierung, Gleichschaltung und Ausrichtung sind, ist bekannt und gilt ganz besonders für die Disziplinierung der richterlichen Gewalt. Anders mag es dagegen bei den eingeführten sogenannten Volksgerichten 44 der Fall sein, von welchen Äthiopien in den letzten zehn Jahren ca. 25 000 geschaffen hat. Diese Gerichte sind Schiedsstellen der ins Leben gerufenen Stadt- und Landkebelles, genossenschaftliche Zusammenschlüsse von Stadtbezirken oder ländlichen Gebieten zu Produktions- und Verwertungsgemeinschaften. Diese Rebelles verfügen über Hauptversammlungen, die dann die Schiedsstellen personell besetzen. Hier wird man wahrscheinlich von einer relativen staatlichen Unabhängigkeit ausgehen können, wenngleich das staatliche Recht die Zuständigkeit und auch den Wahlvorgang determiniert. Anders wird es dagegen mit der parteipolitischen Einflußnahme stehen. Immerhin zeigen diese halb staatlichen, halb privaten bzw. sozialen Gerichtseinrichtungen eine Möglichkeit moderner Gewaltenteilung auch im zentralistischen afrikanischen Einheitsstaat. Es ist durchaus denkbar, daß diese Gerichtsbarkeiten auch im Bereich des Grundrechtsschutzes eine wachsende Bedeutung erlangen, da der Zugriff auf eine solche Vielzahl von Gerichten, die sich auf eine traditionelle Rechts- und 42 Kasunmu, A. B.: The Supreme Court of Nigeria: an Examination of its Composition and Functions, in: Kasunmu, A.B.: The Supreme Court of Nigeria, Ibadan 1977, S. 1; Verhelst, Th. G.: The Judiciary in Africa, in: Legal Process and the individual african source materials, Addis Ababa o. J., S. 123 (maschinenschriftlich). 43 Lavroff, Dimitri Georges: Les Systèmes Constitutionnels en Afrique Noire — Les Etats Francophones. Bibliothèque Institut d'Etudes Politiques de Bordeaux — Centre d'Etude Afrique Noire. Série Afrique Noire 7, Paris 1976; ders.: Le statut des partis politiques, in: Conac, Gérard (Hrsg.): Les Institutions Constitutionnelles des Etats d'Afrique Francophone et de la République Malgache, Paris 1979, S. 210 ff. 44 Von den „popular courts" sind die intermediären oder quasi-revolutionären Institutionen zu unterscheiden, wie die „inquiry commission" oder der afrikanische „Ombudsman"; s. Verhelst, Th. G.: Survey of Some Exceptional Courts and Procedures in Criminal Matters, in: ders. (Hrsg.): Legal Process and the Individual African Source Materials. Presented by the Centre for African Legal Development, Faculty of Law, Haile Selassie I University, Addis Ababa, 1971, S.82ff. (maschinenschriftlich); Jacomy-Millette, A.M.: The Ombudsman in Africa, in: Verhelst, a.a.O., S. 178ff.;Kimicha, M.P.K.: The Ombudsman and the Permanent Commission of Enquiry, in: Verhelst, a. a. O., S. 200 ff.

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Gerichtspraxis mehr stützen als auf geschriebenes Recht, dem zentralen Staatsapparat schwerer fallt. 2. Welche Stellung kommt nun den staatlichen oder halbstaatlich-privaten Gerichten im Implementationsprozeß der Grundrechte zu? Bevor ich diese Frage beantworten kann, darf ich kurz an das von mir früher an anderer Stelle entwickelte Implementationsinstrumentarium erinnern 45 . Zu diesem Instrumentarium gehörten die gemischte Gerichtsbarkeit 46 bis zu ihrer Abschaffung nach dem Ersten Weltkrieg und als weiterer Schritt die Einführung von Grundrechtskatalogen in die Verfassungsurkunden, welche sich die unabhängigen Staaten Afrikas, wie Liberia 4 7 und Äthiopien 4 8 , bereits lange vor der Dekolonialisierungsphase der 60er Jahre gegeben haben. Während das erste Instrument, das der gemischten Gerichtsbarkeit zu Unrecht als Versuch imperialer oder kolonialer Beherrschung der Ächtung verfiel, hat sich das zweite Instrument außerordentlich bewährt und hat als Selbstbeschränkung der staatlichen Souveränität der neu entstandenen Staaten der Dritten Welt theoretisch keine Verwerfung erfahren. In der Praxis allerdings liegen die Verhältnisse manchmal gerade umgekehrt. Sowohl in Ägypten als auch in Äthiopien 4 9 hat die gemischte Gerichtsbarkeit — in Äthiopien Special Court genannt — mehr zur Modernisierung des Rechts und damit auch zur Entwicklung von Menschenrechten 50 getan, als die Garantie von Menschenrechten in der Verfassung von 1931/1955. Beide Implementationsinstrumente unterscheiden sich nicht so sehr dadurch, daß sie Souveränitätsbeschränkungen enthalten. Denn im Falle der gemischten Gerichtsbarkeit ist die Souveränitätsbeschränkung zumindest in der Theorie eine freiwillige, wenn auch Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts häufig den Staaten der Dritten Welt, welche einen Rest von Souveränität beibehalten konnten, die vertragliche Annahme gemischter Gerichtsbarkeit faktisch aufgezwun45 Die Rezeption westlichen Rechts in Äthiopien — Ein Beitrag zur Rezeptions- und Implementierungstheorie, in: Jahrbuch für Afrikanisches Recht, 2/1981, S. 119 ff. 46 Scholler, Heinrich: The Special Court of Ethiopia 1922-1936: Mixed Jurisdiction as an Instrument of Legal Development, in: Rubenson, Sven (Hrsg.): Proceedings of the Seventh International Conference of Ethiopian Studies, University of Lund, 26-29 April 1982, Arlöv 1984, S. 381 ff. 47 s. Literaturhinweis unter Anm. 6. 48 Zur Situation des Rückgangs der Verfassungsgerichtsbarbeit in den frankophonen Staaten Afrikas s. Moderne, Franck: L'évolution des jurisdictions constitutionnelles dans les Etats d'Afrique francophone et la République Malagache, in: Concac, Gérard (Hrsg.): Les Institutions Constitutionnelles des Etats d'Afrique Francophone et de la République Malagache, Paris 1979, S. 185 ff. 49 Brinton, Jasper Y.: The Mixed Courts of Egypt, in: American Journal of International Law, 20,1926; Scholler, Heinrich: The Special Court of Ethiopia 1920-1935, Stuttgart 1985. 5 " Brietzke, a. a. O., S. 218 ff.; Singer, Norman J.: Ethiopia: Human Rights, 1948-1978, in: Hess, Robert L. (Hrsg.): Proceedings of the Fifth International Conference on Ethiopian Studies, Session B, April 13-16, 1978, Chicago, USA, Chicago 1979, S.663ff.

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gen wurde. Dies mag auch der Grund dafür sein, daß später die gemischte Gerichtsbarkeit allgemein verworfen wurde. Vergleicht man aber die verschiedenen Formen aus der Fülle der internationalen Gerichtsbarkeit heute, so erkennt man sehr schnell, daß dieser moderne internationale Gerichtsbarkeit und der gemischten Gerichtsbarkeit früherer Zeit ein gemeinsames Implementationsprogramm zugrunde lag: die Schaffung eines neuen ius gentium nicht im Sinne des Völkerrechts, sondern eines transnationalen Rechts, das Privatrecht und öffentliches Recht umfaßte 51 . Zieht man als Vergleich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg heran oder untersucht man die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in Luxemburg, so sieht man auch hier, daß die Zulassung von Individualklagen verstärkt dazu geführt hat, daß die Konventionsstaaten das unterschiedliche Niveau ihrer Rechtsordnungen nach und nach aufgeben und zu transnationalen Angleichungen kommen 5 2 . Natürlich findet sich in den Entscheidungen des „Special Courts of Ethiopia" zwischen 1922 und 1936, als die Tätigkeit dieses Gerichtes durch die italienische Invasion beendet wurde, kaum der Begriff „Menscbenrechte" oder „Human Rights", doch findet sich ganz unzweideutig der Schutz menschenrechtlicher Rechtsgüter, wie er durch habeas-corpus-Garantien oder Eigentumsklauseln gewährleistet wird. Obwohl das äthiopische Recht noch die „Schuldknechtschaft" zuließ, hat der Special Court unter Berufung auf das universelle Recht, worunter er die Summe der Menschenrechtsgarantien verstand, ausgesprochen, daß eine von der englischen Bank 5 3 verfügte Privatinhaftierung unzulässig sei, weil nur der staatliche Richter oder eine mit richterlicher Gewalt ausgestattete staatliche Autorität in die persönliche Freiheit eingreifen dürfe 54 . Hier wurde nichts anderes als der habeas-corpusGrundsatz zum Ausdruck gebracht. Die Gerichtspraxis hat die Vertragsfreiheit als eine selbstverständliche Grundnorm angesehen und vor allem in Kredit- und Bürgschaftsangelegenheiten es auch gegen den Widerstand der europäischen Richter zugelassen, daß der vermögende Bürge ohne Vorausklage gegen den unvermögenden Schuldner in Anspruch genommen wird 5 5 . 51 Auberson, Jacques: Etude sur la régime juridique des étrangers en Ethiopie, Univ. de Genève, Faculté de Droit, 1936 (These No. 395); Barakat, M. Bahied-Dine: Des Privilèges et Immunités dont jouissent les Etrangers en Egypte vis-à-vis des Autorités Locales, Paris 1912. 52 Schwarze, Jürgen: Das Verhältnis von deutschem Verfassungsrecht und europäischem Gemeinschaftsrecht auf dem Gebiet des Grundrechtsschutzes im Spiegel der jüngsten Rechtsprechung, in: EuGRZ 5/1983, S. 117 ff. 53 Yehoalashet Biadgilin vs. Bank of Abyssinia, s. Scholler, Heinrich: The Special Court of Ethiopia 1920-1935. Äthiopistische Forschungen, Bd. 15, Stuttgart 1985: case 15, S. 142 ff.; s. auch: case 10, S. 128 ff. 54 Scholler, Heinrich: The Special Court of Ethiopia 1920-1935. Äthiopistische Forschungen, Bd. 15, Stuttgart 1985; case 8, S. 125 ff.; case 10, S. 128 fî.; case 26, S. 192 ff.; case 44, S. 253 ff. 55 Scholler, a.a.O.: cases 3, S. 115ff.; 13, S. 134ff.; 23, S. 181 ff.; 25, S. 186ff.; 45, S. 255 ff.

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In der Mehrzahl dieser Fälle klagten Europäer oder Äthiopier gegen Privatpersonen, also nicht gegen den Staat, wenn auch gelegentlich staatliche Einrichtungen, wie die Zollverwaltung, auf der Beklagtenseite in Erscheinung traten. Dennoch handelt es sich hier um die Anwendung transnationaler menschenrechtlicher Grundsätze, weil häufig feudale Strukturen oder kapitalistische marktbeherrschende Unternehmen semistaatliche Gewalt in mittelalterlichen Rechtsbeziehungen ausübten. Von daher war es ein logischer zweiter Schritt, wenn in der äthiopischen Verfassung 1931/1955 Menschenrechte aufgenommen wurden, um ein allgemeines ethisches Minimum für das öffentliche wie für das private Recht zu setzen. 3. In Liberia können wir bei der Verfolgung der Rechtsprechung des Supreme Courts ähnliche Entwicklungen beobachten, wenn auch dieses nationale Gericht sich von Anfang an in einer wesentlich besseren Position befand: Es war zum einen kein internationales gemischtes Gericht und es konnte zum anderen auf verfassungsrechtlich verbürgte nationale Rechte zurückgreifen und war nicht auf die Anrufung eines vagen universellen Menschenrechtes angewiesen. Aber auch in der Rechtsprechung des Supreme Court of Liberia zeigt sich sehr klar, daß die Garantie verfassungsrechtlicher Menschen- und Bürgerrechte als Instrument des modernen Staates gegen traditionelle liberianisch-afrikanische Sozialmacht der Stämme oder des Hinterlandes eingesetzt wurde. Die Konfliktlage zeigt sich besonders klar im Prozeßrecht, wo von der liberianischen Tradition her der Giftbeweis durch Zeugen oder Beklagte (Sassy-wood, wager and gaming) üblich war. In seiner Entscheidung üblich war. I n seiner Entscheidung vom 15. Januar 1935, Possum v. P A R D E E 5 6 , hat der Supreme Court of Liberia die Unzulässigkeit traditionellen Beweisrechts wegen der Verletzung der verfassungsrechtlichen und damit menschenrechtlichen Unschuldsvermutung und der Freiheit jedes Angeklagten von jeder Form der Selbstbeschuldigung zugesprochen. Der Leitsatz dieser Entscheidung lautet: „ . . . (4) The administration of sassywood is equivalent to a trial by ordeal and violates the constitutional provision that: 'No person . . . shall be compelled to furnish or give evidence against himself. 4 (5) The administration of sassy-wood is also equivalent to the obsolete trial by wager, to a bet or contract upon a contingency by which one may lose but cannot gain. (6) A l l wagering and gaming contracts are illegal." Diese Stoßrichtung der Menschenrechtsgarantien kulminiert schließlich in einem Programm der zivilisatorischen Berufung des modernen liberianischen (americo-liberianischen) Staates gegenüber dem (africoliberianischen) Hinterland. So lautet es in der Entscheidung vom 15. April 191957 Ballah Karmo dad Worhn-Beh vs. John L. Morris (Secretary of the Interior and Major John H. Anderson, Officer Commanding the Liberian 56 57

s. Anm. 22. Liberian Law Reports, Vol. 2 (1908-1926), S. 317 ff.

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Frontier Force): „Our membership in the family of nations imposes on the Government the duty of protecting the rights of citizens and aliens, and of promoting tranquility in the hinterland . . . and impose on us the duty of extending our laws and policy over the hinterland tribes and of bringing the inhabitants under the influence of civilization." I n dieser Entscheidung läßt sich klar zeigen, daß das Grundrechtsverständnis in der liberianischen Rechtsprechung in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts ein rein aufklärerisches im Sinne eurozentrischer Staatlichkeit kontra-afrozentrischer Tradition war. Wie sehr auch gerade in Fällen von archaischen Gottesurteilen der Modernisierungs- und Umschaffungsprozeß notwendig war, so ist doch das Grundrechtsverständnis nichtsdestoweniger ein sehr verschiedenes von den Grundrechten im Sinne einer status quo-Garantie, wie sie überwiegend in Europa und den Vereinigten Staaten zur gleichen Zeit verstanden wurde. Das Grundrechtsverständnis in Afrika war im gewissen Sinne moderner als das in Europa und in den Vereinigten Staaten. Konnten aber die nach 1960 entstehenden souveränen Staaten Afrikas unbeirrt und unverändert in der Richtung fortschreitender Modernisierung und Entafrikanisierung fortfahren? Hier mußte sehr bald ein Konflikt mit der neuen Politik der Negritude oder Authentizität entstehen. Dieser Prozeß ist noch in vollem Gange und wurde von einer dritten Phase in den sozialistischen Staaten Afrikas durch einen Prozeß der sozialistischen Modernisierung überlagert.

Zusammenfassung Wenn man die Menschenrechtsverletzungen in Afrika richtig interpretieren will, so muß man m. E. deutlich vor Augen haben, daß die Menschenrechtsgarantien in den Verfassungen unter drei schwierigen Bedingungen stehen: Menschenrechte als staatsgerichtete Grundrechte sollen den Staat zugunsten einer selbst funktionierenden modernen Gesellschaft zurücktreten lassen. Dies ist in Afrika schwer möglich, da die traditionelle Gesellschaft auf vielen Gebieten der Reform bedarf, und diese Reform auf einen gut funktionierenden Staatsapparat angewiesen ist. Weiterhin steht der Durchsetzung der Menschenrechte in Afrika entgegen, daß sie immer noch eurozentrisch konzipiert sind und daher den gegenwärtigen Bedürfnissen der afrikanischen Welt wenig gerecht werden. Schließlich haben die Menschenrechte als Programm der Modernisierung und Aufklärung der afrikanischen Gesellschaft eine Funktion erlangt, die im Widerspruch zu so manchen Anliegen steht, die von der afrikanischen Politik als Programm der Authentizität und Afrikanisierung verfolgt wird. Neben diesen drei prinzipiellen Schwächen steht das Problem der Durchsetzung der Menschenrechtsgarantien durch unabhängige Gerichte oder ihr Schutz durch eine, wie auch immer geartete, Institu-

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tion der Sondergerichtsbarkeit für Menschenrechte. Daß eine interafrikanische Menschenrechtscharta transnational heute besteht, ohne daß in den meisten afrikanischen Staaten der Menschenrechtsschutz international ausreichend garantiert ist, ist ein Symptom der gegenwärtigen rechtspolitischen wie technologischen Problematik der Dritten Welt, wo man häufig den Jet vor dem Fahrrad kennt.

Sozialrecht und Sozialverwaltung in Afrika Von Maximilian Fuchs

I. Der Begriff des Sozialrechts Über Sozialrecht und Sozialverwaltung in Afrika zu sprechen, bedarf vorab einiger Anmerkungen zum Begriff des Sozialrechts, weil Sozialrecht etwa im Gegensatz zum Zivilrecht im internationalen Raum keinesfalls als allgemein verständliche Kategorie angesehen werden kann. Nicht einmal in der rechtswissenschaftlichen Diskussion der Bundesrepublik Deutschland existiert ein einheitlicher Sozialrechtsbegriff 1. Weitgehend wirdeinformeller Sozialrechtsbegriff verwendet, in dem Sinne, daß unter Sozialrecht alles verstanden wird, was vom Sozialgesetzbuch erfaßt wird. Eine solche begriffliche Fixierung taugt wegen ihres Zuschnitts auf die besondere Rechtssituation in der Bundesrepublik für die Zwecke dieser Veranstaltung nicht. Einer formellen Begriffsbildung steht eine materielle gegenüber, die Sozialrechtals „die umfassende Ordnung der Erwartung" definiert, „die in der Gesellschaft hinsichtlich der wirtschaftlichen und dienstleistenden Sicherung und der annähernd egalitären Entfaltung der physischen und ökonomischen Existenz der Einzelnen durch das Gemeinwesen bestehen, und der Erfüllung dieser Erwartung 2 . Dieser weite Begriff genießt den Vorzug, wesentliche materielle Zielsetzungen und die Wirkungsbereiche des Sozialrechts zu verdeutlichen, läßt aber eine genaue Abgrenzung zu anderen Rechtsbereichen nicht ohne weiteres zu. Im Rahmen dieser Veranstaltung scheint es mir deshalb sinnvoll, Sozialrecht in dem Sinne zu verwenden, daß ich darunter alle Maßnahmen verstehe, die von dem Katalog der ILO-Konvention Nr. 102 über die Mindestnormen der sozialen Sicherheit vom 28. Juni 1952 erfaßt werden. Denn hierbei handelt es sich um ein auch von zahlreichen afrikanischen Ländern ratifiziertes Abkommen, das maßgeblich dazu beigetragen hat, dem Gedanken sozialer Sicherung im Weltmaßstab Anerkennung zu verschaffen. Wenn ich demnach im folgenden von Sozialrecht spreche, beziehe ich mich auf die 9 Gegenstandsbereiche des Abkommens, nämlich Gesundheitsversorgung, 1 2

Bley 1986, S. 22 ff. Zacher 1976, S. 7.

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Geldleistungen im Krankheitsfalle, Leistungen bei Arbeitslosigkeit,Leistungen bei Alter, Invalidität und für Hinterbliebene, Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Leistungen bei Mutterschaft und Familienleistungen.

II. Grundzüge des Sozialrechts Das Jahr 1960 und die Folgejahre, also der Zeitraum, in dem die meisten afrikanischen Staaten ihre Unabhängigkeit erlangten, gelten auch im Bereich des Sozialrechts als eine Wendemarke, mit der ein verstärkter Ausbau des Sozialleistungssystems einsetzte3. Diese Aussage muß allerdings etwas relativiert werden. Vielfach wurden nämlich lediglich auf freiwilliger Basis errichtete Formen sozialer Sicherung durch staatliches Recht übernommen. Zunächst soll ein geraffter Überblick über die geschaffenen Einrichtungen der sozialen Sicherheit gegeben werden, damit ein ungefähres Bild von dem vermittelt werden kann, was an sozialrechtichem Bestand heute in Afrika anzutreffen ist. Schon aus Zeitgründen ist es nicht möglich, Detailgenauigkeit anzustreben, vielmehr muß die Darstellung auf einige mir wesentlich erscheinende Orientierungsdaten beschränkt werden. Das augenfälligste Charakteristikum der Sozialrechtsentwicklung in Afrika ist die klar zu beobachtende Fixierung auf europäische Sozialrechtsmuster, in dem Sinne, daß jeweils das Modell der ehemaligen Kolonialmacht zum Ausgangspunkt genommen wurde, so daß das Studium des Sozialrechts in den einzelnen Ländern schließlich ein Bild ergibt, das eine klare Differenzierung nach frankophonen und anglophonen Ländern erkennen läßt. Colonial legacy wäre das treffende Attribut, mit dem man bis zum heutigen Tage das Sozialrecht afrikanischer Länder belegen müßte 4 . Kein Land südlich der Sahara hat eigenständige, d.h. von den metropolitanen Lösungen abweichende Wege beschritten.

1. Gesundheitsversorgung Im Bereich der Gesundheitsversorgung ist für alle afrikanischen Länder die Existenz von öffentlichen Gesundheitsdiensten anzuzeigen5. Die Inanspruchnahme dieser Dienste ist in der Regel kostenlos, gelegentlich sind aber einkommensabhängig Gebühren zu entrichten. • Mouton 1975, S. 3 ff. Fuchs 1983a, S. 61 ff. s Fuchs 1983b, S. 345.

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Daß die öffentlichen Gesundheitsangebote in allen Ländern den Bedarf an medizinischer Versorgung auch nicht annähernd decken können, zudem ein erhebliches Stadt-/Landgefälle im Versorgungsstandard besteht, ist allgemein bekannt und braucht hier nicht vertieft zu werden. Individuelle Rechtsansprüche auf medizinische Behandlung bestehen sowohl in anglophonen wie in frankophonen Ländern für Arbeitnehmer aufgrund arbeitsrechtlicher Vorschriften. Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, ärztliche und medikamentöse Behandlung für die beschäftigten Arbeitnehmer (und gelegentlich auch ihrer Angehörigen) durch eigene Ärzte anzubieten oder durch Kostenübernahme sicherzustellen. Schon an dieser Stelle sei auf eine im folgenden immer wieder anzutreffende Technik sozialer Sicherung besonders aufmerksam gemacht: Ein Anspruch auf Maßnahmen der sozialen Sicherheit besteht — von öffentlichen Gesundheitsdiensten einmal abgesehen — nur für Arbeitnehmer. Und ein gängiges Instrument, Arbeitnehmern sozialen Schutz zu verschaffen, ist die arbeitsrechtliche Verpflichtung von Arbeitgebern, Sozialleistungen bereitzustellen, im internationalen Sprachgebrauch benutzen wir hierfür den Ausdruck „employer's liability". In keinem Land finden sich staatliche Krankenversicherungssysteme 6. Als Hemmschuh für die Einführung von Krankenversicherung werden allgemein das Fehlen einer entsprechenden medizinischen und administrativen Infrastruktur sowie finanzielle Engpässe angegeben. Nicht uninteressant sind Versuche wie etwa jene im Senegal, wo eine obligatorische Krankenversicherung in Großbetrieben besteht.

2. Geldleistungen im Krankheitsfalle Wenn es keine Krankenversicherung gibt, kann es bei Krankheit auch kein Krankengeld geben. In den meisten Ländern sehen freilich arbeitsrechtliche Bestimmungen eine Lohnfortzahlung bei Krankheit für Arbeitnehmer vor, wobei Dauer und Höhe der Zahlung sehr unterschiedlich ausgestaltet sind.

3. Leistungen bei Arbeitslosigkeit Es bestht ein weitreichender Konsens, daß die Einführung der in den modernen Industriestaaten entwickelten Modelle der Arbeitslosenunterstützung im Hinblick auf die besondere Situation des Arbeitsmarktes in afrikanischen Ländern, aber auch aus administrativen Überlegungen heraus, nicht 6

Ebda., S. 346 ff.

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wünschenswert ist 7 . Allerdings haben sich afrikanische Gewerkschaften immer wieder dafür ausgesprochen und der Präsident der Elfenbeinküste hat im Mai 1982 gesetzgeberische Aktivitäten auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung angekündigt, eine Realisierung ist aber auch in diesem Lande bis heute nicht erfolgt. Die Rechtsordnung nur eines Landes, nämlich Ghanas, sieht Leistungen bei Arbeitslosigkeit vor. Arbeitgeber mit 5 und mehr Beschäftigten müssen 1 % der Lohnsumme zur Finanzierung dieser Leistung abführen, auf die erst nach relativ langer Beschäftigungsdauer ein Anspruch entsteht.

4. Leistungen bei Arbeitsunfällen

und Berufskrankheiten

Regelungen zum Schutze bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sind auch in Afrika historisch gesehen die ersten sozialrechtlichen Maßnahmen gewesen. In aller Regel waren sie bereits vom Kolonialgesetzgeber getroffen und nach Erlangung der Unabhängigkeit fortgeführt worden. Rechtsdogmatisch unterscheidet man bei der Arbeitsunfallhaftung drei Formen, die im historischen Verlauf betrachtet auch als Entwicklungsstufen gesehen werden können 8 : — zivilrechtliche, verschuldensabhängige Arbeitgeberhaftung — zivilrechtliche, verschuldensunabhängige Arbeitgeberhaftung — staatliche, verschuldenunabhängige Unfallversicherung Alle frankophonen Länder Afrikas haben den Schritt bis zur letzten Stufe vollzogen und entschädigen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten durch staatliche Unfallversicherungen 9 . Gewährt werden medizinische Behandlung (einschl. rehabilitativer Maßnahmen) sowie Geldleistungen für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit und schließlich Renten bei teilweisem oder völligem Fortfall der Erwerbsfähigkeit infolge des Arbeitsunfalles oder der Berufskrankheit. Ganz anders ist die Situation in den Ländern ehemaliger britischer Kolonialherrschaft. Dort bestehen nach wie vor die vom Kolonialgesetzgeber geschaffenen Workmen's Compensation-Regelungen, also Haftungssysteme, welche eine zivilrechtliche, verschuldensunabhängige Haftung des Arbeitgebers bei Arbeitsunfällen vorsehen 10 . Der Arbeitgeber hat die Kosten für die medizinische Behandlung zu tragen und bei dauernder Arbeitsunfähigkeit muß er dem verletzten Arbeitnehmer einen Abfindungsbetrag in 7

ILO 1977, S. 15. Gitter 1969, S. 51 ff. 9 Mouton / Voirin 1979, S. 473 ff. 1,1 Fuchs 1985, S. 30 ff. 8

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Höhe einer bestimmten Anzahl von Monatseinkommen bezahlen. Arbeitgegeber können sich gegen diese Verpflichtung aus Workmen's Compensation versichern, eine Pflicht hierzu besteht in aller Regel nicht. Die Konzeption solcher Haftungssysteme ist in vielerlei Hinsicht zu kritisieren. Viele Arbeitgeber versuchen, die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles zu bestreiten und sich damit der Haftung zu entziehen. Unerfahrenheit, Analphabetismus und Angst vor Nachteilen durch den Arbeitgeber halten viele unfallgeschädigte Arbeitnehmer davon ab, ihre Rechte gegebenenfalls vor einem Gericht durchzusetzen.

5. Leistungen bei Invalidität, Alter und für Hinterbliebene Je mehr sich in afrikanischen Ländern Lohnarbeit als Beschäftigungsform durchsetzte, wuchs auch das Bedürfnis nach Absicherung bei auftretender Invalidität bzw. altersbedingtem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Was die staatlichen Maßnahmen auf diesem Gebiete betrifft, zeigt sich auch hier eine grundlegende Verschiedenheit der Rechtssysteme von frankophonen und anglophonen Ländern. Der Tradition Frankreichs und Belgiens folgend haben die erstgenannten Renten Versicherungssysteme entwickelt 11 . Der dadurch erzielte Fortschritt darf aber nicht den Blick auf die Tatsache verstellen, daß die Rentenhöhe, die lohnabhängig ist, in aller Regel nicht zu einer wirklichen Invaliditäts- und Alterssicherung ausreicht. Nur wenige Arbeitnehmer sind während ihres Lebens ständig abhängig beschäftigt gewesen und haben Löhne erzielt, die dementsprechend eine ausreichende Rentenhöhe erwarten lassen. Zum Teil haben sich die bestehenden Rechtsordnungen dadurch geholfen, daß Mindestrenten eingeführt wurden, die sich als ein bestimmter Prozentsatz des SMIG (salaire minimal interprofessionnel garantie) darstellen. Als desolat muß die Situation in den meisten anglophonen Ländern bezeichnet werden. Für sie ist die Existenz sogenannter Provident Funds 12 typisch. Von ihrer Funktionsweise her handelt es sich um Zwangssparsysysteme, bei denen die Höhe der Leistungen im Falle von Invalidität und Alter genau den von Arbeitgebern und Arbeitnehmern einbezahlten Beiträgen zuzüglich einer bestimmten Verzinsung entspricht. Bei Eintritt des Versicherungsfalles wird die Leistung in Form einer einmaligen Abfindungszahlung (lump-sum), und nicht in Form periodischer Rentenzahlungen erbracht. Die Nachteile eines solchen Systems liegen auf der Hand. Die eingezahlten Beiträge reichen erst bei einer sehr langen Beschäftigungsdauer mit entsprechend hohen Löhnen zu einer wirksamen Invaliditäts- und Alterssicherung 11 12

Fuchs 1983a, S. 50 ff. Gerdes 1971, S. 572 ff.

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aus. Es besteht kein Schutz gegen Inflation und die Gefahr, daß die einmalige Abfindungszahlung zweckwidrig verwandt wird, ist nach den Erfahrungen der Praxis als besondes hoch zu veranschlagen. Internationale Vereinigungen wie insbesondere die IVSS haben längst Modelle zur Umwandlung von Provident Funds in Rentenversicherungssysteme ausgearbeitet 13 , die betroffenen Länder haben aber bislang keine Anstalten gemacht, die alten Systeme aufzugeben. Dies hängt ganz wesentlich damit zusammen, daß die Regierungen diese wertvolle Investitionsquelle nicht aufgeben wollen. Die Leistungen für Hinterbliebene stellen sich bei den im frankophonen Bereich existierenden Rentenversicherungssystemen als ein bestimmter Prozentsatz an der Rente des Versicherten dar. Daß für die Hinterbliebenen damit noch weniger als beim Versicherten selbst eine wirksame Sicherung erzielt werden kann, bedarf keiner zusätzlichen Begründung. Bei Provident Funds wird das im Zeitpunkt des Todes des Mitglieds bestehende Kapitalkonto aufgelöst und an die im Gesetz genau bestimmten Hinterbliebenen ausbezahlt.

6. Leistungen bei Mutterschaft In nahezu allen Ländern schreiben arbeitsrechtliche Bestimmungen in Anlehnung an Art. 52 der ILO-Konvention Nr. 102 Lohnfortzahlung für den Zeitraum von 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt für Frauen vor, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen.

7. Familienleistungen Familienleistungen haben historisch gesehen in keinem anderen Land Europas eine so zentrale Rolle gespielt wie in Frankreich. So verwundert es nicht, daß ein Transfer dieser Systeme in die afrikanischen Kolonien stattgefunden hat. Auch Belgien hat in den von ihm beherrschten Ländern ähnliche Regelungen getroffen. I m anglophonen Bereich fehlen solche Leistungen bis zum heutigen Tage. Als französische und belgische Kolonialverwaltungen in den 50er Jahren Familienleistungen schufen, war ein erklärtes Ziel, der Unterbevölkerung entgegenzuwirken 14 . Dementsprechend hat man in der jüngsten Vergangenheit die Frage nach der Existenzberechtigung solcher Leistungen aufgeworfen, da die heutige Situation eher durch Überbevölkerung gekennzeichnet ist. Ein schlüssiger Zusammenhang zwischen Familien13 14

ISSA 1980. Kaufmann 1984, S. 141.

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leistungen und steigender Geburtenrate konnte allerdings bislang nicht nachgewiesen werden 15 . Familienleistungen, auf die grundsätzlich nur Arbeitnehmer einen Anspruch haben, sind in den einzelnen französischsprachigen Ländern unterschiedlich ausgestaltet16. Herkömmlicherweise sind Geldleistungen vorgesehen, die den erhöhten Aufwand vor und nach der Geburt eines Kindes kompensieren helfen sollen sowie Leistungen des — wie wir sagen würden Familienlastenausgleichs — also Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder bis zu einer bestimmten Altersgrenze. Neben den im vorangegangenen beschriebenen Leistungsarten der sozialen Sicherheit gibt es in nahezu allen Ländern zusätzlich — ich will es einmal vorsichtig ausdrücken — Hilfsfonds, die eine Einzelfallhilfe in sozialen Notfällen ohne Rechtsanspruch ermöglichen. Die in den staatlichen Haushaltsplänen für solche Maßnahmen bereitgestellten Mittel sind durchweg äußerst gering, so daß sie auch nicht im entferntesten als Auffang- oder Basissicherungssysteme für soziale Not angesehen werden können. Dies gilt auch für die im frankophonen Bereich anzutreffende Action sanitaire et sociale, die ebenfalls nur mit bescheidenen finanziellen Mitteln und nur auf beschränkten Gebieten tätig wird.

8. Betriebliche Sozialleistungen Ein Überblick über das Sozialrecht in afrikanischen Ländern wäre unvollständig, wenn man nicht wenigstens ein Wort über betriebliche Sozialleistungen oder — um den englischen Terminus zu gebrauchen — occupational welfare sagen würde 17 . Denn angesichts der geschilderten Defizite staatlicher Maßnahmen entsteht erst durch die Existenz betrieblicher Sozialleistungen ein Sozialrechtsschutz für Arbeitnehmer, der diesen Namen verdient. Arbeitsvertraglich, tarifvertraglich oder durch Betriebsvereinbarung werden private Krankenversicherungen und vor allem Betriebsrenten für die Fälle Invalidität und Alter abgeschlossen. Je höher der arbeitsrechtliche Status eines Arbeitnehmers innerhalb eines Betriebes, um so höher ist in der Regel das Niveau einer betrieblichen Sozialleistung.

15 16 17

Cockburn 1980, S. 387. Fuchs 1983a, S. 56 ff. Fuchs 1985, S. 177 ff.

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I I I . Der Geltungsbereich des Sozialrechts Wenn man den Blick nur auf die Form sozialrechtlicher Leistungen werfen würde, könnte der Eindruck entstehen, in afrikanischen Ländern lägen die Dinge nicht sehr viel anders als im europäischen Raum. Den wirklichen Stellenwert des Sozialrechts in Afrika kann man freilich nur ermitteln, wenn man nach dem Kreis der Anspruchsberechtigten fragt. Sieht man von den Einrichtungen der nationalen Gesundheitsdienste und der von ihrem Umfang her eher zu vernachlässigenden Hilfsfonds ab, die jedermann zugänglich sind, so ist festzustellen, daß alle übrigen Sozialleistungen nur für diejenigen Personen gedacht sind, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, also eine abhängige Beschäftigung ausüben. Sozialrecht ist — wenn man so will — das Privileg der Lohnarbeiter 18 . Nicht in den Schutzbereich sozialrechtlicher Normen fallen Selbständige. Soweit dadurch gutsituierte Berufsgruppen wie Ärzte, Anwälte usw. ausgeschlossen bleiben, wäre dies noch hinzunehmen. Im afrikanischen Kontext muß man aber bei Selbständigen vor allem an den Personenkreis denken, der in den Arbeitsstatistiken als own-account-workers geführt wird. Diese Gruppe ist in den meisten afrikanischen Ländern zahlenmäßig stärker als die Arbeitnehmerschaft. Weiter fallen aus dem Anwendungsbereich sozialrechtlicher Normen die zahlenmäßig sehr stark vertretenen Gelegenheitsarbeiter. Sie sind zwar abhängig beschäftigt, der Gesetzgeber erklärt sie aber durchweg als Nichtarbeitnehmer i. S. des Sozialrechts, wobei der Grund in der instabilen Beschäftigungssituation von Gelegenheitsarbeitern zu sehen ist, die deshalb verwaltungs- und versicherungstechnisch nur schwer zu erfassen seien. Und schließlich ist die Irrelevanz von Familienarbeit in einem arbeitnehmerzentrierten Sozialrecht zu vermerken, was de facto zu einer Verweigerung sozialen Schutzes für die Landbevölkerung in afrikanischen Ländern führt 1 9 . Unter Berücksichtigung dessen und der Tatsache, daß für Beamte sowie Angehörige der Streitkräfte großzügige Sondersysteme bestehen, zeigt sich, daß die Zahl der durch sozialrechtliche Systeme begünstigten Personen im Verhältnis zur Zahl der gesamten Bevölkerung in keinem afrikanischen Land die 10%-Grenze erreicht 20 .

IV. Die Sozialversicherung Ähnlich dem materiellen Sozialrecht spiegeln sich auch in der Sozialverwaltung die kolonialen Verwaltungsstrukturen wider, weshalb wir wiederum 18

Fuchs 1983, S. 60. Kagbara 1980, S. 127 ff. 2 " Fuchs 1985, S. 35. 19

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grundlegende Unterschiede zwischen frankophonen und anglophonen Ländern antreffen. Für die Erstgenannten ist kennzeichnend die Einheit der Sozialverwaltung, d. h. ein zentraler Träger, meist Sozialversicherungskasse genannt, ist für alle Leistungsbereiche zuständig 21 . Dies muß als ein großer Vorzug gesehen werden, weil angesichts knapper finanzieller und personeller Ressourcen Wirtschaftlichkeit und — für die Mitglieder gesehen — eine Überschaubarkeit der Verwaltung gewährleistet ist. Die Sozialversicherungskassen sind juristische Personen des öffentlichen Rechts, deren Hauptorgan ein aus Vertretern des Staates, der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammengesetzter Verwaltungsrat ist. Der Staat übt eine sehr weitgehende Aufsicht über die Sozialversicherungskassen aus, der an sich formal bestehende autonome Handlungsspielraum der Kassen muß als sehr gering bezeichnet werden. Grundlegend anders sehen die Verwaltungsstrukturen in den anglophonen Ländern aus. Für die einzelnen Leistungssysteme sind jeweils eigene Behörden zuständig, die keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen. Es handelt sich um Abteilungen von Ministerien (government departments), die deshalb den Weisungen des jeweiligen Ministers unterliegen. Kein Mitbestimmungs-, wohl aber Beratungsrechte, gibt es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den sogenannten Advisory Councils. Die verwaltungstechnischen Probleme, die sich der Sozialadministration insgesamt — ohne Rücksicht auf ihre Organisationsform — stellen, sind in allen afrikanischen Ländern dieselben. Bei der Untersuchung der Entstehungsbedingungen der Sozialversicherung in Europa hat man das Vorhandensein einer effektiven Verwaltungsstruktur als wesentliches Moment herausgestellt. Die Praxis des Sozialrechts in Afrika zeigt 22 , daß das Fehlen einer solchen Verwaltungsinfrastruktur wesentlich zu den Defiziten und zur Ineffizienz der Systeme beiträgt. Wenn öffentliche Personenstandsregister nicht vollständig sind, wenn das Postwesen nicht reibungslos funktioniert, wenn die Sozialverwaltung nicht über ausreichend qualifiziertes Personal verfügt, kann ein stark formalisiertes Rechtssystem, wie es das Sozialrecht nun einmal ist, nicht funktionieren. Wenn es zudem finanzielle Engpässe gibt, um genügend Personal anstellen zu können, das die Erfüllung von Beitragspflichten überwacht (compliance services), ist der bewußten oder aus Nichtkenntnis unbewußten Nichterfüllung sozialrechtlicher Pflichten Tür und Tor geöffnet. Personelle Unterausstattung und mangelnde Qualifikation der Sachbearbeiter führen häufig zu extrem langen Bearbeitungszeiten, Rentenantragsteller haben oft bis zu drei Jahren auf ihre erste Zahlung zu warten. Dies führt zur Herausbildung von Korruption in der Sozialverwaltung, inoffiziellen Berichten zufolge müssen 21 22

Mouton 1982, S. 269 ff. Mouton 1975, S. 53 ff.

7 Speyer 99

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Rentenantragsteller für eine raschere Entscheidung nicht selten bis zu 1/3 der Gesamtrente an korrupte Beamte zahlen.

V. Der Stand der Forschung auf dem Gebiete des Sozialrechts Das wissenschaftliche Interesse an der Befassung mit Sozialrecht und Sozialverwaltung in Afrika ist außerordentlich gering. Dies gilt national wie international. Gemessen an der Zahl der zu dem Thema erschienenen Beiträge hat das Interesse gegenüber früheren Jahren eher noch abgenommen. I m Schrifttum überwiegen Beiträge deskriptiv-technischer Art. Dabei denke ich insbesondere an die Veröffentlichungen aus den Reihen der Internationalen Arbeitsorganisationen und der Internationalen Vereinigung für soziale Sicherheit in Genf, die sich vorwiegend mit aktuellen praktischen Problemen auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit beschäftigen. Als wichtigstes Publikationsorgan für diese Art von Beiträgen diente die African Social Security Series, die seit 1981 durch eine neue Zeitschrift, „African News Sheet", die vom afrikanischen Regionalbüro der IVSS herausgegeben wird, fortgeführt wird. I m folgenden möchte ich in einer Art Literaturbericht diejenigen Arbeiten vorstellen, die sich mit Grundfragen des Sozialrechts in afrikanischen Ländern beschäftigen. Ich tue dies in der Absicht und in der Hoffnung, daß dadurch einmal der aktuelle Forchungsstand sichtbar wird, zum anderen aber auch das Spektrum der Probleme ausgebreitet wird, das auch einige abschließende Bemerkungen zu einer möglichen künftigen Entwicklung des Sozialrechts zulassen wird. Die erste monographische Arbeit, die sich der sozialrechtlichen Probleme afrikanischer Länder in wirklich globaler Sicht angenommen hat, ist das Werk von Pierre Mouton, Social Security in Africa aus dem Jahre 1975, ein Standardwerk, an dem schon wegen der Fülle der Informationen kein Weg vorbeiführt. Es handelt sich zum einen um eine länderübergreifende Information über bestehende Systeme sozialer Sicherheit (Kreis der erfaßten Personen, Träger der sozialen Sicherheit, Finanzierungsformen usw.). Aber darüber hinaus gewinnt das Thema des Verhältnisses von sozialer Sicherheit und nationaler Entwicklung eine zentrale Bedeutung. Sozialrecht wird nicht mehr unkritisch als ein in Europa bewährtes Normensystem gesehen, das auch für Afrika unbesehen übernommen werden kann. Moutons Lösungsvorschläge gehen von der Segmentierung afrikanischer Länder aus. Für traditionale Gesellschaften, die sich durch starke Homogenität und kollektive Ausrichtung auszeichnen und dadurch gleichzeitig eine soziale Absicherung herstellen, werden moderne Sozialleistungs-

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systeme als untauglich angesehen. Demgegenüber sei für die Menschen, die in den Städten arbeiten und wohnen und deren Bindung zur Herkunftsfamilie immer schwächer geworden oder möglicherweise sogar völlig abgebrochen sei, ein modernes Sozialrecht unverzichtbar, um bei Eintritt typischer Risiken wie Krankheit, Arbeitsunfall, Invalidität Geld- und Sachleistungen anbieten zu können. Soziale Sicherheit — so Mouton — „facilitates the adaption of detribalised populations to a new environment and their integration into town life. This, in fact, is one of the most telling arguments for its introduction in African countries" 23 . Ja, der Autor geht noch einen Schritt weiter, indem er den Aufbau eines modernen Sozialleistungssystems als ein wichtiges entwicklungspolitisches Instrument betrachtet: soziale Sicherheit wird als ein Mittel zur Reorganisation der städtischen Gesellschaft i. S. der Modernisierung von Strukturen und Verhaltensmustern gesehen, in der Annahme, daß die Organisationsprinzipien der sozialen Sicherheit, insbesondere ihre bürokratischen Methoden, die Abkehr von traditioneller Denkweise und Mentalität bewirke, die den Anforderungen einer Industriegesellschaft widerspreche. Als nächstes wäre das Werk eines afrikanischen Autors anzuzeigen, eine an der Universität Paris I entstandene Dissertation von Bassabi Kagbara mit dem Titel La planification de la Sécurité sociale en Afrique: le cas du Togo, 1977. Diese Arbeit verdient eine besondere Hervorhebung, weil sie — unabhängig davon, daß sie für die damalige Zeit erstmalig das sozialrechtliche System eines afrikanischen Landes hinsichtlich seiner rechtlichen Grundlagen und Institutionen geschlossen behandelt — einen zentralen Gedanken aufgreift, der heute in der internationalen sozialrechtlichen Diskussion der Entwicklungsländer eine zentrale Bedeutung erlangt hat. Es geht um das Thema der durch moderne Sozialleistungssysteme erzeugten gesellschaftlichen Ungleichheit 24 . Das Sozialrecht Togos weist alle Eigenschaften und Merkmale auf, die von mir oben als typisch herausgestellt wurden. Von seiner Konzeption her kommt es ausschließlich den gegen Lohn beschäftigten Arbeitnehmern zugute, das sind 1,5 % der Gesamtbevölkerung Togos. Der Rest der Bevölkerung, insbesondere die Landbevölkerung, deren Situation oft wesentlich prekärer ist als die der Industriearbeiter, bleibt außerhalb des Sozialschutzes. Das Urteil Kagbaras über das bestehende Sozialrechtssystem in Togo ist deshalb eindeutig negativ, da dieses seine eigentliche Aufgabe, gesellschaftliche Solidar- und Verteilungsfunktionen wahrzunehmen, verfehle. Er schreibt: „Ainsi se trouvent amplifiées et rendues plus complexes les erreurs des systèmes libéraux classiques de Sécurité Sociale, car dans nos pays, ils n'ont respecté ni suivi l'évolution socio-economique, mais constituent des 23 24

7*

Ebda., S. 144. Mesa-Lago 1978.

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systèmes isolés et étrangers aux réalités nationales et aux besoins prioritaires des populations" 25 . Kagbara bleibt bei dieser Kritik nicht stehen. Er fordert die Umstrukturierung des Sozialrechts, i. S. des Abbaus der Beschränkung auf Lohnempfänger und einer universellen Ausdehnung des Geltungsbereichs auf die Gesamtbevölkerung. Dabei sieht der Autor klar, daß es mit einem entsprechenden Federstrich des Gesetzgebers nicht getan wäre. Sozialrecht müsse sich vielmehr den jeweiligen Gegebenheiten des betroffenen Personenkreises anpassen. Im ländlichen Raum wären weder die finanziellen noch administrativen Ressourcen vorhanden, welche die Implementierung eines Sozialversicherungssystems erlaubten. Der soziale Schutz der Landbevölkerung müsse Kagbara zufolge mit ganz anderen Mitteln als den Instrumenten der Sozialpolitik von Industrienationen hergestellt werden. Die einzuschlagende Richtung sieht er in der Wiederanknüpfung an die früheren, von Kolonialherren zerstörten Vorsorgeeinrichtungen, was in der Forderung nach dem Ausbau von Hilfsvereinen auf Gegenseitigkeit einmündet. Thematisch nicht weit entfernt von Kagbaras Arbeit ist die Studie von Mouvagha-Tchioba aus dem Jahre 1979 mit dem Titel „Les principes du système de sécurité social français sont-ils applicables à l'Afrique noire francophone?" Schon die Titelbezeichnung läßt das zentrale Anliegen des Verfassers erkennen, nämlich der Frage nach den Bedingungen und Möglichkeiten eines Sozialrechtstransfers nachzugehen, nämlich des Transfers der französischen sécurité sociale in die Länder Afrikas, die ehemals unter französischer Kolonialherrschaft gestanden haben. Die Möglichkeit des Transfers stößt Mouvagha-Tchioba zufolge an zwei Grenzen: eine ökonomische und eine soziologische. Während Frankreich ein Land ist, in dem Lohnarbeit die vorherrschende Beschäftigungsform und Vollbeschäftigung gegeben ist, sind afrikanische Länder durch einen geringen Anteil der Lohnarbeit an der Gesamtbeschäftigungszahl, hohe Arbeitslosen- oder Unterbeschäftigungsquote und vor allem durch ihre überwiegend agrarische Struktur gekennzeichnet. Sozialrecht, das an das Lohnarbeitsverhältnis anknüpft (verbunden mit Beitragszahlung etc.) müsse demnach ein gesellschaftliches Ausnahmesystem bleiben, einen gesamtgesellschaftlichen Beitrag zur sozialen Sicherung könne es nicht leisten. Das soziologische Argument hebt auf die kulturelle Verfaßtheit afrikanischer Völker ab, die im Gegensatz zum Industriestaat Frankreich steht. Die französische Gesellschaft — so der Autor — basiert auf dem Prinzip des Individualismus, die afrikanischen Gesellschaften auf dem der Solidarität, der Solidarität der Familie, des Stammes und der Nachbarschaft. Hier wird ein Punkt angesprochen, der ganz ohne Zweifel für den wichtigsten Bereich des Sozialrechts, der Sozialversicherung und seines Transfers außerhalb von 25

Kagbara 1977, S. 18.

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Industriestaaten zentral ist. Sozialversicherung knüpft hinsichtlich Beitrag, aber auch Leistungsgewährung, an ein konkretes Individuum und dessen Einkommen an. Wo wir ein solches Individuum nicht ausmachen können, fehlt sozusagen das Substrat für den Sozialversicherungsmechanismus. Zacher hat dies einmal so formuliert: „Moderne soziale Sicherung wird erst möglich, wenn sich der Mikrokosmos der Kleinfamilie herausbildet. Da ist ein Verdiener da, der durch seine Fähigkeit vorzusorgen — etwa Beiträge zu zahlen — den Zugang zur sozialen Sicherung vermittelt, und dessen Einkommen, wenn seine Arbeitskraft ausfällt, eine klare Bezugsgröße für die notwendige Substitution bildet. Und die Unterhaltsabhängigen — Frau und Kinder — sind nach Art und Zahl überschaubar. Wir sehen heute in den Entwicklungsländern, wie unentbehrlich dieses soziale Modell ist, um soziale Sicherheit durch Sozialversicherung bieten zu können. Wo im Großverband einer Sippe oder eines kleinen Dorfes die Aktivrollen der Arbeit und die Passivrollen des Unterhalts sich gestaltfach vermischen und ungleich auf viele verteilen, greift das System der Sozialversicherung nicht" 2 6 . Aus seiner Analyse zieht Mouvagha-Tchioba weitreichende Konsequenzen. A u f der Finanzierungsseite plädiert er für eine fiscalisation, d. h. die Aufgabe des Beitragsprinzips und die Finanzierung der sozialen Sicherheit über Steuern. A u f der Leistungsseite verficht er den Abbau von Leistungsvielfalt, vorgesehen ist nur noch eine einzige Geldleistung, die er als „allocation sociale" bezeichnet. Diese allocation sociale ist identisch mit einem festzulegenden Mindesteinkommen. Anspruch daraufhat nur derjenige, dessen individuelles Einkommen die Höhe des Mindesteinkommens nicht erreicht. Der Anspruch besteht nur in Höhe der Differenz zwischen individuellem Einkommen und Mindesteinkommen. In der chronologischen Reihenfolge wäre nun eine von mir verfaßte Monographie vorzustellen, die als Band 2 der Schriftenreihe Studien aus dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht unter dem Titel „Soziale Sicherheit in der Dritten Welt — zugleich eine Fallstudie Kenia" erschienen ist. Ich möchte aus meiner Arbeit nur einen Punkt herausgreifen, der mir für unsere Veranstaltung wesentlich erscheint. Auch für das Sozialrecht Kenias gilt, daß bis auf den heutigen Tag keine wesentliche, schon gar keine strukturelle, Änderung an dem Rechtsgefüge vorgenommen wurde, das im Zeitpunkt der Erlangung der Unabhängigkeit von der britischen Kolonialadministration hinterlassen worden war. Das Fortführen oder die Übernahme vorgefundener metropolitaner Rechts- und Verwaltungsmuster hat man in der Entwicklungsländerliteratur oft mit Ausdrücken wie „mimétisme" 27 oder „diffusion" 28 bezeichnet. Damit kann man 26 27 28

Zacher 1979, S. 152. Langrod 1973, S. 167 ff. Midgley 1985, S. 167 ff.

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m. E. jedoch die genetisch-strukturellen Prozesse, die hinter dem Phänomen stehen, nicht ausreichend erfassen. Allzuleicht wird der Eindruck erweckt, es handle sich um etwas Zufälliges, einen Ausdruck von Bequemlichkeit oder Mangel an gesetzgeberischer Phantasie. Anhand der historischen Entwicklung des Sozialrechtssystems in Kenia vom Beginn der Kolonialzeit bis zur Gegenwart hoffe ich gezeigt zu haben, daß die Beibehaltung des kolonialen Systems der sozialen Sicherheit in Kenia nach der Unabhängigkeit eine ganz bewußte, wenn auch von den Verantwortlichen nicht immer explizit ausgedrückte Entscheidung war und ist. Es spricht in meinen Augen vieles dafür, daß ähnliche Untersuchungen in anderen Ländern zu ähnlichen Ergebnissen kommen würden. Die praktischen Konsequenzen, die aus meiner Hypothese resultieren, liegen auf de Hand. Wer auch immer es unternehmen möchte, den Status quo des Sozialrechts zu verändern, sollte wissen, welche Machtpositionen sich in ihm verfestigt haben. Wer dies in Unkenntnis unternehmen wollte, wird sehr schnell merken, wann empfindliche Interessen berührt werden. Das letzte Werk, auf das ich im Rahmen dieser Literaturübersicht einzugehen habe, ist eine von Albrecht Bosssert verfaßte Disseration zu dem Thema „Traditionelle und moderne Formen sozialer Sicherung in Tansania". Bossert hat sich damit einer Problemstellung zugewandt, die — und darauf deutet einiges hin — in naher Zukunft ein herausragenes Forschungsthema werden könnte. Bosserts Arbeit ist ein bislang erster Versuch, mit Hilfe empirischer Untersuchungen ein Forschungsdefizit abzutragen, das er selbst wie folgt beschreibt 29 : „ . . . die Berechtigung der Forderung nach Schaffung moderner Sicherungseinrichtungen (hängt) allerdings nicht unwesentlich von einem Aspekt ab, der in der bisherigen Diskussion weitgehend unbeachtet blieb: die Frage nämlich, inwieweit die Bevölkerung in den Entwicklungsländern noch wirksam in traditionelle familiäre, nachbarschaftliche, stammesbezogene etc. Sicherungsbeziehungen integriert ist und wie diese Beziehungen beschaffen sind. Beispielsweise ist anzunehmen, daß sich das Fehlen moderner Alterssicherungsmaßnahmen auf das regenerative Verhalten stärker auswirkt, wenn die Sicherheit im Alter ausschließlich von den eigenen Kindern bzw. den eigenen Söhnen abhängt, weniger stark dagegen, wenn eine wirksame Sicherung durch einen Großfamilienverband oder eine Dorfgemeinschaft erfolgt. In bezug auf das Migrationsverhalten ist anzunehmen, daß ein von der Herkunftsgruppe gebotener wirksamer sozialer Schutz den von der Existenz moderner Sicherungseinrichtungen in den Städten ausgehenden Reiz nicht nur kompensieren, sondern sogar überkompensieren kann, weil eine relativ sichere ländliche Existenz möglicherweise einer ungewissen Chance auf einem mit moderner Sicherung verbundenen städtischen Arbeitsplatz vorge29

Bossert 1985, S. 18.

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zogen wird. Trotz des sich aus diesen Überlegungen ergebenden Erfordernisses, Existenz, Funktionsweise und Wirksamkeit der noch bestehenden traditionellen Sicherungsbeziehungen zu überprüfen, bevor Feststellungen in bezug auf die Notwendigkeit moderner Sicherungsmaßnahmen getroffen werden können, wurden entsprechende Untersuchungen bislang kaum durchgeführt." Die Studie Bosserts kommt nach Auswertung der Interviews bezüglich der Leistungsfähigkeit traditioneller Sicherungsformen zu folgenden Ergebnis30

sen —

Die Sicherung im Alter ist noch immer in hohem Maße wirksam



Die Wirksamkeit der Sicherung bei Invalidität hängt sehr stark von der Art der Behinderung ab



Das Aufbringen der zur Herbeiführung einer medizinischen Behandlung bei Krankheit erforderlichen privaten Mittel gelingt zu einem großen Teil, der krankheitsbedingte Ausfall von Erwerbseinkommen kann jedoch häufig nur unzureichend ausgeglichen werden



Ein großer Teil der städtischen Arbeitslosen kann mit der Unterstützung städtischer und ländlicher Verwandter rechnen.

Wie sehr traditionelle und moderne sozialrechtliche Sicherung aufeinander verwiesen sind, hat Bossert anschaulich nachweisen können. Ich greife das Beispiel der Alterssicherung heraus. Die Regelung des tansanischen National Privident Fund sieht mit Erreichen des 55. Lebensjahres ein Altersruhegeld (age benefit) vor, das in einer einmaligen Pauschalzahlung besteht und der Höhe nach den von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gezahlten Beiträgen plus Verzinsung entspricht. Angesichts des Lohnniveaus und des mangelnden Inflationsschutzes reicht diese Sozialleistung in der Praxis nicht zur Sicherstellung des Lebensunterhalts im Alter aus. A u f der anderen Seite kann der städtische Arbeitnehmer im Alter in der Regel auch nicht auf Unterstützung durch seine Kinder rechnen. Dementsprechend erwarten die meisten städtischen Arbeitnehmer nach ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben Hilfe bei ihrer Herkunftsfamilie auf dem Land, wohin 2/3 der von Bossert befragten Arbeitnehmer zurückkehren werden. Diese Hilfe wird dadurch sichergestellt, daß während des Arbeitslebens von den Arbeitnehmern Transferzahlungen an die Verwandten auf dem Lande getätigt werden. Nur jeder Fünfte leistet keine Zahlungen an die Verwandten, statistisch nimmt die Bereitschaft und Höhe der Zahlungen mit dem Grad der Bildung des Arbeitnehmers zu. Die Rückkehr zur Herkunftsfamilie ist meist auch dadurch begleitet, daß der Arbeitnehmer sein 30

Ebda., S. 143 ff.

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Altersruhegeld als Investitionskapital einsetzt und zur Verfügung stellt. Dieser Mechanismus zeigt augenfällig, daß traditionelle und moderne Sicherungssysteme von den Beteiligten sehr gut verstanden werden und ihre beiderseitigen Möglichkeiten genutzt und sinnvoll aufeinander bezogen werden.

VI. Die Zukunft des Sozialrechts Wenn man abschließend nach der Leistungsfähigkeit des afrikanischen Sozialrechts fragt, so kann man die Kritik aus zwei Blickrichtungen vortragen. Die erste wäre die Sicht der Adressaten des Sozialrechts, also derer, die Mitglieder oder Begünstigte in einzelnen Leistungssystemen sind. Unter diesem Blickwinkel würden Defizite der Verwaltungsorganisation der sozialen Sicherheit herausgestellt, unzureichende Leistungsniveaus, etwa das Versagen von Provident Funds, angeprangert und ihre Umwandlung in Rentenversicherungen gefordert werden können. Ich meine allerdings, daß die Kritik aus einer anderen Blickrichtung anzusetzen ist, die es erlaubt, die Probleme etwas grundsätzlicher anzugehen. Zu fragen wäre, welchen Beitrag das Sozialrecht bei der Lösung gesamtgesellschaftlicher Probleme afrikanischer Länder leistet. Oder anders gefragt, stellt sich Sozialrecht und seine Instrumentarien als ein wirksames Mittel zur Verhinderung oder Beseitigung sozialer Not dar? Die Frage stellen, heißt sie verneinen. Nach alldem, was ich ausgeführt habe, ist Sozialrecht ein auf die Arbeitnehmerschaft beschränktes Privileg. Dieser Kritik, der von keiner Seite widersprochen wird, versuchen diejenigen, die im Prinzip an der überlieferten Konzeption des Sozialrechts festhalten wollen, dadurch zu begegnen, daß sie eine schrittweise Ausdehnung befürworten. Sie gehen davon aus, daß die Entwicklung des modernen Sektors in afrikanischen Ländern nicht denkbar ist ohne ein modernes Sozialleistungssystem, ein solches vielmehr integraler und unverzichtbarer Bestandteil der Modernisierung ist. Mouton hat diese Position besonders anschaulich zum Ausdruck gebracht. Danach kann es nicht darum gehen, das gegenwärtige Sozialrecht als solches in Frage zu stellen, sondern zu versuchen, es auf weitere Bevölkerungskreise auszudehnen. Die tatsächliche Entwicklung in den letzten 15 Jahren zeigt freilich, daß sich das Verhältnis von Personen, die sozialrechtliche Ansprüche haben, zu der Gesamtbevölkerung nicht verändert hat 3 1 . Es besteht m. E. kein Zweifel, daß das Sozialrecht in seiner Anlage und Struktur geändert werden muß, wenn es einen Sozialschutz für alle oder zumindest doch große Teile der Bevölkerung realiseren will. 31

Mouton 1982, S. 282.

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Die herkömmlichen sozialrechtlichen Systeme sind nun einmal historisch das Ergebnis einer arbeiterzentrierten Sozialpolitik, die nicht ohne weiteres auf eine gesellschaftliche Situation übertragen werden kann, in der sich Beschäftigung nicht in Form der Lohnarbeit vollzieht. Vor allem darf man nicht verkennen, daß das herkömmliche Sozialrecht, insbesondere das Sozialversicherungsrecht, Defizite auffangen will, die für die Arbeitnehmerbiographie typisch sind und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit und Regelmäßigkeit auftreten. Vorausgesetzt wird dabei ein gesellschaftlich normaler Zustand, der eine von staatlicher Seite unabhängige Bedarfsbefriedigung ermöglicht. Nur wo ausnahmsweise dieser Normalzustand gestört ist, sei es durch Krankheit, Arbeitsunfall usw., soll das Sozialrecht einspringen. Die Schwierigkeit, dieses soziale Modell unter Bedingungen zu realisieren, wie wir sie in der Dritten Welt vorfinden, hat ein indischer Autor klar aufgezeigt, wenn er schreibt 32 : „Social security has not covered the unorganized farm sector in most developing countries, including India. This is not surprising, becauce where the basic needs of a large segment of population are not met even during normal periods, social security coverage during subnormal periods of income assumes a second order of inportance." Die Arbeiten von Kagbara und Mouvagha-Tchioba haben die Notwendigkeit einer Neuorientierung und zum Teil auch die Reformrichtung erkennen lassen. Es ist hier nicht meine Aufgabe, abschließend ein Konzept alternativen Sozialrechts für afrikanische Länder vorzulegen. Ich möchte aber zumindest die Richtung, die m. E. eingeschlagen werden müßte, kurz skizzieren. Angesichts knapper Mittel und auf der anderen Seite hohen Bedarfs muß sich Sozialrecht auf das Ziel konzentrieren, eine Mindestsicherung für die Menschen zu erreichen 33 . Ein Mittel hierzu wären Geldleistungen, die einen Mindestgrundbedarf des täglichen Lebens abdecken helfen. Dies wäre ganz i. S. der von Mouvagha-Tchioba geforderten allocation sociale. I m übrigen müßte sich die Sozialpolitik angesichts fehlender Ressourcen weg von Geldleistungen hin zu Dienstleistungen orientieren 34 . Als Beispiel hierfür kann das von der W H O entwickelte Konzept einer Basisgesundheitsversorgung genannt werden, wo der Gedanke einer dezentralen, auf lokaler Ebene durch gemeinschaftliche Aktivitäten erfolgenden Herstellung sozialer Dienste bereits weltweite Anerkennung gefunden hat 3 5 . Soweit hierzu Geldmittel erforderlich sind, müßten diese aus dem allgemeinen oder speziellen Steueraufkommen bestritten werden. Dies ist nichts 32 33 34 15

Shome 1982, S.191. Fuchs 1984, S. 99 ff. Sachs 1982, S. 136 ff. WHO 1981.

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Ungewöhnliches. M a n denke n u r daran, daß etwa auch die Sozialversicher u n g für die L a n d b e v ö l k e r u n g i n Griechenland über Luxussteuern wie solche a u f T a b a k , B r a n n t w e i n usw. finanziert w i r d 3 6 . D a m i t wäre ich gleichzeitig b e i m nervus r e r u m a n g e k o m m e n . Veränderungn, wie ich sie hier — zugegeben n u r sehr oberflächlich — angedeutet habe, setzen wesentliche Ä n d e r u n gen

der

Ressourcenallokation

voraus.

Dazu

bedarf

es

aber

eines

entsprechenden politischen W i l l e n s , der bereit wäre, v o n der gängigen, k o r poratistischen S o z i a l p o l i t i k , d . h. der ausschließlichen F ö r d e r u n g des m o d e r nen Sektors i n Industrie u n d Staat abzuweichen u n d auch den Rest der Bevölkerung, i n der Regel die M e h r h e i t , i n den sozialrechtlichen Schutz einzubeziehen. A n dem Fehlen dieses politischen Willens d ü r f t e n auch K o n zepte, wie ich sie angedeutet habe, scheitern. Das k a n n aber nicht bedeuten, daß der wissenschaftliche D i s k u r s sich n i c h t u m die G e w i n n u n g solcher A l t e r n a t i v e n bemühen sollte.

Literaturverzeichnis Bley, H.: Sozialrecht, 5. Auflage, 1986. — Bossert, Albrecht: Traditionelle und moderne Formen sozialer Sicherung in Tansania, 1985. — Cockburn, C.: Die Rolle der sozialen Sicherheit in der Entwicklung, in: Internationale Revue für soziale Sicherheit, 1980, S. 372 ff. — Fuchs, M.: Recht und Politik der sozialen Sicherheit in Afrika, in: Jahrbuch für Afrikanisches Recht, Bd. 2 (1981), 1983 (a). — FuchsM.: Health Insurance Systems in Africa, in: Oberender/Diesfeld/ Gitter (Hrsg.): Health and Development in Africa, 1983 (b), S. 345 ff. — Fuchs, M.: Soziale Sicherheit in der Dritten Welt — Bestandsaufnahme und Perspektiven, in: v. Hauff /Pfister-Gaspary (Hg.): Entwicklungspolitik, 1984, S. 91 ff. — Fuchs, M.: Soziale Sicherheit in der Dritten Welt — Zugleich eine Fallstudie Kenia, 1985. — Gerdes, V.: African Provident Funds, in: Industrial and Labour Relations Review, 1971, S. 572 ff. — Gitter, W.: Schadensausgleich im Unfallrecht, 1969. — ILO: Improvement and Harmonization of Social Security Systems in Africa, Report II, 1977. — ISSA, Committee on Provident Funds: Fourth Meeting of the Committee on Provident Funds, 1980. —Kagbara, B.: La Planification de la Sécurité Sociale en Afrique: Le cas du Togo, Thèse Paris 1977. — Kagbara , B.: Social Protection for Rural Workers in African South of the Sahara: The Present Situation and Future Prospects, in: ISSA, Social Security Documentation African Series, 1980, S. 127 ff. — Kaufmann, O.: Le droit de la sécurité sociale au Sénégal, in: Jahrbuch für Afrikanisches Recht, Bd. 3 (1982), S. 137 ff. —Langrod, G.: Gènese et consequences du mimétisme administratif en Afrique, in: Revue Internationale des Sciences Administratives (Bruxelles), 1973, S. 119ff. — Mesa-Lago, C.: Social Security in Latin America. Pressure Groups, Stratification and Inequality, Pittsburgh 1978. — Midgley , J.: Diffusion and the Development of Social Policy: Evidence from the Third World, in: Journal of Social Policy, 1985, S. 167 ff. — Mouton , P.: Social 36

Thompson 1980, S. 13.

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Industrial Democracy and the State in Africa Concepts, Developments and Trends By Stanislav S. Grozdanic

I. Introduction The concept of workers' participation in the decision-making process has generated a great deal of interest amongst both industrially advanced and developing countries. Attempts to institutionalize the concept have been given tremendous impetus very recently. Since the Second World War, and particularly in the past two decades, social and economic transformations in many developing countries have been characterized by a gradual spread of ideas, demands and the actual institution of workers' participation and self-management. The interest in institutions for workers' and popular participation has been particularly pronounced in some African countries. 1 There is not, however, a universal and uniform "model" of workers' participation in developing countries. On the contrary — the evolution of ideas and practices of industrial democracy has been characterized by a rich diversity. There have been different objectives and ideological approaches adopted in practice by various societies. It has been initiated by governments, or by trade unions, or political parties and in some cases directly by workers themselves. It has been introduced by way of legislation or by agreement between various parties. It applies to one sector of the economy, or to more or even to all. I n some cases it has been introduced as a process of fundamental transformation of existing social and industrial relations, whereas in others 1 This paper is mainly based on the international comparative research project on workers4 participation and self-management in developing countries, initiated by the Faculty of Political Science, University of Belgrade, Yugoslavia, and the Indian Institute of Management, Calcutta, India, in cooperation with the Institute of Social Studies, The Hague, Netherlands, and implemented within the programme of the International Center for Public Enterprises in Developing Countries, Ljubljana, Yugoslavia. — It contains the main observations and findings presented in the book "Workers* Self-Management and Participation in Developing Countries", ICPE, 1983; in a series of contributions and case studies prepared for the ICPE International Conference in October 1984 and November 1985, in Ljubljana, as well as comparative monographs (1986). — See also the author's paper on workers' participation in developing countries prepared for 7th World Congress of the International Industrial Relations Association (Hamburg, September 1986).

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as an instrument of democratization or improvement of the present system in production and distribution at once, or in stages. It applies to decisionmaking within enterprises at the level of work organization or shopfloor level, or all levels. Alternatively, it applies in addition to other areas such as agriculture, social services, etc. In Africa there is a wide range of different forms and kinds of workers's participation, depending on the concrete motives which inspire these practical efforts to go beyond the framework of traditional labour and industrial relation systems. The recent results of the mentioned international comparative research confirm the following observations on workers 4 participation in developing countries in a well-known I L O comparative study. 2 I n the developing countries collective bargaining usually and mainly at the level of the undertaking or establishment, has in most cases been developed and improved as the unions have grown stronger and the workers 4 level of education has risen. Decisions have been taken, requiring workers to be represented in various ways on management, for example, in Algeria, Angola, Benin, the Congo, Egypt, Madagaskar, Mali, Mozambique, Somalia and Tanzania. This representation is mostly in public undertakings. It often stems from a more or less far-reaching policy of socialisation or self-management (particularly in Algeria). — Moreover, various measures — mostly legislative — have been taken to establish, provide for or recommend the establishment of works committees or councils in Burundi, Gabon, Mauritania, Mauritius, Somalia, the Sudan, Swaziland, Tanzania, Tunisia and Zambia. — Finally, some kind of workers' self-management and related systems exist in Algeria, Tanzania, Madagaskar and Libyan Arab Jamahiriya. There are in Africa different forms and methods of workers' participation depending on existing forms and types of ownership over the means of production. Finally, there is a whole spectrum of workers' participation with regard to the decision-making powers of the participatory bodies, ranging from an advisory council within enterprises to full workers' control of decision-making within the enterprise, or reaching beyond it. Some African countries, in their efforts to improve and advance the workers' participation, are extremely interested in the present concepts and practices, experience and achievements in this field in various countries. The subject of their keen interest are not only some recent institutional arrangements for participation in developing countries, but also the functioning and implementation of workers' participation in some industrially advanced European countries, particularly in the Federal Republic of Germany (the "Codetermination" system) and Scandinavian countries. The system of workers' representation on supervisory boards and other forms of workers' 2 See: "Workers* Participation in Decisions within Undertakings", published by the International Labour Office, Geneva, 1981, pp. 4-6.

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participation in the Federal Republic of Germany have attracted most attention in some developing countries, not only in Africa. — Certainly, there is no attempt to transplant any system of workers' participation, but to study very carefully and critically the implementation of the concept in practice, the main results, experiences and achievements as well as the problems and obstacles. In some African countries, too, there is a strong understanding that the concrete contents, forms and methods of industrial democracy, their range and results are closely connected with the existing socio-economic conditions, industrial relations system and political circumstances of the individual countries. Despite the widespread interest and concern aroused by these trends, practical measures to increase the workers' share in the management of enterprises in many African countries are often partial, experimental, reactive or palliative in their effects. Moreover, although there have been an increasing number of cases in which workers in exceptional circumstances have themselves taken over the management of their enterprises, such instances are on the whole isolated and unusual. 3 There is in most cases some discrepancy between the proclaimed aims and principles of industrial democracy and the social reality of workers' and popular participation and selfmanagement in practice. However, workers' participation and self-management are increasingly being considered also in Africa an important contribution to social change and economic progress in developing countries, a way to mobilize the interest and creative energy of the working population. It is in close connection with the motives and objectives for the introduction of various forms of workers' and popular participation in some African countries.

I I . Motives and Objectives of Workers' Participation The various economic, socio-political and ethical objectives of workers' participation and self-mangement have been proclaimed in a number of African countries. Though the theoretical, philosophical and ideological bases and motivations for the evolution and development of the concept and practice of workers' participation and self-management in these countries are somewhat different from one another in details, yet in most countries there are similar influences of socio-economic and political environment. Almost all of these 3

Cf. "Workers 4 Management in Yugoslavia. — Recent Developments and Trends", edited by Najdan Pasic, Stanislav Grozdanic and Milorad Radevic, published by the ILO, Geneva, 1982, p. 15.

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countries have been, at one time or an other, under alien rule and hence they have inherited capitalistic economic and social structures. Subsequently, the idea of socialist development (in various forms and meanings) became a guiding principle for some African countries. As a result of this, the idea of workers' participation has emerged as a general concept, although there are diversities in the practice of this concept. The idea of workers' participation and self-management in Algeria was introduced during the National Liberation War (1954-62) as part of the construction of the Algerian socialist society. The concept of workers' selfmanagement in Algeria is linked with the socio-economic and political programme of redistribution of the political and economic power and democratization of the decision-making process. The programme of the National Liberation Front called for the involvement of workers in management and in the decision-making process of enterprises. In 1976, the National Charter and the Constitution as well as other basic political documents proclaimed workers' participation in decision-making as a general principle within the framework of socialist democracy, which is not limited to political life, but extends to the economic, social and cultural domains. 4 In Madagascar there is in the agricultural sector an old and traditional communal farming institution as a form of self-management at the village level. In practice, the so-called "fokonolona", the council of elders, still plays a considerable part. 5 — Ten years ago, the new structure of socialist enterprises in the mining, industrial, commercial and service sectors, was introduced by a "charter for socialist enterprises". Its aim is to "eliminate bureaucracy and conflict by introducing the organised participation of workers at all levels of policy-making, administration, organisation and supervision in socialist enterprises". The Charter provides that the worker has the right to share in the fruits of his labour and that "as a producer, manager and responsible member" he participates in policy decisions, management and supervision of the operation of the enterprise and in the organisation of its work. This is a combination of co-management and self-management. Very similar to the Algerian system of socialist management of enterprises, the workers' assembly, the specialised committees and the workers' committees all play important roles. The preamble to this charter provides that important decisions have to be taken on a joint basis. It mentions "non-interference by the administration in the management of the enterprise" and the sharing of its income according to work performed and merit. 4

Cf. "Participation/Autogestion, Facteurs de transformation Socio-Economique" Rapport de l'équipe de recherche algérienne, published by ICPE, Ljubljana, National Reports, Vol. II, 1980. 5 See: S. Andriamirado: "Heurs et malheurs des fokonolona", in Autogestion et Socialisme (Paris), Sep. 1977, pp. 51-64.

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In Nigeria there is a trend to develop principles of co-partnership, workers' participation at board level and consultation in public and private sector. In the public sector, workers' organisations are by law to be appointed onto the boards of corporations and state owned companies. — In the private sector, the rationale behind the co-partnership legislation is ultimately to enable the workforce of the various enterprises to be represented on the Board of Directors. A t the present, however, there is no parity of representation by management and labour on the Board, since representation on the Boards generally reflects the financial contribution of both sides to the enterprises concerned. The policy of the Federal Government of Nigeria is that salaries, wages and other working conditions and, indeed, the whole fabric of industrial relations should be fashioned, altered and sustained by means of collective bargaining. The Nigeria Labour Congress is in favour of the main concept and principles of industrial democracy. Congress feels that the workers to have a sense of belonging and be dedicated in the implementation of policies and decisions, it should be made mandatory that all establishments should have joint consultation machineries for ascertaining the views and reaction of workers. The Congress also requests structural changes that will "lead to bringing the economy under the ownership and control of the workers and the masses".6 In Tanzania the arrangement known as "ujaama", based on some principles of self-management, has its origin in the tradition of collective farming by the extended family or clan. After having undergone several experiments, it became the official rural development policy of the country after President Nyerere's Arusha declaration of 1968, advocating a form of African socialism for Tanzania. Initially, the system was characterised by communal organisation of the ujaama village as a whole. Since 1973 this has been superseded by a form of collective farming by "blocks" of family holdings within a general co-operative framework for the purchase of supplies, equipment and consumption goods and the sale of produce. One of the main objectives was to give these village communities better opportunities for the use of modern farming techniques and equipment, better access to agricultural advisory services, loans and material facilities (piped water, irrigation, electricity, schools and dispensaries), together with the benefits of larger-scale production. 7 — Parallelly, after the nationalization of the major means of production in the industrial, commercial, mining and agriculture sectors, the mentioned policy document on the building of socialism in Tanzania also 6

See: O. Olaifa, Nigeria — Recent trends in the development of workers' selfmanagement and participation, published in the ICPE comparative study, Ljubljana 1983, pp. 161-169. 7 Cf. "Workers' participation in decisions within undertakings", ILO, Geneva, 1981, pp. 67-68. 8 Speyer 99

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stressed that taking means of production under State control in itself is not "a sufficient condition for a country to be on the road to socialism but that another crucial element consisted in the fact that the State, controlling the major means of production, should in turn be under the control of the workers and peasants". Democracy was thus stressed as the most rational way of running both the State and the nationalized means of production. 8 — The main socio-economic and political aims behind the introduction of workers' participation in Tanzania were: (a) the increase of harmony and cooperation in order to raise productivity; (b) the increase of responsibility on the side of the workers; (c) the increase of discipline based on political consciousness and collective responsibility; (d) the security of the economy by handing over to workers the ownership and control of the means of production; (e) the development of man as an active member of the socialist society.

WORKERS' PARTICIPATION IN TANZANIA

The implementation of the concept of Industrial Participatory Democracy in Zambia has been an important ingredient in the political and socioeconomic programme to build up a socialist society based on the Philosophy of Humanism. According to this programme, industrial participatory democracy seeks to: (a) introduce into every business enterprise the democratic 8

See in detail: Tanzania — Case Studies on workers' participation (in the book "Workers 4 Self-management and Participation in Practice", ICPE, Ljubljana, 1986, pp. 293-361).

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principles of life as enshrined in the Philosophy of Humanism; (b) remove the property power relations in which authority derives from the ownership of capital and replace them with socio-economic relations which would allow maximum consultation among workers in order to eliminate industrial disputes that characterise conflicts between workers and management, or between workers and owners of the means of production in typical capitalist industrial management; (c) enable the worker to develop a strong consciousness about himself/herself and the society around him/her so that he/she fully understands the importance of his/her maximum participation in production in order to achieve a high level of personal fulfillment which will lead to a high standard of efficiency at work; (d) create an atmosphere in which the worker feels fully emancipated from any kind of class exploitation, subjugation and dehumanising subservience in his labour relations and can cultivate personal initiative and creativity; (e) bring about an equitable distribution of wealth and social justice which will ultimately transform the Zambian society into an egalitarian community. 9

WORKERS' PARTICIPATION IN ZAMBIA

J I

I

2/3 Elected Workers 1/3 appointed by. Mg.

j ,

ι

In the Socialist People's Libyan Jamahiriya some ideas and principles of "direct democracy" and "people's power" have been proclaimed in the Green Book 1 0 , a political and ideological document by Muammar A l Qadhafi. A t the People's General Congress held in December 1978 it was proclaimed the slogan "partners not wage-workers". According to the "Green Book", "a power which is totally concerned with producing has now become one of the 9

See: "Industrial Participatory Democracy in Zambia" by John F. Kalombo (National Reports Vol. Ill, ICPE, Ljubljana, 1985, p. 260). 10 For the concept "Partners not wage workers" see "The Green Book", Tripoli, Libya, Part two). 8*

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factors of production". As a result of these developments "the workers have changed from a multitude of ignorant toilers into a limited number of technicians, engineers and scientists". Consequently, "Trade Unions will disappear to be replaced by professional and technical syndicates because scientific development is an irreversible gain to humanity". People's committies and other organs of "direct democracy" have come into being in private and public enterprises, retaining or rejecting the former managers as they wish. However, people's committees may not be formed in the petroleum industry, banks or insurance companies. 10

I I I . Forms, Scope and Nature of Workers 4 Participation and the Role of the State The involvement of the workers in management and decision-making takes on different forms and institutional frameworks. The forms and contents of workers' participation and self-management in African countries are clearly influenced by the degree of clarity of objectives. In some of the countries, the objectives are clearly stated and are related to the overall developments. I n these countries, the systems of workers' participation and self-management have definite forms with well-defined contents. Whereas in some other countries, the forms and content of workers' participation, to a considerable extent are still in a fluid state. In these countries, a certain amount of ambiguity still prevails as regards the legal status, role and the operational procedure of workers' participation. This state of ambiguity is further reflected in the achievements and effects of participative machineries in these countries. Owing to a lack of clarity of objectives, the various parties involved in workers' participation, such as the Government, political parties, trade unions, employers, etc., have different parceptions of the concept of workers' participation which affect the successful operations of the systems in practice. One of the major findings of this analysis, therefore, is that for workers' participation to be effective and successful its objectives have to be made amply clear. Furthermore, workers' participation also has to be dovetailed into the total socio-economic and political strategies for development. Over the past few years several African countries have introduced workers' representation into the management bodies of their public enterprises. In most developing countries in general the workers' representatives on the management bodies of public enterprises are in a minority. I n some cases, too, representation is not at the level of, or is not limited to the board of directors, but exists in executive or management committees. In some countries, minority representation of the personnel has given rise to criticism, such

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as that there is a risk of loss of contact between the workers' representative and the workers themselves. For that reason, various other arrangements have been tried in the public as in the private sector, to broaden the possibilities of codecision through other bodies such as works councils or to develop consultation to such an extent that in fact it almost amounts to participation in management. In addition, works councils often play a complementary role in workers' participation where it exists. Works councils or works committees, or similar bodies with consultative functions set up in some African countries have in practice had widely varying results depending on the country concerned and whether they are in the private or in the public sector. In some countries, the workers are becoming quite indifferent to their activities: they could not see the point of participatory machinery that did not produce decisions on which their representatives had any real influence. 11 Some concrete examples of workers' participation and self-management in African countries confirm a wide variety of forms, institutional structure, the characteristics of the management and the respective roles of employers and workers' organisations in the country or industry concerned. In Algeria the scheme of workers' participation has been introduced in the agriculture sector within the self-managed cooperatives and other sectors of the economy (industry, transport, commerce) in the so-called socialist-

WORKERS* SELF-MANAGEMENT — ALGERIA AGRICULTURAL SECTOR

ADOPTS BROAD ECONOMIC POLICY AND GUIDELINES, APPROVES BALANCE SHEETS

ALL MAJOR DECISIONS

DECISIONS IMPLEMENTED

11 Cf. "Workers* Participation in Decisions within Undertakings", ILO, Geneva, 1981, pp. 119-120, 154-155, and the findings in the mentioned ICPE studies and reports.

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managed enterprises. The organization within a self-managed agricultural collective property is characterized by separation of the decision-making powers and those of execution of the task of rational management. The entire power of management is entrusted to the General Assembly of Workers, the Workers' Council, the Management Committee and the Director.

WôftKËftfr &ÉLP-MANAÓ£MÉNT - ALÔE*IA NON-AGRICULTURAL SECTOR — OSE

The General Assembly adopts: — — — — — —

general economic and financial guidelines; the annual production plan; plans of development; definition and allotment of work responsibilities; the charter of basic remuneration; balance sheets, etc.

The Management Committee takes other major decisions, such as: shortterm loans; expenditure on property; purchase of products required; methods of selling products; hiring labour, etc. The Director is responsible and accountable for his activities to the Management Committee. The Management Committee is set up by the Workers' Council which is elected by and from among the workers.

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Workers' participation within the socialist-managed enterprises does not imply direct management of the enterprise by workers, but provides for the participation of the workers in the control and management process. The State has a predominant role and influence in the management of enterprises. There are two levels at which decision-making is implemented in the production process: (a) in the individual production unit; (b) at the level of the enterprise as a whole, which may comprise subsidiaries and units throughout the country. A t each level there are bodies for workers' participation. The general director of the enterprise is appointed by the respective Ministry and is externally responsible for the functioning of the enterprise. Recent results of research undertaken confirm that the socialist management of enterprises in Algeria does not as yet amount to either selfmanagement or joint management, but to initiation of the workers to management problems. 12 In Madagascar , according to the "Charter for socialist enterprises", a socialist enterprise is an economic unit under independent management, in which the State owns at least 51 per cent of the capital either directly or through enterprises which it controls. A l l enterprises set up after promulgation of the charter and all state economic operations must take the form of socialist enterprises if they meet the requirement as to their financing. Socialist enterprises with similar or complementary objectives must be constituted into a distinct sector of the economy under the authority of a policy council representing the State. That council collects information and proposals for national and regional development plans and lays down the programmes and targets for implementation of those plans in the sector and the enterprises belonging to it. — The policy council, which is appointed by decree, includes representatives of the State (its chairman is one of these), members of the National People's Assembly, representatives of the management committees of socialist enterprises in the sector, delegates elected by the workers and, if appropriate, representatives of the socialist co-operative movement in the sector. The council appoints one or more auditors or auditing bodies that do not have the right to become involved in the management of the enterprises. Each socialist enterprise in Madagascar is administered by a management committee and a manager. The management committee consists of representatives of the State, appointed by Prime Minister's order on the recommendation of the policy council, delegates elected by the workers of the enterprise and, in appropriate cases, one or more nominees of investors known as "participants" (minority shareholders) approved by the Government and, in 12

For details see: Algeria — National Report (Workers 4 Self-Management and Participation, National Reports Vol. II, ICEP, Ljubljana, 1981), and recent ICPE studies and monographs.

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certain cases, representatives of the local authorities. This committee reports to the policy council, to which it submits programme proposals and proposals to change or extend the enterprise's activities. The members have to deposit surety-bonds with the enterprise in a blocked account as a guarantee for action taken in the course of management. The charter provides that the workers shall form their participation organs and bodies. 13 In Egypt workers have been members of the boards of directors of public and private enterprises since 1961. Originally, however, they held only two seats out of seven. It was in that year that a major programme of nationalisation was launched, so that the public sector came to account for about 80 per cent of the Egyptian economy. Parity of representation was introduced in October 1963 by a series of presidential decrees, confirmed later at the time of the revision of the legislation on public sector organisations and companies at the end of 1966, at which time it applied to more than 400 public enterprises. — Under this legislation all companies belonging to the public sector are run by a board of directors consisting of at most eight members plus a chairman; half represent the workers, the other half and the chairman being appointed by presidential decree. The worker members are elected for two years (up to 1963, their term was for one year only) directed by the personnel, by secret ballot under the supervision of the ministry responsible for social and labour affairs. The chairman of the trade union committee has the right to attend meetings of the board, but without the right to vote. For a long time the boards' main function was to make proposals to the higher bodies to which the enterprises reported. In 1975, in a desire to cut down bureaucracy, the Government did away with these bodies, set up special committees to coordinate the activities of groups of enterprises belonging to the same field of activity and considerably increased the autonomy of the management. 14 In Congo (Brazzaville) a specific form of workers' participation has been initiated and proposed by the Congolese Trade Unions. The fourth Congress of the Congolese Trade Union Confederation, held in Brazzaville between April 23 and May 2,1973, required, in one of its resolutions, the establishment of the "determinant trilogy or the three Cos' principle (Co-determination, Co-decision, Co-responsibility) to allow Congolese workers to participate in the management of state enterprises and public administration in order to allow them to take on the functions of owners and producers". The President of the Republic, considering the Constitution and Resolution of the Congolese Trade Union Confederations' fourth Congress and hearing the Politbureau and the State Council, decreed the establishment, throughout the national territory and within state enterprises, both joint and administrative 13 Cf. "Workers' Participation in Decisions within Undertakings", Ilo, Geneva, 1981, pp. 69-70. 14 Ibid., pp. 121-122.

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ones, of such principle of co-management. According to the decree, codetermination means that the office will associate with the Party and Trade Unions in the study of a matter, "a question or a project relevant to the running of the enterprise or the service in the interest of the workers and their families." Co-decision means that "the head office will associate with the Party and the Trade unions in the making of important decisions related to the running of the enterprise or to workers and their families." Coresponsibility means that the "consequences of a decision made by common consent with the Party, the Trade Unions and the head office must be shared by the determinant trilogy". Workers' participation and co-management structure include the Management committee, the Manager and various commissions/committees. 1 5 In Tunisia the Works committee is a form of workers' participation in decisions. 16 It is composed of the elected representatives of the workers. The employer is a chairman. When the enterprise comprises several establishments, establishment committees follow the same rules and elect delegates to the central committee for the enterprise. Number of workers' representatives (in practice, and on the basis of earlier legislation): Number of workers 50 - 100 101 - 500 more than 500

Number of representatives 3 5 7

Members of the works committee are elected from a list put forward by the trade union or, in its absence, by the personnel themselves. The term of office is two years. The committee, which meets once a month, co-operates with the management in improving collective working conditions and the living and educational standards of the personnel. It monitors health and safety. It is associated with the management of the enterprise's welfare schemes. The committee considers any suggestions aimed at raising productivity, and it must be consulted on the drafting of works rules and on all questions concerning the organisation of the enterprise "so as to be associated progressively with the management and development". The committee also examines individual and collective grievances. It proposes reward for workers who have distinguished themselves by their merit or their initiative, and penalties for those who have not applied themselves to producing normal output. 15

For the composition and functions of the management committee and other bodies, see" The Congolese Experience", by J. O. Awola (in the ICPE Comparative study, 1983, pp. 112-120). 16 Act dated 14 December 1960 and decree issued thereunder on 13 January 1962, both abrogated and superseded by Labour Code of 1966 (ILO, LS 1966-Tun. 1).

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In Tanzania the workers' councils were introduced, on the basis of the Presidential circular dated 10 February 1970, in all public enterprises employing more than 10 workers. The workers' council is composed of the manager or general manager of the enterprise; all department or section chiefs; the chairman and members of the branch of the workers' organisation set up in the enterprises; a certain number of specially elected workers' representatives; and in case of need and in agreement between the management and the workers' organisation, one or more co-opted members not belonging to the enterprise. The number of workers' representatives specially elected to the workers' council is proportional to the number of workers employed in the various departments or sections in accordance with a complicated formula as a result of which the workers' representatives, including the workers' committee members, are in the majority, though without exceeding three quarters of the total number of members of the works' council, excluding any co-opted members. The national executive of the workers' organisation (Trade unions — J U W A T A ) is entitled to be represented at meetings of the workers' council. The council, which meets at least every six months, advises the board of directors or management committee, which is the body empowered to determine the policy to be followed by the enterprise. The council must receive and examine the balance sheet. The council gives its opinion on the measures to be taken in the enterprise in regard to government wages and incomes policy, planning, organisation of work, workers' education, etc. 17 Works councils are one of the main forms of the industrial participatory democracy in Zambia. 1* These bodies were established in all enterprises employing at least 100 workers. One-third of the council must consist of members appointed by the management and two-thirds of members elected by the workers (number of workers' representatives: not less than 2 workers' representatives, nor more than 10). Initially, in each enterprise subject to the Industrial Relations Act, a joint working party including 4 workers' representatives appointed by the trade union, or in the absence of a union by the personnel, explains the statutory provisions relating to works councils, determines the number of members of which the works council shall consist in the particular enterprise having regard to the total number of workers, receives nominations and organises the elections, which must take place by secret ballot. When the first election is 17

See the mentioned ICPE publications including two Case studies on workers' participation (Urafiki textile mill Ltd., and the National Bank of Commerce), ICPE, Ljubljana, 1986. 18 See: Part V I I of the Industrial Relations Act, 1971 (ILO, LS 1971-Zam. 2), which came into force in May 1976.

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completed, this working party is dissolved. — When the workers of an enterprise are represented by a trade union, the latter must approve the nominations made by the workers. The reasons for any refusal to approve a nomination must be stated, and an appeal against such a refusal may be made to the Industrial Relations Court. Term of office of the works council is two years. The main objectives of the council, which must meet at regular intervals not exceeding one month, are to promote the effective participation of the workers in the affairs of the enterprise and to secure the mutual co-operation of the workers, the management and the trade union in the interests of industrial peace, improved working conditions and efficiency and productivity. The council has the right to be informed immediately in writing of all decisions of the board of directors or the management concerning investment policy, financial control and the distribution of profits, economic planning, job evaluation, wages policy and the appointment of senior managers. It has the right to be consulted on health and welfare programmes, including medical facilities, canteens, housing and pension schemes. It must be consulted beforehand on the appointment or removal of the manager responsible for personnel matters and labour relations. Approval of the council (which must not be unreasonably witheld) is required for any decision of the management on matters of policy in the field of personnel management and industrial relations, including any decision relating to recruitment and the determination of the wages to be paid to newly engaged workers, transfers to another enterprise owned by the same employer, disciplinary rules, redundancy, incentives and bonuses, and safety. In the event of refusal of approval, and after communication in writing of the reasons, the matter is referred to a board of review consisting of one management representative, one representative of the works council and one member appointed by agreement between the two parties or, failing that, by an appropriate official, with the possibility of appeal to the Industrial Relations Court. The council must inform the management of any infringement of the provisions of the law, of collective agreements or of the works rules that may come to its notice, if an end is not put to this infringement, it must notify the trade union representing the workers in the enterprise, which must thereupon negotiate an agreement on the measures to be taken; in the absence of such a trade union or such an agreement, the council of the trade union, as the case may be, refers the matter to the Industrial Relations Court. — The council submits an annual report on its activities to a general meeting of the personnel. — Its power of co-decision as set out above may be suspended by order of

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the President of the Republic or for a fixed period, with the written approval of the Minister of Labour. According to the present Zambian concept, Trade Union committee and Party committee in an enterprise also represent very important forms and elements of the Industrial Participatory Democracy structure. In addition to that, there is the Department of Industrial Participatory Democracy (earlier within the Office of the President of the Republic; since March 1986 within the Ministry of Labour) as a specialized institution for the development of workers' participation in practice, workers' education and training for industrial democracy, research in this field, etc.

IV. Developments, Problems and Trends in Practice of Workers' Participation The great diversity of ideas and practices of workers' participation in African countries has resulted in a lively interest not only in academic and professional circles, but notably in government, labour, employers' and other organisations and institutions, not to mention political parties. One is confronted with an ambiguous phenomenon because of the great variety of meanings which participation and self-management can have, and with very complex problems and issues which emerge once the ideal of workers' participation is put into practice. Based on recent research, let us mention a few: the relationship of participation to ownership structure; participation and control of structures in the decision-making process; the changing role and functions of trade unions; the education and training of workers and managers for participation, including the problem of illiteracy; participation of women workers in decision-making and their role in the social and economic life of the enterprise and the community; conditions for the effectiveness of participation; workers' participation and productivity of labour; workers' participation and technological change in the present industrial relations systems; the impact of workers' participation on the nature of labour-management relations and social relations in general; collective bargaining in conditions of workers' participation; the motivation of workers to participate in the decision-making process; problems of workers' participation as a result of the centralized and complex administrative structure of the state (public) sector of the economy; workers' participation and the democratization of the work organisation; information and communication in the workers' participation system, etc. The overall analysis of the present systems of workers' participation in African countries shows that workers' participation in the decision-making

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process still largely remains at the conceptual level. Needless to say, few of these countries have been able to achieve any degree of success in this regard. As it was pointed out earlier, there is in many cases the discrepancy between ideal and reality of workers 4 participation. In most of the African countries, continued efforts are required to make workers' participation an effective instrument and influential factor of social change and economic progress. There is a variety of expectations and attitudes towards workers' participation and self-management. A number of parties (Government, political parties, trade unions, professional managers, employers, etc.) are, directly or indirectly, involved in the process of operationalizing the concept of industrial democracy. These parties have specific attitudes towards and expectations from participative efforts. According to the practice in some African countries, though the attitudes and expectations of one party may not coincide with another, they will collectively determine the success or failure of participation. In any country, at any given point in time, all these parties may not have strictly identical views and hence their expectations and attitudes will certainly differ. Some of these parties can play a supportive role, while others may play either passive or disruptive roles. Also, one party may have a certain role in one country but a similar party in another country may have yet another role to play. In some countries (e. g. in Algeria, Madagascar, Tanzania, Zambia, etc.) the Government has taken strong positive steps in the direction of various forms of workers' participation by enacting specific and detailed legislation. Governments in such countries have, in general, a support by the ruling political parties. In other countries with the developed collective bargaining system the governments have not clearly come out in whole-hearted support of workers' participation. The expectations and attitudes of trade unions depend very much on their position and role in the existing industrial relations system. In some African countries with the so-called "socialist orientation" trade unions, in principle, are very much in favour of encouraging the system of participation. For example, in Tanzania the only trade union in the country, J U W A T A (formerly N U T A — National Union of Tanganyika), is directly related to the Party (CCM) — it is, in fact, a mass organisation affiliated to the Party — has a supportive role to the Government and C C M in the field of workers' participation. In Zambia, however, the Trade Unions play a much more independent and autonomous role in relation to the Government and the Party. The attitude of the trade unions towards workers' participation through Works Councils could be roughly summarised as follows: according to the Zambia Congress of Trade Unions (ZCTU), the functioning of the works councils raises three main problems: first, the councils tend to interfere with the functions of the trade unions; second, works councils have no real power; and third, they tend to act independently of their constituencies. The

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Zambian unions thus favour a concept which gives works councils more power, but which, on the other hand, clearly draws a demarcation line between the functions of the works councils and those of the unions. They also stress the need for providing channels of communication between the works councils and employees on the shop floor and the necessity of providing better education for works council members. 19 Collective bargaining constitutes the main form of workers' participation in decision-making in many African countries, particularly in Englishspeaking Africa. 2 0 In a number of countries the importance of collective bargaining as an instrument of workers' participation is that much greater because, except on a very small scale, there is practically no participation machinery of the works council type. It is clear, however, that in countries where works councils are more common, there is nothing to prevent collective bargaining from also playing a considerable parallel role. The growing interest in the idea of workers' participation in decisions in the enterprise has had repercussions in the past few years on collective bargaining itself, allowing it to carry out its role as an instrument of participation much better than in the past. The trend towards a widening of the subjects negotiated is not confined to the industrialised countries: it can be observed, with the growing strength of the trade unions and the rising educational levels of their officers and members, also in a number of developing countries in Africa, where collective bargaining which had traditionally taken place at the level of the enterprise, has become more wide-ranging both in content and in the number of enterprises covered. In contrast with the shift of collective bargaining in the industrialised countries, particularly in Western Europe, from the industry down to the enterprise or establishment, in most of the African and other developing countries collective bargaining started in the enterprise and is at present tending to move up to the level of the industry or to multi-industry agreements. In many countries in French-speaking Africa, in particular the United Republic of Cameroon, the Central African Republic, Chad, Guinea, the Ivory Coast, Mali (in the private sector, since public enterprises have a system of participation in management), Morocco, Niger, Rwanda, Senegal, Togo and Burkina Faso, the personnel representatives provided for in legislation are responsible for the basic aspects of participation in the enterprise alongside their responsibilities in connection with collective bargaining. They are elected by the workers, most frequently from lists submitted by the trade unions. Their main duties are to intervene in the case of grievances, to keep an eye on the application of legislation and collective agreements, informing the labour inspectorate of any infringements, to transmit their own suggestions 19

See: Case Studies from Zambia, ICPE, Ljubljana, 1986, pp. 373-374. The following remarks are based also on the mentioned ILO study "Workers' Participation in Decisions within Undertakings", pp. 172-175 and 163-164. 2,1

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and those of the workers to the management, and sometimes to manage welfare schemes. In practice they therefore play a role similar, at least to some extent, to that of works committees or councils. Many English-speaking African countries have shop stewards whose duties, though primarily related to grievances, lead them to concern themselves generally with all sorts of problems affecting the personnel, including collective bargaining. In some African countries personnel representatives or works committees have given way in recent years to trade union representation in the enterprise. It is one of very important observations based on the mentioned international comparative research, that the practice of workers 4 participation and self-management confirms the need for multiple organisational forms and modes of the workers action. It has been proven in practice that it is crucial that the unions maintain their autonomous position and independence of action — in relation to the bodies of the state, to the political powers, and even to the workers 4 councils and other participatory or self-managing bodies themselves. Finally, workers 4 education and training (not only for members of workers 4 participation/self-management bodies but also for trade unionists and managers) is one of the extremely important conditions and prerequisites for better and more effective participation of workers in decision-making processes.

The State and the Market in the Management of Public Enterprises in Africa: Ideology and False Comparisons By Yash Ghai

I take it that you are familiar with the World Bank's recent work on public enterprise. It is therefore convenient for me to take that as my point of departure. A summary of the Bank's position in a convenient form is contained in the World Development Report 1983.1 The Bank states that public enterprises are a matter for concern in all countries, whatever their economic system, and identifies three important causes for concern. One, public enterprises make large and growing claims on the budget; secondly, they are among the major borrowers in foreign currency markets; and third, they do not give value for money, as evidenced by the losses they incur. It then discusses the reasons for the problems ascribed to public enterprises; most of these reduce themselves to shortcomings measured by the yardstick of the market, like the lack of competition, inadequate incentives or the distortion of the profit motive by social goals. When it turns to the prescription of remedies, the primary inspiration is the market. Thus it regards improvements in the organisation of the enterprises as minor; the major problem is seen to lie in the relationship between the enterprise and the government, as it is this which represents the wider departure from the norms of decision-making within the market. The Bank puts forward two basic solutions: the privatisation of public enterprises, (or other forms of private management through joint ventures, management contracts or leasing arrangements), and the introduction of the methods and the discipline of the market in those that cannot be or are not privatised. I find the Bank's analysis unsatisfactory on a number of scores. Its framework is misleading, reducing a complex reality to simple verities and sharply drawn polarities. It focuses on the financial issues and thereby obscures the diversity of purposes that lie behind the establishment of public enterprises. 1

For a fuller exposition of the World Bank view, see Mary Shirley, Managing StateOwned Enterprises (1983) World Bank Staff Working Papers No. 577. Similar themes were set out earlier in the Bank's report Accelerated Development in Africa (1980). 9 Speyer 99

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Its use of profits as a measure of success or efficiency is mistaken in markets which are highly uncompetitive. Its use of the market as a touchstone not only belittles social and political purposes of public enterprises but also, through the idealisation of the market, demonstrates a misunderstanding of the historical reality and operation of the market in Africa. For the same reasons, its solutions are seriously flawed. The supposed dichotomy explicit in its analysis between a public sector regulated by the state and a private sector regulated by an autonomous market is illusory. There is little reason to believe that the government will, or should, step back from the management of the economy, or that the management can be successfully achieved through indirect measures. The choice is more likely to be between a regulated public sector and a regulated (private) market, with all the problems of regulation. One has only to contemplate the consequences of the other alternative, the unregulated market, to realise the rationale of the public sector. The Bank's analysis ignores the context of the international economic system within which the economies of Africa function. It also ignores the domestic, social and political context of the economies. Public enterprises and the way they operate are ultimately the consequences of the relations between the social forces in a society. Analysis of and prescriptions for public enterprises which do not relate to these forces are unlikely to be illuminating or effective. I f you roll back the state in its more visible manifestations, they (i. e. the social forces behind it) will come back in another form, less accountable and perhaps even more irresponsible.

I. Why Public Enterprises? The purposes for which public enterprises are ostensibly established cannot continue to be the justification for them if these are not fulfilled. But it is quite another matter to judge the performance of public enterprises without regard to these purposes, and the degree to which they have been achieved. In the current fashion of the magical market and the enchanting privatisation, these purpuses have tended to be overlooked. 2 A primary reason for public enterprises in underdeveloped countries was the deficiencies and consequences of the market. 3 First, the market, with its tendency towards equilibrium, was unlikely on its own to provide the momentum towards development; state intervention, whether or not it took the form of public enterprise, was 2 Almost every book or article on public enterprise begins with a ritual recitation of the reasons for public enterprise. See Fernandes and Sicherl (eds.) Seeking the Personality of Public Enterprise (1981), and more specifically for East Africa, see R. H. Green, pp. 62-64 in Yash Ghai, Law in thé Political Economy of Public Enterprise (1977). 3 See G. Dalton, Economic Systems and Society (1974). By market here I mean the system for exchange under commodity production.

State and Market in the Management of Public Enterprises

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considered to be essential. This tendency of the market is accentuated in the absence of domestic entrepreneurship and adequate private investment resources. Second, the market would reinforce the existing patterns of the production of goods and services, which served the needs of the wealthy and privileged elites, and subordinated the national economy to the international. Third, the market is dominated by foreign economic forces, and would leave key decisions on investment, production, pricing, etc. to outside corporations. One adverse consequence that follows — foreign direction of the economy — could in theory be tackled by state regulation, althought in practice this has proved problematic, in part because good regulation requires a well functioning market which did not exist and which cannot generally arise without the state playing a supportive role. 4 The other consequence — thé marginalisation of indigenous ownership and control — could scarcely be remedied without public ownership. 5 Public enterprise had the potential to redefine the relationship of the local economy to the outside world. It could also provide a fairer basis than the market for the distribution of production and benefits, and for achieving social goals. The private sector in Africa with its monopolies and protections, and linkages abroad, was hardly likely to be the engine either of domestic accumulation or of the efficient utilisation of economic resources. The supporters of public enterprise would do well, however, not to be taken in by official rhetoric. 6 However persuasive the economic rationale, it is necessary to take into account the politics of public ownership for a fuller understanding of the dynamics (or otherwise) of public enterprise. The national political leadership which came to power on independence were unlikely to adopt a "hands-off" policy towards the market. 7 For one, the colonial economy they inherited was an administered, not a liberal economy, when the king was neither property nor contract but the administrative licence. For another, the market provided a challenge to the politicians who themselves had no independent base in it. Some form of control over the allocation of resources that the market would otherwise effect appeared crucial to the consolidation of political authority. The state itself came to be viewed as a resource, providing the wherewithal for new bases of property 4

For an illustration of this argument in the Asian context, see G. Myrdal, "Operational Controls Over the Private Sector" Asian Drama Vol. I I (1968). 5 See Issa Shivji, Class Struggles in Tanzania (1975); Pheroze Nowrojee, in Ghai (1977) op. cit. p. 161 ff.; Richard Mellon, Chap. 16 in LeRoy Jones (ed.) Public Enterprise in less developed countries (1982). 6 See Shivji, op. cit., R. Sobhan, "Public Enterprise and the Nature of the State" Development and Change (1979 vol. 10, pp. 23-40 and Yash Ghai, op. cit. p. 15 ff. (1977). 7 For a stimulating discussion of the relationships between markets and politics, see C. E. Lindblom, Politics and Markets (1977). See R. H. Bates, Markets and States in Tropical Africa (1981) for the political manipulation of agricultural markets in Africa. 9*

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and economic power. 8 Various regulatory devices were strengthened and introduced, but both their limitations and the inherent attractions of public enterprises led to the establishment of a growing public sector. Control seemed easier through ownership than regulations; it became the means to absorb the growing urban unemployed in the economy; it opened up fresh opportunities for plunder and patronage, and constituted another lever for bargaining with the transnationals. 9 Public enterprises thus came to embody various contradictions — between the economic and the political, open and public character and authoritarianism, form (autonomy) and substance (intervention), rhetoric and reality of purpose. This context is important for understanding the management of public enterprises to which I turn now.

I I . The Framework for Management Discussion on the framework for management in public enterprises normally proceed along one of two lines. One, they focus on the legal forms of the enterprise (especially the relationship they define between the management and the government) and the departures in practice from those forms and relationship. 10 In the other, the environment for the management of public enterprises is compared to that for the private sector. 11 Both methods yield useful results, although the former exaggerates the importance of form and organisation, and the latter is apt to draw the wrong conclusions through false comparisons.

I I I . Form I think there are several reasons for the focus on form. 1 2 Public enterprise, whether arising out of nationalisation or new investment, is brought into existence by legislative measures (which lend importance to form). The 8

In recent years there has been much writing on this. For a stimulating historical and comparative sketch of the role and use of the state, see G. O'Donnell "Comparative Historical Formations of the State Apparatus and Socio-Economic Change in the Third World" International Social Science Journal (1980) 717-29. 9 Ghai, op. cit. p. 15 ff. (1977). 10 See, e. g. the various essays in W. Friedman and J. Garner, Government Enterprise (1970); R. Pozen, Legal Choices for State Enterprises in the Third World (1976)and Ghai, op. cit., p. 206 ff. II E. g. V. V. Bhatt, "Institutional Framework and Public Enterprise Performance", World Development (1984) Vol. 12, pp. 713-721. M. Shirley, op. cit., Y. Aharoni, ch. 4 in LeR Jones op. cit. 12 See Yash Ghai, "Law and Public Enterprise" in V. V. Ramanadham, Public Enterprise in Developing Countries (1984).

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political theory of public enterprise — at least as developed in Britain by Morrison 1 3 — was dependent on the form. That theory — because of its seeming coherence in terms of rationale, structure, functions and relationships — has had a powerful appeal. It runs as follows: Public enterprise is necessary to achieve some key social and economic purposes; it is necessary because of market imperfections. The purposes cannot be defined by the market; they must be defined by the political leadership, by Parliament in macro-terms, and by the executive in operational terms. Public bodies, using public resources for public purposes, must be accountable for the performance of their functions. But this accountability must be so exercised that it does not impinge unduly upon the management of the enterprise. I f the purposes could not be defined directly (although perhaps indirectly) by the market, the modes of operation could and should be. In that context, the autonomy of the enterprise came to be emphasised as an essential requirement. I f the enterprise was to operate efficiently, the management had to be freed from detailed political control as well as the system of bureaucratic administration. This was to be achieved by the establishment of its own distinct corporate personality. The assets that it was to use were to be vested in it, and its board was to be responsible for the management of the enterprise. The enterprise was to be subject to the ordinary law. The ways in which and the reasons for which the government would intervene were carefully defined. The minister could give general directions when the national interest was at stake, but ministerial control was to be secured primarily by his powers of appointment and dismissal of the board; and the accountability of the enterprise was to be secured by annual reports by the enterprise, which were to be subject to audit, and subsequent executive and parliamentary scrutiny. Many countries now use companies for public enterprises. A company shares many characteristics with the public corporation: distinct legal personality, ownership of its assets, separate budgets and recruitment, and no state immunities, although Parliament's role as gatekeeper and supervisor is diluted. It is surprising how frequently this theory has been invoked by ministers when making a case for the establishment of a new enterprise, even in countries like Nkrumah's Ghana 14 and today's Tanzania, 15 where in practice little remains of the autonomy of the enterprise; and when the ideologies of the ruling parties, with the emphasis on central political and economic control, do not accommodate such autonomy. In such circumstances the legal draftsman turns readily to the British precedents. Occasionally the powers of the minister may be more broadly and generously defined than in 13 For a good example of his views, see H. Morrison, Socialisation and Transport (1933). 14 See Pozen, op. cit., A. Killick, Development Economics in Action (1978). 15 E. g. Ghai, op. cit. p. 206 ff.

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Britain, but in general it seems to be accepted that a distinction between policy and management, i. e. day to day matters, is viable. But the commitment to this distinction is weak. The invocation of the Morrisonian theory has been more in the establishment of an enterprise than in its operation. The attractiveness of the theory is that it appears to minimise political control, and avoid partisan uses of economic power, and it promises little disruption of the operating norms and methods of industrial and commercial worlds. (It is also attractive to a Parliament fearful of the extension of executive powers). While these considerations may be important in some developing countries, they are not so in many others, or at least not to the extent that they are serious impediments to the establishment or enlargement of the public sector. The theory also serves its function in the evasion of political responsibility— when things go seriously wrong, "the autonomous public enterprises" can be made to take the blame, while a virtuous and efficient government goes about the task of undoing the damage. I n short, to a much larger extent than in Britain, the legislation has only a limited relationship to the practice. A large number of controls emerge administratively, their rationale is unclear, and is certainly not related to the theory, and indeed frequently runs counter to it. Although legally owners of its property, the enterprise has less and less control of its deployment or disposal. A new decision-making structure for its policy and operations emerges which bears little resemblance to the legislative scheme. On the other hand, the enterprise, in part due to inefficiency and in part in order to control its supervising ministry, may also withhold or distort information it is legally required to provide. In practice there seems to be no significant difference as regards autonomy or performance between the different organisational forms; and in places like Tanzania the forms have become increasingly irrelevant even in the law, as legislation now refers to the "parastatale" (i. e. enterprises with at least 51 % government equity) cutting across legal forms. 16 In general one can say that in practice, executive control is detailed but often intermittent; there is lack of clarity about the purposes of the public sector and policy for individual enterprises; there is considerable confusion as to who has responsibility for what (at both the level of the government and the level of the enterprise, e. g., as between the office of the Prime Minister, the Treasury and the parent Ministry and as between the Board, its chairman and the chief executive of the enterprise, respectively). In addition, there is pervasive influence and control of the Ministry of Finance over the public sector. Controls are informal rather than formal, and their exercise seldom follows the procedures laid down in the law. The overall impression in many countries is of massive government intervention but little control, primarily

16

Ghai, ibid., p. 258 n.

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because the interventions are not related to any overall policy towards the public sector. 17 Controls in most countries have grown on an ad hoc basis. The inadequacy of one kind of control leads to the establishment of another set of controls, so that there is a cumulative effect. In this way a formidable array of controls is established, cutting across ministries and frequently working at crosspurposes. Most governments do not have the capacity to exercise these controls and indeed few governments make any assessment of their capacity to exercise a control when they establish it. While in some cases the incapacity to exercise the controls leads to bottlenecks and the mis-allocation of resources, in many instances they are, in fact, not exercised at all. From the point of view of public enterprise, the latter situation is welcome, although there always remains the possibility of capricious exercise of the control. In most countries problems of the public sector are discussed primarly as if the heart of the matter was the appropriate division of responsibility between the government and the enterprise, in other words the problem of control and autonomy. The result is often that there are swings back and forth between a high degree of control and a high degree of autonomy. I f the system of control is highly centralised when the troubles in the public sector become obvious, then the solution adopted is the transfer of significant powers of decision-making to the enterprise. I f the troubles become apparent when the system is decentralised, then there are pressures towards greater government control.

IV. Analogy with the Private Sector The comparison with the private sector seeks to highlight other peculiar features of public enterprises. The management of the private sector companies is said to be guided by one basic goal — the profitability of the enterprise — and all its decisions are determined by that goal. Public enterprises have multiple objectives which are not always clearly articulated and are frequently difficult to balance. This makes decisions difficult to reach at the same time as it makes it hard to assess the efficiency of the performance of the enterprise. Such a description does not give an accurate picture so far as the large private firm is concerned, for although profits are important, they do not appear to be the overriding consideration, and the company executives have to balance various different goals as well. There is now considerable evidence that the managers of large (private) firms pursue a number of objectives — personal, organisational and social — which are not directed at 17

Ghai, ch. 10, in G. Ram Reddy (ed.) Government and Public Enterprise (1983).

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profit maximisation. They too need to balance many interests, short term with long term, shareholders with employees, profitability with social and environmental responsibility. 18 The machinery for reaching decisions in public enterprises is said to be certainly more complicated than in the private sector. Unlike the private company, the board of the enterprise does not by itself constitute the forum for decision-taking. The authority to make decisions is truncated, shared between the board and management on the one hand, and the parent ministry, the Treasury and some public enterprise bureau or secretariat on the other. Any one who has tried to study the Egyptian public sector must marvel how decisions are ever made. 19 The greater complexity in structures for decision-making in the public sector is the result of the multiple goals and the responsibility of the government to define social objectives — but it is also the consequence of institutions seeking to extend their authority beyond that required for that purpose. As John Heath has pointed out, due to the nature of governmental concerns relating to activities of the public enterprise, decisions tend to be taken at a higher level than prescribed by the regulations. 20 The third important difference is said to lie in the discipline to which public and private enterprises are subject. Private enterprises are subject to a tougher discipline, because the standards for accountability and assessment are clearer and the sanctions for failure firmer. Profitability, the value of shares on the Stock Market, the anxieties of take overs by others, and the fear of dismissals and bankruptcies in their various ways concentrate the mind, lead to efficiencies and the elimination of the incompetent. The dilution of business with politics in the public sector weakens the control system, as do the limitations in the competence of those who, in substitute of the market, sit upon judgment on its performance. There is no doubt that the contrasts between the public and private enterprises are so overdrawn as to be misleading. When we consider a country like Kenya with its rather weak bourgeois-entrepreneurial class, we find, primarily, two kinds of private firms — the small scale indigenous enterprise, engaged in agricultural production or petty commerce, and the subsidiaries of foreign transnational corporations which dominate manufacturing, finance, plantations and commerce. Almost all manufacturing acti18 This point is put in popular and readable form by J. K. Galbraith, the New Industrial State (1967). See also Morris, R., The Economic Theory of Managerial Capitalism (1964); R. Dricker, Corporate Governance (1984) and K. Hopt and G. Teubner (eds.) Corporate Governance and Directors 4 Liabilities (1985). 19 See the hair raising account in M. M. Wahba, "The Egyptian Public Sector: The Control Structure and Efficiency Considerations" Public Administration and Development Vol. 3 No. 1 (1983) 27-37. 20 J. Heath, Management in Nationalised Industries (1980).

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vity is done by the subsidiaries; two British owned banks account for over 50% of the banking business; in resource extraction over 80 % of mineral output is produced by a subsidiary of Imperial Chemical Industries; the largest producer of tea is Brooke Bond; the production and supply of agricultural inputs as well as the processing of agricultural products are controlled by foreign subsidiaries. 21 The correct analogue of the public enterprise, with its large scale and capital intensive operations, is not the small entrepreneur (who far from being pushed out of the market by the public enterprise, is in fact a beneficiary of its promotional activities). 22 The correct analogue is the subsidiary of the foreign transnational corporations. 23 The relationship between a subsidiary and its (foreign) headquarters is not markedly dissimilar to that between a public enterprise and the government. Nor is the subsidiary's link with the market especially different. There is no single pattern in the relationship between the headquarters and its subsidiaries; it depends on the size of the transnational, the number of its subsidiaries, the nature of its products and industry, the degree of horizontal or vertical integration, the business styles in the country of the transnational, the policy and legislation of the host state, etc. 24 The very logic of the transnatioal, however, pulls it towards a tight control over its subsidiaries. The strength of a transnational lies in its ability to plan and integrate its operations on a global basis, and to make the maximum use of the varying advantages offered by different countries. It is free to contract production in one subsidiary and expand it in another, determine its marketing strategies (and especially inter-subsidiary transactions), and control the flow of financial resources within the corporate group to minimise tax liability and interest charges. The optimum use of its resources, like patents, marketing strategies (including trade marks and brand names), and senior executives, also impel a turn towards the centralisation of policy. Consequently, despite the customary rhetoric of decentralisation, in practice the subsidiaries enjoy severely restricted autonomy, 25 and even then the autonomy is often more apparent than 21

S. W. Langdon, Multinational Corporations in the Political Economy of Kenya (1981), pp. 31-43. Useful material on transnational corporations in Kenya is also contained in R. Kaplinsky (ed.), Readings on the Multinational Corporations in Kenya (1978), N. Swainson, The Development of Corporate Capitalism in Kenya (1980) and D. Gachuki, Regulation of Foreign Investment in Kenya 1963-81: An Empirical Study (1982) Ph. D. thesis, University of Warwick. 22 P. Nowrojee, in Yash Ghai, (ed.) op. cit. (1977). 23 For a stimulating discussion which considers the government in UK in relation to nationalised industries as a holding company, see John Heath, op. cit. 24 Lars Otterbeck, The Management of Headquarters-Subsidiary Relationships in Multinational Corporations (1981), passim. See also M. Brooke and H. L. Remmers, The Strategy of Multinational Enterprise (1978), pp. 19-124, and J. M. Stopford and L. T. Wells, Managing the Multinational Enterprise (1971), esp. ch. 8. 25 "[A]n ideology of decentralisation was making a reality of centralisation", p. 68 Brooke and Remmers, op. cit.

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real, since it is exercised by staff either seconded from the headquarters or firmly tuned to its priorities and needs. The decision-making structure of a subsidiary is therefore frequently as split and truncated as in a public enterprise. There are different ways inwhich transnationals allocate decision-making powers between headquarters and the subsidiaries. As a rule, decisions about investments, capital borrowing, repatriation of profits, recruitment of top executives, research and technology, and intra-firms transactions will be made at headquarters. Even this twofold division of powers is too simple: frequently a transnational will interpose a regional office between the headquarters and the subsidiaries and thus have a third centre of decision-making. Whether there is a two or three way division, a further complexity will arise from the organisation of product divisions at each centre, so that none will necessarily be a coherent or monolithic unit, and lines of communication and authority will criss-cross across the units. In each situation there is considerable scope for manipulation, withholding or distortion of information, by-passing hierarchies, etc. And just as in public enterprise, the decision-makers at the higher level may be imperfectly informed of market and commercial factors, so the headquarters of a transnational may lack adequate knowledge of the economy and the market in the country of the subsidiary (although it is more likely than the sponsor ministry to try a rational allocation of decision-making powers). The decision-making in private firms is further complicated by the elaborate legislative and administrative frameworks for business, especially in relation to foreign firms. Wide discretion is vested in ministers and officials, and as a consequence managers of major private enterprises find themselves negotiating with them on a regular basis for concessions and privilege. The transnationales aim to coordinate and integrate its global operations as well as to supervise and control the activities of its subsidiaries can result in not only serious inroad into subsidiary autonomy but also the demoralisation of the management of the subsidiary. A typical method of control is the approval of the headquarters for the capital and operating budgets of the subsidiary, from which the subsidiary cannot deviate. The investment proposals of the subsidiary are appraised by the headquarters by criteria in which the primary consideration may not be the profitability of the subsidiary, but the overall impact on the profits and growth of the transnational as a group (so that, for example, the profitability of a fellow subisidary, with a better potential for growth, may override its own). Supervision is also exercised through a frequent and extensive system of reporting — a task facilitated but also enlarged by new communication technology. A part of the required information may not be relevant to the operations of the subsidiary but important to the headquarters for its global operations, (and therefore appear irrational to and irritate, the subsidiary management). Many a public

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enterprise manager would empathise with the British manager of a US subsidiary who complained to Brooke and Remmers of too much reporting. "The whole thing has gotten out of hand. They keep us from doing our job by making us send home half a ton of paper to prove that we are doing it". 2 6 Specific instances of great limitations on the autonomy of foreign subsidiaries in Kenya have now been well documented. 27 The Kenya studies also illustrate other constraints on the management of the subsidiary — the local national environment, the pressures to be a good corporate citizen, and to reach accommodation with the indigenous political and commercial classes. The analysis of headquarters and subsidiary relationship above suggests that evaluation of the performance of the subsidiary cannot be simple. For one, the responsibility for a number of key decisions affecting the policies and performance of the subsidiary lies with the headquarters. For another, the activities of the subsidiary are frequently determined by the overall needs of the corporate group and not necessarily the financial profit of the subsidiary. The previous consideration is an instance of a wider phenomenon wich affects subsidiaries — infra-firm transactions — whereby many of the contracts of the subsidiary are with its headquarters or fellow subsidiaries (e. g. for the supply of machinery, raw materials, or the sale of its products, etc.). A majority of infra-firm transactions are not on arms-length terms, and either favour or disadvantage a subsidiary on a non-market basis. The best known use of the intra-firm transaction is transfer pricing, employed for a variety of purposes (but there are others also). Transfer pricing means that financial indicators cannot be a fair measure of performance, even with some discounting which some firms employ. 28 In practice, transnationals use a variety of measurements — growth of sales, market shares, productivity, labour relations — as well, but then it is not always clear to the subsidiary managers the weight which is attached to these different factors, and subjectivism appears to play an important part. 2 9 Private firms are not therefore in a qualitatively different position from public firms as far as the complexity of performance evaluation is concerned. They, however, differ from the public firms in that they attach a great deal more importance to evaluation and seek to relate it to the purposes envisaged for the subsidiary. How much more subject to the market competition than public enterprises are foreign subsidiaries? Contrary to the position hitherto in Britain, only a small proportion of public enterprises, whether in financial manufacturing or 26

Brooke & Remmers, op. cit. p. 51. See for example, Langdon, op. cit., passim, but for a summary p. 34-36; Swainson, Kaplinsky, Gachuki, op. cit. 28 See P. Yember, Transfer Pricing and Performance Evaluation in Multinational Corporations (1982) for the triangular relationship among transfer pricing, subsidiary autonomy and performance evaluation. 29 Brooke & Remmers, pp. 115-124. 27

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commercial sectors, in under-developed countries are monopolies. 30 Not many of them (except in "socialist" countries like Tanzania) could be said to be sheltered from competition. What one can say is that poor performance in the face of competition does not generally lead to the bankruptcies or takeovers that might happen to a private firm. On the other hand, a foreign subsidiary may be even less open to competition (and much more capable of restrictive practices due to its global reach) than a public enterprise. It may also be supported by its headquarters in times of poor performance if its operations — e. g. by maintaining a threshold in a market or ensuring raw materials for the transnational^ manufacturing plants elsewhere (the Kenya studies referred to show them as operating well below capacity) — are important to the global strategy of the transnational. As far as Africa is concerned, there is ample evidence that foreign subsidiaries are frequently in a monopoly or oligopoly position (and displace incipient local entrepreneurial efforts) and secure production and concessions from the government to prohibit or restrict external competition. 31 There are other ways, too, in which foreign subsidiaries seek dominance of or freedom from the market. A n instance of the former is predatory price cutting 3 2 , while intra-firm transactions, which now constitute the bulk of a transnational^ dealings, enable it then to bypass domestic and international markets. 33 A n important difference, however, which the legal form is intended to overcome but does not, is in the background and skills of the operators. The sharp distinction between the minister and the enterprise that underlay Morrison's concept and is reflected in the British legislation was not adhered to in practice in Africa. The boards there are better regarded as extensions of the government than as reservoirs of managerial skills and experience. The minister may be the chairman of the board (in Tanzania the President used to be the chairman of the leading enterprise; in Zambia he still is); and most of the economic ministries are represented, either by ministers or permanent secretaries (in fact frequently by junior surrogates). Quite why they are there is not spelled out; but it is difficult to imagine that they can forget political or bureaucratic interests while serving on the board. A n influential minister or civil servant can stifle enterprise initiative at an early stage, or force it into action that is contrary to its own good sense. Indeed, the boards are sometimes justified as mechanisms for the coordination of government policy!

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V. V. Ramanadham, The Nature of Public Enterprise (1984), pp. 99-107. For Kenya, such evidence is provided by Langdon, op. cit., 35-41; R. Eglin, "The Ologopolistic Structure and Competitive Characteristics of Direct Foreign Investment in Kenya's manufacturing sector" in Kaplinsky, op. cit. 32 See Langdon, op. cit. passim. 33 Helleiner, Intra-firm Trade and The Developing Countries (1981). 31

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The vulnerability of the management is aggravated, but not caused, by this kind of board. I f the board is an extension of the government, then management is an extension of the bureaucracy. Although one justification for the separate corporate form of the enterprise is its need to harness outside skills and expertise, in almost all African countries, the management is recruited from the bureaucracy (sometimes people explain the establishment of an enterprise as due to a bureaucrat's wish to transfer his functions to a better paid position in the public sector). The recruitment is through secondment, so that the "manager's" career prospects are tied to the bureaucracy, and his real boss remains the permanent secretary. The bureaucratic rather than the business style of decision-making dominates. The consequences that stem from these differences are aggravated by the restricted options, in terms of structural changes or strategies, available in the public sector to meet contingencies. Heath summarises this well by saying that because of constraints in public enterprises on the feasible set of responses to crisis and because of delays in decision-making on matters of political concern, when problems arise there is more emphasis on "trouble-shooting", on keeping a basically unsound system going and less on finding deeper solutions, on the prevention of crises before they arrive and on their solution if they arise. 34

V. Strategies for Reform Public enterprises are now widely regarded as having failed to fulfil the goals expected of them. Their record is in fact not uniformly bad, they have helped to train indigenous managers reorient the economy, to reduce the dominance of foreign capital, and to build the infrastructure. Nevertheless, from the right wing, they are accused (without much consideration for their broader social goals, indeed sometimes because of them) 35 of financial profligacy and irresponsibility, of loss making and waste. The attack from the right is part of its wider attack on the state as regulator or provider of services, and therefore does not derive solely from empirical evidence. On the left wing, public enterprises are regarded as tools of the incipient bourgeoisie to plunder the state, oppress the peasants and collude with foreign and international capital. 36 The left wing does not, however, abandon faith in the progressive potential of public ownership, but seeks a social revolution for the realisation 34

Heath, op. cit. The World Bank's Publications are a good example. 36 See Shivji, op. cit., P. Evans, Dependent Development: The Alliance of Multinational, State and Local Capital in Brazil (1979). 35

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of that potential. The right wing, on the other side, wants to remove the non-market features of the operations of public enterprises, either by privatisation or the introduction of market surrogates in the public sector. I have time to discuss, other than briefly, only the proposals for privatisation. Privatisation, it would seem if one surveys countries as different as the U K , Nepal, Zaire, Bangladesh, Pakistan, Thailand, Peru, Kenya and Sweden, is an idea whose time has come. It is therefore not inappropriate to examine the assumptions underlying the policy of privatisation as well as the problems of implementing it. The arguments in its favour are: 37 (i) rolling back the frontiers of the state and subjecting the enterprises to the market and thus competition will enhance individual choice and freedom; (ii) the market discipline will lead to greater economic efficiency and effectiveness; (iii) it will reduce the pressure on state finances for investments; (iv) it will free the government from the incubus of loss-making enterprises; (v) it will free ministers to concentrate on important policy formulation and implementation; (vi) it would lead to genuine public ownership as the shares will be offered to and bought by the public; (vii) and it will lead to more realistic levels of wages by breaking up powerful public sector unions. It assumes that suitable mechanisms exist to implement the transfer of enterprises to the private sector, and the government has the capacity to regulate any undesirable activities that the privatised but still large and powerful enterprises might be tempted into. A very brief review of the experience in the country where privatisation has gone furthest so far — the United Kingdom — illustrates some difficulties with these rationale and assumptions before we turn to the likely consequences of privatisation in Africa. It has been hard to sell enterprises which have not established a record of profit-making; and so the government has had to write off their debts, sack hundreds of employees and pay redundancy money, guarantee pension rights — in other words, fatten the calf at enormous additional expense to the state. 38 It has also had to retain many of their monopolistic or market privileges after privatisation as an inducement to purchase, and thus forfeit the advantages of competition. The major buyers of enterprises (with one or two exceptions) have been large institutions, and the trend as regards shares in individual ownership is towards their purchase 37

Not all of these are offered in relation to underdeveloped countries. For the UK, see a useful summary in D. Steel and D. Heald (eds.), Privatising Public Enterprises (1984), ch. 1. For Latin America, esp. Peru, see William Glade in Ram Reddy (ed.) op. cit. For Kenya, see the Review of Statutory Boards (The Ndegwa Committee) (1979) and the Report of the Committee on Public Expenditure (1982). 38 See Steel and Heald (eds.) op. cit. passim. The House of Commons Committee on Public Accounts found that the Government was in a deficit of £ 12 million as a result of the sale of its shares in British Aerospace (after allowing for write-offs and the costs of floatation. (HC, 10th Report of Committee of Public Accounts, Session 1981-82, para. 4).

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by the institutions, reinforcing the already heavy concentration of share ownership. 39 There have been enormous problems in the proper valuation of the assets of the enterprises and the price at which to sell the shares, despite a Stock Market and a network of financial institutions which pride themselves on their sophistication. 40 There remains a strong suspicion that state resources have been transferred at considerable undervaluation. 41 Vast sums have been expended on lawyers, accountants, bankers and stock brokers. 42 Enormous ministerial and parliamentary time has been taken up by the process of privatisation, leaving the government and Parliament only limited time for other policy issues. The assumption that this is temporary and that in future the ministers will have more time for other policies is likely to be belied by the very nature of most of the privatised enterprises. They will remain a powerful economic organisation and crucial to the general well-being of the country, and ministers will need to deal with them on a regular basis. 43 The regulatory framework established for British Telecom gives no reason to believe that ministerial time will be released, nor indeed that the size of the bureaucracy monitoring it will diminish. 44 The British experience demonstrates that privatisation is not a simple process of the legal transfer of resources. Nor is it simply a matter of the state deciding what to do with its resources. Public enterprises are complex organisations where the interests of the management, consumers, employees, com39 On the floatation of British Aerospace, there were 158.000 individual shareholders. Ten months later the number had fallen to less than 27,000, a reduction of 83 %. Forthose shareholders who took up less than 100 shares, the number had declined from some 44,000 to 3,300, a fall of 93 %. Committee of Public Accounts, ibid., para. 29. This is the general trend in other privatisations as well, except that in Britoil (whose shares suffered a sharp discount immediately on floatation) the number of individual shareholders increased from 35800 to 40,000 six months later, although the number of small shareholders with less than 2000 shares declined from 35424 to 28994, a fall of 18 %. Committee of Public Accounts, Session 1983-84 p. 14. 4(1 For details see 10th Report of Public Accounts (Session 1981-82). Sales of Shares in British Aerospace; Sales of Government Shareholdings in other publicly owned companies and in British Petroleum Ltd., and its Report in Session 1983-84 Sale of Government Shareholdings in Britoil and Associated British Ports (6 Feb. 1984). 41 This is evident from the premiums at which the shares were traded immediately after floatation as well as the general (but not universal) level of over subscription. Details are to be found in the two reports of Public Accounts Committee (note 40). The Public Accounts Committee concluded that "large profits [had been] made at the taxpayer's expense" para. 27 (10th Report). 42 The cost of floatation of British Aerospace was £ 5.6 million, of BP, Amersham and Cable and Wireless £ 21.3 million; of Britoil £ 2.5 million and the Associated Ports £ 2.6 million. The Public Accounts Committee, (ibid) from which these figures are taken, was critical of the methods of floatation. 43 D. Heald, "Will the Privatisation of Public Enterprises Solve the Problem of Control" Public Administration (1985) Vol. 63, pp. 7-22. 44 See report of the National Consumer Council (UK), Controlling Public Utilities — Lessons from the Privatisation of British Telecom (1984).

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Petitors and society interact. So privatisation can become the arena for intense controversy and conflict. That is not in itself of course an argument against privatisation but it points to the delicate balances that may have to be struck. The rationale and the assumptions are at best of limited relevance in Africa. The market is already uncompetitive and inefficient privatisation will decrease, not increase, competition. The governments will not only have to fatten many calves, but will in addition have to agree to a regime of protection and privilege for the new owners of the privatised enterprises. 45 Few African countries have a financial network which might provide some guarantee for fair dealing and probity in the transfer of assets or ensure a proper value for them. Even more than in the U K , privatisation is likely to involve the transfer for resources from one section of society to another. It will reinforce the growing inequalities that now characterise communities in many parts of Africa. In addition, it will lead to further loss of control over and indigenous ownership in the economy, as many of the purchasers are likely to be foreigners (although it could also accelerate their acquisition by the local bourgeoisie on a selective basis). Deprived of profit making enterprises and still hanging on to unprofitable ones it cannot sell, the government will be even less able, through its public sector, to promote social and regional development or an equitable distribution of benefits. I f Africa's experience with public enterprise has frequently been unfortunate, there is little in her history to suggest that the market has served her well, or that it now has the capacity to solve her problems. Past experience does not make one sanguine about government's ability to regulate the private sector in a fair or effective manner. 46 The difficulties of regulating and monitoring the private sector (and the economy) are no less daunting (if different) than the running of public enterprises. The difficulties of regulating the private sector arise from many factors: 47 the lack of expertise in the government to formulate standards and to monitor compliance with them; the paucity of information about costs and marketing; the size, complexity and costs of administration; the fragmentation of governmental authority with increasing possibilities of conflict and inconstistency among 45 There is already a close, symbolic and corrupt relationship between ministers and officials and transnationals. C. Leys, Underdevelopment in Kenya: The Political Economy of Underdevelopment (1975). See Langdon op. cit., Shivji, "Capitalism Unlimited: Public Corporations in Partnership with Multinational Corporations", The African Review (1973) 359-381, P. Evans, op. cit. 46 See for example, Killick, op. cit. chapter entitled State as Controller. That even more developed economies than the African have difficulty in regulating the private sector, see Myrdal, op. cit. See also T. J. Biersteke. 47 Myrdal, op. cit., Killick, op. cit., L. E. Preston, "Market Controls in Developing Economies", Journal of Development Studies (1968) p. 481.

State and Market in the Management of Public Enterprises

145

aims and results; and the multiplication of exceptions and instances of uneven administration that threatens the effects of regulation. African administrative systems, more than most, rely on wide and unfettered discretion in ministers and officials which is allowed to be exercised in secrecy. The path to collusion and corruption is opened. The governments will be drawn into a closer embrace with industry, and may more readily become its captive, to the detriment of the community. The criticism of the prospect of privatisation does not mean that Africa must remain for ever saddled with inefficient or corrupt enterprises, nor that privatisation must be avoided in all instances. Privatisation must be undertaken cautiously and carefully, not rushed through as a newly fashionable shibboleth. The rationalisation of the public sector, the increase of efficiency and the tightening of discipline must also go on. Whether this is best done through the introduction of market discipline and its modes of operation by the use of market surrogates is less clear to me. That would appear to negate the rationale, objectives and methods of state ownership and management of the economy. 48

VI. In Lieu of a Conclusion In recent years, concerned at the performance of the public sector, a number of countries in Africa (and elsewhere) have undertaken reviews of their public enterprises. 49 These reviews have produced a number of recommendations on the reorganisation of the enterprises and the allocation of decision-making powers as between the enterprise and the government. These recommendations, as those of the World Bank, are largely in agreement. They seek to make effective the legal form, with its broad autonomy for management, we looked at earlier; and to make commercial type decisions with that autonomy. But at the same time there runs through them a thread which pulls in recommendations (and the contradictions in them) have been around for a long time. Why do we continue ritually, at frequent intervals, to pay lip-service to them? Form and organisation are still seen as central. This is curious since those who place such reliance on them are politicians and civil servants who should know better. It is as if these problems are surrogates for others, and concentration on them eliminates the necessity to confront real awkward questions. 48 There is no time to discuss other remedies. Another remedy frequently advocated is the management contract whereby the state hands over the running of public enterprises to an external organisation, usually a transnational. African experience with these contracts has been far from happy. See Ghai, in Africa Guide (1984) pp. 38-42. 49 For recent examples, see The Presidential Commission on Parastatale (Onosode Commission) (1981) (Nigeria) and Review of Statutory Boards (1979) (Kenya) op. cit.

10 Speyer 99

146

Yash Ghai

I am not sure this is the right forum to raise these awkward questions. But if I did have the temerity to raise them, I would have to relate them to the conjunction of social forces that constitute our national and international orders. To do so we shall have to transcend forms and organisations and analyse economic interests and class alliances that lie behind state and corporate forms. However, such an analysis will reveal that the lack of responsiveness to the market is not the primary problem with public enterprises. One is quite right to question the purpose and record of public enterprises and seek ways to improve efficiency. But that is quite another matter from letting tiiem be swept away by the current tide of right wing reaction. However, that is another paper.

Erziehungsverwaltung in der Krise Von Herbert Bergmann

I. Einleitung Eine Diskussion über Staat, Verwaltung und Recht in Afrika kann nur gewinnen, wenn sie sich mit dem Bildungswesen und seiner Verwaltung beschäftigt. Erziehung ist in jedem Staat südlich der Sahara ein Brennpunkt öffentlichen Interesses, von wenigen Ausnahmen abgesehen ist das Erziehungsministerium der größte Arbeitgeber eines Landes, und kein Sektor hat eine so stürmische Expansion hinter ich, die schon in den letzten zehn Jahren der Kolonialzeit angelegt wurde und trotz Abschwächung noch immer andauert. Wenn es spezielle Verwaltungsprobleme in Entwicklungsländern und spezielle Schwierigkeiten staatlichen Handelns in Afrika gibt, dann sollten sie sich in den bürokratischen Apparaten der Erziehungsministerien und der Verwaltungen privater Schulträger zeigen.

II. Die Krise des Bildungswesens Schon seit einigen Jahren wird immer wieder die Krise des Bildungswesens in Afrika diagnostiziert. Während Anfang der siebziger Jahre das Schulabgängerproblem konstatiert wurde 1 , rückten später immer stärker regionale Ungleichgewichte in der Versorgung mit Bildungsangeboten in den Vordergrund 2 , schließlich wurde Kritik an der angeblich stetig sinkenden Qualität der Erziehung laut. Zum Vorwurf der externen Ineffektivität kam der Vorwurf der (politisch motivierten?) Chancenungleichheit und der internen Ineffizienz. Immer aber dominiert dabei der Standpunkt der Benutzer des Bildungswesens unter dem Aspekt einer potentiellen politischen Bedrohung: die beschäftigungslosen Schulabgänger werden nur von den Bildungs- und Entwicklungsökonomen primär als ungenutztes Humankapital angesehen. Die politischen Eliten der jungen Staaten sehen in ihnen eine Manövriermasse der Opposition. Die sichtbare Chancenungleichheit zwischen Stadt 1 2

10*

Coombs 1968. Foster 1980.

Herbert Bergmann

148

und Land und zwischen verschiedenen Landesteilen stört weniger wegen der Verletzung hoher Prinzipien, sondern wegen ihrer Bedeutung für Regionalismen und Tribalismen und daraus abzuleitenden, über den Bildungsbereich weit hinausgehenden Forderungen. Die Klagen über den Qualitätsverlust schließlich könnten Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Staates selbst sein und bringen die Gefahr einer generellen Staatsverdrossenheit mit sich. Die Menge der Krisensymptome ist groß. Anstelle einer langen Liste soll aber eine „Problemhierarchie" vorgestellt werden, die die Vernetzung der Symptome in einem Ursache/Wirkungssystem sehr viel besser zeigt. Dabei sieht man, daß die Probleme bei der Nutzung der „Produkte" des Bildungssystems nicht nur mit der mangelnden Aufnahmefähigkeit der Wirtschaft zu tun haben, sondern mit der mangelnden Anpassung der Schule an die Anforderungen der Erwachsenenrollen, die die Schüler einnehmen sollen, und mit den insgesamt unbefriedigenden Lernergebnissen, gemessen an den internen Kriterien des Systems. Geht man den Ursachen dieser Probleme nach, so kommt man über die mangelhafte Ausstattung des Systems mit Personal, Sachmitteln und Finanzen sehr bald zu Schwachstellen in der „Logistik", d.h. der Erziehungsverwaltung. Das geht von mangelhafter Sachkompetenz über schlechte Ausstattung mit Arbeitsmitteln, mangelnde Abgrenzung der Entscheidungskompetenzen, Überzentralisierung zu viel zu knappen Haushaltsmitteln, einer Budgetstruktur, die keine Initiativen mehr zuläßt, und hin zu Vorwürfen von Korruption und autoritärem bis willkürlichem Handeln: 3 „Viele Schulgebäude sind zu klein, reparaturbedürftig und völlig unzureichend möbliert. Besonders in ländlichen Gebieten fehlen oftmals die Schulbücher völlig. Ein Großteil der Lehrer ist unausgebildet oder falsch ausgebildet . . . Viele Klassen sind überbesetzt... Zahlen zwischen 60 und 100 Schüler sind keine Seltenheit . . . Lehrergehälter werden oft zu spät ausgezahlt . . . Die Schulaufsicht ist nur in begrenztem Umfang tätig . . .

Die Krise des Bildungswesens in Afrika ist gleichzeitig eine Krise der Bildungsverwaltung. Dies war eines der Hauptergebnisse einer von der britischen Entwicklungsbehörde (Overseas Development Administration) und dem London Institute of Education einberufenen Konferenz über „Education Priorities in Sub-Saharan Africa" im Dezember 1984. Wir werden auf Einzelheiten noch eingehen. Zunächst soll aber der Kontext dieser These dargestellt werden, wie er durch die Bildungspolitik und die darin implizit oder explizit festgelegten Aufgabenstellungen der Erziehungsverwaltung gegeben ist.

3

Bauer/Bergmann, 1984, S. 7.



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Mangelnde Forderung des Entwicklungsprozesses durch die schulische Bildung

Abbildung 1: Problemhierarchie — Krise des Bildungswesens in Afrika

Erziehungsverwaltung in der Krise 149

150

Herbert Bergmann

I I I . Die Bildungspolitik der unabhängigen Staaten Afrikas Von Anfang an war die Bildungspolitik der neuen afrikanischen Staaten auf eine Ausweitung des Bildungsangebots ausgerichtet. Dies geschah aus bildungsökonomischen Überlegungen heraus genauso wie als Reaktion auf eine oft stürmische Nachfrage nach Schulen in großen (nicht allen) Teilen der Bevölkerung und aus dem Bemühen, über das Bildungswesen eine Nation zu schaffen, die nicht mehr durch Stammes- und/oder regionale Loyalitäten in ihrem Zusammenhalt bedroht war. Das Erziehungssystem wurde „angesehen als ein mächtiger bzw. entscheidender Faktor des Wandels im Rahmen der Ideologie des 'nation building' und der Zielsetzung entweder einer 'Humankapitalbildung' oder einer geplanten Qualifizierung von 'Produktivkräften' 4 . Dies wurde international unterstützt. Verwiesen sei nur auf die erste von der UNESCO einberufenen Konferenz der afrikanischen Erziehungsminister in Addis Abeba, 1961, in der die Einschulung aller Kinder im Grundschulalter und die weitgehende Beseitigung des Analphabetentums für 1980 zum Ziel erklärt wurden. Dieses Ziel wurde nur deshalb nicht erreicht, weil man das Be völkerungs wachs tum unterschätzt hatte. Die globalen Zahlen sprechen eine deutliche Sprache, wie die folgende Tabelle zeigt:

Afrika: Einschulung (Mio) und bereinigte Bruttoeinschulungsquoten 1960, 1970 und 1982 Sektor

1960 Anzahl

1970 Quote

Anzahl

1982 Quote

Anzahl

Quote

19.3

44

33.4

57

68.5

81

Sekundarbereich

1.9

5

5.4

11

17.0

25

Hochschulbereich

0.2

1

0.5

2

1.6

4

21.4

10

39.2

34

87.1

44

Primarbereich

Gesamt

Quelle: A Summary Statistical Review of Education in the World, zit. in Williams 1984, S. 2.

Zwar gelang es nicht, 100 % Einschulung im Primarbereich zu erreichen, die Einschulungsquote verdoppelte sich nicht einmal in 22 Jahren. Aber am Ende dieses Zeitraumes gab es 3.5 mal soviel Primarschüler, 8.9 mal soviel 4

Dias 1985, S. 32.

Erziehungsverwaltung in der Krise

151

Sekundarschüler und 8 mal soviel Studenten wie zu Beginn. Dies entspricht jährlichen Steigerungsraten von 6 %, 10.4 % und 9.9 %. Entsprechend expandierten die Zahlen der Lehrer auf allen Ebenen und die materielle Infrastruktur. Die Geschichte der neuen Staaten kurz vor und nach der Unabhängigkeit hatte den Wert von Bildung unmißverständlich sichtbar gemacht: durch den Abzug der Kolonialbeamten wurden Stellen frei, durch den Ausbau der relativ kleinen Kolonialverwaltungen zu voll ausgereiften Staatsapparaten mit überproportional vielen Entwicklungsaufgaben entstanden neue Stellen. Es gab Zeiten, in denen einigermaßen erfolgreiche Primarschulabgänger zwischen mehreren Verwaltungsstellen wählen konnten (1960-1965 im damaligen Westkamerun) und wo untere und mittlere einheimische Kolonialbeamte in Schnellkursen im ehemaligen Mutterland für die Besetzung höherer Stellen qualifiziert wurden. Der damit verbundene Einkommenszuwachs hatte einen derartigen Demonstrationseffekt, daß die Nachfrage nach Schulplätzen stieg, und dies umso mehr, je sichtbarer diese Effekte waren, d. h. in den Hauptstädten, den Verwaltungssitzen und generell in den ökonomisch weiter entwickelten städtischen und ländlichen Gebieten 5 . Diese Nachfrage ging auch nicht zurück, als die Aussichten auf bezahlte Arbeitsplätze für Primarschulabgänger drastisch zurückgingen. „The remarkable thing is the degree . . . of active support that schooling continues to enjoy . . . parents continue in their hordes to patronize them (schools, H. B.)" 6 . Sie verlagerte sich auf die nächsthöheren Bereiche des Bildungswesens. „Vis a vis any stated job, higher qualifications will be asked for by employers as the supply of candidates becomes more plentiful ... Paradoxically, the message that reaches parents is not that schooling has lost its point as a result of the 'diploma disease'; rather the lesson many of them learn is that their children need more education . . Welche administrative Leistung eine fast flächendeckende schulische Versorgung in Ländern bedeutet, deren Bevölkerung zu 60 - 90 % mehr oder weniger verstreut auf dem Lande lebt, wird nur allzu oft unterschätzt. Es wird darauf zurückzukommen sein. Gleichzeitig wurde als weiteres Ziel die „Entkolonisierung" der Lehrpläne und Lehrinhalte verfolgt, auch hier mit Unterstützung durch UNESCO. Zu leisten war der Ersatz der direkt auf die ehemalige Kolonialmacht bezogenen Inhalte in den Sachfächern, aber auch in Lesetexten und Rechenaufgaben. In einigen Fällen wurde auch die Unterrichtssprache gewechselt.

5 6 7

Vgl. IPAR 1977, S. 137. Williams 1984, S. 12. Ebda., S. 10.

152

Herbert Bergmann

Hier waren Innovationsfähigkeit, Kreativität und eine andere Art von Kompetenz gefordert, als sie von den kolonialen Erziehungsverwaltungen benötigt wurden. Ein weiterer Grund für die rasche Expansion des Bildungswesens mag auch sein, daß es derjenige Bereich ist, in dem umfangreiche, schnelle Erfolge mit den niedrigsten Einheitskosten erreicht und sichtbar gemacht werden können. Die Zeichen für eine erfolgreiche Ausweitung öffentlicher Dienstleistungen waren schnell zu beschaffen: Gebäude, die weitgehend in gemeindlicher Selbsthilfe erstellt wurden, Personal zu relativ niedrigen Gehältern und notfalls ohne Fachausbildung (im Gesundheitswesen etwa nicht denkbar), Möblierung einfachster Art, etc. Diese einfachen Indikatoren reichen vor allem bei Bevölkerungsgruppen aus, die bei der Expansion des Bildungswesens erstmals „bedient" werden: weitgehend Analphabeten ohne eigene Qualitätsstandards hinsichtlich der Abläufe und Ergebnisse von Schulunterricht.

IV. Die Aufgaben der Erziehungsverwaltung In allen afrikanischen Staaten verstärkte sich nach der Unabhängigkeit aus verschiedenen der oben angeführten Gründe der Anspruch des Staates auf Kontrolle und Gestaltung des Bildungswesens. Folgende Funktionen mußten dabei wahrgenommen werden: — Normierung allgemeiner Art (Ausführungsbestimmungen zur gesetzlich festgelegten Bildungspolitik), — Lehrplangestaltung, — Schulaufsicht und Prüfungswesen, — Rekrutierung, Aus- und Fortbildung der Lehrer, — Lehrmaterialproduktion (etwa in staatseigenen Schulbuchdruckereien), — Versorgung der Bevölkerung mit Lehrmaterialien (Finanzierung und Verteilung von Lehrmitteln), — Errichtung der baulichen Infrastruktur. Hierbei geht die Reihenfolge von Funktionen, die immer vom Erziehungsministerium und seinen nachgeordneten Behörden wahrgenommen werden, zu solchen, die bei besonders vollständiger staatlicher Kontrolle des Sektors übernommen werden. Die mehr oder weniger vollständige Übernahme all dieser Funktionen durch die Erziehungsverwaltung entspringt dabei nur zum Teil einem ideologisch untermauerten Totalitätsanspruch des Staates. Zum anderen Teil ist sie mit der Situation zu Beginn der Unabhängigkeit zu erklären: das koloniale

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D i r k Berg-Schlosser

226

Anhang 2: Verlaufsformen afrikanischer politischer Systeme

Zeitraum ( ab 1960 oder seit Unabhängigkeit )

Land (bei Unabhängigkeit) BENIN (Dahomey) BOTSWANA

Land (Gegenwart) BOTSWANA DSCHIBUTI GAMBIA KENYA (Semi-Komp.) LESOTHO

LESOTHO MADAGASKAR MAURETANIEN MAURITIUS NIGERIA «

MAURITIUS

SEYCHELLEN IERRA LEONE UGANDA ZAMBIA ZIMBABWE ANGOLA KAPVEftD. INS. GUINEA GUINEA-BISSAU MALI MOZAMBIQUE SAO TOME/PRiNC TANZANIA

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1965

1970

1975

Quellen Taylor und Jodic· 1983.Werob«M· Rochelle 1979. Legum 198182

Z u r Leistungsfähigkeit afrikanischer Staaten nach der Dekolonisierung

227

Angola Aquat-Guinea Äthiopien Benin Botswana Burundi Dschibuti Elienbeinküste Gabun Gambia Ghana Guinea Guinea-Bissau Kamerun Kapverden Ins. Kenia Koiporoen Kongo (Brazz.) Kongo (Zaire) Lesotho Liberia Madagaskar Malawi Mali Mauretanien Mauritius Mozambique Niger Nigeria Obervolta Ruanda Sao Tome/Princ. Senegal Seychellen Sierra Leone Somalia Sudan Swaziland Tansania Togo Tschad Uganda Zambia Zentr. Air. Rep. Zimbabwe

63 0.3 29.8 3.3 0.7 2.9

0.2

7.3 0.6

0.6 10.8 5.8 0.5 6.7 03 14.6 0.3 1.4 26.8 1.1 1.7 8.9 5.4

6.2

13 0.9 9.8 4.9 67.5 6.5 15 0.08 5.3 0.06 3.2 33 16.7 0.5

16.2

2.4 4.25 12.6 5,4 1.9 7.1

2.5 7 4 Z3 7 3 Z6 7 5 Z8 7 4 1,7 3 1 Z7 6 2 2.2 3 43 5 3 1,1 6 3 Z8 2 1 3.6 4 4 Z6 7 4 1.7 6 3 23 5 4 1,9 6 3 33 5 2 2.6 4 3 Z6 6 3 3.7 6 5 Z5 4 3 3.4 4 4 2,6 5 3 2.6 6 4 Z7 7 4 2,8 6 4 13 4 1 Z6 7 4 Z9 6 3 3.2 3 1 Z6 3 2 Z4 5 3 1.2 5 2 Z6 3 2 Z2 4 2 Z6 5 2 Z8 7 4 3.4 5 4 33 5 3 Z6 6 3 Z6 6 3 Z3 6 5 3.4 7 5 3.2 5 3 2.0 7 3 3.3 5 3

Anteil Auslandskapital

1975

HamMepartaerkoueatratlon

1975

Export gOterkonzentratlon

Bruttolnvest-rate 1975

PQLI-Verlnderungsrate/ I960—1975

POU 1975

POLI 1960

Alphabetlslening I960

Alphabetisierung 1975

Säuglingssterblichkeit 1975

Lebenserwartung 1975

Z7 33 34 4.4 44 2.0 53 3.8 3.0 0,8 36 39 -0.2 16.9 1.7 37 6.0 173 0,0 6,0 1,8 44 Z7 U.l Z3 Z2 0,7 37 42

Säuglingssterblichkeit 1960

Lebenserwartung 1960

Verteidi^ungMusgaben/

611. Erziehungsweeen BSP 1975 öff. Gesundheitswesen/ BSP 1975

BSP/Kopf Wachst 1960—75

3.6 -0.8

Allgetn. Staatsausgaben/ BIP 1973

Inde» pol iL Unterdrückung

Inde» bürgerlicher Freiheil

BevAl keru nge wachstu mera te

Bevölkerung (Mill.)

Anhang 3: Einzelne Länderwerte

26 24 3 36 53 172 180 5 HO HO 5 47 20 150 150 14 105 33 138 138 20 229 229 8 165 10 156 115 23 156 216 10 47 5 167 157 10 104 105 126 83 23

0324 Z250 118,94 20 2738 1.0 36 12 10 20 24 03 10 0,196 0.102 11,21 11 2229 0.6 15 0,172 0,154 58,93 38 28 33 0331 0328 53,02 25 22 30 0,7 37 14233 5 3.5 19.3 13 6.1 13 35 44 20 2230 0,7 22 0304 0,132 5.0 16.7 1.2 Z8 0,9 35 35 12 8 9 0,1 56 0,699 0,129 3.9 18.2 0.0 3.4 13 41 6 20 0,435 0343 30 25 34 03 12 Z382 0,120 111,95 -0.1 11.8 1.6 6.1 13 40 9 17 41 0.2 19.4 Z9 0,114 139,40 35 39 7 0.0 31 19 1735 0,7 41 0397 0,155 125,10 3.0 16X) 1,7 37 50 37 53 1.7 4.0 4,7 44 40 3551 13 21 0,190 0,065 5334 3.2 17.1 1,7 03 0,1 4143 58 ZI 2.9 22.7 43 8.2 37 44 200 180 23 50 1836 1.6 0361 0,158 1.6 20.6 4.0 40 44 173 170 35 31 2831 03 26 0,452 0.194 97,76 4.6 23.8 0.0 Z7 1,6 4246 181 18135 40 20 42 Z I 10 13 13,4 0.7 Z7 13 45 159 10 9 26 19 0385 0.126 16531 0.1 173 1.7 4.1 37 38 69 102 35 50 36 48 13 13 0,234 0.160 6732 4.1 14.0 0.7 23 13 37 43 148 151 8 25 2029 03 19 0,255 0,179 6637 0.238 0334 11.21 0.9 1.7 23 53 13 3739 120 210 5 10 21 33 0.880 0,127 163.69 3.9 16.7 Z4 4.0 1,0 40 39 186 187 3 17 16 0.8 15.1 0.13,0 Z6 63 70 49 60 61 66 71 1,0 33 0.668 0315 0.164 0,082 39.80 Z0 37 44 34 43 2 11 3140 0.9 0.0 0357 0355 48.68 •1.2 10.2 0.6 1.9 Z7 39 212 100 3 8 1015 0.4 3.4 15.8 4,6 1.6 03 3937 207 178 15 33 1527 13 31 0.881 0,145 14Z25 0.7 10,7 Z4 1.6 0.9 32 32 263 215 2 5 5 7 0.4 26 0.280 0.205 31.64 03 10.7 Z0 3.0 30 10 0368 0£40 44,97 37 41 127 8 23 0.7 10 120 64 5 0.7 •0,6 1Z1 1,6 33 1.0 37 41 193 93 8 10 9 22 1.0 0.134 0.308 139.68 Z6 73 65 58 35 58 13 143 0.9 33 l.l 37 44 118 190 10 15 24 24 0,0 12 0.438 0362 79.49 0.227 0.197 31.14 35 165 5 50 •0,2 24.9 6.7 Z6 36 41 0.1 31.1 Z6 4.7 1,1 4049 159 141 13 20 2135 1,0 14 0.324 0.120 6.21 29 31 14 168 160 6.8 16.1 0.05.2 13 190 165 18 66 24 44 2.0 19 0.213 0.065 20.62 3.0 16.6 Z6 3.9 Z I 42 0358 0.268 133.85 4.4 123 1.4 5.4 1.0 35 35 127 127 8 16 1923 0.3 1.0 18.3 5.6 Z I 35 32 192 160 5 15 8 19 0.8 0.481 0.114 39.94 0.668 0,114 7,03 1.0 1Z4 23 13 44 50 160 160 25 35 3140 0.9 41 43 2237 1,4 36 0.939 0.126 9Z75 Z0 20.3 33 5,0 Z2 4045 0.211 0.234 14037 0.4 18.0 23 3,0 1.1 3635 200 190 7 15 1014 0,3 73.10 Z4 173 Z3 33 1.4 4952 122 122 20 39 35 46 1,2 23

Quellen: Taylor und Jodice 1983. Bornschier und Heintz 1979. Gastil 1979. Amnesty International 1979 ff, Weltbank 1979 ff.

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Die Autoren Herbert Bergmann, Dr. sc. pol. (Münster), Soziologe, Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit G m b H (GTZ), Eschborn bei Frankfurt/M. Dirk Berg-Schlosser, Dr. oec. pubi., Ph. D. (Berkeley), Professor für Politikwissenschaft an der Universität Marburg Reinhard Bodemeyer, Dr. rer. soc. (Konstanz), Verwaltungswissenschaftler, z. Zt. Auslandsmitarbeiter der G T Z in Madagaskar Brun-Otto Bryde, Dr. jur., Professor für öffentliches Recht an der Universität der Bundeswehr, München Maximilian Fuchs, Dr. jur., Professor für Sozialrecht an der Universität Bamberg Yash Ghai, Ph. D., Professor für Rechtswissenschaft, Universität Warwick, Großbritannien Stanislav S. Grozdanic, Dr., Professor für Politikwissenschaft an der Universität Belgrad, Jugoslawien Hans F. Illy, Dr. phil., Professor für Entwicklungsverwaltung und Entwicklungspolitik an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer Hans-H. Münkner, Dr. jur., Professor für öffentliches Recht, insbesondere Genossenschaftsrecht, an der Universität Marburg Heinrich Scholler, Dr. jur., Professor für öffentliches Recht an der Universität München Jürgen H. Wolff, Dr. phil., Professor für Soziologie der Entwicklungsländer an der Universität Bochum